Wilhelm Coxe's Geschichte des Hauses Oestreich von Rudolph von Habsburg bis auf Leopold des Zweiten Tod, (1218-1792) [4]

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1) Lengnich, Historia Poloniae ' - Voltaire, Histoire de
Ben übernommene Verbindlichkeit, Pohlens Unabhängig

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William

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Geſchichte de $

Hauſes Deftretch von Rudolph von Habsburg 6f8

auf Leopold des zweiten Tod. ( 1218 1792.) Deutſch berausgegeben Oon

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Pierter Band.

Hamburg und lübed : 1 8. 1 8 .

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Geſchichte des

þaufeBetreid .

1

ñ a r I

VI.

Neunzigſtes Kapitel. 1733

1734.

Mitwerber um den Thron von Pohlen. — Frankreich unter: ftügt Stanislaus Leczinsky ; der Staiſer , einſtimmig mit

Rußland , den Kurfürſten Auguſt von Sachſen. - Sta nislaus Wahl und Auguſts Gegenwahl.

Stanislaus

mird aus Pohlen vertrieben , Auguſt als König anerkannt. Der Kaiſer, von allen reinen Verbündeten , Rußland ausgenommen , verlaffen , von den Königen von Frank:

reid, Spanien und Sardinien angegriffen . - Er verliert Der deutſche Reichskörper leiſtet ihm Hülfe -- Feldzug in Italien im Jahr 1734.- Erobes rungvon Neapeldurch Don Carlos, - Deutſcher Feldzug:

das Mailändiſche.

Um pobiens Krone ftellten ſid, mehrere Mitwerber, die ſich aber bald auf zwei beſdränkten : Stanislaus Leczinsky und Auguſt , Kurfürſt von Sadſen , Sohn des verſtorben nen Königs. ,

Stanislaus Leczinsky , Sohn des Großidyakmeiſter $

von Pohlen , war 1677 geboren. Ihn hatte Karl XII. auf den Thron erhoben , als er Auguſt II. entfeßt hatte ,

nad dem Tage bei Pultava aber hatte er ſich nach Schwe. diſd) - Pommern zurückgezogen. Friedrich I. , König pon Preußen , den das Kriegsglück der Ruſſen beunruhigte , batte einen Bund mit Karl XII. und Auguſt II. im Sinne, .

Core's Geſchichte Deft. IV. B.

X

Neunzigſtes Stapitel. 1733--1734. weld ;er die Thronentſagung Stanislaus, deſſen Einwillis gung er fidy geſidiert hatte , vergewiffern ſollte. Des Kör nigs von dyweden Beitritt zu erhalten , beſchloß Star

nislaus , ihn zu beſudjen . Auf der Gränze der Moldau angehalten , ward er nadı Bender gebrad )t , wo man eben Karin entführt hatte , der ihm ſagen ließ , er ſolle nie mit Auguſt unterhandeln . Stanislaus ward bald wieder frei

und be ab fid, nad Zweibrücken , weldjes ihm der König von Sdyweden als Koflager nebſt den ganzen Einkünften des Herzogthums angewieſen hatte 1 ). Saddem mit Karls XII. Tode dieſes Fürſtenthum an einen andern Zweig ge fallen war , mußte Stanislaus anderwärts eine Freiitatt

ſudjen . Er zog fid, alſo nad, Weiſſenburg im Elſaß , wo er faſt in Dürftigkeit lebte , aus welder ihn aber die Vers

mählung ſeiner . Sodyter mit Ludwig XV. , der ihm nun einen bedeutenden Jahrgebalt ausſerte , rettete. Stanis ,

laus hielt einen glänzenden Hofſtaat und genoß alle einem Dberherrn gebührende Ehre ; und als mit Auguſts 11. Tode der Thron pon Pohlen erledigt ward. , bewarb er fid, dar : um , von einer mädytigen Partei und Frankreidys Anfehen unterſtüet.

Als Uuguſt II. fidy geneigt finden ließ , für die prage matiſdse Sanction Gewähr zu leiſten , trat Karl VI. auf ſeine Seite und gewann ihm Rußlands Wohlwollen , wel:

chem daran gelegen war, Stanislaus , Frankreidys Sdjük. ling , verworfen zu ſehen. Der Kaiſer Kündigte in einer Erklärung an , man müffe zu einer Wahl dyreiten und fid

nad, der pohlnifdyen Verfaſſung , für weldoe er Gewähr geleiſtet, richten ; er werde den unterſtügen , welder dem Freiſtaat und den Nadybarmädyten der liebſte ſeyn würde.

In dieſer Erklärung , welde Stanislaus ausſd ;loß , erwähns te Karl VI, die gegen die jaarinn und den Konig von Preue 1) Lengnich , Historia Poloniae.' - Voltaire , Histoire de Charles XII.

Sarl vi.

3

Ben übernommene Verbindlidykeit, Poblens Unabhängig. keit aufredyt zu erhalten. Zugleid, fendete er Verſtärkuna

gen'nad , Sd;lefien und zeigte ſich entſdyrosten , mit ſeinen Bundesgenoſſen im Verein', im Nothfall Stanislaus mit Gewalt abzuweiſen . Die Verfahreit und die Sprade, weld)e die kaiſere lidyen Rätbe an allen Höfen Europa's fübiten , vermody.

ten den König von Frankreid , zu der Erklärung , daß er , als Wehrmann des Vertrags von Oliva , der Einmiſchung

fremder Mädyte in die Wahl eines Königs von Poblen fidy widerſeben werde ; und feine Unterbändler verſchwendeten Gold und Verſpredjungen , um Stanislaus gewählt zu fer Karl VI. , der auf Ruſlands , Preußens und der

ben.

Seemädte Beitritt . rednete , erließ eine Gegenerklärung , worin er Frankreich bezüdtigte , es bedyranke das Stimm

redit der Pohlen , und behauptete , die Erklärung dieſer Madyt ſei in 'wenig bemeſſenen Ausdrücken abgefaft und

mit ungebührlider Anmaßung in ganz Europa verbreitet worden .

Unterdeſſen verbündete fid , der vom Pris

mas , weld)en Frankreid, gewonnen hatte, bee 24.Mai. 1733 1

rufene Keidystag , nur einen Poblen zu wah:

Ten , und die meiſten Glieder begünſtigten Stanisl.wis. Dies fer mächtigen Partei entgegenzutreten , wollten der Kais

fer , die Czaarinn und der Kong von Preußen ihre Heere in Poblen einrücken laſſen. Aber Englands Gleichgültige · keit , der Abfall der vereinigten Provinzen und ſelbſt Frieds rids I. , der plöblid , fid ) umſtimmte , bewogen Karl VI .,

ſeine Heerhaufen größtentheils aus Sdíleſien zurück zu berufen und zu erklären , daß er nicht Gewalt gegen die Wahlver ,

ſammlung brauchen wolle . Gleichwohl gab er auf Rus : Tands Vorſtellungen und weil der Kaiſer für den Kurfür : ften von Sachſen war , fedhstauſend manis den Befehl , die in genannter landſdaft lagernden Heerhaufen zu vers

fürken ; und obwohl der König von Preußen neutral bleis 22

Neunzigſtes Stapitel. 1733--1734. weld ;er die Throneritſagung Stanislaus , deſſen Einwillis gung er fidy geſidert hatte , vergewiſſern ſollte. Des Kö. nigs von Schweden Beitritt zu erhalten , beſchloß Sta. nislaus , ihn zu beſudjen . Auf der Gränze der Moldau angehalten , ward er nad) Bender gebrad) t , wo man eben Karln entführt hatte , der ihm ſagen ließ , er folle nie mit Auguſt unterhandeln. Stanislaus ward bald wieder frei

und bes,ab fid, nad Zweibrücken , welches ihm der König von Sdyweden als Hoflager nebſt den ganzen Einkünften des Herzogthums angewieſen hatte 1 ). Nachdem mit Karls XII. Tode dieſes Fürſtenthum an einen andern Zweig ge

fallen war , mußte Stanislaus anderwärts eine Freiitatt ſudjen. Er zog ſid, alſo nad, Weiſſenburg im Elſaß , wo er faſt in Dürftigkeit lebte , aus welder ihn aber die Vers mählung ſeiner , Codyter mit Ludwig XV. , der ihm nun

einen bedeutenden Jahrgehalt ausſerte, rettete. Stanis , laus hielt einen glänzenden Hofſtaat und genoß alle einem

Dberherrn gebührende Ehre ; und als mit Auguſts 11. Tode der Thron pon Poblen erledigt ward , bewarb er fid, dar um , von einer mädytigen Partei und Frankreichs Anfehen unterſtüet.

Als Auguſt II. fidy geneigt finden ließ , für die prage matiſde Sanction Gewähr zu leiſten , trat Karl VI. auf ſeine Seite und gewann ihm Rußlands Wohlwollen , wels

dhem daran gelegen war, Stanislaus , Frankreidys Sdjük . ling , verworfen zu ſehen . Der Kaiſer kündigte in einer Erklärung an , man müffe zu einer Wahl dyreiten und fid nach der pohlniſden Verfaſſung , für welde er Gewähr

geleiſtet , richten ; er werde den unterſtügen , welcher dem Freiſtaat und den Nadybarmädyten der liebſte ſeyn würde. In dieſer Erklärung, welche Stanislaus ausſd;loß , erwähns te Karl VI, die gegen die Czaarinn und den König von Preue 1) ) Lengnich , Historia Poloniae .' - Voltaire , Histoire de Charles XII,

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Karl vi.

Ben übernommene Verbindlichkeit, Pohlens Unabhängig. keit aufrecht zu erhalten. Zugleich ſendete er Verſtärkun . gen nad , Sdyleſien und zeigte . ſid , entidronten, mit ſeinen Bundesgenoſſen im Verein', im Nothfall Stanislaus mit 1

Gewalt abzuweiſen . Die Verfahren und die Sprade, weld )e die kaiſer:

lidsen Räthe an allen Höfen Europa’s führten , vermodj, ten den König von Frankreid, zu der Erklärung, daß er , als Wehrmann des Vertrags von Oliva , der Eintniſdung fremder Mädyte in die Wahl eines Königs von Poblen fidy widerſeßen werde ; und ſeine Unterhändler verſd ,wendeten

Gold und Verſpredjungen , um Stanislaus gewählt zu ſee hen. Karl VI., der auf Rußlands , Preußens und der Seemädyte Beitritt redynete , erließ eine Gegenerklärung , ivorin er Frankreich bezüdytigte , es beſdyränke das Stimm redit der Pohlen , und behauptete , die Erklärung dieſer 1

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1

Mad t ſei in 'wenig benieſſenen Ausdrücken abgefaſt und

mit ungebührlidyer Aumaßung in ganz Europa verbreitet worden .

Unterdeſſen verbündete fid, der vom Pris

mas, weldien Frankreid , gewonnen hatte, ben 24.Mai.. 1733 , 1

rufene Reid)stag , nur einen Pohlen zu wah Ten , und die meiſten Glieder begünſtigten Stanislais. Die

ſer mächtigen Partei entgegenzutreten , wollten der Kais fer , die Czoarinn und der Köng von Preußen ihre Heere in Poblen einrücken laſſen. Aber Englands Gleichgültige keit, der Abfall der vereinigten Provinzen und ſelbſt Fried. richs I. , der plöblid, fid) umſtimmte , bewogen Karl VI. ,

ſeine Heerhaufen größtentheils aus S dyleſien zurück zu berufen und zu erklären , daß er nicht Gewalt gegen die Wahlvers ſammlung brauchen wolle. Gleichwohl gab er auf Rus Tands Vorſtellungen und weil der Kaiſer für den Kurfür:

ften von Sachſen war , fed stauſend Manis den Befehl ,

die in genannter landſchaft lagernden Heerhaufen zu ver ftärken ; und obwohl der König von Freußen neutral bleie Az

Neunzigſtes Sapitel. 1733-1734.

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ben wollte , pflichtete Karl Miniſter dennod dem

ruf

fiſden Geſandten bei , als er dem Großmarſdal der Pers ſammlung kund that , ſeine Kaiſerinn habe Star 30. Aug. nislaus mit Waffengewalt auszuſdyließen beo ( chyloffen .

Dieſe Drohung und ein ruſfiſd) es Heer im Anzuge feuerten die Poblen nur mehr an , ſtatt fie einzuſchüchtern . 2

Die Wahlverſammlung ward auf der Ebene von Wola ge. halten und erkohr Stanislaus am 12. September. Dieſer

Fürſt hatte, nur von einem Manne begleitet , den größten Gefahren getrort , um durch Deutſdland zu gehen , war am 9. in Warſd au angekommen , auf dem Wahlfelde er. ſchienen und mit Saudyjen empfangen worden . Wie immer bei den Wahlen für die pobiniſde Krone , war aud, dießmahl Zwieſpalt in der Verſammlung ; ein Theil !

des Adels , von Prinzen Viesnovik ky angeführt , trennte ſid, von der Verſammlung, ging über die Weichſel und dyloß fich an das ruffifdye Heer , welches gegen Warſchau 303. Unter dem Sduke dieſes Heers bildeten die Zwiſti: gen zu Kamien , in den Umgebungen von Praga 1 ), eine

andere Wahlverſammlung und wählten am 5. October den Kurfürſten von Sachſen zuin König , der den Nahmen Aus

guſt III, annabm .' Interdeſſen hatte Stanislaus Warſchau verlaſſen und ſid, nad Danzig zurückgezogen , wo ihn die

ruſſiſchen und fädyñden Heerbaufen belagerten. Poblen unterwarf ſid, faſt ohne Widerſtand und am 25. December wurde Auguſt zu Krakau gekrönt 2).

Die Erklärungen der Räthe des Kaiſers , der Ber: trag , den er mit dem Kurfürſten von Sachſen geſchloſſen ,

und ſeine augenſd) einlıdıe Widerſeßung gegen die Wahl 1) Praga iſt eine Vorſtadt von Warſchau , und Stamien ein

durch Heinrichs von Valois , nachmahligen Königs pon Frankreich , Wahl berühmt gewordenes Dorf.

») Lengnich historia Poloniae,

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Kari VI.

5

Stanislaus verwickelten ihn in einen Krieg mit Frankreid ), Spanien und Sardinien, wiewohl er nicht einen Mann

riad, Poblen geſendet und die Leitung der Angelegenheit ganz der Ejaarinn überlaſſen hatte. Karl VI. glaubte feit , Umſicht und angeborne 3age

LI

baftigkeit würden den Cardinal Fleury abhalten , dem Hau . re Deſtreid ), das ſo bedeutende Verbündete batte , den Krieg zu erklären ; und ſollte es dod geſchehen ; -ro hielt er Tid, des Beitritts der Seemädyte , Rublands , Däne. mark$ , Preufen und Sardiniens verſichert. Aber hierin täuſchte er fid . Walpole wollte nidt unmittelbar vor eie

nér Parlamentswahl , und zu einer Zeit , ' wo ſdjon die Einführung der Acciſe viel Unzufriedenheit erregte ; Engi land in Feindſeligkeiten verwickeln . Holland , "von Frank. (

reich gewonnen , modite fid, auf keinen Krieg einlaſſen , der' nur die Wahl eines Könige von Poblen galt. Der

König von Preußen , der auf Auguſt III. einen perſónli. djen Haß geworfen , überdies ſein Weſtphalen von den Frans'

sofen erobert zu ſehen fürdytete, und auf die','ihm in Betreff der Erbfolge von Jülid, vom Kaiſer gemadyten Verſpree

djungen nidyt viel baute , trennte ſid, von dem Bund , und blieb neutral. Rußland madjten Pohrenis Friedigung und die Kriegseinbrüdye der Türken genug zu ſchaffen , und Dänemark war nid )t im Stande , ſeinem Bundesgenoſſen Heerhaufen zu fenden.

Karl VI. redynete inzwiſden immer auf die Mitwira kung des Königs von Sardinien , modhte aber die Vers bündung mit ihm nidyt uin ſo übermäßigen Preis kaufen. Unter dem Vorwande, das geheime Cabinet und den mai. ländiſden Senat rathzufragen , gab er immer nur aus. flüchtige Antwort. Karl Emanuel'ward darüber unwilligi und die Höfe von Verſailles und Madrid trugen ihmi

um ihn zu gewinnen , weit vortheilhaftere Bedingungen an , als er vom Kaiſer erbethen hatte. Sie madyten fidy

anheiſdiig, ihm zur Eroberung des Mailändiſden ,

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Neunzigſtes Kapitel. 1733-1734

weld) es zu einem Combardenreide gemad )t werden ſollte, für ſich beizuſtehen , und ihm die Befehligung ihrer Heere

in Italien zu übertragen . Die Unterhandlung war ſo ge: heim , daß der Wiener Hof Karl Emanuels Zurüſtungen, und wie der Statthalter von Mailand , Graf Daun , dem

König von Sardinien. Kriegs - und Mundvorräthe : juiſen dete , mit Zufriedenheit anfah. Dieſer erboth ſid ſogar , ihm einen Harſt zu ſenden , um das franzöſiſdye Beer , wels des unter dem Befehr des Marſdalls von Pillars über die Alpen ging, zurückzujagen . Kurz der Kaiſerhof wurde nid )t eher enttäuſdyt ,

als bis Karl Emanuel fidh an die

Berbündeten ſchloß und in das Mailändiſdye einbrad) 1). In kaum drei Monaten durd, jog er die ſtreid, iſdye Loms bardei , bemächtigte fidy des Geſdüßes und der Sornſpei

cher , und am Ende des Feldzugs war Mantua der einzige Plas ,1 der dem Kaiſer in dieſem Theil Italiens übrig blieb. In dem Augenblick , wo die franzöſiſden Heerhaufen über die Berge gingen , um fid, mit den ſardinifden zu ver: einigen , bemächtigte ſid, ein anderes Heer Poth

ringens und nahm die Feſte Kehl in Beſik. Den 29. Oct., beſtürzten deutfalen Reidskörper zu beruhigen , erklärte der Miniſter ludwigs XV. auf dem Reid ,stag , die genommene Maßregel bezwecke nidt bloß den Sdub der Reidsgleder vor Unterdrückungen des Reid)s : Obers .

hauptes , ſondern auch einen Angriff des Hauſes Deftreid) , gegen weldjes allein Frankreidy in Krieg ſtehe. Da deri berannabende Winter, den Feind in Deutſch landi : einzudringen hinderte , ſo benußte der Kaiſer dieſen Auffdub dazu , an der Linien von Etlingen , melde Phi .

Tippsburg deckten und den Uebergang über den Rhein wehr ten s. arbeiten zu taſſen . Er mad)te , audy dem Reichstag in Betreft dieſes Angriffs Frankreids ſehr ſtarke Vorſtellun :

gen. Die Katholiſden erklärten fidh leidyt für ihn ; die Pro : is .

1 ) Muratpri, apnal. d'Ital.. T.12. P. . P. 247.

Sarl vr.

teſtanten gewann er mit dem Verſpredjen , er wolle den ihnen mißfälligen Artikel im ryswider Vertrag widerrufen Jaſſen. Somit ſtimmte die Berſammlung, troß der Ein. wendungen der Kurfürſten von Köln , Baiern und der Pfafz , weldje eine ſtrenge Neutralität behaupten zu wola

len erklärten , für die Nufrid ,tung eines Heers von hundert und zwanzigtauſend Mann und bedeutende Geldbeiſteuern. Karl VI. tief betrübt über ſeinen Unſtern in Italien ,

bemühte fich hauptſächlid) , die wid, tige Feſtung Mantua zu erhalten. Sofort ließ er den größten Theil der in ſeis nen Erblander aufgebothenen Heerſdaaren in die Lombar's

dei gehen und übertrug die Fübrung dem Feldmarſd ;au Gras fer von " Merey , ſeinem unternehmendſten Zeerführer , dem er beſtimmten Befehl ertheilte , angreifend ju Werke zu geheni Mercy fog mit ſed , $ tauſend Mann

vor Mantua. Nadıdem er des Feindes Stel. Feb. 2734. lung erkundet, kehrte er nad, Roveredo, um die

im Bisthum Trento und in Tyrol geſammelten Heerſdaa: ren fd leuniger berbeizuziehen . In dieſer mißlid en lage

bekam er eine Augenentzündung , die ihn faſt ganz des Ges Fichts beraubte. Bald darauf traf ihn der Sdylag. Dils durd, wurden ſeine Unternebmungen bis zuni Anfang Mai's

verzögert. Da nun , als er zu geneſen begann , ſtellte er fid, an die Spiße von ſechzigtaufend Mann und rückte nach dem Oglio und Po por. Die fardiniſden Heerbaufett ftanden an beiben Ufern

desi Oglio , und die franzöſiſchen am mittägigen Posllfer von Guaſtaua bis Revero ." Mercy rührte an das mitter, nächtlidye Ufer und mittelſt einer fübnen und gefdicktem Bewegung glückte es ihm , bei San Benedetto uber den Fluß zu ſeßen. Er über fiel die Franzoſen , nahm ihnen Speider und Gepäck, trieb fie bio Parma zurück und er: oberte die Städte Guaſtada , Novellara , Mirandola und Reggio. Uber mitten im Siegeslauf bielt ihn ein neuer

dlaganfall auf und er mußte fid, auf einige Zeit nady

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Neunzigſtes Sapitel . 1733-1734 .

Padua zurückziehen 1). Während feiner Abweſenheit fudy: ten die ſtreichiſchen Heerführer , den Franzoſen die ſtreits

bare Stellung von Colorno ju entreißen. Es gelang ihnen nady einem ſehr heißen Gefedt ; aber der König von Sare dinien trieb ſie wiederum mit bedeutendem Verluſt heraus.

Dieß ohne Befehl verſuchte und mißlungene Internehmen

entrüſtete den Feldmarſchall und kaum war er wiederum beim Heer angelangt, als er fidh nach San Martino zu: rückzog, wo er mehrere Tage zubrachte. Nachdem er,wie: der ruhig geworden , begab er ſich in das Lager und beſdhloß eine Rückkehr mit einer auffallenden S dylacht zu bezeichs nen. Der König von Sardinien war zu ſeinerFranken Ger mahlinn nadı Turin gegangen und hatte den Befehl hinter Taſſen , während ſeiner Abweſenheit bloß vertheidigungweiſe . zu verfahren. Marſchall Villars 2) hatte feines hohen Al ters wegen das Heer aud verlaffen müſſen und Marſchall Coigny , den die Durchſtechereien der Grafen von Broglio und Maideñois ermüdeten , hatte den Heerbefehl überkommen .

Dieſe lage der Dinge zu benuten 1, rückte Mercy bis San Proſpero vor , bielt dort einen Tag an und am 28. Inniging

er über den Fluß Parma an der Mittagsſeite der Stadt und lagerte zwiſden dieſem Fluß und der Braganza.

!!

Die Werbündeten waren nicht unthätig. Marſchall Coigny errieth des Feindes Abſicht und hatte eine ſehr wehr. bare Stellung genommen. Seine Heerbaufen Dehnten fidy längs der Heerſtraße nach Piacenza. Sein linker Flügel

lehnte fich, an die Stadt Parma , ſein rechter wurde vom Dorfe Crocetta und den bis Taro gebenden Moräften ge

deckt. Seine Gräben ließ er zu fieben und zwanzig Fuß tief erweitern ; ſeine Stellung befeſtigte er durd) Vers .

1) Muratori , annal. d'Ital, T. 12. P. 1. p. 257-259.

2) Dieſer große Feldherr fart den 17. Juni 1734 34 : Turin in einem Alter von 82 Jahren.

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Karl VI.

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baue und neue S dyanzen , und legte Heerbaufen in die längs der Heerſtraße erbauten Landhäuſer. Die Stellung war trefflich gewählt ; die Natur des Bodens und die ties

fen Gräben machten die zahlreidye feindliche Reiterei völlig unbrauchbar.

...

Am 29. Jun. früh 30g Graf Mercy aus , ließ die

Stadt Parma gegen Often , und rückte mit ſeinem in zwei 1

1

Heerſäulen -getheilten Heere bio Crocetta vor. Nach einer kurzen Anrede an ſeine Soldaten übertrug er den Befehl der linken Heerſäule dem Prinzen von Würtemberg, er felbſt 308 an der Spiße der redyten nad, der Heerſtraße. Ohne die linke Heerſäule ju erwarten , befahl er zwei Ker gimentern Fußvolks , den Angriff zu beginnen. Uner .

ſdyroden ftellten fidy dieſe beiden Harſte vor dem Graben,

Sdion warfen fie Reiſigbündel binein , als das geſchickt ge. ridtete feindlidie Feuer ſie g!ırückwies , wo ſie denn alle ihre Grenadiere und viel Hauptleute verloren . Der Feld: 1

marſdjad ließ andere Regimenter norrücken , die , von der .

linken Beerſäule unterſtüßt , als ibnen die Reisbündel aus

gingen , den Graben mit ? den Leidynamen ihrer Streitges noſſen anfüllten , und nun beinahe die Werfdanjung erſtürm : ten. In dieſem Augenblicke, wurde Graf Mercy tödtlid verwundet und ſeine durch den Verluſt ibres Führers , wie *

durch das fortdauernde feindljdeFeuer, entmuthigten Schaq. ren geriethen in die äußerſte Anordnung. Die Ankunft des Prinzen von Würtemberg , der den Befehl übernahm , er's muthigte ſie wieder. Sie gewannen die Höhe der Heers ftraße , und drangen bis zum zweiten Graben , den ſie mit 1

Leidynamen der im Gefed)te gefallenen Franzoſen undSar. dinier ausfüüten , vor. Dem Prinzen von Würtemberg wurden zwei Pferde unter dem Leibe getödtet und eine ſtar. ke Quetſdung zwang ibn , das Schlad tfeld zu verlaſſen . Dennod ftritten die Deſtreicher , zum zweiten Mahl obne Anführer , mit unbegreiflicher Wuth. Sie ſtürmten die

Perbündeten aus {edys Schanzen nach einander. Nad eje

10

Neunzigſtes Kapitel. 1733-1734 .

nem zweiſtündigen 'ununterbrodzenen Kampfe 303 fid, der Feind in guter Ordnung unter die Mauern von Parma zurück. Die Kaiſerlid) en behaupteten das Schladitfeld: aber ohue Führer und Lebensmittel , durd, den erlittenenVer .

luſt geſchwädji und beſorgt , daß fie bald wieder angegriffen würden , zogen ſie ſich auf San Proſpero und Tags dare 2. bolsa

auf nady Reggio.

So endete dieſe denkwürdige Sdyladyt , worin zehntau . ſend Menſchen blieben , und mas- bis dahin Séiſpiellos war , nid ;t Einer gefangen , nidyt eine Fahne erbeutet wurde. Die Sberbündeten betrauerten den Tod vieler braver Hauptfeute ,

die Kaiſerlid , en den Tod ihres Feldhauptmanns, fieben Heers. führer , und vieler Hauptleute 1921

Wiewohl Graf Mercy dieſen Angriff gegen die Ein -würfe ſeiner Hauptleute anbefoblek hatte und die Urt , wie er ibn leitete , für unbegreiflid, unbeſonnen gehalten wur: de 2 ) , fo wären dody wahifeleinhd) , wenn er nid )t 'ge: Blieben wäre, die Verbündeten aus dem Herzogthum Par : 1

må vertrieben und des Kaifers Sadye wieder geboten wor

den. Um ihren Verkehr mit Mantua und Mirandola ju erhalten , zogen ſich die Kaiferlichen hinter die Secchia zu: rück ;-aber die Beſaßung von Guaſtalla , an zwölfhundert Mann , war ohne Geſchüby Kriegsbedarf und Mundvor: Tath unto ergab fidy for dem König'bon Sardinien , der am

Lage Hall der Sdılacht wieder zu ſeinem Heere ſtief : Die Franjofen nahmen ihre Stellung lir:Es dem Fluffe, ünd "Karl Emanuel hatte ſein Hauptlager in San Benedetto. Die Ver'.

bündeten zwangen Modena, Carpi , Ribiera und Reggio, be. herrſchten das geſammte Herzogthum und befd ränktelidie Kal: ſerliden auf den Bereich zwiſchen Mantua und Mirandola; 1) Die Erzählung dieſer Schlacht iſt aus des engliſchen Con ſuls Stinner nac, Reggio erftatteten Bericht vont 1. Jul.

1734. Oxford Papers.

-

Muratori anpal. d'Ital.

2) Er hatte feine Kanonen zurückgelaffen . Skinnets Bericht.

1

Karl VI.

11

aber der in der Sdladt von Parma erlittene Verluft, und der zwiſchen den Franzoſen und Sardiniern entſtehende Zwier ſpalt madote ſie unthätig. Im Monath Julius erhielten die Kaiſerlid, en bedeu . tende Verſtärkung, und Graf Königseck , der den Befehl

übernahm , rückte bis Quingentolo por. Bis zum 14. Sepe tember (died ihn nur die Secchia , vom Feinder . Da nun begann er ſeine Unternehmungen mit einer glänzenden

Sdyladyt. Während ein Sendhaufen einen Harf Franjofen im Sdad, hielt , waten zehntauſend Mann bei nädytlidier

Weile durd, den Fluß und überfallen das Hauptlager des Mar, fdaus von Broglio. Der eerführer hatte eben nur Zeit

zu entkommen. Die Verbündeten zogen ſid, wieder auf Guas ſtala , nud faſten zwiſdyen dem Croſtolo und Po Stand. Am 19. September griffen die Kaiſerlıdjen an , wurden aber, nach einem adytſtündigen Kampfe , vom König von Sardi nien , der die Sdaaren mehrmahl zum Angriff führte, zum Weid en gebrad )t. Die Franzoſen verloren drei Heer: führer , die Kaiſerlichen den Prinzen von Würtemberg , ‫ܐ܀‬

den Heerführer Colmeriere , und den Prinzen von Ⓡady: ſen · Gotha, außer mehreren niedern Hauptleuten. i un Gemeinen war der Verluſt beträdytlich und beiderſeits faſt gleid.

Die Kaiſerlichen , die ſid, in guter Ordnung und un verfolgt zurück zogen, nahmen eine ftreitbare Stellung nords wärts am Oglio und Po. Die übrige Zeit des Feldzugs verfloß obne irgend ein Ereigniß , als den Eutfak von Mi

randola , weldies der Marſdal Maillebois umzogen hat: te , der mit Verluſt feines geſammten Geſdrüßes zurück: getrieben ward.

Bis zum Anfang des Januars blieben

die Kaiſerlichen in ihren Zelten. Die Sdaaren der Vers bündeten , die zwiſdjen Moräften lagerten , litten viel von Seuden , bis der König von Sardinien ſie in Winterla,

ger legte. Hierauf gingen die Deutſdyen über den Oglio, und nahmen Bozzolo , Caſtelmaggiore , Sabionetta und

Neunzigſtes Kapitel. 1739-1734.

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andere zwiſdhen dieſem und dem Pofluß gelegene Pläße 1) im Beſi .

Im Verlauf dieſer Unternehmungen erklär:

1734

te Don Carlos tiđ, mündig und übernahm die Regierung der Herzogthümer Parma und Pia:

cenja . Ein ſpaniſches Heer, welches Graf Montemar unter

dieſem Prinzen befehligte, ſammelte ſich in Toscana , jog durch den Kirchenſtaat und rückte nach der mitternädjtigen Gränze des Königreid Neapel vor. Zur felbigen Zeit erfdien ein ſpaniſd; es Sdiffgefd wader , weld; es viel daa. Ten führte , vor Civita Vecchia. Ein Theil der Flotte blieb im

Hafen ; der andere ſteuerte auf Baja

20. Febr. -und nahm die Inſeln Bidia und Procida in Be:

19. nie. Das kaiſerlidye Heer lag in mehreren Feſtun. gen verfreut, und für das Feld blieben nur zwei unbedeu : tende . Abtheilungen . Einer dieſer Harſte , Tech, tauſend Main ſtark , war unter den Mauern von Sant Angelo

della Canina , an der mitternädytigen Gränze , verſdanzt, der andere ſtand in Puglia. Der erſte wurde von den Gra.

fen Traun tind Caraffe Befehligt, die zwieſpaltiger Mei nung maren . Caraffe trug darauf an , alle Beratungen zuſammenzunehmen , und lieber Neapels S drickfal durch

eine Hauptſdyladit zu entſdeiden , als den Feind auf die Hauptſtadt anrücken und das Heer einzeln aufreiben zu laſs fen . Der andere Heerführer dagegen wollte fdjukweiſe vers fahren 2 ) , bis die zwanzig tauſend Mann Verftärkung , die

man aus Deutſchland erwartete , einträfen. Unglücklidyer Weiſe ging reine Meinung durd ). Das ſpaniſdje Heer er .

ſtürmte die Linien von Sant Angelo, ließ zwei Harſte jur Sperrung von Gaeta und Capua , wohin fidy die Kaie ferlid ,en gefogen hatten , zurück und zog auf Neapel." A18 ) Muratori annali. ki) Muratori apnali d'Ital.

Karl VI.

13

Don Carlos Hvería nabte , bekam er die Sdylüffel der Hauptſtadt, wo drei tauſend Spanier am 10. April obne 1

Sdwertſd,lag einzogen. 3 noch nicht einem Monarb er gaben fid , die Feſtungen , welde Neapel und den Hafen Baja vertheidigten , und die zwei tauſend Mann Beratung daſelbſt wurden Kriegsgefangene . Am 10. Mai hielt Don

Carlos, der fid, den dritten Karl nannte , in Neapel un ter lautem Zuruf der Einwohner ſeinen Siegeseinzug , und am 27. dylug Graf Montemar nad, bartnäckigem Wider : ftande einen Harſt von neun tauſend Mann , der unter den Mauern von Bitonto ſeine Stellung genommen . Von die.

ſein Karſt blieben tauſend fünfhundert Mann auf dem Sdyladitfeld. Þierauf theilte er ſich in zwei Theile ; einer fog ſich in die Sadt Vitonto , der andere nad , Bari ; beide Pläge wurden dynell genommen . Gaeta ergab ſich am 6.

Auguſt , und Capua weldies Graf Traun vertheidigte,bielt ſid, bis zum 24. November. Endlid, faßte Montemar, der

zum Dank für ſeine Dienſte Herzog von Pitonto geworden war , am 24. Auguſt , an der Spiße eines beträchtlichen Harſts , Fuß in der Gegend von Palermo , und unterwarf im Verlauf des folgenden Jahres ganz Sicilien bis auf 1

Meſſina und Syrakus.

Indeffen both Karl VI. in ſeinen deutſchen Erblanden piel Mannſd)aft und Geld auf. Er bildete ſidy ein , der deutſd ,e.e Reidyskörper werde das Neußerſte für ihn thun; aber

reine Hoffnung ward getäuſcht. Die auf dem Reichstag bee willigten Summen waren ſo weit unter der weldezur Auf.

ſtellung von hundert und zwanzigtauſend Mann erforderlichy geweſen wäre, daß der Herzog von Bedern, als er den Befehl übernahm , nur zwölftauſend vorfand. - Das vom Marſchall von Berwick befehlige

te franzöſiſde Heer eröffnete den Feldzug am 1734. 9. Upril. Nadıdem e$ Trarbach zur Uebergabe. gezwungen , ging es in drei Heerſäulen über den Rhein

und ridytete ſeinen Zug darauf , die Linien von Etlingen

14

Sieunzigſtes Kapitel . 1933-1734 .

zu ungeben . Da der Herzog ſie nicht behaupten zu kön: nen erac tete , warf er ſid , baſtig auf Heilbronn und über

gab dle -Befehligung des Heers dem Prinzen Eugen , der von Wien ankam .

Dieſer große Feldhauptmann hatte eben keine große Hoffnung, die Sache feines Herrn wieder zu heben . Ueber: zeugt, daß die Verbündeten den Kaiſer verlaſſen , oder dody nur fdywad, unterſtüßen und er am Ende allein der Rade des Hauſes Bourbon anheimfallen würde , hatte er gewünid)t,

er módyte fici, in die pobiniſdie Königswahl gar nicht miſden, Er hatte den Kummer , Zeuge des ſchleunigen Rückzugs der

deutſd ;en Sdyaaren und der Einnahme von Philippsburg ju ſeyn. Iroß des Barons von Wütgenau muthigen Wis derſtand ergab ſid) dieſer Plab , der nur vier tauſend Mann Beratung batte , am 18. Juliu $ dem Marquis von Asfeld . Marſdall von Berwick fiel während der Belagerung durch

eine Kanonenkugel. Die Ankunft des Prinzen Eugen bee lebte den Muth der Kaiſerlid en wieder auf Hugenblicke ; aber ihrer waren ſo wenig , daß der Feldherr , bei allen gros Ben Talenten , dod, rur vertheidigungsweiſe zu Werke ge hen mußte. Als er im Hauptlager eintraf , war das Heer nur fünfundzwanzigtauſend Mann ſtark, und in dem gans

zen Feldzug betrug es nie mehr als ſedyzigtauſend, wiewohl Sun mehrere Fürſten und der König von Preußen ſelbſt , vom feixem Sohne, Friedrid ) II. begleitet,ihre Schads ren perſönlid, führten und Eugens Befehlen dienten. Dieß Heer glid, den Bannern , die dieſer Feldherr ehemahls ' fo oft zum Sieg geführt hatte , gar wenig. Es war fammengeraffter Haufe von jungen Bauern , die keine

Kriegsbewegung kannten , von Fremdlingen , die nur prüns derungsſüd )tig waren ; den Befehlshabern war es meiſtens weniger um Fortgang der Unternehmungen , als um Vors

rang ju thun 1 ). Nody dywieriger ward Eugens Cage 1) Sectendorfs Lebensbeſchr. Bd. 11. S. 181.

1

Sarl VI.

15

durd, die Treuloſigkeit des Herzogs von Bevern , der dem Kaiſer vorſpiegelte , der große Feldherr rei nur noch der Sdatten von ſich ſelbſt , das Gedächtniß fange an , ihm zu verſagen , er ſei an Geiſt und Körper geſd)wädyt ; laffe fid) von verdienſtloſen Menſdyen leiten und halte das Kaiſers heer in fdmählidyer Unthät gkeit 1 ). So liep denn Karl VI, einen Geſchäftsträger abgeben , mit dem Auftrag, über 8 führen. Der Felds des Feldherrn Verfahren die Aufſicht zu herr , obwohl tief durd, dieſe Ilugered ,tigkeit gekränkt , woll: te dod, den durd) Angrifñ eines ihm an Zahl weit überleges nen und überhaupt beſſer eingerichteten Heers das Wohl des Hauſes Deſtreid, nidit aufs Spiel reben. Indeß hielt er die Franzoſen inindeſtens im Sdyad) und die Einnahme von Phis 1

Tippsburg endigte den Feldzug.

Prinz Eugen verſdyloß ſeinen linwillen in der Bruſt , und weil er aus dem Vergangenen , wie aus der Gegen wart , wohl ermaß , daß oline Beiſtand der Seemädyte der Kaiſer dem furchtbaren Bunde , der ihn angriff, nicht lan. ge widerſtehen könnte , fo ſudjte er , um England von ſeiner Gleid ,gültigkeit abzubringen , ſeinen Einfluß auf Georg II.

zu benuken . Er ſdyrieb an General Diemar , der ſein Ver: trauen genoß und in London war , mehrere Briefe ; die dem König vorgelegt werden ſollten , ſchilderte darin die Lagedes Hauſes Deftreid, und wie es Großbritanniens Vortheil þeis .

ſche,1 es zu unterſtüßen. Umſonſt ! Georg II. fab wohl ein, wie gründlid, Eugen urtheilte ; aber Robert Wolpole's

Meinung bebielt die Oberband. Das brittiſdye Cubinetwou te das Volk in keinen Krieg verwikeln und der Kaiſer blieb ohne Hülfe. 1) Robinson to Lord Harrington . 4. Sept. 1734. -

16 Einundneunzigſtes Kapitel. 1733-1739.

Sin und neunzigſtes Kapitel . 1733

1739.

Vergebliche Bemühung des Kaiſers um Englands. Beiffand . Friedensunterhandlungen . - Feldzüge in Deutſchland -

und Italien im Jahr 1735 .

Unglück der kaiſerlichen

-

Schaaren und Niedergeſchlagenheit Karls VI. , ſeiner Fa: milie und ſeiner Miniſter. Unterzeichnung der vorläu figen Friedensartikel mit Frankreich. - Beitritt der Hö

nige von Sardinien und Spanien . - Weigerung des Herzogs von Lothringen , ſeine Länder abzutreten. Friede .

D.a

das brittiſche Cabinet auf ſeiner Friedſamkeit beharre ' te , gab Karl VI. vor , fid in beſondere Unterhandlungen

mit Spanien einzulaſſen , und Graf Kinsky , fein Geſands ter am londner Hof , erklärte , wofern ſein Heer nid )t die

geforderte Hülfe erhielte , ſo bliebe ihm, den gänzlid )en Sturz ſeines Hauſes zu verhüten , nid)ts übrig , als Don Carlos ſeine zweite Todter zu vermählen. Er ward aber grauſam enttäuſdt , als ein Brief von Lord Harrington meldete , England könne unmöglich auf die Wünſche des Wiener Hofs eingehen , und wie die Angelegenheiten des Kaiſers dermabe

len ſtänden , babe Se. brittiſde Maj. gerechter Weiſe nichts gegen die Vermählung der Erzherzoginn und des Feb. 1734. Infanten einzuwenden. Als Robinſon den Mi: niſter Karls dieſe Antwort mittheilte , hezeig ten ſie ihm böchſtes Befremden und tiefſten Unwillen . Sie

behaupteten , die Vereinigung , wovon der Staatsbrief I

(predje , ſei nur ein Vorwand , Englands Abfall und In

/

Karl VI.

17

gered ,tigkeit zu beſchönigen. Der Kaiſer ſelbſt verläugnes te ſeinen Miniſter ausdrücklid ), red)tfertigte in einem ſehr lebbaft geſdyriebenen Auffas fein Benehmen in den pobinis ( dyen Händeln und warf dem brittiſdien Cabinet den Brud ,

des feierlidiſten Verſprechens gar beftig por. Kurz darauf erbotben ſich England und die Generalſtaaten zur Bewir. kung eines Vergleidys und fudyten Karl ju Unterzeichnung des Neutralitätsvertrags , den die vereinigten Provinzen im

Jahr vorher für die Niederlande geſchloſſen hatten , zu der mögen.

Er verwarf dieſen Antrag mit Hohn und drohte

fogar , Flandern mit Krieg zu überzieben , indem er Frank . reich von Luremburg aus angriff. Eine geringe Vermebe rung ſeiner Seemadyt oon Seiten Englands und Walpole's Sendung nad , dem Haag , dem Einfluß des verſailler Car

binets daſelbſt entgegenzuarbeiten 1, machten dem Kaiſerwies der einigermaßen Hoffnung. Aber der Sommer verfloß une

ter leeren Unterhandlungen , und als nun alle Hülfsgeſu : de Karls nur mit Vermittlungsanerbiethen beantwortet wurden , ſtieg ſein Unwille aufs hődiſte, zumahl er arg wöhnte , die Seemächte und Frankreid, arbeiteten an eis nem Friedigungsplane . Er rückte den beiden Walpole Eng.

lands Benehmen auf ; und auf die geheime Neigung des Königs , wie auf den itn brittiſd)en Cabinet herrſchenden Zwieſpalt redynend, ſudyte er den im Jahr 1726 entworfer

nen träumerifdyen Plan wieder vor , durch eine bekannt gee madyte Ueberſid )t der Verhandlungen ſid, gegen den Minię fter auf das Volk zu berufen. Da er biermit Wahlpole

nicht einſchüchtern konnte , fuchte er ihn in Ungnade ju bringen.

Er entſendete alſo einen Engländer , Nahmens

Strickland 1, der ein Römiſchkatboliſdyer und dem Prätens denten , auf deſſen Empfehlung er eine Abtei in der Nors mandie erhalten hatte , ergeben war , nadh England. Dies rer Geſchäftsträger hatte in dem zwiſchen dem Kaiſer und Genrg I. im Jahr 1726 entſtandenen Streit ein Verſtände . batte inß mit der Gegenpartei unterhalten und Karl VI. Core’s Geſchichte Dek, IV, B.

33

18 Einundneunzigſtes SPapitel. 1733-1739. 1

ihn dafür zum Bifdyof von Namur ernannt. Strickland war nadyba Kundſchafter des engliſdyen Miniſteriums.; und auf Befehl Georgs II. drang Lord Harrington beim Kaiſer's

liden Hofe ſehr darauf , ihm den Cardinalsbut zu derſdafa fen , damit er einen Vorwand bätte , in Rom zu verweilen und das Benehmen des Prätendenten zu beobachten. Mit

dieſer mächtigen Empfehlung verfehen , begab er ſich nad , .

Wien , beſtärkte den Kaiſer in der guten Meinung, weldje dieſer , der in ſeinem Sprengel eingeführten Verbeſſerungen wegen , von ihm gefaft hatte , und erhielt ein beſonderes

Gehör , worin er ſid, rühmte , Walpole zur Kriegserklärung gegen Frankreich zu zwingen , wo nicht, ſeine Abrebung zu

bewirken. Er ging mit Briefen Karls an den König und die Königinn nach England zurück , angeblid ), um Georg 1

II. zu danken ; daß er ihm das Verſpredeir des Cardinals. butes beim Kaiſer ausgewirkt. 218 er in London ankam ,I hatte er , unter erdiditeten Nahmen , eine geheime und febr 1

lange Unterredung mit Lord Harrington ; der König und die Königinn empfingen ibn gnädig , und man ſtreute das Gerücht aus , daß beide Walpole entlaſſen werden würden .

Dieß alles befeſtigte Robert nur in ſeinem Anſeben . Der Sendling des Kaiſers wurde beurlaubt , und die Königinn erklärte in einem Brief an die Kaiſerinn , Großbritannien werde fich nidt auf Krieg einlaſſen 1 ). End Nov. 1734 lid, nahm Karl VI. enttäuſdt, nid )t ohne Wi: derwillen die Vermittlung der Seemädyte an , weld )e einen Waffenſtillſtand und einen insgeheim mit Frank.

reid, verabredeten Friedensentwurf vorfd lugen. Stanis . laus polite abdanken , den Königstitel aber beibehalten und

über ſeine Güter in Poblen verfügen dürfen. Der Kaiſer follte Don Carlos als König beider Sicilien anerkennen und

die landfdjaften Tortona, Novarra und Vigevano an Karl 1) R. Walpole’s mémoirs , Hap . 34. Correspondence , Bs. 3. S. 144 -

208.

-

Robinson's dispatches,

Sarl VI,

19

Emanuel abtreten. Dagegen verſprad, man ihm die Rücke gabe der eroberten Länder , die Gewähr der pragmatiſdien Sanction don Seiten Frankreid ;s und des Königs von

Sardinien , die unmittelbare Einſebung in die Herzogthüs mer Parma und Piacenza und den Heimfad von Toscana , mit Ausnahme der Stadt Livorno , welche zum Freiſtaat era boben werden ſollte.

Karl VI. medite an dieſem Entwurf unju:

läßliche Abänderungen.

Endlid, nahm er ihn 1. Apr.

als Grundlage eines Vergleidy 8 und unter der

1735.

Bedingung an , daß die Verbündeten ihre Genehmigung binnen zwei Monathen bewährten. Er boffte , die Erfüle ſung ſeines Verſpredjens ju umgeben ; und in dieſer Hoff.

nung beſtärkte ihn eine Reihe von Ereigniſſen , die einen allgemeinen Krieg erwarten ließen. Die Höfe von Vers ſailles und London waren äußerſt kalt gegen einander ger worden. Während der Verhandlung hatte Cardinal Fleury

gar keine Entſchädigung zu verlangen geſdienen ; als aber der Entwurf des Vertrags bekannt ward , erregte er in Frankreich allgemeinen Unwillen . Man urtheilte , es wür: de eine Schande für den König regn , feinen Sdwieger:

vater , für weldien er die Waffen ergriffen hatte , zu vers laſſen , bloß um Don Carlos und dem König von Sar: dinien zu einigen Ländern in Italien fu verhelfen. Der

Cardinal benugte mithin die Rede Georgs II. bei Eröffnung des neuen Parlaments , wo der Entwurf des Vertrags

febr unvorſidytig enthüllt worden war ; und endlich nad vie. len Klagen und zögerungen weigerte er fid) ,1 ſein Verſpree den zu erfüllen. 1) Die Königinn von Spanien war ebenfalls gegen einen

Entwurf , der ihrer Familie Parma , Piacenza und Tosca B 2

1) R. Walpole's memoirs , Stap. 44 und Mémoirs of Lord Walpole , Stap. 17 , 18.

20 Sinundneunzigſtes Kapitel. 1733-1739. na in einem Zeitpuncte entzog, wo alles den gänzlid,en Sturz des Hauſes Deſtreid, in Stalien abnden ließ ; ſie batte dem

Wiener Hofe mehrmahls angetragen , die eingegangenen Verbindlichkeiten hinſid;tlid, der Vermählung einer Erzber: joginn mit dem Infanten zu erneuern. Der König von Sardinien war über die Fortſdritte des Bundesbeers in der

Lombardei nid )t minder unruhig als der Kaiſer. Er ur: theilte , die Wernid) tung der öſtrediſden Machtin Italien

würde das Staatengleid ,gewid;t aufheben und er von dem Hauſe Bourbon abhängig werden. Seit dem Junius 1734

hatte er ſich an den König von England gewendet , ihm die Artikel des geheimen , mit Frankreich gerdyloſſenen Vers

trags endeckt, lebhaft über das Benehmen des Cardinals Fleury und des madrider Hofs geklagt , und um Georgs II. Permittelung eines beſondern Friedens mit dem Raiſer ante gehalten. Hierauf erboth fid, dieſer Fürſt: ſeine Sdyaaren mit den Kaiſerlid ) en zu vereinen , wenn die Seemädyte ſich auf Srieg einließen , und man eine hinlänglid , furd )tbare Madt nad Italien Pendete , um es gegen Frankreidys und paniens Radye zu ſichern 1 ).

Dieſe Spaltung zwiſchen den Verbündeten geſtatteten dem Kaiſer , bald mit Vorwiſſen Englands , bald ohne beffen beilnahme beſondere Interbandlungen mit mehrern Höfent anzuknüpfen ; und um die Seemad te zu beunruhigen, erklär . ten ſeine Miniſter , ihr Herr habe Mittel in Händen , einen beſondern Vergleich zu ſchließen .

Minder ungünſtig waren dem öſtreichiſchen Hauſe die Händel im Norden. Stanislaus , der ſich nach Danzig gee flüd )tet , hatte dort eine mehrmonatbliche Belagerung von

den verbündeten Heeren und der ruſſiſdien Flotte , welde 1) Brief des Königs von Sardinien an Georg II. in R. Walpole's memoirs, Bd. 3. Mittheilungen des Chev. Pfforio an den König und ſeine Miniſter vom 20. Jun. 1754 , und Brief des Staifers an den Grafen Sinsky in

Walpole papers .

A

Karl VI.

21

den Hafen ſperrte , ausgehalten. Da aller Widerſtand nur vergeblid fern konnte, ſo war er unter einer Verkleidung ents wiſdt, und nach tauſend beſtandenen Gefahren zu Marienwer:

der in Preußen angekommen. Danzig hatte ſich unterworfen und ganz Poblen Auguſt III. anerkannt. Mithin war dieſer Fürſt im Stande, feine von ihm , als Kurfürſten von Sachſen zu ſtellende Mannſdyaft zu verſtärken und die Czaarinn entſen : dete einen Harſt von ſedyzebntauſend Mann nad, dem Rhein , weld) em ein nod ftärkerer folgen follte. Endlich hatte der König von Dänemark neuerdiengs einen Hülfsgeldervertrag mit England gefchloffen und ſchien geneigt , fid , gegen das aus Bourbon zu erklären.

Ein beftiger Streit , der zwiſden dem madrider und Liſaboner Hof ſid, erhob , (dien einen nahen Brud ju rer: kunden . Don Cabrals von Belmonte , des portugieſiſchen

Geſandten am ſpaniſchen Kof , Leute waren in das Gefäng. niß geworfen worden , weil ſie einen Mufſethäter den Hätt .

den der Gereditigkeit entriffen . Der liſſaboner Hof übte Vergeltuug und ließ neunzehn Bediente des ſpaniſdien Ges fandten einkerkern . Beiderſeits forderte man vergebens Ge:

nugthuung, und der König von Portugal verlangte , kraft der vorhandenen Verträge , vom Kaiſer und von England , die er ein Sdjukbündniß mit ihm zu ſchließen erſudyte 1) ,

Hulfe. Dieſer Antrag dlug zu ſehr in Karls Vi. Ges ſinnungen , als daß er ibn nidt auf der Stelle bätte an: nehmen ſollen . Er gab dem König von Portugal die bes ften Verſidyerungen und erſudyte ihn , nid)t mit Spanien fu verhandeln 2).

Zu dieſer Zeit fchien England aus dem Sdílummer , worein e$ verſunken war , fid, aufraffen zu wollen , Robert .

Walpole ſelbſt empfahl nun zuerſt kräftige Maßregeln. Er 1) Lord Trawley's dispatches to the duke of Newcastle. 1. April 1735.

2) Der Kaiſer an Wasner , 4. Sun. 1755, Walpole papers.

22 Einundneunzigſtes Sapitel. 1733-1739. (dilug im Hauſe Ser Gerneinen eine Aushebung 7. Febr.

1735 .

von dreißigtauſendMatroſen , und ſechsundzwane zigtauſend Mann Landſoldaten vor , fwölftauſend

Irländer und ſedištauſend Mann ungeredynet, die der König von Dänemark , kraft des neuerdings geid loſſenen Hülfsver: 1

I

trag$ , zu ſtellen ſich anbeifchig gemacht hatte 1 ). Man (chicke

te ridy an , eine Flotte von 25 Linienſdiffen dem König von Portugnl zu Hülfe ſegeln zu laſſen, und die engliſden Geſand

ten ſpradjen an allen europäiſchen Höfen gegeit Frankreid). Da ſtieg die Hoffnung des Kaiſers, aber nur, um deſto tiefer

zu faden. Troß aller Bemühung konnte Walpole die , wele de in den vereinigten Provinzen den meiſten Einfluß hats ten ,1 nid)t zum Friedensbrudy vermogen. Sie erklärten , ſo lange ihr land nid)t angegriffen würde , würde der Freis ſtaat ſich weder durch den Verluſt der kaiſerlichen Länder in Italien , nod felbſt durd, die Ueberziehung ſeiner deut: den Erbländern zum Krieg beſtimmen laſſen 2). Dem

gemäß kündigte lord Harrington , der mit dem König in Hannover war , dem Miniſter Karls VI. laut an , der Fürſt folle ſid, nid)t ſdmeidyein , England , mindeſtens für jekt , 1

fu einem Kriege zu beſtimmen.

Da die durch den Wiener

Vertrag eingegangenen Verbindlichkeiten und mit Holland gemein ſind , "fuhr der Lord fort, wo ſind wir nid )t gehale ten , ſie beſonders zu erfüllen . Die Beorgniß , dieſe Madyt in Frankreichs Arme zu werfen , die übermäßigen Laſten , I

weldye der Krieg aufrücken würde , der wahrſdeinlich nicht gar glücklide Ausgang und vor allem die Gefahr , unſere

wichtigſten Handelszweige zu verlieren , würde die Zuſtim mung des Volks ( dywer , wo nicht unmöglidy madyen. Wenn Se. Maj . der Kaiſer , wie ihre Miniſter häufig zu ver: fteben gegeben haben ; durd, beſondern Wertrag mit einer 1) lournals. Chandler's debates. 1) Walpole's dispatches.

Karl VI.

23

der Mädyte, gegen weldie ſie in Krieg begriffen iſt, aus .

ihrer mijlic en lage kommen kann, fo biethet- Se. brittiſche Maj . ihr ibre Vermittelung an und glaubt, fie des Beitritts der Generalſtaaten verſidern zu dürfen 1)."

Das Erſtaunen und der Unwille der kaiſerlid en Mis niſter, als der brittiſde Geſandte in Wien , Robinſon , iş.

nen dieſen Entſdluß mittheilte , war ungemein. Sie ver : läugneten die Erklärungen der Geſandten und ſagten , eb bleibe ihrem Herrn nid )ts, a18 der Willkür ſeiner Fein. de Preis zu geben. Graf Singendorf rief in Verzweiflung: „ Weld, Urtheil habt ihr über den Kaiſer ausgeſprodjen ?

Ein unglücklicher , den man zum Tode führt , iſt minder .

beklagenswerth. Wär tdy Herr , dy brennte Amſterdam nieder und verließ Flandern ! Es gibt keine abgeſonderte

Unterhandlung , es kann keine geben 2 ) !" Unterdeſſen war der Feldzug eröffnet worden. Pring Eugen hatte dem Kaiſer im Anfange des Jahres erklärt ,

er könne die Anführung nicht übernehmen , wenn nidyt Hül. fe von den Seemädyten käme. ,,Wolte id) mid, wieder bloß geben , wie im vorigen Jahre , ſagte ernufo würden , die bloß nad, dem Sd eine urtheilen , glauben , mein Alter geſtatte mir nidt, meinen Ruf zu bebaupten 3 )," Die An. hängigkeit an ſeinen Herrn überwand jedod, ſein Wider .

ſtreben und mit einem Heer , das nid)t ſtärker als dreißige

taufend Mann war , gelang es ihm , das franzöſiſche, bune derttauſend ſtarke , Heer in Deutſchland im Sdad) ju balten.

1) Lord Harrington to Mr. Robinson Hanover, Iune 1734. Walpole papers.

2 ) Robinson's dispatches to Lord Harrington. 7. Jul. 1735. Grantham papers .

3 ) Robinson's dispatches, >

24 Einundneunzigſtes Kapitel. 1733-1739. In Italien erlitt das Faiſerlidie Heer eine Reihe uue fälle. Die Einnahme von Meliina und Syrakus voulett dete die Eroberung von Sicilien , und Don Carlos ward am 3. Jul. 1735 als König beider Sicilien gekrönt. In

der Lombardei zog ſid , Graf Königseck , als er dem fran jöfifd) - Pardinifd) en Heere , zu weld; en die vom Herzog Montemar befehligten ſpaniſd ;en Sdaaren ſtießen , nid) t.

widerſieben konnte , in die Holwege von Tyrol und das Biss thum Trento zurück. Mirandola ergab ſid, dem ſpaniſdien Heerführer und Mantua , das einzige Ueberbleibſel oſireis diſcher Befinungen in Italien , ward geſperrt. Das Unglück poukommen zu machen , entſtand ein Zwiefvalt zwiſden den ſtreichiſchen und ſpaniſchen Räthen

Karls VI . , die einander wed,ſelſeitig die Sduld des Unglücks beimaßen. In Ubweſenheit des Prinzen Eugens und Grafen Königsteck gewannen die ſpaniſd,en die Oberhand, und drängten, aus Furcht der Verluſt der öſtreid iſchen Bejibungen in Italien mödyte die Einziehung ihrer Stellen zur Folge haben , den Kaiſer , ein beſonderes Abkommen init dem madrider Hof zu treffen und ſeine älteſte Tochter an Don Carlos , ja die beiden Erzherzoginnen an die beiden ſpaniſden Infanten

zu vermählen. Die Vorſtellungen der adytzehnjährigen Marie Thereſie 1 ) , die den Herzog von Lothringen , dem fie verſprodhen war , färtlid, liebte , mehrten Carls VI. Verlegenheit. Die Kaiſerinn vereinte ihre Bitten mit der nen der Todoter und erſudite ihren Gemahl , fid, anders

1) Der engliſche Gefandte fagte in einem feiner Staatsbriefe von Marien Thereſien : es iſt eine Prinzeſſinn von viel Cha rakter. Sie betrachtet den Verluft ihres Vaters als einen

perſönlichen . Sie urtheilt ſchon, fie läßt ſich auf das Ein zelne in den Angelegenheiten ein. Sie bewundert die Dus genden des Kaiſers , aber ſie tadelt fein Benehmen und ſieht

ihn faſt nur als Verwerer der Länderan die ſie einſt bes figen wird. Croß ibrer ſtarken Seele hat ſie eine zärtliche

Liebe zum Serzog von Lothringen. Nachte ſieht ſie ihn im Traumeund am Tage unterhält ſie ihre Ehrenfrau nur von ism . Robinson to Lord Harrington, 5. Jul. 1735.

Sarl VI.

25

zu bedenken . Die Unruhe fekte beinahe ſein Leben in Oe:

fabr 1) 1, und in der Werzweiflung faßte er den Entſd;luß , beſonders und insgeheim mit Frankreid, zu unterhandeln . So lange er nod ) Hülfe von den Seemädyten erwartete , hatte er mittelſt des Prätendenten und des päpſtlid en Nutte tius zu Brüſſel, dem Cardinal Fleury immer nur trüglide Porſchläge gethan. Da er aber fab , daß er ,, aud, wenn er die Vermittler der Seemädyte aunähme, dod) einen bedeutenden beil ſeiner italieniſden Beſisungen würde 1

hingeben müſſen , ſo bir

er für ehrenvoller und vortheils

bafter , ohne Vermitt . ' ' g mit Frankreich zu verhandeln. Graf Neuwid leitete eine geheime Unterhandlung ein und

La Beaume , des Cardinals Fleury vertrauter Geldhäftse träger , ward nad Wien entſendet. Der Kaiſer beidyleu : !

nigte den Abfdluß der Verbandlung, indem er den Car, dinal vergeblide Interhandlungen mit den Königen non Spanien und Sardinien befürd ten ließ ; und während er die Seemädyte,werdedie Verbündeten trennen wollten, und Vers gleidysentwürfe machten , binhielt , wurden am 3. Oct. ju

Wien urplöglid, die vorläufigen Friedensbedingungen un. terzeidynet. Karl VI. bewilligte die unmittelbare Abtretung des Herzogthums Var an Frankreich und von Lothringen , fobald der Herzog im Beis von Toscana wäre. Die übris gen Bedingungen waren dem urſprünglichen Entwurf der

Seemidste gemäß , mit Wusnahme jedod, einiger den fö. nig von Sardinien angebothenen Abtretungen. Der Fries densunterzeidynung ging ein Waffenſtilſtand in Deutſchland voraus , wo nid )ts merkwürdiges vorgefallen war

In Italien mar die Belagerung von Mantua verſchos ben worden , weil Karl Emanuel und Cardinal Fleury die .

ſen Plaß nid )t in den Händen der Spanier ſehen wollten 2 ). 1) Daf.; aud Walpole papers .

2) Carl Waldegrave's dispatches , from Paris 1733. 1

26 Einundneunzigſies Kapitel. 1733-1739. Snfort ſtellte der König von Sardinien dié Frindſeligkeis ten ein , wiewohl er dem Waffenſtilſtande erſt am 22. Febr.

beigetreten war. Der ſpaniſdie Hof wollte dies nid )t. Here fog Montemar , von Franzoſen und Sardiniern verlaffen , konnte ſeine Eroberungen in der Lombardei. nidyt behaup

ten. Königseck ging wieder über den Po , ließ die Bela : gerung von Mantua aufheben und zwang die Spanier , fich

nach Toscana zurückzuziehen.

Als endlid; Montemar für

Neapel und Sicilien fürdytete , willigte er in einen vor:

läufigen Waffenſtilſtand, der rom madrider Hof genehmigt wurde.

Der Krieg war nun zu Ende, aber es verfloß gerau. me Zeit , ebe man über die Bedingungen des Vertrags einig wurde. Der König von Sardinien wünſchte, fid, nady

dem Mailändiſden hin zu vergrößern ; die Königinn von Öpanien wollte die Herzogthümer Parma und Piacenza nidit herausgeben : und dies waren

aupturſad en des Auf:

ſdubs. Frankreich verlangte auch die unmittelbare Abtre: tung von lothringen. Der Kaiſer war ſtets nid ) t fehr ge: sieigt , einen Fürſten aus dem Hauſe Bourbon in Italien berriden zu ſehen , und wollte das Mailändiſche nidyt jer: ſtückeln , wie Karl Emanuel verlangte.

Die Erörterung all dieſer Puncte hätte nod, weit län: ger gedauert 1, wären nicht endlid, der Cardinal Fleury und Robert Walpole eingetreten und hätte der Kaiſer , um ſich für den Verluſt von Neapel und Sicilien zu entſdädigen , nid )t Ruflands Verein zu einem Kriege gegen die Türken gewünſdyt. Sofort beſtimmte er den Herzog von Cothrine gen , gegen einen Jahrgehalt von drei Millionen fünfmahl.

hunderttauſend Livres , in die unmittelbare Abtretung des ,

Herzogthums zu widligen , bis er in den Beſit von Toscana

gelegt wäre ; er ſelbſt ging Karl Emanuels Forderungen ein. Aber der endlidse Vertrag mit Frankreich ward erſt

Am 8. Nov. 1738 unterzeichnet. Die Könige von Sar: !

Karl VI.

27

dinien, Spanien und Neapettraten ihm bei , erſter am 3. Febr. 1739 und die beiden lebten am 21. April. Durch dieſen Vertrag entſagte Stanislaus , mit Bei.

behaltung jedody des Titels König von Poblen , der Krone, und erhielt dafür den Genuß von lothringen und Bar , weldye, nach ſeinem Abſterben , mit Frankreich vereint wer:

den ſollten. Toscana ward dem Herzog von Lothringen

angewieſen, der , ais der Großherzog am 29. Jul. 1737 geſtorben war , e$ in Beſiß genommen hatte. Der König von Sardinien bekam die Landſd)aften Novarra und Tor:

tona , die Herrſchaften San Fedele , Torre de' Forti , Gras vedo und Campo maggiore , wie die beiden Langhi. Dages

gen bekam der Kaiſer Parma und Piacenza wieder und er: hielt von Frankreid und Sardinien die Gewebrleiſtung der pragmatiſd ) en Sanction 1). 1) Bei dieſem Stap. find außer den angeführten Sciriftftel

lern und einer Ueberſicht des Benehmens von England ſeit dem Tode Augufts il. bis zur Unterzeichnung der vors Läufigen Friedensbedingungen , Struve, Rouffel , Pfeffel,

Heiß , Schirach und die übrigen Biographen Karls Vi. benugt worden .

28 3weiundnevnzigſtes Kapitel. 1736- 1737.

3 wei und neunzigftes Sapitel. 1736

1737.

Die Erzherzoginn Maria Thereſia dermählt fich mit Franz Stephan , Herzog von Lothringen . 't Prinz Eugen ſtirbt. Gemählde des Wiener Hofs.

Bartenſtein .

Ur:

ſprung des Türfenfriegs. — Feldzug vom Jahre 1737. Ungnade des Grafen von Sectendorf. von den Staiſerlichen erlittenen Unfälle.

Urſachen der

Karl VI. batte lange fdjon feine älteſte Zodster fiir Frang Stephan von Lothringen und Bar beſtimmt. Dieſer Fürft war Eleonorens , der Sdwefter des Kaiſers , Enkel, Sohn Leopolds , Herzogs von fothringen und Charlottens 1, der Tod)ter Philipps , Herzogs von Orleans. Er war 1708 geboren und an Karls VI. Hof erzogen. Die Vermählung 1

wurde nicht verlautbart , theils damit Frankreid, daher nid )t einen Vowand nähme , fich Lothringens zu bemächtigen , theils um der Königinn von Spanien ' die Hoffnung , daß 1

ſie die Hand der Erzherzoginn für ihren Sohn Don Carlos erhielte , nid) t zu rauben. Da jeßt die Beweggründe wege

fielen , ſo wurde die Vermählung am 12. Febr. 1736 , kurš nach Abſdyluß der Friedensbedingungen , gefeiert. Maria Thereſia genehmigte durd, ihren Ehevertrag die pragmas tiſdie Sanction und madite ſid, anbeiſchig, keine Anſprüde auf Erbfolge im Hauſe Deſtreid) zu madyen , wenn ihr Pa ter männlide Nadıkommen hinterließe ; der Herzog von Lothringen verſprach feierlid), keine perſöhnlidyen Redite

Sarl VI.

29

auf dieſelbe Erbfolge gültig zu madjen . So wurden die beiden Zweigé des elfaſſer Hauſes, weldies angeblid, vom Herzog Etikon , der im ſiebenten Jahrhundert lebte , abſtam . men und die Zweige Habsburg und Lothringen gebildet bar ben ſoll, wieder vereint 1 ).

Der Freude über dieß glückliche Ereigniß folgte bald der Schmerz über den Tod des Prinzen Eugen. Dieſer große Feldherr , der ſo viel S dylad,ten geliefert , ſo viel 1

Belagerungen unternommen , wobei man ihn oft zuerſt den. Sturmrieß erklimmen geſehen , ſtarb rubig zu Wien in der Nadt vom 20. Apr. 1736 , in einem Alter von 72 3ab:

ren bei voller Geiſteskraft und ungeſd) wädyten herrlichen Gaben 2). Ade Ehrenbejeigungen , welche Dankbarkeit ei. nem Herrſd)er eingeben korinte , wurden ſeinen Ueberbleibe feln gejollt. Sein Şerz ward nadı Turin geſendet und im Grabmahl der Fürſten vom Hauſe Savoyen , ſeiner erlaudy.

ten Ahnen , beigefeßt. Der Leichnam , angethan mit Panzerhemd , Sturmhaube und Panzerhandſchuh über ſeio nem Haupt 1, wurde drei Tage ausgeſtellt, dann in der erf biſchöflichen Kirdye des Heiligen Stephans begraben. Sedha jebn Heerführer trugen den Sarg und die Leidenfeier ward mit gleicher Pracht , wie für die Prinzen aus der kaiſer

liden Familie begangen. Auch der Kaiſer wohnte unera kannt mit dem ganzen Hof dem Reichenbegängniß bei.

Der Tod des Prinzen Eugen war um po ſdhmerzlicher , da Deſtreid im Begriff ftand , in Krieg gegen die Türken zu ziehen und in Karl& VI. Denkart und Benehmen eine merkwürdige Veränderung vorgegangen war. 1) De Luca geneal . Table. N. 4. Pfeffel II. , 574. 3) Eugen erfticte au einer harzigen und Pihleimigen Flüriga keit und ward todt im Bette gefunden. Den Abend vors

her war er bei der Gräfinn Bathiani geweſen , und hatte Piquet geſpielt, wiewohl es viel zu leiden ſien.

Es iſt

mobl glqublid , daß , bätte er Herzte rufen laſſen , er läns ger gelebt bätte.

)

2

30 Zweiundneunzigſtes Kapitel. 1736

1737.

Das Cabinet hatte zwei neue Mitglieder bekommen , den Grafen Harrad,, der Geſandter zu Madrid und Mills terkönig von Neapel geweſen war , und den Grafen Kö. nigseck , Feldhauptmann des italieniſdien Heers und Un.

teroorſißer des Kriegsraths , ju deſſen Vorfiber er kurz nach Eugens Tode ernannt wurde. Uber der Kaiſer mißtraute

damahls ſeinen vorzüglidyſten Räthen mebr als jemahls, upd (dyenkte Bartenſtein ſein ganzes Vertrauen , der Referens dar des Cabinetsraths war.

Johann Chriſtoph Bartenſtein war der Sohn eines preßburger Profeſſors 1) und im Anfang des Jahrs 1714 nad Wien gekommen. Da er Geſdy äftsträger oder Für: ſpred er bei einem Ridytſtuhl war , erwarb er ſich das Woble wollen des Grafen Stahremberg , für weldien er einen

Reditsſtreit glücklid, führte. Bartenſtein machte fid, durd) mehrere eingereichte S dreiben ſo nüßlid ), daß er in der . Kanzlei der auswärtigen Angelegenheiten angeſtellt und nad, her Referendar oder Geheimkabinetsídreiber wurde. In

dieſer Stelle hatte er Gelegenheit , ſeine Unlagen zu ents wickeln , und mittelſt ſeiner ſtand der Kaiſer , der alle Ger fdäfte nur (dyriftlid, verhandelte,1 mit ſeinen Räthen im Briefwediſel. 1

Karl VI. , der gegen ſeine vornehmſten Miniſter ſehr zurückhaltend war , war gegen die von niederm Range ſehr traulich und berablaſfend, und ſie hatten häufig bei ihn

Zutritt. Bartenſtein , dem es nid )t an Sd;arfblick fehlte und der alle Gaben hatte , des Kaiſers Vertrauen und Gunſt zu erhaſden , (d)meid elte, ſeiner perſönlidhen Eis telkeit und nährte ſeine ſchwärmeriſden Begriffe von Ruhm und Trefflid keit. Er kannte alle Ränke der Red, tsvers drehung und was ibn Karin beſonders werth madyte , war ſein Geſdrick, Spikfindigkeiten zu erſinnen und unendliche Sdywierigkeiten zu häufen. Er gab dem Monarchen Grün: Robjason to lord Harrington ,

Tarl vi,

31

de zur Widerlegung ſeiner Miniſter an die Hand , und war Vermittler eines gebeimen Briefwechſels , den dieſer Fürſt mit ſeinen Geſandten führte.

In der Zeit , wohin dieſe Geſchidyte nun gedieben iſt beherrſdyte Bartenſtein die Kathrdliſte des Kaiſers. Wie. wohl in eiuer untergeordneten Stelle , erbielt er doch , wie die geheimen Staatsräthe , die Mitteilungen der auswär .

tigen Mädte , und war ſo mädytig , daß er die Miniſter welche eine der reinigen entgegengeſepte Anſidyt bebauptes. ten , demüthigen oder in Ungnade bringen konnte. Der Biſchof von Bamberg verlor durd in die Stelle eines

Unterkanzlers des Reichs , weil er ſagte , des Geheimſdrei. bers Amt ſei zu fdyreiben und nicht zu ſprechen . Graf Kő. nigseck , der dem Kaiſer vorgeſtellt hatte , er möchte bei Striegsunternehmungen lieber ſeinen Heerführern ,1 als den Geheimſchreibern folgen , wäre entlaſſen worden , hätte er

fidy nid )t bei dem Günſtling entſchuldigt und Prinz Eugen fid, für ihn verwendet. Bartenſtein benahm ſid, gegen den Herzog von Lothringen ungemein bodyfahrend; und als dieſer Fürſt fid, abgeneigt zeigte , ſeine länder ohne Erfaß

abzutretten , antwortete er ihm : keine Abtretung , keine Erzherzoginn 1). Er war heftig , eiferſüdytig , jähzornig , underſöhnlich und derbarg dieß unter einem gebaltenen und

glatten Leußern.

Da er fid, durch ſeine Feder gehoben

batte , ſo war er auf ſeine S driften eitel . Aud) war er

äußerſt wortreich und ſtatt gedrängter , klarer Antworten fyrad, er lang und breit mit den Miniſtern und ließ fie nicht zu Worte kommen. Die Gerechtigkeit aber muß man

ihm widerfahren laſſen ,1 daß er unbeſted ;lid) und aufridlys tig dem Vortbeil und Rubm des öſtreichiſchen Hauſes ana

bing. Er neigre fid, anfang $ zu den Seemädyten und be. trieb den Abſdyluß des Vertrags von 1731 aus allen Kräf. ten ; als fie fid, aber weigerten , ibre Verbindlidykeiten zu 1) Robinson to Harrington , 3 .. Dec. 1738.

32 3weiundneunzigſtes Kapitel. 1736--1737. vollziehen , da unterſtifte er , entrüſtet , den Entwurf ei 1

nes Bündniſfes mit Frankreich gar mäd )tig 1). Graf Singendorf erfuhr von dem Kaiſer , ſtatt ſid, in Unſeben zu erbalten , nur Verad )tung und Abneigung. Als er durch den Tod ſeiner Gemahlınn einen beträdytliden

Theil ſeines Vermögens verloren hatte und mit Sdulden überbauft war , hatte er den abenteuerlıden plan , um ſeio ne Vermögensumſtände und ſein Anſehen wieder emporiue bringen , Cardinal werden zu wollen 2).

Giraf Stabremberg konnte wegen ſeines Alters , ſeiner angebernen Zurückhaltung und Gleidgültigkeit dem Ein, fluß des Geheimnid , reibers nid )t Abbrud) thun. Graf Sarrad) , der Bartenſteinen ſein Emporkommen

zu danken batte, war dabei zu ſdimeidig, als daß er nicht mit dem Strome hätte dwimmen ſollen.

Graf Königseck , den mehr der Wunſd, des Heeves , als die Zuneigung des Kaiſers zum Heerbefehl berufen , fab ſeinen Feind , Graf Khevenhüller als intervorliger des

Kriegeraths , wo Weber , ein zweiter Bartenſtein , Geheim (direiber war. Weber hatte ſelbſt zu den Zeiten des Prins

jen Eugen mittelſt der Gräfinn Bathiani , weldier er die für Beförderungen oder Anſtellungen geforderten Summen

einhändigte , viel Einfluß gewonnen . Kenntniß des Ger fd äftsgangs und Bartenſteins Unterſtükung hielten ihn auf ſeiner Stelle, als Eugen nid )t mehr war . Er war eitt 4

þöd ; ſt käuffid ;er Mann und die Huldigung , die ihm ſogar der bodiſte Abel bewies , beſtärkte ihn nur in ſeinen Ane maßungen. !) Die Schilderung iſt vorzüglich nach Robinſons Staats

briefen vom 9. Mai. 1731 und 15. Aug. 1735. 2) Robinson's dispatches . 3) Robinson to lord Harrington , 31. Deb. 1738. Grand ham papers ,

Karl VI .

:, 33

Aus dieſer Sdilderung ergibt ſid) , daß in dem kais ſerlid en geheimen Staatsrath große 3wietradyt berrſchte. Der Kaiſer war gegen die Glieder deſſelben fehr zurückhal. tend. Bekam eines von ihnen Gebör bei ihm , To klagte er jedes Mahl über das Benehmen der andern ; ſo wurden

mithin alle , gaghaft und mißtrauiſd ). Bei dieſer lage der Dinge und in einer Zeit , wo ſein .

Heer bedeutend geſchmolzen , fein daß erſchöpft war , ließ fid Karl VI. auf einen neuen Krieg ein, den Rußlands

Ehrgeiz erregte.

Im Anfang des Jahrhunderts batte Peter der Große, um ſeinen Schiffen freien Eingang in das Idwarze Meer ju veríd affen , ſich auf dem azowdyen Meere feſtzuleben

geſudyt; dieſe Abſidyt war aber durch den unglücklidhen Feldzug gegen die Türken im Jahr 1711 mißlungen. Die

Gründung von Petersburg und Rußlands Einmengung in alle europäiſche Angelegenheiten hatten davon abgeleitet.

Anna wünſchte dieſen von Peter dem Großen entwor. fenen Plan wieder aufzunehmen . Kaum hatte ſie Auguſt III. auf Poblens Thron geſekt, und die Türkei in einen Krieg gegen Perſien verwickelt geſehen , als ſie die Einfälle einis ger tatariſchen Horden zum Vorwand brauchte, ihr den Krieg zu erklären. Der im Monath März 1736 eröffnete Feld.

jug war ſehr glücklid , für die Riuſſen. Feldmarſdyal Mü. nich erſtürmte an der Spiße des Hauptharſtes die Linien von

Prekop , drang in die Krimm , bezwang Baikziſarai, das Hofs lager des Chans , und unterwarf das ganze Land. Ein ande :

rer vom Feldmarſdal faſcy befehligter Harſt nahm nad, zwölftägiger Belagerung Azow 1). Erſdrocken madyten die Türken Friedensanträge und

ſudyten um des Kaiſers Vermittlung an. Sofort kamen die Bevollmächtigten der kriegführenden Mädte im Junius 1) Manstein's , memoirs , S. 96 - 126. Core's Geſchichte Deft. IV. B.

V

34 3weiundneunzigſtes Sapitel. 1736-1737. 1737 zu Nimruf in Fohlen zuſammen . Anna hatte von Karl VI. den , laut des Vertrags von 1726 bewilligten ,

Beiſtand von zwanzigtauſend Mann Fußvolk und zehntall. ſend Reitern verlangt ; und kaum hatte er die vorläufigen Friedensbedingungen mit Frankreich, unterzeid, net , als er einem , aus feinen vornehmſten Miniſtern und Heerführern beſtehenden Staatsrath die Frage vorlegte , ob man gegen die Türken Krieg führen , oder bloß die von Rußland gee forderte Hülfe leiſten fodle ! Der Staatsrath entſchied für

das zweite ; aber der Kaiſer hatte der Ejaarinn ( doon verſpros dien , die Türkei im nädyſten Frühling mit ſeiner ganzen Mad;t anzugreifen . Dieſen unbeſonnenen Entſdluß hatte er gefaßt, theils aus Dankbarkeit für die ihm von Rußland

im Krieg gegen Frankreid, geleiſtete Hülfe , theils um ſich in Bosnien für ſeinen Verluſt in 3talien zu entidyädigen . Man

fagt aud ) , ſein Beidytvater habe ihn dazu aufgefordert und ihm vorgeſtellt,1 es ſei Pflidt eines dyriſtliden Fürſten, die Feinde der Kirdye Jeſu auszurotten 1). Seckendorf ſtand damahls in großem Anſehen ; er war

ſogar dem Kaiſer dom Prinzen Eugen , als ein am meiſten ihn zu erſeßen geeigneter Heerführer bezeidynet worden , wenn ſein Glaube - er war der Lutheriſde - kein Hinderniß

wäre. Auch der Prinz von Sadyſen . Hildburghauſen , der Karls vi. Gunſt befaß , unterſtügte ihn. Aber keine Ems pfehlung , ſelbſt nid) t die Neigung des Kaiſers,I half gegen Bartenſteins Widerſpruch , deri Seckendorf beleidigt hatte ; 1

weil er ihn den Inhalt einer geheimen Note im Betreff der bergiſchen und jütidſden Erbfolge vorenthalten hatte ; einer Note , die er auf ſeiner Sendung nach Berlin vom Kaiſer be .

kommen , und die er , um den Günſtling zu verſöhnen , ihm I

nadyher mittheilte. Als Bartenſtein beſänftigt war , ließ Karl den Heerfübrer vor und trug ibm den Heerbefehl an. Seckendorf, weider Zahl und Madyt ſeiner Feinde kannte,

1) Mémoires de Brandebourg.

Sedendorfs Lebensbeſchr.

Sarl VI.

35

rdilug anfangs die Ehre aus ; aber des Kaiſers inſtändige Bitte , der ihn umarmte und ihm feitte Unterſtübung der .

ſprad), fiegte über ihn 1 ). Als Seckendorf Ungarns Gränze Beſidytigte , fand er 1

alles in der größten inordnung, und führte bei Kaiſer und Kriegsrath die bitterſten Klagen über die Nadıläſtigkeit der Heerführer und die Sdurkerei der Lieferer. Er erklärte dreiſt , daß mehrere der erſtern nid )t im Stande wären 1, ein

Heer zu befehligen und die Stattbarter nur an ihr Were gnügen Sädyten . Er hatte einen ſehr verſtändigen Unter. nehmungsplan entworfen. Die Ruſſen ſollten , nadidem fie Bender genommen ,. nad, dem Pruth längs der Donau zie

ben , die Kaiſerlid en Wisdin belagern und die türkiſdje Wal. lachei durdy ziehen , theils um ihre Vereinigung mit ihren

Bundesgenoffen zu bewerkſtelligen , theils um den Feind gwia (den zwei Feuer zu bringen. Da er wußte daß einige im Staatsrath die Feinde ſeligkeiten mit der Belagerung von Miffa , einem feſten

Plake ain äußerſten Ende Serviens , eröffnet wünſchten , ſo hatte er dem Kaiſer , der es ihm aud, beſtimmt zugeſagt batte , gebetben , daß man an ſeinem Entwurfnidts ändere

te. Er war zum Feldmarſd;aul ernannt , hatte vom Kriegs rath und der Schallkammer die Zuiderung bekommen , das

das Heer auf hundert und fedysundzwanzigtauſend Mann betragen , mit dem gut verſehen , und zum Sold monath .

lid) eine Sendung von 600,000 Fl . übermad;t werden ſoll. te. Aber er konnte nie mehr als 70,000 Mann unter ſeis

nem Befehl vereinigen , und dieß waren meiſt kranke Re: 1

kruten , weil die Altgedienten durd, das ungeſunde Klima und durd, Mangel mehr als durd, Feindes S dywert um. C 2

1 ) Schmettau , Memoires secrets de la guerre de Hongrie pendant les camp. de 2737 - 1739 aves des refl. critiqe >

Avant . prop . p . 1 ] .

.

36 3weiundneunzigſtes Kapitel. 1736--1737 ." gekommen waren. Die Geldſendungen waren ſo weit unter den verſprodjenen , daß Seckendorf im Monath Mai nid )t

mehr als hunderttauſend Fl. batte. Mit dieſen Kräften

follte der Feldherr ein weit furchtbareres Heer , als man geglaubt hatte , bekämpfen . Darunter waren viele Altges

diente , die den Krieg in Perſien mitgemacht hatten , und der berühmte Renegat Graf Bonneval, der die Kriegsunters nehmungen leitete , hatte ſie eingeübt und der Kriegsjudit unterworfen .

Aus mehreren Gründen ward der Feldzug erſt mit En . de Sunius eröffnet. Seckendorf rüſtete fid ), gegen Wid. din zu ziehen , als ein ihm vom Herzog von Lothringen

überreichter Befehl , worin der Kaiſer ihm einſdärfte, ge: gen Niſa fu ziehen 1 ) , ihn wie ein Donnerſdilag traf. So mußten denn die S daaren , ſtatt an der Ufer der Donau wo die Speider angelegt waren , hin zu ziehen, fünfzig Meilen von dem Fluſſe an geredynet , in einem bers

cid)ten und ſumpfichten Lande machen , ohne Wagen für Lebensmittel und ohne Mittel , ihre Bedürfniſſe in ſo un wirthbarer Gegend zu befriedigen. Nad , einem adytund: zwanzigtägigen Zuge , auf weldjem mehrere Soldaten vor 1

Strapaze oder Hunger ſtarben , tam das Heer unter den

Mauern von Niſſa an.

Zum Glück erfuhr es keinen Wi.

derſtand und nahm den Maß am 28. Jul. Sogleich ward

Khevenhüller an der Spibe eines bedeutenden Harſtes , Wid: din zu überzieben , entſendet , und Feldmarſd ;aul Wallis , der einen ausgezeichneten Harſt befehligte , befekte das Do: nauufer nad der Wallad) ei hin. Seckendorf wartete auf Befehle von Wien und blieb in der Gegend von Niſa ,I

entſendete auch mehrmahls Heerhaufen , die kleinen Feſtun: gen zu nehmen und die benadybarten Bergpäſſe zu beſeken. 1) Schmettau S. 3. f. Er war Augenzeuge und tadelt Set kendorf frei , wo er es verdient. Wir zogen ihn darum Sectendorfs Leben B. 3. S. 95. vor.

Karl VI.

37

Über unter den Anführern ferrídyte Zwieſpalt, im Heer

Mißmuth. Seckendorf , ein troriger , gebietberiſcher und geiziger Mann , konnte weder die Liebe der Sdaaren ge: winnen , nod ) aud, die Ränke niederſdragen , denen er als Ausländer ' und Proteſtant ausgeſett war . Er hatte I

Tein Vertrauen auf zwei Hauptleute geſekt , die , gleid) ibm , keine gebornen Deſtreider waren : den Prinzen von Sach . ſen : Hildburghauſen und den General Schmettau. Der Prinz war tapfer , aber ein unerfahrner Jüngling , der ein

zweiter Eugen zu Tenn glaubte. Seine Gaben und anmu thigen Sitten hatten ihm die Liebe des Kaiſers und Bars tenſteins Woblwollen gewonnen ; aber wiewohl er vor kur:

fem den Proteſtantismus abgeſd woren , fo madyten ihn dod) ſein ehemahliger Glaube , ſeine Jugend und die Gunst des Feldhauptmanns zum Gegenſtand der Eiferſudyt , und Graf 1

Eſterhazy , Ban von Croatien , wollte weder unter , noch mit ihm dienen , u:: d verſagte ihm aud) den geringſten Beis 1 . Sdmettau , ein trefflicher Zeugmeiſter , zeid ). ſtand 1). nete fid, audh durd, ſeine Unerſdyrockenheit aus. Indeß war er als Uusländer und Proteſtant mit in den Haß ver flochten , den man gegen den Feldhauptmann begte.

Die Gegenpartei dieſer drei batte an ihrer Spige die Feldmarſdälle Philippi und Khevenhüller , und ward pom Herzog von Lothringen unterſtüßt, der zwar den Obers befehl ausgeſchlagen hatte und nur als Freiwilliger diente , gleichwohl aber ſich in alle Unternehmungen einmengte. Während Seckendorfvon den Durdyſted ereien und dem Gefdyrei derer , die unter ihm dienten , gequält wurde , bat te der Prinz von Hildburghauſen, der in Bosnieh einen be:

ſondern Karſt befehligte , die Belagerung von Banialuc aufheben müſſen und war nach der Sau zurückgetrieben worden. Der Kaiſer , der für die Siderbeit ſeiner Erbe 1) Sdmettau .

38 3weiundneunzigftes Kapitel. 1736-1737. lande zu fürd ten begann , erlies Befehl an den

6. Aug. Şeerfuhrer , ſeine Urternehmungen gegen Wid.

din einzuſtellen und nad; Zwornic vorzurücken , um daſelbſt zum Prinzen zu ſtoßen . So mußte alſo Seckens dorf ſeinem erſten Entwurf ganz entſagen . Nachdem er Khevenhüller eine bedeutende Berſtärkung zugefendet, mad ). te er ſich mit einem auf 20,000 Maun herabges 2. Oct. kommenen Heere auf den Weg und durdyjog Servien. Er bemad:tigte ſid , Ujiga's , weldes

4. Oct. kurzen, obwohl kräftigen Widerſtand leiſtete. Hies rauf nahte er 3wornick , aber der ausgetretene

Drin hinderte ihn , den Plaß zu belagern. Da er nicht in Bosnien eindringen konnte , jog er ſid) haſtignach der Sau zurück und lagerte unter den Mauern von Sja. 16. Oct. batſd ), einer am nördlid en Ufer dieſes Fluffesa gelegenen Stadt. Sin Verlauf dieſer Internehmunge : war Feldmarſdal

Wallis , damit die Türken keine Hülfsīdsaaren dabin wers fen könnten , bis Wadowil , am Ufer der Donau , auf der 1

andern Seite von Widdin , vorgedrungen. Zu gleidyer Zeit war Khevenhüller die Timod entlang gezogen, und hatte die Hohlwege ohne Widerſtand zurückgelegt. Sein Zug war aus Mangel an Lebensmitteln und durd, andere Hinderniffe ſehr aufgehalten worden. 213 er nad) Widdin kam , fand er die Stadt in beffern Wertheidigungsſtande , als man get glaubt batte.. Er blieb alſo unthärig am Ufer der Timock,

bis Seckendorfs Rückzug ihn zwang , ſeine Unternehmung aufzugeben und all ſeine Kraft zur Deckung von Siebenbür : gen zu ſparen , welches die Türken mit bedeutender Madyt bedrohten. Nad) einem ſehr beißen Gefedyt am Zuſam

menfluß der Donau und Timock jog fidh Khevenhüler , ob wohl vom Feinde genect , ſider gegen Orſova zurück. Sei. me djaaren gingen bei Gladova über die Donau, ſtießen zu

Part VI.

39

denen des Feldmarſd ;aus Wallis und hielten ihr Winterlager. in der Geſpanu [d )aft Temeswar 1 ). Der Straftaufwand der Ruffen in dieſem Feldzuge konnte das unbedeutende Glück ibrer Werbündeten nicht aufwiegen . Ihre Hauptausbeute war die Einnahme von

Dczakow , die ihnen eilftauſend Mann regelmäßiger Sdade ren und fünftauſend Koraken koſtete. Die Veränderung des ron Seckendorf entworfenen Plans hinderte Marſdall Münich , fidan die Donau zu begeben. Seine S daa.

ren bezogen im Anfang des Septembers die Winterlager und ließen die Türken ihre Wortbeile in Servien und der Wallad ei verfolgen .

Seckendorf , dem man das Unglück dieſes Feldzugs auf rückte , bekam am 14. October in Sjabatſd , Befehl zurück zukommen , und der Heeresbefehl fiel au den Feldmarſd)all Grafen Philippi. Der abgeſekte Heerführer verwarf den Rath mehrerer Freunde , fein Heil in der Fludit zu ſuchen , 1

und ging nach Wien , wo er gleich bei ſeiner Ankunft Kauss haft bekam. Diejenigen , auf weldie er beſonders ſein Vers trauen gereßt hatte , vorzüglich Sdimetrau und Diemar , wurden mit in ſein. Unglück gezogen . Der General Do: rat , der die Befaßung von Miffa befehligte , wurde ents hauptet I, weil er den Türken dieſen Plat , der doch keine Bertheidigungsmittel hatte , übergeben hatte.

Der Mangel an Lebensmitteln , die unzulänglide Mannſd aft und die Abänderung ſeines Feldzugsplans wur: den Seckendorf zum Verbredyen angerechnet. Er vertheis digte ſich geſdhickt und muthig , dod, wollte er aus Bart. gefühl die vom Kaiſer erhaltenen geheimen Befehle nid;t 1 ) Das Hauptſächlichfte dieſes Feldzugs iſt entnommen aus dem Verſuch einer Lebensbeſchreibung des Feldmarſcals Grafen von Sectendorf, BD. 2. mie aus Schminettau's

angef. W. und dem Tagebuche des faiſerl. Seers in Uns garn in Grandham papers,

1

40 Zweiundneunzigſtes Kapitel. 1736-1737. verlautbaren 1). Der Kaiſer war zwar gütig für ihn ge.

ſtimmt; aber das Volksgeſchyrei, die Jeſuiten - Ermahnungen und die Ränke ſeiner Feinde bradyten ihn doc) um feine Freiheit. Da das Volk drohte , ihn ſeinem Unwillen zu

opfern , ſo ward er nad der Feſtung Glaß gebracht und (dymachtete dort 1, ſo lange Karl VI. nod, herrſdite , in der Gefangenſchaft. Die wahren Urſachen der Unfädle , weldoe die kaiſerli den Waffen in dem eben beſchriebenen Feldzuge erlitten , lagen in dem Mangel der zum Beſtand eines Heeres nöthi gen Dinge , dem Zwieſpalt zwiſden den Anführern , vor 1

allen aber in den Befehlen des Kriegsraths und des gebei +

men Staatsrathes des Kaiſers , der , weil er ſid, zuweilen

mit Prinz Eugen beſprodzent, Kriegsunternehmungen leiten zu können meinte.

1 ) Sedendorfs Lebensbeſchreibung.

Karl . VI.

41

1

Drei und neunzigſte s sapitel. 1738 .

3weiter Feldzug gegen die Türken. - Der Herzog von Los thringen wird Feldhauptmann.

Striegsunternehmungen .

Der Herzog von Lothringen wird zurüdberufen .

Graf Königsed fällt in Ungnade. — Beſtürzung in Wien. Ränke der bairiſchen Partei.

Nicht bloß die Heerführer waren den Pfeilen des Volfs baſſes bloß geſtellt ; auch die Günftlinge des Kaiſers und der Kaiſerinn wurden bezüdytigt , fie wollten den Wiener

Hof von den proteſtantiſchen Mädyten Europens abhängig madyen . Bartenſtein leitete das Ungewitter von ſeinem Haupte dadurdy ab ,. daß er Seckendorf, zu deffen Beföre derung er mitgewirkt hatte , opferte , und ſeinem Sdwie:

gerſohn Knorr , der in Dienſten der Kaiſerinn fid, ihr Wohl. wollen erworben hatte , zur Religionsveränderung rieth. Der Kaiſer ſuchte das Volk zu beruhigen , idyloß Bünds niſſe mit katholiſchen Fürſten und ernannte redytgläubige Seerführer. Dem gemäß machte er den Herzog von loths

ringen , unter weldoem Feldmarſd )all Königseck befehlia gen ſollte, fum Feldhauptmann ſeiner Heere ;, aber nady dem Syſtem des kaiſerlidhen Cabinets wurde keiner von beiden mit voller Macht bekleidet. , Der Herzog mußte ſich nach dem Gutachten des Kriegsraths bequemen, und, in 1

Dreiundneunzigſtes Kapitel. 1738.

42

Fall der Getheiltheit , nach Königseck 1).

Dieſer Heer.

führer aber war nid ;tſonderlid) geeignet, was dem Herzog von Lothringen an Feſtigkeit, Fähigkeiten , und Erfahrung fehlte , zu erleben . Er war ein Mann von dem einnehmendſten Bee tragen , und dabeim wie im Felde febr einfid ,tsvoll, aber es fehlte ihm an Thätigkeit , und wiewohl er eine ſtoiſdie 1

Oleidgültigkeit erkünſtelte , ' warf ihn doch ſchon der kleine fte Unfal nieder.

Der Kaiſer , der ihn midyt liebte , warf

ihm gern feine Läßigkeit vor 2). Die Türken eröffneten den Feldzug querít. Der Pas dya von Widdin zog an der Spine eines Heeres von zwan

gigtauſend Mann gegen Orſova, eine wichtige Feſtung auf Da ſie lijika wieder genom men hatten, waren ſie größtentheils im Beſiß oon Servien ; und die Einnahme des alten Orſova erleid terte ihnen die

einer Inſel der Donau .

Annäherung an das mittägige Ufer des Fluſſes , wo ſie ihr 1

Geldjüß aufpflanzten. Als alle ihre Bemühungen uunüb waren , entſendeten fie einen Karſt von zweis März. tauſend Mann , der Mehadia in der Geſpann:

(daft Temeswar, welcher Plaß die nördlich der Donau gelegenen şohlwege beherrſdit, wegnahın und ro ' ward Driſova von zwei Seiten angegriffen. Jedody die ftreitbaren Werke und die tapfere Berakung hinders ten die Türkert, große Fortſdyritte zu madjen, und der 1

Plat hielt fid fortwährend , wiewohl die Kaiſerlichen erſt in Mitte Junius in das Feld rückten.

Da man das Mißlingen im vorigen Jahre der getheil: ten Madyt fufdrieb , ro hatte der Kaiſer , der den Plan des Feldzugs von 1738 mit ſeinen Lieblingsminiſtern ents worfen hatte , durdjaus alle Entſendung verbothen . Die beiden Hauptzwecke, die man batte, waren Entſaß von Or 1) Robinson to lord Harringtor. 31. Dec. 1738 . 2 ) Robinson to lord Harrington , 8. Dec. 1739 , and ta lord Carteret , 8. Dec, 2742 .

Tarl VI.

43

fova und Belagerung von Widdin. Man boffte, ein von dem . Od wiegerſohn des Kaiſers und einem ſo berühmten

Heerführer , wie dem Grafen Königseck , angeführtes Heer werde die Ungläubigen weit von den an der Donau geles

genen Landſchaften verjagen. Die erſten Unternehmungen fugten audy diefer Hoffnung zu . Beide Heerabtheilungen , die eine zu Temeswar unter Grafen Neuperg , die andere zu Belgrad unter Feldmarſdall Wallis , vereinigten fid ju Lagus unter dem Befehl des Herzog von Lothringen ,

der gegen Mehadia ausfog. Dieſer Prinz durdyjog die Hohlwege von Slatina und Terraſowa obne Mühe , und lagerte am 3. Jul. zwiſchen Donaldy und Cornia. Am

andern Morgen wurden die Kaiſerliden äußerſt ungeſtüm angegriffen. Die Türken drangen ,1 nachdem ſie eine Ans böbe , die den kinken Flügel beſtrid ), genommen , in das

Lager , faſt bis zum Zelt des Herzogs , wurden jedoch zus rückgetrieben , und , da ſie ein paniſcher S dyrecken faßte , 1

verließen fie nidyt bloß Mebadia , ſondern boben audh die Belagerung von Orſova auf und gingen über die Donau zurück 1 ). Dieſe Art von Gelingen machte in Wien einen ſehr angenehmen Eindruck , und der Herzog von Lothringen ward

als ein zweiter Eugen angeſehen 2). Damahls bedrohte das Volk Seckendorfs Leben . Die katholiſd ,en Prieſter ers klärten fiegprunkend, der Himmel gieße feinen Segen über das Kaiſerheer aus , das nun von keinem Keßer mehr bes fehligt werde.

Kaum war aber das öſtreichiſche Heer , nadidem es Me. badia wieder gewonnen , in der Gegend von Orſova ange: langt , als es , vom Großvezier überfallen , fid eben ro 1

ſdynell zurückziehen mußte , als es vorgerückt war. 1) Schmettau . 2) Robinson to lord Harrington , 16. Jul, 1758.

Wab.

44

Dreiundneunzigſtes Kapitel. 1738.

rend es den Hohlweg bei Mebadia durd)zog, ward es von

einem beträchtlid)en Harſt angefallen , den Prinz Karl von Lothringen zurückwarf und ihm dreitauſend Mann tödtete. Das Heer reste feinen Zug fort und kam am 24. Jul. in

Lagus an. Der Großvezier nahm die Belagerung von Or: ſova , wohin Königseck Verſtärkungen und Sdjießbedarf ges brad )t hatte , wieder vor. Krankheiten und ſogar Peſt, 1

die fid, in der ganzen Geſpannſd)aft Temeswar verbreitete, und weit umber alles ju verwüſten drohte , mehrten noch

das Unglück der kaiſerlid en Sdjaaren. Betrübt und Erant kehrte der Herzog von Cothringen nad, Wien zurück , und der Heeresbefehl kam an Feldmare

id ,all Königseck. Dieſer repte den Rückzug fort, und ging am 18. Aug. bei Piplanka über die Donau. Da er ers fuhr , daß Orſova fid dem Großvezier ergeben , fo jog

er fid, bis an die Linien oor Belgrad zurück. Ein baſti. ger Kückzug madyte das ganze Heer muthlos . Wien war beſtürzt , und der Herzog von Lothringen ward , als er ges

neſen war , nach Belgrad geſendei , um dort mit dem Große vezier , der Friedensanträge gemadyt hatte , fu unterhandeln . Er kam am 11. Sept. an . Da aber die Türken , ihre Vore theile verfolgend , Semendria und Biplanka nahmen und 1

ſidy ber Hoben bemächtigten , weldie die Linien beſtridyen , fo fog fid, das kaiſerlidie Fußvolk nad Belgrad . Die Reis terei ging über die Sau , und der Herzog von Lothringen rückte bis Ereck vor. . Dort ward er vom Wiener Hof , der für ſeine perſönlid )e Sidyerheit fürdytete , zurückberufen . Eine anſteckende Krankheit befiel die in Belgrad ein: geſperrten S daaren , und von dem Geſtank aus den engen Behältniſſen , wu fie lagen , wurde die ganze Stadt vers

peſtet. Dieß Unglück rechnete nian dem Grafen Königseck fu , der zurückberufen und durd, Khevenhüller erlebt ward.

Nadidem die Türken die Höhen um Belgrad verlaſſen , ſeks te der neue Heerführer ſein Heer in Bewegung nach dem

Karl VI.

45

nördliden Donauufer , Fönnte aber den Feind nur aus Vis planka verjagen , und bezog am 8. Nov. ſein Winterlager 1), Die Ruffen madyten ihrer Seits aud, wenig Fortſdrits

te. Feldmarſdal Laſcy nahm zwar Perekop mit Sturm , unterwarf die Krimm und dlug einen Harſt von zwanzige tauſend Pataren ; da er aber Kaffa's nid)t Meiſter werden konnte , mußte er ſich mit einbredjendem Winter in die Ukräs

ne zurückziehen. Marſd au Münid, ging über den Dnie: per und Bog , und ſdylug den Feind in drei Treffen. Da er aber von einem am Dnieſterufer ſtark verſdjanzten Heer von 60,000 Mann in ſeinem Zuge aufgebalten wurde,

und Bender nidyt belagern konnte , ſo warf er ſich audy in die Ukräne zurück 2).

Das verdrüflidie Ergebniß des Feldzugs don 1738 veranlaßte in Wien nid)t weniger Ränke und Geſchrei, als der vorige. Graf Königseck verlor 1, außer der Befehe ligung , auch nod den Vorfik im Kriegsrath , ward aber

Großhausmeiſter der Kaiſerinn. Der Herzog von Lothrin gen hatte den Kaiſer aufgebrad )t ,' weil er , bei ſeiner ers ften Rückfehr nad Wien , einen Befehl , der dieſen Anfüb. rer zurückberief, unterſdlagen, und die erlittenen Unfäde der

unbedeutenden Sdaarenzahl und der Unzulänglichkeit alles deſſen , was Kriegsbedarf heißt, zugeſdyrieben hatte. Auch hatte er durd, bäufige Vorwürfe über die Abtretung lothrin yens Bartenſtein beleidigt. 21$ Fremder ward er vom del

und Bolt ideel angeſehen. Seine leichteſten Fehler wurs den in Laſter verwandelt ; man warf ihm vor , er opfereſeis

ne Pflicht der Sagdluſt und andern Ergößlid keiten , und bezüchtigte ihn , er ſei, bloß um den Kriegsgefahren zu entgehen , nad) Wien gekommen. Dieſe Volksungunſt und der kaiſerlide Zorn madyten , daß er mit ſeiner Gemahlinn, 1) Diefer Feldzug ift beſchrieben nach Schmettau , Barre's Geſchichte von Deutſchland und der Geſchichte Karls VI. 2 ). Manstein , Mémoirs of Russia , S. 192 -- 210

Dreiundneunzigſtes Kapitel. 1738 .

46

der Erzherzoginn , in eine Art von Verbannung geſendet ward , unter dem Vorwand , das Großherzogthum Toscae na in Beſiß zu nehmen. In ſeiner Abweſenheit ſtieg die

Unzufriedenheit des Volks ſo hoch, daß fie ſehr beunruhi. 1

gen mußte, und man verbreitete das Gerücht, Karl vi. wolle ſeine zweite Tochter dem Kurfürſten von Baiern ges

ben , und die Erbfolge zu Gunſten dieſes Fürſten ändern. Der mündiner Hof unterhielt dieſe Spannung. Die Bais I

ern fagten : „ Sindwir nicht gut katholiſdy und gute Nadys

barn ? Unſere geſammte Macht ſtehet dem Kaiſer zu Ge: both , und wir dienen ihm eben ſo ſehr aus Meigung , als aus Pflidt. Viel Vermählungen und Bündniſſe zwiſchen den Häuſern Deſtreich und Baiern haben ihren Vortheil ſo

verſdhmelzt , daß er nun untrennbar iſt. Die Deſtreicher ſind Baiern und die Baiern Deſtreicher geworden. Als die baieriſden daaren in Dienſten Karls VI. durd, Wien 30.

gen , ſagte das Volk : ,, Geht und wenn ihr beim kommt , ſagt eurem Herrn , er werde unſer Herr ſeyn." Die Hariptleus te des kaiſerlichen Heers , deren Unzufriedenheit aufs body,

ſte geſtiegen war , bemühten ſich gar nicht, ſie zu bergen und ſagten laut : „ Was haben wir von einer Regierung zu erwarten , die in der That tyranniſder iſt, als die türkiſche ? Der Kaiſer iſt ein frommer , gerechter und gnädiger Fürſt ; ſind aber Seckendorf und Königseck ſdyuldig , warum ftraft man ſie nidyt ? ſind ſie es nid )t,1 warum werden ſie wie Ver breder behandelt 1 ) ?" Damahls , als man fo ſprad), war am kaiſerlidhen Hofe nidyt Ein Miniſter , der in einiger Adytung ſtand , Stahremberg ausgenommen , den man im Verdacht hatte ,

er neige fid zum Herzog von Baiern , weil ſeine Güter 1

an die länder dieſes Fürſten gränzten., Karls übereilte

Maßregeln , nadidem er darüber bloß mit den öffentlid, gebaften Günſtlingen Rückſprache genommen , fogen ihm 1) Robinson to Lord Harrington,

Karl VI.

47

aud, den öffentliden Haß zu. ' Graf Sinzendorf konnte , troß aller Geiſtesbiegſamkeit und gewohnter Unterwerfung , und ob er gleid, Königsecke Freund nicht war , ded, nicht umbin , die Art , wie dieſer Heerführer in lingnade gefallen war , ju tadeln und ſagte ; bei einem ſo widyrigen Vorfall bätte der Kaiſer wohl das Gutachten ſeiner vornehmſten Mie niſter befolgen ſollen .

Indeß war der Monard) ſelbſt in großer Unruhe , und man förte ihn ausrufen : „ Mit Eugen habe ich alles ver: loren ."

Der Rückzug nach Belgrad quälte ihn Tag und

Nad)t. Mit jedem Hauptmann , der vom Heere zurückkam , ſprach er darüber. ,,Weld) ein unglücklider , derhängnißrola Ter Rückzug !" ſagte er. Dazu beunruhigte ihn auch die 26. weſenheit ſeiner älteſten Tochter außerordentlid) . Er fürdyte: te , wenn er etwa problid ſtürbe , müdyte der Kurfürſt von

Baiern ihre Rückkehr hindern , und Frankreid, den gefaßten Plan , an weldiem es hing , ausführen , Deſtreidys Tbron. folge zu theilen 1 ).

1 ) Diere Schilderung ift hauptſächlid aus Robinſons Schreis ben an Harrington vom 31. Dec. 1739 .

+

es

Vierundneunzigſt

48

Stapitel. 1739 .

!

S

Vier und neunzigſtes Kapitel. 1739.

Feldmarſchall Wallis wird Befehlshaber des taiferlichen Heers. Schlacht von Grotka. Belagerung von Bels Unruhe und Droſt grad. Rüdzug der Kaiſerlichen. -

loſigkeit des Wiener Hofs . - Friedensunterhandlungen durch Vermittlung Frankreichs. Dem Grafen Neu perg ertheilte Voúmacht. Unterzeichnung der Bedin gungen.

Abtretung von Belgrad und der jenſeits der

Donau und Sau gelegenen Landſchaften.

Wallis und

Neuperg verhaftet.

D.a

Karl VI. den Feldmarſchall Wallis für thätiger und unternehmender hielt , als die in den beiden vorigen Felds

fügen gebraudyten Anführer , fo übertrug er ihm den Obers befehl. Er hatte fid, das kaiſerliche Wohlwollen eben ſowohl durd, die an ſeinen Vorgängern gemacyten Uudſtellungen

und kühnen Heußerungen gegen den Herzog von lothrin: gen 1) , als durch ſeinen bewährten Geiſt und Erfabrung er's worben.

Dennod ) war aud) er nid )t der Mann , welder

das Haus Deſtreid, wieder emporbringen konnte. 3war hielt

er Kriegszucht mit einer in das Kleinlide gehenden Genau 1) Bei Mehadia wollte Wallis , das Heer ſollte , um vors

märts zu rücken, da wieder bingehen, mo es bergekommen : und als er den Striegsrath verließ , ſagte der Herzog von Lothringen von ihm : ver iſt ein Narr oder er wid nur

plündern ". Dieß erfuhr der General wieder, beharrte auf feiner Anſicht und ſagte zum Herzog : ,,Ei , folgen ſie nur 1 einmahl eines Narren Nath , Sie werden ſonſt Ihre Kas

Ihre Erre und vielleicht ſogar Orſova verlieren .“ Robinson to Harrington , 31. Dec. 1738.

nonen ,

Karl VI.

49

igkeit ; aber er war düſter , eiferſüdytig , herriſd ) ,1 voller Unte mußung , und Unfälle zu ertragen nicht gemad )t. Kurz, der

königliche Geſdhichtſdyreiber hat ihn mit Redyt als einen Mann geſchildert , der fidh zur Ehre madyte , jedermann gu baffen und von jedem gebaßt zu werden 1).

Das Hauptheer 2) war in der Gegend von

Peterwardein , als Feldmarſd ,ad Wallis die Bes Mai 1759 fehligung übernahm. Er war , mit Inbegriff der baierſdien und anderer Hülføjdyaaren , nur 30,000 Mann

ſtark, und die Speider nid )t ſonderlid, gefüllt. Ein Harſt von zehntauſend Mann , der nördlid, der Donau wirken ſoll . te , hatte ſich zu Temeswar unter Graf Neuperg , der zwei, ter Feldherr war , gebildet. Die Belagerung von Drſova 1

follte das erſte Unternehmen dieſes Feldzugs regn , und Wals

lis hatte vom Kaiſer beſtimmten Befehl , bei der erſten güns

ſtigen Gelegenheit eine Schladit anzubiethen. Am 11. Jun. lagerte das Heer bei Semlin . Nach dem die Hülfsvölker dazugeſtoßen und die kleine Donauflotte fertig war , fegten die S dyaaren am 27. tros deffen , daß der Fluß ausgetreten war , über die Sau und lagerten zu Mirowa , vor den Linien von Belgrad. 21m 2. Juli tamen fie nach Vinja , einem an der Donau gelegenen Dorfe , und

dort erfuhr man , daß ein Theil des türkiſchen Heers in Große ka ſei. Auf dieſe Kunde mad) t ſid, Wallis auf , ſtellt ſid, an die Spiße der Vorbut , welde zwei Huſarenregimenter, ein Regiment Cuiraſſier , ein Regiment Dragoner und adytzehn

Compagnien Fußvolks ausmadyten. Der Heeresharſt folgte 1) Oeuvres posthumes du roi de Prusse . Tom. 1. p. 35. 2) Schmettau S. 192 gibt das taiſerliche Heer an zu 67 Battaillons, iedes zu 500 Mann , 64 Compagnien von 100 Grenadieren , 113 Seſitwader , iedes zu 150 Pferden , oder zu 56 zu 250 Pferden , ohne die Artillerie, die Hus

faren und die leichten Schaaren ; aber er hat es nach den

Feridten geſchäxt und alle Harſte für voll gerechnet Come's stifte Det. IV . B.

1

50

Vierundneunzigſtes Kapitel . 1739 .

ibin unter dem Befehl des Prinzen ron Hildburghauſen. Graf Neuperg ſollte über die Donau geben , und im Nothfall dlagfertig ſeyn. Infern vor Gronfa gebt der Weg fanft abwärts bis

zu einem eine halbe Stunde langen Hohlweg , den (dyroffe Waidberge bilden.

Ein Sheil dieſer Sdiludyt kann nur mit

einem Wagen auf einmahl befahren werden , und iſt man burd ) , fo gelangt man zu einem Weingebirg. Da breitet fidy nun der Boden. Hierauf geht man zwiſd) en zweny

Hügeln binab bis Großka , wo man nur anlangt , nadja dem man über einen tiefen , in die Donau fallendent Strom geſest. Kaum war die Reiterei der Vorhut am Ende der

Sdlucht , als ſie mit Tagesanbrud) von dem türkiſchen

Fußvolk , weldjes auf den Weinbergen und in den Hölzern ſtand , angefallen ward. Sogleid, ergreifen die Huſaren die Fludyt ; aber Wallis ſtellt ſid, an die Spike eines Cuiraſo frerregiments , geht durdy den Hohlweg , ſtellt ſeine Sdjaar auf dem freien Boden auf und beſteht den feindlid, en Angriff, bis eiu anderes Regiment ankommt , und die Grenadiere die Türfen vertrieben haben.

Mittlerweile ging der Großvezier , der mit ſeinem gans

jen Heer von Semendria aufgebrod ;en war und die Grot ka beherrſchenden Höhen befekte , über den Fluß und reß te fich auf den beiden Hügeln zwiſden dem Hohlweg und dieſem Dorfe feſt. Das Regiment von Savoyen , non pa . niſchem Schreck ergriffen , kehrte um und brad )te, von ei:

nem Kaufen Türken verfolgt , Unordnung in die Glieder der Reiterei , die in der Nähe des Sdylachtfelded ſtand. Dene noch ruidte man troß der Verwirrung immer fort vor. Der Prinz von Hildburghauſen bildete aus allen Harſten , die aus dem Hollwege waren , ein Viereck und rannte den Feind

an . Der linke Flügel breitete fid, auf einem engen Wege auf den Höhen nach der Donau hin aus, und die Heiterei wurde redits aufgeſtellt , wo das Feld ihr günſtiger war , 1

Karl VI.

.52

In dieſer Stellung beſtanden die Kaiſerlidien, von Morgens 5 Uhr bis nady Sonnenuntergang wo der Heerführer Rück, jug geboth , den die Dunkelheit begünſtigen follte , die wür thigen und wiederholten Ungriffe der an Zahl weit überle. genen Türken. Hätten dieſe ihren Vortheil verfolgt, fo hätte das kaiſerlidie Heer abgeſchnitten werden können , jule mahl Wallis , aus Eiferſudyt, Neuperg midt Theil am Gefedyt nehmen und nicht mehr als zwei Regimenter ento fenden ließ , die jedoch den Feing am Eingange des Enge paſſes aufhielten. In dieſer mörderiſdyen dyladit war der Verluſt beiderſeits gleich. Die Kaiſerlidyen ließen außer fünf getödteten und verwundeten Generalen vierhunte dert Hauptleute und ſiebentauſend Mann auf dem Wahlplak . an dem Tage bei Großka ftritten die Türken , ſtatt , wie gewöhnlidy , unregelmäßige und unzuſammenhängeride Angriffe zu thun , in der größten Ordnung ; wo die Reise ben gebrodjen waren , ſchloſſen ſie ſich wieder dynell und lebhaft an. Die kleine vom Idmiral Pallavicini befehligte

kaiſerlidie Flotte war die Donau hinabgegangen und hatte ſich mit dem Heer vereint. Als man ſich zurückzog, mufte fie unter dem Feuer feindlidyen Geſchükes wieder den Fluß

hinauf und am 24. traf fie in ſehr dyledytem Zuſtande in Belgrad ein 1).

Das kaiſerlidye Heer gewann wieder ſein Lager ju Vine ja. Es befeſtigte feine Stellung ſo gut, Tein Geld uit war

fo künſtlid, angebradit, daß es Tags darauf einen furdytha. ren Harſt zurückwarf , der , vom Großvezier in Perſon an. geführt, e$ angriff. Mittlerweile drängte Wallis ſeine Madyt zuſammen , und da ſeine Muthroſigkeit gleid) gros 1

war , wie der anfangs geäußerte Dünfel , lo bielt er in der Nacht ſtill ſeinen Rückzug und befekte die Linien von D.

1 ) Man hat über dieſe berühmte Schlacht mehrere irrige

Berichte. Ich zog des Grafen Schmettau flare und uns

ſtändliche Erzählung S. 196

918. allen andern vor.

1

52 .

Vierundneunzigſtes Stapitel. 1739.

Belgrad. Um Morgen darauf , erſdređt durd, einen leichr ten Schaarenharſt, unfähig, wie er meinte , ſeine feſte ge.

sommene Stellung behaupten zu 8 können , ging er , aud) wies der von Dunkelheit begünſtigt , über die Donau zurück. Die

Türken riefen : „ nüßen wir den paniſchen Schreck , und vie Blindheit , womit Gott dieſe Ungläubige ſdhlägt, weil ſie den paſſarowißer Frieden gebrod, en , " rid )teten ihr Geſdjük ge= 1

gen Belgrad und am 29. Jul . war es aufgefordert.

Bal.

li wagte nicht, in der Gegend von Belgrad zu bleiben , ob er gleich einen Harſt Türken , der ſich in Panſchova geo ſammelt , zurückgetrieben hatte. ' Er ermüdete ſeine Sdaas ren durch unnüße Züge , ging auf Umwegen über die Doo nau zurück und ſtekte fid in Calankemin , an der ungari . fchen Gränze auf. Die Türken nugten dieſen Rückzug , beſepten das nördlide Ufer des Fluſſes und rückten ihre Lauf 1

gräben bis vor die Sdyanze von Borzia , weldje von dies ſer Seite den Plaß beſtrid ). Ein Fieber , weldyes Wallis befiel, dien ſeine line

entſdyloſſenheit zu mehren ; er that aud) nicht das mindeſte dem Feinde , welder Belgrad von einer dritten Seite an. greifen wollte , den lebergang über die Gau zu wehren, Unaufhörld ſendete er Eilbotben nad, Wien , ju melden ,

daß Krankheiten und Ausreißerei das Heer täglid, vermin.

derten , daß die mittägigen Landſchaften von der Peſt vers beert würden , und die Türken fid immerfort

15. Aug. verſtärkten. Der Befehlshaber zu Belgrad , Suk. kow , madite ihn nod, kleinmüthiger , als er ihm fagen ließ , der Feind habe an einer der Baſteien eine Šturms

lucke gemadyt, und man fürdyte einen Sturm , welden die erſchöpfte Beſaßung wohl nid) t aushalten mödyte. Ohne die Rückkehr des Hauptmanns , dem er den Zuſtand der Werke zu unterſuchen aufgetragen , abzuwarten , ſendete Balis , kraft feiner Vollmadt, Obriſt Groß in das Las

ger des Großveziers ; um Frieden gegen die Übtretung Belo gradb. Inoem er dieſen yritt dem Kaiſer mitteilte, bee

Karl VI.

53

fand er darauf, es ſei nothwendig, ſid, bis Peterwardein zu. rudzu zieben.

Die Niederlage bei Großka , die Fludyt des kaiſerlichent

Heers und die Fortſdyritte der Türken verbreiteten am Wies ner Hof und unter dem Volk Beſtürzung. Das Sdrecken ſtieg noch durch die Ränke S dywedens , deſſen Unterhänd:

Ter mit der ottomanniſdien forte ein Trußbündniß verbano delten , durd, die Bemühungen der Mißvergnügten in Poh, len , welche Stanislaus zurückberufen wiſſen wollten ,1 und durch die Bewegungen der Parteigänger des Pringen Ra. got ky in Ungarn 1). Die kaiſerlidien Miniſter , ſtatt kräf.. gobky tig und in Uebereinſtimmung zu handeln , dachten mehr dar . auf , ſich der Verantwortung zu entziehen , als dem llebel fu ſteuern . Bartenſtein , dem man es aufrückte, erklärte ,

er habe ſeine Meinung gegen den Krieg (dyriftlid) abgegeben und ſudyte, uin der Abndung derer , welche nad Karls Tode über die Erblande berrſden würden , zu entgeben ,

ſidy die Stelle eines Reidysreferendars ju derſd ,affen 2). Die Gefahr , weldie das Kaiſerhaus zu ſtürzen drohte , minderte den Zwiſt , der es entzweite , nid )t. Die Unzu: 1

friedenheit des Herzog

von lothringen , der aus Toscana

kam , wudys zufolge einer Unterredung des Kaiſers mit dem Kurfürſten von Baiern in Bergensdorf, und durch das Ger rüdt , daß Karl VI. , da er kein anderes Mittel rebe , den

Sturz des Hauſes Deſtreich zu verbindern , entſchloſſen ſei , .

dieſem Fürſten den Heeresbefehl zu übertragen 3 ) .

Unterdeß faben die ſtolzen ungariſd)en und Öſtreichis ſchen Großen das Unglück des Staats gleid) gültig an und bekümmerten ſid, wenig darum , was bei Erledigung des Ibrons geſchehen könnte. Der niedere Abel war dem Haus

1) Robinson to Walpole , August 22. 1739. 2) Robinson's dispatches, 3 ) Dar.

54

Vierundneun

S zigſtes apitel . 1739 .

je lothringen entgegen und wünſdte den Kurfürſten von Baiern zum Oberherrn , der ein Deutider und deſſen Grunde

fäße und Gewohnheiten den reinigen angemeſſener waren . Das mit Auflagen überhäufte und durch den unerſpriefli. chen Krieg bekümmerte Volk forderte laat und dringend Frieden .

In dieſer allgemeinen Beſtürzung zeigte nur der Kaie Per einige Standhaftigkeit. Er nabm Wallis die Vollmad ;t, Frieden zu ſchließen , übertrug fie Neupergen , und ſd ärfte , dem General ein , fid) nur mit Kriegsunternehmungen zu

befaffen . Zu gleidyer Zeit beauftragte er den Grafen Schmets tau , den Zuſtand des Heers zu erkunden und den Rückzug nach Peterwardein , wie die Abtretung von Belgrad zu vers

hüten 1 ). S dyinettau traf in dem Augenblick 21.Aug. im fager ein , wo die daaren wieder abziehen

wollten . Er enttäuſd )te Wallis über die Lage von Be!grad , in deſſen Werken keine einzige Sturmlücke war , und das dreizehntauſend Mann Beſarung hatte. Seis ne dringenden Vorſtellungen vermodyten den Feldmarſdall , mit ſeinem Heer vorzurücken und der Stadt nad, Kräften beizuſpringen. Hierauf eilte Somettau nach Belgrad.

27. u.30. An der Spiße eines Sendhaufens nahm er den Aug. Türken die Sdanze Borzia. Sein Eifer be: feelte die Befaßung und bald zwang er die Belagerer, über hun dert Sdritte zurückzuweichen. Wallis ward wieder mu: thig , beſudyte Belgrad und madyte Succow bittere Por:

über Kleinmuth und ungetreuen Berid t. Er rüſte: te fich , ſein ganzes Heer daſelbſt einzieben zu laſſen , und durch einen Sieg , wie ihn Prinz Eugen auf demſelben Felde erfochten , den kaiſerlid en Waffen allen ihren Glang wieder zu [daffen . Seine Sd aaren brannten vor Begier ,

die Schmad, ihres Rückzug zu tilgen , als die Kunde von 1) Schmettau S. 235. f.

55

Karl VI.

Unterzeid ,nung der Friedensbedingungen kam , woriit Bele grads Abtretung nebſt unmittelbarer Ueberlaſſung eines der

Lhore an die ottomanniſden Schaaren bedungen war . Graf Neuperg hatte kaum des Kaiſers Bollmadyt er balten , ſo war er durch Belgrad gezogen , ohne die Fe:

ſtungswerke zu unterſuchen , und hatte Befehl hinterlaſſen ,1 keinen Staatsbrief dahin gelangen zu laſſen. Er hatte for gar die türkiſd) en Beamten erſucht , keinen Eilbothen durch allaffen. In Hoffnung , Marquis Villeneuve , den frani. I

1

zufiſchen Geſandten an der ottomanniſd )en Pforte , der als Vermittler im Rahmen ſeines Hofs handeln ſollte , daſelbſt zu finden , war er in das feindliche Lager gegangen , ohne Geiſelſtellung abzuwarteni. Er war auf der Stelle verbaf

tet und der Hut von vicrundzwanzig Janitſdiaren überger ben worden. Der Großvezier hatte ſich in Begleitung der

Paſcha’s von Romelien und Bosnien zu ihm begeben , und ibn die Vorſchläge, die er zu tóun beauftragt rei , mitzu theilen erſudt. Da hattë e: die Abtretung der Wallac) ei auf die Bedingung angebothen, daß die Ringmauern von Or:

fova geſchleift würden . Hierauf hatte ihm der Paſcha von Bosnien in das Geſicht geſpien und geſagt: „ Chriſtenbund ,

du biſt mit all deiner Vollmacht nur ein Spürer ; da du keine Briefe vom Vezier Wallis baſt und fein anerbietben , Belgrad abzutreten , verbeblit , ſo ſollſt du nach Conſtantis nopel geſendet werden , um dort die verdiente 3üd )tigung

zu empfangen ." Hierauf war Neuperg eng eingeſperrt wor : den. Er hatte bis zum 26. Aug. nid )t einmahl die Erlaube niß , mit dem Obriſt Groß zu ſpredyen ; da aber erſdien der Marquis Villeneuve und bewirkte die Erlaubniß , ihn in ſeinem Zelte zu behalten.

Der franzöſiſde Geſandte warf dem Kaiſerlid )en Bes vollmäd tigten die Webereilung vor , in das türkiſde lager zu geben , obne Geiſelſtellung abzuwarten , und ſagte ihm ,1 Wallis habe ſchon Belgrads Abtretung angetragen , ohne welche der Großvezier fid, gar nidyt auf Unterhandlunge!"

56

Vierundneunzigſies Stapitel. 1739.

einfaſſen wolle. 9euperg emporte fid, anfangs gegen folch

eine Sdymadıbedingung , ließ ſid, aber vom Marquis , der einen Aufſtand im Lager fürd)tete , beruhigen . Dem zus 1

folge unterzeidznete er am 1. Sept. die Friedensbedinguns

gen unter Vermittlung und Gewähr Frankreidys. Die vornehmſten waren : Rückgabe von Belgrad und Sjabatſd ), nad dem man die neuen Werke derſelben geſprengt , Abtre.

tung Serviens und alles deſſen , was die Türken beim para farowißer Frieden überlaſſen hatten .

Der Sultan ſollte

aud, die Feſtung Orſova behalten , weldze die Deſtreid ,ir aufgeführt hatten , und der Kaiſer die Feſtungswerke von Mehadia deleifen .

Graf Neuperg entſendete den Obriſt Groß mit folgens

der kurzen Note ; ,,Heute fruh iſt der Friede zwiſchen dem Kaiſer, unſerm Herrn, und der ottomanniſdien Pforte uns

terzeidynet worden. Mit Empfang dieſes Blatts hören die Feindſeligkeiten auf. Ich folge in einer Stunde und werde die einzelnen Puncte des Vertrags felbft melden ." Bei ſeiner

Ankunft bezeugte er ſeinen Unwillen darüber, daß die Feinds

ſeligkeiten fortdauerten , und , als ob er fid , der unterſdrie 1

benen Bedingungen ( d ,ämte , machte er ſie erſt am näd): ſten Morgen kund. Graf Schmettau drang in ihn , die lebergabe Belgrad$ unter dem Vorwand , er habe ſeine

Vollmadit überſdyritten , zu verzögern , und in den Feld : marſdall , den Türken das. Thor daſelbſt nidyt eher zu über: laffen , als bis der Kaiſer die Friedensbedingungen geneb . migt hätte. Wallis wagte nidyt , gegen die Befehle des

Bevollmächtigten zu handeln , dem er in allem , wag den . Friedensídluß betraf, unterwürfig war. Als er Neuper. gen Sdmettuu’s Antrag mitgetheilt , antwortete ihm dies ſer Miniſter heftig , daß , wofern er die Vollſtreckung des Artikels im Vertrag nur um vierundzwanzig Stunden wer:

dögerte , ſo würde er einen Eilbothen an den Kaiſer ſenden , um ihn von dieſem Ungehorſam zu benad richtigen ; er gab vor, es habe ihm alle Mühe gekoſtet 1, den Großvezier von

Karl VI.

57

der Forderung der Geſpannſd )aft Temebwar , Sirmiens und Slavoniens abzubringen , und erklärte , fobald er ſeinen Eilbothen abgefertigt hätte , würde er in das türkis

de lager zurückgehen und gegen die Nidjtvollziehung des Vertrags einkommen 1 ).

Somit ward das Thor von Belgrad am 4. Sept.

dem Paídya von Romelien , der es an der Spiße von adyt. bundert Janítſdaren beſefte , übergeben , und die Kai. ferlidyen batten die Kränkung , die ihnen am Tage von

Großka genommenen Fahnen von türkiſden Hauptleu. ten tragen zu ſehen . Nadıdem alles zur Sdileifung der neuen Feſtungswerke veranſtaltet war , zog ſid, das fals ferlidie Heer nad, Peterwardein und das ottomanniſdhe nad Niſta zurück.

Bloß Walliſens übereilter Rückzug fatte den Große vezier vermodt , die Feindſeligkeiten fortzuſehen , obne die

Vergleid) santräge zu madzen, weldoe die ottomanniſde Pfor: te beſtimmt hatte. Am 27. waren zwei Sdreiben des Kais fers , eines vom 21. , das zweite vom 22. Aug. in Belgrad angekommen , und der Feldmarſdal hatte ſie, dem Befehl

gemäß , keine Bothídjaft an das türkiſdie Heer zu ſenden, jurückbehalten. Sie beſagten , daß man in die Rückgabe Belgrads nur in der Vorausſegung gewilligt, daß der Plaß unfehlbar genommen werden würde ; daß aber der Kaiſer , überzeugt von der Unwahrheit des frübern Berid,ts , vidit

zweifelte , feine S djaaren könnten den Feind zurückwerfen , funiahl fie von den Ruſſen unterſtüßt würden , welche die

Türken ſchon in mehreren Treffen geſchlagen hätten 1, und bis an die Moldau vorgedrungen wären. Sofort legte man Grafen Neuperg auf , zu erklären , daß Wallis , als er die

Abtretung Belgrade angebothen , ſeine Vollmadyt übers ( dyritten , dem Marquis Villeneuve den wahrhaften Zuſtand 1) Sdmettau. S. 268.

58

Bierundneunzigſtes Kapitel. 1739.

des Planes kund zu thun und ihn zu bitten , die an ihn gee richteten Vorſchläge nidyt zu verlautbaren 1 ). Die Kunde von dem eben unterzeidyneten (dimpfliden Frieden wurde von den Bürgern aller Claffen und von den

Schaaren mit Unwillen aufgenommen. Die leßtern riefen : Man muß Belgrad nid)t übergeben. Wir wollen unſer les ben opfern 1, wenn die Befehlshaber uns in den Kampf füh ren wollen . Das Volk zu Wien fiel ungeſtüm in die Häu .

fer mehrerer Beamten , und hätte das bartenſteinſdye und 1

weberſde niedergeriſſen , wenn man im nicht Einbalt geo than bätte. Niemand aber war bekümmerter , als der Kai ſer. Seine größte Verlegenheit war , fich bei der Kaiſerinn ju redytfertigen und er (dyrieb einen boot rührenden Brief an ſie 2).

Dieſem Briefe folgte ein an alle kaiſerlidye Miniſter an den europäiſden Höfen erlaſſenes Schreiben . Barten. ſtein batte es verfaßt. Es war voll von Tabel des Felds marſd) alls Wallis und Grafen Neuperg. lekterer wurde

beſdjuldigt , ganz gegen die ausdrücklichſten Weiſungen ge: bandelt zu haben , beſonders weil er den Vertrag nicht in Gemeinſdyaft mit Rußland geſchloſſen habe 3). 1 ) Die Einzelheiten dieſer Unterbandlungen haben wir aus einer Vergleichung des taiferlichen Sendſchreibens mit Robinſons Briefen, der Geſchichte des belgráder Friedens von Laugier, aus den Papieren des Marquis Villeneuve , mit Schmettau's Dentwürdigkeiten , und Kochs belgrader Frieden in ſeinem Abriß der Geſchichte der Friedensver handlungen Bd. 5. gezogen. Wir haben uns bemüht , alle

dieſe oft in That-und Zeitangaben ſich widerſprechenden Nachrichten auszugleichen.

Eingerüdt in den Europäiſchen Fahrb. vom Jahr 1759 Th. 2. S. 214. auch in P. A. Lamando histoire de Char les VI. Tom. V. p. 166.

5) Europ . Jahrbücher » . Sabr 1739. 16. 2. S. 215.

59

Rarl VI.

Auf dief Sd reiben antworteten Wallis und Neuperg. Erſferer erklärte , nad,dem er ſeine Kriegsunternehmungen zu redytfertigen geſucht, das verdrießliche Ergebniß ſeiner Friedensverhandlungen rühre daher, weil, wiewohl er darum gebethin ,er dod, dießfalls keine Verhaltungsbefehlebekominen . Was Abſchluß und übereilte Vollziehung der Bedingungen

anlangte, ſo ſdjob er alles auf Neuperg , weldjem er , auf kaiſerlichen Befehl , ſeine Vollmad)t übertragen. Der Bevollmädytigte entſchuldigte ſeine Abtretungen mit der gebietheriſchen Noth und behauptete, es ſei kein an: deres Mittel übrig geblieben , einen unmittelbaren Einfall

in lingarn und den gänzlid en Intergang des kaiſerlichen Heers zu verhüten.

Das S dreiben war ſo zweideutig abgefaßt , es ents hielt ſo viel widerſpred,ende Thatumſtände, und in den Zeite

angaben berrídyte eine ſo angenſdyeinliche Verwirrung , daß I

das Volk ſelbſt die ungenauigkeit anerkannte und ganz laut ſagte , damit könne man nur Kinder berücken 1 ). Man hielt

dafür , unmöglich könne der Bevollmädytigte eines to ſtren gen , eigenmäd tigen Hofs fich erdreiſtet haben , feine Boll Inacht-zu überfdyreiten und nody weniger offenbar gegen den

ausdrücklichen Sinn ſeiner Weiſungen zu handeln. Man argo wöhnte ſogar, die kaiſerlichen Miniſter und vielleidyt der Fürſt felbſt hätten Befehle gegeben , die ſie nun abläugneten, und opferten den Unterhändler, um fid, die Sd,mad, zu erſparen , fo (dyimpflid e Bedingungen angenommen zu haben. Hätte etwas die Folgewidrigkeit des Kaiſerhofs meh 1

ren können , ſo wäre es fein Benehmen am Ende dieſer un

glücklichen Verhandlung gewefen. Während er ſeinen He: volimädytigten vor ganz Europa verklagte und nadidem Bartenſtein öffentlid, erklärt hatte , wer ſeine Vollmadt

überſdyreite , verdiene gehenkt , wer dem , was ſie vorſchrie . 1) Robinson to lord' Harrington , 19. Sept, 1739. Grant ham papers ,

Vierundneunzigſtes Stapitel.. 1739.

бо

be , zuwider

handle , geſpießt zu werden , wurde Graf

Neuperg wieder in das turkiſdie Lager geſendet , um die Are tikel des endlidyen Friedens in Ordnung zu bringen und das Werſehen , Rußland nid )t mit in die vorläufigen Bedingun . gen eingeſdyloffen zu haben , gut zu madyen. Er bewies bei dieſer Gelegenheit , daß er die ihm geniad)ten Vorwürs

fe keinesweges verdiente, und nur dem Gelen der Nothwen. digkeit gebordt batte. Sehr beharrlid) weigerte er fidy , irgend einen Vertrag zwiſden dem Kaiſer und der ottomans

niſden Pforte zu unterzeidynen, wofern man nid )t zugleich Sein Abkommen mit Nußland träfe. So gelang es ihm , Villeneuve's Ränke zu vereiteln und die hartnäckigen Tür. ken zu überwinden , welde über die reißenden Fortſdritte der Ruffen unruhig zu werden anfingen .

Somit wur's

den beide Verträge am 18. Sept. vor Abgang des Groß: veziers unterzeid )net. Die Ehre des Kaiſers ward zum I heil durd die Erklärung gerettet , daß er ſeinem Bund mit Rußland nid) t entfage , und fid, das Red )t vorbebalte , der Cjaurinn einen Beiſtand von 30,000 Mann zu leiſten, wenn

der Krieg zwiſden ihr und der ottemanniſdien Pforte fortdauern ſollte. eingerückt.

Dieſe Erklärung ward in den Vertrag

Die bedungenen Leiſtungen des Friedensvertrago wa ren ungefähr dieſelben , wie die vorläufigen Bedingungen . Der Kaiſer trat Servien nebſt den Städten Belgrad und Sjabatſd) ab , die oftreididye Wallad,ei mit Neuorſova und einem kleinen am nördlid; en Donauufer gelegenen Ge.

Er behielt die Geſpann (d ,aft Temeswar mit der Obliegenheit , die Werke von Mebadia zu Idyleifen 1). Der in Rußlands Nahmen geſdıloſſene Vertrag beſagte, die Stadt Ajow folle vernichtet, und ihr Gebieth wüſte ge

bieth.

raſſen werden , um die Gränze zwiſdhen beiden Reiden zu

bilden ; die Stadt Langerock rolle nidyt wieder aufgebaut Laugier histoire de la paix de Belgrade. -

Koch ,

Sarl VI.

61

werden ; Rußland rolle der Schifffahrt auf dem ſchwarzen Meere entſagen und die der ottomanniſchen Pforte abgewon . nenen Eroberungen herausgeben. Die Ezaarinn , welche fidy weit vortheilhaftere Bedingungen verſprochen hatte , miß. billigte die eben angeführten ; da fie aber keine Bundesge: noſſen weiter hatte , da Schweden ſich mit der ottomannie ( d)en Pforte vereinen wollte , Aufſtände in Pohlen auszus brechen drohten , und eine von ihrem Adel angezettelte Ver. ſdywörung bereito fie geſchreckt hatte , lo genehmigte ſieden Bertrag mit einigen Abänderungen , deren Erfolg war , daß die Gränzen ihres Reidys nad der Ukräne bin erweitert wurden 1 ).

Kaum war der belgrader Friede unterzeichnet, ſo wur. den Wallis und Neuperg verbaftet. Der eine wurde im

Odiloſſe Sigeth eingeſperrt, der andere nadi Halliß gen fendet. Sie blieben , ſo lange Karl VI. regierte , in Ges fangenſdy aft.

Wir ſtehen der Zeit dieſer Verhandlung idyon zu fern , als daß wir ihr ganzen Geheimniß fouten Teidyt durchſd ;aus en können ; dod) verrathen fich noch genug nachweislidye Spuren der Hauptgründe , warum dieſer übereilte Friede gerdyloffen wurde . Am Ende des Jahrs 1736 hatte man

fid) bemüht , auf Vermittlung des Kaiſers , ein Ubkom. men zwiſchen Rußland und der ottomanniſchen Pforte zu treffen , und zu Nimruf eine Zuſammenfunft gehalten , wele #

.

die , als fich Karl VI. gegen die Türken erklärte , aus eins

ander gegangen war. Hierauf hatte die Pforte Frankreich um Vermittlung erſucht , die nach einigen Sdwierigkei. ten und Zégerungen auch von den Verbündeten angenoms men worden war. Sofort hatten zwiſden den ottomannis den Miniſtern und dem Marquis illeneuve, Geſandten

Sr. allerchr. Maj. , einem geldickten Unterbändler , Con-: ferenzen ſtatt gefunden. Villeneuvd's Weiſungen waren , 1 ) Ebauche de Munieb.

62

Wierund neunzigſtes Kapitel. 1739.

fidh unparteiiſd, zu verhalten , den Kaiſer vom Bunde mit der Czaarinn wo möglid, loszureißen, alle Zerſtükelung der Sürkei zu verhüten , und hauptſächlich die Vergrößerung des Hauſes Deſtreid ju bindern. Der franzörde Geſandte ver modite die Türken zu Verwerfung der anfangs von den Ver. bündeten gemachten übertriebenen Forderungen ; der Kaiſer hatte die Abtretung Bosniens , der Moldau und Walla . dei gefordert; Nußland hatte zow , Dczakow und das Land Kuban behalten wollen , nebſt freier Sdhifffahrt auf dem ſchwarzen Meere.

Nad) jedem Feldzugę waren die Unterhandlungen wiro der vorgenommen worden . Die beiderſeitigen Forderungen waren geſteigert oder aud) beſdränkt worden , je nach dem man glücklich geweſen war .

Da der Kaiſer dem Marquis

Villeneuve mehr traute , als ſeinen eigenen Miniſtern , To

hatte der franzöſiſdie Geſandte die Unterhandlungen ſo lange durdykreuzen können , bis er die Verbündeten unter einander mißtrauiſd gemad )t und ſo die Abſidyten ſeines Hofes

erreidyt hatte. Seinen Bemühungen war die mißlid)e Lage des Kaiſerhofs und der Hader zwiſden Wallis und Neuperg, welche mehr ſid) gegenſeitig zu ſchäden, als ihrem Herrn jll dienen tradyteten , förderlich).

Nad) der Schladit bei Großka und dem Rückzug des kaiſerlid)en Heers hatte der Kaiſer insgeheim Villeneuve ſeine mißliche Lage vertraut und wie er geneigt ſei, beſons ders einen Frieden zu ſdyließen , foute er auch Belgrad mit

den geſdyleiften Ringmauern abtreten. Der Herzog von los thringen und Maria Thereſia , von des Kaiſers wankender

Geſundheit erſdreckt, und beſorgt , daß , wenn er vielleidyt in kurzem ſterben ſollte, das Haus Bourbon Anſprüdye auf die Erbfolge der bſtreichiſchen Länder madyte, ermahnten Neuperg ; den Krieg gegen die Sürkei um jeden Preis zu

enden 1). Dieſe Lage der Dinge erleid ,terte Villeneuven : 2 ) Mémoires de Brandeb. ' 1739. Ebeuche de Munich . Nox binſon erwähnt in ſeinen entwürdigkeiten bäufig innige

Start VI.

63

ſeine Mübe und er nüfte des Kaiſer$ Bertrauen. 2018

Neuperg im türkiſdyen Lager berhaftet wurde, verheblte ihm der franzöſiſche Geſandte ſorgfältig die ſchnellen Fort ( dhritte der Ruffen und übertrieb die Madyt des ottomanni.

Ichen Heers. So gewann er ihm die Abtretung Belgrade ab . Da dieß der Hauptpunct war , ro wurden die übrigen ſchneli in Ordnung gebrad)t, und Villeneuve rühmte ſich ,. Frankreid, mit dieſen Friedensunterhandlungen einen weſente

lidhern Dienſt erwieſen zu haben , als mit einer gewonnes nen entſcheidenden Schlacht. Bartenſteins Ränke , deren Beweggründe nicht leicht auszumitteln ſind , trugen eben .

fals viel zum Gelingen der Abſichten dieſes vollendeten Staatsmannes bei. Das Gemüth des Kaiſers zu entzünden, übertrieb er die ſchlimmé Lage der Dinge und beſtand dar. auf , es ſei nothwendig , ſdíleunig Frieden zu machen . Suco

cow , dem der Befehl von Belgrad übertragen worden , war fein Geſchöpf. Wiewohl Bartemtein Schmettau's Sendung nid ) t batte hinterteiben können , der dieſen Praß bis auf

äußerſte vertheidigen ſollte , ſo hatte er es doch verſucht. Troß des kaiſerlichen Befehls hätte er keine Anweiſung bes kommen , und überreidyte bei ſeiner Ankunft Wallis den mit. gebrachten Staatsbrief. Dieſ war ein Brief Bartenſteins, weldjer ſo lautete : ,,Da Se. kaiſ. Maj, durch eigen an. diges Sdyreiben dem General Succow verſprochen , ihn zum Range eines Generals der Artillerie zu erheben , und ihin die Statthalterſchaft von Servien anzuvertrauen , wenn es

ihm gelingt , Belgrad zu erhalten 1, ſo kann die Vertheidigung dieſes Plaßes Niemand als ihm anvertraut werden. Der Wille des Kaiſers alſo iſt, daß GrafSchmettau beim Heer , Verhältniffe des Herzogs von Lothringen mit dem Grafen Neuperg, und in Wien vermuthete man ziemlich allgemein, dieſer unterhändler habe beſondern Weiſungen gemäß ges handelt , die er von Maria Thereſia und ihrem Gemast erhalten. Als dieſe Fürſtinn den Thron beſtieg , tam Neus

perg nicht nur auf freien Fuß, ſondern erhielt aud den Heerbefehl gegen die Preußen .

64

Vierundneunzigſtes Kapitel . 1739.

oder in Peterwardein gebraucht werde , wofern dieſe Stadt mit Belagerung bedroht wird . “ Wiewohl der Feldmar: ( dball fidh nidyt getraute, Succow wo andershin zu verſet

zen , ſo hatte er doch ein Mittel , die Befehle des Schreie bers , wie er Bartenſtein nannte , fu umgehen. Er hatte kraft ſeiner Madt als Statthalter , Schmettcu zum Oberbefehls . haber von Belgrad ernannt.

Wiewohl unterzeidynung und Vollziehung der vorläufis gen Friedensbedingungen ( dhimpflidiſt übereilt waren , und ein nur kurzer Auffdub unfebrbar ebrenvollere und vortheilhaf. tere bewirkt hätte , ſo war doch zur Erhaltung des Hauſes 1

Deſtreich Friede nöthig ; und die jämmerlid e Lage , worin Karl VI. bei ſeinem Tode fein Heer und ſeinen Sdas binters

ließ , beweiſen dieß unwiderlegbar.

+

Starl VI.

65

Fünf und neunzigſtes Kapitel. 1739

1740.

Frankreichs Uebergewicht. - Charakter und Zwede des Cars Politiſche Lage der Hauptmächte Eus dinals Fleury.

ropens. — Bergebliche Verſuche die Verbindungenim Defts Bes

reichs mit England wieder anzuknüpfen. treff des Vertrags über die Barrierepläge.

Streit

Die ie unbeſtimmten

Ausdrücke des vom Kaiſer mit der of: geſdyloßnen Friedensvertrags verans Pforte en tomanniſd) laßten im Betreff der Gränzen Erörterungen , welche der Hof von Verſailles in die fänge jog , um das Uebergewidt .,

weldjes er über beide Mädyte gewonnen , zu erhalten . Frankreid, hatte theils durd, ſeine wirklide Madyt

und Hülfsquellen , theils durd , den Charakter und das Sys ftem feines erſten Miniſters einen Einflup ohne Gleichen

auf alle europäiſchen Höfe gewonnen. Cardinal Fleury , ein 84jähriger Greis , hatte ſtets piel Umſicht und Klugbeit gezeigt, und wußte die Gemü. ther durd jene ihm angeborne Offenheit und Einfalt zu

gewinnen. Seine Entwürfe ſchienen immer Eingebungen der Mäßigung ſelbſt , und er führte ſie ftill , ohne Argwohn zu erwecken , aus. Sein perſonlider Charakter und ſeine Grundſäbe beſtimmten ihn , ſeinem Lande Frieden zu erhale ten ; da aber fein großer Zweck war , allem gu 'webren was Frankreids Weberlegenheit Eintrag thun könnte , ſo that

er alles, um die Mädute Europa's ju trennen . Es gelang Core's Geſchichte Deft. IV. B.

66 Fünfundneunzigſtes Kapitel. 1739-1740. ihm unmerklidy , den Kaiſer vom Hof zu Berſailles abhäne gig zu machen , und durch ſeineUnterbandlungen demüthigte er das Haus Deſtreid) mehr, als ſeine Vorgänger durch Waffen vermodyt hatten. Obgleich Frankreich ſich für die pragmatiſdje Sanction verbürgt hatte , dadyte er doch dars auf , die öſtreichiſdyen Lande unter die beiden Erzherzogin . nen ju theilen , und fdymeid,elte ſid) ſo , die Macht eie nes Hauſes herabzubringen , weldes Sisher nur Nebens

buhler, vielleicht dereinſt Feind des Hauſes Bourbon were den könnte .

Frankreid, beberridhte die Hathidläge der ottomanni. fd )en Pforte gang , und batte fid ), mittelſt gegenſeitiger Gewährleiſtungen , einen Vorwand aufbehalten , in allen

Streitigkeiten der Türkei mit europäiſchen Mächten mitſpree dhen zu können. Es batte e Schweden durch Berabſdiedung der England günſtigen Miniſter eine merkwürdige Veränder rung bewirkt. Audy den Stockholmer Hof batte es vermodt, in Finnland Rüſtungen zu machen und ein rugbündniß mit

der ottomanniſchen Pforte zu ſdhließen. Endlich hatte es den kopenhagner Hof von dem Wiener glücklich losgeriſſen und unter einem wichtigen Vorwand eine Flotte in das baltijdse Meer geſendet, welde ſeine Feinde verzagt, ſeine Freunde muthig madyte.

Rußland , beſtürkt über S dywedens Rüſtungen und hingehalten durch die langſamen Verhandlungen mit den Türken , war , die Zeit abzuwarten , geneigt. Es wollte Frankreid, nicht reißen , ſo lange kein Bund geſd loſſen wurde, der gegen die ganze Madt des bourboniſchen Hauſes antäme : pfen konnte. Die ſchon betagte und tränklidye Kaiſerinn an: na batte zu viel mit ihrer häuslichen Einrichtung zu thun,

als daß fie viel Antheil an den Angelegenheiten Europa's hätte nehmen können. Sie hatte Annen , Prinzefinn vont Mecklenburg , ihre Nidyte; mit Unton Ulrid ), Prinzen von

Braunſdyweig « Wolfenbüttel , vermählt ; und ordnete unter

Karl VI.

