Wertorientierte Steuerung von Geschäftsbereichen: Ein Modell zur integrierten Rendite-/Risikobeurteilung auf der Basis des VaR [1 ed.] 9783896444363, 9783896734365

Die Steuerung von Geschäftsbereichen wird gegenwärtig intensiv diskutiert. Insbesondere bei größeren Unternehmen finden

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Wertorientierte Steuerung von Geschäftsbereichen: Ein Modell zur integrierten Rendite-/Risikobeurteilung auf der Basis des VaR [1 ed.]
 9783896444363, 9783896734365

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Schriftenreihe Finanzmanagement Hrsg.: Prof. Dr. Reinhold Hölscher

Hendrik Kunz

Wertorientierte Steuerung von Geschäftsbereichen

Verlag Wissenschaft & Praxis

Wertorientierte Steuerung von Geschäftsbereichen

Schriftenreihe Finanzmanagement Herausgeber: Prof. Dr. Reinhold Hölscher

Band 11

Hendrik Kunz

Wertorientierte Steuerung von Geschäftsbereichen Ein Modell zur integrierten Rendite-/ Risikobeurteilung auf der Basis des VaR

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

D 386 ISBN 978-3-89673-436-5 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2007 75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

5

Geleitwort Die Steuerung von Geschäftsbereichen steht gegenwärtig im Zentrum einer intensiven Diskussion. Insbesondere bei größeren Unternehmen kommt es durch Umstrukturierungen, Akquisitionen oder Desinvestitionen zu permanenten Umschichtungen des Geschäftsbereichsportfolios. Diese Steuerungsaktivitäten müssen vor dem Hintergrund der zentralen Zielsetzung eines Unternehmens getroffen werden. Da sich die meisten Unternehmen in den letzten Jahren einer wertorientierten Unternehmensführung verschrieben haben, hat auch die Geschäftsbereichssteuerung immer vor dem Hintergrund der Wertorientierung zu erfolgen. Im Rahmen der Überlegungen zur wertorientierten Unternehmensführung wurden in den letzten Jahren eine Reihe von wertorientierten Kennzahlenkonzepten (z.B. EVA, CFROI) entwickelt, die auch zur Geschäftsbereichssteuerung eingesetzt werden. An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit an. Der Verfasser untersucht die Eignung der wertorientierten Kennzahlenkonzepte zur Geschäftsbereichssteuerung anhand eines von ihm entwickelten Anforderungskatalogs. Ein Schwerpunkt der Analyse liegt auf der Erfassung der Risiken im Rahmen der wertorientierten Kennzahlenkonzepte. Hierbei nutzen diese Konzepte grundsätzlich das Capital Asset Pricing Modell (CAPM). Der Verfasser zeigt die Probleme des CAPM und die damit verbundenen möglichen Fehlsteuerungen auf. Basierend auf den zentralen Schwachpunkten der weit verbreiteten wertorientierten Kennzahlenkonzepte, entwickelt der Verfasser einen innovativen Ansatz zur Geschäftsbereichsbeurteilung. Hierbei greift er auf den Value at Risk (VaR), eine im Bankbereich weit verbreitete Kennzahl zur Risikoquantifizierung, zurück. Durch die Integration des VaR in die Geschäftsbereichsbeurteilung ist nicht nur die Erfassung der spezifischen Rendite-/Risikostruktur eines Geschäftsbereichs möglich, der VaR stellt darüber hinaus ebenfalls eine Verknüpfung zwischen dem

6

Geleitwort

Bewertungsansatz und den vorzuhaltenden Risikodeckungsmassen her. Anhand eines Beispielunternehmens wird die Geschäftsbereichsbeurteilung und -steuerung mithilfe des entwickelten Ansatzes anschaulich verdeutlicht. Der Verfasser hat sich mit einem gleichermaßen aktuellen wie komplexen Themenbereich auseinander gesetzt und die Diskussion um die Steuerung von Geschäftsbereiche um einen innovativen, viel versprechenden Ansatz erweitert. Ich wünsche dieser Arbeit, dass sie der Wissenschaft und Praxis neue Impulse vermittelt und damit einerseits als Grundlagen weiterer Forschungsarbeiten dient, andererseits aber auch die Geschäftsbereichssteuerung in Unternehmen wesentlich beeinflussen wird.

Kaiserslautern, im Juni 2007

Reinhold Hölscher

7

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzdienstleistungen und Finanzmanagement der Technischen Universität Kaiserslautern und wurde vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften im Wintersemester 2006/2007 als Dissertation angenommen. Ich möchte all denen danken, die am erfolgreichen Abschluss dieses herausfordernden Projektes mitgewirkt haben. An erster Stelle richtet sich mein Dank an meinen geschätzten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Reinhold Hölscher, der mich während meiner Zeit am Lehrstuhl unterstützt und gefördert hat. In zahlreichen Diskussionen hat er den Fortgang der Dissertation vorangetrieben und letztlich wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Darüber hinaus weiß ich den von ihm ermöglichten Dozentenaustausch mit der Universität in Calgary (Kanada) im Wintersemester 2005/2006 sehr zu schätzen. Mein Dank gilt ebenfalls meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl für das angenehme und freundschaftliche Arbeitsklima sowie die konstruktive Zusammenarbeit während der Promotionszeit. Besonders zu erwähnen sind hierbei Herr Professor Dr. Christian Kalhöfer und Herr Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Hornbach, die sich intensiv meiner Arbeit gewidmet haben und durch Ihre Anmerkungen einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen des Projektes geliefert haben. Ebenso möchte ich mich bei Herrn Dr. Markus Kremers bedanken, der mich in der konzeptionellen Phase der Arbeit durch seine (mitunter schonungslos offen formulierte) Kritik, gleichzeitig aber auch durch sehr fruchtbare Diskussionen wesentlich vorangebracht hat.

8

Vorwort

Abschließend gilt mein herzlicher Dank meinen Eltern, die mich während der Promotionszeit jederzeit und vorbehaltlos unterstützt haben. Ihnen ist daher die Arbeit gewidmet.

Kaiserslautern, im Mai 2007

Hendrik Kunz

9

Inhaltsverzeichnis ABBILDUNGSVERZEICHNIS ..................................................................... 15 ABKÜRZUNGS- UND SYMBOLVERZEICHNIS ........................................... 21 EINLEITUNG ............................................................................................. 27 1. TEIL: RENDITE UND RISIKO ALS ZENTRALE DETERMINANTEN EINER GESCHÄFTSBEREICHSSTEUERUNG ............................. 31 A. Bewertungsgrundlage von Geschäftsbereichen .........................................31 I. Wesen und Funktion von Geschäftsbereichen ........................................31 1. Begriff und Struktur einer Geschäftsbereichsorganisation ................31 2. Elemente einer Geschäftsbereichsorganisation..................................33 3. Vor- und Nachteile einer Geschäftsbereichsorganisation..................37 II. Konzeptioneller Rahmen einer Geschäftsbereichsbeurteilung................41 1. Die zentrale unternehmerische Zielsetzung.......................................41 2. Rendite und Risiko als zentrale Determinanten der Wertorientierung..........................................................................44 3. Anforderungen an eine wertorientierte Geschäftsbereichsbeurteilung ............................................................46 III. Die traditionellen Perioden-Erfolgsgrößen des Rechnungswesens .........51 1. Der Geschäftsbereichserfolg der Kosten- und Leistungsrechnung (internes Rechnungswesen) ...............................................................51 2. Die Segmentberichterstattung (externes Rechnungswesen) ..............57 3. Kritische Würdigung der traditionellen Erfolgsgrößen des Rechnungswesens zur Geschäftsbereichssteuerung ..........................61 IV. Barwertorientierte Bewertung .................................................................63 1. Die Bedeutung von Perioden- und Barwertgrößen im Rahmen der Geschäftsbereichssteuerung .....................................63 2. Zentrale Barwertkalküle der Investitionsrechnung............................66 3. Kritische Würdigung der Barwertkalküle zur Geschäftsbereichssteuerung.........................................................75 B. Erfassung von Risiken in Geschäftsbereichen ...........................................79 I. Die wachsende Bedeutung der Risikodimension in der Unternehmenspraxis .....................................................................79

10

Inhaltsverzeichnis

1. Unternehmensschieflagen und Unternehmensinsolvenzen in den letzten Jahren ..........................................................................79 2. Gesetzliche Vorschriften zum Risikomanagement............................83 3. Konsequenzen für das Risikomanagement von Geschäftsbereichen.....................................................................86 4. Der Begriff des Risikos .....................................................................89 II. Traditionelle, symmetrische Risikokennzahlen.......................................91 1. Standardabweichung, Varianz und Kovarianz...................................91 2. Eignung traditioneller Risikomessverfahren zur Beurteilung von Geschäftsbereichen.....................................................................99 III. Die asymmetrische Risikokennzahl Value at Risk................................102 1. Wesen und Einflussfaktoren des Value at Risk ...............................102 2. Verfahren zur Ermittlung des Value at Risk....................................106 3. Der Value at Risk zur Ermittlung des Geschäftsbereichsrisikos .....110 C. Ansätze zur gemeinsamen Erfassung von Rendite und Risiko...............115 I. Risikoadjustierte Performance-Kennzahlen ..........................................115 1. Grundlagen risikoadjustierter Performance-Kennzahlen.................115 2. Return on Risk Adjusted Capital (RORAC)....................................117 3. Risk Adjusted Return on Capital (RAROC)....................................119 II. Entscheidungsorientierte Ansätze der klassischen Investitionsrechnung .............................................................................124 1. Risiko-Erwartungswertprinzip (P/V-Prinzip) ..................................124 2. Bernoulli-Prinzip .............................................................................128 III. Kapitalmarktorientierte Eigenkapitalkostenkonzepte............................133 1. Systematisierung der Ansätze..........................................................133 2. Traditionelle kapitalmarkttheoretische Ansätze ..............................134 3. Moderne kapitalmarkttheoretische Ansätze.....................................136

2. TEIL: WERTORIENTIERTE KENNZAHLEN ZUR INTEGRIERTEN RENDITE-/RISIKOSTEUERUNG VON GESCHÄFTSBEREICHEN ................................................ 143 A. Darstellung und Vergleich zentraler wertorientierter Kennzahlenkonzepte ..................................................................................143 I. Grundlagen wertorientierter Unternehmensführungskonzeptionen ......143 1. Entwicklung wertorientierter Unternehmensführungskonzeptionen ..............................................143

Inhaltsverzeichnis

11

2. Das Discounted Cashflow Verfahren als grundlegende Konzeption der wertorientierten Kennzahlen......................................................145 3. Bestimmung periodischer Wertbeiträge ..........................................149 II. Ausgewählte wertorientierte Kennzahlenkonzepte ...............................153 1. Economic Value Added (EVA) .......................................................153 2. Cash Value Added (CVA)...............................................................160 3. Earnings less riskfree Interest Charge (ERIC)..................................165 4. Vergleich der wertorientierten Konzepte.........................................171 III. Die wertorientierten Kennzahlen zur Bestimmung des Wertbeitrags eines Geschäftsbereichs ........................................................................175 1. Zielkongruenz der wertorientierten Planungsansätze zum DCF-Verfahren ........................................................................175 2. Probleme bei der Übertragung der wertorientierten Konzepte auf die Geschäftsbereichsebene.......................................................181 3. Die Bestimmung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze ...........................................................................182 B. Das CAPM zur Risikoerfassung von Geschäftsbereichen.......................186 I. Grundzüge des Capital Asset Pricing Models .......................................186 1. Portfoliotheorie von Markowitz als Grundlage des CAPM.............187 2. Die Kapitalmarktlinie (KML)..........................................................193 3. Die Wertpapierlinie (SML) .............................................................197 II. Generelle Problemfelder des CAPM.....................................................200 1. Der restriktive Prämissenkatalog des CAPM ..................................200 2. Die Bestimmung der Inputparameter in der Praxis..........................204 3. Empirische Validierung des CAPM ................................................209 III. Das CAPM zur Geschäftsbereichssteuerung.........................................211 1. Differenzierte vs. undifferenzierte Kalkulationszinssätze ...............211 2. Bestimmung der geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten .......216 3. Praxis-Ansätze zur Ableitung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze ...........................................................................220 4. Kritische Würdigung des CAPM zur Risikoerfassung von Geschäftsbereichen...................................................................225 C. Kritische Würdigung und Weiterentwicklung der wertorientierten Kennzahlen zur Geschäftsbereichssteuerung ..........................................229 I. Kritische Würdigung der wertorientierten Ansätze...............................229 1. Überprüfung des Anforderungskatalogs..........................................229

12

Inhaltsverzeichnis

2. Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der wertorientierten Kennzahlen......................................................236 II. Definition des Risikoabschlags auf der Basis des Risikotragfähigkeitskalküls.............................................................238 1. Risikozuschlagsmethode versus Sicherheitsäquivalentmethode......238 2. Bestimmung des Risikoabschlages..................................................243 3. Konsequenzen des alternativen Risikoabschlages ...........................251 III. Die Integration der Zinsstruktur in den Bewertungsansatz ...................254 1. Wahl des risikolosen Zinssatzes ......................................................254 2. Ein Beispiel zur Verdeutlichung des Einflusses der Zinsstruktur....256

3. TEIL: INTEGRIERTE RENDITE-/RISIKOSTEUERUNG VON GESCHÄFTSBEREICHEN AUF BASIS DES VAR...................... 259 A. Geschäftsbereichsbeurteilung auf stand-alone-Basis ..............................259 I. Ermittlung der Erfolgskomponente.......................................................259 1. Direkte Methode zur Bestimmung der Erfolgskomponente ............259 2. Daten des Beispielfalls ....................................................................261 3. Berechnung der erwarteten Cashflows für den Beispielfall.............268 II. Ermittlung der Risikokomponente ........................................................270 1. Ableitung des Verlustpotentials mithilfe der Monte-Carlo-Simulation............................................................270 2. Der Eigenkapitalkostensatz auf Unternehmensebene ......................278 3. Bestimmung der Risikoabschläge....................................................286 III. Der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs auf stand-alone-Basis ..........290 1. Ermittlung des Wertbeitrages ..........................................................290 2. Zusammensetzung des Wertbeitrages..............................................293 3. Schwachpunkte des Wertbeitrags auf stand-alone-Basis.................297 B. Geschäftsbereichsbeurteilung unter Berücksichtigung der Portfoliostruktur..................................................................................299 I. Die Berücksichtigung von Risikoverbundeffekten mithilfe von Korrelationen ....................................................................299 1. Die Korrelationskoeffizientenmatrix (Risikomatrix).......................299 2. Ermittlung der Korrelationskoeffizienten von Geschäftsbereichen...................................................................301 3. Erweiterte Datenbasis des Beispielfalls...........................................306 4. Der Gesamtunternehmens-VaR unter Berücksichtigung von Korrelationen............................................................................307

Inhaltsverzeichnis

13

II. Alternative Ansätze zur VaR-Ermittlung von Geschäftsbereichen .......310 1. Der stand-alone VaR .......................................................................310 2. Der adjustierte VaR .........................................................................313 3. Der marginale VaR..........................................................................315 4. Vergleich der Ansätze zur Bestimmung des Geschäftsbereichs-VaR .............................................................321 III. Auswirkungen der Portfoliostruktur auf den Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs ........................................................................324 C. Kritische Würdigung des vorgestellten Ansatzes.....................................329 I. Überprüfung des Anforderungskatalogs ...............................................329 II. Beurteilung des Bewertungsansatzes als Steuerungsgrundlage ............337 III. Weiterer Forschungsbedarf ...................................................................344

ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................. 347 LITERATURVERZEICHNIS ..................................................................... 353

15

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Struktur der Geschäftsbereichsorganisation .............................32

Abbildung 2:

Beispiel einer Produkt-Markt-Segmentierung ..........................33

Abbildung 3:

Vor- und Nachteile einer Geschäftsbereichsorganisation .........40

Abbildung 4:

Kriterien des Anforderungskatalogs .........................................50

Abbildung 5:

Innerbetriebliche vertikale und horizontale Leistungsbeziehungen...............................................................53

Abbildung 6:

Geschäftsbereichserfolg (keine Berücksichtigung der internen Lieferbeziehungen)...............................................54

Abbildung 7:

Geschäftsbereichserfolg (Vollkosten).......................................55

Abbildung 8:

Geschäftsbereichserfolg (Vollkosten zuzüglich Gewinnzuschlag) ......................................................................55

Abbildung 9:

Inhalte eines IAS-konformen Segmentberichts ........................58

Abbildung 10:

Segmentbericht der Deutschen Lufthansa AG (Ausschnitt) .....59

Abbildung 11:

Betrachtungsperspektiven einer Geschäftsbereichsbeurteilung ...................................................66

Abbildung 12:

Ein- und Auszahlungen des Beispielsfalls................................68

Abbildung 13:

Zinsstrukturkurven....................................................................71

Abbildung 14:

Zahlungsreihe des Fallbeispiels ................................................72

Abbildung 15:

Aktuelle Zinsstruktur ................................................................73

Abbildung 16:

Ermittlung des marktzinsorientierten Kapitalwertes durch retrogrades Abzinsen ......................................................73

Abbildung 17:

Zerobond-Abzinsfaktoren.........................................................74

Abbildung 18:

Risikofaktoren ..........................................................................81

Abbildung 19:

Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen.............................82

Abbildung 20:

Prozess des Risikomanagements ..............................................86

Abbildung 21:

Unterscheidung von Risiken hinsichtlich ihrer Wirkung..........91

Abbildung 22:

Kapitalwerte in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung..............................................................................93

16

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 23:

Kapitalwerte zweier Geschäftsbereiche in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung .............................................95

Abbildung 24:

Erwartungswert und Standardabweichung von Geschäftsbereich A und B .................................................95

Abbildung 25:

Standardabweichung bei unterschiedlichen Korrelationskoeffizienten .........................................................98

Abbildung 26:

Beispiel einer linksschiefen Verteilung ..................................100

Abbildung 27:

Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktwertänderungen .....103

Abbildung 28:

Ermittlung des VaR ................................................................107

Abbildung 29:

Wahrscheinlichkeitsverteilung des Kapitalwertes ..................112

Abbildung 30:

Beispiel zur RORAC-Berechnung..........................................118

Abbildung 31:

Beispiel zur RAROC-Berechnung..........................................121

Abbildung 32:

Nettoergebnis-Risiko-Diagramm für den Beispielfall ............122

Abbildung 33:

Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kapitalwerte des Beispielfalls......................................................................125

Abbildung 34:

Erwartungswert und Standardabweichung der Geschäftsbereiche.............................................................125

Abbildung 35:

Indifferenzkurven für unterschiedliche Risikopräferenzen.....126

Abbildung 36:

Risikonutzen der Geschäftsbereiche des Beispielfalls............127

Abbildung 37:

konvexe Nutzenfunktion.........................................................130

Abbildung 38:

konkave Nutzenfunktion.........................................................131

Abbildung 39:

Ermittlung des Gesamtnutzen nach dem Bernoulli-Prinzip....132

Abbildung 40:

Kapitalmarktorientierte Eigenkapitalkostenkonzepte .............134

Abbildung 41:

alternative DCF-Verfahren .....................................................146

Abbildung 42:

Wertschaffung und -vernichtung von Geschäftsbereichen am Beispielfall........................................................................151

Abbildung 43:

Herleitung der NOA im EVA-Konzept ..................................155

Abbildung 44:

Herleitung des NOPAT im EVA-Konzept .............................157

Abbildung 45:

Ermittlung des Unternehmenswertes im EVA-Konzept .........159

Abbildung 46:

Ermittlung der Bruttoinvestitionsbasis im CVA-Modell ........161

Abbildung 47:

Ermittlung des Brutto Cashflow im CVA-Modell..................162

Abbildungsverzeichnis

17

Abbildung 48:

Vergleich von herkömmlichem Wertbeitrag und ERIC ..........169

Abbildung 49:

Basisgrößen der Konzepte ......................................................171

Abbildung 50:

prognostizierter Free Cashflow des Beispielfalls....................176

Abbildung 51:

Ermittlung der EVA’s.............................................................176

Abbildung 52:

Ermittlung der CVA’s.............................................................177

Abbildung 53:

Ermittlung der ERIC-Sicherheitsäquivalente ..........................178

Abbildung 54:

Vergleich der verschiedenen Verfahren..................................179

Abbildung 55:

Kumulierte, diskontierte FCF, EVA, CVA und SÄ(ERIC).....180

Abbildung 56:

Daten des Beispielfalls ...........................................................188

Abbildung 57:

Erwartungswert-Standardabweichungsdiagramm für den Beispielfall .................................................................189

Abbildung 58:

Ermittlung optimaler Portfolios mithilfe von Indifferenzkurven ............................................................191

Abbildung 59:

Die Minimum-Varianz-Grenze von risikobehafteten Wertpapieren.........................................192

Abbildung 60:

Kapitalmarktlinie (KML)........................................................195

Abbildung 61:

Ermittlung der Gewichtung von risikoloser Anlage und Marktportfolio .................................................................196

Abbildung 62:

Wertpapierlinie (SML) ...........................................................199

Abbildung 63:

Ausprägungen des E-Faktors ..................................................199

Abbildung 64:

Charakteristische Linie des Wertpapiers i ..............................207

Abbildung 65:

Probleme undifferenzierter Kapitalkosten ..............................212

Abbildung 66:

Rendite-Risiko-Kennzahlen im CAPM ..................................215

Abbildung 67:

Prognose der Marktrendite .....................................................216

Abbildung 68:

Prognose der Rendite des Geschäftsbereichs..........................217

Abbildung 69:

Berechnung der Kovarianz .....................................................218

Abbildung 70:

Die Überrendite des Geschäftsbereichs ..................................219

Abbildung 71:

Kriterienraster der BCG zur Bestimmung des Geschäftsbereichsrisikos ..................................................224

Abbildung 72:

Erfüllungsgrad der Anforderungen.........................................235

Abbildung 73:

Systematisierung der Planungsansätze ...................................238

18

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 74:

Berechnung des Barwertes nach der Risikozuschlagsmethode ..................................................239

Abbildung 75:

Berechnung des Barwertes nach der Sicherheitsäquivalentmethode ..........................................240

Abbildung 76:

Wahrscheinlichkeitsverteilung der Rückflüsse des Beispielfalls......................................................................244

Abbildung 77:

Verzinsungsansprüche der Anteilseigner................................248

Abbildung 78:

Zinsstrukturkurve....................................................................256

Abbildung 79:

Zinssätze und zugehörige Zerobondabzinsfaktoren................257

Abbildung 80:

Sicherheitsäquivalente des Beispielfalls .................................257

Abbildung 81:

Prognose der Deckungsbeiträge für Produkte A und B ..........263

Abbildung 82:

Bedingte Wahrscheinlichkeitsverteilungen ............................264

Abbildung 83:

Prognose der Absatzzahlen für Produkte A und B .................266

Abbildung 84:

Prognose der Fixkosten des Geschäftsbereichs ......................267

Abbildung 85:

Zinsstruktur des Beispielfalls .................................................268

Abbildung 86:

Erwartungswerte der Inputgrößen ..........................................269

Abbildung 87:

Erwartete Cashflows des Geschäftsbereichs...........................270

Abbildung 88:

Dichte- und Verteilungsfunktion von Deckungsbeitrag A......273

Abbildung 89:

Simulative Ermittlung der Ausprägung des Deckungsbeitrages............................................................274

Abbildung 90:

Zusammenhang zwischen Zufallszahl und Ausprägung des Inputparameters ................................................................274

Abbildung 91:

Ausprägungen der Inputparameter für einen Simulationsdurchlauf ....................................................275

Abbildung 92:

Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns des ersten Jahres .....................................................................276

Abbildung 93:

Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Perioden zwei bis fünf ......................................................277

Abbildung 94:

Verlustpotentiale der einzelnen Perioden ...............................278

Abbildung 95:

Gegenüberstellung der Ansätze zur Ableitung der Eigenkapitalkosten............................................................286

Abbildung 96:

Schema zur Ermittlung des Risikoabschlages ........................287

Abbildungsverzeichnis

19

Abbildung 97:

Ermittlung der 1-jährigen Forward Rate zum Zeitpunkt t=1 ..288

Abbildung 98:

Ermittlung der 1-jährigen Forward Rate zum Zeitpunkt t=2 ..289

Abbildung 99:

1-Jahres-Forward-Rates..........................................................290

Abbildung 100: Berechnung des Risikoabschlages für den Beispielfall ..........290 Abbildung 101: Ermittlung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs auf stand-alone-Basis..............................................................291 Abbildung 102: Ermittlung der Sicherheitsäquivalente des Beispielfalls.........292 Abbildung 103: Positionierung von Geschäftsbereich A im Rendite-Risiko-Diagramm (stand-alone-Perspektive)............295 Abbildung 104: Periodengewinn in Abhängigkeit verschiedener Szenarien....303 Abbildung 105: Branchen-Risikomatrix...........................................................305 Abbildung 106: VaR99% auf stand-alone-Basis für alle Geschäftsbereiche des Unternehmens...................................................................307 Abbildung 107: stand-alone-VaR der vier Geschäftsbereiche..........................311 Abbildung 108: Verdeutlichung des Diversifikationseffektes für das Beispielunternehmen ..................................................312 Abbildung 109: Adjustierte VaR der vier Geschäftsbereiche...........................314 Abbildung 110: Die adjustierten VaR der Geschäftsbereiche für die Perioden 1 bis 5...........................................................315 Abbildung 111: Marginale VaR der vier Geschäftsbereiche ............................317 Abbildung 112: Die marginalen VaR der Geschäftsbereiche für die Perioden 1 bis 5...........................................................317 Abbildung 113: Verrechnung der Kostenlücke beim W-Verfahren ...................320 Abbildung 114: Die verschiedenen Verfahren zur Bestimmung des VaR des Geschäftsbereichs A .........................................................321 Abbildung 115: Eignung der alternativen VaR-Verfahren zur Risikomessung..................................................................323 Abbildung 116: Berechnung der Sicherheitsäquivalente bei Unterstellung des marginalen VaR................................................................325 Abbildung 117: Positionierung von Geschäftsbereich A im Rendite-RisikoDiagramm (Berücksichtigung des Diversifikationseffektes) ..326

20

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 118: Unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsverteilungen mit dem gleichen VaR ..........................................................................333 Abbildung 119: Erfüllungsgrad der Anforderungen.........................................336 Abbildung 120: Abgleich von Risikokapital und Eigenkapital ........................338 Abbildung 121: Beispielhafter Zusammenhang zwischen Restausfallrisiko und Rating-Klasse...................................................................340 Abbildung 122: Portfolio-Diagramm ................................................................342

21

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis D

von der Marktrendite unabhängiger Renditebestandteil eines Wertpapiers

a

Risikoabschlagskoeffizient

A

Auszahlung

AB

Abschreibungen

APT

Arbitrage Pricing Theory

APV

Adjusted Present Value

aVaR

adjusted VaR

E

unternehmensspezifischer Risikofaktor

b

Sensitivität eines Wertpapiers gegenüber einem Faktor F

BCF

Brutto Cashflow

BI

Brutto-Investitionsbasis

bvps

Buchwert des Eigenkapitals pro Aktie

bzgl.

bezüglich

C0

Kapitalwert

CAPM

Capital Asset Pricing Model

CF

Cashflow

CFROI

Cashflow Return on Investment

CMH

Coherent Market Hypothesis

cov

Kovarianz

CVA

Cash Value Added

D

Dividendenzahlung

DAX

Deutscher Aktienindex

DB

Deckungsbeitrag

DCF

Discounted Cashflow

DCVA

Diskontierter Cash Value Added

DEVA

Diskontierter Economic Value Added

22

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

DFCF

Diskontierter Freier Cashflow

d.h.

das heißt

DJ

Dow Jones

DS

Deckungsspanne

DSÄ(ERIC) Diskontiertes ERIC-Sicherheitsäquivalent H

wertpapierspezifische, zufällige Störgröße

E

Einzahlung

EaR

Earnings at Risk

EBIAT

Earnings before Interest after Taxes

EBIT

Earning before Interest and Taxes

EK

Eigenkapital

ERIC

Earnings less riskfree Interest Charge

E(r)

erwartete Rendite

etc.

et cetera

EVA

Economic Value Added

F

Faktor

fdps

Dividendenprognose pro Aktie

feps

prognostizierter Gewinn pro Aktie

FCF

Free Cashflow

FK

Fremdkapital

FROEt

prognostizierter Return on Equity

g

Wachstumsrate

G

Gewinngröße

GB

Geschäftsbereich

GE

Geldeinheit

ggfs.

gegebenenfalls

GK

Gesamtkapital

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

HGB

Handelsgesetzbuch

Hrsg.

Herausgeber

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

i

Kalkulationszinssatz

I0

Investitionsauszahlung

IAS

International Accounting Standards

IC

Invested Capital

k

Gesamtkapitalkostensatz

K0

Aktienkurs zum Zeitpunkt t=0

kEK

Eigenkapitalkostensatz

Kfix

fixe Kosten

kFK

Fremdkapitalkostensatz

KGV

Kurs-Gewinn-Verhältnis

KL

Kostenlücke

KML

Kapitalmarktlinie

KonTraG

Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich

kvar

variable Kosten

O

Adjustierungsfaktor

P

Erwartungswert

M3

drittes Moment einer Verteilung

ME

Mengeneinheit

Mio.

Millionen

MVA

Market Value Added

mVaR

marginaler VaR

NCF

Nachhaltiger Cashflow

NOA

Net Operating Assets

NOPAT

Net Operating Profit after Taxes

Nr.

Nummer

öA

ökonomische Abschreibung

OS

Oberschranke

)

Risikopräferenzfunktion

p

Eintrittswahrscheinlichkeit

U

Korrelationskoeffizient

23

24

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

R

Rückfluss

RA

Risikoabschlag

RAROC

Risk Adjusted Return on Capital

resp.

respektive

rf

risikoloser Zinssatz

RI

Residualgewinn

ROIC

Return on Invested Capital

RORAC

Return on Risk Adjusted Capital

RW

Risikowert

V

Standardabweichung

V

2

Varianz

s

Steuersatz

S.

Seite



Sicherheitsäquivalent

SML

Wertpapierlinie bzw. Security Market Line

t

Zeitpunkt

T

Planungshorizont

T€

Tausend €

TransPuG

Transparenz und Publizitätsgesetz

U(E)

Nutzen des Ereignisses E

ÜR

Überrendite

US-GAAP

United States Generally Accepted Accounting Principles

u.U.

unter Umständen

V

Verschuldungsgrad

V0

Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs

VEBörse

Börsenkapitalisierung eines Unternehmens

VDBilanz

Bilanzwert des verzinslichen Fremdkapitals einer Unternehmung

VaR

Value at Risk

vgl.

vergleiche

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

WACC

Weighted Average Cost of Capital

x

Absatzmenge

y

Ausprägung einer Zufallszahl

z

Szenario

Z

Einzahlungs- bzw. Auszahlungsüberschuss

z.B.

zum Beispiel

ZBAF

Zerobond-Abzinsfaktor

z.T.

zum Teil

25

27

Einleitung In der Vergangenheit konnte beobachtet werden, dass sich Unternehmen zunehmend nach Geschäftsbereichen organisieren. Bei einem Geschäftsbereich handelt es sich um einen weitgehend autonom entscheidenden Teilbereich eines Unternehmens, welcher eine eigene Erfolgsverantwortlichkeit und damit insbesondere eine eigene Erfolgsrechnung besitzt. Zentraler Vorteil einer Geschäftsbereichsorganisation ist die höhere Flexibilität bei unternehmerischen Entscheidungen. Diese Flexibilität wirkt sich einerseits auf operativer Ebene positiv aus, da durch die Delegation von Entscheidungsbefugnissen Entscheidungen schneller von dem Management der Geschäftsbereiche getroffen werden können. Lange Umwege über Zentralabteilungen lassen sich somit vermeiden. Andererseits kann ein Unternehmen als ein Portfolio organisatorischer Teileinheiten betrachtet werden. Damit werden die Entscheidungen der Unternehmensführung bezüglich Umstrukturierungen, Akquisitionen oder Desinvestitionen von Geschäftsfeldern erleichtert. In jüngerer Vergangenheit konnte in den meisten großen Unternehmen ein aktives Management des Geschäftsbereichsportfolios mit permanenten Umschichtungen beobachtet werden. Bekannte Beispiele sind etwa der Verkauf der Handysparte von Siemens an BenQ oder die Akquisition des amerikanischen Katalysatorherstellers Engelhard durch BASF. Die Steuerung eines Geschäftsbereichsportfolios kann nur dann erfolgreich sein, wenn diese auf einer geeigneten Geschäftsbereichsbeurteilung basiert. In der betrieblichen Praxis liegt eine ganze Fülle unterschiedlicher Bewertungsansätze vor. Hierbei sind zunächst die periodenorientierten Kennzahlen des internen und externen Rechnungswesens zur Geschäftsbereichsbeurteilung zu nennen. Ein wesentlicher Kritikpunkt an den traditionellen Kenngrößen des Rechnungswesens ist der fehlende Bezug zum Risiko, denn bei einer sachgerechten Geschäftsbereichsbeurteilung muss neben der Rendite ebenfalls auch das Risiko erfasst werden. In der betriebswirtschaftlichen Forschung werden aktuell unter dem Begriff der wertorientierten Kennzahlenkonzepte Ansätze diskutiert, die sowohl die Rendite als auch das Risiko in die Beurteilung integrieren. Die wertorientierten Kennzahlenkonzepte, deren Ursprung maßgeblich in einer Veröffentlichung von Rappaport liegt,1 stellen konsequent die Belange der Anteilseigner in den Vordergrund unternehmerischer Entscheidungen. Mittlerweise hat sich unter den Konzepten 1

Rappaport, 1986

28

Einleitung

der wertorientierten Unternehmensführung eine kaum noch zu überschauende Methodenvielfalt herausgebildet.2 Jüngere Kennzahlenkonzepte, wie beispielsweise das Earnings less Riskfree Interest Charge (ERIC) – Konzept von Velthuis3 zeigen, dass die Entwicklung in diesem Bereich noch lange nicht abgeschlossen ist. Gleichwohl unterliegen die wertorientierten Kennzahlenkonzepte zum Teil massiver Kritik. Diese Kritik richtet sich insbesondere auf die Art der Risikoerfassung, die bei den wertorientierten Konzepten üblicherweise mithilfe kapitalmarkttheoretischer Ansätze (z.B. dem CAPM) erfolgt. Jüngere empirische Untersuchungen lassen erhebliche Zweifel an der Eignung der kapitalmarkttheoretischen Ansätze zur Risikoerfassung aufkommen. Zu nennen sind beispielsweise die vielbeachteten Untersuchungen zum CAPM von Fama und French.4 Die wertorientierten Kennzahlenkonzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung sind damit nicht frei von Problemen. Wie eine Geschäftsbereichsbeurteilung gestaltet sein muss, damit sie eine geeignete Grundlage für Steuerungsentscheidungen liefert, stellt die zentrale Problemstellung dieser Arbeit dar. Die Rendite und das Risiko sind die beiden zentralen Determinanten eines Geschäftsbereichs und müssen demzufolge in der Beurteilung berücksichtigt werden. Die Untersuchung konzentriert sich in dieser Arbeit auf Unternehmen des industriellen Sektors. Der finanzwirtschaftliche Sektor, und hierbei insbesondere der Bankbereich, wird nur insofern betrachtet, als sich hier Konzepte finden lassen, die möglicherweise auf Industrieunternehmen übertragbar sind. Zunächst wird in der Arbeit ein Katalog mit den wesentlichen Anforderungen aufgestellt, die eine Geschäftsbereichsbeurteilung erfüllen sollte. Anhand dieses Anforderungskatalogs werden unterschiedliche Konzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung analysiert. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf den wertorientierten Kennzahlen. Aufbauend auf den Schwachpunkten dieser Kennzahlen werden Weiterentwicklungen diskutiert. Hierbei wird insbesondere überprüft, inwiefern sich die Geschäftsbereichsbeurteilung in Banken auf Unternehmen des industriellen Sektors übertragen lässt. Das zentrale Element der modernen Geschäftsbereichssteuerung in Banken sind die risikoadjustierten PerformanceKennziffern, bei denen eine Erfolgsgröße in Beziehung zu einer Risikokenngröße gesetzt wird.5 Das Ziel der Arbeit ist es, eine für die Steuerung der Geschäftsbe-

2

eine Übersicht über wichtige wertorientierte Konzepte liefert beispielsweise Pape, 2004, S.130ff vgl. Velthuis, 2004 4 vgl. Fama/French, 2004 5 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.43ff 3

Einleitung

29

reiche geeignete Beurteilungsgrundlage herzuleiten, die dem definierten Anforderungskatalog in wesentlichen Zügen entspricht. Der erste Teil der Arbeit beginnt mit der Darstellung der zentralen Merkmale von Geschäftsbereichsorganisationen. Die Charakteristika von Geschäftsbereichen sowie die unternehmerische Zielsetzung bestimmen den Anforderungskatalog an eine Geschäftsbereichsbeurteilung. Eine Untersuchung der Konzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung muss unbedingt auch die traditionellen Kenngrößen des Rechnungswesens beinhalten, da diese in der Praxis eine große Bedeutung besitzen. Basierend auf den Unzulänglichkeiten dieser Kennzahlen werden im Anschluss daran mit der Kapitalwertmethode und der Marktzinsmethode zwei Barwertansätze vorgestellt. Neben der Rendite stellt das Risiko die zweite wichtige Determinante einer Geschäftsbereichsbeurteilung dar. Der Abschnitt B des ersten Teils widmet sich demzufolge ausschließlich der Risikoquantifizierung. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf dem im Bankbereich etablierten Value-at-RiskKonzept. Am Ende des ersten Kapitels werden mit den risikoadjustierten Performance-Kennziffern, den entscheidungsorientierten und den kapitalmarktorientierten Ansätzen drei unterschiedliche Konzepte zur gemeinsamen Rendite/Risikoerfassung diskutiert. Während im ersten Teil grundlegende Konzepte zur Erfassung von Rendite und Risiko vorgestellt werden, konzentrieren sich die Untersuchungen im zweiten Teil der Arbeit ausschließlich auf die wertorientierten Kennzahlen. Die Konzentration auf die wertorientierten Kennzahlen begründet sich zum einen dadurch, dass nach neueren Studien fast jedes größere deutsche Unternehmen eine oder mehrere wertorientierte Spitzenkennzahlen zur Unternehmenssteuerung einsetzt.6 Zum anderen behaupten die Autoren der wertorientierten Kennzahlen, dass in ihren Konzepten die Rendite und das Risiko angemessen berücksichtigt werden. Zunächst werden die zentralen wertorientierten Kennzahlenkonzepte vorgestellt und anschließend die wichtigen Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Der Vergleich der wertorientierten Ansätze zeigt, dass diese überwiegend auf kapitalmarkttheoretische Modelle und hierbei insbesondere auf das CAPM zurückgreifen. Eine Beurteilung der wertorientierten Unternehmensführungskonzepte erfordert damit zwingend auch die Untersuchung des CAPM zur Erfassung der geschäftsbereichsspezifischen Risikosituation. Aufbauend auf den Stärken und Schwächen der wertorientierten Konzepte werden anschließend Modifikationen vorgeschlagen. Konkret wird hierbei eine alternative Risikoerfassung eines Geschäftsbereichs präsentiert, die auf dem Value-at-Risk-Ansatz basiert. Darüber

6

vgl. Aders/Hebertinger, 2003, S.13f; Fischer/Rödl, 2005, S.25ff

30

Einleitung

hinaus wird die Berücksichtigung des aktuellen Marktzinsgefüges im Bewertungsansatz diskutiert. Basierend auf den im zweiten Teil der Arbeit vorgestellten Weiterentwicklungen der wertorientierten Konzepte wird im dritten Teil der Arbeit eine integrierte Rendite-/Risikobeurteilung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR entwickelt. Hierbei wird zunächst einmal eine Geschäftbereichsbeurteilung unter der Annahme vorgenommen, dass keine weiteren Geschäftsbereiche im Unternehmen vorliegen (stand-alone-Perspektive). In einem zweiten Schritt werden dann zusätzlich die Auswirkungen berücksichtigt, die darauf zurückzuführen sind, dass sich der Geschäftsbereich eben nicht alleine, sondern im Verbund mit anderen Geschäftsbereichen befindet. Abschließend wird der präsentierte Bewertungsansatz auf seine Eignung als Grundlage einer Geschäftsbereichssteuerung ausführlich kritisch gewürdigt.

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung A. BEWERTUNGSGRUNDLAGE VON GESCHÄFTSBEREICHEN I.

Wesen und Funktion von Geschäftsbereichen

1.

Begriff und Struktur einer Geschäftsbereichsorganisation

Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, setzt sich bei größeren, insbesondere international aufgestellten Unternehmen immer stärker das Prinzip der Geschäftsbereichsorganisation durch.7 Neben dem Begriff Geschäftsbereichsorganisation finden sich in der Literatur synonym auch die Begriffe Spartenorganisationen, Produktorganisationen, Divisionalisierung oder Objektzentralisation.8 Als Geschäftsbereichsorganisation wird die Gliederung eines Unternehmens in bestimmte Teilbereiche bezeichnet. Die Bildung dieser Teileinheiten orientiert sich dabei an dem Objektprinzip. Darunter ist zu verstehen, dass alle Teilaufgaben zu einer Organisationseinheit zusammengefasst werden, die sich auf ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Objektgruppe beziehen.9 Objekte für die Strukturierung von Teilbereichen sind beispielsweise Produkte, Produktionsstätten, Produktionsprozesse, Produktionstechnologien, Abnehmergruppen oder geographische Einheiten.10 Die nach dem Objektprinzip gebildeten größeren Einheiten eines Unternehmens werden als Geschäftsbereiche, Divisionen oder Sparten bezeichnet. Geschäftsbereiche lassen sich dadurch charakterisieren, dass die Geschäftsbereichsleitung einen leistungsbezogenen Zweckbereich weitgehend autonom leitet.11 Sie stellen

7

vgl. Gocke, 1993, S.10; Herter, 1994, S.1; Lewis, 1994, S.18 vgl. Ostermaier, 1996, S.45 9 vgl. Junge, 1992, S.4 10 vgl. Gabele, 1981, S.16 11 vgl. Ostermaier, 1996, S.45 8

32

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

damit Untersysteme in einem größeren System dar („Unternehmen im Unternehmen“). In der Literatur existieren unterschiedliche Meinungen, ob auch rechtlich selbständige Unternehmen innerhalb einer Geschäftsbereichsorganisation als Geschäftsbereiche anzusehen sind.12 Neben den Geschäftsbereichen stellen die Zentralbereiche einen weiteren wesentlichen Bestandteil einer Geschäftsbereichsordnung dar. Die Zentralbereiche sind grundsätzlich funktional gegliedert. Es handelt sich hierbei um Abteilungen, die für geschäftsübergreifende Aufgaben im Unternehmen zuständig sind, wie beispielsweise Finanzen und Rechnungswesen, Personal, Marketing oder Forschung und Entwicklung.13 Durch die Zentralbereiche wird die Entscheidungsautonomie und die Gewinnverantwortlichkeit der Geschäftsbereiche eingeschränkt. Wie konkret eine Aufteilung zwischen Geschäftsbereichen und Zentralbereichen geregelt wird, obliegt letztlich der Unternehmensleitung. Die Aufgabe der Unternehmensleitung ist es, die „Geschäfts- und Zentralbereiche zu einem handlungsfähigen Ganzen zusammenzufügen.“14 Folglich existieren mit den Geschäftsbereichen, den Zentralbereichen und der Unternehmensleitung drei wesentliche Elemente einer Geschäftsbereichssteuerung. Die nachfolgende Abbildung stellt das Organigramm einer Geschäftsbereichsorganisation dar:

Unternehmensleitung Zentralbereiche • Finanzen / Rewe • Personal • Marketing • etc.

Geschäftsbereich A

Geschäftsbereich B

...

Geschäftsbereich N

Abbildung 1: Struktur der Geschäftsbereichsorganisation15

12

vgl. Junge, 1992, S.8 vgl. Gabele, 1981, S.16 14 Bühner, 2004, S.141 15 vgl. Bühner, 2004, S.142; Junge, 1992, S.5 13

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

33

Der Erfolg einer nach Geschäftsbereichen organisierten Unternehmung hängt maßgeblich von der Effizienz des Zusammenwirkens dieser drei Komponenten ab. Welche Merkmale die verschiedenen Elemente einer Geschäftsbereichsorganisation im Einzelnen aufweisen, wird im Folgenden näher untersucht.

2.

Elemente einer Geschäftsbereichsorganisation

Die Geschäftsbereiche bilden den Kern einer Geschäftsbereichsorganisation. Das zentrale, konstituierende Merkmal eines Geschäftsbereichs ist der Objektbezug. In der Praxis konzentriert sich der Objektbezug einer Geschäftsbereichsbildung in der Regel ausschließlich auf Produkte, Regionen oder Kundengruppen, wobei ursprünglich unter einer Geschäftsbereichsorganisation immer eine Unterteilung nach den Kernprodukten bzw. -produktgruppen verstanden wurde.16 So dominieren in der Praxis nach wie vor Produktgeschäftsbereiche.17 Gerade bei international agierenden, größeren Konzernen findet häufig auch eine regionalorientierte Geschäftsbereichsbildung statt. Die produktorientierten Geschäftsbereiche werden dabei in der Regel um das Regionalkriterium ergänzt; eine vollständige Substitution der Produktorientierung durch einen anderen Objektbezug ist jedoch nur sehr selten zu beobachten.18 Nachfolgende Abbildung 2 verdeutlicht für ein einfaches Beispiel eine Produkt-Markt-Segmentierung.19 Es handelt sich hierbei um ein Unternehmen, welches drei Produkte herstellt und diese auf drei unterschiedlichen Märkten absetzt: Produkt 1 Absatzmarkt 1 Absatzmarkt 2

Produkt 2

Produkt 3

Geschäftsbereich 1 Geschäftsbereich 2

Geschäftsbereich 3 Geschäftsbereich 5

Absatzmarkt 3

Geschäftsbereich 4

Abbildung 2: Beispiel einer Produkt-Markt-Segmentierung Der Absatzmarkt 1 wird komplett für alle Produkte von Geschäftsbereich 1 bedient. Hingegen sind die Geschäftsbereiche 2 und 3 nur jeweils für ein Produkt 16

vgl. Bleicher, 1991, S.434 vgl. Bühner, 2004, S.142 18 vgl. Bühner, 2004, S.142 19 vgl. Fröhling, 2000, S.12 17

34

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

und einen Absatzmarkt zuständig. Geschäftsbereich 4 beliefert Marktbereich 3 und deckt dort die Produkte 1 und 2 ab. Schließlich konzentriert sich Geschäftsbereich 5 auf den Vertrieb des Produktes 3 in den Märkten 2 und 3. Eine kundenorientierte Geschäftsbereichsorganisation setzt voraus, dass eine Differenzierung nach Kundengruppen möglich ist (z.B. Behörden, Handel, Industrie). Häufig wird ein bestimmter Kunde von mehreren Geschäftsbereichen eines Unternehmens, die entweder nach dem Produkt- oder Regionalkriterium gebildet werden, umworben. Um die Kundengruppen effizienter bedienen zu können, führen Unternehmen eine kundenorientierte Geschäftsbereichsbildung ein. Damit kann einem Kunden die komplette Produktpalette des Unternehmens durch den für ihn zuständigen Geschäftsbereich angeboten werden.20 Ein zentrales Merkmal einer Geschäftsbereichsorganisation ist der Grad der Entscheidungsdezentralisation.21 Je höher die Entscheidungsdezentralisation ist, umso mehr Funktionsbereiche (Vertrieb, Produktion, Finanzen, Recht, etc.) werden auf die Teilsysteme übertragen und umso höher ist deren Entscheidungsautonomie.22 Insbesondere bei einem sehr komplexen Beziehungsgeflecht innerhalb eines Unternehmens rückt die Frage nach dem Freiheitsgrad der einzelnen Teilbereiche in den Vordergrund.23 Ein hoher Grad an Autonomie ermöglicht es den Geschäftsbereichen, sich schnell an eine wandelnde Umwelt anzupassen.24 So stellt Poensgen heraus: „Die Autonomie von Geschäftsbereichen stellt den Schlüssel zum Erfolg dar“.25 Somit gilt der Grundsatz, dass nichts zentralisiert werden soll, was für den Erfolg der Geschäftsbereiche von ausschlaggebender Bedeutung ist.26 Als Voraussetzung für wirtschaftlich weitgehend selbstgeführte Unternehmensteile führt Gabele nachfolgende Faktoren an:27 ƒ Die Geschäftsbereiche müssen von ihrer Größe und Struktur her in der Lage sein, vergleichbar einem selbstständigen Unternehmen zu entscheiden und zu handeln.28 ƒ Die Geschäftsbereiche untereinander müssen eine gewisse Unabhängigkeit aufweisen. So sollten mindestens eine oder mehrere der grundlegenden Funktionen wie Produktion, Absatz, etc. eigenständig verantwortet werden. 20

vgl. Bühner, 2004, S.143 vgl. Ostermaier, 1996, S.45 22 vgl. Ostermaier, 1996, S.46f 23 vgl. Gomez, 1988, S.389 24 vgl. Ostermaier, 1996, S. 48; Danert, 1987, S.82 25 Poensgen, 1973, S.58 26 vgl. Bühner, 1987, S.42; Simson, 2002, S.108 27 vgl. Gabele, 1981, S.27f 28 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.364 21

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

35

ƒ Die Geschäftsbereiche müssen für den von ihnen erwirtschafteten Erfolg möglichst voll verantwortlich sein. Gerade vor dem Hintergrund einer Geschäftsbereichsbeurteilung und -steuerung ist eine eigenständige Erfolgsverantwortlichkeit der Geschäftsbereiche von zentraler Bedeutung. Nur dann können nämlich aussagekräftige Geschäftsbereichskennzahlen abgeleitet werden, die sich zur Steuerung der Geschäftsbereiche einsetzen lassen. Für die weitere Arbeit kann festgehalten werden, dass es sich bei Geschäftsbereichen um weitgehend autonom entscheidende Teilbereiche eines Unternehmens handelt, welche eine eigene Erfolgsverantwortlichkeit und damit insbesondere eine eigene Erfolgsrechnung besitzen. Mit der Bildung von Geschäftsbereichen wird ein Großteil der Entscheidungen und Aufgaben auf die Geschäftbereiche transferiert. Würde jedoch die komplette Aufgaben- und Entscheidungskompetenz auf die Geschäftsbereiche übertragen werden, so müsste die Frage nach dem Sinn einer derartigen Geschäftsbereichsorganisation gestellt werden. Die einzelnen Geschäftsbereiche könnten dann genauso gut als wirtschaftlich selbständige Unternehmen agieren. Demzufolge ist ein wesentliches Charakteristikum einer Geschäftsbereichsorganisation, dass bestimmte Aufgaben unter einer einheitlichen, integrierten Gesamtsicht geführt werden.29 Die Zentralisierung von Aufgaben bietet sich insbesondere dann an, wenn sich dadurch Kostenvorteile erzielen lassen bzw. wenn bestimmte Aufgaben zentral besser ausgeübt werden können. Vor diesem Hintergrund werden funktional orientierte Zentralbereiche gebildet, welche die Geschäftsbereiche überlagern. Bühner stellt drei wesentliche Aufgaben der Zentralbereiche heraus:30 ƒ Den Zentralbereichen werden bestimmte Führungsaufgaben übertragen, die dafür sorgen sollen, dass die Geschäftsbereiche im Interesse des Gesamtunternehmens handeln. So stellt beispielsweise der finanzwirtschaftliche Aufgabenbereich eine typische Führungsaufgabe der Zentralbereiche dar. In den finanzwirtschaftlichen Aufgabenbereich fallen beispielsweise die Aufrechterhaltung der Liquidität, die zielorientierte Gestaltung von Zahlungsströmen und die Planung, Durchführung und Kontrolle von Aktionsprogrammen aus finanzwirtschaftlicher Sicht.31 Eine zentrale Koordination dieses Aufgabenbereiches ist zum einen notwendig, da die Liquidität ausschließlich für das Gesamtunternehmen sicherzustellen ist. Zum anderen lassen sich die notwendige Kapitalbeschaffung, Finanzinvestitionen als auch die Kassenhaltung zentral effizienter 29

vgl. Gabele, 1981, S.28 vgl. Bühner, 2004, S.144f 31 vgl. Franke/Hax, 2004, S.16ff 30

36

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

gestalten.32 Des Weiteren ist beispielsweise eine Unternehmensgesamtplanung erforderlich, welche die Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen den Geschäftsbereichen vor dem Hintergrund der Unternehmenszielsetzung koordiniert.33 ƒ Die Bildung von Zentralbereichen bietet sich darüber hinaus für Funktionen an, in deren Mittelpunkt die Nutzung von Spezialisierungsvorteilen und Synergieeffekten steht.34 Typische Zentralbereiche stellen in diesem Zusammenhang „Beschaffung und Materialwirtschaft“, „Technik und Ingenieurswesen“ und „Forschung und Entwicklung“ dar.35 So wird es beispielsweise in den meisten Fällen nicht sinnvoll sein, wenn jeder Geschäftsbereich eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung unterhält, da häufig gleichartige Aufgabenstellungen bestehen. Durch das Vermeiden von Doppelarbeiten sowie der Vergrößerung der Problemlösungskapazität lassen sich gegenüber einer dezentralen Organisation dieses Funktionsbereiches Vorteile erzielen.36 ƒ Der dritte Aufgabenbereich umfasst einerseits die Übernahme von Dienstleistungsfunktionen, die aus wirtschaftlichen Überlegungen in einem Zentralbereich zusammengefasst werden. Anderseits werden allgemeine Unternehmensaufgaben zentralisiert, die sich unternehmensübergreifend wesentlich besser bearbeiten lassen. Typische Beispiele stellen in diesem Zusammenhang „Öffentlichkeitsarbeit“, „Recht, Patente und Lizenzen“, „Versicherungen“ oder „Datenverarbeitung“ dar. Werden bestimmte Funktionen von den Geschäftsbereichen in Anspruch genommen, so werden die entsprechenden Kosten der Zentralabteilungen den Geschäftsbereichen in Rechnung gestellt.37 Wie bereits im vorangehenden Kapitel angedeutet wurde, sollten nicht mehr Aufgabenbereiche zentralisiert werden, als es unbedingt notwendig ist: Neben der Aufrechterhaltung der Entscheidungs- und Erfolgsautonomie der Geschäftsbereiche sprechen ebenfalls die zusätzlichen Koordinations-, Kommunikations- und Entscheidungsaktivitäten bei der Bildung neuer Zentralbereiche gegen einen hohen Zentralisierungsgrad.38 Die Unternehmensleitung stellt die oberste Instanz eines Unternehmens dar. Sie ist verantwortlich für die Unternehmensziele, -strategien und -politik, gibt den

32

vgl. Gocke, 1993, S.16ff vgl. Bühner, 2004, S.145 34 vgl. Grochla, 1974, S.309 35 vgl. Bühner, 2004, S.145 36 vgl. Weber, 1968, S.602 37 vgl. Bühner, 2004, S.145 38 vgl. Frese, 1975, S.233 33

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

37

Geschäftsbereichen die Bereichsziele vor und muss das Ergebnis des Gesamtunternehmens gegenüber den Eigentümern verantworten. Primär müssen die Tätigkeiten der Unternehmensleitung auf die Ziele des Gesamtunternehmens sowie die Wahrung der Einheitlichkeit des Unternehmens ausgerichtet sein.39 Die Organisation der Unternehmensleitung hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungsautonomie der Geschäftsbereiche bzw. Zentralabteilungen. Befinden sich nur Mitglieder in der Unternehmensleitung, die weder als Leiter von Geschäftsbereichen noch von Zentralabteilungen tätig sind, so stellt die Unternehmensleitung eine Art „Holding-Führung“ dar.40 Die Geschäftsbereiche können dann in der Regel relativ autonom agieren. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass die Unternehmensleitung das Tagesgeschäft aus den Augen verliert und sich „strategisch verselbstständigt“.41 Sind die Mitglieder der Unternehmensleitung gleichzeitig Leiter von Zentralabteilungen, so begünstigt diese Struktur den Aufbau von mächtigen Zentralabteilungen, was letztlich zu Lasten der Autonomie von Geschäftsbereichen geht. Befinden sich Geschäftsbereichsleiter in der Unternehmensleitung, so werden diese im Rahmen einer Gesamtunternehmenssteuerung immer wieder Partei für ihren Geschäftsbereich ergreifen. Damit ergibt sich möglicherweise insgesamt eine suboptimale Unternehmenslenkung.42 Die konkrete Organisation der Unternehmensleitung muss sich letztlich an der spezifischen Situation eines Unternehmens ausrichten.

3.

Vor- und Nachteile einer Geschäftsbereichsorganisation

Der Vorteil einer Geschäftsbereichsorganisation liegt in der Bildung von kleinen, flexiblen Organisationseinheiten, den Geschäftsbereichen, die eine schnelle Anpassungs- und Reaktionsgeschwindigkeit auf Umweltänderungen besitzen.43 Gerade in großen, komplexen Unternehmen stößt die Unternehmensleitung ohne eine Untergliederung in Untersysteme mit der Informationsaufnahme und verarbeitung sowie der Ausgabe entsprechender Anweisungen häufig an ihre Grenzen. Des Weiteren gehen durch die Bildung von Untersystemen die Anforderungen an die Kommunikationskanäle zurück.44 Mit der Wahl des Objektbezuges bei der Bildung der Geschäftsbereiche hat die Unternehmensleitung darüber hin-

39

vgl. Junge, 1992, S.10 vgl. Bühner, 2004, S.147 41 Bühner, 2004, S.147 42 vgl. Bühner, 2004, S.147 43 vgl. Gabele, 1981, S.12 44 vgl. Poensgen, 1973, S.24 40

38

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

aus die Möglichkeit, die Geschäftsbereiche nach aktuellen Marktgegebenheiten auszurichten. Die Bildung von wirtschaftlich weitgehend autonomen Geschäftsbereichen fördert des Weiteren eine markt- und leistungsnahe Denk- und Führungsweise der Mitarbeiter. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Gestalt eines „Multi-Unternehmer-Unternehmens“, in dem die Geschäftsbereichsleiter die Geschäfte vor Ort eigenständig lenken und dafür auch die Verantwortung tragen. Insgesamt lässt sich dadurch eine exaktere Leistungsbeurteilung der Führungskräfte erzielen.45 Durch die Übertragung von Leitungsaufgaben an die Geschäftsbereichsleitung sowie der Übernahme operativer, geschäftsbereichsübergreifender Aufgaben durch die Zentralbereiche wird die Unternehmensleitung von operativen Aufgaben weitgehend entlastet, so dass sie sich stärker der strategischen Steuerung des Gesamtunternehmens widmen kann. Die Erfolgsverantwortung der einzelnen Geschäftsbereiche beinhaltet vor dem Hintergrund einer effektiven Unternehmenssteuerung noch einen weiteren Vorteil: So wird der Erfolgsbeitrag jeder einzelnen Organisationseinheit transparent. Es besteht nicht die Gefahr, dass Teilbereiche mit negativem Erfolgsbeitrag von hochprofitablen Teilbereichen „quersubventioniert“ werden. In einem solchen Fall könnte ein positives Gesamtergebnis auf Unternehmensebene entstehen und die Unternehmensleitung würde sich nicht zu Maßnahmen gezwungen sehen. Strukturelle Probleme in den Teilbereichen mit negativen Erfolgsbeiträgen blieben damit unbearbeitet. Durch die Erfolgstransparenz der Geschäftsbereichsorganisation erhält die Unternehmensleitung exakte Informationen über die einzelnen Geschäftsbereiche und kann entsprechende Steuerungsmaßnahmen einleiten. Die Bildung von Geschäftsbereichen fördert ebenfalls die Neustrukturierung eines Unternehmens. Die Zukäufe und Desinvestitionen können leichter bewältigt werden, da die Geschäftsbereichsstruktur strategisch und strukturell anpassungsfähiger ist. Eine Geschäftsbereichsorganisation unterstützt damit eine effektive Unternehmenssteuerung. Bei allen Vorteilen die eine Geschäftsbereichsorganisation bietet, muss auch auf deren Nachteile eingegangen werden. Zu kritisieren ist beispielsweise, dass sich in manchen Tätigkeitsfeldern von Unternehmen keine geeigneten Objektkriterien (Produkte, Märkte oder Kunden) finden lassen, welche eine überschneidungsfreie Geschäftsbereichsbildung ermöglichen.46

45 46

vgl. Steinmann/Schreyögg, 2000, S.415 vgl. Gabele, 1981, S.12

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

39

Für eine Unternehmensleitung ist es eine höchst schwierige Aufgabe, die Art und den Umfang der an die Geschäftsbereiche übertragenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten festzulegen. Auf der einen Seite sollten die Geschäftsbereiche die Möglichkeit erhalten, ein weitgehend wirtschaftlich selbstständiges Unternehmen zu führen. Auf der anderen Seite muss aber ein gewisses Maß an zentraler Unternehmenssteuerung gegeben sein. Die Schwierigkeit der Unternehmensführung besteht in dem Finden einer optimalen Balance.47 Gerade das richtige Verhältnis von zentraler Steuerung und dezentraler Verantwortung ist jedoch für das Gelingen einer Geschäftsbereichsorganisation von besonderer Bedeutung. Ein relativ hoher Autonomiegrad der Geschäftsbereiche beinhaltet die Gefahr des Auseinanderfallens der Unternehmung. Die Verselbstständigung der einzelnen Geschäftsbereiche kann zu einem „Geschäftsbereichsegoismus“ führen.48 Eigeninteressen und der Fokus auf einen kurzfristigen Erfolgsausweis der Geschäftsbereiche rücken in den Vordergrund. Eine einheitliche Politik des Gesamtsystems geht damit verloren. Weitgehend autonome Geschäftsbereiche bedingen ebenso die Notwendigkeit der Koordination neuer Schnittstellen (Mechanismen, Zentralabteilungen) sowie die Einführung permanenter Erfolgskontrollen der Unternehmensteile.49 Dem Vorteil, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung durch die Bereichsleiter entlastet werden, steht der Nachteil des höheren Bedarfs an Führungskräften gegenüber.50 Nachfolgende Abbildung 3 fasst noch einmal die wesentlichen Vorund Nachteile einer Geschäftsbereichsorganisation zusammen.

47

vgl. Gabele, 1981, S.12 vgl. Ostermaier, 1996, S.71 49 vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich, 1989, S.187 50 vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich, 1989, S.187 48

40

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Vorteile einer Geschäftsbereichsorganisation ƒ Große Flexibilität durch die Schaffung kleiner, wendiger Organisationseinheiten ƒ Möglichkeit der spezifischen Ausrichtung der Unternehmensteilbereiche nach aktuellen Marktgegebenheiten

Nachteile einer Geschäftsbereichsorganisation ƒ Teilweise fehlende Objektkriterien zur Geschäftsbereichsbildung ƒ Schwierige Balance zwischen zentraler Steuerung und dezentraler Verantwortung ƒ Gefahr des Auseinanderfallens der Unternehmung

ƒ Förderung einer markt- und leisƒ Gefahr des „Geschäftsbereichsegoistungsnahen Denk- und Führungsweimus“ se der Mitarbeiter ƒ Koordination neuer Schnittstellen und ƒ Bessere Leistungsbeurteilung der Einführung zusätzlicher Kontrollen Führungskräfte ƒ Bedarf an zusätzlichen Führungskräfƒ Entlastung der Unternehmensleitung ten von operativen Aufgaben ƒ Erhöhung der Erfolgstransparenz der einzelnen Teilbereiche ƒ Erleichterung von Zukäufen und Desinvestitionen Abbildung 3: Vor- und Nachteile einer Geschäftsbereichsorganisation Der zentrale Vorteil der Geschäftsbereichsorganisation liegt in der effektiven Unternehmenssteuerung: Das Unternehmen lässt sich als Portfolio organisatorischer Teileinheiten betrachten. Auf der Grundlage aussagefähiger Geschäftsbereichskennzahlen kann eine gezielte Allokation knapper Ressourcen (insbesondere Kapital) vorgenommen werden. Darüber hinaus lassen sich Entscheidungen über Neustrukturierungen, Akquisitionen, Desinvestitionen sowie Investitionen in völlig neue Geschäftsfelder in einer Geschäftsbereichsorganisation wesentlich einfacher treffen. Voraussetzung einer Geschäftsbereichssteuerung sind geeignete Geschäftsbereichskennzahlen. Bevor konkrete Kennzahlenkonzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung untersucht werden, soll zunächst auf die zentrale Zielsetzung eines Unternehmens eingegangen werden. Nur vor dem Hintergrund einer konkreten Zielsetzung lassen sich Kennzahlen als Grundlage einer Geschäftsbereichssteuerung beurteilen.

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

41

II. Konzeptioneller Rahmen einer Geschäftsbereichsbeurteilung 1.

Die zentrale unternehmerische Zielsetzung

In den letzten Jahren hat sich in Theorie und Praxis die Überzeugung durchgesetzt, dass die Maximierung der Eigentümerrendite die primäre finanzwirtschaftliche Zielsetzung darstellt.51 Bei börsennotierten Unternehmen lässt sich die Eigentümerrendite zum einen über entsprechende Dividendenzahlungen, zum anderen über Kurssteigerungen erzielen.52 Eine Orientierung an dieser Zielsetzung hat zur Konsequenz, dass alle Maßnahmen in einem Unternehmen dahingehend zu überprüfen sind, ob sie zu einer Steigerung des von den Anteilseignern eingesetzten Kapitals beitragen.53 Hierbei wird grundsätzlich unterstellt, dass die Anteilseigner an einer langfristigen Steigerung des Marktwertes einer Unternehmung interessiert sind.54 Ein Management, welches sich eine derartige Zielsetzung vorgibt, wird als Shareholder Value Management, Value Based Management oder zu deutsch als wertorientierte Unternehmensführung bezeichnet.55 Eine langfristige Ausrichtung der Steuerungssysteme auf die Steigerung des Marktwertes des Eigenkapitals ist in der Praxis nicht ohne Probleme. Einerseits erfordert dies hohe Ansprüche an die Prognosefähigkeit der Führungskräfte, da die langfristigen Entscheidungskonsequenzen berücksichtigt werden müssen. Andererseits kann eine Unternehmensführung die kurzfristige, periodische Unternehmenssteuerung nicht vollständig vernachlässigen. So hat eine Unternehmung beispielsweise jährlich eine Bilanz und eine GuV aufzustellen.56 Tritt in einem Jahr eine Überschuldung auf, so ist dies der Auslöser für ein insolvenzrechtliches Verfahren. Ebenso ist auf die jederzeitige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu achten. Auch bei einer Illiquidität des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt ist ein Insolvenztatbestand erfüllt. Neben dem zukünftigen Wertsteigerungspotential muss die Unternehmensführung damit immer auch die Insolvenztatbestände der Illiquidität und der Überschuldung berücksichtigen.57

51

vgl. Rappaport, 1995, S.1; Küting/Weber, 2001, S.300; Günther/Beyer, 2001, S.1623; Gebhardt/Mansch, 2005, S.1; Salfeld, 2001, S.46 52 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.173 53 vgl. Hölscher, 1997a, S.20; Gleißner/Weissmann, 2001, S.45 54 vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.28f; Hölscher, 1997a, S.23 55 vgl. Herter, 1994, S.13 56 vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.29 57 Wenn von der Vermeidung der Illiquidität gesprochen wird, dann soll dies ebenfalls den Insolvenztatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit beinhalten.

42

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Darüber hinaus unterliegt die Zielsetzung der Marktwertsteigerung des Eigenkapitals immer wieder, insbesondere in Deutschland, massiver Kritik. Anstelle der ausschließlichen Orientierung an den Belangen der Anteilseigner wird gefordert, dass alle am Unternehmen beteiligten Gruppen (Stakeholder) in die Zielsetzung der Unternehmensleitung einbezogen werden (Stakeholder Value Management). Auf eine ausführliche Diskussion dieser beiden konkurrierenden Zielsetzungssysteme soll an dieser Stelle verzichtet werden.58 Gleichwohl werden im Folgenden einige zentrale Argumente genannt, welche die Ausrichtung der Unternehmenssteuerung auf die Marktwertsteigerung der Eigenkapitalgeber rechtfertigen. Eine Unternehmung benötigt zur Aufrechterhaltung ihres Leistungsprozesses (z.B. des Kaufs einer neuen Produktionsanlage) sowie für bestimmte besondere Ereignisse (z.B. der Gründung einer weiteren Tochtergesellschaft) ständig neues Kapital. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland der Verschuldungsgrad der meisten Unternehmen ohnehin schon sehr hoch ist, wird der Kapitalbedarf nicht immer über Fremdkapital zu decken sein. Folglich sind die meisten Unternehmen permanent auf neues Eigenkapital angewiesen. Eigenkapitalgebern eröffnen sich durch die Globalisierung zahlreiche, weltweite Anlagemöglichkeiten. Damit diese Investoren einem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung stellen, muss das von ihnen zur Verfügung gestellte Kapital gegenüber konkurrierenden Anlageformen eine bessere Verzinsung erwarten lassen.59 Unternehmen, denen dies nicht gelingt, werden Probleme bei der Akquisition neuen Kapitals bekommen. In Krisenzeiten kann dies für eine Unternehmung existenzbedrohend sein. Auf dem Kapitalmarkt kommt dem durch institutionelle Investoren verwalteten Beteiligungskapital eine zunehmend große Bedeutung zu. Ein großer Anteil börsennotierter Aktiengesellschaften ist mittlerweile z.T. im Besitz institutioneller Anleger.60 Gerade die institutionellen Anleger sind im internationalen Vergleich einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Aufgrund ihrer hohen Anlagevolumen nehmen diese auch zunehmend auf das Management Einfluss, eine wertsteigernde Unternehmenspolitik umzusetzen.61 Börsennotierte Aktiengesellschaften unterliegen der direkten Kontrolle der Kapitalmärkte, auf denen die Anteilsrechte der Aktionäre gehandelt werden. Der Aktienkurs stellt ein gutes Wertbarometer für die Anteilseigner dar.62 Sind diese mit 58

zu einer Diskussion von Shareholder vs. Stakeholder Value Management: vgl. Lewis, 1994, S.10ff; Hachmeister, 1995, S.29ff; Plaschke, 2003, S.56ff; Picot/Böhme, 1999, S.17; Gladen, 2001, S.129ff 59 vgl. Pape, 2004, S.37 60 vgl. Günther, 1997, S.59ff 61 vgl. Pape, 2004, S.40 62 vgl. Lewis, 1994, S.12

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

43

der Kursentwicklung eines Unternehmens nicht zufrieden, so können sie sich unmittelbar von ihren Anteilen trennen. Hohe Verkaufsvolumina lassen den Aktienkurs und damit die Marktkapitalisierung sinken. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass Investoren die Unternehmung aufkaufen und anschließend die Diskrepanz zwischen potentiellem Unternehmenswert und niedriger Marktkapitalisierung ausnutzen:64 Das alte Management wird abgelöst und durch ein neues Management mit eigenen Wertsteigerungsstrategien ersetzt. Gelingt die Umstrukturierung des Unternehmens, so können die Investoren ihre Anteile gewinnbringend weiterveräußern.65 Ebenso besteht die Gefahr, dass eine Unternehmung bei niedriger Marktkapitalisierung von einer Investorengruppe aufgekauft und in einzelne Bestandteile zerlegt wird. Die Unternehmensteile werden getrennt voneinander am Kapitalmarkt weiterveräußert. Es wird dabei davon ausgegangen, dass der Verkaufspreis der Einzelteile größer als der Kaufpreis des Gesamtunternehmens ist. Durch eine Aufspaltung des Unternehmens kann die Unternehmenszentrale mit ihren teilweise enormen Transaktionskosten deutlich verkleinert werden. Liegen die von der Unternehmenszentrale verursachten Transaktionskosten über den von ihr geschaffenen, positiven Synergieeffekten, so lässt sich durch die Aufspaltung des Unternehmens ein Wertzuwachs erzielen.66 Die Finanzierungssituation deutscher Unternehmen ist durch einen hohen Fremdkapitalanteil und eine enge Beziehung zu einer Hausbank gekennzeichnet.67 Vor diesem Hintergrund könnte argumentiert werden, dass deutsche Unternehmen nur einen geringen Bedarf an Eigenkapital haben und somit die Shareholder Value Orientierung für deutsche Unternehmen eine geringere Relevanz besitzt. Im Rahmen der Globalisierung wird jedoch auch in Deutschland eine kapitalmarktorientierte Unternehmensfinanzierung eine immer größere Bedeutung einnehmen.68 Hinzu kommen die neuen Eigenkapitalunterlegungsvorschriften für Banken (Basel II), welche diesen Prozess beschleunigen werden. Die Kreditvergabepolitik der Banken wird sich zukünftig zunehmend an internationalen Kapitalmarktstandards orientieren (z.B. eine angemessene Eigenkapitalquote). Die engen Beziehungen zwischen einer Hausbank und dem Unternehmen werden künftig an Bedeutung verlieren.69 64

vgl. Copeland/Murrin/Koller, 2002, S.29 vgl. Pape, 2004, S.38 66 vgl. Pape, 2004, S.39 67 vgl. Wolf/Hill/Pfaue, 2003, S.4ff 68 vgl. Pape, 2004, S.38 69 vgl. Pape, 2004, S.39 65

44

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Des Weiteren lässt sich in der Unternehmenspraxis beobachten, dass immer mehr Mitarbeiter eines Unternehmens durch Aktien bzw. Aktienoptionen an der Steigerung des Börsenkurses beteiligt werden. Da das Management eigene Anteile an dem Unternehmen besitzt, wird eine bessere Abstimmung zwischen den Managemententscheidungen und den Interessen der Anteilseigner erzielt (PrinzipalAgent Problematik).70 Bei Führungskräften stellen Aktienoptionen mittlerweile einen bedeutenden Vergütungsbestandteil dar. Aus Eigeninteresse rückt die Steigerung des Unternehmenswertes immer stärker in den Vordergrund von Managemententscheidungen.71 Zusammenfassend lässt sich die Schaffung eines Mehrwertes für die Anteilseigner als die zentrale, unternehmerische Zielgröße herausstellen. Die Geschäftsbereichssteuerung muss sich damit an dieser Zielsetzung orientieren. Das heißt, die Entscheidungen über eine Förderung, Restrukturierung, Desinvestition oder Aufbau von Geschäftsbereichen müssen vor dem Hintergrund der Wertgenerierung getroffen werden.72 Im Folgenden soll der Begriff der Wertorientierung näher analysiert werden.

2.

Rendite und Risiko als zentrale Determinanten der Wertorientierung

Das Ziel der wertorientierten Unternehmensführung ist es, das Unternehmen so zu führen, dass das eingesetzte Kapital der Anteilseigner angemessen verzinst werden kann. Hierbei muss geklärt werden, was unter einer angemessenen Verzinsung zu verstehen ist. Grundsätzlich werden die Anteilseigner mit einer Unternehmensführung nur dann zufrieden sein, wenn die von dem Unternehmen erzielte Rendite mindestens ihren Forderungen entspricht. Die Renditeforderungen der Anteilseigner sind jedoch äußerst schwierig zu bestimmen, da die Zahlungen zwischen Unternehmen und Anteilseignern nicht vertraglich fixiert werden. Generell werden sich die Anteilseigner immer an der Rendite ausrichten, die eine alternative Anlage der finanziellen Mittel erwarten lässt. Der zentrale Einflussfaktor auf die Renditeforderung stellt das mit einem finanziellen Engagement eingegangene Risiko dar. So kann beobachtet werden, dass die Kapitalgeber von einer riskanteren Anlage auch eine höhere Rendite erwarten. Mit dem Risiko und der Rendite sind damit die beiden zentralen Determinanten der Wertorientierung beschrieben: Die Risikostruktur eines Unternehmens bestimmt maßgeblich die Renditeforderungen der Anteilseigner. Die erzielte Rendi70

vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.31 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.32 72 vgl. Becker, 2003, S.749 71

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

45

te eines Unternehmens zeigt an, ob es gelungen ist, mindestens die Renditeforderung zu erreichen. Ein Mehrwert wird im Sinne der Wertorientierung nur dann geschaffen, wenn die Renditeforderungen der Kapitalgeber, also der Eigen- und Fremdkapitalgeber, übertroffen werden. Die Beurteilung eines Unternehmens vor dem Hintergrund der Wertorientierung muss folglich einerseits das Risiko und andererseits den erwarteten Erfolg eines Unternehmens erfassen. Soll ein Unternehmen wertorientiert geführt werden, so hat dies entsprechende Konsequenzen für die Geschäftsbereiche: Ein Geschäftsbereich, als organisatorische Teileinheit eines Unternehmens, muss einen Beitrag zur Wertgenerierung leisten. Die Frage stellt sich hierbei, wie das Risiko von Geschäftsbereichen zu quantifizieren und in die Beurteilung zu integrieren ist. Darüber hinaus ist festzulegen, wie der Erfolg eines Geschäftsbereichs gemessen werden soll. Der Erfolg kann einerseits mithilfe von absoluten oder relativen Kennzahlen ausgedrückt werden. Darüber hinaus ist zwischen einem einperiodigen und einem mehrperiodigen Beurteilungshorizont zu unterscheiden. Diesen und weiteren Bewertungsfragen wird im weiteren Verlauf der Arbeit nachgegangen. Die Wertgenerierung für die Anteilseigner spiegelt sich in börsennotierten Unternehmen in Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen wider. Der Gedanke liegt daher nahe, den Börsenwert als Maßstab anzusetzen, an dem sich Entscheidungen im Unternehmen auszurichten haben. Der Börsenwert weist jedoch in dieser Funktion zwei zentrale Probleme auf:73 ƒ Zum einen ist eine Vielzahl der Unternehmen in Deutschland nicht börsennotiert, so dass für diese Unternehmen kein Marktwert vorliegt. Für diese Unternehmen könnte versucht werden, über vergleichbare, börsennotierte Unternehmen einen Marktwert abzuleiten. Diese Benchmarkansätze sind jedoch sehr aufwendig und liefern darüber hinaus nur ungenaue Ergebnisse. Außerdem liegen an der Börse nur Marktwerte für das Gesamtunternehmen vor. Der Marktwert für Geschäftsbereiche müsste folglich über andere Wege bestimmt werden. ƒ Zum anderen ist der Börsenwert für die Zwecke der internen Steuerung ungeeignet. Der Börsenwert eines Unternehmens ermittelt sich über einen Gleichgewichtspreis aus Angebot und Nachfrage, der von vielen unternehmensexternen Einflüssen (z.B. allgemeine wirtschaftliche Lage, Spekulationen) abhängt. So wird es den Mitarbeitern eines Unternehmens schwer fallen, die Auswirkungen einer bestimmten, geplanten Maßnahme auf den Börsenwert abzu73

vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.26

46

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

schätzen. Der Börsenwert eignet sich vielmehr zu einer ex-post Analyse, in dem der Börsenkurs zu Beginn und zum Ende einer bestimmten Steuerungsperiode miteinander verglichen wird. Der Börsenwert ist folglich als Beurteilungsgrundlage für Steuerungsentscheidungen ungeeignet. Der Wert eines Unternehmens bzw. Geschäftsbereichs sollte vielmehr mithilfe einer Fundamentalanalyse bestimmt werden, d.h. in die Wertermittlung fließen Größen ein, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den internen Leistungserstellungs- und -verwertungsprozessen eines Unternehmens bzw. Geschäftsbereichs stehen.74 Die Anforderungen an eine derartige Fundamentalanalyse werden im nachfolgenden Kapitel hergeleitet.

3.

Anforderungen an eine wertorientierte Geschäftsbereichsbeurteilung

Stellt die Steigerung des Unternehmenswertes die zentrale unternehmerische Zielsetzung dar, so müssen die Entscheidungsträger eine Möglichkeit besitzen, den geplanten bzw. realisierten Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs zu messen. Nur auf der Grundlage einer adäquaten Quantifizierung des Wertes eines Geschäftsbereichs kann eine wertorientierte Geschäftsbereichssteuerung erfolgreich sein.75 In der Bewertungstheorie liegen eine ganze Fülle unterschiedlicher Konzepte zur Bewertung von Unternehmen, Geschäftsbereichen oder einzelnen Investitionsprojekten vor. Bevor einzelne Kennzahlenkonzepte vorgestellt werden, soll zunächst ein allgemeiner Anforderungskatalog an eine Geschäftsbereichsbeurteilung entwickelt werden. Dem Anforderungskatalog liegt die Frage zugrunde, wie eine Geschäftsbereichsbeurteilung aufgebaut sein muss, damit die Geschäftsbereiche zu einer Steigerung des Unternehmenswertes motiviert werden. Die Geschäftsbereichsbeurteilung muss sich also in den Gedanken des Shareholder Value Konzeptes einfügen. Als zentrale unternehmerische Zielgröße wurde bereits die Steigerung des Unternehmenswertes der Anteilseigner herausgestellt. Die Anteilseigner bewerten ihren Unternehmensanteil immer an Hand des Marktwertes, d.h. des Wertes, zu dem der Unternehmensanteil am Markt verkauft bzw. gekauft werden kann. Aus dem Kauf- und Verkaufspreis von Unternehmensanteilen zuzüglich der erhaltenen Dividendenzahlungen leiten die Kapitalgeber ihre erzielte Rendite ab. Soll eine Geschäftsbereichssteuerung dazu beitragen, dass der Marktwert der Anteilseigner 74 75

vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.27 vgl. Lewis, 1994, S.20

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

47

gesteigert wird, so muss auch die Geschäftsbereichsbeurteilung auf einer marktwertorientierten Sichtweise basieren.76 Eine Verwendung von buchhalterischen Kenngrößen ist grundsätzlich abzulehnen, da zwischen den Markt- und den Buchwerten einer Unternehmung üblicherweise deutliche Unterschiede liegen. Quantifizieren lassen sich diese Unterschiede mithilfe von Markt-BuchwertRelationen.77 Die erste Anforderung an eine Geschäftsbereichsbeurteilung lautet damit: A.1 Die Geschäftsbereichsbeurteilung muss auf einer markwertorientierten Sichtweise basieren. (Marktwertorientierung) Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob eine Geschäftsbereichsbeurteilung auf der Grundlage vergangener Geschäftsbereichsdaten oder auf zukünftigen, prognostizierten Daten erfolgen sollte. Der Vorteil von vergangenen Daten ist, dass diese direkt und ohne umfangreiche Prognoseverfahren ermittelt werden können. Für die Steuerung ist hingegen nicht interessant, welchen Erfolg ein Geschäftsbereich in der Vergangenheit erzielt hat. Von Bedeutung ist vielmehr, welche Erfolge in der Zukunft zu erwarten sind. Dies lässt sich dadurch begründen, dass die Anteilseigner langfristig denken und ein Investment an den zukünftigen Erfolgen beurteilen.78 Steht die Steigerung des Marktwertes der Anteilseigner im Vordergrund, so muss sich auch die Beurteilung an den zukünftigen Erfolgsgrößen orientieren. Wenn Vergangenheitsdaten dazu einen Beitrag leisten können, so sollten diese unbedingt in die Beurteilung einbezogen werden. Eine Erfolgsbeurteilung, welche sich alleine auf Vergangenheitsdaten stützt, kann jedoch generell keine brauchbare Grundlage für eine Geschäftsbereichssteuerung darstellen. Folglich muss sich eine fundierte Geschäftsbereichsbeurteilung immer auf zukünftige Erfolgsgrößen stützen. Damit rücken verstärkt Prognoseverfahren zur Bestimmung zukünftiger Erfolge in den Vordergrund der Betrachtung. Je weiter die Prognose in die Zukunft reicht, umso unsicherer werden die getroffenen Annahmen. Die Unsicherheit stellt jedoch einen zentralen Wesensfaktor unternehmerischen Handelns dar und muss damit auch bei der Erfolgsbeurteilung in Kauf genommen werden. A.2 Eine Geschäftsbereichsbeurteilung muss sich auf zukünftige, prognostizierte Erfolgsgrößen stützen. (Zukunftsorientierung)

76

vgl. Rappaport, 1995, S.59 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.173 78 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.117 77

48

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die zweite Anforderung an eine Geschäftsbereichsbeurteilung sorgt dafür, dass die Geschäftsbereichsbeurteilung auf zukünftigen Erfolgsgrößen basiert. Die zukünftigen Erfolgsgrößen sollten möglicht objektiv und nachvollziehbar ermittelt werden. Da zukünftige Größen in der Regel mit Unsicherheit verbunden sind und nicht für alle Einflussfaktoren eines Geschäftsbereichs eine fundierte Prognosebasis vorliegt, lässt sich eine gewisse subjektive Komponente bei der Ermittlung der zukünftigen Erfolgsgrößen nicht vermeiden. So muss beispielsweise auf die Einschätzungen bestimmter Mitarbeiter oder Experten zurückgegriffen werden. Wird eine objektive nachvollziehbare Bewertung gefordert, so ergibt sich ein weiteres Problem. Angenommen es gelingt, die zukünftigen Erfolgsgrößen nachvollziehbar und objektiv zu ermitteln, dann liegt eine Zeitreihe zukünftiger Größen vor. Ohne eine geeignete Verknüpfungsmethodik zu einer Kenngröße läge es an den individuellen Fähigkeiten des Analysten, aus der zeitlichen Entwicklung der Erfolgsgrößen ein Urteil über den Wertbeitrag eines bestimmten Geschäftsbereichs zu erstellen. Damit würde in die Bewertung eine stark subjektive Komponente einfließen. Folglich muss ebenfalls eine nachvollziehbare Verdichtung der zukünftigen Erfolgsgrößen in der Beurteilung vorgenommen werden. Durch eine objektive nachvollziehbare Wertermittlung werden Manipulationsmöglichkeiten bei der Bewertung ausgeschlossen. Eine Bewertung, die von allen nachvollziehbar ist, erzielt eine hohe Akzeptanz unter den Mitarbeitern einer Unternehmung. Darüber hinaus kennen die Mitarbeiter die Einflussgrößen und können versuchen, diese im Sinne einer Wertsteigerung zu verändern. Die dritte Anforderung lautet damit: A.3 Die Beurteilung muss eine objektive, nachvollziehbare Wertermittlung sicherstellen. (Objektivität/Nachvollziehbarkeit) Ein Unternehmen lässt sich als ein Portfolio unterschiedlicher Geschäftsbereiche betrachten. Diese Geschäftsbereiche müssen derart gesteuert werden, dass sich der Gesamtwert des Portfolios erhöht, d.h. die Unternehmensführung muss permanent Entscheidungen bezüglich Akquisitionen, Desinvestitionen oder Umstrukturierungen von Geschäftsbereichen treffen.79 Vor diesem Hintergrund benötigt die Unternehmensleitung einen Erfolgsmaßstab, der zum einen die wertschaffenden von den wertvernichtenden Geschäftsbereichen unterscheidet. Zum andern sollte mithilfe des Erfolgsmaßstabs auch die Aufstellung einer Rangreihenfolge von Geschäftsbereichen möglich sein. Geht es beispielsweise um die Verteilung 79

vgl. Rappaport, 1995, S.108

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

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von Ressourcen (z.B. Kapital), dann sollten generell die Geschäftsbereiche mit einem höheren Wertschaffungspotential bevorzugt werden. Eine Geschäftsbereichsbeurteilung sollte folglich dafür sorgen, dass Geschäftsbereiche vor dem Hintergrund der Wertgenerierung miteinander verglichen werden können. A.4 Die Beurteilung muss eine Vergleichbarkeit zwischen den Geschäftsbereichen ermöglichen. (Vergleichbarkeit) Wird der Wertbeitrag eines Geschäftsbereiches ermittelt, so kann dies nur unter Berücksichtigung des dabei eingegangenen Risikos geschehen. Generell kann davon ausgegangen werden, dass die Anteilseigner risikoavers sind. Damit werden sie Rückflüsse eines risikoreichen Geschäftsbereiches niedriger bewerten als die Rückflüsse in gleicher Höhe eines risikoarmen Geschäftsbereiches.80 Eine Geschäftsbereichsbeurteilung muss folglich das für die Anteilseigner relevante Risiko eines Geschäftsbereichs aufdecken und in die Wertermittlung einfließen lassen. Wie bereits bei der Diskussion der unternehmerischen Zielsetzung angesprochen, stellt der Fortbestand der Unternehmung eine wichtige Nebenbedingung bei der Unternehmenssteuerung dar. Die Risikostruktur eines Geschäftsbereichs muss folglich immer auch vor dem Hintergrund der Insolvenztatbestände betrachtet werden. A.5 Die spezifische Risikostruktur eines Geschäftsbereiches muss quantifiziert werden und in die Beurteilung einfließen. (Risikoerfassung) Der Anforderung 5 liegt eine isolierte Betrachtung eines Geschäftsbereichs zugrunde. Nun besteht eine Unternehmung jedoch aus einem Bündel verschiedener Geschäftsbereiche. Aus der Portfoliotheorie ist bekannt, dass durch Zusammenfügung mehrerer Positionen zu einem Portfolio risikoreduzierende Effekte entstehen können. So können sich Gewinne und Verluste verschiedener Geschäftsbereiche gegenseitig ausgleichen. Das Gesamtunternehmensrisiko ist dann gegenüber der Summe der Risiken der einzelnen Geschäftsbereiche unter Umständen erheblich geringer. Da das Insolvenzrisiko nur auf Unternehmensebene greift, ist dieser Effekt von ganz entscheidender Bedeutung. Eine fundierte Geschäftsbereichsbeurteilung muss demzufolge nicht nur die Risikostrukturen der einzelnen Geschäftsbereiche, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen eines Unternehmens angemessen berücksichtigen. Damit wird die Anforderung 5 um die Risikoverbundeffekte ergänzt: 80

vgl. Bühner, 2004, S.157

50

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

A.6 In der Geschäftsbereichsbeurteilung müssen die Risikoverbundeffekte zwischen den Geschäftsbereichen Berücksichtigung finden. (Risikoverbundeffekte) Letztlich kann auch noch eine weitere Anforderung an eine Geschäftsbereichsbeurteilung gestellt werden, die eher technischer Natur ist. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass die Geschäftbereichsbeurteilung mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden kann. Werden unerfüllbar hohe Anforderungen an die in die Beurteilung einfließenden Inputgrößen gestellt, so ist die Geschäftsbereichsbeurteilung nicht mehr operational. Die letzte Anforderung lautet damit: A.7 Die Geschäftsbereichsbeurteilung muss mit einem vertretbaren Aufwand verbunden sein. (Bewertungsaufwand) Abbildung 4 stellt die Anforderungen an eine Geschäftsbereichsbeurteilung noch einmal zusammenfassend dar: A.1 Die Geschäftsbereichsbeurteilung muss auf einer (Marktwertorientierung) markwertorientierten Sichtweise basieren. A.2 (Zukunftsbezug)

Die Beurteilung muss zukünftige, prognostizierte Erfolgsgrößen stützen.

A.3 (Nachvollziehbarkeit)

Die Beurteilung muss eine objektive, nachvollziehbare Wertmittlung sicherstellen.

A.4 (Vergleichbarkeit)

Die Beurteilung muss eine Vergleichbarkeit zwischen den Geschäftsbereichen ermöglichen.

A.5 (Risikoerfassung)

Die spezifische Risikostruktur eines Geschäftsbereiches muss quantifiziert werden und in die Beurteilung einfließen.

A.6 (Risikoverbundeffekte)

In der Geschäftsbereichsbeurteilung müssen die Risikoverbundeffekte zwischen den Geschäftsbereichen Berücksichtigung finden.

A.7 (Bewertungsaufwand)

Die Geschäftsbereichsbeurteilung muss mit einem vertretbaren Aufwand verbunden sein.