67

Leitung sines gebietheriſchen Günſtling$ 1 ) , der in Anſehen bleiben wollte , wenn ſie nicht mehr wäre , die Thronfolge. Auguſt III. verdankte die Krone den vereinten Bemühun . 1

gen des Kaiſers und Rußlands , aber er konnte die Ränke Frankreid)s in Poblen nicht vereiteln , noch zu Gunſten Deſts reich über dieſes Reich verfügen.

Die deutſden Fürſten waren unter einander hödyſt zwie. ſpaltig. Der Hof zu Verſailles hatte piel katholiſche Fürſten , nahmentlid , den Kurfürſten von Baiern gewonnen , dem er Hoffnung gemacht, Karls VI.Erbfolge zu theilen. Dieſer Hof hatte geſchickt die geredyte Erbitterung des Königs von Preus Ben gegen den Kaiſer, wegen ſeines im Betreff der Erbfolge der Herzogthümer Berg und Jülich höchſt tadelnswerthen Benehmens genübt.

Karl VI. wünſdite , tros ſeiner Zuſage , das ganze Erbe des Kurfürſten von der Pfalz möchte an Karl Ibeo: dor , Pringen von Sulzbad) , fallen. Frankreid ), das jedoch dazu beizutragen vorgab , hatte ſid, in eine geheime Unter : bandlung mit Friedrich Wilhelm eingelaffen , den es mit dem Berſpreden des ganzen Herzogthums Berg , Düffel. dorf ausgenommen , gewonnen hatte. Endlich , indem es den Haß dieſes Fürſten gegen das hannoveriſche Haus näbr , te ; theilte und (d )wädyte es mithin den Proteſtantenperein in Deutſdıland.

Der König von Sardinien verdankte Frankreidys Vers inittlung die Beilegung ſeines Streits mit dem Kaiſer und einen erheblichern Zuwadys an Gebieth , als er von Karls VI. Dankbarkeit , oder der Unruhe , in die er ihn vielleidt

geſett hätte , erwarten konnte. Dieß mit dem Uebergewichte

des Hauſes Bourbon in Italien und Deſtreichs Erſdópfung zuſammengenommen , unterwarf Karl Emanuel dem Willent des Hofs von Verſailles. E

2

1) Biron , Herzog von Curland. S. meine Reiſen nach Pohlen , Rusland 2c. Buch 4. Sap . 10.

68 Fünfundneunzigſtes Kapitel. 1739-1740. Ein Schlaganfall hatte don Johann V. , König von Portugal , der Geifteskraft und Ebütigkeit beraubt , die den erſten Theil ſeiner Regierung ausgezeiciynet batte. Die

fer Fürſt verband ſittenloſe ausgelaſſenbeit mit außerore dentlider Undad) t. Mithin war alie Gewalt in den Häne den der Geiſtliden.

1

Statt eine Seemadi und ein Heer

zu unterhalten , wurden auf Klöſter-Stiftungen ungebeus re Summen verwendet 1, und Portugals Madt und Bedeup tung ſank täglid 1).

Spanien führte Krieg mit England wegen Beeinträd. tigung feines amerikaniſd en Handels durch die Engländer .

Da es für die Sicherheit ſeiner pflanzſtädtiſchen Befißuils gen fürchtete , To flebte es inſtändig um Frankreidys Vers

wendung und erwartete ungeduldig den laut verbeißenen Beiſtand.

Die vereinigten Provinzen wurden von je von einer dywachen und getheilten Regierung beherrſdt. Wie er ſdyrocien ſie waren über die täglid) wady ſende Madr Franke reidys, gebrachy es ihnen an Kraft ſie zu bekämpfen. Sie

fürchteten die Verwendung des londoner Hofs für den Prins zen von Oranien , der Georgs II. Tochter geehlicht batte.

Wiewohl ſie keinen andern Verbündeten hatten , von dem ſie Beiſtand erwarten konnten , fo ſaben ſie dod, den Krieg Englands gegen Spanien für etwas ihrem Beſten gang

Fremdes an . Sie waren über das bodyfahrende Beneh men der kaiſerliden Miniſter aufgebracht, und im Betreff der dem Vertrag über die Gränze oder Barrierepläte ante

gehängten Handelseinrichtungen in endloſe Streitigkeiten verwickelt.

Großbritannien , die einzige Madyt, welche einen tüdja tigen Bund gegen Frankreic, hätte bilden können , war mit dem Krieg gegen Spanien beſdäftigt einein Kriege , .

1)

Seine Luftbarkeiten waren prieſterliche Verrichtungen , ſeine Bauten Klöſter , feine Heere Mönche, und ſeine Ges

bietherinnen Nonnen." Deuvres postbuncs de Frédéric II.

Karl VI .

69

der durch das Sdyreien der Kaufleute und den Wahnſinn eines Volks angeregt war , weld ,es nur Eroberung und Plünderung im Sinn hatte. Über Frankreichs Zurüſtungen , und der ſdíledyte Erfolg der gemadyten Zurüſtungen hatten die Säuſdung zerſtreut. Das Volk ward von widerſtree benden Parteien beunruhigt; die Glieder des Staatsraths

waren zwiſtig und der erſte Miniſter , der dem Volke tägo !

lich verbafter ward , mußte fich in die Zeit ſchicken . Es war eine Menge Bundesentwürfe eingereicht worden , aber

die widerſpred ;enden anſid ten derer , welche regierten , mit Georgs II. Haß gegen das brandenburgiſde Haus , deſſen Un. terſtükung nöthig war , um einen fortdauernden Bund gegen

das Haus Bourbon zu verbürgen, hatten zur Verwerfung der ſelben beigetragen 1). Der Kaiſer, deſſen Hülf& quellen durdy Unfälle ro rehr

geſchwädyć waren , war , wie geſagt , ganz abhängig von Frankreid ), deſſen unzählige Parteigänger unaufhörlid ,dem Fürſten die Erſchöpftheit ſeiner länder , und die Gefahr , eine ſo furdytbare Madt zu reizen , vorhielten.

Der Kais

ſerhof war rol franzöſiſdier Kundſchafter ; jede Bewegung wurde beobadytet , und Cardinal Fleury führte die bitter: ften Klagen , als der Herzog von Lothringen , der diep Joch

unwillig trug , mit dem engliſden Geſandten eine Unter: redung hatte 2). Sarl VI. erwog feine gefährlidye Lage.

Er hielt den Krieg zwiſchen Frankreich und Sroßbritannien für unvermeidlich und fürdytete , wenn leßteres im Kampfe unterläge , die Vernid )tung des Hauſes Deſtreid ).

Der londoner Hof , beunruhigt von Frankreidys Zus rüſtungen zu Waſſer und zu Lande , von dem Zug der fran zöſiſden Schaaren nad, dem Kanal und Flandern , erſud)

te den Kaiſer ,1 auf die Siderheit der Barrierefeſtungen bes dacht zu ſeyn. Karl VI. ſendete Graf Dſtein nach Hanno. 1) Mémoirs of lord Walpolc. ch.'21.

2) Robinson to lord Harrington , 27. Jul. 1740.

70 Fünfundneunzigſtes Kapitel. 1739-1740. ver , daſelbſt eine Ausfühnung zwiſdyen England und Hol: land zu ftiften . Dieſer Sendung wirkte Bartenſtein , der die Seemädyte baßte , entgegen. Auf Eingebung des Re . ferendars bekam Graf Oſtein Befehl , bittere Klagen über den Abfall dieſer Mädyte zu führen 1 ) und zu erklären , daß der Kaiſer , von der Vergangenheit belehrt , keine Ber :

bindlid;keiten einzugehen geſonnen ſei, die vielleicht er nur hielte. Aud) that der Wiener Hof im Betreff der deuts ſdhen Händel unzuläßliche Vorſdıläge ; und Bartenſtein be. nugte den durd, den Barrierevertrag wieder entzündeten

Streit ſehr geſdickt. Dieſer Vertrag (dien eher von ei ner auf ihre Vorredyte eiferſüd) tigen Handelsgenoſſenſdhaft als von einem großen mit Aufred ) thaltung der Ruhe Eu.

ropa's beſchäftigten Volke geſdyloſſen zu ſeyn. Im Jahr 1737 wurden zu Antwerpen Conferenzen gehalten , um ei nen neuen Handelsvertrag zwiſchen den Niederlanden einer Seits , und England und Holland anderer Seits zu fd ;lie.

Ben , aber ſie hatten nid)ts,gefrudytet. 1) Harrington's dispatch to Robinson.

Sarl VI.

71

Sechs und neunzigftes fpapitel. 1740.

Tod Friedrich Wilhelms , Königs von Preußen. - Fried richo II. Entwürfe und Benehmen bei ſeiner Thronbeſteis Karl Vi . wünſcht feine Verbündung mit Eng land ernſtlich wieder anzuknüpfen. Seine Krankheit , Job , Schilderung und Nachkommenſchaft. gung .

Diiee

Unruhe , weldie Frankreid) s Abſidyten erregten 1, die .

Gefahr weldie den Seemädyten drohte , die Vorſteùungen des Herzogs von Lothringen und das dringende Uuſud en der Miniſter Karl VI. ſiegten endrid, über Bartenſteins 2nſehen , und der Kaiſer war eifriger als je , ſeine Wer: bindungen mit England herzuſtellen und den ganzen deut:

(den Reidskörper gegen das Haus Bourbon aufzubiethen . Die aus den Streitigkeiten zwiſdien Hannover und Brans denburg entſtandenen Hinderniſſe eines Vereins der Prote: ſtanten dienen durd, Friedrich Wilhelms , Königs von

Preußen, Tod, der im April 1740 erfolgte, beſeitigt, und man hoffte, der Nachfolger dieſes Fürſten würde nad) gang andern Grundſägen bandeln .

Karl Friedrich , der unter dem Nahmen Friedrichs IJ. der preußiſchen Krone neuen Glanz zu geben , und der furcht barſte Feind des Hauſes Deſtreid) zu werden beſtimmt war;

war der Sohn Friedrich Wilhelms und Sophien Dorotheen ,

Todoter Georgs I. , Königs von England , und wurde am

1

Sechsundneunzigſtes Kapitel . 1740 .

72

24. Jan. 1712 zu Berlin geboren. 216 er den bron ber ſtieg , beſtanden die Beligungen des Hauſes Brandenburg

in lauter von einander getrennten Ländern . Mehrere dieſer Beſikungen , beſonders die Mark Brandenburg , waren ro unfrudytbar und fandig , daß Friedrich Wilhelm defbalh im Scherz ,, Erzſandmann des Reichs" genannt worden war.

Die Bevölkerung aller preußiſden Staaten betrug

midt mehr als 2.400,000 Seelen, und die Einkünfte, wie

wohl Friedrich Wilhelm fie burd ), ein beſſeres Finanzſyſtem vermehrt hatte , doch nur 8,700,000 Kronen. Es gab wenig Handel und fehlte dem Lande an Hülfsquellen 1) .

Denned, hatte der verſtorbene König 9 Millionen Kronen in ſeinem Sdaß , und ein Heer von 76,000 Mann hinter :

Iaffen , welches aus den in Europa beſt eingeübten Sdaa ren beſtand, trefflidies Geſchüß und alles hatte , was no thig war , um zu Felde zu ziehen. Friedrich® II, Charakter kannten Faum die , welde , .

als er den Thron beſtieg, um ihn waren 2). Er hatte nicht im mindeſten Neigung zum Kriege bezeigt. Ein für alle :: mahl hatte er nur einen Theil des Feldzugs im Jahr 1737

mitgernacht, wo die Heere unthätig geblieben waren.. Der einzige Zug von Tapferkeit , den ſeine eifrigſten Lobredner pon ihm anführen konnten , war , daß er bei einer Erkun. 1) Oeuvres posth. de Frédéric II. Tom . I. ch. 1 , 2) Das Unglück , welches Friedrichs des Großen Jugend betraf, itt bekannt. Als rein Vater ihm mit dem Tode gedroht hatte , ſchrieb Starl vi. eigenhändig an den König von Preußen und befahl dem Grafen Sedendorf, ihm vor zuſtellen , daß er kein Recht habe , feinen Sohn zu richten ,

noch weniger, ihn zum Tode zu verdammen ; der Pring gebore dem Reich an , und müffe auf einem vollftändigen

Reichstage gehört und gerichtet werden . Friedrich Wilhelm antwortete , er fei König , werde als folcher ſeinen Sohn

richten und ihn nach Preußen ſenden , wo er nur Gott über ſich erkenne. Poellnitz mémoires pour servir à l'histoire des quatre derniers souverains de la maison de Brandeb .

Ț. II. p. 248.

Karl VI.

73

dung , als Philippsburg belagert wurde , keine Bewegung gezeigt hatte , als er dem ſteten Geſchütfeuer der Feſtung

ausgeregt war , weldjes die Zweige eines Baums , unter weldiem der Prinz ſtand, gerſd lug. Sein Vater ſelbſt kannte ihn ſo wenig , daß er zu fürchten , ſchien , ſein Heer würde mindeſtens größtentheils nach ſeinem Tode entlaſſen

werden. Diejenigen endlich , die in Rheinsberg reine Ge: fellſchaft waren , hielten ihn für eben ſo leidytſinnig und zerſtreut,1 als ſie ſelbſt waren. Sie meinten , er würde nun , wenn er auf dem Thron fäße , feine Tage in Rube und Luſtbarkeiten verleben , und in Prad )t des Rofes und

zierlidyer Lebensweiſe ſeinem Großvater Friedrid , 1. nadı ahmen 1 ).

Bald aber entwickelte ſid, der wahre Charakter des Monardyen. Auf einer ſchnellen Reiſe tady Straßburg 2) und Kleve , weigerten fid, die Bewohner von Herſtal oder

Heriſtall, einer in der Gegend von Lüttid, gelegenen Herr ſchaft, die als Erbe aus dem Hauſe Oranien an das Haus Brandenburg gekommenwar, Friedrich II. den Eid der Treue zu leiſten. Sogleid, ließ er einen Sdaarenbarſt gegen den .

Bildhof und das fütticher Kapitel , weldje er für die An.

ſtifter dieſer Weigerung bielt , aufbred ,en , und daßte ſie um 60,000 Reidsthaler . Berlin wurde bald der Mittelpunct aller Ränke und

Unterhandlungen , und mehrere Mächte Europens bewarben 1) Baron Bielefeld , der zu den engſten Vertrauten des Prinzen gehörte, beſchreibt das Leben auf dem Schloffe Rheinsberg ro : Die Sage Aießen in einer Nube dahin , welche von Luftbarkeiten begleitet ift, wie vernünftige Weſen fie genießen können ; ein königliches Mahl, Göts

terwein , himmliſche Muſik, Luftwandlungen in Gärten und Wäldern , Waſſerfahrten, Betrieb der Wiffenſchaften und ſchönen Künſte , eine geiſtreiche und beitere Unterhals tung ſind die Genüſſe. 8. Br.

2) Friedrich machte dieſe Keiſe, um ſich mit Voltaire zu bes fprechen .

74

Sechsundneunzigſtes Kapitel . 1740 .

fid, um ein Bündniß mit dem neuen König. Die Erbfol.

se in den Herzogthümern Berg und Jülid war ſeit lan ger Zeit ein Zankapfel zwiſdjen dem Hauſe Brandenburg und dem ſulzbadyer Zweige des pfälzer Hauſes ; und man glaubte , Friedrichs erſte Sorge würde ſenn , dieß Erbe an fid) zu bringen , weld , es durd, das hobe Alter und die

wankende Geſundheit des Kurfürſten von der Pfalz ro nas be lag 1 ).

Das brittſche Cabinet erwog die großen Vortheile , die

aus Preußens Beitritt zu der beabſichtigten Vereinigung aller deutſchen Lande ſid, ergeben müßten , in ihrem ganzen Umfange ; aber alle Bemühungen mißlangen , theils wegen er verlangte Friedrids II. übertriebener Forderungen

nichts weniger , als die Erbfolge in den Herzogthümern Berg und Jülid ) , Mecklenburg und Oſtfriesland - theils wegen Abneigung Georgs II. , der den Haß gegen den Was

ter auf den Sohn übergetragen zu haben ſchien 2 ). Der ſtolze Wiener Hof war weder geneigt, fid in die Um. Rände zu fügen , nod, um das Wohlwollen des Königs von

Preußen zu bublen , den der Kaiſer durdy unzeitige Vor. ſteltungen über die herſtaller Händel, und Verweiſung der Klagen des Biſchoff von Lüttid, an den regensburger Heidys . 1

tag beleidigt batte 3).

Frankreid, fogar benahm fid, in dieſem Falle nidyt mit

ſeiner gewohnten Feinheit. Es hatte zu der Gewährleis ſtung der dem Fürſten von Sulzbady ertheilten pfälzer Erb folge mitgewirkt. Kannte es nun die Gemüthsart und die

Abſidyten Friedrid,s nid)t , oder modyte es ihn am Rhein, ufer keine Erwerbungen madsen laſten ,1 .es wollte ſeine Ger währleiſtung nicht zurücknehmen, und toth dem König nur 1 ) Walpole's papers,

2) Plan zu einer großen Allianz. Walpole's papers. 3) Denina Leben Friedrichs II. Bd. 2. S. 44.

A

Karl VI.

75

einen geringen Theil der Erbländer an , den dieſer Fürſt weit unter ſeinen Forderungen fand 1 ). Bei ſo bewandten Umſtänden hörte Friedrid, II. die

Anträge der verſdriedenen Mäd ;te an , ohne entſcheidende Antwort ju geben. Indem er aber neue Kraft in die ver. 1

4

fdjiedenen Zweige der Regierung ergoß , vervollkommnete

er das von ſeinem Vater begründete Finanzſyſtem , erhielt im Heere die Kriegszi!dyt, heb fünfzehn neue Battaillone aus , und harrte ftill der Zeit , wo er die großen Anlagen ju Krieg und Unterhandlungen , womit ihn die Natur be:

gabt , und welche Forſdung und Nad ,denken ausgebildet batten ; entwickeln konnte.

Mittlerweile ſud te der Kaiſer den Berluſt ſeines Hee. res zu erleben und ſeine Finanzen herzuſtellen ; er ſchien es mit ſeinem Verfahren , ſich den Seemädyten zu nähern , 1

und mit ihnen einen Entwurf gegenſeitiger Vertheidigung fu Starde zu bringen , ganz aufrichtig zu meinen. Karl VI., wiewohl er Unfälle von Fußgidyt batte ,

war dod , übrigens kräftig und geſund ; aber die geiſtige Unruhe, worein ibn die neuerdings erlittenen Unfälle ge: ſtürzt, hatte feine Geſundheit ſehr gerrüttet 2). 3m Atts fang Octobers klagte er über feine Gidt, ging aber, trok der Vorſtellungen der Verzte , mit ſeinem ganzen Hofe nady Halbthurn auf die Jago, die er leidenſd, aftlich liebte. Es war kalt , und regnete und dyneite abwechſelnd. Kurz nach ſeiner Ankunft bekam

der Kaiſer Leibgrimmen.

Dennoch

jagte er hißig ; Anſtrengung und ſchlechtes Wetter mehr: ten ſein Ilebel. Am 10. Nad; ts litt er an Unverdaulid).

-keit von Pilzen mit Dehl, die er unmäßig genoſſen. Das Erbrechen war häufig und heftig. Früh kehrte er ſo krank nad, Wien zurück , daß er unterwegs mehrmahls ohnmäd ). 1 ) Oeuvres posthumes de Frédéric II. Tom. I. p. 416.

2) M. Porter to M. Walpole. Vienna , march, 19. 1741 .

26 5

Sechsundneunzigſtes Kapitel. 1740 .

tig ward ; man bob ihr faſt todt aus dem

Wagen in den

Pallaſt der Favorite , welcher in einer der Vorſtädte liegr. 1

Külfe der Kunſt und Kube erquickten ihn jedod, ſo , daß er wußer Gefahr ſchien . Um 12. aber ſtellteſich das Erbres

dien wieder ungemein heftig ein ; ein bißiges Fieber ſprad , fich aus , die Fußgidyt ließ fidz ſpüren , und man zweifel te wieder am Aufkommen des Fürſten , der mit bewunderns. würdiger Geduld litt. Er fürdytete ſein nabes Ende fo we:

nig , daß , als die Herzte ihm die Gefahr kund thaten , er fie wegen iörer falſchen Vorausſagungen verſpottete. Sie beharrten auf ihrer Erklärung , weldie er ohne die minde: ſte Bewegung annahm , ohne jedod, ihnen zu widerſpredien . Sie berietben ſid, in ſeiner Gegenwart über das Weſen ſeis ner Krankheit und er jagte : ,,Hört auf zu ſtreiten ; öffnet meinen Körper , wenn ich todt bin , ſo werdet ihr ſehen , was die Urſach meines Codes iſt 1) ." Hierauf bereitete er fid ), vor Gott zu treten , unterwarf rid allen Kirdens

bräuden und verfügte mit der größten Ruhe über alles , mas feine Thronfolge betraf. Er ließ ſeine Miniſter kom men , gab ihnen Berbaltungsbefehle , und dankte insbeſon . dere dem Grafen Stahremberg für ſeine langen und treuen Dienſte. Von ſeiner Familie nahm er bſdzied , und er:

mahnte ſie ; leiner älteſten Todyter , welche ihrer weit vorgerückten S dywangerſchaft wegen nicht an ihres Waters Todbette erſd ;einen durfte 2) , ſendete er ſeinen Segen und ſeine Willensmeinung. Seiner Gemahlinn , der Kaiſerinn , mit welder er ſtets in vollkommner Eintrad )t gelebt , und

die in den ſedys lebten Nächten ſein Bette nidyt einen Zu: 1) Schirachs Biographie. S. 404.

2) Lalande ſagt , Karl habe ſich nach dem Zimmer Marien Thereſiens gewendet, um auch ihr ſeinen Segen zu erthei len und den Großherzog, ifrem Gemahl, befohlen , fie das von zu benachrichtigen und ihr zu ſagen , daß er in ſeiner

legten Stunde ihrer gedente und fie regne. Histoire de l'emp . Charles VI. Tom . VI. p. 118.

1

Karl VI.

77

genblick verlaſſen hatte , ſagte er die rührendften Dinge. Sogar ſeinem Lieblingszwerg fagte er etwas Tröſtlides , und zum Herzog Karl von Cothringen , welder weinte :

,,weine nidyt , id) bitte didy; fürwahr du verlierſt einen treuen Freund." Faſt unmittelbar vor ſeinem Tode batte er mit dem Herzog von Lothringen eine zweiſtündige Unter. redung ohne Zeugen.

Endlid, am 20. Det. früh um zwei

Uhr gab er ſeinen Geiſt auf , im fedysundfünfzigſten Jahre ſeines Ulters und im dreißigſten ſeiner Regierung . Mit ibm erlofd die mannlidye Linie des Hauſes Deſtreich , die

über vier Jahrhunderte hinauf ging 1). Karl VI. war von mittlerer Größe, brauner Geſidits: farbe, durdydringendem Blick , vorragender Unterlippe 2) , ein unterſcheidender Zug aller Perſonen aus dem Hauſe Deſtreid, ! ſein gauges Heußere verkündete ſpaniſchen Ernſt mit deutſdyer Gelaſſenheit. Obwohl er ſehr bodyfah rend war , zeigte er dod) viel Herablaſſung und Leutſeelige

keit ; obgleid , dem Hofzwang ergeben 1, und öffentlich ſehr ernſt, war er doch auf ſeinem Zimmer ſehr heiter und aus Berſt mild gegen alle , die in ſeinem Dienſte waren. Der

Verſtellung feino , zwang er ſich gar nid )t , ſeine Zufrieden. beit oder Unzufriedenheit zu verbergen , wenn er Geſandten

Gehör gab ,. War er zufrieden , ſo ſpracy er klar und bee ſtimmt mit ihnen ; im entgegenſekten Fall drückte er ſich ſo unverſtändlich aus , daß fie feine Miniſter befragen muß.

ten , um nur zu wiſſen , welche Antwort ſie ihrem Herrn zu bringen hätten. Er liebte Leibesübungen und Spiele , welche Gewandte

beit erfordern 1, war ein trefflider S dyüße und guter Meia ter. Er verſtand Muſik und feste ſogar eine Oper , weldse

auf dem Hoftheater aufgeführt ward, und deren Rollen mit 1) Vorzüglich nach Robinſon , mit Zuziebung mehrerer Bio graphen .

2) Polnis

zigſtes

78

neun Sechsund

Kapitel . 1740 .

Perſonen aus dem höchſten Adel befekt waren.

Da pri

audy gut ſpielte , ſo laß er oft unter den Muſikern im Ols

dyeſter , und ſeine Töchter , die beiden Erzherzoginnen , tanz ten im Ballet. Karl war ein großer Beſchüber der Wifi ſenſdaften und Künſte. Er ſtellte die Mahlers , Bildhauer,

und Bauakademie her , legte eine offentlide Bibliothek an , in welde er , außer vielen andern Püdyern , auch die

des Prinzen Eugen ,1 die er gekauft , ſchenkte. Uuch das trefflide Münzcabinet legte er an und zog aus mehreren Theilen Europens Gelehrte an ſeinen Hof , unter andern

den berühmten Metaſtaſio , den er zu ſeinem gekrönten Didi ter ernannt i ) .

Karl VI . ſparte nid )ts ,1 um den Verkehr zwiſchen den verſchiedenen Theilen ſeiner weitſchidytigen Staaten zu er: leid , tern . Er ließ eine Menge Straßen anlegen und mit großen Koſten den Heerweg , den Trajan nach der Wal ladyei eröffnet hatte , berſtellen 2). 1

Uud hob er Handel

und Manufacturen , und wiewohl die Eiferſucht der Sees mächte und die Unmöglichkeit ,1 ſeine Entwürfe auszuführen, ihn oft in ſeinen Beſtrebungen hemmten , war doch ſein Ei. fer lobenswerth. Er ſtellte die Mängel in den Gerichtshës fen ab und gab der ungariſchen Regierung eine beſſere Ges ſtalt. Seine Milde endlid, mad ;te ihn zum Titus ſeines Sahrhunderts.

Hätte Karl VI. mit dieſen Eigenſd aften ſein Land in Frieden erhalten I, ſo bätte er ſeine Unterthanen glücklid

und ſein erlaudytes Haus ruhmood gemacht. Uber , lag es nun an den Umſtänden und ſeinen Miniſtern , oder an

feiner ſtolzen unruhigen Gemüthsart , ſeine Regierung war voll von Kriegen oder Kriegsrüſtungen.

Seine Staaten

waren. bei ſeiner Thronbeſteigung auf dem höd) ſten Gipfel 1 ) de Luca's Lefebud 16. Bd. 1. S. 446 . 2 ) Daf. Bd. 1. S. 443.

Karl VI.



79

von Glanz und Madht; erſdjöpft und gedemüthigt hinters ließ er fie.

Eliſabeth Chriſtine , ſeine Gemahlinn , mar die Tochter

Ludwig Rudolphs , Herzogs ron Braunſdyweig - Blankens burg 1). Sie war in ihrer Jugend ſehr ſchön , wurd aber 1

mit der Zeit zu ſtark und wafferſüd tig 2). Der Kaiſer bat. te mit ihr einen Sohn , Leopoto , der als Kind ſtarb und drei Tödyter , von denen zwei den Vater überlebten. Dieſ waren

Maria Thereſia , weld) e ſeine Thronfolgerinn war , und Mar ria Anna , welche den Prinzen Karl von Lothringen beiras

thete. Da die Kaiſerinn nach dem leßten Wodienbett keine Kinder mehr verførad) , ſo wurde der Kaiſer ſowohl von ihr,

als ſeinen treueſten Dienern und ſogar dem brittiſchen Cabi net oft angegangen ,I doch ſeinen Sd)wiegerſohn , den Herzog von Lothringen , zum r'őmiſden König wählen zu laſſen. Obwohl Karl VI. fid nidit verbarg , was erfolgen könnte , wenn er ohne männlide Nad,kommen , oder ohne Thronfola ger im Reich ſtürbe, ſo verwarf er doch dieſen beilſamen Rath. Weil er den Tod der Kaiſerinn näher glaubte , als feinen , To hoffte er nod, immer , eine zweite Ehe könnte ihm

Söhne geben.

1) Kurz vor ihrer Vermählung war ffe fatholiſch geworden. 2) Wraxal mémoirs of the court of Vienna etc. Vol II. p . 294 .

80

Siebenundneunzigſtes Kapitel. 1740.

Marie Thereſie. Sieben und neunzigſte $ Kapitel. 1740.

Anſprüche des Sturs Maria Thereſia's Thronbefteigung. fürſten von Baiern auf dieTironfolge von Deſtreich. Benehmen der auswärtigen Mächte.

Marie Thereſie hatte nods nicht ihr vierundzwanzigſtes Jahr zurückgelegt, als ſie , kraft der pragmatiſd ;en Sanction, die 1

Erbfolge im Hauſe Deſtreid) antrat. Sie ſchien eine ges borne Furſtinn. Außerordentlid) [ djön , verband ſie mit ei: ner ſeelenvollen Gefid ,sbildung und einer Zauberſtimme alle

erſinnliche Anmuth , und eine Geiſteskraft , einen Muth weit über ihr Geldled )t. Während der leßten Krankheit igres Vas ters ftand es um fie ſelbſt febr mißlid ), aber am Tage nad , feis nem Tode batte fie fid, fo gefafit, daß fie den vornehmſten

Staatsbeamten Gebór geben , und die Zügel der Regierung ergreifen konnte. Nie beſtieg noch eine Fürſtinn einen Shron in einer las

ge , die ſo viel Ueberlegung und Entſchloſſenbeit erforderte.

Nicht mehr als 100,000 Gulden waren im Sdaß ,I und die Kaiſerinn verlangte ſie. Das Heer war, die in Italien

Marie Thereſite

81

und den Niederlanden ſtehenden Sdaaren ausgenom . men , nicht ganz 30,000 Mann . Die Seltenheit der les bensmittel erregte in der Hauptſtadt einen Miimuth , der gefährliche Folgen haben konnte. Dazu verbreitete man kunta

lich das Gerädyt, die Regierung ſei aufgelöſt , und der Hers 309 von Baiern werde eintreffen , die öftreichiſden Staaten in Beſit zu nehmen. In den entfernten landſchaften fürdly tete, man Empörung , und von den unruhigen , durd, die Türken unterſtüßten Ungarn , fie mochten vielleicht ihr Kron. wahlredyt herſtellen . Trob, der feierliden Urkunden , welche die pragmatiſdie Sanction verbirgt hatten , vermutbete man , außer dem Rur.

fürſten von Baiern , Deſen. Miniſter laut gegen die Thron. beſteigung der Fodyter Karls VI. eiferten , möchten noch

mebrere Mitwerber auftreten. Der Kurfürſt von Köln, Brus der des Baiernfürſten , erkannte Marie Thereſie nur als Erze

berjoginn a. , für nidtmehr der Kurfürſt von der Pfalz'in der Auffdrift eines mit der gewöhnlichen Poſt: an ſie geſen . deten Briefs 1 ) .

In dieſer. mißlidyen Lage war die junge unerfahrene Königinn ;ihren Miniſtern fehlte es an Kraft und Muth , oder ſie waren alters(d)wad). Nad) einem Augenzeugen ſaa ben ſie die Türken in Ungarn , die Ungarn empört, die Sady .

en in Böhmen einbreden , die Baiern vor der Tboren von Wien, und Frankreid) alle aufwiegelnd 2 )." . Dennoch ward

Marie Sbereſiens Thronbeſteigung nicht beunruhigt. Die Polizei ſtillte die Bewegung in der Hauptſtadt , und alle Cheile der weitläuftigen Staaten der ſchönen Fürſtinn wett: ciferten , welder von ihnen ihr die meiſte Treue bemieſe.

Die Ungarn beſonders zeigten gerade viel Eifer und liebe. Dieſer günſtige Anſchein gab der Regierung Thatkraft und 1 ) Robinson's Dispatches.

2) Robinson to Harrington , 33. Oet. 1740. Core's Geſchichte Deft. IV. 2

82

Siebenundneunzigſtes Sapitel. 1740.

Der jungen Königinn den erforderlidhen Muth , fid, der Zers 1

ſtückelung ihres väterlichen Erbes zu widerſeken.

Karl Albrecht , der aufdieſe Thronfolge Unſprud, mady, te , ftammte in gerager Linie dor Anne, der älteſten Cod . ter Ferdinand I. weldoer in ſeinem Testen Witler tas ko:

nigreidy Bühmen und die ſtreichiſchen Rande , in Erman .

gelung männlidyer linie ſeines Hauſes ; feinen Tödytern und ihren Abkömmlingen vermadyt batte

ein Fall der nun

mit Karlo VI. Tode eingetreten war. In ſeinem lebten

Regierungsjahr hatte der verſtorbene Kaiſer mit dem Kuře

fürſten über Gewährleiſtung für die pragmatifdie Sanction unterhandelt. Zugleich hatte er ihm eine Dentſdrift übere fendet , weldie bewies , daß Ferdinand 1. den Thron ſeinen

Dödstern nur in Ermangelung redhtmäßiger Erben zugedacht, und mithin die Frauen , die aus männlicher Linie abſtám .

men , nicht ausgeſchloſſen . Dieſen Beweis zu verſtärken , wurde , bei -Marie Thereſiens Thronbeſteigung Ferdinands lefter Widle der Prüfung der hohen Staatsbeamten und Ges :

ſandten" auswärtiger Mädyte unterworfert, und an die böh. miſdie Gränje fendete man Sdaaren , um jeden Angriff

von Baiern her zu verhindern . Aber weder dieſe Kriegsrüs ſtungen , nod, die Unterſuchung jenes legten Willens vere inodyten den Kurfürſten , ſeine Anfprüche aufzugeben ; 'und Marie Sberefie erwartete ängſtlid die Antwort der dus. wärtigen Mädyte auf die Kundmadyung ibres Regierungos antriti $ 1 ).

Die meiſten Antworten waren erwünſcht. Der König von Preußen gab in einem Briefe an den Herzog von Los

thringen viel Freundſdyaftsverbeifüngen und ſdjien geneigt, dem Hauſe Deſtreidy zu dienen 2 )

Auguſt 111. äußerte

1) Robinson to lord Harrington , Oct. 26. Nov. 7: 1740. and to Sir Everard Fawkener , Nov. 7. 1740. Pütter biftor. Entriel. der deutſchen Staatsverf. II, 3. - Rous set Tom . XIV . XV.

) Robinson's Dispatches,

Matie. Therefte.

83

ebenfalls die größte Ergeben beit für Marien Therefiend Per. fon , und both feinen Beiſtand zur Aufrechthaltung der prago matiſchen Sanction an. Annens , der Kaiſerinn von Rufi . land Tod , madyte in den Geſinnungen des petersburger Hofes keinen Unterſdied . Biron , der bei der Minderjäh.

rigkeit Iwans , des Nachfolgers der Fürſtinn, zum Regen. ten ernannt ward ; gab die bündigſten Verſpredungen , wel. che, nach dein er in Ungnade gefallen , von Annen , der Mutter des jungen Fürſten , beſtätigt wurden. Die Oene . ralſtaaten faßten einen Beſchluß, ibrett Berbindlichkeiten ſowohl in Betreff des Vertrags wegen der Gränzpläße , als der pragmatiſchen Sanction nadyzukommen . Der König don Englanu ließ die Königinn von Ungarn verſichern , er werde . ibre Freundſchaft pflegen und mit ihr zu Europa's gemeinem Beſten wirken 1). Frankreich , deffen Antwort

der Wiener Hof am ungeduldigſten erwartete , gab auf die Kundmachung des Regierungsantritts Marie Iberefiens

keine ' ffentliche Antwort. Amelot , Staatsſecretär in der Bebörde für die auswärtigen Angelegenheiten , gab nur mündliche Verſicherungen der Geneigtheit ſeines Königs

und Herrn , ſeine Verbindlichkeiten zu beobadyten. Dieſer und Cardinal Fleury bezeigter im Briefen an Fürſt lidten. ftein 2) , ben ſtreichiſchen Geſandten , ihr Beileid über den Sod des Kaiſers , und entſchuldigten die Saumſeligkeit des

perſailler Hofo damit , daß man das für die Königinnen son Ungarn gebaltene Protokoll unter den taatsurkunden & 2

1) L. Harrington's and M. Robinson's Dispatches. Auch kann man eine ämtliche Schrift zu Rathe zieben , die dent Titel führt : Dates of transactions from the Emperor's death to the coavention of Oberschnellendorf - Walpole papers.

1 )DeM. Robinson's Dispatches to Lord Warriagton, Nor 17 c.

406

84

Siębenundneunzigſtes Stapitel. 1740.

auffudhe 1). 2018 der Fürſt ihnen den Auffaß , worin die Anſprüde des Kurfürſten von Baiern beſtritten wurden , überſendete , gaben ſie ihm fehr höfliche , aber auf die Sas

che gar nicht beziehbare Antworten . Ein ſo zweideutiges Bes tragen bewies , daß Frankreid feine Anerkennung verſchob , bis fidh ein Vorwand fände , Karl Albrechts Anſprüde zu unterſtüben , und daß es fid, der Erhebung des Herzog von Lothringen auf den Kaiſerthron zu widerſeben ento fdloffen ſei.

Marie Thereſie aber , dyon' mit den leeret erfparte

dungen des Cardinals Fleurt zufrieden , nahm den Nath des brittiſden Cabinets , einem Hauſe , das nun (don fo lange feindlicher Nebenbuhler des ihrigen ſeiri izá mißtrauen, kalt auf. Sie vermied ſogar auf die Ånträge der Seemädyte, einen großen Bund gegen das Haus Bourbon zu ſtiften , Ants wort zu geben. Mithin waren die Maßregeln des Wiener 3

Hofs in der mißlichen Lagey werin er ſich befand , ( dywankena und widerſpredjend . 1 ) Dates of transactions ."

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Marie Therefte.

85

Adt und neunzigſtes Sapitel. 1740

1741 .

Der König von Preußen fällt in Schleſien ein. Sendet Friedrichs Fors Graf Gotter mit Auftrag nach Wien. derungen werden verworfen. Der Wiener Hof beruft

fich vergebens auf die Gewähr der pragmatiſchen Sanction. Niederlage der Deftreicher am Sage von Mollwit . a

In In

dieſer eben beídriebenen Ungewißheit und Beſtürzung

ſah der Wiener Hof urplöblich einen neuen Feind aufſter ben. Dieß war der König von Preußen , Friedrich II. , welcher fo gewandt und geheim bandelte , daß , als er über

die " ſtreidyiſchen Staaten herfiel, man kaum ſeine Abfid ten errieth.

Mehrere Gründe beſtimmten den jungen ehrſüchtigen Fürſten ſo zu handeln. Einmahl wolte er den Anfang reis

ner Regierung mit einer auffallenden That bezeichnen und sie Sdande , weld e gewiſſermaßen ſeines Vaters Fried ſamkeit dem preußiſden Nahmen zugefügt , indem er mit ſo mädytigem Heere in einer mit Geſinnungen der Ehre uns verträglidyen Unthätigkeit beharrte , tilgen. Dann war er 1

I

auch mit dem Wiener Hof im Betreff der Erbfolge von Jü. lid, und Berg ſehr unzufrieden, und warf ihm überhaupt vor, er habe Seckendorfen , als er ihm die Freiheit wieder: gegeben , die Befehle entriffen , wodurd, er bevollmädytigt ges weſen , dem verſtorbenen König von Preußen feierlid ft zu ver.

prechen , daß der Kaiſer ſeine Redite auf dieſe Erbfolge mit

86 Achtundneunjigſtes Kapitel. 1740-1741 . unterſtüren werde 1). Endlicy kannte er feine Kraft und die

Sdynäche des öſtreidyiſd en Hauſes , und wollte die ſo günſtige Lage , worin er gegen die Mädyte Europa's ſtand, zu ſeinem Portheil nußen.

Da Friedrich II. S dyleſien , die ſeinen Ländern nädyſte und am wenigſten auf Wertheidigung vorbereitete Landfdaft, überzieben wollte , beriet er ſich auf verjährte Kedste 2) an etlidye Theile dieſes Herzogthums. Während er den Wies

ner Hof mit Freundſd ;aftsbetheuerungen in allgemeinen Ause drücken binhielt , ſammelte er in der Nabe von Berlin ein

febr bedeutendes Heer, und wußte dem Marquis von Bots ta 1, welder auf Kundſdjaft geſendet war , feine Abfidjten

zu verbergen , bis ſein Heer in vollem Buge nad, der Grän. 1

fe par. Als er ſie nidyt mehr verbeblen konnte , ließ er ſeinen Erzmaridad , rafen Gotter I, der ſeine Anfprüdye crheben ſollte , nad, Wien abgehen ; er ſelbſt verließ Bers 1

Iin gleich nad einem Maskenball. Am 21. Dec. kam er in Kroffen an , am 23, rürfte er mit zwanzig Battaidonen und

fedysunddreißig Escadronen in dylefien ein 3). Zu gleidyer Beit ließ er Denkſchriften pertheilen , worin feite Nedite erörtert und erklärt ward , er wolle die Herzogthümer dieſer Landſchaften für das Haus Detreid, befefen , damit keine au. dere Madyt fid ihrer bemäd, tige.

Der Wiener Hof war nicht minder entrüſtet , als beſtürzt über dieſen Angrift , als Graf Gotter ankam. Dieß war ein gebietberiſcher und bed fabrender Mann 1, der eine ſa feinfühlende hehre Fürſtinn , wie Marie Thereſie, nid )t für

ſich gewinnen konnte. Ju einem beſondern Gebör , welches 1) Histoire de mon temps. Oeuvres posth. de Fréd. II, Tom . I. p . 117

a) Nechte des Hauſes Brandenburg auf das Herzogthum Rouss Jägerndorf, wie auf Liegniz, Brieg und Wolau. set Tom. XV. p. 171 – 196.

3) Oeuvres posthumes , Tom I. ch. % .

Marie Thereſie.

87

er beim Herzog von Lothringen hatte , theifte er den Zwect 1

reiner Sendungmit. ,,Id komme, " ſagte er , " dem Hauſe

Deſtreid, mit einer Hand eine Gewährleiſtungsurkunde, und mit der andern Ew . Königl. Hoheit die Kaiſerkrone fu über,

riichen. Die Heere und das Geld des Königs , meines Herrn, Meben der Königinn zu Befehl ; ein Anerbiethen , weldies anzunehmen ſie nidyt umbin kann , da ſie ein Heer und Geld braudyt. Da mein Herr und König , wie nun die Lage ib.

rer Staaten iſt , fid, großen Gefahren ausſeßt, ro hofft er, die Königinn von Ungarn wird ihm als Preis ſeines Bünd. niiſſes nid) t weniger als das ganze Herzogthum Sdylefien biethen. Dieſe ſonderbare Forderung wurde mit droben. den Erklärungen begleitet. „ Niemand, " fuhr der Graf fort , iſt feſter in ſeinen Entſchlüſſen , als der König opn

Preußen . Er muß in Schleſien einrücken und er wird es ; einmahl dort eingerückt , wird er vorwärts geben müſſen ; und , wird er nidyt der unmittelbaren Abtretung dieſer

Landſchaft verſidyert , ſo werden ſeine Sdagren und ſein Geld den Kurfürſten pon Sadſen und Bajern ju Dien. fien ſtehen .“

Der Herzog von lothringen antwortete dein Geſand, ten mit ſo viel Würde als Kraft. Er erklärte ibm , die

Königinn babe kein Redyt , auch den kleinſten Theil eines Erbes zu veräußern , deffen Untheilbarkeit ſo ſehr verwahrt

und verbürgt ſei. ,,So habe ich hier nid )ts mehr zu thun , ! erwiederte Gotter. Der Herzog fragte ibn : wind Ihre Schaaren nicht bereits in Sdyleſien ? " Auf die Bejahung des Grafen fubr der Herzog alſo fort : ,,Kehren Sie zu Ihrem Herrn zurück und ſagen ihm , ſo lange er auch nur einen Mann in Sdileſien hat , werden wir uns mit ihm

auf keine Erörterung einlaſſen. Iſt er aber nid )t in Sdile fien eingerückt, oder geht er zurück, fo werden wir zu Berlin

verhandeln. Botta Hat ſchon Verhaltungsbefehle ; noch heute ſou er weitere bekommen. Der König von Preußen kann zufrieden geſtellt werden ,I obne daß er uns zu entreis 1

88 Achtundneunzigſtes Kapitel. 1740-1741 . fen fidanmaßt, was abzutreten nicht in unſerer Madyt teht. Was mich betrifft , ſo würde ich nicht um die Kai:

Ferkrone, nid )t um die Weltverrſdyaft ein einziges Kedyt der Königinn aufgeben , nod, einen 30 breit Landes , das ihr gehört , abtreten 1 ) . " Dieſe Sprade und Marie Thereſient Weigerung , den

Grafen Gotter zu empfangen , machten die Miniſter des Königs ron Preußen irre. Unrubin und verlegen über das Berfahren ihres Herrn , ſagten fie ,1 er würde fid, begnü. gen ,1 wenn man ihm einige ſdileſiſche Städte mit ihrem

Zubehör 'verpfändete. Dieſer Antrag ward mit Unwillen derworfen und die Königinin beharrte auf dem Entſchluß ,

ſo lange als Friedrid, ſeine Schaaren nidyt zurückzöge, nidyt init ihm zu verhandeln . Die Hofleute der Fürſtinn gin.

gen ſogar ſo weit , dem Grafen zu ſagen , es zieme einem Fürſten , deſſen Umt geweſen wäre , als Erzkämmerer des Reids dem verſtorbenen Kaiſer das Waſdybecken zu reis dien , keinesweges , feiner Todter Gefeße vorzuſdyreiben 2). ,

Gotter wurde nodmahls mit neuen Vorſchlägen nady

Wien geſendet. Da Friedrich eine offenbare Verlegung der pragmatiſden Sanction vermeiden wollte ,. ſo verlang: te er , man folle ihm gegen eine gleidigeltende Geldſumme einen Sheil S dyleſiens verpfänden , mit dem Beding , daß man es nie wieder einlöſen könne. Aber da die Verbals

tungsbefekle des Unterhändlers nicht in der Ordnung was ren , ſo konnte man ihm keinen Antrag madjen , und die Königinn von Ungarn drang noch immer zuvörderſt auf Zu: rückziehung der preußiſd )en Sdaaren 3 ).

Inzwiſd en drang der König reißend in Sdyleſien vor und wurde mit Freuden von den Bewohnern , wovon zwei 1) Robinson to Harrington , 21. Dec. 1740. 2) Oeuvres posthumes , Tom . I. ch. 3. p 143.

3) Robinson to Harrington (Jan. 1741. 8. Febr. 1741 ). 2

89

Marie Thereſte. Drittel Proteſtanten waren , empfangen. Um 1. Jan. rückte er in Breslau ein und zwang

1741

General Braun , der nicht mehr als dreitaufend

Mann befehligte, fich nady Mähren zurückzuzieben. Por Qusgang des Monaths mad, te fid) Friedrid , zum Herrn der ganzen Landſdyaft , ausgenommen Glogau , Brieg und Neiſſe , weldje allein eine Belagerung aushalten konnten ; 1

die erſten beiden ſperrtë er.

Er verwaltete die Staatseins

künfte , und nad ,dem er die nöthigen Einrid ,tungen getrofo fen , überlieji er dem Marſdal Sdwerin den Oberbefehl ,

und kehrte nad Berlin zurück , ein Heer zu Bertheidigung feines eigenen fandes ju fammeln 1 ). froß dieſer Gewaltſdritte gab der König vor Preus Ben noch immer vor , zum Beſten des Hauſes Deſtreid) zu bandeln. „ Mein Herz hat keinen Theil an dem Beh , das mein Arm Shrem Hof gethan 2 ) , " ſdsrieb er dem Herzog

von Lothringen, und erneuerte die Vergleid) santräge. Eine der That fo hobuſpredyende Erklärung entflammre den Zoru

der Königinn von Ungarn , weldie Gewalt mit Gewalt zu vertreiben beſchloß, und den Beiſtand atler Mädyte, weldie

die pragmatiſdie Sanction verbürgt hatten , aufboth. Man verſprach ihr viel , rendete ihr aber nidyt einen Mann , nicht einen Gulden. ' Rufland , deffen Herrſche rinn Anne die Zügel des Reids mit dwadyer Hand führ" te , entſduldigte fidy , daß fie die bedungene Hülfe nid )t fenden könne. Der König von Poblen wankte. Der ver. failler Hof ließ zwar den Wiener Hof reiner friediamen Abſichten verfidyern , unterhandelte aber mit Friedrich II. .

liud dem Kurfürſten , von Baiern.

1

Die von Preußen ben

drohten und Frankreid, fürdyteden Holländer waren wieder unentſchieden . England , weldjes von innern 3wiften ge 1 ) Oeuvres posth. Tom. I. ch. 2 .

2) Robinson to Harrington , (19. Febr. 1741.)

eb

90

Achtundneunzigſt

Sapitel. 1740-1741 .

quält wurde und die Feindſeligkeiten zu verhüten , oder dod ; mindeſtens zu verzögern wünſdite , handelte mit einer , eher ſeiner , als der Lage des Hauſes Deſtreid, angemeßmen lime fid)t. Georg II. anerkannte zur Antwort auf Marie Lher rejiens inſtändiges Auſuden um 12,000 Mann , der im Ber .

trag - vorausgeſehene Fall ſei allerdings eingetreten , aber er beſtand durauf , man müſſe ein ſdyleuniges Abkommen mit dem König von Preußen treffen , trug reine und der Generalſtaaten Vermittelung an , und verſpracy, faus feine

Mühe vergeblid, wäre , feinen Beitrag an Manufdjaft zu ſtellen :).

Troß dieſer Berlaffenheit bewilligte die Königinn dot Ungarn dod, nidyt das Mindeſte. Sie rammelte in Müb.

ren eine bedeutende Macht und übergab deren Befehligung dem eben aus dem Gefängniß befreiten Feldmarſchall Neus

perg. Mangel an Speidern , ( dhledyte Wege und ſtrenge Sabrsjeit geſtatteten dem Feldberrn nidt , vor Ende des März : Monaths über die mäbriſden und oberſchleſiſchen Ge. birge zu geben. Unterbeffen hatte der König von Preußen ,

der wieder zum Heer abgegangen war, Glogau mit Sturm genommen und ſdíleunige Vorkehr zur Belagerung von Neiſſe getroffen. Damabis wäre er faſt, als er ſid, nady Jägerndorf begab , um die Lagerung ſeiner Sdyaaren in Dber(dyleſien zu beſidytigen , von einigen " ſtreidyifd,en Huy 1

.

fareu gefangen worden.

Feldmarſdjad Neuperg , weldjer die in ihren Cantonen eingelagerten und zerſtreuten preußiſdyen Sdjaaren zu über: fallen und einzeln zu vernidyten hoffte , rückte zu Herrmann,

ftadt in Schleſien ein , nabe wo die Oder und Dſtrau zu . ſammenfließen. Da er das in Ohlau ſtebende Belagerung8. geſdyüß nehmen wollte, ließ er ſeine Zelte in Neiſe , reßo

te ſeinen Zug fort , madjre ſid) zum Herrn von Grotkau und entſendete General Lentulus mit dem Befehl, die 1) Dates of transactions,

Marie Therefte.

91

Preußen , weldie eine Brücke bei Sorge geſchlagen hatten , nid)t über den Fluß zu laſſen. Am 9. April Abends lagere te er ſeine Sdíaaren in Mouwiß und zwei andern Dörfern in der Gegend von Brieg ein . Er rubte daſelbſt in tiefer Siderheit , worein ihn eine in fein lager ſtrömende Merte

ge Ausreißer, und die ſcheinbare Beſtürzung des Feindes wiego ten. Uud, ſeine Reiterei , die der preußiſdien unendlid, überlegen war , beſtärkte ihn in ſeiner Zuver fidt. Er meine te , ſie würde auf Niederſchleſiens weiten Bladyfeldern mit dem größten Vortheil wirken , und S dyaaren , die nur bei

potsdamer und berliner Muſterungen geglänzt , vor fid berjagen.. Seine zahlreichen Hufaren , wähnte er , würden die leidyteſte Bewegung des Feindes entdecken , wenn er in einer Jabrszeit , wo Sdynee die Erde deckte , ſeine Lages rungen aufheben wollte.

Troß aller dieſer Beredynungen

ſtand ißm Tags darauf früh um zehn Uhr das preußiſdie Heer im Angefidt.

Der König von Preußen , der , als die Deſtreidjer in Sdileſien einrückten , in Jägerndorf war , hatte ſein Heer ſchleunig geſammelt und ſich eilig nach Steinau aufgemadt, um bei Sorge über die Meiſie zu gehen. Da ihm Lentu. lus Sendhaufen zuvorgekommen waren , ſo hatte er mit: telſt eines Eilzugs den Uebergang über den Fluß bei Midjelau , ſüdlich von Mouwiß, bewerks 4. April 1

feuigt und gedad) te To Grotkau zu nehmen. Da er die Deſtreid er in Befiß dieſer Feſtung rabe , und ſein Geſchüß zu retten , eine Sdilacht wagen mußte , ſo war er vorgerückt und hatte ſein Lager ju Pogrel und in den umliegenden Dörfernt unfern von Mollwiß

aufgeſchlagen . Am nädyſten Morgen hatte ihn 8. April ber in Menge gefallene Sdynee aufgehalten , fue

gleid, aber audy dem Feinde ſeine Bewegungen unbemerkbar gemacht. 219 am 10. der Himmel fid, aufgebeitert, bate

te Friedrich ſeine S daaren , die aus ſiebenundzwanzig Bata taillonen , neunundzwanzig Escadronen und drei Regimen.

92 Achtundneunzigſtes Kapitel. 1740-1741 . tern Huſaren beſtanden , geſammelt, und ſein Heer war .

in fünf Heerſäulen aufgebrodien. Infern von Mollwiß hatte er .es 1, wiewohl der Feind ſid, nid)t reben ließ , in Sdilachtordnung aufgeſtellt. Seinen redyten Flügel dehn te.er bis an Herrendorf , den linken bis zum laud wißer Bad ).

Da reine Maßregeln mißverſtanden worden waren ,

ſo war die Reiterei des redyten Flügels gar nicht an dem angewieſenen Fluße angelangt und dasFußvolk ſo gedrängt, daß aus der erſten Linie drei Battaillone gezogen wurden , denſelben Flügel ſeitwärts zu decken .

So überraſcht traf Neuperg ſeine Verfügungen fdleu : vig und unter dem Feuer des ganzen preußiſchen Geſchüts jes. Die öftreidy iſdie Reiterei auf dem linken Flügel dout dieſem Feuer ſehr beläſtigt, drohte ſich zurückzuziehen , wenn fie nidyt alsbald zum Angriff geführt würde. Römer , der

fie befehligte, fiel den preußiſden redyten Flügel an , fel's ftreute die Reiterei , brady die Glieder des Fußvolks und

drang bis zu Geſchüß und Gepäck vor , weldies ſeine Sdiaa: 1

ren zu plündern begannen. Der Sieg ſdien pidh für die Deſtreider zu entſcheiden . Der König felbſt verließ auf Sdwerins Bitten das Schladytfeld. Neuperg ergreift den günſtigen Augenblick und Tekt ſein Fußpolk in Bewe:

gung. Da das ( dynelle und unterhaltene Feuern des preu. fiſchen Fußvolks es mit paniſdem S dyreck fd lug , wollte es nicht vorwärts. Romer , der die ſtreichiſche Reiterei

aufs neue geordnet batte , führte fie abermahls gegen den Feind , ward aber vom Prinzen Anbalt, der mittelft der aus der erſten Linie gezogenen Battaiflone die Unordnung des rech ten Flügeld wieder gut gemadyt hatte , zurückgetrieben . Dieſe immer zurückgeſchlagene Reiterei that nod drei Un .

griffe , in deren leßterm Römer blieb. Endlid, zerſtreute fie fidy.

Durdy dieſen Vorteil ermuthigt, rückt Odywerin att der Spiße des preußifden Fußvolls vor. Von dieſem Au:

genblick an war im öſtreichiſchen Heer nur Verwirrung und

Marie Therefte.

93

Unordnung. Neuperg , der mehrere Quetſdjungen erbal. ten , verſudite umſonſt, den utb feiner daaren wieder

fu beleben. Sie ergriffen haſtig die Flucht und fammelten fido nicht eher wieder ; als bis fie durch Neiſſe waren i ). .

Bon preußiſcher Seite war der Verluſt nicht über 2500 Mann . Die Deltreider hatten 3000 Todte , 2000

Mann wurden gefangen , mehrere Kanonen und vier Fah. 3

nen genommen .

1. Merkivürdig wurde dieße idenkwürdige Sdyladyt bei Mouwiß dadurdy, daß der König von Preußen felbſt itt

dem Augenblick , wo ſein Heer den Sieg davon trug, bei: nabe gefangen worden wäre. " Als er fidyoom Odlade. feld in Gefolge des berühmten Maupertuis und eines fratts zófiſdyen Kammerdieners , begleitet von einigen Huſaren , furückgezogen , eilte er nady Oppeln , wo er einen Zufludits, 1

ort zu finden glaubte , aber die Stadt war von einigen ſt.

reidyiſchen Huſaren bereßt. Als die kleine S daar um Mitternacht vor das Thor von Oppeln kam , verlangte der Kammerdiener , daß man öffnete. Die Deſtreid er bradyen ſogleid, beraus , griffen an und beiderſeits fielen einige Flins tenſdüſe. Da ſprad der König zu ſeinen Gefährten :

,,Gott mit eud), meine Freunde , ich bin beſſer beritten als ihr." Er ſpornt ſein Thier auf beiden Seiten , kehrt nach Neiffe und erfährt, daß ſeine Gdyaaren einen vollſtändigen Sieg erfodyten . Früh darauf trifft er wieder bei ſeinem

Heer ein , nadıdem er nid )t weniger , als zwölf deutſche Meilen gemad ) t.

Die Folgen der mollwißer Sdiladt waren für das

Haus Deſtreich ſo unbeilool , af günſtig für Friedrid ). *) Nach den Oeuvr. posth. und der Historie de mon temps

Tom . I. ch. 3. verglichen mit den öftreichiſchen Berichten in Nobinſons Staatsbriefen , nach den mém . pour servir à l'hist. de Fréd. le Grand, nach Denina's Leben Friedrichs II.

S. 55 , nach Friedrichs Leben Bd. 1.1 S.61 , nach der Geſch. Striege Friedrichs II. dargeſtellt,

der Reg. Mar. Theref. S. 25 , und Wüuers Gemäbideber

$

94 Uchtundneunzigſtes Kapitel. 1740-1741 , Die Deſtreicher waren gedemüthigt dadurch , daß fie gleich in der erſten Sd, ladyt von gering geadyteten Schaaren be. filegt worden waren . Dem preußiſchen Fußvolk , daß fich altgedienten Sdaaren überlegen erwieſen , machte ſeine Uns erſchrockenheit und die Beſtimmtheit ſeitrer Bewegungen

große Ebre. Der König von Preußen fühlte , daß er ſeio ne Reiterei verbeſſern müſſe. Sein molwik er lager ward bald der Mittelpunct der widtigſten Unterhandlungen ; feia

ne Perbündung, ward von allen Seiten geſucht, auf ihm ſchien Europens Gleichgewicht zu beruben. Dennod) beu. chelte er, nod immer große Mäßigung und ließ der Köniz ginn gon Ungarn ſeine Freundſchaft auf dieſelben Bedin . gungen , wie vor der gewonnenen Sdlacht antragen .

Pes will 1

na

..

Marie Therefte.

93

Neun und neunzigſtes fapiteli 1741 .

Eindruct der verlornen mollriter Schlacht auf das Wienet Cabinet. - Frankreic geneigt , die öftreichiſche Monarchie zu zerſtüdeln . Neue Mitwerber. Englands Bemüs Þungen um einen Vergleich zwiſchen der Königinn von Un, garn und dem König von Preußen.. - Marie Thereſiens unwille und Standhaftigkeit. - Robinſons Sendung in das Lager des Königs von Preußen . --

Nur mit höchfter Moth hatte man das seerir.Befferi Füb. rung dem Grafen Neuperg übertragen war , aufiq ébotben ; es war aber durdy die Niederlage bei Mollmine ro geldjwächt, daß es dem Zuge der Preußen kaưav webren konnte. - Dies , fer Unfall , der Wien in Beſtürzung verſette , bewirkte in den Geſinnungen des Herzogs von lothringen und den Gries Prern des gebeimen Staatsraths eine merkwürdige Veräne derung, und gab Englands Vorftellungen weldies einen Vergleid, zu verhandeln wünſdite , Gewidt ; aber die Kö. niginn von Ungarn beſtand darauffi, nid )t dos Mindeſte zu

opfern , ob auch Frankreid), deſſen Abſidytex nun zu Tage kamen , mit weniger Zurückhaltung handelte. Dieſe Madyt lauerte ſeit des Kaiſers Tode auf eine

günſtige Gelegenheit , das Haus Deſtreich zu demüthigen . Dennoch bielt ſie den Wiener Hof mit gewohnter Gefdick . Ldykeit durdy leere Freundſchaftsverſicherungen hin, undmacho

te ihm ſogar Hoffnung, fie werde beitragen , die Kaiſerkroe

96 !

nzigſtes apitel 741 K . 1 .

Neunundneu

ne auf Franzens Haupt zu reben. Nach der Sdilad t bei

Mollwiß erklärte fie , ſie werde der für die pragmatiſie Sanction geleiſteten Gewähr nicht zuwider handeln , woe fern ſie nicht gezwungen werde , Theil am Kriege gegen die Königinn von Ungarn zu nehmen. Nod) als die Unterhänd. ler des verſailler Hofs den Kurfürſten von Baiern auf den

Kaiſerthron zu leben ſtrebten , konnte der Wiener Hof nicht glauben , daß Frankreid, wirklich die Abfidten hege, die man ihm beilegte ; und nur als Marſchau Belle 3sle , der

zum Geſandten auf dem frankfurter Reid ,stage ernannt war, ſid, in das Lager bei Mollmiß begeben hatte , den König von Preußen zu gewinnen und ihm die 3erſtückelung der 2

öſtreid, iſden Monardjie vorzuſdjlagen , verſd wand die Täus 1

fdung. . .

Uuch der König von Spanien , Philipp V., der in ge rader Linie von Karl V. abſtamnite , madyte Anſprüde auf die öſtreichiſche Erbfolge. Er gründete ſie auf den 1521

zwiſdyen Karl und Ferdinand , Marimiliano I. Sohn ge fchloſſenen Theilungsvertrag, und auf den Familienvertrag, welchen die beiden Zweige, Spanien und Deſtreid) , 1617 gemad)t barten Beibe. Ihkunden beriefen den ſpaniſden 1

1



Zweig, zum Throne , falls Ferdinando I. männliche Linie er.

löſdie. Karl Emanuel, König-von Sardištien , entſproffen von Katharine, Philipps II. zweiter Tochter ; madite auch ſeine Redite auf das Herzogthum Mailand geltend. Selbſt Auguſt III. ſdzickte fidh an trop des eben mit Marie Chere. ſien geſchloſſenen Vertrags ,1 kraft des Familienpatts, der die Tödyter Joſephs I. vor den Töchtern Karls VI. zur Chronfol. ge berief , ſeiner Gattinn Marien , der älteſten Todter des el's ſtern Fürſten, Rechte zu behaupten. Nad Frankreidys Entwurf route Böhmen und Obers

" ſtreich dem Kurfürften von Baiern zufallen , Mähren und Oberſdoleſien dem Kurfürften von Sadyfen , Niederſd lefien und die Grafſchaft Glaß dem König von Preußen. Die

Marie Thereſie.

97

Lombardei behielt man dem König von Spanient auf , und der König von Sardinien ſollte Entd ädigung bekommen . In der Zeit , wo Marſdatt Belle . Jole im Lager des Königs von Preußen war , wendete lidh dieſer Fürft , der

weder Frankreidys llebergewicht über Deutſchland mehren belfen , nody zur Vergrößerung der Kurfürſten von Baiern

und Sachſen beitragen wollte , mehrmahls an den König von England und erklärte , wie febr er aud) widerſtrebe , werde ' er endlid, dod, ſich an die Feinde der Königinn von Ungarn anſchließen müſſen , wenn ſie ſich auf keinen Vergleich ein. 1

laſſen wollte. So ſehr aber aud) die Gefahr drängte , Ma. rie Thereſiens Muth konnte ſie nicht beugen. Sie fah in Friedrichs Anträgen nur die Abſidyt , den Beiſtand , den 1

ihr die Seemädyte leiſten ſollten , ju verzögern., und als man ſie endlich vermodyte, auf leidliche Bedingungen zu verhandeln , wollte ſie keine einzeln aufzeichnen . Da der König von Preußen eben aud, an fidy hielt , ſo beauftrage

te Georg II. Lord Syndfort , auf. Abtretung der : drei Herzogthümer Glogau , dywiebus und 8. Jun .

!

Grünberg anzutragen. 21$ aber Friedrich dyrdy dieſen Unterhändler feinein Herrn hatte danken laſſen , daß

er mindeſtens durch einen beſtimmten Antrag einen Sdritt zu einem Vergleich getban , legte er binzu : ,,3m Anfang des Kriegs wäre ich mit dieſem Vorſchlag zufrieden gewe. fen ; nad) dem Aufwand aber, den id) gemacht , und dem Glück

meiner Waffen iſt ein angetragenes Herzogthum zu wenig ; denn Sdwiebus und Grünberg ſehe ich nur als Theil von Glogau an. Id) werbe eine zweite dylacht liefern und die Deſtreidyer aus Schleſien jagen. Da , follen Sie res ben , wird man mir ganz andere Vorſdlage maden . Jest will ich die vier Herzogibünier , die an mein Land gränzen .''

Nadidem der Lord dem König vorgeſtellt, daß es in ſeiner Macht ſtünde, einen ehrenvollen Frieden zu (d)ließen und ſeine

Seelengröße dadurdy zu beweiſen , daß er Deutſchland die Run

be wieder gäbe , unterbrud, ihn Friedrich mit den Worten Core's Geſchichte Deft. IV. B.

s

igſte

98

eunz nundn

Neu

el Kapit . 1741 .

ragen Sie mir nid )ts von Seelengröße ! ein Fürſt muß. fuvörderſt ſeinen Vortheil erwägen. Ich bin kein Feind des Friedens ; aber id) muß die vier Herzogthümer haben und id) werde ſie bekommen ." Hiemit beurlaubte er den

Geſandten , der trok aller Bitten keine andere Antwort von ibin erhielt 1).

Als dieſe Conferenz dem Wiener Hof mite

4. Jul getheilt wurde und Lord Øyndfort zu verſtehen gab , dapi Glogau , Wolau , Liegniz und S dyweide niz die vier Herzogthümer wären , fo Friedrich verlangte , verwarf die Königinn von lingarn nidyt nur dieſe. Forde : rung als übertrieben , ſondern auißbilligte audy den Antrag des Königs von England ohne ihre Einwilligung , und bezeig. te ihre Zufriedenheit, daß man ihn nid )t angenommen . Sie be :

barrte lange auf ihrer Weigernng, keinen Sheil von dyleſie 1

en abzutreten , und erboth fic ) bloß , dem König von Preur

Ben ſeine Freundſchaft mit Geld und einigen Opfern in Flandern und am Rhein abzukaufen.

Während der engliſde Geſandte dem Wiener Hof die große Gefahr (dilderte , in weldier er ( dywebe, kam ein Bothe Georg$ II. , der damahls in Hannover war , mit einem Schreiben , daß am 5. Jun. der König von Preußen einen Vertrag mit Frankreid, unterzeidynet habe. Robins fon batte Befehl, dieſen Vorfall als mädytigſten Beweggrund

vorzulegen , Friedrid) II. vor ausgewed)ſelter Genehmigung

fufrieden zu ſtellen ; und er erboth ſid, in das Lager des Königs von Preußen zu gehen und ihm die Vorſchläge der Königinn von Ungarn zu überreiden . Marie Thereſie böre te den Geſandten ganz ftill an , dann fagte ſie : ,,Staats. Klugheit , Ehre und Gewiſſen verbietben mir , von Sdilee ſien etwas bedeutendes abzutreten. Audy furdyte ich id) , Sie

werden nicht bevollmädytigt , Glogau anzubiethen , wiewohl 1) Lord Hyndford to lord Harrington , (Breslau 12. Juni 2741.) Grantham papers.

Marie Thereſie.

99

ich vielleicht dieß Herzogthum abzutreten einwilligte, wär'

id) nur damit eines auſeitigen Friedens gewiß. Uber kaum hätte id ) einen Feind zufrieden geſtellt , ſo würde ein ande : rer aufſtehen , den id, aud) wieder begütigen müßte. Ich weiß , Sie wünſden mir fu ntuben , und ich bedaure the

re Mühe. Ihre Sendung nad, Sdyleſien wird ſo unnüß fenn , als die des Grafen Gotter bieber. Denken Sie an mid, ! 218 Robinſon der Königinn vorſtellte, es läge ja

nur an ihr , daß ſeine Sendung glücklich wäre, rief fie aus ,,Was gäbe ich nicht ſtatt Schleſiens ! Mag der König von Preujen alles nehmen , was wir in Geldern haben , und iſt das nod, nid )t genug , ſo kann man andere Opfer brins geni .

Marie Thereſiens Entſchluß ward feſter , als wieder ein Eilbotbe mit der Nadrid)t fam , am 24. Juni ſei ju Hannover ein Vertrag unterzeidlynet worden , durdy wel dhen der Fürſtinn 300,000 Pf. Sterling Hülføgelder , fo ihr das Parlament bewilligt, zugeſichert ſeien. Die Kö.

niginn , der Herzog von Lothringen und der ganze Staats. rath vernahmen dieſe Nachridyt mit ſo viel Freude , als ihr re Niedergeld,fagenheit vorher tief geweſen war , und vere

fd wendeten Dank und Freundfd7aftsbetheuerungen. Aber ihre Antwort auf die doon ſo lange erhobene Anfrage um eine endlide Erklärung bewies nid )t im mindeſten Geneigt. beit , die Bundesfreundſdyaft des Königs von Preußen zu ſuden . Das Benehmen dieſes Fürſten ward darin bitter

gerügt ; man brüſtete ſid, mit großer Herablaſſung , wenn man einen ungerechten Ungriff verzeihe ; man mißbilligte

den Antrag des Herzogthums Glogau , dermied gefliſſent fid, auch die mindeſte Erwähnung Sdleſiens und erklärs :

te nur , die Königinn ſei nicht abgeneigt , den Frieden mit einigen Befibungen in den Niederlanden und zwei Millionen 2

1 ) Robinsop to lord Harrington , 2. Jun, 1741 .

100

Neunundneunzigſtes Kapitel . 1741 .

Gulden zu erkaufen . Nadidem man den König von Preu. Ben ſehr gefd)mäht, beſdywur man Se. brittiſche Maj. als König von England und Kurfürſt von Hannover , der Kö niginn von Ungarn beizuſtehen , und ſeine Schaaren auss rücken zu laſſen , indem jede Zögerung dem allgemeinen Heil weſentlich ſchaden könne 1 ).

In der That war Marie Thereſie ſo wenig geneigt , den König von Preußen durd) Ubtretungen zu gewinnen , .

daß ſie vielmehr den abenteuerlid )en Plan batte , ſeine län der zu theilen und den Kurfürſten von Sad ;fen zum Beis tritt dadurch zu vermögen , daß ſie ihm Kroſſen und

die Lehngüter der Lauſiſ , die der böhmiſchen Krone gehörs ten , welde folglid, Marie Thereſie einzuziehen ſich bered ) tigt glaubte , überließe. ' Den Kurfürſten von Baiern wolls te ſie durch Abtretung von Toscana , oder dem Mailändie ſchen oder aud) den Niederlanden gegen das zwiſden Deſts

reich und dem Inn gelegene Gebieth gewinnen. Selbſt Englanus ſtille Einwilligung hoffte ſie zu erhalten , wenn fie ſid, in die Arme Frankreichs zu werfen , und ihm fus

xemburg und einen Theil don Flandern lieber , als dem König von Preußen das Minveſte abzutreten drohte. Uber weder Bitten nod) Drohungen vermoditen Großbritannien , ohne Beitritt der vereinigten Provinzen fid, in Krieg eins

julaſſen ; und da die Gefahr immer dringender anwudys , entrangen endlid , des Herzogs von Lothringen und der vor

nehmſten Miniſter dringende Vorſtellungen Marie Theres ſien die nöthige Einwilligung , um Vergleichsanträge zu

maden. Nad vielen Abänderungen und Verzögerungen wurden ſie endlich Robinſon anvertraut , und dieſer beaufs tragt , das Oſtreid iſde Geldern und das Herzogthum fim

burg , und im äußerſten Fall das Herzogthum Glogau an: fubiethen . Im Verlauf der Erörterung äußerte der engs lijdse Geſandte die Beforgniß , der König von Preußen 1) Harringtons und Robinsons dispatchas.

Marie Therefte.

101

módyte einige dieſer Vorſd läge verwerfen : da rief die 83.

niginn : ,, 3d) wollte es . " Als Robinſon abging , ſagte ſie : ,,retten Sie wo möglid Limburg , wär' es auch nur um meiner Gewiſſengrube willen . 3d babe dieſe Abtretung vor Gott zu verantworten , welcher weiß , daß ich den Bras

bantern

geſd;woren , keinen Tbeil ihres Gebieths abzu.

treten 1)." Robinſon kam am 3. Aug. in Breslau an ; am 5. hat.

te er Gehör beim König , der ihn in ſeinem lager bei Streh.

len empfing. Sein Miniſter Graf Podewils , und Lord Hyndfort waren zugegen . Der Abgeordnete erledigte ſid, feiner Sendung mit Antrag des öſtreid iſdien Geldern. Der König wandte ſid, ohne zu antworten zu Podewilz und ſagte: ,,Was haben wir in Geldern verloren ?" ,, Šo viel wie nidyts ," erwiederte der Miniſter. Da rief der König :

wieder höhnende Anträge ! Wie ? nid )t eine Stadt für mei: ne geredyten Anſprüd e in Sdyleſien ?" Robinſon fügte dem gemachten Antrag nod das Herzogthum Limburg als lego tes Wort des Wiener Hofs hinzu. Als er dieß Herzoge thum rühmte , unterbrach ihn Friedrich ſpöttiſch : ,,Wie kann die Königinn von llngarn es wagen , eine ro feierlidze .

Zuſage zu bred,en , wie die des Gränzpläkevertrags , wels die keinen Zoll von den Niederlanden zu veräußern geſtats tet ? Id verlange nicht, was idy'nid )t braudie. Id will midy nid) t mit Befeſtigungen zu Grunde rid )ten . Bin ich

nidyt daran , Glogau und Bries zu befeſtigen ? das iſt ge. .

nug für einen Fürſten , der mit allen Nachbarn in Frieden leben will. Mich haben weder Holländer noch Franzoſen beleidigt ; darum will aud id, fie nidt mit unredytlichem Er. werb beleidigen. Und berdieß , wer verbürgt mir ibn denn ?" Robinſon antwortete , die Königinn von Ingarn würde Engr lands , Nußlands , Sadſens und ſelbſt der Gereralſtaaten

Bürgſd)aft ausmitteln. „Bürgſchaften !" erwiederte der Koe 1 ) Robinson's dispatches,

1

1

102

Neunund neunzigſtes Stapitel. 1741 .

nig verädytlid;, , wer adytet ſie heute zu Tage ? haben Frank reid und England nid )t die pragmatiſch)e Sanction verbürgt ? und eilen ſie etwa der Königinn zu Hulfe ? " Hierauf mac . te Friedrich das Verfahren der Mädyte Lídyerlid ) , die fidy für das Beſte des Hauſes Dejireid, fu verwenden vorgäben , und verbreitete fid) ſelbſt gefällig über die Vortheile ſeiner Lage. ,,Id bin ," ſagte er ,,an der Spige eines unüber :

windliden Heers , und Herr eires Landes , das ich haben will, und bekommen werde , daß das einzige Ziel meiner 1

Wünſdye iſt. Meine Ahnen würden aus ihren Gräbern aufſtehen und mir Vorwürfe mad en , wenn ich edyte , die ſie mir hinterlaſſen, aufgäbe. Das wäre ein feiner Rubm , wenn ich ſo leidytjinnig ein Unternehmen aufgabe, weldes das erſte in meiner Regierung iſt , weld ;es id) mit Heber :

legung begonnen , mit Feſtigkeit verfolgt, und , koſte eš , was es wolle , ju Ende führen werde ! Lieber will id) mid,

und mein ganzes Heer jerſdimettern laſſen , als meinen ge : rechten Anſprüchen auf dilepien entlagen . Braude ich

Frieden ? Geben mir die , weldie ihn braucher , was id) verlange, oder die Feindſeligkeiten geben forç unu id) wer : de fie fd lagen ."

Nady dieſer Interredung , wobei Friedrid , einen waha ren oder verſtellten Unwillen äußerte , und die mit einer

Sd;auſpielergeberde begleitet wurde , wendete er fidy, wie um das Geſprädi zu enden , ju Robinſon und ſagte: „Ich

nehme kein gleid ,geltendes Land ist den Niederlanden , und I

da Sie mir keinen Theil S dleſiens anzubiethen haben , to find alle Porſchläge unnük . Da der Wiener Hof mei:

nen Antrag auf die vier Herzogthümer verworfen hat , ſo nehme id) ihn zurück und fordere nun ganz Niederſd )lefien mit der Stadt Breslau. Stellt mich die Königinn binnen

hier und ſedys Bodien nid )t fufrieden , ſo werde ich nody vier Herzogthümer mehr haben . “ Mehr und mehr (dien des Königs Zorn fu entbrennen ,

als ihm nun ford Hondforo Glogau anboth. Er wieder:

Marie Thereſie.

103

holte die Forderung von ganz Niederſchleſien und fagte zu Robinſon : ,,Sebren Sie mit der Antwort nach Wien zu. rick : die den Frieden braudzen , ſollen mir geben , was id) brauche." 218 der Geſandte fich erdreiſtete , Friedrid , um die Erlaubniß einer mit ſeinem Miniſter zu eröffnenden Un . terhandlung zu bitten , antwortete der König : „Id ) birt

der Endentſd lüſſe müde. Idy wil nid ts mehr davon þó ren. Ich will gang Niederſchleſien. Das iſt meine Ant. wort ; ich gebe keine andere." Mit Entrüſtung im Blick

ging Friedrich hinter einen Vorhang im Hintergrunde ſeio nes Belts 1 ). 1 ) Oeuvres posth. Tom. I. p . 180.

Robinson's dispat

ches to lord Harrington . Breslau g. Aug. 1741 ,

í

104

Hundertſtes Kapitel. 1741 .

Hundertſtes Sapitel. 1741 .

Der Kurfürft von Baiern fällt in Marie Thereſiens Land. Frankreichs Kriegsrüſtungen. - Des Königs von Preußen Marie Thes Glüc in Schleſien. Unterhandlungen. reſiens Beharrlichkeit. Ihre Gemüthsart. Ihr Hof Bartenfteins Einfuß . Begeiſtes und ihre Miniſter. -

-

rung des engliſchen Volks für Marie Thereſie.

Bei ſeiner Rüffebr nad, Preßburg, wo der Hof eben war , fand der engliſche Geſandte ihn erſdirocken über die

erſte Entladung des Ungewitters , das ihm ſeit lange droh Der Kurfürſt von Baierit batte die Feinds

31. Jul. religkeiten mit der Beſiknahme von Pa Tau be: gonnen und ein Manifeſt erlaſſen , worin er rei: ne Anſprüche auf die ganzen öſtreichiſchen Erblande behaup . Ein franzöfiſches Heer bereitete fid ) , vom Marſhall

Broglio befehligt , über den Rhein zu gehen. Ein andes res fammelte fich unter dem Befehl des Marſhalls von Maitlebois an der Maas.

Der König von Preußen batte

den Krieg während der Verhandlungen fortgeführt. Nach einer etwas langen Belagerung war er Meiſter pon Brieg geworden , batte ſein Hauptquartier nach Strehlen verlegt , fein Heer mit Sdíleſiern , die ihn als ihren Befreier anſas ben , neu ergänzt und endlid, fich Breslau's bemädytigt , weldies die katholiſche Partei Feldmarſchau Neupergen ju übergeben verſucht hatte.

Marie Thereſte.

105

Troß dieſes bedrohlidyen Anblicks baute die Königinn von Ungarn dod, nod) immer auf Frankreids Betheuerun . gen , und erbotó fid ) im Nahmen ihres Gemahls der Kai.

ferkrone zu entfagen. Somit weigerte ſie ſich hartnäckig , des Königs von Preußen Forderungen zu bewilligen. Nadya dem man jedod, mebrmahls angeſtanden , und viel ſpikfilt: dige Unterſcheidungen deſſen , was eigentlid) Niederſdyleſien

heißen rolle , gemadit', jog man eine Abmarkungslinie und erſuc ;te Nobinſon , Friedrichen neue Anträge zu thun. Der Geſandte bemerkte , das , was man dem Fürſten bietbe ,

weit unter den anfangs verlangten vier Herzogthümern ſei , und ſagte , der König babe ſeinen Entſchluß gefaft.

Man

antwortete ihm : „ Der Entſdluß der Königinn iſt aud ) gefaßt , und foll das Haus Deſtreich unterliegen , ſo iſt I

es gleidh gültig , ob unter den Streichen eines Kurfürſten von Baiern oder von Brande.xburg." Robinſon begab ſich

nad Breslau ohne Hoffnung für den Erfolg ſeiner Sens dung. Friedrich wollte ihn nid )t feben . Er behauptete , der Antrag lei Hohn , man ſuche ihn nur in einen Krieg mit Frankreich zu verwickeln , und wolle die Königinn von

Ungarn aus der Verlegenheit zieben , um ihn hineinzuſtürs jen. Und ſollte ſich ſein Miniſter, gar nicht mit den enge lifd )en Geſandten auseinanderſeßen 1 ). Dieſem erklärte man gar , wofern er die Freundſchaft, welchezwiſden Freu. Ben und Großbritannien beſtünde und beſtehen ſollte , werth

hielte , fo hinge die Fortſeßung derſelben von ſeiner ſchleu : nigen Entfernung ab ;; widrigenfalls würden Se. Maj, nidyt nur ſich beklagen müſſen , ſondern eine ſolche Widerſeßlid). keit dem Wunſdye des Königs von England beimeffen , ihn mit einem Menſchen , für welchen er ſo viel Abſcheu beg.

te , gu Unterhandlungen zu zwingen 2 ).“ 1) Robinson to lord Harrington .

2) Aus des Königs von Preußen Werken ergibt fich , daß er gegen Stobinſon , wegen ſeines Feuereifers für das Haus

106

Hundertſtes Kapitel. 1741 . Unmittelbar nad, Robinſons Entlaſſung (drieb Friento

rich folgendes at Lord Hyudfort.

Sagen Sie dem Wiener Hof , der Kurfürſt non Bai ern wiro Saiſer , meine Verbindlid feiten gegen ihn und

den König von Frankreich find ſo feierlidy, io unauflöslich und unverlembar , daß ich nie ro treue Bunde3freunde ver

laffea werde , um mich an einen Hof zu ſchließen , der ſich nie mit mir verſöhnen wird. Es iſt nicht mehr Zeit , die

Königinn von llngarn zu vertheidigen ; an ihr iſt es , fidh · ibrem ſtrengen Schicffal zu unterwerfen. Mylord , ich müßte den Verſtand verloren haben , wenn ich nur für

móglid, balten ſollte , für dieſe Fürſtinn gegen meine Freun , de zu kämpfen 1) ."

Die Hartnärkigkeit des Wiener Hofs in dieſer Unter, handlung , von weld)er das Schickſal des Hauſes Deſtreich abzuhängen ſchien , muß auf den erſten Blick befremden ; aber das Erſtaunen wird ſid, mindern , wenn wir Marie

Thereſiens Charakter entworfen , die Lage , worin ſich der Herzog von Lothringen befand , geſchildert , und die 2b.

fid,ten und Anliegen ihrer Miniſter dargelegt haben werden. Marie Thereſie war als einſtige Erbin der völlig un . Betheilten öſtreichiſchen Alleinberrſchaft erzogen. Von der farteſten Kindheit auf hatte ſie einen hoben Begriff von

der Würde und Macht ihres erlaudyten Hauſes. Die fah ihre Staaten nur als ein Pfand an , wovon ſie nid )ts dels

untreuen könne , und glaubte , wenn ſie audy nur eine Landſdyaft abträte , die Gewähr der meiſten europäiſden I

Mädte für die pragmatiſche Sanction zu verlieren. Die Deffreich , eine perſönliche Abneigung gefaßt hatte. Der fächſiſche Hof beklagte ſich zu gleicher Zeit über die angeb liche Parteilichkeit dieſes Miniſters für Friedrich II.; und der Wiener Hof war ſehr unzufrieden , daß er ſeine Ente ſchlüſſe immer beſtritt.

1) Der König von Preußen an Milord Hyndford , 24. Sept. 1741. Walpole papers.

Marie Therefte.

107

Grundlage, worauf ihre Redite ruhtest , auch nur von eis ner Seite angreifen , hieß , nad ihrer Anſicht , das Ganze erſdüttern , und einen Anſpruch genehmigen fo viel , als unzählige andere wecken . Zu dieſen politiſd )en Beweggrün. 7

den kamen noch Gewiſſensbedenken , für weldie Marie Zhes reſie ſehr empfänglid, war.

Sie glaubte fich durd, den Eit,

welchen ſie geleiſtet, die pragmatiſche Sanction aufredyt zu

halten , gebunden.

Die Geburt des Erzhers

ogs Joſeph , der in der Zeit der Interhandlung 13. März. mit Friedrid, jur Welt kam , beſtärkte fie in ih: rem Entſchluß und Widerſtreben auf irgend einen Theil

dieſes Erbes , das einſt ihrem Sohn gufallen ſollte, zu 1

verzichten.

Wiewohl der Herzog von Lothringen zum Mitregen .

ten ernannt war , die Miniſter mit ihm Conferenzen hat. ten , und er den auswärtigen Geſandten Gehör gab , hat. te er doch wenig Einfluß auf Geſchäfte , theils weil der

Geiſt der Regierung einmahl im Staatsrath geſudyt wur.

de , theils weil die Königinn zu gebietheriſd) war , als daß ſie ihre Mad, toolltommenbeit ſelbſt mit ihrem Gemahl bät: te theilen mogen. Dieſer Fürſt war merkwürdiger durch

ſchöne Geſtalt, milde und anmuthige Sitten als durch überlegenen Geiſt oder Anlagen. Er geſtand unbedenklid ) , daß ſeine Meinung ohne Gewicht ſei, wenn ſie der, der for

niginn entgegengejekt war. Ueberdieß war ſeine Lage äus Berſt mißlid) . Er wußte ; daß ſeine Erhebung auf den Kais ſerthron durd ;aus vom König von Preußen abhing 1 ). An: fangs hatte er ſich das Wohlwollen dieſes Fürſten zu ers

werben geſucht, und den erhaltenen Freundſd)aftsbetheue, rungen getraut.

Friedrich aber , der ſo weit ging , daß er

ihn beſduldigte , einen Meudiler gegen ihn gedungen zit 1 ) In einem Geſpräch mit dem preußiſchen Geſandten Bort, während Karls VI. Krankheit , fagte der Herzog i: ch kann nur auf Se . Maj. den König von Preußen und Se. Mai, den König von England rechnen. Robinson's dispatches.

108

Hundertſtes Kapitel. 1741 .

haben , mad te fid) ihn durd , die beleidigende årt, wie er von ihm ſpracy, bald zum Feinde. In beißer Erbitterung fugte Franz zu dem engliſdyen Geſandten Robinſon , der ihm den Werth einer Verbündung mit dem König von Preußen fühlbar madjen wollte : „ hat man ihn beute , morgen iſt er in Frankreichs Dienſten ; und hätte Frankreid) ibn beu: te , morgen wär' er unfer ." Selbſt als Deſtreids 5 dick . ſal von einem Vergleich mit Friedrid) abzubängen fdyten ,

wagte Marie Thereſiens Gemahl ſeine Meinung

nidt

auszuſpred en 1, theils wegen der Ungunſt weldje ihm die Empfehlung des Grafen Neuperg und der Idlimme Erfolg

der Kriegsunternehmungen in Sdileſien zugezogen , theils wegen des ausgeſtreuten Gerüchts , als wolle er durch 25 tretung einer öſtreichiſchen Landſchaft die Wahlſtimme des Königs von Preußen erkaufen 1 ). Die Conferenz- oder die gebeimen Cabinetsminiſter was

ren nur die äußern Geſchäftsträger der Regierung: Sins jendorf , Stahremberg und die beiden Harradh waren eher geeignet , den Gang der Geſchäfte zu bemmen , als zu be. ſchleunigen ; und Königseck , der ſeit einiger Zeit in den Staatsrath gekommen war , liebte und verſtand Geſchäfte

nid )t. Ade konnten zwar die Entſchlüſſe der Königinn nid)t beſtreiten , ja nid )t einmahl lenken , ſaben aber dod, den

Herzog von Lothringen als einen Fremdling mit eiferſüdı. tigen Augen an .

Sinzendorfs großer Zweck war , ſein An.

reben wieder zu heben und Bartenſtein zu ſtürzen. Stah, remberg , den Karl VI. auf dem Todbette ſeiner Sodyter ema problen hatte ,

war ein dywarmer geworden .

Weil er

fid bald ſo , bald ſo pon der Gottbeit angeregt wähnte , änderte er ſeine Meinung gar oft. Er beklagte ) fid, bitter über Bartenſteins ſdyledytes Benehmen und Abſidyten ; gleid). wohl konnte er nid )t folgeredyt handeln . Die ſdywierige Lage der Dinge batte weder der beiden Harrad) Einfluß gemehrt,

noch Königseck aus feiner gewohnten Trägheit geriſſen. 1) Robinson's dispatches, 1741 .

Marie Therefte.

109

Anfangs der neuen Regierung nußten die Miniſter das Geſchlecht, die Jugend und unerfahrenheit ihrer Ge: bietherinn , empörten ihr Gemüth durch hofmeiſterlich und

ſchneidend gegebenen Rath und ſuchten alle Madytvollkom menheit in ihren Şänden zu behalten. Uber' ſie beſaßen nichts , wað ihnen das zutrauen einer jungen Fürſtind häto te erwerben können , die fehr geiſtreid war , viel Anlage

für Geſchäfte hatte und die Zügel der Regierung ſelbſt fübren wollte.

In dieſer Lage der Dinge zog Bartenſtein , dem es

nie an Mitteln und Wegen fehlte , durd) ſein Betragen , ſeine einſchmeid ) elnde Sprad )e und wirklid) en Kenntniſſe Marie Thereſiens Aufmerkſamkeit auf ſid ). Die hohe Mei.

nung , die er von fid, hatte , die Leid ,tigkeit , ſeine Gedane ken mündlid, oder (driftlid, auszuſpredjen , mußten wohl eine junge unerfabrne Fürſtinn blenden . Seine Emſigkeit ,

die Ehrerbiethung , die er für die Meinung der Königinn heudelte , die Begeiſterung für das Haus Deſtreid) ; die er .

an den Tag legte , erwarben ihm Marie Thereſiens Ud . Er benahm fid) gegen ſie , wie Alt. beim gegen Karl VI. , flößte ibr Eiferſucht auf ihre Madyt und eine hobe Vorſtellung von ihren Anlagen ein. Er ſudite ſie zu überredent', fie müſie ſelbſt ihr erſter Miniſter 1

tung und Vertrauen.

ſein , überſchüttete ſie mit Sdyriften und Vorſtellungen , die ſie kaum zu durchlaufen Zeit hatte. Er verſab fie mit Gründen gegen die Vorſdıläge der Glieder des Staats. ratbe, und vermodyte ſie zu einem geheimen Briefwechſel mit ihren Gefandten , den er eigentlich führte. Da der Herzog von Lothringen keine Macht hatte , Yo leitete Bars tenſtein die Regierungsgeſchäfte mit ſo unumſchränkter Madyt , wie zu Lebzeiten Karls VI. 1). Da er gegen Friedrid ) II.

1) Aus Robinſons und Keiths Briefen ; auch nach einern Brief über die Lage des Wiener pofs von Sir Charles Hanbury Williams an den Serzog von Newcajtle, Dresd. 15. Jul. 1753 .

110

Hundertſtes Kapitel. 1741 .

aufgebracht war , weil dieſer ihn nun den Conferenzen mit

dem Grafen Gotter auszudließen gefordert hatte , ſo er: muthigte er die Königinn in ihrer gleidys. Ju feinem Zorn ſagte er : Königs von Preußen iſt gefährlider Man hat ſid, nid, ts Gutes von ihm

Weigerung alles Ber. ,,Die Freundſd aft des , als ſeine Feindſchaft. zu verſehen . Der eins

zu leben , iſt ihn zu ſtürzen 1 )." dige Weg mit iom in Frieden น Dieſe Geſinnung ſtimmte fu ſehr mit der der Königinn über:

ein , als daß die Vorſtellungen der Seemnächte dagegen auf: kommen konnten . Auch beſtärkten niody zwei Männer , die zuweilen mit im Staatsrathe waren , Marie Lhereſien in ihrer Hartnäckigkeit , Graf Colloredo , Stahrembergs dywiegerſohn , und Graf Kinsky, Kanzler in Bohmen. Der eine war zwar ſehr kaltſinnig , aber doch ganz mit dem Stolz und den Vorurtheilen des Wiener Hofs getränkt ; der andere war äußerſt beftig und hatte den Grundraß , es ſei beffer , ſelbſt das Daſein des Hauſes Deſtreid daran zu

wagen , als aud) ·nur einen Theil ſeiner Erbbefißungen ab, zutreten .

Noch in dem Augenblick , als Belle : 3sle ſeine Abſich ten auf das Haus Deſtreid, ing Werk zu reßen anfing , der: ſicherte Bartenſtein Marie Thereſien keck , Frankreich werde,

ſo lange Cardinal Fleury lebe , fidy auf keinen Krieg eins laffen. Er überredete aud) die Fürſtinn ſo vollkommen , daß 1

die Miniſter und der Herzog von Lothringen ihr vergebens die ſtärkſten Gegenvorſtellungen madyten , und der König von England umſonſt ihr die Abſidyten des verſailler Hofs 1

enthüllte. Ihre lieberzeugung und ihr äußerſter Widerwille gegen den König von Preußen ließen ſie hoffen , daß ſie im Nothful Frankreid, durd, Abtretungen in den Niederlanden 1

und durd) Verzidt auf die Kaiſerkrone für ihren Gemahl entwaffnen konne , und , wenn dieſe Anträge nicht angenome 1) Bartenſtein fügte hinzu : ,, Des Königs von Preußen Sinn ändern wollen , ohne ihn zu ſtürßen, heißt, einen Mohren weiß waſchen wollen . Robinson to Harrington, 4. April 1741 .

1

Marie Therefte.

111

men würden , die eemädyte und Rufland ihr Beiſtänden . Endlich ward Marie Thereſie in dieſer Hoffnung aud) durch die ihr günſtige Meinung des engliſdyen Volkes beſtärkt. In England nähmlid, hatte der ungerechte Angriff des Königs von Preußen allgemeinen Unwillen erregt. Das

unverdiente Unglück , weld )es über eine junge und idóne Fürſtinn hereinbracı , rührte dort alle Herzen. Der könige lide Rath , witfährig gegen den häufig geäußerten Wunſch

ſeines Herrn , gegen die Anſichtder Glieder des Staatsraths und die öffentlide Stimme , batte fid, vom Stro:

me hinreißen laſſen , der König von ſeinem Thro: 8. April ne berab eine ſehr heftige Rede gehalten , die mit der Bitte an das Parlament ſchloß , ihm die Königinn von Ungarn vertheidigen zu belfen und Europa's Freiheit aufredyt zu halten. Die beiden Häuſer hatten mit einem nid )t weniger lebhaften Schreiben und 300,000 PF. Sters

iing Hülføgelder für Marie Thereſie geantwortet 1 ).

v) Chandler..

1

Tindal.

112

Hundertunderftes. Kapitel. 1741 .

Hundert und erſtes Sapitel. 1741 . Unternehmune Traurige Lage der Königinn von Ungarn. gen der Franzofen und Baiern. Fortſchritte des Königs

Hannovers Neutralität. — Marie Shere ſiens Standhaftigkeit. Aufgeboth der Ungarn. Ihre

von Preußen.

Krönung. - Ihre Rede auf dem preßburger Reichstag. - Wirkung derſelben auf die Verfammlung. - Marie

Thereſiens große Anſtrengung.. - Waffenfiftand mit dem Könige von Preußen.

Raum aum hatte der König von Preußen Marie Thereſiens legte Anträge verworfen , als Marſd)all Belle : 3sle an der Spiße eines franzöſiſden Heers zum Kurfürſten von Baie

ern ſtieß , der , ſeine Vortheile verfolgend , fid) zum Meiſter don Linz inachte , wo er als Erzherzog von Deſtreid, an, erkannt ward. Nachdem er einen Sdhaarenharſt bis St. Polten , eine Stadt zwölf Wegſtunden von Wien , geſendet und die Hauptſtadt aufgefordert, begab er ſich plóklid nadı Böhmen 1) und zog gegen Prag , welches bedeutendeSpeis der und nur eine fdywache Beratung hatte. . Ein anderer

vom Marſdal Maillebois befehligter franzöſiſcher Harſt , ging über die Maas und zwang den König von England, der ein Hülfsbeer für die Königinn von Ungarn ſammelte ,

für das Hannoverſde einen Neutralitätsvertrag zu ſchließen , 1) Friedrich fagt, es wäre die lächerlige Beſorgniß , die Sachfen möchten Böhmen erobern und behalten, an dieſem

Bug Schuld geweſen . Veuvres posth. T. I. p . 301 .

Marie Therefie.

113

wodurd, er ſich anbeiſdiig madyte , als Kurfürſt den Unter. nehmungen der Verbündeten nicht entgegenzuwirken , und ſich der Erhebung des Kurfürſten von Baiern anf den Kaiſers thron nicht zu widerſeken . Finnland, welches mit Sdywe. den Krieg führte , konnte Marie Thereſien nid)t beiſtehen .

Die Kurfürſten von Sadyſen , Cöln und der Pfalz traten dem großen Bundesverein gegen die Fürſtinn bei. Spanien , weldes fich zu einem Einfall in 3talien rüſtete , batte fich

ſchon der Neutralität des Papſtes, Toscana's , des Herzoge von Modena und Genua berfidzert, und der König von Sar .

dinien war geneigt , ſeine Madit mit der des Hauſes Bours bon zu vereinen. In Sdyleſien ſtand der König von Preu: Ben , Herr der Hauptſtadt und des größten Theils der Land. ſchaft, im Begriff, den Verkehr des Feldinarſdal Neupers giſdyen Heers mit Neiffe abzuſdyneiden , um dieſe Feſtung zu fu belagern , deren Befis ihm das ganze Herzogthum ſichern und die Mittel erleidtern ſollte , einſtimmigmit den Heeren I

Frankreidys und Baierns zu wirken.

Marie Thereſiens Sadie (dien alſo eine durdjaus aufs gegebene. 3hr , der von allen Bundesgenoſſen verlaſſenen , fehlte es an Leuten , an Geld , an tüchtigen Miniſtern , und .

nid ,ts ( dzien übrig , als ſich dem Gefeß , welches ihr die uns verſöhnlichen Feinde auferlegten , zu unterwerfen ; aber ſie bewies wahren Heldenmuth und zeigte unterſtüßt von Groß. britanniens Külfdgeldern und dem Eifer der Ungarn , einen, 1

über die ſie umringenden Gefahren erhabenen Geiſt. Bei ihrem Regierungsantritt hatte ſie dadurdy i daß fie Andreas II. 1) , von Leopold I. abgeſchafften Eid , mit 1) Voltaire, den die meiſten neuern Geſchichtſchreiber abges ſchrieben , fagt, Marie Thereſie babe Andreas II. Eid auch

mit dem 51. Urtikel geleiſtet, welcher ſo lautet : „Wenn 1

ich oder einer meiner Nachfolger irgendwann eure Vor rechte verkümmern wollte , ſo ſei es auch erlaubt , kraft dieſes Verſprechens , lo euch , wie euren Nachkommen , euch zu vertheidigen , ohne daß man euch als Empörer be handeln fönne. vi Dieſer Artikel war aber förmlich ausgea $ Core's Geſchichte Dett. IV . B,

Hundertunderftes Sapitel . 1741 .

114 .

Ausnahme jedod, de$ 31. Urtikels , geleiſtet, die

25. Jun. Herfen aller Ungarn gewommen und bei ihrer Kró nung von ihren dankbaren Uuterthanen alle möge liche Beweiſe von Treue und Liebe bekommen 1). Im Schloß

ju Preßburg , wohin ſie eine Verſammlung befdieden , ers ſdzien fie plößlich in Trauerkleidern , jedod, in 13. Sept. ungariſder Tradit, des 5. Štepbans Krone auf dem Haupte, mit dem königlichen Sd, wert um gürtet garn !

böd ſt verebrte Gegenſtände der Völker von Un. Majeſtätiſd) undlangſam fchritt ſie durch den Saal

und beſtieg die Bühne von welder berab der Herrſder die Stände anjureden pflegt ., Nad einigern S dyweigen ſchile derte der Kanzler die traurige fage der Dinge und bath um

dyleunigen Beiſtand. Hierauf nahm Marie Thereſie das nommen. S. Voltaire précis du Sicele de Louis XV. p . 46. éd ' stéréot . und Sacy histoire de Hongrie Tom . II. p. 448. 506. der dieſen Punct am befriedigenditen behan delt. Er ſagt fogar : yaus den Urkunden des Heichstags erhellt , das die Stände teinen Verſuch machten , An : dreas il. Beſchluß von ihrer neuen Königinn genehmigt zu

ſehen . " Die Ungarn hatten das Recht, Strieg mit ihren Herrſchern zu führen , mit zu viel Blut bezahlt , als daß die noch darauf gehalten hätten. Ihr Unglück hatte ſie über

ihren wahren Vortheil belehrt. Sie wußten , daß , wenn der Despotismus zuweilen Unabhängigkeit erzeugt , Un abhängigkeit wiederum ihn erzeugt. Sie moditen Marie

Thereſien gar nicht zwingen 1, das täuſchende Vorrecht zu beſtätigen , welches einen Meutmacher bevollmächtigte , ſein Vaterland zu zerreißen unter dem Vorwende , es zu vertheidigen , und ſo den Strafbaren unter den Schuß der

Geſete bringt. Die Eides formel f. dar. 1) ,, Vom Throne geſtiegen , ritt die Königinn langſam durch

die Vorſtadt und als ſie an dem Fuß eines Bergs , der man nennt ihn den Königsberg die Donau beherrſcht war , ſprengte ſie bis zum Berggipfel hinauf und zog nach altem Brauch das Schwert, es gegen alle vier Welts theile fiumingend . Histoire de Hongrie, Tom . II. p . 448. Mit dieſem feierlichen Brauch deutete der Herrſcher den - Ungarn an , daß er bereit ſei , ſie gegen alle ihre Feinde zu vertheidigen. Daſ. S. 504.

Marie Thereſie.

115

Wort und ſprad, lateiniſd) , welches in Ungaru gewöhnlid ), und worin alle Reid ,stagsurkunden abgefaßt werden , zur Werſammlung. ,,Die betrübte Lage der Dinge," ſagte ſie, hat uns beſtimmt , unſere geliebten und treuen Stände int Ungarn an den neulidyen Kriegseinbruch in Deſtreid ), an die Gefahren dieſes Reichs zu erinnern und ſie um ein Mit 1

tel gegen ſold;' Inglück zu erſuchen . Selbſt das Königreich . Ungarn , id), meine Kinder und meine Krone werden bes droht. Verlaffen von allen meinen Bundesgenoffen , Tebe id, mein Vertrauen lediglic, auf die ſo lang erprobte Treue und Tapferkeit der Ungarn. In dieſer äußerſten Gefahr ermabne id ) Euch und die Stände des Reid) 1, unverzüglich

über die Mittel Eudy zu berathen , welche für meine, meiner Kinder und meiner Krone Siderheit die zweckmäßigſten ſind, und ſie ſogleich ins Werk zu ſeßen . Was mid) anbelangt , ſo können die getreuen Stände und das Volk von Ungarn

auf meine Mitwirkung in allem , was zur Herſtellung algec 1

meiner Wohlfahrt und des alten Glanges dieſes Reid)s dient, redynen 1)." 6 ‫ܕ‬ 1) Wir haben die Hauptumftände dieſer Erzählung aus den ungariſchen Urkunden und dem entlehnt, was (Sraf Koller,

welcher ſie aufbewahrt, und ſelbſt mit auf dem Reichstage war , uns gütig darüber mitgetheilt hat. Auch haben wir mit ſeiner Erlaubniß folgende Nede, die wir im Terte dem

Weſen nach mitgetheilt, abgeſchrieben ,

Allocutio reginae Hungariae, Mariae Theresiae . anno 1741 .

Afflictus rerum nostrarum status nos morit , ut fideli.

bus perchari regni Hungariae statibus, de hostili pro vinciae nostrae hereditariae Austriae invasione, et immi nente regno huic periculo , adeoque de considerando re

medio propositionem scripto faciamus. Agitur de regno Hungariae , de persona nostra, prolibus nostris ct coro na .

Ab omnibus derelicti unice ad inclytorum statuum

fidelitatem , arma et Hungarorum priscam virtutem con.

A

116

Hundertunderſtes Kapitel. 1741 .

Die Jugend , die Sdjönheit und das äußerſte Uns glück der damahl6 fd wangern Fürſtinn 1 ) rührten augens

blicks die ganze Verſammlung. Die Magnaten , die Abges ordneten zogen ihre Säbel halb aus der Scheide und rie: fen , die Spike nach hinten gekebrt : ,,Wir wollen für uns

Tere Königinn Marie Thereſie ſterben." Gerührt von dies ſem Beweis des Eifers und der Treue brach die Königinn, weldie bis dahin eine ruhige und würdige Haltung behaup.

tet hatte , in Thränen aus. Dieß erhöhte die Begeiſterung 1

der Verſammlung ; fie äußerte ſie durd, Geberden und zu

ruf , und nad dem ſich die Stände in ihre verſchiedenen Säle zurückgezogen , ſtimmten ſie über großen Beiſtand an Mann: .

fd, aft und Geld ab.

Ein eben ſo rührender auftritt fiel vor , als die 26.

geordneten ſich am Fuße des Throns verſammelten , um den Sdwur des Herzogs von Lothringen , der mit Zuſtimmung des Nerdystags zum Mitregenten ernannt war , zu empfan : gen. Nach vollzogenem Braude rief Franz aus ! Mein Blut und Leben für die Königinn und das Königreid, une

garn ! " Da nimmt Marie9 Thereſie den jungen Erzherzog , ihren Sohn , auf den Urm und zeigt ibn der Verſammlung. Alle rufen wieder freudebegeiſtert: " Wie wollen für unſere fugimus , impense hortantes , velint status et ordines , in hoc maximo periculo , de securitate personae nostrae , prolium , coronae , et regni quanto ocius consulere , et ea in effectum etiam deducere. Quantum ex parte nostra est , quaecunque pro pristina regni hujus felicitate et

gentis decore forent , in iis omnibus benignitatem et cle. >

ñentiam nostram regiam , fideles status et ordines regni experturi sunt.“

1) Damahls ſchrieb Marie Thereſie an die Herzoginn von Los thringen , ihre Schmiegermutter: „ Ich weiß noch nicht, ob mir eine Stadt für mein Wochenbette bleibt. Voltaire précis du siècle du Louis XIy. p. 54. ed. Stéréot.

Marie Therefte.

117

Königinn und ihre Familie ſterben , ſterben für Marie The. reſie, unſern König 1) ." Der kräftige Entſdluß der Verſammlung , welde die Gegenwart der Königinn entzündete, ward von dem geſamm .

ten Volk unterſtübt , undzahlreide an den Ufern der Sau , der Teyße , der Drau und Donau ausgehobene Battaillone ſammelten ſich um das Königliche Banner. Dieſe mit den Nahmen Kroaten , Panduren , Sklavonier , Waradenier und Tolpatſchen 2) bezeidyneten S daaren waren ein neue es Sd auſpiel für das erſtaunte Europa ; und ihre ſonder's

bare Tradit , ihre Waffen , ihre Art zu kämpfen , ihre Wild. beit verbreiteten unter den frieggeübten Schaaren Franks reid ;s und Deutſd land nid )t wenig Sdyreck. Außer dem ungariſchen Aufgeboth wurden allenthalben S daaren gee fammelt, und die Hülfsquellen der Monarchie zu einem

großen und kräftigen Auffd ;wung benußt. Marſdall Kihe: denhüler reßte Wien in Wertheidigungsſtand , Bürger und Studirende dieſer Hauptſtadt wetteiferten mit der Befats

fung in Tapferkeit und Entſchloſſenbeit. Mittlerweile idylic fidy Hader unter den Verbündeten ein. Marſchall Belle : Isle bebandelte die deutſchen Fürſten als Lehnsträger ſeines Herrn , und Deutſdyland wie eine

1) Alle, die von dieſer Anrede Marie Thereſiens an die uns garn geſprochen , haben ſie dargeſtellt, als ihren Sohn , während ſie die Verſammlung anredete, auf den Armen baltend. Aus Nobinſons Briefen aber , der in Preßburg

war, erhellt, daß der Erzherzog erſt am 20. dahin gebracht und Tags darauf der Verſammlung gezeigt wurde, als ſie

dem Großherzog den Schnur abnahm . Robinson to lord Harrington. Presb . 23. Sept. 1741 .

2) „ Die Panduren oder Banduren ſind eine ſklavoniſche Striegsmännerart. Ihre Waffen ſind eine Karabine, vier Piſtolen im Gürtel , ein frummer Säbel und ein großer

Meffer. Dolpatfchen beißt das regelmäßige und in Regis menter getheilte Fußvolt. Ungariſch heißt Dolpatſch ein

Kriegemann , ein Knappe. ' Sacy histoire de Hongrie , Tom. II. p. 508. n. 53.

118

es

Hundertunderſt

Stapitel. 1741 . 6

von Frankreid, eroberte Landſd aft ; fein hochfahrendes Wea Ten erregte viel unwillen. Die Kurfürſten von Baiern und Sachfen , weldje Deſtreid, als Beute ju theilen gedachten ,

befehdeten einander in ihren Forderungen. Der König von Preußen war unruhig über des Erſtern Zug nad Böhmen , weil , wenn er Böhmens Krone erhielt , er Sdleſien wie der erlangen könnte. Dudy war er unzufrieden mit Franko

reichs berriſchem Benehmen und argwöhnte , der verſailler Hof möchte ihn gern bindern , neue Eroberungen zu ma , den. Mitlin nahm er nicht nur die ihm durd , Lord Hynd. fords Wermittlung gemachten Anträge günſtig auf , fonis

dern madyte dem Grafen Neuperg ſelbſt dergleichen ; und das Haus Deſtreid) ward durd, den gerettet , der ihn den erſten

Streich, verſekte 1 ). Als Robinſon von ſeiner zweiten Reiſe nach S dyleſien

zurückkam ,1 ſah die Königinn von Ungarn die Gefahr , in welder ſie ſchwebte, und wie nöthig es ſei , den König von

Preußen zu gewinnen. Da Bartenſtein , der die Fürſtinn lange angeregt hatte , auf ihrem Entſdluß zu beharren ,

liber Frankreidys Benebmen aufgebrad )t war und damahis behauptete , nur in fdynellem Vergleid) mit dieſem Fürſten ſei Rettung für das Haus Deſtreich), po jedete man Lord Hyndforden Volmad)t zu , Niederſd leſien nebſt der Stadt Breslau anzubiethen.

Nad , einigem Zögern gab Friedrich II, in dem ſeinem Style eigenen Lakonismus ſeinen leßten Entſdyluß folgens dernuaßen : „ Ganz Schleſien bis an den Fluß Meisie, die tadt dieſes Nabmens und Glabi jenſeits der Oder die al. 1) Der König von Preußen thut in feiner Nachricht von dies

fer Verhandlung , als ob alle Eröffnungen vom Wiener Hof gekommen wären , da er doch ſehr bemüht war, einen Vergleich zu ſchließen und durch den Obriften Golz dem General Lentulus Anträge machen ließ, mit der Erklärung jedoch , dafi , mofern die Unterhandlung nicht glückte und /

bekannt nürde , ex fie abläugnen würde. Hyndford's dis patches.

Marie Thereſte .

119

ten Gränzen zwiſdyen dem Herzngthum Brieg und Oppeln, bleiben ; Breslau wird mein ; die Religion bleibt wie ſie iſt ; keine Ubhängigkeit von Böhmen ; Abtretung auf ewige Zeiten dagegen ; wir geben nicht weiter belagern Neiffe fun Schein , der Kommandant über gibtdie Feilung und zieht Fich zurück : wir halten ruhig unſer Winterlager ; das ſireis dyiſdie Heer zieht , wohin es will. Alles muß in 12 Tagen beendigt feyn 1).

Die IInterhandlung ward verlängert , weil der König

yon Preußen keine förmlide Verbindlichkeit übernehmen , und der Wiener Hof eine bloße Neutralität nid )t ſo theuer als ein Bündniß kaufen wollte. Das Glück der franzöſis 9 fehen und baieridyen Waffen , Hannovers Neutralität und 1.9 1

die Bewegungen der Preußen , welde den öſtreichiſden Gec neral jouangen , aus Neiſſe zu gehen , beſdileunigten Mar

rie Ibereſiens Entſchluß , und Graf Neuperg erhielt Vollo mad )t zur Abtretung von ganz Niederſchlefien mit Breslau und Reiffe.

Da man beiderſeits Erbolung wünſchte, To

wurden die Anſtalten bald getroffen. Friedrid) , vom Obris ften Golz begleitet , und Feldmarſdan Neuperg mit Pentue lys und Hyndford fanden ſid, am y. Oct. in Oberſchnellen : dorf ein. Der Lord legte einen Vertrag vor , den er unters zeichnete, den aber der König nur mündlid ) eingeben wollte. Er enthielt die Abtretung von ganz Niederfd lefien nebſt den Städten Breslau und Neiffe; die Grängen waren darin beſtimmt , wie in der Endantwort. Es ward feſtgelegt, daß dieſer Vertrag ein unverlegbares Gebeimniß bliebe und

für ndytig anzuſehen wäre , ſobald der Wiener Hof ibn verlautbarte. Auch kam , man üherein , daß zum Schein die Sd,armüßel zwiſchen beiden Heeren fortgingen , und die Belagerung und Hebergabe von Neifre bad, dem Braud, ge.

ſchähe. Ein Theil des preußiłdjen Heers ſollte ſein Witte terlager in Oberſchleſien halten , ohne jedody zu brandſdyaßen 1

1 ) Hyndford's dispatches,

120

Hundertunderſtes Kapitel . 1741 .

und erzwungene Werbungen zu maden. Der Königron Preu .

Ben machte ſid) derbindlich, nid )ts weiter als die Übtretung Niederſdyleſiens und der Stadt Neiſſe zu verlangen , rady Auslieferung dieſer Feſtung weder gegen die Königinn don

Ungarn , noch gegen den König von England , als Kurfürſten von Hannover , nod) gegen irgend einen ihrer Bundesgenoſſen zu handeln und Feldmarſd )all Neuperg auf ſeinen Kuifjug nad Mähren nidyt ju behindern. ud , erklärte man , wo

möglich vor Ausgang des Jahres einen beſtimmten Vertrag abzuſdyließen 1 ).

Dem König von Preußen war viel daran gelegent , ſeis nen Bundesgenoffen die Kunde dieſer llebereinkunft zu ver : bergen , und er ließ ſid, rogar con lord Hondford eine fdriftlidze Erklärung ausitellen , daß die Unterbandlung

ohne Erfolg geweſen. Wiewohl aber Friedrids Beneh: men die Abſicht verrieth , den Wiener Huf hinzubalten und die Waffen wieder zu ergreifen , ſobald ſein Vortheil ihn dazu einlüde , ſo war doch die oberſchnellendorfer Ue: bereinkunft der Königinn von Ungarn febr vortheilhaft , weil ſie dadurch einſtweilen einen thätigen und unterneh

menden Feind lo$ ward, und alle ihre Madyt zuſammen : drängen konnte , um ſie gegen die Franzoſen , Baiern und Sadyſen zu richten . 1)) Lord Hyndford to Robinson. - Oeuvres posth, du roi de Prusse. Tom. I. ch . 4.

Marie Therefte.

121

Hundert und zweites Sapitel. 1741

Einnahme von Prag.

1742 .

Der Sturfürſt von Baiern wird als

König von Böhmen gekrönt ; dann zum Kaiſer erwählt. .

Glúci der öſtreichiſchen Waffen. Eroberung von Bai Der König von Preußen ergreift die Waffen wie : ern . -

-

der. - Belagerung von Diműz und Einſchließung von Glaß . Zugdes Prinzen Starl von Lothringen und Rüd zug der Preußen nach Böhmen. - Smlacht bei Ezaslau -

oder Chotuſit. - Friedensſchluß zu Breslau zwiſchen Deft reich , Preußen und Sachſen . Glüd der Deftreicher und

Unglück der Franzoſen. - Marſchall Broglio in Prag ver ſperrt,

-

Günſtige Veränderungen für das Haus Defts

reich in England , Holland und Rußland. - Der König von Sardinien vereint feine Waffen mit denen der Kös niginn von Ungarn. Italieniſcher Feldzug. - Erobers ung des Herzogthums Modena. Der König von Neas -

pel wird gezwungen , eine Neutralitätsurkunde zu unters zeichnen .

Gaang nz Sdilejien

war durd, die Waffen des Königs vor Preußen unterworfen ; Oberöſtreid, und die Lauſiß größtens theils von Baiern , Franzoſen und Sachſen erobert. Kaum

hatte aber Marie Thereſie mit Friedrich II. Waffenſtilſtand, fo ſammelte ſie ein bedeutendes Heer , um Prag zu Külfe zu eilen , welches die Verbündeten bedrohten .. Sofort für te der Herzog von Lothringen den neuen Aushub von Un . garn nad 3naim ; zu ihm ſtieß Feldmarſchall Neuperg mit

den Trümmern des fdhleſiſchen Heers ; Graf Khepengüller und zwei Regimenter der Wiener Befaßung , und kurz nach .

122 Hunderfundzweites Kapitel . 1741-1742. ber Fürſt lobkowiß mit einem Beobachtungsharſt aus Pils ſen. Da der Herzog von Potbringen damabis an der Spit. fe eines Heers von 60,000 Mann ſtand , ro eilte er , nadı Prag zu ziehen ; drei Wegſtunden aber von dieſer Haupt, ftadt erfuhr er zu ſeinem Leidweſen , daß der .

26. Oct. Feind die Nadt vorber durd, Ueberfall einge fogen und die Befasung , welche nur 3000

Mann ſtark war , gefangen ſei. Un demſelben Tage hielt der Kurfürſt von Baiern einen Siegeseinzug in Prag. Am 19. Nov. ward er daſelbſt als König von Böhmen gekrönt, und nadidein er eine Regierungsverweſung errichtet , begab er ſich nach Frankfurt auf den Reichstag.

Marie Thereſie hatte gehofft , ihrem Gemahl die Kai perkrone aufs Haupt zu reßen ,1 und , um ihm Böhmens Wahlſtimme zu verſchaffen ,. meld)e nad; der Neidysverfal. 1

fung von Feinem Weibe gegeben werden konnte , ihm die

Mitregentſchaft diefes Königreid ; ertheilt. Dieſe Verfü. gung ſchien den meiſten Gliedern des Wahltags uidyt ges

feßlid ), und du der Kurfürſt von Baiern als König von Böhmen anerkannt war , ſo wurde was dieſem Staate.zu :

tommende timmrecht einhellig eingeſtellt. Hinſichtlich der Neutralität von Hannover , welche Georg II. hinderte ; für das Haus Deſtreid, ju ftimmen , des Abfalls Auguſts III. Königs von Pohlen und Kurfürſten von Sadſen , und I

1

24. Jan. endlid, der Feindſd )aft des Königs von Preußen

1742. fiel die einmüthige Wahl der Verſammlung auf den Kurfürften von Baiern , der am 22. Febr. 1

1742 fu Frankfurt gekrönt ward, und den Nahmen Karl VII, annahm.

Während aber dieſer Fürſt einen leeren , eitlen Nah. men , annahm , ließ , er fid, die ihm von ſeinen Uhnen zuges 1

fallenen Länder entreißen . Da der Herzog von Lothringen Prag nicht hatte befreien können , ſo hatte er ſid ),hinter

die budweiſer Sümpfe gezogen ; eine Stellung, die im . Huffitenkriege der berühmte Ziska genommen ; dort deckte

Marie Therefte.

123

er den Zug der Sendhaufen , die nach Baiern vordringen ſollten . Der Kriegsentwurf war ſehr klug verkettet , und Khevenhüller, der unternehmendſte und glücklichſte der öft. reidiſden Heerführer , führte ihn geſchickt aus. Das Haupt, beer in zwei Harſten , einer unter des Herzogs von Lothrine gen , der andere unter des Fürſten von Lobkowiß Befebl , blieb in Böhmen , um dort den Feind im Sdad) zu halten. Khevenhüller rückte an der Spiße von 30,000 Mann ſchnell nad Oberöſtreid, vor , ſperrte Linz , wo 10,000 vom Gra: fen Segur befehligte Franzoſen durd, die ungeſtümen an. griffe der leichten S daaren unter Menzel , einem berühms ten Parteigänger , furückgetrieben worden waren. Zu gleis der Zeit nahm Feldmarſdal Bärenklau Schär: 7

Jan. ding , und ſchlug einen L113 zum Zuzuggeſende: 23. 1742 ten baieriſchen Harſt. Graf Segur mußte weidien , Khevenhüller verfolgte ſeinen Vortheil, bezwang Paſſau und alle Zugänge zu Baiern .

Dieß war aber nur Vorſpiel größeren Glücks.

Khe

venhüller drang in Baiern ein , und überließ das Land den

plünderungsſüdytigen Schaaren , die fid ) zu feinem Banner verſammelt hatten . Ihn unterſtüßten die Tyroler , die von ihren Bergen herabkamen , und bis an die Thore von Mün. den drangen , wo Khevenhüler , der kein Hinderniß fand

gerade an dem Tage einjog , als der unglücklidye Kurfürſt zum Kaiſer erwählt wurde 1). In Verlauf dieſer Ereigniſſe brad der König unn Preußen próglich den oberſdynellendorfer Vertrag.

Das

Glück der " ſtreichiſden Waffen in Boiern machte ihn be forgt, die Königinn von Ungarn módyte Schleſien wieder baben wollen .

Er hatte mit dem Kurfürſten von Baiern ,

als König,von Böhmen , einen Vertrag geſchloſſen und ihm die Grafſchaft Glaß für 400,000 Kronen abgekauft. Um fid , dieſen Erwerb und ſeine Eroberungen zu fidyern ,

1) Pelzel, S. 865.

124 Hunderíundjweites Kapiteľ. 1741-1742. rendete er Marſdall Schwerin , fidh Olmühens zu bemäds.

tigen , und belagerte Glaß weld)es ſich nud, bartnäckigem Widerſtande ergab i ).

Unter dieſen Ilmſtänden war Friedrid) II. wieder , wie

vorher , der thätigſte Feind des Hauſes Deſtreid). Er bes gab fid) nad, Dresden und ſud ;te Uuguſt III. feiner Sdylaffs beit zu entreißen. Auf ſeiner Rückreiſe nad Mähren ging er durd , Prag , um mit Marſdal Broglio einen Kriegs,

plan ju verabreden . Als er wieder bei ſeinem 23. April. Heere war , kurz nad, der Uebergabe von Glaß, ſudyte er die Deſtreidyer aus der vortheilhaften Stellung im ſüdlid )en Theil Bohmens zu vertreiben , wo

durd , die franzöſiſden Schaaren daſelbſt freien Spielraum gewonnen bätten , und Khevenhüller in ſeinen Fortid ritten .

in Baiern gehemmt worden wäre. Friedrid, rückte bis Jg= {lau

por , befekte die Ufer der Sana von Znaim bis Gis

diirgen , that Einfälle in Oberöſtreich , und ſeine Huſaren verbreiteten S dyrecken bis vor die Shore Wiens 2). Die Deſtreider waren ihrer Seits aud, nid)t unthäe

tig. Ein Harſt von 10,000 Mann ward , die Hauptſtadt zu becken , aus Baiern gezogen. Die ungariſdyen S daaren , die ſich an der mähriſden Gränze ſammelten , bedrohten

die Speicher, weldje der Feind in Oberſdyleſien angelegt hatte , wo Prinz Karl von Lothringen an der Spiße des Hauptheers einzudringen ſich anſchickte. Dieſe Bewegungen zwangen Friedrid ), beträchtlide Harſte zu Deckung feiner Speider zu entſenden , Mähren zu räumen und ſid, nady

Böhmen in die Gegend von Chrudim zurückzuziehen. In dieſer Lage verließen ihn die Sadyfen , und da er von den Franjoſeu , wiewohl ſie Eger genommen hatten und bis Piſet 1

1) Oeuvres posth. Tom. 1. ch . 5. 1

2) Histoire de mon temps , Oeuvr. posth. Tom. 1. ch. 5.

7

125

Marie Therefte.

porgedrungen waren , keinen Beiſtand belam , ſo hatte er den Krieg allein zu beſtehen .

Seit dem Brud, des Waffenſtilſtandes hatte er mit. telſt Lord Hyndford dem Wiener Hofe unaufhörlid, Pors rdjlige gethan ; da aber aud, der mindeſte Vortheil ſogleid) ein Vorwand wurde , ſeine Forderungen zu ſteigern , ſo der . warf die Königinn von Ungarn alle feine Anträge mit Un. willen , und beiderſeits war man entſd,loffen , es auf eine

Odladt ankommen zu laſſen. Prinz Karl verließ Mäb. ren , wohin er Brünn zu Hülfe gezogen war , ging über die böhmiſcje Gränze und ſtand am 15. Mai unfern des Feine des. Am 17. in aller Frübe geriethen beide Heere an eins

ander. Die Deſtreicher hatten am 16. mit einem Eilzug Czaslau erreidt ; und Morgens darauf zogen ſie in vier

Heerſäulen aus , die Freußen anzugreifen , weldje beim Dorfe Chotuſiß ſtanden , und , als das Sdjießen anfieng , kaum fidy in Sdıladytordnung geſtellt hatten. Die Madt I

war ziemlid, gleid, und beiderſeite ftritt man bißig. Die Deſtreidyer gaben vielfache Beweiſe ihres höchſten Muthes. Ihr Fußoolt tilgte die am Tage von Molwiß erfahrene

Gdymad ). Ihre Reiterei behauptete den Ruf ihrer Tha. ten ; aber die Plünderungsluſt madyte , daß fie den ente

ſcheidenden Augenblick verſäumten. Zuleßt entſchieden die Tapferkeit und Kriegsjudyt des preußiſchen Fußoolis , die ( dyönen Bewegungen der Reiterei Friedrids , der ſich an fie idyloß , um ihren Bewegungen die fehlende Beſtimmte heit zu geben , und endlid, die Thätigkeit dieſes Fürſten den 1

Sieg. Die Preußen blieben Herren des Schlachtfelds. Sie nahmen 18 Kanonen und 2 Fahnen , und machten 1200

Gefangene. Von beiden Seiten war der Verluſt beträdits lid). Der König von Preußen hat ihn auf Seiten der Deſtreicher zu 7000 Todten , Verwundeten , Gefangenen und Ausreißern angegeben.

Nidit geringer war der ſeine ;

126 Hundertund zweites Kapitel. 1741—1742. *>

.

und er fühlte ihn gar wohl, denn ſeine ganze Reiterei war zu Grunde geridtet 1 ).

Wiewohl fiel der Sieg für die Preußen entſdieden hatte , fo waren doch die unmittelbaren Folgen der dyo : tufiger Sdylacht für Marien Thereſien äußerſt vortheilhaft, weil ſie beiderſeits den Wunſch nach Frieden weckten . Der

König von Preußen hatte nid)t das Gewünſchte erreidt , und die Königinn von Ungarn fühlte , zumahl , da ein Harſt von 10,000 Mann zu Verſtärkung der Franzoſen in Boh. men heranjog , die Nothwendigkeit, mit einem Feinde, der

eine ſo gefährlidye Diverſion madyte, fid) zu vertragen. Friedrich ſtimmte ſeine Forderungen herab ; und am 11 . Jun. unterzeidyneten Lord Hondford , kraft der von Mac rie Thereſien erhaltenen Vollmacht, und Graf Podewilz , der preußiſde Bevollmächtigte, in Breslau die Friedens,

bedingungen. Die Königinn von Ungarn trat an den Kö: nig von Preußen mit allen Hoheitsrechten ab : Ober - und Niederſdoleffen und die Grafiyaft Glaß, ausgenommen die Städte Troppau , Sägerndorf und die jenſeits der Oppa gelegenen hohen Gebirge. Der Endvertrag , wofür der

König'von England Währmann war , wurde am 18. Jul.

zu Berlin unterzeichnet. Auguſt III. war darin als Kur: fürſt von Sadſen mit inbegriffen. Er madı te fidh verbind lid ) , ſeine bei dem franzöſiſchen Heere befindlidyen Schaa . ren zurückzurufen und die Rechtskräftigkeit der pragmati fden Sanction anzuerkennen ; Verſpredjungen , die er hielt 2)

Damabls fing das Waffenglück den Deſtreiderit zu lädseln an. Kurz vor Unterzeidnung der Friedensbedins gungen that Fürſt Lobkowiß , der mit einem Harſt von 10,000 Mann zu Budweis ſtand, einen Angriff auf Frauens 1) Oeuvres posth. Tom. 1. p. 248. – 258. - Europ. Fabrb. 1

1742 .

2 ) Oeuvr. posth ch . 6. Gefch. Marien Theref. hist. des traités de peix , Tom. 2. p. 53 f,

Koch

Marie Therefte.

127

berg. Die Marſchäde Broglio und Belle . 3ble zogen ron Pirece dem Plaß zu Hülfe und bei Sabe tam es zu einem Gefecht , wo die Deſtreidyer mit Verluſt von 500 Mann zurück geworfen wurden. Dieſer Teichte Vortheil ward als ein ausgezeichneter Sieg dargeſtellt und nach dem Aus,

druck des Königridyen Gerdyichtsſchreibers machte die phar: faliſde Sdıladt in Rom nid )t mehr Aufſehen , als dieß kleine Gefecht zu Paris 1)." Der Marſchall von Broglio blieb fogar, aufgeblaſen von dieſem Glück und in Hoffnung, bald zum König von Preußen zu ſtoßen , in tiefſter Rube fu Frauenberg ; aber Friedrich war ſchon in Unterhand lungen begriffen und Prinz Karl konnte ſeine geſammte Madyt 1

gegen die Franzoſent ridten . Nadıdem Fürſt Lobkowiß zu ibm geſtoßen , griff er den Marſchall an und zwang ibn , ſo baſtig ſich nach Braunau zurückzuziehen , daß ſein Ger päck den leichten daaren in die Hände fiel. Da die piſecker Beſaßung fid) einem von Nadaſti befehligten Senda haufen nidyt ergeben wollte , ſo didamm ein

Kroatenbarſt durch den Fluß jeder bielt feint

8. Jun .

1

Degengebäng zwiſdyen den Zähnen. Sie ſtie . gen einander auf die Sdultern , ſtürmten und nahmen den Praß 2).

Prinz Karl lagerte auf dem weißen Berge auf der Kleinſeite von Prag , und Marſchau Feſtetiz mit 18,000 Mann friſdier aus Schleſien zurück gekommener Schaaren legte ſid, Neuſtadt gegenüber und vervollſtändigte die Spers rung. Bald idyloß fid, der Herzog von Lothringen an das Heer , das damablo 70,000 Mann ſtark war ; und das ein:

treffende ſchwere Geſchüß geſtattete den Deftreichern die Belagerung anzufangen. So waren denn , ausgenommen die Sad ſen , weldje im Begriff ſtanden , die Verbündeten 1 ) Oeuvr. postk, ch . 6. p. 261 .

B) Robinson to Lord Carteret. Wien 11. Jul. 1743. Oeuir. • posth. Tom. 5 « p . 265. — Hetzel S. 869 -

4

128 Hundertundzweites Kapitel. 1741-1742. fu verlaſſen , und einen kleinen bairiſchen Harft, die Schaa. ren , welche beim Anfang der Feindſeligkeiten das Haus Deſtreid, zu vernidten gedroht hatten , in Prags Mauern

eingeſd)loffen , und ein Şarſt von 10,000 Mann , welchen der Herzog ron Harcourt ſeinen Landsleuten zu Hülfe zu führen verſudyt hatte , ward an den Ufern der Donau durch

Khevenhüllers Kriegskunſt und überlegene Thätigkeit in Furdyt gehalten 1).

Die in Deutſdyland , England , Holland ., ſelbſt in Rußland und Dänemark gangbare Anfidt, daß Europa's Freiheit auf dem Hauſe Deſtreid) , als der einzigen , dem Hauſe Bourbon das Gegengewicht haltenden Macht beru.

be , war Marie Thereſten aber ro förderlidh , als der Ei 1

fer ihrer Völker und ihr Waffenglück. Sie benußte dieß gedickt , und knüpfte Unterhandlungen mit allen europäis Idyen Şöfen an , die ihren Feinden nidt fugethan waren. Großbritannien gab das erſte Beiſpiel und ergriff für ſic die Waffen . Robert Walpole , den der Wiener Hof im. mer als Feind, oder nid)t fonderlid) eifrigen Parteinehmer

angeſehen , war nicht mehr am Ruder ; und die Hauptge. ſchäftsverwaltung war Lord Carteret anver Febr.1742. traut , der ſich ſchon als warmen Freund des Hauſes Deſtreid bewährt hatte. Das neue

Miniſterium beeiferte ſich , Murie Thereſien die Verſidyes rung zukommen zu laſſen , daß es ihr mit allen Kräften des brittiſden Reid )s beizuftehn entſd loffen Tei. Die beiden

☆ äuſer im Parlament ſtimmten einınüthig für beträdytli die Aushebung von Mannſchaft und Geldauflagen. Die der Königinn von Ungarn , dem König von Dänemark und

dem Landgrafen von Heſſenkaſſel bewilligten Hülfsgelder wurden fortgezahlt. Sedyzehntauſend Mann wurden eine geſdrifft, in Flandern mit den hannoverſchen und berfiſden Hülføſchaaren , und einem ſehr ſtarken öſtreidiſdyen Harſt, 1) 0. P. ch. 6. - Pelzel S. 870.

Marie Thereſie.

129

ein Heer zu bilden. Dieſe großen Zurüſtungen feuerten die Holländer an . Die Generalſtaaten verwarfen den Ans

trag des franzöſiſchen Geſandten , ſid, neutral zu verbal. ten , vermeörten ihre Land- und Seemad)t und 6. Dec. bewilligten Marie Ibereſien 840,000 Gulden 1741 Külfsgelder 1 ).

Auch in Rußland war eine dem Haus Deſtreid, gün. ftige Veränderung vorgefallen.

Eliſabeth hatte die (dwa .

che und launiſche Regierung der Regentinn umgeſtoßen ,

den jungen Jwan in ein Gefängniß geworfen und den Thron Peters des Großen , ihres Vaters , beſtiegen. Da verlor

der König von Preußen durch die Verbannung des Felda marſd aus Münich einen ſehr verdienten Anhänger , und die vom Regierungsantritt einer geliebten Fürſtinn belebten Völker verdoppelten ihre Anſtrengung gegen die Schweden ,

die bei Wibelmsſtadt gänzlich geſdylagen worden waren , und 10,000 Gefangene verloren batten 2).

In Italien nahmen die Dinge ebenfalls eine günſtige Wendung für die Königinn in lingarn. Der König von Sardinien zürnte über den Ehrgeiz der Königinn von Spas nien . Er mußte , um Don Philipp das Mailändiſde mit dem Titel König der Combardei zu verſdaffen , die ganze Laſt des Kriegs tragen , obne nur den mindeſten Vortheil

davon zu haben. Auf Englands Anſuchen trug ihm Marie Thereſie , um einen Fürſten , deſſen Bundsfreundſd )aft ro wid )tig war , von ihren Feinden abwendig zu machen , ei. nige Abtretungen im Mailändiſden , und Uebertragung ih. rer Redyte auf Finale an. Seiner Seits verſprad) der Kő nig von Sardinien , die fremden Sdiaaren nid )t in die

Lombardei zu laſſen. Aber die Ausdrücke dieſes Vergleid)s waren ſo zweideutig und die Königinn von Ungarn hatte

ſo wenig Luſt, dem König von Sardinien , was er ver. 1) Tindal ,

22 ,

10 .

Kerroux hist. de la Holl . IV , 1186.

Manstein mémoires . p . 300.

Corr's Geſchichte Peft. IV. B.

130 Hundertundzweites Kapitel. 1741 1742 . langte , abzutreten , daß man dem Vertrag einen Geheim,

artikel beifügte , kraft deſſen dieſer Fürſt , wenn er ſid , eio nen Monath vorber erklärtt , dem geld lognen Bündniß entſagen konnte 1 ). Dennoch nahm er fid, Marie There. fiens an , ſelbſt als der Herzog von Montemar , der päpſte lidhen Neutralität und des Beitritts des Herzoggi von Mo: dena ſider , ſich an der Spiße der ſpaniſdien und neapolie taniſchen Heere dem Mailändiſden näherte , und das frais

föfiſde Heer durch Savonen in Stalien einzubringen beo reit war. Während des ganzen Feldzugs wehrte ein Harſt Sardinier dieſem Heer den Uebergang über die Alpen. Der König von Sardinien bezwang an der Spiße ſeiner übri. gen S dyaaren und von den Deſtreidyern unterſtüßt , das Herzogthum Modena und wehrte den Fortſchritten der Spa.

nier '2). Dieſe Unternehmungen unterſtüßte die im mit. teländiſdyen Meere kreuzende engliſde Flotte ſehr wirkſam . Endlich zwang aud, ein vom Commodor Martin befehlige tes ' Schiffsgeſchwader durch angedrohte Beſchießung den König von Neapel , die ſtrengſte Neutralität zu verſprechen. Da jedoch der König von Sardinien dem vereinten i Heer einen Cheil ſeiner S daaren entzogen hatte , um den

· Spaniern welche unter Don Philipps Befehl in Savonen eingerückt waren , die Spiße zu biethen, und den Uebergang über die Alpen zu wehren , ſo war der übrige Feldzug auf der Seite von Modena , durch kein wichtiges Ereig.

niß merkwürdig , und beide Heere bezogen im Monatb oco tober ihre Winterlager. Die Spanier hielten das ihrige im Bononiſchen und Romagna , die Deſtreicher und Sar.

dinier in den Herzogthümeru Modena und Parma 3). Oeuvres posthumes, 1) Muratori XII. , 2. 96. 2) Histoire de Marie Thér. — Muratori annal. XII. , 2. 98. 3 ) Muratori,

Marie Therefte.

13

Hundert und drittes Kapitel. 1742. Cat. Sperrung Prags. - Frankreichis innerer Zuſtand. dinal Fleury's Anträge. - Maria Thereſia's Entrüſtung

Marſchall Maillebois zieht Prag zu Hülfe. Wird vom Prinzen Karl von Lothringen aufgehalten. Schöner Rückzug des Marſchals Belle - Isle von Prag über Eger. Marie Thereſie wird Königinn von Böha darüber.

men . Die Trümmer des Belle's Jølerden Heers gehen nach Frankreich zurück.

Die Beſtürzung des Cardinals Fleury über das Mißge. (chick der franzöſiſden Waffen war eben ſo groß , als die Freude des Wiener Hofs. Niedergebeugt von der faſt des Alters , und geſchwächt durch ſeine Kränklich keit , war 1

Fleury nur um ſo zaghafter. Dazu kränkte er ſich auch febr über das innere Elend Frankreid )s.

Die Lebensmite

tel waren ſelter , die Unordnung im Staatsſdhaß hatte juo genommen , die Völker , die man im Anfang des Kriegs mit eitlen Eroberungsvorſpiegelungen geblendet hatte , murre

ten , als ſie nun die Gränzen bedroht ſaben. Der König überließ ſich dem Vergnügen und wurde von einer Partei geleitet , welche Sittenausgelaſſenheit mit Gewaltſamkeit verband. Die vom Herzog von Harcourt befehligten Schaa . ren ſtarben von Tag zu Tag an den ſumpſidytent Donau. ufern dahin. Das Heer , welches vor einem Jahre Deutſdy.

land Gefeße gegeben hatte , war in Prags Mauern eingea

132

Hundertunddrittes Stapitel. 1742.1

ſperrt, Hunger und Seuden Preis gegeben ; es durfte nur mit Verluſt ſeiner Freiheit dem Untergange zu entrinnen hoffen. Frankreid, batte jekt , von Preußen und Sad ſen

verlaffen , nur den neuen Kaiſer im Reich zum Bundesge. noffen, der aus ſeinem Lande vertrieben war und nur nodi von der Unterſtüßung dieſer Macht lebte.

Der Haß ,

welder England beſeelte, verpfianzte ſid, auf ganz Europa und das Haus Deſtreid ), welches ſid kräftig wieder hob , ward nun der Mittelpunct eines großen Bundesvereins gegen das Haus Bourbon.

In dieſer miſlidien Lage trug der Cardinal Frieden an. Seine Vorſchläge waren in einem Briefe an den Gra:

fen Königseck , der unter dem Herzog und dem Prinzen Karl von Lothringen befehligte , enthalten ; er entſdyuldig te fid, darin und warf die ganze Kriegsídymad, auf Belle. Isle Die einzige Antwort der Königinn von Ungarn auf 381e. dieſen Brief , der die Sdwäche des Briefſtellers verrieth , .

war , ihn öffentlid, bekannt zu ' madjen ; eben ſo geſdyab eie nem zweiten , worin der franzöfiſche königlice Miniſter ſide über gemißbraud,tes Vertrauen beklagte 1 ). Proß dieſes Bobns knüpfte man aber doc) Unterhands

lungen an . Marſchall Belles Isle erboth fid), aus Prag und den Landen der Königinn von Ungarn zu gehen , unter

der Bedingung, daß er mit Waffen und Gepäck abziehen dürfte. Der Herzog von Lothringen , der ſich durd ) Fries den mit Frankreid, den Titel König der Römer bewahren

wollte, nahm den Antrag günſtig auf. Prinz Parl , ſein Bruder , und Graf Königseck , der die Inannehmlichkeiten

furdytete, die aus der Belagerung einer Feſtung, welche die Beſaßung auf das äußerſte zu dertheidigen entſchloſſen war , entſtehen könnten , beſtärkten den Herzog in dieſer Geſinnung. Aber jeden Friedensvorſdylag verwarf Marie Thereſie, welde bei wiederholtem Geſudy in Gegenwart 1

1) Europ. Jahrb. 1745. S. 481-425.

Marie Therefte.

133

ihres ganzen Hofs ſtolz antwortete : ,, Id , will dem französ ſiſd en Heer keine Capitulation bewilligen ; ichy verbiethe , daß man mir irgend einen Vorſchlag oder Entwurf , der vom Cardinal kommt, mittheile ; alles , was von ihm kornmt,

würde mir verdächtig regn.

Wende er fidh an meine Bun .

desgenoſſen ! Dieſe Gnade allein gewähre id, ihm .“ Hier's auf meldete man ihr , daß Belle . Jdle neue Worldläge ge: than. ,,Id erſtaune," ſagte Marie Thereſie noch ſtolzer ,

,, über des Marſdalls Forderung. Man muß Er ſeyn , um fie zu wagen. Mit Geld und allerlei Verſpredjungen hat er die Religion faſt aller Reid sfürſten berückt, um Deutſd ). land gegen mich zu empören - und midy zu zerſdmettern. Nicht ich), nid )t meine Nad,kommen werden vergeſſen , daß

er in Friedenszeiten Kundſdyafter in Luxemburg gehalten , die Beſaßung zu verführen und die Stadt anzuzünden ."

Id habe zu viel mit dem franzöſiſd en Hofe zu ſd af. fen gebabt ; gezwungen vom Drang der Zeiten habe ich meine königlide Würde vergeffen und an den Herrn Care dinal in Ausdrücken geſchrieben , welde den härteſten Fel.

ren erweicht hätten. Er hat meine Bitten verſd mäht; man bat mir geantwortet , ich käme zu ſpät , der allerchriſtlide König hätte bereits ſid) in Verbindlid; keiten eingelaſſen , ' welde zu breden nicht mehr in feiner Macht ſtände. Idy

babe Urkunden in Händen ; ſie beweiſen , daß man Deutſds land an allen vier Enden anzünden , die Reid;dgrundges rebe umſtürzen und hier Aufruhr erregen wollte. Ich will dieſe Beweiſe der Nadwelt überliefern , damit das Reich künftig nid) t in eine Sdlinge gebe , worin es das Gefeß

einer auswärtigen Macht annehmen müßte 1 ). " In dieſer Verwerfung jeglichen Vergleichsvorſdylags beſtärkte die Königinn von Ungarn nid)t nur der brittiſd ; e 1

Staatsrath , ſondern audy ihr eigner. Lord Carteret ging

auf Georg II. Abſidyten ein , um eine Zerſtückelung Frank, !

1) Mémoires de Richelieu . Tom. VI. p . 189. f.

134

Hundertunddrittes Kapitel . 1742 .

reidis zu bewirken und ward darinn vom Lord Stair , dem Oberbefehlshaber der brittiſden daaren in den Nieder , landen , unterſtüßt , welcher dem Hauſe Deſtreich rieb , ſeine Eroberungen zil behalten und den Kaiſer mit den dem Feinde abzunehmenden fändern zu entſchädigen. Einen Ent. wurf , der fo ganz nad) Marie Thereſiens Sinn war , nahm das Wiener Cabinet gar gern an. So fdmeidelte ſich alſo die Fürſtinnt, midt bloß Lothringen und alles , was ihr ihr Vater in Italien überlaſſen hatte, wieder zu bekommen , ſondern auch das Elſaß zu erobern , und Baiern zu bebal. ten. Dieſe Erwartung aber ward getäuſdyt. In Frank reid, gewann die für Krieg ſtimmende Partei die Oberband und that alle , die Heere aus der gefährlichen Lage zu fie: ben , worin fie fich befanden . Da man der Neutralität der pereinten Provinzen rider war und wohl wußte , daß England auf dem feſten Lande nidyt angriffsweiſe verfahren würde , ſo faßte das franzöſiſdye Cabinet den kühnen Ento fdluß , das Heer des Marfd )aus Maillebois aus Weſtpha. Tengegen Frag ziehen zu laſſen . Es war ein 600 (engl.) Meilen langes Land , voller Engfale und von feindliden 1

Sdaaren belebt, zu durdyzieben. fdınell , all entſdyloſen ausgeführt.

Der Entwurf ward fo Maillebois ließ , die

Bewegungen der Engländer zu beoadyten , einen Harſt in Flandern , rückte in Eilzügen nad Baiern vor und kam am

14. Sept. ju Amberg in der Oberpfalz an. Dort ſtieß Seckendorf 1 ) mit baieriſden Schaaren zu ihm. Der Graf von Sudiren , an welchen die Befehligung des harcourſdien

Harſtes gefallen war, täuſdyte Khevenhüller mit geſchickten Bewegungen, und bewerkſtelligte ſeinen Anfdluß an den Kern des Franzoſenheers . Maillebois , der nun 60,000 Mann

zu Gebothe batte , kehrte mad, Prag. Nachdem er See ckendorf , Baierns ſid) zu bemächtigen , geſendet , Tebte et 1) Sedendorf war aus Oftreichiſchen in die Dienfte Kaiſers

Starl VII . getreten, und Dberbefehlshaber der baieriſchen Schaaren geworden.

Marie Therefte.

135

ſeinen Zug gegen Eger fort, und erhielt die angenehme Nadya ridt, daß Marſdal Broglio mit 12,000 Mann dort aus.

gezogen , und bis in die Gegend von Leutmerif vorgerückt rei , um fidy mit ihm zu vereinigen. Interdeſſen war der Laufgraben vor Prag eröffnet wors den , und die Belagerung wurde , wenn nidyt mit vielKunſt

und Erfolg , dod, mit unendlicher Thätigkeit betrieben . Die Belagerten litten viel durdy Mangel an Lebensmitteln. Meh rere Wodyen lang lebten die Soldaten nur von Waſſer und Brot , und ſelbſt Pferdefleiſch ward für die Hauptleute und Kranken aufgehoben. Dennod, thaten die Franzoſen ſtets Ausfälle ; wiewohl ſie aber die IInternehmungen der Deſtreia dier hemmten , und in einem Treffen einen ausgezeid ,neten Vortheil erlangten , blieben ſie dod immer in dem Umkreis der Feſtung eingeſperrt 1 ). 1

218 Maillebois beranzog , that der Herzog von Lothritte gen Vorſdıläge, weld e der franzöſiſchen Regierung überſen . det wurden. Uber , ,, damit Graf Königscct fid) nid ) t länger durch Belle . 3818 $ Redekünfte und hinterliftige Vertraulid. keit täuſchen laſſen könnte , " verboth die Königinn von Uns garn alle Conferenzen. 216 fie fah , daß ihr Gemahl fich ets was berauszunehmen anfing , erklärte fie , ſie ſei nid )t geſon . nen , einen Staatsrath beim Heer und einen in Wien zu har ben , verläugnete jede ungeſeklide und dem Staatsvortheil juwiderlaufende Verhandlung, auf wem nud , immer der

Schimpf fallen módyte.“ Sie befahl dem Herzog von Lothrins gen , jeden Antrag Frankreichs zu verwerfen , der nichts von Abtretungen in Baiern enthielt 1, und , da ſie ſogar die in

Deutſdıland befindlid)en franzöſiſden Sdjaaren vernichten wollte, ſelbſt ihren Anträgen gemäße Bedingungen wo möglich nicht einzugehen 2). 1 ) Pelzel , S. 874 . 2 ) Robinson's dispatches.

136

Hundertunddrittes Kapitel . 1742 . @o batten denn die Deſtreidyer die Belagerung eifrig

betrieben . 218 Maillebois beranzos , batte Prinz Karl in der Gegend von Prag einen Harſt leidyter Sdaaren gelaſ fen und war vorgeruckt , um den Foriſdritten des französ

fiid, en Heers Einhalt zu thun. Dieſe Gelegenheit hatte Marſdal Broglio ergriffen , Prag verlaſſen , und mit ſei nem auf 12,000 Mann geidymolzenen Harſt leutmeriz gee wonnen ; Pring Karl aber hatte , durd, Khevenhüller ver, ſtärkt, die Paffe Saß und Kaden beſeßt , und ſo kinderte

er Maillebois , nady Prag vorzurücken. Die von dieſein Marſdall befehligten geldymolzenen und durdy langen Zug

geſd wächten Schaaren konnten die Hohlwege nid)t erzwin gen , und weil es ihnen an Lebensmitteln fehlte , räumten fie ein erſdöpftes Land und warfen ſich in die Oberpfalz

zurück. Von dort aus ſudite der franzöſiſdie Heerführer dem Feinde Beſorgniß für Oberöſtreid, einzuflößen , und bes gab ſid nad, der Donau , über weldje er am 12. Dec. .

ging. Da der Prinz durd) Beſißnahme von Paſſau ihm zuvorgekommen war , ſo gab Maillebois den Plan , Prag beiguſi el en , auf, und dlug ſein Winterlager zwiſchen der Sfer , Inn und Donau auf. Marſdall Broglio , dem der An: ſdyluß an ihn nid)t hatte gelingen wollen , ſammelte Lebens mittel und führte ſeine S daaren nad, Prag zurück , von wannen er perkleidet entwiſchte, fum franzöſis 1

15. Dec. (djett Heer kam , und , nad dem Maillebois zu: rüdberufen worden , die Befehligung übernahm.

Unterdeffen hatten 18,000 Mann unter dem Fürſten Lobkowiß Prags Sperrung wieder vorgenommen.

Die

Franzoſen litten grauſamen Mangel an Lebensmitteln und in einem ſehr ſtrengen Winter an Holg. Die Umziehung dauerte mehrere Wodyen. Der Wiener Hof erwartete die

Nadrid )t, daß die franzöſiſchen Schaaren fid) auf Gnade und Ungnade ergeben hätten , und erfuhr zu nid )t geringem

Erſtaunen , daß Marſda Belle Isle glücklich ſeinen Rücks jug genommen . !

137

Marie Therefte.

Zufolge des ftrengen Winters und der, zwei Wegftuns den weit um die Stadt auf des Prinzen Karl Befehl ver. heerten Umgegend, batte Fürſt Lobkowiß ſein Lager jenſeits

der Mulde , zwanzig Meilen davon , aufgeſchlagen. Er hats te nur einen Sendhaufen Huſaren zurückgelaſſen , den Feind 8!1 beobachten , den er gar nid)t im Stande glaubte , einen !

hundert Meilen weiten Sug in Sdynee, in einem mit faſt unzugänglichen Gebirger überfäeten , von Hohlwegen durch . fuynittenen und von ſeinen leidyten Schaaren häufig durd.

ſd wärmten Lande zu thun. Dazit wußte er , daß die Frane 30ſen durch Krankheiten geſd ;wädyt waren , und daß es ih. nen an Kleidungsſtücken fehlte. Dieſe Hinderniſſe hielten aber Belle . Isle nidyt auf ; er hinterging die Bewohner Prago , vereinte 11,000 Mann Fußvolk und 3000 Pferde, mit 30 Stück Kanonen und Lebensmitteln auf zwölf Tage in eine einzige Heerſäule , jog in der Nadit vom 16. Dec. ab ; und ließ Kranke und Verwundete mit einem Abtrab zu

ihrer Bewachung zurück. Anfang durd )zogen die Franzoſen ein offnes , dreißig Meilen langes land, ohne andere Anfälle als die der Hu.

ſaren und leidyter Sdyaaren abwehren zu dürfen . Sie ver . mieden die von Deſtreidyern befekten Hohlwege , gingen über gefrornes Sumpfland, durch faſt undurchdringlid)e Wäl. der und kamen am 12. Sage in Eger an , obne mehr als hundert Mann durch Feindes Sdwert eingebüßt zu baben. Gleid wohl hatte nie ein europäiſdes Heer mehr Ungemach erlitten. Die Soldaten batten zur Nahrung nid )ts als ges frornes Brot , jum Lager Schnee und Eis gehabt , worauf ſie ſich ohne Bedeckung ſtreckten. Bor Strapabe und Käl.

te kamen unterwego über 1200 um. Die Wege ," ſagt der Geſchidytſdyreiber von Böhmen , gewährten einen graue ſigen Unblick. Sie waren mit Leidyen bedeikt, man fab Haufen zu hundert und zweihundert, Hauptleute und Ger

1

Hundertunddrittes Kapitel. 1742.

138

meine durd, einander 1 )." Viele andere hatten Glieder er: froren und mußten ſie ſich in Eger abidneiden laſſen ; un. ter 'den übrigen ridytete ein bösartiges Fieber fürd )terlide Verwüſtung an. Auf dem Rückzug ließ Belle. Išle , der eines Gid)tfluſſes wegen weder geben , noch reiten konn. te , fich überall , wo ſeine Gegenwart nöthig war , hin

tragen. Er erkundete und zeigte alle Wege , und führ. te über das Kleinſte Auffidt. Troß des Verluſtes aber, den er erlitt , hatte er doch die Freude , die auserleſen .

ften franzöſiſdien S daaren zu retten , alle Kanonen mit ſeines Herrn Wappen mitzunehmen , und dem Feinde nid )ts ju hinterlaſſen , was ihm als Siegeszeichen bätte dienen konnen 2).

Die 6000 in Prag zurückgelaſſenen meiſt kranken und verwundeten Franzoſen dienen nur von des Siegers Großs

muth ihr Heil erwarten zu dürfen. Fürſt Lobkowik , den Belle - 3 $ le's Rückzug ärgerte , forderte , daß ſie lid, auf Gnade und Ungnade ergäben ; aber ihr wackerer Unführer Chevert antwortete dem Hauptmann , der ihm den Antrag that : ,,Sagen Sie dem Fürſten , wofern er mir nicht fries

geriſche Ehre zugeſteht, ſo zünde id) Prag an allen vier Ecken an und begrabe mid) unter ſeinen Trümmern.“ Der Wunſch, Böhmens Hauptſtadt zu retten , madyte , daß man ihm feie

ne Forderung zugeſtand. Er ſtieß zum franzójiſchen Heer in Eger 3). 1 ) Pelzel , S. 882 .

2) Man hat den berühmten Müdzug von Prag in Frankreich gleich ſehr getadelt , mie gelobt. Friedrich Ủ. fcheint hier: über das Nöthigegeſagt zu haben , wo es heißt : „ Belles Isle's Anordnungen waren gut; das einzige, was man ihm etwa zum Borwurf machen könnte , wäre, daß er auf dem Zuge ſeine Leute nicht genug geſchont. “ Oeuvr, p. Tom . 2. p . 2 • 3) Mém. de Richelieu VI. 251 . Pelzel S. 885. nales du règne de Marie Thérèse. 1

An

Marie Therefte.

139

Man hat dieſen außerordentlidyen Rückzug init line recht einem Einverſtändniſſe zugeſchrieben. Zwar freute ſich

die Königinn weit weniger über die wiedergewonnene wich .

tige Stadt, als es ſie kränkte , den Feind' entrinnen zu ſe . ben 1) ; indeß ließ ſie ibren Verdrupi offentlich nicht mer. ken 1, ſondern feierte vielmehr die Uebergabe Prags mit eio

nem glänzenden Feſt. Da ſab man Wagenrennen nad, grie. diſder Weiſe ; und , ihr Geldsledyt zu ehren , geſtattete die Königinn nur Frauen , in die Rennbahn zu treten. Sie ſelbſt .

erſchien dort oon ihrer S dyweſter begleitet 2 ).

So war alſo am Ende des Feldzugs ganz Böhmen bis auf Eger wieder erobert , und Marie Thereſie ward bald in Prag als Fürſtinn eines Königreidos gekrönt , nju deſſen Wiedererlangung," wie der Königliche Geldsid,tſdreiber ſagt, „ bre Standhaftigkeit ſo viel und mehr beigetragen hatte, als die Gewalt ihrer Waffen 3)."

Der einzige Unfall , der die Deſtreicher mitten im Glück

traf , war der augenblickliche Verluſt Baierns , weldjes bei Khevenhütters Rückzug vom Feldmarſdad Seckendorf be.

ſegt wurde. Dem gemäß fog der Kaiſer am 2. Oct. in Mün. d ) en ein,

Uın 2. Jan. fog Belle Isle , nadıdem er eine Beſte jung daſelbſt gelaſſen , von Eger ab, und führte die Trüm ,

mer ſeines Heers nach Speier , wo er über den Rhein ging. So endete dieſer ſonderbare Feldzug , den dieſer General mit 40,000 Mann begonnen , an deren Spiße er als Geo

fet geber und Eroberer nad) Deutſchland gekommen war , weldjes er nun , als Flüchtling , bloß mit 8000 Mann wieder mied.

1 ) Robinson's dispatches 1741. Er ſpricht überall von Mas rie Thereſiens Franzoſenbaß und ihrem Verdruß , daß fie aus Prag entkommen.

2) Fantin des Odoards histoire de France III. 339, 3 ) Oeuvres posth. II . 17.

Hundertundviettes Kapitel. 1743 .

140

Hundert und viertes Kapitel. 1743.

Cardinal Fleury ſtirbt. Schilderung des Hofs Ludwigs, xy. - Günſtige Lage des Hauſes Deffreich. - Striegss Schlacht bei Dettins unternehmungen in Deutſchland. gen.- Händel in Italien. Schlacht von Campo Santo.

- Wormſer Vertrag.: - Unthätigkeit der Verbündeten nach der Schlacht bei Dettingen .. - Ende des Feldzugs. Print Starls von Lothringen Vermählung mit der Erzs berzoginn Marie Anne .

Der er

Anfang des Jahrs 1743 iſt merkwürdig durch den Tod des Cardinals Fleury , der auf dem Dorfe

30. Jan. Sify bei Paris im 90. Jahre ſeines Alters ſtarb. Er hatte Frankreich fiebzehn Jahr vollkommen

uneigennübin regiert ; war aber mehr geeignet , der inne ren Staatsverwaltung vorzuſteben , als Kriegsunternehmun gen zu leiten . Die Sorge , welche er auf Herſtellung des Staatsſdates verwendet , hat ihm den Vorwurf zugezo

gen 1, als habe er das Seeweſen ganz vernachläſſigt und den kriegeriſchen Muth des Volks erkalten laſſen. Wiewohl in feinen leßten Lebensjahren ſeine Geiſteskräfte merklich ranken , ro batte ihn dod ſeine Madyt über den Geiſt des Herrídyers und ſein langes Gefdäftsleben auf der erhabenen Otelle

erhalten 1, wo er alle Kräfteder Verwaltung auf einen Zweck richtete. Mit Cardinals Fieury Tode (dien Ludwig XV. aus langer Minderjährigkeit zu treten und beſchloß nun , die Zü

Marie Thereſie :

141

gel ſeines Reidys felbft zu faffen. Er ernannte: keinen er. ften Miniſter und arbeitete , wie Ludwig XIV . , mit den 1

Staatsſecretären , welche die verſdiedenen Geſdhäftsbehöre den über fich hatten. Aber dieſer Eifer erlofd, bald ; der Hang zum Vergnügen gewann wieder die Oberhand , und weil

die Geſchäftsführung mebreren von einander unabhängigen Miniſtern überlaſſen wurde 1, ſo warnur wenig Einbelligkeit in der Regierung .

Dieſe Miniſter waren Cardinal Tencin , d'Argenſon , Drry , Graf Maurepaß und Amelot. Cardinal Tencin ; Staatsminiſter , hatte glänzende Anlagen , warziemlid , une 1

ordentlich in ſeinem Wandel , ehrgeizig und tradytete ein zweiter Fleury zu werden. Argenſon , der das Kriegswee

ſen über ſid, hatte , war Kanzler des Herzogs von Orleans geweſen und kannte die Gefeße beffer , als das Kriegsme: 1

fen . Der General . Controleur Orry war ein redlidyer ords

nungéliebender Mann. Er befolgte den vom Cardinal Fleu. rn vorgezeidyneten Plan der Staatswirthſchaft ; nur wenn es Luſtbarkeiten für den König galt , with er davon ab , und die Feſtigkeit, womit er die Forderungen mander of: linge zurückwies, hatte ihn verhaft gemad ) t. Graf Mau : .

repas , der dem Seeweſen vorſtand, war merkwürdig durdy Wik , lebhaftigkeit , Sittenanmuth und leid )tigkeit , wo. mit er ſatiriſde Balladen und flichtige Poeſien verfafite ,.

hatte viel Eifer und wollte Frankreich zum Beherrſcher des Meers madyen . Amelot hatte ſeiner Friedſamkeit wegen vom Cardinal Fleury), bei deffen Lebzeiten er nur erſter Sdireiber und Geſchäfsführer geweſen , die Verwaltung 1

der auswärtigen Angelegenheiten überkommen. Er war ein unterrichteter , aber nicht einnehmender Mann 1, und da er

etwas unbeholfen (prad ), fu mündlichen Unterhandlungen nicht geeignet. Der Hof zu Verſailles wurde durch die Ränke der

! Herzoge von Noailles und Nichelieu und der Favoritinnen beunruhigt. Der Herzog von Noailles , Neffe der Frau von

142

Hundertundviertes Kapitel. 1743.

Maintenon 1, war Ludwigs XIV. Syſtem zugethan.. Er beſonders hatte dem König eingegeben , ſelbſt ſein erſter Miniſter zu ſeyn 1).

Mit großen Anlagen zu Geſchäften

und zum Kriege warf er fid in die Hofränke und verbarg ſeinen Ehrgeiß unter Offenbeit und Einfalt. Er wurde von allen Miniſtern verabſdeuet und durchkreuzt ; alle ,

wie uneinig unter fid ) , vereinten ſid) dod) gegen ihn. 216 Feldherr wollte er alle Staatseinkünfte nur zu Erhaltung der Kriegsbebörde benußt feben. Herzog Richelieu hatte als Anordner der Luſtbarkeiten des Fürſten Einfluß ; aber , troß der IInterſtüßung der Favoritinn, der Herzoginn son Chateaurour 1, bemühte er ſid, dod, vergebens , die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten zu überkommen ; wozu er fid, theils durch ſeine Kenntniffe , theils durch die auf ſei:

ner Geſandtſchaft nach Wien bewährte Gewandtheit 2) geo eignet glaubte. Dieſer Ureopag alſo," ſagt der könige Tiche Geſchidhtſchreiber, „regierte Frankreid ) ; eigentlid, war es eine Ariſtokratie , oder gar ein dyiff, das ohne Com. paß auf ſtürmiſdem Meer ſteuerte und nur den Antrieb der

Winde zum Syſtem batte. Uuter dieſer neuen Verwaltung gedieben die Heere nicht 3).“

Indeß Frankreidys Uebergewicht nad, außen merklidy

pank, ſiegte Marie Thereſiens Sache durch ganz Europa. Der Eifer des Königs und Parlaments von England war nicht erkaltet. Die Hülfigelder , 300,000 Pf. St. ,, wur .

den fortgezahlt , dem König von Sardinien wurden 200,000 bewilligt 4). Das Heer , welches Graf Stair in Flans dern befebligte, ſchickte ſich an , über den Rhein zu geben, um in Deutſchland zu wirken. Die Generalſtaaten ſtellten 60,000 Mann und bereiteten ſic), itod, beträdytlidyern Beie 1) Millot mémoires polit. et milit. V. 319-332. 3) Was Ludwigs XV. Maitreffen und ſeinen Hof anlangt, f. Mémoir, de Richel. VII . 100.-

3) Oeuvr. posth , II. 8 .

114 .

4) Tindal XX. 18 .

1

Marie Therefte.

143

Hand zu leiſten. Die immerfort geſchlagenen S dyweden konne ten den Krieg nid )t fortſeßen, und Rußland batte Febr. mic England ein Schußbündniß geſchloſſen. So 2.1742. konnte Marie Thereſie einen Theil der Bundesger noſſenmadyt mit ibrer eigenen vereinigen. Baiern war die Bühne der erſten Unternehmungen des

Feldzugs. Im Anfang Mai's zwang Prinz Karf mit des unternehmenden Marſd)aus bevenhüller Beirath , die franto zöſiſden Vorpoſten , fid auf die Sſer zurückzuwerfen. Ure (dynell warf er ſich auf Braunau und Idlug nad, einem wüthenden Kampfe einen Baiernharſt, der ſtark in Erblach perſdanzt war. Er nahm ibm Fahnen , Geſdyüß , Gepäck .

und 6000 Gefangene , worunter der Befehlshaber des Harits , Minucci , war. Hierauf verfolgte er ſeine Unternehmun. 1

gen gegen die Franjoten weiter, und zwang Marſdal Broge lio , wiewohl er ſich mit 12,000 Mann von Marſdjad Moail. les Heer verſtärkt hatte , ſid, über den Rhein zurückzuzie. ben. Zu derſelben Zeit ſperrte Fürſt Lobkowiß Eger , jago te den Grafen von Sadyſen aus der Oberpfalz und begab fidh nach der Donau , um einſtimmig mit Prin ; Karl zu wie

ken. Endrid, verheerte audy Baron Steinig, der aus Tyrol kam , Südbaiern.

Beſtürzt über die Fortſdritte des Feindes filoh Ser unglücklidye Kaiſer aus München und befahl , da er von Frankreich keinen Beiſtand zu erwarten hatte , dem Mar. (dhal Seckendorf, der ſich mit einem kleinen Heerbaufen

mmer in Baiern behauptete , einen Neutrafitätsvertrag zu ( dhließen, mittelſt deſſen er ſeinen Rediten auf die mitreidi. ( dve Erbfolge entſagte, und ſeine länder bis zu einem allgemeie nen Friedensſchluß der Königinn von Ungarn überließ . Dos

fort zogen ſich die bairiſdzen Schaaren nad) Franken und Karl VII. flüchtete nach Augsburg und darauf nach Frantfurt 1). 1 ) Histoire de Marie Thérèse. de France III . 338

Pelzel 885 899.

340.

Fantin des Odoards hist.

Oeuvres posth. II . 8. ,

144

Hundertundviertes Kapitel. 1743. Nadidem fid, Marſdall Maillebois in eine andere Se.

gend Deutſdılands begeben , und ſo des Königs von England

Beſorgniß für Hannover gehoben war , teigte ſid , dieſer Fürſt ju thätigerer Tbeilnahme am Kriege. 4

Die in den

Niederlanden befindliden engliſdyen und Öſtreid iſden Sdad. ren zogen unter Graf Stair nadh dem Main. Unterwegs verſtärkt von mehreren bannőveriſdien und beſteld en Schaas ren , gingen ſie am 14. Mai über den Rhein und langten 23. in der Gegend von Frankfurt an. am ,

Ein franzöſiſdjes

am Rhein geſammeltes, und vom Marſdall Herzog von Noailles befepligtes Heer, hatte ſich an die Neckarufer begeben , um den Zug der Verbündeten zu bemmen und ihre Vereinigung mit dem Prinzen Karl zu verhindern. Lord

Stair drang , um den Obermain zu gewinnen , bis Ardyaf. fenburg , wo er ſein Hauptlager aufſchlug, vor. Er ward in ſeinem Zuge vom Marſchau Noailles aufgebalten w , el. der die oberhalb Aſdyaffenburg gelegenen Hohlwege , und die Poſten am Obermain befekte , und nurd ) Brücken , die

er zu Seligenſtadt (dy lug, fidi zum Herrn vom Niedermain madjte. Da folchergeſtalt das Heer der Verbündeten auf die Gegend von Aſd affenburg beſdıränkt war , und nid )ts auf dem Main beziehen konnte , ſo litt es allmählig außer:

ordentlid, an Lebensmitteln. Unter dieſen Umſtänden kam Georg II . , vom Herzog von Cumberland , reis 19. Juni nem zweiten Sohn , begleitet , im Lager an , um Zeuge der traurigen Lage ſeiner daaren zu ſeyn , denen nid )tó übrig blieb , als ſich gefangen zu ger

ben , oder fich durch ein an Zahl weit überlegenes Heer , das aller Hohlwege Meiſter war , durchzuſdylagen . -

Die Gegenwart des Monardhen flößte den Sdaaren 'neues Feuer ein , und er war entfdyloffen , gegen HXnau

ju ziehen , wo die vorzüglid ,ſten Speider und ebetinin Karſt von 12,000 Mann Hannoveraner und Heffen einge: troffen war. Um 27. um Mitternadyt brad, man das Las ger ab , und bald war Aſchaffenburg vom Feinde belebt.

Marie Thereſie.

145

Zu gleicher Zeit ging ein franzöſiſcher Harſt über den Strom bei Seligenſtadt und ſtellte fid ) in Sdılachtordnung , den

rechten Flügel bis an Welmisheim und den Main ausges dehnt , Iden linken durdy ein Holz gedeckt. Vorn hatte die, ſer Harſt den Beck , oder den Fluß von Dettingen ,1 der , da er ein tiefe8 Bett hat , nur mittelſt einer Brücke über:

(dritten werden kann . So reßten die Verbündeten ; auf

ein enges Blachfeld beſchränkt, auf, einer Seite Hügel , 1

Hölzer und Sümpfe , auf der andern den Main , deſſen jenſeitiges Ufer mit zahlreidyem Gefdhüß bepflanzt war , ihren Zug unter ſtetem Feuer franzöſiſden Geſdyüßes fort.

als ſie bis Dettingen vorgerückt, ſtellten fie fid, in fieben bis acht Linien , die einzige Stellung , welche der Boden

geſtattete. So muthig und kampfbegierig auch die Gegen. wart des Königs fie madyte , ohne des Feindes Ungeduld bätten ſie ſo viel Kinderniſſe nie beſiegt. Herzog Grammont , Neffe des Marſd ,als von Noaila

les, befehligte den Theil des franzöfifdyen Heers , der am dettinger Hohlwege ſtand. Da er bemerkte , in weldje Unordnung das Feuer des Gefdüber die Verbündeten brach . te , und ſich auszuzeichnen wünſdite , ſo verließ er den un.

bezwinglid)en Stand I, den er hatte , ging über den Fluß und rückte in das Bladyfeld. Dieſer blinde Muth madyte die verſtändigen Anordnungen des Marſdaus šunid ) te. Das jenſeits am Main anfgepflanzte Geldjüß ward unnüb ,

und Herzogs Grammont Sdaaren mußten , einem furchts baren Feuer ausgefert, mit einem Feinde anbinden ,1 der ,

bei dieſer Begegnung , die überlegene Zahl für ſich hatte. Lord Stair benußte' , vom Grafen Neuperg , der die Deſte reidyer befehligte , unterſtügt , dieſen glücklidyen Umſtand. 1

Entſchloſſen rückten die Verbündeten , nachdem fie Feldges

idrei, für ſie Vorbedeutung des Siegs , erhoben , an, und ihr ungeſtümer Angriff brachte den Feind zum Weidyen .

Viele franzöſiſche Regimenter , beſonders die Schaaren vom K gshauſe , zeigten Heldenmuth , wurden aber zurück, Eore's Geſchichte Deft. IV.B.

Hundertundviertes Sapitel . 1743 .

146

geſdylagen . Marſdal Noailles, der an der Spiße einer Werſtärkung herbeieilte , mußtemit Verluſt von 5000 Mann wieder über den Main zurück.

Wiewohl der König von England an den Sdyladite Anordnungen keinen Theil batte , ſo zeigte er dod, viel perſónlide Tapferkeit , und führte ſeine Sdjaaren mehre mahls zum Angriff. Der Herzog von Cumberland bekam einen Sduß in das Bein. Eben wollte man ihn verbin. den , als ein gefährlid verwundeter Musketiergardiſt in ſeine

Nähe gebracht wurde. ,,Bei dieſem franzöſiſchen Offizier fangt an ," ſprach er , ,,er ift ſtärker verwundet als id) ; ihm fonnt.

te Hülfe gebred en , mir nidyt 1)." Die Berbündeten be. jahlten ihren Sieg theuer ; aber er ſicherte ihnen den Rücke zug. Der König ſpeiſte auf dem Sdyladytfelde , das Heer überließ ſeine Kranken und Verwundeten den Franzoſen und nahm ſeinen Zug gegen Hanau 2).

Die Sdılad )t bei Dettingen muß eber als eine glücke lidhe Befreiung , denn als ein entſcheidender Kampf anges feben werden . Indef feierten ihn die Verbinder

4. Jul. ten als einen glänzenden Sieg. Zu Wien lief an beiden Donauufern eine Menge Volks vor der Königinn von Iingarn voraus , die von einer Luftwanda

lung an der Donau zurückkam , und gewiſſermaßen fiegprane

gend in der Hauptſtadt einzog, und ein : Herr Gott , did) loben wir , fingen ließ 3). Nad dem Eger wie. 7.Sept. der genommen war , fab die Königinn keinen 2 ) Voltaire précisdu siécle de Louis XV. X , 83. Der Mustes tier heißt dort Girardeau.

2 ) ‫ܠ‬Millot mémoires polit. et milit, -0. p. de Fr. II. Tom. ‫ܕܠ‬ 22

55

27: -

59.

for 1745.

Annales du règne de Marie Thérèse Smollet . Annals of Europe

Tindal .

Historical mémoirs of his late royal High

ness the Duke of Cumberland , C. 5.

3 ) Robinson to Lord Carteret. 3, and 6. Jul . 1743.

Marie Thereſie.

147

Feind mehr in ihrem Lande , und Prinz Karl war am

Rheinufer , in der Gegend von Mannheim , an der Spise eines auf ſein Glück ſtolzen , jedem andern , je vom Hauſe Deſtreid, aufgeſtellten , an Zahl und Kriegsübung gleidhen Heeres angelangt.

Der große Entwurf , Frankreid) zu jerſtükeln , ſchien !

nun in Erfüllung geben zu wollen . Prins Karl begab ſid ) , von Khevenhüller begleitet , nady Hanau , um dort mit

dem König von England einen Unternehmungsplan zu vers abreden. Es ward feſtgefeßt, daß das verbundene Heer , welches durd, An (dhluß der holländiſden Schaaren an 50,000 .

Mann ſtark renn ſollte , über den Rhein in das Elſaß ginge , um dem Prinzen Karl den Uebergang bei Baſel, die Wieder

eroberung Lottringens und die Wegnahme der Frandsee Comté und Burgunds zu erleidstern 1). Sofort ging Georg II. bei Mainz über den Strom und 22. Aug. verlegte ſein Hauptlager nach Worms ; Pring Karl ſchickte ſid) an , don Altbreiſad, aus in Frankreid) ein .

zubringen. Dieſer Entwurf wurde durd, Mangel an Ein. helligkeit unter den Verbündeten , deren Lager bald nur eis ne Bühne der Herrenloſigkeit und der Zwietracht war ,

verrückt. Daß dieſer General den Vorſd)lag , über den Main zu geben und den Feind zu verfolgen , verworfen hatte , bradyte den ungeſtümen Lord Stair auf. Die Deſt . reider , welche ihre Bundesgenoffen als bloße Hülfspölker

anſahen , wollten alle Bewegungen des Heers nach den 26. fidten und Vortheilen ihrer Herrſd ,erinn lenken. Die Holländer wollten die Zeit abwarten. Die Engländer ,

eiferſüd )tig auf die Vorliebe des Königs für ſeine deutſchen Unterthanen , fdmähten auf die bannoveriſden . Endlich trugen aud ) die verwickelten Friedensunterhandlungen , welo K 2

1 ) Oeuvres posth. II. 33

148

Hundertund viertes Stapitel. 1743 .

che eröffnet waren , mehr als alles bei , die Kriegsunter, :

nehmungen zu beengen. Der ſeiner länder beraubte , von Frankreid, nicht un.

terſtüßte und in die dringendſte Noth verſekte Kaiſer that Georg ,II. mittelſt des Prinzen Wilhelm von Heffen Ver.

gleidysvorſchläge. Sofort fekte man Friedensbedingungen auf , nad, welchen Kart VII. jedem Recht auf die öftreia dyiſdyen Lande entſagte, mit dem verſailler Hof zu bredjen fid) anbeiſdig machte, und andere dem Hauſe Deſtreid) gleid) portheilhafte Bedingungen genehmigte. Dagegen ſollte er als Kaiſer anerkannt werden , fu Bebauptung ſeiner Wür

de Hülfågelder auf Abſchlag und ſeine Länder wieder bes kommen . Der König von England ſelbſt verſprad) ihm ,

binnen vierzig Tagen eine Summe von 300,000 Kronen vorzuſdießen ,1 und allen Einfluß . zu verwenden , um die Zuſtimmung der Königiun von Ungarn zu erhalten. Marie Ibereſiens Haß aber , welde Karl VII. avgelebt wiſſen und Baiern behalten wollte , wie der Einſprud, des englia

idhen Staatsraths 1) , der Lord Carteret feind war , hins tertrieb dieſen Vergleid ). : Die lekte aber und vielleidyt wichtigſte Urſade der Unthätigkeit der Verbündeten in

Deutſchland war Georgs II. Wunſd) , der Königinn ron Ungarn für den König von Sardinien die im vorigen Jahr verſprodjenen , aber unter allen möglichen Ausfluditen vera miedenen Abtretungen abzugewinnen 2).

In Italien hatten die Kriegsunternehmungen mit Jab:

res Anfang begonnen . Die Königinn von Spanien hatte , entrüſtet über den ( dylechten Erfolg des vorigen Feldzugs , den Grafen Montemar zurückberufen und dem

Sept.1742 Grafen Gages , der ein unternehmender Mann war , den Befehl anvertraut. Die Sdaaren 1 ) Mémoirs of the duke of Cumberland.

2) Robinson's dispatches.

Marie Therefte.

149

waren eingelagert, als im Anfang Januars dieſe gebie: theriſche Fürſtinn ihm den Befehlzukommen ließ , den Feind 1

binnen drei Tagen anzugreifen , oder ſeinen Ub. 5. Febr.

ſchied zu nehmen . Gages ſammelte ſeine Sdjaa.

1743

ren insgebeim , entſdlupfte von einem Tans,

den er , die Bewohner von Bologna zu täuſdyen , gegeben hatte, und zog an der Spike ſeines Heeres aus , die Defte

reider in ihren Lagerungen zu überfallen. Su vorſichtig er auch ſeine abſidyt verbebite , hatte doch Graf Traun davon Kunden bekommen und ſeine Sdjauren bei Campo Santo "geſammelt. Die Spanier hatten dic l! eberzahl für

ſich und erhielten im Arifang derSdiladi. einige Vortheir le gegen die öſtreidyiſdie Reiterei ; endlid aber wurden fie mit großem Verluſt zurückgeſd lagen . Da ſie mehrere Fah nen und einiges Geſdjük erbeutet batten , ſo machten ſie auf

die Ehre des Siegs Anſpruch und in Madrid ward ein : Herr Gott , dich Toben 'wie , geſungen. Inzwiſchen war der Vortheil entſchieden auf Seiten der Verbündeten ; und

618 Graf Traun Verſtärkuirg bekam , entfernte fich Graf Gages im März von Bologna und zog ſid mit ſeinem faſt auf 12,000 Mann geſd molzenen Heere tady Rimini zue rück 1 ).

1

Die übrigen Internehmungen entſpruden einem fo glücklid; en Anfange keinesweges. Die Königinn von lin: garn , ſtolz auf das Glück ihrer Heere in Deutſdyland und

ju gleid,gültig gegen die Bundesfreundſdaft des Königs von Sardinien , weigerte ſich nod, immer , ihr Verſprechen zu erfüllen. “ Auf wiederholtes Anſudsen Georgs II. ließ fie antworten : ,,England wid Opfer auf Opfer von mir.

Wenn idy , was man verlangt, abtrete , To wird es ſich nid )t der Mühe lohnen , das , was mir in Italien bleibt , zu vertheidigen ; und die Wahl , die man mir fäßt , iſt , 1 ) Muratori XII. 118 . p . 299.

Annals of Europe for 1943 ,

Hundertundviertes Kapitel. 1743.

150

mid, von England oder von Frankreich ausplündern zu Taffen . 1)." Der König von Sardinien ſeiner Seits trads. tete mit der dein Hauſe Saregen eigenen Habſudyt nad mehr , als er anfangs verlangt batte ; und des Marquis don

Ormea heftiger und verſtrickender Sinn fiel dem Wiener Hof immer mehr und mehr auf. Der ganze Sommer ging über unnügen Unterhandlungen hin . Endlich drohte der König von Sardinien , über ſo viel Auffdyub entrüſtet , fei: ne Waffen mit den Feinden des Hauſes Deſtreid ) zu verei:

nigen . Dieſe Drobung und Englands Vorſtellungen entriſſen Marie Thereſien ihre Zuſtimmung , und am 2. September unterzeichnete ihr Bevollmädytigter , Baron ton Wasner , zu Worms ein dut . und Trutbündniß zwiſd ) en dem Hau.

re Deſtreid ), Großbritannien und Sardinien . Die erſte dieſer Mäd ; te trat die Stadt und einen Theil des Herzog:

thums Piacenza , Vigenasco ,, einen Theil des Herzogthums Pavia und die Grafſdjaft Unghiera ab. Gleider Weiſe entſagte ſie ihren Redten auf das Marquiſat Final !, wel .

dhes den Genueſern verpfändet war, und verſprad) in Sta . lien ein Heer von 30,000 Mann aufzuſtellen , deſſen Bes

febligung der König , ron Sardinien überkommen ſollte. Dieſer Furſt follte mittelſt eines jährliden Hülfsgeldes von

200,000 Pf. Sterling und einer Øummevous 300,000 , um Final sinzulöſen , 45,000 Mann halten. Großbritannien übernahm , außer der Zablung dieſer Summen , die Ver. bindlid keit , eine ſtarke Flotte in das mittebändiſde Meer zu ſenden.

Während der Unterhandlungen waren die Heere uns thätig geblieben.

Beim Sd uß des wormſer Bergleidys

veriagte Fürſt Lobkowiß, der Fellmarſdaun Traun abgelöſt batte , die Spanier, aus Kimini und zwang fie , fid hinter Foglia -zurückzuzieben . Aber die bereits ziemlich weit vors

gerückte Jahrszeit' madyte , daß beide Heere ihre Winterla. 1) Robinson's dispatches,

Marie Therefte.

151

ger bezogen , die Spanier Peſaro , Fano und Sinigaglia , die Deſtreidyer Rimini , Forli und Ceſena 1 ). Nad, den Alpen hin bezwang das Heer der beiden Kro.

nen Frankreid) und Spanien , weldies Philipp befepligte , ganz Savonen und verſud te in Piemont durd, Erſtärmung 1

der Linien von Chateau . Dauphin , weldje die Bergpäſſe

vertbaidigren , eir judringer . Mit großem Pere fuſt vom König von Sardinien zurüfgeſdjlagen ,

7. u. 8.

Oct.

mußte es wegen einbredjenden Winters ſich in die Dauphiré und Provence zurückziehen 2 ). In Deutid ,land verſuchte Prinz Karl vergebens , bei

Neubreiſad , iber den Rhein zu geben . Nadyher fanden teine andern Bewegungen Statt , als Einfälle leidyter öſt reid ,iſdier Sdaaren in das Elſaß und Lothringen.. Im October bezog das Bundesheer ſein Winterlager. Die Eng, länder , Deſtreider und Hannoveraner in Großbritanniens

Solde , kehrten nach Flandern zurück. Die Holländer gins gen nad Brabant und Geldern , die Heffen und übrigen

Hannoveraner in ihre Heiniath.

Prinz Karl ließ einen

Sheil ſeines Heeres im Breisgau , gerſtreute die übrigen in

Die franzöſiſdje Be

Baiern , Böhmen und Oberöſtreich .

faßung in Eger , die mit beiſpielloſer Ausdauer nodh mehr als die Prager gelitten

hatte am 7. Sept. capitulirt 5).

Viad, beendigtem Feldzug kebrte Prinj Karl von lo. tringen nad Wien zurück und erhielt dort die Hand der

Erzherzoginn Marie Anne, Sdweſter der Königinn von lingarn. Lange ſdjon hatte er dieſe Prinzeſſinn zärtlid, ges liebt,

Zum Lohn für ſeine großen Dienſte erbielt er zu

gleid) mit ſeiner Gemahlinn die Statthalterſchaft in den Niederlanden . Marie Anne war liebenswürdig und ſanft ;

aber ihre Vereinigung mit Karl war von kurzer Dauer ; ſie ſtarb am Ende des nädyſten Jahres im Kindbett. 123 1 ) Muratori XII , 121-130.

2) Dar.

3 ) Pelzel S. 889. - Oeuvr. posth.

152

Hundertund fünftes Kapitel. 1744.

Hundert und fünftes Stapitel. 1744 .

Frankreich erklärt Großbritannien und dem Hauſe Deffreich Krieg. - Verſuchte Landung in England.. - Ludwig xv. übernimmt den Heerbefehl in den Niederlanden. Glück der Franzoſen . Prinz Starl geht über den Rhein und rüdt ins Elſaß ein. Ludwig xv. frank. Der König Marie Thereſiens von Preußen fällt in Böhmen ein. Prinz Karl geht neuer Aufruf des ungariſchen Volks. über den Rhein zurüct und zwingt durch Anſchluß der fächſiſchen Schaaren den Stönig von Preußen , Böhmen zu Ende des fians verlaſſen . Einnahme von Freiburg -

driſchen und Rheinfeldzugs. - Italieniſche Händel. Franzoſen und Spanier rücken ins Piemonteſiſche ein. Belagerung von Coni. - Rückzug des Pringen von Conti.

Die kriegfübrenden Mädyte nuťten den Winter zu großen Rüſtungen für den künftigen Feldzug. Bisher hatten Frank:

reid) und Großbritannien lediglid) als Hülfsvölker und obe ne alle Kriegserklärung gehandelt; aber im Jahr 1744 wurs

den ſie Hauptgegner in dieſem furdytbaren Kampfe , der ihre geſammte Mad) t zu Land und See forderte.

England war damahls durd, Spaltungen in dem Staats. rathe bewegt. Lord Carteret , ein bochbegabter Mann , füölte, wie nöthig es war , wirklichen Antheil an den Kriegsunternehmungen auf dem feſten Lande zu nehmen.

Seiner Meinung war auch der König ; Gegner aber was ren die Pelhams , weldje des lordo Herrſdiergeiſt entrü. ftete, und die das Staatsruder an ſich reißen wollten . Die

Marie Therefte.

153

Abneigung des Volks gegen Verbindung mit Landmädyten jog dieſem Miniſter und dem König aud) den Unwillen des Volks ju.

Mithin wurden , trok deffen , daß das Par.

lament Beibehaltung der hannöderiſchen S daaren in britti. ſchem Solde bewilligt, dennoch alle Bemühungen des Kö: nigs und Carterets für das Haus Deſtreich gehemmt oder beſdyränkt 1).

Cardinal Tencin , welder Staatsminiſter in Frant. reich und auf Vorſtellung des Prätendenten zur Cardinals würde befördert worden war , wollte , durd , oberwähnte .

Spaltungen ermuthigt , zu Gunſten des Hauſes Stuart eine Landung in England bewirken . Adytzehn Linienſdiffe, worauf der Sohn des Prätendenten , und 4000 Mann Land. fdhaaren waren ) , vom Marſchall von Sachſen befehligt, jeigten fidh an den engliſchen Küſten. Zum Glück zerſtreur 1

te ein jäher Sturm das Schiffgeſd wader , deſſen Schiffe äußerſt ſchadhaft in die franzöſiſchen Häfen furückkehrten. Dieſer obgleid) vereitelte Verſuch erregte in England allge. 1

meinen Unwillen.

Die Folgen der Spaltungen wurden

einſtweilen beſeitigt , das Murren des Volks hörte auf, und Krieg gegen Frankreich ward Volksangelegenheit. Das Parlament bewilligte großere Hülføgelder als je , und die Sade des Hauſes Deſtreid, ward kräftig unterſtüßt 3). Frankreid , betrieb ſeiner Seits die Zurü. u. ftung mit Kraft und Eifer und erklärte Großs März April. britannien und Deſtreid förmlich den Krieg. Au.

Ber neuen Rüſtungen zur See ſammelten ſid) 100,000 Mann 1) Walpole's mémoirs , 24. 2) Voltaire im Précis du siècle de Louis XV., ch. 11. ſagt, die Flotte wäre 21 Linienſchiffe ftart und mit 24,000

Streitern bemannt geweſen .Friedrich Oeuvr. posth. II. , X. 180. gibt die Mannſchaft zu 10,000 an , was wahr fcheinlicher ijt. 3) Walpole's mémoirs ch. 24.

Tindal Vol . XXI. p . 1.

154

Hundertundfünftes Kapitel. 1744.

in Flandern. Der König felbſt begab ſich nad, Litle an die

Spiße des Heers , und in Zeit von zwei Monathen nahmen die Franzoſen Courtray), Menin , Ypern , die Feſtung Ker .

nod) und Furnes.

Da ein Theil der engliſden Schaaren nad, England furückberufen murde, um dem Kriegseinbruch daſelbſt, den .

man befürchtete , ju webren , und die übrigen Verbündeten ihren Beitrag nid; t ganz geſtellt hatten , ſo war das Buna desheer ſtatt 80,000 nun nicht ſtärker als 50,000 Mann . 1

Marſdall Wade , der brittiſdie Befehlshaber , war läßig und verdrüflid ; Mängel, die fein hohes Alter nur mehr. te ! Seine Entwürfe freuzte der Herzog von Aremberg ,

weld; er die öſtreid ,iſchen Sdaaren befehligte und weit we. niger zu gemeinſamen Heil zu wirken , als ſeine in den Umgebungen von Hennegau liegenden Güter zu fcyüßen fudite. Fring Moriz von Naſſau , Befehlshaber der hole lindiſd )en S daaren , wurde durd, die ihm ertheilten Vers ' baltungsbefehle der Generalſtaaten , die Frankreich zu be

Jeidigen fürchteten , beſchränkt. Dieſe entgegengeſetten 26 fidyten verſekten die Verbündeten gewiſſermaßen in gänzo lid) e Unthätigkeit. Der Maridjarl von Sadiſen dagegen ſtand an der Spiße eines unendlid zahlreid eren , mit dem furd )tbareſten Gefdüb , das je ins Feld geführt worden ,

verſehenen , und durch die Gegenwart ſeines Herrſchers nur mehr entflammten Heeres. Da ihn weder Verhaltungsbe. feble , nod Meid beſchränkten , ſo konnte er ganz in ſeir nem großen Geiſte frei dalten und allen ſeinen Unterneh, mungen jene Kraft und Entſd loffenheit aufprägen , welche 1

fie immer bezeid neten. Alles beugte ſich vor ihm und nid ) t3

fdyien der Eroberung der geſammten Niederlande im Wege zu ſtehen , als ein Öſtreichiſches Heer wie ein Strom in das Elſaß einbrach).

Die Vertheidigung dieſer landſdyaft war dem Marſdall von Coigny anvertraut , der ſeine Hauptmadıt an der Queid, batte. Zu gleid er Zeit batten fid, die Trümmer der bai.

155

Marie Thereſie.

riſd; en Schaaren , weldie Feldmarſd all Seckendorf befeh. ligte, bei Philippsburg verſdjanzt; und, die Rheinufer von Mainz bis Forts louis zu fidyern , waren alle erſinnlide Vorkehrungen getroffen. Indeſſen täuſdyte Prinz Karl den franzöfiſden Heerführer doch durdy Entſendung des Mar: (d) alls Bärenklau nad, Germersheim , als ob er ſeinen lle. bergang von dieſer Seite zu ſidern gedädyte. Zugleid) ſebe ten Nadaſti und Trend an der Spite von 9000 Huſaren und Panduren in Kähnen über den Fluß 1. Jul. und überrumpelten die oberhalb Philippsburg

fiehenden baieriſdyen Regimenter. Unter dem Sdub die.

fes Harſtes ſchlug man bei dem Dorfe Sdired Brücken ; und Prinz Karl ging mit ſeinem ganzen Heer , ohne den mindeſten Verluſt, über den Rhein , Bärenklau bewerkſtels

ligte ſeinen Uebergang zu Weiſſenau bei Mainz. Der Pring von Lothringen bemeiſterte fich nad) und nach der Linien von Speier , Germersheim und Lauterburg. Er nahm die

wichtige Stellung Weiſſenburg und legte ſid iin Herzen vom Elſaß mit einem Heer von 60,000 Mann feſt. Marſdall Coigny fog . ſid, nad, Landau zurück , wo Ceckendorf zu ihm ſtieß. Ilm die wichtiyen Linien von laus

tern wieder zu bekommen , griff er Weiffenburg an , weldjes Nadaſti mit 10,000 Mann beſeßt hatte.

Nad einem

ſedybſtündigen Kampf eroberte er die Schanzen ; da er aber zu ſchwach war , dieſen Vortheil ju verfolgen , fog er lid ),

als Prinj Karl nabte , zurück. Nadıdem er Verſtärkungen nach Fort - Louis und Straßburg geworfen , dog er fidy hin. ter die Motter zurück. Die Deitreider zogen wieder in

Weiffenburg ein , ſperrten Fórt - louis , und Prinz Karl madyte Anfalt ,1 in Lothringen einzufallen. Seine leichten Schaaren verbreiteten Sdrecken ſogar bis Lüneville , wel. 1

!

dhes König Stanislaus mit ſeinem ganzen Hofſtaat verließ.

Sofort ließ der König von Frankreid) , den Marſchall von Sad ſen ſeine Eroberungen mit dem übrigen Theil ſeines Heers bewahren , und 30,000 Mann , vom Marſchau Noails

156

Hundertundfünftes Kapitel. 1744.

les befehligt , aus den Niederlanden nad, dem Elſaß ziehen. Als der Monarch felbſt fid, dahin begeben woll.

3. Aug. te , warð er zu Meß von einer lebensgefährlichen Krankheit befallen.

Dieſer Umſtand hielt aber

den Zug der Sdaaren nid )t auf. Marſdal Noailles ging über den Wasgau und ſtieß bei Molsheim fu Marſdall

Coigny. Zehntauſend Mann unter Herzog Harcourt rück, ten bis Pfalzburg vor , und ein dritter von Maridal Belo le . 3sle befehligter Harſt famnelte ſich in den drei Bis . thümern 1).

Prinz Karl ſtand im "Begriff", den Mädyten , die fid, gegen ihn vereinten , die Spike "ju' biethen , als er zurück. 1

berufen wurde , der Fortſchritten " des Königs von Preu :

Ben , der die Waffen wieder ergriffen hatte , Einbalt ju 1

thun.

Marie Thereſie hatte durdy ſtolje Verwerfung aller Friedensporſdıläge, und weil ſie ſich geweigert , den Kaiſer und den frankfurter Reid ;stag anzuerkennen , den Unwillen der meiſten Reid)sfürſten erregt. Sie hielt nicht einmahl der Mübe werth es gebeitn zu halten , daß fie fich Baiern

jueignen wollte , und hatte die Bewohner gezwungen , ihr den Huldigungseid zu leiſten. Sie hatte große Eroberungs: abſichten auf Frankreich und 3talien , und hatte ſid, merken

laſſen , daß fie Sdylefien wiederzunehmen und im Verein mit England und Sad)ſen die Länder des Königs von Preus Ben zu zerſtückeln geneigt ſei. Friedrich II. baßte das Haus Deftreid zu ſehr, und kannte Marie Therefiens Gemüthsart ju gut , um einen fold )en Verdad )t fallen zu laſſen ; und Er wurde nun die Seele einer Verbindung , welche das Reich in einen neuen 1

Krieg verwickelte und die Erbländer in große Gefahr brach , te. Am 13. Mai idyloß er zu Frankfurt im tiefſten Ge. beimniß eine liebereinkunft mit dem Kaiſer , Frankreich ,

.

1) Sedendorfs Leben II , 348.

Marie Therefte.

157

dem Kurfürſten von der Pfalz und dem König von Sdiwe,

den 1, als Landgrafen von Heffen. Da er des Prinzen Karl Fortſchritte im Elſaß mit unruhigem Auge anſab , ſo bes 1

nußte er den Zeitpunct , wo die öſtreidhiſden Staaten von

Schaaren entblößt waren , um die Waffen wieder zu er. greifen. Mit der größten ſcheinbaren Uneigennütigkeit er. ließ er am 9. Aug. eine Bekanntmachung , worin er er ,

klärte , er wolle nichts für ſich und habe ſich nur bewaff. net , um die Freiheit des deutſdjen Reidyskörpers wieder zu heben , dem Kaiſer ſein Anfehn , und Europa die Rube wieder zu verſd )affen 1). Bald rüdte er an der Spiße eie nes bedeutenden Heeres in Böhmen ein , und zog geger, Prag ,1 das er im kurzen beywang, und 16.Sept 1

deſſen 15,000 Mann ſtarte Befakung er gefangen

nahm. Hierauf unterwarf er Tabor , Budweis und Frauen , berg , und eroberte den ganzen oſtwärts der Mulde gelegenen Theil dieſes Reid). Zu gleicher Zeit drang ein Harſt bais riſder und befriſder Sdyaaren , vom FeldmarſchallSecken , dorf befehligt , in Baiern ein , und ſekte den sfaiſer wieder in Beſiß ſeiner Hauptſtadt und des größten Tbeils ſeines Kurfürſtenthums.

Die Beſtürzung verbreitete ſich bis Wien , aber Ma rie Thereſiens unerſchütterliche Seele erreichte ſie nicht. Die berief ihr Heer aus dem Elſaß , und begab ſich aufden Landtag nach Preßburg , um dort den Eifer der Ungarn auf:

furegen. Graf Palfy , der ehrwürdige Palatin des Reid ,s, lief das große rothe Banner zum Zeichen eines zu entbiethene den Heerbanns aufpflanzen . Alsbald greifen 44,000 Mann zu den Waffen , 30,000 andere bilden einen Nachbalt. Nur .

Marie Thereſiens Gewandtheit konnte in einem gewöhnlich To getheilten Volke ſo viel Einmüthigkeit hervorbringen. Bei dieſer Gelegenheit überſendete ſie dem Grafen Palfy ein reid , geſchirrtes Pferd , das ſie ſelbſt geritten I, einen Degen mit 1) Oeuvr, posth. II , 10.

1

158

Hundertundfünftes Kapitel. 1744.

einem goldenen , reid) mit Diamanten befekten Griff , einen koſtbaren Ring , und begleitete allesmit folgendem merkwür . digen Sdireiben :

,,Vater Palfy ! Id, ſende Euch dieß Pferd , weldies nur von dem treueſten und eifrigſten meiner Unterthanen

beſtiegen zu werden verdient. Zugleid) mehmt auch dieſen Degen , mid, gegen meine Feinde zu ſchüßen , und tragt dieſen Ring , als Zeichen meines Wohlwollens. 1

Maria Thereſia ."

Ade Ungarn , vom alten Palatinus bis auf den lege I

ten Dienſtmann im Reid berab , waren aufs böd ) fte für eine Fürſtinn begeiſtert, welche die Herzen ſo zu gewinnen

verſtand. Schaaren in Menge ſammelten fidy um das för niglid )e Banner , und flogen , von einem Harſt Deftreider unter Bärenklau und von 6000 Sachſen unterſtüßt , Böbe men zu vertheidigen.

Unterdeſſen ſchwebte Prinz Karl, der die Gränze von Lothringen erreicht hatte , in der äußerſten Gefahr. Daß er Angeſid, ts eines an Zahl überlegenen Feindes wieder über

den Rhein kommen könnte , ſchien unmöglidy. Aber Lud-: wigs XV, Krankheit hemmte dod, einſtweiten die Unter,

nehmungen der Franzoſen. Der öftreichiſche Heerführer drängte ſeine Madit zuſammen, und bewerkſtel: 23 Aug. ligte ſeinen Uebergang bei Speier vor den Au. gen des vom Marſchal Noailles befejligten Heers , der nur den Nadytrab angreifen ließ 1 ) .

Pring

Karl nahm ſeinen Weg durd, Sdwaben bis Donauwerth , wo'er am 9. Sept. aulangte. · Hier überließ er dem Mars

1

(dall Grafen Iraun den Heerbefehl und begab ſich nach

Wien , um die künftigen Kriegsunternehmungen fu verab: 1) Aus Noailles Memoiren ergibt fich , daß Ludwig XV.

ausdrüctlich befohlen hatte, vor ſeiner Ankunft rich in tein Gefecht einzulaffen und daß. Noailles alſo gehorchen mußte.

Marie Therefie.

159

reben ; dann ſtieß er wieder zu ſeinem Heer an der böhmi. ( den Gränze. Wiewohl die preußiſden Sdaaren die Königreid,

größtentbeilo erobert hatten , Titten ſie doch ſehr an l'er bensmitteln, unb leid ;te Sdaaren ſchnitten ihnen allen Bers kehr ab. In dieſer Lage der Dinge erfuhr der König von Preußen , daß ' ſtreidiſche Schaaren an den Ufern der Wotawa angekommen und mit Sadyſen verſtärkt, ihn zu hindern drohten , ſich auf Prag zurtick zuwerfen . Da er gegen überlegene Madyt ju kämpfen hatte , wurde er von

Stellung zu Stellung getrieben und mußte Böhmen mit großem Verluſt an Todten , Erſdöpften und Gefangenen räumen 1) .

Am 30. Oct. ward die Stadt Freiburg , dieß vorders öſtreichiſche Bollwerk , dom Marſdall von Coigny umjo . gen. Die Angriffe wurden von dem berühmten idywedie fdyen Grafen Cowendbal , der in franzöfiiche Dienſte getre. ten war , geleitet ; der Plaß aber vom Marſdal Damnits ſo geſdrickt und muthig vertbeidigt , daß er ſid) bis zum 28 . Nov. hielt und den Belagerern 18,000 Mann koſtete. In den Niederlanden vereitelte der Marſdall von Sadjen alle Mube der Verbündeten.

In Stalien ſchadeten Marie Thereſiens und des Ro.

nig von Sardinien entgegengeſette Zwecke der gemeinſa. men Sade febr.

Dod) des Fürſten Lobkowiß

verſtärktes Heer zwang die Spanier ſid, aumäh. 13. M ? r? lig von Peſaro und Sinigaglia zurückzuziehen , griff fie in foretto und Reccanati an , und trieb ſie bis über Fronto , die Gränze des Königreidis Neapel. Don Karlos , der König von Neapel , entfagte , von Anzug der Deſtreicher erſdreckt , der Neutralität , verleg 1

ſeine Hauptſtadt an der Spiße eines Heeres von 15,000

?) Oeuvr. posth. II , 10, dal.

Heinrich , VIII , 181 . Histoire de Marie - Thérèsen.

Tin .

160

Hundertundfünftes Kapitel. 1741 .

Mann und beeiferte ſid ) , ju den Spaniern zu ſtopett. Fürſt

Lobkowiß dob einen Übtrab nad) Abruzzo vor , und lud durc ) öffentlid ,en Aufruf die Völker ein , fid, für das Haus

Deſtreid, zu erklären. Da er in einem ſo gebirgidhten Lande nid )t fort konnte , fo begab ſid, der öſtreichiſdie Heer

führer nad, Rom , in Hoffnung , von dieſer Seite her in

das Königreich Neapel einzudringen ; und im Anfang des Junius kam er in der Gegend von Albano an. Don Kars los kam ihm aber zuvor. Er theilte ſeine Macht in drei Streitfäulen , deren eine er ſelbſt befehligte ; die beiden an dern wurden vom Herzog von Modena und dem Grafen von Gages angeführt, Tozog er durch Ignani , Valmonte , Monte Tortino , und dereinigte ſeine Madyt zu Velletri in der Landſchaft dun Rom. Beide nur durd) einen tiefen Gras ben getrennte Heere (dharmüßelten beſtändig. Endlid, kam Fürſt Lobkowiß auf den Gedanken , wie Prinz Eugen einſt zu · 1

Cremona gethan hatte , das Hauptlager des Königs von

Neapel zu überfallen. Am 10. Aug. dringt mitten in der Nacht ein vom Grafen Braun befehligter Harſt Deſtreicher in die Stadt Belletri ein und tódtet alles , was ihm Wi

derſtand leiſtet. Er würde bis zum König und Herzog von Modena , die in tiefem Schlafe lagen , vorgedrungen ſeyn ,1 wenn der franzöſiſche Geſandte nid )t Lärm gemacht und

ſie ihr Lager wieder gewonnen hätten. Da ſid, nie Deſt : reidyer, um zu plüntern , pereinzelt hatten , wurden ſie Had drücklich von einem Harft Spanier und Neapolitaner angegriffen, und mit großem Verluſt aus der Stadt geſchlas

gen ; Graf Norati , der ſie befehligte , ward gefangen 1). Seiner Seits verlor das ſpaniſche Heer nicht mehr als 3000

Mann. Nach dieſem Unternehmen machte fid Fürſt Lobe kowiß , da er ſeine Schaaren wegen der nahen pontiniſchen Sümpfe täglich abnehmen rah , im Anfang Novembers davon. Wiewohl von einem ihm weit überlegenen Heere 1) Buonamici de reb . ad Velletr. gestis . XII , 134. 1

Muratori

/

Marie Thereſte.

161

noch bedrängt kehrte er dod, ohne Verluſt nad Rimini, Peſaro,

Ceſena und Imola. Das Heer der beiden Kronen hielt fèin Winterlager zwiſden Viterbo und Civita , Vecdyia 1 ) . Der König von Sardinien war mit 30,000 meiſt friſd) Uusgehobenen , und 6000 Deſtreidhern zurückgeblieben , um einem franzöſiſd) - ſpaniſd ;en Heere, das auf Nizša vorrück. te und es nahm , die Spiße zu biethen. Dieſ Heer er: ſtürmte hierauf das , obgleid vom König in eigner Perſon pertheidigte fardiniſde lager , bezwang Montalban und

Villafranca und wollte längs der Seeküſte in das Piemon. teſiſdie eindringen. Die Genueſer , welche mit der 26 tretung von Final unzufrieden waren, waren auch geneigt, die re Bewegung zu erleid, tern, wurden aber von einer engliſchen

Flotte ,, welde fie zu beſchießen drohte , eingeſchüchtert. Der Prinz von Conti inzwiſdyen , der unter dem In: fanten Don Philipp dus Heer der beiden Kronen befehlige

te , weit entfernt , das Eindringen in das Piemonteſiſche 1

aufzugeben , hatte ſogar den fühnen Plan , ſeine Sdaaren über die Alpen zu führen, wiewohl Kunſt nod, die natür: liden Hinderniſſe vermehrt hatte , und faſt jeder Fels eine Feſtung geworden war.

Es glückte ihm , nicht bloß ſein

Fußvolk, ſondern feine Vieiterei und einen beträdytliden Geldübzug über Klippen und an Strombetten hin zu brine gen , er nahm Chateau - Dauphin 1, gewältigte die berühma ten Sperren oder Berrammungen , Barricaden genannt 2) , die man für unbezwingbar hielt , dog in das Sture . Shal kinab , nahm Demont und belagerte Coni. Der König von Sardinien , welder den Feind umſonſt aufzubalten ſudyte , jog fid unwillig nad Saluzjo , ſeine 1 ) Muratori XII , 141 . 2) Dieſe Barricaden waren am Eingang des Sture - Thals ,

welches zu beiden Seiten einen Bactenfels hat und durch eine dreifache Verſchanzung mit einem bedeckten Wege wie durch den reißenden Strom , Woron das Thal den Nahmen führt , vertheidigt wird.

Core’s Geſchichte Deſt. IV. B

162

Hundertundfünftes Kapitel. 1744.

Hauptſtadt zu decken. Mit einer Verſtärkung von 6000 Deſts reichern wollte er Coni entfeßen , wurde aber zurückgeſdılagen, wiewohl es ihm gelang , Zuzug in den Plaß zu bringen , der

fid, immerfort bielt. Der einbrechende Winter und der eie gene Verluſt – es koſtete nid )t weniger als 10,000 Menſden wang die Belagerer , ihr Unternehmen aufzugeben , und

über die Alpen zurückzuziehen , was ſie mit großem Mübral erreichten 1). 1) Muratori Annali d'It. II , 2. 144.-

Désormeaux histoia hist. do Tindal.

re d'Espagne , V , 487. Fantin des Odoards Mémoires de Richciieu . France , III , 432.

163

Marie Thereſte.

Hundert und rechstes Kapitel . 1745 .

Sod Staiſers Starl VII. - Abſichten des Stönigs von Preußen, Bündniß zwiſchen Marie Thereſie und Auguft III. Füßner Vertrag. Benehmen des Wiener Staatsraths . Flanderiſcher Feldzug. Schlacht bei Fontenoy.

Feldzug in Italien und Deutſchland. – Einbruch des Königs von Preußen in Sachſen. Franz Stephan von Lothringen wird Staiſer. Friede zu Dresden.

Die außerordentlidze Freude Marie Thereſiens über des Königs von Preußen mißglückten böhmiſd)en Feldzug vere gütete den Verdruß über die Unfälle ihrer Schaaren in Flandern und Stalien 1, die Wegnahme von Freiburg und

die Ausſicht auf noch bedeutendern Verluſt. Sie glaubte ganz fidyer , Sdileſien wieder zu bekommen , und alles ans. dere (dien ihr dagegen Mebenſadhe. Seet öffnete ſid, ihrem Ehrgeiz eine neue Laufbahn. Kaiſer Kart VII. , der von 1

#

ſchwächlidyer Geſundheit war , war vom Sd,merz über ſein 1

zu Grunde gerid,tetes Glück und die Verheerung ſeines Lane des tief gebeugt und fürchtete , bald aus ſeiner Hauptſtadt pertrieben zu werden . Er bekam einen heftigen Anfall von Fußgidyt,, als ihm einer ſeiner Hauptleute die Niederlage der franzöſiſchen und baieriſden S daaren bei Neuneck mei. dete. Dieß griff ihn ſo an , daß die Gicht in den Leib jus rücktrat , und er am 20. Jan. 1745 zu Mündien ſtarb 1). L2

1 ) Robinson dispatches to Lord Harrington (30. Jan.)

164

Hundertund rechstes Kapitel. 1745.

Kari VII. war ein liebenswürdiger und großmüthiger , aber fdy wader und verfdwenderiſdier Fürſt. In feinen legten Aus genblicken bedauerte er , das er fein Land erſchöpft und ſich, felbſt zu Grunde gerichtet, um lediglich ein Sdattenkaiſer in Frankreid ;s Händen zu ſeyn , und ermahnte ſeinen Sohn, er Tolle eine ſo berdoſe Würde wegwerfen, und ſeine Länder durdy ſdynelle Verſöhnung mit dem Hauſe Deſtreid, wieder zu er . langen ſuchen 1).

Des Kaiſers Tod verſekte alle europäiſdie Höfe in eine Art von Unrube . Frankreich ſtrebte aufs neue , dem Haus ſe Deſtreid, die Kaiſerkrone zu entreißen. Mithin fudyten . ſeine Unterhändler alle deutſdye Fürſten zu gewinnen , oder ju beſted ,en , drangen in Marimilian Joſepb , den neuen

Kurfürſten von Baiern , die Anſprüdie ſeines Hauſes auf 1

die ' ſtreichiſden Staaten wieder geltend zu maden und in die S dranken zu treten , um den durd , ſeines Vaters Tod erledigten Thron zu beſteigen . Auguſt III. mad ten ſie laus ter Worldläge, wie ſie einem verſchwenderiſdien und eiteln Fürſten ( dmeid) eln konnten ; ſie verſprachen ihm Seträdyt: liche Hülføgelder , mehr Landnach Bobmen zu ; endlid, tru: gen ſie ihm aud) die Kaiſerkrone an '2). Auch Rußlands Neutralität mindeſtens ſudyte Frank

reich ſid, zu fidern. Es regte Elifabeths argwöhniſdes Gee müth auf , indem eß den Wiener Şof einer angezettelten Verſchwörung bezüchtigte , um dem jungen Jwan ,, dem Verwardten der Königinn von Ungarn , die Krone wieder zu geben . Dieſe Beſd)uldigung bekam einen Sdsein durd, das unüberlegte Benehmen des Marquis von Botta , der unter der Regierung Annens öſtreid ,iſder Geſandter am

petersburger Hof geweſen war , und vergebens Rußland für Marie Thereſien zu gewinnen geſudyt batte. Botta

2 ) Robinsons dispatches to Lord Harrington ( 30. Jan.) , 2) Villiers to Lord Harrington. Dresde 15. Febr. 1745. Gran tham papers .

Marie Therefte.

165

blieb , als er nad Berlin geſendet wurde, im Briefwed): fel mit den Lapoudins und andern unzufriedenen Herren , und nielleicht muſterte er aud, Eliſabeths Betragen zu laut.

Mehrere Perſonen fagten auf der Folter aus , ſie hätteit ſid) gegen das Leben der Kaiſerinn verſchworen, und Botta bätte ihnen die Unterſtütung der Königinn von Iingarn und des Königs von Preußen 'verſprochen . Papoudyin , feine Frau , rein Sohn und ſeine Schweſter bekamen die Knute , die Zunge ward ihnen ausgeſdynitten und ſie wurden nad Sibirien geſchickt. Der franzöſiſdie geheime Staatsrath nürte dieſen Umſtand , um die Höfe zu Wien und Peters, burg zu entzweien , ſendete deßhalb den Marquis de la Chetardie wieder nadı Rußland , in Hoffnung , er würde .

feinen mächtigen Einfluß auf den Geiſt der Eliſabeth brau. dyen. Marie Thereſie aber vereitelte dieſen Plan , indem fie Botta verhaften ließ , ſein Benehmen mitbilligte und

den Kanzler Beſtudief gewann. De la Chetardie’s Ränke wurden der Kaiſerinn enthüllt , fie ließ ihn faſt wie einen Bere brecher über die Gränze bringen. Nun ſiegte die Sadje des Hauſes Oeſtreid , in Petersburg 1 ).

Obgleid, der König von Preußen , um ſich das erober, te Schleſien zu fidhern , lid, ſtellte, als handle er im Ein. 1

perftändniß mit Frankreid ), fo war er dod, im Stillen mit dem Benehmen dieſer Macht unzufrieden und keines12288 ge. neigt, ihr einen Fürſten auf den Raiſerthron ſeben zu helfen,

der nur von ihr abhangen würde. Sofort ließ er, wie er auch mit gewohnter Kraft ſeine Anſtalten zuin nädften Feldzug

traf , Georg II. antragen , ihn mit dem Hauſe Deſtreich aus , 1

fuföhnen 2).

1 ) Manſtein mém . S. 273, 276, 280 iſt hierüber das Beſte. Die Oeuvr. posth . II , 41 46 ſprechen unbeſtimmt und parteiiſch darüber. Es ſcheint eine Hofcabale einiger

Unzufriedenen geweſen zu ſeyn , die Eliſabeth beleidigten, weil ſie über ihre Liebſchaften zu frei geſprochen hatten : S. meine Reiſe durch Nußland , 4. 2) Oeuvres posth. II , 143.

106

Hundertundrechstes Kapitel. 1745. Dem brittifd)en Staatsrath war daran gelegen , Frants

reichs Zweken juwider I, dem Herzog von Lothringen die Kaiſerkrone zu verſchaffen , und er wark über den unvers 1

Beiblidhen Brud, des breslauer Vertrags aufgebracht, wele der die Fortſdyritte der öftreid ,iſden

daaren in Franke

reid, gehemmt hatte. Auf die Kunde von dem Eindringen der Preußen in Böhmen hatte er der Königinn von Ungarn einen Hülfe geldernachſdjuß von 120,000 Pf. Sterling 1 ) gezahlt 1, und war geneigt , ihr Sdyleſien wieder erobern zu helfen , nicht aber ihre Zerſtückelungsentwürfe Preußens zu .

begünſtigen . Doch waren in England die Gemüther in gro. fer Gährung. Das Geſc) rei gegen die ſogenannte hanno veriſdie Partei ward ſehr bedenklid) , und man fürdytete eine Landung , deren Zweck geweſen wäre , den Prätendent,

ten wieder einzuſehen . Die Glieder des Staatsraths war

ren ſehr unter einander getheilt ; Lord Carteret ; der Einzie ge , der des Königs Zutrauen beſaß , und im Stande war, den Krieg mit Erfolg zu leiten , hatte ſich zurückziehen müſ. fen. Statt ſeiner hatten die Pelhams die Geſd, äftsführung. Der Herzog von Newcaſtle, ein Mann von Ehre , dem es gar nid )t an Kopf fehlte , ſtand an der Spiße der Geſchäf 1

te ; aber er war dem König perſönlid , juwider ; ſeine Ents würfe wurden von mehreren andern Miniſtern und zuweilen

fogar von ſeinem Bruder Palham beſtritten , welcher das Ger ſchrei dès Volks nach Frieden wiederholte 2). Inzwiſden blieb Deſtreid's Sadye doch immer Volksungelegenheit und das Parlament ſtimmte für bedeutende Hülfsgelder zu Fort

reßung der Feindſeligkeiten ; ſechstauſend Heſſen wurden wie: der in Großbritanniens Sold genommen , und , um einigers maßen der Meinung im Betreff der Hannoveriſchen Sdaaren nadyzugeben , ließ man ſie in Dienſte der Königinn von Un , 1 ) Robinson's dispatches.

2) Walpole's mémoirs ch. 26.

1

Marie Therefte.

167

garn übertreten , weldoer man wieder 200,000 Pf. Sterl. Hülfsgelder gab 1 ).

Da England Abſichten ganz gegen Frankreid, gerid ). tet waren , ſo that man alles Miglide , den Feldzug in den Niederlanden zu eröffnen . Man rendete eine Flotte in das mittelländiſde Meer , um die Unternehmungen der Ver, bündeten in Italien fu unterſtüßen ; und der brittiſdie Staatsrath perfáumte nid t8 , die Königinn von ungarn ju

beſtimmen , daß ſie ihre ganze Madyt gegen das Haus Bours bon aufbrothe.

Marie Thereſie hatte ſid, mit Karl VII. zu verſöhnen

geſucht, aber übertriebene Forderungen gemacht. Sie wollte ſid, emen Theil Baierns zueignen , wofür ſie dem Kaiſer in Italien , oder in den Niederlanden, ober auch in den Franke reid) abzugewinnenden Landſd, aften etwas von gleichem Wers the geben wolite. Selbſt als der neue Kurfürſt den Titel

Erzberzog nid)t annebmen , nod, in die Sdyranken um die Kaiſerkrone treten wollte , hatte der Wiener Staatsminiſter, ber immer auf beſſere Gelegenheit lauerte , troballen Drän. gens des londner Hofs , den Vergleid ) , der endlid) am 22.

April zu Füßen unterzeidynet wurde , aufgeldjoben. Nad, dies fem Vertrag entſagte der Kurfürſt allem und jedem Anſprudy auf Erbfolge in den öſtreich iſden Landen: ;; madite ſich anhei. fdig , die pragmatiſdye Sanction zu gewährleiſten, die Hülfs: ſibaaren in ſeinen Landen zıırief zu ſenden, und dem Herzog von

Lothringen ſeine kurfürſtlidie Stimme zu geben. Marie Thes rejie erkannte die Rechtsgültigkeit der Wahl des verſtorbenen

Kaiſers an und entſagte aller Entſchädigung, die dem Kurfür: ften zur laſt fallen könnte 2 ). 216 Gegengewidyt gegen den frankfurter Verein war am

8. Jan. zu Warſchau ein vierfadyes Bündniß zwiſdhen der 1 ) Tindal .

Robinson's dispatches,

2) Robinson's dispatches.

Koch II , 61 .

!

Hundertundrechstes Kapitel . 1745.

168

Königinn von Ungarn , dem König von Pohlen und den Seemädyten geſchloffen 'worden .

Auguſt III. batte gelobt,

die pragmatiſdie Sanction zu unterſtüßen , und zum Beis ſtand Böhmens 30,000 Mann zu ſtellen . Dazu ſollte er

von den Seemächten 150,000 Pf. Sterl. Külfsgelder be: kommen.

Da der Vertrag , als der Kaiſer ſtarb , nocy nid't

genehmigt war , ſo mußte Uuguſt III. dieß Ereigniß , ſein Bündniß höher anzufdlagen. Er forderte einige ( dyleſiſhe Herzogthümer , deren Übtretung ihm einen freien Uebergang aus Sadſen naeh Pohlen verſchaffen ſollte. Die Königinn 1

don Ungarn derwarf dieſen Antrag init Stolz ; dieß nebſt meh . reren andern S dywierigkeiten, welche Auguſts III. launiſden

und Marie Thereſiens berriſdjen Sinn aufreizten , verlän gerte die Unterhandlung um mehrere Monatbe. Endid, bez ſtimmten die Fortſdritte der Preußen und Großbritanniens

fortwährende Vorſtellungen beide Theile zum Abſchluß , und ro ward der Vertrag am 18. Mai zu Leipzig unterzeidynet. 1

Der warſdauer ward als Grundlage der Verbündung ans geſehen ; aber die Königinn von Ungarn und der König von Poblen kamen über geheimeArtikel überein , weldje fid) auf

Theilung der dem König von Preußen hoffentlid; abzugewin: nenden Eroberungen bezogen. Marie Thereſie ſollte die Grafe Ichaft Glaz und ganz Schleſien wieder erhalten , ausgenom ,

men den zülichauer und (dywiebuſfer Kreis , weldye mit den Herzogthümern Magdeburg, Kroſſen und der preußiſchen Laus 1

fiß Auguſten zufallen ſollten 1) . Der Herzog von Lothringen wünſchte fid lange (dyon

die Königswürde. Gedrückt von der Ileberlegenheit ſeiner 1 ) Der König von Preußen beſchuldigt Georg II. , Antheil an dem Zerſtüdlungsentwurf Preußens genommen zu ha ben ; aber Thom . Robinſons Briefe' beweiſen , daß Groß britannien nur Marie Thereſien wieder zu Schleſien vers

helfen wollte , wenn keine Annäherung zwiſd ;en iør und Friedrich II. möglich wäre. Herzberg recueil de dé ductions, manifestes, déclarations, traités et autres actes

et écrits publies ets. depuis 1756 jusqu'à 1798. Tom. I.

Marie Thereſie.

169

Gemahlinn , verleßt durch das übermüthige Benehmen der Miniſter gegen ihn , den ſie als Fremdling ohne wirkliche Mad )t und unbedeutend anſaben , hatte er ſid, um den Ti. tel König von Böhmen bemüht. Da aber Marie Thereſie

nid )t geneigt war ; ihr Machtanſehen zu theilen , ſo war die Kaiſerkrone Gegenſtand all ſeiner Wünſche geworden. In. swiſden , da er den Sinn der Königinn kannte , gab er vor; er würde eher auf dieſe Krone verzidyten , als ſie aud) nur

mit dem geringſten Theil der öſtreid iſchen Lande erkaufen . Dazu arbeiteten die Miniſter , weld )e von ſeiner Grhebung auf den Reidysthron nur zu viel Uebergewidt ſeiner Seits beſorgten , nur mit Widerwillen daran , gaben ſogar zu ver , ſtehen , die Kaiſerkrone könnte dem Hauſe Dereid in der

Perſon des , wenn auch minderjährigen , Erzherzogs Joſep ) wiedergegeben werden 1 ). So entgegengeſekte Zwecke ver: längerten die loterhandlungen noch mehr als gewöhnlid ); aber alle Miniſter des Wiener 0f8 kamen darin überein ,

die Vergleidysvorſchläge des Königs von Preußen zu ver . werfen .

Während die Verbündeten die Zeit mit Unterhandlungs gen vergeudeten , zogen die Franzufen ins Feld. Der Mar. ſcyad von Sachſen batte reine Schaaren zwiſden Dunkir'e

d ;en und Valenciennes geſammelt , und umzog am 25. April Tournan mit einem 80,000 Mann ſtarken Heer. Im Ans fang des Maimonds begaben ſich der König von Frankreich

und der Dauphin ins Lager. Das vom Herzog von Cums berland mit Beirath des Feldmarſd alls.Grafen von Königs: eck befehligte Bundesheer betrug nid )t mehr als 50,000

Mann , worunter nur 8000 Deſtreidyer waren. Das Uebri: ge waren Engländer , Deutſde und Holländer. Inderen

ſammelte der Herzog von Cumberland ſeine Macht und ſudste Tournau beizuſteben ; in den erſten Tagen des Mai's (dilug er ſein Lager zwiſchen Bougnies und Maubray, einen 1) 1 Robinson's dispatches.

Hunderfundſechstes slapitel. 1745.

170

Büdiſenſduß von den feindlichen Vorpoſten , die er zu eie nem Gefedyt , oder zu Hufhebung der Belagerung zwingen wollte .

Das franzöſiſdie Heer ſtand auf einer Höhe , redits das Dorf Anthoin , den linken Flügel bis an das Gehölz ron Barry , jenſeits Vezon ausgedehnt , ein Gehölz , defren Saum mit furdytbaren Sdyanzen bewehrt war. In der

Mitte lag das höd )ſt ſorgfältig befeſtigte Dorf Fontenon. Born war ein fanfter Abhang , den zum Theil Schlagholf und Züume deckten , weld )e Hohlwege bildeten. Iteberdieſ hatte der Marſhall von Sad )ſen viel Schanzen aufwerfen

laffen , die mit 260 Stück Kanonen eingefaßt waren. Dieſe durd , Natur und Kunſt gleich gut vertheidigte Stellung wollten die Verbündeten nehmen. Am 10. Abends trieben ſie die Franzoſen alis ben diludyten , Mai.

weldse vor ihrem Lager warert, und am 11 . früh begann das Gefedyt. Die Holländer , wele

die auf dem linken Flügel fianden , erhielten Befehl , gegen

Anthoin vorzurücken und das Dorf Fontenon in der Seite zu faſſen. Die Engländer und Hannoveraner , weld) e den Mittelpunct und rechten Flügel bildeten , ſollten den Mit:

telpunct und linken Fliigel des franzöſiſdien Heers angrei fen. General Ingoldsby und der Fürſt von Waldeck foll: ten , der eine mit einem Sendbaufen Engländer gegen die por dem Dorfe Vejon , der andere mit einem Harſt Hollän . der gegen die vor Fontenon aufgeworfene Scjanje ziehen.

Die Ausführung dieſes mit vieler Gewandtheit anger legten Plans hätte wahrſd einlid den Tag entſdieden ;

aber Ingoldsby griff entweder aus Nadıläffigkeit , oder aus Verſehen die vejoner Sdanje nid ) t an , und der Fürſt Waldeck wurde zurückgeld lagen. Indeß rückte das hannős

veriſche und engliſche Fußvolk , troß des fil reklid)en Feue er des franzöſiſd)en Geldjüßes, unerſdyrocken vor , und ſtellte fid) zwiſden dem Gebölz von Barry und Fontenoy in Linie auf. Zugleid, befekten die Holländer den Raum

Marie Therefte.

171

-zwiſdien dieſem Dorfe und Anthoin . Das engliſdie Fußvolk bradyte anfangs alles zum Weiden , und zwang den Feind , fid , auf 300 Schritte weit hinter Fonrenon zurü-f zu ziehen. In dieſem entſcheidenden Augenblick aber ergriffen die Hol. länder , von einem paniſdien S dreck betroffen , die Flucht. Nun fingen die , von allen Seiten dem heftigſten Feuer ausgeſetten Engländer , Hannoveraner und Deſtreidyer ax

zu weidhen. Der Herzog von Cumberland warf fid) ſich mit . ten in die Glieder , wo die Gefahr am dringendſten war ,

und ermunterte feine Sdyaaren mit Stimme und Geberde , behandelte die Soldaten ,als Landsleute , erinnerte ſie an die Siege bei Blenbeim oder Hodyſtädt , und Ramillies , und rief : ,,es iſt mir die größte Ebre , an eurer Spiße zu fteben ; id ) will alle Gefahren mit eud , theilen . Shn un : 1

terſtütte 3ohn ligonier trefflid ), der , um den Ausdruck eines Augenzeugen 1 ) zu brauden , wie ein Feldherr bes fehligte und wie ein Grenadier focyt. Feldmarſchall 80 nigseck zeigte ebenfalls eine heroiſche Itnerſchrockenheit ,1 wie.

irohl er gleid, anfangs durd, einen Sturz vom Pferde gang Beſeelt von der Gegenwart und dem Beiſpiel ihrer Feldherrn ſammeln fid, die daaren wie: jerídlagen war .

der , rid;ten mit neuer Kumpfbrunſt ihre ganze Kraft ge gen den Mittelpunct des franzöſiſden Heers und werfen in wüthendem Angriff ganze Battaillone zu Boden. Der

Sieg ſdien für ſie entſdieden; Graf Königseck pries den Herzog von Cumberland glücklid ) ; der Marſchall ron Sad ſen gab Befehl zum Rückz11.3, und der König von Frankreid ) nebſt dem Dauphin , von Flüd)tigen umringt ,

rollten eben von ihnen fortgeriſſen oder gefangen werden , 1) Hauptmann Yorf , Adiutant des $ erzogs von Cumber: land. Er , der dritte Sohn des (Hrafen Hardwide , war in der Folge unteč dem Nahmen Joſeph York und Lord 1

Dover ſehr bekannt. Wir haben dieſe den Herzog und Li gonier betreffenden Nachrichten aus einem Briefe Yorks !

legten Grafen von Hardwide , an Walpole vom 16, Mai 1745 .

172

Hundertundrechstes Kapitel . 1745 .

als eine unter allen andern Umſtänden vielleidyt kaum be : merkbare Vorkehrung das Glück wendete. Uuf den Rath des Herzog von Ridelieu waren vier Kanonen gegen

die engliſd ,en Schaaren , welde in einer dichten und langen Streitfáule immer vorrückten ', geridtet worden. Das lebe

hafte und gut gerichtete Feuer dieſer kleinen Batterie ,

die

nur 40 Sdyrittweit ſtand , that eine fürchterlidie Wirkung. Die von keiner Reiterei unterſtüßte Heerſäule, deren Rei: hen durd, das feindlide Feuer dünn wurden , gerieth in

Unordnung. Nun ward ſie von der franzöſiſchen Reiterei , von Escadronen der Leibwache und von der irländiſden Brie gabe von vorn angegriffen und in der Seite gefaßt. Der Kampf war kurz aber blutig , die Verwirrung bald allge. mein und der Herzog von Cumberland befahl den Rückzug , der in roller Ordnung und ohne aud) nur einer Fahne Vere luft genommen wurde. Die Franzoſen blieben Herren vom

Sdladtfeld, die Verbündeten zogen ſich nach Leſſines bei Ath zurück und ließen ibre Verwundeten in Briffoeuls , wo ſie bald gefangen wurden 1 ).

Wenige Treffen find blutiger geweſen , als die Schlacht poa Fontenoy ; Ebre und Verluſt waren beider Seits gleid ), aber das Ergebniß des Tages war für die Verbündeten höchſt traurig. Am 22. Mai capitulirte die Stadt, und am 21. Jun. die Feſtung Tournan , und die Sieger (dleif ten fie. So lange der Feldzug nod) dauerte , verfuh. ren die Werbündeten ſtets nur fdufweiſe. Die in S dott

land bewirkte Landung des Prätendenten rief den Herzog von Cumberland mit einem Theil der brittıſdıen Schaaren

zurück ; aber vor ſeinem Abgange war er noch Zeuge der Einnahme von Gent , Dudenarde , Brugge, Dendermons 1) Dieſe Beſchreibung der Schlacht von Fontenoy ift haupts

fächlich nach der londonce Zeitung , nach Franzöſiſchen /

Berichten , einigen Briefen des Hauptmanns Vort an

Walpole in Walpole papers, und aus den Mémoirs of the Duke of Cumberland .

Marie Thereſe.

173

de , oftende , Nieuport und Ath , weldyen eß wie Tour: nay erging.

In Italien ging es nidit beſſer. Da die Königinn von Ingarn ihrem Heer keine Verſtärkung ſenden konnte , ſo konnte der König von Sardinien nicht gegen die Macht

der Franzoſen und Spanier , mit weldien fid, die Genủefer vereint hatten , ankämpfen. Die Regierung von Genua þatte , unzufrieden mit der Abtretung von Final , zu Urane juez einen Vertrag geſchloffen , dem zu Folge fie fidy ante beifchig machte , 10,000 Mann nebſt einem Geſchützug zu

ſtellen. Dagegen hatte das Haus Bourbon für alle Bes fißungen des Freiſtaates Gewähr geleiſtet und monathlidy

100,000 Sbaler Hülfsgelder zu " zahlen verſprodjen. Alle vertragſdyließenden Theile mádyten ſid, anbeiſchig , einhellig alle Mühe anzuwenden , um Don Philipp eine Oberbert's ſchaft in 3talien zu verſchaffen. Die ſpaniſdyen , neapollo taniſchen und modeneſiſden Schaaren ; welche der Herzog von Modena und der Graf Gages befehligten , und die une ter den Befehlen Don Philipps und des Marſdalis Wari. lebois , vereinigten ſich bei Acqui , und durch den 2fdyluß

der Genueſer ward ihr Heer auf 70,000 Mani Yart. Eine

Ubtheilung unterwarf größtentheils das Tortoniſdje unomai. ländiſche, und eine andere bewältigte den Uebergang über den Tanaro., welchen der König von Sardinien perthei:

digte , der nach ſeiner Hauptſtadt zurückgeſdılagen ward. 2m 16. Dec. hielt Don Philipp feinen Einzug in

eis

land , deren Bewohner ibm den Eid der Treue leiſteten .

So verloren alfo die Deſtreicher und Sardinier in einem Feldzuge Cortona , Piacenza, Parma , Pavia , Caſale und Aſti, und die Feſtungen Aleſandria und Mailand wurden geſperrt 1).

Friedrid) II. befand ſich im Anfange des Jahrs 1745 in einer ſdywierigen Rage. Sein lekter Feldzug batte ſeis 1 ) Muratori Annali XII , 164-179.

174

Hundertundrechstes Stapitel. 1745 .

nen Ruf geſdmälert, obwohl ſeinen Muth nid)t gebeugt. Mit dem Tode des Kaiſers war der frankfurter Vereint

aufgelöſt; die aus Deutſdylund verjagten Franzoſen hatten ihr Augenmerk auf die Niederlande geridytet; der König don Preußen , allein den vereinten Waffen Deſtreidys und Sudſens gegenüber , hatte von dem durdy ſeinen Bundess genoſſen bei Foutenoy erfochtenen Sieg keinen Vortheil 1 ). Sein Sdaß erſchöpfte ſich allmählig ; nur mit genauer Noth hatte er ſein Heer neu ergänzt und hergeſtellt'; Teine

Sdyritte, um Frieden zu erhalten , hatten den Wiener Hof, der ſeinen Betheuerungen nidyt glaubte und ſeine Vorſchläge nur als Zeid,en der Ungſt betradytete ,1 nur bartnäckiger ges madt. Aber Friedrid ,) erhob ſich über die Sdywierigkeiten ; ſeine Klugheit und Tapferkeit retteten ihn. Der Monath April verfloß unter Sdyarmükeln beider Heere , an den Grängen von Schlejien und der Grafſchaft Glaz. Der König von Preußen , überzeugt , daß die Deſto reider über Landshut dorrücken würden , ſammelte ſeine Hauptmacht in der Gegend von Sdweidniß und dyickte

ſich an , die daaren , die er in Oberſchleſien hatte , fue rückzurufen . Im Anfang Mai's und während ſie abzogen , fiel zwiſdeu ihnen und einem öſtreichiſchen Harſt ein Tref.

fen, vor , das ſich zum Vortheil der vom Markgrafen Karl angeführten Preußen entſchied. Nadi ſeinem Grundſat aber ; paß Liſt im Kriege oft mehr frommt, als Kraft ,

ſtellte fidy Friedrid) ſehr niedergeſdılazen , um ſeine Feinde 1 ) Der König von Preußen fagt in *einem Schreiben an Luds wig XV.; die Schladit von Fontenoy und die Einnahme von Tournay wären für die Perſon des Monarchen rühms

liche und für Frankreich vortheilhafte Ereigniffe ; aber für Preußens unmittelbaren Vortheil wären eine am Ufer des Stamander gewonnene Schlacht oder die Einnahme von Petin mohl gleiche Diverſionen geweſen. Ludwig XV. war über dieſen Vergleich empfindlich , und ließ das auch den

König von Preußen durch ſeine kalte und ftoíze Antwort fühlen.Oeuvres posth . II , 13. 209. >

Marie Therefte.

175

übermüthiger zu madjen. Prinz Karl ließ fidi aud, durdy dieſen Kunſtgriff täuſchen und eilte , den Feldzug zu eröffnen. Im Ausgang Mai's fammelte er ſeine Madyt in der Ge. ſich in Trautes gend von Königinngräß und Jaromirz. Da lid nau an der niederſdrefiſden Gränge bie Sad ſen an ibu id :loſ fen , ſo kam er auf den Gedanken , durd, die friedberger und

landshuter Hollwege einzubringen, und Friedrichen den Ver. kehr mit dieſer Landſdiaft und den preußiſden Staaten ab. juſdyneiden .

Als die Deſtreicher berangogen , befahl der König von Preußen dem Harit, den er ju landsbut batte , fidj feite wärts zu ziehen. 218 ob es ihm um nichts als lideru Rückzug nad Breslau zu thun ſei , ließ er die Feinde ganz ruhig durch die Gebirge. Er lagerte auf der Ebene

zwiſdien Schweiduiß nnd Zauernick, und, deckte ſeinen Hauptharſt mit einem Gehölz , der Nonnenbuſch genannt , und mit einigen Gräben . Prinz Karl , der von einer Hös be , wo er ſtand , nur kleine (dyeinbar jerſtreute Harſte ſah ,

und außerdem durch ſeine Kundfdafter , welde Friedrid, felbſt ebenfalls zu hintergehen nicht für zu klein bielt, ges täufd ;t wurde , machte ſid, auf , in das Hery Sdleſiens zu dringen . Um 2. Jun. rückte er bis Hobenfriedberg vor und 1

entſendete einen Harſt Sadſen , Striegau zu nehmen . Dies ſer Herſt fam ſpät und ſehr abgemattet an , und lagerte obere halb des Plaßes . Mit anbredjendem Tage ward er unders inuthet von der preubilden Vorbut angegriffen und von den Hoben geworfen , die ſogleid mit Stücken beſert wurdent. Die Sady ſen ſammelten fid) wieder auf den benady barten Bergen , wurden aber von der feindlichen Reiterei , ebe nody

der linke Flügel des preußiſd) en Heers ſid, sjang gebildet hate te , döllig geſchlagen und ferfireut. Prinz Karl , der in der Ebene unterhalb Hohenfriede Berg lagerte , meinte , der lärm , den man pernahin , rubre vom Sturin auf Striegau ber , waró aber ſehr von einem

Et gleid)jeitigen Angriff auf feine beiden Slugel überradt,

176

Hundertundſechstes Kapitel. 1745..

Sie mußten“ ſid, ſeitwärts ziehen , und in dieſem entſdyei: denden Augenblick brach ein preußiſcher Reiterbarſt , der die 1

Fußvolkreihen öffnete ,I um durczukommen , mit äußerſter Lebhaftigkeit auf den Mittelpunct des Feindes ein und ents ſchied den Sieg. Die Deſtreider bewieſen , obgleich über. .

rumpelt , doch viel Tapferkeit und Entſchloſſenbeit, und 30, gen ſich nach des Königs eigener Ausſage ; in ,guter Ordo nung über die Berge zurück. Das Gefedit dauerte ſieben Stunden und war ſehr heiß . Die Preußen verloren nur zweitauſend Mann ; die Deſtreicher und Sachſen hatten

4000 Todte und 7000 Gefangene , worunter vier Genera: 1

le und zweihundert Officiere waren. Uud verloren ſie ſechs.

undſiebzig Fahnen , ſieben Standarten und redysundredizig Kanonenr 1 ) .

Prinz Karl reşte , dom preußiſchen Heere verfolgt ,1 ſeinen Rückzug bis Böhmen fort , moer am Zuſammene fluß der Elbe und Adler eine feſte Stellung einnahm und

die Sadiſen auf dem andern Flußufer lagerten. Friedrid) ftellte fid) zwiſden Ruſeck und Diveß am Ridlerfluß.

Drei

Monathe lang behielten beide Heere ihre Stellung ; Prinz Karl , weil er auf Verſtärkung wartete , und der König

von Preußen , weil er zu krug war , ein faſt unbezwing liches Lager : anzugreifen.. Inzwiſdyen machte Friedrid) , 1

obne ſeinen erhaltenen Sieg in Anſdlag zu bringen , auf

Vermittelung des Königs von England, die Idjon vorher gemachten Friedensanträge. Georg II. , der gar wohl eine ſab , wie nothwendig es ſei , den König von Preußen dem

Bündniß mit Frank .cl ju entreißen , madyte dießfalls dem Wiener Hofe die ſtärkſten Vorſtellungen. Aber die Konis

ginn von Ungarn hatte , troß der Niederlage ihres Heers, den Muth nocy nidyt verloren und konnte durdaus nidt

auf ihr Sdyleſien verzichten. Da der brittiſde Staats: 1) Robinson's dispatches to Lord Harrington.

Oeuvres

posth. II. 12. - Sächſ. und öffreich . Berichte im Gentle.. man's , Magazine 1745. Müüer.

1

:

Marie Thereſte.

177

rath Marie Thereſiens Hartnäckigkeit nicht beugen konnte , ſo ſchloß er ju Hannover mit dem König von Preußen eis nen geheimen Vertrag , wodurd , Georg II. Friedrich II , den Beſig dieſer Landſchaft , dem breslauer Vertrag gemäß , verbürgte, und die Beipflichtung der Generalſtaaten auszu. mitteln verſprach. Es ward bedungen , daß die Königinn von Ungarn und der König von Preußen fidh gegenſeitig 1

I

Gewähr für ihre Lünder leiſteten , und Friedrid) bei der

Raiſerwahl für den Herzog von Lothringen ſtimmte. Seiner

Seits machte ſich der König von England anheiſchig, alles Mögliche zu thun , um die Einſtimmung des Wiener Hofs zu erhalten, und auf der Stelle einen Waffenſtilſtand zu 1

ſd ließen .

Dieſer Vertrag entrüſtete Marie Thereſien nidyt we.

nig , und ihr Unwille ſtieg mit des Königs von Preußen tadelswürdigen Benehmen. Nachdem er den brittiſchen Miniſtern das Verſpredyen des unverbrüchlidyſten Geheim niſſes abgenommen , ließ er in ſeinem Heere das Gerücht verbreiten , es ſei Friede. Er trug dem Prinzen Karl einen Waffenſtilſtand an , und that alles um der Róni. 1

ginn von Ungarn die Fortſekung der Feindſeligkeiten aufzurücken. Der Haß mehrte ſid, dadurd). Marie The. reſie und der Kurfürſt von Sadyfen , ihr Verbündeter , Derwarfen den Vertrag , und Prinz Karl erhielt Bes

fehl , aufs neue anzubinden , obgleich die Sachſen zus rückgegangen waren, ihre Heimath gegen die Preußen zu vertheidigen . A1$ Prinz Karl endlid, die lang erwartete Verſtär. kung erhielt , rückte er nadı dem preußiſd ;en Heer , wele

dyes bei Jaromirz am Zuſammenfluß der Erbe , Merau und Aupe lagerte. Da er es in dieſer Stellung , deren Wehre barkeit ihm gar wohl bekannt war , nicht anzugreifen wagte, fo uinringte er es mit ſeinen leichten S daaren , (dinittibm ſeine Zufuhr ab , nahm ihm ſeine Geleite weg und bielt es Corr's Geſchichte Deft. IV. B.

M

1

178

Hundertundrechstes Kapitel. 1745.

in fteter Unruhe. Zu gleid er Zeit ſtreifte ein ungariſcher Harſt, der die Feſtung Koſel in Oberſcleſien überrum

pelt hatte , bis Schweidniß und Breßlau, wo die Speicher des Feindes waren. So von allen Seiten eingeengt , jog fidy Friedrid, auf Staudeng, nadidem er Korel wieder zu mehmen eine Sdaar entſendet; Prinj Karl folgte ihm , rück . te bis Königshof vor und lauerte nur auf den günſtigen Wu, genblic , eine Sdyladyt zu liefern.

Da das preußifdie Heer durd, die vielen Abtrabe auf 18,000 Mann geſdymolzen war, und überdie großen Man

gel an lebensmitteln litt , fo war der König geneigt, Bóbe men ju räumen und über Trautenau nad ) Schleſien zus rückzukehren. Daran hinderte ihn Prinz Karl. Er gewann den red )ten Flügel des preußiſchen Lagers , und fing vor

Lage eine furdytbare Kanonade an . Friedrid, hatte zwar Abends vorher einen Haufen zu Erfundung des Feindes entſendet , wußte aber vom Unjuge der Deſtreider nid ,ts ,

bis ſie von der Reiterwadyt feines Lagers entdeckt wurden . Prinz Karl hielt fid, des Siegs gewiß. Sein Heer war faſt zwei Mahl ſo ſtark , als das preußiſde; dieß aber hatte einen geſdickten und äußerſt thätigen Führer an der Spise , der mannhaften und vollkommen einges übten S daaren geboth. Die feinen dagegen waren ohne alle Kriegšjudt und gaben Beweiſe ron einer Feigheit ,

wie ſie bis dahin nie die ſtreid iſden Baſien beſdyimpft hatte.

Da Friedrich den Rückzug auf (d)wierigen Wegen und Ungeſichts eines weit zahlreid eren Heeres für gefährlich hielt , ſo legte er es auf eine Sdladt an.

Mit ſtaunens.

werther Beſtimmtheit ſtellten fidy die Preußen , obwohl einem halbſtündigen Feuer - von adytundzwanzig Kanonen ausgeſekt, in Sdilachtordnung. Nach einer Viertelſdywen . kung zur rechten , bildeten ſie eine der feindlid ,en gleid,lau. fende Fronte . Die Reiteret dieſes Heertbeilo griff die Oſte reidyiſd )en Escadronen , die unvortheilhaft ſtanden , an ,

Marie Thereſie.

179

und bradite ſie in Unordnung. Alles Ermahnen und Dro. hen , um ſie wieder zu vereinigen , war vergeblid ). Fürſt

Lokkowiß , der drei ſeiner feigen Hauptleute mit eigener Hand niederſtieß , ward von ſeinen Soldaten in einen Graben geo worfen. Die leichten S daaren kamen nid) t zur rechten Zeit , und bloß das Huſarenregiment , welches das feind. lide Lager erreidyte , war , als es am bißigſten berging ,

mit Plündern beſdyäftigt. Da rückte das preußiſche Fußs ' volk vor. Drei Mahl zurückgeſdılagen , nahm es die Stücken . Die von Höhe zu Höhe gejagten Deſtreidher traten , ohne Befehl dazu bekomnien zu haben 1, einen Rückzug an , den

Feldmarſdau Daun mit einigen Regimentern zu Fuß und zwei Reiterregimentern deckte. Der redyte Flügel des öft : reidyiſden Heers griff weder an , nod) ward er angegriffen , weil der König von Preußen ſeinen linken Flügel nid )t

zum Gefedyt nahm , ſondern zur Unterſtüßung ſeines recie ten und des Mittelpunctes mehrere Harſte daraus bezog. Es bleibt immer ein Wunder , daß bei ſo großer Uns ordnung der Verluſt der Deſtreidyer nid) t nod) bedeuten. der war .

Sie hatten 4000 Todte und 2000 Gefangene ,

verloren zwei Kanonen , gehn Fahnen und zwei Standars ten . Sie wurden bis zum Dorfe Sorr verfolgt, wovon die S dyladt den Nahmen bekommen bat , ' und warfen

jid in den Silvaforſt.

Der König von Preußen gibt

ſeinen Verluſt ju 1000 Todten und 2000 Verwundes ten an ; unſtreitig aber war er größer , da ſeine Sdaas ren einer ſehr langen und ausdauernden Kanonade aus : geſeßt waren , und ein Theil des Direidiſden Heeres ſtarken Widerſtand leiſtete.

Friedrid) geſteht ; daß er an

dieſem Tage viel Fehler gemad) t und den Sieg bloß dem guten Benehmen ſeiner, ' und der Kriegsungeübtheit der feindlid )en Sd)aaren zu danken habe. Er fdyeint über die

Gefabr , worin er fdwebte , ſehr erſchrocken geweſen zu 1

ſeyn , und ſoll mad dem Siege geſagt haben : ,,Da fie mich

dießmahl nid )t geld; lagen haben , ſo dolagen M2

fie midy

180

Hundertundrechstes Kapitel. 1745.

nie 1)." Bald zog er ſich von der Gränze Böhmend zurück , die zu erſdöpft war , als daß ſein Heer dort Lebensmite tei hätte finden können.

Die Ilnfälle , melde das Haus Deſtreich in dieſem Feldzug crfitt , wurden durd keinen Vortheil vergütet ,

außer durch Franz Stephans von Lothringen Erwählung fum Kaiſer. llnter ſeiner perſönlid )en Führung hielt ein öftreid, iſd ;es Heer die Franzoſen am Rhein im dhad) To lange der Reid ;stag in Frankfurt verſammelt war. Frang ward einſtimmig , ausgenoin men den Kurfürſten von Brane 1

denburg und den Pflzer , gewählt. Troß der beiden wie 1

derſprechenden Kurfürſten zahlte man fogar die Wahlſtima me Böhmetis. Es war kein anderer Mirwerber da und

die Wahl ging am 13. Sept. in aller Form vor ſich. Bei feiner Kronung am 4. Oct. nahm der Herzog von Loth ringen den Nahmen Franz I. an . Marie Thereſie war bei

der Feierlid teit gegenwärtig. Sie äußerte ihre Freude, indem ſie von

einem Balkon berabrief : ,, es lebe Kaiſer

Franz I. 2 ) ;“ ein Zuruf , den ſie zuerſt ausbrad ;te und den die unzäbligen Zuſdauer wiederhohlten 3). Indem Marie Thereſie die Kaiſerkrone auf ihres Gemahls Haupt

fepte ,1 batte ſie die Freude, ſie wieder an ihr erlaud;tes Haus fallen zu ſehen , wo ſie länger als drei Sabriunderte une unterbrod en geweſen war. Von - Frankfurt ging die Ka's ſerinn Königinn ihr Heer in Heidelberg fu (drauen. Der Kaiſer felbft empfing fie an der Spike der S daaren , durch deren Reiben ſie jog , mit ſo viel Würde als Huld und Oeuvr. posth. Varnery commentaires sur les com

1) Schlachtbericht in Grantham papers. II, 13 .

Müller

mentaires de Turpin I , 201., >

Heinrichs.

a) Pütter 2 , 55. 3) Histoire de Maric Thérèse S. 74.

Marie Thereſie.

181

Herablaſſung grüßend. Sie hielt unter einem Zelt offne Tafel , und beim Abgang hinterließ ſie jedem Soldaten ein Geldenk 1).

Wiewohl ihre Caffe ſeit langer Zeit ſdiledyt beſtellt war, und ſie ſogar das Kirdyenſilber in die Münze (dhicken

niußte, wollte ſie doch den Feldzug auf keine demüthigende Weiſe beidoließen . Sie verwarf alſo immer fort alle Un,

träge Preußens, und nur auf Radje finnend, faßte ſie den ki:hnen Plan , ihre Sd)aaren mit den fäd,fiſdyen fu vereis nen , beide auf Berlin ausziehen zu laſſen , und die Länt. der des Fürſten zu zerſtückeln , der zuerſt Hand an die Ein . beit der öftreidyiſd)en Monarchie gelegt hatte. Ermuthigt ward ſie durch eine Erklärung der Kaiſerinn von Rußland ,

daß , wenn Friedrich in Sadıſen einfiele, ein ruſſiſches Heer über Preußen herfallen würde. Des Konigs von Prello Ben Klugheit und Thätigkeit aber vereitelten Marie The:

refiend Abfidt, die in dem Nugenblicke , wo ſie fid) des

Erfolgs verſidyert glaubte , erfuhr , Friedrich babe zu Sennersdorf eine Abtheilung fäd)fiſcher 23. Nov. Sdaaren geſchlagen , und den Prinzen Karl , der Foco Mann verloren , aus Odleſien nady Böhmen 7

zurückgetrieben . Nadı dem der Fürſt von Uns balt die Sachſen bei Keffelsdorf völlig geſdılar 15. Dec. gen , war der König von Preußen in Dresden 18. Dec.

eingezogen , und hatte das ganze Kurfürſtenthum

bezwungen. Die Kaiſerin Königinn, deren Muth eigenes Inglück ridyt gebeugt , und die kein Feind ſchrecken konnte ,

war von dem Inglück ihres Bundesgenoſſen äußerſt gerührt. Wiewohl ſie erklärthatte , ſie würde ihren lekten Edelſtein verkaufen , um Sdileſien wieder zu erhalten , opferte ſie dody ihren Vortheil und ihre Rade, um Auguſt III. aus der grauſamen Lage , worin er war , ju befreien . Sie nahm 1

.

1 ; Firen Gulden.

182

Hundertundrechstes Stapitel. 1745.

Großbritanniens Vermittelung an , und am 28. Dec. wur. de zu Dresden ein Friedensvertrag unterzeichnet , welder

Preußen für den Beſis Sdyleſiens und der Graffd aft Glas Gewähr leiſtete. Dagegen räumte Friedrich Sad )ſen und erkannte das böhmiſche Stimmrecht wie die redyts gültige Wahl Franzens an 1). 1) Oeuvr. posth. II. Herzberg , mémoires hist. dans sa 8. diss. p. 105. Histoire de Mar. Th. 1745. Koch histoire des traitês de Fuessen et de Dresde , Il , 64 69 . .

1

Marie Therefte.

183

Hundert und ſieben tes Kapitel. 1746 – 1747. Schottiſcher Aufruhr.

Einnahme von Brüffel und ſchnelle Schlacht bei Glüd der Sjeffreicher in Italien. Philipps

Fortſchritte der Franzoſen in Flandern. Rocour. V. Dod.

-

Ferdinands VI. Töronbeſteigung.

Rücks

zug der Franzoſen und Spanier aus Italien . Einnahs Streit zwiſchen me von Genua durch die Deſtreicher. den Deſtreichern und Sardiniern . Die Verbündeten -

fallen indie Provence. — MarieThereſiens Beharrlichkeit. Schusbündniß zwiften Deltreich und Rufland. Feldzug von 1747 firies:sunternehmungen in der Pro vence .

Rückzug der Verbündeten.

-

Sperrung und

Entfaß von Genua. Unternehmungen des Marſchalls Belle - Isle. Angriff des Pritens von Aſſiette . Bels

le - Jole's Rückzug. Fortſchritte der Franzoſen in den Niederlanden . Die Franzoſen fallen in Holland ein. Hufruhr der vereinten Provinzen und Errichtung der Statthalterſchaft. Rückzug Schlacht bei Laufelt. der Verbündeten . Belagerung u.- Einnahme von Bery opzoom . Sieg des Admirals Hawke.

Der dresdner Friede war für das Haus Deftreich ein um ſo glücklicheres Ereigniß , da England einen großen 1

Sheil ſeiner S daaren aus den Niederlanden ziehen mußte ,

um fie dem Prätendenten entgegenzuſtellen , der bis in das Herz des Königreichs gedrungen war und die Hauptſtadt be: drohte, nur erſt am 27. Jun . 1746 madyte die vom Herzog von Cumberland gewonnene cullodener Schladit der Empő:

rung ein Ende , und es verging viel Zeit , ehe die innerlidy hergeſtellte Ruhe der Regierung erlaubte , ihre Aufmerkſamkeit

184 Hundertundſtebentes Kapitel. 1746—1747. nad) außen hinzuridsten , und ihre Kraft wieder aufdie Nies derlande zu verwenden.

Dieſe Zwiſdienzeit nügten die Franzoſen mit gewohne

ter Thätigkeit. Ehe die Deſtreider in Flandern hinlänglis de Madyt aufbringen konnten , eröffnete der Mars 20. Febr. ſdall von Sadlen den Feldzug mit der ividytigen Einnahme von Brüffel, wo Ludwig XV. am 4 .

Mai ſeinen Einzug hielt. Medyeln , Löwen , Antwerpen , Bergen , Charleroy und Namur wurden nach einander belas gert und genommen , und vor Ende Septembers waren , Lu:

remburg und limburg ausgenommen , die ganzen öſtreidyi ſchen Niederlande bezwungen. Inzwiſchen war das Heer der Werbündeten 70,000 Mann ſtark. Prinz Karl befehligte es ; aber der Tod einer angebetheten Gemahlinn hinderte ibni,

die Kriegsunternehmungen mit gewohnter Aufmerkſamkeit zu verfolgen .

Kurz nach der Liebergabe von Namur nahmen die Ver.

bündeten zwiſdien Maſtricht und füttich eine Stellung, in wvelder ſie am 11. Oct. angegriffen wurden . Nad, harts näckigem Widerſtande mußten fie fid) über die Maas jus rückziehen. Dieſe, von einem Dorfe , weldjes die Verbün:

deten beſekten, die Sdıladyt oon Rocour genannte Sdılacyt, verloren ſie hauptſädylidi durd , die lleberlegenheit des Mais (dalls von Sady ſen auch an Gerdük . Sir John Ligonier

deckte an der Spiße der engliſchen Reiterei den Rückzug glücklid ). Die Verbündeten hielten ihr Winterlager in den Herzogthümern Luremburg und Limburg und die Franzoſen .

beſek ten das eben eroberte Land 1 ) .

Die Kaiſerinn Königinn batte eine Verſtärkung von 30,000 Mann nach Italien geſendet, und die öſtreidiích)

fardiniſden Schaaren hatten dort den Vortheil der Weber . zahl. Sie nahtnen Aſti, Mailand , Guaſtalla und Parma 1 ) Tindal .

Richeliey.

Mémoires de Noailles.

Mémoires de

Marie Thereſte.

185,

wieder , und ihr Glück ward ihnen durd, den Sieg des Für: ften fidhtenſtein , über die von Don Philipp angeführten vers einigten S dyaaren Frankreid ) und Spaniens bei San Lao zaro geſichert.

Im Verlauf dieſes Feldzugs ſtarb Philipp V. , 65 Jahr alt , und der unruhige Geiſt der Eliſabeth Farneſe behelligte

nun die ſpaniſden Berathungen nidyt mehr. Ferdinand VI. , Sohn Philipps V. und Anna Mariens von Savonen , ſeiner erſten Gemahlinn ; war ein Fürſt von

milder Gemüthsart, ganz beherrſdit von ſeiner Gemahlinn , Thereſie, Prinzeſſinn von Portugal , weldie England und ihrer Blutsfreundinn Marie Thereſien ergeben war.

änderte ſid, alſo die ſpaniſdie Staatskunſt (dynell. Der Heerbefehr ward dem thätigen und unternehmenden Gra: fen Gages abgenommen, und die ſpaniſden daaren beka: men Befehl , Italien zu verlaſſen . Wie die franzöfiſden gogen ſie ſich bis Nizza und gingen hierauf über den Varo furück 1 ). Der König von Sardinien beſepte Final und das weſtlidie Ufer. Die Kaiſerlid ,en nahmen Novi , Volo

taggi und Gavi , und bemächtigten ſid, des Wegs durch die Bodetta. Zur ſelbigen Zeit ſperrte eine engliſdie Flotte den Hafen von Genua. Soumíd loffen ergaben ſid, die Ge. nueſer faſt auf Gnade und Ungnade. Sie verſpradzen , den

Schaaren der Kaiſerinn Königinn ihre Stadt mit allem Ge: (düß und Kriegsbedarf zu übergeben. Der Doge und ſechs Senatoren mußten nach Wien , daſelbſt Marie Thereſien

um Gnade zu bitten , und vier andere Senatoren wurden als

Geiſeln für die Vollziehung des Uebergabevergleichs geſtellt. Sofort nahm Marquis von Botta an der Spit.

ze eines Harſtes von 15,000 Mann Beſit im

6. Sept. 1746 .

Nahmen der Kaiſerinn Königinn , und das übrige Bundesheer lagerte in dem genueſer Gebieth . 1 ) Benj. Kenne's dispatches. – Muratori Annali d'Ital.

186 Hundertundftebentes Skapitel. 1746-1747. Da entſtand nun lebhafter 3 wiſt unter den Verbünder

ten über den zu verfolgenden Gang der Unternehmungen .

Die öſtreidsiſchen Heerführer wollten , man ſollte auf Nede pel geben , weldies leid ,te Beute wäre. Dieſe Meinung verwarfen der König von Sardinien , weldjer neidiſd, das

Uebergewidyt Deftreichs in Italien anſab , und die Englän. der , we die einen ableitenden Angriff in den mittägigen Lande fchaften Frankreichs gethan wünſdten. Nad) vielfältigen

Erörterungen ward beſdyloſſen , die Provence anzugreifen. Uber erſt am 30. Nov. ging. Graf Braun , der mit Hülfe der engliſchen Flotte Untibes belagerte , über den Varo. Ein

damahls in Genua bewirkter Aufſtand unterbrad, den Siegess lauf der Verbündeten.

Seit Unterzeichnung nähmlid, des Uebergabevertrags hatte Marquis von Botta die Genueſer auf alle Weiſe über behandelt. Seine Soldaten waren bei den Einwohnern

eingelagert worden, und außer einer Brandſdaßung von 24 Millionen Gulden båtte er auch die Auslieferung der Juwelen verlangt, worauf das Haus Deſtreid, eine Anleihe gemudyt batte. Audy batte er eine Menge Adelider vers

bannt und die linbilden ſeiner Schaaren ungeahndet gelaſſen. Naddem die Wuth und Verzweiflung der Genueſer auf höchſte geſtiegen war , entzündete ein Funte eine Feuers. brunſt . Da der König von Sardinien jur Belagerung von Untibes kein Geſdüß hergeben wollte , ſo nahmen die Deſtreid er das in Genua vorgefundene. Ein öſtreidis

ſcher Hauptmann hatte einen Einwohner , der einen Mör : ſer nicht nad, dem Hafen tragen wollte , mit dem Stock geſchlagen ; da entſtand Aufruhr. Der Hauptmann ward

rerwundet und ein Steinhagel zwang die Deutſchen zum Rückzug. In der Nacht wudis die Zahl der Empörer. Sie bemerten fid ), ſprengten die Niederlagen der Ges 5.u... Dec. webrhändler und verrammten die Straßen. Von

den Landbewohnern unterſtüßt, von Rathsherren und verkleideten franzöſiſchen Hauptleuten angeführt, veriage

Marie Therefte.

187

1

'ten ſie die Deſtreicher aus Genua und ſeinem Gebiet) , und dieſe verloren dabei 8000 Mann nebſt allem Geſdüß und 1

Gepäck 1 ).

Der Krieg um Deſtreidis Erbfolge , der fünf Jahre dauerte , hatte nun einen andern Gegenſtand und Zweck gewonnen. Frankreid) und Großbritannien , welde aus

Hüffsvölkern Hauptparteien geworden waren , wünſchten aufrid )tig Frieden und ſudyten ihn durd, klugen Gebrauchy aller ihrer Madt auf die günſtigſten Bedingungen zu erhal.

ten. Die Franzoſen 'verfolgten ihre Eroberungen in den Niederlanden , dem einzigen Puncte , wo die Seemädyte ver : wundbar waren. England ſtrebte Frankreichs Seeweſen zu Grunde zu richten und einige Niederlaſſungen zu bewälti gen , um es zu zwingen , daß es ſeine Eroberungen wie: I

der herausgabe. Es gelang ihm endlich durch eine Reihe von Siegen zur See , und es bemächtigte ſich der Inſel Caps

Breton und der wichtigen Feſtung Ludwigsburg, weldie Sen Eingang zum Meerbuſen Saint Laurent beherrſd)t und der SdılüſTel von Canada war.

Es waren zwiſchen England und Spanien , und zwi:

ſchen Frankreich und den vereinigten Provinzen Iluterhand lungen eröffnet worden. Der madrider Hof batte ſeit Fer's dinands VI. Thronbeſteigung den Wunſd) nach Frieden bes jeigt , unter der Bedingung , daß Don Philipp in Ita

lien anſäßig würde, und man nid)t dimpflid )es Perlaſſen ſeiner Bundesgenoſſen verlangte. Sofort wurden in Liſſar bon , dann im Haag , Unterhandlungen angeknüpft, weldie die Kunſtgriffe der verwitweten Königinn von Spanien und die Weigerung Marie Thereſiens , die ihren Redyten aufdie

Königreiche Neapel und Sicilien nid )t entſagen wollte, vere eitelten. Inzwiſchen zeigte ſid, der madrider Hof immer ges 1 ) Muratori Ann, d'It. an . 1746 .

Histoire des révoluti

ons de Gênes jusqu'à l'année 1748. III , 139. ss.

188 Hundertundfiebentes Kapitel. 1746—1747. neigt , auf ehrenvolle Bedingungen den Feindſeligkeiten ein Ziel zu ſehen 1).

Die vereinigten Provinzen , welde die Eroberung der Niederlande in die dringendſte Gefahr ſehte , erbotben ſid), ein Abkommen zu treffen . Da die Kaiſerinn Königinn dieſen Antrag verwarf , obwohl ihn der Verſailler Hof angenom . men hatte , fo machten die Generalſtaaten beſon : Feb.u.Aug . 1746. dere Eröffnungen , um einen allgemeinen Frie. den einzuleiten. Frankreid id lug als Grunde

lage der Bedingungen die Herausgabe der Niederlande gee gen Cap - Breton vor. Da England gar bald Antheil an den Unterhandlungen nahm , ſo wurden im Anfang Octo. bers zu Breda zwiſchen franzöfiſchen , engliſchen und holläne diſdyen Bevollmädytigten Conferenzen veranſtaltet. Sie wurs den aber ſchnell eingeſtellt, da die franzöſiſchen Unterhändler

die Bevollmächtigten von Deſtreich und Sardinien nid )t jul. laffen wollten , dann völlig abgebrochen wegen der zwiſtigen

Zwecke der Verbündeten , hauptſädslid, aber wegen der Hoff. nung , weldie die Kaiſerinn Königinn auf die Nüftung zum nädſten Feldzug gelebt hatte. Dieſe Fürſtinn hatte mit Rußland ein Sdub: 22. Mai . 1746 . bündniß geſchloſſen , kraft deſſen die vertragidolie.

Benden Theile gelobten , einander , falls ſie anges griffen würden , einen Zuzugvon 30,000 Mann zu ſenden 2 ). Außerdem hatten die Verbündeten im Haag eine Uebereinkunft getroffen , die , wenn ſie gehalten worden wäre , Frankreichs 1

1

Angriffen Einhalt gethan hätte. Holland und Großbritan. nien ſollten nähmlid, jedes 40,000 Mann in den Niederlan :

den ſtellen . Die Kaiſerinn Königinn hatte dazu ein Heer von 60,000 Mann verſprochen , ungerechnet die Beſaßungen der feſten Pläße , und 10,000 Mann im Luxemburg. Zuch 1 ) Walpole's mémoirs. ») Rousset, XIX, 46o.

Marie Therefie.

189

follte ſie 60,000 Mann nad Italien renden , weldie mit 30,000 Piemonteſern Frankreich von dieſer Seite angegrif . fen hätten , während der König von Neapel durch ein alte deres Heer von 15,000 Mann im Zaum gehalten worden

wäre. England hatte verſprochen , eine ſtarke Flotte auf das mittelländiſde Meer ju jendent , und , wie die Generalſtaa ten , die der Kaiſerinn Königinn verſprodjenen Hülføgelder,

welche ' nod , mit einer Summe von 100,000 Pf. St. vermeørt werden ſollten 1 ) , voraus zu zahlen.

Ed jeigte ſidy bald , daß dieß unausführbar war. Die Hotländer wagten nidt , Frankreid) förmlid) den Krieg zu erklären , und , weil ſie rid) (dymeichelten , Frieden zu er:

balten , ſo eilten ſie nidyt beſonders mit ihren Zurüſtungen . Der König von Sardinien war faſt eben ſo langſam , und die

Kaiſerinn Königinn konnte die verſprochene Mannſchaft nicht ſtellen. Mithin war der Feldzug des Jahres 1747 ben Vere

bündeten nid )t günſtig. Graf Braun indeß betrieb die Belas gerung von Antibes und die Verbeerung der Provence noch eifrig. Wiewohl der Serluſt von Genua den Verkehr mit der engliſden Flotte gefährdete, und Marſdall Belle - 36le an

der Spiße eines ſebr bedeutenden franzöſiſd) en Heeres anjog, beſchloſſen die Führer des Bundesheers einmüthig in einem Kriegsrath , ihre Stellung zu behalten ; aber ein Eilbothe aus Wien überbradite alsbald dem Grafen Braun Staatsbriefe mit Befehlen , nad, deren Leſung 3. Febr.

er mit ſeinen Sdaaren wieder über den Vas ro ging.

Die Gründe dieſe von den übrigen Berbündeten fart gerügten Ruckzugs waren Mangel an Lebensmittteln, Odywä. die des Heeres , das nicht ſtärker al $ 25,000 Mann war ,

und hauptſächlid Marie Thereſiens Wunſd ) , Genua wies der zu bekommen und eine Beleidigung zu rächen , welde 1

1) Tindal XXI, 298.

Heinrich VIII. 253.

histoire ueix foilande. pi 1205 .

Kerroux

190 Hundertundſiebentes Kapitel. 1746—1747 . fie für gräulider hielt , als die ſicilianiſdie Veſper 1 ). Wies wohl ſie aber die Rückkehr ihrer Sdaaren in dieſe Stadt für bodyft widytig bielt , verwarf fie ond) den Beiſtand des

'Königs von Sardinien ,1 ohne welchen der Erfolg unmög: lid) war. Endlid vertrug man ſid, dahin , daß 6000 Sar. dinier fid) mit den Oeſtreidern vereinigen ſollten .

Aber

beide wollten kein Belagerungsgeſdjük bergeben A aus Furdit, es módyte den Franzoſen in die Hände fallen. Man bes ſdyränkte ſid, alſu auf eine bloße Sperrung , ohne auch nur ein einziges Stück aufzupflanzen. Da aber der Marſd))all Belle - Isle mit Franzoſen und Spaniern heranzos , muß.

te man auf den Rückzug denken ., Nun wollten weder die Deitreidyer , noch die Sardinier , weil ſie ſich offentlıd) gerühmthatten , ſie wollten Genua wieder nehmen , die Bes

jagerung zuerſt aufheben 2) .

Dieſer Streit ward beendigt,

da der König von Sardinien fid ) zurückziehen mußte , um die Zugänge zum Piemonteſiſchen zu vertbeidigen . Die Deſtreidher zogen ſich nun , nadidem ſie dieß erhalten , aud, zurück.

Marſdall Belle : Isle' war im Monath Junius über den Paro gegangen und madyte fid, zum Meiſter von Nij 3

za , Montalban , Villefrance und Vintimille. Mit der Ver :

wegenheit , wodurch ſich ſeine Unternehmungen auszeidynes ten ,1 wollte er Turin durd, einen Einbruch von der Dau. phiné her bedrohen. Troß des ſpaniſchen Heerführers und

felbſt des verſailler şofs entſendete er 15,000 Mann unter Befehl des Grafen Belle - 3sle , ſeines Bruders , mit dem Befehl , den Paß , wo man in das Sture : hul dringt,

ju bewältigen. Der Graf erreichte Aſſiette, eine furdit: bare Berſd)anzung auf dem Gipfel eines Zackenfelſen , mit boben Verpfählungen und vielen Kanonen umgeben , und

a) Tho. Robinson's dispatches,

Murat . a. 1747.

a ) General Wentworth to Tho. Robinson . Turin 8. Jul, 1746.

Marie Therefie.

191

mit achtzehn Battaillonen ſardinifdyer und drei Battaillonen

öſtreid iſdier Schaaren bewehrt. Dieſe Hinderniſſe (dyreck. ten die Franzoſen nid )t, fie griffen die Stellung an . Zwei

Maßt waren ſie ſchon mit großem Verluſt zurückgeſdylagen, als Graf Belle Isle ſelbſt fid) an die Spike ſtellte , vorauss

dog und die Fahne ſeines Herrii auf den Werken aufpflanzte. S dywer an beiden Händen verwundet , als er die Pfäble umbredhen wollte ; faßte er die Boblen mit den Zähnen und bekam einen tödtliden Sd)uß, der ihn auf Leidenbaufen ſtreckte. Der Verluſt der Franzoſen waren 4000 Todte, 2000 Verwundete. Das Ueberbleihſel des Sendhaufens zog ïïd

nach Briançon 1) und Marſda Belle - 3sle warf ſid, auf Nizja zurück. In dieſem Feldzug waren Franzoſen und Spanier nidyt minder zwieſpältig , als Deſtreidyer und Sardinier. Wiewohl aber' Marſd ;aul Belle - 3sle keinen dauerhaften Eindruck in Italien hatte madjen können , ſo gelang ihm dod) , was er ſid) vorzüglid) vorgenommen hatte ; die Be. freiung von Genua. Nad einigen unbedeutenden Bewe. gungen bezogen beide Heere im Monath October die Win. terlager 2).

Nie waren Schwäche, Langſamkeit und Mangel an Uebereinſtimmung fühlbarer , als in dem Feldzug in den 1

Niederlanden ; und die Verbündeten madyten gegen die

Franzoſen einen auffallenden Abſtid . Großbritannien allein ſtellte die verſprochene Mannſdy aft. Die Kaiſerinn Königinn und die vereinigten Provinzen ſtellten kaum zwei Drittel der bedungenen. Die Nachläſſigkeit der öftreid iſden und bolländiſden Heerverpfleger war duld ,1 daß der Her:

iog von Cumberland , wiewohl er ſein Heer zuerſt in Bewe. gung geſeßt, dennod), aus Mangel an Kornſpeidyern, nichts I

Voltaire . Des Odoard, 1 ) Muratori XII , 2. 289. hist. de Fr. IV, 128. Mém. de Noailles VI, 234 ,

2 ) Muratori.

192 Hundertundſiebentes Kapitel. 1746—1747. Wichtiges unternehmen konnte. Auch müdete er ſeine Sdynas

len ohne allen Vortheil ab , während der Marſchaft oon Sad), 1

ſen die ſeinen ruhig in ihrem Einlagerungsbereich zwiſden Brügge , Antwerpen und Brüſſel, wo ſie uberflüßig mit Al, lem verſehert waren , hielt; und mit eintretenver günſtigen Jah. !

reszeit den Krieg in das Herz der vereinigten Provinzen zu ſpielen gedadite.

Zu derſelben Zeit überreidyte der franzöſiſde Geſandte im Haag den Generalſtaaten ein Sendſchreiben von adh. tungsbetheuerungen und Vergleichsanerbietbungen , wel . dyes mit der Erklärung dilob , der König , ſein Herr , fei den Freiſtaat nur als Bundesgenoſſen des Hauſes Deſtreid

HE

TE

anzugreifen geſonnen , und mithin würden alle Feſtungen und Länder , welde das franzöſiſde Heer beleben würde , wieder herausgegeben werden , ſobald die vereinigten Pro vinzen Frankreichs Feinden nicht mehr beiſtanden. An dem

nähmlidyen Tage rückte Löwendahl an der Spiße von 20,000 Mann in Holland ein. In kaum einem Monath unterwarf er Sluns , Sas van Gent und Hulſt, und mad te 5000 Kriegs. gefangene.

Löwendahl hatte bei ſeinem Einzug in das Gebieth des Freiſtaats , wie man behauptete , gegen zwei borländiſde Hauptleute geäußert , der Einbrud, geſdrehe mit Geneb.

1

g

migung der Regierung der Vereinigten Provinzen. Die dynelle Uebergabe der Feſtungen ichien audy dieſe Leuße:

rung zu beſtätigen , und die Parteigänger des Hauſes Ora. nien nüßten die allgemeine Beſtürzung , um dieſem Ges rüdyt Glauben zu verſchaffen. Das Volk , welches ſid, ver rathen glaubte , forderte die Herſtellung der Verfaſſung, unter welcher die vereinigten Provinzen ſo lange glücklid,

geweſen waren. Zu Ter- Beere auf der Inſel Seeland fing der Aufſtand an. Die Burger ſammelten ſid, aufrüh

reriſch und verlangten von der Obrigkeit , Wilhelm Heino rid der Friſe, Prinz von Oranien, ſollte Statthalter werden .

Marie Thereſte.

193

Daffelbe thaten die übrigen Städte , und ſo wurde die. fer Prinz nod , an dem Tage von den Ständen zum Statts

halter , Feldhauptmann und Udiniral der Provinz ernannt. Dieſe plößlide Empörung ging faſt ohne Unordnung ab. Die übrigen Provinzen ernannten ihn aud), und am 15. Mai ward der Prinz von Oranien von den Genes

ralſtaaten als Feldhauptmann und Admiral des Vereins eingeführt 1 ).

Wie ſehr audy die Empörung gegen den Vortheil Frank.

reidis lief , ſo kam ſie dod, zu ſpät, um Fräftig auf dieUne 1

ternehmungen des Feldzugs einzuwirken. Der Prinzoon Dra. nien ,1 der damahls den Befehl der holländiſchen Schaaren übernahm , war ein ſehr eitler, anmaßender, krittlider Mann, der , ohne Erfahrung in der Kriegskunſt , doch nicht unter ſeinem Sdwager , dem Herzog von Cumberland , dienen wollte. Mithin hinderte feine Gegenwart und Eintritt die

Unternehmungen des verbündeten Heers mehr, als daß ſie dies ſelben förderte. Maſtridt , welches die Franzoſen bedrohten , zu dels ken , nahmen die Verbündeten ihre Stellung an den Ufern der Maas, und nad, mehreren beiderſeitigen Bewegungen wurden ſie in der Umgegend dieſes Plafes ana gegriffen. Der Marſchall von Sadler wand. 2. Jul. te alle ſeine Kraft gegen die Engländer, Han, 1

noveraner und Heſſen , welche den rechten Flügel ausmadya ten und beim Dorfe Val oder Laufelt ſtanden , wovon die

Sdyladyt ihren Nahmen bekam. Vier Maßt ward dieſe ommen . Endlident , Stellung genommen und wieder genommen died des Marſchaus von Sadſen überlegene Kriegskunſt , und der beharrliche Muth ſeiner S daaren den Sieg. Die Verbündeten zogen ſich hinter Maſtrid )t zurück. Uuf dieo* ſem Rückzug wäre beinahe bas engliſche Fußvolt abgeſchnitten 1) Tindal XXI, 306. Brief des Lord Sandwid an Robins fon vom Haag 30. April 1747. Brief Ed. Fawkner's an Robinſon aus dem Hauptlager Bannel , 16. Juni.

Core's Geſchichte Deft. IV. 3,

N

194 Hundertundſiebentes. Kapitel. 17.46–1747. worden , und nur dem Sir John Ligonier und ſeiner Reites rei verdankte es ſeine Rettung. Dabei ward dieſer gefane gen. Die Anführer der beiden Heere wurden auch faſt ger fangen , der Herzog von Cumberland , weil ihn ein franző fiides Reitergeſd wader umringte, und der Marſhall con Sachſen , weil er bei Lertung des Angriffs ,. von Bike zu weit getrieben , in die Reihen des Feindes gerieth. Das I

franzöſiſche Meer ward in der Schladit außerordentlid, miße

handelt. Der Marſchall von Sadiſengeſtand gegen Sir John Ligonier , daß er 9000 Mann verloren. Die Verbündeter 1

verloren nur 5000. Ihre Niederlage iſt in England 1 ) der Feigheit der Holländer und ſelbſt dem Verrath der Deſtreid , er jugeſdrieben worden ; aber ſie rührte in der That nur vom Mangel an Uebereinſtimmung zwiſden den Heerführern der Verbündeten , und von des Marſdalls von Sad )ſen klugen

Verfügungen her. Inzwiſdien gefattete diet Waffenglück den Frar zoſen dod, nidt, Maſtricht zu umlagern , deſſen Befaßung bes deutend verſtärkt worden war . Graf. lörendahl zog mit

30,000 Mann auf Bergopzoom , weld )es man für unnehm . bar hielt , und deſſen Angriff in den vereinten Provinzen

gar nicht beunruhigte. Dieſe Feſtung , ein Meiſterſtuck Coborns , hatte fdyon allen Bemühungen der Franzoſen ges

troßt. Sie ſchloß fich, an ein verſdanztes Lager und ihre Berbindung init ' dem Meer konnte nidyt abgeſchnitten wer. Eine ſtarke Beſarung dertheidigte ſie. Zwanzig Bate taillone und vierzehn Escadronen unter dem Prinzen von Hildburghauſen faßte das Lager , und jede Stunde wurde erſtärkung erwartet. Am 15. wurden die Laufgräben er:

ffnet. Nad) den gewöhnlichen Annäherungen , welde den 1) Tindal XXI , 312. Wahrſcheinlid ſpricht er nur nach der allgemeinen Meinung. In der Nachricht Ed. Fartners an

Lho. Nobinſon von der Schlacht bei Laufelt iſt gar von einem Verrath der Deſtreicher die Rede nicht. Der Bericht ift aus dem Hauptlager Rubold , vom 16. Juli.

Marie Therefie.

195

Belagerern viel Forteten , madyte man endrid , mit angebenta

dem September einige Sturmriffe in die Wälle.

Der

rierundadıtzigjährige Statthalter , der ſich auf die Wehr. 1

barkeit des Plabe$ verließ , verabſäumte die nöthigen Vors kehrungen , und am 15. in aller Frühe wurde er überrum. I

Die Belagerer drangen , faſt ohne ein Hinderniſi" zu finden , bis mitten in die Stadt vor. Der Statthalter

pelt.

ſelbſt wäre beinahe in ſeinem Bett ergriffen worden . Den. nod , leiſtete die Reſaßung, der es fid fu ſammeln gelang , bartnäckigen Widerſtand , und als ſie ſich von der Menge 1

übermannt fahi jog ſie fid) durch das entgegengeſepte Thor zurück. Auch die Einnahme von Bergopzoom (drich man auf

Redjuung Verraths ; fie ſcheint aber von der Nachläſſigo Feit der Waden und dem hohen Alter des tatthalters berzurühren , weldier keine Runden ausfandte. Diet war

das lekte wichtige Ereigniß in dieſem unglücklichen Feld, fuge 1). Die Unfälle , welche die Verbündeten dort tras

fen , wurden einigermaßen durch einen Seefieg der Enge länder vergütet. Udmiral Hawke traf auf der Höhe vom

Vorgebirge Finiſterre ein franzöſiſches Sdyiffgeſchwader , welches eine weſtindiſde Flotte geleitete , ſchlug es und nahm ihm 6 Linienſchiffe. Dieß , wie es die franzöfifde Seemacht immer mehr berabbradyte , beſchleunigte auch den I

Frieden 2).

N Z

1) Als ich 1971 in Bergopzoom mar , zog ich úber dieſent außerordentlichen Fall Kunde bei mehreren Hauptleuten ein , welche bei der Belagerung geweſen waren und übers zeugte mich , daß der Staathalter nicht Berraths bezüchtigt

werden konnte, wenn auchvielleicht eine oder zwei Wachen beftochen geweſen ſein möchten , einen Ausfall offen zu laf fen , oder nicht zu ſchreien .

2) Tindal XXI ,

522 .

196 Hundertundachtes Kapitel. 1748-1749.

Hundert und achtes Kapitel. 1748

1749.

Borſchläge zu einem allgemeinen Frieden. - Uneinigteit Uebereins gmiſchen dem Wiener und Londoner Hof. Streit mit dem Stönig von Sardinien. funft im Haag. fen .

Schwäche der Holländer. - Waffenglück der Franzos Mas Conferenzen in Breda , dann in Aachen .

rie Thereſiens Widerſpruch. - Unterzeironung der Fries densbedingungen. Hinderniffe des Friedensſchluſſes. Endlicher Vertrag. Unzufriedenheit des Wiener Hofs.

Während des Feldzugs erneuerte Frankreid, ſeine Frice densanträge. Nad) der Schlad )t bei Laufelt madyte der Marſchall von Sadyſen ſeinem Gefangenen , Sir John fi:

gonier , Eröffnungen mit einer Offenheit und Herzlichkeit, weldje ſeines Hofs Aufrid) tigkeit bezeichneten. Die Grunde lage des Vergleid )s ſollte gegenſeitige Rückgabe aller Ero oberungen und ein Beſib Don Philipps in Stalien ſeyn. Frankreid )$ Anträge wurden dem brittiſchen Staatsrath überſendet , welder ſie den Verbündeten mittheilte. Da aber die Kaiſerinn Róniginn keine beſtimmte Erklärung von

fid) gab , und der Prinz von Oranien , welcher die eben überkommene Madytvollkommenheit üben wollte , jeden Ges danken an Ausſöhnung mit Gewalt verwarf , ſo wurden die

Anträge des perſailler Hofs durchweg verworfen 1) , und 1) Mémoirs of Lord Walpole 327.

Marie Therefte.

197

am Ende des Jahres madite man neue Zurüſtungen , um den künftigen Feldzug kräftig zu führen .

Die widerſprechenden Zwecke und Anliegen hinder . ten alle Entwerfung eines Plans ſo ſehr, daß der Bund ſeiner Auflöſung nabe fchien. Zwiſchen dem Wiener und londoner Hofe hatte ſich ein Streit im Betreff der zu ſtele Tenden Mannſdaft erhoben. Der brittiſde Staatsrath

batte vorgeſchlagen ', daß künftig das Külføgeld halb mit Anfang des Jahres, halb dann bezahlt würde , wenn eng 1iſche Hauptleute bekräftigten , daß die S daarenanzahl, weldje ju ftellen man fid, anheiſdig gemacht , geſtellt wäre. Er hatte fogar erklärt , daß bei Eröffnung des Feldzug$ ein zu der fehlenden Mannſdyaft verhältniſmäßiger Abe zug gemad)t werden foute. Die Kaiſerinn Königinn hat. te dieſe Vorſdläge mit Unwillen verworfen 1 ) ; und mit

vieler Mühe gelang es endlid), im Jun. 1748 im Haag ei. te Uebereinkunft zwiſdyen den Seemädyten und Sardinien

izu (dhließen, Deſtreich gelobte , 60,000 Mann in den Nies derlanden und eben ſo viel in 3talien zu ſtellen . Die beis den Seemädyte verſpradjen , jede 6000 in die Niederlande

zu ſenden. Endlich übernahm der König von Sardinien . die Verbindlichkeit, 30,000 Mann ſeiner S daaren zu den öſtreichiſchen froßen zu laffen . Marie Thereſie ließ ſid ), obwohl ungern , den Vorſchlag gefallen , daß die Zahlung der Hülfsgelder von der Vollzähligkeit ihrer geſtellten daar ren abhängen , und , wofern ſie vor dem 1. Apr, nid )t volls 1

zählig wären , ein Viertel , alſo 400,000 Pf. terling abgezogen würden . Daſſelbe ward dem König von Sardi. nien auferlegt 2). Pußer dieſer Madyt nahmen die See. mädyte laut eines am 30. Nov. 1747 unterzeidneten Vere

trago 30,000 Ruffen in Sold , welche vor Ende des 3ab.

red fid, auf den Weg madjen fouten. 1) Robinson to Lord Chesterfield. (Wien 8. Sept. 1747).

®) Grantham papers,”?

198 Hundertundachtes Kapitel. 1748-1749. Zu Conferenzen hatte man ſtatt Breda einhellig Aia: doen beſtimmt , und zu gleidser Zeit hatten ſid, die Bevolle 1

mädtigten aller kriegfubrenden Mädyte im Haug verſams melt Der öftreid iſdye war Graf Kauniß ,1 der ſid , nachher als erſter Miniſter am Wiener Hof fo berühmt gemad,

bat. Keinem gewandreren und eifrigern Unterhändler konn. te Marie Thereſie ihre Angelegenheiten übertragen. Große britanniens Bevollmäd tigter war Graf Sandwidj , wels dyer hier mit einer ſein Ulter weit überflügelnden Gewandts beit und Einfid )t Teine ſtaatsmänniſche Laufbahn antrat.

Graf Saint Severin , der durd, Aufridytigkeit und Leute feligkeit fich auszeidnete , vertrat Frankreid) auf eine wür. dige Weije. Die Generalſtaaten hatten nicht weniger als fünf Unterhändler , an deren Spike Graf Bentink ſtand ,

ein unbeſdottener , dem Statthalter und England ergeber ner Mann. Geſandter des madrider Hofs war Maſones de Lima , ein förmlider und Frittlider panier. Der Ko

nig ron Sardinien batte Grafen Chavannes, einen ſdymiego ſamen und gewandten Italiener , gewählt. Der Form wegen nahm man auch Bevollmädytigte des Herzogs von

Modena und des Freiſtaats Genua an. Das Weſentlide der Unterhandlungen beſorgten Graf Saint . Severin und Sandwid ), und da man beider Seich der Friedent gleid) ſehnlich wünſdite, ſo war man bald einig. Die ers

ften Anträge wurden am 27. März vom franzöſiſchen dem engliſchem Bevollmädytigten gemadyt, und am 30. April unterzeidynete man die Friedensbedingungen zwiſden Franks reid) , England und den vereinigten Provinzen. Der (dynelle Abſoluß dieſer Unterhandlung beruhte

eben ſowohl auf Hollands Sd,wädje , als Frankreidys Ebr. lichkeit. 2018 der Herzog von Cumberland in den erſten Märztagen beim Heer eintraf , hatte er ſtatt der vom Prin. jen von Oranien verſprochenen 50,000 nidr 10,000 Hol. länder gefunden. Er mußte fogar neunzehn Battaillone jur Pertheidigung von Breda entſenden , mithin konnte er

Marie Thereſie.

199

unmöglid , an der Maas hinlänglidye Madt zuſamnienbrils gen , um mit den Deftreiderp Maftricht zu wertheibigen 1 ).

Der erſdiópfre Staatsſdaß hatte die bolländiſdie Regies rung gebludert, die zum Auszug der ruſſiſd)en daaren deriprodhenex 100,000 Pf. "Sterling zu zahlen , und vers geblid bacte fie in England eine Anleihe von 300,000 Ff. zu nadien verſucht.

Unter Sielen umfänden war. Mais

rid)t aicht zu retten , und, einmayr Meiſter dieſer Feſtung , wären die Franzoſen in das Hera der vereinigten Provinjen gedrungen, ohne daß eine id ;wade und getheilte Regierung

und ein mißvergnügtes, eridopfees, muthloſed Solt iba llen Kinderniſſe in den Weg bätten legen fönnen . Die Rückgabe von Final und Abtretung einer Landess

bobet fur Don Philipp in Stalien waren Hauptgegenſtand der beſondein Conferenzen ziviſden dem engliſdien und fraue şöfiſd en Broodmädytigtei. Die Gefahren , welde den vereinten Provinzen drohten , die Beſorgniß , Frankreid,

módyte, wenn es Mafiricht, welches es damals umlager. te , bewältigt, ſeine Forderungen wieder ſteigern , entrija

ſen England feite Einwilligung. Die gegenſeitige Rückgu be aller Eroberungen war Grundlage der Friedensbédiņa gungen ; und Phuppen wurden die Herzogthümer Parma and Piacenza argewieſen . Dieſe Bedingungen wurden dem öſtreidilden und furdiniiden Bevollmädytigten mitge:

igeilt. Graf Kaumn widligte nicht allein nidir in die Zero ſtucelung der öftreidsiſden Monardjie , fonderui orang auf durdygängige Polji reckung des wormſer Vertrago, und erklärs te , wofern man ſeine Sóniginn zwänge, dem Iufanten els ne Landesbobeit zu gebiut , ſo wurde ſie die an den König von Sardinien gemad ten Abtretungen widerrufen . Eben io partnäckig erhob ſid, Graf Chavannes gegen die Rückgu 1

be von Final, und verlangte einen Erfae für das ſeinen

Herrn durd, den wormſer Vertrag abgetretene Herzogthum ) Herzog von Cumberland an den Starl von Sandwich .

200 Sundertundachtes Kapitel. 1748-1749. Piacenja. Zufolge dieſer Weigerung und der Abweſen: heit der ſpaniſd; en und genueſer Geſandten unterzeichnes ten die franzöſiſd en , engliſdi en und holländiſd)en Beooll: mächtigten die Friedensbedingungen beſonders. Man ver: 1

abredete einen unmittelbaren Waffenſtillfiand mit den Sie

derlanden , und Maſtrid )t wurde den franzöſiſdien Sd ,aa. ren überlaſſen. Da nun aller Widerſtand und Eirwand

vergeblid , war , fo madyte der Geſandte der Kaiſerim Kös niginn am 18. Mai den Beitritt ſeiner Gebietberini kund.

Die 2bfaſſung des endlid en Friedensvertrags wurde damit nicht wenig erſd,wert. Die Erörterungen über den Bar. rierepläßevertrag moditen die meiſten Sdwierigkaten. Jus zwiſdien ließ man in dieſer Hinſid)t die Sadyin faſt wie ſie waren.

Nach dem vierten Artikel der Friedensiedingungen

war der Heimfad der Herzogthümer Parma uid Guaſtalla dem Hauſe Deſtreich , und der von Piacenja dem König von ' Sardinien verbürgt, faus Don Philipp - den Thron $

von Neapel beſteigen ſollte. Dief lief om dritten Bier mer Vertrag zuwider , weldier Don farlos das Redit zuerkannte , faus er ſelbſt die ſpanifde Krone erbte , das Königreid, beider Sicilien an einen ſeiner jüngern Söhne gelangen zu laſſen. Die Kaiſerinn Könginn verwarf einen Antrag , deffen Erfüllung ſo weit in drr Ferne lag , nid ) t ;

da aber der König von Sardinien auf den Heimfall von Piacenfa nid)t verzid;ten wollte ,1 ſo widerrief der König von Neapel ſeinen Beitritt.

Zulebt wurde der entſdeisende endrid ,e Friedensver.

trag ju Ladyen von den franzöfidhen , englıſdien und nie. derländiſd ;en Geſandten unterzeidnet , ain 20. trat der ſpa: niſdie, am 23. der kaiſerlich königlid)e und am 7. Nov. der ſardiniſdie Geſandte bei. Kraft dieſes Vertrags wur . de die Wahl des Kaiſers anerkannt und das Haus Deſtreid

erhielt Gewähr für die pragmatiſdie Sanction. Marie Thereſie bekam die Niederlande wieder , entſagte aber den in

Marie Therefte.

201

Italien gemachten Eroberungen , beſtätigte die Abtretung Sdleſiens und der Grafſdaft. Glaß an den König von Preußen , trat die Herzogthümer Parma , Piacenza und Guaſtalla an Don Philipp ab , und genehmigte die im worm .

fer Vertrag geſdebene Abtretung von Vigenasco, einem Theil des Parmeſaniſchen und der Grafídjaft Unghiera an den König von Sardinien 1). So endere dieſer blutige Krieg , deffen Anfang fogar des Hauſes Deſtreidy Daſenn bedrohte. Marie Thereſie

fiegte durd, ihre Großherzigkeit , ibrer Unterthanen Eifer und Englands Unterſtübung über ihre zahlreidjen Feinde, und brachte einen ehrenpollen Frieden zu Staude , der frei. 1

fid, dennod ibr nid) t genügte. Als der brittiſche Geſande te fidy anmelden ließ 1, um ihr bei dieſer Gelegenbeit Glück fu wünſdien , ließ ſie ihm ſagen 1, Beileidsbezeugungen wä: ren.wohl hier mehr am Orte, und er mödite ihr eine Unter: haltung erſparen , weld )e für fie und ihn nicht anders als höchſt unangenehm ſeyn könnte 2). 1) Lachner Vertrag bei Nouffet.

-

Koch II, 74 - 82 .

2) Keith to the Duke of Newcastle. (6. Nov. 1748 ),

202 Hundertundneuntes Kapitel. 1749–1756.

$ undert und neuntes Kapitel. 1749 - 1756 . Marie Thereſiens Anordnungen und Verbefferungen .

Schilderung der Grafen uhlfeld , Colloredo und The venbüller, und des Freiherrn von Wasner, israr Minister. Bartenſteins Ungnade. Ersebung und Schilderung -

Kaunißens .

Entinerungen des Wienec und Londoner

Hofs im Petreff der Wahl des Erzherzogs Forení zum

römiſchen König, und im Betreif des Barrierevertrags.

Marie arie

Thereſie benutte die Zeit von Unterzeidnuna des

Aadhner Vertrags bis zum Anfange des liebenjährigen Krie. ges, die Wunden , welche fortgeſepte Feindſeligkeiten ihren Ländern geſdılagen hatten , ju heilen. Herſtellung ihres Staatsſdaßes und Abänderungen in der Einrichtung ib. res Heers beiſchten zuvörderſt ihre Aufmerkſamkeit. Ein Gerdidytſdyreiber , deſſen Zeugniß man hier wohl nid)t für verdad,tig halten wird , hat ſchon bemerkt , weld, Gluck dieß doppelte Unternehmen getrönt 1 ). 1 ) , Marie Therefie führte in ihrer Schaktammer eine ibrer Ahnen unbekannte Ordnung ein, und erſellte nicht bloß durch gute Anordnungen den, durch die an den König von Prußen und den König von Sardinien abgetretenen Land ſchaften erlittenen Verlust, ſondern vermehrte auch ihre Gefäue bedeutend . Graf Haugmie ward Oberſchafmeiſter.

Unter ſeiner Verwaltungbetrugen die Einkünfte der Kai ferinn 36 Millionen Gulden oder 24 Millionen Thaler.

Kaiſer Karl VI. , ihr Vater , hatte als Beſiter des König 1

Feidths Neapel, Serpiens und SØlejiens nicht ſo viel gec

Marie Thereſie.

203

Die Kamnier wurde . nach einer neuen Oronung vero waltet ; die Vorausnahme der Eintunfte mittelit Unweiſun . gen hörte auf , die außerordentlid en Sieuern wurden auf eine gewiſſe Anzahl Jahre beibehalten ; mehrere Steuerfreis beiten wurden vernid) tet , die Einnahme "regelmäßiger ge.

mad ; t und vereinfudit.

So ſtiegen die jährliden Einkünfo

te des Hauſes Dejlreid ) , weldie unter Karl VI. hidit 30 Millionen Gulden betrugen , auf 36 Millionen , tros deſſen daß Dieapel und Sdleſien verloren waren , wel . dyes lettere allein 6 Millionen Gulden eintrug , und Fonds wurden angelegt, ein Heer von 18,000 Maun ju unters

hatten , die Sduaren abgeredynet , weldje in 3talien und Niederlanden waren . Die arſte dieſes Heers wur's den nicht mehr einzig nad , Ungarn verlegt , von wo man fie nid )t ohue gropien 3ertverluſt beziehen konnte. Bisher

den

war die Art , die daaren einjuüben , nicht für alle Rie. ginienter dieſelbe geweſeu , was am Tage der S dylady

viel Berwirrung madyte.. Unter der Leitung des Grafent Daun , weld er das Jahr vorher init vieler Auszeidynung 1

babt.

In den frühern Kriegen hatte die Kaiſerinn die

Notiwendigleit einer beſſern Kriegszucht gefüólt. Sie mäölte töötige Generäie , melche ſie unter ihren Schaaren einführen konnten.- . Alljährlich hielt man in den Land

ſchaften Lager , wo die Schaaren von kriegserfahrnen und frielsgemandten Männern e njeübt wurden. Die Kaiſerinn

relbit beſuchte mehrniahl die Lager bei Prag und Dlmüş , um die Schaaren durch ihre Gegenwart und Freigebigkeit zu beleben ; ſie mußte beſſer als irgend ein Fürst, die dus

zeichnungen geltend zu machen /, auf welche man fo viel Werth legt ; ſie belohnte die' ihr von ihren Generälen em

pfohlenen Hauptleute,1 wedte überau Nacheiferung , Ta Lente und Wunſch ihr zu gefallen.

Bei Wien ſtiftete

die Kaiſerinn eine Schule , wo der junge Adel in allen Künften des Kriegs unterrichtet wurde. Durch alle diere Bemühungen erreichte das Kriegsweſen in dieſem Lande eine Stufe von Vollkommenheit, mie noch nie unter den Kaiſerit

des Hauſes Dexreich , und ein Weib führte eines großen Mannes würdige Entwürfe aus. “ Oeuvr. posth. III , 1 , 125 - 128. 2

204 Hundertundneuntes Kapitele 1749-1756. gedient hatte , und der Heerführer war , weldier in der Fol.

ge Friedric ) II. öfter gegenüber ſtand , wurde ein allgemei,

nes Syilem eingeführt.