Abbildung 4: Kriterien des Anforderungskatalogs

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

51

III. Die traditionellen Perioden-Erfolgsgrößen des Rechnungswesens Im vorangegangenen Kapitel wurden die zentralen Anforderungen an eine Geschäftsbereichsbeurteilung hergeleitet. Im Folgenden werden nun konkrete Kennzahlenkonzepte daraufhin untersucht, ob diese die Anforderungen an eine Geschäftsbereichbeurteilung erfüllen. Hierbei soll zunächst die Geschäftsbereichsbeurteilung mithilfe der Kennzahlen der Kosten- und Leistungsrechnung des internen Rechungswesens betrachtet werden. Daran anschließend werden die Kennzahlen des Segmentberichts (externes Rechungswesen) hinsichtlich ihrer Eignung untersucht.

1.

Der Geschäftsbereichserfolg der Kosten- und Leistungsrechnung (internes Rechnungswesen)

Die Kosten- und Leistungsrechnung, auch als Kosten- und Erlösrechnung bezeichnet, stellt einen wesentlichen Bestandteil des Informationssystems eines Unternehmens dar. Das Ziel dieses Rechnungssystems ist es, die Unternehmensführung und die für die Teilbereiche verantwortlichen Führungskräfte bei der Planung, Steuerung und Kontrolle des Geschäftsverlaufs zu unterstützen.81 Durch die Ausrichtung auf den managementinternen Adressatenkreis lässt sich die Kosten- und Leistungsrechnung dem internen Rechnungswesen zuordnen.82 Mithilfe der Kosten- und Leistungsrechnung sollen leistungsbezogene Veränderungen des Reinvermögens erfasst werden. Diese Veränderungen des Reinvermögens werden durch die Stromgrößen Kosten und Leistungen (Erlöse) ausgelöst.83 Der Kosten- und Leistungsbegriff ist in der Literatur nicht einheitlich definiert.84 Eine weit verbreitete Definition sieht die Leistung als die bewertete, leistungsbezogene Gütererstellung und -verwertung. Unter den Kosten wird der bewertete, leistungsbezogene Gütereinsatz verstanden.85 Die Differenz zwischen den Leistungen und Kosten stellt den Erfolg eines Abrechungszeitraumes dar. Die Abrechungszeiträume sind in der Kosten- und Leistungsrechnung üblicherweise

81

vgl. Gabele/Fischer, 1992, S.3f vgl. Hoitsch/Lingnau, 2004, S.16 83 vgl. Hoitsch/Lingnau, 2004, S.16 84 einen Überblick über unterschiedliche Kosten- und Leistungsbegriffe liefert beispielsweise Steger, 2001, S.19ff u. S.23ff 85 vgl. Hoitsch/Lingnau, 2004, S.16 82

52

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

relativ kurz (einige Wochen oder Monate).86 Der Geschäftsbereichserfolg eines Abrechnungszeitraumes ergibt sich damit wie folgt:87 =

Geschäftsbereichsleistung Geschäftsbereichskosten Geschäftsbereichserfolg

In der Kosten- und Leistungsrechnung werden verschiedene Begrifflichkeiten für organisatorische Teileinheiten verwendet. Diese unterscheiden sich hinsichtlich des Umfangs der Verantwortlichkeiten.88 Bei einem Cost Center handelt es sich um eine Organisationseinheit, bei der sich das Kontrollsystem ausschließlich auf die verursachten Kosten bezieht. Ein Beispiel für ein Cost Center sind Produktionsstätten ohne Zugang zum Absatzmarkt. Im Gegensatz dazu ist die Leitung eines Revenue Centers lediglich für die Erlösseite verantwortlich. Die von dem Revenue Center verursachten Kosten fließen nicht in die Beurteilung der Organisationseinheit ein. Beim Profit Center hingegen werden sowohl die Kosten als auch die Erlöse zur Bewertung der entsprechenden Instanz herangezogen. Das Profit Center besitzt damit eine Ergebnisverantwortung. Hat die Leitung darüber hinaus eine Renditeverantwortung, d.h. Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen können eigenständig durchgeführt werden, so wird von einem Investment Center gesprochen.89 Ein Geschäftsbereichserfolg kann folglich nur für die organisatorischen Teileinheiten ermittelt werden, bei denen es sich um ein Profit Center oder ein Investment Center handeln. Zur Ermittlung des Geschäftsbereichserfolges müssen einem Geschäftsbereich alle relevanten Kosten und Leistungen zugeordnet werden. Die eindeutige Zuordnung von Kosten und Leistungen auf die Geschäftsbereiche stößt in der Praxis insbesondere dann auf Probleme, wenn vielfältige Leistungsbeziehungen zwischen den Geschäftsbereichen bzw. zwischen den Geschäftsbereichen und den Zentralbereichen vorliegen. Nachfolgende Abbildung 5 stellt die Interdependenzen zwischen Geschäftsbereichen und Zentralbereichen beispielhaft dar. Die Pfeile symbolisieren hierbei den Leistungsfluss.

86

vgl. Hoitsch/Lingnau, 2004, S.16 vgl. Plinke/Rese, 2002, S.146 88 vgl. Coenenberg, 2003b, S.523 89 vgl. Coenenberg, 1973, S.373f; Coenenberg, 2003b, S.523f 87

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Zentralbereich 1 Organisation/ Personal/EDV

Geschäftsbereich 1 Teigwaren und Fertiggerichte

Zentralbereich 2 Zentraleinkauf

Geschäftsbereich 2 Obst und Gemüse Konserven

53

Zentralbereich 3 Rechnungswesen

Geschäftsbereich 3 Mehle und Keimerzeugnisse

Abbildung 5: Innerbetriebliche vertikale und horizontale Leistungsbeziehungen90 Bei horizontalen Interdependenzen treten Leistungsbeziehungen zwischen Geschäftsbereichen auf. Hierbei werden üblicherweise Zwischenprodukte, Ausgangsmaterialien, Bauteile oder Handelswaren an andere Geschäftsbereiche weitergeleitet. In dem Beispiel aus Abbildung 5 ist etwa denkbar, dass der Geschäftsbereich 3 dem Geschäftsbereich 1 Mehl zur Produktion der Teigwaren liefert. Die Frage stellt sich, wie diese innerbetrieblichen Leistungen zu bewerten sind. Durch eine Ausklammerung dieser innerbetrieblichen Leistungen aus der Erfolgsermittlung bekäme der weiterverarbeitende Geschäftsbereich die vollen Leistungen zugesprochen. Der liefernde Geschäftsbereich würde hingegen mit den Kosten des Zwischenproduktes ohne entsprechende Erlöse belastet werden.91 Aus diesem Grund werden Verrechnungspreise eingesetzt. Bei Verrechnungspreisen92 handelt es sich um Gegenwerte für Güter und Dienstleistungen, die innerhalb des Betriebes von einem Bereich an den anderen gehen.93 In der Literatur und der Praxis wird eine Vielzahl unterschiedlicher Verrechnungspreissysteme diskutiert.94 An dieser Stelle soll nur ein kurzer Einblick in die 90

vgl. Stelling, 2005, S.258 vgl. Stelling, 2005, S.258 92 Synonym zum Begriff des Verrechnungspreises wird häufig auch der Begriff des Transferpreises oder des Lenkpreises verwendet. Eine Abgrenzung dieser Begriffe voneinander findet sich beispielsweise bei: Horvárth, 2006, S.569 93 vgl. Plinke/Rese, 2002, S.147 94 vgl. Treyer, 1990, S.249 91

54

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Problematik der Verrechnungspreise geliefert werden. Hierzu wird das nachfolgende einfache Beispiel mit lediglich zwei Geschäftsbereichen betrachtet.95 Abbildung 6 enthält die wesentlichen Daten der beiden Geschäftsbereiche:

Absatzmenge Lieferung an anderen Geschäftsbereich Absatzpreis variable Kosten pro Periode Periodenerlöse auf Absatzmärkten variable Kosten pro Periode fixe Kosten pro Periode Geschäftsbereichserfolg

Geschäftsbereich A 2.000 0 120,0 € 40,0 € 240.000 € 80.000 € 70.000 € 90.000 €

Geschäftsbereich B 80.000 30.000 2,5 € 0,5 € 200.000 € 55.000 € 110.000 € 35.000 €

Abbildung 6: Geschäftsbereichserfolg (keine Berücksichtigung der internen Lieferbeziehungen) Im Beispiel wird angenommen, dass jeder Geschäftsbereich nur ein Erzeugnis herstellt und dass die Produkte vollständig abgesetzt werden können. Während Geschäftsbereich A die produzierten Erzeugnisse komplett an externe Kunden verkauft, wandert ein Teil der von Geschäftbereich B erzeugten Produkte (30.000 ME) an Geschäftsbereich A. Das in Abbildung 6 dargestellte Berechungsschema zur Ermittlung des Geschäftsbereichserfolges verzichtet vollständig auf eine Verrechnung der innerbetrieblichen Leistungsbeziehungen. In die Erlöse des Geschäftsbereichs B gehen damit nur die Erlöse aus den an externe Kunden verkaufte Erzeugnisse ein (80.000 · 2,5 € = 200.000 €). Zu tragen hat der Geschäftsbereich allerdings die variablen und die fixen Kosten (110.000 € + 55.000 € = 165.000 €) in voller Höhe. Die Festlegung der Verrechnungspreise erfolgt häufig auf der Basis der Vollkosten des abgebenden Geschäftsbereichs.96 Alternativ könnten ebenfalls lediglich die variablen Kosten (Grenzkosten) berücksichtigt werden. Eine Grenzkostenrechnung bietet sich insbesondere dann an, wenn die Fixkosten kurzfristig indisponibel sind.97 In der vorliegenden Arbeit soll jedoch eine Geschäftsbereichsbeurteilung hergeleitet werden, mit deren Hilfe Geschäftsbereiche verglichen und (langfristig) gesteuert werden können. Die Fixkosten stellen hier einen wichtigen Faktor dar. Demzufolge ist die Vollkostenrechnung der Grenzkostenrechnung

95

vgl. Stelling, 2005, S.262f vgl. Treyer, 1990, S.249 97 vgl. Stelling, 2005, S.263 96

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

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grundsätzlich vorzuziehen. Dem Geschäftsbereich B des Beispielfalls wird durch die Lieferung der Erzeugnisse ein Erlös in Höhe von 45.000 € 55.000 €  110.000 € ( ˜ 30.000) zugerechnet. Für Geschäftsbereich A stellt 80.000  30.000 dieser Betrag zusätzliche Kosten dar. Abbildung 7 verdeutlicht für diese Art der Leistungsverrechnung die Ermittlung des Geschäftsbereichserfolgs:

Periodenerlöse am Absatzmarkt Kosten aus internen Lieferungen Erlöse aus internen Lieferungen Eigene Kosten pro Periode Geschäftsbereichserfolg

Geschäftsbereich A 240.000 € 45.000 € 0€ 150.000 € 45.000 €

Geschäftsbereich B 200.000 € 0€ 45.000 € 165.000 € 80.000 €

Abbildung 7: Geschäftsbereichserfolg (Vollkosten)

Geschäftsbereich B weist nun einen deutlich höheren Geschäftsbereichserfolg auf. Allerdings wird Geschäftsbereich B mit dieser Kalkulation grundsätzlich nicht zufrieden sein. Ein Geschäftsbereich stellt keine Produkte her, um damit nur die Kosten decken zu können, vielmehr soll ein Mehrwert geschaffen werden. Eine Möglichkeit besteht nun darin, dass sich die beiden Geschäftsbereichsleiter auf einen bestimmten Gewinnzuschlag einigen bzw. dass der Gewinnzuschlag von der Unternehmensführung vorgegeben wird.98 So könnte beispielsweise vereinbart werden, dass auf den Vollkostenpreis noch ein Zuschlag von 20% vorgenommen wird. Damit ergeben sich die Erlöse für Geschäftsbereiche B zu 54.000 55.000€  110.000€ ˜ 30.000 ˜ 1,2) . Abbildung 8 verdeutlicht die Ermittlung € ( 80.000  30.000 des Geschäftsbereichserfolges bei Verrechnung der Vollkosten zuzüglich eines Gewinnzuschlags:

Periodenerlöse am Absatzmarkt Kosten aus internen Lieferungen Erlöse aus internen Lieferungen Eigene Kosten pro Periode Geschäftsbereichserfolg

Geschäftsbereich A 240.000 € 54.000 € 0€ 150.000 € 36.000 €

Geschäftsbereich B 200.000 € 0€ 54.000 € 165.000 € 89.000 €

Abbildung 8: Geschäftsbereichserfolg (Vollkosten zuzüglich Gewinnzuschlag) 98

vgl. Treyer, 1990, S.249; Stelling, 2005, S.262

56

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Problematisch an dem Gewinnzuschlag ist, dass dieser ggfs. nur relativ willkürlich festgelegt werden kann, was die Aussagekraft der Verrechnungspreise deutlich einschränkt.99 Aus diesem Grund werden auch Preise für vergleichbare, am Markt gehandelte Produkte als Verrechnungspreise verwendet.100 Die Vorteile von marktorientierten Verrechnungspreisen liegen in der geringen Manipulierbarkeit und der hohen Markttransparenz.101 Die marktorientierten Verrechnungspreise setzen allerdings voraus, dass tatsächlich auch Marktpreise für vergleichbare Güter existieren. Sind für bestimmte zu transferierende Güter oder Leistungen nur knappe Kapazitäten verfügbar, dann sollte der Verrechnungspreis ebenfalls diese Knappheit berücksichtigen. In diesem Fall stellt der Verrechnungspreis einen Knappheitspreis dar.102 Unter den vertikalen Interdependenzen eines Unternehmens werden die Leistungsbeziehungen zwischen den Zentral- und den Geschäftsbereichen verstanden. Zur Ermittlung des Geschäftsbereichserfolges ist es erforderlich, dass die Kosten der Zentralbereiche verursachungsgerecht auf die Geschäftsbereiche verteilt werden. Grundsätzlich liegt somit das gleiche Problem vor, das bereits im Rahmen der horizontalen Interdependenzen diskutiert wurde. Während es sich bei den horizontalen Leistungsbeziehungen häufig um physische Lieferungen handelt, beziehen sich die vertikalen Leistungsbeziehungen üblicherweise auf Dienstleistungsfunktionen. So benötigt beispielsweise ein Geschäftsbereich eine Beratung von einer Zentralabteilung. Auch die Kosten der Zentralabteilungen sollten auf einer möglichst plausiblen Basis auf die Segmente verteilt werden. Hierzu sind geeignete Verteilungsschlüssel zu bilden, die beispielsweise auf dem Umsatz, einer Ergebnisgröße, dem investierten Kapital oder der Anzahl der Mitarbeiter basieren können.103 Mit dem Geschäftsbereichserfolg liegt letztlich eine Kennzahl vor, deren Vorzeichen angibt, ob es dem Geschäftsbereich in der Abrechnungsperiode gelungen ist, über die Erlöse die gesamten Kosten eines Geschäftsbereichs zu decken. Die absolute Höhe des Geschäftsbereichserfolgs zeigt das Volumen der Substanzveränderung an. Für die Geschäftsbereichssteuerung ist die Höhe des aktuellen Ergebnisses jedoch von nachrangiger Bedeutung. Wichtiger ist die Veränderung des absoluten Betrages im Vergleich zur Vorperiode. Der Geschäftsbereichserfolg ist

99

vgl. Möller/Zimmermann/Hüfner, 2005, S.213 vgl. Coenenberg, 1973, S.376ff vgl. Horváth, 2006, S.572 102 vgl. Coenenberg, 1973, S.378ff 103 vgl. Burger/Ulbrich, 2005, S.538; Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.366 100 101

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

57

demnach als Art „Kompass“ zu betrachten, der die Richtung der Entwicklung eines Geschäftsbereichs anzeigt.104

2.

Die Segmentberichterstattung (externes Rechnungswesen)

Ebenso können auch geschäftsbereichsspezifische Kennzahlen aus dem externen Rechungswesen zur Geschäftsbereichsbeurteilung herangezogen. Die Kennzahlen des externen Rechungswesens beziehen sich traditionell auf das Gesamtunternehmen. Im Zuge immer größer werdender Unternehmen mit Aktivitäten in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und internationalen Märkten wuchs die Erkenntnis, dass es auf der Basis des Jahresabschlusses auf Unternehmensebene verhältnismäßig schwierig ist, aussagekräftige Informationen über die Lage des Unternehmens abzuleiten. Denn aus einem über alle Geschäftsbereiche aggregierten Jahresabschluss lässt sich nur bedingt eine Aussage über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens treffen.105 Diese Erkenntnis sorgte schon in den 1970er Jahren in den angloamerikanisch geprägten Ländern zu Vorschriften bezüglich der Veröffentlichung von Rechnungslegungsinformationen über einzelne Geschäftsbereiche.106 Der deutsche Gesetzgeber fordert große Kapitalgesellschaften nach §314 Abs. 3 HGB lediglich zur „Aufgliederung der Umsatzerlösen nach Tätigkeitsbereichen sowie geographisch bestimmten Märkten ...“ auf.107 Anders sieht dies aus, wenn deutsche Unternehmen nach internationalen Rechnungslegungsstandards, wie beispielsweise dem International Accounting Standards (IAS), bilanzieren. Nach IAS 14 liegen für Unternehmen, deren Wertpapiere an der Börse gehandelt werden, konkrete Vorschriften zur Segmentberichterstattung vor.108 Zu beachten ist hierbei, dass die zu bilanzierenden Segmente nicht unbedingt mit den vom Management gebildeten Geschäftsbereichen übereinstimmen müssen. Die Bildung von Segmenten ist grundsätzlich nach den folgenden zwei Ansätzen möglich:109 ƒ Beim Risik and Reward Approach werden die Segmente nach Risiko- und Chancenaspekten abgegrenzt. Sollten die von dem Management definierten Geschäftsbereiche nach anderen Kriterien gebildet werden (z.B. Geschäftsbereichsbildung nach Produkten), so sind die Kennzahlen der Segmentberichterstattung für die Geschäftsbereichssteuerung von geringer Bedeutung. 104

vgl. Plinke/Rese, 2002, S.148f vgl. Haller/Park, 1994, S.499 106 vgl. Haller/Park, 1994, S.500 107 vgl. Böcking/Benecke, 1998, S.104 108 Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf einen IAS-konformen Segmentbericht. Ebenso ließe sich an dieser Stelle auch ein US-GAAP-konformer Segmentbericht diskutieren. 109 vgl. Böcking/Benecke, 1998, S.97; Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.166 105

58

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

ƒ Beim Management Approach stellt das zentrale Kriterium der Segmentierung die interne Reporting-Struktur des Unternehmens dar. Die Bildung der Segmente basiert damit auf den vom Management gebildeten Geschäftsbereichen. In diesem Fall stimmen die Segmente größtenteils mit den Geschäftsbereichen überein.

Abbildung 9 gibt einen Überblick über die wichtigsten Informationen, die gemäß IAS 14 für die Segmente eines Unternehmens gefordert werden. Geschäfts- Geschäfts- Geschäfts- ... Überbereich A

bereich B

bereich C

Gesamt-

leitung unternehmen

Segmentumsätze Außenumsatz Innenumsatz Segmentergebnis Sachanlagen, Immaterielle Vermögen Segmentinvestitionen Segmentabschreibungen Segmentverbindlichkeiten Sonstige bedeutende, nicht zahlungswirksame Segmentaufwendungen

Abbildung 9: Inhalte eines IAS-konformen Segmentberichts

Bei der Aufstellung des Segmentberichts ist zu beachten, dass sich dieser am Betriebszweck orientieren muss. Nichtbetriebliche Erfolgskomponenten fließen nicht in die Ermittlung des Segmentergebnisses ein. Auch das Segmentvermögen bezieht sich ausschließlich auf betriebliche Positionen. Damit verfügt die Segmentberichterstattung gegenüber der Berichterstattung des Gesamtunternehmens über eine eigene (operative) Berichtslogik.110 Im Rahmen einer Segmentbericht-

110

vgl. Burger/Ulbrich, 2005, S.391

59

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

erstattung nach IAS sind beispielsweise folgende Positionen nicht zu publizieren:111 ƒ Erfolge aus dem Verkauf von Beteiligungen ƒ Zinsen und Dividenden ƒ Außergewöhnliche Aufwendungen und Erträge ƒ Sonstige Aufwendungen, die nur für das Gesamtunternehmen anfallen ƒ Steuern von Einkommen und Ertrag

Als Beispiel einer Segmentberichterstattung werden im Folgenden die entsprechenden Veröffentlichungen der Deutschen Lufthansa AG betrachtet. Die Lufthansa AG ist nach sieben Segmenten untergliedert. Dazu zählen die Segmente „Passage“, „Logistik“, „Technik“, „Catering“, „Touristik“, „IT Service“ und „Weitere Servicegesellschaften“. Für diese sieben Segmente der Lufthansa AG zeigt Abbildung 10 einen Ausschnitt aus der Segmentberichterstattung für die Monate Januar-Juni 2006: Passage Logistik Technik Catering Touristik Außenumsätze - davon Verkehrserlöse Konzerninnenumsätze Umsatzerlöse gesamt Übrige Segmentumsätze Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen - davon außerplanmäßig sonstiger betrieblicher Aufwand Segmentergebnis Segmentvermögen Segmentschulden Segmentinvestitionen

IT ServiceSumme Services gesell.

Mio. € 6.256 6.213 265 6.521 415 3.876 1.226 361 -

Mio. € 1.383 1.314 8 1.391 64 951 168 66 -

Mio. € 1.024 663 1.687 71 872 478 37 -

Mio. € 849 253 1.102 60 469 482 30 -

Mio € -71 -

Mio. € 136 177 313 12 17 120 16 -

Mio. € 257 16 36 10 -

Mio. € 9.648 7.527 1.366 11.014 808 6.201 2.510 520 0

1.237

208

247

190

-

153

118

2.153

236 8.903 7.377 275

62 1.243 722 3

2.266 2.266 1.472 45

-9 1.099 653 25

-71 247 -

19 269 215 22

77 2.827 849 52

2.580 16.854 11.288 422

Abbildung 10: Segmentbericht der Deutschen Lufthansa AG (Ausschnitt)112

111 112

vgl. Weißenberger/Liekweg, 1999, S.167f vgl. o.V., 2006, S.16

60

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die Herleitung der Segmentergebnisse offenbart ähnliche Probleme, wie sie bereits beim Geschäftsbereichserfolg der Kosten- und Leistungsrechnung diskutiert wurden. Auch hier müssen die Transaktionen mit anderen Segmenten (Konzerninnenumsätze) erfasst werden. Darüber hinaus muss eine verursachungsgerechte Verteilung der Aufwendungen der Zentralbereiche auf die Segmente gewährleistet sein. Mithilfe der Segmentberichtskennzahlen lassen sich eine Reihe weiterer Kennzahlen ableiten. Von Bedeutung für eine Geschäftsbereichssteuerung sind insbesondere die Rentabilitätskennzahlen. Hierbei handelt es sich um Beziehungszahlen, bei denen eine Ergebnisgröße in Relation zu einer dieses Ergebnis maßgeblich bestimmenden Einflussgröße (insbesondere das eingesetzte Kapital bzw. Vermögen und der Umsatz) gesetzt wird.113 Geht es beispielsweise um den Vergleich zweier Geschäftsbereiche, so sind absolute Erfolgskenngrößen (z.B. das Segmentergebnis) unter Umständen wenig aussagekräftig, insbesondere dann, wenn sich das eingesetzte Vermögen der Geschäftsbereiche deutlich unterscheidet.114 Von dem Geschäftsbereich mit dem höheren Kapitaleinsatz ist auch ein wesentlich höherer Ertrag zu erwarten. Die Segment-Betriebsrentabilität ergibt sich aus der Division des Segmentergebnisses durch das Segmentvermögen: Segment  Betriebsrentabilität

Segmentergebnis Segmentvermögen

Für den Geschäftsbereich „Passage“ der Lufthansa AG ergibt sich die Segmentbetriebsrentabilität des Zeitraumes Januar-Juni 2006 zu: Segment  Betriebsrentabilität Passage

236 Mio.€ 8.903 Mio.€

2,65 %

Das Segment-Betriebsergebnis bringt die Verzinsung des Segmentvermögens eines Geschäftsbereichs zum Ausdruck. Mit anderen Worten, die Kennzahl verdeutlicht, wie viele Einheiten Ergebnis mit einer Einheit Vermögen erzielt werden konnte. Da es sich bei den Kennzahlen der Segmentberichterstattung um operative Größen handelt, ist das Segment-Betriebsergebnis nur sehr schwer mit der Gesamtkapitalrentabilität zu vergleichen.

113 114

vgl. Coenenberg, 2003a, S.1040 vgl. Küting/Weber, 2001, S.291

61

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die Segment-Umsatzrentabilität setzt das Segmentergebnis in Beziehung zu den Umsatzerlösen des Geschäftsbereichs:115 Segment  Umsatzrentabilität

Segmentergebnis Segmenterlöse

Für den Geschäftsbereich „Passage“ berechnet sich Umsatzrentabilität gemäß den Daten aus Abbildung 10 zu: Segment  Umsatzrentabilität Passage

236 Mio.€ 6.936 Mio.€

die

Segment-

3,40 %

Die Segment-Umsatzrentabilität zeigt an, wie viele Einheiten Ergebnis mit einer Einheit Umsatz erzielt worden sind. Für den Geschäftsbereich „Passage“ der Deutschen Lufthansa AG konnten beispielsweise im ersten Halbjahr 2006 mit 1 € Umsatz 3,4 Cent Ergebnisbeitrag erzielt werden. Mithilfe der Rentabilitätskennzahlen können die Erfolge der einzelnen Segmente der Lufthansa AG, unabhängig von der Größe der Geschäftsbereiche, vergleichen werden. Nach der Darstellung wichtiger Erfolgskennzahlen aus dem Rechnungswesen, soll im Folgenden untersucht werden, inwiefern sich diese Kennzahlen zur Geschäftsbereichssteuerung eignen.

3.

Kritische Würdigung der traditionellen Erfolgsgrößen des Rechnungswesens zur Geschäftsbereichssteuerung

Im Anforderungskatalog stellt die Marktwertorientierung eine zentrale Anforderung an eine Geschäftsbereichsbeurteilung dar. Diese Anforderung ist von Bedeutung, da die Anteilseigner eine Unternehmung immer nach deren Marktwert bewerten. Sollen gemäß der zentralen unternehmerischen Zielsetzung die Geschäftsbereiche so gesteuert werden, dass der Marktwert für die Anteilseigner maximiert wird, so muss die Geschäftsbereichsbeurteilung zwingend auch auf einer marktwertorientierten Sichtweise basieren. Zu untersuchen ist folglich, ob die Kennzahlen des Rechnungswesens eine Aussage über den Marktwert eines Geschäftsbereichs liefern können. Zunächst einmal ist festzustellen, dass es sich bei den dargestellten Kennzahlen des Rechnungswesens um Größen handelt, die den Erfolg einer Periode erfassen. Der Geschäftsbereichserfolg der Kosten- und Leistungsrechnung sowie das Segmentergebnis werden für einen bestimmten Abrechnungszeitraum ermittelt. Darüber hinaus werden insbesondere die Daten des externen Rechnungswesens üblicher115

vgl. Burger/Ulbrich, 2005, S.412f

62

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

weise auf der Basis vergangener Daten ermittelt. Dies steht im Widerspruch zu dem überwiegend langfristigen, zukunftsorientierten Beurteilungshorizont der Anteilseigner. Die Erfolgskennzahlen des Rechnungswesens liefern eine Information darüber, inwiefern innerhalb der Abrechnungsperiode die Erlöse die Kosten (internes Rechnungswesen), bzw. die Erträge die Aufwendungen (externes Rechungswesen) eines Geschäftsbereichs übersteigen. Aus dieser Information lässt sich nicht unmittelbar eine Aussage über den Marktwert eines Geschäftsbereichs ableiten. Anstelle der Erfolgsgrößen Leistungen und Kosten bzw. Erträge und Aufwendungen sind für die Anteilseigner vielmehr die Größen Einzahlungen und Auszahlungen von Bedeutung. So interessiert die Anteilseigner, mit welchen Einzahlungsüberschüssen sie in der Zukunft aus ihrem Investment rechnen können. Steuerungsentscheidungen auf der Basis der traditionellen Kennzahlen des Rechnungswesens stehen damit nicht unbedingt im Einklang mit einer marktwertorientierten Steuerungskonzeption. Dem Kritikpunkt, dass es sich bei den Kenngrößen des Rechnungswesens um vergangene Periodengrößen handelt, kann entgegengebracht werden, dass ein Unternehmen ebenfalls einen Plan-Geschäftsbereichserfolg oder einen PlanSegmentbericht aufstellen kann. Damit können auch für zukünftige Perioden die entsprechenden Kenngrößen ermittelt werden. Allerdings stehen der Unternehmensführung dann lediglich Zeitreihen verschiedener Kenngrößen zur Verfügung. Daraus sinnvolle Schlüsse über den Erfolg des Geschäftsbereichs abzuleiten, bleibt letztlich dem Geschick der Unternehmensführung überlassen. Es fehlt folglich eine Verknüpfungsmethodik, welche die Elemente der Zeitreihe zu einer aussagekräftigen Kenngröße zusammenfasst. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die traditionellen PeriodenErfolgskenngrößen des Rechungswesens den Anforderungen der Marktwertorientierung (Anforderung 1) nicht entsprechen können. Darüber hinaus stellt ein weiterer zentraler Schwachpunkt der Kenngrößen des Rechungswesens die mangelnde Risikoerfassung dar. Die vorgestellten traditionellen Erfolgsgrößen des Rechnungswesens lassen jegliches Risiko unberücksichtigt.116 Eine Risikoaussage kann möglicherweise mithilfe einer Erfolgsspaltung erzielt werden. Das primäre Ziel der Erfolgsspaltung ist die Identifikation des nachhaltigen, auf Dauer erzielbaren Erfolgs eines Geschäftsbereichs.117 Der Gesamterfolg wird dabei nach Erfolgsquellen und Leistungsbereichen aufgegliedert. Aber auch mithilfe der 116 117

vgl. Mensch, 1999, S.441; Rappaport, 1995, S.21; Bühner, 2004, S.157 eine ausführliche Behandlung der Erfolgsspaltung findet sich beispielsweise in: vgl. Küting/Weber, 2001, S.218

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

63

Erfolgsspaltung wird nur eine vage Einschätzung darüber erreicht, mit welchem Erfolg in Zukunft gerechnet werden kann. Ohne eine explizite Prognose über die zukünftige Entwicklung lässt sich nur eine sehr bedingte Aussage über das Risiko treffen.118 Da die hier vorgestellten Erfolgsgrößen des Rechnungswesens keine Aussage bezüglich des Risikos eines einzelnen Geschäftsbereichs beinhalten, sind sie auch nicht in der Lage, die Risikoverbundeffekte zwischen den Geschäftsbereichen zu erfassen. Bezüglich Anforderung 5 (Risikoerfassung) und Anforderung 6 (Risikoverbundeffekte) versagen somit diese Bewertungsansätze. Die fehlende Markwertorientierung, der Vergangenheitsbezug (insbesondere beim Segmentbericht) sowie die mangelhafte Risikoerfassung offenbaren die Schwächen der traditionellen Erfolgskennzahlen des Rechungswesens. Vor dem Hintergrund des definierten Anforderungskatalogs zeigt sich damit bereits an dieser Stelle, dass die traditionellen Periodengrößen des Rechnungswesens nicht die zentrale Steuerungskenngröße von Geschäftsbereichen darstellen können. Als ein wesentlicher Schwachpunkt der in diesem Kapitel betrachteten Kennzahlen kann die Periodenorientierung herausgestellt werden. In der Investitionsrechnung werden mit den Barwertkalkülen regelmäßig Bewertungskonzepte herangezogen, die zukünftige Erfolgsgrößen zu einer Kennzahl verdichten. Im Folgenden soll untersucht werden, inwiefern sich diese Barwertkonzepte vor dem Hintergrund des definierten Anforderungskatalogs zur Geschäftsbereichsbeurteilung eignen.

IV. Barwertorientierte Bewertung 1.

Die Bedeutung von Perioden- und Barwertgrößen im Rahmen der Geschäftsbereichssteuerung

Das vorangehende Kapitel hat verdeutlicht, dass die traditionellen periodenorientierten Erfolgsgrößen des Rechnungswesens nicht die zentralen Größen einer Geschäftsbereichsbeurteilung darstellen können. Gleichwohl muss die Unternehmensführung bei allen Steuerungsentscheidungen immer auch die jährlich aufzustellende Bilanz und GuV eines Unternehmens berücksichtigen. Dies wird vor dem Hintergrund des Insolvenztatbestands der Überschuldung deutlich. Eine Überschuldung liegt vor, wenn das gesamte Eigenkapital eines Unternehmens

118

vgl. Bühner, 2004, S.157

64

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

durch Verluste aufgezehrt worden ist.119 Eine derartige Situation ist der Auslöser für ein insolvenzrechtliches Verfahren.120 Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass eine Überschuldung nur auf Unternehmensebene auftreten kann. Ein einzelner Geschäftsbereich kann nicht überschuldet sein. Im Rahmen von Steuerungsentscheidungen müssen folglich immer auch die Auswirkungen potentieller Verluste der einzelnen Geschäftsbereiche auf das Gesamtunternehmen berücksichtigt werden.121 Darüber hinaus spielen die Daten des Jahresabschlusses für unternehmensexterne Adressaten eine wichtige Rolle. Der externen Bilanzanalyse wird hierbei eine Informations- und Beurteilungs- bzw. Interpretationsfunktion zugesprochen.122 So stützen sich beispielsweise die Gläubiger bei der Kreditvergabe auf die Daten des Jahresabschlusses. Auf der Grundlage der Kreditwürdigkeitsprüfung wird anschließend entschieden, ob und gegebenenfalls zu welchen Konditionen ein Kredit gewährt wird. Weitere wichtige Adressaten des Jahresabschlusses sind zentrale Kontrollinstanzen wie etwa Abschlussprüfer, das Bundeskartellamt, das Finanzamt, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) etc.124 Die Daten des Jahresabschlusses besitzen damit nach wie vor eine große Relevanz im Unternehmen, als zentrale, interne Steuerungsgrößen für Geschäftsbereiche sind sie jedoch nicht geeignet.125 Neben der Vermeidung einer Überschuldung hat die Unternehmensführung immer auch die jederzeitige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens zu gewährleisten. Sollte ein Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr in der Lage sein, sämtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, so ist das Unternehmen illiquide und muss Insolvenz anmelden und zwar unabhängig davon, ob möglicherweise gute Erfolgsaussichten in der Zukunft vorliegen.126 Führt ein Unternehmen beispielsweise ein großes Investitionsprojekt mit hohen Auszahlungen zu Beginn der Laufzeit und zeitlich verzögerten Rückflüssen durch, so besteht die Gefahr, dass in den ersten Jahren des Investitionsprojektes Zahlungsschwierigkeiten auftreten. Im Rahmen einer Geschäftsbereichsbeurteilung müs-

119

vgl. Ritter, 1999, S.130ff vgl. Küting/Weber, 2001, S.77 vgl. Gogger, 2002, S.40ff 122 vgl. Küting/Weber, 2001, S.11 124 vgl. Küting/Weber, 2001, S.12 125 vgl. Kapitel 1. Teil:A.III.3 126 vgl. Bonn, 2006, S.33; Ritter, S.117ff 120 121

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

65

sen demzufolge die Auswirkungen eines Geschäftsbereichs auf den Gesamtzahlungsstrom eines Unternehmens erfasst werden.127 Ist die Unternehmensführung auf die Steigerung des Markwertes der Anteilseigner ausgerichtet, so muss sich auch der Beurteilungsansatz an der mehrperiodigen Betrachtungsweise der Anteilseigner orientieren. In der Bewertungstheorie weit verbreitete Ansätze, welche die zukünftigen Erfolgsgrößen in die Beurteilung integrieren, sind die so genannten Barwertkonzepte. Die Barwertkonzepte „transformieren“ die zukünftigen Gewinn- oder Cashflowgrößen auf den Zeitpunkt t=0. Hierbei greifen die Konzepte auf die Zins- und Zinseszinsrechnung zurück. Mithilfe der Zins- und Zinseszinsrechnung wird die Frage beantwortet, welchen Wert eine in der Zukunft auftretende Erfolgsgröße zum gegenwärtigen Zeitpunkt besitzt.128 Zur Wertermittlung müssen alle einem Untersuchungsobjekt (z.B. Geschäftsbereich) zuzuordnenden, zukünftigen Erfolgsgrößen aufgedeckt werden. Die Summe dieser auf den Zeitpunkt t=0 diskontierten Erfolgsgrößen liefert den Wert des Untersuchungsobjektes. Mithilfe der Barwertkalküle gelingt es, die zukünftigen Erfolgsgrößen zu einer auf t=0 bezogenen Kennzahl zu verdichten. Damit besitzen die Barwertgrößen im Vergleich zu den Periodengrößen einen deutlich höheren Informationsgehalt. Die Unternehmensführung sollte sich folglich auf eine Barwertgröße als zentrale Steuerungsgröße für Geschäftsbereiche stützen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird noch genauer analysiert, wie eine geeignete Erfolgsgröße bzw. ein Diskontierungszinssatz im Rahmen eines Barwertansatzes gewählt werden sollte. Die Beurteilung eines Geschäftsbereichs stellt damit ein vielschichtiges Problem dar: Zum einen muss es sich bei der zentralen zu maximierenden Zielgröße um eine Barwertgröße handeln. Zum andern müssen immer auch die Insolvenztatbestände berücksichtigt werden, die auf einer periodenorientierten (Überschuldung) bzw. einer zeitpunktbezogenen (Illiquidität) Sichtweise basieren. Die Vermeidung der Überschuldung und der Illiquidität ist eine zwingend einzuhaltende Nebenbedingung. Zeichnet sich ein Zahlungsmittelengpass bzw. die unmittelbare Gefahr einer Überschuldung ab, so sollten sich die Steuerungsmaßnahmen auf die Vermeidung der Insolvenztatbestände konzentrieren. Die Maximierung der Barwertgröße tritt in diesem Fall in den Hintergrund. So könnte beispielsweise die Situation eintreten, dass ein Geschäftsbereich verkauft werden muss, da dieser in den nächsten

127 128

vgl. Gogger, 2002, S.35ff vgl. Bieg/Kussmaul, 2000a, S.90

66

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Jahren einen zu hohen Liquiditätsbedarf aufweist. Die Rentabilität dieses Geschäftsbereichs ist in diesem Fall für die Steuerungsentscheidung von nachrangiger Bedeutung. Abbildung 11 fasst die unterschiedlichen Dimensionen der Geschäftsbereichsbeurteilung zusammen.

Beurteilungsgrundlage

periodenorientiert bzw. zeitpunktbezogen

barwertorientiert

Vermeidung der Überschuldung bzw. Illiquidität

Steigerung des Unternehmenswertes

einzuhaltende Nebenbedingung

zu maximierende Zielgröße

Abbildung 11: Betrachtungsperspektiven einer Geschäftsbereichsbeurteilung

Im Folgenden wird mit dem klassischen Kapitalwertverfahren ein gängiges Barwertverfahren zur Investitionsbeurteilung vorgestellt. Ein neuerer Barwertansatz, welcher zentrale Kritikpunkte an dem klassischen Kapitalwertverfahren beseitigen soll, ist das Marktzinsmodell.

2.

Zentrale Barwertkalküle der Investitionsrechnung

Die Kapitalwertmethode stellt ein in Theorie und Praxis weit verbreitetes Barwertkalkül im Rahmen der Investitionsbeurteilung dar.129 Zentrale Einflussgrößen der Kapitalwertmethode sind der Zahlungsstrom bzw. Cashflow des Untersuchungsobjektes sowie der Kalkulationszinssatz.130 Einem zu beurteilenden Inves129

Eine Übersicht über Verbreitung und Bedeutung von Investitionsrechnungen in der Praxis: vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.50ff 130 vgl. Bieg/Kussmaul, 2000a, S.116

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

67

titionsprojekt bzw. Geschäftsbereich ist folglich der Cashflow als Differenz von Einzahlungen und Auszahlungen zuzuordnen.131 Unter der Voraussetzung, dass alle mit einem Untersuchungsobjekt verbundenen Zahlungen diskreten, äquidistanten Zeitpunkten zugerechnet werden können, ergibt sich der Kapitalwert wie folgt:132 C0

mit:

T§ E At t  I0  ¦ ¨ t ¨ (1  i) t t 1© (1  i)

C0 I0 Et At Zt

= = = = =

T t i

= = =

T§ · ¸ I0  ¦ ¨ Z t t ¸ ¨ t 1© (1  i) ¹

· ¸ ¸ ¹

Kapitalwert der Investition Investitionsauszahlung Einzahlungen der Periode t Auszahlungen der Periode t Differenz zwischen den Ein- und Auszahlungen der Periode t mit: Einzahlungsüberschuss der Periode t, wenn Zt > 0 Auszahlungsüberschuss der Periode t, wenn Zt < 0 Laufzeit der Investition Periode (t = 0,1,2,...,T) Kalkulationszinssatz

Mithilfe der Diskontierung der einzelnen Zahlungsgrößen wird der Wertbeitrag jeder Zahlungsgröße zum Zeitpunkt t=0 ermittelt. Die Addition der diskontierten Zahlungsgrößen liefert den Gesamtwert des Untersuchungsobjekts. Ein positiver Kapitalwert signalisiert folgendes:133 ƒ Die in das Investitionsprojekt eingesetzten Mittel sind an den Investor zurückgeflossen, d.h. die Amortisation der Investitionsausgabe ist sichergestellt. ƒ Die jeweils noch ausstehenden Beträge verzinsen sich zum Kalkulationszins. ƒ Schließlich repräsentiert der positive Kapitalwert den mit dem Investitionsprojekt verbundenen Überschuss im Sinne eines Vermögenszuwachses zum Zeitpunkt t=0.

Einem Investitionsprojekt werden die in Abbildung 12 aufgeführten Ein- und Auszahlungen zugeordnet. Es wird eine Laufzeit von 4 Jahren unterstellt:

131

vgl. Troßmann, 1998, S.41 vgl. Hölscher, 1997b, S.56; Bieg/Kussmaul, 2000a, S.116 133 vgl. Schierenbeck, 2003a, S.356 132

68

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Periode

0

1

2

3

4

-55.000 €

0

0

0

0

Einzahlungen

0

50.000 €

35.000 €

25.000 €

5.000 €

Auszahlungen

0

-20.000 €

-20.000 €

-10.000 €

0

-55.000 €

30.000 €

15.000 €

15.000 €

5.000 €

Investitionsauszahlung

Zahlungsüberschuss

Abbildung 12: Ein- und Auszahlungen des Beispielsfalls

Bei einem angenommenen Kalkulationszinssatz in Höhe von 6% berechnet sich der Kapitalwert gemäß oben stehender Formel zu: C0

55.000 € 

30.000 € 15.000 € 15.000 € 5.000 €    (1  0,06) (1  0,06) 2 (1  0,06)3 (1  0,06) 4

3.206,59 €

Sollten sich die Zahlungsprognosen als richtig herausstellten, so wird mit dem Investitionsprojekt ein Überschuss in Höhe von 3.206,59 € erzielt. Die Wertermittlung eines Investitionsprojektes mithilfe der Kapitalwertmethode deckt sich grundsätzlich mit der Betrachtungsperspektive der Anteilseigner. Auch diese werden sich die Frage stellen, mit welchen zukünftigen Einzahlungsüberschüssen aus einem Engagement zu rechnen ist und welchen Wert diese zukünftigen Erträge aus heutiger Sicht besitzen. Nicht ohne Probleme ist jedoch die Festlegung der Einflussparameter der Kapitalwertmethode. Die Kapitalisierungsgröße, als Differenz von Einzahlungen und Auszahlungen, ist einerseits zwar klar definiert. Andererseits ergibt sich in der praktischen Anwendung die Prognoseproblematik zukünftiger Zahlungsgrößen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie der Kapitalisierungszinssatz festgelegt werden soll. Grundsätzlich wird der Kalkulationszinssatz bei der Kapitalwertmethode als eine Mindestrendite interpretiert, die von dem Untersuchungsobjekt erzielt werden sollte. Überschreiten die Renditeerwartungen die Mindestrendite, so ist das Untersuchungsobjekt als vorteilhaft einzustufen. Zwei Betrachtungsweisen zur Festlegung des Kalkulationszinssatzes werden unterschieden:134 ƒ Bei dem ersten Interpretationsansatz wird der Kalkulationszinsfuß durch die Höhe der Finanzierungskosten bestimmt, die zur Erzielung der Zahlungsüberschüsse notwendig sind. 134

vgl. Bieg/Kussmaul, 2000a, S.111

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

69

ƒ Andererseits kann der Kalkulationszinssatz auch opportunitätsorientiert interpretiert werden: So stellt der Kalkulationszinssatz die Rendite dar, welche mit der nächstbesten, alternativen Anlage der finanziellen Mittel erzielt werden könnte.

Die beiden unterschiedlichen Definitionen zeigen, dass keine klare Vorgabe zur Herleitung des Kalkulationszinssatzes existiert. Damit unterliegt die Festlegung des Kalkulationszinssatzes immer einer gewissen subjektiven Komponente. Die Kapitalwertmethode geht gemäß den Annahmen des vollkommenen Kapitalmarktes davon aus, dass unbeschränkt finanzielle Mittel zum einheitlichen Kalkulationszinssatz angelegt oder aufgenommen werden können.135 Es wird damit keine Unterscheidung zwischen einem Soll- und einem Habenzinssatz getroffen, was eine äußerst realitätsfremde Prämisse darstellt. Ein einheitlicher Kalkulationszinssatz unterstellt darüber hinaus, dass der Zinssatz für alle Fristigkeiten gleich hoch ist. Mit anderen Worten, der Kalkulationszinssatz ergibt sich unabhängig von der Laufzeit der Kapitalanlage bzw. -aufnahme. Ein Blick auf den Kapitalmarkt zeigt jedoch, dass die Fristigkeit einer Kapitalanlage bzw. aufnahme sehr wohl einen Einfluss auf die Höhe des Zinssatzes hat.136 Wird der Kalkulationszinssatz über die Zinssätze am Kapitalmarkt abgeleitet, so stellt sich die Frage, welcher laufzeitspezifische Zinssatz den (einheitlichen) Kalkulationszinssatz im Kapitalwertmodell repräsentieren soll. Werden beispielsweise die durchschnittlichen Finanzierungskosten des Unternehmens als Mindestverzinsung angesetzt, dann hätte dies zur Konsequenz, dass der Kapitalkostensatz von Kapitalstrukturentscheidungen, früheren Entscheidungen über Finanzierungsprogramme sowie unterschiedlichen Finanzierungslaufzeiten beeinflusst wird.137 Der Kalkulationszinsfuß der Kapitalwertmethode kann damit keinen objektiven Bewertungsmaßstab liefern.138 In der modernen Bankkalkulation hat sich mit der Marktzinsmethode ein Bewertungsverfahren durchgesetzt, welches auf die Verwendung pauschaler Kalkulationszinssätze vollständig verzichtet.139 Ausgehend vom Bankbereich konnte die Marktzinsmethode bereits erfolgreich auf die Lebensversicherungsunternehmen140 und die industrielle Investitionsrechnung141 übertragen werden.

135

vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.60 vgl. Rolfes, 2003, S.108 137 vgl. Rolfes, 2003, S.122 138 vgl. Kremers, 2002, S.185 139 vgl. Schierenbeck, 2003b, 43ff 140 vgl. Hölscher, 1994; Kalhöfer, 2001 141 vgl. Rolfes, 2003 136

70

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Bei der Investitionsbeurteilung mithilfe der Marktzinsmethode werden zahlungsstrukturkongruente Opportunitätsgeschäfte aufgestellt, welche die Investitionszahlungen des betrachteten Investitionsobjektes bis auf den Zeitpunkt t=0 vollständig ausgleichen. Der Unterschiedsbetrag zwischen der Investitionsauszahlung zum Zeitpunkt t=0 und den Marktwerten der Opportunitätsgeschäfte stellt den Wertbeitrag der Investition dar.142 Durch den Rückgriff auf reale Geld- und Kapitalmarktgeschäfte kann auf die Verwendung eines pauschalen Kalkulationszinssatzes vollständig verzichtet werden. Damit weist die Marktzinsmethode im Vergleich zur Kapitalwertmethode eine wesentlich größere Realitätsnähe und Entscheidungsorientierung auf. Eine Investitionsbeurteilung nach der Marktzinsmethode strebt eine konsequente Einzelbewertung an. Einer Einzelbewertung liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der Gesamterfolg eines jeden Unternehmens aus einer Vielzahl von Einzelgeschäften ergibt und dass jedes Einzelgeschäft einen ganz bestimmten Beitrag zum Gesamtunternehmenserfolg liefert.143 Eine Einzelbewertung nimmt eine isolierte Aussage über den Erfolg einer Investition vor, d.h. der Erfolg einer Investition ergibt sich unabhängig von der Bewertung anderer Investitionen. Im Gegensatz zur Ermittlung des Kalkulationszinssatzes beim Kapitalwertkriterium dürfen damit keine Erfolgseinflüsse aus Differenzinvestitionen und/oder übergeordneten Kapitalstrukturentscheidungen- bzw. Finanzierungsmaßnahmen der Investition zugeordnet werden.144 Dem Investitionsprojekt werden im Marktzinsmodell lediglich direkte Zinskosten zugerechnet, die sich aus den zahlungsstrukturkongruenten Opportunitätsgeschäften ergeben. Bezüglich der Zinssätze der Opportunitätsgeschäfte ist zu beachten, dass jeweils die aktuellen, zum Bewertungszeitpunkt gültigen Marktzinssätze in die Bewertung einfließen. Die Investitionsbeurteilung ist damit in starkem Maße von dem aktuellen Marktzinsgefüge abhängig. Dies hat zur Konsequenz, dass ein Investitionsprojekt in Abhängigkeit des Bewertungszeitpunktes und der vorliegenden Marktzinsstruktur unterschiedlich bewertet wird. Das am Geld- und Kapitalmarkt vorliegende Marktzinsgefüge lässt sich mithilfe von Zinsstrukturkurven veranschaulichen. Eine Zinsstrukturkurve zeigt die Geld- und Kapitalmarktzinssätze in Abhängigkeit von der Restlaufzeit (Abbildung 13).145

142

vgl. Kalhöfer, 2001, S.102 vgl. Rolfes, 2003, S.121 144 vgl. Kalhöfer, 2001, S.95; Rolfes, 2003, S.103 145 Vgl. Gontermann, 2006, S.904 143

71

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

„Normale“ Zinsstruktur

„Inverse“ Zinsstruktur

Zins

Zins 5,0%

4,0%

3,75%

2,5% 1

2

3

4

5

Jahre

1

2

3

4

5

Jahre

Abbildung 13: Zinsstrukturkurven146

Die normale Zinsstrukturkurve ist der in der Praxis dominierende Fall. Hierbei liegt die Konstellation vor, dass der Zinssatz einer langfristigen Kapitalbeschaffung höher als der Zinssatz einer kurzfristigen Aufnahme der Mittel ist. In dem Beispiel aus Abbildung 13 würde für die Kapitalbeschaffung mit einer Laufzeit von einem Jahr ein Zinssatz von 2,5% zu zahlen sein. Demgegenüber wäre eine 5-jährige Beschaffung der Mittel nur zu einem jährlichen Zins von 4,0% möglich. Die Differenz zwischen diesen Zinssätzen lässt sich als eine Art „Laufzeitprämie“ interpretieren, die der Kapitalgeber dafür erhält, dass er das Kapital für einen deutlich längeren Zeitraum zur Verfügung stellt. Er verzichtet dadurch auf die Möglichkeit, an eventuellen Zinssteigerungen vor der Fälligkeit der Mittel teilzunehmen. Eine Laufzeitprämie wird der Kapitalgeber folglich immer dann verlangen, wenn er eine Erhöhung des Zinsniveaus erwartet.147 Allerdings ist nicht immer die Erwartung steigender Zinsen gegeben. Insbesondere in Hochzinsphasen geht der Markt von fallenden Zinsen aus. Die Kapitalgeber bevorzugen in einem solchen Fall die langfristige Bindung von Kapital. Eine kurzfristige Vergabe finanzieller Mittel beinhaltet die Gefahr, dass sich im Anschluss an eine mögliche Zinssenkung die Anlagemöglichkeiten deutlich verschlechtern. Folglich liegt in Hochzinsphasen häufig eine inverse Zinsstruktur 146 147

vgl. Schierenbeck, 2003a, S.370 vgl. Rolfes, 2003, S.134

72

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

vor, bei der die kurzfristigen Zinssätze die Zinssätze für längere Fristigkeiten übersteigen. In einem solchen Fall enthalten die kurzfristigen Zinsen die Laufzeitprämien.148 Das klassische Kapitalwertverfahren unterstellt keine Laufzeitprämie und damit eine flache Zinsstrukturkurve. Die Höhe der Zinssätze ist folglich unabhängig von der Länge der Kapitalbindung. Eine derartige Zinsstrukturkurve ist nur in äußerst seltenen Fällen zu beobachten.149 Insbesondere bei dem Übergang von einer normalen zu einer inversen Zinsstruktur kann diese Konstellation für kurze Zeit beobachtet werden.150 Die Bestimmung des marktzinsorientierten Kapitalwertes eines Investitionsprojekts ist im Vergleich zum klassischen Kapitalwertverfahren deutlich aufwendiger. Dies liegt darin begründet, dass kein einheitlicher Zinssatz unterstellt wird, mit dem eine „Direktabzinsung“ der Cashflows möglich ist. Anstatt dessen muss jede einzelne Zahlung des Investitionsprojektes mit entsprechenden Gegengeschäften am Geld- und Kapitalmarkt bis auf den Zeitpunkt t=0 auf den Wert Null ausgeglichen werden. Zu beachten ist hierbei, dass die Glattstellung der einzelnen Zahlungsgrößen durch Kupongeschäfte mit jährlichen Zinszahlungen erfolgt. Auch diese zwischenzeitlichen Zinszahlungen müssen im Rahmen der Gegengeschäfte berücksichtigt werden. Der marktzinsorientierte Kapitalwert wird im Folgenden mithilfe der retrograden Abzinsung bestimmt.151 Die Technik der retrograden Abzinsung wird anhand des bereits bekannten Beispiels aus Abbildung 12 verdeutlicht. Abbildung 14 stellt noch einmal die Zahlungsreihe des Beispielfalls dar: Zeitpunkt

t=0

t=1

t=2

t=3

t=4

Cashflow

-55.000 €

30.000 €

15.000 €

15.000 €

5.000 €

Abbildung 14: Zahlungsreihe des Fallbeispiels

Anstelle eines einheitlichen Kalkulationszinssatzes werden nun die aktuellen, d.h. im Entscheidungszeitpunkt gültigen Marktzinssätze zur Bewertung herangezogen. Für den Beispielfall liegt nachfolgende (normale) Zinsstrukturkurve vor:

148

vgl. Rolfes, 2003, S.135 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.233f 150 Vgl. Kremers, 2002, S.186 151 vgl. Rolfes, 2003, S.147 149

73

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Laufzeit

1

2

3

4

Zinssatz

5,0 %

5,5 %

6,0 %

7,0 %

Abbildung 15: Aktuelle Zinsstruktur

Die retrograde Abzinsung setzt an der letzten Investitionszahlung in Höhe von 5.000 € zum Zeitpunkt t=4 an. Es muss ein Kredit zum Zeitpunkt t=0 aufgenommen werden, dessen Zins- und Tilgungszahlungen genau den Cashflow zum Zeitpunk t=4 ausgleichen. Bei einem Kreditbetrag in Höhe von 4.672,90 € (= 5.000 € / 1,07) ergibt sich eine jährliche Zinszahlung in Höhe von -327,10 € (=4.672,09 € · 0,07). Diese Zinszahlung inklusive der Tilgung des Kredites ergibt gerade einen Betrag von –5.000 € (=-4.672,90 € -327,10 €), welcher die Investitionszahlung zum Zeitpunkt t=4 gerade zu Null ausgleicht. Für den Zeitpunkt t=3 lassen sich ganz ähnliche Überlegungen anstellen. Neben der Investitionsrückzahlung in Höhe von 15.000 € ist allerdings zusätzlich die jährliche Zinszahlung der 4-jährigen Finanzierungstranche in Höhe von -327,10 € zu berücksichtigen. Der zu duplizierende Betrag reduziert sich damit auf 14.672,90 € (= 15.000 € - 327,10 €). Für die 3-jährige Finanzierungstranche ergibt sich damit ein Kreditbetrag in Höhe von 14.672,90 € / 1,06 = 13.842,36 €. Mit einer 3-jährigen Finanzierungstranche in dieser Höhe gelingt es wiederum, für den Zeitpunkt t=3 einen Zahlungssaldo von Null zu erreichen. Entsprechende Überlegungen führen letztlich zu einer 2-jährigen-Finanzierungstranche in Höhe von 13.120,72 € und einer 1-jährigen-Finanzierungstranche in Höhe von 26.781,63 € (Abbildung 16). Zeitpunkt Investition 4-jährige Tranche Zins (7 %) 3-jährige Tranche

t=0 -55.000,00 €

t=3 15.000,00 €

-327,10 €

-327,10 €

-327,10 € -13.842,36 €

-830,54 €

-830,54 €

13.842,36 € -830,54 € 13.120,72 €

t=4 5.000,00 € -4.672,90 € -327,10 €

-13.120,72 € -721,64 €

Zins (5,5 %) 1-jährige Tranche Zins (5 %)

t=2 15.000,00 €

4.672,90 €

Zins (6 %) 2-jährige Tranche

t=1 30.000,00 €

26.781,63 €

-26.781,63 € -1.339,08 €

3.417,60 €

0,00 €

-721,64 €

0,00 €

0,00 €

0,00 €

Abbildung 16: Ermittlung des marktzinsorientierten Kapitalwertes durch retrogrades Abzinsen

74

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Insgesamt werden vier Finanzierungstranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten benötigt, um alle Zahlungszeitpunkte, außer den Zeitpunkt t=0, auf Null zu stellen. Die Summe aller Finanzierungstranchen führt zu einer Gesamtfinanzierung in Höhe von 58.417,60 €. Wird von diesem Gesamtfinanzierungsbetrag die Investitionsauszahlung in Höhe von 55.000 € subtrahiert, so erhält man einen marktzinsorientierten Kapitalwert in Höhe von 3.417,60 €.152 Der Kapitalwert in Höhe von 3.417,60 € entspricht dem ökonomischen Äquivalent der Zahlungsreihe der Investition, d.h. für den Investor ist es gleichgültig, ob ihm ein Betrag in Höhe des Kapitalwertes zum Zeitpunkt t=0 oder die Zahlungsreihe der Investition zufließt. Diese Äquivalenz kann jedoch nur dann gegeben sein, wenn sich die Zahlungsreihe und der Kapitalwert auch tatsächlich ineinander überführen lassen. Mit dem pauschalen Kalkulationszinssatz der Kapitalwertmethode lässt sich diese Überführung nicht erzielen. Wie Abbildung 16 verdeutlicht kann der marktzinsorientierte Kapitalwert dagegen durch den Abschluss realer Geld- und Kapitalmarktgeschäfte tatsächlich realisiert werden.153 Allerdings ist die retrograde Ermittlung des marktzinsorientierten Kapitalwertes, insbesondere bei Investitionsprojekten mit einer langen Laufzeit, sehr aufwendig. Vor diesem Hintergrund bietet sich die Verwendung von ZerobondAbzinsfaktoren an. Ein Zerobond stellt einen Finanztitel dar, der lediglich aus zwei Zahlungen besteht: eine Zahlung zum Zeitpunkt t=0 und eine Zahlung zum Ende der Laufzeit. Zwischenzeitliche Zinszahlungen existieren nicht, da die Zinsen dem Kapital zugeschlagen werden und sich in der Folge mitverzinsen. Am Verfalltag erfolgt die Tilgung des Kapitals inklusive Zinsen und Zinseszinsen. Mithilfe der Zerobond-Abzinsungsfaktoren lassen sich die einzelnen Zahlungen des Investitionszahlungsstromes direkt auf den Zeitpunkt t=0 transformieren. Abbildung 17 enthält die Zerobond-Abzinsfaktoren für die zu Grunde liegende Zinsstruktur aus Abbildung 15:154 Laufzeit Zerobond-Abzinsfaktor

1

2

3

4

0,952381

0,898217

0,838645

0,758648

Abbildung 17: Zerobond-Abzinsfaktoren

152

vgl. Schierenbeck, 2003b, S.161ff vgl. Hölscher, 1997, S.58; Kremers, 2002, S.192 154 auf die Ermittlung der Zerobond-Abzinsfaktoren sei an dieser Stelle verzichtet, vgl.: Schierenbeck, 2003b, S.168ff 153

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

75

Bei Kenntnis der Zerobond-Abzinsfaktoren lässt sich der marktzinsorientierte Kapitalwert durch Multiplikation der Zerobond-Abzinsfaktoren mit den entsprechenden Zahlungsgrößen abzüglich der Investitionsauszahlung bestimmen. C0 mit:

I0 

T

¦ Z t ·ZBAFt

t 1

= I0 Zt = ZBAFt =

Investitionsauszahlung Investitionszahlung der Periode t Zerobond-Abzinsfaktor der Periode t

Für den Beispielfall berechnet sich der marktzinsorientierte Kapitalwert damit zu: C0 = -55.000 € + 30.000 € · 0,952381 + 15.000 € · 0,898217 + 15.000 € · 0,838645 + 5.000 € · 0,758648= 3.417,60 € Die Bestimmung des marktzinsorientierten Kapitalwertes führt sowohl mit der retrograden Abzinsung, als auch mit der Methode der Zerobond-Abzinsfaktoren zum gleichen Ergebnis. Der Vorteil der Verwendung von Zerobondabzinsfaktoren ist, dass diese auf jede beliebige Zahlungsreihe angewendet werden können. Sollte sich jedoch die zu Grunde liegende Zinsstrukturkurve ändern, so müssen auch die Zerobondabzinsfaktoren neu berechnet werden.

3.

Kritische Würdigung der Barwertkalküle zur Geschäftsbereichssteuerung

Die Anwendung der Kapitalwertmethode als auch des Marktzinsmodells auf die Geschäftsbereichsbeurteilung erfordert die Kenntnis des dem Geschäftsbereich zurechenbaren Cashflows. Die Bestimmung des Geschäftsbereichs-Cashflows ist nicht ohne Probleme möglich. Im Rahmen der traditionellen Erfolgskennzahlen des Rechnungswesens wurden bereits die Schwierigkeiten bei der Verrechnung von innerbetrieblichen Leistungen diskutiert.155 Analoge Probleme treten bei der Ermittlung geschäftsbereichsspezifischer Cashflows auf. Allerdings sind nun anstelle von Kosten und Leistungen, Auszahlungen und Einzahlungen auf die Geschäftsbereiche zu verteilen. Die Diskontierung zukünftiger Cashflows auf den Zeitpunkt t=0 entspricht grundsätzlich der Betrachtungsweise der Anteilseigner: Der Wert eines Unternehmens leitet sich für die Anteilseigner aus den erwarteten, zukünftigen Zahlungen zwischen dem Unternehmen und den Anteilseignern ab. Künftige Ausschüttungen und Kapitalrückzahlungen (z.B. bei einem Aktienrückkauf) stellen positive Be155

vgl. 1. Teil:A.III.1

76

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

wertungskomponenten, künftige Zahlungen an das Unternehmen stellen negative Bewertungskomponenten für die Anteilseigner dar.156 Der Cashflow des Gesamtunternehmens setzt sich aus den einzelnen Cashflows der Geschäftsbereiche zusammen. Eine marktwertorientierte Geschäftsbereichsbeurteilung muss folglich den zukünftigen Cashflow eines Geschäftsbereichs bestimmen, den dieser zum Cashflow des Gesamtunternehmens beiträgt. Der Kapitalwertmethode und dem Marktzinsmodell liegt damit grundsätzlich die richtige Vorgehensweise zur Bestimmung des Marktwertes eines Geschäftsbereichs zugrunde: Bei beiden Verfahren ist der zukünftige Cashflow eines Geschäftsbereichs zu bestimmen. Mithilfe eines Diskontierungszinssatzes wird der Wert dieser zukünftigen Cashflows zum Zeitpunkt t=0 ermittelt. Damit erfüllen sowohl das Kapitalwertverfahren als auch das Marktzinsmodell die Anforderungen der Marktwertorientierung (Anforderung 1) und des Zukunftsbezugs (Anforderung 2). Bei Frage der Nachvollziehbarkeit und Objektivität (Anforderung 3) unterscheiden sich die beiden Barwertkalküle. Gemeinsam ist den Verfahren, dass die zukünftigen Zahlungsgrößen mithilfe von Diskontierungszinssätzen auf den Zeitpunkt t=0 verdichtet werden. Bezüglich der Wahl des Kalkulationszinssatzes liegen hingegen deutliche Unterschiede vor. Das Kapitalwertverfahren unterstellt einen über die betrachtete Laufzeit konstanten Kalkulationszinssatz, der entweder finanzierungs- oder opportunitätsorientiert bestimmt wird. Allein die Tatsache, dass unterschiedliche Ansätze zur Ableitung des Kalkulationszinssatzes existieren, verdeutlicht die Problematik des Kalkulationszinssatzes bei der Kapitalwertmethode. Objektiv kann ein Kalkulationszinssatz nur dann sein, wenn er nicht von Entscheidungsträgern direkt oder indirekt beeinflusst werden kann.157 Ein nicht am Kapitalmarkt beobachtbarer Zinssatz ist nur schwer nachvollziehbar und unterliegt damit grundsätzlich einer subjektiven Komponente. Demgegenüber unterstellt das Marktzinsmodell das aktuelle am Geld- und Kapitalmarkt zu beobachtende Marktzinsgefüge und erfüllt damit die Anforderung der Nachvollziehbarkeit und Objektivität. Die Verwendung von aktuellen Marktzinssätzen ermöglicht eine restriktionsfreie Grenzbetrachtung. Darüber hinaus wird die Bewertung nicht durch vergangene (Fehl-)Entscheidungen über zwischenzeitliche Wiederanlagen bzw. Nachfinanzierungen oder durch Marktzinsprognosen für die Zukunft beeinflusst.158 Während die Anforderung 3 (Nachvollziehbar-

156

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.4 vgl. Rolfes, 2003, S.103 158 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.231 157

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

77

keit/Objektivität) von dem Marktzinsmodell erfüllt wird, versagt bei dieser Anforderung das Kapitalwertverfahren. Sowohl die Kapitalwertmethode als auch die Marktzinsmethode ermitteln durch Diskontierung zukünftiger Cashflows den Marktwert eines Geschäftsbereichs. Der Marktwert eines Geschäftsbereichs, stellt eine gut zu interpretierende Kenngröße dar, die als Grundlage möglicher Steuerungsmaßnahmen dienen kann. Auch der Vergleich von Geschäftsbereichen ist auf der Basis von ermittelten Barwerten problemlos möglich. Folglich kann auch die Anforderung 4 (Vergleichbarkeit) als erfüllt angesehen werden. Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, inwiefern die beiden Barwertverfahren den Anforderungen bezüglich der Erfassung des Risikos (Anforderung 5 und 6) genügen. Bei der Kapitalwertmethode erfolgt eine Risikoerfassung üblicherweise über den Kalkulationszinssatz. Alternativ lässt sich das Risiko ebenfalls über einen Risikoabschlag an der Cashflow-Größe berücksichtigen. In der Praxis sind die Korrekturverfahren zur Risikoerfassung weit verbreitet. Hierbei handelt es sich um sehr einfache Ansätze, die das Risiko über pauschale Korrekturen an dem Kalkulationszinssatz, den Rückflüssen oder der Lebensdauer berücksichtigen.159 Darüber hinaus existieren kapitalmarkttheoretische Verfahren, die einen risikoadjustierten Kalkulationszinssatz herleiten. Inwiefern diese Ansätze geeignet sind, das Risiko eines Geschäftsbereichs adäquat zu erfassen, muss im weiteren Verlauf der Arbeit noch untersucht werden.161 Im marktzinsorientierten Barwertkalkül werden sämtliche Cashflows einer beliebigen Zahlungsreihe durch zahlungsstrukturkongruente Alternativanlagen bzw. refinanzierungen ausgeglichen.162 Das Grundmodell der Marktzinsmethode beruht auf der wesentlichen Annahme, dass ein Unternehmen Zugang zum Geldund Kapitalmarkt hat und dass Gelder zu einheitlichen Konditionen beschafft bzw. angelegt werden können.163 Diese Annahme lässt sich nur für sehr große Industrieunternehmen aufrechterhalten, die ebenso wie Kreditinstitute Gelder unterschiedlicher Laufzeiten am Geld- und Kapitalmarkt handeln können. Diese Zugangsvoraussetzung zum Geld- und Kapitalmarkt ist von Bedeutung, da nur in diesem Fall die Differenzen zwischen Geldangebots- und Geldnachfragesätzen

159

vgl. Bieg/Kussmaul, 2000a, S.224f; Perridon/Steiner, 2003, S102f; Blohm/Lüder, 1995, S.248ff vgl. 1. Teil:C.III vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.222 163 vgl. Rolfes, 2003, S.127 161 162

78

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

derselben Fristigkeit sehr gering sind. Das Problem auseinander fallender Sollund Habenzinssätze kann somit vernachlässigt werden.164 Bei den Gegen- bzw. Opportunitätsgeschäften einer Zahlungsreihe handelt es sich um risikofreie, am Geld- und Kapitalmarkt jederzeit durchführbare Geschäfte.165 Das Bewertungskonzept stößt jedoch an seine Grenzen, wenn eine signifikante Unsicherheit in den zukünftigen Zahlungsströmen besteht. Am Geld- und Kapitalmarkt liegen nicht genügend differenzierte Risiko-Marktzinssätze vor, mit denen die unsicheren Zahlungsströme bewertet werden könnten. Es müssten nämlich für sämtliche Risikokategorien und sämtliche Laufzeiten die entsprechenden Marktzinssätze verfügbar sein. Selbst wenn genügend RisikoMarktzinssätze vorliegen würden, dann müsste immer noch die Problematik der Risikoquantifizierung und die Zuordnung eines Zahlungsstromes zu einer Risikokategorie gelöst werden.166 Aufgrund der diskutierten Probleme verzichtet das Grundmodell der Marktzinsmethode vollständig auf eine Risikoerfassung. Damit handelt es sich bei dem marktzinsorientierten Kapitalwert um eine prinzipiell risikofreie Cashflow-Bewertung.168 Im Rahmen der Kapitalwertmethode werden mit den Korrekturverfahren und den kapitalmarkttheoretischen Verfahren zwei unterschiedliche Ansätze zur Berücksichtigung des Risikos vorgeschlagen. Die Marktzinsmethode hingegen blendet in ihrer Grundversion das Risiko vollständig aus. Eine abschließende Beurteilung der Eignung der beiden Barwertkalküle vor dem Hintergrund der formulierten Anforderungen kann damit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Nähere Untersuchungen zur Risikoerfassung und Integration in einen Bewertungsansatz sind erforderlich. Das folgende Kapitel widmet sich demzufolge ausschließlich der Risikoerfassung.

164

vgl. Rolfes, 2003, S.128 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.222 vgl. Rolfes, 2003, S.276 168 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.222 165 166

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

79

B. ERFASSUNG VON RISIKEN IN GESCHÄFTSBEREICHEN Das vorangegangene Kapitel hat verdeutlicht, dass das Risiko eine wichtige Determinante einer Geschäftsbereichsbeurteilung darstellt. Das folgende Kapitel beschäftigt sich darauf aufbauend ausführlich mit dem Risiko und den Möglichkeiten zu dessen Quantifizierung. Bevor konkrete Kennzahlen zur Risikomessung vorgestellt werden, wird auf die wachsende Bedeutung des Risikomanagements in den letzten Jahren eingegangen. So wurden in jüngerer Vergangenheit in vielen, insbesondere größeren Unternehmen Anstrengungen unternommen, ein effektives Risikomanagement zu implementieren. Diese Entwicklungen unterstreichen die im Anforderungskatalog definierten Anforderungen 5 und 6 bezüglich des Risikos. Mit der Standardabweichung bzw. der Varianz und dem Value at Risk werden anschließend zwei Kenngrößen zur Risikoquantifizierung vorgestellt.

I.

Die wachsende Bedeutung der Risikodimension in der Unternehmenspraxis

1.

Unternehmensschieflagen und Unternehmensinsolvenzen in den letzten Jahren

Wird die Unternehmenswertsteigerung zur zentralen Zielsetzung im Unternehmen erhoben, so gilt es, das von den Anteilseignern bereitgestellte Kapital angemessen zu verzinsen. Angemessene Erträge lassen sich jedoch nur durch das Eingehen von Risiken erzielen, denn jede unternehmerische Aktivität ist in die Zukunft gerichtet und unterliegt damit einer Unsicherheit.169 Von einem Risiko wird gesprochen, wenn der Ausgang einer Handlung nicht eindeutig vorhersehbar ist, wenn also mehrere Entwicklungen möglich sind. Die Ursachen von Risiken liegen zum einen in einer unzureichenden Informationslage des Entscheidungsträgers und zum anderen in unvorhersehbaren Entwicklungen in der Unternehmensumwelt (z.B. Preisentwicklungen) begründet.170 Das Eingehen von Risiken stellt damit die Grundlage unternehmerischen Handelns dar.171 Diese Tatsache ist nicht neu. Allerdings hat sich in den letzten Jahren 169 170 171

vgl. Hölscher, 2002, S.5 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.311 vgl. Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.9; Hulpke/Wendt, 2002, S.113; Fröhling, 2000, S.63

80

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

eine Reihe von Veränderungen im Unternehmensumfeld ergeben, welche den Umgang mit Risiken erschweren. Die Unternehmen sehen sich mit immer komplexeren Prozessen und kürzer werdenden Reaktionszeiten konfrontiert.172 Eine vollständige Beschreibung der Ursachen und Wirkungen, die für die signifikante Verschärfung der Risikosituation in Unternehmen relevant sind, würde den Umfang dieses Kapitels sprengen.173 Abbildung 18 stellt einen Versuch dar, einige zentrale Auswirkungen wichtiger Trends und Einzeleffekte aufzuzeigen:

172 173

vgl. Hölscher, 1999, S.297ff; Romeike, 2003a, S.66 vgl. Erben/Romeike, 2003, S.43

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Globalisierung und verschärfter Wettbewerb

Moderne Produktionsund WarenwirtschaftsTechniken

Interorganisationale Kooperation

Angebot von SytsemLösungen

• Bei grenzüberschreitenden Aktivitäten entstehen Länderrisiken. • Durch die enge internationale Vernetzung können ökonomische Schocks weltweite Kettenreaktionen auslösen. • Durch den Versuch vieler Industrie- und Handelsbetriebe, möglichst alle Branchensegmente abzudecken (vgl. z.B. die Ausweitung des Angebotes der Automobilhersteller), nimmt die Wettbewerbsintensität zu. • Zum Aufbau einer weltweiten Präsenz sind hohe Investitionen erforderlich, was bei eventuellem Misserfolgen entsprechend hohe Schadenssummen zur Folge hat. • Die Verkürzung der Produktlebenszyklen und die Individualisierung der Nachfrage erfordern steigende Investitionen in Forschung und Entwicklung. • Durch Übernahmen und Fusionen steigen Größe und Marktmacht von Wettbewerbern, Kunden und Lieferanten. • Bei teuren Anlagen/Ladeneinrichtungen fallen auch eventuelle Schäden (z.B. durch Ereignisse wie Wassereinbruch oder Feuer) entsprechend höher aus. • Hohe Fixkostenanteile verringern die Anpassungsfähigkeit und -geschwindigkeit an veränderte Umweltbedingungen. • Die Stillstandskosten sind insbesondere bei verketteten Produktions- und Warenwirtschaftssystemen sehr hoch. • Mit zunehmender Komplexität der Produktions- und Warenwirtschaftssysteme steigt tendenziell auch deren Störanfälligkeit. • Insbesondere in Deutschland ist die Öffentlichkeit für die negativen Auswirkungen von Produktion und Handel auf Mensch und Umwelt stark sensibilisiert (Gefahr von Imageschäden). • Es entsteht ein hohes Maß an gegenseitiger Abhängigkeit zwischen den Kooperationspartnern bzw. Abnehmern und Zulieferern oder Herstellern und Händlern. • Eine „gerechte“ Aufteilung der Risiken zwischen einzelnen Partnern ist kaum möglich. • Risiken, die (bewusst oder unbewusst) von anderen Partnern eingegangen wurden, müssen u.U. unfreiwillig mitgetragen werden. • Es besteht die Gefahr des opportunistischen Verhaltens der Partner. • Industrie- und Handelsbetriebe bieten Leistungen an, die nicht zu ihren originären Kernkompetenzen zählen (industrielle Dienstleistungen, Finanzierungen). • Durch das Angebot von umfangreichen Systemlösungen und den Trend zum Single Sourcing konzentrieren sich immer höhere Auftragswerte auf eine immer geringere Anzahl von Aufträgen.

Abbildung 18: Risikofaktoren174 174

vgl. Erben/Romeike, 2003, S.44

81

82

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die mangelnde Beherrschbarkeit von Risiken zeigt sich insbesondere in der wachsenden Anzahl an Unternehmenskrisen und -zusammenbrüchen der letzten Jahre. Es konnte vermehrt beobachtet werden, dass Unternehmen ein übertriebenes Chancenbewusstsein und ein fehlendes Risiko- bzw. Gefahrenbewusstsein entwickelt hatten.175 Abbildung 19 stellt die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland in den letzten Jahren dar: Unternehmensinsolvenzen 1994-2005 45.000 40.000

37.579

35.000

36.843

32.278 25.530

27.474 27.828 26.476

28.235

1996

1997

2000

30.000 25.000 20.000

39.320 39.213

22.344 18.837

15.000 10.000 5.000 0 1994

1995

1998

1999

2001

2002

2003

2004

2005

Abbildung 19: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen176

Abbildung 19 verdeutlicht, dass sich die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland von 1994 bis 2004 mehr als verdoppelt hat. Erst im Jahr 2005 ist ein leichter Rückgang der Unternehmensinsolvenzen zu beobachten. Nicht nur kleine Unternehmen, sondern durchaus auch große Unternehmen gerieten in Schieflage. Zu nennen sind hierbei beispielsweise die Metallgesellschaft, Phillip Holzmann, Flowtex oder die Kirch-Gruppe.177 Dass die große Anzahl an Unternehmensinsolvenzen kein rein deutsches Problem ist, zeigen prominente internationale Beispiele wie Enron, WorldCom, Tyco oder Parmalat. Viele dieser spektakulären Unternehmensschieflagen sind rückwirkend auf ein unzureichendes Risikomana-

175

vgl. Schorcht/Brösel, 2005, S.6 Quelle: statistisches Bundesamt 177 vgl. Romeike, 2003a, S.66 176

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

83

gement der Unternehmensleitung und/oder eine mangelnde Überwachung durch die Aufsichtsorgane zurückzuführen.178 Der Unternehmenszusammenbruch von Enron im Spätherbst 2001 hat sicherlich die größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das Unternehmen hat einen beachtlichen Schuldenbetrag in Höhe von 31 Mrd. US-Dollar hinterlassen. Noch im Jahr 2000 lag der Wert des Unternehmens an der Börse bei 60 Mrd. US-Dollar.179 Die enorme Kapitalvernichtung bei Enron lässt sich rückwirkend auf eine äußerst kreative Rechnungslegung des Managements zurückführen.180 So wurden Schulden und Risiken an neugegründete Neben-Gesellschaften, so genannte „Special Purpose Vehicles“ (SPV), abgetreten. Aufgrund einer Lücke in den amerikanischen Bilanzierungsvorschriften konnte auf eine Konsolidierung dieser NebenGesellschaften in der Bilanz von Enron verzichtet werden. Damit wurde der Anschein erweckt, die Risiken und Schulden seien an Dritte transferiert worden; de facto übertrug das Unternehmen die Risiken und Verbindlichkeiten jedoch an sich selbst. Mit einem hohen Maß an krimineller Energie wurde die Gründung derartiger „Schattenfirmen“ vorangetrieben. Im Jahr 2001 hatten die Mogeleien und Tricks ein derartiges Ausmaß erreicht, dass sich die Bilanzierungspraktiken nicht länger geheim halten ließen. Die Folge war, dass das Unternehmen Enron innerhalb von wenigen Wochen zusammenbrach.181 Ein derartig spektakulärer Unternehmenszusammenbruch war jedoch nur durch das Versagen der Unternehmensüberwachung durch den Wirtschaftsprüfer (in diesem Fall Arthur Andersen) möglich. Im Fall von Enron hat der Wirtschaftsprüfer die Bilanzierungspraktiken sogar gedeckt bzw. vertuscht.182 Letztlich sind durch den Crash von Enron enorme finanzielle Schäden für die Angestellten, Pensionäre, Aktionäre und Gläubiger entstanden. Zusammen mit Enron ist ebenfalls Arthur Andersen, eine der ehemals renommiertesten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, untergegangen. Darüber hinaus wurde nachhaltig das Vertrauen in den Kapitalmarkt und dessen Überwachungsmechanismen erschüttert.183

2.

Gesetzliche Vorschriften zum Risikomanagement

Vor dem Hintergrund der vielen Unternehmenszusammenbrüche und Unternehmensschieflagen der letzten Jahre wird verstärkt über eine Verbesserung des 178

vgl. Kremers, 2002, S.56; v. Hohnhorst, 2002, S.93 vgl. Erben, 2003, S.440 180 vgl. Bodenmann, 2004, S.4 181 vgl. Erben, 2003, S.441ff 182 vgl. Utzig, 2002, S.595; Bodenmann, 2004, S.4 183 vgl. Erben, 2003, S.440 179

84

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Risikomanagements in Unternehmen nachgedacht. Auch der deutsche Gesetzgeber sah sich in der Pflicht, Vorschriften zu einem verbesserten Risikomanagement im Unternehmen zu erlassen.184 Mit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) zielt der Gesetzgeber auf eine grundsätzliche Verbesserung der deutschen Corporate Governance ab.185 Ziel einer Corporate Governance ist eine erfolgsorientierte Unternehmensführung und eine verantwortungsvolle Unternehmensüberwachung.186 Vor in Kraft treten des KonTraG im Jahr 1998 wurde die Handhabung von Risiken unter der „allgemeinen Sorgfaltspflicht“ zusammengefasst. Mit dem KonTraG verankerte der Gesetzgeber erstmals Angaben zum Risikomanagement in Gesetzestext. Nach wie vor hat der Gesetzgeber an der Trennung von unternehmensleitendem Vorstand und überwachendem Aufsichtsrat festgehalten.187 Dem Vorstand obliegt jedoch nun die Pflicht, ein geeignetes Überwachungssystem zu implementieren, welches dafür sorgt, dass die den Fortbestand der Unternehmung gefährdenden Risiken frühzeitig erkannt und organisatorisch abgesichert werden (§91 Abs. 2 AktG).188 Als Entwicklungen, welche den Fortbestand der Unternehmung gefährden, gelten insbesondere riskante Geschäfte, Unrichtigkeiten in der Rechnungslegung und Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften, die sich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Unternehmung maßgeblich auswirken.189 Der Abschlussprüfer ist dazu verpflichtet zu überprüfen, inwieweit die Unternehmensleitung ihrer Aufgabe zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems nachgekommen ist. Zentrale Bestandteile der Prüfung sind190 ƒ die Dokumentation aller Maßnahmen zur Risikoerkennung des Überwachungssystems, ƒ die Einschätzung der Wirksamkeit der Maßnahmen sowie ƒ die Sicherstellung der Einhaltung durch die Mitarbeiter des Unternehmens.

Aus der Formulierung in §92 Abs.2 AktG und den entsprechenden Kommentierungen zu diesem Gesetz geht hervor, dass der Gesetzgeber von den Unterneh-

184

vgl. Romeike, 2003a, S.65 vgl. Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.39 186 vgl. v. Rosen, 2002, S.592; v. Hohnhorst, 2002, S.93; Pfitzer/Oser/Orth, 2005, S.5ff 187 vgl. Theisen, 2003, S.1427 188 vgl. Schorcht/Brösel, 2005, S.19, Romeike, 2003a, S.69 189 vgl. Lück, 1998, S.8 190 vgl. Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.42 185

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

85

men die Errichtung eines Risikomanagement-, eines Internen Überwachung(inklusive Revision), eines Controlling- und eines Frühwarnsystems fordert.191 Die konkrete Ausgestaltung wird vom Gesetzgeber nicht vorgegeben, sondern bleibt letztlich dem Unternehmen überlassen. Eine Pflichtverletzung bei der Umsetzung eines effektiven Risikomanagement- und Überwachungssystems hat seit in Kraft treten des KonTraG jedoch weit reichende Konsequenzen: So haften die Vorstandsmitglieder eines Unternehmens bei Pflichtverletzung jetzt gesamtschuldnerisch, d.h. jedes Vorstandsmitglied kann persönlich für den Schaden der Dritten entsteht, beispielsweise im Rahmen einer Insolvenz, in Anspruch genommen werden. Jedes Vorstandsmitglied muss im Insolvenzfall nachweisen können, dass es seinen gesamten Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.192 Darüber hinaus liegt eine weitere zentrale Zielsetzung des KonTraG in der verbesserten Risikoberichterstattung nach außen. Unternehmen werden aufgefordert, den Lagebericht zum Einzel- bzw. Konzernabschluss um eine Aussage zu den Risiken der künftigen Entwicklung zu ergänzen. Auch diese Risikoinformation im Lagebericht ist vom Abschlussprüfer explizit zu prüfen.193 Eine weitere Zielsetzung des KonTraG stellt die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer, eine kritische Analyse des Beteiligungsbesitzes von Kreditinstituten sowie eine Stärkung der Kontrolle durch die Hauptversammlung dar.194 Als eine weitere zentrale gesetzgeberische Maßnahme auf dem Weg zu einer Verbesserung der deutschen Corporate Governance ist die Verabschiedung des Transparenz- und Publizitätsgesetzes (TransPuG) im Jahr 2002 zu nennen. Das TransPuG, welches Gesetzesänderungen im AktG und im HGB zur Folge hatte, hat vornehmlich zum Ziel, die Informationslage gegenüber dem Aufsichtsrat zu verbessern. Der Aufsichtsrat erhält auf der einen Seite deutlich mehr Rechte, gleichzeitig aber auch mehr Pflichten.195 Insgesamt hat sich in den letzten Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit unternehmerischen Risiken unabdingbar ist. Vor dem Hintergrund der vielen Unternehmensschieflagen und Unternehmenszusammenbrüche ist die Einsicht bei den Unternehmen zum Aufbau eines

191

eine ausführliche Darstellung der einzelnen Komponenten eines Risikomanagements- und Überwachungs-systems: vgl. Lück, 1998, S.S.9ff; Lück/Henke/Gaenslen, 2002, S.229; Kremers, 2002, S.60ff 192 vgl. Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.40f 193 vgl. Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.42f 194 vgl. v. Hohnhorst, 2002, S.93 195 vgl. Pfitzer/Oser/Orth, 2005, S.29f

86

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

effektiven Risikomanagements gewachsen. Unterstützt wird dieser Prozess durch die in diesem Kapitel beschriebenen gesetzgeberischen Maßnahmen.

3.

Konsequenzen für das Risikomanagement von Geschäftsbereichen

Die zunehmende Bedeutung des Risikomanagements im Unternehmen hat entsprechende Konsequenzen für die Geschäftsbereiche. Um ein reibungslos und effizient funktionierendes Risikomanagementsystem zu gewährleisten, müssen die Geschäftsbereiche in eine Risikomanagement-Organisation eingebunden werden, in der die Rollen und Verantwortlichkeiten der beteiligten Unternehmenseinheiten (Geschäftsbereiche, Zentralbereiche und Interne Revision) klar geregelt werden.196 Da die Risiken eines Unternehmens größtenteils im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Geschäftsbereiche entstehen, müssen die Geschäftsbereiche die primären Träger des Risikomanagements darstellen.197 Die Geschäftsbereiche haben hierbei eine eigene Organisations- und Verantwortungsstruktur für das Risikomanagement festzulegen. Das Management von Risiken läuft üblicherweise in den aufeinander folgenden Teilschritten der Risikoanalyse, der Risikobewältigung und der Risikokontrolle ab:

Risikoanalyse Risikobewältigung Risikoidentifikation

Risikobewertung

Prozessbegleitende Kontrolle und Risikonachbereitung

Abbildung 20: Prozess des Risikomanagements198

Die erste Phase des Managements von Risiken ist die Risikoanalyse, die wiederum in die Teilphasen der Risikoidentifikation und der Risikobewertung zerfällt. In der Prozessstufe der Risikoidentifikation müssen alle Risiken erfasst werden, 196

vgl. Wittmann, 1999, S.462 vgl. Wittmann, 1999, S.463 198 vgl. Hölscher, 2002, S.10 197

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

87

die für den Geschäftsbereich relevant sind. Häufig eingesetzte Instrumente zur Identifikation von Risiken stellen beispielsweise die Ausfalleffektenanalyse sowie die Fehlerbaumanalyse dar.199 Die Risikoidentifikation stellt eine sehr kritische Stufe des Risikomanagementprozess dar, denn nicht erfasste Risiken können nicht bewältigt werden. Das Ziel sollte es sein, Risiken eines Geschäftsbereichs möglichst früh zu erkennen, damit entsprechende Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden können. Im Rahmen der Risikobewertung wird der Grad der Bedrohung, der von den identifizierten Risiken des Geschäftsbereichs ausgeht, ermittelt. Hierbei wird grundsätzlich zwischen einer qualitativen und einer quantitativen Risikobewertung unterschieden. Während eine qualitative Risikobewertung lediglich einen ersten Eindruck über die Risikolage vermittelt, versuchen die quantitativen Risikobewertungsansätze eine Maßzahl für das Risiko zu bestimmen.200 Auf die Quantifizierung der Risiken von Geschäftsbereichen wird im weiteren Verlauf des Kapitels noch intensiv eingegangen. Der Risikoanalyse schließt sich die Risikobewältigung an. In dieser Phase gilt es, sämtliche zuvor identifizierten und bewerteten Risiken eines Geschäftsbereichs zu bewältigen. Die Risikobewältigungsmaßnahmen lassen sich in aktive und passive Maßnahmen untergliedern. Die aktiven Risikobewältigungsmaßnahmen setzen an den Determinanten des Risikos an, d.h. an den Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder der Tragweite des Risikos. Bei den passiven Instrumenten hingegen bleiben die Risikostrukturen unverändert. Stattdessen werden Maßnahmen getroffen, um mit den Konsequenzen des Risikos fertig zu werden.201 Die Risikobewältigungsmaßnahmen sind größtenteils von den betroffenen Geschäftsbereichen selbst zu ergreifen und umzusetzen. Ausnahmen stellen hierbei Risiken dar, für die eine unternehmenseinheitliche Handhabungsweise unter Inanspruchnahme bestimmter Zentralabteilungen vorgesehen ist. Ein Beispiel für Risiken, die geschäftsbereichsübergreifend bewältigt werden sollten, sind die Währungsrisiken. Die Währungsrisiken sind grundsätzlich durch ein zentrales Treasury zu steuern. Damit lassen sich Pooling- und Nettingeffekte sowie die fachliche Kompetenz von Experten zum Thema Währungsrisiken ausnutzen.202 Ebenso sind bestandsgefährdende Risiken unmittelbar an die Unternehmensführung weiterzuleiten.203

199

vgl. Hölscher/Kalhöfer/Bonn, 2005, S.492 vgl. Hölscher, 1999a, S.318 vgl. Kremers, 2002, S.84 202 vgl. Wittmann, 1999, S.464 203 vgl. Weber/Weißenberger/Liekweg, 1999, S.30 200 201

88

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die letzte Phase des Risikomanagementprozesses stellt die prozessbegleitende Kontrolle und die Risikonachbereitung dar. In dieser Phase sind die Wirksamkeit und die Effizienz des Risikomanagementprozesses zu überprüfen.204 Die Zentralbereiche besitzen in der Risikomanagement-Organisation eines Unternehmens eine Unterstützungsfunktion für die Geschäftsbereiche. So sind die Zentralbereiche für die Entwicklung von Grundsätzen, Methoden und Standards zum Risikomanagement verantwortlich. Darüber hinaus können die Zentralbereiche eine unabhängige Controllingfunktion wahrnehmen. In Abhängigkeit der Größe des Unternehmens kann zusätzlich eine eigene unternehmensübergreifende Risikomanagementabteilung eingerichtet werden. Diese Risikomanagementabteilung hat jedoch nicht die Aufgabe, die Geschäftsbereiche von ihrer Risikomanagementverantwortung zu entbinden. Vielmehr geht es in der Risikomanagementabteilung um die Erarbeitung und Weiterentwicklung von geschäftsbereichsübergreifenden Konzepten und Methoden. Das Ziel einer Risikomanagementabteilung ist die Entwicklung einer Gesamtarchitektur für ein unternehmensweites Risikomanagement.205 Als ein weiteres wichtiges Element einer Risikomanagement-Organisation ist die interne Revision zu nennen. Die Aufgabe der internen Revision ist es, die Angemessenheit und die Wirksamkeit der Geschäftsbereiche hinsichtlich Identifizierung, Bewertung, Handhabung und laufender Steuerung von Risiken zu überprüfen.206 Auch ein gut funktionierendes Risikomanagement-System hat nicht die Aufgabe, einen Geschäftsbereich von sämtlichen Risiken zu entlasten. Bei einer vollständigen Vermeidung von Risiken könnte die Geschäftsbereichsleitung keine unternehmerische Tätigkeit ausüben. Ebenso ist ein vollständiger Transfer von Risiken (z.B. über Versicherungen) häufig nicht möglich bzw. wäre viel zu teuer. Folglich besitzt jeder Geschäftsbereich ein gewisses Risikopotential. Vor dem Hintergrund einer Geschäftsbereichsbeurteilung werden im Folgenden Ansätze zur Quantifizierung dieses Risikopotentials betrachtet. Bevor hierbei auf Kennzahlenkonzepte eingegangen wird, muss zunächst einmal geklärt werden, was konkret unter einem Risiko zu verstehen ist. Das nachfolgende Kapitel widmet sich daher dem Risikobegriff.