In der Redytopflege waren große Mißbräude einger riffen ; fie war denſelben Richterſtühlen wie die Polizei überlaſſen . Mann trennte beide. Die Landſchaftskanzleien nurden abgeſchafft und ein Obergerid)t eingeſeßt, weldjes ale lekte Behörte alle Red ,tshändel der öſtreid ,iſdyen Länder entſdied , die in Ungarn ausgenommen , wo der Fürſt nur mit Beiſtimmung des Reid,stags Veränderungen vore

nehmen kann. Die allgemeine Leitung des Kammerweſent, 1

die Polizei und alles , was die Verwaltung betraf , wurde einer andern großen Berathungsbehörde übertragen , deren Vorſteher der Kaiſerinn allwödyentlid, Beridyt erſtatten Heupte.

Die Folge dieſer Sorgfalt Marie Thereſieris für die Regierung ward gar bald fühlbar. Gleidywohl bätte ibre Erziehung und das Benehmen ihrer Miniſter fie eher von

Gefdäften abſchrecken können. Ihr Vater , der ſie ſo an, gelegentlid , zur Erbinn ſeiner weitſchidtigen Länder zu

machen tradytete , hatte nidyt darauf gedacht , in ihr auch die zum Regieren nöthige Fähigkeit zu entwickeln und zu bilden. Zwar war fie kaum fünfzehn Jahr alt ., als Karl VI. fie fd on zu dem Staatsrath ließ , wo ſie eine weit über

ibre Jahre hinausgehende Aufmerkſamkeit bewies ; aber dies ſe war doch nur Förmlichkeit geweſen . Beim Schluß des Aadner Vertrags war der Con

ferenzrath hinſichtlich der Fähigkeiten ſeiner Glieder noch fd ledter beſtellt , als da Marie Thereſie den Thron beſtieg.

Der Tod des Grafen Singendorf im Jahr 1742 war für den Wiener Hof ein großer Verluſt. War er gleid) nadyläſſig und dem Vergnügen ergeben , ſo war er doch 1

aud, leidyt zugänglich ; bei allem Aufbrauſen doch nicht harts

näckig verſchloſſen gegen Augenſcheinlidykeit. Mebr als dreißigjährige Amt Idtung und Ans

1

Marie Therefte.

205

feben erworben , und er verſäumte keine Gelegenbeit , Bar, tenſteins bösartigen Einfluß zu hindern. Sinzendorfen folgte als Kanzler Graf uhlfeld, der Both .

fchafter des Wiener Hofs bei den vereinigten Provinzen und der Ottomanniſden Pforte geweſen war.

Seine Ber

förderung verdankte er dem Mißtrauen der Saiſerinn und

Bartenſteins Gewandheit. Die öffentlide Stimme und die Wünſdie des Hofs waren für Graf Harrad ); aber der Berichterſtatter ſtellte Marie Thereſien ſehr fein vor , daß der Kopf und das Anſehen dieſes Herrn ihm im Staats.

rath weit mehr Uebergewidyt verſdaffen würde , als einein Unterthan gebührte , wogegen Graf uglfeld , minder über, legen ,1 einen biegſamen Geiſt hätte , und auf feiner Mein

nung , wenn ſie dem Willen der Gebietherinn zuwider wäre , nidyt zu beharren wagen würde. Uhlfeld war ein I

ehrlicher Mann , der das Viechte und Gerade wollte ; aber er faßte etwas (d )wer, ſeine Vorſtellungen waren verworren

und ſeine geringe Faſſungskraft meyrte nod, feine natürlie die Läſſigkeit. Er liebte das Geheimnißvolle , war kritts lid ), ränkevoll und argwöhniſd ). Vielleidyt kann man audy

eine Unbeholfenheit der Ausdrucks, weld) e ihn bei mündlider Perhandlung äußerſt in Berlegenheit ſeßte, zu ſeinen Fete lern rechnen . Sein Hang zur Pridt und Sdjauſtellung batte ſeine Angelegenheiten in Unordnung gebracht und mach .

te ihn alſo immer abhängig. Er wurde ganz von Barten. ſtein geleitet, und war dieſem ſo unterthänig , wie gegen jeben andern berrifd).

als die Grafen Stahremberg , Harrach und Kinsky nid)t mehr waren , ſtieg Bartenſteins Anſehen wieder , und 1

die Grafen Colloredo , Khepenbiter und Bathiani, wela

die Mitglieder des Conferenzraths waren , beugten fich entweder vor dem Gößen , oder konnten ihn doch nidyt ſtür, zen.

Rudolph Joſeph , Graf , nachher Fürſt von Colloredo , war ein edler , bebrer , offner , groeperziger Mann ,

206 Hundertundneitntes Kapitel. 1749–1756. hartnäckig und untüd)tig. Seine lInterkanzlerſtelle, die ihn von Marie Thereſiens Gemahl abhängig madyte , er. regte das Mißtrauen der Fürſt nn. Mithin ſtand er wes

nig in Auſeben. Wiemohl er Bartenſteinen hierin werden mußte, war er dody zu hehrmüthig und zu ſtolz, um ſeis ne Gefühle fu verbergen , und beſtritt ftets , wiewohl ver: gebens , die Anfidyt des Berid terſtatters . Jobann Joſeph ,1 Graf von Khevenhüller , Oberkam .

merherr und Mitglied des Staatsrath8 , verſtand ſich we: I

nig auf Geſchäfte und war ganz Bartenſteins Willen un terthan , für welchen er eine unbegrenzte Ergebenbeit zeigte. Feldmarſdal Bathiani , einer der erſten ungariſchen

Magnaten , verſtand den Krieg beſſer als die Staatskunſt. Er war Hofmeiſter des Erzherzogs Joſeph ; eine Stelle , die mehr Ehre als Gewidyt gab.

Wie wenig auch Marie Thereſie ſid, gängeln ließ und wie entſd loffen ſie war , hatte ſie dod, ein Mißtrauen ir fidh ſelbſt gefaßt , welches auf der lleberzeugung von ihrer Unerfahrenheit berubte.

Sie prüfte alſo alle Vorſtellun

gen und Gegenvorſtellungen und ſudyte ſtets eine richtige Anſicht von jedem widtigen Gegenſtande zu gewinnen. Aus demſelben Grunde berieth ſie ſid, nid )t bloß mit dem Kaiſer und den Gliedern ibres Staatsraths , ſondern borte

aud, geduldig die langen und einander widerſpredjenden Erklärungen auswärtiger Miniſter an , und nahm oft , wo fie auch nicht am Plate waren , die Anfidyten mandyer Une tertbanen , deren Einſidit und Ehrlid ,keit fie tannter an. IInter dieſen Rathgebern war beſonders Baron Was:

ner , der lange oftreidriſter Botbſdyafter in England ges weſen und nach dem Sdluß des aadıner Vertrags nady

Wien zurückgekommen ivar.

Es war ein freimüthiger ,

offener , bochgeſinnter , tüchtiger und in der Kenntniß der Abſichten der Höfe wohl bewanderter Mann. Die Kaiſe, rinn Königinn , die ihn beſonders achtete , ' rathfragte ihn

oft perſönlich , oder durch) ibren Gebeimſdyreiber Koch .

Marie Therefe.

207

Die Gunſt , in weldier er fand, erregte Gartenſteins Seid, und nie wollte der Beridterſtatter von Gerdyåften mit ihm

ſprechen , ſelbſt wenn ihn der Kaiſer an ihn wieś. Wasner zeigte die Nothwendigkeit einer innigen Vereinigung mit den Seemächten , als den einzigen und beſten Freunden

des " streidyiſdien þauſes , und bewies , es ſei thöridyt zu wähnen , Frankreid werde ihm wieder zu dleſien vero

helfen , wie Bartenſtein unaufhörlid, der Kaiſerinn einflüs terte 1 ) .

Es iſt alſo gar kein Wunder , San Marie Thereſie ,

umgeben von ro zwieſpältigen und nadı ro entgegengeſepten Anſidsten handelnden Miniſtern , beſtändig getheilter Meis nung war . Sie war endlid, der Vorſtellungen der auswärs

tigen Miniſter , die oft von Bartenſtein an uhlfeld , und von Uhlfeld an Bartenſtein hin und her gewieſen wurden , überdrufig ; und hatte die Hurablaſſung lo weit getrieben ,

.

daß ſie den brittiſdien Bothſchafter gebetben , das Wohls ' wollen , des Berichterſtatters fidh zu erwerben , damit, ſagte

ſie , die Gefdäfte etwas fließender behandelt würden 2). Aber lange konnte eine Furſtinn von ſo eiferſüchtiger und

berriſdier Gemüthsart ſid, nid )t Demuthigung von einem Unterbeamten gefallen laſſen . Bartenſteins Muthwille und

Anmaßung perlerte ſie ſehr lehrigens lernte fie bei meh. rerer Erfahrung und Selbſtvertrauen aud ) die Sdwäche und Untüchtigkeit ihrer Miniſter kennen , und fühlte wohl , wie nothwendig es war , die Geſchäftsleitung einem Manne

anzuvertrauen , der mit vieler Unbeſcholtenheit geprüfte Fähigkeiten verbånde , und dem ſchon ſein Rang Unſehen gab. Ihre Wahl fiel alſo auf Sauniß , der damahls ihr Bothíd after am verſailler Hof war. 1) Keith to the Duke of Newcastle. ( 10. April 1749.) ») Keith’s dispatcho's.

208 Hundertundneuntes Kapitel. 1749-1756. Anton Wenceslaus , Graf , nadher Fürſt von Kaunis

Rietberg , welcher beinahe vierzig Jahre die Rathſchlüſſe des Hauſes Oeſtreich leitete , war 1711 von Marimilian Ulrich Grafen von Kauniß , Statthalter in Mähren und Bothídyafter zu Rom , und von Marie Erneſtinen , einziger

Todirer und Erbinn Ferdinand Marimilians, leßten Grafen don Rietberg , geboren. Er genoß unter den Augen ſeines 1

Baters eine treffliche Erziehung und vollendete nadyber ſeie 1

ne Studien in Leipzig , wo er ſchnelle Fortſchritte in der Staatskunſt madyte ; einer Kunſt , die ſehr zu ſeiner Erhes

bung beigetragen. Nachdem er mehrere Höfe Deutſdılands beſucht , Frankreid) und Italien bereiſet , ward er Kammer.

herr Kaiſers Karl VI. und in der Folge Mitglied des Hofc raths , Staatsraths und der Kanzlei , oder der Behörde für auswärtige Angelegenheiten. Seine Feinheit in Unter. 1

Handlungen madite, daß er als Bothſchafter an den turiner Hof geſendet wurde ; und ſein erſter Staatsberid )t war ſo portrefflich) und eindringlid) abgefaßt , daß Graf uhlfeld , als er ihn Marie Thereſien überreidyte , gerade , als ob der

Bothfd ,after gegenwärtig wäre , fu ihrſagte : ,,Hier iſt Ihr erſter Rath 1 )." 3m Im Zabr Jahr 1744.ward Kauniß von Turin nad, Brüſſel geſendet, und leitete beſonders die Gefdäfte

in den Niederlanden zwiſden der Erzherzoginn Marie An. ne und dem Prinzen Karl von Lothringen. 1748 ward er Bothíd ,after und Bevollmächtigter bei der aadyner Zufam , menkunft , wo er feine feltene Geſchicklid , keit bewies, und das Beſte des Hauſes Deftreid, mit Kraft und Naddruck vers trat. Kurz nad, dem Abdyluß des endliden Vertrags beo gab er ſid, nach Wien. Der Kaiſer und die Kaiſerinn bei

ehrten ihn fort und fort mit ihrem Zutrauen ; ſie rathfrago ten in insgebeim über jede widytige Angelegenheit, und trus

gen ihm oft auf , Bartenſteins verfängliche Berichte zu vers 1) Ein dem Vf. von der Gräfinn Shun , Docter des Grafen uhlfeld , mitgetheilter Umſtand.

1

Márie Thereſie.' ...

209

beffernt. Er benahm fid, dabei ſo umſichtig , daß weder der argwöhniſche Berichterſtatter toch auch die Mitglieder des Staatsraths den mindeſten Verdacht faßten. Im Sep:

tember 1751 ward er ſtreichiſdier Botbfdjafter am fran . jöfiſchen Hofe, und die Feinbeit, welde er da zeigte, mehr . te nur die Udytung , welche er der Kaiſerinn eingeflóßt. 1753, als Marie Thereſie Bartenſteino Unmaßung nicht länger

ertragen konnte , berief ſie Kauniß zurück , ihm das Steu : er zu überlaſſen , und erwartete ſeine Ankunft ſo ungeduldig, wie einſt Heinrid VIII. , als er Wolſey's überdrüßig war , Cramner 1 ). Nadi einigen vergeblichen Verſudyen , den

neuen Miniſter einjuſdhüchtern , dann fein Wohlwollen zu gewinnen 2) , ward der Berid ,terſtatter verabſdiedet und 1) Dispatches of Sir Charles Hanbury Williams to the Duke

of Newcastle. Dresde 15. Jul. 1753. Sir Charles , lon doner Geſandter am Dresdner Hof, war vom Herzog von Newcaſtle beauftragt zuforſchen , wie die innere Lage und was die Abſichten des Wiener Hofs wären , und im Bes

treff des verlegten Barrierepläßevertrags Vorſtellungen zu machen . Er hielt ſich 1, als Kauniß erhoben und Bars tenſtein entlaſſen wurde , in Wien auf, und hauptſächlich

aus feinen anziehenden Nachrichten haben wir die einzelnen Umſtände entnommen.

2) Sir Charles Hanbury Williams berichtet: ,, Bartenftein ſchmeichelte ſich anfangs, er werde ſeinen Abſchied nicht bes kommen . Er erklärte öffentlich , er werde nach wie vor die

Noten und Auffäße abfaffen ; ſollte aber irgend ein Mis niſter ſich eine Aenderung darin erlauben , fo würde er das

Ganze ' ändern müſſen , weil er nie zugeben würde, daß man das , was er vollendet hätte, meiſtere. Indeß , als Graf Kauniß antam, verrieth Bartenſtein doch in den drei er, ften Tagen einige Furcht, und wollte dem Minister den Hof machen . Da er nicht angenommen ward , ließ er ei ne Karte mit den Worten zurück : ,, H . Bartenſtein war drei Tage nach einander da , um dem Grafen Staunit ſeis

ne Ergebenheit zu bezeigen . Aber reder ſeine Drohun . gen noch feine Hönichkeiten wirften. Det Graf nahm ihm feine Stelle und reßte diz Behörde für die auswärtigen

Angelegenheiten ungefähr auf den Fuß , wie in Frankreich und England .

Core's Geſchichte Deft. IV. B.

.

.

210 Hundertundneuntes Kapitel. 1749-1756.

zum Unterkanzler von Böhmen mit dem Geheimenraths. titel ernannt. Graf Uhlfeld , dem man einen Gnaden

gehalt gab , und deſſen Sdyulden man bezahlte , ward Großceremonienmeiſter. Die übrigen Glieder des Staats.

ratho behielten ihre Stellen . Kauniß ward mit allge. meiner Zuſtimmung Kanzler , und ſeine erſte Sorge war , das ganze Miniſterium deſſen Vorſtand er war, neu eine jurid)ten .

Graf Kauniß war zweiundvierzig Jahr alt , als er die Oberleitung über die Geſchäftsführung überkam 1). Er hatte viel Geiſt, genaue und tiefe Kenntniß der politiſchen

Lage Europa's und einen unermüdliden Eifer im Dienſt ſeiner Herrſcherinn. Er war ein geſchickter Unterbändler und konnte die verwickeltſten Händel klar darlegen ; war

durchaus unſträflid, rechtſchaffen ; in Geheimniſſen uner. gründlich 2) und unter einer Freimüthigkeit , welche ihm das Zutrauen derer , mit weld en er unterhandelte , gee

want , aud) wenn er ſie hinterging oder ihnen wider. ſtrebte ,1 derbarg er eine tiefe Verſtellung. Uber ſeine Eis genliebe war unbegrenzt , fein überlegener Geiſt und ſein Anſehen madyten ihn eitel , anmaßend , hartnäckig und bere riſd . >

1) Kauniſ war lang und ſchlank , aber von guter Haltung. Sein Geſicht war nicht lebhaft , drüdte aber viel Verſtand und Scharfſinn aus. Seine Zuge maren regelmäßig , fein

Blict lebhaft und durchdringend. Dieſer Mann , melden der königliche Geſchichtſchreiber mit Recht als ro obers

flächlich launiſch in ſeinem Geſchmack fo tief in Geſchäften '' bezeichnet, (Oeuvr. posth . III, 41.) war in ſeinem Anzug

geſucht, kalt und geziert höflich . Sein Aufenthalt in Paris batte ihm franzöſiſche Galanterie gegeben . Er hatte etwas Stuferartiges mit deutſcher Schmerfälligkeit, und war auf Teine Perſon fo eitel , als auf ſeinen Kopf. 2 ) Staunit , fagt Sir Robert Steith in einem Briefe an Car

ermarthen, hat keinen Vertrauten, nicht einmahl einen bes ſondern Freund ; darum find ſeine Gebeimniſſe undurdis Dringlid .

Marie Thereſe.

211'

3n dem Zeitpuncte , wo Rauniß das Staatsruder er . griff , hatte die politiſche Lage des Hauſes Deſtreid) fich bedeutend geändert , theils durd, die geſtiegene Madyt des brandenburgiſd ,en Hauſes , theils durd, die zwiſchen dem Wiener und londoner Hof entſtandenen Streitigkeiten. Damit die Kriegsfackel , wenn der Kaiſer Franz ſtür, be , nid )t wieder angezündet , und Deſtreid ) Uebergewidyt im deutſchen Reid )skörper geſichert würde , verlangte der

Brittiſdhe Staatsrath , Erzherzog Jofeph follte römiſdier König werden . Dieſer an ſich ſehr kluge Plan war in

der damahligen Lage Europa's , beſonders Deutſchlands , 1

träumeriſch und unausführbar. Die einzigen Stimmen , worauf zu redynen war , waren Böhmen , Hannover und

Maing. Die Kurfürſten von Sady ſen uiry Baiern forders

ten, obwohl ſie ſidy zum Hauſe Deſtreich neigten, anſehnlio die Hülfsgelder. Der Pfälzer und Kölner waren von Franke reid und Preußen abhängig , welche entſchieden dagegent waren.. Indeß wünſchte der brittiſdie Staatsrath fo febr es auszuführen , daß er , gegen ſeine Gewohnbeit , in Fries denszeiten den Kurfürſten vor Sadyfen und Baiern Hülfsgel.

der auszahlte , ohne daß er ſie ganz gewinnen konnte. Der Kaiſerhof ward alſo erſucht, nicht nur hier zuzuſdzießen , ſondern aud, die vielfachen Forderungen der Kurfürſten an

das Haus Deſtreid, zu befriedigen , und ihnen die außerore dentliden Vorrechte, um welche ſie beim Reid soberhaupte anſudyten , zu gewähren .

Die Unterhandlung theilte ſich in ſo viele Zweige , als Kurfürſten waren. Forderung erging auf Forderung und endlid erklärte der Wiener Hof , er konne nun weiter keine Dpfer bringen. Selbſt die den Seemädyten ergebenſten Miniſter beflagten fid über die Lebhaftigkeit , womit dieſe Ungelegenheit betrieben wurde, und ſagten , dieß gäbe den

Uebelgeſinnten Anlaß zu behaupten , daß England , indem es die wiederholten Forderungen unterſtüte,1 mit Freudent

das Haus Deſtreich ausplündern rebe. Der Kaiſer ſtellte

212 Hundertundneuntes Kapitel. 1749-1756. dem brittiſdien Bothſchafter vor , daß eine ſo große Ueber . eilung fich mit der gewohnten Umſicht und Langſamkeit des

Wiener Hofs in Unterhandlungen nid )t wohl vertrüge. Dies ſe gemäßigten Vorſtellungen mehrten aber das Drängen und Treiben des brittijden Staatsraths , der nun zu vere 1

fteben gab , die Einigkeit des Hauſes Deſtreid und der Seer mädyte beruhe auf (dneller Bewilligung. Dieſe lInbeſcheis

denbeit und Unzertheit wirkten auf Marie Thereſiens reißbares und behres Gemüth ſehr unangenehm. Sie bielt äußerſt

ftreng auf ihre Würde und mollte nid)t ,I daß ihr Haus die Kaiſerkrone einer fremden Macht zu verdanken hätte. Nad ). dem fie bemerkt , wie jede Bewilligung neue Forderungen

erzeugt , erklärte ſie, dieſe Krone könnte zu theuer zu ſtes ben kommen 1 ),

Undern Anlaß zu Mißvergnügen gab der londoner dem Wiener Hof durd, die Sprache, welde der brittiſdye Staatss

rath führte , der mit einer Art von Ueberlegenheit an die Dienſte ,1 wodurd, Deſtreid, ſeinem Untergange entriſſen wors den ſei , erinnerte , und nun dafür den Lohn verlangte. Baron Wasner , der Englands Freund war , machte hierür

ber oft Vorſtellungen. Kauniß erſudyte die Miniſter dieſer Macht, man möge dod, das Geldslecht der Kaiſerinn Kös niginn adyten , die Gemüthsart dieſer Fürſtinn erwägen und ſie nicht durch demüthigende Vorwürfe erbittern. Der Kaie

0

ſer hob einige harte Uusdrücke , die man gegen den kaiſerli. chen Bothſchafter in London gebraud ,t, tadelnd hervor. Die Kaiſerinn felbſt klagte gegen Keith über den ungezogenen Ton der engliſdhen Staatsſchriften , den ſie zwar , ſagte ſie , verachte, der aber doch den Uebelgeſinnten Waffen in die Hände gebe ; und bath , demnach ihn zumäßigen . Die Kiage war nur zu gegründet. Es ging endlich ro. weit , daß Keith oft anſtand , der Kaiſerinn die bodyfahrenden Ers klärungen zu machen , die ihm ſein Sof auftrug , und mehr 1

1 ) Keith's Dispatches,

Marie Therefte.

213

als einmahl zog ihin dieſer Beweis von Bartſinn und adhtung den Tadel des Königs und ſeiner Miniſter zu 1 ). Der öito reich iſdie gebeime Staatsrath antwortete eben ſo bitter und To war der Briefwed )ſel zwiſdyen beiden Höfen in einen Fee derkrieg ausgeartet.

Die in Antwerpen zu Sdhließung eines Handelsvertrags eröffneten Conferenzen waren kurz nad Marie Thereſiens Thronbeſteigung abgebroden worden. Im folgenden Jahre

wurden über den großen Anſtrengungen der Seemädyte für das Haus Deftreid, die Zwiſtigkeiten wegen des Barriereplä Bevertrags vergeſſen. Da der übereilte Abfdhluß der Fries densbedingungen die Kaiſerinn Königinn immer verdrüßlis

cher machte, ſo führte fie für die Niederlande einen Zoll. tarif ein , welcher den Handel daſelbſt auf gleidhen Fuß , wie in Holland und England, Pente. Zur Rechtfertigung dies fer Maßregel führte ſie an , die Seemädyte bätten , da ſie in

den zwei , laut des im Jahre 1731 ju Wien unterzeichneten Vertrags, feſtgeſepten Jahren keinen Handelsvertrag geſchloſs ſen ; das Vorredit verloren , welches ihnen der ſechsundzwan jigſte Artikel des Barriereplähevertrags gegeben, welden 1

fie dagegen als vollgültig und rechtskräftig anſaben , ſo lan. ge er nicht mit gemeinſamer Uebereinſtimmung widerrufen würde 2 ).

Fürſt Kauniß hatte während eines Aufenthalts in

Brüſſel beſondere Kunde über die Hülfsquellen'der Nieders lande eingezogen, und einen Plan zur Verbeſſerung ihres Er:

trags und Handels entworfen . Er braudste alſo reinen gan: jen Einfluß , um die Hinderniſſe zu beſeitigen , welche der Barrierepräsevertrag dem Wohlſtande dieſer Provinzen in

den Weg legte. Er behauptete , es ſei für eine mächtige Monardie ſchimpflid ) , die feſten Pläße an ihren Gränzert 1 ) Keith's Dispatches,

e) Auch der Verfalt der Grängfeffungen gab zu Streitigtei. ten Anlaß.

214 Hundertundneuntes Sapitel. 1749–1756. mit fremden Sdiaaren beſeßen zu laſſen, und ſtellte die jähra lidhen Hülfsgelder als ein Zeichen der Abhängigkeit dar. Er fdlug dor , allen Ertrag der Niederlande auf einen anſebne

liden Harſt zu verwenden , wodurd, die Gränzfeſtungen beſſer , als von den holländiſden Beragungen würden gehü: tet werden. Endlich vermodyte er Marie Thereſien , wäh. rend man den aadyner Vertrag verhandelte , ihren Werbün . deten Purſtellungen zu thun ,I und ſomit weigerte fid, die

Fürſtinn , die Hulfsgelder zu zahlen. Darüber wurden Sdriften gewed ,ſelt; aber die den Handel betreffenden Punc: te erzeugten unüberwindlide Sdwierigkeiten. England und Holland behaupteten , die Niederlande feien nur als ein dem Hauſe Deſtreid, andertrautes Pfand zu betrad )ten ; ber

haupteten , nad) den Grundſäken der großen Verbindung müſſe den Bewohnern dieſer Provinzen der Handel un terſagt werden ; erklärten endlich , der Brudy des Barriere, pläßevertrags werde das Band , weld,es die drei Mädyte vers einige , zerreißen.

Solche Behauptungen konnten nur den Stolz des Wies ner Hofs reizen , und der hochfahrende und ſogar unanſtän dige Ton , womit ſie geäußert wurden , verlegte die Kaiſes rinn Königinn außerordentlid ), weld;e in ihrer Antwort auf die Vorſtellungen des londoner Hof& fid) ausdrücklid) erklärs

te , fie rei feſt entſdyloffen , nie Gefeße von ihm anzunehmen. „,,Bin ich nicht ," rief fie aus , ngebiethende Herrſcherinn

in den Niederlanden ? Iſt es nicht meine Pflidst, meine Une

terthanen zu ſdhüßen , die nur zu lange durch den Barrierever: trag gelitten und Vortheile verloren haben , die alle übrigen Völker genießen 1 ) ? " 1) Sir Charles Hanbury Williams ſagt in dem am 15. Juli an Graf Newcaſtle erlaffenen Staatsbrief, Marie Thereſie habe bei dieſer Antwort fo laut geſprochen , daß man ſie im angränzenden Saale gehört habe.

>

Marie. Therefte.

215

.

1

‫ و نتو‬،

$ undert und zehntes Kapitel. 1756.

Bründe, welche das Haus Deſtreich beſtimmen , ſich von den Seemächten loszureißen . Unterhandlungen , um die Häuſer Deſtreid und Bourbon zu vereinen. - In Ameri ta entftandener Streit. Großbritannien fordert Deſts reichs Beiſtand. - Uebereinkunft zwiſchen England und

Preußen . - Bundesvertrag zwiſchen Deftreich und Frank, reichy.

S.Po wenig

haltbar war damah18 das Band , welches ro

lange Deftreid, nnd Großbritannien vereint ; und dod, hatte Preußeno geſtiegene Madyt nicht das mindeſte dazu beige: tragen. Die ſchnelle Vergrößerung des brandenburgiſchen Hauſes , weldjes Leopold I. , Joſeph I. und Karl Vi, be:

günſtigt hatten , um darin ein Gegengewicht gegen das Haus Bourbon zu haben , (dien eben audy geeignet , das Gleid,gewidyt in Deutſdyland aufzuheben, und drohte, dem 1

Hauſe Deſireid , ſeine bisherige Uebermacht in Europa ju

entreißen. Dieſe politiſde. Er dyeinung fog nothwendig des 'Grafen Kaunig Aufmerkſamkeit auf ſich. Preußens Macht, das von einem ſo großen Geiſte regiert wurde , niederzubalten, war ſein Hauptzweck und er hoffte, dieſen kühnen, und fo ja ſagen , überſchwenglichen Plan durd, ein Bündniß mit Frank: reid , auszuführen. Eine in Marie Thereſiens Geiſt unmerklich vorgegangene Umwälzung erleichterte dieſe Umſtimmung bis

auf einen gewiſſen Punct. i

216

Hundertund zehntes Stapitel. 1756 .

Bom Anfang ihrer Regierung an hatte Bartenſtein ihr immer Mißtrauen gegen die Seemächte eingefloßt , und ſehr gewandt die verdrüßlichen Erörterungen wegen der

Abtretung von Sdileſien dazu gebraucht. Der Verluſt dieſer ſdyönen und reiden Landſdyaft ( d )webte Marie The. refien immer vor Augen , und nie konnte ſie einen Sdile. fier feben ,! ohne Ihränen zu vergießen 1). Was man ihr in Italien entriſſen , die ihr im Betreff der Uebertretungen

des Gräugpläßevertrags gemachten Vorſtellungen , die ge: gen Ende des Kriegs entſtandenen Streitigkeiten , die oh, ne Deſtreichs Theilnahme unterzeichneten Friedensbedinguna

gen trugen aud dazu bei , die Trennung nod):undermeidlider zu machen.

Während der Verhandlungen , die dem Schluß des aachner Vertrags vorhergingen , hatte die Kaiſerinn Kos niginn Frankreids Freundid)aft geſucht; und Graf Kaunis insgeheim die Abtretung Flanderns unb Brabants an dieſe

Macht vorgeſchlagen , unterder Bedingung , daß Se. Maj. den König von Preußen zur Herausgabe . S dleſiens ver. módyte 2);

17516

Wiewohl dieſer Vorſchlag nicht an .

genommen worden war , hatte Marie Thereſie ihn dod gegen Blondel , Frankreichs Geſchäfts .

träger in Wiert, und nad, her gegen den Marquis von Hau. tefort , Gefandten det verfailter Hofs , wiederbolt 3).

Um dieſelbe Zeit war Graf Kauniß mit Weiſungen , die auf dieſen widtigen Gegenſtand Bezug hatten , nach Paris ents Fendet worden. Mit großen Fleiß und unendlicher Gewandte I

heit batte er daran gearbeitet , daß der franzöfiſde Hof eis

nen "eingewurzelten Haß . abidwöre, hatte den Räthen häu: 1 ) Robinson dispatches. 2) Oeuvres posth . III, 41..

Mémoires de Richelieu VII,

3) Duclos mémoires secr. II, 398, . "

Marie Thereſie.

217

fig wiederholt , Preußens Vergrößerung ſei ihr Werk , ſie ſeien dafür mit Undank belohnt, und anderes ſei von einem Bundesgenoſſen , der nur nad reinem Vortheil handle , nicht zu erwarten. Als die Geiſter ſich allmählig an dieſe

Anſicht gewöhnten , madste Kauniß , um den Eindruck nod ) zu verſtärken , der Marquiſe von Pompadour , mit weldier er vor dem Sdyluß des aadyner Vertrags einen Briefwed): ſel eröffnet hatte , unausgeſeßt den Hof ; und ſie für ſeine Zwecke,zu gewinnen , braudte er alle Mittel 1, die ihr ſdsmei: dyeln konnten . Die bebre Marie Thereſie 1 ) fürd )tete und

entblödete ſid , nidit , bei aller ihrer Anbadt und trok ih res Stolzes , ſeinen Einſdylägen gemäß , auf das freunds (d )aftlichſte und faſt wie an ihres Gleichen , an Ludwigs XV. Kebſe zu Idreiben . Als Kaunit - fid bei ihr entſdul. digte, daß er ihr ein ſo großes Opfer angemutbet , antwore tete fie: ,,habe id) nid )t dem Farinelli geſd meichelt 2 ) ? "

Ludwigs Geliebte , von dieſem Benehmen der größten Herr (derinn in Europa bezaubert , benußte ihren yanzen Eins fluß , ein , inſo gewünſdites Bündniß zu erleidstern. Schon ſchien der Erfolg die Bemühungen des öſtreichiſdyen Geſands ten zu Erönen 1, als ſie durch die Einflüſterungen des Königs von Preußen vereitelt wurden , der am verſailler Hof viel Freunde batte , und durd, die Furchtſamkeit der Marquiſe

von Pompadour , weld )e es nicht auf fid nehmen modyte , 1 ) Der Verfaffer der mém . de Richel. IX, 742 77 behauptet, Marie Thereſie babe die Marquiſe princesse et cousine

genannt. Duclos, der alle Einzelheiten der Unterhands lungen fante, fagt bloß , Graf Kaunis habe von der Kaiſerinn Stöniginn ein ſchmeichelhaftes Billet für Madas

me von Pompadour erhalten, welder es Graf Stahremberg zu überreichen fich gedrängt habe. Mém. secr. II, 412 . 2 ) Dispatches of Stanley to Ritt. Paris , 20. Aug. 1761 . Der berühmte Sänger Farinelli, der unter Philipp v,

nach Madrid berufen worden war, ftand bei Marie Mag balene Ehereſie , *Ferdinands VI. Gemahlinn in großer Gunft.

3

220

Hundertund zehntes Kapitel. 1756. Nad, dem zwölften Artikel des utredyter Vertrag

batte Frankreich Acadien oder Neuſdyottland ganz und gar,

gemäß ſeinen ehemaligen Grängen " an England abgetreten. Dieſer linbeſtimmte Uusdruck batte unter beiden Mädyten Streit erregt, den ein Artikel des aachner Vertrags wieder anfachte, rady welchem alles auf den Fuß , wie vor dem

Kriege , geſtellt werden ſollte .". Mithin forderte England das ganze Gebieth , meldjes in den Unterſudjungsurkunden , der franzöfiſden Beamten und nad ) den vorhergegangenen

Verträgen nahmentlid, verzeid net war , und zwiſchen dem Fluß St. Laurentius, dem Fluß Pentagouet oder Penobs. cot und dem atlantiſden Meere fid , erſtreckte. Nach eini.

gen Geld;idytſdyreibern und alten Karten beſchränkte Frank. reich Acadien auf den mittägigen Theil der Halbinſel , der zwiſden den Vorgebirgen St. Marie und Canſo liegt 1).

Die Erörterung , welche dieſe beiderſeitigen Behauptungen veranlaßten , währten nod, fort, als die Errichtung der Compagnie von Ohio einen neuen Bank weckte. Die 1

Franzoſen ſuchten , indem ſie durch eine sette befeſtigter

Stellen ihre Niederlaſſungen in Canada mit denen zu Milo fiſſipi in Verbindung zu feßen traditeten , die Engländer nach der Seeküſte hinzudrängen. Die Inſeln St. Lucie ; Dominike , St. Vincent und Sabago wurden audy ein Bankapfel. Da keine von beiden Mädyten ihren Anſprüdyen

entſagen wollte , fo ſchien das Schwert entſdeiden zu müſ ren, und das europäiſdhe feſte Land aufs neue in Krieg der : wickelt zu werden .

In dieſer fage der Dinge erſuchte England das Haus Deſtreid), ihm das wieder zu entridten , was es ſo edel .

müthig vorgeſtreckt, und die vertragsmäßigen Obliegenheiten @ju erfüllen. Es drang in die Kaiſerinn Königinn , die Sdaa. renanzahl anzugeben , welche ſie zu Wertheidigung der Ries derlande und Hannover , wenn ſie vom König von Frants ! ) Tindal. XXI, 477 5



Marie Thereſie.

221

teid, und vom König vom Preußen angegriffen würden , stellen könnte. Kauniß hielt den brittiſchen Staatsrath mit allgemeinen , keineswegs ausführbaren Verſpredjungen und Entwürfen bin. 216 die begonnenen Feindſeligkeiten den

londoner Hof zwangen , vom Wiener Hof eine beſtimmte 1

Erklärung zu fordern , überreichte er eine Dene. Upr . ſchrift , die er das Ultimatum ſeiner Regierung 161755 .

nannte, und welder er einen Plan von unter eine

ander verbundenen Unternehmungen gegen Frankreich beis fügte. In dieſer Denkſchrift ' erklärte die Kaiſerinn , daß, wenn ſie ihre Sdaaren aus Böhmen zöge , ſie ihre Erbs

länder und ſelbſt ihre Hauptſtadt den Angriffen ihres uns perſöhnlichen Feindes , des Königs von Preußen , ausſets gen würde ; und alles , was ſie thun könnte , wäre , die 25,000 Mann , 'welche ſie für die Niederlande geben foute , ju vervollſtändigen. Sie trug alſo an , den Seemädyten

hauptſädılıdh den Sdus dieſer Provinzen zu überlaffen , 1

erſud,te Großbritannien , 60,000 Ruffen in Sold ju neh. men , und die Hülfsgelderverträge mit den Kurfürſten von Sachſen und Baiern und dem Landgrafen von Heſſen zu erneuern ; forderte England und Holland zu Stellung ihrer bedungenen Mannſd)aft , 10,000 Mann das erſtere und

6000 das lektere , auf ; behauptete , wenn dieſe Madyt mit den öſtreichiſdyen und beffiſden Sdaaren vereint würde , To bätte man ein Heer von 70,000 Mann , weldies dem franzöſiſden Troß biethen könnte , und die von den Ruſſen

unterſtüßten kaiſerlichen Sdyaaren würden allen Anſtren . gungen der Preußen Einhalt thun 1 ).

Der brittiſche geheime Staatsrath erklärte auf dieſe ſeltſamen Anträge , der König nehnue 8000 Heffen zum !

Schuß der Niederlande in Sold , ſei geneigt , fich an die

Kaiſerinn Königinn anzuſdyließen , um die mit Sachſen und 1) Bom Grafen Colloredo dem Herzog von Nemcaftle. 16. April 1955. eingereichte Sdrift. Keiths papers.

Hundertundzehntes Kapitel. 1756.

222

Baiern geſchloßnen Hülfsgelderverträge zu erneuern , und willige darein , allen Aufwand zur Unterhaltung eines Heers von 50 bi$ 60,000 Ruſſen , weld ,es auf eine dem gemeit. famen Vortheil gemäße Art gebraucht werden ſollte , ſelbſt

zu beſtreiten. Dagegen ſollte der Wiener Hof ſtrac $ , als das einzige Mittel , den Beitritt der vereinigten Provinzen ju erhalten , eine Verſtärkung von 25 bis 30,000 Mann , die luremburger Beratung ungeredynet , nach den Nieders

1

landen renden , und ein zweites Heer zum Schuß Hanno. pers, wenn es von Preußen angegriffen würde, ſammeln 1 ).

Im Verlauf dieſer Erörterungen begab fid, der Kö. nig von England in ſein Kurfürſtenthum , um die Unter: handlung zu beſchleunigen . Während der Reiſe ging Graf Holderneß , Staatsgeheimſd,reiber , in die Niederlande. Fürſt Karl von Lothringen , der Statthalter daſelbſt war , fugte iøm 1, die kaiſerliden Schaaren beliefen ſich auf nicht

mehr als 20,000 Mann , die luremburger Befakung wür. de mehr als 7000 erfordern , außer den Barrierepläken ſei kein feſter Plaß haltbar , und , da er das ganze Land zu ju (düf en nid;t im Stande wäre , ſo könne er fid nur ju Deckung der am meiſten bedrohten holländiſdien Gränzpunce te verſtehen. Die vereinigten Provinzen bothen noch we: niger Hülfsquellen. Die Holländer hatten den Unwillen über die aus dem Barrierevertrag entſtandenen Streitige

keiten , und beunruhigt von der Hülfloſigkeit der Nieder. lande, ihre Sdjaaren zurückberufen , und wünſcyten , durdy 1

Unterhandlungen über einen Neutralitätsvertrag ibr Land ju retten,

Zufolge dieſes Beridots madyte der brittiſde Staats, rath bemerklid ) , wie unſtatthaft es lei , Holland und die

Niederlande Frankreichs Angriffen bloßgeſtellt zu laſſen ; als aber alle Vorſtellungen , ja ſogar Vorwürfe frudytlos waren , erklärte er : ,,wofern die Kaiſerinn Königinn die an

1) Antwort auf die eingereichte Schrift.

223

Marie Therefte.

fie ergangenen Forderungen nidit unterſdreiben wolle , könne der König nidt einverſtanden mit dem Hauſe Defte reid , wirken und Europa’s ganzes Staatenſyſtem werde zu Grunde geben 1 ).

Auf dieſe Erklärung antwortete der Wiener Hof unter an, dern , die Kaiſerinn Königinn habe nod ) nie die Freude ges

habt , zu ſehen , daß ihre Bundesfreunde ihren Uhlidten

Gerechtigkeit wiederfahren ließen , wären die daaren Ibro k. F. Majeſtät in ihrem Solde , ſo könnten ſie nidt unumſdyränkter darüber verfügen , als ſie thäten ; bätten .

die Engländer zu Gunſten ties Hauſes Deſtreich viel Kraft: anſtrengungen verwendet . ſo verdankten ſie dieſen ihre Nerdy thümer , die Mad )t und Freiheit , weldie fie genoffent ;

hätten fie ſtets nady dieſen Grundfären gebandelt , ſo wür : den ſie ſid , nid )t der Gefahr ausgefeßt ſehen , was ſie mit ſo viel Blut und S daken erworben , zu verlieren ; und

ganz Europa würde mit dem Wiener Hof erkennen , daß , wenn das Haus Deftreid , von den Seemädyten wirkſamen Beiſtand bezogen , es denſelben gar häufig mit dem Blute und lIntergang feiner Völker erkauft , während ſeine Bun.

desfreunde fid neue Duellen von Reid ) thümern eröffnet bätten. Durch das Ultimatum , weldjes ihrer Antwort folgte ;

machte ſich die Kaiſerinn Königinn anheiſdrig , in den Mie: derlanden 25,000 Mann zu unterhalten , ungered,net die Beſabungen von Namur und Luxemburg , welde ungefähr 12,000 Mann betragen ſollten , wenn anders England

20,000 Mann , und die vereinten Provinzen ihr Zukomme niß , wie es durdy den Gränjoertrag beſtimmt wäre , oder mindeſtens 8000 Mann ſtellten . Auch wurde vom König

von England eine Angabe der Hülfsvölker gefordert , die er als König und Kurfürſt der Kaiſerinn soniginn , kraft früherer Perbindlid,keiten , ju ſenden gedenke ; ferner dat 1) Earl of Holderness to Keith, Hannover 31. Mai 1755.

224

Hundertundzehntes Kapitel. 1756.

er jo bald als möglid Hülfsgelderverträge ſchließe , die ook Grorbritannien beſoldeten ruſſiſchen Schaaren zum Scut der oſtreid iſchen Staaten gegen die Angriffe des Königs von Preußen gebrauche , und endlid, alle erforderlichen

Maßregeln nehme , damit man von Italien her nichts zu befürd ;ten hätte. Endlich verſprad, die Kaiſerinn ,1 ſobald man beſtimmte Gewißheit hätte , daß dieſe Bedingungen

erfüllt würden , und 20,000 Mann im Solde Großbritan, niens ſid , nach den Niederlanden aufmadsten, die kaiſerli chen S dyaaren auch dahin aufbredyen ſollten 1). 1

Ehe der Eilbothe , welcher das Últimatum brachte, Hannover erreidt batte , wudis das Mißverſtändniß durch eine Denkidrift , welche der brittiſde Geſandte dem Wie: ner Hof zu überreid) en Befehl hatte , worin man eine uns umwundene Antwort auf folgende Fragen verlangte : ,,wür: de die Kaiſerinn Königinn , falis die Franzoſen , oder ein Berbündeter Frankreidis, das Kurfürſtenthum Hannover

angriffen , daaren zum Sdruß dieſes Landes ſenden ? Wieviel würde fie ſenden , und in welcher Zeit würden ſie

aufbredien , um ſich mit den brittiſd)en und bannoveriſchen Sdaaren zu vereinigen ? " Es hieß ferner darin : ,,Die durd , Verträge auferlegten Verbindlichkeiten , Dankbarkeit und Vortheil des Hauſes Deſtreid , müſſen ihm die Noth. wendigkeit , dem König beizuſteben , fühlbar maden. Die Zahl der Mannſd ;aft, woraus dieſe Hülfe beſtehen wird , und der Eifer ſie zu leiſten , werden die Geſinnungen des Wiener Hofs barthun , welche Se. Maj. febr gern als ſtets der Billigkeit gemäße anerkennen will."

Kauniß antwortete kalt: „ Wir können uns nur auf

das, Hrn. Keith bereits zugeſtellte Ultimatum beziehen. 1) Steith an Holderneß , Wien , 19. Juni 1955 , weldier Brief einen kurzen Inbegriff der Seithen ertheilten Ants

wort auf die dem Hof- und Staatskanzler Grafen Kaunig Fietberg gemachten Vorſtellungen , zufolge eines Briefs

pon Holderneß , vom 1. Juni 1755 enthält.

Marie Thereſe.

225

Meine Kaiſerinn zweifelt nid )t, daß ihre Erklärungen ſo umfaſſend und befriedigend werden befunden werden , als die dermahlige Lage der Dinge erlaubt. Sie kann, bis der König ſid, nid )t über die im Iltimatum enthaltenen Punks te erklärt hat , auf keine Frage antworten 1)." Nad, dies ſer Antwort erklärte Georg II, mit Wurde , er wolle fid )

mit dem Hauſe Deſtreid , in keinen Federkrieg einlaſſen ; und da er ſo keinen wirkſamen Beiſtand von der Kaiſering er.

wartete ; ſo wendete er fid ) auf die Seite des Königs von Preußen.

Lange (don war Friedrid, II, der anmaßende Ton des

Verſailler Hofs gegen ihn aufgefallen 2) , und er kannte den Zweck der Ränke des Kaiſerlichen Miniſters gar wohl. Sin

beunruhigte der geringe Eifer Frankreichs in Erneuerung eines Bundesvertrago mit ihm , der im Mai 1756 zu En. de ging. Endlid beſorgte er auch , allein Rußland und Deſtreich bekämpfen zu müſſen.

Er war bald 16 Jun.

mit Georg II. einig und beide Herrſder trafen 2756. eine Ilebereinkunft , welche das Eindringen frems der Sdyaaren in Deutſdland zum Gegenſtande hatte. Es waren zwei Geheimartikel , durd, deren einen die Nieder .

lande von der Gewährleiſtung ausgenommen waren . Durdy den zweiten mad te fich England anbeiſchig , die preußiſdyen

Handelsleute für nid )t wiedererſtattete Fänge , welche die 1 ) Dieſe einzelnen Umſtände find aus den geheimften Pries fen des Grafen Holderne (Hannov. 17. Juni 1755) an

Keith , und Reiths an Holderneß (Wien , 17. Juni deff. Jahrs) entnommen . Oeuvr. posth . III, 43

65 .

Tindal XXI , 524 .

Die erſten Eröffnungen geſchahen in einem Briefe, den der Herzog von Braunſchweig auf Friedrichs II . Empfehlung am 2. Auguſt an den Grafen Holdernes ſchrieb. Sir Benj. Keene's papers .

Corr's Sefchichte Deft. IV. 8 .

SA

Hundertundzehntes Kapitel. 1756.

226

Engländer im vorigen Kriege von ihnen erbeutet hatten , zu entſd, ädigen 1).

Marie Thereſie und Graf Kauniß waren von dieſem Vertrag entzückt. Ulles ſagte nun der Ausführung ihres Pla: nes zu.

Die Marquiſe von Pompadour hatte die dem

Hauſe Deſtreid, abgeneigten Niäthe unmerklich mit ihren eignen Gefdőpfen vertauſcht, und glücklid, ludwig XV. Il nwillen gegen den König von Preußen , der über ſeinen

frommen Sinn und ſeine Liebſdyaften geſcherzt hatte , ger reißt 2 ). Seit dem 22. Sept. 1755 hatten fid, die Mars quiſe, der Abbé von Bernis , der ihr ergeben war und Graf

Stahremberg , der kaiſerlid, königlidie Geſandte , vereint , enien Plan zu einem Bündniß zu entwerfen , weld ) er hier: auf zwiſd) en den beiden leßtern erörtert wurde 3). ilm ihn zu prüfen , wurde ein Ausíduß ernannt , wobei Bere .

ni:, wiewohl er nid)t zum Staatsrath gebörté ,, Zutritt hatte.

Die Bedingungen , welche Marie Thereſiens Geſund: ter vortrug , bewieſen die Aufridytigkeit der Furſtinn und mußten allen Samen der Zwietrad )t zwiſdien beiden Müdı. ten erſticken . Mons ſollte zu Frankreid gedlagen , Lu remburg geldileift , dem Jufanten Don Philipp Brabant

und Hennegau gegen Parma, Piacenza und Guaſtalla ab: getreten , Pohlen zu Gunſten der Nad kommen Auguſts III. für eine Erbmonardjie erklärt , Sdweden Preußiſch 1) Die Entſchädigung betrug 200,000 Pf. Sterling. Oeuvr. posth. III , 69. 2) Ludwig XV ., der gradſinnig und gerecht war , achtete Marie Thereſien febr , und die Unfrömmigkeit des Königs

von Preußen war ihm zuwider. 3) Die erſte Bufammenkunft fand zu Babiole , einem Luft und Landhauſe der Marquiſe, Statt, die zweite in Lurems burg , in dem Zimmer des Geſchichtſchreibers Duclos ,

melchem dieſe Umſtände von Bernis ſelbſt mitgetheilt nur den . Duclos mém . secr. II, 416 f.

Marie Thereſie .

227

Pommern gegeben und mit Rußland , Spanien und den

italiemſden Höfen die nöthige Veranſtaltung getroffen wer. den , das Gedeihen des Bündniſſes zu fiderii. 1

Wiewohl der Ausſchuß aus lauter Gefdőpfen der Marquiſe von Pompadour beſtand , wollte er doch nicht für dieſen Rieſenentwurf ſtimmen , der dem alten Syſtem

To entgegen war , und deſſen Ausführung die ottom.nniſd;e Pforte eben ſo ſehr als die deutſdyen Fürſten beunruhigt haben würde. Demnac trug Bernis auf einen Einigungs vertrag zwiſden dem ' verſailler und Wiener Hof , oder eis

ne gegenſeitige Gewährleiſtung für ihre beiderſeitigen Bes fikungen in Europa und für die preußiſden Länder an. Das

mit die Kaiſerinn Königinn, wenn ſie gegen England zu handeln (dzien , nidit des Undanks bezüchtigtwürde, ſo blieb ihr überlaſſen , Neutralität zu beobachten . Marie Shere.

fie mad te anfangs Einwendungen gegen die von Preußen verlangte Gewährleiſtung; 'endlid, aber willigte ſie darein. Der Vertrag foute eben geſchloſſen werden 1 ) , als die Uns terzeid, nung der londoner 11ebereinkunft die Trennung zwis fden dem 'verſailler und berliner Hof vollkommen madyte. Der öftreid iſde Beſandte mußte dieſen Umſtand , madote

neue Vorſtellungen gegen die Gewähr für Preußen , und Teßte ſie glücklich, durd).

Bis dahin war die Interhandlung ganz ohne Vorwiſa ſen des Kaiſers Franz und , Graf Kauniß ausgenommen , ohne die Miniſter des Wiener Hofs geleitet worden ; nun da es zum Abſchluß ging , mußte der Staatsrath verſama

melt werden. Marie Thereſie, weld)e gegen die Vorure theile ihres Gemahls nicht verſtoßen wollte , ſtellte ſid) , .

als wiffe ſie von gar nid, ts. Beim erſten Vortrag über

ein Bündniß mit Frankreich erhob ſid, ein mißbilligendes

Gemurmel , der Kaiſer ſtand in heftiger Bewegung auf, 1

P 2 #) Duclos II, 428 .

228

Hundertundzehntes Kapitel. 1756.

1

fdlug mit der Hand auf den Tiſd) und rief : „ Ein ſolches

Bündniß iſt unnatürlid , und ſoll nicht Statt haben . Hies rauf verließ er den Saal. Kauniß (dien etwas anzuſte, fen , aber , durch die Kaiſerinn wieder ſider gemacht , fet ,

te er nun die Vortheile dieſes Porſd ,lags aus einander. Marie Thereſie ſtellte fid ) , als höre ſie ihm böchſt aufmerks ſam zu , und gab ihren Beifall in einem ſo entſcheidenden Tone , daß die übrigen Glieder des Staatsraths verſtumme ten . Hierauf ſchien die Kaiſerinn an Frankreid,s Beitritt

zu zweifeln , und Stauniß verbürgte ſid, für dieſe Madyt. Franzen ward ſeine Zuſtimmung abgewonnen und dem Mi, niſter, weld )er dieſe Maßregel ſo gewandt vertreten batte , wurde die Verhandlung übertragen 1 ). Das Gebeimniß war ſo gut bewahrt worden , daß

man nur im Allgemeinen muthmaßte , was in den Mona. then September und October vorgenommen worden rennt mod; te , und der Wiener Hof führte die londoner Ueberein kunft allein als Grund an , warum Deſireid, ſeinen alten Bündniſſen und dem ein Jahrhundert lang befolgten Sye

ļiem entjagte. Der engliſd e Geſandte Keith überreidyte dem

Oſtreid iſden Miniſter eine Abfd rift dieſer

7. April Uebereinkunft mit dem Bedeuten , daß ſie gar nichts Feindſeliges enthielt , ſondern lediglich den Zweck hätte , die Nube des Reid ) s zu erhalten und die Kaiſerinn Königinn ron aller Furdt in Hinſid )t des Konigs von Preußen zu befreien. Er verlangte zum Sdluß

eine Erklärung über die Interhandlung mit dem verſuiller 1) Der Staatsgeheimſchreiber Fordrückte ſich in einem Schrei ben aus Whitehall vom 1. April 1756 an Beni. Steene ro aus : „Itt H. Migazzi noch in Madrid, ſo kann Em . Ere.

in einer beſondern Unterhandlung ihn nicht nur dermöuen, daß er, wenn er wieder nach Wien kommt, fenen Hof mit den tüchtigſten Gründen vor Uebereilung und Rachſucht

warne , ſondern auch entdecten , ob , mie einige Gerüchte , melde Glauben gefunden haben , vermuthen laſſen , eine

geheime Unterhandlung zwiſchen der Kaiſerinn Königinn und Frankreich Statt finde.

Marie Thereſie.

229

5:

Hof , die man vorausſekte. Einen Monath lang bekam er keine Antwort. Nach Verlauf dieſer Zeit ſtellte ihm Graf Kaunid eine Mote zu , worin das Benehmen des Ko. nigs ron England gerügt , das der Kaiſerinn Königinn ger

1

1

rechtfertigt wurde. Hinſichtlich der Unterhandlung mit Frankreich wollte man ſich auf keine Erklärung einlaſſen. Als Keith bei Marie Thereſie Gebör bee kam , empfing fie ihn freundlid ), und , wiewohl 13. Mai ihre Unter bandlungen mit Frankreid , lange vor 1

der londoner llebereinkunft gepflogen worden waren , warf ſie dod, die Sduld des Unfalls auf den König von England. ,, Id),^ [ prad) ſie zum Geſandten , habe das alte Syſtem nicht verlaffen . Großbritannien hat es verlaſſen, hat mich verlaſſen , als es mit Preußen einen Vertrag dyloß , ivo. ron die erſte Nadridyt mich wie ein Donnerſdrag traf.

Zwiſden mir und dem König von Preußen kann keine Bee rührung Statt finden. Keine Rückſicht von der Welt wird midy jemahls beſtimmen , ein Bündniß einzugehen , worani er gemeinſamen Theil hätte.“ Naddem Keith die Weber: einkunft geredytfertigt, lief er einige Worte über die Inter . 1

handlung fallen , weldje , wie man vermuthete , mit dem 1

1

verſailler Hof angeknüpft worden war. Die Kaiſerinn Kós niginn wollte fid) auf keine Erklärung einlaſſen und ſtellte

nur dieſe Frage an den Geſandten : ,,Wie könnte es denn Sie befremden , wenn icí ), nad, dem Beiſpiele , weldies England mir in ſeinem Vertrag mit Preußen gegeben , midy mit Frankreich einkeße ?" Der engliſde Geſandte that ,

als könne er fid, gar nid) t überzeugen , daß die Kaiſerinn ſid, mit einer Macht verbinden wollte , die ſtets ihr und

ihres Hauſes Feind geweſen und erklärte , er werde an ein fold )es Bündniß nid ) t eher glauben , als bis er Marie Theo

reſiens linterzeid nung des Vertrags geſehen.

Da ante

wortete ihm die Kaiſerinn : „Ich bin keinesweges gang

franzöfiſd ), und läugne nicht, daß der verſailler Hof mein furdytbarſter Feind geweſen. Aber id, kann nicht bergen ,

230

Hundertundzehntes Kapitel. 1756.

daß die mittelft des dresdner und aadıner Vertrags -mir durch England entrifenen abgetretenen Läader mid; außer ordentlich geld wacht haben. Ich habe von Frankreid, wee nig zu fürdyten ; ich kann nidt kräftig bandeln und es bleibt mir nichts , als Anſtalten zu treffen , daſ id, mir das , was mir nod) übrig iſt, fidere. " 218 Keith ausrief : „ Sie, die Kaiſerinn , die Erzberzoginn wollte ſid, ſo weit erniedris gen , daß fie ſich in die Arme Frankreidys würfe ?" antwortete Thereſie lebhaft : ,, Nidt in Frankreids Arme , ſondertt 1

auf Frankreidys Seite. Bis ießt habe ich nod) nid)ts mit dem verſailler Hof abgeſchloſſen ; dod, weiß id, nid )t, was geld eben kann ; was aber aud) geſdiebe, id, gebe mein Ehs renwort , daß ich nid )ts unterzeichnen werde , was gegen den Wortbeil Ihres Herrn und Königs läuft , gegen wele

dyen id , die aufridytiglie Adtung und Freundſdyaft hége. " Mit der größten Herablaſſung börte die Kaiſerihn alle

Vorſtellungen und Gründe des brittiſden Geſundten an ;. aber ſie beharrte auf ihrem Entſd lufi und endigte das Ger

hör mit den Worten : „ Id; kaun unmöglich nod Theil an fernett Kriegen nehmen . Folglid) , kam nig mit meinen fernen Beſisungen befaffen forge müſſen meine Erblande ſeyn. Id zwei Feinde zu fürdyten , den König von

id) mich nur we und meine Haupt: babe fürwahr nur Preußen und den

Großberrn . So lange zwiſchen mir und der Kaiſerinn von riußland ein gutes Bernehmen fortdauert , können wir hof fentlid, Europa überzeugen , daß wir dieſen Feinden , wie

furd ;tbar ſie aud, ſeyn mögen , widerſtehen können 1 ) . " Dieſes Gebör gab die Kaiſerinn Königinn dem brittis (d )en Geſandten am

13. Mai , und am 1. dieſes Monaths

war der Vertrag mit Frankreid, unterzeichnet morden . Wie in der londoner Uebereinkunft vertrugen ſich beide Mädyte durch eine Neutralitärsurkunde darüber , daß die Amerika

betreffenden Streitigkeiten das gute Vernehmen zwiſdoen 1) Keith tho the Earl of Holderness. Wien 16. Mai 1756.

Marie Thereſie.

231

ihnen nid )t hindern ſollten , undmittelſt einer Tebiglid, auf ein Odurbündniß geſtellten Urkunde übernahmen ſie aufs neue alle Verbindlid Feiten , die ſie ſeit dem weſtphäliſden Frie:

den eingegangen waren. Die Kaiſerinn Königinn madyte fid) anbeiſchig, ausgenommen in dem ſo eben zwiſchen Frant: reid) und England ausgebrochenen Kriege , die Länder der erſtern von dieſen Mädyten , wenn ſie angegriffen würs 1

den , zu ſchüren ; aber Se. dir. Maj. ſollte dem Hauſe 1

Deftreid) in allen Fällen beiſtehen . Der Beiſtand murde zu 24,000 Mann beſtimmt, mis der ſdyon angegebenen Uus: nahme 1 ).

Dieß war urſprung , Fortgang und Sd;luß einer Un 1

terhandlung , welde das europäiſche Syſtem veränderte,

und auf das Schickſal des Hauſes Oeſtreich großen Eins fluf hatte.

Der Wiener und londoner

of beid uldigten fid, eins

ander gegenſeitig des Stolzes , der Hartnäckigkeit und des . 1

Undanks ,1 weil ſie einem Bündniß entſagt , das länger als

ein Jahrhundert beſtanden . Vielleicht aber verlangten beie de Unmögliches von einander. Der Wiener , wenn er auf:

richtig ſeyn wollte, verlangte ; daß England ihm Preußen jerſtückeln hülfe , und die Seemädyte faſt ganz den Sduk der Niederlande übernähmen . Der londoner Hof forderte feiner Seits , daß die Kaiſerinn Königinn eine große odjaa, renmenge zum dur der Landſd aften , welde Englands Portheil waren , von Frankreid; unabhängig jlı erhalteri , ver's

wendete 1, und dazu noc , Hannover vertheidigte. Der brits tiſdie Staatsrath erwog nicht , das de: dresdner und aad ): ner Vertrag die politiſche Lage des Hauſes Oeſtreich gang verändert hatte ; daß im erſten Feldzug die Kaiſerinn alle

ihre Madyt bätte zuſammendrängen müſſen , um ihre Erb lande zu ſchüßen , und , bis die Ruffen auf den Kriegs 1 ) Bundes- und Freundſchaftsvertrag zwiſchen Marie The und Ludwig XV. 1. Mai 1756.

232

Hunderfundzehntes Kapitel. 1756.

dauplaß erfdienen wären , ihren Verbündeten nidt den

mindeſten Dienſt hätte leiſten können . Dazu ſah dieſe Fürs ftinn die Franzoſen im Vegriff , fid ) der Niederlande ju ben meiſtern , den König von Freuben , wenn er wollte , an der Spige eines Heers von 100,000 Mann in Böhmen einfallen ; ſie fah Deutſdıland in zwei Parteien getheilt : 1

die proteſtantiſde , welde gerüſtet war und den berliner Hof anregte und unterſtütte , und die katholiſde , welde

weder Mannſd)aft nod Geld hatte ; Spanien fab fie zur Neutralität geneigt , den König von Sardinien neidiſdy und mißvergnügt , S dyweden und Dänemark dem verſailler

Hof ergeben , die ottomannſdie Pforte in Streit mit Rup: land und vielleidyt von den franzöſiſdien und preußiſden Geſandten aufgewiegelt, Holland gereikt und mad ,tlos , England außer Stand , die Niederlande zu (dyüren , und

wegen Hannovers beunruhigt. Unter dieſen Verhältniſſen mußten mehrere augenidy einlide Portheile aus einer Ver: bündung zwiſchen der Kaiſerinn Königinn und dem verſailler Hof entſpringen. Nun braudyte Deſtreid, nid) t mehr in

Flandern , in Italien , am Rhein zu kämpfen , wie es lo lange gethan , und wodurd, es ſeine Völker erſdyöpft batte. Ungarn deckte Frankreidis Uebermadt über den Divan ; die katholiſden Reichsfürſten und Länder wurden nidyt mehr

durch Frankreid )s Gold und Verſprechen aufgeregt, und mußten ſid, mit dem Kaiſer vereinen . Dänemark und Sd weden ſtanden unter dem Einfluß des verſailler Hoft. Die Kaiſerinn Königinn hoffte , aud Rußland von dem

Bunde mit England loszureißen und Spaniens Beitritt zu erhalten. Da alſo nichts mehr am Rhein , in Flandern 1, Stalien , Ungarn zu fürdyten war , konnte ſie alle. Kräfte gegen ihren furdytbarſten Feind braudzen , gegen ihn , der fie zuerſt angegriffen hatte , kurz gegen den König ron Preußen.

Iroß aller dieſer Vortheile madyte dod, der Bruch mit den Seemädyten am Wiener Hofe und in der Haupt

Marie Therefte.

233

ftadt einen tiefen Eindruck. Marie Thereſie wurde des Undanks gegen England beſchuldigt, ohne deffen Beiſtand das Haus Deſtreid, vernichtet worden wäre.

Einige ihrer

Miniſter beobadyteten ein düſteres Sdweigen. Fürſt Collos redo und ſelbſt der Brid )toater des Kaiſers mißbilligten eie ne genaue Verbindung mit einer Madyt, die ſo lange Deſt: reid) s Todfeindinn geweſen. Auch erhielt die Kaiſerinn Königinn nur mit großer Mühe die Einwilligung ihres Ger mahls , und ihre liebſte Todyter machte ihr mehrmahls Vors ſtellungen darüber. Erzherzog Joſeph , vom Feldmarſchau Bathiani , ſeinem Erzieher , angeregt , fragte fie , ob fie

fid) denn fidyer, glaubte , indem ſie Frankreid, traute , das fie ſo oft betrogen hätte ? Obwohl ausgeſd olten wiederhols 1

te der junge Pring reine Frage doch mehrmahls , und bath

ſeine durdılaudytige Mutter , fid, nid)t von Großbritannien zu trennen , weld)es ihr und ihrem Hauſe ſo weſentlide 1

Dienſte geleiſtet hätte 1).

1) Keith to the Earl of Holderness. (Wien 15. Mai und 20. Sept. 1756.)

i

234 Hundertundeilftes Kapitel. 1756-1757.

Hundert und eilftes Kapitel. 1756 – 1757. Der König von Preußen fällt in Sachſen ein undifperrt die ſächſiſchen Schaaren in iórem Lager bei Pirna. Lowo. fißer Schlacht.

Ergebung der Sachſen. - Auguſt III,

muß Dresden verlaſſen . Marſchau Schwerin bricht in Böhmen ein . Neue Uebereinkunft zwiſchen der Kaiſe

rinn und Frankreich . Sie gewinnt Schweden , fichert ſich die Neutralität Spaniens, Hollands und Dänemarks. Frankreichs politiſche Lage. Bemühungen Marie Thereſiens, einen großen Fürstenbund gegen den König von Preußen zu bewirken . dem Bunde mit England los.

Sie reißt Rußland -

von

Anfang des ſiebenjähri

gen Kriegs.

Freudeentzückt und auf den gefdstoffenen Bund ſtolz pos dend ,1 ſchmeid ;elte ſid Marie Thereſie, nun ihre Entwürs fe gegen den König von Preußen ſchnell ausgeführt zu re.

hen. Frankreichs günſtige Lage ſdien zu verſpreden , daß dieſe Hoffnung nicht täuſdien könne. Die vorjähriyen Angriffe der Engländer auf die Nies derlaſſungen der Franzoſen in Amerika waren erfolglos ge weſen. Die Kriegsplage war bis nad, Europa gedrungen , und auf den Küſten von der Normandie und Bretagne wurs den ungeheure Rüftungen zu einer Landung in England gemad)t. Der brittiſche Staatsrath erſuchte damahls die dereinigten Provinzen , den in den Verträgen beſtimmten

Antheil von 6000 Mann zu ſtellen. Die erſdyrockenen Ger neralſtaaten (dilugen es ab , und blieben neutral. Zu gleis

Marie Therefte.

235

der Zeit griff eine von Toulon ausgelaufene

Flotte die Inſel Minorca an , und Herzog Ri: 12.17April -6 dhelieu , weld er zahlreide Sdaaren befehlig te , belagerte die Feſte St. Philipp. Dem Admiral Lugny , 1

der mit einem Schiffgeid wader auf das mittelländiſdye Meer geſendet wurde, mißlangen alle Verſuche dem Plate beizuſtehen , der am 29. Jul. capitulirte.

Seit Pelhams Tode war das brittiſde Car binet unaufhörlid) von Ränken beutmuhigt. Es

1754

hatte häufigen Wedſel erfahren , und in dem Zeitpuncte , wobin nun dieſe Geſdidhte gediehen iſt , war in England nid )t ein Miniſter , der den Krieg auf dem fer ften Lande Europens mit glücklidem Erfolg hätte leiten

können. Das Volk war muthlos geworden ; der Aufent: halt der hannoveriſdien und heffiſd; en S daaren , weldie man aus Furcht vor einer Landung zu Hülfe gerufen , ers regte viel Unmuth ; die Lebensmittel wurden immer ſelte.

ner und der Verluſt von Minorca , den man jeßt eben er: fuhr , ward mit einem Unwillen , der bis zur Wuth ſtiegi vernommen i ).

Durd, dieſe Lage der Dinge aufgemuntert, fudte as rie Thereſie aus allen Kräften , ein eben ſo fürchterlides Bündniß gegen den Siönig von Preußen zu ſchließen , als nad, Karls VI. Tode das Haus Deſtreid, ſelbſt bedroht hats te. Sie perfidyerte ſich der Mitwirkung Auguſts III. , Kos · nigs von Fohlen und Kurfürſten von Sadſen , theils durch I

die Verwendung Marie Joſephens, ihrer Verwandtin und Gemahlinu dieſes Fürſten , theils durch die Rathſdläge des Grafen Brühl , feines erſten Miniſters , den Friedrid )s II.

beißender Wig beleidigt hatte 2). Porzüglich aber both fie alles auf , die Kaiſerinn von Rußland zu gewinneti. 1 ) Tindal XXI, 548 . 2) Denina vie de Frédéric II. 125.

236 Hundertundeilftes Sapitel. 1756–1757. Sie (dürte den Haß dieſer Fürſtinn gegen den König von Preußen ant. Troß ihrer Sparſamkeit beſtach ſie die ruſ:

fiſden Miniſter. Endlid, gelang es ihr , Eliſa.

&

30. Sept. betb zum Bruch eines nur neulid nody mit Groß e

1755,

britannien geldloſſenen Hülfsvertrags 1), und

F

dem Verſpreden , 60,000 Mann zu dem Bunde zu ſtellen ,

f

zu vermögen.

Nad dem ſie glücklich ein Bündniß mit Rußland ge. ſd loffen , ſammelte ſie in der Gegend von Königinngräß

und Prag ein Heer , und die Ruſſen vereinigten rich an der liefländiſden Gränze. Lufgeſchreckt von dieſen Zurü ftungen und in der Vermuthung, daß irgend eine gebeime 1

Hebereinkunft zwiſden dem Wiener , petersburger und dredde ner Hof Statt finde , ließ der König von Preu : 26 Jul. 1756 Ben Marie Thereſie um eine beſtinmte Erklä.

rung über ihre Ubichten fragen. In der miše lidhen Lage , worinn ſid) jest Europa befindet ," antworte. te die Fürítinn , „ halte id ) es zu meiner und meiner Bun : desfreunde Siderbeit für nöthig , Maßregeln zu ergrei: fen , welde Niemanden fd ,aven ſollen 2 )." Mit ſo allge:

meiner Antwort nid )t zufrieden geſtellt, bath fid Friedrid) eine minder orakelmäßige 3) ; er forderte ausdrücklide Zu Tidyerung , daß er weder in dieſem noch im nädſten Jahre angegriffen würde, und ließ erklären , er habe Kunde von

einem Plane des dresdner und petersburger Hofs gegen ibn . Marie Thereſie antwortete eben ſo hochmüthig , als Friedrıdı gefr : zt hatte : „ der Vertrag mit Rußland ſei ledige lid) ein Vertrag zum Schuß ; ein Trußbündniß habe ſie nicht geſchloſſen ; wiewohl Europa’s mißlide Lage ſie gezwungen 1) Vertrag zwiſchen England und Dußland , unterzeichnet am 30. Sept. 1755.

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a) Klingraff an den 8. 8. Preußen . 27. Juli 1756. K. v. P. an Klingraff in Wien. : . Aug. 1756. 5) Brief des Paper's Keiths

.

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53

Marie Thereſie.

237

fid) zu bewaffnen, To ſei ſie doch nicht geſonnen , den dresdner Vertrag ju bredjen ; wolle -ſid, aber durd) kein Verſpred en

binden laſſen , nicht nad, Erforderniß der Umſtände zu hant. deln . “ Kaum war dieſe Untwort überbrad )t, ſo erfuhr Marie Sbereſie , daß der König von Preu. 10. Sept.

Ben mit zahlreidyen Schaaren in Sadyfen einge, fallen , Dresden erobert, und das für uneroberlich gebaltene pirnaiſche Lager völlig umzogen habe. Auf die erſte Nadyrid t vom Einfall der Preußen brady Feldmarſchau Braun mit den in Prag befindlichen Schaa :

ren auf ; Friedrich aber ließ Pirna nod) immerfort ron 40,000 Mann belagern , und drang an der Spiße von 24,000 Mann in Böhmen ein . Beide Heere ſtanden vor Lowoſis

an den Elbufern , nicht weit von der fädyfiſchen Gränze. Es erfolgte eine Schlacht , wo die Deft: 1. Oct. reidyer , obgleich an Zahl überlegen , doch id, bins ?

ter Eger zurückziehen und dem Feinde das S dylachtfeld übere laſſen mußten . Beider Seits betrug der Verluſt nicht mehr als 3000 Mann .

.

Unterdeß ertrugen die fädfiſchen Sdaaren mit bewuns

dernswürdigem Muthe die fchrecklichſte Hungersnoth. Der wad ,ſame und an liſt überlegene Feind vereitelte alle ibre. Befreiungsverſudje. Feldmarſchau Braun verſudyte gleich, vergebens , an der Spiße von 8000 Mann die preußiſchen

Stellungen zu bewältigen ; und Auguſt III. hatte die Kränkung,1 die Capitulation ſeiner Echaaren zu unterzeid) ten und Zeuge ibrer Uebergabe zu fenu. . Siebzehntauſend Mann wurden Kriegsgefangene, und 80 Stück Geſdyüß den

Preußen ausgeliefert. Die Hauptleute wurden auf Ehren. wort entlaffen ; die Soldaten aber zwang Friedrid ), unter ſeinen Fahnen zu dienen. Uuguſt III. zog ſich nach War

ſchau und fühlte zum zweiten Mahl die unheilvollen Fols gen ſeiner Ergebenheit gegen das Haus Deſtreich. Von der andern Seite Böhmens ward Piccolomini's

Heer vom Marſdjall Sdwerin , der bis unter das öftreis

238 Hundertundeilftes Kapitel. 1756–1757. dyiſdie Geſchüß wüſtete 1 ) , im Sdjad, gehalten. Nach der Uebergabe der fäd ,ſidhen Schaaren nahm das preußi. fdie Heer ſein Winterlager an der ſädyſiſchen und böhmis

( dyen Gränze, und Marſd)all Sd werin zog ſid nad, Sdileo ſien zurück. Im Verlauf des Winters machte der König von Preus

Ben eine Red,tfertigung ſeines Verfahrens bekannt.

Eine

Ubſdrift des zwiſden dem Wiener und dresdner Hof am 18. Mai 1745 unterzeid ,neten Theilungsvertrags , die gebeie

men Artikel des petersburger Vertrags vom 22. Mai 1716

nebſt mehreren Briefen des Grafen Brühl und anderer ſách. fiſden Geſandten wurden zum Erweis eines gegen dieſen Fürſten geſdyloffenen Bundes vorgelegt. Friedrid, behaup, tere , die Urſdriften wären in der Urkundenkammer , die er mit Gewalt genommen , vorgefunden worden 2 ) ; man zweifelte aber ſehr an der urkundiſden Ed theit der Stücke, auf welche er fußte. Der Wiener Hof ließ eine Widerler gung der gegen ihn erhobenen Anklage verbreiten.

Tief bekümmert über das, Unglück ifres Bundesgenoſ, ſen und entrüſtet über Friedrids II. Verfahren , ordnete

Marie Thereſie die größten Zurüſtungen zum nächſten Feld. juge an. Audy ſudyte ſie den Fürſtenbund gegen Preußen ju erweitern und ließ die Vereinigung dieſer Madyt mit

England an allen katholiſden Höfen als einen Bund ge: gen die Religion ( dhildern. Von den Thränen der Dauphic ne , weldie Tochter Auguſts III. war , unterſtüßt , ges lang es ihr , Frankreid) aus einer bloßen Hülfsmacht zum maden. Ihre Abfidten Hauptgegner in dieſem Kriege zu machen.

wurden ſogar durd, den von Damiens im folgenden Sabre 1 ) Oeuvr. posth. III, 3. 4.

Müller.

Histoire du règne /

de Marie Thérèse,

2) Herzberg hatte dieſe Stücke in ſeinem Recueil de déduc

tions etc. mitgetheilt.

Marie Therefte.

239

an der Perſon des Königs begangenen Meudjelo Jall. anfall begünſtigt. Wiewohl dieſer Anſdlag nur 5.1767. von einem Sdwärmer herrührte ; ward er doch boshaft den Anſtiftungen des Königs von Preußen , den Ränken der Jeſuiten und ſelbſt den Parteigängern des 1

Kronprinzen , welche Deſtreidys Gegner und in die Anklage verwickelt waren , beigemeſſen 1 ). Die Maitreffe und der

Marquis von Stainville, ein lothringiſdyer Heer und Ge. ſdyöpf Deſtreid)s, vereinten ſid ), um Ludwig XV. ju ( direto ken. Sie mahlten ihm die Gegner mit den ſchwärzeſten 1

Farben und ſtellten ihm ein Bündniß mit der Kaiſerinn K. niginn als das einzige Siderungsmittel ſeiner Ehre und

feines Lebens dar. Sofort erfolgte in dem ganzen Staatss rath eine vollſtändige Umwälzung. D'Argenſon 4

Juni und Madhault wurden verbannt, und Rouillé 29.1757. entlaſſen ; die Behörde der auswärtigen Angele. genheiten wurde dem Abbé Bernis übergeben , und im Ver . lauf des Sommers ward Graf Stainville Bothíd after ju

Wien. Frankreid ) hatte ſchon neue Verbindungen mit der Kaiſerinn Königinn angeknüpft . Mir Anfang des Jahres batte man eine Uebereinkunft getroffen , kraft weldier der

franzöſiſche Monard, Marie Thereſien 2 Millionen Heidis, gulden Hülføgelder zu zahlen , 10,000 Baiern und Wirtem , berger , die er Deſtreidy zu ſeiner Verfügung überließ , in ſeis nen Sold zu nehmen , und ſelbſt ein Heer von inehr als 100,000

Mann ins Feld zu ſtellen verſprad ). Uud, machte er ſid ) verbindlid ), die Waffen nicht eher niederzulegen , als bis die Kaiſerinn Königinn Sdleſien , Glaz und Kroſſen wieder ero : bert hätte 2). 1 ) Mémoires de Richelieu IX, 1, s .

2) Die beiden Höfe haben dieſe Uebereinkunft nie bekannt ges macht. Auch in dem neuen , am 30. December '1758 ZU Verſailles unterzeichneten Vertrag wird ſie nicht erwähnt.

Koch II. go theilt die Bedingungen mit , und Frankreichs Benehmen hat ihr Daſein binlänglich erwieſen. Lord

240 Sundertundeilftes Kapitel. 1756—1757. Gleiches Glück hatte Marie Thereſie auch bei den Haupt ſtänden des Reid s. Der Einfall in Sad )ſen und Böhmen ward als eine Verlegung der öffentlichen Ruhe angeſehen ; ein Verbredien , welches - ſo hieß es - mit Einziehung der Leben und Würden deffen , der es begangen , beſtraft wera

den müſſe. Der Kaiſer forderte , daß ein Heer zur Voll. ſtreckung gebildet würde. Der Vorſd )lag mehrerer Reid so ſtände , nahmentlich des kurfürſtlich braunſdyweigiſchen Haus fes, eine Vermittelung zu übernehmen ; war durd große

Stimmenmehrheit verworfen , und die Ausrüſtung eines Heerd mit den gebräudylid en Förmlichkeiten berd ; loſſen . Der Eifer der öſtreichiſd, en Partei ſtieg durch die Erklärung des

- dywediſdyen und franzöſiſdien Hofs auf dem Reichstage, daß je zufolge des Ariſud, ens mehrerer der Hauptſtände des

Neidio das Währſchaftsredyt, weld) es ihnen der weſtphäliſche Vertrag gegeben , zu üben entſdiloſſen ſeien . Endlid, war

aud, Rußland dem verſailler Vertrag beigetreten, und S dywe: den erklärte ſich gulegt ebenfalls zu Gunſten des Hauſes Deſtreich .

Den ſchwediſchen Thron batte mad, Friedrichs Í. Sode

Adolph Friedrid), Biſd)of von Lübeck , beſtiegen ; 1751.

allein die Stände hatten die hoheitlıde Madyt: vollkommenbeit fo beſchränkt , daß die Partei:

engewaltſamkeit nur geſtiegen war. Die Königlidyen hatten fidh vereint , der Regierung wieder ihren Nachdruck zu ver : fchaffen. Als dieſer Plan entdeckt ward, wurden die pornehme ften Urbeber deſſelben theils zum Tode verurtheilt , theils

Landes verwieſen , und ſo wurde das königliche Anſeben noch mehr beſchränkt.

Die Königinn von Sdweden , Sd weſter

des Königs von Preußen , eine Frau von Geiſt und Gaben, wie ſie im brandenburgiſdyen Hauſe erblich ſind , braudte Briſtol, der londoner Bothrihafter am madrider Hof, beſtätigt die Thatſache auch in ſeinem Briefe an Pitt vom 17. Juli 1958.

Marie- Thereſie. ..

241

zu Gunſten ibres Bruders alle Gewalt , die fie über ihrert Gemahl hatte"; aber die Krone Batre zu wenig Madt, um

die Beſchlüſſe des Neidistags vorſdjreiben zu können. Dúrdy Frankreichs Gold gewonnen -ſiegte die Gegenpartei, und der König mußte als Währmann des weſtphälifdyen Vertrags, fid) an den gegolt Preußen geſchloffenen Fürſtenbund ana ſd ließen 1). Ilm endlidi des Beitritts des idywediſchen Volks ficher zu ſeyn , machten ſich die Kaiſerinn: Königinn und Frankreid verbindlid) , Odyweden jährlich. Hülfsgeld ju zahlen.

Diejenigen Mädyte, welde die Kaiſerinn nicht für ihe re Sadje gewinnen konnte ,! verſprad,en ihr wenigſtens Nieua tralität, wie Spanien und die vereinigten Provinzen. IInter allen Herridyern im Norden war der König von

Dänemark, Friedrid, V. allein geneigt, im Verein mit Eng. land zu wirken. Er hatte Louiſe , die Tochter Georgs II. geeblidt , und außer dieſem Bande vereinte beide Völker

auch der Handelsvortheil. Über Friedrich, V. hatte , wie Tein Vater , durd) Verſchwendung und Kunſtliebe ſeinen Sdaß etwas erfdyöpft.

Er hatte mithin von Frankreich

ein Hülføgeld angenommen , und ſeine Verhältniſſe mit England wurden durd, den Tod ſeiner Gemahlinn und die Vermählung mit Julie Marie , einer braunſd ,weigiſdjen

Prinzeſſinn , die eine Verwandte der Kaiſerinn Königinn war, dlaffer.

Georg II. dem der Zwieſpalt des Staatsraths und der Mifmutb des Volks widerſtrebte , zitterte für Englands Sie derheit und konnte nid )ts thun , den Franzoſen in Deutſche

land zu wehren.

Der König von Preußen (dilug dor ,

efel zum Waffenplaß der Verbündeten zu maden und verlangte , dati man das Heer binter der Lippe , jwifden dieſer Stadt und Lippſtadt fammle ; eine Stellung , wels

1) Oeuvr. posth. III, 50-53.- Lagerbring hist. de Suède. 2 ) Titley to Keene. ( 16. März 1756.) Core's Geſchide Deft. IV. B

2

242 Sundertundeilftes Kapitel. 1756—1757 dhe Weſtphalen deckte. Der König von England , der den Staatsrath nid )t vermochte , das Volk zur Hauptpartei in dem Kriege des feſten Landes zu machen , verwarf dies ſen Plan als zu ausgedehnt. Er nahm ein Wertheidigungsa ſyſtem an der Weſer an , und bildete aus hannoperiſden und

befriſchen Schaaren ein Beobachtungsheer , welches der Hers zog von Cumberland anführte. Da nun ſein Plan verworfen ward ließ der König von Preußen zum Tbeil die Werke

von Weſel zerſtören , ſendete nur 6000 Mann zu Cumberlands Heer und verzichtete auf die Vertheidigung ſeiner weſtphali ſdyen Länder 1). 1) Oeuvr. posth. III, 130,

*)

‫په‬

Marie Thereſie.

243

Hundert und zw 8 Iftes sapitel . 1757.

Großer Fürſtenbund gegen den König von Preußen .

-

Diec

ſer fällt in Böhmen ein und ſchlägt die Deſtreicher unter den Mauern von Prag . -Gefährliche Lage des Hauſes Defte Befreiung Prags. Schlacht bei stollin . reich . Unternehmungen der Hoffnungen des Wiener Hofs. -

.

franzöſiſchen Schaaren gegen das Heer Bes Herzogs von Forts Cumberland. - Capitulation von Kloſter Seven. ſchritte der Franzoſen in Niederſachſen und dem Kurfürs Das franzöſiſche vom Marſchall ftenthum Hannover. Soubiſe angeführte Heer ftoßt zum Reichsbeere. – Glúc der Deſtreicher , Rufen und Schweden. - Nißliche Lage Slúc Nosbacher Schlacht. des Königs von Preußen. Einnahme von Schweids der Deſtreicher in Schleſien. niß. - Solacht bei Breslau. - Uebergabe dieſer Stadt. Zug des Königs von Preußen nach Schleſien. Schladit bei Liffa und Räumung Schleſiens durch die Defte reicher. - Striegsunternehmungen im nördlichen Deutſchs land. Der König von England will die Uebereinkunft von Kloſter Seven nicht genehmigen. Die Franjoren -

-

-

-

ziehen ſich aus einem Theil des Lüneburger und brauns ſchweiger Landes zurüc . - Verluft von Schweidnis. Pitts Verwaltung und neue Verwendung Englands für den König von Preußen. -

Im Anfang des Jabr$ 1757 wurde der große Fürſtenbund gegen den König von Preußen durch die Ränke und Be. mühungen des Wiener Hofs befeſtigt. Frankreich hatte am Rhein ein Herr von 80,000 Mann vereint , deſfeu Ane führung dem Marſchall von Eſtrées übertragen war . Das

Executionsheer ſammelte ſich in Deutſdyland. Die dywer

244

Hundertundzwölftes Stapitel. 1757 .

den ſtanden im Begriff, nady Pommern zu gehen , und

60,000 an den liefländiſd )en Gränzen ſtehende Ruſſen war teten nur auf ein Zeiden , um über das Königreidy Preu Ben bereinzubreden. Die Kaiſerinn Königinn brachte ihre Sdjaaren auf 150,000 , weldje zwei Heerharſte bils deten. Der Hauptharſt war in den Gegenden von Prag eingelagert und ward vom Irinzen Karl mit Berath des

Feldmarſd;auls Braun angeführt. Der zweite Harft ſtand unter dem Grafen Daun.

Friedrid) II. war zu vorſichtig und thärig , als daß er ruhig geblieben wäre, wäbrend feine Feinde ihre Madt ro ſamo melten . Er entidloß fid ), den Krieg in die öſtreichiſchen Pans

de zu ſpielen und mit einem Hauptſd, lag das Bundniß zu ferreißen. Mit unendlider Kunſt verbarg er ſeine Abſidyt. 218 wolle er fid) nur in Sad ſen behaupten , befahl er ,

Dresden in Bertheidigungsſtand zu ſeken, ließ die Eibbrük. ken abtragen und in der Umgegend mehrere lager fd,las gen .

Er (dien gang mit dieſen Maßregeln beſdäftigt,

als auf einn ahl eine Streitfäule ſeines Heers in Böhmen

einfiel und in Eilzügen nad Prag vorrückte. Prinz Bes vern , der aus der Lauſik an der Spiße der erſten Heere 21. Apr.

fäule abgegangen war , trieb den Grafen Königs . eck, der mit 20,000 Mann eine vortheilhafte Stela

1757

lung bei Reichenberg hatte , zurück. Marſdal dywerin , der mit der zweiten Heerſäule aus Schleſien kam , beunrubigte den Rückzug der Deſtreicher und ſchlug

den Nadytrab , der über 1500 Mann ſtark war. Der Stos

nig felbſt, fu weldem Prinz Moriz von Unhalt Deſſau aus Brir geſtoßen war , rückte mit der dritten Heerſäule über Auſſig vor. Er zwang den Feldmarſd;au Braun , fidy aus Budin zu entfernen , und ſeine Schaaren nahmen bez deutende Speider . Bon allen Seiten bedrängt zogen ſich die Feinde fdyleunig unter die Mauern von Prag.

Nun

bildeten die Preußen , als ſie nad; diefer Hauptſtadt vor , rückten , nur zwei Harſte. Der eine , unter Marſd)all

RE

Marie Thereſie.

245

6 dywerin , blieb in Jungbun lau ; der andere , welchen

der König ſelbſt befehligte , nahm die Höhen zwiſdyen der Mulde und dem Weißenberg ein 1). Die Deſtreid er erwarteten Feldmarſchau Dauns Zus

zug aus Mühren und verfuhren nur vertbeidigungsweiſe.

Prinz Karl hatte eine Stellung, weldie onr jedem Angriff geſidert zu renn ſdien. Sein linker Flügel lehnte ſich eis ner Seits an den Ziskaberg , einen Zackenfels , der über der Mulde zu hängen (deint ; andrer Seits war ein mit Gehägen , Gräben und Erdwällen durchſchnittenes Moor

land. Die Spiße ward von einem tiefen Graben gedeckt , defien Känder von Klippen ſtarrten und mit Werken ber

wehrt waren , worauf ein furchtbarer Stückzug aufgepflanzt Endlid) war das Öſtreichiſdie Heer 70,000 Mann

war.

ftark. 1

So groß auch dieſe Hinderniſſe waren , Idireckten fie Friedrid) II. dody nid ; t , und er beſchloß vor Dauns Uns kunft nazugreifen . Nadıdem er Prag gegenüber einen vom Prinzen Morif befehligten Harſt gelaſſen , ging er am 5 . bei Podaba , mit 16,000 Mann über die Mulde;; am näd) . ften Morgen mit anbredendem Tage ſchloß fid, der vom Feldmarſd ,all Sdwerin angeführte Harſt an ihn. Still und in guter Ordnung fogen feine Odaaren den Graben

entlang und nad) dem redyten aftreidiſden Flügel. Karl batte ſeine Reiterei vom linken Flügel und einen Theil der

tweiten Fußvolklinie berangezogen , um die Preujien angle .

rennen , wenn ſie aus den Moräſten und Hollwegen her.

porkämen . Dennod) rückte der König imnier vorwärts. Troß der Hinderniſſe, welde ihm die Natur des Bodens entgegenſtellte , kam ſeine Reiterei doch bis zum Dorfe

Bichowiß , durch welches fie sug ; und nad dem ſie ſich

mai ,— Warnery campagnes de Frédé. 1) Oeuvr. posth1756 . III, 6.1762 année

ric II , de

à

;

1757.

Müler.

Dauns Leben. - Heinrich. - Archenholz ſiebenjähriger .

Krieg.

-

Lloyd .

246

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757.

auf einem Blachfeld aufgeſtellt, bradyte ſie in drei Hurten nach einander die feindlide Reiterei in Unordnung. Das preußiſde Fußvolk , brennend ror Begier, dieſem Beiſpiele zu folgen , rüdte eiligſt heran , ward aber von dem öſtrei. dyiſdien unaufhörlıden Feuer aufgelöſt und zurück getrie ben. Außer fid, vor Zorn ſprengt der König zum Mars (dall Schwerin , deffen Regiment fid, ſeitwärts gewendet hatte , und wirft ihm die Feigheit ſeiner Soldaten vor . Der greiſe Heerführer ergreift in der Verzweiflung eine Fahne , windet ſie als Sdärpe um ſeinen Leib und ruft alle Sapferen mir nad; " ! Er führt ſeine Schaaren , tros des furd,barſten Feuers , zum Hurt und fällt von drei Ku. geln durdbohrt 1).

Aber ſein Tod fdyien ſeinen Schaaren

die Siegesbahn zu öffnen. Die Wſtreid ifde, durd, die 1

wiederholten Angriffe in Unordnung gebradyte , auf meh: 1

reren Puncten eingeſunkene, und von der preußiſden Reie

terei iif der Seite gefaßte Linie ward gebrochen und mußte den Boden verlaſſen. Der auf den Tod verwundete Feldo marſchall Braun ward nad, Prag geldjafft und ſeine Ab: weſenheit permehrte die Unordnung. Von ſeiner Hiße hits geriffen ferte ein Theil des preußiſden redyten Flügels über den Graben , erklomm die Höhen und ſchloß fidy ,

nadıdem er den Mittelpunct des öftreid ,iſdien Heers durch. brodjen , an den andern Flügel. Prinz Karl deckte ſeinen Rückzug mit den Sdaaren , die noch nid)t gefodyten bat:

ten, nahm ihn in guter Ordnung und ftritt um jede Höhe, mußte fid, aber dod, nad; Prag flüchten.

Der Sieg koſtete den Preußen , nad des Königs eig nem Geſtändniß , 18,000 Mann der beſten Sdiaaren , die auf dem Wahlplak blieben und worunter eine Menge treff

lidher Hauptleute waren, nahmentlid, Feldmarſchal Sdwes 1) Friedrich hat auf einem der Hauptpläße in Berlin dem Feldmarſchau Schwerin ein Dentmahl errichten laſſen. Er

ift vorſchreitend mit der Fahne in der Hand vorgeftelt.

Marie Therefte.

uscar

247

rin , einer der Sdhöpfer der preußiſden Kriegszucht und Friedrichs Führer auf der Laufbahn des Rubms. Die Deſt .

deicher verloren an Todten und Verwundeten 8000 Mann, 9000 Gefangene, und 28,000 wurden in Prag eingefdylol: fen. Die Niederlage hätte nod, weit ſdrecklidere Folgen gehabt , wenn Prinz Moriz über die Mulde geben und den

Rückzug hätte abſchneiden können. Aber das anſdywellende Waſſer und der Mangel an Sdyiffbrücken hinderte ihn. So vereinte ſich eine Heerſäule von 18,000 Mann mit Feldmarſdall Dauns Heere 1 ). Das Siegerheer ſperrte Prag , wo 100,000 Seelen faſt obne Lebensmittel waren . Der Muth der Schaaren und Einwohner ward durch einen Brief Marie Ibereſiens, welden ein Grenadierhauptmann , der der Wadfamkeit der

Belagerer entgangen war , überbrachyte , aufrecht gehalten. „ Id , böre mit großem Sdmer } ," ſdrieb die Kaiſerinit , „ daß ſo viel Heerführer und eine ſo große S daarenmenge

in Prag belagert werden ; aber ich habe die beſte Hoffnung fu ihren Bemubungen. Idy kann ihnen nid )t lebhaft genug vorbalter , daß es ihnen zu ewiger Sdımadı gereichen müfe te , wenn ſie nid) t thäten , was im lekten Kriege die weit · minderjähligen Franzoſen thaten. Die Ehre des geſammten

Volks und der kaiſerlid, en Waffen hängt von dem Verhalten der Vertbeidiger Prags ab , Bobmens , meiner Erblande und ſelbſt Deutidlands Siderheit von der Erhaltung die:

fes Plates. Das Heer des Feldmarſchals Daun wird täglid, verſtärkt und wird bald zum Entſak eintreffen können. Die Franzoſen nahen in Eil, die S dyweden ſtehen mir bei, und

mit Gottes Hülfe werden die Dinge in kurzem eine gün : ftigere Unſidyt gewinnen 2)." 1) Histoire du règne de Mar. Th. 161 . Oeuvr. posth. III, Müller . 6. Warnery 92-119.— Wraxall's mém.

161.- Archenholz ſiebenjähriger Krieg. - Lloyd. 2) Pelzel , S. 905.

248

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757 . Dieſer Brief einer angebetheten Fürſtinn wecfte die größ.

fe Begeiſterung. Die Beſaßung bewies eine beldenmüthige Standhaftigkeit , und die Einwohner trugen ohne Murren die Schrecken einer Bediefung , weld )e ein Viertel der

Stadt verheerte. Inzwiſden (dien Hungersnoth undermeid. lidh ; un Prago Einnahme hätte die traurigſten Folgen ges habt.

Die Niederlage des öftreidyiſden Heers unter den

Mauern dieſer Stadt hatte in Deutſchland Schrecken ver, breitet. Der Kurfürſt von Baiern und die übrigen katho.

lifd) en Fürſten hatten ( dyon an den König von Preußen ge ſendet , und faſt das ganze Reidy ſtand im Begriff , von

Marie Thereſien abzufallen 1 ). Wäre . Böhmens Haupts ftadt unterworfen worden , ſo bätte das ganze Königreich die

Gefeße des Siegers angenommen ; die übrigen Erblande ſtanden offen , Wien konnte belagert und die kaiſerlidye Fa. milie gezwungen werden , in Ungarn eine Zufludyt ju ſudjen .

Zum erſten Mahl hatte nun den Heerbefehl der über. nommen , welcher durch ſeine überlegene Tüdytigkeit und vollendete Klugheit das Haus Deſtreich dem Untergange ,

der es bedrohte , entreißen ſollte. Dieß war Leopold , Graf von Daun , ein geborner Böhme , Sobn Wirich Philipp Lorenjens , Grafen von Daun und Fürſten von Tinto , der unter Joſeph I. und Karl VI. fid in den Kriegen in Sta:

lien ausgezeichnet hatte, und Unterkönig von Neapel, Statta balter von Mailand , und einſtweiliger Statthalter der Nie.

derlande geweſen war. Leopold war im Jahr 1705 gebo: ren ; hatte ſebr früh Dienſte genommen und die Kriegskunft unter Seckendorf und Khevenhüder gelernt. Er hatte ſidy an den Lagen von Grouka , Dettingen und Hobenfriedberg ausgezeichnet. Seiner vollkommenen Kenntniß der Taktik

wegen hatte man ihn gebraucht, ein neues Syſtem im Heere einzuführen, und für die Wiener Kriegsſd ule hatte 1) Oeuvres posth. III.

Marie Thereſie.

249

er die Einrid ,tung entworfen 1 ). Wiewohl Prinz Eugen und Khevenhüller ibn adyteten , batte er ſid) dody nur langs ſam und durch Verdienſt vom bloßen Offizier zum Felds murſdall emporgeſd wungen. Nadı Fürſt Piccolomini's Tode batte man ihm das Heer übergeben , weld, es unter

ſeiner Führung den bitreid iſden Waffen ihren vorigen Glanz wiedergeben ſollte. Sein Scarfblick, ſein tief durdydringen: der Verſtand , feine perſönliche, durd , kaltes Blut be: herrſchte Tapferkeit , ſeine Thätigkeit und fein Feuer am Lage der dylacht, feine außerordentliche Umſidht vor und

nach der Sdylacht waren in dieſer mißlichen Lage Eigen: ſd ;aften , welche ihm den Heerbefehl erwarben , wo er , wie 1

ein zweiter Fabius , die Fortſchritte des neuen Hannibal hemmen ſollte.

Auf die erſte Kunde vom Einbrud, der Preußen in Böhmen war Daun ourd, Mähren nach Prag gezogen , um

fid, dort an Prinz Karl anzuſchließen. Einige Meilen da: von , in Böhmiſch) - Brod, erfuhr er , daß dasHeer des Prin: zen geſchlagen worden , und verweilte dort einige Tage , um

die Flüchtigen wieder zu ſammeln. Sein Heerharſt wud)$ ſo , daß Fredrid, II, unter Prinz Beveru 20,000 Mann gegen ihn ausziehen ließ.

Wiewohl Dauns Heer an Zahl

überlegen war , ſo war er dod ) zu klug , als daß er mit

muthloſen daaren gegen ein fiegtrunkenes Heer eine dyladyt hätte wagen follen , von welcher das Schickſal des Sauſes Deſireid abhing. Als Prinz Bevern heranrückte, jog er ſich ſeitwärts auf Kollin , Kuttenberg und Haber , theils

um die Trümmer des geſchlagenen Heers zu ſammeln , theils die neuen Werblinge, die in Menge aus Mähren und Deſtreich kamen , zu empfangen 2). 1) Leben und Thaten Leopold Joſep Maria Reichegrafen von Daun . 2 Bände.

2) Pft werden dieſelben Striegsbewegungen von Verſchiedenen verſchieden beurtheilt.

Tempelhof tabelt in ſeiner Ge

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757.

250

Bu der Zeit , als dieſer Feerführer des Feindes Bes mühungen auf dieſe Weiſe vereitelte , mußte er ſich eben.

falls , wie Fabius , Borwürfe von Leuten gefallen laſſen , die Klugheit von Kleinmuth nid)t unterſdjeiden konnten.

Der Herzog von Wirtemberg drobte ſogar, in fein Land zurück zu geben und die S daaren, weldje er kommen ließ , abzubeſtellen 1 ). Über meder Tadel nod Drohungen konn. ten Daun von ſeinem klugen Plane abwendig madyen . Nur als ſein Heer 60,000 ſtart war , madyte er in der

Spiße eine raſde Bewegung , welde den Prinzen Bevern fwang , ſid, zurück zu ziehen und drang vorwärts , den Kör nig von Preußen in ſeiner Stellung vor Prag anzugreifen. 1

Prinz Karl ſollte ju gleidher Zeit mit aller Mad;t einen Aus fau thun.

Friedrich , der die Gefahr feiner Page wohl kannte ,

hatte Dauns Ärfid t errathen . Er ließ einen Theil ſeines Heerd unter den Mauern von Prag , macite fid) am 13. Suni früh mit 20,000 Mann auf den Weg , ſchloß ſid, den Tag darauf an den Prinzen von Bedern gerade , als fchichte des fiebenjährigen Kriegs den Feldmarſchall Daun , daß er ſein Kriegsgeleit auffangen laſſen und den Prinzen

von Bevern nicht angegriffen habe. Friedrich II., der wohl eher darüber urtheilen konnte, lobt ſeines gewandten Geg ners Verfahren mit Necht. ,, Prinz Bevern , “ ſagt er, begab ſich erſt nach Kaurzim , dann nach Kuttenberg , ſo

daß Daunimmer vor ihm zurüd wich. Dieſer 308 ſich bis nach Haber ; aber jeder Rüctſchritt näherte ihn ſeinem Zu

zug und gab Gelegenheit, die Trümmer der prager Schlacht zu ſammeln und an ſich zu ziehen .“ Oeuvr. posth . III , 157. Eben ro unverſtändig tadeln Lloyd und andere den König von Preußen , weil er die Sperrung von Prag nicht ganz aufgehoben und es mit einem Theil ſeines Heers verlaſſen , um gegen Daun auszuziehen. Nach dieſen Tacs tikern alſo hätte Friedrich 40,000 Mann im Rüden, oder,

von den 50,000 in Prag eingeſchloffenen, verfärbt; feine in den Belagerungspoſten zerſtreuten Schaaren angreifen laſ fen follen .

1 ) Warnery S. 140.

Marie Thereſie.

251

dieſer vor den Deftreichern ſidy zurückzog. Als der König berankam , beſente Daun die Schen , die fid, vom Dorfe Chokemiß nad Kollin hin erſtrecken. Sein Fußvolt ſtellte er in ſeine Seiten , weldie ſich an idywer erklimmbare. Mo, hen lehnten ; die Dörfer vor ſeiner Linie füllte er mit end. baufen von Futrole und leichten Sdaaren ; feine Reiterei fellte er in die Mitte , wo ſiemit Erfolg wirken konnte, u'd

ſeinen furchtbaren Stückzug vertheilte er auf die verſtändige fte Weiſe.

In dieſer Stellung ward Feldmarſchan Daun vom Kös nig von Preußen angegriffen , der ſeine ganze Kraft auf den rechten Flügel der Deſtreicher ridytete und ihn beinahe,

trok der Zabluberlegenheit und des Muthes der Sdaaren ,

tros des furd;tbaren Geidyütfeuers und des gewandten Heerführer $ , umging. Ja ſdon hatte Daun den Rückzug Lefohlen , als ſid) das Gluck plot lid , durch die Ilnporſiche tigkeit zweier preußiſden Generale wendete , welde ,I auss drucklid )en Befehlen zuwider , die redyte Linie durch brachen , um einen Kroatenpoſten zu entfernen , und mit großem

Berluſt geſd; lagen wurden . Die fäd) fiche Reiterei drang in den entſtandenen Riß und mekelte nieder , oder ferſtreus te , was ihr nur vorkam. Bei jedem Hieb (drien fie : 043 iſt für Striegau ! Daun nükte den Fehler des Feindes ,

flog von Glied zu Glied ; ermunterte reine Soldaten mit Worten und Geberden . Zwei Pferde wurden unter ihm er. (doofen , er ward zwei Mabl leidyt verwundet und bewies

ſich als würdigen Nebenbuhler des großen Friedrichs. Die preußiſdie Reiterei hatte ſechs Hurte gethan und war je. desmahl zurückgeſdılagen worden . Der König ſammelt ſie, und , als er ſie muthlos ſieht, ruft er : „wollt ihr Ş..... denn ewig leben ? " Zum ſiebenten Mahle führt er ſie gegen

den Feind ; aber ſie muß wieder zurück. Da Friedrid) ſieht, daß die Sdladyt verloren iſt, läßt er zwei Küraſſierregi menter das Fußvolk aus dem Kampfe reiffen. 3aghaft gez worden durch das (dyrecklidze Blutbad unter ihren Heergenofs

252

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757.

fen , wollen ſie nicht vorwärts . ' Der König verläßt , von 1

einem Geſchwader ſeiner Leibwadie begleitet , in Verzweifo lung das Sdladtfeld. Mehrere Mahl hörte man ihn ru fen : ,,Meine Huſaren , meine wacfern Huſaren ! fie geben alle darauf 1 ) !“ Als ſeine Sdiaaren ſich zum erſten Mahl geſdılagen ſaben , ſagten ſie auf dem Rückzug : ,,das iſt

unſer Pultawa.“ Mann .

Daun erkaufte den Sieg mit 9000

Die Preußen verloren im Ganzen 14,000 ; 43

Kanonen und zwei Fahnen fielen den Oeſtreidhern in die Hände 2).

Marie Thereſie, welche des Ausgangs dieſer Sdıladit, deren Verluſt ihre Angelegenheiten in eine eben ſo traurige Lage , wie zu Anfang ihrer Regierung , gerekt hätte , ängſt: lid , barrte ; vernahm die Nachricht von der gewonnenen Sdylacht mit eben ſo großer Freude , als ſie vorber Furcht gehabt hatte. Sie gab glänzende Feſte , ließ Denkin ünzen

ſchlagen, vertheilte an mehrere Perſonen Geſdienke, und ließ den Schaaren Vergütungen ertheilen. Um dem Herrführer , der zuerſt den furdytbaren Friedrich geſchlagen hatte,ihre Danke

barkeit auf die ſchmeidielhafteſte Art zu bezeigen , meldete ſie

in eigner Perſon , onm Kaiſer begleitet , der Gräfinn Daun 1

den Sieg ihres Gemahls. Endlid, ſtiftete ſie den Krie. gerorden des Verdienſtes , oder den Marien . Thereſienors

den , womit ſie den Feldmarſdjall und die übrigen Hauptleu 1

te, die fid, auf den Feldern von Koulin ausgezeidynet hatten , beebrte 3 ).

Seinen Sdaaren einige Raſt zu gönnen, und ſeine poin Feinde verwüſteten Speidyer wiederherzuſtellen 1, brady 1) Warnery 160. 2) Dauns Leben . .

Histoire du règne de Marie - Thérèse.

Oeuvr. posth. III, 169. — Tempelhof. - Archenholz. Müller.

3) Histoire du règne de Marie - Thérèse. 119.

Marie Thereſe.

253

te Daun mehrere Tage auf deni Sdilacstfelde ju. Hierauf rückte er gegen Prag vor ; aber bei feiner Ankunft wurde die Belagerung aufgehoben , und die Preußen zogenſid) ſchleunig nad) Sadyfen und der Lauſik. 20. Jun . Er ſchloß ſich an , Prinz Karl , welder den Oher .

befehl übernahm ; und da Braun todt war , leitete Daun die Kriegsunternehmungen. Die öftreidijden Heerführer Hatten in Nadaſti einen Harſt jurückgelaſſen , um die Beo wegungen des Königs von Preußen zu beobadyten , der ſich auf Leutmeriß gefogen hatte , und wendeten alle ihre Kraft

gegen den Harſt, der ſid, in die Lauſio 309 , welchen Pring Auguſt Wilhelm , Friedridos II. Bruder , befehligte. Sie

umgingen ſeinen red;ten Flügel, nahmen ihm nach einem 4

ſehr heißen Gefecht die Stellung bei Gabel , trennten ihn

von ſeinen Speidyern in Zittau und zwangen ibn , über die Berge mit Verluſt feines Gepäcks und Schießbedarfs einen langen Umweg bis Baußen zu mad, en. Der Ko nig rückte eilig bis Zittau vor , um Prinz Karln eine Sdilador

zu liefern ; da er ihn aber in einer zu feiten Stellung fand und fahe , daß ſeine zahlreiden Feinde von allen Seiten her über ibn berfaden würden , ſo überließ er das ſd leſi 1

(de Heer dem Prinzen Bevern und jog mit einem Harſt gegen die Franzoſen und Kaiſerlichen in Sad)ſen . Frankreich hatte in den erſten Frühlingstagen am Rhein zwei Heere geſammelt. Das eine , unter Marſdal o' Eſtrées , ſollte gegen das Herzog -cumberlandſde fieben ; das andre , an ſeiner Spiße den Prinzen Soubiſe , id) mit dem Executionsheer vereinen und in Sadiſen e ndrins gen . Die preußiſdyen ,I am linken Rheinufer gelegenen Löne der wurden bald erobert. Hierauf ging Marſd)all d’Eſtries über die Weſer, deckte den ſüdlichen Theil von Hannover und die Landgrafſchaft Şeffen mit ſeinen Sendhaufen , id, lug den Herzog von Cumberland bei Haftenbeck und trieb ihn bis Stade zurück. Dieſer Fürſt erlebte die Demüthigung, die Capitulation von Kloſter Seven unterzeidynen zu müfe 3

1

254

Hundertundzwölftes Kapitel . 1757 .

fen , worin verſprochen warb , daß die Hülfs daaren nach Hauſe gehen , ein Theil hannoveriſcher S daaren in Stade und

der Umgegend eingelagert werden, die übrigen über die Elbe ges hen ſollten 1 ). Da fingen die Heidysfirſten , die ſid, mit Enyo land und Preußen vereint batten, an zu wanken. Der Her. zog von Braunſd )weig trennte fid) vom Bunde und idloß ein nen Vergleid ), der das franzöſijde Heer , ſolange der Krieg dauerte , in Beſit von Braunſchweig und Wolfenbüttel Tebte. Der Landgraf von Heſſen folgte dieſem Beiſpiel. Mit.

bin konnten die Franzoſen ihre Hauptmadit gegen den Ko, nig von Freußen ridten. Marſdal Rid; elieu , der des Marſchalls d'Eſtrées Stelle bekommen hatte 2) , begab ſid, gegen Magdeburg und bedrohte dieſe Stadt mit einer Belagerung , während ſeine Sdjauren die Ums 20. Sept. gegend verwüſteten . Zu gleider Zeit rückte

1,47., Marſdal Soubiſe bis Erfurt vor. Zu Eiſenach fdloß er ſich an das Reid) sheer unter dem Prinzen von Sadiſen : Hildburghauſen ; und mit den Verſtärkungen , wel, de ihm Kichelieu fendete , hatte er 80,000 Mann 3).

3m Verlauf dieſer Unternehmungen fielen die Sdiwe. den in Preußiſd ). Pommern ein , und 100,000 Ruffen un. ter Feldmarſd ,all Uprarin verfuhren angriffs : 5. Sul. ' weiſe. Dreißigtaufend Mann eroberten unter Fermors Anführung , nad einer Bediefung ,

Memel, ſchloſſen fidy hierauf an den Hauptharſt, der ſid, in Preußen ausbreitete ,1 und die gräulidiſte Unbill verübte. Marſdall Lehwald wagte , den Befehlen des Königs ges mäß , wiewohl er nur 22,000 Mann hatte , bei Jägern 1

1) Oeuvr . posth . III, 6.

Smollet 7.

Mémoirs of the

Duke of Cumberland .

2) D’Eſtrées mard durch Hofränke abgeſeket, efe man ſeinen Sieg erfuhr. Voltaire , Précis du siècle de Louis XV. Archenholz. Duclose 3) Oeuvr. posib. III, 191- 203,

Marie Thereſie .

255

dorf eine Schladt, wo er anfangs einige Vore theile erhielt , endlich aber fid, nad Beblau - 30. Aug. zurückziehen mußte 1).

Prinz Bevern hatte Görlig befert, um Sd;lefien zu

decken , und die Deſtreider hatten ihr Lager bei Auſfig ges ſdylagen . Ein preußiſdyer Poſten , welcyer den Holzberg befekte , ward don Nadaſti genommen , und Winterfeld blieb in dem Gefecht. Friedrich batte fid, in Hinſicht S dyleſiens ganz auf den Kopf und die Thätigkeit dieſes Heerführers: verlaſſen , nach defien Code Print Bevern nid)t mit Erfolg gegen Prins Karls überlegne Madyt käm. pfen konnte 2). Zu allem Inglück sieht ned, der öſtreis difche Heerführer Haddick mit 6000 Mann Reiterei aus

Gdyleſien ab , durch die Mart Brandenburg nach Berlin , weldjes er brandſdakte. Friedrid, eilt ſeiner Hauptſtadt zu Hülfe und das Bundesheer müßt dieſe Bewegung , um

in Sadyſen weiter vorzudringen. Prinz Hildburghauſen geht an der Spiße eines bedeutenden Heers bei Weißenfels über die Saale , und treibt Marſdall Keith nad, Leipzig zurück. In dieſer mißlidyen Lage zeigte der König von Preus Ben ſeine außerordentliden Gaben in ihrem ganzen im fange. 218 Haddig aus Berlin fort war , ging Friedrich 1

(dynell wieder nach Sadſen , entfeßte Marſdall Keith , tries .

den Feind über die Saale zurück, und zog gegen den Prine jen Soubiſe, der bis Midyeln vorgedrungen war. Der König befekte Scortau , entſchloſſen , eine S dyladyt zu liefern, da

die Verbündeten eine ſchlechte Stellung genommen hatten. Aber in der Nad )t nahm Soubiſe eine vortheilhaftere, und

Friedrich gab ſeinen Plan auf , jog ſid oberhalb Robbad) zur rück, einem Dorfe , weldjes eine der Seiten des preußiſden

Heers deckte , deffen andere Seite fide an Bedra lebnte. Ein 1 ) Oeuvr. posth. III, 248.

*) Oeuvr, posth. III, 194.

Müllex .

256

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757 .

abhängiger Boden , an welchem unten der Schortaubach floß, lief die Fronte entlang. Die Verbündeten , welde zwei Mahl ſo ſtark, als die

Preußen waren , bielten fid , bes Siegs verſichert.

Sie

äußerten ausnehmende Freude und ſchienen nur ihre Belle te fich nid )t entgehen laſſen zu wollen . Sie brachen ihr Lager ab ; um 11 Uhr Morgens ſtellten ſie fid

5. Nov.' auf der rechten Seite des preußi(djen Heers in Sdladjtordnung. Friedrich II. benutte den Boden zu einer der fonders barſten Bewegung , weld) e die Jahrbücher der Kriegskunft

aufführen. Er hatte ſein Lager auf einem fd ,malent, 'jaks kid ter und fanget Berge , der fidy ſchroff oberhalb Roße

bady , in deffen Scyloffe fein Hauptquartier war , erhob.

Sein Fußvolt ſtand auf zwei Linien am äußerſten Rande der Höhe , die Reiterei auf einer Linie dahinter. - lim 10 Uhr Morgens beſtieg Friedrich den Sdi lofthurm , die Be. 'wegungen des Feindes zu beobachten . Er blieb eine Stunde

dafelbſt , forderte dann ſein Mittagsmahl und aß mit viel Luſt 1). Um ein Uhr ſtieg er wieder hinauf und fab . bald , wie die Spißen der feindliden Heerſäulen ſeine linke Seis

te entlang , und langſam in den Rücken des preußiſchen Heers gogen. Er ſtieg berab , ließ , die Zelte abbrechen und gab Seidligen Befehl , mit der Reiterei nady Reichards. werben vorzurücken , das Fußvolk follte ihr abtheilungsweis . fe folgen.

218 die Heerführer der Verbündeten die Preußen ihre

Zelte lo haſtig abbrechen fühen , meinten fie, fie wodten fidh zurückziehen und entſenderen ihre Reiterei , ihnen den Weg zu ſperren . Unfern von Reichardswerben begann , ein furchtbares Schieben, und Seidlig ſtürzte von den Ans hüben berab mit der Reiterei auf die Spißen der Heers ſäulen. Die franzöſiſdien ſchweren Reiter und Gensd’ar :

1) Brief Yorkes, nachmahligen Lord Dovers in den Military miscellany. I, 146.

Marie Thereſie.

257

men wurden in mehreren Hurten nady einander gerſprengt

und auf ihr Fußvolk zurück gerborfen. In dieſem Augen. blick rückt das preußiſdye Fußvolk in Sdlad tordnung an, und vollendet die Niederlage . durdy wütbende Stück und Flintenſdyüſſe In weniger als einer halben Stunde muß das Bundesheer das Sd lady tfeld räumen. Das preußis

fde Heer , das kaum halb zum Fedten gekommen war , verlor nicht mehr als 300 Mann. Die Verbündeten bate ten 4000 Todte und Verwundete , verloren 7000 Gefan gene I, worunter eilf Generäle waren , 63 Kanonen , und 22 Fahnen.

Die einbrechende. Nad )t hinderte Friedrid ),

den Feind zu verfolgen , der ſich nach Erfurt zurückzog , bloß von einigen Huſaren :Haufen geneckt, weldje viet Gee 1

fangene mad ten 1 ). In Sdileſien hatte Prinz Bevern , der mit nur 25,000 Mann 90,000 die Spike biethen ſollte , ſid, unter die Kas nonen von Breslau zurückziehen müffen. Pring Karl la.

gerte þinter der Lobe , dem preußiſchen Heer gegenüber und entſendete Nadaſti, Sdyweidniß zu belagern . Dieſe Feſtung , weldie am 27. Oct. umzogen wurde , capitulirte 1

am 11. Nov.

Der Befehlshaber und die 6000 Mann ſtars

ke Befaßung wurden gefangen genommen.

Nad )dem Nax

daſti wieder zum Hauptheere geſtoßen war , eilte der Pring von fothringen , welder wohl wußte , daß der König von Preußen beranjog , den Prinzen Bevern anzugreifen. Nad)

einem heißen Gefedyt zogen ſid, die Preußen in der Nacht durd, Breslau zurück, und ließen 6000 Mann daſelbſt zus rück. Tags darauf wurde Prinz Bevern bei einer Felder: kundung gefangen 2). Kyau , der nun den Befehl übernahm, 1) Oeuvr. posth . III , 214. Warnery 232. Milit. misc . I. Histoire du règne de Marie Archenholz 56. 148. ,-

Thér. 126 .

3) Prinz Bevern mard von der Staiferinn Stöniginn mit viel Achtung behandelt. Sie zeigte ſich in dieſem Fall um ſo edler , da Friedrich durch frenge und erniedrigende. Bes

Core's Geſchichte Deft. IV . B.



258

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757.

führte die Trümmer des Heers nach Glogau 1). Zwei Tage darauf ergab ſid, Breslau ohne Widerſtand. So ere bielten denn die Deſtreid; er Sd leſien größtentheils wieder . Indeffen kam Friedrid, beran , um eine Schladt zu liefern. Sein Heer war nur 30,000 Mann ſtark und der Feind nanna te es verädytlid) die potsdamer Wadytparade. Dauns An.

fidt , daß Mangel an Lebensmitteln und ſtrenge Jahrszeit den König von Preußen zum Rückzug zwingen würden ,

wurde als zu zaghaft verworfen. Prinz Karl verließ ſein breslauer lager , rückte vor und nahm ſeine Stellung bei

Liffa. Am 4. Dec. nahm Friedrich Neumark , weldjes ein leidster S daarenharſt belegte ; und am 5. früh traf er ſein.

ne Verfügungen zu einem Gefed )t. Uis die Vorbut einen in Born ftebenden fädyfiſden Harſt geworfen hatte , lebte fid, das preußiſche Heer in Bewegung. Der König ſprenge te mit ſeinen Huſaren nach einer Reihe von waldidyten Hüs

geln , welde der Stirn des öſtreidy iſdiyen Heers gleid, lief, und erforſdite von dieſem Funct aus ihre Stellung. Da 1

er die Natur des Bodens , wo er häufig feine S daaren

geübthatte , vollkommen kannte , ſo beſchloß er , ſeinen Haupt. .

angriff auf den linken Flügel des Feindes , welcher die übris gen Linien beſtrich , ju maden. Augenblicklid) wurde die

Ordnung der Entwickelung der preußiſchen Streitfäulen umgekehrt 2). Prinz Karl , welder gemeint batte , der Angriff werde auf ſeinen rechten Flügel gerichtet werden , handlung der Gefangenen feine großen Eigenſchaften bee famigte. cinz Bevern ſchrieb nach ſeiner Gefangenneh mung an den König , erhielt aber keine Antwort. Ér both 4

ein Löregeld , um wieder zu Friedrich zu kommen . Marie Thereſie nahm keines und gab dem Gefangenen die Frei. beit ohne alle Bedingung. Historie du règne de Mar. Th. 1) Oeuvr. posth. III, 224 . 225.

Müller .

Archenholz. 66. – Warnery -

Lloyd .

a ) Darauf Tcheint den König Epaminondas Bewegung bei

Leuctra gebracht zu haben . Friedrichs Schaaren war fie febr geläufig. Deuyr. posth. III, 237,

Marie Therefte.

259

batte mehrere Harſte und feinen Nad, halt dahin geitelt. Daun ſogar, der doch umfidtiger war , hielt die Bewegung der Preußen für einen Rückzug und ſagte zum Prinzen : ,,die ziehen ab ; laſſen wir ſie ) 1 ) ! " Aber der König , weld er die Höhenreihe mit ſeinen Huſaren beſepte, konnte

die Bewegungen des Feindes beobadyten , der von den ſeinigen unmöglich etwas fehen konnte. ' Sdyon war die linke Seite der Deſtreid er umgangen , ehe ſie es nur noch gemerkt hatten. Prinz Karl verſuchte umſonſt , ſeinen linken

Flügel zu verſtärken. Nadaſti, der dieſen Theil des Heeres befehligte, rannte die preußiſdie Reiterei kräftig an , wendes te ſich und entblößte das Fußvolt.

Die " ſtreid iſchen Geo

nerale wollten eine der preußiſdien gleichlaufende Linie bila den , wurden aber durch einen Rückzug aufeiner Höhe, wele che ihre Stellung beſtrid )), daran gehindert. Sie ſammel , ten ihre S daaren mehrere Mahle und ftritten bartnäckig um das Feld. Den lebten Verſuch madyten ſie in dem Dora

fe Leuthen , welches mit Sdjanzen unigeben war , und um welches lange geſtritten ward. Endlich wurden die Deſtreis cher herausgeworfen. Dennod, rammelten ſie ſich wieder hins ter den Gräben. Da nahın ſie ein Theil der preußiſden Neiterei

j'echts in die Seite, und bradyte ſie in völlige Unordnung. Ganze Battaillone wurden niedergehauen oder gefangen und das üba rige Heer entfloh über die Brücken des Fluß es bei S dyweibnik . Die Deſtreicher hatten an Todten und Verwundeten

bei 7000 , an Gefangenen 20,000. 134 Kanonen , 54 Faber nen , das ganze Gepäck und die Kriegscafe fielen den Preu.

ßen in die Hände , weldie nur '5000 an Todten und Veça wundeten zählten. Um 10. capitulirte Breslau ; 17,635 1

Gemeine , 636 Hauptleute und 13 Generale wurden Kriegt.

gefangene. Liegnit batte' bald daffelbe Sdidfal , und Schweidniß , die einzige frftung , weldje die Deſtreicher noch batten, wurde von den Siegern geſperrt 2 ). , 1 ) Oeuvr. posth. III, 258.

2) Histoire du règne de Marie Thérèse 2312 w Deure, R %

260 Hundertundzwölftes Kapitel. 1757. Das Ende des Feldzugs war für die Verbündeten al. lenthalben unglücklid ). Die Ruſſen verließen nad ) dem

Siege bei Jägerndorf plöklidi alle ihre Eroberungen , Mes' 1

mel ausgenommen , und zogen ſich jenſeits ihrer Gränje. 1

Nun konnten die Preußen ihre Kraft gegen die chwe: den wenden , die ſie nicht nur aus Preußid) - Pommern .

jagten , ſondern auch unter die Kanonen von Stralſund zurück trieben.

Nach dem Tage bei Roßbad, zog Marfd au Ridelieu eiligſt aus Magdeburg , und wendete fid, nad Hannover. Der Herzog von Cumberland hatte ſich nad, England zurück , begeben , und dem Prinzen Ferdinand von Braunſd weig , der in Friedrid): Sdule die Kriegskunſt eriernt , den Bei fehl der in Großbritanniens Solde ſtehenden Hülfsſd)aarin

überlaſſen. Ridielieu's färd terliche Erpreſſungen im Hans nóverſdien , und ſeine Verſudie , die Hannoveraner und Heffen zu entwaffnen , dienten zum Vorwand , die Capitus lation von Kloſter Seven zu bredjen , die weder von Frank.

reid ) , nod) von England genehmigt worden war. Pring Ferdinand adytete nid )t auf die Befehle ſeines Bruders , des

Herzogs von Braunſdyweig , der ihm ſeine Schaaren wies der abforderte, und begünſtigte fo durd, verſtellten Zwang des kriegeriſd) en Muth ſeines Neffen . Der Landgraf von Hero ſencaſſel brad, ſeine Unterhandlungen mit Frankreid , audy

ab, und , knüpfte ſeine Verhältniſſe mit Preußen und Engs and wieder an.

So wurden denn die Hülfsfdaaren wies

derum in Stade geſammelt. Durdy einen preußiſchen Harſt verſtärkt, jagten ſie die Franzoſen faſt aus dem ganzen Her fogthum Lauenburg und einem Theile der braunſdyweigiſden Beſikungen; aber die ſchon weit vorgerückte Jahrse

Decemb. geit hinderte ſie, ihre Vortheile weiter zu per . folgen , und beide Heere bezogen ihr Winterlac Archenholz S. 70. Warnery S. 239 Daung Leben S. 167. – Müller . Military miscell.

posth. ch. 6.

-

Marie Therefte.

261

ger , die Franzoſen im Kurfürſtenthum ; die Hälfsſdhaaren im ' Herzogthum Luneburg 1). So endete dieſer fonderbare und merkwürdige Feldzug ,

der wegen der vielen wichtigen Schladyten , wegen der da. bei aufgebotbenen bewundernswürdigen Kriegskunſt; wegen der mannigfaltigen Ereigniſſe und des überraſd, enden Glücks. wedſels vielleidyt der ausgezeidynette in der Geldid te iſt. Die Deſtreicher , anfangs durch der Freußen überlegene

Gewandtheit niedergebalten , ergeben ſid, wieder und alles gelingt ihnen über Erwarten ; 40,000 Mann Hülfsſd ,aa. ren merden unthätig beinahe gefangen ; die Franzoſen ſind Meiſter des ganzen Stridys zwiſchen der Weſer und Elbe ,

der König von Preußen völlig geſdlagen , fein Heer von fedis Mahl ſtärkern s daaren umſtrickt ; Sdleſien , wele

des ihm ſo viel Geld und Blut koſtete , wird ihm genom men , ſeine Länder allenthalben entriſſen ,1 Teine Hauptſtadt .

gebrandſd)aft. Aber in dem Augenblick , wo ſein Stur; unvermeidlich ſcheint, bewirft ſein mächtiger Geiſt einen unerhörten Glückswedſel; mit einem Schlage ſinkt Frauke

reidyo Madyt; durd, das Glück der preußiſchen Sdaaren ermuthigt, ergreifen die Hannoveraner die Waffen wie. der ; die fiegenden Ruffen ziehen ſich wie beſiegt zurück , die Sd weden verlieren ihre Eroberungen und ſogar einen

Theil ihrer Beſikungen ; das Poſtreich iſdie Heer wird faſt pernichtet, und 17,000 Mann dwade Ueberbleibſel von 100,000 werden von den Siegern bis mitten in die Erblän. der verfolgt . Marie Thereſie mußte ein neues Heer ſchaffen . Der ungebeure Aufwand , den ſie machen mußte um Waffen ,

Speicher und Gepäck, weldie in Feindes Hand gefallen waren , fu erleben , waren ibrem I, obuedieß dyon durch den

vorigen Feldzug und dienach Petersburg, um die Mitwir. kung der Kaiſerinn zu erhalten , gegangenen Summen , ers 1) Unternehmungen des von Prinzen Ferdinands von Braun .

ſchweig befehligten Bundesheers.

1

262

Hundertundzwölftes Kapitel. 1757

ſchöpften Sdjake ſehr läſtig. Sie ward nicht mehr von der Begeiſterung der Engländer unterſtüßt. Der Königs

von Preußen Sadhe war jeki in England weit mehr Volks . angelegenheit , als in Anfange des letten Kriegs die " ſtreia dyiſdhe. Zwiſden dem londoner und berliner Hof war ein

Schuß und Trußbündniß geldloſſen worden , und Friede rid ) II. bekam faſt nod) einmahl ſo viel Külføgelder , als Marie Therefie in ihrem größten Inglück. In den Staatsa 1

berathungen Englands war eine merkwürdige Veränderung vorgegangen . De: ( dylechte Uusgang des Kriegs und der Verluſt von Minorça batten allgemeinen Unwillen erregt. Der Herzog von Nerocaſtle hatte das Staatsruder verlaſ: ſen mäffen müſſen und Pitt hatte es bekommen , der es damahls auf kurze Zeit behielt.

Dieſer tadelte die Verbältniſſe zum

feſten lande , und ihm widerſprach der Herzog von Cum : berland , der über Georg II. feinen Vater , viel vermodyte. Dem gemäß wurden Pitt und ſeine Freunde abs 5. April. gedankt. Aber der König konnte keine andere Staatsverweſung einführen und England war

zwei Monathe lang eigentlich ohne Staatsrath . Endlich bewirkte das Volksgeſdirei und der miſlide Stand der Dine

ne Mgee eieine

Annäherung zwiſden den Parteien des Prinzen von

Wales , des Herzogs yon Diewcaſtle und Pitt.. Der Here jog kam wieder an die Spiße des Finanzdepartements , Pitt übernahm die der auswärtigen Angelegenheiten mit der ober: ften Leitung des Kriegs. Er hattedas Vertrauen des Volkby, und erwarb fid, des Monardyen Achtung und Wohlwollen

dadurd), daß er ſeine Abſichten in Hinſicht der auswärtie gen Angelegenheiten förderte. Er gab der Regierung eine den Zeitbedürfniſſen gemäße Kraft ; ade Parteien vereinig ten ſich um ihn ; er ſammelte Sdaaren , um das bannovers 1

[de Heer zu verſtärken , und war im Stande, die ſtolze

Worausverkündigung: „ daß Amerika in Deutſchland werde erobert werden , " wahr zu machen .

Marie Therefte .

263

Hundertund dreizehntes Stapitel. 1758.

Feldzug von 1758.

Klück der Ruffen.

Einnahme von

Schweidniß, und Einbruch des Königs pon Preußen in Dauns Plan , Mähren . Belagerung von Dlmüş . Sachſen wieder zu nehmen.

Borndorfer Schlacht.

Der König von Preußen kehrt nach der Lauſiß zurüc . uéberfall von Hochtirchen . Belagerung von Neiſſe. Neue Unternehmungen Dauns wegen Sachſens. Die Heere beziehen die Winterlager. - Larcy und Laubon.

Iniden erſten

Tagen des Februars ward der Feldzug vont Weſtphalen aus eröffnet. Graf Clermont , welder den

franzöſiſd )en Heerbefehl übernahm , fand alles in der größe ten Unordnung. Uber ſeine Gegenwart bewirkte keine güns ftige Veränderung. In weniger als einem Monath entriß Prinz Ferdinand ron Braunſchweig , von einer Verſtärkung durdy Prinz Heinrid , unterſtüßt , den Franzoſen ihre Erobes rungen und zwang fie ,1 mit Verluſt von 10,000 Mann wies

der über den Rhein zil gehen.

Mangel an Reiterei ges

ſtattete dem preußiſdyen General nicht , damahls ſeine Vor. theile zu verfolgen , und er lagerte ſeine Sd)aa:

ren um Münſter her ein . Im Mai konnte er 1. April.

wieder angriffsweiſe zu Werke geben. Er ging unterhalb Eminerid, über den Rhein und ſchlug 23. Junt. die Franzoſen bei Crepelt. Der Erbprinz von

Braunſd)weig nahm Ruremonde und rückte 23. Jul. theilweiſe bis an die Thore von Brüſſel vore

264 Hundertunddreizehntes Kapitel.. 1758. Düſſeldorf wurde ſchon nach einer ſedystägigen Belagerung erobert.

Dieſe Reihe von Unfällen madyte , daß Graf Eler. 1

mont abgerufen und der Heerbefehl dem Marſdal Contas .

des übergeben werd. Dieſer entſendete den Prinzen Sou: biſe mit dreißigtauſend Mann , um von Kaffel ber eine Dis verſion zu madyen. Nad dem er bei Sondershauſen 7000

vom Prinzen von Iſenburg angeführte Heffen geſdılagen , eroberte Soubije die Landgrafſchaft größtentheils und bekam auch den ſüdlidyen Theil von Hannover wieder. Dieſe Dis perſion gwang Prinz Ferdinand ; wieder über den Rhein fu geben , was aud) ohne Verluſt geſdyah , wiewohl ihn

Contades ſehr drängte. Einige Tage darauf fdloffen ſich 12,000 Engländer unter dem Herzog Marlborough an ibn. Er zwang den Feind unthätig zu bleiben , ob er gleid, ſtets überlegen war , und in Hannover und Ber Landgrafſd)aft hatte er den Vortheil über ión. Am Ende des Feldzugs verließ Soubiſe feine Eroberungen , um zwiſdyen dem Rhein und Main fein Hauptquartier zu nehmen. Contades pertheil,

te ſeine Sdhaaren zwiſden dem Rhein und der Maas. Prins Ferdinand beſepte Weſtphalen und Niederſachſen und Idylug ſein Hauptquartier in Münſter auf 1 ). Die Nuffen eröffneten den Feldzug ſehr glänzend. Im Januar nahm der General Fermor Königsberg, und vor Ausgang des Monaths hatte er Preußen größtentheils ere obert , und ſchickte Fid) an , durd) Brandenburg zu geben , .

um fid) in Sd;lefien oder Sadyſen den Oeſtreidhern anju. ſdhließen. Aber ſeine erſchöpfte Caſſe und die verbeerenden Krankheiten , welche non Strapazen und Mangel herrühre ten , geſtatteten dem Wiener Hof nid)t , fein Heer vor An .

fang Aprils ins Feld rücken zu laſſen. Der König von Preußen hatte ſchon wieder zu handeln angefangen. Nadı. dem er ſid, zum Herrn von Sdyweidniß , wel.

16.April. djes er den Winter über umlagert hatte , ger 1

1) Oeuvr. posth. III, 273-384.

Marie Thereſe.

265

madyt, war er plößlich in Mähren eingefallen und hatte Olmüß umzogen. Dieß war für das Haus Deſtreid , ein glücklicher Vorfall. Die fumpfigte Lage und der Umfang

des plages madyten die ilmziehung ſehr ſchwierig. Die Speicher des preußiſchen Heeres waren ſehr fern, und die

Zufuhr durd) ein bergidytes' Land ſehr ungewiß. Dazu wurden audy die Belagerungsunternehmungen ſelbſt ſdyledyt geleitet. Da Prinz Karl wegen des vorigen unglücklichen Feld. zugs den Heerbefehl aufgegeben hatte , To benutte Daun ,I der ihn übernahm , alle Fehler des Feindes , den er zu be I

kämpfen hatte. Er hatte Zeit gehabt , ein Heer von 50,000 Mann zu ſammeln ; da es aber nur aus Refruten beſtand ,

ro vermied er ſorgfältig jede Sdlacht. Er fdlug ſein La ger fünfzig Meilen von Olmüß in Leutomiſdil. Von dort aus verſtärkte er die Berabung immerfort ; und mittelft ſeis ner zahlreiden leidyten Schaaren beunruhigte er die Preus Ben unaufhörlid ). Nachdem er ſeine Soldaten mit dern

Unblick des Feindes vertraut gemacht, rückte er bis Irano viß vor , als dicke er ſich an 1, eine Sdladyt zu liefern.

Zu gleicher Zeit fendete er die Marſchäde Laudon und Zis.

kowiß , eine Zufuhr von 3000 Wagen mit Lebensmitteln , die aus Schleſien durd , Troppau kam und ohne welche die Belagerung nid )t fortgefekt werden konnte , aufzufangen .

Sein Plan ward ſo gut ausgeführt, als er entworfen war. Das 12,000 Mann ſtarke Geleite ward jerſtreut, und die Zufuhr vernichtet; nur 250 Wagen kamen in das königliche Lager , weßhalb dieſer fid, auch zurückziehen mußte. Friede rich durd ' og Böhmen mit BliBesídınelle , und brachte ſein grobes Geldüb , ſeine Kranken und Verwundeten glücklich · nady Glaß und gewann hierauf Landshut. Daun verfolgte die Preußen ; aber ſtatt in Sdyleſien ſid, einzulaſſen , wand er ſich nady Sadyſen , wo Prinz Heine richs Heer , weldies nur 20,000 Mann ſtark war , durch das vom Prinzen von Zweibrücken befehligte Heer ſid, auf 1

1

266 Hundertunddreizehnteß Stapitel. 1758. Dresden zurück zu ziehen gezwungen worden war. Die Ruſo ſen , die in die Mark Brandenburg eingedrungen waren ,

belagerten damahls Küſtrin. Daun ſendete Baudon gegen Frankfurt an der Oder und ſchrieb an Fermor , fidy auf Keine S dyladyt einzulaſſen , bis in Sad, ſen ein großer Schlag gethan worden ſei 1). Nun madyte er Anſtalt ,

bei Pigniß über die Elbe zu geben , und Prinz Hein. rids Heer , das vor Dresden lag , in den Rücken zu nebo men. Sadyſens Eroberung ( dzien unfehlbar ; aber der here I

anziehende König von Preußen bradyte ſeine Plane in Pers wirrung.

Nach ſeinem ſchönen Rückzuge von Olmüß ließ Fried: rid den Markgrafen Karl Schleſien decken, fog mit 20,000

Mann gegen die Ruſſen, weld en Dobna nur wenig Sdaar ren entgegen ſtellen konnte. In zwangig Tagen zog er 270 (engl.) Meilen weit, und ſchloß fid in der Ge. 12. Aug. gend von Küſtrin, weld es ſchon in Aſche gelegt war , an Dohna. Unterhalb dieſer Stelle , 8

Meilen davon , ging er über die Oder. Şierauf zwang er Fermor , die Belagerung aufzuheben und griff

25. Uug. ihn beim Dorfe Zorndorf, an. : Nad einem wüthigen Kampf trug er einen entſdjeidenden

Sieg davon , welcher die Kuſſen zwang , ſich mit einem Verluſt von 20,000 Mann nach der poblniſchen Gränze jurück zu fiehen. Naddem er unter Dobna's Befehl einen unbedeuten.

den Beobachtungsharſt furück gelaſſen , kehrte er eben ro (duell , als er gekommen war , furück, und idyloß lid) in 1

Großenhain an einen von Márſdal Keith aus Sdileſien 1) Dieſer Brief ward aufgefangen , und nach der zorndors fer Schlacht fendete ibn Friedrich mit der Bemerkung

zurüd : „ Sie thaten wohl, Fermorzu warnen , daß er gegen einen ftolzen und verſchlagenen Feind , den Sie bers fer, als er , kennen , auf der Hut wäre ; denn er hatte

Stand gehalten , und ift geſchlagen worden . Müller , S. 53. Note.

Marie Therefte.

267

geführten Harſt. Am 12. October lagerte er bei Reichen : berg , und eröffnete ſeine Verbinduug mit dem Prinzen Heinrid ). Seine erſte Sorge mußte hier renu , Neiſſe zu Hülfe zu ziehen , welches die Deſtreider belagerten. Er brach ſein lager ab , und ſette ſid, bei Sdyönfeld Dauns lager gegenüber , welcher die ſtarke Stellung bei Stoipen behauptete. Doch vermied der Feldmarſdall ſorgfältig eine 1

Sdilacht. Uis ihn Friedrid , umgangen hatte , begab ſid , Daun nach liebau , und verídloß wieder den Weg nach Schleſien. Sein rechter Flügel lehnte ſid, an Stromberg,

ſein linker berührte das Holz , welches bei Jauernig an. fängt, und ſein Nadhalt unter dem Prinzen von Baden Durladı beſefte Reichenbad ), weldes etwas hinter dem rechten Flügel lag .

Zufolge die

Bewegung entſendete Friedrid, einen

Harſt mit dem Befehl , Weißenberg zu nehmen , und dilug

ſein Lager 3 Meilen von den Deſireidern auf den Höhen auf. Sein Mittelpunct erſtreckte ſich von Hodykirdyen bis Redewit. Sein linker Flügel verlängerte fidy in Form eines Winkels von da bis nad Sitlik bei Weiſſenberg. Sein

redter Flügel , der auf der entgegengeſekten Seite auch einen Winkel bildete , nahm eine vom Dorf Hochkirchen beherrſchte, und durd, ein enges Thal von Wäldern , weld e des Feindes linken Flügel deckten , geſdiedene Kette von Anbo

ben. Das Thal bewäſſerte ein Fluß , auch waren viel fa den da , deren Sdileußen vom preußiſdjen Geſd)üß beſtris dyen wurden. Bodykirdjen ,1 der hödiſte Punct, war mit 6 Battaillonen und einer Batterie von 15 Kanonen bereit. Ein Battaillon wurde an den Fuß der Anhöhe , in eine Mühle und etlidye Hütten gelegt , um dem Uebergang über den Bad, zu wehren. Da aber die leidten feindliden

Sdaaren die Waldhöhen , welde langs des recyten Flüs gels deg lagers fid hinzogen , inne batten, und die S daa.

ren auf dem Stromberg den weißenberger Abtrab bedroh, tru , ro fdien die Stellung des preußiſden Heers dem

263 Hundertunddreizehntes Sapitel. 1758. Marſdal Keith ſo wenig haltbar , daß er zum König ſage te : ,,wenn uns die Deſtreid ;er in dieſem lager rubig laſſen , ſo verdienen ſie gehenkt zu werden . “ Friedrich antwortete : ,, Wir wollen hoffen , ſie fürdyten uns mehr , als den Gale , gen 1) ." Dieſe anmaßende Zuverſidyt madyte , daß er die

allergewöhnlichſte Borſidit vernad;läſligte. Daun ließ , um ihn deſto eher zu täuſden , als wolle er bloß dertheidi

gungsweiſe zu Werte gehen , viel S dyanzen um ſein Lager .

ber aufwerfen . In der Nadyt vom 13. aber verließ er ſeis ne Lachtfeuer , ließ von Bauern Bäume wie zu Verhaus en fällen , und ſtellte ſein Heer in drei Abtheilungen. Lau. don harte Befehl , mit den leidyten von vier Battaillonen

verſtärkten daaren und der ganzen Reiterei auf dem Holze zu kommen , um die Preußen bei Fodykird,en in Rücken und in der Seite zu faffen. Daun ſelbſt wollte das Fußvolk des linken Flügels nad, der Mühle führen ;

und Herzog Aremberg route die Verwirrung des Feindes durd, einen Angriff auf den linken Flügel mehren , wäb. rend der Prinz von Baden -Durlad den weißenberger 26

trab bewältigte. Als die Dorfuhr 5 geſchlagen hatte , bes gann der Angriff. Von der Finſterniß und der Nadlüf.

ſigkeit der Vorpoſten begünſtigt, fallen die von Daun und faudon geführten Harſte über das feindliche Lager her , ere greifen ſein Geſdüß , dringen in die Zelte , laſſen alle , die im Sdilafe verſunken ſind , oder nicht entfliehen főne nen , über die Klinge ſpringen , und ſtehen mit Tagesanbruch mitten in den preußiſdyen Linien in Sdiladhtordnung. Ein minder krieggeübtes Heer, als Friedriche, wäre ders nichtet geweſen. Aber auf den erſten Lärmſdylag ſtürzen ſeine Soldaten zu den Waffen und ſtellen ſid, in Ordnung . ſo gut es die Ueberraſchung und die Finſterniß erlaubte. Der König felbft ftellte ſich an die Spiße von 3 Brigaden und umging Bodykirchen , den Feind in der Seite zu faſo 1) Urchenholz, S. 131 . 1

Marie Therefte. en.

269

Er mußte der Uebermacht weiden. Selbſt von Deſta

reidhern eingeſchloſſen , ward er nur von ſeinen wackern Hu: ſaren befreit. Seine Standhaftigkeit verließ ihn nid )t ; er war allenthalben fugegen , und theilte ſein Feuer den

Sdaaren mit. Marſdal Keith und Prinz Morif von Anhalt:Deſſau ſuchten an der Spiße einiger Battaillone, in şodkirchen einzubringen und ihr Geſchüß wieder zu

bekommen. Vergebens! Der Marſd)au blieb und Prinz Mo. riz ward gefährlid , verwundet . Inzwiſchen ward Hodykire dhen der Gegenſtand eines wüthenden Kampfes . Die Preue Ben nahmen es , wurden aber wieder herausgeworfen. Der 1

König wollte nun mit ſeinem linken Flügel den lebten Wer.

ſuch madjen , aber Fürſt Aremberg , der mit demöftreid,ifd ,en rediten auf dieſen Theil der Linie fiet und die Sdjangen nabm , hinderte ihn.

Nun war Bodykirdyen unwiderbring,

lid, 'perloren. Friedrid, berief feinen Übtrab von Weißens berg zurück , der fdyon den Prinzen von Baden zurückgeo trieben hatte, und mit dem Fußvolk und dem von der Reis

terei geſchirmten Gepäck in die Ebene berabfam . Obwohl mehrmahls von der öftreichiſden Reiterei angerannt , nabm er ſeinen Rückzug dody in guter Ordnung und Befekte die bauzner Höbeti , kaum zwei Meilen vom Sdiladhtfelde 1). Das Gefedyt batte fünf Stunden gedauert. Die Deft:

reid ;er verloren 8000 , die Preußen 9000 Mann , lektere größtentheils ihr Gepäck, 100 Kanonen und 30 Fabuen. Ihre meiſten Generale wurden verwundet. Der König ſelbſt bekam eine Duetſdjung und ein Pferd ward ihm un 1) Der König von Preußen hat in einem damahligen Bericht den Ueberfall von Hochfirchen für ein Vorpoſtengefecht ausgeben wollen. In ſeiner Geſchichte des fiebenjährigen Krieges geht er leicht über ſeine Nachläſſigkeit hin , und gibt ſeinen Perluft nur 5000 Mann an. Oeuvr. posth. III, Warnery Archenholz. 140. 326. Lloyd II, 105 .

279. - Müller. - Aemtliche Berichte der öftreich. Anfüh:

rer in der brüffler Zeit. und in Gentleman's Mag. 1758. - Dauns Leben. - Laudons Lebensgeſch. 96

270 Hundertunddreizehntes Sapitel. 1958. ter dem Leibe erſchoſſen. Zwei Pagen fielen an ſeiner Seis Sein Sd,wager , Prinz Franz von Braunſdyweig, blieb aud) in der Schladt. Was aber Friedrid, am meis

te .

ften fdmerjte, war Keiths , ſeine Freundes , Verluſt ,

deſſen Leidynam von Daun in der Kirche zu Hochkirdhen ausgeſtellt und init allen kriegeriſdyen Ehren beſtattet ward 1). Der Wiener Hof erwies dem fiegreid, en Heerführer freudeentzücft Ehre und Gnade. Die Kaiſerinn dankte ihm

in einen eigenhändigen Briefe ; es ward ihm ein Standbild errichtet ; nie öſtreidyiſden Stände ſchenkten ihm 300,000

Gulden zum Wiederkauf der Herrſdaft Ladendorf , eines 1

von ſeinem Vater verkauften Familiengut$ 2). Die Kais

ferinn ron Nußland bezeigte ihm ihre Adytung durch eie nen Degen mit goldnem Griff. Das öſtreid iſdye Waffens glück bewog Clemens XIII. , zu Gunſten Marie Thereſia

ens und ihrer Nad ,folger, der vom Papſt Silveſter II. dem heil. Stephan gegebenen, und auf Anſud, en Kaiſer Sigismunds von der koſtniker Kirchenverſammlung beſtä . tigten Titel : apoſtoliſdyer Konig oder apoſtolifdye Königinn , zu erneuern 3).

! Die Niederlage der Preußen bei Hodykirdyen hatte für die Deftreid er nid )t gar ſo vortheilhafte Folgen. Friede

rid, zog den Prinzen Heinrich mit 7000 Mann aus Sach : fen , gewann Daun den Vorſprung ab und rückte auf Sdyles ſien vor. Da ihn Daun nid )t aufhalten konnte , To ließ er ihn durch einen Abtrab verfolgen und begab fid nad

Sad; ſen , welches die Preußen bis auf einige fefte Pläße , I

weldie belagert wurden , ganz räumten . Inzwiſdyen rückte Bes del nad )dem er die dyweden aus der Mark Brandenburg 1) Wraxall's mém. I, 18 % wo febr anziehende Einzelheiten ſind.

2 ) Histoire du règne de Marie Thérèse 158.

3 ) Hist. du règne de M. Th, 144.

Muratori, XIII, 73.

Marie Thereſie.

271

gejagt , in Sachſen ein und kam Torgau zu Hülfe. Doh. na , der gegen die Ruſſen audy glücklich geweſen war , idyloß

fid, an Wedel und entferte Leipzig. Der König ſelbſt zwang den öſtreid iſden Anführer Harſd ), die Belagerung von

Neiffe aufzuheben , und ging wieder in die Lauſit ; am 5. Nov.

kam er wieder nady Baujen.

Mithin mufte Daun

Sadyſen räumen. Er hielt ſein Winterlager in Böhmen.

Das Kreisbeer zog ſid nadi Franken , die Ruſſen nach 1

Pohlen und Preußen , und die S dyweden nach Stralſund 1 ). In dieſem

Feldzug unterſtüpten Daun vollkommen

zwei Generale von ſebr entgegengeſénter Gemüthsart und Gaben , die ſich in der Folge ſowohl als damahls in Dien.

ften des Hauſes Deftreidy ſebr ausgezeid ;net haben. Dies ſe Männer waren Laſcy und Laubon. Graf Laſch war von Geburt ein Wänder uud Sohn des Marſdalls Caſch , der , vereint mit Feldmarſchall Mün .

nid), die rufiiſden Heere im Türkenkriege unter der Nies gierung der Kaiſerinn Unne ſo ausgezeichnet befehligte. Er war 1713 geboren . Nad)dem er eine ſorgfältige Erzies hung genoſſen , befleißigte er fid) der Kriegskunſt unter

Münnich . 219 Marie Thereſie den Thron beſtieg , trat er in öſtreid iſdie Dienſte. Sein gutes Bétragen , ſein Muth , ſein Kopf erwarben ihm die Adytung ſeiner Vore gelegten und er ſtieg ſchnell bis zum Oberſten. Seine Kerint, niß der Kriegskunſt, feine Wadyſamkeit und Thätigkeit mad ten ihn Daunen bemerklid ), und durch eine Art von

Hof, den er ihm machte, durch ſein einnehmendes Betragen mehrte er die gute Meinung die der Heerführer von ihm bato

te. Im Anfang des ſiebetjährigen Kriegs'war er Oberſter geworden. Bald ward er durch Dauns Freundſdy aft, der ihn jederzeit zu Rathe jog, und ihm die wichtigſten und kislid ſien

1) Hist. du règne de M. Th. 135–143. VIII .

.

Oeuvr. posth . III, 311 .

C

Daung Leben .

Lloyd.

Archenbol 79-146 - Warnery a61 - 3877

Müller,

872 Hundertunddreizehntes Kapitel. 1758. Aufträge anvertraute ,1 Generalmajor. .

Wiewohl er ſehr

unternehmend war , und oft Daunen zu mehr Kraft und

Entſd loſſenheit anregte , hatte er dod viel Geiſtesgegen . wart und Kaltblütigkeit. Nie überſprang er aus Hiße die Gränzen der Klugheit. Er verſtand coulommen die

Sdyaaren zu ordnen und leitete die Bewegungen , weldie Daun erfonnen hatte. Er war ordnungsliebend und in allen Zweigen der Verwaltung des Kriegsweſens ſebr ſparſam . Gideon Ernſt Laudon , der aus einer edlen Familie der Grafid aft Uyr in Sdottland abſtammen ſoll , die im vierzehnten Jahrhundert angeblid fich in Liefland nieber

ließ , war 1716 ju Tooßen geboren. Sobald er waffen-: fähig war , trat er in ruſfiſche Dienſte. Er war 'bei der Belas gerung von Danzig und wurde bei dem Heere , weldjes die Kaiſerinn Anne 1734 nad, den Niederlanden ſeudete , an: geſtellt. Nad unterzeid, netem Frieden aber begaben ſid)

die S daaren , welde bis zum Rhein vorgerückt waren , nad dem Dnieper, um die Türken und Tataren, welde in die ſüdliden Landſdyaften des ruſfiſden, Nieichs eingefallen waren , zu bekämpfen. In den Feldzügen von 1736 bis

1739 diente Laudon unter Feldmarſd )au Münnid) und ftieg Dom Cadet bis zum Premierlieutenant. Im Frieden vere ließ er die ruſſiſchen Dienſte, um in Öſtreid iſdie zu treten. Da er nad Berlin ging , überredeten ihn einige Haupts Teute , die mit ihm gegen die Türken gefodyten þatten , beim

König von Preußen Gebör zu verlangen und um eine Compagnie anzuſuchen. Friedrid, kehrte ihm den Rücken šu und ſagte: ,,Sein Geſidyt gefällt mir nid )t." Er hatte dieß ſehr zu bereuen , und geſtand es audy redlid ). Der in Berlin abgewieſene Laudon bekam Empfehlungs.

ſdyreiben von dem kaiſerlichen Geſandten und begab fid) 1743 nad , Wien. Er wartete vorgelaffen zu werden , als Jemand ihn im Vorzimmer anredet , um ſeinen Nahmen

und ſein Anliegen fragt , und auf ſeine Antwort ihm ſeine Dienſte anbietbet und in das Cabinet geht. Wenigt 2u.

Marie Thereſted

273

genblicke nachher wird, Laudon eingeführt, und erfennt in ſeinem Fürſpredier den Gemahl Marie Thereſiens. Er

erhielt eine Compagnie bei einem Freiharſt ſlavoniſdier. Panduren , welde Trenek erridtet, der Laudon in Ruſs land kannte und erfreut war , einen fo wadern Hauptmann fu bekommen . Als im Jahr 1744 Prinz Karl von Cott.

ringen ſeinen berühmten llebergang über den Rhein mad ). te , war Caudon mit ſeiner Compagnie in dem erſten Kayn

- und Texte zuerſt den Fuß auf franzöfiſden Boden. In eo nem Sd)armübel, weldyes ſd neu folgte , ging ihm auf

der rediten Seite eine Kugel in die Bruſt ; die einzige Wunde , die et je bekam.

Er fank , ward gefangen und

auf ein nahes Dorf geſchafft. Einige Tage darauf rückten die Deſtreidyer beran und die Panduren befreiten Caudon ,

der die Freude batte , das Haus des Bauern , zu weldem man ihn gelegt und der ihn gut behandelt batte , von der Plünderung zu retten. Da das trendide Regiment im Frieden entlaſſen worden war , ſo ward es Laudon dywer , eine Majorſtelle bei einem Gränzregiment zu bekommen , und er blieb in Kroatient , bis im ſiebenjährigen Kriege ſein

Unternehmungsgeiſt ihn nad, Wien trieb , Anſtellung bei einem in das Feld giebenden Harſt ju ſuchen. Er war obne abfdied gekommen und ſollte wieder nach Kroatien

geſendet werden , als er ſo glücklid, war , dem Fürſten Kauniß zu gefallen, auf deſſen Empfehlung er an der Spit: je von 800 Kroaten nad ) Bohmen geſendet ward. Kurs nach dem Tage bei Lowoſib tam er bei Feldmarſdau Dauns

Heer an , und bei einem Rückzug entrann er allein von 100 Grenadieren , die von den preußiſden Huſaren int

Stücken gehauen wurden 1). Im Jahre 1757 follte die . kleine Feſtung Hirſdyfeld genommen werden. Laudon , der mit 300 Kroaten einen falſdyen Angriff madyen ſollte, drang hinein ; da aber der Hauptharſt zurück geidlagen ward, jog 1) Warnery S. 57 .

Corr's Sefhichte Deft. IV. B.

0

274 Hundertunddreizehntes Kapitel. 1758. er fid in guter Ordnung zurück, und nahm zwei Kano: nen mit ,I die einzigen , welche feit langer Zeit den Freu ßen abgenommen wurden. Dafür ward er Oberſter. 076 rend der Belagerung von Prag that Laudon mehrere und fters die gewagteſten Ausfälle. Da er ſich an der Spige der Kroaten immerfort auszeidunete , ro erhielt er mit dem Titel Generalmajor die Befehlshaberſtelle über 4000 Mann leid; ter Vieiterei. Als rein Beſtallungsbrief einigen, préus

Biſd)en Huſaren in die Hände gefallen war , ſendere Friede rid) ihm denſelben durch einen Trompeter wieder und ließ ihm dabei ſagen , er freue fich , etwas zur Beförderung ei.

nes ſo tapfern Offiziers beizutragen . Im April 1758 erhielt er den Marien Thereſienorden.

Er that viel bei dem Un:

griff der preußiſden Zufuhr , wodurd, die Belagerung von Dlmüß aufgehoben wurde. Zudy den Plan , Hochkirdyen zu überrumpeln , half er mit entwerfen ; und Daun ſdyrieb den Sieg in einem Brief an die Kaiſerinn der Unerſdyrol:

kenheit des Fußvolks und den Bewegungen der von Laus don angeführten Kroaten zu. Dieſer ſtieg Dadurdy noch

mehr. Jin Jahr 1759 vertraute man ihm den Befehl eis nes beſondern Heeres an , welches einſtimmig mit den Ruſa ſen wirken ſollte 1) .

Wie Laſch hatte Laudon viel Verſchloſſenheit. Sein Betragen hatte nichts Einnehmendes , ſein deußeres ſprach

eine große Einfalt aus und er ſdien febr kalt ; aber in der Sd)ladyt ward er belebt.

Gewohnt , leidyte Sdaaren

anzufuhren , war er unternehmend biszur Tollkühnheit. Im Ganzen eignete fid, laudon mehr , etwas kräftig und ſdnel

auszuführen , als die vrelderflodytenen Unternehmungen eis nes Feldzug zu leiten. 1) Laudons Lebensgeſchichte.

Marie Thereſte .

275

Hundert und vierzehntes tapitel. 1759.

Marie Thereſie wird michtig von ihren Bundesfreunden uns terſtüßt. Glüt der Neuer Verſailler Vertrag . Franzoſen . - Beregungen des öftreichiſchen , ruffiſchen und preußiſchen Heers . Schlacht bei Stunnersdorf und gänzliche Niederlage des Königs von Preußert. – Miß helligkeiten zwiſchen den Deftreichern und Ruffen. Pring

Heinrich hindert ſie, ſid, an einander zu ſchließen. - Frieds rich erhebt ſich von ſeinem Fall und deckt Niederſchleſien . - Der rufriſche Feldherr Soltikoff zieht ſich nach Pohlen zurüc . Kriegsunternehmungen in Sachſen. - Dresdens

uebergabe. - Feldmarſchall Dauns Bewegungen. - Ses fecht bei Maren . – Winterfeldzug. -

as Jahr begann mit den günſtigſten Ausſidyten für Marie Thereſie. Ihre Schaaren waren ſtark und im beſten

Stande. Daun hatte ſie nach und nac ) für den Krieg ges bildet, und ſeine faſt immer mit Erfolg gekrönten Unterneh . mungen hatten ihnen gezeigt, daß der Feind nid )t unübers

windlid) war. Dieſer Feldherr batte ihr ganzes Zutrau. en , und ſie erwarteten die Eröffnung des Feldzugs mit uns geduld , um die auf Soch kirdens Feldern gewonnenen Lor : bern mit neuen zu vermehren . Deſtreichs Sade ward dun den Verbündeten mit dem größten Eifer unterſtüßt.

Die Kaiſerinn von Rußland verdoppelte ihre Zurüſtungen ; dyweden that alles , was bei ſeiner idywachen Regierung inöglid) war. Die katholiſden Staaten in Deutſchland 2

276 Sundertundvierzehntes. Stapitel. 1759. lieferten ihre Beiträge an Mannſdaft und Geld eifrigít ; und gegen alle Genohnheit war das Reidsbeer in kurzer

Zeit vollzählig. Frankreidy aber ſud,te vor allen , feinen jebigen Bundesgenoffen feine Hülfe angedeiben zu laſſen .

Die Einigkeit des verſailler und Wiener Hofs war feſt ge gründet. Cardinal Vernis , der den Wunſd, geäußert hats te , den Krieg beendigt zu leben , war in Ungnade gefallen .

Der Marquis von Stainville war , als er von ſeiner Ges ſandtſdaft zurück kehrte, zum Herzog von Choiſeul ernannt und an die Spike der Behörde der auswärti. 29. Dec. gen Angelegenheiten geſtellt worden . Im Ein. 58 17

verſtändniß mit der Marquiſe von Pompadour

batte er einen neuen Bundesvertrag zu Stande gebradit, wo: durdy ſid .) Frankreid, verband , alles zu thun , um dem Hauſe Deſtreid) wieder zur Grafſchaft Glaß und zu Sdile. fien zu verhelfen , der Kaiſerinn nach ihrer eignen Wahl 1

Beiſtand mit Menſdien und Geld zu leiſten , allein an Sdywe. den die Hülfsgelder auszuzahlen ,I wovon Deitreid, bis da. hin die Hälfte entridtet hatte , und in Deutſchland , ſo lange der Krieg dauerte , 100,000 Mann gegen den Kos

nig ron Preußen zu balten. Auch hatte es dein Hauſe Deſtreich den Bejik aller am Niederrhein zu erobernden preußiſden Länder verbürgt. Endlich hatte es ſeine Unter: ftübung bei der Erwählung des Erzherzog $ Joſeph zum ró.

miſchen König und einer Vermählung zwiſden einem der Erzherzoge und der Prinzeſſinn von Modena verſprochen . Dagegen hatte Marie Thereſie die Abtretung von Oſtende und Nieuport, ſo lange der Krieg dauerte , beſtätigt und dem etwanigen Erbrecht auf die Herzogthümer Parma und Piacenza , welches ihr durch den aadyner Vertrag zugeſio chert war, entſagt.

Der Hülfe ſeiner Bundesgenoſſen gewiß und ſtolz auf fein Waffenglück , ließ der Wiener of einen Reidsbeſdluß ergehen , kraft deffen der Kurfürſt von Hannover , der Lande

graf von Heſſencaſſel, der Prinz Ferdinand von Brauns

Marie Shereſie .' :

277

rdweig und die übrigen Berbündeten des Königs von Preu. hen mit der Reid)sadit bedroht wurden , wofern ſie nidyt dem Bunde mit ihm entſagten und ihren Beitrag an Mann: 1

fdjaft und Geld , dem Reid ;stagsberd ;luß gemäß , lieferten. Bei Eröffnung des Feldzugs griff Prinz Ferdinand , deſſen Heer - mit einem engliſden Harſt verſtärkt worden war , die Franzoſen zu Bergen bei Frankfurt an , ward aber " mit großem Perluft zurückgeſdılagen. Im Anfang 1

des Mais ging der Marſdad Contades bei Köln über den Rhein , ſchloß fid) an den Marſdal Broglio in u . 16. Gießen , bezwang Heffen , beſefte Caffet und -10.Jul. 5 Minden , wo er beträchtlid )e Speider wegnahm . Zu gleidher Zeit brad, ein anderer Karſt , der fidy

nach Weſel hin gebildet hatte, über das Bisthum 25. Sul. Münſter berein , und nahm die Hauptſtadt , welde eine Befakung von 4000 Mann hatte 1). Daun , der bis zur Ankunft der Ruſſen nur vertheim digungsweiſe zu Werke geben wollte, jog erft in den er: >

ſten Tagen des Mais zu Felde. Er ſdylug ſein Lagerzwi. (dyen Sduß und Jaromiß in Böhmen und erſpähte dort ſieben Wochen lang die Bewegungen des Königs von Preus Ben , deſſen Hauptmadt bei landshut fich ſammeſte. 216 die Ruſſen , von der Oder heranzogen , begab fidy Daun 1

in die Laufit und lagerte bei Marklifta. Friedrich zog ſich

nad) Schmüßeifen bei Lauir vurg . Die preußiſden Sdjad ren waren in Sadifen , Sdleſien und an der Oder jers ſtreut und überall batten ſie überlegene Madit gegen ſich. 3m Junius ( dylugen 70,000 Ruffen unter Soltikoff den Marfdal Dohna , der. die Mark Brandenburg mit !

.

-

i 20,000 Mann deckte , zurück. Dieſe S daaren , weldye unter Bedels Befehl kamen , wurden 23.Jul..

bei Züllichau nodmahls geſchlagen . Die Sies ger rückten gegen Frankfurt , wo laudon an der Spiße don 1

1) Oeuvr. posth,

278 Hundertundvierzehntes Kapitel. 1759. 18,000 ," dem Hauptheer entnommetten Streitern fich an fie ſchloß . Am 4. Aug.both Friedrich , deffen Heer nur 40,000 Mann ſtarkwar , den Deſtreidyern und Rufen , welche über 1

80,000 waren i), eine Sdyladit an. Ganz Europa bangte. Das Bundesheer braudte eine Vorſicht, wie fie die lieber legenbeit an zahl kaum nöthig zu maden fcient. ' Es bes

ferte Höhen :am linken Oberufei. Eine mit Bäden und Graben durchſdynittene fumpfidite Ebene deekte feine Stirn.

Eine furchtbare Reihe von Werídyanzungen welche durch Redouten befeſtigt waren , und' fidy von einer Unhöhe bei

Kunnersdorf bis jenſeit des Judenbergs erſtreckteni, fchikte die Seiten und den Rüden des Lagers. Die Rufen bes

wad ;ten die Verſd ;atifungen. Die Direichiſche Reiterei und die Koſaken beſeßten : die nadi der Oder auslaufende Mier

derung. Als aber die Preußen beranjagen , begaben fie fic links und ſtellten ſich in einer: Vertiefung am Fuß des Judenbergg. - Um 12. früh griff der König non Preußen dieſe furdite bave teliung an. Da er mit Hülfe der Gehélje ſeine Be. wegungen verdeckt hatte .To unigað er auf einmahl die red.

te Seite des :Feindes. Große auf benad barren Hügeln aufgepflanzte Batterien feuerten dergeftaut auf die Ber(dane fungen , daß ſie nid) t mehr haltbar waren. Nun rückten die Preußen vor , nahmen die Redouten ohne Mühe , faß ten die Ruffen in der Seir , riditeten ein fürd)terlid ,es Blutbad unter ihnen an , trieben ſie nad , Kunnersdorf und

mahmen 124 Kanonen. Unterðeffen ſtanden die Deftreidyer urd Rufen links feſt , von ihrem judenberger Geſchüß ges deckt. Da riethen die meiſten, preußiſden Heerführer dem

König , ſich mit dem gewonnenen Vortheile zu begnügen du der Feind ſich in der Nacht gewiß zurückziehen müſſe. Friedrid, ſtand einige Zeit an , dann rief er : Marſdı ! Seis

ne Reiterei verſudste, die Verſchanzungen am Judenberge 1 ) Oeuvr. posth . IV, 10.

Marie Thereſie.

279

ju bewältigent , ward aber mit grofien Verluſt zurück geſchlae gen. Inzwiſden verließen die Ruffen, pon paniſchen dyrek: ken ergriffen , die auf dem Verg errichtete Batterie , und das preusijde Fußvolk rückte vor , um ſie zu nehmen. war erwa 150 Sdiritt nod) davon , als Laudon mit ſeinen 1

Deſireidyern berbeieilt , die Kanonen mit altem Eiſen fular

den befiehlt und ſie auf den Feind ſpielen läßt , der nady mehreren Angriffen geſdylagen wird. Der König deckt den Niuckzug mit einigen Kanonen und einem einzigen Regiment. Zwei Pferde wurden unter ihm erſchoffen , ſeine Kleider waren von Kugeln durdlödert und ohne ſeine Huſaren wäre

er gefangen worden . Die herannabende Nadyt geſtattete ihm , die Ueberbleibſel des Heers zu retten und er beſepte I

denſelben Boden , wie vor der dyladyt. ,,Da fiegt man , wovon die Siege abhängen , " ſagt

Friedrich), indem er dieſes Treffen beſdireibt. Er glaubte des glücklichen Ausgangs ſo ſicer zu fenn , daß er mitten in der S dyladt an die Königinn geſchrieber batte : ,,wir

baben die Ruſſen aus ihren Verſchanzungen gejagt und ebe nod, zweiStunden vergeben , ſiegen wir vollſtändig .“ Nach der Schladit ſchrieb er : ,,Sdyaffen Sie die königliche Fas milie von Berlin fort ; laffen Sie die Urkundenſammlung nad, Potsdam ſchaffen ; und die Hauptſtadt mag fid, mit dem Feinde vertragen !" Er satte ſein ganzes Gefdjüß und 1

20 000 ſeiner bravſten Soldaten verloren. Inzwiſchen durften die Verbündeten ſid, ihres Glücks aud) nid) t zu

ſehr freuen ; fie verloren audy nidt weniger al$ 24,000 Mann an Todten und Verwundeten , und Soltikoff fagte :

,,wenn ich nod ) eine ſoldie Schladit gewinne , ſo muß id ), einen Stab in der Hand , die Nad richt ſelbſt nad, Peters :

Surg bringen 1)."

Da der Verluſt hauptſächlid , die Ruſs

(i) Mat Kat von dieſem Treffen mehrere mit der Natur des Bodens gar nicht vereinbare Berichte. Ich habe es genau zu beſchreiben verſucht nach Vergleichung der beiderſeitigen ämtlichen Berichte. Oeuvr. posth. - Lloyd. - Tempels -

280 Sundertundvierzehntes Kapitel. 1759. fen traf , die Oeſtreidher aber die ganze Ehre des Siegs hatten , ſo geriethen die erſtern in eine ſoldie Wuth , daß fie Lauson ermorden wollten.

Dieſer crang umſonſt in

Soltikoff, den Feind zu verfolgen , und Dauno Borſtel, lungen fruciteten ebenfalls nid) t .

Der ruide Feldherr

fprad) : ,, id, habe für dief Jahr genug getban. Id habe zwei Schladyten gewonnen , die Rußland 27,000 Mann koſten.

Nun warte id , bis Sie aud, zwei Siege davon

getragen haben ; es iſt nid) t Redt , daß die S daaren meis

ner Gebietherinn allein handeln ſollen ." Indeß wurden die Deſtreicher und Ruſſen verſöhnt, und beide Heerführer hats ten zu Guben eine Zuſammenkunft , wo beſchloſſen ward ,

daß nad, der Uebergabe von Dresden , welches zu capitus liren im Begriff war , beide Heere nad, Sdileſien gehen follten .

Aber es war ju ſpát .

Der König von Preußen

batte fidy ſdon von ſeinem Berluſt erholt. In einigen Tas gen ſtand er an der piße von 28,000 Mann. Er deckte Teine Hauptſtadt und das Brandenburgiſdye , und entſendes te fogar den General Wunſch mit einem Abtrab , um in

Sachſen alles wieder herzuſtellen. Friedrid) s und ſeines Bruders , des Prinzen Heinrichs , idyöne Bewegungen hins derten Daun und Soltikoff, fich zu vereinigen. Schon litten die Riuffen viel Mangel an Lebensmitteln . Der Wies

ner Hof , der unendlidie Mühe hatte , ſein Heer , deſſen Speidyer größtentheils von den Preußen zerſtört waren , jul derpflegen , both eine Ausgleidung in Species an. Sol. tikoff antwortete : meine leute effen kein Geld." Nad

vergeblidhen Verſud en , in Schleſien einzubringen ; fekten die Ruffen ihren Zug nach Pohlen fort und laudon zog fid, nad, Olmüß zurück. Nun ridtete Daun ſein Augen: merk auf Sachſen .

Von einem öftreid iſd;en Harſt unterſtüßt, hatte das Reidsheer Dresden am 9. Aug. umzogen. Wunſd), ſtand hof.

Warnery.

terans bei Heinrich

Geſtändniſfe eines öftreichiſhen Bes Laudons Leben. Archenholz.

Marie Therefte.

281

nur zwei Meilen davon , als es nad 27tägiger Sperre capitulirte. Die Bejaßung fog mit ihrem Gefdjük , Ge:

päck , und Kriegscaſſe, die fünfMillionen Kronen enthielt, ab ; aber die Kaiſerlidyen bemädytigte: ſid, bedeutender Spei: der , welche ihnen ſich in Sadıſen zu halten geſtatteten. Wunſch zog ſid nad, Torgau , einer Feſtung, bei welder er das vier Mahl ſtärfere Kreisheer dlug. und

Wittenberg und Leipzig bezwang 1 ). - Sofort 4. Oct. entſendete der König von Preußen Fink mit ei. nem ſtärkern Harit, und , nachdem ſich beide Heerführer

vereint , zogen ſie gegen Dresden , weldies bald aud) Pring Heinrich, mit ſeinein ganzen Heere bedrohte. Ihn zwang , ſeitwärts zu ziehen. Daun ſegte ſid) bei Bel. Daun , fid

gern. Ilm die Stellung der Preußen zu umgeben , eniſene dete er den Herzog , Aremberg mit einer bedeutenden Madyt, der aber geſdılagen ward und 1500 Mann verlor. Als Hül.

fen mit des Königs Heer ankam , jog ſid , Daun nad, Dreße den zu und lajerte unterhalb Plauen . Friedrid ), der in Glogau Frank gelegen hatte , kam nun ſelbſt wieder zu ſeinen S daaren , fendete Fink mit einem ſehr ſtarken Harſt, Ma. ren , eine Stellung im Rücken des preußiſchen Heers zu ber ſeben , und Dierke mit 3000 Mann , ſich an der Elbe feſte zuſehen. Dieſe Bewegungen waren dem öſtreid ,iſdyen Heere ſehr nadytheilig und rekten Böhmen den Einfällen der Preus tien aus. Da beſchloß Daun , den Harſt in Maren zu übers

fallen , und führte dieji kiklidie Unternehmen ſo gewandt als ídynell und geheim aus.

Die Preußen mußten capituliren .

Mehr als 15,909 wurden gefangen , 17 Kanonen genom . men. Nod , befremdlidier war es , daß tron des ungeſtümen Angriffes und kräftigen Widerſtandes ; nur wenig auf dem Sdladtfelde blieben. Friedrich erfuhr finks Gefahr zu

ſpät, und Hülſen , den er , den Rückzug zu decken , ent. ſendete , kam nur an , um die Capitulation zu erfahren. 1

1 ) Warnery 307 .

· Oeuvr, postb. IV, 44. >

1

1

282 Hundertundvierzehntes Sapitel. 1759 . Der dierkeſdye Harſt, der damahls ſehr gefährdet war , ſudyte in Kähnen über die Elbe zu kommen , wurde beim Uebergang

angegriffen und 14,000 Mann wurden mit ihrem Befehls. baber gefangen. Hierauf jeigte ſich Daun vor dem königlia chen lager ; da er aber fah , daß er nod) furchtbar war, ließ

er ſich in kein Treffen ein , ſondern nahm ſeine Stellung wieder bei Plauen .

Als die Franzoſen nach einer langen Reihe glücklid er Erfolge in Minden geldılagen worden waren , konnte Prinz Ferdinand von Braunſdyweig dem König von Preußen eine Verſtärkung von 12,000 Mann zuſenden , welche im Ant

fang Decembers’ankam . Friedrich) lagerte ſeine Sd aaren, nach dem

er vergeben

die Detreider aus Dresden und

feinen ilmgebungen wegzuziehen geſucht ,. um ſein Lager bei Wilsdruf ber , deſſen Zelte er ſtehen , und wo er die leibgar:

de alle Tage aufziehen ließ. Marſd)au Daun behauptete ſeis ne Stellung eben ſo feft , und beide Heere ſtanden die ſtärkſte Kälte , die man nod) in Deutidland erlebt und die einer Men.

ge Menſden das Leben koſtete , aus 1 ). 3 ) Archenholz, S. 315.

1

1

283

Marie Therefte .



Hundert und fünfzehntes Sapitel. 1760.

Schmierige: Lage des Königs von Preußen. Fouquets Uebergabe von Glaß, Niederlage bci Landshut. Kriegsunternehmungen in Sachſen , der Lauſig und Nies derſchleſien .

Einfal in das Brandenburgiſche und Ein

nahme von Berlin. Weitere Unternehmungen in fen . Niederlage der Deſtreicher bei Torgau. -

Sach Ge : org 11. , König von England , ftirbt." - Sünftige Geſin

nung des Königs von Spanien für das Haus Deffreich. Vie in dem marenſd ,en und dierkeſden Gefedyt verlornen

Regimenter ," ſagt Friedrich II, wo er den Feldzug von 1760 zu ſd ,ildern anfängt, uwaren zwar den Winter über erſekt worden ; ader weder mit alten Soldaten , nod, mit braud ,baren ' S daaren ; ſie waren nur für die Muſterung

zu braucien ; denn was war anzufangen mit einem halb aus fädifiſden Bauern , balb aus feindlichen Ausreißern aufgeleſenen Haufen , angeführt von Hauptleuten , die man nur aus Noth und weil keine andern vorhanden waren , ge nommen hatte ? Audy febite es den Fußvolksregimentern da:

ran , ſo daß ihnen kaum zwölf ſtatt der vorgeſdoriebenen zweis undfünfzig blieben 1)." Froß aller Mühe konnte der König von Preußen nid )t mehr als 75,000 Mann aufbringen ,1 um 1 ) Oeuvr. posth. IV, 81.

934 Hundertundfiinfzehntes Kapitel. 1760. 250,000 die Spike zu biethen 1 ) ; trok der engliſdyen Külfs: gelder fehlte es ihm an Geld , einen ſo verderblichen Krieg zu

beſtreiten ; er mußte Münzen verfälſden und andere entebrens de Mittel brauchen .

Im Monath April bezog Daun das Lager bei Pirna. Dort beobachtete er die Bewegungen des Königs von Preu . fen , der eine feſte Stellung bei Kabenhauſen genommen

und in dortiger Gegend ſeine Sdjaaren größtentheils einge, lagert hatte. Laudon batte in demſelben Monath Olmüß veriaTen , jog nad Niederſd leſien und ſperrte Glab . Nady einer Reihe herrlicher Bewegungen bewältigte er ein vers fdanztes Lager , wo Fouquet mit 9000 Mann die Lands. buter Hoolwege bewadyte. Nachdem Laudon für die Vers

theidigung der Päſſe geſorgt , kehrte er wieder nady Glaß , deffen Eitadelle oder Beifeſte am 26. mit Sturm genommen ward. Am 30. ward Breslau umlagert 2).

Als Daun die Niederlage des fouquetſchen Harites er: fibr, ſendete er faudon fünf Regimenter Fußvolk und zwei Reiterregimenter , und in batte dieſer' nun ein fünfzig.

tauſend Mann ſtarkes Heer. Prinz Heinrich beobad)tete in der Odergegend die Bewegungen der Ruſſen ; und Frieds rid ) ſtand Daunen gegenüber , der mit dem Hauptharit des Heers Dresden vom linken Elbufer aus deckte, indeß laſcy

mit einem Beobadytungsheer auf dem 'redyten ſtand, auf die erſte Diad ;rid)t vou der Sperrung von Glaß ging der König pon Preußen mit dem größten Theil ſeie ner Madyt über die Elbe , um in Schleſien einzudringen , Laſery zog ſich zurück. Der König kommt nad, Radeberg i

erfährt Fouquets Unglück, „Sold, Unglück kann nur mir begegnen ," ruft er aus 3).

Inzwiſdyen verdoppelt er ſeio

1 ) Warnery 556.

2) Laudons Lebensgeſchichte 42.- Oeuvr. posth. IV, 85. Warnery 303.

3 ) Oeuvr. posth. IV, 104.

Marie Thereſe.

285

ne Anſtrengung , Sdilejien zu gewinnen. Daun , der zu !

gleidher Zeit mit Friedrid über die Elbe gegangen war , jog eilig nad Górliß und kam ſo dem König zuvor , den Laſcy auf ſeinem Zug aufdielt. Da Friedrid, nun ſahe, daš er ſeine Abſidit nid )t erreiden konnte , ſo wendete er ſich

um , ſdylug laſcy zurück , zwang das Kriegsheer , ſein las ger bei Plauen zu verlaſſen und umzog Dresden , weldes er beſdoß. Am fiebenten Lage der limlagerung nahte Daun

der Feſtung , warf emen Hülfsbarſt von 12,000 Mann binein und reßte ſid) auf den Anhöhen des redyten Elbufers mit 70,000 Mann. Pafcy's Harſt und das Reidjsheer ſtan . den auf dem andern Ufer , und die Beratung der Fellung ward bis auf 25,000 Mann verſtärkt. Der König , alt er die Uebergabe von Glaß erfuhr , eritſdloß fic) wieder , in Sd lefien einzudringen . In der Nadyt 1. Aug. brad) er ſein Luger ab , ging bei Zebren über die Elbe , und dlug den Weg nach der Oberlauſik ein. Daun jog eben ſo ſdynell vorwärrs, und um einer ruckgängigen Bes wegung zuvorzukommen , bielt er eine mit der feindliden gleid )laufende Linie. Hätte ein Freunder die Bewegun gen beider Heere geſehen , er bätte fid) getäuſcyt , " ſagt 1

Friedrid ), und ſie ſicher nur für eins gebaſten : Marſdal Dauns Heer für die Vorbut , das preußiſche für das Kern .

beer und Laſcus Sdaar für die Madhut 1)." Auf dieſem Zuge erfuhr Daun , daß Laudon , als Pring Heinrich herangezogen , die Belagerung ron Breslau auf, gehoben und die Ruſſen unter Soltikoff bis an das redite Dderufer gekommen.

Sofort beſdyloji er , ſid) nicht zů

( dylagen , bis er lid) an dieſe beiden Heerführer angeſd loſs ſen. Am 5. Uug. madyte er in 5 Tagen 84 ( engl.) Meis len und lagerte bei Lauenburg , eben als die Preußen Binj.

lau gewannen . Hierauf jerte er ſid, hinter der Kabbady, ſcynitt Friedrid, en ſo den Zugang zu ſeinen breslauer und 1 ) Oeuvr. posth. IV , 104.

286 Hundertundfünfzehntes Kapitel. 1760. idweidniger Speidsern ab , und hinderte ihn , ju Prinz Heinrid) zu ſtoßen . Dort ſchloß er fid) an laudon und laro laſs

cy und ſein Heer nahm das linke Ufer der Kabbad, von der Dder bis Koffenbau ein. Da Soltikoff nid )t über die Oder geben wollte ,

beſdiloß Daun, den König von Preußen , der hödi tens 30,000 Mann hatte , mit ſeiner 80,000 Mann ſtarken Mad )t an . zugreifen. Friedrid, neckte den ſtreichiſden Heerfuhrer durch ſtets veränderte Stellungen , bis er aus Mangel an Lebensmitteln über die Karbach zu gehen gezwungen war , welches er aud) bewerkſtelligte, indem er bis Goldberg binaufging. Ein von Tſdyernitſd eff befehligter Harſt von 20,000 Ruſſen war endlid , bei auras über die Oder gegants gen und nun rekte fid, der König bei Liegniß , ob er viel. leidt ſide an Prinz Heinrid, ſchließen könnte. Daun trifft

ſehr fluge Anſtalten , ihn anzugreifen. Friedrid ), der es ahnet , bricht in der Nadt ſein Lager ab , läßt einige Şu. faren daſelbſt, die Wadytfeuer zu unterhalten , und anzus

rufen , wie Schildwad)en und Runden pflegen ,, und geht wieder über die Kabbad ).. Nachdem er die pfaffendorfer

Höhen gewonnen , ſtellt er ſeinen redyten Flügel auf die Puncte , weldje Liegniß und das S dywarzwaſſer beberr. (dhen , und errichtet Batterien , um die beiden einzigen We: ge , die Daun nehmen konnte , zu beſtreichen. Sein linker Flügel ſtand auf dem andern Theile der Anböbe nad, Balle jen hin , an der Stelle , wo nach den Verfügungen des 1

Feindes laudon fid, hinbegeben ſollte , um den Rückzug abzuſchneiden . Endlich wurde auf dem höchſten Puncte eine furd ) tbare Batterie errıdytet.

Vor Tage ging. Laudon über die Kabbach und 15. Aug. ftieß bald auf einige Haufen , die auf Kunda ( diaft ausgeſendet waren . Wiewohl er nun fas' he , daß in der Stellung des Feindes eine Henderung vors

gegangen ſei, erwartete er dod) nidit , das ganze preubic de Heer dort anzutreffen und sog alſo immer vorwärts.

Marie Thereſe.

287

Er wollte ſeine S dyaar auf der Höhe ausbreiten , als das Geldjüß , von weldem er kaum mehr 800 Sd)ritt entfernt

war , ihm eine Lage gab , die in ſeinen ſehr didit geldloſe fenen und an einander gedrängten Heerſäulen eine grau:

fige Berbeerung anrid ,tete. Laudon beſtand , wiewohl er: ſdyrocken , dod, fünf Hurte nach einander , und von Reihe zu Reihe eilend , rief er : ,,kann id denn zu keiner Schlacht kommen ?“ Seine , von einem ordnung gebrad ; ten S daaren Reiterei in tücken gehauen . 23 Fabuen ,1 und 82 Kanonen ,

mörderiſden Feuer in tin : wurden von der feindlid en Er verlor 10,000 Mann , nahm aber einen treffliden

Rückzug .

Daun und Laſcy , die ſich mit Tagesanbruch audy vor. wärts machten , erſtaunten nicht wenig , als ſie faben , dat

der König ſein lager abgebrodjen hutte. Da der Wind ihnen entgegen war , ſo konnten ſie den Kanonendonner nid )t vernehmen , aber ein dicker Kauch überzeugte lie ,

daß, Laudon ſid, in ein Gefedyt eingelaſſen , und oberhalb Liegniß fahen ſie den redyten preußiſdyen Flügel in Schladits ordnung aufgeſtellt. Nadidem Daun einige Zeit angeſtan . den , beſdyloß er den Angriff. Kaum hatten ſid, die oſte reichiſden Heerfäulen blicken laſſen , als ſie von preußi.

(djem Geſchüß eine Lage bekamen und ein Freudenfeuer ihnen' Laubons völlige Niederlage fund that. Da nun Daun alle feine Abſidyten verfehlt hatte , ging er wieder

über die Kaßbad), die Preußen feßten ihren Zug mit 6000 Gefangenen fort, und kamen nod, an demſelben Abend in Pardywiß an 1) . 1 ) Menig Schlachten ſind fo ungenau befchrieben worden , als die liegnißer. Die meiſten Erzähler nehmen an , dex König von Preußen habe ſie abſichtlich angebothen, da er doch nur ſeinen Rüczug auf Parchwiß und ſeinen An ſchluß an Prinz Heinrich deden wollte, damit ſeine Macht

nicht einzeln verniditet würde. Dieß beftätigt ein Brief von Andr. Mitchel an den Grafen von Newcaſtle nach der

Schlagt. . Da heißt es , in einem Geſpräch des engliſchen

288 Hundertundfünfzehntes Kapitel. 1760. Dennod, war des Königs von Preußen Lage ſehr be. denklid ). Er hatte nur noch auf einen Tag Lebensmittel im Lager ; Tidernitſd eff , der mit 20,000 Mann in Piffa ſtand, ſchnitt ihm den Verkehr mit Breslau ab. Der öſt. ſich mit den reidiſde General Beck war in vollem Zuge , , Ruffen zu verbinden ; Daun endlid , war mit dem Haupt:

barſt des Heeres im Rücken des preußiſchen Heers. Da nabm Friedrich ſeine Zufludyt zur liſt. In der Abfidit ,1 daß der Brief aufgefangen würde , was aud) wirklid , ges (dah , ſdyrieb er an Prinz Heinrid ), er babe die Deftrei

cher völlig geſdılagen und denke , den Ruſſen ein Gleidies zu thun 1 ). Tídyernitſcheff, der ſeit fünf Tagen keine Kuns de ron den Deftreichern hatte , brady nad, Leſung dieſes

Briefs ſogleich auf und ging (dyleunig wieder über die Oder . Die Preußen rückten bis Breslau vor , woffie Speider hatten. Die Ruſſen jogén fidy nad Pohlen zurück , ih. nen nad, bis Winzig Prinz Heinrid), der ſid, endlid , mit feinem Bruder vereinigte.

Úmſonſt verſudite Daun , Sd)weidniß und dann Glo: gau zu belagern ; und um ſeinen Verkehr mit Böhmen zu ſichern , fog er fid) bis zum Fuß der Gebirge.

Seine

Schaaren klagten über ſeine Umſicht und der Wiener Hof ſplitterridyterte darüber wenigſtens im Stillen . Um Friede rich aus Sdyleſien zu locken , entwarf er den Plan , 20,000 Ruſſen und 15,000 Oeſtreider unter Tſd ;ernit(cheff und Paích , von Soltikoffs Heere gedeckt, auf Berlin losgeben 1

zu laſſen . Nad ſedysrägigem Heerzuge erſdien die Pore Geſandten mit Friedrich habe der Fürft geſagt : „ ich

verdanke dieſen Sieg lediglich meinen tapfern Schaaren . Wäre ich in meinem Lager bei Liegnit geblieben , ſo wäre ich ganz aufgemidelt worden ; wäre ich aber früher auf das Schlachtfeld gekommen , ſo wäre es gar nicht zum Schlagen gelommen , und einige Sage bätten das ganze Abenteuer beendigt. 1) Oeuvr. posth. IV, 126.

Marie Therefte.

289

but von 3000 Mann unter den Mauern der Hauptſtadt.

Sie ward' von den Sdjaaren , weldie Hülſen und der Prinz von Wirtemberg , die aus Sachſen und Pommern

herbeigeeilet waren, anführten , zurückgewieſen. Da aber die Preußen eine ſo weitläufige,1 unbefeſtigte Stadt niet vertheidigen konnten , logogen ſie ſid) , als .

Sidernit(deff beranzog , tiadh Potsdam und 9. Oct. Spandau , und Berlin fiel. 1

Wie der Öſtreid ifde Feldherr vorausgeſehen þatte ,

verließ Friedrid, eiligſt Edileſien , ſeiner Hauptſtadt zu Hülfe şú eilen ; da ūdj aber die Kundesſdjaaren, als er 1

perankam , zurückzogen , wendete ſich der König fdhleunig

wieder nadı Sadyfen , wohin fid, Daun auch begab. Nach derſchiedenen beiderſeitigen Bewegungen , nahm der Feld . marſdall eine febr feſte Stellung. Sein linker Flügel

füßte ſich auf Torgau , und ward'von Sümpfen und einem kleinen ee gedeckt. Das Mittelheer beſefte den fiptit. jer Berg, und ſein rediter Flügel dehnte ſich bis zu einer 1

Anhöhe , welche ſich über die großwiger Sümpfe erhebt

und von dem ausgedehnten domnißer Holze umgeben wird. Die Robr , ein ſchlammidyter und ſdywer ju durd)watender Bach , ftrömte feiner Heerfronte entlang. Laſch deckte mit einem Nachhalt von 20,000 Mann den Weg nach Dresden und die Sümpfe , die vor dem rediten Flügel lagen . Endlid) war audy noch das Lager mit 400 Kano. men beſert.

*

Da Friedrid, den Feind nidst aus dieſer Stellung þar

te bringen können , ſo beſdıloß er , ſie mit Gewalt zu neh? Er theilte ſein Heer in zwei Harſte. Der eine un

tér Ziethen nahm , um auf der großwiger Höhe eine Bate terie zu erridhten und Siptiß anzugreifen, den Weg über Eis 1

Tenburg nad , Torgau. Den andern Harſt übernahm der König felbſt durch das Gebots ju führen , um in den Rücken des Lagers zu fallen und den Mittelpunct fu zu durd ,bredien .

Daun erwartete in ſo vortheilhefter Stellung, bei einem 1

Core's Geſchichte Deft. IV. B.

I

290 Hundertundfünfzehntes Kapitel. 1760. um ein Drittel Iſtärkerm Heere , nicht angegriffen zu wers den. 21$ aber der König dennoch heranjog und ihn ents täuſchte, ließ er ſeine zweite Linie fid ,umdrehen , Tein Ges

(djük in den Rücken des Lagers ziehen ," der nun zur Fron . te ward. Kaum waren dieſe Anſtalten getroffen , als Fried.

rid), ohne die Reiterei zu erwarter., und ſelbſt ebe noch Zierben auf ſeinem Angriffspunct ' angelangt ſepn konnte , mit ſeinen Grenadieren anrückte , die eine ſo furdytbare Lage bekamen , daß Friedrid) zu einem ſeiner Adjutanten ſagte: „ Haben Sie je ein ſoldjes Krachen gehört ? ", U1$

feine S djaaren lid wendeten , führte er eine zweite Linie herbei, die nach einem wüthenden Kampfe ebenfalls wid ) ; eine dritte , von Reiterei unterfüßte linie faßte Fub und

mad) te einige Regimenter gefangen. Da idylug Daun , obgleid, ſchwer im Sd,enkel verwundet, bie Preußen in das Holz zurück. Udle Mühe Friedridys , der entſchloſſen fdien zu fiegen oder zu fallen , war vergeblid. Seine 1

meiſten Generäle wurden verwundet ; er ſelbſt bekam eine

Duetſdung , þielt die Sdyladyt für verloren und zog ſid, zurück.

Daun , weld )en fein Wundenídymerz,św.ing , ſich auch zu entfernen , wurde, nachdem er Bürçow dem Heerbee fehl überlaſſen und 'Laſcy befohlen , Ziethens Bewegungen ju beobachten , nach Torgau geſd)afft. Er ſendete einen Eilbothen 'nad Wien , die Niederlage der Freufien ju mele 1

den‫ ܪ; ܐ‬aber in ſeiner Abweſenheit vernachläſſigte man die ge. wöhnliche Vorſid )t. Ziethen , den eine Menge Hinderniſe ft aufgehalten , überwand fie endlich alle. Angelangt auf ſeinem Angriffspunct , ſieht er die Sd,lacht verloren , rückt

auf Großwig vor , des Königs Rückzug zu decken . Als er bei Siptiß vorbei kommt, weldes in Feuer ſtand, bört er , daß die Höhen diredyt bewadit ſind. Zwei ſeiner beſten Battaillone geben durd, das Dorf ; nad, einem wüthenden

aber kurzen Kampfe gewinnen ſie den Poſten und bemäch :

Marie Therefie.

291

tigen fidy der Batterien. Das übrige Fußvolt , die Reie terei , das Geldjük folgt , der ganze Harſt bildet ſich am Ubhang. Die Deſtreidher , die den Feind in vollem Rück , juge glaubten , waren beſtürzt , als ſie von den Höhen voit Siptiß eine ſtarke Kanonade berabdonnern börten. Caſcy mußte fich , nad;dem er vergebens Ziethen , zu welchem der König bald ſtieß , ju verjagen geſudyt , nad Torgau

zurückziehen , wo er Abends um 10 Uhr ankam. Daun 1

lief alsbald einen Sheil der Sd)aaren wieder über die Elbe geben und gewann Dresden. Laſey deckte den Rückzug ,

jog wieder am linken Flußufer binauf und mit Tagesante brud, ſtieß er wieder zum Feldherrn 1 ). Die Deſtreidyer verloren 20,000 Mann , die Preußen 13,000 ihres beſten Fußvolks. Die Sieger bekamen gang Sadſen wieder , bis auf Dresden , und Friedrich konnte nun das Brandenburgiſdye, Sdilejien , Pommern befreien, und dem Prinzen Ferdinand einen Zuzug von 8000 Mann

fenden . ""Laudon , der Kofer umzogen hatte , mußte 'nach Glas zurück, die Sdweden wurden bis Stralſund zurücks gedrängt, und die Ruſſen þielten ihre Winterlager wica der in pohlen.

Die verlorne torgauer Sdyladit ſdadete Dauns Rub

me gar nid )t. Friedrich geſtand ſelbſt, daß er ſeinen Sieg nur der Wunde des Heerführers zu verdanken habe. Mae rie Thereſie erwieß dem Feldmarſchall mit der ihr anges bornen Großmuth fo viel Ebre als nach den glänzendſten

Siegen, und als er nadı Wien zurück kehrte, kam ſie ihn zwei Meilen weit in Perſon entgegen 2). I 2

1 ) Der König von Preußen hat die torgauer Schlacht ſehr verworen erzählt , ſo daß man ſeine Gabe zu beſchreiben

nicht wieder erfennt. Difenbar wollte er Ziethens Verdienft, dem er den Sieg zu danken hatte, Tchmälern . S. Warnery, Archenholz und þeinrich . *) Deinrich. S. 503.

299 Hundertundfünfzehntes Rapitel. 1760. Der Unfall , weldien die ſtreid iſden Waffen am Elis de des Feldzugs in Sachſen erlitten , ward in Weſtphalen 1

durdy keinen widtigen Sieg aufgewogen . Frankreich hatte , troß ſeines jerrütteten Schaßes, 120,000 Mann aufgeſtellt. Der Hauptharſt rückte nad, dem Oberrhein unter Marſdale Broglio. Ein Harſt von 30,000 Mann follte unter den Gras fen St. Germain am Niederrhein handeln. Streitigkeiten zwiſden den beiden franzöfiſchen Heerführern madyten , daß

der Anfang der Unternehmungen ſich verzögerte. Mithin hat te Prinz Ferdinand von Braunſdyweig Zeit , Verſtärkungen aus England zu ziehen , durd) weld e ſein Heer auf 70,000

Man ſtieg. Da die Franzoſen idennod ſtärker waren , ro fonnte er nur dertheidigungsweiſe verfahren. Jin Junius rückte Marſhall Broglio in die Landgrafſchaft Heifen. Zu

gleider Zeit drang das niederrheiniſde Heer in Weſtphalen ein und ſdíloß fidy in Korbach an den Kauptharſt des Heer res. 218 der Feind beranzog , wendete fidy Prinz Ferdi nand auf Kolben , um Kaſſel zu decken , verließ aber dieſe Stellung als Marſchall Broglio , um ihm den Verkehr mit dem Bisthum Paderborn und Weſtphalen abzuſdyneio den , den Chevalier de Muy mit 35,000 Mann entſendete. De Muy wurde in einem wüthenden Treffen bei Warburg

mit Verluſt von 5000 Mann geſdylagen . Aber nod, an

demſelben Tage rückte der Marſdal in Kaſſel ein , und madyte Anſtalten , das Hannovriſdhe ju erobern.

Er bes

mädytigte ſich Göttingens , ſchob ſeine Sendhaufen bis nad Sachſen vor , um dem Kreisheer die Hand zu reis den, und bielt den vom König von Preußen aus Weite

phalen entſendeten Verſtärkungsbarſt auf. Inzwiſdien vere mochte all ſeine Anſtrengung nichts über Ferdinand , der fid, auf der bannoverſchen Gränze bielt und ſogar am Nies

derrhein eine Diverſion madyte. Der Erbprinz von Braun . ſchweig fog an der Spige von 15,000 Mann durd, Weſto phalen , verſtärkte fid 'mic“ einem Theil der münſterſd)en und lippſtädtſden Beſaßung, ging über den Rhein , nahm

Marie Thereſte.

293

Creve und Rureinonde und belagerte Weſel. Sofort entſendete der Marſdal Broglio den 10. Oct. Marquis von Caſtries mit 20,000 Mann. Caſto

rięs ging über den Rhein , dog 10.000 Mann aus Köln und den Niederlanden , rückte bis Rheinsberg vor, und

nahm die feſte Stellung bei Kloſter Kamp. Er wurde vom Erbprinzen angegriffen, den er mit Berluſt von 1600 Mann

zurück (dług, und wieder über den Rhein zu gehen und Weſel zu verlaſſen zwang.

Marſdall Broglio , der ſich 1

in Einbeck geſeket hatte , vermied abſidytlid) eine Sd/ladyt, Am Ende des Feldzugs vertheilte er ſeine Sdaaren im Heffiſden in die Winterlager. Prin ; Ferdinand fdlug nad, einem vergeblidyen Berſud, auf Görringen 1 ) ſein Hauptquartier in Paderborn auf, und der Erbprinz befekte das Bisthum Münſler. Georg II. batte ſeine lange und glückliche Regierung

geendet. Er ſtarb am 25. Oct. 3hm folgre Georg III , Trin Enkel , in der Blüthe der Jahre , in jeder Hinſidit, wie in Staatskunſt , ſo in Gemüthsart, unendlich von ſeis Hem Großvater verſchieden. In England geboren ., mad ). te er fidys zum Ruhme, ein Engländer zu feyn , und hatte

hinjidtlid der äußern Ungelegenheiten keinesweges die ºore urtheile , welde feine beiden Vorgänger ſo oft in die Irr. gänge deutſder Staatskunſt verwidelt und Großbritannien

nadytheilig geworden waren. Fern vom Lagergetümmel er's dogen , war er aus Neigung , wie aus Grundſak friedſam,

Die Meinung , die er yon ſeinem Vater hatte , beſtätigte ihu in ſeinem ,Sinne , der auch vollkommen mit der bei ſeis 4 2 ter Chronbeſteigung in England berridenden Meinung über: eintraf. Der Abſdyeu des Polls vor Kriegen auf dem feſtett

Lande war wieder erwadyt. Faſt durchgängig ſah man es ungern , daß Großbritanniens und Deſtreidys Vortheil ges Opérations 1) Oeuvres posth. IV, 12. -- Archenholz. de l'armée des alliées commandée par le prince Ferdjo nand .

1

294 Hundertundfünfzehntes Sapitel. 1760. trennt war ,1 und entrüſtete ſich gegen Fortfeßung der Feind. ſeligkeiten , die , meinte man , nur die Vergrößerung des 1

brandenburgiſchen Hauſes und eines Fürſten zum Gegen. ſtand bätten , der , obgleid ) angeblich das Haupt der Evan . geliſden oder Proteſtanten in Deutſdyland , dod, in Wan. .

del und Schriften einen höchſt unfrommen Sinn feigte. Ins deſſen zeigte ſich Georg III. in der erſten Rede an Fein Pars lament entſdyloffen , den Krieg kräftig fortzuführen , und ſeio ne Werbündeten zu unterſtüßen , weil nur ſo ein ebrenvoller und ſicherer Friede erreicht werden könne. Aber die fried.

fertigen Geſinnungen des neuen Herrſd ers und ſein Vertrauen auf den Grafen Bute, deſſen Abneigung gegen Bündniſfe mit den Mädyten des feſten landes man kannte , belebten die Hoffnungen der nicht für den Krieg geſtimmten Partei 1). Da der Graf zum Oberaufleber über die Garderobe ernannt wurde , ſo hatte er kraft ſeines Umtes Zutritt zu dem gebei.

men Staatsrath. Wiewohl er nid )t ordentlider Miniſter war , galt er dod, als Verwahrer der königliden Huld , und Pitt ,oder einer Partei zu ſdmeid eln verſch)mäht hatte , hat. te keine andere Stüße als ſeine erhabene Beredjamkeit und .

fein Glück. Mit Freuden fab die Kaiferinn Königinn die im brittis (den Staatsrath und in der Volksgefinnung vorgegangene

Veränderung. Damabls ftüfte Marie Thereſie ihre Hoff nungen audy nod) auf die Lage des ſpaniſd )en Hofs. Karl III:

der minder friedfertig war als ſein Vater , und ſid, wohl erinnerte , daß er , als er noch König von Neapel war , eis ne Neutralitätsurkunde batte unterzeichnen müſſen , wünſd ). te ſeine Verhältniffe mit Frankreich zu unterhalten. Das

Benehmen der Kaiſerinn Königinn , die in Hinſidit Parma's nid)t auf ihren Redyten beſtand, und ſich die von Karl für ſeine Königreide Neapel und Sicilien feſtgeſeßte Erbfolge 1) Adolphus history of the reign of George the third. I, 1 .

Marie Thereſie.

295

batte gefallen laſſen, ſtimmte ihn auch für das Haus Deſte reid). In dieſer günſtigen Stimmung befeſtigte ihn die Vere mählung ſeiner Nichte ,. der Infantinn Eliſabeth Marie, Prin. jeffinn von Parma , mit dem Erzherzog Joſeph ; und fo tra . fen die fo feſt durd, Blutsbande verbundenen Höfe von Wien, Werſailles und Madrid Anordnungen , weld )e mit einen Fa: milienvertrag zwiſchen Frankreich und Spanien ſchloſſen und

dem Hauſe Deſtreich einen neuen mächtigen Bundesgenoſſen gewannen ,

** )

296 Hundertundſechzehntes Stapitel. 1761.

horse

Dundert und red jehntes Sapitel. 1761 ..

Plan des Feldzugs für das Jahr 1761.

Widerſtrebender Kriegsunter Sinn und Zweck am petersburger Hofe. nehmungen in Schleſien. Einnahme von Schweidnit . Uebergabe von Stolberg. - Striegsunternehmungen in Sachſen. Verzweifung des Königs von Preußen. .

-

Weitphäliſcher Feldzug. – Pitts Zurückziehung und im brittiſchen Staatsrath erfolgte Veränderung.

ährend des Winters batte Marie Thereſie die größten Kriegszurüſtungen angeordnet und ſchmeichelte ſid, abermabls,

mit Eröffnung des Feldzugs ihren Feind zu zerſchmettern. Ihr Hauptaugenmerk ging auf Schleſien. Der Oberbefehl der in dieſer Landſd )aft zu wirken beſtimmten Sdaaren, war Laudon übergeben worden ; zu ihm ſollte Feldmarſd)ad But turlin ,. Soltikoffs Nad)folger , mit den ruffiſden S dyaaren ftoßen . Man batte beſtimmt , ein ruſſiſches und ſchwedis

fd)es Sdhiffsgeld wader ſollte , Kolberg zu belagern , einen vom Grafen Romanzuff befehligten Harſt einſchiffen . Dies fer ſollte , nad )dem er ſich des Plaßes bemeiſtert, in Poms mern vorrücken und den Feldmarſchall Daun die Hand rei. den , der diep binwiederum mit Laudon thun ſollte.

Die

Franzoſen hatten einen Verſuch des Prinjen Ferdinand , die

Kette ibrer lagerungen zu brechen und ſie aus Heſſen . Kafe fel zu jagen , derentelt , und dickten fidy an , mit den öſtrei: diſdjen daaren nad Sadyſen hin zu wirken. Rings

Marie Therefte.

297

von dieſem mädytigen Bunde umgeben , übernahm der Kö: nig von Preußen die Vertheidigung Sdleſiens ſelbſt. Pring

Heinrid, wurde vem Feldmarſd)ad Daun entgegengeſtellt , und Prinz Eugen von Wirtemberg ſollte mit einer kleinen daarenjahl ſid, in einem rerſdjungten Lager halten , Kol. berg zu decken . Eine ſonderbare Veränderung war in dem Feldzuge des Jahres 1761 mit dem Benehmen der Heerführer vor:

gegangen. Von ſeiner Feinde Menge eingeengt , durd, die erfochtenen Siege ſelbſt erſchöpft, ſchien der thätige , uns 1

ternehmende Friedrich ſeine außerordentliche Keckheit gegen Dauns Umſidit ausgetauſcht ju baben, und perfuhr bloß

vertheidigungsweiſe. Laudon felbſt , der ſid, durd) eine an linbeſonnenheit gränzende Unerſdrockenheit ausgezeidynet , jähmte ſeine Unternehmungsluſt.

Dazu beengten ihn die

Berhaltungsbefehle des Kriegsraths ; durd; kreuzten ihn die Nänke ſeiner, zahlreichen Feinde und er fürdytete die in den frühern Feldzügen erworbenen Lorbeern zu verlieren ; vor allem aber hinderte ihn die langſamkeit und das launiſde Benehmen der Ruſſen. Die Kaiſerinn Eliſabeth ging dem Grabe zu. Ihr Günſtling war Frankreid, ergeben ; einige

aber ihrer vorzüglichſten Miniſter neigten fidy zu England oder fürchteten , dem muthmaßliden Thronerben , dem Groß. 1

f.irſten Peter , fu mißfallen , deſſen Bewunderung Friedrid's bis zur Begeiſterung ging und der dieſen Fürſten die in den Berathungen der Verbündeten beliebten Sriegsplane

mittheilte. Butturlin , welder der preußiſd ,en Partei ers geben war , widerſtrebte alſo laudons Vorſchlägen , oder unterſtübre ſie nur ſdy wad) ; und die ruſiſden zauptleue

te ſagten laut , ſie ſollten den König von Preußen nid )t .

angreifen , ſondern bloß , wenn ſie angegriffen würden , ſich wehren 1). 1) Warnery.

198 Hundertundredigeontes Kapitel. 1761 . Laudon bradyte den erſten Theil des Feldzug8 mit ver . geblichen Verſuden hin , Neiſſe, oder irgend einen andern feſten Plab , der ſeiner Unternehmungslinie zum Stüßpunct 1

diente ; zu gewinnen.

Butturlin war endlich bei

17. Aug. Kloſter Leubus über die Oder gegangen und (diloß fid) zwiſden Sauer und Striegau an die Deſte reidyer an.

Das Bundesheer war damabl$ 130,000 Mann.

Da das geſammte preußiſche Heer nicht über 50,000 ſtart war , nahm Friedrid ) bei Bunzelwiß , unfern von Sdyweide niß , wo er ſeine Speicher batte , eine Stellung, deren na. türliche Webrbarkeit er mit allen Mitteln der Kunſt vers ſtärkte. Sie ward von Hügeln , Flüffen und Sümpfen

geſdyütt, bewehrt eine Menge von Verſchanzungen , durd) ſtarke Verpfählungen , deren Reihen fid, kreuzten , durd) mehr als 450 Kanonen und endlid, durd, ungefähr 200 Minen .

Dieſe Stellung zu bewältigen vermochté Laudon Butturlin midt, und beide Heere blieben unthätig . Am 10. Sept. als die Deſtreidyer den Ruſſen keine Lebensmittel mehr reidsen

konnten ; ließ Butturlin Tſdyernitſcheff 20,000 Mann us jog fidh nach Pohlen hin zurück. Die Verbeerung der kub. liner Speidyer durch den General Praten beſchleunigte die. ſen Rückzug.

So verlaſſen wendete ſich Laudon nad, den Gebirgen. Tief bekiimmert über die Widerwärtigkeiten , die ihm be: gegnet , überfiel ihm eine Krankheit , der er oft unterworfen

war , das leibreißen. Indeffen that dieß ſeiner Thätigkeit keinen Eintrag. Da Mangel an Lebensmitteln den König von Preußen zwang , Neiffe zu verlaſſen , fo nugte Laudon

dieſe Gelegenheit , Sdyweidniß anzugreifen , welches er mit Hülfe 500 Öſtreichiſdzer Gefangener , welche in der Feſtung waren ,1 mit Sturm eroberte 1). Dieſer Verluſt verwirrte

alle Plane Friedrichs, der , um Neiffe, Brieg undBreblau 1) Laudons Lebensgerd , 190. Ocuvr. posth, IV , 236. – Heinric VIII, 519.

‫܀‬

Marie Therefte.

299

zu decken , fid, auf Strehlen zurückwendete. Nun konnte

Laudon ſein Winterlager in Sdyleſien halten. Die Ruffen belegten die Grafſchaft Glaß. In Pommern pertheidigte der Prinz von Wirtemberg

das Lager , worin er ſid, verſd)anzt, mit viel Entſchloffens heit ; da er aber gegen Uebermadit nidit angriffsweiſe han. deln konnte , überließ er Kolberg ſeinem Sdickſa. Te. Die ergab fid, dem Grafen Romanzoff nach 15. Dec. dem hartnäckigſten Widerſtande.

In Sad)ſen begnügte ſid, Daun , Prinz Heinrid, im Sdad, zu halten und die Bewegungen in Schleſien zu bes günſtigen . Aber nach der Einnahme von Sdyweidnig bezog

er von Laudons Heer 24,000 Mann und ſuchte den Feind, ohne eine allgemeine Sdyladyt zu wagen , aus ſeiner Stels lung zu werfen. Der Prinz behauptete ſie, und Daun , überzeugt I, daß den König von Preußen ſeine verzweifelte Lage hindern würde ; noch einen Feldzug zu beſtehen , bes gnügte fidy , Dresden und deſſen Uingebungen zu beleben .

Gegen Jahresende verlegte er ſeine Sdjaaren in die Wint. terlager und kehrte nad Wien zurück,

So ſtanden die Angelegenheiten der Kaiſerinn Königinn, ehne daß ihr Heer aud) nur eine S dylacht geliefert, beffer,

als nod) in dem ganzen Kriege. Friedrich war ſo niederge: ſchlagen , als Marie Thereſie voll Hoffnung. Er begab ſid)

nad) Breslau , dort die im vorigen Feldzug angefangenen Verſchanzungen eines lagers zu beendigen. Er entzog ſide aller Geſellſchaft, um ſeinem Sdmerz nadzuhangen , und

schien unter den Mauern der Hauptſtadt Sdleſiens ſein les ben ruhmvoll enden zu wollen. Die Muthloſigkeit des Furſten ging auf ſein Heer über , und ſelbſt die wenigen Ultgedienten , die ihm nod) übrig blieben und die er ſo oft zum Siege gee führt , erklärten , ſie würden , wenn angegriffen , die water ſtrecken i).

1 ) Warnery, 492 .

300 Hundertundrechzehntes Kapitel. 1761 . Nur in Weſtphalen krönte der Erfolg die Waffen der Verbündeten nicht. Dort vereitelte Prinz Ferdinand mit eie ner Gewandtheit , wie der große Friedrid ) , alle Verſudie der Franzoſen , und hinderte fie , ihre beſdyloſſene Vereinigung mit den Kaiſerlid ,en zu bewerkſtelligen ; und am Ende des 1

Feldzugs hielt er fie nod, in dem Lande , weldjes fie init Jahresanfang beſeßt batten , eingeengt 1 ).

Faſt an allen europäiſdyen Häfen ſiegte die Sadye des Hauſes Deſtreid). Der verſailler hatte ſeine Entwürfe ges reift ; Spanien , welches nur gewartet hatte , bis die Gas leonen in ſeinen Häfen einliefen , warf nun die Larde weg , geſtand den geſdiloſſenen Familienvertrag ein , welcher die verſchiedenen Zwerge des Hauſes Bourbon vereinte , und ſchickte ſich an , mit Frankreid) und Deſtreid, vereint zu wirs ken .

Die im brittiſchen Staatsrath vorgefallenen Verände. rungen begünſtigten die Abfiditen des verſailler und madri:

der Hofs. Beim Abgang des Grafen Holderneß war die Behörde der auswärtigen Ringelegenheiten im 5. März Norden Lord Bute anvertraut worden , weldoer

ein entſchiedenes Uebergewidyt gewann. Da er

fürdytete, das Kriegselend mödite nod, weiter um ſich 1

greifen , fo fieß er ſich durch das Haus Bourbon überreden,

Als Pitts Vorſtellungen vergeblid) waren ,1 und dieſer große aber herrſdſüchtige Mann keine Maßregeln , denen er ab: geneigt war , fördern wollte , jog er ſich unwillig zurück.

Nadı ihm that Lord Temple daſſelbe. Graf Egremont ward juin Staatoeheimſdireiber ernannt und Herzog Bedford

Kleinſiegelbewahrer. Nur der Herzog von Newcaſtle blieb von der mächtigen Partei , welde die Krone von ſich abe

Längiy erhalten und den Krieg aufgehoben hatte , an ſeinem 1) Oeuvr. posth .

Archenholz 299. Opérations

III, 14.

de l'armées des alliées commandée par le prince Ferdi nand. i

Marie Thereſte ...

301

Plase ; aber das Vertrauen des neuen Herrſchers konnte er nid )t gewinnen.

Da Großbritannien die Feindſeligkeiten gegen Spas nien beginnen mußte , that der brittiſde Staatsrath alles

Möglidhe , die Kriegsunternehmungen mit Nadydruck zu be. treiben . Inzwiſdien war er nicht geneigt , die auf dem fer ften Lande in Europa fortzuſeßen. Als die Zeit des Hülfde geldervertrag mit dem König von Preußen verlaufen war,

wollte man keine neue Verbindung eingeben , drang viel. mehr in ihn , dem Wiener Hof Friedensanträge zu maden ,

und ſo . trat denn zwiſchen beiden Mädyten ein kaltes Ver nehmen ein 1).

1 ) Adolphus history of George III. I, 9.

1

302 Hundertundſiebzehntes Stapitel. 1762.

Hundert und ſiebzehnte $ Kapitel. 1762. Job der ruffichen Staiferinn Eliſabeth und Peters III . Thron

befteigung. - Er wendete zu Gunſten des Königs von

Preußen reine Waffen gegen Deftreich. - Feldzug in 2

Aufſtand in Rußland und Siatharinens II. Schleſien . Shronbeſteigung. ~ Rüdberufung der ruffchen Schaa : ren . - Belagerung und Uebergabe von Schweidnit. Striegsunternehmungen in Sachſen. -— Freiberger Schlacht. - Bewegungen des Feldmarſchaus Daun und des Königs pon Preußen. - Waffenftillftand. - Striegsunternehmuns

gen der Franzoſen. — Unfälle der Spanier. - Friedens ichluß zwiſchen Frankreich , Spanien und England. Hubertsburger Frieden zwiſchen Deftreich und Preußen.

AgLues es ſdien den baldigen Sturz der preußiſdjen Monar, chie zu verkünden 1) , als ſie plőglich der drohenden Ge. fahr entrann. Die Kaiſerinn von Rußland Eliſabeth , wele

che am 5. Jan. 1762 ſtarb , hatte zum Nachfolger Peter III. ihren Neffen , der in feiner früheſten Jugend am berliner

Hofe gelebt hatte.

Der Unblick des preußiſden Heers

1 ) Friedrich II. ſagt, am Ende des Feldzugs 1761 habe das Beer , welches er in Perſon anführte , nur 30,000 Mann betragen , das unter Prinz Heinrich nicht mehr ; die Schaaren welche in Pommern gegen die Nuffen gedient, waren zu Grunde gerichtet, ſeine meiften Landſchaften gee nommen , oder verheert, man wußte nicht mehr , woher man Ergänzungsvolt , Pferde und Zubehör nebmen , mo

Lebensmittel finden und wie dem Heere ſeinen Kriegshes darf ſicher zuführen follte. Oeuvr, posth. IV, 277.

Marie Thereſie.

303

hatte ihn zur Begeiſterung bingeriffen und für Friedrich II.

batte er eine Achtung gefaßt, welche durd, das glorreidye Glück , die unerſchütterliche Standhaftigkeit und die übrigent heroiſden Eigenſchaften dieſes großen Herrſchers faſt in Anbethung verwandelt wurden 1 ).

Kaum hatte demuad, Per

ter III . den Eid der Treue vou ſeinen Unterthanen , ſo ließ

er Befehl an ſeine Sdjaaren ergeben , den König von Preu. Ben nicht mehr feindlid, ju behandeln. Kurz daranf ſender te er Gudowiß , ein Bündniß mit ihm zu ſchließen. Ja er bath fich ſogar eine Stelle im preußifdyen Heer aus und

fdyien ſid, weit mehr auf den Titel Generalieutenant in friss drid)s Dienſten , als auf den des Selbſtherrſdiers aller Neu. Ben einzubilden. Das veränderte petersburger Syſtem fog

ein ähnlid es am ſtockholmer Hofe nad, fid) ; zwiſden Freu. Ben und Schweden ward ein Waffenſtilſtand geſchloſſen und Marie Tyerejie verlor nod) einen Bundesfreund. War

Friedrid, vorher durch ſeine Unfälle niedergeſchlagen gewe , fen , ſo freute er ſid, nun um ſo mehr diefer glücklichen Wendung. Er ging aus ſeiner Einſamkeit hervor , feigte ſich ſeinen S daaren , nahm ſeine Lieblingsergöblidykeit und

Teine gewohnte Lebensweiſe wieder vor 2). Stolz auf ihr Waffenglück im leßten Feldzugę hatte die Kaiſerinn Königinn die angetragene Vermittelung Enge lands verworfen. Auß übelverſtandener Sparſamkeit bats te ſie 20,000 Mann entlaſſen , unddurch einen Auslaß , wels

cher eine Menge Soldaten zu entfernen zwang , war ihre Madyt auch noch verringert worden. Im Monjath Mai übernahm Daun die Führung des ſalleſien Heers ; aber er

konnte dem König von Preußen nicht wehren , Sdaaren a118 Fommern und dem Mecklenburgiſchen bis in die Ger gend von Breslau kommen zu laſſen . Die Muthlojigkeit, 1) Meine Reiſe nach Nußland III.

2) Warnery 493,

1

304 Hundertundſiebzehntes Kapitel. 1762. worin Ruflands Abfall die Deftreidyer verlebt hatte , wud;s

mit der Nachricht, daß fwiſden dieſer Madyt und Prelo fen ein Trußbündniß gefd loſſen worden und Tídernitſcheff,

der fid, nad pohlen zurückgezogen hatte , wieder umges kehrt und zu den preußiſden Slaaren geſtoßen Tei , wele dee nunt ihren Feinden an Zahl gleid) , wo nid)t überles gen ſeien ,

Den ganzen Winter über hatte man die Feſtungswerke von Schweidniß herzuſtellen und zu erweitern gearbeitet, in den Gebirgen eine Linie befeſtigter Pläße gezogen , um den Werkehr mit dieſem Plage zu unterhalten , der mit allem , was um eine Belagerung auszuhalten nöthig , gut verſehen war. Er hatte eine Befaßung von 12,000 Mann , befehligt .

vom Marſchall Guaſco , den Gribauvol, einer der erſten Felde zeugmeiſter ſeiner Zeit , unterſtütte.

Daun war mit 60,000 Mann in die Ebene berabges kommen und hatte ſein Lager ſedis Meilen von Sdweida nig aufgeſchlagen . Der König von Preußen, der ſich noch nidit an die Ruſſen angeſchloſſen , hielt ſeine S daaren in ihren Einlagerungen an den Ufern der Lobe. Dody ſens dete er einen beträchtlichen Harſt nad, der oberſd;lefiſden Gränze , wodurd, der Feldmarſd)al gezwungen werd , einen

Ubtrah jur Deckung Mährens zu ſenden . Um i Jul. ging $ {dernitſcheff über die Oder , und das preubide Heer be wegte ſid) zum 'Angriff. Daun , in den Seiten bedroht , für ſeine Speider in Böhmen beſorgt, wendete fid) wieder

allmählig auf Bogendorf und Ditmannsdorf ; wiewohl aber ein Kofakenbaufen 'bis an die Shore Prags porgedrungen

war , unterbielt er dod, feinen Verkehr mit Schweidnis und macite die Belagerung unmöglid ). In dieſer miß. liajen Lage entſtand in Rufland eine Umwälzung, welche den öſtreichiſchen Waffen wiederum die Oberhand zu perfdafo fen drohte.

Da Peter III. durch unzeitige Neuerungen oder Vere befferungen Heer , Adel und Geiſtlichkeit ſeines Reidys une

1

305

Marie Thereſie.

fufrieden gemacht hatte , entſpann ſich eine Verſd,wörung gegen ihn , an veren Spibe ſich die Kaiſerinn , ſeine Gemah . linn , ſtellte , deren Herzen er ſich durch ſeine Frauſen Laula nen und Rohheiten entfremdet hatte. Man warnte und melo

dete ihm mehrmahls , was vorging ; er wollte aber nichts 1

glauben.

Er wollte fogar auf die Warnungen des Königs

von Preußen nichts geben und blieb ſicher ,'bis'die Empó. rung ausbrad ), weldie ihm Krone und Leben koſtete 1). Katharina II. welche dieſe Empörung auf Rußlands

Thron fekte, war Tochter Chriſtian Auguſts von Anhalt Zerſt ;* eines kleinen deutſdien ? im Dienſte Preu. Bens , 1739 geboren zu Stettin ', wo ihr Vater Stattbal. ter war . Bei ihrer Thronbeſteigung ließ ſie eine Kunde

madyung ergeben , worin fie Friedrid) als Feind des ruſio djen Nahmens erklärte und T [dernitſd )effen nad, Pohlen zurückzugeben , den Sdjaaren in Pommern aber ; fic) Proud fens zu bemächtigen , befahr. Dieſ war ein Donnerſdlag .

für Friedrid ), der fid, indeſſen Tſdhernitſcheff: 26;ug midt widerſekte; nur um drei Tage Aufſchub bath er. Daun war von der Umwälzung in Rußland noch nicht unterrichtet ; Friedrid, nüßte dieſe Untunde , und griff die beiden ver.

Idzanzten Poſten Burkersdorf und Debmsdorf an. Er trieb die Deſtreicher, die 8000 Mann ſtark und von natürlich wie durd) Kunſt webrbaren Linien gedeckt waren , beraus. Daun fog ſich bis Tammhauſen zurüd, und die Ruſſen , welche durdy

ihre Gegenwart ihn mit im Sdad) zu halten gedient hata ten , bradyen nady Poblen auf.

Auf der Stelle ward

Sdweidniß umzogen. Dieſer Plaß , dem Daun vergebens beizuſpringen ſuchte , capitulirte nad) einer 6gtägigen Vera theidigung. 218 Quaſco und ſeine Hauptleute Friedrichen vorgeſtellt wurden , ſprad, er : „ Sie haben für alle , wela de Feftungen zu verteidigen baben , ein idónes Beis 1) Meine Reiſe nach Pohlen , Rußland a . III, 1 . Core's Geſchichte Deft. IV. B.

11

306 Hundertundſiebzehntes Sapitel. 1762. ſpiel gegeben.

Ihr Widerſtand koſtet mid, über 8000

Mann 1 ) . "

So endete der idyleſiſche Feldzug und Schleſien war, auf immer für Deſtreich verloren.

Friedrid , und Daun ber

gaben ſich hierauf nach Sadſen. Dort hatte Prinz Hein. rid bereits den Verkehr zwiſchen den Kaiſerlidhen und den

con Serbelloni befehligten Deſtreidern abgeſdynitten. Nadja dem diefer legtere General zurückberufen worden , ſtellte ſein

Nachfolger Haddick dieſen Verkehr wieder her und zwang den Prinzen von Preußen , über die Mulde zurückzugehen. Heinrid) griff, nad,dem er bedeutend verſtärkt worden , die 1

Kaiſerlichen bei Freiberg an , bewältigte ihre Veríd anzun . gen und ſchlug fie mit einem Verluſt von 3000 Mann Todten und Verwundeten , 4000 Gefangenen, mehreren Fah. nen und 28 Kanonen. Ein preußiſdier , gegen Böhmen ento

ſendeter Harſt äſdyerte Eger ein , vernichtete die in Saat angelegten Speider und drang bis unter die Mauern von

Prag vor. Ein anderer Şarſt zog durdy Sadyfen , drang bis in Deutſdylands Hers , brandſchafte allenthalben , verbrei.

tete Sdrecken in Regensburg, wo der Reichstag Sißung

hielt und zwang Nürnberg und mehrere andere Städte , eine Neutralitätsurkunde zu unterzeidynen. Daun konnte dieſem Strome nid )t Einhalt thun und idyloß für den Winter ein men saffenſtilſtand , der Sachſen und Sdyleſi

en in ſich begriff , und beide Heere zogen ſid, in 24. Nov. ifre Winterlager. Deſtreid )$ Bundesgenoſſen waren nid)t glücklicher. In Weſtphalen traf die Franzoſen eine Reihe von Unfäl: len , und am Ende des Feldzugs hatten ſie in Heffen

nichts weiter , als Ziegenbain , welches die Verbündeten fu umziehen im Begriff ſtanden, als die Unterzeichnung der Friedensbedingungen den Feindſeligkeiten ein Ziel lekte. 2). 1) Histoire du règne de Marie - Thérèse. 1762 .

1) Opérations de l'armée des alliés commandée par lo

Marie Thereſie.

307

Die Mitwirkung des Madrider Sofo müßte dem Hauſe Deſtreid wenig und Portugals Einfalt war nicht von Ere folg . Spanien verlor Cuba und Manilla ; feine Seemadyt

ward bedeutend durch zwolf genommene Linienſchiffe ger ſchwächt und ſein Handel ward durch die engliſden Kaper 34 Grunde gerichtet.

Frankreich; zu Waſſer und zu lande unglücklich, ohne Mannſchaft und Geld , dem die Engländer außer früheren

Berluſtes audy nody Martinique , San Lucia , Tabago und Grenada genommen Batten , das ſeinen Handel vernichtet , ſeine S dyiffe in den Häfen feſtliegen fah , Frankreid, enda è ? nicht mehr redynen konnte , lid) , das auf Spaniens Hülfe

that Anträge , weld)e der englifdie Staatsrath gern annahm. England hatte von fortgefesten Feindſeligkeiten nid )ts mehr zu erwarten ; das Wort war der Siege , wodurch es weder

ficherer, noch größer wurde , müde ; und der Herzog von Newcaſtle , der zum Krieg gerathen , hatte ſich zurückgezo

gen und war durdy Lord Bute erſekt worden. Da man beider Seito Frieden wünſdite, wurden die Bedingungen leicht in Ordnung gebrad )t ; und am 5. Noo. ward ju Fontainebe leau ein Vertrag zwiſchen Frankreich , Großbritannien, Spar nien und Portugal unterzeichnet. Durd) ſeine ebrſüchtigen Entwürfe , die mit dem Glück wiederkehrten, und durch ſeine Odmähreden gegen die Treulofigkeit des brittiſchen Staats .

rarbs beſdyleunigte Friedrid, den Abfall Englands , weldies ihm ſeine Hülfe entzog , weil es ſabe , daß er allein dem aur

gemeinen Frieden widerſtrebte ,1 und daß obnedieß Preußen , wenn es nicht mit Rußland und Schweden zu thun hätte , Deſtreid , die Spige bietben könnte. Zugleid, aber hatte es

durd , den 13. Artikel der Friedensbedingungen dafür geſorgt, daß Frankreid, aud, der Kaiſerinn Königinn nicht Porſdjub leiſtete. U

prince Ferdinand . 330.

Oeuvr. posth. IV, 16

Annual register for 1762 .

Archenholz

308 Hundertundſtebzehntes Kapitel. 1762. Marie Thereſien bewogen mehrere Gründe , ihren Herr ficherſinn zu beugen und Frieden zu wünſdien . Die Umwäl.

zung in Rußland hatte ihr nidit die erwarteten Vortheile gewährt. Als die neue Kaiſerinn erfahren hatte, daß Frie: drich das Betragen ihres Gemahls gegen ſie gemißbillige, hatte ſie Preußen räumen laſſen und die Feindſeligkeiten eine eingeſtellt , und im ganzen übrigen Feldzug cine ſtrenge Neutralität beobadytet. Dazu fah Marie Thereſie ihre Erb.

länder den Einfäden der Preußen bloßgeſtellt, und Ungarn von den Türken bedroht , welde der König von Preußen aufwiegelte. Nidyt minder widytige Gründe waren ihre

jerrütteten Vermögensumſtände , der Abfall aller Verbün 1

deten , das S dyrecken mehrerer deutſd en Länder , die Muth loſigkeit mehrerer von ihren Miniſtern , die wankende Ge.

ſundheit des Kaiſers, und die in ihrer Familie entſtandene Uneinigkeit. Mithin ließ ſie Friedrichen Friedensanträge madyen, welche angenommen , und zu Hubertsburg , einem Odloffe des Kurfürſten von Sad)ſen , beſprochen wurden . Am 5. Febr. ward nadh einer kurzen Erörterung über die

Rückgabe der Graffdjaft Glaß, und die Erbfolge in den Markgrafſchaften Baireuth und Anſpach der Friede geſchloſs ſen. Der breslauer und berliner Vertrag wurden dem hus

bertsburger ju Grunde gelegt. Marie Thereſie verzidyte . te nochmahls auf Sdilejien und die Grafſd)aft Glas , und beide Theile leiſteten einander gegenſeitig für ihre Beſikuns

gen Gewähr. Ade eroberten Pläße , alle Kriegsgefangenen wurden herausgegeben . Der König von Preußen madite fid, verbindlich, dem Erzherzog Joſeph , den man zum ró miſchen König erwählen laſſen wollte , ſeine Stimme zu ges ben. Das Reich war in den Vertrag mit eingeſchloſſen und alle weſtphäliſden Friedensverhandlungen , wie die übrigent Verfaſſungen des deutſchen Reichskörpers, wurden beſtätigt. Ein anderer geſonderter Vertrag , der die Räumung Sady. ſens , die Rückgabe der dresdner Urkundenſammlung und

eines Theils vom fädyfiſden Geſchüß betraf , ward an deme

Marie Therefte.

309

ſelben Tage im Nahmen Auguſts III. und Friedrich II. un, terzeidynet.

Der hubertsburger Friedensídyluß , weldoer den 7jäh. .

rigen Krieg endigte , ſtellte in Deutſd,land alles auf den Fuß , wie vor Anfang der Feindſeligkeiten. Deſtreich und

Preußen hatten von allem Blutvergießen und Geldaufwand nidits , als daß ſie ihre Kräfte gemeſſen und dem heilſamen Wunſd, hegten 1, einen fo furd )tbaren Kampf nicht zu exa $

Marie Sherefie batte obendrein den Kummer zu

fehen, wie verderblich die Anhängigkeit ihren Bundesgenoffen war . Sadyſen war fo erſchöpft, daß zu fürchten ſtand , es werde fidy niewieder erholen ; die deutſdyen länder , wel.

dhe mit Deſtreid, gemeinſd)aftlid)e Sadie gemacht, wurden durch unmäßige Brandſdaßungen zerrüttét. Frankreich ver. lor Louiſiana, Kanada , das Cap Breton , mit allen Inſeln des Meerbuſens und Fluffes St. Lauren; Grenada und die

Grenadidles , St. Vincent , Dominique und Tabago. Spar nien entſagte Florida und allen Beſikungen auf dem feſten

Lande von Amerika , oſt , und füdmeſtwärts vom Miffifip . pi ; und ſo ward Englands Macht in dieſem Welttheile bes feſtigt 1). 1 ) Ueber den fontainebleauer und Hubertsburger Vertrag

zogen wir zu Rathe die Ergänzung zum Corpo diplom . von Dumont , Koch , die Histoire du règne de Marie

Thérèse, Pitters hift. Entwictlung und die Oeuvr. posth .

310 Sundertundatzehntes Kapitel. 1762-1769.

$ undert und adtzehntes Kapitel. 1762 - 1769. Erzherzog Sofepb mird römiſcher König. - Tod und Schils 1

derung des Kaifers Franz, - Marie Thereſiens Schmerz. Joſeph II. beſteigt den Reichsthron. Wohlthätige Stiftungen und weife Einrichtungen Marie Shereſiens.

Berbefferungen in der Verfaſſung des Heers und Einfüh rung der Conſcription.

Das erſte Ergebniß des hubertsburger Friedens war die Erwählung des Erzherzog $ Joſeph zum römiſdyen König . welche ohne Widerſprud, zu Frankfurt am 27. Mai 1764 Statt fand. Durch dieß glücklidye Ereigniß beſtätigte Mas rie Thereſie den Beſib der Kaiſerkrone in ihrem Hauſe und verhütete das Unglück , welches , ohne dieſe Porfidt, der undermuthete Tod des Kaiſers herbeigeführt hätte. Franz war in Inſpruck , wo man die Vers mählung des Erzherzogs Leopolds und Marie 1765. Couiſens , Infantinn von Spanien , feierte. Seit einiger Zeit drohte ihm der Sdilagfluß , und er bildete ſich .

ein , die dice Luft der tyroliſdyen Thaler mehre nur fein Uebelbefinden . Wie Kaiſer Ulbredyt I. , äußerte er mebe rere Mahl den lebhaften Wunſch , nad Wien zurückzukeh , ren , und wenn er die Berge , welde Inſpruck umziehen ,

anfah , rief er ; wach , könnt ich nur aus dieſen tyroler

Marie Therefte.

310

Gebirgen 1 ) !" Am 18. Aug. früh drang die Prinzeſſina Charlotte , feine Sd)weſter , Lebtiſſinn von Remiremont , in ihn , Blut zu laſſen. Er antwortete : wid, muß heut Mbend bei Joſeph ſpeiſen ; id mag nicht unböflich renn ;

morgen aber derſpredje id , dir , deinen Rath zu befolgen." Nod , an demſelben Tage in der Oper ward Franz unwohl 1

sind ging mit dem römiſden König hinaus. U18 er durdy ein Zimmer nahe an dem ſeinen ging , rührte in der Schlag. Er wankte anfangs , Joſeph nahm ihn in ſeine Urme , konnte ihn aber nicht erhalten. Der Kaiſer fiel auf den Boden und ſtarb , ohne auch nur einen Seufzer zu thun. Er war 58 Jahr alt.

Franz war heiter , leutſelig , höflid ), aber nid )t ges eignet , äußerlid , die hohe Würde , wozu ihn ſeine Vers mählung mit Marie Thereſien erhoben , zu behaupten ; die Zeid en des bodyften Ranges (dienen ibn eber zu drücken . Wiewohl er zum Mitregenten der ſtreid ifdyen Staaten

ernannt war und auf dem erſten Throne der Welt ſaß , batte er doch nur einen Sdhatten von Anſehen , und in al. len wid )tigen Angelegenheiten war ſeine Meinung von kei.

nem Gewidyt. Seine natürliche Läſſigkeit und ſein gerins ger Ehrgeif vertrugen ſid, gar wohl mit dieſem Zuſtand

politiſdyer Unbedeutenheit ; es genügte ihm , um der Form willen , den Geſandten auswärtiger Mädyte Gehör zu ges ben. Er ließ ſich es ſogar gern abmerken , daß er nichts war und rid nur als Marie Ibereſien untergeordnet ber

traditete. Eines Tages , als die Kaiferinn Königinn ih. ren Unterthanen Gehör gab , trat Franz aus dem Kreiſe und rekte ſid , in einen Winkel des Saals zu zwei Frauen , weldie aufſtehen wollten . ,,Udyten Sie nidit auf mich," ſagte der Kaiſer ; wid, wild bier bleiben , bis der Hof fidh zurückzieht ,1 und mich am Unblick der Menge ergőßen .“

Eine der Frauen antwortete : ,,der Hof wird ſo lange hier 1) Wraxall's mémoirs II, 366.

312 Hundertundachtzehntes Kapitel. 1762-1769 Bleiben , als Ew. Maj." ,,Sie irren ," antwortete Frang lächelnd , ,, die Kaiſerinn und meine Kinder mad ,en den Hof aus , id) bin bloß ein Privatmann 1)." Hätte dieſer Fürſt mehr Gewicht gehabt , ſo wäre das europäiſche Staaten: ſyſtem nicht umgeſtürzt worden ; denn ihm war Frankreid, ſo verbaßt , wie Marien Thereſien Preußen. Nidt ohne viel Bedauern batte er in das Bündniß mit dem Hauſe Bourbon gewilligt , und man fand unter ſeinen Papieren

folgende Bemerkung : uſo wenig Verbindung als möglid) mit Frankreich iſt das Beſte 2 ). "

Dieſer Fürſt, welcher die Gelehrten beſchükte , bes mühte fid , die Geheimniſfe der Natur zu entdecken und wollte ſeine Kenntniſſe hierinn fur Befriedigung ſeiner Geldliebe braud en 3). Er braudte immer Scheidekünſt:

1) Mitgetheilt von der Gräfinn þarrach, einer dieſer Frauen . :) Mehreres Einzelne fammelte der Verfaffer während ſeines Aufenthalts in Wien.

3) ,,Der Staiſer , der ſich nicht in die Regierungsangelegens beiten miſchen durfte ,

fagt Friedrich II. ,

Warf ſich

auf Handelsangelegenheiten . Er fparte jährlich große Summen von ſeinen Einkünften in Toscana und ver brauchte ſie im Sandel. Er legte Manufacturen an und lieh auf Pfänder , übernahm die Lieferung der Unifor men , Waffen , Pferde und Monturen für das ganze fai

ferliche Heer . Mit einen Grafen Bolza und einen Kauf mann Schimmelmann hatte er die ſächſiſchen Zölle gepach tet und im Jahre 1956 lieferte er fogar Fütterung und Mehl für das Heer des Königs (von Preußen,) der mit feiner Gemahlinn , der Staiſerinn , Srieg führte. Während des Kriegs ſchoß der Staiſer ihr bedeutende Summen auf .

gute Sicherheit vor. Er war mit einem Worte Hofbans quier . Oeuvr. posth. III, 36. Franz hinterließ zwei volle Feldkaften . Einer gehörte ihm, den andern führte er

für die Kaiſerinn Königinn. Der feinige fou eine Million Gulden in Münze und 19,000 in Papier enthalten haben. Sein Sohn Joſeph erbte ihn. Seine Liebe zum Reichthum Verſohloß aber fein Herz der Wohltätigteit nicht; er theilte alljährlich bedeutende Šummen an Almoſen aus.

Marie Thereſie.

313

Ter , um den Stein der Weiſen zu ſuchen , und verſudite , 1

mittelſt Brenngläſer mehrere kleine Diamanten in einen zuſammen zu ſdhmelzen. ' Wien verdankt ihm die Gründung einer Naturgeſd ich ešs und Münzſammlung , die ro , reich) find , als irgend eine in Europa.. Wiewohl Franz nicht die großen Eigenſchaften der Marie Thereſie hatte , über traf er ſie dod, in Einem , Puncte; er war duldſamer und 1

empfahl in Religionsſadyen immer Ueberzeugung ſtatt Geo walt. Unendlid, viel Züge von Wohltätigkeit ebren ſein

Gedächtniß ; und wir wollen darunter nur zwei wählen , weldje ganz beſonders auf die Nadywelt zu kommen vers dienen. Am 15. Dec, 1752 kam in Wien in der Salper terniederlage Feuer aus.' Aiebald ' begab ſid, der Kaiſer dabin. Da er vorwärts ging , überall , wo die meiſte Ger 1

1

fahr war , Befehle zu ertheilen , ſtellte ihm ein Heer , der ihn begleitetë , vor , er reke Tidy zu ſehr aus. Der Kaiſer .

antwortete : ,,für -mid, iſt nid )ts zu fürd )ten , ſondern für die armen Menſd,en , die man mit vieler Mütje retten wird 1 ) . " Mitten im Winter überſd, wemmte die ausge. tretene Donau die Vorſtädte von Wien. Da das Waſſer außerordentlid) hoch ſtand , ſudyten mehrere Bewohner Sdus auf den Dädern ihrer Häufer. Soon drei Tage fehlte eg an Nahrungsmitteln. Der reißende Strom und .

die ungeheuern Eisſdolien , die er führte , (directen die unerſchrockenſten Fiſdier. Franz ſelbſt ſprang in einen Kahn , troete der Gefahr und kam zu den Hä:sſern. Sein Bei. ſpiel ward befolgt , und eine Menge Unglücklicher , welche hätten umkommen müſſen , gerettet 2). Sit die Gefd id te nuklid) , ſo iſt ſie es beſonders, wo ſie ſolde Züge des Muths und der Menſdylidykeit aufführt. 1). Annales du règne de Marie Thérèse 125,42. Franz ſprach von mehreren Zeughausarbeitern , die dabei umkommen. 2) Annales etc. 210.

314 Hundertundachtzehntes Kapitel.. 1762-1769. Marie Thereſie nabın dieſen S dlag mit aller Erge. bung einer ſtarken Seele hin. Ob ſie gleich leidenſdafts lid) liebté , und ein Mufter ebelider Zärtlid )keit war , bat 1

te fie doch ohne das mindeſte Murren , ia felbft ohne den S dyein , es nur zu bemerken 1) , Franjeros unzählige Be.

weiſe von Untreue ertragen. In einem ihrer Briefe an eine ibrer Erzherzoginnen Tödyter , gibt ſie ibm die zärt Tidyſten Nahmen , nennt ihn ihren Gefährten , ihren Freund , ihre Herzensfreude in 42 Jahren . ,, Zuſammen erzogen ,"

führt file fort, whatten ' wir immer gleiden Sinn , und er milderte meine leiden , indem er fie theilte. 1

Sie fand

cine ( dymerzlidie Freude darin , fidy un die Liebenswüre digkeit ihres Gemahls zü erinnern , und bereitete mit eig nen Händen das Tud ), worein er geſdlagen ward. His eine ihrer Frauen ſie bei dieſer traurigen Befdyäftigung traf , Befahl fie ihr , nidit davon zu ſprechen , und erſt nach ihs rem Tode kam es an den Tag 2). So lange ſie noch lebs te , trauerte fie, uno il re Zimmer waren ſters id war; aus.

geſdılagen. Sehr oft ſtieg fie in die Gruft , wo die Ules berreſte ihres Gemahls ftanden und ſdy on ihr eignes Grab offen war. Da brachte ſie ganze Stunden mit Gebeth und Vorbereitung , vor ihrem Goit zu erſcheinen , ju. Kraft ſeines Titels : rómniſcher König , nahm Joſeph II. audy den Kaiſertitel an ; und Leopold , Franzens und 1

Marie Sbereſiens zweiten Sohn , ward nady der Erbfol. geurkunde, die fein Vater im Jahr 1763 bekannt gemad ) ,

Großherzog von Toscana. 1) Wraxall's mém. II, 354. Am Tag vor ſeinem Tode ſtellte der Raifer reiner Geliebten , Fürſtinn 'von Aųersberg , ei ne Anweiſung auf 200,000 Gulden aus.. Da die Zeitnicht erlaubte , fie zu zahlen , fo wurde in einer Berathung die Frage aufgeworfen , ob ein ſolches Geſchent gültig rei. Mehrere verneinten es ; Marie Thereſie aber, die nur auf

ibre und ihres Gemahls Ebre Núdfidit nahm , ließ fie gang ausgablen. .) Mitgetheilt von der Gräfian Shurn.

Marie Thereſie.

: 315

Nadydem Marie Thereſie ihrem geredyten Schmerz ge. nug gethan , ergriff fie die jõeerſcherzügel wieder mit neuer Kraft.

Seit ihrer Chronbeſteigung war ſie entweder in

Feindſeligkeiten verwickelt , oder hatte ſid, mit Kriegsrüs ftungen beſdjäftigten müſſen. Jeßt aber war die Zeit gekom : men , wo die Herſtellung der Ruhe ihr die Freude gewähr. te an ' ifrer Interthanen Glück zu arbeiten. Sie gründes te oder mehrte in verſdiedenen Theilen ihrer großen Staas ten mehrere akademien , um Wiſſenſdaften und Künfte zu

fördern ; ſtiftete mehrere Erziehungshäuſer für alle Claſſen der Geſellſchaft ; verbeſſerte die öffentliden Schulanſtalten , und befahl , daß denen , welde die größten Fortſdyritte gemacyt , oder ſich durd, ihr vernünftiges Betragen ausges

jeidynet , Preiſe ertheilt würden ; fie beſtimmte Belohnun: gen für die , welde irgend einen Zweig des Gewerbfleifies vervollfommneten. Beſonders richtete ſie ihr Zugenmerk auf den Ackerbau , der auf einer nad ihrem Befehl

geſchlagenen Münze der Ernährer der Künſte genannt ward 1). Zu Mailand ſtiftete ſie eine Geſellſchaft zur Preisvert theilung an die landbauer , deren Boden am meiſten getra: gen ; endlich bedränkte ſie die Jagd mehr und milderte die

Lehnsgerechtigkeiten in Böhmen 2 ). 1 ) Artia artium nutrici.

2) Unter Marie Thereſiens wohlthätige Stiftungen muß auch noch ein Impfhaus gerechnet werden , da die Blat tern mehreren Prinzen ihres Hauſes das Leben getoftet batten . Nachdem mehrere ihrer Slinder glücklich geimpft worden waren , feierte die Staiſerinn ihre Herſtellung durch

ein Mahl, welches auf der großen Gallerie ihres Schlofs fes Schönbrunn 65 kleine Knaben und Mädchen gebeben ward , die ich im Impfbauſe batten behandeln laſſen .

Marie Thereſie felbft, die Erzherzoge und Erzherzoginnen bedienten die Kinder bei der Tafel und gaben jedem nach dem Efen einen Thaler mit Nachtiſch und Gedect. Die

Peltern wurden hierauf auch im Schloffe an einem andern

Eiſche bedient. Nach Eiſd war deutſches Schauſpiel und

,

316 Hundertundachtzehntes Kapitel 1762-1769. Was aber wohl Marie Thereſiens Andenken and mei. ften ehrt , ſind die Abſtellung mehrerer in der Kirche eins geriffener Mißbräude und ihre für die Kloſter getroffenen

Einrid,tungen . Da fie den Anſtalten , welche aus from: men Stiftungen entſtanden , webren wollte, verboth ſie je.

dem Geiſtlichen , bei Abfaſſung eines lekten Willens ges genwärtig fu ſegni ,. beſdyränkte die Zahl der Ordensbrüder

und Ordens(d)weſter, indem Tie die Ableg !!ng des Kloſter : gelübdes für das 25. Jahr beſtimmte. Sie ſchaffte eine

Auflage von 10 vom Hundert ab, weldoe jeder neuernannte Abt ſeinen Untergebenen unter dem Nahmen Biſchofsbute recht abforderte. Sie hob das Zufluditsredyt in Kirchen und Klöſtern , wie die Inquiſition , auf , welche, obwohl durch bürgerlidie Beförde bedränkt , in Mailand nody

galt ; unterdrückte die Jeſuiten , wiewohl ihr Beidjtvater 1

ein Mitglied dieſer Geſellſdyafe wur ; aber fie ging hierin nidyt ſo berriſch und grauſam zu Werke , wie man ir par nien und Portugal mit ihnen derfuhr , und Tinderte ihr Ger

(dick , ſo viel die Umſtände es iminer erlaubten , Endlid) (daffte ſie auc, in all ihren Staaten die Folter ab. Shrem Sohne Joſeph überließ ſie die Sorge für das

Heer. Er fübrte mit Beirath des Feldmarſchals Laſco eis nen Haushalt im Kriegsweſen ein , welder den beivunders ten Friedrid ) II. noch übertraf. Nad, dem preußiſden Sp. ftem ward 1762 die Conſcription in allen öſtreichiſchen Lan . ben , ausgenommen die Niederlande , Tyrol und Ungarn , eingeführt. Dieſe Einrichtung war wohlwegen der Nachs

þarſchaft des Königo von Preußen nöthig , der in den vorigen Kriegen bis in das Herz der Erblande eingedrungen war , ehe der Wiener Hof ihm ein Heer hatte entgegenſtellen tönnen .

dann Sanz bis in die Nacht hinein. Annales du règne de Marie Thérèse 231

233.

317

Marie Therefte.

Hundertund neunzehntes fpapitel. 1769 - 1777.

Anguft III. , König von Pohlen ſtirbt. Marie Thereſiens für Sachſen ."

Eitle Verſuche Wahl des Grafen Pos

niatowsty. - Streit über die Vorrechte der Diffidenten. - Rußlands und Preußens Einmiſchung. Marie The refie unterſtübt die Katholiſchen. - Bürgerkrieg.. - Pers

ſchwörung von Barr. – Die ottomanniſche Pforte erklärt

Mußlan d den Strieg.. - Friedri will Pohlen zerſtüd eln.. - Zuſammenkunft des Königsch und Kaiſers. Bünds niß zwiſchen Deſtreich und der ottomanniſchen Pforte. Künftliches Benehmen des Königs von Preußen. - Er gewinnt Nußland und Deſtreichs Beitritt. Erite Zer ftüdlung Poblens.. — Aenderungen in der Verfaſſung dies -

-

fes Königreichs.

Preußens. und Dürfen .

Neue Ermächtigung Deftreicbs und Kainardjier Friede zwiſchen den Ruſſen Errerb von der Budowine durch Deſts

reich.

Es$ iſt peinlid ),

von einer Schilderung, wie der vorherges

benden , zu den verwickelten Unterhandlungen und Einbrüc dyen überzugeben , weld)e, troß der im Jahr 1756 gegebenen Erklärung der Kaiſerinn , durchaus kein Bündniß mit Fried ridy II. ju ( dyließen , doch eine vorübergehende Vereinigung zwiſchen ihr und dieſem Fürſten berbeiführten und mit der Tbeilung Poblens endigten ; eitiem Ereigniß , welches die Sabrbücher der Regierung Marie Thereſiens befleckt. Seit Joharn Sobieski's Tode hatte das Haus Deſto

reid, viel Einfluß auf Poblen gehabt. Einbellung mit Rußland hatte es deſſen Krone Auguſt III., Kurfürften dort

achſen , fuerkennen laſſen . Karl VI. batte , Auguſt III.

318 Hundertundneunzehntes Kapitel. 1769–1777zu unterſtüben , inebrere feiner fchönſten Landſchaften ver :

loren ; ' und aud, Marie Thereſie war günſtig 4. Oct. 1763

für das Haus geſtimmt, das für ſeine Anhänge lichkeit an ſie ſo viel gelitten hatte. Nach Aus guſto Code wollte ſie ibren Einfluß für Chriſtian Friedrich , den Sohn dieſes Fürſten , verwenden , da er aber ſeinen Vater nur kurze Zeit überlebte und ſein Sohn , Friedrich Auguft , wegen ſeines Alters nid )t wählbar war , ſo ver. modite fie Prinz Xaverius , den zweiten Sohn des verſtore

beren Königs , in die S dyranken zu tretten. Mehrere pohl- , nifdye Herren thaten daſſelbe. Die vornehmſten waren Fürſt Czartorinsky , Graf Stanislaus Poniatowsky , Großſtand artenträger von Littbauen , Neffe des vorigen , Graf Bras nisky und Prinz Lubomirsky.

Stanislaus Poniatomsky ,1 weld er Sohn des Kaſtela lans von Krakau , Grafen von Poniatowsky , und der

Prinzeſſinn Czartorista war , hatte Eindruck auf das Herz Katharinen II. , als ſie noch Großfürſtinn von Rußland war , gemacht. Es mußte ihrer Eitelkeit und ihrem Ehr's

geiz (dmeid eln , ihrem Geliebten die Krone auf das Haupt fu feßen. Sie verfd wendete alſo Gold mit vollen Hän: den , um Stinimen ju erkaufen ; ſammelte an Poblens

Gränze ein Heer und ſdyränkte die Wählbarkeit auf einen Piaſt, das iſt , einen altabelid )en Poblen, ein.

Unzufrieden mit Rußlands Beſtreben , das Haus Sach : fen auszuſchließen und in Poblen ein Uebergewicht fu er. balten , erließ die Kaiſerinn Königinn eine Kundmadung , worin fie erklärte , fie rei entfdyloffen , ihre ganze Madyt

zu brauchen , um die Wahlfreiheit zu fichern. Da Franke reid da Telbe erklärt hatte , rüſtete fid Marie Thereſie , mit Waffengewalt die Anſprüde des Prinzen Xaverius zu

behaupten. Ihr das Gegengewidyt zu halten , ſuchte Ka. tharine den König von Preußen zu gewinnen und es ges lang ihr. Auf ihre Seite ſtellte ſich die ottomanniſche Pfors te , und dieſe drei Mächte ließen Erklärungen ausgeben ,

Marie Thereſie.

319

wodurch ſie den Pohlen riethen , oder vielmehr befahlen , nur

einen Piaft zu wählen. Bald rückte ein ruſiſcher Harſt in Pohlen ein und preußiſche Sdaaren hielten fid; an der Gränze. Die ſo bedrohte Wahlverſammlung wählte Graf Poniatowsky zum König , der bei ſeiner Krönung den Nah: men Stanislaus Huguſt annahm 1) Troß ihrer Zurüitun: gen begnügte fid, Marie Thereſie , ihren Geſandten von zu berufen , und gemeinſdaftlid) mit Frants Warſd)au zurück น 1

reid die Unruben anzuſdüren.

Wiewohl Stanislaus ſeine Erwählung Katharinen

.

perdankte , wünſchte er dod ) , ſein Land Rußlands Jodie zu entziehen und die auffallendſten Verfaſſungsfehler zu vers beſſern ,1 weld )e fremden Mädyten beſtändig einen Vorwand

an die Hand gaben , ſich in Pohlens Angelegenheiten zu mis ſdhen ; aber weder ſeine Gemüthsart , noch ſeine Gaben kon, ten die Ausführung dieſes großen Plans fichern. Die we: nigen Neuerungen , die er madite , erregten am petersbure ger Hofe Berdacht und erzürnten diejenigen unter den poblo niſchen Herren , weldoe die Herrenloſigkeit gern fortdauern ſaben . Katharine und Friedrid , regten die Unzufriedenen

auf und fachten wieder den Religionsſtreit an, indem ſie ſich für Beſchäfer der Diffidenten erklärten , wie man alle dies

jenigen nannte , weldye ſich nidyt jur katholiſchen Religion bekannten. Es ward ein Landtag gehalten , um die Beſdywer: den dieſer leßtern zu unterſuden . Die ruſſiſdien S daaren ſdyrieben ihm die Beſdylüſſe vor ; die wüthenditen unter den

Katholiſchen wurden verhaftet , und die Verſammlung, nad). dem ein Ausſchuß zu Entſcheidung der ſtreitigen Puncte er : nannt worden , aufgelöſt. Drobungen und Geſchenke ſtimm . ten die Glieder dieſes Ausſchuſſes, eine Anzahl von Artie

keln aufzuſtellen , welde den Diffidenten ifre Vorredite 1

1) De la Pologne depuis 1763 jusqu'à 1775. Oeuvr. posth. V, 1 .

-

Poblen 1.

Révolutions de Pologne I. “

Meine Reiſe nach

320 Hundertundneunzehntes Kapitel. 1769–1777. wieder gaben , das Wahlredyt beſtätigten , das liberum veto und die übrigen Mißbrauche der Verfaſſung wieder herſtellten. Dieſe Artikel wurden von einer außerordentlir 1

dyen Verſammlung, die im Anfang des Jahres 1798 gec halten wurde , geſehkräftig gemad )t.

Ein ſo widkürliches Verfabren entrüſtete die Meiſten im Wolke.

Harſte von Katholiſden ſammelten ſich an der

türkiſchen und ungariſchen Gränze und bemädytigten ſid, der Feſtung Barr in Podolien , wovon die Verbündung ihren

Nahmen hatte. Die königlichen Schaaren wurden entwes der geſchlagen , oder vereinten ſich mit den Empörern. Rußs land ſendete Verſtärkung nac, Poblen und das ganze Land ward eine Bühne des Mords und der Verwüſtung 1).

Marie Thereſie unterſtübte aus Religionsverwandt ſchaft und Staatóklugbeit die Katholiſden. Sie erlaubte den Häuptern der Verſd worenen , ihren Hauptſtandort in ihren landen aufzuſdylagen. Im Verein mit Frankreich und

der ottomanniſden Pforte , weldje dem Bündniß mit Ruße land entſagt hatte , ſtand fie ihnen mit Mannſd)aft, Wafe fen und Geld bei und geſtattete franzöſiſchen Schaaren freien

Durchzug nach Poblen. Soldiergeſtalt war die Verſchwör rung von Barr furd ) tbar , und , wäre ſie laut vom Wiea ner Hof unterſtübt worden, ſo hätte ſie einen andern König .

erwählt. Da aber Frankreid, fid) auf einen fernen Krieg

nidyt einlaſſen kounte , ſo fürdytete Marie Thereſie, allein Nußland und Preußen bekämpfen zu müſſen ; und , da die Veridworenen ſich gegen die ruffiſchen Staaren , wel: de ihnen an Krieg gewandtheit überlegen waren , nid )t balten konnten , wurden ſie geſchlagen .

In einem der damahligen Treffen verfolgten die Ruſ len die Poblen auf türkiſdem Gebieth , und ſteckten die klei ne Stadt Balta in Brand. Dieſen Einbruch rab dię otto 1) Lind's letters on Polond. Meine Reiſe nach Poblen I. Oeuvr. posth. V. 3. Revolutions de Pologne.

Marie Therefte.

325

maniſche Pforte als eine feindſelige Handlung gegen fid , an , und erklärte Rußland den Krieg. Oct. 1768 Die raſdhen Fortſdyritte der ruffiſdyen Waffen , beſonders die Eroberung der Moldau , vermochten den Wie, ner Hof , die Vorſd ;läge des Königs von Preußen anzu . 1

1

hören , der dem petersburger Hofe aud) nicht traute. Lan, ge ſchon gelüftete dem ehrgeizigen Herrſcher nad Pohlniſche Preußen , oder dem weſtlichen Theile Pohlens , welder

die getrennten Theile ſeiner Staaten unter einander vere binden follte ; aber ohne Rußlands und Deſtreidis Inters fübung konnte er feinen Zweck nicht erreiden. Da der erſtern dieſer Mächte daran gelegen war , Pohlens Zerſtük. kelung zu verhüten; ſudyte er anfangs fich des Beitritts derzwei. ten zu verſidyern , in Hoffnung , ſie würde ſich mit ihm vereis

nen , Katharinens II. Zuſtimmung zu erzwingen. Vom Sabré 1776 an , hatte Friedrich Joſeph II. angetragen , eie ne Zuſammenkunft mit ihm zu baben. Der Kaiſer , der damabis die großen Eigenſchaften dieſes Fürſten leidene

ſchaftlicy bewunderte, hatte dieſ mit Freuden angenommen ; aber das Mißtrauen der Kaiſerinn Königinn und ihres Mie nifters harte ihm abgerathen. 218 das Glück der Kuſſen

den öſtreidyiſdyen Staatsrath beunruhigte , trug Joſeph, mit Zuſtimmung ſeiner Mutter , Friedridyen an , Aug. ihn in Schlefien zu beſuchen . Die Zuſammen . 25.1769 kunft fand in Neiffe Statt. Der König von Preußen fagte zum Kaiſer , er ſehe dieſen Sag als den

ſdyönſten ſeines Lebens an , weil er Ausgangspunct einer Vereinigung zweier Häuſer würde die zu lange getrennt ge. weſen wären , und deren eigentlides Heil es dod, wäre , fid, lieber gegenſeitig zu unterſtüßen , als unter einander aufzureiben. Joſeph antwortete ibm : ,,Für De treich gibt es kein dyleſien mehr. “ Hierauf ſchlug er vor , daß man

Mafregeln zu ſtrenger Neutralität nähme , wenn zwiſdien England und Frankreid) Krieg ausbredyen ſollte. Der Kö. nig nahm den Vorſdlag án , und beide Fürſten kamen 2 Core's Geſchichte Deft. IV. B.

3.22 Hundertundneunzehntes Sapitel. 1769–1777 . überein , einen beſondern Briefwechſel zu unterhalten , und , ohne Einmiſdung ihrer Miniſter , alle unter ihnen etwa porfallende Streitigkeiten auszugleid, en 1). Im Jahr darauf wurde die türkiſche Flots 1770 te im Hafen I dyesme verbrannt, und Bender

vom Grafen Panin genommen ; die Walladjei kam zu den von Rußland bereits gemadyten Eroberungen. Der Wiener Hof , der immer unruhiger ward , legte in Ungarn Speider an , Tendete Verſtärkung nach der Gränge und die Kaiſerinn Königinu verhehlte nidt , daß ſie an den Feindſeligkeiten Theil nehmen wolie. Unter dieſen Umſtänden ward wieder eine Zuſammenkunft berdyloja fen. Joſeph begab fid) , vom Fürſten. Kauniß begleitet , in das neuſtädter Lager in Mahren , wo er den Beſudy

des preußiſchen Herrſdiers annahm .

Friedrid ) und ſeine

Feldherrn hatten Öſtreid iſdie Uniform an , und als er den

Kaiſer anredete , ſprad, er mit feiner Verbindlid keit ; Idy bringe Ew. Majeſtät Refruten ." Der König und, Kaunis beſprachen ſich allein .

Der ſtreid iſde Miniſter beſtand

darauf , es ſei nothwendig , ſich Rußlands ehrgeizigen A6. 1

fid ,ten zu widerſeken , und erklärte , Preußens und Deſte reids Werein allein ſei der Damm , den man dieſem ange : .

fd wollenen Strome, der ganz Europa zu überſd ,wemmen

drobe , Teren könne. Friedrich) beſeitigte dieſen Vorſdlag mit vieler Gewandtheit. Er er both ſich zur Ausfühnung der beiden Kaiſerinnen , verſprad ) , die ottomanniſde fors te zur Annahme der Vermittelung Deitreid) 8 ju vermögen ; und auf Erſud) en des Kaiſers willigte er darein , dem Wies ner Hofe alle Eröffnungen , weldie Frankreid, etwa dem berliner thäte , mitzutheilen. Am Tage nad der Confer

ren ; erhielt man Briefe , worin der Großherr beide Höfe einlud , Vermittler zwiſden der Pforte und Rußland ju fern , und erklärte , er werde ohne ihre Mittheilung keinen 2 ) Deuyr. posth. V. 49.

Marie Thereſie.

323

Vorfd)lag annehmen. Der Kaiſer und Kaunis nahmen die. Te Einladung Febr gern an ; und die beiden nebenbuhleria fdyen Häufer Oeſtreich und Brandenburg (chienen jent nur Einen Vortheil , nur Eine Geſinnung zu baben.

Bei der Ilnterredung zu Neuſtadt ( dlug Friedrid, dem Kaiſer die Theilung Poblens vor und behauptete , es ſei

nothwendig , den petersburger Hof durch Ueberredung oder mit Gewalt zur Einwilligung in die Zerſtückelung zu ver mögen . Heide Fürſteit nahmen die Karte dieſes König. reidjs vor ; ihre beiderſeitigen Theile wurden beſtimmt und der ganze Unternehmungsplan in Ordnung gebradt 1 ). Die öftreid iſden und preußiſd; en Sdjaaren waren ſchon unter dem Vorwand, der Feſt wegen eine Sonderungslinie zu ziehen , in Poblen eingerückt. Nach der lekten Zuſam :

menkunft ließ Marie Thereſie allgemeine Aufprüche auf eie & z

1) Id ftand anfangs an , ob ich beſtimmt fagen rollte , der erfte Gedante des Theilungsplans rühre vom König von

Preußen her. Die That war ſo verwerdich an ſich , daß /

jede der drei Mächte ſich bemüht hat , ſie der andern auf

zurüden. Indeß braucht man nur in Friedrichs Werken (5. Bd.) das Stapitel zu leſen , welches die ueberſchrift führt: de la politique , depuis 1763 jusqu'à 1777, um

ſich zu überzeugen , daß er der erſte Urheber dieſes Ente Irurfs war und daß er ſeinen Zweck erreichte, indem er die Miißhelligteiten zwiſchen dem 23iener und petersburger Sof

benugte. Auch verdient bemerkt zu werden , daß , wo der König von Preußen von den Zuſammenfünften in Neiſſe und Neuſtadt ſpricht, er keines Zerſtüdlungsplans hinſicht: lich Poblens erwähnt. Als ich in Wien mar , erfuir ich von einem Herrn , daß bei der zweiten Unterredung die Starte von Pohlen vor den beiden Herrſchern aufgeſchlagen Tag . Auch Graf Herzberg fagte mir , der Plani rei in Néiffe und Neuſtadt verabredet worden . Dieſer ward vom

König febft zu Rathe gezo.jen , dem er Einwendungen ges

gen die Theilnahme Delfreichs an dieſer Beute mante ; und Friedrich antwortete ihm : ,,Sie werden auch die Somach theilen .

Wan f. die Erzählung beider Zuſam

mentünfte in Wraxall's mémoirs of the courts of Berlin

etc. 19. Pr., wo die Ehre der Erfindung dem großen und

tiefen Geiſte des Pringen Heinrich zugeſchrieben nird.

324 Hundertundneunzehntes Sapitel. 1769-1777. 1

nige Theile dieſes Landes blicken; ſie that , als wolle fie die Erörterung bis zum Frieden anſtehen laſſen , und erklärte , ſie würde , was ſie in Beſit genommen , gegen alle Anfäl.

le , . möd ten ſie von Rußland oder den Verſdwornen berrül ren , dertheidigen.

Inzwiſd en ging , troß der Vereinigung mit dem Kör nig von Preußen und der Theilungsverabredungen , in dem Benehmen des Wiener Hofs eine ſonderbare . Veränderung In einem eigenhändigen Briefe verſidyerte Marie dor. Therefie Stanislaus , ihre Freundſchaft für ihn und den +

Freiſtaat ſei unwandelbar , nie ſei es ihr beigegangen , ſich nur einen beil Poblens jueignen zu wollen und ſie wer : de nie zugeben , daß irgend eine Macht dieß Reid ) jerſtücke le 1 ). Zu gleider Zeit ſchloß ſie einen Vertrag mit der

ottomanniſdyen Pforte , wodurdy ſie ſich anveiſchig mad ): te , Niußland , wofern es ſeine Eroberungen nid) t heraus: 1

gäbe und ſeinen Unternehmungen auf Poblen nicht entſage te , den Krieg zu erklären. Dagegen ſollte die Kaiſerinn

Königinn ein Hülfsgeld von 10,000 Beuteln in vier Zahs lungsfriſten erhalten . Ihre Sdyaaren brachen auf und die erſte Zahlung geſdyah. Man verfprad, den Verſdwornen in Pohlen auf alle Weiſe Beiſtand , machte in Ungarn un.

gebeure . Rüſtungen , und der Wiener Geſandte drang in den König von Preußen , Neutralität zu beobachten , wenn die Deſtreidyer die Ruſen anderwärts als in Poblen ans

griffen. Friedrid ), deffen Plan nun reif war , verwarf den Antrag und Tieß ſeinen Bruder ', den Prinzen Heinrid ),

uad Petersburg abgeben , mit der doppelten Sendung , Frieden zwiſdien Rußland und der ottomanniſden Pforte, und ein Abkommen zwiſdien der erſtern dieſer Mädyte und Deſtreich zu unterbandeln ; ein Abkommen , weld , es die

Steilung nur befeſtigen ſollte. Katharine , ſtolz auf ihr Glüd , madyte übertriebene Forderungen ; aber der König 1) Lind's letters on Poland,

Marie Thereſie.

325

von Preußen ſpiegelte ihr einen Krieg mit Deſtreich vor und vermochte ſie zu dem Entſdíluß , fidi eines Theilg von Pohlen zu bemächtigen , um ſich für die Moldau und Walla . dei zu entſchädigen .

Im Verlauf dieſer Unterhandlungen war ein ſtreichis dyer Harſt in Pohlen eingerückt. und hatte die Graffdyaft Zips als ebemahliges Zubehör des Königreidys Ungarn beo rekt. Katharine hatte dem Prinzen Heinrid , erklärt , ' wenn der Wiener Hof fic Poblen zu zerſtückeln erlaubte , To würden die benad,barten Mädyte es aud thun.

Dieſe

Erklärung benußte Friedrich ſehr fein ; und zu Petersburg, ward im Nahinen Rußlands und Preußens ein

SBertrag geldloffen , worin der Theilungsplan Febr. 1772 gebilligt und die Theile einzeln beſtimmt wurs den. Hierauf meldete der berliner Hof dem Wiener Nuß.

lands Einwilligung. Trob der ſchon übernommenen Ders bindlid ,keit ſtand der lebtere Hof doch etwas an. Er wollte ſich die Vortheile , die er von ſeinen Verhält:

niſfen zu der Pforte erwartete , nidt entgehen laſſen , und Fürſt Kaunik beſorgte vor allem , Pobleng 3erſtückelung mochte das mit Frankreich geſchloſſene Bündniß zerreißen. Friedrich nahm , mit gleichem Glück wie in Petersburg , ſeine Zuflucht zur Lift. Marie Thereſie wollte obne andes re als türkiſche IInterſtükung fid nidit in Krieg gegen zwei ſo mächtige Feinde , wie Katharine II. und den König von Preußen , einlaffen . Seitdem der Herzog von Choiſeul in Ungnade gefallen war , konnte die Kaiſerinn Königinn keis nen Beiſtand von Frankreich erwarten . England , wiewohl

es gegen die Theilung war , fürdytete doch , die Kaiſerinn von Rußland , mit welder es einen Handelsvergleid , ge

(chloffen hatte , ju beleidigen ; und die übrigen europäiſchen Staaten konnten der Zerſtückelung fidy nidyt mit Erfolg

widerſeken. Marie Thereſie zog alſo einen Theil des Haus

bes einem gefährlidyen Kriege vor. Sie empfand Gewiſ ſensbiffe , oder gab es wenigſtens vor ; aber deß ungeachtet

346 Hundertundneunzehntes Kapitel. 1769–1777 machte ſie übertriebene Forderungen. Nad) einer langen

Erörterung beſtimmte die Furdyt vor Verlaurbarung des Geheimniffes und das Drängen des Königs von Preußen die Kaiſerinn , ihre Forderungen zu mäßigen ; und der endo liche Theilungsvertrag ward am 5. Aug. 1772 zu Peterse burg unterzeidynet. Pohlen war während der dieſem Vertrag vorangegan.

genen Unterbandlungen in Anardie gerathen , und jeder Theil beging , wenn er ſiegte , die größte Unbil. Der unglücklidye Monarch behauptete fid) nur noch mittelſt eis nes ruffiſchen Heers auf dem Ibrone; er war gewiſſermaßen Staatsgefangener in Warſd) au , mitten unter einer ruſſiſchen

Beratung , was aber einen Theil der Verſchworten nid )t hin 1

derte , fich ſeiner Perſon in der Hauptſtadt ſelbſt zu bemäch .

tigen , und nur durch ein Wunder , ſo zu ſagen , entrann er t

ihren Händen 1).

/

218 die Zeit der Ausführung dieſes Plans nabte , nah men die drei Mädyte die Larpe ab und etließen eine Kundma. dyung, worin ſie mit höhnendem Spott als Gründe ihrer Völkerredytsperlegung die Unordnung und das Unglück ans führten ,1 woran ſie doch ſelbſt Sduld waren . Die Be: kanntmadung dieſer Urkunde wurde mit dem Einrücken ih . rer Sdaaren in das ihnen zugefallene Land begleitet. Alle Parteien wurden verwirrt. Der König und die Königlia den faben ſid) von der ruffiſchen Kaiſerinn 1, die ſie als iba

re Befdüberinn angeſehen hatten , verratben. Die Ver.

fdwornen meinten anfangs, die öſtreichiſdien S daaren kä. men ihnen zu Hülfe. Das geſammte Volk erkannte die beil. loſen Folgen der Zwietracht und des Parteigeiſtes , und dene nod) konnten fid, beide Parteien nid)t vereinigen . Von allen Seiten angegriffen , wurden die Verſdwornen bald geidla . gen und ferſtreut.

1) Meine Reiſe nad Pohlen 3 , Rap.

Marie therefte.

327

Die Empórung in Schweden , am 19. Aug. 1772 , mo Guſtav III. mit Hülfe Frankreidis die Ariſtokratie vernid ).

tete ; hielt die Theilung nur wenig auf. Umſonſt madyte Stanislaus und das pobinifche Bolt Widerlegungen , es generklärungen und Denkſchriften bekannt. Die Kaiſerinn Königinn , die bisher nur in der dritten Linie gewirkt hats te , trut nun auf die erſte. 3br Geſandter am warſdauer Hof erſudyte den König i, einen Landtag auszuſdyreiben , um eine entideidende Ausgleidung zwiſdyen dem Freiſtaat und den drei Mädyten auszumitteln. Die ruſtiſden und preu . Biſden Miniſter erklärten daſſelbe ; und der König erlief

einen Umlauf und lud zur Verſammlung , welche amıy. April eröffnet ward. Die meiſten vom König unterſtübten Landw bothen widerſekten fich der Zerſtückelung. Die Bevollmäd ): tigten der drei Höfe drobten Stanislaus mit Ablebung ,

1

Verbaftung feiner Familie , Plünderung der Hauptſtadt. Bei den Gliedern der Verſammlung wendeten ſie auch Verſpredjungen, Gefdenke und alles an, was den Abſidy ten ib. rer Herrſdjer förderlid) war. Endlich ergaben ſich die Pohs ' len , ohne Hoffnung auf fremden Beiſtand und ohne Kraft von ihnen , in ihr Sdnickſal. Der König aber beharrte noch immer auf ſeinem Entſchluß. Er erklärte ſogar, er wolle lieber abdanken ,I als durdy Gutheißen der Zerſtücke: lung ſeines Reidys ſid, eutehren . Er verlangte eine Freie ſtatt in England , und , indem er den rechten Arm nach

dem brittiſdyen Bevollmächtigten ausſtreckte, rief er : „ Eh foll man mir die Wand abſdyneiden , als id; die Theilungo: urkunde unterzeidine 1) !" Aber dieß war nur ein Anflug von Begeiſterung. Stanislaus hatte midt Geifteskraft ge, nug , der Krone ju entragen , und bei dem Gedanken an

das Unglück , das ſeiner Fainilie drohte , ward er weid) . 1 ) Meine Reiſe nach Pohlen 2c. 1 , wo einige Anekdoten von dieſem liebenswürdigea, unglüdlichen Fürſten beïnglich ſind.

328 Hundertundneunzehntes Kapitel. 1769--1777 Er gab den Drohungen des ruſſiſchen Geſands Mai.

ten nad) und widligte ein. Der Landtag ward aufgelöſt , nadidem ein Ausd uß von Abgeorde

meten gewählt und ihm die Madyt ertheilt worden war , die neue Verfaſſung anzunehmen, welche die drei Mächte batten abfaſſen laſſen , und dem Theilungsvertrage beizutreten, wele

der am Ende Auguſts genehmigt ward. Katharine II. erhielt für ihren Theil die Wonwode ſdhaft liefland , einen Theil der Woywodſchaft Witepskip

Polozk und Minsk und die ganze Woywodſchaft Mſcislaw , weldje eine Bevölkerung von 1,500,000 Seelen batten. Friedrichen fiel das polniſdye oder weſtliche Preußen mit 860,000 Seelen zu. Marie Thereſie hatte ihre Anſprüche auf derjährte

Rechte der ungariſchen und böhmiſden Krone gegründet, erklärte aber , daß , ob ſie gleid, unbeſtreitbare Unſprüdye auf Severin , Podolien , Vorhinien , Pocuzien , Rothreu. .

Ben , Kleinrufland u. ſ. w. babe , fie ſich doch mit einem mäßigen Erſaß begnügen wollte , welches aus Rothreußen , Galligien, einem Theile der Wonwodd aften Krakau, Sana domir , Lublin ,I Beljk , Volbinien und Podolien beſtände ; 1

ein ungeheurer trid ) fruchtbaren Landes , mit wenigſtens

2,500,000 Seelen , den reiden Salzgruben von Wies litſdyka , welde jährlid mehr als 90,000 Pf. St. eintru: gen. Dieſe Erbländer wurden fu Deſtreidy unter dem als ten Nahmen der Königreide Galizien und Lodomirien ge. ( dylagen . Nicht, weniger als vurd, den verſchlungenen Beſik

(dyaden die theilenden Mädyte den Pohlen durd, die Ver faſſung , die ſie ihnen gaben . Sie hielten die Wahl zur Krone , das liberum veto und andere auffallende Mängel aufredyt. Das königliche Anſehen wurde enger noch als

zuvor beſchränkt. Man nahm dem Könige das Recht , Bi. ſchöfe , Kaſtellane , Woywoden und Staatsminiſter zu er, nennen und die Staroſtien oder königlichen Lehne zu er :

Marie Thereſie.

329

theiben. Die aberſte ausübende Gewalt ward einer dauern.

den Berathungsbehörde übertragen , deren Glieder vom Landtage erwählt werden mußten , und wo der König nur Borſiger war. Jene Feſſeln , welche die Pohlen nur als Sidherungsmittel ihrer Freibeit angeſehen barten ,

ihnen nun nur Zeidyen ihres Verfaus. Die , obgleid, auf Bezeid ,nung der drei Mächte , deren Heere fie umgaben , 1

ernannten Abgeordneten widligten nur nach zwei Monathen

in die Errichtung der neuen Regierung. Sie wurden hiers auf verabſdiedet, und alles , was derhandelt war , ward auf einem allgemeinen Landtage beſtätigt 1).

Da Deſtreichs und Preußens Habſudyt die erworbenen Länder nodi nicht genügten , ſo bemächtigte ſid, der berli. ner Hof , als kaum der Theilungsvertrag unterzeichnet war, 1

der Stadt Thorn und dehnte ſeine Gränzen bis zum linken

Devenzaufer aus , und der Wiener Hof nahm , die Ungen nauigkeit der Landkarten benußend , Beſik von Caſimir , einem Theile der Woywodſchaft lublin und einem großen

Stride am rechten Bogufer. Beide Höfe förderten ge . genſeitig ihre Einbrüche, welche die Lage der Dinge daue erhaft zu maden (dhien . Das Glück , weldjes bis dahin Katharinens II. Waf.

fen gekrönt hatte , folgte ihr in dem Feldzuge von 1773 nid)t mehr , und ihre Feldherren ſaben alle ihre Mühe , den Krieg auf das jenſeitige Donauufer zu ſpielen , vereis telt. In derſelben Zeit erſchütterte Pugatſdyeffs Empõe , rung 2) den Chron dieſer Fürſtinn , und , ermuthigt durch

dieß Ereigniß , wollten die Türken keinen Friedensantrag annehmen. Aber im Jahr darauf ging Romanzow über den 1 ) Oeuvr. posth . V, 1. - Révolutions de Pologne II. Koch histoire des traités relatifs au démembrement de la

Pologne. III, 370, - Keith's dispatches,. a) bierüber und daß Pugatſcheff fich Peter III, nannte , ro meine Reiſe nach Poblen , Rusland xc.

1

330 Hundertundneunzehntes Kapitel. 1769–1777. Fluß und ſchloß das ottomanniſche Heer in den bulgariſden Gebirgen ein. Eine Meuterei ſeiner Sdaaren gwang den

Grovezier , die vom ruſſiſchen General gemadyten Bedin. gungen zu unterſdreiben . Mit dein ful Samiardji unters

zeichneten Vertrag , ficherte Katharine II. die linabhäns gigkeit der Krimm , erbielt freie Sdifffahrt auf den türkis fd, en Meeren und bekam die Feſtungen Kertſd) , Yenikale , Kinburn mit ihrem Gebietb , wie zuf und die große und kleine Robardei. Sie gab den Türken alle übrigen Erobe. rungen wieder ; aber als ſie ihnen die Moldau und Wale ladyei wiedergab , forderte ſie für die Bewohner Vorred.

te , deren Gewährleiſtung Rußland das Redit gas , fid) in die innern Angelegenheiten dieſer Landſd aften ju miz ſden . Nad dieſem rübmliden Friedensſdyluß konnte Ka:

tharine II. Pugatſdeffs Empörung erſticken und ihr Uu : gerimerk nuf Pohlen richten.

Nicht ohne Unrube batte die Kaiſerinn Königinn das Glück der Ruſſen mit angeſehen. Baron Thugut , ihr Bes vollmädytigter bei der forſianiſchen Verſammlung , hatte 1

als Mittler fo viel Vorliebe für die Türken gezeigt , daß Katharine II. keinen ſtreid iſchen Bevollmächtigten wie.

der ju der bucareſter Verſammlung laſſen 'wollte. Wib. rend des leßten Feldzugs verhehlte Marie Thereſie gar

nid)t, daß fie ihr Bündniß mit der Pforte zu erneuern ges ſonnen ſei; und als Romanzoff über die Donau gegangen war und Orloff die Dardanelen bewältigen wollte , ero klärte fie , fie glaube ein Heer ins Feld ſtellen zu müſs fen , um die Zerſtückelung des türkifdyen Reidys zu verhü 1

ten. Aber noch ſchmerzlidyer war ihr ein Friedensídluß , der Rußlands Macht mehrte. Ihre Beſorgniß war nicht ungegründet. Katharine II. verlangte von dem Wiener

und berliner Hof, ſich an den Theilungsvertrag zu halten , warf dem Wiener ſogar die Erpreſſungen ſeiner S dyaaren in Pohlen vor , und entriß ihm des Kaiſers bemüthigen.

pen Widerruf. Marie Sberejie gab das Weggenommene

331

Marie Thereftes

zuerſt beraus , und der König von Preußen folgte ihrem Beiſpiel , als er ſeinen Raub nicht geſeßlich billigen fabe. 1

+

I

Deßungeadytet ward der Abſchluß dieſer ſchimpfliden Ane

gelegenheit bis auf das Jahr 1777 hinausgeſchoben ,1 wo die drei Mädyte fid ungefähr mit dem , was ihnen der erfte Theilungsvertrag zuerkannt , begnügten 1). Konnte aber die Kaiſerinn Königinn ibre Uſurpatios nen in Pohlen nid )t erweitern , ro fand ſie in dem Erwerb

der Bukowine ein Entſdjädigungsmittel.

Während der

Unterhandlungen zu Ramiardii batte ſie mit Beiſtimmung der Türken dieß land von ihren Schaaren befeßen laffen ,

um ſo die Rückgabe der Moldau und Wadadjei zu fidern . Dieſen Erwerb wollte Katharine II. nicht gelten laffen ;

Marie Thereſie erreichte aber ihre Ubſicht durch ihre Ges fälligkeit in Hinſicht Pohlens, und dadurch daß ſie den zwiſdien Rußland und der ottomannſden Pforte über

die Unabhängigkeit der Krimm entftandenen Streit benuß. te ; und ſomit erreidyte fie durd, eine am 5. Febr. 1777

unterzeidunete Uebereinkunft von der Pforte die völlige Abs tretung der Bukowine 2).

1) R. Keith's dispatches.

.

Oeuvr. posth . V , 1. 4.

>) Oeuvr. posth. V, 202.

/

332 Hundertundzwanzigſtes Kapitel. 1777.

Hundert und g w angigftes Rapitel. 1777

Glückliche Lage des Hauſes Deftreid nach der Theilung von Pohlen . Seine Verhältniffe zum Hauſe Bourbon. -

Vermählung des Dauphin und der Erzherzoginn Marie Syſtem der öftreichiſchen Partei in Frant reich . Herzog von Choiſeul in Ungnade. Herzogs von Aiguillon Miniſterfebaft. Ludrigs XVI. Thron

Antoinette.

beſteigung. - Des Grafen von Bergennes Miniſterſchaft. Reiſe des Kaiſers nad Frankreich.

Nad) vollzogenem Theilungsvertrag war Deſtreid in der glücklidyſten Lage, und ſeine ſteigende Macht beunruhigte

fogar die übrigen europäiſchen Staaten. ' Es hatte ein Heer von 200,000 Mann , das vollkommen kriegsgeübt und bedeutend verſtärkbar war. Sein Schas war ſo wohl beras

then , daß die Einnahme zwei Millionen Kronen oder Thar ler jährlid, mehr betrug , als die Ausgabe. Aus Grunds faß und Neigung verabſd ,eute Marie Thereſie den Krieg 1

und wünſchte , ihr Leben in Frieden zu beſchließen. Aber der Kaiſer , ihr Sohn , ein ehrgeiziger und heftiger Fürſt ,

brannte , die Gränzen der " ſtreid iſdyen Staaten zu erweie tern und beſonders ſeinen Nahmen auszuzeichnen. Nach Franzens Tode mard der Conferenzrath , dem ſo lange die Leitung der Geſchäfte anvertraut worden war , aufgelöſt,

und Fürſt Kauniß erhielt als erſter Miniſter einen unbea gränzten Einfluß auf die Verhältniſſe zu den auswärtiger

333

Marie Thereſte.

Mädten 1 ). Er wußte lid zwiſden Mutter und Sohn , deren Gemüthsart und 2bfid )ten To gang entgegengeſett >

waren , in vollkommenem Gleid,gewidyt zu erhalten , und rein Hauptbeſtreben ging - beſonders dahin , das Bündniß mit Frankreid , weldjes in den lektverfioffenen Jahren mehre mahls ju zerreißen drohte , ju unterhalten.

Der Herzog von Choiſeul', der ſeine Erhebung dem Wiener Hof verdankte , hatte aud ſtets deſſen Beſtes bes fördert. Die Vereinigung der Häuſer Deſtreich und Bours bon war durch vier Permählungen befeſtigt worden , und im Sahr 1770 batte die Erzherzoginn Marie Antoinette den Dauphin geeblidt. : Dieß war faſt die lebte Verhands lung des Herzogs von Choiſeul, deffen Fall eine merkwür.

dige Beränderung in dem Oyſtem des verſailler Hofs im Bezug auf den Wiener veranlaßte. Die Abſidyten dieſes Miniſters waren ſogar beſtändig von einer antiöſtreichiſden

Partei durdykreuzt worden , weldje nach ſeiner Entlaſſung das Steuer ergriff. Unter des Cardinals Ridelieu Verwaltung war die

Nebenbuhlſdaft der Huuſer Bourbon und Deſtreid , in ein Syſtem gebrad )t worden. Das erſtere minderte glücks lidh den Einfluß und zerſtückte mehrere Länder des zwei

ten, durch Verbindung mit einigen untergeordneten Mäd). ten , und , indem es itil Reide ſelbſt eine Partei gegert

das Reid;goberhaupt bildete ; am Ende bekam es die Kroz ne Spaniens. Dieß Benehmen ward unwandelbar poin franzöfiſden Hof bis zur Regentſd aft des Herzog von Orleant , der mit England und Deſtreid, einen Bundes: !

vertrag (dyloß , beibehalten.

418 Cardinal Fleury beide

Zweige des bourboniſchen Hauſes einander genähert hatte , kam das antiſtreichiſche Syſtem in Aufnahme ; und Franke reid bewirkte , daß Neapel, Sicilien und die jenſeit der 1

Donau gelegenen landſd;aften von der Öſtreichiſchen Mo: 1) Keith's dispatches.

334 Hundertundzwanzigftes Sapitel. 1777. nardjie losgeriffen wurden.

Nad, Karls VI. Tode vereilu

te der verſailler Hof die europäiſden Mädyte rom zwei. ten Range gegen die Königinn von Ungarn. Sein Haupte sweck wurde verfehlt , aber das Haus Deſtreid, ward durch den Berluſt Schleſiens und des Herzogthums Parma ge ſá, wädyt, und nur durch Marie Thereſiens Heldenmuth ,

nur durd, den Eifer ihrer Unterthanen und Englands Bei. ſtand von völligen Untergange gerettet. Seit dem aadıner Frieden entſtanden unvermerkt andes re Grundfäre, und unter dem Vortritt der Marquiſe von

Pompadour erhob ſid, dort eine öftreidiſde Partei. Aber die Anhänger des alten Syſtems müßten einen Briefwech ſel, weld )en der König mit ſeinen Geſdyäftsführerit an ver. fd iedenen Höfen Europa's unterhielt , mittelſt des Pringen Conti, des Hauptes der antiöfireichidyen Partei. So konn: ten ſie Denkſdriften und Entwürfe im Geiſte des alten

Syſtems, weld)es troß ihrer Bemühungen dody -beſeitigt wurde , an den König gelangen laſſen ; und die beiden gro. Ben Häuſer , die ſich bis dahin befehdet hatten , ſchloſſen ein Bündniß , wodurch die untergeordneten Mädyte in ihr Nid; t& zurückgewieſen wurden. Unzufrieden mit dieſer ſtaatsklugen Veränderung begab ſich Prinz Conti der Lei.

tung des Briefwedſel8, und der König übertrug fie dem Grafen, Broglio , Deſtreids erklärtem Feinde 1 ).

linter dieſen Umſtänden brad , der ſiebenjährige Krieg aus und der Herzog von Choiſeul ward Miniſter ; dieß ordnete den verſailler Şof dem Wiener unter. aber die

Unfälle, welde die franzöſiſden Heere erlitten , nd die demüthigenden Friedensbedingungen gaben der Deſtreid, ents gegengelegten Partei das Ilebergewidt, welde , vom Dau

phin geleitet, den geheimen Briefwed ,ſel braudste , die 1) Man rebe das Wert , das den Titel führt: Politique de tous les cabinets de l'Europe. Dort find anziehende Eins

zelbeiten im Betreff dieſes Briefrechſels.

1

Marie Therefte.

335

Mafregeln des Herzogs zu verſdyreien, und das neue Bünd.

niß als ein Frankreich Ehre und Heil zuwiderlaufendes darzuſtellen. Der Tod der Marquiſe von Pompadour , der im Jahr 1764 erfolgte, gab Choiſeul den Angriffen 1

ſeiner Feinde immer mehr und mehr Preis. Sie beſdjuldiga ten ihn fogar, er habe den Dauphin und mehrere Glieder des

Königlid,en Hauſes , welde um dieſe Zeit ſtarben , vergife 1

tet , und madyten ihn äußerſt verhaft. Inzwiſden bebaup: tete er fid, dod, auf ſeiner Stelle und hoffte , ſein Unſebent durd, die Vermählung des zweiten Dauphing und der Erzs berzoginn Marie Antoinette wieder zu befeſtigen . Uber

die Partei , welche ihn ſtürzen wollte, hatte an ihrer Spit je den Herzog von Aiguillon , den Bruderfeukel des Care dinals Ridelieu , und wurde von der neuen Gebietherinn Ludwigs XVI. Frau von du Barry , unterſtüßt deren Er .

hebung fid Choiſeul widerſebt hatte. Das ſd einbar gute Þernehmen zwiſd) en dem Wiener und berliner Hof trug

dazu bei , ihn immer minder beliebt bei dem Bolfe zu ma. 1

dyen, und durd) ſein Streben , Frankreich im Betreff der Falklandinſeln in einem Krieg mit

1770

England zu verwickeln , beſchleunigte er ſeinen Fau.

Sein Nadfolger war der Herzog von Uiguiñon , der die Berhältniſſe mit Preußen ſehnlich it herzuſtellen wünſd )te ; und der verſailler und Wiener Hof erkalteten gegen einander.

Die wegen Pohlens Theilung genommenen

Maßregeln gaben neuen Anlaß zu Mifvergnügen. Sein Verfahren zu entſd ;uldigen , erklärte der Wiener Hof , er 1

habe die Zerſtückelung nid) t hintertreiben können , habe den kleinſten Sheil genommen und nur die Raubgier Rußlands

und Preußens zu beſdıränken beabſidytet. Graf Mercy , der Geſandre dieſes Hofs , warf ſogar dem Herzog von Liguils 1

lon feine in Bezug auf Friedrich II. gethanen Schritte vor und fagte , Deftreid, babe , wie es ſo von Frankreich der , lapfen geweſen , keinen andern , als den eingeldlagene :

336 Hundertundzwanzigſtes Kapitel. 1777 . Weg wählen können , um das Ungewitter, welches ihm ger drobt , zu beld woren 1).

Wufgebradyt über dieſe Vorwürfe wendete der Herzog von Äiguillon atle Beredſamkeit an , um die Falſdheit des bftreichiſchen gebeimen Staatsraths augeuſdernlich darzus

thun , und ſud ;te die Miniſter feines Hofs anzufachen . Er behauptete , ein Bündniß zwiſden Frankreid ), Großbritan : nien , Spanien und @ardinien wäre das einzige Mittel , den unter einander theilenden Mädyten ein Gegengewicht

entgegenzuſtellen. Er madyte fogar England in Rochefort3 Perſon den Antrag , zur Verhütung der Zerſtückelung Pobo len's ein aus franzöſiſden und engliſdhen S driffen beſtes hendes Geidy wader auf das baltiſde Meer zu ſenden .

Da

dieſer Antrag kalt aufgenommen warb , mußte der Herzog die Vollziehung des Theilungsvertrags ftill mit anſehen 2). Nach Ludwigs XV. Tode ( d)meichelte fid, der Wiener Hof , ſein llebergewidyt, über den verſailler Şof wieder zu erlangen. " Dieſe Erwartung trog ihn durd)aus. Ludwig XVI. , wie ergeben er auch ſeiner Gemahlinn war , geſtats tete ihr dod; keine Einmiſchung in Staatsſachen und ſchenk. te ſein ganzes Vertrauen dem Grafen Maurepas ,1 der ihm vom Dauphin , feinem Vater , empfohlen 3) und der öft .

reidyiſd en Partei feind war. Maurepas bewirkte die Ent: laſſung des Herzog von Aiguillon und Graf Bergennes

überkam die Behörde der auswärtigen Angelegenheiten ; ein 1) Politique de tous les cabinets de l'Europe. I, 164 . ) Rochefort's dispatches.

3) Ludwig XVI. beſtärkte in ſeinem Entſchluß eine Denk, ſchrift , welche nach feines Vaters Befehl ihm an Sage ſeiner Thronbeſteigung zugeſtellt wurde. Darin wurde das

Haus Deftreich als natürlicher Feind des franzöſiſchen an: gefeben . Das Unglüct, welches aus dem verfaider Vertrag entſtanden war, wurde darin mit lebhaften Farben geſchil,

dert und die Nothwendigkeit, ein neues Syſtem zu begrün , den , fühlbar gemacht.

Marie Thereſie.

337

kalter , tieffd ,auender , vollkommen gewandter Mann , der Tidy bei ſeinen Geſandtſdyaften nad) Konſtantinopel und Stockholm ausgezeichnet und dieſelben Grundfäße, wie der ,

weld ,er ihn erhoben , hatte . Er unterhielt , ohne Vorwiſs fen der Königinn , einen Briefwed fel mit dem König , ers neuerte insgebeim die Freundidj aftsverbältniffe mit Fried. 1

rid ) II., und indem er den Wiener Hof durch ſeine Pers 7

ſpredjungen in den weſentlid )ſten Puncten leitete, madyte er dem jungen Fürſten die Nothwendigkeit einſeudytend,

Preußens Madyt ju ftüten und jeder neuen Vergrößerung des öſtreid, iſd) en Haufes entgegenzuwirken , um Frankreid )s Einfluß auf Deutſdyland zu befeſtigen und England von Staaten des feſten Landes zu ſcheiden.

Dieſen Grundfab nahm ludwig XVI. an und madyte ihn zur Kidítſchnưr feines Verhaltens. Uus a ditung geo gen die Berträge , aus Ergebeuheit und Hodjadytung für die Königinn und weil er die damit verbundenen Vortheile

wohl einſabe, unterhielt er das Bündniß mit dem Hauſe Deſtreidy; aber nidyt minder forgfältig , wenn audy insges

beim , pflegte er der Freundſd)aft mit Preußen und den untergeordneten Staaten .

Er würdigte ganz gerecht die

friedlichen Geſinnungen Marie Thereſiens , für welche er faft Sohnes Zärtlichkeit hegte ; auds war er überzeugt, daß fürit Kaunih aufrichtig das Bündniß auf beiden Mädy ten gleicvortheilhafte Bedingungen zu erhalten wünfche; aber er hatte eine ungünſtige Meinung von dem Kaiſer , Teinem Sd;wager , deſſen Einmiſdung atein er das Bűndo niß Deſtreid ) $ mit Rußland , die Theilung Poblens und

die Händel mit der Buckowine zuſdyrieb. Dieſe Beweggründe und dieſe Politik erklären das

ganje Benehmen des perſailler Hofs und ſeine ſcheinbare

Folgewidrigkeit , wenn er in unbedeutenden Dingen Deſts reds Beſtes förderte , allen neuen Vergrößerungverſudjen aber widerſtrebte.

Corr's Gefchichte Deft. IV . B.

338 Hundertundzwanzigſies Kapitel. 1777. Der Wiener Sof nahm es ſehr body auf , daß.man

ohne reine Theilnahme ein Miniſterium gebildet hatte , und der Kaiſer 1 ) bezeugte die größte Abneigung gegen deit

franzöſiſden Hof und das franzöſiſde. Volk. Luth) Fürſt Kauniß konnte ſeinien Spott über die neuen Miniſter und ihre Maßregeln nidt laffen . Kurz der ganze öftreidyiſde geheime Staatsrath ſchien wieder Vorliebe für England zu

fühlen. Während der Interhandlungen über die Theilung Pohlens war der Wiener Hof gegen den verſailler äußerſt juruckba tend 2) ; aber kaum war die lingerechtigkeit bes

gangen , ſo erregten die twglichen räuberiſchen Anmaßuns gen Rußlands über die Türkei Deftreid ;s Veid. Einer ſo furd) tbaren Madt cas Gegengewidyt zu halten und Frank

reid )s Vertrauen wieder zll gewinnen , wurde Baron Thu: gut nad Paris seſendet, ein S djurbindniß für die Türs ken gegen Rußland anzutragen . Der franzöfide Staats: rath , der Katharine II. nid)t beleidigen wollte , lehnte den Antrag ab unter dem Porwand , es niöchte ein ſolches

Bündniß Europa beunruhigen , und vüre ia Zeit , es zu fd ließen , wenn der ottomanniſdyen Pforte wirklıd) ein Angriff drobte 3 )....

Nad) dieſem Raube begab fid der Kaiſer , welcher die wahren Geſinnungen des verſailler Hofs kennen lernen und 1

auf die Koniginn , feine Sdweſier , einwirken wollte , nad Frankreid).. Längſt ſchon batte er dieje Reiſe fich vor , 2) Ich habe den Winter von 1777 bis 1778 in Wien zuges. bracht und die Ehre gehabt, den Siaifer oft in Häuſern zu ſehen , wo er wie ein Privatmann zum Beſuch hintam. Man konnte es, iom wohl abmerken , daß er kein Freund

des Hauſes Bourbon war, und er ließ ſich ſelter die Ges legenheit entgehen, einen beißenden Spott gegen die Frans 30fen zu äußeru.

2) Keith's dispatches. 3 ) Examen de la situation pol. de la France , Soulavie Mém. de Louis XVI, V , 48. 49.

. Marie Thereſe.