204

vgl. Hölscher/Kalhöfer/Bonn, 2005, S.493 vgl. Wittmann, 1999, S.465ff 206 vgl. Wittmann, 1999, S.466f 205

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

4.

89

Der Begriff des Risikos

Erstmals tauchte der Begriff Risiko in italienischen Städten und Stadtstaaten im 12. und 13. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Fern- und insbesondere dem Seehandel auf. Der Seehandel dieser Zeiten war sehr großen Unsicherheiten ausgesetzt. So konnten Schiffe untergehen, überfallen werden oder Seewege unpassierbar werden. Der Seefahrer musste folglich in der Tat etwas wagen, wollte er sich auf die Reise machen. Gelang jedoch die Seereise, war ihm ein hoher Profit sicher, bei einem Scheitern bezahlte er mit seinem eingesetzten Kapital oder sogar mit seinem Leben.207 In dem heutigen Verständnis von Risiko haben sich eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze und Definitionen herausgebildet.208 Der alltägliche, psychologisch interpretierte Sprachgebrauch von Risiko wird stark mit Bedrohung und Gefahr assoziiert. Im allgemeinen Sprachverständnis betont eine „risikobehaftete“ Handlung die negativen Konsequenzen, die mit dieser Aktivität verbunden sind.209 Der Begriff des Risikos ist im Alltag folglich stark negativ besetzt. In Unternehmen werden permanent Entscheidungen getroffen, welche in die Zukunft gerichtet sind. Grundsätzlich werden dem Unternehmen nicht alle verfügbaren Daten der Zukunft vorliegen, um die Konsequenzen der Entscheidung vollständig vorherbestimmen zu können. Trifft beispielsweise ein Unternehmen eine Investitionsentscheidung, so sind die Zahlungsrückflüsse der Investition mit hohen Unsicherheiten verbunden. So bestehen Unsicherheiten in den Absatzmengen, in den am Markt zu erzielenden Preisen, etc. Zum Zeitpunkt der Entscheidung liegt folglich ein Informationsdefizit vor. Der auf einem Informationsdefizit beruhende Risikobegriff wird als informationstheoretischer oder auch als ursachenbezogener Risikobegriff bezeichnet.210 Von einem wirkungsbezogenen Risikobegriff spricht man, wenn die mit einer Entscheidung verbundenen Auswirkungen im Vordergrund stehen. Eine betriebliche Entscheidung wird immer vor dem Hintergrund einer bestimmten Zielerreichung getroffen.211 Ein Unternehmen wird folglich nur dann eine heutige Investitionszahlung tätigen, wenn es davon ausgeht, dass die daraus resultierenden Rückflüsse mindestens den eingesetzten Betrag kompensieren werden. Die Unsicherheit zukünftiger Entwicklungen führt jedoch zu einer Abweichung vom vorher geplanten Ergebnis. Der wirkungsbezogene Risikobegriff erfasst folglich die 207

vgl. Bonß, 1995, S.49f; Hulpke/Wendt, 2002, S.112; Peter, 2001, S.20 einen Überblick über unterschiedliche Risikodefinitionen: vgl. Peter, 2001, S.23 vgl. Peter, 2001, S.22 210 vgl. Hölscher, 2002, S.5 211 vgl. Hölscher, 2002, S.5 208 209

90

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

mit einer Entscheidung verbundene Abweichung des tatsächlich eingetreten vom vorher geplanten Ergebnis. Eine Zielabweichung kann dabei in negativer und in positiver Richtung erfolgen. Im Beispiel der Investitionsrechnung kann der eingetretene Rückfluss aus der Investitionszahlung kleiner oder größer als der geplante Wert sein. Bei einer positiven Zielabweichung erhält das Unternehmen zusätzliche, nicht geplante Mittel. Im Gegensatz dazu kann die negative Zielabweichung die Unternehmung in Probleme bringen, wenn beispielsweise der Ausfall geplanter liquider Mittel die Liquidität des Unternehmens gefährdet. Risiken, die sowohl in positiver als auch in negativer Richtung vom Ziel abweichen, bezeichnet man auch als spekulative oder symmetrische Risiken.212 Auf der anderen Seite lassen sich Risiken identifizieren, die lediglich eine negative Zielabweichung hervorrufen. Diese Risiken bezeichnet man als asymmetrische Risiken oder auch als eine Schadensgefahr.213 Ein Beispiel für eine negative Zielabweichung ist etwa das Risiko durch einen Feuerschaden. Ein Brand in einem Unternehmen zieht lediglich negative Konsequenzen nach sich, eine positive Wirkung durch Feuerschäden kann nicht erzielt werden. Im besten Fall tritt also gerade kein Feuerschaden auf. Das Ziel des Risikomanagements ist es, die für das Unternehmen negativen Entwicklungen zu identifizieren und zu bewältigen. Folglich sollte sich eine Risikodefinition auf die asymmetrischen und die „negative Seite“ der symmetrischen Risiken konzentrieren.214 Die Abbildung 21 verdeutlicht noch einmal den Zusammenhang zwischen symmetrischen und asymmetrischen Risiken:

212

vgl. Fröhling, 2000, S.63 vgl. Fröhling, 2000, S.63; Hölscher, 2002, S.6 214 vgl. Hölscher, 1999, S.300; Kremers, 2002, S.38 213

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

91

Positive Zielverfehlung

Negative Zielverfehlung

Asymmetrische Risiken

Symmetrische Risiken

z.B. Value at Risk (Kapitel 1.Teil: B.III)

z.B. Varianz / Standardabweichung (Kapitel 1.Teil: B.II)

Abbildung 21: Unterscheidung von Risiken hinsichtlich ihrer Wirkung215

Weit verbreitete Risikomaße, die sowohl eine negative als auch eine positive Zielabweichung erfassen, sind die Streuungsmaße Standardabweichung bzw. Varianz. Im nachfolgenden Kapitel werden diese Risikokennzahlen näher vorgestellt (1. Teil:B.II). Daran schließt sich mit dem Value at Risk die Diskussion einer asymmetrischen Risikokennzahl an (1. Teil:B.III).

II. Traditionelle, symmetrische Risikokennzahlen 1.

Standardabweichung, Varianz und Kovarianz

Ein weit verbreiteter Ansatz zur Risikoquantifizierung ist die Messung der Streuung einer Zielgröße um ihren Erwartungswert. Nach der Systematisierung aus Abbildung 21 handelt es sich damit um eine symmetrische Risikokennzahl, da sowohl negative als auch positive Abweichungen vom Erwartungswert erfasst werden. Als die zu maximierende Zielgröße einer Geschäftsbereichsbeurteilung wurde bereits eine Barwertgröße herausgestellt.216 Die Zielgröße könnte beispielsweise durch den (marktzinsorientierten) Kapitalwert eines Geschäftsbereichs repräsentiert werden. Der Erwartungswert entspricht dem gewichteten Durchschnitt aller möglichen Ausprägungen der Zielgröße, wobei jede Ausprägung mir ihrer individuellen 215 216

in Anlehnung an Kremers, 2002, S.38 vgl. 1. Teil:A.IV.1

92

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Eintrittswahrscheinlichkeit zu gewichten ist.217 Wird angenommen, dass die Zielgröße Z mögliche Ausprägungen annehmen kann, dann berechnet sich der Erwartungswert für diesen diskret verteilten Parameter wie folgt:219 μ

Z

¦ p z ·y z

mit

z 1

mit:

P pz yz Z

= = = =

Z

¦ pz 1

z 1

Erwartungswert Eintrittswahrscheinlichkeit der Ausprägung z mögliche Ausprägung z der Zielgröße Anzahl der Ausprägungen

Ist der Eintritt aller Ausprägungen gleich wahrscheinlich verteilt, so vereinfacht sich die Formel zu: μ

1 Z ˜ ¦ yz Z z 1

Die Bestimmung des Erwartungswertes erfordert folglich die Festlegung aller möglichen Ausprägungen einer Zielgröße und gleichzeitig die Kenntnis der Wahrscheinlichkeiten, mit denen diese Ausprägungen eintreten. Eine Position gilt dann als riskant, wenn mit (signifikanten) Abweichungen vom Erwartungswert zu rechnen ist. Eine Messung dieses Risikos erfordert eine Kennzahl, welche die Intensität der Schwankungen um den Erwartungswert misst, ohne dass sich hierbei negative und positive Abweichungen gegenseitig ausgleichen. Mit der Varianz liegt eine Kenngröße vor, welche diese Anforderung erfüllt.221 Die Varianz V2 misst die gewichtete Summe der quadrierten Abweichungen vom Erwartungswert:222 ı2

Z

¦ p z ·( y z  μ ) 2

z 1

217

vgl. Jones, 2002, S.165 f 219 in stetiger Form: μ ³ y ˜ f ( y)dy f 221 vgl. Lorenz/Lange, 1998, S.153 222 vgl. Fabozzi/Modigliani/Jones, 2003, S.129

93

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Besitzen alle Ausprägungen die gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit, so ergibt sich die Varianz zu: ı2

1 Z ˜ ¦ ( yz  μ)2 Z z 1

Durch das Quadrieren der Abweichungen wird verhindert, dass sich positive und negative Abweichungen gegenseitig ausgleichen. Darüber hinaus nimmt durch das Quadrieren das Gewicht einzelner Ausprägungen überproportional – nämlich im Quadrat – mit ihrer Abweichung vom Erwartungswert zu.223 Eine eng mit der Varianz verwandte Kennzahl ist die Standardabweichung. Die Standardabweichung V ergibt sich aus der Varianz durch Ziehen der Quadratwurzel: ı

ı2

Z

¦ p z ·( y z  μ ) 2

z 1

Üblicherweise wird die Standardabweichung der Varianz als Risikokennzahl vorgezogen, da der Erwartungswert und die Standardabweichung die gleiche Dimension aufweisen. Sowohl die Standardabweichung als auch der Erwartungswert lassen sich als monetäre Größen ausdrücken. Alternativ können auch beide Kenngrößen als Rendite in Prozent angegeben werden.224 Für einen Geschäftsbereich sei angenommen, dass der Kapitalwert stark von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung beeinflusst wird. Abbildung 22 stellt die Kapitalwerte des Geschäftsbereichs in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung dar. Darüber hinaus wurde eine Einschätzung bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeiten der einzelnen Szenarien vorgenommen: Wirtschaftliche Entwicklung

Boom

Moderates Wachstum

Stagnation

Crash

Eintrittswahrscheinlichkeit

15%

45%

30%

10%

20 Mio. €

12 Mio. €

5 Mio. €

0,5 Mio. €

Kapitalwert

Abbildung 22: Kapitalwerte in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung

Auf der Basis dieser Prognosedaten kann der Erwartungswert des Geschäftsbereichs ermittelt werden: 223 224

vgl. Lorenz/Lange, 1998, S.154 vgl. Jendruschewitz, 1999, S.14

94

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

4

μ

¦ p z ·y z 20 Mio.€ ˜ 0,15  12 Mio.€ ˜ 0,45  5 Mio.€ ˜ 0,3  0,5 Mio.€ ˜ 0,1

z 1

9,95 Mio.€ Mithilfe des Erwartungswertes lässt sich anschließend die Varianz berechnen: ı2

Z

¦ p z ·( y z  μ ) 2

z 1

0,15 ˜ (20 Mio. €  9,95 Mio. €) 2  0,45 ˜ (12 Mio. €  9,95 Mio. €) 2  0,3 ˜ (5 Mio. €  9,95 Mio. €) 2  0,1 ˜ (0,5 Mio. €  9,95 Mio. €) 2 33,32 Mio. € 2

Die Standardabweichung ergibt sich als Quadratwurzel der Varianz: ı

ı2

33,32 Mio. € 2

5,77 Mio. €

Für den Geschäftsbereich liegt folglich ein erwarteter Kapitalwert von 9,95 Mio. € mit einer Standardabweichung von 5,77 Mio. € vor. Wird das Risiko eines Geschäftsbereichs auf der Basis der Standardabweichung des Kapitalwertes vom Erwartungswert beurteilt, so wird die Tatsache vernachlässigt, dass ein Geschäftsbereich immer im Verbund mit anderen Geschäftsbereichen zu sehen ist. Ein Unternehmen kann als ein Portfolio unterschiedlicher Geschäftsbereiche betrachtet werden. Die Portfoliobildung hat unter Umständen deutliche Auswirkungen auf die Beurteilung der Risikosituation eines Geschäftsbereichs. So lässt sich durch die Portfoliobildung in der Regel ein deutlicher risikoreduzierender Effekt erzielen. Die Standardabweichung des Portfolios ist damit üblicherweise geringer als der gewichtete Durchschnitt der Standardabweichungen alle Einzelpositionen. Dieser risikoreduzierende Effekt wird auch als Diversifikation bezeichnet.225 Erklären lässt sich der Diversifikationseffekt dadurch, dass sich durch die Kombination unterschiedlicher Positionen Ertragsschwankungen teilweise gegenseitig ausgleichen. Beispielsweise wird ein Unternehmen betrachtet, welches lediglich aus den nachfolgenden zwei Geschäftsbereichen besteht: Geschäftsbereich A produziert Regenschirme, während sich Geschäftsbereiche B auf die Herstellung von Bademode spezialisiert hat. Durch die Aufteilung der Produktion in diese zwei Sparten kann die Unternehmung eine gewisse Risikoabsicherung gegenüber 225

vgl. Betsch/Groh/Lohmann, 2000, S.74f; Corrado/Jordan/Yüce, 2005, S.47ff

95

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Wettereinflüssen erzielen. In einem Jahr mit viel Regen wird die Regenschirmproduktion sehr gut laufen, die Bademodeproduktion wird hingegen Umsatzeinbußen vermelden. In einem Jahr mit wenig Regen und viel Sonne wird genau die umgekehrte Situation vorliegen. Wird von anderen Risikofaktoren abgesehen, kann die Unternehmung unabhängig von der Wettersituation mit relativ konstanten Umsätzen rechnen. Der Effekt der Risikodiversifikation soll anhand des bereits bekannten Beispiels aus Abbildung 22 verdeutlicht werden. Hierzu wird ein zweiter Geschäftsbereich betrachtet: Wirtschaftliche Entwicklung

Boom

Moderates Wachstum

Stagnation

Crash

Eintrittswahrscheinlichkeit

15%

45%

30%

10%

Kapitalwert des Geschäftsbereichs A

20 Mio. €

12 Mio. €

5 Mio. €

0,5 Mio. €

Kapitalwert des Geschäftsbereichs B

50 Mio. €

10 Mio. €

10 Mio. €

-7 Mio. €

Kapitalwert des Gesamtunternehmens

70 Mio. €

22 Mio. €

15 Mio. €

-6,5 Mio. €

Abbildung 23: Kapitalwerte zweier Geschäftsbereiche in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung

Für die Geschäftsbereiche A und B können nach den bereits bekannten Formeln der Erwartungswert und die Standardabweichung berechnet werden: Erwartungswert P

Standardabweichung

Geschäftsbereich A

9,95 Mio. €

5,77 Mio. €

Geschäftsbereich B

14,30 Mio. €

15,82 Mio. €

Abbildung 24: Erwartungswert und Standardabweichung von Geschäftsbereich A und B

96

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Der Erwartungswert PP des Unternehmens berechnet sich zu μP

70 Mio.€ ˜ 0,15  22 Mio.€ ˜ 0,45  15 Mio.€ ˜ 0,3  6,5 Mio.€ ˜ 0,1

24,25 Mio.€

und entspricht damit exakt der Addition der Erwartungswerte der einzelnen Geschäftsbereiche: μP

μA  μB

9,95 Mio. €  14,30 Mio. €

24,25 Mio. €

Eine Addition der einzelnen Standardabweichungen der Geschäftsbereiche ergibt jedoch nicht die Standardabweichung des Gesamtunternehmens. Die Varianz des Gesamtunternehmens berechnet sich zu: 4

¦ p z ·( y z  μ ) 2

ı 2P

z 1

0,15 ˜ (70 Mio. €  24,25 Mio. €) 2  0,45 ˜ (22 Mio. €  24,25 Mio. €) 2  0,3 ˜ (15 Mio. €  24,25 Mio. €) 2  0,1 ˜ (6,5 Mio. €  24,25 Mio. €) 2 436,46 Mio. € 2

Daraus resultiert eine Standardabweichung von: ı2

ı

436,46 Mio. € 2

20,89 Mio. €

Die Addition der Standardabweichungen der einzelnen Geschäftsbereiche liefert einen Betrag von 21,59 Mio. € (=5,77 Mio. € + 15,82 Mio. €). Das Gesamtunternehmen weist somit eine um 0,7 Mio. € geringere Schwankung auf. Dieser Differenzbetrag muss folglich auf den Diversifikationseffekt zurückzuführen sein. Der Diversifikationseffekt eines Portfolios ist davon abhängig, inwiefern sich zwei Positionen gleichgerichtet, gegenläufig oder unabhängig voneinander verhalten. Ein statistisches Maß, mit dem dieser Effekt ausgedrückt werden kann, ist die Kovarianz. Die Kovarianz cov berechnet sich wie folgt: 226 cov i, j

Z

¦ ( y i,z  μ i ) ˜ ( y j,z  μ j ) ˜ p z

z 1

Bewegen sich beide Positionen bei einem Szenario z in die gleiche Richtung, d.h. überschreiten beide gleichzeitig oder unterschreiten beide gleichzeitig den Erwartungswert, so wird das Produkt ( y i,z  μ i ) ˜ ( y j,z  μ j ) positiv. Auf der ande-

226

vgl. Lorenz/Lange, 1998, S.154ff; Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.177

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

97

ren Seite ist das Produkt immer dann negativ, wenn eine Position den Erwartungswert überschreitet, während die andere Position diesen unterschreitet. Die Kovarianz bildet nun die gewichtete Summe der Produkte aller Szenarien. Eine positive Kovarianz steht für eine weitgehend gleichgerichtete Entwicklung der Positionen. Eine negative Kovarianz signalisiert hingegen eine entgegengesetzte Bewegung. Häufig wird die Kovarianz auch über den Korrelationskoeffizienten Ui,j ausgedrückt:227 ȡ i, j

cov i, j ıi ˜ ı j

Der Vorteil des Korrelationskoeffizienten ist, dass dieser auf einen Bereich von – 1 bis 1 normiert ist. Folgende Spezialfälle können unterschieden werden:

ȡ i, j = -1: perfekt negativ korreliert: Die beiden Positionen bewegen sich mit dem gleichen Ausmaß in die entgegengesetzte Richtung.

ȡ i, j = 0: vollständig unkorreliert: Es ist keine gleichgerichtete Bewegung zwischen den beiden Positionen zu erkennen.

ȡ i, j = 1: perfekt positiv korreliert: Die beiden Positionen bewegen sich mit dem gleichen Ausmaß in die gleiche Richtung. Risikoaverse Entscheidungsträger sind an einer geringen Standardabweichung des Portfolios interessiert. Diese werden folglich Positionen bevorzugen, die untereinander möglichst negativ korreliert sind, da somit ein größerer Diversifikationseffekt erzielt werden kann. Für den Beispielfall aus Abbildung 23 berechnet sich eine Kovarianz von:

cov A,B

(20 Mio. €  9,95 Mio. €) ˜ (50 Mio. €  14,30 Mio. €) ˜ 0,15 (12 Mio. €  9,95 Mio. €) ˜ (10 Mio. €  14,30 Mio. €) ˜ 0,45 (5 Mio. €  9,95 Mio. €) ˜ (10 Mio. €  14,30 Mio. €) ˜ 0,30 (0,5 Mio. €  9,95 Mio. €) ˜ (7 Mio. €  14,30 Mio. €) ˜ 0,10 76,37 Mio. € 2

Damit ergibt sich nachfolgender Korrelationskoeffizient:

227

vgl. Lorenz/Lange, 1998, S.157; Ohler/Unser, 2001, S.31; Corrado/Jordan/Yüce, 2005, S.49ff

98

ȡ A ,B

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

cov A,B ıA ˜ ıB

76,37 Mio. € 2 5,77 Mio. € ˜ 15,82 Mio. €

0,8366

Es zeigt sich also, dass die beiden Geschäftsbereiche stark positiv korreliert sind. Die Standardabweichung eines Portfolios aus n Geschäftsbereichen lässt sich bei Vorlage der Korrelationskoeffizienten gemäß nachfolgender Formel berechnen:228 n n

ıp

¦ ¦ ȡ i, j ˜ ı i ˜ ı j

i 1j 1

Für den Spezialfall, dass sich das Portfolio aus lediglich zwei Positionen A und B zusammensetzt, ergibt sich die Standardabweichung des Portfolios zu: ıp

ı 2A  ı 2B  2 ˜ ı A ˜ ı B ˜ ȡ A,B

Den starken Einfluss des Korrelationskoeffizienten auf die Standardabweichung des Unternehmens verdeutlicht Abbildung 25. Hier sind für den Beispielfall die Standardabweichungen in Abhängigkeit des Korrelationskoeffizienten dargestellt:

ȡ A, B Standardabweichung des Portfolios VP (in Mio. €)

-1

0,5

0

0,5

0,8366229

1

10,05

13,87

16,84

19,37

20,89

21,59

Abbildung 25: Standardabweichung bei unterschiedlichen Korrelationskoeffizienten

Der größte Diversifikationseffekt wird bei einem Korrelationskoeffizienten von -1 erzielt (Vp = 10,05 Mio. €). Jedoch auch bei völlig unkorrelierten Positionen ( ȡ A,B = 0) lässt sich ein deutlicher risikoreduzierender Effekt erzielen (Vp = 16,84 Mio. €). Die einzige Situation bei der keinerlei Diversifikation existiert, liegt bei perfekt positiver Korrelation vor. In diesem Fall ergibt sich die Standardabweichung als gewichteter Durchschnitt der Standardabweichungen der beiden Geschäftsbereiche:

228 229

vgl. Oehler/Unser, 2001, S.31 Bei dem tatsächlichen Korrelationskoeffizienten muss sich natürlich wieder die bereits zuvor berechnete Standardabweichung ergeben.

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

ıP

ı 2A  ı 2B  2 ˜ ı A ˜ ı B ˜ 1 5,77 Mio. €  15,83 Mio. €

(ı A  ı B ) 2

99

ı A ı B

21,59 Mio. €

Die Berücksichtigung von Diversifikationseffekten ist bei Beurteilung von Geschäftsbereichen von entscheidender Bedeutung. Die Geschäftsbereiche eines Unternehmens sind möglicherweise in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern aktiv, die nur eine geringe Korrelation und damit ein hohes Diversifikationspotential aufweisen. Sollte also die Standardabweichung bzw. die Varianz als Risikokennzahl für Geschäftsbereiche gewählt werden, dann sind immer auch die Diversifikationseffekte zu berücksichtigen.

2.

Eignung traditioneller Risikomessverfahren zur Beurteilung von Geschäftsbereichen

Wird die Standardabweichung als Kennzahl zur Quantifizierung des Geschäftsbereichsrisikos eingesetzt, so muss zunächst einmal die Zielgröße eines Geschäftsbereichs festgelegt werden. Wird beispielsweise der Kapitalwert eines Geschäftsbereichs zur zentralen Zielgröße erhoben, so gilt es, die möglichen Ausprägungen des Kapitalwertes und die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen. Basierend auf Planungsdaten über Absatzzahlen, Marktpreise, Kosten etc. sollte es der Unternehmung grundsätzlich möglich sein, verschiedene Szenarien für den Kapitalwert aufzustellen. Die Verwendung der Standardabweichung als Risikomaß hat den Vorteil, dass alle Informationen aus einem vorliegenden Sample in die Untersuchung einfließen. Jedes einzelne Szenario und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit wird in die Berechnung des Risikomaßes mit einbezogen.230 Insbesondere bei normalverteilten Zufallsvariablen bietet sich die Verwendung der Standardabweichung als Risikomaß an. Denn mithilfe des Erwartungswertes und der Standardabweichung lässt sich eine Normalverteilung vollständig beschreiben. Darüber hinaus ist ein Portfolio normalverteilter Zufallsvariablen wiederum normalverteilt.231 Vor dem Hintergrund eines effektiven Risikomanagements muss eine Risikokennzahl in der Lage sein, eine Information über mögliche negative Abweichungen vom Erwartungswert zu liefern, da eine negative Abweichung die Existenz des Unternehmens gefährden kann. Die Standardabweichung ist jedoch nur dann als Kenngröße zur Messung des Verlustpotentials geeignet, wenn eine symmetri-

230 231

vgl. Jones, 2002, S.145 vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.158

100

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Wahrscheinlichkeit

sche Verteilung der Zielgröße um den Erwartungswert vorliegt.232 Die Probleme asymmetrischer Verteilungen verdeutlicht Abbildung 26.

V

Kapitalwert

V

P

Abbildung 26: Beispiel einer linksschiefen Verteilung233

Der Kapitalwert in Abbildung 26 ist stark linksschief verteilt. Aufgrund der geringen Streuung der positiven Abweichungen vom Erwartungswert wird bei einer derartigen Wahrscheinlichkeitsverteilung die Standardabweichung relativ gering ausfallen. Die Information, welche von der Standardabweichung ausgeht, signalisiert damit ein geringes Risiko. Die Verteilung zeigt jedoch, dass große negative Abweichungen vom Erwartungswert möglich sind. Die Information, dass das Unternehmen möglicherweise mit erheblichen Verlusten rechnen muss, wird durch die Standardabweichung als Risikokennzahl in diesem Fall nicht deutlich. Zur Überprüfung, ob tatsächlich eine signifikante Schrägheit einer Verteilung vorliegt, ist das dritte Moment der Verteilung zu bestimmen.234 Beim dritten Moment der Verteilung werden die Abweichungen vom Erwartungswert nicht quadriert sondern mit dem Faktor 3 potenziert:235 232

vgl. Fabozzi/Modigliani/Jones, 2003, S.128; Schierenbeck, 2003a, S.390 vgl. Fabozzi/Modigliani/Jones, 2003, S.129 Der Erwartungswert wird auch als das erste Moment, die Standardabweichung als das zweite Moment einer Verteilung bezeichnet. 235 vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.185 233 234

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

M3

1 Z ˜ ¦ ( y z  μ )3 Z z 1

mit:

M3 = dritte Moment der Verteilung

101

Beim dritten Moment der Verteilung bleibt das Vorzeichen der Abweichungen bestehen. Darüber hinaus erhalten die Abweichungen vom Erwartungswert durch die dritte Potenz eine große Gewichtung. Ergibt die Berechnung des dritten Moments einen deutlich von Null verschiedenen Wert, so liegt eine signifikante Schrägheit vor. Folglich müsste vor Anwendung der Standardabweichung als Risikomaß zunächst einmal der Grad der Schrägheit einer Verteilung bestimmt werden.236 Die Renditeverteilungen von Aktien weisen in der Regel eine recht gute Symmetrie auf. Insbesondere lassen sich Aktienrenditen häufig durch eine Normalverteilung approximieren.237 Diese Annahme lässt sich grundsätzlich für Geschäftsbereiche nicht aufrechterhalten. Die Form der Verteilung einer Zielgröße wird sehr stark von der individuellen Struktur der Geschäftsbereiche abhängen. Die Kapitalwertverteilung eines Forschungs- und Entwicklungsbereichs wird möglicherweise eine vollständig andere Form aufweisen als die Kapitalwertverteilung in einem Kerngeschäftsbereich des Unternehmens. Selbst unter der Annahme, dass die Zielgröße eines Geschäftsbereichs annähernd symmetrisch verteilt ist, stellt sich des Weiteren die Frage, wie ein Unternehmen mit der Standardabweichung als Risikoinformation weiterarbeiten soll. So sollte die Risikoinformation eine Aussage darüber liefern, ob das mit einem Geschäftsbereich verbundene Risiko vor dem Hintergrund der Ertragssituation zu akzeptieren ist. In Literatur und Praxis existieren verschiedene Ansätze, welche die Standardabweichung und den Erwartungswert miteinander verknüpfen und somit eine Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Risiko-Ertragspositionen ermöglichen. Einige dieser Ansätze werden im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher untersucht.238 Die Unternehmensführung benötigt ebenfalls eine Information über das Ausmaß der Existenzgefahr, die von einem Geschäftsbereich ausgeht. So gilt es zu überprüfen, ob die im Unternehmen vorliegenden Deckungsmassen ausreichen, um schlagend werdende Risiken aus den Geschäftsbereichen abfangen zu können. Für derartige Fragestellungen ist die Standardabweichung als Risikomaß nicht geeignet. 236

vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.158 vgl. Drukarczyk, 1993, S.251f 238 vgl. 1. Teil:C 237

102

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die Berücksichtigung des Diversifikationseffektes zwischen den Geschäftsbereichen erfordert die Bestimmung der paarweisen Korrelationskoeffizienten zwischen den Segmenten. Mit der Anzahl der Geschäftsbereiche wächst die Anzahl der erforderlichen Korrelationskoeffizienten recht schnell an. So müssen für ein Unternehmen mit 8 Geschäftsbereichen bereits 28 Korrelationskoeffizienten ermittelt werden.239 Die Berücksichtigung der zwischen den Geschäftsbereichen bestehenden Risikoverbundeffekten erfordert somit generell einen hohen Bewertungsaufwand. Basierend auf den Problemen der Standardabweichung als Risikokennzahl für Geschäftsbereiche soll im Folgenden mit dem Value at Risk eine alternative Risikokennzahl vorgestellt werden.

III. Die asymmetrische Risikokennzahl Value at Risk Mit dem Value at Risk liegt eine weitere Kennzahl zur Risikoquantifizierung vor. Zunächst wird auf die grundsätzliche Idee des Value at Risk Konzeptes sowie die verschiedenen Verfahren zur Ermittlung des Value at Risk eingegangen. Daran schließt sich die Untersuchung der Eignung des Konzeptes zur Risikoquantifizierung von Geschäftsbereichen an.

1.

Wesen und Einflussfaktoren des Value at Risk

Der Value at Risk (VaR) stellt ein Konzept zur Risikomessung dar, welches insbesondere seit Mitte der 1990er Jahre stark an Bedeutung gewonnen hat. Mit der Veröffentlichung des Produkts „RiskMetrics“ der Investmentbank J.P. Morgan im Jahr 1994 lässt sich maßgeblich die Verbreitung dieses RisikomanagementInstruments verbinden, wobei die theoretischen Grundlagen zu diesem Ansatz bereits längst bekannt waren.240 Mittlerweile kann der VaR als das populärste Konzept zur bankinternen Risikomessung bezeichnet werden.241 Ursprünglich wurde der VaR zur Messung finanzwirtschaftlicher Marktpreisrisiken (Aktienkurs-, Zinsänderungs- oder Wechselkursrisiken) eingesetzt. Schnell wurde jedoch erkannt, dass sich der VaR auch auf andere Anwendungsbereiche im Bankensektor übertragen lässt, wie beispielsweise der Messung von Kreditrisiken oder ope-

239

bei n Geschäftsbereichen müssen (n2-n)/2 Korrelationskoeffizienten geschätzt werden: vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.285 240 vgl. Diggelmann, 1999, S.65 241 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.15ff

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

103

rationellen Risiken. In jüngerer Zeit finden sich auch erste Anwendungen des Konzeptes außerhalb des Finanzdienstleistungssektors.242 Der VaR ist definiert als der geschätzte, maximal erwartete Verlust einer Einzelposition oder eines Portfolios, der unter üblichen Marktbedingungen innerhalb einer festgelegten Periode mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten kann.243 Da der VaR damit lediglich negative Zielabweichungen berücksichtigt, lässt er sich den Shortfall- bzw. Downside-Risk-Maßen zuordnen.244 Der VaR basiert damit auf einem asymmetrischen Risikomaß. Eine weitere wichtige Eigenschaft des VaR ist, dass es sich hierbei um eine monetäre Größe handelt, d.h. das Risikomaß beinhaltet die Information, mit welchem in Geldeinheiten ausgedrückten Verlust zu rechnen ist. Anhand der nachfolgenden Abbildung 27 soll die Definition des VaR verdeutlicht werden. Eintrittswahrscheinlichkeit

P

95%

5% -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 (absolute)VaR95%=12 T€ P=7 T€

20

25

30 35 40 45 Marktwertänderung (in T€)

(relative)VaR95%=19 T€

Abbildung 27: Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktwertänderungen

242

vgl. Kremers, 2002, S.121 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.15 244 Es kann gezeigt werden, dass sich der VaR aus den Lower Partial Moments ableiten lässt: vgl. Oehler/Unser, 2001, S.21ff 243

104

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

In Abbildung 27 ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Markwertänderungen einer Position dargestellt. Die Marktwertänderung entspricht der Differenz zwischen dem zukünftigen und dem heutigen Marktwert der Position. Zur Bestimmung des VaR gilt es zunächst das Konfidenz- bzw. Sicherheitsniveau festzulegen, wobei üblicherweise Niveaus zwischen 95%-99% gewählt werden.245 Wird für das Beispiel von einem 95%-Konfidenzniveau ausgegangen, so bedeutet dies, dass nach dem Marktwertverlust gesucht wird, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 5% nicht überschritten wird.246 Statistisch gesehen bedeutet dies, dass das 5%-Quantil der Wahrscheinlichkeitsverteilung gesucht wird. Für den Beispielfall liegt dieses 5%-Quantil gerade bei 12 T€. Folglich müssen rechts von diesem Verlustbetrag 95% aller möglichen Marktwertänderungen liegen (schraffierter Bereich), links von diesem Verlustbetrag die restlichen 5%. Basierend auf dieser Verlustschranke lässt sich nun der VaR ablesen. In der Literatur werden zwei VaR-Ansätze unterschieden:247 ƒ Beim absoluten VaR wird vom gegenwärtigen Marktwert der Position ausgegangen. Ein Verlust wird genau dann erzielt, wenn der zukünftige Marktwert kleiner als der gegenwärtige Marktwert ist, oder anders ausgedrückt, der Verlust entspricht der negativen Marktwertänderung der Position. In obigem Beispiel beträgt der (absolute) VaR 12 T€. ƒ Beim relativen VaR wird der Erwartungswert (P) in die Verlustbetrachtung mit einbezogen. Der relative VaR stellt die maximale negative Abweichung vom Erwartungswert dar. Damit berechnet sich der relative VaR aus der Addition von absolutem VaR und Erwartungswert. Im Beispielfall liegt der Erwartungswert bei 7 T€, womit sich ein (relativer) VaR in Höhe von 19 T€ (= 12 T€ + 7 T€) ergibt.

Der relative VaR entspricht der allgemeinen Risikodefinition, die unter dem Risiko die Möglichkeit einer negativen Zielverfehlung versteht. Wird lediglich die Marktwertänderung von einem auf den nächsten Tag betrachtet, so spielt der Erwartungswert in der Regel nur eine geringe Rolle: In diesem Fall stimmen absoluter und relativer VaR annähernd überein.248 Entscheidend für die Auswahl zwischen absolutem und relativem VaR ist aber auch der Hintergrund, vor dem die Risikoerfassung erfolgt. Um einen geeigneten VaR zu bestimmen, muss letztlich bekannt sein, wie das Risikocontrolling die Risikoinformation weiterverarbeitet. 245

vgl. Scharpf, 1998, S.39; Kürsten/Straßberger, 2004, S.205 vgl. Ohler/Unser, 2001, S.155 247 vgl. Dowd, 1998, S.39 248 vgl. Dowd, 1998, S.43 246

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

105

Die Höhe des VaR hängt von einer Reihe von Einflussgrößen ab. Für die zu untersuchende Risikoposition bzw. das Risikoportfolio gilt es zunächst einmal, die relevanten Risikoparameter zu bestimmen. Unter einem Risikoparameter versteht man einen unsicheren Marktparameter, der den Wert der Risikoposition beeinflusst.249 Relativ einfach ist die Bestimmung der Risikoparameter bei Marktpreisrisiken (Aktienkurs-, Zinsänderungs- oder Währungsrisiken). So stellt beispielsweise der Risikoparameter eines Aktienportfolios die Aktienpreise der im Portfolio befindlichen Wertpapiere dar. Neben der Festlegung der Risikoparameter muss ebenfalls die Preisbestimmungsformel ermittelt werden. Die Preisbestimmungsformel gibt den formelmäßigen Zusammenhang zwischen den Risikoparametern und dem Marktwert der Risikoposition bzw. des Risikoportfolios an. Hierbei ist durchaus möglich, dass auch komplexe, nicht lineare Zusammenhänge auftreten (z.B. bei der Optionspreisbewertung).250 Bei der Bestimmung der zukünftigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Risikoparameter wird häufig auf vergangene Daten zurückgegriffen. So wird beispielsweise versucht, aus dem Kursverlauf eines Wertpapiers in der Vergangenheit eine Aussage über die zukünftige Entwicklung abzuleiten. Dabei ist zu klären, wie weit die Betrachtung in die Vergangenheit zurückreichen sollte. Je länger der Beobachtungszeitraum ist, desto mehr historische Daten fließen in die Berechnung ein und umso valider und statistisch genauer wird das Ergebnis. Auf der anderen Seite haben möglicherweise weit zurückliegende Daten nur noch eine geringe Aussagekraft für die zukünftige Entwicklung des Risikoparameters. Der Entscheider muss hier zwischen statistischer Genauigkeit und Aktualität abwägen. Möglicherweise ist die Einbeziehung vergangener Daten gänzlich unmöglich, beispielsweise dann, wenn eine völlig neue Risikoposition aufgebaut wird. In diesem Fall stellt sich die Problematik eines optimalen Beobachtungszeitraumes nicht. Die zukünftige Wahrscheinlichkeitsverteilung des Risikoparameters muss dann ausschließlich auf der Grundlage von Prognosedaten geschätzt werden.251 Ein weiterer zentraler Parameter, der bei der VaR-Berechnung festgelegt werden muss, ist die Halte- bzw. Liquidationsdauer. Die Haltedauer beschreibt die Zeit, die vom Zeitpunkt der Risikoanalyse bis zur Glattstellung der Position vergeht.252 In Abhängigkeit der zu Grunde liegenden Risikoposition werden damit unterschiedliche Haltedauern vorliegen.253 Bei Handelsaktivitäten in liquiden Märkten 249

vgl. Jendruschewitz, 1999, S.25 vgl. Ohler/Unser, 2001, S.157; Jendruschewitz, 1999, S.25 vgl. Jendruschewitz, 1999, S.26 252 vgl. Jendruschewitz, 1999, S.26 253 vgl. Dowd, 1998, S.50f 250 251

106

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

ist die Haltedauer sehr kurz, da eine Glattstellung der Position durch einen Verkauf am Markt jederzeit möglich ist. Für Aktienportfolios wird beispielsweise die Haltedauer in der Regel mit einem Tag belegt. Bei schwer veräußerbaren Positionen kann sich die Haltedauer deutlich erhöhen (bis zu einem Jahr). Alternativ zum Verkauf der Risikoposition kann ebenfalls eine Glattstellung mithilfe geeigneter Hedginginstrumente erfolgen. Schließlich besitzt das Konfidenzniveau einen großen Einfluss auf die Höhe des VaR. Der VaR repräsentiert den Verlustbetrag, der mit einer Wahrscheinlichkeit in Höhe des Konfidenzniveaus nicht überschritten wird. Die Höhe des Konfidenzniveaus bringt den Grad der Risikoaversion des Entscheidungsträgers zum Ausdruck. Je höher das Konfidenzniveau, desto größer ist auch der Grad der Risikoaversion des Entscheidungsträgers.254 Wie die einzelnen Einflussgrößen im Rahmen einer Geschäftsbereichsbeurteilung zu wählen sind, wird im weiteren Verlauf noch näher betrachtet. Zunächst wird noch auf die unterschiedlichen Verfahren zur Bestimmung des VaR eingegangen.

2.

Verfahren zur Ermittlung des Value at Risk

Die VaR-Bestimmung erfordert in einem ersten Schritt die Festlegung der gerade beschriebenen Eingangsparameter. Daran schließt sich die Ableitung des VaR über eines der drei Standard-Verfahren, nämlich dem Varianz-Kovarianz-Ansatz, der historischen Simulation oder der Monte-Carlo-Simulation, an (Abbildung 28). Die drei Verfahren unterscheiden sich danach, wie die benötigte Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktwertänderung der Risikoposition bzw. des Risikoportfolios erzeugt wird.255

254 255

vgl. Kremers, 2002, S.131; Dowd, 1998, S.52 vgl. Oehler/Unser, 2001, S.155

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

107

Festlegung der Eingangsparameter: • • • •

Identifikation der Risikoparameter Festlegung des Beobachtungszeitraums Festlegung des Liquidationszeitraums Festlegung des Konfidenzniveaus

Analytische Verfahren

Varianz-KovarianzAnsatz

Simulationsverfahren

Historische Simulation

Monte-CarloSimulation

Value at Risk Abbildung 28: Ermittlung des VaR256

Der Varianz-Kovarianz-Ansatz unterstellt für die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der einzelnen Risikofaktoren bestimmte Verteilungsannahmen, wobei üblicherweise auf eine Normalverteilung zurückgegriffen wird. Mit der Festlegung des Erwartungswertes und der Standardabweichung lässt sich eine Normalverteilung vollständig beschreiben. Der Erwartungswert und die Standardabweichung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Risikofaktoren werden bei den VarianzKovarianz-Ansätzen üblicherweise auf der Basis historischer Daten ermittelt.257 Die Unterstellung normalverteilter Risikofaktoren hat den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktwertänderungen der Risikopositionen wiederum normalverteilt ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass eine lineare 256 257

in Anlehnung an Jendruschewitz, 1999, S.23; Romeike, 2003b, S.189f vgl. Schierenbeck, 2003c, S.73ff; Jendruschewitz, 1999, S.29ff; Straßberger, 2005, S.73f; Kremers, 2002, S.135ff

108

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Preisbestimmungsformel vorliegt. Bei einer normalverteilten Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktwertänderungen der Risikoposition lässt sich der VaR verhältnismäßig einfach über Tabellen der Standardnormalverteilung ableiten. Auf ein aufwendiges Simulationsverfahren kann somit bei dem VarianzKovarianz-Ansatz verzichtet werden. Werden mehrere Risikopositionen zu einem Portfolio zusammengefasst, so müssen mögliche Diversifikationseffekte berücksichtigt werden. Im VarianzKovarianz-Ansatz erfolgt dies über die Schätzung von Kovarianzen.258 Der Varianz-Kovarianz-Ansatz besticht durch die verhältnismäßig einfache Ableitung des VaR. Allerdings werden die Anwendungsfelder durch die sehr restriktiven Annahmen normalverteilter Risikoparameter und linearer Preisbestimmungsformeln deutlich eingeschränkt. So stellen beispielsweise Optionen typischerweise nichtlineare Instrumente dar. Der Varianz-Kovarianz-Ansatz kann für Optionen folglich nur eine ungenaue VaR-Schätzung liefern.259 Bei der historischen Simulation werden historische Veränderungen der Risikoparameter zur Neubewertung der Risikoposition oder des Risikoportfolios herangezogen.260 Es wird hierbei angenommen, dass die Veränderungsraten der Risikoparameter in der Vergangenheit auch für die betrachtete Haltedauer Gültigkeit besitzen. Die Veränderungsraten in der Vergangenheit werden somit auf die aktuellen Risikoparameter bezogen, so dass man für jede Veränderungsrate in der Vergangenheit ein Szenario für die zukünftige Entwicklung der Risikoposition erhält. Zur Ermittlung einer Häufigkeitsverteilung muss ein entsprechender Betrachtungszeitraum mit ausreichend vielen Realisationen zur Verfügung stehen.261 Wird beispielsweise für ein Aktienportfolio ein Beobachtungszeitraum von einem Jahr und einer Haltedauer von einem Tag gewählt, so erhält man 250 (unter Abzug von Feiertagen und Wochenenden) vergangene Marktwerte und damit 249 Marktwertänderungen des Aktienportfolios.262 Werden diese Veränderungsraten auf den Marktwert des aktuellen Aktienportfolios angewendet, so erhält man eine Liste mit 249 erzeugten Szenarien. Werden diese Szenarien aufsteigend sortiert, lässt sich der VaR als D-Quantil der Verteilung verhältnismäßig einfach aus der Liste ableiten.263 Der große Vorteil der historischen Simulation besteht darin, dass vollständig auf die Annahme von Verteilungen und Interdependenzen verzichtet werden kann. Die tatsächlichen Korrelationen zwischen den Risikoparametern 258

vgl. 1. Teil:B.II.1 vgl. Straßberger, 2005, S.74 260 vgl. Oehler/Unser, 2001, S.161 261 vgl. Straßberger, 2005, S.76; Schierenbeck, 2003c, S.86 262 vgl. Kremers, 2002, S.152 263 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.87 259

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

109

werden implizit erfasst. Im Gegensatz dazu ist fraglich, ob vergangene Veränderungsdaten des Risikoparameters für die aktuelle Veränderung der Risikoparameter noch eine Aussagekraft besitzen. Darüber hinaus ist eine große Datenmenge erforderlich, um ein vernünftiges Simulationsergebnis ableiten zu können.264 Im Rahmen der Monte-Carlo-Simulation werden für die Risikofaktoren hypothetische Verteilungen angenommen.265 Häufig werden diese hypothetischen Verteilungen mithilfe von Normalverteilungen oder anderen parametrischen Verteilungen (z.B. Poisson-Verteilung) beschrieben. Bei einem Simulationsdurchlauf wird für jeden Risikofaktor mittels eines Zufallsgenerators eine Ausprägung aus der hypothetischen Verteilung ermittelt. Diese Ausprägungen der Risikofaktoren werden anschließend in die Preisbestimmungsfunktion eingesetzt, so dass für jeden Simulationsdurchlauf ein neuer Marktwert der Risikoposition bestimmt wird. Werden viele Simulationsdurchläufe vorgenommen, so liegt vergleichbar zur historischen Simulation eine große Liste an Marktwertänderungen der Risikoposition vor. Aus der sortierten Liste der Marktwertänderungen lässt sich wiederum verhältnismäßig einfach der VaR als D-Quantil der Verteilung ableiten.266 Ein Vorteil der Monte-Carlo-Simulation ist, dass auch dieses Verfahren nicht auf normalverteilte Risikoparameter angewiesen ist. Der Analyst besitzt somit völlige Freiheit bei der Festlegung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Risikoparameter. Die Monte-Carlo-Simulation stellt damit ein äußerst flexibel einsetzbares Instrument dar. So lässt sich mithilfe der Monte-Carlo-Simulation ebenfalls der VaR von Optionen und anderen Risikopositionen bestimmen, deren Wert keine lineare Funktion zu den zugrunde liegenden Risikofaktoren aufweist.267 Problematisch an der Monte-Carlo-Simulation ist, dass die zukünftige Wahrscheinlichkeitsverteilung aller Risikoparameter geschätzt werden muss. Damit fließen zukünftige Schätzungen in diese Methode ein, womit letztlich auch ein hohes Maß an Subjektivität gegeben ist.268 Darüber hinaus muss ein Simulationsmodell aufgesetzt werden, welches möglicherweise einen hohen Implementierungsaufwand verursacht. Mit dem Varianz-Kovarianz-Ansatz, der historischen Simulation sowie der Monte-Carlo-Simulation liegen drei unterschiedliche Ansätze zur Ermittlung des VaR vor. Welches dieser Verfahren zur Bestimmung des VaR eines Geschäftsbereichs geeignet ist, muss im Folgenden noch näher untersucht werden.

264

vgl. Kremers, 2002, S.164f vgl. Oehler/Unser, 2001, S.160 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.89 267 vgl. Pearson, 2002, S.91 268 vgl. Jendruschewitz, 1999, S.81 265 266

110

3.

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Der Value at Risk zur Ermittlung des Geschäftsbereichsrisikos

Der VaR gibt den maximal erwarteten Marktwertverlust einer Position oder eines Portfolios an, der innerhalb eines vorgegeben Zeitraumes mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Wie bereits geschildert, kann der Wert eines Geschäftsbereichs beispielsweise durch Diskontierung der zukünftigen Cashflows auf den Zeitpunkt t=0 berechnet werden.269 Das Risiko besteht bei einer Barwertgröße darin, dass die tatsächlich eingetretenen Cashflows geringer ausfallen, als die vorher prognostizierten. Die Folge ist ein reduzierter Barwert. Zur Ermittlung des VaR eines Geschäftsbereichs muss folglich die Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Barwerte aufgestellt werden. Nachfolgende Vorgehensweise kann hierbei eingeschlagen werden:270 ƒ Zunächst sind die als unsicher erachteten Inputgrößen auszuwählen. Die Zielgröße in der Analyse stellt der Marktwert des Geschäftsbereichs dar. Folglich gilt es im ersten Schritt diejenigen Faktoren zu bestimmen, welche die zukünftigen Zahlungsströme und damit den Marktwert eines Geschäftsbereiches beeinflussen. Dies sind beispielsweise Absatzpreise, Absatzmengen, Zahlungen an Lieferanten etc. Bei der Festlegung der Inputgrößen ist die Bestimmung eines sinnvollen Aggregationsgrades von zentraler Bedeutung: Eine große Anzahl an Inputgrößen erhöht auf der einen Seite die Genauigkeit der Analyse, auf der anderen Seite steigt der Bewertungsaufwand mit jedem zusätzlichen unsicheren Inputparameter.271 ƒ Für jeden unsicheren Inputparameter muss anschließend eine Wahrscheinlichkeitsverteilung aufgestellt werden. Dabei kann grundsätzlich auf einen bestimmten normierten Verteilungstyp (z.B. Normalverteilung oder BetaVerteilung) zurückgegriffen werden oder es wird auf die Annahmen eines bestimmten Verteilungstyps verzichtet.272 Darüber hinaus muss der Entscheidungsträger festlegen, ob auf historische Daten oder lediglich auf Prognosedaten bei der Aufstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilung zurückgegriffen werden soll. Da die Entwicklung der Märkte großen Einfluss auf zentrale Marktdaten (z.B. Absatzpreis und –menge) besitzt, ist von einem ausschließlichen Einbeziehen vergangener Daten grundsätzlich abzuraten.273

269

vgl. 1. Teil:A.IV vgl. Kremers, 2002, S.202ff; Blohm/Lüders, 1995, S.263ff vgl. Kremers, 2002, S.202 272 vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.265 273 vgl. Kremers, 2002, S.206 270 271

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

111

ƒ Zwischen den unsicheren Inputfaktoren können bestimmte stochastische Abhängigkeiten bestehen, d.h., dass bei einer Realisation einer unabhängigen Größe die abhängige Größe nur noch bestimmte Werte annehmen kann. Diese Abhängigkeiten gilt es aufzudecken und in die Analyse zu integrieren. Die Erfassung der stochastischen Abhängigkeiten kann beispielsweise mithilfe von Korrelationskoeffizienten oder bedingten Wahrscheinlichkeiten erfolgen.274 ƒ Auf der Basis der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter findet im nächsten Schritt die Ermittlung der Barwertverteilung des Geschäftsbereichs statt. In vorigem Kapitel wurden verschiedene Verfahren zur Ableitung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zielgröße vorgestellt. Da die Inputparameter (Absatz, Preis, etc.) in der Regel nicht normalverteilt sind, scheidet der Varianz-Kovarianz-Ansatz aus. Auch die historische Simulation wird kein befriedigendes Ergebnis liefern können, da die vergangenen Cashflows von Geschäftsbereichen üblicherweise wenig Aussagekraft für die Zukunft besitzen. Verbleibt letztlich die Monte-Carlo-Simulation als Ansatz zur Ableitung der Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Die schematische Vorgehensweise zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kapitalwerte mithilfe der Monte-Carlo-Simulation wird im Folgenden kurz beschrieben. Ein ausführliches Beispiel zur Anwendung der Monte-CarloSimulation findet sich im dritten Teil der Arbeit. Der Kapitalwert eines Geschäftsbereichs ermittelt sich, wie bereits geschildert, durch Diskontierung der zukünftigen Einzahlungsüberschüsse Zt mit einem Diskontierungszinssatz i auf den Zeitpunkt t=0. Gegebenenfalls sind anschließend noch Anschaffungsauszahlungen I0 zu subtrahieren:275 C0

T

I0  ¦

Zt

t 1 (1  i)

t

Da die zukünftigen Einzahlungsüberschüsse Zt eines Geschäftsbereichs unsicher sind, stellt auch der Kapitalwert eine unsichere Größe dar. Bei einer MonteCarlo-Simulation wird nun eine große Anzahl an Kapitalwerten simuliert. Wie bereits geschildert müssen hierzu die Inputparameter der Einzahlungsüberschüsse festgelegt sowie deren (hypothetische) Wahrscheinlichkeitsverteilungen bestimmt werden. Bei einem Simulationsdurchlauf wird für jeden unsicheren Inputparameter mithilfe eines Zufallgenerators eine Ausprägung aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung des jeweiligen Inputparameters ermittelt. Aus den simulierten Ausprä274 275

vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.266; Kremers, 2002, S.208ff Alternativ könnte auch der marktzinsorientierte Kapitalwert durch Multiplikation der Zahlungsüberschüsse mit den Zerobond-Abzinsfaktoren ermittelt werden.

112

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

gungen der Inputparameter lassen sich die Einzahlungsüberschüsse eines Simulationsdurchlaufes bestimmen. Werden die Einzahlungsüberschüsse anschließend gemäß obiger Formel mit dem Diskontierungszinssatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert, so ergibt sich ein simulierter Kapitalwert. Eine Monte-Carlo-Simulation besteht nun aus einer großen Anzahl an Simulationsdurchläufen (in der Regel mindestens 10.000). Da bei jedem Simulationsdurchlauf ein Kapitalwert ermittelt wird, liegen sehr viele simulierte Kapitalwerte vor. Abbildung 29 stellt beispielhaft die mithilfe der Monte-Carlo-Simulation ermittelte Wahrscheinlichkeitsverteilung eines Geschäftsbereichs dar.276 4%

P

Wahrscheinlichkeit

3% 3% 2% 2% 1% 1% 0% -5000 -2333 333,3 3000 5667 8333 11000 13667 16333 19000 21667 24333 27000 absolute VaR99%=3.490 P=4.880 relativer VaR99%=8.370

Kapitalwert (in T€)

Abbildung 29: Wahrscheinlichkeitsverteilung des Kapitalwertes

Aus der ermittelten Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kapitalwerte lässt sich schließlich der VaR des Geschäftsbereichs ableiten. In dem Beispiel aus Abbildung 29 liegt eine breite Streuung möglicher Kapitalwerte vor: So liegt im ungünstigsten Fall der Kapitalwertverlust bei –6.000 T€, während der höchste simulierte Kapitalwert 27.000 T€ beträgt. Zur VaR-Ermittlung wird nun der Kapitalwertverlust gesucht, der mit einer Wahrscheinlichkeit in Höhe des Konfidenzniveaus nicht überschritten wird. Bei einem Konfidenzniveau von 99% liegt dieser Betrag bei 3.490 T€, d.h. 99% aller simulierten Kapitalwerte weisen einen 276

vgl. Kremers, 2002, S.216ff; Blohm/Lüders, 1995, S.273ff; Bieg/Kußmaul, 2000a, S.234ff

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

113

Wert größer als -3.490 T€ auf. Der absolute VaR beträgt damit 3.490 T€. Unter der Berücksichtigung eines Erwartungswertes in Höhe von 4.880 T€ ergibt sich ein relativer VaR in Höhe von 8.370 T€ (= 3.490 T€ + 4.880 T€). Der VaR liefert eine Information, mit welchem maximal erwarteten Marktwertverlust bei einem Geschäftsbereich zu rechnen ist. Es muss hierbei beachtet werden, dass der VaR von Geschäftsbereichen grundsätzlich anders zu interpretieren ist, als der VaR von Marktpreisrisiken. So stellt der VaR eines Aktienportfolios die mögliche Verringerung einer am Markt bewerteten Bestandsposition dar. Der VaR von Geschäftsbereichen misst hingegen das Risiko, dass die prognostizierten Cashflows nicht erzielt werden können und damit der Marktwert des Geschäftsbereichs gefährdet ist.277 Während die Standardabweichung und die Varianz Zielabweichungen in positiver und negativer Richtung berücksichtigen, liegt mit dem VaR eine Risikokennzahl vor, die sich lediglich auf negative Zielabweichungen bezieht. Damit kann das intuitive Risikoverständnis und die in der Betriebswirtschaft verbreitete Auffassung des Risikobegriffs besser wiedergegeben werden.278 Der VaR liefert eine Information über den potentiellen Verlustbetrag, der mit einer Risikoposition bzw. einem Risikoportfolio verbunden ist. Der VaR stellt damit immer eine in Geldeinheiten ausgedrückte Kennzahl dar.279 Ein potentieller (monetärer) Verlust ist sehr gut interpretierbar und liefert der Unternehmensführung wichtige Informationen bezüglich der Risikostruktur des Geschäftsbereichs bzw. des Unternehmens. So ist es die Aufgabe der Unternehmensführung zu überprüfen, ob das Unternehmen in der Lage ist, diesen potentiellen Verlust zu tragen. Es muss also ein Vergleich des (Total-)Risikopotentials mit den gesamten Risikodeckungsmassen im Unternehmen vorgenommen werden.280 Durch die Vorgabe von Risikolimiten und Toleranzgrenzen für Geschäftsbereiche, kann der VaR zu Steuerungs- und Kontrollzwecken eingesetzt werden. Hier liegt ein wesentlicher Vorteil im Vergleich zur Standardabweichung, die keine unmittelbare Information bezüglich des Verlustpotentials eines Unternehmens liefert. Darüber hinaus lässt sich der VaR für alle Risikokategorien bestimmen und ermöglicht damit die Implementierung einer unternehmensweit konsistenten Risikomessung.281 Auf der Basis des VaR lassen sich ebenfalls die Risikostrukturen zwischen Geschäftsbereichen sehr gut miteinander vergleichen. 277

vgl. Kremers, 2002, S.242 vgl. Oehler/Unser, 2001, S.22 vgl. Vanini, 2006, S.789 280 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.14 281 vgl. Pfaff/Kühn, 2005, S.194 278 279

114

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Der VaR als Risikokennzahl ist jedoch nicht frei von Problemen. Zu berücksichtigen ist, dass der VaR lediglich einen Punkt der Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Marktwertänderungen darstellt. Die Ausprägungen links und rechts von diesem Punkt werden statistisch nicht erfasst. So enthält das Risikomaß insbesondere keine Information darüber, wie weit der VaR schlimmstenfalls überschritten werden kann.282 Häufig sind gerade in den Rändern von Wahrscheinlichkeitsverteilungen größere Werte festzustellen („fat tails“).283 Derartige Extremwerte lassen sich mit dem VaR nicht erfassen. In Abhängigkeit des verwendeten Verfahrens kann die Bestimmung des VaR außerdem sehr aufwendig sein. So gilt es etwa im Rahmen der Monte-Carlo Simulation für sämtliche Inputparameter die Wahrscheinlichkeitsverteilungen festzulegen. Darüber hinaus müssen die stochastischen Abhängigkeiten zwischen den Inputparametern bestimmt werden. Ebenso muss das Simulationsmodell zur Ableitung der Kapitalwertverteilung implementiert werden. Mit dem VaR kann ausschließlich das Risiko eines Geschäftsbereichs quantifiziert werden. Vergleichbar der Standardabweichung bzw. der Varianz lässt sich mithilfe des VaR folglich noch keine Aussage darüber treffen, ob das ermittelte Risiko eines Geschäftsbereichs zu akzeptieren ist. Auch bei dem VaR-Konzept fehlt folglich der Bezug zur Ertragsseite. Mit der Standardabweichung bzw. Varianz sowie dem Value at Risk wurden in diesem Kapitel der Arbeit zwei zentrale Risikokenngrößen vorgestellt und ihre Eignung zur Risikoerfassung von Geschäftsbereichen analysiert. Da das Risikomanagement insbesondere das Ziel verfolgt, die potentiellen negativen Zielverfehlungen zu identifizieren und zu bewältigen, liefert der VaR als asymmetrische Risikokennzahl grundsätzlich die bessere Informationsbasis für Steuerungsentscheidungen. In einem weiteren Schritt gilt es nun zu untersuchen, inwiefern die Risikoinformation in einer Geschäftsbereichsbeurteilung integriert werden kann. Das Kapitel C des ersten Teils widmet sich damit den unterschiedlichen Konzepten einer gemeinsamen Rendite-/Risikobeurteilung.

282 283

vgl. Kürsten/Straßberger, 2004, S.206 vgl. Gerke/Bank, 2003, S.587; Oehler/Unser, 2001, S.158

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

115

C. ANSÄTZE ZUR GEMEINSAMEN ERFASSUNG VON RENDITE UND RISIKO Das Kapitel A des ersten Teils hat als wesentliche Erkenntnis hervorgebracht, dass ein Geschäftsbereich grundsätzlich auf der Basis einer Barwertgröße beurteilt werden sollte. Bei der Analyse der gängigen Barwertkonzepte (Kapitalwertmethode und Marktzinsmodell) musste festgestellt werden, dass weitere Untersuchungen zur Risikoerfassung notwendig sind. Dieser Aufgabe widmete sich das Kapitel B, in dem verschiedene Ansätze zur Risikoerfassung diskutiert wurden. Basierend auf der Definition des Risikobegriffs stehen sich zwei unterschiedliche Konzeptionen von Risikokennzahlen gegenüber: Auf der einen Seite die symmetrischen Risikokennzahlen, zu denen die Standardabweichung bzw. die Varianz gehören und auf der anderen Seite die asymmetrischen Risikokennzahlen, zu denen der VaR zählt. In Kapitel C wird nun untersucht, wie sich diese Risikokennzahlen in eine Rendite-/Risikobetrachtung integrieren lassen. In Literatur und Praxis existieren unterschiedliche Konzepte zur gemeinsamen Erfassung von Rendite und Risiko: Die Gruppe der risikoadjustierten Performance-Kennziffern bildet eine Relation aus einer Erfolgsgröße und einer Risikokenngröße (1. Teil:C.I). Bei den entscheidungsorientierten Ansätzen (1. Teil:C.II) findet eine Geschäftsbereichsbeurteilung unter Rückgriff auf die individuelle Risikopräferenz des Entscheidungsträgers statt. Die kapitalmarktorientierten Verfahren (1. Teil:C.III) schließlich unterstellen ein Marktgleichgewicht, aus dem sich die Renditeforderungen der Investoren ableiten lassen.

I.

Risikoadjustierte Performance-Kennzahlen

1.

Grundlagen risikoadjustierter Performance-Kennzahlen

Im 1. Teil:A.III.3 wurde bereits auf die Schwächen der traditionellen Erfolgskennzahlen des Rechnungswesens zur Geschäftsbereichssteuerung eingegangen. Ein zentraler Kritikpunkt war hierbei, dass diese Kennzahlen das Risiko eines Geschäftsbereichs nur ungenügend erfassen. Die Konsequenz dieser Problematik ist, dass Entscheidungsträger dazu neigen, Aktivitäten mit hohem erwarteten Ertrag, jedoch ohne Berücksichtigung des damit verbundenen Risikos, zu realisieren. Damit können die zentralen (traditionellen) Erfolgsgrößen im Unternehmen relativ einfach gesteigert werden. Die damit verbundenen (negativen) Auswir-

116

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

kungen auf das Risiko bleiben jedoch unberücksichtigt. Um hiermit verbundene Fehlsteuerungen im Unternehmen zu verhindern, ist das Risiko im Beurteilungskonzept zu erfassen.284 Die einfachste Verknüpfung von Rendite und Risiko wird mithilfe des Abweichungskoeffizienten erzielt. Der Abweichungskoeffizient repräsentiert das Verhältnis aus Standardabweichung und Erwartungswert:285 Abweichungskoeffizient

Standardabweichung Erwartungswert

Für einen risikoaversen Entscheidungsträger sollte der Abweichungskoeffizient möglichst klein sein, da dieser an einem hohen Erwartungswert und einer geringen Standardabweichung interessiert ist. Schwieriger ist hingegen die Interpretation des Abweichungskoeffizienten für einen risikofreudigen Entscheidungsträger, da dieser grundsätzlich eine hohe Standardabweichung und gleichzeitig einen hohen Erwartungswert anstrebt. Die risikoadjustierten Performance-Kennzahlen weisen eine gewisse Ähnlichkeit zu dem Abweichungskoeffizienten auf. Zur Quantifizierung des Risikos greifen die risikoadjustierten Performance-Kennzahlen jedoch anstelle der Standardabweichung auf das ökonomische Kapital bzw. das Risikokapital zurück. Unter dem Risikokapital wird die Gesamtheit der mindestens vorzuhaltenden Risikodeckungsmassen bezeichnet, die bei Eintreten vorab definierter Maximalbelastungsfälle dafür sorgen sollen, dass das Unternehmen nach wie solvent bleibt. Das Risikokapital wird üblicherweise mithilfe des bereits vorgestellten VaR-Konzepts ermittelt.286 Risikoadjustierte Performance-Kennzahlen stellen damit Rentabilitätskennzahlen dar, die eine Erfolgsgröße in Beziehung zum Risikokapital setzen. Während die risikoadjustierten Performance-Kennziffern gegenwärtig hauptsächlich in Unternehmen der Finanzindustrie eingesetzt werden, sind sie in Industrieunternehmen bisher nur selten anzutreffen.287

284

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.44f vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.110 286 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.21 287 vgl. Fröhling, 2000, S.74; Gebhardt/Mansch, 2005, S.50 285

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

117

2. Return on Risk Adjusted Capital (RORAC) Eine zentrale Kennzahl der risikoadjustierten Performance-Kennziffern ist der Return on Risk Adjusted Capital (RORAC). Der RORAC ist wie folgt definiert:288 RORAC

Nettoergebnis Risikokapital

Der RORAC setzt eine Ertragsgröße in das Verhältnis zum Risikokapital. Der Ertrag wird hierbei üblicherweise als Nettoertrag der Geschäftseinheit gemessen und ergibt sich als Differenz der direkt zurechenbaren Erträge und Aufwendungen.289 Wie bereits erläutert, wird das Risikokapital üblicherweise mithilfe des VaR-Konzeptes bestimmt. Das Konfidenzniveau des VaR hat hierbei einen großen Einfluss auf die Höhe des VaR und damit auf den RORAC. So kann bei der Höhe vorzuhaltender Mittel ein großer Unterschied bestehen, ob ein Konfidenzniveau von 95% oder 99% gewählt wird. Letztlich obliegt es der Unternehmensleitung, für angemessene Konfidenzniveaus im Unternehmen zu sorgen.290 Der RORAC gibt Auskunft darüber, welche der untersuchten Positionen, gemessen an der erforderlichen Eigenmittelunterlegung, das relativ beste Ergebnis erzielt hat.291 Damit soll sichergestellt werden, dass das begrenzte Risikokapital eines Unternehmens möglichst effizient eingesetzt wird.292 Sowohl eine Erhöhung des Nettoergebnisses als auch eine Reduzierung des Risikos, ausgedrückt über einen niedrigeren VaR, erhöhen den RORAC. Der RAROC kann sowohl für ein ganzes Unternehmen als auch für einzelne Geschäftsbereiche ermittelt werden.293 Die Berechnung des GeschäftsbereichsRORAC soll an nachfolgendem Beispiel verdeutlicht werden. Das Beispielunternehmen besteht aus lediglich drei Geschäftsbereichen mit den in Abbildung 30 vorliegenden Daten:

288

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.44; Lister, 1997, S.209; Steiner/Rathgeber, 2006, S.482 Vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.46 290 vgl. Friese, 2003, S.647; Brüning/Hoffjan, 1997, S.365 291 vgl. Brüning/Hoffjan, 1997, S.362 292 vgl. Fröhling, 2000, S.77 293 vgl. Albrecht/Koryciorz, 2004, S.125 289

118

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Segment A

Segment B

Segment C

Nettoergebnis

150.000 €

300.000 €

250.000 €

Risikokapital (VaR99%)

700.000 €

1.200.000 €

1.500.000 €

RORAC Rangreihenfolge

150.000 € 700.000 €

21,4%

300.000 € 1.200.000 €

2

25%

250.000 € 1.500.000 €

1

16,7%

3

Abbildung 30: Beispiel zur RORAC-Berechnung

Das Segment B weist mit 25% den höchsten RORAC aller Geschäftsbereiche auf. Dieses Segment besitzt damit das beste Ertrags-Risiko-Verhältnis aller Geschäftsbereiche. Segment C hat im Vergleich zu Segment A das höhere Nettoergebnis, benötigt aber auch gleichzeitig ein höheres Risikokapital. Erst der RORAC verdeutlicht, dass Segment A das Risikokapital im Vergleich zu Segment C effizienter einsetzt. Aus den Beispieldaten kann nicht ohne weiteres auch der RORAC des Gesamtunternehmens abgeleitet werden. Während die Nettoergebnisse verhältnismäßig unproblematisch addiert werden können, ergibt sich der Gesamt-VaR nicht durch einfache Summation der Einzel-VaR. Zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen existieren in der Regel Risikoverbundeffekte, die beispielsweise mithilfe von Korrelationskoeffizienten in der Berechnung berücksichtigt werden können. Die risikoadjustierten Performance-Kennziffern werden in der bankbetrieblichen Anwendung üblicherweise auf der Basis periodenorientierter Ertrags- und Risikokenngrößen berechnet.294 Für eine Geschäftsbereichsbeurteilung eines Industrieunternehmens können Periodengrößen unter Umständen wenig aussagekräftig sein. Wird beispielsweise eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung betrachtet, die möglicherweise erst in einigen Jahren Erfolge erzielt, so wird die Betrachtung des Risikos und des Ertrags der nächsten Periode keine geeignete Steuerungsgrundlage liefern. In diesem Fall muss die komplette Laufzeit eines Geschäftsbereichs in die Beurteilung einfließen. Die vollständigen wirtschaftlichen Konsequenzen eines Untersuchungsobjektes lassen sich mithilfe von Barwertgrößen erfassen. Folglich gilt es, die risikoadjustierten Performance-Kennziffern auf 294

vgl. Steiner/Rathgeber, 2006, S.477; Rieß, 2005, S.330f

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

119

Barwertgrößen zu übertragen.295 Anstelle des Nettoergebnisses steht nun im Zähler der Rentabilitätskennzahl der erwartete Barwert eines Geschäftsbereichs. Damit Zähler und Nenner übereinstimmen, muss sich der VaR auf den maximal erwarteten Barwertverlust eines Geschäftsbereichs beziehen.296 Der RORAC auf Basis von Barwertgrößen ergibt sich damit zu: 297 RORAC

Erwarteter Barwert Barwert VaR 99 %

Der große Vorteil des RORAC ist, dass Geschäftsbereiche mit unterschiedlichen Risikostrukturen miteinander verglichen werden können.298 Damit ein risikoreicheres Geschäft einen vergleichbaren RORAC besitzt wie ein risikoärmeres Geschäft, muss es einen höheren Ertrag aufweisen. Im Rahmen der Vergleichbarkeit zweier Geschäftsbereiche ist von zentraler Bedeutung, dass die gleichen Rahmenbedingungen bei der Erfolgs- und Risikomessung vorliegen. Wird beispielsweise bei der Ermittlung des VaR von unterschiedlichen Konfidenzniveaus ausgegangen, so wäre der Geschäftsbereich mit dem höheren Sicherheitsniveau benachteiligt. Gleichzeitig kann bei Verwendung des RORAC als Steuerungsgröße auch der Bezug zu den erforderlichen Risikodeckungsmassen hergestellt werden. Durch die Bestimmung des erforderlichen Risikokapitals kann die Unternehmung sicherstellen, dass genügend Haftungskapital im Falle schlagend werdender Risiken zur Verfügung steht. Auf der Basis der RORAC-Zahlen kann eine Rangordnung von Geschäftsbereichen aufgestellt werden. Diese Rangordnung veranschaulicht, welche Geschäftsbereiche die Mittel am effizientesten eingesetzt haben. Somit können Geschäftsbereiche mit sehr guter Rendite-Risiko-Relation gezielt ausgebaut werden. Im Gegensatz dazu gilt es, Segmente mit schlechtem RORAC umzustrukturieren oder im Extremfall sogar abzustoßen.

3.

Risk Adjusted Return on Capital (RAROC)

Der RORAC ist geeignet, eine Rangreihenfolge von Geschäftsbereichen oder Unternehmen aufzuzeigen. Damit wird jedoch noch nicht geklärt, ob der erzielte bzw. geplante RORAC vor dem Hintergrund einer Unternehmenswertsteigerung

295

vgl. Brüning/Hoffjan, 1997, S.362, Kremers, 2002, S.290 zur Bestimmung des VaR von Barwertgrößen: vgl. 1. Teil:B.III.3 297 vgl. Kremers, 2002, S.290 298 vgl. Friese, 2003, S.647; Reitwiesner, 2001, S.103 296

120

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

ausreichend ist. Es fehlt folglich die Festlegung eines Ziel-RORAC, der mindestens übertroffen werden sollte. Vor dem Hintergrund dieser Problematik wurde der Risk Adjusted Return on Capital (RAROC) entwickelt.299 Im Gegensatz zum RORAC wird bei dieser Kennzahl das Nettoergebnis im Zähler um die Kosten des risikotragenden Eigenkapitals vermindert.300 Damit ergibt sich der RAROC zu:301 RAROC

risikoadjustiertes Nettoergebnis Risikokapital

Nettoergebnis  Risikokosten Risikokapital

Die Risikokosten stellen die Kosten zur Absicherung der Risikoposition dar und setzen sich somit zum einen aus der Höhe des aufzunehmenden Haftungskapitals und zum anderen aus den Verzinsungsansprüchen der Kapitalgeber zusammen. Die Höhe des aufzunehmenden Haftungskapitals fließt damit zum einen in die Berechnung der Risikokosten im Zähler ein und repräsentiert zum anderen die Nennergröße der RAROC-Kennziffer. Zur Ableitung der Verzinsungsansprüche der Kapitalgeber existieren verschiedene Ansätze, wobei in der Regel kapitaltheoretische Modelle wie beispielsweise das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zur Anwendung kommen. Der RAROC lässt sich damit auch wie folgt beschreiben: RAROC

Nettoergebnis - Risikokapital ˜ Eigenkapitalkostensatz Risikokapital

bzw. RAROC

Nettoergebnis  Eigenkapitalkostensatz Risikokapital

(Ist-)RORAC

(Ziel-)RORAC

Der RAROC, auch als differential return bezeichnet,302 stellt somit die Differenz zwischen dem (Ist-)RORAC und dem Ziel-RORAC, ausgedrückt durch den Eigenkapitalkostensatz, dar. Der Ziel-RORAC entspricht der mindestens zu erzielende Rendite: Erst wenn die Kosten zur Absicherung der Risikoposition verdient wurden, trägt der Geschäftsbereich zur Unternehmenswertsteigerung bei.

299

teilweise wird der RAROC auch als Risk Adjusted Return on Risk Adjusted Capital (RARORAC) bezeichnet: vgl. Nickel, 2006, S.87 300 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.49 301 vgl Lister, 1997, S.211; Schierenbeck, 2003c, S.48; Brüning/Hoffjan, 1997, S.363; Fröhling, 2000, S.75 302 vgl. Brüning/Hoffjan, 1997, S.363

121

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die Berechnung des RAROC wird an dem bereits bekannten Beispiel aus dem vorangehenden Kapitel verdeutlicht: Segment A

Segment B

Segment C

Nettoergebnis

150.000 €

300.000 €

250.000 €

Risikokapital (VaR99%)

700.000 €

1.200.000 €

1.500.000 €

RORAC Eigenkapitalkostensatz RAROC

150.000 € 700.000 €

21,4%

300.000 € 1.200.000 €

25%

250.000 € 1.500.000 €

20%

20%

20%

+1,4%

+5%

-3,3%

16,7%

Abbildung 31: Beispiel zur RAROC-Berechnung

Geschäftsbereiche A und B übertreffen somit die geforderte RORAC-Hürde von 20% und besitzen damit einen positiven RAROC. Beide Geschäftsbereiche sorgen damit für eine Unternehmenswertsteigerung. Geschäftsbereich C hingegen weist einen um 3,3% zu niedrigen RORAC auf. Abbildung 32 verdeutlicht die Lage der drei Segmente in einem Rendite-Risiko-Diagramm:

122

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

350.000 B

300.000

Ertragssteigerung

250.000

Nettoergebnis

Benchmark

B'

200.000

Risikoreduktion

C

A

150.000 100.000

B''

50.000 0 0

200.000

400.000

600.000

800.000 1.000.000 1.200.000 1.400.000 1.600.000

Risikokapital

Abbildung 32: Nettoergebnis-Risiko-Diagramm für den Beispielfall

In obenstehender Abbildung sind die Geschäftsbereiche aus Abbildung 31 eingetragen. Auf der Abszisse des Diagramms ist das Risikokapital, auf der Ordinate das Nettoergebnis aufgetragen. Die gestrichelten Verbindungsgeraden vom Ursprung zu den Geschäftsbereichen stellen Rendite-Risiko-Kombinationen mit gleichem RORAC dar. Je steiler diese Geraden sind, umso besser ist das RenditeRisiko-Verhältnis und umso attraktiver sind die Geschäftsbereiche. Die durchgezogene Linie stellt den mindestens zu erzielenden Ziel-RORAC (Benchmark) dar. Diese Linie sollte von einem Geschäftsbereich überschritten werden, denn erst dann wird Wert geschaffen. Während Geschäftsbereich A und B die Benchmark überschreiten, besitzt Geschäftsbereich C ein zu schlechtes Rendite-RisikoVerhältnis. Um mit Geschäftsbereich C einen positiven Wertbeitrag zu erzielen, muss das Nettoergebnis erhöht und/oder das Risikokapital gesenkt werden. Mithilfe des Rendite-Risiko-Diagramms lässt sich beispielsweise auch sehr gut die Wirkung von Versicherungsverträgen auf die Rendite-Risiko-Situation eines Geschäftsbereichs verdeutlichen. Mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages wird das Risikokapital des Geschäftsbereichs vermindert. Gleichzeit reduziert sich durch die an den Versicherer zu zahlende Risikoprämie das Nettoergebnis. Der Geschäftsbereich wandert damit im Rendite-Risiko-Diagramm nach „linksunten“. Sinkt das Risikopotential stärker als das erwartete Nettoergebnis, so verbessert sich das Rendite-Risiko-Situation des Geschäftsbereichs.

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

123

Abbildung 32 verdeutlicht aber auch die Probleme, die der RAROC als Entscheidungskriterium beinhaltet. So besitzen alle Geschäftsbereiche auf einer Gerade im Ergebnis-Risiko-Diagramm den gleichen RAROC und werden damit als gleich vorteilhaft eingestuft (z.B. B, B’ und B’’). Für eine Unternehmung ist die Lage des Geschäftsbereichs auf dieser Gerade jedoch sehr wohl von großer Bedeutung, da die Position auf der Gerade ebenfalls das einem Geschäftsbereich zuzurechnende Risikokapital bestimmt. In vorangegangenem Kapitel wurde bereits erläutert, dass die Beurteilung eines Geschäftsbereichs für Industrieunternehmen auf Basis periodenbezogener Ertrags- und Risikokenngrößen wenig aussagekräftig ist. Eine Übertragung des RORAC auf Barwertgrößen lässt sich, wie bereits geschildert, relativ problemlos umsetzen. Schwieriger gestalten sich jedoch analoge Überlegungen für den RAROC. Die Idee des RAROC ist es, im Zähler eine risikoadjustierte Ergebnisgröße auszuweisen. Dazu wird die Ergebnisgröße um die Risikokosten vermindert, die im RAROC-Konzept wie folgt definiert sind: Risikokosten = Haftungskapital ˜ Eigenkapitalkostensatz = VaR ˜ Eigenkapitalkostensatz Diese Risikodefinition ist für den Einperiodenfall grundsätzlich nachvollziehbar: Mithilfe des VaR wird der mögliche Verlustbetrag bestimmt, den es mit Eigenkapital zu unterlegen gilt. Das Vorhalten von Haftungskapital stellt sicher, dass eintretende Verluste auch gedeckt werden können und damit eine Insolvenz vermieden wird. Der Verzinsungsanspruch der Eigenkapitalgeber, multipliziert mit der Höhe des Haftungskapitals, repräsentiert die Risikokosten. Die Übertragung des RAROC vom Einperioden- auf den Mehrperiodenfall stellt sich wie folgt dar: RAROC

Erwarteter Barwert  Risikokosten Barwert VaR 99 %

Die Frage stellt sich, wie die Risikokosten im Mehrperiodenfall bestimmt werden können. Würde man analog zum Einperiodenfall vorgehen, so müsste der Barwert-VaR mit dem Eigenkapitalkostensatz multipliziert werden. Diese Berechnung der Risikokosten macht jedoch keinen Sinn, denn dies würde bedeuten, dass ein maximal erwarteter Barwertverlust mit Haftungskapital zu unterlegen ist. Das Vorhalten von Haftungskapital in dieser Höhe sorgt jedoch nicht dafür, dass ein Unternehmen mit einer Wahrscheinlichkeit in Höhe des Konfidenzniveaus gegen eine Insolvenz abgesichert ist.

124

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die Insolvenztatbestände sind immer periodenorientiert definiert. Demzufolge muss das Haftungskapital auch explizit für jede Periode des Betrachtungszeitraumes ermittelt werden. Durch die Multiplikation des vorzuhaltenden Haftungskapitals mit den periodenspezifischen Eigenkapitalkostensätzen ergeben sich die periodenspezifischen Risikokosten des Betrachtungszeitraumes. Wie sich diese Risikokosten in einen Barwertansatz integrieren lassen, wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch intensiv diskutiert.303 Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass eine einfache Übertragung des RAROC auf den Mehrperiodenfall nicht möglich ist: Die simple Ersetzung des Periodenergebnisses durch den erwarteten Barwert einerseits und des Perioden-VaR durch den Barwert-VaR andererseits liefert keine sinnvolle Rendite-Risiko-Kennzahl. Insgesamt zeigt sich, dass die risikoadjustierten Performance-Kennzahlen ein hilfreiches Instrument zum Vergleich von Geschäftsbereichen mit unterschiedlichen Rendite-Risiko-Strukturen darstellen. Insbesondere lassen sich Rangreihenfolgen aufstellen, die verdeutlichen, welche Geschäftsbereiche das knappe Gut Risikokapital am effizientesten einsetzen. Problematisch ist hingegen die Integration der Risikokosten im Rahmen eines Barwert-Ansatzes.

II. Entscheidungsorientierte Ansätze der klassischen Investitionsrechnung Als nächstes soll auf zwei Konzepte eingegangen werden, die in der Investitionsrechnung üblicherweise unter den klassischen Entscheidungsregeln bei Unsicherheit geführt werden. Konkret handelt es sich hierbei um das RisikoErwartungswertprinzip und das Bernoulli-Prinzip.

1.

Risiko-Erwartungswertprinzip (P/V-Prinzip)

Beim Risiko-Erwartungswertprinzip, auch als P/V-Prinzip bezeichnet, wird die Entscheidung auf der Grundlage von Erwartungswert und Standardabweichung getroffen.304 Diesem Ansatz liegt damit eine symmetrische Risikokenngröße zugrunde. In Kapitel B.II.1 wurde bereits auf die Ermittlung von Erwartungswert und Standardabweichung eingegangen. Zur Berechnung dieser beiden Kenngrößen muss es dem Entscheider möglich sein, eine (zumindest subjektive) Wahrscheinlichkeitsverteilung der Erfolgsgröße aufzustellen.305 Als Erfolgsgröße dient 303

vgl. 2. Teil:C.II vgl. Bieg/Kußmaul, 2000a, S.216 305 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.107 304

125

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

im Rahmen einer Investitions- bzw. Geschäftsbereichsbeurteilung häufig der Kapitalwert.306 Nachfolgende Beispiel stellt die (diskrete) Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kapitalwerte dreier Geschäftsbereiche A, B und C dar (Abbildung 33). Es werden hierbei vier mögliche Szenarien zi unterstellt: Zustand zi

Eintrittswahrscheinlichkeit pi des Zustand zi

z1

Kapitalwert C0 bei Eintritt des Zustands zi Geschäftsbereich A

Geschäftsbereich B

Geschäftsbereich C

15 %

80 T€

45 T€

30 T€

z2

30 %

100 T€

90 T€

65 T€

z3

45 %

115 T€

110 T€

70 T€

z4

10 %

130 T€

140 T€

90 T€

Abbildung 33: Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kapitalwerte des Beispielfalls

Durch Einsetzen in die bekannten Formeln für die Standardabweichung und den Erwartungswert ergeben sich die nachfolgenden Ergebnisse für die drei Geschäftsbereiche: Erwartungswert P

Standardabweichung V

Geschäftsbereich A

106,75 T€

14,34 T€

Geschäftsbereich B

97,25 T€

26,10 T€

Geschäftsbereich C

64,50 T€

16,04 T€

Abbildung 34: Erwartungswert und Standardabweichung der Geschäftsbereiche

Die Beurteilung der Geschäftsbereiche ist nun von der Risikopräferenz des Entscheiders abhängig. Ein risikoaverser Entscheider wird sicherlich Geschäftsbereich A den höchsten Rang zuweisen, da hier der Erwartungswert am höchsten und die Standardabweichung am niedrigsten ist. Die Festlegung der Rangreihenfolge zwischen Geschäftsbereich B und C ist jedoch nicht ohne weiteres ersichtlich, da Geschäftsbereich B einen höheren Erwartungswert, allerdings auch eine 306

vgl. Troßmann, 1998, S.339

126

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

höhere Standardabweichung besitzt. Letztlich muss die Frage beantwortet werden, wie viel zusätzliche Erfolgseinheiten notwendig sind, um eine zusätzliche Risikoeinheit zu kompensieren.307 Das individuelle Austauschverhältnis von Risiko und Ertrag eines Entscheiders lässt sich mithilfe der Risikopräferenzfunktion ausdrücken. In die Risikopräferenzfunktion ĭ fließen der Erwartungswert P sowie die Standardabweichung V ein:308 ĭ = ĭ (P/V) Die Risikopräferenzfunktion eines Entscheiders lässt sich graphisch in Form von Risikoindifferenzkurven darstellen.309 Jede P/V-Kombination auf der Risikoindifferenzkurve weist den gleichen Risikonutzen ĭ auf und wird damit von dem Entscheider als gleichwertig angesehen. Mit der Risikoaversion, der Risikofreude und der Risikoindifferenz lassen sich drei grundsätzlich unterschiedliche Risikoeinstellungen unterscheiden. Abbildung 35 verdeutlicht den Verlauf der Indifferenzkurven für die verschiedenen Risikoeinstellungen:310

Risikoaversion

Risikofreude

Risikoindifferenz

P

P

P

ĭ=3 ĭ=2 ĭ=1

P0

ĭ=3 ĭ=2 ĭ=1

P0 V

ĭ=1 ĭ=2 ĭ=3

V

V

Abbildung 35: Indifferenzkurven für unterschiedliche Risikopräferenzen ƒ Werden bei konstantem Erwartungswert P0 und sinkender Standardabweichung V Indifferenzkurven mit höherer Präferenz geschnitten, so liegt eine Risikoaversion vor. Der Entscheider stuft folglich diejenige Entscheidungsalternative am Vorteilhaftesten ein, welche bei konstantem Erwartungswert die geringste Streuung und damit das geringste Risiko aufweist. 307

vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.110 vgl. Bieg/Kußmaul, 2000, S.216 309 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.111 310 vgl. Troßmann, 1998, S.344 308

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

127

ƒ Der risikofreudige Entscheider hingegen schätzt eine große Schwankung um den Erwartungswert. Hier werden bei konstanten Erwartungswerten P0 und steigender Standardabweichung V Indifferenzkurven mit zunehmendem Risikonutzen erreicht. ƒ Für einen risikoindifferenten Entscheider spielt die Schwankung um den Erwartungswert keinerlei Rolle. Eine Steigerung des Risikonutzens lässt sich hier lediglich durch eine Erhöhung des Erwartungswertes erzielen. In der Risikopräferenzfunktion des risikoindifferenten Entscheiders findet die Standardabweichung keine Berücksichtigung.