339

genommen , immer aber hatte ihn die geheime Feindſelige keit des franzöriſchen Staatsraths und Ludwigs XVI. Dis derſtreben abgehalten , deffen Stimmung feinem S dywa. .

ger immer nad, theiliger wurde. Die antiöſtreichifdye Pare tei bezüd)tigte Joſeph , er tradyte den Türken Bosnien und Servien , den Venetianern Friaul zu entreißen , wollte ſich I

nad, des Kurfürſten Code Baierns' bemächtigen und auch nad, Lothringen und Elſaß , dem alten Erbtheil ſeiner Aha

nen , gelüfte ibn . Er ward ſehr ſd,meidzelhaft aufgenome men ; aber in allem , was Staatsangelegenheiten betraf , war man kalt und zurückhaltend gegen ihn. Joſephs Eitels keit mard verlegt und er kehrte den Franzoſen , die er ein

leid;tſinniges, untaugliches Volk nangte , nur nod entfreme deter nach Wien zurüd. Er beſduldigte den verſailler geo beimen Staatsrath , er heide ihn ſeiner Gaben , fürdyte

das lebergemid;t, das er vielleidyt dereinſt in Europa bes kommen möchte und ſei gegen Deftreid, ganz feindlich ges ftimmt 2) .

» ?

1) Lettres de Louis XVI. a M. de Vergennes , et de M , her Verg. à Louis XVI . Soulavie mém . IV, 538 - 340: 2) Keith's dispatches.'

340 Hund. ein u. zwanzigſtes Kapitel. 1777-1779.

17

Sinisais

Hundert ein und zwanzig fees Kapitel. 1777

177 ).

Der Kurfürſt von Baiern ftirbt.

Erbfolgeſtreit.

zwiſchen Deftreich und Preußen . —

Strieg

Briefwechſel zmifchen

Joſeph II. und Friedrich II. Vergebliche Mühe der Sie wirkt Kaiſerinn Königinn um einen Vergleich. Frankreichs und Nußlands Vermittlung aus. Zuſam tunft in Teſchen. - Friedensſchluß.

Kaum war Joſeph 11. von ſeiner Reiſe nad, Frankreid,, ' ;

zurück , -als der Tod des Kurfürſten von Baiern , der obe me männlid)e Nachkommen ſtarb , dem Hauſe Deſtreid ) eis ne günſtige Gelegenheit darzubiethen ſchien , die Gränzen feiner Staaten wiederum weiter hinaus zu rücken , und die Kriegsfackel aufs neue in Deutſchland entzündete. Karl Theodor , Kurfürſt von der Pfalz , ward allge. mein als Erbe alles deſſen , was nidt Frauenleben oder Allodialgüter waren , angeſehen. Das baieri(d)e und pfäls jer Haus ſtammte von Otto von Wittelsbach ab, der 1180 , als Heinrich der Löwe , Herzog von Sadyſen und Baiern , in die Reidysadyr erklärt worden , von Friedrid, I. mit dem

Herzogthum Baiern belehnt wurde. Ludwig , Otto's Sohn und Erbe , vereinte durch eine Heirath die rheiniſche Pfalz .

und die Kurfürſtenwürde mit dieſem Herzogthum . Ihm folgte Otto der Erlaudite , nady deffen Zede Oberbaiern und die Pfalz an Ludwig den Strengen , ſeinen Sohn , und

Marie Thereſte.

341

Niederbajern an ſeinen zweiten Sohn , Heinrich , fiel. Ludwigs länder wurden unter ſeine beiden Söhne , Rus

dolph und Ludwig , getheilt. Rudolph , welcher Kurfürſt von der Pfalz wurde , war der Stamm des rudolphiſchen Zweiges. Ludwig , der jüngere und nachher -zur Kaiſers würde erhobene , war Herzog von Oberbaiern und Stamm *

des ludwigiſdjen Zweiges.

Dieſe Theilung ward durch

den Vertrag zu Pavia beſtätigt und erneuert , welchen bei. de Zweige im Jahre 1329 fdloffen , und worin ſie ſich das hin vertrugen , daß ihre Länder untbeilbar und unveräußer. lid ) ſeyn , und wenn einer Seits die männlide Linie er : Tofdye 1, die Länder der erloſdenen der andern angehören

fouten. Im Jahr darauf nahm Ludwig Beſiß von Nies Terbaiern , weil Jobann , Heinrid )s Enkel , féin Dheim ,

kinderlos geſtorben war. Da aber dieſe Beſignahme für ungeſeklid , gebalten wurde , fo machte der pfälzer Zweig

sud, dem Tode dieſes Fürſten feine Rechte wieder gültig und verkaufte fein Erbtheil für Geld und unter dem Bes

ding , daß es , in Erinangelung des ludwigiſchen Zweiges , ihm oder ſeinen Nachkommen wieder beimfiele 1). Hiers auf theilte ſid, der ludwigiſdje Zweig. Stephan , Lud. wigs älteſter Sohn bekam Oberbaiern. Albredyt , fein Bruder , der Niederbaiern bekam , war Stamm des ſtrau . binger Zweiges 2). Da Jobann , Albredits Sohn , ohne männliche Nadıkommen ſtarb , fo erhob ſich ein Streit uber die Erbfolge in Niederbarern. Kaiſer Siegismund ertheilte es anfangs ſeinem Sdwiegerſohn , Albrecht, Her. 1

1

jog von Deſtreich , der es laut ſeiner Mutter , Ulbrechts

einzigen Todter , forderte , als Frauenleben , hierauf als ein dem Keide zuſtändiges Leben. A16 der Wiederførud

der Stände Siegismund zwang, dieſe Bewilligung zurück: 1) Heinrich , VIII, 641 .

2) Straubingen ift die Hauptffabt in Niederbaiern.

1

342 Sund. ein u.zwanzigſtes Kapitel. 1777-1779. funebmen , gab er Niederbaiern dem ludwigiſden zweige wieder, der Albredyts Berzidytleiſtung mit Geld erkaufte 1 ).

Seit dieſer Zeit bat der ludwigiſdie Zweig , der nadyber der wilhelmiſde bietz ), Ober : und Niederbaiern behalten

und ſeine Beſikungen haben ſich mittelſt neuer Lehengüter , 1

womir ibn die Fürſten aus dem Hauſe Deſtreid ), als Kais fer und Könige von Bobmen , belebut, vermehrt. Dieſer Zweig erloſch mit Marimilian Jofeph , dem lebten Kur.

fürſten ; und Karl Theodor , das Haupt der rudolphiſden Linie , ſtellte das geſammte Haus Baiern vor.

ܽ‫ܕ‬

Karl Theodors Redyt auf die ganze Erbfolge , mit Ausnahme der Ulodien , gründete fich). 1. auf den Vertrag von Pavia , der vom Kaiſer rechtsträftig gemacht , von al

len Kurfürſten beſtätigt und durc, mehrere Familienverträge erneut war ; 2, auf die goldene Bulle, weldje die Erbfolge. reibe und die Untbeilbarkeit des Gebieths in den kurfürſts liden Häuſern beſtimmt; auf den 4. Artikel im weſtphälis

(d)en Frieden , weldjer dem pfälzer Zweig den Heimfad des neunten Kurfürſtenthums gewährleisiete. Der Kurfürſt von Sadyren forderte , laut des Nied ). tes ſeiner Mutter , der Sd)weſter des verſtorbenen Kurs

fürſten , alle Alodien , die er 47 Millionen Gulbenanſdilug. Der Herzog von Mecklenburg . dywerin forderte die Landgrafſd)aft Leuchtenberg, fraft der Belebuung , weld) e Heinrid) , einer ſeiner ahuen, 1602 pom Kaiſer Marimis han erbalten.

Dem Hauſe Deſtreid, gelüſtete ſdon lange nad Bais ern. Um die Plodien zu erwerben , hatte Joſeph II. "Na rie Joſepbe , die Sdyweiter des verſtorbenen Kurfürſten , gebeiratbet , die nid) t ſonderlich reißend war; da fie aber

ohne Kinder geſtorben war , ſo gab der Wiener Hof ande,

1) Heinrich VIII, 643. » Dieren Nahmen bekam er vom Herzog Wilhelm von Baiern , der 1550 ftarb.

Marie Therefte.

343

re Anſprüde an , welde faſt die Hälfte des Erbes betra. fen . Als Königinn von Böhmen forderte Marie Thereſie

alle diejenigen oberpfälzer Leben , weldse ſeit dem Vertrag von Paria dem baieriſden Zweige von den Herrſdyern dies ſes Reidis ertheilt worden waren. Ulf Erzhertoginn com Deireid) und Stellvertreterinn von Albredt, gründete fie

ihre 24: fprüche auf die von S : egismund ertheilte Belehrung.

Aud; Mindelheim in Sdywaben forderte ſie laut einer Heim. fallsurkunde , weld ) e 1614 Matthias ausgeſtellt -und die folgenden Kaiſer beſtätigt hatten. Joſeph II . forderte als dem Reich zuſtändige Männer:

lehen die landgrafſchaft Leudstenberg , die Grafſchaften Wolfſtein ., Haag , Sdabeck und Hals , wie andere unbes deutendere Lesen .

Saum hatte der Kurfürſt von Baiern die Blattern bes

Fornmen , woran er farb , fo ließ der Wiener Hof feite daaren nach den Grängen ausziehen. Da er die Mi. niſter dieſes Fürfien gewonner: hatte , ſo wurden die Thos re ron Münden geldloffen , ſobald der Furſt den legten Athenijug gethan batte , und fünf Tage lang durfte nur ein Eilborbe aus der Stadt , werden der Reſident von Deſt reid, entſendete. Auf der Stelle rückten die ſtreid iſden

daaren in das Kurfürſtenthum ein und nahmen die län: der , weld ) e ihre Herrid ;er forderten , in Beſik. Der Kurs fürſt von der Pfalz madile Einwendungen dagegen und be. gab ſid nad , Mündert, um fid, dort von ſeinen lintertha. nen huldigen zu laſſen . Aber es ergab ſidi bald , daß er : .

fidy ſchon auf einen Vergleid, eingelaſſen . Im 3. Januar hatte ſein Miniſter einen Vertrag unterzeidynet , durd) welchen der Fürt die Nedite des Hauſes Deſtreid, anter . kannte , und den er am 15. genehmigte. Man fatte rei. ne Zuſtimmung durch das Verſpreden erhalten , daß man

einen natürlidyen Sohn , den er hatte , vortheilhaft vero forgen wolle ; unb , da er ohne redytmäßige Erben war , hatte er unbedenklid den Burtheil ſeines muthmabliden

344 Hund , ein u. zwanzigſtes Kapitel. 1777-1779. Erben , des Herzog$ von Zweibrücken , der von einer Seie 1

tenlinie des rudolphiſdyen Zweiges entſprang , aufgeopfert, Am 20. Jan. übergab Fürſt Kauniß den Geſandten der froinden Mädyte eine Note , worin er die Anſprüde

des Kaiſers und Marie Thereſiens kurz augab. Der Wies ner Hof glaubte jid, des glücklid en Erfolgs ganz verſidyert. Er rednete auf Frankreids Mitwirkung ; Rußland war

im Betreff der Krimm in Streitigkeiten verwickelt; Enge Lund war ganz mit Unterſtükung ſeiner Niederlaſſung in Amerika beſdyäftigt , der König von Preußen , meinte 1

man , würde alt und kränklid wie er war , ſich den Kriegs. mübralen nid )t auslegen und gegen alle von Frankreidy uns terſtütte Madt des Hauſes Deſtreid ) anfämfpen. In dies

ſer Meinung beſtärkte Friedridis rd einbare Unthätigkeit. Der dylaue Fürſt war aber ſdon mit der verſailler und

Petersburger Hof einig. Der erſte wollte , feinern Syſtem treu , die Pergrößerung des Hauſes Deſtreid, nid )t offens

bar durchkreuzen , wünſdite aber eifrig, ſie zu hindern. Den zweiten gelang Friedridien zu überreden , ihm müſſe daran gelegen ſeyn , jede Aenderung , wie ſie audy fenn módyte, im Reid) skörper zu verhüten .

Beider nun ver.

ſichert, beſtiinmte er den Herzog von Zweibrücken, 16. März eine Einrede beim Neid stage und eine Berufung auf Preußen und Frankreich einzureiden . Daf. felbe that der Kurfürſt vont Sadſen , und als Friedrid, ein

Redyt hatte , in der Sade mit zu ſprechen , fing er ſogleid, einen Federkrieg mit dem Wiener Hof an .

Er behauptet ,

nady dem Lebenſyſtem und dein Vertrag von Pavia , wel. cher durd, die goldne Bulle und den wejiphäliſden Frieden beſtätigt , durd) Familienverträge , deren zwei der Kurfürſt von der Pfalz ſelbſt mit abgeſd loſſen , erneuert worden , ſei 1

Baierns Erbe untbeilbar und unveräußerlid ). Er verwarf den ohne Zuſtimmung des Herzogs von Zweibrücken , als muthmaßlichen Erbens, mit dem Kurfürſten von der Pfalz

geſchloſſenen Vergleich als gegen die Reichsgeſeke laufend

1

Marie Thereſie.

345 :

und ein heillos Beifpiel gebend. Aud) bezüd;tigte er den Kaiſer verlebter Capitulation, weil er eine ſo geſetwidrige

Handlung gutgeheißen , weil er einige Theile Baierns mit bftreid iſchen Schaaren beſeken laſſen , und ſie ohne Billie gung der Reidysſtände ertheilt habe. Der Wiener Hof ſtüßte ſid , auf die häufigen Berän :

derungen und Theilungen zwiſden mehreren Zweigen des bairiſden Hauſes un läuguete die Untheilbarkeit des Ers bes. Er jog den Vergleid, von Pavia in Zweifel , als wele den man nie ganz vorgezeigt habe , und behauptete , ſpäs

tere Familienverträge könnten den Rechten eines andern Hauſes keinen Abbrud thun ; beitritt den von der goldnen

Bulle bergenommenen Beweis , weil dieſe tirkunde die Ilus theilbarkeit nur für die kurfürſtlid, en linder beſtimme und

Baiern damahls , als die Bulle berausgekommen , nicht unter dieſen geweſen. Onlangend den mit dem Kurfürſten von der Pfalz geſchloſſenen Vertrag erklärte er , er habe nichts den Reidysgeſehen Zuwiederlaufendes , da dieſe den

Staaten erlaubten , fid, zu dergleichen mit Vorbehalt der geſėkmäßigen Redyte eines Dritten , und weil ia dieſe 1

Freibeit verniditet werden würde , wenn ein in der Ange: legenheit fremder Staat ſich einmiſdite , und ſich zum Tiid )ter im Betrejf einer Erbfolge aufwerfen wollte; ein Porred; t , das nur dem Kaiſer gebühre. Uud, ſagte er , .

Joſeph II. habe ſeine Capitulation nid) t verleßt , weil er kein Redyt gebabt, fid, einem , von der Kaiſerinn Königinn und dem Kurfürſten von der Pfalz der goldnen Bulle ges mäß geldloffenen , Vertrag zu widerſeßen , inden Reid ) zuſtändigen Leben von den Kreis(daaren berent word den , indem er , weit entfernt , ohne Beitritt des Reid) s darüber zu verfügen , ſie nod, nicht ertheilt hätte und die Beſignehmungsurkunde den Redsten eines Dritten auf teine 1

Weiſe Eintrag thun würde. Joſeph II. erboth fid, ſeine Anſprüche der Entſdeidung des Reichstags zu ' unterwer . fen und gab vor , er ſei ſehr begierig , die Einwürfe des

346 Hund. ein u. zwanzigſtes Kapitel. 1777-1779. Kurfürſten von Sactoren , des Hauſes Mecklenburg und des Herzogo von Zweibrücken zu vernehmen , und zwifden ih: sen und der Kaiſerin einen Vergleich zu pflegen . Endlich antwortete man darauf, daß der

firſt von der Pfalz

einen Theil des Erbes feines Hauſes nid;t hätte können auf ein anderes Haus übertragen : daß dieſer Fürſt als Haupts erbe und redytmäßiger Beſiger ein Redyt habe , über jeden

Theil ſeiner länder , ſo lange er lebte , j ! verfügen und daß die Anſprüde des Herzogs von Zweibrücken nur zus Talig wären , wenn durd, Karl Theodors Ubiterben ohne

Siadykommen , Er Srelloertreter des Hauſes geworden wäre 1 ) .

· Während der Erörterung dieſer Ungelegenheit, werde am Ende auf dem Nie dysrag angebracht wurde, rüſtete man fich beider Seite zuin Sriege , und Joſeph und Friedrid )

begaben fich , der eine rady Sdílejien , der andere nach .

Böömen , um die Befehligung ihrer beiderſeitigen Heere ju überneomen . Unter dieſen Umſtänden eröffnete der Kaiſer , der die Hoffnung auf Frankreichs Beitrit verloren hatte ,

einen beſondern Briefwedſel mit dem König von Preußen. Seinem erſten Briefe fügte er den Entwurf eines Ver trags bei , kraft deifen Friedrid, die Rechtsgültigkeit des

zwiſdfen der Kaiſerinn Königinn und dem Kurfürſten von der Pfalz anerkemte , der Kaiſer aber im voraus die Eins

verleibung der Markgrafſdsaften Anſpad) und Baireuth in das Kurfürſtenthum Brandenburg , oder jeden Austauſd) ,

den der König von Preußen nad; feinen Verhältniſſen für gut fände , billigte. Auch beſagte der Entwurf , daß die neuen Erwerbländer nidt an die beiderſeitigen tänder grän jen ſollten 2). Friedrich), dem mehr daran gelegen war ,

1) Wir haben hierüber zu Rathe gezogen : Oeuvr, posth . und die beiderſeitigen Auffäße, welche in Herzbergs Recu eil des déductions, des traités etc. befindlich ſind.

2) Correspondance au sujet de la Bavière ingben Oeuvr. posth . V, 293.

Marie Thereſie.

347

Dejireidys Vergröjierung zu verhindern , als ſeine eigene 1

zu fördern , verwarf den Vorflag. Da der Briefwed ſel zwijden beiden Herrſchern immer unnüber wurde , verwiej ver König von Preußen , welcher argwöhnte, der Kaiſer welle nur Zeit gewinnen , die Sadje au ſeine Minister. Grar Cobenzl April wurde von der Kaiſerinn Königinn nad Berlin

mit Vollmadt entſendet, die Iluterhandlung fortzuſehen , die aber ohne Erfolg war. Endlid; erklärte der Faiſerliche Şof, wenn der König von Preußen die gemadyten Anträge nidir als Grundlage eines vorläuigen Vertrags annehmen wollte , ſo möchte aller gütlid )e Vergleich unmöglid) und 1

jede andere Erklärung überflüliig werden 1 ).

Im Monatb Mär ; batten fid, die beiderſeitiger Beere geſammelt, Joſeph II. nahm auf Beirath des Marſchalls Laſcy mit 100,000 Mann die berühmte Stellung bei Kö, nigingräß , oberhalb des Zuſammenfluſſes der Aster und 1

Elbe ; eine Stellung, weldie durd, mehrere Werke und leberſdwemmungen faſt unbezwingbar war. Marſdal Laudon follte mit einem Heer von 50,000 Mann die fäd )ſt

ſdhe und lauſiker Grinje vertheidigen. Der König 'von Preußen begann die Feindſeligkeiten mit einem Einfall in Böhmen am 5. Juli. Er nahm Nadyod , rückte bis an de Eise, ging nach Konigingräß und Jaromiß und folii . ſein Lager dein Kaiſer gegenüber auf. 1. Lug. Ein anderes preußiſch . ſächliches Heer unter Prinz Heinrich erzivang die Stellung bei Babel und made

te 1500 Gefangene. Dieſe Bewegung fwang laudon , fidy zurück zu fieben ; naddem er aber ſid, hinter der Sier in

Münchengräß feitgefekt, fidjerte er ſich die Verbindung mit dem kaiſerlid en Lager und decfte deſſen Seite. Ihn aus dieſer widytigen Stellung megzuziehen , begab ſids ein preußiſcher Harſt unter dem General Platen hinter ihn und 1) Herzberg II, 135.

348 Hund.ein u . zwanzigſtes Kapitel. 1777-1779. verbreitete in Prag Beſtürzung.

Laudon ſtand feſt und der Abtrab ging wieder zurück. Nachdem Fried:

14. Sept. rid , gewußtet , wendete er ſich wieder nady Sdileſien und Prinz Heinrid, jog jidh nad ) 23. Sepr. Böhmen und in die Laufis zurück. So endete ohue eine einzige Belagerung , ohne ein einzi. ges widstiges Creffen , dieſer ſonderbare Feldzug ,1 den ein junger Fürſt, der lid) auszuzeidynen brannte, an der Spike eines furdytbaren Heers begonnen hatte.

Die Haupturſadje dieſer Unthätigkeit lag..in Marie Thereſiens Unluſt , den Krieg fortzuſeßen , ind in dem Entſchluß, auf billige Bedingungen Frieden zu ſchließen. Der Tod des Herzogs ron Baiern hatte ſie ſebr beunru : higt 1) und ſie hätte den Kaiſer und den Fürſten Kaunik

gebethen , ihre Redyte rubig und unbefangen zu erwägen , und ſid, ja von ihrer Gültigkeit wob ! zu überzeugen , be por ſie irgend einen Theil des Erbes in Beſib nähmen . Joſeph hatte ſeine Hiße zwar fortgeriffen, obne jedoch jene friedfertige Geſinnung ganz zu vernid,ten. Uis das preu : Biſdie Heer in Böhmen eingefallen war , that die Kaiſerinn Kolliginn einen ganz beſondern Schritt, um, obne Mitwiſ ſen ihres Sohnes , einen Briefwechſel mit Friedrich ju eröffnen . Sie ſendete unter einem angebliden Charakter Baron Thugut zu ihm und ließ ihm folgende eigne Worte ſagen : nie ſei in Verzweiflung zu ſehen , wie ſie im Bes griff ſtänden , einander ihre vom Alter gebleidyten Haare auszureißen 2 ) ". Die dainabls ohne alle ſonſtige Einmis ſihung angeknüpfte Unterhandlung zwiſchen Marie Thereſie und Friedrid) hatte aber eben aud) keinen glücklidyern Er. folg , als die frühere. Die Kaiſerinn Königinn betrübte fid, darüber. Da Joſeph alle ihre Bemübungen , den

1) Keith to Lord Suffolk. (28. März und 21. April 1778 ). 2) Mitgetheilt von einem Freunde , der es von Baron Shu gut wußte.

349

Marie Thereſte.

Feindſeligkeiten ein Ende zu machen , durchkreuzte, fendete fie ihm einen neuen Friedendentwurf durch Graf Roſenberg. Der Kaiſer weigerte fidy ausdrücklid), ſo lange die Heere

nod im Felde ſtänden , die Unterbandlungen wieder anzue knüpfen . Er verbarg nicht, daß er die von ſeiner Mutter

angetragenen Bedingungen (dimpflich finde, und erklärte fogar , wenn die des Königs von Preußen angenommen würden , würde er fidy nad, Aadien zurückziehen und dort: bin wieder das alte Hoflager der Kaiſer verlegen. Die Sendung des Erzherzogs Leopold an ibn , der ihn beim Heere beſudyte, hatte nichts zur Folge , als die Entzwei:

ung zweier Brüder , die bither inf vollkommener Einigkeit gelebt hatten 1).

Eben fo fehr wiederſtrebte Marie Thereften aud) Fürſt

Kauniß ; er glaubte , alle ihre Mühe, die Unterhandlun : gin" wieder anzuknüpfen , ſei theils unzeitig , theils der Würde des Hauſes Deftreich unangemeſſen 2). Ueberzeugt , !

I

daß der Konig von Preuf,en den Frieden wünſdite , tadel

te er den gar zu großen Wunſch der Kaiſerinn , dem Krieg ein Ende zu madzen , außerordentlich frei und ſagte, mehr Feſtigkeit würde auch vortheilhaftere Bedingungen bewirs ken. Durd, ihres Sohnes Widerſtand zurückgehalten und durd ihres - Miniſters Beredſamkeit überzeugt, ließ Marie 1

Sherefie fid, die Fortfen ung der Feindſeligkeiten gefallen .

Indeffen tieß fie in ihren Bemühungen nid )t nad ), und , als der Feldzug beendigt war , rief ſie Frankreichs und Nub. Tands Vermittelung an ,

Der Vertrag von 1756 machte Frankreid, verbinda fidh , dem Hauſe Deſtreid; einen bedeutenden Schaarenharſt zu ſtellen , und der Wiener Hof erſudite dieſe Madyt mehr: mabts , ihre Schuldigkeit zu thun. Der franzöſiſche Staats. 1). Oeuvr. posth . V , 219. und Sept. 1770.) 2) Oeuvr. posth. V, 267..

Keith's dispatches. (Auguft

350 Hund. ein u. jwänzigſtes Kapitel. 1777–1779. rath befand ſich in großer Verlegenheit. Stellte er das Hülfsvoll, ſo founteer ju Deſtreid's Vergrößerung beis , in einen Landkrieg. Wollte er tragen und verwickelte ſid)

die Erfüllung des Vertrags immerfort verſchieben , ſo mußs te er fürd;ten, daß Oeſtreich wieder mit den Seemädyten

Verbindungen , anknüpfte. Die Forderung dieſes Hofs ward alſo unter allerlei Vorwand umgangen und eine Vermite telung angebotben . So lange Marie Sberefie nod, Beie ſtand zu erhalten , oder einen geſonderten Vergleid, du 'Idließen hoffte, lehnte fie Frankreid)$ Berwendung ab ;

als jie fid, aber in ihrer Erwartung getäuſd;t ſah , wens 1

dete ſie ſich wieder an den verſailler Hof , welder den 21.

trag , das Reich zu friedigen , mit Freuden annahm und die Friedrid, en gemadyten Anträge zu vertreten verſpradı. Der ruffiſden Kaiſerinn war ebenfalls daran gelegen ,

den Krieg in Deutſchland beendigt zu leben. Sie hatte nod, immer von Preußen ein Hulfågeld von 500,000 Kros nen unter der Bedingung bekommen , daß ſie dieſer Madyt

beiſtände , ſobald ſie ſelbſt mit der ottomanniiden Pforte Frieden gemadt bätte. Mithin hatte ſie kaum Unterbande lungen mit den Türken angeknüpft , als ſie auch erklärte,

wofern die Kaiſerinn Königinn den Reidysfürſten in Bes treff Baierns nid )t Genüge leiſtete , wurde ſie dem König pon Preußen deu ihm fdyuldigen Beiſtand leiſten ; und bald darauf ſendete fie einen Harſt von 20,000 Mann nad der

galliziſdzen, Gränzen ruſſiſchen Kaiſerinn überraſchte Die Erklärung der ruffördyen Marie Thereſien ,und mad te Fürſt Kaunie verlegen. Jos ſeph II. aber , war ſie willkommen . , Da der Friede mit den

Türken noch nid )t geldloſſen war , hoffte er , Katharine II. würde an den deutſd) en Händeln kennen , Tbeil nemen köns nen , und ſo entriß er ſeiner Mutter den Befehl zu einer Werbung von 24,000 Mann 1). 1) Oeuvr. posth, V, 267.

Marie Thereſie.

351

Ebe die Erklärung des petersburger Hofs dem Wies ner kund gemau t worden war , hatte die Kaiſerinn Könis

ginn Katharinens II. Perwendung in Anſpruch genommen und ſie gebetben , mit Frankreid) vereint zu wirken.

Da dieſer

Antrag angenommen ward , fo ſcrieb Marie Thereſie an die Kaiſerinn 1, „ um ihr ihre Ud ;tung, ihre Freundſchaft , ihr 1

Vertrauen und Ergebenbeit zu beweiſen .“ Sie ſuchte das Einrücken ihrer Sdaaren in Baieru zu rechtfertigen und berief fid ) auf die Mätigung , womit lie ihren Erwerb bers

auszugeben ſich erbothen , wenn der König von Preufen ſid, ſeiner widerred )tlichen Anſprüde auf die Markgraf (daften Anſpad) und Baireuth begåbe. Sie idyloß ihe ren Brief mit den Worten : ,, daß ohne alle andere Rück:

fidyten , als die Freude, Shro kaiſerlide Mai. Wünſden nad zukommen , ſie ihr allein die Wahl der Verſöönungs: 1

mittel überlaſe, welde ſie im Verein mit Se allerdir. Maj . für die billigſten , oder zur Herſtellung des Friedens

tauglidften erad )ten würde, überzeugt ; daß ſie ihr Heil und ihre Würde in keine beſſern Hände legen könne 1)." Dieſe Spradze ſd neid ,elte Katharinens Eitelkeit , ſo daß jie ihre Erklärung midt mit Nad )druck behauptete und ends lid, den frühern Entſdıluß , dein König von Preußen mit aller Madt beizuſtehen , aufgab.

Friedrid, dagegen , der auf Rußlands vollkommenſte Mitwirkung redynete und von Frankreid, insgeheim ermus thigt wurde , ſteigerte ſeine Forderungen :er verlangte fórins

lid )e Verzid )tung auf Faiern und eine Summe von 40 Mill. Kronen fur den Kurfürſten von Sadyfen . Er ward

in ſeiner Erwartung betrogen . Frankreich wollte eben so ; 1) Eigenhändiger Brief der Kaiſerinn Königinn an die rifs Tiſche Kaiſerinn. Ich habe mir , als ich in Petersburg war , eine Abſchrift genommen . S. auch hist, du règne do M. Th. 321 .

352Hund.eiu u.zwanzigſtes Kapitel. 1777-179. wohl Deſtreichs Bergrößerung hindern , als ſeine Ebre retten ; und Rußland , welches Marie Thereſie begütigt

hatte , wollte den neuen Antrag des Königs von Preußen , den der Wiener Hof mit Uuwillen verwarf , nicht unters ſtübcn . Die Feindſeligkeiten begannen wieder an der böhmis ( d) en und ſchleſiſchen Gränze. Da Friedrid, nicht unterſtübt

wurde , nahm er ſeine Forderung zurück und überließ dem franzöſiſdien Staatsrath einen Friedensentwurf faſt in der Art , wie ihn die Kaiſerinn Königinn julegt vorgeſdılagen hatte. Da Marie Thereſie ihn billigte , fo fdickte man ſich zu einer Zuſammenkunft an.

In der Zeit der Unterhandlung that Juſeph II. alles , um den Abfd )luß der Friedensartikel zu hintertreiben. Man war in Begriff, einen Waffenſtilſtand zu unterzeichnen , als er , um den König von Preußen zu Fortſerung der Feindſeligkeiten zu reißen , Neuſtadt voa 10,000 1

28. Febr. Mann beſdießen ließ. Aber die friedfertigen Ge: finnungen der Kaiſerinn Königinn und Friede 7. März rids vereitelten ſeine Abidt. Ein Waffenſtig . ſtand ward unterzeidynet , und die Zuſammen: kunft am 10. März in Teſchen , einer kleinen Stadt im öſte

reidyiſden Sdyrefien , eröffnet. Baron Breteuil , Frank: reids Bevollmächtigter , der Deſtreid ergeben war und von Marie Antoinette beſdyüßt ward , faßte einhellig mit

dem ruffiſden Bevollmächtigten die Friedensbedingungen ab ,' welde trok dem daß der Kaiſer fich widerfekte , was

auch der petersburger Hof mit der erhabenen Pforte vers bandelt haben módyte , am 13. , als dem Geburtstage der wohlwollenden Fürſtinn , welde Deutſchland To die Rus he wiedergab, untetjeidynet wurden .

Die Kaiſerinn Königinn und Kurfürſt von der Pfalz fofoffen einen Vertrag , welder den pom 3. Jan. 1778 vernid ) tete , und laut deffen dieſe Fürſtinn allem Anſpruch

auf die baierſde Erbfolge entſagte. Sie überließ dem Kurs fürſten die Feftung Mindelheim , und , um die ausgleie

1 1

Marie Thereſie.

353

dhung , weldse er mit dem König von Sachſen treffen ſolle te , zu erleidstern , trat ſie ihm alle Redste der böhmiſdyen

Krone auf die Herrſdaften Glaudya , Waldenburg und Lichtenſtein ab. Uud machte fid, Marie Thereſie anhei. fdig , dem Kurfürften die lehne zu verleiben , welde eben,

falls von diefer Krone abbingen und in der Oberpfalz lagen. Endlid, verſprad, fie, den Kaiſer und das Reid, zu erſus dien , daß ſie dem pfälzer Zweig die kaiſerlid en Leone

Baiern und Schwaben verleihen ſollten , welde der baierſdhe Zweig insbeſondere überkommen hatte. Dage: gon überließ der Kurfürſt dem Hauſe Deſtreid, den Theil des burkhauſener Kreiſes der zwiſchen der Donau, 3nn und der Calza liegt 1).

Aud zwiſchen dem Kurfürſten von der Pfalz und dem Kurfürſten von Sadyſen ward ein Vertrag geſchloſſen , kraft 1

deſſen erſterer an leßtern eine Summe von 6 Millionen Gulden zu zahlen , und ihm feine Herrenredyte auf

Glaucha , Waldenburg und Lidytenſtein gegen ſeine Anſprüde auf die Alodialgüter des Erbes abzutreten ſich anbeiſchig

madyte. Der Herzog von Zweibrücken trat als Erbe des pfälzer Hauſes beiden Verträgen beis An demſelben Tage ward im Rahmen der Kaiſerinit

Königinn und des Königs von Preußen ein Friedensvertrag unterzeichnet , weldrer die Familienverträge zwiſchen dem pfälzer und baierſdien Zweige verbürgte. Beide Herrſdier beſtätigten ebenfalls den zwiſdeu dem Kurfürſten von der

Pfalz und dem Kurfürſten von Sad)ſen geſdiloſſenen Vertrag. Die Kaiſerinn Königinn verſprad), fid, der Wiedervereis nigung der Markgrafſd,aften Anſpach und Baireuth mit den kurfürſtlichen Kronländern des Hauſes Brandenburg 1) Der burthaufener Kreis war ein vortheilhafter Erwerb , weil er , mie gering auch an Umfang , doch ſehr fruchtbar ift und das Erzherzogthum Deftreich unmittelbar mit Syrol verband.

Core's Geſchichte Deft. IV. B.

3

354 Hund. ein u . zwanzigſtes Kapitel. 1777-1779. nicht zu widerſeßen. Endlid, erhielt der Herzog von Meck

lenburg das Vorrecht, der Gerechtigkeit in ſeinem Lande ju pflegen , ohne Berufung auf die böhern Reichsge: Die vermittelnden Mädyte leiſteten Gewähr für dieſe Verträge. Jofeph II. trat als Erbe und 28. Febr. Mitregent der öſtreidiſden Staaten bei , 1780. und ſie wurden durd, eine Reidyêurkunde geneh.

ridte.

miget

1 ).

Marie Thereſie hat mehrmahs geäußert , daß in ihrer ganzen Regierung ſie nichts mehr erfreut babe , als der teſchener Friedensſcluß. Als ſie erfuhr , daß der König

Bon Preußen den von den vermittelnden Mädten angetra . genen Bedingungen beigetreten , rief fie : „Id, bin vor Freuden außer mir. Id, habe keine Vorliebe vor Friedrich , aber ich muß ihm die Gerecytigkeit wiederfah ren laſſen , er hat edel gehandelt. Er hatte mir vers !

ſprodjen , den Frieden auf billige Bedingungen ju mas den , und er hat Wort gebalten .

Es iſt für mich ein uns

ausſpred lidhjes Glück , daß id ferneres Blutvergießen ges hindert habe 2 )." Die Leitung der Baiern betreffenden Urterhandlungen war dem Fürſten Kauniß übertragen worden . Die Kaiſes rinn Königinn und der Staiſer bezeigten , entzückt von dem dabei bewieſenen Eifer und Kopf , ihm ihre völlige Zufries denbeit. Er hatte durch den Zwieſpalt der Meinungen zwiſchen Mutter und Sohn viel leiden müſſen , und kuum

war der Friede geſd loſſen , als er um ſeine Entlaſſung ans Oeuvr. posth. V , 1 ) Herzbergs recueil II, 267 391 . Koch II . Art. - : Mémoires de la guerre de 1778. Sefchner Friede. Dieß war feit Marie Thereſiens Thron beſteigung der einzige Friede , wobei das Saus Deftreich nichts an Land verlor.

3) Mittheilung der Perſon , zu welcher Marie Thereſie die ſagte.

Marie Thereſie.

355

hielt. ; Er konnte aber den Bitten der beiden Herrſdyer , 1

die in ihn drangen , das Staatsruder zu behalten , nid )t

miderſtehen , doch die Ernennung eines Unterkanzlers für Teine Behörde wirkte er aus , und auf ſein Unſud)en ward

Graf Philipp von Cobenzl ernannt , der Bevollmächtigter bei der te dhener Zuſammenkunft geweſen war, und Joſeph II. Bertrauen und Freundſchaft genos 1). 3 2

:

1 ) R. Keith to lord Suffolk. (22. Mai 1779 ).

356 Hund. zwei u. zwanzigftes Kap. 1779--1780.

Hundert zweiundzwanzigſtes Kapitel. 1779 - 1780.

Unzufriedenheit des Wiener Hofs mit Frankreichs Benebs men .

nähern .

Verſuche, ſich England und Rußland wieder zu Marie Thereſie will den Aufſtand der englis

ſchen Pflanzſtädte in Amerika gegen ihre Mutterſtadt nicht unterſtüßen. Gründe dieſer Fürſtinn , Rußlands Bünd niß wieder zu ſuchen. Schilderung des petersburger Hofs . Beſuch des Kaiſers bei statharina II . Er pernicitet Preußens Einfluß auf Rußland . - Erzherzog

Marimilian wird Coadjutor von Köln und Münſter. Viewohl Frankreid, dem Hauſe Deſtreid, durch den te:

ſchener Friedensvertrag ebrenvolle Bedingungen auswirkte , ſo hatte dod, ſeine Weigerung , die durch den Vertrag von 176 bedungenen Hülfsvölker zu ſtellen , und das geheime Gegenwirken gegen Baierns Zerſtückelung der Wiener Hof

äußerſt erbittert , und der gebietheriſdie Joſepb 11. war ſehr entrüſtet darüber. Er ſprad) laut gegen das , wus er freuloſigkeit und Zweideutigkeit des verſailler Hofs nannte, und behauptete , fein Haus babe von einem vierundzwan:

figjährigen Bündniß weder Vortheil nod Ehre. Er vers glich die Staatsgrundfäee Englands und Frankreidys und ſchien die ebemahligen Verbindungen Deitreidys mit den Seemädyten wieder berſtellen zu wollen 1 ). Marie The

reſie äußerte zwar ihre Empfindlıdıkeit etwas gemäßigter , 1) Keith's dispatches.

Marie Thereſte .

357

war aber nicht minder unzufrieden als der Kaiſer . Nur ihre zärtlid)e Liebe für ihre Tochter ließ fie über das Bee nehmen ihres Bundesgenoffen hinwegreben und ſie fürchtes te , fid, von dem Hauſe Bourbon loszureißen , in weld ,es fünf Kinder von ihr geheirathet hatten. Fürſt Kauniß konnte aud) nidit umhin , zu ſehen , was vorging ; aber er wollte nicht ein Wert vernichten , weld )es lange ſein Stolz geweſen war , und die Adytung der Nachwelt ihm begrün. den ſollte. Von ſo entgegengeſepten Geſinnungen geleitet , jeigte der Wiener Hof Unentſd loffenheit in ſeinem Beneh. men , und wiewohl er nid) t mit Frankreid, brechen moch . 1

deg ihn doch ſeine Empfindlichkeit zu Großbritannien ud Rusland bin .

Seit dem pariſer Friedeni herrſditen in England innere Mifbelligkeiten . Lord Butte , von denen , werde ihn zum Graatsminiſter erhoben batten , verlaſſen ; batte fid ) 1763

zurückgezogen. In den erſten fechs Jahren nad, feinem Ab. gang hatte man fechs Verwaltungen nach einander gezählt, des ren jede immer nur dieMaßregeln der vorigen verworfen hatte. Dieſe Wenderungen und Widerſprüde im Benehmen der Res gierung find beſonders binfidytlich der Niederlaſſungen in

Amerika hodiſt nachtheilig geweſen . Frankreich hatte im Un fånge ihres Aufſtands die Neutralităt zu beoba diten vorgegee ben, ſie aber insgebeim unterſtukt, und erkannte endlid ibre

Unabhängigkeit förmlid) an. Nachdem die Entwürfe des franzöſiſden Staatsraths , Grozbritannien dieſer Quelle Teines Seebandels uns ſeiner Seemad )t zu berauben , fur

Reife gediehen waren , ſendete er den Empörern Sdaaren šu Hülfe. Er hatte To umfichtig gehandelt , daß er den Wiener Hof glücflid hintergangen und Fürſt Kauniß mehre

mahls für Frankreidis Aufrid )tigkeit eingeſtanden war. Uit aber die Shatſachen die Betheuerungen Lügen ſtraften , und

die Feindſeligkeiten begonnen batten , bezeigte dieſer Hof 1) Keith's dispatches,

358 Hund.jwei u. zwanzigſtes Kap. 1779 -1780. feinen ganzen Ubſdheu vor der Empörung und wollte die Geſchäftsträger von Amerika nid )t annehmen .

Er that

nod, mebr , er verboth ellen Verkehr zwiſdjen den Nieder . fanden und den aufrühreriſchen Colonien . Joſeph II. fag, te zu Robert Keith , der ihr dafür im Nahmen Ør. brit :

tiſden Majeſtät Dane abftattete : ,,Englands Sache - iſt

Sache der Herrſder . Sie gewinnen alle bei Aufrechtbal: tung der Unterwürfigkeit und des Gehorſams unter die Ges reke in allen Monardyien , weldie ſie umgeben 1 ). ! Ma.

rie Thereſie äußerte fid , eben fo . Id ſejäbe 'mid , glück: lid ) , ſagte fie , zu ſehen , daß Se.. Majeſtät den freund : fdaftlidyen Geſinnungen , die mid ) beſtimmten , allen Ver:

kehr mit den empórten Colonien zu unterſagen , Gered ): tigkeit wiederfabren laſſen . 3d, adyte den König von Euge Land hody und wünſde aufridjtig , daß Geborſam und

Rube in allen ſeinen Landen hergeſtellt werde. Meine Freundſchaft für ihn und meine ererbte Anhänglidykeit an

fein ganzes Haus hat ſich nie verläugnet, wiewohl die Verſchiedenheit unſerer politiſchen Anſichten ( die id, nidyt umbin kann , dem König von Preußen aufzurücken ) öftern Austauſd) gefälliger Dienitleiſtungen zwiſden unfern beiden Kronen , verhindert bat. d) habe mich bemüht, die An:

gelegenheit in Oſtende auf, die dem König angenehmſte Weiſe zu entſdeiden . Das will nicht viel fagen ; aber Se. britt. Maj. werden mir gewiß die Gerecytigkeit widerfahren laſſen und glauben , daß id) in einer widtigern Sade eben

To günſtig, geſtimmt geweſen feyn würde 2 ). Kaum war der teſdiener Friede geſchloffen , als Fürſt

Kaunis England die Verwendung ſeiner Herriderinn antrug, um eine Uusjöhnung zwiſden dieſer Madyt und Frankreid, » Im amerikaniſchen Striege fragte man Jofeph , auf wels

che Seite er ſich neigte. Er antwortete: „ Mein Gemers ift , ein Königiſcher zu ſeyn . ' 2) Keith to lord Stonnont. 12. Jun.

Marie Thereſie.

359

žu bewirken . Der Antrag ward nicht angenommen ; aber der Öſtreid iſche Miniſter fdmeidelte dennod, immerfort tem brittiſden Staatsrath in Hoffnung , er würde dem

Wiener. Hof der ruffiſden Kaiſerinn Wohlwollen erwerben helfen. Es war Marie Thereſien gelungen , zwei ihrer jünge ften Söhne feſten Fuß faſſen zu laſſen . Leopold war Groß.

herzog von Toscana. Ferdinand war Statthalter von Mai. land , und durdy ſeine Bermählung mit Marie Beatrix , des Herzogs von Modena einzigen Todter , hatte er der . einft ſich der Länder dieſes Furſten zu gewärtigen . Mariş milian , der allein nod keine Würde batte , war Geiſtlicher geworden und bewarb ſich um die Coadjutorſchaft von Köln

und Münſter ; fand aber viel Widerſprid. Frankreid, war es darum zu thun , das Kurfürſtenthum an einen Prinzen eines minder mädytigen Hauſes kommen zu laſſen. Inden erlangte Marie Thereſie, trop der Einwürfe des Grafen von Bergennes , Ludwigs XVI. Zuſtimmung ; bei alle dem durd)

kreuzte der König von Preußen die Wahl des jungen Erze herzogs und brauchte ait ſeinen Einfluß auf das Kapitel 1).

Da Rupland deſſen aud viel hatte , war es natürlıd) und weſentlidy nöthig , auch den Beitritt dieſer Madyt auszu .

- wirken .

Noch wichtiger war es für Marie Chereſien, Frieda

rids II . Einfluß auf den petersburger Hof zunidyte ju ma-: den ; aber dieß war äußerſt fdywer.

sil . Katharine Il. hatte viel Faſſungskraft , feurige Einbil. dung und Penikſamkeit. Ihre Eltern batten fie ſorgfältig erzogen , und mit beſonderer Aufmerkſamkeit hatte ſie ſich

· auf Staatswiſſenſdyaft gelegt. Muth und Geiſt erhoben ſte über ihr Geldrecht , obwohl ſie alle Anmuth deſſelben ber wahrte; aber dieſe glücklidien Gaben wurden von Fehlern

aufgewogen , wie ſie aus einer feurigen Einbildung und 1) M. f. Friedrichs II. Br. an den Kurf. von Stöln und an das tölner und münſter Stapitel. bei Herzberg II, 377 ,

360 Hund.greiu. jwangigftes Kap. 1779-1780 . reigbaren Seele entſtehen . Es fehlte ihr an Verſtand und Mäßigung in Glück , fie faßte übereilte Entſchlüſſe und be. barrte hartnäckig auf ihren Meinungen. Eitelkeit war im. mer das Vorberrſd)ende in ihr. Trunken von einer langen Reihe glüflidser Ereigniſſe und dem Beifall , den ſie allere wärts in Europa erntete , war ſie des lobes unerſättlid ). Sie bielt ihre Gaben ihrer Macht gleich und verlangte faſt göttlide Huldigung .

Unter Katharinens II. Regierung ſchien Peters des Gros Ben Geiſt wieder aufzuleben. Künſte und Wiſſenſdaftet wurden freigebig und großartig beſd übt , ermuthigt und

belohnt ; die Strafgeſebe: wurden gebeſſert, die Foſter abs sedafit , der Ackerbau vervollkommnet; und ſchon was .

dieſe Firſtinni gethan , die Zahl und die Freiheiten der Bürs der zu mehren , mußte ihr eine ausgezeidinete Stelle unter

den einfidytsvodſten Herrſdyern ihrer Zeit anweiſen . Bes fonders aber erwarb fidy Katharine durch ihr Wirken auf auswärtige Staaten den meiſten Ruhm . Zum erſten Mah le batte Rußlands Vermittelung Deutſdıland den Frieden gegeben und war Odjiedjmadyt oon Europa geworden . Die

Jurken knirídyten nod, bei dem Gedanken an die vielfachen , blutigen Niederlagen , weldie ſie durd) ſie erlitten ; Sdywe. der und Dänemark waren von ihr abhängig ; Pohlen war ,

fu fu ſagen , nur eine Landſd)aft des ruſiifd )en Reids ,

und die mädytigſten Fürſten beeiferten ſich um ihre Freunde ( d)aft oder warben um ifre Hülfe. Endlich hatte Katha: riens feurige Einbildung auch den abenteuerlidhen Plan entworfen , fur ihre Enkel das griechiſche Kaiſerthum in Autijen oder Konſtantinopel wieder zu erwecken, Den meiſten Einfluß auf Katharinen batte Fürſt Por tukin, der ſid) der Fürſtinn während der Empörung , wel. die ſie auf den Thron feßte, bemerklid , gemadyt hatte. Er Patre ihr Herz gerührt , und , nad dem er verdrängt wor:

te jete ganzes Anſehen bei ihr behalten. Mit gleicher arbloningskraft wie ſeine Gebietherinn begabt , war Por

.

Marie Therefte.

361

temkin die Seele aller ihrer Entwürfe.

Er unterhielt das

Mißtrauen gegen ihren Sohn , den Großfürſten , und hats te fie überzeugt, daß er allein jeden Verſuch , ſie zu ent. .

1

Er war raubſüdytig und vers Wiewohl er den Heerbefehl hatte , und mit

thronen , vereiteln könne.

ſdywenderiſd ).

mehr Ebre , Titeln und Wohlthaten überbäuft war , als eigentlich auf Einen bätten gebäuft werden ſollen , trad ), tete er dod ), bald Herzog von Kurland , Bald Gospodar der Moldau und Walleid ei ju werden ; ja er kehrte ſeine

Blicke ſogar nadı dem Thron von Pohlen. Er war ſehr klug , hatte mand erlei Gaben 1, oberflädylidye Kenntniſſe und vor. füglich die Kunſt , das lädyerlid ;e an allem aufzugreifen ,

war launiſch , leidytiinnig , eigennüßig und eitel. Obwohl von Natur läffig und weichlidy, ward er dod) vom Augena Blick zu außerordentlider Thätigkeit aufgeregt. Eine be ftimimte Politik batte er midt. Er hielt es abwedyſelnd mit Frankreich und England. In dem baierſden Erbfol. gekriege ließ er ſid, vom König von Preußen gewinnen ,

der ihn mit der Hoffnunggängelte , ihm in ſeinen Bemühuns gen um Kurland und zu der Hand einer deutſdyen Fürfinn behilflich zu feytt 1 ).

Graf Panin , weldoer Erzieher des Großfürſten ger weſen war , war erſter Miniſter und verdankte ſein Empore

kommen ſeiner Rechtſchaffenheit und den Katharinen in der Zeit der Empórung geleiſteten Dienſten . Inzwiſd) en batte er nur wenig Einfluß. Er war fórmlidy, langfam . in Geſdyäften und liebte die Freuden der Geſelligkeit aus: nehmend. Seine Perſtellung madyte ihn unerforſdylid und in Ränken war er Meiſter. Ein erklärter Feind Englands und des Hauſes Deſtreidy , war er dem König von Preu: fen und folglich auch dem perſailler Hof ergeben, 1 ) S. Anhang N. 1. in meiner Reiſe nach Pohlen, RnB land 2c. , wo mehrere Anekdoten über Potemtin ſind.

302 Hund. zwei u . zwanzigſtes Kap. 1779—1780. Seit dem bubertsburger Frieden hatte Friedrid, II, ti ruſiſde Kaiſerinn zu gewinnen geſudt und fid, durch übermäßige Sdmeid , eleien und erbeudelte Ehrfurcht ib:

re Aditung und Freundſchaft erworben. Die gute Mei: nung zu befeſtigen , hatte er ſeinen Bruder , den Prinzen Heinrid ), zwei Mahl nad, Petersburg geſendet , die Vers mählung des Großfürſten und der Prizeſſinn von Wirteme þerg zu verhandeln .

Ziemlich lange hatte Katharine die Freundſdyaft , welde idyon ſo lange zwiſdyen Rußland und England be:

ſtanden , unterhalten ; aber unangenehm auffallend war ihr die freie Surudie und die Hartnäckigkeit des brittiſdien çaatsraths, geweſen , welder weder ſid ju Sdimeidye 1

leien herabgelaſſen , nod) ihre großen Eroberungsplane billigen wollte. Mit gewohnter Geſchicklichkeit benuste der verſailler Hof dieß Mißverſtändnis. Katharinens Brief wediſel mit mehrern franzöſiſden Gelehrten 1 ) diențe , ſie ju überreden , daß man ihr Verdienſt und ihre Madyt nir: gends beffer als in Paris ebre. Der König von Preußen , Englands bitterſter Feind , unterſtüßte den verſailler Hof eifrig in ſeinen Abſichten, und ihn hinwiederum Graf Panią . Der Monard, und der Miniſter wünſchten, zwiſdien Frank. reid, und Rußland eine enge Verbindung zu ſtiften , und es gelang ibnen , nidyt nur die Kaiſerinn abzuhalten, daß fie England keine Hülfe ſendete, ſondern auch , daß ſie jene

Erklärung gab , weldie die bewaffnete Neutralität berbeio fbrte,

inter dieſen Umſtänden konnten Marie Thereſiens Ah figyten nur durch einen Geſandten vou ſebr bobem Range erreicht werden , und Joseph ſelbſt übernahm die Sendung. Da er wußte , daß Katharine ibre neuerworbenen Länder

in Pobleni beſudyen wollte , bezeugte er dem Fürſten Gale lizin , dem ruſſiſchen Geſandten am Wiener Hof , ſeinen 1) Voltaire , Diderot , d'Alembert.

1

Marie Thereſie.

363

Wunſd ) , eine Fürſtinn kennen zu lernen , welche den Ruhm ibres Nabmens ſo weit verbreitet hätte , und bath um die Erlaubniß , ihr auf ihrer Reiſe aufwarten zu dürfen . Dieſe Aufmerkſamkeit des erſten Monarchen in Europa: ſchmeis

chelte Katharinens Eitelkeit.

llcberzeugt, daß ſie ohne

Deſtreid ihre Abfidyt mit der Türkei nid )t erreiden könne ,

ſprang fie vor Freuden auf, als ſie des Kaiſers Vorſchlag vernahm , auf welchen ſie freundlid, antwortete. Mobi:

loff ward zum Ort der Zuſammenkunft beſtimmt, und auf Sofers Bitten willigte ſie darein , allen ofzwang , alle Pracht und überflüffige Förmlid keit bei Seite zu feken. am 23. Mai traf der Kaiſer , am 25. die Kaiſerima

in Mobiloff ein. Er ward als Graf Falkenſtein von dem Wiener Geſandten , Grafen Cobenzl , vorgeſtellt. Katha's 1

rinen , die ſdon für dieſen Fürſten eingenommen war , ſprach 1

fein ausdruckspolles Geſicht, fein leidyrer , bequemer Ans and und ſeine beitere febbafte Unterhaltung fehr an.

Der

Kaiſer bemühte fich außerordentlid ) , dieſen Eindruck daus

ernd zu madyen. . Sein ganzes Betragen bequemte ſich nach der Gemüthsart und den Sinn der Kaiſerinn. Er verſtand , in ihrer Gegenwart. Ehrfurdt und Freiheit gut vereinen , zeigte ihr die Offenheit , welde er jo trefflich

nachzuahmen wupte , und mit der gewandteffen feinſten Sdmeidelei flofite er ihr eine Ud: tung ein , die bio zur Vegeiſterung ging . Qud, ermangelte er nicht , ihren aben. teuerlidhen Entwürfen Beifall zu geben , und , obne ihr ge rade ausdrücklides zu verſprechen , überredete er ſie dod ) , daß er geneigt jei, fie zu fördern. Zu gleider Zeit wuite er aud Potemkin zu gewinnen , indem er ſeine Launen ertrug . unb feinem Ehrgeiz dmeid , elte.

Die Kaiſerinn drang in Jofeph , ihr nad Petersburg zu folgen. Er that es und blieb bis Ende Julius daſelbſt. Eine .fo günſtige Aufnahme verwirrte Panin und die preu Biſde Partei. Vergebens batten ſie die Reiſe des Kaiſers ju hintertreiben geſudyt, und noch weniger gelang es nen,

364 Hund. zwei u. zwanzigſtes Stap. 1779-1780. Katharinen dadurdy zu beunruhigen , daß ſie ihn als einen von Ehrgeiz glühenden Furſten darſtellten , der unter dem dleier "der Offenheit und Einfalt die gefährlichſten 26.

fid, ten verberge. Außerdem daß Joſeph alies that , fid) das Wohlwollen der Kaiſerinn und ihres admädytigen Günſtlings šu verdienen , unterließ er audy nichts , Einfluß auf den pe. tersburger Staatsrath zu gewinnen. Ueberzeugt, daß Frank,

reich ihm entgegenwirken würde , unterhielt er die Freunde ſdhaft mit dem brittijden Staatsrath forgfältig und ver: ſprad ) , ihm wiederum bebülflid zu ſeyn , wenn es ihm ges

länge, die preußiſche Partei zu ſtürzen. England , weldies von Friedrids II. Abneigung nur zu gut überzeugt war , ergriff mit Freuden die Gelegenheit, das Uebergewicht eis

nes ſo gefährlidyen Feindes ju dernid ten und ſeine Verhält. niſſe zum Hauſe Deſtreid, wieder berzuſtellen . Durch ſeine rollendete Gewandtheit und mit Huitfe des Sir James Har. ris , der jegt unter dem Nahmen ford Malmesbury to be: rühmt iſt , und den petersburger Hof , an welchem er als

Geſandter war , durdaus kannte , gelang es Jofephen , den König von Preußen auszuſteden.

So wurde durch eine

fonderbare ſtaatskluge Beredynung das Haus Oeſtreid), Franke reids inniger Vundesfreund , vom brittiſd)en Staatsrath un terſtüßt, und eben ſo heiß ergriff Marquis Verac , der frane zöſiſde Geſandte , die preußiſde Partei. Nadj der mobiloffer Zuſammenkunft fane die Bewun.

derung , welche Friedrid, der ruſſiſdien Kaiſerinn abgewon: nen hatte , gar fdynell. Es war nur , ſagte ſie , ein räube. rder Alter , der lediglich auf ſeinen Vortheil fabe , und

eine ränkevolle und treuloſe Staatsklugheit hatte. Dages · gen ergoß fie fidy in Lobeserhebungen über Joſephs II. Of fenbeit und Anmuth und rühmte ihn als den vogkommenſten -Mann reiner Zeit.

Nachdem der Kaiſer den widytigen Zweck reiner Reiſe

erreidyt batte , verließ er Petersburg. Sein abſdied von der Kaiſerinn möge beweiſen , wie er es angefangen hatte ,

Marie Thereſie.

365

fidh in ſo hohem Grade ihre Udytung zu erwerben. Ich habe mich,“ ſprad, er , wgezeigt , wie id, bin , und habe bei Ihro kaiſerlide Majeſtät weder fiſt nod, Kunſt geo braucht. Sie können alſo von meiner Gemüthsart und dem, was icy werth regn mag , urtheilen. Da ich gar wohl weiß , daß gleidy nad, meiner Entfernung man mid ) bei Ihnen zu

verläumden und anzuſchwärzen ſuden wird , ſo flebe ich Sie an 1, Ihr eignes Irtheil zu Rathe zu ziehen , ehe Sie andern Beridyten von mir Glauben beimeſſen. Id, bin kein Odmeidler ; aber ich muß bekennen , daß Ibro Majeſtät mir weit über dem boben Rufe , deffen Sie ſich erfreuen

zu ſtehen ( d)einen. Ich werde die wenigen Tage , welde id, bei Ihnen verlebt , als die glücklichften und lebrreich : ften meines Lebens anſeben ." Gerührt von dieſen Wors ten 1, welde durd, den edlen , offnen Anſtand , womit 30s

feph fie ſprach), nur noch (dmeid )elhafter wurden , vergoß die Kaiſerinn bränen ; und als der Fürſt ſich nahte , ihr

die Hand zu küſſen , idyloß fie ihn lebhaft in ihre Arme 1). Die Abweſenheit des Kaiſers verwiſchte den günftigen Eindruck ſeiner Gegenwart in Katharinens Geiſte nicht ; ja er ward nur feſter gehalten durd, einen innigen und regelmäßigen Briefwed fel. Um dem verlornen Einfluß

wieder zu gewinnen , ſendete Friedrid, den Kronprinzen von Preußen , feinen Neffen , nad Petersburg ; aber feine Per ſon und feine Gaben waren nid )t darnad ), Joſeph II. ju

perdunkeln. Er kam nid)t incognito , wie der Kaiſer. Der König, der fein Reiſegeräth ſelbſt beſorgte, batte es mit

einer ſonderbaren Miſdung von Sparſamkeit und Pradot beſtellt 2). Die Kaiſerinn hieit Friedrid, Wilhelmen mehs rere Tage in Riga zurück , und verſchob die Zuſainmen :

1) Beſondere Mittseilungen an den Verf. 1) Die Staiferinn beluſtigte ſich fehr an Potemeins und des Pringen de Ligne Scherzen über die preußiſche Sparſams

keit und den krauſen buntſdedigen Anblic des prinzlichen Gefolgs.

366.Hund. zwei u.zwanzigſtes Kap. 1779-1780. kunft unter allerlei Vorwand bis zum 27. Auguſt. Sie war für beide nid) t befriedigend. Katharine II. fand den Prinzen blöde und fdywerfällig; und er hielt ſeiner Seits den Empfang der Kaiſerinn für kalt und unſdmeid elhaft. Die Kayſerinn war ſonſt äußerſt herablaſſend ; ihm gab ſie öffentlid, kaumn Einen Beweis von Aufmerkſamkeit. Der

Adel folgte dem Beiſpiel der Herrſdyerinn. Der Pring von Preußen ward weder mit Feſten verherrlidyt , nod) init Gefolge , wie der Kaiſer , bedient. Ueberall nahm man ihn kalt auf , wodurch ſeine Verlegenheit und damit audy die Entfremdung der Kaiſerinu zunahm . Wiewohl er viel

mädytige Freunde hatte , war ſeine Sendung doch ganz vergeblic). Katharine ging ſogar ſo weit ,. dem Grafen Panin anzubeuten , daß dieſer Beſud) fie langweile. Statt die gute Meinung der Kaiſerinn von dem Kaiſer vermins dert zu haben , hatte er ſie vielmehr erhöht und reifete ſehr

mißvergnügt ab ; als er nadı Preußen zurückkam , verlor er nod, dazu in der Udtung ſeines Oheims. Alle Bemühungen Friedrid $ II. , die Ermählung des Erzherzog Marimilian zum Coadjutor von Münſter zu hin . tertreiben ,! waren vergeblid ). Die ruſſiſdie Kaiſerinn ere wiederte alle dießfalls gemachten Anträge mit beſtimmter Weigerung. Sie erklärte , fie' habe beſchloſſen , die Kal

ſerinn Königinn mit ihrer ganzen Madyt zu unterſtügen und gab Befehl , allen ihren Miniſtern an den deutſdyett

Höfen zu melden , daß ſie die Erwählung Marimilians 1

fördern mód ten I, welde denn audy Statt fand. Somit war es um die Gunſt , weldye Preußen am petersburger

Hofe genoſſen hatte , gethan , und Marie Ibereſie batte in ihrem leßten Regierungsjahr die Freude , das alte Ver

nehmen ihres Hauſes mit Rußland wieder hergeſtellt ju Seben.

Marie Thereſie.

367

Hundertdrei und zwanzigftes Stapitel. 2780. Krankheit, Tod und Schilderung Marie Thereſiens. - Shre

Nachkommen. - Unter ihrer Åtegierung erworbene Länder.

Der tefchner Friedeund die erneute Verbind.ung mit Ruß: land waren die beiden leßten widytigen Verhandlungen in Marie Thereſiens Niegierung. Schon lange litt fie am Stickfluß , einer Folge ihres außerordentlichen Beleibts werdens , und ihre Beine (dywollen. Nad, immer mehr å und mehr zunehmendem Verfall ihrer Geſundheit ward fie am . 19. Nov. 1780 von der Krankheit ergriffen , welche ihrem Leben ein Ende madyte. Mitten unter Leiden , wel:

de die Umſtehenden kaum anſehen konnten , entging Mas rie Ibereſien nid )t eine einzige Klage , kein Seufzer, Feine einzige Regung von Ungeduld. Den Fügungen der Por:

ſebung ſich unterwerfend , fürdytete ſie nur , ihre fromme Ergebung möchte weiden , wenn ihr Kopf fich verwirrte. Gebe Gott , daß es bald ende!" rief fie nad, einem An fall aus , , ſonſt weiß id, nicht , wie ich es länger ertragen fou .“ In demſelben Sinn ſagte ſie zum Erzherzog Mas rimiliar , „ Bis jeßt hat mid, meine Feſtigkeit und Stand .

I

baftigkeit nod) nidit verlaſſen.

Bitte Gott , nach welchem

all mein Sehnen ſteht, daß ich ſie bis zum leßten Augen. blick bebalte ! "

Nad einem Stick fluß ſah ſie den Kaiſer

368 Sindertdreiundziv inzigtes Kapitel. 1733. weinen , und ſprach : mich bitte dich , ſchone midy ; dieſer 2n.

blick könnte mid) um meine ganze Feſtigkeit bringen ." Nachdem ſie das Sakrament empfangen , verſamınelte ſie ihre ganze Familie um fid ), und ſprad) : ,,liebe Kinder, id) habe nun die heiligen Sakramente empfangen und idy weiß , es iſt keine Hoffnung zur Geneſung mehr. Erinnert eud), mit weldier Sorge und Kümmerniß euer Vater , der 1

1

!

ſelige Kaiſer , und ich ſtets an eurer Erziehung gearbeitet , wie ſehr wir euch ſtets geliebt und eud, alles , was euch

glücklid , madjen konnte , ju perſd;affen bemüht geweſen. Da alles , was ich auf dieſer Welt habe , dir von Redits we gen gehört ," ſagte ſie , auf Joſeph II. binblickend , wo

braudze id) daržiber nid; t zu verfügen. Nur meine Kinder gehören mir und werden immer mein bleiben . Id) übergebe jie Sir ; ſei ihnen Bater ! Id werde rubig ſterben , wenn

du mir verſpridſt , durdsaus und überall für ſie zu ſorgen ." Nun ridtete ſie ihr Bort an die übrigen Kinder und ſage te : „ Fortan betradytet den Kaiſer als euren Gebiether ; ges bordt ihm und adytet ihn , als ſold ,en ! Folgt ſeinem Rath, 1

vertraut ihm , liebt ihn aufrid ,tig , damit er Urfach habe , eud, ſeine Sorge , ſeine Freundſd ,aft , ſein Wohlwollen zu (dyenken." Hieraufſegnete ſie jedes; alle weinten und ſchlud): .

jen. Als ſie ihre tiefe Betrübniß fah , ſagte ſie gefaßt :

,,ich glaube , ihr thätet wobl, in ein anderes Zinimer fu geben und eud) zu faſſen ." so oft fie von einer Ohnmacht wieder zu fid, kam , beſdhäftigte ſie ſi dy nebſt dem Kaiſer mit Regierungsangele: genheiten. Nod) am Tage vor ihrem Tode unterzeichne. te ſie alle Briefe eigenhändig. Sie farieb an Fürſt Kaur niß und dankte ihm für treu geleiſtete Dienſte. Dem Gra:

fen Eſterhazy , Kanzler von Ungarn , trug ſie auf in iha rem Nahmen dem ungariſden Volt für alle erwieſene Ans hängłdykeit und Treue, und für die geleiſtete Hülfe zu dans

ken ; zugleich ließ ſie es bitten, daſſelbe für den Kaiſer, ihren Sohn und Thronfolger , àu thun , was es für ſie gethan.

Marie Thereſie.

:

369

In der Nacht vom 28. jum 29. fprad , fie lange mit Jos feph II. , der ſie erſuchyte, fich doch lieber etwas Rube

zu gönnen. Sie antwortete : in einigen Stunden foll ich por Gottes Rid )terſtuhl erſdyeinen und du meinſt , id) kön: ne ſchlafen 1 ). "

Wenn Marie Sberefie in dieſen les ten Augenblicken um das Leben klagte , gerdab es nicht , weil ſie die eitle

Königsebre noch hätte genießen mögen , ſondern weil ſie fürchtete , die insgeheim von ihr mit Wohlthaten unter : ftübten Perſonen möchten , wern fie nun nicht mehr wäre, Mangel leiden. ,, Könnte ich unſterblich Tenn," ſagte ſie einige Augenblicke vor ihrem Tode," ſo wünſdy te id , es nur , um die Unglücklichen zu unterſtüßen 2)." Bis zum

lebten Augenblick behielt ſie eine Heiterkeit des Geiſtes , weldie übermenſchlich ſdien und nur von tiefem religiöſen Gefühl und Bewußtſenn , ſtets pflidytgemäß gehandelt ju baben , herrühren konnte. Dieſe große Fürſtinn ſtarb am 29. Nov. 1780 3) , im einundvierzigſten Jahre ihrer Res 1

gierung , ihres Alters 63 Jabr , 6 Monathe und 12 Tage. Ihr Leidynam wurde vom 1. bis zum 5. Dec. in eine fadyem Gewande , wie ſie es gewünſcht , ausgeſtellt. 2. Abends ward die Urne mit ihrem Herzen in die Kapelle 1) Nach dem urkundlichen Bericht von Marie Thereſiens Krankheit und Tod, welcher am 30. Nov. 1780 nach Brüf

rel geſendet ward , fuchte der Kaiſer feine erlauchte Muts ter zu überreden , es ſtehe noch nicht ſo fchlimm um ſie. Da fragte ſie , welche Zeit es wäre ? Man ſagte ibr : um 2 Uhr. Sie ſah den Kaiſer farr an und ſagte deutſch : rei, pas thun wir um dieſe Zeit ? " Dier roheint eine kleine

Geiftesabreſenheit geweſen zu feyn. Histoire du règne de Marie Thérèse App . 11. 12.

3) Wrarall fagt , die Staiferinn habe jährliity

Millionen

Livres Sabrgehalte aus ihrer Caffe gegeben. 5) Dreiviertel auf 9 Uhr Abende. Sie verſchied auf einem Lehnſtuhl. Ihre ganze Krankheit durch fonnte ſie dus Bett nicht hüten . Na Core's Geſchidste Deft. IV. 3 .

370 Hundertd reiundzwanzigſtes Kapitel. 1780. unſerer lieben Frau von Corretto , welche an den Pauajt ſtößt, gebracht. Ihre Eingeweide wurden in einer Gruft por dem Kodaltar der Stepbanskirdye beigefeet, wo auchy die der übrigen Fürſten und Fürſtinnen des Hauſes .Deſt: reich fich befinden . Am 3. Dec. Abends ward ihr Körper

auf einem Wagen 1) nach der Kapuzinerkirche abgeführt und in der Kruft beigeſeft , wo ſie für ſich und ihren Gemahl Franz ein Denkmahl hatte errid ,ten laffen . Dieſe lette

Feierlichkeit ward mit der berkömmlidyen Pradt begangen; aber nadı Marie Thereſiens Befehl ward keine Leidyenrede gehalten. Die Genrüthsart diefer Fürſtinn fprid )t fid, in der Ge.

fd, idite ihrer Regierung zu beſtimmt aus , als daß wir mehr

ſagen könnten , als ſie war zugänglich , liebte ihre Kinder 1

1

zärtlid ), war gütevoll gegen alle , die ihrem Dienſt ergeben waren , und hatte eine unbegränzte fromme liebe , deren Werke fie ohne Prablerei übte. Sie wußte eine ſtrenge Sparſamkeit mit fürſtlider Großmuth , Herablaſſung mit Würde , Seelenyröße mit Geiſtesdemuth , ſtille Tugenden

mit glänzenden Eigenſd) aften , weld)e des Thrones Zier ſind , zu pauren . Zwar darf man fidi nid)t verhehlen ; Marie Sbereſie hatte ibre menſdyliden Sd wächen. Sie lieb Kundſd aftern und Angebern gern ihr Ohr und drang gern in Familiengeheimniffe ein. Ihre hohe Andacht madı, te fie in Religionsübungen kleinlıd ) , und ihr Eifer vers leitete ſie zu Handlungen der Unduldſamkeit , weldje einen S djatten auf ihr Andenken werfen . Aber ſie wurde von allen ihren Unterthanen angebether und ihr Tod verſenkte ſie in die tiefſte Betrübniß . Sie faben ihre Regierung als die Zeit des Rubms und Glücks an ; Marie Therefiens

1) Nach der Wiener Hofſitte hätten die Kammerherren ſie tragen ſollen . Da ſie aber außerordentlich ſtart war, hatte fie felbft befoblen , daß man ſie auf einen Wagen fege.

1

1

Marie Therefie.

371

Peben war für die Völker des Hauſes Deſtreid, die gordne Zeit 1 ).

Uus Marie Thereſiens Ehe mit Franz Stephan von los thringen entſựrangen ſedis Söhne und zehn Tödyter. Meun davon überlebten ibre erlaudte Mutter Söhne :

1) Joſeph II. , Marie Thereſiens Thronfolger. 2) Leopold , der Großherzog von Toscana, dann Rais fer uno Beberríder der ſtreichiſchen Staaten war. A. 2

1 ) Folgende Einzelheiten ſcheinen uns anzießend für den Les fer. Wir entnehmen ſie aus Wraxall's mémoirs of the

courts of Berlin , Dresden , Warschau and Vienna , in the years 17.77 ſprechen.

-

1780 und laffen den Verfaſſer felbfE Wien , 0, 11. Febr. 1779. ,,Einige , welche Marie Thereſiens Krönung beimohnten , die im Juni 1741 Statt fand , haben mich verſichert, daß

ſie eine der ſchönſten Frauen in Europa war.

Sie wat

von feinem Wechs und maieſtätiſcher Haltung . Alle Bila der , die ich von ihr geſehen , machen es auch glaublich .

Ihr Auge , obgleich hellgrau, war doch ausdrudsvoll und mild . Sie mac eben vom Stindbett aufgestanden , und das /

Matte , Schmachtende verlieh ihr neue Reite. Die Krone

war ihr zu weit , als man ſie ihr anverſuchte , man mußte ſie ausfüttern . Da ſie ihr zu ſdrer ward , legte ſie ſie ab , als ſie ſich zur offenen Tafel legte . Das heiße Beta ter, und die Bewegung bei dieſer Feier , die ziemlich lan ge dauerte , verbreiteten eine Röthe über ihr Geſicht , die den Glanz ihrer Schönheit erhöhte. Ihre Haare fielen in Loden über ihre Schultern und ſie mar ganz bezaubernd.

Dieſe Schilderung , die nicht ſchmeichelt , muß einem im /

mer gegenwärtig ſeyn , wenn man bedenkt, welche Begeia ſterung dieſe Fürſtinn den Ungarn einipoßen konnte. Marie Thereſie hat teine Spur mehr von den Meißen , welche die Natur an ihr verſchwendet hatte. Ihr Aiter, die vielen Geburten , und endlich die Blattern baben ibre

Züge ſehr verändert. Dieſe Krankheit bekam ſie 1767 von der zweiten Gemahlinn des jegt regierenden Kaiſers und

ihr Leben war in Gefahr. Man hat mich perſichert, daß ſie vorher noch für ſchön gelten konnte , wiewohl fie rent

start und ſchwerfällig geworden war. Ein unfau, der ihr nachher begegnete , machte ſie vollends ganz untenntlich.

374. Hundertdreiundzwanzigſtes Kapitel. 1780. 3) Ferdinand, Statthalter in der " ſtreichiſd en fom. bardei , der mittelſt ſeiner Verheirathungmit Marie Bearrir,

der Tochter Ercole Rinaldo's , Herzog8 don Modena , das Heimfausrecht auf die Herzogthümer Modena , Reggio und 1

1

Mirandola hatte.

4 ) Marimilian, Großmeiſter des deutſchen Ordens, Coads jutor von Münſter und Kurfürſt von Köln. Tochter :

1) Marie Anne , Pebtiſfinn von Prag und Klagenfurt. Als ſie in einer Kaleſche von Wien nach Preßburg fußr ; nurde ſie umgen orfen und fiel fo derb auf den Boden , daß ihr Geſicht ganz zerſchlagen ward , und die darauf folgende Entzündung und Geſchwulft ſie beinahe um die Augen brachten . Dieſe erhieltman ihr noch, aber der Ent ſtellung durch die zerriſſene Haut konnte man nicht abbels fen. Indeß tragen ibre Züge noch immer das Gepräge der Höchften Güte . Bei ihrem Unpug nimmt ſie gar nicht ihre

Zuflucht zur Kunft. Ihr Haar iſt unter ihrer ſchriarzen Florhaube ganz glatt zurück geſtrichen und im Naden ſehr kurz geſchnitten . Sie trägt es fteti gerudert. Seit des Kaiſers Jode hat ſie die Trauerkleider nidit abgelegt. We

gen der Schwädie ihrer Beine kann ſie nicht lange gehen , und, um dieſe nur etwas zu kräftigen , ſchnürt man ſie

ihr in Kamaſchen . In ihrer Jugend liebte fie Tanz , Nes douten und allen öffentlichen Luſtbarkeiten ſeør. Un Hofta

gen ſpielt ſie im Geſellſchaftsſaale Karten ; außerdem

nicht. If Hofball, fo bleibt fie bis 11 uhr. Puis Be trübniß über den Tod ihres zärtlich geliebten Gatten hat ſie feit dieſem Verluſt nie das erſte Geſchoß des Wiener Pallaftes bewohnt. Ihre Zimmer ſind im zweiten an der Mittagsfeite, mierrohl ſie ſich aus der fälte ro wenig macht, daß fie auch mitten im Winter ihre Feniter den ganzen Tag offen hat und oft das Feuer ausgehen ( ft. Der Kaiſer dagegen , der ſehr froftig iſt, trägt immer einen Pelz , menn er ſie beſucht.

Das Alterthum hat kein vollkommnereg Mufter ehelicher Zärtlichkeit aufbewahrt , als das der Kaiſerinn Königinn . Um 18. jedes Monaths ſteigt ſie in die Gruft bei den fia:

puzinern hinabi mo die ueberreſte ihres Semahls beiges ſept find ; den ganzen Monath Auguſt

den Sterbemos

nath Des Kaiſers --- bringt ſie auf dem Schloß Schönbrunn in zurüctgezogenheit und Sebeth zu.

i

!"

** Marie Thereſte.

itt

373

2) , Marie Chriſtine , die Albert von Sachſen , Sohn

Auguſts . LII. Königs pon Poblen , zum Gemabl.batte. Dies ter Furſt bekam , als er ſich verbeirathete , als Apanage

das Furlienthum Teſden .

Marie Chriſtine und Albert wurd

den zuſammen Unterkönige von Ungarn und nach Karls von Lothringen Code , Generalſtatthalter der Niederlande. Ma. rie Thereſie batte für Marie Chriſtine, welche jo reißend wie ihre Mutter war , eine große Vorliebe. 3) Marie Eliſabeth , ebtiffinn von Jufpruck simu

4) Marie Amalie , Gemahlinn, Ferdinanes p Herzog $ pon warga, o 5) Marie Charlotte louiſe , Gemahlinn FerdinandsVI. Königsteider Sicilien , verdankt ihre : Verheirathung mit dieſem Fürften dem frühzeitigen Code ihrer beiden Sdwe. fiern , Jobanne und Joſepbe. Gabriele. Johanne war Fera Dinanden febon in ihrem zwölften Jahre verlobt , aber kur; 3

.

.

darauf an den Blattern geſtorben.

Joſephe Gabriele ſpute

Marie Thereſiens Lebensordnung und gewöhnliche Bes ſchäftigung iſt folgende. Im Sommer ſteht ſie um 5 , im

Winter um 6 Uhr auf. Nach ihrem Privatgegeth hört ſie eine Meffe X; dann geht ſie an Geſchäfte. Um 9 Uhr'hört ſie wieder eine Meffe. Sie ſpeiſet dann ſehr mäßig , faft immer allein. Unmittelbar naci her geht ſie wieder an die Arbeit. In Schönbrunn bringt ſie, wenn es die Wit terung erlaubt, vier bis fünf Stunden in den Gärten in

einer Bogenlaube 311. Por ihr geht in einer Einfaſſung ein kleines Stäffchen voll von Papieren und Dentſchriften , die ſie ſehr aufmerkſam lieft. Abends um 6 Uhr wohnt

ſie dem Seegen bei und ihce Löchter müſſen es auch ſtets. Entziehen ſie ſich zufällig, ro läßt ſie fragen , ob fte frant find , und , wenn nicht, ſchillt fie rehr. Im verwichenen

März lag ſie von Nachmittags 3 bis 6 Uhr in der Wiener

Haupttirche auf den Knien , und bethete , Gott möchte die Kriegsplage abwenden , welche ihr damahls wegen der bai riſchen Erbfolge droste.

Un beſtimmten Tagen gibt Marie Thereſie allen Unter

thanen ohne Unterſchied Behör. Dienstags empfängt ſie ihre Miniſter. Nur Fürſt Kauniß wird jederzeit auf eins mahlige Meldung vorgelaffen .''

30. Brief , Bd. 2 , S. 289. ff.

374 Hundertdreiundzwanzigſtes Kapitel. 1780. fie ihm erleben. Die Verlobung geſd)ab am 8. Jug. 1767; die Vermählung route am 14. durd , einen Bevollmäd,tigten vollzogen 'werden und man mad) te alle Anſtalten zur 26.

reiſe der Prinzeſſinn , die in der Blüthe der Jahre und der 1

dyönheit ſtand. Es ſdymerzte fie tief , von ihrer Familie zu fcheiden , und 'um noch einmahl die Aſdye ibres Waters mit ihren Thränen zu nießen , ſtieg fie in die Gruft , wo 1

fein Leidynam beigefekt iſt. In ihrer Gemüthsunruhe bekam fie die Blattern and ſtarb binnen 8 Tagen , gerade an dem Tage , wo ſie abreiſen ſollte. 1 ).

6 ) Marie Antoinette , Gemahlinn Ludwigs , Dauphins, -

nad mahls Königs von Frankreid).

Seit Karls VI. Thronbeſteigung hatte das HausDeſto reich die Königreidze Neapel und Sicilien , die Herzogo thümer Parma und Piacenza , das Hertogthum Schleſien ,

die Grafſdyaft Glaß und die jenſeit der Donau gelegenen Landidaften verloren.

Marie Sbereſie erlebte dieſen Ber.

luft einigermaßen durd, Erwerb der Königreiche Galizieri und lodomirien , de: Buckowine und des burkhauſener Kreis fes. Aud erwarb Deſtreid) einige änder , welde ſeinen Einfluß auf Deutſdyland vermehrten ; nähmlich i . die Graf.

falsaft Hohen , Ems , die nach dem Tode des lekten Grafen Wilhelm Marimilian , der keine männliden Erven hinter. 1

lief , dieſem Hauſe verliehen ward ; fie batte einen Siß auf der fdywäbiſdyen Grafenbank. 2. Die Grafſd ,aft Fal:

kenſtein , welche im Jahr 1667 Wilhelm Wirid ), Grafvon Daun , an Karl III. Herzog von Lothringen , verkaufte , der fie Karl Heinriden , Pringen von Vaudemont, ſeinem

natürlidyen Sohn , verlieb : nady deffen Tode Herzog leo. pold ſie zurückforderte. Nach vergeblidem Widerſprud, der Grafen Mundersbeid und lowenbaupt wurde fie durch den

Friedensvertrag von 1735 Franj Stephan gelaſſen , der ſie 1) In Wien erhaltene Nadyweiſung. S. auch Hist. du règne de M. Th. 193.

1

Marie Thereſie.

ci

375

ſeinem älteſten Sohn überließ. Die Grafſd)aft Falkenſtein, welde dem Hauſe Deſtreich eine Stelle auf der Fürſten , bank gab , iſt dadurdy merkwürdig , daß Joſeph II. auf , darnad, nannte. 3. Die Landvogtei Dr. ſeinen Reiſen ſich 1

tenau in Schwaben , weldoe Leopold I. als Mannsleben dem Prinzen Ludwig von Baden verlieben , und die im Jahr 1771 , nad) dem Tode des Markgrafen Auguſt Georg, weldier ohne Nadıkommen ſtarb , an das Haus Deftreich jurückfiel 1 ). 1) De Luca II, 495. f. - Büſching unter den Art. Hoben-: Embs , Falkenſtein und Drtenau.

)

375 Hund. vier u. zwanzigſtes Stap. 1780-1784.

*** ..

Jofeph II. Hundertvier und zwanzigſte s stapitel. 1780

1784.

Joſeph II. Regierungsantritt. Seine Gemüthsart . Sta Veränderungen , tiſtiſte Lage des Hauſes Deftreich .

welche Ioſeph II. macht und Regierungsſyſtem , das er ans Abſchaffung nimmt.

Reiſe des Papſtes nach Wien .

der Lehensknechtſchaft , und neue Auflage auf die Ländes reien in Deftreich . Iofeph befördert die Pflege der Wir ſenſchaften. Stiftungen zu Verbreitung der Wiſſen fhaften und öffentlichem Unterricht. – Anordnungen bin

ſichtlich des Handels.

Europa uropa's 's Blicke waren auf Marie

Thereſiens bronfolger

als einen Fürſten gerid )tet, der in der Kraft der Jahre ſtand und deſſen Gaben ſowohl in bürgerlicher Verwaltung,

als in Kriegskunſt das Haus Deſtreich zu einer noch nie bisher erre dyten Staffel der Madyt erheben ſollten . Joſeph , 1741 geboren , ſtand im vierzigſten Jahre feines Alters , als er den Thron ſeines Vaters beſtieg.

Die

Natur batte ihn mit einer großen Pebbaftigkeit des Geiſtes, Inclyter Faſſungskraft und feuriger Einbildung ausgeſtattet ;

aber ſeine Erziehung war vernad ;läſſigt. Man hatte ihn

• . 377

Iureph II.

mit Erziehern umgeben , melde ihm das Studiren ver:

haft gemacht, mit Pfaffen , die ihn zu punctlid; kleinlidyen Andachtsübungen angehalten batten. Mithin fdien er in reiner Jugend Febr blöde , und nid )ts verkündete die glück. ſidien Unlagen , mit weldien er geboren rar. Seine Vers (diloſiiheit nahm zu durd Marie Shereſiens und Franzens

kalte Strenge; denn ſie ( dyienen alle. ihre ålterliche Zärts lid keit für Erzherzog. Karl , ihren zweiten Sohn zu fpas ren , einen Prinzen , der die fdmeidyelhafteſten Hoffnun. gén gab 1) .

: Die großen Ereigniſſe des * fiebenjährigen Kriegs : riffen Joſeph II. aus der Geiſtesid laffhett , in welder er derſun: ken (dien . Er war damahls etwa fechzehn Jahre altz. Fried ridys II. Thaten erbikten des jungen Fürſten Einbildung und -begeiſterten ihn zu dem Wunde, in die Fustapfert Dieſes .

furdytbaren Feindes des Hauſes Deſtreich zu treten. Er woll: te gegen die Preußen dienen. Da ihm diep abgeſdlagen wur de , verfiel er wieder in ſeine Trägheit und ſchien keine ande: re Sorge zu haben , als wie er ſeiner Eltern Unrube eripue 9

ren wollte .

Joſeph war dreiundzwanzig Jahr , als der Tod ſeis nes Vaters ihn auf den Kaiſerthron : erhob , jum Mitre:

genten der .bſtreid )ijden Staater und zum Befehlshaber des Heers machte . Da begann er , die Lebhaftigkeit ſeis nes Geiſtes zu äußern. Die lange Regierung ſeiner Muts ter , der. Tod : einer angebetbeten Gemahlinn , der wenige

Antheil , den er an der Regierung nehmen durfte , und die Muße eines langen Friedens geſtatteten ihm , fid, ſeinem Hane ge nad, mübliden Kenntniſſen zu überlaſſen .

Europa lah

und bewunderte einen Kaiſer , der ohne Gepränge und wie ein fd lid)ter Privatmann reiſete , alles, das Seeweſen , die Sdaaren und was zum Kriege gebört , die Gerichts. I

1) Wraxall's mémoirs . und ſtarb 1761 .

Dieſer Prinz war 1745 geboren

378 Hund, vier u . zwanzigſtes Kap. 1780-1784. yöfe , die Stiftungen der Milde , die Künſte und Manu. facturen mit der größten Aufinerkſamkeit unterſuchte , und das Beiſpiel Peters des Großen erueuerte , weldiem nody kein anderer Herrſdier gefolgt war. Er zeigte Fleiß und 1

Trieb für Geldhäfte und war leidt zugänglich. In Ge. fellſd aft war er boflid) aufgeräumt , angenehm und lebhaft unterhaltend... s. Er war : enthaltfam , trobte Mübral und

Gefahren . ' Vuf ſeinen :häuñgen Reiſen in den öftreidi. dyen Staaten forſyte er nach der Lage ſeiner Untertha nen , beſonders der, der unterſten Claffe.

Er beſudyte die

Hütten , er erkundigte ſid, rad, den Bedürfniſſen der Une glücklichen und unterſtüßte fie. Er wünſdyte , die Bauern vom

Knedytsjody ju befreien und erklärte , reine größte

Ehre würde fenn , über freie Menſdyen zu berrſden . Man erzählt :mehrere Züge , durd , die er früb feine Menſdiens freundlichkeit berries. Wir bedränken uns auf folgenden. 1

Eines Tags kam Joſeph unerwartet zu einem armen Offi fier , der Bater einer zahlreichen Familie war. Er fand ihn mit zehn Kindern und einer Waiſe , die er , troß ſeio ner Dürftigkeit zu fid) genommen , bei Tiſche, Ueber: raſd t fragt der Kaiſer : daß Sie zehn Kinder hatten , wußte id) , wer iſt aber das eilfte ?" ,,Das iſt , " vers fette der Offizier , eine arme Waiſe , die ich an meiner

Hausthür ausgeſeßt fand. " Bis zu Thränen gerührt (prad) Joſeph : ,, alle dieſe Kinder ſollen von mir verpflegt wer: den und Sie follen ihnen ferner Beiſpiel der Tugend und

Ehre feyn. Id) werde für jedes jäbrlich 200 Gulden jab len. Geben ſie morgen zu meinem Schasmeifter ,1 er wird ihnen das erſte Bierteljahr fahren. Für ihren älteſten Sohn , den Lieutenant, werde id) forgen 1)."

Mit dieſem Wohlwollen verband Joſeph II. die Ruhm. liebe , welche die erlauchteſten ſeiner Ahnen auszeichnete. Während des baieriſchen Erbfolgekriegs bewies er mehr Eifer, 1) Histoire du règne de M. Thi 227

3

Iofeph II.

379

zu einer Sdracht zu kommen , als Friedrich 11. ſelbſt. Er theilte alles Mühſal, alle Gefahren mit ſeinen Sdaaren 1 ). Er (d)lief auf dem Erdboden , (dyarmüfette mit den Vor,

poſten , und ging auf Kundfd aft. Das ganze Heer wier derhohlte die Worte eines Grenadiers , weldier fprad ): wenn id, meines Kaiſers Krone wie meine Müße bloßge: ſtellt febe , wie kann id , mid, dann nod, über Gefahren bes klagen ? "

Mit Feldmarſdjall Laſcy's Beirath änderte Jofeph II. die Heereseinriditung und führte die Sparſamkeit und Ordnung ein , weldje die öſtreidiſche Kriegsverfaſſung aus, jeidynet. Er hatte bereits mebrere von Marie Thereſien angenommene heilſame Anordnungen norgeſdlagen . Man wußte , daß feine Abfidit, rein war , und da' reiue Madyt ſeinem Geifte freien S dwung geſtattete , glaubten die ein . fi ditsvollen Staatskundigen und die unbefangenen Frem .

den in ſeinem Tiegierungsantritt den Anfang einer Zeits rednung zu leben , weldye den Ruhm der gefeiertſten al.

ten Zeit verdunkeln , und was man aud, Gutes in neuerer Zeit gethan , vergeſſen maden würde. Aber dieſe glücklis dyen Ahnurgen waren trügeriſd) ; und in der ganzen Ges ſchidste gibt es kein Beiipiel eines Fürſten , der der offent lid ;en Erwartung ſo wenig entſprodjen bätte , der weniger geadytet und bedauert geſtorben wäre , als Joſeph II. Bei ſeinem Regierungsantritt war die öftreidsiſche Mo nardyie eine Fläche von 180,000 (engl. ) D .. M., mit 24 Millionen Seelen. Man zählte eben ſo viel Völker , ais

Landidaften , alle verſdieden in Spradie, Religion , Nes gierung, Geſeken , Gebräuden und Sitten. Die Erblan . de gränzten größtentheils an einander , aber die Nieders 1). ,,Sein Puß iſt der Puß eines Soldaten , ſchrieb einer reiner Reifegefährten im Jahr 1779 , feine Garderobe wie eines unterlieutenants , reine Erhohlung die Arbeit , fein Leben beſtändige Bewegung. Leben Staijers Iofeph II. von Caraccioli . S. 110 .

380 Hund . vier u. zwanzigſtes Kap. 1780-1784. lande 1, die Lombardei und die : fd ;wäbiſchen Beſißungen Ueberall herrídete diç Lehenderfaffung. In einigen Landſchaften oder Staaten

waren ganz von emander getrennt.

wurde ſie durd, geſchriebene Geſebe und Herkommen ge . mildert. In andern , nahmenttidy in Ungarn beſtand ſie in ihrer: ganzen Krafe , das heißt, ſie war eben ſo abge. ydymadt , als tyrannijd . Gelflid ,keit und Adel waren all . mädytig , die Bürger in den Städten wenig geadytet , und die Bauern , ausgenommen in den Niederlanden , in Ty. rol und dem eigentlid )en Deſtreich , Knechte. Die römiſdys katholiſche Religion war die berxſdyende und die Geiſtlis den waren ' uncrmeflid, reid . Sede Landid aft wurde von einem Ständeverein vertreten , weld ) er aus der Geiſtlidis keit , dem abel z :nd einigen Abgeordneten der königlidien und freien Städte beſtanden , und mit dem Fürſten das

Redyt theilten , der Geredytigkeit zu pflegen und Steuern aufzulegen , welche vorzüglid, die lette Volksclaffe ſdwer drücten . Eine ſo eingerichtete Monarchie konnte unmög: lid die fruft haben , weld)e nadı ihrem Umfang und ibs rer Bevölkerung zu erwarten -ſtand. Das einzige Band , weldes alle ihre Theile verknüpfte , war der Fürſt ; Elend

und Unterdrückung war den Meiſten zu Theit , den übri. gen Unwiſſenheic , Stolz und Verdorbenbeit. Die klägliche Lage ihrer Unterthanen hatte Marie Thes reſiens Aufmerkſamkeit balb nach ihrem Regierungsantritt auf fid ) gezogen und die Nothwendigkeit, den Unterneh . inungen des gegen ſie geſchloſſenen Bundesvereins zu beo

gegnen , batte ſie gezwungen , ihre Einkünfte und ihr Heer jll vermehren . Bei dieſer großen Aufgabe hatte ſie die 3

übermäßigen Vorrechte des dels und der Geiſtlichkeit bes fdränkt, und bei mehreren Gelegenheiten die Laft, welche auf den Landbewohnern lag , erleichtert.

Ihre Verber

ferungen waren gemäßigt und allmählig geweſen. Aber dieß vertrug rich nicht mit Joſephs II. heftiger und unge ftümer Gemüthsart ; er wollte , ſo zu ſagen , ernten ,I bes

Sofeph

381

II .

vor er gefäet hatte. Er faßte den unausführbaren Plan , allen IInterſdied der Sprache und der Gewohnheiten all Dertilgen , und erklärte , es folle keine landſchaften , nur .

Ein Volk , Eine Familie und Ein Reid, geben. Er hatte alſo die 21bfidit , aus To pielern verſchiedenen Ländern und

Bikern ein einziges großes Ganzes zu maden , das von

Einer ganz einfachen und von gemeinſamem . Bortheil ge: leiteten Verwaltung regiert würde ; er wollte das Lebens jodh zerbrechen , den Uberglauben verridjten , Gewerbfleiß , Ackerbau , Künſte, Handel und Manufacturen beleben , und

dem Staatskörper eine reiner Größe und ſeiner Lage zwis den mäd ;tigen Feinden und neidiſchen Nacybarn angemeſ fene Kraft geben.

Joſeph begann ſeinen weit ausſehenden Verbeſſerungi: plan mit Unterdrückung der beſondern Geridtsbarkeiten , deren es eine große Menge gab , und theilte die oltreidi.

ſche Monardjie in dreizehn Regierungsbezirke oder Gouper nements 1) , deren jedes: wieder in Kreiſe getheilt ward. an der Spike jedes Kreiſes ſtand eine Obrigkeit , weldie der Capitän oder Hauptmann hieß , mit der Beſtimmung ,

die Geſeke zu vollſtrecken und die Bauern vor allen Miße

bräuchen des Lebenſyſtems zu fdüben. In jeder Hauptſtadt des Gouvernements ward ein Geridtshof angelegt , der in

fwei Kammern getheilt war , eine für den Adel, die andere für die Bürgerſchaft. Die Upellation von den Urtheiln muſite

an einen zweiten und dritten Gerichtshof geſchehen, und ends lich an das Obergerid; t in Wien. Die Polizei ward einer dem Militärcommandanten und Generalgouverneur , weld; 1 : Gallizien. 2. Böhmen. 3. Mähren mit dem öſtreichis [chen Schleſien. 4. Unteröftreict). 5. Inneröftreich) , oder Steiermart , Kärnthen und Arain . 6: Tyrol. 7 : Vorder

bftreich , oder die ſchmäbiſchen Beligungen. 8. Siebenbürs gen. 9., Ungarn mit der Geſpannſchaft Temeswar. 10. Kroatien.

11. Die Lombardei. 12. Die Niederlande . 13 .

Die Grafſchaften Görz und Gradiſca mit der Stadt Trieſte

382 Hund. vier u. zwanzigſtes Sap. 1780–1784. Vorſteher der Kidyterſtüble waren , untergeordneten Obriga keit übertragen. So beſtand alſo die Regierung aus vier

Behörden ; die erſte für die Staatswiſſenſdaft, die zweite für die Verwaltung , die dritte für die Geredytigkeit und die vierte für den Krieg. Alle Obrigkeiten und Beamte wurden den Wiener Staatsberathungen oder Kanzleien untergeordnet, deren Beſchlüſſe der Bewilligung des Kufers unterworfen wurden .

Wiewohl Joſeph die Regierungsform vereinfachte und piel unnüke Rid )terſtühle und Lehenbehörden , welde ju nichts als Unterdrückung der Wölker dienten , abſdaffte , ſo führte er doch etwas Schlimmeres herbei ; indem er den unumſdyränkten Willen des Fürſten zur Grundlage der Staatsverweſung madyte. Gewalt und Despotismus war ren mit Ausführung ſeiner Entwürfe verbunden. Die land.

ſchaftlichen Stände , welche die Madyt des Monarden ber ſchräntren , wurden auf manderlei Weiſe unterdrückt ., oder in einen Zuſtand der Richtigkeit verlebt. Wiewohl er in

einem Umlauf, den er nad dem Tode der Kaiſerinn K. niginn an- fie fdyrieb , die Rechte und Freibeiten der une gariſchen Stände anerkannte , wollte er dod, nidt gekrönt ſeyn , um ſie nicht durch einen feierlichen Eid ju bekräf tigen. Er ging hierin fo weit , daß er Krone , Scepter und die übrigen Zeidyen der Königswürde , für welche das ungariſde Volk eine abergläubiſche Ehrfurdt hat , mit

Gewalt aus Preßburg wegnehmen und nach Wien ſchaf fen ließ.

So ſehr er audy die katholiſche Religion für die berre

Ichende erklärte , reßte er dod, das Anfehen des Papſtes berab. Er legte den Bildöfen auf, keine , ihnen nichtvon der Regierung überſendete Bulle , für rechtsgültig anzuſe:

ben. Er unterwarf die geiſtlichen Orden der weltlıden Ger riditsbarkeit und wollte nicht, daß ſie die Gerichtsbarkeit der zu Rom ernannten Ordensgenerale anerkennten .

Einie

ge Bisthüiner errichtete er , andere (dymelite er zuſammen ,1

Sofeph II. die Einfürfte der reichſten regte er herab.

383 Die llebung des

paffentlichen Gottesdienſtes zu erleichtern, ſtiftete er vierbulis bert neue Pfarreien . Viele Monds , und alle Frauenklofter, die Urſulinerinnen und Frauen aus dem Viſitationsorden aus .

genommen, welche fic mit Erziehung beſchäftigten, wurden aufgehoben 1 ). Die aufgehobenen Klöſter wurden in Siech Sdul- und Soldatenbäufer verwandelt. Bei dieſen Auf : bebungen beging Joſeph eine (dreiende Ungerechtigkeit, in : dem er Mónde und Nonnen aus ihren: Wohnungen ver , 1

trieb. Der ihnen ausgeſepte Gehalt reichte nid )t für ihre Bedürfniſſe hin , und viele darunter geriethen in die größte Dürftigkeit.

In der lobenswerthen Abfidit , die Volksreligion zu täuteru , verboth Joſeph die Waufabrten und ließ mehrere 1

Bilder ihres Schmuck berauben. Zur Erziehung der Ju. gend ward ein Staats-und Sittenkatechismus verfaßt. Er bedadyté nid )t, daß er hiermit bei einem , an religiöſe Feiers lid ) keiten gewohnten , und für Würdigung eines einfadyen Got. tesdienſtes nicht genug aufgeklärten Volke , das Weſen der

Religion felbft angriff. Das Recht der Erſtgeburt ward ab: geſdafft, die Ehe faſt zum Concubinat berabgeſest, weil sie nur als ein bürgerlicher Vertrag angelehen , die Scheia 1

dung fo gar leidyt gemad )t und den unehelichen Kindertt

das Erbfolgeredyt zugeſprochen wurde. Die Leichenfeiern wurs den verbothen unter dem Vorwande , daß im Grabe alles

gleid, rei ; alle ſollten mit denſelben Gebräuchen , oder viel, mebr derſelben Einfad, beit beerdigt werden.

Damit wurde

wieder eine der edelſten Regungen des Menſdyenbergens ges kränkt , der tugendhafte Wunſd) , die afdhe der Verſtorbenen

ju ebren ; ein Wunſd), der 1, wenn er auch zuweilen mit eitlem .. ). Im Jahr 1780 wurden in Deftreich 2,084 Klöfter aufa gehoben . Damahls blieben nur nocy 700 ; und 36,000

Mönche und Nonnen wurden auf azoá herabgeſegt. Pels zel 107

384 Hund.vier 1. zwanzigſtes Sap. 1780-1784. Gepränge befriedigt wird , doch dem Staate niemahls ge 1

fd adet bai 1 ).

Eins jedod ) , was Joſeph II. Ebre macht und glücke lider Wef feine andern Neuerungen überlebt bat , it fein berühmter Duldungsbefehl , den er am 13. Oct. 1781 ere ließ und mu derſdriedenen Zeiten mit Nachträjen vermehre

te. Dadurd), geſtattete er allen Gliedern der griechiſd;en und proteſtantiſden Kirde , welche als Nid )tkatholude auf .

geführt wurden , freieAusübung ihrer Gottesverehrung ; ers 1

klärte alle Chriſten , wie ſie ſic) audy nennten , für gleid ); bepollmädytigte jeden Verein von 3000 Seelen , in weldyer

Stadt ſie wollten eine Kirde zu bauen , mit der Aidt ein binlänglid ) es Stammgut anzuweiſen , wovon ein Diener des Worts unterhalten , und Arme verpflegt werden könnten . Qud, beſorgte er eine neue deutſche Bibelüberſeßung. Den Jus den erlaubte er Künſte und Handwerke zu treiben und Ackere bau ; aud, durften ſie öffentliche Sdulanſtalten und Akades 1

mien beſuchen.

Dergleichen , ſo haſtig und übereilt von dem erſten Madythaber Europa's , von einem Fürſten , deſſen ähnen în brünftigen Eifer für Aufredythaltung der katholiſden Res

ligion gezeigt, gemachte Neuerungen; beunruhigten den päpſt: lid)en Stuhl und vermochten Pius VI. ſeine merkwürdige Reiſe nach Wien zu unternehmen . Nachdem er in vertraus 1 ) Die meiſten höchft abgeſchmacten und unausführbaren Neus erungsbefehle Joſephs ſcheinen von den franzöſiſchen Deko nomiſten herzurühren . „ Was dem Leſer nicht entgehen wird,"

ſagt Caraccioli , viſt , daß der Kaiſer faji ale plane der Nationalverſammiung, melche dermahlen in Paris 4ebal ten rird , angelegt hat. Abſchaffung der Frohnſoaft , des Erſtgeburtsrec;ts ,1 der Zehenden , kaifeilicher jagden , falarirter Pfarren , wie er es nennt , Juden und Prote:

ſtanten für Bürger erklärt , bürgerliche Duldung , ver minderte stirchſprengel, Fähigkeit jedes Bürgers zu den erſten Lemtern zu gelangen , Drte für die Bermerbung, Plan alle Provinzen in Departements zu verwandeln. Dieß ſind die Neuerungen. Es gibt nichts Hehnlicheres, Vie de Joseph II. , p .

385

Sorepp 11.

ten Briefen Joſepý II. vergebliche Vorſtellungen gemacht , wähnte dieſer Papſt , der ſich auf ſeine Beredſamkeit vers ließ , auf dieſe Weiſe dem Strom fo gefährlider Neuerungen

Einhalt zu thun. Aber der Kaiſer erklärte , des Papſtes Geo genwart werde in ſeinen Vorfäßen nichts ändern . Doch audy Pius beſtand auf ſeinem Vorſaß , und machte ſich am 25. Febr. 1782 trob feines boben Alters und ſeiner wankendent Geſundheit auf den Weg. Das Haupt der Kirde ward mit allerlei Ehrenbezeu.

güngen empfangen. Jofeph II. fuhr ihm unfern der Haupte ſtade entgegen , ſtieg , als er ankam , aus , neigte ſich ehr. fürd) tig vor ihm und führte ihn in ſeinem Wagen mit nach Wien .

Vom Fürſten Kaunis begleitet folgte der Kaiſer

dem Papſt in die beſondere Sdloßkapelle , wo man das Herr Gott did, loben wir zum Dank für ſeine glückliche Ankur.ft fang. Der ehrwürdige Gaſt wurde in die Zimmer, welche Marie Thereſie bewohnt hatte , beherbergt. Aber das war aud) die ganze Frucht ſeiner Reiſe. 21e ſeine Vorſtels

lungen wurden kalt angebört, er wurde ſo darf bewacht , daß er Niemanden empfangen konnte, ohne daß der Fürſt davon Kunde bekommen bätte. Seine Gegenwart hinder .

I

te nicht einmall die Zusführung der Nieuerungsentwürfe. Der Erzbiſd )of von Göri , der ſich am meiſten gegen die kais ſerlichen Befehle aufgelehnt hatte, ward in ſeinen Òprengel zurückgeldickt und megrere lombardi[dje Kloſter wurden aufgehoben .

Tief bekümmert durd, Joſephs Unbeugſamkeit , gedes müthigt durd) eitle Fórmlidykeit und erbeud ) elte Ehrfurdt gegen den päpſtlid) en Stuhl , dem man gerade ſeine vortheile hafteſten Vorrechte entriß , verließ der Heilige Pater Wien nad, einem Monath , wo er am Fuß eines Ibrons , den die Blige aus dem Vatican weiland ro oft erſdjüttert, flebend verweilt hatte.

Die 2 bidhaffung der LehnsEneditſchaft , bemerkten wir, gehörte auch mit zu den Neuerungen, Im Jahre 1780 B6 Core“: Geſchichte Deft. IV. B.

386 Hund. vier 4. zwanzigſtes Kap. 1780-1784. gab Joſeph II. den berühmten Befehr , welcher , die aufdie Ländereien gelegten Steuern ganz umwandelnd , haupte fädlid, die Bauern ganz frei zu maden beabſid ,tigte. Nadya dem er ein Steuerbud) in allen ſeinen Erblanden abzufafo 1

fen befohlen , 'ſchaffte er in den deutſchen alle Heerenredite, wie Zehnten , Frohndienſte 2c. , ab. Da man behaupte, te , es ſei nöthig , um die Steuerzahlung zu fidern , daß der Kned t an der Erdſdyolle baften bliebe ; fo benahm der Kaiſer dieſen Vorwand , indem er die Bewohner eines je :

den Dorfs bevollmädytigte, unter fid einen Steuereinneh. mer zu wählen , der den Ertrag in den Staatsſchat liefere

te und für deffen Zahlbarkeit ſie verantwortlid ) waren. Ein foldjes Streben , weldies die Anſtalten des Leónweſens eiuſdyränkte , hätte die Menſdybeit nur freudig anerken. nen müſſen , wenn man nicht anderer Seits die Eigenthü .

mer zu entſchädigen vergeſſen hätte und die neue Landſteuer nicht an mehrern Orten zu der ungeheuren Auflage von 60 vom Hundert geworden wäre. Demnach wirkte der Befehl nidyt , wie der Fürſt wünſchte und ihn auf lingarn und die ju

em Königreidie gehörigen Landſchaften auszudebnen

war unmöglid ).

In Einem Puncte übertraf Joſeph II. Friedrid ; II. , derten Nadjeiferer er war . Wiewohl er nicht Gelehrter war , und die Gelehrten zu ehren oder zu ſdyüßen gar nid)t vorgab , ermunterte er doch die Wiſſenſchaften und die nüße lidyen Künſte ; und im Laufe ſeiner kurzen Regierung hat er ſie mehr befördert , als irgend ein anderer europäiſcher

Herrſcher. Er erridytete eine Univerſität in den Provinzen, welche noch keine hatten , und vervollkommnete die Idion

vorhandenen. Er ſtiftete ' ffentliche Bibliotheken , errichtete Lehrſtühle der Heilkunſt, der Wundarzneikunſt, der Pflan. 1

genlehre , der Naturlehre , und Naturgeſd idyte , und fuhr: te viele Sternwarten und Sdjeidekünſtlerwerkſtätten auf.

Die Cenſur wurde den Geiſtlid)en , weldie ſie über alle Fäs djer des menſdylidyen Wiſſens geführt hatten , ſo daß jedes

Joreph

II.

387

gute Werk faſt immer zu den verbothenen gehörte , abgenom: men und aufgeklärten Gelehrten übertragen , welchen der Fürſt eine große Freiheit des Urtheils geſtattete ; aber durdy einen fonderbaren Wiederſprud , und wiewohl er erklärt hate

te , er wole nur über freie Menſchen herrſdjen , unterdrücke te er wieder eine geredyte Wißbegier , indem er allen Uns terthanen verbotb , vor ihrem 27ſten Jahre das Ausland zu beſuden. aud, der Handel gehörte unter die Gegenſtände , wele

dhe Joſeos Aufmerkſamkeit hauptſädylid) anzogen. Er lieh Kaufleuten bedeutende Summen und ſchoß undermögens den Handwerkern Geld vor , um ihnen ihre Arbeiten zu er. led)tern. In lobenswerther abfidt, aber nad einer fale

( dyen Berechnung , ward die Einbringung fremder Waaren einer übermäßigen Abgabe unterworfen , die faſt dem gänze

lid ,en Verboth gleid, kam. Die inländiſden Manufactu ren wurden aufgemuntert und Baumwolles , Wod . und Spiegelmanufacturen -angelegt. Der innere Waarenvers trieb wurde durch die Anfhebung der landſdyaftliden Böde

befördert und den Landſd) aften erlaubt , ihre Erzeugniſſe unter einander ausjutauſden , was bisher verbothen gewes Mit großen Koſten wurden neue Straßen ans gelegt , Kanäle gegraben , und hergeſtellt. Trieſt und Fius

ſen war.

me wurden Freihäfen und zu Carlo : Pago , an der Küſte des o treid iſchen Dalmatiens , ein Hafen erbaut. Porziiglid, bemühte ſid, Joſeph, den ungariſdien Hans 3

del zu erweitern. Die Hauptausfubr dieſes Reidys beſtand in Betraide , Pelzwerk, Wein und andern Ebwaaren , die man zu Lande nid )t in die Ferne führen kann. Die Häfen

Fiume , Segni und Carlo :Pago waren zu fern von einais. der , der morladyiſdie Kanal zu ſtürmiſd) , fo war die Dos '

nau , weldie Ungarn durdyſdyneidet, das alle ſchiffbare tröme von ihr erhält , und weld )e in das ſd ,warze Meer fallt , der einzige Kanal, wo dieſer widytige Handel ges

trieben werden kounte. Da dieſer Fluß von den Gränzen B b 2

1

388 Hund. vier u. zwanzigſtes Kap. 1780-1784. der Geſpannſd )aft Temeswar in das Gebieth der ottomannis fden Pforte fließt , fo erhielt Joſeph II. im Jahr 1784 von ibr freie Fahrt auf der Donau und dem ſchwarzen Meere bis zu den Dardanellen ; und bewilligte einer Geſellſchaft

italieniſcher Kaufleute Freiheit von allen Gefällen , ja ſom gar eine Prämie für Getraide , welches ſie aus Ungarn und den mit dieſem Königreiche verbundenen Landſchaften

bezieben würden. Im Jahr 1786 ward die erſte Unternette mung gemacht. Zwanzig Schiffe mit Getraide gingen die Donau hinab bis an ihre Mündung. Das Getraide ward auf Schiffen aus Trieſt und Fiume derſdrifft und nad, Ge. nua und Marſeille gebrad)t. Aber der nachmahlige unpo.

Jituſdie Krieg Joſephs gegen die Türken mad;te dieſem Hans del ein Ende und täuſdyte die Hoffnungen der Ungarn.

Sofeph II.

389

8 ftes Kapitel. Hundert fünfundzwanzig

1781

1785.

Zweite Meire Forephs nach Frankreich . - Sinnesänderung dieſes Fürften . Lufhebung des Barrierevertrags . Streit Joſephs mit den vereinigten Provinzen. tainebleauer Uebereinkunft.

Fon

Un feine Neuerungen und Verbeſſerungspläne auszufüh. ren , mußte Joſeph mit allen Mädyten in Frieden zu leben traditen .

Gleid wohl iſt ſeine ganze Regierung nur eine

Reibe ehrgeiziger Entwürfe und unpolitiſd, er Maßregeln , und er ſtürzte fid ſelbſt in ſo große Verlegenheiten , daß er ſich gezwunger: faby , mehrere im Hodymuth ſeines Her's

zens gegebene Befehle zu widerrufen. Die idon gegen Frankreid, bezeigte Abneigung dien bei ſeinem Regierungs . antritt ſich zu verdoppeln . In den erſten ( edys Monathen

nahm er ſid, nid)t die Mühe , fie zu verbergen , und den: nod) bewirkte ned vor Ende des Jahres eine zweite Reis ſe nad Paris eine vollkommene Sinnesänderung in ihm.

Dieſe Aenderung entſprang aus ſeinem lebhaften Wunſdye , den Barriereplákevertrag, weld en fein Haus als ein dymähs

lid ,es Zeiden der Abhängigkeit anſah , aufzuheben . Der verſailler Hof nugte dief.

Statt der Zurückhaltung . wo:

mit man das erſte Mahl ihn aufgenommen , erwies mun ihm nun Vertrauen und Freundidaft. Die Königinn , wel. dje die Zwecke des Staatsraths fördern wollte , braud te

álle Gewalt, die ſie über ifres Bruders Geiſt hatte , und

390 Hund. fünfu . zwanzigſtes Kap. 1781—1785 . ſchlug ſogar glücklid, die in Ludwigs XVI. eingewurzelten !

ungünſtigen Vorurtheile nieder. Ehrfreut über ſeine Auf nahme am verſailler Hof nahm der Kaiſer die Einladung Georgs III. nad, England , weldjes er doch immer zu be: ſuchen gewünſdyt batte , nid )t an . Er kehrte alio nad

Wien zurück , voll Vertrauen auf Frankreichs Freundſduft und geneigter als je , auf die Aufhebung einer ihm verbaß. ten Urkunde zu dringen.

Seit dem zwiſchen Frankreidy und Deſtreich gefdyloſ. fenen Bündniß ſchien der Barrierepläßevertrag zwecklos. Ma: rie Thereſie aber , weld)e ju klug war , die Seemächte fut beleidigen und ſich dem verſailler Hofe Preis zu geben I, Þatte alle Geſuche Joſephs JI. , die holländiſdea Beſakulte gen aus den Niederlanden zu verjagen und den Vertrag

urkundlid, aufzuheben , zurückgewieſen. Er war nicht vor: fichtig genug zu bemerken , daß dieſer Vertrag , wenn er .

auch den Stolz des Hauſes Deſtreid beleidigte , dody für beide Theile vortheilhaft war, und, ſo lange er rechtskräftig blieb, die Franzoſen nid )t in die Niederlande einfallen konnten ,

ohne Englands und Hollands Macht gegen ſid, aufzubies then. Wirklich ſah er ſein Bündniß mit Frankreid, als imé merdauerud , als über jede Verſuchung erhaben an ; und feine Geſinnungen fprach Fürſt Kaunik in einer Conferenz mit Graf Waſſenaar , dem Bevollmädstigten der vereinigs ten Provinzen 1, aus. ,,Der Kaiſer," ſprachy er „ wil nid ) ts mehr von der Barriere Gören , weil ſie in der Chat midt mehr vorhanden iſt. Jeder zwecloſe Vertrag muß unwirk:

fam ſeyn.

Der Barrierepläßevertrag war gegen Frank:

reich gerichtet. Unſere Verhältniffe zu dieſer Madyt ma:

dyen ihn unnüß und gewähren uns eine weit ſicherere Gränzſcheide, als jenetrüglid,e." Als Graf Waſſenaar Kauniken vorgefelt butte , daß hienieden alles verändere lich ſei, erwiederte dieſer : Die Verhältniſſe , welche das Haus Deſtreich eingegangen ,I ſind das Ergebniß eines fe ften und wohl überdadsten Syſtems; ſie müſſen wenig:

Joſeph II.

391

ftens Hundert Jahre dauern. Sollte in dem geheimen Staatsratb zu Verſailles oder Wien ein Unſinniger aufſte. ben , der ſie auflöſen wollte , der würde , ftatt dieß zu er.

reiden , in das Narrenhaus geſdhickt werden. Der Kais ſer handelt gang Ihrem Vortheile gemäß und Sie haben

weder von ihm , nod )von Frankreich etwas zu fürdyren 1). Nort, nid )t fieben Jahre nach dieſer Conferenz lab Joſeph II. ſein Bündniß mit dieſer Madyt aufgelöſt und die Nico derlande gegen ihn empört. Der Kaiſer erkannte leidt , daß der zwiſchen England und den vereinigten Provinzen erklärte Krieg ihm zu Qus,

führung ſeines Vorhabens eine Gelegenheit , wie vielleic ;t niemahls wieder , both. Kauin war er alſo wies der nad , Wien zurück , ſo gab er Befehl , aue Nov 1781 Feſtungen in den Niederlanden, ausgenommen u . xemburg , Oſtende und die Beifeſten Namur und Antwer. I

pen, ju (d)leifen . Die Generalſtaaten wurden erſudyt , die Beſabungen , weld) e fie in den Barriereplären hatten , ju 1

rückzurufen , was ſie aud) nad , vergeblid en Berſuchen tha. 1

ten. Da dieß ihm fo leidyt wurde , ging er nod) weiter und verlangte , die Grängen ſollten ganz der Linie gemäß hergeſtellt werden , weld e in einem 1664 vom König ron

Spanien und den vereinigten Provinzen geſchloſſenen Vertrag angegeben wären . Er kündigte ſein Vorhaben ronderbar an .

Ein Guldat der holländiſden Beſabung

von Liefkenshoek , einer an der Schelde gelegenen Feſte, wurde, dem Gebrauch nach I auf dein Todtenacer des

Dorfes Doele begraben , deſſen , Hoheitsrecht Deſtreich

zuſtand. Ein Sendhaufen der genter Belaßung grub ihn aus und warf ihn in den Feſtungsgraben. Ein anderer 1) Das Weſentliche dieſer Unterredung ift in einer hanger

Zeitſchrift bekannt gemacht: Reflexions sur une conversa . tion ministerielle entre le prince de Kaunitz et le comte

de Wassenaar. Den öſtreichiſsen Miniſter verdroß dieſe Betanntmachung febr.

392 Hund. fünfu . zwanzigſtes stap. 1781--1785 . Abtrab ging von Brügge ab und befekte die bolländiſd) en Feſten St. Donat, St. Paul und St. Hiel. 9. Nou .

1783

Im Anfange des folgenden Jahres, überrum : pelte die antwerpner Befarung das alte Cillo ,

eine neben dem neuen Lillo gelegene Feſte , vor weld )ex

ein djiff lag , welches den Eingang in die Schelde wehrte. Dieſe Spaltung auszugleichen , wurden zu Brüſſel Conferenzen zwiſchen den Kaiſerlichen und hole

Apr. 1784 ländiſchen Bevollmächtigten veranſtaltet. Jos ſeph II. trieb ſeine Forderungen böher und ver.

langte außer der Herſtellung der ehemahligen Gränzen 1. die durch den weſtphäliſden Vertrag befohlne Schleifung einiger Feſten ; 2. kraft ſeiner Rechte aufdas Gebieth, wel. des die edelde von Intwerpen att bis asingen einfat ,

die Entfernung des vor lillo liegenden Wachtſchiffs ; 3. die Rückgabe mehrerer Dörfer , weld )e lid, die vereinigten ; Provinzen als Zubehör von Herzogenbuſch zugeeignet , die aber jul Antwerpen gehörten ; 4. die Abtei und das Dorf Poſtel; 5. die Verzic )tung auf das Hoheitsredyt , wels des die Holländer über meörere Dörfer in der Gegend don Maſtricht übten Dörfer , melde die Wiederkaufslän : ber bießen ; 6. die Abtretung von Maſtridt und der Graf: folyaft Wronhoven und das holländiſche Wiertel über der

Maas , gemäß dem Artikel des Bundesvertrags vom 5 . April 1673 zniſden Farl II ., König von Spanien und der

vereinigten Provinzen ; 7. endlid , die Zahlung einiger dem Herrſder und den linterthanen der Niederlande ſchuldigen Summen. Die Generalſtaaten ihrer Seits verlangten die durd, den Barrierevertrag bedungenen rückſtändigen Halfs, gelder , die Ausbeſſerungskoſten für die Beifeſte von Na: mur und andere , und unterſchiedliche, dem Hauſe Deſts reich geliebene auf die ſd leſiſchen Kronländer als Pfand angewieſene Summen . Ihre Rückforderungen wurden

mittelſt einer Berufung auf Frankreidys Vermittelung und

Joſeph

11.

393

durch den: Zug eines Karſtes von Breda nad, Maſtriche unterſtütt.

Man erörterte die gegenſeitigen Forderungen , als im Auguſt 1784 Joſeph II. erklärte , er wollte die feinigen nac)laffen , unter der Bedingung , daß die Schifffahrt auf der Schelde frei ſei und alle ſeine niederländiſchen Intere thanen unmittelbar mit den Oſtindiern Handel treiben dürf.

ten .. Zugleid, kündigte er an , er werde jeden Widerſprud) von Seiten der Generalſtaaten als Kriegserklärung bes trad )ten. Dennoch ward am 5. October die kaiſerliche Brigantine von Oftende , welde in die Schelde wollte ,

von den Holländern an der Mündung des Fluſſes wegges nommen und nadi Vliſſingen geführt. Ein antwerpner Sdiff ward vom Wachtſchiff in Sasfingen angehalten. Da es nid )t zurück wollte , fdoß man darauf und es mußte die Segel ſtreichen . Dergleichen Widerſtand hatte der Kaiſer gar nicht erwartet ; er hatte ſogar dem Fürſten Kau : nik , der ihn erſudyt batte , auf den Fall des Angriffs die nöthigen Vorkehrungen treffen zu laſſen , geantwortet : ,, Sie werden nid )t ſdiepen." Joſeph war eben in Ungarn , als die brüſſeler Beridyte nad Wien kamen und Kaunis

ſendete ſie ihm mit der kurzen Bemerkung : ,,Sie haben geld offen 1)." Sogleich wurden die brüſſeler Conferen: jen abgebrodien , der kaiſerlidie Geſandte verließ Haag und es erging Befehl , einen Schaarenbarſt gegen die vereinige ten Povinzen zu ſenden . Die Holländer rüſteten ſich ſehr und beider Seits ſah man ſich nad) Unterſtüßung der übri. gen europäiſchen Mädyte um.

Der Kaiſer redynete auf

Frankreichs und Kußlands Hülfe ; die vereinigten Provin

gen wurden insgeheim vom König von Preußen aufgeregt und alles ſdien einen allgemeinen Krieg zu verkünden. 1 ) Mittheilungen des Fürſten Kaunit an einen Freund; des Verfaffers.

394 Hund. fünf u. zwanzigſtes Sap. 1781-1785. Aber plößlich verziditete der Kaiſer auf die Sdjelde: ( chifffahrt, erneuerte jedod, die Forderung von Maſtridyt

und verlangte zuförderſt als unnachlaßlid, eine auffallende Genugthuung für den ſeinem Sd) iff zugefügten Schimpf. Joſeph veränderter Eutſchluß rührte von Frankreichs Wir derſtand ber . Es hatte zwar bisher ſeinen Wünſchen ge. mäß zu handeln geſdienen , hatte ihn angefeuert , den Bar .

rierepläkevertrag aufzuheben , hatte ihn fogar in ſeinem Streben , die Gränzen des öftreidhifdyen Flanderns ju er . weitern , unterſtüßt , aber es wollte die vereinigten Pros vingen nidst unzufrieden machen , mit welden , es ein 1

Bündniß zu idiließen im Begriff ſtand , deſſen Zweck war , die Madyt der Engländer in Indien zu (d wädjen .

Es

widerſekte ſid , alfo der Eröffnung der S djelde. In einer Note , weldje dem Wiener Hof überreidyt ward , erklärte Ludwig XVI. , er fei entſchloſſen , die Holländer mit Waf.

fengewalt zu unterſtüßen und zugleid, both er feine Ver. mittelung an. Es wurden Befehle " gegeben , zwei Beob. adjtungsbeere , eins bei Luremburg , das andere am Rhein , zu ſammeln. Der verſailler Hof fendete ſogar auf Bitten den Grafen von Maillebois in die vereinigten Provinzen ,

ftatt Ludwigs von Baden , welder ſeitte Stelle aufgeben müſſen , den Heerbefehl als Feldmarſd) ad ju übernehmen. Frankreidys Verwendung war eben ſo viel als ein aus. drücklicher Befehl. Der franzöſiſche Staatsrath leitete die ganje Interhandlung, und Joſeph unterwarf ſid, den Bes (dlüſen des verſailler Cabinets. Seine Ehre ward deins

bar gerettet und feine Eitelkeit befriedigt durd, eine Ges nugthuung , weldje ihm Graf Waſſenaar und Baron von Leyden geben ſollten. Der Kaiſer, der Forderung auf For: derung gemadyt hatte , beſchränkte ſidy jeßt auf Geld. Nach langen Erörterungen beſtimmte er die Summe von 10 Mil.

lionen holländiſcher Gulden , und gab bis zum 21. Sept. Bedenkzeit. Da die holländiſchen Bevollmädytigten nur 8 Millionen zu bewilligen beauftragt und die kaiſerlidyen Ger

Soreph

II.

395

( dhäftsführer durd, ausdrücklidye Befehle gebunden waren, ſo wäre faſt die Unterhandlung abgebrochen worden , wenn nid)t der verſailler Hof die andern zwei Millionen zu zahlen ſid , erbos

then hätte. Die Bedingungen wurden am 20. Sept. 1785 zu Paris unterzeichnet und der Sdlugvertrag am 8. Nov. zu Fontainebleau unter Gewährleiſtung Frankreid )s abgeſd )loſa

ſen.

Joſeph II. entſagte der freien Schifffahrt auf der

S djelde jenſeit ſeines Gebieths und ſeinen Anſpruchen auf Maftridt und deren Zubehör ; bekam die Feſten Lillo und

Liefkenshoek, und die holländiſch - flandriſchen Gränzen wur den nach dem Vertrag von 1664 gezogen. Die vereinig : ten Provinzen forverten Erneuerung des Vertrags von 1731 , 1

weld )er den Flamändern den Handei mit Ditindien unter . ſagte. Der Kaiſer wollte das nid)t zugeben und ſo war die Rede nidyt mehr davon.

So endigte denn dieſer Streit , der faſt Europa's

Frieden geſtört hätte , mit einer Geldabfindung , wie Friens 1

rid ) II. im Verlauf der Unterhandlung vorausſah. ,,Sie

Noden ſehen ,""ſagte er zum Marquis von Bouillé , „ Ver: gennes zwingt am Ende die durd, laudy tigſte Republik , ſid) .

bei meinem Bruder Joſeph mit einem Trinkgeld abzur finden 1 )."

1 ) Der Inhalt dieſes Kapitels ift vorzüglich aus beſondern

Mittheilungen geſchöpft. Zu Rathe gezogen find die Amts papiere und Berichte Robert Keiths.

?

396 Hund. rechs u.zwanzigſtes Rap. 1784-1788.

Hundertrecho $ undzwanzigſtes Sapitel, 1784

1788.

Beſtätigung des Bundes zwiſchen Joſeph und Rußland. Er bilft Katharinen II. die Krimm erobern.

Staaten nach der Türfei hin erweitern .

Wiu reinc Frankreich wis

derfest ſich der Ausführung. — Jofeph fucht vergebens Baiern für die Niederlande einzutauſchen . Deutſcher Bund.

Tod Friedrichs II., Königs von Preußen und

Regierungeantritt Friedrich Wilhelms II. – unfreund -

ſchaftliches Benehmen des Wiener Hofs rúdtſichtlich auf

England. -- Erneuertes Bündniß zwiſchen England und Rußland. - Empörung in Holland.

aum hatte Joſeph 11. Marie Thereſiens Thron beſtiegen,, als er ſein Uebergewicht am petersburger Hof noch zu er. böhen ſudyte. Die Ungnade des Grafen Panin vernidytete Preußens Anſehen in Rufland gänzlich und die Vereinis

gung der beiden Kaiſerhöfe ward inniger. Man ſchloß keis nen förmliden Vertraß , weil Katharine II. die linterzeid). nung beider Urkunden verlangte , wie zwiſden Fürſten gleis den Ranges. Joſeph II. der einen der Kaiſerwürde fo juu

widerlaufenden Punct nicht bewilligen konnte , wendete ein; er habe ſein Redt von den Kurfürſten , rei ihnen dafür Rechenſchaft ſchuldig und bisher habe nod , kein Machtha:

ber Europa's dem deutſden Kaiſer den Vorſiß verweigert. Die Kaiſerinn beharrte lange auf ihrem Geſud ); endlich ward auf ihren Vorſchlag feitgelegt , daß , ſtatt einer förmlichen 1

Urkunde ; die Artikel , worüber man ſich verglidye , in einen

Sofeph II.

397

brieflid, abgefaften Vertrag aufgenommen werden ſollten , weld)en beide Monarchen gegenſeitig unterzeichneten und an einander richteten. So ſchloſſen ſie ein Sdrukbündniß und gewährleiſteten einander gegenſeitig ihre Staaten. Die Zahr

der Kulfsſchaaren und die Dauer des Bündniſſes ward nicht beſtimmt 1 ).

Ermuthigt durch dieſen Vertrag ſtrebte Katharine II.

ihre Entwurfe in Abſicht der Krimm auszuführen . ' Indem ſie den Artikel des kainardjier Friedensvertrags zum Vor: wand nahm , kraft deſſen der Kahn von Rußland eben for

wohl als der ottomanniſd; en Pforte beſtätigt werden mußte,

ließ ſie Sahim Oberay , ihr Geldhöpf , wählen , und vertrat ihn gegen den Divan von Konſtantinopel und einen Sheil

der Bewohner der Halbinſel, welde einen andern Herre

(dyer erwählt hatten . Kaum ſaß Šahim Gherar auf dem Throne , als er gern oder ungern abdankte , und die Krimm

an ſeine Beſdyüßerinn abrrat. Er bereuete es bald , entflol, und wollte ſid, an die Spiße der türkiſdien Partei ſtellen , ward aber verhaftet und gefangen nach Woroneſch geſendet,

und die rufíiſden Feldherrn nahmen im Nahmen ihrer Gee bietherinn die Krimm in Beſis. Dieſe Neutralitästverlepung

rüſtete fid, die Pforte zu rächen und ein fo widytiges Ges bieth wieder zu erobern. Katharine that ihrer Seits das Möglichſte. Sie forderte den Kaiſer zum Beiſtand auf,der ſeine Verbindlidykeiten gern erfüllen wollte. Der Internun , ciuß des Kaiſers erklärte der Pforte , die beiden Kaiſerhöfe würden einhelligwirken , und zu gleidher Zeit zog ein öſtreichis I

des Heer nad) der Turkei. Joſeph nerjidyert die ruſude Kaie

ferinn in ſeinen Briefen , er werde gegen ſie nidyt bloß die I

Pflidten eines treuen Bundesgenoſſen erfüllen , ſondern auch ihr mit ſeiner ganzen Macht dienen 1784. und fid, als ihren Feldherrn betrachten . Erſdyroks ken (dyloß die Pforte am 9. Jan. 1784 einen Vertrag , OF. 1. Beſondere Mitteilungen .

398 Hynd. ſechs u. zwanzigſtes stap. 2784-1788 . durd, die Hoheitsrechte der Krimm und des Kuban auf Ruß. Tand übergetragen wurden .

Wiewohl der Kaiſer vollkommen uneigennüßig geldjies nen hatte , wünſcyte er dod) regnlid , ſt die Beute des otto

manniſchen Reichs zu theilen. Ibn hatte nach der Moldau

und Wutachei gelüſtet. Katharine hatte nid )t zugelaſſen , daß er ſid) ihrer bemädytigte und er begnügte ſid), die jens ſeit der Donau gelegenen landſd aften wieder zu bekome I

men ; ein Plan , bei deffen ausfübrung er auf die Intere

ftübung der Kaiſerinn redenen konnte. Über Frankreid, war

dagegen . Dieſe Madyt batte in die erhabene Pforte gedrun , gen , die Einbrüche der beiden Kaiſerböfe abzuwehren und ſogar. Ingenieure geſendet, um die an der Donau geleger nen türkiſden feſten Pläne zu befeſtigen. Außerdem hatte ſie England ein Bündniß zur Vertheidigung der ottomanniſcent

Pforte angetragen. Da dieſer Antrag nid)t angenommen worden war , hatte ſie die Erwerbung der Krimm durdy Rußland berbilligt ; aber auf alle Weiſe Deſtreidys Vergrós Berung mittelſt der Türkei zu hindern geſtrebt. Sie hatte den Kaiſer gedroht , fid) mit dem König von Preußen und von Sardinien gegen ihn zu verbinden und ſchien eher

ganz Europa entflammen , als dieſe neue Zerſtückelung des türkiſden Reid)s zugeben zu wollen . Joſeph II. der für ſeine italieniſchen und niederländiſchen Beſipungen , deren

Feſtungen er geſdıleift, fürdytet und außerdemº Englands. Unterſtübung nid )t erhalten konnte , unterwarf fid (dyweis gend den Befehlen des Verſailler Hofs , welchen er für ei

nen Plan , der ihm nod, mehr am Herzen lag , fu gewins nen hoffte.

Baiern hatte eine Bevölkerung von 1,200,000 Seelen, die unter einer guten Verwaltung ( dynell ſidh zum Doppel ten erheben konnte. Es hatte ein Einkommen von 6 Millionen Gulden , welches durch Steuern oder Auflagen durch Aufhebung mehrerer Klöſter , weldie zuſammen ein Einkommen von 2 Millionen Gulden hatten , noch böber

goreph II.

399

getrieben werden konnte. Nach Erwerb dieſes Landes hät. ten ſich die öſtreichiſden Staaten von der pobiniſchen und

türkiſchen Gränze bis an die Kheinufer und die Küſten des mittedländiſchen Meers erſtreckt. Nadıdem unter Marie Thereſiens Regierung Preußen Waffen und Frankreid)s geheimes Widerſtreben , Joſeph an Baierno Eroberung ver's hindert hatten , nahm er zu andern Mitteln ſeine Zufludit. 1

Er unterhielt den während der teſd ,ener Friedensunterhands lungen auf den münd; ener Hof gewonnenen Einfluß und vermodyte den Kurfürſten , in einen Tauſd , ſeines Landes

gegen die Niederlande (Namur und luremburg ausgenoms men ) zu williyen , weldje als Königreid , von Burgund oder Auftrajien anerkannt werden fouten . Der Katſer begriff

febr wohl , daß gegen die Ausfübrung dieſes Plans unend lid, viel Hinderniſſe entſtehen würden und unterließ nid ts , fie zu beſeitigen. Auf Rußlands Beitritt konnte er red.

nen ; Frankreid) hatte er durch das angetragene Luxemburg und Namur gemonnen ; Großbritannien (aien ihın wegen

Aufrechthaltung des Barrierepiäßevertrago fich mit keinem Krieg auf dem feſten Lande befaſſen zu können , und die Eins willigung der vereinten Provinzen hoffte er im Guten oder auch mit Gewalt zu bekommen. Eben fo hoffte er aud) ,

unter den Reid ,sfürſten und Reid)sſtänden eine eben ſo mädje tige Partei als der König von Preußen zu madjen. Er ( chloß mit dem Kurfürſten von Baiern und dem Herzog von

Wirtemberg Külfsgelderverträge. Der Neutralität oder aud, der linterſtükung der Kurfürſten von Köln und Trier hatte er ſid) bereits verfidyert. Endlid , fdymeid ,elte er ſid ), entweder den Beitritt ſeiner niederländiſdjen Unterthanen zu erhalten , wenn er ihnen das Redyt, nach Oſtindien Handel zu treiben , wiederfd)affte, oder ihren Widerſtand durch Frank reid, zu bändigen.

Im Januar 1785 inachte Graf Romanzoff, Katharinens Miniſter , zu Frankfurt dem Herzog von Zweibrücken als ante

geblidem Erben Karl Theodors , mündlich den Untrag , in

400 Hund. ſechs u. zwanzigſtes s'ap. 1784-1788. den Austauſch Baiern gegen die Niederlande zu widigen . Er bath ſich binnen 8 Tagen Antwort aus und erklärte ,1 daß im Fall er ſeiner Seito fich weigerte , man des weitern verfah ren werde.

Der furdytbare Feind des Hauſes Deftreid ) , der Fürit , 1

der im 72. Jahre nody alle Geiſteskraft und Wadyſamkeit

batte , wie in der Blüthe der Jahre , kurz Friedrich II. ver, 1

eitelte dieſen ſo tief angelegten Plan. Uuf jeiten Nath bes

rief ſich der Herzog von Zweibrücken auf Frankreich , Preu. Ben und Rufland als Wehrmänner des teſciner Vertrags ; 1

und auf eben dieſen Antrieb machten die bairiſden Stände

Einwendungen gegen den Tauſd ). Dabei blieb der König von Preußen nid )t ſtehen . Er befdyuldigte Joſeph vers lekter Reidsverfaſſung, mad)te dem verſailler Hof Vors 1

ſtellungen und warf ihm vor , daß er ſid, mit Luxemburg .

und Namur babe beſteden laſſen , und erklärte , er werde

feine letren Augenblicke noch braudzen , um den deutſchen Reichsförper gegen die Tyrannei ſeines Oberhauptes zu Dertheidigen.

Die Beſtürzung verbreitete ſid , im ganzen Keidye. Kart Theodor behauptete nun gegen die baieriſchen Stände , das

Gerüd)t, als habe er mit dem Kaiſer einen Vertrag geſchloſſen, fei grundlos ; der einzige geſchloſſene Bertrag betreffe eine Orangberichtigung. Joſeph II. ſchien ſo überraſcht , als ob er unbeding ten Gehorſam erwartet hätte. Anfangs beobad ;tete er eitt düſteres Sd)weigetr ; nad ber erklärte er , er habe gar die

Abſidyt nicht gehabt , dem Herzog von Zweibrücken ſeine Zuſtimmung zu entreißen , und behauptete , der Tauid bätte durd) gegenſeitige Bewilligung gereklich Statt finden können . Auch gab er zu verſteben , daß er zu den Anträgen des ruffiſden Geſandten nid )t Bollmadt gegeben. Um des Kaiſers Ebre zu retten , erklärte Katharine, fie babe dem

Grafen Komanforf Befehl gegeben , den Gedanken eines Sauſdjes in Anregung zu bringen , in der Vorausſegung ,

Sofeph 11.

401

daß es für beide Theile vortheillaft ſeyn würde , und weil

der Herzog von Zweibrücken feine Zuſtimmung verweigert, habe ſie nicht weiter gehen mögen. Daſſelbe erklärte Frankreich. Dieß Rücktreten und Verläugnen genügte aber weder Friedrid; II. nod; den deutſüben Fürſten und Ständell. Mithin ward am 3. Jul. 1785 ein Fürſtenbund zwiſd en

dem König von Preußen , dem König von England , als 1

Kurfürſten von Hannover , und dem Kurfürſten von Sadſen geſchloffen , zu welchem auch der Markgraf von Anſpach, der Herzog von Zweibrücken und andere Fürſten traten. Dieſer

Bund , deffen (dyeinbarer Grund die Aufrechthaltung der Reidysverfaſſung war , fekte Oeſtreidys Eingriffen einen ſtare 1

ken Damm entgegen .

Umſonſt wendete Joſeph ein , der Fürſtenbund ſei nur aus dem Ehrgeiz und den ſelbſtſüdy tigen Zwecken des Kör nigs von Preußen , den er den Gegenkaiſer nannte , bervore gegangen , und werde die Ruhe des Reids eber ſtóren , als

erhalten. Er wollte einen Gegenbund maden und rüſtete fid) zum Kriege. Aber die Mifbilligung aller deutſden Stätte

de , Preußens große Rüſtungen ,i die Standhaftigkeit der Bundesfürſten , die 3aghaftigkeit des Kurfürſten von Bais ern ,

die Gewißheit., daß Frankreich ſid , auf keine Feinds

ſeligkeiten einlaſſen würde, daß die vzreinigten Provinzent fid, weder durdy ſeine Drohungen einſdjüdytern , nod, durch reine Verſpredjungen gewinnen ließen , und daß Großbritans

nien entſdieden ſich dem Tauſd) widerſeßen würden , zwarte gen ihn endlich ruhig zu bleiben und ſeinen Plan aufjum geben 1 ). 1 ) Herzbergs Recueil T. II. - Aufſchlüffe, die wir von ihm

undmehreren anderen erhalten . – Müllers Fürſtenbund. - Dohm über den deutſchen Fürſtenbund. Pütters Entw . III, 215 . Grimoard , examen de la situation de la France en Oct. 1786, in den Mém . de Louis XVI. par Soulavie. V. Robert Keith's dispatches and pas -

pers.

Pezzls Charakteriſtik Joſephs 11. Kap. 22 .

Corr's Geſchichte Deft. IV.B.

402 Hund . rechs 17. zwanzigftes Kap . 1784-1789. Der deutſde Fürſtenbund war Friedrid )s II. lekte Ver. handlungen , worin er ſeinen Haß gegen das Haus Deftreich ausſprad ). Seit langer Zeit hatte er an verwidelten Krank: beiten gelitten , worunter aud; die Waſſerſudit war . In. 1

fwiſd)en hielt er die Herrſcherzügel nod immer mit fid) : rer Hand und behielt ſeine volle Geiſteskraft bis auf den legten Augenblick . Er ſtarb am 17. Aug. 1786 im 75 . Sabre feines Alters und im 47. feiner rubmvollen Re gierung .

Gemüthsart und haten dieſes Fürſten ſind zu bekannt,

als daß ſie bier zu ſchildern nöthig wären . Wir begnügen uns mit der Bemerkung, daß er ſeine Erblande mit Beſite jungen vermehrte , deren Bewohner auf 2 Millionen betrugen, duß er die Einkünfte der preußiſden Monardie faſt vera doppelte , und einen Sdaß von beinahe 200 Millionen Live .res und ein Heer von 200,000 Mann hinterließ , die beſten Sdaaren in ganz Europa. Sein Neffe , Friedrich Wils

helm II. der ihm in der Niegierung folgte , war zwar in vol. ler Kraft der Jahre , Hatte aber weder den Geiſt , noch die 1

Anlagen Friedridis des Großen , deſſen Tod der Zeitpunct eie ner merkwürdigen Veränderung in Europa's Staatsverbälte niſſen ward.

Des Kaiſers zweideutiges Betragen hatte England ges gen ihn ſehr aufgebracht. Nad dem er dem brittiſd en ges

heimen Staatsrath geſchmeid ,elt, hatte er dem verſuller

Hof die Mittheilungen des londoner enthult. Seinen Eine fluß in Petersburg hatte er für Frankreid, verwendet , und der ruffiſden Kaiſerinn zu gefallen , war er der nordiſdyen

Neutralität beigetreten.

Durd , die Aufhebung des Bar :

rierepläßedertrags und das Verhalten des Wiener Hofs im amerikaniſchen Kriege batte die Mifhelligkeit nur zugenoms men. Troß ſeiner Erklärungen batte Joſeph zugegeben , daß ſeine niederländiſden Untertbanen mit den emporten

1

Colonien Handel trieben. Als der brittiſche geheime Staats. rath ſeine Vermittlung zugleich mit der rufladen angenoms

Soſeph

II.

403

men , hatte er Bedingungen angetragen , weldje nur vom verſailler Hof eingegeben ſeyn konnten , und ſich zu ſagen herausgenommen ; der Ausgang des Kampfes werde für Engo land unheilood renn . Das Mißtrauen , weldjes er durch I

dieß Betragen eingefloft hatte , wudys nodi durch ſeinen verſuchten Tauſch .

Mithin hatte der brittiſdie geheime

Staatsrath die lang gehegte Hoffnung , die alten Verbin, dungen mit dem Wiener Hofwieder anzuknüpfen , aufgegeben. 1

Er ſudyte den König von Preußen zu gewinnen , der außer dem alten Haß gegen das Haus Deſtreich nach gerade ent.

gegengeſenten Grundſägen als ſein Vorfähr handelte , und ihm ſeine Hülfe lieb , um Frankreidos ſeit dem aadıner Frieden über die vereinigten Provinzen gewonnenes Ueber gewichtju verniindern .

Am 10. Nov. 1785 war zwiſchen beiden Mädyten zu Fontainebleau ein Bundesvertrag unterzeidnet worden und bald nachher hatte die Gegenpartei des Prinzen von Oras

nien , der Friedrid, Wilhelms dyweſter gebeirathet hatte, ſein Unſehen und ſeine Macht untergraben. England ward es nid )t idywer , den König von Preußen zur Einmiſdung in dieſe Angelegenbeit zu beſtimmen . Da die Prinzeſſinn von Oranien , als ſie ſid, nach Haag begab , von den Pa. 1

trioten verhaftet worden war , fo fielen die preußiſdjen Schade ren , vom Herzog von Braunſdyweig angeführt, über Holland

her und eroberten es mit einer Leichtigkeit, die ganz Europa 'ın Staunen ſekte. Die Provinzen mußten ihre Beſchlüſſe durd ſtreiden und der Prinz von Oranien bekam ſeine Machte vollkommen beit wieder. Der verſailler Hof hatte die Patrioten mit

Waffen gewalt zu unterſtügen gewünſcht; aber Sept. 1787 durch Großbritanniens Zurüſtungen und die im. mer ſteigende Geldverlegenbeit abgebalten , ließ er dieſer

Madht freies Feld. Auf die Empörung der vereinigten Pro. ningen folgte ein Bündniß zwiſden Preußen und den Seer CC 2

404 Hund. fechs u. zwanzigfies Kap . 1784-1788. mädyten 1 ) ; und ihr Einfluß vereitelte Joſeph! II . ebrgeis jige Entwürfe zur Vergrößerung ſeiner Staaten durd, die

Turket: Frankreich , von Preußen verlaffen , von England bedroht , in Holland ohne Anſehen , jog die Bande , die es an den Wiener Hof knüpften , feſter.

Der Tod des

Grafen Bergennes im Anfang des Jahres 1787 hatte das

ſyſtemartige Miftrauen gegen das Haus Deffreich , weldes er unterhalten hatte , geſchwächt. Sein Nachfolger , Graf Montmorin , und nach ihm der Graf von Brienne, Erja

biſchof von Toulouſe, behandelten den Kaiſer als den einzi gen mächtigen Bundesfreund des verſailler Hofs. Joſeph batte ſeiner Seits den Wunſch , To glückliche Verhältniſſe fu nüßen. Er nahm alſo die Nadzricht von Friedrichs II. feines. underſöhnlichen Feindes , Tode gleid, gültig auf und ſtatt -die Drohungen , bei dieſer Gelegenheit Schleſien wies der zu erobern , zu vollſtrecken , ließ er den berliner Hofſeis 1

mer friedlichen Geſinnungen verſidyern , naom den Geſande ten Friedrich Wilhelms äußerſt gnädig auf , und ſagte, er fei entſd lofrey , das beſte Wernehmen zwiſden ihm und ſich ju erbalten.

1) Herzbergs Recueil, T. II.

Bowdler letters form Hole land , im Sept. und Oct. 1787. Ségur hist. de Fréd . Guill. II. 1, 4. Lettres de Mirabeau . Das Bündniß

mit den dereinigten Provinzen wurde im Apr. 1788 , und

das mit Großbritannien im Auguſt deffelben Jahres una terzeichnet.

Foreph II.

405

Hundert ſieben u. z w anzigſt es fapitel . 1787

1790.

Von der ruſſiſten Kaiſerinn und Joſeph II. entrorfene Zers Katharinens II. Neiſe in ihre fiicelung der Türfei. Zweiter Beſuch des Kaiſers bei dieſer Fürftinn. Die ottomanniſche Pforte erklärt Nußland den Sirieg . Die Deſtreicher ſuchen Beiyrad zu überrum neuen Länder.

pein .

Jofeph II . erklärt der Ottomanniſchen Pforte den

Schlechte Erfolge der Deltreicher im Feldzuge Unternehmungen Laudons und des Prinzen von Koburg. Die Türken fallen in die Geſpannſihaft Tes

Strieg. 1788.

megmar' ein.

Schimpfficher Müdzug des Kaiſers .

Feldzug von Krieg zwiſchen Rußland und Schweden. Tod des Sultans Abdul Hamid und Thronbes 1739 . Ungnade des Großveziers. ſteigung Sultans Selim . Laudons und des Prinzen von Koburg Glück. -- Iraurige Lage der Türken. — Englands und Preußens Einmiſchung. Franzöfiſche Revolution .

Do Joſeph

gleid, den holländiſchen Patrioten eine 3u ::

fludt in den Niederlanden eröffnet , batte er ſich doc)nid )t

laut für ſie erklärt , und arbeitete , während Preußend Wafo fen in Holland beſd äftigt waren , im Verein mit Rußland

an der Zerſtückelung des ottomanuiſden Reidys. Der Er- . werb der Krimin hatte Katharinens Shrgeiz nur aufgeregt.

auf des Kaiſers Unterſtübung konnte ſie bauen , und Franks reich hatte ſie gewonnen , weil ſie mit ihin eis nen Freundſchafts- und Handelsvergleid , geld loſs Jan. 1787, fen , den aber,mit England zu erneuen ſich ge

406 Hund .ſteben u. zwanzigſtes Sap. 1787–1790. wcigert hatte. In ihren neuen Eroberungen ließ ſie die afts gried,iſden Nahmen wieder aufleben 1 ). Ihre Gefdäft3. führer nährten die Unzufriedenheit unter den Grieden und den übrigen der ottomanniſchen Pforte unterthanen Chriſten . Die tatariſden Horden , weld )e an der turkiſden Gränze umherirrten , ju (d ;recfell oder zu blenden , reiſte Katharine mit einer ihren großen Entwürfen angemeſſenen Pradt nach 1

dem mittägigen Theile ihres Reichs. Begleitet von den vor. 1787.

uebmſten Herren am Hofe, den öſtreidyiſden , frans jöfiſchen und engliſd )en Geſandten , reiſte ſie im

Anfang des Jahres ab , ging zu Lande bis Kiow , 1

und mit angebenvem Frühling diffre ſie ſich auf dem Dnie. per ein und fuhr bis Cherſon hinab. Zu Kanieff mad,te der Sönig ron Poblen Katharinen feine Aufwartung und ließ der Fürſtinn , weldyer er die Kros

ne verdankte , zu Ehren ein prädytiges Feuerwerk auf dem rediten Dnieperufer abbrennen. Beim Dorfe Kaidak ward Katharine von einem nod) größern Fürſten beſudyt. Dieß

war Joſeph II. welder die Theilung der künftigen Erobes rungen in Ordnung gebrad)t batte. Er war in der Mitte

Uprıls in Lemberg angekommen. Nad) } wanzigtägigen Auf enthalt daſelbſt ging er nadh Cherſon , dem Ort der Zuſam . menkunft , wu er am 14. Mai eintraf.

Da er ſeiner Bun.

desfreundinn ſeine ganze Adytung beweiſen wollte , reiſte er ihr entgegen. Der Eilbothe , der die Nadrid) t von der

Nähe des Kaiſers brad)te , fand die Barke 1, worauf Kathas Alsbald ſtieg die Kaiſerinn aus und fekte ihren Weg zu lan . 18. Mai

rine war , bereits am Strande.

de fort. Als Joſeph II, nabte, ſtieg ſie aus dem

Wagen und nach den gebräulichen Begrüßungen ſtiegen bei: de hohe Häupter in den Wagen der Kaiſerinn . 3n Chers ſon jog die Saiſerinn unter einem Triumphbogen ein , wors 1) Die Krimm wurde Lauris , Attar Sebaftopoh Kolof Eu patoria H. f. w. genannt.

Soreph II.

407

auf mit griechiſchen Buchſtaben die Inſchrift ſtand: Weg nadı Bojang. Vier Tage verfloffen in dieſer Stadt unter ungemein pradytvollen Feſten , und hierauf durdyreiſte die Kaiſerinn die Krimm , welde fie Taurien genannt hatte. Was nur Potemkins frud)tbare und romantiſde Einbil. dungskraft erſinnen konnte, die Gegenwart ſeiner Gebiethe. runn zu ehren , ward auf dieſer Reiſe aufgebothen und ausge.

führt. Zu Backsfarai, der Hauptſtadt der Halbinſel , wurs

de die Kaiſerinn in dem alten Pallaſt der Khans beherbergt und ihr das Sdauſpiel eines Feuerbergs gegeben , weld) en ein künſtlich erleidyteter Berg bildete. In Sebaſtopolis

ſab ſie ſtolz eine mächtige . , von ihr ſelbſt erriditete Florte, die Segel in dem ſchönſten Hafen des fdwarzen Meeres entfalten. Eine Menge tatariſcher orden ergänzte , gern

oder ungern , was der Krimin án Volksmenge fehlte. Die Häupter aller Parteien wurden mit großen Beweiſen der Adytung empfangen , und nid)t wurde unterlaſſen , den Grie. den , Albaniern und Tataren Liebe einzufloßen. 1

Joſeph II. begleitete die Kaiſerinn , ſo lange ſie Zeit brauchte , die Krimm ju durdreiſen , wiewohl man ihm oft gemeldet , daß Unzufriedenheit in den Niederlanden berre

fde und ſeine Gegenwart in Wien nöthig ſei. Man merke te wohl, daß er unendlid, viel von der lebhaftigkeit und Heia terkeit , die er auf der erſten Reiſe bewies , verloren ; indeß

for(d ,te er , feiner Gewohnheit gemäß , nad) allem , nad, den Landeserzeugniſſen, den Ueberreſten des Alterthums, den Fer

ftungswerken und Kriegeriſd )en Stellungen , wel: 13. Jun. che dort ro in Menge find . In Perislaf am Dnieper nahın er abſchied von der Kaiſerinn und begab ſich eilig nach Wien. Die während dieſer Reiſe gemachten Anordnungen ſind

nie verlautbart worden . Über die Ränke und Eingriffe der Ruſſen , die Vorbereitungen der beiden Kaiſerhöfe und die von uns geſdyilberten Einzelheiten beſtimmten die ottomanniſdie Pforte , Nußland den Krieg zu erklären ; und ein türkiſdyes

408 Hund. fieben u. zwanzigſtes Sap. 1787–1799. Geſchwader , weld) es an der Mündung des Dnieper erſchien, begann die Feudſeligkeiten mit der Beſdiefung von Kinburn. Katharine ward überraſdt, wollte Zeit gewinnen , und erboth fich , unter Frankreichs Vermittelung zu verhandeln, zu

gleider Zeit befohleunigte ſie ihre Zurüſtungen ; ſie mad te eis ne angeblıdje Redytfertigung ihres Beneynienis bekannt und erfudyte den Kaiſer, ihr die im Bundesvertrag verſprodjene

Hülfe zu leiſten. Joſeph II. der den wichtigen Erwerb Rußlands , wozu er ſelbſt obne ein Equivalent mitverholfen , nicht ohne eie nigen Verdruß bemerkte , wünſchte ernſtlid ) , feinen Fehler

wieder gut zu machen . Aber er ſcheure die Vereinigung des londoner und berliner Hofs ; Frankreidys Streben , die Zerſtückelung des ottomanniſden Reidys zu verhindern, war ihm entgegen und überdie modyte er jich damahls , wo er den Uufſtand in den Niederlanden zu dämpfen , ſo viel Mannſdaft brauchte , mit den Türken nid )t in Krieg ein : laſſen. Er ſuchte alſo das Feuer ſeiner Bundesfreundinn zu 8 vermögen. mäßigen und ſie zu Aufſchub der Feindſeligkeiten zu

Er ließ durch ſeinen Internuncius in Konſtantinopel erklä : ren , daß er Rußland , wenn es angegriffen würde , beiſtehen werde , und trug ſeine Vermittelung an . Indeß beſchleunigte er ebenfalls , wie Katharine ; ſeine Kriegsrüſtungen, Zahl

reide Geſdünzüge bedecten die Donau und die aus der Hauptſtadt nach der türkiſchen Gränge führenden Wege. Jos

feph feate dieß zweideutige Benehmen fort ; bis er auf einen

Augenblick die Unruhen in den Niederlanden geſtillt hatte; und indeß der kaiſerlide Internuncius die Mittlerrolle in Konſtantinopel ſpielte, ſuchten die Deſtreid ;er Belgrad zu überrumpe!n.

Ein ſtarker in der Gegend von Seinlin geo 2. Dec. ſammelter Harſt ſchickte ſid , in der Nacht vom 2. Dec. an ,i in zwei Heerſäulen , eine unter

Aloinzi, die andere unter Gemmingen , über die Donau und die Sau zu geben . Da die ſchlechten Wege , die Dun

Fuſeph

409

II.

kelheit und ein dicker Nebel den Zug aufgehalten und den Uebergang verhindert hatten , ſo kam nur die Vorhut der erſten Heerſäule auf dem Vereinigungspuncte , d. h. eis .

ner unter den Mauern von Belgrad gelegenen Erdjunge, an. Mit anbrechendem Tage ' ward ſie da entdeckt und wäre vernichtet worden , hätte der Statthalter fich nicht geſtellt,

als ob ihm Alvinzi's Entſd,uldigungen genügten. Man er: laubte den Deſtreidyern , ſich zurückzuziehen ,1 und in größe

ter Eile gingen ſie über die Sau zurück 1 ). So augenſcheinlich auch dieſer Treubruch war , fingen

die Türken dennod, nidts Feindſeliges gegen den Kaiſer an . Sie begnügten fid, damit, ihn zu erinnern , daß ſie in treus , er Beobadytung des belgrader Friedensvertrags die von Frant:

reich und Preußen ihnen mad, Karls VI. Code , wo das Daleyn des Hauſes Deſtreid in Gefahr war , gemadyten

Anträge verworfen . Aber Vorſtellungen dieſer Art waren bei einem ſo ehrgeizigen Fürſten, als Joſeph, verloren ; denn er wollte ſeinen Waffenruhm gründen und die 10. Febr.

Beute eines ſchwadyen Feindes theilen. Er er :

1788

ließ eine Kriegserklärung, worin er nicht eins mahl ſeinen ungerechyten Angriff beſdyönigte. Er kragte die Jurken nicht einer einzigen Werferung des Friedensver's trags an und was er anfübrte, waren ſeine Verbindlichkeit gegen die ruffiſdye Kaiſerinn und die Hartnäckigkeit der otto:

manni(d)en Pforte gegen alle Vorſchläge dieſer Fürſtinn. 218 Joſeph dieſe Kriegserklärung erließ , rollte er nid t bloß Bosnien und Servien wieder haben , audy nad der Moldau und Wauad ei gelüſtete ihm , und bis an den

Dnieper boffte er die Grängen ſeines Reidys auszudehnen. Sdyon hatte er 200,000 Mann geſammelt und einen Ges ( dyützug von 2000 Stück aufgebrad )t. Die beiden Kais

Ferhöfe beſchloſſen , die ganze türkiſdse Gränze anzugreifen vom adriatiſchen Meerbuſen an bis an das ich warze Meer. 1) R. Keith to the Marq, of Caermarthen. 15. Dec. 1787,

410 Hund. fieben u. zwanzigſtes Kap . 1787-1790. Das große öſtreichiſche Heer ſammelte ſich an der Gränze von Slavonien , um den Feldzug mit der Belagerung von Belgrad zu eröffnen und hierauf längs der Donau vorzu: rücken . Ilm den Vortheil , der im vorigen Jahre durch die Einnahme von Oczakow gewonnen worden war , zu müten , vereinte ſich das ruſſiſche Hauptheer unter Potem:

kin am Bog . Ein anderer Harſt dieſes Volks ſollte in der Bucowine ſid, an die öftreid iſden Schaaren unter dem

Prinzen Koburg ſchließen. Dieß vereinte Heer ſollte Chok. den Hauptbeeren am Szeret , Pruth , oder Dnieſter zuſammeriwirken. Außer diefen drei Heeren wurden andere Harſte in Siebenb.rgen , im Bannat, in Slavonien und Kroatien aufgeſtellt, die Angriffe zu verbinden, ſchim bezwingen und mit

oder zu unterſtüßen . Ein auf dem (dwarzen Meere ausgerüs ftetes Keer ſollte Potemkins Fortſdritte erleichtern , und Joſeph überredete nid )t nur den Paída von Scutari , die Fahne des Aufruhrs aufzupflanzen , ſondern ſchmeichelte

ſich aud) , die Venetianer zur Theilnahme an den Feindſe ligkeiten zu vermögen. Bon Seiten der Deſtreid ) er verging der ere 1788

fte Theil des Jahres unter Yngriffen auf die

kleinen Gränzſtellungen , und unter Zügen , wels dhe die Fahrzeuge auf der Donau und Sau aufzuheben bezweckten . Im Anfang des März begab ſich Joſeph, dom 1

Marſdall faſcy ſeinem Hauptratbgeber i: Kriegsangele.

genheiten , begleitet , zum Heere. Nachdem er über alle Schaaren Heerſd ;au gehalten , kehrte er wieder 25. Apr. in ſein Hauptquartier zurück, eröffnete die Schiff fahrt auf der Sau , indem er Sjabatſd, mit Sturm nehmen ließ und ordnete alles zur Belagerung von Belgrad an. Seine Bewegungen zu decken, ließ er durch

die zwiſchen der Donau und Sau gelegenen Marſchländer Linien zieben und man ſchmeichelte fidy , das Waffenglück werde den ungebeuern Rüſtungen und weitgreifenden Pla: men des Herrſders entſpredjen.

Joſeph

II.

411

Indeß ſcheiterten die Entwürfe der Verbündeten an unvorhergeſehenen Kinderniffen. Da Großbritannien und die vereinigten Provinzen ihren Leuten zur See ruſſiſde

Dienſte zu nehmen verbothen hatten , ſo konnte dieſe Macht 1

ihre Flotte nicht bemannen und ein eben ſo plöblider, als kub,

ner Angriff des Königs von Sdyweden zwang Katharinen , auf Rettung ihrer Hauptſtadt zu denken. Die meiſten ruſa fiidyen S dyaaren , die nad, der Türkei gogen , gingen zus rück. Mithin führte Soltikoff dem Prinzen von Koburg

nur 10,000 Mann zu . Die Venetianer beſchloffen , trok Berſpredjungen und Drobungen der beiden Kaiſerhöfe , neutral zu bleiben. Der Falda von Scutari , durd, der Berbündeten Verlegenheit mutblos gemadyt, ſtieß die uns

ter ſeine Schaaren aufgenommenen 'öſtreichifdyen Hauptlens te wieder und madyre Frieden mit dem Sultan . Die bes nad,barten Pardas , die zwiſchen Pflidt und Furdyt por ihm idhwankten , folgten feinem Beiſpiel.

Statt ſeine Auſtrengung fit verdoppeln , verlor Jos feph die koſtbare Zeit in Unthätigkeit. Ars er endlid ) ein , ah , daß er ſeinem Rufe beim Heere , bei den Untertha

nen und in ganz Europa dhadete , übernahm er die Bela: gerung von Belgrad. Der Großvezier , Yuſſuf Paſila ,

batte ſein Heer bei Zeiten in Bulgarien , wie in einem Mittelpuncte , geſammelt , ſeine S dyauren juförderſt un. merklid, an den Anblick des Feindes gewöhnt und durch ei

ne Reihe unbedeutender Vortheile ihnen Selbſtvertrauen eingeflöfit. Uls er von Seiten der Ruſſen gar nid )ts mehr

zu fürditen hatte , wendete er ſeine Hauptmadyt gegen die Deſtreidyer und rückte auf Belgrad vor.

Da bei ſeinem

Anjuge der Kaiſer ſid, hinter die Sau zurückzog , ſchlug der Bezier Brücken über die Donau nad, Clodova , durch . brach den Gränzcordon der Feinde , indem er einen auf den

Şöhen von Mechabia ftehenden von Wartensleben befeh. ligten Harſt in Unordnung brachte, folyreckte und verwü.

412 Hund. fieben u. zwanzigſtes Kap. 1787–1790. ſtetė die benachbarten Grafſd,aften des Bannats , und droh. te feine ſiegreid;en Sd;aaren über Ungarn auszubreiten. !

Die kaiſerliden Angelegenheiten waren damahls in der kläglidſten Verfaſſung. Von aller Hoffnung , das otto

manniſche Reid, zu ſtürzen , entblößt , nad; Zurüſtungen ' die faſt allen Glauben überſtiegen , mitten in einem Felde

juge , den er mit der furd,barſten , jemahls pou Deſtreid)

aufgeſtellten , Macht begonnen , fab dieſer Fürſt den Krieg in ſein Land..geſpielt. Seine Schaaren waren durd, ihre Unfälle ' entmuthigt ; ihre Glieder durch eine verwüſtende Seude geliditet; die Werbungen hatten die Bevölkerung der Erblande eridhöpft und der Staatsidaß war leer ; in

der Hauptſtadt brachte die Cheuerung den Pöbel zum Auf rubr ; endlid, verbreitete fid der Geiſt der Unzufriedenhet in Ungarn , deſſen ſtolzen Magnaten , über Joſephs Neue erungen aufgebradt , kühn , angeblidum ihr Vaterland 1

1

zu vertheidigen , in der That aber um die gefährlichen Vor:

red te wieder gu erlangen , weldje der Stolz und das Un.

glück des Bolks geweſen waren , um die Erblaubniß anbiel: ten , ihre Sehnsmannen zu bewaffnen . In dieſer mißlidyen Lage ließ der Kaiſer 30,000 Mann in Semlin , und brad) mit 40,000 auf , Wartensleben ju unterſtüßen und Ungarn zu decken. Laudon , den er bisher .

weder gebraudyt , nod ) gerathfragt, übergab er den Befehl des Heers in Kroatien mit mehrern Beweiſen von Auszeid ): pung. Volk und Heer waren darüber froh . Die Reiſe des

alten Feldherrn von der Hauptſtadt bis zur Gränze war ein Siegeszug und die Soldaten empfingen ihn mit einer Begeiſterung , als ob er ihnen idyon zu einem glänzenden Siege verholfen hätte, Er ließ ihr Feuer nicht erkalten. Nod) am Tage ſeiner Ankunft im lager idylug er einen uns ter den Mauern von Dubiga ſtehenden Harft

26. Aug. und zwang die Feſtung , ſchnell zu capituliren. Er ( dilug Brücken über die Sau , ferſtreute eie Men Beobadytungsharſt bei Berbir unter dem Pardha ven

Soſeph

II .

413

Sravnik und umjog , in das Herz Bosniens dringend, No. · di. Am 11. Sept. eröffnete er die Laufgräben ; am dritten

Tage war die zweite Parallele vollendet und die Belage: rungsunternehnungen wurden mit der größten Thätigkeit betrieben. Ein Harſt von 7000 Türken , welcher die orreia chiſchen Linien angegriffen hatte , ward zurückgeld)lagen . Zwei Mahl wurde Sturm gelaufen und am 3. Oct gab

ſich die Beſak ung gefangen. Nur der einbrechende Winter binderte den thätigen Feldberrn , feine Vortheile weiter zu verfolgen.

Während dieſer Unternehmung belagerten der Prinz von Koburg und Soltikoff Choczim , weldes man für ei

ne leidyte Eroberung hielt. Das Geſdjüß fing am 15. Jul. an zu ſpielen ; aber troß dem Mangel an Lebensmitteln und dem beſtändigen Feuer , welches die Stadt in Afde legte , und den Hauptſpeicher vernichtete, hielt ſich der

unerſdyrockene Befehlshaber und ſeine wackere Beſabung bis zum 30. Sept. , wo ſie mit allen kriegeriſchen Ehren ab: 1

zogen. Dieſe hartnäckige Gegenwähr , welche nur wenige ihres Gleichen hat , hinderte die Verbündeten , weiterhin

etwas Wichtiges zu unternehmen. Während Laudon und Prinz Koburg ro die Ehre der öſtreichiſchen Waffen herſtellten , erfuhr der Kaiſer perſone lid, neue Unfälle. Nadhdem er fidy an Martensleben ans

geſchloſſen , hatte er ſich bei Slatine in dem Thale Karan ſebes feſtgelegt. Da er auf laute Forderung ſeiner Sdyaa. ren und Vorſtellungen ſeiner Hauptleute einen Kriegsrath

halten mußte , urtheilten alle Feldherrn , Marſdal Laſcy 1

I

ausgenommen , man müſie ſogleid) eine Sd ladyt anbietben. Der Kaiſer ſchien der Meinung des Marſdalls zu ſeyn und

blieb auf der Wertheidigungslinie. Durch ſeine Unentſdloſs ſenheit ermuthigt 1, ridyteten die Türken nid )t ohne große

Mübe Batterien auf den Höhen umber auf, und griffen

ſein lager 48 Stunden lang an. Sie wurden zurückger

414 Hund . fieben u. jwanzigſtes Kap. 1787–1790. fdylagen ; aber von Sdwierigkeiten umringt und

20. Sept. einen neuen Sturm befürchtend , brach Joſeph 1788

in der Nacht ſein Lager ab und zog ſich auf Temeswar . Dieſer Rückzug vollendete die Sdymadh ſeiner Waffen 1 ). Unwille und Unruhe herrſditen im ganzen Heere. Er ſelbſt war in großer Gefahr und rettete ſid, nur durch ſein (dynelles Pferd. Ein Theil des Gepäcks und Geldjüt. jes fiel in Feindes Hände ; und auf einem Zuge von nur vier Tagen verlor man 4000 Mann. Zum Glück bielt Far

bris die Türken in den Engwegen von Siebenbürgen auf und die angehende Regenzeit zwang den Großvezier, fid, aus dem Bannat zu entfernen . Yuſuf Paída warf eine ſtarke Bes

fakung nach Viplanka , jog auf Belgrad , und ihm folgte 1

der Kaiſer , der ſeine alte Stellung bei Semlin wieder

nahm . Es fiel nid )ts Widtiges vor , außer die Einnahme von Viplanka durd, einen ron Harrad, befehligten Abtrab. Sin November wurde der Feldzug mit einem dreimonathli dhen Waffenſtilſtand , welcher für Sirmien und das Ban .

nat don Semeswar geſdoloſſen ward , beendigt. Dreißige 1

tauſend Mann waren bei Angriffen geblieben , die man nur

mit Sdyarmüßeln vergleiden kann , und 40,000 , hatte die Peſt weggeraft. Dieſer Verluſt ward nur wenig durdy

die Einnahme von Szubutídy, Choczim , Dubiga und Novi 1) Als auf dem Rückzuge von Karanſebes nach Lugoſch in ftodfinſterer Nacht ein falſcher Lärm unter die Schaaren

gerieth, ergriffen alle , welche beim Gepäd waren , die Flucht, und da ſich die Soldaten in der Unordnung und Dunkel /

heit nicht mehr erkannten, gaben ſie Feuer auf einander. Joſeph II., der an der Spiße einer Heerſäule in einem Wagen faß, ſtieg aus, beſtieg ein Pferd und ſuchte die Fluchtis.

gen am Uebergang einer Brüde zu ſammeln. Úber ſtatt deſſen mard er von ihnen fortgeriffen und von ſeinem Gefolge ges

trennt. So 'machte er eine deutſche Meile. Pezzl's Ioſeph 2. S. 227. Uls 'man ihn wieder einholte , warf er reinen Udjutanten ' vor , daß ſie ihn verlaſſen. Da antwortete eis ner ſpöttiich : ,,wir haben unſer Möglichftes gethan, Em. Staif.

Maj. zu folgen ; aber unſere Pferde waren nicht ſo ſchnell, als das Ihrige.“

Foreph

11.

415

vergütet. Der Kaiſer wurde von einem Uebelbefinden be fallen , welcheso Folge der Strapazen und des Kummers war , und ging nach Wien zurück ; 19. Dec. ſeufzend über ſeine eigene Sdımad, und die

Uebel , weld )e er über ſeine Unterthanen gebradyt batte. Zwar rückte die Sdımeid)elei alles Unglück des Feldzugs Laſcus Rath auf , aber weder Fürſt , noch Bole konnten

darüber ungewieß fenn , wenn gleid, der Marſd)all , ſeines Fürſten Ehre zu retten , den eignen Ruf in die Sd,anje fdlug. Joſeph hatte ſid, allen Gefahren ausgelebt, alles Müh fal ertragen , die umſtändlid , ſte Aufmerkſamkeit für ſeine

Sdaaren bewieſen , und gleichwohl war es ihm nicht ges lungen , fid ibre Ad tung und liebe zu verdienen . Seine

Untüdy tigkeit als Feldherr war auch den minder Kriegs. kundigen nid )t entgangen . Da in ſeinen Bewegungen bald rorſdnede Haft,I bald Unſchlüſſigkeit herrſdite, ſo bewirke te er nid )ts , als daß er die S djaaren ermüdete und mut :

los madyte. So brad )te er fidy um das Vertrauen , wel. d ;es ein Heerführer zum Gehorſam und zum Glück bevarf.

Man hat ihn ſogar beſchuldigt, er habe die Unterneh. mungen der übrigen Feldherren beſdränkt ,1 um allein den ganzen Ruhm des Feldzugs zu ernten und bat boshafte Ber's gleidungen zwiſchen ſeiner Unthätigkeit und ſeinen Fehlern,

und der Thätigkeit und dem Glück laudons und des Prinzert von Koburg angeſtellt. Der Kaiſer, welcher dieſen gar bittern Ladelwohl fühlte , ſchob alle Sduld auf die langſamkeit und die Verſpätung der Ruſſen. In ſeinen Briefen an Kas

tharinen beklagte er ſich über ihre Feldherren, die ibit allein gegen die ganze Madyt des ottomanniſden Reichs bätten

kämpfen laſſen. In ſeinem tiefen Sd;merz über vereitelte Hoffnungen erwog er die große Gefahr nicht genug , wels che ſeine Bundesfreundinn gebindert batte , der Ausfühs 1

rung des großen Feldzugsentwurfs beider Kaiſerhöfe beifur treten.

416 Hund. ſieben u. zwanzigſtes Kap. 1787–1790. Der König von Sdyweden hatte mit der ottomanniſchen Pforte einen Subſidienvertrag geſdyloſſen und ſich ſo ſd :nell und beimlıd) gerüſtet, daß er in Finnland ein Heer von 36,000 Mann hatte , und ſeine Flotte por Kronſtadt fich ſeben ließ , ehe man nur ſeine Abidyten erfuhr.

Dieſer

Angriff verbreitete Beſtürzung in der Hauptſtadt des ruſis (dyen Reidys , welde ſid, nid )t vertheidigen konnte , und die jungen Prinzen der kaiſerlidhen Familie wurden nach

Moskau geſendet. Mit der ihr angeborner Seelenſtärke tronte Katharine dem Sturm . Die vom Admiral Greig befehligte kronſtädter Flotte jog gegen den Feind aus. Auf der Höhe der Inſel Högland war ein wüthender 17. Jul.

Kampf , wo der Sieg unentſchieden blieb. Nadı :

1789.

dem die Ruſſenſdynel ihre Schiffe ausgebeſſert ,

griffen ſie die Sd weden in.der ſweaborger Rhede an , trie ben ſie unter die Kanonen des Plakes zurück und ſperrten fie den ganzen Feldzug hindurd ). Guſtav III. hatte ſich an die Spiße ſeiner landmad)t geſtellt, und war gegen Fried.

richsham , eine Gränzfeſtung des ruſſiſden Fintis 3. Aug. lands, ausgezogen. Er rüſtete ſich zum Sturm ,

als ſeine vornehmſten Off ziere nid )t vorwärts wollten und erklärten ; ſie würden ohne Zuſtimmung des Volks

nicht angriffsweiſe verfahren. Der König wendet ſid, an ſeine Soldaten , die zu ſeinem großen Erſtaunen ihm daſſelbe äu : Bern und größtentheils die Waffen niederlegen. In dies

fer Lage vermodyten Katharinens dringende Gefuche den Hof von Dänemark , ſeine S daaren in S dyweden einrücken zu laſſen , und Guſtar ward durch einen eben ſo raſchen und plößlid) en Einfall , als er in Rußland gethan , zur Vertheis digung ſeiner eignen Länder zurückberufen . Das finnläne diſche Heer , welches unter des Herzogs von Ditgothland

Befehl blieb , ſendete Abgeordnete an die Kaiſerinn und ſdyloß troß der Einwendungen ſeines Anführers einen Waf fenſiuftauo.

Soepb 11.

417

Katharinens Orück batte geſiegt ; aber ſie hatte nicht uur ihre meiſten S dyaaren , welde mit den Deftreidern in

Uebereinſtimmung wirken ſollten , zurückrufen , ſondern aud) dem Hauptheer in ſeinen Unternehmungen Einhalt thun müſs fen. Die einzige in dieſem Feldzuge war die Belagerung von Dezafow , welches die Ruffen am 6. Dec. mit Sturm nahmen 1).

Die wankende Geſundheit des Kaiſers that den gro. Ben Zurüſtungen zu kräftigerem Kriege keinen Eintrag ,

und feine Entfernung vom Heer trug unendlid jum Glic des nädyſten Feldzugs bei. Die Türken eröffneten ihn. Der Großvejier liep an der Niederdonau

einen Beobadytungsharſt , ging bei Ruſtſcuck, März 789 an der Spiße don 90,000 Mann , über den

Fluß und rückte folynell auf Hermannſtadt vor , um in Siebenbürgen einzudringen , die Linie der Deſtreicher zu durchbred ,en , und den Krieg in die Erblande zu ſpielen. Sein Vordringen ward aber plőhlid, durdy Sultan Abdul Tyronbeſteigung ges Hamids Tod und Sultan Selim bemmt. Von dieſen neuen Herrſdjer zurück beſchieden und in Ungnade gefallen , ward er , als er fid , nadi ſeinem Verbannungsort begab, ineudylings gemordet und ſeine Stelle dein Paída von Widdin gegeven, der nur eingebildet und un. beſonnen war. Da gewannen dii. Verbündeten wieder die Obere

hand. Im Anfang des Jahres zog der Prinz von Koburg mit 18,000 Mann von Choczim aus, und ſchloß fid, fu Ad. jud an den berühmten Suwaroff , der 7000 Ruffen befeb. ligte.

Bei Fokfiant ſchlugen ſie einen von Brabilow 1, ihre

Vereinigung zu verhindern , vorgerückten Türkenbarſt, und De

nahmen ihm fein Lager , fein Geld üß und Gepäck.

fort gingen ſie auf das Hauptheer unter dem Großvezier , das längs des alt herab bis Rimnit gekommen war, los , 1

1) Vie de Catherine II . - Amtsberichte der Schweden und Rufen .

Hamburger politiſches Journal.

Kore's Beriñityte Pet, IV. B.

418 Hund, fieben u.zwanzigſtes Kap. 1787–1790. und trugen einen der ausgezeidynetſten Siege 22. Sept. über eine ſdy ledyt gegliederte Menge davon. Was nid )t ferſtreut ward , mußte über die Kline

ge ſpringen. lager, Geſdjük, hundert Fahnen und Stands arten nebſt dem Gepäck fielen in die Hände der Sieger. Beide Fürſten lohnten wetteifernd Anführer und daaren , welde die Ehre der öftreidiſden Waffen mie. der gehoben hatten. Für den Sieg bei Fokſiana ertheilte jo:

feph dem Prinzen von Koburg das Großkreiz des Marien. Ibereſienordens, und Suwaroff dankte er in einem Sdreis ben 1, weldjes mit einer Doſe begleitet war , worauf rein Nahmenszug in Brillanten war. Für die Niederlage des

Großveziers ward der Prinz von Koburg Feldmarſdall und der ruſſiſche Feldherr Reidysgraf. Jedem dieſer beiden Heer: führer ſchenkte er einen Degen mit künſtlid ,en Lorbeern und der Inſdrift: ,,dem Beſieger des Großveziers." Suwa. roff bekam von ſeiner Kaiſerinn den Beinahmen Kimnicks . ki, nebit dem Andreasorden . Aud , die Hauptleute und Gemeinen beider Pölker wurden belohnt. Die fid) in der Sdladt am meiſten hervorgethan , erbielten eine Dente münze mit der Inſchrift : Rimnick 1).

Laudon hatte den Feldzug mit der Eins 9. Jul. , nahme von Berbir eröffnet, war aber bald auf eine, feinem Unternehmungsgeiſte und ſeinen

Gaben angemeſſenere Bühne berufen worden. Er überfam den Hauptheerbarſt ; der ſid, in einem abermahligen Wafo fenſtillſtande von ſeinen Strapazen erholt und bedeutend verſtärkt hatte.

Er ging von Semlin ab ,

14. Aug. ließ Clerfait zu Mebadia ', den Bannat mit einem Harſt ju decken , und umzog Belgrad. 3. Sept. Er betrieb die Belagerung mit gewohnter Thäs, 2

tigkeit. Am 30. September nahm er die Vor: ſtädte mit Sturm , und vervollſtändigte die dritte Parale 1) Campagnes de Souwaroff.

.. Foreph" 11

419 Iele. Am 16. Oktober ließ der Befehlshaber einen Waffene ftillſtand von 14 Tagen antragen. ,,Nidyt vierzehn Stun. den , erwiederte laudon kurz. Er ließ es nun nur noch

fturmbarer beſdießen als fuvor I, und nadh drei Tagen gab fid, die Beſaßung von 7000 Mann gefangen.

Bei der Nachricht von dieſem glorreichen Erfolg erbole te fidh Joſeph auf Augenblicke von der Krankheit , an wele cher er ſpäterhin ſtarb , ſtand von ſeinem Bette auf, um .

fich nach der Stephanskirde , wo man : Herr Gott , dich loben wir , ſang, ju begeben. Drei Tage nad, einander waren in der Hauptſtadt Volksfeſte ; Siegesgefang ertönte auf den Straßen , worin mit Anwendung auf den Nahmen des Siegers unter dem allegoriſden Nahmen des bebräi.

fden Feldherren Gideon , laudons Sieg gefeiert wure de 1 ). Dieſer ward Generaliffimus mit ſo unbegränzter Madytvoukommenheit, wie ehemahls Prinz Eugen 2). Der Sieg bei Rimnick und die Einnahme von Belgrad waren Unterpfänder nod) glorreicherer Erfolge. Der be rühmte Eroberer von Aegypten , der Großadmiral Haſſan 1

Parda, den ſeine Zuverſicht zu ſeinem Glück beſtimmthats 1

te , den Befehl des Landheers zu übernehmen , wurde von Potemkin bei Lobac in Beffarabien gänzlid, geldlagen. Die Sieger nahmen ſchnell Bender , Åkerman , Killa - Nova una Sſatſa und umzogen Jómail. Zu gleidher Zeit nahm der Prinz von Koburg Budyareſt; und Hohenlobe , der die Hoble wege , weldje nady der Wallad)ei fubren , bewältigte , ward Meiſter von Kimnick und Crajowa. Laudon unterwarf Seo 1

mendria und Cladova , und ſperrte Orſova , weldjes , auf einer Donauinſel gelegen , nid)t förmlid, belagert werden DO 2

1) Der Staifer nahm ſeinen Marien - Thereſienorden , beffen Diamanten 14,000 Ducaten geſchäft wurden , von ſeinem Gallatleide und Tendete ihn Laudon. 2

Raudons Leben , 28g.

420 Hund. fteben u .zwanzigſtes Kap. 1787-1790 . konnte. Durch dieſe Eroberungen hatten die Verbündeten die ganze Linie von Feſtungen , weldje , die türkiſde Gräni . je (düßten ; in ihrer Gewalt ; und die drei großen Heere, wel .

dhe vorher durch, große Zwiſd)enräume getrennt waren , rücke ten nun ſchnell nach einem gemeinſamen Mittelpuncte vor und drohten , das Türkenreich, in Europa in einem zweiten

Feldzuge umzuſtürzen.

Dod, die in den Erblanden überhandnehmende Gäh. rung der Geiſter, der Äufitand in den Niederlanden , und bauptſächlich die Einmiſchung der Seemädyte und Preußens dereitelten Joſephs Hoffnungen in demſelben Augenblicke , wo fie in Erfüllung gehen zu wollen dienen. Dieſe mit Grund von dem Glück der beiden Kaiſerhöfe beunruhigten

Mädyte befreiten Pohlen von der Herrſchaft des petersbur, ger Hofs ,, šogen die däniſchen S.dyaaren aus Schweden zurück und legten den Grund zu einem großen Bündniß ,

deſſen Zweck war , Deſtreichs und Rußlands Uebermadyt ju dämpfen. Der König von Preußen unterhielt den Mijs muth und die Unruben in Ungarn und den Nie. Jan. 1790. derlanden , und knüpfre eine Unterhandlung mit der ottomanuiſdien Pforte an , um ein Sdjußbündniſ zu ſchließen , wonach beide Kaiſerhöfe nid) t nur alles , was

fie in dem von uns beſchriebenen Kriege erobert hatten , fondern auch die Krimm und was ſie von Pohlen abgeriſſen, herausgeben ſollten 1 ).

Die einzige Madt , welche Joſeph als Gegengewicht gegen dieſen Bund bätte brauchen können , war Frankreid ), weldes ſein Syſtem ihm zu Gunſten vertauſcht und ihm

riel verwilligt hatte. Aber der republikanıfde. Geiſt, we', dhen der amerikaniſche Krieg in dieſem Reide verbreitet hatte , nebſt dem ferrütteten Staatsvermögen hatte eine "

1) Keith’s dispatches and papers. - Hamburger politiſches Pezil S. 27. .: the Heinrich Vill., 745. Journal. Campagnes de Souwaroff. - Vie de Laudons Leben. -

Catherine II.

Foreph II.

421

Berufung der Stände veranlaßt ; und kald war eine voll .

ſtändige und hödyft überraſchende ilmwälzung im Gange. Statt alſo , wie vormahlo im ſiebenjährigen Kriege ſeine Mutter Maria Thereſie , kräftigen, oder dod, mindeſtens forte

während den bisher ihm geleiſteten ſdhwachen Beiſtand des vere ſailler Hofs zu erhalten , ſah er das Bündniß , worauf er geo rechnet hatte , fidh auflöſen und zugleich die Feindſchaft , welche dem Hauſe Deftreich den Untergang gedroht båtte , wieder aufleben.

4:

Rd. at u.gwanzigſtes Sap. 1787–1790.

Hundert ad tundiw angigfees Sapitel. · 1787

1790.

Berfaſſung der öftreichiſchen Niederlande. - Bon Jofeph ges . Allgemeine Unzufriedenheit. -Diebrabanter Stände fenden Abgeordnete nach Wien. Jofephs Verſtellung. Irautmansdorf wird erfter be machte Neuerungen.

vollmächtigter Miniſter und Alton Befehlshaber der Schaa ren in den Niederlanden .

Abermahlige Bemühung des

Kaiſers., feine Neuerungen einzuführen.- Empórung der Nüdzug der öſtreichiſchen Schaaren . Niederlande. Stiftung des belgiſchen Bundes .

Nachdem die Seemädste im Verein die Niederlande ero bert , hatten ſie dieſelben , dem utredyter Friedensvertrag gemäß 1, dem Hauſe Deſtreid, unter der Bedingung wieder überlaſſen , daß es ihre alten Verfaſſungen , Gefeße und 1

Gewohnheiten unverändert aufredyt halten ſollte. Karl VI. ,

der fie damahls überkam , verſprad, es ; gleidye Verbinde lidkeit übernahm Marie Thereſie bei ihrem Regierungs, antritt. Judeß wurden unter ihrer Regierung mit Bewilli gung der Stände einige Veränderungen in der brabanter Volksvertretung , und der Auflagenvertheilung in allen bel. giſchen Provinzen vorgenommen. Zud, Joſeph II. beſtä. tigte , alø er der Kaiſerinn Königinn auf dem Throne 1

folgte, feierlid, alle Freibeiten der Niederlande. Jede pieſer Landſchaften bildete einen oberherrlichen

Staat, der ſeine eigene Verfaſſung hatte ; ja mandze Städ.

Joſeph II.

423

te und mehrere Bezirke hatten eine beſondere. Die Red ). te und Freibeiten gründeten fid, auf Iteberlieferung , oder .

Verjährung, ausgenommen in Brabant und Limburg , wo ſie in einer unter dem Tiahmen Joyeuse entrée , oder er: freulidyer Einzug , bekannten Urkunde aufgezeichnet was ren 1). In dieſer Urkunde war dem Herr dyer verbothen , *

Fremdlingen Stellen zu ertheilen ; niemand durfte außer Lands vor Geridyt gezogen werden ; und die Glieder der Stände durften frei ihre Meinung ausſprechen . Die Ur. kunde idloß mit einer ähnlichen Erklärung , wie die in

dem berühmten Eide Andreas. II. , Königs von lingarn , des Inhalts , daß , wenn der Herrſcher die Freiheiten feir ner Unterthanen ju adten aufhörte , fie ihm aud) den Ge. borſam auffagen könnten , bis er ihre Berd werden abgeſtellt. Alle Landſdiaften erkannten das Haupt des oireidi. fchen Hauſes als Oberberrn unter den Titeln des Herzogs von Brabant , Luremburg und Geldern , Grafen von Flan. dern , Hennegau und Namur , und Herrn von Medieln ,

und Dornick.

Flandern ausgenommen 2) ward jede von

einer Verſammlung aus der Geiſtlichkeit , dem Adel und der Bürgerſdaft vertreten , weldie unter dem Nahmen Stände mit dem Fürſten , oder , in ſeiner Abweſenheit mit dem Oberſtatthalter , die hodyſte Madytvollkommenheit theila te 3 ) . Die Glieder , weldje die Standſchaft ausmadyten 1) Die Urkunde hieß ro , weil fie beim Einzug Philipps des Guten in die Stadt Brüffel bekannt gemacht wurde.

2 ) Nur in Flandern wurde der Udel nicht zu den Ständen Landſchaften genomm der

en .

3) Der Herrſeher ward vertreten von einem Oberſtatthalter, der gewöhnlich ein Glied' der kaiſerlichen Familie war. Dies fem Stellvertreter ſtand ein bevollmächtigter Miniſter zur

Seite, der ſein Rath und Stellvertreter war, und in Åb. weſenheit des Dberſtatthalters. übte er die höchfte Machta vollkommenheit mit einiger Einſchränkung. Am Anfange der Unrufen führten die Erzherzoginn Marie Chriſtine und

424 Hund . acht u. zwanzigſtes Kap. 1787-1790 . waren in den verſdhiedenen Landſchaften verſdieden ; aber in allen war ihre Macht ziemlid, gleid ). Die Stände ftimme ten über die Auflagen und ordneten die Erhebung und Ver. wendung derſelben an.

Waren fie uidit in der Sibung ,

To wurden ſie durd) einen Ausſduß ibrer Abgeordneten

erfekt. Im Krieg , oder in dringenden Füllen konnte der Herrſcher eine außerordentlidhe Beiſteuer forderul , weldjes ihm dieß auf ſeine Kedytlıdykeit , wie auf ſeine Freiheit ftolze Pole nie verweigerte .

Kidyterſtiihle gab es unzählige mit mannigfaltigen Bes ftinimungen . In Brabant , in Hennegau und Geldern wurden die apellationen vor dem Obergeridyt dieſes Her: jogthums angebrad) t ; aber im ſuremburger Lande , in der

Graffdaft Diamur und den übrigen landſchaften gehörten fie vor den großen Rath zu Medjeln. Das Gericht,1 wel.

dhes der große Rath von Brabant bieß , war ſeiner un parteiiſchen Kidyterſprüdje, und der Wurde und Unabhäns

gigkeit ſeiner Glieder wegen das ehrwürdigſte.

Seine

Berridytungen beſdyränkten fich nicht bloß auf die Bermale

tung der Gerechtigkeit; es bewahrheitete die Befehle des Herrſders , welche nur dann gereklidie Kraft hatten , wenn es fie gebilligt und mit dem Geridtsſiegel verſehen hatte, Die Geiſlid Feit hatte unter einem , der Religion ſeis

ner Väter treulidſt ergebenen Volke den größien Einfluß. 21 ihrer Spike ſtand ein Erzbiſd) of und ſieben Biſchöfe. Man rechnete 108 abteien , die ein jährliches Einkommen von 60,000 bis 300,000 Gulden batten. Klöſter waren

viel. Der öffentliche Unterricht war Geiſtlichen anvertraut . Die liniverſität löwen , die ſehr berühmt geweſen war ,

hatte große Steuerfreiheiten , und vergab unendlid, viel I

Pfrånden ſowohl in den Niederlanden , als im lande Lüts

tid ).

Außerdem mußte man dort graduirt ſeyn , wenn man

der Herzog von Sachſen - Serchen , ihr Gemahl, das Statt balteramt gemeinſchaftlich.

Com

Joſeph II.

425

eine Stelle haben wollte. Ihre dem Papſte gänzlid , er: gebenen Mitglieder bewahrten das alte Lebrſyſtem und der. dammten alle auf andern Schulen zugelaſſene Nieuerungen. In keinem Lande Europa's kündigte ſich der öffentliche Mobiſtand minder unverkennbar an , als in den belgiidyen Provinzen ; ein Beweis , daß die Regierung dem Geiſt und

den Sitten der Bewohner vollkommen angemeſſen war ! Die Bevölkerung war zwei Millionen Seelen , und der Herrſder bezog von ihnen ein bedeutendes Einkommen.

Wiewohl ſie von den übrigen Theilen der öftreichiſchen Monardjie getrennt waren , waren ſie doch das Band zwi 1

ſd,en ihr und den Seemädyten , und nach dem Verluſt pom

Elſaß bildeten ſie die ſtärkſte Sdumauer des öftreid iſden Hauſes gegen Frankreidis internehmungen. Da Joſeph in den Niederlanden . daſſelbe. Regierungss

fiſtem einführen wollte , wie in den Erblanden , ſo begann 1

er mit der Einziehung mehrerer Kloſter , unterſagte, die

Profeſſioner., Wallfahrten und Brüderſd aften , ließ meh. rere Standbilder , oder Gemählde ihres Schmuckes entklei 1

den und zog die Weihgeſdenke ein . 1786 Ichaffte er die

Freiheiten der löwener Univerſität ab und errid tete eine

Oberlebranſtalt, wo alle junge Leute , die ſich der Kirche widmetent , ſtudiren mußten , und deren Leitung er fremden Prieſtern überlieſ , welde er der Oberauffidt der Biſchöfe fid und entzog. Die Studirenden empörten , 6. Dec. mußten mit Gewalt zur Ruhe gebracht werden. 1786 Der Erzbiſd of von Medieln , der ſich durch

ſeine Widerſetlid ,keit ausgezeidynet hatte , ward nad Wien geſchickt; und der päpſtlide Nuncius , der fich auch gegen die Beſdılüſſe des Kaiſers aufgelebut hatte , erhielt Befehl , ſidy ſogleid , zu entfernen . Hierauf ſudyte goſeph die bür.

gerlid )e Regierung umzuſtoßen . Er fdaffte den fortwährenden Ausíduß von Abgeordneten , alle Mai 1787 .

Berathungsbehörden und Gerid, tshöfe ab ; und erridytete dieſelben Kidterſtühle , wie in feinen übrigen

426 Sund. acht u . zwanzigſtes stap. 1787–1790. Staaten. Er erklärte , die Niederlande wären nur eine Provinz der bſtreidsiſdien Monardjie, theilte ſie in meun Kreife , oder Bezirke 1 ) ; an der Spiße einer jeden ſtand

ein Verweſer und untergeordneter Commiſſfär , welche ders eint einen von einer obern Beratóungsbehörde abhängigen Ridterſtuhl bildeten ; dieſer war von der Auffidt der Stän . de unabhängig und der kaiſerlidye Rath war Vorliber. Andere

minder widytige , aber gleich willkürliche und verfaſſungse widrige Handlungen mehrten das allgemeine Mißvergnü. gen. Der Kapuzinerguardian zu Brüffel ward verbannt , weil er ſeine Novigen nid )t in die neue Scule batte ( chiks

ken wollen ; und gegen einen ausdrücklid, en Artikel der Joyeuse entrée wurde ein Kaufmann , Nahmens Hordt , nad Wien

gebradt , um dort über eine Unterſchleifsklage geridytet zu werden . Die großen Abteien wurden , ſobald ſie erledigt waren , ju Komthureien umgeſchaffen , und der geiſtlide Stand , der in Brabant nur durd) Aebte vertreten ward , wurde bedroht , allmählig von den Ständen is geſdyloffen fu werden .

Die Vernidhtung einer ſo heilig gehaltenen Verfaſ.

fung erregte in den Niederlanden allgemeinen Sdireck und Unwillen . April

Geiſtliche und Laien vereinigten ſich zu gemeine famer Siderbeit. Brabant ward der Heerd des Aufſtandés. Die Stände nükten ihr Vorredyt ,

und verſagten die Hülfsgelder , bis die Beſchwer. ben abgeſtellt wären. Sie verbotben den Steuereinneh: mern , die Madytoonkornmenbeit der neuen Verweſer ans fuerkennen, und reidten ſehr lebhafte Vorſtellungen bei den Oberſtatthaltern ein . Sie boben das löwener Obere

ſeminar auf , entließen die fremden Lebrer , erſuchten die übrigen Stände zu einer allgemeinen Verbündung und bos 1) Die Hauptorte dieſer Streiſe waren Brüffel , Antwerpen , Gent, Brügge, Dornid , Bergen, Namur, Lucemburg und Limburg .

Soſeph II.

427

then die Gewährleiſtung der auswärtigen Mächte , beſou. der Frankreichs , auf. Das in Brabant gegebene Beiſpiel

ward in den übrigen Landſchaften befolgt. An mehreren Dre ten gab es aufrühreriſdie Bewegungen ; das Wort ſteckte die

Bolkskokarde auf und alles verkündigte eine nahe allgemei. ne Empörung. Joſeph begab ſid, damahis nad Cherſon .

Die in

Wien zurückgelaſſenen Miniſter waren nid)t einmahl. von den Veränderungen , welche er im Sinne hatte , unterrid ). tet , geſchweige denn zu ſchicklidyen Porfidh tsmaßregeln

bevollmädytigt. Die Oberſtatthalter waren gegen ein den Wölkern ſo verbaßtes Syſtem , und hatten eine ganz andes

re Anſicht, als der bevollmächtigte Miniſter Graf von Bels giojoſo , welder die Plane des Herrſders ausführte. lins ter dieſen Umſtänden griffen fig nach dem einzigen Mit, tel , wodurch ſie eine Empörung verbüten konnten , fie er.

reßen einen Beſchluß , welcher die Ausführung aller der Verfaſſung zuwiderlaufenden. Befehle einſtweilen aufhob, verſprachen Abſtellung der Beſdywerden , entfernten alle , die ſich den Stånden verbaßt gemacht, und mad ten ſich anbeiſdig , die Genehmigung des Herrſchers auszuinitteln. Der Kaiſer wollte eben über den Dnieper 28. Mai gehen , als er die erſte Nadiridht von dieſen 1787 1

Vorfällen erhielt. Vergafft in ſeine Entwürfe , die Gefahr veradytend, und bloß geſpannt, wie er Katha. riven den Hof maden wollte, vernachläſſigte er die War nung und befahl , daß man ihm auf ſeiner Reiſe keinen Brief ſendete. Dod) beſdhloß er , kräftige Maßregeln zu

ergreifen , und antwortete auf die Vorſtellungen , wodurch) man ihn erſudite, Gnade und Umſicht walten zu laſſen : ,,Nur in Blut kann das Feuer des Aufruhrs gelöſcht wer den.“ 218 er wieder in Pereslaf ankam , erfuhr er mit Odynell chied er Staunen den Fortgang des Aufſtands. Sdınel Wien , wo er nach reiſte und von der ruffiſden Kaiſerinn

im Anfang Julius ankam. Dort erwarteten ihn noch ver .

428 Hund, acht u. zwanzigſtes Kap. 1781-1790. drüflidere Nachrichten.

Wie vom Donner gerührt mar

er , als man am ſagte , die Flamänder hätten die Waffen .

ergriffen und den Oberſtatthaltern neue Zugeſtändniſſe ab. gezwungen , welde Fürſt Kaunik gebilligt bätte , mit dem Verſprechen , ſie vom Kaiſer beſtätigen zu laſſen 1 ). Joſeph tadelte das Benehmen der Erzherzoginn und ih . res Gemahls , wie ſeines Miniſters , gar hart 1, und war uns

erſdjütterlidi entſdyloſen , ſeine Entwürfe mit Gewalt

durch zuſehen . Er ertheilte Sdaaren Befehr, nadı den Niederlander zu zieherr , und berief die Oberſtatthalter und den Gráfen Belgiojoſó ju fid . Zu gleider Zeit leg. te er den Ständen auf , ihre Beſdywerden und die Ver : theidigung ihres Benehmens an dem Fuße des Ehrones zu Wien niederzulegen . Sie ſendeten Abgeordnete , welde am 15. Aug. Gehör bekamen und deren Haupt an den

Kaiſer eine Rede voll Betheuerungen von Treue , aber aud) eben ſo muthig und feſt; hielt , dann das Verzeichniß der Beſchwerden vorlas. Joſeph , der , ſo lange dieſe Vorles

ſung dauerte , ſeinen Uriwillen nur mit Mühe zurückhielt , ließ den Abgeordneten durdy Graf Cobenzl folgende Ant: wort vorleſen : „ Leere Worte können das höchſte Mißfal: len , welches meiner belgiſdyen Provinzen Benehmen mir erregt ,I nicht mindern ; bloß die That wird mir die Auf. richtigkeit eurer Betheuerungen beweiſen. Id babe den

Fürften Kauniß beauftragt, end ſdyriftlid, gewiſſe Artikel juzuſtellen , die vor aller'' weitern Ueberlegung vollzogen werden müſſen .

Nur idineller und vollkommener Gebor.

fam kann alles wieder in die gehörige Ordnung bringen und

der Unterbrechung des Verkehrs ein Ziel ſeßen . Täglich

1) Keith to Lord Caermarthen, Wien 3. Aug. 1787. Fürft 1

Kauniß war mit Iofephs Heftigkeit und ſeiner Weigerung, die den Völkern in den Niederlanden zugeftandenen Puncte zu genehmigen , fo unzufrieden, daß er um ſeine Entlar fung anbielt und eine Zeit lang die Befehle deo Kaiſers nicht unterzeichnete.

Soſeph

II.

429

beweiſe id) euch , daß das Glück meiner Unterthanen mein einziger Zweck iſt , und ihr müßt euch überzeugen , daß ich keineswegs gedenke , eure Verfaſſung umzuſtürzen , da 1

!

id nad, allen begangenen Fredeln und nad, dem ihr meinen ganzen Unwillen erregt , euch troß aller Macht, worüber

id) verfügen kann , dennod, wiederholt verſidere , daß, id) eure Freiheiten aufrecht halten werde 1) ." Dieſe in angeblich großmüthig angekündigten Bedinis gungen nun waren die Herſtellung aller Neuerungen ,

Zahlung der Külføgelder , Widerruf aller von den Ständ en gegen des Kaiſers Zwecke gegebenen Befehle und gemachten Einwürfe. Der Kaiſer verſprad ) , woferit man unmittelbar gehorchte , ſollten die alten Rider :

fühle wieder hergeſtellt ; die Intendangen nidyt eingeführt, die Abteien ihrer Freiheiten nidt beraubt werden . Auch erklärte er , die Grundſteuer von vierzig vojn Hundert wd die Kriegówerbung ſollte in den Niederlanden nicht einge's führt werden 2).

Dieſe mit To gerade zu widerſprechenden Forderungen verknüpften Verſpredjungen waren gar nidyt darnad) , die 1

belgiſden Stände zu befriedigen , welde mithin ſich ent:

(dyloffen zeigten , nidits zu verwilligen , bevor nicht ihre Beſchwerden gang abgeſtellt wären. Während ſie aber ſid ,

rüſteten , den Kaiſerlid ;en Scauren zu widerſtehen , ging auf einmahl in Joſepbi Betragen eine merkwürdige Aendes

rung vor. Da er , eben in einem Türkenkriege begriffen , die Wölfer in den Niederlanden nicht zur Verzweiflung bringen wollte , fut! te er mit lift ju erreichen ,1 was er 1) 5fdriften der Neden der Abgeordneten bei ihrem erffert Gehör und der ihnen vom Unterk.:nzler , Grafen von Co

: benzl, vorgeleſenen kaiſerlichen Antwort in Keith's pa pers. S. alich steith's Brief an Lord Caermarthen vom 18. Auguft.

.) Note Nob. Steity's , welche den Erfolg der Geſandt hart der belgiſchen Provinzen enthält.

430 Hv.nd.acht u. zwanzigſtes Rap. 1787–1790. nicht mit Gewalt hatte erlangen können. Er bewies alſo viel Herablaſſung gegen die Abgeordneten , und Sept. 1787 äußerte , wie er ihre Gefudie meiſtens geneba migen wolle. Dieß wirkte. Wiewohl die bra. banter Stände etwas anſtanden und zu Brüſſel fogar zwis djen den niederländiſd )en und kaiſerlidyen Soldaten einige

Sdharmübel vorgefallen waren , wurde doch alles durch die Klugheit des Grafen Murray ausgeglid ,en , weldjem die einſtweilige Regierung übergeben worden war. Er er :

ließ einen Befehl , worin die neuen Anordnungen wider rufen , die alte Verfaſſung wieder redytskräftig gemadit und die Joyeuse entrée beſtätigt wurde. Dieß ſtellte einſtweilen die Rube wieder ber. Aber es jeigte ſich nur gar zul bald , daß Joſeph die Ausführung ſeiner Plane nur aufgeſdjoben hatte. Anmählig wurde das Heer in den Niederlanden verſtärkt und der Oberbefehl

dem General Alton , einem hartnäckigen und harten Man: ne , der Gewalt der Milde vorzogi übergeben. Graf Murray ward zurückberufen und durd, Graf Trautmanns. dorf errekt , weld) er einſtweilen zum bevollmäc.;tigten Minis fter ernannt wurde. Trautmannsdorf bekam Befehl, die von ſeinem Vorgänger gegebene Erklärung für nid )tig ans zuſehen , unmerklich alle öffentliche Beamte abzuſeken und vor allem in dem hohen Rathe fu Brabant eine völlige

Umwälzung zu bewirken 1 ). Eben ſo ausdrücklid, ward ihm auferlegt 1, ſeine Unternehmungen mit Herſtellung des löwener Oberſeminars anzufangen. Bei ſeiner Ankunft in Brúfrel fand Traute 27. Oct,

mannedorf die Gemüther in großer Gährung.

1787

Mithin verſdjob er die Vollſtreckung des Bee idyluftus, wodurdy die löwener Univerſität abgejdhafft wur. 1 ) Brief des Kaiſers an Trautmannsdorf. Wien 8. October 2787. Trautmannsdorf Fragments pour servir à l'histoire des événemens arrivés dans les Pays - Bas , de 1787 in 1789. p . 9.

Sofeph II.

431

de , um drei Monathe ; und dieſe Nadfidht madyte ihn beim Volke ſehr beliebt. Die übrigen vorläufigen Forde. rungen wurden demnad, ohne Mühe bewilligt, für die Hüffs.

gelder einmüthig geſtimmt, und erklärt, das geſchebe zum Dank für die Ernennung eines dem Volke ſo angenehmen Miniſters.

Jofepb , der zu heftig und berriſd, war , als daß er

klugen Rath angenommen hätte , mißbilligte den Aufſchub und befahl ausdrücklidy, was audy erfolgen mödte , das Dberſeminar einzurichten 1). Alſo befahl der bevollmäd ). tigte Miniſter dem Rector und den übrigen Gliedern der .

Univerſität , ſich zu unterwerfen. Sie tam bei dem bra. banter Rath mit einer Apellation ein ; Trautmannsdorf aber forderte von dieſem ,I er fodle den dem Gefeß ſchuldigen Ge.

horſam fidern. Ilmſonſt machte man ihm Gegenvorſtel: ( ungen , er gab nur zwei Stunden Bedenkzeit und drohte ,

im Weigerungsfall Gewalt zu brauchen und alles Zugeſtan. dene zu widerrufen . Zu gleicher Zeit ſtellte. Ulton an dem

Sebäude , worin der Rath verſammelt war , einen Harſt unter Waffen und befabl, gu Aufrechthaltung der Ordnung die Runde zu machen . Die Stände nahmen ſich nidyt die .

Mübe , dem Miniſter zu antworten , ſondern ließen nur ſei: 1

ne Bothídyaft idhriftlich aufnehmen. Eine Rundwad)t, die beleidigt worden war , fdyoß auf das Volk. Es erfolgte eine Sdlägerei , worin fedis Perſonen erſchoſſen undmeh . rere andere verwundet wurden. Ulton ließ das Kathhaus

befeßen . Trautmannsdorf ſtillte den Aufſtand dadurdy, daß er nicht mehr auf ſeine Forderung drang und erklärte , der General babe ohne ſein Mitwiſſen Gewalt gebraud t. 1

21s die Nadyridyt von dieſem Vorfall nach Wien kam,

belohnte der Kaiſer den Offizier , welcher Feuer hatte ger ben laſſen ,. und belobte Alton. Indeß erklärte er mit gleba 1) Trautmannsdorf p. 19,

434 Hund. acht' it. zwanzigſtes Kap. 1787–1790. 27. Mai. der Verſtellung , wie vorher , er wolle des Vors gefallenen nidit gedenken. Als die Oberſtatte 1787.

balter zurückkehrten , fanden ſie die Völker ziem, lid, ruhig und endlid , überzeugt, daß Joſeph reine unſinni. gen Entwürfe aufgegeben. Aber wenig Tage nad, der er : klärten Amneſtie wurde die Univerſität Löwen geſchloffen und der Rector verbannt. S daaren , welche als Berapung

in der Stadt lagen, maityten viel Einwohner nieder, welde gemeinſchaftlid, die eingegangeneStiftung beklagten , die ihr Stolz und ihre Stüße geweſen. Das Oberſeminar mard her. geſtellt ; die medhelner und antwerpner Sdulen, weld ) e des

Unterrichts wegen , den junge für die Kirche beſtimmte Leute daſelbſt genoffen , berühmt waren , wurden ebenfalls geldloſ

fen und dort eben " ſo gewaltſame Mittel , als in Löwen , angewendet.

Bald verſammelten ſich die Stände aus den perſdies denen Provinzen wieder , und alle , bis auf die bennegauer

und brabauter , bewilligten trok ihrer Unzufriedenheit die gewöhnlidyen Hälfsgelder. Die bennegauer Stände waren über die Ablesung ihres Oberlanddroſtes , des Herzog von

Aremberg , aufgebrad )t, welcher ihre Riedyte behauptet hat: te , und nun durd, den Herzog von Arberg, der nicht aus der Provinz war , erſekt wurde.

In Brabant zeigten Adel und

Geiſtlidykeit nidyt geradezu Widerſtand, aber der dritte Stand , der aus Abgeordneten der drei Städte Antwerpen , Löwen und Brüſſel beſtand , verweigerte dody die Hülfsgelo der. Da drobte der Kaiſer , die Amneſtie zu widerrufen ,

alle Freiheiten zu vernid )ten und die Joyeuse entrée auf: zubeben. Die bravanter Srände ſuchyten ihn in einem S dyreis ben an ihn zu entwaffnen . Da die Hennegauer auf ihrem 1

Eutſchluß beharrten , wurde ihre Verſammlung mit Gewalt aufgelöſt. lleberzeugt, daß dieß Beiſpiel die brabanter .

Stände (dyrecken würde, ließ Joſeph verlauten , daß er ih: re Einrid ,tung abändern, und die denkung fortdauerndes

Külfsgelds ſich ſichern wolle , indem er die Standid)aft auch

Sureph II.

433

auf andere Städte und Bezirke ausdehnte. Sein Bevolle mädytigter berief eine außerordentlidze Ständeverſammlung, weldje er erſudste ,1 zu einer Vermehrung der Vertreter des dritten Standes mitzuwirken. Uud) forderte er ſie auf ,

alle kaiſerlichen Befehle , welche der Joyeuse entrée nicht 1

zuwiderliefen , einzutragen , und um die Zuſtimmung der Berſammlung zu erzwingen , umgab man ſie mit Sdaaren. Aber umſonſt. Die Abgeordneten riefen : ,,wir verleben

keine Verfaſſung , die wir aufrecht zu halten geſd)woren !" Sofort ward der Befehl mit Gewalt eingetragen , die Ver . .

:

ſammlung aufgelöſt und die Joyeuse entrée aufgeboben. Joſeph hielt nun den Kampf für beendigt , und Alton , der dieß ebenfalls glaubte , ſagte : „ der 18. Juni iſt für das Haus Deftreid; ein glücklicher Tug ; denn es iſt gerade der

Sag , wo der Sieg bei Kollin erfochten ward und der Kai ſer Herr der Niederlande wurde . “ Uber weder der Mos

nard , noch der General kannten die Kraft eines entſchloſſe nen , von Freibeitsliebe entbrannten Works. Die Zahl der Volksfreunde nahm täglid ju , und ſie brannten , dem Beiſpiele der Franzoſen gemäß , eine neue Vere

faſſung auf den Trümmern der öſtreidziſchen Re. Juli 1789 gierung zu errichten . Trautmannsdorf war überzeugt , daß die Unruhen von den Empörern in Frankreid ), von Preußen und einigen

Gliedern der holländiſchen Regierung unterhalten würden , i und daß die 20,000 Mann kaiſerlider Schaaren , die in den Niederlanden waren , nicht hinreichten , ein zahlreiches Volk zu zähmen , verlangte alſo dringend Verſtärkung. Al. ton madre feine Beforgniß lädyerlid ), und Joſeph ſendete

ihm bloß ein Regiment , vum , “ wie er ſagte, weine furdite fame Regierung zu ermuthigen . " Aber die Vorfidit des Miniſters ward bald geredytfertigt. Kaum war nad) der aufgehobenen Verfaſſung von Brabant ein Monatb ver. Moſſen , ſo ſtand das Volk an mehreren Orten auf, Feste die verhafteten Perſonen wieder in Freibeit , griff die Sole Core's Geſchichte Dejt. IV. B 1

1

434 Hund. acht u. zwanzigſtes Kap. 1787–1790. daten an und plünderte die Häuſer der Obrigkeit. Blut mußte fließen , um die Ruhe in Tirlemont , Lowen , Anto werpen und Bergen berzuſtellen. In Dieſt vertrieben die

Volksfreunde , von Möndyen angeführt , die kaiſerlichen Juli.

Sdaaren und Obrigkeiten. Da aud, in Brüſſel die öffentlid,e Rube geſtört wurde , wollte der Miniſter die Einwohner entwaffnen laſſen ; Alo

ton aber ; der die Bürger verad ,tete , antwortete boha niſd) : „ Wenn es ihnen an Waffen fehlt , will id, ihnen weldje geben . “ Eine Menge junger Leute daſelbſt, weldje aufrühreriſche

Reden geführt, wurden , obne daß ein Urtheil über ſie ger fällt worden wäre , zum ungariſden Heere in Dienſte geo

ſendet. Dieſe wilfurlidhe Ermädytigung beſtimmte viele Bürger , ſid, nach) Hollard und in daš lüttidyer Land zils rück zu ziehen. Dort vereinten ſie fid mit denen , welche bei den erſten Inruben die Flucht ergriffen hatten.

Sie

fanden einen gewandten Anführer in van der Noot , einem brüffeler Anwalt, auf deſſen Anſtiften der dritte Stand die Hülfsgelder verſagt batte. 2015 Hochverräther ver: baftet und verdammt , war es ihm gelungen , ſich nach England zu flüdyten. Da er den brittiſd) en geheimen 1

Staatsrath nicht vermocht hatte , ſeinen Landsleuten Beis ſtand zu leiſten , war er nach Berlin gegangen.

Da aber

der König von Preußen ihm nur leere Verſpredjungen mad) te , ging er nad Holland , wo die Regierung nad, Jos ſephs Beiſpiele van der Noot erlaubte , unter angenoms

menem Rahmen zu bleiben . 1789 ließ er ſid, in Breda nieder , wohin er den Erzbiſdjof von Medjeln , dert Abt von Longaloo Krumpiper , Kanzler von Brabant, einen gror ben Theil des brüſſeler Adels , faſt lauter Mitglieder der

tände , und den Kanonikus von Antwerpen , van Eupen , zog. Durch ihre Bemubungen wurden 10,000 Ausgewans

derte in Regimenter getbeilt und mit Waffen verſeben. Ju

14

435

reph II.

Breda ward ein Ausfd)iiß 'niedergelebt, der mit einem ant, !

dern heimlicy in Brüffer unterhaltenen in Verbindung ſtand. Mitten unter dieſer Gührung madte der Kaiſer , auf Peltſame Weiſe Verſöhnungsmittel mit Strenge verbindend, einen Beſchluß bekannt, wodurd, er die Towener Univerſität in ihre Rechte und Freiheiten wieder einfekte. Dief un 1

ftäte Benehmen mad te ihn nur verächtlich). Die Ausge. wanderten entwarfen einen Angriffs plan und van der Merſd ), $

der ſich in Dienſten Oeſtreids im Fiebenjährigen Kriege hervorgethan , ward zu ihrem Befehlshaber ernannt. Van

der Noot nahm den Sitel eines bevollmädytigten Geſchäfts: führers des Volkes von Brabant an, und erklärte in einer

Kundmadjung, im Nahmen der Geiſtlid ;keit , des dritten Standes und einer großen Zahl der Mitglieder deo Ädel: ſtandes , ſie ſehen Joſeph II. nid )t mehr als ihren Herrs 1

ſdyer an. Der Einzug des Patriotenbeers in Brabant folgtz auf die Bekanntmadung dieſer Urkunde , welde die

Regierung zu Brüffel durd) Henkershand verbrennen ließ. Man ſchloß die Thore der Stadt , derſah die Wälle mit Pfählen , entwaffnete die Bürger und ließ mehrere von er: ſten Range verbaften .

Unterdeſſen überrumpelte ein Harſt von Patrioten ,

der aus der Gegend von Breda kam , die Feſtungen Lillo und Lieffenshoeck an der Schelde , nahm die Beratungen gefangen und ſendete das Wachtſdiff und das Gefdüf nach Bergopzoom. Ein anderer Karſt von 3000 Mann unter van der Merſd ) rückte bis an die Thore von Turnhout vor,

und wiewohl die meiſten darunter nur mit Heugabelt , Keulen und Stöcken bewaffnet, und keine Kanonen dabei

waren , trieb er dod, den General Sdroder , der ihn an !

der Spiße eines Harſtes von 1500 Mann angriff zurück. Dieſer Sieg, den die Prieſter für ein Wunder ausgaben ,

mebrte die Zahl der Empörer und madite die Koniglichen muthloe. 216 aber Graf Arberg mit 7000. Mann gegen Ee 2

436 Hund. acht u. zwanzigſtes Kap. 1787–1790. die Volksfreunde aus ;og, jerſtreuten ſie ſid, im holländiſd, en Brabant und in der Gegend von futtid .

Während der kaiſerlid; e General lich in Hoogſtrate hielt , die Bewegungen der Empörer zu beobadyteni , drang ein von van der Merſd, entſendeter Harſt mit Gewalt in

die Stadt Gent ein.

Die Bürger vereinten ſid, mit ihm

mit Kanouen und Sdjieſbedarf, und die nur 1200 Mám

ftarke Beſabung ward über die Sdjelde zurückgejagt und in die Feſtung St. Peter geſperrt. Arberg , der mit 3000 Mann berbeieilte , konnte den Strom nid )t bemmen. Brüg. ge und Courtrai erklärten fid, für die Empörer; man lege

te Bejakung nad; Gent ; St. Peter ward mit Sturm ges nommen und Arberg mußte ſid, Madits nad , Brüffel zurüfziehen . In wemg Tagen war ganz 15.17.Nov. . 1789 Flandern in Aufstand. Die Landſtände vereins ten ſid) zu Gent , erklärten fic, unabhängig und erfudsten

die übrigen Candidaften , ein allgemeines Bündniß zu ſd,lies Ben. Die Erzberjoginu und ihr Gemuhl gingen nun aus Brüſſel.

Alton und Trautmannsdorf, deren Streit in

dieſer dringenden Gefahr wieder aufradite , handelten ohue Uebereinſtimmung. Der erſte drängte ſeine Madyt zuſam . men , um mindeſtens die Hauptſtadt zu erhalten. Iraut: mannsdorf ließ die Verbafteten wieder frei, gab den Bür:

gern die Waffen wieder, und mad te im Nahmen des Kais ſers,zwei und zwanzig Erklärungen bekannt , in der Hors nung die Gemüther durch Aufhebung des antwerpen (den Oberſeminars , Herſtellung der Joyeuse entrée und anges kündigte Amneſtie ju beruhigen .

Dieſe Angſt und Verwirrung nußten die Häupter der

>

Patrioten gar klüglid ). Van der Merid fiel wieder im Brabantiſchen ein , nabm Dieſt , rückte bis Sirlemont und bedrohte Löwen. Alton jog gegen ihn ; da er aber von den Flamändern bedrängt ward und keine S dlacht wagen wollte , die ihm , wenn er ſie verloren hätte , keine Hoff

nung zum Rückzug gelaſſen hätte , lo ſdyrop er einen Waf

!

Sofeph II.

437

fenſtitiſtand auf zehn Tage. Während dieſer Zeit (dimeis d elte er fich , ſeine Madt gegen Flandern zu wenden ; aber ' jeder aufſchub wurde unbeilvoll .

Am 8. Dec. der:

ſudjren Weiber und Kinder in Brüſſel , die Verſdangun-. gen zu vernid ) ten und die S dangpfähle herauszureißen "; Nas Volk ſteckte die Landescocarde auf und die Straßen

ertönten von dem Gefdrei: ,, Es leben die Waterlandsfreuna

dé ! es lebe van der Noot!'' Unter den Sdjaaren nahm das Ausreißen überband , und zwei Compagnien vom Regiment

Murray gingen ganz zu den Aufrührern über. Um 11. , als ein Hauptmann unverſtändig einem Bürger die Cocar de com Hute reißen wollte, gab es einen Wortwechſel und die Einwohner riefen nady den Waffen . Die kaiſerlid, eu

Sdaaren , die nicht beiſammen waren , wurden vom Vol.

ke angegriffen, und nach einem Kampfe, der faſt die ganze Nadt dauerte , flüchteten fie fid) in die obere Stadt. 21:

ton , der nur 5000 Mann unter ſeinem Befehl hatte , und

fidy von offenen oder beimlichen Feinden umringt fall, hielt es für ein gar großes Glück , ſeinen Rückzug durch

Capitulation fidyern zu können . Er ging am 12. Abends aus Brüſſel, ließ Geſdjüß und. Sdjießbedarf in den Hän.

den der Aufrührer und nahm den Weg nach Curemburg , unter Wegs alles verheerend. Dem Beiſpiel der Haupts

ſtavt folgten die übrigen. Die kaiſerlid en Sd;aaren ver, ließen nad einander Antwerpen , löwen und Medieln , zogen ſid , nach Luremburg , und General Bender , wela dyer ihre Befehligung übernahm , rüſtete fidy, dieß allein 1

!

treu gebliebene Herzogthum zu vertheidigen . Nadidem Trautmannsdorf und Alton fort waren, wure

de die Regierung aufgelöſt, und bald zogen die aus Breda Geflüchteten triumphierend in die Hauptſtadt ein. Am 26. Dec. eigneten ſich die brabanter Stände die landesherrliche Macht ju und erklärten ſich für unabhángig. 11. Jan. Die übrigen Stände thaten daſſelbe , alle land: 1790

(draften idyloſſen eine Verbündung, weldie das

.

438 Hund. acht u. zwanzigſtes. Kap. 1787–1790. vereinigte Belgien hieß , und die Oberregierung ward eia nem Congreß übertragen.

Die Madridyt von dieſer "llnwälzung bekümmerte Jo fepb II. , der leiblıd, und geiſtig in einer peinlidien Lage 1

war , tief. Er brad, in Shränen , aus und klugte bitter über die ihm von Brüffel erſtatteten Berichte 1 ). Da er ſich nun

nicht zu rathen wußte, fragte er den Fürſlen Kauniß, den er bisher kauin über dieſe ſo wid ,tigen Angelegenheiten zu rath .

fragen gewürdigt hatte. Dieſer rieth ihm, den Weg der Vers Tohnung einzuſd; lageit , und ſofort liei der Kaiſer den (Grae fen Philipp von Cobenzi naiis. Brüſſel abgehen , der , wie man meinte , in den Niederlanden gut ſtand und Volmadyt bekam , die lekten Befehle zu widerrufen und den Völkern

ihreRediteund Freiheiten wieder zu geben. 415 er an die Gränje fam , waren die Empörer bis fler aller Landſd;aften , der Congreß fen , ihnen eine neue Verfaſſung !! träge des Vevollmädytigten wurden

auf Luremburg Meia war zuſammenberu: geben , und die Ano mit Verachtung 14.

rückgewieſen .

Nun blieb 'Joſeph II. nidyts, die wichtigen Landſdafa ten , weldje ihm die Empörung entriffen hatte, wieder zu gewinnen . ' Pergebend wendete er ſid, an die Reidsſtäng !

de und bekam er , einen Brief von dem Papſte, worin Se. Heiligkeit den niederländiſden Bijdüfen zu ihrer Pflidt

zurückzukehren befahl. Der Kaiſer , der in einem Türken: krieg verwickelt war und weder von Frankreid) , nod) von Rußland Hülfe bekam , ſab fid, genöthigt , Preußen, die: Ten unverſöhnliden Feind ſeines Hauſes, England , das er verſpottet und verratben , und die vereinigten Provinzen ,

die er verad,tet und gedemüthigt hatte , anzugeben. Aber er bekam nur abſdılägige Antwort. Friedrid, Wilhelm , der mit einem großen Pran , das Haus Deſtreid, zu ernie.

drigen umging, blies das Feuer des Aufruhrs in den Nieo 1) Keith's dispatches.

Joreph II.

439

derlanden an , unterhielt die Unzufriedenheit in den Erb: 1

landen und ſuchte die Höfe Europa's gegen Joſeph aufzue wiegeln . England wollte ſid, einer Sache , gegen meldje ſein Bundesfreund , der König von Preußen , war , nid) t

annehmen ; und die vereinigten Provinzen fahen gleiche gültig , wenn nicht gar idjadenfroh , das Unglück , welches auf dem Kaiſer !aſtete 1).

1) Dieß'Kapitel ift nach Steiths Staatsberichten und Trauts mannsdorffs. Fragments pour servir à l'hist. des événe ments arrivés dans les Pays -Bas de 1787 à 1789 gear beitet. S. auch Pezil Kap. 25.

Hamb. polit. Journ.

Huch haben wir Männer vom Gewicht zu Rathe gezogen .

.;

440 Hund. neun ü. zwanzigſtes Kap. 1789-1790.

$

Hundertneun und z wanzigſtes stapitel. 1789

1790;

Unruhen in den öſtreichiſchen Erblanden , beſonders in un: Preußens Jofeph II. abnehmende Geſundheit. garn . Joſeph gibtden drohender Anblick Dejtreich gegenüber.

Ungarn die Heichstleinodien wieder. -Sirantheit, Tod und Schilderung dieſes Fürſten.

Diefieſelbe elbe Gährung,

weldje vor dem Aufſtand in den Nie:

derlanden Statt gefunden hatte , berridte aud) in allen Erblanden .

Bon allen Orten liefen Vorſtellungen gegen

die von Joſeph II. gemachten Veränderungen ein , und -

die vornehmſten Glieder der Regierung ſtellten dem Herre ( dyer nad )drücklid , die S dywierigkeiten vor , weldie die

Erhebung einer neuen ausgeſdyriebenen Grundſteuer fin . den würde. In Ungarn ſtieg die IInzufriedenheit zu einer fürd )terliden Höhe , ' theils wegen der Stren, Oct. Dec. 1789. ge beim Werben , 'theils wegen der für das Heer geforderten großen Lieferungen von Le. bensmittteln . Dieſe beiſpielloſen Ermäd) tigungen wurden

für tyranniſch und verfaſſungswidrig angeſehen. Die uns gariſchen Herren forderten in dem gebietheriſchen Tone, worin ibre Ahnen ihren Herrſdyern Gerek gegeben hat: ten , Beſtätigung ibrer Freiheiten , Bolestracyt und lan. desfprade in allen öffentlichen Verhandlungen.

Die Spaltung , weldje er ſelbſt in ſeiner Familie vers

anlaßt hatte , trug aud, dazu bei , Joſephs Seele ju be :

Foreph

II.

441

unruhigen . Er hatte eine beſondere Vorliebe für ſeinen Neffen , den Erzherzog Franz 1 ) , der unter ſeiner Leitung 1

erzogen worden war , und den er fum rómifdyen Konig bat:

te erwählen laſien wollen . Dieſer Verſudy , der nidyt gut rechtfertigen war , hatte den Kaiſer und Leopold von eine

ander entfernt, der nicht bloß ſeines Bruders ganges Ver fahren tadelte , ſondern geffiffentlid, alle Berührung mit ihm vermied.

So viel lInglück zuſammen drückte Joſeph II. nieder , deſfen Leibesverfaſſung von der Krankheit , weldie ihm den Tod bradyte , untergraben war. Wiewohl ver Krieg mit Preußen unvermeidlich ſchien , rüſtete man fid, dod , nidyt dazu ; der bekümmerte und kranke Monard, ließ midts , als Schmerz und Infdylüſſigkeit blicken . 21$ indeſſen die

Gefahr immer dringender ward , ſchien Joſeph wieder auf. juleben 2). Da er die Nothwendigkeit fühlte , fid, die Liebe feiner Unterthanen wieder zu erwerben , auf deren

Unzufriedenheit der berliner Hof vorzüglich ſeine Hoffnun : gen gründete , ſo erkannte er auch , daß nur ganz verän :

derte Maßregeln ſeinen erſdütterten Thron wieder befe. ftigen könnten. Sofort widerrief er mehrere ſeiner den Völkern verhaßten Befehle , ſtellte die Landſtände wieder 1

her und ermahnte ſie , auf Adytung der Gefeße zu halten. Mild nahm er aud ) die Forderungen der ſtolzen Ungarn auf. Ihre Verfaſſung ward wie fie bei ſeinem Regierungs antritt geweſen , hergeſtellt. Er verſprad, ihnen , fich im

nädyſten Jahre krönien zu laſſen und gab ihnen , als Unter pfand ſeines Þorhabens , die Stephanskrone zurück. Das Entzücken , als ſie dieſelbe wieder bekamen , zeigte , wie

abgeſdymackt es war , die Vorurtheile eines für Volksehre ſo empfänglidyen Volks anzugreifen . Siegesbogen wur 1 ) R. Keith , to the Duke of Leeds. 26. Sept. 1789.

a) R. Keith to the Duke of Leeds. 3. Febr. 1790.

442 Hund. neun u. zwanzigſtes 'Kap. 1789–1790 den erridtet , wo dieſe koſtbare Reliquie durdyjog; aller. wärts lief man herzu , das Geleite derſelben fu vergro,

Bern ; als ſie nad Ofen kam , ward fie in der Hauptkirche I

ausgeſtellt , und immer drängte ſich die (dauluſtige Men .

ge darum ; in der Nadyt ward ſie in die Kapelle des Pal. laſtes gebrad )t und von zwei Offizieren mit bloßen Säbelt

in der Hand bewadyt ; die ganze Stadt war erleuchtet; die Straßen tönten wieder von Freudengeſdirei und Ge: ſang ; und allerwärts hörte man wiederholentlid) : 1,6$ les ben die Freiheiten des ungariſden Volks 1 ) !" Joſeph erlebte die glücklid en Folgen ſeines veränder : ten Syſtems nicht. Wiewohl er von Natur rüſtig war , fo hatte doch die leiblide und geiſtige Anſtrengung ſeine Leis

besverfaſſung , die durd) den Feldzug im Jahre 1788 gang zu Grunde gerichtet war , völlig verwandelt. Er hatte der Sommerhike getrokt und die Peſtluft aus den Sümpfen um die Donau eingeathmet , wo er oft auf bloßer Erde

gelegen hatte. Er batte Miniſter und Feldherrn zugleich gemad )t und die Strapazen des gemeinen Soldaten getheilt. Kaum fünf Stunden ruhte er täglid, und führte eigenhän. dig den ganzen , ſeine Staatsangelegenheiten betreffenden Briefwedſel. Im Monath December batte ihn das Fie . ber gezwungen , nach Wien zurückzugeben . Er war in Seo 1

fahr, (dien aber durd, ſorgfältige Behandlung wieder aufzu kommen, Nod, war er in der Geneſung begriffen , als ſein

fortdauernder Geſdhäftsfleiß und die unglücklidhe Empörung in den Niederlanden 2) ihm einem Rückfall juzogen . Seine 1) Schlögers Staatsanzeigen. XIV, 134. 2) Einige Tage vor ſeinem Tode fagte Jofepb zum Prinzen de Ligne. Ihr Land hat mich umgebracht; Gents Eins

nahme ißt mein Todeskampf und das verlaffene Brüffel mein Tod . Welche Schmach iſt das für mich ! (Er wieders bohlte dieß Wort oft). Ich ſterbe ; ich müßte von boly feyn, wenn nicht. Sehen ſie nach denNiederlanden , bewirs

ten Sie, daß ſie zu ihrem Herrſcher zurück kehren; tonnen

Soſeph

II.

-- 443

Förperlichen und geiſtigen Leiden waren groß. lInaufhörlid , wedvſelte er ſeine Stelle um fid Linderung zu idyaffen endlid unterlag er. Vor ſeinem Tode gab er viel Beweiſe ron Frömmigkeit und Reue, und wahrhaft chriſtlichem Sim .

Mitten in den vielfadyen Sdmerzen , die ihu quälten , widy feine angeborne Unruhe, die ein Hauptzug ſeines Gemüths war , der Geduld und Ergebung. Als er plönlic fidy Td wadh, fühlte, verſummelte er ſeine Herzte und drang in fié, ihm ſelo nen Zuſtand kund zu thun . Sie verkündeten ibin ſein ( bal.

diges Ende und er nahm dieſen Ausſprud, höd) ſt ſtandhaft

hin . Sogleid, ſdyrieb er an ſeinen Bruder Leopold , ermödy te nach Wien tyinmen . Hierauf unterwarf er ſidy allen Kire djenbräudjen , nahm das Biaticum und die lette Dehlung ge. ſammelt und mit völliger lInterwerfung unter den Ratyſchluß

der Vorſehung.. Wihrend ſeiner ganzen Krankheit und trok ſeiner furchta baren leiden behielt Joſeph doch die ganze Thätigkeit ſeines

Geiſtes und ſchrieb beſtändig . Nad, einem beftigen Unfall ſtellte ihm einer ſeiner Herzte vor , er bedürfe der Rube. Da

ſagte der ſterbende Fürſt : 3ch bin fo an Arbeit gewöhnt , daß es mir peinlidier ſeyn würde , nichts zu thun , zumahl zu einer Zeit ,' wo das Beſte meiner Unterthanen meine ganze Aufmerkſamkeit fordert.“ Kurz vor ſeinem Tode lieb er nod ) Bernerkungen aufzeidynen , die er dem Fürſten Kaue niß fendete nebſt einem Brief , worin er ihm ſeine Adytung, und Dankbarkeit bezeigte. Ich bedaure , " ſagte er , da id ) 3bren klugen Rath nicht länger nüßen kann . Idum. arme Sie und empfehle Ihnen in dieſem Augenblieke der

Gefahr mein Land , weldes mir immer das Theurefte ge weſen iſt." Dem Heere ließ er nach der Tagsordnung fole gende Erklärung bekannt machen : ,, Ich würde mich des

Undanks ſdjuldig zu madyen glauben ; wenn idy , bevor id) Sie das nicht , ſo bleiben Sie dort ; opfern Sie mir Ihr maréch . prince de Ligne. p. 207. Glück nicht , Sie haben Sinder. S. Lettres et pensées du

444 Hund. neun 1. zwanzigſtes Kap. 1789-1790. dief feben verlaffe , nicht meine vollige Zufriebenbeit mit der Irene , Tapferkeit und dem Geborſam , die mir mein

Heer bei allen Gelegenheiten bewährt , bezeigte. Der Rubm und Wohlſtand meiner Sdjaaren find immer meine Haupts

forge geweſen. Der lebte Feldzug fiel nadı meinen heißes ften Wünſchen aus ; und der Ruf meines Heers bat fid

durdy gang Europa verbreitet. Es wird ihn behaupten, und dieſe Gewifbeit iſt mir Troſt in meinen lebten Augenblik: ken.

3d, modyte nicht zu Grabe geben , ohne meinen

Sdaaren das öffentlide Zeugniß meiner Liebe gegeben , 110d, ohne den Wunſd , ausgeſprochen zu haben , daß ſie meinen Nad;folgerund dem Staate die Treue erweiſen mögen , die ſie mir erwieſen 1)." In dem Zuſtande der Erſchöpfung, worein ihn ſeine Peiden verfekt , wurde ſein Ende durdy den undermutbeten

Tod ſeiner geliebten Midyte , der Erzherzoginn Eliſabeth aus dem Hauſe Wirtemberg , Gdyweſter der Großfürſtinn von Rufland , beſchleunigt. Er ſelbſt hatte ſie zur Gemah. linn ſeinesgeliebten Neffen , des Erzherzogs Franz, erwählt ; liebte fie als Water , und ſie hatte für ihn eine kindliche

Adytung und Zärtlichkeit. Sie war ſchwanger und der Uns blick der Leiden , welche der Kaiſer ausſtand, madyte , daß fie vor der Zeit niederkam und ſtarb. Bei dieſer traurigen

Nachridye verſant Joſeph einige Augenblicke in tiefen Sd mera 10 Gott ! dein Wide ' geld ehe 2 ) !" . In

dann rief er :

1 ) Pezzi Charakterift, Jofeph II. S. 269. Zu dem braven

Laudon ſagte er : „ ich ſterbe mit der Gewißheit, daß Sie Geben Sie mit Thre Hand : bald werde ich nicht mehr die Freude haben , die Stüße meines Heeres ſeyn werden . ſie zu drüden .''

2) Die Erzherzoginn kam mit einer Prinzeſſinn nieder. Der Kaiſer ließ ſie ſich bringen , nahm ſie in feine kraftloſen Arme und weinte. ,,Liebes Kind ! wahres Ebenbild deiner liebenswürdigen, tugendhaften Mutter !'' ſagte er. ,,Nehmt es weg , denn mein Ende naht. Anecdotes et traits ca ractér . de Joseph.

Jofep ofерh

1

II.

445

feinem Todeskampfe batte er noch den Muth , eine zweis

ſtündige Unterredung mit ſeinem Neffen auszuhalten. Als gen drei Ilhr Morgens , als er ſeinen Tod fühlte , verlang te er nad ſeinem Beid )tiger , der ihm die von der Kirde

verordneten Gebethe vorlas. Der ſterbende Kaiſer borte ſie hödyft geſammelt ' 1). Sein Geſidyt ward

anfangs ſdywady, aber er behielt Bewußtſenn 20.Febr. 1790 . I

bis zum lekten Augenblick. Zwiſchen 5 und 6

Ihr verſdied Her ruhig im 49ſten Jahre ſeines Lebens, im 10ten ſeiner Regierung. Seine Züge waren nid) t entſteut; man meinte einen fdylummernden Kranken zu feben , wie

wool er ſchon ein Geripp war ; ſo hatten ign die leiden eridópft 2).

In feinem leßten Willen vermachte er mehreren Per

ſonen , die in ſeinem Dienſte geweſen waren , allerlei le: gate und empfahl ſie noch überdieß ſeinem Nadyfolger 5). 1) Früh um 4 Uhr erwachte der Kaiſer nach einem leichten

Schlaf. Er nahm etwas Fleiſchbrühe und verlangte wies der nach dem Beichtvater , der wieder kam und ihm Geber

the vorlas. Bei den Worten : „ Wir verlaſſen uns auf Glaube , Liebe, Hoffnung ! " wiederholte der Kaiſer das Wort Glaube Tehr laut , Hoffnung gefester , aber doch deutlich ausgeſprochen , Liebe mit der größten Ins brunft. Anecdotes et traits caract.

2) Dieſe einzelnen Umſtände. von Joſephs Tode ſind aus Keiths Staatsberic ,ten und einigen Briefen der Gräfinn Shun. Auch habe ich in Wien darüber manchen Auffclub bekommen .

3) Der 16. Art. in Iofephs leßten Willen lautet ſo : ,,Ich befehle , daß gegenwärtige Schrift , welche meinen tegten Willen enthält , nach meinem Tode öffentlich bekannt ges macht werde , und bitte diejenigen , welchen ich vielleicht ,

gegen meine Abficit, nicht vode Gerechtigkeit wiederfahs ren gelaſſen , mir als Chriften oder als Menſchen zu vers zeihen. Ich bitte ſie zu bedenken , daß ein Monarch auf dem Throne, wie der Arme in ſeiner Pütte, Menſch bleibt, und beide denſelben Jrrthúmern unterworfen ſind. Anec dotes et traits etc.

446 Hund. neinu . ziðanzigſtes Kap. 1789-1790. Auf ſeinem Sdreibtiſd fand man einige Tage vorher gea Td riebene Briefe , weldie ſeinen beitern Geiſt und ſein ge fühlvolles Herz beurkundeten. Einer darunter war mit bes: bender Hand an einige Frauen vom bodyſten Range geſdrie.

ben , deren Geſellſchaft lange feine größte Freude gewee ſen war.

Hier iſt er :

,,An die fünf Frauen 1 ) , die die Güte hatten , mid , in ibre Geſellſchaft aufzunehmen." Es iſt Zeit , daß id, Ihnen ein ewiges Lebewohl ſage und den Dank bezeuge , womit mich Ihre ſo viel Jahre mir erwieſene Herablaſſung und Milde durdy drungen haben. Sie

nen Tag , den ich in Ihrer Geſellſchaft verlebt , habe icy bez reuet. Der Gedanke , mid, davon zu trennen , iſt die einzige Entſagung , weld) e meinein Herzen (c wer wird. Poul Vere trauen auf die Güte der Vorſebung unterwerfe id , inid) ganz ihren Rathſd )lüſſen. Betalten Sie mid, im Andenken und er:

rinnern ſid, aud) meiner in Ihrem Gebeth . Meine Schriftzü. ge werden Ihnen zeigen , wie id ) mid) befinde. Nodmahls Teben Die wohl 2 ) ! “

Wir haben Joſeph geſchildert , wie er ſich zeigte , als er zum Throne gelangte ; jent müſſen wir nod) ſein deube . res beſdireiben und die Grundfäße angeben , nach welden er bandelte , ſo wie die während ſeiner Regierung entwickelten Eigenſdafteni. 1

Joſeph II. war mittlerer Großa , aber gut gewadyſen. Er konnte die größten Strapazen ausſten und war it als Ten Leibesübungen behend und gewandt ; er hatte ſtark aus.

geſprodjene Züge , eine Adlernaſe , eine hohe Stirn , lebo baften , durd)dringenden Blick, und eine ſehr ausdrucks: 1 ) Dieß waren die Fürſtinnen Franz. und Kar. von Lichten ftein , die Gräfinnen Klary), Hinsky und Staunit. /

3) Dieſen franzöfiſch gefchriebenen Brief hat mir die Gräfinn Thun urkundlich mitgetheilt.

Joſeph

II.

447

volle Geſichtsbildung. Gleid wie Rudolph von Habsburg, ſein erlaudster Hrahn , fan er ſebr nad denklich aus"; aber im Umgange ward er lebhaft , und fein Lächeln war böchſt anmuthig. Sein Benehmen war leidyt , vielleidyt etwas zu vertraulid), fein Geſpräd, einnehmend ; gegen ſeine Dies nerſchaft war er inild und gütig, und belohnte fie großmüs thig. Er war haushälterijd) und mäßig , ſeine Lebensweiſe faſt immer.ſiah gleid, bleibend. Obwohl er Frauenůmgang

leidenſchaftlich liebte , verlegte er dod die Sittlid ;keitnid)t durch öffentlid , gezeigte Anbünglidkeit an eine Beiſchläfe: ,

rinn , und er rühmte fid ), daß er nie einem auch nod fo

reißenden , oder verdienten Weibe Einfluß auf ſeine Entſcheis 1

dungen , oder Einmiſchung in Staatsangelegenheiten geſtat: tet. Aber dieſe Miſchung von Größe und Liebenswürdigkeit

in Joſeph hatte zum Segengewidyt eine unruhige Gemüths. art und eine ungeordnete Liebe zu Neuerungen , Fehler , welde die Kaiſerinn Königinn ſeine Mutter bereits in ſeiner

früheſten Jugend kaum zügeln konnte , und die ſein unbeug . fames Gemüth und den berriſdien Geiſt , den er von ſeiner hohen Geburt und einer zu eingezogenen Erziehung hatte 1 ) , nur auffallender machten .

Nod ) mehr , er hatte eine ange.

borne Zweizüngigkeit und lachte der feierlid )ften Verbindlich. keiten , wodurd, er die Liebe ſeiner IInterthanen und das Bere trauen ſeiner Bundesfreunde verſcherzte. 1) Marie Thereſie ſagte eines Tags zu einen berühmten

Künftler: rich lehre meinen Sohn die Kunſt lieben , das 1

mit er milder werde ; denn er iſt ſtörriſch. " Eben ſo bes

forgt war ſie über Jorephs natürlicheunruhe und Neuerungss ruth . ein Sohn , " ſagte ſie zu einer Hofdamne , /

münſcht , ich foil Wiens Feftungswerke fihleifen laffen .

Ich bin eine alte Frau , aber das vergeſſe ich nicht , daß , wenn die Hauptſtadt , als Johann Sobieski fie befreite , nicht eine Sperre Håtte aushalten fönnen , die ottomannia

fchen Horden die Erölande vermüftet und ſelbft Deutſchland durdiſtrichen hätten. Zwei Mahl habe ich erlebt , das Wien das legte Bollwert meiner Lande war. Wenn ich

todt bin, mag Joſeph t ;un , mas er will; ſo lange ich aber Lebe, wird Wien in cht geſchleift."

448 Hund. neun u. zwanzigſtes Kap. 1789-1790. Ein Fürſt, der wahrhaft Staatsmann iſt , beräth ſid , ehe er handelt , ſtets mit dem Geiſt und den Neigungen ofeines Volks und nüßt felbſt Vorurtheile und Aberglauben für das allgemeine Beſte. Dieſe ſo einfache Regel miß. kannte Joſeph leider zum Ungluck für ſeine Völker und

fid). Er hat Anſtalten , weldie ſich in der Zeit feſt gee gründet hatten , umzuwerfen , Meinungen , weldie Jahr: hunderte geweiht hatten , auszurotten geſtrebt. In einem

Hugenblicke wollte er thun , was nur das Werk vieler Jahre fern kann. Nie unterſd ,ied er das ſcheinbar Rid)tige oder Annehmlide in der Theorie von dem Ausführbaren . Er 1

wollte die Rechte der Völker und der Einzelnen nad, abges fogenen Grundſäßen einrichten.

Sein Kopf ," um mit

Friedrid, II. zu reden , dem er ungeſchickt nadyahmte , „ war eine Niederlage , worin Staatsberichte , Entwürfe , Bes ſchlüſſe verworren unter einander aufgeſpeidert lagen ."

Er machte ſeine Geſeke bekannt, ohne die Hinderniſſe ih, rer Vollſtreckung aus dem Wege geräumt zu haben , und änderte ſie ro haſtig , als er ſie gemad )t. Daber die uns endliche Menge von Befehlen und Verordnungen , die er gab oder auch wiedergab , und die meiſtentheils ſo übele verſtanden , oder zweideutig waren , daß je nie vollzogen , I

wurden .

Einem Einem

Eilbothen mit einem Befehl folgte faſt

immer ein Eilbotbe mit einer Einſdyränkung , und jedes neue Geleß ward durd) nachimablige Beſchlüſſe verändert oder

beſdyränkt. Joſeph vereinte in fid) zwei Leußerſte , Harte näckigkeit und linentſchloſſenheit. Verwegen im Entwers fen von Planen , konnte er ſie nie kräftig durchführen . Eingebildet auf ſeine Gaben , voll Verachtung gegen an . dere , erklärte er oft , ' es könne nid ,ts gedyeben , wo er nicht dabei ſei ; und er unterſud )te die geringfügigften Dinge mit

einer ſo kleinlichen Sorglichkeit , daß er widrigern Gez genſtänden unmöglid, die gebörige Aufmerkſamkeit widmen konnte.

Jofeph 11.

449

Oberflächlide Beobadyter haben Boſephs Handlungen

bloß dem heißen Wunſdye , das Glück ſeiner IInterthanen gu madjen , zugeſdyrieben . Wahr iſt es , feine Briefe , ſeinte Befable und fein Umgang trugen wohl das Gepräge einer nad ,gemachten Menſdyenliebe ; aber alles beweiſt, daß er Herrfd)ſudyt und Ehrgeiz unter dem Sdileier des Wohlwol. 1

Tens und der Philifophie barg.

Bei einer ſoldien Gemüthsart und folden Grundfären iſt es gar nicht befremdlid), daß Joſephs Regierung ſtets unruhig war ; dat 'hui feine Neuerungsentwürfe, wie vora theilhaft fie' audy hier und da im Einzelnen hätten renn mögen , einen Widerſtand erregten , der ſogar das Daleyit

der öſtreidiſchen Monarchie bedrohte. In der That legte er ſelbſt ein Zeugniß gegen die Folgewidrigkeit und Une

ausführbarkeit ſeiner Plane ab , als er gegen das Ende ſeie nes Lebens fagte

,,3d wünſchte , man (chriebe auf mein 1

Grab : Hier rot ein Fürſt, deſſen Abfidiren rein waren, der aber das Unglück hatte , alle ſeine Entwürfe (dyeitern fu ſeben ." -Zwei Mahl verheirathete fith Jofeph. Seine erſte Geo

mahlinn , Eliſabeth Marie , Tochter Don Ppilipps , Hers jo gs von Parma , war eine ſehr ſdyöne und geiſtreiche Prinzeſſinn. Sie hatte etwas vou ibres Großvaters , Phim

lipps V. Trübſinn geerbt ; und weder die Freuden des Hofs, nod, die ftäte Sorgfalt eines järtliden Gatten fannten den Todesgedanken, den ihre beſturmte Einbildung :kraft ihr unaufhörlich vorführte , perfdeuden. Sie ſtarb

an den Blattern in der Blütfe der Jahre und Nov. 1763 hinterließ eine Todter , welde ſie nur ſieben

Jabre überlebte. lange war Joſeph untröſtlich und lebens. lang bewahrte er das Andenken an dieſe angebethete Gats tinn. Er trug ihr Bildniß beſtändig ; ſprad, unabläſtig gern

von ihr und pries mit immer neuem Vergnügen ihre Reize und Vollkommenheiteri. Core's Geſchichte Deft. IV.B.

&f

450 Hund.neun u. zwanzigſtes Kap. 1789-1790. Marie Joſepbe , Prinzeſſinn von Baiern , Todter

Karls VII. war Joſeph: zweite Gemahlinn , der er, fidy 1

1765 vermählte.

Nur um den dringenden Bitten ſeiner

Verwandten nad)zugeben , und in der Hoffnung, allodial.

güter vom Bruder der Prinzeſſinn zu erben , ſchloß er dieſe Heirath.

Marie Joſepbe , der es an Geiſt und Aumuth

fehlte , konnte fid nie ihres Gemahls Liebe erwerben , und

er behandelte ſie ſehr kalt. Ein Ausbrud, von Sd )arbock , woran ſie litt , verwandelte die Gleid ,gültigkeit in Ecfel. Joſeph , der ſeinen Widerwillen gar nid)t bergen mod ;te , verglich immer ſeine erſte und zweite Gemahlinu. Die uits 1

glücklidye Fürſtinn , die ihn brünſtig liebte , bekümmerte ſich tief über ſeine Beradytung. Da ſie von Natur etwas zag = baft war , und gar wohl fühlte , wie tief ſie unter ihm ſtand , ſo erblid) und bebte ſie , ſo oft ſie ,vor ihrem Gez mabl eridien. Der Tod trennte noch vor Ende des zwei

ten Jahres dieſe übel getroffene Verbindung uud Mai 1767. die junge Kaiſerinu ſtarb an derſelben Krankheit , wie die vorige . Da Joſeph ohne Nachkommen ſtarb , ſo folgte ihm ſein Bruder Leopold II. auf dem Throne 1). 1) 3u Jofepho Negierungsgeſchichte haben uns Robert Keiths Staatsberichte und Papiere viel Beiträge geliefert. Die Schriftfteller , deren gedrudte Werke mir zu Rathe zogen, ſind Caraccioli vie de Jos. II. Pezil. Charakteriſtik Jos fephs 11 . Jof. II.

de Luca Bd. 2. Art. Heinrich. B. VIII. Friedrichs II. oeuvr. posth. das Verzeichniß

der ämtlichen Schriften und Ze tblätter, die wir ebenfalls gebraucht, bier aufzuführen näre , 34 weitläufig. 1

Leopold II.

451

II.

Peopold II. Hundert und dreißig ſtes Kapitel . 1790:

Leopolds II. Regierungsantritt.. - Sein fluges Benehmert. Angeknüpfte Unterhandlungen mit Preußen und Enga Neichenbacher Vertrag . Waffenſtidſtand mit land . Sinkendes Anſehen den Dürfen . Sziſtover Friede. Leopold II . wird zum deuts des Fürſten. Kaunik. fchen Kaiſer erwählt und gekrönt. -

Leopold II. war 43 Jahr alt , als er den durds Joſephs II. Tod erledigten wankenden Throu beſtieg. Die öftreichis

(de Monarchie war von Grund aus erſdüttert. Die bels giſden Landſchaften , die ſich zum unabhängigen Freiſtaate

gemacht, dienen für ſie auf immer verloren. Böhment und Niederöſtreich hatten gegen die neuerdings auf die Ländereien gelegten Steuern Vorſtellungen eingereid)t, word auf ein Verzeichniß ihrer vielfadyen Beſchwerden folgen foute. In Ungarn war die Gährung bis zur Empörung gegangen , troß den von dem vorigen Kaiſer wieder herges ſtellten Freiheiten. Die Mißvergnügten behaupteten , da Joſeph II. burd) ſein despotiſches Verfahren die Grunde Ff 2

452 Hundertunddreißigſtes Kapitel. 1790. gefete des Königreidis erſchüttert, und ſich nidyt habe kró. nen laſſen , ſo ſei das Gefeß wegen der Thronfolge abges Idafft , mithin habe Leopold kein Erbredyt darauf , ເund das Volt rei wieder in ſein Redt , den Monard en zu wäh . len , eingetreten. Voll Zuverſicht auf ihre eigene Kraft nahmen fie fid, die Ausübung dieſes Vorredyts voraus und

ſagten : „ Ungarn kann einen öſtreichiſd)en Fürſten als Ko nig entbehren 1 )."

- Nicht ſchmeichelbafter für das Haus Deſtreich war der Anblik von Europa. Um ein Gegengewidyt gegen die Ver einigung dieſes Hauſes mit Frankreid) zu bilden , hatte 1

Großbritannien mit Preußen eine Verbündung geldloffen ,

welche ihm die erſte Kriegsmacht Deutſchlands zu ſeiner Verfügung überlief.

Es hatte den Einfluß des verſailler

Hofs auf die vereinigten Provinzen abgebrochen und ſayiitte jid, an , ſeine Staat ; - und Handelsverhältniſſe von Deſte .

reich und Nußland unabhängig zu maden und ſein altes Uebergewidyt auf dem feſten Lande wieder zu gewinnen. Durch ſeine Bemühungen batte Schweben nid )t mehr von Dänemark zu fürd )ten , und auch die beiden Kaiſerhöfe woll: te der brittiſde taatsrath zur Herausgabe der, der otro

manniſden Pforte abgenommenen Länder zwingen. Poh. len hatte es mit von dem Jode , welches ihm der peterse burger ' Hof aufgelegt , befreien und die Krone wieder erblid, maden geholfen ; das einzige Mittel, dieſem geſunker

nen Reiche wieder aufzuhelfen ! Es ſuchte neue Canäle für S diiffsbedarf und andere vor allen nothwendige Dinge , die bisher ausſchließlich aus Rußland bezogen worden waren , ju eröffnen . Indem es den König von Preußen in ſeinem Beſtres ben 1, mittelſt einer Entſdjädigung von Poblen die Übtretung von Danzig und Sborn zu erlangen unterſtüßte , hoffte es beis de Mädyte fich zu verbinden , daß ſie den engliſchen Handel

fórderten , und überhaupt dem Ehrgeiz eines Furſten zu ſchmeio 1 ) Mémoires du Baron de Trenék .

Leopold

II.

453

dyein , der iým zu dem Huſehen , worin es ſtand, wieder vers bolfen hatte. Gewöhnung, Eigennus und perſónlide Sinnesart

madyten Friedrid, Wilhelm II. König von Preußen , zum Feinde des öſtreidiſden Hauſes.

Mithin that er alles , in

Deutſchland das Uebergewidyt gu Sehaupten , weldies Fried. rid) II. ſo lange und ſo gedict behauptet hatte. Außer

den Berbindlichkeiten , welche ergegen die Seemächte über, .

hommen , hatte er aud), wie wir eben ſagten , lid, mit Pob,

len in Unterhandlungen eingelaffen , ihm große Handelspor , theile und Hülfe zur Wiedererlangung Galliziens verſpros djen . Uud , mit der ottomanniſden Pforte dyloß

er einen Bundesvertrag, deffen Zweckwar ; ibr 29. Jan. 1

1790.

alle Landidyaften , die ſie verloren , wieder zu ders

(daffen ,1 und mit ihrer Unterſtüßung Deftreid, wieder Gals lizien zu entreißen. Er unterhielt die Unruhen in allen Tbei. len der oftreidiſchen Staaten . Seine Beamten unterſtükten

die E.mpörer in den Niederlanden ; einem Ausſduſ ungariſdier

Mißvergnügten erlaubte er , ſich in Berlin zu verſammeln , und wollte ſogar, wenn er auf keine andere Weiſe ſeine Vergrößerungsentwürfe ausführen könnte , Deſtreid den Krieg erklären .

Dieſe Angriffe einer ro mädytigen Vertündung abzus währen , hatte leopold keinen Bundesfreund , als Rußland, und die hatte mit dem Türkenkriege zu viel žu thun , als daß es ihm weſentliche Hülfe hätten leiſten können . Die franzöſiſche Revolution batte das durch den Verſailler Ber: -

trag geknüpfte Freundſdyaftsband jerriſſen. Die berrſchende Partei nahm nid )t nur an der Sache der belgiſchen Pro, vinjen Antheil, ſondern wünid )te auch ein ſo reiches land wieder mit Frankreid) zu vereinigen und bemühte fich , in der

Bruſt der Franzoſen den Haß , der ſo lange die Häuſer Deſt. reid und Bourbon getrennt, zu entzünden. In ſo ſchwieriger Lage befand ſich Leopold II. , und weder ſeine Gemüthsart, noch fein Kopf idyienen ibn rets ?

!

- 454

Hundertunddreißigſtes Kapitel. 1790.

ten zu können . Von einem untergeordneten und friedlichen Staate , wo die Bekanntmadyung einiger Gelebe und An .

}

ordnungen ſein widytigſtes Geldhäft geweſen waren , wurde er berufen , ein erſchöpftes , ſeiner reidſten Provinzen ents blößtes , von innern Unruhen bewegtes und in einen Krieg nach außen verflochtenes Reidy zu beherrſchen . Wirklich hatte man die weiſe Verwaltung dieſe: Fürſten gerühmt

und er hatte mehrere für ſein Herfogthum äußerſt vortheils bafte Veränderungen getroffen ., Er hatte das Lehnsweſen in feine gehörigen Gränzen zurückgewieſen , in den Gerichts . böfen eine heilſame Verbeſſerung gemacht, die Strafgeſebe berid ,tigt, den Lekerbau aufgemuntert, die läſtigen Vor. redite der Stadt Florenz aufgehoben , und allen Unterthas nen ohne Unterſchied die Vortheile des Handels gegónnt ; aber bei mehrern Gelegenheiten hatte er , ſowohl in Kirdlis

chen als bürgerlichen Angelegenheiten , jenen Neuerungs:

geiſt, jenen Herrſdyerdruck, jene Leidenfchaftlichkeit für das Einzelne und die Sucht nad, Gefeßvervielfältigung gezeigt, weldse für Joſeph II. ſo unbeilbringend geweſen waren , und) durch eine Menge Ausſpäher , die er hielt , verrieth er eine

einer großen Seele , zumahl eines großen Fürſten ganz un : würdige Neugier. So waren denn die Meinungen der Hauptitadt über

ihn ſehr getheilt. Einige fürdyteten , Leopold mödyte eine itas lieniſdie Politik befolgen . Die erſten Stände im Staat fürdyteten den Neuerungsgeiſt, den er in Toſcana an den Tag gelegt , aber die meiſten Bürger bauten auf ſeine Fried. fertigkeit , ſeine Ordnungs- und Gerecytigkeitsliebe , ſeine Borge für das Glück feiner Unterthanen und auf ſeine

Mißbilligung der von Joſeph gemadſten Nieuerungen. Ule betrübte ſeine Abweſenheit ; alle fühlten , daß keine Zeit zu verlieren war , um einen Brud,mit Preußen , Poh

len und den Seemächten abzuwenden , oder um nachdrücks

.

Leopold II.

455

Tidzere Maßregeln gegen ihre dereinigten Bemühungen zu ergreifen 1 ) . Leopolds milde Weisheit jerſtreute dynell alle Beſorge niffe. Auf ſeinem Wege von Florenz nad, Wien empfing er die Abgeordneten der Landſdiaften , weld)e Vorſtellun . gen gegen die neue Nuffage auf Grundſtücke und die unter

der vorigen Regierung getroffenen Unordnungen thalen , auf das freundlich ſte. Er zeigte , daß er von allem voll, kommen unterrichtet war, erklärte , er ſehe die landſchafts liden Stände als Säulen der Monardjie an und wolle

ihnen alle ihre Vorredte 'wieder geben, und im Verein mit ihnen das Beſte feiner Völker mit dem Reinigen

in llebereinſtimmung bringen :). Bei ſeiner Ane 12. Mär; 1790

kunft in Wien führte er die von Marie There.

ſien her noch vorhandene Hofordnung in voller Kraft und die' von Joſeph abgeſchafften regelmäßigen Uudienzen wie: 1

der ein . “ Nad, einen ſo glücklid en 2nfang hoffte man , die neue Regierung werde fid, durd, Milde und Wobl. thun , Wahrheitsliebe , unparteiiſdie Gerechtigkeit aus:

zeicl;nien , wie ſid, die vorige durd, unverdiente Angriffe ,

algeſd mackte Theorien , Neuerungswuth und verhaften Despotismus ausgezeidynet hatte.

Die llnzufriedenheit in den Erblanden ſtillen , die Nie: derlande wieder bekommen , ſchleunig einen ehrenvollen

Frieden mit" der hohen Pforte ſchließen , Deſtreid, mit Preußen verſöhnen und die Kaiſerkronë erlangen , dieſ waren die widytigen Zweife , die Leopolds ganze Aufmerks famkeit forderten .

Kaum war er in Wien angelangt, als er mit Fried, rich Wilhelm einen unmittelbaren Briefwedſel eröffnete (

und ihm Frieden mit der ottomanniſel) en Pforte antrug 1) R. Keiths dispatches (März u. April 1790.)

2 ) R. Keith an Herzog von Leeds , Wien 17. März 2790.

456 Hundertunddreißigſtes Kapitel. 1790. nebſt dem

Verſpredjen , alles wieder auf den Fuß , ,wie 1

tad, dem paſſarowiger Vertrag , ju ſer en. Ilm zunädyit einem plöbliden Angriff preußiſcher Seits. vorzubeugen ,

ließ er eine ſtarke S djaarenzuh ! nach Böhmen und Mäh .

ren unter Laudons Unführung ziehen , um aber aud) nur den Schein eines Unfalls zu meiden , befahl er dieſem

Heerführer, feine Poſten nur in bedeutender Entfernung pon den preußiſden Belitungen auszuſtellen.. in Zur Antwort auf Peopolds Anträge fdlug Friedrid)

Wilhelm als Grundlage eines allgemeinen Friedens entwe: der einen Zuſtand der Dinge, wie er vor dem Kriege war , oder Austauſdy und Entſchädigungen , wie er ſie angab , vor. Er : wollte gern Danzig und Thorn haben , indem er *

das Haus Deſtreid, vermodyta, Moblen einen beträdytliden

Theil Gallijiens wiederzugeben , wogegen es als Entſd ;ä. digung die Karl VI. im paſſarowiß er Frieden abgetretenen

fandidaften erhalten bätte.

Ilm Leopolds Einwilligung

ju erlangen , verſprad, der König von Preußen , feinen Bemühungen in Hinſicht der Niederlande nidyt entgegen du ſenn und auf dem Neidsstage , der zur Kaiſerwahl ge:

balten werden ſollte, ihm ſeine Stimme zu geben. Zu: gleid, aber ſtieß Friedrich Wilhelm auch die Drohung aus,

mit der erhabenen Pforte , kraft des zwiſchen ihm und ihr

geſdıroffenen Bündniſſes, gemeine Sache zu machen, So fort ſdylug man beider Seits einige Ubänderungen por uno .

England trug auf 27 einen Waffenſtilſtand mit der Cuirkei an. Leopold aber , der ſeinen Vortheil zu fördern wunſd ): te , ete die Preußiſd ,en daaren in Feld zu rücken gerii, ftet wären , wollte keinen Waffenſtilſtand und bemühte fid)

nod; mehr, die Feindſeligkeiten fortzuſeßen. Naddem Laudon ſich an die Spiße des an den preußiſdyen Gränzen geſami, melten Beobadytungsbeers geſtellt hatte , erhielt der Pring von Koburg den Befehl der Donaubeers. Nad einer lang

gen Sperre verließ die Beſaßung von Orſova , durd ein

Erdbeben erſdirect, den Plaß , und die Defitreicher belas 1

Leopold , II.

457

gerten ſchnell Widdinn und Giurgewo. Friedrich Wilhelms Drobungen hinderten ſie , die von Middinn fortzuſeßen , 1

und vor Giurgewo wurden ſie von den Türken angegriffen , weldje nad , einem wüthenden Kampf die Linien ſprengten. Dieß war die lette Kriegsthat , indern die Bewegungen

von , preußiſdier Seite gar bald einen Waffenſtilſtand her: beiführten .

Niach Bihmen und Mähren waren unabläffig Vers

ſtärkungen geſendet worden. ' Friedrid, Wilhelm hatte ,

nad; dem erer

Sdhaaren nad Pohlen entſendet , ein bedeue

tendes Heer nad Sdileſien geführt und ſein Hauptquar: tier gmiſd)en Frankenſtein *** und Neidyenbach) aufgeſdyſagen . 9

Währeno beide Heere einander nahren , wurde in lekterer eröffnet , weldje aus dem öſt 24 of ene Zuſammenkunft

@tadt

reichiſchen , preußiſchen; engliſchen und houảndiſchen Be volmádytigten beſtand. Der König von Preußen Trieu entſchieden , Danzigs und Thorns Erwerb nid ) t aufzuige ben und Leopold war entſd loffen , das furdytbare Gallizi en und die williſcaner Bergwerke nidit für ein , wie er eg

nannte , unfrud;tbares Landhinzugeben. Während der Er 1

örterung eröffnete er Tehr fein eine beſondere Unterhands 9

lung mit England, ron weldjem die Endentideidung dies ſes mid;tigen Punctes abhing. Der brittiſche Staats. rath und das 'engliſche Volt batten noch immer eine große Vorliebe for Deſtreid ). " Da ſie ſeine Madyt nid )t ſinken luffen wollten , ſo billigten ſie auch einen Entwurf nicht , der es gezivungen hätte , Gallizien wieder herzugeben , und waren gleich geneigt, die Zerſtückelung des ottomanniſchen Reidis zu verbüten . Alſo ſuchte der londoner Hof einen

beſondern Frieden zwiſchen Leopold und dem Großherri unter der Bedingung zu ſdyließen , daß alle Eroberungen wieder herausgegeben würden , und ſchmeichelte fid) ſofort , Rußland zu gleidem ' Ulkommen zu beſtimmen. Nidit minder wünſdyte er die Niederlande wieder unter dem Haus

re Deftreid, ju reben, mittelſt Herſtellung der alten Verfaſe

458

Hundertunddreißigſtes Kapitel. 1790.

fung, wofür Großbritannien , Preußen und die vereinigten Provinzen Gewähr leiften ſollten , und den Barrierepläße: rertrag

zu erneuern .

Léopold , der von dieſen Geſinnungen unterridytet

war , bemußte ſie ſehr geſdickt. ' Er 'erklärte, er ſei be. 1

reit, die vom König vori England vorgeſd ;lagenen Bediné glingen zu unterſd ;reiben , und, wolle bloß , damit die Do: 11au und luua reine Belitungen gänzlich von den türki:

foren trennten , die Bitte um das Gebieth von Altorſova

und ein anderes ungefähr eben ſo großes an den Gränzen

von Kroatien nod) bitten. Nud, zeigte er jüd, entidəloſſen , den Niederlanden ihre alte Verfaſſung wiederjugeben und den Barrierepläkevertrag wieder in ſeiner alten Kraft ber.

fuſtelien ; aber ſehr geidzickt gab er auch zu verſtehen , daß

ein unglücklicher Krieg. ihn zwingen wurde, Frankreid, eio .

nen Theil dieſer Landidyaften zu überlaſſen , damit es ihm fll den übrigen verbülfe , i ). So gelang es Leopolden ,

den Seemädyten eine öffentlidye Erklärung des Inhalts ab. jugewinnen , daß ſie ſich nur zu Herſtellung des Friedens mit der ottomanniſdien Pforte verſtehen würden , wofern der Beitſtand vor dem Kriege zu Grunde gelegt würde , und daß ſie ſid, nidyt verbunden glaubten , an den Feindſelig.

keiten , welche vielleicht aus des Königs von Preußen bart: näckigem Diingen auf die Abtretung von Danzig und Thorn , 1

uad die Herſtellung Galiziens entſtehen dürften , Theil u nehmen .

Da nun Friedrich Wilhelın fid in Gefahr fah , die Interſtübung der Seemädyte zu verlieren , dazu fürchtete , $

die Türken möchten über ſeine vorgeſd lagene Zerſtückelung ibres Reidys unwillig werden , und endlich wußte , daß die Poblen pidyt ohne einen gehörigen Erſaß Danzig und Thorn , dieſe beiden Bollwerke ibres Reidys , würden ver: 1

I

1) Nob. Seith an den Herzog son Leeds. Wien 11. Mai 1790.

Leopold II.

459

fieren wollen ; ſo ward er etwas friedfertiger geſtimmt. Seine Entſcheidung wurde aud) durch Leopolds feine Dro: bung, den Frieden mit der Pforte um den Preis ſeiner Erobes rungen zu erkaufen , damit er alle ſeine Midyt gegen Preue

ten rid ten könnte , beſdileunigt. Die Erörterung ward ſchleunig „ju Ende gebracht und in Reid , enbady Aug. ein Vertrag unterzeichnet, wodurd , Leopold ſid) 5.1790

anbeiſchig madyte , einen Waffen tillſtand mit den

Sürken zu ſchließen , mittelſt der Seemädyte Friedensun . terhandlungen anzuknüpfen ; deren Grundlage der Zuſtand der Dinge vor dem Kriege wäre , und Preußen einen Ers fab zu geben , wenn die ottomanniſde Pforte binwiederum and ) ihm etwas abträte. Hedi, verſprad, er , Niufland Feis nen Beiſtund zu leiſten , wenn die Bemühungen im einen

Friedensſdyluß zwiſden ihm und der Türkei erfolg!os ſeyn follten und willigte darein , den Niederlanden ihre alte

Verfaſſung , unter Gewähr der drei verbündeten Mädyte , 1

wiederzugeben .

Nach unterzeid neter Uebereinkunft zogen

beiderſeitige Heere ſid, von den Grängen jurück , 19. Sept. und durdy Preußens Verwendung ward ju Giurgewo ein neunmonathlider Waffenſtilſtand gividen Deftreich und der Pforte geſchloſſen , deren Beveumädy. tigte ſid, mit denen der vermittelten Mädyte in 30. Dec.

Szifovo einfanden .

Alles ſollte zu Stunde 1790

gel racht werden , als eine die Abtretung ron .

Aliorſova und dem an der Unna gelegenen Gebieth betref fende treitigkeit , intern Friedrid , Wilhelm dieſe Abtre: tung für rertragswidrig hielt und einen Erſak dafur fors derte , die Interhandlung henimte. Leopold beſtand auf ſeis 11er Forderung und ſeine Bevollmäd,tigten ftell.

ten die Conferenzen ein und gingen wieder nad, Jun. 1791 Buchareſt.

Während der Verhandlungen bei der Zuſammenkunft hatten id die Berbindeten aud) angeſchjet , Rußland die

460 Hundertunddreißigftes Stapitel. 1790. Friedensbedingungen vorzuſdyreiben. Der König von Preus hen hatte Sdaaren nad) Pohlen geſendet und Danzig und Thorn in Beſik genomnien . England batte fid; zur See for das baltiſche und Id)warze Meer gerüſtet. Die Vere bündeten ſud,ten lepolden das Verſpred en abzugewinnen , wofern ibre Vermittelung vergeblich wäre , fid) mit ihnen

3!!! vereinen . Über Leopold. wußte :gul gut , wie viel ſeine Berbündung mit Rußland werth war , als daß er von dies fer. Madyt abfallen , oder gar ſie hätte angreifen ſollen . Er hatte ſogar nur mit Bewilligung der Kaiſerinu den ret: dienbadyer Vertrag geſchloſſen und verwarf mit Adel den 1

Antrag , ſeine Waffen gegen dieſe Fürſtinn zu Fehren. Nie batte er es ganz aufgezeben , ihr beizuſtehen und ſeine Miniſter erklärten , daß wiewohl ihr jerr ſid, anbeiſchig ges 1

madt, ihr nicht in einem Angriff gegen die Türken ,beizu ſtehen , er fidy doch in dieſem Puncte durd, den reidenbas

der Vertrag, weldier - nur die ottomanniſde Pforte ans geben könne , nidyt çebunden glauben würde. Da indeß Leopold fab , daß England dieſe Erklärung tadelte , ſo der: läugnete er ſie und verſprad ), neutral ju bleiben , 1).

Katharine II. hatte kaum den zu Reichenbach geſchloße nen Vertrag erfahren , als ſie, den gedrohten Angriff bef= fer zu beteben 1, den Friedensabídluß mit S dyive.

14.Aug. den emſig betrieb. Sie verdoppelte ihre Bemüle 1790 bungen und ihre Heerführer ſchlugen die Süro

Fen in mehrern Treffen . Gleidywohl bätte ſie doch auf ihre Eroberungen verzid , ten müſſen , wenn die Verbündeten nur

tinmer vereint und mit Nachdruck gehandelt hätten . Pitt , der ſeit mehrern Jahren das Staatsruder führte , batte die

Engländer nid)t beſtimmen können , ſid , in Händel einque laffen , welche ſie nidyt unmittelbar angingen , und deßhalb Rußland zu bekriegen. Mithin wurden die Rüſtungen ein. geſtellt , die gegen Preußen übernommenen Verbindlichkeie I

» Mittheilung des Herſtorbenen Emart.

Leopold

II.

461

ten aufgekündigt und wieder zu der ſd ,waden Hülfe der Unterhandlungen geſchritten. Dieſe Art von Abfall verſente dem Anſehen , worin nas brittiſdye Cabinet bei dem preuſ:

fifchen ſtand , einen Todesſtreid).

Entrüftet eiferte Fried

rid, Wilhelm gegen die unzuverläſſige Staatskunſt der eng Tiſden Regierung und fucyte rid) dadurdy aus der Verles

genheit zu retten , daß er ſich den Mädyten wieder nähers te , welden er Gereke hatte vorſdreiben wollen . Es ward

alſo zwiſchen dem Wiener und berliner Hof ein beſonderer Briefwedyfel erriditet. Die faiſtover Conferenzen wurden wieder vorgenommen und die Hauptleitung der Unterhands

Tung ward dem Herrn von lucchefini übertragen , der ſich Fogar zu dem piireidiſd en Bevollmádytigten verfügte und um die Abtretung bath , welde beinabe einen Brud , vers

anlaßt hatte. Der König von Preußen ſtand von der fors

derung eines Erjages ab und willigte darein , daß von dem 1

reidenbacher Vertrag gar nicht die Rede wäre. Die lin.

terhandlung, welde anfangs ſo langſam gegangen war , wurde nun balo beendigt , und ſofort der merkwürdige fjis ftover Vertrag , welcher das gute Wernehmen zwiſden Deſtreid und Preußen herſtellte , am 4. Aug. 1791 un . terzeidynet. Durch dieſen Vertrag verzid ;tete Leopold auf

alle ſeine Eroberungen , behielt nur Chocgim und deſſen Gebieth als Unterpfand bis zum Friedensſdhluß zwiſchen Rußland und der ottomanniſchen Pforte, und verſprady, der

erſtern dieſer Mädyte nicht gegen die Türken beizuſtehen. Durch einen Vertrag , welder Preußens Ehre zu retten insbeſondere gedytoffen warb , trat die Pforte altorſova

und ſein Gebieth an Deſtreid, unter der Bedingung ab , daß keine Feſtung dort erridytet werde ; ferner aud) einen kleinen Strid) Kroatiens , der fidh längs des linkeu une naufers erſtreckt 1 ).

1) Recueil de Herzberg, Tom. III. p. 0%.

!

462

Hundertunddreißigſtes Kapitel. 1790. Der friſtoner Friede veranlaßte eine große Uenderung

in dem preußiſden ' und ſtreid iſden Miniſterium .

Graf Herzberg , der während einer vierzigjährigen

Verwaltung ſtets dem Wiener Hofe entgegengearbeitet hats te , war unwillig geworden , als er gefeben , daß Preußen

von alle dem ungeheuern Uufwande zur Herabbringung des Hauſes Deſtreid, keinen Nußen ziehen würde. Er hatte fogar , bis ihm ſein Herr ausdrücklidyen Befehl dazu geges ben , den reidhenbadyer Vertrag nicht unterzeichnen wollen . Noch mehr bekümmerte ihn die hierauf erfolgte Wendung der Dinge und er ſtand im Begriff , Friedrich Wilhelnien zu überreden , daß er ohne Beſtand eines Bundesgenoſſen lieber zu den Waffen griffe , als nur im mindeſten un dies

ſen Vertrag rühren ließe. Da ihn die Fremden und die JUuminaten , weldie auf Preußens Berathungen Einfluß gewonnen batten , durd,kreuzten , und er mit dem Monars

den ſelbſt nicht einig war , ſo nahm er ſeinen Abſchied und

liep Deftreidys Sade faſt ohne Widerſtand fiegen 1 ). Leopold erfuhr von ſeinem erſten Miniſter eben ſo viel Widerſpruch als Friedrid, Wilhelm von dem ſeinigen. Geo

gen Fürſt Kaunikens Rath hatte er die demüthigen Be: dingungen , welche ihm die Seeinädyte vorgeſdyrieben , uns terzeichnet. So viel möglid batte der Miniſter die nós thigen Mittheilungen verſpätet, oder ſie ſo abgefaßt , daß fie die Höfe , um deren Vermittelung und Freundidaft leo

pold warb , beleidigen mußten.

Da Kauniß Joſephs II.

Neuerungen und das von dieſem Fürſten binjid )tlid, der

auswärtigen Angelegenheiten befolgte Syſtem getadelt hate te, ſo war er unter dieſer Regierung ſehr bintangelegt worden. Inzwiſchen batte der Kaiſer kurz vor ſeinem Tos

de fidy mit ihm verföhnt und Leopold hatte ihm bei ſeiner 1) Pièces et mém . de la convention de Reichenbach ; Herz berg recueil Tom . II, II , Tom . II, ch , 2 .

Ségur hist. de Frédér, Guill.

Leupold

II.

463

Ankunft in Wien perſönlid, einen Beſuch, abgeſtattet und alle Beweiſe von Adytung gegeben. Aber er erkannte gar · bald , daß das Alter 1 ) die Geiſteskräfte des Miniſters ge. fd wächt, und ein Mann , der ſid, ro wenig beſaß , wie dieſer , nicht lluterhandlungen zu führen geeignet war 2 . Um ihn jedoch nid )t fu kränken , ließ er ihm dem ämtlichen Briefwedsſel, forgte aber zugleid , dafür , in allem , was England betraf , die Noten und Denkſdyriften aus des brit.

tiſdyen Geſandten Händen wieder zu bekommen , um die Uusdrücke ju mildern und die Mittheilungen beider Höfe freundſdaftlider ju machen 3). Nadidem das gute Vernehmen mit Preußen hergeſtellt war , wurde Leopold einſtimmig am 30. Sept. jum Kaiſer

erwählt. Am 4. Oct. fog er feierlid, in Frankfurt ein und am 9. ward er vom Kurfürſten von Maing gekrönt. Seine Wallcapitulation war von der ſeiner Vorgänger nur darin verſchieden , daß man eine Clauſel hinzufügte, des Inhalts, daß er bei der neuen franzöſiſden Regierung wieder auf jene

Redite dränge , welche die Berträge den deutſchen Fürſten, die im Elſaß , in Lothringen und der Franche Comté Be: ligungen hatte , gewährleiſtet.

1) Kaunis war damahls ( 1790 ) 80 Jahe. 2) Darum hatte Leopold fich unmittelbar mit dem König von Preußen in Briefwechſel geſett. 5) Leopold fagte 31 Birchoffswerder , Friedrich Wilhelms

vertrautem Geſchäftsträger : „Ich habe meinen Herzberg und der König von Preußen ſeinen Kauniß. Man muf bein

de von einander entfernen ." Fürſt Kauniß blieb , freilich ohne fonderliches Anſehen, Kanzler bis an ſeinen Tod 1794

464 Hund. ein u. dreißigſtes Kap. 1790-1791 .

Hundert ein und dreißigftes fiapitel. 1790

1791.

Leopold II. ftillt die unzufriedenheit in den Erbländern . -

Ungariſche Angelegenheiten. - Sewaltfames Verfahren und Forbern auf dem Reichstage daſelbft. - Leopolds Klugheit und Feſtigkeit. - Er wird König von Ungarn. - Šr gewinnt das zutrauen des ungariſchen Poles . auin war Leopold II. in Wien angelangt , als er den

Wünſden ſeiner Unterthanen zu entſpreden ſudite , und , Mai

die neue Grundſteuer , die ihnen ſo verhaßt war , abídy affend , die ebemahlige wieder einführte. Audy das von Joſeph II. angelegte allgeime Ser

minar bob er auf und gab die Renten , weldie zu Unterbal: tung der biſchöflid en Sdịulen eingezogen worden waren , wieder frei; aber zugleid, madute er beilſame Aenderungen , 1

1

und verbeſſerte die Einrichtung der deutſchen Sdulen und die Art , die abſtracten Wiffenſd )aften zu lehren . Polizei

und Perwaltung blieben nicht mehr willkürlid ). Die Nes gierungsform ' aus den Zeiten Marie Thereſiens ward mit

einigen, heilſamen Ubänderungen wieder eingeführt. Uudy die im peinliden Gelebbude gemadyten Abänderungen perdienen das bódyſte Cob. Die durd, Joſeph II. fale

(dhe Staatskunſt 1, um Einbringung fremder Erzeugniſfe zu verhüten , dem Handel in dem Weg gelegten Kindera

1

Leopold 11. niffe 1) wurden hinweggeräumt.

465 Der Duldungsbefeht

ward gehalten , ja ſogar erweitert , und die zum Vor: theil der Juden getroffenen Verfügungen wurden vervoll : !

kommnet.

Durd, dieſe weiſen und gemäßigten Maßregeln erwarb fid , leopold die Herzen ſeiner linterthanen und ſtellte bald allentbalben in ſeinen weitläufigen Staaten die Ruhe ber ; ausgenommen in Ungarn.

Die Ungarn , eiferſüdytiger auf ihre Freiheit, an ihren Bräuchen und Geſellen weit mehr bangend , als irgend ein dem Hauſe . Deftreid, unterthäniges Volk , betracyteten die

Bugeſtändniffe Jofephs II. nur als mit Gewalt errungene; und ließen fich weder durd die Milde , welche Peopolds angehende Regierung auszeichnete, noch durd ſein Vere

ſpredjen , ihnen alle ihre Vorrechte wiederzugeben , gewin : nen . Von Preußen angeregt und in der ſdmeidlerijden Hoffnung, von der ottomamiſdyen Pforte unterſtübtzu wer : 1

den ,I wollten ſie verjährte Redote wieder aufleben reben

und neue Zugeſtändniſſe ertroken. Auf den Landtagen wure den die beftigſten Keden geführt, und ein großer beil des Bolts chien mit dem Strle aud) die Geſinnungen und

Grundfäße der franzöſiſdien Volksfüörer angenommen zu baben. Man verlangte , die Wertheidigung des König reidis foule nur inländiſden daaren anvertraut werden ; der König einen Sheil des Sabrs in Ofen Hoflager balten, und zwei Abgeordnete de Wolts follten bei allen Friedense

verbandlungen gegenwärtig ſeyn. Man trug ſogar darauf an , Preußen zu erſuchen , daß es die Verfaſſung und die Freiheiten der Ungarn gewährleiſte. Ohne ſich ſcheinbar um dieſe eitle Wortmadherei zu kümmern , berief Leopold zu ſeiner Krönungsfeier eine allgemeine Reichstagsverfamm . lung, was um fo merkwürdiger war , da feit Marie Ibe: 1) Er hatte ſogar Salzfiſch einzubringen verbothen A, was in cinem tatholiſchen Lande ein großerDisftand ift. * % Core's Geſchichte Deft. IV . B. 1

466 Hund. ein u. dreißigftes Kap. 1790-1791 . reſiens Krónung , alſo faſt 50 Jahre , keine gehalten word den war. Die meiſten Herren , ſtolf ,1 Joſeph il. zum Wis derruf ſeiner Neuertitiysiefehle gezwungen zu haben , und überzeugt , daß zu Fortführung des Kriegs gegen Preußen 1

und die ottomanniſde Pforte ihr Beiſtand nöthig rei , ſtrömten zu der Verſammlung berbei , und lebten einen neuen Eid auf , welder die Könige von Ungarn eben fo unbedeutend gemacht und erniedrigt bätte , als die von Poblen.

Leopolds Mäßigung und Feſtigkeit ſiegte über die Pare

teien und die Ausgelaſſenheit. Wiewohl von Gefahren um. geben , wollte er tod , an dem von Marie Thereſien bei ihrer Krönung geleiſteten Eide nichts andern laffen . In dieſer mißlidhen Lage hatte er das Glück und die Gewandts beit , die Jüyrier zu gewinnen .

Dieß 3 'Millionen See.

len ſtarke , von den ſtolzen Ungarn als fremd betradytete Volk , bekennt fidy fur griedyiſden Religion und hat ſich im Bannat und der Umgegend niedergelaffen .

Nadidem

fein inſtändiges Geſud, um Vertretung auf dem Redista, ge zu Ungarn mehrere Mahl mit Berachtung zurückgewieſen worden , bradyte es ſeine Sadie am Fuß des Thrones an , und

Leopold berollmächtigte es , in Temeswar einen Landtag zu halten. Dieſe Vergünſtigung gewann es ihm und dieß ermu. thigte die Partei , welche in Ungarn dem Fürſten treu geblie. ben war.

Inzwild en beharrten die Unzufriedenen nod, immer in ihrem Widerſtande , der ſo weit ging, daß die Stände 2b. geordnete zu der reidenbadyer Zuſammenkunft ſendeten ; und

das Vorredyt , bei den Conferenzen gegenwärtig ju renn , verlangten. Uud, wollten ſie, daß bei allen Friedensvers 2

handlungen von ihnen ernannte Abgeordnete mit ſo ausges

debuter Madt, als die kaiſerlidyen Miniſter , fie verträten. Nicht minder gebietheriſd) verlangten ſie Widerruf mand er, denen , welche ſid, midt zur katholiſdien Religion bekannten,

zugeſtandenen Porrechte. Die Unzufriedenheit verbreitete

1

Leopold 11.

467

fid, rogar unter den ungariſchen Schaaren . Mehrere Re gimenter verlangten , daß man dem Volke einen Eid leiſte, und eine Menge Hauptleute erklärten auf dem Reichstage, daß fie Stellvertreter dabin zu ſenden geſonnen ſeien. Alle dieſe Forderungen enthielt der neuentworfene Eid , den man

Leopolden ämtnd in Wien vorlegte. Er antwortete auf dieſe Vorſdläge ganz wie es ſeiner Würde gemäß war , vers

warf zwar die Forderungen der Stände , ihre Bevollinäch .

tigten zu den ſeinigen zu fügent; nid t geradezu , ſchränkte aber das Redit auf den Fall einer Unterhandlung mit der ottomariniſdyen Pforte ein , wie dieß in den Gereken de:3

Reichs vorgeſdy rieben ſtand. Die übrigen Anforderungen wollte er durchaus nicht anerkennen . In einem rom unga : riſden Kanzler , Grafen Palfy , auf ſeinen Befehl dem 1

Reichstage ausgehändigten Refcript erklärte er folgendes : ,, Ich werde die Verfaſſung des Heids , in Hoffnung, daß die Stände daſſelbe thun , ganz ſo unverleßt halten , wie 1

mein Großvater und meine Mutter fie gebalten, und wie

fie durd, die pragmatiſdye Sanction verbürgt iſt. Nady dies ſer Verfaſſung ſteht mir im Verein mit dem Reichstage die gelebgebende Madyt ju ; ich allein aber habe die ausübende und richterliche Gewalt und Madyt , wie die Aemter und Gnadenvertheilungen überkommen. 3d werde midl, an die pragmatiſd)e Sanctien halten , und nie zugeben , daß man das 2

Erbredyt , das mirund meinen Erben zuſteht, in Zweifel ziehe, nie mir die mindeſte Neuerung in Ausübung der vollſtrecken : den Gewalt gefallen laſſen , und nie der mindeſten Verlegung der den Nichtkatholiſd) en ertheilten Borredyte meine Zuſtim . miung geben ."

Die Unterzeichnung des reid, enbadyer øertrags entriß deni Unzufriedenen die şoffnung, von Preußen und der Türkei Beiſtand zu erhalten , und Leopold legte 60,000 Mann um Ofen berum ein . Die Hauptfeute , weldoe jene

Erklärung auf den Reichstag geſendet hatten , mußten zu andern Regimentern abgehn , und wurden mit Deutſdjen $ 2

468 Hund, eiri u. dreißigſtes K'ap. 1790-1791. erfekt. Umſonſt ſchlugen die Stände , Leopoldo Entſchlol. ſenbeit zu erſchüttern , einige Abänderungen in ihren Fordes rungen vor ; er wollte die Krone nur auf die Bedingungen , wie Karl VI. und Marie Thereſie , annehmen ; und bestimms

te , ftatt Ofen , Prefiburg zu ſeiner Krönungsfeier. Nad) dem nur aller Kömgöldmuck Dabin geſchafft worden war , verſammelten ſich am 3. Noo. die Stände daſelbit, und am 10. bielt der Konig tuit 5 ſeiner Söhne im Gefolge , ſeinen feierlichen Einzug. Seine Gegenwart hielt ſeine Feinde nieder , und ermurbigte ſeine Getreuen . Das Ämt des Palatinus , weldjes durch den Tod des Fürſten Eſter . bazy erledigt war , ju üben , wählte der Reichstag unter

den von dem Monardien vorgeſdılagenen Bewerbern, den Erje herzog Leopoid Alexander. Nadidem der Erzbiſdy of an der Spige der Stände , bei dieſer Gelegenheit dem König Dank

abgeſtattet batte , ſagte Leopolo zu ſeinem Sohne : ,,Die Pflidyten des Palatinus ſind in den Reidysgeſeben der= feidynet. Id) befehle dir , als dein Vater und König , nie ,

felbſt nid )t aus Eifer und Anhänglidykeit an mich , davon zu laſſen. d ) erkläre in Gegenwart dieſer getreuen Stän.

de des Reid )s , daß ich deine kindlidye Liebe aus der Art, wie du die dir aufgelegten Verbindlid,keiten erfüllen wirſt , ermeſſen werde." Hierauf ſtellte er den Palatinus den Stän. den vor und ſprad, zu ihnen ; 3d gebe euch meinen Sohn als IInterpfand meiner Liebe zu euch , als würdigen Mittler zwiſchen uns und zur Erhaltung gegenſeitiger Neigung .“ Man 1

befahl , daß dieſe mit Entzücken von der Verſammlung vers nommene Rede in die offentlichen Urkunden aufgenommen würde , als ein Gegenſtück zu der Ermahnung , welde der

heilige König von Ungarn , Stephan I. ſeinen :Sohne Em : merid) gehalten.

Nad )dem Leopold den Eid geleiſtet, erhielt er die Kros ne aus den Händen des neuen Palatinus. Nach 15. Nov. 1790 .

öffentlich gehaltener Tafel gab er einen neuen Bes weis , wie ſehr er die Liebe des ungariſchen Polks

Leopold

II.

469

ju gewinnen wünſdite.. Er ſtand von ſeinem Sibe auf und kündigte an , 'er bewillige , daß man ein Geſetz abfaſſe, wo durch ſeine Nachfolger auf dem ungariſchen Throne verbinde lich gemacht wurden , ihre Krönungsfeier nidyt über Tedys Monathe nad ihrer Thronbeſteigung zu verſchieben . Dies

ſe unerwartete Erklärung , welche den långarn die Furcht benahm , daß vielleidt, um den bräudyliden Eid zu umge . ben und ihre Freiheiten zu verlegen , ein anderer Fürſt Jo. rephs II. Beiſpiele folge , ward mit allgemeiner Begeiſter rung aufgenommen und jeder beeiferte ſich), Dank und Erge 1

benheit zu beweiſen. Die Verſammlung erhöhte das gewöhn. liche Gefdhenk von 100,000 Gulden auf 225,000. Um ſich

jul entſdyuldigen , daß fie den Monard, en dahin gebradt , den erniedrigenden reidenbader Vertrag zu unterzeidynen , both fie ihm alle Hülfsquellen des Landes an , um mit der Türkei einen ehrenvollen Frieden zu ſchließen . ,,„ MŐ.

gen die Hoffnungen Ihres erlauditen Hauſes ſid erneu. ern ," ſagte der Erzbiſdhof zu Leopold , „ Ihre Freunde fidy freuen und ibre Feinde beben !

Das ungariſdye Bolt iſt

nun eins mit ſeinem König , der König nur eins mit ſei nein Volk 1). Nadidem Leopold wieder nach Wien abgegangen war , bielt der Reid ,stag ſeine Situngen unter dem Vorfik des Palatinus. Vor ſeinem Abgang hatte der Monarch der

Verſamınlung vierzehn Vorſdıläge und ein die Religionsans gelegenheiten betreffendes Reſcript oorgelegt. Die Bors ( deläge wurden auf das günſtigſte angenommen ; die Katho. lifdyen kamen gegen den Duldungsbefehl ein. Aber aud)

über ſie ſiegte Leopold. So ſehr er vas lebensweſen zu mil. dern ſuchte, ſo ſehr fürdytete er dod ) , die ſtoljen Herren auf, zubringen. Er erleidsterte einige Laſten , welde die Leibeig. 1) Krönungsangelegenheiten in Ungarn. Götting , hift. Mag. B. 8. St. 3 .

470 Hund. ein u. dreißigſtes Sap. 1990-1791 . nen drücften ; aber für die Bauern konnte er das Redit , Grundſtücke zu haben , doch nicht durdyfeßen 1 ). Vor diluß der Verſammlung widerrief Leopold mehs'

rere äußerſt mißfällige Finanzverordnungen. Dem Grafen Palfy gab er die Kanzlerſtelle, die er ihm genommen , wie : der , und ernannte ihn fogar zum Conferenzminiſter. Dem ungariſd) en Wolke ſdymeichelte er auch dadurdy, daß er den Fürſten Eſterhazy , einen Magnaten vom erſten Range , zum Berollmächtigten bei der Iziſtover Zuſammenkunft er: nannte. Dagegen bewilligten die Stände eine neue Wer: bung von 6000 Mann und madyten hinſid )tlich des

13.Mai., Soldatenweſens einige Henderungen . Leopol 1791,

kam wieder , um in Perſon den Reid )stag zu bes

dyließen. Durd, ſeine Klugheit , ſeinen Perſöhnungsgeist, ſeine verſtändigen Uenderungen , die ſo auffallend gegen Jo fephs II. willkürlidze und übereilte Neuerungen abſtachen , ere warb er ſidy die Liebe der Ungarn , und während feiner, fürwahr

fehr kurzen Regierung , hat Ungarn einen ungetrübten Frieden und Glück genoſſen 2).

1 ) Hamb . polit. Journ. BD .

1. S. 224 = 226.

a) Zu dieſem Kapitel haben wir unter andern die Strönungs und Reichstagsangelegenheiten in Ungarn zu Rathe gezos

gen nebſt der Wahleapitulation Leopolds und denübrigen Ungarn betreffenden Abſchnitten im Götting. hift. ) ag.

1790 , wie das Hamb. pol. Journal, beſonders Mob. Keiths Depeſchen.

Leopold II.

471

Hundert gweiund dreißigfte $ Siapitel. 1790

1791 .

Leopoldo Benehmen in Hinſicht der belgiſchen Provinzen.

Vermittelung der Seemächte und Preußens. – Haager Gegenempörung in den Niederlanden . - Baager Vertrag. - Leopolds II. Einweihung als Fürſt

Zuſammenkunft.

der belgiſchen Provinzen. – Die vermittelnden Mächte nehmen ihre Gewähr zurück,

Neue Gährung der Semű

ther. - Leopolds Abſichten. .

aum hatte das Glück den Bemühungen der belgiſdyert Provinzen gelächelt, als ſiewieder von innern Unruhen beo

drängt wurden. Van der Noot und van Eupen , die zwei Männer , welche am meiſten zur Empórung mitgewirkt , hats

ten fid, die oberſte Machtvollkommenheit angemaßt.

Da

ſie dieſelbe nid )t mit dem Adel und der Geiſtlid ,Keit theilen wollten , ſo wurden ſie ihnen verhaßt, und es bildeten ſich zwei Parteien , eine ariſtokratiſche, unter beiden ebenge. nannten Anführern , und eine demokratiſde, an deren Spit. je die Herzoge von Aremberg und von Urfel, der Graf van der Mark , und Waldiers , ein reider brüſler Band quier , ſtanden . Die erſte dieſer Parteien hielt den Congreß .

als Werkzeug ihrer Madt aufredyt , die zweite verlangte , daß eine Volksverſammlung berufen würde , wie die in Frank. reid ). Beide ſudyten bei ſo bewandten Umſtänden die in . terſtübung auswärtiger Mädyte. Van der Noot wendete fid, an gland und die vereinigten Provinzen, und erboth 1

472 Sund. zwei u. dreißigſtes Sap. 1790-1791 . fid), wofern ſie den belgiſdyen Freiſtaat anerkennten, dieHan : , dels - und Bundesverträge , welche im Betreff der Nieders

lande zwiſchen Deſtreid, und den Seemädyten geſchloſſen worden waren ; fu erneuern. Der König von Preußen ſchien nicht abgeneigt , die auch ihm gemad ten Borſdläge anzu . nehmen ; aber Großbritannien und die vereinigten Provin . jen verwarfen die an ſie gerichteten ; und , indem ſie dem

Congreß antrugen , zu Herſtellung der alten Verfaſſung mitzuwirken , drangen ſie in ihn ; zum Gehorſam gegen den red ; tmäßigen Herrędzer zurückzukehren. Die Demokraten ihrer Seits bielten fidy an die Häupter der Volkspartei

1

in Frankreich und erhielten von dieſen die ausdrücklid, ſten Hülfszuſagen . Die S daaren hatten durd, Zuruf van der Merfd, zum

Generaliſfimus ernannt. Da der Congreß dieſe Ernennung nicht genehmigen wollte i To rolugen ſie ſid , jur 3. April . demokratiſd)en Partei. Sofort verhafteten ſie fedys , von der Berſammlung, van der Merſch ab , juleben , beauftragte Abgeordnete , als feien fie gekommen ,

Unruhe unter ihnen zu verbreiten. Der Congreß , um ſein Unſehen zu behaupten , befahl 6000 Mann unter Unführung Schönfelds , eines preußiſchen Officiers , gegen ſie audzu: fieben. Der Generaliſſimus machte Vertheidigungsanſtal. ten ; kaum waren aber ſeine S daaren aus Namur , fo biel .

ten die Einwohner ſein Deſdrüß und ſeinen Schießbedarf jus rück. Da fidh nun aud, das Heer gegen Mitbürger zu fechten weigerte , ſo ward van der Merſch verhaftet und auf die Cita .

delle don Antwerpen gebrad )t. Dieſe Sinkerung eines Heere führers , der ſo viel zum Fortgang der Empörung beigetragen , erregte beſonders in Flandern , wo er geboren war, viel Ungur friedenheit. Dieſe Spaltungen erleidyterten den öſtreichiſden , in Curemburg ſtehenden und nicht mehr als 12,000 Mann 1

1

ſtarken daaren die Mittel , nicht nur fich gegen die Eme pörer ju balten , ſondern auch mit Hülfe Der Landbewohner,

Lespold II. ...

473

die ihrem Herrn treu geblieben waren , Limburg wieder zu erhalten.