Für den Beispielfall wird die nachfolgende Risikopräferenzfunktion unterstellt: ĭ = P - 0,1·V2 Der Risikonutzen für die drei Geschäftsbereiche lässt sich der Abbildung 36 entnehmen:

Risikonutzen Rangreihenfolge

Geschäftsbereich A

Geschäftsbereich B

Geschäftsbereich C

86,18

29,13

38,78

1

3

2

Abbildung 36: Risikonutzen der Geschäftsbereiche des Beispielfalls

Aus der Risikopräferenzfunktion kann auf einen risikoaversen Entscheider geschlossen werden, da die Standardabweichung mit negativem Vorzeichen in die Berechnung des Risikonutzens eingeht. Da Geschäftsbereich A den höchsten Erwartungswert und die geringste Standardabweichung besitzt, überrascht es nicht, dass dieser Geschäftsbereich am positivsten beurteilt wird (Rang 1). Geschäftsbereich C hat zwar den geringeren Erwartungswert als Geschäftsbereich B, dafür ist jedoch die Schwankungsbreite möglicher Kapitalwerte um den Erwartungswert kleiner. Insgesamt ergibt sich für Geschäftsbereich B ein höherer Risikonutzen (38,78) im Vergleich zu Geschäftsbereich C (29,13). Die Beurteilung des P/V-Prinzip zur Geschäftsbereichsbeurteilung erfordert eine kritische Betrachtung der verwendeten Risikokenngröße. Das Risiko wird bei diesem Ansatz über die Standardabweichung erfasst. In Kapitel B.II.2 wurde die Standardabweichung als Kenngröße zur Erfassung von Risiken bei Geschäftsbereichen bereits problematisiert. Lediglich bei einer symmetrisch verteilten Erfolgskenngröße liefert die Standardabweichung eine vernünftige Risikoinformation. Von dieser Annahme kann bei Geschäftsbereichen grundsätzlich nicht ausge-

128

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

gangen werden. Wie bereits erläutert, liefert die Standardabweichung ebenfalls keine Information darüber, mit welchem maximal erwarteten Verlust ein Geschäftsbereich zu rechnen hat. Eine Abstimmung von Risikopotential und zur Verfügung stehendem Haftungskapital kann folglich mit einer derartigen Risikoquantifizierung nicht erfolgen. Dies hat zur Konsequenz, dass eine zweite Risikomessung erforderlich ist. Selbst unter der Annahme, dass eine symmetrische Verteilung der Erfolgsgröße vorliegt und dass die Standardabweichung als geeignetes Risikomaß zu akzeptiert ist, stellt sich des Weiteren die Frage, wie eine Risikopräferenzfunktion ermittelt werden kann.311 Wie in obigem Beispiel verdeutlicht wird, ist die Risikopräferenzfunktion von zentraler Bedeutung für die Rangordnung der Entscheidungsalternativen. Insbesondere in einem Unternehmen mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen ist die Festlegung einer Risikopräferenzfunktion äußerst problematisch, wenn nicht gar unmöglich. Vor dem Hintergrund dieser Problematik werden Ansätze diskutiert, die ebenfalls auf dem Erwartungswert und der Standardweichung basieren, die sich aber von individuellen Risikopräferenzfunktionen lösen. Ein Beispiel hierfür stellt das Capital Asset Pricing Model (CAPM) dar, welches im zweiten Teil der Arbeit noch ausführlich vorgestellt wird.312 Mithilfe des P/V-Prinzips lässt sich eine Rangreihenfolge von unterschiedlichen Alternativen bzw. Geschäftsbereichen aufstellen. Damit kann ermittelt werden, welcher Geschäftsbereich die beste Rendite-Risiko-Struktur besitzt. Offen bleibt jedoch, ob selbst der Geschäftsbereich mit der besten Rendite-Risiko-Struktur (Rang 1) von der Unternehmung als positiv zu beurteilen ist. Es fehlt folglich ein Maßstab, der angibt, ab wann ein Geschäftsbereich zu einer Unternehmenswertsteigerung beitragen wird. Darüber hinaus ist der Risikonutzen als die zu maximierende Zielgröße nur schwer zu interpretieren: Der Risikonutzen stellt eine dimensionslose Kenngröße dar. Der Entscheider erhält keine Information über den Betrag der Wertschaffung bzw. -vernichtung, die von einem Geschäftsbereich ausgeht. Damit wird die Eignung des Risikonutzens als Steuerungsgröße deutlich eingeschränkt.

2.

Bernoulli-Prinzip

Das Bernoulli-Prinzip313 beruht auf der Annahme, dass der Entscheider eine subjektive Nutzenfunktion angeben kann, die jedem möglichen Ergebnis (z.B. Kapi311

vgl. Götze/Bloech, 2002, S.387 vgl. 2. Teil:B 313 vgl. Bernoulli, 1896 312

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

129

talwert) einer Entscheidungsalternative einen bestimmten Nutzen zuordnet.314 Der Gesamtnutzen einer Entscheidungsalternative entspricht dem Erwartungswert des Nutzens der einzelnen Ergebnisse für diese Alternative.315 Vergleichbar dem P/V-Prinzip fließt auch bei dem Bernoulli-Prinzip die individuelle Risikoeinstellung des Entscheiders in die Beurteilung mit ein. Dies erfolgt bei dem Bernoulli-Prinzip über die Nutzenfunktion. Auch hier kann zwischen den grundsätzlichen Risikoeinstellungen Risikoaversion, Risikofreude und Risikoindifferenz unterschieden werden. ƒ Eine konvexe Nutzenfunktion signalisiert grundsätzlich eine Risikofreude. Abbildung 37 verdeutlicht dies für den einfachen Fall, dass lediglich zwei mögliche Ergebnisausprägungen E1 und E2 mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von jeweils 50% unterstellt werden.316 So lässt sich aus der Abbildung ablesen, dass der erwartete Nutzen

0,5·[U(E1)+U(E2)] größer ist als der Nutzen des Erwartungswertes U[0,5·(E1+E2)]. Folglich wird der Entscheidungsträger das unsichere Ergebnis (E1 oder E2) dem sicheren Ergebnis (0,5·(E1+E2)) vorziehen.

314

vgl. Bieg/Kussmaul, 2000a, S.218; Blohm/Lüder, 1995, S.258 vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.258 316 vgl. Perriodon/Steiner, 2003, S.114 315

130

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

U(E)

U(E 2 ) 0,5· [U(E1 )+U(E2 )] U[0,5· (E 1+E 2 )] U(E 1 ) E 1 0,5· (E 1 +E 2) E 2

E

Abbildung 37: konvexe Nutzenfunktion ƒ Eine konkave Nutzenfunktion repräsentiert risikoscheues Verhalten. Verglichen mit der konvexen Nutzenfunktion liegt hier genau der umgekehrte Fall vor. Der erwartete Nutzen

0,5·[U(E1)+U(E2)] ist kleiner als der Nutzen des Erwartungswertes U[0,5·(E1+E2)]. Damit wird das sichere Ergebnis (0,5·(E1+E2)) dem unsicheren Ergebnis (E1 oder E2) vorgezogen (Abbildung 38).317

317

vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.115

131

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

U(E)

U(E2) U[0,5·(E1+E2)] 0,5· [U(E1)+U(E2)]

U(E1) E1

0,5· (E1+E2)

E2

E

Abbildung 38: konkave Nutzenfunktion ƒ Im Fall von linearen Nutzenfunktionen entspricht der erwartete Nutzen gerade dem Nutzen des Erwartungswertes. Der Entscheider ist folglich bezüglich dem unsicheren und dem sicheren Ergebnis indifferent.

Für das Beispiel aus dem vorigen Kapitel wird nachfolgende Nutzenfunktion eines risikofreudigen Investors unterstellt: U=0,5·E2+E Die Ermittlung der Nutzenwerte zeigt Abbildung 39:

132

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Geschäftsbereich A

Geschäftsbereich B

Geschäftsbereich C

E

80 T€

45 T€

30 T€

U(E)

3280

1057,5

480

E

100 T€

90 T€

65 T€

U(E)

5100

4140

2177,5

E

115 T€

110 T€

70 T€

U(E)

6727,5

6160

2520

E

130 T€

140 T€

90 T€

U(E)

8580

9940

4140

Gesamtnutzen

5907,38

5166,63

2273,25

Rangreihenfolge

1

2

3

Zustand zi

z1 (15 %) z2 (30 %) z3 (45 %) z4 (10 %)

Abbildung 39: Ermittlung des Gesamtnutzen nach dem Bernoulli-Prinzip

Geschäftsbereich A erzielt den höchsten Gesamtnutzen und wird damit am vorteilhaftesten eingestuft (Rang 1). Durch die große Streuungsbreite der Kapitalwerte weist auch Geschäftsbereich B für diesen risikofreudigen Investor einen hohen Gesamtnutzen auf. Geschäftsbereich C hingegen besitzt die niedrigsten Kapitalwerte und gleichzeitig eine verhältnismäßig geringe Streuungsbreite, so dass der Geschäftsbereich C deutlich auf dem letzten Rang liegt. Die kritische Würdigung des Bernoulli-Kriteriums deckt sich in weiten Teilen mit der des P/V-Prinzips. Anstelle der Risikopräferenzfunktion beim P/V-Prinzip ist beim Bernoulli-Prinzip eine Risikonutzenfunktion aufzustellen. In der Literatur werden hierzu einige Ansätze vorgeschlagen, wie beispielsweise Befragungen, Introspektion oder Entscheidungsspiele.318 Aber auch hier muss festgehalten werden, dass die Festlegung der Risikonutzenfunktion nur in Ansätzen für einen individuellen Entscheider möglich ist. Für Gruppenentscheidungen in Unternehmen existieren bisher keine brauchbaren Ansätze zur Ableitung einer gültigen Nutzenfunktion.319

318 319

vgl. Bieg/Kussmaul, 2000a, S.220 vgl. Arnsfeld, 1998, S.56; Oehler/Unser, 2001, S.29

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

133

Insbesondere wird eine Risikopräferenz niemals allgemeingültigen Charakter besitzen, da die Risikoneigung von der Situation des Unternehmens und den damit verbundenen Umweltsituationen abhängt. Vor dem Hintergrund einer möglichen Insolvenz werden Entscheidungsträger sicherlich völlig anders entscheiden, wie in Zeiten wirtschaftlicher Stärke. Eine von den Handlungsmöglichkeiten und den sie begrenzenden Umweltbedingungen unabhängige Risikoneigung des Entscheiders liegt nicht vor.320 Die Aussagekraft des Gesamtnutzen eines Geschäftsbereichs unterliegt einer ähnlichen Kritik, wie sie bereits beim P/V-Prinzip geäußert wurde: Es wird eine dimensionslose Nutzwertgröße bestimmt, welche lediglich eine ordinale Reihung von Alternativen ermöglicht.321 Als Grundlage für eine wertorientierte Rendite/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen ist sowohl das Bernoulli-Prinzip als auch das P/V-Prinzip grundsätzlich nicht geeignet.

III. Kapitalmarktorientierte Eigenkapitalkostenkonzepte 1.

Systematisierung der Ansätze

Als Eigenkapitalkosten werden die Verzinsungsansprüche der Eigenkapitalgeber an das Unternehmen für das Überlassen von Haftungskapital bezeichnet. Die kapitalmarktorientierten Konzepte lassen sich dadurch charakterisieren, dass die Verzinsungsansprüche der Anteilseigner aus Kapitalmarktinformationen abgeleitet werden.322 Im Rahmen einer Rendite-/Risikobeurteilung wird überprüft, inwiefern die tatsächlich erzielte Rendite (ex-post-Betrachtung) bzw. die erwartete Rendite (ex-ante-Betrachtung) eines Geschäftsbereichs mit der Renditeforderung der Anteilseigner an den Geschäftsbereich übereinstimmt. Nachfolgende Abbildung stellt einige zentrale kapitalmarkttheoretische Ansätze zur Ableitung der Eigenkapitalkosten dar:

320

vgl. Perridon/Steiner, 2003, 118f; Obermaier, 2004, S.2762 vgl. Troßmann, 1998, S.351 322 vgl. Arnsfeld, 1998, S.59 321

134

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Kapitalmarktorientierte Eigenkapitalkostenkonzepte

Traditionelle Ansätze

Moderne Ansätze

Dividend Discount Model Income Capitalisation Model

Capital Asset Pricing Model Arbitrage Pricing Theory Coherent Market Hypothesis

Abbildung 40: Kapitalmarktorientierte Eigenkapitalkostenkonzepte

Das Dividenden- und das Gewinn-Diskontierungsmodell, auch als fundamentalanalytische Modelle bezeichnet, stellen die ältesten kapitalmarktorientierten Eigenkapitalkonzepte dar.323 Diese Ansätze nutzen den am Kapitalmarkt beobachtbaren Aktienkurs eines Unternehmens zur Ableitung modellimpliziter Kapitalkosten. Unter den modernen kapitalmarktorientierten Eigenkapitalkosten nimmt das CAPM eine dominierende Stellung ein.324 Die modernen kapitalmarkttheoretischen Ansätze unterstellen ein Marktgleichgewicht, aus dem sich die Renditeforderungen der Investoren ableiten lassen. Eine sehr neue Entwicklung im Rahmen der kapitalmarktorientierten Konzepte stellt die Coherent Market Hypothesis dar. Dieser Ansatz versucht, verhaltenswissenschaftliche Aspekte in die Ableitung der Eigenkapitalkosten zu integrieren.

2.

Traditionelle kapitalmarkttheoretische Ansätze

Das Dividenden-Diskontierungsmodell (Divident Discount Model) basiert auf einem Aktienbewertungsmodell, bei dem der Börsenkurs durch Diskontierung 323 324

vgl. Arnsfeld, 1998, S.61 vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.281

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

135

zukünftiger Dividenden bestimmt wird.325 Der Aktienkurs eines Unternehmens ergibt sich danach zu: K0

mit:

T

¦

Dt

t 1 (1  k EK )

K0 Dt kEK T

= = = =

t

Aktienkurs zum Zeitpunkt t=0 Dividendenzahlung pro Aktie der Periode t Diskontierungszinssatz Anzahl der Betrachtungsperioden

Häufig wird bei diesem Ansatz von einer über die Laufzeit konstanten Dividendenzahlung ausgegangen. Die Formel vereinfacht sich dann zu: K0

D k EK

Bei Kenntnis der Eigenkapitalkosten und der Dividendenzahlungen beschreibt diese Formel, wie die Investoren die Aktien bewerten müssten. Auf der anderen Seite kann die Formel auch zur Ableitung der Eigenkapitalkosten benutzt werden. Für den Aktienkurs zum Zeitpunkt Null wird dann der aktuelle Marktwert des Unternehmens an der Börse herangezogen. Gesucht ist nun der Zinsfuß der Gleichung.326 Bei Unterstellung konstanter zukünftiger Dividenden lässt sich die Formel direkt nach dem Eigenkapitalkostensatz auflösen: k EK

D K0

Das Gewinn-Kapitalisierungsmodell (Income Capitalisation Model) diskontiert anstelle der zukünftigen Dividendenzahlungen die zukünftigen Gewinne pro Aktie auf den Zeitpunkt t=0.327 Bei einer fairen Bepreisung lassen sich die Aussagen des Dividendendiskontierungsmodells und des Gewinnkapitalisierungsmodells ineinander überführen.328 Wird auch bei dem Gewinnkapitalisierungsmodell von konstanten zukünftigen Gewinnen ausgegangen, so bestimmt sich der Eigenkapitalkostensatz zu: k EK

325

G K0

1 KGV

vgl. Hachmeister, 1995, S.158 vgl. Hax, 1985, S.153 327 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.99 328 vgl. Arnsfeld, 1998, S.60 326

136 mit:

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

G = KGV =

konstanter Periodengewinn Kurs-/Gewinnverhältnis

Der Eigenkapitalkostensatz entspricht damit gerade dem reziproken Wert des Kurs-/Gewinnverhältnisses (KGV). Das Kurs-/Gewinnverhältnis, auch als Price Earning Ratio (PER) bezeichnet, stellt eine zentrale Kenngröße im Rahmen der fundamentalen Aktienanalyse dar.329 Durch einen Vergleich der KGV-Ziffern verschiedener Aktien wird versucht, preisgünstige Wertpapiere zu identifizieren. Aktien mit vergleichsweise niedrigen KGV-Ziffern gelten unterbewertet und damit als kaufenswert.330 Bei den hier vorgestellten fundamentalanalytischen Ansätzen, die eine konstante Dividendenzahlung bzw. einen konstanten Gewinn über die Laufzeit annehmen, handelt es sich um sehr einfache Ansätze. Es ist nicht zu erwarten, dass sich mithilfe dieser Verfahren aussagekräftige Kapitalkostensätze ableiten lassen. Eine Übertragung des Ansatzes zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten eines Geschäftsbereichs würde voraussetzen, dass der Börsenwert des Geschäftsbereichs bekannt ist. Da Geschäftsbereiche jedoch in der Regel nicht an der Börse notiert sind, existiert für diese kein Börsenwert. Die traditionellen kapitalmarkttheoretischen Ansätze sind damit nicht ohne weiteres auf die Bestimmung der Eigenkapitalkosten für Geschäftsbereiche übertragbar. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird jedoch noch auf Erweiterungen dieser Ansätze eingegangen und gezeigt inwiefern das Dividenden-Diskontierungsmodell bzw. das Gewinn-Kapitalisierungsmodell einen Beitrag zur Geschäftsbereichsbeurteilung liefern kann.331

3. Moderne kapitalmarkttheoretische Ansätze Das Capital Asset Pricing Modell (CAPM) ist der bekannteste kapitalmarkttheoretische Ansatz zur Ableitung der Kapitalkosten. Das Ziel des CAPM ist es, die Preisbildung für risikobehaftete Kapitalanlagen auf dem Kapitalmarkt zu erklären. Dem CAPM liegt ein umfangreicher Prämissenkatalog mit z.T. sehr realitätsfremden Annahmen zugrunde. Hierzu zählt beispielsweise:332 ƒ Die Investoren legen ihren Entscheidungen einen Zeitraum von einer Periode zugrunde. ƒ Die Renditen der Wertpapiere sind normalverteilt.

329

vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.230 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.231 331 vgl. 3. Teil:A.II.2 332 vgl. 2. Teil:B.II.1 330

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

137

ƒ Die Investoren handeln rational. ƒ Es wird von Steuern und Transaktionskosten abstrahiert. ƒ Alle Investoren sind gleich gut informiert. ƒ Es herrscht eine sichere Kapitalanlage- und Kapitalaufnahmemöglichkeit zum risikolosen Zinssatz. ƒ Alle Wertpapiere werden am Kapitalmarkt gehandelt und sind beliebig teilbar.

Aufbauend auf diesem Prämissenkatalog kann nachfolgende Wertpapiergleichung abgleitet werden, die als das Kernelement des CAPM gilt:333 E (ri )

rf  (E (rM )  rf ) ˜ ȕi

mit: E(ri)

= Erwartungswert der Rendite des risikobehafteten Wertpapiers i = risikoloser Zinssatz rf E(rM) = Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios Ei = unternehmensspezifischer Risikofaktor

Die Wertpapiergleichung beschreibt die von den Investoren geforderte Rendite eines risikobehafteten Wertpapiers. Diese setzt sich aus dem risikolosen Zinssatz und einer wertpapierspezifischen Risikoprämie zusammen. Die Risikoprämie ergibt sich, indem die Differenz zwischen der Marktrendite und dem risikolosen Zinssatz mit dem E-Faktor multipliziert wird. Nach dem CAPM teilt jeder Investor seinen Anlagebetrag in die risikolose Kapitalanlage und in das so genannte Marktportfolio auf. Das Marktportfolio ist ein spezielles Portfolio, welches alle am Markt gehandelten Vermögensgegenstände beinhaltet.334 In der praktischen Anwendung wird das Marktportfolio häufig durch einen Marktindex (z.B. DAX) repräsentiert. Über den E-Faktor wird das unternehmensindividuelle Risiko ausgedrückt. Für das Verständnis des E-Faktors ist es entscheidend zu wissen, dass das CAPM zwischen dem systematischen und dem unsystematischen Risiko differenziert. Das unsystematische Risiko ist unternehmensspezifisch und lässt sich durch Diversifikation beseitigen. Das systematische Risiko hingegen ist auf nicht vermeidbare, allgemeine Marktschwankungen zurückzuführen.335 Da im CAPM von Investoren ausgegangen wird, die ein perfekt diversifiziertes Portfolio halten, wird lediglich das systematische Risiko, ausgedrückt durch den E-Faktor, vergütet. 333

vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.288 vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.283 335 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.93 334

138

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

Die Modellaussagen des CAPM werden in der Theorie und Praxis sehr unterschiedlich beurteilt. Im Zentrum der Kritik stehen häufig die restriktiven Prämissen des Modells. Die zahlreichen empirischen Untersuchungen liefern sehr heterogene Resultate zur Gültigkeit des Modells. Trotzdem ist das CAPM das derzeit am weitesten verbreitete kapitalmarkttheoretische Konzept zur Ableitung der Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber. Mit der Arbitrage Pricing Theory (APT) liegt ein weiteres kapitalmarkttheoretisches Modell zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten vor. Dieses von Ross entwickelte Modell basiert auf drei zentralen Annahmen:336 ƒ Es wird ein Faktormodell unterstellt, d.h. die Wertpapierrenditen lassen sich durch ein lineares Mehrfaktorenmodell beschreiben. Das Faktormodell dient zur Identifikation aller Faktoren, welche die Rendite eines Wertpapiers bestimmen.337 Formal kann der Zusammenhang wie folgt beschrieben werden:338 ri

E (ri )  bi1 ˜ F1  bi 2 ˜ F2  ...  biK ˜ FK  İi

mit: ri E(ri) bik Fk Hi K

= = = = = =

Rendite des Wertpapiers i erwartete Rendite des Wertpapiers i Sensitivität des Wertpapiers i gegenüber Faktor k unerwartete Komponente der Ausprägung des Faktors k mit E(Fk)=0 wertpapierspezifische, zufällige Störgröße mit E(Hi)=0 Anzahl der Faktoren

Die Wertpapierrenditen werden von K globalen, gesamtmarktbezogenen Faktoren F und einem Störterm H beschrieben. Abweichungen der tatsächlichen von der ex-ante erwarteten Rendite sind auf diese Komponenten zurückzuführen. Die erwarteten Faktorausprägungen werden auf den Wert Null standardisiert, so dass ein Fk ungleich Null die unerwartete Komponente des realisierten Faktorwertes darstellt. Da von einem informationseffizienten Kapitalmarkt ausgegangen wird, können nur unerwartete Änderungen der Faktoren Renditeschwankungen hervorrufen.339 ƒ Die zweite Prämisse unterstellt, dass eine genügend große Anzahl von Wertpapieren zu einem Portfolio zusammengefügt wird, so dass das unsystematische Risiko, ausgedrückt über den Störterm H, vollständig wegdiversifiziert 336

vgl. Ross, 1976 vgl. Hachmeister, 1995, S.169 338 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.284 339 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.284 337

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

139

werden kann. Vergleichbar dem CAPM wird bei der APT damit nur das systematische Risiko (Marktrisiko) vergütet.340 ƒ Schließlich geht das Modell von Arbitragefreiheit aus. Dies bedeutet, dass durch Wertpapiertransaktionen, die keinen Kapitaleinsatz erfordern und durch die der Investor weder ein systematisches noch ein unsystematisches Risiko eingeht, keine positive Rendite erzielt werden kann.341

Auf der Grundlage dieser drei zentralen Annahmen lässt sich die Renditegleichung des APT herleiten:342 E (ri )

rf  (E (F1)  rf ) ˜ b1  (E (F2 )  rf ) ˜ b 2  ...  (E (FK )  rf ) ˜ b K

Diese Renditegleichung weist eine große Ähnlichkeit zur CAPM-Renditegleichung auf. Im Gegensatz zum CAPM berücksichtigt die APT nicht nur eine, sondern mehrere Maße für das systematische Risiko.343 Der große Vorteil der APT ist, dass dieses Modell im Vergleich zum CAPM auf weit weniger restriktiven Modellannahmen beruht.344 Darüber hinaus wird die globale Risikoprämie des CAPM aufgebrochen und die Risikozusammenhänge verschiedener Branchen werden ersichtlich.345 Problematisch an der APT ist, dass dieses Modell keinen Hinweis gibt, welche Faktoren zur Beschreibung des systematischen Risikos gewählt werden sollten.346 Empirische Untersuchungen zeigen, dass insbesondere der Index der industriellen Produktion, der kurzfristige Realzins, die Inflation sowie das Ausfallrisiko (gemessen als Differenz zwischen den Renditen langfristiger Industrieobligationen mit einem Aaa- und einem BaaRating) mögliche Faktoren des APT darstellen können.347 Ein neuer kapitalmarkttheoretischer Ansatz ist die Coherent Market Hypothesis (CMH). Die CMH ist ein nichtlineares, dynamisches Modell, welches einen unvollkommenen Kapitalmarkt unterstellt.348 Beobachtungen haben gezeigt, dass bestimmte Anomalien am Kapitalmarkt nicht unter der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes, wie er etwa vom CAPM oder APT unterstellt wird, erklärt werden können. Beispiele solcher Anomalien

340

vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.350 vgl. Perrdion/Steiner, 2003, S.285 342 vgl. hierzu Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.348ff 343 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.277 344 vgl. Bruns/Meyer-Bullerdiek, 2003, S.84; Perridon/Steiner, 2003, S.285 345 vgl. Günther, 1997, S.170f 346 vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.358 347 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.277 348 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.100 341

140

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

sind etwa der Kleinfirmeneffekt, der Januareffekt oder der Wochenendeffekt.349 Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass der von klassischen Ansätzen unterstellte lineare Zusammenhang zwischen Einflussfaktoren und Renditeerwartung häufig nicht existiert. So lässt sich beispielsweise das irrationale Verhalten der Anleger während eines Börsencrashs nicht mithilfe linearer Funktionen beschreiben.350 Die CMH versucht, diese Abweichungen von rationalem Verhalten und das Einsetzen eines kollektiven Gruppen(fehl)verhaltens in die zukünftige Renditeerwartung zu integrieren.351 Damit bestimmen zwei Parameter die zukünftige Renditeverteilung: das Gruppenverhalten der Marktteilnehmer und die fundamentale Marktsituation. Eine Operationalisierung der CMH lässt sich mithilfe neuronaler Netze erreichen.352 Die bisher entwickelten Ansätze zur CMH weisen eine hohe Komplexität auf. Durch die Integration von sozialen Verhaltensmustern stellen diese Ansätze eine wesentliche Weiterentwicklung der bisher existierenden Kapitalmarktmodelle dar. Eine empirische Überprüfung der Ansätze liegt bisher noch nicht vor. Mit dem Capital Asset Pricing Model, der Arbitrage Pricing Theory sowie der Coherent Market Hypothesis wurden in diesem Abschnitt drei kapitalmarkttheoretische Ansätze zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten vorgestellt. Da hinter den verschiedenen Ansätzen jeweils ein komplexes Modell steht, kann nicht ohne weiteres beurteilt werden, inwiefern diese Ansätze zur Ableitung geschäftsbereichsspezifischer Eigenkapitalkostensätze geeignet sind. Im zweiten Teil der Arbeit wird, stellvertretend für die kapitalmarkttheoretischen Ansätze, das Capital Asset Pricing Model diesbezüglich intensiv analysiert.353 Die Kenntnis geschäftsbereichsspezifischer Eigenkapitalkosten ist vor dem Hintergrund einer wertorientierten Geschäftsbereichsbeurteilung insbesondere deshalb von Interesse, da diese zur Diskontierung von Cashflows im Rahmen von Barwertkonzepten herangezogen werden.354 Im Kapitel C des ersten Teils der Arbeit wurden unterschiedliche Konzepte zur integrierten Rendite-/Risikoerfassung diskutiert. Eine Geschäftsbereichsbeurteilung auf der Grundlage der entscheidungsorientierten Konzepte (RisikoErwartungswertprinzip, Bernoulli-Prinzip) ist grundsätzlich problematisch, da für diese Ansätze die individuelle Risikopräferenzfunktion bzw. Risikonutzenfunktion des Entscheidungsträgers benötigt wird. Mit der Verknüpfung einer Ertrags349

vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.287 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.100 351 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.101 352 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.287 353 vgl. 2. Teil:B 354 vgl. 2. Teil:A.I.2 350

1. Teil: Rendite und Risiko als zentrale Determinanten einer Geschäftsbereichssteuerung

141

kennzahl und dem VaR ermöglichen die risikoadjustierten PerformanceKennziffern einen guten Einblick in die Rendite-Risiko-Struktur eines Geschäftsbereichs. Problematisch an den risikoadjustierten Performance-Kennziffern ist die Übertragung auf Barwertgrößen. Im zweiten Teil der Arbeit werden nun die wertorientierten Kennzahlenkonzepte betrachtet, die sich auf die kapitalmarkttheoretischen Eigenkapitalkostenkonzepte stützen.

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

143

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen In den letzten Jahren hat sich unter dem Begriff der wertorientierten Kennzahlenkonzepte eine Reihe von Unternehmensführungssystemen entwickelt, deren Autoren den Anspruch erheben, Rendite und Risiko in ihren Bewertungsansätzen angemessen zu berücksichtigen. Im Folgenden soll untersucht werden, inwiefern diese Konzepte dazu geeignet sind, den im ersten Teil der Arbeit aufgestellten Anforderungskatalog an eine Geschäftsbereichsbeurteilung zu erfüllen.

A. DARSTELLUNG UND VERGLEICH ZENTRALER WERTORIENTIERTER KENNZAHLENKONZEPTE I.

Grundlagen wertorientierter Unternehmensführungskonzeptionen

1.

Entwicklung wertorientierter Unternehmensführungskonzeptionen

Wichtigstes gemeinsames Merkmal der wertorientierten UnternehmensführungsKonzeptionen ist die Zielsetzung der nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswertes für die Anteilseigner. Damit liegt den Konzeptionen eine klar definierte Zielsetzung zugrunde, auf deren Vorteile bereits intensiv im ersten Teil der Arbeit eingegangen wurde.355 Wird die Unternehmenssteuerung auf die Steigerung des Unternehmenswertes ausgerichtet, dann hat dies auch entsprechende Auswirkungen für die organisatorischen Teileinheiten eines Unternehmens: Auch

355

vgl. 1. Teil:A.II.1

144

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

die Geschäftsbereiche sind konsequent wertorientiert zu beurteilen und zu steuern.356 Der Ausgangspunkt der zahlreichen wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen lässt sich maßgeblich auf eine Veröffentlichung von Rappaport zum Shareholder Value aus dem Jahr 1986 zurückführen.357 Die Ideen Rappaports hatte große Auswirkungen auf Wissenschaft und Praxis: Insbesondere Beratungsgesellschaften ließen sich nachhaltig in ihrer strategischen Ausrichtung beeinflussen.358 Rappaport kritisiert in seiner Veröffentlichung die bis zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich verwendeten traditionellen Perioden-Erfolgskennzahlen des Rechnungswesens zur Unternehmenssteuerung und fordert eine konsequente Ausrichtung der Investitionsstrategien, Erfolgsmessung und Entlohnungssysteme von Aktiengesellschaften an den Interessen der Anteilseigner. Die von Rappaport verwendeten theoretischen Grundlagen waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seines Buches schon seit Jahrzehnten bekannt, Rappaport ist es jedoch gelungen, die Erkenntnisse aufzunehmen, zu bündeln und in verständlicher Weise zu präsentieren. So sind die Adressaten seines Buches Manager, Unternehmensberater und Wertpapieranalysten. Rappaport wird in der Literatur oftmals die Rolle des Pioniers der wertorientierten Unternehmensführung zugewiesen.359 Basierend auf den Veröffentlichungen Rappaports haben sich eine ganze Reihe weiterer wertorientierter Unternehmensführungskonzepte entwickelt. Große Verbreitung genießt das Economic Value Added (EVA)-Konzept der Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart & Co.360 Ziel dieses zu Beginn der 1990er Jahren entwickelten Konzeptes war die Operationalisierung der Unternehmenswertsteigerung für die Eigenkapitalgeber durch eine periodische Kennzahl.361 Auch viele deutsche Unternehmen setzen das EVA-Konzept gegenwärtig in der Unternehmenspraxis um, wie beispielsweise die Deutsche Telekom, Metro oder Siemens.362 Neben dem Economic Value Added hat sich insbesondere der Cash Value Added (CVA) als wertorientierte Unternehmensführungskonzeption etabliert.363 Das CVA-Konzept wurde von der Unternehmensberatung HOLT Anfang der 1980er 356

vgl. Schulz, 2002, S.17f vgl. Rappaport, 1986 vgl. Drukarczyk, 1997, S.217 359 vgl. Drukarczyk, 1997, S.217 360 vgl. Stewart, 1991 361 vgl. Weber/Bramsmann/Heineke/Hirsch, 2004, S.55 362 vgl. Zirkler, 2002, S.98; Coenenberg/Salfeld, 2003, S.267 363 vgl. Lewis, 1994; Stelter, 1999 357 358

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

145

Jahre konzipiert und dann von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group übernommen bzw. weiterentwickelt.364 Im Zentrum dieses Konzeptes steht der Versuch, die periodische Veränderung des Unternehmenswertes auf einer Cashflow-Basis zu bestimmen.365 Das CVA-Konzept wird beispielsweise von Lufthansa und Bayer eingesetzt.366 Bis zum heutigen Tag hat sich eine kaum noch zu überschauende Anzahl unterschiedlicher wertorientierter Unternehmensführungskonzepte und Kennzahlen entwickelt.367 Dass die Entwicklung im Rahmen dieser Kennzahlen noch nicht abgeschlossen ist, zeigen neuere Ansätze wie beispielsweise die Earning less Riskfree Interest Charge (ERIC) von Velthuis aus dem Jahr 2004. Auch für die Zukunft muss davon ausgegangen werden, dass neue bzw. modifizierte Verfahren entstehen. Die theoretische Basis vieler wertorientierter Ansätze stellt das Discounted Cashflow Verfahren dar, welches im folgenden Kapital vorgestellt wird.

2.

Das Discounted Cashflow Verfahren als grundlegende Konzeption der wertorientierten Kennzahlen

Die bisher entwickelten wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen beruhen im Kern auf einer konsequenten Übertragung investitionstheoretischer Erkenntnisse auf die Unternehmensführung.368 Strategien, Projekte, Geschäftsbereiche sowie das Gesamtunternehmen werden danach bewertet, ob sie zu einer Wertsteigerung für die Anteilseigner beitragen.369 Dazu stützen sich die wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen auf Barwertkalküle, d.h. es werden zukünftige Erfolgsgrößen prognostiziert und mittels eines Kalkulationszinssatzes auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert. Die meisten wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen legen das Discounted Cashflow Verfahren (DCF-Verfahren) der Wertbestimmung zugrunde. Insbesondere durch die Ausführungen Rappaports zum Shareholder-Value hat das DCF-Verfahren als ökonomisch fundiertes Bewertungsmodell große Verbreitung in der Praxis gefunden.370 Bei den DCF-Verfahren werden zukünftige Cashflows mittels eines Kalkulationszinssatzes auf den gegenwärtigen Zeitpunkt diskontiert. Bei dem DCF364

vgl. Groll, 2003, S.71 vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.72 366 vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.118ff u. S.271ff 367 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.3 368 vgl. Günther/Beyer, 2001, S.1623 369 vgl. Obermaier, 2003, S.343 370 vgl. Coeneberg/Salfeld, 2003, S.72 365

146

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Verfahren handelt es sich folglich um einen Barwertansatz. Da als zentrale zu maximierende Zielgröße einer Geschäftsbereichsbeurteilung bereits eine Barwertgröße herausgestellt wurde,371 ist das DCF-Verfahren grundsätzlich zu begrüßen. In der Literatur werden üblicherweise die nachfolgenden DCF-Verfahren unterschieden, die unter bestimmten Voraussetzungen alle zum gleichen Resultat führen:372

DCF-Verfahren

Equity Ansatz (Netto Ansatz)

Entity-Ansatz (Brutto-Ansatz)

WACC Ansatz

Erfassung des „tax shield“ im Nenner

APV Ansatz

Erfassung des „tax shield“ im Zähler

Abbildung 41: alternative DCF-Verfahren

Wird lediglich der den Eigentümern zufließende Zahlungsstrom betrachtet, so handelt es sich um den Equity Ansatz. Beim Entity Ansatz hingegen wird der allen Kapitalgebern, also den Eigen- und Fremdkapitalgebern, zustehende Zahlungsstrom mit einem geeigneten Kalkulationszinssatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert. Der Entity Ansatz lässt sich des Weiteren in das Konzept des angepassten Barwertes (APV Ansatz) und das Konzept der gewichteten Kapitalkosten (WACC Ansatz) unterscheiden. Auf die einzelnen Verfahren und deren Unterschiede soll im Folgenden nicht näher eingegangen werden,373 vielmehr werden die Grundzüge des DCF-Verfahrens am Beispiel des WACC Ansatzes verdeut-

371

vgl. Abbildung 11 vgl. Küting/Weber, 2001, S.458; Ballwieser, 1998, S.81 373 eine ausführliche Diskussion der DCF-Ansätze: vgl. Schildbach, 2000; Ballwieser, 1998; Breuer, 2001 372

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

147

licht. Die Ausführungen konzentrieren sich auf den WACC Ansatz, da dieser Variante in der Praxis die größte Bedeutung zukommt.374 Beim WACC Ansatz stellt der zu diskontierende Cashflow den Zahlungsüberschuss dar, der an die Eigen- und Fremdkapitalgeber ausgeschüttet werden kann.375 Damit handelt es sich um den Zahlungsüberschuss vor Abzug von Fremdkapitalzinsen, aber nach Investitionen und nach Steuern.376 Üblicherweise wird dieser Zahlungsüberschuss auch als „Free Cashflow“ (FCF) bezeichnet. Die zu diskontierende Größe muss grundsätzlich mit dem verwendeten Diskontierungszinssatz korrespondieren.377 Die Free Cashflows werden dementsprechend im WACC Ansatz mit dem gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz aus Eigen- und Fremdkapitalkosten diskontiert. Der Marktwert des Eigenkapitals ergibt sich damit zu: UW

EK

mit:

EK FCFt k t T FK

T

¦

FCFt

t 1 (1  k )

= = = = = =

t

 FK

Marktwert des Eigenkapitals Free Cashflow der Periode t gewogener durchschnittlicher Kapitalkostensatz Periodenindex Planungshorizont Marktwert des Fremdkapitals

Der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz (weighted average cost of capital) stellt sich wie folgt dar:378 k mit:

k EK ˜

EK FK  k FK ˜ (1  s) ˜ GK GK

kEK GK kFK s

= = = =

Kapitalkosten der Eigenkapitalgeber Marktwert des Gesamtkapitals Kapitalkosten der Fremdkapitalgeber Steuersatz für Ertragssteuern auf Unternehmensebene

Der Diskontierungszinssatz setzt sich aus den mit der Eigen- bzw. Fremdkapitalquote gewichteten Renditeforderungen der Eigen- bzw. Fremdkapitalgeber zusammen. Zu beachten ist hierbei, dass bei der Ermittlung des Free Cashflows in 374

vgl. Ballwieser, 1998, S.81 vgl. Schierenbeck, 2003a, S.409 vgl. Küting/Weber, 2001, S.448; Ballwieser, 1998, S.84 377 vgl. Borowicz, 2005, S.369 378 vgl. Ballwieser, 1998, S.84 375 376

148

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

der Regel von einer vollständigen Eigenfinanzierung ausgegangen wird. Dies hat zur Konsequenz, dass der FCF um eine zu hohe Steuerzahlung vermindert wird, da die Fremdkapitalzinsen steuerlich abzugsfähig sind. Zur Berücksichtigung dieses steuerlichen Effekts wird beim WACC-Ansatz ein steuermodifizierter Kapitalkostensatz unterstellt: Durch die Multiplikation des Fremdkapitalkostensatzes mit dem Term (1-s) wird die steuerliche Abzugsfähigkeit des Fremdkapitals berücksichtigt. Die Renditeforderungen der Fremdkapitalgeber leiten sich grundsätzlich aus den vereinbarten durchschnittlichen Zinsen ab.379 Schwieriger als die Bestimmung der Fremdkapitalzinsen ist die Bestimmung der Kosten für das Überlassen von Eigenkapital. Im Gegensatz zu den Fremdkapitalgebern gibt es mit den Eigenkapitalgebern keine vertragliche Vereinbarung über die Verzinsung des überlassenen Kapitals.380 Trotzdem muss die Rendite hoch genug sein, um die Eigenkapitalgeber zufrieden zustellen.381 Die DCF-Verfahren stützen sich zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten üblicherweise auf kapitalmarkttheoretische Ansätze, wobei das Capital Asset Pricing Model eine dominierende Rolle einnimmt.382 Bei der Anwendung des DCF-Verfahren tritt eine weitere Problematik auf. Wie obenstehende Formel verdeutlicht, wird auf der einen Seite zur Bestimmung des WACC der Marktwert des Eigenkapitals benötigt. Auf der anderen Seite erfordert die Berechnung des Marktwertes des Eigenkapitals wiederum die Kenntnis des WACC. Folglich entsteht bei der Anwendung des DCF-Verfahrens ein Zirkularitätsproblem.383 Allerdings liegen einige Ansätze vor, mit denen sich diese Problematik lösen lässt, wie etwa die Vorgabe einer Zielkapitalstruktur oder die Durchführung einer mathematischen Iteration.384 Eine auf den Cashflows basierende wertorientierte Unternehmensführungskonzeption wird auch als zahlungsorientierter Ansatz bezeichnet. Demgegenüber existieren ebenfalls wertorientierte Ansätze, welche anstatt zukünftiger Zahlungsgrößen zukünftige Gewinngrößen der Beurteilung zugrunde legen. Eine auf Gewinngrößen basierende wertorientierte Kennzahlenkonzeption wird als ergebnisorientierter Ansatz bezeichnet. Unter folgenden Bedingungen führt ein ergebnis-

379

vgl. Ballwieser, 1998, S.86 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.49 381 vgl. Rappaport, 1995, S.60 382 vgl. 2. Teil:B 383 vgl. Nippel, 1999, S.333 384 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.252f 380

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

149

orientierter Ansatz zu identischen Barwerten wie ein zahlungsorientierter Ansatz:385 ƒ Das investierte Kapital ist kalkulatorisch zu verzinsen, wobei der Zinssatz dem Kapitalkostensatz entspricht. Die Subtraktion der kalkulatorischen Zinsen transformiert die Periodenkenngrößen in Residualgewinne. ƒ Bei der Berechnung der Periodenergebnisse und der Kapitalkosten ist das Kongruenzprinzip einzuhalten, d.h. jede Veränderung des Eigenkapitals ist in der Erfolgsrechnung als Gewinn oder Verlust zu erfassen.

Der entsprechende Beweis zur Identität von zahlungsorientiertem und ergebnisorientiertem Ansatz wird in der deutschsprachigen Literatur als so genanntes Lücke Theorem bezeichnet.386

3.

Bestimmung periodischer Wertbeiträge

Im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung sind die Barwertansätze von zentraler Bedeutung, da nur sie bei der Beurteilung des Untersuchungsobjekts die gesamte Laufzeit berücksichtigen. Gleichzeitig werden die Barwertansätze von den verschiedenen Unternehmensführungskonzeptionen um die Betrachtung einer Einzelperiode ergänzt. Damit soll die in einer Abrechnungsperiode erzielte Wertsteigerung erfasst werden können.387 Die periodischen Wertbeiträge spielen beispielsweise vor dem Hintergrund der Performancevorgabe und messung und einer darauf basierenden wertorientierten Vergütung eine wichtige Rolle. Eine Ermittlung des periodischen Wertbeitrages erfordert die Festlegung der nachfolgenden Basis-Elemente: 388 ƒ Grundsätzlich muss eine Größe zur Erfolgsmessung definiert werden. Wie in vorangehendem Kapitel angedeutet, wird hierbei grundsätzlich zwischen den ergebnisorientierten Ansätzen (Gewinnkenngröße) und den zahlungsorientierten Ansätzen (Cashflowgröße) unterschieden. ƒ Besondere Bedeutung kommt bei den wertorientierten Kennzahlen den Kapitalkosten zu. Um diese bestimmen zu können, müssen Informationen über die Höhe und Struktur des in einer Periode eingesetzten Kapitals vorliegen. ƒ Darüber hinaus gilt es, die Verzinsungsansprüche der Kapitalgeber festzulegen. Auf die besondere Problematik bei der Festlegung der Eigenkapitalkosten wurde bereits hingewiesen. 385

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.81; Crasselt, 2001, S.166 vgl. Lücke, 1955 387 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.16 388 vgl. Groll, 2003, S.1 386

150

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Die meisten wertorientierten Unternehmensführungskonzepte definieren mit der Bruttorendite eine periodische Rentabilitätskennziffer. Die Bruttorendite setzt die Erfolgsgröße in Relation zum Kapitaleinsatz und stellt damit die relative Verzinsung des eingesetzten Kapitals einer Periode dar: Bruttorendite

Cashflow  bzw. Ergebnisgröße Kapitaleinsatz

Nach den wertorientierten Ansätzen ist ein Unternehmen nur dann wertschaffend, wenn es in einer Periode gelingt, zumindest die Kapitalkosten zu verdienen. Mithilfe der Nettorendite kann die Bruttorendite mit dem Kapitalkostensatz verglichen werden: Nettorendite

Bruttorendite  Kapitalkostensatz

Eine positive Nettorendite signalisiert damit einen (relativen) Wertzuwachs, eine negative Nettorendite eine (relative) Wertvernichtung. Gilt es hingegen, den absolut geschaffenen Wertbeitrag einer Periode zu bestimmen, so wird der Übergewinn berechnet. Der Übergewinn ergibt sich durch Multiplikation der Nettorendite mit dem Kapitaleinsatz der Betrachtungsperiode: Übergewinn

Nettorendite ˜ Kapitaleinsatz

Der Vergleich zweier Geschäftsbereiche auf der Basis des Übergewinns ist bei unterschiedlich hohem Kapitaleinsatz nicht sinnvoll, da bei höherem Kapitaleinsatz grundsätzlich auch ein höherer Übergewinn zu erwarten ist. In diesem Fall ist folglich die Nettorendite als relative Erfolgsgröße heranzuziehen. Nachfolgend sind die Bruttorenditen und das investierte Kapital für drei Geschäftsbereiche (A, B und C) eines Unternehmens dargestellt (Abbildung 42):

151

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Bruttorendite r rA

rC Kapitalkostensatz rB

Wertschaffung Wertschaffung

A

Wertvernichtung

C B

Investiertes Kapital

Abbildung 42: Wertschaffung und -vernichtung von Geschäftsbereichen am Beispielfall389

Geschäftsbereich A besitzt die höchste Bruttorendite aller Geschäftsbereiche, die deutlich über dem Kapitalkostensatz liegt.390 Damit weist Geschäftsbereich A eine positive Nettorendite auf. Die Multiplikation der Nettorendite mit dem investierten Kapital entspricht dem Übergewinn und damit der Wertschaffung des Geschäftsbereichs in der betrachteten Periode. Graphisch lässt sich die Wertschaffung durch die schraffierte Fläche veranschaulichen. Geschäftsbereich C besitzt ebenfalls eine positive Nettorendite und sorgt damit für eine Wertgenerierung. Allerdings ist die Nettorendite im Vergleich zu Geschäftsbereich A deutlich geringer. Da jedoch mehr Kapital in Geschäftsbereich C investiert wird, generieren Geschäftsbereich A und Geschäftsbereich C in etwa den gleichen Wertbeitrag (etwa gleich große schraffierte Flächen). Geschäftsbereich A setzt das investierte Kapital jedoch effizienter ein, da mit einem geringe389 390

vgl. Lewis, 1994, S.200; Groll, 2003, S.3 in dem Beispiel wird vereinfachend von einem für alle Geschäftsbereiche gleich hohen Kapitalkostensatz ausgegangen.

152

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

ren Kapitaleinsatz der gleiche Wertbeitrag für das Unternehmen erzielt werden kann. Die Bruttorendite von Geschäftsbereich B liegt unterhalb des Kapitalkostensatzes, womit dieser Geschäftsbereich eine negative Nettorendite aufweist. Die Multiplikation der (negativen) Nettorendite mit dem investierten Kapital ergibt die durch Geschäftsbereich B hervorgerufene Wertvernichtung (schraffierte Fläche). Da die ermittelten Wertschaffungs- bzw. -vernichtungsbeiträge nur für eine Periode betrachtet werden, müssen daraus nicht zwangsweise Steuerungsmaßnahmen abgeleitet werden. Sollten sich die Relationen jedoch auf diesem Niveau stabilisieren, so gilt es, Strukturierungsmaßnahmen für Geschäftsbereich B zu ergreifen. Es könnte beispielsweise versucht werden, die Bruttorendite zu erhöhen. Bei konstantem Kapitaleinsatz müsste damit die Erfolgsgröße (je nach Konzept: Gewinn- oder Cashflowgröße) gesteigert werden. Alternativ könnten Maßnahmen geprüft werden, die eine Senkung der Kapitalkosten zur Folge haben. Durch risikoreduzierende Maßnahmen lassen sich unter Umständen die Verzinsungsansprüche der Anteilseigner vermindern, was einen niedrigeren Kapitalkostensatz zur Folge hat. Sollte auch durch Strukturierungsmaßnahmen keine Wertgenerierung möglich sein, so ist ebenfalls über eine Abstoßung des Geschäftsbereichs nachzudenken. Ebenso sollte überprüft werden, ob Geschäftsbereich A nicht ausgebaut werden kann, da bei diesem Geschäftsbereich die höchste Nettorendite erzielt wird. Wird zusätzliches Kapital in Geschäftsbereich A investiert, so ist sicherzustellen, dass sich dieses Kapital mit einer ähnlich hohen Nettorendite verzinsen lässt. Allgemein können nachfolgende Wertsteigerungsmaßnahmen abgeleitet werden:391 ƒ Die einzelnen Geschäftsbereiche sind systematisch danach zur untersuchen, ob eine Steigerung der Bruttorendite möglich ist. ƒ Eine Steigerung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs ergibt sich ebenfalls durch die Senkung des Kapitalkostensatzes. ƒ Die Unternehmensführung sollte grundsätzlich die Geschäftsbereiche ausbauen, die im Vergleich zu den Kapitalkosten eine höhere Verzinsung erwarten lassen. ƒ Umgekehrt ist eine Portfoliobereinigung durch Abbau von Geschäften vorzunehmen, deren Kapitalkosten oberhalb der Bruttorendite liegen.

391

vgl. Coenenberg/Salfeld, 2003, S.266f

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

153

Eine wertorientiert ausgerichtete Unternehmensführung sollte das Geschäftsbereichsportfolio permanent nach möglichen Wertsteigerungspotentialen durchleuchten. Idealerweise lassen sich gleichzeitig mehrere Wertsteigerungshebel ansetzen, d.h. es lässt sich beispielsweise die Bruttorendite erhöhen und gleichzeitig den Kapitalkostensatz reduzieren. Wie die einzelnen Basis-Elemente (Erfolgsgröße, investiertes Kapital, Kapitalkostensatz) zu bestimmen sind, wird von den verschiedenen wertorientierten Kennzahlenkonzepten unterschiedlich festgelegt. So definieren beispielsweise manche Konzepte die Erfolgsgröße als eine Gewinngröße, andere wiederum als eine Cashflowgröße. Im Folgenden werden drei wichtige Kennzahlenkonzepte vorgestellt.

II. Ausgewählte wertorientierte Kennzahlenkonzepte Die Darstellung wertorientierter Kennzahlenkonzepte muss sich aufgrund der großen Anzahl unterschiedlicher Ansätze in Theorie und Praxis auf wenige beschränken. Im Folgenden werden mit dem Economic Value Added sowie dem Cash Value Added Konzept die beiden am weitesten in der Praxis verbreiteten Konzepte vorgestellt.392 Mit dem Earning less riskfree Interest Charge Konzept wird darüber hinaus auf einen neueren, deutschen Ansatz zur wertorientierten Unternehmensführung eingegangen, der einige konzeptionelle Unterschiede zu den „traditionellen“ wertorientierten Kennzahlen-Konzepten aufweist. Die wertorientierten Konzepte sind auf der Ebene des Gesamtunternehmens entwickelt worden.393 Folglich werden die Konzepte zunächst auch auf Unternehmensebene vorgestellt und miteinander verglichen. Die Übertragung der Konzepte auf die Ebene der Geschäftsbereiche erfolgt anschließend.

1.

Economic Value Added (EVA)

Das Economic Value Added (EVA)-Konzept wurde von der Beratungsgesellschaft Stern Stewart & Co entwickelt und 1991 von Stewart in einer Veröffentlich ausführlich dargestellt.394 Kerngedanke des EVA-Konzeptes ist die Herleitung eines betrieblichen Übergewinns (Residualgewinn), der eine Aussage über den in

392

vgl. Kussmaul, 1999, S.382; Weber/Bramsemann/Heinecke/Hirsch, 2004, S.44 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.111 394 vgl. Stewart, 1991; Groll, 2003, S.55 393

154

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

der betrachteten Periode geschaffenen Wertbeitrag liefert. Die Bruttorendite des EVA-Konzepts, auch als Stewart’s R bezeichnet, ist wie folgt definiert:395 Stewart ' s R t

mit:

NOPATt NOA t

NOPATt = = NOAt

Net Operating Profit After Taxes der Periode t Net Operating Assets der Periode t

Der NOPAT stellt den korrigierten betrieblichen Gewinn vor Kapitalkosten und nach Ertragsteuern dar. Die NOA stehen für das betriebsnotwendige Kapital, also jene Vermögenspositionen der Bilanz, welche betriebsnotwendig sind und tatsächlich für die operativen Prozesse zur Verfügung stehen.396 Sowohl der NOPAT als auch der NOA leiten sich aus Größen des externen Rechnungswesens ab. Damit unterliegen die Kenngrößen genau der Kritik (Manipulierbarkeit, falscher Adressat, etc.), welche die Autoren der wertorientierten Unternehmensführungskonzepten zur Entwicklung neuer Kennzahlen motivierte. Vor diesem Hintergrund werden die Basis-Elemente des EVA-Konzepts einer Reihe von Modifikationen unterzogen, die sich auf folgende vier Kategorien zurückführen lassen: ƒ Mithilfe der Operating Conversions sollen Einflüsse aus dem nicht betrieblichen Bereich der Unternehmung entfernt werden.397 Hierzu werden das nicht betriebsnotwendige Vermögen (z.B. vermietete Immobilien) und die nicht betriebsnotwendigen Ergebnisbestandteile (z.B. außerordentliche Erträge) der Bilanz und der GuV ermittelt und aus dem NOPAT bzw. den NOA herausgerechnet.398 Gleichzeitig gilt es, betriebliche Größen, die buchhalterisch in dem Gewinn oder dem Kapital nicht erfasst werden, den EVA-Komponenten hinzuzurechnen. ƒ Die Funding Conversions haben den Zweck, für eine vollständige Erfassung der Finanzierungsmittel zu sorgen, d. h. es sind neben den offenen auch die versteckten Finanzierungsformen (insb. Miet- und Leasingaktivitäten) aufzudecken.399 Mithilfe der Funding Conversions soll sichergestellt werden, dass Unternehmen oder Geschäftsbereiche als gleich vorteilhaft beurteilt werden, unabhängig davon, ob sie bestimmte Vermögensgegenstände kaufen oder leasen bzw. mieten. Nur dann ist eine echte Vergleichbarkeit gewährleistet.400

395

vgl. Stewart, 1991, S.86 vgl. Hostettler, 1997, S.50f 397 vgl. Lorson, 1999, S.1334 398 vgl. Weber/Bramsemann/Heinecke/Hirsch, 2004, S.58 399 vgl. Nowak/Heuser, 2005, S.652f 400 vgl. Hostettler, 1997, S.100f 396

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

155

ƒ Die Shareholder Conversions haben die Aufgabe, Bewertungskorrekturen so vorzunehmen, dass sich die Daten der Sichtweise der Eigenkapitalgeber angleichen. Mithilfe so genannter Equity Equivalents werden Vermögensgegenstände erfasst, die im traditionellen Rechungswesen keine oder nur unzureichende Berücksichtigung finden. Zentrale Bedeutung im Rahmen der Equity Equivalents kommt den Aufwendungen mit Investitionscharakter zu (z.B. Aufwendungen für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder der Weiterbildung von Mitarbeitern).401 ƒ Die Tax Conversions stellen Korrekturen zum Zweck der Konsistenz des Steueraufwandes dar. Ertragssteuern sollen sich nur an den betrieblichen Erträgen und Aufwendungen ausrichten. Dazu sind die entsprechenden steuerlichen Auswirkungen der bisher vorgenommenen Korrekturen zu erfassen und von der tatsächlichen Steuerlast abzuziehen bzw. hinzuzuaddieren. Wird beispielsweise der Jahresüberschuss im Rahmen der Operating Conversions um Kapitalerträge aus nicht betriebsnotwendigen Wertpapieren gekürzt, so ist ebenfalls die Steuerlast um die auf diese Kapitalerträge zu zahlenden Steuer zu kürzen. Nur dann ist eine Konsistenz zwischen Steuerbelastung und Aufwand und Erträgen gewährleistet.402

Abbildung 43 enthält beispielhaft einige zentrale Abgrenzungspositionen, die zur Ableitung der Net Operating Assets (NOA) aus der Bilanzsumme vorzunehmen sind: Bilanzsumme

-

nicht betrieblich genutzte Aktiva

+ -

Wert betrieblich genutzter, nicht aktivierter Gegenstände (insb. Leasing- und Mietobjekte) nicht verzinsliche kurzfristige Verbindlichkeiten

+

Equity Equivalents

=

Net Operating Assets (NOA) Abbildung 43: Herleitung der NOA im EVA-Konzept403

Die NOA stellen im EVA-Konzept eine betriebsbezogene Vermögensgröße dar.404 Folglich gilt es, die betrieblich nicht genutzten Aktiva aus der Bilanz zu 401

vgl. Hostettler, 1997, S.103 u. 130f vgl. Weber/Bramsemann/Heinecke/Hirsch, 2004, S.59; Hostettler, 1997, S.102f 403 vgl. Götze/Glaser, 2001, S.31 402

156

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

entfernen (Operating Conversions). Darunter fallen insbesondere eigene Aktien, nicht betrieblich genutzte Grundstücke und Gebäude sowie Anlagen im Bau, da diese noch nicht zur Erwirtschaftung des betrieblichen Gewinns zu Verfügung stehen.405 Auf der anderen Seite sind die betrieblich genutzten, jedoch nicht aktivierten Objekte bei der Ermittlung der NOA hinzuzuaddieren. So tragen etwa die Miet- und Leasingobjekte zur Erwirtschaftung des betrieblichen Ergebnisses bei und müssen somit auch beim investierten Kapital berücksichtigt werden. Damit lässt sich dieser Korrekturposten sowohl den Operating als auch den Funding Conversions zuordnen. Bei den nicht verzinslichen kurzfristigen Verbindlichkeiten (z.B. Lieferantenkredite) wird unterstellt, dass die Finanzierungskosten bereits über erhöhte Einstandspreise erfasst wurden. So dürften beispielweise die Finanzierungskosten eines Lieferantenkredits bereits in erhöhten Preisen für Material, Reparaturen etc. enthalten sein. Damit wird jedoch die Gewinngröße, die eigentlich keine Finanzierungskosten enthalten sollte, zu niedrig ausgewiesen. Um diesen Effekt zu kompensieren, werden die nicht verzinslichen kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem investierten Kapital herausgerechnet.406 Der Abzug der nicht verzinslichen kurzfristigen Verbindlichkeiten ist folglich ebenfalls vor dem Hintergrund der Funding Conversions zu sehen. Mithilfe der Equity Equivalents werden Bewertungskorrekturen beim Vermögen so vorgenommen, dass sich die Daten der Sichtweise der Anteilseigner angleichen (Shareholder Conversions). Mithilfe der Equity Equivalents werden beispielsweise Bewertungskorrekturen am Sachanlagevermögen vorgenommen. Das Sachanlagevermögen aus der Bilanz basiert grundsätzlich auf historischen Anschaffungswerten, die nach einer bestimmten Methode (linear oder degressiv) abgeschrieben werden. Zum einen übt alleine die Wahl der Abschreibungsmethode einen großen Einfluss auf den Wert des Sachanlagevermögens aus. Zum anderen wird die zunehmende technische Komplexität der Wirtschaftsgüter sowie die Geldentwertung nicht erfasst. Die Bewertungsunterschiede zwischen den Buchwerten und den Marktwerten von Sachanlagevermögen lassen sich über die Equity Equivalents erfassen und in die Ermittlung der Vermögensgröße integrieren.407 Der Net Operating Profit after Taxes (NOPAT) lässt sich vereinfacht gemäß Abbildung 44 herleiten:

404

vgl. Götze/Glaser, 2001, S.33 vgl. Groll, 2003, S.57 406 vgl. Hostettler, 1997, S.127 407 vgl. Hostettler, 1997, S.130ff 405

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

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betriebliche Erträge -

betriebliche Aufwendungen

=

Betriebsergebnis laut GuV

+

Erträge aus Beteiligungen, die dem Betriebszweck dienen

+

Zinsanteile in Leasingraten und Mietzahlungen

+/-

Änderungen der Equity Equivalents

-

finanzwirksame Steuern

=

Net Operating Profit after Taxes (NOPAT) Abbildung 44: Herleitung des NOPAT im EVA-Konzept408

Der NOPAT stellt ein betriebliches Ergebnis vor Zinsen und nach Steuern dar, welches aus dem Betriebsergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung abgleitet wird. Die Erträge aus Beteiligungen werden in der Gewinn- und Verlustrechnung im Finanzergebnis erfasst und finden damit im Betriebsergebnis keine Berücksichtigung. Dienen die Beteiligungen jedoch dem Betriebszweck, so müssen sie konsequenter Weise zum NOPAT hinzugerechnet werden.409 Im Rahmen der Funding Conversions wird, wie bereits geschildert, die NOA um die Miet- und Leasingobjekte erhöht. Zur Sicherstellung der Konvergenz von Vermögens- und Erfolgsgröße müssen dann aber auch die Zinsanteile in Leasingraten und Mietzahlungen aus dem Betriebsergebnis wieder herausgerechnet werden. Die Änderungen der in den NOA erfassten Equity Equivalents sind als erfolgswirksame Vorgänge zu interpretieren und müssen dementsprechend auch beim NOPAT berücksichtigt werden. Findet beispielsweise gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung der Wertberichtigungen auf die Forderungen statt, so ist diese Änderung bei der Berechnung des NOPAT zu erfassen.410 Die finanzwirksamen Steuern stellen Ertragsteuern dar, die dem NOPAT angepasst werden. Konkret handelt es sich bei den finanzwirksamen Steuern um eine fiktive Steuerlast, die ein Unternehmen zu zahlen hätte, wenn es vollständig eigenfinanziert wäre und einen Gewinn in Höhe des NOPAT erzielen würde (Tax Conversions). Die aufgeführten Korrekturen an den bilanziellen Größen zur Ermittlung des NOPAT und des NOA stellen lediglich einen kleinen Ausschnitt möglicher Korrekturen dar. So wurden von der Beratungsgesellschaft Stern Stewart & Co über 408

vgl. Götze/Glaser, 2001, S.33 vgl. Götze/Glaser, 2001, S.33 410 vgl. Hostettler, 1997, S.152f; Götze/Glaser, 2001, S.33 409

158

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

120 Anpassungsmaßnahmen identifiziert.411 Einige Autoren sprechen gar von 164 Korrekturposten.412 In der praktischen Anwendung wird jedoch lediglich ein Teil der möglichen Korrekturen vorgenommen.413 Durch den damit verbundenen Freiheitsgrad bei der Wahl der Anpassungen besteht die Möglichkeit, die EVAKenngrößen an der individuellen Struktur des Unternehmens auszurichten. Gleichzeitig ist damit jedoch auch eine große Manipulationsmöglichkeit des Entscheidungsträgers durch die Auswahl der für ihn vorteilhaften Korrekturposten gegeben. Darüber hinaus ist die Vergleichbarkeit von Unternehmen auf der Basis von EVA-Kennzahlen stark eingeschränkt, da die einzelnen Unternehmen möglicherweise völlig unterschiedliche Korrekturen vornehmen. Ein Wert wird im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen in einer Periode genau dann geschaffen, wenn mindestens die Kapitalkosten der betrachteten Periode verdient werden. Die relative Wertgenerierung wird mithilfe der Nettorendite, auch als Value-Spread bezeichnet, erfasst: Value  Spread

Bruttorendite  Kapitalkostensatz Stewart ' s R  k

mit: k = Kapitalkostensatz Der Kapitalkostensatz k ergibt sich als durchschnittlich gewichteter Kapitalkostensatz aus Eigen- und Fremdkapitalkosten, wobei der Autor des EVA-Konzeptes die Verwendung des CAPM zur Ableitung der Eigenkapitalkosten vorschlägt.414 Zur Ermittlung des absoluten Übergewinns einer Periode, auch als Economic Value Added (EVA) bezeichnet, wird der Value-Spread mit dem investierten Kapital multipliziert: EVA t

§ NOPATt · ¨ ¸ ¨ NOA  k ¸ ˜ NOA t bzw. t © ¹

EVA t

NOPATt  NOA t ˜ k

Beim EVA handelt es sich um eine periodenbezogene (monetäre) Kennzahl, die den geschaffenen (absoluten) Wertbeitrag der Betrachtungsperiode repräsentiert. Mithilfe des EVA lässt sich ebenfalls eine Verknüpfung zur periodenübergreifenden Planung und Strategiebewertung herstellen. Dazu werden die zukünftigen, 411

vgl. Stern/Shiely/Ross, 2002, S.41 vgl. Hostettler, 2003, S.119 ein Praxisbeispiel zur Bestimmung von NOPAT und NOA: vgl. Langguth/Marks, 2003, S.618ff; Langguth/Chahed, 2004, S.403ff 414 vgl. Groll, 2003, S.62 412 413

159

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

prognostizierten EVA’s mit dem gewichteten Kapitalkostensatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert. Den Barwert der zukünftigen EVA’s bezeichnet man als Market Value Added (MVA). Der Kalkulationszinssatz erfüllt damit im EVA-Konzept zwei Funktionen: Zum einen stellt er die Mindestrendite zur Wertschaffung dar, zum anderen dient er als Diskontierungszinssatz prognostizierter EVA’s.415 Im Gegensatz zum EVA als stichtagsbezogene Kenngröße, handelt es sich beim MVA um eine zeitraumbezogene Kenngröße. Der MVA repräsentiert den über das investierte Kapital hinausgehenden Wert des Eigen- und Fremdkapitals, der dem Unternehmen am Kapitalmarkt beigemessen wird:416 MVA

f

¦

EVA t

t 1 (1  k )

t

Der Marktwert des Eigenkapitals berechnet sich nach dem EVA-Konzept, indem zum MVA das zum Zeitpunkt t=0 investierte Kapital (NOA0) addiert und der Marktwert des Fremdkapitals FK subtrahiert wird: EK

NOA 0  MVA  FK

Abbildung 45 verdeutlicht die Ermittlung des Shareholder Value im EVAKonzept.

Diskontierung mit dem Kapitalkostensatz Marktwert des EK

MVA EVA t=1

Marktwert des FK

EVA t=2

EVA t=3

...

NOA 0

Abbildung 45: Ermittlung des Unternehmenswertes im EVA-Konzept417 415

vgl. Hostettler, 1997, S.155 vgl. Gladen, 2001, S.136 417 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.82 416

160

2.

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Cash Value Added (CVA)

Im Cash Value Added (CVA)-Konzept wird vergleichbar dem EVA-Konzept eine periodische Kennzahl zur Messung des Übergewinns einer Periode abgeleitet. Im Gegensatz zum EVA-Konzept basiert das CVA-Konzept jedoch auf Cashflow-Größen.418 Auch im CVA-Konzept wird mit dem Cashflow Return on Investment (CFROI) eine Bruttorendite definiert. Grundsätzlich existieren zwei Ansätze zur Ermittlung des CFROI: Die ursprüngliche Variante beruht auf der Internen Zinsfußmethode. Da dieses Verfahren insbesondere bei den Kunden der BCG nur schwer durchzusetzen war, wurde ein zweiter, leichter vermittelbarer Ansatz zur CFROI Bestimmung entwickelt.419 Die weiteren Ausführungen stützen sich auf diesen neueren Ansatz zur Bestimmung des CFROI. Der CFROI wird bestimmt, in dem die Differenz aus dem Brutto Cashflow und der ökonomischen Abschreibung in das Verhältnis zur Bruttoinvestitionsbasis gesetzt wird: CFROI t

mit:

BCFt  öA t BI t

BCFt öAt NCFt BIt

= = = =

NCFt BI t

Brutto Cashflow der Periode t ökonomische Abschreibung der Periode t Nachhaltiger Brutto Cashflow der Periode t Brutto-Investitionsbasis der Periode t

Die Brutto-Investitionsbasis (BI) umfasst das gesamte zu Beginn der Periode im Unternehmen investierte Kapital abzüglich der nicht zinstragenden Verbindlichkeiten. Die Brutto-Investitionsbasis beinhaltet grundsätzlich alle Vermögensgegenstände, bewertet zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die zur Erwirtschaftung des ausgewiesenen Brutto Cashflows bereitgehalten oder genutzt werden.420 Abbildung 46 zeigt schematisch die Ermittlung der Bruttoinvestitionsbasis.

418

vgl. Coenenberg/Salfeld, 2003, S.268 vgl. Groll, 2003, S.88 420 vgl. Männel, 2001, S.42 419

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

161

Buchmäßige Aktiva -

nichtverzinsliche Schulden

+ kumulierte Abschreibungen +

Inflationsanpassungen des abnutzbaren Sachanlagevermögen zum heutigen Geldwert

+ selbsterstellte immaterielle Werte + kapitalisierte Miet- und Leasingaufwendungen = Inflationsbereinigte Bruttoinvestitionsbasis Abbildung 46: Ermittlung der Bruttoinvestitionsbasis im CVA-Modell421

Von den buchmäßigen Aktiva sind die nicht verzinslichen Verbindlichkeiten (erhaltene Anzahlungen, Verbindlichkeiten aus LuL, kurzfristige Rückstellungen und passive Rechnungsabgrenzungsposten) abzuziehen.422 Nach der Konzeption des CFROI soll die Rentabilität des zinspflichtigen betriebsnotwendigen Kapitals bestimmt werden. Folglich muss die Investitionsbasis um das zinslos verfügbare Abzugskapital vermindert werden.423 Da die Kapitalbasis zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu bewerten ist, sind die kumulierten Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen der Bruttoinvestitionsbasis hinzuzufügen.424 Darüber hinaus sind die historischen Wertansätze an das aktuelle Preisniveau anzugleichen. Für das Sachanlagevermögen wird dazu eine Inflationsanpassung vorgenommen. Es geht bei dieser Inflationsanpassung nicht darum, Wiederbeschaffungspreise für die Gegenstände zu ermitteln, vielmehr soll eine Erhaltung des Geldwertes des von den Investoren eingesetzten Kapitals sichergestellt werden.425 Neben immateriellen Vermögensgegenständen (z.B. Patente) sind insbesondere die kapitalisierten Miet- und Leasingaktivitäten in der Investitionsbasis zu erfassen. Da gemietete bzw. geleaste Güter zur Erzielung der Erfolgsgröße eingesetzt werden, müssen diese bei der Ermittlung geschäftsspezifischer Rentabilitäten Berücksichtigung finden. Damit lassen sich versteckte Fremdfinanzierungen neutralisieren und eine Vergleichbarkeit von Unternehmen bzw. Geschäftsberei-

421

vgl. Lewis, 1994, S.41; Groll, 2003, S.75 vgl. Groll, 2003, S.75 vgl. Männel, 2001, S.43 424 vgl. Weber/Bramsemann/Heinecke/Hirsch, 2004, S.83 425 vgl. Groll, 2003, S.77 422 423

162

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

chen mit unterschiedlichen Finanzierungsaktivitäten erzielen.426 Während die Investitionsbasis um kapitalisierte Miet- und Leasingaktivitäten erweitert wird, muss im Gegenzug der Brutto Cashflow von den Miet- und Leasingaufwendungen befreit werden. Der Brutto Cashflow (BCF) repräsentiert den Zahlungsmittelzufluss aus der Geschäftstätigkeit vor Investitionen in Anlagevermögen und Working Capital.427 Üblicherweise erfolgt die Ermittlung des BCF indirekt aus einer Gewinngröße, die um außerordentliche, aperiodische, bewertungs- und finanzierungsbedingte Einflüsse bereinigt wird. Abbildung 47 zeigt einige zentrale Abgrenzungspositionen bei der Ableitung des Brutto Cashflow von der Gewinngröße. Operativer Gewinn nach Steuern +

Abschreibungen

+

Zinsaufwand

+

Miet- und Leasingaufwendungen

+

Aufwand für selbst erstellte immaterielle Werte

+

FiFo und LiFo-Apassung

=

Brutto Cashflow Abbildung 47: Ermittlung des Brutto Cashflow im CVA-Modell428

Als Gewinngröße wird häufig das Ergebnis nach DVFA/SG vorgeschlagen. Hierbei handelt es sich um eine Gewinngröße, die von der Kommission für Methodik und Finanzanalyse der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e.V. (DVFA) und dem Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft (SG) entwickelt wurde. Das Ergebnis nach DVFA/SG stellt eine Gewinngröße dar, die um außerordentliche und aperiodische Aufwendungen und Erträge bereinigt wird.429 Abschreibungen stellen Aufwendungen dar, denen keine Auszahlungen gegenüberstehen. Da es sich bei dem BCF um eine zahlungsorientierte Größe handelt, müssen die Abschreibungen, die als Abzugsgröße in die Gewinnermittlung eingehen, wieder hinzuaddiert werden. Ein weiterer wichtiger Korrekturposten ist 426

vgl. Lewis, 1994, S.60f vgl. Lewis, 1994, S.248; Lehmann, 1994, S.115ff 428 vgl. Lewis, 1994, S.41; Groll, 2003, S.78 429 vgl. Lehmann, 1994, S.129ff, 427

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

163

der Zinsaufwand. Da der CFROI die Rentabilität des Gesamtkapitals repräsentiert, ist der Zinsaufwand bei der Ermittlung des BCF wieder hinzuzurechnen.430 Neben den Abschreibungen und den Zinsaufwendungen lassen sich eine Reihe weiterer Modifikationen aufführen, zu denen beispielsweise Miet- und Leasingaufwendungen gehören. Da gemietete bzw. geleaste Objekte für die Betreibung des Geschäfts erforderlich sind, werden diese wie gekaufte Objekte behandelt, d.h. dem investierten Kapital hinzugefügt. Um eine Konsistenz zwischen investiertem Kapital und Erfolgsgröße sicherzustellen, sind die Miet- und Leasingaufwendungen dem BCF hinzuzurechnen.431 Aus ähnlichen Überlegungen wird der Brutto-Cashflow ebenfalls um die Aufwendungen für immaterielle Werte ergänzt.432 Auch hier werden Aufwendungen mit Investitionscharakter aktiviert und dem investierten Kapital hinzugefügt. Eine entsprechende Korrektur muss dann bei der Erfolgsgröße vorgenommen werden. Unternehmen aus Ländern mit einer hohen Inflationsrate wird angeraten, eine Bewertung der Materialverbräuche und Materialbestände nach dem FiFo (first in first out)- bzw. dem LiFo (last in first out)-Verfahren in geeigneter Weise zu korrigieren. Ansonsten kommt es bei Anwendung des FiFo-Verfahren zu einer Unterschätzung des Wareneinsatzes, bei LiFo-Verfahren zu einer Unterschätzung des Lagerwertes.433 Die dritte Einflussgröße des CFROI ist die ökonomische Abschreibung. Diese steht für den konstanten Betrag, der jährlich verzinslich in einen Fonds gelegt werden muss, um das abschreibbare Anlagevermögen über die Nutzungsdauer zurückzuverdienen. Unter dem abschreibbaren Anlagevermögen wird der Teil der Bruttoinvestitionsbasis verstanden, der über den Zeitverlauf einen wertmäßigen Verlust erleidet und am Ende der Nutzungsdauer einen Wert von Null aufweist.434 Der ökonomischen Abschreibung liegt die Prämisse zu Grunde, dass sich die in den rentierlichen Ansparfonds eingezahlten Cashflows zum Kapitalkostensatz verzinsen lassen.435 Die ökonomische Abschreibung ergibt sich durch Multiplikation der ökonomischen Abschreibung mit dem aus der Finanzmathematik bekannten Tilgungsfaktor:

430

vgl. Lewis, 1994, S.42 vgl. Weber/Bramsemann/Heinecke/Hirsch, 2004, S.81 432 vgl. Groll, 2003, S.79 433 vgl. Lewis, 1994, S.42 434 vgl. Groll, 2003, S.74ff 435 vgl. Coenenberg/Salfeld, 2003, S.268 431

164

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

öA t

Abschreibbare Aktiva t ˜

k (1  k )T  1

Tilgungsfaktor mit: T = durchschnittliche Nutzungsdauer der im Unternehmen gebundenen Aktiva Die Differenz von Brutto-Cashflow und ökonomischer Abschreibung stellt den nachhaltigen Cashflow (NCF) im CVA-Konzept dar, wobei der Begriff „nachhaltig“ nicht näher erläutert wird.436 Erst der Vergleich des CFROI mit dem Kapitalkostensatz ermöglicht einen Einblick über den in der Betrachtungsperiode geschaffenen Wertbeitrag. Der Value-Spread als relatives Maß der Wertsteigerung ergibt sich zu: Value  Spread t

BCFt  öA t k BI t

NCFt k BI t

CFROI t  k

Zur Ableitung des Kapitalkostensatzes existieren beim CVA-Konzept zwei unterschiedliche Ansätze. Der erste Ansatz stellt eine BCG-spezifische Ableitung des Kapitalkostensatzes dar.437 Hierbei werden die Kapitalkosten aus der Börsenkapitalisierung repräsentativer Unternehmen und dem Bilanzwert des dort gebundenen verzinslichen Fremdkapitals abgeleitet. Darüber hinaus sind die Free Cashflows dieser Unternehmen für die nächsten 40 Jahre zu prognostizieren.438 Auf der Grundlage dieser Daten kann nachfolgender Formel aufgestellt werden:439 n

n 40

 VDBilanz ) ¦¦ ¦ (VEBörse ,i ,i

FCFt

i 1t i (1  k )

i 1

mit: VEBörse = ,i VDBilanz = ,i

t

Börsenkapitalisierung des Unternehmens i Bilanzwert des verzinslichen Fremdkapitals des Unternehmens i

436

n

=

Anzahl der in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen

FCFt

=

Free Cashflow in der Periode t

k

=

Gesamtkapitalkostensatz

vgl. Groll, 2003, S.89 vgl. Lewis, 1994, S.81ff 438 vgl. Beck/Lingnau, 2000, S.11 439 Auf die Berücksichtigung der Inflation sei an dieser Stelle verzichtet. 437

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

165

Der Gesamtkapitalkostensatz dieser Gleichung entspricht gerade dem Zinssatz, mit dem die Free Cashflows diskontiert werden müssen, damit sich die aggregierte Börsenkapitalisierung der n Unternehmen zuzüglich der Bilanzwerte des verzinslichen Fremdkapitals ergibt. Der Zinssatz dieser Gleichung entspricht damit dem gewogenen Durchschnitt der Gesamtkapitalkosten aller n Unternehmen. Zur Bestimmung des individuellen Gesamtkapitalkostensatzes eines einzelnen Unternehmens ist eine „multikriterielle Risikoanpassung“ vorzunehmen, die von den Protagonisten des Konzeptes jedoch nicht näher erläutert wird.440 Alternativ zu diesem BCG-Ansatz wird die Verwendung des gewogenen durchschnittlichen Kapitalkostensatzes vorgeschlagen, wobei die Eigenkapitalkosten ebenfalls wiederum über das CAPM ermittelt werden können.441 Der absolute Übergewinn im CVA-Konzept wird als Cash Value Added bezeichnet und ergibt sich durch Multiplikation des Value-Spread mit dem Kapitalkostensatz: CVA t

(CFROI t  k ) ˜ BI t bzw.

CVA t

BCFt  öA t  BI t ˜ k

Vergleichbar dem EVA, stellt der CVA den in einer Periode erzielten absoluten Wertbeitrag einer Unternehmung oder eines Geschäftsbereichs dar. Auch der CVA lässt sich zu einer periodenübergreifenden Planung und Strategiebewertung einsetzen. Dazu gilt es, die zukünftigen prognostizierten CVA’s mit dem gewichteten Kapitalkostensatz auf den Zeitpunkt t=0 abzuzinsen. Die Addition der Brutto-Investitionsbasis und die Subtraktion des Marktwertes des Fremdkapitals ergeben den Shareholder Value:442 EK

3.

f

¦

CVA t

t t 1 (1  k )

 BI0  FK

Earnings less riskfree Interest Charge (ERIC)

Ein relativ junger Ansatz zur wertorientierten Unternehmensführung ist das Earnings less riskfree Interest Charge (ERIC) - Konzept. Dieses wertorientierte Unternehmensführungskonzept wurde 2004 von Velthuis entwickelt und hat durch die Unternehmensberatungs- und Wirtschafsprüfungsgesellschaft KPMG Einzug in die Unternehmenspraxis erhalten. In der Literatur der wertorientierten Unter-

440

vgl. Beck/Lingnau, 2000, S.11 vgl. Lewis, 1994, S.87; Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2003, S.84 442 vgl. Knorren, 1998, S.79; Bieg/Kussmaul, 2000a, S.365; Coenenberg/Salfeld, 2003, S.268 441

166

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

nehmensführung ist dieser Ansatz noch nicht sonderlich weit verbreitet. Hier finden sich hauptsächlich Veröffentlichungen von Velthuis selbst bzw. seinen „Schülern“. Die Motivation zur Entwicklung einer neuen wertorientierten Kennzahl begründet Velthuis damit, dass die bisher entwickelten Ansätze, wie etwa das EVA- oder das CVA-Konzept, nicht in der Lage sind, die in einer Periode erzielte Wertschaffung adäquat zu erfassen. Die „herkömmlichen“ Konzepte zeichnen sich dadurch aus, dass von einer Erfolgsgröße (Cashflow- oder Gewinngröße) die Kapitalkosten, ausgedrückt als Multiplikation von eingesetztem Kapital und gewichtetem Kapitalkostensatz, subtrahiert werden. Der verbleibende Betrag stellt den Übergewinn bzw. Verlust der Betrachtungsperiode dar und signalisiert, ob es der Unternehmung gelungen ist, Wert zu schaffen oder nicht: Übergewinn Periodenerfo lg  Kapitalkosten Periodenerfo lg  eingesetztes Kapital ˜ gewichteter Kapitalkostensatz

Die Kapitalkosten stellen damit die Hürde der Wertschaffung dar, deren Höhe ganz maßgeblich vom risikoadjustierten, gewichteten Kapitalkostensatz abhängt. Sind die Geschäftsbereiche eines Unternehmens nachhaltig in der Lage, mehr als die risikoadjustierten Kapitalkosten zu erwirtschaften, dann tragen sie zur Steigerung des Unternehmenswertes bei. Geschäftsbereiche, denen dies nicht gelingt, sind umzustrukturieren bzw. abzustoßen.443 An dieser wertschaffenden Hürde setzt die Kritik Velthuis an. Seiner Meinung nach muss strikt zwischen zukunftbezogener Wertschaffung (Planung) und realisierter Werterzielung (Performancemessung) unterschieden werden.444 Im Rahmen der Planung ist aufgrund der zukunftsbezogenen Risiken eine risikoadjustierte Wertschaffungshürde zu unterstellen.445 Folglich liegen bei der Planung auf Grundlage des ERIC-Konzepts keine grundsätzlichen Unterschiede zu den „herkömmlichen“ wertorientierten Ansätzen vor.446 Anders sieht dies bei der Performancemessung aus. Velthuis argumentiert, dass sich im Rahmen der Performancemessung die Werterzielung auf die Betrachtung der Vergangenheit bezieht und dass die Vergangenheit „kein Risiko kennt“.447 Damit wird genau dann ein Wert geschaffen, wenn die Rendite höher als die

443

vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.34 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.163 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.72 446 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.70 447 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.72; Aders/Wiedemann, 2003, S.3 444 445

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

167

risikolose Verzinsung am Markt ist.448 Anstelle des risikoadjustierten, gewichteten Kapitalkostensatzes fließt im Rahmen der Performancemessung somit der risikolose Zinssatz in die Ermittlung der Kapitalkosten ein. Aufgrund der Unterscheidung zwischen Performancemessung und Planung beim ERIC-Konzept werden diese Anwendungsbereiche im Folgenden getrennt voneinander diskutiert. Im Rahmen der Performancemessung wird vergleichbar zu den „herkömmlichen“ wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen mit dem Return on Invested Capital (ROIC) eine Bruttorendite definiert: ROICt

mit:

EBIATt ICt

EBIATt = ICt =

Gewinngröße nach Steuern aber vor Zinsen der Periode t Investiertes Kapital der Periode t

Das ERIC-Konzept stellt einen ergebnisorientierten Ansatz dar, d.h. anstelle von Zahlungsgrößen greift das Konzept auf Gewinngrößen zurück. Die Gewinngröße im ERIC-Konzept wird durch den EBIT (Earnings before Interest and Taxes) ausgedrückt, einer Gewinngröße vor Zinsen und Steuern. In der Praxis wird mit dem EBIT üblicherweise ein Ergebnis aus der betrieblichen Geschäftstätigkeit bezeichnet, d.h. es findet eine Bereinigung um außerordentliche Ergebnisbestandteile statt.449 Velthuis möchte mit dem EBIT jedoch ausdrücklich auch nichtoperative sowie außerordentliche Bestandteile erfassen.450 Begründet wird dies damit, dass ein Manager grundsätzlich für das gesamte Unternehmen verantwortlich ist und sowohl im operativen als auch im nicht-operativen Bereich wertsteigernde Aktivitäten durchführen sollte.451 Vom EBIT sind anschließend die Unternehmensteuern (Gewerbeertrag- und Körperschaftsteuern) abzuziehen.452 Das Ergebnis ist eine Gewinngröße nach Steuern aber vor Zinsen und wird als Earnings before Interest after Tax (EBIAT) bezeichnet.453 Der EBIAT kann entweder direkt aus der Gewinn- und Verlustrechnung des externen Rechnungswesen übernommen werden454 oder aber indirekt über eine Cashflowgröße abgeleitet werden.455 Bezüglich des eingesetzten Kapitals werden 448

vgl. Velthuis/Wesner, 2004, S.2; Hebertinger/Schabel, 2004, S.10 vgl. Kriete/Padberg/Werner, 2002, S.1090 450 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.160 451 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.160 452 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.45 453 abweichend von dieser Definition wird in der Literatur unter der Bezeichnung EBIAT auch die Earnings before Interest, Amortization and Taxes geführt: vgl. Küting/Heiden, 2002, S.1086 454 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.44 455 vgl. Velthuis, 2004, S.16 449

168

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

grundsätzlich relativ wenige Vorgaben gemacht. So ist lediglich darauf zu achten, dass die Gewinngröße und das investierte Kapital „konzeptionell zueinander passen“.456 Während die „herkömmlichen“ wertorientierten Ansätze, insbesondere das EVA-Konzept, darüber hinaus umfangreiche Angaben zu möglichen Abgrenzungspositionen an der Ergebnisgröße und dem investierten Kapital machen, wird von den Autoren des ERIC-Konzeptes nur auf die Möglichkeit von Modifikationen hingewiesen, wenn diese im Rahmen von internen Steuerungsmaßnahmen für sinnvoll erachtet werden (z.B. Aktivierung von F&E-, Marketing-, Restrukturierungs- oder Personalentwicklungsaufwendungen).457 Wie bereits erläutert, wird zur Ableitung des Übergewinns nicht der gewichtete, risikoadjustierte Kapitalkostensatz in Abzug gebracht, sondern der risikolose Zinssatz rf. Die Nettorendite, im ERIC-Konzept als Überrendite (ÜR) bezeichnet, ergibt sich dementsprechend zu: ÜR t

ROICt  rf

EBIATt  rf ICt

Durch Multiplikation mit dem investierten Kapital ergeben sich die ERIC (Earnings less riskfree Interest Charge) als (absoluter) Übergewinn:458 E R ICt

(ROICt  rf ) ˜ ICt bzw.

E R ICt

EBIATt  ICt ˜ rf

Die Verwendung des höheren, gewichteten Kapitalkostensatzes hat bei den „herkömmlichen“ wertorientierten Kennzahlen einen niedrigeren erzielten Wertbeitrag zur Folge (Abbildung 48).

456

Velthuis/Wesner, 2005, S.47 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.160 458 vgl. Velthuis, 2004, S.3 457

169

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

risikoangepasste Kapitalkosten (k · ICt)

Ergebnis vor Zinsen und nach Steuern (EBIATt)

„herkömmlicher“ Wertbeitrag

risikofreie Kapitalkosten (rf · ICt)

ERICt

Abbildung 48: Vergleich von herkömmlichem Wertbeitrag und ERIC459

Bei der wertorientierten Planung fordert das ERIC-Konzept, dass der gleiche Barwert ermittelt werden muss, wie ihn die Shareholder mittels des Discounted Cashflow Verfahrens bestimmen (Barwertidentität).460 Im Gegensatz zur Performancemessung muss im Rahmen einer ex-ante Analyse das Risiko folglich angemessen berücksichtigt werden. Grundsätzlich existieren zwei unterschiedliche Verfahren zur Risikoerfassung in den Bewertungskonzepten:461 Dies ist zum einen die Risikozuschlagsmethode, bei welcher die Erwartungswerte der Cashflows bzw. der Residualgewinn mit einem risikoangepassten Kalkulationszinssatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert werden. Diese Art der Risikoerfassung wird von den meisten „herkömmlichen“ wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen, so auch beim EVA- und CVAKonzept, verwendet. Das ERIC-Konzept stützt sich mit der Sicherheitsäquivalentmethode auf die zweite Möglichkeit zur Erfassung des Risikos bei der Barwertberechnung.462 Bei der Sicherheitsäquivalentmethode wird das Risiko durch einen Risikoabschlag an der Ergebnisgröße berücksichtigt. Die unsichere Ergebnisgröße wird damit in eine sichere Größe verwandelt, die daran anschließend mit dem risikolosen Kalkulationszinssatz auf den gegenwärtigen Zeitpunkt diskon-

459

vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.43; Hebertinger/Schabel, 2004, S.11 vgl. Velthuis, 2004, S.14 461 vgl. Maier, 2001, S.298 462 vgl. Velthuis, 2004,. S.15 460

170

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

tiert wird. Sollen Risikozuschlags- und Sicherheitsäquivalentmethode zum gleichen Ergebnis führen, muss nachfolgende Formel erfüllt sein:463 E(CFt ) (1  k ) mit:

E(CFt )  RA t (1  rf ) t

t

RAt =

Risikoabschlag der Periode t

Mittels einfacher Umformungen lässt sich der Risikoabschlag wie folgt separieren: RA t

(1  k ) t  (1  r ) t (1  k ) t

˜ E (CFt )

at mit: at

= Risikoabschlagskoeffizient der Periode t

Der Risikoabschlag stellt das Produkt aus dem erwarteten Cashflow und einem periodenspezifischen Risikoabschlagskoeffizienten at dar. Mithilfe des Risikoabschlags lässt sich der erwartete Cashflow in einen sicherheitsäquivalenten Cashflow SÄ(CFt) umrechnen: SÄ(CFt) = E(CFt) – RAt = E(CFt) – at ˜ E(CFt) Die Umrechnung der Sicherheitsäquivalente der Cashflowgröße (SÄ(CFt)) in die Sicherheitsäquivalente der Ertragsgröße (SÄ(ERICt)) erfolgt „analog zu der „herkömmlichen“ Ableitung von Gewinnen aus Cash Flows“.464 Der Marktwert des Eigenkapitals berechnet sich schließlich zu:465 EK

f

SÄ (E R IC t )

t 1

(1  rf ) t

IC0  ¦

mit: EK IC0 SÄ(ERICt) FK

= = = =

 FK

Marktwert des Eigenkapitals Investiertes Kapital Sicherheitsäquivalent der Periode t Marktwert des Fremdkapitals

Das zum Zeitpunkt Null investierte Kapital zuzüglich des Barwertes der Sicherheitsäquivalente (diskontiert mit dem risikolosen Zinssatz) abzüglich des Marktwertes des Fremdkapitals ergibt den Shareholder Value.

463

vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.162; Schwetzler, 2000, S.479 Velthuis/Wesner, 2005, S.65 465 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.162 464

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

4.

171

Vergleich der wertorientierten Konzepte

Abbildung 49 fasst noch einmal die Basisgrößen der drei vorgestellten wertorientierten Kennzahlen-Konzepte zusammen. Konzept EVA

Erfolgsgröße

Kapitaleinsatz

Net Operating Net Operating Profit after Taxes Assets (NOA) (NOPAT)

Kapitalkostensatz

WACC Ansatz mit Ermittlung der Eigenkapitalkosten gemäß CAPM

CVA

Brutto Cashflow (BCF)

BCG-spezifischer Ansatz oder BruttoinvestitionsWACC Ansatz mit Ermittbasis (BI) lung der Eigenkapitalkosten gemäß CAPM

ERIC

Earnings before Interest after Taxes (EBIAT)

Investiertes Kapital (IC)

risikoloser Zinssatz zur Performancemessung bzw. CAPM zur Bestimmung der Sicherheitsäquivalente bei der Planung

Abbildung 49: Basisgrößen der Konzepte

Die wertorientierten Unternehmensführungskonzepte lassen sich zunächst danach unterscheiden, ob die Erfolgsgröße durch eine Zahlungs- oder eine Gewinngrößen definiert wird. Das EVA-Konzept und das ERIC-Konzept stellen auf Gewinngrößen, das CVA-Konzept auf Zahlungsgrößen ab. Zahlungsgrößen besitzen den Vorteil, dass diese auf der Grundlage von Geschäftsvorfällen tatsächlich beobachtbar sind. Problematisch ist hingegen, dass Zahlungen häufig nicht mit ihrer Verursachung übereinstimmen: So finden beispielsweise Anzahlungen statt oder Gelder werden gestundet. Damit kann die erbrachte Leistung zeitlich deutlich von der Zahlung abweichen, so dass die ausgewiesene Performance unter Umständen nur wenig aussagekräftig ist. Diese Problematik ist der Grund dafür, dass Gewinngrößen entwickelt wurden.466 Grundsätzlich stellen Gewinngrößen theoretische Konstrukte dar, die sich aus einer Zuordnung von Zahlungen auf die zurechenbaren Perioden ergeben. Nachteilig an den Gewinnkenngrößen ist je-

466

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.24

172

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

doch, dass sich im Rahmen der Periodenzuordnung von Zahlungen zahlreiche Spielräume und damit Manipulationsmöglichkeiten ergeben.467 Die Erfolgskenngrößen werden bei den wertorientierten Ansätzen üblicherweise aus der Gewinn- und Verlustrechnung des externen Rechnungswesens abgeleitet. Auch beim CVA-Ansatz wird eine indirekte Ermittlung des Brutto-Cashflows über Gewinngrößen vorgeschlagen. Damit unterliegen die Erfolgsgrößen der wertorientierten Kennzahlen den Schwächen der Rechnungslegungsstandards (z.B. Bewertungswahlrechte, mangelhafte Erfassung immaterieller Vermögensgegenstände). Zur Behebung dieser Schwächen geben die Autoren der Kennzahlenkonzepte eine Reihe von Korrekturposten vor. Der Umfang der vorgeschlagenen Anpassungen variiert zwischen den einzelnen Konzepten deutlich: So werden beim EVA-Konzept bis zu 164 mögliche Korrekturpositionen angegeben, während das ERIC-Konzept nahezu keine konkreten Vorschläge unterbreitet. Eine große Anzahl an Korrekturen ist sicherlich erforderlich, um eine anlegerorientierte Sichtweise zu erzielen, gleichzeitig darf aus praktischen Überlegungen heraus die Anzahl der geforderten Anpassungen nicht zu groß werden. Eine zu große Anzahl an Korrekturen führt darüber hinaus zu einer geringen Verständlichkeit der Kenngrößen. Während das CVA-Konzept und das EVA-Konzept eine betriebliche Erfolgsgröße ausweisen, wird mit dem EBIAT des ERIC-Konzeptes eine Kenngröße abgeleitet, die ausdrücklich auch nicht-operative und außerordentliche Ergebnisbestandteile enthält. Werden die nicht-operativen Ergebnisbestandteile aus den wertorientierten Kennzahlen ausgeklammert, so besteht die Gefahr, dass diese Bereiche nicht wertorientiert geführt werden. Da die Eigenkapitalgeber an der Betrachtung des gesamten Erfolges ihres eingesetzten Kapitals interessiert sind, ist die Perspektive des ERIC-Konzeptes gegenüber einer rein operativen Betrachtungsweise grundsätzlich vorzuziehen. Auch an den Größen des Kapitaleinsatzes wird eine Reihe von Anpassungen vorgenommen, da das investierte Kapital ebenfalls auf den Daten des Rechnungswesens aufbaut. So wird der Kapitaleinsatz üblicherweise über die Bilanzsumme abgeleitet. Bei den Anpassungen ist darauf zu achten, dass jeweils eine Konsistenz zwischen investiertem Kapital und Erfolgsgröße gegeben ist. Werden beispielsweise Miet- und Leasingaufwendungen kapitalisiert und dem investierten Kapital hinzugefügt, dann ist auch die Erfolgsgröße entsprechend um Mietund Leasingaufwendungen zu bereinigen.

467

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.25

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

173

Beim CVA-Konzept ergibt sich im Vergleich zu den anderen Ansätzen eine weitere Problematik: Zur Bestimmung der ökonomischen Abschreibung müssen die abschreibbaren Aktiva bekannt sein. Die Abgrenzung zwischen planmäßig abschreibbaren Aktiva und nicht planmäßig abschreibbaren Aktiva ist in der Praxis häufig nicht unproblematisch. So enthält beispielsweise die Position „Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken“ sowohl abschreibbare als auch nicht abschreibbare Vermögensgegenstände.468 Eine korrekte Ermittlung der abschreibbaren Aktiva ist in einem solchen Fall nur durch weitere unternehmensinterne Daten zu dieser Bilanzposition möglich. Ein wichtiger Unterschied zwischen den Konzepten stellt die Behandlung von Abschreibungen dar. Sowohl EVA-Konzept als auch ERIC-Konzept leiten die Kapitalbasis von Restbuchwerten aus der Bilanz ab. Damit hat die Abschreibungspolitik (linear oder degressiv) der Vergangenheit großen Einfluss auf die ermittelten Kenngrößen dieser Verfahren. Ein Unternehmen mit veraltetem und damit fast abgeschriebenem Anlagevermögen wird einen sehr niedrigen Kapitaleinsatz aufweisen. Durch die kleine Nennergröße wird die Bruttorendite für ein derartiges Unternehmen äußerst positiv ausfallen. Das Unternehmen erhält keinen Anreiz, in neue Anlagen zu investieren. Eine neue Anlage erhöht einerseits das investierte Kapital, andererseits reduzieren hohe Abschreibungsbeträge in den Anfangsjahren die Erfolgsgröße. Insgesamt kommt es zu einer Verschlechterung der wertorientierten Kennzahlen. Die Folge sind Fehlentscheidungen der Unternehmensführung, da wichtige Zukunftsinvestitionen verschoben werden, um die wertorientierten Kennzahlen nicht zu belasten. Beim CVA-Konzept werden in der Bruttoinvestitionsbasis die Vermögensgegenstände zu inflationierten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten erfasst. Zwar greift auch dieses Verfahren auf die Buchwerte zurück, allerdings werden die kumulierten Abschreibungswerte dem investierten Kapital hinzugefügt. Die abschreibbaren Aktiva werden darüber hinaus über die komplette Nutzungsdauer in Höhe der ökonomischen Abschreibung konstant abgeschrieben. Dies ermöglicht eine Bewertung, die unabhängig von der Alterstruktur der abschreibbaren Aktiva ist.469 Bei der ökonomischen Abschreibung unterstellt das CVA-Konzept grundsätzlich eine lineare Abschreibung der Aktiva, was dem in Deutschland überwiegend verbreiteten degressiven Abschreibungsverfahren widerspricht. Darüber

468 469

vgl. Groll, 2003, S.95 vgl. Weber/Bramsemann/Heinecke/Hirsch, 2004, S.95; Groll, 2003, S.94

174

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

hinaus ist in der praktischen Anwendung die Bestimmung der tatsächlichen Nutzungsdauer der abschreibbaren Aktiva problematisch.470 Der Kapitalkostensatz stellt im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen die Mindestrenditeforderung der Kapitalgeber dar. Eine Analyse der Kapitalkostensätze erfordert eine getrennte Betrachtung von Performancemessung und Planung. Im Rahmen der Planung fordern alle hier vorgestellten Konzepte aufgrund zukunftsbezogener Risiken eine risikoadjustierte Wertschaffungshürde. Das CVA- und das EVA-Konzept leiten hierzu einen risikoadjustierten, gewichteten Kapitalkostensatz her, mit dem die zukünftigen Wertbeiträge zu diskontieren sind (Risikozuschlagsmethode). Das ERIC-Konzept leitet aus dem risikoadjustierten Gesamtkapitalkostensatz einen Risikoabschlag ab, der vom erwarteten Cashflow in Abzug zu bringen ist (Sicherheitsäquivalentmethode). Theoretisch führen Risikozuschlag- und Sicherheitsäquivalentmethode zum gleichen Resultat. Zur Ableitung des Eigenkapitalkostensatzes schlagen alle drei Verfahren das CAPM vor. Dieses kapitaltheoretische Modell gilt es, im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher zu untersuchen.471 Des Weiteren wird vom CVA-Konzept alternativ ein BCG-spezifisches Verfahren zur Ermittlung der Verzinsungsansprüche der Anteilseigner vorgeschlagen. Aufgrund der geringen Informationen zu diesem Ansatz kann keine fundierte Beurteilung vorgenommen werden. Im Rahmen der Performancemessung unterscheiden sich die vorgestellten Konzepte. Das CVA- und das EVA-Konzept weisen auch ex-post genau dann einen positiven Wertbeitrag aus, wenn es gelingt, zumindest die Kapitalkosten als Produkt aus dem investierten Kapital und dem risikoadjustierten Kapitalkostensatz zu verdienen. Im Gegensatz dazu stellt beim ERIC-Konzept der risikolose Zinssatz die wertschaffende Hürde dar. Diese Betrachtungsweise mutet doch etwas eigenartig an: Ex-ante wird eine höhere Hürde zur Wertschaffung gefordert als ex-post tatsächlich zu erzielen ist. Mit anderen Worten kann selbst bei einer deutlichen (negativen) Planverfehlung trotzdem noch ein Wert geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund ist der Sinn einer Aufstellung von Plangrößen grundsätzlich zu hinterfragen.

470 471

vgl. Groll, 2003, S.82 vgl. 2. Teil:B

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

175

III. Die wertorientierten Kennzahlen zur Bestimmung des Wertbeitrags eines Geschäftsbereichs 1. Zielkongruenz der wertorientierten Planungsansätze zum DCF-Verfahren Im vorangehenden Kapitel wurden drei wesentliche wertorientierte Konzepte vorgestellt. In einem nächsten Schritt soll nun die Eignung dieser Konzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung und -steuerung untersucht werden. Jedes der hier vorgestellten wertorientierten Konzepte enthält einen Ansatz zur Messung der Wertgenerierung einer Periode (Performancemessung). Darüber hinaus präsentiert jedes Konzept einen Planungsansatz, bei dem ein Barwert aus den zukünftigen Erfolgsgrößen ermittelt wird. Im ersten Teil der Arbeit wurde bereits herausgestellt, dass eine Geschäftsbereichsbeurteilung grundsätzlich auf einem Barwertkonzept basieren sollte. Nur dann ist es möglich, den Erfolg eines Geschäftsbereichs über die komplette Laufzeit zu erfassen. Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich damit auf die Planungsansätze der Konzepte. Anhand eines einfachen Beispiels soll im Folgenden der Wert eines Geschäftsbereichs nach den unterschiedlichen wertorientierten Konzepten ermittelt werden. Da sich alle in dieser Arbeit vorgestellten wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen grundsätzlich auf das DCF-Verfahren, als das theoretisch korrekte Kalkül zur Wertermittlung berufen, soll ebenfalls der Wertbeitrag des Geschäftsbereichs nach dem DCF-Verfahren bestimmt werden.472 Das Beispiel unterstellt, das sich die einzelnen Basiselemente der unterschiedlichen wertorientierten Konzepte (z.B. NOPAT, NOA) auch für Geschäftsbereiche ermitteln lassen. Die Probleme, die sich hierbei ergeben können, werden im anschließenden Kapitel diskutiert.473 Im Beispielfall wird ein Geschäftsbereich betrachtet, der eine Anschaffungsauszahlung in Höhe von 1.000 € zum Zeitpunkt t=0 aufweist. Die prognostizierten Free Cashflows des Geschäftsbereichs sind in Abbildung 50 aufgeführt:

472

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.183; Plaschke, 2003, S.163ff; Hostettler, 1997, S.188ff; Velthuis/Wesner, 2005, S.56f 473 vgl. 2. Teil:A.III.2

176

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Jahr 1

Jahr 2

Jahr 3

Jahr 4

Jahr 5

278 €

308 €

350 €

380 €

380 €

Free Cashflow

Abbildung 50: prognostizierter Free Cashflow des Beispielfalls

Zunächst wird der Geschäftsbereichswert nach dem DCF-Verfahren berechnet. Wird von einem gewichteten Kapitalkostensatz von 10% ausgegangen, so resultiert hieraus ein Geschäftsbereichswert V0 von: V0

5

I 0  ¦

FCFt

t 1(1  k )

t

1000 €  

278 € 308 € 350 € 380 €    1  0,1 (1  0,1) 2 (1  0,1) 3 (1  0,1) 4

380 € (1  0,1) 5

= 265,73 €

Nach dem DCF-Verfahren ergibt sich somit ein Wert des Geschäftsbereichs in Höhe von 265,73 €. Beim EVA-Konzept müssen zur Wertermittlung die zukünftigen EVA’s prognostiziert werden. Im Rahmen dieses Beispiels wird von den zahlreichen Korrekturpositionen des EVA-Konzeptes abstrahiert. Der NOPAT ermittelt sich aus dem Free Cashflow durch Subtraktion der Abschreibungen. Die NOA reduzieren sich jährlich um die Höhe der Abschreibungen. Bei einer linearen Abschreibung der Anfangsinvestition in Höhe von 1000 € über 5 Jahre ergibt sich ein jährlicher Abschreibungsbetrag von 200 €. Damit können die Basis-Elemente des EVAKonzeptes wie folgt berechnet werden (Abbildung 51): Jahr 1

Jahr 2

Jahr 3

Jahr 4

Jahr 5

Free Cashflow

278 €

308 €

350 €

380 €

380 €

- Abschreibungen

200 €

200 €

200 €

200 €

200 €

= NOPAT

78 €

108 €

150 €

180 €

180 €

1000 €

800 €

600 €

400 €

200 €

-22 €

28 €

90 €

140 €

160 €

NOA EVA (= NOPAT–NOA˜k)

Abbildung 51: Ermittlung der EVA’s

Der Geschäftsbereichswert gemäß des EVA-Konzepts ergibt sich damit zu:

177

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

5

V0

¦

EVA t

t 1 (1  k ) 265,73 €

t

 22 € 28 € 90 € 140 € 160 €     2 3 4 (1  0,1) (1  0,1) (1  0,1) (1  0,1) (1  0,1) 5

Beim CVA-Konzept wird der Übergewinn einer Periode durch den CVA repräsentiert. Für den Beispielfall wird unterstellt, dass der Brutto Cashflow des CVAKonzeptes mit dem Free Cashflow des DCF-Verfahrens übereinstimmt. Auch hier wird von den zahlreichen Modifikationen im Rahmen des CVA-Ansatzes abgesehen. Die Anfangsauszahlung in Höhe von 1000 € stellt die abschreibbaren Aktiva dar. Bei einer Nutzungsdauer von 5 Jahren ermittelt sich die ökonomische Abschreibung zu: öA 1000 € ˜

0,1 (1  0,1)5  1

163,80 €

Die prognostizierten CVA’s sind Abbildung 52 zu entnehmen:

Brutto Cashflow (BCF)

Jahr 1

Jahr 2

Jahr 3

Jahr 4

Jahr 5

278 €

308 €

350 €

380 €

380 €

- ökon. Abschreibung (öA) 163,80 € 163,80 € 163,80 € 163,80 € 163,80 € - BI˜k

100 €

100 €

100 €

100 €

100 €

= CVA

14,2 €

44,2 €

86,2 €

116,2 €

116,2 €

Abbildung 52: Ermittlung der CVA’s

Der Geschäftsbereichswert auf Basis des CVA ergibt sich zu: 5

CVA t

14,2 € 44,2 € 86,2 € 116,2 € 116,2 €     265,72 € 2 3 4  ( 1 0 , 1 ) (1  0,1) (1  0,1) (1  0,1) (1  0,1)5 t 1 (1  k ) Schließlich gilt es, auch noch das ERIC-Konzept zu betrachten. Zur Bestimmung des Wertes nach dem ERIC-Konzept muss neben dem gewichteten Kapitalkostensatz auch der risikolose Zinssatz bekannt sein. Im Folgenden wird angenommen, dass der risikolose Zinssatz 4% beträgt. Es lässt sich zeigen, dass der Barwert unabhängig von der Höhe des risikolosen Zinssatzes ist. Die Höhe des risikolosen Zinssatzes bestimmt lediglich die Verteilungsstruktur der einzelnen Wertbeiträge über die Laufzeit. V0

¦

t

178

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Die ERIC leiten sich üblicherweise vom Cashflow des Geschäftsbereichs ab. Zur Bestimmung des Cashflow-Sicherheitsäquivalents wird von dem Cashflow der Risikoabschlag subtrahiert. Die hierfür benötigten Risikoabschlagskoeffizienten ermitteln sich nach der bereits bekannten Formel. Der Risikoabschlagskoeffizient des ersten Jahres ist beispielsweise:474 a1

(1  0,1)1  (1  0,04)1 (1  0,1)1

0,0545

Werden vom Cashflow-Sicherheitsäquivalent (SÄ(CF)) die Abschreibungen und die Kapitalkosten subtrahiert, so erhält man das Gewinn-Sicherheitsäquivalent (SÄ(ERIC)). Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass zur Ermittlung der Kapitalkosten der Kapitaleinsatz mit dem risikolosen Zinssatz zu multiplizieren ist. Jahr 1

Jahr 2

Jahr 3

Jahr 4

Jahr 5

Free Cashflow (CF)

278 €

308 €

350 €

380 €

380 €

a

0,0545

0,1061

0,1549

0,2010

0,2446

RA (=a˜CF)

15,15 €

32,68 €

54,21 €

76,38 €

92,95 €

SÄ(CF) (=CF-RA)

262,85 €

275,32 €

295,79 €

303,62 €

287,05 €

- Abschreibungen

200 €

200 €

200 €

200 €

200 €

- Kapitalkosten (= IC˜rf)

40 €

32 €

24 €

16 €

8€

22,85 €

43,32 €

71,79 €

87,62 €

79,05 €

= SÄ(ERIC)

Abbildung 53: Ermittlung der ERIC-Sicherheitsäquivalente

Die Diskontierung der ERIC-Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz ergibt den Geschäftsbereichswert nach dem ERIC-Konzept: V0

22,85 € 43,32 € 71,79 € 87,62 € 79,05 €     2 3 4 (1  0,04) (1  0,04) (1  0,04) (1  0,04) (1  0,04)5

265,71 €

Abbildung 54 fasst die bisherigen Ergebnisse zusammen. Zu jedem der vier Verfahren ist die zu diskontierende Größe aufgeführt. Während beim DCFVerfahren, EVA-Konzept und CVA-Konzept eine Diskontierung mit dem ge474

gerundet auf vier Nachkommastellen

179

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

wichteten Gesamtkapitalkostensatz erfolgt, werden die Sicherheitsäquivalente beim ERIC-Konzept mit dem risikolosen Zinssatz abgezinst. DCF-Verfahren

EVA-Konzept

CVA-Konzept

ERIC-Konzept

FCF

DFCF

EVA

DEVA

CVA

DCVA

0

-1000

-1000

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

1

278,00

252,73

-22,00

-20,00

14,20

12,91

22,85

21,97

2

308,00

254,55

28,00

23,14

44,20

36,53

43,32

40,05

3

350,00

262,96

90,00

67,62

86,20

64,76

71,79

63,82

4

380,00

259,54

140,00

95,62

116,20

79,37

87,62

74,90

5

380,00

235,95

160,00

99,35

116,20

72,15

79,05

64,97

6

265,73

265,73

SÄ(ERIC) DSÄ(ERIC)

265,72

265,71

Abbildung 54: Vergleich der verschiedenen Verfahren

Die Gegenüberstellung der Verfahren verdeutlicht, dass alle Verfahren (abgesehen von leichten Rundungsdifferenzen) für dieses Beispiel zum gleichen Barwert führen. Einschränkend muss an dieser Stelle jedoch festgehalten werden, dass dem Beispiel eine sehr einfache Datenbasis zugrunde liegt. So wird von den Korrekturpositionen der wertorientierten Konzepte weitgehend abstrahiert. In der praktischen Anwendung müssten diese Anpassungen in die Berechnung integriert werden, so dass sich auch geringfügig unterschiedliche Resultate ergeben würden. Zumal die Konzepte auch ganz bewusst teilweise unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Das ERIC-Konzept setzt sich beispielsweise im Gegensatz zu den anderen Konzepten zum Ziel, ein Ergebnis mit nicht-operativen und außerordentlichen Bestandteilen auszuweisen. Das CVA-Konzept hingegen nimmt als einziges Konzept eine Inflationsanpassung des Sachanlagevermögens vor. Wird von den verfahrensspezifischen Korrekturpositionen sowie den im Detail variierenden Zielsetzungen abgesehen, so weisen die wertorientierten Ansätze eine hohe Zielkongruenz zum DCF-Verfahren auf. Alle wertorientierten Verfahren ermitteln den gleichen Wertbeitrag. Abbildung 54 verdeutlicht allerdings ebenfalls, dass große Unterschiede in der zeitlichen Verteilung des Geschäftsbereichswertes vorliegen. Besonders gut lässt sich dies verdeutlichen, wenn die kumulierten, diskontierten FCF, EVA, CVA und SÄ(ERIC) im Zeitverlauf dargestellt werden (Abbildung 55).

180

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

kum. Geschäftsbereichswert (in €)

400 265,73

200 0 0

1

2

3

4

5 DEVA DFCF DCVA DSÄ(ERIC)

-200 -400 -600 -800 -1000

Periode

Abbildung 55: Kumulierte, diskontierte FCF, EVA, CVA und SÄ(ERIC)

Abbildung 55 zeigt, dass insbesondere zwischen dem DCF-Verfahren und den übrigen Konzepten deutliche Unterschiede bestehen. Beim DCF-Verfahren liegt, bedingt durch die hohe Anschaffungsauszahlung, anfänglich ein stark negativer Geschäftsbereichswert vor. So kann der positive Cashflow im ersten Jahr in Höhe von 278 € nur ein Teil der Anschaffungsauszahlung kompensieren. Erst nach Ablauf von vier Jahren wird nach dem DCF-Verfahren ein positiver Wert ausgewiesen. Die anderen wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen weisen bereits im ersten Jahr bzw. zweiten Jahr einen positiven Geschäftsbereichswert auf. Wird jedoch die komplette Laufzeit betrachtet, so führen alle Ansätze zum gleichen Geschäftsbereichswert in Höhe von 265,73 €. Diese Graphik verdeutlicht die Schwächen des DCF-Verfahrens: Wird die variable Vergütung von Mitarbeitern am FCF festgemacht, muss ein Mitarbeiter mindestens 4 Jahre im Unternehmen bleiben, um an dem (positiven) Geschäftsbereich partizipieren zu können. Dies wird möglicherweise Mitarbeiter dazu bewegen, langfristige Projekte, die von großer strategischer Bedeutung für das Unternehmen sind, zu unterlassen. Die wertorientierten Konzeptionen hingegen weisen bereits nach einem bzw. zwei Jahren einen positiven Geschäftsbereichswert auf. Festzuhalten bleibt, dass die betrachteten wertorientierten Konzepte im Kern einen zum DCF-Verfahren vergleichbaren Wert herleiten. Die Hauptunterschiede

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

181

der wertorientierten Kennzahlenkonzepte bestehen in der unterschiedlichen Verteilung des Geschäftsbereichswertes über den Betrachtungshorizont.

2.

Probleme bei der Übertragung der wertorientierten Konzepte auf die Geschäftsbereichsebene

Im vorangegangenen Kapitel wurde anhand eines Beispiels die Berechnung des Wertes eines Geschäftsbereichs mithilfe der wertorientierten Konzepte verdeutlicht. Die Ermittlung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs setzt jedoch voraus, dass die geschäftsbereichsspezifischen Basis-Elemente vorliegen. Für das EVA-Konzept muss beispielsweise der geschäftsbereichsspezifische NOPAT, NOA und Kapitalkostensatz bekannt sein. Da die wertorientierten Konzepte grundsätzlich auf Unternehmensebene entwickelt werden, stellt sich die Frage, wie diese Basis-Elemente auf Geschäftsbereichsebene bestimmt werden können. Wie bereits ausführlich geschildert, leiten sich die Basis-Elemente der wertorientierten Konzepte von den Kenngrößen des externen Rechnungswesens ab. Auf Unternehmensebene ist diese Herleitung relativ unproblematisch, da jedes Unternehmen einen Jahresabschluss aufstellen muss. Für Geschäftsbereiche liegen die entsprechenden Größen jedoch üblicherweise nicht vor. Eine Ausnahme bilden die Geschäftsbereiche, die eine rechtlich selbstständige Einheit darstellen und damit bilanzierungspflichtig sind. Für diese Geschäftsbereiche können die entsprechenden Größen direkt aus dem Jahresabschluss entnommen werden. Häufig stellen Geschäftsbereiche jedoch keine rechtlich selbstständige Einheit dar. Auch die Ergebnisse des Segmentberichts lassen sich nicht ohne weiteres zur Berechnung der geschäftsbereichsspezifischen Basis-Elemente einsetzen. Wie bereits geschildert, handelt es sich bei dem Segmentergebnis und dem Segmentvermögen um betriebliche Größen.475 Sowohl das EVA-Konzept als auch das CVA-Konzept gehen bei der Ermittlung des eingesetzten Kapitals von der Bilanzsumme aus. Da die Bilanzsumme auch nicht betriebliche Komponenten enthält, kann folglich nicht ohne weiteres die Bilanzsumme auf Unternehmensebene durch das Segmentvermögen auf Geschäftsbereichsebene ersetzt werden. Gebhardt/Mansch schlagen zur Lösung der Problematik eine Vertikalisierung der Ergebnis- und Vermögensrechnung vor.476 Mit anderen Worten, die Größen des Jahresabschlusses werden auf die Geschäftsbereiche aufgeteilt. Generell sollte hierbei eine verursachungsgerechte Zuordnung auf die Geschäftsbereiche erfolgen. Sollte dies nicht möglich bzw. praktikabel sein, so ist gemäß Geb475 476

vgl. 1. Teil:A.III.2 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.113

182

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

hard/Mansch eine „adäquate Schlüsselung von Aufwendungen beziehungsweise Vermögens- und Schuldpositionen vorzunehmen.“477 Die Autoren der wertorientierten Kennzahlenkonzepte betonen ausnahmslos, dass auch für Geschäftsbereiche der Wertbeitrag ermittelt werden sollte. Konkrete Ausführungen, wie die wertorientierten Kennzahlen auf Geschäftsbereichsebene ermittelt werden können, unterbleiben weitgehend. Lewis (Vertreter des CVAKonzepts) erwähnt zumindest, dass sich bei Geschäftsbereichen häufig ein „Problem bei der Datenverfügbarkeit“ ergibt.478 Wie die Basis-Elemente der einzelnen wertorientierten Konzepte bestimmt werden können, soll in dieser Arbeit nicht weiter verfolgt werden. Das Beispiel des vorangehenden Kapitels hat gezeigt, dass die unterschiedlichen wertorientierten Ansätze im Kern auf dem DCF-Verfahren beruhen, d.h. alle Verfahren ermitteln für einen Geschäftsbereich einen vergleichbaren Wertbeitrag. Eine Untersuchung der spezifischen Unterschiede der einzelnen wertorientierten Konzepte im Hinblick auf den ermittelten Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs würde damit keinen wesentlichen zusätzlichen Informationsgewinn liefern. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich damit auf das DCF-Verfahren als das grundlegende theoretische Kalkül der wertorientierten Konzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung. Sollten sich bei dieser Analyse wesentliche Schwachstellen offenbaren, so treten diese auch bei den übrigen wertorientierten Planungsansätzen auf. Die Eignung des DCF-Verfahrens zur Bestimmung des Wertes eines Geschäftsbereichs wird maßgeblich durch den Kapitalkostensatz bestimmt. Der geschäftsbereichsspezifische Kapitalkostensatz hat die Aufgabe, das Risiko des Geschäftsbereichs adäquat zu erfassen. Eine Beurteilung, inwiefern das DCF-Verfahren zur Rendite-/Risikobeurteilung eines Geschäftsbereichs geeignet ist, muss damit zwingend eine Analyse des Kapitalkostensatzes beinhalten. Die nachfolgenden Ausführungen widmen sich dieser Aufgabe.

3.

Die Bestimmung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze

Die Risikosituation eines Geschäftsbereichs bestimmt die Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes. Je höher das mit einem Geschäftsbereich verbundene Risiko ist, umso höher sollte auch der entsprechende Kalkulationszinssatz sein. Im Folgenden werden die einzelnen Komponenten des gewichteten Kapitalkostensatzes untersucht. Auf die Formel des WACC wurde bereits an früherer Stelle eingegan477 478

Gebhardt/Mansch, 2005, S.113 vgl. Lewis, 1994, S.189

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

183

gen.479 Zur Bestimmung des Wertes eines Geschäftsbereichs sind die entsprechenden Inputparameter mit geschäftsbereichsspezifischen Daten zu belegen (gekennzeichnet durch GB): k GB

EK GB FK GB GB k GB ˜ ( 1 s )  k GB ˜  ˜ FK EK GK GB GK GB

§ FK · Die Zuordnung der Fremdkapitalquote ¨ ¸ bzw. der Eigenkapitalquote © GK ¹ § EK · ¨ ¸ zu einem Geschäftsbereich ist in der Regel nicht unproblematisch. © GK ¹ Grundsätzlich stellt die Finanzierung eine Aufgabe der Zentralbereiche dar. Ein Grundsatz der Geschäftsbereichsbeurteilung lautet, dass die Geschäftsbereiche möglichst voll verantwortlich für ihre Erfolgserzielung sind.480 Gelangen Erfolgskomponenten wie die Kapitalstruktur in die Beurteilung, so ist dies prinzipiell problematisch. Trotzdem erfordert die Verwendung des WACC eine entsprechende Festlegung. Es könnte beispielsweise die Festlegung getroffen werden, dass für alle Geschäftsbereiche die (gleiche) Kapitalstruktur des Gesamtunternehmens unterstellt wird. Da die Geschäftsbereiche eines Unternehmens jedoch in unterschiedlichen Branchen tätig sind und sich die Kapitalstrukturen der Branchen deutlich unterscheiden, sollte von einer unternehmensweit einheitlichen Kapitalstruktur abgesehen werden. Nach Copeland/Koller/Murrin sollte „die Kapitalstruktur jedes Geschäftsbereichs [...] mit derjenigen vergleichbarer Unternehmen in der jeweiligen Branche und mit der Philosophie seiner Muttergesellschaft konsistent sein.“481 Entscheidet sich beispielsweise die Unternehmensführung für eine sehr aggressive Finanzpolitik, dann sollte dem Geschäftsbereich eine Kapitalstruktur zugewiesen werden, wie sie in anderen Unternehmen derselben Branche und mit einer vergleichbaren (aggressiven) Finanzpolitik vorliegt.482 Wird die Kapitalstruktur über vergleichbare Unternehmen derselben Branche bestimmt, so besteht die Problematik, dass die Aggregation der Kapitalstrukturen über alle Geschäftsbereiche in der Regel nicht mit der tatsächlichen Kapitalstruktur des Gesamtunternehmens übereinstimmt.

Ebenso problematisch wie die Festlegung der Kapitalstruktur ist die Ableitung eines relevanten Steuersatzes für einen Geschäftsbereich. Steuern werden auf der Gesamtunternehmensebene entrichtet und nicht auf der Ebene eines Geschäftsbe479

vgl. 2. Teil:A.I.2 vgl. 1. Teil:A.I.2 481 Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.370 482 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.370 480

184

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

reichs. Während gewinnunabhängige Steuern, wie etwa Verbrauchs- und Verkehrssteuern oder die Grundsteuer, relativ einfach den Geschäftsbereichen zuzuordnen sind, erweist sich insbesondere die Allokation der Ertragsteuerbelastung als problematisch.483 Häufig liegen Konzerne vor, bei denen die rechtlichen Einheiten nicht mit den organisatorischen Einheiten (Geschäftsbereichen) übereinstimmen. Steuerpflichtig sind jedoch die rechtlichen und nicht die organisatorischen Teileinheiten. Eine verursachungsgerechte Zuordnung der Ertragsteuern auf die einzelnen Geschäftsbereiche erfordert damit umfangreiche Überleitungsbzw. Zuordnungsrechnungen. Aus Vereinfachungsgründen entschließen sich viele Unternehmen daher dazu, einem Geschäftsbereich einen pauschalen Steuersatz zuzuweisen.484 Als weitere Einflussgrößen verbleiben schließlich der Fremdkapital- und der Eigenkapitalkostensatz. Da Geschäftsbereichen unterschiedliche Kapitalstrukturen zugewiesen werden können und die Geschäftsbereiche darüber hinaus in der Regel unterschiedliche Risikostrukturen aufweisen, wäre der Ansatz differenzierter Fremdkapitalkosten für unterschiedliche Geschäftsbereiche wünschenswert. Es würde sich hierbei um kalkulatorische Fremdkapitalkostensätze handeln, denn für den Gläubiger zählt nur die Bonität des Gesamtunternehmens. Ein einzelner Geschäftsbereich kann nicht insolvent werden, lediglich das Unternehmen als Ganzes. In der Praxis findet eine derartige Differenzierung üblicherweise jedoch nicht statt.485 Der geschäftsbereichsspezifische Eigenkapitalkostensatz stellt die am Schwierigsten zu bestimmende Inputgröße dar. Die Eigenkapitalkosten eines Geschäftsbereichs repräsentieren die mindestens von einem Geschäftsbereich zu erzielende Rendite, damit der Anteilseigner durch die Übernahme des Geschäftsbereichsrisikos entschädigt wird. Die meisten wertorientierten Konzepte, auch die hier vorgestellten, berufen sich auf das CAPM. Das CAPM stellt damit den Ausgangspunkt weiterer Untersuchungen dar. Das nachfolgende Kapitel B des zweiten Teils widmet sich damit ausführlich der Analyse des CAPM zur Rendite-/Risikoerfassung von Geschäftsbereichen. Die für den Fortgang der Arbeit wichtigen Untersuchungsergebnisse des Kapitels A des zweiten Teils lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die vor dem Hintergrund der zahlreichen wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen zu vermutende Methodenvielfalt ist in Wirklichkeit nicht gegeben. Die meisten wertorientierten Konzepte – drei zentrale Ansätze wurden in dieser Arbeit unter483

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.89 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.90 485 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.77 484

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

185

sucht – unterstellen das DCF-Verfahren als das theoretisch korrekte Kalkül. Damit weisen auch alle Ansätze einen zum DCF-Verfahren ähnlichen Wertbeitrag aus. Beim DCF-Verfahren erfolgt die Berücksichtigung des Risikos über den Kalkulationszinssatz. Die Höhe des Kalkulationszinssatzes wird maßgeblich von den Eigenkapitalkosten beeinflusst, die üblicherweise über das CAPM ermittelt werden. Eine Beurteilung inwiefern das DCF-Verfahren und damit auch die wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen in der Lage sind eine integrierte Rendite-/Risikobeurteilung eines Geschäftsbereichs vorzunehmen, erfordert damit zwingend eine nähere Untersuchung des CAPM. Im Anschluss an die Analyse des CAPM,486 findet eine abschließende kritische Würdigung der wertorientierten Konzepte zur Geschäftsbereichsbeurteilung statt.487

486 487

vgl. 2. Teil:B vgl. 2. Teil:C.I

186

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

B. DAS CAPM ZUR RISIKOERFASSUNG VON GESCHÄFTSBEREICHEN Von den meisten Autoren der wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen wird die Risikoerfassung mithilfe des CAPM nicht problematisiert. Das CAPM wird als gängiger Ansatz zur Ableitung der Eigenkapitalkosten angesehen und damit praktisch kritiklos übernommen. Auch eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Herleitung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze unterbleibt häufig. Das vorliegende Kapitel nimmt eine ausführliche Analyse des CAPM zur Rendite-/Risikoerfassung von Geschäftsbereichen vor. Im ersten Abschnitt (2. Teil:B.I) werden die Grundzüge des CAPM vorgestellt. Die Ausführungen konzentrieren sich hierbei auf das CAPM in seiner ursprünglichen Form, als Erklärungsmodell für das Anlageverhalten von Investoren am Kapitalmarkt. Der Grundlagenteil dient insbesondere dazu, die zahlreichen Prämissen des CAPM zu verdeutlichen. Die Analyse des restriktiven Prämissenkatalogs bildet den Ausgangspunkt des zweiten Abschnitts, der Diskussion der allgemeinen Problemfelder des CAPM (2. Teil:B.II). Im dritten Abschnitt wird dann das Modell vor dem Hintergrund der Geschäftsbereichsbeurteilung ausführlich kritisch gewürdigt (2. Teil:B.III). Es werden somit zunächst die grundsätzlichen Probleme des Modells diskutiert. Daran anschließend werden die zusätzlichen, spezifischen Probleme analysiert, die sich bei einer Anwendung des CAPM zur Geschäftsbereichsbeurteilung ergeben.

I.

Grundzüge des Capital Asset Pricing Models

Das Capital Asset Pricing Model (CAPM) geht auf die Artikel von Sharpe488, Lintner489 und Mossin490 aus den 1960er Jahren zurück. Dieses Modell baut im Kern auf der Portfoliotheorie von Markowitz auf. Folglich wird zunächst auf das Modell von Markowitz eingegangen, bevor im Anschluss daran mit der Kapitalmarktlinie und der Wertpapierlinie die Erkenntnisse des CAPM präsentiert werden.491

488

vgl. Sharpe, 1964 vgl. Lintner, 1965 490 vgl. Mossin, 1966 491 vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.282 489

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

1.

187

Portfoliotheorie von Markowitz als Grundlage des CAPM

Im Zentrum der Portfoliotheorie von Markowitz492 steht die Fragestellung, wie Investoren ihr Portfolio aus risikobehafteten Wertpapieren zusammenstellen.493 Das Modell von Markowitz sowie das daraus abgeleitete CAPM bezogen sich ursprünglich lediglich auf Aktivitäten von Investoren am Geld- und Kapitalmarkt. Die Übertragung auf die Bewertung von Unternehmen, Geschäftsbereichen und Investitionen erfolgte erst später. Für den Prozess der Portfolio-Bildung wird eine Reihe von Annahmen unterstellt:494 ƒ Investoren legen ihrer Entscheidung einen Betrachtungszeitraum von einer Periode zugrunde (Zweizeitpunktmodell). ƒ Investoren sind risikoscheu und treffen die Anlageentscheidung nach Erwartungswert und Standardabweichung. Die Renditen der Wertpapiere sind normalverteilt.495 ƒ Investoren handeln rational, d. h. bei gleichem Risiko wird die Position mit der höheren erwarteten Rendite bzw. bei gleicher erwarteter Rendite wird die Position mit dem geringeren Risiko bevorzugt. ƒ Steuern und Transaktionskosten existieren nicht.

Aufgrund der unterstellten Risikoaversion der Investoren, spielt bei der Portfoliobildung der Effekt der Risikoreduktion durch geeignete Zusammenstellung von Wertpapieren eine wichtige Rolle. Die Idee der Risikodiversifikation existierte schon lange vor der modernen Kapitalmarkttheorie. Während Diversifikationseffekte jedoch eher qualitativ, wie beispielsweise durch den Spruch „don’t put all your eggs in one basket“, Berücksichtigung fanden, ist es Markowitz gelungen, ein formales Modell zur Portfoliobildung unter Berücksichtigung von Risikoverbundeffekten zu entwickeln. Auf das Phänomen des Diversifikationseffektes sowie dessen Erfassung mithilfe von Korrelationskoeffizienten wurde bereits intensiv in Kapitel B.II.1 des ersten Teils eingegangen. Zur Erläuterung des Modells von Markowitz wird zunächst der einfache Fall betrachtet, dass lediglich zwei Wertpapiere A und B zur Portfoliobildung zur Verfügung stehen. Der Erwartungswert, die Standardabweichung sowie der Korrelationskoeffizient der beiden Wertpapiere lassen sich Abbildung 56 entnehmen.

492

vgl. Markowitz, 1952 vgl. Nippel, 1996, S.106 494 vgl. Drukarczyk, 1993, S.226 495 vgl. Rolfes, 2003, S.30 493

188

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Wertpapier A

Wertpapier B

Erwartete Rendite

10%

3%

Standardabweichung

13%

8%

Korrelationskoeffizient

- 0,5

Abbildung 56: Daten des Beispielfalls

Für den Investor stellt sich die Frage, wie er sein Portfolio, bestehend aus Wertpapier A und B, zusammenstellen soll, d.h. es gilt den Anteil von Wertpapier A und Wertpapier B am Portfolio zu bestimmen. In Abbildung 57 sind alle möglichen Rendite-Risiko-Positionen dargestellt, die ein aus Wertpapier A und Wertpapier B bestehendes Portfolio annehmen kann. Das mit Punkt A gekennzeichnete Portfolio besteht lediglich aus Wertpapier A, d.h. der Anteil des Wertpapiers A am Portfolio beträgt 100% (wA=1). Wird der Anteil des Wertpapiers B am Portfolio langsam erhöht (01), sind die Wertpapierrenditen riskanter als der Marktindex.567 Bei dieser Art der E-Ermittlung auf Basis historischer Daten wird unterstellt, dass die Daten der Vergangenheit den besten Schätzer für die Zukunft darstellen. Untersuchungen zeigen, dass diese Annahme nicht immer gerechtfertigt ist. Gerade bei wachstumsstarken, innovationsgetriebenen Unternehmen lässt sich eine große Instabilität der E-Werte im Zeitablauf beobachten.568 Ebenso wird sich der EFaktor einer Unternehmung ändern, wenn neue Geschäftsfelder mit anderem Risikoprofil erschlossen werden. Historische Beta-Schätzungen erhalten deshalb oftmals Anpassungen, um die Aussagekraft als Schätzer für die Zukunft zu verbessern.569 Ein sehr einfacher Ansatz zur Modifikation historischer E-Faktoren stellt das angepasste-E von Merrill Lynch dar. Grundlage dieser Anpassung ist die Beobachtung, dass sich das E einer Unternehmung über die Laufzeit dem Wert 1 annähert. Eine Erklärungsmöglichkeit dieses Phänomens ist, dass in einer frühen Phase des Unternehmens nur ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung angeboten wird und die Unternehmung im Vergleich zu etablierten Unternehmen wesentlich unkonventioneller geführt wird. Im Laufe der Jahre bauen die meisten Unternehmen eine diversifizierte Produktpalette auf und richten die Unternehmensführung an gängigen Standards aus. Der E-Faktor nähert sich letztlich dem allgemeinen Marktrisiko (E=1) an. Merrill Lynch nimmt nun eine ganz einfache Adjustierung vor, indem der auf der Basis historischer Daten ermittelte E-Wert mit zwei Drittel und die 1 mit einem Drittel gewichtet werden:570 ȕ angepasst

2 1 ˜ ȕ Re gression  ˜ 1 3 3

Unabhängig davon, ob das E aus der Regressionsanalyse größer oder kleiner 1 ist, wird sich das angepasste E dem Wert 1 annähern. Liegt beispielsweise das Regressions-Beta bei 1,32 so ergibt sich der (angepasste) E-Faktor zu 1,21

566

vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.276 vgl. Schlosser, 1992, S.233 vgl. Schäfer/Schässburger, 2001a, S.89 569 vgl. Hachmeister, 1995, S.186 570 vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.295f 567 568

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

209

2 1 ˜ 1,32  ˜ 1 ). Die Ermittlung des angepassten E-Faktor kann lediglich eine 3 3 pauschale Näherungslösung darstellen. So ist selbstverständlich vorstellbar, dass eine Unternehmensführung beschließt in Zukunft in risikoreichere Geschäftsfelder zu investieren. In diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich der E-Faktor erhöht.

(

Es zeigt sich, dass die Bestimmung der Inputparameter des CAPM-Modells einige Schwierigkeiten bereitet. Festzuhalten bleibt insbesondere, dass die Inputparameter in der Praxis regelmäßig auf der Basis von Vergangenheitsdaten abgeleitet werden.

3.

Empirische Validierung des CAPM

Das CAPM wurde in der Vergangenheit in zahlreichen Tests empirisch überprüft. Das Hauptproblem dieser Tests ist, dass es sich beim CAPM um ein EinperiodenModell handelt, das in zukünftigen erwarteten Größen formuliert ist. Da die Erwartungswerte der Wertpapierrenditen nirgends zu beobachten sind, greifen die Tests auf historische Daten zurück.571 Damit unterstellen die empirischen Untersuchungen implizit, dass sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Renditen eines Wertpapiers über die Zeit nicht wesentlich ändert.572 Ausgangspunkt der meisten empirischen Untersuchungen zum CAPM ist die bereits vorgestellte Wertpapiergleichung: E(ri )

rf  (E (rM )  rf ) ˜ ȕ i

Aus dieser Gleichung lassen sich nachfolgende drei Hypothesen ableiten:573 ƒ Die erwartete Rendite eines risikobehafteten Wertpapiers ist eine lineare Funktion des dazugehörigen E-Faktors. ƒ Mithilfe des E-Faktors lässt sich das Risiko eines riskanten Finanztitels vollständig beschreiben. Für die Übernahme unternehmensspezifischer Risiken kann kein zusätzlicher Ertrag erwartet werden. ƒ Höhere Risiken führen zu höheren erwarteten Renditen. Die Marktrisikoprämie ist positiv.

Ein Überblick über die zahllosen Tests soll an dieser Stelle nicht gegeben werden. Lediglich auf einige wichtige Erkenntnisse soll eingegangen werden. Insbesonde571

vgl. Stoimenov/Wilkens, 2005, S.270 vgl. Haugen, 2001, S.236 573 vgl. Kruschwitz, 2002, S.201 572

210

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

re die frühen empirischen Untersuchungen der 1970er Jahre konnten die Hypothesen der Wertpapierlinie recht gut bestätigen.574 Zentrale Ergebnisse der frühen Tests lassen sich wie folgt zusammenfassen:575 ƒ Es lässt sich eine signifikant positive Beziehung zwischen den erzielten Erträgen und dem systematischen Risiko, gemessen über den E-Koeffizienten, nachweisen. Die durchschnittliche Marktrisikoprämie liegt jedoch gewöhnlich unter der von dem CAPM vorhergesagten. ƒ Die Beziehung zwischen Rendite und Risiko scheint linear zu sein. ƒ Untersuchungen, die versuchten den Einfluss von systematischen und unsystematischen Risiken auf die erwartete Rendite nachzuweisen, führten zu keinem eindeutigen Ergebnis.

Jüngere Untersuchungen lassen erhebliche Zweifel an den Hypothesen des CAPM aufkommen. Insbesondere der lineare Zusammenhang zwischen Durchschnittsrendite und systematischem Risiko konnte nicht bestätigt werden.576 Besondere Aufmerksamkeit erlangte die Studie von Fama und French, die das CAPM als Erklärung für die Realität verwirft.577 Viele Autoren können neben dem E-Faktor weitere Einflussgrößen auf die Renditeerwartung nachweisen. Zu nennen sind beispielsweise die Unternehmensgröße, die Markt-BuchwertRelation, das Kurs-Gewinn-Verhältnis und der Verschuldungsgrad.578 Viel beachtet ist ebenfalls die Studie von Roll, in der die Testbarkeit des CAPM grundsätzlich in Frage gestellt wird.579 Roll behauptet, dass dem CAPM nur eine einzige testbare Hypothese zugrunde liegt, nämlich ob das Marktportfolio auf dem effizienten Rand des Markowitz-Modells liegt.580 Alle weiteren Hypothesen folgern aus der Rendite-Risiko-Effizienz des Marktportfolios. Da die Ermittlung des tatsächlichen Marktportfolios in der Praxis jedoch unmöglich ist, wird auch niemals eine empirische Überprüfung des CAPM stattfinden können.581 Die Verwendung eines Teilmarktportfolios (z.B. ein Aktienindex) als Stellvertreter für das Marktportfolio weist die folgenden Probleme auf: Einerseits kann der Stellvertreter für das Marktportfolio nach Rendite-Risiko-Gesichtspunkten effizient sein, während es das tatsächliche Marktportfolio nicht ist. Andererseits muss ein 574

große Übereinstimmung der Testergebnisse mit dem empirischen Modell konnte beispielsweise die Studie von Black, Jensen und Scholes aufzeigen: vgl. Black/Jensen/Scholes, 1972 575 vgl. Fabozzi/Modigliani/Jones, 2003, S.153 576 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.282 577 vgl. Fama/French, 1992; Fama/French, 2004 578 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.275; Hachmeister, 1995, S.189 579 vgl. Roll, 1977 580 vgl. Fabozzi/Modigliani/Jones, 2003, S.154 581 vgl. Haugen, 2001, S.242

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

211

ineffizientes Teilportfolio nicht zwangsweise auch ein ineffizientes Marktportfolio nach sich ziehen.582 Den Teilmarktportfolios kommt damit grundsätzlich eine geringe Aussagekraft zu.583 Ein Resümee zur empirischen Validierung des CAPM fällt schwer. Es liegen zahlreiche widersprüchliche Untersuchungen in der Literatur vor. Darüber hinaus wird die grundsätzliche Testbarkeit des CAPM in Frage gestellt. Eine generelle Ablehnung oder Akzeptanz auf der Grundlage empirischer Untersuchungen lässt sich nicht treffen. Das vorliegende Kapitel hat verdeutlicht, dass das CAPM eine ganze Reihe von Schwachpunkten besitzt. Hierbei sind insbesondere die sehr restriktiven Prämissen, die Probleme bei der Schätzung der Inputparameter sowie die empirische Validierung des Modells zu nennen. Über diese allgemeinen Problemfelder hinaus lassen sich noch eine Reihe weiterer Schwachpunkte feststellen, wenn das CAPM nicht auf Wertpapiere sondern auf Geschäftsbereiche angewendet wird. Das nachfolgende Kapitel widmet sich der Untersuchung des CAPM zur Geschäftsbereichsbeurteilung.

III. Das CAPM zur Geschäftsbereichssteuerung Im vorangehenden Kapitel wurde auf die allgemeinen Problemfelder des CAPM eingegangen. Wird das CAPM nun zur Geschäftsbereichsbeurteilung eingesetzt, so ergeben sich eine Reihe zusätzlicher Probleme, die im Folgenden untersucht werden.

1.

Differenzierte vs. undifferenzierte Kalkulationszinssätze

Die Geschäftsbereiche eines Unternehmens zeichnen sich in der Regel durch deutlich unterschiedliche Risikostrukturen aus. Um den Wert eines Geschäftsbereichs korrekt zu ermitteln, müssen folglich auch risikoangepasste, geschäftsbereichsspezifische Kalkulationszinsfüße zur Anwendung kommen. Eine Differenzierung des E-Faktors zur Bestimmung von Risikoprämien für Geschäftsbereiche ist in der Praxis jedoch selten zu beobachten. Eine Studie aus dem Jahr 2003 belegt, dass die überwiegende Anzahl börsennotierter Unternehmen (60%) keine differenzierten E-Faktoren unterstellt, d.h. es werden für die Geschäftsbereiche unternehmenseinheitliche E-Faktoren angesetzt.584 Die sich dar582

vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.419f vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.283 584 vgl. Aders/Hebertinger, 2003, S.21 583

212

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

aus ergebenden negativen Konsequenzen für ein Unternehmen sind gravierend. Abbildung 65 verdeutlicht die Ursachen möglicher Fehlsteuerungen.

E(r) SML C ǻE (rC2 )

ǻE(rC1 )

E(rU)

B

II

A

I rf E EU Abbildung 65: Probleme undifferenzierter Kapitalkosten585

In obenstehender Abbildung ist die Wertpapierlinie (SML) des CAPM dargestellt. Darüber hinaus ist für ein Beispielunternehmen dessen Unternehmensbeta EU eingetragen. Mithilfe des Unternehmens-E, welches auch als das durchschnittliche Risiko aller Geschäftsbereiche interpretiert werden kann, lassen sich über die Wertpapierlinie die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber ablesen (E(rU)). Bei der Verwendung undifferenzierter Kapitalkosten ist diese Renditeforderung von jedem Beobachtungsobjekt mindestens zu erzielen, um einen Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen. Die Verwendung eines undifferenzierten Kapitalkostensatzes kann sowohl für bereits bestehende Geschäftsbereiche als auch für Investitionen in neue Geschäftsfelder massive Fehlsteuerungen zur Folge haben. Zunächst wird der Fall betrachtet, dass eine Unternehmung über die Investition in ein neues Geschäfts-

585

vgl. Schlosser, 1992, S.239

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

213

feld entscheiden muss. Die Verwendung eines durchschnittlichen Kapitalkostensatzes resultiert in folgenden zwei Problemen:586 ƒ Fehlentscheidungen werden zum einen bei allen Geschäftsbereichen getroffen, die in dem schraffierten Feld I in Abbildung 65 liegen (z.B. Geschäftsbereich A). Die in diesem Feld liegenden Geschäftsbereiche unterschreiten die geforderte Mindestverzinsung in Höhe von E(rU). Damit wird eine Wertvernichtung signalisiert und eine Investition in diese Geschäftsbereiche sollte unterbleiben. Diese Betrachtungsweise vernachlässigt jedoch die Tatsache, dass alle Geschäftsbereiche im Feld I ein unterdurchschnittliches Risiko aufweisen. Folglich darf an diese Geschäftsbereiche auch nur ein geringerer Renditeanspruch erhoben werden. Nur die Wertpapierlinie stellt den fairen Rendite-RisikoMaßstab dar. ƒ Anders sieht es bei den Rendite-Risiko-Kombinationen im schraffierten Feld II aus (z.B. Geschäftsbereich B). Geschäftsbereiche in diesem Feld überschreiten allesamt die durchschnittlichen Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber, nicht jedoch die Wertpapierlinie. Nach der undifferenzierten Vorgehensweise ist eine Investition in die Geschäftsbereiche des Feldes II lohnend, da mit diesen eine Wertschaffung verbunden ist.

Die Konsequenzen einer undifferenzierten Risikobeurteilung von Geschäftsbereichen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Geschäftsbereiche des Feldes I werden fälschlicherweise abgelehnt, womit das Unternehmen die Chance einer Wertsteigerung verpasst. Darüber hinaus werden alle Geschäftsbereiche des Feldes II fälschlicherweise akzeptiert. Durch die Investition in einen Geschäftsbereich des Feldes II erhöht sich das Gesamtunternehmensrisiko. Die Eigenkapitalgeber reagieren auf das gestiegene Unternehmens-E mit gestiegenen Renditeforderungen gemäß der Wertpapierlinie. Der neue Geschäftsbereich aus dem Feld II lässt jedoch keine Rendite erwarten, welche die steigenden Renditeforderungen der Kapitalgeber befriedigen könnte. Damit liegt die Situation gestiegener Kapitalkosten bei gleichzeitig zu geringem Renditewachstum vor. Ein reduzierter Unternehmenswert ist die Folge. Da Investitionen in risikoärmere Geschäftsbereiche des Feldes I abgelehnt und Investitionen in risikoreichere Geschäftsbereiche des Feldes II akzeptiert werden, kommt es tendenziell zu einem gestiegenen Unternehmensrisiko und damit zu einer zunehmenden Wertschaffungshürde. Die Konsequenz ist, dass die Fläche des Feldes I zunimmt. Für das Unternehmen wird es dann immer schwieriger, risikoarme Geschäftsbereiche zu betreiben, da diese im Verhältnis zum Risiko ein 586

vgl. Kruschwitz/Milde, 1996, S.1117

214

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

enormes Ertragspotential aufweisen müssen, um die Wertschaffungshürde zu übertreffen. Auch bei der Bewertung bereits bestehender Geschäftsbereiche treten bei einem undifferenzierten Kapitalkostensatz gravierende Probleme auf und zwar unabhängig davon, ob diese Geschäftsbereiche innerhalb der Felder I oder II liegen. Wird beispielsweise Geschäftsbereich C betrachtet, so schafft dieser Geschäftsbereich sowohl nach dem differenzierten als auch nach dem undifferenzierten Kapitalkostensatz einen Wertbeitrag für das Unternehmen. Allerdings unterscheidet sich das Ausmaß der Wertschaffung. Der durchschnittliche Kapitalkostensatz wird von Geschäftsbereich C deutlich überschritten. Bei Verwendung des undifferenzierten Kapitalkostensatz wird folglich ein Renditeüberschuss in Höhe von ǻE (rC1 ) ausgewiesen. Die differenzierte Betrachtungsweise zeigt jedoch, dass die tatsächliche Wertschaffung deutlich geringer ist. So beträgt die erwartete Über-

rendite im Beispiel lediglich ǻE (rC2 ) . Stellt der Renditeüberschuss die Grundlage einer Kapitalallokation dar, so können hieraus gravierende Fehlentscheidungen resultieren. Lediglich in einem Fall ist die Verwendung des Unternehmens-E zur Geschäftsbereichsbeurteilung zu akzeptieren, nämlich dann, wenn der zu beurteilende Geschäftsbereich exakt die Risikostruktur der Gesamtunternehmung aufweist. Diese Situation wird allerdings nur in den seltensten Fällen vorliegen.587 In der CAPM-Welt lässt sich ein Geschäftsbereich ebenfalls anhand seiner Rendite-Risiko-Relation beurteilen. Vergleichbar den risikoadjustierten Performancekennzahlen lässt sich eine Ertragsgröße in Relation zur Risikokenngröße setzen:588 Re ndite  Risiko  Re lation i

E (ri )  rf ȕi

Die Rendite-Risiko-Relation des Geschäftsbereichs i ergibt sich aus der Division seiner Überrendite (E(ri)-rf) und seines Betafaktors Ei. Die Verwendung der erwarteten Überrendite (E(r)-rf) anstelle der erwarteten Rendite E(r) eines Geschäftsbereichs bringt den Vorteil mit sich, dass die Wertpapierlinie im Ursprung des Rendite-Risiko-Diagramms beginnt:

587 588

vgl. Drukarczyk, 1993, S.265 vgl. 1. Teil:C.I

215

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

E(r)-rf SML C

B

E(rM)-rf

A

M

EM

E

Abbildung 66: Rendite-Risiko-Kennzahlen im CAPM

Die Wertpapierlinie (SML) stellt die Benchmark zur Rendite-/Risikobeurteilung von Geschäftsbereichen dar. Die Geschäftsbereiche sollten mindestens eine RelaE (rM )  rf aufweisen, ansonsten tragen sie nicht zur Werttion in Höhe von ȕM schaffung im Unternehmen bei. In Abbildung 66 sind beispielhaft drei Geschäftsbereiche eingezeichnet. Die Geschäftsbereiche A und C weisen eine höhere Rendite-Risiko-Relation als das Marktportfolio auf und überschreiten damit die Benchmark. Demgegenüber besitzt Geschäftsbereich B eine zu niedrige RenditeRisiko-Relation und signalisiert damit eine Wertvernichtung. Die Linien vom Koordinatenursprung durch die Geschäftsbereiche repräsentieren Kombinationen mit gleicher Rendite-Risiko-Relation. Je steiler die Gerade ist, umso höher ist die Rendite-Risiko-Relation und umso vorteilhafter ist der Geschäftsbereich. Die Problematik von Relationskennzahlen wurde bereits im Rahmen des RAROC besprochen: Eine Relation als Entscheidungskriterium zeigt zwar an, ob ein Wert geschaffen wird oder nicht. Wie hoch der wertschaffende Beitrag ausfällt, wird jedoch nicht ersichtlich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ermittlung differenzierter Kapitalkosten von zentraler Bedeutung für die Unternehmenssteuerung ist. Die Verwendung eines einheitlichen, undifferenzierten Kapitalkostensatzes zur Geschäftsbereichsbeurteilung bringt gravierende Fehlsteuerungen mit sich. Umso verwunder-

216

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

licher ist die Tatsache, dass die meisten Unternehmen nach wie vor auf die Verwendung differenzierter Kapitalkosten verzichten.

2.

Bestimmung der geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten

Das vorangehende Kapitel hat gezeigt, dass eine effektive Geschäftsbereichssteuerung die Bestimmung der differenzierten Kapitalkosten voraussetzt. Im Folgenden wird die Bewertung eines Geschäftsbereichs auf der Basis eines geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkostensatzes vorgestellt. Vereinfachend wird hierbei von einer vollständigen Eigenfinanzierung des Geschäftsbereichs ausgegangen.589 Gemäß der Gleichgewichtsrendite des CAPM ergibt sich die von einem Geschäftsbereich geforderte Rendite gemäß der bereits bekannten Formel zu: E (ri )

mit: ȕ i

rf  (E (rM )  rf ) ˜ ȕ i cov(ri , rM ) ı(rM ) 2

Eine Bewertung des Geschäftsbereichs erfordert ebenfalls die Ermittlung der erwarteten Rendite. Überschreitet die erwartete Rendite die gemäß des CAPM geforderte Rendite, so wird ein Wert geschaffen und der Geschäftsbereich ist als vorteilhaft zu beurteilen. Anhand eines Beispiels soll die Geschäftsbereichsbeurteilung verdeutlicht werden. Für die wirtschaftliche Entwicklung werden im Beispiel drei mögliche Szenarien unterstellt, nämlich ein konjunktureller Boom, eine normale Wirtschaftsentwicklung und eine Depression.590 Abbildung 67 stellt die Prognose der Marktrendite in Abhängigkeit der drei Umweltzustände dar: Zustand zi

Wahrscheinlichkeit pz

Marktrendite rM,z

z1 (Boom)

0,3

10%

z2 (normale Wirtschaftsentwicklung)

0,5

5%

z3 (Depression)

0,2

-2%

Abbildung 67: Prognose der Marktrendite

589

eine Erweiterung auf den Fall der teilweisen Fremdfinanzierung: vgl. Kruschwitz, 2002, S.264ff, Drukarczyk, 1993, S.266ff 590 vgl. Kruschwitz, 2002, S.258

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

217

Auch für den Geschäftsbereich wird die Renditeentwicklung in Abhängigkeit der möglichen Umweltsituationen geschätzt (Abbildung 68): Zustand zi

Wahrscheinlichkeit pz

Rendite des Geschäftsbereichs ri,z

z1

0,3

50%

z2

0,5

20%

z3

0,2

-10%

Abbildung 68: Prognose der Rendite des Geschäftsbereichs

Der in dem Beispiel gewählte Ansatz, dass diskrete, zukünftige Umweltkonstellationen unterstellt werden, ist nicht unproblematisch. Bei der Diskussion der Prämissen des CAPM wurde herausgestellt, dass entweder von normalverteilten Renditen oder quadratischen Nutzenfunktionen der Investoren auszugehen ist.591 Entweder man gibt sich mit der problematischen Annahme quadratischer Nutzenfunktionen ab oder man muss sich „in die Vorstellung flüchten, dass sich stetige Verteilungen in geeigneter Weise diskretisieren lassen.“592 Aus der (diskreten) Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktrendite lassen sich der Erwartungswert und die Standardabweichung berechnen, welche für die Ableitung der Renditeforderung benötigt werden: E (rM )

3

¦ p z ˜ rM, z 0,3 ˜ 0,1  0,5 ˜ 0,05  0,2 ˜ (0,02) 0,051

z 1 3

¦ p z ˜ (E(rM )  rM,z ) 2

ıM

z 1

0,3 ˜ (0,051  0,1) 2  0,5 ˜ (0,051  0,05) 2  0,2 ˜ (0,051  (0,02)) 2

0,04158

Darüber hinaus wird der Erwartungswert der Geschäftsbereichsrendite benötigt: E(ri )

3

¦ p z ˜ ri, z 0,3 ˜ 0,5  0,5 ˜ 0,2  0,2 ˜ (0,1) 0,23

z 1

Das zur Bestimmung der Risikoprämie relevante Risiko stellt in der CAPM-Welt das systematische Risiko, gemessen über die Kovarianz zwischen Geschäftsbereichsrendite und Marktrendite, dar. Die Kovarianz berechnet sich wie folgt: 591 592

vgl. 2. Teil:B.II.1 Kruschwitz, 2002, S.258

218

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

cov(ri , rM )

3

¦ p z ˜ (ri, z (E(ri )) ˜ (rM, z  E(rM ))

z 1

Basierend auf den unterstellten Renditeverteilungen und den entsprechenden Erwartungswerten lässt sich die Kovarianz gemäß Abbildung 69 berechnen: Zustand

pz

ri,z

ri,z-E(ri)

rM,z

rM,z-E(rM)

pz(ri,z-E(ri))(rM,z-E(rM))

z1 z2 z3

0,3 0,5 0,2

0,50 0,20 -0,10

0,27 -0,03 -0,33

0,1 0,05 -0,02

0,049 -0,001 -0,071

0,0040 0,0000 0,0047

Cov(ri,rM)

0,0087

Abbildung 69: Berechnung der Kovarianz

Wird nun noch ein risikoloser Zinssatz in Höhe von 3% für die kommende Periode unterstellt, so sind alle Inputfaktoren zur Ermittlung der geforderten Kapitalkosten gegeben: E (ri )

rf  (E (rM )  rf ) ˜

cov(ri , rM ) ı(rM )

2

0,03  (0,051  0,03) ˜

0,0087 0,04158 2

0,1357

Nach dem CAPM liegen die erwarteten Renditeforderungen für den Geschäftsbereich bei 13,57%. Zur Beurteilung des Geschäftsbereichs muss die geforderte Rendite mit der erwarteten Rendite verglichen werden. Für den Geschäftsbereich ergibt sich eine erwartete Rendite von 23%. Die geforderte Rendite wird damit deutlich übertroffen. Der Geschäftsbereich lässt folglich eine positive Überrendite in Höhe von 9,43% erwarten. Damit signalisiert der Geschäftsbereich eine Wertgenerierung. Das Geschäftsbereichs-E beträgt

0,0087

5,0321 und deutet damit im Ver0,041582 gleich zur Marktrendite auf eine deutlich ausgeprägtere Renditeschwankung hin. Abbildung 70 veranschaulicht die Zusammenhänge graphisch:

219

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

E(r) 0,23

Überrendite = 0,0943

SML 0,1357

0,051

E(rM)-rf

0,03

E 0

1

5,0321

Abbildung 70: Die Überrendite des Geschäftsbereichs593

An dieser Stelle sei noch einmal auf die spezifische Risikoerfassung des CAPM hingewiesen. Bei der Ableitung der Renditeforderung wird lediglich das Marktrisiko eines Geschäftsbereichs berücksichtigt. Es wird also nur der Risikoteil in die Beurteilung integriert, der auf allgemeine Einflüsse zurückzuführen ist.594 Die Frage, wie sich ein Geschäftsbereich in das Portfolio der übrigen Geschäftsbereiche einer Unternehmung einfügt, wird nicht gestellt. Die Betrachtungsweise richtet sich ausschließlich an einem Investor aus, der bereits ein perfekt diversifiziertes Portfolio besitzt. Das CAPM bestimmt die Rendite, die ein rationaler Investor erwarten müsste, wenn er den Geschäftsbereich als eigenständiges Objekt in sein bereits bestehendes Portfolio integriert. Auf die Probleme für die Geschäftsbereichssteuerung, die mit einer derartigen Sichtweise zusammenhängen, wird noch einmal im Rahmen der kritischen Würdigung des CAPM eingegangen.595 Darüber hinaus soll das Beispiel auf einen weiteren wichtigen Schwachpunkt des Ansatzes hinweisen. Die Ableitung der Renditeforderung stellt hohe Ansprüche 593

vgl. Rolfes, 2003, S.44 vgl. Rolfes, 2003, S.38 595 vgl. 2. Teil:B.III.4 594

220

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

an die Prognosefähigkeit eines Unternehmens. So muss sowohl die zukünftige Entwicklung der Marktrendite, als auch die zukünftige Entwicklung der Geschäftsbereichsrendite bestimmt werden. Insbesondere die Frage, welche Renditeentwicklung für das Marktportfolio in der nächsten Periode zu erwarten ist, wird von einem Unternehmen in der Regel nur sehr schwer zu beantworten sein. Diese Problematik verschärft sich, wenn ein Geschäftsbereich mit mehrperiodiger Nutzungsdauer betrachtet wird. Die in der Literatur vorgeschlagenen Mehrperiodenmodelle erfordern dann die Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Marktrendite über die gesamte Nutzungsdauer.596 Die Prognoseproblematik der Inputparameter hat zur Folge, dass in der Praxis durchgängig vereinfachte Verfahren zur Ableitung der geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten Anwendung finden. Das folgende Kapitel stellt einige zentrale Ansätze vor.

3.

Praxis-Ansätze zur Ableitung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze

In der Praxis werden die geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten häufig mithilfe eines Analogieschlusses abgeleitet.597 Die Idee dieses Ansatzes ist es, EWerte für Geschäftsbereiche von börsennotierten Unternehmen zu übernehmen, die eine vergleichbare Risikostruktur besitzen. Dabei macht man sich den Vorteil zunutze, dass das E eines börsennotierten Unternehmens verhältnismäßig einfach über das Marktmodell bestimmt werden kann. Das Marktmodell nutzt die historische Renditeentwicklung der Unternehmung zur Ableitung der E-Faktoren.598 Für börsennotierte Unternehmen ist die Bestimmung der vergangenen Renditen kein Problem, anders sieht dies jedoch für Geschäftsbereiche aus. Anteile von Geschäftsbereichen werden üblicherweise nicht an Kapitalmärkten gehandelt.599 Gelingt es ein vergleichbares Unternehmen am Kapitalmarkt zu finden, welches eine zu dem bewertenden Geschäftsbereich ähnliche Risikostruktur aufweist, so ergibt sich jedoch eine weitere Problematik: Der über die Aktienkursrendite gewonnene E-Faktor, auch als Eigenkapital-E bezeichnet, misst das systematische Risiko des Eigenkapitals eines verschuldeten Vergleichsunternehmen.600 Damit erfasst der E-Faktor neben dem leistungswirtschaftlichen Risiko (Geschäftsrisiko) auch das Finanzierungsrisiko. Die Gestaltung der Kapitalstruktur beeinflusst 596

vgl. Kruschwitz, 2002, S.272ff; Drukarczyk, 1993, S.280ff vgl. Dirrigl, 2004, S.109 vgl. 2. Teil:B.II.2 599 vgl. Drukarczyk, 1993, S.288 600 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.372 597 598

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

221

damit maßgeblich die Höhe des Eigenkapital-E. Wird beispielsweise der Fremdkapitalanteil am Gesamtkapital erhöht, so wird das systematische Risiko auf weniger Eigenkapital verteilt und das Eigenkapital-E steigt.601 Nur wenn das Unternehmen vollständig eigenfinanziert wird, misst der über die Aktienkursrendite gewonnene E-Faktor das reine Geschäftsrisiko, welches als Asset-E bezeichnet wird. Nachfolgende Beziehung zwischen vollständig eigenfinanzierten und teilweise fremdfinanzierten Unternehmen lässt sich aufstellen:602 ȕ Asset

ȕ EK ˜

mit: EAsset EEK EFK EK FK GK

= = = = = =

EK FK  ȕ FK ˜ GK GK

E-Faktor des Geschäftsrisikos Eigenkapital-E Fremdkapital-E Eigenkapital zu Marktwerten Fremdkapital zu Marktwerten Gesamtkapital zu Marktwerten

Das Asset-E ergibt sich als gewichtetes Mittel des Eigen- und des FremdkapitalE. Üblicherweise wird die Annahme getroffen, dass das Fremdkapital risikolos ist.603 Dann vereinfacht sich die Formel zu: ȕ Asset

ȕ EK ˜

EK GK

ȕ EK ˜

1 FK 1 EK

ȕ EK ˜

1 1 V

mit: V = Verschuldungsgrad Der Unterschied zwischen dem Eigenkapital- und dem Asset-E besteht lediglich im Verschuldungsgrad der Unternehmung. Liegt ein Verschuldungsgrad von Null vor, d.h. die Unternehmung ist vollständig eigenfinanziert, so stimmen die beiden Risikomaße gerade überein.604 Diese Formel kann nun dazu verwendet werden den Kapitalstruktur-Effekt, der aus dem unterschiedlichen Verschuldungsgrad von Vergleichsunternehmen und zu bewertendem Geschäftsbereich resultiert, zu beheben. Üblicherweise kommt ein zweistufiges Verfahren zur Anwendung:

601

vgl. Herter, 1995, S.102 vgl. Serfling/Marx, 1990b, S.426 vgl. Schlosser, 1992, S.254; Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.372 604 Die Formel kann ebenfalls um den Steuereffekt der Fremdfinanzierung ergänzt werden: vgl. Serfling/Marx, 1990b, S.427; Herter, 1995, S.103 602 603

222

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

ƒ Zunächst wird das Asset-E aus dem Vergleichsunternehmen bestimmt. Dazu gilt es, die Kenngrößen des Vergleichsunternehmens (gekennzeichnet durch den Index V) in die gerade hergeleitete Formel einzusetzen: ȕ Asset

ȕV ˜ EK

1 1

FK V EK V

ƒ In einem zweiten Schritt wird das Eigenkapital-E des Geschäftsbereichs bestimmt. Dazu ist die Formel nach dem Eigenkapital-E aufzulösen und mit den Kenngrößen des zu bewertenden Geschäftsbereichs (gekennzeichnet durch den Index G) zu belegen. Da das Vergleichsunternehmen unter der Voraussetzung eines gleichen operativen Risikos gewählt wird, lässt sich das im ersten Schritt ermittelte Asset-E in die Formel einsetzen:

ȕG EK

ȕ Asset ˜ (1 

FK G EK G

)

Zur Ermittlung der geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten wird der ermittelte E-Faktor anschließend in die Formel des gewichteten Kapitalkostensatzes eingesetzt. Für einen Beispielfall sei angenommen, dass es gelingt, für einen zu bewertenden Geschäftsbereich ein vergleichbares börsennotiertes Unternehmen am Kapitalmarkt zu identifizieren. Bei einem Eigenkapital-E von 1,4 und einem Verschuldungsgrad von 1,3 berechnet sich das Asset-E des Vergleichsunternehmens zu: ȕ Asset

ȕV ˜ EK

1 ȕV ˜ EK 1  V

1 1

FK

V

1,4 ˜

1 1  1,3

0,61

EK V

Der Verschuldungsgrad des Geschäftsbereichs soll über den Verschuldungsgrad der Branche festgelegt werden, in dem sich der zu bewertende Geschäftsbereich befindet. Bei einem Verschuldungsgrad der Branche von 0,9 resultiert ein Eigenkapital-E des teilweise fremdfinanzierten Geschäftsbereichs von 1,16: ȕG EK

ȕ Asset ˜ (1 

FK G EK G

)

0,61 ˜ (1  0,9) 1,16

Die große Schwäche dieses Analogieansatzes besteht darin, dass ein geeignetes Vergleichsunternehmen gefunden werden muss. Nur dann ist die Ableitung des Geschäftsbereichs-E möglich. Zentrale Eigenschaften für eine Vergleichbarkeit sind etwa die Varianz der Überschüsse, das Verhältnis von auszahlungsgleichen

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

223

fixen und auszahlungsgleichen variablen Kosten, die Größe des Unternehmens und seine Wachstumsaussichten.605 Darüber hinaus muss das Vergleichsunternehmen auch noch am Aktienmarkt notiert sein. Ist das Angebot börsennotierter Unternehmen sehr eingeschränkt, so ist die Wahrscheinlichkeit, ein börsennotiertes Vergleichsunternehmen zu finden, relativ klein.606 Insbesondere in Deutschland ist die Dichte börsennotierter Unternehmen, verglichen zum angelsächsischen Raum, verhältnismäßig gering. Im Rahmen eines weiteren Analogieansatzes lässt sich das Geschäftsbereichs-E ebenfalls mithilfe eines durchschnittlichen Branchenwerts bestimmen.607 Hierbei muss der Geschäftsbereichsleiter den zu bewertenden Geschäftsbereich in eine Liste unterschiedlicher Branchen einordnen. Diese Zuordnung basiert auf der Einschätzung, welche Branche das Risiko des Geschäftsbereichs am Besten repräsentiert. 608 Der durchschnittliche E-Wert der Branche stellt den Schätzer für den E-Wert des Geschäftsbereichs dar. Gegenüber dem Vergleich mit einem einzelnen Unternehmen ermöglicht dieser Ansatz eine Verbesserung der statistischen Sicherheit. Copeland beurteilt diese Vorgehensweise als eine grobe, aber häufig effektive Methode zur E-Ermittlung.609 Ein anderer Ansatz nimmt die Anpassung von Kapitalkosten anhand qualitativer Faktoren vor. Bei diesem Verfahren werden die Gesamtkapitalkosten eines Unternehmens mit einem geschäftsbereichsspezifischen Risikowert multipliziert. Dieser geschäftsbereichsspezifische Risikowert wird von den Geschäftsbereichsverantwortlichen mittels eines Kriterienkatalogs ermittelt. Die Geschäftsbereichsleiter müssen hierbei für unterschiedliche Kriterien eine Risikoeinschätzung ihres Geschäftsbereichs vornehmen. Abbildung 71 stellt beispielsweise den Kriterienkatalog der Boston Consulting Group dar.

605

vgl. Drukarczyk, 1993, S.290 vgl. Drukarczyk, 1993, S.290 vgl. Herter, 1995, S.105 608 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.371 609 vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.371 606 607

224

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Ausprägung

Kriterien Geringes Risiko Kontrolle Markt Wettbewerber Produkte/ Konzepte Markteintrittsbarrieren Kostenstruktur

1

2

3

4

5

Hohes Risiko

Geringe externe Rendite-Einflüsse Stabil, ohne Zyklen

Starke externe Rendite-Einflüsse Dynamisch, zyklisch

Wenige, konstante Marktanteile Langer Lebenszyklus, nicht substituierbar

Viele, variable Marktanteile Kurzer Lebenszyklus, substituierbar

Hoch

Niedrig

Geringe Fixkosten

Hohe Fixkosten

Durchschnitt

Abbildung 71: Kriterienraster der BCG zur Bestimmung des Geschäftsbereichsrisikos610

Für jedes der sechs Kriterien muss der Bereichsleiter die Ausprägung des Risikos bestimmen, wobei ihm eine Bewertungsskala von 5 Stufen zur Verfügung steht. Der Risikowert RWi des Geschäftsbereichs i ergibt sich durch die einfache Addition der sechs Risikoausprägungen.611 Damit beträgt der maximale Risikowert RWmax 30 (= 5 ˜ 6), der minimale RWmin 6 (= 1˜6). Für jedes Kriterium wird das Gesamtunternehmen als Referenzpunkt herangezogen, dem eine mittlere Risikoausprägung (RW = 3) zukommt.612 Der Risikowert des Gesamtunternehmens (RWU) beträgt damit 18 (= 3 ˜ 6). Die geschäftsbereichspezifischen Kapitalkosten lassen sich mithilfe nachfolgender Formel ermitteln:613 WACCi

mit:

WACC U ˜

WACCi WACCU RWi RWU

= = = =

RWi RWU

gewichteter Kapitalkostensatz des Geschäftsbereichs i gewichteter Kapitalkostenssatz der Unternehmung Risikowert des Geschäftsbereichs i Risikowert des Unternehmens

Wählt ein Geschäftsbereichsleiter die Ausprägung 3 für jedes Kriterium, bzw. ergibt die Summe seiner festgelegten Kriterienausprägungen den Wert 18, so 610

vgl. Lewis, 1994, S.86 vgl. Fröhling, 2000, S.34 612 vgl. Bufka/Schiereck/Zinn, 1999, S.118 613 vgl. Fröhling, 2000, S.35 611

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

225

entspricht der Kapitalkostensatz des Geschäftsbereichs exakt dem Kapitalkostensatz der Gesamtunternehmung. Ein Schwachpunkt dieses Ansatzes ist die subjektive Bestimmung der Risikoausprägungen. Der Entscheidungsprozess des Geschäftsbereichsleiters bei der Wahl der Risikoausprägungen ist nicht transparent. Darüber hinaus muss befürchtet werden, dass der Geschäftsbereichsleiter die Risiken bewusst leicht unterschätzt. Ein geringeres Risiko vermindert die geforderte Mindestrendite und weist somit einen höheren Wertbeitrag aus. Ein weiterer Kritikpunkt dieses Ansatzes ist die Tatsache, dass sich generell aus den ermittelten geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten rückwirkend nicht mehr die Gesamtkapitalkosten des Unternehmens bestimmen lassen. Ein Abgleich der ermittelten Kapitalkosten mit den Gesamtkapitalkosten ist somit nicht möglich.614 Die in diesem Kapitel diskutierten Ansätze zur Ableitung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkosten stellen lediglich einen Ausschnitt der in der Praxis anzutreffenden Verfahren dar.615

4.

Kritische Würdigung des CAPM zur Risikoerfassung von Geschäftsbereichen

Eine Beurteilung des CAPM würde erheblich leichter fallen, wenn sich der Rendite-Risiko-Zusammenhang des Modells empirisch nachweisen oder widerlegen ließe. Die diesbezüglichen Untersuchungen sind jedoch sehr inhomogen und erlauben keine eindeutige Interpretation. Gerade die jüngeren Untersuchungen tendieren jedoch eher zu einer Zurückweisung des Modells. Eine große Schwäche des Modells sind sicherlich die restriktiven Prämissen. Diese sorgen zwar für eine geschlossene Modellwelt, in der die zentralen Aussagen des CAPM theoretisch nicht angreifbar sind. Allerdings lassen sich die Prämissen in der Realität nicht aufrechterhalten. Teilweise konnten Modellerweiterungen entwickelt werden, die bestimmte Prämissen entschärfen. Zu nennen ist etwa das Zero-Beta-Modell, die Integration von Steuer- und Dividendeneffekte sowie die Mehrperiodenansätze. Ein umfassendes Modell, welches alle realitätsfernen Prämissen überzeugend entschärfen kann, existiert bisher jedoch nicht. Vor dem Hintergrund einer Geschäftsbereichsbeurteilung ist sicherlich die Prämisse eines Betrachtungshorizontes von einer Periode als besonders kritisch anzusehen. Lediglich Geschäftsbereiche, die im Zeitverlauf nur eine geringfügige Änderung in der Rendite- und Risikostruktur aufweisen, lassen sich annähernd 614 615

vgl. Fröhling, 2000, S.38 weitere Ansätze finden sich beispielsweise unter: Schierenbeck/Lister, 2001, S.480ff

226

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

verlässlich auf der Grundlage einer Periode beurteilen. In der Regel muss für eine Geschäftsbereichsbeurteilung jedoch eine mehrperiodige Betrachtung unterstellt werden. In der Praxis ist üblicherweise zu beobachten, dass die Renditeforderung für eine Periode ermittelt und dann für den kompletten Betrachtungshorizont des Geschäftsbereichs als Diskontierungszinssatz unterstellt wird. Damit wird eine ganz spezielle Rendite-Risiko-Struktur unterstellt, die nur in den seltensten Fällen zutrifft.616 Zur Erfassung der spezifischen Rendite-Risiko-Struktur im Zeitverlauf müssten Mehrperiodenansätze zum Einsatz kommen. Mit der Diskussion von Mehrperiodenansätzen offenbart sich eine weitere Problematik des CAPM, nämlich die hohen Anforderungen an die Bestimmung der Inputparameter. Möglicherweise gelingt es der Unternehmung recht gut, die zukünftige Wahrscheinlichkeitsverteilung der Rendite eines Geschäftsbereichs zu bestimmen, da hier auf unternehmensinterne Planungsdaten zurückgegriffen werden kann. Eine Schätzung der Entwicklung der Marktrendite über die komplette Betrachtungsperiode wird der Unternehmensführung generell jedoch sehr schwer fallen. Vor dem Hintergrund dieser Prognoseproblematik werden die Renditeforderungen eines Unternehmens üblicherweise über das Marktmodell auf der Basis historischer Daten abgeleitet. Die problematische Annahme, dass die Verhältnisse aus der Vergangenheit auch in der Zukunft Gültigkeit besitzen, wird dabei in Kauf genommen. Die Bestimmung der Renditeentwicklung eines Geschäftsbereichs in der Vergangenheit ist nicht ohne weiteres möglich, da Geschäftsbereiche üblicherweise nicht an Kapitalmärkten gehandelt werden. Folglich muss hier auf Alternativansätze zurückgegriffen werden. Die in der Praxis beobachteten Ansätze (z.B. Analogieverfahren, qualitativer Kriterienkatalog) überzeugen nicht. Diese Verfahren stellen lediglich grobe Näherungsverfahren dar und zeichnen sich darüber hinaus durch ein hohes Maß an Subjektivität aus. Angenommen, die Inputfaktoren ließen sich problemlos bestimmen und die restriktiven Prämissen könnten mithilfe geeigneter Modellerweiterungen umgangen werden, so weist das CAPM zur Beurteilung eines Geschäftsbereichs einen weiteren zentralen Schwachpunkt auf: In die Risikomessung gemäß des CAPM geht nicht das gesamte Risiko (z.B. die Standardabweichung) eines Geschäftsbereichs ein. Bewertungsrelevant ist nur das Risiko, das, eingebettet in ein voll diversifiziertes Portfolio, nicht beseitigt werden kann. Die Geschäftsbereichsbeurteilung orientiert sich damit ausschließlich an den Interessen der Anteilseigner, die annahmegemäß ein perfekt diversifiziertes Portfolio besitzen.617 Der geschäftsbe616 617

vgl. 2. Teil:C.II.1 vgl. Drukarczyk, 1993, S.261

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

227

reichsspezifische Eigenkapitalkostenssatz entspricht damit der Renditeforderung, die ein Investor verlangen würde, wenn er den Geschäftsbereich in sein (perfekt diversifiziertes) Portfolio integrieren würde. Problematisch an dieser Betrachtungsweise ist, dass ein Investor grundsätzlich nicht einen einzelnen Geschäftsbereich, sondern lediglich das gesamte Unternehmen seinem Portfolio zuführen kann. Aus Investorensichtweise stellt diese Tatsache zunächst einmal ein geringeres Problem dar. So lässt sich ein Unternehmen als ein Bündel verschiedener Geschäftsbereiche betrachten. Mit der Investition in ein Unternehmen wird das komplette Bündel von Geschäftsbereichen dem Investorenportfolio hinzugefügt. Die einzelnen Kovarianzen der Geschäftsbereiche stellen das korrekte Risikomaß für den Investor dar. Das Unternehmensrisiko lässt sich auch als der gewogene Durchschnitt der Kovarianzen aller Geschäftsbereiche interpretieren. Damit wird ausdrücklich die im Anforderungskatalog definierte Forderung nach einer anlegerorientierten Sichtweise erfüllt. Gleichzeitig wird aber auch gefordert, dass die Sicherstellung der Unternehmensfortführung eine unbedingte Nebenbedingung darstellen muss. Die Insolvenztatbestände (Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit) greifen nun aber auf Unternehmensebene und nicht auf der Ebene des Portfolios eines Investors. Auf der Unternehmensebene darf das unsystematische Risiko eines Geschäftsbereichs jedoch in der Regel nicht vollständig vernachlässigt werden. Zwar findet durch die Geschäftsbereiche eines Unternehmens ebenfalls eine Diversifikation statt. Allerdings stellt das Bündel der Geschäftsbereiche sicherlich kein perfekt diversifiziertes Portfolio dar. Dem kann entgegengehalten werden, dass ein Portfolio nicht perfekt diversifiziert sein muss, um wesentliche Teile des Risikos zu diversifizieren.618 Mit Ausnahme großer, breit aufgestellter Konzerne werden die allermeisten Unternehmen jedoch nicht genügend Geschäftsbereiche aufweisen, so dass nicht von einer Eliminierung des unsystematischen Risikos ausgegangen werden kann. Gerade vor dem Hintergrund der Forderung, dass sich Unternehmen auf die Kernkompetenzen konzentrieren sollen, ist vielfach ein Abstoßen von Geschäftsbereichen und die Konzentration auf wenige (wertsteigernde) Geschäftsfelder zu beobachten.619 Geschäftsbereiche in ähnlichen Geschäftsfeldern weisen darüber hinaus in der Regel noch hohe Korrelationen untereinander auf, was für eine gute Diversifikation äußerst nachteilig ist.

618 619

vgl. Kruschwitz, 2002, S.198 vgl. Hölscher, 1997a, S.22

228

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Die Beurteilung eines Geschäftsbereichs erfolgt nach dem CAPM vollständig unabhängig von den weiteren Geschäftsbereichen einer Unternehmung.620 Dies wird an der Kovarianz als Risikomaß deutlich: In die Berechnung der Kovarianz fließen lediglich die Renditen des betrachteten Geschäftsbereichs und des Marktportfolios ein. Da auf Unternehmensebene gerade kein perfekt diversifiziertes Portfolio vorliegt, ist die Frage, wie sich ein Geschäftsbereich in das Portfolio der übrigen Geschäftsbereiche einfügt, sehr wohl von enormer Bedeutung. Insgesamt betrachtet weist das CAPM insbesondere im Bereich der Umsetzbarkeit und der Realitätsnähe gravierende Mängel auf. Im speziellen Fall der Geschäftsbereichssteuerung kommt darüber hinaus das Problem hinzu, dass sich mit der Kovarianz als Risikomaß die Risikostruktur eines Geschäftsbereichs nicht adäquat erfassen lässt. Unter Berücksichtigung dieser Schwächen bei der Risikoerfassung soll im folgenden Abschnitt anhand des Anforderungskatalogs untersucht werden, inwiefern die wertorientierten Kennzahlen-Konzepte eine geeignete Geschäftsbereichsbeurteilungsgrundlage liefern können. Basierend auf den identifizierten Schwächen werden daran anschließend Weiterentwicklungsansätze diskutiert.

620

vgl. Drukarczyk, 1993, S.261

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

229

C. KRITISCHE WÜRDIGUNG UND WEITERENTWICKLUNG DER WERTORIENTIERTEN KENNZAHLEN ZUR GESCHÄFTSBEREICHSSTEUERUNG I.

Kritische Würdigung der wertorientierten Ansätze

1.

Überprüfung des Anforderungskatalogs

Nach dem in Kapitel A des zweiten Teils die verschiedenen wertorientierten Kennzahlen vorgestellt und kritisch miteinander verglichen wurden, folgte in Kapitel B des zweiten Teils die Untersuchung des CAPM zur Ermittlung eines geeigneten geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkostensatzes. Im Folgenden sollen nun die wertorientierten Kennzahlen abschließend auf ihre Eignung der Geschäftsbereichsbeurteilung anhand des zu Beginn definierten Anforderungskatalogs überprüft werden.621 zu A.1 (Markwertorientierung)

Die in dieser Arbeit vorgestellten wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen setzen sich alle zum Ziel, den Marktwert eines Unternehmens zu steigern. Alle drei Konzepte präsentieren einen Ansatz zur Bestimmung des Marktwertes eines Geschäftsbereichs. Hierzu werden von den Konzepten zukünftige Erfolgsgrößen (EVA, CVA bzw. ERIC) bestimmt, die mit einem Kalkulationszins auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert werden. Damit stützen sich diese Ansätze richtigerweise auf eine Fundamentalanalyse zur Bestimmung des Marktwertes eines Geschäftsbereichs. Von den Ansätzen wird grundsätzlich das DCF-Verfahren als das theoretisch richtige Kalkül zur Bestimmung des Marktwertes des Eigenkapitals unterstellt. Anhand eines Beispiels konnte die Zielkongruenz der einzelnen Ansätze zum DCF-Verfahren aufgezeigt werden.622 Dem DCF-Verfahren liegen als Erfolgsgröße die zukünftigen Cashflow-Größen zugrunde. Für die Anteilseigner stellt der Cashflow, den ein Geschäftsbereich zum Unternehmens-Cashflow beiträgt, die relevante Erfolgsgröße eines Geschäftsbereichs dar. Einen großen Einfluss auf die Wertermittlung besitzt der Kalkulationszinssatz. Zur Ableitung des Kalkulationszinssatzes greifen die wertorientierten Konzepte 621 622

vgl. 1. Teil:A.II.3 vgl. 2. Teil:A.III.1

230

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

auf kapitalmarktorientierte Modelle, wie das CAPM, zurück. Diese kapitalmarktorientierten Ansätze orientieren sich explizit an den Renditeforderungen der Anteilseigner. Damit streben die wertorientierten Konzepte eine marktwertorientierte Sichtweise an. Auf die zentralen Schwächen dieser Ansätze wurde jedoch bereits intensiv eingegangen.623 zu A.2 (Zukunftsbezug)

Die in die Wertermittlung einfließenden Erfolgsgrößen werden in der Regel für eine bestimmte Planungsperiode detailliert prognostiziert. Für den Wert, der sich der Planungsperiode anschließt, wird häufig ein pauschaler Residualwert angesetzt.624 Dieser Residualwert kann beispielsweise über das Konzept der ewigen Rente ermittelt werden. Hierbei wird unterstellt, dass die letzte detailliert prognostizierte Erfolgsgröße in Zukunft weiterhin in dieser Höhe erzielt werden kann. Ein Residualwert wird häufig angesetzt, da ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft die Informationslage so schlecht ist, dass eine detaillierte Prognose der Periodengrößen keinen Sinn mehr macht. Der Residualwert kann unter Umständen einen sehr hohen Anteil an dem Wert eines Geschäftsbereichs ausmachen, so dass eine derart pauschale Festlegung nicht unproblematisch ist. Grundsätzlich sollte die Erfolgsgröße deshalb über einen möglichst langen Zeitraum explizit prognostiziert werden. Auch in den Diskontierungszinssatz muss die zukünftige Risikosituation eines Geschäftsbereichs einfließen. In der praktischen Anwendung zeigt sich jedoch, dass aufgrund der großen Probleme bei der Bestimmung der Inputparameter häufig auf Vergangenheitswerte zurückgegriffen wird. Dies ist für Geschäftsbereiche, die eine Änderung der Risikostruktur erwarten lassen, überaus problematisch.625 Das CAPM ist richtigerweise als ex-ante Modell entwickelt worden, die Anwendung erfolgt hingegen üblicherweise ex-post-orientiert. zu A.3 (Nachvollziehbarkeit/Objektivität):

Bei den periodischen Erfolgsgrößen der wertorientierten Kennzahlenkonzepte handelt es sich um prognostizierte Größen. Prognosedaten unterliegen, da sie sich auf die Zukunft beziehen, naturgemäß einer hohen Unsicherheit. Viele Inputparameter müssen daher von Entscheidungsträgern des Unternehmens geschätzt werden. Dies erschwert natürlich die Forderung nach einer objektiven, nachvollziehbaren Wertermittlung.

623

2. Teil:B.III.4 vgl. Rappaport, 1995, S.63 625 vgl. Adam, 2000, S.362 624

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

231

Darüber hinaus kommt bei den wertorientierten Kennzahlen hinzu, dass von den Autoren der Konzepte bei der Ableitung der Basis-Kenngrößen eine Vielzahl von Anpassungen vorgeschlagen wird. So werden beim EVA-Konzept beispielsweise bis zu 164 Anpassungen aufgeführt. Selbst die Berater von Stewart & Stewart schlagen vor, die Anpassungen auf eine überschaubare Anzahl zu reduzieren.626 Damit ergibt sich die Problematik, dass ein Bewerter nun die Auswahl aus einem Katalog von 164 Anpassungen zu treffen hat. Durch eine geschickte Auswahl von Anpassungen kann der Bewerter die Wertermittlung in eine bestimmte Richtung beeinflussen, womit die Bewertung grundsätzlich einer Manipulationsmöglichkeit unterliegt. Die Probleme der Berechnung der wertorientierten Kennzahlen auf Geschäftsbereichsebene wurden bereits diskutiert.627 So müssen unternehmenseinheitliche Regelungen bezüglich der vorgenommenen Korrekturen getroffen werden. Nur dann können die einzelnen Geschäftsbereiche auch miteinander verglichen werden. Da die Daten auf Geschäftsbereichsebene schwerer zu bestimmen sind, sollten sich die Korrekturen grundsätzlich auf wenige beschränken. Die zweite Einflussgröße zur Wertermittlung ist der Diskontierungszinssatz. Hier muss zwischen den drei vorgestellten Konzepten unterschieden werden: Das EVA- und das CVA-Konzept diskontieren die Erfolgsgrößen mit einem gewichteten Kapitalkostensatz. Beim ERIC-Konzept erfolgt die Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten mit dem risikolosen Zinssatz. Problematisch an der Verwendung eines gewichteten Kapitalkostensatzes ist, dass zwei verschiedene Aspekte miteinander vermischt werden: Einerseits wird mit dem risikolosen Zinssatz die zeitliche Struktur der Erfolgsgröße berücksichtigt. Andererseits beinhaltet der Kalkulationszinssatz eine Risikoprämie, die der Unsicherheit Rechnung trägt.628 Ein Außenstehender kann nicht nachvollziehen, welcher Anteil auf die zeitliche Struktur und welcher Anteil auf das Risiko zurückzuführen ist. Beim ERIC-Ansatz hingegen wird das Risiko durch die Subtraktion eines Risikoabschlages am erwarteten Cashflow vorgenommen. Durch die Subtraktion der Risikokomponente werden unsichere in sichere Größen transformiert. Die Diskontierung der Sicherheitsäquivalente findet dann folgerichtig mit dem risikolosen Zinssatz statt. Das Risiko wird bei diesem Ansatz über den Risikoabschlag direkt greifbar. Darüber hinaus stellt der Risikoabschlag eine monetäre Größe dar und lässt sich damit gegenüber einer (relativen) Risikoprämie wesentlich besser interpretieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das ERIC-Konzept gegen626

vgl. Stern/Shiely/Ross, 1994, S.41 vgl. 2. Teil:A.III.2 628 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.162 627

232

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

über dem EVA- und CVA-Konzept hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit und Transparenz deutliche Vorteile aufweist. Ein Schwachpunkt, der allen Verfahren anzukreiden ist, bezieht sich auf den risikolosen Zinssatz. Die hier vorgestellten Ansätze unterstellen einen über die Beobachtungsperiode konstanten risikolosen Zinssatz. Die am Kapitalmarkt zu beobachtende Zinsstruktur wird nicht in die Beurteilung integriert. Entweder wird auf einen kurzfristigen oder auf einen langfristigen Zinssatz zurückgegriffen. Letztlich liegt es in der Entscheidungsfreiheit des Bewerters, wie er den risikolosen Zinssatz festlegt. Damit kommt unweigerlich ein subjektiver Aspekt in die Bewertung. zu A.4 (Vergleichbarkeit)

Alle vorgestellten wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen ermöglichen die Ableitung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs. Eine Vergleichbarkeit ist nur dann gewährleistet, wenn die in die Geschäftsbereiche einfließenden Inputgrößen nach der gleichen Berechnungsmethodik bestimmt werden. Wie bereits geschildert, sind bei allen Geschäftsbereichen die gleichen Korrekturen an den Basisgrößen vorzunehmen. Der ermittelte Wertbeitrag verdeutlicht, welcher Geschäftsbereich wertschaffend und welcher wertvernichtend ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der ermittelte Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs eine absolute Kenngröße darstellt. Konkurrieren verschiedene Geschäftsbereiche um (knappe) finanzielle Mittel, so führt eine Kapitalrationierung auf der Basis absoluter Kennzahlen nicht zwangsweise zu einer maximalen Unternehmenswertsteigerung. Das absolute Vorteilhaftigkeitskriterium ist in diesem Fall um ein relatives Beurteilungskriterium zu ergänzen.629 Den relativen Beurteilungskriterien liegt die Überlegung zugrunde, wie viele GE eingesetzt werden müssen, um eine GE Wertbeitrag zu erzielen. In der Literatur werden derartige Kennzahlen als Kapitalwertrate oder Profitabilitätsindex bezeichnet.630 Die relativen Erfolgskennzahlen werden berechnet, indem der absolute (erwartete) Wertbeitrag zum investierten Vermögen in Beziehung gesetzt wird:631 absoluter Wertbeitrag des Geschäftsbereichs i investiertes Vermögen des Geschäftsbereichs i

Vergleichbar zum RAROC wird bei diesen Rentabilitätskennzahlen der Wertbeitrag als relative Erfolgskennzahl dargestellt. Im Gegensatz zum RAROC steht

629

vgl. Pape, 2004, S.208 vgl. Günther, 1997, S.221 631 vgl. Günther, 1997, S.247 630

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

233

aber bei der Kapitalwertrate nicht das Risikokapital, gemessen über den VaR, sondern das investierte Kapital im Nenner. Es wird also nicht gefragt, wie viel Einheiten Wertbeitrag pro Einheit Risikokapital erzielt werden. Vielmehr ist bei dieser Kennzahl von Bedeutung, wie sich das investierte Kapital bzw. Vermögen in einem Geschäftsbereich verzinst. Auf der Basis der relativen Erfolgskennzahlen lässt sich eine Rangfolge von Geschäftsbereichen aufstellen, welche die Grundlage einer wertorientierten Kapitalallokation bildet.632 zu A.5 (Risikoerfassung):

Das Risiko wird bei den wertorientierten Kennzahlenkonzepten über einen gewichteten Kapitalkostensatz erfasst. Beim CVA- und EVA-Konzept werden die zukünftigen Erfolgsgrößen mit dem Kapitalkostensatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert, beim ERIC-Konzept findet eine Umrechung des Kapitalkostensatzes in einen Risikoabschlag statt. Zentrales Instrument zur Risikoerfassung stellt das CAPM dar, mit dem die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber abgeleitet werden können. Auf die allgemeinen Probleme, die diesem kapitaltheoretischen Modell zugrunde liegen, wurde intensiv eingegangen.633 Konkret auf den Fall der Geschäftsbereichsbeurteilung bezogen, liegt mit dem systematischen Risiko generell das falsche Risikomaß vor. Eine Entscheidung über neue Akquisitionen, Desinvestitionen oder eine Umstrukturierung von Geschäftsbereichen muss ebenfalls das unsystematische, geschäftsbereichsspezifische Risiko berücksichtigen. Das CAPM orientiert sich mit dem systematischen Risiko streng an der Perspektive eines (perfekt diversifizierten) Anteilseigners. Drukarczyk bezeichnet die Risikoerfassung über das CAPM als „radikal anlegerorientiert“.634 Der Vorteil einer derartigen Betrachtung ist, dass hierdurch eine Partialisierung des Bewertungskalküls möglich ist.635 Die Beurteilung eines Geschäftsbereichs erfolgt unabhängig von den anderen Geschäftsbereichen des Unternehmens. Die Nichtberücksichtigung des unsystematischen Risikos hat jedoch zur Konsequenz, dass das Risiko eines Geschäftsbereichs grundsätzlich zu niedrig und damit der Wertbeitrag zu hoch ausgewiesen wird. Somit ist es möglich, dass ein Geschäftsbereich nur deshalb eine Wertgenierung erwarten lässt, weil das unsystematische Risiko vollständig vernachlässigt wird. Eine auf dem CAPM basierende Risikobetrachtung eines Geschäftsbereichs kann damit zu gravierenden Fehlsteuerungen führen.

632

vgl. Pape, 2004, S.209 vgl. 2. Teil:B.II 634 Drukarczyk, 1993, S.261 635 vgl. Hachmeister, 1995, S.103 633

234

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Darüber hinaus ermöglich die Risikoerfassung gemäß des CAPM keine Aussage darüber, in welcher Höhe Risikodeckungsmassen für einen Geschäftsbereich vorzuhalten sind. Hierzu wird folglich eine zusätzliche Risikoquantifizierung benötigt. zu A.6 (Risikoverbundeffekte):

Risikoverbundeffekte zwischen den Geschäftsbereichen einer Unternehmung werden bei den wertorientierten Unternehmensführungskonzepten nicht berücksichtigt. Vor dem Hintergrund der Betrachtungsperspektive ist dies auch nur konsequent, denn die wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen richten sich an dem Portfolio des Anlegers aus. Dort werden Risikoverbundeffekte bereits optimal zur Errichtung eines effizienten Portfolios genutzt. Die tatsächlich im Unternehmen vorliegenden Risikoverbundeffekte zwischen den Geschäftsbereichen eines Unternehmens spielen für die Bewertung damit keine Rolle. Da jedoch üblicherweise kein perfekt diversifiziertes Geschäftsbereichsportfolio vorliegt, sind die Risikoverbundeffekte sehr wohl für die Geschäftsbereichssteuerung von Bedeutung. So spielt das unsystematische Risiko für die RenditeRisiko-Struktur eines Geschäftsbereichsportfolios eine wichtige Rolle. Die Geschäftsbereichsbeurteilung mithilfe der wertorientierten Kennzahlen blendet diese Erfolgskomponente vollständig aus. zu A.7 (Bewertungsaufwand):

Ein gewisser Bewertungsaufwand steckt sicherlich in der Bestimmung der zukünftigen erwarteten Erfolgsgrößen. Da jedoch explizit eine zukunftsorientierte Bewertung gefordert wird (siehe Anforderung 2), lässt sich dieser Prognoseaufwand nicht umgehen. Die Ermittlung des gewichteten Kapitalkostensatzes gestaltet sich in der Praxis üblicherweise verhältnismäßig einfach. Der risikolose Zinssatz sowie der Fremdkapitalkostensatz lassen sich direkt vom Kapitalmarkt ableiten. Bei der Bestimmung des E-Faktors eines Unternehmens wird in der Regel auf die Informationsdienste verschiedener Banken bzw. Anbietern von Kapitalmarktdaten (z.B. Bloomberg, Reuters) zurückgegriffen. Die geschäftsbereichsspezifische Modifikation des E-Faktors erfolgt üblicherweise über sehr einfache, pauschale Näherungsverfahren.636 In der praktischen Anwendung hält sich der Bewertungsaufwand damit in Grenzen. Letztlich geht dies jedoch zu Lasten der Qualität der Bewertung. Durch die Partialisierung des Bewertungskalküls wird der Bewertungsaufwand deutlicht reduziert. Jeder Geschäftsbereich kann für sich alleine bewertet werden. Die Verbundeffekte zu anderen Geschäftsbereichen spielen bei der Bewertung keine Rolle. 636

vgl. 2. Teil:B.III.3

235

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Bewertung Anforderung

Kommentar ( + positiver Aspekt / - negativer Aspekt)

+ hohe Zielkongruenz zum DCF-Verfahren A1 (Markt+ kapitalmarkttheoretisches Modell zur Ableitung der wertorientierung) Kapitalkosten

Grad der Erfüllung +

A2 (Zukunftsbezug)

+ prognostizierte Erfolgsgrößen - häufig Übernahme der Kapitalkosten aus der Vergangenheit

o

A3 (Nachvollziehbar)

+ Separation des Risikoabschlags beim ERIC-Konzept - Vermengung von Risiko u. zeitlicher Struktur im Kapitalkostensatz - komplexer Anpassungskatalog an den Basisgrößen - keine Berücksichtigung der Zinsstruktur

-

A4 (Vergleichbarkeit)

+ gute Vergleichbarkeit Basis absoluter Wertbeiträge + einfache Umrechnung in relative Wertbeiträge möglich

++

A5 (Risikoerfassung)

+ Risikoerfassung aus dem Blickwinkel der Anteilseigner - Problematik des CAPM (Prämissen, Empirie, Datenermittlung, etc.) - vollständige Vernachlässigung des unsystematischen Risikos

-

A6 (Risikoverbundeffekte)

- spielen auf der Ebene des Anteilseigner keine Rolle und bleiben dementsprechend vollkommen unberücksichtigt

--

A7 (Bewertungsaufwand)

- zukunftsorientierte Bestimmung der Erfolgsgrößen + einfache Bestimmung von risikolosem Zinssatzes und Fremdkapitalkostensatz + üblicherweise einfache Ansätze zur Ableitung geschäftsbereichsspezifischer E-Faktoren + keine Berücksichtigung von Risikoverbundeffekten Partialisierung)

+

Bedeutung des Erfüllungsgrads: ++ voll erfüllt / + größtenteils nicht erfüllt

größtenteils erfüllt / / -- nicht erfüllt

o

Abbildung 72: Erfüllungsgrad der Anforderungen

teilweise erfüllt

236

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

2. Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der wertorientierten Kennzahlen Eine wesentliche Stärke der wertorientierten Konzepte ist, dass sich die Beurteilung auf eine zentrale Größe, den Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs, konzentriert. Die Geschäftsbereichsleitung hat nun mithilfe der wertorientierten Kennzahlen die Möglichkeit, die Konsequenzen einer neuen Strategie auf den Geschäftsbereichswert zu quantifizieren. Mit der Verwendung der Renditeforderung der Kapitalgeber als zu übertreffende Zielhürde wird eine externe Einschätzung des Kapitalmarktes in die Beurteilung integriert. Damit wird einerseits das Wissen des Kapitalmarktes genutzt, andererseits stellen die Renditeforderungen der Kapitalgeber eine geeignete Legitimationsgrundlage zur Durchsetzung wertorientierter Ziele dar. Einem Geschäftsbereichsleiter wird es schwer fallen, Argumente gegen eine Umstrukturierung seines Geschäftsbereichs zu finden, wenn der Geschäftsbereich nicht die Renditeforderungen des Kapitalmarktes erfüllt.637 Mit der Integration wertorientierter Kennzahlen in die Unternehmenssteuerung werden die Führungskräfte und Mitarbeiter ebenfalls für die Kenngrößen sensibilisiert, die großen Einfluss auf die Wertermittlung besitzen. Durch die Verankerung der Renditeforderungen der Kapitalgeber als zu überwindende Zielhürde wird den Entscheidungsträgern bewusst, dass Kapital, insbesondere Eigenkapital, teuer ist. Darüber hinaus wird der Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko verdeutlicht. Ein höheres Risiko sollte nur dann eingegangen werden, wenn gleichzeitig ein entsprechender höherer Ertrag mit dieser Investition verbunden ist. Die wertorientierten Ansätze ermöglichen durch ihre Konzentration auf eine zentrale Kennzahl, nämlich den Wertbeitrag, eine gute Vergleichbarkeit von Geschäftsbereichen. Geschäftsbereiche können danach unterschieden werden, ob sie zur Wertschaffung beitragen oder nicht. Durch die Relativierung des Wertbeitrages mit dem investierten Kapital können ebenfalls Geschäftsbereiche mit stark unterschiedlichem Kapitaleinsatz miteinander verglichen werden. Ein weiterer positiver Nebeneffekt lässt sich durch die Orientierung an der zentralen Zielgröße der Unternehmenswertsteigerung festmachen: In vielen Unternehmen hat sich im Laufe der Zeit ein unüberschaubares Wirrwarr an verschiedenen Steuerungsgrößen herausgebildet. Durch die Fokussierung auf den Wertbeitrag kommt es quasi zu einer „Entrümpelung“ historisch gewachsener Steuerungsinstrumente.638

637 638

vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.371 vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 1995, S.372

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

237

Wird die Unternehmenssteuerung an einer zentralen Zielgröße, dem Wertbeitrag, ausgerichtet, so bringt dies auch einige Probleme mit sich. Der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs bzw. einer Unternehmung stellt eine hochaggregierte Kennzahl dar. Die drei hier vorgestellten wertorientierten Ansätze benötigen zur Bestimmung des Wertbeitrages drei zentrale Einflussgrößen: die Erfolgsgröße, das investierte Kapital und den Kapitalkostensatz. Diese drei Größen hängen wiederum von einer Vielzahl von Einflussfaktoren ab. Die bis zu 164 Anpassungen des EVA-Konzeptes unterstreichen dies eindrucksvoll. Zur Aufdeckung aller möglichen Wirkungszusammenhänge sind umfangreiche Werttreiberbäume aufzustellen. Letztlich wird es einem Entscheidungsträger schwer fallen, den Einfluss einzelner Maßnahmen auf den Wertbeitrag abzuschätzen. Die Ermittlung des Wertbeitrages ist damit insgesamt nur noch bedingt nachvollziehbar. Eine weitere Schwäche der wertorientierten Kennzahlenkonzepte stellt die Nichtberücksichtigung der Zinsstrukturkurve dar. Durch die „willkürliche“ Festlegung eines Zinssatzes können unter Umständen Fehlsteuerungen auftreten.639 Darüber hinaus wird durch die Vermengung des risikolosen Zinssatzes und der Risikoprämie zu einem risikoadjustierten Kapitalkostensatz die Transparenz der Ansätze vermindert. Ein erster Ansatzpunkt einer Weiterentwicklung der wertorientierten Ansätze besteht folglich in der Integration der am Markt vorliegenden Zinsstruktur. Auf die Probleme der wertorientierten Ansätze bei der Erfassung des Risikos wurde bereits intensiv in den vorangegangenen Kapiteln eingegangen. An dieser Stelle sollen noch einmal abschließend die zentralen Probleme zusammengefasst werden: ƒ Die alleinige Konzentration auf das systematische Risiko stellt auf Unternehmensebene keine adäquate Risikoerfassung dar. Die Geschäftsbereichsbeurteilung liefert keine Informationen zum Insolvenzrisiko eines Unternehmens. ƒ Die Ableitung der Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber mithilfe des CAPM ist äußerst umstritten. ƒ Der Kapitalkostensatz eines Geschäftsbereichs leitet sich immer aus historischen Daten ab, d.h. der Risikoerfassung liegt eine ex-post-Betrachtung zugrunde. ƒ Die pauschalen Ansätze zur Ableitung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze der Praxis überzeugen nicht.640

639 640

vgl. 2. Teil:C.III vgl. Dirrigl, 2004, S.109

238

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Mit der mangelhaften Risikoerfassung drängt sich ein weiterer Ansatzpunkt einer Weiterentwicklung der wertorientierten Kennzahlenkonzepte auf. Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich mit einer alternativen Quantifizierung des Geschäftsbereichsrisikos. Im Anschluss daran werden Überlegungen zur Integration der Marktzinsmethode in die Geschäftsbereichsbeurteilung angestellt.

II. Definition des Risikoabschlags auf der Basis des Risikotragfähigkeitskalküls Die kritische Würdigung der wertorientierten Ansätze hat erhebliche Schwächen bei der Risikoerfassung eines Geschäftsbereichs offenbart. Das nachfolgende Kapitel diskutiert einen alternativen Ansatz zur Integration des Risikos in die Geschäftsbereichsbeurteilung.

1.

Risikozuschlagsmethode versus Sicherheitsäquivalentmethode

Die Ansätze der wertorientierten Unternehmensführung lassen sich zum einen danach unterscheiden, ob ihnen als Erfolgsgröße eine Cashflow- oder eine Gewinngröße zugrunde liegt. Der CVA-Ansatz und das DCF-Verfahren stützen sich auf Cashflowgrößen, während das EVA- und das ERIC-Konzept auf Gewinngrößen basieren. Zum anderen können die Ansätze nach der Art der Risikoerfassung systematisiert werden. Entweder wird das Risiko über eine Risikoprämie im Kapitalkostensatz berücksichtigt (Risikozuschlagsmethode), oder es findet ein Risikoabschlag an der Erfolgsgröße statt (Sicherheitsäquivalentmethode). Abbildung 73 verdeutlicht die Einordnung der bereits diskutierten wertorientierten Ansätze nach den Kriterien Erfolgsgröße und Risikoerfassung. Erfolgsgröße

Cashflowgröße Risikozuschlagsmethode

CVA-Konzept

DCF-Verfahren Risikoerfassung Sicherheitsäquivalentmethode

Gewinngröße EVA-Konzept ERIC-Konzept

Abbildung 73: Systematisierung der Planungsansätze

239

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

In der Praxis stellt die Risikozuschlagsmethode bei den wertorientierten Konzepten den dominierenden Ansatz zur Risikoerfassung dar. Gleichwohl muss auf ein zentrales Problem bei Anwendung der Risikozuschlagsmethode eingegangen werden. Zur Bewertung eines Untersuchungsobjektes nach der Risikozuschlagsmethode wird der zukünftige erwartete Cashflow bestimmt und mit dem gewichteten Kapitalkostensatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert. In der Regel wird hierbei der Kapitalkostensatz für eine Periode bestimmt und über den kompletten Betrachtungshorizont konstant gelassen.641 Die Problematik einer derartigen Berechnungsweise wird anhand des nachfolgenden Beispiels verdeutlicht. Für den Beispielfall wird unterstellt, dass für die kommenden vier Jahre die exakt gleiche Wahrscheinlichkeitsverteilung von Cashflows prognostiziert wird. Der erwartete Cashflow beträgt für alle vier Perioden 150 GE. Für den risikolosen Zinssatz (rf) werden 5%, für den risikoadjustierten Kalkulationszinssatz (k) werden 15% angesetzt. Abbildung 74 verdeutlicht die Berechnung des Barwertes nach der Risikozuschlagsmethode. Zeit t

1

2

3

4

E(CFt)

150

150

150

150

1 (1  0,15)

1 (1  0,15)

0,8696

0,7561

0,6575

0,5718

130,44

113,42

98,62

85,77

Diskontierungsfaktor diskontierter E(CFt) Barwert

1 2

(1  0,15)

1 3

(1  0,15) 4

428,25

Abbildung 74: Berechnung des Barwertes nach der Risikozuschlagsmethode

Die gleiche Datengrundlage wird nun für die Barwertberechnung nach der Sicherheitsäquivalentmethode unterstellt. Damit sich bei beiden Ansätzen der gleiche Barwert ergibt, müssen die nachfolgenden Risikoabschläge gemäß der bereits bekannten Formel berechnet werden:642

641 642

vgl. Hachmeister, 2006, S.147 2. Teil:A.II.3

240

RA t

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

(1  k ) t  (1  rf ) t (1  k ) t

˜ E(CFt )

Abbildung 75 verdeutlicht die Ermittlung des Barwertes nach der Sicherheitsäquivalentmethode: Zeit t

1

2

3

4

E(CFt)

150

150

150

150

RAt

13,04

24,95

35,83

45,75

SÄ(CFt)

136,96

125,05

114,17

104,25

1 (1  0,05)

1 (1  0,05)

0,9524

0,9070

0,8638

0,8227

Diskontierter SÄ(CFt)

130,44

113,42

98,62

85,77

Barwert

428,25

Diskontierungsfaktor

1 2

(1  0,05)

1 3

(1  0,05) 4

Abbildung 75: Berechnung des Barwertes nach der Sicherheitsäquivalentmethode

Beide Ansätze kommen nur dann zum exakt gleichen Barwert, wenn der Risikoabschlag bei der Sicherheitsäquivalentmethode im Zeitablauf stark ansteigt. So liegt der Risikoabschlag im ersten Jahr noch bei 13,04 GE, im vierten Jahr bei 45,75 GE. Mit der Unterstellung konstanter Risikozuschläge wird somit implizit angenommen, dass die Zahlungsströme im Zeitverlauf ein steigendes Risiko aufweisen.643 Der Grund für die wachsenden Risikoabschläge wird deutlich, wenn man sich die Diskontierung der Cashflows genauer betrachtet. Der Cashflow zum Zeitpunkt t=1 wird mit dem risikoadjustierten Kapitalkostensatz auf den Zeitpunkt t=0 abgezinst. Damit wird vollkommen richtig eine Zeit- und Risikoadjustierung vorgenommen. Der Diskontierungszinssatz setzt sich damit aus dem risikolosen Zinssatz rf und dem Risikozuschlag rz zusammen (k = rf + rz). Der Barwertbeitrag V0 der Zahlung des ersten Jahres ermittelt sich zu:

643

vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.68

241

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

V0

E (CF1 ) (1  k )

mit: rz

E (CF1 ) (1  rf  rz )

150 130,43 (1  0,05  0,1)

= Risikozuschlag

Als nächstes wird der erwartete Cashflow des vierten Jahres betrachtet. Wird dieser Cashflow auf den Zeitpunkt t=3 abgezinst, so resultiert hieraus der Wert V3: V3

E(CF4 ) (1  k )

E(CF4 ) (1  rf  rz )

Durch die Diskontierung mit dem risikoadjustierten Kapitalkostensatz wird bei dem Cashflow des vierten Jahres die gleiche Operation vorgenommen, wie beim Cashflow des ersten Jahres. Es sollte folglich vermutet werden, dass die Risikoadjustierung durch diese Operation vollständig gelungen sei.644 Damit stellt sich die Frage, wie der Wert des Cashflows zum Zeitpunkt t=3 (V3) weiter auf den Zeitpunkt t=0 abgezinst werden sollte. Durch die bereits vorgenommene Risikoadjustierung müsste eine Diskontierung mit dem risikolosen Zinssatz erfolgen: V0

V3 (1  rf )

E (CF4 ) 3

150

(1  rf  rz ) ˜ (1  rf )

3

(1  0,05  0,1) ˜ (1  0,05) 3

112,67

Damit ergibt sich ein Gegenwartswert dieser Zahlung in Höhe von 112,67 GE. Bei den gängigen wertorientierten Ansätzen wird jedoch als Diskontierungszinssatz über die komplette Laufzeit der risikoadjustierte Kapitalkostensatz unterstellt (vgl. Abbildung 74): V0

V3 (1  rf  rz )

E (CF4 ) 3

(1  rf  rz )

E(CF4 ) 4

(1  k )

4

150 (1  1,15) 4

85,76

Dadurch resultiert ein um 26,91 GE geringerer Gegenwartswert der Zahlung von 150 GE zum Zeitpunkt t=4. Durch die Verwendung eines (einheitlichen) risikoadjustierten Kapitalkostensatzes werden im Zeitablauf stark steigende Risikoabschläge an den Cashflows ausgewiesen. Die Unterstellung eines risikoadjustierten Kapitalkostensatzes für die komplette Betrachtungsperiode ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine ganz bestimmte stochastische Abhängigkeit der Überschussverteilungen im Zeitablauf gegeben ist. Von einer stochastischen Abhängigkeit wird dann gesprochen, wenn die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Periode davon abhängt, welche Ausprägung die 644

vgl. Kruschwitz, 2001, S.2412

242

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

unsichere Kenngröße in der Vorperiode angenommen hat. Es liegt folglich ein Periodenverbund vor.645 Die stochastische Abhängigkeit sorgt dafür, dass mit fortschreitender Zeit eine zunehmende Streuung bzw. Bandbreite der Verteilung vorliegt.646 Mit im Zeitablauf konstanten Risikozuschlägen wird folglich eine bestimmte Risikostruktur impliziert, die jedoch nicht unbedingt dem tatsächlichen Geschäftsrisiko entsprechen muss. So existieren Geschäftsmodelle, deren Zahlungsströme im Zeitverlauf kein steigendes Risiko aufweisen (z.B. Kraftwerke, Mautinkasso).647 Diese Problematik der Risikozuschlagmethode wird von den meisten wertorientierten Unternehmensführungskonzeptionen nicht thematisiert. Werden, wie im ERIC-Konzept üblich, die Risikoabschläge der Sicherheitsäquivalentmethode gerade so bestimmt, dass diese eine Barwertidentität zur Risikozuschlagmethode aufweisen, so übernehmen diese natürlich die gleiche Problematik.648 Trotzdem zeigt sich bei der Sicherheitsäquivalenzmethode eine Reihe von Vorteilen, die in der Praxis von großer Bedeutung sind. Im Rahmen der Risikozuschlagmethode findet durch die Verwendung eines risikoadjustierten Kapitalkostensatzes eine Vermengung von Zeit- und Risikoeffekt statt. Das in Periode t auftretende Risiko wird durch den Risikozuschlag zum risikolosen Zinssatz auf alle Perioden t=1,...,t-1 „verteilt“.649 Dadurch wird es nicht möglich, CashflowRisiken zu erfassen, zu bewerten und darüber hinaus zu plausibilisieren.650 Der Cashflow-Risikoabschlag der Sicherheitsäquivalentmethode lässt sich demgegenüber direkt der entsprechenden Periode zuordnen. Außerdem wird ein sachgerechter Umgang mit Risiken unterstützt, da das Risiko direkt an der „Quelle“ erfasst wird, d.h. direkt nach der Schätzung von Cashflows. Dies fördert nachdrücklich das Risikobewusstsein der Entscheidungsträger im Unternehmen.651 Außerdem muss ein Management vor dem Hintergrund der Insolvenztatbestände in der Lage sein, die Risikosituation einer Periode einschätzen zu können. Ein gewichteter Kapitalkostensatz, der sich aus einer Zeit- und einer Risikokomponente zusammensetzt, ist hierzu grundsätzlich nicht geeignet. Darüber hinaus stellt der Risikoabschlag den Ausgangspunkt einer alternativen Risikoerfassung dar. Auch Velthuis führt an, dass neben der Ermittlung des Cashflow-Risikoabschlages aus dem CAPM ebenfalls ein Cashflow-Risikoabschlag

645

vgl. Drukarczyk, 2003, S.344; Hachmeister, 2006, S.147 eine ausführliche Darstellung der stochastischen Abhängigkeit: vgl. z.B.: Schwetzler, 2000, S.481ff; Drukarczyk, 2003, S.344ff 647 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.68 648 vgl. Kesten, 2006, S.127 649 vgl. Schwetzler, 2000, S.486 650 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.67 651 vgl. Hebertinger/Schabel/Velthuis, 2005, S.162 646

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

243

„mittels anderen Modellen und Heurisiken der Risikoberücksichtigungen gebildet werden kann, was [...] zu einer verbesserten Qualität der Risikoerfassung führen kann.“652 Konkrete Angaben zu diesen Heuristiken und Modellen werden von ihm jedoch nicht unterbreitet. Aufgrund der Vorteile hinsichtlich Transparenz und Nachvollziehbarkeit wird im Folgenden die Sicherheitsäquivalentmethode als Ansatz zur Risikoerfassung weiterverfolgt. Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich darauf, wie ein Risikoabschlag definiert werden muss, damit die spezifische Risikosituation eines Geschäftsbereichs in geeigneter Weise repräsentiert wird.

2.

Bestimmung des Risikoabschlages

Ein Sicherheitsäquivalent kann als derjenige sichere Betrag bezeichnet werden, den ein Investor mit dem Erhalt einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Nettoeinzahlungen gleichsetzt.653 Wie bereits geschildert, bestimmt sich das Sicherheitsäquivalent, indem vom erwarteten Cashflow einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ein Risikoabschlag subtrahiert wird: SÄ(CFt) = E(CFt) – RAt mit: SÄ(CFt) = E(CFt) = RAt =

Cashflow-Sicherheitsäquivalent der Periode t Erwarteter Cashflow der Periode t Risikoabschlag der Periode t

Von entscheidender Bedeutung bei der Anwendung der Sicherheitsäquivalentmethode ist die Bestimmung des Risikoabschlags. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass der Risikoabschlag in obige Formel mit positivem Vorzeichen eingehen wird, da eine Risikoaversion von Investoren bzw. Entscheidungsträgern im Unternehmen als empirisch belegt gilt.654 Der Risikoabschlag lässt sich auch als Risikoprämie interpretieren: Ein Entscheider ist nur dann bereit, die Wahrscheinlichkeitsverteilung der unsicheren Zahlung einer sicheren Zahlung vorzuziehen, wenn der Erwartungswert der Verteilung mindestens um die Risikoprämie in Höhe von RA über der sicheren Zahlung liegt.655 Im Verlauf der Arbeit wurden mit ƒ den entscheidungstheoretischen und ƒ den kapitalmarktorientierten Ansätzen 652

Velthuis/Wesner, 2005, S.69 vgl. Drukarczyk, 2003, S.80 654 vgl. Kruschwitz, 2001, S.2410 655 vgl. Laux, 2003, S.28 653

244

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

bereits zwei zentrale Konzepte zur Ableitung des Risikoabschlages vorgestellt. Bei den entscheidungstheoretischen Ansätzen können auf der Grundlage einer individuellen Risikonutzenfunktion (Bernoulli-Prinzip) bzw. einer individuellen Risikopräferenzfunktion (P/V-Prinzip) subjektive Sicherheitsäquivalente aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung unsicherer Zahlungen abgeleitet werden.656 Anhand eines einfachen Beispiels wird die Ableitung des Risikoabschlags mithilfe des Bernoulli-Prinzips verdeutlicht. Betrachtet wird hierbei ein Geschäftsbereich, dessen Ergebnisgröße (z.B. Kapitalwert) drei mögliche Ausprägungen annehmen kann: Zustand zi

Wahrscheinlichkeit pz

Ergebnis Ez

z1

0,2

400 T€

z2

0,6

500 T€

z3

0,2

600 T€

Abbildung 76:Wahrscheinlichkeitsverteilung der Rückflüsse des Beispielfalls

Darüber hinaus ist die Bernoulli-Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers bekannt: U(E)

0,0005 ˜ E 2  E

Gesucht ist nun gerade das sichere Ergebnis des Geschäftsbereichs, das für den Entscheidungsträger den gleichen Nutzen darstellt, wie das wahrscheinlichkeitsverteilte Ergebnis aus Abbildung 76. Das wahrscheinlichkeitsverteilte Ergebnis besitzt nach obiger Bernoulli-Nutzenfunktion folgenden Nutzen: Gesamtnutzen = p1 ˜ U(E1 )  p 2 ˜ U(E 2 )  p 3 ˜ U(E 3 )

= 0,2 ˜ (0,0005 ˜ 400 2  400)  0,6 ˜ (0,0005 ˜ 500 2  500)  0,2 ˜ (0,0005 ˜ 600 2  600)

373

Zur Ermittlung des sicheren Ergebnisses, das für den Entscheidungsträger den gleichen Nutzen wie das wahrscheinlichkeitsverteilte Ergebnis aufweist, ist nachfolgende Gleichung nach E aufzulösen: U(E)

656

!

0,0005 ˜ E 2  E 373

vgl. Obermaier, 2004, S.2761

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

245

Die Lösung dieser Gleichung liefert ein Ergebnis in Höhe von 496,02 T€. Dieser Betrag stellt für diesen Entscheidungsträger folglich das Sicherheitsäquivalent zu dem wahrscheinlichkeitsverteilten Ergebnis dar. Da das erwartete Ergebnis 500 T€ (= 0,2 · 400 T€ + 0,6 · 500 T€ + 0,2 · 600 T€) beträgt und damit höher als das Sicherheitsäquivalent von 496,02 T€ liegt, handelt es sich um einen risikoaversen Entscheidungsträger. Der Risikoabschlag ist positiv und beträgt im Beispielfall: RA = E(E) – SÄ(E) = 500 T€ - 496,02 T€ = 3,98 T€ Bei den entscheidungsorientierten Ansätzen musste jedoch bereits festgestellt werden, dass das Aufstellen einer Risikonutzenfunktion bzw. einer Risikopräferenzfunktion für ein Unternehmen mit unterschiedlichen Entscheidungsträgern und unterschiedlichen Entscheidungssituationen grundsätzlich nicht möglich ist.657 Die kapitalmarkttheoretischen Modelle (z.B. das CAPM) gründen ihre Entscheidung vergleichbar dem P/V-Prinzip auf der Basis von Erwartungswert und Standardabweichung. Allerdings verzichten die kapitalmarkttheoretischen Ansätze auf individuelle Risikopräferenzen und leiten die Risikoprämien mithilfe von Kapitalmarktdaten ab. Ziel dieser Ansätze ist die Ermittlung eines risikoadjustierten Kapitalkostensatzes. Die Ableitung des Risikoabschlags aus einem risikoadjustierten Kapitalkostensatz wurde bereits ausführlich im vorangegangenen Kapital dargestellt (vgl. Abbildung 75). Auf die Probleme dieser kapitalmarktorientierten Modelle (restriktive Prämissen, fehlende empirische Validierung, Unterstellung einer bestmöglichen Diversifikation aller Investoren, etc.) wurde bereits intensiv eingegangen.658 Sowohl die entscheidungstheoretischen als auch die kapitalmarkttheoretischen Ansätze sind offensichtlich nur bedingt in der Lage einen geeigneten geschäftsbereichspezifischen Risikoabschlag abzuleiten. Der im Folgenden diskutierte Risikoabschlag beruht auf der Idee des im Bankbereich weit verbreiteten Risikotragfähigkeitskalküls. Mithilfe des Risikotragfähigkeitskalküls soll sichergestellt werden, dass eventuell auftretende Verluste gedeckt werden können. Hierzu darf das festgestellte Risikopotential die zur Verfügung stehenden Risikodeckungsmassen nicht übersteigen.659 Der Grundsatz des Risikotragfähigkeitskalkül besitzt für ein Unternehmen eine herausragende Bedeutung: Stehen nämlich zum Tragen potentieller Verluste nicht genügend Risikodeckungsmassen zur Verfügung, so geht das Unternehmen ein signifikantes 657

vgl. Obermaier, 2004, S.2762 vgl. Obermaier, 2004, S.2762 659 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.14 658

246

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Insolvenzrisiko ein. Zunächst soll die Sicherstellung der Risikotragfähigkeit hinsichtlich des Insolvenzrisikos der Überschuldung betrachtet werden. Der Idee des Risikotragfähigkeitskalküls folgend, ruft jeder Geschäftsbereich in Abhängigkeit von seiner Risikostruktur einen bestimmten Bedarf an Risikodeckungsmassen hervor. Zur Abschätzung dieser Risikodeckungsmassen gilt es, das Risikopotential eines Geschäftsbereichs zu quantifizieren. Mit dem VaR-Konzept wurde bereits ein geeignetes Instrument zur Quantifizierung des Risikopotentials vorgestellt.660 Der VaR bestimmt den Verlustbetrag, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Die Festlegung des Konfidenzniveaus ist die Aufgabe der Unternehmensführung, wobei generell ein hohes Sicherheitsniveau gewählt werden sollte. Ein Konfidenzniveau von 99% würde beispielsweise bedeuten, dass bei einer Haltedauer von 1 Jahr durchschnittlich in 99 von 100 Jahren das einem Geschäftsbereich zugewiesene Haftungskapital zur Deckung der Verluste ausreicht. Eine verursachungsgerechte Geschäftsbereichsbeurteilung erfordert die Zuordnung des durch die geschäftsbereichsspezifische Risikostruktur ausgelösten Bedarfs an Haftungskapital auf den Geschäftsbereich. Je höher das Verlustpotential eines Geschäftsbereichs ist, umso mehr Haftungskapital muss diesem zugewiesen werden. Da Haftungskapital verzinst werden muss und die Eigenkapitalgeber in der Regel einen hohen Verzinsungsanspruch besitzen, ist die Absicherung des Verlustrisikos teuer. Die Kosten für die Absicherung potentieller Verluste sind folglich dem Geschäftbereich als Risikokosten anzulasten. Die einem Geschäftsbereich zuzurechnenden Kosten aufgrund der Übernahme von Risiko belaufen sich zu: Risikokosten

=

Haftungskapital Mengenkomponente

·

Eigenkapitalkostensatz Preiskomponente

Damit setzen sich die Risikokosten aus zwei Komponenten zusammen: Einer Mengenkomponente und einer Preiskomponente. Die Mengenkomponente bestimmt, wie viel Haftungskapital aufgrund der Risikostruktur des Geschäftsbereichs benötigt wird. Die Preiskomponente beinhaltet die Information, wie teuer eine Einheit Haftungskapital ist. Im Gegensatz zu den bereits diskutierten wertorientierten Ansätzen wird kein kalkulatorischer, geschäftsbereichsspezifischer Eigenkapitalkostensatz ermittelt. Der Eigenkapitalkostensatz stellt in diesem Ansatz die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber an die (Gesamt-) Unternehmung dar. 660

vgl. 1. Teil:B.III

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

247

Veranschaulichen lässt sich die Zurechung der Risikokosten zu den Geschäftsbereichen, indem man sich vorstellt, dass das von der Finanzabteilung aufgenommene Eigenkapital in eine zentrale Sammelstelle fließt. Für jede Einheit Eigenkapital verlangen die Eigenkapitalgeber eine gewisse Rendite. Baut ein Geschäftsbereich eine Risikoposition auf, so wird ihm in Abhängigkeit des Verlustpotentials eine bestimmte Menge an Eigenkapital zugewiesen, dessen Verzinsung der Geschäftsbereich sicherzustellen hat. Nach der Idee der Wertorientierung ist ein Geschäftsbereich genau dann als vorteilhaft einzustufen, wenn es ihm gelingt, mindestens sämtliche an ihn gerichteten Renditeforderungen, also die Renditeforderungen von Eigen- und Fremdkapitalgeber, zu erwirtschaften. Soll die Sicherheitsäquivalentsmethode ein nützliches Instrument der wertorientierten Unternehmensführung darstellen, so muss der Risikoabschlag so definiert sein, dass sämtliche Renditeforderungen mit diesem erfasst werden. Der in einen Geschäftsbereich investierte Betrag ist mindestens mit dem risikolosen Kapitalkostensatz zu verzinsen. Dieser Verzinsungsanspruch wird bei der Sicherheitsäquivalentmethode durch die Diskontierung der zukünftigen Cashflows mit dem risikolosen Zinssatz sichergestellt. Da jedoch üblicherweise eine Unsicherheit bezüglich der erwarteten Cashflows vorliegt, wird dem Geschäftsbereich eine gewisse Menge an Haftungskapital zugewiesen, welches eine deutlich über dem risikolosen Zinssatz liegende Verzinsung erforderlich macht. Die Aufgabe des Risikoabschlages muss es folglich sein, den über dem risikolosen Zinssatz liegenden Renditeanspruch der Eigenkapitalgeber abzudecken. Die Überlegungen zur Festlegung des Risikoabschlags lassen sich ebenfalls verdeutlichen, indem die Finanzierungsseite eines Geschäftsbereichs untersucht wird. Hierzu wird im Folgenden ein einfaches Beispiel mit einem Planungshorizont von einer Periode betrachtet. Dazu wird ein neugegründeter Geschäftsbereich mit einer Anschaffungsauszahlung von 100 GE betrachtet. Der einjährige (risikolose) Marktzinssatz soll 5% betragen. Das Geschäftsmodell des neugegründeten Geschäftsbereichs besitzt ein signifikantes Risiko. Konkret lässt sich dem Geschäftsbereich ein geschätzter, maximal erwarteter Periodenverlust in Höhe von 20 GE für die erste Periode zuordnen. Die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber werden auf 20% geschätzt. Aufgrund des potentiellen Periodenverlusts wird dem Geschäftsbereich Eigenkapital in Höhe von 20 GE zugewiesen. Die Anschaffungsauszahlung in Höhe von 100 GE wird damit von 20 GE Eigenkapital zu einer Renditeforderung in Höhe von 20% und von 80 GE Fremdkapital zu einer Renditeforderung von 5% finan-

248

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

ziert. Die gesamten Renditeforderungen an den Geschäftsbereich zum Zeitpunkt t=1 lassen sich der Abbildung 77 entnehmen: t=0 Anschaffungsauszahlung (AA)

-100 GE

Kapitalaufnahme zum risikolosen Marktzinssatz (5 %)

+80 GE

Rückzahlung der Kapitalaufnahme zum risikolosen Marktzinssatz Aufnahme von Haftungskapital zum Eigenkapitalkostensatz (20 %)

t=1

-84 GE +20 GE

Rückzahlung des Haftungskapitals zum risikolosen Zinssatz (5 %)

-21 GE

über die risikolose Verzinsung hinausgehende Renditeanforderung des Haftungskapitals (15 %)

-3 GE

erforderlicher Cashflow in t=1 zur Deckung der Kapitalkosten

108 GE

risikolose Verzinsung des Anschaffungsbetrages: -105 GE (= 100 GE · 1.05)

Abbildung 77: Verzinsungsansprüche der Anteilseigner

Der erforderliche Cashflow in Höhe von 108 GE zum Zeitpunkt t=1 setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: ƒ Die erste Komponente entspricht der risikolosen Verzinsung des Anschaffungsbetrags in Höhe von 105 GE (= 100 GE · 1,05). Dieser Betrag deckt die Renditeforderungen der Fremdkapitalgeber in Höhe von 84 GE vollständig und den risikolosen Anteil des Verzinsungsanspruchs der Eigenkapitalgeber in Höhe von 21 GE (= 20 GE · 1,05) ab. ƒ Die zweite Komponente beinhaltet den über die risikolose Verzinsung des Haftungskapitals hinausgehenden Renditeanspruch der Eigenkapitalgeber in Höhe von 3 GE (= 20 GE · 0,15).

Alternativ zu Abbildung 77 könnte die komplette Anschaffungsauszahlung in Höhe von 100 GE auch durch eine Kapitalaufnahme zum risikolosen Zinssatz finanziert werden. Zusätzlich müssten weitere 20 GE Haftungskapital zur De-

249

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

ckung potentieller Verluste aufgenommen werden. Damit würde sich insgesamt zur Deckung der Renditeforderungen der Kapitalgeber ein erforderlicher Cashflow in Höhe von 109 GE ergeben, der sich aus folgenden zwei Komponenten zusammensetzt: ƒ Verzinsungsanspruch des Kapitals zum risikolosen Zinssatz: 105 GE (=100 GE· 0,05) ƒ Verzinsungsanspruch des Haftungskapitals: 4 GE (=20 GE · 0,2)

Allerdings sind die 20 GE Haftungskapital nun nicht mehr durch die Anschaffungsauszahlung gebunden. Dies hat zur Konsequenz, dass das Haftungskapital risikolos zu 5% angelegt werden kann. Aus dieser Kapitalanlage ergibt sich ein Zinsertrag in Höhe von 1 GE (=20 GE · 0,05). Dies bedeutet, dass der Geschäftsbereich wiederum nur noch einen erforderlichen Cashflow in Höhe von 108 GE aufweisen muss. Der von dem Geschäftsbereich mindestens zu erzielende Cashflow deckt sich damit mit der Berechnung aus Abbildung 77. Bei der Sicherheitsäquivalentmethode findet eine Diskontierung der Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz bzw. die Multiplikation mit dem Zerobond-Abzinsfaktor statt. Die Diskontierung mit dem risikolosen Zinssatz stellt folglich sicher, dass die Renditeforderungen der Fremdkapitalgeber vollständig und die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber in Höhe des risikolosen Zinssatzes gedeckt werden. Da die Eigenkapitalgeber für ihr eingesetztes Haftungskapital jedoch eine über dem risikolosen Zinssatz liegende Verzinsung erwarten, ist es die Aufgabe des Risikoabschlags, diesen zusätzlichen Renditeanspruch zu erfassen. Damit definiert sich der Risikoabschlag zu: RA = VaR · (kEK-rf) Nachfolgende Kontrollrechnung verdeutlicht, dass nur ein derart definierter Risikoabschlag die richtige Information bezüglich der Wertgenerierung des Geschäftsbereichs liefert. Wird für den erwarteten Cashflow zum Zeitpunkt t=1 ein Wert von 108 GE angesetzt, so sollte ein Wertbeitrag von Null ausgewiesen werden, da sich gemäß Abbildung 77 die Verzinsungsansprüche der Anteilseigner zum Zeitpunkt t=1 gerade auf 108 GE belaufen: I0 

E(CF1 )  VaR1 ˜ (k EK ,1  rf ,1 )

mit: I0

(1  rf ,1 )

100 GE 

108 GE  20 GE ˜ 0,15 1,05

0

= Anschaffungsauszahlung

Die Berechnung des Barwertes nach der Sicherheitsäquivalentmethode ergibt bei einem erwarteten Cashflow von 108 GE den korrekten Wertbeitrag in Höhe von Null. Liegt der erwartete Cashflow zum Zeitpunkt t=1 über dem Betrag von 108

250

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

GE, so ist damit zu rechnen, dass der Rückzahlungsbetrag des Geschäftsbereichs ausreicht, die kompletten Verzinsungsansprüche zu decken und darüber hinaus einen Ertrag zu erwirtschaften, d.h. der Geschäftsbereich generiert Wert. Bei einem erwarteten Cashflow in Höhe von 112 GE zum Zeitpunkt t=1 berechnet sich der Wertbeitrag zu: I0 

E (CF1 )  VaR1 ˜ (k EK ,1  rf ,1 ) (1  rf ,1 )

100 GE 

112 GE  20 GE ˜ 0,15 1,05

3,81 GE

Ein erwarteter Cashflow, der unterhalb von 108 GE liegt (z.B. 104 GE), reicht nicht aus, die Renditeforderungen zu decken. Demzufolge wird eine Wertvernichtung signalisiert: I0 

E (CF1 )  VaR1 ˜ (k EK ,1  rf ,1 ) (1  rf ,1 )

100 GE 

104 GE  20 GE ˜ 0,15 1,05

3,81 GE

Soll die Sicherheitsäquivalentmethode eine geeignete Aussage vor dem Hintergrund der Wertgenerierung darstellen, so muss der periodische Risikoabschlag und damit das Sicherheitsäquivalent eines Geschäftsbereichs wie folgt definiert werden: SÄ GB =

mit:

Erfo lg skomonente  Risikokomponente

=

E(CFtGB )  RA GB t

=

E(CFtGB )  VaR GB KI, t ˜ ( k EK , t  rf , t )

SÄ (CFtGB ) =

Sicherheitsäquivalent des Geschäftsbereichs der Periode t

E(CFtGB ) RA GB t VaR GB KI, t

=

erwartete Cashflow des Geschäftsbereichs der Periode t

=

Risikoabschlag des Geschäftsbereichs der Periode t

=

Value at Risk des Geschäftsbereichs der Periode t bei einem Konfidenzniveau der Höhe KI

k EK , t

=

Eigenkapitalkosten des (Gesamt-)Unternehmens

rf,t

=

risikoloser Zinssatz der Periode t

Auf die einzelnen Komponenten des Sicherheitsäquivalents wird im letzten Teil der Arbeit noch ausführlich eingegangen.

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

3.

251

Konsequenzen des alternativen Risikoabschlages

Durch die neue Definition des Risikoabschlages kann auf die Ermittlung eines kalkulatorischen, geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkostensatzes verzichtet werden. Gerade die Ableitung eines risikoadjustierten Kapitalkostensatzes für einen Geschäftsbereich stellt in der Praxis eine äußerst problematische Aufgabe dar. Volkart bezeichnet beispielsweise die Bestimmung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostenssätze als „ziemlich dornenvollen Weg“.661 Im vorliegenden Ansatz kann jedoch nicht vollständig auf die Bestimmung der Renditeforderungen der Anteilseigner verzichtet werden. Der Ausweis eines Wertbeitrages nach Berücksichtigung der Kapitalkosten stellt ja gerade den Kern der wertorientierten Unternehmensführung dar. Allerdings müssen bei dem vorliegenden alternativen Ansatz „nur“ noch die Renditeforderungen der Anteilseigner an das (Gesamt)Unternehmen bestimmt werden. Wie eine diesbezügliche geeignete Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes aussieht, wird im 3. Teil:A.II.2 intensiv diskutiert. Die geschäftbereichsspezifische Risikokomponente findet nur über den VaR (Mengenkomponente) Einzug in die Wertermittlung. Die Ermittlung des VaR der zukünftigen Perioden macht es erforderlich, dass für jede Periode eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der Erträge aufgestellt wird. Selbstverständlich kann der VaR auch aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung der nächsten Periode berechnet und über den kompletten Betrachtungshorizont konstant gelassen werden. Eine derart pauschale Beurteilung eines Geschäftsbereichs soll aber jedoch gerade vermieden werden. Mithilfe einer Monte-Carlo-Simulation wird im dritten Hauptteil der Arbeit gezeigt, wie sich die zukünftigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen des Periodenertrags ermitteln lassen. Durch den Einsatz des VaR-Konzeptes zur Bestimmung der Mengenkomponente des Risikoabschlages fließen die im Rahmen der Vorstellung des VaR-Konzeptes bereits erläuterten Kritikpunkte in die Geschäftsbereichsbeurteilung ein.662 Zu erwähnen ist hierbei insbesondere, dass lediglich ein Punkt der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodenertrags Einzug in die Ermittlung der Mengenkomponente findet. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung rechts und links des VaR fließt nicht in die Höhe des erforderlichen Haftungskapitals ein. Insbesondere die Verlustverteilung am negativen Ende („fat tail“-Problematik) findet keine Berücksichtigung. Auf diese Probleme des VaR wird ebenfalls im dritten Teil der Arbeit noch detailliert eingegangen.

661 662

Volkart, 2002, S.200 vgl. 1. Teil:B.III.3

252

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Auf der anderen Seite stellt der alternative Risikoabschlag einen klar definierten, nachvollziehbaren Ansatz dar. Einem verantwortungsbewussten Entscheidungsträger dürfte es schwer fallen, Argumente vorzubringen, die dagegen sprechen, dass ein Geschäftsbereich genügend Haftungskapital vorhalten muss und dass die Kosten hierfür dem Geschäftsbereich verursachungsgerecht zuzurechnen sind. Im Rahmen der kritischen Würdigung des CAPM wurde herausgestellt, dass eine ausschließliche Konzentration auf das systematische Risiko als Risikoinformation zur Geschäftsbereichssteuerung ungeeignet ist. Mit dem CAPM wird ja gerade unterstellt, dass sich das unsystematische Risiko eines Geschäftsbereichs vollständig wegdiversifizieren lässt. Der vorliegende Ansatz ermöglicht diesbezüglich eine wesentlich differenziertere Betrachtungsweise. Der alternative Ansatz der Risikoerfassung wird im dritten Hauptteil der Arbeit in zwei Stufen dargestellt: Zunächst wird ein Geschäftsbereich auf stand-alone-Basis betrachtet, d.h. es wird der Fall unterstellt, dass keinerlei Diversifikationseffekte mit anderen Geschäftsbereichen vorliegen. In einem folgenden Schritt wird dann untersucht, welche Konsequenzen sich aus der Portfoliobildung der Geschäftsbereiche auf Unternehmensebene ergeben. Diese differenziertere Betrachtungsweise erfordert ein deutlich höheres Maß an Komplexität, ist aber für eine exakte Erfassung der Risikostrukturen unabdingbar. Mit dem Vorhalten von Haftungskapital wird das Ziel verbunden, die Unternehmensfortführung zu sichern. Die Kosten zur Absicherung der Unternehmensfortführung wandern in den Risikoabschlag und transformieren den Erwartungswert der Cashflows in Sicherheitsäquivalente. Berücksichtigt werden muss allerdings, dass keine vollständige Risikoabsicherung gegen das Insolvenzrisiko vorgenommen wird. Dies ist nachfolgenden drei Risikoquellen zuzuschreiben: ƒ Zum einen basiert die Risikoquantifizierung auf Prognosedaten. Die ex-ante bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Ergebnisgröße sehen tatsächlich möglicherweise etwas anders aus, da wesentliche Unsicherheitsquellen nicht berücksichtigt bzw. falsch eingeschätzt wurden. Dieser Problematik unterliegt jedoch letztlich jeder Planungsansatz. ƒ Daneben werden Verluste nur bis zu einem bestimmten Konfidenzniveau (z.B. 99%) abgesichert. Eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht also, dass der Verlustbetrag das Haftungskapital überschreitet. Durch die Wahl eines sehr hohen Konfidenzniveaus lässt sich dieses Risiko entsprechend vermindern. ƒ Letztlich wird sich der Zahlungsstrom der Sicherheitsäquivalente auch dann nicht realisieren lassen, wenn die Unternehmung zu einem bestimmten Zeitpunkt illiquide wird, d.h. sie kann ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. In diesem Fall liegt der zweite Insolvenztatbestand vor, der die

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

253

Unternehmensfortführung beendet. Zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit hat die Finanzabteilung sicherzustellen, dass negative CashflowAbweichungen vom Erwartungswert durch entsprechende Zahlungsmittelkomponenten (z.B. Kassenbestand, nicht ausgeschöpfte Kreditlinien, leicht liquidierbare Finanz- bzw. Vermögenspositionen) gedeckt werden können.663 Sollten die Zahlungsmittelkomponenten der Unternehmung aufgrund einer hohen potentiellen Cashflow-Schwankung eines Geschäftsbereichs nicht ausreichend sein, so muss entweder der Geschäftsbereich umstrukturiert bzw. abgestoßen werden oder es müssen zusätzliche Liquiditätsmassen aufgebaut werden. Die Kosten für diese zusätzlichen Liquiditätsmassen (z.B. Kosten einer zusätzlichen Kassenhaltung) müssen wiederum verursachungsgerecht dem Geschäftsbereich durch einen zusätzlichen Risikoabschlag in Rechnung gestellt werden. Die Sicherheitsäquivalente würden sich dann wie folgt ergeben: SÄ (CFtGB ) mit:

, Überschuldung , Illiquidität  RA GB E(CFtGB )  (RA GB ) t t

, Überschuldung RA GB = Risikoabschlag aufgrund der Gefahr einer t

Überschuldung , Illiquidität RA GB t

= Risikoabschlag aufgrund der Gefahr einer Illiquidität

Die Sicherstellung der permanenten Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens wird dadurch erschwert, dass grundsätzlich eine taggenaue Betrachtung angestellt werden müsste.664 Denn liegt nur zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit vor, so ist der Insolvenztatbestand der Illiquidität erfüllt. In der nachfolgenden Betrachtung wird davon ausgegangen, dass ein zusätzlicher Risikoabschlag am Erwartungswert der Cashflows aufgrund des Risikos einer Zahlungsunfähigkeit nicht notwendig ist. Das abschließende Kapitel des zweiten Teils beschäftigt sich mit der Frage, wie eine geeignete Diskontierung der definierten Sicherheitsäquivalente auszusehen hat.

663 664

vgl. Kremers, 2002, S.259ff vgl. Bonn, 2006, S.48

254

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

III. Die Integration der Zinsstruktur in den Bewertungsansatz 1.

Wahl des risikolosen Zinssatzes

Nach der Konzeption der Sicherheitsäquivalentmethode sind die ermittelten zukünftigen Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz auf den gegenwärtigen Zeitpunkt zu diskontieren. Der risikolose Zinssatz wird üblicherweise über Schuldtitel des Staates geschätzt, wie etwa Finanzierungsschätze, Bundesobligationen oder Bundesanleihen.665 Werden für die Geschäftsbereiche entsprechende Risikodeckungsmassen zur Absicherung von Verlusten und ggfs. Liquiditätsmassen zur Absicherungen gegen negative Cashflow-Schwankungen vorgehalten, so lässt sich das Ausfallrisiko eines Unternehmens fast vollständig ausschließen. Doch selbst bei Unternehmen mit bestmöglicher Bonität ist für die Aufnahme „sicheren“ Fremdkapitals üblicherweise ein Spread gegenüber den Renditen von Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit zu beobachten.666 Diesen Spread gilt es, entsprechend auch bei der Diskontierung der Sicherheitsäquivalente auf den gegenwärtigen Zeitpunkt zu berücksichtigen. Als zentraler Schwachpunkt der wertorientierten Ansätze wurde die große Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung des risikolosen Zinssatzes herausgestellt. Zu beobachten ist, dass auch für erstklassige Schuldner für unterschiedliche Laufzeiten unterschiedliche Renditen vorliegen. Wird nun ein konstanter Zinssatz für die komplette Laufzeit angesetzt, dann stellt sich die Frage, welche Fristigkeit für den Zinssatz gewählt werden sollte. Manche Autoren bevorzugen kurze Laufzeiten, andere wiederum lange Laufzeiten.667 Die Wahl des Zinssatzes kann den Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs deutlich beeinflussen. Denkbar ist, dass sich lediglich durch die Wahl einer anderen Fristigkeit und damit eines anderen Zinssatzes ein vorher wertvernichtender in einen wertschaffenden Geschäftsbereich wandelt. Diese Gestaltungsfreiheit bei der Festsetzung des Zinssatzes widerspricht dem Grundsatz einer objektiv nachvollziehbaren Geschäftsbereichsbeurteilung (vgl. A.2 des Anforderungskatalogs). Die Befürworter langer Laufzeiten argumentieren, dass auch der Cashflow des zu bewertenden Unternehmens bzw. Geschäftsbereichs üblicherweise eine lange Laufzeit aufweist. Copeland/Koller/Murrin empfehlen beispielsweise die Ver-

665

vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.61 vgl. Velthuis/Wesner, 2005, S.115 667 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.170; Hachmeister, 1995, S.182; Herter, 1994, S.111; Rappaport, 1995, S.60; Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.266 666

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

255

wendung von Schatzanweisungen mit einer Laufzeit von 10 Jahren.668 Die Befürworter kurzfristiger Laufzeiten führen an, dass die Bewertungsansätze üblicherweise auf dem CAPM beruhen. Da das CAPM ein Einperiodenmodell darstellt, dürfen dementsprechend auch nur kurzfristige Zinssätze unterstellen werden. Langfristige Zinssätze enthalten nach deren Argumentation ein zu hohes Zinsänderungsrisiko.669 Die Mehrzahl der deutschen Unternehmen verwendet für den risikolosen Zinssatz die langfristige Durchschnittsrendite einer 10jährigen Bundesanleihe.670 Diese langfristige Durchschnittsrendite beinhaltet die Gefahr, dass in Hochzinsphasen die Renditeforderungen zu niedrig sind. In Hochzinsphasen liegt unter Umständen eine „inverse“ Zinsstruktur vor, d.h. für langfristige Geldanlagen bzw. – aufnahmen gelten niedrigere Zinssätze als für kurzfristige Engagements. Für den kompletten Betrachtungszeitraum werden dann die niedrigen langfristigen Zinssätze unterstellt. In Niedrigzinsphasen lässt sich das andere Extrem beobachten. Die Zinssätze für eine langfristige Laufzeit liegen dann häufig über den Zinssätzen kurzer Laufzeiten, d.h. es liegt eine „normale“ Zinsstruktur vor. Für den kompletten Bewertungszeitraum werden dann die hohen langfristigen Zinssätze unterstellt.671 Es zeigt sich, dass bei der Verwendung langfristiger Durchschnittsrenditen, unabhängig von der aktuellen Zinsphase, Bewertungsprobleme auftreten.672 Eine exakte Bewertung macht es damit zwingend erforderlich, die komplette, zum Bewertungszeitpunkt gültige Marktzinsstruktur zu unterstellen. Auf die Technik zur Ableitung eines marktwertorientierten Barwertes wurde bereits intensiv eingegangen.673 Einerseits kann der Barwert durch retrograde Abzinsung der Sicherheitsäquivalente ermittelt werden. Anderseits lassen sich die ZerobondAbzinsfaktoren aus der aktuellen Marktzinsstruktur ableiten. Die Multiplikation der Sicherheitsäquivalente mit den zugehörigen Zerobond-Abzinsfaktoren ergibt den marktzinsorientierten Barwert. Durch die Verwendung der am Geld- und Kapitalmarkt beobachtbaren Zinssätze liegt ein externer und objektiver Bewertungsmaßstab vor.674 Damit lässt sich ein hohes Maß an Subjektivität aus der Bewertung eliminieren. Die in der Vergangenheit häufig geäußerte Problematik zur Verfügbarkeit von Zinsstrukturdaten 668

vgl. Copeland/Koller/Murrin, 2002, S.266 vgl. Herter, 1994, S.111 670 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.63 671 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.63 672 vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.2ff 673 vgl. 1. Teil:A.IV.2 674 vgl. Kremers, 2002, S.240 669

256

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

kann heute nicht mehr aufrecht erhalten werden. Unterdessen lassen sich die Zinsstrukturkurven online bei verschiedenen Anbietern (z.B. Reuters oder Datastream) beschaffen. So reichen die Zinsstrukturkurven von Bundesanleihen mittlerweile bis zu einer Laufzeit von 30 Jahren, wobei allerdings bei Laufzeiten von mehr als 10 Jahren üblicherweise nur noch Angaben in 5 bzw. 10 JahresAbständen gemacht werden.675 Anhand des nachfolgenden Beispiels soll verdeutlicht werden, dass die Wahl des Diskontierungszinssatzes der Sicherheitsäquivalente durchaus großen Einfluss auf den ermittelten Wertbeitrag besitzt.

2.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung des Einflusses der Zinsstruktur

Unterstellt wird im nachfolgenden Beispiel, dass der Zinssatz zur Diskontierung der Sicherheitsäquivalente über die Renditen von Bundesanleihen geschätzt wird. Von einem zusätzlichen unternehmensspezifischen Spread zur Rendite der Bundesanleihe wird in diesem Beispiel abstrahiert. Nachfolgende Abbildung stellt für den Beispielfall die aktuellen am Kapitalmarkt vorliegenden Kupon-Zinssätze von Bundesanleihen für unterschiedliche Laufzeiten dar: 4%

Zinssätze

3%

2%

1%

0% 1

2

3

4

Laufzeit (Jahre)

Abbildung 78: Zinsstrukturkurve 675

vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.6

5

6

257

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

Im Beispielfall liegt eine „normale“ Zinsstruktur vor, d.h. die Zinssätze steigen mit der Laufzeit an. Aus dieser Zinsstrukturkurve werden nun die ZerobondAbzinsfaktoren berechnet (Abbildung 79): Laufzeit

1

2

3

4

5

6

Zinssätze

2,0%

2,3%

2,5%

3,0%

3,3%

3,8%

0,9804

0,9555

0,9284

0,8874

0,8482

0,7950

ZerobondAbzinsfaktoren

Abbildung 79: Zinssätze und zugehörige Zerobondabzinsfaktoren

Auf der Grundlage dieser Zinsstrukturkurve soll die nachfolgende Reihe von Sicherheitsäquivalenten bewertet werden. Zeit t

0

1

2

3

4

5

6

Sicherheits-800 GE 100 GE 130 GE 150 GE 150 GE 200 GE 180 GE äquivalente Abbildung 80: Sicherheitsäquivalente des Beispielfalls

Wie zuvor geschildert, existieren verschiedene Ansätze, wie der risikolose Zinssatz aus der Zinsstrukturkurve der Bundesanleihen abgeleitet werden kann. Im Folgenden soll der Barwert der Sicherheitsäquivalente für den Fall berechnet werden, dass einmal der 1-Jahres Zinssatz, einmal der 6-Jahres Zinssatz und schließlich die komplette Zinsstruktur unterstellt wird. ƒ Für den Fall, dass der risikolosen Zinssatz über den 1-Jahres Zinssatz abgeschätzt wird, ermittelt sich der Barwert der Sicherheitsäquivalente wie folgt: C0

100 GE 130 GE 150 GE 150 GE    (1  0,02) (1  0,02) 2 (1  0,02) 3 (1  0,02) 4 200 GE 180 GE   43,90 GE 5 (1  0,02) (1  0,02) 6

800 GE 

ƒ Wird hingegen als Schätzung für den risikolosen Zinssatz die Rendite der 6Jahres Bundesanleihe unterstellt, so ergibt sich der Barwert zu:

258

2. Teil: Wertorientierte Kennzahlen zur integrierten Rendite-/Risikosteuerung

C0

800 GE  

200 GE (1  0,038)

5

100 GE 130 GE 150 GE 150 GE    (1  0,038) (1  0,038) 2 (1  0,038) 3 (1  0,038) 4



180 GE (1  0,038) 6

9,79 GE

ƒ Durch Multiplikation der Sicherheitsäquivalente mit den ZerobondAbzinsfaktoren wird schließlich die komplette Marktzinsstruktur bei der Berechnung des Barwertes berücksichtigt: C0

800 GE  100 GE ˜ 0,9804  130 GE ˜ 0,9555  150 GE ˜ 0,9284 150 GE ˜ 0,8874  200 GE ˜ 0,8482  180 GE ˜ 0,7950 7,37 GE

Die Ergebnisse verdeutlichen den großen Einfluss des unterstellten risikolosen Zinssatzes für den Barwert. Bei der Unterstellung des 1-Jahres Zinssatzes und der Marktzinsstruktur wird ein positiver Barwert erzielt. Wird die Rendite einer 6Jahres Bundesanleihe als Diskontierungszinssatz für die komplette Laufzeit angesetzt, so resultiert ein negativer Barwert. In zwei Fällen wird folglich eine Wertgenerierung ausgewiesen, in einem Fall eine Wertvernichtung. Der marktzinsorientierte Barwert kann durch entsprechende Geld- und Kapitalmarktgeschäfte tatsächlich realisiert werden. Folglich ist nur bei dem Marktzinsmodell eine reale Überführung von Zahlungsreihe und Kapitalwert möglich.676 Im nachfolgend diskutierten Ansatz wird immer die aktuelle Marktzinsstruktur bei der Ermittlung des Barwertes zugrunde gelegt.

676

vgl. Hölscher, 1997b, S.58

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf Basis des VaR Im vorangegangenen Kapitel wurden einige zentrale Ansatzpunkte einer Weiterentwicklung der wertorientierten Konzepte diskutiert. Konkret handelt es sich hierbei um einen neuen Ansatz zur Bestimmung des Risikoabschlages sowie der Berücksichtigung des aktuellen Marktzinsgefüges. Diese Ansatzpunkte sollen in diesem Teil der Arbeit erneut aufgegriffen werden und unter Zuhilfenahme eines Beispiels ausführlich untersucht und kritisch gewürdigt werden.

A. GESCHÄFTSBEREICHSBEURTEILUNG AUF STAND-ALONE-BASIS I.

Ermittlung der Erfolgskomponente

1.

Direkte Methode zur Bestimmung der Erfolgskomponente

Die Anwendung der Sicherheitsäquivalentmethode erfordert die Ermittlung der zukünftigen periodischen Sicherheitsäquivalente. Wie bereits geschildert, ermitteln sich diese gemäß nachfolgender Formel zu: SÄ (CFtGB )

E (CFtGB )  RA GB t

Die Erfolgsgröße des Sicherheitsäquivalents stellt der erwartete Cashflow dar. Über den Risikoabschlag fließt das Risiko in die Bewertung ein. Je höher das mit einem Geschäftsbereich verbundene Risiko ist, umso höher ist der Risikoabschlag und umso stärker wird der erwartete Cashflow von diesem „aufgezehrt“. Wird für einen Geschäftsbereich in einer Periode ein negatives Sicherheitsäquivalent ausgewiesen, so reicht der erwartete Cashflow nicht aus, die Risikokosten der Periode zu decken. Zunächst wird auf die Bestimmung des erwarteten Cashflows eingegangen. Im anschließenden Kapitel wird dann die Ableitung des geschäftsbe-

260

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

reichsspezifischen Risikoabschlages mithilfe eines Simulationsmodells vorgestellt.677 Der Cashflow einer Periode lässt sich entweder über den indirekten oder den direkten Weg bestimmen. Bei der indirekten Berechnung wird der Cashflow aus dem Periodengewinn (z.B. Jahresüberschuss) durch die Addition bzw. Subtraktion so genannter rechnungstechnischer Positionen bestimmt. Die rechnungstechnischen Positionen stellen Größen des Jahresabschlusses dar, die nur der Ergebnisabgrenzung dienen, jedoch keine Zahlungsströme bewirken. Konkret handelt es sich hierbei um die nicht auszahlungswirksame Aufwendungen (z.B. Abschreibungen) und die nicht einzahlungswirksamen Erträge (z.B. Erlöse aus der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil). Der Cashflow leitet sich damit wie folgt aus dem Periodengewinn ab:678 + -

Periodengewinn nicht auszahlungswirksame Aufwendungen nicht einzahlungswirksame Erträgen

=

Cashflow (indirekte Methode)

Da für einen Geschäftsbereich üblicherweise kein Jahresabschluss und damit auch kein Periodengewinn ermittelt wird, ist die Cashflow-Ermittlung über die indirekte Methode ungeeignet. Im Folgenden soll deshalb der GeschäftsbereichsCashflow direkt bestimmt werden. Bei der direkten Berechnung des Cashflows werden die Ertragseinzahlungen den Aufwandsauszahlungen gegenübergestellt. Der Cashflow nach der direkten Methode kann damit wie folgt ermittelt werden:679 =

zahlungswirksame Erträge zahlungswirksame Aufwendungen Cashflow (direkte Methode)

Zu den zahlungswirksamen Erträgen zählen hauptsächlich die Umsatzerlöse aus dem Verkauf von Produkten bzw. Dienstleistungen. Den zahlungswirksamen Aufwendungen lassen sich vornehmlich die variablen und fixen Produktionskosten zuordnen. Darüber hinaus sind die Kosten der Zentralbereiche auf die Geschäftsbereiche zu schlüsseln. Die vollständige Verrechnung der Kosten der Zentralbereiche auf die Geschäftsbereiche ist von Bedeutung, da ein Geschäftsbereich nur dann als vorteilhaft einzustufen ist, wenn dieser auch die ihm zuzurechnenden Kosten der Zentralbereiche decken kann. 677

vgl. 3. Teil:A.II vgl. Küting/Weber, 2001, S.128 679 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.562; Küting/Weber, 2001, S.129 678

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

261

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es bei der Cashflow-Ermittlung grundsätzlich um die Ableitung eines Zahlungsstroms geht. So können die Kosten auch nicht zahlungswirksame Komponenten enthalten. Trotzdem bietet sich die Verwendung von Kostengrößen an, da diese Daten in einem Unternehmen üblicherweise besser verfügbar sind. Sollten jedoch größere nicht zahlungswirksame Kostenkomponenten vorliegen, so sind entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Für einen Geschäftsbereich, der N Produkte herstellt, kann damit der Cashflow vereinfachend gemäß der nachfolgenden Formel abgeschätzt werden: CFt

mit:

N

¦ (p nt  k nvar, t ) ˜ x nt  K t ,fix

n 1

p nt

= Absatzpreis des Produktes n der Periode t

k nvar, t = variable Kosten des Produktes n der Periode t

x nt

= Absatz des Produktes n der Periode t

K t ,fix = fixe Kosten der Periode t N

= Anzahl der Produkte

Die Inputparameter des Geschäftsbereichs-Cashflows stellen damit die variablen Kosten, die Absatzpreise sowie die Absatzmengen der hergestellten Produkte dar. Darüber hinaus müssen die fixen Kosten des Geschäftsbereichs bestimmt werden. Im nachfolgenden Kapitel werden die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter für einen konkreten Beispielfall angegeben.

2.

Daten des Beispielfalls

Für den Beispielfall wird unterstellt, dass die Unternehmensführung über die Erweiterung ihrer Geschäftstätigkeit nachdenkt. Konkret steht die Entscheidung über eine Investition in einen neuen Geschäftsbereich an, der die Herstellung von zwei Produkten A und B ermöglicht. Die Errichtung der Produktionsanlage macht eine anfängliche Auszahlung in Höhe von 8.000 T€ erforderlich. Zur Beantwortung der Frage, ob dieser Geschäftsbereich aufgebaut werden sollte oder nicht, hat die Unternehmensführung eine Reihe zentraler Prognosedaten zusammengetragen. Wie bereits im vorangegangenen Kapitel dargestellt wurde, sind die Absatzpreise beider Produkte zu prognostizieren. Die Qualität der Prognosedaten hängt maßgeblich von der Art der Produkte ab: Sind bereits ähnliche Produkte am Markt etabliert, so lassen sich die zu erzielenden Absatzpreise in der

262

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Regel relativ verlässlich abschätzen. Schwieriger wird es sicherlich dann, wenn ein komplett neues Produkt am Markt angeboten werden soll. Neben den Absatzpreisen gilt es ebenfalls, die variablen Kosten beider Produkte zu bestimmen. Die Differenz von Absatzpreisen und variablen Kosten wird als Deckungsspanne bezeichnet:680 DSA t

mit:

A pA t  k var, t

DSA = Deckungsspanne des Produkts A der Periode t t pA t

= Absatzpreis des Produkts A der Periode t

kA var, t

= variable Kosten der Produkts A der Periode t

Abbildung 81 zeigt die prognostizierten Deckungsspannen für Produkt A und B des Geschäftsbereichs.681 In dem Beispiel wird ein Betrachtungshorizont von 5 Jahren unterstellt. Dies ist in der Praxis sicherlich ein kurzer Bewertungszeitraum, reduziert für den Beispielfall jedoch den Datenumfang. Die Erweiterung auf längere Zeiträume ist jedoch problemlos möglich.

680 681

vgl. Schierenbeck, 2003a, S.259 In der Praxis sollte aus Gründen der Transparenz eine getrennte Aufstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Absatzpreis und variablen Kosten erfolgen. Um jedoch die Datenmenge für die Arbeit überschaubar zu halten, wurde direkt die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Deckungsbeitragsspanne aufgeführt.

263

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Deckungsspanne Produkt A (in T€) t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

DSA

Wahr.

DSA

Wahr.

DSA

Wahr.

DSA

Wahr.

DSA

Wahr.

20

0,1

18

0,1

14

0,1

12

0,15

9

0,15

25

0,2

25

0,2

23

0,25

24

0,2

20

0,25

32

0,4

33

0,4

32

0,25

33

0,3

34

0,3

35

0,2

37

0,2

38

0,25

38

0,2

40

0,2

40

0,1

42

0,1

44

0,15

48

0,15

52

0,1

Deckungsspanne Produkt B (in T€) t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

DSB

Wahr.

DSB

Wahr.

DSB

Wahr.

DSB

Wahr.

DSB

Wahr.

30

0,1

28

0,15

27

0,15

25

0,15

20

0,2

33

0,25

33

0,2

32

0,25

33

0,2

34

0,25

36

0,3

37

0,35

36

0,25

37

0,3

38

0,25

40

0,25

41

0,2

42

0,25

44

0,25

45

0,2

44

0,1

45

0,1

46

0,1

48

0,1

55

0,1

Abbildung 81: Prognose der Deckungsbeiträge für Produkte A und B

Für die Entwicklung der Deckungsspannen in einem Jahr werden jeweils fünf mögliche Szenarien unterstellt. So wird beispielsweise für die Deckungsspanne des Produkts A für das erste Jahr angenommen, dass diese einen Wert von 20 T€, 25 T€, 32 T€, 35 T€ oder 40 T€ annehmen kann. Bei der Aufstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind mögliche stochastische Abhängigkeiten eines Inputparameters im Zeitablauf zu berücksichtigen. So ist denkbar, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung der zweiten Periode davon abhängt, welche Ausprägung zum Zeitpunkt t=1 eingetreten ist. Bei einer sehr niedrigen Deckungsspanne zum Zeitpunkt t=1 ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass zum Zeitpunkt t=2 ebenfalls eine niedrige Deckungsspanne erzielt werden kann. Umgekehrt ist bei einer sehr hohen Deckungsspanne in der ersten Periode

264

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

damit zu rechnen, dass auch in der Folgeperiode eine hohe Deckungsspanne realisiert wird. Die stochastische Abhängigkeit einer Einflussgröße im Zeitablauf lässt 682 sich mithilfe von bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilungen erfassen. Abbildung 82 verdeutlicht die Überlegungen für die Deckungsspanne der ersten beiden Perioden des Produktes A. t=1:

Zustand Wahr. DS

S1 0,1 20

S2 0,2 25

S3 0,4 32

S4 0,2 35

S5 0,1 40

t=2:

bedingte W'keitsverteilung S1 Zustand Wahr. DS 0,5 18 S11 0,3 25 S12 S13 0,2 33

bedingte W'keitsverteilung S2 Zustand Wahr. DS 0,25 18 S21 S22 0,55 25 S23 0,2 33

Zustand Wahr. DS

S1 0,1 18

bedingte W'keitsverteilung S5 Zustand Wahr. DS S51 0,3 33 S52 0,2 37 S53 0,5 42

bedingte W'keitsverteilung S3 Zustand Wahr. DS S31 0,15 25 0,6 33 S32 S33 0,25 37

S2 0,2 25

S3 0,4 33

bedingte W'keitsverteilung S4 Zustand Wahr. DS S41 0,35 33 0,4 37 S42 S43 0,25 42

S4 0,2 37

S5 0,1 42

Abbildung 82: Bedingte Wahrscheinlichkeitsverteilungen683

Für den Beispielfall wird unterstellt, dass die Deckungsspanne zum Zeitpunkt t=1 insgesamt fünf mögliche Ausprägungen (20 T€, 25 T€, 30 T€, 35 T€ und 40 T€) annehmen kann. In Abhängigkeit der Ausprägung zum Zeitpunkt t=1 ergibt sich die bedingte Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Zeitpunkt t=2. Tritt bei682 683

vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.266ff in Anlehnung an Blohm/Lüder, 1995, S.267

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

265

spielsweise zum Zeitpunkt t=1 eine Deckungsspanne von 20 T€ auf, so wird angenommen, dass zum Zeitpunkt t=2 mit einer 50prozentigen Wahrscheinlichkeit eine Deckungsspanne von 18 T€ (S11), mit einer 30prozentigen Wahrscheinlichkeit eine Deckungsspanne von 25 T€ (S12) und mit einer 20prozentigen Wahrscheinlichkeit von 33 T€ (S13) zu erwarten ist. Bei einer höheren Deckungsspanne zum Zeitpunkt t=1 liegt auch eine höhere (bedingte) Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Zeitpunkt t=2 vor. Zur Bestimmung der Gesamtwahrscheinlichkeitsverteilung für den Zeitpunkt t=2 sind in einem nächsten Schritt die bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilungen zusammenzufassen. So tritt etwa eine Deckungsspanne von 18 T€ zum Zeitpunkt t=2 mit Zustand S11 und S21 genau zweimal auf. Der Zustand S11 besitzt eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 5% (= 10% · 50%), da hierfür im ersten Schritt der Zustand S1 (DS = 20 T€) mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% und im zweiten Schritt die Deckungsspanne in Höhe von 18 T€ mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% eintreten muss. Für den Zustand S21 ergibt sich ebenfalls eine Wahrscheinlichkeit von 5% (20% Wahrscheinlichkeit für den Eintritt von Zustand 2 zum Zeitpunkt t=1 und 25% Wahrscheinlichkeit für die Deckungsspanne von 18 T€ zum Zeitpunkt t=2). Insgesamt lässt sich damit der Deckungsspanne von 18 T€ zum Zeitpunkt t=2 eine Wahrscheinlichkeit von 10% (= 5% + 5%) zuordnen. Die Wahrscheinlichkeiten für die übrigen Ausprägungen zum Zeitpunkt t=2 (25 T€, 33 T€, 37 T€ und 42 T€) berechnen sich analog. Neben den stochastischen Abhängigkeiten im Zeitablauf können ebenfalls stochastische Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Inputparametern vorliegen. Auch diese Abhängigkeiten lassen sich mithilfe bedingter Wahrscheinlichkeiten erfassen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Bestimmung der bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilungen einen sehr hohen Prognoseaufwand erfordert. Bei einer Großzahl von Inputparametern und einer langen Beobachtungsdauer wird die Gesamtheit der Inputdaten schnell unübersichtlich. Je höher der Detaillierungsgrad ist, umso höher ist auch die Komplexität und damit auch 684 die Gefahr, Fehleinschätzungen vorzunehmen. Letztlich muss ein vernünftiger Kompromiss zwischen einer fundierten Erfassung der Risikostrukturen auf der einen Seite und einem vertretbaren Bewertungsaufwand auf der anderen Seite gefunden werden. Neben dem Deckungsbeitrag muss ebenfalls die Absatzmenge in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die Multiplikation der Deckungsspanne mit der Absatz-

684

vgl. Kremers, 2002, S.210

266

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

menge ergibt den Deckungsbeitrag eines Produktes.685 Abbildung 83 enthält die Schätzungen der Absatzmengen für Produkt A und B für alle Perioden des Betrachtungszeitraums. Auch hier werden fünf mögliche Eintritts-Szenarien unterstellt: Absatz Produkt A t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

xA

Wahr.

xA

Wahr.

xA

Wahr.

xA

Wahr.

xA

Wahr.

65

0,15

63

0,15

58

0,2

48

0,15

42

0,1

70

0,25

70

0,25

70

0,2

68

0,2

68

0,25

75

0,25

76

0,25

77

0,25

78

0,3

79

0,3

80

0,2

80

0,2

82

0,25

85

0,25

86

0,25

83

0,15

85

0,15

89

0,1

94

0,1

98

0,1

Absatz Produkt B t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

xB

Wahr.

xB

Wahr.

xB

Wahr.

xB

Wahr.

xB

Wahr.

48

0,2

46

0,15

44

0,2

42

0,2

36

0,15

52

0,2

50

0,2

52

0,3

53

0,2

52

0,25

55

0,25

56

0,3

58

0,2

59

0,2

60

0,25

60

0,25

60

0,2

62

0,15

63

0,2

64

0,2

62

0,1

64

0,15

67

0,15

70

0,2

72

0,15

Abbildung 83: Prognose der Absatzzahlen für Produkte A und B

Als weitere Inputparameter liegen schließlich noch die Fixkosten des Geschäftbereichs vor. Abbildung 84 enthält die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Fixkosten über die komplette Laufzeit.

685

vgl. Schierenbeck, 2003a, S.260

267

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Fixkosten (in T€) t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

Kfix

Wahr.

Kfix

Wahr.

Kfix

Wahr.

Kfix

Wahr.

Kfix

Wahr.

2250

0,1

2120

0,1

2100

0,1

2060

0,15

2000

0,2

2300

0,25

2210

0,2

2200

0,25

2200

0,25

2190

0,2

2340

0,3

2300

0,35

2280

0,3

2320

0,25

2320

0,2

2400

0,25

2380

0,25

2360

0,25

2420

0,25

2440

0,2

2440

0,1

2500

0,1

2470

0,1

2560

0,1

2650

0,2

Abbildung 84: Prognose der Fixkosten des Geschäftsbereichs

Die Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der einzelnen Inputparameter ist in der Praxis sicherlich eine äußerst schwierige Aufgabe. Insbesondere wenn die stochastischen Abhängigkeiten im Zeitablauf bzw. zwischen den Inputparametern in den Wahrscheinlichkeitsverteilungen korrekt erfasst werden sollen. Die Prognoseproblematik wird jedoch grundsätzlich bei allen in die Zukunft gerichteten Ansätzen auftreten. Zur Bestimmung des Wertbeitrages müssen ebenfalls Informationen zur aktuellen Zinsstruktur vorliegen. Für den Beispielfall wird die gleiche Zinsstruktur wie in dem bereits dargestellten Beispiel zur Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten verwendet.686 Abbildung 85 stellt die laufzeitspezifischen Marktzinssätze und die zugehörigen Zeroband-Abzinsfaktoren noch einmal zusammenfassend dar.

686

vgl. 2. Teil:C.III.2

268

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

4%

Z inssätz

3% 2% 1% 0% 1

2

3 4 L aufzeit (Jahre)

5

Laufzeit

1

2

3

4

5

Zinssätze

2,0%

2,3%

2,5%

3,0%

3,3%

Zerobond-

0,9804 0,9555 0,9284 0,8874 0,8482

Abzinsfaktoren

Abbildung 85: Zinsstruktur des Beispielfalls

3. Berechnung der erwarteten Cashflows für den Beispielfall Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter des vorangegangenen Kapitels bilden die Grundlage zur Bestimmung der erwarteten Cashflows. Da der Geschäftsbereich des Beispielfalls auf die Herstellung von zwei Produkten ausgerichtet ist, ergibt sich der Geschäftsbereichs-Cashflow gemäß der bereits bekannten Formel zu:687 CFt

A B B DS A t ˜ x t  DS t ˜ x t  K t ,fix

A A B B B (p A t  k var,t ) ˜ x t  ( p t  k var,t ) ˜ x t

K t ,fix Bei der Berechnung des Cashflows muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich bei den Inputparametern um unsichere Größen handelt, d.h. es liegen Wahrscheinlichkeitsverteilungen vor. Folglich gilt es, zunächst die Erwartungswerte der Inputparameter zu berechnen. Auf der Basis der Wahrscheinlichkeitsvertei-

687

vgl. 3. Teil:A.I.1

269

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

lungen aus Abbildung 81 lässt sich beispielsweise der Erwartungswert der Deckungsspanne des Produktes A für das erste Jahr wie folgt ermitteln: E(DS1A )

4

¦ DSiA ˜ p i

i 1

20 T € ˜ 0,1  25 T € ˜ 0,2  32 T € ˜ 0,4  35 T € ˜ 0,2  40 T € ˜ 0,1 30,8 T €

Analog lassen sich die Erwartungswerte der übrigen Inputparameter aus den im vorangegangenen Kapitel aufgestellten Wahrscheinlichkeitsverteilungen ableiten. Hierbei sei noch einmal angemerkt, dass die stochastischen Abhängigkeiten im Zeitablauf bzw. zwischen den Inputparametern bereits bei der Aufstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen berücksichtigt wurden. Die Abbildung 86 stellt die Erwartungswerte für alle Inputparameter des Beispielfalls zusammenfassend dar: Zeit t

1

2

3

4

5

E(DS A t )

30,80 T€

31,60 T€

31,25 T€

31,30 T€

29,75 T€

E(DS B t )

36,45 T€

36,45 T€

36,15 T€

37,25 T€

36,50 T€

E( x A t )

74,45

74,70

74,25

74,85

76,20

E(x B t )

54,95

55,30

55,35

57,40

57,00

2.346 T€

2.304 T€

2.281 T€

2.300 T€

2.320 T€

E(K fix, t )

Abbildung 86: Erwartungswerte der Inputgrößen

Auf der Grundlage dieser erwarteten Inputparameter lässt sich der erwartete Cashflow der einzelnen Perioden ermitteln. So bestimmt sich der Cashflow für das erste Jahr gemäß nachfolgender Formel zu: E(CF1 )

E(DS1A ) ˜ E( x 1A )  E(DS1B ) ˜ E( x1B )  E(K fix ,1 ) 30,80 T € ˜ 74,45  36,45 T € ˜ 54,95  2.346 T € 1.949,99 T €

Die erwarteten Cashflows der weiteren Perioden lassen sich der nachstehenden Tabelle entnehmen:

270

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Zeit t E(CFt)

1

2

3

4

5

1.949,99 T€ 2.072,21 T€ 2.040,22 T€ 2.180,96 T€ 2.027,45 T€ Abbildung 87: Erwartete Cashflows des Geschäftsbereichs

Das Ergebnis zeigt durchwegs positive erwartete Cashflows. Ob die Höhe dieser erwarteten Cashflows vor dem Hintergrund der Wertgenerierung ausreichend ist, zeigt sich erst, wenn diese mit den entsprechenden Risikokosten verglichen werden.

II. Ermittlung der Risikokomponente 1.

Ableitung des Verlustpotentials mithilfe der Monte-Carlo-Simulation

Das vorangegangene Kapitel hat die Ermittlung des erwarteten Cashflows eines Geschäftsbereichs verdeutlicht. Zur Berechnung der periodischen Sicherheitsäquivalente muss in einem nächsten Schritt der Risikoabschlag bestimmt werden. Der Risikoabschlag entspricht den Kosten, die zur Absicherung von potentiellen Verlusten anfallen. Zur Abschätzung des Verlustpotentials eines Geschäftsbereichs ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns bzw. -verlusts aufzustellen. Der Periodengewinn ist als der Saldo von Erträgen und Aufwendungen definiert.688 Da die Cashflowgröße im Beispielfall bereits vorliegt, wird der Periodengewinn nicht direkt berechnet, sondern aus dem Cashflow abgeleitet, d.h. es werden die nicht zahlungswirksamen Aufwendungen subtrahiert und die nicht zahlungswirksamen Erträge addiert. Als wesentliche Abgrenzungspositionen zwischen dem Cashflow und dem Periodengewinn sind die Abschreibungen und die Rückstellungen zu nennen. Sowohl Abschreibungen als auch Rückstellungen stellen einen Aufwand dar, führen aber nicht zu Auszahlungen.689 Da in dem Beispielfall keinerlei Angaben über die Rückstellungen gemacht werden, reduzieren sich die Anpassungen lediglich auf die Abschreibungen. In dem Beispiel wird von einer linearen Abschreibung über die fünf Jahre ausgegangen, so dass sich nachfolgender jährlicher Abschreibungsbetrag (AB) ergibt:

688 689

vgl. Küting/Weber, 2001, S.129 vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.563

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

AB

Investitionsbetrag Laufzeit

8.000 T € 5

271

1.600 T €

Der erwartete Periodengewinn E(G) des ersten Jahres beträgt damit: E (G 1 )

E (DS1A ) ˜ E ( x 1A )  E (DS1B ) ˜ E( x1B )  E (K1,fix )  AB 30,80 T € ˜ 74,45  36,45 T € ˜ 54,95  2.346 T €  1.600 T €

349,99 T €

Allerdings ist nicht der erwartete Periodengewinn zu bestimmen, sondern die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns. Aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung lässt sich anschließend das Verlustpotential des Geschäftsbereichs mithilfe des VaR-Konzepts abschätzen. Der VaR einer Verteilung von Periodengewinnen wird auch als Earning at Risk (EaR) bezeichnet.690 Bei der Vorstellung des VaR im ersten Teil der Arbeit wurden bereits verschiedene Verfahren zur Ableitung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung diskutiert.691 Die analytischen Verfahren sind grundsätzlich abzulehnen, da es üblicherweise nicht möglich sein wird, Verteilungstypen (z.B. die Normalverteilung) für alle Inputparameter zu unterstellen. Die Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns mithilfe der historischen Simulation ist nur dann möglich, wenn auf Vergangenheitsdaten zurückgegriffen werden kann. Im Beispielfall handelt es sich um die Neugründung eines Geschäftsbereichs, so dass hier keine historischen Daten vorliegen. Folglich muss auch die historische Simulation ausgeschlossen werden. Verbleibt letztlich die Monte-Carlo-Simulation als Verfahren zur Ableitung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns. Ausgangspunkt einer Monte-Carlo-Simulation ist die Aufstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Inputgrößen. Für den Beispielfall sind die Inputgrößen sowie deren Wahrscheinlichkeitsverteilungen bereits festgelegt worden.692 Der große Vorteil der Monte-Carlo-Simulation besteht darin, dass, im Gegensatz zum Varianz-Kovarianz-Ansatz, jede beliebige Verteilung für die Inputparameter unterstellt werden kann.693 Mithilfe von Zufallszahlen und den Wahrscheinlichkeitsverteilungen der unsicheren Eingangsparameter werden Szenarien der Inputgrößen ermittelt. Unter einem Szenario wird eine mögliche Kombination von Ausprägungen der Inputparameter verstanden. Werden anschließend die Ausprä-

690

vgl. Winter, 2004, S.291; Kremers, 2002, S.267 vgl. 1. Teil:B.III.2 692 vgl. 3. Teil:A.I.2 693 vgl. Jendruschewitz, 1999, S.71 691

272

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

gungen der Inputparameter in die Bewertungsformel eingesetzt, so resultiert hieraus ein simulierter Periodengewinn bzw. -verlust.694 Im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation sollte eine Vielzahl an Periodengewinnen simuliert werden.695 Je größer die Anzahl an simulierten Periodengewinnen ist, umso stabiler ist auch die sich ergebende Wahrscheinlichkeitsverteilung. Nur eine sehr große Anzahl an Simulationsdurchläufen (in der Regel mindestens 10.000) stellt eine Konvergenz zwischen simulierter und tatsächlicher Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns sicher.696 Für einen Simulationsdurchlauf müssen Zufallszahlen generiert werden, welche die Ausprägungen der unsicheren Inputparameter bestimmen. Üblicherweise werden diese mithilfe eines Computers erzeugt.697 So besitzt beispielsweise die Tabellenkalkulationssoftware „Microsoft Excel“ die Funktion ZUFALLSZAHL(), die eine gleichverteilte Zahl zwischen 0 und 1 wiedergibt. In der Regel werden jedoch die unsicheren Inputparameter nicht gleichverteilt sein. Dann gilt es, die gleichverteilte Zufallszahl in die für die Entwicklung des Inputparameters unterstellte Verteilungsform zu transformieren. Diese Transformation lässt sich erzielen, indem die gleichverteilte Zufallszahl an der Verteilungsfunktion der unterstellten Wahrscheinlichkeitsverteilung der Inputgröße gespiegelt wird. Analytisch geschieht diese Transformation durch Bildung der Inversen der Verteilungsfunktion des betrachteten Inputparameters.698 Die simulative Bestimmung der Ausprägung eines Inputparameters soll anhand des Beispielfalls verdeutlicht werden. Abbildung 88 zeigt die Dichte- und die Verteilungsfunktion der Deckungsspanne des Produktes A für das erste Jahr:

694

vgl. Blohm/Lüder, 1995, S.277 vgl. Jendruschewitz, 1999, S.73 696 vgl. Deutsch, 2001, S.407 697 teilweise wird auch auf einen Würfel als Zufallsgenerator zurückgegriffen: vgl. Perridon/Steiner, 2003, S.124ff 698 vgl. Kremers, 2002, S.159 695

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Deckungsspanne (in T€) 20 Dichtefunktion 10% Verteilungsfunktion 10%

25 20% 30%

32 40% 70%

35 20% 90%

273

40 10% 100%

Wahrscheinlichkeit

Dichtefunktion 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 0

10

20

30

40

50

Deckungsspanne des Produktes A (in T€)

Verteilungsfunktion Wahrscheinlichkeit

100% 80% 60% 40% 20% 0% 0

10

20

30

40

50

Deckungsspanne des Produktes A (in T€)

Abbildung 88: Dichte- und Verteilungsfunktion von Deckungsbeitrag A

Mithilfe der Verteilungsfunktion lassen sich nun den simulierten Zufallsvariablen Deckungsspannen zuordnen. Abbildung 89 zeigt beispielhaft die Ermittlung der Deckungsspannen für die Zufallszahlen 0,25 und 0,5,

274

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Verteilungsfunktion 100%

Wahrscheinlichkeit

80% 60% 40% 20% 0% 0

10

20

30

40

50

Deckungsspanne des Produktes A (in T€)

Abbildung 89: Simulative Ermittlung der Ausprägung des Deckungsbeitrages699

Die Spiegelung der Zufallszahl von 0,25 an der Verteilungsfunktion ergibt für die Deckungsspanne einen Betrag von 25 T€. Bei einer simulierten Zufallszahl von 0,5 resultiert eine Deckungsspanne von 32 T€. Aufgrund der diskret verteilten Inputparameter ergeben sich Intervalle der gleichverteilten Zufallszahl, die sich einer bestimmten Deckungsspanne zuordnen lassen. Für den Beispielfall liegt folgende Zuordnung von Zufallszahl und Deckungsspanne vor: Intervall der Zufallszahl

[0;0,1]

(0,1;0,3]

(0,3;0,7]

(0,7;0,9]

(0,9;1,0]

Deckungsspanne

20 T€

25 T€

32 T€

35 T€

40 T€

Abbildung 90: Zusammenhang zwischen Zufallszahl und Ausprägung des Inputparameters

Analog lässt sich auch für die übrigen Inputparameter über eine Monte-CarloSimulation eine Ausprägung des Inputparameters simulieren. Abbildung 91 stellt das Ergebnis eines möglichen (zufälligen) Simulationsdurchlaufes dar.

699

vgl. Kremers, 2002, S.219

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

275

Inputparameter

DS A t

DS B t

xA t

xB t

K t , fix

Ausprägung

32 T€

33 T€

80

60

2.340 T€

Abbildung 91: Ausprägungen der Inputparameter für einen Simulationsdurchlauf

Werden diese simulierten Inputparameter in die Bewertungsgleichung eingesetzt, resultiert hieraus nachfolgender Periodengewinn: G1

DS1A ˜ x1A  DS1B ˜ x1B  K1,fix  AB 32 T € ˜ 80  33 T € ˜ 60  2.340 T €  1.600 T €

600 T €

Dieser Periodengewinn stellt das Ergebnis eines Simulationsdurchlaufes dar. Im Rahmen der Monte-Carlo-Simulation ist nun eine große Anzahl an Simulation durchzuführen. Die Anzahl der Durchläufe sollte so hoch sein, dass eine Stabilität der Simulationsergebnisse sichergestellt ist.700 Üblicherweise liegt die Anzahl der Simulationsdurchläufe bei mindestens 10.000.701 Für heutige Softwareprogramme stellt diese Anzahl an Simulationsdurchläufen keine Problematik mehr dar. Bei 10.000 Simulationsdurchläufen liegt damit eine Liste mit 10.000 simulierten Periodengewinnen vor, von denen jeder Periodengewinn eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 1/10.000 besitzt. Zur graphischen Veranschaulichung werden die 10.000 Periodengewinne in 100 Klassen eingeteilt.702 Abbildung 92 stellt die Wahrscheinlichkeitsverteilung der 10.000 simulierten Periodengewinne für den Beispielfall dar. Der niedrigste simulierte Wert liegt bei –1.260 T€, der höchste Wert beträgt 2.028 T€. Der simulierte Erwartungswert beträgt 351,60 T€ und liegt damit leicht über dem oben berechneten erwarteten Erwartungswert des Periodengewinns von 349,99 T€. Diese Abweichung verdeutlicht, dass selbst bei einer hohen Anzahl von Simulationen (10.000) nach wie vor eine gewisse Abweichung vom theoretischen Erwartungswert vorliegt.

700

vgl. Bleuel, 2006, S.371 vgl. Keitsch, 2004, S.62; Pearson, 2002, S.95 702 vgl. Kremers, 2002, S.223ff 701

276

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

3,50%

Wahrscheinlichkeit

3,00% 2,50% VaR99%,1

2,00% 1,50% 1,00% 0,50% 0,00% -931

-602

-274

55

384

713

1.042 1.370 1.699 2.028

Periodengewinn

Abbildung 92: Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns des ersten Jahres

Aus den simulierten Periodengewinnen gilt es nun, das Verlustpotential abzuleiten. Auf der Grundlage der Liste der simulierten Periodengewinne ist dies verhältnismäßig einfach. Dazu sind die 10.000 Simulationsergebnisse der Größe nach absteigend zu sortieren. Der Value at Risk bei einem Konfidenzniveau D repräsentiert den [(1-D)˜n+1]-nten Wert der sortierten Liste.703 Bei einem Konfidenzniveau von 99% befindet sich der VaR damit an 101-ter Stelle der sortierten Liste. Im Beispielfall steht an der 101-ten Stelle der Wert -856 T€. Das Verlustpotential des ersten Jahres beträgt damit bei einem Konfidenzniveau von 99% gerade 856 T€. Analog zum ersten Jahr muss auch die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Jahre zwei bis fünf bestimmt werden. Abbildung 93 stellt die Ergebnisse des Geschäftsbereichs für diese Jahre nach jeweils 10.000 Simulationsdurchläufen dar.

703

vgl. Hölscher/Kalhöfer/Bonn, 2005, S.502

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

277

t=2

Wahrscheinlichkeit

3,5% 3,0% 2,5%

VaR99%,2

2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% -1.136 -707

-277

152

582

1.012 1.441 1.871 2.300 2.730

103

619

1.135 1.651 2.166 2.682 3.198

-166

564

1.294 2.023 2.753 3.482 4.212

Periodengewinn

t=3

Wahrscheinlichkeit

3,5% 3,0% 2,5%

VaR99%,3

2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% -1.444 -928

-413

Periodengewinn

t=4

Wahrscheinlichkeit

3,5% 3,0% 2,5%

VaR99%,4

2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% -2.354 -1.625 -895

t=5

Wahrscheinlichkeit

3,5% 3,0%

Periodengewinn

VaR99%,5

2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% -2.291 -1.430 -570

291

1.152 2.013 2.874 3.734 4.595 5.456

Periodengewinn

Abbildung 93: Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Perioden zwei bis fünf

278

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Aus den Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Abbildung 93 lässt sich wiederum das Verlustpotential der Jahre zwei bis fünf ableiten. Die Ergebnisse sind in nachstehender Tabelle zusammengefasst: Periode t Verlustpotential (VaR99%)

t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

856 T€

1.060 T€

1.416 T€

1.769 T€

2.268 T€

Abbildung 94: Verlustpotentiale der einzelnen Perioden

Bei der Festlegung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Inputparameter wurde im Zeitablauf eine zunehmende Schwankungsbreite unterstellt. Dies hat eine immer breiter werdende Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns und damit einen steigenden VaR zur Folge. Der steigende VaR verdeutlicht die zunehmende Unsicherheit bezüglich der Entwicklung des Periodengewinns in der Zukunft.

2. Der Eigenkapitalkostensatz auf Unternehmensebene Mit dem VaR des Periodengewinns liegt die Mengenkomponente des Risikoabschlages vor. In einem nächsten Schritt ist darüber hinaus die Preiskomponente des Risikoabschlages zu bestimmen. Die Preiskomponente wird durch die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber an die Unternehmung festegelegt. Ein Überblick über verschiedene Ansätze zur Ableitung der Eigenkapitalkosten wurde bereits im ersten Teil der Arbeit geliefert.704 Im Folgenden sollen drei Verfahren auf ihre Eignung zur Ermittlung der Preiskomponente für den Risikoabschlag diskutiert werden: Mit den Best-Practice-Ansätzen liegen Verfahren vor, welche sich die Technik des Benchmarkings zunutze machen. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob das CAPM, welches zur Ermittlung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze abgelehnt wurde, zumindest zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten auf Unternehmensebene einen Beitrag leisten kann. Schließlich wird ein neuer Ansatz zur Ableitung der Eigenkapitalkosten untersucht, der auf den fundamentalanalytischen Ansätzen aufbaut. Den Best-Practice-Ansätzen liegt keine eigenständige Bewertungstheorie zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten zugrunde. Stattdessen beruhen diese Verfahren auf den Prinzipien des Benchmarkings, d.h. die Eigenkapitalkosten werden über

704

vgl. 1. Teil:C.III

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

279

einen Vergleich mit anderen Unternehmen ermittelt.705 Sinnvoll ist lediglich ein Vergleich mit Unternehmen der gleichen Branche. Unternehmen von unterschiedlichen Branchen weisen u.U. eine stark abweichende Risikostruktur und damit auch unterschiedliche Renditeforderungen auf. So lassen sich sicherlich nur sehr schwer die Renditeforderungen eines Handelsunternehmens mit denen eines Biotechnologieunternehmens vergleichen. Die Eigenkapitalkosten orientieren sich bei diesem Ansatz an den in der Vergangenheit erzielten Eigenkapitalrenditen der besten Unternehmen einer Branche (Best-Practice-Unternehmen). Dient die erzielte Eigenkapitalrendite des BestPractice-Unternehmens als Eigenkapitalkostensatz, so wird implizit unterstellt, dass die Eigenkapitalgeber ihre Renditeforderungen anhand des besten Unternehmens der Branche festmachen. Eine derartige Festlegung der Eigenkapitalgeber ist üblicherweise nicht zu beobachten. Ein mithilfe des Best-PracticeAnsatzes abgeleiteter Zinssatz dient vielmehr der Vorgabe eines Maximalziels.706 Jedes Unternehmen sollte grundsätzlich bestrebt sein, eine zum Branchenführer vergleichbare Eigenkapitalrentabilität aufzuweisen. Das Messen, Analysieren und Verbessern der Performance von Objekten durch Vergleiche mit Referenzobjekten ist in der betrieblichen Praxis ein häufig anzutreffendes Instrumentarium. Insbesondere dient es der Unternehmung zur Bestimmung der Positionierung des eigenen Unternehmens innerhalb der Branche. Zu kritisieren ist, dass selbst innerhalb einer Branche deutliche Unterschiede zwischen den Unternehmen bestehen und eine Vergleichbarkeit nicht unbedingt gewährleistet ist. Die individuelle Risikostruktur des Unternehmens fließt bei den Best-Practice-Ansätzen nicht in die Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes ein. Eine differenzierte Ableitung der Eigenkapitalkosten auf der Grundlage der spezifischen Risikostruktur eines Unternehmens ist folglich mit diesem Ansatz nicht möglich. Als zusätzliche Information bei der Kapitalkostenbestimmung kann der Best-Practice-Ansatz jedoch trotzdem nützlich sein: So liefert er die Information, welche Rendite die Eigenkapitalgeber in der Vergangenheit innerhalb der Branche maximal erzielen konnten. Zudem sind die ex-post Eigenkapitalrentabilitäten der Wettbewerber in der Regel sehr einfach zu beschaffen. Wie bereits geschildert, stellt das Capital Asset Pricing Model das zentrale kapitalmarkttheoretische Modell zur Ableitung des Eigenkapitalkostensatzes dar. Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Ansatz zur Bestimmung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze bereits grundsätzlich abgelehnt. Trotzdem soll an dieser Stelle noch einmal auf das CAPM und dessen Eignung zur Ableitung von 705 706

vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.176 vgl. Schierenbeck/Lister, 2001, S.179

280

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Eigenkapitalkosten auf Unternehmensebene eingegangen werden. Das CAPM auf Unternehmensebene ist aus folgenden Gründen gegenüber der Geschäftsbereichsebene nicht vollständig abzulehnen: ƒ In der Praxis findet eine Ermittlung der Eigenkapitalkosten immer auf der Basis von Vergangenheitsdaten statt. In der Regel wird hierbei der E-Faktor des CAPM mithilfe des Markt-Modells abgeleitet.707 Für einen Geschäftsbereich, der eine stark schwankende Risikostruktur besitzt, ist diese ex-postBetrachtung nicht zu akzeptieren. Auf Unternehmensebene hingegen sieht dies etwas anders aus: Aufgrund mehrerer Geschäftsbereiche findet zumindest teilweise eine gewisse Risikoreduktion statt. Insbesondere für große Konzerne bleibt der E-Faktor über die Zeit relativ konstant.708 Einschränkend muss jedoch auch hier festgestellt werden, dass insbesondere für kleinere Unternehmen bzw. Wachstumsunternehmen größere Schwankungen des E-Faktors im Zeitverlauf zu beobachten sind.709 Insgesamt kann festgehalten werden, dass auf Unternehmensebene zumindest eine Entschärfung der problematischen expost-Bestimmung der Kapitalkosten stattfindet. ƒ Als wesentlicher Schwachpunkt des CAPM zur Ableitung der geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten wurde die mangelnde Risikoerfassung herausgestellt. Das CAPM berücksichtigt lediglich das systematische Risiko eines Geschäftsbereichs. Da das unsystematische Risiko jedoch ebenfalls negative Konsequenzen auf Unternehmensebene (Insolvenztatbestände) nach sich ziehen kann, wird die Risikosituation bei der Ableitung geschäftsbereichsspezifischer Kapitalkostensätze gemäß des CAPM unterschätzt. Die auf Basis der geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkosten ermittelten Wertbeiträge sind damit nur noch bedingt für Steuerungszwecke geeignet, d.h. bei der Frage, ob ein Geschäftsbereich erweitert, umstrukturiert oder ausgebaut werden soll, sind Fehlsteuerungen möglich. Bei dem in diesem Teil der Arbeit diskutierten Ansatz zur Geschäftsbereichsbeurteilung werden die Eigenkapitalkosten gemäß des CAPM auf Unternehmensebene bestimmt. Die spezifische Risikosituation eines Geschäftsbereichs wird über die Mengenkomponente, also die Höhe des Haftungskapitals, erfasst. Damit lässt sich auch das unsystematische Risiko eines Geschäftsbereichs sehr differenziert berücksichtigen. ƒ Bei der Diskussion des CAPM sind Zweifel aufgekommen, ob das Modell unter der Vielzahl der restriktiven Prämissen überhaupt in der Lage ist, einen sinnvollen Beitrag zur Bestimmung der Renditeforderungen der Eigenkapital707

vgl. 2. Teil:B.II.2 vgl. Schäfer/Schässburger, 2001b, S.255 709 vgl. Schäfer/Schässburger, 2001a, S.89 708

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

281

geber zu liefern. Unabhängig von diesen Überlegungen hat sich das CAPM als Bewertungsansatz am Kapitalmarkt etabliert. Sollten also die Eigenkapitalgeber überwiegend das CAPM zur Berechnung ihrer Renditeforderungen einsetzen, so resultieren aus dem Modell konkrete Kapitalkosten für das Unternehmen. Denn die Eigenkapitalgeber werden nur dann zufrieden sein, wenn sich die von ihnen (über das CAPM) ex-ante prognostizierten Renditen anschließend in entsprechender Höhe auch tatsächlich ex-post einstellen werden. Dies stellt grundsätzlich kein Argument für die konzeptionelle Richtigkeit des CAPM dar, rechtfertigt jedoch die Anwendung des Modells zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten auf Unternehmensebene. Zentraler Kritikpunkt an dem CAPM ist die in der Praxis üblicherweise anzutreffende Ableitung der Eigenkapitalkosten auf der Basis vergangener Kapitalmarktrenditen. Vor diesem Hintergrund wurden in jüngerer Vergangenheit einige streng zukunftsorientierte Ansätze entwickelt, die im Kern auf den bereits diskutierten Fundamentalanalysen beruhen.710 In der Literatur werden diese als exante-Ansätze oder als Ansätze der impliziten Kapitalkosten bezeichnet und lassen sich in Dividendendiskontierungsmodelle, Gewinnkapitalisierungsmodelle und Residualgewinnmodelle unterscheiden.711 Konzeptionell liegt den ex-ante-Ansätzen eine Inversion der gängigen Bewertungsmodelle zugrunde. Im Gegensatz zur klassischen Unternehmensbewertung wird nicht der Marktwert des Eigenkapitals gesucht, da dieser im Rahmen der exante-Ansätze annahmegemäß durch den Aktienkurs der Unternehmung gegeben ist.712 Aus dem Marktpreis der Aktie und den prognostizierten zukünftigen Überschusserwartungen (z.B. Residualgewinnen) ermitteln die ex-ante-Ansätze implizite Kapitalkosten. Diese impliziten Kapitalkosten entsprechen dem internen Zinsfuß, der dafür sorgt, dass der Barwert der prognostizierten zukünftigen Überschusserwartung dem aktuellen Marktpreis entspricht.713 Die Bestimmung impliziter Kapitalkostensätze soll am Beispiel eines Residualgewinnkonzeptes verdeutlicht werden, d.h. bei diesem Ansatz werden die prognostizierten Übergewinne auf den gegenwärtigen Zeitpunkt diskontiert.714 Der aktuelle Preis pro Aktie lässt sich wie folgt abschätzen:715 710

vgl. 1. Teil:C.III.2 einen Überblick über verschiedene Ansätze zur Ableitung impliziter Kapitalkostensätze: vgl. Ballwieser 2005, S.326ff; Daske/Wiesenbach, 2005, S.408ff 712 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.69 713 vgl. Reese, 2005, S.1; Daske/Wiesenbach, 2005, S.407f 714 häufig zitierte Residualgewinnkonzepte: vgl. Claus/Thomas, 2001; Gebhardt/Lee/Swamitnathan, 2001, Eaton/Taylor/Shroff/Sougiannis, 2002 715 vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.15; Gebhardt/Mansch, 2005, S.69; Reese, 2005, S.6 711

282

K0

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

5

feps t  k EK ˜ bvps t 1

t 1

(1  k EK ) t

bvps 0  ¦

 

mit: K0 fepst kEK bvpst FROEt RIt

= = = = = =

11

(FROE t  k EK ) ˜ bvps t 1

t 6

(1  k EK ) t

¦

E(RI12 ) k EK ˜ (1  k EK )11

Detailplanungsperiode Übergangsperiode Endwert

aktueller Preis pro Aktie prognostizierter Gewinn pro Aktie für Periode t erwarteter Eigenkapitalkostensatz Buchwert des Eigenkapitals pro Aktie zum Zeitpunkt t prognostizierter Return on Equity zum Zeitpunkt t Residualgewinn zum Zeitpunkt t

Der Preis pro Aktie ergibt sich damit aus dem Buchwert des Eigenkapitals pro Aktie zuzüglich dem Barwert der diskontierten periodischen Residualgewinne pro Aktie. Dem Modell liegen mit der Detailplanungsperiode, der Übergangsperiode und dem Endwert drei Planungsphasen zugrunde: ƒ In der Detailplanungsphase, die üblicherweise fünf Jahre beträgt, werden die Gewinne exakt prognostiziert. In der Regel wird für die Gewinnprognose der Median mehrerer Analystenschätzungen für das zu bewertende Unternehmen angesetzt.716 Durch diese Vorgehensweise lassen sich extreme Einschätzungen einiger Analysten ausschließen und es wird ein Marktkonsens bezüglich der Überschusserwartung hergestellt.717 Neben der Gewinnprognose muss ebenfalls die Entwicklung des Eigenkapitals geschätzt werden. Hierzu ist die erwartete unternehmensindividuelle Ausschüttungsquote in die Bewertung zu integrieren. Die Ausschüttungsquote wird üblicherweise auf der Grundlage der Gewinne und Dividenden des letzten Geschäftsjahres vor dem Bewertungszeitpunkt berechnet und für den kompletten Prognosezeitraum als konstant angenommen.718 Die Ausschüttungsquote bestimmt maßgeblich die Entwicklung des Eigenkapitals pro Aktie. Je höher die Ausschüttungsquote ist, umso stärker vermindert sich der zur Thesaurierung zur Verfügung stehende Gewinn. Das Eigenkapital pro Aktie der Periode t berechnet sich damit zu:

bvpst = bvpst-1 + fepst - fdpst

716

vgl. Daske/Gebhardt/Klein, 2004, S.8 vgl. Gebhardt/Mansch, 2005, S.70 718 vgl. Reese, 2005, S.5 717

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

283

mit: fdpst = Dividendenprognose pro Aktie für Periode t ƒ Die Residualgewinne der Übergangsperiode (Geschäftsjahre 6 bis 11) werden mithilfe des prognostizierten Return on Equity (FROEt) festgelegt. Der Return on Equity ermittelt sich aus dem Verhältnis des Gewinns der Periode und dem Buchwert des Eigenkapitals am Ende der Vorperiode. In der Übergangsphase wird unterstellt, dass sich der Return on Equity in gleich großen Schritten einem Ziel-Return on Equity im Jahr 12 annähert. Der Ziel-Return on Equity lässt sich als Median der vergangenen Return on Equitys aller Unternehmen einer Branche definieren.719 Beträgt beispielsweise der Return on Equity des fünften Geschäftsjahres 10% und der Ziel-Return on Equity des zwölften Geschäftsjahres 11,4%, so wird während der Übergangsperiode für den Return on Equity eine jährliche Steigerung in Höhe von 0,2% angesetzt. Das Produkt aus dem Buchwert des Eigenkapitals und der Differenz aus dem Return on Equity und dem Eigenkapitalkostensatzes ergibt den Residualgewinn des Geschäftsjahres. ƒ Von Periode 12 an wird unterstellt, dass sich das Unternehmen in einem Steady State befindet und ein Residualgewinn in konstanter Höhe erzielt wird.720 Der Barwert dieser konstanten Residualgewinne lässt sich mithilfe der Formel der ewigen Rente berechnen.721

In obiger Gleichung ist der Eigenkapitalkostensatz als interner Zinsfuß zu bestimmen, d.h. es ist gerade der Zinssatz zu berechnen, bei dem die diskontierten zukünftigen Residualwerte zuzüglich dem aktuellen Buchwert des Eigenkapitals pro Aktie dem Aktienkurs der Unternehmung entsprechen. Die Auflösung der Bestimmungsgleichung nach dem internen Zinsfuß ist üblicherweise nicht möglich.722 Folglich müssen entweder trial-and-error-Methoden (z.B. lineare Interpolation) oder Softwarelösungen zur Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes zum Einsatz kommen.723 Der interne Zinsfuß stellt eine zeitliche Durchschnittsverzinsung dar. Übertragen auf den Anwendungsfall bedeutet dies, dass der Eigenkapitalkostensatz in jeder Periode gleich hoch ist. Eine interessante Weiterentwicklung des Konzeptes stellt die Integration der Zinsstrukturkurve dar. Dadurch lassen sich die Eigenkapital-

719

vgl. Gebhardt/Lee/Swaminathan, 2001, S.143 vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.18 vgl. Rappaport,1995, S.65 722 vgl. Bieg/Kussmaul, 2000, S.126 723 vgl. Park/Pelot/Porteous/Zou, 2001, S.236ff 720 721

284

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

kosten in zwei Komponenten aufspalten, nämlich in die periodenspezifischen risikolosen Renditen rf,t und die zu schätzende konstante Risikoprämie rp:724 K0

bvps 0 



5

¦

t 1

feps t  (rf , t  rp ) ˜ bvps t 1 (1  (rf , t  rp ))

t

11



t 6

(FROE t  (rf , t  rp )) ˜ bvps t 1 (1  (rf , t  rp )) t

E (RI12 ) (rf ,t  rp ) ˜ (1  (rf ,t  rp ))11

Da die Zinsstruktur für den risikolosen Zinssatz verhältnismäßig einfach zu beschaffen ist, bietet es sich an, diese zusätzliche Information in die Bestimmungsgleichung zu integrieren. Die periodenspezifischen, risikolosen Renditen rf,t stellen die Forward-Rates der Zinsstrukturkurve dar.725 Die Variable der Bestimmungsgleichung ist nun der konstante Risikozuschlag rp. Aufgrund der Schwankungen der periodischen risikolosen Renditen liegen im Zeitablauf variierende Eigenkapitalkostensätze vor. Variable periodenspezifische Risikoprämien lassen sich hingegen mit diesem Konzept nicht erzielen.726 Zur Berechnung des Endwertes kann jetzt nicht mehr die Formel der ewigen Rente verwendet werden, da in der Formel nun die laufzeitabhängigen risikolosen Zinssätze enthalten sind. Allerdings kann beobachtet werden, dass die Zinsstrukturkurven im langfristigen Bereich üblicherweise sehr flach verlaufen.727 Dementsprechend kann hier ab einem bestimmten Zeitpunkt ein konstanter risikoloser Zinssatz angesetzt werden. Während die herkömmlichen kapitalmarkttheoretischen Ansätze die Kapitalkosten auf der Basis vergangener Renditen bestimmen, liegt den ex-ante Ansätzen eine streng zukunftsorientierte Betrachtungsperspektive zugrunde. Die zu prognostizierenden Größen (Gewinn- und Dividendenprognose) sind in der Regel verhältnismäßig einfach über Datenbanken (z.B. Bloomberg) zu bestimmen. Der ebenfalls vorgestellte modifizierte Ansatz zeigt darüber hinaus, dass sich die Zinsstrukturkurve sehr gut in den Ansätzen integrieren lässt. In der Vergangenheit war die Bestimmung des internen Zinsfußes in der Praxis ein größeres Problem. Durch den Einsatz von Computern besitzt dieses Argument jedoch heute keine Gültigkeit mehr. Da die ex-ante Ansätze zur Ableitung der Eigenkapitalkosten auf den Aktienkurs zurückgreifen, können die Konzepte nur bei börsengehandelten Unternehmen

724

vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.18 auf die Forward-Rates wird an später Stelle noch detaillierter eingegangen: vgl. 3. Teil:A.II.3 726 vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.19 727 vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.7 725

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

285

eingesetzt werden. Für nicht börsennotierte Unternehmen muss der Aktienkurs über Vergleichunternehmen geschätzt werden. Die Ansätze der impliziten Kapitalkosten unterstellen informationseffiziente Kapitalmärkte. Die Effizienzhypothese besagt, dass der Aktienkurs alle am Markt verfügbaren Informationen einer Unternehmung widerspiegelt. Lediglich neue Informationen nehmen damit Einfluss auf den Aktienkurs.728 Die Gültigkeit dieser Hypothese wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Die Kritiker der Effizienzhypothese argumentieren, dass bei Transaktionen am Kapitalmarkt üblicherweise Paketzuschläge oder Kontrollprämien bezahlt werden und damit von dem Marktpreis nicht auf den Unternehmenswert geschlossen werden kann.729 Darüber hinaus lassen sich mit der Effizienzhypothese die am Markt beobachtbaren Anomalien (z.B. der Januareffekt) nicht erklären. Ein weiterer zentraler Kritikpunkt der ex-ante Ansätze ist das so genannte Tautologie-Problem. Die Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes erfolgt unter Verwendung der aktuellen Marktbewertung. Genau dieser Eigenkapitalkostensatz wird aber wiederum im Rahmen einer Fundamentalanalyse (z.B. des DCFVerfahren) dazu verwendet, einen Wertbeitrag zu bestimmen, der sich von der aktuellen Marktbewertung unterscheidet.730 Die Verfechter der ex-ante Ansätze argumentieren, dass im Rahmen einer Unternehmenswertermittlung ohnehin die Rendite einer vergleichbaren Alternativanlage herangezogen werden sollte. Vor diesem Hintergrund wird vielfach gefordert, die impliziten Kapitalkostensätze aller Unternehmen einer Branche zu ermitteln und im Portfolio zu einer durchschnittlichen Alternativrendite zu aggregieren. Dieser geschätzte durchschnittliche Kapitalkostensatz auf Branchenebene wird als relevanter Eigenkapitalkostensatz unterstellt.731 Die Bestimmung der Eigenkapitalkosten stellt in der Praxis eine schwierige Aufgabe dar.732 Ein Verfahren, welches durchwegs überzeugt, liegt bisher nicht vor. Die noch relativ jungen ex-ante Ansätze geben der Suche nach einem geeigneten Konzept zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten sicherlich einen neuen Impuls. Abbildung 95 stellt die hier diskutierten Ansätze zur Ableitung der Eigenkapitalkosten auf Unternehmensebene noch einmal übersichtlich dar:

728

vgl. Bodie/Kane/Marcus, 2005, S.371 vgl. Reese, 2005, S.35 vgl. Daske/Gebhardt, 2006, S.S.547 731 vgl. Gebhardt/Daske, 2004, S.23 732 vgl. Ballwieser, 2005, S.335; Studer, 1998, S.390 729 730

286

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Verfahren

Methodik

Vorteile

Nachteile

Best-Practice-Ansatz

Capital-Asset-PricingModel

Ex-ante-Ansätze

Orientierung an den Eigenkapitalrenditen der besten Unternehmen einer Branche

Kapitalmarkttheoretischer Ansatz, der auf einer Vielzahl von Prämissen beruht

Ableitung der Eigenkapitalkosten aus der aktuellen Marktbewertung und der Schätzung zukünftiger Erfolgsgrößen

Einfache Bestimmbarkeit, Überblick über die maximal in einer Branche zu erzielende Rendite

Innerhalb der definierten Modellwelt: theoretisch fundierter Ansatz; hohe Verbreitung in der Praxis

Expliziter Zukunftsbezug; Ausnutzung der aktuellen Marktbewertung

Die spezifische Risikosituation eines Unternehmens kann nicht erfasst werden

Restriktiver Prämissenkatalog; fehlende empirische Validierung; starker Vergangeheitsbezug

Tautologieproblem; Problem der mangelhaften Kapitalmarkteffizienz

Abbildung 95: Gegenüberstellung der Ansätze zur Ableitung der Eigenkapitalkosten

3.

Bestimmung der Risikoabschläge

Liegt sowohl der VaR des Periodengewinns (Mengenkomponente) als auch eine Schätzung bezüglich des Eigenkapitalkostensatzes (Preiskomponente) vor, so lassen sich die periodischen Risikoabschläge berechnen. Gemäß den Überlegungen aus Kapitel 2. Teil:C.II.2 bestimmen sich die Risikoabschläge zu: RA = VaR · (kEK-rf) Abbildung 96 fasst die Berechnung der periodischen Risikoabschläge zusammen:

287

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

t=1

t=2

99%

99%

PG

VaR99%,1

t=T

...

99%

PG

VaR99%,2

PG

...

VaR99%,T

Mengenkomponente x

x

kEK,1 - rf,1

kEK,2 - rf,2

x

...

kEK,T - rf,T

Preiskomponente = RA1

= RA2

= ...

RAT

Risikoabschlag

Abbildung 96: Schema zur Ermittlung des Risikoabschlages

Für jede Periode gilt es, den VaR des Periodengewinns (Mengenkomponente) sowie die Differenz aus den Renditeforderungen der Anteilseigner an das Unternehmen und dem risikolosen Zinssatz (Preiskomponente) zu bestimmen. Die Multiplikation beider Größen ergibt den Risikoabschlag. Für den Beispielfall wird ein Eigenkapitalkostensatz in Höhe von 18% für das erste Jahr mit einem jährlichen Anstieg um 1% unterstellt. Die risikolosen Zinssätze lassen sich mithilfe der Zinsstrukturkurve aus Abbildung 85 bestimmen. So beträgt der risikolose Zinssatz des ersten Jahres 2%. Die Zinssätze der übrigen Jahre sind nicht direkt ablesbar, können jedoch als Forward-Rates aus der Zinsstrukturkurve abgeleitet werden. Eine Forward-Rate repräsentiert den Zinssatz, der auf einem arbitragefreien Finanzmarkt für eine Anlage von finanziellen Mitteln zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine bestimmte Laufzeit (hier: 1 Jahr) erzielbar ist.733

733

vgl. Ohler/Unser, 2001, S.43

288

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Die Forward Rates werden üblicherweise mithilfe eines Duplikationsansatzes bestimmt. Bei diesem Ansatz werden unterschiedliche Geldanlage- und Geldaufnahmegeschäfte zu aktuell gültigen Marktzinssätzen durchgeführt. Die Geldanlage- und Geldaufnahmegeschäfte werden so angesetzt, dass der Zahlungsstrom eines Forward Geschäftes dupliziert wird. Aus dem Zahlungsstrom des Forward Geschäftes lässt sich anschließend sehr einfach die Forward Rate ableiten.734 Für den Beispielfall wird im Folgenden die Ermittlung der 1-Jahres Forward Rate für den Zeitpunkt t=1 dargestellt. Hierzu gilt es, zwei Geschäfte mit unterschiedlichen Laufzeiten am Geld- und Kapitalmarkt zu tätigen. Zum einen wird ein bestimmter Geldbetrag (z.B. 1 GE) über 2 Jahre zu dem Marktzinssatz von 2,3% angelegt. Gleichzeitig findet eine Geldaufnahme in gleicher Höhe für ein Jahr zum Marktzinssatz von 2% statt: Abbildung 97 stellt die Zahlungen beider Geschäfte dar.

t=0

t=1 (1 Jahr)

Geldaufnahme über 1 Jahr in t=0 (2 %)

+1,00

-1,02

Geldanlage über 2 Jahre in t=0 (2,3 %)

-1,00

+0,023

+1,023

0,00

-0,997

+1,023

Summe:

t=2 (2 Jahre)

Forward Rate: r[1;1]=2,61% Zeitpunkt

Laufzeit

Abbildung 97: Ermittlung der 1-jährigen Forward Rate zum Zeitpunkt t=1735

Zum Zeitpunkt t=1 resultiert aus der einjährigen Geldaufnahme eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1,02 GE. Gleichzeitig laufen aus der zweijährigen Geldanlage Zinsen in Höhe von 0,023 GE auf. Damit ergibt sich insgesamt ein 734 735

vgl. Schierenbeck, 2003b, S.164ff in Anlehnung an Schierenbeck, 2003b, S.165

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

289

Zahlungssaldo in Höhe von –0,997 GE zum Zeitpunkt t=1. Zum Zeitpunkt t=2 liegt die Rückzahlung der 2-jährigen Geldanlage in Höhe von 1,023 GE an. Auf einem arbitragefreien Markt muss der einjährige Zinssatz zum Zeitpunkt t=1 so hoch sein, dass die Verzinsung der 0,997 GE gerade den Wert 1,023 GE ergibt. Die gesuchte Forward Rate ermittelt sich somit zu: r>1;1@

1,023 GE  1 0,0261 % 0,997 GE

Die 1-jährige Forward Rate zum Zeitpunkt t=1 beträgt damit 2,61%. Analog lassen sich auch die übrigen Forward Rates bestimmen. Die Berechnung der 1Jahres Forward Rate für das zweite Jahr lässt sich Abbildung 97 entnehmen:

t=0

Geldaufnahme über 1 Jahr in t=0 (2 %)

+1,00

Geldaufnahme über 1 Jahre in t=1 (2,61 %) Geldanlage über 3 Jahre in t=0 (2,5 %) Summe:

t=1 (1 Jahr)

t=2 (2 Jahre)

t=3 (3 Jahre)

-1,02 +0,995

-1,021

-1,00

+0,025

+0,025

+1,025

0,00

0,00

-0,996

+1,025

Forward Rate: r[2;1] = 2,91%

Abbildung 98: Ermittlung der 1-jährigen Forward Rate zum Zeitpunkt t=2

Zur Bestimmung der 1-jährigen Forward Rate für den Zeitpunkt t=2 wird wiederum die Zahlungsstruktur des Forward Rates mithilfe von Geldanlage- und Geldaufnahmegeschäften dupliziert. Zu beachten ist hierbei, dass für die Geldaufnahme für eine Periode zum Zeitpunkt t=1 auf die im ersten Schritt berechneten Forward Rate r[1;1] zurückgegriffen wird. Aus dem duplizierten Zahlungsstrom lässt sich die 1-jährige Forward Rate für den Zeitpunkt t=2 ermitteln: r>2;1@

1,025 GE 1 0,996 GE

0,0291 %

290

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Nach der gleichen Idee lassen sich auch die risikolosen Zinssätze der übrigen Jahre berechnen. Abbildung 99 stellt die so ermittelten Forward Rates zusammenfassend dar: r[0;1]

r[1;1]

r[2;1]

r[3;1]

r[4;1]

2,00%

2,61%

2,91%

4,62%

4,62%

Abbildung 99: 1-Jahres-Forward-Rates

Nachdem nun alle Inputdaten vorliegen, können die Risikoabschläge für den Beispielfall berechnet werden (Abbildung 100): Zeit t VaR99%,t kEK,t - rf RAt = VaR99%,t (kEK,t - rf)

t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

856 T€

1.060 T€

1.416 T€

1.769 T€

2.268 T€

18%-2,00% 19%-2,61% 20%-2,91% 21%-4,62% 22%-4,62% =16,00% =16,39% =17,09% =16,38% =17,38% 136,96 T€

173,73 T€

241,99 T€

289,76 T€

394,18 T€

Abbildung 100: Berechnung des Risikoabschlages für den Beispielfall

Abbildung 100 verdeutlicht einen stark ansteigenden Risikoabschlag im Zeitverlauf, der hauptsächlich auf den zunehmenden VaR zurückzuführen ist. Nach der Ermittlung der Erfolgskomponente736 und der Risikokomponente737 kann im nächsten Schritt der Wertbeitrag eines Geschäftbereichs berechnet werden.

III. Der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs auf stand-alone-Basis 1.

Ermittlung des Wertbeitrages

Die Ermittlung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs erfordert im ersten Schritt die Bestimmung der periodischen Sicherheitsäquivalente als Differenz von erwartetem Cashflow und Risikoabschlag. Anschließend werden die periodischen 736 737

vgl. 3. Teil:A.I vgl. 3. Teil:A.II

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

291

Sicherheitsäquivalente mit den zum Bewertungszeitpunkt gültigen ZerobondAbzinsfaktoren auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert (Abbildung 101).

t=1

t=2

E(CF1)

E(CF2)

t=T ...

E(CFT)

Erfolgskomponente -

-

-

RA1

RA2

...

RAT

Risikokomponente =

=

=

SÄ(CF1)

SÄ(CF2)

...

SÄ(CFT)

Sicherheitsäquivalente

Wertbeitrag des Geschäftsbereichs

·ZBAF1

·ZBAF2

·ZBAFT

Abbildung 101: Ermittlung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs auf standalone-Basis

Ein positives Sicherheitsäquivalent signalisiert, dass die erwarteten Cashflows des Geschäftsbereichs ausreichen, um die Risikokosten der Periode abzudecken. Für den Beispielfall berechnen sich die periodischen Sicherheitsäquivalente wie folgt:

292

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Zeit t E(CFt)738 RAt739 SÄ(CFt) (=E(CFt)-RAt)

t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

1.949,99 T€

2.072,21 T€

2.040,22 T€

2.180,96 T€

2.027,45 T€

136,96 T€

173,73 T€

241,99 T€

289,76 T€

394,18 T€

1.813,03 T€

1.898,48 T€

1.798,23 T€

1.891,20 T€

1.633,27 T€

Abbildung 102: Ermittlung der Sicherheitsäquivalente des Beispielfalls

Die Multiplikation der Sicherheitsäquivalente mit den Zerobond-Abzinsfaktoren der in Abbildung 85 vorgegebenen Zinsstrukturkurve und der anschließenden Subtraktion der Anschaffungsauszahlung in Höhe von 8.000 T€ ergibt den Wertbeitrag V0 des Geschäftsbereichs: 5

V0 = ¦ SÄ (CFt ) ˜ ZBAFt t 1

= 8.000 T €  1.813,03 T € ˜ 0,9804  1.898,48 T € ˜ 0,9555 1.798,23 T € ˜ 0,9284  1.891,20 T € ˜ 0,8874  1.633,27 T € ˜ 0,8482 324,56 T € Für den Geschäftsbereich wird ein positiver Wertbeitrag ausgewiesen. Dem Geschäftsbereich gelingt es folglich, die Kapitalkosten zu verdienen und darüber hinaus einen Wertbeitrag in Höhe von 324,56 T€ zu erzielen. Eine Investition in dieses neue Geschäftsfeld ist dementsprechend lohnenswert. In der Praxis ist ein Betrachtungshorizont für einen Geschäftsbereich von 5 Jahren eher unüblich. In der Regel wird von einer unbegrenzten Fortführung der Geschäftstätigkeit ausgegangen. Damit müssten auch unendlich viele Sicherheitsäquivalente bestimmt werden. Da dies praktisch nicht möglich ist, wird häufig ein Residualwert angesetzt, der sich einer Detailplanungsperiode anschließt. Der Residualwert kann beispielsweise durch das Konzept einer ewigen Rente bestimmt werden: Re sidualwert

738 739

SÄ (CFf ) rf ,f

vgl. Abbildung 87 vgl. Abbildung 100

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

293

mit: SÄ(CFf ) = (konstantes) Sicherheitsäquivalent für den Zeitraum nach der Detailplanungsperiode rf ,f

= unterstellter risikoloser Zinssatz, für den Zeitraum der ewigen Rente

Der Residualwert entspricht in diesem Fall dem Gegenwartswert einer unendlichen Kette von Sicherheitsäquivalenten der Höhe SÄ(CFf ) bei einem Zinssatz von rf , f .740 Darüber hinaus lässt sich auch eine Wachstumsrate in die Formel der ewigen Rente integrieren:741 Re sidualwert

SÄ (CFf ) (rf ,f  g )

mit: g = Wachstumsrate In diesem Fall bleiben die Sicherheitsäquivalente nicht auf einem konstanten Niveau sondern erhöhen sich jede Periode um den Faktor g. Der ermittelte Residualwert ist schließlich mit dem entsprechenden Diskontierungsfaktor auf den Zeitpunkt t=0 abzuzinsen.

2.

Zusammensetzung des Wertbeitrages

Der Barwert der diskontierten Sicherheitsäquivalente verdeutlicht, ob es einem Geschäftsbereich gelingt, die Risikokosten zu verdienen. Können die erwarteten Cashflows die Risikokosten decken, so wird ein positiver Wertbeitrag ausgewiesen. Für die Unternehmensführung ist neben dem absoluten Wertbeitrag ebenfalls dessen Zusammensetzung von Interesse. Vor dem Hintergrund möglicher Steuerungsmaßnahmen sollte die spezifische Rendite-Risiko-Situation des Geschäftsbereichs offen gelegt werden, d.h. es sollte der Einfluss der Erfolgs- und der Risikokomponente auf den Wertbeitrag transparent werden. Bei dem ermittelten Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs wird das Risiko durch periodische Risikoabschläge am erwarteten Cashflow berücksichtigt. Würden keinerlei Schwankungen in den Cashflows vorliegen, so wären die Risikoabschläge Null und die erwarteten Cashflows entsprächen den Sicherheitsäquivalenten. Demzufolge könnten die erwarteten Cashflows direkt mit den Zerobondabzinsfaktoren multipliziert werden. Für den Beispielfall würde sich damit nachfolgender Wertbeitrag ergeben: 740 741

vgl. Rappaport, 1995, S.65 vgl. Plaschke, 2003, S.73f

294

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

5

V r = ¦ E(CFt ) ˜ ZBAFt 0 t 1 = 8.000 T €  1.949,99 T € ˜ 0,9804  2.072,21 T € ˜ 0,9555 2.040,22 T € ˜ 0,9284  2.180,96 T € ˜ 0,8874  2.027,45 T € ˜ 0,8482 1.440,97 T €

mit: V r = Wert des Geschäftsbereichs unter der Annahme, dass die 0 zukünftigen Cashflows sicher sind Dieser Wert des Geschäftsbereichs in Höhe von 1.440,97 T€ stellt sich folglich ein, sollten die (erwarteten) Cashflows mit Sicherheit erzielt werden können. Der Unterschiedsbetrag zu dem tatsächlichen Wertbeitrag, also dem Wertbeitrag bei Unterstellung von wahrscheinlichkeitsverteilten Cashflows, muss folglich dem Risiko zugeschrieben werden. Im Beispielfall beträgt dieser Differenzbetrag: ǻV

V0r  V0

1.440,97 T €  324,56 T €

1.116,41 T €

mit: ǻV = Wertminderung eines Geschäftsbereichs, die dem Risiko zuzuschreiben ist Die Tatsache, dass die Cashflows nicht sicher, sondern wahrscheinlichkeitsverteilt sind, vermindert den Wertbeitrag folglich um 'V=1.116,41 T€. Dieser dem Risiko zurechenbare Betrag lässt sich auch direkt ermitteln, indem die Risikoabschläge mit den Zerobond-Abzinsfaktoren multipliziert werden: 5

Risikokosten = ¦ RA t ˜ ZBAFt t 1

= 136,96 T € ˜ 0,9804  173,73 T € ˜ 0,9555  241,99 T € ˜ 0,9284 289,76 T € ˜ 0,8874  394,18 T € ˜ 0,8482 1.116,41 T € Der Wertbeitrag bei Unterstellung sicherer Cashflows und die Risikokosten lassen sich auch in nachfolgendes Rendite-Risiko-Diagramm eintragen:

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

295

Wertbeitrag bei Unterstellung sicherer Cashflows (T€)

ˆ

¦ E(CF) ˜ ZBAF

2.000

1.441

IV

GB A

III

1.000

I

II Risikokosten (T€)

1.116

1.000

2.000

ˆ

¦ RA ˜ ZBAF

Abbildung 103: Positionierung von Geschäftsbereich A im Rendite-RisikoDiagramm (stand-alone-Perspektive)

Um eine Wertgenerierung auszuweisen, muss der Geschäftsbereich in dem Rendite-Risiko-Diagramm oberhalb der gestrichelten Linie (1. Winkelhalbierende) liegen. Mithilfe des Diagramms lässt sich die Rendite-Risiko-Positionierung eines Geschäftsbereichs im Vergleich zu anderen Geschäftsbereichen des Unternehmens verdeutlichen. Darüber hinaus lassen sich bestimmte Felder definieren, die bereits eine grobe Aussage über die Vorteilhaftigkeit von Geschäftsbereichen treffen. In Feld II liegen beispielsweise äußerst unvorteilhafte Geschäftsbereiche, da hier ein niedriger Wertbeitrag bei unterstellten sicheren Cashflows und gleichzeitig hohe Risikokosten vorliegen. Feld IV hingegen weist Geschäftsbereiche mit einem hohen Barwert, der (risikolos) diskontierten erwarteten Cashflows und gleichzeitig niedrigen Risikokosten aus. Folglich lassen die Geschäftsbereiche in diesem Feld relativ hohe Wertbeiträge erwarten. Die Geschäftsbereiche in den Feldern I und III besitzen ein vergleichsweise ausgeglichenes Verhältnis zwischen den erwarteten Cashflows und den Risikokosten. Damit müssen bei den

296

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Geschäftsbereichen in diesen Feldern genaue Analysen bezüglich der Wertgenerierung vorgenommen werden. Insbesondere die Geschäftbereiche in Feld III besitzen aufgrund der hohen Risikokosten eine besondere Bedeutung für ein Unternehmen und sollten dementsprechend genau analysiert werden. Die Wertminderung der erwarteten Cashflows aufgrund des Risikos lässt sich auch relativ ausdrücken: ǻV V0r

1.116,41 T € 1.440,97 T €

77,48%

Im Beispielfall werden also 77,48 % des Wertbeitrags bei Unterstellung sicherer Cashflows durch die Risikokosten aufgezehrt. Sollte dieses Verhältnis für einen ǻV Geschäftsbereich sehr hoch sein ( o 100%) , so stellt dies den AusgangsV0r punkt einer Ursachenanalyse dar: Ist die Erfolgsseite das Problem oder gelingt es dem Geschäftsbereich nicht, die Risiken in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus ist es für die Geschäftsbereichsleitung wichtig zu wissen, welchen Einfluss einzelne Steuerungsmaßnahmen (z.B. die Initiierung neuer Projekte) auf die Rendite-Risiko-Situation des Geschäftsbereichs besitzen. Die Übernahme eines zusätzlichen Risikos führt zu einer Verbreiterung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns. Die damit verbundenen höheren Risikoabschläge müssen durch höhere erwartete Cashflows überkompensiert werden, nur dann ist eine Wertsteigerung möglich. Eine neue Maßnahme und das damit verbundene zusätzliche Risiko sollte akzeptiert werden, wenn nachfolgende Grenzbetrachtung erfüllt ist: f

f

t 1

t 1

¦ ǻE(CFt ) ˜ ZBAFt t ¦ ǻRA t ˜ ZBAFt

mit:

ǻE(CFt ) = zusätzlicher erwarteter Cashflow in der Periode t aufgrund der zusätzlichen Maßnahme ǻRA t

= zusätzlicher Risikoabschlag in der Periode t aufgrund der zusätzlichen Maßnahme

Der Barwert der zusätzlichen erwarteten Cashflows muss den Barwert der zusätzlichen Risikoabschläge übertreffen, nur dann lässt sich eine Wertsteigerung erzielen. Grundsätzlich lassen sich die Projekte auf der Basis ihrer Rendite/Risikowirkung wie folgt systematisieren:

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

297

ƒ Vor dem Hintergrund der Wertgenerierung sind die Projekte am Vorteilhaftesten, die eine Reduktion des Risikos bei gleichzeitiger Steigerung des erwarteten Cashflows hervorrufen. Derartige Projekte werden jedoch nur selten anzutreffen sein, da üblicherweise bei der Steigerung des Ertrages auch ein zusätzliches Risiko eingegangen werden muss. ƒ Projekte, die eine Erhöhung des Risikos und eine Verminderung der Erfolgskomponente bewirken, sind grundsätzlich abzulehnen, da diese Projekte in zweifacher Hinsicht negativ auf die Wertgenerierung einwirken. ƒ In der Regel wird sich das Management mit Maßnahmen auseinandersetzen, die entweder gleichzeitig das Risiko und den erwarteten Cashflow reduzieren (z.B. teilweise Stilllegung einer Produktionsanlage, Versicherungsverträge) oder aber gleichzeitig das Risiko und den erwarteten Cashflow erhöhen (z.B. Initiierung einer neuen Produktvariante). In beiden Fällen ist eine differenzierte Betrachtung vor dem Hintergrund der Wertgenerierung vorzunehmen.

3.

Schwachpunkte des Wertbeitrags auf stand-alone-Basis

Im Rahmen des vorliegenden Bewertungsansatzes stellt der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs den Ausgangspunkt möglicher Steuerungsmaßnahmen dar. Maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des Wertbeitrages hat der Risikoabschlag an den erwarteten Cashflows. Zu beachten ist hierbei, dass bisher der Risikoabschlag auf stand-alone-Basis betrachtet wird, d.h. es wird davon ausgegangen, dass keinerlei Wechselwirkungen mit anderen Geschäftsbereichen der Unternehmung existieren. Wie bereits ausführlich geschildert wurde, treten bei einer Portfoliobildung grundsätzlich Diversifikationseffekte auf, d.h. negative und positive Periodengewinne unterschiedlicher Geschäftsbereiche gleichen sich auf Portfolioebene teilweise aus.742 Dadurch kommt es gegenüber einer Betrachtung auf stand-aloneBasis insgesamt zu einer Reduktion des vorzuhaltenden Haftungskapitals. Wird folglich den Geschäftsbereichen Haftungskapital auf der Basis einer stand-alonePerspektive zugeteilt, so wird insgesamt mehr Haftungskapital allokiert, als eigentlich notwendig wäre. Die Ermittlung des Haftungskapitals auf stand-alone-Basis abstrahiert somit vollständig von Diversifikationseffekten zwischen Geschäftsbereichen.743 Oder anders ausgedrückt, es wird ein Korrelationskoeffizient von 1 zwischen dem betrachteten Geschäftsbereich und allen anderen Geschäftsbereichen der Unterneh742 743

vgl. 1. Teil:B.II.1 vgl. Pfaff/Kühn, 2005, 200

298

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

mung unterstellt.744 Eine derartige Annahme ist grundsätzlich nicht aufrecht zu erhalten, da eine in Richtung und Betrag vollständig gleichgerichtete Renditebewegung unrealistisch ist. Es ließe sich höchstens argumentieren, dass aus Sicherheitsgründen unterstellt wird, dass der betrachtete Geschäftsbereich mit allen anderen Geschäftsbereichen der Unternehmung vollständig positiv korreliert ist. Damit würde das Risiko im Unternehmen absichtlich überschätzt werden. Insgesamt könnte somit ein gewisses zusätzliches Polster an Haftungskapital aufgebaut werden. Wird der Risikoabschlag auf stand-alone-Basis tendenziell zu hoch ausgewiesen, so hat dies zur Folge, dass der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs tendenziell zu niedrig ist. Im Vergleich zum CAPM-Ansatz liegt damit der umgekehrte Extremfall vor: Es geht das volle Risiko, ohne risikoreduzierenden Effekt in die Bewertung ein. Beide Betrachtungsperspektiven sind problematisch. Eine differenzierte Rendite-/Risikobetrachtung erfordert die Erfassung des risikoreduzierenden Effektes durch das Geschäftsbereichs-Portfolio. Das nachfolgende Kapitel diskutiert, wie eine geeignete Erfassung des Risikodiversifikationseffektes im Bewertungsansatz erfolgen kann.

744

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.49

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

299

B. GESCHÄFTSBEREICHSBEURTEILUNG UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER PORTFOLIOSTRUKTUR I.

Die Berücksichtigung von Risikoverbundeffekten mithilfe von Korrelationen

1.

Die Korrelationskoeffizientenmatrix (Risikomatrix)

Der Risikodiversifikationseffekt beruht auf dem Phänomen, dass sich Periodenerträge und Periodenverluste teilweise gegenseitig ausgleichen und damit auf Portfolioebene eine geringere Schwankung vorliegt, als die reine Addition der Positionen vermuten lässt. Die Stärke des Risikodiversifikationseffektes wird davon beeinflusst, ob sich die Periodengewinne gleichgerichtet, gegenläufig oder unabhängig voneinander bewegen.745 Bei der Aggregation von Risiken lassen sich die Interdependenzen mithilfe von Korrelationskoeffizienten erfassen.746 Wie bereits im ersten Teil der Arbeit beschrieben, können Korrelationskoeffizienten einen Wert zwischen –1 und 1 annehmen.747 Der größte risikoreduzierende Effekt lässt sich bei einem Korrelationskoeffizienten von –1 erzielen. Verläuft die Entwicklung der betrachteten Positionen völlig gleichgerichtet, liegen keine Diversifikationseffekte vor und der Korrelationskoeffizient beträgt 1. In der Regel werden die unterschiedlichen Geschäftsbereiche eines Unternehmens durch eine Vielzahl gemeinsamer wirtschaftlicher Faktoren beeinflusst. Damit tendieren die Korrelationskoeffizienten der Risikomatrix dazu, positiv zu sein.748 Insbesondere, wenn die einzelnen Geschäftsbereiche in ähnlichen Geschäftsfeldern tätig sind, stellen sich Korrelationskoeffizienten ein, die relativ nahe bei 1 liegen. Soll die komplette Risikostruktur eines Unternehmens offen gelegt werden, so müssen die paarweisen Korrelationskoeffizienten zwischen allen Geschäftbereichen ermittelt werden. Üblicherweise werden diese in einer Korrelationskoeffizientenmatrix, auch als Risikomatrix bezeichnet, zusammengefasst.749 Die Korre-

745

vgl. Oehler/Unser, 2001, S.31 vgl. Kremers, 2002, S.170; Schierenbeck, 2003c, S.209 vgl. 1. Teil:B.II.1 748 vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.286 749 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.81 746 747

300

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

lationsmatrix eines Unternehmens ist immer quadratisch (n u n) und stellt sich in allgemeiner Form wie folgt dar: § ȡ1,1 ¨ ¨ȡ ¨ 2,1 ¨  ¨ ¨¨ © ȡ n ,1

ȡ1,2



ȡ 2, 2







ȡ n ,2



ȡ1,n · ¸ ȡ 2, n ¸ ¸  ¸¸ ¸ ȡ n ,n ¸¹

mit: Ui,j = Korrelationskoeffizient zwischen Geschäftsbereich i und Geschäftsbereich j n = Anzahl der Geschäftsbereiche Die Eigenschaften einer Korrelationskoeffizientenmatrix lassen sich wie folgt zusammenfassen:750 ƒ Die Elemente der Hauptdiagonale müssen eins sein, da jeder Geschäftsbereich mit sich selbst identisch ist (Ui,i = 1). ƒ Die Korrelationskoeffizientenmatrix ist symmetrisch, weil Geschäftsbereich A mit Geschäftsbereich B genauso korreliert ist wie Geschäftsbereich B mit Geschäftsbereich A (Ui,j = Ui,j). ƒ Alle Korrelationskoeffizienten der Matrix müssen einen Wert zwischen –1 und +1 annehmen (-1 d Ui,j d 1).

Zur Aufstellung der Risikomatrix müssen eine ganze Reihe von Korrelationskoeffizienten geschätzt werden. Da die Korrelationen auf der Diagonale der Matrix immer einen Wert von eins aufweisen und die Korrelation zwischen zwei Geschäftsbereichen symmetrisch ist, reduziert sich die Anzahl der zu schätzenden Korrelationskoeffizienten. Zur Aufstellung der Matrix müssen allerdings nach wie vor n2  n 2

Korrelationskoeffizienten geschätzt werden.751 Besteht das betrachtete Unternehmen beispielsweise aus 8 Geschäftsbereichen, so müssen bereits 82  8 2 750 751

28

vgl. Bode/Mohr, 1997, S.696 vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.285f

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

301

Korrelationskoeffizienten ermittelt werden. Auf die Probleme bei der Bestimmung der Korrelationskoeffizienten wird im folgenden Kapitel eingegangen.

2.

Ermittlung der Korrelationskoeffizienten von Geschäftsbereichen

Der Korrelationskoeffizient zweier Geschäftsbereiche lässt sich nicht direkt beobachten, sondern muss explizit ermittelt werden. Einerseits ergibt sich der Korrelationskoeffizient, indem die entsprechenden Inputparameter der beiden betrachteten Geschäftsbereiche direkt in die Berechnungsformel eingesetzt werden. Andererseits lässt sich der Korrelationskoeffizient auch indirekt über eine BranchenRisikomatrix abschätzen. Bei der direkten Bestimmung werden die Inputgrößen in die nachfolgende Formel für den Korrelationskoeffizienten eingesetzt:752 ȡ G1,G 2

Cov(G 1 , G 2 ) ı G1 ˜ ı G 2

Die Kovarianz berechnet sich hierbei zu:753 Cov(G1 , G 2 )

mit:

ȡ G1, G 2

Z

¦ p z ˜ G1,z  E(G1 ) ˜ G 2,z  E(G 2 )

z 1

=

Cov(G 1 , G 2 ) =

752 753

z Z G1,z

= = =

G2,z

=

E(G1)

=

E(G2)

=

Korrelationskoeffizient zwischen den Perioden gewinnen von Geschäftsbereich 1 und 2 Kovarianz zwischen den Periodengewinnen von Geschäftsbereich 1 und 2 Szenario z Anzahl der Szenarien Periodengewinn des Geschäftsbereichs 1 bei Szenario z Periodengewinn des Geschäftsbereichs 2 bei Szenario z Erwartungswert des Periodengewinns von Geschäftsbereich 1 Erwartungswert des Periodengewinns von Geschäftsbereich 2

vgl. 1. Teil:B.II.1 vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.172

302

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

ı G1

=

Standardabweichung des Periodengewinns von

ıG 2

=

Geschäftsbereich 1 Standardabweichung des Periodengewinns von Geschäftsbereich 2







Das Produkt G1, z  E(G1 ) ˜ G 2, z  E(G 2 ) der Kovarianz ist positiv, wenn sich die Periodengewinne eines Szenarios in die gleiche Richtung bewegen, d.h. wenn beide Periodengewinne über bzw. beide unter dem Erwartungswert liegen. In diesem Fall erhält die Kovarianz für dieses Szenario einen positiven Beitrag, der mit der Eintrittswahrscheinlichkeit des Szenarios gewichtet wird. Umgekehrt ist der Beitrag für die Kovarianz bei einem bestimmten Szenario negativ, wenn für einen Geschäftsbereich der Periodengewinn über und der Periodengewinn für den anderen Geschäftsbereich unter dem Erwartungswert liegt.754 Grundsätzlich sollte ein Korrelationskoeffizient den Risikoverbundeffekt der Zukunft berücksichtigen. Dies bedeutet, dass verschiedene zukünftige Szenarien gebildet werden müssen und für jedes Szenario eine Schätzung des Periodengewinns eines Geschäftsbereichs vorgenommen werden muss. Die direkte Berechnung des Korrelationskoeffizienten soll beispielhaft anhand eines Unternehmens betrachtet werden, dessen Geschäft auf dem Vertrieb verschiedener Getränkesorten beruht. Für dieses Unternehmen soll die Korrelation zwischen dem Geschäftsbereich „Sekt/Champagner“ und dem Geschäftsbereich „Bier“ bestimmt werden. Beispielhaft werden die fünf nachfolgenden Szenarien für das kommende Jahr unterstellt (Abbildung 104):

754

vgl. Bodie/Kane/Marcus/Perrakis/Ryan, 2005, S.172

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

303

Wahrscheinlichkeit der wirt. Entwicklung

Periodengewinn des Geschäftsbereichs „Sekt/Champagner“

Periodengewinn des Geschäftsbereichs „Bier“

Boom

10%

2.500 GE

5.500 GE

Moderates Wachstum

40 %

1.500 GE

6.000 GE

Stagnation

30 %

1.300 GE

7.000 GE

Rezession

15 %

800 GE

7.000 GE

Crash

5%

300 GE

6.500 GE

1.375 GE

6.425 GE

Wirtschaftliche Entwicklung

Erwartungswert

Abbildung 104: Periodengewinn in Abhängigkeit verschiedener Szenarien

Die Festlegung dieser Ausprägungen von Periodengewinnen ist nicht unproblematisch. Die mithilfe der Monte-Carlo-Simulation ermittelten Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind hierbei sicherlich hilfreich. Allerdings liegt es letztlich an der subjektiven Einschätzung des Analysten, welche Werte aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung den einzelnen Szenarien zugeordnet werden. Für den obigen Beispielfall berechnet sich die Kovarianz zu: Cov(G S / C , G B )

0,1 ˜ (2.500  1.375) ˜ (5.500  6.425) 0,4 ˜ (1.500  1.375) ˜ (6.000  6.425) 0,3 ˜ (1.300  1.375) ˜ (7.000  6.425) 0,15 ˜ (800  1.375) ˜ (7.000  6.425) 0,05 ˜ (300  1.375) ˜ (6.500  6.425) 191.875

Zur Berechnung des Korrelationskoeffizienten werden ferner die Standardabweichungen des Periodengewinns der beiden Geschäftsbereiche benötigt. Für den Geschäftsbereich „Sekt/Champagner“ und den Geschäftbereich „Bier“ berechnet sich die Standardabweichung zu:

304

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

5

ıS / C

¦ p ˜ ( G S / C, z  μ S / C ) 2

z 1

0,1 ˜ (2.500  1.375) 2  0,4 ˜ (1.500  1.375) 2  0,3 ˜ (1.300  1.375) 2  0,15 ˜ (800  1.375) 2  0,05 ˜ (300  1.375) 2

= 491,81 5

ıB

¦ p ˜ (G B,z  μ B ) 2 553,96

z 1

Mithilfe der Kovarianz sowie den Standardabweichungen lässt sich der Korrelationskoeffizient der beiden Geschäftsbereiche berechnen: ȡGS / C ,G G

Cov(G S / C , G B ) ı GS / C ˜ ı G B

191.875 491,81 ˜ 553,96

0,704

Die starke negative Korrelation der beiden Geschäftsbereiche ist wenig verwunderlich, da der Geschäftsbereich „Sekt/Champagner“ in wirtschaftlich sehr guten Zeiten die höchsten Gewinne erwarten lässt, während in wirtschaftlich angespannter Situation mit dem höchsten Bierkonsum gerechnet wird. Insgesamt lässt sich ein signifikanter Diversifikationseffekt für den Periodengewinn der beiden Geschäftsbereiche beobachten. Die Daten des Beispiels sind sicherlich sehr extrem gewählt. In der Praxis sind derart stark negativ korrelierte Geschäftsbereiche äußerst selten zu beobachten. Bei der Ermittlung der Korrelationskoeffizientenmatrix ist allerdings zu beachten, dass die Korrelationskoeffizienten im Zeitverlauf nicht stabil sein müssen, da sich natürlich auch die Risikostruktur innerhalb eines Geschäftsbereichs im Zeitverlauf ändern kann. Dementsprechend müsste für alle Perioden des Betrachtungshorizontes die Korrelationskoeffizientenmatrix berechnet werden. Dies stellt eine sehr hohe Anforderung an die Prognosefähigkeit des Analysten dar. In der Praxis muss abgewogen werden, ob sich dieser Prognoseaufwand lohnt oder ob stattdessen eher auf eine über die Laufzeit stabile Korrelationskoeffizientenmatrix zurückgegriffen werden sollte. Ebenso ist denkbar, die Korrelationskoeffizienten der Geschäftsbereiche mithilfe von Branchen-Korrelationskoeffizienten abzuschätzen. Abbildung 105 zeigt einen Auszug aus der Korrelationskoeffizientenmatrix der DJ EuroStoxx-Branchenindizes für den Zeitraum von 1992-2003.

305

durchschnittliche Korrelationen der DJ EuroStoxxBranchenindizes untereinander von 1992-2003

Auto

Bank

Chemical

Construction

Energy

Financial Services

Foods & Beverages

Healthcare

Industrial Goods

Insurance

Media

Technology

Telecom

Utility Suppliers

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Auto Bank Chemical Construction Energy Financial Services Food & Beverages Healthcare Industrial Goods Insurance Media Technology Telecom Utility Suppliers

1,00 0,73 0,78 0,77 0,60 0,74 0,65 0,52 0,79 0,70 0,55 0,74 0,62 0,62

0,73 1,00 0,72 0,78 0,64 0,90 0,71 0,58 0,76 0,86 0,61 0,77 0,55 0,67

0,78 0,72 1,00 0,79 0,64 0,69 0,70 0,57 0,78 0,67 0,58 0,70 0,49 0,60

0,77 0,78 0,79 1,00 0,66 0,78 0,70 0,53 0,84 0,68 0,65 0,73 0,57 0,68

0,60 0,64 0,64 0,66 1,00 0,74 0,61 0,47 0,60 0,55 0,47 0,55 0,37 0,51

0,74 0,90 0,69 0,78 0,74 1,00 0,75 0,60 0,74 0,83 0,58 0,73 0,55 0,68

0,65 0,71 0,70 0,70 0,61 0,75 1,00 0,65 0,61 0,66 0,49 0,54 0,34 0,62

0,52 0,58 0,57 0,53 0,47 0,60 0,65 1,00 0,56 0,55 0,45 0,52 0,37 0,54

0,79 0,76 0,78 0,84 0,60 0,74 0,61 0,56 1,00 0,68 0,77 0,83 0,66 0,74

0,70 0,86 0,67 0,68 0,55 0,83 0,66 0,55 0,68 1,00 0,54 0,69 0,55 0,66

0,55 0,61 0,58 0,65 0,47 0,58 0,49 0,45 0,77 0,54 1,00 0,68 0,55 0,67

0,74 0,77 0,70 0,73 0,55 0,73 0,54 0,52 0,83 0,69 0,68 1,00 0,65 0,62

0,62 0,55 0,49 0,57 0,37 0,55 0,34 0,37 0,66 0,55 0,55 0,65 1,00 0,61

0,62 0,67 0,60 0,68 0,51 0,68 0,62 0,54 0,74 0,66 0,67 0,62 0,61 1,00

Abbildung 105: Branchen-Risikomatrix755

Die Korrelationskoeffizientenmatrix verdeutlicht die Abhängigkeitsstrukturen der Branchen untereinander. So weist beispielsweise die Branche „Bank“ und die Branche „Financial Services“ eine sehr hohe Korrelation auf (Korrelationskoeffizient = 0,9). Da die Tätigkeitsfelder dieser beiden Branchen sehr ähnlich sind, ist dieser hohe Korrelationskoeffizient auch wenig verwunderlich. Andere Branchen hingegen entwickeln sich relativ unabhängig voneinander, wie beispielsweise die Branche „Telecom“ und „Food & Beverages“ mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,34. Auffällig ist, dass keine negativen Korrelationskoeffizienten vorliegen, d.h. gegenläufige Renditeschwankungen zwischen zwei Geschäftsbereichen konnten in dem Beobachtungszeitraum nicht festgestellt werden. Diese Branchen-Risikomatrix lässt sich selbstverständlich in weitere Untergruppen differenzieren. So ließe sich die Branche „Auto“ beispielsweise in die Unterkategorien „PKW“, „LKW“ und „Bus“ differenzieren. Auf der Grundlage einer Branchen-Risikomatrix werden die Korrelationen zwischen den Geschäftsbereichen abgeleitet: Dazu muss jeder Geschäftsbereich der Unternehmung einer bestimmten Branche zugeordnet werden. Mithilfe der Branchen-Risikomatrix lassen sich dann die entsprechenden Korrelationskoeffizienten zwischen zwei Geschäftsbereichen ablesen. Da auch innerhalb einer Branche größere Unterschiede 755

vgl. o.V., 2004, S.8

306

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

in der Risikostruktur von Unternehmen vorliegen, kann mit diesem Verfahren letztlich nur eine Näherungslösung zur Bestimmung der Korrelationskoeffizienten erzielt werden.

3.

Erweiterte Datenbasis des Beispielfalls

Zur Verdeutlichung des Diversifikationseffektes anhand des Beispielfalls aus dem Kapital A des dritten Teils werden Daten über die übrigen Geschäftsbereiche des Unternehmens benötigt. Für den Beispielfall wird angenommen, dass das Unternehmen aus insgesamt vier Geschäftsbereichen besteht. Neben dem bereits betrachteten Geschäftsbereich A existieren ebenfalls die drei weiteren Geschäftsbereiche B, C und D. Für die vier Geschäftsbereiche wird nachfolgende Korrelationsmatrix unterstellt: § ȡ A, A ¨ ¨ȡ ¨ B, A ¨ȡ ¨ C, A ¨¨ © ȡ D, A

ȡ A, B

ȡ A,C

ȡ B, B

ȡ B, C

ȡ C, B

ȡ C, C

ȡ D, B

ȡ D, C

ȡ A, D · ¸ ȡ B, D ¸ ¸ ȡ C, D ¸¸ ¸ ȡ D, D ¸¹

§ 1 ¨ ¨ 0,5 ¨ ¨ 0,7 ¨ ¨ © 0,6

0,5

0,7

1

0,8

0,8

1

0,5

0,4

0,6 · ¸ 0,5 ¸ ¸ 0,4 ¸¸ ¸ 1 ¹

So wird beispielsweise angenommen, dass zwischen Geschäftsbereich A und B ein Korrelationskoeffizient von 0,5 vorliegt. Insgesamt sind für den Beispielfall 42  4 6 verschiedene Korrelationskoeffizienten zu schätzen. Für das Unter2 nehmen des Beispielfalls werden durchwegs positive Korrelationen zwischen den Geschäftsbereichen unterstellt. Darüber hinaus wird vereinfachend unterstellt, dass diese Korrelationskoeffizientenmatrix über die komplette Laufzeit konstant bleibt. Für die weitere Berechnung müssen ebenfalls die VaR auf stand-alone-Basis für jeden Geschäftsbereich bekannt sein. Abbildung 106 beinhaltet die entsprechenden Schätzungen für das Beispielunternehmen. Die VaR für Geschäftsbereich A sind der Abbildung 94 entnommen:756

756

vgl. 3. Teil:A.III

307

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Zeit t

1

2

3

4

5

GB A

856 T€

1.060 T€

1.416 T€

1.769 T€

2.268 T€

GB B

420 T€

455 T€

500 T€

570 T€

700 T€

GB C

920 T€

920 T€

950 T€

950 T€

950 T€

GB D

1.730 T€

1.950 T€

2.350 T€

2.570 T€

2.690 T€

Abbildung 106: VaR99% auf stand-alone-Basis für alle Geschäftsbereiche des Unternehmens

Die Ermittlung der 20 VaR der Abbildung 106 erfordert in der praktischen Anwendung sicherlich einen gewissen Aufwand, insbesondere wenn davon ausgegangen werden kann, dass in vielen Unternehmen deutlich mehr Geschäftsbereiche vorliegen. Allerdings sollte die Abschätzung der Ergebnisschwankungen von Geschäftsbereichen – unabhängig von dem vorliegenden Bewertungsansatz – ohnehin zu den Mindestanforderungen eines effektiven Risikomanagements gehören.

4.

Der Gesamtunternehmens-VaR unter Berücksichtigung von Korrelationen

Liegen die stand-alone VaR der einzelnen Geschäftsbereiche sowie die Korrelationskoeffizientenmatrix vor, so lässt sich der Gesamtunternehmens-VaR mithilfe der nachfolgenden Linearkombinationsregel berechnen:757 VaR gesamt

n n

¦ ¦ VaR i ˜ VaR j ˜ ȡi, j

i 1j 1

mit: VaRgesamt VaRi (VaRj) Ui,j n

= = = =

VaR des Gesamtunternehmens stand-alone-VaR des Geschäftsbereichs i (bzw. j) Korrelationskoeffizient zwischen Geschäftsbereich i und j Anzahl der Geschäftsbereiche

In Matrixschreibweise ergibt sich die Formel zur Bestimmung des VaR des Gesamtunternehmens zu:

757

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.81

308

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

 ȡ1,2 ȡ1, n · § VaR1 · § ȡ1,1 ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ȡ ¸ ¨  ȡ 2, 2 ȡ 2, n VaR 2 ¸ 2,1 ¸˜¨ ¸ VaR gesamt (VaR1 VaR 2  VaR n ) ˜ ¨¨ ¸ ¨ ¸    ¸ ¨  ¨  ¸ ¨¨ ¸  ȡ n ,2 ȡ n , n ¸¹ ¨© VaR n ¸¹ © ȡ n ,1 Der VaR des Gesamtunternehmens berechnet sich damit als Quadratwurzel der multiplikativen Verknüpfung des Risikovektors (VaR1 VaR 2  VaR n ) , der Korrelationskoeffizientenmatrix sowie der Transponenten des Risikovektors (VaR1 VaR 2  VaR n ) T .758

Voraussetzung dieser Berechungsweise ist jedoch, dass normalverteilte Periodengewinne vorliegen. Nur dann führt obige Berechnungsmethodik zum korrekten Ergebnis. Für den Beispielfall lassen sich die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Periodengewinne relativ gut mithilfe einer Normalverteilung approximieren (vgl. Abbildung 93): Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen weisen annähernd die charakteristische „Glockenform“ einer Normalverteilung auf. Demzufolge wird die gerade vorgestellte Formel zur Berechnung des VaR auf Gesamtunternehmensebene eingesetzt. Für den Beispielfall ergibt sich damit für die erste Periode der VaR des Gesamtunternehmens zu:

VaR gesamt,1 § 1 ¨ ¨ 0,5 (856T € 420T € 920T € 1.730T €) ˜ ¨ ¨ 0,7 ¨ ¨ © 0,6 § 2.748 T € · § 856 T € · ¸ ¸ ¨ ¨ ¨ 2.449 T € ¸ ¨ 420 T € ¸ ¸ ¸˜¨ ¨ ¨ 2.547,2 T € ¸ ¨ 920 T € ¸ ¸ ¸ ¨ ¨ ¸ ¸ ¨ ¨ © 2.821,6 T € ¹ ©1.730 T € ¹

758

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.81

0,5

0,7

1

0,8

0,8

1

0,5

0,4

10.605.660 T € 2

0,6 · § 856 T € · ¸ ¸ ¨ ¨ ¸ 0,5 420 T € ¸ ¸ ¸˜¨ ¨ ¸ 0,4 ¸ ¨ 920 T € ¸¸ ¸ ¸ ¨ 1 ¹ ©1.730 T € ¹

3.257 T €

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

309

Der Gesamtunternehmens-VaR der ersten Periode beträgt damit 3.257 T€, d.h. mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% wird der Periodenverlust des (Gesamt-) Unternehmens den Wert von 3.257 T€ nicht überschreiten. Die Berücksichtigung des Diversifikationseffektes im Rahmen der Geschäftsbereichsbeurteilung kann sich in Abhängigkeit des zugrunde liegenden Datenmaterials äußerst schwierig gestalten. Dies liegt einerseits an der aufwendigen Bestimmung der Korrelationskoeffizienten, andererseits sind auch Fälle denkbar, in denen sich die aus der Monte-Carlo-Simulation ergebenden Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Periodengewinne nur bedingt oder überhaupt nicht über eine Normalverteilung approximieren lassen. In diesem Fall kann nicht mehr auf die oben dargestellte Linearkombinationsregel zur Bestimmung des UnternehmensVaR zurückgegriffen werden. Die Hypothese der Normalverteilung lässt sich mithilfe von Verteilungstests überprüfen. Da diese Verteilungstests relativ komplex sind, wird an dieser Stelle nicht weiter auf diese Ansätze zur Überprüfung der Normalverteilung eingegangen.759 Lassen sich die Periodengewinne der Geschäftsbereiche nicht durch eine Normalverteilung approximieren, dann muss auf alternative Ansätze zurückgegriffen werden. Ein möglicher Ansatz stellt die Ermittlung des Unternehmens-VaR mithilfe eines Simulationsmodells dar: So ließe sich basierend auf den Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Periodengewinne der Geschäftsbereiche eine erneute Monte-Carlo-Simulation durchführen. Hierzu muss für jeden Geschäftsbereich eine Zufallszahl generiert werden, welche die Ausprägung des Periodengewinns des Geschäftsbereichs festlegt. Die Addition aller simulierten GeschäftsbereichsPeriodengewinne ergibt einen möglichen Unternehmens-Periodengewinn. Durch eine große Anzahl an Simulationsdurchläufen lässt sich wiederum eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Periodengewinn des Unternehmens erzeugen. Aus dieser simulierten Wahrscheinlichkeitsverteilung der Periodengewinne des Unternehmens kann verhältnismäßig einfach der Unternehmens-VaR abgelesen werden. Die Schwierigkeit eines solchen Ansatzes besteht darin, dass beim Ziehen der Zufallszahlen für jeden Geschäftsbereich die Abhängigkeiten zwischen den Periodengewinnen, also die Korrelationskoeffizienten, zu berücksichtigen sind. Das Aufstellen eines derartigen Modells erfordert damit sehr hohe Anforderungen an die statistischen Kenntnisse des Analysten. Die folgenden Ausführungen der Arbeit konzentrieren sich auf den Fall, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilungen

759

vgl. Lister, 1997, S.82

310

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

der Geschäftsbereiche hinreichend gut mithilfe einer Normalverteilung approximiert werden können.

II. Alternative Ansätze zur VaR-Ermittlung von Geschäftsbereichen 1.

Der stand-alone VaR

Werden, wie im ersten Abschnitt des dritten Teils unterstellt, keinerlei Diversifikationseffekte zwischen den Geschäftsbereichen berücksichtigt, so fließt der VaR auf stand-alone-Basis in die Geschäftsbereichsbeurteilung ein. Auf die Ermittlung des stand-alone-VaR wurde bereits ausführlich eingegangen.760 Unterstellt wird damit, dass alle Geschäftsbereiche positiv korreliert sind, d.h. einen Korrelationskoeffizienten von 1 aufweisen. Somit belegen alle Elemente der Korrelationskoeffizientenmatrix einen Wert von 1: §1 ¨ ¨1 ¨ ¨ ¨ ¨ ©1

1



1







1



1· ¸ 1¸ ¸  ¸¸ ¸ 1¹

Unter Berücksichtigung dieser Korrelationskoeffizientenmatrix berechnet sich der Gesamtunternehmens-VaR nach der Linearkombinationsregel zu:

VaR gesamt,1 §1 ¨ ¨1 (VaR A,1 VaR B,1 VaR C,1 VaR D,1 ) ˜ ¨ ¨1 ¨ ¨ ©1

760

vgl. 3. Teil:A.III

1

1

1

1

1

1

1

1

1· § VaR A,1 · ¸ ¸ ¨ ¨ ¸ ¸ VaR 1 B,1 ¸ ¸˜¨ ¨ ¸ 1¸¸ ¨ VaR C,1 ¸ ¸ ¸ ¨ 1¹ ¨© VaR D,1 ¸¹

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

§1 ¨ ¨1 (856 T € 420 T € 920 T € 1.730 T €) ˜ ¨ ¨1 ¨ ¨ ©1 = 3.926 T€

1

1

1

1

1

1

1

1

311

1· § 856 T € · ¸ ¨ ¸ 1¸ ¨ 420 T € ¸ ¸˜¨ ¸ 1¸¸ ¨¨ 920 T € ¸¸ ¸ ¨ ¸ 1¹ ©1.730 T € ¹

Für den Fall perfekt positiv korrelierter Geschäftsbereiche lässt sich der VaR des Gesamtunternehmens auch wesentlich einfacher berechnen, nämlich durch die simple Addition der Einzel-VaR: VaR gesamt ,1

VaR A,1  VaR B,1  VaR C,1  VaR D,1 856 T €  420 T €  920 T €  1.730 T € = 3.926 T€

Die Addition der stand-alone VaR liefert damit einen um 669 T€ (=3.926 T€ 3.257 T€) zu hohen Gesamtunternehmens VaR. Diese Differenz zwischen dem (tatsächlichen) Gesamtunternehmens-VaR und der Summe der stand-alone VaR ist folglich dem Risikodiversifikationseffekt zuzuschreiben. Abbildung 107 stellt die stand-alone VaR für die erste Periode zusammenfassend dar:

6 stand-alone VaR1= 3.926 T€ (VaRgesamt,1 = 3.257 T€)

stand-alone-VaRA,1 856 T€

stand-alone-VaRB,1 stand-alone-VaRC,1 stand-alone-VaRD,1 420 T€ 920 T€ 1.730 T€

Abbildung 107: stand-alone-VaR der vier Geschäftsbereiche

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht den Risikodiversifikationseffekt für die übrigen Jahre. Unterstellt wird hierbei, dass die Korrelationskoeffizientenmatrix im Zeitverlauf stabil bleibt:

312

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

VaRgesamt Zeit

Unterstellung perfekt positiv korrelierter Geschäftsbereiche

Unterstellung der tatsächlichen Korrelationsmatrix

Differenz

1

3.926 T€

3.257 T€

669 T€

2

4.385 T€

3.647 T€

738 T€

3

5.216 T€

4.357 T€

859 T€

4

5.859 T€

4.905 T€

954 T€

5

6.608 T€

5.540 T€

1.068 T€

Abbildung 108: Verdeutlichung des Diversifikationseffektes für das Beispielunternehmen

Es stellt sich nun die Frage, wie diese Differenzbeträge, die durch den Risikodiversifikationseffekt erklärt werden können, vor dem Hintergrund einer Geschäftsbereichsbeurteilung zu interpretieren sind. Zum einen ließe sich argumentieren, dass die Diversifikationseffekte nicht den einzelnen Geschäftsbereichen, sondern vielmehr der Gesamtstruktur des Unternehmens zuzuordnen sind. In diesem Fall müssten die Diversifikationseffekte als positive Risikostrukturbeiträge interpretiert werden, die der für die Steuerung des GeschäftsbereichsPortfolios zuständigen Einheit zuzurechnen sind.761 Damit würde in die Geschäftsbereichsbeurteilung der Geschäftsbereichs-VaR auf stand-alone Basis eingehen. Das Ziel der Geschäftsbereichsbeurteilung ist es jedoch, eine Grundlage für die Geschäftsbereichssteuerung zu liefern. Für eine Geschäftsbereichssteuerung ist es jedoch sehr wohl von zentraler Bedeutung, wie gut sich ein Geschäftsbereich in das übrige Geschäftsbereichs-Portfolio integriert. So ist denkbar, dass ein Geschäftsbereich auf stand-alone Basis nicht in der Lage ist, die Risikokosten zu erwirtschaften, d.h. es wird eine Wertvernichtung ausgewiesen. Da dieser Geschäftsbereich jedoch möglicherweise negative Korrelationen zu den übrigen Geschäftsbereichen aufweist, stellt sich nach Berücksichtigung des Diversifikationseffektes eine Wertgenerierung ein. Der Diversifikationseffekt kann damit ein entscheidender Erfolgsfaktor im Rahmen einer Geschäftsbereichsbeurteilung werden. Demzufolge sollte die Risikoreduktion eines Geschäftsbereichs aufgrund der Portfoliostruktur auch unbedingt in die Ge761

vgl. Schierenbeck, 1999, S.514f

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

313

schäftsbereichsbeurteilung einfließen.762 Problematisch an der Verteilung des Diversifikationseffektes auf die Geschäftsbereiche ist, dass damit eine Erfolgskomponente in die Geschäftsbereichsbeurteilung einfließt, auf die der Geschäftsbereich keinen unmittelbaren Einfluss hat.

2.

Der adjustierte VaR

Vor dem Hintergrund der fehlenden Berücksichtigung des Risikodiversifikationseffektes des stand-alone VaR, wurden alternative Ansätze zur VaR-Ermittlung von Geschäftsbereichen entwickelt. Einen Ansatz stellt der adjustierte VaR dar, der grundsätzlich auf dem stand-alone VaR basiert. Mithilfe eines Adjustierungsfaktors findet eine Verteilung des Risikodiversifikationseffektes auf die Geschäftsbereiche statt. Das Ziel des Ansatzes ist es, die Additivität der einzelnen Geschäftsbereichs-VaR zum Gesamtunternehmens-VaR sicherzustellen. Die Adjustierungsfaktoren werden bestimmt, indem der VaR des Gesamtunternehmens durch die Summe der stand-alone VaR der Geschäftsbereiche dividiert wird:763 Ȝt

VaR gesamt, t

¦ s tan d  alone  VaR i, t

mit: Ot VaRgesamt,t stand-alone-VaRi,t

= Adjustierungsfaktor der Periode t = (tatsächlicher) Gesamtunternehmens-VaR der Periode t = stand-alone-VaR des Geschäftsbereichs i der Periode t

Es ist unmittelbar einleuchtend, dass der Adjustierungsfaktor kleiner als eins ist. Da bei Addition der stand-alone VaR der Risikodiversifikationseffekt unberücksichtigt bleibt, muss die Summe größer als der tatsächliche VaR des Gesamtunternehmens sein.764 Wird der Adjustierungsfaktor mit dem stand-alone VaR eines Geschäftsbereichs multipliziert, so ergibt sich der (adjustierte) VaR des betrachteten Geschäftsbereichs zu: aVaR i, t

s tan d  alone  VaR i, t ˜ Ȝ t

mit: aVaR i, t = (adjustierte) VaR des Geschäftsbereichs i der Periode t Für den Beispielfall berechnen sich der Adjustierungsfaktor der ersten Periode zu: 762

vgl. Kinder/Steiner/Willinsky, 2001, S.287 vgl. Paul, 2001, S.1116 764 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.526 763

314

Ȝ1

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

VaR gesamt,1 D

¦ s tan d  alone  VaR i, t

3.257 T € 3.926 T €

0,8296

i A

Damit resultieren nachfolgende adjustierte VaR der ersten Periode:

aVaRA,1 s tan d  alone  VaR A,1 ˜ Ȝ1 856 T € ˜ 0,8296 710,14 T € aVaR B,1

s tan d  alone  VaR B,1 ˜ Ȝ1

420 T € ˜ 0,8296 348,43 T €

aVaR C,1

s tan d  alone  VaR C,1 ˜ Ȝ1

920 T € ˜ 0,8295 763,14 T €

aVaR D,1

s tan d  alone  VaR D,1 ˜ Ȝ1 1.730 T € ˜ 0,8295 1.435,04 T €

Abbildung 109 stellt die adjustierten VaR für die erste Periode zusammenfassend noch einmal dar:

VaRgesamt,1 3.256 T€

aVaRA,1 710 T€

aVaRB,1 348 T€

aVaRC,1 763 T€

aVaRD,1 1.435 T€

Abbildung 109: Adjustierte VaR der vier Geschäftsbereiche

Die nachstehende Tabelle enthält die adjustierten VaR für den kompletten Betrachtungszeitraum:

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

315

Zeit t

aVaRA,t

aVaRB,t

aVaRC,t

aVaRD,t

6aVaRt

1

710 T€

348 T€

763 T€

1.435 T€

3.256 T€

2

882 T€

378 T€

765 T€

1.622 T€

3.647 T€

3

1.183 T€

418 T€

794 T€

1.963 T€

4.358 T€

4

1.481 T€

477 T€

795 T€

2.152 T€

4.905 T€

5

1.901 T€

587 T€

796 T€

2.255 T€

5.539 T€

Abbildung 110: Die adjustierten VaR der Geschäftsbereiche für die Perioden 1 bis 5

Abbildung 110 verdeutlicht den großen Vorteil des adjustierten VaR, nämlich dass die Summe der (adjustierten) Geschäftsbereichs-VaR, abgesehen von leichten Rundungsdifferenzen, dem Gesamtunternehmens-VaR entspricht. Zu kritisieren ist jedoch, dass eine pauschale Gleichverteilung der Risikoverbundeffekte über den Adjustierungsfaktor vorgenommen wird. Dies widerspricht der Anforderung einer verursachungsgerechten Verteilung des Diversifikationseffektes auf die Geschäftsbereiche.

3.

Der marginale VaR

Ein weiteres Konzept, welches die Risikoverbundeffekte bei der Ermittlung des Risikokapitals berücksichtigt, ist der marginale VaR (mVaR). Der marginale VaR lässt sich als das Risikopotential definieren, das durch Hinzufügen bzw. Entfernen einer Position (hier: eines Geschäftsbereichs) in ein bereits bestehendes Portfolio übernommen wird bzw. wegfällt.765 Berechnet wird der marginale VaR eines Geschäftsbereichs, indem vom Gesamtunternehmens-VaR der VaR des Residualportfolios subtrahiert wird, der nach Entfernen des betrachteten Geschäftsbereichs verbleibt.766 Formal ergibt sich der marginale VaR zu:767 mVaR i, t

VaR gesamt, t  VaR gesamt  i, t

mit: mVaRi,t = VaRgesamt,t =

765

marginaler VaR des Geschäftsbereichs i der Periode t VaR des Gesamtunternehmens der Periode t

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.511 vgl. Dowd, 1998, S.48; Paul, 2001, S.1116 767 vgl. Paul, 2001, S.1116 766

316

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

VaRgesamt-i,t =

VaR des Gesamtunternehmens ohne Geschäftsbereich i der Periode t

Für den Beispielfall erfordert die Bestimmung des marginalen VaR des Geschäftsbereichs A die Kenntnis des VaR eines Portfolios, bestehend aus den Geschäftsbereichen B, C und D. Für Periode 1 berechnet sich der VaR dieses Residualportfolios gemäß der Linearkombinationsregel zu:

VaR gesamt  A,1

§ 1 ¨ (420T € 920T € 1.730T € ) ˜ ¨ 0,8 ¨ ¨ 0,5 © § 2.021 T € · § 420 T € · ¸ ¸ ¨ ¨ ¨ 1.948 T € ¸ ˜ ¨ 920 T € ¸ ¸ ¸ ¨ ¨ ¨ 2.308 T € ¸ ¨1.730 T € ¸ ¹ ¹ © ©

0,8 1 0,4

0,5 · § 420 T € · ¸ ¨ ¸ ¸ ¨ 0,4 ˜ 920 T € ¸ ¸ ¨ ¸ ¸ ¨ 1 ¹ ©1.730 T € ¸¹

6.633.820 T € 2

2.576 T €

Unter Berücksichtigung des bereits ermittelten VaR für das Gesamtunternehmens von 3.257 T€ ergibt sich der marginale VaR für den Geschäftsbereich A zu: mVaR A,1

VaR gesamt,1  VaR gesamt  A,1

3.257 T €  2.576 T €

681 T €

Für Geschäftsbereich B, C, und D berechnen sich analog zu Geschäftsbereich A die nachfolgenden marginalen VaR: mVaR B,1

VaR gesamt,1  VaR gesamt  B,1

3.257 T €  2.954 T €

303 T €

mVaR C,1

VaR gesamt,1  VaR gesamt  C,1

3.257 T €  2.601 T €

656 T €

mVaR D,1

VaR gesamt,1  VaR gesamt  D,1

3.257 T €  1.959 T € 1.298 T €

Abbildung 111 fasst die Ergebnisse der marginalen VaR des Beispielunternehmens zusammen:

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

317

6 mVaR1= 2.938 T€ (VaRgesamt,1 = 3.257 T€)

mVaRA,1 681 T€

mVaRB,1 303 T€

mVaRC,1 656 T€

mVaRD,1 1.298 T€

Abbildung 111: Marginale VaR der vier Geschäftsbereiche

Für den kompletten Betrachtungshorizont ergeben sich die mVaR der Geschäftsbereiche wie folgt: Zeit t

mVaRA,t

mVaRB,t

mVaRC,t

mVaRD,t

6mVaRt

VaRgesamt,t

1

681 T€

303 T€

656 T€

1298 T€

2.938 T€

3.257 T€

2

845 T€

322 T€

650 T€

1.480 T€

3.297 T€

3.647 T€

3

1.133 T€

346 T€

662 T€

1.806 T€

3.947 T€

4.357 T€

4

1.424 T€

389 T€

664 T€

1.976 T€

4.453 T€

4.905 T€

5

1.849 T€

474 T€

675 T€

2.046 T€

5.044 T€

5.540 T€

Abbildung 112: Die marginalen VaR der Geschäftsbereiche für die Perioden 1 bis 5

Abbildung 111 und Abbildung 112 verdeutlichen, dass die Addition der marginalen VaR der einzelnen Geschäftsbereiche nicht dem VaR auf Unternehmensebene entspricht. Es wird in diesem Zusammenhang auch von dem Vorliegen einer „Kostenlücke“ gesprochen. Die Begründung hierfür liegt darin, dass bei der Berechnung eines jeden marginalen VaR immer die Risikoverbundeffekte des gesamten verbleibenden Restportfolios berücksichtigt werden. Damit kommt es

318

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

insgesamt zu einer systematischen Mehrfacherfassung der Diversifikationseffekte.768 Zur Schließung der Differenz zwischen dem Gesamtunternehmens-VaR und der Summe der allokierten marginalen VaR wurden einige Ansätze entwickelt, die unter dem Begriff der Kostenlückenverfahren verbreitet sind. Ziel dieser Verfahren ist die Herleitung eines möglichst gerechten Schlüssels, der diese Differenz auf die Geschäftsbereiche verteilt.769 So ist beispielsweise das W-Verfahren von Tijs und Driessen zu nennen, das eine Verteilung der Kostenlücke auf der Basis spieltheoretischer Überlegungen vornimmt.770 Hierzu wird für jeden Geschäftsbereich eine Ober- und eine Unterschranke für das zuzuweisende Haftungskapital festgelegt. Die Unterschranke wird durch den marginalen VaR repräsentiert, d.h. es wird unterstellt, dass im günstigsten Fall einem Geschäftsbereich lediglich ein Haftungskapital in Höhe des marginalen VaR zugewiesen wird. Der Bestimmung der Oberschranke eines Geschäftsbereichs liegt folgende Idee zugrunde: Bilden mehrere Geschäftsbereiche ein Portfolio, so lässt sich das gesamte Risikokapital des Portfolios mithilfe der Linearkombinationsregel ermitteln. Dieses Risikokapital muss nun auf die Geschäftsbereiche verteilt werden. Das maximal von einem Geschäftsbereich zu tragende Haftungskapital ergibt sich genau dann, wenn alle übrigen Geschäftsbereiche den minimalen Wert annehmen, d.h. wenn ihnen ein Wert in Höhe des marginalen VaR zugewiesen wird. Der verbleibende Restbetrag stellt damit die Oberschranke für den betrachteten Geschäftsbereich dar. Aus allen möglichen Teilportfolios eines Unternehmens lässt sich so die Oberschranke für einen Geschäftsbereich bestimmen. Tijs/Driessen wählen nun die beste, also die niedrigste Oberschranke für einen Geschäftsbereich aus. Formal ergibt sich die Berechnung der Oberschranke zu:771 OSi

½° ­° min ®s tan d  alone  VaR i , VaR K  ¦ mVaR j ¾ K  N,iK ° °¿ jK , jz i ¯

mit: OSi N K VaRK

768

= = = =

Oberschranke des Geschäftsbereichs i Anzahl der Geschäftsbereiche Teilmenge aus N Value at Risk des Teilportfolios K

vgl. Paul, 2001, S.1117 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.535 770 vgl. Tijs/Driessen, 1986 771 vgl. Kinder/Steiner/Willinsky, 2001, S.292 769

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

319

Auf der Basis der Unter- und Obergrenze findet anschließend die Verteilung der Kostenlücke statt. Das dem Geschäftsbereich i zugewiesene Haftungskapital berechnet sich gemäß: VaR i

mVaR i  KL ˜

OSi  mVaR i n

¦ (OS j  mVaR j )

j 1

mit: KL = Kostenlücke Die Kostenlücke wird damit proportional zur Differenz zwischen der Ober- und Unterschranke auf die Geschäftsbereiche verteilt. Anhand des Beispielfalls soll die Verteilung der Kostenlücke auf die Geschäftsbereiche für das erste Jahr verdeutlicht werden. Für Geschäftsbereich A lässt sich die Unterschranke direkt aus der Abbildung 112 entnehmen (mVaRA = 681 T€). Die Berechnung der Oberschranke für Geschäftsbereich A setzt die Kenntnis aller Teilmengen voraus, die sich aus den Geschäftsbereichen des Beispielunternehmens bilden lassen und den Geschäftsbereich A enthalten: ƒ Teilmenge mit lediglich einem Element:

A: stand-alone-VaRA = 856 T€ ƒ Teilmengen mit zwei Geschäftsbereichen:

AB: VaRAB – mVaRB = 1.126 T€ - 303 T€ = 823 T€ AC: VaRAC – mVaRC = 1.638 T€ - 656 T€ = 982 T€ AD: VaRAD – mVaRD = 2.345 T€ - 1.298 T€ = 1.047 T€ ƒ Teilmengen mit drei Geschäftsbereichen:

ABC: VaRABC – mVaRB – mVaRC = 1.959 T€ - 303 T€ - 656 T€ = 1.000 T€ ABD: VaRABD – mVaRB – mVaRD = 2.601 T€ - 303 T€ - 1.298 T€ = 1.000 T€ ACD: VaRACD – mVaRC – mVaRD = 2.954 T€ - 656 T€ - 1.298 T€ = 1.000 T€ ƒ Teilemenge, die das gesamte Unternehmen repräsentiert:

ABCD: VaRABCD – mVaRB – mVaRC – mVaRD = 3.256 T€ - 303 T€ - 656 T€ - 1.298 T€ = 999 T€ Die Oberschranke für Geschäftsbereich A ermittelt sich damit zu: OS(i)

min{856 T €; 823 T €; 982 T €; 1.047 T €; 1.000 T €; 1.000 T €; 1.000 T €; 999 T €} 823T €

Nachfolgende Abbildung stellt die Ober- und Unterschranken für alle Geschäftsbereiche des ersten Jahres dar:

320

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Oberschranke

Unterschranke (= mVaR)

Differenz

Anteil an der Kostenlücke

GesamtVaR

GB A

823 T€

681 T€

142 T€

57 T€

738 T€

GB B

420 T€

303 T€

117 T€

47 T€

350 T€

GB C

884 T€

656 T€

228 T€

92 T€

748 T€

GB D

1.605 T€

1.298 T€

307 T€

123 T€

1.421 T€

Summe

3.732 T€

2.938 T€

794 T€

319 T€

3.257 T€

Kostenlücke

319 T€ Abbildung 113: Verrechnung der Kostenlücke beim W-Verfahren

Proportional zur Differenz von Ober- und Unterschranke wird die Kostenlücke des Beispielunternehmens in Höhe von 319 T€ (= 3.257 T€ - 2.938 T€) auf die Geschäftsbereiche verteilt. So wird beispielsweise dem Geschäftsbereich A zusätzlich zum marginalen VaR ein Beitrag an der Kostenlücke in Höhe von 319 T € ˜

823 T €  681 T € 794 T €

57 T €

zugewiesen. Das W-Verfahren ermöglicht eine Verteilung der Kostenlücke auf spieltheoretischer Basis. Durch die Addition des Kostenlückenanteils auf den marginalen VaR wird der Grenzcharakter der Kapitalallokation nicht vollständig aufgehoben. Nachteilig an dem Verfahren von Tijs und Driessen ist die Tatsache, dass bei ganz bestimmten Konstellationen die Oberschranke unter der Unterschranke liegen kann. In diesem Fall macht der Ansatz natürlich keinen Sinn. Diese Problematik wurde durch eine Weiterentwicklung des W-Verfahren zum so genannten modifizierten Grenzkostenverfahren behoben.772

772

vgl. Kinder/Steiner/Willinsky, 2001, S.292ff

321

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

4.

Vergleich der Ansätze zur Bestimmung des Geschäftsbereichs-VaR

In den vergangenen Kapiteln wurde mit dem stand-alone VaR, dem adjustierte VaR und dem marginalen VaR drei unterschiedliche Ansätze zur Erfassung des Risikokapitals eines Geschäftsbereichs vorgestellt. Abbildung 114 stellt für den Geschäftsbereich A des Beispielfalls die unterschiedlichen VaR-Ansätze zusammenfassend dar: t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

stand-alone VaR

856 T€

1.060 T€

1.416 T€

1.769 T€

2.268 T€

adjustierter VaR

710 T€

882 T€

1.183 T€

1.481 T€

1.901 T€

marginaler VaR

681 T€

845 T€

1.133 T€

1.424 T€

1.849 T€

Abbildung 114: Die verschiedenen Verfahren zur Bestimmung des VaR des Geschäftsbereichs A

Der Vergleich zeigt, dass der stand-alone VaR für jede Periode am Größten ist, da hier kein risikoreduzierender Effekt berücksichtigt wird. Beim marginalen VaR wird der Diversifikationseffekt mehrfach erfasst, so dass sich hier die niedrigsten Werte ergeben. Zwischen dem marginalen und dem stand-alone VaR liegt jeweils der adjustierte VaR. Jeder der vorgestellten Ansätze hat spezifische Vor- und Nachteile. Vor dem Hintergrund der folgenden Kriterien lassen sich die verschiedenen Ansätze beurteilen:773 ƒ Objektivität: Die Anforderung der Objektivität soll sicherstellen, dass die Risikokenngröße objektiv ermittelt wird. Dies lässt sich nur dann erzielen, wenn das Risiko eines Geschäftsbereichs unabhängig von den anderen Geschäftsbereichen eines Unternehmens bestimmt werden kann. ƒ Grenzcharakter: Das Kriterium des Grenzcharakters soll gewährleisten, dass die Risikokennzahl eine Information über das zusätzliche Risiko enthält, welches durch den Besitz bzw. die Akquisition eines (neuen) Geschäftsbereichs von dem Unternehmen zu tragen ist. Dieses Kriterium ist insbesondere dann

773

vgl. Rieß, 2005, S.332f

322

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

von Bedeutung, wenn es um die Frage geht, ob ein neuer Geschäftsbereich gekauft, bzw. ein bereits bestehender Geschäftsbereich verkauft werden soll. ƒ Aggregierbarkeit: Für die Unternehmenssteuerung ist das Gesamtunternehmensrisiko von zentraler Bedeutung. Das Kriterium der Aggregierbarkeit fordert, dass sich die Risiken der einzelnen Geschäftsbereiche zum Gesamtrisiko des Unternehmens addieren lassen.

Der stand-alone VaR kann, wie der Name schon ausdrückt, völlig unabhängig von den übrigen Geschäftsbereichen bestimmt werden. Damit erfüllt der standalone VaR das Kriterium der Objektivität. Dies wird allerdings dadurch erkauft, dass der Diversifikationseffekt gänzlich ausgeklammert wird. Mit diesem Ansatz lässt sich folglich nicht erfassen, welches zusätzliche Risiko das Unternehmen eingeht, wenn ein Geschäftsbereich in das Unternehmen integriert wird. Der stand-alone VaR weist somit keinen Grenzcharakter auf.774 Darüber hinaus fällt ebenso das Urteil bezüglich der Aggregation der Einzel-Risiken zum GesamtUnternehmensrisiko negativ aus. Wie bereits ausführlich geschildert, wird bei einer summarischen Aggregation der stand-alone VaR der einzelnen Geschäftsbereiche das Gesamtunternehmensrisiko systematisch überschätzt. Folglich versagt dieser Ansatz ebenfalls hinsichtlich des Kriteriums der Aggregierbarkeit. Steht das Kriterium der Aggregierbarkeit im Vordergrund, so erscheint der adjustierte VaR das geeignetste Verfahren zu sein. Hier wird der VaR nämlich gerade so bestimmt, dass die Summation der Einzel-VaR wieder dem Gesamt-VaR entspricht. Eine bewusste Vernachlässigung des Diversifikationseffektes, wie beim stand-alone-Ansatz, lässt sich somit vermeiden. Problematisch am adjustierten VaR ist, dass eine isolierte, unabhängige Quantifizierung des Risikokapitals nicht möglich ist, da der Adjustierungsfaktor von der Struktur des Gesamtportfolios abhängig ist. Bei einer Änderung der Zusammensetzung des Geschäftsbereichsportfolios im Zeitablauf ergeben sich automatisch auch zeitlich variierende Adjustierungsfaktoren. Folglich ermöglicht der adjustierte VaR keinen objektiven Performancevergleich.775 Darüber hinaus lässt sich mithilfe des adjustierten VaR ebenfalls das zusätzliche Risiko nicht erfassen, welches durch die Aufnahme eines Geschäftsbereichs übernommen wird. Somit versagt diese VaR-Maßzahl ebenfalls hinsichtlich des Kriteriums des Grenzcharakters. Im Gegensatz zum stand-alone VaR und zum adjustierten VaR erfüllt der marginale VaR die Anforderung des Grenzcharakters einer Risikomessgröße. Der marginale VaR eines Geschäftsbereichs entspricht gerade der Differenz aus dem VaR

774 775

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.505 vgl. Schierenbeck, 2003c, S.541

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

323

des Gesamtunternehmens und dem VaR des Residualportfolios, also dem Gesamtunternehmensportfolio abzüglich des betrachteten Geschäftsbereichs. Der marginale VaR eignet sich insbesondere dann als Risikomaßgröße, wenn Entscheidungen über die Akquisition oder die Desinvesition von Teilpositionen eines Portfolios anstehen. Vergleichbar dem adjustierten VaR ist der marginale VaR ebenfalls von der Gesamtstruktur des übrigen Portfolios abhängig. Eine isolierte Quantifizierung des ökonomischen Kapitals ist damit nicht möglich. Ebenso liegt beim marginalen VaR durch die systematische Mehrfacherfassung des Diversifikationseffektes eine Nicht-Additivität der Geschäftsbereichs-VaR zum Gesamtunternehmens-VaR vor. Allerdings lässt sich diese Schwäche mithilfe der Kostenlückenverfahren beheben. Das Verfahren von Tijs/Driessen hat jedoch ebenfalls verdeutlicht, dass mit den Kostenlückenverfahren eine zusätzliche Komplexität in den Bewertungsansatz einfließt. Jedes der in diesem Kapitel aufgeführten Verfahren offenbart Stärken und Schwächen. Diese müssen dem Analysten bei der Wahl eines Ansatzes bewusst sein. Die hier vorgestellten Verfahren zur Bestimmung des VaR eines Geschäftsbereichs unter Berücksichtigung des Diversifikationseffektes stellen keine abschließende Aufzählung dar. In der Literatur wird eine Reihe weiterer Verfahren, wie beispielsweise der inkrementelle VaR, diskutiert.776 Abbildung 115 fasst die Eignung der drei in dieser Arbeit diskutierten Ansätze vor dem Hintergrund der definierten Kriterien noch einmal zusammen. Kriterium Grenzcharakter Objektivierter PerformanceVergleich Aggregierbarkeit

Stand-alone VaR

Adjustierter VaR Marginaler VaR

Nein

Nein

Ja

Ja

Nein

Nein

Ja

Nein – allerdings durch Kostenlückenverfahren erweiterbar

Nein

Abbildung 115: Eignung der alternativen VaR-Verfahren zur Risikomessung

Im folgenden Kapitel wird untersucht, wie sich die Berücksichtigung des Diversifikationseffektes auf den Wertbeitrag auswirkt.

776

vgl. Dowd, 1998, S.48ff; Schierenbeck, 2003c, S.530ff

324

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

III. Auswirkungen der Portfoliostruktur auf den Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs Eine Vernachlässigung des Risikoverbundeffektes bei der Bestimmung des Risikopotentials würde eine wichtige Erfolgsquelle unberücksichtigt lassen. Es könnte damit letztlich zu einer Fehlallokation von ökonomischem Kapital kommen.777 Aus diesem Grund wird der stand-alone VaR als Ansatz zur Risikoquantifizierung grundsätzlich abgelehnt. Mit dem adjustierten VaR und dem marginalen VaR wurden im vorangegangen Kapitel zwei Ansätze vorgestellt, welche die Risikoverbundeffekte in die VaR-Ermittlung einbeziehen. Vor dem Hintergrund der Geschäftsbereichssteuerung wird insbesondere der marginale VaR als besonders geeigneter Ansatz zur Risikoquantifizierung eingestuft. Im Rahmen einer Geschäftsbereichssteuerung steht häufig eine Entscheidung über die Akquisition oder die Abstoßung eines Geschäftsbereichs im Vordergrund. Der marginale VaR liefert hierbei gerade die Information, mit welchem zusätzlichen Risiko durch die Aufnahme des neuen Geschäftsbereichs bzw. mit welcher Risikoreduktion durch die Abstoßung eines Geschäftsbereichs zu rechnen ist. Im Folgenden wird für den Beispielsfall untersucht, welche Auswirkungen sich für den Wertbeitrag ergeben, wenn anstelle des stand-alone VaR der marginale VaR verwendet wird.778 Durch die Berücksichtigung des Diversifikationseffektes bei der Bestimmung des VaR reduziert sich grundsätzlich der Risikoabschlag. Ein verminderter Risikoabschlag erhöht die Sicherheitsäquivalente und letztlich den Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs. Bei Verwendung der marginalen VaR anstelle der stand-alone VaR ermitteln sich für den Beispielfall die Sicherheitsäquivalente des Geschäftsbereichs A zu:

777 778

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.517 um den Beispielfall überschaubar zu halten, unterbleibt eine Verteilung der Kostenlücke auf die Geschäftsbereiche

325

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Zeit t

t=1

t=2

t=3

t=4

t=5

mVaR99%,t

681 T€

845 T€

1.133 T€

1.424 T€

1.849 T€

kEK,t-rf,t

16,00%

16,39%

17,09%

16,38%

17,38%

108,96 T€

138,50 T€

193,63 T€

233,25 T€

321,36 T€

RAt= mVaR99%,t (kEK,t-rf,t) E(CFt)

1.949,99 T€ 2.072,21 T€ 2.040,22 T€ 2.180,96 T€ 2.027,45 T€

SÄ(CFt) (=E(CFt)-RAt)

1.841,03 T€ 1.933,71 T€ 1.846,59 T€ 1.947,71 T€ 1.706,09 T€

Abbildung 116: Berechnung der Sicherheitsäquivalente bei Unterstellung des marginalen VaR

Die mit den Zerobond-Abzinsfaktoren multiplizierten Sicherheitsäquivalente ergeben den Wert des Geschäftsbereichs: V0 =

5

¦ SÄ(CFt ) ˜ ZBAFt

t 1

= 8.000 T €  1.841,03 T € ˜ 0,9804  1.933,71 T € ˜ 0,95554 1.846,59 T € ˜ 0,928  1.947,71 T € ˜ 0,8874  1.706,09 T € ˜ 0,8482 542,48 T € Der positive Wertbeitrag signalisiert, dass es dem Geschäftsbereich gelingt, die kompletten Risikokosten zu verdienen und darüber hinaus einen Unternehmenswert in Höhe von 542,48 T€ zu generieren. Verglichen mit dem Wertbeitrag bei Unterstellung des VaR auf stand-alone Basis (324,56 T€)779 erhöht sich der Wertbeitrag durch die Verwendung des marginalen VaR um 217,92 T€ (= 542,48 T€ 324,56 T€). Dieser zusätzliche Wertbeitrag ist folglich auf den Diversifikationseffekt zurückzuführen. Die gesamten Risikokosten berechnen sich zu: ǻV

V0r  V0 1.440,97 T €  542,48 T € 898,49 T €

Gegenüber der Verwendung des stand-alone VaR als Instrument zur Risikoquantifizierung reduzieren sich die Risikokosten damit von 1.116,41 T€780 auf 898,49 T€. Die Veränderung wird in nachfolgendem Rendite-Risiko-Diagramm deutlich:

779 780

vgl. 3. Teil:A.III.1 vgl. 3. Teil:A.III.2

326

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Wertbeitrag bei Unterstellung sicherer Cashflows (T€)

ˆ

¦ E(CF) ˜ ZBAF

2.000

1.441

IV GB A GB A‘

III

1.000

I

II Risikokosten (T€)

898

1.000

2.000

ˆ

¦ RA ˜ ZBAF

Abbildung 117: Positionierung von Geschäftsbereich A im Rendite-RisikoDiagramm (Berücksichtigung des Diversifikationseffektes)

Durch die Berücksichtigung des Portfolioeffektes ändert sich der Wertbeitrag bei Unterstellung sicherer Cashflows nicht (1.441 T€). Die Reduktion der Risikokosten gegenüber der stand-alone-Perspektive (GB A’) verdeutlicht der eingezeichnet Pfeil. Besitzt die Unternehmensführung die Möglichkeit in mehrere neue Geschäftsfelder zu investieren, so muss vor dem Hintergrund der wertorientierten Unternehmensführung zunächst einmal überprüft werden, ob die neuen Geschäftsbereiche eine Wertgenerierung erwarten lassen. Signalisiert ein Geschäftsbereich eine Wertvernichtung, so sollte generell von einer Investition in diesen Geschäftsbereich abgesehen werden. In der Regel werden sich der Unternehmensführung mehrere Investitionsalternativen bieten, die eine Wertschaffung ausweisen. Sollten im Unternehmen keinerlei Ressourcenrestriktionen vorliegen, so sollten alle Aktivitäten mit positivem Wertbeitrag durchgeführt werden.

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

327

Üblicherweise sieht sich ein Unternehmen jedoch mit bestimmten Ressourcenrestriktionen, insbesondere einem begrenzten Haftungskapital, konfrontiert. In diesem Fall ist der (absolute) Wertbeitrag als Entscheidungskriterium nur noch bedingt geeignet, denn die Alternativen haben in der Regel einen unterschiedlichen Ressourcenbedarf. In diesem Fall ist eher die Frage von Bedeutung, welche Investitionsalternative die höchste Wertgenerierung pro Einheit eingesetzter Ressource erzielt. Sollte beispielsweise das Haftungskapital die Engpassressource darstellen, dann müsste eine relative Wertbeitragskennzahl definiert werden, in dem der Wertbeitrag in das Verhältnis zum Haftungskapital gesetzt wird:781 Wertbeitrag Haftungskapital

Ein derart definierter relativer Wertbeitrag ähnelt sehr stark der RAROCKennzahl der risikoadjustierten Performance-Kennziffern, die ebenfalls ein risikoadjustiertes Ergebnis in das Verhältnis zum Risikokapital setzen. Problematisch an dem vorliegenden Ansatz ist, dass es sich hierbei um eine mehrperiodige Betrachtung mit einem jährlich schwankenden Haftungskapital handelt. Würde man also den Wertbeitrag in Bezug zum Haftungskapital der ersten Periode setzen, so bliebe die zukünftige Entwicklung des Haftungskapitals unberücksichtigt. Dies würde insbesondere die Geschäftsbereiche bevorzugen, die in den ersten Jahren ein verhältnismäßig geringes Haftungskapital benötigen. Diese Problematik lässt sich beheben, indem der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs in Relation zum Barwert des über die Laufzeit gebundenen Haftungskapitals gesetzt wird. Damit steht sowohl im Zähler als auch im Nenner der relativen Kennzahl eine Barwertgröße. Für den Geschäftsbereich A des Beispielfalls ergibt sich der Barwert des über die Laufzeit eingesetzten Haftungskapitals zu: Barwert des Haftungskapital 681 T € ˜ 0,9804  845 T € ˜ 0,9555 1.133 T € ˜ 0,9284  1.424 T € ˜ 0,8874  1.849 T € ˜ 0,8482 5.358,91 T €

Damit berechnet sich die Relation aus dem Wertbeitrag und dem Barwert des Haftungskapitals für den Geschäftsbereich wie folgt: Wertbeitrag Barwert des Haftungskapital

781

vgl. Gleißner/Lienhard, 2001, S.273

542,48 T € 5.358,91 T €

10,12 %

328

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Dem Geschäftsbereich gelingt es folglich mit 1 GE Haftungskapital einen Wertbeitrag von 0,1012 GE zu erzielen. Mit dem vorliegenden Ansatz lassen sich folglich sowohl absolute als auch relative Wertbeitragskennzahlen von Geschäftsbereichen ermitteln. Dieser Abschnitt hat verdeutlicht, dass nur die Einbeziehung des Diversifikationseffektes in die Geschäftsbereichsbeurteilung eine differenzierte Rendite/Risikobeurteilung eines Geschäftsbereichs ermöglicht. Die Berücksichtung dieser Erfolgskomponenten hat jedoch ihren Preis: Die Bestimmung des Wertes eines Geschäftsbereiches wird deutlich aufwendiger. Zum einen muss die Korrelationskoeffizientenmatrix eines Unternehmens aufgestellt werden, was sich, wie bereits geschildert, bei einer großen Anzahl von Geschäftsbereichen äußerst aufwendig gestalten kann. Zum andern stellt sich die Frage, inwiefern die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Periodengewinne mithilfe einer Normalverteilung approximiert werden kann. Lässt sich die Annahme normalverteilter Periodengewinne nicht aufrechterhalten, so muss ein deutlich komplexeres Modell zur Bestimmung des VaR eines Geschäftsbereichs entwickelt werden. Problematisch ist des Weiteren, dass mit dem Diversifikationseffekt eine Erfolgskomponente in die Beurteilung einfließt, auf die der Geschäftsbereich keinen Einfluss hat. Damit wird ein wesentlicher Grundsatz, nämlich dass ein Geschäftsbereich für den ausgewiesenen Erfolg möglichst vollständig selbst verantwortlich sein sollte, verletzt. Dieser Konflikt wird sich jedoch letztlich nicht zufrieden stellend lösen lassen, denn der Diversifikationseffekt ergibt sich immer nur im Verbund mit den anderen Geschäftsbereichen des Unternehmens.

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

329

C. KRITISCHE WÜRDIGUNG DES VORGESTELLTEN ANSATZES I.

Überprüfung des Anforderungskatalogs

Der in diesem Teil der Arbeit hergeleitete Ansatz zur Bewertung von Geschäftsbereichen wird im Folgenden vor dem Hintergrund des Anforderungskatalogs überprüft.782 zu A.1 (Marktwertorientierung): Vergleichbar den herkömmlichen wertorientierten Kennzahlenkonzepten wird auch bei dem in diesem Teil der Arbeit vorgestellten Konzept der Wert eines Geschäftsbereichs mithilfe eines fundamentalanalytischen Ansatzes bestimmt, d.h. der Wert eines Geschäftsbereichs wird durch Diskontierung einer zukünftigen Kapitalisierungsgröße mit einem geeigneten Kalkulationszinssatz ermittelt. Um einen Marktwertbezug zu erreichen, müssen die Kapitalisierungsgröße sowohl der Kalkulationszinssatz so gewählt werden, dass sich der ermittelte Wertbeitrag mit dem Blickwinkel der Anteilseigner deckt. In dem vorliegenden Ansatz wird die Kapitalisierungsgröße durch die Sicherheitsäquivalente der erwarteten Cashflows repräsentiert, d.h. es wird vom erwarteten Cashflow ein Risikoabschlag in Abzug gebracht. In den Risikoabschlag fließen zum einen die Höhe des Risikos und zum anderen die Renditeforderungen der Anteilseigner ein. Durch die Subtraktion des Risikoabschlages werden die (unsicheren) erwarteten Cashflows in Sicherheitsäquivalente transformiert. Ein sicherer Zahlungsstrom ist mit dem risikolosen Zinssatz auf den gegenwärtigen Zeitpunkt zu diskontieren. Der resultierende Barwert entspricht somit dem Betrag, den ein potentieller Anteilseigner für den Erwerb des Geschäftsbereichs zu zahlen bereit sein sollte. Eine marktwertorientierte Bewertung erfordert jedoch ebenfalls, dass der verwendete risikolose Zinssatz auch tatsächlich in entsprechender Höhe am Kapitalmarkt realisiert werden kann. Der vorliegende Ansatz greift bei der Ableitung der risikolosen Zinssätze auf die aktuelle am Kapitalmarkt vorliegende Zinsstrukturkurve zurück. Im Gegensatz zu den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen wird damit kein pauschaler, über die Laufzeit konstanter risikoloser Zinssatz

782

vgl. 1. Teil:A.II.3

330

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

unterstellt. Mit dem vorliegenden Ansatz zur Geschäftsbereichsbeurteilung lässt sich folglich eine hohe Marktwertorientierung erzielen. zu A.2 (Zukunftsbezug):

Die Anforderung einer zukunftsorientierten Geschäftsbereichsbeurteilung ist nur dann erfüllt, wenn sowohl die Erfolgs- als auch die Risikokomponente zukunftsorientiert bestimmt werden. Bei dem vorliegenden Ansatz wird die Erfolgskomponente durch den erwarteten Cashflow repräsentiert. Abgeleitet wird dieser aus den zukünftigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter. Damit wird die Erfolgsgröße des Ansatzes explizit zukunftsorientiert bestimmt. Das Risiko wird bei dem vorliegenden Ansatz über den Risikoabschlag erfasst, der sich wiederum aus einer Mengen- und einer Preiskomponente zusammensetzt. Die Mengenkomponente wird durch den VaR der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns eines Geschäftsbereichs repräsentiert. Da die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns immer zukunftsorientiert bestimmt wird, kann für die Mengenkomponente des Risikoabschlages grundsätzlich von einer in die Zukunft gerichteten Bewertungsperspektive ausgegangen werden. Damit unterscheidet sich der Ansatz deutlich von den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen, die in der praktischen Anwendung das Risiko grundsätzlich auf der Basis historischer Daten ableiten. Ebenso sollte bei der Preiskomponente, also den Renditeforderungen der Anteilseigner an das Unternehmen, eine zukunftsorientierte Betrachtungsweise unterstellt werden. Wie bereits geschildert, ist die Bestimmung der Renditeforderungen der Anteilseigner in der Praxis ein äußerst schwieriges Problem, da Renditeforderungen der Anteilseigner üblicherweise nicht beobachtet werden können. Mit den ex-ante Ansätzen liegen Konzepte vor, die explizit eine zukunftsorientierte Betrachtung der Renditeforderungen der Anteilseigner vornehmen. Allerdings muss festgestellt werden, dass auch die ex-ante Konzepte nicht frei von Problemen sind (z.B. Tautologieproblem). Schwierig ist sicherlich die Ermittlung einer zukunftsorientierten Korrelationskoeffizientenmatrix. Für ein Unternehmen mit vielen Geschäftsbereichen wäre hier ein enormer Prognoseaufwand erforderlich. Für die praktische Anwendung wird deshalb empfohlen, auf eine Branchen-Risikomatrix zurückzugreifen. Die Branchen-Risikomatrix wird üblicherweise auf der Grundlage vergangener Daten ermittelt. Folglich müssen bei der Erfassung des Diversifikationseffektes hinsichtlich des Zukunftsbezugs Abstriche gemacht werden.

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

331

zu A.3 (Nachvollziehbarkeit/Objektivität):

Bei der Prognose zukünftiger Größen lässt sich ein gewisses Maß an Subjektivität nicht ausschließen. So müssen für die unsicheren Inputparameter (z.B. Absatzmenge, Absatzpreise, Fixkosten) Wahrscheinlichkeitsverteilungen aufgestellt werden. Hierbei lässt sich sicherlich sehr gut über die eine oder andere Festlegung diskutieren. Einige Führungskräfte werden die zukünftige Situation möglicherweise anders einschätzen als andere. Soll jedoch eine zukunftsorientierte Geschäftsbereichsbeurteilung erfolgen, so lässt sich diese Problematik nicht umgehen. Der diskutierte Ansatz beruht auf der Sicherheitsäquivalentmethode, d.h. vom erwarteten Cashflow wird ein Risikoabschlag vorgenommen. Durch diese Trennung von Erfolgsgröße und Risikogröße wird die Rendite-Risiko-Struktur des Geschäftsbereichs transparent. Der Risikoabschlag stellt eine monetäre Größe dar und lässt sich als die Kosten für die Übernahme des Risikos interpretieren. Werden neue Projekte initiiert, so lassen sich sowohl die Auswirkungen auf die Erfolgs- als auch auf die Risikosituation abschätzen. Die periodischen Sicherheitsäquivalente eines Geschäftsbereichs werden mithilfe des risikolosen Zinssatzes auf den Zeitpunkt t=0 transformiert. Ein wesentlicher Kritikpunkt an den herkömmlichen wertorientierten Konzepten ist die Unterstellung eines pauschalen, über die Laufzeit konstanten risikolosen Zinssatzes. Da ein derartiger Zinssatz in der Realität nicht beobachtet werden kann, ist die Festlegung des Zinssatzes für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Der hier vorliegende Ansatz leitet die risikolosen Zinssätze resp. die ZerobondAbzinsfaktoren aus der aktuellen am Kapitalmarkt beobachtbaren Zinsstrukturkurve ab. Damit wird die Bestimmung der risikolosen Zinssätze für alle Beteiligten transparent. Des Weiteren wird eine verursachungsgerechte Verteilung des Diversifikationseffektes auf die Geschäftsbereiche angestrebt. Mithilfe des vorliegenden Konzeptes lässt sich der Diversifikationseffekt quantifizieren und in die Geschäftsbereichsbeurteilung integrieren. Insgesamt kann die Anforderung der Nachvollziehbarkeit und Objektivität mit dem vorliegenden Ansatz grundsätzlich als erfüllt angesehen werden. zu A.4 (Vergleichbarkeit):

Vergleichbar den herkömmlichen wertorientierten Konzepten geht es auch bei dem in diesem Kapitel dargestellten Ansatz um die Ableitung eines Wertbeitrages für einen Geschäftsbereich. Anhand dieses Wertbeitrages lässt sich überprüfen, welcher Geschäftsbereich eine Wertschaffung und welcher Geschäftsbereich eine Wertvernichtung erwarten lässt. In dem Beispielfall konnten die periodischen

332

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Risikokosten sowie die Anschaffungsausgaben durch die erwarteten Cashflows verdient werden. Darüber hinaus lässt der Geschäftsbereich einen Wertbeitrag in Höhe von 542,48 T€ erwarten. Analog zum DCF, CVA, EVA oder ERIC stellt der ermittelte Wertbeitrag des hier dargestellten Ansatzes ebenfalls eine absolute Kenngröße dar. Indem der Wertbeitrag in das Verhältnis zum Haftungskapital gesetzt wird, lässt sich jedoch ebenfalls eine relative Kenngröße ableiten. Mithilfe derartiger Verhältniskennzahlen lässt sich der Geschäftsbereich identifizieren, der das Haftungskapital am effizientesten einsetzt. Insgesamt kann mit dem vorliegenden Bewertungsansatz eine gute Vergleichbarkeit der Geschäftsbereiche erzielt werden. zu A.5 (Risikoerfassung):

Im Vergleich zu den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen liegt eine deutlich veränderte Risikoerfassung von Geschäftsbereichen vor. Es wird nicht der Versuch unternommen, einen geschäftsbereichsspezifischen Kapitalkostensatz zu berechnen, sondern es wird das vorzuhaltende Haftungskapital ermittelt und mit dem Eigenkapitalkostensatz auf Unternehmensebene multipliziert. Die Erfassung des Risikos orientiert sich damit an den risikoadjustierten PerformanceKennzahlen. Auch dort werden risikoadjustierte Nettoergebnisse berechnet, indem vom Gewinn einer Periode das Produkt aus Risikokapital und Kapitalkostensatz subtrahiert wird. Der Vorteil dieses Ansatzes ist insbesondere darin zu sehen, dass eine explizite ex-ante Risikoerfassung möglich ist, da der VaR aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zukünftigen Periodengewinne abgeleitet wird. Der ermittelte VaR fließt nicht nur als Mengenkomponente in den Bewertungsansatz ein, sondern liefert auch der Unternehmensführung eine wichtige Information bezüglich der benötigten Eigenkapitalausstattung des Unternehmens.783 Problematisch an dem VaR als Risikomaß ist, dass dieser nicht auf einem entscheidungstheoretisch fundierten Konzept basiert.784 Dies zeigt sich daran, dass mit dem VaR lediglich ein einzelner Wert der Wahrscheinlichkeitsverteilung in die Beurteilung einfließt. Wie die Wahrscheinlichkeitsverteilung links und rechts des VaR aussieht, spielt für die Geschäftsbereichsbeurteilung keine Rolle. Auf die Problematik, dass häufig gerade in den Rändern der Verteilungen größere Werte festzustellen sind („fat tail” Problematik), wurde bereits eingegangen. Abbildung 118 zeigt die Wahrscheinlichkeitsverteilungen zweier Geschäftsbereiche, die den gleichen VaR bei einem Konfidenzniveau D aufweisen. Für den 783 784

vgl. Gleißner/Meier/Lienhard, 2000, S.318 vgl. Oehler/Unser, 2001, S.157

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

333

Bewertungsansatz wird damit auch der gleiche Risikoabschlag bestimmt. Die gestrichelte Linie zeigt jedoch im Vergleich zur durchgezogenen Linie eine geringere Schwankung um den Erwartungswert. Beispielsweise ließe sich die unterschiedliche Schwankung mithilfe der Standardabweichung quantifizieren. Für das Unternehmen kann es durchaus einen Unterschied bedeuten, ob die Periodengewinne des Geschäftsbereichs gemäß der durchgezogenen oder der gestrichelten Linie vorliegen.

Wahrscheinlichkeit

D

1-D

VaRD

Periodengewinn

Abbildung 118: Unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsverteilungen mit dem gleichen VaR

Ein entscheidungstheoretischer Ansatz würde versuchen, diese unterschiedlichen Standardabweichungen in die Geschäftsbereichsbeurteilung zu integrieren. Dies wäre sicherlich ein wünschenswertes Ziel. Da jedoch wie bereits geschildert die

334

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

erforderliche Risikopräferenzfunktion für ein Unternehmen nicht aufgestellt werden kann, gelingt eine vernünftige Integration der Standardabweichung in die Geschäftsbereichsbeurteilung nicht. Ansätze, wie beispielsweise das CAPM, können nur unter der Annahme unrealistischer Prämissen rationale Entscheidungen ableiten. Allgemeiner Konsens dürfte jedoch darüber bestehen, dass sich ein Unternehmen gegen potentielle Verluste durch Haftungskapital absichern muss. Darüber hinaus dürfte ebenfalls Einigkeit vorliegen, dass eine verursachungsgerechte Verteilung der Kosten für das Vorhalten des Haftungskapitals auf die Risikoquellen zu erfolgen hat. Der einem Geschäftsbereich zuzurechnende Risikoabschlag, als Produkt aus VaR und Kapitalkostensatz, dürfte damit für jeden nachvollziehbar sein und ein hohes Maß an Akzeptanz aufweisen. Mithilfe des vorliegenden Ansatzes ist darüber hinaus die Ableitung periodenspezifischer Risikoabschläge möglich. Dies stellt einen wesentlichen Vorteil gegenüber den herkömmlichen Ansätzen dar, die einen gewichteten Kapitalkostensatz für die erste Periode bestimmen und diesen über die komplette Laufzeit konstant lassen. Wie jedes wertorientierte Konzept benötigt auch der hier vorgestellte Ansatz eine Einschätzung über die Renditeerwartungen der Anteilseigner. Die herkömmlichen wertorientierten Ansätze leiten Eigenkapitalkosten auf Geschäftsbereichsebene ab. Dies können nur kalkulatorische Zinssätze sein, da ein Anteilseigner keinen Anspruch an einen bestimmten Geschäftsbereich, sondern nur an das Gesamtunternehmen stellen kann. Bei dem hier vorgestellten Bewertungsansatz wird lediglich die Renditeforderung der Anteilseigner auf Unternehmensebene benötigt. Dass dies selbst auf Unternehmensebene nicht problemlos zu bewältigen ist, wurde bereits geschildert. zu A.6 (Risikoverbundeffekte):

Ein Unternehmen lässt sich vergleichbar einem Aktienportfolio als ein Bündel verschiedener Geschäftsbereiche betrachten. Die Auswirkungen dieser Portfoliobildung auf die Risikosituation müssen bei der Geschäftsbereichsbeurteilung berücksichtigt werden. In dem vorliegenden Ansatz äußert sich der Risikodiversifikationseffekt in einer (z.T. deutlichen) Reduktion des Geschäftsbereichs-VaR gegenüber der stand-alone Betrachtung. Verschiedene Ansätze (z.B. der marginale VaR) liegen vor, mit denen sich dieser Risikoverbundeffekt quantifizieren lässt. Die Reduktion des Risikos führt gleichzeitig zu einer Erhöhung des ausgewiesenen Wertbeitrages. Dieser höhere Geschäftsbereichswert führt möglicherweise zu völlig anderen Steuerungsentscheidungen. Wesentliches Element der Ansätze zur Erfassung des Diversifikationseffektes ist die Risikomatrix, die alle Korrelationskoeffizienten zwischen zwei beliebigen

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

335

Geschäftsbereichen beinhaltet. Auf die schwierige Bestimmung der Korrelationskoeffizientenmatrix wurde bereits mehrfach hingewiesen. Trotzdem lohnt sich der Aufwand, die spezifischen Risikoverbundeffekte des vorliegenden Geschäftsbereichsportfolios in die Beurteilung zu integrieren. Die pauschale Annahme des CAPM, dass sich alle unsystematischen Risiken von Geschäftsbereichen wegdiversifizieren lassen, ist nicht zu akzeptieren. zu A.7 (Bewertungsaufwand):

Vergleichbar den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen müssen auch für das vorliegende Konzept die zukünftigen erwarteten Cashflows eines Geschäftsbereichs bestimmt werden. Diese werden aus den Wahrscheinlichkeitsverteilungen der verschiedenen Einflussgrößen abgeleitet. Neben der Erfolgsgröße muss ebenfalls die Risikogröße berechnet werden. Dazu gilt es den VaR aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Periodengewinne abzuleiten. Eine Abschätzung der möglichen Periodenschwankungen eines Geschäftsbereichs sollte grundsätzlich immer Bestandteil eines effektiven Risikomanagements sein. Folglich sollte auch diese Information verhältnismäßig unproblematisch zu erhalten sein. Ein größerer Bewertungsaufwand stellt sicherlich die Erfassung der Risikoverbundeffekte dar. Eine sorgfältige Herleitung der Korrelationskoeffizientenmatrix eines Unternehmens mit mehreren Geschäftsbereichen ist äußerst aufwendig. Hier muss der Analyst abwägen, ob er auf der einen Seite eine einfache und schnelle Bewertung oder aber auf der anderen Seite eine differenzierte und umfangreichere Geschäftsbereichsbeurteilung vornehmen möchte. Da die Risikoverbundeffekte einen wesentlichen Erfolgsbestandteil darstellen, wird deren Quantifizierung und Integration in die Geschäftsbereichsbeurteilung nachdrücklich empfohlen. Abbildung 119 stellt die Ergebnisse zusammenfassend dar:

336

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Bewertung Anforderung Kommentar ( + positiver Aspekt / - negativer Aspekt) A1 (Marktwert- + Der ermittelte Geschäftsbereichswert deckt sich mit der Betrachtungsperspektive des Investors orientierung) + Verwendung der aktuellen Marktzinsstruktur + Die erwarteten Cashflows werden explizit prognostiziert + Der Risikoabschlages wird zukunftsorientiert bestimmt A2 (Zukunfts- Die Korrelationskoeffizientenmatrix wird üblicherweise bezug) über einen Analogieschluss auf Basis vergangener Daten geschätzt A3 (Nachvollziehbarkeit)

+ + + +

A4 (Vergleichbarkeit)

+ Die Wertschaffung lässt sich auf der Basis der ermittelten Wertbeiträge vergleichen + einfache Umrechnung in relative Wertbeiträge möglich

A5 (Risikoerfassung)

+ + + -

Trennung von Erfolgs- und Risikokomponente transparente, nachvollziehbare Risikodefinition Verwendung der aktuellen Zinsstrukturkurve Offenlegung des Diversifikationseffektes

nachvollziehbare Risikodefinition ex-ante Risikoerfassung möglich Ableitung periodenspezifischer Risikoabschläge Bestimmung der Renditeforderungen auf Unternehmens ebene nach wie vor problematisch

+ Risikoverbundeffekt lässt sich quantifizieren A6 (Risikoverbundeffekte) + Integration des Risikoverbundeffektes in die Geschäftsbereichsbeurteilung möglich - zukunftsorientierte Bestimmung der Erfolgsgrößen + Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Periodengewinne A7 (Bewerzur Ableitung des VaR liegt üblicherweise bereits vor tungsaufwand) - Aufwendige Ermittlung der Korrelationskoeffizientenmatrix

Bedeutung des Erfüllungsgrads: ++ voll erfüllt / + größtenteils erfüllt / o größtenteils nicht erfüllt / -- nicht erfüllt

teilweise erfüllt

Abbildung 119: Erfüllungsgrad der Anforderungen

Grad der Erfüllung ++

+

++

++

+

++

o

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

337

II. Beurteilung des Bewertungsansatzes als Steuerungsgrundlage Die Überprüfung des Anforderungskatalogs zeigt, dass mithilfe des in dieser Arbeit vorgestellten Ansatzes zur Geschäftsbereichsbeurteilung die aufgestellten Kriterien größtenteils erfüllt werden (Abbildung 119). Als wesentliche Stärke des vorliegenden Ansatzes kann die differenzierte Risikoerfassung herausgestellt werden. Der Risikoabschlag, als Produkt aus dem VaR und den Renditeforderungen der Anteilseigner, stellt eine nachvollziehbare, objektive Risikodefinition dar. Das zur Deckung potentieller Verluste vorzuhaltende Haftungskapital eines Geschäftsbereichs fließt nicht nur in den Bewertungsansatz ein, sondern liefert ebenfalls der Unternehmensführung eine wichtige Information über das insgesamt aufzubauende Risikodeckungspotential des Unternehmens. Damit lässt sich eine enge Verzahnung zwischen Geschäftsbereichsbeurteilung und Steuerung der Kapitalstruktur erzielen. Bei den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen lässt sich zwischen dem Bewertungsansatz und dem erforderlichen Haftungskapital keine Beziehung herstellen. Ein weiterer Vorteil gegenüber den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen liegt in der differenzierten Berücksichtigung des Diversifikationseffektes zwischen den Geschäftsbereichen. Darüber hinaus ermöglicht die Verwendung der Sicherheitsäquivalentmethode eine strikte Trennung zwischen dem Zeit- und dem Risikoeffekt, der bei den Varianten des DCF-Verfahren in einem einheitlichen Kalkulationszinssatz vermischt wird. Durch die Integration der Marktzinsstruktur in die Beurteilung, lässt sich darüber hinaus ein hohes Maß an Objektivität bei der Bestimmung des risikolosen Zinssatzes erzielen. Eine pauschale Festlegung des risikolosen Zinssatzes durch den Analysten kann dadurch vermieden werden. Der Bewertungsansatz ermöglicht eine präzise Erfassung der Rendite-RisikoStruktur eines Geschäftsbereichs. Dies lässt sich jedoch nur durch einen gewissen Grad an Prognoseaufwand erzielen. Sowohl die Erfolgsgröße als auch die Risikogröße sind explizit zukunftsorientiert zu bestimmen, denn nur dann kann die Geschäftsbereichsbeurteilung eine hilfreiche Grundlage für Steuerungsentscheidungen bilden. Gegenüber den herkömmlichen wertorientierten Konzepten erhöht sich der Bewertungsaufwand insbesondere deshalb, weil die herkömmlichen Ansätze auf eine differenzierte Betrachtung des Portfolioeffekts verzichten. Die Anforderung 7 (Bewertungsaufwand) ist damit das einzige Kriterium, welches gegenüber den traditionellen wertorientierten Konzepten schlechter beurteilt wird. Der hier vorgestellte Bewertungsansatz wurde vor dem Hintergrund einer Geschäftsbereichsbeurteilung diskutiert. Selbstverständlich lässt sich das Bewer-

338

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

tungskonzept weiter auf die Projekt- bzw. Investitionsebene herunterbrechen. Entsprechend müssten hier projekt- bzw. investitionsspezifische erwartete Cashflows und Risikoabschläge hergeleitet werden. Die mit dem risikolosen Zinssatz diskontierten Sicherheitsäquivalente repräsentieren die mit einem Projekt bzw. einer Investition zu erwartende Wertschaffung. Die bereits geschilderte Problematik der aufwendigen Ermittlung der Korrelationskoeffizienten zwischen den Geschäftsbereichen verschärft sich auf Investitionsebene: Hier müssten genau genommen die Risikoverbundeffekte mit allen Investitionsprojekten des Unternehmens berücksichtigt werden. Für große Unternehmen stellt dies eine kaum zu bewältigende Aufgabe dar, so dass hier auf vereinfachte, pauschalere Lösungsansätze zurückgegriffen werden müsste. Das vorgestellte Bewertungskonzept unterstellt, dass ein Unternehmen die Möglichkeit besitzt, einem Geschäftsbereich Haftungskapital in der Höhe des aktuell gemessenen VaR zuzuweisen. Diese Art der Kapitalzuweisung wird auch als operative Kapitalallokation bezeichnet.785 Das aggregierte Haftungskapital aller Geschäftsbereiche abzüglich des Diversifikationseffektes muss letztlich dem Eigenkapital des Gesamtunternehmens entsprechen. Abbildung 120 verdeutlicht die Überlegungen: zu viel

GB D

korrekt

Diversifikation GB C

zu wenig

GB B GB A Eigenkapital des Unternehmens

VaR des Unternehmens

stand-alone VaR der Geschäftsbereiche

Abbildung 120: Abgleich von Risikokapital und Eigenkapital786

785 786

vgl. Gleißner/Lienhard, 2001, S.272 in Anlehnung an: Gleißner/Lienhard, 2001, S.276

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

339

Abbildung 120 zeigt schematisch die Reduktion der aggregierten stand-alone VaR durch die Berücksichtigung des Risikoverbundeffektes. Die Unternehmensführung sollte dafür sorgen, dass im Unternehmen Eigenkapital in exakt der Höhe des VaR des Gesamtunternehmens vorliegt. Der Unternehmensführung wird es schwer fallen, diese Gleichgewichtsbedingung genau einzuhalten. Insbesondere wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Risikosituation von Jahr zu Jahr schwankt. Das Haftungskapital muss nämlich jährlich durch eine Kapitalerhöhung bzw. -reduktion der Risikosituation angepasst werden. Die Problematik entschärft sich dadurch, dass sich auf Gesamtunternehmensebene ein gewisser Ausgleichseffekt einstellt, d.h. ein bestimmter Geschäftsbereich wird möglicherweise im Zeitverlauf ein zunehmendes Risiko aufweisen, während bei einem anderen Geschäftsbereich von einem abnehmenden Risikopotential auszugehen ist. Zunächst wird der Fall betrachtet, dass es der Unternehmensführung nicht gelingt, Haftungskapital in ausreichender Höhe zu akquirieren. In diesem Fall kann die Unternehmensführung Geschäftsaktivitäten oder auch ganze Geschäftsbereiche einstellen, bis wieder eine Absicherung potentieller Verluste in Höhe des definierten Konfidenzniveaus sichergestellt ist. Hierbei sollten zunächst die Unternehmensaktivitäten bzw. Geschäftsbereiche aufgegeben werden, die einen negativen Wertbeitrag erwarten lassen. Müssen darüber hinaus auch Aktivitäten eingestellt werden, die eine positive Wertgenerierung aufweisen, so sollte generell ein Zugriff auf die Aktivitäten erfolgen, die den geringsten Wertbeitrag pro eingesetzter Einheit Haftungskapital versprechen. Alternativ ließe sich auch prüfen, ob Instrumente des Risikotransfers zum Einsatz kommen sollten.787 So lässt sich beispielsweise das Risikopotential durch den Abschluss von Versicherungsverträgen (z.B. Haftpflichtversicherungen, Versicherungen der Produktionsanlagen) reduzieren.788 Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass zum einen nicht alle Risiken versichert werden können und zum anderen die Versicherungsunternehmen eine Prämie für die übernommenen Risiken verlangen. Diese Versicherungsprämien stellen für die Unternehmen einen Aufwand dar und belasten somit die Ertragslage.789 Alternativ zur Risikoreduktion kann die Unternehmensführung natürlich auch das höhere Insolvenzrisiko akzeptieren. Dies hat jedoch zur Konsequenz, dass die potentiellen Verluste der Geschäftsbereiche nicht mehr bis zu dem von der Unternehmensführung vorgegebenen Konfidenzniveau (z.B. 99%) abgesichert wer787

einen Überblick über die Instrumente des Risikotransfers: vgl. Hölscher, 2002, S.16ff vgl. Hölscher, 1999b, S.428ff 789 vgl. Gleißner/Lienhard, 2001, S.273 788

340

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

den können. Auf die Geschäftsbereichsbeurteilung übertragen bedeutet dies zunächst einmal, dass der Risikoabschlag sinkt, denn dem Geschäftsbereich wird nun eine geringere Menge an Haftungskapital zugewiesen. Durch das gestiegene Insolvenzrisiko lässt sich jedoch die Differenz aus erwartetem Cashflow und Risikoabschlag nur noch schwer als Sicherheitsäquivalent interpretieren. Folglich dürfen die „Sicherheitsäquivalente“ auch nicht mehr mit dem risikolosen Zinssatz diskontiert werden, sondern es fließt in den Diskontierungszinssatz ein möglicherweise signifikanter Bonitätszuschlag ein. Im Rahmen des Kreditrisikomanagements ist es üblich, den Restausfallwahrscheinlichkeiten bestimmte Ratingklassen zuzuordnen.790 In Abbildung 121 wird beispielsweise einem Kredit mit einer Restausfallwahrscheinlichkeit von 0,01% die Ratingsstufe AAA zugewiesen. Je höher das Restausfallrisiko ist, umso schlechter wird die Bonitätseinstufung: Restausfallrisiko

99,9%

99,7%

98,9%

97%

...

Bonitätseinstufung

AAA

AA

A

BBB

...

Abbildung 121: Beispielhafter Zusammenhang zwischen Restausfallrisiko und Rating-Klasse

Ähnliche Überlegungen ließen sich auch für eine Geschäftsbereichsbeurteilung anstellen. Mithilfe der ermittelten Bonitätseinstufung könnte dann in einem nächsten Schritt die Höhe der Diskontierungszinssätze festgelegt werden. Problematisch könnte sich in der praktischen Anwendung allerdings die Ermittlung periodenspezifischer, bonitätsabhängiger Zinssätze gestalten. Ebenso ist der Fall denkbar, dass ein Unternehmen im Vergleich zum Risikokapital zuviel Eigenkapital besitzt. Der Abbau von überschüssigem Eigenkapital ist problemlos möglich. Instrument hierzu sind etwa hohe Dividendenausschüttungen, Sonderzahlungen oder der Aktienrückkauf.791 Teilweise ist es jedoch gar nicht im Interesse der Unternehmensführung, das Eigenkapital auf das erforderliche Haftungskapital herunterzufahren. Beispielsweise ist denkbar, dass in der Zukunft ein höheres Risikopotential erwartet wird. Eine Reduktion von Eigenkapital und eine sich unmittelbar daran anschließende Kapitalerhöhung ist möglicherweise ökonomisch nicht sinnvoll. Darüber hinaus wird von Unternehmen häufig auch bewusst mehr Eigenkapital vorgehalten, als dies das Risikopotential im Unternehmen erfordert. Dieses zusätzliche Eigenkapital dient als „strategische

790 791

vgl. Ohler/Unser, 2001, S.345 vgl. Teichmann, 2000, S.325

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

341

Reserve“ und lässt sich beispielsweise zur Absicherung zusätzlicher Risiken bei Akquisitionen einsetzen.792 Die Frage stellt sich natürlich, wie dieses zusätzliche Eigenkapital, welches verzinst werden muss, in der Geschäftsbereichsbeurteilung integriert werden soll. Zwei Ansätze lassen sich hierbei unterscheiden. Zum einen lässt sich der Standpunkt vertreten, dass die Geschäftsbereiche diese zusätzlichen Renditeforderungen des überschüssigen Eigenkapitals miterwirtschaften müssen. In diesem Fall gilt es das zusätzliche Eigenkapital mithilfe eines geeigneten Schlüssels auf die Geschäftsbereiche zu verteilen. Der Risikoabschlag erhöht sich damit, was letztlich einer Reduktion des Geschäftsbereichswertes gleichkommt. Auf der anderen Seite lässt sich auch das Argument vertreten, dass ein Geschäftsbereich für den Erfolg bzw. Misserfolg möglichst voll verantwortlich sein sollte. Wird einem Geschäftsbereich zusätzliches Eigenkapital aus der „strategischen Reserve“ zugewiesen, so fließt eine Komponente in die Geschäftsbereichsbeurteilung ein, auf die der Geschäftsbereich keinen Einfluss hat. Vor diesem Hintergrund ist es auch denkbar, den Verzinsungsanspruch des überschüssigen Eigenkapitals von der Geschäftsbereichsbeurteilung vollständig zu trennen und separat zu erfassen. Der Wert eines Geschäftsbereichs bliebe dann von der Höhe des zusätzlichen Eigenkapitals vollständig unbeeinflusst. Bei der Ermittlung des Gesamtunternehmenswertes ist das Eigenkapital aus der „strategischen Reserve“ jedoch zwingend zu erfassen. Neben der operativen Kapitalallokation, also der Frage, wie viel Haftungskapital einem Geschäftsbereich aktuell zur Risikodeckung zugeordnet werden muss, ist für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens ebenfalls die strategische Kapitalallokation von zentraler Bedeutung. Die strategische Kapitalallokation stellt die Frage, in welchen Geschäftsfeldern der Einsatz von Haftungskapital langfristig überhaupt Sinn macht. Erste Anhaltspunkte über die Wahl der richtigen Tätigkeitsfelder lassen sich mithilfe des so genannten Portfolio-Diagramms erhalten. In dieses Portfolio-Diagramm werden die einzelnen Geschäftsbereiche nach den Kriterien Attraktivität (exogener Faktor) und Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen (endogener Faktor) eingetragen (Abbildung 122):793

792 793

vgl. Gleißner/Lienhard, 2001, S.276 vgl. Gleißner/Lienhard, 2001, S.272

342

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Attraktivität

gut

2

3

durchschnittlich

gering

1

gering

durchschnittlich

gut

Wettbewerbsvorteil Abbildung 122: Portfolio-Diagramm794

In obiges Portfolio-Diagramm sind beispielhaft die drei Geschäftsbereiche 1, 2 und 3 eingetragen. Über die eingezeichnete Fläche lässt sich darüber hinaus die Größe des Geschäftsbereichs verdeutlichen. Geschäftsbereich 1 befindet sich in einer äußerst unvorteilhaften Lage, da dieser Geschäftsbereich in einer Branche mit geringer Attraktivität (z.B. geringeren Wachstumschancen) liegt und das Unternehmen darüber hinaus in dieser Branche eine schlechte Positionierung besitzt. Geschäftsbereiche 2 und 3 liegen hingegen in äußerst attraktiven Tätigkeitsfeldern, allerdings hat das Unternehmen nur bei Geschäftsbereich 3 eine gute Wettbewerbsposition. Während also Geschäftsbereich 3 äußerst vorteilhaft erscheint, gilt es genau zu überprüfen, inwiefern sich ein Engagement in Geschäftsbereich 2 lohnt. Ein Portfolio-Diagramm kann jedoch nur eine grobe Einschätzung bezüglich der Vorteilhaftigkeit eines Geschäftsbereichs liefern. Letztlich muss konkret der 794

in Anlehnung an: Gleißner/Lienhard, 2001, S.272

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

343

erwartete Wertbeitrag des Geschäftsbereichs quantifiziert werden. Mithilfe des in dieser Arbeit hergeleiteten Bewertungsansatzes lässt sich der Wertbeitrag von bestehenden bzw. geplanten Geschäftsbereichen ermitteln. Basierend auf den erwarteten Wertbeiträgen sind entsprechende Steuerungsmaßnahmen einzuleiten. So sollte eine Investition in einen neuen Geschäftbereich grundsätzlich nur dann durchgeführt werden, wenn dieser Geschäftsbereich eine Wertgenerierung erwarten lässt. Bereits bestehende Geschäftsbereiche, die eine Wertschaffung signalisieren, sollten konsequent dahingehend überprüft werden, ob ein Ausbau der Geschäftstätigkeit in diesem Bereich möglich ist. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass der Einsatz einer Einheit zusätzlichen Haftungskapitals möglicherweise eine geringere Verzinsung erbringt. So ist beispielsweise der Fall denkbar, dass eine Absatzerhöhung der Produkte eines Geschäftsbereichs nur mithilfe aufwendiger, teuerer Marketingkampagnen zu erzielen ist. Diese Aufwendungen reduzieren die Erfolgsgröße und damit zwangsweise auch den Wertbeitrag des Geschäftsbereichs. Das Ziel der strategischen Kapitalallokation ist es, letztlich ein Geschäftsbereichsportfolio zusammenzustellen, welches den Wert für die Anteilseigner maximiert, d.h. es gilt das Haftungskapital so in den Geschäftsbereichen einzusetzen, dass hieraus ein größtmöglicher Wertbeitrag erzielt wird. Grundsätzlich sollte der Geschäftsbereich, der das Eigenkapital am effizientesten verzinst, ausreichend mit Haftungskapital versorgt werden. Dieser Geschäftsbereich lässt sich mithilfe des in dieser Arbeit vorgestellten Bewertungsansatzes identifizieren. In einem nächsten Schritt sollte der Geschäftsbereich mit der zweiteffizientesten Kapitalverzinsung als nächstes mit Haftungskapital bedient werden, usw. Dieser Prozess wird fortgesetzt, bis das zur Verfügung stehende Haftungskapital vollständig auf die Geschäftsbereiche allokiert ist.795 Problematisch an dieser Art der Kapitalzuweisung ist die Tatsache, dass eigentlich erst dann bekannt ist, wie viel Haftungskapital ein Geschäftsbereich benötigt, wenn das gesamte (optimale) Geschäftsbereichsportfolio festliegt. Denn nur wenn alle Geschäftsbereiche des Portfolios bekannt sind, kann auch der Diversifikationseffekt korrekt erfasst werden. Darüber hinaus gilt es, eine Reihe von Nebenbedingungen zu berücksichtigen. So ist beispielsweise die jederzeitige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Darüber hinaus können beispielsweise technische oder vertragliche (z.B. langjährige Lieferantenverträge) Restriktionen vorliegen. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass für die Geschäftsbereiche in der Regel keine beliebige Teilbarkeit unterstellt werden kann.

795

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.545

344

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

Insgesamt ergibt sich folglich ein sehr komplexes Optimierungsproblem. In der Literatur werden hierzu verschiedene Lösungsansätze vorgestellt: So werden beispielsweise Sukzessivansätze diskutiert oder es werden modellanalytische Ansätze auf der Grundlage der linearen Planungstechnik vorgestellt.796 In der Zukunft werden in diesem Bereich sicherlich weitere Ansätze entwickelt werden.

III. Weiterer Forschungsbedarf Ein nach wie vor nicht zufriedenstellend gelöstes Problem der wertorientierten Unternehmensführung liegt in der Bestimmung der Renditeforderungen der Anteilseigner. Dies zeigt sich daran, dass jüngst mit den ex-ante-Ansätzen neue Konzepte zur Ableitung von Eigenkapitalkosten diskutiert werden. Jüngere empirische Untersuchungen lassen zunehmend Zweifel an der Gültigkeit der mittlerweile etablierten kapitalmarkttheoretischen Modelle, insbesondere dem Capital Asset Pricing Model, aufkommen. So stellt beispielsweise Ballwieser fest: „Die Bestimmung der Eigenkapitalkosten harrt noch einer Lösung.“797 Es ist davon auszugehen, dass in der Zukunft weitere Forschungsaktivitäten zur Ableitung der Eigenkapitalkosten folgen werden. Bei der Berechnung des Gesamtunternehmens-VaR unter Berücksichtigung des Diversifikationseffektes wird von normalverteilten Periodengewinnen ausgegangen. Für diesen Fall kann mithilfe der Linearkombinationsregel aus den standalone-VaR und der Korrelationskoeffizientenmatrix verhältnismäßig einfach der Gesamtunternehmens-VaR berechnet werden. Liegen jedoch keine normalverteilten Renditen vor, so müssen deutlich aufwendigere Lösungen zum Einsatz kommen. Der Lösungsansatz einer Monte-Carlo-Simulation, bei der die Abhängigkeitsstrukturen zwischen den Geschäftsbereichen über die simulierten Zufallszahlen Berücksichtigung finden, wurde bereits erläutert. Die Entwicklung eines derartigen Modells stellt den Ausgangspunkt weiterer Forschungsaktivitäten dar. Im Verlauf der Arbeit wurde bereits die Illiquidität als weiterer zentraler Insolvenztatbestand herausgestellt. Nähere Untersuchungen müssten unternommen werden, um die Auswirkungen einer potentiellen Zahlungsunfähigkeit auf die Geschäftsbereichsbewertung und die Geschäftsbereichssteuerung zu erfassen. Wie bereits erläutert, ist die Quantifizierung der potentiellen Illiquidität nicht ohne Probleme. Ansätze könnten in die Richtung gehen, dass aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zukünftigen Cashflows ein VaR, auch als Liquidity

796 797

vgl. Schierenbeck, 2003c, S.550ff Ballwieser, 2005, S.316

3. Teil: Integrierte Rendite-/Risikosteuerung von Geschäftsbereichen auf der Basis des VaR

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at Risk bezeichnet, abgeleitet wird und dieser mit den Zahlungsmittelbeständen im Unternehmen abgeglichen wird.798 Der vorgestellte Ansatz zur Geschäftsbereichsbeurteilung stellt ein reines Bewertungskonzept dar. Um dieses im Unternehmen zu etablieren, muss eine Verknüpfung mit weiteren Anwendungsfeldern im Unternehmen hergestellt werden. So gilt es etwa, das Anreiz- und Entlohnungssystem für Führungskräfte an den Bewertungsansatz zu koppeln. Erst wenn die Führungskräfte an der Wertsteigerung finanziell beteiligt werden, lassen sich diese zur Durchführung wertschaffender Tätigkeiten motivieren. Darüber hinaus gilt es, die interne Berichterstattung sowie die Publizität in Einklang mit dem Bewertungsansatz zu bringen. Unter der internen Berichterstattung wird die Erstellung und Übermittlung von Informationen an Entscheidungsträger verstanden. Sollen Führungskräfte Entscheidungen im Sinne der Wertorientierung treffen, dann hängt dies ganz wesentlich von dem Inhalt und der Qualität der zur Verfügung stehenden Daten ab.799 Die Versorgung der Entscheidungsträger mit wertorientierten Informationen stellt damit einen wesentlichen Erfolgsfaktor einer wertorientierten Unternehmensführung dar. Unter der Publizität wird die externe Kommunikation mit dem Kapitalmarkt verstanden. Eine gute Kommunikation der Unternehmen zum Kapitalmarkt ist heute unabdingbar. Eine wertorientierte Publizität stellt eine Versorgung der (potentiellen) Anteilseigner mit wichtigen Informationen zur Entwicklung des Unternehmenswertes sicher. Wie konkret die Verknüpfung der Anwendungsfelder mit dem Bewertungskonzept aussieht, müssten weitere Untersuchungen klären. Für einen Bewertungsansatz wäre es ebenfalls wünschenswert, wenn mögliche Handlungsflexibilitäten des Managements angemessen in die Geschäftsbereichsbeurteilung integriert werden könnten. Bei dem vorliegenden Ansatz lassen sich Handlungsflexibilitäten lediglich ansatzweise über die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter erfassen. Eine exakte Quantifizierung von Handlungsflexibilität lässt sich jedoch letztlich nur durch die Verwendung von Optionspreistheorien erzielen. Die Bewertung realwirtschaftlicher Handlungsflexibilitäten wird gegenwärtig intensiv unter dem Begriff der Realoptionen diskutiert.800 Weitere Untersuchungen könnten in die Richtung gehen, Realoptionen zu quantifizieren und in den Bewertungsansatz zu integrieren.

798

vgl. Bonn, 2006, S.129ff; Kremers, 2002, S.256ff vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch, 2004, S.241 800 vgl. Peemöller/Beckmann, 2005, S.797ff 799

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Zusammenfassung Das mit der vorliegenden Arbeit verbundene Ziel war es, einen für Steuerungsentscheidungen geeigneten Bewertungsansatz für Geschäftsbereiche zu entwickeln. Die Untersuchungen konzentrierten sich hierbei auf die in Theorie und Praxis weit verbreiteten wertorientierten Kennzahlenkonzepte. Ein wesentlicher Schwachpunkt der wertorientierten Konzepte stellt die geschäftsbereichsspezifische Risikoerfassung dar. In der vorliegenden Arbeit wurde mit dem VaR ein im Bankbereich weit verbreiteter Ansatz zur Risikoquantifizierung in das Bewertungskalkül integriert. Die Auseinandersetzung mit einer geeigneten Geschäftsbereichsbeurteilung erfordert zunächst einmal, dass ein gemeinsames Verständnis darüber herrscht, was unter einem Geschäftsbereich zu verstehen ist. Als wesentliche Eigenschaft eines Geschäftsbereichs wurde herausgestellt, dass es sich hierbei um einen weitgehend autonom entscheidenden Teilbereich eines Unternehmens handelt, der eine eigene Erfolgsverantwortlichkeit und ebenfalls eine eigene Erfolgsrechnung aufweist. Die Organisation der Unternehmung nach kleinen, flexiblen Teileinheiten erleichtert der Unternehmensführung die Steuerung des Geschäftsbereichsportfolios. Eine Geschäftsbereichsbeurteilung erfordert ebenfalls, dass Einigkeit über die zentrale unternehmerische Zielsetzung herrscht. Mittlerweile hat sich die Maximierung der Eigentümerrendite als die wichtigste unternehmerische Zielsetzung durchgesetzt. Vor diesem Hintergrund wurde ein Anforderungskatalog an eine Geschäftsbereichsbeurteilung aufgestellt, der die Kriterien Marktwertorientierung, Zukunftsbezug, Nachvollziehbarkeit, Vergleichbarkeit, Risikoerfassung und Umsetzbarkeit enthält. Anhand dieser Kriterien wurden die traditionellen, einperiodigen Erfolgskennzahlen des Rechnungswesens beurteilt. Die zentralen Kritikpunkte an den traditionellen Kenngrößen des Rechnungswesens sind einerseits die mangelnde Risikoerfassung und andererseits die Orientierung am Erfolg lediglich einer Periode. Während die Kennzahlen des Rechnungswesens nach wie vor eine bedeutende Rolle für ein Unternehmen spielen (z.B. hinsichtlich des Insolvenztatbestands der Überschuldung), sind sie als die zentralen Steuerungsgrößen für Geschäftsbereiche nicht geeignet. Vor diesem Hintergrund wurden mit der Kapitalwertmethode und der Marktzinsmethode zwei Barwertansätze diskutiert, bei denen zukünftige Zahlungsgrößen mit einem Zinssatz auf den Zeitpunkt t=0 diskontiert werden. Während die Kapitalwertmethode einen einheitlichen Kalkulationszinssatz über die komplette Laufzeit unterstellt, fließt bei der Marktzinsmethode das aktuelle Marktzinsgefüge in die Bewertung ein.

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Zusammenfassung

Neben der Rendite wurde das Risiko als weitere zentrale Determinante einer Geschäftsbereichsbeurteilung herausgestellt. Der zweite Abschnitt des ersten Teils widmete sich ausschließlich der Bedeutung des Risikomanagements und den Ansätzen zur Risikoquantifizierung. Zunächst wurden mit der Standardabweichung, der Varianz sowie der Kovarianz die traditionellen Verfahren zur Risikoquantifizierung betrachtet. Die traditionellen Verfahren sind insbesondere hinsichtlich zwei Aspekten problematisch: Zum einen handelt es sich bei der Standardabweichung und der Varianz um Risikomaße, die sowohl Abweichungen vom Erwartungswert in positiver und negativer Richtung erfassen. Dies widerspricht dem intuitiven Risikoverständnis und der in der Betriebswirtschaftslehre weit verbreiteten Auffassung des Risikobegriffs, der lediglich negative Zielabweichungen berücksichtigt. Zum anderen liefern diese Risikomaße nur bei symmetrischen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Zielgröße eine verlässliche Risikoinformation. Mit dem VaR wurde eine weitere, im Bankbereich weit verbreitete Risikokennzahl vorgestellt. Der VaR entspricht dem maximal erwarteten Verlust einer Position, der unter üblichen Marktbedingungen innerhalb einer festgelegten Periode mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Bei dem VaR handelt es sich um eine monetäre Risikokenngröße, die lediglich die negative Zielabweichung berücksichtigt. Der letzte Abschnitt des ersten Teils lieferte eine Übersicht über gegenwärtige Ansätze zur gemeinsamen Rendite-/Risikoerfassung. Von Bedeutung sind hierbei die im Bankbereich weit verbreiteten risikoadjustierten Performance-Kennziffern: Der Return on Risk Adjusted Capital (RORAC) ist definiert als die Relation aus dem Periodenergebnis und dem VaR. Wird darüber hinaus die Nennergröße um die Risikokosten bereinigt, so resultiert hieraus der Risk Adjusted Return on Capital (RAROC). Die risikoadjustierten Performance-Kennziffern sind grundsätzlich periodenorientiert definiert. Eine Übertragung auf die Beurteilung von Geschäftsbereichen des industriellen Sektors erfordert zwangsweise die Umwandlung in einen Barwertansatz. Die Untersuchungen zeigten, dass insbesondere die Bestimmung der Risikokosten im Rahmen eines Barwertansatzes problematisch ist. Bei den entscheidungsorientierten Ansätzen fließt in die Geschäftsbereichsbeurteilung die subjektive Risikopräferenzfunktion des Entscheidungsträgers ein. Hierbei musste jedoch festgestellt werden, dass eine allgemeingültige Risikopräferenzfunktion in dem komplexen Gebilde „Unternehmen“ nicht aufgestellt werden kann. Schließlich wurde mit den kapitalmarktorientierten Eigenkapitalkostenkonzepten ein weiterer Ansatz zur integrierten Rendite/Risikoerfassung vorgestellt. Bei diesen Ansätzen wird versucht, die Renditeforderung an einen Geschäftsbereich über Kapitalmarktdaten abzuleiten. Ein Ge-

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schäftsbereich ist nach diesen Ansätzen als vorteilhaft zu beurteilen, wenn die erwartete Rendite die Renditeforderung übersteigt. Der zweite Hauptteil analysierte die wertorientierten Kennzahlenkonzepte hinsichtlich ihrer Eignung zur Geschäftsbereichsbeurteilung. Mit dem Economic Value Added-, dem Cash Value Added- und dem Earning less riskfree Interest Charge-Konzept wurden in der Arbeit drei wertorientierte Kennzahlenkonzepte detaillierter vorgestellt. Die Analyse dieser Ansätze ergab, dass die Konzepte einen ähnlichen Wertbeitrag für einen Geschäftsbereich ableiten. Grundlage aller Ansätze ist das Discounted Cashflow Verfahren, ein Ansatz, der die erwarteten Cashflows mit einem aus den Eigen- und Fremdkapitalkosten gewichteten Kapitalkostensatz diskontiert. Die Risikoerfassung findet bei diesem Ansatz maßgeblich über die Höhe des Eigenkapitalkostensatzes statt, wobei dieser üblicherweise über das CAPM abgeleitet wird. Das CAPM und dessen Eignung zur Erfassung des Geschäftsbereichsrisikos wurde ausführlich im zweiten Abschnitt des Mittelteils untersucht. Hierbei wurde der umfangreiche Prämissenkatalog des CAPM dargestellt, innerhalb dessen die zentralen Aussagen des Modells nicht angreifbar sind. Problematisch ist jedoch, dass sich diese vielen Prämissen in der Realität nicht aufrechterhalten lassen. Gerade jüngere empirische Untersuchungen zeigen, dass das CAPM nicht in der Lage ist, das tatsächliche Geschehen am Kapitalmarkt zu erklären. Neben diesen allgemeinen Problemen kommen im Fall der Geschäftsbereichsbeurteilung noch eine Reihe weiterer Schwierigkeiten hinzu: Zur Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes eines Geschäftsbereichs muss der geschäftsbereichsspezifische BetaFaktor bekannt sein. Der Beta-Faktor eines Unternehmens wird üblicherweise aus den in der Vergangenheit beobachteten Renditen mithilfe eines Regressionsansatzes ermittelt. Da sich die Renditen von Geschäftsbereichen nicht beobachten lassen, muss auf pauschale Hilfsansätze (z.B. Analogieverfahren) zurückgegriffen werden, die lediglich Näherungslösungen darstellen. Ein weiteres Problem des CAPM ist, dass dieses Modell nur das systematische, d.h. das nicht differenzierbare Risiko erfasst. Da nur wenige Unternehmen ein breit diversifiziertes Geschäftsbereichsportfolio besitzen, spielt das diversifizierbare Risiko sehr wohl eine wichtige Rolle für ein Unternehmen. Es konnte festgehalten werden, dass das CAPM nicht zur Risikoerfassung eines Geschäftsbereichs geeignet ist. Im letzten Abschnitt des zweiten Teils wurden, basierend auf den Schwächen der wertorientierten Kennzahlen-Konzepte, einige Weiterentwicklungsansätze vorgestellt. Der alternative Ansatz zur Geschäftsbereichsbeurteilung basiert auf der Sicherheitsäquivalentmethode, d.h. das Risiko wird über periodische Risikoabschläge erfasst. Der Definition des Risikoabschlags liegt das VaR-Konzept zugrunde: Einem Geschäftsbereich wird ein Haftungskapital in Höhe des maxi-

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mal erwarteten Verlustbetrages zugewiesen. Die Verzinsung dieses Haftungskapitals hat der Geschäftsbereich über die zukünftigen Cashflows sicherzustellen. Erst wenn ein über diesen Verzinsungsanspruch hinausgehender Ertrag erzielt wird, schafft der betrachtete Geschäftsbereich einen Wertbeitrag. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in der klar definierten, für jeden nachvollziehbaren Risikodefinition. Durch die Ableitung des Risikoabschlags aus den zukünftigen Periodenergebnissen liegt der Risikomessung eine explizite ex-ante-Perspektive zugrunde. Darüber hinaus wird in dem Bewertungsansatz das aktuelle am Markt vorliegende Zinsgefüge berücksichtigt. Im letzten Teil der Arbeit stand die Frage im Vordergrund, inwiefern die zuvor diskutierten Weiterentwicklungsansätze dazu in der Lage sind, eine geeignete Geschäftsbereichsbeurteilung zu gewährleisten. Die theoretischen Ausführungen wurden anhand eines Beispielunternehmens veranschaulicht, welches sich durch den kompletten dritten Teil zieht. Bei der Wertermittlung eines Geschäftsbereichs gestaltet sich insbesondere die Ermittlung der periodischen Risikoabschläge als aufwendig: Basierend auf den Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter wird mithilfe einer Monte-Carlo-Simulation die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Periodengewinns abgeleitet. Aus der Liste der simulierten Periodengewinne lässt sich der VaR dann verhältnismäßig einfach ablesen. Zur Ermittlung der Risikoabschläge werden zusätzlich noch die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber an das Gesamtunternehmen benötigt. Hierzu wurden mit den BestPractice-Ansätzen, dem CAPM und den ex-ante-Ansätzen drei unterschiedliche Konzepte einander gegenüber gestellt. Der zentrale Vorteil der ex-ante-Ansätze ist, dass diese streng zukunftsorientiert ausgerichtet sind. Mithilfe der erwarteten Cashflows und den periodischen Risikoabschlägen kann der Wertbeitrag eines Geschäftsbereichs abgeleitet werden. Problematisch ist jedoch, dass bei einer stand-alone-Betrachtung die Wechselwirkungen mit anderen Geschäftsbereichen keine Berücksichtigung finden. Folglich wurde im nächsten Schritt die Wertermittlung unter Berücksichtigung von Risikodiversifikationseffekten untersucht. Hierbei wurde auf die Korrelationskoeffizientenmatrix zurückgegriffen, welche die paarweisen Korrelationen zwischen den Geschäftsbereichen enthält. Die Berücksichtigung der Risikodiversifikationseffekte hat zur Folge, dass sich die Risikoabschläge vermindern und in der Folge die Wertbeiträge der Geschäftsbereiche erhöhen. In der Arbeit wurden mit dem adjustierten und dem marginalen VaR zwei alternative Ansätze vorgestellt, welche den Diversifikationseffekt bei der Ermittlung der Risikoabschläge berücksichtigen. Insbesondere der marginale VaR erscheint aufgrund seines Grenzcharakters besonders gut zur Risikoerfassung geeignet zu sein.

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Schließlich wurde der alternative Ansatz zur Ermittlung des Wertbeitrages eines Geschäftsbereichs kritisch gewürdigt. Ein Abgleich mit dem Anforderungskatalog zeigt, dass die Anforderungen in wesentlichen Punkten erfüllt werden. Insbesondere bei der Risikoerfassung, die eine differenzierte Berücksichtigung der Risikoverbundeffekte ermöglicht, lässt sich ein wesentlicher Informationsgewinn gegenüber den herkömmlichen wertorientierten Ansätzen erzielen. Auch hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit, die zum einen durch die objektive, transparente Risikodefinition und zum anderen durch die Integration der Marktzinsstruktur erzielt wird, zeigt sich der vorgestellte Ansatz als überlegenes Konzept. Sicherlich ist der höhere Bewertungsaufwand kritisch anzumerken, der sich einerseits durch die Aufstellung der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Inputparameter und andererseits durch die Schätzung der Korrelationen ergibt. Vor dem Hintergrund des zusätzlichen Informationsgewinns ist dieser zusätzliche Aufwand jedoch allemal lohnenswert.

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Schriftenreihe Finanzmanagement Band

1:

Band

2:

Band

3:

Band

4:

Band

5:

Band

6:

Band

7:

Band 8: Band 9: Band 10: Band 11:

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