Nad, dem ſedisten Artike! ties reichenbadier Bertrags hatte fid Peopold anbeifchig gemadt , eine allgemeine Ume neſtie bekannt zu maden und unter Gewähr der Seemädy,

te und des Neidis die alte Verfaſſung der Niederlanda ber $ uſtellen . Dazu hatte er verſprodjen , nur wo lleberredung

nid )t ausreidyte , Gewalt zu bräudyen. Eine Erklärung in demſelben Geiſte gab der König don Preußen . Nadı ver: gebliden , an Friedrid, Wilhelm ergangenen Vorſtellun. gen verſudyte der Congreß ein Heer von Patrioten zu erridys ten ; aber er hatte alles Unſehen und Zutrauen verloren. Leopold hatte kurz nad, ſeinem Regierungsans 3. März tritt eine Kundmadjung ergeben laſſen , worin 1790

er die von ſeinem Vorgänger gemadyten Neu : erungen gemißbilligt , und die Joyeuse entrée zu beſtäti, gen , wie alles auf den alten Fuß zu leben , verſprochen bat: te. Er hatte ſogar die Stände erſud;t, ihm die einſdyrän. kenden Bedingniſſe anzugeben , welche ihre Freiheiten vor allem Angriff ficher ſtellen könnten . Da beide Parteien

pereint fein Anerbiethen perädıtlıdı verworfen hatten , ſo war ihm nid )ts als Gewalt übrig geblieben. Kuum batte er den 'reid ,enbader Vertrag abgeſdy loffen , ſo hatte er aus

den Erblanden Schaaren abgeben laſſen , mit deren Ankunft fein luremburger Heer 30,000 Mann ſtart war.

Mittler.

weile fie auszogen , hatte er ſeine Vorſdıläge wiederhohlt und um Vermittelung der verbündeten Madh) te angeſud)t. ' Sofort war zu Haag eine Zu: Sept. ſammenkunft gebalten worden ,1 welche aus dem kaiſerlid )en Bevollmädytigten , Grafen Mercy , dem enge liſchen Geſandten ford Auckland, dem Abgeſandten des Ko.

nigs von Preußen , Grafen Keller, und van der Ⓡpiegel , Großpenſionär von Holland , beſtand. Kurz nach eröffne. ter Verſammlung und Leopolds Krönung als Kaiſer batte

er eine zweite Kundmachung herausgegeben, mit denſelben

!

474 Hund. zwei u. dreißigſtes Kap. 1790 – 1791 . Anträgen ; und auf Anſudyen der drei Bevodmächtigten den Zeitpunct, wo die Unterwerfung nicht mehr angenome men werden ſollte , auf den 21. Nov. feſtgelebt. Der Con. greß ließ Abgeordnete nad, dem Haag abgeben , die er mit peiner Voumad)t verſehen und die in feinein Nahmen dor's

ſtellten , die von Leopold angetragene Verfaſſung feie nicht die alte , ſondern eine Werfaſſung von Urkunden und Be. vorred ;tungen , in vielen Puncten geändert und von der, mittelſt Karls : VI..Einweihungsurkunde errichteten , vers

fit ieden . Sie bathen um ' adyttägige Berlängerung des Waffenſtilſtandes, damit ſie Zeit geben könntent, die Stän. de zu berufen und Abgeordnete , weldie den Vergleidy bee 1

ſtätigten , zu wählen. Da dieß Geſud, geredyt und dem reidenbader Vertrag gemäß war , ſo wurde es von den 1

Miniſtern der vermittelnden Mäd, te unterſtübt ; allein Graf Mercy widerſeßte fidy allen ihren Bemühungen um verlän. gerten Waffenſtilſtand und fortgeſekte Unterhandlung. Er behauptete , die Vermittelung der Verbündeten ſei mit dem von ihnen ſelbſt vorgeſchriebenen Zielpunct zu Ende, in ele

ner Erörterung zwiſd) en dem Herrſdyer und ſeinen empörs ten Unterthanen fei (don der Nahme Waffenſtilſtand eine S dymähung , und das damahls an 45,000 Mann ſtarke Kaiſerbeer ſode im Augenblick , wo der Waffenſtilſtand zu Ende Rei, audrücken . Umſonſt forderten die Bevollmädye : tigten Vollziehung des reidenbader Vertrags und Erfül.

lung des kaiſerlidyen Verſprechens, nur , wenn alle Knife nung jur Verſöhnung dahin ſei , Gewalt zu braudzen. She re Vorſtellungen wurden hodimüthig verworfen . Hierauf erſud ten fie die Empörer , ſich zu unterwerfen , aber ſie

hatten bei den Belgiern nid )t mehr Glück , als bei dem kais ferliden Miniſter.

Der entſcheidende Zeitpunct verfloß alſo , ohne daß die Unterwerfung geſchehen war .

Zum lekten Verſud,

wählte der Congreß. durd Zuruf den Erzherzog Karl , des Kaiſers dritten Soba , jum Erbgroßherzog der belgiſchen

Leopold

II.

475

Provinzen , mit dem Beding , daß dieſe Würde nie dem Haupte des öftreidden Hauſes, noch einem Prinzen , .

der nid t im Lande.Hoflager hielt , zufiele 1 ). Nadidem dieſer träumeriſde Andylag vom Grafen Merch verwor: fen und von den andern drei Bevollmächtigten gemißbilligt

worden , gingen die von Bender angeführten Kaiſerbeere über die Maas , fogen unter Zuruf des Poles in Namur ein , bemädytigten rid) des Geſcüßes, vertrieben die bel ... gifdyen S dyaaren und erſdienen am 30. Nov. unter den Mauern von Brüſſel. - Bender forderte den Congreß auf , fidy zu unterwerfen und gab nur 24 Stunden Bedenkzeit. Die Glieder der Regierung und das Volk , ermuthigt durdy

die Ankunft von 7000 Patrioten unter dem General Köh . Ter , wollten zwar Widerſtand leiſten ; aber van der Noot , van Eupen und andere Häupter der Partei entflohen , und

Köhler zog ſich nach Flandern zurück. Um 3. Dec. zogen die Deſtreicher in die Stadt ein , wo die meiſten Bürger fie als Befreier aufnahmen. Es wurden Detaſdements nad, Tirlemont , Medyeln , föwen und Antwerpen geſen . 1

det und vor Aue gang des Jahres waren alle belgiſdye Pro, vingen wieder unter dem Hauſe Deſtreid ). Die verſagte Waffenſtilſtandsverlängerung und per : worfene Vermittelung der drei verbündeten Mächte errego ten beſonders in Berlin und Haag lebhaften Unwillen. Der

Großpenſionär erklärte , er werde ſeines Auftrags fich ents ledigen und reiſte ſogleich ab. Der König von Preußen befahl dem Grafen Keller, Klage über folde Berlebung

deffen , was in Reichenbach feſtgefeßt worden , zu führen , Herſtellung der alten Verfaſſung zu verlangen und die

Belgier zu ermahnen , daß ſie keinen Vergleid, anders , als mit Beitritt und unter Gewähr der vermittelnden Mädje te abſchlöffen . Friedrich Wilhelm madyte ſelbſt in einem ! ) Erklärung der Generalftaaten vom 21 , 10 Uhr.

Nov. 1790. Abends

476 Hund. zwei 4. dreißigftes Kap. 1790-1791. eigenhändigen Briefe dem Kaiſer Vorſtellungen.

Dieſer

Streit hätte Europa in einen Krieg verwickeln fönnen ,

wenn der brittiſde Staatsrath nidst gemäßigteren Gefins nungen gefolgt wäre. Er verband ſeine Gegenvorſtellun gen mit denen von Preußen und den dereinigten Provins jen, fendete Lord Elgin nach Wien, Leopold um Erwählung von Mitteln zu erſuchen , welche mehr derföhnten. Als am 8. December die Conferenzen wieder anfingen , willige

te Graf Mercy nid )t, gern darein , ſeine Erklärung zurück. funebmen und den haager Vertrag zu fchließen. Es ward bedungen , daß dem Kaiſer nach berfömmlicher Form von

den belgiſden Provinzen gehuldigt würde , daß er die ver. ſchiedenen Verfaſſungen , Freiheiten und Herkommen gang ſo wie Karl VI. und Marie Thereſie bei ihrer Einweihung

fie beſtätigt, beſtätigen ſollte. Es ward feſtgelebt, daß eine Amneſtieurkunde ausgeſtellt werde , wovon wenig Per fonen ausgenommen werden ſollten .

21f1e auf die Univer.

ſität löwen und das Oberſeminar bezüglichen Befehre folle ten widerrufen , die Abteien , welde das Repräſentations : redyt bätten , hergeſtellt , die Einkünfte derer , welche auf. 1

gehoben blieben , zu frommen Werken verwendet werden. Conſcription , oder erzwungene Aushebung war verbothen ; keine Auflage konnte ohne Bewilligung der Stände gemacht werden , und kurz , alles follte auf denſelben Fuß wieder I

kommen , wie vor den Unruhen. Die Seemächte und Preußen gewährleiſteten die Erfüllung dieſer Artikel , und die Oberherrlid ,Eeit in den Niederlanden ward dem Hauſe /

Deſtreid) alß unperäußerliches und untheilbares Krongut fugeſidyert 1 ). Die Uebereinkunft , welche Graf Mercy vorläufig un.

terzeidynete , ward nach Wien dem Kaiſer zur Genehmi. gung geſendet; aber die vermittelnden Mädyte wurden wieder in ihrer Erwartung betrogen. Leopold wollte nur diejenigen Verfaſſungen , Freiheiten und Herkommen beſtão 1) Recueil de Herzberg III, 175.

i. Leopold

II.

477

tigen , weldie am Ende der Regierung Marie Thereſiens 1 ) und vor Joſephs II. Neuerungen redytsgültig geweſen war ren . Sofort nahmen die Verbündeten , weld) e die im reio

chenbadyer Vertrag angenommenen Grundfäße nidyt über, treten , noch auch das den Belgieru' gegebene Verſpredjen breden konnten , ihre Gewährleiſtung zurück , und Peopold erhielt die Niederlande ohne ibre Mitwirkung wieder. Das

Mißvergnügen dieſer Landſchaften über ein ſoldies.Betra: gen mehrte ſich durch die gewaltſame Entfernung von fünf Gliedern der brabanter Rathsverſammlung , welde die Res

gierung fürd ;tere. Dre Stände fameir 'dagegen ein und wollten das berkömmlidye Hülfsgeld . nidyt willigen . Man bob ihre itungen auf, burdiſtrid) ihre eingereid). te Proteſtation , ' und verhaftete vier andere Mitglieder ,

was die Gährung der Gemüther nod ) vermehrte. Um der Einmiſdung der Vereinigten Provinzen zuvorzukommen , fdloß Leopold mit den Generalſtaaten einen Bundesver.

trag ; Eraft deſſen van der Noot und van Eupen aus Hol: land verwieſen wurden . Aber alle ſeine Vorſidyt konnte dod, die Verbreitung des Empörergeiſtes nid)t hindern ;

im franzöſiſdien Hennegau bildeten fidi unter Graf Bez thune Charoít Karſte von Wusgewanderten ; täglich zettelo te man neue Werfd)wörungen an , bereitete Aufſtand oor, 1) Hier iſt die Genehmigungsclauſel Leopolds , worüber nur

To viel geftritten worden , weil ſie ſchlecht übertragen wors den ift : „ Nos hisce declaramus , nos omnibus ac singulis provin.

ciis in ipso inaugurationis actu , cunctis praedecessori bus nostris usitato , constitutionem , privilegia , ac legi. timas consuetudines, quae ab iisdem coofirmari solebant, esse quidem confirmaturos; non alia tamen , quam ea

observationis ratione , quae sub regimine imperatricis reginae Mariae Theresiae felicis mémoriae,vigebat, ante quam scilicet ulla illarum innovationum existeret, quae regnante imperatore Josepho II. felicis pariter recordatio.

nis , novissimis motibus ac tumultibus causam dederunt."

478 Hund. zwei ut. dreißigftes Kap. 1790-1791 und die kräftigſten Maßregeln genügten kaum , das wan. kende Anſeben der Regierung zu erhalten. Leopolds Benehmen binſid)tlid, der belgiſd)en Provin gen war das Ergebnis eines Planes , den er von einer vollendeten Staatsklugbeit vorgezeichnet eradytete. Er war nicht weniger , als ſeine beiden Vorgänger , dem Bund mit dem Hauſe Bourbon zugethan. Troß der Raſerei,

welde die Geiſter in Frankreid) ergriffen hatte, hoffte er immer ,1 nod ), Ludwig XVI. würde ſein Anſehen wieder er's langen , und der erneute verſailler Bertrag würde ihn aller

Sorge im BetreffderNiederlande überheben. Dazu war ihm der Barrierepläßevertrag ein Greuel , und er mod;te die Ketten , worin Großbritannien und Holland, den Handel in dieſen Provinzen gefeſſelt hielten , nid)t nod feſter id; mies

ben. Indem er fie aber auf Bedingungen , die ihm ebren. poller, und vortheilhafter ſcienen , wieder erhalten , hatte er die Gewähr der Seemachte verloren und den Vortheia len entlagt , die er auf den Fall eines Kriegs mit Frank: veid) von ihnen bätte gieben können. Er hatte in einem

Zeitpunct , wo die Drohungen der franzöſiſden Aufruh rer ibn sätten beſtimmen ſollen , feine Regierung auf die Liebe n ſeiner Unterthanen fu gründen , Völker gereitt , wel, e Joſephs Neuerungen zur Empörung getrieben hatten. che

Dieſem falſchen Syſtem , dieſem übelverſtandenen Ehrges fühl muß der Verluſt der Niederlande und folglid Frank.

leidys ungeheure Hebernadit und Deſtreidis äußerſte Des

müthigung zugeſchrieben werden 1). 1 ) Dem Inhalte nach iſt dieß Kapitel aus dem ämtlichen und geheimen Briefwechſel, wie den Urkunden und Schritten der verſchiedenen Mächte genommen. Auch haben wir die zahl: reichen , fowohl einheimiſchen , als ausländiſchen Zeitſchrifs

ten und mehrere Schriften , welche über den Aufſtand in den Niederlanden erſchienen ſind , zu Rathe gezogen.

Leopold II.

Hundert drei un

479

dreißig ftes Kapitel . 1792.

1790

Streit über die Lehnsrechte der deutſchen Fürſten , welche Bes fißungen in Frankreich hatten. Leopolds. II. Entwürfe zu Ludwigs XVI. Befreiung. Flucht von Parennes . Um

laufsſchreiben Leopolds an mehrere Mächte Europa's. Vergebliche Bemühungen bei England. - Seine Verbält: niffe zu Preußen. - Pilniger Zuſammenfunft. - Bemű-: hungen , Frankreich in Srieg gegen Deftreich zu verwideln. -

Fortgeſekter Streit über die Lehnsrechte der deutſchen

Fürſten , und lagen über das Anſammeln der Auswandern den oder Ausgenanderten.

-

Leopolds Antwort auf eine

Ladung Frankreichs. - Eod , Sdilderung und Nachkom . men diefes Fürſten.

as wiederhergeſtellte gute Vernehmen mit Preußen , der mit der ottomanniſchen Pforte geſchloſſene Waffenftiaſtand, die unterworfenen Niederlande und die wiederkehreude Rube in ſeinen übrigen Landen geſtatteten Leopolden nunmehr ,

auf die Händel in Frankreid , hinzublicken , um eine unglücks lidhe einen allerleiherhaupt Sdmady preisgegebenen KönigSzudyweſter befreienund . Als hatte er ohnedieti mein

die Obliegenheit , bei der franzöſiſdien Regierung mit Einſprü: 1

den einzukommen. Die Nationalverſammlung hatte bei Aufhebung der

lebensrechte und Zehnten auch diejenigen mit aufgeboben ,

480 Sv.nd. drei u. dreißigftes Sap. 1791– 1792 . weld e deutſche Fürſten 1 ) im Elſaß , in der Frandse : Com: té , in Lothringen und den übrigen an Ludwig XIV. abges tretenen Landſchaften hatten.

Dieſe Fürſten batten ſogleich

Vorſtellungen an die franzöſiſdie Regierung gemad )t. Wie. wohl der König fie unterſtübte, hatte die Verſammlung

dodh nur eine leidyte Entſchädigung an Nationaleigenthum für die im Elſaß aufgehobenen Red )te angebotben , die in den übrigen Landſchaften zurückgeforderten aber mit fill,

ſdyweigendem Hohn übergangen. Sofort hatten die beein: trädytigten Fürſten ihre Klagen auf dem Heid stage erneut, und in Leopolds Wahlcapitulation einen Artikel einrücken laſſen , der ihn zu Unteritiikung ihrer Rechte 14. Dec. verband . Der neue Kaiſer bath in einem freund: 1790. (daftlid, en Briefe an Ludwig XVI. um ihre Her. 1

1

ſtellung. Dieſer dem Einfluß der herrſchenden Partei un .. terworfene Fürít antwortete bochmüthig , er erſtaune , daß Lebenseigenthümer in Frankreich fidy in einer Sache, die das 1

Reid, nicht beträfe , an den Kaiſer wendeten .' Er drang in Leopold , ihnen ſeine Unterſtüßung zu entziehen , und die ibre Nedyte Zurückfordernden zli Annahme des ihnen von

Frankreich angebotbenen Erſabes zu vermögen. Zu glei: dyer Zeit berdloß die Nationalverſammlung , zum Erweis ,

daß ſie entſdyloſſen rei, ihre Weigerung durd )zuſeßen , eine beträdytlide S daarendermehrung. Die deutſden Fürſten wendeten ſidy nodimahls an den Reid ,stag , der troß des Kais ' Ters friedfertigen Vorſtellungen befahl, man folle neue Reco lamationen maden . Während der Erörterung mehrte die Beſignahme der Grafſchaft Avignon , welde, ungead )tet

ihrer Abhängigkeit vom heiligen Stuhl , dod, in nahmhafs 1 ) Die vorzüglich beeinträchtigten Fürften waren die Surs fürſten von Mainz, Trier und Köln , der deutſche Drden , die Biſchöfe von Straßburg , Speier und Baſel, die Hers zoge von Zweibrücken und Wirtemberg , der Landgraf von Heffendarmftadt, der Markgraf von Baden , die Fürften

von Raffau und die Grafen von Leiningen und Löwenftein .

Leopold 11.

481

ter Beziehung zum Reide ſtand , den allgemeinen Unwillen. In dieſer Lage der Dinge und bei den traurigen Umſtän : den , in welche die königliche Familie gerathen war , wun:

derte man ſid, über des Kaiſers Gleichgültigkeit ; aber er ward durch gar löbliche Oründe , vielleicht freilich audy wohl durch zu große Vorſicht, beſtimmt. Er wufite , daß Ludwig XVI. ' aus Furdyt vor einem Bürgerkriege mit

Sdaudern jedes gewaltſame Mittel verwarf , daß er fid, ein Gewiſſen daraus madjen würde , ſeine Zufludir zur Ver mittelung einer auswärtigen Madyt zu nehinen ; er wußte, daß man die Königinn beſchuldigte , fie ſtehe an der Spife eines öftreidiſden Ausſdyuſſes , um eine Gegenrevolution zu bewirken ; er fürdytete , dieſe Fürſtinn der Radhe eines wüs thenden Volks auszuſeßen ,i und wußte redyt gut , daß man nichts verabfäumte , den Haß gegen das Haus Deſtreidy

wieder anzufadyen. Dieſe Gründe , und das Mijtrauen ges gen Preußen machten , daß er allen Geſuchen der franzöſis .

fchen Prinzen und den Vorſtellungen der Mädyte widerſtand, welche des Königs Sdhickſal bejammerten und die Verbreis tung der von den Empörern bekannten Lehre fürchteten. Raum batte er alſo die Niederlande wieder , lo zog er , um allen Vorwand zum Bruch zu benehmen , ſeine Sdynas

ren von Frankreichs Gränzen weg , verringerte ſein Heer und ſuchte die Gährung , welche das Benehmen der Natio: nalverſammlung in der deutſdhen Reichstagsverſammlung er: regt hatte , ju ftillen.

Gleidywohl war Leopold midt im mindeſten fo gleid, gültig, als man ibm porwarf. Er erforſcyte mehrere Mäch . te , weldie Frankreichs Händel am meiſten angingen , und ſuchte eine Art von Bundesverein zu bilden , welcher die reo

publikaniſche Partei jähmen ſollte. England , an weldjes er fidh anfangs , und ſehr dringend , wendete , betrog ſeine Er. wartung, indem der engliſde Staatfrath durchaus neutral

bleiben wollte ; aber die Könige von Spanien und Sardinien, die ſchweizeriſchen Cantone und endlid der König von Preu. Corr's Geſchichte Deft. IV. B.

$5

482 Hund. drei u. dreißigſtes. Sap. 1791–1792.. Ben verſpradjen ihm ihre Mitwirkung. Mit der lebhafteſten lingeduld erwartete er den Verlauf der Begebenbeiten , und fdeint bei Zeiten einen vom Grafen Montmorin entworfe.

uen Plan zur Befreiung , des unglücklıd en Ludwigs XVI. und ſeiner Familie gebilligt zu haben. Dieſer Plan beſtand darin , alle Mädyte Europa's zu dereinigen , um einen vers ftellten Angriff auf Frankreid ) fu thun , wodurd, der König einen Vorwand bekäme, den Heerbefehl zu übernehmen ,

und das Vertrauen und die Liebe des Volks wieder zu gewin . !

indem er fid) ali Herſteller des innern und äußern Fries

dens zeigte .

Naddem dieſer dhimäriſdir. Plan nad, Ludwigs XVI. förinlider Annahme der Hauptartikel der Perfaſe Mai 1791. fung aufgegeben worden war , entwarf man zu Mantua mit dem Grafen Artois und dem Gras

fen Alfons von Durfort; den der König an den nad Itas lien reiſenden Leopold geſendet hatte , einen andern. Es ward

ausgemacht, 30,000 Mann Deſtreider ſollten nad, den Gräns fen von Flandern und Hennegau gieben , 15,000 Mann Kreisſdhaaren nad, dem Elſab , 15,000 S dyweizer ſollten das Lioniſdhe und die Frande . Comté bedrohen , 15,000 Sardie nier und 20,000 Spanier , erſtere an den Gränzen der Dau.

phiné ; leßtere in Catalonien ſid) ſaınmeln. Zu dieſen Sdad. ren wären die treugebliebenen Regimenter, die Freiwilli gen geſtoten , auf deren Red) tlid , feit man bätte bauen koll. nen , und endlich alle Königlide in den Provinzen. Eine Erklärung der Könige von Spanien und Neapel , des Ins

fanten , Herzogs von Parma , und aller Prinzen von Ger 1

blüte in Frankreid ), weld ) e nod) freiwaren , ſollte die Kund: machung der verbundenen Mädte unterſtüten. Der Kaie

fer mad ,te ſich anbeiſdyig, die Unterhandlungen mit dem Konig von Preußen zu pflegen , und kündigte den Beitritt des Königs von England, als Kurfürſten von szaunover , an. Kundig , wie ſehnlidiſt der König und die Königinn ſich der unwürdigeu Bebandlung , die ſie fundlid ju gewar:

Leopold II.

483

ten hatten , fu entziehen wünſdyten ; rieth ihnen Peopold , ja keinen Verſud zur Fludyt zu machen , ondern vielmehr al. les aufzubiethen , um die Volksgunſt zu gewinnen , damit

das beim Unnahen auswärtiger Heere erſchrockene Volt ſein Heil nur in der Vermittlung des Königs und in Interwer

fung erblickt. Der Kaiſer überließ die Ausführung dem Grafen Durfort mit den Worten : ,,Sagen Sie meinem Bruder und meiner Sd weſter , wir wollen uns in ihre Un . gelegenheiten miſden , und zwar midt mit Worten , ſondern mit Werken 1 )."

Der König und die Königinn verwarfen dieſen Plan , der nicht minder dyimäriſd war , als der erſte, und entflohen , troß des Kaiſers dringenden Bitten , aus Paris. In Varen . nes wurden ſie angebalten , und als Verbrecher zurückgebracht. 1

Ludwig XVI. drohte man , ihm den Proceß fu 6. Jul . madyen , ihn abzuſehen und der Tyron ſdien auf 1791 . dem Punct zuſaminenzuſtürzen .

Bei der drehenden Gefahr , worin die königlidye Familie ( dwebte , glaubte der Kaiſer nid )t länger fäumen zu dürfen; und am 6. Jul. 1791 machte er ſein berühmtes Umlaufs. dyreiben von Padua aus bekannt , wodurch er die übrigen

europäiſden Müchte erſuchte, von Frankreiel, die Freiheit des Königs und der königlichen Familie zu verlangen , zu fora dern , daß man ſie mit der , allen Unterthanen gegen ihre Fürſten gebührenden , Hodyad)tung behandle , und zu erklä. ren , daß ſie jeden Verſud ), ludwigs XVI. und ſeiner Fa.

milie Würde und perſönlide Sidyerbeit anzutaſten , vereint H62

1) Dieſer Plan iſt ſeiner Abenteuerlichkeit wegen als unächt bezneifelt worden ; aber er wird von Bertrand de Mollé: pide als ächt ernieſen , welcher verſichert , er rei nom ur ſchriftlich mit eigenbändigen Randbemerkungen des Staifers

vorhanden , er ſelbit habe von der , die Leopold an den König , geſendet, eine Abſchriftgenommen , deren Treue ihm münds lich und ſchriftlich von Perſonen , welche die Urſchrift ges : /

reben , bezeugt worden ſei. S. ſeine Histoire de la révolum zion. V. noies p. 569.

484 Hund. drei u. dreißigftes Sap. 1791–1792 . ahnden , nur die vom König frei bewilligten Gefeße für redyte lich) gegebene und verfaſſungsgemäße halten , und wenn man ihr Auſudien nid)t gewährte , alle zu Gebothe ſtehenden Mite tel braud;en würden , einer fdmählidyen Gewaltherrſd aft

ein Ziel zu ſehen , welche das Gepräge einer offnen Empör rung trüge , und deren Beiſpiel die Siderbeit ihrer eigenen Diegierungen wohl gefährden könnte. Dieß Umlaufsſdrei. ben rid ; tete Leopold an den König von England und ídloß einen beſondern Brief bei , worin er ihm vorſd lug , ſich mit

den Königen von Spanien , Neapel und Preußen , wie mit der Kaiſerini pon Rußland , zu vereinigen , und Maßre: 1

geln zu verabreden , wie man dem König von Frankreich und ſeiner Familie die Freiheit wiedergeben ,und dem gefähre liden Uebermaß der franzöſiſchen Revolution ein Ziel ſet: fen könnte .

Leopolds gefaßter Entidylub ward vom König von Prelt: Ben , der ebenfaus einem Fanatismus entgegenzuarbeite ni

trachtete , welder alle Throne umzuſtürzen drohte , beſtürkt. Nad) einigem Anſtand , wie ihn das wichtige und (dywieri:

ge Unternehmen , ſo wie die ein Jahrhundert lang zwiſd)en dem " ſtreichiſden und brandenburgiſden Hauſe obwaltende Nebenbuhlerei nothwendig machte, ward ein ſehr vertralle ter Briefwechſel zwiſchen beiden Herrſdern eröffnet, und am 25. Jul. wurden die vorläufigen Artikel eines Schußbünds

niſſes aufgeſeßt. Es ward bedungen , beide Höfe ſollten hin. ſichtlich der franzöſiſchen Angelegenheiten einverſtanden han.

deln , und der Kaiſer die übrigen europäiſchen Midyte fum Verein einladen. Um den Plan des Verfahrens zu entwer : fen , kamen Leopold und Friedrid). Wilhelm überein , in Pil. niß , einem unweit Dresden gelegenen Schloſſe des damahs ligen Kurfürſten von Sadſen , ſich zit beſpredjen . Aber in

der kurzen Zeit , die zwiſchen dieſer Verabredung und der Zuſammenkunft verfloß , änderten ſich zufolge der ausdrücks lichen Weigerung Großbritanniens , weldies durchaus ſtrens ger Neutralität nicht entſagen wollte , leopolds Geſinnun. 1

Leopold

II.

485

gen bedeutend. Seine Abneigung , ſich in Feindſeligkeiten

einzulaſſen , ſtieg durch die Vorſtellungen ſeiner Miniſter , beſonders des Marſd ,afts Caſcy , weldier meinte , der Krieg würde den unmittelbaren Verluſt der Niederlande zur Fol. ge haben. Endlid, beſtimmten ihn vollends die dringenden

Bitten ſeines Sdwagers, des Königs , wenn er nod; nid)t ganz entſchieden geweſen wäre , gar nidyrs zu thun.

Die Zuſammenkunft hatte indelj dod). Statt , und der König von Preußen erſudyte Marquis von Bouillé , Aug , einen Angriffsplan ju entwerfen. Während man 27. 1791 . noch in Erörterungen begriffen war , kam auf

einmahl Graf Artois , welcher fic, (dmeidyelte, beide Mou 1

nardhen ju 'cermögen , daß ſie die Feindſeligkeiten nidit

länger aufſchöben , mit Herrn von Calonne an. Leidt entzün. deten die Vorſtellungen des franzöſiſdien Prinzen Friedrid, Wilhelms Einbildungskraft; aber Leopolds Widerwillen konna te nichts teſiegen, und nur durch Zudringlichkeit erlangte man , daß er folgende Erklärung unterzeichnete.

,,Ihre Majeſtäten , der Kaiſer und der König von Preu. ßen , ' nachdem ſie die Wünſche und Vorſtellungen Mona ſieurs , des Bruders des Königs ron Frankreid) , und Sr.

Hoh. des Grafen von Artois vernommen , erklären vereint, daß fie die Lage , worin ſich dermablen der König von Frank.

reid , befindet , für einen allen Fürſten Europa’s yödyſt wid. tigen Gegenſtand anſehen . Sie hoffen , alle Mächte , deren Beiſtand man auffordert, werden dieſe Wichtigkeit unfehlbar anerkennen , und mithin ſid, nidit entbredjen, im Verein mit Ihren Majeſtäten, die verhältniſmäßig zu ihren Kräften ,

ficherſten Mittel zu braudzen , damit der König von Frant: reid, in Stand gelegt werde , mitvollkominner Freiheit die

Grundlagen einer monarchifdyen Regierung zu befeſtigen , weldie den Kedyten der Herrſder und dem Wohl des fran döfiſden Bolkt gleich angemeſſen iſt. Dann und in dieſem Falle ſind 33. MM . der Kaiſer und der König von Preu:

Ben entidyloſſen , Idynel , in gegenſeitigem Einverſtändniß , .

486 Hund. drei 4. dreißigſtes stap. 1791–1792. mit den nöthigen Kriften zu handeln , um den gemeinſamen Zweck zu erreiden. Dem gemäß 'werden ſie ihren Schaar ren gehörige Befehle ertheilen , daß fie lid bereit halten, in Thätigkeit zu regn 1 )." , In Hoffnung , daß gemäßigte Maßregeln die Wuth der Jacobiner ftiüten , oder ihre Abſichten nereitelten , er.

griff der Kaiſer die erſte günſtige Gelegenheit , ſeine einge. gangene Verbindlichkeit aufzuheben , und als Ludwig XVI. nach einer Reviſion die Perfaffung förmlich angenommen 1

ti

hatte und einer Art ron Freiheit zu genießen ſchien , bob Leopold das dem franzöſiſchen Geſandten ertheilte Verboth, an ſeinem Hof zu erſdeinen ,1 auf, und widerrief ſein fcyreiben von Padua. Er war ſogar der erſte europäiſdie Furſt;

welcher die dreifarbige Flagge in ſeine Häfen ließ , er verwarf alle Ungriffsplane, nahm die dringenden Geſuche der ruffiſden Kaiſerinn falt auf, und würdigte des Königs pen Schweden ritterlichen Entwurf , einſdywediſdruffufd ;es Heer nach, Par ris zu führen , während die Deſtreidyer und Preußen durch .

die Niederlande in Frankreich einfielen , nid) t einmahl der Aufmerkſamkeit.

Leopolds Vorſicht erhöhte nur die Gefahr , die er ab. wenden wollte. Außer dem Streit über die Lebensredite deutſder Fürſten in Frankreid, fand die Partei Briſpots ,

welche in der zweiten Nationalverſammlung obgeſiegt hatte , gar bald neuen Vorwand , das Volk fit einem Kriege ju

Beſtimmen , den ſie als Mittel zur Erridytung eines ſehnlidiſt gewünſchten Freiſtaates für nothig hielt. 1) Man hat behauptet , es ſei bei dieſer Zuſammenkunft auch ein die Theilung Frankreichs betreffender Vertrag geſchloſſen worden ; aber Leopolds ganzes Benehmen , vorzüglich ſeine nachher genommenen Maßregeln zeigen , daß er nichts diefer Art im Sinne batte. Die bekannt gemachten Gebeimartikel fcheinen erdichtet zu feyn und handeln auch ohnedieß nicht von einer Difenſivunternehmung. S. Collection of state - pa /

pers for 1791 , Marten's Recueil V >, 56.

Leopold II.

487

Im Fortgang der Revolution batren mehrere deutſdje Fürſten , deren Länder mit Frankreid gränzten , aus Menſch).

lichkeit franzöſiſd;en Uuswandernden oder Ausgewanderten eine Freiſtaat vergönnt: Radidem der König die Verfaſſung 4

angenommen hatte , verboth Leopold denen , welde in den

Nederlanden Zufludyt gefunden , ſich bewaffnet zu fams +

meln , oder angriffsweiſe gegen ihr Vaterland zu verfahren . 1

Aber die kleineren Fürſten folgren ſeinern Beiſpiele nicht,

und die Kurfürſten von Trier und Mainz erlaubten den Ausgewanderten , ſich in Koblenz und Worms zu vereinigen,

in Regimenter zu theilen und Kriegsrüſtungen zu machen. Wiewohl dieſe ohnmächtigen Rüſtungen ſelbſt in Paris lä cherlidh gefunden wurden , ſo tbaten ſie doch dein Geldrei

der Gegenpartei Vorſchub. Die Nationalverſammlung er: ſuchte den König , wirkſame Maßregeln zu nehmen , um die Ausgewarderten ſchnell zu gerſtreuen , und drohte , im Weie gerungsfall Feuer und Sd mert nadı Deutſd)land zu tragen. 1

Leopold wiederholte ſein dringendes Anſuchen bei dem Kur fürſteu con Trier und den übrigen Rheinfürſten ; da aber

Frankreichs Vorbereitungen und die Sprade der herſdyert. den Partei ihn einen Angriff befürdyten fießen , ſo id:loß er einen Sdukbundesvertrag mit Preußen und genebmig. te, um den Beitritt der Reichsſtände zu ergalten , den Reidyos I

tagsbeſchluß hinſichtlich der Redyte der deutſden Fürſten. Er theilte dieß Ludwig XVI. mit und erklärte , er werde

fo' gerechte Forderungen , wie ihm als Kaiſer gebührte , un: terítüßen . Auf dieſe Erklärung zwang man den König , die nöthigen Befehle zur Aufſtellung eines Heeres von 150,000

Mann zu geben , und Briſſot befeuerte die geſengebende Ver ſammlung und das Bolk durdy eine Rede , worin er bewies,

Frankreid, habe vom Kriege nid )ts zu fürchten , aber alles zu hoffen . Nadıdem er verkündet , daß man auf 29. Dec.

Englands Neutralit.it reduen könne , fagte er :

1791.

,,Wa$ baben wir von dem deutſchen Kaiſer zu

fürchten ?

Permebite Sdulden , verminderte Auflagen ,

488 Hund. drei u. dreißigftes Kap . 1791–1792 . Häufige Aufſtände in Ungarn , alter Hab der Niederlande ges gen das Haus Oeſtreid ) , alles verkündet ihm ſelbſt gar

drohende Gefahren. Faſt in allen öftreichiſchen Beſikun: gen iſt das Volk der Bergrößerungsſucht müde , wovon es nur Unglück zu erwarten hat ; überall erinnert ſid, der Soldat , den die Fürſten zum Volksfeinde maden wollen , daß unter dem Volke ſeine Freunde und Verwandten

ſind; und mag ſich nicht mehr von der Sade des Volks deiden . “ „ Der Kaiſer hat nur einen ſchwadyen Willen ; er wünſcht, er fucht , was Recht iſt , aber es fehlt ihm an der nöthiger Kraft , den liſtigen und treulofen Rathidlägen ſeiner Ums gebungen zu widerſtehen . Die Bande des Bluts , wie die Klugheit , konnten ihn wohl beſtimmen , in ſeinen Briefen

freundſchaftlidzę Wusdrücke ju zu heud eln . Der Kaiſer hat, wenn er uns angreift , mid ;ts zu gewinnen , dagegen aber wohl

alles zu fürdyten . Die poł:tiſdyen S dywankungen des Wies ner geheimen Staatsraths dürfen uns einen Krieg , von Seiten des Kaiſers nid )t fürdyten laſſen ; als Fürſt will er Frieden , als Oberhaupt des deutſdyen Reichs hat er den Anſdein , Srieg zu wollen . Laſſen wir aber die Politik des Wiener Hofes. Was geht uns die Politik der Höfe an , uns , die frei ſeyn , die nur ihre Freiheit vertheidigen wollen und dazu die Mittel haben ?. Frankreid , will Frie den , es fürdytet den Krieg nid )t; es ſudyt keine neuen Bundesfreunde , es hat 25 Millionen Urme , die ſeine Sao de unterſtüßen und braudyt keine andern ."

Das Ergebniß dieſer Erörterung war jenes berühmte Manifeſt , worin man erklärte, man werde alle Mädyte , 1

weld)e die Ausgewarderten unterſtüßten , oder fid, in Frankreidys innere Ungelegenheiten miſd)en wollten , als Feinde betrad ,ten. Leopolds Lage ward von Tag zu Tag miſlidyer. Da Ludwig XVI. , der Forderung der Verſammlung gemäß , 1

einen Zeitpunct beſtimmt batte, nad) weldem die Verſamm

Leopold II.

489

lungen der Ausgewanderten als feindſelige Handlungen an. geſehen werden ſollten , und da nothwendig ein ſo mdyti: Ges Gebieth , wie das Trierſdie, weld) es der Eingang nadı Deutfd land war und den Verkehr der Niederlande mit dem Oberrhein abſdynitt, gefidyert werden mußte, fo verdoppelte der Kaiſer fein Anliegen an den Kurfürſten , und nahm zu:

gleid , Maßregeln , ibm , falls er angegriffen würde , beie juſtehen. Dieſe Vorſidytsmaßregeln theilte man dem fran . zöſiſden Geſandten am Wiener Hofe in Ausdrücken mit', weldze jeden Gedanken an Angriff befeitigen mußten. Fürft

Kauniß erklärte , der Kurfürſt von Trier ſei denn ihm ger mad )ten Untrag beigetreten ; rechtfertigte den Befehl, dies

ſem Fürſten im Angriffsfall beizuſtehen , mit dem Mangel an Kriegszudyt in den Grängdepartements , und beſeitigte 1

jeden Gedanken an Angriff durch die Ueberzeugung, die man hatte , daß der Krieg unfehlbar verdrüßlidye Folgen nicht

nur für Kaiſer und Reid), ſondern für alle Fürſten haben würde , welde fid) verbunden hätten , die öffentlidye Rube,

und die Sicherheit und Ehre der Kronen aufredyt zu hal ten 1 ) .

Dieſe allgemeinen und geheimnißoollen Uusdrücke ber nußten die Volkshäupter gar geldickt; und die Verbündung der Mächte war der Text zu Redeübungen der Partei.

Genſonné erſtattete im Nahmen des diplomatijdjen Alue: ? (duffes Bericht über den Wiener Hof und ſein Verfahren. Er behauptete in einer beftigen Rede, der Kaiſer habe offens bar den verſailler Vertrag verleßt , der Frankreich fo viel Geld und Blut gekoftet, babe fid, als Feind der Freiheit des franzöſiſchen Volls gezeigt , und wolle eine Zuſammen : kunft veranſtalten , deren Zweck lei, die Verfaſſung abzus

ändern. Der Vicepräſident Guadet , weldyer nad ibm die Rednerbühne beſtieg , erbißte die Gemüther noch mehr ; 2 ) Ein ämtlicher Auffat , den alle öffentlidhe Blätter mitges theilt haben,

490 Hund.. drei u . dreißigſtes Sap. 1791 1792. und bei den Worten : „,, Verfaffung oder Tod !" erhob fidy die ganze Verſammlung und erklärte jeden Franzoſen für einen ebrloſen Waterlandsverräther , wel.

14. Jan. cher mittelbar oder unmittelbar Theil nähme 1791 . entweder an einer Zuſammenkunft, deren Zweck

eine Abänderung der franzöſiſchen Verfaſſung wäre , oder 1

an einer Vermittelung zwiſchen dem Volk und den gegen daſſelbe verfd,worenen Empörern , oder endlich an einem

Pergleid ) , welcher den deutſden Fürſten , die in der ebes mahligen Provinz Elſaß Beſikungen bätten , die von der Nationalverſammlung aufgehobenen Redyte wieder zu geben beabſidytigte , ohne eine den Grundfäßen der Verfaſſung angemeſſene Entſchädigung. Einige von den anweſenden

Räthen wurden von der allgemeinen Begeiſterung bingeriſo fen , und der unglückliche Konig ſelbſt war gezwungen , ei .

nen Beſchluß , der alle Hoffnung zum Vergleidh benahm , au genehmigen .

Dieſe Begeiſterung ließ man nicht erkalten. Nadidem der Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten die Zers ſtreuung der Ausgewanderten angekündigt , ftattete man im Nahmen des diplomatiſden Ausſduffes Bericht 17. Jan. ab. Hierauf erſdien Briſfot auf der Redner . 1792 !

.

bühne und fprad) : ,,Die Larve ift endlich gefal.

len' ; euer wahrhafter Feind iſt nun erkannt.

Der dem

General Bender gegebene Befehl nennt ihn euch. Es iſt der Kaiſer . Die Kurfürſten waren nur feine geborgten Nahmen , die Auswandernden nur Werkzeug in ſeiner Hand. Sert müßt ihr die Auswandernden verachten ; das Obere gericht des Polls muß die Empörung dieſer Bettelprinzen räden . Die Kurfürſten verdienen euren Zorn nicht mehr ,

die Furdyt wirft fie eud) zu Füßen und ein freies Pole jerſchmettert nidyt knieende Feinde. Vielleicht freilich iſt ihre Unterwerfung nur ein Spiel ; aber was kümmert ein

großes Poll dieſe Heud elei kleiner Fürſten ? Das Sd)wert

Leopold II.

}

491

iſt ia ftetes in eurer Hand und dies Sdwert fou uns ihr künftiges gutes Betragen verb.irgen ." „ Euer wahrhafter Feind iſt der Kaifer; an ihn 1, und

nur an ihn müßt ihr eud, halten , ihn müßt ihr bekampfen ,

ihn zwingen , daß er dem gegen end geſchloſſenen Bunde entfage , oder ihn beſiegen. Da iſt kein Drittes ; denn Edmady iſt für ein freies Wolf kein Drittes." ,,Der Kaiſer ut. euer Feind ; er hat eud) Beweiſe ges

geben , ſudyt euch anzugreifen , oder zu ſchrecken . Ein ofe fenkundiger Krieg iſt minder gefährlich , als dieſer verdeck te. Sir mußt alſo auf eine Genugthuung dringen , welde dier

ſin koi ſpieligen Beunrubigungen ein Ziel ſett. Solltibranger griffen werden , fo müßt ihr zuvorkommen ; wid 'man euch binhalten , ſo müßt ihr nicht einſchlafen ; wie man euch nur

durch direck zu einer urwürdigen Capitulation zwingen , ſo mißt ihr das tauſend.Mahl gegebene Verſpredjen erfüllen : Perfaſſung oder Tod !" Hierauf ſchilderte der Redner den Adytung gebiethene den

Anblick des Nationalbeeres.

Er behauptete , der

Staatsſchaß ſei in beſter Ordnung , erklärte ; Millionen Menſchen feien bereit, einen Harſt zum Nad, balt zu bilden ; dann ſprach, er mit Hohn : „,, Wie ſtehen dagegen unſere

Feinde ? Von den faſt ſämmtlid , nur zur Parade beſtimm .ten Schaaren der Kurfürſten wid id, nid) t fyredyen ; aber die kaiſerlidyen , die allein furchtbar wären , ſind zerſtreut 1

1

und reiden kaum bin , weitſdid ,tige Länder in Ordnung und Zucht zu halten. Wierzigtauſend bewaffnete Männer in

den ſteieriſdien Gebirgen fordern eine dem Reid stage an gemeſſenere Vertretung. Gadizien , von Pobiens Beiſpiel eumuthigt , droht ; der Brabanter beißt Knirſd )end in ſeinen Zügel, die daaren ſelbſt fangen an den ibrigen zu fühlen. Jahrszeit , zerſtreute Macht , ihr eigner Geiſt, der in ſeis I

nen Ländern berridende Geiſt, alles iſt gegen den Kaiſer.

Griffe man ihn alſo an , ſo könnteman alles gewinnen ; verſdiebt man diej , ſo verſderzt man alledieſe Vortheile."

492 Hund. drei u. dreißigftes Kap. 1791–1792 . „ Mit einem Worte , entweder der Kaiſer wil Krieg , oder er will ihn nid) t. Will er ihu , ſo wäre es Unſinn , ihm nid )t zuvorzukommen ; 'will er ihn nid )t, ſo wäre , er felbſt unſinnig , wenn er nidyt vorbeugte , und ſogleid, uns

die Genugthuung gäbe , die wir von ihm zu fordern ein Recht haben. Denn was iſt der Zweck dieſes Krieges ? Nidt Eroberungen ſind ſu madren , nicht Beleidigungen zu rädyen ; eine Gefahr iſt zu verhüten. Der Kaiſer ent : ferne dieſe . Gefabr ; er kann es mit Einem Wort , er ents fage dem Bunde gegen unſere Unabhängigkeit und wir les gen die Waffen nieder. Eber ſie wegwerfen , beißt uns ge. fährden , heißt den feierliden Eid :verleßen , weld en wir

an dem merkwürdigen 14. Januar gethan. Denn wir has ben geſchworen , die fremden Mädyte , weldje unſere Ber: faſſung angreifen , oder in unſere Erörterungen id mi: fchen werden , als Feinde. zu behandeln . In dieſem Fall iſt jeßt der Kaiſer. Alſo müſſen wir uns entweder gum Meineid entidließen , oder , wofern er in ſeinem Bunde gegen unſere Verfaſſung beharrt , thn bekämpfen ." +

Die Gährung ſtieg , die Verſammlung ere

25. Jan. ließ einen Beſdluß , wodurch der König ange: 1792

gangen ward, zu fragen , ob Leopold , als Haupt des

ſtreid iſdyen Hauſes , mit Frankreich in Frieden lebe ,

ob er jedem Vertrag , jeder Berabredung gegen die Si: cherheit und Souverainität des franzöſiſdien Volks entſas gen wolle ? Verweigerung einer vollſtändigen und hinlänge lichen Genugthuung vor dem erſten Märzſollte für Kriegss erklärung gelten , und es ward Befehl gegeben , alles zu

verfügen , daß die Sdyaaren auf das erſte Zeichen ins Feld rücken könnten . Uud, der König ward vom Strome forts geriſſen und die Frage dem franzöfiid en Geſandten in Wien überſendet.

Der Kaiſer , der den Krieg für univermeidlidy hielt , Idyloß das Bündniß mit dem König ron Preußen. Beide

Herrſcher gewährleiſteten fid; gegenſeitig ifre länder und

Leopold II.

493

kamen überein , einhellig zur Aufrechthaltung des Friedens zu wirken . Im Angriffsfall follte jeder von ihnen 15,000 Mann Fußvolt , und 5000 Reiter geben und erforderlic

dhen Fals auch mehr. Sie machten ſich verbindlid ), die deutſde Verfaſſung , den vorhandenen Gereken und frühe. ren Verträgen gemäß , aufrecht zu halten, und behielten ſich vor , Rußland , Großbritannien , die vereinigten Provin. gen und den Kurfürſten von Sad ſen zum Beitritt einlas den zu dürfen. Leopold antwortete auch ſeiner Würde gemäß durdy

den Fürſten Kauniß auf die Frage Frankreid ;$. Den dem Marſchau Bender , Befehlshaber der kaiſerlichen Schaaren in den Niederlanden gegebenen Befehl zu rechtfertigen , ſtellte er vor , wie er als Haupt des deutſchen Reidyskör: pers die Pflidt babe , einem mit ungeredytem Angriff be:

drohten Gliede beizuſpringen ; erwies mit Chatſaden , de. ren Rechtheit die Franzoſen ſelbſt anerkannten , daß der von ihm dem Kurfürſten von Trier verſprodzene Beiſtand auf deſſen Fügung in die Forderung , alle Vereine von Aus. gewanderten zu zerſtreuen , beruht habe. Unlangend die Uebereinſtimmung derMächte , ſo betradyte er ſie als durdy die kläglidye Lage geredytfertigt , worin ſein Sdwager , 1

der König , fid) vor Annahme der Verfaffung befundent ;

ein Ereigniß , zufolge deffen er , Leopold , ſeine Verbüns deten erſucht habe , alle verabredete Maßregeln zuvörderſt inausgeführt zu laſſen und nur auf den Fall, daß dieſel. ben Gefahren es zur Pflicht machten , wieder dazu zu ſchrei: ten. Er behauptete , Frankreichs Wufgelöſtheit und die nodh ganz friſde Entdeckung einer in den Niederlanden verſudyten Meute madyten dieſe vorſorgliche Verbündung nothwendig. Endlich , um die Sadie des Königs und des Volks oon der der Jacobiner zu trennen , erinnerte er an

die Strebungen dieſer furchtbaren Partei , welche ihren

494 Hund. drei u. dreißigſtes Sap. 1791–1793. Rieſenſdatten auf Frankreid, werfe und Glück und Rube der Welt bedrobe 1 ).

Dieſer Erklärung folgte eine Note, worin der Se. fandte Sr. Maj . des Königs von Preußen im Rahmen ſeis nes Hofs meldete, er ſtimme volkommen in Geſinnung und Zwecken mit dem Wiener Hof überein.

21s die Antwort des Kaiſers der Nationalverſamma lung mitgetheilt ward , unterbrach man die Vorleſung oft mit dem Gefdrei: ,,Krieg ! Krieg ! " Einige Tage darauf

beſtieg Briſſot die Rednerbühne und ſdyränkte ſehr gewandt die Frage auf die Einmiſdung fremder Fürſten ein. Er'. klagte Ludwig XVI. der Treuloſigkeit an , und idyloß eine Odmährede gegen Leopold mit einer Rüge gegen Herru

von Leftant, Miniſter der auswärtigen Angelegenheiten. Die Tagblätter der jacobiniſden Partei und die Declamationen der dem Boite buldigenden Geſellſchaften unterſtügten die

Riige , und der unglüdlidye Miniſter ward ungehört an das 1

Obergeridt ju Orleans gefendet. Alie Freunde des Friee denis waren betreten ; die übrigen Miniſter nahmen oder erbielten ihren Abfdied und die Volkshäupter gewannen unwiderſtehlide Uebermad ) t. Während die Ungewitter in Frankreich Fidy

aufthurmte , gab Peopold ſeinen Geiſt auf. Eine Ruhr , die ihu am 27. Febr. befiel , tödtete ihn binnen 3 Tagen im 45ſten Jahre ſeines Alters. Seine 1792

1

Länder geriethen in eine traurigere Lage , als die war , in welder er ſie bei ſeinem Regierungsantritt vorgefunden hatte. verübte Die an der Perſon des Königs von dyweden S

Meud , elei und die gräulid)en Grundfüße der Jacobiner gaben zu der , wohl ungegründeten , Vermuthung Anlaß , 1

"feinen frühzeitigen Tod von Vergiftung herzuleiten.

Wir haben zu der Sdilderung Leopolds II. nur noch wenig hinzuzufügen . Er bat ſid, metr als Grovherzog, a) Bertrand de Molleville hist. de la révolut. de France II. partic . Yol. VII. piéces justificat. Nr. 6. p. 180.

1

Leopold II.

495

von Toscana , weldies er 25 Jahre Regierte , denn als Dberherr der

ſtreid iſden Länder und deutſdyer Kaiſer be.

kannt gemad )t. Mithin erwähnen wir nur nod ), daß man ihm , der in dein kurzen Zeitraum eines Jahres ſeine Staa:

ten von auswärtigen Kriege gerettet , ihre innern Unruhen geſtigt , einen gegen die Unabhängigkeit ſeines Hauſes gee , madyten Bund aufgelöſt und einen bron , der bei ſeinem

Regierungsantritt bis in den Grund erſchüttert war , bee feſtigt bat ; das größte lob nid)t verſagen kann. Marie Louiſe , Codyter Karls III. , Königs von Spa. mien , eine 1747 geborne Fürſtinn , vermählte fid 1765 mit

Leopold , der damahls Großherzog von Toscana war. Der Tod eines geliebten Gemahls , der in ihren Armen ver:

ſchied , rührte ihr gefühlvolles Herz 10 , daß fie ihm im Mai darauf in das Grab folgte. Ihre Fruchtbarkeit war ſo groß , daß ſie ſed ;zebn Kinder gebar , weld) e fämmtlid), bis auf zwei , fie überlebten . Franz, Leopolds und Marie Louiſens älteſter Sohn , ward 1768 geboren. Er war alſo 25 Jahr alt , als er ſeis nem Vater in der Regierung folgte , nad deſſen Tode er aud) auf den Kaiſerthron erhoben ward. Die

perfdyiedenen Ereigniffe , welde bisher ſeine Re: Jul. 1792 gierung ausgezeichnet haben , ſind nocy ju neu , um genau und unbefangen gewürdigt werden zu können. Das Gemählde dieſer Regierung wird in den Jahrbüdyern des Hauſes Deſtreid) und Europa's nid )t bas unanziehendite

regn ; aber nad, uns kommende Gefdrid tſchreiber mögen entwerfen .

Ferdinand Joſeph , Leopolds zweiter Sohn , ward mit dem Großherzogthum Toscana belehnt , weldes ibm die

franzöſiſden Waffen entriſſen und wofür er mit dem Kur. fürſtenthum Salzburg , dann mit dem Bistum ( Großher

fogthum) Würzburg (bis zu ſeiner Wiedereinſeßung in lose cana ) entſchädigt wurde,

!

496 Hund. drei u. dreißigftes Kap. 1791

1792.

Karl , der dritte Sohn , iſt als Krieger und große Stüße ſeines Hauſes zu bekannt , als daß es nöthigwäre, 1

ſeinem Nahmen irgend einen lobſpruch beizufügen. Leopold Alexander , der vierte Sohn , ward Palati, nus von Ungarn. U18 er unglücklider Weiſe verbrannte , ward Marimilian Joſeph , Leopolds 5ter Sohn , ſein Nad ): folger in dieſer Würde. Die übrigen Söhne find Joſeph Anton , Johann Reis Her , Ludwig und Rudolph. Die Töchter ſind Marie Thereſie , Marie Anne , Ma: rie Clementine und Marie Amalie.

Hinſidtlich der Geburten und Vermählungen der Prins jen und Prinzeſſinnen Leopolds II. verweiſen wir auf die

Geſdylechtstafel 1 ). 1) Bei dieſem Stapitel haben wir den Moniteur , den Mercuro de France , Bouillé's Memoires , Bertrands deMolleville

Annales et mémoires , die Histoire de France , und die mé moires biographiques d’Adolphus, die mémoires de Du mourier , und viel beſondere mémoires und Flugblätter zu Rathe gezogen . Leopold II. beſonders betreffende Thatſachen lieferten uns eiths Staatsberichte und andere gebeime widt tige Papiere .

497

Ueberſicht de 8

Inhalts der geſammten vier Bånde .

Erft er

Band. Seite

Erftes Stapitel : Urſprung und Abkunft des Hauſes Þabsburg . - Geburt und Charakter Rudolphs , des Stifters vom Haus Deftrei d. - Er tritt in die Befits

zungen des Hauſes Kyburg.- Schweizer - Kriege. Niederlage des Grafen von Regensberg: - Strieg ge gen den Biſchof von Baſel. 3weites Sapitel : Rudolph von Habsburg wird zum 2

1

römiſchen König erwählt. — Gründe feiner Erwäh.

lung. - Der Papft beſtätigt fie. - Ottokars , Köz Sto : nigs von Böhmen , Widerſprud . Drittes Itapitel: Strieg zwiſchen Rudolphund Ottotar, König von Böhmen. - Länder und Macht Ottofars. Mittel, wodurch dieſer Fürfi Deftreich , Steiermart ,

Kärnthen und Krain an ſich gebracht. -- Rüftung des Kaiſers und des Königs von Böhmen.-- Rudolph beſteyt Heinrich von Baiern, bricht in Peſtreich einund dringt raſch vorwärts. Vortheile Mainhards , Grafen von Syrol, in Steiermark und Kärnthen.-Belagerung von Wien . Ottokars Beſtürzung und Unterwerfung. Friedensbedingungen . - Abtretung von Deftreid und Steiermarf an Rudolph.--- Zweiter Krieg gegen Dttos -

Si

21

498 Seite

tar. - Schlacht auf dem Marchfelde.

Niederlage

und Tod Ittokars. — Friede mit Böhmen.- Rudolph überträgt ſeinen Söhnen Deftreich , Steiermark und 34

Krain, Mainharden Kärnthen.

Biertes Stapitel: Italieniſihe Angelegenheiten . - Nu dolphs Unterhandlungen mit den Päpften und dem Kös Seine träftigen Maßregeln zur nige von Neapel . Wiederherſtellung des Friedens und der Reichsleben . Vergeblicher Verſuch gegen Bern. Böhmiſche und ungariſche Angelegenheiten . Nudolph kann ſeinem Sohn Albrecht, die Kaiſerkrone nicht verſchaffen . Rudolphs Tod , Charakter und Nachkommen. .

56

Fünftes i apitel : Albredits mißliche Lage nach Rus dolphs Tode.- Er unterdrüdt einen Aufruhr der Wies ner und flilt Unruhen in Deſtreid und Steiermark.

Seine Horfnung auf die Kaiſerkrone wird getäriſitit. Udolph, Graf von Naſſau , beſteigt den Haiſertiron.

Schweizer -Strieg. —Albrechts Streit und Verſoonung mit dem Erzbiſchof von Salzburg . - Albrecht verbündet

ſich mit dem Kurfürften gegen Adolph. - Schlacht bey Gellheim. --Adolphs Niederlage und Tod . - Albrechts Wahl . – Nürnberger Reichstag.

77

Al Sechstes Itapitel: Bonifaz VIII. Anmaßung . brecht I. ſchließt ein Bündnišmit Philipp dem Schönen , König von Frankreich . - Kann ſeinem Sohn Rudolph -

die Thronfolge nicht ſichern . - Trachtet vergeblich nach Holland, Seeland und Friesland.

Bricht die Vers

bündung der rheiniſchen Kurfürſten.

Verſöhnt ſich mit dem Papſte. - Krieg mit dem Könige von Böhs

men. -- Ungarifche Angelegenheiten. - Albrecht erhebt feinen Sohn auf den böhmiſchen Thron .- RudolphsTod und Friedrichs Verwerfung.- Albrecht nimmt Böhmen ein. Greiſt Ungarn und Thüringen an . Wil die freien helvetiſchen Städte und Gemeinden ſich untermer fen . - Empörung der Schweiz im I.1308.— Albrecht wird ermordet.- Sein Charafter ui. Nachkommenſchaft. 86 Siebentessapitel : Strafeder Meuter. — Schilderung son Friedrich und Leopold , dem erſten und zweiten Gemühlde ihrer Verwaltung: Heinrich von Luxemburg wird rómifcher König. - Jos bann, ſein Sohn, beſteigt den Thron von Böhmen . Vertrag zwiſchen den Häuſern Deſireich und Luremburg. Sohne Albrechts .

-Aufſtand in den öftreich. Landen . - Friedrichs Krieg mit Paiern.

· Leopold begleitet den Kaiſer nach Itas

lien. - Heinrichsvon Luremburg Tod. -- Doppelwahl Friedrichs und Ludwigs von Baiern . - Krieg zwiſchen -

beiden Bewerbern. — Leopold erobert die KantoneUri, Schlacht bey Morgars Schryß und Unterwalden. ten. - Waffenftillftand mit den Schweizern. - Fortges -

499 Seite

fekteFeindſeligteiten in Deutſchland. - Friedrich wird gefchlagen und gefangen an dem Tage bey Mühldorf. Leopold will ihm die Freiheit wieder verſchaffen. → Johann XXII . unterſtüßt ihn.- Italiens politiſche Las .

ge.

Streit zwiſchen den Päpſtlichen und Kaiſerlis

Der Papſt thut Ludwig von Baiern in Bann und erklärt ión aller feiner Rechte verluftig.- Er wird

chen .

von Leopold geſchlagen. Leopold verſucht, den König von Frankreich auf den Kaiſerthron zu heben. - Vers trag zwiſden Friedrich und Ludwig von Baiern. --

Ludwigs von Baiern Feldzug nach Italien. - Er wird zu Nom getrönt und läßt einen Gegenpaptt wählen .

Krieg und Verſöhnung zwiſchen Friedrich und Otto. no5

Friedrichs Tod.

U chtes Stupitel : Albrecht II. und Otto regieren ge meinſchaftlich. - Schilderung beider Fürften.. - Al brecht und Dtto machen Frieden mit dem Staiſer. Ludwig von Baiern ſchließt ein Bündniß mit den Hers

zogen von Deftreich .

Es mird Streit erhoben über

die Erbfolge Seinrichs , Herzogs von Kärnthen . Otto's Tod. - Streit zwiſchen Albrecht und dem Kais fer über die Erbfolge in Niederbajern. Benirfte Perſöhnung unter ihnen. - 3wift über Tyrol.- Mars

grethe, Erbinn diefer Grafſchaft, ſcheidet ſich von Ios bann, Fürſten von Böhmen , und heirathet Ludwig, des Kaiſers Sohn. - Der König von Böhmen verbündet ſich mit dem Papſt und den deutſchen Fürſten . - Abrepung Ludrigs, Erwählung Karls von Böhmen. - Glück und

Tod Ludwigs .-- Albrecht leiſtet Starl Hülfe und föhnt ihn mit Baiern aus.– Schweizer Angelegenheiten . Ge. mühlde der Bftreichiſchen Befigungen dafelbft. - Lits cern und Zürich treten zur Eidgenoſſenſchaft. AL: brechts Bemühungen, ſein Anſehn in der Schweiz wies

der einporzubringen . - Krieg mit den Schweizern und der Stadt Zürich. Zug, Glaris und Bern treten dem Schweizer Bunde bei. - Albrechts vergebliche Verſuche, ſie zu trennen .

Er zieht ſich nach wien zurück, und

fein Sohn Rudolph fchließt Waffenjtillſtand mit den Schweizern. Albrechts Tod .

neuntes kapitel: Mudolph iv.,Friedrich II., A1: 1

brecht III. und Leopold II., Söhne Albrechts des Weis Charakter und Regierung Rudolphs. Frie: fen. Die Für : Deftreich erwirbt Tyrol. richs Tod.

ften vom Haus Deftreich verändern den Titel Herzog in Erzherzog . - Streit mit dem Patriarchen von Aquis leia. Rudolphs Tod und Charakter . Albrechts und Leopolds vereinte Regierung . Theilung der öſtrei diſchen Länder .— Kriege Leopolds in Italien . Das Haus Deſtreich erwirbt Triest, Leopolds Verneha -

Sia

152

500 Seite

men mit Ludwig , stbnig von Ungarn und Pohlen. Leopold wird in reiner Hoffnung, die Strone diefes Kö nigreichs auf feines Sohns, Bilhelm , Haupt zu ſetzen ,

Führt Krieg mit den Schweizern .

getäuſcht.

Bleibt am Tage von Sempach . - Fortwährende Feind Waffenſtills feligkeiten. Schlacht ben Näfels.

ſtand mit den Schweizern und beſtimmte Stiftung des 152

Schweizer Bundes.

zehntes Kapitel: Albrechts 11I. und Albrechts IV. Ne gierung. - Wilhelm , Leopold III., Ernſt und Friedrich Negierung und Tod Wil

IV., Sohn Leopolds II.

helms.— Traurige Folgen derTrennung der öftreichi. -

fchen Länder. - Streit über die brechts V. Tod Leopoldo III .

Vormunsſchaft ul 173

Eilftes Kapitel: Die albertiniſche Linie von Deftreich. — Minderjährigkeit, Regierungsantritt und weiſe Re gierung Albrecits V. Er vermählt ſich mit Eliſa -

Eeth , Tochter Siegismund , Kaiſers und Königs von Politiſche Verfaſſung des Ungarn und Böhmen. legtern Königreichs. - Urſprung, Fortgang und Ens de des buſſitenkriegs. -

186

3wölftes tapitel: Siegismunds Bemühungen , Al. brechten die Kronen von Ungarn und Böhmen zu vers

ſchaffen. - Siegismunds Tod. - Albrecht wird König von Ungarn .

gegen .

Die Huffiten in Böhmen ſind ihm ente

Gegenwahl Kaſimirs, Prinzen von Pohlen .-

Albrecht vertreibtdie Pohlen und unterwirft dieHuſſie

ten. Wird römiſcher König. - Weiſe Anſtalten, die er in Deutſchland trifft. -- Kluges Benehmen während der kirchlichen Spaltung. - Urſprung und Wachsthum des ottomanniſchen Reichs.- Bajazets Niederlage durch

Tamerlan.- Amurath II. überzieht Servien und bedroht Ungarn. - Albrechts Tod. -- Schilderungdes Fürſten. 204 Dreizehntes Kapitel : Geburt Ladislav Poſtumus . Er wird König von Ungarn. - Gegenwahl Uladislaus, Sönigs von Pohlen ,/ der den Titel König von Ungarn

annimmt und ſein Anſehn gebraucht. Unruhen in Böhmen. – Ladislav wird zum Stönig von Böhmen er: wählt, und die Regierung Kaiſer Friedrichen übertras -

+

Streit gen . Kalirtinern. -

darüber zwiſchen den Statholiſchen und Lettere ſiegen ob durch Georg Podies

brad .-Uladislaus kommt um in der Schlacht bey Vars na.-Ladislav wird als König von Ungarn anerkannt, rund Johann HunyadCorvinus zumRegenten ernannt. Ladislav kommt wieder aus Friedrichs Vormundſchaft.

-Uebergewicht des Grafen Cilley.-- Unruhen in Deſts reich. -- Wetteifer zwiſchen Hunyad'und Cilley. - Bes rühmte Belagerung von Belgrad und Johann Hunyads

Tod . --Streit zwiſchen den Häuſern Hunyad und Cil.

501 Seite

len. - Ermordung des Grafen Ciller und Hinrichtung des Ladislav.- Corvinus .

belieht bei den ungarn.

- Ladislav macht ſich nicht Sein Tod und Charakter. 418

Vierzehntes Siapitel: Geſchichte des öfireich. Zreis ge8 in Tyrol. - Thronbeſteigung Friedrichs IV. - Ap

penzeller Krieg. - Friedrich VI. folgt ſeinem Brus der Leopold in der Regierung. Verminderte Macht Deſireidis in der Schweiz ; Fortgang und Macht dér -

fat,weizeriſchen Eidgenoffenſchaft. -

Fünfzigjähriger

Friede zriſchen Friedrich IV. und den Schweizern . Euroler Angelegenheiten. - Mißhelligkeit zwiſchen Friedrich IV. und Kaiſer Siegismund . Koſtnißer Kirchenverſammlung. Friedrich Iv. ſchließt mit Ios

bann XXIII . ein Bündniß und begünſtigt reine Flucht. Wird in Kirchenbann und Reichsacht erklärt Er unterwirft ſich . --- Verz liert Largau und ſeine vorzüglichſten Befißungen in der Schweiz. Seine meiſten Länder werden veräus Bert , oder vom Staiſer verkauft. Friedrich IV. ents Hieht aus Koſtnig. - Wird nochmahls in die Reichs acht erklärt. Verſöhnt ſich mit Siegismund mittelft

Einfall in feine Länder

Teines Bruders Ernſt. – Toggenburger Krieg. .

Sein Sohn Siegismund folgt Friedrichs Iv. Tod . ihm in der Negierung. Er verliert alle ſeine Länder in Händel mit dem Herzog von Burs. der Schweiz:

Siegismund verſöhnt ſich undſchließt einen Bund mit den Schweizern. Ueberläßt ſeine Länder Marimilian. – Tod und Charakter Siegismunds. • 238 Fünfzehntes Stapitel: Steiermärkiſcher Zweig von Deſtreich. Herzog Ernſts Charakter , Thaten und guns .

.

Sod .- Friedrids und Albrechts , feiner Söhne, Shrons

beſteigung. - Friedrichs Neiſe nach dem gelobten Lan Er wird römiſcher König . Seine ſchwierige Deutſchlands Zuſtand. Friedrichs und Als brechts Händel und bewirkte Verſöhnung.-- Friedrichs de

Lage.

Krönung . - Er macht ein Bündnis mit Zürich. -Tog. genburger Krieg gegen die ſchweizer Eidgenoſſen. Friede mit ihnen .

263

Sed zehntes tapitel: Friedrich III. macht der Sic chenſpaltung ein Ende und Eugenius Iv . wird aner Concordaten von Erhebung Nikolaus V. Aſchaffenburg . Friedrich reiſt nach Nom . Seine Seine Rückehr nach Krönung und Vermählung. Deutſchland.- Friedrich gibt den Fürften ſeines Hau 278 fes den Titel Erzherzog wieder. kannt .

-

Siebzehntes Kapitel : Streit über die Thronfolge Ladislav Poftumus, Kriege Friedrichs gegen ſeinen Bruder Albrecht. - AlbrechtsTod. Friedrich macht die Bemühungen der Kurfürften von der Pfalz und andez

502 Seite

rer Fürften , die ihm die Kaiſerkrovie entreißen wollen, zu nichtc. - Die Türken fallen in Deutſchland ein.

291

U chtzehntes Kapitel: Friedriche Händel mit den Kö nigen von Böhmen und Ungarn. Georg Podies brads Sod . Ladislav rird König von Böhmen. Striege Friedrichs gegen Mathias Korvinus , Fönig von Ungarn. -- Ueberfall in Deſtreich.- Bergleich mit Ma thias Korvinus. Wiederholte Feindſeligkeiten .

Friedrich wird aus Deſtreichy vertrieben.

Sein Vers

nehmen mit Siarl, Herzog von Burgund.

- Vermäb :

lung feines Sohns Maximilian mit Maria , der bur gundifchen Erbprinzefinn. - Friedrich erklärt Frant -

reich Srieg. - Maria von Burgund ſtirbt. - Fries de von Arras. - Marimilian mird römiſcher Sönig. Neuer Krieg gegen Frankreich. -- Marimilian ver

bindet ſich gegen dieſe Macht mit dem Herzog von Bretagne .

Unruhen in den Niederlanden.

Ma:

ximilian mird zu Brügge ins Gefängniß geworfen. Friedrich befreit ihn wieder. Frankfurter Friede. 310 Neunzehntes Si apitel: Tod des Mathias Korvinus.

Ladislav wird, trog Friedrich und Mar , König von Ungarn.- Friedrich bekommt Deftreid wieder. Friede mit Ladislav. - Mar vermählt ſich durch Pros

curatur mit Anna, Herzoginn von Bretagne. - Frank “ reich trennt die Verbindung. vermählt ſich mit Karl vili .

-

Anna von Bretagne Krieg zwiſchen Deſts

reich und Frankreich.--- Friede u Senlis. - Friedrich • ſucht im Betreff der Reichshülfe eine beſtimmte Drd Krieg nung einzuführen. Sdräbiſcher Bund. gegen Heriog Albrecht von Baiern. - Tod und Schil : 3 33 .. derung Friedrichs JJI. 3 wanzigftes Stapitel : Politiſches Verhältniß der

vorzüglichften europäiſchen Mächte bev Marimilian I. Thronbesteigung. — Erfindung des Schießpulvers und der Buchdruc'erkunft. - Folgen dieſer Entdedungen ,

und Veränderungen 1, die ſie in der Striegskunſt, wie in der Politik Europa's , herrorgebracht. Einundzwanzigftes Kap.itel: Maximilian vers mählt ſich mit Bianca Maria Sforza.

Er legt die

Negierung der Niederlande in die Hände feines Sohns, des Erzherzogs Philipp.

Unruhen in Geldern.

Karl Vill. erobert Neapel. Ligue gegen Frants reich . - Reichstag zu Worms. Das Reichskammer gericht wird eingeführt, das Fauftrecht abgeſchafft. Maximilian wird von dem Reiche nur gezwungen unterſtüęt. Frankreich verliert Neapel wieder.

Marimilians unnüßer Feldzug in Italien. Karl vill. ſtirbt , Ludrig XII. beſteigt den Thron ron, Frankreich). Compromiß zwiſchen Frankreidy und

1

351

503 Seite dem Erzherzoge Philipp in Betreff der burgundi

ſchen Erbfolge .

Die Feindreligkeiten in Geldern

brechen von neuem aus . Waffenſtilſtand mit Karl von Egmont. Maximilian befendet die ſchwei

zerifchen Eidsenoffen sergebens . - Friede und Ende aller Streitigkeiten zwiſchen der Schweiz und dem þau re Deſtreich . 3 reiundzwanzigftes Stapitel : Ludwig XII. Ludwig Sforza erobert erobert das Mailändiſche. es größtentheils mieder . Marimilians Verſuch Ludwig XII. chidt Verſtär zu Ludmigs Gunſten. Sforza wird gefangen , das kung nach Mailand. ganze Herzogthum zum zweiten Mahl durch die Frans

380

30ſen erobert.

Marimilian bemüht ſich verges bens um die Hülfsleiſtung des deutſchen Reichskörs

Pers .

Neiitistag zu Augsburg.

Errichtung eines

Waffenftiuſtand zwiſchen Mari Sleichsregiments. Die Könige von Frank milian und Ludwig XII . reich und Aragon erobern und theilen Neapel. Iris denter Vergleich zwiſchen Marimilian und Lud -

Marimilian will einen Kreuzgug ge wig XII . Urſprung des Kurs gen die Türken unternehmen . gereins. – Baieriſcher Erbfolgefrieg. - Staaten , 405

melche Marimilian erwarb .

Dreundzwanzigftes Kapitel : Streitigkeiten zwi feven Frankreich und Spanien über die Theilung des Sinigreichs Neapel. - Frankreich und Deffreich Thlies fer einen Vergleich zu Blois . Bund gegen die Nes Tod der Spaniſche Händel. publie Venedig.

· Söriginn von Caffilien , Iſabelle. - Ludwig XII. und Ferrinand der Katholiſche verbünden ſich , der Vertrag von Blois mird gebrochen . Der Erzherzog Phis

lipe wird Regent von Caſtilien.

Er ftirbt.

Streitigkeiten zwiſchen Marimilian und Ferdinand Fer wegen der Regentſchaft in den Niederlanden . dinand reißt ſie an ſich . Italiäniſche Händel. Ales xander VI. ſtirbt. --- Julius II. wird Papſt. - Aufſtand -

-

zu Genta. Ludmig XII. rüſtet ſich, den Krieg nach Ita Der Papſt wendet ſich an den Kais lien zu jpielen . Marimilian will fojtnißer Reichstag. fer.

ſich mit (ller Sen alt einen Weg nach Italien erzwin Der Papſt Die Venetianer widerfeßen ſich. erklärt ihr zum ermählten römiſchen Kaiſer. — M a ris milian chließt Frieden mit der Republik Venedig. 425 gen.

Bierundzwanzigtes Kapitel : Bund zu Cam brai . – Wormſer Reichstag. – Schlacht bei Agnas Marimilians dello . Filius II. wird abtrünnig. Feldzug nach Italien . Lugsburger Reichstag. Das piſaner 'ind lateraniſche Conzilium werden zuſama -

304 Seito menberufen .

Marimilians Entmürfe in Hinſicht des

Papftthums.- Die heilige Ligue. - Marimilian foließt

einen Waſſenſtillftand mit den Venetianern .-- Schlacht bey Ravenna. -Die Franzoſen ziehen ſich aus Italien zurück. Das Haus Sforza erhält das Herzogthum Aunöfung der heiligen Ligủe. Mailand wieder. Marimilian verbindet ſich mit dem Papſte gegen die Julius II . ftirbt. Franzoſen und Venetianer, Verein zwiſchen ihm, Mari Leo X. wird gewählt. milian und König Heinrich VIII, don England. - Ma -

-

-

rimilian nimmt Dienſte in der engliſchen Armee. Schlacht bey Guinegatte . - Die Franzofen fallen aufs Die Schweizer ſchlagen ſie zu neue in Italien ein. rück , und dringen in Franfreich ein. - Ludwig XII. -

ſchließt Frieden mit den Verbündeten . Wideraufblü ben der Mediceer zu Florenz. Ludwig XII. ftirbt und Franz I. beſteigt den Thron. Franz I. gewinnt Heinrich VIII. und den Erzherzog Starl. Franz I. Schlacht bey Marignano. landet in Italien. -

Franz I. erobert Mailand wieder.-- Marimilian ſchließt mit Ladislav , dem Könige von Ungarn und Böhmen

einen Vergleich , der durch Familienverträge befeſtig: Ferdinand der Katholiſche ftirbt , der Ery:

wird .

herzog Karl folgt ihm im Königreiche beider Spani en .

C

Marimilians Einbruch in Italien.

Die

Sen Schweizer Miethlinge verlaffen ſeine Fahnen. Nüdzug. -- Sein Enkel Karl verläßt ihn . - - Er ſchließt 444

Frieden mit Franz I.

Fünfundzwanzigftes Kapitel: Angelegenşeiter in Im Reiche und in den öſtreichischen Erbftaaten werden verſchiedene Einrichtungen gerof

Deutſchland. fen .

Marimilian will einen Kreuzzug gegen die

Türken geführt , feinen Enkel Karl zum römiſche Stő nig gewählt wiffen.

Luthers Schisma veranlaßt die

erften Religionsunruhen. Charakter.

-

Marimilians Ird und 9

4

485

505

1

3 me i ter Ban S.

Seite

Sechs und zwanzig ffes stapitel: Sarls Geburt und

Erziehung - Er überkommt die Regentſchaft der Nie derlande .

Er ſuccedirt, zugleich mit feiner Mutter

Johanna in den Königreichen Caftilien und Aragon.

Seine Regierung mißfällt den Spaniern. Er wird zum Er unter: deutſchen Kaiſer errählt und gekrönt. fchreibt die Wahlcapitulation . - Wormſer Reichs tag. --- Wiederherſtellung des Reichskammergerichts. 1 .

Sieben undzwanzigtes Kapitel : Großer umfang der Staaten , über welche rich Karls V. Herrſchaft 5

(

Umftände , modurch ſeine Gewalt ge erf ?redte. Das Haus Deſtreid, theilt ſich in mäſſigt wurde. Große Fortſchritte die ſpaniſche und deutlihe Linie . Lu der Reformation während des Interregnums. Das ther erſcheint auf dem rormſer Reichstage. gegen ihn gefällte Urtheil. ( Wormſer Edict) . Der Kurfürft von Sachſen läßt ihn aufheben und in Sis. cherheit bringen . Er fängt die Bibel zu überſeken

an und kehrt nach Wittenberg zurüc. .' Achtundzwanzigtes Kapitel: Luther fommt nach Wittenberg zurück. - Neuerungen während feiner Abrerenheit. — Urſachen , warum ſich ſeine Meinungen immer mehr verbreiteten . Er ſtellt ein Syſtem zur Stirchenverbefferung in Lebre und Gottesdienſt auf.

Verhandlungen der beiden nürnberger Reichstage. Die katholiſchen Stände ſchließen eine Verbindung zu Regensburg . - Der Kurfürſt von Sachfen Friedrich ſtirbt. Johann , fein Bruder und Nachfolger , der Landgraf von Heſſen und mehrere deutſche Fürſten

12

556 Seite

und Stände nehmer: die Reformation anm. Luthers Vermählung . Dſt - Preußen wird fäkulariſirt durch Albrecht von Brandenburg . Unſelige Folgen der

Mißbräuche,. welche die Reformation ßter Lutheriſchen - Dieperanla Mauernkrieg: fihließen das torgauer Bündnil . Starl v. ift in Sta. lien glücklich . Die Heilige Ligue verhindert ihn an Reichstag zu der Volziehung des Formſer Edicts. Meißende Fortſchritte der Reformation in Speier. Anfang der verſchiedenen europäiſchen Staaten. Der Kaiſer Religionsunruhen in Deutſchland. Reichstag zu fitlägt ſich abermahls ins Mittel. Die Fürs Edict gegen die neue Lehre. Speier.

, welche die Reformation angenommen , proteſti ſten ren

. Urſprung der Benennung: Proteſtanten. Neunundzwanjigfte 8 Sapitel: Karl V. fchließt Frieden mit dem Papſte und dein Könige von Frans reid , um die Proteſtanten zu Grunde zu richten. 311 Bologna nird er zrin Kaiſer getrönt. Er bes

rathet ſich heimlich mit dem Papſte. Augsburger Reichstag und Confeffion . Benehmen des Kaiſers und der Ratholiſifen. Decret gegen die Proteftans ten .

Streitigkeiten zwiſchen Luthers und Zwingli's

Anhängern .

Die lettern merden verfolgt. - Fera

din a ndwird zum römiſchen König gewählt. Schmalfalsiftes ? Bündniß. - Der nürnberger Relis gionsvergleich gewährt Duldung auf kurze Zeit. Berrilligung der Türkenbülfe. Wegen der Reli gion bredien die Unruhen aufs neue aus. Friede zu Cadan.

. 46

.

Dreißigtes Kapitel: Das Benehmen Saris v . gès gen die Proteftanten wird beleuchtet. Er trifft ein Abkommen mit dem Könige von Frankreich und dem Großherrn.

Nene Fortſchritte der Reformation .--

Der Kaiſer finnt darauf, die katholiſche Religion wie der zu heben .

Er ftreut den Saamen der Zwies

tracht unter die Proteftanten und gewinnt den Her fog Moritz von Sachſen. — Er ſchließt ein Bündniß mit dem Papſte. und rüſtet fich zum Kriege. Spal tung unter den Mitgliedern des ſchmalkaldischen Buns Des. Die Kirchenverſammlung zu Trident wird eröffnet. Ihr Benehmen. - Neligionsfrieg in Deutſchland. - Starl v. gerſtört das ſchmalkaldiſche -

Bündniß. Er rohlägt den Kurfürften von Sachſen und Landgrafen von Heffen und nimmt ſie gefangen. Er belehnt Morigen mit der Kur Sadjſen . Der Der Papft arbeitet den Planen Karls V. entgegen .

Kaiſer will das Interimdurchießen. -- Angelegenhei ten in den Niederlanden und in Italien.

Es wird

507 Seite

eine zreite Kirchenverſammlung zu Trident befohlor

Karl V. macht einen vergeblichen Verſuch, ſei

fen.

nen Sohn Philpp zum römiſchen König wählen zu laffen .



61

Einundreifigfte & Stapitel: Uebergabe ron Magdes Morig von Sachſen vereitelt Karls V. Pla Unvermuthet dringt er mit gewaffneter Hand in Tyrol ein. – Der Kaiſer ift nahe daran , in Gefan genſchaft zu gerathen. - Paffauer Vergleich . Seine Waffen Karl v. fällt in Frankreich ein. burg.

ne.

find unglücklich , alle feine Entwürfe werden zer : Albrecht Religionskrieg in Deutſchland. flört. ron Brandenburg wird gefchlagen , Moriß von Sach ren ſtirbt. – Die Erbfolge in Sachſen wird beſtimmt. - Steichetag und Religionsfriede zu! Augsburg .

89

3 wei und dreißig ftes Rapitel: si'arl v. dankt ab . und geht in das Kloſter San Juft. Sein Tod , fein Charakter , feine Nadtommenſchaft. Seine Verordnungen im Reiche... Drefunddreifigftes staritel: Geburt und Erzie: kung Ferdinands I., des Stammvaters der deutſchen -

Linie des Hauſes Deftreich. – Sein Bruder Karl tritt ihm die öfireichiſchen Staaten ab. - Er unterdrückt

eine gefährliche Meuterei glüdlidi. Er vermählt ſich mit Innen , Prinzeſſinn von Ungarn und Böh

men. Die Türfen ſind glücklich. - Schlacht bei Mohacz, in relcher der König von Ungarn und Böh -

men Ludrig bleibt. - Ferdinand erwählter König von Böhmen . - Anfang der Bürgerkriege in Ungarn. Ferdinand vertreibt feinen Kronnebenbuhler , den Johann von Zapolya ', und nimmt von Ungarn Bes Ton.

Zapolna erhält Hülfe von den Türken. -- Sos

liman der Prächtige bezmingt Ungarn und unternimmt sie elagerung von Wien . Er zieht wieder ab und ruft den 3apolya zum König von Ungarn aus. - Die Qürken falien aberniesls in Ungarn ein . - Mertr ürc dige Belagerung von Günz .

Man fammelt ein -

Soliman zieht ſich zurück . Theilungstractat der beiden Thronbewerber. fer :

chriſtlichen Heer.

dinand erkennt Johann von Zapolya als König an. Johann ſtirbt - Seine Mittme bemüht ſich , die uns

gariſche Strone auf das Haupt Johann Siegismund , ihres Sohnes, zu bringen . – Bürgerkriege in Ungarn und Siebenbürgen. - Martinuzzi's Charakter . Soliman unterſtürt Johann Siegismunds Anſprü die . Er bemeiſtert ſich Pfens und eignet ſich einen großen Theil Ungarns zu. Ferdinand ſchließt einen Waffenſtillſtand mit den Türken , und erkennt fich für einen Dafallen der ottomanniſchen Pforte. Johann -

/

-

102

505 Seite

Siegisinund wird zum Fürften von Siebenbürgen aus Ferdinand gewinnt den Martinuzzi und gerufen . erhält Siebenbürgen abgetreten . - Streitigkeiten zwis -

(chen Martinuzzi und dem öſtreichiſchen Generale Ca ſtaldo. Martinuzzi fällt durch Meuchelmord. Siebenbürgen geht verloren. -- Unterhandlungen mit dem Hauſe zapolna. Ferdinands Dod. Vier unddreißigtes Kapitel: Zuſtand von Böhs

men zur Zeit , wo Ferdinand König wird. Die der beſſerte Kirchenlehre verbreitet ſich auch hier. Vers hältniſſe zmiriten den böhmiſchen und deutſchen Pro teſtanten . Die böhmiſchen Stände vermeigern Fers

dinanden und dem Kaiſer Friegshúlfe gegen den Kure für ;ion von Sichſen .

Ferdinand bewirkt eine gänga

liche Verändering in der Regierung . Er läßt feis nen Sohn Marimilian zum Sionig von Böhmen krönen. 149 Fünfunddreißigftes Kapitel: Ferdinand ver eitelt i arlo V. Plan , der feinem Sohne Philipp die Kaiſerirone zuzu ſichern münſiyt. Er beſteigt den Stai Er macht das deut Perthron als Ferdinand I. .

ſche Meich unabhängig vom Stušle zu Rom . dämpft die Unruhen in ſeinen Erblanden. - Sein Bes tragen als staifer in Hinſicht der Religionsangelegens

heiten . – Seine vergeblichen Bemühungen zur Kir chenverbeſſerung und zur Wiedervereinigung der Stas tholiſiben und Proteſtanten . – Erneuerung und Aufs

loſing der tridentiner Stirchenverſammlung.

Ferc

dinand erwirbt ſich allgemeine Hochachtung , und

hält den Frieden im Reiche aufrecht.

Veränderun:

gen , die unter ſeiner Regierung mit der deutſchen Heichsverfaſſung vorgenen. Sein Sohn Marimis

lian wird zum römiſten König ermählt. - Theilung ſeiner Staaten , Urſprung der ſteiermärker und tyro Ver Linie von Deftreich . jerdinand.I. ſtirbt. Sein Charakter und Nadıkommenſchaft. Sechsunddreißigfte8 Si apitel: Folgen der Thei . ,

165

lung des Hauſes Deſireich in die deutſche und ſpani

ſche Linie , wie des Lutherthums in Bezug auf ſeine politiſchen Vervältniſſe. Marimiliang II . Ges Burt und Erziehung.

Schon in ſeiner Jugend ges

winnt er die evangeliſche Lehre lieb . - Gründe , was rum er nicht wieder abtrünnig wird. Folgen ſeiner Duldſamkeit und Weisheit . Augsburger Reichs Marimilian ſucht die Spaltung der Pros tag. reſtanten zu verhindern . Der Stalvinismus breitet

ſich weiter aus , und die Streitigkeiten zwiſchen Kal viniften und Lutheranern beginnen .

Sieben und dreißigſt es tapitel : Reformations unruhen in perſchiedenen Ländern Europa's, Bür:

188

1

509 Øeite

gerkrieg in Frantreid. - Bartholomäusnacht. Marimilian II. ſucht den Verfolgungen Einhalt Trifft mehrere Anſtalten zur Behauptung zu thun. Niederländiſche Uncus der Ruhe in Deutſchland.

hen. - Philippe II. Charakter und Beneśmen . Blutregiment des Herzogs von Alba. te des Aufruhrs in den Niederlanden .

Geſchichs Maris

milia n eitles Beſtreben um ein Abkommen . Ende der grumbachiſchen Händel in Deutſchland. M a r i milia n vereitelt die Forderungen des

deutſcher Nitterordens in Bezug auf Preußen und Liefs Seine Verhältniſſe mit dem Czaar von Moss Marimilian veruneint ſich mit dem Pap Ewa .

land .

fte wegen Toscana. .

197

Xatunddreißigtes stapitel : Religionsangelegen : heiten in den öſtreichiſchen Landen.

- Marimilians II .

Duldungsgeift. - Ungariſche Geſchichten.- Die Feind ſeligkeiten gegen den Fürften von Siebenbürgen und die

Türken beginnen von neuem . Belagerung von Si Marimiz Soliman der Prächtige ftirbt. geth. lian ſchließt Frieden mit Selim II. und dem Fürſten -

von Siebenbürgen .

217

neununddreißigftes sapitel: Duboipi il.; Marimilians II. Sohn , wird als König von uns garn und Böhmen gekrönt,hierauf zum römiſchen Kös nig erwählt. Marimilian ſucht einem feiner Söhne die Krone von Pohlen zu verſchaffen . Sie

wird ihm ſelbſt angetragen. -- Tod , Schilderung und

Nachkommenſchaft Marimilians . Pierzigîtes kapitel : Hudolphs II. Shronbeſteigung.

226

Das Recht der Erſtgeburt für die Erbfolge im Erzhers Rudolphs Chac zogthum Deſtreich wird feſtgefekt. rafter , Erziehung und Grundfäge.-Seine Bemühung

gen , die katholiſche Religion in den öffreichiſchen Län dern und dem ganzen Reiche zur herrſchenden zu mas 3wiſt und Verfolgung der Proteſtanten unter

chen.

Religionsunruhen in Lachen. Streit in Betreff des geiſtlichen Vorbehalts. -- Gebhard von Trucreß ſucht das Erzbisthum Köln zu behalten , nach dem er die katholiſche Religion abgeſchworen. -- Wird

einander.

-

-

Aehnlicher Streit abgereßt und in Bann gethan . Entſtehung und über das Bisthum Straßburg. Wachsthum des proteſtantiſchen Vereins unter des Kurs fürſten von der Pfalz Begünſtigung. - Heidelberger und frankfurter Union.

Einundvierzig ties Tapitel : Die Proteſtanten in den öſtreichiſchen Erblanden und im Reiche werden ver folgt. - Vouftredung der gegen Aachen geſprochenen

Ucht.- Donauwerth verliert ſeine politiſche und religiös

241

510 Seite

ſen Rechte.- Stegensburger Steichstag. --Beſtürzung der Proteftanten . – Erweiterung ihres Bundes.

ყ 59

3 weiundvierzig ties sta pitel: Rudolph II. tritt Starln , Herzog von Steiermark , den an die Türkei gränzenden Theil von Kroatien ab. — Dort werden mis litäriſche Colonien errichtet. Die ustoben. Jór: Plünderungen entflammen den frieg zwiſchen Deftreidy

und der Sürtei. - Ungariſche Angelegenheiten .- Siegis. mund Bathori, Fürſt von Siebenbürgen ; ſchließt ein Bündniß mit dem Hauſe Deſtreich. - Tritt fein Fürs ſtenthum an Rudolph ab. Dadurch veranlaßter Streit.-- Eyrannei der öffreichiſchen Generale und Statt

Halter . - Empörung Botſchai's. - Anfangende uns

ruhen in Ungarn und Siebenbürgen. - Nudolphs ver ändertes Betragen .

264

Dreiu ndvierzig ite 8 Kapitel:Charakter und Erzies hung Mathias , des Brudecs von Rudolph II. -- Bän : del der Brüder. - Mathias wird nach ſeines Bruders Ernft Sode dereinſtiger Erbe der öffreichiſchen Belituns gen. Wird mit Ungarns und Deſtreichs Regierung Belehnt. — Entwirft den Plan, Rudolph zu entſegen.

Schließt Frieden mit dem Fürſten von Siebenbürgen und den Türken. - Rudolph ſucht die Thronfolge Fer dinanden , Herzog von Steiermark, zuzuwenden. Mathias fällt mit gewaffneter Fauſt in Böhmen ein und zmingt Rudolphen zur Abtretung von Deftreichs und un garn . Streit zwiſden Mathias und den bitreichiſch. Proteſtanten. -Fr errirbt ſich der Ungarn Liebe und Gibt den öftreichiſchen wird zuin König ermählt.

Proteſtanten S wiſſensfreiheit und nimmt die Huldis Vierundvierzigftes Stapitel: Neue Unruhen in gung der Stände an.

Böhmen.

277

Rudolph muß den daſigen Proteſtenten

freie Uebung ihres Gottesdienſtes bewilligen. - Begins nende Unruhen in Deutſchland Verein der Prote : ftanten . Erbfolge der Herzogthümer Jülich , Cleve -

und Berg . - Heinrichs IV. ,, Königs von Frankreich , Plan , Deftreichs Macht zu mindern .-Seine Ermor bung . Getroffener Vergleich zmiſchen den Statholi Rudolph verſucht , feinen fchen und Proteftanten . Vetter , Erzherzog Leopold , zum Thronfolger in Böb Die Stände daſelbſt rufen men ernennen zu laſſen. Mathias zu Hülfe. - Leopold mird vertrieben, Ruz dolph abgelegt.- Mathias wird König von Böhmen.“ Die Kurfürflen wollen dem deutſchen Reichskörper ein Hudolphs II. Tod. neues Haupt geben. Fünfundvierzig ſteg Kapitel : Betrübte Lage Deutſchlands während des Zwiſchenreiche. -- Mathias

wird nach großem Widerſtande Kaiſer: --- Unterzeichnet

eine Capitulation.

Verwirrung in den Erblanden

292

511 Deite

Er erhält keine Hülfe, die Türken

and dem Reiche.

aus Siebenbürgen zu verjagen .

Friedensſchluß mit

dem Grobberrn . - Wiederauflebender Religionsſtreit -

Spaltung der Proteſtanten unter in Deutſchland. ſich. - Die Holländer und Spanier nehmen die Her zogthümer Cleve und Jülich in Beſchlag. Mathias Er ſucht die Thronfolge auf in neuer Verlegenheit . Ferdinand , Herzog von Steiermark, überzutragen . -

-

Ferdinands Charakter. - Er wird König von Ungarn und Böhmen .

.

316

Sedys undvierzigtes tapitel : Neue Religionsun : Schilderung des Grafen von ruhen in Böhmen. Er reißt die Böhmen zum Aufruhr. Ers Thurn. richtung einer Regierung und eines Inſurgentenbeers . Ferdinand Mathias ſucht die Unruhen zu ſtillen. läßt Atlefel, des Mathias Miniſter, verhaften.-- Auss

brechender Bürgerkrieg in Böhmen..

Eitler Verſöh:

nungsverfuch. - Mathias Sod . Sieben undvierzigftes Kapitel : Ferdinand II.

330

Thronbeſteigung . - Seine mifliche Lage. - Verfolg

der böhmiſchen Angelegenheiten .

Die Inſurgenten

dringen in Mähren und Deftreich ein.- Ferdinandwird in Wien belagert. Seine Standhaftigkeit . --Wird Kaiſer. – Der Kurfürſt von der Pfalz wird König von Böhmen. Bethlen Gabor und Sraf Thurn fallen zum zweiten Mahle in Deftreich ein.--Nochmahlige Be 1345 . lagerung Wiens. -

A d tundvierzigftes Itapitel : Die Belagerung von Wien wird aufgehoben. — Bethlen Gabor wird zum

König von Ungarn ausgerufen. - Der Kurfürft von der Pfalz ſucht die Union für ſich zu gewinnen. Er macht ſich den Hers Ferdinand hintertreibt e8. zog von Baiern und die katholiſche Liga geneigt. Trennt den Starfürften von Sachſen von der Union. -

Erhält Frankreichs unterſtüßung. - Xird vom König Schließt. von Spanien und dem Papit unterſtüßt. einen Waffenſtilſtand mit Bethlen Sabor. - Auch die Katholiſchen und Proteſtanten ſchließen Waffenſtilſtand. Einfall in die Pfalz und Böhmen. - Schlacht bei 3565 Prag. Flucht des Kurfürften von der Pfalz.

neun undvierzig it e 8 Kapitel: Das öffreichiſche Regiment wird in Böhmen wieder hergeftellt.--- Strenge Der Kurfürſt von der Züchtigung der Inſurgenten. Pfalz und ſeine Anhänger werden in die Reichsacht Eroberung der Xuñöſung der Union . erklärt.

Pfalz. - Mannsfeld , Chriſtian von Braunſhmreig und .

der Markgraf von Baden nehmen ſich des Kurfürſten von der Pfalz an . - Friedrich verleugnet ſeine Anhäna

ger und erbiethet ſich Ferdinanden zur Unterwürñgs teit.

Betblen Gabor rüdt in Ungarn ein . - Untera -

512 Deitt

bandelt mit Ferdinand. - Die pfalzer Kurfürſtenwürde wird auf den Herzog von Baiern übergetragen . Beſtürzung der Proteſtanten.

369

Fünfzig ſtes Kapitel:Mißhelligkeit zwiſchen Deſtreich und England.

Dänemarks und Schwedens politiſche Der lönig von Dänemark ſtellt ſich an die Spige des niederſächſiſchen Bundes gegen den staiſer. Lage.

Wallenſtein wird bekannt.- Bildung einesöftreichiſchen , von dem katholiſchen Bunde unabhängigen Heers.

Striegeriſche Unternehmungen. - Der König von Dánes mart wird beſiegt. Tili's und Wallenſteins Glüd . Mannsfeld bricht in Ungarn ein . -Gabors Feindſeligs

keiten. -Waffenftillſtand. - Mannsfelds Tod. - Fers -

-

dinand ſichert, zu Gunſten des baieriſchen Hauſes , die

Würde des Kurfürſten von der Pfalzdem Haupte dies fes Hauſes aufimmer. - Wallenſtein unterwirft Poms mern .

Bemühungen des Staiſers, auf der Oftfeeeine

Flotte zu errichten. Belagerung von Stralſund. Friedensſchluß mit Dänemart.

382

Ein undfünfzigfte 8 Stapitel: Ferdinands II.ehrgei zige Abſichten . Er ſchafft die Reformation in Deft: Seine Verfolgungen in Böhmen . Er reich ab. ernennt ſeinen Sohn , Ferdinand , zum Nachfolger das felbft. - Sein Planzur Abſchaffung des reformirten Glaubens in Deutſchland. Sein Reftitutionsedict. Die Katholiſchen und Proteſtanten widerſeßen ſich . - Er miſcht ſich in die italieniſchen Angelegenheiten. Regensburger Neichstag. - Unterhandlungen des

Cardinals Richelieu mit den deutſchen Fürſten . Ferdinand willigt ein , die Vollziehung des Neftituti onsedicts einzuſtellen, einen Sheil ſeines Heers zu vers

abſchieden , Wallenſtein abzulegen , und wegen der ita Sein Verſuch , ſeinen Sohn zum römiſchen deln.

lieniſchen Angelegenheiten einen Vergleich zu unterhan 598 König ernennt zu wiffen , ſcheitert. 3wei undfünfzig ſtes sta pitel : Schwedens politi ſche Lage . Guſtav Adolphs Thaten. Er landet in Deutſchland. Seßt ſich in Beſiß von Pommern. -Schließt ein Bündniß mit Frankreich. - Verſamm : lung der Proteſtanten in Leipzig . Lage und Bes -

nehmen des Kaiſers und Reichs. Dilly erhält die Bes

fehligung der kaiſerlichen Heere. - Sucht vergebens, Pommern wieder zu bekommen . Belagerung und Zerſtörung von Magdeburg. Tily bedroht Heffen. 410 C

Dreiundfünfzigftes

Si apitel: Der König von

Schweden zwingt den Kurfürſten von Brandenburg , ihm feine feften plate auszuliefern und fett de Hers goge von Medlenburg wieder ein. · Er ſchließt einer Bundesvertrag mit dem Landgrafen von Heſſen , hilft

1

513 Seite

dem Kurfürften von Sachſen und gewinnt die Schlacht bei Leipzig. Tilly zieht ſich nur mit Mühe zurück. Guſtav Adolph rüct ſchnell am Main und Rhein vor .

3

-

Seiner Bundesgenoffen Glück in Deutſchland. - Der Kurfürſt von Sachſen erobert Böhmen .

Ferdinand

II. ſucht umſonſt dem König von Schweden Frankreichs Unterfügung zu entziehen. – Guſtav Adolph treibt Tily zurück und greift Baiern an. Uebergang über den Lech , und Tillys Tod .

427

Bierund fünfzigftes st a pitel: Ferdinands II.miß lidhe Lage. Er überträgt Wallenſtein das Eomman. Schnelle Errichtung eines neuen faiſerlichen do. Heers. - KriegeriſcheUnternehmungen . - Schlacht bei

Lügen. - Guſtav Adolphs Tod. - Seine Schilderung. 445 -

5 pi t t t t

8 đ t 8. Seite

Fünfund fünfzig ftes Rapitel : Lage der Sachſen nach Guſtav Adolphs Tode. - Der Stanzler Drenſtiern ;

tritt an die Spiße der ſchwediſchen Angelegenheiten in Deutſchland. - Die proteſtantiſchen Fürften bilden ei -

nen Bund zit Heilbronn . - Neues Bündniß zwiſchen Operationen des kaiſers Schweden und Frankreich . Neue lichen Heeres nach der Schlacht von Lügen. ungnade Ballenfteins. — Tod dieſes Feldherrn. . . -

-

Sechsundfünfzigtes Kapitel: Ferdinand, Stónig von Ungarn , wird zum Generaliffimus nach Wallens ſteins Tode ernannt. Dieſer Fürſt bemächtigt ſich Pegensburgs und bringt in der Schlacht von Nörds

lingen die Verbündeten zum Weichen. - Beſtürzung der Proteftanten. --Fertigkeit Drenſtierns.- Frankreich

nimmt neuen Antheil an dem Striege. - Es greift Spa nien an. - Fortſchritte der Kaiſerlichen . — Abfall des Kurfürſten von Sachſen. — Friede zu Prag. -- Aufs löſung der von den Proteſtanten gebildeten Conföderas tion. - Striegsunternehmungen von 1635 und 1636. Verſammlung der Kurfürften zu Regensburg. -- Der Stönig von Ungarn wird zum römiſchen Könige ermählt. Tod, Schilderung und Nachkommenſchaft Ferdi nands II. - Einführung des Rechts der Erſtgeburt für die Nachfolge in den Erbftaaten des Hauſes Deffreich). 20 -

-

St.

!

514 Seite

Siebenandfünfzigftes stapitel: Thronbeſteigung Ferdinands III. — Theilweife Erfolge der kaiſerliden Waffen .--- Verlofte, welche der Kaiſer am Rhein erlei det. - Ausgezeichnete Siege des Herzogs von Sachſen Weimar und der Tod dieſes Fürſten. -- Frankreich ers -

wirbt den Beſit des Elfa.- Spaniens Macht beginnt

zu ſingen. – Revolution in Portugal. - Reichstag zu

Nürnberg.-- Man trittin unterhandlung.- Anſehen, welches das Haus Brandenburg zu gewinnen anfängt. 45

Uch tund fünfzigftes fapitel: Fortſegung der Unfälle und Feſtigkeit Ferdi Feindſeligkeiten. Tod des Cardinals Nichelieu und Lud wigs XIII. Betragen des Cardinals Mazarin.

nands III.

-

Der Erzherzog Ferdinand wird zum König von uns Merkwürdige Belage garn und Böhmen erwählt. 54 rung Prags . · Abſchluß des Friedens. .

Neunundfünfzig ftes i apitel : Unterhandlungen , welche dem meftphälifchen Frieden vorbergingen. - Friedensſchluß zwiſchen Spanien und den vereinig -

ten Provinzen. - Inhalt der Verträge von Dsnabrüd und Münſter. - Bemerkungen .

.

79

Sechzi gftes sapitel: Der Friedensvertrag wird nur mit großer Mühe vollzogen . – Der Erzherzog Ferdi

nand wird zum römiſchen König erwählt. - Frühzeitiger Toddieſes Fürſten. -Der Erzherzog Leopold wird zum König pon ungarn und Böhmen getrönt. Der Staifer unterdrüdt die Unruhen in Deutſchland in ihrem Ents : Atehen . - Diefer Fürſt beendigt die jülich - cleviſche Erb

Tchaftsangelegenheit.- Er erhältBremens Unabhängig keit aufrecht. - Vortheile, welche Karl Guſtav, König von Schweden, über die Pohlen davon trägt. - Tod , Sdilderung und Nachkommenſchaft Ferdinands III. 96 Einundredigftes Kapitel: Thronbeſteigung {eos po!ds I.- Dieſer Fürſt erlangt nur nach vielen Schries rigkeiten und einem großen Widerſtande von Seiten Frankreichs die Staiferirone.-- Artitel derWahlcapitulas tion, welche er unterzeichnet. Rheinbund. — Leopold -

nimmt Theil an dem Kriege gegen Schweden. - Erobes rungen , Unfälle und Tod štarl Guſtavs. - Berträge von Mostild , Pliva und Kopenhagen. - Angelegenheiten Spaniens. --- Pyrenäiſcher Friede. - Ludwig Xiv. XIV ver

mählt ſich mit der älteſten Tocht.des fpaniſch .Monarchen. 107 3 weiundfechzig ft es Kapitel: Die Angelegenheiten Ungarns und Siebenbürgens. - Zuftand des ottoman niſchenReichs. - Erneuerung des Krieges gegen die Türs -

ken..Irrungen Leopolds I. mit den ungariſchen Stän den. Fortſchritte der Lürfen . Leopold erhält

Hülfe vom Reiche und von den Fürften der Chriſtenbeit.

Errichtung eines beftändigen Reichstags in Deutſch

i

515 Seite

land.-- Priederlage der Sürfen in der Schlacht von St. Gotthard. - Abfluß eines Waffenfiftandes zwiſchen dem Hauſe Deftreich und der ottomanniſchen Pforte. 123 Dreiundredzigſtes Kapitel: PolitiſcheLage der vers ſchiedenen Staaten von Europa. — Vergleichende Dar

ftellung der Macht des öftreichiſchen und bourboniſchen Lage des deutſchen Reichskörpers. - Leos polds I. Stellung und Hülfsquellen. Vier undrechzig ſtes Kapitel: Tod Philipps IV . Königs von Spanien, und Thronbeſteigung Karls II. Hauſes.

136

Leopold vermählt ſich mit Margaretha Thereſia , zwei

ter Infantinn von Spanien. — Ludwig XIV. bemächtigt Zögerung Leopold s und der Stände Deutſchlands. Lachner Friede , von der Tri pelallianz vorgeſchrieben . Ludmig XIV. erklärt vereis

ſich der Niederlande .

nigt mit England den Vereinigten Provinzen den Strieg.

Einfall in Holland. — Beſtürzungder Holländer. firengungen Wilhelms, Prinzen von Oranien – uus -

Fall der republikaniſchen Partei. - Heldenmüthige Ans gemeine Furcht in Europa. - Leopold und der Kurfürfe

von Brandenburg leiſten den vereinigten Provinzen Bei Das Reich erklärt Frankreich den Krieg . land .

ffand.- Friede zu Breda zwiſchen England und Hols -

-

Striegsunternehmungen. - unterhandlungen , welche ſich mit dem Frieden zu Nimwegen endigen .

160

Fünfundrechzig ſtes Kapitel : Neueunternehmuns gen Ludwigs XIV . - Pergebliche Vorſtellungen des stais

Pers. - Leopold verbeſſert den Militärzuſland Deutſchs Land8. — Er bildet Schukverbindungen.

Er bemüht

fidh, einen Bund gegen Frankreich zu bilden. - Lud - - Regensburger vig XIV. fällt in dieNiederlande ein. Waffenſtillſtand . - Frankreiih gelangt zur höchſten Stit fe der Macht. Die Eroberungen Ludwigs XIV. regen Europa in Beforgnif. - Bemühungen Leopolds und Bilhelms, Prinzen von Dranien .- Erbfolge in der -

falz.- Ligue yon Augeburg. Die Franzoſen rücken in die Pfalz ein . - Birkungen der Revolution , welche

in I. 1688in England erfolgte.-- Der Kaiſer und das Reich erklären Frankreich den Krieg . - GroßeAllianz.Leopold erlangt Einfluß auf Deutſchland. Er vers liviebt die Ausführung des doppelten Plans , ein neuns tes titrfürſtenthum zu bilden , und Böhmen die kurfürfts lichen Privilegien wiederzugeben .- Ludwig XIV. gelingt

es , Zwieſpaltunter die Mitglieder der großen Alianz 1

zu bringen.-Er gewinnt England und Holland . - Rygs wider Friede. -- Beftimmung in Hinſicht auf Wieders

herſtellung der katholiſch. Religion in den von Frankreich befekten Ländern . - Bemerk. über den ryswider Frieden . 18e SI 2

510 Seite

Sechs und rechzigfte8 Tapitel: Erneuerungder un ruhen in Ungarn. -- Ungezettelte Verſchwörungen, um das Jodi des Hauſes Deſtreich abzuwerfen. -Leopold ſchafft die Privilegien der Nation ab , und führt eine Militärherrſchaft ein.- Tefely’s Lufruór. - Die Türs -

ken rücten in die öftreichiſchen Staaten ein und dringen Aushebung eines bis Wien vor, das ſie b.lagern .

chriſtlichen Heeres.- Johann Sobiesky, König von Poh. len , u. Karl V. , Herzog von Lothringen , entſeken Wien.

-Zuſammenkunft Leopolds und Johann Sobiesky's — Die Türfen werden als Ungarn vertrieben . — Forts ſchritte der kaiſerlichen Waffen . Harte Maßregeln gegen die Ungarn.

-

Der Wiener Hof trifft einen

Bergleid ) mit den Mißpergnügten . – Die Sirone von Ungarn wird für erblich erklärt. - Die Venetianer , die

Poblen und die Muffen erklären der ottomanniſchen Prorte den Kriez. — Niederlage der Türken durch den Prinzen Engen in der Schlacht von Zenta. — Carlos

miger Frieden.- Erwerbungen , welche Leopold macht. 214 Siebenund Techzigtes Kapitel: Leopolds Plane in Hinſicht auf die ſpaniſche Erbfolge. -- Verſchiedene Prätendenten auf dieſes Erbe. - Lage des ſpaniſchen Ho fes . - Theilungsverträge. — Tod Karis II. - Thron : -

-

-

beſteigung Philipps V.. Achtundrechzigtes Kapitel : unwille des Wiener

2/41

Hofes über das Teftament Karls IL-Leopold rüſtet ſic ), feine Anſprüche mit Geralt der Waffen zu behaupten.

Die Franzoſen werden in den Beſik der Niederlande ge -

rept. - Alle europäiſchen Mächte, ausgenommen Deft reich , erkennen Philipp V. an. - Schöner Feldzug des. Prinzen Eugen in Italien. -- Zu Gunſten des Hauſes Deſtreich , in England und Holland bewirfte Verände:

rungen.- Erneuerung des großen Búndniffes , Ertlä rung eines allgemeinen Kriegs gegen Frankreich und Spanien. -- Toð Wilhelms III. und Gelangung Annens

auf den engliſchen Thron . - Einfluß Marlboroughs. -

Kriegeriſche Unternehmungen im J. I. 1707. - Der Her zog von Baiern erklärt ſich für Frankreich Zerſtö rung der ſpaniſchen Flotte im Hafen von Bijo . NeunundrechzigftesKapitel: Dperationen des Feld : zugs von 1703 in den Niederlanden , Deutſchland und Italien . Der Herzog von Savoyen und der König von

262

Portugal treten dem großen Bündniß bei. - Der Erz Herzog Karl wird als König von Spanien anerkannt. Eine engliſche Flotte bringt dieſen Fürſten nach Liffabon. 276

Siebzigftes tapitel : Stand der Angelegenheiten des Staiſers. - Empörung Nagokky's in Ungarn . -- Eng land rendet Leopolden Hülfe. - Schöner Marſch Marls boroughs .- Zuſammenkunft dieſes Feldherrn mit Euger

517 Seite

und Ludwig von Baden . Niederlage der Baiern bei Schellenberg . - Belagerung von Ingolſtadt. - Vereinis

gung der Heere Marlboroughs und Eugens .-Schlacht -

Þei Blenheim oder Hochſtädt. - Slud der Verbündés

ten.- Eroberung Baierns . - Niederlage der Rebellen in Ungarn .

287

Einundfiebzigftes' sêIt apitel: Tod , Gemählbe uns Nachtommenſchaft Leopo!! 8 I.

302

3 weiundſiebzigftes Stapitel : Erziehung ,Gemüths art und Thronbeſteigung Joſephs I.

Kriegeriſche

Begebenheiten . - Bauernaufſtand in Baiern. - Ge müthsart- und Glück Karls XII, von Schweden.

Er entthront Auguſt II. ,1 König von Pohlen . Er dringt nach Sachſen und verbreitet Schreden in ganz Deutſchland.

313

in Stapitel: Feldzug von 1706 Dreiundſiebzigftes Schlacht bei Hamillies.- Feld: den Niederlanden.

-

-

zug von 1706 in Deutſchland. — Feldzüge von 1704, 1705 , 1706 in Italien. - Denkwürdige Belagerung Durins. --- Vertreibung der Franzoſen aus Piemont.

Wiedereinnahme des Mailändiſchen . - Angelegenheiten in Spanien von 1704 bis 1706. . Wierund fiebzigftes se apitel: Ludwig XIV. fuct

325

die Verbündeten durch beſondere Unterhandlungen zu trennen. — Miftrauen des Kaiſers. - Belagerung von

Toulon . - Eroberung des Königreichs Neapel. Feldzüge am Rhein und in den Niederlanden. -Fernere -

Begebenheiten in Spanien. - Schlacht bei Almanza. 343 Fú nfund fiebzigftes Stapitel: Feldzug von 1708.

- Die Franjoren überrumpeln Gent und Brügge. Gefecht bei Dudenarde. — Belagerung von Nyffel. Die Verbündeten nehmen Gent und Brügge wieder ein. - Stand der Angelegenheiten inSpanien . - Jos feph I. gibt dem Kurfürſten von der Pfalz die Bürden -

und Länder wieder , welche feinem Haufe im 30jähri gen Kriege genommen worden waren , Er verſchafft

Böhmen die turfürftlichen Rechte wieder und läßt zu Gunſten des Hauſes Hannover eine neunte Kur errich : Er zieht die Herzogthümer Mantua und Mi: ten. randola ein . Er demüthigt den Papft... . 355 Sechs und ſiebzigftes Kapitel: Die Friedensunters handlungen werden aufs neue angeknüpft und wieder abgebrochen . -- Feldzug, 1709, in den Niederlanden . Sdlacht bei Malplaquet. - Uebergabe von Bergen . -

.

570 - Kriegsvorfälle am Rhein und in Italien. Sieben und ſiebzigftes Itapitel: Congreß zu Gets

truidenburg. - Kriegsvorfälle in den Niederlanden . Einnahme von Douay , Bethune. Aire und St. Ver -

.

nant. - Striegsporfälle in Savoyen..

385

518 Seite

Uch tundſiebzigftes Kapitel : Spaniſche Angelegen

heiten .- Glüdliche Erfolge der Verbündeten .- Schlach ten bei Almenará und Saragoſſa.- Kurzer Aufenthalt des Erzherzogs Starl in Madrid.- Philippsv.Waffen er: halten das Hebergewicht wieder. - Ankunftdes Herzogs

von Vendôme in Spanien . - Erzherzog Karl kehrt nach Catalonien zurück. - Gefecht bei Brihuega und Sefan

gennehmung der Engländer.----Schlacht bei Villavicioſa. 392 reunund fiebzigſtes Stapitel: Vorfälle in Ungarn.

Interhandlungen mit den Inſurgenten . - Sie erklä ren Joſeph I. des Throns verluſtig und erwählen Nas Glückliche Erfolge der gobky zu ihrem Oberhaupte.

kaiſerlichen Waffen in Ungarn. - Auflöſung des Buns des der Inſurgenten. - Friede zu Batmar.- Ragok: ty's freiwillige Verbannung. - Cod, Schilderung und .

Nachkommenſchaft Iofephs I.

400

Achtzig ftes Kapitel : Theilung der öftreichiſchen Staaten , nach Leopoldo Verordnung. Geburt und

Erziehung Karls VI. - Er wird zum König von Spa nien und nimmt Barcelona ein . Die Franzoſen be Lagern dieſe Feftung. - Karls ſchöne Vertheidigung derſelben. – Eine engliſche Flotte kommt ihm zu Hüls nien ausgerufen. — Er landet an der Küſte von Catalos -

fe.

Sein Glück und ſeine Unfälle.

-

Er erbt die

dftreichiſchen Staaten bei Joſephs I. Sode.- Er reiſ't von Barcelona ab , wird zum Staiſer erwählt und kommt in Wien an. Er beruhigt Ungarn .

413

Einund a ch tzig ft es Kapitel : Karl rüſtet ſich zum Kriege. — Veränderung in den Geſinnungen der Ver Verzweifelte Lage Frankreichs.

bündeten .

26

ſichten der Königinn Anna. - Beränderung des Mini fteriums. --- Unterhandlungen. – Eugens Meiſe nach -

England.

-

Marlborugh fält in Ungnade.

-

Feld

zug von 1712. — England ruft ſeine Truppen zurück. Unterhandlung undFriedensſchluß zuUtrecht.- DerKai ſer feßt den Sirieg fort. -Feldzug von 1713. - Confe renzen in Naftadt. -Verträge von Raſtadt und Baden. 423 3 weiundachtzigftes Kapitel: Urſprung und Fort

gang der Unterhandlungen in Betreff derErrichtung einer Schußwehr feſter Pläße in den Niederlanden. Bedingungen des Vertrags. - Wirkungen deffelben . 436

Dreiundachtzigftes Stapitel: Türfenkrieg.- Schlachs tenbei Petermarbein undBelgrad. - PaffarowigerFriede. 445 Vier und achtzigftes Itapitel: Unterhandlungen zwis

ſchen dem Kaiſee und Großbritannien. - Vertragvon Weſtminſter. - Ludwig XIV. ſtirbt , und das dreifache Bündniß wird geſchloffen. - Lage und Ausſichten des ſpaniſchen Hofs. - Philipp V. vermählt ſich mit Eliſas

beth Farneſe. — Anſprüchedieſer Fürſtinn auf die Here

519 Seite zogthümer Parma und Piacenza. - Erhebung und Ents

würfe Alberoni's . – Vierfaches Bündniß. - Glüct der Friede mit Spanien. Werbündeten in Italien . farl VI . erwirbt Sicilien . Pragmatiſche Sanction. 44 fünfund achtzig ft es Sapitel : Karls Staaten und

Macht beim Abſchluß des vierfachen Bündniſſes. Seine Entwürfe. - Sein Charakter. – Einfluß, Ränke .

-

Der Prinz Eus und Tod des Grafen von Altheim . gen , der Marquis von Realp , der Graf von Zinzen dorf und der Graf von Stahremberg. • 457 6 ech sind ach tzig ft es sapitel: Politiſche Lage der perſchiedenen europäiſchen Mächte beym Abſchluß des

vierfachen Bündniffes. -- Religions - Streitigkeiten .

Mecklenburgiſche Uuruhen. - Macht des Hauſes Bran denburg . - Charakter Friedrich Wilhelms. .

. 473

Siebenund achtzigfter stapitel : Streitigkeiten , Karlo VI. welche das vierfache Bündniß veranlaßt. Widerwille, Don Carlos mit den italieniſchen Hers

zogthümern zu belehnen . — Unerwartete Vereinigung zwiſchen Deftreich und Spanien.— Sendung des Rip - Verträge zu Wien und Hannover. Erhes bung und Sturz Ripperdas. — Verlegenheit Karls VI.

perda .

-

Pariſer Präliminarien. - Spaniens Beitritt. Der Herzog von Bourbon fällt in Ungnade und Ears dinal Fleury tritt ins Miniſterium . 489

Ad tund achtzigftes Kapitel: Der Tod des Kős nigs Georg I. von England verſpätet die Vollziehung der pariſer Friedens' - Práliminarien. — Beitritt Spa

niens. - Congreß zu Soiffons . – Der Kaiſer bemüht fich , die Unterhandlungen zu hindern. - Mißverſtänd -

niß zwiſchen ihm und Spanien. - Vertrag zu Sevila

la: – Ariegsrüſtungen des kaiſerlichen Hofs. - Es gelingt Karl vi., Großbritannien von dem Bündniß mit Frankreich abzubringen, und er vereinigt ſich aufs néue mit den Seemächten. Zweiter VertragzuWien. Tod des Herzogs von Parma. Starl vi. bemüht fich vergeblich, eine Seemacht im mittelländiſchen Meer re zuerrichten. – Erneuerung der Streitigkeiten über die Belehnung mit Parma und Toscana. Reunundachtzigftes Stapitel: Karls Bemühun -

504

gen, um von den andern europäiſchen Mächten, befon : ders von dem deutſchen Reiche , die Bürgſchaft für die pragmatiſche Sanction zu erhalten. Ungeachtet des Widerſtandes mehrerer Kurfürften , erlangt er ſie Politiſche Lage Europens beidem von dem Reiche. I

Sode Augufts II,

.

526

520

♡ ierter Band, Seite

neunzigtes Kapitel : Mitmerber um den Thron von Poblen. - Frankreid unterſtüßt Stanislaus Leszins: -

ky; der Kaiſer, einſtimmig mit Rußland, den Kurfürs ften Auguft von Sachſen. - Stanislaus Wahl und Aus gufts Gegenwahl. - Stanislaus wird aus Pohlen ver trieben , Auguft als König anerkannt.

Der Staiſer ,

von allen feinen Verbündeten , Rußland ausgenoms men, verlaſſen, von den Königen von Frankreich, Spa nien und Sardinien angegriffen . - Er verliert das Mais ländiſche. - Der deutſche Heichoförper leiftet ihm Hüls 1

fe. - Feldzug in Italien im Jahr 1754. – Eroberung · von Neapel durch Don Carlos. Deutſcher Feldzug.

1

Einundneunzigſte 8 Sapitel: Vergebliche Bemű bung des Kaiſers um Englands Beiftand. - Friedens

unterhandlungen . - Feldzüge in Deutſchland und Itas lien im Jahr 1735. — Unglück der kaiſerlichen Schaa ren und Niedergeſchlagenheit Karls VI ., feiner Familie und feiner Minifter. - Unterzeichnung der vorläufigen Friedensartikel mit Frankreich. — Beitritt der Könige -

von Sardinien undSpanien . - Weigerung des Herzogs

von Lothringen , ſeine Länder abzutreten . - Friede. : 16 3 weiundneunzigſtes Stapitel: Die Erzherzoginn Maria Thereſia vermählt ſich mit Franz Stephan , Herzog von Lothringen . - Prinz Eugen ſtirbt.- Ses mählde des Wiener Hofe. — Bårtenſtein. — Urſprung -

-

des Türkenkriegs. — Feldzug vom Jahre 1757. = Uns

gnade des Grafen von Sedendorf. — Urſachen der von 28 Dreiundneunzigftes Itapitel: Zweiter Feldzug ge gen die Türken . - Der Herzog von Lothringen wird Feldhauptmann. --Striegsunternehmungen. - Der Hers zog von Lothringen wird zurückberufen. Graf Atos nigsed fällt in Ungnade. - Beſtürzung in Wien. 41 Ränke der baieriſchen Parthei . Wierundneunzigtes Kapitel: Feldmarſchall Wal: lis wird Befehlshaber des taiſerlichen Heers. -Schlacht : von Grotka. Belagerung von Belgrad. - Rückzug den Kaiſerlichen erlittenen Unfälle.

.

521 Geite

der Kaiſerlichen . Unruhetund Irofloſigkeit des Wiener Hofs.- Friedensunterhandlungen durch Vermittelung

Frankreichs. – Dem Grafen Neuperg ertheilte Voll macht.- Unterzeichnung der Bedingungen .- Abtretung -

von Belgrad und der jenfeit der Donau und Sau ge legenen Landſchaften. --- Wallis und Neuperg verhaftet. 48 Fünfundneunzigfte8 apitel: Frankreich Uebergewicht. Charakter und Zrece des Cardinals

Fleury. - Politiſche Lage der Hauptmachte Europens. -Vergebliche Verſuche, die Verbindungen Deſtreiche mit England wieder anzuknüpfen. - Streit im Betreff des Vertrags über die Barrierepläge. Sechsundneunzigftes Kapitel : Tod Friedrich Friedrichs II. Wilhelms , Königs von Preußen. Entrűrfe und Benehmen bei ſeiner Shronbeſteigung .

65

Starl vi . wünſcht reine Verbindung mit England ernſtlich wieder anzuknüpfen. - Starls Krankheit, Tod, S dilderung und Nachkommenſchaft.. Sieben undneunzig fte8 St a pitel: Maria There

71

ſia's Chronbeſteigung. - Anſprüche des Kurfürften von Baiern auf die Ihronfolge von Deſtreich. -- Beneh men der auswärtigen Mächte.

80

A ch tundneunzig ft esItapitel: Der König von Preu Ben fällt in Schleſien ein . - Sendet Graf Gotter mit -

Auftrag nach Wien. - Friedrichs Forderungen werden Der Wiener Hof beruft ſich vergebens auf die Gewähr der pragmatischen Sanction. Nie

verworfen .

-

derlage der Deftreicher am Tage von Mollwig. Neu nundneunzig ftes Kapitel : Eindruck der ders

85

lornen mollrißer Schlacht auf das Wiener Stabinet.

Frankreich geneigt , die öftreichiſche Monarchie zu zers ftückeln.-- NeueMitwerber.- Englands Bemühungen

um einen Vergleich zwiſchen der Königinn von Ungarn und dem Stönig von Preußen.- Marie Thereſiens Uns wille und Standhaftigkeit. - Robinſons Sendung in

das Lager des Königs von Preußen .

95

Hundertite8 Stapitel : Der Kurfürſt von Baiern fällt in Marie Shereſiens Land.- Pranfreichs Kriegss

rüftungen . - Des Königs von Preußen Glüct in Schles fien . --Unterhandlungen. - Marie Thereſiens Beharre lichkeit. - Ihre Gemüthsart. --- Ihr Hof und ihre Mis -

nifter. - Bartenſteins Einfuß. Begeiſterung des eng lifchen Bolts für Marie Shereſie.

104

$ undert underfees Kapitel': Traurige Lage der Stöniginn von Ungarn . - Unternehmungen der Frans zoſen und Baiern .-Fortſchritte des Königs von Preu : Marie Thereſiens Hannovers Neutralität. ßen. Standhaftigteit. - Aufgeboth der Ungarn. -· Shre -

-

Krönung.

Ihre Rede auf dem presburger Steichss

522 Ceite

Wirkung derſelben auf die Verſammlung. Waffenſtills Marie Thereſiens große Anſtrengung. ftand mit dem Könige von Preußen . Hundertund zweites ki ap itel: Einn óme von Prag. – Der Kurfürft von Baiern wird als König tug .

112

von Böhmen gekrönt, dann zum Kaiſer erwählt. Glück der öſtreichiſchen Waffen .

· Eroberung von

Baiern. - Der König von Preußen ergreift die Maf fen wieder . Belagerung von Dimüß und Einſchlie: ßung von Glak . Zug des Prinzen Karl von Loth : 2

ringen und Núdzug der Preußen nach Böhmen. Shlacht bei Czaslau oder Chotuſik. — Friedensſchlus zu Breslau zwiſden Deſireich , Preußen und Sachſen. Glück der Deftreicher und Unglück der Franzoſen. Marſchall Broglio inPrag verſperrt.- Sünftige Ver

anderungen für das Haus Deſtreich in England, Hols Land und Rußland.—Der König von Sardinien vereint

ſeine Waffen mit denen der Königinn von Ungarn . Italieniſcher Feldzug. - Eroberung des Herzogthums Modena. - Der König von Neapel wird gezwungen , -

eine Neutralitatsurkunde zu unterzeichnen.

121

Hundertunddrittes Kapitel: Sperrung Prags. Frankreichs innerer Zuſtand. - Cardinal Fleury's .

Antrage. — Marie Thereſien's Entrüftung darüber. -

Marſchall Maillebois zieht Prag zu Hülfe. --- Bird vom Prinzen Karl von Lothringen aufgehalten . chöner Müdzug des Marſchals Belle- Isle von rag

über Eger. -Marie Thereſie wird Königinn von Böh Die Trümmer des belle - isleſchen Heers ge. hen nach Frankreich zurück. Hundertundviertes Aapitel: Cardinal Fleury men .

s

131

ftirbt.- Schilderung des Hofs Ludwigs XV. - Güns ftige Lage des Hauſes Deffreich. - Striegsunternehmun gen in Deutſchland. - Schlacht bei Dettingen. – Hän del in Italien . - Schlacht von Campo Santo . - Worms fer Vertrag. - Unthätigkeit der Verbündeten nach der

Schlacht bei Dettingen. - Ende des Feldzugs. - Pring Starls von Lothringen Vermählung mit der Erzherzos ginn Marie Anne. Hundertund fünftes itapitel : Frankreid erklärt Großbritannien und dem Hauſe Deftreich Strieg.- Pers fuchte Landung in England. - Ludwig XV. übernimmt den Heerbefehl in den Niederlanden . -Glück der Frans

Boren. - Prinz Karl geht über den Rhein und rüdt ins Elſaß ein .

Ludwig XV. Frank. Der König von Preußen fällt in Böhmen ein. -Marie Thereſiens neuer

Aufruf des ungariſchenBolts.-Prinz Karl geht über den Rhein zurück und zwingt durch Anſchluß der fächſis chen Schaaren den König von Preußen , Böhmen zu ver :

140

523 Ceite

laffen .-Einnahme von Freiburg :-Ende des Handri fchen und Rheinfeldzugs . - Italieniſche Händel. - Frans ufen und Spanier rücten ins Piemontefuſce ein .

Bes

lagerung von Coni.-- Rüctzug des Prinzen von Conti. 152 Hundertundrech stes Itapitel : Tod Kaiſers Karl

VII. – Abſichtendes Königs von Preußen . — Bündniß zwiſchen Marie Thereſie und Auguft III.-Füfner Vers tràg. - Benehmen des Wiener Staatsraths. --- Flan drifcher Feldzug. - Schlacht bei Fontenoy. --- Feldzug -

in Ftalien nnd Deutſchland. -- Einbruch des Königs von .

Preußen in Sachſen. - Franz Stephan von Lothringen 163 Friede zu Dresden. Hundertundrie bentes St a pitel : Schottiſcher Aufs ruhr. Einnahme von Brüffel und ſchnelle Fortſchritte wird Kaiſer.

der Franzoſen in Flandern . - Schlacht bei Nocour. -

Glück der Deftreicher in Italien.-Philipps V. Tod. Ferdinands. VI. Shronbefteigung .--Rückzug der zoſen und Spanier aus Italien .-- Einnahme vor:Genua Durch die Deſireicher. – Streit zwiſchen den Deftreichern und Sardiniern. Die Verbündeten fallen in die Pro vence. Marie Thereſiens Beharrlichkeit. Schuts -

bündnis zwiſchen Deſtreich und Nußland. - Feldzug von 1747 . Kriegsunternehmungen in der Provence. Rückzug der Verbündeten: -Sperrung und Entſaß von Genua.-Unternehmungen des Marſchalls Belle - I8 le. - Angriff des Poftens von Affiette.--Belle Isle's Rückzug . Fortſchritte der Franzoſen in den Niederlan . den. Die Franzoſen fallen in Holland ein. Aufs ruhr der vereinten Provinzen und Errichtung der Statt halterſchaft. Schlacht bei Laufelt. Rückzug der .

-

Verbündeten . - Belagerung und Einnahme von Bergops Hundertunda chtes Kapitel: Vorſchläge zu einem allgemeinen Frieden .-- Uneinigkeit zwiſchen dem Wies ner und londner Hof. Uebereinkunft im Haag. Streit mit dem König von Sardinien . - Schwäche der Holländer .-- Waffenglück der Franzoſen . - Conferenzen in Breda /, dann in Hachen . - Marie Thereſiens Wi zoom . -Sieg des Admirals Hawke :

183

derſpruch . - Unterzeichnung der Friedensbedingungen .

Hinderniffe des Friedensſchluffes . - Endlicher Vers trag. Unzufriedenheit des Wiener Hofs. 196 untes

Hundertundne

S£ apitel : Marie Thereſiens

Anordnungen und Verbefferungen . - Schilderung der Grafen uhlfeld , Colloredo und Kthevenhüller , und des Freiherrn von Wasner , ihrer Miniſter. Bartenſteins Ungnade. - Erhebung und Schilderung Kaunigens. Entzweiungen des Wiener und londner Hofs im Betreff -

der Wahl des Erzherzogs Joſeph zum römiſchen Stönig

und im Betreff des Barrierepertrags.

20.

524 Seite

Hundertundzehntes Kapitel : Gründe, welche das Haus,Deftreich beſtimmen , ſich von den Seemädten loss zureißen . Unterhandlungen , um die Häuſer Deftreich und Bourbon zu vereinen . - In Amerika entſtandener Streit.

Großbritannien fordert Deſtreichs Beis

Uebereinkunft zwiſchen England und Preu: ßen . - Bundesvertrag zwiſchen Deſtreich und Frankreich. 215

fiand.

Hundertundeilftes Aapitel : Derkönig von Preus

ßen fältin Sachſen ein und ſperrt die fächſiſchen Schaas ren in ihrem Lager bei Pişna. - Lowofiger Slacht.- Er: gebung der Sadiſen.- Auguſt III. muß Dresden verlaſs fen. Marſchau Schwerin bricht in Böhmen ein . -

Neue Uebereinkunft zriſchen der Kaiſerinn und frants reich.- Sie gewinnt Schreden , fichert ſich die Neutra lität Spaniens, Hollands und Dänemarke . — Frant /

reids politiſcheLage.-- Bemübungen Marie Thereſiens ,

einen großen Fürſtenbund gegen den König von Preußen zu bewirken .— Sie reißt Nußland von dem Bunde mit England ' los.-- Anfang des flebenjährigen Striegs. · 354

Hundertundzwölftes Stapitel: Großer Fürſten

bund gegen den König von Preußen -Dieſer fällt in böhmen ein , und ſchlägt die Deftreicher unter den Mau ern von Prag .- Befährliche Lage des Hauſes Deſtreia). Schlacht bei Kollin . - Befreiung Prags-Hoffnuns gen des Wiener Hofs.-Unternehmungen der franzöſis

ſten Sdaaren gegen das Heer des Herzogs von Cum : berland. — Capitulation von Gloſter Seven . - Forte fchritte der Franzoſen in Niederſachſen und dem Surfürs

ftenthum Hannover.- Das franzöſiſche rom Marſchall Soubiſe angeführte Heer ftößt zum Reichsheere. Glück der Deſtreicher , Hufſen und Schweden .-- Miflis che Lage des Königs von Preußen . - RoßbacherSchlacht.

-Glück der Deftreicher in Schleſien .- Einnahme von Sdneidnis.-Scladt bei Breslau .-- Uebergabe dier

fer Stadt. - Zug des Königs von Preußen nach Schles fien .- Schlacht bei Liffa und RäumungSchleſiens durch

die Deftreicher.-- Kriegsunternehmungen im nördlichen Deutſchland.- Der König von England will die Uebers einkunft von Kloſter Seven nichtgenehmigen. - Die Franzoſen ziehen fich aus einem Theile des lüneburger

und braunſchweiger Landes zurück. Verluſt von Schweidnit. - Pitts Verwaltung und neue Verwen dung Englands für den Fönig von Preußen...

Hundertunddreizehntes Sapitel : Feldzug von 1758. - Glück der Ruffert. - Einnahme von Schweids niß , und Einbruch des Königs von Preußen in Mähs

ren . - Belagerung von Dlműt. - Dauns Plan , Sacha ſen wieder zu nehmen. Zorndorfer Schlacht.- Der König von Preußen febrt nach der Lauſit zurüd .- es -

43

525 Seite

lagerung von Neiße. — Ueberfall von Hochkirchen . Neue Unternehmungen Dauns wegen Sachſens. - Die 265 Heere beziehen die Winterlager. - Laſcy und Laudon. .

> undert undvierzehntes sia pitel:Marie Thereſie wird mächtig von ihren Bundesfreunden unterſtüßt.

verſailler Vertrag.- Glüd der Franzoſen. Neuer Bewegungen des öftrei chirchen , ruffiſden und preußis ſchen Heers.-- Schlacht bei Kunersdorf und gänzliche Niederlage des Königs von Preußen .- Michelligkeiten

zwiſchen den Deſtreichern und Ruſſell. - Prinz Heinrich Kindert ſie ſich an einander zu ſchließen . - Friedrich er hebt ſich von ſeinem Fall und deitt Niederſchleſien. Der ruſſiſche Feldherr SoltiFoif zieht ſich nac, Pohlen zurüc. - Striegsunternehmungen in Sachſen.--- Dress denguebergabe.:-Feldmarſchall DaunsBewegungen. Gefecht bei Maren .- Winterfeldzug .

275

Hundertund fünfzehntes lapitel:Scrierige Lage des Königs von Preußen.-Fouquets Niederlage bei Landshut.-- Uebergabe von Glaz.- Striegsunterneh mungen in Sachſen, der Lauſik und Niederſihleſien.

Einfall in das Brandenburgiſche und Einnahme von

Berlin . – Weitere Unternehmungen in Sachſen. - Nie derlage der Deſtreicher bei Torgau. - Georg II . , König von England , ſtirbt.- Günſtige Geſinnung des Königs von Spanien für das Haus Deſtreich . Hundertundre ch zehntes Stapitel: Plan des Feld Zugs für das Jaħr 1761. - Widerſtrebender Sinn und .

283

Zweck am petersburger Hofe.-- Striegsunternehmungen

in Schleſien. - Einnahme von Schweidniß. -uebers gabe von Kolberg. — Kriegsunternehmungen in Sachs fen.-- Verzweiflung des Königs von Preußen .-- Welt phäliſcher Feldzug. - PittsZurückziehung und im britti 296

ſchen Staatsrath erfolgte Veränderung .

Hundertund ſiebzehntes Kapitel: Tod der ruſſi fihen Kaiſerinn Eliſabeth und Peters III. Thronbeſtei:

gung . - Erweidet zu Gunſten des Königs von Preußen reine Waffen gegen Deftreich. - Feldzug in Schleſien .Aufſtand in Nußland und Katharinens II. Thronbeſtei gung.- Rüctberufung der ruſſiſchen Schaaren . Belas gerung und Uebergabe von Schweidnik. Striegsunter

nehmungen in Sachſen . - Freiberger Schlacht. - Bewer gungen des Feldmarſchalls Daun und des Königs von

Preußen .- Waffenftiuftand. - Striegsunternehmungen der Franzoſen .-- Unfälle der Spanier . - Friedensſchluß zwiſchen Frankreich , Spanien und England. - Hubertos -

/

burger Friede zwiſchen Deffreich und Preußen..

.

Bundertundadtzehntes Kapitel: Erzherzog Jos

ſeph wird römiſcher König - Tod und Schilderung des Kaiſers Franz.- Marie Thereſiens Schmerz. Jofeph

302

526 Seite II. beſteigt den Reichsthron.-- Wohltätige Stiftungen

und meife Einrichtungen Marie Thereſiens. - Verbeſſe rungen in der Verfaſſung des Heers und Einführung der Conſcription.

510

Hundertundneunzehntes Kapitel: Auguſt III.

!

Stönig von Bohlen , ſtirbt.- Eitle Verſuche Marie Shes reſiens für Sachſen .--Wahl des Grafen Poniatowsky. -

Streit über die Vorrechte der Diſſidenten .- Rußlands Marie Thereſie untets und Preußens Einmiſchung. ftúkt die Katholiſ hen .-- Bürgerkrieg . - Verſchwörung von Barr.-Die ottomanniſche Pforte erklärt Nußland -

den Sirieg .-- Friedrich II.will Poblen zerſtückeln . 3u fammenfunft des Königs und taifers.Bündniß zwi finen Deitreich und der ottomanni hen Pforte.- Künſt

lides Benehmen des Königs von Preußen .- Er ges winnt Nußlands und Deſfreiche Beitritt. — Erſte Zer: ftückelung Pohlens.--Nenderungen in der Verfaffung dieſes Stönigreichs - Neue Ermächtigingen Deftreichs und Preußens.-- stainardier Friede zwiſchen den Ruffen

und Türken .- Erwerb von der Bucowinedurch Deſtreich.517 Hundertundzwanzigftes Kapitel: Glüstliche La ge des Hauſes Deſtreich nach der Theilung von Pohlen.

-Seine Verhältniſſe zum Hauſe Bourbon . - Vermäh lung des Dauphin und der Erzheczoginn Marie Antoi nette. - Syſtem der öffreichiſchen Partei in Frankreich. -Herzog von Choiſeul in Ungnade.--Herzogs von Li.

guilon Miniſterſchaft .--- Ludwigs XVI.Ekronbeſteigung. -Des Grafen von ergonne Miniſterſchaft.- Reiſe des Staiſers nach Franiteiri). Hunderteinindzmanzig it es fapitel : Der Kurs fürſt von Bajern ftirbt.-Erbfolgeftreit.- Strieg zwis ſchen Deffreich und Preußen.- Briefwechſel zwiſchen Jo feph II. und Friedrich II. -- Bergebliche Mühe der .

332

Kaiſerinn Königinn um einen Vergleich . Sie wirkt Frankreichs und Nußlands Vermittelung aus. - Zuſam menkunft in Seſchen .--- Friedensſchluß. . Hundertzweiund :wanzig ftes Stapitel : Unzu : friedenheit des Wiener Hofs mit Frankreichs Benehmen . -Verſuche, ſich England und Rußland wieder zit nähern.

540

--Marie Thereſie will denPufſtand der engliſchen Pflanz ftädte in Amerika gegen ihre Mutterſtadt nicht unter : ftügen . - Gründe dieſer Fürftinn , Ruflands Bündniß

wieder zu fuchen .- Schilderung des petersburger Hofs. -Beſuch des Kaiſers bei Katharina II. - Er vernichtet Preußens Einfluß auf Nußland.-Erzherzog Marimi lian wird Coadjutor von Köln und Münſter. 9

356

Hundettdreiund zwanzigftes Stapitel : Strant heitTod und SchilderungMarieThereſiens.-- IhreNach

kommen . Unter ihrer Regierung erworbene Sändec. 367

527 oeite

Hundertwierundzwanzig ftes.apitel : Iofephs ! I Megierungsantritt. - Scinc Gemütheart.- Statiſti -

ſche Lage des Hauſes Deſtreich . - Peränderungen , wel 1

che Iofeph II . maditund Regierungsſyſtem , das er an nimmt.-- Reife des Papſtes nach Wien .-- Abſchaffung der Lebensknechtſchaft , und neue Auflage aufdie Ländes reien in Deftreich. Joſeph befördert die Pflege der Wiſſenſchaften .-- Stiftungen zu Verbreitung der Wif

ſenſchaften und des öffentlichen Unterrichts . - Anords nungen hinſichtlich des Handels.

376

Hundertfünf und zwanzig ftes stapitel : Zweite Reife Joſephs nach Frankreich -Sinnesänderung dies

ſes Fürſten. - Aufhebung des Barrierevertrage. -

Streit Joſephs mit den vereinigten Provinzen. —- Fon 389

tainebleguer Uebereinkunft.

Hundertredi 8undzwanzig Hteo sapitet :Beſtäti: gung des Bundes zwiſchen Joſeph und Nußland. - Er hilft Statharinen II. die Strimm erobern .

Wil ſeine

Staaten nach der Türkei hin erweitern.- Frankreich

riderſett ſich der Ausführung. - Joſeph ſucht verge -

bens Baiern für die Niederlande einzutauſchen . - Deut

ſcher Bund .-Tod Friedrichs II., Königs von Preußen , und Regierungsantritt Friedrich Wilhelms II. -- Uns freundſchaftliches Benehmen des Wiener Hofs rücs

fichtlid, auf England. - Erneutes Bündniß zwiſchen England und Rugland. - Empörung in Holland. ..396 Hundertrieben und zwanzigftes & apitel: Bon der ruftiſchen Kaiſerinn und Joſeph II. entmorfene Zer

ftückelung der Türkei. --- Katharinens II. Heiſe in ihre neuen Länder. - Zmeiter Beſuch des Kaiſers bei dieſer Fürſtinn:-Die ottomanniſche Pforte erklärt Rufland den Krieg.- Die Deffreicher ſuchen Belgrad zu überrum peln .- Joſeph II. erklärt der ottomanniſchen Pforte den Krieg. - Schlechte Erfolge der Deftreicher im Feldzuge

von 1788. - Unternehmungen Laudons und des Prinzen pon Koburg .

Die Jürfen fallen in die Geſpann:

ſchaft Temeswar ein .-- Schimpflicher Rückzug des Kai fers .- Strieg zwiſchen Rußland und Schweden . - Feld 1 zug von 1789. — Tod des Sultans Abdul Hamid und Thronbeſteigung Sultans Selim . - Ungnade des Großs veziers .-- Zaudons und des Prinzen von Koburg Glück. Iraurige Lage der Sürfen . - Englands und Preits

Bens Einmiſchung. - Franzöſiſche Revolution. Hundertach tund zwanzig ftes Kapitel: Perfaf fung deröftreichiſchen Niederlande. - Von Joſeph ges machte Neuerungen. - Augemeine Unzufriedenheit. Die brabanter Stände ſenden Abgeordnete nach Wien. Joſephs Verſteung.- Trautmannsdorf wird erſter bes

pollmächtigter Miniſter und Alton Befehlshaber der

405

528 Seite

Schaaren in den Niederlanden. - Abermahlige Bemü hung des Kaiſers , reine Neuerungen einzuführen .-- Em Rückzug der öftreichiſchen

pörung der Niederlande .

Schaaren - Stiftung des belgiſchen Bundes .

422

Hundertneunundzwanzigſtes Kapitel : Unrus ben in den Offreichiſden Erblanden , beſonders in uns /

garn. -Iofephs II. abnehmende Geſundheit.

· Preus

Bens drohender Anblick Deſireich gegenüber. - Joſeph

gibt den Ungarn die Reichskleinodien wieder.-- rant heit , Tod und Schildering diefes Fürſten. hundertunddreißigtes fapitel: Leopolds II. Segierungsantritt.-- Sein kluges Benehmen. - Anges .

2010

inüpfte Hinterhandlungen mit Prettfen und England.-

Reichenbacher Vertrag .- Waffenntilſtand mit den Sürs ken .- Sziſtorter Friede. - Sincendes Anſehen des Fürs ften Staunis..

Leopold II. wird zum deutſchen Kaiſer

erwählt und gekrönt .

451

Hunderteinunddreißigſies Kapitel: Leopold II . ftiut die unzufriedenheit in den Erbländern . — uingari ( che Angelegenheiten . - Gewaltſames Verfahren und Fordern auf dem Reichstage dafelbft .---Leopolds Klugs

heit und Feſtigkeit.-- Er wird König von Ungarn .-- Er gewinnt das zutrauen des ungariſchen Bolts. $ undertzwei unddreißigfte stap itel: Leopolds Benehmen in Hinſicht der belgiſchen Provinzen . Ver mittelung der Seemächte und Preußens. — Haager Zu •

464

fammenkunft. - Gegenempörung in den Niederlans den. - Haager Vertrag. - Leopolds II. Einweihung

als Fürſt derbelgiſchen Provinzen. Die vermittelnden Mächte nehmen ihre Gewähr zurück. Neue Gährung der Gemüther . - Leopolos Abſichten... 471

Hundertdréiunddreifi g fees Kapitel : Streit über die Lehnsrechte der Deutſchen Fürſten, welche Beſit zungen in Frankreich hatten - Leopolds II. Entwürfe zu Ludwigs XVI. Befreiung. - Flucht von Varennes.

Umlaufsſchreiben Leopolds an mehrere Mächte Euro pas.-- Vergebliche Bemühungen bei England. --Seine Verhältniſſe zu Preußen .-- Pilniger Zuſammenkunft. Bemühungen , Frankreich in Krieggegen Deſtreich zu verwideln.- Fortgefegter Streit über die Lehnsrechte der deutſchen Fürften und Klagen über das Anfammeln der Auswandernden oder Ausgewanderten. - Leopolds Antwort auf eineLadung Frankreichs .- Sod , Schilde nung und Radkommen dieſes Fürften .

- 479

úrſten.

1 Joſep be, Marie Caro : Marie Ant o. 1751 line geb. , , geb. 1752 , nie , geb. 1755 ,

,

1767 .

'

merm. 1768 mit vermählt mit Cud:

Ferdinand IV.Kó: wig XVI. König

nig beider Sicilien o . Frankreid ), # 1814 .

1793 .

iegs beſtand der Regierung leopolds II. Friedensfu 5 von 1777 . E

168,769 6,765

ie , Pontonnier3 2c.

47,169 Dumme 222,703,

linter Leopold II. beſtand das Herr wie folgt : & uvole.

Hegimenter Deutſche. Ungarti.

Siebenbürgent. Wallonien. Italiener.

Artillerie, ju Beratungen ,

Gränzreşimenter. im Ganzen

Matin

220,000

Reiter ein

Regimenter fdwere Reiterei . Dragoner und Huſarent. ublanen . im Ganzen

50,000 Summe 270,000 .

ieß ungeheure Heer ward mittelſt der Militárconſcription welde Joſeph II. in allen oftreidifchen Ländern, ausges i Tyrol, den Niederlanden und den ungariſchen Landidaf

ihrte. Jede Landſchaft war in eine gewiſſe Zahl Kreiſe, , wieder in vier Bezirke getheilt. Man nahm eine 3äb . er Häuſer und der ſie bewohnenden Perſonen vor. Jedes It hatte ſeinen Kreis , jedes Bataillon ſeinen Bezire, we liedenszeiten gewöhnlid, im Quartier war. Ausgenom • en nur der Adel und wer nidyt groß genug war , die Site und die Arbeiter, in manden Manufacturen . onge Soldaten hatte die Erlaubnig , 10 Monathe im Jahr Heerd zu verleben . Zu den jährlichen Muſterungen und erief mau fie ein . Die, welche die Vorredyt genoſſen, be:

hrlich nur 10 Fl. Cobuung, was für den Stadt ein parruß war: