Werke mit deutscher Übersetzung: Band 11 Die Homilien zum Buch Jeremia 9783110286144, 9783110286052

With the exception of one other homily, Origen’s Homilies on the Book of Jeremiah are his only sermons that have been ha

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Werke mit deutscher Übersetzung: Band 11 Die Homilien zum Buch Jeremia
 9783110286144, 9783110286052

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
I. Die Sonderstellung Der Jeremiahomilien Des Origenes
Ii. Der Text Der Jeremiahomilien
1. Die Abfassungszeit
2. Anzahl Und Erhaltungszustand
3. Fragmente In Den Katenen
4. Die Lateinische Übersetzung Des Hieronymus
5. Die Neuzeitliche Entdeckung Und Edition Der Griechischen Jeremiahomilien
III. Der Inhalt Der Jeremiahomilien
1. Christentum Und Judentum In Caesarea
2. Origenes Und Jeremia: Prophetengeschick Und Predigerschicksal
3. Aspekte Menschlicher Freiheit
4. Gottes Soteriologische Täuschungen
Die Homilien Des Origenes Zum Buch Jeremia

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Origenes Werke mit deutscher Übersetzung 11

Origenes Werke mit deutscher Übersetzung Im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Forschungsstelle Origenes der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster herausgegeben von Alfons Fürst und Christoph Markschies

Band 11

De Gruyter

Origenes Die Homilien zum Buch Jeremia Eingeleitet und übersetzt von Alfons Fürst und Horacio E. Lona

De Gruyter

ISBN 978-3-11-028605-2 e-ISBN 978-3-11-028614-4 Library of Congress Control Number: 2018949273 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Einbandgestaltung: Martin Zech, Bremen Satz: Markus Schmitz, Büro für typographische Dienstleistungen, Altenberge © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort Dieser Band in der Reihe der Werke des Origenes mit deutscher Überset­ zung, der die erhaltenen griechischen und lateinischen Jeremiahomilien des Origenes sowie die selbstständigen griechischen Fragmente aus der Philokalie und den Katenen enthält, hat eine so lange Entstehungsgeschichte, dass ich deren Stationen nicht unerwähnt lassen möchte. In der ihm eigenen zügigen Arbeitsweise hat Horacio Lona in den Jahren 2007 und 2008 eine Rohübersetzung der Homilien erstellt, die er alsbald um die Fragmente komplettierte. In dieser Anfangsphase habe ich als Vorbereitung auf die Beschäftigung mit diesem origeneischen Corpus auch schon den ersten Teil der Einleitung über den textlichen Zustand der Jeremiahomilien und deren Überlieferung geschrieben (Kap. I und II). Noch in der Zeit meines Dekanats an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, die mir ansonsten wenig Freiraum für wissenschaftliches Arbeiten ließ, vermochte ich in den Jahren 2009 und 2010 die Übersetzung der ersten fünf Homilien zu bearbeiten und zu kommentieren. Diese Arbeit konnte ich während eines anschließenden einjährigen Fellowships am Department of Classics der Princeton University zügiger fortsetzen. Bis August 2011 war so die Übersetzung der Homilien 1–12 überarbeitet und um die Kommentierung in den Fußnoten ergänzt. Nach einer ersten Unterbrechung gelangte diese Arbeit während eines mehrwöchigen Aufenthalts als Visiting Fellow an der Graduate Theological Union in Berkeley im März 2012 bis zur 15. Homilie. Der Plan, den Band danach zügig zu vollenden, wurde in den Folgejahren allerdings durch immer wieder andere Verpflichtungen und die Fertigstellung einer Reihe von anderen Büchern vereitelt. Erst im Herbst 2016 vermochte ich, nachdem ich die Fragmente schon im Juli 2016 durchgegangen war, die Arbeit daran wieder konzentriert aufzunehmen und die Homilien 16–20 und die beiden nur lateinisch erhaltenen Predigten in der genannten Weise zu bearbeiten. Das Enddatum dieser Bearbeitung, den 24.11.2016 für die griechischen und den 08.12.2016 für die beiden lateinischen Homilien, habe ich mir voller Erleichterung in die beiden Bände meiner Origenesausgabe notiert. Ein zweiter Durchgang durch alle Texte und die Endrevision erfolgten nach erneuter Unterbrechung schließlich während eines einjährigen Forschungsaufenthalts am Israel Institute for Advanced Studies an der Hebrew University in Jerusalem von September 2017 an. In dieser Zeit, die von der Arbeit in der Forschergruppe über Konzepte von Individualität und Subjektivität in der Antike und damit zusammenhängenden vielfachen Aktivitäten

VI

Vorwort

reichlich gefüllt war, entstand auch der zweite Teil der Einleitung über den Inhalt der Jeremiahomilien (Kap. III), so dass um Ostern 2018 endlich alles in Satz und Druck gegeben werden konnte. Den Kolleginnen und Kollegen in Jerusalem, insbesondere Maren R. Niehoff, bin ich für die i­nspirierende und freundschaftliche Atmosphäre in dieser Zeit aufrichtig verbunden. Auch an die früheren Entstehungsorte, besonders in Princeton und Berkeley, und die dortigen Kontakte denke ich dankbar und gerne zurück. Dank sage ich den Studentischen Hilfskräften am Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Lisa Rüschenschmidt, Paul Schroeter und jüngst Nora Enderlein, für die Erstellung der Stellenregister und die Mitarbeit beim Sach- und Namenregister, vor allem aber meiner Wissenschaftlichen Mitarbeiterin an der Forschungsstelle Origenes, Anne Achternkamp, für ihre höchst engagierte und zuverlässige Zuarbeit unterschiedlichster Art. Der größte Dank gebührt allerdings Horacio Lona für seine nicht endende Geduld, mit der er die Fertigstellung dieses Bandes abgewartet hat. Jerusalem, Ostern 2018

Alfons Fürst

Inhalt Einleitung I. Die Sonderstellung der Jeremiahomilien des Origenes . . . . . . . . . 3 II. Der Text der Jeremiahomilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Abfassungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anzahl und Erhaltungszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fragmente in den Katenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die lateinische Übersetzung des Hieronymus . . . . . . . . . . . . . . 5. Die neuzeitliche Entdeckung und Edition der griechischen Jeremiahomilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Der Inhalt der Jeremiahomilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Christentum und Judentum in Caesarea . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Der Antijudaismus des Origenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Juden und Christen in Caesarea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 c) Origenes und die jüdische Bibelauslegung . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Origenes und Jeremia: Prophetengeschick und Predigerschicksal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Aspekte menschlicher Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Kompatibilistischer Libertarismus: Selbstbestimmung des Menschen und Vorsehungshandeln Gottes . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Universales Gelingen oder ewiges Scheitern der Freiheit? . . . 74 c) Achtsamkeit und Selbstsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 d) Einzigartige Individualität: Der einzelne Mensch im Freiheitsdenken des Origenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Gottes soteriologische Täuschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Ein cartesischer Betrügergott avant la lettre? . . . . . . . . . . . . . 88 b) Die antike Tradition der „nützlichen Lüge“ . . . . . . . . . . . . . 93 c) Pädagogik der Täuschung als Einführung in die Wahrheit . . . 95 d) Das Geheimnis der Hölle und die Wahrheit über die Strafen . 99

VIII

Inhalt

Die Homilien des Origenes zum Buch Jeremia Homilie 1 (über Jer. 1,2–10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 2 (über Jer. 2,21f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 3 (über Jer. 2,31–?) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 4 (über Jer. 3,6–11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 5 (über Jer. 3,22–4,8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 6 (über Jer. 5,3–5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 7 (über Jer. 5,18f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 8 (über Jer. 10,12–14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 9 (über Jer. 11,1–10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 10 (über Jer. 11,18–12,9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 11 (über Jer. 12,11–13; 13,1–11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 12 (über Jer. 13,12–17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 13 (über Jer. 15,5–7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 14 (über Jer. 15,10–19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 15 (über Jer. 15,10; 17,5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 16 (über Jer. 16,16–17,1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 17 (über Jer. 17,11–16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 18 (über Jer. 18,1–16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 19 (über Jer. 20,1–7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie 20 (über Jer. 20,7–12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homilie lat. 1(3) (über Jer. 27,23–29 LXX; 50,23–29 MT) . . . . . . . . . Homilie lat. 2(2) (über Jer. 28,6–9 LXX; 51,6–9 MT) . . . . . . . . . . . . .

109 145 155 159 177 213 223 231 251 267 283 295 327 337 375 391 415 429 463 487 527 551

Fragmente Die Fragmente aus der Philokalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Die selbstständigen Fragmente aus der Prophetenkatene . . . . . . . . . . . 583 Bibliographie Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 Register Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673 Origenesstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692 Namen und Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 708

Einleitung

I. Die Sonderstellung der Jeremiahomilien des Origenes In der Spätantike konnten Theologen, die sich dafür interessierten, von Origenes hunderte von Predigten lesen. Zum Bestand seiner Werke in der kirchlichen Bibliothek von Caesarea in Palästina gehörten, ausweislich des darauf beruhenden Verzeichnisses des Hieronymus, 462 Homilien über nahezu sämtliche Schriften des Alten und viele des Neuen Testaments.1 Wahrscheinlich hat Origenes als Presbyter in Caesarea in den beiden Jahrzehnten vor der Mitte des 3. Jahrhunderts noch mehr Predigten gehalten. Es wurden aber weder alle mitgeschrieben noch alle mitgeschriebenen veröffentlicht. Von den einst vorhandenen Homilien sind knapp zweihundert (genau: 196) von sehr unterschiedlicher Länge in den um die Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert angefertigten lateinischen Übersetzungen erhalten geblieben (118 von Rufinus von Aquileja, 78 von Hieronymus).2 Nur fünfzig hingegen sind in der originalen Sprache Griechisch erhalten, nämlich neben einer Predigt über die Wahrsagerin von Endor (1 Sam. 28)3 29 Homilien über die Psalmen und 20 über das Buch Jeremia. Vor der völlig überraschenden Entdeckung der griechischen Psalmenhomilien im Jahre 2012 in der Bayerischen Staatsbibliothek in München4 lagen sogar nur 21 Homilien des Origenes in der Originalsprache vor. Nichts vermag das Ausmaß der Vernichtung der Hinterlassenschaft des Origenes, die nach seiner Verurteilung als Häretiker im 6. Jahrhundert im frühbyzantinischen Reich ins Werk gesetzt wurde, besser 1

Hieronymus, epist. 33,4 (CSEL 54, 257f.). Da dieses Verzeichnis Fehler und Lücken aufweist, ist eine deutlich höhere Zahl anzunehmen. Altaner/Stuiber, Patrologie 201, sprechen von „etwa 574 Homilien“ (übernommen von Schadel, BGrL 10, 17), doch wird nicht klar, wie sich diese Zahl errechnet. 2 Trigg, Origen 39, spricht von 205 Homilien in lateinischer Übersetzung, und weil Crouzel, Origène 72f., die 74 Psalmenhomilien des Hieronymus als (vermutliche) Übersetzung von Origeneshomilien dazuzählt, kommt er auf eine Gesamtzahl von 279 Homilien. Die richtigen Zahlen bei Neuschäfer, Origenes als Philologe 347 Anm. 243, der allerdings Hieronymus nur 77 Homilien zuschreibt, da er die 9. Jesajahomilie offensichtlich nicht als echt anerkennt, was sie aber ist (siehe dazu Fürst/ Hengstermann, OWD 10, 23–27). 3 Herausgegeben von A. Fürst in OWD 7, Berlin u. a. 2014, 201–237. 4 Die editio princeps wurde herausgegeben von L. Perrone in Zusammenarbeit mit M. Molin Pradel (der Entdeckerin der Handschrift), E. Prinzivalli und A. Cacciari: GCS Orig. 13 (GCS N. F. 19), Berlin/München/Boston 2015.



Einleitung

zu illustrieren als diese Zahlen. Zugleich weisen sie auf die außerordentliche Bedeutung der Jeremiahomilien hin: Zusammen mit der Samuelhomilie und den Psalmenhomilien sind sie eines der wenigen authentischen Zeugnisse für die Predigttätigkeit des Origenes. Auch im Rahmen der Auslegung des Buches Jeremia in der altkirchlichen Exegese und Theologie kommt den Jeremiahomilien des Origenes – der frühesten zusammenhängenden Erklärung dieses Propheten – eine Sonderstellung zu.5 Kommentare und Predigtreihen zu diesem biblischen Buch sind nur wenige geschrieben worden. Der Kommentar des Johannes Chrysostomus,6 von dem es eine Homilie über Jer. 10,23 gibt,7 ist bis auf Katenenfragmente ebenso verloren wie der des Theodor von Mopsuestia.8 Der umfangreichste Jeremiakommentar (einschließlich Baruch und Klagelieder zehn Bücher), der aus der Zeit der Alten Kirche erhalten ist, stammt von Theodoret von ­Kyrrhos aus dem 5. Jahrhundert.9 Im 6. Jahrhundert verfasste ein alexan­ drinischer Diakon namens Olympiodor einen Jeremiakommentar, der auch die Septuaginta-Anhänge (Baruch, Klagelieder, Brief Jeremias) umfasst und bislang nicht ediert ist.10 Den einzigen altkirchlichen Jeremiakommentar in lateinischer Sprache schrieb Hieronymus in den Jahren von 414 bis 416 als letzten in der Reihe seiner Prophetenkommentare; aufgrund misslicher äußerer Umstände blieb er allerdings unvollendet.11 Ferner gibt es in der Katenenüberlieferung zahlreiche Fragmente über Jeremia aus den Werken verschiedener Kirchenväter, beispielsweise von Gregor dem Wundertäter, der wohl eine Homilie über Jeremia gehalten hat, von Apollinaris von Laodizea, von einem antiochenischen Presbyter namens Viktor, von Polychronius, dem Bischof von Apameia, dem die dem Johannes Chrysostomus zugeschriebenen

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Siehe für die folgenden Informationen Dassmann, Jeremia 588–602. Ein Fragment daraus zu Jer. 6,2–4 hat Miller, Folio, herausgegeben. Aus der Ausgabe von B. de Montfaucon, Paris 1718–1738, abgedruckt in PG 56, Paris 1859, 153–162. 8 Bezeugt in der Chronik von Seert (PO 5, 290) und im Verzeichnis syrischer Schriftsteller des Ebedjesus bar Berika von 1317/18 (nach J.-S. Assemani, Bibliotheca Orientalis, Bd. 3/1, Rom 1725, 31f., zitiert bei Bardenhewer, Geschichte III, 314). 9 Die Ausgabe von J. L. Schulze/J. A. Noesselt, 5 Bde., Halle 1769–1774, die ihrerseits auf der Edition von J. Sirmond, 4 Bde., Paris 1642 (Nachtrag dazu von J. Garnier, Bd. 5, Paris 1684), beruht, ist abgedruckt in PG 81, Paris 1864, 495–806. 10 Er ist in der vatikanischen Handschrift Barberinus graec. 549 (vormals V. 45) fol. 119– 194v aus dem 9./10. Jahrhundert erhalten. Der Anfang (über Jer. 1–5) ist verstümmelt; die Erklärung setzt bei Jer. 5,19 ein. 11 Ediert von S. Reiter, CSEL 59, Wien/Leipzig 1913 (Nachdruck New York/London 1961), abgedruckt in CChr.SL 74, Turnhout 1960. Die Kommentierung reicht bis einschließlich Jer. 39 LXX (32 MT). Zum abrupten Ende des Kommentars siehe Fürst, Hieronymus 72f. 123f.

I. Die Sonderstellung der Jeremiahomilien des Origenes



über 760 Scholien vermutlich gehören,12 sowie 124 Scholien von Theodoret und über tausend von Olympiodor.13 Außerhalb exegetischer Werke sind einzelne Stellen aus dem Buch Jeremia in der antiken christlichen Literatur von verschiedenen Autoren in unterschiedlicher Auswahl und Dichte verwendet worden, meist zur Illustrierung bestimmter Sachverhalte, eher selten in expliziter Reflexion auf ihre Bedeutung im Kontext des Jeremiabuches.14 Die altkirchliche Auslegung des Propheten Jeremia müsste einmal eingehender untersucht werden, als dies bislang geschehen ist. Allerdings müssten dazu erst die textlichen Grundlagen geschaffen werden, in erster Linie durch eine kritische Edition der spätantiken Kommentare des Theodoret und des Olympiodor sowie der vielen Fragmente in den Katenen. Schon jetzt lässt sich freilich auf der Basis des bislang Bekannten sagen, dass in der Alten Kirche weder in den exegetischen Schriften noch in den gelegentlichen Rekursen je wieder der spirituelle Elan und die theologische Intensität erreicht worden sind, mit denen Origenes das Buch Jeremia in seinen Predigten erklärt hat.

12 Siehe dazu die Hinweise in CPG 4447 zu PG 64, 740–1037. 13 Zu den Katenenscholien siehe Faulhaber, Propheten-Catenen 86–129. Die Olym-

piodor-Scholien sind abgedruckt in PG 93, Paris 1865, 627–726. 14 Viele Beispiele dafür bei Dassmann, Jeremia 558–563 (Neues Testament). 564–588

(frühchristliche Literatur). 602–623 (Blütezeit der Patristik).

II. Der Text der Jeremiahomilien 1. Die Abfassungszeit Einen Kommentar zum Propheten Jeremia scheint Origenes, anders als zu Jesaja und Ezechiel, nicht geschrieben zu haben. Jedenfalls ist von einem solchen nicht die leiseste Spur vorhanden. Wohl aber hat Origenes über das Buch Jeremia gepredigt. Da äußere Zeugnisse fehlen, ist eine Datierung dieser Predigten nur auf der Basis von textinternen Indizien möglich.15 Aus der Bemerkung, dass von ihm mehr verlangt werde als von einem Diakon, und aus dem Hinweis auf „uns, die Presbyter“ ergibt sich zweifelsfrei, dass Origenes Priester war, als er diese Predigten hielt.16 Daraus folgt, dass die Jeremiahomilien wie alle seine Predigten in Caesarea in Palästina entstanden sind, wo Origenes 231/32 zum Priester geweiht worden war und wohin er bald danach von Alexandria übersiedelte. Weitere Bemerkungen verhelfen zu einer Einordung der Jeremiahomilien in eine grobe relative Chronologie. So griff Origenes in der 8. Homilie seine Auslegung von Ps. 134(135),7 auf, und in der 18. Homilie wies er auf seine Auslegung von Ps. 140(141),2 zurück.17 Demnach hat er vor Jeremia über die Psalmen gepredigt (jedenfalls über diese beiden). Nach den Jeremiahomilien entstanden die Homilien über das Buch Numeri, das Buch Josua und den Propheten Ezechiel. In der 12. Jeremiahomilie wies er auf die baldige Lesung und Erklärung des Buches Numeri voraus,18 in den Josua- und Ezechiel­

15 Diskussion der relevanten Stellen (und der älteren Literatur) bei Klostermann,

Überlieferung 5–10; ders., GCS Orig. 3, ix–x; Nautin, SC 232, 15–21. 16 Origenes, in Hier. hom. 11,3 (GCS Orig. 32, 81): „Von mir wird mehr verlangt als

vom Diakon“; 12,3 (32, 89): „Ich weise auf uns, die Presbyter, hin“. 17 Ebd.  8,3 (32, 58): „Diese Aussage kam neulich auch im Psalm vor, und wir besprachen,

wie Gott ‚Wolken vom Ende der Erde aufsteigen ließ‘ (vgl. Ps. 134[135],7). Diese Erklärung muss wieder aufgegriffen werden, und zwar für die, die sie noch wissen, zur Klärung und Einprägung des Gesagten, für die aber, die sie vergessen haben oder die nicht da waren, zur Erläuterung“; 18,10 (32, 164): „Wenn wir aufgreifen, was wir neulich zum 140. Psalm gesagt haben, …“ 18 Ebd.  12,3 (32, 89): „Nicht in ferner Zukunft, sondern nach der Erklärung des prophetischen Wortes (sc. im Buch Jeremia) werden wir etwas (sc. über den priesterlichen Segen) erfahren, wenn das Buch Numeri vorgelesen wird.“

II. Der Text der Jeremiahomilien



homilien umgekehrt je einmal auf seine Ausführungen über Jeremia zurück.19 Nicht sicher zu sagen ist, ob Origenes die Levitikushomilien vor oder nach den Jeremiahomilien gehalten hat. Sein Hinweis darin auf eine Erklärung zu Johannes dem Täufer und Jeremia suggeriert zwar, die Jeremiahomilien vor den Levitikushomilien einzuordnen, doch klingen seine Worte nicht so, als würde er sich auf eine Auslegung des Buches Jeremia beziehen. Zudem ist die angesprochene Interpretation in diesen nicht zu finden: „Als wir einmal über Johannes den Täufer und andernorts über Jeremia sprachen und die Aussage erklärten, dass Jeremia einen Gürtel, Johannes aber einen Gürtel aus Fell um die Lenden gehabt habe, da haben wir zur Genüge gezeigt, inwiefern durch diese Hinweise klar gemacht wird, dass jener Teil des Körpers bei Männern dieser Art so abgestorben ist, dass man überzeugt ist, weder ein Levit noch irgendjemand anderer habe sich in ihren Lenden befunden (vgl. Hebr. 7,9f.), sondern einzig und allein Keuschheit und vollkommene Reinheit.“20 Andererseits klingt seine Ausdrucksweise, die Erörterung einer aus dem Propheten Jeremia herangezogenen Stelle erfolge zu einer anderen Zeit (alterius temporis), eher so, dass dies erst noch geschehen wird, doch bedeutet sie strenggenommen nur, dass er jetzt nicht über Jeremia redet: „Es erfordert jedoch zu viel Zeit und eine andere Gelegenheit (alterius temporis), die aus dem Propheten herangezogenen Belegstellen (Jer. 20,14) zu erklären; denn jetzt haben wir uns vorgenommen, nicht die Lesung aus dem Buch Jeremia, sondern die aus dem Buch Levitikus zu kommentieren.“21 Sollte freilich ersteres der Fall sein, sind die Levitikushomilien chronologisch vor den Jeremiahomilien einzuordnen. Demnach ergibt sich aus diesen Daten als relative Chronologie, dass die Jeremiahomilien nach den Psalmenhomilien (und vielleicht nach den Levitikushomilien) und vor den Homilien über Numeri, Josua und Ezechiel entstanden sind. Zudem ist aus den vermerkten Stellen zu folgern, dass alle diese Homilien vor derselben Zuhörerschaft gehalten worden sein müssen, wenn diese Querverweise einen Sinn haben sollen. Kaum präziser fallen mögliche Aussagen über die absolute Chronologie aus. Die Hypothese von Pierre Nautin, sämtliche Homilien des Origenes in einen fortlaufenden dreijährigen Zyklus von gottesdienstlichen Lesungen mit zugehöriger Predigt in den Jahren zwischen 238 und 241 oder eher 239 bis 242 zu datieren,22 ist mittlerweile widerlegt und muss hier nicht erneut 19 In Ios. hom. 13,3 (GCS Orig. 7, 373): „Wie wir damals sagten, als wir den Jeremia er-

örterten“; in Hiez. hom. 11,5 (GCS Orig. 8, 431): „… zu der Zeit, da wir den Jeremia auslegten“. 20 In Lev. hom. 9,2 (GCS Orig. 6, 420f.). In den Ausführungen über den Gürtel Jeremias (Jer. 13,1–14) in Hier. hom. 11,5f. (GCS Orig. 32, 82–85) kommt dieser Gedanke nicht vor. 21 In Lev. hom. 8,3 (GCS Orig. 6, 397). 22 Nautin, Origène 389–409.



Einleitung

diskutiert werden.23 Nautins Datierung der Jeremiahomilien zwischen 241 und 244 (nicht nach 245) bzw. gegen oder um 242 – die Zahlen als solche sind widersprüchlich – steht im Kontext dieser Hypothese und daher auf schwachen Füßen.24 Ob für die Jeremiahomilien eher eine frühere oder eher eine spätere Datierung anzusetzen ist, ist schwer zu sagen. Auf eine frühere Datierung deuten die zahlreichen Rückverweise im Hoheliedkommentar auf die nach den Jeremiahomilien gehaltenen Numerihomilien.25 Wenn die zweite Reise nach Athen, wo Origenes laut Eusebius mit der Arbeit an diesem Kommentar begonnen hat,26 in die Regierungszeit des Kaisers Gordian III. von Januar/ Februar 238 bis Anfang 24427 zu datieren ist, wie der Kontext bei Eusebius nahelegt, oder mit Nautin in das Jahr 245,28 hat er vor 244/45 über das Buch Jeremia gepredigt. Auf eine spätere Datierung hingegen führt die oft bezweifelte Nachricht des Eusebius, Origenes habe erst unter Kaiser Philippus Arabs (Anfang 244 bis September/Oktober 249)29 im Alter von über sechzig Jahren gestattet, seine Predigten mitzuschreiben.30 Da Origenes um 185 geboren wurde,31 führt diese Notiz in seine letzten Lebensjahre nach 244/45. Sollte die Bemerkung über den γέρων in der achtzehnten Jeremiahomilie – über den „Alten“, der mit Kindern redet – auf Origenes selbst zu beziehen sein, hieße das: Origenes war ein alter Mann, als er diese Predigt hielt.32 Das 23 Für die Kritik siehe bes. Grappone, Cronologia; ders., Contesto liturgico; ferner

24 25 26 27 28 29 30 31 32

Fürst/Hengstermann, OWD 10, 20–22, mit dem Nachweis, dass die Jesajahomilien nicht in den von Nautin postulierten Zyklus passen. Auch aus den neuentdeckten Psalmenhomilien ergibt sich, dass Nautins Konstruktion falsch ist: Bei der Stelle aus der ersten Homilie zu Psalm 36, auf die Nautin, Origène 404, seine Chronologie u. a. stützt, handelt es sich ausweislich der jetzt vorliegenden griechischen Fassung um eine Interpolation des Rufinus. Siehe zu in Ps. 36 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 118) die synoptische Gegenüberstellung des griechischen Textes mit Rufins lateinischer Übersetzung ebd. 532f. (vgl. auch Prinzivalli, GCS Orig. 13, 52f.). Nautin, SC 232, 19–21, übernommen von Schadel, BGrL 10, 4–6; Mortari, CTePa 123, 12; Dassmann, Jeremia 588. Origenes, in Cant. comm. prol. 4,2.7 (OWD 9/1, 104. 108); II 1,25 (9/1, 186); II 8,31 (9/1, 272). Eusebius, hist. eccl. VI 32,2 (GCS Eus. 2, 586). Die Daten nach Kienast, Kaisertabelle 195. Nautin, Origène 88f. 380f., übernommen von Schadel, BGrL 10, 6. Die Regierungszeit nach Kienast, Kaisertabelle 198. Eusebius, hist. eccl. VI 36,1 (GCS Eus. 2, 590). Alle für die Berechnung dieses Datums relevanten Stellen bei Fürst, Intellektuellen-Religion 51f. Origenes, in Hier. hom. 18,6 (GCS Orig. 32, 159): „Wenn einer hört, wie wir uns mit Kindern unterhalten, wird er dann sagen, dass dieser Alte verrückt geworden ist, dieser Mann seinen Bart, sein Mannesalter vergessen hat?“ Siehe dazu Schadel, BGrL 10, 4f.

II. Der Text der Jeremiahomilien



passt zur Nachricht des Eusebius. Die Jeremiahomilien wären demnach nach 244/45 entstanden. Ob Origenes diese Predigten zu einer Zeit hielt, da es keine Christenverfolgungen gab und die Gemeinden kräftig wuchsen, oder im Angesicht von Bedrängnis und Verfolgung, lässt sich nicht sagen, weil es dazu gegensätzliche Aussagen in ihnen gibt, die von der Rhetorik seines jeweiligen Argumenta­ tions­zieles bestimmt sind.33 Für eine genauere Datierung in ein bestimmtes Jahr ist aus solchen Bemerkungen, die typisch für die Zeit mit ihrer potentiellen Verfolgungsgefahr sind, so oder so nichts zu gewinnen. Sicher ist hingegen, dass die 12. Homilie kurz vor einem Osterfest vorgetragen wurde, „denn das Paschafest ist nahe“.34 Will man angesichts der Unsicherheit aller dieser Daten und Schlüsse vorsichtig sein, wird man die in Caesarea vorgetragenen Jeremiahomilien des Origenes in die vierziger Jahre des 3. Jahrhunderts und damit in das letzte Jahrzehnt seines Schaffens, näherhin in dessen erste Hälfte oder Mitte, eher nicht an dessen Ende, datieren. Freilich: Macht es einen großen Unterschied, ob Origenes diese Homilien einige Jahre früher (vor 244/45) oder später (nach 244/45) gehalten hat? Zur Befriedigung historischer Exaktheit mag diese Frage interessant sein. In den Predigten selbst jedoch geht es um ihren philosophisch-theologischen und ethisch-spirituellen Gehalt, und der ist – bei Origenes allemal – unabhängig von aktuellen Ereignissen. Es ist deshalb nicht Zufall, dass diese in ihnen keine Rolle spielen. Für die Bedeutung dieser Predigten und für ihre Interpretation ist ihre Datierung ein paar Jahre früher oder später nicht so wichtig. Sie zeigen uns Origenes in seinem letzten Lebensjahrzehnt, einen hochgelehrten Christen um die Sechzig auf der Höhe seines homiletischen Könnens, „der sich durch lange Übung nun größte Fertigkeit erworben hatte“, wie Eusebius es ausdrückte,35 und der ein weithin berühmter und angefeindeter Theologe war.36 Eine wohl auf sich selbst gemünzte Bemerkung über die Verleumdung von in der Öffentlichkeit stehenden herausragenden Persönlichkeiten machte Origenes übrigens auch im Brief an Julius Africanus,37 der wahrscheinlich in seine letzten aktiven Jahre um 248 zu datieren ist.38 Ein solides Argument für eine Spätdatierung der Jeremiahomilien lässt sich daraus freilich nicht gewinnen. 33 Insbesondere steht in Hier. hom. 4,3 (GCS Orig. 32, 25f.) im Gegensatz zu ebd.

14,7.17 (32, 112f. 123f.). 34 Ebd.  12,13 (32, 100). 35 Eusebius, hist. eccl. VI 36,1 (GCS Eus. 2, 590). Übersetzung: p. 304 Haeuser/Gärtner. 36 Das geht hervor aus Origenes, in Hier. hom. 8,8f. (GCS Orig. 32, 62) und vielleicht auch 20,8 (32, 189). 37 Epist. Afric. 9 (SC 302, 534). 38 So die plausiblen Überlegungen von de Lange, SC 302, 497f. 500f.



Einleitung

2. Anzahl und Erhaltungszustand Die ursprüngliche Anzahl der Homilien des Origenes über das Buch Jeremia ist nicht mehr mit Sicherheit festzustellen.39 Die älteste und zuverlässigste Auskunft dazu ist der Philokalie zu entnehmen. In dieser wird ein Stück aus einer Homilie zitiert, die in der Überschrift des Auszugs als 39. gezählt ist.40 Aufgrund dieser Angabe ist die von Hieronymus im Brief an Paula genannte Zahl von 14 Homilien sicher falsch,41 desgleichen die als Variante in einer Handschrift in Arras (Codex Atrebatensis 849) aus dem 12./13. Jahrhundert überlieferte Zahl von 24 Homilien. Vermutlich stehen hinter dieser Zahl die 14 von Hieronymus in das Lateinische übersetzten Jeremiahomilien, die erhalten sind und von denen er im Prolog zur Übersetzung der Ezechiel­ homilien des Origenes spricht.42 Einigermaßen richtig könnte indes die von Cassiodor genannte Zahl von 45 Homilien sein, die Origenes auf Griechisch geschrieben habe und von denen ihm die 14 von Hieronymus übersetzten vorlagen: „Den Jeremia aber, der den Untergang seiner Stadt (sc. Jerusalem) im vierfachen Alphabet beweinte (sc. in den Klageliedern mit ihren vier Kapiteln, deren Abschnitte jeweils mit den Buchstaben des hebräischen Alphabets beginnen), hat Origenes in fünfundvierzig Homilien in attischer Sprache (d. h. auf Griechisch) ausgelegt. Von diesen habe ich vierzehn in Übersetzung vorgefunden und euch hinterlassen.“43 Die griechischen Homilien besaß Cassiodor demnach nicht; woher er deren Zahl kannte, ist unbekannt.44 Von Cassiodor abhängig ist schließlich die nahezu gleichlautende Notiz im Vorwort des Jeremiakommentars des Hrabanus Maurus: „Es wird nämlich berichtet (sc. von Cassiodor), dass Origenes den vorliegenden Propheten (sc. Jeremia) in fünfundvierzig Homilien in attischer Sprache ausgelegt hat. Von diesen habe ich nur vierzehn in Übersetzung vorgefunden.“45 Aus dieser 39 Die einschlägigen Stellen samt Auswertung bei Klostermann, Überlieferung 1–4;

ders., GCS Orig. 3, x–xi. Siehe auch Harnack, Geschichte I, 361–363. 40 Philoc. 10 (SC 302, 366) = in Hier. frg. P 4 (GCS Orig. 32, 196).Text und Übersetzung

des Auszugs unten S. 576–581. 41 Hieronymus, epist. 33,4 (CSEL 54, 257): in Hieremiam omeliae XIIII. 42 In Hiez. hom. prol. (GCS Orig. 8, 318): … quattuordecim homilias in Hieremiam. Über

die ursprüngliche oder über die ihm vorliegende Zahl von griechischen Jeremiahomilien äußerte sich Hieronymus weder an dieser Stelle noch in vir. ill. 135,2 (p. 230 Ceresa-Gastaldo), wo er die Jeremia- und die Ezechielhomilien ebenfalls zusammen erwähnte. 43 Cassiodor, inst. I 3,3 (p. 19 Mynors). 44 Nautin, SC 232, 44, meint, Cassiodor habe sie „sans doute“ im 33. Brief des Hieronymus gelesen, ehe ein Abschreiber sie darin verändert habe. Das bleibt reine Vermutung. 45 Hrabanus Maurus, in Hier. expos. praef. (PL 111, 793).

II. Der Text der Jeremiahomilien



Bemerkung ist aufgrund ihrer offenkundigen Abhängigkeit von Cassiodor nicht zu schließen, dass die 45 griechischen Homilien in karolingischer Zeit noch vorhanden gewesen seien.46 Die von Cassiodor genannte Zahl wird von der Katenenüberlieferung gestützt, in der sich die dem Origenes zugeschriebenen Fragmente über das ganze Buch Jeremia erstrecken (von Jer. 1,6f. bis 51,35 LXX). Zweifel an der Zahl von ursprünglich 45 Jeremiahomilien des Origenes könnten sich freilich daraus ergeben, dass die 39. Homilie Jer. 51,22 LXX behandelt: Dass Origenes über Jer. 51,23–52,34 sechs ganze Homilien gehalten habe, erscheint unverhältnismäßig.47 Allerdings folgen in der griechischen Bibel auf das Buch Jeremia einige Anhänge: das Buch Baruch, die Klagelieder und der Brief Jeremias. Statt die von Cassiodor mitgeteilte Zahl anzuzweifeln, könnte sie auch als Indiz dafür genommen werden, dass Origenes auch Texten aus diesen Anhängen die eine oder andere Predigt gewidmet hat.48 Zu den Klageliedern hat er in Alexandria unter seinen ersten Werken immerhin einen Kommentar verfasst, von dem eine Reihe von Fragmenten erhalten ist.49 Von den ursprünglich also wohl 45 Predigten des Origenes über das Buch Jeremia (und vielleicht seine Anhänge) sind 22 (bzw. 23, wenn man das Stück aus der 39. Homilie mitzählt) ganz oder teilweise (s. u.) erhalten geblieben. Die meisten davon, nämlich 20 Homilien, liegen auf Griechisch in zwei Handschriften vor (s. u.). Zwei weitere Predigten sind lateinisch erhalten: Hieronymus hat 14 Jeremiapredigten des Origenes übersetzt, von denen zwölf auf Griechisch vorliegen, zwei jedoch nur in seiner lateinischen Version. Die folgende Übersicht50 verzeichnet die zwanzig griechischen (und das Stück aus der Philokalie) und zwei der von Hieronymus in das Lateinische übersetzten Homilien. Deren Nummerierung weicht von der Reihenfolge der griechischen Homilien ab, weil Hieronymus sie, wie er selbst angab, con­ fuso ordine, also nicht in ihrer ursprünglichen, der Akoluthie des Bibeltextes folgenden Reihenfolge, sondern „durcheinander“ übersetzt hat.51 Die zwei nur lateinisch vorliegenden Homilien werden als lat. 1 (Nr. 3 bei Hieronymus) und lat. 2 (Nr. 2 bei Hieronymus) gezählt.

46 So zu Recht Klostermann, Überlieferung 4 Anm. 1, mit Kritik an entsprechenden

Äußerungen älterer Autoren. 47 Klostermann, ebd. 4 Anm. 4. 48 So die plausible Überlegung von Nautin, SC 232, 44f. 49 Ediert von Klostermann, GCS Orig. 3, 233–279; insbesondere für die Seelenlehre

des Origenes interessante Stücke daraus in englischer Übersetzung mit Kommentierung bei Trigg, Origen 73–85. 255–257. 50 Tabellen auch bei Klostermann, Überlieferung 20; ders., GCS Orig. 3, xvii; Nautin, SC 232, 33. 51 Hieronymus, in Hiez. hom. prol. (GCS Orig. 8, 318).



Einleitung

Homilie des Origenes Übersetzung des Hieronymus Kommentierter Jeremiatext (LXX) αʹ / 1 1 Jer.  1,2–10 13 Jer.  2,21f. βʹ / 2 Jer.  2,31–? γʹ / 3 – 14 Jer.  3,6–11 δʹ / 4 Jer.  3,22–4,8 εʹ / 5 – Jer.  5,3–5 Ϛʹ / 6 – Jer.  5,18f. ζʹ / 7 – 5 Jer.  10,12–14 ηʹ / 8 6 Jer.  11,1–10 θʹ / 9 8 Jer.  11,18–12,9 ιʹ / 10 7 Jer.  12,11–13; 13,1–11 ιαʹ / 11 9 Jer.  13,12–17 ιβʹ / 12 10 Jer.  15,5–7 ιγʹ / 13 11 Jer.  15,10–19 ιδʹ / 14 Jer.  15,10; 17,5 ιεʹ / 15 – 12 Jer.  16,16–17,1 ιϚʹ / 16 4 Jer.  17,11–16 ιζʹ / 17 Jer.  18,1–16 ιηʹ / 18 – Jer.  20,1–7 ιθʹ / 19 – Jer.  20,7–12 κʹ / 20 – 3 Jer.  27,23–29 (50,23–29 MT) lat. 1 2 Jer.  28,6–9 (51,6–9 MT) lat. 2 Jer.  51,22 (44,22 MT) λθʹ / 39

Die aus dem Jeremiabuch kommentierten Verse werden nach ihrer Zählung in der Septuaginta angegeben (mit der Zählung im masoretischen Text in Klammern), die in der zweiten Buchhälfte stark vom hebräischen Text abweicht: Die Fremdvölkersprüche in Jer. 46–51 MT sind in der Septuaginta in die Buchmitte verschoben (Jer. 25–31 LXX) und darin zudem gegenüber ihrer Reihenfolge im hebräischen Text umgestellt, so dass die Kapitel ab Jer. 25,15–38 MT (Jer. 32 LXX) in der Septuaginta um sieben Kapitel nach hinten verschoben sind (das Schlusskapitel Jer. 52 ist dann wieder identisch). In der ersten Buchhälfte (Jer. 1,1–25,13), zu der die griechisch erhaltenen Jeremiahomilien des Origenes gehören, ist die Zählung identisch.52 Zudem ist der Septuagintatext insgesamt um etwa ein Sechstel oder Siebtel kürzer als der masoretische Text. Ob diese Abweichungen durch Änderungen im Zuge des Übersetzens zustandekamen oder die griechische Übersetzung auf

52 Eine nützliche Übersicht über die unterschiedliche Zählung ist zu finden bei

­Fischer, Jeremia 1–25, 43f., und p. 1289 Septuaginta Deutsch.

II. Der Text der Jeremiahomilien



einer kürzeren hebräischen Vorlage basiert, ist in der Forschung umstritten.53 Origenes war sich dieser Differenzen übrigens bewusst: Im Buch Jeremia „haben wir“, schrieb er an Julius Africanus, „große Umstellungen und Abänderungen des Textes der Prophezeiungen gefunden“.54 Inwieweit ihm die beträchtlichen Differenzen zwischen der hebräischen und der griechischen Fassung des Textes im Einzelnen klar waren, lässt sich aus dieser Bemerkung jedoch nicht ersehen.55 Obwohl eine stattliche Reihe von Homilien erhalten ist, verfügen wir doch nur noch über einen Teil der Jeremiaauslegung des Origenes. Nicht nur, dass von den ursprünglich wohl 45 Homilien nur noch die Hälfte vorliegt. Auch die erhaltenen Homilien weisen zum Teil Lücken auf oder sind eher ein Fragment als eine vollständige Homilie. Dies ist der Fall bei den Homilien 3, 17, 18, 19, 20 und 39.56 Homilie 3 ist mit einer Länge von nur wenigen Zeilen viel kürzer als alle anderen Homilien. Da sie plötzlich abbricht und keine Schlussdoxologie aufweist, ist sie als verstümmelt zu betrachten.57 Da von der folgenden vierten Homilie der Anfang mitsamt der Überschrift vorhanden ist und in der Handschrift kein Blatt fehlt, geht der Verlust wohl schon auf die Vorlage zurück, aus welcher die maßgebliche Handschrift, der Codex Scorialensis (s. u.), abgeschrieben worden ist, zumal dessen Schreiber auf diese Lücke nicht hinweist. In Homilie 17 bricht der Codex Scorialensis in der letzten Zeile von fol. 293r mitten im Wort ab (σο, gefolgt von einigen Punkten, aus der lateinischen Übersetzung des Hieronymus, der sapientia hat, zu σοφίᾳ zu ergänzen) und beginnt auf fol. 293v nach zwei freigelassenen Zeilen mitten in einem anderen Satz (ὁ Χριστός ἐστιν). Ebenso im Codex Vaticanus: In der letzten Zeile von p. 422 endet der Text mit σο, eine halbe Zeile bleibt frei, p. 423 oben fährt der Text mit ὁ Χριστός ἐστιν fort.58 Da diese Homilie vollständig in der lateinischen Übersetzung des Hieronymus vorliegt (als Nr. 4), kann die Lücke aus dieser gefüllt werden. Dabei zeigt sich, dass sie einen Umfang von ein bis zwei Druckseiten hat. Sehr wahrscheinlich fehlte in der Vorlage 53 Die diesbezügliche Diskussion bei Fischer, Jeremia 1–25, 39–46, der die Abweichun-

54 55 56 57 58

gen auf die Übersetzungstätigkeit zurückführt und die längere masoretische Fassung für den ursprünglichen Text hält, „da die in der Septuaginta fehlenden Textteile zumeist im masoretischen Text doppelt überlieferte Passagen, für das Verständnis unnötige Floskeln und Formeln sowie Hinzufügungen zu Eigennamen und Gottesbezeichnungen sind“ (so p. 1288 Septuaginta Deutsch im Sinne Fischers). Origenes, epist. Afric. 7 (SC 302, 530). De Lange, SC 302, 531 Anm. 2, zeigt sich skeptisch. Siehe dafür Klostermann, Überlieferung 17 Anm. 3; ders., GCS Orig. 3, xiii; Nautin, SC 232, 22–24. Klostermann, GCS Orig. 3, 21 app. crit. Klostermann, ebd. 145–147 mit app. crit.



Einleitung

des Scorialensis ein Blatt. Dessen Schreiber hat das bemerkt, weil die vorausgehende Seite mitten in einem Wort endete, das auf dem Folgeblatt nicht fortgesetzt wurde, und die Lücke in seiner Kopie kenntlich gemacht. Ein weiterer Textverlust ist weder den Schreibern der Codices noch den ersten Editoren aufgefallen. Erst Erich Klostermann hat ihn entdeckt und berichtigt.59 In Homilie 18 steht im Codex Scorialensis ein Satz: οὐκ οὖν τῶν ἐρχομένων ὀφθητοῦ νοῦ τῆς γραφῆς ὅπερ ἐπιγίνεται (fol. 305v), der in den älteren Ausgaben ob seiner Unverständlichkeit verändert ist zu: ὅθεν (οὐκοῦν ἀπὸ τῶν ἐρχομένων Ghislerius) ὤφθη ὁ νοῦς τῆς γραφῆς τῷ. Im darauffolgenden Satz bemerkte Origenes jedoch mitten in der schon recht langen Predigt, er „habe dies in der Einleitung gesagt“: ταῦτά μοι ἐν προοιμίῳ εἴρηται. Klostermann hat daraus den Schluss gezogen, dass Origenes damit offenbar die Einleitung zu einer neuen Predigt abschloss, deren Anfang jedoch fehlt. Ein Teil des im Codex unverständlichen Satzes (οὐκοῦν τῶν ἐρχομένων ὀφθη), so sein plausibler Lösungsvorschlag, gehört zur vorausgehenden Homilie 18, die damit abbricht, der andere Teil (τοῦ νοῦ τῆς γραφῆς ὅπερ ἐπιγίνεται) zum Ende des Prologs einer neuen Homilie, der jedoch verlorengegangen ist. Weil im weiteren Verlauf dieser Predigt von zwei Perikopen die Rede ist,60 nahm Klostermann an, in dem Vorwort habe wohl zunächst gestanden, dass der auszulegende Text „zwei Perikopen umfasse“, und seien „dann seine Schwierigkeit betont worden“.61 Vermutlich ist diese Lücke durch den Ausfall eines oder gar mehrerer Blätter in der Vorlage des Scorialensis zustandegekommen.62 Die Folge dieser Entdeckung Klostermanns ist, dass wir seitdem eine Jeremiahomilie des Origenes mehr zählen. In den älteren Ausgaben bilden die Homilien 18 und 19 eine Homilie (gezählt als Nr. 18; die heutige Homilie 20 fungiert darin als Nr. 19). Klostermann zählte die Paragraphen der heutigen Homilie 19 noch in Fortsetzung der Paragrapheneinteilung der Homilie 18, also von 19(18),11 bis 19(18),15 (übernommen von Nautin). In der vorliegenden Ausgabe erhalten die Paragraphen der Homilie 19 eine eigene Zählung (von 19,1 bis 19,5), die alte Zählung (von 18,11 bis 18,15) wird dazugesetzt. In Homilie 19 (nach früherer Zählung Nr. 18) sind ferner im Codex Scorialensis auf fol. 307r dreieinhalb Zeilen leer gelassen, vermutlich weil der Kopist oder schon der Schreiber der Vorlage sie nicht lesen bzw. entziffern konnte. Wie groß der Ausfall tatsächlich ist, lässt sich aus der Länge des freien Raums (ca. 125 Buchstaben) nicht erschließen.63 Aus demselben Grund ist in 59 Klostermann, ebd. 164f. mit app. crit. 60 Origenes, in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 173): „Die eine Perikope ist damit

zu Ende, doch lasst uns auch mit der zweiten jetzt noch anfangen.“ 61 Klostermann, GCS Orig. 3, 165 app. crit. 62 So Nautin, SC 232, 23. 63 Siehe die Überlegungen von Klostermann, GCS Orig. 3, 167 app. crit.

II. Der Text der Jeremiahomilien



Homilie 20 (früher Nr. 19) im Scorialensis auf fol. 314r das Ende von Zeile 13 leer gelassen (mit Platz für etwa 15 Buchstaben; ebenso im Codex Vaticanus), was die modernen Editoren zur Füllung mittels Konjekturen veranlasst hat.64 Fragmentarisch erhalten ist schließlich Homilie 39, die aus den Zitaten in der Philokalie zu rekonstruieren ist. Deren zehntes Kapitel65 bietet ein Zitat aus dieser Homilie, deren Nummer in der Überschrift vermerkt ist. Auch der darin kommentierte Bibelvers wird angegeben: Jer. 51,22 LXX. Da es gegen Ende des zitierten Stückes heißt: „Das sei als Vorrede gesagt“, bildet das Fragment den Prolog der Homilie. Ein zweites Fragment im ersten Kapitel der Philokalie, das nicht mit einer Überschrift versehen ist, ist aus drei disparaten Teilen zusammengesetzt:66 Der letzte Teil ist identisch mit dem Anfang des Fragments im zehnten Kapitel, gehört also zur Homilie 39. Der mittlere Teil entstammt einer verlorenen griechischen Homilie, ist aber in einer der von Hieronymus übersetzten Homilien zu identifizieren (lat. 2). Die Herkunft des ersten Teils hat sich bislang nicht klären lassen. Wegen seines allgemeinen Inhalts kann er nicht einem bestimmten Bibelvers zugeordnet werden. Da er jedoch zusammen mit zwei Stücken aus den Jeremiahomilien zitiert ist, stammt er wahrscheinlich ebenfalls aus diesen.67 Eine weitere Schwierigkeit betrifft die Reihenfolge des erhaltenen Textes. Am Ende der 10. und zu Beginn der 11. Homilie ist der Text durcheinandergeraten. Er lässt sich aber recht einfach dadurch in eine sinnvolle Abfolge bringen, dass man im Codex Scorialensis einen Passus von fol. 251r Mitte (τὸ ἀποκτεῖναι τὸν Χριστὸν τοῦ θεοῦ) bis 251v unten (ὠφελήσει καὶ ὑμᾶς καὶ ἡμᾶς, ἐάν) aus dem Schluss von Homilie 10 herausnimmt und zwei Zeilen nach dem Beginn von fol. 252v (hinter δεδιωχέναι τοὺς δικαίους) in Homilie 11 kurz nach deren Anfang einfügt. Der Codex Vaticanus (p. 77–80) bietet dieselbe Unordnung. Mit Hilfe der Übersetzung des Hieronymus (darin die Nr. 8 und 7) hat bereits Pierre-Daniel Huet in seiner Edition Rouen 1668 die richtige Ordnung wiederhergestellt.68 Im Blick auf die Länge des zu verschiebenden Abschnitts legt sich die Annahme nahe, dass in der Vorlage des Scorialensis zwei Blätter miteinander vertauscht waren, der Schreiber dies aber nicht erkannte und die unsinnige Textfolge abschrieb.69 Eine letzte Frage schließlich betrifft die Reihenfolge, in der die Homilien 14 und 15 ursprünglich gehalten worden sind. Einige für die Predigten des Origenes ungewöhnliche Phänomene haben die Vermutung aufkommen 64 Siehe Klostermann, ebd. 176 mit app. crit., und Nautin, SC 238, 253 in der Über-

setzung. 65 Philoc. 10 (SC 302, 366–370) = in Hier. frg. P 4 (GCS Orig. 32, 196–198). 66 Philoc. 1,28 (SC 302, 200–202) = in Hier. frg. P 1–3 (GCS Orig. 32, 195f.). 67 Weiteres dazu unten S. 574 Anm. 2. 68 Klostermann, GCS Orig. 3, 78 app. crit. Vgl. Nautin, SC 232, 412 app. crit. 69 So Klostermann, ebd. xiii–xiv.



Einleitung

lassen,70 Origenes habe zuerst in der 15. Homilie über Jer. 15,10 und 17,5 gepredigt und dann in der 14. Homilie nochmals über Jer. 15,10–19. Das ist der einzige Fall im umfangreichen Predigtwerk des Origenes, in dem er zu Beginn zweier Predigten denselben Vers behandelt. Diese Irregularität lässt sich vielleicht so erklären, dass Origenes Homilie 15 vor Homilie 14 gehalten hat. Ein Argument dafür ist, dass aus Homilie 15 eindeutig hervorgeht, dass Jer. 15,10 und 17,5 in dem Gottesdienst, in dem Origenes diese Predigt gehalten hat, zum Lesungstext gehörten.71 Der Aufbau der beiden Homilien könnte ihre Umstellung bestätigen: In Homilie 15 erläuterte Origenes ausführlich die erste Aussage von Jer. 15,10, ging dann nur kurz auf die zweite Aussage dieses Verses ein und beendete aus Zeitgründen die Predigt mit einigen Bemerkungen zu Jer. 17,5. Homilie 14 hingegen leitete Origenes mit medizinischen Überlegungen zu den Schwierigkeiten bei der Behandlung renitenter Kranker ein und kam von da aus auf die zweite Aussage in Jer. 15,10 zu sprechen. Das ist insofern auffällig, als er beim Predigen normalerweise der Akoluthie des Bibeltextes folgte. Hielt er Homilie 14 nach Homilie 15, wären diese Beobachtungen so zu erklären, dass er in Homilie 15 anfing, über Jer. 15,10 zu predigen, aus Zeitmangel aber nicht mehr dazu kam, den ganzen Vers eingehend zu erläutern, und mit der Erklärung von Jer. 17,5 die Predigt über die gelesene Perikope rasch abschloss. In Homilie 14 hätte er dann dieselbe Perikope nochmals aufgegriffen und dabei mit der zweiten Aussage begonnen, die in Homilie 15 zu kurz gekommen war. Erst danach kam er nochmals auf die erste Aussage von Jer. 15,10 zu sprechen und erläuterte dann bis zum Ende der Predigt die folgenden Verse bis Jer. 15,19. Es gibt Fälle im Predigtwerk des Origenes, in denen er in einer folgenden Predigt auf in der vorausgehenden Predigt nicht behandelte Verse einer langen Perikope einging.72 Die Abfolge der Homilien 15 und 14 könnte dafür ein weiteres Beispiel sein. Außer Zeitmangel könnte Origenes in diesem Fall auch die Textfassung von Jer. 15,10 dazu veranlasst haben, nochmals darauf zurückzukommen. In Homilie 15 predigte er nämlich über die hebräische Fassung des Textes, in Homilie 14 über die in den kirchlichen Bibelausgaben gebräuchliche griechische. Vielleicht war er für sein Vorgehen in Homilie

70 Siehe Peri, L’ordine 126–133, übernommen von Nautin, SC 232, 46–49. 71 Origenes, in Hier. hom. 15,1 (GCS Orig. 32, 123) mit Bezug auf Jer. 15,10: „Wir wol-

len sehen, was sich auch aus der heutigen Lesung ergibt“; 15,6 (32, 130) mit Bezug auf Jer. 17,5: „Lasst uns also noch über folgenden Satz aus der weiteren Lesung sprechen …“ 72 Peri, L’ordine 129 mit Anm. 1, verweist auf folgende Stellen: in Lev. hom. 2,1 (GCS Orig. 6, 290); in Num. hom. 14,1 (GCS Orig. 7, 120); 21,1 (7, 199); in Iud. hom. 4,2 (GCS Orig. 7, 488). In Hiez. hom. 13,1 (GCS Orig. 8, 440) geht das eventuell aus dem Ausdruck retractemus hervor.

II. Der Text der Jeremiahomilien



15 kritisiert worden und sah sich auch oder vor allem deshalb veranlasst, den Vers nochmals aufzugreifen.73 So sehr indes eine Einordnung von Homilie 15 vor Homilie 14 die genannten Auffälligkeiten plausibel zu erklären vermag, scheitert sie doch an einer Bemerkung des Origenes in der 15. Homilie, die in dieser Hypothese übersehen wird. Origenes ging darin nämlich noch einmal explizit auf den Wortlaut von Jer. 15,10 ein, den er in der 14. Homilie nach der Septuaginta erläutert hatte, und fügte zur Erklärung der Abweichungen vom hebräischen Text die Bemerkung hinzu: „Als wir aber später auch die übrigen Ausgaben einsahen, erkannten wir, dass ein Schreibfehler vorliegt.“74 Dieses „später“ (ὕστερον) ergibt nur einen Sinn, wenn Origenes damit auf seine Ausführungen in der 14. Homilie rekurrierte. Vermutlich hat er nach dieser Predigt die Hexapla konsultiert und dabei das festgestellt, was er seinen Zuhörern daraufhin an der zitierten Stelle mitteilte.75 So scharfsinnig die Beobachtungen zu den – wie auch immer zu erklärenden – Eigenheiten von Homilie 14 und 15 auch sind und so ingeniös die Hypothese der Umkehrung ihrer Reihenfolge auch sein mag: Es bleibt bei der von der Überlieferung bezeugten Abfolge. Erwägenswert ist die Annahme von Paul Wendland, dass diese Dublette erst bei der Zusammenstellung von Origenespredigten über das Buch Jeremia für ihre Publikation in Buchform zustandegekommen sein könnte. Es könnten „entweder mehrere Nachschriften verschiedener Predigten über das gleiche Thema, oder tachygraphische Nachschrift und Koncept des Origenes neben einander gestellt“ worden sein.76 Diese Hypothese lässt sich zwar nicht nachprüfen, erinnert aber an den Entstehungsprozess dieser Homiliensammlung von Nachschriften einzelner Predigten zu ihrer Zusammenstellung in einem Codex für die Publikation, ohne dass wir sicher sein können, dass dies zu Lebzeiten des Origenes oder überhaupt von ihm überprüft geschah. Daher lässt sich von einer vorliegenden Sammlung aus nicht direkt auf eine genau in dieser Reihenfolge gehaltene Predigtreihe zurückschließen. Diese Übersicht über den erhaltenen Bestand der Jeremiapredigten des Origenes macht deutlich, dass wir nur noch über eine Auswahl verfügen, eben die aufgeführten 22 (bzw. 23) von ursprünglich wohl 45 Homilien, von denen einige zudem nicht vollständig sind. Mit den Jeremiahomilien verhält es sich damit ebenso wie mit dem gesamten Predigtwerk des Origenes: Auch wenn wir fast 250 Predigten besitzen und zu manchen biblischen Schriften 73 So Nautin, SC 232, 48f. 74 Origenes, in Hier. hom. 15,5 (GCS Orig. 32, 129). Neuschäfer, Origenes als Philolo-

ge 41 und ebd. 342f. Anm. 207, führt die Stelle zusammen mit ebd. 14,3 (32, 107–109) als Beleg dafür an, dass Origenes den Zuhörern seiner Predigten gelegentlich auch die Erörterung philologischer Einzelfragen zumutete. 75 Weiteres dazu siehe unten S. 51f. 76 Wendland, Rez. Origenes Werke 782.



Einleitung

eine lange Reihe von Homilien erhalten ist, handelt es sich vor dem Hintergrund des einmal Vorhandenen doch nur um eine Anthologie, die sich, wie im Falle der griechisch erhaltenen Homilien, entweder den Zufällen der handschriftlichen Überlieferung verdankt oder, wie bei den lateinisch vorliegenden, den theologischen und kirchenpolitischen Interessen der Übersetzer Rufinus und Hieronymus an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert.77 Bei den Jeremiahomilien kann man schließlich zudem fragen, ob Origenes den 52 Kapiteln dieses langen biblischen Buches nicht vielleicht mehr als 45 Predigten gewidmet hat, zumal wenn man die Anhänge in diese Zahl miteinbezieht (s. o.). Anlass zu dieser Frage geben nicht zuletzt die 20 Predigten, die zur ersten Hälfte des Buches Jeremia (Jer. 1–25) erhalten sind (näherhin zu Jer. 1–20). Zwischen einzelnen Predigten gibt es nämlich lange Passagen im Buch Jeremia, die nicht kommentiert sind; es fehlen komplett Jer. 6–9, 14 und 19. Die als Folge erhaltenen 20 Predigten bieten keineswegs eine fortlaufende Erörterung des zugrundeliegenden Jeremiatextes. Dafür sind verschiedene Erklärungen möglich.78 Obgleich der Bibeltext im Gottesdienst fortlaufend gelesen und erklärt wurde, bedeutet das noch nicht, dass wirklich über alle Verse oder Kapitel gepredigt wurde oder dass Origenes dies getan hat. Origenes war nicht der einzige Prediger in Caesarea, so dass er möglicherweise nur über diejenigen Perikopen gepredigt hat, die Lesungstext waren, als er mit dem Predigen an der Reihe war. Zudem waren die Lesungstexte unter Umständen sehr lang und umfassten mehrere Kapitel, so dass der Prediger sich ein Kapitel oder einen Passus aussuchen musste, weil er nicht über den ganzen umfangreichen Bibeltext predigen konnte. Der mitstenographierte Anfang der berühmten Predigt über die Wahrsagerin von Endor liefert dazu ein illustratives Beispiel: Die Lesung umfasste vier Kapitel, 1 Sam. 25–28. Origenes fragte also den Bischof, in dessen Anwesenheit er als Presbyter predigte, welche Perikope er auswählen solle, und der Anweisung des Bischofs folgend hielt er aus dem Stegreif eine beeindruckende Predigt über die Wahrsagerin in 1 Sam. 28.79 Denkbar wäre auch, dass Origenes mit der Mitschrift einer 77 Für die Genesishomilien hat das Simonetti, Le Omelie sulla Genesi; ders., Opere di

Origene 1, 8–11, nachgewiesen. Zu den Jesajahomilien, für die das in besonders hohem Maße gilt, siehe Fürst/Hengstermann, OWD 10, 31–34. 78 Siehe Nautin, SC 232, 45f. – Weitere Überlegungen zur Auswahl der von Origenes besprochenen Perikopen mit Bezug auf den Inhalt der Jeremiahomilien siehe unten S. 35 und 55f. 79 Origenes, in Regn. hom. graec. 1 (GCS Orig. 32, 283): „Es sind also“, meinte Origenes, „vier Abschnitte, von denen jeder nicht wenige Schwierigkeiten enthält und auch exegetische Fachleute nicht nur in der Stunde einer einzigen Zusammenkunft, sondern sogar in mehreren beschäftigen könnte. Deshalb mag der Bischof nach seiner Wahl vorschlagen, mit welchem von den vieren wir uns befassen sollen.“ Daraufhin der Bischof: „Der von der Wahrsagerin soll erklärt werden.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 203–205. Vgl. in Hiez. hom. 13,1 (GCS Orig. 8, 440): „Die Bischöfe geben

II. Der Text der Jeremiahomilien



Predigt nicht zufrieden war und diese daher nicht publizierte. Und schließlich kann der umgekehrte Fall eingetreten sein, dass nicht jede Predigt des Origenes mitgeschrieben wurde – auch nicht, als er die Erlaubnis dazu erteilt hatte –, etwa weil der Stenograph an einzelnen Tagen verhindert war. Aus solchen Beobachtungen und Überlegungen dürfte folgender Schluss zu ziehen sein: Die 20 griechisch erhaltenen Jeremiahomilien ermöglichen zwar einen ausgiebigen und direkten (in diesem Fall nicht durch Übersetzungen in das Lateinische vermittelten) Einblick in die Predigttätigkeit des Origenes in Caesarea, machen diese aber doch nur zu einem Teil zugänglich. Einerseits war das historische Geschehen, das hinter ihnen steht, umfangreicher und komplexer als das, was davon Schrift und Text geworden ist, andererseits haben die Fährnisse der Überlieferung diesen Textbestand ihrerseits dezimiert.

3. Fragmente in den Katenen Spuren der Jeremiahomilien des Origenes haben sich in den frühbyzantinischen Katenen erhalten. Erich Klostermann hat 151 Stücke aufgelistet, die in einer wohl im 7./8. Jahrhundert verfassten Jeremiakatene (in der dieselben Texte aufgrund einer teilweise anderen Einteilung in Abschnitte als 139 Scholien gezählt sind) dem Origenes zugeschrieben werden.80 Zwei davon (Nr. 71 und 147) gehören Johannes Chrysostomus, eines (Nr. 104) Theodoret von Kyrrhos. Ein Stück (Nr. 129) stammt zwar von Origenes, doch nicht aus den Jeremiahomilien, sondern aus dem Brief an Julius Africanus. Da sich der größte Teil der Fragmente, die zu Jer. 1,1–20,12 gehören, Passagen aus den erhaltenen Homilien zuordnen lassen – 70 von 84 Nummern, so dass nur 14 neue Stücke bleiben, die sich zu elf Fragmenten zusammenfügen81  –, dürften alle Fragmente aus Homilien stammen, zumal von einer anderen Form, in der Origenes das Buch Jeremia ausgelegt hätte (Kommentar oder Scholien), nichts bekannt ist.

mir vor, die Aussage über den Fürsten von Tyrus (Ez. 28,12) zu erörtern, … und ordnen auch an, über Pharao, den König von Ägypten (Ez. 29,2), ein paar Dinge zu sagen.“ In Num. hom. 15,1 (GCS Orig. 7, 128) befolgte Origenes den Wunsch einiger Brüder, abweichend von der Leseordnung über die Prophetie Bileams zu predigen. 80 Klostermann, Überlieferung 32–50. 101–108; ders., GCS Orig. 3, xxiii–xxxiii. Siehe auch Faulhaber, Propheten-Catenen 103f. 81 Abgedruckt in GCS Orig. 32, 199–203. Von den weiteren Fragmenten sind sieben (Nr. 107–111 und 113f. = frg. 30–34 und 36f. in GCS Orig. 32, 214–218) über Jer. 27,23; 27,25; 27,27; 27,29 (zweimal); 28,7; 28,9 LXX mit Passagen in den beiden nur lateinisch erhaltenen Homilien korrelierbar.



Einleitung

Die Echtheit und die Zuverlässigkeit dieser Fragmente sind umstritten. Aus den Parallelen zwischen Homilien und Fragmenten ergibt sich, dass der Katenenschreiber nicht wörtlich zitiert, sondern den Text des Origenes zusammengefasst hat.82 Für die Textkonstitution nach kritischen Maßstäben sind die Katenenfragmente damit nur bedingt geeignet. Klostermann hat, von dieser Einschränkung abgesehen, in ihnen zwar echten Origenes gesehen,83 doch schon erkannt, dass einzelne Sätze offenbar vom Verfasser der Katene stammen, weil sich dazu keine Entsprechung in den zugehörigen Origeneshomilien findet. Der Katenenschreiber leitete mit solchen Einschüben wohl von einem Katenenauszug zu dem eines anderen Autors über.84 Nautin hingegen hat die Herkunft der Fragmente von Origenes grundsätzlich in Frage gestellt.85 Seine Argumentation stützte er auf die Fragmente zu Jer. 1,1–20,12. Wenn die elf Katenenfragmente, zu denen sich kein Pendant in den erhaltenen Homilien finden lässt, echt sind, müssten sie als Indiz dafür genommen werden, dass es über diesen Teil des Jeremiabuches einmal mehr Homilien von Origenes gegeben hat, als im Codex Scorialensis enthalten sind. Anhand von zwei Beispielen vermag Nautin indes in Frage zu stellen, dass diese Fragmente auf Origenes zurückgehen: Frg. 1 über Jer. 1,10 bietet eine ganz andere Auslegung als die in Homilie 1 dazu gebotene. In frg. 6 über Jer. 10,16 werden Aquila und Theodotion namentlich genannt, was Origenes in den Homilien – anders als in den Kommentaren – sonst nie tat, wenn er, immer anonym, auf die anderen Übersetzungen des Alten Testaments zu sprechen kam. Da es sich jedoch bei diesen Katenenfragmenten kaum einmal um wörtliche Zitate handelt, ist die Herkunft des exegetischen Inhalts dieser Fragmente damit noch nicht in Frage gestellt. Diese Texte gehen inhaltlich auf Origenes zurück, sind aber vom Katenenschreiber in unterschiedlich enger Anlehnung an den Wortlaut des Origenes formuliert worden.86 In der folgenden Übersicht sind die Jeremiaverse verzeichnet, zu denen in den Katenen dem Origenes zugeschriebene Fragmente existieren. Die selbstständigen Fragmente aus der Prophetenkatene (in der Tabelle die zweite bzw. dritte Spalte) sind wie in der GCS-Ausgabe als zusammengehörende Gruppe

82 83 84 85 86

Zwei Beispiele dafür bei Nautin, SC 232, 27–29. Übernommen von Dassmann, Jeremia 588f. Beispiele bei Klostermann, Überlieferung 40–47; ders., GCS Orig. 3, xxvi–xxvii. Nautin, SC 232, 29–32. Vgl. die Beobachtung von Klostermann, GCS Orig. 3, xxvii–xxviii: „Vergleicht man nun die einzelnen Fragmente in Bezug auf den durch sie bezeugten Origenestext mit den entsprechenden Homilien, so fällt auf, dass die an sich geschickten Paraphrasen der Gedanken des Origenes am Anfang der Katene seltener vorkommen und knapper gehalten sind, während im weiteren Verlauf die Excerpte häufiger und oft ganze Sätze des Originals im Wortlaut wiedergegeben werden.“



II. Der Text der Jeremiahomilien

unten abgedruckt und mit einer Übersetzung versehen.87 Der Text von Stücken, die zu Passagen aus den erhaltenen Homilien gehören, ist bei Delarue bzw. Klostermann im TU-Band zur Überlieferung der Jeremiahomilien zu finden.88 Jer. (LXX) Nr. dieser Eigenständige Stücke mit Nr. bei Delarue/ Parallelstelle in Ausgabe Stücke Parallelen Lommatzsch bzw. den Homilien in Homilien Klostermann 1,10 I 1 1,10 1,10 4 1,13.14 II 2,21 2,31.32 3,7 3,7 3,24.25 3,24.25 3,25 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5.6 4,7 5,3 5,5 5,6 III 21 5,18 7,21 IV 23 8,7 V 24 10,13 10,13

2 3

1 Kl 2 Kl

hom. 1,6.7 hom. 1,14–16

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

3 Del/Lo 3 Kl 3 Kl 5 Del/Lo 6 Del/Lo 4 Kl 5 Kl 6 Kl 7 Kl 8 Kl 9 Kl 10 Kl 11 Kl 12 Kl 13 Kl 14 Kl

hom. 2,1 hom. 3,2

22

15 Kl

hom. 7,1

25 26

10 Del/Lo 11 Del/Lo

hom. 8,3 hom. 8,4

hom. 4,4 hom. 4,1–5 hom. 5,5 hom. 5,6.7 hom. 5,8 hom. 5,11 hom. 5,12 hom. 5,13 hom. 5,14.15 hom. 5,16 hom. 5,16.17 hom. 6,2 hom. 6,3

87 Siehe unten S. 582–653. Nautin hat diese Fragmente wohl wegen seiner Zweifel an

ihrer Echtheit in der SC-Ausgabe nicht berücksichtigt, Schadel in seiner deutschen Übersetzung gleichfalls nicht. Smith, FaCh 97, 280–316, hingegen hat sie in seine englische Übersetzung aufgenommen. 88 Siehe Delarue, Origenis Opera omnia III, 287–320; Lommatzsch, Origenis Opera omnia XV, 421–480; Klostermann, Überlieferung 84–100. In der GCS-Ausgabe hat Klostermann diese Stücke nicht abgedruckt, sondern im Apparat an Ort und Stelle auf sie verwiesen, worauf wiederum an dieser Stelle verwiesen sei.



Einleitung

Jer. (LXX) Nr. dieser Eigenständige Stücke mit Nr. bei Delarue/ Parallelstelle in Ausgabe Stücke Parallelen Lommatzsch bzw. den Homilien in Homilien Klostermann 10,13 10,16 VI 28 11,4 11,5 11,6–8 11,9 11,10 11,11.12 VII 34 11,14(11) VIII 35 12,3 12,4 12,11–13 12,13 12,13 13,12 13,14 15,5 15,6–7 IX 46 47 15,8–9 X 48 49 15,10 15,11 15,12 15,13 15,14 15,15 15,16 15,16 15,17 15,17 15,18 16,16 16,16–17 16,19

27

12 Del/Lo

hom. 8,5

29 30 31 32 33

14 Del/Lo 15 Del/Lo 16 Del/Lo 17 Del/Lo 18 Del/Lo

hom. 9,2.3 hom. 9,3 hom. 9,4 hom. 9,4 hom. 9,4

36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

21 Del/Lo 22 Del/Lo 23 Del/Lo 24 Del/Lo 25 Del/Lo 26 Del/Lo 27 Del/Lo 28 Del/Lo 29 Del/Lo 30 Del/Lo

hom. 10,5 hom. 10,6 hom. 11,2 hom. 11,2.3 hom. 11,3 hom. 11,3 hom. 11,4 hom. 12,1.2 hom. 12,5 hom. 13,1

50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65

35 Del/Lo 36 Del/Lo 37 Del/Lo 38 Del/Lo 39 Del/Lo 40 Del/Lo 41 Del/Lo 42 Del/Lo 43 Del/Lo 44 Del/Lo 45 Del/Lo 46 Del/Lo 47 Del/Lo 48 Del/Lo 49 Del/Lo 50 Del/Lo

hom. 14,1–4 hom. 14,11 hom. 14,12 hom. 14,12 hom. 14,13 hom. 14,13.14 hom. 14,14 hom. 14,15 hom. 14,15 hom. 14,16 hom. 14,16 hom. 14,17.18 hom. 16,1.2 hom. 16,4 hom. 16,4 hom. 16,8–9

II. Der Text der Jeremiahomilien



Jer. (LXX) Nr. dieser Eigenständige Stücke mit Nr. bei Delarue/ Parallelstelle in Ausgabe Stücke Parallelen Lommatzsch bzw. den Homilien in Homilien Klostermann 17,5 17,11 17,12 17,13 17,14 17,24–27 XI 72 73 18,3.4 18,5.6 18,9 18,9 18,11 18,12 18,15 18,15 18,15 20,8 20,9 20,12 22,13 XII 86 22,14–17 XIII 87 88 22,24–26 XIV 89 23,16 XV 90 23,19.20 XVI 91 23,23.24 XVII 92 23,24 XVIII 93 23,28.29 XIX 94 95 23,28.29 XX 23,30 XXI 96 24,1–3 XXII 97 24,6 XXIII 98 25,14 XXIV 99 25,14–16 XXV 100 101 27,16 XXVI 102

66 67 68 69 7089 16 Kl 17 Kl 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

51 Del/Lo 52 Del/Lo 53 Del/Lo 54 Del/Lo 55 Del/Lo

hom. 15,6 hom. 17,1–3 hom. 17,4 hom. 17,4 hom. 17,5.6

18 Kl 19 Kl 20 Kl 21 Kl 22 Kl 23 Kl 24 Kl 25 Kl 26 Kl 27 Kl 28 Kl 29 Kl

hom. 18,1–3 hom. 18,4 hom. 18,5 hom. 18,6 hom. 18,7.8 hom. 18,8 hom. 18,9 hom. 18,10 hom. 18,10 hom. 20,7 hom. 20,8 hom. 20,9

89 Nr.  71 ist nicht aufgeführt, weil das Fragment von Johannes Chrysostomus stammt.



Einleitung

Jer. (LXX) Nr. dieser Eigenständige Stücke mit Nr. bei Delarue/ Parallelstelle in Ausgabe Stücke Parallelen Lommatzsch bzw. den Homilien in Homilien Klostermann 27,16 XXVII 10390 27,17 XXVIII 105 27,17–19 XXIX 106 27,23 XXX 107 27,25 XXXI 108 109 27,28 XXXII 110 27,29 XXXIII 27,29–32 XXXIV 111 112 28,8 XXXV 113 28,7 XXXVI 28,9–10 XXXVII 114 115 28,11.12 XXXVIII 28,17–20 XXXIX 116 117 28,21–24 XL 28,25.26 XLI 118 28,27 XLII 119 28,29 XLIII 120 28,30–33 XLIV 121 31,12–17 XLV 122 31,25 XLVI 123 31,26–28 XLVII 124 36,4–6 XLVIII 125 126 127 36,8 XLIX 36,21 L 12891 37,17.18 LI 130 37,21.23. 24 LII 131

hom. Lat. 1,1 hom. Lat. 1,3 hom. Lat. 1,6 hom. Lat. 1,6 hom. Lat. 1,6 hom. Lat. 2,11 hom. Lat. 2,9–7 hom. Lat. 2,12

90 Nr.  104 ist nicht aufgeführt, weil das Fragment von Theodoret von Kyrrhos stammt. 91 Nr.  129 (= Nr. 30 Kl) stammt aus dem Brief des Origenes an Julius Africanus: epist.

Afric. 11. 12 (SC 302, 538. 540). Die Aufnahme dieser beiden Passagen in zwei Katenenhandschriften (deren Text ist abgedruckt in GCS Orig. 32, 224 app. crit.) erklärt sich daraus, dass Origenes darin die Auskunft eines gebildeten „Hebräers“ mitteilt, nach der die beiden Alten in der Susanna-Erzählung mit den in Jer. 36(29),21–23 genannten Zidkija und Ahab zu identifizieren seien, die der babylonische König für ihre Ehebrüche mit israelitischen Frauen im Feuer habe rösten lassen. Siehe zu dieser Tradition auch Hieronymus, in Dan. [IV] 13,5a (CChr.SL 75A, 945); in Hier. V 67,3–7 (CChr.SL 74, 284f.). Zu der kaum lösbaren Frage, wer unter diesem „Hebräer“ zu verstehen sei, siehe de Lange, SC 302, 538 Anm. 2, und Fürst/Hengstermann, OWD 10, 13.

II. Der Text der Jeremiahomilien



Jer. (LXX) Nr. dieser Eigenständige Stücke mit Nr. bei Delarue/ Parallelstelle in Ausgabe Stücke Parallelen Lommatzsch bzw. den Homilien in Homilien Klostermann 38,9 LIII 132 38,10.11 LIV 133 38,16 LV 134 38,16–18 LVI 135 136 38,18–20 LVII 38,23.24 LVIII 137 38,35.37 LIX 138 39,7.8 39,10.11 LX 139 39,14.16 LXI 140 39,17 LXII 141 45,4.5 LXIII 142 45,19.20 LXIV 143 45,22.25 LXV 14492 47,4.5 LXVI 14593 48,2 LXVII 146 51,21.22 LXVIII 148 51,22 LXIX 149 51,32–35 LXX 150 51,35 LXXI 151

4. Die lateinische Übersetzung des Hieronymus In den Jahren 380/81 übersetzte Hieronymus während seines Aufenthalts in Konstantinopel 14 Homilien des Origenes über das Buch Jeremia zusammen mit ebenso vielen über das Buch Ezechiel in das Lateinische.94 Aufgrund dieser Übersetzung, die in zahlreichen Handschriften Verbreitung fand, war dem lateinischen Abendland die Existenz von Jeremiahomilien des Origenes immer bekannt, wie Cassiodor und, von diesem abhängig, Hrabanus Maurus

92 Zur unsicheren Zuschreibung der Fragmente 65–68 (Nr. 144–148) an Origenes siehe

unten S. 648 Anm. 156. – Nr. 147 ist nicht aufgeführt, weil das Fragment von Johannes Chrysostomus stammt. 93 In einem Codex (Laurentianus XI,4 saec. XI, fol. 252r) folgt darauf noch ein Fragment (vgl. GCS Orig. 32, 230 app. crit.), das Origenes zugeschrieben ist: „Genießt die Güter Friedens bringt Gott, dem Spender, die Erstlingsfrüchte dar.“ 94 Hieronymus, in Hiez. hom. prol. (GCS Orig. 8, 318); vir. ill. 135,2 (p. 230 Ceresa-​ Gastaldo).



Einleitung

bezeugen.95 Dieser Übersetzung des Hieronymus kommt aus zwei Gründen ein nicht geringer, jedoch vorsichtig zu handhabender textkritischer Wert zu. Erstens: Im Vorwort zu den Ezechielhomilien hat Hieronymus nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich sowohl bei der Übertragung der Jeremia- als auch der Ezechielhomilien eng an Wortlaut und Stil des Originals gehalten hat: „Deshalb habe ich nach den vierzehn Homilien zu Jeremia, die ich unlängst, ohne mich an ihre Reihenfolge zu halten, übersetzt habe, auch diese vierzehn zu Ezechiel mit Unterbrechungen diktiert. Dabei habe ich sorgfältig darauf geachtet, den charakteristischen Stil des oben genannten Mannes (sc. Origenes) und die Schlichtheit seiner Sprache, die den Kirchen einzig von Nutzen ist, auch in der Übersetzung zum Ausdruck zu bringen und jedweden rhetorischen Prunk zu meiden; die Inhalte sollen zur Geltung kommen, nicht die Worte!“96 Ein Vergleich zwischen den griechischen und lateinischen Jeremiahomilien hat ergeben, dass Hieronymus sie in der Tat sehr getreu und zuverlässig übersetzt hat.97 An lediglich einer Stelle hat er den Text des Origenes aus dogmatischen Gründen ergänzt. Origenes hatte in einer Predigt gesagt: ἡμεῖς δὲ ἕνα οἴδαμεν θεὸν καὶ τότε καὶ νῦν, ἕνα Χριστὸν καὶ τότε καὶ νῦν. Hieronymus übersetzte korrekt: nos unum nouimus deum et in praeterito et in praesenti, unum Christum, et tunc et modo similiter, ergänzte dazu jedoch: et unum spiritum sanctum, cum patre et filio sempiternum – „Wir kennen nur einen Gott, damals wie jetzt, einen Christus, ebenfalls damals wie jetzt, und einen Heiligen Geist, der zusammen mit dem Vater und dem Sohn ewig ist.“98 Hinter dieser Ergänzung steht die dogmengeschichtliche Entwicklung der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts, in deren Verlauf die Gottheit des Heiligen Geistes betont und explizit in das nizänisch-homousianische Bekenntnis zur Trinität eingefügt wurde.99 Hieronymus hat die Aussage des Origenes an die trinitätstheologischen Standards seiner Gegenwart angepasst. Während sich in den ebenfalls von Hieronymus übersetzten Jesajahomilien des Origenes an trinitätstheologisch relevanten Stellen mehrere Beispiele für solche Textänderungen nachweisen lassen,100 ist die vorgeführte Stelle in den Jeremiahomilien der einzige Fall eines solchen Eingriffs. Seine Übersetzung vermittelt damit grundsätzlich ein durchaus verlässliches lateinisches Abbild des griechischen Textes. 95 96 97 98

Siehe oben S. 10f. In Hiez. hom. prol. (GCS Orig. 8, 318). Übersetzung: Fürst, Hieronymus 315. Peri, Passi sulla Trinità 157–164. Origenes, in Hier. hom. 9,1 (GCS Orig. 32, 64 mit app. crit.) bzw. 6,1 in der Übersetzung des Hieronymus (PL 25, 633): Klostermann, Überlieferung 27; Peri, ebd. 161; Nautin, SC 232, 40. 99 Zahlreiche wichtige Texte dazu bei Peri, ebd. 170–176. 100 Siehe dazu Fürst, Hieronymus gegen Origenes 220–224; Fürst/Hengstermann, OWD 10, 171–176.

II. Der Text der Jeremiahomilien



Allerdings hat Hieronymus sich beim Übersetzen doch einige Freiheiten erlaubt. Einerseits wollte er in seinen Übertragungen griechischer exegetischer Werke bei aller Treue zur Vorlage elegantes Latein bieten, andererseits war ihm klar, dass eine wortwörtliche Wiedergabe, vom schlechten Stil abgesehen, absurd klingen kann.101 So erklären sich Abweichungen vom gänzlich unliterarischen Stil des Origenes, wie er vor allem in seinen improvisierten Predigten zu beobachten ist, durch Umschreibungen, Verkürzungen oder Einschübe, die dem Leser der lateinischen Welt das Verständnis des Griechen Origenes erleichtern sollten. Dazu kommt die Neigung des Literaten Hieronymus, der über ein außergewöhnliches Sprachtalent und Stilgefühl verfügte, zur Steigerung oder Übertreibung des Ausdrucks, zum Ausmalen von Bildern und zu gelehrten Zusätzen. In der Übersetzung der Jeremiahomilien sind dafür etliche Beispiele zu finden.102 Der lateinische Text des Hieronymus hat daher einen textkritischen Wert für die Konstitution des griechischen Textes der Jeremiahomilien, doch ist er mit Umsicht heranzuziehen. Bei diffizilen Textproblemen ist er wenig hilfreich, weil er sprachliche Schwierigkeiten eher mit einer eleganten Wendung vertuscht als wortgetreu wiedergegeben haben dürfte.103 Zweitens: Obwohl der lateinische Text der von Hieronymus übersetzten Jesaja-, Jeremia- und Ezechielhomilien in Dutzenden von Handschriften überliefert ist,104 befindet er sich doch in einem viel schlechteren Zustand als der Text der übrigen, in Übersetzungen Rufins erhaltenen Origenespredigten zum Alten Testament, weil schon die Vorlage, auf die sämtliche Handschriften zurückgehen, offenbar sehr korrupt war.105 Bei den Jeremiahomilien ist die Situation allerdings dadurch deutlich besser, dass Hrabanus Maurus in seinem Jeremiakommentar den lateinischen Text der Origeneshomilien gut zur Hälfte ausgeschrieben hat und diese Sekundärüberlieferung sowohl einen dem Griechischen näherstehenden Text bietet als auch weniger verderbt ist.106 Aufgrund dieser günstigeren Überlieferungslage können die lateinischen Jeremiahomilien also durchaus für die Konstituierung des griechischen Textes herangezogen werden. Jedoch mangelt es bislang an einer textkritischen Edition aller 14 Homilien. Wilhelm Adolf Baehrens hat im Zuge seiner

101 Zu den Übersetzungsprinzipien des Hieronymus siehe Fürst, Hieronymus 92–95. 102 Siehe die von Klostermann, Überlieferung 23–31, bzw. ders., GCS Orig. 3, xix–xxii,

vorgeführten Stellen. 103 So zu Recht Schadel, BGrL 10, 8. 104 Lambert, Bibliotheca II, 93–98 Nr. 209 (Jesajahomilien). 111–117 Nr. 212 (Jeremia­

homilien). 131–137 Nr. 214 (Ezechielhomilien). 105 Siehe dafür Baehrens, Origeneshomilien 207–231; ders., GCS Orig. 8, xxviii–xxxv. 106 Klostermann, GCS Orig. 3, xvii–xix; Baehrens, Origeneshomilien 207. Zum Je-

remiakommentar des Hrabanus Maurus liegt nur die in PL 111, Paris 1852, 793–1272 abgedruckte Ausgabe von Georg Colvenerius, Köln 1617, vor.

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Einleitung

Herausgabe der lateinisch überlieferten Predigten des Origenes zum Alten Testament in den „Griechischen Christlichen Schriftstellern der ersten drei Jahrhunderte“ lediglich die beiden nicht auf Griechisch vorliegenden lateinischen Jeremiahomilien ediert.107 Die anderen zwölf Homilien stehen tief im Schatten ihrer griechischen Originale und harren in der „­cloaca illa maxima Migneana“, wie Eduard Schwartz die Nachdrucke ­Mignes schimpfte,108 in deren lateinischer Serie die zweite Edition Domenico Vallarsis (Venedig 1766–1772) abgedruckt ist (PL 25, 585–692 bzw. 611–724 in der Zweitausgabe), nach wie vor ihrer kritischen Edition. Solange keine solide Ausgabe dieser Homilien vorliegt, bleibt ihr Wert für den Text der griechischen Jeremiahomilien begrenzt.

5. Die neuzeitliche Entdeckung und Edition der griechischen Jeremiahomilien Die Entdeckung der griechischen Homilien des Origenes über das Buch Jeremia in der Frühen Neuzeit ist ein Lehrstück für das Schicksal der Schriften des von seiner Kirche als Ketzer verfemten Alexandriners. Seine griechischen Werke wurden zerfetzt und unterdrückt, so dass von seinem riesigen Nachlass in der Bibliothek von Caesarea nur ein Teil die Jahrhunderte überdauert hat – ein Teil, der freilich immer noch ansehnlich ist. Lediglich die lateinischen Übersetzungen, die dem Einflussbereich der byzantinischen Zensur entzogen waren, liegen, geschützt durch die angesehenen Namen des Hieronymus und des Rufinus, in teilweise sogar breiter Überlieferung vor (wobei allerdings nicht allein schon die Quantität der Handschriften die Qualität des Textes garantiert). Griechische Texte hingegen haben oft nur durch das Nadelöhr einer einzigen Handschrift, und das heißt: durch reinen Zufall die Zeiten überdauert, doch auch dann nicht unbedingt separat, sondern anonym, „unter dem Schutze der Namenlosigkeit“,109 und versteckt zwischen Werken „ehrbarer“ Kirchenväter.110 So verhält es sich auch im Falle der Jeremiahomilien, denn die zweite Handschrift, die ihren griechischen Text enthält (Vaticanus graec. 623, p. 281– 475), ist eine direkte Abschrift des Codex Scorialensis. Dieser Pergament­ kodex aus dem 11./12. Jahrhundert befindet sich seit 1576 im Eskorial in Madrid (Scorialensis Ω-III-19, fol. 208v–326v). Der spanische Diplomat, Gelehrte 107 Baehrens, GCS Orig. 8, 290–317. Diese Fassung ist in der vorliegenden Ausgabe

unten S. 526–571 (in umgekehrter Reihenfolge) abgedruckt. 108 E. Schwartz, ACO I/1,1, Berlin/Leipzig 1927–1930, xviiii. 109 Klostermann, Überlieferung 17, bzw. ders., GCS Orig. 3, xii. 110 Schadel, BGrL 10, 7.

II. Der Text der Jeremiahomilien

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und Dichter Don Diego Hurtado de Mendoza (1503–1575) hat ihn vermutlich in Venedig, wo Hurtado de Mendoza seit etwa 1530 ungefähr zwanzig Jahre lang als Botschafter Kaiser Karls V. tätig war, erworben und zusammen mit seiner wertvollen Sammlung seltener griechischer Handschriften kurz vor seinem Tod der Bibliothek des Eskorial vermacht (und diese damit wesentlich mit begründet).111 Die Geschichte der Entdeckung dieser beiden Handschriften wirft ein Schlaglicht auf das Schicksal origeneischer Werke.112 Als erstes wurde im Jahre 1623 die vatikanische Handschrift entdeckt und publiziert, und zwar von Michael Ghislieri (Ghislerius, 1563–1646), einem Regularkleriker im Konvent St. Silvester auf dem Quirinal in Rom und bekannten Exegeten seiner Zeit.113 Der Codex Vaticanus graecus 623, eine Papierhandschrift des 16. Jahrhunderts,114 enthält nach Theodorets Kommentar zum Buch Ezechiel (p. 1–274) zwanzig Homilien (p. 281–510; p. 275–280 sind leer) ohne Überschrift und ohne Verfasserangabe. Am Rand steht jedoch von einer späteren Hand die Notiz ὠριγένους, „von Origenes“. Als Ghislieri dieses Manuskript entdeckte, erkannte er bei der Durchsicht voll freudiger Überraschung, dass es sich um Homilien des Origenes zum Buch Jeremia handelt: „Denique cum item in Vaticana Bibliotheca speciali (ut vere fatear) Dei providentia, quidam in manus meas incidisset Codex alius Graecus, illoque intrinsecus celeri oculorum intuitu perlustrato, viginti in ipso manuscriptas vidissem homilias Origenis super Jeremiam, vix effari possum quanto exinde perfusus sim gaudio ob pretiosissimi eius thesauri inventionem.“115 Ghislieri verglich den Text mit der lateinischen Übersetzung des Hieronymus und stellte fest, dass acht von ihnen lateinisch nicht bezeugt sind. Diese acht Homilien veröffentlichte er beziehungsweise Leon Allatios 111 Zu Hurtado de Mendoza und seiner Sammlertätigkeit siehe Graux, Origines du

Fonds Grec de l’Escurial 163–195. Zu den Origenestexten in seiner Sammlung gehörte auch die Apologie gegen Kelsos (als Nr. 94 in seinem Katalog unter dem Titel „Origenis contra Delium libri 8“, die Abschrift eines Codex in Venedig: Graux, ebd. 225f. 249. 366; „Delium“ ist eine Verschreibung für „Celsum“: ebd. 218), die Philokalie (als Nr. 95: ebd. 366) und der Brief des Julius Africanus an Origenes mit dessen Antwort (als Nr. 118: „Africani ad Origenem epistola, Origenis responsio: De historia Suzannae“: ebd. 368). 112 Siehe für das Folgende Klostermann, Überlieferung 10–19; ders., GCS Orig. 3, xi– xvi. xxxiii–xxxviii; Schadel, ebd. 9f.; ferner Fürst, Klassiker und Ketzer 225–228. 113 Michaelis Ghislerii Romani ex clericis regularibus in Jeremiam Prophetam commentarii, item in Baruch, et breves D. Io. Chrysost. in Jeremiam explanationes, et octo Origenis homiliae, quae omnia nunc primum in lucem emittuntur,Tomi III, Lugduni A. D. MDCXXIII (Lyon 1623). Die Origeneshomilien befinden sich im dritten Band. Zu Ghislerius siehe B. Mas, in: DSp 6 (1967) 350f., zu seiner Arbeitsweise im Jeremiakommentar Faulhaber, Propheten-Catenen 89–92. 114 Die Angabe „saec. XV“ bei Klostermann, Überlieferung 15, ist ein Druckfehler. 115 Ghislieri in der praefatio seiner Ausgabe VII, 4, zitiert aus Klostermann, ebd. 11 Anm. 3.

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Einleitung

(1586/88–1669), den er mit dieser Aufgabe betraute,116 zusammen mit einer lateinischen Übersetzung in einem riesigen dreibändigen Jeremiakommentar stückweise an den geeigneten Stellen, und zwar die Homilien 3, 5, 6, 7, 15, 18 und 19 (letztere beiden nach alter Zählung; neu also die Homilien 18, 19 und 20), dazu die zwanzigste Homilie in der Handschrift (p. 475–510 unter der Überschrift: ὁμιλία εἰκοστή). Zwar bezweifelte er deren Zugehörigkeit zu den Jeremiahomilien, doch stellte er erst nach der Drucklegung fest, dass diese Homilie nicht dem Origenes gehört, sondern es sich um die Schrift Τίς ὁ σωζόμενος πλούσιος; – „Welcher Reiche wird gerettet werden?“ des Clemens von Alexandria handelt, die damit gleichfalls entdeckt war.117 Auch die schwer lesbare – freilich nicht ganz so schwer, wie die frühen Editoren behauptet haben – und arg fehlerhafte Pergamenthandschrift aus dem 11./12. Jahrhundert, die der belgische Jesuit Balthasar Cordier (Corderius, 1582–1650) einige Jahre darauf im Eskorial in Madrid entdeckte, Codex Scorialensis Ω-III-19 in 4o, enthielt dieselben 20 Homilien ohne den Namen ihres Verfassers (fol. 208v–326v die 19 Homilien des Origenes über das Buch Jeremia unter der einfachen Überschrift ἱερεμίας, fol. 326v–345r118 die Schrift des Clemens unter dem Titel ὁμιλία). Weil der erste Teil der Handschrift ausschließlich Werke des Kyrill von Alexandria enthält, nämlich dessen Kommentare zu den Propheten Jesaja (fol. 1r–90r), Daniel (90r–129r) und Ezechiel (129v–208r), und weil auf dem Vorlegeblatt der Handschrift auch die Jeremiahomilien dem Kyrill zugeschrieben sind,119 schrieb Cordier die (nach alter Zählung) 19 Jeremiahomilien in rund drei Wochen ab und gab sie – ohne die zwanzigste, weil er wohl erkannte, dass sie mit den anderen nichts zu tun hat – im Jahre 1648 unter dem Namen Kyrills heraus.120 Erst Pierre-­Daniel

116 Siehe dafür Cerbu, Allatius lecteur d’Origène 214. 216f. – Zu Allatios siehe Th. Papa­

dopoullos, in: LThK3 1 (1993) 399f. 117 Siehe die Bemerkungen von O. Stählin/L. Früchtel/U. Treu, GCS Clem. Al. 32,

Berlin 1970, x–xi, zur Überlieferung der Schrift. 118 „Die Handschrift enthält 344 einkolumnig beschriebene Blätter, doch sind an ihrem

oberen Rande durch versehentliches Überspringen der Ziffer 277 im Ganzen 345 Blätter gezählt worden“: Klostermann, GCS Orig. 3, xi. 119 Auch im Katalog der griechischen Handschriften des Hurtado de Mendoza, der zwar nicht im Original, jedoch in einer gekürzten Fassung erhalten ist, stehen diese Homilien gewissermaßen unidentifizierbar unter dem Namen Kyrills, und zwar unter Nr. 5: „Cyrilli interpretatio in Isaiam, Danielem, cum aliquot homiliis (magnum volumen)“, zitiert aus Graux, Origines du Fonds Grec de l’Escurial 360; vgl. ebd. 254f. unter Nr. 40, Ω-III-19: „19 hom. sur Jérém.“ 120 S. P. N. Cyrilli Archiepiscopi Alexandrini homiliae XIX in Jeremiam prophetam hactenus ineditae, ac nunc demum ex antiquissimo codice m. s. Regiae Bibliothecae Scorialensis descriptae et latinitate donatae a Balthasare Corderio Antuerpiensi, Soc. Jesu Theologo, Antverpiae MDCXLVIII (Antwerpen 1648). Zu Cordier siehe P. Broutin, in: DSp 2 (1953) 2322f.

II. Der Text der Jeremiahomilien



Huet (1630–1721) deckte den Irrtum Cordiers auf.121 Eine spätere Hand wohl des 18. Jahrhunderts trug in den Codex Scorialensis den Vermerk ein, dass die darin enthaltenen Jeremiahomilien nicht dem Kyrill gehören, wie Cordier irrtümlich verbreitet hatte, sondern dem Origenes, und notierte zum Text mehrmals die Seiten der Ausgabe Ghislieris.122 Auf diesen Ersteditionen der beiden Handschriften beruhten die Ausgaben der Jeremiahomilien im Rahmen von Gesamtausgaben der Werke des Origenes von Pierre-Daniel Huet (Rouen 1668)123 sowie die ihm weitgehend folgenden des Mauriners Charles Delarue (Bd. 3, Paris 1740), der Huets Text mit einer Paragrapheneinteilung versah, sowie des Wittenberger Professors Karl Heinrich Eduard Lommatzsch (Bd. 15, Berlin 1843) und des französischen Verlegers Jacques-Paul Migne (PG 13, Paris 1857), die Delarues Text abdruckten. Ohne die Manuskripte eigens einzusehen, erschienen in ihnen die (nach alter Zählung) sieben aus beiden Handschriften abgedruckten Homilien mit einem Text, der zwischen den Drucken Ghislieris und Cordiers hin und her schwankt, während die anderen zwölf Homilien nur nach Cordier wiedergegeben wurden, an manchen Stellen freilich glücklich emendiert nach der lateinischen Übersetzung. Erst Ende des 19. Jahrhunderts brachte die textkritische Untersuchung der beiden Handschriften anhand der Homilie des Clemens den Nachweis, dass der Codex Vaticanus direkt aus dem Codex Scorialensis abgeschrieben ist; die Kopie wurde in Rom angefertigt und ausweislich der erhaltenen Quittung am 25. März 1551 bezahlt.124 Als Quelle für den griechischen Text der Jeremiahomilien des Origenes steht daher nur ein Codex zur Verfügung. Auf dieser Basis hat Erich Klostermann in den „Griechischen Christlichen Schriftstellern der ersten drei Jahrhunderte“ die griechischen Homilien samt den selbstständigen Katenenfragmenten kritisch ediert (GCS 6 = Orig. 3, Leipzig 1901, 1–232) und den Text, versehen mit einer neuen Paragraphenzählung, an zahlreichen Stellen anhand der Übersetzung des Hieronymus korrigiert; Klostermann kollationierte den Text nicht selbst, benutzte jedoch eine Photographie.125 Diese Ausgabe wurde 1957 ohne kritischen Apparat in

121 Huet, Origeniana III 2,3,9 (p. 250, abgedruckt in PG 17, 1220). 122 Die detaillierten Angaben dazu bei Klostermann, Überlieferung 13 Anm. 1. 123 Huet, Commentaria 125–276 (Nachdruck Köln 1685, pars prior, 53–202, dazu die

„Observationes et Notae“ ebd. 10–22). 124 Siehe dazu J. Gribomont, in: RBen 87 (1977) 396f., in seiner Rezension zum ersten

Band der Ausgabe der Jeremiahomilien in den „Sources Chrétiennes“, mit Bezug auf Canart, Les manuscrits copiés 184. 125 Klostermann selbst hat die 10. Homilie erneut publiziert und dabei Textänderungen vorgeschlagen: Ausgewählte Predigten, Bd. 1 (KlT 4), Bonn 1903 (21914, 2–15).

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Einleitung

Griechenland nachgedruckt.126 In einem Anhang der von Pierre Nautin besorgten zweiten Auflage der GCS-Ausgabe 1983127 sind die Änderungen und Ergänzungen vermerkt, die Nautin in seiner Neuedition für die „Sources Chrétiennes“ (SC 232 und 238, Paris 1976 und 1977) am Text Klostermanns vorgenommen hat. Insbesondere folgte Nautin wieder enger dem Codex Scorialensis und machte Korrekturen an dessen Text anhand der lateinischen Übersetzung oft rückgängig. Aufgrund der äußerst schmalen handschriftlichen Basis der Überlieferung des griechischen Textes der Jeremiahomilien ist, von glücklichen Konjekturen abgesehen, keine weitere Verbesserung des Textes zu erwarten. Über den vom Codex Scorialensis gebotenen Text hinaus stellt sich lediglich die Frage, welcher textkritische Wert der lateinischen Übersetzung des Hieronymus zuzuerkennen ist. Die Ausgaben von Klostermann und Nautin repräsentieren tendenziell die beiden möglichen Antworten auf diese Frage, die nicht generell zu entscheiden, sondern anhand der jeweiligen Textstelle zu erörtern ist. Die vorliegende zwei- bzw. dreisprachige Ausgabe bietet im Wesentlichen den Text Klostermanns128 unter Berücksichtigung der von Nautin vorgeschlagenen Änderungen. Da jedoch mal diesem, mal jenem (meist Klostermann) der Vorzug gegeben wird, wird hier ein zum Teil neuer Text geboten. Die Ausgabe weist daher zusätzlich einen schmalen kritischen Apparat auf, in dem die Abweichungen vom Codex Scorialensis notiert sind. Da Hieronymus als grundsätzlich zuverlässiger Übersetzer gelten kann, ist seine lateinische Fassung für den griechischen Wortlaut durchaus relevant, zumal in Passagen, die im Codex Scorialensis offensichtlich verderbt oder zweifelhaft sind. Wenn ein Eingriff in den Text von allen folgenden Editoren akzeptiert worden ist, wird nur derjenige Bearbeiter genannt, der ihn als erster vorgenommen hat. Ist eine Änderung strittig, wird notiert, wer welche Textfassung vertritt. Komplexe und strittige Fälle werden jeweils an Ort und Stelle in einer Fußnote diskutiert. Die Kennzeichnung von Zitaten ist insofern vereinfacht und stringenter gemacht worden, als lediglich wörtliche Zitate durch doppelte Anführungszeichen als solche kenntlich gemacht sind, während auf die Auszeichnung von Anspielungen und Paraphrasen durch einfache Anführungszeichen verzichtet wurde.129 Die Jeremiahomilien des Origenes sind im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts in die wichtigsten modernen Wissenschaftssprachen übersetzt wor126 ΩΡΙΓΕΝΗΣ (ΜΕΡΟΣ Γ’), hg. von der Apostolischen Diakonie der Griechischen Kir-

che (Bibliothek der griechischen Väter und Kirchenschriftsteller 11), Athen 1957, 9–153. 127 Nautin, GCS Orig. 32, 356–364. 128 Mit Einarbeitung der „Nachträge und Berichtigungen“ in GCS Orig. 3, 348–351. 129 Siehe schon Klostermann, GCS Orig. 3, xxxvii, zur Inkonsistenz dieses zweifachen Systems.

II. Der Text der Jeremiahomilien

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den: in das Französische (Pierre Nautin, SC 232. 238, Paris 1976. 1977), Deutsche (Erwin Schadel, BGrL 10, Stuttgart 1980, ohne die beiden nur lateinisch überlieferten Homilien),130 Italienische (Luciana Mortari, CTePa 123, Rom 1995, ohne die Fragmente aus der Philokalie), Englische (John Clark Smith, FaCh 97, Washington D. C. 1998) – in dieser Übersetzung sind neben den Fragmenten aus der Philokalie auch die aus den Katenen berücksichtigt – und Spanische (J. R. Díaz Sánchez-Cid, Biblioteca de Patrística 72, Madrid 2007). Eine neue deutsche Übersetzung ist nicht zuletzt deshalb angezeigt, weil die Übersetzung von Erwin Schadel bei allen Verdiensten, die ihr zukommen, aufgrund – sit venia opprobrio – ihrer merkwürdigen idiosynkratischen Eigenheiten, allen voran der Wiedergabe von λόγος mit dem Unwort „Wortgrund“, sprachlich oft nur schwer erträglich, ohne Beiziehung des griechischen Textes kaum verständlich und des öfteren auch falsch ist (trotz vieler gelungener Wendungen, was auch nicht verschwiegen sein soll). Zudem hat Schadels nicht selten gewaltsame Beziehung der Gedanken und Aussagen des Origenes auf einen „triadischen Grundrhythmus“ bzw. eine „krypto-triadische Struktur des origeneischen Denkens“131 nicht unbedingt zu einer sachgemäßen theologischen Erschließung dieser Homilien beigetragen, obwohl eine solche Schadels erklärtes Ziel war. Demgegenüber versucht die vorliegende, an der Zielsprache orientierte Übersetzung, für die Horacio Lona eine Rohübersetzung angefertigt hat, den griechischen bzw. lateinischen Text inhaltlich präzise und so eng am Wortlaut wie möglich in ein gut lesbares Deutsch zu bringen.132 Dabei ist dezidiert berücksichtigt worden, dass es sich um Predigten handelt, die mitgeschrieben und in dieser Form, das heißt ohne stilistische Überarbeitung, publiziert worden sind. Die originale Mündlichkeit ist in diesem Text auf Schritt und Tritt greifbar. Entsprechend wurde versucht, diese sprachliche Eigenheit des Textes in der Übersetzung präsent zu halten, also Wendungen zu finden, wie sie für gesprochene Sprache typisch sind. Vor allem längere Passagen nicht nur im Griechischen, sondern auch im Deutschen erschließen sich daher besser, wenn man den Text laut liest und ihm dabei in Rhythmus, Betonung 130 Im 19. Jahrhundert waren lediglich zwei sehr schmale Auswahlübersetzungen in das

Deutsche angefertigt worden: Pelt/Rheinwald, Homilieensammlung (sic!) 9–17, bieten eher paraphrasierende Wiedergaben der Homilien 15 und 16; Winter, Origenes und die Predigt 68–85, übersetzte ebenfalls die Homilien 15 und 16 und das Fragment aus Homilie 39. Siehe dazu die genauen Angaben bei Schadel, BGrL 10, 10 Anm. 27. 131 Schadel, ebd. ix, programmatisch im Vorwort. 132 Für die Erläuterungen in den Fußnoten sind die Hinweise in den Ausgaben von Klostermann und Nautin mit großem Gewinn herangezogen worden, worauf hier summarisch unter expliziter Anerkennung ihrer Verdienste hingewiesen sei, ohne sie jeweils an Ort und Stelle immer wieder neu zu nennen. Ohnehin geht die Kommentierung in diesem Band weit darüber hinaus.

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Einleitung

und Pausen einen Duktus gibt, der frei formulierter Rede entspricht (zum Beispiel also mit Einschüben, Ergänzungen, Verdoppelungen eines Wortes oder einer Junktur arbeitet, um danach mit dem begonnenen Satz fortzufahren). Die Jeremiahomilien des Origenes sind – wie nahezu alle seine aus dem Stegreif diktierten Texte – ein Musterbeispiel für zu Schriftlichkeit geronnener Mündlichkeit und beziehen daraus wider alle Schwierigkeiten, die der Text deshalb bereitet, nicht wenig von ihrem Reiz. Wenn dieser in der Übersetzung nicht ganz verlorengegangen ist, dann hat sie – neben der sachlichen Richtigkeit – eines ihrer Hauptziele erreicht. Texte von Origenes sind nicht unbedingt schön im literarischen Sinne, aber gehaltvoll und nur selten langweilig.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien Wie in den Predigten des Origenes üblich, werden in einzelnen Aussagen in den Jeremiahomilien viele Aspekte seiner Theologie angetippt, die im Hintergrund der jeweiligen Auslegung stehen und ihr spezifisches Profil mitformen, aber nicht eigens angesprochen oder ausgeführt werden. In den Anmerkungen zur Übersetzung ist auf solche Hintergründe und Zusammenhänge jeweils an Ort und Stelle hingewiesen.133 Dazu gibt es allerdings auch eine Reihe von durchgängigen Eigenheiten, die für diese Predigten charakteristisch sind. Sie fallen besonders dann ins Auge, wenn man sich Seite für Seite durch sie hindurcharbeitet, weil sie immer wieder begegnen. Dazu kommen thematische Zusammenhänge, die nicht nur anklingen, sondern das Thema der Ausführungen sind. Zu beiden Aspekten, thematischen Zusammenhängen und durchgängigen Eigenheiten, seien im Folgenden ein paar Erläuterungen festgehalten.

1. Christentum und Judentum in Caesarea a) Der Antijudaismus des Origenes Ein auffälliges Merkmal der Jeremiahomilien sind die zahlreichen antijüdischen Bemerkungen, die Origenes immer wieder in die Auslegung einfließen ließ. Ein Anlass dafür waren gewiss die vielen Drohungen gegen das Volk Israel, die im Buch Jeremia zu lesen sind. Im Blick auf das erhaltene Predigtcorpus enthält die erste Hälfte des kommentierten Jeremiatextes eine einzige große Gerichts- und Unheilsdrohung gegen Israel und Juda (Jer. 2,1–6,30), die eine Konsequenz ihrer Untreue gegen Gott ist (Jer. 7,2–9,26) und in eine vorweggenommene Totenklage über Juda mündet (Jer. 9,12–22). Aus diesem Teil des Jeremiabuches erklärte Origenes in den Homilien 2–7 einige Verse, in denen diese Thematik deutlich wird, so die Schilderung der Untreue und des Götzendienstes Judas (Jer. 3,6–11) in Homilie 4 und den Aufruf zur Umkehr (Jer. 3,22–4,8) in Homilie 5, dem es in seiner fortwährenden Untreue aber nicht gefolgt ist (Jer. 5,3–5 und 5,18f. in den Homilien 6 und 7).134 Gele133 Einzelstudien zu den Homilien 1, 9, 14f., 16 und 19f. finden sich bei dal Covolo/

Maritano, Omelie su Geremia. 134 Dazu kann man die fragmentarisch erhaltene 39. Homilie nehmen, in der Origenes

laut der Überschrift in philoc. 10 (SC 302, 366) = in Hier. frg. P 4 (GCS Orig. 32,

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Einleitung

gentlich verwies Origenes auf „die zu Jerusalem mit reichlichen Drohungen gesagten Worte“135 oder an anderer Stelle darauf, dass „die Prophezeiungen ziemlich traurige Dinge beinhalteten“, da sie „Strafen ankündigten, mit denen jeder gebührend bestraft werden sollte“.136 Diese Grundstimmung des Buches Jeremia mag dazu beigetragen haben, dass sich Origenes in diesen Predigten öfter und heftiger gegen die Juden und das Judentum äußerte, als das in seinen Texten sonst der Fall ist. Weniger auffällig wirken diese Äußerungen, wenn man bedenkt, dass Origenes die in der Alten Kirche übliche antijüdische Theologie der Ablösung Israels als des Volkes Gottes durch die Kirche als das neue Volk Gottes ohne Abstriche teilte. Durch das ganze Homiliencorpus hindurch rekurrierte er immer wieder auf diese Substitutionstheorie, „denn das Wort Gottes hat die Versammlung der Juden verlassen und sich eine andere Versammlung und Gemeinde geschaffen: die aus den Heidenvölkern“.137 Deswegen seien „Männer von Juda nicht die Juden, die nicht an Christus glauben, sondern wir alle, die wir an Christus glauben“.138 Ausführlich legte er diesen Grundgedanken der frühchristlichen Heilsgeschichte bei der Auslegung des Töpfergleichnisses (Jer. 18,1–17) dar. Darin ist von einem „Volk“ (und einem „Königreich“) die Rede, das „entfernt“ und „vernichtet“ wird (Jer. 18,7), und von einem „Volk“ (und einem „Königreich“), das „aufgebaut“ und „eingepflanzt“ wird (Jer. 18,9). Origenes stellte fest, „dass sich das, was im Haus des Töpfers geschah“, demnach „nicht auf etwas bezieht, was einen Einzelnen betrifft, sondern auf zwei Völker“, und stellte die Frage: „Wer sind nun die zwei Völker, das zuerst genannte, dem das Wort droht, und das zweite, dem es eine Verheißung gibt?“139 Seiner Ansicht nach ist in der „ganzen Schrift“ „das meiste über diese zwei Völker gesagt“, denn „hauptsächlich auf diesen zwei Völkern beruht der ganze Heilsplan Gottes für die Menschen in der Welt“. Seine Erläuterung dazu sieht so aus: „Als erstes Volk ist jenes Israel entstanden, als zweites seit der Ankunft Christi dieses Volk. Dem früheren drohte Gott an, was er androhte, und wir sehen die Folgen der Drohung gegen das frühere Volk: Es geriet in Gefangenschaft, ihre Stadt wurde zerstört, das Heiligtum niedergerissen, der Opfer196) die Aussage in Jer. 51(44),22 behandelte: „Der Herr konnte es nicht aushalten angesichts eurer Schlechtigkeit.“ – Aus dem nicht erhaltenen zweiten Teil des Homiliencorpus liegen nur die beiden von Hieronymus übersetzten Homilien lat. 1(3) und 2(2) vor, in denen zwei Passagen aus den Sprüchen gegen Babylon behandelt werden: Jer. 27(50),23–29 und 28(51),6–9. 135 In Hier. hom. 13,1 (GCS Orig. 32, 101). 136 Ebd. 20(19),2 (32, 178). 137 Ebd. 14,15 (32, 121f.). Vgl. ebd. 3,2 (32, 21); 4,2 (32, 24); 7,1 (32, 52), hier mit Röm. 11,11; 11,6 (32, 85); 14,12 (32, 116); 18,10 (32, 164). 138 Ebd. 9,1 (32, 65). Vgl. ebd. 9,2f. (32, 66f.). 139 Ebd. 18,5 (32, 155).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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altar umgestürzt, nichts mehr von den einstmals heiligen Dingen ist bei ihnen übrig. Denn Gott sprach zu jenem Volk: Kehrt um, und sie kehrten nicht um. Nachdem er jenen dies gesagt hat, spricht Gott zu diesem zweiten Volk über seinen Wiederaufbau. Er sieht aber, dass auch dieses Volk aus Menschen besteht, die sich erneut verfehlen können. Deswegen droht er auch diesem und sagt: Wenn ich auch zuvor das über den Aufbau und über die Einpflanzung und über die Bebauung gesagt habe, aber auch dieses Volk sündigen wird, wird auch diesem, wenn es gesündigt hat, dasselbe zustoßen, was jenen wegen der Sünden angekündigt worden ist, und werden sie leiden, wenn sie nicht bereuen.“140 Der Passus enthält komprimiert die heilsgeschichtliche Theorie des Origenes: Weil sich das frühere Volk auch durch die vielen Drohungen nicht habe zur Umkehr bewegen lassen, habe sich Gott von ihm abgewandt und sich ein zweites Volk geschaffen. Diese Auslegung beruht auf der Dissoziation, die Aussagen des Textes, die auch auf ein Volk bezogen werden können, auf zwei Völker zu verteilen. Origenes bezog die Aussagen über das Entfernen und das Aufbauen allerdings insofern auf jeweils ein und dasselbe Volk, als er – im zweiten Teil dieses Passus – an das zweite Volk dieselbe Drohung richtete, an der das erste gescheitert sei (mehr dazu unten). Im ersten Teil dieses Textes skizzierte er die Folgen der Missachtung der göttlichen Drohungen durch das erste Volk: „Es geriet in Gefangenschaft, ihre Stadt wurde zerstört, das Heiligtum niedergerissen, der Opferaltar umgestürzt, nichts mehr von den einstmals heiligen Dingen ist bei ihnen übrig.“ Das sind die historischen Elemente, aus denen die frühchristlichen Theologen die Substitutionstheorie formten – vor Origenes taten dies beispielsweise Justin und Tertullian141  – und die auch Origenes oft hervorhob: „Wo gibt es noch Propheten bei ihnen? Wo gibt es noch Zeichen bei ihnen? Wo eine Erscheinung Gottes? Wo sind der Kult, der Tempel, die Opfer?“142 Die Zerstörung des jüdischen Tempels und der Stadt Jerusalem durch die Römer in den Jahren 70 und 135 n.Chr. galten der altkirchlichen antijüdischen Polemik als historischer Beweis dafür, dass Gott das Volk Israel verlassen habe.143 In den neugefundenen Psalmenhomilien äußerte sich Origenes ebenfalls in diesem Sinn: Die Feste der Juden seien seitdem Geschichte.144 140 Ebd. (32, 155f.). 141 Vgl. Justin, dial. 52 (PTS 47, 155f.); Tertullian, adv. Marc. III 23 (CChr.SL 1, 540);

(Pseudo-)Tertullian, adv. Iud. 13,26 (CChr.SL 2, 1390). 142 Origenes, in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 24). Vgl. ebd. 10,4 (32, 74f.). 143 Vgl. princ. IV 1,3 (GCS Orig. 5, 296f.); in Ios. hom. 17,1 (GCS Orig. 7, 400–402); in

Matth. comm. XIV 19 (GCS Orig. 10, 329f.); Cels. II 8 (GCS Orig. 1, 134); IV 22 (1, 292); VIII 42 (2, 257). Siehe dazu Sgherri, Chiesa e Sinagoga 84–132. 144 Vgl. in Ps. 73 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 226); 2,2 (13, 239f.). Siehe dazu de Lange, Origen and the Jews 75f. 79f. 96f.; Vogt, Juden 238f.; Fürst, Judentum 283f.

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Einleitung

Der Hauptvorwurf, den Origenes in diesem Zusammenhang an die Juden richtete, ist der, Jesus getötet zu haben.145 Während zwischen Juden und Christen in den ersten beiden Jahrhunderten die Geltung des mosaischen Gesetzes und die Deutung der Prophetie auf Jesus strittig waren, rückte der Vorwurf, die Juden seien für den Tod Jesu verantwortlich, erst allmählich in den Vordergrund. Im dritten Jahrhundert war jedoch das Kreuz zum Symbol für die Kluft zwischen Judentum und Christentum geworden.146 Für Origenes bildete die Tötung Jesu den Höhepunkt einer langen Reihe von Verfehlungen der Juden, wofür sie letztendlich von Gott verlassen worden seien: „Gott hat jenes Volk verlassen, nachdem sie den Christus getötet hatten.“147 Das war für ihn so evident, dass er den Vorwurf wider alle historische Evidenz – die Römer kreuzigten Jesus – als Faktum ansah: „Dass die Juden ihn kreuzigten, das ist klar und das verkünden wir freimütig.“148 Das ist keine heftige Polemik in dem rhetorischen Sinn, dass er herabsetzendes und beleidigendes Vokabular verwenden würde – so drückte Origenes sich nie aus. Seine Polemik bezog ihre Heftigkeit vielmehr gerade daraus, dass er so sachlich redete, als handelte es sich um völlig selbstverständliche Fakten. Immer wieder flocht er den Vorwurf der Tötung Jesu daher gleichsam nebenbei in die Auslegung ein.149 In den Augen des Origenes war diese Tat besonders schändlich, weil die Juden mit Jesus „‚den Herrn der Herrlichkeit‘ (1 Kor. 2,8) getötet haben“,150 „die Gerechtigkeit getötet haben“, „die Weisheit getötet haben“, „die Wahrheit getötet haben“,151 „unseren Erlöser“.152 Vielleicht spielte sogar persönliche Betroffenheit in diese theologische Wertung hinein, da sich, wie Origenes im Zusammenhang mit seiner Jesusfrömmigkeit einmal formulierte, die Juden „gegen meinen Jesus versündigt haben“, „meinen Jesus getötet haben“.153 Der Passus, in dem er so redet, lässt keinerlei Mitleid mit dem Schicksal Israels bzw. Jerusalems in römischer Zeit erkennen. In Jer. 15,5–7 stehen massive Drohungen gegen Jerusalem: „Wer wird dir Schonung gewähren, Jerusalem? Oder wer wird ein trauriges Gesicht über dich machen? Oder wer wird umkehren, um Frieden für dich zu erbitten? Du hast dich von mir 145 Vgl. in Ps. 73 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 226); 2,2 (13, 239); orat. 31,7 (GCS Orig. 2,

400); Cels. II 8 (GCS Orig. 1, 134f.); II 34 (1, 160); III 1 (1, 204); IV 22 (1, 292); IV 32 (1, 303); V 43 (2, 47); VII 8 (2, 160); VIII 69 (2, 286). 146 Siehe de Lange, Origen and the Jews 77f. 89–102. 147 Origenes, in Hier. hom. 14,13 (GCS Orig. 32, 118). Vgl. in Lev. hom. 3,1 (GCS Orig. 6, 301): Die Juden leiden, weil sie Jesus verworfen haben. 148 In Hier. hom. 10,2 (GCS Orig. 32, 72). 149 Vgl. ebd. 10,7.8 (32, 77); 11,1 (32, 79); 12,13 (32, 99); 13,1 (32, 102f.); 18,8 (32, 162); 20(19),9 (32, 193): „Es sind die Juden, die ihn verfolgten“; lat. 2(2),6 (8, 296). 150 Ebd. 18,8 (32, 162). 151 Ebd. 14,12 (32, 117). Zu diesen Epinoiai Christi siehe unten S. 130 Anm. 55. 152 Ebd. 14,14 (32, 119). 153 Ebd. 13,1 (32, 102. 103). Zur Wendung „mein Jesus“ siehe unten S. 329 Anm. 439.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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abgewandt, spricht der Herr. Du wirst zurückweichen, und ich werde meine Hand über dich ausstrecken und dich vernichten und dich nicht mehr entkommen lassen. Und ich werde sie in der Zerstreuung zerstreuen.“ Origenes gestand zwar seine „Ratlosigkeit“ angesichts solch erbarmungsloser Unheilsdrohungen ohne Aussicht auf Heil ein, weil sie sich nur schwer so erklären lassen, dass deterministische Deutungen vermieden werden. Doch im Blick auf Jerusalem sah er diese Drohungen als wahr geworden an und kommentierte völlig mitleidlos egoistisch: „Wir machen kein trauriges Gesicht über Jerusalem, über all sein Unglück und über das, was jenem ganzen Volk zugestoßen ist; denn ‚durch‘ deren ‚Fehltritt ist das Heil‘ zu uns gekommen, ‚um sie eifersüchtig zu machen‘ (Röm. 11,11).“154 In der Folge ging er darauf dann nicht weiter ein, weil ihn nicht der buchstäbliche Sinn interessierte, der nach seiner Auffassung darin liegt, dass sich die Drohungen Jeremias in der Zerstörung Jerusalems, und zwar nicht der durch die Babylonier 586 v.Chr., sondern der durch die Römer 70 n.Chr.,155 erfüllen, weil die Juden mit der Tötung Jesu die schwerste Sünde auf sich geladen haben, sondern ging zur übertragenen Auslegung über, indem er danach fragte, was das für „jede einzelne Seele“ bedeutet.156 Der starke Antijudaismus, der in solchen Äußerungen zum Ausdruck kommt, wird lediglich dadurch ein wenig aufgefangen, dass Origenes der Substitutionstheorie in einer bestimmten Hinsicht eine eigene Prägung gab. Bei ihm mündete sie nicht in einen christlichen Triumphalismus. Dem hat er dadurch energisch gewehrt, dass er das Schicksal Israels, wie er es sah, den Christen als deutliche Mahnung und Warnung vor Augen hielt: „Wir müssen uns davon belehren lassen, wie er (sc. Gott) sie behandelte“, denn „diese Schelte betrifft auch uns, ich meine uns, wenn wir sündigen und die Vereinbarungen mit Gott nicht halten und nicht sehen, dass jene den Bund verloren haben, obwohl sie edler Herkunft waren, von Abraham abstammten und die Verheißung empfangen hatten. Wir müssen daher bedenken, da jene aus den Segensgütern und den Verheißungen herausgefallen sind und es ihnen nichts genützt hat, von den Patriarchen abzustammen, um wieviel mehr dann wir, wenn wir sündigen, werden verlassen werden.“157 Für die Warnung, „um wieviel mehr er dann uns nicht schonen wird“, berief er sich auf eine entsprechende Aussage des Paulus in Röm. 11,21.158 In diesem Sinne bezog er die

154 Ebd. (32, 101–103). 155 So explizit in Ps. 73 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 226). Vgl. auch Cels. IV 22 (GCS

Orig. 1, 291f.). 156 In Hier. hom. 13,2 (GCS Orig. 32, 103). 157 Ebd. 4,5 (32, 28. 27). Vgl. ebd. 5,1 (32, 30); 18,5 (32, 156); in Ps. 73 hom. 2,2 (GCS

Orig. 13, 240). 158 In Hier. hom. 4,5 (GCS Orig. 32, 28). Vgl. ebd. 4,4 (32, 26); 10,8 (32, 78); 11,6 (32, 85).

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Einleitung

Aussage in Jer. 13,17, dass „die Herde des Herrn zerschlagen wurde“, nicht nur auf die Juden, sondern ausdrücklich auch auf die Christen: „Wenn einer die Lage der Juden jetzt sieht und sie mit der damaligen vergleicht, wird er sehen, auf welche Weise ‚die Herde des Herrn zerschlagen wurde‘. Denn sie waren einmal die Herde des Herrn, doch weil sie sich selbst als unwürdig beurteilten, wandte sich das Wort an die Heidenvölker. Wenn nun jene Herde des Herrn zerschlagen wurde, müssen dann nicht wir, der wilde Ölbaum, der wider seine Natur auf den edlen Ölbaum der Väter aufgepfropft wird (vgl. Röm. 11,17.24), noch viel mehr fürchten, dass vielleicht auch diese Herde des Herrn zerschlagen wird? Gemäß dem, was vom Erlöser gesagt wurde, wird sie nämlich einmal zerschlagen werden, wenn ‚die Liebe der Vielen erkalten wird, weil die Gesetzlosigkeit überhandgenommen hat‘ (Mt. 24,12). Denn auf wen bezieht sich die Aussage? Wird nicht über sogenannte Christen gesagt, dass ‚die Liebe der Vielen erkalten wird‘? Auf wen bezieht sich die Aussage: ‚Wenn aber der Menschensohn kommt, wird er Glauben finden auf der Erde?‘ (Lk. 18,8). Bezieht sich das nicht auf uns?“159 Bedenkt man, dass Origenes vom realen Zustand seiner Gemeinde keine besonders hohe Meinung hatte, wird klar, dass er solche Warnungen sehr ernst gemeint hat.160 In Bezug auf die Drohungen und Strafen, die im Buch Jeremia dem Volk Israel angekündigt werden, überlegte er daher immer, „ob nicht auch für uns so etwas gilt“,161 und warnte seine Zuhörer davor, es sich zu leicht zu machen. Gegen eine simple antijüdische Auslegung bezog er solche Texte immer ausdrücklich auch auf die Christen, explizit etwa bei der Auslegung von Jer. 17,1, wo es heißt: „Die Sünde Judas ist mit eisernem Griffel aufgeschrieben, mit stählerner Spitze in das Innere des Herzens eingraviert.“ Origenes erklärte dazu: „Man kann es sich leichter machen und sagen: Dies ist über die Juden geschrieben, denn ihre Sünde ist aufgeschrieben. Doch wenn du siehst, wie wir oft gezeigt haben,162 dass Juda im übertragenen Sinn Christus bezeichnet, ist vielleicht die Sünde Judas die unsere, da wir an Christus glauben, der aus dem Stamm Juda hervorgegangen ist (vgl. Offb. 5,5; Hebr. 7,14).“ Nachdem er eine Beziehung der Aussage auf „Judas den Verräter“ abgelehnt hatte, erwog er daher: „Vielleicht also sagte er, dass sich, wenn wir Sünder geworden sind, diese Prophezeiungen auf uns beziehen. Wir haben gesündigt, und unsere Sünde ist nicht außerhalb von uns aufgeschrieben, sondern in unserem Herzen, und sie wird ‚mit eisernem

159 Ebd. 12,13 (32, 101). 160 Ebd. 4,3–5 (32, 25–29) äußerte er sich so im Kontext einer höchst kritischen Beschrei-

bung des gegenwärtigen Zustands seiner Gemeinde. Siehe dazu unten S. 59f. 161 Ebd. 7,2 (32, 52). 162 Vgl. ebd. 4,2 (32, 25); 5,15 (32, 45); 9,1 (32, 64): „Männer von Juda sind wir wegen

Christus“; 9,4 (32, 68).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Griffel, mit stählerner Spitze‘ aufgeschrieben.“163 Zur Aussage in Jer. 20,4f.: „Und sie werden sie mit dem Schwert erschlagen. Und ich werde die ganze Macht dieser Stadt preisgeben“, argumentierte er genauso: „Es ist leicht zu sagen, dies werde über Jerusalem prophezeit, denn ihre ganze Macht und was dazu gehört ist damals dem König der Babylonier ausgeliefert worden. Es ist leicht zu sagen, dies werde über ‚diese Stadt‘ prophezeit, da sie zur Zeit des Erlösers den Feinden ausgeliefert worden ist. Die Söhne Jerusalems sind in die Gefangenschaft gegangen, und die Stadt ist zerstört worden. Wenn du die Sache aber genau untersuchst und unter der Stadt nicht die Steine verstehst, sondern die Menschen, wirst du sehen, dass auch jenes Jerusalem, die Menschen, wegen ihrer Gottlosigkeit und Sünde gegenüber Christus ‚in die Hände des Königs von Babylon‘ (Jer. 20,4) ausgeliefert worden sind. Auch du bist jetzt Jerusalem. Wenn also das Wort jetzt eine Drohung gegen Jerusalem ausspricht, fürchte dich, dass nicht du, wenn du sündigst, das sündige Jerusalem bist und ausgeliefert wirst.“164 Das ist durchweg der Duktus seiner Auslegung der vielen Mahnungen und Drohungen, die sich im Buch Jeremia finden. Das Handeln Gottes, von dem darin die Rede ist, kann sich jederzeit ereignen und also auch die Christen treffen, wenn sie sich ihrer Erwählung unwürdig erweisen, und diese sogar noch härter, als es die Juden nach der Geschichtsdeutung des Origenes getroffen hat. Indem er das Schicksal Israels als warnendes Beispiel in der christlichen Pädagogik einsetzte, vermied Origenes einerseits den Triumphalismus, der der Substitutionstheorie allzu leicht eignet. Andererseits änderte dies nichts an seiner grundsätzlichen antijüdischen Argumentation. Weil die Juden darin auf die Rolle als Verworfene der Heilsgeschichte festgeschrieben wurden, um ihre Funktion für die christliche Pädagogik erfüllen zu können, wurde der Antijudaismus in dieser Form sogar verstärkt. Origenes bewegte sich hier in den antijüdischen Denkmustern, die von allen frühchristlichen Theologen im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Judentum und Christentum geschmiedet wurden und für die seine Jeremiahomilien eine Fülle von Aussagen bieten. b) Juden und Christen in Caesarea Damit ist über die Haltung des Origenes zum Judentum und über seine Beziehungen zu Juden aber noch nicht alles gesagt. Die vorgeführten antijüdischen Aussagen und Denkmuster stehen nicht nur in einem exegetischen und geschichtstheologischen Kontext, sondern sind auch in der konkreten 163 Ebd. 16,10 (32, 141f.). 164 Ebd. 19,4(18,14) (32, 171). Vgl. ähnlich ebd. 13,2 (32, 103) zur Auslegung der Frage in

Jer. 15,5: „Wer wird dir Schonung gewähren, Jerusalem?“

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Einleitung

Lebenswelt der christlichen Gemeinde von Caesarea zu verorten. In der multikulturellen, multireligiösen und zur Zeit des Origenes bevölkerungsreichen und aufgrund eines schwungvollen Handels wohlhabenden und kosmopolitischen Hauptstadt der römischen Provinz Palästina, die von Herodes dem Großen als hellenistisch-römische Stadt gegründet und nach seinem Protektor Caesar Augustus benannt worden war, gab es eine große jüdische griechischsprachige Gemeinde mit einer im 3. Jahrhundert in der amoräischen Epoche neben Tiberias und Sepphoris bedeutenden rabbinischen Schule.165 Die Jeremiahomilien liefern anschauliches Material für die Beziehungen zwischen Juden und Christen in Caesarea, die offenbar nicht wenig Kontakt miteinander hatten. Es war nicht so, dass nur die christlichen Prediger antijüdische Ansichten propagiert hätten. Es gab auch antichristliche Polemik auf Seiten der Juden, auf die Origenes mehrmals hinwies: „Geh in die Synagogen der Juden“, rief er jedem Einzelnen seiner Zuhörer zu, „und sieh, wie Jesus von ihrer gotteslästerlichen Zunge gegeißelt wird!“166 „Noch jetzt“, bemerkte er zum Ausdruck „Löwe im Wald“ in Jer. 12,8, den er auf die Juden bezog, „gibt es im Wald Löwen, die darauf aus sind, Jesus zu verwünschen, die ihn schmähen und denen nachstellen, die an ihn glauben.“167 Das wird er sich nicht ausgedacht haben, denn in die Synagogen der Juden zu gehen war in Caesarea und in Palästina leicht möglich. Auch andernorts beklagte Origenes, dass die Juden „Jesus bis jetzt anklagen“ und dass „man bis jetzt sehen kann, wie das Volk der Juden von seinen Ältesten und von den Lehrern des jüdischen Kultes überredet und gegen Jesus aufgehetzt wird, ihn zu verdammen“.168 Es gab auch jüdische Feindseligkeiten gegen die Christen.169 Die Beziehungen zwischen Juden und Christen in Caesarea waren von beiden Seiten aus alles andere als spannungsfrei. Diese komplexen Beziehungen spiegeln sich in zwei Verhaltensweisen, die Origenes an christlichen Frauen in seiner Gemeinde kritisierte. In dieser gab es offenbar Christinnen, die zum jüdischen Paschafest „das Fest der ungesäuerten Brote feiern“, und zwar „der ungesäuerten materiellen Brote“, 165 Zur zwischen Syrern bzw. Griechen und Juden konfliktreichen und stets prekären

Geschichte der Juden in Caesarea siehe Levey, Caesarea and the Jews. Eine Beschreibung von Caesarea zur Zeit des Origenes gibt McGuckin, Caesarea Maritima. Siehe auch den Sammelband von Andrei, Cesarea maritima. 166 Origenes, in Hier. hom. 19,2(18,12) (GCS Orig. 32, 168). 167 Ebd. 10,8 (32, 78). 168 In Matth. comm. ser. 119. 123 (GCS Orig. 11, 252. 258). Übersetzung: Vogt, BGrL 38, 318. 323. 169 Siehe dazu Vogt, Juden 233f.; Heine, Origen 172–174. Beispiele für solche antichristliche Polemik, speziell des Rabbi Abbahu (ca. 250–320) (zu diesem: Levey, Caesarea and the Jews 59–65), bei Lachs, Rabbi Abbahu and the Minim, übernommen von McGuckin, Caesarea Maritima 15.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



die „sich am Tag des Sabbat nicht waschen“170 und (wohl an Yom Kippur) „das jüdische Fasten einhalten“. Origenes hielt ihnen vor, den wahren Sinn solcher biblischer Gebote noch nicht verstanden zu haben, „als ob Christus noch nicht gekommen wäre, der uns vervollkommnet und von den Elementen des Gesetzes zur Vollkommenheit des Evangeliums hinüberführt“, denn solche Anweisungen seien nicht im buchstäblichen materiellen, sondern im übertragenen geistigen Sinn, also durch ethisch korrektes Verhalten, zu befolgen.171 Es scheint sich dabei um in der christlichen Gemeinde von Caesarea nicht seltene Praktiken zu handeln, denn auch in den Psalmenhomilien kritisierte Origenes christliche Frauen heftig dafür, das Fest der ungesäuerten Brote mit echten ungesäuerten Broten anstatt der „christlichen ungesäuerten Brote“ zu feiern und sich am jüdischen Fasten zu beteiligen.172 Welche Personen und Praktiken Origenes dabei genau im Visier hatte, ist nicht leicht zu sagen. Es könnte sich um jüdische Konvertitinnen zum Christentum gehandelt haben, die, jedenfalls teilweise, noch an ihren alten Bräuchen und Riten festhielten. Solche Konversionen hat es gegeben. Origenes rechnete mit der Möglichkeit, dass sich jemand noch in hohem Alter vom Judentum zum Christentum bekehrte,173 und seine Kritik an der Beteiligung am Fest der ungesäuerten Brote adressierte er direkt an einen „zu einer so großen Gnade berufenen Christen“, der „wieder zurückkehrt“, der „das aus Gnade berufene Volk Gottes“, das „den Heiligen Geist besitzt“, verlässt und zu dem Volk zurückkehrt, „das der Gnade Gottes beraubt“ ist und „den Heiligen Geist nicht hat“, der „flieht“ und „zu den Feinden überläuft, die er hinter sich gelassen hat“, womit die Juden gemeint sind, wie er explizit dazusagte.174 Sollte dieser Text allerdings weniger konkret als vielmehr theologisch-heilsgeschichtlich gemeint sein – was bei Origenes sogar eher zu erwarten wäre –, dann konnte er durchaus auch auf vordem nicht-jüdische Christinnen zielen, die sich an jüdischen Bräuchen beteiligten und dadurch in Praktiken ‚zurückfielen‘, die man im Christentum eigentlich ‚hinter sich gelassen hat‘. In beiden Fällen kann man überdies an unterschiedliche konkrete Formen dieser Beteiligung denken. Es können Christinnen oder Judenchris170 Hier scheint es sich um ein heidnisch-christliches Missverständnis der am Sabbat

praktizierten Riten zu handeln. Krauss, Jews 146, und McGuckin, Caesarea Maritima 15, missdeuten den Text dahingehend, dass die Frauen sich am Sabbat waschen und herausputzen. 171 Origenes, in Hier. hom. 12,13 (GCS Orig. 32, 100). Zur weiblichen Form der diesbezüglichen Begriffe, aus denen hervorgeht, dass Origenes Frauen anredete, siehe unten S. 322 Anm. 426 und S. 323 Anm. 430. 172 In Ps. 73 hom. 2,3 (GCS Orig. 13, 241f.); in Ps. 77 hom. 1,4 (13, 358f.). Vgl. auch in Lev. hom. 9,5 (GCS Orig. 6, 426f.); cat. Pal. in Ps. 118,38 (SC 189, 256). 173 In Ps. 76 hom. 2,1 (GCS Orig. 13, 314). 174 Ebd. 73 hom. 2,2 (13, 240).

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Einleitung

tinnen gemeint sein, die das Fest der ungesäuerten Brote in einer jüdischen Gemeinde oder Familie mitfeierten. Solche engeren Kontakte sind nicht auszuschließen, denn entgegen der Abgrenzungsrhetorik der christlichen Prediger praktizierten viele Christinnen und Christen in ihrem Alltag offenbar einen ungezwungenen Kontakt mit ihrer jüdischen Schwestergemeinde. Origenes selbst bezeugt, dass es Christinnen und Christen gab, die am Sabbat in die Synagoge und am Sonntag in die Kirche gingen.175 Es könnten aber auch Christinnen gemeint sein, die das Fest der ungesäuerten Brote in ihrem christlichen Lebensumfeld dadurch praktizierten, dass sie zum Paschafest allen Sauerteig aus dem eigenen Haus entfernten und ungesäuertes Brot buken und aßen. Dazu passt, dass Origenes speziell christliche Frauen für solche Praktiken kritisierte. Die Verhaltensweisen, die er ablehnte, beziehen sich auf alltägliche Verrichtungen im Haus wie Essen (Brotbacken, Fasten) und Körperpflege (Waschen), und das war die Domäne der Frauen. Alle diese Formen der Beteiligung von Christinnen und Christen an jüdischen Riten und Bräuchen sind denkbar. Sie alle zeigen, dass die Grenze zwischen jüdischen und christlichen Gemeinden nicht so scharf gezogen war, wie die christlichen Prediger (und wohl auch die jüdischen Rabbiner) sich das vorgestellt haben, und dass es viele Formen von Kontakt und fließenden Übergängen zwischen den religiösen Traditionen gab. Ein Prediger wie Origenes hingegen drang, wie alle altkirchlichen Theologen, auf Eindeutigkeit und Abgrenzung, im vorliegenden Fall an die Adresse der Frauen gerichtet: „Wenn es ‚Weiblein‘ gibt, ‚die mit Sünden beladen sind und von mancherlei Lüsten umgetrieben werden‘ (2 Tim.  3,6), die in beide Richtungen ihre Füße bewegen, das heißt auf einmal Jüdin und Christin sein möchten, mahne ich sie: Bekehrt euch! Verändert euch! Werdet entweder Jüdin oder Christin! Ich sage euch die Worte, die der Prophet Elija zu denen, die zwei Seelen hatten, gesagt hat: ‚Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten?‘ (1 Kön. 18,21).“176 Mit der Bemerkung, dass es nicht möglich sei, Jude und Christ zugleich zu sein, kommt eine weitere Deutungsmöglichkeit ins Spiel. Vielleicht hatte Origenes auch die Ebioniten im Sinn, die Jesus als Messias akzeptierten und insofern Christen waren, doch weiterhin die Gebote der Tora beachteten und daher als Juden galten.177 In den Jeremiahomilien erwähnte Origenes einmal die Kritik der Ebioniten an Paulus,178 und auch mit denen, „die meinen, Got175 Vgl. in Lev. hom. 5,8 (GCS Orig. 6, 349); frg. in Ex. 12,46 (PG 12, 285). Siehe dazu de

Lange, Origen and the Jews 36. 86; Bietenhard, Caesarea 50f.; Heine, Origen 175. 176 In Ps. 73 hom. 2,3 (GCS Orig. 13, 242). Übersetzung: Perrone, Psalmenhomilien 211. 177 Vgl. in Gen. hom. 3,5 (GCS Orig. 6, 44); in Matth. comm. XI 12 (GCS Orig. 10, 52);

Cels. II 1 (GCS Orig. 1, 126); V 61 (2, 65). Siehe dazu de Lange, Origen and the Jews 36; Sgherri, Chiesa e Sinagoga 286–289; Monaci Castagno, Origene predicatore 103f.; Martens, Origen and Scripture 148–156. 178 In Hier. hom. 19,2(18,12) (GCS Orig. 32, 167). Vgl. Cels. V 65 (GCS Orig. 2, 68).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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tes Sohn, der Erlöser, war nur ein Mensch“, könnten sie gemeint sein.179 Aus den Psalmenhomilien geht hervor, dass es Leute gab, die sich dem Christentum in Form des Ebionismus angeschlossen hatten – was Origenes kritisch in dem Sinn vermerkte, dass so jemand dann eben nicht als Christ, sondern als Jude lebte: „Dieser hat sein Leben im Ebionismus verbracht, wobei er als Jude lebte, während er meinte, als Christ zu leben.“180 Die Ebioniten waren offensichtlich eine Konkurrenz für die christlichen Gemeinden in Caesarea und Palästina. Die Kritik, die Origenes an den jüdischen Praktiken christlicher Frauen äußerte, scheint allerdings nicht an sie gerichtet zu sein. Zwar monierte er an den Ebioniten, dass sie in – aus seiner Sicht falsch verstandener – Nachahmung Jesu das Paschafest bzw. das Fest der ungesäuerten Brote feierten und das jüdische Fasten praktizierten.181 Da er sich jedoch mit seiner massiven Kritik an solchen Praktiken in den Jeremiahomilien und in den Psalmenhomilien an seine Zuhörer im christlichen Gemeindegottesdienst wandte, dachte er wohl an Christen und speziell Christinnen, die durch ihre Beteiligung an jüdischen Bräuchen (in welcher Form genau auch immer) aus seiner Sicht dem Judentum zu nahe kamen und daher vom Christentum abfielen. In den eben besprochenen Passagen hat Origenes betont Frauen kritisiert. Für die nicht geringe Bedeutung, die Frauen in den frühchristlichen Gemeinden hatten, gibt es ein regionales archäologisches Zeugnis, auf das ob seiner Seltenheit und Prägnanz in einem Nachtrag hingewiesen sei. Ungefähr dreißig Kilometer nordöstlich von Caesarea wurde auf dem Gelände des Gefängnisses von Megiddo von 2003 bis 2005 der antike Ort Legio (Kefar ‘Othnay, lateinisch Caporcotani, arabisch El Lajjun) ausgegraben. In der Gegend befanden sich eine jüdische Siedlung mit auch samaritanischer Bevölkerung, ein römisches Militärlager, später ferner die zu Ehren des Kaisers Maximian (286–305) gegründete griechisch-römische Stadt Maximianopolis, dazu neben dem eigentlichen Legionslager ein weiteres römisches Lager und direkt neben diesem das Dorf Kefar ‘Othnay.182 Wir sehen hier also auf engstem Raum eine ähnliche Vielfalt an ethnischen, kulturellen und religiösen Milieus, wie das für Caesarea der Fall war. Mitten in der Siedlung 179 In Hier. hom. 15,6 (GCS Orig. 32, 130). Vgl. in Luc. hom. 17,4 (GCS Orig. 92, 104);

Cels. V 61 (GCS Orig. 2, 65). 180 In Ps. 76 hom. 2,1 (GCS Orig. 13, 313). In Matth. comm. XII 5 (GCS Orig. 10, 76)

übte er Kritik an denen, „die sich, nachdem sie Christen geworden sind, dafür entscheiden, im Äußeren wie die Juden zu leben“. Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 165. 181 In Matth. comm. ser. 79 (GCS Orig. 11, 189). Vgl. in Gen. hom. 5,5 (GCS Orig. 6, 63); in Lev. hom. 3,3 (GCS Orig. 6, 306); 10,2 (6, 442); in Ios. hom. 20,6 (GCS Orig. 7, 426). Siehe dazu Monaci Castagno, Origene predicatore 148f. 182 Siehe den Ausgrabungsbericht von Tepper/Di Segni, Christian Prayer Hall 8–16. Der lateinische Ortsname Caporcotani ist in der Tabula Peutingeriana bezeugt sowie in zwei Inschriften aus Antiochia in Pisidien (CIL III 6814 und 6816): ebd. 9.

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Einleitung

Kefar ‘Othnay wurde ein größeres Gebäude freigelegt, das offensichtlich der römischen Armee gehörte und neben der Herstellung von Broten für die Soldaten – wie aus den gefundenen Brotstempeln hervorgeht – wohl als Quartier für Offiziere und ihre Familien diente.183 In diesem Gebäude wurde ein 10 × 5 m2 großer Raum in Nord-Süd-Ausrichtung gefunden, der einer lokalen christlichen Gemeinde als Versammlungsraum diente. Letzteres ergibt sich zweifelsfrei aus einer der insgesamt drei Inschriften im Mosaikfußboden, in der davon die Rede ist, dass für den „Gott Jesus Christus“ ein „Tisch“ gestiftet wurde. Es dürfte sich, wie in frühchristlicher Zeit üblich, um einen beweglichen Tisch gehandelt haben, der für den eucharistischen Teil des Gottesdienstes inmitten der versammelten Gemeinde aufgestellt wurde.184 Nicht ganz eindeutig zu klären ist die Datierung dieses Fundes. Während die Ausgräber Yotam Tepper und Leah Di Segni die Anlage aufgrund der Keramik- und Münzfunde und aufgrund einiger paläographischer Eigenheiten der Inschriften, ferner weil die dort stationierte römische Legion (die Legio VI. Ferrata) um das Jahr 303 von dort verlegt wurde, in das 3. Jahrhundert und ihre Errichtung auf um 230 datieren,185 hat Christoph Markschies Bedenken gegen eine solche Frühdatierung angemeldet, weil sich die paläographischen Details der Inschriften und die figürliche Gestaltung der Mosaiken auch vom 4. bis 6. Jahrhundert nachweisen lassen und die Form eines feststehenden Altars, als die sich die Überreste im Boden zwischen den Mosaiken vielleicht deuten lassen, für die vorkonstantinische Zeit „ganz und gar ungewöhnlich“ wäre.186 Da die Pfeiler- oder Fundamentreste im Boden allerdings etwas schräg sowohl zwischen den beiden Mosaiken als auch im Raum stehen, könnten sie auch erst später eingebaut worden sein, was sich vielleicht als Übergang von einem mobilen „Tisch“ zu einem feststehenden „Altar“ auffassen lässt. Der ganze Fundkontext scheint doch in das 3. Jahrhundert oder auf die Zeit um 300 zu deuten, wogegen nicht spricht, dass sich die Elemente, mit denen die Mosaiken und Inschriften gestaltet sind, auch noch in späteren Jahrhunderten finden. Unabhängig von dieser Kontroverse über die Datierung sind zwei der drei Inschriften aber höchst aufschlussreich dafür, „dass die Gestalt des antiken Christentums viel stärker von vermögenden Frauen geprägt war, als wir uns das gewöhnlich vorstellen“.187

183 184 185 186

Tepper/Di Segni, ebd. 29–31. Tepper/Di Segni, ebd. 22–26. Tepper/Di Segni, ebd. 26–29. 31–34. 42–44 (vgl. ebd. 50). Markschies, Archäologie des Heiligen Landes 432–442 (das Zitat ebd. 438). Spätantike Belege für die paläographischen Eigenheiten der Inschriften ebd. 438 Anm. 48 und 50, Vergleichsbeispiele für die Schmuckmotive der Inschriften aus dem 5. und 6. Jahrhundert ebd. 440 Anm. 56. 187 Markschies, ebd. 442.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



Der „Tisch“ für den „Gott Jesus Christus“ wurde ausweislich einer Inschrift nämlich von einer Frau namens Akeptous gestiftet: „Die gottliebende Akeptous hat den Tisch Gott Jesus Christus als Erinnerungsgabe dargebracht.“188 Auf der zweiten Inschrift im selben Mosaik im südlichen Teil des Raumes ist eine Bitte um das Gebetsgedenken für vier Frauen zu lesen: „Gedenkt der Primilla und Kyriaka und Dorothea, aber ebenso auch der Chreste.“189 Die fünf hier genannten Christinnen der Gemeinde von Kefar ‘Othnay waren offenbar wohlhabend genug, einen solchen Mosaikfußboden mit diesen Inschriften (auf einem von einem Flechtband gerahmten Teppichmuster) und dazu einen Tisch für die Eucharistie zu finanzieren. Aus dieser Spende dürfte wohl auf einen gewissen Einfluss dieser Frauen in der christlichen Gemeinde zu schließen sein, auch wenn der Name Akeptous eher in unteren Gesellschaftsschichten verwendet wurde.190 Oder soll man sich unter den vier Frauen, zu deren Gedenken aufgerufen wird, Märtyrerinnen der Gemeinde vorstellen, die mit dieser Inschrift geehrt werden?191 Auch das ist nicht auszuschließen, doch könnte es auch schlicht so sein, dass der (männliche) Stifter des Mosaiks die vier Frauen, die vielleicht zu seiner Familie gehörten, mit der Erwähnung ihrer Namen ehren wollte.192 Es ist verführerisch, diesen archäologischen Befund mit den kritischen Bemerkungen des Origenes über Frauen in seiner Gemeinde in Caesarea zu verbinden. Immerhin war auch deren Verhalten, unabhängig von der sozialen Stellung dieser Frauen, von der wir nichts wissen, bedeutend und einflussreich genug – jedenfalls fiel es irgendwie auf –, dass Origenes sich genötigt sah, es zu kritisieren, und das gleich mehrmals. Das soziale Setting der griechisch-­ römischen christlichen Gemeinde von Kefar ‘Othnay mit ihrer Nachbarschaft zu einer jüdischen (und samaritanischen) Siedlung würde ebenfalls zu den von Origenes monierten jüdischen Praktiken passen. Und wenn tatsächlich zu einem Gedenken an Märtyrerinnen aufgerufen wird, dann passt auch das in die Zeit des Origenes. Verführerisch ist zudem, die Form der Widmung an den „Gott Jesus Christus“ mit Origenes in Verbindung zu bringen, denn in seinem frühchristlichen Sprachgebrauch verwendete er den Titel „Gott“ für Jesus Christus wie in der Inschrift ohne Artikel.193 Der archäologische Befund 188 SEG LVI 1900: Προσήνικεν Ἀκεπτοῦς ἡ φιλόθεος τὴν τράπεζαν Θ(ε)ῷ Ἰ(ησο)ῦ Χ(ρι­

στ)ῷ μνημόσυνον.

189 Ebd. 1901: Μνημονεύσατε Πριμίλλης καὶ Κυριακῆς καὶ Δωροθέας, ἔτι δὲ καὶ Χρήστην.

Übersetzung beider Inschriften: Markschies, Archäologie des Heiligen Landes 435 (mit Abb. 11 und 12 ebd. 436). Siehe zu den Inschriften Tepper/Di Segni, Christian Prayer Hall 34–42. 190 Siehe dazu Markschies, ebd. 437 mit Anm. 47. 191 So eine Vermutung von Roukema, Église ancienne 392. 192 So Tepper/Di Segni, Christian Prayer Hall 42. 193 Siehe dazu Brox, „Gott“ – mit und ohne Artikel.



Einleitung

in Kefar ‘Othnay ließe sich also ziemlich leicht mit der theologischen Sprache des Origenes und seiner Kritik an ‚judaisierenden‘ Praktiken christlicher Frauen verbinden, wie sie sich in den Jeremia- und Psalmenhomilien findet. Der Kultraum der christlichen Gemeinde von Kefar ‘Othnay bietet ein reales Setting, in dem man sich solche Predigten, wie Origenes sie in Caesarea gehalten hat, konkret vorstellen kann. Aufgrund der Unsicherheit der Datierung bleibt jedoch Vorsicht geboten, diesen archäologischen Befund allzu voreilig und eng an das heranzu­rücken, was in den Texten des Origenes zu lesen ist. Dazu kommt, dass es sich in Kefar ‘Othnay um ein recht spezielles Ensemble handelt, denn der christliche Versammlungsraum war Teil eines Gebäudekomplexes, der offenbar der römischen Armee gehörte. In diesem war ein Raum für die Versammlung der dortigen Christinnen und Christen hergerichtet – ein Raum, der in seiner architektonischen Anlage kaum etwas mit späteren Kirchengebäuden gemein hat und sich nicht in Besitz der lokalen christlichen Gemeinde, sondern eben des römischen Militärs befand. Mit diesen Besonderheiten ist dieser Raum nicht nur für die Bedeutung von Frauen, sondern auch für die Präsenz römischer Soldaten in christlichen Gemeinden lange vor der Konstantinischen Wende höchst aufschlussreich.194 Auch wenn mit einer solchen auch in Caesarea, der Residenz des römischen Statthalters, zu rechnen ist, werden wir uns die Versammlung und den Versammlungsraum der Christinnen und Christen in der Hauptstadt der Provinz Palästina wohl doch etwas anders vorzustellen haben als die Verhältnisse in dem kleinen Dorf Legio samt Militärlager. c) Origenes und die jüdische Bibelauslegung In einer anderen Hinsicht hat Origenes den Kontakt mit Juden nicht gescheut und sogar gesucht. Um exegetische Fragen zu erörtern, pflegte er bekanntlich einen regen Austausch mit jüdischen Gelehrten,195 unter denen Rabbi Hoshaya der Große gewesen sein dürfte, der von Sepphoris nach Caesarea gekommen war und zur Zeit des Origenes der führende Rabbiner Caesareas war.196 Der einzige Name, der in diesem Zusammenhang überliefert

194 Tepper/Di Segni, Christian Prayer Hall 45–54; Markschies, Archäologie des Heili-

gen Landes 440–442. 195 Vgl. Origenes, in Gen. hom. 2,2 (GCS Orig. 6, 29) und dazu in Gen. hom. 2 frg. 20

(OWD 1/2, 320); sel. in Hiez. 9,4 (PG 13, 800f.); epist. Afric. 10–12 (SC 302, 536–542); Cels. I 45 (GCS Orig. 1, 95); I 55 (1, 106); II 31 (1, 159). 196 Siehe dafür allgemein Bardy, Traditions juives 219–228; de Lange, Origen and the Jews 89–102 (für Hoshaya: ebd. 25. 28); Heine, Origen 147–151; Dorival/Naiweld, Interlocuteurs 130–136 (für Hoshaya: ebd. 134f.); Fürst, Origenes 45–48. Für Hoshaya

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



ist, ist der des Patriarchen „Jullos“,197 worunter wohl der hebräische Name „Hillel“ zu verstehen ist. Da es zu der Zeit, zu der Origenes in Caesarea lebte, allerdings keinen jüdischen Patriarchen dieses Namens gab, könnte vielleicht Hillel, der Sohn des Patriarchen Gamaliel III., gemeint sein, der, wohl weil er recht jung verstarb, seinerseits nicht Patriarch wurde (das wurde sein Bruder Jehuda II.), aber ein jüdischer Gelehrter war.198 Mittels solcher Kontakte sowie von Juden, die zur christlichen Gemeinde übergetreten waren, bezog Origenes Informationen über die jüdische Bibelauslegung, die er in seine Exegese einfließen ließ.199 In den Jeremiahomilien griff Origenes zu den theologisch hoch problematischen Aussagen in Jer. 20,7: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“ und: „Ich bin zum Gespött geworden, jeden Tag wurde ich fortwährend verhöhnt“,200 zweimal ausführlich auf „eine hebräische Überlieferung“ zurück, „die uns von jemandem zugetragen worden ist, der wegen des Glaubens an Christus und weil er das Gesetz überstiegen hatte, die Flucht ergriffen hatte und dorthin gekommen war, wo wir wohnen“.201 Auch eine damit zusammenhängende Auslegung von Jes. 6,8f. referierte Origenes aus dieser Quelle,202 auf die er die entsprechende Exegese auch in den Jesajahomilien zurückführte.203 Wer war dieser Mann, über dessen Identität sich Origenes nicht näher äußerte? „Wegen des Glaubens an Christus“ war er „dorthin gekommen, wo wir wohnen“ – offenbar hatte er sich der christlichen Gemeinde in Caesarea angeschlossen.204 Aus der Begründung, „weil er das Gesetz überstiegen hatte“, d. h. das wörtliche Verständnis des Alten Testa-

siehe speziell Bacher, Origen and Rabbi Hoshaya; Levey, Caesarea and the Jews 57–59; Stemberger, Ebraismo 96–102. 197 Origenes, in Ps. prol. frg. 3,1 (p. 13 Rietz). 198 So Graetz, Hillel, übernommen von Krauss, Jews 140; Bardy, Traditions juives 223f.; Bietenhard, Caesarea 19. 20. Skeptisch dagegen de Lange, Origen and the Jews 23f.; Sgherri, Patriarca Iullo. Siehe auch Fürst/Hengstermann, OWD 10, 12f. 199 Siehe dazu Krauss, Jews 139–157; Harnack, Ertrag I, 7–30; II, 4–54; Bardy, Traditions juives 228–251; de Lange, Origen and the Jews 103–132; Tzvetkova-Glaser, Pentateuchauslegung. 200 Zu den Inhalten der Auslegung dieser Aussagen siehe unten S. 88–105. 201 Origenes, in Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178). Vgl. ebd. 20(19),5 (32, 184), wo er, nachdem er angeführt hatte, was er „zu dieser Stelle gehört hat“, abschließend vermerkte: „Dies sagte mir der Mann, der mir die überlieferte Erklärung dieser Stelle berichtete.“ Siehe auch Peri, Geremia secondo Origene 3f. 202 Ebd. 20(19),2 (32, 179). 203 Vgl. in Is. hom. 9 (GCS Orig. 8, 288). Siehe dazu Fürst/Hengstermann, OWD 10, 83 mit Anm. 341; 300 Anm. 169; 301 Anm. 170. 204 Es geht nicht an, wie Nautin, SC 238, 256 Anm. 1, aufgrund bestimmter Hypothesen über die Identität dieses Mannes den Text in das Imperfekt zu ändern: „… wo wir wohnten“ und auf Alexandria zu beziehen. Siehe dazu unten S. 491 Anm. 772.



Einleitung

ments zugunsten der höheren, geistigen Deutung aufgegeben hatte,205 ergibt sich, dass er Jude war. Die Stelle belegt somit, dass es in Caesarea Konversionen von Juden zum Christentum gab und Origenes mit solchen Konvertiten in Kontakt über exegetische Fragen stand. Alle weiteren Überlegungen zur Identität dieses ehemaligen Juden müssen Spekulation bleiben, insbesondere die Idee, es handle sich um den von Origenes im Brief an Julius Africanus erwähnten Sohn des jüdischen Patriarchen,206 der vielleicht mit dem von Origenes einmal erwähnten Hillel zu identifizieren ist und der sich, so die Hypothese weiter, zum Christentum bekehrt und zu Origenes (und zwar nach Alexandria) geflohen sei.207 Wer auch immer sich also konkret hinter dieser Notiz des Origenes verbirgt: Auf dem Weg solcher Gespräche und Diskussionen gelangten hebräische Auslegungen in seine Bibelexegese. Ein weiteres Indiz für dieses Lokalkolorit sind Bemerkungen in den Jeremiahomilien, in denen er ausdrücklich auf den hebräischen Bibeltext hinwies oder diesen in seiner Auslegung berücksichtigte. Origenes machte die Zuhörer seiner Predigten gelegentlich darauf aufmerksam, dass es sich bei dem Bibeltext, der im Gottesdienst vorgelesen wurde und den er auslegte, um eine Übersetzung, nämlich der Septuaginta, aus dem Hebräischen handelte. In einer Grundsatzbemerkung hierzu betonte er einmal, dass die siebzig Übersetzer zwar keinen großen Wert darauf gelegt hätten, die ausgefeilten Regeln der griechischen Rhetorik zu beachten,208 sich aber gleichwohl um eine prägnante Ausdrucksweise bemüht und die verwendeten Begriffe fein säuberlich voneinander unterschieden hätten: „Beachte jedoch, wie die Schrift, obwohl sie aus der hebräischen Sprache in das Griechische übersetzt worden ist, nichtsdestotrotz, soweit sie die Unterschiede zwischen den Begriffen wiedergeben kann, einen prägnanten Ausdruck gewählt hat“, denn „auch wenn die Einrichtung der Vorsehung sich nicht sehr stark darum kümmerte, dass sich die griechische Übersetzung nach der in der griechischen Sprache gerühmten Beredsamkeit richtete, sorgte sie dennoch dafür, den prägnanten Sinn der Begriffe zum Ausdruck zu bringen und den Unterschied zwischen ihnen für diejenigen klar darzulegen, die die Schriften sehr sorgfältig erforschen.“209 Zu diesem Zweck haben, so Origenes, die siebzig Übersetzer, wenn sie einen 205 Vgl. für diesen Sprachgebrauch Origenes, in I Cor. frg. 39 (Opere di Origene 14/4,

154); in Matth. comm. XII 37 (GCS Orig. 10, 153). 206 Vgl. epist. Afric. 11 (SC 302, 538). 207 So die Kombination von Nautin, SC 238, 256 Anm. 1 (übernommen von Smith,

FaCh 97, 223 Anm. 23), auf der Basis des in princ. IV 3,14 (GCS Orig. 5, 346) erwähnten „Hebräers“. Schon Bardy, Traditions juives 222, hat lange vor Nautin eine solche Kombination zu Recht als unbegründet abgelehnt. 208 Zur generellen Reserve des Origenes gegen die Rhetorik siehe unten S. 562 Anm. 892. 209 Origenes, in Hier. hom. lat. 2(2),4 (GCS Orig. 8, 293f.). Zu dieser inhaltsreichen Aussage siehe auch unten S. 557 Anm. 882.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



„Ausdruck im Griechischen nicht gefunden haben“, „diesen neu gebildet“, also Neologismen kreiert.210 Manchmal ging Origenes daher auf den Unterschied zwischen dem hebrä­ischen und dem griechischen Bibeltext ein. Grundsätzlich äußerte er sich dazu anlässlich von Jer. 15,10, wo er zwei verschiedene Fassungen vorfand, die inhaltlich jeweils einen anderen Sinn ergeben. „In den meisten Abschriften“, also in der Septuaginta, „steht: ‚Ich war nicht von Nutzen, und auch mir war keiner von Nutzen‘, in den genauesten Handschriften aber, die auch mit den hebräischen übereinstimmen, steht: ‚Ich war nichts schuldig, und auch mir war keiner etwas schuldig‘.“211 Origenes verglich also mehrere Bibelausgaben miteinander. An der vorliegenden Stelle sagte er nicht, welche das waren, aber wie aus seinen sonstigen Werken hervorgeht, handelte es sich um die griechischen Übersetzungen des Aquila, Symmachus und Theodotion, aus denen er die umfangreiche Synopse des Alten Testaments, die Hexapla, erstellt hatte. In den Katenenfragmenten, die von seiner Jeremiaauslegung erhalten sind, verwies er ebenfalls pauschal auf „die übrigen Übersetzer“212 und nannte namentlich einmal Aquila und Theodotion und einmal Symmachus und Aquila.213 Zudem ergibt sich aus einer Bemerkung über Jer. 15,10 in der folgenden Predigt, dass er in diesem Fall „die übrigen Ausgaben“ erst „später eingesehen“ und dabei „erkannt hat, dass ein Schreibfehler vorliegt“.214 Offenbar hat Origenes nicht immer schon vor einer Predigt die Hexapla konsultiert, was damit zusammenpasst, dass er normalerweise aus dem Stegreif gepredigt hat.215 Ob er die betreffende Stelle nachträglich gezielt nachgeschlagen hat oder ob ihm die textlichen Unterschiede zufällig aufgefallen sind, ist nicht auszumachen. Jedenfalls hat seine Entdeckung in diesem Fall dazu geführt, seiner Gemeinde die textliche Schwierigkeit offen zu legen und in Homilie 15 erneut wie schon in Homilie 14 auf die Aussage in Jer. 15,10 einzugehen.216 Schließlich gab er anlässlich der beiden Fassungen dieses Jeremiaverses eine methodische Anweisung, wie in solchen Fällen zu verfahren sei: „Es ist sowohl die gängige und in den Gemeinden vorgetragene Fassung auszulegen als auch diejenige aus den hebräischen Schriften nicht unerklärt zu lassen.“217 Origenes erklärte in solchen Fällen also sowohl die

210 Ebd. 18,6 (32, 159). Zum konkreten Fall in Dtn. 1,31 siehe unten S. 449 Anm. 676. 211 Ebd. 14,3 (32, 107). 212 In Hier. frg. 14 (GCS Orig. 32, 204). 213 Ebd. 6 (32, 200) und 45 (32, 221). 214 In Hier. hom. 15,5 (GCS Orig. 32, 129). 215 Siehe dazu die Hinweise bei Fürst, OWD 7, 204 Anm. 3. 216 Zum damit zusammenhängenden Problem der Reihenfolge der Homilien 14 und 15

siehe oben S. 15–17. 217 Origenes, in Hier. hom. 14,3 (GCS Orig. 32, 107). Vgl. ebd. 15,5 (32, 129): „Allerdings

ist es möglich, die Stelle in beiden Fassungen zu erklären.“



Einleitung

Septuaginta-Übersetzung als auch den hebräischen Text. Für letzteren verwendete er, weil er selbst kein Hebräisch konnte oder nur über minimale Kenntnisse in dieser Sprache verfügte,218 die anderen Übersetzungen in der Hexapla oder zog „Schüler der Hebräer“ heran, also Juden, die Hebräisch konnten.219 Aus diesem Grund erwähnte Origenes zuweilen Unterschiede zwischen dem hebräischen und dem griechischen Bibeltext.220 Interessant daran sind die Fälle, in denen er gegen die Septuaginta dem hebräischen Text den Vorzug gab. Das war etwa der Fall bei Ijob 26,7, wo er dem Text folgte, den „wir in den genaueren Handschriften finden“,221 was insofern wenig spektakulär ist, als zahlreiche Verse der hebräischen Fassung des Buches Ijob in der Septuaginta nicht übersetzt sind und Origenes sie in der Hexapla aus Theodotion ergänzt hat.222 Interessanter ist die Formulierung in Jer. 16,18: „Ich werde zuerst ihre Ungerechtigkeiten und ihre Sünden doppelt vergelten“, wo Origenes „nach dem Vergleich mit den übrigen Ausgaben“ entdeckte, dass das Wort „zuerst“ in der Septuaginta fehlt, in den anderen Ausgaben, mithin im hebräischen Text aber steht.223 In seiner Auslegung folgte er dem hebräischen Text und kam zu dem Schluss, dass „das ‚zuerst‘ notwendigerweise hinzugesetzt ist“.224 Eine Erklärung dafür, weshalb es in der Septuaginta trotzdem fehlt, vermochte er nicht beizubringen und ließ die Frage daher offen: „Entweder haben einige das ‚zuerst‘ ohne nachzudenken aus dem Text getilgt, oder die Siebzig haben es gemäß dem Heilsplan getilgt – Gott wird es wissen.“225 Ebenso erklärte er Jer. 17,1 auf der Basis der „anderen Ausgaben“, weil der ganze Passus Jer. 17,1–4 in der Septuaginta, „ich weiß nicht warum“, fehlt.226 Aus der hebräischen Fassung von Jer. 17,1 gewann er einen zentralen Aspekt seiner Substitutionstheorie,227 und das könnte in diesem Fall erklären, weshalb ihm der hebräische Text an dieser Stelle so wichtig war. Am interessantesten sind die Fälle in den Jeremiahomilien, wo er seiner Auslegung den hebräischen Text zugrundelegte, ohne dies explizit zu kennzeichnen.228 Es handelt sich um folgende Stellen bzw. Junkturen: In Jer. 4,4 218 So richtig Bardy, Traditions juives 219–221, und de Lange, Origen and the Jews

21–23. Anders Sgherri, Lingua ebraica. 219 Origenes, in Hier. hom. 13,2 (GCS Orig. 32, 103). Siehe dazu unten S. 331 Anm. 446. 220 Vgl. ebd. 20(19),5 (32, 184); in Hier. frg. 59 (GCS Orig. 32, 227). 221 In Hier. hom. 8,1 (GCS Orig. 32, 55). 222 Siehe auch unten S. 230 Anm. 238. 223 Origenes, in Hier. hom. 16,5 (GCS Orig. 32, 137). 224 Ebd. 16,6 (32, 138). 225 Ebd. 16,5 (32, 137). 226 Ebd. 16,10 (32, 141). Siehe dazu unten S. 410 Anm. 606. 227 Siehe oben S. 40f. 228 Auch in den Fragmenten aus dem Hoheliedkommentar finden sich Stellen, an denen

Origenes nicht den Septuagintatext zugrundelegte, sondern die Übersetzungen der

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



verwendete er die hebräische Wendung „Vorhaut des Herzens“, nicht die „Herzenshärte“ der Septuaginta.229 Im schwierigen Passus Jer. 20,1–11 stammen die Ortsangabe „am Benjamintor“ (Jer. 20,2), die explizite Qualifizierung Jeremias als „Prophet“ (Jer. 20,2), die Zeitangabe „am folgenden Tag“ (Jer.  20,3), die Verben „plündern“ und „rauben“ (Jer. 20,5), die Wendung „die ganze Ehre“ (Jer. 20,5), die Anrede „Paschor“ (Jer. 20,6) und die Junktur „in meinem Herzen“ (Jer. 20,9)230 aus dem hebräischen Text, der so jeweils nicht in der Septuaginta steht.231 Dasselbe gilt für den Zusatz „Herr der Mächte“ in Jer. 20,12.232 Und schließlich folgen auch die Fassungen von Jer. 22,15 und 28(51),22 in den Katenenfragmenten jeweils der hebräischen Version.233 Origenes zitierte und erläuterte alle diese Verse und Ausdrücke aus dem hebrä­ischen Bibeltext, ohne auch nur eine Andeutung zu machen, dass sie im griechischen Text der Septuaginta fehlen. Eine Erklärung für dieses Verfahren ist nur schwer beizubringen. Aber vielleicht lassen sich diese Beobachtungen als Indizien für das sozioreligiöse Setting seiner christlichen Gemeinde und seiner Predigttätigkeit in Caesarea auffassen. Origenes predigte und legte die Bibel in einem Umfeld aus, in dem es viele Juden gab. Er selbst war sich der zahlreichen Unterschiede zwischen dem Text der hebräischen Bibel und der griechischen Septuaginta höchst bewusst. So erklärt es sich, dass er auch in seinen Predigten gezielt darauf einging und seine Zuhörer darauf aufmerksam machte.234 Musste er damit rechnen, dass vielleicht Juden unter seinen Zuhörern waren? Im christlichen Gemeindegottesdienst ist das vielleicht denkbar, aber eher unwahrscheinlich. Doch in seinem Umfeld war seine Art der Bibelauslegung bekannt, und möglicherweise wurde er sogar auf manche seiner Äußerungen angesprochen.235 Er selbst hat sich mit jüdischen Gelehrten über die Bibel unterhalten und jüdische Auslegungen in seiner eigenen Exegese diskutiert. Zumindest auf diesem Weg konnten die Rabbiner etwas von seiner Bibelauslegung erfahren. anderen Ausgaben, meist Symmachus, gelegentlich auch Aquila und Theodotion. Siehe dazu Fürst/Strutwolf, OWD 9/2, 45f. 229 Origenes, in Hier. hom. 5,14 (GCS Orig. 32, 43). 230 Die Wendung „in meinem Herzen“ auch ebd. 20(19),8 (32, 190). Analog dazu stammt die Wendung „in euren Herzen“ in Ex. 23,13 ebenfalls aus dem hebräischen Text: ebd. (32, 189). 231 Ebd. 19,1(18,11) (32, 166); 19,2(18,12) (32, 167); 19,4(18,14) (32, 172); 19,5(18,15) (32, 173). Zur Wendung „die ganze Ehre“ ebd. 19,4(18,14) (32, 172) siehe unten S. 476 Anm. 736. 232 Ebd. 20(19),9 (32, 193). 233 In Hier. frg. 13 (GCS Orig. 32, 204) und 40 (32, 218). Siehe dazu unten S. 592 Anm. 41 und S. 622 Anm. 103. 234 Vgl. zum Beispiel eine Bemerkung wie die in Num. hom. 16,4 (GCS Orig. 7, 141): „… oder wie die Hebräer sagen, dass es bei ihnen geschrieben steht …“ 235 Ein mögliches Beispiel dafür ist unten S. 90 besprochen.

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Einleitung

Es wäre für seine jüdischen Gesprächspartner ein leichtes gewesen, seine Auslegung von vornherein abzulehnen, wenn sie ihm hätten nachweisen können, dass der Text, den er seiner Auslegung zugrundelegte, keine genaue Wiedergabe des hebräischen Textes war. Das war seit dem 2. Jahrhundert ein Hauptstreitpunkt zwischen Juden und Christen, wie etwa aus Justins Dialog mit dem Juden Tryphon hervorgeht. Diesem Vorwurf konnte Origenes dadurch begegnen, dass er die textlichen Probleme der griechischen Übersetzung im Vergleich mit dem hebräischen Text offen ansprach und diskutierte, soweit es ihm angesichts seiner mangelnden Hebräischkenntnisse möglich war. Dabei ging er offenbar so weit, seiner Auslegung eines Textes sogar in einer Predigt den hebräischen Wortlaut zugrundezu­legen, obwohl der Text, der im Gottesdienst vorgelesen worden war und den er auslegte, davon abwich (wobei fraglich sein dürfte, wie vielen Zuhörern diese Nuancen aufgefallen sind, zumal es sich meist nur um einzelne Wörter handelte). Manchmal hat Origenes diese Unterschiede offengelegt und beide Versionen ausgelegt, manchmal aber hat er stillschweigend den hebräischen Text erklärt, der in dieser Fassung gar nicht vorgelesen worden war. Diese Art, mit dem hebräischen und griechischen Text der Bibel umzugehen, dürfte am besten mit dem Milieu in Caesarea zu erklären sein, in dem christliche Exegese in einer stark von jüdischen Traditionen geprägten Welt betrieben wurde. Wollte sie ernstgenommen werden, musste ein christlicher Exeget diesen Kontext berücksichtigen. Origenes scheint sich dessen sehr bewusst gewesen zu sein. Jedenfalls hat er eine Bibelauslegung, die sich auf den hebräischen Text bezieht, in hohem Maße praktiziert, manchmal sogar auf Kosten des griechischen Septuagintatextes. Die Jeremiahomilien des Origenes spiegeln somit in einer ganzen Reihe von Merkmalen das soziale und religiöse Milieu von Caesarea maritima, speziell das jüdische Umfeld einer christlichen Gemeinde und ihres Predigers. Das gilt sowohl für die vielen antijüdischen Äußerungen, die Origenes in diesen Predigten machte, und die spannungsreichen Kontakte zwischen Juden und Christen, die er kritisch ansprach, als auch für manche Züge seiner Bibelauslegung, die in diesem Kontext plausibel werden.

2. Origenes und Jeremia: Prophetengeschick und Predigerschicksal Der Text des Buches Jeremia wirkte sich noch in einer weiteren Hinsicht auf einen Grundzug der Auslegung des Origenes aus. „Jeremia schrieb nicht nur Prophezeiungen auf, sondern auch eigene Leiden“, heißt es in einem

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Fragment aus der Prophetenkatene.236 Im Buch Jeremia wird ausgiebig das Elend von Jeremias Prophetenleben vor Augen geführt, die Ablehnung, die ihm und seiner Verkündigung entgegenschlug, bis hin zu seiner zweimaligen Inhaftierung (Jer. 20,1–3; 44[37],1–46[39],18) und dem Attentat auf ihn (Jer.  45[38],1–6) und seiner Verschleppung nach Ägypten (Jer. 50[43],1–7). Origenes scheint all dies sehr sensibel wahrgenommen zu haben, wenn er seine Zuhörer immer wieder darauf hinwies, was der Prophet für seine Botschaft alles zu erdulden hatte. „Sieh, was für ein Leben die Propheten gelebt haben, wie sie mal verlacht werden, mal in Gefahr schweben, niedergestreckt und gesteinigt vom Volk, getötet, gehasst, verfolgt.“237 Er griff dafür gern eine entsprechende Aussage in Hebr. 11,37f. auf: „Sie wurden gesteinigt, zersägt, auf die Probe gestellt, sie erlitten den Tod durchs Schwert, sie zogen umher in Schafspelzen, in Ziegenfellen, darbend, bedrängt, misshandelt, in Einöden umherirrend“,238 und wandte diese auf Jeremia an. Dieser Aspekt des Buches Jeremia hat Origenes offensichtlich sehr stark interessiert. Während er aus dem ersten Teil (Jer. 2,1–10,25) in den meist kurzen Homilien 2–8 nur einige wenige Sätze und nur selten eine längere Passage erklärte – die einzige längere Perikope, die er in der langen Homilie 5 auslegte, ist Jer. 3,22–4,8 – und auf Jer. 6–9 gar nicht einging, wohl weil darin im Wesentlichen nur Wiederholungen von Jer. 2–5 stehen, hat er in den Homilien 9–20 die „Szenarien prophetischer Existenz“ in Jer. 11,1–20,18239 in meist langen Predigten eingehend erklärt. Nach der Berufung des Propheten (Jer. 1,4–10), die er in der ersten Homilie behandelt hatte, erläuterte er in Homilie 9 den Gottesbund als Grundlage der Sendung und Verkündigung Jeremias (Jer. 11,1–10) und interessierte sich im Folgenden dann besonders für die Konfessionen Jeremias, die er alle ausführlich behandelte, die erste (Jer. 11,18–12,6) in Homilie 10, die zweite (Jer. 15,10–21) in Homilie 14, wobei er der eindringlichen Klage Jeremias in Jer. 15,10 sogar noch eine zweite Predigt widmete, Homilie 15. Die dritte Konfession (Jer. 17,12–18) ist Thema von Homilie 17, die vierte (Jer. 18,18–23) ist vielleicht in Homilie 18 behandelt worden, doch lässt sich das nicht sicher sagen, weil diese Predigt nicht vollständig erhalten ist.240 Die fünfte und eindringlichste Konfession Jeremias schließlich (Jer. 20,7–18) wird in Homilie 20 ausführlich ausgelegt 236 Origenes, in Hier. frg. 63 (GCS Orig. 32, 229). 237 In Hier. hom. 20(19),5 (GCS Orig. 32, 185). Vgl. ebd. 1,13 (32, 11): „Alles Mögliche er-

leiden die Propheten“; 14,14 (32, 119): „Weil die Propheten vieles erlitten haben …“ 238 Vgl. ebd. 14,14 (32, 119f.); 15,2 (32, 126); ferner Cels. VII 7 (GCS Orig. 2, 159). Zur

Legende von der Zersägung Jesajas vgl. ebd. 20(19),9 (32, 192), ferner in Is. hom. 1,5 (GCS Orig. 8, 247). Siehe dazu die Hinweise bei Fürst/Hengstermann, OWD 10, 204 Anm. 26. 239 So die Überschrift über diesen Teil p. 1300 Septuaginta Deutsch. 240 Siehe dazu unten S. 428 Anm. 632.

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Einleitung

(bis Jer. 20,12), nachdem er auf den schweren Vorwurf Jeremias gegen Gott, dieser habe ihn getäuscht (Jer. 20,7), aufgrund der theologischen Problematik einer solchen Aussage schon in der vorigen Homilie 19 eingegangen war.241 Origenes, der – wie sich zeigen wird – in Jeremia ein Vorbild für sein eigenes Wirken sah, hat sich für das persönliche Schicksal dieses Propheten, das in dem nach ihm benannten Buch wie bei keinem anderen Propheten geschildert wird, brennend interessiert. Am eindringlichsten ging er auf die „Schwierigkeiten“, mit denen Jeremia ständig konfrontiert war,242 anlässlich seiner Klage in Jer. 15,10 ein: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“ Origenes muss diese Stelle sehr wichtig gewesen sein, da er in gleich zwei Predigten auf sie zu sprechen kam. Nachdem er sehr lange darüber gepredigt hatte – Homilie 14 ist die längste Predigt im erhaltenen Corpus –,243 kam er im folgenden Gottesdienst noch einmal darauf zu sprechen und predigte erneut nahezu ausschließlich über Jer. 15,10 und das Prophetengeschick, das darin zum Ausdruck kommt, um erst im Schlusspassus von Homilie 15 noch rasch auf einen neuen Vers zu sprechen zu kommen.244 Origenes füllte damit viele Seiten mit Reflexionen auf diese Klage Jeremias. „Ständig“, kommentierte er, „wurde der Prophet vor Gericht gezerrt, beschimpft, verklagt und verleumdet.“245 Die Ursache dafür war, dass Jeremia den Leuten „die Wahrheit sagte“.246 Aber gerade das zog ihm die Feindseligkeit derer zu, die sich dieser Wahrheit versperrten: „Er hatte viele Schwierigkeiten, er litt unter denen, die die Wahrheit nicht hören wollten.“247 Weil die Propheten wie Jeremia ihre Zuhörer zurechtwiesen und tadelten, zogen sie deren Hass und Verfolgung auf sich: „Den Gesandten des Wortes“, wie Origenes die Propheten bezeichnete,248 „droht Gefahr seitens ihrer Hörer; denn werden sie zurechtgewiesen, hassen sie sie, werden sie ge-

241 Siehe dazu ausführlich unten S. 88–105. 242 Origenes, in Hier. hom. 14,15 (GCS Orig. 32, 121); 14,17 (32, 123); 15,1 (32, 125);

20(19),8 (32, 190). Zum Bild des Propheten Jeremia in den Homilien des Origenes siehe auch Peri, Geremia secondo Origene 10f.; Pieri, L’amarezza del profeta 46–51. Zum Jeremiabild in anderen Werken des Origenes siehe Cocchini, Geremia secondo Origene 90–96. 243 Ebd. 14,1–10 (32, 106–115) beschäftigt sich Origenes mit Jer. 15,10; ebd. 14,11–18 (32, 115–125) geht er auf Jer. 15,11–19 ein. 244 Ebd. 15,1–5 (32, 125–129) geht es erneut um Jer. 15,10; ebd. 15,6 (32, 130f.) legt Origenes Jer. 17,5 aus. 245 Ebd. 14,2 (32, 107). Vgl. ebd. 14,5 (32, 110); 14,14 (32, 119). 246 Ebd. 14,13 (32, 118). 247 Ebd. 14,17 (32, 123) zu Frage Jeremias in Jer. 15,18: „Warum werden die, die mich hassen, stärker?“ 248 Vgl. auch Cels. III 68 (GCS Orig. 1, 260); IV 4 (1, 277); IV 72 (1, 342); VI 1 (2, 70).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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tadelt, verfolgen sie sie.“249 In Jer. 15,15 spricht Jeremia selbst von denen, „die mich verfolgen“, und Origenes erläuterte dazu: „Und lass den Propheten diese Worte sprechen, da er von denen verfolgt wird, die getadelt werden, da er von denen gehasst wird, die die Wahrheit nicht annehmen, denn er wurde zum Feind der Zuhörer, weil er ihnen die Wahrheit sagte.“250 Die 14. Homilie eröffnete Origenes mit einem Vergleich der Propheten mit Ärzten, da sie „Ärzte der Seelen“ seien: „Die Propheten erleiden von denen, die sich nicht heilen lassen wollen“ dasselbe, was „Ärzte von renitenten Kranken erleiden“: Weil sie die Mühsal der ärztlich verordneten Kuren und Heilmittel scheuen, schlägt den Ärzten Abneigung und sogar Hass entgegen und werden sie geschmäht und beschimpft, als wären sie die Ursache der schmerzhaften Behandlung.251 Dieses Bild wandte Origenes auf das Wirken und das Schicksal Jeremias an: „Vielerlei Krankheiten gab es in dem Volk, das sich Volk Gottes nannte. Gott schickte ihnen Ärzte: die Propheten. Einer der Ärzte war auch Jeremia. Er tadelte die Sünder, er wollte die Übeltäter zur Umkehr bewegen. Sie aber, die auf seine Worte hätten hören sollen, verklagten den Propheten, und sie verklagten ihn vor Richtern, die ganz wie sie waren. Und ständig wurde der Prophet von denen vor Gericht gezerrt, die, was seine prophetische Verkündigung angeht, behandelt, aber weil sie nicht darauf hörten, nicht geheilt wurden.“ Und weil es ihm ständig so erging, habe Jeremia geseufzt: „Ich bin ganz ermattet und kann es nicht ertragen“ (Jer. 20,9).252 Mit solchen eindringlichen Vergleichen aus der Alltagswelt, die jeder Zuhörerin und jedem Zuhörer verständlich waren, hat Origenes seiner Gemeinde die wiederholten Klagen Jeremias über das Scheitern seiner Sendung zu erläutern versucht: „Er verkündete also das Wort, keiner nahm die Botschaft an. Wie ein Arzt verschwendete er die Heilmittel, weil die Kranken renitent und voller eigener Gelüste waren.“253 Wie immer in seiner Bibelauslegung ging es Origenes allerdings nicht nur darum, seiner Gemeinde das Schicksal des historischen Jeremia zu erläutern. Mit allen seinen Ausführungen darüber war die Frage verknüpft, welche Bedeutung solche Bibeltexte für die Christen in der Gegenwart haben. Das wichtigste Verfahren hierzu war die Übertragung aller dieser Aussagen über Jeremia auf Christus. Das ist überhaupt das durchgängige methodische Ver249 In Hier. hom. 1,13 (GCS Orig. 32, 11). Vgl. ebd. 14,14 (32, 119): „Die Propheten haben

vieles erlitten, als sie tadelten, als Gesandte des Wortes wirkten und die Gebote Gottes verkündeten.“ 250 Ebd. 14,13 (32, 118). Vgl. ebd. 14,14 (32, 119): „Schau auf die Lebenswege der Propheten: Weil sie tadelten, weil sie schimpften, weil sie Vorwürfe machten, wurden sie vor Gericht gezerrt, wurde über sie Gericht gehalten, wurden sie verurteilt.“ 251 Ebd. 14,1 (32, 106f.). 252 Ebd. 14,2 (32, 107). 253 Ebd. 14,3 (32, 107f.).

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Einleitung

fahren in sämtlichen Homilien. Bereits in der 1. Homilie ging Origenes auf diese Methodik ein und diskutierte sie ausführlich vor allem im Blick auf Aussagen, die sich der Übertragung auf Christus zu widersetzen scheinen, so die Aussagen in Jer. 1,5: „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich, und bevor du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt“ und in Jer. 1,10: „Siehe, ich habe dich über Völker und Königreiche gesetzt, um auszureißen und niederzureißen und zu zerstören, um aufzubauen und einzupflanzen.“254 Auch die Klage Jeremias in Jer. 15,10: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“, auf die er in der 14. Homilie ausführlich einging, um das Prophetengeschick zu erläutern, bezog er unter ausdrücklichem Rekurs auf die 1. Homilie255 auf Christus, denn „wie wir an zahllosen anderen Stellen gezeigt haben, dass Jeremia für unseren Herrn Jesus Christus steht, so werden wir das vielleicht auch hier sagen können“.256 Demgemäß übertrug Origenes das Schicksal Jeremias Zug um Zug auf Christus, beispielsweise mit Hilfe des Gedankens, dass „Jesus Christus in jedem der Märtyrer vor Gericht gezerrt wird“ und in diesem Sinne „auf der ganzen Erde umstritten“ ist.257 Jeremia ist „Symbol“ (σύμβολον), „Sinnbild“, für Christus.258 Die Propheten kündigen Jesus nicht nur in ihren Worten, sondern auch und noch mehr mit ihrem Leben an. Das gilt besonders für Jeremia, der mit dem, was er durch seine Verfolgung erlitten hat, auf das Leiden Jesu vorausweist. Den Wehe-Ruf Jeremias in Jer. 15,10 korrelierte Origenes daher mit den Wehe-Rufen Jesu in Mt. 23,13–29 und übertrug das prophetische Schicksal explizit auf Christus: „Es war nämlich die prophetische Aufgabe sowohl dieses Propheten als auch des Jesaja und der übrigen, zu belehren, zu tadeln und zur Umkehr zu rufen. Demgemäß war es also die Aufgabe auch dieses Propheten, zurechtzuweisen, zu tadeln, zu richten, auch wenn er mit den Sündern gerichtet 254 Vgl. darüber ausführlich ebd. 1,6–16 (32, 4–16). 255 Siehe dazu unten S. 344 Anm. 469. 256 In Hier. hom. 14,5 (GCS Orig. 32, 110). 257 Ebd. 14,7f. (32, 112f.). Vgl. ebd. 15,2 (32, 126f.): „Im eigentlicheren Sinne allerdings

kann dieses prophetische Wort auf den Erlöser bezogen werden. Denn lass den Propheten dies sagen, wird er dies doch nicht wahrheitsgemäß sagen, sondern vielleicht in Form einer Übertreibung, denn er war nicht vor der ganzen Erde umstritten.“ 258 Ebd. 1,6 (32, 4). In Matth. comm. XII 9 (GCS Orig. 10, 81f.) wird Jeremia mit Bezug auf Jer. 1,10 als „Typos“ (τύπος) Christi bezeichnet. Vgl. auch Cels. VII 7 (GCS Orig.  2, 159f.). Siehe dazu Peri, Geremia secondo Origene 9–17 (der ebd. 6 darauf hinweist, dass Origenes damit in einer schon ausgebildeten kirchlichen Tradition steht; ebd. 6–9 weitere Hinweise auf Theologumena in den Jeremiahomilien, die Origenes der frühchristlichen Tradition, bes. Clemens von Alexandria, entnommen hat); Fédou, Sagesse 103–106; Pieri, L’amarezza del profeta 51–60; Cocchini, Geremia secondo Origene 100.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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werden konnte, und die Sünden des Volkes zu tadeln. Und wozu soll man auch noch erwähnen, was ihnen die Angehörigen ihres Volkes alles angetan haben? Den einen steinigten sie, den anderen zersägten sie (vgl. Hebr. 11,37), einen anderen töteten sie ‚zwischen dem Tempel und dem Altar‘ (Mt. 23,35), diesen warfen sie in eine Zisterne mit Schlamm (vgl. Jer. 45[38],6) weil sie von ihm getadelt wurden. Und vor allem hat unser Erlöser dies vollbracht, und zwar mehr noch als diese, weil er der Herr der Propheten ist. Denn als er selbst gegeißelt und gekreuzigt und von den Juden beziehungsweise von den Lehrern der Juden und vom Führer des Volkes ausgeliefert wurde, sagte er: ‚Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler!‘ (Mt. 23,13).“259 Neben diesem durchgängigen Muster seiner Auslegung hat Origenes die Aussagen, die im Buch Jeremia über Jeremia und sein Schicksal gemacht werden, gelegentlich auch auf seine Gemeinde und auf sich selbst angewendet. Die Nachahmung der Propheten und Jesu schließt ein, ihr Schicksal zu teilen. So meinte er im Anschluss an die eben zitierte Auslegung: „Wenn wir nach den Seligpreisungen der Propheten streben, lasst uns also auch dasselbe vollbringen!“260 Es gebe viele, meinte Origenes, die den Propheten und ebenso Jesus und den Aposteln nacheifern. Er erinnerte diese Leute aber mit Nachdruck daran, dass das nicht nur für die angenehmen Seiten des Prophetenlebens gelten könne, „das Herausragende an den Propheten“, wie er sich ausdrückte, nämlich „ihre Unabhängigkeit, ihre Charakterfestigkeit, ihre Wachsamkeit, ihre Geistesgegenwart“ sowie „die Kraft und den Freimut eines Propheten“.261 Wer den Taten der Propheten nacheifern wolle, müsse vielmehr bedenken, dass dazu auch gehöre, „zu erleiden, was die Propheten erlitten haben“, und „gehasst zu werden, wie die Propheten gehasst wurden“; „denn zu sagen: Gib mir Anteil mit den Propheten, ohne zu erleiden, was die Propheten erlitten haben, und ohne es erleiden zu wollen, ist ungerecht … Wenn wir also mit den Propheten sein wollen, dann schau auf die Lebenswege der Propheten!“262 Das ist ein Grund dafür, weshalb Origenes „die Lebenswege der Propheten“ und im vorliegenden Fall denjenigen Jeremias seinen Zuhörern so ausführlich vor Augen geführt hat. Im Blick auf die konkrete Gemeinde, die er vor sich hatte, war Origenes in dieser Hinsicht allerdings alles andere als optimistisch. Er beurteilte „die Lage bei uns“ so, dass seiner Ansicht nach Jesus allen Grund hatte, im Blick auf seine Wiederkunft die Frage zu stellen: „Doch wird der Menschensohn, wenn er kommt, Glauben finden auf Erden?“ (Lk. 18,8). Der anspruchsvolle Moralprediger Origenes hatte generell keine besonders hohe Meinung 259 Origenes, in Hier. hom. 15,2 (GCS Orig. 32, 126). 260 Ebd. 261 Ebd. 15,1.2 (32, 125. 126). Eine ähnliche Liste von lobenden Epitheta für die Prophe-

ten findet sich in Cels. VII 7 (GCS Orig. 2, 159). 262 In Hier. hom. 14,14 (GCS Orig. 32, 119).

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Einleitung

vom moralischen und spirituell-intellektuellen Niveau der Christinnen und Christen in seiner Gemeinde. An der hier in Rede stehenden Stelle beurteilte er das Glaubensniveau sogar besonders drastisch und machte keinerlei Hehl aus seiner kritischen Haltung: „Und wahrlich, wenn wir die Situation nach der Wahrheit beurteilen und nicht nach der Zahl der Leute und wenn wir die Situation grundsätzlich beurteilen und nicht im Blick auf die vielen Versammelten, werden wir sehen, dass wir jetzt nicht gläubig sind.“ Den Maßstab für dieses strenge Urteil entnahm er der Vergangenheit: „Damals aber gab es Gläubige, als es echte Martyrien gab, als wir von den Friedhöfen, wohin wir die Märtyrer geleitet hatten, in die Versammlungen kamen und die ganze Gemeinde sich ohne Betrübnis einfand und die Katechumenen angesichts der Martyrien unterrichtet wurden und angesichts des Sterbens derer, die die Wahrheit ‚bis in den Tod‘ (Offb. 2,10) bekannten.“ Für Origenes – eine erstaunliche Beobachtung – war die Zeit der Märtyrer also schon Vergangenheit. Aus dem Text geht nicht hervor, welche konkreten Umstände zu der Zeit, als er über das Buch Jeremia predigte, ihn dazu veranlassten, die Gegenwart in dieser Weise mit einer reichlich verklärten Vergangenheit zu vergleichen. War es ein Versuch, seine Zuhörer zu echter Nachfolge der Propheten und der Apostel zu motivieren? Aber motiviert es wirklich, den Leuten offen ins Gesicht zu sagen: „Damals waren die Gläubigen zwar wenige, aber sie waren wahrhaft Gläubige … Jetzt aber, da wir viele geworden sind …, sind es sehr wenige, die aus der Menge derer, die ihre Gottesverehrung bekunden, die Erwählung Gottes und die Seligkeit erlangen“?263 Derart schonungslose Äußerungen sind ein Indiz für das gespannte Verhältnis zwischen dem Prediger Origenes und seiner Gemeinde, das aus vielen Bemerkungen in seinen Predigten hervorgeht.264 In den Jeremiahomilien hängt dies nicht zuletzt damit zusammen, dass sich Origenes selbst mit seinen oft vergeblichen Mühen als Prediger und Lehrer im Geschick des Propheten Jeremia wiedererkannt hat.265 Es gehörte zu seinem Selbstverständnis, als Ausleger und Verkünder des Wortes das Wirken des Logos, des Wortes Gottes, 263 Ebd. 4,3 (32, 25f.). 264 Vgl. seine Klagen über die Vernachlässigung des Gottesdienstbesuches und die Un-

aufmerksamkeit der Gottesdienstbesucher während der Liturgie und besonders während der Predigt in Gen. hom. 10,1 (GCS Orig. 6, 93f.); in Ex. hom. 12,2 (GCS Orig. 6, 264); 13,3 (6, 272); in Lev. hom. 9,7 (GCS Orig. 6, 431); in Ios. hom. 1,7 (GCS Orig. 7, 295); in Is. hom. 5,2 (GCS Orig. 8, 265). Siehe dazu Schütz, Gottesdienst 46–48; Monaci Castagno, Origene predicatore 88f.; Heine, Origen 182f.; Fürst, OWD 7, 26–30. 265 Siehe dazu auch Peri, Geremia secondo Origene 25f. 36, der dann aber, ebd. 38–57, alles auf das Martyrium hinlenkt, wenn er die Leiden Jeremias mit denen des Origenes parallelisiert. Es geht aber in den Texten eindeutig nicht um das Martyrium, sondern um die Schattenseiten des Lebens als Verkündiger und Lehrer. Ferner Cocchini, Geremia secondo Origene 99.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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in der Bibel und in der Kirche fortzusetzen und damit in der Nachfolge der Propheten und Apostel zu stehen. Wie die Apostel mit den Evangelien und ihren Briefen „geschmiedete Posaunen (vgl. Num. 10,2) tragen, die großartige und himmlische Lehre der Verkündigung“,266 so „befiehlt das Wort zum Beispiel mir und befiehlt auch jedem anderen – es wird dem gegeben, der willens ist und den Sinn der Schriften erforscht – ‚geschmiedete silberne Posaunen‘ (Num. 10,2) anzufertigen“.267 Zu dieser kerygmatischen Nachfolge gehören unausweichlich die negativen Seiten, von denen das Geschick der Propheten gekennzeichnet war. „Machen wir uns also bereit, zur Zeit einer Verfolgung mit Jeremia auf dem Posten zu sein, ebenso mit dem Apostel.“268 Als Lehrer muss Origenes wie Jeremia ermahnen und tadeln269 und die Folgen solcher Mahnrede auf sich nehmen. „Wenn mein Wort bitter ist, empfinden die Zuhörer Widerwillen.“270 Im Vorwort zur ersten Samuelhomilie hat er die Bitterkeit seiner Worte als heilsame Medizin ausführlich verteidigt und sich dafür auf die Praxis Jesu sowie der Propheten und Apostel berufen.271 Offenbar hat Origenes aber die Erfahrung gemacht, „für unsere Worte verlacht zu werden“,272 und sich dies mit dem Geschick der Propheten erklärt: „Was ist nun erstaunlich daran, wenn einer, der dadurch, dass er den Sünder tadelt und ihm Vorwürfe macht, der prophetischen Lebensweise nacheifern will, geschmäht, gehasst und hintergangen wird?“273 Ebenso äußerte sich Origenes im Matthäuskommentar über jeden Christen, der „ganz eifrig lebt und die Sünder überführt und deswegen gehasst wird und Nachstellungen erleidet“, denn „wer dem Leben der Propheten nacheifert und den Geist, der in ihnen war, in sich trägt, wird unvermeidlich in der Welt und bei den Sündern entehrt; denn die füh-

266 Origenes, in Ios. hom. 7,1 (GCS Orig. 7, 327f.). Das Bild vom Evangelium als Posau-

ne Christi stammt von Clemens von Alexandria, protr. 116,3 (SC 2, 185). 267 Origenes, in Hier. hom. 5,16 (GCS Orig. 32, 45). Vgl. ebd. 19,4(18,14) (32, 172): „Wenn

ein Ausleger der prophetischen Worte die Wahrheit sagt, prophezeit er auch selbst und prophezeit Wahres.“ Ferner in Ps. 36 hom. 3,3 (GCS Orig. 13, 142); in Luc. hom. 32,2 (GCS Orig. 92, 182). Siehe dazu Monaci Castagno, Origene predicatore 71–75; Martens, Origen and Scripture 194–200. 268 In Hier. frg. 63 (GCS Orig. 32, 229). 269 Zu dieser Pädagogik der heilsamen Kritik siehe Fürst, OWD 7, 20–26. 270 In Hier. hom. 20(19),6 (GCS Orig. 32, 186). 271 Vgl. in Regn. hom. lat. 1 (GCS Orig. 8, 1–3) und dazu Fürst, OWD 7, 16–19. Vgl. auch in Num. hom. 27,10 (GCS Orig. 7, 270): „Wie nämlich die Ärzte ihren Heilmitteln mit Blick auf die Heilung und Gesundung der Kranken manche Bitterkeiten hinzufügen, so wollte der Arzt unserer Seelen ebenfalls mit Blick auf das Heil, dass wir die Bitterkeiten dieses Lebens in mannigfachen Versuchungen erleiden, wohl wissend, dass am Ende dieser Bitterkeit unsere Seele die Süße des Heils erlangen wird.“ 272 In Hier. hom. 20(19),5 (GCS Orig. 32, 185). 273 Ebd. 14,14 (32, 120).

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Einleitung

len sich durch das Leben des Gerechten belastet.“274 In den Jeremiahomilien rekurrierte er dafür auf einen konkreten Vorfall in der Gemeinde, den er aber, weil er seinen Zuhörern offenbar bekannt war, nur so allgemein und vage antippte, dass nicht zu erkennen ist, worum es genau ging. Anscheinend war gegen einen hohen Amtsträger, „einen im Vorstand“, „eine kirchliche Strafe verhängt worden“ – er war wohl exkommuniziert worden – und musste sich „derjenige, der die Sache in die Hand genommen hat“, nunmehr Verleumdungen von dem anhören, der „ausgeschlossen“ worden war: „Jener geht umher und redet schlecht über den, der der Wahrheit Recht verschafft hat.“275 Die Erfahrung, dass die Zuhörer „sich von meinen Worten abwandten und sich nicht aufnahmebereit zeigten“,276 scheint Origenes nicht selten gemacht zu haben. Das Predigerleben hat ihm wohl nicht immer Freude bereitet. Das kann man jedenfalls daran ablesen, dass er das Futur in der Aussage in Jer. 15,16: „Und dein Wort wird mir Freude bringen“ stark hervorgehoben hat: „Das tut es jetzt nicht, doch es wird es tun. Denn in der Gegenwart bringt mir dein Wort Gefängnisaufenthalte, Gerichtsverhandlungen, Schwierigkeiten, Verleumdungen, Mühen, doch das Ende von alledem wird Freude sein“, wie es in Jer. 15,16 dann weiter heißt: „Und dein Wort wird mir Freude und Fröhlichkeit meines Herzens bringen.“277 Das sagte Origenes in der Person Jeremias, aber man spürt deutlich, dass es auch für ihn gilt. Eine Reaktion darauf war der Drang, sich vom Verkündigen des Wortes zurückzuziehen, wie Jeremia einmal sagte: „Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden“ (Jer. 20,9). Im Blick auf dieses Gefühl parallelisierte Origenes sein Erleben und Empfinden explizit mit demjenigen Jeremias: „Er sagt das also, weil er etwas Menschliches verspürt, das zu verspüren auch uns oft droht. Und besonders, wenn einer sich bewusst ist, wegen der Lehre und des Wortes einmal elend dran zu sein, zu leiden und gehasst zu werden, sagt er oft: Ich ziehe mich zurück, was gehen mich denn diese Schwierigkeiten an? Wenn ich deswegen auch in Schwierigkeiten gerate, weil ich lehre, weil ich das Wort verkünde, weshalb ziehe ich mich nicht lieber in die Einsamkeit und Stille zurück?“278 Das spätere Mönchtum konnte hier einen Ansatzpunkt für die Anachorese, den Rückzug aus der Welt in die Einsamkeit und Stille finden. Origenes brachte damit seine Distanzierung von seiner Gemeinde zum Ausdruck, denn „es

274 In Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 25). Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 85. 275 In Hier. hom. 14,14 (GCS Orig. 32, 120). 276 Ebd. 14,4 (32, 109). 277 Ebd. 14,15 (32, 121). 278 Ebd. 20(19),8 (32, 189f.).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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ist nicht absurd, die Versammlung der Schlechtigkeit zu fliehen und so den nachzuahmen, der sagte: ‚Für mich allein saß ich da‘ (Jer. 15,17).“279 Letztlich hat Origenes freilich keinen solchen Rückzug angetreten, sondern sich unverdrossen seiner Aufgabe als Prediger gewidmet, auch wenn es ein Leben voller Bitterkeit war, womit er sich erneut dezidiert in die Nachfolge Jeremias stellte: „Wenn ‚der Weg, der zum Leben führt, eng und schmal ist‘ (Mt. 7,14), musst du in diesem Leben ‚von Bitterkeit satt sein‘ (Jer. 15,17) und kannst dich an keiner Süßigkeit erfreuen. Oder weißt du nicht, dass dein Fest mit Bitterkräutern begangen wird?“ Im selben Sinn stellte er sich in die Nachfolge des Apostels Paulus: „Die Aussage über die Bitterkräuter (vgl. Ex. 12,8) ist entsprechend der Aussage über ‚die ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit‘ (1 Kor. 5,8) zu erläutern. Verfüge über Lauterkeit und Wahrheit, und sie werden dir zu Bitterkräutern werden, und mit Bitterkräutern wirst du die ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit essen, so wie Paulus, insofern er die ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit aß, auch Bitterkräuter aß. Wie aß er Bitterkräuter? Indem er sagte: ‚Euer Feind bin ich geworden, weil ich euch die Wahrheit sage‘ (Gal. 4,16).“280 Wie Jeremia wurde also Origenes „zum Feind der Zuhörer, weil er ihnen die Wahrheit sagte“, diese sie aber „nicht hören wollten“ und „sich von seinen Worten abwandten“.281 Andererseits kannte Origenes aber auch das „Glück, wenn man auf einen reifen und großartigen Zuhörer trifft“.282 In luziden Beobachtungen zur Reziprozität von Erziehungs- und Lernprozessen vermochte er den „Nutzen“ zu beschreiben, „den ein Lehrer wohl von Hörern haben würde, wenn sie Fortschritte machen und sich bessern“, denn wenn der Lehrer „in ihnen Früchte hervorbringt“ (vgl. Röm. 1,13), wird der Hörer „zur Ursache des Vorankommens und des Glücks“ des Lehrers. „Ansonsten aber gibt es auch einen Nutzen, den jeder Lehrer aus dem Lehren selbst zieht – umso mehr, je verständiger der Schüler ist –, und zwar im Hinblick auf das, was er lehrt, und auf das, was er lernt. Und die Redner werden besser im Hinblick auf die Kenntnisse, die sie weitergeben, wenn die Hörer verständig sind und diese nicht einfach übernehmen, sondern nachhaken und Fragen stellen und nach der Bedeutung des Gesagten forschen.“283 Der Pädagoge Origenes scheint die Erfahrung aktiver Mitarbeit seiner Schüler, und zwar weniger im Gottesdienst als vielmehr in seiner Schule in Caesarea, gemacht zu haben, sonst hätte er sie nicht so präzise beschreiben können. Sehr häufig scheint sie aber

279 Ebd. 14,16 (32, 122). 280 Ebd. (32, 123). 281 Ebd. 14,13 (32, 118); 14,17 (32, 123); 14,4 (32, 109). 282 Ebd. 6,3 (32, 51). 283 Ebd. 14,3 (32, 108). Siehe dazu auch Schadel, BGrL 10, 298 Anm. 141.

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Einleitung

nicht gewesen zu sein, denn die schwierige Seite des Lehrerdaseins hat er immer viel eindringlicher angesprochen und häufig beklagt. In den Jeremiahomilien parallelisierte Origenes sein Erleben und Empfinden als Prediger und Verkünder des Wortes mit dem Schicksal des Propheten Jeremia. Er hat das recht düster gestimmte Flair des Buches Jeremia feinfühlig wahrgenommen und gerade im Elend des Prophetenlebens, das darin eindringlich vor Augen geführt wird, eigene Erfahrungen wiedererkannt. Im Schicksal des Lehrers und Predigers Origenes wiederholt sich das Geschick des Propheten Jeremia, vorwiegend auf taube Ohren zu stoßen. Origenes empfand wohl eine gewisse Seelenverwandtschaft mit dem Propheten Jeremia. Daraus erklärt sich der empathische Ton so vieler Seiten seiner Jeremiahomilien, in denen Propheten- und Predigerschicksal so ineinanderfließen, dass er untrennbar von beidem zugleich sprach. Wenn er davon redete, „dass den Gesandten des Wortes“, als der sich Origenes genau so verstand wie die Propheten, „Gefahr seitens ihrer Hörer droht“, dass sie gehasst und verfolgt werden,284 dass er unter denen leidet, „die die Wahrheit nicht hören wollen“ und „zum Feind der Zuhörer“ wird, „weil er ihnen die Wahrheit sagte“,285 ist kaum auszumachen, woran er mehr dachte, und vermutlich dachte er bei solchen Worten sowohl an Jeremia als auch an sich selbst. Nicht zuletzt daraus dürfte sich auch erklären, dass Origenes das Buch Jeremia so eindringlich ausgelegt hat wie kein altkirchlicher Exeget nach ihm.

3. Aspekte menschlicher Freiheit a) Kompatibilistischer Libertarismus: Selbstbestimmung des Menschen und Vorsehungshandeln Gottes Ein Grundgedanke der christlichen Philosophie des Origenes ist die Freiheit des Menschen.286 Zusammen mit der Güte und Gerechtigkeit Gottes und seinem Vorsehungshandeln zur Erziehung des Menschengeschlechts gehört die Überzeugung vom freien Willen des Menschen und seiner sich daraus ergebenden Verantwortung für sein Handeln und seiner Schuldfähigkeit zu den Kristallisationspunkten seines Denkens.287 Die Inhalte seiner Bibelauslegung orientieren sich durchweg an diesen Leitideen. Origenes legte den Bibeltext immer so aus, dass seine Deutungen nicht gegen diese Grundoptionen je für sich als auch in ihrem Zusammenhang verstoßen.

284 In Hier. hom. 1,13 (GCS Orig. 32, 11); 20(19),5 (32, 185). 285 Ebd. 14,17 (32, 123); 14,13 (32, 118). 286 Siehe dazu einführend Fürst, Origenes 110–142. 287 Ausführlich beschrieben von Schockenhoff, Fest der Freiheit 105–162.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Diese Exegese betrieb Origenes in einem philosophischen Kontext, mit dem sie vielfach eng verwoben war. Eines der zentralen Probleme der Philosophie zur Zeit des Origenes bildete das freie, verantwortliche Handeln des Menschen im Rahmen der göttlichen Vorsehung. Wie war das Postulat der Verantwortung des Menschen und damit die Annahme seiner Freiheit mit einer mehr oder weniger deterministischen Vorstellung von der Weltordnung zu vereinbaren? Seitdem die Stoiker diese Frage auf die philosophische Agenda gesetzt hatten, wurde sie in der römischen Kaiserzeit insbesondere in den Schulen der Stoiker, der Peripatetiker und der Platoniker zunehmend intensiv diskutiert.288 Origenes hat mit dem ersten christlichen Traktat über die Freiheit im dritten Buch von De principiis289 und mit vielen weiteren Überlegungen dazu in seinen Schriften290 einen wesentlichen Beitrag zu dieser Debatte geleistet. Dabei hat er sie insofern auf ein neues Niveau gehoben, als er als erster antiker Denker nicht nur eine Handlungstheorie im Rahmen der praktischen Philosophie, sondern eine umfassende Metaphysik der Freiheit entwarf, in der er die zentralen Fragen der antiken Theologie, Kosmologie und Anthropologie vom Kerngedanken der Freiheit aus reflektierte.291 Zieht man moderne Kategorien zur Beschreibung seiner Position heran, vertrat Origenes einen Libertarismus mit einem starken Hang zum Kompatibilismus, d. h. er verfocht den Gedanken der nicht-determinierten Freiheit des Menschen – „die Selbstbestimmung ist nämlich frei“, formulierte er dezidiert in den Jeremiahomilien292  –, dachte diese aber zusammen mit der Vorsehung des seinerseits freien Gottes, den er als „ungeschaffene Freiheit“ bestimm-

288 Für die aristotelische Tradition siehe vor allem den Traktat des Alexander von Aphro-

289 290

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disias über das Schicksal (De fato), für die platonische etwa Plutarchs De sera numinis vindicta und eine Generation nach Origenes Plotins Enneade VI 8. Siehe dazu Dihle, Vorstellung vom Willen 31–78; Forschner, Stoische Ethik 85–113; Bobzien, Determinism and Freedom 234–357; Müller, Willensschwäche 47–193; Frede, A Free Will 19–48. 66–88. 95–101; Forschner, Epiktets Theorie der Freiheit. Zu Plotin: Gorman, Freedom; Westra, Plotinus and Freedom 97–110; Leroux, Human Freedom; Ousager, Plotinus on Selfhood 162–188; Halfwassen, Plotin 128–141; Frede, A Free Will 125–152; Nölker, Freiheit. Origenes, princ. III 1 (GCS Orig. 5, 195–244). Neben dem grundlegenden Passus in orat. 6f. (GCS Orig. 2, 311–316) siehe besonders die ersten beiden Bücher des Johanneskommentars und viele Passagen in der Apologie gegen Kelsos. Die grundlegenden Aufsätze hierzu sind Holz, Begriff des Willens und der Freiheit, und vor allem Kobusch, Philosophische Bedeutung. Die erste umfassende monographische Darstellung dieser Innovation des Origenes hat jüngst Hengstermann, Freiheitsmetaphysik, vorgelegt. Origenes, in Hier. hom. 18,3 (GCS Orig. 32, 154): τὸ γὰρ αὐτεξούσιον ἐλεύθερόν ἐστι.

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Einleitung

te.293 Seine Aussagen über die Freiheit in den Jeremiahomilien bewegen sich durchweg in dem damit abgesteckten Rahmen. Die beiden Pole, zwischen denen Origenes über das Zusammenspiel von Freiheit und Gnade, von Selbstbestimmung des Menschen und Vor­ sehungshandeln Gottes nachdachte, hat er bereits in seinem Traktat „Über die Selbstbestimmung“ (Περὶ αὐτεξουσίου) in seiner Grundlagenschrift präzise benannt. Gegen deterministische Positionen, wie sie insbesondere von den Gnostikern und in der im Römischen Kaiserreich weit verbreiteten Astrologie vertreten wurden, betonte er immer wieder, „dass es unsere eigene Leistung ist, gut zu leben, und dass Gott dies von uns fordert als etwas, das nicht von ihm ist oder von einem anderen kommt oder, wie manche meinen, von der Schicksalsnotwendigkeit (εἱμαρμένη), sondern als unser eigenes Werk“.294 Demgemäß meinte er in den Jeremiahomilien zu denen, die „auf Erden“ (Jer. 17,13) bzw. „im Himmel aufgeschrieben werden“ (Lk. 10,20), dass „jeder sich selbst die Ursache dafür ist, wo er aufgeschrieben wird. Wenn du nach den Dingen auf Erden strebst, strebst du nicht nach den himmlischen. Wenn deine Seele den Dingen hier zugeneigt ist, wirst du dir selbst dafür verantwortlich … Du sammelst Schätze im Himmel? Du bist dir selbst die Ursache dafür, dass dein Name im Himmel aufgeschrieben wird.“295 Im selben Sinn fühlte er sich bemüßigt, nach der Erwähnung der Gnade im Zitat von 1 Petr. 1,9f. im Zusammenhang mit der Wiedererlangung des Heils bei der Auslegung der Aufforderung in Jer. 28(51),6: „Flieht aus der Mitte Babylons! Und jeder Einzelne errette seine Seele“ hinzuzufügen: „Gleichwohl liegt es an uns (in nobis est)“ – wie üblich greift Origenes die stoische Formel für die freie Selbstbestimmung des Menschen auf – „aus Babylon zu fliehen, und steht es in unserer Macht (in nostra est positum potestate), ob wir wieder aufrichten wollen, was gefallen ist.“296 Origenes vergaß bei seinen Auslegungen nie, „die Freiheit der Entscheidung“ in Erinnerung zu rufen, die nicht „ausgehebelt“ werden dürfe, weil sonst „kein gerechter Grund für das Gericht mehr bestünde“.297 Das „Vermögen der Selbsttätigkeit“, wie er die Fähigkeit zur

293 In Lev. hom. 16,6 (GCS Orig. 6, 502): libertas ingenita. – Der Konnex von Freiheit und

Vorsehung ist das Hauptthema der Studie von Benjamins, Eingeordnete Freiheit, v. a. ebd. 1–165. Für die philosophiegeschichtlichen Zusammenhänge siehe die zusammenfassende Skizze bei Fürst, Entdeckung der Freiheit. 294 Origenes, princ. III 1,6 (GCS Orig. 5, 201). Übersetzung: p. 475 Görgemanns/ Karpp. 295 In Hier. hom. 17,4 (GCS Orig. 32, 148). Vgl. dazu princ. III 6,1 (GCS Orig. 5, 280), zitiert unten S. 422 Anm. 625. 296 In Hier. hom. lat. 2(2),3 (GCS Orig. 8, 293). 297 In Cant. comm. III 17(IV 3),5 (OWD 9/1, 418). Übersetzung: Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 419. Vgl. ebd. III 17(IV 3),21 (9/1, 424); princ. III 1,1 (GCS Orig. 5, 195); III 2,4 (5, 251).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Selbstbestimmung mit einer ebenfalls stoischen Formel nannte,298 bleibt immer gewahrt: „In jeder Seele gibt es die Kraft des Könnens und die Freiheit der Entscheidung, mit der sie alles tun kann, was gut ist“299  – woraus auch deutlich wird, dass es nicht um eine banale Wahlfreiheit zwischen ethisch neutralen Optionen geht, sondern Freiheit bei Origenes die grundsätzliche Fähigkeit meint, sich am Guten zu orientieren. Andererseits betonte Origenes nicht weniger stark, dass ein frommer Christ im Bewusstsein seiner Schwäche „die Leistung in Dankbarkeit Gott dem Vollender zuschreibt“ und sich bewusst ist, dass „unsere Vollendung nicht geschieht, ohne dass wir etwas tun; aber sie wird nicht von uns zu Ende geführt, sondern Gott wirkt das meiste dabei … Gewiss ist bei unserer Erlösung der Beitrag Gottes unendlich viel größer als der, der von unserer freien Entscheidung kommt“.300 „Wer nicht seine eigene Schwäche gespürt hat und die Gnade Gottes, der wird, wenn er Wohltaten empfängt, ohne sich selbst vorher erprobt und sich selbst verurteilt zu haben, sich einbilden, es sei seine eigene sittliche Leistung, was ihm von der himmlischen Gnade geschenkt wird.“301 „Es ist ja Brauch bei den Heiligen, wo ein Widersacher (sc. die Sünde) besiegt wird, Gott ein Danklied darzubringen, da ihnen gleichsam bewusst ist, dass der Sieg nicht durch ihre Kraft, sondern durch Gottes Gnade zustandekam.“302 Gott ist es, der im Erlösungsgeschehen das meiste bewirkt und dessen Gnade dem menschlichen Handeln vorausgeht: „Er lässt die Sonne über Böse und Gute aufgehen“, und „er lässt Regen über Gerechte und Ungerechte fallen“ (vgl. Mt. 5,45) und „wirkt auf die Seele jedes einzelnen Menschen ein, auf dass er vernünftig ist, auf dass er Wissen erwirbt, auf dass

298 In Ioh. comm. II 16,112 (GCS Orig. 4, 73). Vgl. orat. 6,2 (GCS Orig. 2, 312). 299 In Cant. comm. III 15(IV 1),20 (OWD 9/1, 400). Übersetzung: Fürst/Strutwolf,

OWD 9/1, 401. Vgl. princ. III 1,20 (GCS Orig. 5, 235); III 2,3 (5, 250); in Rom. comm. VIII 10,3 (SC 543, 550–552). 300 Princ. III 1,19 (GCS Orig. 5, 231–233). Übersetzung: p. 535–539 Görgemanns/ Karpp. Vgl. philoc. 26,7 (SC 226, 256–262). 301 Princ. III 1,12 (GCS Orig. 5, 216). Übersetzung: p. 505 Görgemanns/Karpp. Zur Schwäche des Menschen vgl. in Cant. comm. II 5,10 (OWD 9/1, 234) und bes. in Rom. comm. VI 9f. (SC 543, 174–194), wo Origenes anlässlich der Auslegung von Röm. 7,14–25 nachdrücklich auf die Schwäche und die „Macht der Gewohnheit“ zum Sündigen hinweist, die es dem Menschen erschwert, das als Gut Erkannte in die Tat umzusetzen. Siehe dazu Fürst, OWD 7, 50f., ferner Müller, Willensschwäche 242–284; ders., Willensschwäche und innerer Mensch, der in seiner an sich ausgezeichneten Darstellung allerdings dazu tendiert, Origenes einen augustinischen Willensbegriff, d. h. einen Willen, der gegenüber dem Intellekt selbstständig ist, zuzuschreiben, wohingegen für Origenes die Willensschwäche nur ein (freilich massives) praktisches Problem der Umsetzung des vom Intellekt als Gut Erkannten in faktisches Handeln betrifft. 302 In Ex. hom. 6,1 (GCS Orig. 6, 191). Vgl. in Ios. hom. 12,2 (GCS Orig. 7, 369).

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Einleitung

er Klugheit einübt im Umgang mit seinem Leib, auf dass er die körperlichen Sinne bei Kräften hält (vgl. Hebr. 5,14).“303 Gottes Gnade wirkt aber nach dem soteriologischen Konzept des Origenes nie so, dass sie das Tun des Menschen überflüssig macht oder gar erzwingt. In einer Passage in den Jeremiahomilien, die man als Kompatibilismus in Reinform bezeichnen könnte, schärfte er dies wiederholt ein. Zur schwierigen Aussage in Jer. 20,7: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“, gab er zunächst die „hebräische Überlieferung“ wieder, die ihm von einem Juden, der sich zum Christentum bekehrt hatte,304 zugetragen worden war: „Gott ist kein Tyrann, sondern ein König, der nicht durch Gewalt, sondern durch Überzeugung als König herrscht. Er will, dass sich seine Untertanen freiwillig seinem Heilsplan zur Verfügung stellen, damit das Gute, das jemand tut, nicht aus Zwang geschieht, sondern aus freiem Willen.“ Wegen des Bezugs auf eine Aussage des Paulus im Brief an Philemon, der wollte, dass „die gute Tat“ des Onesimus „nicht aus Zwang geschieht, sondern aus einem freien Willen“ (Phlm. 14), ist das Folgende dann vermutlich schon als Aneignung dieser Überlieferung durch Origenes anzusehen (wenn nicht schon ihre ganze Wiedergabe von seiner Sicht eingefärbt ist): „Der Gott des Alls hätte gewiss etwas, das als Gut anerkannt ist, in uns bewirken können, damit wir aus Zwang Almosen geben und aus Zwang besonnen leben, aber er hat es nicht gewollt. Deshalb befiehlt er uns, ‚nicht aus Unlust oder aus Zwang‘ (2 Kor. 9,7) zu tun, was wir tun, damit das, was geschieht, freiwillig geschieht. Gott sucht also sozusagen einen Weg, wie man freiwillig tut, was Gott will.“305 Wenn es daher in Jer. 5,3 heißt, dass „die Augen des Herrn auf Glauben gerichtet sind“ und desgleichen auf Liebe oder auf Gerechtigkeit und überhaupt auf alle Tugenden, dann bedeutet das, dass der Mensch durch ein entsprechendes ethisches Verhalten das Seine dazu tun muss, damit dies Wirklichkeit wird: „Wenn nun auch du willst, dass die Strahlen der geistigen Augen Gottes306 zu dir gelangen, mache dir die Tugenden zu eigen!“307 Gnade und Freiheit sind in der ethisch konfigurierten Freiheitsmetaphysik des Origenes, in der im ethischen Verhalten der ontologische Status eines Vernunftwesens realisiert wird, so miteinander verschränkt, dass Gottes Wirken als Güte, Gerechtigkeit und vor allem als Liebe dadurch zur Wirklichkeit in jedem einzelnen Menschen wird, dass dieser in einem entsprechenden ethischen Leben die Tugenden der Güte, der Gerechtigkeit usw. in Liebe lebt. Wer ein solches Leben führt, über dem „leuchten die Augen des Herrn“, „und wenn du soweit bist, dass die Augen des Herrn über dir leuchten, 303 304 305 306 307

In Hier. hom. 3,2 (GCS Orig. 32, 20f.). Siehe zu diesem Mann oben S. 49f. In Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178). Zu dieser Wendung siehe unten S. 213 Anm. 212. In Hier. hom. 6,1 (GCS Orig 32, 48).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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wirst du sagen: ‚Erschienen ist über uns das Licht deines Angesichts, Herr‘ (Ps. 4,7).“308 Das Tun des Menschen ist nicht die Vorbedingung dafür, dass die Augen des Herrn leuchten, und der Mensch kann schon gar nicht hochmütig darauf pochen, dass er seine Leistung erbracht und Gott ihm nun den Lohn dafür zu geben habe.309 Das wäre ein grobes Missverständnis der Spiritualität des Origenes. In einem solchen Tun des Menschen, das er zu erbringen hat und zu dem er grundsätzlich imstande ist, kommt vielmehr das Leuchten des Herrn zum Ausdruck, das Gott dem Menschen vorgängig und unbedingt, gnadenhaft, immer schon schenkt.310 Aber er wollte dadurch, dass die Menschen sich das gnadenhaft geschenkte Gute durch eine rechte Ausübung ihres freien Willens ihrerseits erringen, erreichen, dass es wirklich zum Gut der Menschen wird: „Denn der Schöpfer gewährte den Vernunftwesen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen ein ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten.“311 „Obgleich er selbst“, nämlich Christus, „es ist, der in uns siegt“, stellte er in einer Numerihomilie fest, „liegt doch ein höherer Wert darin, dass er durch uns siegt, als dass er durch sich selbst siegt.“312 Origenes beschrieb Gnade als Ermöglichung von Freiheit und deren Zusammenspiel als Synergismus aus zeitlicher und sachlicher Priorität der Gnade, weil der Mensch das Gute als solches nicht zu erschaffen vermag und ihm sein Sein wie sein Gut-Sein als reines Geschenk zuteilwerden, und unerlässlicher Umsetzung des vom Menschen als Gut Erkannten in praktisches Handeln kraft eigener Entscheidung, weil nur so das von Gott geschenkte Gute zu seinem eigenen Gut wird.313 Der christliche Platoniker, für den die Güte das erste Prädikat Gottes war, dachte Gnade Gottes und Freiheit des Menschen nicht als Gegensatz und nicht als reine Abhängigkeit der Freiheit von der Gnade, sondern in ihrer gegenseitigen Verschränkung als Ausdruck einer Liebesbeziehung, in der die Liebe nur dann wirklich Liebe ist, wenn die beiden Partner sich in Freiheit aufeinander einlassen. Gott hat das in seiner freien Güte, die sein Wesen ausmacht, als Schöpfer von Anfang an immer schon getan und tut das in seinem erlösenden erzieherischen Tun beständig weiterhin, worin seine Unwandelbarkeit bzw. Unveränderlichkeit liegt. Der

308 Ebd. 309 Das betont Origenes selbst explizit in Rom. comm. IV 1,12 (SC 539, 194). 310 Vgl. auch die Beschreibung der Reziprozität zwischen der Priorität der Gnade und

der Unerlässlichkeit der Bekehrung des Menschen in Regn. hom. lat. 5 (GCS Orig. 8, 8f.). Siehe dazu Schockenhoff, Fest der Freiheit 44–47; Fürst, OWD 7, 54. 311 Princ. II 9,2 (GCS Orig. 5, 165). Übersetzung: p. 405 Görgemanns/Karpp (leicht modifiziert). 312 In Num. hom. 7,6 (GCS Orig. 7, 48). 313 Weiteres dazu bei Völker, Vollkommenheitsideal 38–41; Gruber, ΖΩΗ 236–240; Schockenhoff, Fest der Freiheit 116–123; Fürst, OWD 7, 50–59.

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Einleitung

geschaffene und dadurch wandelbare Mensch hingegen, dem das Gute nicht substantiell, sondern akzidentell eignet, steht vor der Aufgabe, diese Wirklichkeit Gottes – Origenes denkt theologisch einen reinen Aktualismus – seinerseits zu seiner Wirklichkeit zu machen. Als wandelbares Geschöpf, dem das Gute nur akzidentell eignet, ist der Mensch fehlbar. Er kann seine Entscheidungsfreiheit falsch gebrauchen und statt des Guten, das Gott ihm schenkt und zu dem er ihn lockt und aufruft, das Böse tun. Daraus resultieren alle Probleme, die nicht nur in der Philosophie der römischen Kaiserzeit, sondern in der gesamten Religionsgeschichte seit eh und je gegen die Vorsehung Gottes vorgebracht werden. In den Jeremiahomilien formulierte er den Einwand der „Leute, die an der Vorsehung Anstoß nehmen“, so: „Weshalb gibt es so viele Ehebrecher und so viele Lustknaben (vgl. 1 Kor. 6,9), weshalb so viele Gottlose und so viele Unfromme?“314 Dahinter steht der klassische Einwand gegen die Vorsehung aufgrund des Bösen und des Leids in der Welt, den Origenes andernorts noch ausführlicher zur Sprache gebracht und diskutiert hat.315 Seine Antwort darauf ist ebenfalls klassisch: „Und wenn das, was mit der Vorsehung zusammenhängt, in Frage gestellt wird, so dass einige daran zweifeln, ob es überhaupt eine Vorsehung gibt, dann aus keinem anderen Grund als aus Schlechtigkeit. Beseitige die Schlechtigkeit, und du wirst an der Vorsehung keinen Anstoß nehmen!“316 Das Böse in der Welt ist also ein Resultat der „Schlechtigkeit“ der Menschen. Das war schon Platons Antwort auf das Theodizeeproblem: Nicht Gott sei dafür verantwortlich, sondern der Mensch.317 Origenes folgte sowohl seinem philosophischen Heros in dieser Annahme und fand sie auch in der Bibel, auf die er seine Argumentation stützte.318 Nicht Gott verlässt die Menschen, sondern die Menschen verlassen Gott, wofür er explizit zwei Jeremiastellen aufrufen konnte: „Sie haben mich verlassen, die Quelle des Wassers des Lebens“ (Jer. 2,13), „denn sie haben die Quelle des Lebens verlassen, den Herrn“ (Jer. 17,13).319 Und noch einmal sagte er zu Jer. 2,13 mit Nachdruck und zog eine Aussage in den Psalmen als stützenden Beleg heran: „Doch jene ‚haben die Quelle des Wassers des Lebens verlassen‘ (Jer. 2,13), nicht die Quelle des Wassers des Lebens hat sie verlassen. Denn Gott entfernt

314 Origenes, in Hier. hom. 12,11 (GCS Orig. 32, 98). 315 Vgl. bes. princ. II 9,3 (GCS Orig. 5, 166f.), wo er „das ganze Verzeichnis des mensch-

lichen Elends“ auflistet. Übersetzung: p. 407 Görgemanns/Karpp. Siehe auch unten S. 317 Anm. 416. 316 In Hier. hom. 12,11 (GCS Orig. 32, 97). 317 Vgl. Platon, Gorg. 523a–527e; Phaid. 73a–76e; polit. II 379b–380c; X 614a–621d. 318 Vgl. Origenes, princ. I 7,4 (GCS Orig. 5, 90); I 8,1f. (5, 95–98); II 9,7 (5, 170f.); III 3,5 (5, 261f.). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 96–159 (bes. ebd. 98); Scott, Problem of Evil 49–73. 319 In Hier. hom. 17,4 (GCS Orig. 32, 148).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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sich von niemandem, sondern ‚die, die sich von ihm entfernen, werden zugrundegehen‘ (Ps. 72[73],27).“320 Dieser Grundsatz steuerte durchweg die Exegese des Origenes. In manchen Auslegungen sprach er dies auch direkt an, zum Beispiel zu der „aporetischen Frage an Leute, die Bitterkeit in der Seele haben anstelle der Süßigkeit, mit der Gott sie ausgestattet hat“, die der Prophet stellt: „Wie hast du dich in Bitterkeit verwandelt, du fremder Weinstock? Ich aber habe dich als fruchtbaren Weinstock gepflanzt, in jeder Hinsicht echt“ (Jer. 2,13). In seinen Überlegungen dazu rekurrierte er einleitend auf die Aussagen im Buch der Weisheit, dass „Gott den Tod nicht gemacht hat“ (Weish. 1,13), sondern „durch den Neid des Teufels der Tod in die Welt hineingekommen ist“ (Weish. 2,24), was ihm als weiterer biblischer Beleg für den Basissatz seiner Theodizee diente: „Wo es also etwas Vortreffliches bei uns gibt, hat Gott es geschaffen, wir selbst aber haben uns die Schlechtigkeit und die Sünden erschaffen.“ Das gelte auch für die vorliegende Jeremiastelle: „Gott hat die Seele des Menschen zwar als guten Weinstock gepflanzt, aber jeder hat sich verwandelt und ist in Gegensatz zum Willen des Schöpfers geraten.“321 Auf die Ursache dafür, die er andernorts darin sah, dass der Mensch aus Trägheit das Streben nach dem Guten vernachlässigt und das Böse durch Entfernung vom Guten entsteht und, erneut gut platonisch, im Fehlen des Guten und im Mangel an Sein besteht,322 ging er hier nicht ein, sondern widmete sich im Folgenden der für ihn offenbar wichtigeren Frage nach der Überwindung des Bösen.323 Für Origenes war die Frage nach der Herkunft des Bösen weniger ein theoretisches Problem, über das er in hypothetischen Gedankengängen nachdachte, als vielmehr eine Aufgabe für das praktische Verhalten und ein Ansporn zu einem ethisch guten Leben. Auf dieselbe Weise erklärte er die Aussage in Jer. 3,25: „Und unsere Schande hat uns verhüllt.“324 Origenes deutete die „Hülle“, wie schon die Formulierung des Bibeltextes nahelegt, ethisch als Resultat menschlichen Fehlverhaltens: „Solange wir Schandtaten begehen, liegt offensichtlich die Hülle auf uns“, „haben wir eine Hülle auf unseren Herzen liegen“. Die Folgen sind intellektueller Natur, denn diese „Hülle“ beeinträchtigt das Verständnis des Al-

320 Ebd. 18,9 (32, 163). In einem Katenenfragment zu Jer. 23,24 heißt es in diesem Sinne,

dass „nichts leer und ohne Gott ist“, dass er aber „nicht den Sünder erfüllt“: in Hier. frg. 18 (GCS Orig. 32, 206). 321 In Hier. hom. 2,1 (GCS Orig. 32, 16f.). 322 Vgl. princ. I 3,8 (GCS Orig. 5, 63); I 4,1 (5, 63); II 9,2 (5, 165); II 9,6 (5, 170); III 5,8 (5, 278); in Ioh. comm. II 13,91–99 (GCS Orig. 4, 69–71); orat. 29,13 (GCS Orig. 2, 388); Cels. VI 44 (GCS Orig. 2, 115). 323 Siehe dafür auch unten S. 146 Anm. 92. 324 Dazu zitierte er als Parallele Ps. 43(44),16: „Die Schande meines Angesichts hat mich verhüllt.“

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Einleitung

ten wie des Neuen Testaments, wie Origenes mit Paulus sagte: „Wegen dieser Hülle versteht der Sünder, wenn ‚Mose gelesen wird‘, ihn nicht, denn ‚eine Hülle liegt auf seinem Herzen‘ (2 Kor. 3,15). Wegen dieser Hülle versteht der Hörer nicht, wenn das Alte Testament gelesen wird. Wegen dieser Hülle ist auch ‚das Evangelium denen, die zugrundegehen, verhüllt‘ (2 Kor. 4,3).“ Die Folge ist aber auch die Abkehr von Gott, so dass die Sünder „den Anblick seiner Herrlichkeit nicht ertragen“ können und „die leuchtende Herrlichkeit Gottes nicht sehen“, wie Origenes am Beispiel des Mose, der sinnbildlich für das sich dem Herrn ab- oder zuwendende Volk eine Hülle auf sein Angesicht legte oder entfernte (vgl. Ex. 34,34f.), und des Paulus (vgl. 2 Kor. 3,13.16.18) erläuterte. Erneut schärfte er dazu den Grundsatz seiner Theodizee ein: „Es ist nicht Gott, der seine Herrlichkeit vor uns verbirgt, sondern wir sind es, die die von der Schlechtigkeit herrührende Hülle auf unser Leitprinzip325 legen“, und schärfte die Verantwortung des Menschen dafür ein, es besser zu machen, die ihm nicht abgenommen werden kann: „Da wir daher die Hülle erkannt haben, die von den Werken der Scham, von den Taten der Schande her auf uns liegt, wollen wir die Hülle wegnehmen. Es liegt an uns, die Hülle wegzunehmen, nicht an jemand anderem.“ Auch dafür gibt Mose das Vorbild ab: „Er wartete nicht darauf, dass Gott sagte: Nimm die Hülle weg, als er sich dem Herrn zuwandte, … damit auch du, der du dir durch die Werke der Schande und der Scham die Hülle auf dein Angesicht gelegt hast, auch das Wegnehmen der Hülle selbst bewirkst.“326 Das nachhaltigste Beispiel für diesen Grundzug seiner Exegese ist die Auslegung des Töpfergleichnisses in Jer. 18,1–10. Zusammen mit einer Reihe von anderen Aussagen gehört es zu den Bibelstellen, die deterministisch deutbar sind. Origenes hat solche Stellen in seinem Freiheitstraktat in der Grundlagenschrift eigens zusammengestellt und ihre deterministische Deutung zu widerlegen versucht.327 Die Jeremiastelle war da nicht dabei, allenfalls indirekt in der Frage des Paulus in Röm. 9,21: „Hat nicht der Töpfer Macht über den Ton, aus einem Klumpen ein Gefäß zu Ehren und das andere zu Unehren zu machen?“328 In der 18. Homilie ging er aber sehr ausführlich auf diesen Jeremiatext ein, denn mit seinen zumindest deterministisch klingenden Aus-

325 Zum stoischen Begriff des Hegemonikon (ἡγεμονικόν) für das vernünftige Leitprin-

zip der Seele siehe unten S. 193 Anm. 176. 326 In Hier. hom. 5,8f. (GCS Orig. 32, 37–39). 327 In princ. III 1,7–24 (GCS Orig. 5, 204–244) diskutierte er die Verstockung Pharaos

laut Ex. 4,21; 7,3, die als Hauptbeleg für Determinismus bzw. Prädestination diente (siehe dazu Boyd, Origen on Pharaoh’s Hardened Heart; Perrone, Il cuore indurito del Faraone), ferner Ez. 11,19f. und Jes. 6,9f. (dazu Fürst/Hengstermann, OWD 10, 45–74) und die prädestinatorischen Aussagen des Paulus in Röm. 9,16.18–21 und Phil. 2,13. 328 So zitiert in princ. III 1,7.21 (GCS Orig. 5, 206. 235).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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sagen stellte er seine freiheitstheoretische Auslegung der Bibel in Frage.329 Die problematische Aussage erblickte Origenes in Jer. 18,3f.: Jeremia sah den Töpfer aus Lehm ein Gefäß machen, dieses Gefäß aber „zerfiel in seinen Händen“, weshalb der Töpfer aus derselben Lehmmasse ein anderes Gefäß machte. Origenes achtete, wie immer, genau auf den Wortlaut und stellte die Frage, die mitten in das Herz des Theodizeeproblems führt: „War­um hat er nicht präzise gesagt: Er verlor das Gefäß aus seiner Hand, und gab die Schuld nicht dem Töpfer?“ Origenes las die Wortwahl des Textes also so, dass peinlich vermieden wird, Gott die Schuld dafür zuzuschreiben, dass das Gefäß seinen Händen entfällt, sondern dass aus der Begrifflichkeit hervorgeht, dass es das Gefäß ist, das von sich aus den Händen des Töpfers Gott entgleitet: „Doch weil von beseelten Gefäßen die Rede ist, die von selbst zerfallen, deshalb wird gesagt: Das Gefäß fiel aus seinen Händen.“ Weil „die Selbstbestimmung frei ist“, kann zwar niemand den Händen Gottes entrissen werden, wie er mit Joh. 10,29 sagte, „aber können wir, wenn wir nachlässig sind, aus seinen Händen fallen“. Aus dieser Lektüre des Wortlauts gewann er die Aufforderung an den Leser, auf sich selbst zu achten,330 „dass du nicht, während du dich in den Händen des Töpfers befindest und noch gestaltet wirst, von dir aus aus seinen Händen fällst“.331 Der von Gott mit freier Selbstbestimmung ausgestattete Mensch kann nicht als Lehm gedacht werden, der passiv vom Töpfer geformt und zerstört wird, sondern nur so, dass es an ihm selbst liegt, was ihm widerfährt. Mit dem alten Grundsatz Platons: „Die Schuld liegt beim Wählenden, Gott ist schuldlos“332 legte Origenes die Metaphorik des Textes so aus, dass nicht Gott, der Töpfer, die Schuld an einem Zerbrechen des Gefäßes hat, sondern dies am Gefäß liegt, das nicht oder nicht genügend auf sich selbst achtet und in nicht sorgsam bedachter Ausübung seiner Freiheit eine falsche Wahl trifft.333 Nachdem er weitere Auslegungsmöglichkeiten des Töpfergleichnisses vorgeführt hatte, in denen es soteriologisch auf die Auferstehung oder heilsgeschichtlich – was er bevorzugte – auf den Übergang des Heils von Israel 329 Die lange Auslegung von Jer. 18,1–10 steht in Hier. hom. 18,1–6 (GCS Orig. 32,

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150–160), die deutlich kürzere von Jer. 18,11–16 ebd. 18,7–10 (32, 160–165), wobei der Schluss der Predigt allerdings fehlt (siehe unten S. 461 Anm. 694). Gemäß der Einleitung umfasste der Lesungstext und damit wohl auch die Predigt zudem die Symbolhandlung vom Tonkrug in Jer. 19,1–13: ebd. 18,1 (32, 150f.). Siehe dazu unten S. 79–81. In Hier. hom. 18,3 (GCS Orig. 32, 153f.). Platon, polit. X 617 e 5: αἰτία ἑλομένου, θεὸς ἀναίτιος. Auch die „Gefäße seines Zorns“, die Gott laut Jer. 27(50),25 „aus seiner Vorratskammer herausholte“ (vgl. auch Röm. 9,22), fasste Origenes so auf, dass es sich um die Sünder in der Kirche handelt, also keine deterministische Aussage vorliegt, sondern es am einzelnen Christen liegt, ob er ein „Gefäß des Zorns“ ist oder nicht: in Hier. hom. lat. 1(3),3 (GCS Orig. 8, 309–312).



Einleitung

zu den Heidenvölkern gedeutet wurde,334 schärfte er zum Schluss nochmals die Selbstbestimmung des Menschen ein, die durch den Verweis auf das Vorherwissen Gottes nicht in Frage gestellt werden könne. Darauf weise die Schrift, wie Origenes erneut mit einer genauen Beachtung des Wortlauts konstatierte, mit einer präzisen Wortwahl selbst hin. In Jer. 33(26),2f. heißt es nämlich: „Sprich zu den Söhnen Israels! Vielleicht werden sie hören und Reue zeigen.“ Aus diesem „vielleicht“ ist laut Origenes nicht zu folgern, dass Gott dies nicht wisse oder daran zweifle. Vielmehr drücke die Schrift sich so aus, „um in aller Deutlichkeit deine Selbstbestimmung zu erweisen und du nicht sagst: Wenn er im Voraus weiß, dass ich verloren gehe, muss ich verloren gehen; wenn er im Voraus weiß, dass ich gerettet werde, muss ich auf jeden Fall gerettet werden. Er erweckt daher nicht den Eindruck, das auf dich Zukommende zu wissen, um deine Selbstbestimmung zu wahren, ohne vorweggenommen oder vorhergewusst zu haben, ob du Reue zeigen wirst oder nicht.“335 Gegen deterministische Ansichten lag dem Freiheitsphilosophen aus Alexandria durchweg daran, im Prozess der Erlösung an jeder Stelle die Selbstbestimmung des freien Vernunftwesens, das der Mensch ist, zu wahren.336 b) Universales Gelingen oder ewiges Scheitern der Freiheit? Die Freiheit, die Origenes meinte, hat er so hoch angesetzt, dass er auch die Möglichkeit diskutierte und einräumte, dass ein Vernunftwesen sich dem erzieherischen Handeln Gottes verweigert. Erneut antideterministisch verfocht er in einer der beiden lateinisch erhaltenen Jeremiahomilien gegen „die Häretiker, die bestimmte Naturen einführen und behaupten, es gebe eine Ma334 Ebd. 18,4–6 (32, 154–159). Zur antijüdischen heilsgeschichtlichen Deutung siehe oben

S. 36f. 335 Ebd. 18,6 (32, 160). 336 In princ. II 1,2 (GCS Orig. 5, 107f.) brachte er das Vorsehungshandeln Gottes und

die freie Selbstbestimmung der Geschöpfe in einer dichten Passage, die die Kernelemente seiner Freiheitsmetaphysik enthält, folgendermaßen zusammen: „Und deshalb meinen wir, dass Gott, der Vater des Alls, zum Heil all seiner Geschöpfe nach dem unaussprechlichen Plan seines Wortes und seiner Weisheit das Einzelne so angeordnet hat, dass einerseits all die einzelnen Vernunftwesen – mögen sie nun Geister oder Intelligenzen heißen – nicht gegen ihren freien Willen mit Gewalt zu etwas anderem gezwungen werden als wozu ihre geistige Bewegung hindrängt – sonst könnte es scheinen, als würde ihnen dadurch die Freiheit des Willens genommen, was geradezu ein Eingriff in die Eigenart ihres Wesens wäre – und dass andererseits die verschiedenen Bewegungen ihres Wollens sich zur Harmonie einer einzigen Welt in angemessener und nutzbringender Weise zusammenfügen.“ Übersetzung: p. 287–289 Görgemanns/Karpp.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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terie ohne Hoffnung, die grundsätzlich das Heil nicht aufnehmen kann“,337 die These, dass „jede Seele Heilung empfangen kann und keine einzige bei Gott unheilbar ist“. Deshalb heiße es in Jer. 28(51),8: „Klagt über sie, nehmt eine Salbe für ihre Verderbnis, ob sie irgendwie zu heilen sein wird.“ Weil das jedoch im Falle von Babylon, d. h. einer „von den Leidenschaften verwirrten Seele“, nicht gelungen ist, sagen die von Gott mit der Heilung beauftragten Ärzte: „Wir haben Babylon gepflegt, und es ist nicht geheilt. Verlassen wir es!“ (Jer. 28[51],9). Erneut wies Origenes die Schuld daran nicht den Ärzten zu, sondern der kranken Seele: „Sie beschuldigen weder ihre Heilkunst noch die Wirkung der Salbe, sondern dich, weil du ihren Anweisungen nicht folgen wolltest.“ Αἰτία ἑλομένου, θεὸς ἀναίτιος – es ist immer wieder der gleiche Grundsatz Platons. Die Ärzte in diesem Fall – die nicht Gott, „der große Arzt“,338 selbst sind, denn dieser verlässt niemanden,339 sondern „die Engel, die bereitstanden, um unsere Gebrechlichkeiten zu heilen, um die Seele von den Lastern zu befreien“ –, diese Ärzte also sagen: „Verlassen wir es und gehen wir weg!“ (Jer. 28[51],9), weil „sie an unserer Seele verzweifeln“.340 Und noch einmal wies Origenes die Schuld dafür ausdrücklich der menschlichen Seele zu, denn, so die Ärzte-Engel, „sie ist sehr widerspenstig, sie will nicht beachten, was wir sagen, unsere Mühe zeitigt keine Wirkung“. Daraus zog er für sich und seine Zuhörer die Schlussfolgerung: „Wir selbst weisen sie zurück, indem wir ihren Ratschlägen nicht Folge leisten.“ Aus dieser Auffassung des Textes, die erneut den Grundsätzen seines Freiheitsdenkens folgte, gewann Origenes eine eindringliche Warnung vor den sehr ernsthaften Folgen solchen Tuns: „Pass auf, Mensch, dass der Arzt dich nicht einmal verlässt, sei es ein Engel Gottes, sei es ein Mensch, dem die Pflege der Botschaft anvertraut worden ist, um die Arznei für die Heilung zu überbringen. Denn … es ist offenkundig, dass sein Weggang deine Verurteilung bedeutet, da du unheilbar bist und dich nicht heilen lassen willst.“341 An anderen Stellen hat Origenes ein solches Verhalten Gott selbst zugeschrieben. Die Aussage in Ps. 118(119),118, Gott habe „alle, die sich von seinen Urteilen getrennt haben, für nichts erachtet, weil ihr Denken ungerecht ist“, erläuterte er so: „Es ist nicht dasselbe, einen Fehler zu begehen oder sich zu 337 Vgl. ebd. III 1,8 (5, 206f.): Die Häretiker, worunter er stets Gnostiker verstand (siehe

dazu unten S. 138 Anm. 76), „führen Naturen ein, die verlorengehen und unfähig sind zur Rettung“. Übersetzung: p. 487 Görgemanns/Karpp. 338 Zu dieser Bezeichnung Christi bzw. Gottes, die Origenes, in Hier. hom. lat. 2(2),6.12 (GCS Orig. 8, 296. 301) und in Hier. frg. 37 (GCS Orig. 32, 217), verwendete, siehe unten S. 560 Anm. 890. 339 Siehe oben S. 70f. 340 Origenes zitierte dazu ferner Jes. 1,6: „Es gibt keinen Verband, keine Salbe und keine Umschläge zum Auflegen.“ Vgl. auch in Lev. hom. 8,5 (GCS Orig. 6, 402). 341 In Hier. hom. lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8, 300–302). In Hier. frg. 37 (GCS Orig. 32, 217f.) liegt diese Auslegung in komprimierter Katenenform auf Griechisch vor.

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Einleitung

trennen, denn wer sich trennt, entfernt sich vollständig von der Frömmigkeit Gott gegenüber … Von diesen Leuten sagt der Prophet: ‚Wehe diesen abtrünnigen Kindern!‘ (Jes. 30,1); und anderswo: ‚Weh ihnen, weil sie sich von mir getrennt haben!‘ (Hos. 7,13). So also erzieht Gott Wesen solcher Art nicht mehr, er züchtigt sie nicht mehr, wie er es mit seinen geliebten Söhnen tut, er hält sie für nichts, indem er einem jeden von ihnen sagt: ‚Dein Abfall wird dich züchtigen und deine Bosheit dich mit Schande bedecken‘ (Jer. 2,19).“342 Schlimmer, als von Gott gezüchtigt zu werden, ist es also, nicht mehr von ihm gezüchtigt, sondern den Folgen der eigenen maßlosen Bosheit überlassen zu werden. „Das ist dann der furchtbare Augenblick: jener äußerste Augenblick, da wir nicht mehr für unsere Sünden gezüchtigt werden. Wenn wir das Maß des Bösen überschreiten, wendet der eifersüchtige Gott seinen Eifer von uns ab: ‚Meine Eifersucht, sagt er, wird dich verlassen, deinetwegen werde ich nicht mehr zornig werden‘ (Ez. 16,42).“343 „Zuletzt aber“, so Origenes in der Apologie gegen Kelsos, „wird sich alles verwirklichen, was die Schrift den Gottlosen voraussagt, die alle Heilmittel abgelehnt haben und überrascht sein werden von ihrer sozusagen unheilbaren Bosheit.“344 Weder an diesen Stellen noch in der lateinischen Jeremiahomilie beschrieb Origenes näher, was die Folgen sein werden, außer dass er allgemein sagte, dass solche Seelen „in einen schlimmeren Zustand versinken“.345 In einer anderen Jeremiahomilie erwog er, „dass es die Hölle derjenigen ist, die nicht gereinigt werden wollen, obwohl sie es könnten“,346 weil sie „sich“, wie er in der Grundlagenschrift sagte, „so rückhaltlos in die Bosheit gestürzt haben, dass ihnen für die Rückkehr mehr der Wille als die Möglichkeit fehlt, solange ihnen die Wut der Untaten noch Lust bereitet“.347 Das klingt nicht so, als würde er an einen endgültigen Zustand und damit an eine Hölle im orthodoxen Sinne denken. An anderen Stellen hingegen schien er mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die menschliche Freiheit unwiderruflich misslingt. Wenn Origenes in der Grundlagenschrift erwog, dass die Strafe dafür, dass ein Vernunftwesen sich dem erzieherischen Einwirken Gottes verweigert, in der „Trennung des Geistes von der Seele“ besteht,348 dann ist „mit der Wegnahme des höchsten Seelenteils im Gericht“ einem solchen Vernunftwesen die „Möglichkeit der Wahl des Guten“ genommen.349 Noch deut342 Cat. Pal. in Ps. 118,118 (SC 189, 378). 343 In Ex. hom. 8,5 (GCS Orig. 6, 230). Übersetzung: de Lubac, Betrogen 95 (leicht

modifiziert). 344 Cels. VIII 39 (GCS Orig. 2, 254). Übersetzung: ebd. 345 In Hier. hom. lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8, 302). 346 Ebd. 19,5(18,15) (32, 175). 347 Princ. I 8,4 (GCS Orig. 5, 101). Übersetzung: p. 261 Görgemanns/Karpp. 348 Ebd. II 10,7 (5, 181). Übersetzung: ebd. p. 535. 349 So die Deutung von Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 344 Anm. 967.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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licher zog er diese Möglichkeit in einer Jeremiahomilie in Erwägung. Die Aussage in Jer. 5,3, Gott habe die Sünder „gegeißelt, und sie haben keinen Schmerz empfunden“, bezog er auf eine „unempfindliche“ Seele, „die an ihren Gliedern abgestorben ist, so dass sie von den Geißeln“ Gottes, die „das Denken geißeln“, indem sein „Wort in die Seele dringt und ihr die Sünden zu Bewusstsein bringt“, „nichts spürt, auch wenn ihr etwas Schmerzvolles zugefügt wird“. Deshalb heißt es im Folgesatz in Jer. 5,3: „Du hast sie vollendet, aber sie wollten die Belehrung nicht annehmen.“ Diese Aussagen führten Origenes wieder auf das Grundthema der Vereinbarkeit von Vorsehung und Freiheit. Auf der einen Seite steht das Handeln Gottes, von dem hier die Rede ist: „Wenn Gott, der für das All Sorge trägt, sein reinigendes Werk zur Rettung der Seele vollzieht, hat er, was in seiner Macht steht, vollendet.“ Auf der anderen Seite ist hier aber davon die Rede, dass auf Seiten des Menschen in diesem Fall nichts bewirkt wird: „Wenn also von Seiten der Vorsehung alles für uns unternommen wird, damit wir vollendet und vollkommen werden, wir aber das Wirken der Vorsehung, die uns zur Vollkommenheit zieht, nicht annehmen, würde wohl von einem, der das versteht, zu Gott gesagt werden: ‚Herr, du hast sie vollendet, aber sie wollten die Belehrung nicht annehmen‘ (Jer. 5,3).“350 Soll man hier, weil von Vollendung und Vervollkommnung die Rede ist, an den Endzustand der Heilsgeschichte denken? Das wäre insofern überraschend, als die endgültige Verweigerung der göttlichen Paideia durch eine selbst für Schmerzen „unempfindliche“ Seele nicht zu der von Origenes sonst erhofften Wiederherstellung von allem, der Apokatastasis, passen würde. Da diese Hoffnung auf Allerlösung in seinen Schriften allerdings breit bezeugt ist,351 wird man Überlegungen wie die vorgeführten wohl in dem Sinne aufzufassen haben, dass sie gleichsam aus der Gegenrichtung die Thesenhaftigkeit seiner offenen Überlegungen zur Eschatologie unterstreichen. Origenes dachte über beide Möglichkeiten nach, über ein universales endgültiges Gelingen der Geschichte ebenso wie über eine partielle endgültige Verweigerung des von Gott geschenkten Heils, weil sich ein Vernunftwesen in falscher Ausübung seiner freien Selbstbestimmung seiner Annahme versperrt. Dass er in seinem stets beweglichen und offenen Denken beide Möglichkeiten reflektierte, bedeutet aber nicht, dass er sie seinen Hörern und Lesern als

350 In Hier. hom. 6,2 (GCS Orig. 32, 48–50). 351 Vgl. princ. I 6,1–3 (GCS Orig. 5, 78–84); II 3,7 (5, 125f.); III 5,7 (5, 278); III 6,3 (5,

283–285); in Ioh. comm. I 16,91 (GCS Orig. 4, 20); orat. 27,15 (GCS Orig. 2, 374); Cels. VII 17 (GCS Orig. 2, 168f.); VIII 72 (2, 288–290); in Ios. hom. 8,4f. (GCS Orig.  7, 339–341). Siehe dazu von Balthasar, Apokatastasis; Crouzel, Origène 337–341; ders., L’Apocatastase 282–290; Rabinowitz, Apokatastasis; Ramelli, Apokatastasis 137–215.

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Einleitung

zwei gleichwertige Optionen zur Wahl offeriert hätte.352 Aus seinen Gedankengängen und aus dem Gesamtduktus seiner Soteriologie in kosmischen Dimensionen ergibt sich vielmehr seine klare Option für die Hoffnung auf Erlösung aller Vernunftwesen und der gesamten Schöpfung. Auch über diese hat er im Rahmen seiner Freiheitsmetaphysik allerdings so nachgedacht, dass die Freiheit nicht aufgehoben wird: „Das höchste Gut“, das Origenes philosophisch in wörtlicher Übereinstimmung mit Platon darin bestimmte, „Gott ähnlich zu werden, soweit es möglich ist“,353 wird dann erreicht, wenn der Mensch „sich selbst durch eigenen Eifer diese Ähnlichkeit durch Nachahmung Gottes erworben haben wird“, so dass „er am Ende selbst durch eigenes Wirken die vollkommene Ähnlichkeit vollendet“.354 „Nicht durch Zwang, der zur Unterwerfung drängt, und nicht durch Gewalt wird die ganze Welt Gott untertan, sondern durch Wort, Vernunft, Wissen, Aufmunterung der Besseren, gute Lehren, auch durch angemessene, der Sache entsprechende Strafdrohungen, welche in gerechter Weise gegen jene gerichtet sind, die die 352 Eine solche Sicht wird in manchen Teilen der Forschung neuerdings propagiert, doch

stützt sie sich auf eine unsaubere, um nicht zu sagen schlampige Interpretation der dafür herangezogenen Texte. Norris, Universal Salvation 36–62, der diese Auffassung vertritt (vgl. ebd. 42), spricht von „muddle“ (ebd. 56), „waffle“ und „inconsistency“ (ebd. 58) in den Texten des Origenes und den späteren Nachrichten darüber, doch richtet er dieses Schlamassel durch seine oberflächliche Interpretation der Texte zu einem guten Teil selbst an. Bei Greggs, Exclusivist or Universalist?, der sich Norris explizit anschließt (vgl. ebd. 316. 321), werden ein angebliches „dual picture of Origen“ (ebd. 316), „two straints of thought on universal salvation“ (ebd. 317) oder „two modes of thinking in Origen’s inner logics“ (ebd. 320), dann flugs als unbezweifelbare Tatsache präsentiert, die es zu erklären gelte (vgl. ebd. 316). Man wird Greggs zugestehen, dass Origenes in den systematischen Schriften, in den Homilien und in den Kommentaren das Thema mit unterschiedlichen Akzentsetzungen behandelte (vgl. ebd. 322–325), aber die Grundannahme, die er auf diese Weise erklären will, bleibt falsch, wie nicht zuletzt die Jeremiahomilien zeigen. Der Handbuchbeitrag von Dively Lauro, Art. Universalism, gehört ebenfalls in diese Forschungslinie, desgleichen Scott, Origen’s Universalism 348–354 (der Aufsatz ist auf weite Strecken identisch mit dem letzten Kapitel seines Buches; für die angegebenen Seiten vgl. ders., Problem of Evil 129–141), der in den von Norris und Greggs (vgl. ebd. 349) gelegten Spuren wandelt, mit seiner (gleichfalls falschen) esoterischen Erklärung (siehe dazu unten S. 104 Anm. 477) der angeblich kontradiktorischen Aussagen des Origenes über die Universalität der Erlösung deren These allerdings unterläuft und den soteriologischen Universalismus des Origenes letztlich doch zutreffend darstellt. Es sei nicht verschwiegen, dass dieser irregeleitete Trend in der Interpretation des Origenes wohl auch damit zusammenhängt, dass diese Interpreten entgegen allen Regeln solider Forschung nur englischsprachige Literatur einbeziehen (vom neokonservativen ekklesialen Unterton bei Greggs, ebd. 326f., ganz zu schweigen). 353 Vgl. Platon, Theait. 176b. 354 Origenes, princ. III 6,1 (GCS Orig. 5, 280). Übersetzung: p. 643–645 Görgemanns/ Karpp (leicht modifiziert).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Sorge um ihr Heil und ihren Nutzen (salutis et utilitatis suae curam) vernachlässigen und sich um ihre Unversehrtheit nicht bekümmern.“ Die Vorsehung Gottes agiert im Blick auf jedes einzelne Geschöpf so, dass „für alle vernunftbegabten Geschöpfe die Entscheidungsfreiheit gewahrt bleibt“.355 c) Achtsamkeit und Selbstsorge In alledem wird dem einzelnen Menschen eine enorme Verantwortung für sich selbst zugesprochen und auferlegt. Immer wieder rief Origenes seine Zuhörer in den Jeremiahomilien dazu auf, auf sich selbst zu achten,356 und warnte die, „die nicht auf sich aufgepasst und nicht in aller Wachsamkeit ihr Herz bewahrt haben“, vor den üblen Folgen.357 Diese Achtsamkeit bezieht sich sowohl auf das konkrete Tun, so wenn er betont hervorhob, wir sollen „in allen unseren Taten auf uns selbst achtgeben“,358 als auch auf die Gedanken und das innere Leben, weshalb er dazu aufrief, dass „jeder von uns sein Gewissen prüfen soll“.359 Im Hoheliedkommentar hat er im Rahmen einer Reflexion darüber, was Selbsterkenntnis alles umfasst, einen detaillierten Fragenkatalog zur Gewissensprüfung entwickelt.360 Mit diesem Aufruf zur Selbstsorge steht Origenes in einer langen antiken Tradition. Seit Platon361 gehörte die Sorge für die eigene Seele in allen Schulen zu den Hauptaufgaben der Philosophie.362 Die frühchristlichen 355 Ebd. III 5,8 (5, 278). Übersetzung: ebd. p. 639–641 (am Schluss modifiziert). Görge-

manns/Karpp, ebd. 639 Anm. 32, weisen darauf hin, dass hinter dem Gedanken die platonische Antithese von „Zwang“ und „Überredung“ steht: Platon, Tim. 48a. 356 Vgl. Origenes, in Hier. hom. 12,13 (GCS Orig. 32, 101); 18,3 (32, 154). 357 Ebd. lat. 1(3),2 (8, 308). Vgl. ebd. 12,2 (GCS Orig. 32, 88) über die, die „überhaupt nicht auf sich selbst achtgeben, sondern leben, wie es sich ergibt“. 358 Ebd. 12,13 (32, 101). 359 Ebd. 20(19),9 (32, 192). Ähnliche Aufforderungen in Lev. hom. 9,7 (GCS Orig. 6, 430) und in Num. hom. 12,3 (GCS Orig. 7, 103). 360 Vgl. in Cant. comm. II 5,6–17 (OWD 9/1, 232–238). Siehe auch unten S. 521 Anm. 816. 361 Vgl. Platon, Alk. mai. 132c. 362 Dies hat Paul Rabbow als erster ausführlich dargestellt: Rabbow, Seelenführung. Pierre Hadot hat es zu seinem zentralen Forschungsthema gemacht und in zahlreichen Büchern als Kern antiken Philosophietreibens herausgestellt: Hadot, Exercises spirituels; Philosophie antique; Philosophie als Lebensform; Wege zur Weisheit. Der späte Michel Foucault hat das Thema im Rahmen seiner Forschungen zur Geschichte der Sexualität entdeckt: Foucault, Care of the Self 37–68, und es in einem Seminarbeitrag, dessen Mitschrift postum publiziert wurde, noch einmal angesprochen: ders., Technologies of the Self. Falls er sich in weiteren Forschungen damit hätte beschäftigen können, wäre er vermutlich auch auf Origenes gestoßen und hätte bei ihm reiches Material für seine Thesen gefunden.

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Einleitung

Theologen haben diese Fokussierung der Philosophie, als die sie auch das Christentum verstanden, auf die praktische Lebensführung uneingeschränkt übernommen und sogar noch verstärkt, wofür hier im Blick auf die alexandrinische Tradition nach dem jüdischen Platoniker Philon363 lediglich Clemens von Alexandria genannt sei.364 Origenes ist einer der wichtigsten und einflussreichsten christlichen Vertreter der „Kunst der Selbststeuerung, durch die man sich selbst vernünftig lenkt“,365 der als solcher allerdings noch nicht gewürdigt worden ist. Schon sein Schüler Gregor der Wundertäter hat in seiner Dankrede das, was er im Studium bei Origenes in Caesarea gelernt hatte, in diese Tradition gestellt.366 In den Jeremiahomilien bot er an einer Stelle eine regelrecht klassische Formulierung dieses Gedankens: Πρόσεχε οὖν καὶ σὺ σαυτῷ – „Achte also auch du auf dich selbst“, was er an derselben Stelle mit dem Grundsatz seines Freiheitsdenkens begründete, dass „die Selbstbestimmung frei ist“.367 In der fünften Homilie stellte er das, was es heißt, „auf sich selbst zu achten“, ausgehend von der Aufforderung in Jer. 4,3: „Bereitet euch neuen Boden und sät nicht unter Dornen“ ausführlich mit Hilfe des davon angeregten Bildes von der Seele als Ackerboden und dem, der sie pflegt, als Landwirt dar. Zuerst bezog er diese Aufforderung auf die „Lehrer“, wie er selbst einer war, „damit sie das Gesagte den Hörern nicht anvertrauen, ehe sie den Boden in ihren Seelen bereitet haben“. Konkret meinte er damit, dass man die Zuhörer über die großen Themen des christlichen Glaubens, zu denen er an der vorliegenden Stelle die Trinität, die Eschatologie und die Bibelauslegung zählte, erst dann belehren soll, wenn sie durch eine angemessene Lebenspraxis darauf vorbereitet sind. Aus diesem Zugang erklären sich die vielen kritischen und mahnenden Worte in seinen Predigten.368 Damit redete er der Seelsorge in dem Sinne das Wort, dass die christlichen Lehrer sich um die Seelen der Anderen kümmern sollen. Auf den Einwand eines fictus interlocutor hin: „Ich lehre nicht, ich unterstehe diesem Gebot nicht!“ kam er dann aber auf die Pflicht zur Selbstsorge zu sprechen, die er seinen Zuhörern ausführlich und eindringlich ans Herz legte: „Auch du werde Landwirt deiner selbst und säe nicht unter Dornen, sondern bereite mir den Boden auf dem Feld, das der Gott des Alls dir anvertraut hat!“ Energisch lenkte der Prediger Origenes den Blick jedes einzelnen Zuhörers auf sich selbst und auf die Aufgabe, die jedem Einzelnen von Gott „anvertraut“ worden ist. Konkret geht es um eine 363 Vgl. Philon, plant. 31 (II p. 139f. Cohn/Wendland). 364 Vgl. Clemens von Alexandria, strom. VII 3,1 (GCS Clem. Al. 32, 4). Viele weitere Be-

lege bei Kobusch, Christliche Philosophie 34–40. 365 Origenes, in Cant. comm. prol. 3,10 (OWD 9/1, 96), mit einer Formulierung aus

Spr. 1,5. 366 Vgl. Gregor Thaumaturgos, pan. Orig. 140 (FC 24, 180). 367 Origenes, in Hier. hom. 18,3 (GCS Orig. 32, 154). 368 Näheres dazu bei Fürst, OWD 7, 16–26. Siehe auch oben S. 61.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Prüfung und gegebenenfalls Änderung der moralischen Einstellung und des praktischen Lebens: „Lerne das Feld kennen, schau, wo Dornen sind, wo Sorgen des täglichen Lebens, Trug des Reichtums und Liebe zur Lust!“369 „Pflüge und bereite die Erde, und damit sie nicht mehr die alte ist, mache sie neu, ‚indem du den alten Menschen mit seinen Taten ausziehst und den neuen anziehst, der sich auf Erkenntnis hin erneuert‘ (Kol. 3,9f.).“ Solchermaßen vorbereitet, kann jeder sich selbst den Samen des göttlichen Wortes in seine Seele säen: „Dir selbst wirst du den Boden bereiten, und wenn du den Boden bereitet hast, nimm Samen von den Lehrern, nimm Samen vom Gesetz, nimm von den Propheten, von den evangelischen Schriften, von den apostolischen Worten, und wenn du diese Samen genommen hast, säe sie in die Seele, indem du sie durch ständiges Wiederholen pflegst und für sie Sorge trägst (διὰ τῆς μνήμης καὶ τῆς μελέτης).“ Im Anschluss daran wies er im Sinne seines freiheitstheoretischen Kompatibilismus bzw. gnadentheologischen Syn­ergismus darauf hin, dass „Gott“ die Samen „wird wachsen lassen“ und dass „diese Samen von Gott in seinem Heilsplan so angeordnet werden“, dass sie je nach Beschaffenheit des Bodens allmählich heranwachsen und jeder deshalb erst seine Seele reinigen muss, ehe der Same in sie gesät werden kann.370 Auch die von ihm als Ausdruck der freien Selbstbestimmung des Menschen so stark betonte Sorge um sich selbst hat er in den Rahmen des Zusammenspiels von Vorsehung und Freiheit eingeordnet. d) Einzigartige Individualität: Der einzelne Mensch im Freiheitsdenken des Origenes Wie nicht nur aus diesen Überlegungen des Origenes hervorgeht, steht der einzelne Mensch im Zentrum seiner praktischen christlichen Philosophie. Die Aufforderung zur Sorge um sich selbst richtet sich an jede Einzelne und jeden Einzelnen seiner Zuhörerinnen und Zuhörer. Der Jeremiatext selbst lieferte ihm dafür das Motto, denn in Jer. 28(51),6 heißt es: „Jeder Einzelne errette seine Seele!“ Origenes musste das gar nicht weiter erklären, sondern konnte es direkt übernehmen, weil es exakt sein Anliegen als Prediger und Seelsorger zum Ausdruck brachte: „Aufgrund dessen muss jeder Einzelne seine Seele erretten“, und dies „liegt an uns“ (in nobis est), wie er einmal mehr mit der berühmten stoischen Formel (ἐφ᾽ ἡμῖν) sagte.371 So erklärt sich die ständige Wendung an „jeden Einzelnen“, die seine homiletische Bibelauslegung auf vielen Seiten durchzieht und mit der er die Aussage des Bi-

369 Vgl. dazu Origenes, exhort. mart. 49 (GCS Orig. 1, 44f.). 370 In Hier. hom. 5,13 (GCS Orig. 32, 41–43). 371 Ebd. lat. 2(2),3 (8, 293).

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Einleitung

beltextes auf jeden Zuhörer anwandte.372 Entsprechend der Grundrichtung seiner Bibelauslegung, den Bibeltext auf jeden einzelnen Menschen in seiner spezifischen Situation zu beziehen, „gehe ich über“, sagte er einmal, sein Verfahren offenlegend, „zu jeder einzelnen Seele“.373 Gezielt brachte er Aussagen des Bibeltextes im Plural in den Singular, um diese persönliche Adressierung zu erreichen. So verband er die Ankündigung in Jer. 11,4: „Ich werde euer Gott sein“ und in Ex. 29,45: „Ich werde ihr Gott sein“ mit Gen. 17,1: „Ich bin dein Gott“ und Gen. 35,11: „Ich werde dein Gott sein“ und richtete dann die Frage an seine Zuhörer: „Wann also werden wir erreichen – ich meine, jeder Einzelne –, dass Gott unser Gott ist?“374 Zu Jer. 12,4 wird die „Trauer der Erde wegen der Schlechtigkeit ihrer Bewohner“ mit Nachdruck individualisiert: „Bei jedem Einzelnen von uns als trauert die Erde …, bei jedem Einzelnen von uns also freut sie sich …“375 „Der Hammer der ganzen Erde“, der laut Jer. 27(50),23 „zerbrochen und zerschlagen wird“ und den Origenes als den Teufel deutete, wird vor allem, aber nicht nur durch Christus, sondern „durch jeden Einzelnen von uns zerbrochen, wenn wir in die Gemeinde eingeführt werden und zum Glauben voranschreiten, zerschlagen und in Stücke geschlagen aber wird er, wenn wir zur Vollkommenheit gelangen.“ Entsprechend wünschte sich Origenes, dass Babylon, das für die Verwirrung der Seele steht,376 „auch bei jedem Einzelnen von uns eingenommen wird“.377 Die Ausrichtung der Bibelauslegung und der Freiheitslehre des Origenes auf den je einzelnen Menschen wird in einer weiteren Eigenheit seiner theologischen Sprache deutlich. Singulär in der frühchristlichen Literatur setzte Origenes eine Anrede an Jesus oder Christus gerne in den Singular. „Mein Herr Jesus“378 und „mein Herr Jesus Christus“379 sind die häufigsten Be-

372 Vgl. ebd. 15,4 (32, 128): „Zu jedem Einzelnen wird er sagen …“; 18,2 (32, 152): „Jeder

Einzelne von denen, die das Wort hören …“; lat. 2(2),11 (8, 299): „Jeder Einzelne von uns soll sich selbst betrachten …“ 373 Ebd. 13,2 (32, 103). 374 Ebd. 9,3 (32, 67). 375 Ebd. 10,6 (32, 76). 376 Für diese Etymologie von „Babylon“ siehe ebd. lat. 1(3),2 (8, 308); in Hier. frg. 26 (GCS Orig. 32, 211f.); in Hiez. hom. 12,2 (GCS Orig. 8, 435) und Weiteres unten S. 472 Anm. 727. 377 In Hier. hom. lat. 1(3),2 (GCS Orig. 8, 307. 309). Vgl. ebd. lat. 2(2),11 (8, 299). 378 In Ios. hom. 5,3 (GCS Orig. 7, 317); 7,3 (7, 330); 24,3 (7, 451); in Is. hom. 1,2 (GCS Orig. 8, 244); in Hiez. hom. 6,6 (GCS Orig. 8, 384); in Luc. hom. 12,1 (GCS Orig. 92, 72); 18,1 (92, 111); 22,4 (92, 134). 379 In Ex. hom. 3,2 (GCS Orig. 6, 163); 6,1 (6, 192); in Ios. hom. 13,1 (GCS Orig. 7, 371); 14,1 (7, 375); in Is. hom. 1,4.5 (GCS Orig. 8, 245. 246. 247); 2,1.2 (8, 248f. 252); 3,2 (8, 255); 4,4 (8, 262); 6,3 (8, 271); in Hiez. hom. 1,4 (GCS Orig. 8, 327); 6,6 (8, 383); 9,3 (8, 410).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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zeichnungen, dazu kommen „mein Herr“,380 „mein Erlöser“381 und „mein Erlöser und Herr“.382 Am innigsten wirkt diese Bezeichnung, wo die soteriologischen Titel weggelassen werden, Origenes also einfach nur „mein Jesus“ (meus Iesus) oder „mein Christus“ (Christus meus) sagt.383 Diese Wendung kommt nur selten vor, doch gibt es für sie in den griechischen Jeremiahomilien mehrere Belege (μου ὁ ᾽Ιησοῦς), womit ihre Authentizität verbürgt ist.384 Auch in einer der in lateinischer Übersetzung vorliegenden Jeremiahomilien findet sich diese Bezeichnung.385 Diese Stelle ist insofern interessant, als es dafür in der Prophetenkatene ein Fragment gibt, in dem zur parallelen Aussage nur von „Jesus“, nicht von „mein Jesus“ die Rede ist.386 Man könnte annehmen, dass der Übersetzer Hieronymus das Possessivpronomen in seinen lateinischen Text eingefügt hat, doch wird man es aufgrund der Belege in den griechischen Homilien für ursprünglich halten. Der Katenist hat den Origenestext, wie in den Kettenkommentaren üblich, zusammengefasst und gekürzt, und dabei dürfte das Possessivpronomen weggefallen sein. Mit dem Singular des Possessivpronomens bezog Origenes die Anrede Jesu unmittelbar auf jeden einzelnen Christen, ganz explizit etwa, wenn er in einer der häufigen Anreden an den einzelnen Hörer seiner Predigten betont „dein Herr Jesus“ sagte.387 In diesem Sprachgebrauch spiegelt sich der hohe Stellenwert des einzelnen Menschen im Denken des Origenes. Die Individualität der Jesusbeziehung und ihr Gemeinschaftscharakter schließen sich aber nicht aus, denn im personalistischen Kirchenbegriff des Origenes besteht die „Versammlung aller Heiligen“, als die er die Kirche definierte, aus den einzelnen „Seelen der Gläubigen“, welche „die Person der Kirche“ bilden,388 „eine einzige Person“ in „zahllosen Gemeinden“ und „unzähligen Versammlungen und Mengen von Völkern“.389 Dieses Ineinander von Individuum und Gemeinschaft kommt in den Jesusbezeichnungen in Passagen zum Ausdruck, in denen er ganz selbstverständlich von „unser Herr Jesus

380 In Cant. hom. 1,4 (OWD 9/2, 78). 381 In Hier. hom. 17,2 (GCS Orig. 32, 145); in Hiez. hom. 5,3 (GCS Orig. 8, 374). 382 In Hier. hom. 8,9 (GCS Orig. 32, 63); 15,3 (32, 127); in Num. hom. 6,3 (GCS Orig. 7,

33); in Ios. hom. 1,4 (GCS Orig. 7, 291). 383 In Ios. hom. 1,5 (GCS Orig. 7, 293); in Luc. hom. 18,2 (GCS 92, 112) bzw. in Is. hom.

3,1 (GCS Orig. 8, 253). 384 In Hier. hom. 13,1 (GCS Orig. 32, 102. 103); 18,5 (32, 156); 20(19),5 (32, 185), mit ins385 386 387 388 389

gesamt fünf Belegen. Ebd. lat. 2(2),8 (8, 297). In Hier. frg. 36 (GCS Orig. 32, 217). In Hiez. hom. 3,3 (GCS Orig. 8, 352). In Cant. comm. I 1,5 (OWD 9/1, 128); II 5,6 (9/1, 232); II 1,14 (9/1, 180). Ebd. II 1,55 (9/1, 198). Vgl. ebd. III 16 (IV 2),17 (9/1, 410). Zu diesem Kirchenbegriff des Origenes siehe Vogt, Kirchenverständnis 210–225, ferner unten S. 380 Anm. 540.



Einleitung

Christus“ zu „mein Herr Jesus Christus“ wechselte.390 Wie Origenes in der Hohelieddeutung die im frühen Judentum wie im frühen Christentum traditionelle kollektive Deutung der Braut auf die Kirche um die individuelle Beziehung auf die Seele erweiterte, ergänzte er die gängige Rede von „unserem Herrn Jesus (Christus)“ um die individuelle Anrede „mein Herr Jesus (Christus)“ oder, noch inniger und persönlicher, „mein Jesus“. Diese Verinnerlichung der Jesusbeziehung hat Origenes in einer Vorstellung zum Ausdruck gebracht, die er erneut explizit auf jeden Einzelnen bezogen und die in der Geschichte der christlichen Mystik eine tiefe Wirkung hinterlassen hat.391 Anlässlich des „Wortes, das vom Herrn an Jeremia erging“ (Jer. 11,1), dachte Origenes über das Kommen des Wortes zu den Propheten, „im Leibe“ bei der Menschwerdung des Wortes, in den Aposteln, „in jedem Heiligen“ und in der künftigen Parusie nach und bezog auch dies auf jeden Einzelnen: „Aber auch das müssen wir wissen, dass es ein Kommen des Wortes bei jedem Einzelnen gibt … Denn was nützt es mir, wenn das Wort in die Welt gekommen ist, ich es aber nicht habe?“392 An einer anderen Stelle erklärte er, wie er sich dieses Kommen des Wortes bei jedem Einzelnen vorstellte, nämlich so, „dass Jesus in eure Herzen kommt“.393 Auf die Geburt des Wortes Gottes im Herzen jedes einzelnen Gläubigen kam er gerne zu sprechen.394 Das Motiv steht für eine sehr starke Verinnerlichung und Individualisierung der Gottes- bzw. Jesusbeziehung. Man kann fragen, wie profiliert die Individualisierung des Glaubens war, die Origenes zweifellos betrieben hat. Im modernen Sinn steht der Begriff der Individualität für die einzigartige Daseinsform, die einem bestimmten Menschen in seinem spezifischen Leben und in seinem besonderen Umfeld zukommt, und zwar nur diesem einen Menschen im Unterschied zu allen anderen. Zu den gängigen Topoi über die Unterschiede zwischen Antike und Neuzeit – oder Vormoderne und Moderne, wie man auch gern sagt – gehört die Annahme, erst die Moderne habe einen solchen Begriff von einzigartiger Individualität entwickelt, während in antiken philosophischen oder christlichen Konzepten zwar vom einzelnen Menschen und vom Individuum die

390 In Ios. hom. 14,1 (GCS Orig. 7, 375); in Hiez. hom. 1,4 (GCS Orig. 8, 327f.). Vgl. auch

die Kombination in Ios. hom. 5,3 (GCS Orig. 7, 317): noster Iesus Dominus meus; ferner den Übergang ebd. 24,3 (7, 450f.) von Dominus et saluator noster zu meus Dominus Iesus. 391 Siehe dazu Rahner, Gottesgeburt; ders., Symbole der Kirche 29–35; Lieske, Logosmystik 67–71. 392 Origenes, in Hier. hom. 9,1 (GCS Orig. 32, 64). 393 Ebd. lat. 2(2),11 (8, 299). 394 Vgl. in Ex. hom. 10,3 (GCS Orig. 6, 248–250); in Lev. hom. 12,7 (GCS Orig. 6, 466); in Iud. hom. 2,2 (GCS Orig. 7, 473); in Cant. comm. III 13,32 (OWD 9/1, 372); in Cant. hom. 2,6 (OWD 9/2, 116); in Luc. hom. 22,3 (GCS Orig. 92, 134). Einige dieser Stellen sind unten S. 252 Anm. 285 ausgeschrieben.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Rede sei, aber nicht im Sinne von Einzigartigkeit. Im Allgemeinen scheint diese Annahme auch zutreffend zu sein.395 Nun findet sich in den Jeremiahomilien des Origenes aber ein Passus, der deutlich eine andere Sprache spricht. Bei einer „tieferen Untersuchung“ der Klage Jeremias in Jer. 15,17: „Für mich allein saß ich da“ stellte Origenes zunächst fest, wann man das nicht von sich sagen kann: „Wenn wir das Leben der Masse nachahmen, so dass einer nicht zurückgezogen und besser und aus der Masse herausgehoben ist, kann ich nicht sagen: ‚Für mich allein saß ich da‘, sondern: Zusammen mit der Masse saß ich da.“ Die Wortwahl dieses Satzes hat sowohl einen asketischen Touch, der später zur Anachorese, zum Rückzug der spätantiken Mönche aus der Welt, führte, als auch einen elitären Zug, insofern Origenes davon redete, „besser“ zu sein und „sich aus der Masse herauszuheben“. Doch im folgenden Satz wird deutlich, dass es ihm um weit mehr als um asketischen Rückzug aus der Welt und elitäre Absonderung von der Masse ging: „Sobald aber mein Leben schwer nachahmbar wird,396 so dass ich zu einem solchen werde, dass mir niemand an Charakter, Vernunft, Taten und Weisheit vergleichbar ist, dann kann ich, da allein ich ein solcher bin und niemand mich nachahmt, sagen: ‚Für mich allein saß ich da‘ (Jer. 15,17).“397 Eine klarere Formulierung von einzigartiger Individualität kann man sich eigentlich kaum wünschen. Origenes sprach hier von der Unvergleichlichkeit eines Menschen in allen seinen wesentlichen Aspekten: im Charakter, im Tun und im Denken. In einer Numerihomilie hat er die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen ausführlich erläutert. Num. 2,2 beschreibt die Lagerordnung der Israeliten. Weil im Bibeltext davon die Rede ist, dass „ein Mensch (homo) nach seiner Ordnung und nach seinen Zeichen“ in diese Lagerordnung eingereiht werden soll, fasste Origenes diese „Zeichen“ (signa) individuell so auf, dass damit „die spezifische Eigenart jedes einzelnen Menschen“ (uniuscuiusque proprietas) bezeichnet werde. Dieser Auslegung fügte er eine sehr lange Darlegung darüber an, wie das näherhin zu verstehen sei. Ich gebe den hochinteressanten Text in einer Mischung aus Zitat (in Übersetzung) und Paraphrase wieder: „Als Menschen sind wir alle ähnlich, doch gibt es gewisse Unterschiede in den Gesichtszügen, in der Gestalt, in der Haltung oder im Auftreten, die für jeden Einzelnen spezifisch sind, wodurch sich zum Beispiel Paulus auszeichnet, dass er Paulus ist, und Petrus, dass er Petrus ist und nicht Paulus.“ 395 Ein lesenswertes Buch zur Entwicklung dieses Gedankens von der klassischen grie-

chischen Antike bis herein in die Frühe Neuzeit ist Siedentop, Erfindung des Individuums. 396 Als Origenes, Cels. VII 7 (GCS Orig. 2, 159), die besonderen Charakterzüge der Propheten hervorhob (siehe dazu oben S. 59 mit Anm. 261), sprach er ebenfalls davon, dass ihr „Leben schwer nachahmbar“ (τὸ τοῦ βίου δυσμίμητον) ist. 397 In Hier. hom. 14,16 (GCS Orig. 32, 122).

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Einleitung

Auch wenn man sich nicht sehe, gebe es Unterschiede zwischen den spezifischen Merkmalen jedes einzelnen Menschen, so dass man aus der Stimme und der Ausdrucksweise erkennen könne, wer spreche. Diese Unterschiede übertrug Origenes sodann aus der körperlichen Sphäre auf den Geist und die Seele: So viele Unterschiede wie im körperlichen Aussehen und Merkmalen gebe es auch, meinte er, im Geistig-Seelischen, wofür er sich auf Spr. 27,19 berief: „Wie ein Gesicht sich von anderen unterscheidet, so verschieden sind auch die Herzen der Menschen.“ Der eine sei sanft, mild, still, ruhig, ausgeglichen, ein anderer unruhig, aufbrausend, rauer, erregter, fordernder, wieder einer umsichtig, vorsichtig, vorausschauend, besorgt, eifrig, ein weiterer träge, schlaff, nachlässig, unvorsichtig, und all das sei bei dem einen mehr, bei einem anderen weniger ausgeprägt anzutreffen. Das ist eine ziemlich diversifizierte Aufzählung von Charaktereigenschaften und Gemütszuständen (die natürlich um weitere Beschreibungen vermehrt werden könnte, doch würde das an der Grundaussage nichts ändern). Um die Verschiedenheit der jeweiligen Eigenarten noch weiter zu erklären, fügte Origenes einen Vergleich an: Alle, die schreiben können, schreiben dieselben Buchstaben auf jeweils unterschiedliche Weise, so dass man die jeweilige Handschrift an für den Schreiber typischen Merkmalen erkennen kann. „Und obwohl die Buchstaben dieselben sind, gibt es doch in eben der Ähnlichkeit der Buchstaben eine große Verschiedenheit der spezifischen Zeichen.“ Auch diesen Vergleich übertrug er sodann „auf die Regungen des Geistes und der Seele“: Paulus wie Petrus hätten Keuschheit propagiert, doch zeichne sich die Keuschheit bei Petrus durch eine spezifische Eigenart aus, die anders sei als die der Keuschheit bei Paulus – der eine sei strenger, der andere warne vor übermäßiger Strenge –, auch wenn sie vollkommen identisch aussähen. Diese Diversität dehnte er sodann auf sämtliche Tugenden aus: „In ähnlicher Weise zeichnet auch die Gerechtigkeit in Paulus eine spezifische Eigenart aus und desgleichen in Petrus. Und dasselbe gilt auch für die Weisheit und die übrigen Tugenden.“ Da Männer wie Paulus und Petrus „durch den Geist Gottes eins“ seien, sei es erstaunlich, „dass es gleichwohl eine gewisse Verschiedenheit in der Eigenart der Tugenden selbst gibt“. Das übertrug er abschließend auf gewöhnliche Menschen: „Umso mehr zeichnen sich alle übrigen Menschen in den Bewegungen ihrer Seelen und in den Tugenden ihres Geistes durch bestimmte spezifische Merkmale aus.“398 Das Bemerkenswerteste an diesen Erläuterungen zu den je spezifischen körperlichen, geistigen und seelischen Eigenarten, weshalb kein Mensch einem anderen gleicht, ist die Betonung der Diversität sogar der Tugenden. Tugenden wie Weisheit und Gerechtigkeit, oder christlich Keuschheit, sind 398 In Num. hom. 2,2 (GCS Orig. 7, 10–12). Rahner, Menschenbild 221, ist dieser Text

als bemerkenswert aufgefallen, doch hat er ihn noch nicht mit spezifischer Individualität in Verbindung gebracht.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



eben nicht bei jedem Menschen gleich, obwohl sie in ihrer Substanz identisch sind, sondern individuell verschieden. Damit ging Origenes weit über das hinaus, was bislang in der Antike zu Identität und Differenz in diesem Sinn gedacht worden war.399 Die Tugenden unterscheiden sich nicht nur dadurch, dass sie in unterschiedlichen Situationen verschieden ausgeprägt und angewendet werden, wie das schon die Stoiker gesehen haben.400 Bei Origenes resultieren die Unterschiede nicht nur aus den äußeren Umständen, gleichsam von außen. Sie sind schon an sich im Innern jedes einzelnen Menschen vorhanden. „In“ Paulus ist dieselbe Gerechtigkeit, dieselbe Weisheit usw. anders ausgeprägt als „in“ Petrus. Die „Verschiedenheit“ liegt „in der Eigenart der Tugenden selbst“ (diuersitas in ipsarum proprietate uirtutum). Origenes konzipierte eine Diversität des an sich Identischen in der jedem einzelnen Menschen spezifisch eigenen Individualität. Beim antiken christlichen Philosophen Origenes treffen wir somit zweifellos auf die Formulierung der als typisch modern geltenden Vorstellung von einzigartiger Individualität. Im Zentrum seiner Theologie steht der individuelle Mensch. Origenes ist der Denker der Individualität und Subjektivität par excellence. Das fügt sich bestens in sein Freiheitsdenken. Wenn jeder einzelne Mensch dadurch ausgezeichnet ist, dass er sich in Freiheit selbst bestimmt, dann führt dies zu ganz individuellen Realisierungen. Daher die ständige Hinwendung zu „jedem Einzelnen“ in seinen Predigten, daher die Applizierung des Bibeltextes auf das je konkrete „Du“. Individualität im Sinne von Einzigartigkeit gehört innerlich zu dem radikalen Freiheitsgedanken, wie Origenes ihn konzipiert hat. Es scheint lohnend, dies im Gesamtwerk des Origenes vor dem Hintergrund der antiken Sorge um das eigene Selbst einmal näher zu untersuchen – doch ist das eine weit über den Rahmen dieser Einleitung hinausweisende Aufgabe.

399 Als eine Aussage in der antiken klassischen Literatur, die in diese Richtung geht,

kann Platons Bemerkung in polit. II 370a–b angeführt werden, „dass keiner von uns von Natur ganz gleich ist wie der andere, sondern dass jeder verschiedene Anlagen hat, der eine zu dieser, der andere zu jener Betätigung“. Übersetzung: p. 139 Rufener. Ungeachtet einer umfassenderen Analyse scheint diese Aussage allerdings auf die verschiedenen Anlagen und Interessen der Menschen zu zielen, ohne dass diese Verschiedenheit in das Innere des ‚Wesens‘ gelegt und ohne dass sie mit der Selbstbestimmung des Menschen in Verbindung gebracht wird. 400 Vgl. etwa Seneca, epist. 66,7: Die Tugend, die als solche eine und ganz ist, hat viele Aspekte oder Erscheinungsformen (species), die sich in den unterschiedlichen Situationen des Lebens und in den verschiedenen Handlungen entfalten. Siehe dazu Reydams-Schils, Roman Stoics 16f.

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Einleitung

4. Gottes soteriologische Täuschungen Als letztes sei auf die Auslegung eines der schwierigsten Verse eingegangen, auf den Origenes im Buch Jeremia und überhaupt in der Bibel gestoßen ist. Auch sie steht im Rahmen seiner Freiheitsmetaphysik, allerdings in einer überaus heiklen Konstellation. Seine Überlegungen sind eines der besten Beispiele dafür, zu welch verwegenen und grenzwertigen Gedanken sich Origenes bisweilen vorwagte und diese seinen Zuhörern durchaus nicht vorenthielt, sondern zu erklären versuchte.401 a) Ein cartesischer Betrügergott avant la lettre? Nachdem Origenes in der 19. Homilie den Abschnitt Jer. 20,1–6 erklärt hatte, fing er noch mit der offenbar ebenfalls vorgelesenen Perikope Jer. 20,7–11 an, kam in dieser Predigt aber nicht über die Erklärung der Klage Jeremias in Jer. 20,7 hinaus, denn „sie bietet gleich vom ersten Ausdruck an nicht gewöhnliche Schwierigkeiten“.402 Nachdem er in der 19. Homilie einen ersten Anlauf zur Erklärung gemacht hatte, ging er deshalb in der 20. Homilie, in der er Jer. 20,7–12 auslegte, zu Beginn nochmals ausführlich auf diese schwierige Aussage ein.403 In Jer. 20,7 redet Jeremia nämlich davon, dass Gott ihn getäuscht habe: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ „Gott täuscht?“, fragte Origenes sichtlich ungläubig. „Wie ich diese Aussage einordnen soll, weiß ich nicht.“404 In der altgriechischen Mythologie waren Erzählungen von Listen und Lügen der überaus anthropomorph vorgestellten Götter sehr zahlreich und wurden die Menschen von den Göttern nach Belieben getäuscht und in 401 Mit diesem Abschnitt kehre ich zu dem Thema zurück, mit dem meine intensivere

Beschäftigung mit Origenes vor vielen Jahren aus ganz anderen Zusammenhängen heraus – die Auslegung des Streits zwischen Paulus und Petrus (Gal. 2,11–14) in der Kontroverse zwischen Augustinus und Hieronymus – begonnen hat: Fürst, Briefwechsel 36–45. 65–71 (in meiner Habilitationsschrift); ders., Eschatologie des Origenes 170–184 (der Aufsatz geht zurück auf den Vortrag, mit dem ich mich 1998 auf den Münsteraner Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte beworben habe); siehe auch ders., Heilsame Täuschung. Einzelne Formulierungen und Sätze aus diesen Arbeiten sind im Folgenden verwendet. Die damalige Beschäftigung mit der 19. und 20. Homilie gab den Anstoß, mich einmal eingehender den Jeremiahomilien des Origenes zu widmen. Es ist ein schönes Gefühl zu erleben, wie ein altes Vorhaben seinen Abschluss findet. 402 Origenes, in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 173). 403 Ebd. 19,5(18,15) (32, 173–176) und 20(19),1–4 (32, 176–184). 404 Ebd. 19,5(18,15) (32, 173).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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die Irre geführt. Doch seit der Ethisierung des Gottesbildes in der griechisch-hellenistischen Aufklärung wurde die Vorstellung von den Göttern an die Moral gebunden und die Gottheit zum Inbegriff der Wahrheit.405 Normsetzend wurde vor allem Platons Kritik an der Unmoral und Unehrlichkeit der altgriechischen Götter: „Ganz ohne Unwahrheit ist also die Gottheit und das Göttliche … Der Gott ist also ganz einfach und wahr in Wort und Tat. Er verwandelt sich nicht und täuscht auch nicht andere.“406 Infolgedessen sowie im Gefolge der biblischen und frühjüdischen Theologie407 waren sich alle frühchristlichen Theologen darüber einig, dass Gott nicht lügt: „Der befohlen hat, nicht zu lügen (Lev. 19,11), um wieviel mehr wird er selbst nicht lügen; denn nichts ist bei Gott unmöglich außer das Lügen.“408 Nun ist aber in Jer. 20,7 ohne Zweifel von einer Täuschung durch Gott die Rede, sogar mit dem starken griechischen Verbum für „betrügen“, ἀπατάω. Kein Wunder, dass Origenes sich angesichts dieser für den biblischen, jüdischen, antiken und christlichen Gottesbegriff höchst anstößigen Aussage die Frage stellte, „ob der Prophet die Wahrheit sagte, wie es sich über einen Propheten zu denken geziemt, oder die Unwahrheit, was über einen heiligen Propheten zu sagen nicht gestattet ist“, und – wie schon dreimal in dieser Predigt409  – vor Beginn seiner Auslegung Jesus um Hilfe anrief, „er möge doch erhellender und erleuchtender (sc. als sonst) kommen, damit er durch sein Kommen uns alle lehrt“.410 So schwierig diese Aussage aber auch ist und so anstößig sie erscheinen mag: Sie steht im Bibeltext. Also muss der Bibelausleger nach einer Erklärung suchen, die mit dem biblisch-christlichen Gottesbild vereinbar ist, oder wie Origenes die Aufgabe, vor die er sich gestellt sah, zu Beginn der 20. Homilie formulierte: „Alles, was über Gott aufgeschrieben ist, muss man, auch wenn es an und für sich unangemessen ist, so verstehen, dass es eines guten Gottes würdig ist.“411 405 Siehe dazu Deichgräber, Trug des Gottes, und den Überblick bei Fürst, Art. Lüge

(Täuschung) 625–627. 406 Platon, polit. II 382e. Übersetzung: p. 183 Rufener. Vgl. den ganzen Abschnitt ebd. II

382a–383a, ferner ebd. III 389b. 407 Vgl. Num. 23,19; 1 Sam. 15,29; Ps. 89(90),36; Ijob 24,25. Für das hellenistische Juden-

tum vgl. Philon, ebr. 139 (II p. 197 Cohn/Wendland): ὁ ἀψευδὴς θεός; vit. Mos. I 283 (IV p. 187 Cohn/Wendland). Siehe dazu Fürst, Art. Lüge (Täuschung) 637. 408 1 Clem. 27,2 (SUC 1, 58). Vgl. Röm. 3,4; Hebr. 6,18; Tit.  1,2: ὁ ἀψευδὴς θεός; 1 Joh. 2,27; Hermas, mand. 3,1 (GCS 48, 24f.). 409 Vgl. Origenes, in Hier. hom. 19,1(18,11) (GCS Orig. 32, 165. 167); 19,4(18,14) (32, 170). 410 Ebd. 19,5(18,15) (32, 173). Zu diesem „Kommen“ Jesu siehe oben S. 84. 411 Ebd. 20(19),1 (32, 176). Das Prinzip einer „Gottes würdigen“ Schriftauslegung war ein Leitsatz der Exegese des Origenes, den er auch schon ebd. 12,1 (32, 85) eingeschärft hat. Zu den dazu unten S. 294 Anm. 377 vermerkten Stellen vgl. noch princ. II 4,4 (GCS Orig. 5, 132); in Hiez. hom. 5,1 (GCS Orig. 8, 372). Siehe dazu Lies, Schriftauslegung.



Einleitung

Um die Täuschung Jeremias durch Gott zu erklären, griff Origenes auch eine jüdische Deutung auf, die er von einem zum Christentum konvertierten Juden erfahren hatte.412 Da er auf diese erst in der 20. Homilie einging, könnte man vermuten, dass er sich nach der 19. Homilie, an deren Ende er seine Auslegung bereits in Grundzügen vorgestellt hatte, nach der jüdischen Auffassung dieser Stelle erkundigt hatte, und zwar vielleicht deshalb, weil sie ihm solche Probleme bereitete. Man könnte sogar noch eine weitere Vermutung anstellen. Nimmt man ihn nämlich beim Wort, sagt er nicht, dass er sich erkundigt hat, sondern dass ihm diese „hebräische Überlieferung zugetragen worden ist“, oder noch wörtlicher: „zugekommen ist“ (ἐληλυθυίᾳ εἰς ἡμᾶς).413 Hat nicht er sich an jemanden gewandt, der mit jüdischer Bibelauslegung vertraut war, sondern ist umgekehrt ein Judenchrist an Origenes herangetreten und hat ihm von der jüdischen Auffassung der Stelle berichtet? Soll man sich vorstellen, dass dieser Judenchrist die 19. Homilie gehört und sich, motiviert von den Schwierigkeiten, die Origenes mit der Stelle offensichtlich hatte, an den Prediger gewandt hat, um ihm eine alternative Deutung vorzuschlagen? Und – spinnt man den Faden weiter – war das ein Grund dafür, dass Origenes in der 20. Homilie noch einmal grundsätzlich und diesmal ausführlicher auf den schwierigen Text einging? Das muss freilich alles Spekulation bleiben. Origenes war von der „hebräischen Überlieferung“ zu Jer. 20,7 jedenfalls ganz angetan, weil sie gut in sein freiheitstheologisches Denken passte. Allerdings vermochte er sich mit der Deutung, dass Gott niemanden zwingt, sondern „einen Weg sucht, wie man freiwillig tut, was Gott will“,414 nicht zufrieden zu geben. Sie lieferte keine wirkliche Erklärung der Täuschung, von der im Bibeltext die Rede ist. Also hat er daraufhin „selbst Überlegungen angestellt“.415 Die Auslegung von Jer. 20,7, die er am Ende der 19. Homilie bereits skizziert hatte und die er zu Beginn der 20. Homilie noch einmal ausführlich darlegte, stammt also von ihm selbst.416 Origenes’ Auslegung der Täuschung Jeremias durch Gott sieht wie folgt aus:417 Er fasste die Aussage in Jer. 20,7 als Worte des erwachsen gewordenen Jeremia auf, der im Rückblick erkenne, dass er anfangs durch Täuschung erzogen worden und dies ein notwendiger Prozess seiner Erziehung zur Frömmigkeit gewesen sei: „Nachdem die Täuschung aufgehört hat, sagt der Prophet: ‚Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen‘, als wäre ihm 412 Siehe Perrone, Inganno e castigo 98f. Zur möglichen Identität dieses Judenchristen

siehe oben S. 49f. 413 In Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178). 414 Ebd. Siehe dazu oben S. 68. 415 Ebd. 20(19),3 (32, 180). 416 Daniélou, Origène 276, schreibt auch die eigene Auslegung des Origenes fälschlich

der rabbinischen Tradition zu, auf die Origenes davor rekurrierte. 417 Siehe dazu auch Fürst, Diskussionen über die Lüge 77–82.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



der Anfangsunterricht und die Einführung in Form einer Täuschung erteilt worden und könnte er nicht unterrichtet und in die Frömmigkeit eingeführt werden, wenn er nicht zuerst getäuscht wurde, um später dahin zu gelangen, die Täuschung wahrzunehmen.“418 Die Täuschung sei also ein pädagogisches Mittel, wie es beispielsweise bei der Erziehung von Kindern oder der Heilung von Kranken eingesetzt werde, und so „handelt Gott in analoger Weise wie ein Vater und wie ein Arzt“:419 „Wie ein Vater einen noch unmündigen Sohn zu dessen Vorteil zu täuschen beabsichtigt, weil er dem Kind nicht anders nützlich sein kann, als dass er es täuscht, wie ein Arzt es unternimmt, den Kranken zu täuschen, weil er nicht geheilt werden kann, wenn er die täuschenden Worte nicht glaubt, so handelt vielleicht auch der Gott des Alls, da er die Absicht hat, dem Menschengeschlecht zu helfen.“420 Eine Täuschung von Seiten Gottes habe also nicht die Absicht, den getäuschten Menschen in die Irre zu führen und Unwissenheit zu erzeugen, sondern diene „dem Heil“, „führt zur Umkehr“, erfolge „in guter Absicht“,421 verfolge „einen guten Zweck“422 und diene den Getäuschten „zu ihrem Vorteil“,423 kurzum: sei ihnen nicht schädlich, sondern nützlich, weshalb man sich eine solche Täuschung durch Gott eigentlich nur wünschen könne und Origenes Jeremia bitten hörte: „Täusche mich, wenn es nützlich ist!“424 und seine Zuhörer abschließend mit Nachdruck zur Bitte um eine solche nützliche Täuschung aufforderte: „Sagt er die Wahrheit, nehme ich sie an. Will er mich täuschen, lasse ich mich bereitwillig täuschen – nur soll einzig Gott mich täuschen!“425 Im Anschluss an diese Erklärung gab Origenes dann noch etwas wieder, was er ebenfalls von dem Judenchristen gehört hat, der ihm die jüdische Auslegung von Jer. 20,7 zugebracht hatte. Demnach habe Jeremia „aus dieser Täuschung“, sowie er sie durchschaut hatte, sogleich gelernt und insofern daraus „Nutzen gezogen“, als er nun seinerseits seine Zuhörer zu ihrem Nutzen getäuscht habe. Weil diese ihn nämlich „verlachten und verhöhnten“ – Ori418 Origenes, in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 173). 419 Die Metapher von Gott (bzw. Christus) als Arzt oder „großer Arzt“ bzw. „Chefarzt“

hat Origenes, zuweilen Mt. 9,12 bzw. Mk. 2,17 zitierend, auch sonst in den Jeremiahomilien immer wieder bemüht: ebd. 1,12 (32, 10); 12,5 (32, 91. 92); 14,1f.3 (32, 106f. 108); 14,18 (32, 124); 17,5 (32, 148f.); 18,5 (32, 156); lat. 1(3),4 (8, 313); lat. 2(2),6 (8, 295f.); lat. 2(2),12 (8, 301f.); in Hier. frg. 37 (GCS Orig. 32, 217). Siehe dazu Fernández, Cristo médico, sowie unten S. 442 Anm. 658 und S. 543 Anm. 853; für hier auch Perrone, Inganno e castigo 99–101. 420 Ebd. 20(19),3 (32, 180). Der Vergleich mit der Kindererziehung auch schon ebd. 18,6 (32, 159), um die Ausdrucksweise der Bibel zu erklären, und ebd. 19,5(18,15) (32, 173f.). 421 Ebd. 19,5(18,15) (32, 174. 175). 422 Ebd. 20(19),3 (32, 182). 423 Ebd. 20(19),4 (32, 182). 424 Ebd. 20(19),3 (32, 182). 425 Ebd. 20(19),4 (32, 183f.).

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Einleitung

genes ist dazu übergegangen, den zweiten Satz von Jer. 20,7 auszulegen: „Ich bin zum Gespött geworden, jeden Tag wurde ich fortwährend verhöhnt“ –, wenn er seine Worte mit der prophetischen Einleitungsformel eröffnete: „Dies spricht der Herr“ bzw. „Spruch des Herrn“ (Jer. 2,2 u. ö.), unterließ er dies, wie es gleich darauf in Jer. 20,9 heißt: „Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden“, und kündigte stattdessen eigene Worte an, wodurch er die Zuhörer zu ihrem Nutzen täuschte, weil sie damit doch Worte Gottes zu hören bekamen: „Weil er deshalb auch selbst täuschen wollte, um aus der Täuschung Nutzen zu ziehen, sagte er: Meine Worte spreche ich zu euch, weil ihr auf die Worte des Herrn nicht hört. Daraufhin schenkten jene den Worten Gehör als Worten Jeremias und bekamen Worte Gottes zu hören.“426 Und damit noch nicht genug, machte sich Origenes, der sein Wirken als Lehrer und Prediger als Fortsetzung der prophetischen Verkündigung betrachtete,427 diese List Jeremias seinerseits zu eigen, wenn er in einer seiner seltenen autobiographischen Bemerkungen bekannte, dass er gegenüber Heiden manchmal vermeide, von Christentum und Christus zu reden, sobald er deren Aversionen und Vorurteile dagegen spüre, und ihnen die christliche Botschaft stattdessen nahezubringen versuche, ohne sie explizit als christlich zu bezeichnen: „Auch wir tun in manchen Situationen so etwas, wenn es uns nützlich erscheint. Manchmal richten wir Worte an die Heiden in der Absicht, sie zum Glauben zu führen, und wenn wir merken, dass sie das Christentum hassen, den Namen verabscheuen und es ihnen zuwider ist zu hören, dass dies die Lehre der Christen ist, maßen wir uns nicht an zu sagen, die Lehre der Christen sei nützlich. Wenn vielmehr jene Lehre grundgelegt ist, soweit wir das vermögen, und wir meinen, den Zuhörer dafür einzunehmen, da er nicht einfach nur so dem Gesagten zugehört hat, dann bekennen wir, dass diese lobenswerte Lehre die Lehre der Christen war.“428 Das ist eine sehr aufschlussreiche Bemerkung zur Gesprächsstrategie des Origenes, die im Wortsinne strategisch war. Sie dürfte eine Realität wiedergeben, die auch andernorts in der Minderheitssituation des frühen Christentums zu finden ist, so wenn Minucius Felix seinen gebildeten aristokratischen Adressaten in Rom zur selben Zeit wie Origenes, also in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts, die Wahrheit des Christentums nahebringen wollte, ohne in seinem Dialog Octavius – in dem er freilich offen das Christentum verteidigte – auch nur einmal die Bibel zu zitieren.429 426 Ebd. 20(19),5 (32, 184). 427 Siehe dazu oben S. 60–64. 428 In Hier. hom. 20(19),5 (GCS Orig. 32, 184f.). 429 Ein weiteres Beispiel liefern die pseudoclementinischen Homilien, denen zufolge

nicht einmal die Apostel vor trügerischen Listen zurückgeschreckt seien, um die Heiden zu bekehren: Clem. hom. 20,18–23 (GCS 42, 278–281).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



b) Die antike Tradition der „nützlichen Lüge“ Um diese Ausführungen des Origenes über die Täuschung, von der in Jer. 20,7 die Rede ist, verständlicher zu machen, sind sie in einem ersten Schritt in ihren geistesgeschichtlichen Kontext einzuordnen.430 Zentral im Hintergrund steht die in der paganen wie christlichen Antike weit verbreitete Annahme, dass Listen und Tricks in bestimmten Situationen und unter eng begrenzten Bedingungen erlaubt sein können.431 Eine Kriegslist zur Täuschung des Feindes wurde ebenso weithin akzeptiert wie die Täuschung eines Kranken zu dessen Wohl oder eines Freundes, der sich umbringen will, oder überhaupt zur Rettung eines Dritten aus Todesgefahr.432 Platon formulierte die Grundsätze für eine solche Einstellung: Gegenüber Feinden oder unzurechnungs­fähigen Freunden, die anders nicht von einer Untat abzubringen seien, sei eine Lüge oder Täuschung akzeptabel, doch dürfe dieses „nützliche Heilmittel“ nur von Ärzten und Staatsmännern ausnahmsweise angewendet werden.433 Über die Stoa und über die Rhetorik wurde die Legitimität der „nützlichen Lüge“ bzw. „Täuschung“ allgemeines Bildungsgut, das meist mit strengen sittlichen und praktischen Auflagen verbunden und nur selten leichtfertig bis hin zu utilitaristischem Eigennutz vertreten wurde.434 In der Bibel, im Alten wie im Neuen Testament, wird die Lüge streng verurteilt,435 doch gibt es gerade in den Patriarchenerzählungen zahlreiche Episoden, in denen Lügen und Listen eine entscheidende Rolle spielen, allen voran Jakobs Erschleichung des Erstgeburtssegens (Gen. 27,1–40), sodann beispielsweise die Listen in der Josefsnovelle (Gen. 42–45), die irreführende Ausgabe von Sara bzw. Rebekka als Schwester Abrahams bzw. Isaaks (Gen. 12,10–20; 20; 26,1–11), die Lüge der Hebammen in Ägypten (Ex. 1,15–21) und der Dirne Rahab in Jericho 430 Das Folgende nach dem Überblick bei Fürst, Art. Lüge (Täuschung) 624f. 628f. 630. 431 Siehe dazu Souilhé, Mensonge 58–70; Maćkowiak, Notlüge 47–58; de Lubac, Be-

trogen 26–36. 432 Vgl. beispielsweise Sophokles, Philokt. 108f.; Xenophon, mem. IV 2,14–18; kyrup. I

6,31; Pseudo-Platon, iust. 374c–d; Tacitus, hist. IV 50,2; Gellius, noct. Att. XV 22,1f.; Lukian, philops. 1. 433 Vgl. Platon, polit. II 382c; III 389b–d; 414b–c; V 459 c–d. Siehe dazu etwa Zembaty, Lying; Page, Lies. 434 Vgl. für die Stoa Chrysipp, SVF II 994; III 554f., für die Rhetorik Cicero, Brut. 42; orat. II 241, und Quintilian, inst. XII 1,38–44. Utilitaristisch sind Maximos von Tyros, diss. 13,3, und Heliodor, aethiop. I 26,6: „Manchmal ist auch die Lüge schön, wenn sie dem Redenden nützt, den Zuhörern aber nicht schadet.“ Auch der Christentumskritiker Kelsos vertrat die Legitimität einer „nützlichen Lüge“: Kelsos bei Origenes, Cels. IV 18 (GCS Orig. 1, 287). Siehe dazu Satran, Truth and Deception. 435 Vgl. Lev. 19,11; Ps. 4,3; 62(63),5; Hos. 7,1.13; Mich. 6,12; Spr. 4,24; 21,28; 12,22; 30,8; Sir. 5,14; 7,13; 20,26; Kol. 3,9; Eph. 4,25 (= Zitat von Sach. 8,16); Joh. 8,44: Der „Vater der Lüge“ ist der Teufel.



Einleitung

(Jos. 2,4f.).436 Aus platonischer Tradition rezipierte Philon die Erlaubtheit der Lüge in Situationen, in denen nur noch die Unwahrheit den Menschen nützen oder das Vaterland schützen könne, und ein Arzt „wird zuweilen Falsches sagen, ohne ein Lügner zu sein, und er wird täuschen, ohne ein Betrüger zu sein“.437 Für die spätere Entwicklung wurde wichtig, dass Philon die Täuschung in die Pädagogik einführte: Für viele Menschen, die nicht die erforderlichen Voraussetzungen mitbrächten, um direkt über die Wahrheit in die Weisheit eingeführt zu werden, seien erzieherische Lügen nützlich und unumgänglich.438 Alle diese Traditionen sind von den frühchristlichen Theologen aufgenommen worden. Zu täuschen und zu lügen wurde generell verworfen und die moralische wie intellektuelle Pflicht zur Wahrhaftigkeit und Wahrheit eingeschärft,439 zugleich aber von fast allen Theologen die Ansicht vertreten, dass in bestimmten Situationen und besonders, wenn es um die Erlangung des Heils geht, eine Lüge erlaubt, ja sogar geboten sei.440 Der philosophische Vorgänger des Origenes in Alexandria, Clemens, kombinierte Platon und Philon: Er billigte Kriegslisten sowie die Lüge eines Arztes gegenüber einem Patienten, um diesen zu retten, und wertete den pädagogischen Einsatz einer Täuschung als rücksichtsvolle Anpassung des Lehrers an die Fassungskraft des Adressaten zum Zwecke der Heilsvermittlung.441 Auf derselben Linie schärfte Origenes die Wahrhaftigkeitspflicht nachdrücklich ein, folgte indes in der Akzeptanz einer „nützlichen Lüge“ Platon, dessen Bedingungen er allerdings verschärfte: Nur um ein „großes Gut“ zu erreichen, sei eine Täuschung als Heilmittel im Sinne der biblischen Vorbilder erlaubt – er verwies auf Judits Überlistung des Holofernes (Jdt. 11f.),442 Esters Täuschung des Artaxerxes

436 Siehe dazu Klopfenstein, Lüge 325–352. 437 Philon, quaest. in Gen. VI 204 (p. 454 Mercier). Vgl. Cher. 15 (I p. 173 Cohn/

Wendland). 438 Vgl. Philon, deus immut. 51–69 (II p. 68–72 Cohn/Wendland). 439 Ich notiere nur einige vororigeneische Zeugnisse: 1 Clem. 35,5f. (SUC 1, 68); Did. 5,2

(SUC 2, 74–76); Barn. 20,2 (SUC 2, 192); Hermas, mand. 3 (GCS 48, 24f.); Justin, dial. 82,2f. (PTS 47, 212f.); Clemens von Alexandria, strom. VII 50,4 (GCS Clem. Al. 32, 37); VII 53,1f.6; 54,1 (32, 39f.). 440 Siehe dazu Maćkowiak, Notlüge 58–87; Müller, Problematik der Lüge 27–48. 78–93; Ramsey, Lying and Deception 515–528; Fürst, Diskussionen über die Lüge 70–75; ders., Art. Lüge (Täuschung) 632–638. 441 Vgl. Clemens von Alexandria, strom. I 160,2 (GCS Clem. Al. 24, 100f.); VII 53,2–4 (32, 39). Siehe dazu Satran, Pedagogy and Deceit. 442 Auf diese wies Origenes auch zur Auslegung des „Vertragsbruchs“ in Jer. 20,8 hin, in Hier. hom. 20(19),7 (GCS Orig. 32, 187f.): „Was hätte Judit tun sollen? Die Vereinbarungen (sc. mit Holofernes) einhalten oder sie brechen? Brechen – da sind wir uns einig. Denn die Vereinbarungen mit Holofernes zu brechen war wohlgefällig vor Gott.“

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



(Est.  2,10.20) und Jakobs Erschleichung des Erstgeburtssegens (Gen. 27,1– 40) –, und nur selten und vorsichtig dürfe ein solches Mittel unter Menschen eingesetzt werden.443 Aus dieser breiten kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Tradition her­ aus erklären sich zu einem guten Teil die Überlegungen des Origenes über die „nützliche Täuschung“, die er in Jer. 20,7 fand, insbesondere deren medizinischer (heilsamer) und pädagogischer Sinn und Zweck, der einerseits seit Platon und andererseits in der alexandrinischen Tradition seit Philon mit diesem Denkmodell verbunden war, sowie die altruistische Orientierung am Nutzen eines Anderen (nicht am Eigennutz). Nicht zuletzt wird von daher verständlich, weshalb Origenes offenbar keine Bedenken hatte, ein solches Verhalten Jeremia zuzuschreiben und sogar selbst zu praktizieren. Der allgegenwärtige Zweck solcher Täuschungen, nämlich Heil zu vermitteln, unterlief offenbar die Bedenken gegen das angewandte Mittel oder ließ solche gar nicht erst aufkommen. c) Pädagogik der Täuschung als Einführung in die Wahrheit Die Tradition einer „nützlichen Lüge“ stellte Origenes die denkerischen und ethischen Elemente zur Verfügung, mit deren Hilfe er die Aussage in Jer. 20,7 verständlich machen konnte. Allerdings lag die spezifische Aussage dieses Bibeltextes in einer wesentlichen Hinsicht außerhalb dieser Denkfigur. Zu deren Eckdaten gehörte, dass es sich um eine genau und eng umschriebene Ausnahmesituation im zwischenmenschlichen Verhalten handelt. Was Gott angeht, wurde eine solche Ausnahme aber seit Platon strikt ausgeschlossen: Gott lügt nicht, nie. Dass Jeremia nun aber gerade dies behauptet, nämlich von Gott getäuscht worden zu sein, machte die fragliche Bibelstelle in so hohem Grade problematisch. In seinen Reflexionen über eine „nützliche Täuschung“, deren Subjekt – in offenem, biblisch begründetem Gegensatz zu Platon und zur gesamten Tradition – Gott ist, ging Origenes daher über die bis dahin üblichen Ansichten zu einer „nützlichen Lüge“ hinaus. Seiner Exegese von Jer. 20,7 liegt die Annahme zugrunde, dass eine „Täuschung durch Gott anders geartet ist als unsere Täuschung, durch die wir täuschen“.444 Um das zu erklären, wandte er die Denkmuster der Tradition einer „nützlichen Lüge“ unter Menschen auf eine „Täuschung durch Gott“ an und schuf eine

443 Strom. VI frg. bei Hieronymus, adv. Rufin. I 18 (CChr.SL 79, 18). Vgl. Origenes, Cels.

IV 19 (GCS Orig. 1, 288), in seiner Entgegnung auf die im Prinzip gleiche Position des Kelsos. Siehe auch unten S. 497 Anm. 779. 444 In Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178).



Einleitung

Theorie, die ich, wie schon früher,445 mit der Überschrift über dieses Kapitel unter den Begriff „Gottes soteriologische Täuschungen“ fassen möchte. Für die besondere Bedeutung des Wortes ‚Täuschung‘, die Origenes in Jer. 20,7 fand, berief er sich methodisch auf das Prinzip der Homonymie, das der alexandrinische Bibelphilologe oft heranzog, um schwierige Aussagen über Gott in der Bibel zu erklären.446 Er legte die einschlägige Definition des Aristoteles zugrunde, die er wörtlich zitierte: „Homonym heißen Dinge, die nur den Namen gemeinsam haben, während der zum Namen gehörige Wesensbegriff verschieden ist.“447 Nach diesem Prinzip ließen sich „unangemessene“ anthropomorphe Aussagen über Gott, dass „er Zorn empfinde, sich dem Unmut hingebe, Reue zeige, ja sogar schlafe“, erklären: Werden diese Empfindungen Gott zugeschrieben, handle es sich um „etwas Ungewöhnliches und Eigenartiges“, „etwas Besonderes“, „etwas ihn Auszeichnendes“, das mit den entsprechenden Regungen beim Menschen nichts außer „den Namen“ gemein habe.448 Bei Gott, so Origenes, haben alle diese Regungen und Handlungen einen pädagogischen Zweck: Sie dienen der Erziehung des Menschen.449 Das folgt dem Paradigma einer „nützlichen Lüge“, wenn sie (mit Philon) pädagogisch eingesetzt wird. Was aber ist der spezifische „Nutzen der Täuschung“, von dem Origenes sprach?450 Auch sie diene der Erziehung, und zwar in besonderer Weise der Erziehung von noch unreifen und unmündigen Kindern: „Wenn wir Kinder erziehen, reden wir mit Kindern, und wir reden mit ihnen nicht wie mit Erwachsenen, sondern wir reden mit ihnen wie mit Kindern, die der Erziehung bedürfen, und wir täuschen die Kinder, indem wir den Kindern Furcht einflößen, damit die Ungezogenheit in den Kindern aufhört, und wir flößen den Kindern Furcht ein, indem wir wegen der bei ihnen bestehenden Unmündigkeit täuschende Worte benutzen, damit wir ihnen durch die Täuschung Furcht einjagen und sie zu Lehrern gehen, darüber berichten und das tun, was zur Reifung von Kindern beiträgt.“451 Gott erziehe meist durch sein Wort. Aber wie das Beispiel der Niniviten zeige, 445 Siehe die Überschriften bei Fürst, Briefwechsel 36, und ders., Art. Lüge (Täuschung)

637. 446 Vgl. seine Grundsatzüberlegungen dazu in einem Fragment aus dem Römerbrief-

kommentar in philoc. 9 (SC 302, 350–359) zum bedeutungsreichen Begriff νόμος. Siehe dazu Harl, Langage biblique. 447 Aristoteles, cat. 1, 1 a 1f., zitiert von Origenes, in Hier. hom. 20(19),1 (GCS Orig. 32, 177): Ὁμώνυμα δέ ἐστιν, ὧν ὄνομα μόνον κοινόν, ὁ δὲ κατὰ τοὔνομα τῆς οὐσίας λόγος ἕτερος. 448 Ebd. (32, 176f.). 449 Für den pädagogischen Sinn des Zorns (des Unmuts) bzw. der Reue Gottes siehe die Hinweise unten S. 487 Anm. 760 bzw. S. 489 Anm. 768. 450 In Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178). 451 Ebd. 19,5(18,15) (32, 173f.).

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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genüge ein Wort allein manchmal nicht. Es bedurfte der Androhung von Strafe, nämlich der Zerstörung Ninives (Jona 3,4), um die Niniviten auf den Weg der Bekehrung zu bringen.452 Das Ziel einer solchen Drohung sei nicht Vernichtung, sondern Bekehrung und Rettung. Dasselbe gelte für den Zorn oder den Unmut Gottes, die im selben Sinne eine Täuschung seien, da sie nicht auf das zielten, was sie vordergründig vermittelten. „Die ganze Schrift“, meinte Origenes, „ist voller solcher Heilmittel. Und manch Nützliches ist darin verborgen, aber auch manch Bitteres ist darin verborgen.“453 Eine derartige Pädagogik steht offensichtlich in einem zeitgebundenen Kontext und folgt Vorstellungen von Erziehung, deren Qualität und Effektivität man gewiss skeptisch beurteilen darf. So wird man folgende Ausführungen des Origenes kaum einfach so wiedergeben können, ohne auf ihre bedenklichen Seiten aufmerksam machen zu müssen (auch wenn diese Wertung anachronistisch sein mag): „Wenn du siehst, wie ein Vater seinem Sohn droht, als würde er ihn hassen, und zu seinem Sohn furchterregende Worte sagt und ihm keine Zärtlichkeit zeigt, sondern die Liebe zu seinem Sohn verbirgt, wirst du einsehen, dass er das unmündige Kind täuschen will. Denn es ist dem Sohn nicht zuträglich, um die Liebe des Vaters, um seine liebevolle Absicht zu wissen. Er würde nämlich nachlässig werden und sich nicht erziehen lassen. Deswegen verbirgt er die Süße der Zärtlichkeit, zeigt jedoch die Bitterkeit der Drohung.“454 Es ist mehr als zu bezweifeln, dass eine derartige Drohpädagogik wirklich ihr Ziel erreicht. Sie dürfte eher verheerende Folgen für das solchermaßen erzogene Kind haben und das erstrebte Erziehungsziel gerade verfehlen. Doch es geht nicht darum, diese Aussagen des Origenes, die für die Erziehungsvorstellungen seiner Zeit höchst aufschlussreich sind, zu beurteilen, sondern darum, zu verstehen, wie er solche Gedankengänge einsetzte, um den schwierigen Bibeltext zu erklären. Bei diesen Vergleichen hatte Origenes nämlich nicht tatsächlich Kinder vor Augen, sondern die erwachsenen Christinnen und Christen in seiner Gemeinde, denen er das pädagogische Handeln Gottes erklären und die er dadurch als Lehrer seinerseits erziehen wollte. „Wir alle sind Kinder vor Gott und bedürfen der Erziehung von Kindern.“ Daher versuchte er zu erläutern, was es mit einer Täuschung durch Gott im Blick auf erwachsen gewordene Kinder Gottes auf sich hat: „Deshalb, weil Gott uns schont, täuscht er uns – auch wenn wir die Täuschung nicht wahrnehmen, bevor es dafür Zeit ist –, damit wir nicht, als hätten wir das Stadium der Unmündigkeit schon überschritten, nicht mehr durch Täuschung erzogen werden, sondern durch das wirkliche Leben.“ Was Origenes damit meinte, erläuterte er durch das Beispiel der Niniviten, denen Gott durch Jona die Zerstörung ihrer Stadt 452 Ebd. (32, 174). 453 Ebd. 20(19),3 (32, 180). 454 Ebd.



Einleitung

ankündigen ließ, auf ihre Buße hin aber davon Abstand nahm. Das war für Origenes ein Beispiel dafür, wie „eine Täuschung, die zur Umkehr führt“, funktioniert. Weil Gott die Drohung nicht ausführte, war sie insofern ein Täuschungsmanöver. Die Niniviten wurden gerettet, weil sie sich täuschen ließen. Hätten sie die Drohung ignoriert, wäre sie sogleich wahr geworden oder wäre es sogar noch schlimmer gekommen. Sich täuschen zu lassen, war also heilsam für sie: „Hätte diese Umkehr nicht stattgefunden, wäre das Gesagte keine Täuschung mehr, sondern nunmehr Wahrheit, und die Folge für Ninive wäre die Zerstörung gewesen. Es lag an den Hörern, entweder, wenn sie sich täuschen ließen und dem Gesagten als wahr glaubten, die Wohltaten zu empfangen und nicht zerstört zu werden oder, weil sie sich, als würde sich das Angekündigte nicht als wahr erweisen, auch nicht täuschen ließen, sondern annahmen, das Angekündigte werde nicht eintreten, die Ankündigung als Täuschung zu missachten und nicht das ‚Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden‘ zu erleiden, sondern, wie ich zu behaupten wage, viel Schlimmeres als das ‚Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden‘ (Jona 3,4).“455 Diese Erklärung beruht offenbar darauf, dass im Rahmen des platonischen Weltbildes des Origenes eine Täuschung oder eine Lüge nicht einfach nur im Gegensatz zur Wahrheit stehen, sondern eine ambivalente Funktion innehaben. Einerseits sind sie das Gegenteil von Wahrheit, weil sie nicht die Wahrheit, sondern eben Lüge und Täuschung sind. Andererseits führen sie dadurch aber nicht automatisch von der Wahrheit weg oder sind nichts als unwahr, sondern können als Mittel fungieren, zur Wahrheit zu gelangen. Wie ein Bild im platonischen Denken einerseits im Gegensatz zur Wahrheit steht, weil es nicht die Wahrheit selbst ist, und andererseits gerade als Bild der Wahrheit auf diese verweist und diese erschließt und deswegen nicht einfach falsch ist,456 so ist eine Täuschung nicht die Wahrheit, kann aber in diese einführen, weshalb sie nicht einfach Lug und Trug ist, sondern ein Irrtum, gleichsam ein Umweg zur Erkenntnis der Wahrheit. Wie Bild und Wahrheit stehen platonisch auch Täuschung und Wahrheit nicht strikt kontradiktorisch in einem Gegensatz zueinander, in dem sie sich gegenseitig ausschließen, sondern sind dialektisch in einem Verhältnis der Analogie aufeinander bezogen, in dem die Täuschung im Modus des Irrtums auf die Wahrheit hinführt. Zudem sieht man an dieser Erklärung, wie Origenes ein pädagogisches Täuschungsmanöver Gottes mit seinem Freiheitsdenken zu vereinbaren suchte: Es liege an den Hörern, auf die Drohung zu reagieren und sie dadurch entweder als Täuschung zu erweisen oder wahr werden zu lassen. Nützlich ist ihnen die Täuschung aber nur, wenn sie sich täuschen lassen – weshalb 455 Ebd. 19,5(18,15) (32, 174). 456 So Origenes ausdrücklich in Ioh. comm. I 26,167 (GCS Orig. 4, 31). Siehe dazu Gru-

ber, ΖΩΗ 34–36; de Lubac, Betrogen 68.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Jeremia nicht nur sagte: „Du hast mich getäuscht, Herr“, sondern auch: „Und ich ließ mich täuschen“ (Jer. 20,7) –, weil sie dadurch auf einen heilsamen Weg gelangen, während dann, wenn sie sich nicht täuschen lassen, d. h. nicht an die Wahrheit der Drohung glauben, diese umso schlimmer wahr werden wird. Eine „nützliche Täuschung“ durch Gott funktioniert nur, wenn sich der Mensch kraft freier Entscheidung täuschen lässt und sich die Täuschung dadurch sowohl als Täuschung als auch als nützlich erweist, weil es sich andernfalls um keine Täuschung (und auch keine nützliche) handeln, sondern diese sich als Wahrheit herausstellen würde. d) Das Geheimnis der Hölle und die Wahrheit über die Strafen Die Sinnspitze dieser Darlegungen des Origenes liegt aber nicht nur darin, den dialektischen Mechanismus einer solchen Täuschung im Rahmen seines platonischen Weltbildes und seines Freiheitsdenkens zu erläutern. Worauf er damit eigentlich hinauswollte, darauf kam er von diesen Erklärungen aus ausführlich zu sprechen, nämlich auf „die Wahrheit über die Bestrafung“.457 Das war sein eigentliches Thema bei diesen Ausführungen. In der Reihe der Erziehungsmaßnahmen Gottes durch Täuschung, Zorn, Unmut oder Drohung kam Origenes nämlich auf die Bestrafung mit „ewigem Feuer“ zu sprechen, die dem Sünder angedroht wird, und schärfte diese mit allem Nachdruck ein. Seine Zuhörerinnen und Zuhörer sollten sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Kindern würden nämlich andere, und zwar leichtere Strafen angedroht als Erwachsenen. Verglichen mit den Menschen, die unter dem Gesetz lebten, den „Sündern im Gesetz“, seien die Christen, die „Sünder im Evangelium“, Erwachsene. Deshalb würden ihnen härtere Strafen angedroht, statt der Steinigung für Ehebruch (vgl. Dtn. 22,24) das „Höllenfeuer, dem schon der anheimfallen wird, der seinen Bruder einen Narren schilt“ (vgl. Mt. 5,22). Vor Gott und im Blick auf die ewige Seligkeit seien aber auch die Christen noch Kinder und müssten Erwachsene erst noch werden. Mit der Relation Kinder – Erwachsene schob Origenes auch die Relation leichtere – schwerere Strafen eine Stufe weiter und kam zur Steigerung der Bestrafung mit „ewigem Feuer“ ins nicht mehr Vorstellbare: „Ich suche einen schlimmeren Strafort als das Höllenfeuer. Und ich könnte vielleicht sagen, dass es die Hölle derjenigen ist, die nicht gereinigt werden wollen, obwohl sie es können … Ich kann mir aber nichts Schlimmeres als die Hölle denken, sondern ich glaube nur, dass es etwas Schlimmeres als die Hölle gibt, und das ist den Ehebrechern bereitet.“ Diese Strafe „ist schlimmer als das, was über die Bestrafung der Sünder im Evangelium gesagt wird, schlimmer als das, was 457 In Hier. hom. 20(19),4 (GCS Orig. 32, 183).



Einleitung

man hört, schlimmer als das, was man denkt“. Unter den verschärften Anforderungen des Evangeliums, das schon mit „ewigem Feuer“ droht, wenn man einen anderen auch nur beschimpft, müssen schwerere Sünden mit noch undenkbar viel härteren Strafen rechnen. „Deswegen wurde der Prophet wie ein Kind eingeführt, indem er hörte und sich fürchtete und erzogen wurde und danach als Erwachsener sagte: ‚Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen‘ (Jer. 20,7).“458 Trotz dieser scharfen Aussagen über die Hölle und über noch Schlimmeres als die Hölle kann man bei der Interpretation dieser Passagen nicht so weit gehen, Origenes entgegen der allgemeinen Ansicht doch die orthodoxe Auffassung von der Hölle und der Ewigkeit der Höllenstrafen zuzuschreiben.459 Zwar wirken die Aussagen in der 19. und 20. Homilie fast wie eine zünftige Höllenpredigt, und so könnte man sie vielleicht zu den Überlegungen zählen, in denen er ein endgültiges Scheitern des Schicksals einer Vernunftseele in Erwägung zog.460 Doch angesichts seiner ansonsten klar und wiederholt geäußerten Option für die Erlösung aller461 würde eine solche Auffassung des Textes seiner universalen Erlösungshoffnung zuwiderlaufen. Ebenso wenig überzeugend ist die Ansicht, Origenes seinerseits täusche hier seine Zuhörer im Sinne einer heilsamen Täuschung, wie er sie gerade am Beispiel von Jer. 20,7 erläutert habe, um die im Glauben noch Unmündigen durch die Androhung ewiger Höllenstrafen, die jedoch dann, wenn die Drohung ernst genommen wird, nicht eintreffen werden, auf die rechte Bahn zu bringen.462 Wenn dem so wäre, hätten wir allerdings Predigten vor uns, in denen Origenes seine Zuhörer angeblich täuscht, ihnen gleichzeitig aber nicht nur klarmacht, dass er das tut, sondern auch noch ausführlich erklärt, um was für eine Art von Täuschung es sich handelt und welchem Zweck sie dient. Einen krasseren performativen Selbstwiderspruch kann man sich kaum vorstellen. Wie immer verstand Origenes die Drohung mit Strafen, auch die mit „ewigem Feuer“, mit „Höllenfeuer“ und mit noch unvorstellbar viel schlimmeren Bestrafungen, als pädagogisches Mittel, um das Kind, das jeder Mensch vor Gott ist, zu erziehen. Das ist der platonische Sinn allen Strafens bei Origenes.463 Von der Androhung ewiger Strafe für Sünden gilt dasselbe wie für 458 Ebd. 19,5(18,15) (32, 174f.). 459 Siehe zu dieser Frage schon de Lubac, Betrogen 83–97, bes. ebd. 95f., der die An-

sicht des Origenes darüber in ein „letztes Schweigen“ münden sieht. Ein definitives Wissen vom Endzustand hat Origenes in der Tat nie behauptet. 460 Siehe oben S. 74–79. 461 Siehe dazu oben S. 77f. 462 So Trigg, Divine Deception 162. 463 Vgl. Origenes, in Num. hom. 8,1 (GCS Orig. 7, 51); in Hiez. hom. 1,2 (GCS Orig. 8, 322); princ. I 6,3 (GCS Orig. 5, 84); II 3,7 (5, 126); II 10,6 (5, 179f.); III 5,8 (5, 278f.); Cels. III 75 (GCS Orig. 1, 267). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 131–138, ferner unten S. 276 Anm. 336.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



die Androhung der Zerstörung Ninives: Nimmt man sie als Täuschung auf die leichte Schulter und sündigt ungeniert, tritt unausweichlich ein, was angedroht wird, und sogar noch Schlimmeres als dies. Lässt man sich hingegen täuschen wie Jeremia und die Niniviten, lernt man dazu und wird erwachsen vor Gott. Solche Täuschungen sind ein dem begrenzten Erkenntnisvermögen des noch unmündigen Menschen angemessenes Mittel der „Einführung in die Wahrheit“.464 Die Erkenntnis von Wahrheit im Modus des quantitativ und qualitativ Defizitären und im Modus des Irrtums gehört sogar notwendig zur Struktur menschlicher Wahrheitsfindung. Bei solchen Täuschungen geht es daher letztlich gar nicht um einen Irrtum oder eine Lüge, die von der Wahrheit wegführt und im Gegensatz zu dieser steht, sondern im Gegenteil um einen „gemischten Geist des Irrtums“, wie Origenes sich mit Hilfe der Aussage in Jes. 19,14: „Denn der Herr mischte ihnen einen Geist des Irrtums“ ausdrückte.465 Ein solcher „gemischter Irrtum“ – ein mit Wahrheit gemischter Irrtum –, der auf eine erzieherische Täuschung durch Gott zurückgeht, stellt sich, wie der Fall Jeremias zeigt, in der Rückschau, nachdem die damit angezielte Wahrheit erreicht ist, als Umweg heraus, und zwar nicht als ein überflüssiger, sondern als einer, der der Situation des Menschen in seinen Bedingtheiten und Begrenztheiten nicht notwendig immer, aber unausweichlich immer wieder eigen und damit der spezifisch menschliche Weg zur Wahrheit ist. Mit seinen Täuschungen macht sich Gott, so das Konzept des platonischen Dialektikers Origenes, die Struktur der menschlichen Wahrheitserkenntnis, die auch über den Irrtum führt, sozusagen für sein pädagogisches Handeln zunutze. Er wendet eine solche Methode an, um die Kinder, die unreifen, sündigen Menschen, zu Erwachsenen, zu in Freiheit Erlösten und Vollkommenen zu machen: „Auch du fürchte, solange du Kind bist, die Drohungen, damit du nicht das erleidest, was über die Drohungen hinausgeht, die ewigen Strafen (vgl. Mt. 25,46), das unauslöschliche Feuer (vgl. Mk. 9,43; Mt. 3,12; Lk. 3,17) oder vielleicht etwas noch Schlimmeres als dies, was für die bereitliegt, die ihr Leben noch stärker wider die rechte Vernunft466 geführt haben. Die Erfahrung all dieser Dinge werden wir hoffentlich keinesfalls machen, sondern in Christus Jesus als Erwachsene der himmlischen Feste

464 De Lubac, Betrogen 60. Siehe auch Perrone, Inganno e castigo 93–98. 465 Origenes, in Hier. hom. 20(19),3 (GCS Orig. 32, 182): „Und anderswo steht etwas

geschrieben, was dem verwandt ist, denn im Buch Jesaja heißt es: ‚Denn der Herr mischte ihnen einen Geist des Irrtums‘ (Jes. 19,14). Du wirst auch hier erkennen, was der von Gott gemischte Geist des Irrtums bewirkt. Es ist aber gut, dass Gott den Geist des Irrtums nicht ungemischt geschenkt hat, sondern, wie der Prophet sich ausdrückte, ihn gemischt hat.“ 466 Zur stoischen Vorstellung von der „rechten Vernunft“ (ὀρθὸς λόγος) siehe unten S. 219 Anm. 221.



Einleitung

und des Pascha für würdig befunden werden, das dort zur geistigen Erhebung in Christus Jesus gefeiert wird“ – so der Schluss der 19. Homilie.467 Zu einfach darf man sich diesen Erziehungs- und Reifungsprozess aber nicht vorstellen oder machen, gerade dann nicht, wenn man die komplexen Zusammenhänge, die Origenes seiner Gemeinde da ebenso kühn wie anspruchsvoll zu erhellen versuchte, durchschaut. Der erfahrene Prediger und Seelenführer wies ausdrücklich auf die Gefahr hin, die zu frühe und zu rasche Einsichten in sich bergen: „Wie viele angebliche Weise aber sind, nachdem sie die Wahrheit über die Bestrafung herausgefunden haben und über das Stadium der Täuschung scheinbar hinausgelangt sind, in eine schlimmere Lebensweise geraten?“468 Deshalb kombinierte Origenes die Aufklärung über „die Wahrheit der Bestrafung“, nämlich deren Ende in der Apokatastasis, mit der drastischen Warnung, dass keine Sünde ungestraft bleiben werde. Seine Hoffnung darauf, dass das Heil einmal alle erreichen werde, hat in seinem freiheitstheoretischen Konzept nicht zur Folge, dass Gott die Sünden der Menschen ignoriert. Im Gegenteil: Solange der Mensch an seinem bösen Tun und seiner gottwidrigen Einstellung festhält, kann die Erlösung, an der die freien Vernunftwesen aktiv mitwirken müssen, nicht gelingen. Vielmehr muss jeder Mensch die Konsequenzen seines Handelns auf sich nehmen, für das er uneingeschränkt die Verantwortung trägt: „Das Ende der Welt wird eintreten“, schrieb er in der Grundlagenschrift, „wenn ein jeder entsprechend dem, was er durch seine Sünden verdient hat, bestraft wird; die Zeit weiß Gott allein (vgl. Mt. 24,36), wann jedem nach Verdienst vergolten wird. Jedenfalls glauben wir, dass Gottes Güte durch seinen Christus die ganze Schöpfung zu einem einzigen Ende führen wird.“469 Vor dem Hintergrund dieser Hoffnung warnte Origenes in den Jeremiahomilien seine Gemeinde vor einem leichtfertigen Umgang mit den Folgen der Sünde: „Jeder, der gesündigt hat, muss für seine Sünden bestraft werden. ‚Täuscht euch nicht, Gott lässt sich nicht verspotten!‘ (Gal. 6,7),“ schärfte 467 In Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 175f.). Ein Aufruf zum Erwachsenwerden in

diesem spirituellen Sinn auch in Luc. hom. 20,7 (GCS Orig. 92, 124): „Lasst uns also aufhören, kleine Kinder zu sein, und anfangen, erwachsene Menschen zu werden, indem wir sagen: ‚Als ich ein Mann geworden war, habe ich abgelegt, was eines kleinen Kindes war‘ (1 Kor. 13,11) … An uns liegt es (erneut die stoische Freiheitsformel!), dass wir uns mit allem Einsatz bemühen, das Kindsein abzulegen, es zum Verschwinden zu bringen, um zu den höheren Altersstufen zu gelangen.“ Übersetzung: Sieben, FC 4, 231. 468 In Hier. hom. 20(19),4 (GCS Orig. 32, 183). Auch in princ. III 1,17 (GCS Orig. 5, 225f.) warnte er vor „einer allzu raschen Heilung“, weil man „das Übel als ein leicht heilbares für gering achten“ würde, „sich ein zweites Mal nicht hüten“ würde „hin­ einzugeraten, und so wieder in dasselbe Übel verfalle“. Übersetzung: p. 523–525 Görgemanns/Karpp. 469 Ebd. I 6,1 (5, 79). Übersetzung: p. 215.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien



er mit Paulus ein.470 Mit Nachdruck wandte er sich gegen die frühchristlich verbreitete Mentalität, gerade einmal die sogenannten Kapitalsünden zu meiden reiche schon aus, um das durch die Taufe erlangte Heil nicht mehr zu verspielen:471 „Und jeder von uns meint, weil er keinen Götzendienst, weil er keine Unzucht getrieben hat472  – Wären wir wenigstens von solchen Dingen rein! –, dass er, wenn er aus dem Leben scheidet, gerettet werden wird. Wir sehen nicht, dass ‚wir alle vor den Richterstuhl Christi hintreten müssen, damit jeder das erhält, was seinem Tun während des Daseins im Leibe entspricht, sei es Gutes oder Böses‘ (2 Kor. 5,10). Wir sehen nicht den, der gesagt hat: ‚Nur euch habe ich aus allen Stämmen der Erde erkannt. Deswegen werde ich euch alle eure Handlungen vergelten‘ (Am. 3,2), nicht einige schon, andere aber nicht.“473 In einer früheren Homilie strich er anhand von Jer. 13,14: „Ich werde keine Sehnsucht empfinden und keine Schonung gewähren und kein Mitleid üben bei ihrem Untergang“ an einem eindringlichen Beispiel aus dem Leben der Gemeinde die negativen Folgen von zu großer Laxheit im Umgang mit Sünden heraus, mit der Kernbotschaft: „So verhält es sich auch bei Gott: Wenn er den Sünder schont und sich seiner erbarmt und so viel Mitleid hat, dass er ihn nicht bestraft, wer wird davon nicht aufgestachelt werden? Wer von den schlechten Menschen, die aus Angst vor den Strafen von den Sünden abgelassen haben, wird nicht aufgestachelt werden, wird nicht schlechter werden?“474 Unmissverständlich wies Origenes darauf hin, dass jeder Mensch für sein Tun wird geradestehen müssen und erst dann die Vollendung, die er ebenfalls für jeden einzelnen Menschen erhoffte, eintreten kann. Bei der Erlösung aller handelt es sich laut Origenes um ein „Geheimnis“,475 mit dem der Mensch verantwortlich umzugehen zu lernen hat. „Das Geheimnis“ der Aussage des Paulus, Hurenböcke, Ehebrecher, Lüstlinge, Knabenschänder, Diebe, Säufer, Verleumder und Räuber würden das Reich Gottes nicht erben (1 Kor. 6,9f.) – das nämlich darin liegt, dass dies nicht das letzte Wort ist –, „muss verborgen bleiben, damit die Mehrheit nicht den Mut verliert, damit sie, weil sie den wirklichen Sachverhalt nicht erkannt 470 In Hier. hom. 20(19),3 (GCS Orig. 32, 180f.). 471 Ebd. 16,5f. (32, 137–139) dachte er ausgiebig über nach der Taufe begangene Sünden

nach, die zuerst gesühnt werden müssen, ehe das Heil erlangt werden kann. Vgl. auch ebd. 16,10 (32, 141f.): Weil „die Sünde mit eisernem Griffel aufgeschrieben, mit stählerner Spitze in das Innere ihres Herzens eingraviert ist“ (Jer. 17,1), werden „die Sünder zu Schmach und ewiger Schande auferstehen“. 472 Zu diesen Kapitalsünden siehe unten S. 499 Anm. 785. 473 In Hier. hom. 20(19),3 (GCS Orig. 32, 180f.). Vgl. ebd. 20(19),9 (32, 192): „Jeder von uns soll sein Gewissen prüfen und schauen, welche Sünde er begangen hat. Denn er muss bestraft werden.“ 474 Ebd. 12,5 (32, 91–93). 475 Ebd. 14,18 (32, 124).

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Einleitung

hat, den Tod nicht als Ausruhen, sondern als Strafe erwartet.“ Wer noch nicht reif genug ist, dieses „Geheimnis“ zu verstehen, wähnt sich frei von Sünde oder meint, um die Strafe herumkommen zu können. Das Erstaunliche an diesen Ausführungen ist, dass Origenes diese Zusammenhänge „der großen Mehrheit an Gläubigen“, die er vor sich hatte und über die er so redete, offenlegte: „Du siehst, dass all das der großen Mehrheit der Gläubigen verborgen ist und es gut ist, dass es ihnen verborgen ist.“476 Das zeigt, dass er keinen elitären Esoterismus pflegte, wie man ihm aufgrund solcher Aussagen oft unterstellt.477 Das kann schon deswegen nicht der Fall sein, weil er – was bei diesem Vorwurf regelmäßig übersehen wird – bei seinen Predigten ein gemischtes Auditorium vor sich gehabt haben dürfte, in dem sich Christinnen und Christen von – um seine Terminologie zu benutzen – ‚Anfängern‘ und ‚einfachen‘ Gläubigen bis hin zu mehr ‚fortgeschrittenen‘ und im Einzelfall schon nahezu ‚vollkommenen‘ Gemeindemitgliedern befanden.478 An diese alle wandte er sich mit seinen Ausführungen und adressierte diese an alle auf ihren unterschiedlichen Niveaus. „Was Origenes in Wirklichkeit anstrebt“, konstatierte Henri de Lubac, „ist dies: uns zur Kritik gewisser Vorstellungen anzuleiten, deren vorläufige Notwendigkeit und Wohltat er uns gleichzeitig zeigt.“479 Dabei konfrontierte er jeden einzelnen Zuhörer in seiner Gemeinde mit den hohen ethischen Ansprüchen des Christseins, wie er es sich vorstellte. Seine Gedanken über Sünde und Strafe, Heil und Erlösung sind ein einziger Appell an den Einzelnen, im Glauben erwachsen zu werden. Unverdrossen und engagiert hat Origenes unablässig jeden Einzelnen in seiner 476 Ebd. 20(19),3 (32, 181). 477 Siehe die Literaturhinweise bei Fürst, Eschatologie des Origenes 176 Anm. 30. Auch

Scott, Problem of Evil 129–160, redet einem solchen Esoterismus das Wort (vgl. ebd. 129f. 140f. 149 und bes. 151–158, letzteres weitgehend identisch mit ders., Origen’s Universalism 363–367), obwohl er die Aspekte des „Geheimnisses“, die pädagogische Absicht der Aussagen über „ewige Höllenstrafen“ und den Universalismus des Origenes durchaus richtig darstellt. Die Erläuterungen in der 19. und 20. Jeremiahomilie, die diesem Esoterismus widersprechen, kann er daher nur unter das Prinzip der Akkommodation buchen (ebd. 154–156) und überrascht registrieren, dass Origenes sich so offen über seine eschatologischen Ansichten äußert; vgl. ebd. 155: „We would not expect Origen to spell out the implications of this pedagogical principle for the doctrine of hell, since he would regard most in his audience as spiritual infants, but I suggest that the principle clearly applies to that doctrine.“ 478 Mit diesem Argument hat sich schon de Lubac, Betrogen 48–57, gegen eine esoterische Deutung ausgesprochen, bes. ebd. 51: „Zudem muss erinnert werden, dass die hier kommentierten Stellen aus Homilien stammen, die vor einem sehr gemischten Publikum gehalten wurden. Er wäre ja auch äußerst ungeschickt verfahren, hätte er ‚die Masse der Einfachen‘ (deren Einfalt verschiedene Grade hat) zum Zeugnis genommen für den esoterischen Charakter der ihnen gepredigten Lehre und für die Geheimlehre, die man den Eingeweihten vorbehält.“ 479 De Lubac, ebd. 58f.

III. Der Inhalt der Jeremiahomilien

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Gemeinde umworben, sich nicht länger wie ein unmündiges Kind zu benehmen, das seine Freiheit infantil missbraucht und sich damit immer nur neu schadet, sondern ein reifer Erwachsener zu werden, der im Bewusstsein seiner Verantwortung für sich und für andere die von Gott in Christus ständig eröffnete Möglichkeit ergreift, an der Veränderung zum Besseren mitzuarbeiten. In der seinem Gottesbegriff zuwiderlaufenden Aussage von einer Täuschung durch Gott in Jer. 20,7 entdeckte Origenes durch eingehendes Nachdenken eine Dimension, in der eine tiefere Wahrheit über Gott zum Ausdruck kommt, als es die scheinbar abträgliche Formulierung nahelegt. Dabei versuchte er nicht nur das moralisch Anstößige eines solchen Gedankens zu rechtfertigen, indem er ihn als nützliches pädagogisches Mittel auffasste, sondern brachte das darin zum Ausdruck kommende Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen auf eine epistemologische Ebene, auf der sich eine tiefere soteriologische Dimension eröffnet. Gerade an dieser ‚unmöglichen‘ Stelle offenbart sich die Unbegrenztheit der menschliches Begreifen übersteigenden Möglichkeiten Gottes, Menschen zum Heil zu führen. Sogar eine Täuschung ist möglich, doch handelt es sich eigentlich nicht um eine Täuschung, sondern um eine indirekte Einführung in die Wahrheit, wie sie dem moralischen und geistigen Zustand des unerlösten und schwachen Menschen entspricht. Das theologisch Anstößige und auf moralischer Ebene Verwerfliche, eine Täuschung, erweist nachhaltiger als das Unanstößige die unbegrenzte Zuwendung Gottes zu den Menschen auf allen denkbaren Wegen und unter Achtung der begrenzten Möglichkeiten des noch unreifen, aber gleichwohl freien Menschen, die von Gott offenbarte Wahrheit zu erfassen.

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Einleitung

Siglen in den Apparaten zum Text der Homilien = Codex Scorialensis Ω-III-19 saec. XI/XII S S* = ursprüngliche Lesart von S S1 = Korrektur erster Hand in S Scorr. = Verbesserungen in S, deren Herkunft nicht sicher ist V = Codex Vaticanus graec. 623 saec. XVI V* = ursprüngliche Lesart von V V1 = Korrektur erster Hand in V V2 = Korrektur zweiter Hand in V Bae = Baehrens Bl = Blass = Prophetenkatene C Co = Cordier (Corderius) Del = Delarue Die = Diels Gh = Ghislieri (Ghislerius) H = Hieronymus Hu = Huet Kl = Klostermann (GCS Orig. 3, 1901) Kl2 = Klostermann (KlT 4, 1903) Kl3 = Klostermann (KlT 4, 21914) Koe = Koetschau Lie = Lietzmann Lo = Lommatzsch LXX = Septuaginta MT =  Masoretischer Text NT =  Neues Testament Nt = Nautin We = Wendland Wi = Wilamowitz add. = addidit (Einfügung) del. = delevit (Streichung) edd. = editores (Herausgeber)

Die Homilien des Origenes zum Buch Jeremia

S 208v

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1. Ὁ θεὸς εἰς ἀγαθοποιίαν πρόχειρός ἐστιν, εἰς δὲ τὸ κολάσαι τοὺς ἀξίους κολάσεως μελλητής. Δυνάμενος γοῦν ἐπαγαγεῖν τὴν κόλασιν τοῖς ὑπ̓ αὐτοῦ καταδικαζομένοις μετὰ σιωπῆς, μετὰ τοῦ μὴ προδιαμαρτύρασθαι, οὐδαμῶς τοῦτο ποιεῖ· ἀλλὰ κἂν καταδικάζῃ λέγει, τοῦ λέγειν αὐτῷ προκει­ μένου ἐπὶ τῷ ἐπιστρέψαι ἀπὸ τῆς καταδίκης τὸν καταδικασθησόμενον. Τούτων μὲν παραδείγματα ἔστιν ἀπὸ τῶν γραφῶν λαβεῖν πολλά, ὀλίγα δὲ τὰ ἐπὶ τοῦ παρόντος ὑποπίπτοντα, ἵνα ἔλθωμεν καὶ ἐπὶ τὸν σκο­ πὸν τῶν προκειμένων ἀναγνωσμάτων. Οἱ Νινευῖται γὰρ ἁμαρτωλοὶ ἐγεγό­ νεισαν καὶ κατεδικάσθησαν ὑπὸ τοῦ θεοῦ· Ἔτι τρεῖς ἡμέραι καὶ ἔμελλε Νι­ νευὴ κατασκάπτεσθαι. Oὐκ ἠθέλησε σιωπῶν ὁ θεὸς καταδικάσαι αὐτήν, ἀλλὰ διδοὺς αὐτοῖς τόπον μετανοίαςa καὶ ἐπιστροφῆς ἔπεμψεν Ἑβραῖον προφήτην, ἵνα εἰπόντος αὐτοῦ· „Ἔτι τρεῖς ἡμέραι καὶ Νινευὴ καταστραφή­ σεται“ b οἱ καταδεδικασμένοι μὴ καταδικασθῶσιν, ἀλλὰ μετανοήσαντες τύ­ χωσι τοῦ ἐλέους τοῦ θεοῦ. Οἱ ἐν Σοδόμοις καὶ Γομόρροις ἦσαν καταδεδικα­ σμένοι, ὡς δῆλον ἐκ τῶν λόγων τοῦ θεοῦ τῶν πρὸς τὸν Ἀβραάμ· c ἀλλ̓ ὅμως τὰ αὑτῶν πεποιήκασιν οἱ ἄγγελοι, | θέλοντες σῴζεσθαι τοὺς μὴ θέλοντας σῴζεσθαι, λέγοντες τῷ Λώτ· „Εἰσί τινές σοι ὧδε γαμβροὶ ἢ υἱοὶ ἢ θυγα­ τέρες;“ d οὐκ ἀγνοοῦντες ὅτι οὐχ ἕπονται ἐκεῖνοι τῷ Λώτ, e ἀλλὰ ποιοῦντες τὰ τῆς τοῦ πέμψαντος αὐτοὺς χρηστότητος καὶ φιλανθρωπίας. f a

Weish. 12,10

b

Jona 3,4

c

Gen. 18

d

Gen. 19,12

e

Gen. 19,14f.

f

Tit. 3,4

1–3  πότε – ὁμιλία αʹ Kl mit H (Quo tempore Hieremias exorsus est prophetare et sub quibus principibus prophetauit et infra quae dicta sunt ei a Domino) Ἱερεμίας S 10  ἀρκεῖ Kl mit H (sufficiunt) 13  ἠθέλησε σιωπῶν Kl z. T. mit Del (ἔθελε σιωπῶν) mit H (noluit cum silentio) ἠθέλ‫ ן‬εἰπὼν S 19  αὑτῶν Bl Die Kl αὐτῶν S Nt

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Ausführliche Überlegungen dazu unten in Hier. hom. 7,1 (GCS Orig. 32, 51f.), dort ebenfalls mit Rekurs auf Weish. 12,10, und 14,13 (32, 118); ferner in Ex. hom. 7,4 (GCS Orig. 6, 210): Gott „hört alles, und dass er nicht sogleich straft, liegt daran, dass er unsere Buße und Umkehr abwartet“. Die Sendung des Propheten Jona nach Ninive dient Origenes des öfteren dazu, die Dialektik von Strafe und Erbarmen im Handeln Gottes zu erläutern: in Hier. hom.

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1. Gott ist schnell bereit, Gutes zu tun, aber er zögert, die zu bestrafen, die eine Strafe verdienen.1 Obwohl er die Strafe über die von ihm Verurteilten gewiss herbeiführen könnte, ohne ein Wort zu sagen, ohne sie im Voraus zu warnen, tut er dies keineswegs. Im Gegenteil, auch wenn er verurteilt, redet er, und seinem Reden liegt die Absicht zugrunde, den vor der Verurteilung zu bewahren, der verurteilt werden soll. Dafür könnte man den Schriften viele Beispiele entnehmen, doch die wenigen, die mir momentan einfallen, um auch den Sinn und Zweck der vorliegenden Lesungstexte zu erfassen. So waren nämlich die Niniviten Sünder geworden und wurden von Gott verurteilt: Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden. Gott wollte das Urteil über die Stadt nicht ohne ein Wort zu sagen vollstrecken, sondern weil er ihnen Gelegenheit zur Reuea und Umkehr gab, schickte er einen hebräischen Propheten, damit auf sein Wort hin: „Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden“ b das Urteil nicht vollstreckt würde, sondern die Verurteilten durch ihre Reue das Erbarmen Gottes erlangen.2 Über die Bewohner von Sodom und Gomorra war das Urteil gesprochen, wie aus den Worten Gottes an Abraham hervorgeht.c Gleichwohl haben die Engel ihre Aufgabe erfüllt, indem sie die, die nicht gerettet werden wollten, retten wollten und zu Lot sagten: „Hast du hier Schwiegersöhne, Söhne oder Töchter?“ d Sie wussten sehr wohl, dass jene Lot nicht folgen würden,e aber sie taten das, was der Güte und Menschenfreundlichkeit f3 dessen4 entspricht, der sie gesandt hatte. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 174); in Num. hom. 16,4 (GCS Orig. 6, 140f.). – Kobusch, Christliche Philosophie 112–117. 124–130, zeigt, welch zentrale Bedeutung Reue und Verzeihen im antiken christlichen Denken haben. 3 Tit. 3,4 ist der einzige biblische Beleg für das Wort φιλανθρωπία, „Menschenliebe“. In Ioh. comm. I 20,121 (GCS Orig. 4, 25); II 26,166 (4, 83); Cels. IV 15 (GCS Orig. 1, 284) verwendet Origenes es für die Menschwerdung des Logos, der dadurch „unser Bruder“ wurde: in Cant. hom. frg. (OWD 9/2, 246f.). 4 Die Ergänzung ἑαυτῶν τε ἅμα καί nach τὰ τῆς von Blass und Wilamowitz nach Hieronymus (suam pariter et), die Klostermann, GCS Orig. 3, 2, in den Text genommen hat, ist nicht notwendig: Nautin, GCS Orig. 32, 357; SC 232, 198. Es geht nicht um die Güte und Menschenliebe sowohl der Engel als auch Gottes, sondern im Kontext (vgl. auch den übernächsten Abschnitt) explizit um diejenige Gottes.

Ὁμιλία αʹ

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209r

2. Τὸ ὅμοιον εὑρήσετε καὶ ἐπὶ τῶν κατὰ τὸν Ἱερεμίαν. Ἀναγέγραπται ὁ χρόνος τῆς προφητείας αὐτοῦ, πότε ἤρξατο καὶ μέχρι πότε προεφήτευ­ σεν. Εἶτα ὁ ἐντυγχάνων, ἐὰν μὴ προσέχῃ τῇ ἀναγνώσει μηδὲ ἐξετάζῃ τὸ βούλημα τῶν γεγραμμένων ἀναγνωσμάτων, ἐρεῖ ὅτι ἱστορία ἐστὶν καὶ ἀναγέγραπται, πότε ἤρξατο προφητεύειν Ἱερεμίας καὶ μέχρι πόσου προφη­ τεύσας χρόνου κατέληξε προφητεύων. Τί οὖν πρὸς ἐμὲ αὕτη ἡ ἱστορία; Ἀνέγνων, || ἔμαθον ὅτι ἤρξατο προφητεύειν „ἐν ἡμέραις Ἰωσίου τοῦ υἱοῦ Ἀμὼς βασιλέως Ἰούδα [ἕως] ἔτους τρισκαιδεκάτου ἐν τῇ βασιλείᾳ αὐτοῦ“· εἶτα „ἐγένετο ἐν ταῖς ἡμέραις Ἰωακεὶμ υἱοῦ Ἰωσίου βασιλέως Ἰούδα“ προ­ φητεύων „ἕως τῆς συντελείας τοῦ ἑνδεκάτου ἔτους Σεδεκίου υἱοῦ Ἰωσίου βασιλέως Ἰούδα“. Καὶ ἔμαθον ὅτι κατὰ τρεῖς βασιλεῖς ἡ προφητεία αὐτοῦ συνεξέτεινεν „ἕως τῆς αἰχμαλωσίας Ἱερουσαλὴμ ἐν τῷ πέμπτῳ μηνί“.a Τί οὖν διὰ τούτων διδασκόμεθα, ἐὰν προσέχωμεν τῇ ἀναγνώσει; 3. Κατεδίκασεν ὁ θεὸς τὴν Ἱερουσαλὴμ διὰ τὰ ἁμαρτήματα αὐτῆς, καὶ ἦσαν κριθέντες εἰς αἰχμαλωσίαν ἐγκαταλειφθῆναι. Ὅμως ὁ φιλάνθρωπος θεὸς ἐνεστηκότος τοῦ καιροῦ πέμπει καὶ τοῦτον τὸν προφήτην ἀνωτέρω τρίτης βασιλείας τῆς ἐπὶ τῆς αἰχμαλωσίας, ἵν̓ οἱ βουλόμενοι κατανοήσαντες μετανοήσωσι διὰ τοὺς προφητικοὺς λόγους. Ἐξαπέσταλκε προφήτην προ­ φητεύειν καὶ ἐπὶ τοῦ δευτέρου μετὰ τὸν πρῶτον βασιλέα καὶ ἐπὶ τοῦ τρίτου μέχρι τῶν χρόνων αὐτῆς τῆς αἰχμαλωσίας. Ἐδίδου γὰρ ἀνοχὴν ὁ μακρόθυμος θεὸς καὶ πρὸ μιᾶς ἡμέρας, ὡς ἔστιν εἰπεῖν, τῆς αἰχμαλωσίας, προτρέπων μετανοεῖν τοὺς ἀκούοντας, ἵνα παύσηται τὰ τῆς αἰχμαλωσίας σκυθρωπά· ὅθεν γέγραπται ὅτι ἕως τῆς αἰχμαλωσίας Ἱερουσαλὴμ προε­ a

Jer. 1,2f.

8  ἕως del. Kl 5

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Zum „Willen“ (βούλημα) der Schrift vgl. in Hiez. hom. 1,4 (GCS Orig. 8, 329); 3,2 (8, 350); in Luc. hom. 23,8 (GCS Orig. 92, 146); in Ioh. comm. II 16,13 (GCS Orig. 4, 73); X 4,15 (4, 173); X 41,286 (4, 219); XX 13,97 (4, 343); in Matth. comm. XV 2 (GCS Orig. 10, 352); XV 3 (10, 355); XVI 3 (10, 467); XVI 14 (10, 519); XVII 25 (10, 653); XVII 34 (10, 695); in Matth. comm. ser. 15 (GCS Orig. 11, 28); 50 (11, 107), wo er von der uoluntas Christi, der im biblischen Text spricht, redet; 114 (11, 237); exhort. mart. 29 (GCS Orig. 1, 25); Cels. II 76 (GCS Orig. 1, 198); IV 44 (1, 316); V 60 (2, 63); VII 29 (2, 180) sowie in Hier. hom. 4,1 (GCS Orig. 32, 22); 4,2 (32, 24); lat. 2(2),1 (GCS Orig. 8, 292). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 354 Anm. 44 und 47; Torjesen, Hermeneutical Procedure 126f. 144f.; Martens, Origen and Scripture 195 mit Anm. 12. Siehe auch unten S. 154 Anm. 108. Joschija (639–609), Jojakim (608–598) und Zidkija (597–587) waren die letzten drei Könige von Juda vor dem babylonischen Exil (vgl. 2 Kön. 22–25). Jeremia wirkte demnach von etwa 627 (vgl. Jer. 25,3) bis 587 (wahrscheinlich bis zur zweiten Exilierung der Bevölkerung von Jerusalem und Juda im August dieses Jahres; vgl. Jer. 52,12) als Prophet, also vierzig Jahre lang: Fischer, Jeremia 1–25, 127f. Solche historischen Auskünfte – für die ein Hieronymus sich durchaus interessiert hat: in Hier. I 1,2–4 (CChr.

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Homilie ,2–3

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2. Gleiches werdet ihr auch im Buch Jeremia finden. Aufgeschrieben ist die Zeit seines prophetischen Wirkens, wann er damit anfing und bis wann er prophezeite.Wenn nun jemand der Lesung nicht aufmerksam zuhört und die Intention5 der vorgelesenen Schriftstellen nicht erforscht, wird er sagen: Es ist eine Geschichte, in der aufgeschrieben ist, wann Jeremia zu prophezeien anfing und nach wie langer Zeit prophetischen Wirkens er wieder zu prophezeien aufhörte.Was hat diese Geschichte mit mir zu tun? Aus der Lesung habe ich erfahren, dass er „in den Tagen des Königs Joschija von Juda, des Sohnes des Amos, im dreizehnten Jahr seiner Herrschaft“ zu prophezeien anfing; danach wirkte er „in den Tagen des Königs Jojakim von Juda, des Sohnes des Joschija“ als Prophet „bis zur Vollendung des elften Jahres der Herrschaft des Königs Zidkija von Juda, des Sohnes des Joschija“. Ferner habe ich erfahren, dass sich seine prophetische Tätigkeit über drei Könige „bis zur Gefangenschaft Jerusalems im fünften Monat“ erstreckte.a6 Worüber also werden wir durch diese Worte belehrt, wenn wir der Lesung aufmerksam zuhören? 3. Gott verurteilte Jerusalem wegen seiner Sünden, und sie (sc. die Einwohner) waren dazu verurteilt, der Gefangenschaft preisgegeben zu werden. Dennoch sendet der menschenfreundliche Gott, als die Zeit gekommen ist, schon unter dem dritten König vor der Gefangenschaft noch diesen Propheten, damit sich die, die willens sind, durch die prophetischen Worte zur Besinnung bringen und bekehren lassen. Er sandte den Propheten aus, um auch noch unter dem zweiten König – nach dem ersten – sowie unter dem dritten bis in die Zeiten der Gefangenschaft selbst zu prophezeien. Denn der langmütige Gott gewährte einen Aufschub bis sozusagen einen Tag vor der Gefangenschaft und forderte die, die ihn hörten, zur Umkehr auf, um den Betrübnissen der Gefangenschaft Einhalt zu gebieten.7 Daher steht geschrieben, dass Jeremia bis zur Gefangenschaft Jerusalems prophezeite, bis zum fünften

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SL 74, 3) – bleiben für Origenes im Sinne des fictus interlocutor belanglose ἱστορία, „Geschichte“ im Doppelsinn von geschichtlichem Ereignis und historischer, aufgeschriebener Erzählung, wenn sie nicht in ihrer Bedeutung für den Leser bzw. Hörer erschlossen werden; siehe auch Trigg, Bible and Philosophy 179f. (siehe auch unten S. 358 Anm. 491). Die Jahreszahlen in Jes. 6,1 und Ez. 1,1 kommentiert er ebenso: in Is. hom. 1,1 (GCS Orig. 8, 242f.); 4,3 (8, 260); in Hiez. hom. 1,4 (GCS Orig. 8, 328f.); 12,2 (8, 434). Hanson, Allegory and Event 276, meint zum Wert von „Geschichte“ für Origenes an diesen Stellen: „He is only interested in history as parable … It can be nothing more than tinder for the fire of allegory.“ Beispiele dafür ebd. 278f., darunter in Hier. hom. 5,15 (GCS Orig. 32, 44). Torjesen, Hermeneutical Procedure 50–52. 100–105 (dazu das Schema ebd. 152–155), erklärt, wie Origenes den buchstäblich historischen Text spirituell zur Belehrung und Erbauung des Zuhörers auswertet. Ebenso Hieronymus, in Hier. I 1,5 (CChr.SL 74, 4): „Ferner ist die Milde des Herrn zu bewundern: Obwohl die Gefangenschaft schon unmittelbar bevorsteht und das babylonische Heer Jerusalem belagert, ruft er das Volk gleichwohl zur Umkehr auf, da er lieber Bekehrte retten als Sünder ins Verderben stürzen will.“

Ὁμιλία αʹ

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φήτευσεν Ἱερεμίας ἕως τοῦ πέμπτου μηνός.a Ἤρξατο ἡ αἰχμαλωσία, καὶ ἔτι προεφήτευεν οἱονεὶ λέγων· Aἰχμάλωτοι γεγόνατε, κἂν οὕτω μετανοήσατε· b μετανοησάντων γὰρ ὑμῶν οὐ προκόψει τὰ τῆς αἰχμαλωσίας, ἀλλὰ τὸ ἔλε­ ος τοῦ θεοῦ ἐπισταθήσεται ὑμῖν. Ἔχομεν οὖν χρήσιμον ἀπὸ τῆς ἀναγραφῆς ἐχούσης τοὺς χρόνους τῆς προφη|τείας, ὅτι προτρέπει κατὰ φιλανθρωπίαν ἑαυτοῦ ὁ θεὸς τοὺς ἀκούοντας μὴ παθεῖν τὰ τῆς αἰχμαλωσίας. Τοιαῦτα καὶ περὶ ἡμᾶς ἐστιν. Ἐὰν ἁμαρτάνωμεν, αἰχμάλωτοι καὶ ἡμεῖς μέλλομεν γίνεσθαι. Tὸ γὰρ „παραδοῦναι τὸν τοιοῦτον τῷ σατανᾷ“ c || οὐδὲν διαφέρει τοῦ παραδοῦναι τοὺς ἀπὸ Ἱερουσαλὴμ τῷ Ναβουχοδονό­ σορ· ὡς γὰρ ἐκείνῳ παρεδίδοντο διὰ τὰς ἁμαρτίας, οὕτω τῷ σατανᾷ παραδιδόμεθα διὰ τὰς ἁμαρτίας ὄντι Ναβουχοδονόσορ. Kαὶ „οὓς παρέδω­ κα τῷ σατανᾷ, ἵνα παιδευθῶσι μὴ βλασφημεῖν“ d φησὶ περὶ ἄλλων ἁμαρτω­ λῶν ὁ ἀπόστολος. 4. Ὅρα οὖν πηλίκον κακόν ἐστι τὸ ἁμαρτάνειν, ἵνα παραδοθῶσι τῷ σατανᾷ αἰχμαλωτίζοντι τὰς ψυχὰς τῶν ἐγκαταλειπομένων ὑπὸ θεοῦ, οὐκ ἀναιτίως δὲ οὐδὲ ἀκρίτως ἐγκαταλιπόντος θεοῦ, οὓς ἐγκατ­ έλιπε· ἐπὰν γὰρ πέμψῃ τὸν ὑετὸν ἐπὶ τὸν ἀμπελῶνα, ὁ δὲ ἀμπελὼν φέρῃ ἀντὶ σταφυλῆς ἀκάνθας, τί ποιήσει ὁ θεὸς ἢ ταῖς νεφέλαις ἐντελεῖται τοῦ μὴ βρέξαι ὑετὸν ἐπὶ τὸν ἀμπελῶνα; e Ἐπίκειται οὖν διὰ τὰς ἁμαρτίας ἡμῶν καὶ ἡμῖν αἰχμαλωσία καὶ μέλλομεν παραδίδοσθαι, ἐὰν μὴ μετανοῶμεν, τῷ Να­ βουχοδονόσορ καὶ τοῖς Βαβυλωνίοις, ἵνα ἡμᾶς σπαράξωσιν οἱ νοητοὶ Βα­ βυλώνιοι. Ἐπικειμένων τούτων οἱ λόγοι τῶν προφητῶν, οἱ λόγοι τοῦ νόμου, οἱ λόγοι τῶν ἀποστόλων, οἱ λόγοι τοῦ κυρίου καὶ σωτῆρος ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ λέγουσιν ἡμῖν περὶ μετανοίας, παρακαλοῦσιν ἡμᾶς εἰς ἐπι­ στροφήν· ἐὰν ἀκούσωμεν, πιστεύωμεν τῷ εἰρηκότι· „Mετανοήσω κἀγὼ περὶ πάντων τῶν κακῶν ὧν ἐλάλησα τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς.“ f Ταῦτα μὲν εἰς τὸ προοίμιον. 5. Mετὰ δὲ τὸ προοίμιον γέγραπται ὅτι „ἐγένετο λόγος κυρίου πρὸς αὐτόν“, g δῆλον ὅτι τὸν Ἱερεμίαν. Τί δὲ λέγει ὁ λόγος τοῦ κυρίου πρὸς αὐτόν; Ἐξαίρετον παρὰ τὸ εἰρημένον πρὸς τοὺς λοιποὺς προφήτας. Τοῦτο a

Jer. 1,3

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Mk. 1,15

c

1 Kor. 5,5

d

1 Tim. 1,20

e

Jes. 5,4–6

f

Jer. 18,8

g

Jer. 1,4

5  προφητείας Co mit H (prophetiae) προφητεύει S 11–12  παρέδωκα Kl mit H (tra­ didi) παρέδωκε S 24  πιστεύωμεν Co πιστεύομεν S

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Zum „Nutzen“ von biblischen Geschichten vgl. in Regn. hom. graec. 2 (GCS Orig. 32, 284) sowie unten in Hier. hom. 12,7 (GCS Orig. 32, 94). Siehe dazu Schütz, Gottesdienst 105f. (ebd. 112f. zu den Jeremiahomilien generell); Neuschäfer, Origenes als Philologe 259–261. Die Aufforderung zielt nicht darauf ab, in stoischem Sinn das Los der Gefangenschaft gleichmütig zu ertragen (so die Interpretation von Schadel, BGrL 10, 241 Anm. 4), sondern darauf, durch Umkehr das Leiden unter dem Los einer inneren, geistigen Gefangenschaft zu beenden bzw. gar nicht erst in eine solche zu geraten.

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Homilie ,3–5

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Monat.a Die Gefangenschaft hatte schon begonnen, da prophezeite er noch, indem er etwa sagte: Ihr seid in Gefangenschaft geraten; auch in dieser Lage: Kehrt um! b Denn wenn ihr umkehrt, wird sich das Los der Gefangenschaft nicht fortsetzen, sondern wird euch das Erbarmen Gottes zuteil werden. Aus der Aufzeichnung der Zeiten des prophetischen Wirkens gewinnen wir also etwas Nützliches,8 nämlich dass Gott in seiner Menschenfreundlichkeit die Hörer dazu auffordert, nicht das Los der Gefangenschaft zu erleiden.9 Derartiges ist auch bei uns der Fall. Wenn wir sündigen, steht auch uns bevor, in Gefangenschaft zu geraten. Denn „einen solchen dem Satan zu übergeben“ c unterscheidet sich in nichts von der Übergabe der Leute aus Jerusalem an Nebukadnezzar. Wie sie nämlich jenem wegen ihrer Sünden übergeben wurden, so werden wir wegen unserer Sünden dem Satan, der Nebukadnezzar ist,10 übergeben. Und über andere Sünder sagt der Apostel: „Ich habe sie dem Satan übergeben, damit sie durch Züchtigung lernen, Gott nicht zu lästern.“ d11 4. Sieh nun, was für ein großes Übel das Sündigen ist, dass man dem Satan übergeben wird, der die Seelen der von Gott Verlassenen gefangen nimmt! Nicht grundlos aber und ohne Überlegung hat Gott die verlassen, die er verlassen hat. Denn wenn er den Regen über den Weinberg sendet, der Weinberg aber an Stelle der Traube Dornen trägt, was wird Gott tun, als den Wolken zu befehlen, über den Weinberg keinen Regen mehr zu spenden? e Infolge unserer Sünden steht also auch uns eine Gefangenschaft bevor, und wenn wir nicht umkehren, werden wir Nebukadnezzar und den Babyloniern übergeben werden, damit uns die geistigen Babylonier quälen. Da dies bevorsteht, belehren uns die Worte der Propheten, die Worte des Gesetzes, die Worte der Apostel und die Worte unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus über die Reue und mahnen uns zur Umkehr.Wenn wir darauf hören, wollen wir dem glauben, der gesagt hat: „Auch ich werde all das Böse bereuen, das ich ihnen anzutun angekündigt habe.“ f12 So viel zur Vorrede.13 5. Nach der Vorrede steht geschrieben: „Das Wort des Herrn erging an ihn“,g offenkundig an Jeremia. Was aber sagt das Wort des Herrn zu ihm? Etwas Besonderes im Vergleich zu dem, was zu den übrigen Propheten gesagt 10 Nebukadnezzar als Sinnbild für den Teufel auch in Num. hom. 11,4 (GCS Orig. 7,

83); in Hier. frg. 2 (GCS Orig. 32, 199); in Hiez. hom. 11,5 (GCS Orig. 8, 432). Vgl. Hieronymus, in Dan. I 4,1 (CChr.SL 75A, 809f.). 11 Derselbe Gedanke ausführlicher in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32, 170–172). Vgl. ferner in Hier. frg. 48 (GCS Orig. 32, 222). 12 Die „Reue Gottes“, von der hier im Bibelzitat aus Jer. 18,8 die Rede ist, erörtert Origenes ausführlich unten in Hier. hom. 18,6 (GCS Orig. 32, 157–160). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 128. 143f.; Hanson, Allegory and Event 221. 228 Anm. 1. 13 Gemeint ist nicht ein Vorwort der Homilie, wie es in den Predigten des Origenes gelegentlich eines gibt, so in Hier. hom. 14,1 (GCS Orig. 32, 106), 15,1 (32, 125) und 19,1(18,11) (32, 165) und im Fragment aus der 39. Jeremiahomilie in der Philokalie, in Hier. frg. P 4 (GCS Orig. 32, 198), sondern die Einleitung des Jeremiabuches.

Ὁμιλία αʹ



210r 4

γὰρ πρὸς οὐδένα εὕρομεν τῶν προφητῶν εἰρημένον. Ἀβραὰμ προφήτης ἐχρημάτισεν ἐν τῷ „προφήτης ἐστὶ καὶ προσεύξεται περὶ σοῦ“,a καὶ οὐκ εἶπεν πρὸς αὐτὸν ὁ θεός· „Πρὸ τοῦ με πλάσαι σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε, καὶ πρὸ τοῦ σε ἐξελθεῖν ἐκ μήτρας ἡγίακά σε.“ b || Ἀλλὰ ὕστερόν ποτε ἡγιάσθη ὁ Ἀβραάμ, ὅτε ἐξῆλθεν „ἐκ τῆς γῆς αὐτοῦ καὶ ἐκ τῆς συγγενείας αὐτοῦ καὶ ἐκ | τοῦ οἴκου τοῦ πατρὸς αὐτοῦ“. c Ἐξ ἐπαγγελίας γεγέννηται ὁ Ἰσαάκ, καὶ οὐχ εὕρομεν οὐδὲ πρὸς αὐτὸν τοῦτον λεγόμενον τὸν λόγον. Καὶ τί με δεῖ καταλέγειν περὶ τῶν ἑξῆς; Ἱερεμίας ἐξαιρέτου ἔτυχε δωρεᾶς, τῆς „πρὸ τοῦ με πλάσαι σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε, καὶ πρὸ τοῦ σε ἐξελθεῖν ἐκ μήτρας ἡγίακά σε“. d 6. Οὐκ ἀγνοοῦμεν ὅτι ταῦτα ἀναφέρουσί τινες ὡς μείζονα Ἱερεμίου ἐπὶ τὸν σωτῆρα καὶ κύριον ἡμῶν· καὶ ἰστέον ὅτι τὰ μὲν πολλὰ αὐτῷ συνᾴδει καὶ δύναται ἀναφέρεσθαι ἐπὶ τὸν σωτῆρα, ἃ παραθήσομαι· ὀλίγα δέ τινα τῶν εἰρημένων πρὸς τὸν Ἱερεμίαν θλίβει τὸν λόγον, οὐ δυνάμενα ὡς πρὸς τοὺς πολλοὺς ἐφαρμόσαι τῷ σωτῆρι. Τίνα οὖν ἐστι τὰ ἐφαρμόζοντα τῷ σωτῆρι; „Πρὸς πάντας οὓς ἐὰν ἐξαποστείλω σε πορεύσῃ, καὶ κατὰ πάντα ὅσα ἐὰν ἐντείλωμαί σοι λαλήσεις. Μὴ φοβηθῇς ἀπὸ προσώπου αὐτῶν, ὅτι μετὰ σοῦ εἰμι τοῦ ἐξαιρεῖσθαί σε, λέγει κύριος.“ e Οὔπω ταῦτα ἐναρ­ γῶς πρὸς τὸν σωτῆρα δόξειαν ἀναφέρεσθαι, τὰ ἑξῆς δὲ „καὶ ἐξέτεινε κύριος τὴν χεῖρα αὐτοῦ πρός με καὶ ἥψατο τοῦ στόματός μου, καὶ εἶπεν κύριος πρός με· Ἰδοὺ δέδωκα τοὺς λόγους μου εἰς τὸ στόμα σου· ἰδοὺ καθέστακά σε σήμερον ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας, ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν“ f . Ἱερεμίας ποῖα ἔθνη ἐξερρίζωσε, ποίας κατέ­ στρεψε βασιλείας; Γέγραπται γάρ· „Ἰδοὺ καθέστακά σε σήμερον ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας, ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν.“ Ποίαν δὲ εἶχεν ἐξουσίαν ὁ Ἱε­ ρεμίας εἰς τὸ ἀπολλύειν, ὅπερ εἴρηται ὡς πρὸς Ἱερεμίαν ἐν τῷ „καὶ ἀπολ­ λύειν“; Τίνας δὲ τοσούτους ᾠκοδόμησεν Ἱερεμίας, ἵνα λέγηται „καὶ οἰκοδο­ μεῖν“; g Ἱερεμίας φησίν· „Οὐκ ὠφέλησα, οὐδὲ ὠφέλησέ με οὐδείς.“ h Πῶς οὖν a

Gen. 20,7 15,10

b

Jer. 1,5

c

Gen. 12,1

d

Jer. 1,5

e

Jer. 1,7f.

18  ἂν Die Wi Kl 19  δόξειαν S Kl δόξει Nt (ohne ἂν) mit H (de Hieremia difficilem faciunt interpretationem)

f

Jer. 1,9f.

g

Jer. 1,10

h

Jer.  

22–23  θλίβει – ἑρμηνείαν Kl

14 Philon, rer. div. her. 258 (III p. 59 Cohn/Wendland), beruft sich auf Gen. 20,7 in Ver-

bindung mit Gen. 15,12, um Abraham als ekstatischen Propheten zu charakterisieren. 15 Den Unterschied zwischen der Berufung (bzw. Beauftragung) Jesajas und Jeremias

führt Origenes in Hier. hom. 14,5 (GCS Orig. 32, 109f.) aus. 16 Zur Junktur „Erlöser und Herr“ vgl. in Hier. hom. 8,9 (GCS Orig. 32, 63) und 15,3 (32, 127), eine analoge lateinische Wendung ebd. lat. 1(3),4 (GCS Orig. 8, 313): Domi­ no meo Iesu saluatori; ferner in Matth. comm. XV 11 (GCS Orig. 10, 378); XVI 3 (10, 470); exhort. mart. 46 (GCS Orig. 1, 42); Cels. II 67 (GCS Orig. 1, 189); V 11 (2, 12); VI 17 (2, 88). Studer, Traductions d’Origène 140–143, zeigt an diesen und weiteren

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Homilie ,5–6

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wird. Denn dies fanden wir zu keinem der Propheten gesagt. Abraham wurde als Prophet bezeichnet in dem Satz: „Er ist ein Prophet und wird für dich beten“,a14 doch Gott sagte nicht zu ihm: „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich, und bevor du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt.“ b Abraham wurde indes erst später geheiligt, als er „sein Land, seine Verwandtschaft und das Haus seines Vaters“ c verließ. Kraft einer Verheißung wurde Isaak geboren, und doch finden wir auch zu ihm kein solches Wort gesagt. Wozu soll ich die folgenden Propheten durchgehen?15 Jeremia erhielt ein besonderes Geschenk, nämlich: „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich, und bevor du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt.“ d 6. Es ist uns bewusst, dass manche Leute diese Worte, weil sie für Jeremia zu groß seien, auf unseren Erlöser und Herrn16 beziehen.17 Und man muss wissen, dass zwar vieles, was ich anführen werde, zu ihm passt und auf den Erlöser bezogen werden kann, doch einige wenige der zu Jeremia gesprochenen Worte sich gegen diese Deutung sperren, da sie nach der Meinung vieler nicht zum Erlöser passen können. Nun, welche passen zum Erlöser? „Zu allen, zu denen ich dich sende, sollst du gehen, und alles, was ich dir auftrage, sollst du sagen. Fürchte dich nicht vor ihrem Angesicht, denn ich bin mit dir, um dich zu befreien, spricht der Herr.“ e Dies scheint sich noch nicht d­ eutlich auf den Erlöser zu beziehen, das Folgende aber: „Und der Herr streckte seine Hand zu mir aus und berührte meinen Mund, und der Herr sagte zu mir: Siehe, ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt; siehe, ich habe dich heute über Völker und Königreiche gesetzt, um auszureißen und niederzureißen“,f sperrt sich gegen die Deutung auf Jeremia.18 Welche Völker hat Jeremia ausgerissen, welche Königreiche eingerissen? Denn es steht geschrieben: „Siehe, ich habe dich heute über Völker und Königreiche gesetzt, um auszureißen und niederzureißen.“ Inwiefern aber hatte Jeremia Macht zu zerstören, sofern denn zu Jeremia gesagt wurde: „und um zu zerstören“? Wie viele (sc.Völker und Königreiche) hat Jeremia aufgebaut, so dass gesagt werden könnte: „und um aufzubauen“? g Jeremia sagt: „Ich brachte keinen Nutzen, und niemand nützte mir.“ h Wie hätte man ihm also das „Aufbauen und

Beispielen, wie frei Hieronymus die von Origenes verwendeten christologischen Titel oft wiedergibt und gerade den Titel Dominus Saluator, der zu seiner Zeit in der lateinischen Theologie in Mode kam, viel häufiger als Origenes verwendet. 17 Hieronymus, in Hier. I 2,3 (CChr.SL 74, 5): „Manche beziehen diese Stelle (Jer. 1,4f.) auf den Erlöser, der im eigentlichen Sinne Prophet der Völker gewesen ist und durch die Apostel alle Völker berufen hat.“ Zur Fortsetzung dieses Satzes siehe unten S. 129 Anm. 51. 18 Die von Klostermann vorgenommene Ergänzung aus Hieronymus hält Nautin, GCS Orig. 32, 357, für unnötig.

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

210v

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δέδοται αὐτῷ τὸ „οἰκοδομεῖν καὶ καταφυτεύειν“;a Πῶς ἐπὶ τὸν Ἱερεμίαν ἐφαρμόσει τὸ καταφυτεύειν; Ταῦτα ἐπὶ τὸν σωτῆρα ἀναφερόμενα οὐ θλίβει τὸν ἑρμηνεύοντα, || ὅτι ὁ Ἱερεμίας ἐν τούτοις σύμβολον τοῦ σωτῆρός ἐστιν. Τὰ δὲ παρατεθησόμενα πάνυ θλίβει καὶ τὸν πάνυ συνετώτατον βουλόμενον δεῖξαι, πῶς καὶ ταῦτα δύναται ἁρμόζειν ἐπὶ τὸν σωτῆρα· „Καὶ εἶπα· Ὁ ὢν δέσποτα κύριε, ἰδοὺ οὐκ | ἐπίσταμαι λαλεῖν.“ b Ὅστις ἐν σοφία, ὅστις ἐστὶ δύναμις θεοῦ, c ὃς ἤνεγκεν ἡμῖν τὸ πλήρωμα τῆς θεότητος, ὃ κατῴκη­ σεν ἐν αὐτῷ σωματικῶς d – πῶς οὖν δύναται ἁρμόζειν τὸ „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“ τῷ σωτῆρι; Ἀλλὰ καὶ τὸ „νεώτερος ἐγώ εἰμι“ e ἀπαγορεύεται πρὸς τὸν σωτῆρα, ὡς λέγοντα αὐτὸν οὐ καλῶς. Εἰ γὰρ αὐτῷ λέγει ὁ κύριος· „μὴ λέγε“ f τόδε, δῆλον ὅτι οὐ καλῶς λεγόμενον ἀπαγορεύει αὐτό. Οὐχ ἁρμόζει οὖν ταῦτα ἐπὶ τὸν σωτῆρα. Ἐκεῖνα δοκεῖ δυσωπεῖν ἐπὶ τὸν σωτῆρα. Εἰπεῖν δὲ ὅτι ταῦτα μὲν ἐπὶ τὸν Ἱερεμίαν ἀναφέρεται, ἐκεῖνα δὲ ἐπὶ τὸν σωτῆρα, οὐ χαλεπόν. Ὁ μέντοι εὐγνώμων πάνυ θλιβήσεται ἐν τῷ τόπῳ, ὁρῶν ὅτι τὸ διακόψαι ἐν εἱρμῷ λόγων λόγους εἰρημένους εἴτε πρὸς τὸν Ἱερεμίαν εἴτε πρὸς τὸν σωτῆρα, καὶ λέγειν ταῦτα, , οὐ τῷ Χριστῷ ἀλλὰ τῷ Ἱερεμίᾳ ἁρμόζειν, καὶ ταῦτα, ἐπεὶ μεί­ ζονά ἐστιν Ἱερεμίου, οὐ τῷ Ἱερεμίᾳ ἀλλὰ τῷ Χριστῷ ἁρμόζειν, ἀγνωμόνων ἐστίν. Ὅλος οὖν ἐπὶ τὸν Ἱερεμίαν ἀναφερέσθω, καὶ ταῦτα τὰ δοκοῦντα εἶναι μείζονα Ἱερεμίου ἑρμηνευέσθω. a

Jer. 1,10

b

Jer. 1,6

c

1 Kor. 1,24

d

Kol. 2,9

e

Jer. 1,6

f

Jer. 1,7

6  ἐστὶν Kl mit H (est) 12  δ̓ οὐ δοκεῖ δυσωπεῖν Kl mit H (autem facili intellectu … referuntur) 13  εἰπεῖν Hu mit H (dicere) εἶπον S 16–17  ἐπεὶ – Χριστοῦ Kl mit H (quoniam minora sunt)

19 Ebenso in Hier. hom. 14,5 (GCS Orig. 32, 110f.); in Matth. comm. XII 9 (GCS Orig. 10,

81f.), wo Jeremia mit Bezug auf Jer. 1,10 als τύπος, „Sinnbild“, Christi bezeichnet wird.

20 Die Anrede dürfte dreiteilig zu lesen sein; vgl. die Übersetzung von Smith, FaCh 97,

7: „O you who are, Master and Lord“. Auch in der Septuaginta Deutsch wird die handschriftliche Überlieferung so aufgefasst: „Seiender, Gebieter, Herr“ (p. 1290); ebenso in Jer. 4,10 (p. 1293). Schadel, BGrL 10, 55, und Nautin, SC 232, 207, fassen sie als zweiteilig auf: „Du wahrhafter Herrscher und Herr“ bzw. „Seigneur, qui es un maître exigeant“. 21 Die Schwierigkeit mag folgender Satz bei Clemens von Alexandria verdeutlichen, strom. VII 7,4 (GCS Clem. Al. 32, 7): „Unwissenheit nämlich berührt den Sohn (oder: den Gott) nicht, der vor der Erschaffung der Welt Ratgeber des Vaters war.“ Der Sinn der Aussage bleibt gleich, ob man nun der im Codex Laurentianus V 3 überlieferten Lesart τοῦ θεοῦ folgt (so Le Boulluec, SC 428, 54 mit der Begründung ebd. 55 Anm. 4) oder mit Stählin in der GCS-Ausgabe τοῦ υἱοῦ konjiziert, denn auch mit „dem Gott“ ist an dieser Stelle „der Sohn“ gemeint. 22 In Hiez. hom. 7,1 (GCS Orig. 8, 391) kritisiert Origenes Leute, „die die Schriften zerreißen und Aussagen von Aussagen trennen“. In Ioh. comm. X 18,107 (GCS Orig. 4, 189) formuliert er dagegen folgende hermeneutische und methodische Regel der

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Einpflanzen“a auftragen können? Wie passt das Einpflanzen auf Jeremia? Bezieht man dies auf den Erlöser, gerät der Ausleger nicht in Bedrängnis, weil Jeremia in diesen Worten ein Sinnbild für den Erlöser ist.19 Eine weitere Aussage aber bringt sogar den klügsten Ausleger schwer in Bedrängnis, wenn er zeigen will, wie auch diese auf den Erlöser passen könnte: „Und ich sagte: Seiender, Gebieter, Herr,20 siehe, ich weiß nicht zu reden.“ b Er, der die Weisheit , er, der die Kraft Gottes ist,c der uns die Fülle der Gottheit, die in ihm leibhaftig wohnte,d gebracht hat – wie kann also das „Ich weiß nicht zu reden“ auf den Erlöser passen?21 Aber auch das „Ich bin zu jung“ e lässt sich unmöglich auf den Erlöser beziehen, als würde er sich nicht korrekt aus­ drücken. Denn wenn der Herr ihm sagt: „Sag“ das „nicht“,f ist klar, dass er es verbietet, weil es nicht korrekt ausgedrückt ist. Diese Worte passen also nicht auf den Erlöser, jene scheinen sich Bedenken auf den Erlöser beziehen zu lassen. Freilich, zu sagen, die einen bezögen sich auf Jeremia, die anderen hingegen auf den Erlöser, ist nicht schwer. Wer jedoch einsichtig ist, wird an dieser Stelle schwer in Bedrängnis geraten, wenn er sieht, dass es unsinnig ist, in einer Abfolge von Aussagen die Aussagen aufzuteilen,22 als würden sie mal über Jeremia, mal über den Erlöser gemacht, und dabei zu behaupten, dieses passe nicht auf Christus, ,23 sondern auf Jeremia, und jenes passe nicht auf Jeremia, da es für Jeremia zu groß sei, sondern auf Christus. Die ganze Stelle ist also auf Jeremia zu beziehen, und was für Jeremia zu groß zu sein scheint, muss erklärt werden.24 Schriftauslegung: „An die Schrift in ihrer Gesamtheit muss man wie an einen einheitlichen Leib herangehen und darf die in der Harmonie ihrer Gesamtkomposition so straffen und festen Zusammenhänge nicht zerbrechen oder zerreißen, wie es die getan haben, die die alle Schriften umfassende Einheit des Geistes nach Kräften zerbrechen.“ Vgl. die grundsätzlichen Überlegungen zur inneren Einheit der biblischen Schriften ebd. V 5–8 (4, 102–105) aus philoc. 5,4–7 (SC 302, 290–298), ferner in Ioh. comm. XX 6,43f. (GCS Orig. 4, 334) sowie die Hinweise bei Blanc, SC 120bis, 392 Anm. 4, zur „Harmonie Gottes in den Heiligen Schriften“: so philoc. 6,2 (SC 302, 310) in einer Reflexion darüber aus dem (verlorenen) zweiten Buch des Matthäuskommentars. 23 Diese Ergänzung Klostermanns aus Hieronymus hält Nautin, GCS Orig. 32, 357, für unnötig. In der Tat könnte man sich vorstellen, dass schon Hieronymus den Text des Origenes um diese Junktur ergänzt hat, um eine ausgewogene lateinische Phrase zu gestalten, während die folgende Junktur über das, was „für Jeremia zu groß sei“, ihre Entsprechung am Anfang von Kap. 6 hat. 24 Hanson, Allegory and Event 196f., meint in der für ihn typischen kritischen Haltung, dass es sich bei diesem Grundsatz eher um eine Ausnahme und eine theoretische Forderung handelt, die Origenes zwar im vorliegenden Fall einlöse; ansonsten aber tendiere seine Exegese dazu, die konkreten Umstände einer alttestamentlichen Prophetie zu ignorieren. Vgl. dagegen aber in Hier. hom. 15,5 (GCS Orig. 32, 129) und 20(19),9 (32, 193) sowie die von de Lubac, Geist aus der Geschichte 206–208, gesammelten Stellen.

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7. Πᾶς ὁ λαβὼν λόγους ἀπὸ θεοῦ καὶ ἔχων τὴν χάριν τῶν οὐρανίων λόγων, ἔλαβεν αὐτοὺς ἐπὶ τῷ „ἔθνη καὶ βασιλείας ἐκριζοῦν καὶ κατασκά­ πτειν“.a Ἀλλὰ ἔθνη καὶ βασιλείας ἐὰν λέγηται ἐκριζοῦν πᾶς ὁ λαβὼν λόγους ἀπὸ θεοῦ, μὴ σωματικῶς μοι νόει τὰ ἔθνη καὶ τὰς βασιλείας, ἀλλὰ κατα­ νοήσας τὰς ἀνθρωπίνας ψυχὰς βασιλευομένας ὑπὸ τῆς ἁμαρτίας κατὰ τὸ εἰρημένον παρὰ τῷ ἀποστόλῳ· „Μὴ οὖν βασιλευέτω ἡ ἁμαρτία ἐν τῷ θνητῷ ἡμῶν σώματι“, b βλέπων δὲ καὶ τὰ πολλὰ εἴδη τῶν ἁμαρτημάτων, τροπολόγει καὶ τὰ ἔθνη καὶ τὰς βασιλείας, τὰ φαῦλα τὰ ἐν ταῖς ψυχαῖς τῶν ἀνθρώπων ὄντα, ἅτινα ἐκριζοῦται καὶ κατασκάπτεται ὑπὸ τῶν δεδο­ μένων εἴτε Ἱερεμίᾳ εἴτε ᾡτινιοῦν λόγων τοῦ θεοῦ. || Καὶ δύναται καὶ τὰ πρῶτα, τὰ θλίβοντα ὡς πρὸς τὸν σωτῆρα, ἐφαρμόσαι τῷ Ἱερεμίᾳ καὶ τὰ δεύτερα τῷ εἰδότι τροπολογεῖν ἐφαρμόσαι τῷ Ἱερεμίᾳ. Ἐρεῖ μοί τις τῶν ἀκουόντων· Γύμνασον καὶ τὸν ἄλλον λόγον καὶ ὅλα πειράθητι παραστῆσαι τὰ γεγραμμένα ἁρμόζοντα τῷ | σωτῆρι. Περὶ τῶν δευτέρων μὴ ἀγωνία· φαίνεται γὰρ ὅτι ὁ σωτὴρ ἐξερρίζωσε τὰς τοῦ δια­ βόλου βασιλείας καὶ τὰ ἔθνη κατέσκαψε τὸν ἐθνικὸν βίον καθελών. Ἐνταῦθα, κατὰ τὸ δοκοῦν δύσφημον ὡς πρὸς τὸν σωτῆρα, γύμνασόν πως τὸν λόγον, πῶς δύναται λέγειν ὁ σωτήρ· „Οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν, ὅτι νεώτερος ἐγώ εἰμι“, c καὶ τὰ ἑξῆς. Ὁρᾷς ὅτι ὁ λόγος στενοχωρεῖται; Τὸν σωτῆρα οἴδαμεν κύριον. Ζητοῦμεν κατὰ τὴν ἀξίαν τοῦ λόγου καὶ κατὰ τὴν ἀλήθειαν ταῦτα ἐπὶ τὸν σωτῆρα ἀναγαγεῖν. Μάρτυρας δεῖ λαβεῖν τὰς γραφάς· ἀμάρτυροι γὰρ αἱ ἐπιβολαὶ ἡμῶν καὶ αἱ ἐξηγήσεις ἄπιστοί εἰσιν. „ἐπὶ στόμα­ τι δύο καὶ τριῶν μαρτύρων σταθήσεται πᾶν ῥῆμα“ d μᾶλλον ἁρμόζει ἐπὶ a

Jer. 1,10

b

Röm. 6,12

c

Jer. 1,6

d

2 Kor. 13,1; Mt. 18,16 (nach Dtn. 19,15)

8  τροπολόγει Co H (allegorizet) τροπολογεῖ S dictum est)

22  καὶ τὸ Kl mit H (et hoc quod

25 Origenes denkt an Propheten und Apostel, aber auch an Prediger, wie er selbst ei-

ner ist. Er betont oft, dass die „Kraft“ (δύναμις) der Worte eines Predigers von Gott kommt: in Hier. hom. 1,16 (GCS Orig. 32, 16); Cels. VI 2 (GCS Orig. 2, 71f.). Siehe unten S. 141 Anm. 82 und S. 148 Anm. 94. 26 Vgl. orat. 25,1 (GCS Orig. 2, 357). 27 Nautin, SC 232, 209, und Smith, FaCh 97, 8, übersetzen: „Élucide aussi l’autre parole“ bzw. „Explain also the other passage“ und verweisen auf Jer. 1,6, das wenige Zeilen weiter unten zur selben Junktur zitiert wird. Unsere Übersetzung schließt sich an die Wiedergabe von Schadel, BGrL 10, 56, an. 28 Im Kontext ist mit dem λόγος Christus gemeint. Origenes hat den Grundsatz, eine „Gottes würdige“ Schriftauslegung zu bieten (dazu unten S. 294 Anm. 377), wie hier und ebd. 1,16 (32, 16) auch auf die „Würde des Wortes“ angewandt oder auf die „Würde des Heiligen Geistes“: in Is. hom. 2,2 (GCS Orig. 8, 251); vgl. ebd. 9 (8, 288), auf die „Würde des Geistes eines Engels“: in Hier. hom. 13,3 (GCS Orig. 32, 105), auf die „Würde der prophetischen Tiefe“: ebd. 14,16 (32, 122) und auf die „Würde der Schrift“: princ. IV 2,2 (GCS Orig. 5, 309).

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7. Jeder, der Worte von Gott empfangen hat und über die Gabe der himmlischen Worte verfügt,25 hat sie empfangen, um „Völker und Königreiche auszureißen und niederzureißen“.a Wenn aber gesagt wird, dass jeder, der Worte von Gott empfängt, Völker und Königreiche ausreißt, dann fasse mir die Völker und Königreiche nicht in körperlichem Sinne auf! Indem du vielmehr bedenkst, wie die menschlichen Seelen von der Sünde beherrscht werden, wie es beim Apostel heißt: „Die Sünde soll also nicht in unserem sterblichen Leib herrschen“,b26 und indem du die vielfältigen Formen der Sünden betrachtest, lege die Völker und die Königreiche allegorisch aus: Sie sind alles Schlechte in den Seelen der Menschen, das von den Worten Gottes, die Jeremia oder wem auch immer gegeben sind, ausgerissen und nieder­ gerissen wird. Wer zu allegorisieren versteht, vermag sowohl die ersten Worte, die im Hinblick auf den Erlöser Schwierigkeiten bereiten, auf Jeremia zu beziehen als auch die zweiten auf Jeremia zu beziehen. Einer der Zuhörer wird zu mir sagen: Bemühe dich auch um die andere Erklärung27 und versuche, den ganzen Abschnitt als auf den Erlöser passend darzulegen! Über den zweiten Teil braucht es keinen Streit zu geben. Es leuchtet ja ein, dass der Erlöser die Königreiche des Teufels ausgerissen und die Heidenvölker niedergerissen hat, indem er die heidnische Lebensart beseitigte. Hier aber, bei dem, was als Beleidigung gilt, wenn man es auf den Erlöser bezieht, bemühe dich irgendwie um eine Erklärung dafür, wie der Erlöser sagen kann: „Ich weiß nicht zu reden, weil ich zu jung bin“,c und so weiter. Siehst Du, dass die Erklärung prekär wird? Den Erlöser kennen wir als Herrn. Versuchen wir, dies gemäß der Würde des Wortes28 und gemäß der Wahrheit auf den Erlöser zu beziehen!29 Dazu muss man die Schriften als Zeugen heranziehen. Denn ohne Zeugen sind unsere Überlegungen und Auslegungen nicht glaubwürdig.30 : „Jedes Wort soll sich auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen stützen“ d passt eher auf die Er-

29 Das Verb ἀναγαγεῖν bedeutet wörtlich „hinaufführen“ und bezeichnet bei Origenes

den Vorgang der theologischen, spirituellen und ethischen Deutung der Schrift. Vgl. zu diesem exegetischen Konzept in Lev. hom. 14,1 (GCS Orig. 6, 479); 15,1 (6, 487); in Num. hom. 5,1 (GCS Orig. 7, 24f.); in Ios. hom. 2,3 (GCS Orig. 7, 298); 9,7 (7, 351); 11,1 (7, 362); in Ps. 36 hom. 5,5 (SC 411, 244); in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 176); grundlegend: princ. IV 3,4 (GCS Orig. 5, 330), dazu Görgemanns/ Karpp 745 Anm. 9: „Origenes machte das Wort ἀναγωγή zu einem wichtigen Fachbegriff der christlichen Exegese. Er bezeichnete damit einerseits die Ermittelung des durch Christus erkennbar gewordenen geistlichen Sinnes der heiligen Schrift und der göttlichen Geheimnisse, andererseits den vornehmlich durch diese Auslegung bewirkten sittlichen und erlösenden Aufstieg der Seelen zur Vollkommenheit.“ Siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 333. 389. 30 Auf die „Schriften“ als „Zeugen“ beruft sich Origenes oft, etwa in Lev. hom. 9,2 (GCS Orig. 6, 419). Weitere Stellen bei Peri, L’ordine 121 Anm. 4.

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τῶν διηγήσεων ἢ ἐπὶ τῶν ἀνθρώπων, ἵνα στήσω τὰ ῥήματα τῆς ἑρμηνείας λαβὼν μάρτυρας δύο ἀπὸ καινῆς καὶ παλαιᾶς διαθήκης, λαβὼν μάρτυρας τρεῖς ἀπὸ εὐαγγελίου, ἀπὸ προφήτου, ἀπὸ ἀποστόλου· οὕτως γὰρ „στα­ θήσεται πᾶν ῥῆμα“. Πῶς οὖν δυνάμεθα ταῦτα ἐπὶ τὸν σωτῆρα ἀναγαγεῖν; Φέρε μάρτυρα παλαιὰν διαθήκην· „Διότι πρὶν ἢ γνῶναι τὸ παιδίον ἀγαθὸν ἢ κακόν, ἀπειθεῖ πονηρίᾳ τοῦ ἐκλέξασθαι τὸ ἀγαθόν.“a Καὶ ἄντικρυς ταῦτα περὶ τοῦ σωτῆρος ἐν τῷ Ἡσαΐᾳ λέλεκται· „Ἰδοὺ ἡ παρθένος ἐν γαστρὶ ἕξει καὶ τέξεται υἱόν, καὶ καλέσουσι τὸ ὄνομα αὐτοῦ Ἐμμανουήλ.“ b Καὶ ἐκεῖ ἐπιφέρεται· „Πρὶν ἢ γνῶναι τὸ παιδίον.“ Εἰ δὲ καὶ ἀπὸ τοῦ εὐαγγελίου δεῖ λαμβάνειν παράδειγμα, Ἰησοῦς οὐκ ἀνὴρ γενόμενος, ἀλλ̓ ἔτι παιδίον ὤν, ἐπεὶ ἐκένωσεν ἑαυτόν, c προέκοπτεν (οὐδεὶς γὰρ προκόπτει τετελειωμένος, ἀλλὰ προκόπτει δεόμενος προκοπῆς)· οὐκοῦν προέκοπτεν ἡλικίᾳ, προέκο­ πτε σοφίᾳ, προέκοπτε χάριτι παρὰ θεῷ καὶ ἀνθρώποις. Εἰ γὰρ ἐκένωσεν ἑαυτὸν καταβαίνων ἐνταῦθα, καὶ κενώσας ἑαυτὸν || ἐλάμβανε πάλιν ταῦτα ἀφ̓ ὧν ἐκένωσεν ἑαυτὸν ἑκὼν κενώσας ἑαυτόν, τί ἄτοπον αὐτὸν καὶ προ­ κεκοφέναι „σοφίᾳ καὶ ἡλικίᾳ καὶ χάριτι παρὰ θεῷ καὶ ἀνθρώποις“ d καὶ ἀληθεύεσθαι περὶ αὐτοῦ τὸ πρὶν ἢ γνῶναι αὐτὸν καλὸν ἢ πονηρὸν ἐκλέξε­ ται τὸ ἀγαθὸν καὶ ἀπειθεῖ πονηρίᾳ παρεθέμην ἀπὸ τοῦ Ἡσαΐου; 8. Ἀλλ̓ ἐρεῖ τις· Εἰ καὶ δύνασαι ἐπὶ τὸν σωτῆρα ἀναγαγεῖν τὸ | ‚οὐκ οἶδεν‘, καὶ δύνασαι λέγειν ἐπὶ τὸν σωτῆρα τὸ τοιοῦτο καὶ παιδίον αὐτὸν λαμβάνειν, οὐ προσκόπτει σοι ταῦτα λέγειν περὶ τοῦ μονογενοῦς, e περὶ τοῦ πρωτοτόκου πάσης κτίσεως, f περὶ τοῦ πρὶν συλλήψεως εὐαγγελι­ σθέντος κατὰ τὸ „Πνεῦμα ἅγιον ἐπελεύσεται ἐπὶ σέ, καὶ δύναμις ὑψίστου ἐπισκιάσει σοι“· g καὶ λέγεις· Οὐκ ἐπίσταται λαλεῖν; Ὅρα εἰ δύνασαί τι ἀξιόλογον καὶ μέγα περὶ τὸν σωτῆρα ἐν τῷ τόπῳ ἰδεῖν· ὅτι τινὰ μὴ ἐπι­ a

Jes. 7,16

b

Jes. 7,14

c

Phil. 2,7

d

Lk. 2,52

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Joh. 1,14

f

Kol. 1,15

g

Lk. 1,35

1  ἢ Co μὴ S 18  καὶ ἃ Kl mit H (et ea quae) 19  εἰ καὶ Kl mit H (etiamsi) εἶτα S 24  λέγεις· οὐκ ἐπίσταται Kl mit H (audes dicere quia nesciat) λέγει· οὐκ ἐπίσταμαι S Nt

31 Smith, FaCh 97, 9 Anm. 41, vermutet an dieser Stelle eine Lücke. Vielleicht ist auch

schon in der Zitateinleitung mehr ausgefallen, als Klostermann aus Hieronymus ergänzte (so Smith, ebd. Anm. 38). 32 Die vorliegenden Ausführungen in Hier. hom. 1,7–9 (GCS Orig. 32, 6–8) zeigen die streng antidoketische Inkarnationslehre des Origenes. Er bekämpft den Doketismus oft und energisch: princ. I praef. 4 (GCS Orig. 5, 10); II 6,2 (5, 140f.); in Ioh. comm. X 6,23–27 (GCS Orig. 4, 176); in Ios. hom. 7,1 (GCS Orig. 7, 279); in Hiez. hom. 1,4 (GCS Orig. 8, 327f.); in Matth. comm. ser. 90 (GCS Orig. 11, 205); Cels. II 23 (GCS Orig. 2,, 152); IV 19 (2, 288); auch unten in Hier. hom. 7,3 (GCS Orig. 32, 54). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 116; Fédou, Sagesse 126–153. 173–175.

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zählungen als auf die Menschen.31 Um die Worte der Auslegung zu stützen, führe ich zwei Zeugen an: aus dem Neuen und dem Alten Testament, und führe ich drei Zeugen an: aus einem Evangelium, aus einem Propheten und aus einem Apostel. Denn so wird „jedes Wort eine Stütze haben“. Wie können wir nun die fraglichen Worte auf den Erlöser beziehen? Ziehe als Zeugen das Alte Testament heran: „Bevor deshalb das Kind Gutes oder Schlechtes erkennt, wendet es sich gegen die Bosheit, um das Gute zu wählen.“a Und daneben wird im Buch Jesaja Folgendes über den Erlöser gesagt: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Emmanuel geben.“ b Und eben danach heißt es: „Bevor das Kind erkennt.“ Wenn aber auch ein Beispiel aus dem Evangelium zu nehmen ist: Als Jesus noch nicht erwachsen, sondern noch ein Kind war, da er sich selbst entäußerte,c machte er Fortschritte (niemand nämlich macht Fortschritte, der schon vollkommen ist, sondern Fortschritte macht, wer des Fortschritts bedarf). Er machte also Fortschritte im Alter, Fortschritte in der Weisheit, Fortschritte in der Gnade vor Gott und den Menschen. Denn wenn er sich selbst entäußerte, indem er hierher herabstieg, und wenn er, nachdem er sich selbst entäußert hatte, das wieder zu erlangen begann, wessen er sich selbst entäußert, freiwillig selbst entäußert hatte, was sollte dann daran merkwürdig sein, dass er auch „in Weisheit, Alter und Gnade vor Gott und den Menschen“ d Fortschritte machte und sich an ihm das Wort bewahrheitete: Bevor er das Schöne oder das Böse erkennt, wird er das Gute wählen und sich gegen die Bosheit wenden, wir sonst noch aus dem Buch Jesaja zitiert haben?32 8. Aber, wird einer sagen, auch wenn du die Aussage ‚Er weiß nicht‘ auf den Erlöser beziehen kannst und du Derartiges über den Erlöser sagen und ihn als Kind auffassen kannst, nimmst du nicht Anstoß daran, dies über den einzigen Sohn,e über den Erstgeborenen der ganzen Schöpfung f zu sagen, über den vor seiner Empfängnis die gute Nachricht verkündet wurde: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“? g Und du sagst: Er weiß nicht zu reden?33 Sieh zu, ob du an dieser Stelle etwas Würdiges und Großes in Bezug auf den Erlöser erblicken kannst!34 Denn wenn er etwas nicht weiß, ist er in seinem Nicht-Wissen 33 Die rhetorisch kräftigere Fassung des Hieronymus bezieht den Satz zu Recht noch

in den Einwand des fictus interlocutor ein (in diesem Sinn übersetzt Schadel, BGrL 10, 57) und ist der von Nautin, GCS Orig. 32, 357; SC 232, 212f., präferierten Überlieferung im Codex Scorialensis vorzuziehen: „Et il dit: Je ne sais pas parler“ (ebenso Smith, FaCh 97, 10). 34 Der Satz lässt sich sowohl noch dem Einwand zurechnen als auch der Antwort des Origenes. Der ganze Passus in Hier. hom. 1,6–8 (GCS Orig. 32, 4–7), mit seinen fingierten Einreden belegt die schriftstellerischen Fähigkeiten des Origenes: Villani, Prosopopoiie 144f. 146f.

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στάμενος, μείζων ἐστὶ μὴ ἐπιστάμενος ἢ ἐπιστάμενος αὐτά. Καὶ χρῶμαι αὐτοῦ τῇ φωνῇ μαρτυροῦντος, ὅτι τινὰ οὐκ ἐπίσταται. Λέγει γοῦν τοῖς φάσκουσιν αὐτῷ· „Οὐ τῷ ὀνόματί σου ἐφάγομεν καὶ τῷ ὀνόματί σου ἐπίομενa καὶ τῷ ὀνόματί σου δαιμόνια ἐξεβάλομεν καὶ δυνάμεις πολλὰς ἐποιήσαμεν;“ „Ἀποχωρεῖτε ἀπ̓ ἐμοῦ, οὐδέποτε ἔγνων ὑμᾶς.“ b Ἆρα τὸ „οὐδέποτε ἔγνων ὑμᾶς“ ἐκεῖ λεγόμενον ὑπὸ τοῦ σωτῆρος ἐλάττονα τὴν δύναμιν αὐτοῦ παρίστησιν ἢ μείζονα καὶ θαυμασιωτέραν, διότι τοὺς χείρο­ νας καὶ τοὺς ἀπολλυμένους οὐκ ἔγνω; Ἔγνω γὰρ τὰ διαφέροντα καὶ κρείτ­ τονα, καὶ „ἔγνω κύριος τοὺς ὄντας αὐτοῦ“, c καὶ „εἴ τις ἀγνοεῖ, ἀγνο­ εῖται“. d Οὐκοῦν ὁ ἁμαρτωλὸς ἀγνοεῖται ὑπὸ τοῦ θεοῦ. Ἐρεῖ μοί τις τῶν ἀκροατῶν· Ἔδειξας ὅτι οὐκ οἶδε τοὺς ἁμαρτωλούς, ἔδειξας ὅτι οὐκ οἶδε τοὺς ἐργαζομένους τὴν ἀνομίαν· e οὐ γὰρ ἄξιοί εἰσι τῆς γνώσεως αὐτοῦ. Πῶς [γὰρ] παραστήσεις μέγα καὶ ἔνδοξον εἶναι τὸ „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“ f λεγόμενον ὑπὸ τοῦ σωτῆρος; Τὸ λαλεῖν ἀνθρώπινόν ἐστι· τὸ λαλεῖν διαλέκτῳ χρήσασθαί ἐστιν, || ὥστε εἰπεῖν Ἑβραίων, φέρε εἰπεῖν, φωνὴν ἢ Ἑλλήνων τινῶν. Ἐὰν ἀναβῇς ἐπὶ τὸν σωτῆρα καὶ εἰδῇς αὐτὸν λόγον „ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεόν“, g ὄψει ὅτι οὐκ ἐπίσταται λαλεῖν ἀνθρωπίνου ὄντος τοῦ λαλεῖν, ἀλλ̓ , ἐπεί ἐστι μεῖ­ ζον ὃ ἐπίσταται τοῦ λαλεῖν. Ἐὰν δὲ καὶ ἀγγέλων γλώσσας συγκρίνῃς ἀν­ θρώπων γλώσσαις h καὶ εἰδῇς ὅτι οὗτος μείζων ἐστὶ καὶ ἀγγέλων, ὡς ἐμαρτύρησεν ἐν τῇ πρὸς Ἑβραίους ὁ ἀπόστολος ἐπιστολῇ, i ἐρεῖς ὅτι καὶ τῆς ἀγγέλων γλώσσης μείζων ἦν, ὅτε θεὸς ἦν | λόγος πρὸς τὸν πατέρα. j Μανθάνει οὖν καὶ οἱονεὶ ἀναλαμβάνει ἐπιστήμην οὐ μεγάλων, ἀλλ̓ ὑποδε­ εστέρων καὶ μικροτέρων. Καὶ ὥσπερ μανθάνω βιαζόμενος ἐμαυτὸν ψελλί­ ζειν, ὅτε παιδίοις διαλέγομαι (οὐ γὰρ ἐπιστάμενος παιδιστί, ἵν̓ οὕτως εἴπω, λαλεῖν, βιάζομαι τέλειος ὢν διαλέγεσθαι παιδίοις), τὸν αὐτὸν τρόπον καὶ ὁ σωτήρ, ὢν μὲν „ἐν τῷ πατρὶ“ k καὶ ἐν τῇ μεγαλειότητι τῆς δόξης τοῦ a f

Lk. 13,26 bMt. 7,22f. c2 Tim. 2,19 (vgl. Num. 16,5) d1 Kor. 14,38 Jer. 1,6 gJoh. 1,2 h1 Kor. 13,1 i Hebr. 1,4f. j Joh. 1,1f. kJoh. 14,10f.

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Mt. 7,23

13  γὰρ del. Bl mit H 16  ἢ ἄλλων Kl mit H (siue reliquorum oder: reliquorumque) 18  οὐκ ἐπίσταται Kl mit H (ideo nesciat)

35 Dass Gott „die Seinen“ kennt, die Sünder aber nicht, ist ein Dauerthema des Orige-

nes: in Ioh. comm. XIX 4,24f. (GCS Orig. 4, 302f.); XXXII 14,153f. (4, 447); sel. in Ps. 1,6 (PG 12, 1099); in Gen. hom. 4,6 (GCS Orig. 6, 56f.); in Rom. comm. VII 5,4 (SC 543, 306). Vgl. auch unten in Hier. hom. 1,10 (GCS Orig. 32, 9). 36 Nautin, GCS Orig. 32, 357, hält diese Ergänzung aus Hieronymus nicht für unverzichtbar. Sie wird jedoch von der Logik des Arguments gefordert. 37 Der Ausdruck παιδιστί ist ein Neologismus, wie Origenes viele geprägt hat und auf den er mit der Wendung ἵν̓ οὕτως εἴπω selbst hinweist: Perrone, Approximations origéniennes 369 Anm. 19; 371 Anm. 26.

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größer, als wenn er es wüsste. Ich stütze mich dafür auf eine Bemerkung von ihm, mit der er bezeugt, dass er etwas nicht weiß. Denen, die zu ihm sagen: „Haben wir nicht in deinem Namen gegessen und in deinem Namen getrunken,a in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und viele Wunder gewirkt?“, sagt er jedenfalls: „Geht weg von mir, ich habe euch nie gekannt!“ b Stellt das, was vom Erlöser hier gesagt wird: „Ich habe euch nie gekannt“, seine Macht als geringer oder als größer und bewundernswerter hin, weil er die Schlechten und Verlorenen nicht gekannt hat? Denn das Ausgezeichnete und Bessere kannte er: „Der Herr hat die Seinen gekannt“,c und „wenn einer nicht erkennt, wird er nicht erkannt.“ d Der Sünder also wird von Gott nicht erkannt.35 Einer der Zuhörer wird zu mir sagen: Du hast gezeigt, dass er die Sünder nicht kennt, du hast gezeigt, dass er die nicht kennt, die Unrecht tun;e sie sind nämlich seiner Kenntnis nicht würdig. Wie willst du als groß und ruhmvoll hinstellen, dass vom Erlöser gesagt wird: „Ich weiß nicht zu reden“? f Reden ist menschlich. Beim Reden macht man von einer Sprache Gebrauch, man spricht zum Beispiel in der Sprache der Hebräer oder der Griechen in irgendeiner . Wenn du dich auf die Höhe des Erlösers begibst und ihn als das Wort erkennst, das „im Anfang bei Gott“ ist,g wirst du sehen, dass er nicht zu reden weiß, insofern das Reden menschlich ist, er es aber ,36 weil das, was er weiß, größer ist als das Reden.Wenn du aber auch die Sprachen der Engel mit den Sprachen der Menschen vergleichst h und weißt, dass dieser (sc. der Logos) sogar größer als die Engel ist, wie der Apostel im Brief an die Hebräer bezeugte,i wirst du zugeben, dass er auch größer war als die Sprache der Engel, als er Gott war, das Wort beim Vater.j Er lernt also und eignet sich in gewisser Weise Wissen an, aber nicht von großen Dingen, sondern von geringeren und kleineren. So wie ich mich zwingen muss, stammeln zu lernen, wenn ich mich mit Kindern unterhalte – denn da ich die Sprache der Kinder, um mich so auszudrücken,37 nicht beherrsche, zwinge ich mich als Erwachsener dazu, mich mit Kindern zu unterhalten38 –, in gleicher Weise spricht auch der Erlöser, solange er „im Vater“ ist k und sich in der Erhabenheit der Herrlichkeit Gottes befindet, nicht die Sprache der Menschen noch weiß er, wie man zu denen spricht, die unten39 sind. Sobald 38 Den Kontrast zwischen Kindern und Erwachsenen verwendet Origenes gern als Me-

tapher für Anfänger und Fortgeschrittene bzw. Vollkommene im christlichen Glauben und in spiritueller und ethischer Reife, so in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 175f.), ferner etwa in Luc. hom. 20,7 (GCS Orig. 92, 124): „Lasst uns also aufhören, kleine Kinder zu sein, und anfangen, erwachsene Menschen zu werden!“ Übersetzung: Sieben, FC 4/1, 231. Siehe dazu Fürst, Eschatologie des Origenes, bes. 338. 39 Das Adverb „unten“ – im Gegensatz zur „Höhe des Erlösers“ – dient Origenes als räumliche Metapher für die unvollkommene, unerlöste, sündige Welt. Vgl. entsprechende Aussagen über das „Tal“, das dieselbe Konnotation hat: in Gen. hom. 8,7 (GCS Orig. 6, 82); in Num. hom. 12,2 (GCS Orig. 7, 98); in Is. hom. 1,1 (GCS Orig. 8, 243).

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θεοῦ τυγχάνων, οὐ λαλεῖ ἀνθρώπινα, οὐκ οἶδε φθέγγεσθαι τοῖς κάτω. Ὅτε δὲ ἔρχεται εἰς σῶμα ἀνθρώπινον, λέγει κατὰ τὰς ἀρχάς· „Οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν, ὅτι νεώτερος ἐγώ εἰμι“·a νεώτερος δὲ διὰ τὴν γένεσιν τὴν σωματι­ κήν, πρεσβύτερος δὲ κατὰ τὸ „πρωτότοκος πάσης κτίσεως“, b νεώτερος, ὅτι „ἐπὶ συντελείᾳ τῶν αἰώνων“ c ἦλθεν ὕστερον τῷ βίῳ ἐπιδεδήμηκε. Λέγει οὖν τὸ „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“· οἶδά τινα μείζονα τοῦ λαλεῖν, οἶδά τινα μείζονα τοῦ φθόγγου τούτου τοῦ ἀνθρωπίνου. Θέλεις με λαλεῖν ἀν­ θρώποις; Οὔπω διάλεκτον ἀνθρωπίνην ἀνείληφα, ἔχω διάλεκτον σοῦ, τοῦ θεοῦ, λόγος εἰμὶ σοῦ, τοῦ θεοῦ, σοὶ οἶδα προσδιαλέγεσθαι, ἀνθρώποις „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“, „νεώτερός εἰμι“. d 9. ὅτι πρὸς πάντας οὓς ἐὰν ἐξαποστείλω σε πορεύσῃ.“ e Οὕτως ἐκτείνει τὴν χεῖρα, ἅπτεται τοῦ στόματος αὐτοῦ, δίδωσιν αὐτῷ λόγους, καὶ δίδωσιν αὐτῷ λόγους διὰ τὰς βασιλείας, ἵν̓ ἐκριζώσῃ. f Οὐ χρείαν δὲ εἶχεν ἐκριζούν­ των λόγων, ὅτε ἦν „ἐν πατρί“, g οὐ χρείαν εἶχε κατασκαπτόντων λόγων καὶ καθαιρούντων τὰ χείρονα· οὐδὲν γὰρ ἦν ἄξιον κατασκαφῆς ἐκεῖ, οὐδὲν ἦν ἄξιον ἐκριζώσεως. || Μέγα οὖν ἐστιν, ὡς τὸ „οὐκ οἶδα ὑμᾶς, ὅτι ἐργάται ἐστὲ ἀνομίας“, h οὕτως ὑπὸ τοῦ σωτῆρος λεγόμενον διὰ τὸ ὑπερ­ βάλλον μέγεθος τῆς δόξης αὐτοῦ, i ἴσον δυνάμενον τῷ οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν ἀνθρώπινα τὸ „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“. j 10. Εἴτε δὲ πρὸς τὸν Ἱερεμίαν εἴτε πρὸς τὸν σωτῆρα λέγεται· „Πρὸ τοῦ με πλάσαι σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε“, k ἀναγνοὺς τὴν Γένεσιν καὶ τηρήσας τὰ εἰρημένα περὶ τῆς κτίσεως τοῦ κόσμου εὑρήσεις, ὅτι ἡ γραφὴ πάνυ διαλεκτικώτατα οὐκ εἶπεν ὅτι πρὸ τοῦ με ποιῆσαί σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε. Ὅτε μὲν γὰρ ὁ „κατ̓ | εἰκόνα“ l ἐκτίζετο, „εἶπεν ὁ θεός· ποιήσωμεν ἄνθρωπον κατ̓ εἰκόνα καὶ ὁμοίωσιν ἡμετέραν“, m οὐκ εἶπεν· πλάσωμεν. Ὅτε  δὲ ἔλαβε „χοῦν ἀπὸ τῆς γῆς“, οὐ πεποίηκε τὸν ἄνθρωπον, ἀλλ̓ „ἔπλασε τὸν ἄνθρωπον“ n καὶ „ἔθετο ἐν τῷ παραδείσῳ τὸν ἄνθρωπον ὃν ἔπλασεν, ἐργάζεσθαι αὐτὸν καὶ φυλάσσειν“. o Εἰ δύνασαι, ὅρα διαφορὰν a

e

h

Jer. 1,6 bKol. 1,15 cHebr. 9,26 dJer. 1,6 Lk. 13,27; Mt. 7,23 i Eph. 1,19; 2 Kor. 3,10 m Gen. 1,26 nGen. 2,7 oGen. 2,8.15

j

Jer. 1,7 Jer. 1,6

f

Jer. 1,9f. gJoh. 14,10f. Jer. 1,5 l Gen. 1,26.27

k

5  καὶ Co H (et) 10  μὴ – εἰμι Kl mit H (Noli dicere: Iuuenis ego sum) 28  ὅρα Co ὁρᾶν S

14  τῷ Kl

40 Bei der Erklärung des dreifachen sanctus der Seraphim (Jes. 6,3) in den Jesajahomilien,

das Origenes auf die Trinität bezieht, qualifiziert er das „Sprechen“ des trinitarischen Gottes als „Akt reinen Erkennens“; in Is. hom. 1,2 (GCS Orig. 8, 244): sola cognitione dicunt. Im Unterschied zum menschlichen diskursiven Sprechen, das sich aus einzelnen, aufeinanderfolgenden Wörtern und Sätzen zusammensetzt, handelt es sich um ein differenzloses noëtisches Sprechen. Siehe dazu Fürst/Hengstermann, OWD 10, 140f. 184f.

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

er jedoch in einen menschlichen Leib kommt, sagt er am Anfang: „Ich weiß nicht zu reden, weil ich zu jung bin“,a jung freilich aufgrund der leiblichen Geburt, alt hingegen, insofern er „der Erstgeborene der ganzen Schöpfung“ b ist, jung, weil er „zur Vollendung der Zeiten“ c kam erst spät das Leben hier gelebt hat. Der Satz: „Ich weiß nicht zu reden“ besagt also: Ich weiß um Dinge, die zu groß sind für das Reden, ich weiß um Dinge, die zu groß sind für diese menschliche Ausdrucksweise.40 Du41 willst, dass ich zu den Menschen rede? Ich habe noch keine menschliche Sprache gelernt, ich spreche deine Sprache, Gottes Sprache, ich bin dein Wort, Gottes Wort, mit dir weiß ich ein Gespräch zu führen. Zu den Menschen „weiß ich nicht zu reden“, „ich bin zu jung“.d 9. denn zu allen, zu denen ich dich sende, sollst du gehen.“ e So streckt er die Hand aus, berührt seinen Mund, legt ihm Worte hinein, und zwar legt er ihm Worte hinein im Blick auf die Königreiche, damit er sie ausreiße.f Als er „im Vater“ war,g brauchte er keine Worte, um auszureißen, brauchte er keine Worte, um das Schlechte niederzureißen und zu beseitigen, denn dort war nichts, was Zerstörung verdient, nichts, was Ausrottung verdient hätte.Wie es also groß ist zu sagen: „Ich kenne euch nicht, weil ihr Übeltäter seid“,h so ist auch groß, was vom Erlöser aufgrund der überragenden Größe seiner Herrlichkeit i gesagt wird und was gleichbedeutend ist mit: Ich weiß die Sprache der Menschen nicht zu sprechen, nämlich: „Ich weiß nicht zu reden.“ j 10. Ob nun zu Jeremia oder zum Erlöser gesagt wird: „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich“,k – wenn du im Buch Genesis nachliest und darauf achtest, was darin über die Schöpfung der Welt gesagt ist, wirst du finden, dass die Schrift ganz und gar dialektisch42 nicht sagte: Bevor ich dich im Mutterschoß schuf, kenne ich dich. Als nämlich der Mensch „nach dem Bild“ l geschaffen wurde, „sagte Gott: Lasst uns den Menschen nach unserem Bild und Gleichnis schaffen“;m er sagte nicht: Lasst uns formen. Als er aber „Staub von der Erde“ nahm, schuf er den Menschen nicht, sondern „formte“ er „den Menschen“ n und „setzte den Menschen, den er geformt hatte, in das Paradies, damit er es bebaue und bewache“.o Erkenne, wenn du kannst, den 41 Auch in Cels. VI 65 (GCS Orig. 2, 135) versteht Origenes Jer. 1,6 als Selbstzeugnis

des präexistenten Gottessohnes: Das Zwiegespräch zwischen Vater und Sohn findet in einer Redeweise statt, die jenseits der Möglichkeiten der Sprache von Menschen und Engeln liegt. Die menschliche Sprache reicht nicht aus, Gott adäquat zu erfassen. 42 Das Wort „dialektisch“ ist hier im platonischen Sinne gebraucht. In der Kunst des Gesprächs, in dem sich Fragen und Antworten entfalten, vollzieht sich die Analyse und Synthese der Begriffe, die das Gespräch bestimmen. Durch die ständige begriffliche Unterscheidung ist es möglich, zu einer Übereinstimmung zu kommen. An dieser Stelle geht es um die Unterscheidung zwischen „schaffen“ und „formen“. De Lubac, Geist aus der Geschichte 358, „fühlt sich nicht verpflichtet“, Origenes in dieser dialektischen Auffassung der Schrift „zu folgen“, doch verkennt er damit den philosophischen Charakter dieser Exegese.

Ὁμιλία αʹ



ποιήσεως , ὅτι ὁ λέγων κύριος εἴτε πρὸς τὸν Ἱερεμίαν εἴτε πρὸς τὸν σωτῆρα οὐκ εἶπεν· πρὸ τοῦ με ποιῆσαί σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε· τὸ γὰρ ποιούμενον οὐκ ἐν κοιλίᾳ γίνεται, ἀλλὰ τὸ πλασσόμενον ἀπὸ τοῦ χοῦ τῆς γῆς τοῦτο ἐν κοιλίᾳ κτίζεται. „Πρὸ τοῦ με πλάσαι σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε.“a Εἰ πάντας ἠπίστατο ὁ κύριος ( πρὸς τὸ „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“ b [ἐπεὶ πάντας ἠπίστατο ὁ κύριος λεκτέον γάρ]), οὐκ ἂν ὡς ἐξαίρετον ἔλεγε τῷ Ἱερεμίᾳ τὸ καὶ „ἐπίσταμαί σε“. Οὐκοῦν τοὺς διαφέροντας ἐπίσταται ὁ θεός, τοὺς ἀξίους τῆς γνώσεως αὐτοῦ ἐπίσταται ὁ θεός, καὶ „ἔγνω κύριος τοὺς ὄντας αὐτοῦ“, c τοὺς δὲ ἀναξίους οὐκ ἐπίσταται ὁ θεός, ὡς οὐδὲ ὁ σωτὴρ λέγων· „Οὐδέποτε ἔγνων ὑμᾶς“. d Ἡμεῖς ἄνθρωποι ὄντες, ὅσον προ­ κόπτομεν, κρίνομέν τινα ἄξια ὄντα τοῦ ἐπίστασθαι ἡμᾶς αὐτά· καί τινα οὐδὲ ἀκούειν θέλομεν, ἵνα μὴ αὐτὰ ἐπιστώμεθα μηδὲ εἰδῶμεν, τινὰ δὲ θέλο­ μεν ἐπίστασθαι. Τί δὲ ὁ τῶν ὅλων θεὸς; Θέλει ἐπίστασθαι τὸν Φαραώ, θέλει ἐπίστασθαι τοὺς Αἰγυπτίους, οὐκ εἰσὶ δὲ ἄξιοι τῆς ἐπιστήμης τοῦ θεοῦ· a

Jer. 1,5

b

Jer. 1,6

c

2 Tim. 2,19 (vgl. Num. 16,5)

d

Mt. 7,23

1  εἴτε πρὸς τὸν Kl πρὸς τὸν εἴτε S 1  καὶ πλάσεως Kl mit H (et plasmationis) 3  γίνεται Co Kl (vgl. GCS Orig. 3, 348) γίγνεται S 6–7  λεκτέον γὰρ – λεκτέον γάρ Nt 13  ἐπιστώμεθα Hu ἐπιστάμεθα S 14  τί δὲ Kl mit H (quid arbitraris) εἰ δὲ S

43 Die durch die Ergänzung aus Hieronymus entstehende Junktur hat eine sie stützende

Parallele in Cels. IV 37 (GCS Orig. 1, 307): περὶ διαφορᾶς ποιήσεως καὶ πλάσεως.

44 Origenes bezieht den doppelten Bericht im Buch Genesis über die Erschaffung des

Menschen zum einen auf den inneren, geistigen Menschen, zum anderen auf den äußeren, leiblichen. Jener wird nach Gen. 1,26f. „geschaffen“, und zwar „nach dem Bild Gottes“, dieser nach Gen. 2,7.8.15 „geformt“, und zwar „aus dem Staub der Erde“. So kommentiert Origenes, in Gen. hom. 1,13 (GCS Orig. 6, 15), Gen. 1,27 unter anderem so: „Unter diesem Menschen, von dem die Schrift sagt, er sei nach dem Bild Gottes geschaffen, verstehen wir gewiss nicht den leiblichen. Denn nicht die leibliche Gestalt enthält das Bild Gottes, und beim leiblichen Menschen heißt es nicht, er sei geschaffen, sondern geformt, wie im Folgenden geschrieben steht (Gen. 2,7). Der aber, der nach dem Bild Gottes geschaffen wurde, ist unser innerer Mensch, unsichtbar, unkörperlich, unverderblich und unsterblich.“ Übersetzung: Habermehl, OWD 1/2, 51. Vgl. ferner dial. 11f.15f. (SC 67, 78–80. 88); in Matth. comm. XIV 16 (GCS Orig. 10, 321f.). Da im Mutterschoß der körperliche Mensch entsteht, verwendet die Bibel in Jer. 1,5 das Verbum „formen“. Sowohl die Beobachtung zum biblischen Sprachgebrauch als auch die Beziehung der beiden Schöpfungsberichte auf zwei unterschiedliche Aspekte des einen Schöpfungshandelns (auf die geistige und auf die materielle Schöpfung) stammen von Philon, opif. 134 (I p. 46 Cohn/Wendland): Mit Gen. 2,7 „zeigt er ganz klar, dass ein sehr großer Unterschied besteht zwischen dem Menschen, der jetzt geformt wurde, und dem, der früher nach dem Ebenbild Gottes geschaffen war; denn der jetzt geformte Mensch war sinnlich wahrnehmbar, hatte schon eine bestimmte Beschaffenheit, bestand aus Körper und Seele,

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Unterschied zwischen Schaffen :43 Als der Herr, sei es zu Jeremia, sei es zum Erlöser, sprach, sagte er nicht: Bevor ich dich im Mutterschoß schuf, kenne ich dich. Denn das, was geschaffen wird, entsteht nicht im Mutterschoß, doch das, was aus dem Staub der Erde geformt wird, das wird im Mutterschoß gemacht.44 „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich.“a Würde der Herr alle kennen – denn dazu müsste man die Aussage stellen: „Ich weiß nicht zu reden“ b45 –, wäre es nichts Besonderes, wenn er zu Jeremia sagt: „Ich kenne dich“. Also, Gott kennt die herausragenden Menschen, Gott kennt die Menschen, die seiner Erkenntnis würdig sind, und „der Herr hat die Seinen gekannt“,c die Unwürdigen hingegen kennt Gott nicht, wie auch der Erlöser nicht, wenn er sagt: „Ich habe euch nie gekannt.“d 46 Sofern wir als Menschen Fortschritte machen, sind wir der Meinung, dass manche ­Dinge es wert sind, sie zu kennen. Und es gibt Dinge, von denen wir nicht einmal hören wollen, damit wir sie weder kennen noch von ihnen wissen, manche Dinge aber wollen wir kennen. Wie steht es damit beim Gott des Alls? Er will den Pharao kennen, er will die Ägypter kennen, die aber sind der Erkenntnis Gottes nicht würdig. Mose hingegen ist würdig, und jeder der war Mann oder Weib und von Natur sterblich; dagegen war der nach dem Ebenbild Gottes geschaffene eine Idee oder ein Gattungsbegriff oder ein Siegel, nur gedacht, unkörperlich, weder männlich noch weiblich, von Natur unvergänglich.“ Übersetzung: Cohn, Philo Werke I, 74f. (mit geringfügiger Modifizierung). Vgl. auch leg. all. I 31f. 88 (I p. 68f. 84 Cohn/Wendland). Siehe dazu Crouzel,Théologie de l’image 148–151, vor allem aber Simonetti, Osservazioni 377–380; Dupuis, L’esprit de l’homme 29–42. 45 Die Worte in Klammern fehlen bei Hieronymus und ergeben so, wie sie im Codex Scorialensis stehen, keinen Sinn: πρὸς τὸ „οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν“ ἐπεὶ πάντας ἠπίστατο ὁ κύριος λεκτέον γάρ. Klostermann betrachtet sie daher als nicht zum ursprünglichen Text gehörig und markiert sie mangels einer Erklärung mit einer crux desperationis. Schadel, BGrL 10, 60, und Smith, FaCh 97, 13, lassen sie unübersetzt. Nautin, SC 232, 67 (vgl. GCS Orig. 32, 357), versucht den offenbar verderbten Text mittels einer Umstellung, einer Ergänzung und einer Tilgung zu heilen: Gestützt auf eine Wendung in exhort. mart. 17 (GCS Orig. 1, 16): λεκτέον γὰρ πρὸς τὸ τοιοῦτον, stellt er λεκτέον γάρ voran und ergänzt nach πρὸς τό: τοιοῦτον τό, denn dieser Ausfall könne durch einen Abschreibfehler als „saut du même au même“ erklärt werden; umgekehrt handle es sich bei den Worten: ἐπεὶ πάντας ἠπίστατο ὁ κύριος wohl um eine fälschliche Wiederholung der gleichlautenden vorausgehenden Worte, so dass folgender Text zu lesen sei: „Car il faut rapprocher de ce verset la parole: ‚Je ne sais pas parler‘“ (Nautin, SC 232, 219).Textgestaltung und Übersetzung oben folgen dieser plausiblen Konjektur: Origenes stellt die Aussage ἐπίσταμαί σε wegen desselben Verbums neben οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν und erklärt die Besonderheit der Aussage in Jer. 1,5 genau so, wie er oben in Hier. hom. 1,8f. (GCS Orig. 32, 7f.) die Besonderheit der Aussage in Jer. 1,6 erklärt hat. 46 Über Dinge, die „der Kenntnis des Vaters würdig“ sind, siehe auch orat. 21,2 (GCS Orig. 2, 346).

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 213r

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Μωσῆς δὲ ἄξιος, καὶ ἕκαστος τῶν προφητῶν τηλικοῦτος. Πολλά σε δεῖ || κατορθῶσαι, ἵνα ὁ θεὸς ἄρξηταί σε ἐπίστασθαι· τὸν μὲν γὰρ Ἱερεμίαν πρὸ τοῦ πλάσαι ἐν κοιλίᾳ ἠπίστατο, ἄλλον δὲ ἄρχεται ἐπίστασθαι τριάκοντα ἔτη γεγονότα, τεσσαράκοντα ἔτη γεγονότα. Λόγοι εἰσὶν ἀπόρρητοι, περὶ μὲν οὖν τοῦ σωτῆρος οὐ ζητούμενοι, περὶ δὲ τοῦ Ἱερεμίου τοῖς ὦτα ἔχουσινa ἐπιστάσεως δεόμενοι. | 11. Πῶς λέγει· „Πρὸ τοῦ με πλάσαι σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε, καὶ πρὸ τοῦ σε ἐξελθεῖν ἐκ μήτρας ἡγίακά σε“; b Ὁ θεὸς ἑαυτῷ ἁγιάζει τινάς. Τοῦτον οὐ περιέμεινεν, ἵνα ἐλθόντα εἰς γένεσιν ἁγιάσῃ, ἀλλὰ πρὶν ἐξελθεῖν ἐκ μήτρας ἤδη ἡγίασεν. Ἐὰν ἐπὶ τὸν σωτῆρα ἀναφέρῃς, οὐ χαλεπὸν εἰπεῖν, ὅτι πρὶν ἐξελθεῖν ἐκ μήτρας ἡγίασται. Ἐπὶ τὸν σωτῆρα ἐὰν ἀναφέρῃς, οὐ μόνον πρὶν ἐξελθεῖν ἡγίασται, ἀλλὰ καὶ ἔτι πρότερον ἡγίασται. Οὗτος δὲ ὁ Ἱερεμίας πρὶν ἐξελ­ θεῖν ἐκ μήτρας ἡγίασται. 12. „Προφήτην εἰς ἔθνη τέθεικά σε.“ c Ἐπὶ τοῦ Ἱερεμίου ἐὰν ἀναζητήσῃς τὸ „προφήτην εἰς ἔθνη τέθεικά σε“, τήρησον ἐν τοῖς ἑξῆς, ὅτι κελεύεται προφητεῦσαι „ἐπὶ πάντα τὰ ἔθνη“, καὶ ἔστι προγραφή· „Ἃ προεφήτευσεν Ἱερεμίας ἐπὶ πάντα τὰ ἔθνη“ τῇ „Αἰλὰμ“, d „τῇ Δαμασκῷ“, e „τῇ Μωάβ“. f Καὶ ἔχομεν, ὅτι „προεφήτευσεν ἐπὶ πάντα τὰ ἔθνη“, ὡς πρὸς τὸ ῥητὸν ὅτι „προφήτην εἰς ἔθνη τέθεικά σε“ πρὸς ἐκεῖνον. Ἐὰν δὲ πρὸς ἀναγωγήν, ἐὰν μὲν ἐπὶ τοῦ Ἱερεμίου, προειρήκαμεν, ἐὰν δὲ ἐπὶ τοῦ σωτῆρος, τί δεῖ καὶ λέγειν; Οὗτος ἀληθῶς ἐπὶ πάντα τὰ ἔθνη προεφήτευσεν· ἔστι γὰρ ὥσπερ ἄλλα μυρία οὕτως καὶ προφήτης. Ὥς ἐστιν ἀρχιερεύς, g ὥς ἐστι σωτήρ, ὥς a

Mt.  11,15 Hebr. 2,17

g

b

Jer.  1,5

c

Jer.  1,5

d

Jer.  25,14(49,34)

e

Jer.  30,29(49,23)

f

Jer.  31(48),1

4  ἄλλον Del Kl mit H (alium)

47 Dieses Verständnis von τηλικοῦτος ergibt sich aus einer ähnlichen Formulierung in

einem griechischen Fragment des Kommentars zum Römerbrief, in Rom. frg. 11 Ramsbotham: Τοιοῦτος ἦν Μωσῆς καὶ οἱ προφῆται, ᾽Ιουδαῖοι ὄντες καὶ πιστευθέντες τὰ λόγια τοῦ θεοῦ, καὶ εἴ τις παρ᾽ αὐτοῖς τούτοις παραπλήσιος – „Von dieser Art waren Mose und die Propheten; sie waren Juden, und ihnen waren die Worte Gottes anvertraut, wie außer ihnen noch denen, die ihnen ähnlich waren.“ Übersetzung: Heither, FC 2/6, 67–69. 48 Vgl. in Ioh. frg. 71 (GCS Orig. 4, 539): „Hat man angefangen, muss man Fortschritte machen, um von Gott gesehen und erkannt zu werden.“ 49 Nautin, GCS Orig. 32, 357, hält diese Ergänzung aus Hieronymus für überflüssig. 50 In 2 Kor. 12,4 spricht Paulus von „wortlosen Seufzern, die ein Mensch nicht aussprechen darf“ und „die unsagbare Worte enthalten“, wie Origenes, orat. 2,3 (GCS Orig. 2, 301), dazu anmerkt. Auch die neuplatonische Philosophie kennt solche „unsagbaren Worte“, die dem Menschen in die Seele gelegt worden sind: Porphyrius, epist. ad

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Propheten ist von dieser Art.47 Vieles musst du richtig machen, damit Gott dich zu kennen beginnt.48 Denn Jeremia kannte er, bevor er ihn im Mutterschoß formte, einen anderen aber beginnt er zu kennen, wenn er dreißig Jahre alt geworden ist, ,49 wenn er vierzig Jahre alt geworden ist. Es gibt unaussprechliche Worte,50 die, wenn sie auf den Erlöser bezogen werden, unumstritten sind, aber in Bezug auf Jeremia die Aufmerksamkeit derer verlangen, die Ohren haben.a 11. Wie kann Gott sagen: „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich, und bevor du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt“? b Gott heiligt sich gewisse Menschen. Bei diesem hat er nicht gewartet, bis er geboren wurde, um ihn zu heiligen, sondern bevor er aus dem Mutterleib herauskam, heiligte er ihn schon.Wenn du dies auf den Erlöser beziehst, lässt sich unschwer sagen, dass er schon geheiligt worden ist, bevor er aus dem Mutterleib herauskam.51 Wenn du dies auf den Erlöser beziehst, ist er nicht nur, bevor er herauskam, geheiligt worden, sondern ist er sogar noch früher geheiligt worden.52 Jeremia hier ist aber, bevor er aus dem Mutterleib herauskam, geheiligt worden. 12. „Als Propheten für die Völker habe ich dich eingesetzt.“ c Wenn du die Aussage: „Als Propheten für die Völker habe ich dich eingesetzt“ in Bezug auf Jeremia untersuchst, beachte, dass ihm im Folgenden aufgetragen wird, „zu allen Völkern“ prophetisch zu reden; die Überschrift dazu lautet: „Was Jeremia zu allen Völkern prophetisch geredet hat“, zu „Elam“, d „zu Damaskus“, e „zu Moab“. f Und weil er „zu allen Völkern prophetisch geredet hat“, nehmen wir an, dass sich der Satz: „Als Propheten für die Völker habe ich dich eingesetzt“ in wörtlichem Sinn auf ihn bezieht. Wenn wir dies aber in anagogischem Sinn53 auffassen und es sich auf Jeremia bezieht, so haben wir das oben bereits besprochen; wenn es sich jedoch auf den Erlöser bezieht, was muss man dann noch sagen? Dieser hat wahrlich zu allen Völkern prophetisch geredet. Denn wie er tausend andere Dinge ist,54 so ist er auch Prophet: Wie er Hohepriester, g wie er Erlöser, wie er Arzt ist, so ist

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Anebonem bei Eusebius, praep. ev. V 10,8 (GCS Eus. 8/1, 243); Jamblich, myst. I 15; V 240; VII 4f.; Proklos, in Tim. Plat. II (I p. 211 Diehl). In Fortsetzung des oben S. 115 Anm. 17 zitierten Satzes sagte Hieronymus, in Hier. I 2,3 (CChr.SL 74, 5): „Bevor nämlich dieser (sc. der Erlöser) im Schoß der Jungfrau geformt wurde und ehe er aus dem Mutterleib herauskam, ist er wahrhaft im Schoß geheiligt worden und dem Vater bekannt gewesen, da er immer im Vater und der Vater immer in ihm ist.“ Zur Heiligkeit des präexistenten (darauf zielt πρότερον) Sohnes innerhalb der Trinität vgl. in Is. hom. 4,1 (GCS Orig. 8, 258f.) und dazu die Erläuterungen in Fürst/ Hengstermann, OWD 10, 141–143. Siehe dazu oben S. 119 Anm. 29. So auch in Ioh. comm. I 22,136 (GCS Orig. 4, 27).

Ὁμιλία αʹ



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ἐστιν ἰατρός, οὕτως καὶ προφήτης. Μωσῆς γοῦν προφητεύων περὶ αὐτοῦ οὐχὶ προφήτην μόνον, ἀλλὰ καὶ ἐξαιρέτως εἶπεν εἰπών· „Προφήτην ἐκ τῶν ἀδελφῶν ἀναστήσει ὑμῖν κύριος ὁ θεὸς ὡς ἐμέ, αὐτοῦ ἀκούσετε. Καὶ ἔσται, ὃς ἂν μὴ ἀκούσῃ τοῦ προφήτου ἐκείνου ἐξολοθρευθήσεται ἐκ τοῦ λαοῦ αὐτοῦ.“a Οὗτος οὖν ἐστιν ὁ καὶ προφήτης εἰς ἔθνη τεθειμένος καὶ ἔλαβε χάριν ἀπὸ θεοῦ ἐκχυθεῖσαν ἐν τοῖς χείλεσιν αὐτοῦ, b ἵνα μὴ μόνον, ὅτε παρῆν τῷ σώματι, ἀλλὰ καὶ νῦν, ὅτε πάρεστι δυνάμει || καὶ τῷ πνεύματι, προφητεύῃ ἐπὶ πάντα τὰ ἔθνη, ὥστε ἀπὸ πάντων τῶν ἐθνῶν ἀνύειν αὐτοῦ τὴν προφητείαν καὶ ἕλκειν ἀνθρώπους ἐπὶ σωτηρίαν. 13. „Καὶ εἶπα· Ὁ ὢν δέσποτα κύριε, ἰδοὺ οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν, ὅτι νεώτερος ἐγώ εἰμι. Καὶ εἶπε κύριος πρός με· Μὴ λέγε ὅτι νεώτερος ἐγώ εἰμι, ὅτι πρὸς πάντας οὓς ἐξαποστείλω σε πορεύσῃ.“ c Πολλάκις εἴπομεν, ὅτι ἔστι κατὰ τὸν ἔσω ἄνθρωπον εἶναι παιδίον, κἂν ἐν γεροντικῇ τις ᾖ ἡλικίᾳ σώματος· ἔστι δέ ποτε κατὰ τὸν ἔξω | ἄνθρωπον εἶναι παιδίον, κατὰ δὲ τὸν ἔσω ἄνδρα. Τοιοῦτος ἦν ὁ Ἱερεμίας, ἤδη ἔχων τὴν χάριν ἀπὸ a

Dtn. 18,15.19 (vgl. Apg. 3,22f.)

3  ὑμῶν Kl mit H (uestris) (quoscumque)

b

Ps. 44(45),3

c

Jer. 1,6f.

8  προφητεύῃ Del προφητεύει S

12  οὓς ἐὰν Lo H

55 Die Stelle gehört zur Vorstellung von den ἐπίνοιαι (Epinoiai), „Aspekten“, Christi,

die Origenes, in Ioh. comm. I 9,52–57 (GCS Orig. 4, 14f.); I 21,125–23,150 (4, 25– 29); I 25,158–36,265 (4, 30–47), und andernorts entwickelt, bes. noch princ. I 2,5–13 (GCS Orig. 5, 33–48). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 65–74; Gruber, ΖΩΗ 241–267; Crouzel, Denominations du Christ; Fédou, Sagesse 233–269; O’Leary, Christianisme et Philosophie 153–165. 56 Entspricht die Junktur δυνάμει καὶ τῷ πνεύματι dem aristotelischen Paar δυνάμει – ἐνεργείᾳ im Sinne einer potentiellen Kraft, die durch den Geist Wirklichkeit wird? Origenes greift dieses aristotelische Gedankenpaar durchaus auf, so in Ioh. comm. II 24,157 (GCS Orig. 4, 81): „Vielleicht ist dieses Leben bei einigen nur in Möglichkeit (δυνάμει) und nicht in Wirklichkeit (ἐνεργείᾳ) Licht, nämlich bei denen, die keinen Ehrgeiz haben zu untersuchen, was mit der Erkenntnis zusammenhängt. Bei anderen aber wird es auch in Wirklichkeit (ἐνεργείᾳ) Licht.“ In einem Fragment zu Joh. 1,12 erklärt er, dass die, die vom Glauben an Gottes Namen zum Glauben an ihn selbst übergegangen seien, nicht mehr der Möglichkeit nach (δυνάμει), sondern in Wirklichkeit (ἐνεργείᾳ) Kinder Gottes sind: in Ioh. frg. 7 (GCS Orig. 4, 489). Allerdings meint Origenes nicht immer, wenn er von δυνάμει oder ἐν δυνάμει redet, die aristotelische Bedeutung dieses Begriffs. So sagt er in Matth. comm. XII 32 (GCS Orig. 10, 142): Die Herrschaft Gottes sei „dem Vermögen nach (δυνάμει) in uns“ (Lk. 17,21), d.h. in allen Menschen, „der Wirksamkeit nach (ἐνεργείᾳ)“ jedoch nur in den Vollkommenen; die „Wirksamkeit“ erläutert er dabei so: „in Kraft (ἐν δυνάμει) und nicht in Schwäche“ (Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 193). Diese Kraft ist etwas anderes als die aristotelische Potenz, nämlich – in stoischem Sinne – eine auf innerer Dynamik beruhende Wirklichkeit: Vogt, BGrL 18, 229 Anm. 121 (vgl. ebd. 219 Anm. 65). Die Junktur δυνάμει καὶ τῷ πνεύματι an der vorliegenden Stelle ist daher gegen Schadel,

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er auch Prophet.55 Als jedenfalls Mose über ihn prophezeite, bezeichnete er ihn nicht einfach nur als Propheten, sondern tat dies in besonderer Weise, indem er sagte: „Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, Gott, aus Brüdern erstehen lassen; auf ihn sollt ihr hören. Und es wird so sein: Wer auf jenen Propheten nicht hört, wird aus seinem Volk ausgemerzt werden.“a Er ist also auch der Prophet, der für die Völker eingesetzt wurde und von Gott Gnade empfangen hat, die auf seine Lippen ausgegossen ist, b damit er nicht nur, als er im Leib zugegen war, sondern auch jetzt noch, da er in Kraft und im Geist56 zugegen ist, zu allen Völkern prophetisch redet, so dass er in allen Völkern seine Prophetie erfüllt57 und Menschen zum Heil zieht. 13. „Und ich sagte: Seiender, Gebieter, Herr,58 siehe, ich weiß nicht zu reden, weil ich zu jung bin. Und der Herr sagte zu mir: Sag nicht: Ich bin zu jung, denn zu allen, zu denen ich dich sende, sollst du gehen.“ c Schon oft haben wir gesagt, dass man dem inneren Menschen nach ein Kind sein kann, auch wenn man sich körperlich im Greisenalter befindet. Es ist aber gelegentlich auch möglich, dass man dem äußeren Menschen nach ein Kind ist, dem inneren nach jedoch ein Erwachsener.59 Ein solcher war Jeremia, der die BGrL 10, 247 Anm. 16, nicht auf das aristotelische Begriffspaar zu beziehen, sondern sozusagen nur auf deren zweiten Teil (der terminologisch hier gerade nicht vorkommt): Was „in Kraft und im Geist“ zugegen ist, ist „wirklich“ und „wirksam“ zugegen; καί dürfte epexegetisch zu lesen sein: Es ist die Kraft des Geistes, die diese Gegenwart bewirkt. Eine Parallele hierzu steht in Matth. comm. XIII 15 (GCS Orig. 10, 216): In der Gegenwart ist Jesus nicht in Person, sondern „der Kraft nach“ gegenwärtig (ἐν τῇ κατὰ δύναμιν παρουσίᾳ); diese Gegenwart ist keine bloß mögliche, sondern eine wirkliche: Vogt, ebd. 292 Anm. 62. 57 Der Sinn ist: Die Prophetie Jeremias, in der Christus spricht („seine“ ist doppeldeutig), erfüllt sich in Christus und in der Kirche. 58 Zu dieser Anrede siehe oben S. 116 Anm. 20. 59 Die Vorstellung vom „inneren Menschen“ gehört seit Röm. 7,22; 2 Kor. 4,16 zu den Spezifika des Christentums, in dem die entsprechende platonische Vorstellung (vgl. Platon, polit. IX  589 a 7 – b 1: das λογιστικόν als τοῦ ἀνθρώπου ὁ ἐντὸς ἄνθρωπος) aufgegriffen und zu einer Metaphysik des inneren Menschen ausgebaut wurde: ­Kobusch, Christliche Philosophie 64–71. 138–151 (mit ebd. 65 richtiger Kritik an Markschies, Innerer Mensch 279–282, der einen Gegensatz zwischen der platonischen und der paulinischen Vorstellung vom inneren Menschen konstruiert). Für Origenes vgl. in Cant. comm. prol. 1,4 (OWD 9/1, 58); prol. 2,4–8 (9/1, 64–66); I 4,3.16f. (9/1, 152. 158–160); in Hiez. hom. 13,2 (GCS Orig. 8, 447); in Rom. comm. VII 1,4 (SC 543, 250); in Matth. comm. XIII 26 (GCS Orig. 10, 251); sel. in Ps. 102,1 (PG 12, 1560): „Das Innere des inneren Menschen ist das intellektuelle Vermögen, das diskursive und das forschende Vermögen, die Auslegungskraft, die Phantasie und das Erinnerungsvermögen.“ Übersetzung: Kobusch, ebd. 224 Anm. 28. Die Alternative zwischen innerem und äußerem Menschen in Bezug auf das Lebensalter erörtert Origenes ausführlich in Ps. 36 hom. 4,3 (GCS Orig. 13, 165–167). Zur spirituell ausgewerteten Alternative zwischen Kindsein und Erwachsensein siehe oben S. 123 Anm. 38.

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θεοῦ ἔτι ὢν ἐν τῇ τοῦ παιδίου ἡλικίᾳ κατὰ τὸ σῶμα. Διό φησιν αὐτῷ ὁ κύριος· „Μὴ λέγε ὅτι νεώτερος ἐγώ εἰμι“. Σημεῖον δὲ τοῦ μὴ εἶναι αὐτὸν νεώτερον, ἀλλ̓ „ἄνδρα τέλειον“,a τὸ „πρὸς πάντας οὓς ἐὰν ἐξαποστείλω σε πορεύσῃ, καὶ κατὰ πάντα ὅσα ἐὰν ἐντείλωμαί σοι λαλήσεις. Μὴ φοβηθῇς ἀπὸ προσώπου αὐτῶν.“ b Οἶδεν ὁ τοῦ θεοῦ λόγος ὅτι οἱ πρεσβεύοντες τὸν λόγον κινδυνεύουσιν ἐν τοῖς ἀκούουσιν· ἐλεγχόμενοι γὰρ μισοῦσιν αὐτούς, ἐπιπλησσόμενοι διώκουσι. Πᾶν ὁτιοῦν πάσχουσιν οἱ προφῆται· „Οὐκ ἔστι προφήτης ἄτιμος εἰ μὴ ἐν τῇ ἰδίᾳ πατρίδι καὶ τῇ οἰκίᾳ αὐτοῦ.“ c καὶ πρώην ἐμνημονεύομεν. Οἶδεν οὖν ὁ θεὸς πέμπων τὸν προφήτην, ὅσους κινδύνους ἀναδέξεται, καὶ λέγει αὐτῷ· „Μὴ φοβηθῇς ἀπὸ προσώπου αὐτῶν, ὅτι μετὰ σοῦ εἰμι τοῦ ἐξαιρεῖσθαί σε, λέγει κύριος.“ d Ἃ πέπονθεν Ἱερεμίας, ἀναγέγραπται· εἰς λάκκον βορβόρου βέβληται, e ἔμεινεν ἐκεῖ ἕνα ἄρτον ἐσθίων τῆς ἡμέρας f καὶ ὕδωρ μόνον πίνων, καὶ ἄλλα δὲ μυρία ἃ πέπονθεν ἡ προφητεία αὐτοῦ δεδήλωκεν. „Τίνα τῶν προφητῶν οὐκ ἐδίω­ ξαν οἱ πατέρες ὑμῶν;“ g εἴρηται πρὸς τοὺς Ἰουδαίους. Καὶ ἀναγκαῖόν ἐστι τοὺς θέλοντας ζῆν εὐσεβῶς ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ || πάντως ὑπὸ δυνάμεων ἀντικειμένων δι᾽ ὧν εὑρίσκουσι σκευῶν διώκεσθαι. h Διὰ τοῦτο μὴ ξενιζόμε­ νοι i οἱ διωκόμενοι πάντα πραττέτωσαν, μόνον εὐχόμενοι, ἵνα ἀδίκως δι­ ώκωνται καὶ μὴ δικαίως, μὴ δι᾽ ἀδικίαν, μὴ δι᾽ ἁμαρτίαν, μὴ διὰ πλεονεξίαν. Ἐὰν δὲ διώκηται ποτέ τις διὰ δικαιοσύνην, καὶ ἀκουέτω τοῦ „Μακάριοί ἐστε ὅταν ὀνειδίζωσιν ὑμᾶς καὶ διώκωσι καὶ εἴπωσι πᾶν πονηρὸν ῥῆμα καθ̓ ὑμῶν ψευδόμενοι ἕνεκεν ἐμοῦ. Χαίρετε καὶ ἀγαλλιᾶσθε, ὅτι ὁ μισθὸς ὑμῶν πολὺς ἐν τοῖς οὐρανοῖς· οὕτως γὰρ ἐδίωξαν τοὺς προφήτας τοὺς πρὸ ὑμῶν.“ j 14. „Ὅτι μετὰ σοῦ εἰμι τοῦ ἐξαιρεῖσθαί σε, λέγει κύριος. Καὶ ἐξέτεινε κύριος τὴν χεῖρα αὐτοῦ πρός με, καὶ ἥψατο τοῦ στόματός μου, καὶ εἶπε κύριος πρός με.“ k Τήρει διαφορὰς Ἱερεμίου καὶ Ἡσαΐου. Ὁ Ἡσαΐας | φησίν· a

Eph. 4,13 bJer. 1,7f. cMt. 13,57 dJer. 1,8 eJer. 45(38),6 2 Tim. 3,12 i 1 Petr. 4,12 j Mt. 5,11f. kJer. 1,8f.

h

4  ἐὰν Kl ἂν S

8  οὗ Hu mit H (cuius rei)

f

Jer. 44(37),21

g

Apg. 7,52

12–13  ἕνα ἄρτον Kl nach LXX τ‘‘ ἀρτίων S

60 Dieselbe Junktur in Hier. hom. 14,14 (GCS Orig. 32, 119). Vgl. auch Cels. III 68 (GCS

Orig. 1, 260); IV 4 (1, 277); IV 72 (1, 342); VI 1 (2, 70). 61 Diese Bemerkung bezieht sich möglicherweise auf in Luc. hom. 33,1–3 (GCS Orig.

92, 185f.), wo Origenes in Bezug auf Lk. 4,24 diese Thematik bereits in den Jahren 233/34 ausführlich erörtert hat, oder auf eine verlorene Homilie. Weniger wahrscheinlich ist, dass er die Gottesdienstgemeinde auf seine wissenschaftlichen Kommentare verweist: in Ioh. comm. XIII 55,371–376 (GCS Orig. 4, 284f.) zu Joh. 4,44; in Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 23f.), der zudem erst nach den Jeremiahomilien entstanden ist. Vgl. auch unten in Hier. hom. 14,13 (GCS Orig. 32, 118). Viele Belege für solche Verweise auf früher bzw. schon oft Gesagtes bei Monaci Castagno, Origene predicatore 53 Anm. 25.

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Gnade Gottes schon besaß, als er sich dem Körper nach noch im Kindesalter befand. Deshalb sagt der Herr zu ihm: „Sag nicht: Ich bin zu jung.“ Zeichen dafür, dass er nicht zu jung, sondern ein „reifer Mann“a ist, sind die folgenden Worte: „Zu allen, zu denen ich dich sende, sollst du gehen, und alles, was ich dir auftrage, sollst du sagen. Fürchte dich nicht vor ihrem Angesicht!“ b Das Wort Gottes weiß, dass den Gesandten des Wortes60 Gefahr seitens ihrer Hörer droht; denn werden sie zurechtgewiesen, hassen sie sie, werden sie getadelt, verfolgen sie sie. Alles Mögliche erleiden die Propheten: „Nirgends wird ein Prophet verachtet, außer in der eigenen Heimat und in seinem Haus.“ c haben wir auch früher schon in Erinnerung gerufen.61 Wenn Gott nun den Propheten sendet, weiß er um all die Gefahren, die dieser auf sich nehmen wird, und sagt zu ihm: „Fürchte dich nicht vor ihrem Angesicht, denn ich bin mit dir, um dich zu befreien, spricht der Herr.“ d Was Jeremia erlitten hat, ist aufgeschrieben: Er wurde in eine Zisterne voller Schlamm geworfen,e er blieb dort und aß nur ein Brot am Tag f62 und trank nur Wasser, und die tausend anderen Dinge, die er erlitten hat, zeigt seine Prophetie.63 „Wen von den Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?“,g wurden die Juden gefragt. Und unausweichlich werden die, die in Christus Jesus fromm leben wollen, in jeder Hinsicht von feindlichen Mächten mit allen Mitteln, die sie finden, verfolgt.h Deswegen sollen die Verfolgten alles ohne Befremden i ertragen und nur darum beten, dass sie zu Unrecht und nicht zu Recht, nicht wegen Ungerechtigkeit, nicht wegen Sünde, nicht wegen Habsucht verfolgt werden. Wenn aber einmal jemand der Gerechtigkeit wegen verfolgt wird, so höre er auch dies: „Selig seid ihr, wenn sie euch um meinetwillen schmähen und verfolgen und euch lügnerisch alles Schlechte vorwerfen. Freut euch und frohlockt, denn euer Lohn im Himmel wird groß sein. So haben sie nämlich die Propheten vor euch verfolgt.“ j 14. „Denn ich bin mit dir, um dich zu befreien, spricht der Herr. Und der Herr streckte seine Hand zu mir aus und berührte meinen Mund, und der Herr sagte zu mir.“ k Beachte die Unterschiede zwischen Jeremia und Jesaja! 62 Origenes vermengt zwei leicht verwechselbare biblische Bericht: Ein Brot pro Tag

erhielt Jeremia, als er im „Wachthof“ gefangen war (Jer. 44[37],21); als er hingegen in die Zisterne im „Wachthof“ geworfen wurde (Jer. 45[38],6), musste er hungern, weil es in der Stadt kein Brot mehr gab (Jer. 45[38],9). Klostermanns Konjektur ἕνα ἄρτον ist wegen des Bezugs zum Septuagintatext erforderlich. Nautin, GCS Orig. 32, 357, hält sie für „nicht glücklich“ und will lieber τὸν ἄρτον lesen, wie die (allerdings unleserliche) Stelle im Codex Scorialensis und Hieronymus nahelegen, der panem übersetzte, nicht panem unum. In seiner Ausgabe hat Nautin, SC 232, 224f., jedoch Klostermanns Konjektur beibehalten und übersetzt (ebenso Smith, FaCh 97, 16). 63 Wenn das Leiden Jeremias „aufgeschrieben ist“, dann bezeichnet der Ausdruck „seine Prophetie“ wohl das Buch Jeremia, das seine Prophetie enthält. Vgl. diesen Sprachgebrauch in Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 24): ἐν τῇ προφητείᾳ αὐτοῦ ἀναγέγραπται.

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„Ἀκάθαρτα χείλη ἔχων ἐν μέσῳ λαοῦ ἀκάθαρτα χείλη ἔχοντος ἐγὼ οἰκῶ, καὶ τὸν βασιλέα κύριον σαβαὼθ εἶδον τοῖς ὀφθαλμοῖς μου.“a Καὶ ἐπεὶ ἐξ­ ωμολογήσατο οὐκ ἔχων ἔργα ἀκάθαρτα, ἀλλὰ μόνον ῥημάτια (μέχρι γὰρ τούτου ἁμαρτωλὸς ἦν), οὐκ ἐξέτεινε κύριος τὴν χεῖρα αὐτοῦ, τὸ δὲ ἓν τῶν Σεραφὶμ ἥψατο τῇ χειρὶ αὐτοῦ τῶν χειλέων αὐτοῦ, καὶ εἶπεν· Ἰδοὺ ἀφῄρη­ κα τὰς ἀνομίας σου. b Ἐπεὶ δὲ οὗτος ἡγιάσθη „ἐκ μήτρας“, c οὐ λαβὶς αὐτῷ πέμπεται οὐδὲ ἀπὸ τοῦ θυσιαστηρίου ἄνθραξ d (οὐκ εἶχεν οὐδὲν ἄξιον τοῦ πυρός), ἀλλ̓ αὐτὴ ἡ χεὶρ τοῦ κυρίου ἥψατο αὐτοῦ. Διὸ λέγει· „Ἐξέτεινε κύριος τὴν χεῖρα αὐτοῦ πρός με καὶ ἥψατο τοῦ στόματός μου, καὶ εἶπεν κύριος πρός με· Ἰδοὺ δέδωκα τοὺς λόγους μου εἰς τὸ στόμα σου. Ἰδοὺ καθέστακά σε σήμερον ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας, ἐκριζοῦν.“ e Τίς οὕτως μακάριός ἐστιν ὡς τὰς βασιλείας πολλὰς οὔσας, ἃς δείκνυσιν ὁ διάβολος, f βασιλείας οὔσας δυνάμεων ἀντικειμένων, βασιλείας κατὰ τὰς ἁμαρτίας, ἐκριζοῦν τοῖς διδομένοις ὑπὸ τοῦ θεοῦ λόγοις; || Γέγραπται γάρ· „Ἰδοὺ δέδωκα τοὺς λόγους μου εἰς τὸ στόμα σου. Ἰδοὺ καθέστακά σε σήμερον ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας, .“ g Ὥσπερ δὲ βασιλεῖαί εἰσιν, οὕτως καὶ ἔθνη . Οἷον, βασιλεία ἐστὶ τῆς πορνείας, ἔθνη τῆς πορνείας ἑκάστη πορ­ νεία †. Μία βασιλεία ἐστὶν αὐτὸ γενικὸν ἁμάρτημα τῆς πλεονεξίας καὶ τῆς ἀποστερήσεως, καὶ εἰσὶ πολλαὶ βασιλεῖαι ἐν τοῖς πολλὰ εἴδη ἔχουσιν ἁμαρτημάτων. | Εἶτα καθ̓ ἕκαστον τῶν ἁμαρτωλῶν νόει μοι τὰ ἔθνη τὰ ὑπὸ τὴν βασιλείαν, ὡς εἰπεῖν, ὅτι ὁ δεῖνα ἔχει ἔθνη πολλὰ τῆς βασιλείας τῆς κατὰ τὴν πορνείαν, ὁ δεῖνα ἔχει ἔθνη πολλὰ τῆς βασιλείας τῆς κατὰ τὴν ἀποστέρησιν, τῆς κατὰ τὴν καταλαλιάν, τῆς κατὰ τὴν ὀργήν. Ἔργον ἐστὶ τῶν λόγων τοῦ θεοῦ „ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας“ ἐξαποσταλέντων „ἐκρι­ ζοῦν καὶ κατασκάπτειν“. h Ἐκριζοῦν τίνα; Ἐδίδαξεν ὁ σωτὴρ λέγων· „Πᾶσα a

Jes. 6,5

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Jes. 6,6f.

c

Jer. 1,5

d

Jes. 6,6

e

Jer. 1,9f.

f

Mt. 4,8

g

Jer. 1,9f.

h

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6  ἐπεὶ δὲ Kl mit H (autem quia oder: quia iam) ἐπειδὴ S 12  ὡς Hu mit H (ut) ὃς S 16  ἐκριζοῦν Lo H (eradicare) 17–18  οὐδὲ – ἔθνη Kl mit H (nec potest aliquod regnum dici, nisi quod sub se continet nationes) 18–19  H (regnat fornicatio in homine peccatore, necesse est ut regnum fornicationis habeat gentes suas) 19  αὐτὸ τὸ Kl mit H (ipsum illud) 20–21  H (fraudis, quo vix aliquis immunis est, habet regnum suum, et sub regno uno multas possidet gentes, per plurimas scilicet species avaritiae) 22  τῆς V τὴν S

64 In Lev. hom. 9,7 (GCS Orig. 6, 430) kommentiert Origenes Jes. 6,5 ebenso: „Daraus

geht hervor, dass sich nur in seinen Worten eine Sünde fand, er (sc. Jesaja) in seinem Tun und Handeln aber nicht sündigte.“ Vgl. in Is. hom. 5,2 (GCS Orig. 8, 264): „Jesaja war heilig, und deshalb wurden nur seine Lippen gereinigt, denn er hatte nur mit den Lippen, das heißt in Worten, gefehlt.“ 65 Hieronymus, in Hier. I 5,1f. (CChr.SL 74, 5f.), erklärt diesen Unterschied zwischen der Berufung Jeremias und der Beauftragung Jesajas mit ihrem unterschiedlichen Lebensalter: Dem erwachsenen Jesaja würden seine Sünden vergeben, dem jungen

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Jesaja sagt: „Ich habe unreine Lippen und wohne inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen, und ich habe den König, den Herrn der Heere, mit meinen Augen gesehen.“a Und weil er sich als Sünder bekannte, wenn auch nicht in unreinen Taten, sondern nur in ein paar Worten – denn nur in dieser Hinsicht war er ein Sünder64 –, streckte nicht der Herr seine Hand aus, sondern berührte einer der Seraphim mit seiner Hand seine Lippen und sagte: Siehe, ich habe deine Sünden weggenommen.b Da dieser (sc. Jeremia) aber „vom Mutterleib an“ geheiligt war,c wurde zu ihm weder eine Zange noch glühende Kohle vom Altar geschickt d – er hatte nichts, was Feuer verdient hätte –, sondern berührte ihn die Hand des Herrn selbst.65 Deshalb sagt er: „Der Herr streckte seine Hand zu mir aus und berührte meinen Mund, und der Herr sagte zu mir: Siehe, ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt. Siehe, ich habe dich heute über Völker und Königreiche gesetzt, um auszureißen.“ e Wer ist so selig, dass er die vielen Reiche, die der Teufel zeigt f – Reiche der feindlichen Mächte, Reiche im Sinne von Sünden –, mit den von Gott gegebenen Worten ausreißt? Denn es steht geschrieben: „Siehe, ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt. Siehe, ich habe dich heute über Völker und Königreiche gesetzt, .“ g Wie es aber Reiche gibt, so gibt es auch Völker, .66 Es gibt zum Beispiel ein Reich der Unzucht; Völker der Unzucht jede einzelne Unzucht †.67 Dieselbe Art von Sünde – der Habsucht und des Diebstahls – bildet je ein eigenes Reich, und in denen, die viele Arten von Sünden in sich tragen, gibt es viele Reiche.68 Bei jedem einzelnen Sünder erkenne also die Völker, die dem Reich unterstehen, etwa, dass einer viele Völker hat, die zum Reich der Unzucht gehören, einer viele Völker, die zum Reich des Diebstahls gehören, zu dem der Verleumdung, zu dem des Zorns. Es ist die Aufgabe der zu den „Völkern und Königreichen“ gesandten Worte Gottes, „auszureißen und niederzureißen“.h Jeremia, der noch nicht viele Sünden begangen habe, werde die Gabe des Redens geschenkt. 66 Klostermann nimmt den Satz aus Hieronymus in den griechischen Text auf, Nautin, GCS Orig. 32, 358, hält die Ergänzung für nicht erforderlich und lässt sie in seiner Edition in SC 232, 228 weg (ebenso Smith, FaCh 97, 17). Man kann den Satz als Erläuterung des Übersetzers Hieronymus auffassen, doch fragt man sich, weshalb es diese Erläuterung gebraucht haben sollte. 67 Hieronymus bietet hier folgende Übersetzung: „Herrscht die Unzucht im sündigen Menschen, hat das Reich der Unzucht notwendigerweise seine Völker.“ Klostermann vermutet daher eine Lücke im Text des Codex Scorialensis. 68 Hieronymus übersetzt ἀποστέρησις mit fraus und fährt so fort: „… der Betrug, von dem kaum jemand frei ist, hat sein Reich, und unter seiner Herrschaft hat er viele Völker, und zwar in den einzelnen Arten von Habsucht.“ Den ganzen folgenden Satz lässt er sodann weg und schließt den übernächsten mit et ob id an den zitierten an. Mit dieser Übersetzung gibt er dem Gedanken des Origenes allerdings eine andere Wendung.

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φυτεία, ἣν οὐκ ἐφύτευσεν ὁ πατήρ μου ὁ οὐράνιος, ἐκριζωθήσεται.“a Ἔστι τινὰ ἔνδον ταῖς ψυχαῖς, ἃ οὐκ ἐφύτευσεν ὁ πατὴρ ὁ οὐράνιος· πάντες γὰρ οἱ „διαλογισμοὶ οἱ πονηροί, φόνοι, μοιχεῖαι, , κλοπαί, ψευ­ δομαρτυρίαι, βλασφημίαι“, b φυτεῖαί εἰσι πεφυτευμέναι οὐχ ὑπὸ τοῦ οὐρανίου πατρός. Εἰ θέλεις δὲ ἰδεῖν, τίνος εἰσὶ φυτεῖαι οἱ τοιοῦτοι διαλογι­ σμοί, ἄκουε ὅτι ὁ „ἐχθρὸς ἄνθρωπος τοῦτο ἐποίησεν“, c ὁ ἐπισπείρας τὰ „ζιζάνια μέσον τοῦ σίτου“. d Ἐφέστηκεν οὖν ὁ θεὸς ἔχων τὰ σπέρ­ ματα, καὶ ὁ διάβολος. Ἐὰν διδῶμεν „τόπον τῷ διαβόλῳ“, e ὁ ἐχθρὸς ἐπι­ σπείρει φυτείαν, ἣν οὐκ ἐφύτευσεν ὁ πατὴρ ὁ οὐράνιος, πάντως ἐκριζωθη­ σομένην· ἐὰν μὴ διδῶμεν τόπον τῷ διαβόλῳ, ἀλλὰ διδῶμεν τόπον τῷ θεῷ, χαίρων ὁ θεὸς σπείρει τὰ σπέρματα αὐτοῦ ἐπὶ τὸ ἡγεμονικὸν ἡμῶν. Μὴ νόμιζε τοίνυν τὸν Ἱερεμίαν σκυθρωπόν τι εἰληφέναι δῶρον ἀπὸ τοῦ θεοῦ, ὅτι καθίσταται „ἐπὶ ἔθνη καὶ ἐπὶ βασιλείας, ἐκριζοῦν“. f Ἀγαθὸς ὁ θεός ἐστι διὰ τῶν λόγων ἐκριζῶν τὰ φαῦλα, || τὰς ἐχθρὰς βασιλείας τῶν οὐρανῶν τῇ βασιλείᾳ, τὰ πολεμικὰ ἔθνη τῷ ἔθνει τῷ τοῦ θεοῦ. 15. „Ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν.“ g Ἔστι τις οἰκοδομὴ διαβόλου, ἔστι τις οἰκοδομὴ τοῦ θεοῦ. Ἡ „ἐπὶ τὴν ἄμμον“ οἰκοδομὴ h τοῦ διαβόλου ἐστίν, ἐπ̓ οὐδενὶ γὰρ ἐστήρικται ἑδραίῳ καὶ βεβαίῳ καὶ ἡνωμένῳ· ἡ δὲ οἰκοδομὴ ἡ „ἐπὶ τὴν πέτραν“ i τοῦ θεοῦ ἐστιν. Ὅρα τί λέγεται τοῖς τοῦ θεοῦ· „Θεοῦ γεώργιον, θεοῦ οἰκοδομή ἐστε.“ j Οἱ λόγοι τοίνυν τοῦ θεοῦ „ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας“ εἰσίν, „ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν καὶ ἀπολ­ λύειν“. k Ἐὰν ἐκριζωθῇ μέν, μὴ ἀπόληται δὲ τὸ ἐκριζωθέν, . Ἐὰν κατασκαφῇ μέν, οἱ λίθοι δὲ τῆς | κατασκαφῆς μὴ ἀπόλωνται, ἔστι τὸ κατασκαφέν. Ἔργον οὖν ἐστι τῆς ἀγαθότητος τοῦ θεοῦ, μετὰ τὸ ἐκριζῶσαι ἀπολέσαι τὸ ἐξερριζωμένον, μετὰ τὸ καθελεῖν ἀπολέσαι τὸ καθ­ ῃρημένον. Ἀνάγνωθι ἐπιμελῶς ἐπὶ μὲν τῶν ἀπολλυμένων καὶ ἐκριζουμένων, πῶς ἀπόλλυνται τὰ τοιαῦτα· Τὸ δὲ ἄχυρον κατακαύσατε πυρὶ ἀσβέστῳ l a

b c d Mt. 15,13 Mt. 15,19 Mt. 13,28 Mt. 13,25 Jer. 1,10 hMt. 7,26 i Mt. 7,24f. j 1 Kor. 3,9 kJer. 1,10

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e Eph. 4,27 Mt. 3,12

f

Jer. 1,10

2  ἐν Kl 3  πορνεῖαι Kl nach C (μοιχεῖαι, πορνεῖαι) und H (fornicationes) 7  ἀνὰ Hu nach NT 13  ὅτι Hu mit H (quia) ἔτι S 16  τοῦ Kl 22–23  ἔστι τὸ ἐκριζωθέν Kl mit H (adhuc permanet quod evulsum est)

69 Hieronymus, in Hier. I 6,2 (CChr.SL 74, 6): „‚Jede Pflanze, die nicht der himmlische

Vater gepflanzt hat, wird ausgerottet werden‘ (Mt. 15,13), und ein Bau, der sein Fundament nicht auf einem Felsen hat, sondern im Sand errichtet worden ist (Mt. 7,25f.), wird vom Wort Gottes untergraben und niedergerissen.“ 70 Der Begriff des Hegemonikon (τὸ ἡγεμονικόν) meint bei den Stoikern den „leitenden Seelenteil“, den Zenon laut Diogenes Laërtius VII 110 als „Denkvermögen“ (τὸ διανοητικόν) bestimmte und mit dem „Denken“ bzw. „Verstand“ (ἡ διάνοια) identi-

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Was auszureißen? Der Erlöser lehrte dies, als er sagte: „Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden.“a69 Es gibt einiges Inneren der Seelen, das nicht der himmlische Vater gepflanzt hat; denn alle „schlechten Gedanken, Mord, Ehebruch, , Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung“ b sind Pflanzen, die nicht vom himmlischen Vater gepflanzt worden sind. Wenn du aber wissen willst, wessen Pflanzen derartige Gedanken sind, so höre, dass „der Feind das getan hat“,c der „das Unkraut mitten unter den Weizen“ säte.d Gott ist also da mit den Samen, aber auch der Teufel. Wenn wir „dem Teufel Raum geben“,e sät der Feind eine Pflanze, die nicht der himmlische Vater gepflanzt hat und die vollständig ausgerissen werden wird. Wenn wir dem Teufel keinen Raum geben, sondern Gott Raum geben, sät Gott mit Freude seine Samen in den führenden Teil unserer Seele.70 Meine also nicht, Jeremia habe von Gott eine düstere Gabe empfangen, weil er „über Völker und Königreiche“ gesetzt wurde, „um auszureißen“.f Gott ist gut, wenn er durch seine Worte das Schlechte ausreißt,71 die mit dem Himmelreich verfeindeten Reiche, die das Volk Gottes bekämpfenden Völker. 15. „Ausreißen und niederreißen.“ g Es gibt einen Bau Teufels, es gibt einen Bau Gottes. Der Bau, der „auf Sand“ gebaut ist,h ist der des Teufels, denn er ist auf nichts Stabilem, Beständigem und Einheitlichem errichtet. Der Bau aber, der „auf Fels“ gebaut ist,i ist der Bau Gottes. Schau, was denen gesagt wird, die Gott gehören: „Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr.“ j72 Die Worte Gottes sind also „über Völker und Königreiche, um auszureißen und niederzureißen und zu zerstören“.kWenn zwar ausgerissen, das Ausgerissene aber nicht zerstört wird, . Wenn zwar niedergerissen wird, die Steine des Niedergerissenen aber nicht zerstört werden, besteht das Niedergerissene weiterhin. Aufgabe der Güte Gottes ist es also, nach dem Ausreißen das Ausgerissene zu zerstören, nach dem Niederreißen das Niedergerissene zu zerstören. Lies sorgfältig, auf welche Weise die Dinge, die zerstört und ausgerissen werden, zerstört werden: Verbrennt die Spreu in unauslöschlichem Feuer,l und das Unkraut bindet Bündel für Bün-

fizierte (SVF II 828): Pohlenz, Stoa I, 88f.; Rist, Stoic Philosophy 256–272; Forschner, Stoische Ethik 58–61. Siehe auch unten S. 193 Anm. 176. Origenes, in Ioh. frg. 18 (GCS Orig. 4, 497), kann das ἡγεμονικόν unter anderem als διανοητικόν bezeichnen, identifizierte es jedoch vor allem mit dem „inneren Menschen“ (siehe oben S. 131 Anm. 59), in Eph. frg. 15 (p. 411 Gregg): Christus „nimmt durch den Glauben im inneren Menschen Wohnung, das heißt im führenden Seelenteil“. Siehe dazu Lieske, Logosmystik 103–116; de Lubac, Geist aus der Geschichte 190f. 71 Ebenso in Hiez. hom. 1,12 (GCS Orig. 8, 336) mit Bezug auf Jer. 1,9f.: „Gott ist gütig, wenn er Worte gibt, um auszurotten.“ Siehe ferner unten S. 142 Anm. 85. 72 Eine Reflexion über diesen Vers bietet Origenes, in Regn. hom. lat. 1 (GCS Orig. 8, 1f.).

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καὶ δήσατε δέσμας δέσμας τὰ ζιζάνια καὶ παράδοτε αὐτὰ πυρί.a Οὕτως μετὰ τὸ ἐκριζοῦσθαι ἀπόλλυται. Εἰ θέλεις ἰδεῖν καὶ μετὰ καθαίρεσιν τὰ ἀπολλύμενα τῆς οἰκοδομῆς τῆς ὕλης τῆς φαύλης· χοῦς γίνεται ἡ οἰκία ἐκείνη ἡ διὰ τὴν λέπραν καθῃρημένη καὶ ἐκβάλλεται χοῦς γενομένη „ἔξω τῆς πόλεως“, b ἵνα μηδὲ λίθος ᾖ μένων, ὁμοίως τῷ „ὡς πηλὸν πλατειῶν λεανῶ αὐτούς“. c Δεῖ γὰρ μηδαμῶς συνεστάναι τὰ χείρονα. Κατεσκάφη τι, οἱ λίθοι ἔστωσαν χρήσιμοι πρὸς [τὴν] ἄλλην οἰκοδομήν, ἣν δύναται οἰκοδο­ μεῖν ὁ πονηρός· ἐξερριζώθη, μὴ πάλιν ἐκ τῶν ἐξερριζωμένων εὕρῃ σπέρμα­ τα, ἵνα ἐπισπείρῃ πάλιν τὰ ζιζάνια· d πάντως γὰρ ἔχων τὰ σπέρματα τῶν ζιζανίων, ἐπέσπειρεν αὐτά. Διὰ τοῦτο δήσατε τὰ ζιζάνια καὶ κατακαύσατε αὐτὰ πυρί, e ἵνα μετὰ τὸ ἐκριζωθῆναι ἀπόληται, καὶ μετὰ τὸ κατασκαφῆναι ἡ τοῦ διαβόλου οἰκοδομὴ ἀπόληται. 16. Ἀλλ̓ οὐκ ἐν τού||τοις ἵστανται οἱ λόγοι τοῦ θεοῦ, ἐπὶ τῷ „ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν καὶ ἀπολλύειν“. Ἔστω γὰρ ἐκρεριζωμένα ἀπ̓ ἐμοῦ τὰ φαῦλα, κατασκαφέντα τὰ χείρονα, τί μοι ὄφελος, ἐὰν μὴ ἀντὶ τῶν ἐκριζω­ θέντων καταφυτευθῇ τὰ κρείττονα; Τί μοι ὄφελος, ἐὰν μὴ ἀντὶ τούτων ἀνοικοδομηθῇ τὰ διαφέροντα; Διὰ τοῦτο οἱ τοῦ θεοῦ λόγοι ποιοῦσι πρῶτον ἀναγκαίως τὸ „ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν καὶ ἀπολλύειν“, μεθ̓ ἃ καὶ καταφυτεύειν“. f Καὶ ἀεὶ ἐν τῇ γραφῇ τετηρήκαμεν τὰ σκυθρωποφανῆ, ἵν̓ οὕτως ὀνομάσω, πρῶτα ὀνομαζόμενα, εἶτα τὰ δοκοῦν­ τα εἶναι ἱλαρὰ δεύτερα λεγόμενα. „Ἐγὼ ἀποκτενῶ καὶ ζῆν ποιήσω.“ g ἀμήχανον γάρ, ὃ πεποίηκε ζῆν ὁ θεός, ἀναιρεθῆναι ὑπ̓ αὐτοῦ ἢ ὑπ̓ ἄλλου τινός. Ἀλλ̓ „ἐγὼ ἀποκτενῶ καὶ ζῆν ποιήσω“. Τίνα ἀποκτενῶ; Παῦλον τὸν προδότην, Παῦλον τὸν διώκτην· καὶ ζῆν ποιήσω, ἵνα γένηται Παῦλος ἀπόστολος Ἰη­ σοῦ Χρι|στοῦ. h Ταῦτα εἰ νενοήκεισαν οἱ ταλαίπωροι οἱ ἀπὸ τῶν αἱρέσεων, οὐκ ἂν αὐτὰ συνεχῶς προέφερον ἡμῖν λέγοντες· Ὁρᾷς θεὸν τὸν τοῦ νόμου πῶς ἐστιν ἄγριος καὶ ἀπάνθρωπος καὶ λέγει· „Ἐγὼ ἀποκτενῶ καὶ a

Mt. 13,30 Dtn. 32,39

g

b h

c Lev. 14,40 Ps. 17(18),43 2 Kor. 1,1 u.ö.

d

Mt. 13,25

e

Mt. 13,30

f

Jer. 1,10

5  ὁμοίως τῷ Hu H (iuxta quod scriptum est) ὁμοίως τὸ S 6  τι Bl Kl H (aliquid) δέ S Nt 6  μὴ Kl Nt 7  τὴν S Nt del. Kl 10  κατακαύσατε Co καταπαύσατε S 18–19  τὸ οἰκοδομεῖν Kl mit H (aedificant) 21–22  οὐκ – ἀποκτενῶ Kl mit H (Non dixit: Ego uiuificabo, et postea: Occidam) 27  τὸν1 Kl 28  λέγει Co H (dicit) λέγοι S 73 Siehe dazu in Hier. frg. 41 (GCS Orig. 32, 219). 74 Σκυθρωποφανής ist ein Neologismus des Origenes (nicht verzeichnet in LSJ): siehe

oben S. 122 Anm. 37 (nicht verzeichnet von Perrone, Approximations origéniennes).

75 Vgl. dazu ausführlich in Hier. hom. 16,6 (GCS Orig. 32, 138f.). 76 In Hier. hom. 12,5 (GCS Orig. 32, 91), 18,9 (32, 163) und lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8,

300) verweist Origenes ebenfalls pauschal auf Häretiker, ebd. 10,5 (32, 75) und 17,2 (32, 144) werden Markion, Basilides und Valentin genannt. In Hiez. hom. 1,12 (GCS Orig.

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del und werft es ins Feuer!a Auf diese Weise wird es nach dem Ausreißen zerstört. Wenn du ferner sehen willst, wie der Bau aus schlechtem Material nach dem Niederreißen zerstört ist: Staub wird jenes Haus, das wegen Aussatz niedergerissen wird, und Staub geworden, wird es „aus der Stadt“ hinausgeworfen,b auf dass nicht ein Stein bleibt, wie es heißt: „Wie den Lehm der Straßen werde ich sie zerstampfen.“ c Denn das Schlechte darf auf keinen Fall bestehen bleiben. Es wurde etwas niedergerissen: Die Steine sollen liegen bleiben, um für einen [den] anderen Bau benutzt zu werden, den der Böse bauen kann.73 Es wurde ausgerissen: Nicht soll er (sc. der Böse) aus dem Ausgerissenen wieder Samen finden, um wieder Unkraut auszusäen,d denn hätte er die Samen des Unkrauts, würde er sie auf jeden Fall aussäen. Deswegen bindet das Unkraut zusammen und verbrennt es im Feuer,e damit es nach dem Ausreißen zerstört wird und der Bau des Teufels nach dem Niederreißen zerstört wird. 16. Doch bleiben die Worte Gottes nicht dabei stehen, beim „Ausreißen und Niederreißen und Zerstören“. Denn mag das Böse aus mir ausgerissen sein, das Schlechte niedergerissen, was nützte mir das, wenn anstelle des Ausgerissenen nicht das Bessere eingepflanzt würde? Was nützte mir das, wenn stattdessen nicht das Gegenteil aufgebaut würde? Deswegen bewirken die Worte Gottes zuerst notwendigerweise das „Ausreißen und Niederreißen und Zerstören“, danach und Einpflanzen“.f Und wir haben beobachtet, dass in der Schrift das traurig Erscheinende – um es so zu nennen74 – immer zuerst genannt und dann das, was heiter zu sein scheint, als zweites erwähnt wird: „Ich werde töten und ich werde lebendig machen.“ g75 Es ist nämlich unmöglich, dass das, was Gott lebendig gemacht hat, von ihm oder von jemand anderem beseitigt wird. Es heißt vielmehr: „Ich werde töten und ich werde lebendig machen.“ Wen werde ich töten? Paulus, den Verräter, Paulus, den Verfolger. Und ich werde ihn lebendig machen, damit er Paulus, Apostel Jesu Christi,h wird. Hätten die armseligen Häretiker76 dies verstanden, würden sie es uns nicht ständig vorhalten, indem sie sagen: Siehst du, wie grausam und unmenschlich Gott des Gesetzes ist, wenn er sagt: „Ich werde töten und ich werde lebendig machen“? Erkennst du in den Schriften nicht die Verheißung von der Auferstehung der Toten?77 Oder

8, 336) wird der hier vor allem gemeinte Markion bei der Auslegung von Jer. 1,9f. namentlich erwähnt. 77 Origenes – der hiermit bereits zur Gegenfrage übergeht – hat den markionitischen und gnostischen Häretikern oft vorgeworfen, nur die erste Hälfte dieses Verses wahrzunehmen, die zweite aber zu übersehen: in Hier. hom. 12,5 (GCS Orig. 32, 91f.); in Luc. hom. 16,4 (GCS Orig. 92, 97); Cels. II 24 (GCS Orig. 1, 153f.); in Matth. comm. XV 11 (GCS Orig. 10, 378f.).

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Ὁμιλία αʹ

ζῆν ποιήσω“; Οὐ βλέπεις ἐν ταῖς γραφαῖς ἐπαγγελίαν ἀναστάσεως νεκρῶν; Ἢ οὐχ ὁρᾷς τὴν ἀνάστασιν τῶν νεκρῶν ἤδη προοιμιαζομένην καθ̓ ἕκαστον; „Συνετάφημεν τῷ Χριστῷ διὰ τοῦ βαπτίσματος καὶ συνανέστημεν αὐτῷ.“a Οὐκοῦν ἀπὸ σκυθρωποτέρων μὲν φωνῶν, ἀναγκαίων δὲ ἄρχεται οἷον „ἀποκτενῶ“, εἶτα ἀποκτείνας „καὶ ζῆν ποιήσω· πατάξω, κἀγὼ ἰάσομαι“· b „ὃν γὰρ ἀγαπᾷ κύριος παιδεύει, μαστιγοῖ δὲ πάντα υἱὸν ὃν παραδέχε­ ται.“ c Πρῶτον πατάσσει καὶ μετὰ τοῦτο ἰᾶται· „Αὐτὸς γὰρ ἀλγεῖν ποιεῖ καὶ πάλιν ἀποκαθίστησιν.“ d Οὕτω δὲ καὶ ἐνθάδε· „Καθέστακά σε σήμερον ἐπὶ ἔθνη καὶ βασιλείας, ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν καὶ ἀπολλύειν καὶ ἀνοι­ κοδομεῖν καὶ καταφυτεύειν.“ e Πλὴν πρῶ||τόν ἐστιν ἐκεῖνα τὰ φαῦλα ρεθῆναι ἀφ̓ ἡμῶν. Οὐ δύναται εἰς τὸν τόπον τῆς οἰκοδομῆς τῆς φαύλης οἰκοδομεῖν ὁ θεός. „Τίς γὰρ μετοχὴ δικαιοσύνῃ καὶ ἀνομίᾳ; Τίς κοινωνία φωτὶ πρὸς σκότος;“ f Δεῖ τὴν κακίαν ἐκ βάθρων ἐκριζωθῆναι, δεῖ τὴν οἰκοδομὴν τῆς κακίας καταναλωθῆναι ἀπὸ τῆς ψυχῆς ἡμῶν, ἵνα μετὰ ταῦτα οἱ λόγοι οἰκοδομῶσι · οὐ δύναμαι γὰρ ἄλλως νοῆσαι τὰ γεγραμμένα· „Ἰδοὺ δέδωκα τοὺς λόγους μου εἰς τὸ στόμα σου.“ g Τί ποιοῦσιν οἱ λόγοι; „Ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν καὶ ἀπολλύειν.“ h Λόγοι ἐκριζοῦσιν „ἔθνη“, λόγοι | κατασκάπτουσι „βασιλείας“, ταύτας τὰς σωματικὰς καὶ κοσμικάς. Ἀξίως λόγων κατασκαπτόντων, ἀξίως λόγων ἐκριζούντων νόει τὰ ἐκριζούμενα ὑπὸ λόγων, τὰ κατασκαπτό­ μενα ὑπὸ λόγων. Ἆρα ἄρτι ἐν τοῖς λεγομένοις οὐκ ἔστι δύναμις, ἐὰν ὁ θεὸς διδῷ (κατὰ τὸ „κύριος δώσει ῥῆμα τοῖς εὐαγγελιζομένοις δυνάμει πολλῇ“ i), a f

Röm. 6,4 (vgl. Kol. 2,12) bDtn. 32,39 cHebr. 12,6 2 Kor. 6,14 gJer. 1,9 hJer. 1,10 i Ps. 67(68),12

d

Ijob 5,18

e

Jer. 1,10

1  ἐπαγγελίαν Kl mit H (adnuntiationem) ἀπαγγελίαν S 11  ἀφαιρεθῆναι Kl mit H (auferantur) ῥηθῆναι S 15  οἰκοδομῶσι καὶ φυτεύωσι Kl mit H (aedificent atque plantent) οἰκοδομηθῶσιν S 15  ἄλλως Kl mit H (aliter) ὅλως S 18–19  ἀλλ̓ οὐ τὰς βασιλείας Kl mit H (sed non regna) 78 Origenes zitiert Röm. 6,4 oft mit der Ergänzung „und mit ihm begraben worden“,

neben unten in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32, 172) noch in Ioh. comm. I 27,182 (GCS Orig. 4, 33f.); Cels. II 69 (GCS Orig. 1, 190); lat. ebenso: in Matth. comm. ser. 77 (GCS Orig. 11, 184). Siehe dazu Nautin, SC 232, 122. 79 Derselbe Gedanke in Ios. hom. 13,3f. (GCS Orig. 7, 373f.). Vgl. Hieronymus, in Hier. I 6,1 (CChr.SL 74, 6): „Das Gute könnte ja nicht aufgebaut werden, würde das Schlechte nicht niedergerissen, und das Beste könnte nicht gepflanzt werden, würde das Schlechteste nicht ausgerissen.“ 80 Die Hinzufügung von τοῦ θεοῦ zu οἱ λόγοι aus Hieronymus hat schon Klostermann in den „Nachträgen und Berichtigungen“ zu seiner Ausgabe, GCS Orig. 3, 348, für „sehr unsicher“ erklärt, „da Dei in H auch sehr zweifelhaft“ ist. Nautin, GCS Orig. 32, 358, hält sie sogar für schädlich, weil die Worte, die aufbauen, für Origenes nicht nur die Worte Gottes, sondern auch die Worte der theologischen Lehrer sind. Smith, FaCh 97, 21, lässt diese Hinzufügung in seiner Übersetzung ebenfalls fort.

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siehst du nicht, dass die Auferstehung der Toten schon ihr Vorspiel bei jedem Einzelnen hat? „Wir sind durch die Taufe mit Christus begraben worden und mit ihm auferstanden.“a78 Es beginnt also mit den düstereren, aber notwendigen Worten wie: „Ich werde töten“, dann – nach dem Töten – kommt: „und ich werde lebendig machen; ich werde schlagen, und ich werde heilen.“ b „Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er geißelt jeden Sohn, den er annimmt.“ c Zuerst schlägt er, und danach heilt er. „Er bereitet nämlich Schmerzen und stellt wieder her.“ d So auch hier: „Ich habe dich heute über Völker und Königreiche gesetzt, um auszureißen und niederzureißen und zu zerstören, und um wieder aufzubauen und einzupflanzen.“ e Allerdings muss zuerst jenes Schlechte aus uns entfernt werden. Gott kann nicht an den Ort bauen, an dem der schlechte Bau steht.79 „Denn was haben Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit miteinander gemein? Was hat das Licht mit der Finsternis gemeinsam?“ f Die Schlechtigkeit muss von Grund auf ausgerissen werden, der Bau der Schlechtigkeit muss aus unseren Seelen entfernt werden, damit danach die Worte80 aufbauen . Anders kann ich nämlich nicht verstehen, was geschrieben steht: „Siehe, ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt.“ g Was bewirken die Worte? „Ausreißen und Niederreißen und Zerstören.“ h Worte reißen „Völker“ aus, Worte reißen „Königreiche“ nieder, diese materiellen und weltlichen . Verstehe das, was von Worten ausgerissen, was von Worten niedergerissen wird, auf eine Weise, die den niederreißenden Worten, den ausreißenden Worten angemessen ist!81 Ist denn in dem nunmehr Gesagten nicht eine Kraft enthalten, wenn Gott es eingibt – gemäß der Aussage: „Der Herr wird denen ein Wort eingeben, die mit großer Kraft Frohes verkünden“ i82 –, eine Kraft, die ausreißt, wenn Unglaube, wenn Heuchelei,83 wenn Unzucht, wenn Zügellosigkeit da sind? Die 81 Siehe dazu oben S. 118 Anm. 28. 82 Vgl. Cels. VI 2 (GCS Orig. 2, 71f.) im Anschluss an 1 Kor. 2,4f. und Ps. 67(68),12:

„Das göttliche Wort (der Schrift) bringt damit zum Ausdruck, dass eine Rede, selbst wenn sie an sich wahr und höchst glaubwürdig ist, nicht genügt, um die menschliche Seele zu berühren, wenn dem Redner nicht auch eine gewisse Kraft von Gott gegeben wird und Anmut seine Worte schmückt, die ebenfalls nicht ohne göttliches Wirken denen zuteilwird, die mit ihren Reden erfolgreich sind.“ Übersetzung: Barthold, FC 50/4, 1007. Auch in Regn. hom. lat. 2 (GCS Orig. 8, 3) betont Origenes angesichts der Schwierigkeit der Aussage in 1 Sam. 1,1, „dass ihre Auslegung ohne die Gnade einer göttlichen Kraft nicht erfolgen kann“. Übersetzung: Fürst, OWD 7, 123. Siehe auch oben S. 118 Anm. 25. – Zur Präsenz des Wortes Gottes in der Auslegung des Predigers, wodurch es seine Wirkung auf die Zuhörer entfaltet, siehe Torjesen, Hermeneutical Procedure 135–138. 83 Zur Bewertung der Heuchelei als einem der schlimmsten Laster, das hier gleich auf den Unglauben folgt und noch vor der Unzucht steht, siehe Wilckens/Kehl/Ho­ heisel, Art. Heuchelei 1224–1226.

Ὁμιλία αʹ

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δύναμις ἐκριζοῦσα, εἴ τις ἀπιστία, εἴ τις ὑπόκρισις, εἴ τις πονηρία, εἴ τις ἀκολασία; Οὐκ ἔστι κατασκάπτουσα, εἴ που εἰδωλεῖον ᾠκοδόμηται εἰς τὴν καρδίαν; Ἵνα ἐκείνου κατασκαφέντος οἰκοδομηθῇ ναὸς τοῦ θεοῦ,a καὶ δόξα τοῦ θεοῦ εὑρεθῇ ἐν τῷ ἀνοικοδομηθέντι ναῷ, καὶ γένηται οὐκ ἄλσος, b ἀλλὰ φυτεία c παράδεισος d τοῦ θεοῦ, ὅπου ὁ ναὸς τοῦ θεοῦ ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ· „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ e a

1 Kor. 3,16; 2 Kor. 6,16

b

Jer. 3,6

c

Mt. 15,13

d

Gen. 2,8

e

1 Petr. 4,11

84 Vgl. dazu die Polemik gegen heidnische Kultbräuche in Hier. hom. 4,4 (GCS Orig. 32,

27). Eine ähnliche Reflexion in Barn. 16,6–10 (SUC 2, 184. 186) über den Tempel Gottes richtet sich nicht, wie hier, gegen heidnische Kulte, sondern gegen den jüdischen Tempel. 85 In den nach den Jeremiahomilien gehaltenen Predigten über das Buch Josua (siehe oben S. 6f.) bezieht Origenes sich auf diese Ausführungen: in Ios. hom. 13,3f. (GCS Orig. 7, 373f.). Im selben Sinn deutet er Jer. 1,9f. öfter: in Num. hom. 13,2 (GCS Orig. 7, 110); in Hiez. hom. 1,12 (GCS Orig. 8, 336): „Gott ist gütig, wenn er Worte gibt, um auszureißen. Doch was bedeutet es, auszureißen und niederzureißen? Gibt es eine böse Pflanze im Herzen, gibt es eine nichtswürdige Häresie – diese reißt das prophetische Wort aus, diese reißt es nieder. Möchte doch auch mir ein solches Wort gegeben werden, das die Samen der Häretiker und die aus dem Quell des Teufels fließende Lehre ausreißt, das aus der Seele des soeben neu in die Kirche Eingetretenen die Pflanze des Götzendienstes entfernt! ‚Ich habe meine Worte in deinen Mund gelegt; siehe, ich habe dich eingesetzt, um auszureißen und zu vernichten‘, und zwar um jeden schlechten Bau zu zerstören.“ Cels. IV 1 (GCS Orig. 1, 273f.): „In den drei vorausgehenden Büchern haben wir, ehrwürdiger Ambrosius, unsere Gedanken zur Schrift des Kelsos ausführlich dargelegt, das vierte richten wir nun gegen die folgenden Anwürfe, nachdem wir uns im Gebet durch Christus zu Gott gewendet haben. Mögen uns solche Worte eingegeben werden, wie sie sich bei Jeremia finden, als der

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

niederreißt, wenn irgendwo ein Götzentempel im Herzen gebaut worden ist? Damit, ist dieser niedergerissen, der Tempel Gottesa gebaut wird und die Herrlichkeit Gottes im wiedererbauten Tempel zu finden ist und kein Hain b84 dort entsteht, sondern eine Pflanze,c ein Garten d Gottes, und darin der Tempel Gottes in Christus Jesus.85 „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ e

Herr zum Propheten sprach: ‚Siehe, ich habe meine Worte in deinen Mund wie Feuer gelegt. Siehe, ich habe dich heute über Völker und Königreiche gesetzt, um zu entwurzeln und niederzureißen und aufzulösen und herabzuziehen und um wieder aufzubauen und neu zu pflanzen‘ (Jer. 1,9f.). Und auch wir wünschen uns jetzt Worte, die in jeder Seele, die durch die Schrift des Kelsos oder ähnliche Gedanken korrumpiert ist, alle gegen die Wahrheit gerichteten Auffassungen ‚entwurzeln‘. Es bedarf aber auch der Gedanken, die die Gebäude jeder falschen Meinung ‚niederreißen‘ und ebenso das Gebäude des Kelsos in seiner Schrift, das dem Bau der Menschen ähnlich ist, die sagen: ‚Auf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis zum Himmel reicht!‘ (Gen. 11,4). Aber wir benötigen auch Weisheit, die ‚jede Selbstüberhebung‘ ‚herabzieht‘, ‚die sich gegen die Erkenntnis Gottes auflehnt‘ (2 Kor. 10,5) und gegen die anmaßende ‚Selbstüberhebung‘ des Kelsos, ‚die sich gegen‘ uns ‚auflehnt‘. Da wir also nicht aufhören dürfen, die zuvorgenannten Irrtümer ‚zu entwurzeln und niederzureißen‘, sondern an der Stelle des Entwurzelten Gewächse eines gottgefälligen Gartens (vgl. 1 Kor. 3,9) ‚neu zu pflanzen‘ und am Ort der niedergerissenen Gebäude ein Gebäude Gottes und einen Tempel der Herrlichkeit Gottes errichten müssen, deswegen müssen wir auch den Herrn bitten, der das verliehen hat, was bei Jeremia geschrieben steht, dass er auch uns Worte schenke, um das Gebäude Christi zu errichten und das geistige Gesetz ‚neu zu pflanzen‘ sowie die prophetischen Worte, die ihm entsprechen.“ Übersetzung: Barthold, FC 50/3, 661.

Εἰς τὸ „πῶς ἐστράφης εἰς πικρίαν, ἡ ἄμπελος ἡ ἀλλοτρία;“ μέχρι τοῦ „ἐὰν ἀποπλύνῃ ἐν νίτρῳ καὶ πληθύνῃς σεαυτῇ πόαν, κεκηλίδωσαι ἐν ταῖς ἀδικίαις σου ἐναντίον ἐμοῦ, λέγει κύριος“.a

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1. „Ὁ θεὸς θάνατον οὐκ ἐποίησεν, οὐδὲ τέρπεται ἐπ̓ ἀπωλείᾳ ζώντων· ἔκτισε γὰρ εἰς τὸ εἶναι τὰ πάντα, καὶ σωτήριοι αἱ γενέσεις τοῦ κόσμου, καὶ οὐκ ἔστιν ἐν αὐταῖς φάρμακον ὀλέθρου, οὐδὲ ᾅδου βασίλειον ἐπὶ γῆς.“ b || Εἶτα ὀλίγον ὑπερβὰς τὸ ῥητὸν ἐρῶ, πόθεν οὖν θάνατος εἰσῆλθεν· „Φθόνῳ δὲ διαβόλου θάνατος εἰσῆλθεν εἰς τὸν κόσμον.“ c Εἴ τι οὖν ἄριστον περὶ ἡμᾶς, ὁ θεὸς πεποίηκεν, ἡμεῖς δὲ ἑαυτοῖς ἐκτίσαμεν τὴν κακίαν καὶ τὰς ἁμαρτίας. Διὰ τοῦτο καὶ ἐν|θάδε ἡ ἀρχὴ τοῦ ἀναγνώσματος ἡ ἐν τῷ προ­ φήτῃ οἷον ἐπαπορητικῶς ἔλεγεν πρὸς τοὺς πικρότητα ἐσχηκότας ἐν τῇ ψυχῇ ἐναντίαν τῇ γλυκύτητι, ἣν ὁ θεὸς κατεσκεύασεν αὐτῇ· „Πῶς ἐστρά­ φης εἰς πικρίαν, ἡ ἄμπελος ἡ ἀλλοτρία;“ d Ὡσεὶ ἔλεγε· Χωλότητα οὐκ ἐποίη­ σεν ὁ θεός, ἀλλ̓ ἀρτίποδας πεποίηκε πάντας, αἰτία δὲ γεγένηται τοῦ χωλανθῆναι τοὺς κεχωλωμένους; Καὶ πεποίηκεν ὁ θεὸς τὰ μέλη πάντα προηγουμένως ὑγιαίνοντα, γέγονε δέ τις αἰτία τοῦ παθεῖν τινα; Τὸν αὐτὸν τρόπον ἡ ψυχὴ οὐ τοῦ πρώτου μόνου γέγονε „κατ̓ εἰκόνα“, ἀλλὰ παντὸς ἀνθρώπου. Τὸ γὰρ „Ποιήσωμεν ἄνθρωπον κατ̓ εἰκόνα καὶ καθ̓ ὁμοίωσιν ἡμετέραν“ e φθάνει ἐπὶ πάντας ἀνθρώπους. Καὶ ἔστι πρεσβύτερον ὥσπερ ἐν τῷ Ἀδὰμ ἐκεῖνο ὃ οἱ πολλοὶ νοοῦσι τὸ „κατ̓ εἰκόνα“ τοῦ προσειλημμένου a

Jer. 2,21f.

b

Weish. 1,13f.

2  μέχρι Kl μέχρις S mit H (qua causa)

c

Weish. 2,24

d

Jer. 2,21

e

Gen. 1,26

10  ἄριστον C Del Kl Nt ἀρεστὸν S We

16  τίς αἰτία Co Kl

86 Das hier vorkommende Wort πόα bedeutet „Gras“. Es übersetzt das hebräische ‫ברית‬

(borith), das die „Lauge“ bezeichnet, die aus einer Grassorte (Waschgras) gewonnen wurde. 87 Eusebius, praep. ev. XIII 3,38f. (GCS Eus. 8/2, 174f.), referiert die drei von Origenes hier zitierten Bibelstellen als Belege dafür, dass es „Lehre der Hebräer (d.h. der Bibel) ist, dass Gott (der laut Gen. 1,4.31 nur Gutes erschafft) nicht auch der Urheber des Bösen ist“. 88 Klostermann fasst τίς in diesem Satz als Fragepartikel auf, versteht beide Sätze von daher als Fragesätze und ergänzt im ersten Satz aus Hieronymus ein τίς vor αἰτία.

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Über: „Wie hast du dich in Bitterkeit verwandelt, du fremder Weinstock?“ bis: „Auch wenn du dich mit Natron abwäschst und mit Lauge86 überschüttest, bist du in deinen Ungerechtigkeiten vor mir befleckt, spricht der Herr.“a 5

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HOMILIE 2 1. „Gott hat den Tod nicht gemacht, und er hat keine Freude am Untergang des Lebendigen. Zum Dasein hat er nämlich alles erschaffen, und wohlbewahrt sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, und die Unterwelt hat keine Macht auf Erden.“ b Im Anschluss daran übergehe ich ein Stück Text und werde zitieren, woher nun der Tod gekommen ist: „Durch den Neid des Teufels aber ist der Tod in die Welt hineingekommen.“ c Wo es also etwas Vortreffliches bei uns gibt, hat Gott es geschaffen, wir selbst aber haben uns die Schlechtigkeit und die Sünden erschaffen. Aus diesem Grund richtete sich auch an der vorliegenden Stelle der Beginn der Lesung aus dem Propheten gleichsam mit einer aporetischen Frage an Leute, die Bitterkeit in der Seele haben anstelle der Süßigkeit, mit der Gott sie ausgestattet hat: „Wie hast du dich in Bitterkeit verwandelt, du fremder Weinstock?“ d87 Das ist, als würde man sagen: Die Lahmheit hat Gott nicht geschaffen, sondern er hat alle mit gesunden Füßen geschaffen; aber wurde zur Ursache dafür, dass die Gelähmten gelähmt sind? Und wenn Gott alle Glieder ursprünglich gesund geschaffen hat, was wurde zur Ursache dafür, dass einige krank sind?88 In gleicher Weise ist die Seele nicht nur des ersten, sondern jedes Menschen „nach dem Bild“ entstanden. Denn die Aussage: „Lasst uns den Menschen nach unserem Bild und Gleichnis schaffen“ e bezieht sich auf alle Menschen.89 Und wie in Adam jenes, was die meisten unter

Weil mit ὡσεὶ ἔλεγε das ἔλεγεν der vorausgehenden Frage expliziert wird, scheint uns dies das richtige Verständnis des Textes zu sein. Schadel, BGrL 10, 67, und Smith, FaCh 97, 23, übersetzen in diesem Sinn. Nautin, SC 232, 238, hingegen behandelt τις im zweiten Satz enklitisch (wogegen die Stellung vor dem Subjekt spricht), liest beide Sätze als Aussagesätze und hält die Hinzufügung von τίς im ersten Satz für „inutile“ (GCS Orig. 32, 358). 89 Auch in Ioh. comm. XIII 50,331 (GCS Orig. 4, 278) weist Origenes zu Gen. 1,26 darauf hin, dass „Gott das über alle Menschen sagt“. Vgl. ferner ebd. II 23,148 (4, 79); Cels. VII 66 (GCS Orig. 2, 216).

Ὁμιλία βʹ

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αὐτῷ, ὅτε ἐφόρεσε διὰ τὴν ἁμαρτίαν „τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ“,a οὕτως ἐν πᾶσι πρεσβύτερον τὸ „κατ̓ εἰκόνα“ θεοῦ τῆς εἰκόνος τῆς χείρονος. „Ἐφορέ­ σαμεν“ ἁμαρτωλοὶ ὄντες „τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ, φορέσωμεν“ μετανοοῦντες „τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπουρανίου.“ b Πλὴν ἡ κτίσις γέγονεν ἐν εἰκόνι τοῦ ἐπου­ ρανίου. Ἀπορεῖ οὖν ἐνθάδε πρὸς τοὺς ἁμαρτάνοντας ἐλεγκτικῶς λέγων ὁ λόγος· „Πῶς ἐστράφης εἰς πικρίαν, ἡ ἄμπελος ἡ ἀλλοτρία; Ἐγὼ“ γὰρ „ἐφύτευσά σε ἄμπελον καρποφόρον πᾶσαν ἀληθινήν.“ c Ἐν τοῖς πρὸ τούτων λέλεκται, καὶ ἐπαναλαβὼν ὀλίγα πείσω ὑμᾶς, ὅτι θεὸς μὲν καλὴν ἄμπελον ἐφύτευσε τὴν τοῦ ἀνθρώπου ψυχήν, ἕκαστος δὲ στραφεὶς γέγονεν ἐναντίος τῷ βουλήματι τοῦ κτίσαντος. „Ἐγὼ δὲ ἐφύτευσά σε ἄμπελον καρποφόρον πᾶσαν“, οὐκ ἐκ μέρους „ἀληθινήν“ οὐδὲ τὴν μὲν ἀληθινὴν τὴν δὲ ψευδῆ, ἀλλ̓ „ἐγὼ ἐφύτευσά σε ἄμπελον καρποφόρον πᾶσαν ἀληθινήν· πῶς ἐστρά­ φης“, ἐμοῦ κτίσαντός σε || πᾶσαν ἀληθινὴν ἄμπελον, σὺ „πῶς ἐστράφης εἰς πικρίαν“ καὶ γέγονας ἀλλοτρία ἄμπελος; 2. Μετὰ ταῦτα ἴδωμεν τὸ „ἐὰν ἀποπλύνῃ ἐν νίτρῳ καὶ πληθύνῃς | σεαυτῇ πόαν, κεκηλίδωσαι ἐν ταῖς ἀδικίαις σου ἐναντίον ἐμοῦ, λέγει κύρι­ ος“. d Ἆρα ᾤετό τις ἁμαρτήσασα ψυχὴ νίτρον λαβοῦσα καὶ ἀποπλυναμένη νίτρῳ αἰσθητῷ, ὅτι παύεται τῆς κηλῖδος καὶ παύεται τῆς ἁμαρτίας; Ὑπελάμβανε δέ τις πόαν ταύτην τὴν ἀνατέλλουσαν ἀπὸ γῆς λαβὼν καὶ ἀποπλυνάμενος καὶ ἀποσμηξάμενος καθαρθῆναι τὴν ψυχήν, ὅτι λέγει ἐνταῦθα ὁ λόγος τῇ στραφείσῃ εἰς πικρίαν καὶ γενομένῃ ἀλλοτρίᾳ ἀμπέλῳ· „Ἐὰν ἀποπλύνῃ ἐν νίτρῳ καὶ πληθύνῃς σεαυτῇ πόαν, κεκηλίδωσαι ἐν ταῖς a

1 Kor. 15,49

b

1 Kor. 15,49

c

Jer. 2,21

d

Jer. 2,22

90 „Die meisten“, darunter Origenes, beziehen diese Wendung auf die „vernunftbegab-

te Seele“ (λογικὴ ψυχή): in Gen. frg. D 11 Metzler (OWD 1/1, 160). Vgl. in Gen. hom. 1,13 (GCS Orig. 6, 15); princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 34); III 6,1 (5, 280); dial. 15f. (SC 67, 88); Cels. VI 63 (GCS Orig. 2, 133f.); in Rom. comm. II 9,37 (SC 532, 414); in Cant. comm. prol. 1,1 (OWD 9/1, 56). Siehe auch oben S. 126 Anm. 44. Im notierten Fragment aus dem Genesiskommentar setzt Origenes sich mit der – nach seiner Auskunft beispielsweise von Melito von Sardes vertretenen – Ansicht auseinander, die Wendung „nach dem Bild“ auf den Körper des Menschen zu beziehen; vgl. auch dial. 12 (SC 67, 80). Siehe dazu Crouzel, Théologie de l’image 153–160. 91 Vgl. in Luc. hom. 39,5 (GCS Orig. 92, 219f.): „Im Menschen gibt es zwei Bilder, eines, das er von Gott bei seiner Erschaffung am Anfang erhielt, wie es in der Genesis heißt: ‚nach dem Bild und Gleichnis Gottes‘ (Gen. 1,26), ein anderes des ‚irdischen‘ (1 Kor. 15,49) Menschen, das er, aus dem Paradies wegen seines Ungehorsams und seiner Sünde verbannt, später annahm, als er sich von den Verlockungen des ‚Fürsten dieser Welt‘ (Joh. 12,31) hat bestricken lassen.“ Übersetzung: Sieben, FC 4/2, 389. 92 Origenes sieht in Jer. 2,21 die Frage nach der Herkunft des Bösen angesichts der Gutheit des Schöpfers gestellt. In seinen wiederholten Fragen formuliert er sie mehr-

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„nach dem Bild“ verstehen,90 älter ist als das, was er sich dazuerworben hat, als er wegen der Sünde „das Bild des Irdischen“a trug, so ist in allen Menschen das, was „nach dem Bild“ Gottes ist, älter als das Bild des Schlechteren.91 Als Sünder „trugen wir das Bild des Irdischen“; kehren wir um und „tragen wir das Bild des Himmlischen“! b Jedenfalls ist die Schöpfung im Bild des Himmlischen entstanden. Der Text wirft hier eine aporetische Frage auf, wenn zu den Sündern tadelnd gesagt wird: „Wie hast du dich in Bitterkeit verwandelt, du fremder Weinstock?“ Denn „ich habe dich als fruchtbaren Weinstock gepflanzt, in jeder Hinsicht echt.“ c In den Worten davor hieß es – und indem ich einiges davon aufgreife, hoffe ich euch zu überzeugen –, dass Gott die Seele des Menschen zwar als guten Weinstock gepflanzt hat, aber jeder sich verwandelt hat und in Gegensatz zum Willen des Schöpfers geraten ist. „Ich aber habe dich als fruchtbaren Weinstock gepflanzt, in jeder Hinsicht“, nicht nur zum Teil „echt“, nicht teilweise echt, teilweise unecht, sondern: „Ich habe dich als fruchtbaren Weinstock gepflanzt, in jeder Hinsicht echt. Wie hast du dich verwandelt?“ Wenn ich dich als einen in jeder Hinsicht echten Weinstock erschaffen habe, „wie hast du dich in Bitterkeit verwandelt“ und bist ein fremder Weinstock geworden?92 2. Danach lasst uns die Aussage betrachten: „Auch wenn du dich mit Natron abwäschst und mit Lauge überschüttest, bist du in deinen Ungerechtigkeiten vor mir befleckt, spricht der Herr.“ d Meint denn etwa eine sündige Seele, wenn sie Natron nimmt und sich mit materiellem Natron abwäscht, gehe ihre Befleckung weg und gehe ihre Sünde weg? Nimmt denn jemand an, wenn er dieses aus der Erde sprießende Gras93 nimmt und sich damit abwäscht und abreibt, werde seine Seele gereinigt, weil das Wort hier zu dem Weinberg, der sich in Bitterkeit verwandelt hat und ein fremder Weinberg geworden ist, sagt: „Auch wenn du dich mit Seife abwäschst und mit Lauge überschüttest, bist du in deinen Ungerechtigkeiten vor mir befleckt, spricht mals – ohne sie allerdings zu beantworten, außer mit dem ebenso platonischen (vgl. Platon, Gorg. 523a–527e; Phaid. 73a–76e; polit. X 614a–621d: siehe unten S. 436 Anm. 648) wie christlichen Hinweis, dass nicht Gott, sondern der Mensch dafür verantwortlich sei: princ. I 7,4 (GCS Orig. 5, 90); I 8,1f. (5, 95–98); II 9,7 (5, 170f.); III 3,5 (5, 261f.). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 96–159; Scott, Problem of Evil 49–73. Im Folgenden konzentriert er sich daher auf die Frage nach der Überwindung des Bösen, zu der er einiges mehr zu sagen weiß. Torjesen, Hermeneutical procedure 77, weist darauf hin, dass das Problem der Sünde für Origenes nicht in einer vergangenen Sünde besteht, die Vergebung erfordert, sondern in den sündigen Existenz­ weisen der einzelnen Menschen, die das Wachstum der Seele zur Vollkommenheit verhindern und deshalb geändert werden müssen. Ein Bewusstsein dafür zu wecken und die Zuhörer von ihrem sündigen Dasein wegzurufen ist die oberste Absicht des Origenes in den Jeremiahomilien: ebd. 51f. (siehe dazu auch oben S. 110 Anm. 6). 93 Gemeint ist die aus Waschgras hergestellte Lauge: oben S. 144 Anm. 86.

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ἀδικίαις σου ἐναντίον ἐμοῦ, λέγει κύριος“;a Ἀλλὰ χρὴ εἰδέναι, ὅτι ὁ λόγος πᾶσαν δύναμιν ἔχει· καὶ ὥσπερ πάσης γραφῆς δύναμιν ἔχει, οὕτως ὁ λόγος ἔχει παντὸς φαρμάκου δύναμιν καὶ παντὸς τοῦ καθαρίζοντος δύναμίς ἐστι καὶ σμηκτικώτατος· „Ζῶν γὰρ ὁ λόγος τοῦ θεοῦ καὶ ἐνεργὴς καὶ τομώτερος ὑπὲρ πᾶσαν μάχαιραν δίστομον.“ b Καὶ ὃ ἐὰν εἴπῃς, οὗ ἐστι χρεία, τοῦτό ἐστιν ἐν τῇ δυνάμει τοῦ λόγου. Ἔστιν οὖν τις λόγος νίτρον καὶ ἔστι τις λόγος πόα, ὅστις τοὺς τοιούτους ῥύπους καθαίρει λαληθείς. Ἐπεὶ δὲ ἀπὸ τοῦ τοιούτου λόγου ὅστις ἐστὶ νίτρον καὶ ἀπὸ τοῦ τοιούτου δὲ λόγου ὅς ἐστι πόα οὐ πᾶσα ἁμαρτία θεραπεύεται, ἀλλ̓ ἔστιν ἁμαρτήματα οὐ δεόμενα νίτρου οὐδὲ πόας, λέγεται πρὸς τὴν οἰομένην ἁμαρτήματα ἔχειν ὡς δυνάμενα ἀποπλυθῆναι ἐν νίτρῳ καὶ πόᾳ, τὸ „ἐὰν ἀποπλύνῃ ἐν νίτρῳ καὶ πληθύνῃς σεαυτῇ πόαν, κεκηλί­ δωσαι ἐναντίον ἐμοῦ ἐν ταῖς ἀδικίαις σου, λέγει κύριος“. c Καὶ ὥσπερ τῶν τραυμάτων τινά ἐστιν ἃ μαλάγματι θεραπεύεται, καὶ ἄλλα ἐλαίῳ θεραπεύε­ ται, καὶ ἄλλα δεῖται καταδέσμου καὶ οὕτως ὑγιάζεται, ἄλλα δέ ἐστι τραύματα ἐφ̓ οἷς λέγεται· „Οὐκ ἔστι μάλαγμα ἐπιθεῖναι οὔτε ἔλαιον οὔτε καταδέσμους· ἀλλὰ ἡ γῆ ὑμῶν ἔρημος, αἱ πόλεις ὑμῶν πυρίκαυστοι“· d || οὕτως ἔστι τινὰ ἁμαρτήματα, ἃ ῥυποῖ τὴν ψυχήν, καὶ δεῖται ὁ ἄνθρωπος ἐπὶ τούτοις τοῖς ἁμαρτήμασι λόγου νίτρου, λόγου πόας· ἔστι δέ τινα ἁμαρ­ τήματα, ἃ οὐχ οὕτως θεραπεύεται, οὐδὲ γὰρ ῥύπῳ παραβάλλεται. Διὰ τοῦτο τὰς διαφορὰς τῶν ἁμαρτημάτων ἐπιστάμενος ὁ ἐν τῷ Ἡσαΐᾳ κύριος ὅρα πῶς λέγει τὸ „ἐκπλυνεῖ κύριος τὸν ῥύπον τῶν υἱῶν καὶ τῶν θυγα­ τέρων Σιών, καὶ τὸ αἷμα ἐκκαθαριεῖ ἐκ μέσου αὐτῶν πνεύματι | κρίσεως καὶ πνεύματι καύσεως“. e Ῥύπον καὶ αἷμα· ῥύπον κρίσεως, αἷμα πνεύματι καύσεως. Εἰ „πρὸς θάνατον“ f ἥμαρτες, πλὴν ἥμαρτες, ῥερύ­ πωσαι. „Ἐκπλυνεῖ“ οὖν „κύριος τὸν ῥύπον τῶν υἱῶν καὶ τῶν θυγατέρων Σιών, καὶ τὸ αἷμα ἐκκαθαριεῖ ἐκ μέσου αὐτῶν“, εἶτα ἀνταπόδοσις πρὸς μὲν a

Jer. 2,22

b

Hebr. 4,12

c

Jer. 2,22

d

Jes. 1,6f.

7  ἔστι Co ἔστη S 8  ἐπεὶ δὲ Kl ἐπειδὴ S mit H (spiritu) 25  οὐ Kl

e

Jes. 4,4

f

1 Joh. 5,16f.

12  πόᾳ Co παρὰ S

24  πνεύματι Kl

94 Hinter diesen Aussagen steckt ein dem stoischen Logos ähnliches Konzept, gemäß

dem der Logos aller Dinge an einem universalen Logos teilhat, den Origenes mit dem Wort Gottes in der Bibel bzw. dem inkarnierten Sohn Gottes identifiziert: Cels. IV 3 (GCS Orig. 1, 275f.); V 39 (2, 43f.); VIII 17 (2, 234f.); in Matth. comm. X 2 (GCS Orig. 10, 2). Zu dieser „Kraft“ siehe auch oben S. 118 Anm. 25 und S. 141 Anm. 82. Eine umfassende Studie zu diesem Konzept ist Gögler, Theologie des biblischen Wortes. 95 Vgl. Hieronymus, in Hier. I 30,1 (CChr.SL 74, 22): „Auch das Wort der Kirche, das einen Sünder anklagt, schilt und tadelt, hat Ähnlichkeit mit einer etwas schärferen Seife.“

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der Herr“?a Man muss aber wissen, dass das Wort über alle Kraft verfügt. Und wie es über die Kraft der ganzen Schrift verfügt, so verfügt das Wort über die Kraft eines jeden Heilmittels und ist die Kraft all dessen, was reinigt, ja, es reinigt am besten: „Denn lebendig ist das Wort Gottes und voller Kraft und schärfer als jedes zweischneidige Schwert.“ b Und was auch immer du als notwendig bezeichnest: Es liegt in der Kraft des Wortes.94 Es gibt also ein Wort, das Natron ist, und es gib ein Wort, das Lauge ist, das diese Arten von Schmutz reinigt, wenn es ausgesprochen wird.95 Da jedoch von einem solchen Wort, das Natron ist, und von einem solchen Wort, das Lauge ist, nicht jede Sünde geheilt wird, sondern es Sünden gibt, für die weder Natron noch Lauge taugen, wird zu der Seele, die meint, Sünden zu haben, die mit Natron und Lauge abgewaschen werden könnten, gesagt: „Auch wenn du dich mit Natron abwäschst und mit Lauge überschüttest, bist du in deinen Ungerechtigkeiten vor mir befleckt, spricht der Herr.“ c Und wie von den Wunden einige mit einer Salbe behandelt, andere mit Öl behandelt werden und wiederum andere eines Verbandes bedürfen und auf diese Weise geheilt werden, es aber auch noch andere Wunden gibt, von denen gesagt wird: „Es ist nicht möglich, eine Salbe darauf zu tun, noch Öl oder Verbände; vielmehr ist euer Land verwüstet, sind eure Städte in Flammen aufgegangen“,d so gibt es manche Sünden,96 die die Seele beschmutzen, und für diese Sünden benötigt der Mensch ein Wort als Natron, ein Wort als Lauge.97 Es gibt aber auch manche Sünden, die auf diese Weise nicht geheilt werden, weil sie sich auch nicht mit Schmutz vergleichen lassen. Sieh daher, wie der Herr, der die Unterschiede zwischen den Sünden kennt, im Buch Jesaja sagt: „Abwaschen wird der Herr den Schmutz der Söhne und Töchter Zions, und das Blut wird er aus ihrer Mitte im Geist des Gerichts und im Geist des brennenden Feuers reinigen.“ e Schmutz und Blut: Schmutz des Gerichts, Blut im Geist des brennenden Feuers.98 Wenn du eine Sünde begehst, die „zum Tod“ führt,f hast du jedenfalls gesündigt und bist schmutzig. „Abwaschen“ also „wird der Herr den Schmutz der Söhne und Töchter Zions, und das Blut wird er aus ihrer Mitte reinigen“, und als

96 Auch andernorts bezieht Origenes Jes. 1,6 auf Sünden bzw. Sünder: philoc. 26,5

(SC 226, 252–254): „Unter Wunden, Schwären und Krankheiten ist das zu verstehen, was den nachlässigen Seelen aufgrund ihrer Schlechtigkeit widerfährt“; in Lev. hom. 8,5 (GCS Orig. 6, 402). 97 Vgl. philoc. 27,4 (SC 226, 278): „Das Wort Gottes ist ein Arzt für die Seele. Es wendet die vielfältigsten Behandlungsmethoden an, wie sie zum jeweils richtigen Zeitpunkt zu den Kranken passen.“ 98 Vgl. orat. 29,15 (GCS Orig. 2, 390). Dieselbe Junktur lateinisch in Luc. hom. 14,3 (GCS Orig. 92, 85) im Zitat von Jes. 4,4: spiritu iudicii sordem, et spiritu combustionis sanguinem. Vgl. auch das Zitat von Jes. 4,4 in princ. II 10,6 (GCS Orig. 5, 180).

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„τὸν ῥύπον“ „πνεύματι κρίσεως“ ·a καὶ δεόμεθα οἱ πολλοί, ὅταν χείρονα ἁμάρτωμεν, οὐ νίτρου οὐδὲ τοῦ πληθῦναι πόαν, ἀλλὰ τοῦ πνεύματος τῆς καύσεως. 3. Διὰ τοῦτο ὁ Ἰησοῦς βαπτίζει (τάχα νῦν εὑρίσκω τὸν λόγον) „ἐν πνεύματι [καὶ] ἁγίῳ καὶ πυρί“. b Οὐχ ὅτι τὸν αὐτὸν „ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί“, ἀλλὰ τὸν μὲν ἅγιον ἐν πνεύματι ἁγίῳ, τὸν δὲ μετὰ τὸ πιστεῦσαι, μετὰ τὸ ἀξιωθῆναι ἁγίου πνεύματος, πάλιν ἡμαρτηκότα λούει ἐν πυρί· ὡς μὴ τὸν αὐτὸν εἶναι βαπτιζόμενον ὑπὸ Ἰησοῦ „ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί“. Μακάριος οὖν ὁ βαπτιζόμενος ἐν ἁγίῳ πνεύματι καὶ μὴ δεόμενος βαπτίσμα­ τος τοῦ ἀπὸ πυρός. Τρισάθλιος δὲ ἐκεῖνος, ὅστις χρείαν ἔχει βαπτίσασθαι τῷ πυρί. Πλὴν ἀμφότερα ἔχει ὁ Ἰησοῦς. „Ἐξελεύσεται“ γὰρ „ῥάβδος ἐκ τῆς ῥίζης Ἰεσσαί, καὶ ἄνθος ἐκ τῆς ῥίζης ἀναβήσεται“, c ῥάβδος ἐπὶ τοὺς κολα­ ζομένους, . Οὕτως „ὁ θεὸς πῦρ καταναλίσκον“ d ἐστί, καὶ „ὁ θεὸς φῶς ἐστι“· e πῦρ καταναλίσκον τοῖς ἁμαρτωλοῖς, φῶς τοῖς δικαίοις καὶ ἁγίοις. Καὶ „μακάριος ὁ ἔχων μέρος ἐν τῇ ἀναστάσει τῇ πρώτῃ“, f ὁ τηρήσας τὸ βάπτισμα τοῦ ἁγίου πνεύματος. Τίς ἐστιν ὁ ἐν ἑτέρᾳ | σῳζόμενος ἀναστάσει; Ὁ δεόμενος βαπτίσματος τοῦ ἀπὸ πυρός, a

Jes. 4,4

b

Lk. 3,16

c

Jes. 11,1

d

Hebr. 12,29; Dtn. 4,24; 9,3

e

1 Joh. 1,5

f

1–2  πρὸς – καύσεως Bl 5  καὶ1 del. Co 5  ἁγίῳ2 καὶ3 Co H καὶ ἁγίῳ S – δικαίους Kl mit H (flos iustis) 15  μακάριος Co H (beatus) μακαρίοις S

Offb. 20,6 13  ἄνθος

99 Hieronymus versucht diesen komplizierten Abschnitt durch eine freie Übersetzung

klarer zu machen: Si peccasti et peccatorum sorde pollutus es, ‚lauabit Dominus sordes filiorum et filiarum Sion, et sanguinem emundabit de medio eorum‘. Si autem mortale peccatum est, non possumus nitro poaque mundari et spiritu iudicii, sed spiritu combustionis et poenae – „Wenn du gesündigt und dich mit dem Schmutz von Sünden befleckt hast, ‚wird der Herr den Schmutz der Söhne und Töchter Zions abwaschen, und das Blut wird er aus ihrer Mitte reinigen‘ (Jes. 4,4). Wenn es sich aber um eine Todsünde handelt, können wir nicht mit Natron und Lauge und im Geist des Gerichts gereinigt werden, sondern nur im Geist des brennenden Feuers und der Strafe.“ In seinem Jeremiakommentar drückt er den Gedanken so aus (in Fortsetzung des oben S. 148 Anm. 95 zitierten Satzes), in Hier. I 30,2 (CChr.SL 74, 22): „Wer aber mit dem Schmutz leichterer Sünden befleckt ist, wird mit leichteren Ermahnungen gereinigt. Und schwere Sünden, die zum Tod führen, können weder mit Natron noch mit dem Gras borith (Hieronymus gibt das hebräische Wort für ‚Waschgras‘ = ‚Lauge‘ wieder: siehe oben S. 144 Anm. 86) abgewaschen werden, sondern haben schwerere Strafen nötig.“ 100 Ebenso in Luc. hom. 24 (GCS Orig. 92, 148). Schon Clemens von Alexandria, strom. VI 108f. (GCS Clem. Al. 24, 486), hat eine solche Theorie entwickelt. Trigg, Bible and Philosophy 193, deutet die Stelle so, dass die Taufe im Heiligen Geist eine weitere Stufe der Seligkeit sei, die nur einige wenige Auserwählte erlangen; das geht aber weder aus diesem noch aus den anderen angeführten Texten hervor. Weitere Überlegungen dazu bei Bigg, Christian Platonists 229 (mit Anm. 2); Hanson, Allegory and Event 341 (mit Anm. 5). 353.

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Entsprechung für „Schmutz“ steht dann „im Geist des Gerichts“, .a Und die meisten von uns benötigen, wenn wir schwerer sündigen, weder Natron noch eine Menge Lauge, sondern den Geist des brennenden Feuers.99 3. Deswegen tauft Jesus – vielleicht finde ich jetzt die Erklärung – „im Heiligen Geist und im Feuer“.b Es ist nicht so, dass er den gleichen Menschen „im Heiligen Geist und im Feuer“ tauft, sondern den heiligen tauft er im Heiligen Geist, den aber, der, nachdem er zum Glauben gefunden hat und des Heiligen Geistes für würdig befunden worden ist, wieder Sünder geworden ist, den wäscht er im Feuer, so dass es nicht der gleiche Mensch ist, der von Jesus „im Heiligen Geist und im Feuer“ getauft wird.100 Selig also, wer im Heiligen Geist getauft ist und die Taufe des Feuers nicht nötig hat. Dreimal unselig aber jener, der es nötig hat, mit dem Feuer getauft zu werden. Jedenfalls vermag Jesus beides. Denn „eine Rute wird aus der Wurzel Isais hervorgehen, und eine Blüte wird aus der Wurzel aufgehen“,c Rute für die Bestraften, .101 So ist „Gott verzehrendes Feuer“,d und „Gott ist Licht“:e verzehrendes Feuer für die Sünder, Licht für die Gerechten und Heiligen.102 Und „selig, wer an der ersten Auferstehung teilhat“,f103 wer die Taufe des Heiligen Geistes bewahrt hat.104 Wer ist es, der in der anderen Auferstehung gerettet wird?105 Der, der die Taufe des Feuers nötig hat, wenn

101 Diese ethische Auslegung von Jes. 11,1 entfaltet Origenes ausführlich in Ioh. comm.

I 36,262f. (GCS Orig. 4, 46); in Num. hom. 9,9 (GCS Orig. 7, 67); in Is. hom. 3,1 (GCS Orig. 8, 254; siehe dazu OWD 10, 220f. mit Anm. 48–50 und die theologischen Erläuterungen ebd. 153f.); sel. in Hiez. 7,10 (PG 13, 791). 102 Vgl. in Ioh. comm. XIII 23,139 (GCS Orig. 4, 247); in Matth. comm. XVII 19 (GCS Orig. 10, 639f.); in Hier. hom. 16,5f. (GCS Orig. 32, 138). Siehe dazu Nautin, SC 232, 177–179. 103 In Luc. frg. 209 (GCS Orig. 92, 317): „Die Auferstehung der Gerechten ist die, die Johannes in der Offenbarung die erste nennt (vgl. Offb. 20,5f.).“ 104 Die Vorstellung der Bewahrung der Taufe geht auf Hermas, sim. 8,6(72),3 (GCS 48, 71) zurück. Für Origenes vgl. in Luc. hom. 24,2 (GCS Orig. 92, 148): … et aquae et spiritus lauacra seruasse. 105 In einem Fragment aus dem Jesajakommentar überlegt Origenes aufgrund der Aussage in Offb. 20,6, „ob nicht das ganze Geschehen der Auferstehung in zwei Teile geteilt werden kann: auf der einen Seite die Gerechten, die gerettet werden, auf der anderen Seite die Sünder, die gepeinigt werden, so dass es eine Auferstehung der Guten gibt, genannt die erste, und eine der Unglücklichen, genannt die zweite“: in Is. frg. 2 (OWD 10, 309–311) bei Pamphilus, apol. Orig. 137 (SC 464, 220–222). In einem kurz davor ebenfalls von Pamphilus, ebd. 134 (464, 216), zitierten Stück aus der verlorenen Frühschrift über die Auferstehung äußert sich Origenes ähnlich. In princ. II 10,2 (GCS Orig. 5, 174f.) verweist er auf diese Ausführungen. Siehe dazu Hanson, Allegory and Event 346; Fürst/Hengstermann, OWD 10, 9f.

Ὁμιλία βʹ

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ὅταν || ἔλθῃ ἐπὶ τὸ πῦρ ἐκεῖνο, καὶ τὸ πῦρ αὐτὸν δοκιμάζῃ,a καὶ εὕρῃ τὸ πῦρ ἐκεῖνο ξύλα, χόρτον καὶ καλάμην, b ὥστε αὐτὰ κατακαῦσαι. Διὰ τοῦτο τούτων λεγομένων, ὅση δύναμις συναγαγόντες τοὺς λόγους τοὺς τῶν γραφῶν, εἰς τὴν καρδίαν ἀποτιθώμεθα αὐτοὺς καὶ κατ̓ αὐτοὺς πειραθῶμεν ζῆν, ἐὰν ἄρα δυνηθῶμεν πρὸ τῆς ἐξόδου καθαροὶ γενέσθαι, καὶ ἑτοιμάσαντες εἰς τὴν ἔξοδον τὰ ἔργα ἡμῶν ἐξελθόντες ἐν αὐτοῖς τοῖς ἀγα­ θοῖς παραληφθῆναι καὶ ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ σωθῆναι, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ c a

1 Kor. 3,13

b

1 Kor. 3,12

c

1 Petr. 4,11

4  ἀποτιθώμεθα Del H (reponamus) ἀποτιθόμεθα S* ἀποτιθέμεθα Scorr.

106 Zur sündentilgenden Wirkung dieses Feuers, jeweils mit Bezug auf 1 Kor. 3,11–15,

vgl. in Is. hom. 4,4 (GCS Orig. 8, 262) und dazu die von Fürst/Hengstermann, OWD 10, 238 Anm. 80, notierten Origenesstellen, ferner princ. II 10,3 (GCS Orig. 5, 177); in Ioh. comm. XIII 23,138 (GCS Orig. 4, 246f.); Cels. IV 13 (GCS Orig. 1, 282f.); V 15 (2, 16); in Hier. hom. 16,5f. (GCS Orig. 32, 138); 20(19),3 (32, 181). Siehe auch die unten S. 216 Anm. 217 vermerkten Stellen.

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Homilie ,3

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

er zu jenem Feuer kommt und das Feuer ihn prüfta und jenes Feuer Holz, Heu und Stroh b findet, um es zu verbrennen.106 Deshalb wollen wir nach diesen Ausführungen, nachdem wir so weit wie möglich die Worte der Schriften zusammengetragen haben, diese in unserem Herzen aufbewahren und nach ihnen zu leben versuchen,107 damit wir dann, wenn wir vor unserem Hinscheiden rein werden konnten und unsere Werke im Blick auf unser Hinscheiden verrichtet haben, nach unserem Tod bei den Guten selbst aufgenommen und in Christus Jesus gerettet werden. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ c

107 Dieselbe Aufforderung ausführlich unten in Hier. hom. 4,6 (GCS Orig. 32, 29). In Gen.

hom. 2,6 (GCS Orig. 6, 37f.) fordert Origenes seine Zuhörer auf, sich in ihren Herzen „aus den prophetischen und apostolischen Schriften“ „sozusagen die Bibliothek des göttlichen Wortes“, die „Bibliothek der göttlichen Bücher“ zu errichten. Derselbe Gedanke in Ex. hom. 9,4 (Orig. 6, 242). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 405; Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur 106f.

Εἰς τὸ „μὴ ἔρημος ἐγενόμην τῷ οἴκῳ Ἰσραὴλ“ μέχρι τοῦ „ἢ γῆ κεχερσωμένη;“a

Ὁμιλία γʹ.

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218v

1. Φησὶν ὁ κύριος ἐν τῇ ἀρχῇ τῶν ἀναγνωσθέντων περὶ τοῦ Ἰσραήλ, ὅτι „ἔρημος“ αὐτῷ οὐκ ἐγένετο οὐδὲ „γῆ κεχερσωμένη“. b Τίς οὖν γενόμενος ἐν τῷ τόπῳ οὐκ ἂν ζητήσαι ἐξετάζων τὸ βούλημα τοῦ γεγραμμένου; Ἔστω, ὁ θεὸς ἐν τῷ Ἰσραὴλ οὐ γέγονεν ἔρημος, οὐ γέγονεν ἐν τῷ Ἰσραὴλ γῆ κεχερσωμένη· ἆρα οὖν ἔρημος γέγονεν ὁ κύριος τῷ Ἰσραὴλ σήμερον ἢ γῆ κεχερσωμένη νῦν αὐτῷ ἐστιν; Τί δέ; Ὅτε τῷ Ἰσραὴλ ἦν οὐκ ἔρημος οὐδὲ γῆ κεχερσωμένη, τοῖς ἔθνεσιν ἦν ἔρημος καὶ γῆ κεχερσωμένη; Εἰ γὰρ πᾶσιν ἀεὶ οὐκ ἔρημός ἐστι καὶ πᾶσιν ἀεί ἐστιν οὐ γῆ κεχερσωμένη, τίς χρεία τοῦ ἰδίως πρὸς τὸν Ἰσραὴλ κατ̓ ἐξαίρετον λεχθῆναι· „Μὴ ἔρημος ἐγενόμην τῷ οἴκῳ Ἰσραὴλ ἢ γῆ κεχερσωμένη;“ c Ἀλλ̓ ἔστιν ἐλθεῖν ἐπὶ τὰς καθολικὰς εὐεργεσίας τοῦ θεοῦ, εἶτα μετὰ τὰς καθολικὰς εὐεργεσίας αὐτοῦ ἐπὶ τὰς ἰδικάς. 2. Οὐδενὶ ἔρημός ἐστιν ὁ θεός, ἀνατέλλων τὸν ἥλιον ἐπὶ πονηροὺς καὶ ἀγαθούς· οὐδενὶ κεχερσωμένη γῆ ἐστι, βρέχων ἐπὶ δικαίους | καὶ ἀδίκους. d Πῶς ἔρημος, ἀνατέλλων ἡμέραν καὶ νύκτα εἰς ἀνάπαυσιν ποιῶν; Πῶς ἔρη­ μος τὴν γῆν ποιῶν καρποφορεῖν; Πῶς ἔρημος ἕκαστον οἰκονομῶν κατὰ τὴν ψυχήν, ἵνα λογικὸς ᾖ, ἵνα ἐπιστήμην ἀναλαμβάνῃ, || ἵνα γυμνάζηται τὸ συνετὸν αὐτοῦ κατὰ τὸ σῶμα, ἵνα ἔχῃ ἐρρωμένα τὰ αἰσθητήρια; e Ἔστιν a

Jer. 2,31

b

Jer. 2,31

8  ἢ Gh Co ἡ S

c

Jer. 2,31

9  τί Bl ὅτι S

d

Mt. 5,45

e

Hebr. 5,14

21  ἔχῃ Kl ἔχει S

108 Mit dieser Frage bringt Origenes einen Grundsatz seiner Schrifthermeneutik zum

Ausdruck, der in seinen Exegesen bisweilen erwähnt wird und ihnen immer zugrundeliegt: Der Text der Bibel bringt nur eine bestimmte Tatsache der Heilsgeschichte zum Ausdruck. Aufgabe des Auslegers ist es, deren exakte Bedeutung, deren Gründe und Intentionen zu erkunden. Vgl. in Ioh. comm. X 41,286 (GCS Orig. 4, 219); in Matth. comm. XVI 14 (GCS Orig. 10, 519); Cels. I 42 (GCS Orig. 1, 93); in Is. hom. 3,1 (GCS Orig. 8, 253); 6,3 (8, 272) mit der Erklärung dazu bei Fürst/Hengstermann, OWD 10, 219 Anm. 45; ferner unten in Hier. hom. 4,1 (GCS Orig. 32, 22) und dazu Neuschäfer, Origenes als Philologe 320 Anm. 43. Vgl. auch in Hier. hom. 11,5 (GCS Orig. 32, 83). Siehe auch oben S. 110 Anm. 5.

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Über: „Wurde ich etwa eine Wüste für das Haus Israel“ bis: „oder ein trockenes Land?“a

HOMILIE 3 5

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1. Zu Beginn des vorgelesenen Abschnitts sagt der Herr über Israel, dass er ihm weder „eine Wüste“ noch „ein trockenes Land“ geworden ist.b Wer wird nun wohl, wenn er an diese Stelle geraten ist, nicht nachforschen, um die Intention des Textes zu erkunden?108 Angenommen, Gott ist in Israel keine Wüste geworden, in Israel kein trockenes Land geworden: Ist dann der Herr für Israel heute eine Wüste geworden oder ist er ihm jetzt ein trockenes Land? Oder: Als er für Israel weder eine Wüste noch ein trockenes Land war, war er für die Heidenvölker eine Wüste und ein trockenes Land? Wenn er nämlich für alle nie eine Wüste ist und für alle nie ein trockenes Land ist, weshalb musste dann eigens zu Israel in betonter Weise gesagt werden: „Wurde ich etwa eine Wüste für das Haus Israel oder ein trockenes Land?“ c Demgegenüber muss man auf die allgemeinen Wohltaten Gottes zu sprechen kommen und nach seinen allgemeinen Wohltaten dann auf die besonderen. 2. Für niemanden ist Gott eine Wüste, da er die Sonne über Böse und Gute aufgehen lässt. Für niemanden ist er ein trockenes Land, da er Regen über Gerechte und Ungerechte fallen lässt.dWie sollte er eine Wüste sein, wo er doch den Tag aufgehen lässt und die Nacht zum Ausruhen erschafft? Wie sollte er eine Wüste sein, wo er doch die Erde Frucht bringen lässt? Wie sollte er eine Wüste sein, wo er doch auf die Seele jedes einzelnen Menschen einwirkt, auf dass er vernünftig ist, auf dass er Wissen erwirbt, auf dass er Klugheit einübt im Umgang mit seinem Leib, auf dass er die körperlichen Sinne bei Kräften hält? e109 Im allgemeinen Sinn also ist Gott für niemanden 109 Die Übersetzung der letzten beiden Kola dieses Satzes hängt davon ab, worauf man

die im Codex Scorialensis fast unleserliche (vgl. Klostermann, Überlieferung 16 Anm. 4) Wendung κατὰ τὸ σῶμα bezieht: Schadel, BGrL 10, 70, zieht sie in den folgenden ἵνα-Satz: „… so dass er im Körperlichen ‚die Sinne‘ (Hebr. 5,14) gekräftigt haben kann“; Nautin, SC 232, 252f., und Smith, FaCh 97, 28f., setzen davor ein Komma und behandeln die Junktur parallel zum vorausgehenden κατὰ τὴν ψυχήν als von οἰκονομῶν abhängig: „…, et dans son corps, pour qu’il ait des sens éveillés“ bzw. „…, and in the body so that it has healthy sense faculties“. Klostermann, GCS Orig.  3, 21, setzt davor kein Komma und bezieht es damit auf ἵνα γυμνάζηται τὸ συνετὸν αὐτοῦ. Es ist schwer zu sagen, wie der Text zu unterteilen ist. Da er keinerlei Signal dafür bietet (etwa ein δέ), mit κατὰ τὸ σῶμα einen neuen, von οἰκονομῶν ab-

Ὁμιλία γʹ



οὖν οὐδενὶ ἔρημος ὡς πρὸς τὸν καθόλου λόγον ὁ θεός. Ὡς δὲ πρὸς τὸν ἰδικὸν ἔρχομαι ἐπὶ τὰ τοῦ Ἰσραὴλ πράγματα καὶ λέγω· Οὔτε ἔρημος οὔτε γῆ κεχερσωμένη ἦν, ὅτε ἐν Αἰγύπτῳ ἐποίει τὰ σημεῖα καὶ τὰ τέρατα τῷ λαῷ. Eἰ δέ τις καιρὸς γέγονεν ὅτε ἐγκατελείφθησαν, οἱονεὶ ἔρημος αὐτοῖς, οὐκ ἔρημος ὢν αὐτός, ἐγένετο. Ὅτε μέντοι ἦν τῷ Ἰσραὴλ οὐκ ἔρημος οὐδὲ γῆ κεχερσωμένη, τοῖς ἔθνεσι κατὰ τὸν ἰδικὸν λόγον ἔρημος καὶ γῆ κεχερ­ σωμένη ἦν. Ὅτε δὲ ἀπεστράφη τὸν Ἰσραὴλ καὶ γέγονε τῷ Ἰσραὴλ ἐκείνῳ ἔρημος καὶ γῆ κεχερσωμένη, τότε ἐξεχύθη ἡ χάρις ἐπὶ τὰ ἔθνη, καὶ γέγονε νῦν ἡμῖν Χριστὸς Ἰησοῦς οὐκ ἔρημος ἀλλὰ πλήρης, καὶ οὐ γῆ κεχερσωμένη ἀλλὰ καρποφοροῦσα· „πολλὰ“ γὰρ „τὰ τέκνα τῆς ἐρήμου μᾶλλον ἢ τῆς ἐχούσης τὸν ἄνδρα.“a Καὶ ἀπειλεῖ αὐτοῖς, οἷς οὐ γέγονεν ἔρημος οὐδὲ γῆ κεχερσωμένη, λέγων· Ἐγὼ μὲν οὐ γέγονα ὑμῖν „ἔρημος“ οὐδὲ „γῆ κεχερ­ σωμένη“, ὑμεῖς δὲ εἰρήκατε· „Οὐ κυριευθησόμεθα, οὐχ ἥξομεν πρός σε ἔτι.“ b Ἆρα εἰρήκασιν οἱ υἱοὶ Ἰσραὴλ ἀπονενοημένως κατὰ τὴν λέξιν· „Οὐ κυριευ­ θησόμεθα“ a

Jes. 54,1; Gal. 4,27

b

Jer. 2,31

5  αὐτός Kl mit C αὐτοῖς S

14–15  κυριευθησόμεθα add. ὁμιλία γ΄ S

hängigen Gedanken zu bringen – was allerdings in mündlicher Rede, die hier aufgezeichnet ist, nicht unbedingt sein muss –, ist der Textgestaltung Klostermanns, der die Übersetzung hier folgt, eher der Vorzug zu geben, zumal sie von einem Katenenfragment gestützt wird, in dem es statt κατὰ τὸ σῶμα heißt: ἐν τῷ σωματικῷ (Klostermann, ebd. app. crit.). Auch sachlich ist weniger davon auszugehen, dass die Fürsorge Gottes für Seele und Leib sorgt (wenngleich das denkbar wäre), sondern für die Seele jedes einzelnen Menschen (das ist ein Hauptgedanke der Anthropologie und Soteriologie des Origenes), und dass diese dadurch befähigt wird, klug mit ihrem Leib umzugehen. Der Anklang an Hebr. 5,14 legt dieses Verständnis ebenfalls nahe, wo von „Vollkommenen“ die Rede ist, „die geübte Sinne zur Unterscheidung von Gut und Böse besitzen“ (τὰ αἰσθητήρια γεγυμνασμένα ἐχόντων πρὸς διάκρισιν καλοῦ τε καὶ κακοῦ).

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Homilie ,2

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

eine Wüste. Was aber den besonderen Sinn betrifft, gehe ich auf die Geschichte Israels ein und sage: Er war weder eine Wüste noch ein trockenes Land, als er in Ägypten für das Volk Zeichen und Wunder vollbrachte. Aber immer wenn eine Zeit kam, da sie verlassen wurden, wurde er ihnen gleichsam eine Wüste, ohne selbst eine Wüste zu sein. Als er jedoch für Israel weder eine Wüste noch ein trockenes Land war, war er im besonderen Sinn für die Heidenvölker eine Wüste und ein trockenes Land. Als er sich aber von Israel abwandte und für jenes Israel110 eine Wüste und ein trockenes Land wurde, da wurde die Gnade über die Heidenvölker ausgegossen, und nunmehr wurde für uns Christus Jesus nicht Wüste, sondern Fülle, und nicht trockenes, sondern fruchtbares Land. Denn „viele Kinder hat die Einsame,111 mehr als die, die einen Mann hat“.a Und er droht denen, denen er weder Wüste noch trockenes Land geworden ist, indem er sagt: Ich bin zwar für euch weder „Wüste“ noch „trockenes Land“ geworden, ihr aber habt gesagt: „Wir werden keinen Herrn haben, wir werden nicht mehr zu dir kommen.“ b Haben die Söhne Israels etwa aus Verzweiflung in dem Satz gesprochen: „Wir werden keinen Herrn haben“ 112

110 Damit verweist Origenes auf das Judentum seiner Zeit im Unterschied zum „(wah-

ren) Israel“, unter dem er die christliche Kirche versteht. 111 Im Griechischen steht hier dasselbe Wort wie für „Wüste“ (ἔρημος), weshalb Orige-

nes den Vers zur Erläuterung heranziehen kann. Es handelt sich nicht einfach nur um ein „Wortspiel“ (gegen Schadel, BGrL 10, 256 Anm. 33), sondern um eine Parallelstelle im griechischen Bibeltext. 112 Hier bricht die Überlieferung ab, der Rest der Homilie ist verlorengegangen: siehe oben S. 13. Im Codex Scorialensis steht nach κυριευθησόμεθα nochmals ὁμιλία γʹ. Der Text, der an Stelle der letzten beiden überlieferten Sätze in frg. 6/7 in der Katene steht, ist für den Text des Origenes wertlos, da er laut Klostermann, GCS Orig. 3, 21 app. crit., eine „bedenkliche Ähnlichkeit“ mit Theodoret, in Jer. 2,31 (PG 81, 513), aufweist.

Εἰς τὸ „καὶ εἶπεν κύριος πρός με ἐν ταῖς ἡμέραις Ἰωσίου“ μέχρι τοῦ „ἐδικαίωσε τὴν ψυχὴν αὐτοῦ Ἰσραὴλ ἀπὸ τῆς ἀσυνθέτου Ἰούδα“.a

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Ὁμιλία δʹ.

219r

1. Αὐτὸ τὸ ῥητὸν τῆς ἀναγνωσθείσης λέξεως ἔχει τι ἀσαφές, ὅπερ πρότερον νοηθήτω· καὶ μετὰ τοῦτο, ἐὰν ὁ θεὸς διδῷ, εἰσόμεθα τὸ βούλημα αὐτοῦ τὸ μυστικόν. οῦν θέλει ἡμᾶς εἰδέναι ἐν τούτοις ὅτι, ὡς ἐν ταῖς Βασιλείαις γέγραπται, b διῃρέθη ὁ λαὸς ἐν τοῖς χρόνοις Ῥοβοὰμ εἰς τὴν ὑπὸ Ἱεροβοὰμ βασιλείαν τῶν δέκα φυλῶν καὶ εἰς τὴν ὑπὸ Ῥοβοὰμ δύο φυλῶν· καὶ ἐκλήθησαν οἱ μὲν ὑπὸ τῷ Ἱεροβοὰμ Ἰσραήλ, Ἰούδα δὲ οἱ ὑπὸ τῷ Ῥο­ βοάμ. Καὶ ἔμεινεν αὕτη ἡ διαίρεσις τοῦ λαοῦ, ὅσον κατὰ τὴν ἱστορίαν, μέχρι τοῦ δεῦρο· οὐκ οἴδαμεν γὰρ ἱστορίαν συναγαγοῦσαν τὸν Ἰσραὴλ καὶ Ἰούδαν || „ἐπὶ τὸ αὐτό“. c Ἥμαρτεν οὖν πρῶτον Ἰσραὴλ πλείονα, ὁ ὑπὸ τῷ Ἱεροβοὰμ καὶ τοῖς διαδόχοις αὐτοῦ, καὶ τοσαῦτα ἥμαρτε παρὰ τὸν Ἰούδαν ὥστε αὐτοὺς καταδικασθῆναι ὑπὸ τῆς προνοίας γενέσθαι αἰχ­ μαλώτους εἰς Ἀσσυρίους, ὡς λέγει ἡ γραφή, d μέχρι τῆς σήμερον. Μετὰ τοῦτο ἥμαρτον καὶ οἱ υἱοὶ Ἰούδα καὶ κατεδικάσθησαν αἰχμάλωτοι εἰς Βα­ βυλῶνα, οὐχὶ μέχρι τῆς σήμερον ὡς ὁ Ἰσραήλ, ἀλλὰ ἐπὶ ἑβδομήκοντα ἔτη, περὶ ὧν ὁ Ἱερεμίας προεφήτευσεν, e ὧν ἐμνήσθη καὶ ὁ Δανιήλ. f Εἰ νοοῦμεν ταῦτα ὡς πρὸς τὸν λαὸν ἐκεῖνον τὸν τότε, ἴδε τὰς λέξεις τοῦ προφήτου, εἰ μὴ τοιοῦτό τι δηλοῦσι. Κατηγορεῖ γὰρ τῶν ἁμαρτιῶν τοῦ Ἰσραὴλ ὁ λόγος, καί φησιν ὅτι τοσούτων ἁμαρτημάτων γεγενημένων τῷ Ἰσραήλ, ἀκούσασα ἡ Ἰούδα συναγωγὴ τὰ ἐκείνων πταίσματα καὶ τίνα τρόπον πεποίηκα a

Jer. 3,6–11

b

1 Kön. 12,1–20

c

Jer. 3,18

d

2 Kön. 17,23

e

Jer. 25,11

f

Dan. 9,2

7  οὐκοῦν Co 13  τὸν Kl (nicht Nt) 10  Ἰσραήλ, Ἰούδα Co H Ἰούδα, Ἰσραὴλ S 13  πρῶτον Del H (primus) πρὸς τὸν S 21  ὁ Kl (GCS Orig. 3, 348) ὡς S Kl (GCS Orig. 3, 22) Nt 113 Die „Unklarheit“ (ἀσάφεια) eines Textes gilt in der paganen wie in der christlichen

Antike als Hauptgrund für die Notwendigkeit der Texterklärung und speziell für die Abfassung von Kommentaren: Mansfeld, Prolegomena 8. 16 und passim (bes. 148– 161 zu den Kommentaren Galens); Harl, Langage biblique 174–181; Skeb, Exegese und Lebensform 194f. 200. 301–303. 323–325. Origenes kommt besonders in seinen Kommentaren darauf zu sprechen, gern an programmatischen Stellen: in Ioh. comm. V 1 (GCS Orig. 4, 100) aus philoc. 5,1 (SC 302, 284–286); in Ioh. comm. VI 34,172f.

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Über: „Und der Herr sprach zu mir in den Tagen Joschijas“ bis: „Israel hat seine Seele gegenüber dem untreuen Juda gerecht gemacht.“a

HOMILIE 4 5

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1. Der Wortlaut des vorgelesenen Textes selbst enthält etwas Unklares,113 das zuerst verstanden werden muss, und danach werden wir, wenn Gott es gewährt, seine mystische Intention114 erkennen. Er will uns in diesen Worten also wissen lassen, dass – wie in den Büchern der Königtümer geschrieben steht b – das Volk in den Zeiten Rehabeams in ein Reich aus zehn Stämmen unter Jerobeam und in eines aus zwei Stämmen unter Rehabeam geteilt wurde, und die Untertanen Jerobeams wurden Israel genannt, Juda aber die Untertanen Rehabeams. Diese Teilung des Volkes blieb, soweit das aus der Geschichte hervorgeht, bis heute bestehen, denn wir kennen nichts in der Geschichte, das Israel und Juda wieder „zu einem Reich“ c zusammengeführt hätte. Israel sündigte nun unter Jerobeam und seinen Nachfolgern zuerst mehr, und im Vergleich zu Juda sündigte es dermaßen, dass sie von der Vorsehung dazu verurteilt wurden, bis zum heutigen Tag, wie die Schrift sagt,d in die Gefangenschaft der Assyrer zu geraten. Danach sündigten auch die Söhne Judas, und sie wurden zur Gefangenschaft in Babylon verurteilt, nicht bis zum heutigen Tag wie Israel, sondern siebzig Jahre lang, was Jeremia im Voraus prophezeite e und woran auch Daniel erinnerte.f Wenn wir über diese Dinge in Bezug auf jenes Volk damals nachdenken, sieh, ob die Aussagen des Propheten nicht etwa Folgendes bedeuten. Der Text115 klagt ja die Sünden Israels an und sagt: Nachdem Israel so viele Sünden begangen hatte und obwohl die Versammlung Judas von deren Verfehlungen gehört hatte und davon, auf (GCS Orig. 4, 143f.); philoc. 2,1–3 (SC 302, 240–244); in Cant. comm. I 1,11 (OWD 9/1, 130); in Cant. frg. (OWD 9/2, 140) aus philoc. 7,1 (SC 302, 326); in Matth. frg. 138 I (GCS Orig. 12/1, 69); in Rom. comm. I 1,1 (SC 532, 140). Grundlegend ist princ. IV 3 (GCS Orig. 5, 323–347); vgl. auch Cels. III 21 (GCS Orig. 1, 217); in Regn. frg. 10 (GCS Orig. 32, 298), ferner unten in Hier. hom. 12,13 (GCS Orig. 32, 100). 114 Siehe dazu oben S. 110 Anm. 5 und S. 154 Anm. 108. 115 Beachtet man Klostermanns Korrektur in den „Nachträgen und Berichtigungen“ in GCS Orig. 3, 348 von ὡς λόγος zu ὁ λόγος, so werden sämtliche Vermutungen, die Nautin, SC 232, 257 mit Anm. 3, Smith, FaCh 97, 31, und Schadel, BGrL 10, 72 (vgl. ebd. 256 Anm. 34), zu der Stelle anstellen, obsolet. Hieronymus bestätigt Klostermanns Änderung: Accusatur Israel et dicitur.

Ὁμιλία δʹ



23

219v

αὐτοὺς γενέσθαι ἐν αἰχμαλωσίᾳ, οὐκ ἐπαιδεύθη ἀλλὰ προσέθηκε ταῖς ἁμαρ­ τίαις, ὥστε διὰ τὴν προσθήκην τῶν ἁμαρτημάτων συγκρινομένων τοῖς ἁμαρτήμασι τοῦ Ἰσραὴλ δικαιοσύνην εὑρῆσθαι ἐν τῷ Ἰσραὴλ παρὰ τὸν Ἰούδαν.a Εἶτα ἐπὶ τούτοις κελεύεται ὁ προφήτης προφητεῦσαι, ὡς χείρονος γενομένου τοῦ | Ἰούδα παρὰ τὸν Ἰσραήλ, ἵνα μετὰ τὰ ἁμαρτήματα ἐπι­ στρέψῃ. b Μετὰ τὴν προφητείαν οὖν τὴν πρὸς Ἰσραὴλ κελεύουσαν ἐπιστρέ­ ψαι αὐτὸν προφητεύει ὁ προφήτης, ὅτι μέλλουσιν ἅμα γίνεσθαι Ἰσραὴλ καὶ Ἰούδας καὶ γίνεσθαί ποτε μίαν ἀμφοτέρων βασιλείαν. c ᾯ δὴ μέλει τῶν ἀναγνωσμάτων, λαβέτω τὰ ῥήματα τῆς ὅλης σήμερον ἀναγνώσεως καὶ τότε ὄψεται τὰ νοήματα δεδηλῶσθαι. „Καὶ εἶπε κύριος πρός με ἐν ταῖς ἡμέραις Ἰωσίου τοῦ βασιλέως· εἶδες ἃ ἐποίησάν μοι ἡ κατοικία τοῦ Ἰσραήλ“, οὐκ Ἰούδα, ἀλλὰ τοῦ Ἰσραὴλ πρῶτον; „Ἐπορεύθη ἐπὶ πᾶν ὄρος ὑψηλὸν καὶ ὑποκάτω παντὸς ξύλου ἀλσώδους καὶ ἐπόρνευσεν . Καὶ εἶπα μετὰ τὸ πορνεῦσαι αὐτὴν πάν­ τα ταῦτα· ἀνάστρεψον πρός με· Καὶ εἶδεν τὴν ­ἀσυνθεσίαν αὐτῆς“ τῆς Ἰσραὴλ συναγωγῆς „ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα. || Καὶ εἶ­ δον“ οἱ ἀπὸ Ἰούδα, „διότι περὶ πάντων ὧν κατελείφθη ἐν οἷς ἐμοιχᾶτο ἡ κατοικία τοῦ Ἰσραήλ, καὶ ἐξαπέστειλα αὐτὴν καὶ ἔδωκα αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου.“ d Δέον παιδευθῆναι τὸν Ἰούδαν – ἐξαπέστειλα γὰρ τὸν Ἰσ­ ραήλ, τὴν συναγωγὴν Ἰσραήλ, ἐξέβαλον αὐτοὺς εἰς Ἀσσυρίους e „καὶ ἔδωκα αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου εἰς τὰς χεῖρας αὐτῆς“  – „καὶ οὐκ ἐφοβήθη ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα“. f Μετὰ τοσαῦτα δὲ ἃ ἐποίησε τῷ Ἰσραήλ, ἐξαποστείλας αὐτόν, δοὺς βιβλίον ἀποστασίου, δέον παιδευθῆναι τὴν Ἰούδα συναγωγὴν ἐξ ὧν πεπόνθασιν ἐκεῖνοι, οἳ δὲ οὐ μόνον οὐκ ἐπαιδεύθησαν, ἀλλὰ προσ­ έθηκαν τοῖς ἁμαρτήμασιν, ὥστε τὰ ἁμαρτήματα τῆς Ἰσραὴλ συναγωγῆς συγκρίσει τῶν ἁμαρτημάτων τῆς συναγωγῆς τοῦ Ἰούδα δικαιοσύνην εἶναι δοκεῖν. „Καὶ ἔδωκα αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου εἰς τὰς χεῖρας αὐτῆς· καὶ οὐκ ἐφοβήθη ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα“ ἡ ἀδελφὴ αὐτῆς „καὶ ἐπορεύθη καὶ ἐπόρνευ­ σε καὶ αὐτή, καὶ ἐγένετο αὐτῆς εἰς οὐδὲν ἡ πορνεία, καὶ ἐμοίχευσε τὸ ξύλον καὶ τὸν λίθον. Καὶ ἐν πᾶσι τούτοις οὐκ ἐπεστράφη πρός με ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα ἐξ ὅλης τῆς καρδίας αὐτῆς, ἀλλ̓ ἐπὶ ψεύδει“ g ἐπέστρεψε πρός με. a

Jer. 3,6–11

b

Jer. 3,12–14

c

Jer. 3,18

d

Jer. 3,6–8

e

2 Kön. 17,23

f

Jer. 3,8

g

Jer. 3,8–10

3  τοῦ Co τῷ S 5  ἵνα Kl εἶτα Co ἐιτ S (verderbt und durch Punkte über den Buchstaben durchgestrichen) 8  μέλει Kl μέλλει S 12–13  Ἰσραὴλ πρῶτον Kl mit H (prius Israel) Ἰσραήλ. Πρῶτον S 14  ἐκεῖ Kl mit H (illic) und LXX 15  καὶ οὐκ ἀνέστρεψε Co H (et non est conuersa) LXX 22  ἐποίησε S Nt ἐποίησα Kl 116 Wie aus dem Bibeltext und dem folgenden Satz hervorgeht, ist Israel gemeint, nicht

Juda, wie Smith, FaCh 97, 31, übersetzt, der den Satz fälschlich auf Jer. 3,7ff. bezieht (ebd. Anm. 12). Die Hinzufügung des Hieronymus nach προφητεῦσαι: ad Israel ist sachlich richtig (nicht nur „wohl richtig“, wie Klostermann, GCS Orig. 3, 22 app. crit., sie einstuft).

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Homilie ,1

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

welche Weise ich sie in Gefangenschaft geraten ließ, ließ sie sich nicht belehren, sondern vermehrte ihre Sünden, so dass angesichts dieser Vermehrung von Sünden – verglichen mit den Sünden Israels – in Israel anders als in Juda Gerechtigkeit zu finden war.a Daraufhin erhält der Prophet den Auftrag zu prophezeien, da Juda schlechter geworden ist als Israel, es116 solle nach seinen Sünden umkehren.b Nach dieser Prophezeiung nun, in der Israel zur Umkehr aufgefordert wird, prophezeit der Prophet, dass Israel und Juda zusammenkommen werden und aus beiden dereinst ein einziges Reich werden wird.c Wer sich also für den vorgelesenen Text interessiert, soll die Worte der ganzen heutigen Lesung in Betracht ziehen, und dann wird er sehen, dass die Gedanken offenkundig sind.117 „Und der Herr sprach zu mir in den Tagen des Königs Joschija: Hast du gesehen, was mir das Haus Israel“ – nicht Juda, sondern zuerst Israel – „angetan hat? Es ging auf jeden hohen Berg und unter jeden Baum im Hain und trieb Unzucht. Und nachdem es alle diese Unzucht getrieben hatte, sagte ich: Kehre um zu mir! Und das untreue Juda hat ihre Untreue“ – die der Versammlung Israels – „gesehen. Und“ die aus Juda „sahen, dass das Haus Israel in allem, worin sie Ehebruch beging, verlassen wurde,118 und ich schickte sie fort und gab ihr den Scheidebrief.“ d Juda hätte sich belehren lassen müssen – ich schickte nämlich Israel, die Versammlung Israels, fort, ich verjagte sie zu den Assyrern e „und ich gab ihr den Scheidebrief in ihre Hände“ –, „doch das untreue Juda geriet nicht in Furcht“.f Nach all dem, was er Israel antat, indem er es fortschickte, ihm den Scheidebrief gab, hätte sich die Versammlung Judas von dem, das jenen widerfuhr, belehren lassen müssen, diese aber ließen sich nicht nur nicht belehren, sondern vermehrten ihre Sünden, so dass die Sünden der Versammlung Israels verglichen mit den Sünden der Versammlung Judas Gerechtigkeit zu sein schienen. „Und ich gab ihr den Scheidebrief in ihre Hände. Doch das untreue Juda“, ihre Schwester, „geriet nicht in Furcht; auch sie ging und trieb Unzucht. Ihre Unzucht machte ihr nichts aus, und sie beging Ehebruch mit dem Holz und mit dem Stein. Und in all dem kehrte das untreue Juda nicht aus ihrem ganzem Herzen zu mir zurück, sondern nur zum Schein“ g kehrte 117 Origenes erläutert seinen Zuhörern den Sinn des Abschnitts Jer. 3,6–18, indem er die

Hauptaussagen paraphrasiert. Das Verständnis des Prophetentextes erschließt sich nur, wenn man die Geschichte der Teilung des Volkes Israel in das Nordreich Israel und das Südreich Juda kennt. Siehe auch Nautin, SC 232, 114f. 118 Gegen das überlieferte κατελείφθη, an dem Klostermann, GCS Orig. 3, 23, Nautin, SC  232, 258f., und Smith, FaCh 97, 31, festhalten, bevorzugt Schadel, BGrL 10, 72, mit Hieronymus (comprehensa est) und Delarue die Lesart der LXX: κατελήμφθη. Der überlieferten Lesart ist allerdings der Vorzug zu geben. Schwierig bleibt die Grammatik des Satzes ohnehin (auch in der Septuaginta), weshalb Hieronymus ὧν offenbar ausgelassen hat, um dem Satz eine nachvollziehbare Konstruktion zu geben. In diesem Sinne ist auch hier übersetzt.

Ὁμιλία δʹ



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Οὐκ ᾐδέσθη με ἐξ ὧν πεποίηκα τῷ Ἰσραήλ, ἵνα τελείως ἐπιστρέψῃ, ἀλλὰ δέον αὐτὴν ἐπιστρέφειν ἐν ἀληθείᾳ, ἣ δὲ ἐπὶ ψεύδει ἐπέστρεψε· „καὶ ἐν πᾶσι τούτοις οὐκ ἐπέστρεψε πρός με ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα ἐξ ὅλης τῆς καρ­ δίας αὐτῆς ἀλλ̓ ἐπὶ ψεύδει. Καὶ εἶπεν κύριος πρός με· ἐδικαίωσε τὴν ψυχὴν αὐτῆς Ἰσραὴλ ἀπὸ τῆς ἀσυνθέτου | Ἰούδα.“a Τὰ ἁμαρτήματα τοῦ Ἰσραὴλ συγκρινόμενα τοῖς πταίσμασιν Ἰούδα γέγονε δικαίωσις τῆς ψυχῆς Ἰσραὴλ συναγωγῆς. 2. „Πορεύου” οὖν „καὶ ἀνάγνωθι τοὺς λόγους τούτους πρὸς βορρᾶν.“ b Εἰ νενόηται τὸ ῥητόν, ἴδωμεν τί βούλεται ἐν τούτοις δηλοῦσθαι. Ἡ κλῆσις τῶν ἐθνῶν ἀρχὴν ἔσχεν ἐκ τοῦ παραπτώματος τοῦ Ἰσραήλ, || καὶ λέγουσιν οἱ ἀπόστολοι κηρύξαντες ταῖς τῶν Ἰουδαίων συναγωγαῖς ὅτι ὑμῖν ἦν ἐξαπεσταλμένος ὁ λόγος τῆς σωτηρίας· c ἐπειδὴ δὲ ἀναξίους κρίνετε ἑαυ­ τούς, ἰδοὺ στρεφόμεθα εἰς τὰ ἔθνη. d Καὶ ὁ ἀπόστολος περὶ τούτων εἰδὼς ἃ οἶδε λέγει· „Τῷ αὐτῶν παραπτώματι ἡ σωτηρία τοῖς ἔθνεσιν, εἰς τὸ παραζηλῶσαι αὐτούς.“ e Οὐκοῦν αἱ πολλαὶ ἁμαρτίαι ἐκείνου τοῦ λαοῦ πε­ ποιήκασιν αὐτὸν ἐγκαταλειφθῆναι καὶ ἡμᾶς ἥκειν ἑπὶ τὴν ἐλπίδα τῆς σω­ τηρίας, f τοὺς ξένους τῶν διαθηκῶν, τοὺς ἀλλοτρίους τῶν ἐπαγγελιῶν. g Πόθεν γὰρ ἐμοὶ τῷ ὁπουποτοῦν γενομένῳ ξένῳ τῆς λεγομένης ἁγίας γῆς, νῦν περὶ τῶν ἐπαγγελιῶν διαλέγεσθαι τοῦ θεοῦ, καὶ πιστεύειν εἰς τὸν θεὸν τῶν πατριαρχῶν Ἀβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακώβ, καὶ Ἰησοῦν Χριστὸν τὸν προκεκηρυγμένον ὑπὸ τῶν προφητῶν χάριτι θεοῦ παραδέχεσθαι; Εἰ νοεῖς τοὺς δύο τούτους λαούς, τὸν ἀπὸ τοῦ Ἰσραὴλ καὶ τὸν ἀπὸ τῶν ἐθνῶν, ἴδε μοι τὴν μετοικίαν τοῦ Ἰσραὴλ καὶ ἐπὶ τοῦ λαοῦ ἐκείνου τοῦ Ἰσραήλ, καὶ περὶ ἐκείνου νόει μοι γεγράφθαι· „Ἐξαπέσταλκα αὐτὴν καὶ ἔδωκα αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου“· h ἐξαπέστειλε γὰρ τὸν λαὸν ἐκεῖνον ὁ θεὸς καὶ ἔδωκεν αὐτῷ βιβλίον ἀποστασίου. Ὅπερ τοιοῦτόν ἐστιν ἐπὶ τῶν γεγαμηκότων· ἐὰν δυσάρεστος ᾖ ἡ γυνὴ τῷ ἀνδρί, λέγει ὁ Μωσέως νόμος, βιβλίον ἀπο­ a

Jer. 3,10f. bJer. 3,12 2,12 hJer. 3,8

6  τῆς2 Kl

c

Apg. 13,26

d

Apg. 13,46

e

Röm. 11,11

f

1 Thess. 5,8

g

Eph.

9–10  ἡ κλῆσις Kl mit H (uocatio) ἢ κἂν εἷς S

119 Erneut weist Origenes auf den „Willen“, die „Intention“ der Schrift hin, wie schon

eingangs der Predigt: in Hier. hom. 4,1 (GCS Orig. 32, 22). Siehe erneut oben S. 110 Anm. 5 und S. 154 Anm. 108. 120 Ebenso in princ. IV 1,4 (GCS Orig. 5, 298): Im Buch Deuteronomium (Dtn. 32,21) wird „die Erwählung der unverständigen Heidenvölker geweissagt, die wegen der Sünden des früheren Volkes (Gottes) erfolgen soll“. Übersetzung: p. 681 Görgemanns/Karpp. 121 Origenes ist einer der ersten Autoren, der Palästina als „Heiliges Land“ bezeichnet: in Lam. frg. 93 (GCS Orig. 32, 269); Trigg, Origen 36. 82. Der Zusatz „sogenannt“ ist als Hinweis darauf zu verstehen, dass diese Bezeichnung zu jener Zeit neu war, nicht etwa mit Nautin, SC 232, 261 Anm. 2, und Smith, FaCh 97, 33 Anm. 27, so, dass für Orige-

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sie zu mir zurück. Sie hat mich wegen dem, was ich Israel angetan habe, nicht gefürchtet, um vollends zurückzukehren, sondern während sie in Wahrheit hätte zurückkehren müssen, kehrte sie nur zum Schein zurück. „Und in all dem kehrte das untreue Juda nicht aus ihrem ganzem Herzen zu mir zurück, sondern nur zum Schein. Und der Herr sprach zu mir: Israel hat seine Seele gegenüber dem untreuen Juda gerecht gemacht.“a Die Sünden Israels sind, verglichen mit den Verfehlungen Judas, zur Rechtfertigung der Seele Versammlung Israels geworden. 2. „Geh“ nun „und verkünde diese Worte in Richtung Norden!“ b Wenn der Wortlaut verstanden ist, wollen wir sehen, was in diesem Text gezeigt werden will.119 Die Berufung der Heidenvölker nahm ihren Anfang in der Verfehlung Israels,120 und die Apostel sagen nach ihren Predigten vor den Versammlungen der Juden: Euch wurde das Wort des Heils gesandt;c da ihr euch selbst aber für unwürdig haltet, seht, so wenden wir uns den Heidenvölkern zu.d Und der Apostel, der darüber Bescheid weiß, sagt, was er weiß: „Durch ihre Verfehlung kam das Heil zu den Heidenvölkern, um sie eifersüchtig zu machen.“ e Die vielen Sünden jenes Volkes bewirkten also, dass es verlassen wurde und dass wir zur Hoffnung auf das Heil f gelangt sind – wir, die wir mit den Bundesschlüssen nichts zu tun hatten, den Verheißungen fern waren.g Denn wie kommt es, dass ich, der ich irgendwo anders geboren worden bin und für das sogenannte Heilige Land121 ein Fremder war, jetzt über die Verheißungen Gottes spreche, an den Gott der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob glaube und Jesus Christus, der von den Propheten im Voraus verkündet worden ist, durch die Gnade Gottes empfange? Wenn du den Sinn dieser zwei Völker verstehst, das Volk aus Israel und das Volk aus den Heidenvölkern,122 dann betrachte mir das Exil Israels auch in Bezug auf jenes Volk Israel und erkenne, dass über jenes geschrieben steht: „Ich schickte sie fort und gab ihr den Scheidebrief.“ h Denn Gott hat jenes Volk fortgeschickt und ihm den Scheidebrief gegeben, wie das auch bei verheirateten Leuten geschieht. Wenn eine Frau ihrem Mann missfiel, sagt das Gesetz des Mose,

nes das wahre heilige Land im Himmel wäre. Ihr Hinweis auf princ. II 3,6 (GCS Orig. 5, 121–124) führt in die Irre, weil dort von einem heiligen Land nicht die Rede ist. 122 Die Rede von „zwei Völkern“ und die Erwählung der Heidenvölker an Stelle Israels ist der antijüdische Topos der altkirchlichen Theologie schlechthin, auf den Origenes sehr oft zu sprechen kommt, so auch in den vorliegenden Homilien: in Hier. hom. 3,2 (GCS Orig. 32, 21); 5,12f. (32, 41); 14,12 (32, 116f.); 16,7 (32, 140); 18,5 (32, 155f.). Siehe dazu Nautin, SC 232, 161–164. Seiner diesbezüglichen Geschichtstheologie ist freilich jeglicher christlicher Triumphalismus fremd, wie aus den folgenden Ausführungen hervorgeht, v.a. ebd. 4,5 (32, 27f.): Origenes interpretiert das Schicksal Israels (wie er es auffasst) einerseits als Warnung für die Christen (siehe unten S. 170 Anm. 136), andererseits mit Bezug auf Röm. 11 nicht als endgültig. Weiteres dazu oben S. 35–41.

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στασίου ἀπὸ τοῦ ἀνδρὸς ἐγίνετο καὶ ἐξαπεστέλλετο ἡ γυνή,a καὶ ἐξῆν τῷ ἀποστείλαντι τὴν προτέραν γυναῖκα διὰ τὸ δοκεῖν ἠσχημονηκέναι γαμεῖν ἑτέραν γυναῖκα. Οὕτως τῷ λόγῳ ἴδε ἐκείνους λαμβάνοντας βιβλίον ἀπο­ στασίου. Καὶ ἐπεὶ ἔλαβον τὸ βιβλίον τοῦ ἀποστασίου, διὰ τοῦτο ἐγκατε­ λείφθησαν πάντῃ. Ποῦ γὰρ προφῆται ἔτι παρ᾽ αὐτοῖς; Ποῦ σημεῖα ἔτι παρ᾽ αὐτοῖς; b Ποῦ ἐπιφάνεια θεοῦ; Ποῦ ἡ λατρεία, ὁ ναός, αἱ θυσίαι; c ­Ἐξεβλή|θησαν ἀπὸ τοῦ τόπου ἑαυτῶν· ἔδωκεν οὖν τῷ Ἰσραὴλ βιβλίον ἀποστασίου. Εἶτα ἡμεῖς Ἰούδα (Ἰούδας δὲ διὰ τὸν σωτῆρα ἐξ Ἰούδα φυλῆς ἀνατείλαν­ τα· „πρόδηλον γὰρ ὅτι ἐξ Ἰούδα ἀνατέταλκεν ὁ κύριος ἡμῶν“ d) ἐπεστρέ­ ψαμεν πρὸς κύριον, καὶ τὰ τελευταῖα ἡμῶν, ἅπερ εἴθε μὴ ἤδη εἴη, παρα­ πλήσια ἔοικε γίνεσθαι τοῖς ἐκείνων τελευταίοις, εἰ μὴ ἄρα καὶ χείρονα. 3. Ὅτι γὰρ τοιαῦτα καὶ τὰ καθ̓ ἡμᾶς ἐπὶ συντελείᾳ τοῦ αἰῶνος τούτου ἔσται, e δῆλον ἀπὸ τῶν ἐν τῷ εὐαγγελίῳ ὑπὸ τοῦ σωτῆρος εἰρημένων, ἐν οἷς φησιν· „Διὰ τὸ πληθυνθῆναι τὴν ἀνομίαν ψυγήσεται ἡ ἀγάπη τῶν πολλῶν, ὁ δὲ ὑπομείνας εἰς τέλος, οὗτος σωθήσεται“ f καί· Ποιήσει σημεῖα καὶ τέρατα ὁ ἐλευσόμενος, ὥστε ἀποπλανᾶσθαι, εἰ δυνατόν, καὶ τοὺς ἐκλε­ κτούς. g Καὶ τοιαῦτά ἐστι τὰ καθ̓ ἡμᾶς ὥστε τὸν σωτῆρα λέγειν περὶ τῆς ἑαυτοῦ ἐπιδημίας, ὡς ἐκ τῶν τοσούτων ἐκκλησιῶν πιστοῦ ταχέως μὴ εὑρι­ σκομένου· „Πλὴν ἐλθὼν ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἆρα εὑρήσει τὴν πίστιν ἐπὶ τῆς γῆς;“ h Καὶ ἀληθῶς ἐὰν κρίνωμεν τὰ πράγματα ἀληθείᾳ καὶ μὴ ὄχλοις, καὶ κρίνωμεν τὰ πράγματα προαιρέσει καὶ μὴ τῷ βλέπειν πολλοὺς συνα­ γομένους, ὀψόμεθα νῦν ὡς οὐκ ἐσμὲν πιστοί. Ἀλλὰ τότε ἦσαν πιστοί, ὅτε τὰ μαρτύρια τὰ γενναῖα ἐγίνοντο, ὅτε ἀπὸ τῶν κοιμητηρίων προπέμψαν­ τες τοὺς μάρτυρας ἠρχόμεθα ἐπὶ τὰς συναγωγάς, καὶ ὅλη ἡ ἐκκλησία μὴ a

Dtn. 24,1 Mt. 24,24

g

b

Ps. 73(74),9; Jes. 3,2 Lk. 18,8

h

c

Hos. 3,4

d

Hebr. 7,14

e

Mt. 13,49

f

Mt. 24,12f.

17  ἔστι S Nt ἔσται Kl mit H (futura est)

123 Dasselbe Argument bei Justin, dial. 52 (PTS 47, 155f.); Tertullian, adv. Marc. III 23

(CChr.SL 1, 540); (Pseudo-)Tertullian, adv. Iud. 13,26 (CChr.SL 2, 1390). Vgl. auch unten in Hier. hom. 10,4 (GCS Orig. 32, 74f.). 124 Origenes rekurriert auf einen traditionellen Topos der antijüdischen christlichen Polemik: Die Zerstörung des Tempels durch die Römer und die Vertreibung der Juden aus ihrer Stadt Jerusalem in den Jahren 70 und 135 n.Chr. wurden als Beweis dafür angeführt, dass Gott Israel verlassen habe: princ. IV 1,3 (GCS Orig. 5, 296f.), ebenfalls mit Hos. 3,4 LXX: „Die Kinder Israels werden lange Zeit ohne König und ohne Fürst, ohne Opfer und ohne Altar, ohne Priestertum und ohne Teraphim dasitzen“ (Übersetzung: p. 679 Görgemanns/Karpp); in Matth. comm. XIV 19 (GCS Orig. 10, 329f.): „Und als Zeichen dafür, dass sie den Scheidebrief erhalten hat, ist Jerusalem zerstört zusammen mit … dem Heiligtum … und dem Opferaltar und dem ganzen Kult“; in Ios. hom. 17,1 (GCS Orig. 7, 400–402); in Hier. hom. 18,5 (GCS Orig. 32, 155).

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wurde vom Mann ein Scheidebrief ausgestellt, und die Frau wurde fortgeschickt,a und dem, der die frühere Frau fortgeschickt hatte, weil sie unanständig zu sein schien, war es erlaubt, eine andere Frau zu heiraten. So betrachte im Geiste, wie jene den Scheidebrief erhalten. Und weil sie den Scheidebrief erhielten, deshalb wurden sie gänzlich verlassen. Denn wo gibt es noch Propheten bei ihnen?123 Wo gibt es noch Zeichen bei ihnen? bWo eine Erscheinung Gottes? Wo sind der Kult, der Tempel, die Opfer? c Aus ihrem eigenen Ort wurden sie vertrieben. Er hat also Israel den Scheidebrief gegeben.124 Danach haben wir, Juda – Juda wegen des Erlösers, der aus dem Stamm Juda hervorgegangen ist: „Es ist ja bekannt, dass unser Herr aus Juda hervorgegangen ist“ d125 –, uns dem Herrn zugewandt, und unsere letzten Tage, die hoffentlich nicht schon jetzt sind, scheinen den letzten Tagen jener Leute ähnlich zu werden, wenn nicht sogar schlimmer. 3. Dass sich nämlich Derartiges auch bei uns bei der Vollendung dieses Zeitalters ereignen wird,e geht deutlich aus den Worten des Erlösers im Evangelium hervor, in denen er sagt: „Weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe der meisten erkalten. Wer aber bis zum Ende ausharrt, der wird gerettet werden“,f und Zeichen und Wunder wird der tun, der kommen wird, um, wenn möglich, auch die Auserwählten irrezuführen.g Und derart ist die Lage bei uns,126 dass der Erlöser, als würde er in so vielen Gemeinden bald keinen Gläubigen mehr finden, über seine Wiederkunft sagt: „Doch wird der Menschensohn, wenn er kommt, Glauben finden auf Erden?“ h Und wahrlich, wenn wir die Situation nach der Wahrheit beurteilen und nicht nach der Zahl der Leute und wenn wir die Situation grundsätzlich beurteilen und nicht im Blick auf die vielen Versammelten, werden wir sehen, dass wir jetzt nicht gläubig sind. Damals aber gab es Gläubige, als es echte Martyrien gab, als wir von den Friedhöfen, wohin wir die Märtyrer geleitet hatten, in die Versammlungen127 kamen und die ganze Gemeinde sich ohne Betrübnis einfand und die 125 Ebenso unten in Hier. hom. 5,15 (GCS Orig. 32, 45); 9,1 (32, 64f.); 16,10 (32, 141). 126 Mit Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 264, und Smith, FaCh 97, 34 mit Anm. 35,

ist an der präsentischen Lesart des Codex Scorialensis festzuhalten. Die von Klostermann, GCS Orig. 3, 25 (und Schadel, BGrL 10, 74) aus Hieronymus (futura est) genommene futurische Fassung (τοιαῦτα ἔσται) passt zwar zur parallelen Wendung im Futur einige Zeilen weiter oben, doch impliziert das Präsens eine kritische Dia­ gnose des gegenwärtigen Zustands der christlichen Gemeinden, die im Folgenden auch gleich geliefert wird. Zur Korruption der Kirche seiner Zeit in den Augen des Origenes siehe Bigg, Christian Platonists 222 Anm. 1; 263 Anm. 2; Monaci Castagno, Origene predicatore 89; Fédou, Sagesse 348–353. 127 Auch Clemens von Alexandria, paed. III 80,3 (GCS Clem. Al. 1, 280), hat das Wort συναγωγή (Versammlung, Synagoge) für den christlichen Gottesdienst gebraucht: Hanssens, Institutiones liturgicae II, 24. Vgl. auch unten in Hier. hom. 18,5 (GCS Orig. 32, 157), ferner in Ps. 76 hom. 2,5 (GCS Orig. 13, 322); in Ps. 77 hom. 3,3 (13, 387); in Ps. 81 hom. 1,1 (13, 510).

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Ὁμιλία δʹ

θλιβομένη παρεγίνετο, καὶ οἱ κατηχούμενοι ἐπὶ τοῖς μαρτυρίοις κατηχοῦντο καὶ ἐπὶ τοῖς θανάτοις τῶν ὁμολογούντων τὴν ἀλήθειαν „μέχρι θανάτου“,a „μὴ πτυρόμενοι“ b μηδὲ ταρασσόμενοι ἐπὶ τὸν ζῶντα θεόν. c Τότε οἴδαμεν καὶ σημεῖα ἑωρακότας παράδοξα καὶ τεράστια. Τότε ἦσαν πιστοὶ ὀλίγοι μὲν πιστοὶ δὲ ἀληθῶς, τὴν στενὴν καὶ τεθλιμμένην ὁδεύοντες ὁδὸν τὴν ἀπάγου|σαν εἰς τὴν ζωήν. d Νῦν δὲ ὅτε γεγόναμεν πολλοί, ἐπεὶ οὐ δυνατὸν εἶναι πολλοὺς ἐκλεκτούς (οὐ γὰρ ψεύδεται ὁ εἰπὼν Ἰησοῦς· „Πολλοὶ οἱ κλητοί, ὀλίγοι δὲ ἐκλεκτοί“ e), ἐκ [γὰρ] τοῦ πλήθους τῶν ἐπαγγελλομένων || θεοσέβειαν σφόδρα εἰσὶν ὀλίγοι οἱ καταντῶντες ἐπὶ τὴν ἐκλογὴν τοῦ θεοῦ καὶ τὴν μακαριότητα. 4. Ἐὰν οὖν λέγῃ ὡς πρῶτον ἐξαπέστειλα διὰ τὰ ἁμαρτήματα τὸν Ἰσ­ ραὴλ καὶ ἐξαπέστειλα εἰς μετοικίαν αὐτόν, ὁ δὲ Ἰούδας ἀκούων τὰ γενόμε­ να τῷ Ἰσραὴλ οὐκ ἐπέστρεψε, λέγει περὶ τῶν ἡμετέρων ἁμαρτημάτων. Ὅτε ἀναγινώσκονται τὰ τῷ Ἰσραὴλ συμβεβηκότα καὶ τὰ πταίσματα περὶ ἐκεῖνον τὸν λαόν, δέον ἡμᾶς φοβεῖσθαι καὶ λέγειν· Εἰ „τῶν κατὰ φύσιν κλάδων οὐκ ἐφείσατο“, πόσῳ πλέον οὐδὲ ἡμῶν φείσεται; f Eἰ ἐκείνους τοὺς αὐχοῦντας εἶναι καλλιέλαιον, g τοὺς ἐρριζωμένους εἰς τὴν ῥίζαν τῶν πατρι­ αρχῶν Ἀβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ h μὴ φεισάμενος ὁ χρηστὸς ἅμα καὶ φιλάνθρωπος θεὸς ἐξέκοψε, πόσῳ πλέον ἡμῶν οὐ φείσεται; „Ἴδε“ γὰρ „χρηστότητα καὶ ἀποτομίαν θεοῦ.“ i Οὐ γὰρ χρηστὸς μὲν οὐκ ἀπότομος δέ, οὐδὲ ἀπότομος μὲν χρηστὸς δὲ οὔ. Eἰ γὰρ χρηστὸς μόνον ἦν, ἀπότομος δὲ μὴ ἦν, ἐπὶ πλεῖον ἂν κατεφρονήσαμεν τῆς χρηστότητος αὐτοῦ. j Eἰ ἀπότομος μὲν ἦν, χρηστὸς δὲ μὴ ἦν, τάχα ἂν καὶ ἀπέγνωμεν ἐπὶ ταῖς ἁμαρτίαις ἡμῶν. Nῦν δὲ ὡς θεὸς (χρῄζομεν γὰρ οἱ ἄνθρωποι μετανοοῦντες τῆς χρηστότητος αὐτοῦ, ἐμμένοντες δὲ ταῖς ἁμαρτίαις τῆς ἀποτομίας) καὶ χρηστός ἐστι καὶ ἀπότομος ὁ θεός, καὶ λαλεῖ ἡμῖν διὰ τῶν προφητῶν καὶ a

Offb. 2,10 bPhil. 1,28 cApg. 14,15 dMt. 7,14 11,24 h Röm. 11,18 i Röm. 11,22 j Röm. 2,4

e

Mt. 22,14

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Röm. 11,21

g

Röm.

8  γὰρ del. Del mit H 11  πρῶτον Del mit H (primum) πρὸς τὸ S 14  ὅτε Co Kl (GCS Orig. 3, 348) Nt ὅτι S Kl (GCS Orig. 3, 26) 14  τὰ3 Bl 18  χρηστὸς Co χς‘ S H (Christus) 21  γὰρ Co Kl δὲ S Nt 24  θεὸς Co mit H (deus) θεοῦ S 25  καὶ Hu mit H (et) εἰ S 128 Da Origenes in seiner Jugendzeit in Alexandria mehrere Christenverfolgungen erlebt

hat, ist die Passage gewiss autobiographisch eingefärbt. In den neuentdeckten Psalmenhomilien berichtet Origenes seiner Gemeinde an einer Stelle, dass er Märtyrer und heilige Männer persönlich kannte, die zum Tod durch wilde Tiere verurteilt wurden, und dass er sich wünscht, ihr Los zu teilen: in Ps. 73 hom. 3,7 (GCS Orig. 13, 261f.). In der Verfolgung unter dem alexandrinischen Statthalter Subatianus Aquila (206–210/11) besuchte Origenes Katechumenen, die er unterrichtete, im Gefängnis und begleitete sie zur Hinrichtung. Laut Eusebius, hist. eccl. VI 3,2–4,1 (GCS Eus. 2, 524–528), ist er dabei mehrmals auf wundersame Weise (παραδόξως) der aufgebrachten Menge entkommen.

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­ atechumenen angesichts der Martyrien unterrichtet wurden und angesichts K des Sterbens derer, die die Wahrheit „bis in den Tod“a bekannten, „nicht eingeschüchtert“ b und nicht erschüttert vor dem lebendigen Gott.c Damals gab es, wie wir wissen, Leute, die ungewöhnliche und wunderliche Zeichen gesehen haben.128 Damals waren die Gläubigen zwar wenige, aber sie waren wahrhaft Gläubige, die auf dem schmalen und engen Weg gingen, der zum Leben führt.d129 Jetzt aber, da wir viele geworden sind, und da es nicht möglich ist, dass es viele Auserwählte gibt – denn Jesus lügt nicht, wenn er sagt: „Viele sind berufen, wenige aber auserwählt“ e –, sind es sehr wenige, die aus der Menge derer, die ihre Gottesverehrung bekunden, die Erwählung Gottes und die Seligkeit erlangen.130 4. Wenn er also sagt: Zuerst habe ich wegen der Sünden Israel fortgeschickt, es ins Exil fortgeschickt, Juda indes hörte, was Israel geschehen war, bekehrte sich aber nicht, spricht er über unsere Sünden. Wenn vorgelesen wird, was Israel widerfahren ist, all die unguten Dinge bei jenem Volk, müssten wir erschrecken und sagen: Wenn „er die von Natur gewachsenen Zweige nicht geschont hat“, um wie viel mehr wird er auch uns nicht schonen? f Wenn jene, die sich rühmten, der edle Ölbaum g zu sein, die in der Wurzel der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob eingewurzelt sind,h der gütige und zugleich menschenfreundliche Gott nicht geschont, sondern abgeschnitten hat, um wieviel mehr wird er uns nicht schonen? „Betrachte“ nämlich „die Güte und die Strenge Gottes“.i Denn er ist nicht gütig, ohne streng zu sein, wie er auch nicht streng ist, ohne gütig zu sein. Denn wenn er nur gütig, aber nicht streng wäre, würden wir seine Güte j umso mehr verachten. Wenn er streng, aber nicht gütig wäre, würden wir wohl auch an unseren Sünden verzweifeln. Nun aber als Gott – denn wir Menschen brauchen seine Güte, wenn wir umkehren, seine Strenge aber, wenn wir in den Sünden verharren – ist Gott sowohl gütig als auch streng,131 und er spricht zu uns durch die 129 Die leidenschaftliche und an der vorliegenden Stelle nostalgische (so richtig Trigg,

Origen 4f.) Begeisterung des Origenes für das Martyrium prägt auch seine 235 geschriebene „Aufforderung zum Martyrium“. Vgl. auch in Gen. hom. 1,8 (GCS Orig. 6, 10f.) in ethischer Auslegung der Kriechtiere und Vögel in Gen. 1,20: „Käme es uns in den Sinn, uns einzureden, wir müssten die Qualen des Martyriums nicht ertragen, so wird dies ein giftiger Wurm sein. Richtet sich jedoch unser Sinn und unser Denken in solchem Maße nach oben, dass wir bis zum Tod für die Wahrheit streiten (vgl. Sir. 4,28), so wird dies ein Vogel sein, der vom Irdischen in die Höhen strebt.“ Übersetzung: Habermehl, OWD 1/2, 43. 130 Vgl. in Matth. comm. XII 12 (GCS Orig. 10, 90f.); XVII 24 (10, 652). 131 Der Satz hat eine antimarkionitische Stoßrichtung, vor allem aber einen philosophisch-metaphysischen Sinn: Für die Menschen in den Grenzen und Bedingtheiten ihrer raumzeitlichen Existenz ist Gott je nach Situation und Bedarf entweder gütig oder streng, als Gott an sich aber ist er immer beides zugleich. Dieser Gedanke ermöglicht es Origenes, gegen die markionitische Teilung die Einheit der Schrift in

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Ὁμιλία δʹ

λέγει· „Εἶδες ἃ ἐποίησάν μοι ἡ κατοικία τοῦ Ἰσραήλ;“ Tὸν Ἰσραὴλ τὸν λαόν μοι νόει ἐκεῖνον· „Ἐπορεύθη ἐπὶ πᾶν ὄρος ὑψηλὸν καὶ ὑποκάτω παντὸς ξύλου κατασκίου.“a Ἐὰν ἴδῃς τὸν Φαρισαῖον εἰς τὸ ἱερὸν ἀναβαίνοντα ἀλα­ ζονικῶς καὶ μὴ τύπτοντα ἑαυτοῦ τὸ στῆθος μηδὲ κηδόμενον τῶν ἰδίων κακῶν, ἀλλὰ λέγοντα· | „Εὐχαριστῶ σοι ὅτι οὐκ εἰμὶ ὡς οἱ λοιποὶ τῶν ἀνθρώπων, ἅρπαγες, ἄδικοι, μοιχοί, ἢ καὶ ὡς οὗτος ὁ τελώνης· νηστεύω δὶς τοῦ σαββάτου, ἀποδεκατῶ“ τὰ ὑπάρχοντά μου, b ὄψει ὅτι ἀναβέβηκεν „ἐπὶ πᾶν ὄρος ὑψηλὸν“ c ψεκτῶς καὶ ἀγαπήσας μεγαλοφροσύνην καὶ κατὰ τὴν ἀλαζονείαν καὶ κατὰ τὴν ὑπερηφανίαν. d Ὃς δὲ ἀναβέβηκε καὶ „ἐπὶ πάντα βουνὸν ὑψηλὸν“ e καὶ γέγονεν „ὑποκάτω παντὸς ξύλου“ οὐ καρ­ πίμου, ἀλλ̓ „ἀλσώδους“· f || ἄλλο γὰρ τὸ ἀλσῶδες ξύλον, ἄλλο τὸ καρπο­ φόρον. Εἰς ἄλση ὅταν φυτεύωσι ξύλα, φυτεύουσιν οὐ τὰ καρποφόρα, οὐ συκῆν οὐδὲ ἄμπελον, ἀλλὰ μόνον τέρψεως χάριν ἄκαρπα ξύλα. Τοιούτους εὑρήσεις τοὺς λόγους τῶν ἑτεροδόξων καὶ τὰ κάλλη τῶν πιθανοτήτων αὐτῶν οὐκ ἐπιστρεφόντων τοὺς ἀκούοντας. Ὅταν οὖν τοῖς τοιούτοις λό­ γοις τις ἑαυτὸν ἐπιδῷ, πεπόρευται „ὑποκάτω παντὸς ξύλου ἀλσώδους“. Οὐκ εἴρηκε παντὸς ξύλου καὶ σεσιώπηκεν, οὐδὲ πάλιν προσέθηκε· παντὸς ξύλου τοῦ καρπίμου, ἀλλ̓ εἴρηκεν „ὑποκάτω παντὸς ξύλου ἀλσώδους“. Διὰ τοῦτο νοήσεις τί δήποτε ὁ νομοθέτης λέγει· „Οὐ φυτεύσεις πᾶν ξύλον παρὰ τὸ θυσιαστήριον κυρίου τοῦ θεοῦ σου, καὶ οὐ ποιήσεις ἄλσος.“ g Ἔχεις γὰρ καὶ τὸ ὄνομα τοῦ ἄλσους ἀπηγορευμένον. h 5. „Καὶ ἐπόρνευσεν ἐκεῖ. Καὶ εἶπα μετὰ τὸ πορνεῦσαι αὐτὴν ταῦτα πάντα· πρός με ἀνάστρεψον· καὶ οὐκ ἀνέστρεψεν, καὶ εἶδεν τὴν ἀσυνθεσίαν αὐτῆς ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα.“ i Λελοιδορήμεθα καὶ ἡμεῖς, λέγω οἱ ἁμαρτάνον­ τες καὶ μὴ τηροῦντες τὰς συνθήκας τοῦ θεοῦ μηδὲ βλέποντες ὅτι ἀπολω­ λέκασιν ἐκεῖνοι τὴν διαθήκην εὐγενεῖς ὄντες, ἐξ Ἀβραὰμ ὄντες, ἐπαγγελίαν λαβόντες. Δέον οὖν ἡμᾶς λογίζεσθαι, ὅτι ἐκπεπτώκασιν ἐκεῖνοι τῶν εὐλο­ a

Jer. 3,6 bLk. 18,11f. cJer. 3,6 dVgl. Jer. 31,29 (Lukians Rezension) 3,6 gDtn. 16,21 hDtn. 12,3 i Jer. 3,7

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Jer. 2,20

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Jer.

3  ἀναβαίνοντα Kl mit H (ascendentem) ἀναβαίνον S im Text durchgestrichen, am Rand steht ἑστι, das wohl als ἑστῶτα zu lesen ist (so in V) ihren divergierenden, ja widersprüchlichen Geschichten zu wahren. Siehe dazu die grundsätzlichen Überlegungen in princ. II 5 (GCS Orig. 5, 132–139), v.a. etwa II 5,3 (5, 136): „Aus all dem geht hervor, dass der gerechte und der gute Gott, der Gott der Gesetze und der Evangelien, ein und derselbe ist; dass er Gutes tut mit Gerechtigkeit und mit Güte straft, weil weder Güte ohne Gerechtigkeit noch Gerechtigkeit ohne Güte die Würde der göttlichen Natur kennzeichnen kann.“ Übersetzung: p. 351 Görgemanns/Karpp. Siehe dazu von Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 668f.; Schockenhoff, Fest der Freiheit 153. 132 Origenes zitiert, wie oft, aus dem Gedächtnis und vermengt hier Jer. 3,6 mit einer ganz ähnlichen Junktur in Jer. 2,20 (ἐπὶ πᾶν βουνὸν ὑψηλὸν καὶ ὑποκάτω παντὸς ξύλου κατασκίου), auf die er gleich anspielt und in der am Schluss κατασκίου, „im Schatten“,

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Propheten und sagt: „Hast du gesehen, was mir das Haus Israel angetan hat?“ Unter Israel verstehe mir jenes Volk: „Es ging auf jeden hohen Berg und unter jeden Baum im Schatten.“a132 Wenn du den Pharisäer siehst, wie er hochmütig in den Tempel hinaufgeht und sich weder an die Brust schlägt noch um die eigenen Fehler kümmert, sondern sagt: „Ich danke dir, dass ich nicht wie die übrigen Menschen bin, Räuber, Übeltäter, Ehebrecher, oder auch wie der Zöllner da! Ich faste zweimal die Woche, ich gebe den Zehnten“ meines Vermögens,b wirst du sehen, dass er „auf jeden hohen Berg“ c hinaufgegangen ist, in Schuld und in Liebe zur Arroganz, in Hochmut und Überheblichkeit.d Er ist auch „auf jeden hohen Hügel gegangen“ e und „unter jeden Baum“ geraten, nicht unter einen fruchtbringenden, sondern „im Hain“.f Denn der Baum im Hain ist von anderer Art als der fruchtbringende. Wenn man Bäume für einen Hain pflanzt, pflanzt man nicht die fruchtbringenden wie den Feigenbaum oder den Weinstock, sondern nur unfruchtbare Bäume zum Vergnügen.133 In gleicher Weise wirst du finden, dass die Worte der Andersgläubigen134 und die Schönheit ihrer Wahrscheinlichkeitsargumente die Zuhörer nicht zur Umkehr bewegen. Wenn sich also jemand solchen Reden hingibt, ist er „unter jeden Baum im Hain“ gegangen. Er hat nicht „jeden Baum“ gesagt und dann geschwiegen, und er hat auch nicht hinzugefügt: jeden fruchtbringenden Baum, sondern er hat gesagt: „unter jeden Baum im Hain“.Von daher wirst du begreifen, warum der Gesetzgeber sagt: „Du sollst keinerlei Baum neben dem Altar des Herrn, deines Gottes, pflanzen, und du sollst keinen Hain anlegen.“ g Du findest ja sogar das Wort „Hain“ verboten.h 5. „Und sie trieb dort Unzucht. Und nachdem sie alle diese Unzucht getrieben hatte, sagte ich: Kehre um zu mir! Doch sie kehrte nicht um. Und das untreue Juda hat ihre Untreue gesehen.“ i Diese Schelte betrifft auch uns, ich meine uns, wenn wir sündigen und die Vereinbarungen mit Gott nicht halten und nicht sehen, dass jene den Bund verloren haben, obwohl sie edler Herkunft waren, von Abraham abstammten und die Verheißung empfangen hatten. Wir müssen daher bedenken, da135 jene aus den Segensgütern und den Verheißungen herausgefallen sind und es ihnen nichts genützt hat, von den steht statt ἀλσώδους, „im Hain“ (Hieronymus: nemorosum). Nautin, SC 232, 269 Anm. 1, meint, der Lapsus könnte auch auf einen Abschreiber zurückgehen. 133 Vgl. dazu die Anspielung am Ende von in Hier. hom. 1,16 (GCS Orig. 32, 16). 134 Die Übersetzung „Häretiker“ bei Nautin, SC 232, 269, und Smith, FaCh 97, 36, ist falsch (hier richtig hingegen Schadel, BGrL 10, 76), denn der Kontext zeigt, dass es um heidnische Kultbräuche geht. 135 Die Hinzufügung eines εἰ nach ὅτι durch Wendland, akzeptiert von Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 270, und Smith, FaCh 97, 36 Anm. 64, ist nicht nötig, auch wenn die Konstruktion inkonzinn wirkt: Der indirekte Fragesatz beginnt mit πόσῳ πλέον, im ὅτι-Satz wird die Begründung für die Überlegung geliefert.

Ὁμιλία δʹ



28 222r

γιῶν καὶ τῶν ἐπαγγελιῶν καὶ οὐδὲν ὤνησεν αὐτοὺς τὸ εἶναι ἀπὸ τῶν πατέρων, πόσῳ πλέον ἡμεῖς ἁμαρτάνοντες ἐγκαταλειφθησόμεθα. „Εἰ ἦτε τέκνα τοῦ Ἀβραάμ, τὰ ἔργα τοῦ Ἀβραὰμ ἂν ἐποιεῖτε“,a λέγει αὐτοῖς ὁ σωτήρ. Καὶ πάλιν ὁ Ἰωάννης· „Μὴ ἄρξησθε λέγειν ἐν ἑαυτοῖς, ὅτι πατέρα ἔχομεν τὸν Ἀβραάμ· λέγω γὰρ ὑμῖν ὅτι δύναται ὁ θεὸς ἐκ τῶν λίθων τούτων ἐγεῖραι τέκνα τῷ Ἀβραάμ“· b λίθους αἰνισσόμενος ἡμᾶς τοὺς λιθίνην ἔχοντας τὴν καρ|δίαν c καὶ ἐσκληρυμμένους πρὸς τὴν ἀλήθειαν. Καὶ ἀληθῶς ὁ δυνατὸς θεὸς ἤγειρε τέκνα τῷ Ἀβραὰμ ἀπὸ τῶν λίθων, ἐὰν μείνωμεν ἐν τῇ τεκνογονίᾳ d καὶ || τηρήσωμεν τὸ πνεῦμα τῆς υἱοθεσίας. e Εἶδεν οὖν τὴν ἀσυνθεσίαν αὐτῆς τῆς κατοικίας τοῦ Ἰσραὴλ ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα, ἡ μὴ τηρήσασα τὰς συνθήκας τὰς πρὸς τὸν θεόν, καὶ εἶδεν διότι περὶ πάντων, ὧν κατελείφθη ἐκείνη (ταῦτα γὰρ πάντα ἡμεῖς βλέπομεν ὁ Ἰούδας, ἀναγινώσκωμεν τὴν γραφήν) ὅτι περὶ πάντων ὧν κατελείφθη ἡ κατοικία τοῦ Ἰσραήλ ἐν οἷς ἐμοιχᾶτο, ἐξαπέστειλεν αὐτὴν ὁ θεὸς καὶ ἔδωκεν αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου. f Καὶ δέον ἡμᾶς παιδευθῆναι ἐξ ὧν ἐκεί­ νοις ἐποίησε κρίνας αὐτοὺς κατὰ τὰ ἁμαρτήματα, ἐγκαταλιπὼν καὶ παρα­ δοὺς εἰς αἰχμαλωσίαν καὶ παραδοὺς εἰς φόνον καὶ παραδοὺς τοῖς πολεμίοις· δέον ἐκ τούτων ἡμᾶς ἐπιστρέψαι καὶ ἕκαστον ἡμῶν λογίσασθαι ὅτι, „εἰ ὁ θεὸς τῶν κατὰ φύσιν κλάδων οὐκ ἐφείσατο“, πόσῳ πλέον ἡμῶν οὐ φείσε­ ται, g εἰ τοὺς ἀπὸ τῶν πατέρων οὕτως ἐξέωσε γενομένους ἁμαρτωλούς, τί ἡμεῖς οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν κληθέντες πεισόμεθα, ἡμεῖς οὐδὲν τούτων ἐλογισά­ μεθα, κληθέντες ἵνα παραζηλώσῃ ἐκεῖνος ὁ λαὸς h ὁρῶν τὸν δοῦλον τετιμη­ μένον, βλέπων τὸν ἀγενῆ προσεληλυθότα. Εἰ ἤδη τοσαῦτα ἐκεῖνοι πεπόν­ θασι, πόσῳ πλέον, ἐὰν ἁμαρτάνωμεν, ἡμεῖς ἐγκαταλειφθησόμεθα; „Ἐν οἷς ἐμοιχᾶτο ἡ κατοικία τοῦ Ἰσραήλ, ἐξαπέστειλα αὐτὴν καὶ ἔδωκα αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου εἰς τὰς χεῖρας αὐτῆς· καὶ οὐκ ἐφοβήθη ἡ ἀσύν­ θετος Ἰούδα“ i ἃ πεποίηκα τῇ κατοικίᾳ τοῦ Ἰσραὴλ ὅτι „ἐξαπέστειλα αὐτὴν καὶ ἔδωκα αὐτῇ βιβλίον ἀποστασίου“. Οὐκ ἐφοβήθη ἐκ τῶν ἐκείνοις γεγε­ νημένων. Εἰσῆλθέ τις εἰς οἰκίαν οἰκοδεσπότου· νεώνητός ἐστι, πυνθάνεται τίνα τῶν προτέρων οἰκετῶν ἐτίμησε καὶ διὰ τί, τίνα ἠτίμασε τῶν οἰκετῶν a

Joh. 8,39 bLk. 3,8 11,21 h Röm. 11,11

c i

Ez. 11,19; 36,26 Jer. 3,8

d

1 Tim. 2,15

e

Röm. 8,15

f

Jer. 3,7f.

g

Röm.

7  ἐσκληρυμμένους Kl ἐσκληρυμένους S 11  εἶδεν Del mit H (uidit) εἶδον S 13  ἐὰν ἀναγινώσκωμεν Kl mit H (legentes) ἀναγινώσκομεν S 23  ἤδη S Nt δὲ Kl mit H (autem)

136 Diese Mahnung bzw. Warnung auch in Hier. hom. 10,8 (GCS Orig. 32, 78); 11,6 (32,

85); 12,13 (32, 101) u.ö., jeweils mit Bezug auf Röm. 11,21. 137 Hieronymus präzisiert in seiner Übersetzung, dass „Johannes der Täufer“ (Ioannes Baptista) der Sprecher ist. 138 Die τεκνογονία, wörtlich das „Kinderzeugen“ bzw. „-gebären“, ist entweder übertragen zu verstehen (so Schadel, BGrL 10, 261 Anm. 41; Smith, FaCh 97, 37 Anm. 70),

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Patriarchen abzustammen, um wieviel mehr dann wir, wenn wir sündigen, werden verlassen werden.136 „Wenn ihr Kinder Abrahams wäret, würdet ihr die Werke Abrahams tun“,a sagt der Erlöser zu ihnen. Und desgleichen Johannes:137 „Fangt nicht an, euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken.“ b Die Steine sind eine Anspielung auf uns, wenn wir ein steinernes Herz haben c und gegen die Wahrheit verhärtet sind. Und wahrhaftig hat Gott in seiner Macht dem Abraham aus den Steinen Kinder erweckt, wenn wir in der Kindschaft verbleiben d138 und den Geist der Sohnschaft e bewahren.139 Seine Untreue – die des Hauses Israel – hat also das untreue Juda gesehen, das seine Vereinbarungen mit Gott nicht gehalten hat, und sie sah darum in allem, weswegen jene verlassen wurde – denn all dies sehen wir, das heißt Juda, wir die Schrift lesen –, dass das Haus Israel in allem, worin es Ehebruch beging, verlassen wurde. Gott schickte sie fort und gab ihr den Scheidebrief.f Und wir müssten uns davon belehren lassen, wie er sie behandelte, indem er sie ihren Sünden gemäß richtete, sie verließ und in die Gefangenschaft auslieferte, dem Tod auslieferte, den Feinden auslieferte. Wir müssten uns von solchen Dingen abwenden, und jeder von uns müsste bedenken, „wenn Gott die natürlichen Zweige nicht geschont hat“, um wieviel mehr er dann uns nicht schonen wird,g wenn er die Nachkommen der Patriarchen derart verstoßen hat, weil sie Sünder geworden waren, was dann wir, die aus den Heidenvölkern Berufenen, erleiden werden. Nichts davon haben wir bedacht, obwohl wir berufen wurden, damit jenes Volk eifersüchtig wird,h wenn es sieht, wie der Sklave geehrt wird, wenn es zuschaut, wie der Niedriggeborene aufgerückt ist. Wenn jene schon so viel erlitten haben, um wieviel mehr werden dann wir, wenn wir sündigen, verlassen werden?140 „Worin das Haus Israel Ehebruch beging, schickte ich es fort und gab ihm den Scheidebrief in seine Hände, doch das untreue Juda geriet nicht in Furcht“ i davor, wie ich das Haus Israel behandelte, dass „ich es fortschickte und ihm den Scheidebrief gab“. Es geriet nicht in Furcht vor dem, was jenen geschehen war. Jemand kam in ein Haus, ein neugekaufter Sklave. Er erkundigt sich, welchen von den früheren Hausgenossen der Hausherr schätzte und weshalb und welchen von den Hausgenossen er geringschätzte und weshalb. Nachdem er sich also gute Gedanken und Werke als ‚Söhne‘ und ‚Töchter‘ der Seele, wie unten in Hier. hom. 5,7 (GCS Orig. 32, 37); in Hier. frg. 48 (32, 223); vgl. in Gen. hom. 1,15 (GCS Orig. 6, 19), oder der Begriff ist mit Hieronymus, der in adoptione eius übersetzte, und in Parallele zum folgenden υἱοθεσία passivisch als „Gezeugtsein als Kind“ aufzufassen. 139 Vgl. in Ioh. comm. VI 22,121 (GCS Orig. 4, 132): „Diejenigen, die wegen ihres steinernen Herzens ungläubige Steine genannt werden, werden von der Macht Gottes aus Steinen zu Kindern Abrahams umgewandelt.“ 140 Vgl. auch unten in Hier. hom. 20(19),9 (GCS Orig. 32, 193).

Ὁμιλία δʹ



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καὶ διὰ τί. Κατανοήσας, εἰ βούλεται εῖναι ἐν τῇ οἰκίᾳ τοῦ οἰκοδε­ σπότου, φυλάσσεται τούτοις περιπεσεῖν, ἃ πεποιήκασιν οἱ πρότεροι δοῦλοι καὶ ἡμαρτηκότες | καὶ ἐκβεβλημένοι καὶ κολάσει παραδεδομένοι. Εἶτα μαθὼν τίνα πεποιήκασιν οἱ πρότεροι δοῦλοι καὶ εὐδοκιμηκότες, καὶ ἐπὶ ποταποῖς ἐλευθερίας || τετυχήκασι, ζηλοῖ ἐκείνους. Καὶ ἡμεῖς δὲ οὐκ ἦμεν δοῦλοι τοῦ θεοῦ, ἀλλὰ εἰδώλων καὶ δαιμόνων, ἐθνικοί, ἐχθὲς καὶ πρώην προσεληλύθα­ μεν τῷ θεῷ, ἀναγινώσκωμεν τὴν γραφήν, ἴδωμεν τις ἐδικαιώθη, τίς κατε­ δικάσθη, μιμησώμεθα τοὺς δικαιωθέντας, φυλασσώμεθα περιπεσεῖν τούτοις, οἷς περιπεπτώκασιν οἱ αἰχμαλωτευθέντες, οἱ ἐκβληθέντες ἀπὸ τοῦ θεοῦ. 6. „Καὶ οὐκ ἐφοβήθη ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα, καὶ ἐπορεύθη καὶ ἐπόρνευσεν καὶ αὐτή.“ Πρότερον πορνεύσαντος τοῦ Ἰσραὴλ πεπόρνευκεν ὕστερον καὶ Ἰούδας. „Καὶ ἐγένετο εἰς οὐδὲν ἡ πορνεία αὐτῆς, καὶ ἐμοίχευσε τὸ ξύλον καὶ τὸν λίθον.“a Ὅταν ἁμαρτάνωμεν, οὐδὲν ἄλλο ποιοῦμεν ἢ λιθοκάρδιοι γινόμενοι μοιχεύομεν τὸν λίθον. Ὅταν ἁμαρτάνωμεν καὶ πορνεύωμεν „ὑπο­ κάτω παντὸς ξύλου ἀλσώδους“, b καὶ ἡμεῖς μοιχεύομεν τὸ ξύλον. „Καὶ οὐκ ἐπεστράφη πρός με ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα ἐξ ὅλης τῆς καρδίας αὐτῆς ἀλλ̓ ἐπὶ ψεύδει.“ c Εἰ ἐπεστρέψαμεν πρὸς τὸν θεόν ἐλλιπῶς δέ, ἐγκαλούμεθα ὡς οὐκ ἐξ ὅλης τῆς καρδίας ἐπιστρέψαντες. Διὸ „οὐκ εἶπεν· Καὶ οὐκ ἐπέστρεψεν ἡ ἀσύνθετος Ἰούδα, καὶ ἔστη, ἀλλά· „Καὶ οὐκ ἐπεστράφη πρός με ἡ ἀσύν­ θετος Ἰούδα ἐξ ὅλης τῆς καρδίας αὐτῆς, ἀλλ̓ ἐπὶ ψεύδει“ ἐπέστρεψεν. Ἡ οὖν ἀληθῶς ἐπιστροφή ἐστιν ἀναγνῶναι τὰ παλαιά, εἰδέναι τοὺς δικαιω­ θέντας, μιμήσασθαι αὐτούς, ἀναγνῶναι ἐκεῖνα, ἰδεῖν τοὺς μεμφθέντας, φυλά­ ξασθαι περιπεσεῖν ταῖς μέμψεσιν ἐκείναις, ἀναγνῶναι τὰ βιβλία τῆς καινῆς διαθήκης, τῶν ἀποστόλων τοὺς λόγους, μετὰ τὸ ἀναγνῶναι γράψαι ταῦτα a

Jer. 3,8f.

b

Jer. 3,6

c

Jer. 3,10

1  μεῖναι Kl mit H (perseuerare) εἶναι S Nt 7  ἀναγινώσκωμεν Del mit H (legamus) ἀναγινώσκομεν S 11  καὶ αὐτή Hu mit H (et ipsa) ἑαυτῆ S 18–19  ἐπεστράφη – οὐκ1 Kl mit H (est conuersa ad me praeuaricatrix Iuda ex toto corde suo. Neque uero)

141 An dieser Stelle macht es sachlich keinen Unterschied, ob man der Lesart im Codex

Scorialensis, εἶναι, folgt (so Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 272, der gleichwohl „rester“ übersetzt: ebd. 273; Smith, FaCh 97, 38) oder nach der Übersetzung des Hieronymus, perseuerare, in μεἶναι ändert (so Klostermann, GCS Orig. 3, 28; Schadel, BGrL 10, 77). 142 Dasselbe Gleichnis in Hiez. hom. 7,1 (GCS Orig. 8, 391): „Es verhält sich nämlich so, wie wenn ein Herr in seinem Haus einen von den Hausgenossen schilt und seine Verfehlungen bloßstellt: Wenn ein anderer, neulich gekaufter Sklave die Disziplin des Hausherrn sieht, was er rügt, was er lobt, wird er belehrt, nicht das zu tun, was die früheren Mitsklaven getan haben, und bemüht sich mit aller Kraft darum, das zu tun, wodurch sich andere vom Herrn Wertschätzung und die Freiheit erworben haben. So ist es auch bei uns: Wenn wir hören, worin Gott Jerusalem rügt oder ganz Juda oder

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

überlegt hat, ob er im Haus des Herrn bleiben141 will, hütet er sich davor, in die Dinge zu geraten, die die früheren Sklaven getan hatten, die wegen ihrer Verfehlungen hinausgeworfen und der Bestrafung ausgeliefert worden waren. Wenn er sodann erfahren hat, was die früheren Sklaven, die in gutem Ruf standen, getan und wofür sie die Freiheit erlangt hatten, ahmt er jene eifrig nach.142 Auch wir waren Sklaven, aber nicht Gottes, sondern der Götzen und der Dämonen.Wir waren Heiden, gestern und vorgestern erst sind wir zu Gott gekommen. Lasst uns die Schrift lesen,143 lasst uns sehen, wer gerechtfertigt wurde, wer verurteilt wurde! Lasst uns die Gerechtfertigten nachahmen, hüten wir uns davor, in die Dinge zu geraten, in welche die geraten sind, die in die Gefangenschaft geführt wurden, die von Gott verstoßen wurden! 6. „Doch das untreue Juda geriet nicht in Furcht, auch es ging und trieb Unzucht.“ Nachdem zuerst Israel Unzucht getrieben hatte, trieb später auch Juda Unzucht. „Seine Unzucht machte ihm nichts aus, und es beging Ehebruch mit dem Holz und mit dem Stein.“a Sooft wir sündigen, tun wir nichts anderes als steinherzig zu werden und Ehebruch mit dem Stein zu begehen.144 Sooft wir sündigen und „unter jedem Baum im Hain“ b Unzucht treiben, begehen auch wir Ehebruch mit dem Holz. „Und das untreue Juda kehrte nicht aus seinem ganzem Herzen zu mir zurück, sondern nur zum Schein.“ c Wenn wir uns zu Gott bekehrt haben, aber in unvollkommener Weise, wirft man uns vor, dass wir uns nicht aus ganzem Herzen bekehrt haben. Darum steht da: nicht Es heißt : Doch das untreue Juda kehrte nicht zurück, und Schluss,145 sondern: „Doch das untreue Juda kehrte nicht aus seinem ganzem Herzen zu mir zurück, sondern“ es kehrte „nur zum Schein“ zurück. Die wahrhafte Bekehrung also besteht darin, die alten Bücher146 zu lesen, um die Gerechtfertigten zu erkennen und sie nachzuahmen, jene zu lesen, um die Getadelten zu sehen und sich davor zu hüten, jenen Vorwürfen zu verfallen, die Bücher des Neuen Bundes zu lesen, die Worte der Apostel, um sich nach dem Lesen all dies ins Herz zu schreiben und daspeziell irgendeinen von den Stämmen, der sich verfehlt, ziehen wir daraus nicht wenig Nutzen, um nicht in das hineinzugeraten, in das die übrigen hineingeraten sind.“ 143 Das entspricht der von Origenes oft wiederholten Aufforderung aus Joh. 5,39: „Erforscht die Schriften!“ Siehe dazu unten S. 207 Anm. 205. 144 Hanson, Allegory and Event 249f., zählt diese Auslegung unter den allegorischen Deutungen philonischer Art auf, für die sich bei Philon keine Parallele findet. 145 Die Stelle zeigt, dass eine freie, im Lateinischen stilistisch gute Übersetzung durch Hieronymus (hier: tacuit) nicht in jedem Fall dazu führen sollte, den Text des Codex Scorialensis zu ändern (Huet schlug vor: ἐσίγησε), denn zum darin überlieferten καὶ ἔστη gibt es eine Parallele in Matth. comm. X 19 (GCS Orig. 10, 26). 146 Gemeint sind die Schriften des Alten Testaments (vgl. in Hier. hom. 5,8 [GCS Orig. 32, 37]: ἡ παλαιὰ διαθήκη), wie aus dem Zusammenhang hervorgeht und Hieronymus in seiner Übersetzung verdeutlicht: ueteris testamenti historias et prophetas.

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πάντα εἰς τὴν καρδίαν, βιῶσαι κατ̓ αὐτά, ἵνα μὴ καὶ ἡμῖν δοθῇ βιβλίον ἀποστασίου, ἀλλὰ δυνηθῶμεν ἥκειν ἐπὶ τὴν κληρονομίαν τὴν ἁγίαν, μετὰ τοῦ πληρώματος τῶν ἐθνῶν σωθέντος δυνηθῇ τότε ὁ Ἰσραὴλ εἰσελ­ θεῖν· ἐὰν γὰρ τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν εἰσέλθῃ, τότε πᾶς Ἰσραὴλ | σωθήσε­ ται,a καὶ „γενήσονται μία ποίμνη, εἷς ποιμὴν“ b διδάσκων δοξάζειν τὸν παντοκράτορα θεὸν ἐν αὐτῷ τῷ Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ c a

Röm. 11,25f.

b

Joh. 10,16

c

1 Petr. 4,11

2  καὶ Kl mit H (et)

147 Hinter diesem Gedanken steht der „in die Seele geschriebene“ Logos bei Platon,

Phaidr. 276 a 5f. 8f.; 278 a 3. Siehe auch in Hier. hom. 2,3 (GCS Orig. 32, 20) und dazu oben S. 153 Anm. 107.

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Homilie ,6

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

nach zu leben,147 damit nicht auch uns der Scheidebrief ausgehändigt wird, sondern damit wir fähig werden, zum heiligen Erbe zu gelangen, mit der erlösten Fülle der Heidenvölker Israel dann eintreten kann, denn wenn die Fülle der Heidenvölker eingetreten ist, dann wird ganz Israel gerettet werden,a und sie werden „eine Herde werden, ein Hirte“,b der uns lehrt, den allmächtigen Gott in ihm, Christus Jesus, zu verherrlichen.148 „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ c

148 Huet, Origeniana II 2,2,29 (p. 48 bzw. PG 17, 795), hat diese Stelle neben anderen

Stellen aus den Homilien, wie immer differenziert, zu der Frage diskutiert, ob Origenes neben dem Vater zum Sohn betet, wie es hier klingt, oder ob er verboten hat, Gebete an den Sohn zu richten.

223r

Εἰς τὸ „ἐπιστράφητε, υἱοὶ ἐπιστρέφοντες, καὶ ἰάσομαι τὰ συντρίμματα ὑμῶν“ μέχρι τοῦ „περιζώσασθε σάκκους ἐπὶ τούτοις“.a

Ὁμιλία εʹ.

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1. Σαφῶς μὲν ἐν ταῖς τῶν ἀποστόλων γέγραπται Πράξεσιν, ὅτι οἱ ἀπό­ στολοι εἰσῄεσαν πρῶτον εἰς τὴν τῶν Ἰουδαίων συναγωγὴν b καταγγέλλον­ τες αὐτοῖς, ὡς συγγενέσι διὰ τὸν Ἀβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακώβ, c τῶν γε­ γραμμένων τὰ περὶ τῆς παρουσίας Ἰησοῦ Χριστοῦ. d Ὅτε δὲ ἐκείνων τὰ λεγόμενα μὴ δεχομένων ἔδει ἑτέρους εἶναι τοὺς ἀκροατὰς τῶν λεγομένων, τότε ἀπολογησάμενοι ἐκείνοις κατελίμπανον αὐτούς· γέγραπται γὰρ ὅτι „ὑμῖν ἔδει καταγγελθῆναι τὸν λόγον τοῦ θεοῦ· ἐπεὶ δὲ οὐκ ἀξίους κρίνετε ἑαυτούς, ἰδοὺ στρεφόμεθα εἰς τὰ ἔθνη“. e Τοῦτο δὲ σαφῶς εἰρημένον ἐν ταῖς Πράξεσι τῶν ἀποστόλων δυνάμει πολλαχοῦ καὶ τῶν προφητῶν λέλεκται· καὶ γὰρ προηγουμένως μὲν λαλεῖ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον διὰ τῶν προφητῶν τοῖς ἀπὸ τοῦ λαοῦ ἐκείνου, εἰ δέ ποτε μετὰ τὸ πολλὰ εἰρηκέναι οὐκ ἠκού­ σθη, προφητεύει τὸν λόγον τὸν κηρυσσόμενον τοῖς ἔθνεσι. Τοῦτο δὲ καὶ ἐπὶ τῆς ἀρχῆς τοῦ σήμερον ἀναγνώσματος γεγένηται, ἐπειδήπερ πρὸ μὲν [τοῦ] αὐτοῦ τοῖς ἀπὸ τοῦ Ἰσραὴλ λέγεται τὸ „Εἰ καὶ πατέρα με καλέσεις, καὶ ἀπ̓ ἐμοῦ οὐκ ἀποστραφήσῃ. Πλὴν ὡς ἀθετεῖ γυνὴ εἰς τὸν συνόντα αὐτῇ, οὕτως ἠθέτησεν εἰς ἐμὲ ὁ οἶκος Ἰσραήλ, λέγει κύρι­ ος.“ f Καὶ ὅτε προηγουμένως ταῦτα εἴρηται τὰ περὶ τοῦ Ἰσραὴλ καὶ ἤκου­ σαν οἱ υἱοὶ Ἰσραὴλ· „ὅτι ἠδίκησαν ἐν ταῖς ὁδοῖς αὐτῶν καὶ ἐπελάθοντο θεοῦ ἁγίου αὐτῶν“, g ἑξῆς [καὶ] τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον μετατίθησι τὸν λόγον ἐφ̓ ἡμᾶς τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν καί φησιν· „Ἐπιστράφητε, υἱοὶ ἐπιστρέφον­ τες, καὶ ἰάσομαι τὰ συντρίμματα | ὑμῶν.“ h Ἡμεῖς γάρ ἐσμεν οἱ πεπληρω­ μένοι συντριμμάτων, ἕκαστος εἴποι ἄν, εἰ καὶ νῦν κεκαθάρισται καὶ ἴαται ἀπὸ τῶν συντριμμάτων· „Ἦμεν γὰρ καὶ ἡμεῖς ἀπειθεῖς, ἀνόητοι, πλανώμε­ νοι, δουλεύοντες ἐπιθυμίαις καὶ ἡδοναῖς πολλαῖς καὶ ποικίλαις, ἐν κακίᾳ καὶ φθόνῳ διάγοντες, στυγητοί, μισοῦντες ἀλλήλους· ὅτε δὲ ἡ χρηστότης || καὶ ἡ φιλανθρωπία ἐπεφάνη τοῦ σωτῆρος ἡμῶν θεοῦ, διὰ λουτροῦ παλιγγενε­ σίας ἐπέχεε τὸν ἔλεον αὐτοῦ ἐφ̓ ἡμᾶς.“ i Καίτοιγε κἀκεῖνο τὸ ἀποστολικὸν ἅπαξ μνησθεὶς σαφέστερον πειράσομαι παραστῆσαι. Οὐ γὰρ εἴρηκεν· Ἦμεν a

Jer. 3,22–4,8 bApg. 13,14 cApg. 13,26 Jer. 3,21 hJer. 3,22 iTit. 3,3–6

d

g

17  τοῦ1 S Nt del. Kl

21  ὅτι Co LXX ἣν S

Apg. 13,33–35

e

Apg. 13,46

22  καὶ S Nt del. Bl Kl

f

Jer. 3,19f.

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Über: „Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne, und ich werde eure Gebrechen heilen“ bis: „Zieht dafür Trauergewänder an“.a

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1. In der Apostelgeschichte steht klar geschrieben, dass die Apostel zuerst in die Synagoge der Juden gingen,b um ihnen als den von Abraham, Isaak und Jakob her Verwandten c zu verkünden, was sich in den Schriften auf das Kommen Jesu Christi bezieht.d Als aber, weil jene die Botschaft nicht annahmen, andere die Hörer der Botschaft sein mussten, da rechtfertigten sie sich vor jenen und verließen sie. Es steht nämlich geschrieben: „Euch musste das Wort Gottes verkündet werden. Da ihr euch aber nicht für würdig haltet, siehe, wenden wir uns an die Heidenvölker.“ e Was in der Apostelgeschichte klar gesagt wird, davon ist implizit auch an vielen Stellen der Propheten die Rede. Denn ursprünglich spricht der Heilige Geist durch die Propheten zu den Menschen aus jenem Volk, wenn er aber dann nach vielem Reden nicht gehört wurde, richtet er das prophetische Wort der Verkündigung an die Heidenvölker. Das ist auch am Anfang des heutigen Lesungstextes der Fall, insofern davor zu den Angehörigen Israels gesagt wird: „Magst du mich auch Vater nennen und dich von mir nicht abwenden, so hat doch, wie eine Frau ihrem Gefährten die Treue bricht, das Haus Israel mir die Treue gebrochen, spricht der Herr.“ f Und nachdem ursprünglich das, was Israel angeht, gesagt worden ist und die Söhne Israels gehört haben, „dass sie auf ihren Wegen Unrecht getan und ihren heiligen Gott vergessen haben“,g richtet daraufhin der Heilige Geist das Wort an uns, die Menschen aus den Heidenvölkern, und sagt: „Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne, und ich werde eure Gebrechen heilen.“ h Wir sind es ja, die voller Gebrechen sind. Jeder könnte wohl sagen, mag er auch jetzt von den Gebrechen gereinigt und geheilt sein: „Auch wir waren nämlich ungehorsam, unvernünftig, irregeführt, versklavt von Leidenschaften und vielen und vielfältigen Gelüsten. Wir lebten in Bosheit und Neid, verhasst, in gegenseitigem Hass. Als aber die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Erlösers, erschien, hat er durch das Bad der Wiedergeburt sein Erbarmen über uns ausgegossen.“ i Doch da ich nun auch jenes Apostelwort einmal erwähnt habe, will ich versuchen, es klarer zu machen.149 Es 149 Nautin, SC 232, 280 Anm. 1, schließt aus dieser Bemerkung zu Recht, dass Origenes

über den Titusbrief bzw. diese Passage offenbar noch nicht gepredigt hat und das

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γάρ ποτε ἀνόητοι, ἀπειθεῖς· ἀλλὰ Παῦλος, ὁ ἀπόστολος, ὁ ἀπὸ τοῦ Ἰσ­ ραήλ, ὁ „κατὰ τὴν ἐν νόμῳ δικαιοσύνην γενόμενος ἄμεμπτος“a λέγει· „Ἦμεν γὰρ καὶ ἡμεῖς ποτε (οἱ ἀπὸ τοῦ Ἰσραὴλ) ἀπειθεῖς, ἀνόητοι“· b ἀλλ̓ οὐ μόνον οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν ἀνόητοι ἦσαν οὐδὲ μόνοι οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν ἀπειθεῖς οὐδὲ μόνοι ἐκεῖνοι ἁμαρτωλοί, καὶ ἡμεῖς δὲ οἱ τὸν νόμον δεδιδαγμένοι τοιοῦτοι ἐτυγχάνομεν πρὸ τῆς παρουσίας τοῦ Χριστοῦ. Λέγεται οὖν μετὰ τὰ εἰρημένα τῷ Ἰσραὴλ πρὸς ἡμᾶς τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν· „Ἐπιστράφητε, υἱοὶ ἐπιστρέφοντες, καὶ ἰάσομαι τὰ συντρίμματα ὑμῶν.“ c 2. Ἀλλ̓ ἐρεῖ τις· Ταῦτα εἴρηται πρὸς τὸν Ἰσραήλ, σὺ δὲ αὐτὰ ἕλκεις ἐπὶ τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν. Θέλομεν παραστῆσαι ὅτι οὐ μετὰ πολλά, ἀλλ̓ εὐθύς, ὅπου βούλεται πρὸς τὸν Ἰσραὴλ λέγειν τὰ περὶ ἐπιστροφῆς, προστίθησι τὸ τοῦ Ἰσραὴλ ὄνομα. Ἑξῆς γοῦν λέγεται· „Ἐὰν ἐπιστραφῇ Ἰσραήλ, λέγει κύριος, πρός με, καὶ ἐπιστραφήσεται· καὶ ἐὰν περιέλῃ τὰ βδελύγματα αὐτοῦ ἐκ τοῦ στόματος αὐτοῦ, καὶ ἀπὸ τοῦ προσώπου μου εὐλαβηθῇ, καὶ ὀμόσῃ· ζῇ κύριος μετὰ ἀληθείας καὶ ἐν κρίσει καὶ ἐν δικαιοσύνῃ, καὶ εὐλο­ γήσουσιν ἐν αὐτῷ ἔθνη.“ d Τὰ πρῶτα τοίνυν εἴρηται πρὸς τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν· εἶτ̓ ἐπεὶ ἐὰν τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν εἰσέλθῃ, τότε πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται, e κατὰ τὰ εἰρημένα παρὰ τῷ ἀπο­ στόλῳ ἐν τῇ πρὸς Ῥωμαίους ἐπιστολῇ. Πρόσχες τίνα τρόπον ὁ μὲν θεὸς προτρέπει ἡμᾶς ἐπιστρέφοντας τελείως ἐπιστρέφειν, ἐπαγγελλόμενος ὅτι ἐὰν ἐπιστρέφοντες ἐπιστρέψωμεν πρὸς αὐτόν, ἰάσεται ἡμῶν διὰ Ἰησοῦ Χριστοῦ τὰ συντρίμματα· ἡμεῖς δὲ ἀποκρι­ νόμενοι, οἱ μὴ μέλλοντες μηδὲ || βραδύνοντες περὶ τῆς σωτηρίας ὡς ἐκεῖνος ὁ Ἰσραήλ, φαμέν· „Οἵδε ἡμεῖς ἐσόμεθά σοι.“ f Ὁ μὲν θεὸς εἶπεν· „Ἐπιστρά­ φητε, υἱοὶ ἐπιστρέφοντες, καὶ ἰάσο|μαι τὰ συντρίμματα ὑμῶν“· οἱ δὲ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν· „Δοῦλοι ἐσόμεθα ἡμεῖς“, g οὐ πρότερον ὄντες „σοί“, ἀλλὰ δαι­ μόνων ὄντες, ἀλλὰ δυνάμεων ἀντικειμένων τυγχάνοντες. „Ὅτε“ γὰρ „δι­ εμέριζεν ὁ ὕψιστος ἔθνη“, ἐγενήθημεν ἡμεῖς οὐ μερίς σου οὐδὲ μετὰ τοῦ λαοῦ Ἰακὼβ σχοίνισμα κληρονομίας σου, h ἀλλὰ γεγόναμεν ἄλλων μερίδες· a

Phil. 3,6 bTit. 3,3 Dtn. 32,8f.

h

c

Jer. 3,22

10  οὐ μετὰ Hu οὐ μετ᾽ οὐ S

d

Jer. 4,1f.

e

Röm. 11,25f.

17  ἐπὶ – λέγεται Nt

f

Jer. 3,22

g

Jer. 3,22

27–28  διεμέριζεν Co διεμέριζες S

(längere) Zitat daraus daher zum Anlass nimmt, es durch ein paar Bemerkungen zu erläutern. Derselbe Fall mit nahezu identischem Wortlaut findet sich auch unten in Hier. hom. 5,4 (GCS Orig. 32, 34). 150 An dieser Stelle muss etwas im Sinne der Ergänzung ausgefallen sein. Gegenüber dem möglichen und sinnvollen Vorschlag von Blass: λέγει πρὸς τὸν Ἰσραήλ (vgl. Klostermann, GCS Orig. 3, 31 app. crit.) ist der Konjektur von Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 282, der Vorzug zu geben, weil sie die Auslassung als „saut de ἐπὶ à ἐπεί“ (vgl. ebd. 72) zu erklären vermag.

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Homilie ,1–2

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heißt nämlich nicht: Wir waren nämlich einst unvernünftig, ungehorsam, sondern Paulus, der Apostel, der aus dem Volk Israel stammt, „der nach der Gerechtigkeit gemäß dem Gesetz untadelig ist“,a sagt: „Auch wir waren nämlich einst“ – die aus dem Volk Israel – „ungehorsam, unvernünftig.“ b Nicht nur die Menschen aus den Heidenvölkern waren unvernünftig, und nicht nur die Menschen aus den Heidenvölkern waren ungehorsam, und nicht nur jene waren Sünder, sondern auch wir, die wir im Gesetz unterwiesen worden sind, waren so vor dem Kommen des Christus. Nach den an Israel gerichteten Worten wird also zu uns, den Menschen aus den Heidenvölkern, gesagt: „Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne, und ich werde eure Gebrechen heilen.“ c 2. Indes wird jemand einwenden: Das ist zu Israel gesagt, du aber beziehst es auf die Menschen aus den Heidenvölkern. Wir wollen darlegen, dass Gott, wenn er sich mit der Aufforderung zur Umkehr an Israel wenden will, den Namen Israel nicht nach vielen Worten, sondern sofort hinzufügt. Im Folgenden jedenfalls heißt es: „Wenn Israel zu mir umkehrt, spricht der Herr, wird es auch umkehren, und wenn es seine Gotteslästerungen aus seinem Mund beseitigt, wenn es sich vor meinem Angesicht in Acht nimmt und schwört: So wahr der Herr lebt, und dies in Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit, werden auch die Heidenvölker in ihm Segen haben.“ d Das erste ist also zu den Menschen aus den Heidenvölkern gesagt, dann ,150 denn wenn die Fülle der Heidenvölker eingetreten ist, dann wird ganz Israel gerettet werden e nach den Worten des Apostels im Brief an die Römer. Beachte, auf welche Weise Gott uns ermahnt, wenn wir umkehren, ganz umzukehren, indem er ankündigt, dass er, wenn wir bei der Umkehr zu ihm umkehren, durch Jesus Christus unsere Gebrechen heilen wird. Wir aber, die im Blick auf das Heil weder zögern noch zaudern wie jenes Israel, antworten darauf und sagen: „Hier sind wir, wir werden die Deinen sein.“ f Gott sagte: „Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne, und ich werde eure Gebrechen heilen“, und die Menschen aus den Heidenvölkern: „Wir werden deine Diener sein“,g die wir früher nicht „die Deinen“ waren, sondern den Dämonen gehörten und feindlichen Mächten unterstanden. Denn „als der Höchste die Völker zuteilte“, wurden wir nicht dein Anteil noch mit dem Volk Jakobs das für dich abgesteckte Erbe,h sondern wir wurden zu Anteilen anderer.151 Aber 151 Origenes präsentiert öfter die in der Septuagintafassung von Dtn. 32,8f. anzutreffende

Zuteilung der einzelnen Völker und Reiche der Erde an einen Engel, der sie als ihr Gott verwaltet, wobei das Volk Israel Gott untersteht: princ. I 5,2 (GCS Orig. 5, 71); in Ioh. comm. XIII 50,335 (GCS Orig. 4, 278); Cels. V 38 (GCS Orig. 2, 41f.); in Ex. hom. 8,2 (GCS Orig. 6, 220f.); in Num. hom. 11,4 (GCS Orig. 7, 84); in Luc. hom. 12,3 (GCS Orig. 92, 73f.). Die Vorstellung geht von Dtn. 32,8f. LXX aus auf jüdische Traditionen (vgl. Sir. 17,17; 24,12; Jubiläenbuch 15,31f.) ebenso zurück wie auf philosophische; vgl. für letztere Cels. V 25 (GCS Orig. 2, 26). Siehe dazu J. Michl, Art. Engel I–IX, in: RAC 5 (1962) 53–258, hier 75. 87. 107. 164; zu den politischen Aspek-

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ὅμως δὲ ἡμεῖς οἱ γενόμενοι ἄλλων ποτὲ μερίδες, σοῦ εἰπόντος ἡμῖν „Ἐπι­ στράφητε, υἱοί, ἐπιστρέφοντες, καὶ ἰάσομαι τὰ συντρίμματα ὑμῶν“ ἀποκρι­ νόμεθα· ἡμεῖς“· τοῦτο γὰρ περιεμένομεν, τὴν κλῆσιν, μόνον. Οὐχ ὡς ἐκεῖνοι ἐκλήθησαν καὶ παρῃτήσαντο, οὕτω καὶ ἡμεῖς καλούμενοι παραι­ τούμεθα. Ἔχομεν γὰρ ἐν ταῖς τοῦ εὐαγγελίου παραβολαῖς, ὅτι τινῶν κε­ κλημένων προηγουμένως ὁ μέν τις ἔλεγε· γυναῖκα ἔγημα, ἔχε με παρῃτημέ­ νον, ὁ δέ τις· ζεύγη βοῶν ἠγόρασα πέντε, πορεύομαι δοκιμάσαι αὐτά, ἔχε με παρῃτημένον.a Οὐχ οὕτως οὖν ἡμεῖς, οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν, ἐκλήθημεν καὶ παραιτούμεθα. Διὰ τί; Περὶ ποῖον ἀγρὸν ἵνα καταγενώμεθα; Περὶ ποίαν γυναῖκα σοφήν; Ἀλλὰ περὶ τί ἄλλο ἀσχοληθῶμεν; Εἴρηκεν οὖν ὁ θεὸς ἡμῖν· „Ἐπιστράφητε, υἱοί ἐπιστρέφοντες, καὶ ἰάσομαι τὰ συντρίμματα ὑμῶν“· καὶ βλέποντες ἑαυτῶν τὰ συντρίμματα καὶ περὶ τῆς ἰάσεως ἐπαγγελίαν, εὐθέως ἡμεῖς ἀποκρινόμεθα καὶ λέγομεν· „Ἰδοὺ ἡμεῖς ἐσόμεθά σοι, ὅτι σὺ κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν.“ b Ἐπακούσαντες οὖν καὶ εἰπόντες „ἐσόμεθά σοι“ μνημονεύωμεν, ὅτι ὑπεσχόμεθα θεῷ, λέγοντες αὐτῷ τὸ „ἐσόμεθά σοι“· καὶ εἰπόντες αὐτῷ τὸ „ἐσόμεθά σοι“ μηδενὸς ἄλλου γενώμεθα, μὴ πνεύματος ὀργῆς, μὴ πνεύματος λύπης, μὴ πνεύματος ἐπιθυ­ μίας, μὴ τοῦ διαβόλου γενώμεθα, μὴ τῶν ἀγγέλων αὐτοῦ· c ἀλλὰ κληθέντες καὶ εἰπόντες· „Ἰδοὺ ἡμεῖς ἐσόμεθά σοι“, δείξωμεν τοῖς ἔργοις, ὅτι || ἐπαγ­ γειλάμενοι γενέσθαι αὐτοῦ, οὐδενὶ ἄλλῳ ἢ αὐτῷ ἑαυτοὺς ἀνεθήκαμεν. Καὶ λέγομεν· „Ὅτι σὺ κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν εἶ“· οὐδένα γὰρ θεὸν ἡμεῖς ὁμολο­ γοῦμεν, οὐ τὴν κοιλίαν ὡς οἱ γαστρίμαργοι, „ὧν ὁ θεὸς ἡ κοιλία“· d | οὐ τὸ ἀργύριον ὡς οἱ φιλάργυροι, καὶ τὴν πλεονεξίαν, ἥτις ἐστὶν εἰδωλολα­ τρία, e οὐδὲ ἄλλο τι ἐκθεοῦμεν καὶ θεοποιοῦμεν, ὧν οἱ πολλοὶ θεοποιοῦσιν, ἀλλὰ ἡμῖν f ὁ ἐπὶ πᾶσι θεός, „ὁ ἐπὶ πάντων, ὁ διὰ πάντων, ὁ ἐν πᾶσι“ g θεός ἐστιν, καὶ ἠρτήμεθα τῆς ἀγάπης τῆς πρὸς τὸν θεόν (ἡ γὰρ ἀγάπη κολλᾷ ἡμᾶς τῷ θεῷ) λέγομεν· „Ἰδοὺ οἵδε ἡμεῖς ἐσόμεθά σοι, ὅτι σὺ κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν.“ h 3. Εἶτα καταγνόντες τῶν προτέρων ἡμῶν κακῶν (ὅτε μεγάλα μὲν ἐνο­ μίζομεν καὶ ὑψηλὰ τὰ εἴδωλα, προσεκυνοῦμεν καὶ θαυμαστὰ ἐνομίζομεν οἷς a

Lk. 14,18–20 Jer. 3,22

h

3  οἵδε Kl

b

Jer. 3,22

c

Mt. 25,41

d

Phil. 3,19

15  μνημονεύωμεν Co μνημονεύομεν S

e

Eph. 5,5

f

1 Kor. 8,6

21  κύριος Kl κε S

g

Eph. 4,6

26  ἐπεὶ Kl

ten: Peterson, Nationalismus im alten Christentum; speziell für Origenes: Daniélou, Origène 219–242; ders., Sources juives; Blanc, L’angélologie d’Origène 88–92. 152 Origenes deutet die Frau im Gleichnis auf die Weisheit der Philosophen, in Luc. frg. 212 (GCS Orig. 92, 319): „Der andere sagt: Ich habe eine Frau geheiratet. Das ist der, der wähnt, eine Weisheit gefunden zu haben, und weil er an ihr Teil hat, lehnt er die wahre Weisheit ab.“

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Homilie ,2–3

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obwohl wir zu Anteilen anderer geworden sind, antworten wir, als du zu uns sagst: „Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne, und ich werde eure Gebrechen heilen“, gleichwohl: „ sind wir“; denn darauf haben wir gewartet, auf die Einladung, nur darauf. Wenn wir eingeladen werden, entschuldigen wir uns nicht wie jene, die eingeladen wurden und sich entschuldigten. Denn wir finden in den Gleichnissen des Evangeliums, dass von den ursprünglich Eingeladenen der eine sagte: Ich habe eine Frau geheiratet, entschuldige mich bitte, ein anderer aber: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, ich bin auf dem Weg, sie mir anzusehen, entschuldige mich bitte!a Das ist also nicht unsere, der Menschen aus den Heidenvölkern, Art, eingeladen zu sein und sich zu entschuldigen. Warum? Bei welchem Acker sollten wir uns denn aufhalten? Bei welcher weisen152 Frau? Nein, womit sollten wir uns sonst beschäftigen? Gott hat also zu uns gesagt: „Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne, und ich werde eure Gebrechen heilen.“ Und wenn wir unsere Gebrechen betrachten und die Verheißung über ihre Heilung, antworten wir sogleich und sagen: „Siehe, wir werden die Deinen sein, denn du bist der Herr, unser Gott.“ b Da wir also gehorcht und gesagt haben: „Wir werden die Deinen sein“, wollen wir uns daran erinnern, dass wir uns Gott unterstellt haben, indem wir zu ihm sagten: „Wir werden die Deinen sein“. Und da wir zu ihm gesagt haben: „Wir werden die Deinen sein“, wollen wir niemand anderem gehören: nicht dem Geist des Zorns, nicht dem Geist der Traurigkeit, nicht dem Geist der Leidenschaft,153 weder dem Teufel noch seinen Engeln c wollen wir gehören. Da wir eingeladen worden sind und gesagt haben: „Siehe, wir werden die Deinen sein“, wollen wir vielmehr durch Taten zeigen, dass wir uns durch unsere Ankündigung, ihm zu gehören, keinem anderen als ihm zur Verfügung gestellt haben. Und wir sagen: „Denn du bist der Herr, unser Gott.“ Denn nichts bekennen wir als Gott, nicht den Bauch wie die Schlemmer, „deren Gott der Bauch ist“,d nicht das Geld wie die Geldgierigen oder die Habsucht, die Götzendienst ist,e und nichts anderes von dem, was die Menge zu Gott macht, vergöttlichen wir oder machen wir zu Gott, sondern für uns f ist Gott der Gott über allem, „der über allem, durch alles und in allem ist“,g und wir an der Liebe zu Gott hängen – denn die Liebe bindet uns an Gott –, sagen wir: „Siehe, hier sind wir, wir werden die Deinen sein, denn du bist der Herr, unser Gott.“ h 3. Wenn wir uns dann unserer früheren Übeltaten bewusst geworden sind – als wir die Götterbilder für großartig und erhaben hielten, beteten wir 153 Nach Origenes steckt hinter jedem Laster ein Dämon, in Num. hom. 20,3 (GCS

Orig. 7, 193): „Bei jeder einzelnen Sünde, die wir begehen, besonders, wenn wir nicht aus Unachtsamkeit, sondern mit Absicht und Leidenschaft sündigen, weihen wir uns zweifelsohne demjenigen Dämon, der für das Tun der Sünde, die wir begangen haben, zuständig ist.“ Vgl. ebd. 27,8 (7, 267f.); in Lev. hom. 12,7 (GCS Orig. 6, 466); in Ios. hom. 1,6 (GCS Orig. 7, 294); 12,3 (7, 370); 15,5 (7, 389f.).

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ἐλατρεύομεν· νυνὶ δὲ κατέγνωμεν ὅτι ἐκεῖνα πάντα ψευδῆ ἦν καὶ οὐδὲν ἐτύγχανεν), λέγομεν ἐπιστρέφοντες· „Ὄντως εἰς ψεῦδος ἦσαν οἱ βουνοί“,a καὶ ἡμεῖς καταγνόντες τῶν προτέρων ὑψηλῶν καὶ τῶν προτέρων θαυμα­ σίων. Καὶ τάχα ἐὰν φιλοτεχνῶμεν, εὑρήσομεν τὴν διαφορὰν τῶν ἐν τοῖς ἔθνεσι βουνῶν καὶ ὀρέων, ἅτινα καταλιπόντες οἱ εἰπόντες· „Ἰδοὺ οἵδε ἡμεῖς ἐσόμεθά σοι, ὅτι σὺ κύριος ὁ θεὸς ἡμῶν εἶ“, b κατηγοροῦσιν αὐτῶν ὡς ψευδῶν, καὶ τῶν βουνῶν καὶ τῶν ὀρέων. Τίς οὖν ἡ διαφορὰ τῶν ἐν τοῖς ἔθνεσιν ὀρέων καὶ βουνῶν, ὧν κατεγνωκότες λέγομεν· „Ὄντως εἰς ψεῦδος ἦσαν οἱ βουνοὶ καὶ ἡ δύναμις τῶν ὀρέων“; c Τοῦτο λέγομεν ἡμεῖς καταγνόν­ τες τῶν προτέρων. Τὰ προσκυνούμενα παρὰ τοῖς ἔθνεσι τὰ μὲν προσκυ­ νεῖται ὡς θεοί, τὰ δὲ ὡς ἥρωες. Ὁμολογοῦσι γὰρ καὶ αὐτοὶ περί τινων, πρότερον ἦσαν καὶ ἀπεθεώθησαν. Ἡρακλέα προσκυνοῦσιν οὐχ ὡς γεγεννημένον θεόν, ἀλλ̓ ὡς ἐξ ἀνθρώπου εἰς θεὸν μεταβληθέντα· Ἀσκληπιὸν προσκυνοῦσιν ὡς ἐξ ἀνθρώπων δι᾽ ἀρετὴν εἰς θεὸν μεταβεβλη­ κότα. Ὅταν δὲ προσκυνῶσι τοὺς πατέρας τούτων ὀνομαζομένους παρ᾽ αὐτοῖς θεούς, προσκυνοῦσιν οὐχ ὡς μεταβαλόντας || ἐξ ἀνθρώπων εἰς θε­ ούς, ἀλλ̓, ὡς ἐκεῖνοι οἴονται, θεοὺς ἀρχῆθεν ὄντας. Ἔσονται μὲν οὖν ἀρχῆθεν μὲν θεοὶ νομιζόμενοι τοῖς | ἔθνεσιν τὰ ὄρη καὶ „ἡ δύναμις τῶν ὀρέων“, οἱ δὲ νομιζόμενοι παρ᾽ αὐτοῖς νῦν μὲν εἶναι θεοί, πρότερον δ̓ ἄν­ θρωποι γεγονέναι, οὗτοί εἰσιν „οἱ βουνοί“. Ἐγνωκότες οὖν ἀμφότερα προσκυνούμενα τάγματά φασιν· „Ὄντως εἰς ψεῦδος ἦσαν οἱ βουνοὶ καὶ ἡ δύναμις τῶν ὀρέων.“ d Οὐ γὰρ ὑπολαμβά­ νουσιν οἱ αὐτοῖς λατρεύοντες, ὅτι ψευδῆ ἐστι ταῦτα. Διόπερ οἴονται τοὺς χρησμοὺς καὶ τὰς θεραπείας ἀληθινὰς εἶναι θεραπείας, οὐχ ὁρῶντες διαφορὰν „πάσης δυνάμεως καὶ σημείων καὶ τεράτων ψεύδους ἐν πάσῃ ἀπάτῃ ἀδικίας τοῖς ἀπολλυμένοις γινομένων“ e πρὸς πᾶσαν δύναμιν σημείων καὶ τεράτων ἀληθείας. Ἃ μὲν γὰρ ἐποίει Χριστὸς Ἰησοῦς, ταῦτα ἦν σημεῖα ἀληθείας, καὶ πρὸ αὐτοῦ ἃ μὲν ἐποίει Μωσῆς, f δύναμις ἦν ἀληθείας. Ἃ δὲ ἐποίουν οἱ Αἰγύπτιοι g σημεῖα μὲν ἦν a Jer. 3,23 8,3

b

Jer. 3,23

c

Jer. 3,23

d

Jer. 3,23

e

2 Thess. 2,9f.

f

Ex. 7–11

g

Ex. 7,11f.22;

12  ὅτι ἄνθρωποι Kl 13  γεγεννημένον Lo γεγενημένον S 14–15  μεταβεβληκότα Kl μεταβεβηκότα S 17  οἱ Gh 21  τὰ Bl Kl (nicht Nt) 21  φασιν Del φησὶν S 22  οὐ Del νῦν S 23  αὐτοῖς Bl αὐτὰ S 24  ἀληθινοὺς εἶναι χρησμοὺς Lie Nt (nicht Kl) 27  ἀληθείας Gh Co ἀληθούς S 28  ἃ μὲν Nt δὲ ἃ Bl Kl μὲν ἃ S

154 Origenes hat oft darauf hingewiesen, dass der Wortlaut des Bibeltextes akribisch zu

analysieren ist, um seinen exakten Sinn herauszufinden. Vgl. etwa in Hier. hom. 12,1 (GCS Orig. 32, 85f.), dazu unten S. 294 Anm. 377. 155 Schon Athenagoras, legat. 29,1 (PTS 31, 94) und 30,2 (31, 97), zählte Herakles und Asklepios unter den Beispielen für Menschen auf, die vergöttlicht wurden.

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sie an und hielten das, was wir verehrten, für wunderbar; jetzt aber ist uns bewusst geworden, dass jene Dinge allesamt Lügen und nichtig waren –, sagen wir, wenn wir umkehren: „Wirklich, zur Lüge nur dienten die Hügel“,a und wenn auch wir die einst erhabenen und die einst wunderbaren Dinge verurteilen. Und wenn wir methodisch vorgehen,154 werden wir vielleicht den Unterschied zwischen Hügeln und Bergen bei den Heidenvölkern herausfinden, welche diejenigen verlassen haben, die sagen: „Siehe, hier sind wir, wir werden die Deinen sein, denn du bist der Herr, unser Gott“,b und die sie als Lügen anklagen, und zwar sowohl die Hügel als auch die Berge. Worin besteht nun der Unterschied zwischen den Bergen und Hügeln bei den Heidenvölkern, über die wir, wenn wir sie verurteilen, sagen: „Wirklich, zur Lüge nur dienten die Hügel und die Macht der Berge“? c Das sagen wir, wenn uns unsere früheren Taten bewusst werden.Was bei den Heidenvölkern angebetet wird, wird teils als Götter angebetet, teils als Heroen. Von einigen geben sie nämlich sogar selbst zu, sie zuvor waren und vergöttlicht wurden. Sie beten Herakles an, aber nicht als einen, der als ein Gott geboren, sondern als einen, der aus einem Menschen in einen Gott verwandelt worden ist. Asklepios beten sie an als einen, der aus den Menschen wegen seiner Geschicklichkeit in einen Gott verwandelt worden ist.155 Wenn sie aber deren Väter anbeten, die bei ihnen Götter genannt werden, beten sie diese nicht als solche an, die sich aus Menschen in Götter verwandelt haben, sondern als solche, die ihrer Ansicht nach von Anfang an Götter waren. Es werden also von den Heidenvölkern von Anfang an für Götter gehalten werden, die Berge und „die Macht der Berge“ sein, diejenigen aber, von denen man bei ihnen annimmt, dass sie jetzt zwar Götter sind, zuvor aber Menschen waren, die sind „die Hügel“. Da sie nun beide Kategorien dessen, angebetet wird, erkannt haben, sagen sie: „Wirklich, zur Lüge nur dienten die Hügel und die Macht der Berge.“ d Denn ihre Verehrer merken nicht, dass sie Lügen sind. Deswegen glauben sie, dass die Orakel 156 und dass die Heilungen wahre Heilungen sind, ohne den Unterschied zu sehen zwischen „der ganzen Macht der Zeichen und der Wunder der Lüge, die sich bei jeder Täuschung der Ungerechtigkeit unter denen, die zugrundegehen, ereignen“,e und der ganzen Macht der Zeichen und Wunder der Wahrheit. Denn was Christus Jesus vollbrachte, das waren Zeichen der Wahrheit, und was vor ihm Mose vollbrachte,f war die Macht der Wahrheit. Was aber die Ägypter vollbrachten,g waren zwar Zeichen und Wunder, der Lüge.157 Desglei156 Diese Ergänzung von Lietzmann wird von Nautin, SC 232, 288, aufgenommen

(ebenso von Smith, FaCh 97, 45 Anm. 37), von Klostermann, GCS Orig. 3, 34 (und Schadel, BGrL 10, 82), hingegen nicht. 157 Die Abfolge von μέν und δέ in diesen Sätzen erklärt sich am Besten wohl so: Auf zwei μέν-Glieder, Jesus und Mose – weshalb das zweite, im Codex Scorialensis überlieferte

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καὶ τέρατα, ψεύδους. Οὕτως δὲ καὶ ἃ ἐποίει Σίμων μετὰ τὸν Ἰη­ σοῦν ὁ μάγος, ὥστε ἀποπλανᾶν τὸ ἔθνος τῆς Σαμαρείας καὶ νομίζεσθαι αὐτὸν εἶναι δύναμιν θεοῦ,a καὶ αὐτὰ ἦν σημεῖα καὶ τέρατα ψεύδους. Ὅταν οὖν καταγνῶμεν ἐκείνων, λέγομεν οἱ κατεγνωκότες· „Ὄντως εἰς ψεῦδος ἦσαν οἱ βουνοὶ καὶ ἡ δύναμις τῶν ὀρέων.“ b 4. Εἶτα ἐπεὶ ἡμεῖς, οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν, ἴσμεν ὅτι τῷ παραπτώματι τοῦ Ἰσραὴλ ὁδὸν ἐλάβομεν σωτηρίας c καὶ ἐκεῖνοι ἔξω εἰσὶν ἐκβεβλημένοι, d μέχρι τὸ πλήρωμα ἡμῶν εἰσέλθῃ, ἴσμεν δὲ ὅτι ἐὰν „τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν εἰσ­ έλθῃ“, μετὰ τοῦτο „πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται“, e διὰ τοῦτό φαμεν πρῶτον μὲν  τὸ „Ὄντως εἰς ψεῦδος ἦσαν οἱ βουνοὶ καὶ ἡ δύναμις τῶν ὀρέων“, δεύτερον δὲ περὶ τοῦ Ἰσραὴλ σωθη||σομένου μετὰ τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν· „Πλὴν διὰ κυρίου θεοῦ ἡμῶν ἡ σωτηρία τοῦ Ἰσραήλ“. f Ἐπεὶ δὲ ἅπαξ ἐμνή­ σθημεν τοῦ ἀποστολικοῦ ῥητοῦ λέγοντος ὅτι τῷ παραπτώματι, ᾧ παρέ­ πεσεν ὁ Ἰσραήλ, ἡ σωτηρία γέγονε τοῖς ἔθνεσιν, καὶ ὅταν „τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν εἰσέλθῃ“, ἔξω μένοντος τοῦ Ἰσραήλ, μετὰ τὸ εἰσερχόμενον πλήρωμα τῶν ἐθνῶν τότε „πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται“, φέρε τὰ κατὰ τοὺς τόπους τούτους ἀναπτύξωμεν. Ἦν Ἰσραὴλ σῳζόμενος. Ἐξέπεσεν ὁ πολὺς Ἰσραήλ, ἀλλὰ „λεῖμμα κατ̓ ἐκλογὴν χάριτος γέγονεν“, g περὶ οὗ λείμμα|τος μυστικῶς „ἐν Ἠλίᾳ“ h λέλεκται· „Κατέλιπον ἐμαυτῷ ἑπτακισχιλίους ἄνδρας, οἵτινες οὐκ ἔκαμψαν γόνυ τῇ Βαάλ.“ i Καὶ ἑρμηνεύων περὶ τοῦ λείμματος τούτου ὁ ἀπόστολός φησιν· „Ἄρ᾽ οὖν καὶ ἐν τῷ νῦν καιρῷ λεῖμμα κατ̓ ἐκλογὴν χάριτος γέγονεν.“ j Οὐκοῦν Ἰσραὴλ κἂν λεῖμμα σῳζόμενον, κατα­ λειφθέντος τοῦ Ἰσραήλ. Ταῦτα τὰ δύο τάγματα, εἰ δυνατὸς εἶ, μετάγαγέ μοι καὶ ἐπὶ τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν. Οὐ γὰρ εἶπεν· Ὅταν πάντα τὰ ἔθνη σωθῇ, τότε πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται, ἀλλ̓ ὅταν „τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν εἰσέλθῃ“, τότε „πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται“. k Οὐ τὶς Ἰσραὴλ σωθήσεται μετὰ πάντα τὰ ἔθνη, ἀλλὰ μετὰ τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν. Εἴ τις δύναται, τὸ a

Apg. 8,9f. bJer. 3,23 cRöm. 11,11 dLk. 13,28 eRöm. 11,25f. f Jer. 3,23 11,5 h Röm. 11,2 i Röm. 11,4; 1 Kön. 19,18 j Röm. 11,5 kRöm. 11,25f.

1  ἀλλὰ Lie Kl (nicht Nt)

g

Röm.

11  σωθησομένου Gh σωθησομένων S

μέν nicht mit Blass (akzeptiert von Klostermann) in δέ zu ändern, sondern mit Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 288, lediglich μὲν ἅ zu ἃ μέν umzustellen ist –, folgen als Opposition zwei δέ-Glieder, die Ägypter und Simon der Magier. Das μέν im Satz über die Ägypter benötigt einen Kontrast, weshalb Lietzmanns Ergänzung ἀλλά sinnvoll ist (akzeptiert von Klostermann, GCS Orig. 3, 34, und Schadel, BGrL 10, 83), denn damit wird der Kontrast präzisiert. Nautin, SC 232, 72, lehnt letztere Ergänzung ab und versteht das letzte δέ (im Satz über Simon Magus) als Kontrast zum ersten μέν (im Satz über Jesus). Damit bleibt μέν im Satz über die Ägypter aber unerklärt, vor allem aber widerspricht dem das den Simon Magus-Satz einleitende οὕτως, denn dieses bezieht den Satz eindeutig auf den Satz über die Ägypter. 158 Zu dieser Wendung siehe oben S. 177 Anm. 149.

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chen waren auch das, was Simon der Magier nach Jesus vollbrachte, um das Volk von Samaria irrezuführen und selbst für Gottes Kraft gehalten zu werden,a Zeichen und Wunder der Lüge.Wenn wir uns also jener Dinge bewusst werden, sagen wir, da wir uns ihrer bewusst werden: „Wirklich, zur Lüge nur dienten die Hügel und die Macht der Berge.“ b 4. Weil wir, die wir von den Heidenvölkern abstammen, nun wissen, dass uns durch die Verfehlung Israels der Weg zum Heil eröffnet wurde c und jene draußen sind, hinausgeworfen,d bis wir in Fülle eingetreten sind, weil wir aber auch wissen, dass dann, wenn „die Heidenvölker in Fülle eingetreten sind, ganz Israel gerettet werden wird“,e darum sagen wir zuerst: „Wirklich, zur Lüge nur dienten die Hügel und die Macht der Berge“, als zweites aber über Israel, das nach der Fülle der Heidenvölker gerettet werden wird: „Nur durch den Herrn, unseren Gott, erfolgt die Rettung Israels“.f Da wir nun einmal das Apostelwort erwähnt haben,158 das besagt, dass durch die Verfehlung, durch die Israel zu Fall gekommen ist, das Heil zu den Heidenvölkern gekommen ist, und „die Heidenvölker in Fülle eintreten“, während Israel draußen bleibt, nachdem aber die Heidenvölker in Fülle eingetreten sind, daraufhin „ganz Israel gerettet werden wird“, wohlan, lasst uns das an diesen Stellen Gesagte erschließen! Es gab ein159 Israel, das gerettet wird. Der Großteil Israels ist zu Fall gekommen, aber „es gab einen Rest, der aus Gnade erwählt ist“.g Von diesem Rest wird geheimnisvoll „im Bericht über Elija“ h gesagt: „Mir sind siebentausend Männer geblieben, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt haben.“ i Und wo der Apostel die Bedeutung dieses Restes erklärt, sagt er: „So gibt es also auch in der jetzigen Zeit einen Rest, der aus Gnade erwählt ist.“ j Also gibt es ein Israel, wenn auch nur einen Rest, das gerettet wird, während Israel verlassen wurde. Übertrage mir diese zwei Gruppen, wenn du dazu in der Lage bist, auch auf die Menschen aus den Heidenvölkern. Er sagte nämlich nicht: Wenn alle Heidenvölker gerettet werden, dann wird ganz Israel gerettet werden, sondern wenn „die Heidenvölker in Fülle eingetreten sind“, dann „wird ganz Israel gerettet werden“.k Es gibt ein Israel, das gerettet werden wird, aber nicht nach allen Heidenvölkern, sondern nach der Fülle der Heidenvölker.160 Wenn einer dazu fähig ist, soll er das Weitere so, wie er ent159 Das von Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 290 (vgl. ebd. 72), hier eingefügte τις

(akzeptiert von Smith, FaCh 97, 45 Anm. 47) scheint nicht nötig zu sein.

160 Entsprechend seiner Soteriologie des geistigen, intellektuell-spirituellen Fortschritts

interpretiert Origenes den paulinischen Ausdruck τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν aus Röm. 11,25, „die Fülle der Heidenvölker“, nicht quantitativ im Sinne von „alle Heidenvölker“, sondern qualitativ als Eintreten in das Heil „in Fülle“. Origenes deutet Röm. 11 also so, dass Paulus nur von der Rettung der „Vollkommenen“, und zwar aus den Heiden wie aus den Juden, spricht. Siehe auch Nautin, SC 232, 164. 292 Anm. 1. Daran schließt er einen nicht weiter ausgeführten und daher sehr kryptisch anmutenden Gedanken dazu an, wann auch quantitativ „alle“ gerettet werden, Gott „unter

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λοιπόν ὥσπερ εὗρεν τὸν Ἰσραὴλ σῳζόμενον μετὰ τὸ πλήρωμα τῶν ἐθνῶν, διαβὰς τῷ λόγῳ κατανοησάτω, πότε πάντες δουλεύσουσιν κατὰ τὰ ἐν τῷ Σοφονίᾳ εἰρημένα τῷ θεῷ „ὑπὸ ζυγὸν ἕνα“ καὶ „ἐκ περάτων Αἰθιοπίας οἴσουσιν θυσίας“ αὐτῷ·a ὅτε, ὡς ἐν ἑξηκοστῷ ἑβδόμῳ λέλεκται Ψαλμῷ· „Αἰθιοπία προφθάσει χεῖρα αὐτῆς τῷ θεῷ“, καὶ ταῖς βασιλείαις „τῆς γῆς“ προστάσσει ὁ λόγος λέγων· „Ἄισατε τῷ κυρίῳ, ψάλατε τῷ θεῷ Ἰακώβ.“ b 5. Οὐκοῦν λέγομεν ἡμεῖς || οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν περὶ μὲν ἑαυτῶν, μετανο­ οῦντες ἐπὶ τοῖς ψευδέσιν ἃ ἐνομίζομεν εἶναι ἀληθῆ· „Ὄντως εἰς ψεῦδος ἦσαν οἱ βουνοὶ καὶ ἡ δύναμις τῶν ὀρέων“· περὶ δὲ τοῦ μεθ̓ ἡμᾶς σωθησομένου Ἰσραήλ· „Πλὴν διὰ κυρίου θεοῦ ἡμῶν ἡ σωτηρία τοῦ οἴκου Ἰσραήλ“. c Εἶτα ἐξομολογούμενοι περὶ τῶν ἁμαρτημάτων, ἐν οἷς καὶ οἱ πατέρες ἡμῶν γεγό­ νασιν καὶ ἡμεῖς αὐτοὶ εἰδωλολατροῦντες, φαμέν· „Ἡ δὲ αἰσχύνη κατηνάλω­ σεν τοὺς μόχθους τῶν πατέρων ἡμῶν ἀπὸ νεότητος αὐτῶν, τὰ πρόβατα αὐτῶν καὶ τοὺς βόας αὐτῶν, τοὺς υἱοὺς αὐτῶν καὶ τὰς θυγατέρας αὐτῶν.“ d „Ἡ αἰσχύνη κατηνάλωσεν τοὺς μόχθους τῶν πατέρων ἡμῶν“ καὶ τάδε τὰ εἰρημένα. Οὐκοῦν εἰ μέλλει καταναλίσκεσθαι ὁ μοχθηρὸς μόχθος καὶ τὸ ψευδὲς ἔργον τῶν πατέρων, αἰσχύνην δεῖ γενέσθαι· πρὶν γὰρ αἰσχύνης οὐ καταναλίσκεται ὁ μόχθος τῶν πατέρων ἡμῶν καὶ τὰ ἐπιφερόμενα. Διὰ τοῦτο κατανοήσωμεν ἁμαρτανόντων διαφοράς. Εἰσὶν ἁμαρτάνοντες καὶ οὐκ αἰσχυνόμενοι οὐδὲ αἰδούμενοι ἐπὶ ταῖς ἁμαρ|τίαις αὐτῶν οὐδὲ ἐρυθριῶντες. Τοιοῦτοί εἰσιν οἱ ἀπηλγηκότες καὶ ἑαυτοὺς παραδόντες πάσῃ ἀσελγείᾳ καὶ πάσῃ ἀκαθαρσίᾳ. e Βλέπεις γὰρ τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν τίνα τρόπον ὡς ἀρι­ στείας ἔσθ̓ ὅτε καταλέγουσιν τὰς πορνείας καὶ τὰς μοιχείας ἑαυτῶν, οὐδὲ αἰδούμενοι ὁμολογεῖν τὰ τοιαῦτα πεποιηκέναι, καὶ οὐ λέγουσιν αὐτὰ ἁμαρ­ τήματα. Ὅσον οὐκ αἰσχύνονται, οὐκ ἀναλίσκονται αὐτῶν οἱ μόχθοι, οὐκ ἀναλίσκεται αὐτῶν τὰ ἁμαρτήματα. Ἀρχὴ ἀγαθῶν ἐστιν τὸ αἰσχυνθῆναί τινα ἃ οὐκ ᾐσχύνετο. Διὰ τοῦτο ἐγὼ οὐ κατάραν νομίζω ἐν τοῖς προφήταις λέγεσθαι ἐν τῷ „Αἰσχυνθήτωσαν καὶ ἐντραπήτω||σαν πάντες οἱ μισοῦντες Σιών“. f Εὔχεται γὰρ τοὺς ἀναισθήτους τῆς αἰσχύνης ἔργων εἰς συν­ αίσθησιν ἔρχεσθαι, ἵνα αἰσχυνθέντες δυνηθῶσιν ἀναλῶσαι τοὺς μόχθους καὶ τὰ ἁμαρτήματα αὐτῶν. a

Zeph. 3,9f.

b

Ps. 67(68),32f.

c

Jer. 3,23

2  δουλεύσουσιν Co (Gh) δουλεύουσιν S ψεῦδος S 29  τῶν Gh

d

Jer. 3,24

e

Eph. 4,19

f

Ps. 128(129),5

4  ἑξηκοστῷ ἑβδόμῳ Kl ξζ´ S

17  ψευδὲς C

einem einzigen Joch“ dienen, wie er hier sagt, oder „einem einzigen Gesetz unterworfen sind“, wie er in Cels. VIII 72 (GCS Orig. 2, 288–290) formuliert, dort ebenfalls mit Rückgriff auf die universalen Aussagen in Zeph. 3,7–13.

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deckt hat, dass Israel nach der Fülle der Heidenvölker gerettet wird, mit seinem Verstand durchgehen und begreifen, wann – nach den Worten bei Zephanja – alle Gott „unter einem einzigen Joch“ dienen und ihm „von den Grenzen Äthiopiens her Opfer darbringen werden“,a wenn einmal, wie in Psalm 67 gesagt ist, „Äthiopien seine Hände zu Gott emporstrecken“ und das Wort den Königreichen „der Erde“ befehlen wird: „Singt dem Herrn, lobpreist den Gott Jakobs!“ b161 5. Wir also, die wir von den Heidenvölkern abstammen, sagen über uns selbst, wenn wir bezüglich der Lügen umdenken, die wir für wahr gehalten haben: „Wirklich, zur Lüge nur dienten die Hügel und die Macht der Berge“, über Israel aber, das nach uns gerettet werden wird, sagen wir: „Nur durch den Herrn, unseren Gott, erfolgt die Rettung des Hauses Israel.“ c Wenn wir dann die Sünden bekennen, in denen unsere Väter und wir selbst lebten, als wir die Götterbilder verehrten, sagen wir: „Die Scham hat die Mühen unserer Väter verzehrt von ihrer Jugend an, ihre Schafe und ihre Jungstiere, ihre Söhne und ihre Töchter.“ d „Die Scham hat die Mühen unserer Väter verzehrt“ und was sonst noch hier gesagt ist. Nun, wenn die verwerfliche Mühe und das falsche Tun der Väter verzehrt werden soll, muss Scham entstehen. Denn vor der Scham wird die Mühe unserer Väter und das dem Hinzugefügte nicht verzehrt. Betrachten wir daher die Unterschiede zwischen den Sündern! Es gibt Sünder, die weder Schande noch Scham wegen ihrer Sünden empfinden und auch nicht erröten. Das sind die, die abgestumpft sind und sich jeder Ausschweifung und jeder Unreinheit hingeben.e Du siehst ja, auf welche Weise die Angehörigen der Heidenvölker ihre Hurereien und Ehebrüche bisweilen auflisten, als wären es Heldentaten, ohne sich zu schämen zuzugeben, derartige Dinge getan zu haben, und sie bezeichnen sie nicht als Sünden. Solange sie sich nicht schämen, werden ihre Mühen nicht verzehrt, werden ihre Sünden nicht verzehrt. Der Anfang des Guten besteht darin, sich über etwas zu schämen, worüber man sich nicht geschämt hat. Deswegen halte ich nicht für einen Fluch, was in den Propheten gesagt wird, wo es heißt: „Beschämt werden und zurückweichen sollen alle, die Zion hassen.“ f Es wird nämlich darum gebetet, dass die für Werke der Schande Unempfindlichen zum Empfinden kommen, damit sie sich schämen und so ihre Mühen und Sünden verzehren können.

161 „Äthiopien“ ist für Origenes Symbol für das Reich des Teufels. Weil die Haut der

Äthiopier schwarz ist, stehen sie für Seelen, die dem Teufel unterworfen sind: in Hier. hom. 11,6 (GCS Orig. 32, 84), und laut Ps. 73(74),13f. LXX verspeisen die Äthiopier Drachen: orat. 27,12 (GCS Orig. 2, 371). Die Rettung „aller“ wird also eingetreten sein, wenn sich auch die am tiefsten gefallene Vernunftseele (der Teufel) wieder Gott zugekehrt hat.

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6. Τὰ δὲ ἄλογα τῶν πατέρων κινήματα πρόβατα εἶπεν καὶ μόσχους.a Οὐ γὰρ πάντα τὰ ἄλογα ἐπαινετά· ἀλλ̓ ἔστιν ἄλογά τινα ψεκτά, ὥσπερ τὰ πρόβατα τῶν πατέρων τῶν ἡμαρτηκότων· ἔστιν δέ τινα ἄλογα ἐπαινε­ τά, οἷον· „Τὰ ἐμὰ πρόβατα τῆς φωνῆς μου ἀκούουσιν.“ b Πρόβατα ἦν καὶ ταῦτα, οἷς ἀνάλογον ἔχομεν τὸν λόγον, ἔχοντες τὸν ποιμένα τὸν καλὸν ἐν ταῖς ψυχαῖς ἡμῶν. Ἐπὰν γὰρ λέγῃ ὁ σωτήρ· „Ἐγώ εἰμι ὁ ποιμὴν ὁ καλός“· c οὐκ ἀκούω μόνον καθολικῶς, ὡς πάντες ἀκούουσιν, ὅτι ποιμήν ἐστιν τῶν πιστευόντων (καὶ τοῦτο μὲν γὰρ καὶ ὑγιὲς καὶ ἀληθές), ἀλλὰ καὶ ἐν τῇ ἐμῇ ψυχῇ ὀφείλω ἔχειν ἔνδον μου τὸν Χριστόν, ἔνδον μου τὸν καλὸν ποιμένα, ποιμαίνοντα τὰ ἐν ἐμοὶ ἄλογα κινήματα, ἵνα μηκέτι ἐπὶ τὴν νομὴν ὡς ἔτυχεν ἐξέρχηται, ἀλλ̓ ἀγόμενα ὑπὸ τοῦ ποιμένος ταῦτα τὰ ἀλλότριά ποτε τυγχάνοντα αὐτοῦ ἴδια γένηται αὐτοῦ. Διὰ τοῦτο νῦν, ἐὰν ποιμὴν ᾖ ἐν ἐμοί, ἄρχει μου τῶν αἰσθήσεων· οὐκέτι εἰσὶν ὑπὸ νοῦν ἀλλότριον, ἢ ὑπὸ Φαραώ, ἢ ὑπὸ Ναβουχοδονόσορ, ἀλλὰ ὑπὸ τὸν καλὸν ποιμένα. 7. „Ἡ αἰσχύνη“ οὖν „κατηνάλωσεν τοὺς μόχθους τῶν πατέρων ἡμῶν ἀπὸ νεότητος αὐτῶν, τὰ πρόβατα αὐτῶν καὶ τοὺς βόας αὐτῶν.“ d | Ἔστι ἐν ἡμῖν γεωργοῦν ἡμᾶς, ἤτοι δὲ κακῶς γεωργοῦν, εἴγε δεῖ λέγειν τὸ κακῶς ἐπὶ τοῦ γεωργοῦντος, ἢ καλῶς γεωργοῦν. Εἰ μὲν οὖν κακῶς γεωρ­ γεῖ, μόχθος ἐστὶ τῶν πατέρων καταναλισκόμενος ὑπὸ τῆς αἰσχύνης αὐτῶν· εἰ δὲ καλῶς γεωργεῖ, οὐκ ἔστι τῶν πατέρων μόχθος· ἀλλὰ μόχθος ἐστὶν ἀφ̓ ὧν τὰ πρωτότοκα ἀναφέρεται ἐπὶ τοῦ θυσιαστηρίου τοῦ θεοῦ. „Τοὺς υἱοὺς αὐτῶν καὶ τὰς θυγατέρας αὐτῶν“ e λέγουσιν οὗτοι. Τίνων „αὐτῶν“ ἢ τῶν πατέρων υἱοὶ ἀνα||λίσκονται ὑπὸ τῆς αἰσχύνης αὐτῶν καὶ αἱ θυγα­ a

Jer. 3,24

b

Joh. 10,27

c

Joh. 10,11.14

d

Jer. 3,24

e

Jer. 3,24

6  λέγῃ Gh λέγει S 10  ποιμαίνοντα V ποιμένοντα S 12  γένηται Hu γενέσθαι S 14  Ναβουχοδονόσορ V Ναβουχοδονόσωρ S 16–17  ἔστι τι C ἔστιν S 18  ἢ Gh Co 22  τίνων ἡS 18  γεωργοῦν Gh γεωργοῦντος S 20  μόχθος2 S Kl μόσχος C Nt αὐτῶν ἢ Co τινῶν αὐτῶν ἡ S τίνων αὐτῶν οἱ V 23  οἱ Kl 23  ὑπὸ Gh ἀπὸ S 162 Origenes interpretiert christologisch die Auslegung Philons zu Gen. 4,2 („Und Abel

wurde ein Schafhirt“) in sacr. Abel. et Cain. 45 (I p. 220 Cohn/Wendland): Abel verkörpert den Geist, der als Hirt der Schafe, d.h. als Leiter und Lenker der unvernünftigen Seelenkräfte, wirkt und verhindert, dass sie in die Irre schweifen und zugrundegehen. 163 Vgl. Philon, leg. all. III 188 (I p. 155 Cohn/Wendland). 164 Siehe dazu die methodische Bemerkung des Origenes, in Num. hom. 11,4 (GCS Orig. 7, 83): „Wie wir nämlich sehen, dass manche Namen von Völkern oder Herrschern in den Schriften stehen, die sich ohne jeden Zweifel auf die bösen Engel und die feindlichen Mächte beziehen, wie zum Beispiel Pharao, der König von Ägypten, und der Babylonier bzw. Assyrer Nebukadnezzar, so glaube ich, dass wir auch das, was über heilige Männer und fromme Leute geschrieben steht, auf die heiligen Engel und die wohlgesonnenen Mächte beziehen müssen.“ Zum Pharao vgl. in Is. hom. 1,1 (GCS Orig. 8, 242f.); 5,3 (8, 266f.) und dazu Fürst/Hengstermann, OWD 10, 195

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6. Die unvernünftigen Regungen der Väter aber nannte er Schafe und Kälber.a Denn nicht alles Unvernünftige ist lobenswert, sondern es gibt Unvernünftiges, das tadelnswert ist, wie die Schafe der zu Sündern gewordenen Väter. Es gibt aber auch Unvernünftiges, das lobenswert ist, zum Beispiel: „Meine Schafe hören auf meine Stimme.“ b Schafe war auch das, wozu unsere Vernunft eine Analogie ist, wenn wir den guten Hirten in unseren Seelen haben. Wenn nämlich der Erlöser sagt: „Ich bin der gute Hirt“,c verstehe ich das nicht nur in dem allgemeinen Sinn, wie es alle verstehen, dass er der Hirt der Gläubigen ist – auch das ist freilich gesund und wahr –, sondern muss ich auch in meiner Seele, in meinem Innern, Christus haben, in meinem Innern den guten Hirten, der die unvernünftigen Regungen in mir hütet, damit sie nicht mehr aufs Geratewohl auf die Weide hinausgehen, sondern geführt vom Hirten das, was ihm einmal fremd war, ihm zu eigen wird.162 Wenn daher jetzt der Hirt in mir ist, herrscht er über meine Empfindungen.163 Sie unterstehen nicht mehr einem fremden Geist, dem Pharao oder Nebukadnezzar,164 sondern dem guten Hirten.165 7. „Die Scham“ also „hat die Mühen unserer Väter verzehrt von ihrer Jugend an, ihre Schafe und ihre Jungstiere.“ d Es gibt in uns, das den Boden in uns bebaut, und entweder bebaut es ihn schlecht – wenn man denn die Wertung ‚schlecht‘ auf den anwenden darf, der bebaut166 –, oder es bebaut ihn gut. Wenn es ihn nun schlecht bebaut, ist es die Mühe der Väter, die von ihrer Scham verzehrt wird. Wenn es ihn aber gut bebaut, gibt es keine Mühe der Väter, sondern ist es die Mühe167 für die Erstlinge, die auf dem Altar Gottes dargebracht werden. „Ihre Söhne und ihre Töchter“ e nennen sie sie. Auf Anm. 5; zu Nebukadnezzar vgl. in Hier. hom. 1,3 (GCS Orig. 32, 3) und dazu oben S. 113 Anm. 10. 165 In dieser Weise hat Origenes viele Dinge in der Bibel auf die Christen der Gegenwart bezogen; siehe die Beispiele bei Hanson, Allegory and Event 280f. (darunter auch die vorliegende Stelle), der diese Deutungen zu Unrecht als „Externalisierung der Geschichte“, als „Auflösung“ und als „spiritualisierende Tendenz“ kritisiert. Dagegen Fürst, Origenes als Theologe der Geschichte 126–140. 166 Nach Nautin, SC 232, 297 Anm. 4, dachte Origenes bei diesem Vorbehalt an Philon, agr. 20f. (II p. 99 Cohn/Wendland), der zwischen dem, der bebaut (Gen. 9,20), und dem, der den Erdboden bearbeitet (Gen. 4,2), unterscheidet: Beide verrichten dieselbe Arbeit, doch der Bebauer verrichtet sie gut. 167 Die Katenenüberlieferung liest nicht μόχθος, „Mühe“, sondern μόσχος, „Kalb, Jungstier“. Nautin, GCS Orig. 32, 358; SC 232, 296, übernimmt diese Lesart. Die Aussage: „Der Jungstier gehört zu den Erstlingen, die auf dem Altar Gottes dargebracht werden“, wäre in diesem Fall eine Anspielung auf Num. 18,17: „Die Erstlinge von jungen Stieren …, deren Blut du an den Altar sprengen musst“ (vgl. Gen. 4,4; Dtn. 15,19). Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch ein anderer Sinn, der für die Lesart μόχθος spricht: Auch wenn der Ackerboden gut bebaut wird und es keine Mühe gibt, die den Vätern zur Scham wird, haftet den Erstlingsgaben doch die Mühe an, mit der sie erzeugt werden müssen.

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τέρες; Πολλάκις εἴπομεν τὰ τῆς ψυχῆς γεννήματα, ὅτι τὰ νοήματα μέν εἰσιν υἱοί, τὰ δὲ ἔργα καὶ αἱ πράξεις αἱ διὰ τοῦ σώματος θυγατέρες. Ἐπεὶ οὖν ἐστί τινα νοήματα μοχθηρά, ὁποῖα ἐνόησαν οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν, ἔστιν δὲ καὶ ἔργα μοχθηρά, διὰ τοῦτο υἱοὶ καὶ θυγατέρες ἀναλίσκονται ὑπὸ τῶν πεποιηκότων, ἐὰν αἰσχύνη αὐτοῖς ἐγγένηται περὶ τῶν ἡμαρτημένων. Ἡμᾶς δὲ εἴη ποιεῖν υἱοὺς καὶ θυγατέρας δεομένους ἀναλώσεως τῆς ἀπὸ τῆς αἰσχύνης. 8. Μετὰ ταῦτα λέγουσιν οὗτοι οἱ ἐξομολογούμενοι τὸ „Ἐκοιμήθημεν ἐν τῇ αἰσχύνῃ ἡμῶν“ καὶ μετὰ τοῦτό φασιν· „Καὶ ἐπεκάλυψεν“ φησὶν „ἡμᾶς ἡ ἀτιμία ἡμῶν“.a Περὶ τοῦ καλύμματος πολλάκις ἡμῖν εἴρηται τοῦ ἐπικειμένου τῷ προσώπῳ τῶν μὴ ἐπιστρεφόντων πρὸς κύριον. Δι᾽ ὃ κάλυμμα „ἐὰν ἀναγινώσκηται Μωσῆς“, ὁ ἁμαρτωλὸς οὐ νοεῖ αὐτόν· „κάλυμμα“ γὰρ „εἰς ­ αλαιὰ τὴν καρδίαν αὐτοῦ κεῖ“. b Δι᾽ ὃ κάλυμμα, ἐὰν ἀναγινώσκηται ἡ π διαθήκη, οὐ συνήσει ὁ ἀκούων. Δι᾽ ὃ κάλυμμα καὶ „τὸ εὐαγγέλιον τοῖς ἀπολλυμένοις ἐστὶ κεκαλυμμένον“. c Ἐλέγομεν τοίνυν περὶ τοῦ καλύμματος ὅτι ἡ αἰσχύνη ἐστὶ τὸ κάλυμμα. Ὅσον γὰρ ἔχομεν τὰ ἔργα τῆς αἰσχύνης, δῆλον ὅτι ἔχομεν τὸ κάλυμμα κατὰ τὸ εἰρημένον που ἐν τεσσαρακοστῷ καὶ τρίτῳ Ψαλμῷ· „Καὶ ἡ αἰσχύνη τοῦ προσώπου μου ἐκάλυψέν με.“ d Παρε­ θέμην ὅτι ὁ μὴ ἔχων αἰσχύνης ἔργα οὐκ ἔχει κάλυμμα· ὁποῖος ἦν ὁ Παῦλος | λέγων· „Ἡμεῖς δὲ πάντες ἀνακεκαλυμμένῳ προσώπῳ τὴν δόξαν κυρίου κατοπτριζόμεθα.“ e Παῦλος οὖν ἀνακεκαλυμμένον ἔχει τὸ πρόσωπον· οὐ γὰρ ἔχει αἰσχύνης ἔργα. Ὁ μὴ ὡς Παῦλος ὢν κεκαλυμμένον ἔχει τὸ πρόσω­ πον. Ὡς οὖν ἐκεῖ „ἡ αἰσχύνη τοῦ προσώπου μου ἐκάλυψέν με“ f εἴρηται ἐν τεσσαρακοστῷ καὶ τρίτῳ Ψαλμῷ, τὸν αὐτὸν τρόπον εἴρηται ἐνθάδε· „Ἐκάλυψεν“ φησὶν „ἡμᾶς ἡ ἀτιμία ἡμῶν.“ g || Ὅσον ἀτιμίας ἔργα ἐργαζόμε­ θα, κάλυμμα ἔχομεν ἐπὶ τὴν καρδίαν ἡμῶν κείμενον. Εἰ θέλομεν τὸ κάλυμμα τὸ ἀπὸ τῆς ἀτιμίας ἀποθέσθαι, ἐπὶ τὰ τῆς τιμῆς ἔργα καταντήσωμεν καὶ νοήσωμεν ἐκεῖνο τὸ ὑπὸ τοῦ σωτῆρος εἰρημένον· „ἵνα πάντες τιμῶσι τὸν υἱὸν καθὼς τιμῶσι τὸν πατέρα“, h νοήσωμεν καὶ τὸ παρὰ τῷ ἀποστόλῳ εἰρημένον· „διὰ τῆς παραβάσεως τοῦ νόμου τὸν θεὸν ἀτιμάζεις“. i Ὁ δ­ ίκαιος ὡς τιμᾷ τὸν πατέρα τιμᾷ τὸν υἱόν. Ἡ ἀτιμία, ὅταν ἀτιμάζω τὸν υἱόν (αὐτὴ καθ̓ ἣν ἀτιμάζω τὸν πατέρα ἢ τὸν υἱόν), ἐπικάλυμμα γίνεται τοῦ προσώ­ a

Jer. 3,25 Jer. 3,25

g

b h

2 Kor. 3,15 c2 Kor. 4,3 Joh. 5,23 i Röm. 2,23

d

Ps. 43(44),16

e

2 Kor. 3,18

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Ps. 43(44),16

6  μὴ Gh 12  ἀναγινώσκηται S1 ἀναγινώσκεται S* 13  κεῖται V Co 14  συνήσει Lo συνίσει S 17–18. 24  τεσσαρακοστῷ καὶ τρίτῳ Kl μ´ καὶ γ´ S 22  ὢν κεκαλυμμένον Kl ἀνακεκαλυμμένον S 31  αὐτὴ V Co αὐτῆ S 168 Vgl. in Gen. hom. 1,15 (GCS Orig. 6, 19); in Hier. frg. 48 (GCS Orig. 32, 223). 169 Vgl. Origenes, princ. I 1,2 (GCS Orig. 5, 18); in Ex. hom. 12,1 (GCS Orig. 6, 262f.); in

Num. hom. 7,2 (GCS Orig. 7, 40f.); in Ios. hom. 9,4 (GCS Orig. 7, 349); in Luc. hom. 26,1 (GCS Orig. 92, 153); in Rom. comm. V frg. 2 (p. 204 Scherer); in Matth. comm.

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wen bezieht sich „ihre“, wenn nicht auf die Väter, deren Söhne und Töchter von ihrer Scham verzehrt werden? Schon oft haben wir über das, was die Seele hervorbringt, gesagt, dass die Gedanken die Söhne sind, die Werke und die körperlichen Taten hingegen die Töchter.168 Da nun manche Gedanken schlecht sind – etwa das, was die aus den Heidenvölkern gedacht haben –, es aber auch schlechte Werke gibt, deshalb werden die Söhne und Töchter von ihren Erzeugern verzehrt, wenn Scham über ihre Sünden in ihnen hochkommt. Möge es geschehen, dass wir Söhne und Töchter erzeugen, die von der Scham verzehrt werden müssen! 8. Daraufhin sagen die, die ein Schuldbekenntnis ablegen: „In unserer Scham haben wir uns gebettet“, und danach sagen sie: „Und unsere Schande“, heißt es, „hat uns verhüllt.“a Über die Hülle haben wir schon oft gesprochen.169 Sie liegt auf dem Angesicht derer, die sich nicht zum Herrn bekehren. Wegen dieser Hülle versteht der Sünder, wenn „Mose gelesen wird“, ihn nicht, denn „eine Hülle liegt auf seinem Herzen“.bWegen dieser Hülle versteht der Hörer nicht, wenn das Alte Testament gelesen wird. Wegen dieser Hülle ist auch „das Evangelium denen, die zugrundegehen, verhüllt“.c Wir sagten also über die Hülle, dass die Schande170 die Hülle ist. Denn solange wir Schandtaten begehen,171 liegt offensichtlich die Hülle auf uns, wie irgendwo im 43. Psalm gesagt wird: „Und die Schande meines Angesichts hat mich verhüllt.“ d Ich habe dargelegt,172 dass auf dem, der keine Schandtaten begeht, keine Hülle liegt. Ein solcher war Paulus; er sagt nämlich: „Wir alle aber spiegeln mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider.“ e Paulus also hat das Angesicht unverhüllt, denn er begeht keine Schandtaten. Wer nicht wie Paulus ist, hat das Angesicht verhüllt. Wie also dort im 43. Psalm gesagt wird: „Die Schande meines Angesichts hat mich verhüllt“,f in derselben Weise wird hier gesagt: „Unsere Schande“, heißt es, „hat uns verhüllt.“ g Solange wir Schandtaten begehen, haben wir eine Hülle auf unseren Herzen liegen. Wenn wir die von der Schande herrührende Hülle ablegen wollen, lasst uns zu den Werken der Ehre übergehen und jenes bedenken, was vom Erlöser gesagt worden ist: „damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“.h Lasst uns ebenso das bedenken, was vom Apostel gesagt worden ist: „Durch die Übertretung des Gesetzes entehrst du Gott.“ i Der Gerechte ehrt den Sohn, wie er den Vater ehrt. Die Schande, wenn ich den Sohn entehre – eben die Schande, mit der ich den Vater oder den Sohn entehre –, wird zu X 14 (GCS Orig. 10, 18); in Matth. comm. ser. 138 (GCS Orig. 11, 284f.); Cels. IV 50 (GCS Orig. 1, 323); V 60 (2, 63f.). Siehe dazu Martens, Origen and Scripture 163. 170 Origenes behandelt die Begriffe αἰσχύνη, „Scham“, und ἀτιμία, „Schande“, aus dem parallelismus membrorum in Jer. 3,25 im Folgenden als Synonyme. 171 Origenes interpretiert die „Hülle“ moralisch: Hanson, Allegory and Event 250. 172 Origenes bezieht sich wohl, wie Nautin, SC 232, 299 Anm. 3, zu Recht vermutet, auf frühere, nicht erhaltene Erläuterungen zu Ps. 43(44),16.

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Ὁμιλία εʹ

που μου, καὶ λέγω· „Καὶ ἐπεκάλυψεν ἡμᾶς ἡ ἀτιμία.“a Διὰ τοῦτο νοήσαν­ τες τὸ κάλυμμα τὸ ἐπικείμενον ἀπὸ τῶν τῆς αἰσχύνης ἔργων, ἀπὸ τῶν τῆς ἀτιμίας πράξεων, περιελώμεθα τὸ κάλυμμα. Ἐφ̓ ἡμῖν ἐστιν περιαιρεθῆναι τὸ κάλυμμα, οὐδενὸς ἄλλου ἐστίν. Ἡνίκα γὰρ ἐπέστρεφεν πρὸς κύριον Μωσῆς, περιῃρεῖτο τὸ κάλυμμα. b Ὁρᾷς ὡς Μωσῆς ποτε λαμβάνεται καὶ ἐπὶ τοῦ λαοῦ; Ὅσον οὐκ ἐπέστρεφεν πρὸς κύριον σύμβολον ὢν τοῦ λαοῦ τοῦ μὴ ἐπιστρέφοντος πρὸς κύριον, κάλυμμα εἶχεν ἐπικείμενον αὐτοῦ τῷ προσώ­ πῳ· ὅτε δὲ ἐπέστρεφε πρὸς κύριον σύμβολον γινόμενος τῶν ἐπιστρεφόντων πρὸς κύριον, τότε περιῃρεῖτο τὸ κάλυμμα. Καὶ οὐχ οἷον ὁ θεὸς αὐτῷ ἐκέλευεν· περίθου τὸ κάλυμμα (οὐ γὰρ εἶπεν ὁ κύριος πρὸς Μωσῆν· περίθου τὸ κάλυμμα), ἀλλ̓ ἰδὼν Μωσῆς, ὅτι οὐ δύναται ὁ λαὸς ἰδεῖν τὴν δόξαν αὐτοῦ, τότε ἐπετίθει τὸ κάλυμμα ἐπὶ τὸ πρόσωπον, c καὶ οὐ περιέμενεν θεὸν λέγοντα· Περιελοῦ τὸ κάλυμμα, ἡνίκα ἂν ἐπέστρεφεν πρὸς κύριον. 9. Τοῦτο οὖν γέγραπται, ἵνα καὶ σύ, τὸ κάλυμμα ἐπιτιθείς σου τῷ προσώπῳ διὰ τῶν τῆς ἀτιμίας καὶ τῶν τῆς αἰσχύνης ἔργων, αὐτὸς ἐργάσῃ καὶ τὸ περιαιρεθῆναι τὸ κάλυμμα. Ἐὰν ἐπιστρέψῃς πρὸς κύριον, τότε πε­ ριαιρεῖς τὸ κάλυμ||μα, καὶ οὐκέτι ἐρεῖς τὸ „Ἐπεκάλυψεν ἡμᾶς ἡ ἀτιμία ἡμῶν“. d Οἷον ὀργὴ ἐπικειμένη τῇ ψυχῇ ἡμῶν κατά | τινος ἐπίκειται κάλυμ­ μα ἡμῶν ἐπὶ τὸ πρόσωπον. Διὰ τοῦτο εἰ θέλομεν προσευχόμενοι εἰπεῖν· „Ἐσημειώθη ἐφ̓ ἡμᾶς τὸ φῶς τοῦ προσώπου σου, κύριε“, e περιαιρῶμεν τὸ κάλυμμα καὶ ποιήσωμεν τὸ ἀποστολικὸν ἐκεῖνο τὸ „Βούλομαι οὖν προσεύ­ χεσθαι τοὺς ἄνδρας ἐν παντὶ τόπῳ ἐπαίροντας ὁσίους χεῖρας χωρὶς ὀργῆς καὶ διαλογισμῶν.“ f Ἐὰν περιέλωμεν τὴν ὀργήν, περιείλομεν τὸ κάλυμμα, ἐὰν τὰ πάθη πάντα. Ὅσον δὲ ταῦτά ἐστιν ἐν τῷ νῷ ἡμῶν, ἐν τῷ λογισμῷ ἡμῶν, ἐπίκειται τῷ ἔνδον προσώπῳ, ἡγεμονικῷ ἡμῶν, τὸ κάλυμμα καὶ ἡ ἀτιμία, τοῦ μὴ βλέπειν ἡμᾶς τὴν δόξαν τοῦ θεοῦ λάμπουσαν. Οὐκ ἔστιν ὁ θεὸς ὁ ἀποκρύπτων αὐτοῦ τὴν δόξαν ἀφ̓ ἡμῶν, ἀλλ̓ ἡμεῖς τὸ κάλυμμα ἀπὸ τῆς κακίας ἐπιτιθέντες τῷ ἡγεμονικῷ. a f

Jer. 3,25 bEx. 34,34 (vgl. 2 Kor. 3,16) 1 Tim. 2,8

c

Ex. 34,35 (vgl. 2 Kor. 3,13)

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10  περίθου1 S1 περιθοῦ S* 16  περιαιρεθῆναι V περιερρηθῆναι S 22  χεῖρας V Co χώρας S 23  περιείλομεν Kl περιείλωμεν S 25  τῷ2 Bl Koe 27  αὐτοῦ S Nt αὑτοῦ Die Kl 173 Das ist der Kerngedanke der Freiheitsethik des Origenes, den er im Folgenden entfal-

tet. Auch im Freiheitstraktat in princ. III 1 (GCS Orig. 5, 195–244) hebt er antignostisch und antideterministisch hervor, „dass es unsere eigene Leistung ist, gut zu leben, und dass Gott dies von uns fordert als etwas, das nicht von ihm ist oder von einem anderen kommt oder, wie manche meinen, von der Schicksalsnotwendigkeit, sondern als unser eigenes Werk“: ebd. III 1,6 (5, 201). Übersetzung: p. 475 Görgemanns/Karpp. 174 Vgl. orat. 9,1 (GCS Orig 2, 317f.): „Der Beter muss heilige Hände erheben (1 Tim. 2,8), indem er jedem, der ihm gegenüber schuldig geworden ist, verzeiht (vgl. Mt. 6,12.14;

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einer Hülle für mein Angesicht, und ich sage: „Und die Schande hat uns verhüllt.“a Da wir daher die Hülle erkannt haben, die von den Werken der Scham, von den Taten der Schande her auf uns liegt, wollen wir die Hülle wegnehmen. Es liegt an uns, die Hülle wegzunehmen, nicht an jemand anderem.173 Denn als sich Mose dem Herrn zuwandte, wurde die Hülle weggenommen.b Siehst du, wie Mose manchmal auch für das Volk steht? Solange er sich dem Herrn nicht zuwandte – er ist Sinnbild für das Volk, das sich dem Herrn nicht zuwendet –, hatte er eine Hülle auf seinem Angesicht liegen. Als er sich aber dem Herrn zuwandte – er wird zum Sinnbild derer, die sich dem Herrn zuwenden –, da wurde die Hülle weggenommen. Und es war nicht so, dass Gott ihm befohlen hätte: Leg dir die Hülle um – denn der Herr sagte nicht zu Mose: Leg dir die Hülle um –, sondern als Mose sah, dass das Volk den Anblick seiner Herrlichkeit nicht ertragen kann, da legte er die Hülle auf das Angesicht,c und er wartete nicht darauf, dass Gott sagte: Nimm die Hülle weg, als er sich dem Herrn zuwandte. 9. Dies steht also geschrieben, damit auch du, der du dir durch die Werke der Schande und der Scham die Hülle auf dein Angesicht gelegt hast, auch das Wegnehmen der Hülle selbst bewirkst.Wenn du dich dem Herrn zuwendest, dann nimmst du die Hülle weg und wirst nicht mehr sagen: „Unsere Schande hat uns verhüllt.“ d Wenn zum Beispiel Zorn gegen jemanden auf unserer Seele liegt, liegt eine Hülle auf unserem Angesicht. Wenn wir daher beim Beten sagen wollen: „Das Licht deines Angesichts, Herr, hat sich über uns gezeigt“,e lasst uns die Hülle wegnehmen und nach jenem Wort des Apostels handeln: „Ich will also, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände erheben, frei von Zorn und Streit.“ f174 Wenn wir den Zorn beseitigen, beseitigen wir die Hülle, ebenso bei allen Leidenschaften.175 Solange sich diese aber in unserem Geist, in unserem Denken befinden, liegen die Hülle und die Schande auf dem inneren Angesicht, unserem Leitprinzip,176 so dass wir die leuchtende Herrlichkeit Gottes nicht sehen. Es ist nicht Gott, der seine Herrlichkeit vor uns verbirgt, sondern wir sind es, die die von der Schlechtigkeit herrührende Hülle auf unser Leitprinzip legen.177 Lk. 11,4), jede leidenschaftliche Regung zum Zorn aus seiner Seele entfernt und niemandem gegenüber verbittert ist.“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 21, 131–133. 175 Klostermann, GCS Orig. 3, 39 app. crit., vermutet zu Recht: „der Satz scheint lückenhaft“, weil der Nachsatz, übersetzt man ihn wörtlich: „wenn alle Leidenschaften“, unvollständig ist. 176 Hegemonikon (ἡγεμονικόν) ist der stoische Begriff für das vernünftige Leitprinzip der Seele, „in dem die Vorstellungen und die Triebe entstehen und von dem der Verstand ausgeht“, wie Zenon von Kition, der Begründer der Stoa, gesagt haben soll: Diogenes Laërtios VII 159. Siehe dazu oben S. 136 Anm. 70. Origenes setzt es auch andernorts mit dem Intellekt (νοῦς) gleich: princ. I 1,9 (GCS Orig. 5, 27); in Ioh. frg. 18 (GCS Orig. 4, 497); in Cant. frg. 12 (OWD 9/2, 152). 177 Ähnlich auch oben in Hier. hom. 3,2 (GCS Orig. 32, 21).

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10. „Διότι ἐναντίον τοῦ θεοῦ ἡμῶν ἡμάρτομεν ἡμεῖς καὶ οἱ πατέρες ἡμῶν.“a Εἴθε καὶ ἡμεῖς λέγωμεν, ὡς οὗτοι κατὰ τὴν προσωποποιίαν τοῦ προφήτου, ἡμάρτομεν. Οὐ ταὐτόν ἐστιν τὸ ἡμάρτομεν τῷ ἁμαρτάνομεν· ὁ μὲν γὰρ ἔτι ἐν ἁμαρτίᾳ ὢν μὴ λεγέτω ἡμάρτομεν, ὁ δὲ προαμαρτήσας, ἀκριβῶς δὲ μετανοήσας λεγέτω ἡμάρτομεν, ὡς καὶ ἐν τῷ Δανιὴλ γέγραπται ἐξομολόγησις τῶν μηκέτι ἁμαρτανόντων λεγόντων· „Ἡμάρτομεν, ἠνομήσα­ μεν“, b καὶ ἐν Ψαλμοῖς· „Μὴ μνησθῇς ἡμῶν ἀνομιῶν ἀρχαίων“ c φησὶν ὁ προφήτης. Καὶ ἡμεῖς οὖν ἐξομολογησώμεθα τὰς ἁμαρτίας, εἴθε μὴ χθιζάς, εἴθε μὴ τριημερινάς, ἀλλ̓ εἴθε ἐξομολογούμενοι ἐξομολογησώμεθα περὶ ἁμαρτημάτων πρὸ πεντεκαίδεκα ἐτῶν γεγενημένων, τῷ μηκέτι ἁμαρτίαν ἔχειν μετ̓ ἐκεῖνα ἐπὶ πεντεκαίδεκα ἔτη. Εἰ δὲ χθὲς ἡμάρτομεν, οὔπω ἀξιόπι­ στοί ἐσμεν ἐξομολογούμενοι περὶ τῶν ἁμαρτημάτων ἡμῶν· οὐδὲ χώραν || ἔχει ἀπαλειφῆναι τὰ ἁμαρτήματα ἡμῶν ταῦτα. „Διότι ἡμάρτομεν ἡμεῖς καὶ οἱ πατέρες ἡμῶν ἀπὸ νεότητος ἡμῶν ἕως τῆς ἡμέρας ταύτης.“ d Ἐκεῖνα μὲν ἄλλως λελέχθω εἰς διδασκαλίαν τὴν περὶ τρόπου ἀρίστου ἐξομολογή­ σεως· ταῦτα δέ ἐστιν κατηγορία τοῦ ἐκ πολλοῦ ἁμαρτάνειν· „ἀπὸ νεότη­ τος“ φησὶν „ἕως τῆς ἡμέρας ταύτης, καὶ οὐχ ὑπηκούσαμεν τῆς φωνῆς κυ­ ρίου τοῦ θεοῦ ἡμῶν“· e ἡμάρτομεν, καὶ οὐχ ὑπηκούσαμεν ἕως τοῦ παρόντος. Εἶτα ἐπιστρέψαντες καὶ ἀρχὴν ἔχοντες ἐπιστροφῆς λέγουσιν τὸ ἡμάρτομεν, καὶ οὐχ ὑπηκούσαμεν. Οὐδὲ γὰρ ἅμα τῷ θέλειν ὑπακοῦσαι ἤδη εὐθέως ὑπακούομεν· καὶ γὰρ ἔτι χρόνου δεῖ, ὥσπερ ἐπὶ τῶν τραυμάτων πρὸς τὴν ἴασιν, | οὕτως καὶ ἐπὶ τῆς ἐπιστροφῆς, πρὸς τὸ τελείως καὶ καθαρῶς ἐπι­ στρέψαι πρὸς τὸν θεόν. 11. Ἐπὶ τούτοις περὶ τοῦ Ἰσραὴλ λέγει ὁ θεός· „Ἐὰν ἐπιστραφῇ Ἰσραὴλ πρός με, λέγει κύριος, καὶ ἐπιστραφήσεται“· f τουτέστιν τελείως ἐπι­ στρέψῃ, καὶ ἐπιστραφήσεται ἐπιστροφῇ, οἱονεὶ ἄρξηται ἐπιστρέ­ a

Jer. 3,25

b

Dan. 9,5 Theodotion

c

Ps. 78(79),8

d

Jer. 3,25

e

Jer. 3,25

f

Jer. 4,1

2  προσωποποιίαν Co προσωποποιείαν S 1  ἡμάρτομεν Gh Co ἡμάρτ¨ωμεν S 9  τριθημερινάς Bl 11  οὔπω Gh Co οὕπω S οὕτω V 13  ἀπαλειφθῆναι Gh 21  ἔτι χρόνου Kl ἐπιχρόνου S 25  ἐὰν Co Kl (nicht Nt) 26  οὐκ ἐὰν Bl Kl (nicht Nt)

178 Zur prosopologischen Exegese bei Origenes siehe Neuschäfer, Origenes als Philo-

loge 263–276; Villani, Prosopopoiie. 179 Dieser Begriff des „Bekenntnisses“ im Sinne eines Sünden- oder Schuldbekenntnis-

ses (Exhomologese) verweist auf den Kontext der frühchristlichen Bußpraxis. Vgl. Tertullian, paen. 9,2 (CChr.SL 1, 336); Cyprian, epist. 16,2,3 (CChr.SL 3B, 92); Johannes Chrysostomus, cat. bapt. 1,13 (FC 6/1, 132); Origenes, in Ps. 36 hom. 1,5 (GCS Orig. 13, 125); in Ps. 37 hom. 2,1 (SC 411, 300); in Ps. 73 hom. 3,8 (GCS Orig. 13, 264); sel. in Ps. 135,2 (PG 12, 1653–1656); in Rom. comm. VI 9,15 (SC 543, 188), ferner unten in Hier. frg. 57 (GCS Orig. 32, 226). Siehe dazu Rahner, Bußlehre des Origenes 142f.

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10. „Denn wir haben vor unserem Gott gesündigt, wir und unsere Väter.“a Würden doch auch wir wie diese in der Form, in der der Prophet die Personen gestaltet,178 sagen:Wir haben gesündigt. Zu sagen:Wir haben gesündigt, ist nicht dasselbe wie: Wir sündigen. Denn wer sich noch in der Sünde befindet, soll nicht sagen:Wir haben gesündigt, wer aber früher gesündigt hat, doch gründlich umgekehrt ist, soll sagen: Wir haben gesündigt, wie auch im Buch Daniel über das Bekenntnis derer geschrieben steht, die nicht mehr sündigen und sagen: „Wir haben gesündigt, wir haben gefrevelt“,b und der Prophet in den Psalmen sagt: „Gedenke nicht unserer alten Frevel!“ c Auch wir wollen also die Sünden bekennen, doch nicht die von gestern noch die von vorgestern, sondern wenn wir das tun, dann lasst uns Sünden bekennen, die vor fünfzehn Jahren geschahen, ohne danach fünfzehn Jahre lang eine Sünde begangen zu haben. Wenn wir aber gestern gesündigt haben, sind wir noch nicht glaubwürdig, wenn wir unsere Sünden bekennen; noch ist nicht genug Raum dafür, dass diese unsere Sünden hätten getilgt werden können. „Denn wir haben gesündigt, wir und unsere Väter, von unserer Jugend an bis auf den heutigen Tag.“ d Jenes sei übrigens zur Belehrung über die beste Art des Sündenbekenntnisses179 gesagt, dieses hingegen ist eine Anklage gegen das viele Sündigen: „von Jugend an“, heißt es, „bis auf den heutigen Tag, und auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, haben wir nicht gehört“;e wir haben gesündigt, und bis heute haben wir nicht gehört. Als sie dann umkehren und am Anfang ihrer Umkehr stehen, sagen sie: Wir haben gesündigt, und wir haben nicht gehört. Denn wenn wir hören wollen, hören wir nicht auch gleich sofort. Denn wie bei Wunden zur Heilung, so braucht es auch bei der Umkehr noch Zeit, bis einer vollkommen und rein zu Gott umgekehrt ist.180 11. Daraufhin sagt Gott über Israel: „Wenn Israel zu mir umkehrt, spricht der Herr, wird es auch wirklich umkehren“,f das heißt, es vollkommen umkehrt, wird es bei seiner Umkehr auch wirklich umkehren, es gleichsam anfängt umzukehren.181 Danach sagt er: „Und 180 Origenes unterscheidet in seiner Ethik zwischen der grundsätzlichen Ausrichtung

auf Gott hin oder von Gott weg, die jeder Mensch bewusst oder unbewusst immer schon getroffen hat: in Ex. hom. 4,8 (GCS Orig. 6, 180–182), und der langwierigen und mühsamen Umsetzung einer Grundentscheidung für Gott, bis ihre vollkommene Realisierung erreicht ist: in Rom. comm. I 22,6 (SC 532, 266); V 1,3 (SC 539, 352); VI 9,1–17 (SC 543, 174–190). Siehe dazu Hengstermann, Origen’s Metaphysics of Man. 181 Nautin, GCS Orig. 32, 358, hält die erste Ergänzung in diesem Satz nicht für unbedingt nötig, da Origenes sich damit begnügt haben könne, das erste Verbum des zitierten Bibeltextes (ohne die Konjunktion) unter Hinzufügung des Adjektivs „vollkommen“ zu wiederholen. Die zweite Ergänzung hält er, ebd. 359, für „nicht glücklich“, weil sie den Gedanken des Origenes verkenne: Der Satz in Jer. 4,1 richte sich an ein Israel, das noch am Anfang seiner Umkehr steht; daher müsse man übersetzen: „als hätte es gerade erst angefangen umzukehren“. Smith, FaCh 97, 52, übersetzt in diesem Sinn: „as if he has only begun to turn“.

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φειν. Εἶτά φησι· „Καὶ ἐὰν περιέλῃ τὰ βδελύγματα αὐτοῦ ἐκ τοῦ στόματος αὐτοῦ, καὶ ἀπὸ προσώπου μου εὐλαβηθῇ, καὶ ὀμόσῃ· ζῇ κύριος ἐν ἀληθείᾳ καὶ ἐν κρίσει καὶ ἐν δικαιοσύνῃ, καὶ εὐλογήσουσιν ἐν αὐτῷ ἔθνη.“a Ἐὰν τάδε ποιήσωσιν, „εὐλογήσου ἐν αὐτῷ ἔθνη“. Τίνα δὲ τάδε ποιήσω­ σιν, ἵνα „εὐλογήσωσιν ἐν αὐτῷ ἔθνη“; „Ἐὰν περιέλῃ τὰ βδελύγματα αὐτοῦ ἐκ τοῦ στόματος αὐτοῦ.“ Τί δὲ τὸ περιελεῖν τὰ βδελύγματα ἐκ τοῦ στόμα­ τος; Ὅσα κακῶς λέγομεν, βδελύγματά εἰσιν ἐν τῷ στόματι ἡμῶν. Περιέλω­ μεν τοίνυν τὰ βδελύγματα ἐκ τοῦ στόματος ἡμῶν, περιαιροῦντες καταλα­ λιάς, b λόγους ματαίους, ἀργοὺς λόγους καὶ μέλλοντας ἡμᾶς ποιεῖν ἐγκαλεῖσθαι „ἐν ἡμέρᾳ κρίσεως· ἐκ γὰρ τῶν λόγων σου δικαιωθήσῃ, καὶ ἐκ τῶν λόγων σου κα||ταδικασθήσῃ“. c Εἴπερ οὖν θέλομεν ἀπαντῆσαι ἡμῖν τὸ „Καὶ εὐλογήσουσιν ἐν αὐτῷ ἔθνη, καὶ ἐν αὐτῷ αἰνέσουσιν τῷ θεῷ ἐν Ἱε­ ρουσαλήμ“, d ποιήσωμεν τὰ ἀπ̓ ἀρχῆς εἰρημένα. Ποῖον δὲ πρῶτον; Περιε­ λεῖν τὰ βδελύγματα ἐκ τοῦ στόματος ἡμῶν. Ἑξῆς ἐστιν καὶ τὸ „ἀπὸ τοῦ προσώπου μου εὐλαβηθήσῃ“. Δεύτερον τοῦτο ποιήσωμεν, οὐχ ἁπλῶς, ἵνα εὐλαβηθῶμεν· τάχα γάρ ἐστιν εὐλάβεια γινομένη, οὐκ ἀπὸ προσώπου δὲ τοῦ θεοῦ. Οἱ γοῦν οὐκ ἐπιστημόνως φοβούμενοι, προτιθέμενοι δὲ φοβεῖ­ σθαι, οὐκ ἀπὸ προσώπου τοῦ θεοῦ εὐλαβοῦνται· ὅσοι δὲ μετ̓ ἐπιστήμης εὐλαβοῦνται, τῷ ἀεὶ βλέπειν καὶ ἀναζωγραφεῖν ἑαυτοῖς τὸ πρόσωπον τοῦ θεοῦ γινόμενον „ἐπὶ τοὺς ποιοῦντας τὰ κακά, τοῦ ἐξολοθρευθῆναι ἐκ γῆς τὸ μνημόσυνον αὐτῶν“, e οὗτοί εἰσιν οἱ ἀπὸ προσώπου τοῦ θεοῦ εὐλαβού­ μενοι. 12. „Ἐὰν περιέλῃ τὰ βδελύγματα ἀπὸ τοῦ στόματος αὐτοῦ, καὶ ἀπὸ τοῦ προσώπου μου εὐλαβηθῇ, καὶ ὀμόσῃ· ζῇ κύριος ἐν ἀληθείᾳ καὶ ἐν κρίσει καὶ ἐν δικαιοσύνῃ.“ f Ἴδωμεν ἡμεῖς ἑαυτοὺς οἱ ὀμνύοντες, τίνα τρό­ πον οὐκ ἐν κρίσει ὀμνύομεν ἀλλ̓ ἀκρίτως, ὥστε γενέσθαι ἡμῶν τοὺς ὅρκους ἔθει μᾶλλον ἢ κρίσει. Συναρπαζόμεθα γοῦν, καὶ τοῦτο ἐλέγχων ὁ λόγος φησίν· „Kαὶ ἐὰν ὀμόσῃ· ζῇ κύριος ἐν ἀληθείᾳ καὶ ἐν κρίσει καὶ ἐν δικαιο­ σύνῃ“. Οἴδαμεν ἐν τῷ εὐαγγε|λίῳ εἰρημένον ὑπὸ τοῦ κυρίου πρὸς τοὺς μαθητάς· „Ἐγὼ δὲ λέγω ὑμῖν μὴ ὀμόσαι ὅλως“, g ἴδωμεν δὲ καὶ τοῦτο τὸ ῥητόν· καὶ ἐὰν διδῷ θεός, συνεξετασθήσεται τὰ ἀμφότερα. Τάχα γὰρ πρῶτον δεῖ ὀμόσαι „ἐν ἀληθείᾳ καὶ ἐν κρίσει καὶ ἐν δικαιοσύνῃ“, ἵνα μετὰ τοῦτο προκόψας τις ἄξιος γένηται τοῦ μὴ ὀμνύειν ὅλως, ἀλλ̓ ἔχειν „ναὶ“ μὴ δεόμενον τοῦ εἶναι τοῦτο, καὶ ἔχειν αὐτὸν „οὒ“ μὴ δεόμενον μαρτύρων τοῦ εἶναι αὐτὸ ἀληθῶς „οὔ“. h „Καὶ ὀμόσῃ“ οὖν „ζῇ κύριος ἐν ἀληθείᾳ.“ i Ἐν τῷ ὀμνύοντι πρῶτον ζητῶ τὸ μὴ ψεῦδος, ἀλλὰ τὸ ἀλη||θές, a

Jer. 4,1f. Mt. 5,37

h

b

1 Petr. 2,1 Jer. 4,2

i

4  εὐλογήσουσιν Hu 34  τοῦτο Kl τὸ οὔ S

c

Mt. 12,36f.

d

Jer. 4,2

23  αὐτοῦ1 Co 35  τοῦ Co τὸ S

e

Ps. 33,17(34,16)

33  ἔχειν Kl ἔχη S 35  ὀμόσῃ Co ὁμόση S

f

Jer. 4,1f.

g

Mt. 5,34

34  μαρτύρων Co

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wenn es seine Greuel aus seinem Mund entfernt, sich vor meinem Angesicht fürchtet und schwört: Es lebe der Herr in Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit, werden auch die Heidenvölker in ihm lobsingen.“a Wenn sie dies tun, „werden die Heidenvölker in ihm lobsingen“. Was sollen sie tun, damit „die Heidenvölker in ihm lobsingen“? „Wenn es seine Greuel aus seinem Mund entfernt.“ Was aber heißt es, die Greuel aus dem Mund zu entfernen? Alles, was wir böswillig aussprechen, sind Greuel in unserem Mund. Entfernen wir daher die Greuel aus unserem Mund, indem wir die Verleumdungen,b die eitlen Worte, die nutzlosen Worte entfernen, die bewirken werden, dass wir „am Tag des Gerichts“ angeklagt werden, „denn nach deinen Worten wirst du gerecht gesprochen und nach deinen Worten wirst du verurteilt werden“.c Wenn wir nun wollen, dass auf uns die Aussage passt: „Auch die Heidenvölker werden in ihm lobsingen und in ihm Gott in Jerusalem lobpreisen“,d dann lasst uns das zu Beginn Gesagte tun! Was aber zuerst? Die Greuel aus unserem Mund entfernen. Und das nächste ist: „Es wird sich vor meinem Angesicht fürchten.“ Dies zweite wollen wir nicht einfach tun, damit wir uns fürchten, denn vielleicht gibt es eine Furcht, die zwar aufkommt, aber nicht vor dem Angesicht Gottes. Diejenigen jedenfalls, die sich in Unwissenheit fürchten, weil sie zur Furcht neigen, fürchten sich nicht vor dem Angesicht Gottes. Alle aber, die sich mit Wissen fürchten, indem sie immer auf das Angesicht Gottes schauen und es sich lebendig vorstellen, wie es sich „gegen die“ wendet, „die Schlechtes tun, um die Erinnerung an sie von der Erde auszurotten“,e das sind die, die sich vor dem Angesicht Gottes fürchten. 12. „Wenn es Greuel aus seinem Mund entfernt, sich vor meinem Angesicht fürchtet und schwört: Es lebe der Herr in Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit.“ f Betrachten wir uns selbst, wenn wir schwören, auf welche Weise wir nicht rechtmäßig schwören, sondern unrechtmäßig, so dass unsere Schwüre mehr der Gewohnheit folgen als dem Recht. Wir lassen uns jedenfalls dazu hinreißen, und das ist es, was das Wort tadelt, wenn es sagt: „Und wenn es schwört: Es lebe der Herr in Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit.“ Wir wissen, was im Evangelium vom Herrn zu den Jüngern gesagt worden ist: „Ich aber sage euch, überhaupt nicht zu schwören.“ gWir wollen auch diese Aussage betrachten, und wenn Gott es gewährt, wird sich beides wechselseitig erklären.182 Denn vielleicht muss man zuerst „in Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit“ schwören, damit man danach weiter voranschreitend würdig wird, überhaupt nicht zu schwören, sondern ein „Ja“ genügt, ohne dafür haben zu müssen, dass es so ist, und ein „Nein“ genügt, ohne Zeugen dafür haben zu müssen, dass es sich wahrhaftig um ein „Nein“ handelt.h „Und es schwört“ also: „Es lebe der Herr in Wahrheit.“ i 182 Origenes harmonisiert hier einen offenkundigen Gegensatz zwischen Altem und

Neuem Testament („Ich aber sage …“) mit Hilfe des Fortschrittsgedankens. Das Axiom der Einheit und Widerspruchslosigkeit der Schrift dominiert seine Bibelaus-

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ἵνα μετὰ ἀληθείας ὀμόσῃ· ἡμεῖς δὲ οἱ τάλανες καὶ ἐπιορκοῦμεν. Ἀλλ̓ ἔστω μετὰ ἀληθείας, οὐδὲ καλῶς ὅρκος γίνεται, ἀλλ̓ ἐν κρίσει. Δεδόσθω γάρ, ἔθει ὀμνύω· ἐν κρίσει. Εἰ δέοι παραλαμβάνειν εἰς τὸν τοιοῦτον ὅρκον τὸν θεὸν τὸν τοῦ παντὸς, τὸν Χριστὸν αὐτοῦ ἐπὶ τόδε τὸ πρᾶγμα, πηλίκον δεῖ εἶναι τὸ πρᾶγμα, ἵνα γόνατα θῶ καὶ ὀμόσω; Πρὸς τὴν ἀπιστίαν γενομένην ἔν τισιν περὶ τοῦ λόγου μου θεραπεύων τοῦτο ποιήσαιμί ποτε, εἰ δὲ ὡς ἔτυχεν, εἰ οὕτως ὀμνύοιμι, ἁμάρτοιμι ἄν. „Ἐὰν“ οὖν „ὀμόσῃ· κύριος μετὰ ἀληθείας καὶ ἐν κρίσει“ μὴ ἀκρίτως „καὶ ἐν δικαιοσύνῃ“ μὴ ἀδίκως, „καὶ εὐλογήσουσιν ἐν αὐτῷ ἔθνη.“a Ἥνω­ σεν ἀμφότερα, τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν καὶ τὸν Ἰσραήλ. Εἶπεν περὶ τῶν ἐθνῶν, εἶπεν καὶ περὶ τοῦ Ἰσραήλ. 13. Ἐπιφέρει· „Καὶ εὐλογήσουσιν ἐν αὐτῷ ἔθνη, καὶ ἐν αὐτῷ αἰνέσουσιν τῷ θεῷ ἐν Ἱερουσαλήμ. Ὅτι τάδε λέγει κύριος τοῖς ἀνδράσιν Ἰούδα καὶ τοῖς κατοικοῦσιν Ἱερουσαλήμ.“ b Εἴρηκεν τοῖς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν, εἴρηκεν καὶ τοῖς ἀπὸ τοῦ Ἰσραήλ, λέγει τοῖς ἀπὸ τοῦ Ἰούδα. Μέ­ μνημαι τῶν πρώην εἰρημένων περὶ τοῦ Ἰούδα καὶ τῶν κατοικούντων ἐν Ἱερουσαλὴμ τροπολογιῶν. Κατοικοῦμεν γὰρ ἡμεῖς, ἐὰν ὁ θεὸς διδῷ, ἐν τῇ Ἱερουσαλήμ. Ἐπεὶ „ὅπου ὁ θησαυρός, ἐκεῖ καὶ ἡ καρδία“, c ἐὰν θησαυρίζω­ μεν ἐν οὐρανῷ, d καὶ ἔχομεν τὴν καρδίαν ἐν Ἱερουσαλὴμ τῇ ἄνω, περὶ ἧς ὁ ἀπόστολός φησιν· „Ἡ δὲ ἄνω Ἱερουσαλὴμ ἐλευθέρα ἐστίν, ἥτις ἐστὶν μήτηρ ἡμῶν, ὡς γέγραπται“ e καὶ τὰ ἑξῆς. „Τάδε“ οὖν „λέγει κύριος τοῖς ἀνδράσιν Ἰούδα καὶ τοῖς κατοικοῦσιν Ἱερουσαλήμ· νεώσατε ἑαυτοῖς νεώματα, καὶ μὴ σπείρετε ἐπ̓ ἀκάν|θαις.“ f Ὁ λόγος οὗτος μάλιστα τοῖς διδάσκουσι λέγεται, ἵνα μὴ πρότερον ἐμπιστεύ­ σωσιν τὰ λεγόμενα τοῖς ἀκροαταῖς πρὸ τοῦ νεώματα ποιῆσαι ἐν ταῖς ψυ­ χαῖς αὐτῶν. Ὅταν γὰρ ἀρότρῳ ἐπιβαλόντες τὴν χεῖρα g νεώματα ποιήσω­ σιν ἐν ταῖς ψυχαῖς, κατὰ τὴν || γῆν τὴν καλὴν καὶ ἀγαθὴν h τούτων ἀκουόντων, τότε σπείροντες οὐ σπείρουσιν ἐπ̓ ἀκάνθαις. Ἐὰν δὲ πρὸ τοῦ ἀρότρου καὶ πρὸ τοῦ νεώματα ποιῆσαι ἐν τῷ ἡγεμονικῷ τῶν ἀκουόντων, λάβῃ τις τὰ σπέρματα τὰ ἅγια, τὸν περὶ τοῦ πατρὸς λόγον, τὸν περὶ τοῦ υἱοῦ, τὸν περὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος, τὸν λόγον τὸν περὶ ἀναστάσεως, τὸν λόγον τὸν περὶ κολάσεως, τὸν λόγον τὸν περὶ ἀναπαύσεως, τὸν περὶ a

Jer. 4,2 bJer. 4,2f. 13,8; Lk. 8,8

c

Lk. 12,34

d

Mt. 6,20

e

Gal. 4,26f.

f

Jer. 4,3

g

Lk. 9,62

h

Mt.

2  οὕτως Kl 2  γίνεται Gh γένηται S 3  οὐκ ὀμνύω Kl 4  καὶ Co 6  τὴν Gh ἣν S 7  ἁμάρτοιμι V Co ἁμάρτιμοι S 8  ζῇ Gh Co 9  εὐλογήσουσιν Gh εὐλογήσωσιν S 11  εἶπεν V εἶπερ S 18  ἔχομεν Kl ἔχωμεν S 31  ἀναπαύσεως V Co ἀναπαύσεων S

legung in jedem Detail. In seiner folgenden Auslegung führt dies dazu, dass er das strikte neutestamentliche Verbot zu schwören tendenziell abschwächt. 183 Vgl. Philon, decal. 84–95 (IV p. 288–291 Cohn/Wendland). 184 Origenes verweist vermutlich auf in Hier. hom. 4,2f. (GCS Orig. 32, 24f.).

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Von einem, der schwört, erwarte ich als erstes nicht das Falsche, sondern das Wahre, damit er in Wahrheit schwört. Wir aber, wir Elenden, wir schwören sogar einen Meineid. Doch sei es in Wahrheit, auch ist ein Schwur nicht richtig, sondern wenn er rechtmäßig abgelegt wird. Denn angenommen, ich schwöre aus Gewohnheit, dann rechtmäßig. Wenn man bei einem solchen Schwur den Gott des Alls seinen Christus als Zeugen für diese Sache nehmen müsste, wie groß muss die Sache sein, damit ich die Knie beuge und schwöre? Um das Misstrauen bei einigen gegen mein Wort zu überwinden, könnte ich das wohl einmal tun, aber wenn ich aufs Geratewohl so schwören würde, würde ich sündigen.183 „Wenn es“ also „schwört: der Herr in Wahrheit, Recht“ – nicht unrechtmäßig – „und Gerechtigkeit“ – nicht ungerecht –, „werden auch die Heidenvölker in ihm lobsingen.“a Er hat beides vereint: die Menschen aus den Heidenvölkern und Israel. Er hat über die Heidenvölker gesprochen, er hat auch über Israel gesprochen. 13. Er fügt hinzu: „Auch die Heidenvölker werden in ihm lobsingen und in ihm Gott in Jerusalem lobpreisen. Denn dies spricht der Herr zu den Männern von Juda und den Bewohnern von Jerusalem.“ b Er hat zu denen gesprochen, die aus den Heidenvölkern kommen, er hat auch zu denen gesprochen, die aus Israel kommen, er spricht zu denen, die aus Juda kommen. Ich erinnere an das, was ich zuvor184 im übertragenen Sinn über Juda und über die Bewohner Jerusalems gesagt habe.Wir wohnen nämlich, wenn Gott es gewährt, in Jerusalem. Denn „wo der Schatz ist, da ist auch das Herz“.c Wenn wir im Himmel Schätze sammeln,d haben wir auch das Herz im oberen Jerusalem, über das der Apostel sagt: „Das obere Jerusalem ist frei, dies ist unsere Mutter, wie geschrieben steht“ e usw. „Dies“ also „spricht der Herr zu den Männern von Juda und den Bewohnern von Jerusalem: Bereitet euch neuen Boden und sät nicht unter Dornen.“ f Diese Aussage richtet sich besonders an die Lehrer, damit sie das Gesagte den Hörern nicht anvertrauen, ehe sie den Boden in ihren Seelen bereitet haben. Denn wenn sie die Hand an den Pflug legen g und den Boden in den Seelen bereiten und wenn diese wie schöne und gute Erde h zuhören, dann säen sie, wenn sie säen, nicht unter Dornen.185 Wenn einer aber vor dem Pflügen und vor der Bereitung des Bodens im Leitprinzip186 der Hörer die heiligen Samen aufgreift – das Wort über den Vater, über den Sohn, über den Heiligen Geist, das Wort über die Auferstehung, das Wort über die Strafe, das

185 Vgl. in Num. hom. 11,3 (GCS Orig. 7, 82): „Jeder einzelne Lehrer, meine ich, scheint

deswegen, weil er lehrt und verkündet und seine Zuhörer unterweist, den Acker jener Gemeinde, die er lehrt, das heißt die Herzen der Gläubigen, zu bestellen.“ 186 Das „Leitprinzip“ der Seele (siehe dazu oben S. 136 Anm. 70 und S. 193 Anm. 176) ist der Ort für Belehrung und Einsicht und daraus folgendes Handeln.

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νόμου, τὸν περὶ προφητῶν, καὶ ἁπαξαπλῶς ἑκάστου τῶν γεγραμμένων, καὶ σπείρῃ, παραβαίνει τὴν λέγουσαν ἐντολὴν πρῶτον „νεώσατε ἑαυτοῖς νεώματα”, δεύτερον „καὶ μὴ σπείρετε ἐπ̓ ἀκάνθαις“. Ἀλλὰ ἐρεῖ τις τῶν ἀκουόντων· Ἐγὼ οὐ διδάσκω, οὐχ ὑπόκειμαι ταύτῃ τῇ ἐντολῇ. Καὶ σὺ γεωργὸς γενοῦ σεαυτοῦ, καὶ μὴ σπείρῃς ἐπ̓ ἀκάνθαις, ἀλλὰ νέωμα ποίησόν μοι τὸ χωρίον, ὃ πεπίστευκέν σοι ὁ θεὸς τῶν ὅλων. Κατανόησον τὸ χωρίον, ἴδε ποῦ εἰσιν ἄκανθαι, ποῦ μέριμναι βιωτικαὶ καὶ πλούτου φιληδονία.a Καὶ κατανοήσας τὰς ἀκάνθας τὰς ἐν τῇ ψυχῇ σου ζήτησον τὸ λογικὸν ἄροτρον, περὶ οὗ ὁ Ἰησοῦς φησιν τὸ „Οὐ­ δεὶς βαλὼν τὴν χεῖρα ἐπ̓ ἄροτρον καὶ στραφεὶς εἰς τὰ ὀπίσω εὔθετός ἐστιν τῇ βασιλείᾳ τοῦ θεοῦ.“ b Ζητήσας αὐτὸ καὶ εὑρών, c ἀπὸ τῶν γραφῶν συν­ αγαγὼν τοὺς βοῦς τοὺς ἐργάτας τοὺς καθαρούς, ἀροτρίασον καὶ νέωσον τὴν γῆν, καὶ ἵνα μηκέτι ᾖ παλαιά, ποίησον αὐτὴν νέαν „ἐκδυσάμενος τὸν παλαιὸν ἄνθρωπον σὺν ταῖς πράξεσιν αὐτοῦ καὶ ἐνδυσάμενος τὸν νέον τὸν ἀνακαινούμενον εἰς ἐπίγνωσιν“. d Ποιήσεις σεαυτῷ νέωμα, καὶ ἐὰν ποιήσῃς τὸ νέωμα, λάβε σπέρματα ἀπὸ τῶν διδασκόντων, λάβε σπέρματα ἀπὸ τοῦ νόμου, λάβε ἀπὸ τῶν προφητῶν, ἀπὸ τῶν || εὐαγγελικῶν γραφῶν, ἀποστολικῶν λόγων, καὶ λαβὼν ταῦτα τὰ σπέρματα σπεῖρον τὴν a

Mk. 4,19; Mt. 13,22

1  τὸν V Co τῶν S

b

Lk. 9,62

c

Mt. 7,7; Lk. 11,9

5  σὺ Gh σοῦ S

d

Kol. 3,9f.

8  ἀπάτη καὶ Kl

17–18  ἀπὸ τῶν Kl

187 „Ruhe“ (ἀνάπαυσις) ist eine der Vokabeln, mit denen Origenes Erlösung charakte-

risiert, als verschiedene Formen von Ruhe in den Vorratskammern Gottes, auf die Schadel, BGrL 10, 265 Anm. 56, hinweist: in Hier. hom. 8,6 (GCS Orig. 32, 61); als Ruhe (und Glückseligkeit) in der Gemeinschaft der Propheten: ebd. 14,14 (32, 119) und 15,1 (32, 125); als Ruhe der Heiligen und Seligen in Christus Jesus: ebd. 16,4 (32, 136); das Ableben als Ausruhen oder als Strafe: ebd. 20(19),3 (32, 181). Vgl. auch exhort. mart. 47 (GCS Orig. 1, 43): „Lasst uns den Leib ablegen, um mit Christus Jesus die Ruhe zu genießen, die der Glückseligkeit innewohnt, indem wir ihn selbst anschauen als das Wort, das ganz und gar das All mit Leben erfüllt.“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 22, 105. 188 Das ist eine knappe Glaubensregel gleichsam in nuce: Trinität, Eschatologie, Bibel. In der Tat ließe sich das gesamte theologische Denken des Origenes diesen drei Themenbereichen zuordnen. Auch in princ. I praef. 4–8 (GCS Orig. 4, 9–14) skizziert Origenes die Inhalte der apostolischen Verkündigung im Wesentlichen anhand dieser Punkte. 189 Hinter diesem Gedanken steht die Verschränkung von Erkenntnis und Ethik, die seit der Sophistik und Sokratik die antike Philosophie prägt und im Frühchristentum mit seinem Akzent auf Moral und Lebenspraxis noch betont wird. Siehe dazu Fürst, Eschatologie des Origenes 321–323. 190 Derselbe Gedanke in exhort. mart. 49 (GCS Orig. 1, 44f.). 191 Zur antignostischen Verwendung von Mt. 7,7 par. Lk. 11,9 bei Origenes siehe Brox, Suchen und Finden. Vgl. z.B. in Cant. comm. III 14,12 (OWD 9/1, 384); in Cant. hom. 1,8 (OWD 9/2, 90).

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Wort über die Ruhe,187 über das Gesetz, über die Propheten, kurz: über jedes Thema der Schriften188  – und aussät, übertritt er das Gebot, das erst sagt: „Bereitet euch neuen Boden“, und an zweiter Stelle: „und sät nicht unter Dornen“.189 Doch einer der Hörer wird sagen: Ich lehre nicht, ich unterstehe diesem Gebot nicht! Auch du werde Landwirt deiner selbst und säe nicht unter Dornen, sondern bereite mir den Boden auf dem Feld, das der Gott des Alls dir anvertraut hat! Lerne das Feld kennen, schau, wo Dornen sind, wo Sorgen des täglichen Lebens, des Reichtums und Liebe zur Lust!a190 Und wenn du die Dornen in deiner Seele kennengelernt hast, suche den geistigen Pflug, über den Jesus sagt: „Keiner, der die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, taugt für das Reich Gottes.“ b Wenn du ihn suchst und findest,c191 wenn du aus den Schriften die Ochsen, die reinen Arbeiter, zusammenführst, pflüge und bereite die Erde, und damit sie nicht mehr die alte ist, mache sie neu, „indem du den alten Menschen mit seinen Taten ausziehst und den neuen anziehst, der sich auf Erkenntnis hin erneuert.“ d Dir selbst wirst du den Boden bereiten, und wenn du den Boden bereitet hast, nimm Samen von den Lehrern, nimm Samen vom Gesetz, nimm von den Propheten, von den evangelischen Schriften, apostolischen Worten, und wenn du diese Samen genommen hast, säe sie in die Seele, indem du sie durch ständiges Wiederholen pflegst und für sie Sorge trägst.192 Ganz von selbst scheinen 192 Die Sorge um die eigene Seele, wie Origenes sie unten in Hier. hom. 18,3 (GCS

Orig. 32, 154) regelrecht programmatisch formuliert, gehört seit Platon, Alk. mai. 132 c 1f., zu den Hauptaufgaben der Philosophie nicht nur in der platonischen, sondern auch in der stoischen Tradition; vgl. etwa Philon, plant. 31 (II p. 139f. Cohn/Wendland); Plotin, enn. IV 6,3 (dazu Schadel, BGrL 10, 265 Anm. 57). Die christlichen Theologen haben diesen Gedanken uneingeschränkt übernommen, so Clemens von Alexandria, strom. VII 3,1 (GCS Clem. Al. 32, 4); Origenes, in Cant. comm. II 5,1–15 (OWD 9/1, 230–236); Gregor Thaumaturgos, pan. Orig. 140 (FC 24, 180). Siehe dazu Kobusch, Christliche Philosophie 34–40 (ebd. 161–163 Anm. 24–27 viele weitere Stellen); Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur 100f. Für hier vgl. bes. Origenes, in Luc. frg. 157 (GCS Orig. 92, 289): „Ein jeder von uns ist ein Ackerbauer, der die eigene Seele zum Acker hat; mit einem geistlichen Pflug muss er diesen Acker zunächst erneuern, indem er die Zugochsen mit der reinen heiligen Schrift darüber treibt; so wird er seine Seele, die durch Untätigkeit in der Vergangenheit alt geworden ist und viel Bosheit und unfruchtbare Werke hervorgebracht hat, wieder jung machen. Wenn dann der Pflug des Wortes all dies beseitigt und die Seele zu einem saatbereiten Brachland gemacht hat, nimmt der Ackerbauer den Samen der göttlichen Lehre und sät das Gesetz, die Propheten und die Evangelien aus, indem er in seinem Gedächtnis darüber nachdenkt und meditiert. Deswegen sagt auch der Gott des Alls durch den Propheten Jeremia: ‚Brecht das Brachland und sät nicht in die Dornen!‘ (Jer. 4,3). Es genügt nämlich nicht, den göttlichen Samen einfach aufzunehmen und Frucht bringen zu lassen, zuvor muss die Seele gereinigt werden, muss alle Leidenschaft, müssen alle Sorgen und alle Lust des (irdischen) Le-

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ψυχὴν διὰ τῆς μνήμης καὶ τῆς μελέτης. Αὐτόματα ταῦτα δόξει ἀνατέλλειν·a τὸ ἀληθὲς οὐκ | αὐτὰ ἀνατελεῖ μετὰ τὴν μνήμην αὐτῶν, ἀλλ̓ ὁ θεὸς αὐτὰ αὐξήσει· „Ἐγὼ ἐφύτευσα, Ἀπολλῶς ἐπότισεν, ἀλλ̓ ὁ θεὸς ηὔξησεν.“ b Καὶ εἴ τίς γε δεδύνηται κατανοῆσαι τὰς γραφάς, οὗτος πεποίηκεν νέωμα καὶ ποιήσας νέωμα ἔσπειρεν οὐκ ἐν ἀκάνθαις. Ταῦτα τὰ σπέρματα οἰκονο­ μεῖται ὑπὸ θεοῦ οὐκ αἰφνίδιον γενέσθαι στάχυς, ὡς ἐν τῷ κατὰ Μάρκον εὐαγγελίῳ πρῶτον χόρτος, εἶτα στάχυς, εἶτα ἕτοιμον γίνεται πρὸς θερισμόν. c Ὅταν γένηται ἕτοιμον πρὸς θερισμόν, ἐλεύσονται οἱ ἐπὶ τὸν θερισμὸν ἐξαποστελλόμενοι· ὅταν γένηται ἕτοιμον πρὸς θερισμόν, ἐλεύσον­ ται πρὸς οὓς ὁ λόγος φησίν· „Ἐπάρατε τοὺς ὀφθαλμοὺς ὑμῶν καὶ θεάσα­ σθε  τὰς χώρας, ὅτι λευκαί εἰσιν πρὸς θερισμὸν ἤδη.“ d Φησὶν οὖν ἡμῖν· „­Νεώσατε ἑαυτοῖς νεώματα, καὶ μὴ σπείρετε ἐπ̓ ἀκάνθαις.“ e Ἐὰν δὲ πρὶν καθάρῃς σου τὴν ψυχὴν ἔτι ἔχων ἀκάνθας προίῃς τῷ διδάσκειν ἢ δυ­ ναμένῳ ἢ νομιζομένῳ ἢ ἐπαγγελλομένῳ καὶ αἰτῇς μαθήματα καὶ σπέρματα πνευματικά, παραβαίνεις τὴν λέγουσαν ἐντολήν· „Μὴ σπείρετε ἐπ̓ ἀκάν­ θαις.“ 14. Καὶ ἑξῆς τούτῳ λέγεται· „Περιτμήθητε τῷ θεῷ , καὶ περιτέ­ μεσθε τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας ὑμῶν.“ f „Περιτμήθητε τῷ θεῷ ὑμῶν“· ἀναγκαίως πρόσκειται τὸ „περιτμήθητε τῷ θεῷ ὑμῶν“. Νοήσεις δὲ αὐτὸ ἀπὸ τοῦ παραδείγματος τοῦ αἰσθητοῦ· περιτέμνονται, κατὰ τὸ αἰσθητὸν λέγω, οὐ μόνον οἱ ἐκ περιτομῆς κατὰ τὸν Μωσέως νόμον, ἀλλὰ καὶ ἄλλοι πολλοί. Τῶν Αἰγυπτίων [εἰδώλοις] οἱ ἱερεῖς περιτέμνονται, ἀλλ̓ ἐκείνη ἡ περιτομὴ εἰδώλοις περιτομή ἐστιν καὶ οὐκ ἔστιν τῷ θεῷ γινομένη περιτομή· ἡ δὲ Ἰουδαίων τάχα, πάντως δὲ τότε, τῷ θεῷ ἐγίνετο. Ἐὰν οὖν || λέγῃ ὁ λόγος· „Περιτμήθητε τῷ θεῷ ὑμῶν“, νοήσας τὸ ῥητὸν μετάβηθι καὶ ἐπὶ τὴν τροπολογίαν, ἵνα εὕρῃς πῶς τῶν περιτεμνομένων τροπολογικῶς (ὥστ̓ ἂν a

Mk. 4,28

b

1 Kor. 3,6

c

Mk. 4,28

d

Joh. 4,35

e

Jer. 4,3

f

Jer. 4,4

1  δόξει ἀνατέλλειν Gh δόξη ἀναστέλλειν S 2  δ̓ ἀληθὲς Kl ἀληθῶς S 2  αὐτὰ V Co ἄττα S 2  ἀνατελεῖ Bl ἀναστέλλει S 6  ἀλλ̓ Co 13  προσίῃς Kl 14  αἰτῇς Hu αἰτεῖς S 17  ὑμῶν Co 22  εἰδώλοις del. Kl (nicht Nt) 25  ὑμῶν V ἡμῶν S

bens, die mit den Dornen gemeint sind, entfernt werden. Deswegen heißt es auch: ‚Meide das Böse und tu das Gute!‘ (Ps. 37[38],27).“ Übersetzung: Sieben, FC 4/2, 453–455. Nautin, SC 232, 314f. Anm. 1, vermutet, dieses Katenenfragment könnte auf die vorliegende Stelle in den Jeremiahomilien zurückgehen. 193 Der Satz ist ein schönes kleines Beispiel für das Zusammenspiel von Freiheit und Gnade in der Soteriologie des Origenes, wie er es beispielsweise auch in princ. III 1,19 (GCS Orig. 5, 231–233) beschreibt. Siehe dazu Völker, Vollkommenheitsideal 38–41; Gruber, ΖΩΗ 236–240; Schockenhoff, Fest der Freiheit 116–123; Fürst, OWD 7, 50–59. 194 Exegese ist nach Origenes die unverzichtbare Basis für ethische und spirituell-geistige Entwicklung: Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur

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diese aufzugehen,a in Wahrheit aber werden sie nicht aufgehen, weil man sie durch ständiges Wiederholen gepflegt hat, sondern wird Gott sie wachsen lassen: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, aber Gott ließ wachsen.“ b193 Und wenn jemand fähig war, die Schriften zu verstehen, hat er gewiss den Boden bereitet,194 und wenn er den Boden bereitet hat, hat er nicht unter Dornen gesät. Diese Samen werden von Gott in seinem Heilsplan so angeordnet, dass sie nicht im Nu die Ähre hervorbringen, wie im Evangelium nach Markus zuerst Halm, dann Ähre, dann bereit für die Ernte werden.c Wenn sie für die Ernte bereit sind, werden die kommen, die zur Ernte ausgesandt werden; wenn sie für die Ernte bereit sind, werden die kommen, zu denen das Wort sagt: „Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte!“ d Er sagt also zu uns: „Bereitet euch neuen Boden und sät nicht unter Dornen!“ eWenn du aber, bevor du deine Seele gereinigt hast, wenn du noch Dornen hast, zu dem gehst, der lehren kann oder für einen solchen gehalten wird oder den Anspruch darauf erhebt, und ihn um Unterricht und geistigen Samen bittest, übertrittst du das Gebot, das sagt: „Sät nicht unter Dornen!“ 14. Und im Anschluss daran heißt es: „Beschneidet euch für Gott und beschneidet die Vorhaut eures Herzens!“ f195 „Beschneidet euch für euren Gott!“ Notwendigerweise ist hinzugefügt: „Beschneidet euch für euren Gott!“ Aus einem konkreten Beispiel wirst du das verstehen. Beschnitten – im körperlichen Sinn meine ich – werden nicht nur die, die nach dem Gesetz des Mose beschnitten werden, sondern auch viele andere. Die Priester der Ägypter196 werden beschnitten,197 aber jene Beschneidung ist eine Beschneidung für Götterbilder, und sie ist keine Beschneidung, die für Gott geschieht; die der Juden aber wird vielleicht, auf jeden Fall aber wurde sie damals für Gott vollzogen. Wenn das Wort nun sagt: „Beschneidet euch für euren Gott“, sollst du, wenn du den Wortlaut verstanden hast, auch zum übertragenen Sinn übergehen, um herauszufinden, inwiefern von den im übertragenen Sinn Beschnittenen – so dass einige von ihnen vielleicht sagen: 100–108. Der „geistige Pflug“, von dem er oben redet, ist das Lesen und Verstehen bzw. Auslegen der Bibel. 195 Die Septuaginta bietet „Herzenshärte“ (σκληροκαρδία: II p. 662 Rahlfs), nicht „Vorhaut des Herzens“ (ἀκροβυστία τῆς καρδίας), das freilich dem hebräischen Text entspricht. Die gleiche Lesart bezeugt Justin, dial. 15,7 (PTS 47, 95f.); 28,2 (47, 115). 196 Lässt man mit Nautin, GCS Orig. 32, 359; SC 232, 316, εἰδώλοις im Text, ist zu übersetzen: „Für die Götterbilder der Ägypter werden die Priester beschnitten“ (die Übersetzung von Smith, FaCh 97, 56f., legt sich von der Wortstellung her nicht nahe: „The priests of the Egyptians are circumcised for idols“). Die von Klostermann, GCS Orig. 3, 43, vorgenommene Tilgung (akzeptiert von Schadel, BGrL 10, 92) entspricht dem Gedankengang besser. 197 Das wird auch bezeugt von Barn. 9,6 (SUC 2, 162). Vgl. ferner Origenes, Cels. V 47f. (GCS Orig. 2, 51f.); in Rom. comm. II 9,33 (SC 532, 408).

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εἰπεῖν τάχα τινὰς αὐτῶν· „Ἡμεῖς ἐσμεν ἡ περιτομή“a) οἱ μὲν περιτέμνονται τῷ θεῷ, οἱ δὲ περιτέμνονται μέν, οὐ τῷ θεῷ δέ. Εἰσὶν δὲ καὶ ἄλλοι λόγοι παρὰ τὸν λόγον τὸν τῆς ἀληθείας, παρὰ τὸν λόγον τὸν τῆς ἐκκλησίας. Περιτέμνονται τὰ ἤθη καὶ τὴν καρδίαν ὥς τε εἰπεῖν σωφρονίζουσιν οἱ φιλο­ σοφοῦντες, σωφρονίζουσιν οἱ ἀπὸ τῶν αἱρέσεων καὶ γίνεται αὐτοῖς περιτο­ μή. Ἀλλὰ περιτομὴ μέν, οὐ τῷ θεῷ δέ· περιτομὴ γὰρ λόγῳ ψευδεῖ παρ᾽ ἐκείνοις γίνεται. Ὅταν δὲ κατὰ τὸν ἐκ|κλησιαστικὸν κανόνα, κατὰ τὴν πρόθεσιν τῆς ὑγιοῦς διδασκαλίας κοινωνικὸς ᾖς, οὐ περιτέτμησαι μόνον, ἀλλὰ περιτέτμησαι τῷ θεῷ. „Περιτμήθητε“ οὖν „τῷ θεῷ ὑμῶν, καὶ περιτέμεσθε τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας ὑμῶν.“ b Τίς ταῦτα οὐ παρέρχεται ὡς σαφῆ; Οὐκοῦν ἔστιν τις ἀκροβυστία τῆς καρδίας καὶ ταύτην δεῖ περιτέμνεσθαι. Ὁ ἀκριβώσας τὸν λόγον τοιαῦτα ζητῶν ἐν τῷ τόπῳ ἐξετάσει· ἡ ἀκροβυστία συγγεννᾶται, ἡ περιτομὴ ἐπίκτητός ἐστιν, καὶ ὅπερ ἐκ γενέσεως ἐλήλυθεν, τοῦτο περιαιρεῖ ἡ περιτομή. Εἰ τοίνυν περιαιρεῖσθαι κελεύει ὁ λόγος τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας, ὀφείλει τι εἶναι συγγεγεννημένον τῇ καρδίᾳ, ὃ λέγει ἀκροβυστίαν, ὅπερ περιαιρεθῆναι δεῖ, ἵνα τις περιτετμῆται τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας. Ἐάν τις νοήσῃ τὸ „Ἤμεθα τέκνα φύσει ὀργῆς ὡς καὶ οἱ λοιποί“, c ἐάν τις νοήσῃ „τὸ σῶμα τῆς ταπεινώσεως“ d ἐν ᾧ γεγεννήμεθα, ἐάν τις νοήσῃ τὸ „Οὐδεὶς καθαρὸς ἀπὸ ῥύπου, οὐδὲ εἰ μία ἡμέρα εἴη ἡ ζωὴ αὐτοῦ· ἀριθμητοὶ δὲ || μῆνες αὐτοῦ“, e ὄψεται τίνα τρόπον γεγεννήμεθα μετὰ ἀκαθαρσίας καὶ ἀκροβυστίας τῆς καρδίας ἡμῶν. 15. Ἵνα δὲ κατὰ τὸ ἁπλούστερον παράδειγμα λεχθῇ δυνάμενον προσα­ γαγεῖν ὑμᾶς τῷ ἰδεῖν τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας, παραθήσομαι ὅτι κατὰ τὴν πρώτην ἡλικίαν ψευδοδοξίαι πάντως γίνονται ἐν τῇ ψυχῇ· οὐ γὰρ οἷόν τέ ἐστιν ἀρχῆθεν ἀληθῆ δόγματα καθαρὰ λαβεῖν τὸν ἄνθρωπον. Προενοήσατο δὲ ὁ θεῖος λόγος ἱστορίας καὶ γραφῆς τῆς κατὰ τὸ ῥητόν, ἵνα θρέψῃ τὸν κατὰ σάρκα γεγεννημένον τῷ Ἀβραὰμ ἐν τοῖς κατὰ σάρκα πρῶτον λόγοις καὶ γένηται πρῶτος ὁ ἐκ τῆς παιδίσκης, εἰς τὸ δυνηθῆναι μετὰ τοῦτον γεννηθῆναι τὸν τῆς ἐλευθέρας καὶ τὸν διὰ τῆς ἐπαγγελίας. f Εἰ a

Phil. 3,3

b

Jer. 4,4

c

Eph. 2,3

d

Phil. 3,21

e

Ijob 14,4f.

f

Gal. 4,23

11  οὐκοῦν Co οὐκ ἀν S 11–12  τις ἀκροβυστία Scorr. της ἀκροβυστίας S* 17  περιτετμῆται Kl περιτέτμηται S 20  εἰ V Co ἡ S 20  ἡμέρα Kl ἡ über εἰ S 26  καὶ Gh

198 Zu den Tugenden von Heiden und Häretikern, die zwar Tugenden sind, aber keine

vollkommenen, weil sie nicht auf den wahren Gott bezogen sind, vgl. Origenes, in Num. hom. 11,7 (GCS Orig. 7, 88f.); in Hiez. hom. 7,3 (GCS Orig. 8, 392–394). 199 Κοινωνία ist der altkirchliche Begriff für die rechtgläubige Kirchengemeinschaft. 200 Die Form dieses Zitats weicht von der Septuagintafassung ab. Eine ähnliche Variante von Ijob 14,4f. bezeugen 1 Clem. 17,4 (SUC 1, 46); Clemens von Alexandria, strom.

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„Wir sind die Beschneidung“a – die einen für Gott beschnitten werden, die anderen zwar beschnitten werden, aber nicht für Gott. Es gibt auch andere Lehren als die Lehre der Wahrheit, als die Lehre der Kirche. Diejenigen lassen ihre Sitten und ihre Herzen beschneiden und leben sozusagen klug und maßvoll, die sich der Philosophie widmen. Die Anhänger von Häresien leben klug und maßvoll und praktizieren eine Beschneidung. Doch das ist zwar eine Beschneidung, aber nicht für Gott, denn die Beschneidung erfolgt bei jenen für eine falsche Lehre.198 Wenn du aber nach der kirchlichen Regel, nach der Anleitung der gesunden Lehre Gemeinschaft pflegst,199 bist du nicht nur beschnitten, sondern für Gott beschnitten. „Beschneidet euch“ also „für euren Gott und beschneidet die Vorhaut eures Herzens!“ bWer übergeht dies nicht, als sei es klar? Es gibt also so etwas wie eine Vorhaut des Herzens, und diese muss beschnitten werden.Wer denn Sinn genau verstehen will, wird bei näherer Untersuchung an der Stelle Folgendes entdecken: Die Vorhaut ist angeboren, die Beschneidung ist zusätzlich erworben, und was mit der Geburt gekommen ist, das entfernt die Beschneidung. Wenn nun das Wort befiehlt, die Vorhaut des Herzens zu entfernen, muss es im Herzen etwas Angeborenes geben, das es Vorhaut nennt, das entfernt werden muss, damit einer an der Vorhaut des Herzens beschnitten wird. Wenn einer den Satz versteht: „Wir waren von Natur aus Kinder des Zorns wie auch die anderen“,c wenn einer den „Leib der Niedrigkeit“,d in dem wir geboren sind, begreift, wenn einer den Satz versteht: „Niemand ist rein von Schmutz, auch wenn sein Leben nur einen Tag währte und seine Monate gezählt wären“,e200 wird er sehen, auf welche Weise wir mit Unreinheit und mit der Vorhaut unseres Herzens geboren sind.201 15. Um jedoch ein einfacheres Beispiel als das genannte anzuführen, das euch dazu bringen kann, die Vorhaut des Herzens zu verstehen, will ich hinzufügen, dass im ersten Lebensalter überhaupt falsche Meinungen in der Seele entstehen. Denn es ist nicht möglich, dass der Mensch von Anfang an wahre reine Lehren aufnimmt. Das göttliche Wort hat aber eine Geschichte und eine Schrift im wörtlichen Sinn vorgesehen, um den Sohn, der dem Abraham fleischlich geboren wurde, zuerst mit Worten gemäß dem Fleisch zu ernähren und er zuerst Sohn der Sklavin wird, um nach diesem als Sohn der Freien und als Sohn aus der Verheißung geboren werden zu können.f Wenn man versteht, weshalb das in der Schrift steht, kann man die III 100,4 (GCS Clem. Al. 24, 242); ferner Origenes, in Matth. comm. XV 23 (GCS Orig. 10, 417). Vgl. auch Philon, mut. 48 (III p. 165 Cohn/Wendland). 201 Origenes erklärt hier nicht näher, woran er denkt. Im Gesamtgefüge seines Denkens hat er diesen von Geburt an defekten Zustand des Menschen mit dem präexistenten Fall der Seele erklärt, z.B. in princ. II 9,2 (GCS Orig. 5, 165f.). Das folgende „einfachere Beispiel“ ist dann allerdings so komplex und dicht, dass man Zweifel hegen kann, ob es den Zuhörern das Verständnis erleichtert hat. Siehe dazu auch de Lubac, Geist aus der Geschichte 302f.; Gögler, Bibelexegese des Origenes 5.

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νενόηται τοῦτο διὰ τί παρελήφθη, δύναται νοεῖσθαι ἡ ἀκροβυστία τῆς καρδίας προγινομένη τῆς περιτομῆς. Χρεία οὖν ἡμῖν τὸν λόγον παραλαβεῖν τὸν καθαίροντα τὰ δόγματα καὶ περιαιροῦντα πάντα τὰ γενόμενα κατὰ ψευδοδοξίαν ἐν ἡμῖν. Τοῦτο οὖν ἐστιν τὸ ἀποθέσθαι τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας ἡμῶν· εἰ γὰρ καρδία ἐστὶν ἔχουσα καθ̓ ἡμᾶς τὸ ἡγεμονικόν, ἔνθα ἐστὶν τὰ νοήματα, ὅθεν οἱ διαλογισμοὶ ἐξέρχονται οἱ πονηροί,a ὁ περιαι­ ρούμενος τοὺς διαλογισμοὺς | τοὺς πονηροὺς τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας περιαιρεῖται, ὁ ἀποτιθέμενος τὴν ψευδοδοξίαν περιτέτμηται τὴν ἀκροβυ­ στίαν τῆς καρδίας αὐτοῦ καὶ γίνεται ἀνὴρ Ἰούδα καὶ κατοικῶν Ἱερου­ σαλήμ, b καθαρῶς περιτεμνόμενος. Ἐὰν δέ τις μὴ ἀποθῆται τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας αὐτοῦ, ἴδωμεν τί ἀπειλεῖ αὐτῷ ὁ λόγος· „Μή πως ἐξέλθῃ“ φησὶν „ὡς πῦρ ὁ θυμός μου καὶ ἐκκαυθήσεται, καὶ οὐκ ἔσται ὁ σβέσων.“ c Ἐξέρχεται οὖν ὡς πῦρ ὁ θυμὸς τοῦ κυρίου ἐπὶ τοὺς μὴ περιτμηθέντας τῷ θεῷ, ἐπὶ τοὺς μὴ ἀποθεμένους τὴν ἀκροβυστίαν τῆς καρδίας || αὐτῶν, „καὶ οὐκ ἔσται ὁ σβέσων ἀπὸ προσώπου πονηρίας ἐπιτηδευμάτων“ αὐτῶν. d Τὸ πῦρ ἐκεῖνο ὕλην ἔχει τὴν πονηρίαν τῶν ἐπιτηδευμάτων ἡμῶν. Ὅπου οὐκ ἔνι πονηρία ἐπιτηδευμάτων, οὐκ ἔχει τὸ πῦρ ὅπου νεμηθῇ. Ὅτι δὲ ἡ ὕλη ἐκείνου τοῦ πυρὸς ἡ πονηρία ἐστὶν τῶν ἐπιτηδευμάτων, ἄκουε τοῦ προ­ φήτου λέγοντος· „Καὶ οὐκ ἔσται ὁ σβέσων ἀπὸ προσώπου πονηρίας ἐπι­ τηδευμάτων ὑμῶν.“ e „Ἀναγγείλατε ἐν τῷ Ἰούδᾳ, καὶ ἐν Ἱερουσαλὴμ ἀκουσθήτω· εἴπατε, [ἀναγγείλατε,] σημάνατε σάλπιγγι ἐπὶ τῆς γῆς, καὶ κράξατε μέγα.“ f Ταῦτα, φησίν, τὰ ἀπαγγελλόμενα εἴπατε ἐν τῷ Ἰούδᾳ, τοῖς ἀπὸ τῆς φυλῆς τοῦ Ἰούδα τοῦ Χριστοῦ· „πρόδηλον γὰρ ὅτι ἐξ Ἰούδα ἀνατέταλκεν ὁ σω­ τὴρ ἡμῶν.“ g 16. „Σημάνατε σάλπιγγι ἐπὶ τῆς γῆς.“ h Ὁ λόγος ὁ ὑψηλός, ὁ διεγείρων τὸν ἀκροατήν, ὁ παρασκευάζων αὐτὸν εἰς τὸν πόλεμον τὸν κατὰ τῶν παθῶν, εἰς τὸν πόλεμον τὸν κατὰ τῶν ἐνεργειῶν τῶν ἀντικει­ μένων, ὁ παρασκευάζων αὐτὸν εἰς τὰς ἑορτὰς τὰς οὐρανίους (εἰς ἀμφότερα γὰρ ταῦτα λέγεται) παραλαμβάνεται σάλπιγξ. Ἐν τοῖς Ἀριθμοῖς ὁ τοιοῦτος λόγος σάλπιγξ ἐστίν· i οἷον ἐμοὶ κελεύει ὁ λόγος καὶ εἴ τινι ἄλλῳ (δέδοται δὲ τῷ βουλομένῳ καὶ ζητήσαντι τὸν νοῦν τῶν γραφῶν) κελεύει ποιῆσαι a i

Mt. 15,19 bJer. 4,4 Num. 10,9f.

20  ὑμῶν Co ἡμῶν S

c

Jer. 4,4

d

Jer. 4,4

e

Jer. 4,4

f

Jer. 4,5

22  ἀναγγείλατε del. Kl mit LXX

g

Hebr. 7,14

h

Jer. 4,5

22  κεκράξατε Kl

202 Das Herz gilt schon Zenon, dem Begründer der Stoa, als Sitz des ἡγεμονικόν, des „lei-

tenden Seelenteils“, das heißt der Vernunft: Diogenes Laërtios VII 159. Für Origenes ist das biblische Herz der Sitz des Hegemonikon: in Ioh. comm. II 35,215 (GCS Orig. 4, 94): „Inmitten des ganzen Leibes befindet sich das Herz, im Herzen aber das Leitprinzip der Seele.“ Vgl. in Num. hom. 10,3 (GCS Orig. 7, 73); in Is. hom. 2,2 (GCS Orig. 8, 252); in Cant. comm. I 2,3 (OWD 9/1, 134); II 2,17 (9/1, 206); in Cant. hom. 1,6 (OWD 9/2, 82); in Cant. frg. 12 (OWD 9/2, 152); princ. I 1,9 (GCS Orig. 5, 27); orat. 29,2 (GCS Orig. 2, 382). Siehe auch unten S. 648 Anm. 158.

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Entstehung der Vorhaut des Herzens vor der Beschneidung verstehen. Wir müssen also das Wort aufnehmen, das die Lehren reinigt und alles beseitigt, was aufgrund von falschen Meinungen in uns entstanden ist. Das nun bedeutet es, die Vorhaut unseres Herzens abzulegen. Denn wenn es das Herz ist, das die Leitung über uns innehat,202 wenn darin die Gedanken sind, woraus die schlechten Überlegungen kommen,a dann beseitigt die Vorhaut des Herzens, wer die schlechten Überlegungen beseitigt, dann wird an der Vorhaut seines Herzens beschnitten, wer die falschen Meinungen ablegt, und wird ein Mann Judas und ein Bewohner Jerusalems,b beschnitten in reiner Weise.Wenn einer aber die Vorhaut seines Herzens nicht abgelegt hat, lasst uns sehen, was das Wort ihm androht: „Dass nicht etwa“, heißt es, „mein Zorn wie Feuer ausbricht und entfacht wird, und niemand wird zum Löschen da sein.“ c Wie Feuer also bricht der Zorn des Herrn über die aus, die nicht für Gott beschnitten sind, über die, die die Vorhaut ihres Herzens nicht abgelegt haben, „und niemand wird zum Löschen da sein angesichts der Schlechtigkeit“ ihrer „Lebensweise“.d Jenes Feuer hat als Brennstoff die Schlechtigkeit unserer Lebensweise. Wo es keine Schlechtigkeit der Lebensweise gibt, hat das Feuer nichts, wovon es sich nähren könnte. Weil der Brennstoff für jenes Feuer die Schlechtigkeit der Lebensweise ist, höre, wie der Prophet sagt: „Und niemand wird zum Löschen da sein angesichts der Schlechtigkeit eurer Lebensweise.“ e „Verkündet in Juda, auch in Jerusalem soll man es hören! Sagt, [verkündet,] gebt mit der Posaune ein Zeichen im Land und ruft laut!“ f Diese Verkündigung, heißt es, verbreitet in Juda, unter denen aus dem Stamm Juda, des Gesalbten. „Denn es ist bekannt, dass unser Erlöser aus Juda hervorgegangen ist.“ g203 16. „Gebt mit der Posaune ein Zeichen im Land!“ h Das erhabene Wort, das den Hörer aufweckt, das ihn für den Kampf gegen die Leidenschaften, für den Kampf gegen die feindlichen Mächte ausrüstet, das ihn für die himmlischen Feste ausrüstet – auf beides ist das ja zu beziehen –, wird als Posaune aufgefasst.204 Im Buch Numeri ist ein solches Wort eine Posaune.i Das Wort befiehlt zum Beispiel mir und befiehlt auch jedem anderen – es wird dem gegeben, der willens ist und den Sinn der Schriften erforscht205  –

203 Siehe oben in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 25) und unten 9,1 (32, 64f.). 204 Dieselbe Deutung von Num. 10,9f. zieht Origenes, in Hier. hom. lat. 1(3),1 (GCS

Orig. 8, 303–307), und in Ios. hom. 7,1 (GCS Orig. 7, 327f.), heran, ebenso in Hier. frg. 30 (GCS Orig. 32, 214). Die Deutung von „Silber“ und „Posaune“ als „Wort“ gehört zu den konventionellen Allegorien, deren sich Origenes gern bedient: Hanson, Allegory and Event 247f. Vgl. in Matth. comm. ser. 52 (GCS Orig. 11, 116f.). 205 In diesem Sinn hat Origenes die Aufforderung in Joh. 5,39: „Erforscht die Schriften!“ oft aufgegriffen: princ. IV 3,5 (GCS Orig. 5, 330f.); in Is. hom. 2,2 (GCS Orig. 8, 251); in Ioh. comm. V 6 (GCS Orig. 4,103); VI 20,109 (4, 129); VI 59,303 (4, 168); in Ioh. frg. 37. 48 (GCS Orig. 4, 513f. 523); in Rom. comm. III 4,9 (SC 539, 116); VII 15,2 (SC 543, 396); Cels. III 33 (GCS Orig. 1, 230); V 16 (2, 17); VI 7 (2, 77); VI 37 (2, 106).

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„σάλπιγγας ἀργυρᾶς ἐλατάς“.a Οὕτω φησὶν ὁ λόγος· „Σημάνατε σάλπιγγι ἐπὶ τῆς γῆς, καὶ κεκράξατε μέγα· εἴπατε· Συνάχθητε καὶ εἰσέλθωμεν εἰς τὰς πόλεις τὰς τειχήρεις.“ b Εἰς ἀτείχιστον πόλιν οὐ βούλεται ἡμᾶς εἰσελθεῖν ὁ λόγος τοῦ θεοῦ, ἀλλ̓ εἰς τετειχισμένην. Ἡ ἐκκλησία τοῦ ζῶντος θεοῦ τετει­ χισμένη ὑπὸ τῆς ἀληθείας c τοῦ λόγου (οὗτος | γάρ ἐστιν τὸ τεῖχος) † ἐν τῷ ἑπτακαιδεκάτῳ κεῖται Ψαλμῷ, ὅτι καὶ τεῖχός ἐστιν ὁ θεός. d „Ἀναλαβόντες φεύγετε εἰς Σιών“· || ὅσοι ἐστὲ ἔξω τῆς Σιών, „ἀναλαβόν­ τες φεύγετε εἰς Σιών· σπεύσατε, μὴ στῆτε“, οἱ ἐν τῇ προκοπῇ σπεύσατε ἐπὶ τὸ Σκοπευτήριον, „ὅτι κακὰ ἐγὼ ἐπάγω ἀπὸ βορρᾶ καὶ συντριβὴν μεγάλην“· e τῶν κακῶν ἐπαγομένων ἀπὸ βορρᾶ, βορρᾶ τοῦ ἀντικειμένου, ὡς πολλάκις λέλεκται, ὃς ἐὰν εὑρεθῇ μὴ σπεύσας μηδὲ εἰσελθὼν „εἰς τὰς πόλεις τὰς τειχήρεις“, f μὴ γενόμενος „ἐν ταῖς ἐκκλησίαις τοῦ θεοῦ“, g ἀλλ̓ ἔξω ἑστηκώς, αὐτὸς ὑπὸ τῶν πολεμίων καταληφθεὶς ἀναιρεθήσεται. Τίς δέ ἐστιν ὁ πολέμιος; Ἴδωμεν ἐκ τῶν ἑξῆς τίνα τρόπον λέγεται· „Ἀνέβη λέων ἐκ τῆς μάνδρας αὐτοῦ, ἐξολοθρεύων ἔθνη ἐξῆρεν.“ h Οὗτός ἐστιν ὁ πολέμιος, ὃν δεῖ ἡμᾶς φυγεῖν. Λέων ἡμᾶς καταδιώκει. Τίς οὗτος; Πέτρος ἡμᾶς διδάσκει λέγων· „Ὁ ἀντίδικος ὑμῶν διάβολος ὡς λέων ὠρυόμενος περιπατεῖ ζητῶν τίνα καταπίῃ· ᾧ ἀντίστητε στερεοὶ τῇ πίστει“· i καὶ κατὰ τὸν ἔνατον Ψαλ­ μὸν „ἐνεδρεύει ἐν ἀποκρύφῳ, ἐνεδρεύει ὡς λέων ἐν τῇ μάνδρᾳ αὐτοῦ“. j Καὶ ἐνεδρεύει οὗτος ὁ λέων οὐχ ἡμέρας, ἀλλ̓ ἐπὰν γένηται νύξ· κατὰ γὰρ τὸν ἑκατοστὸν τρίτον Ψαλμόν „ἔθου σκότος καὶ ἐγένετο νύξ. Ἐν αὐτῇ διελεύ­ a

Num. 10,2 bJer. 4,5 Jer. 4,7 i 1 Petr. 5,8f.

h

c

1 Tim. 3,15 dPs. 17(18),30f. Ps. 9,30(10,9)

j

10  κακῶν ἐπαγομένων Nt ἐπαγομένων κακῶν S Kl 18  ἔνατον Kl θ´ S 21  ἑκατοστὸν τρίτον Kl ργ´ S

e

Jer. 4,6

f

Jer. 4,5

g

2 Thess. 1,4

12  τειχήρεις V Co στειχήρεις S

206 Hier wird das Selbstbild des Exegeten und Predigers Origenes greifbar: Der Ausle-

ger der Schrift setzt das Wirken des Logos (in der Schrift) in der Kirche fort. Siehe dazu Torjesen, Hermeneutical Procedure 136. 138. 147; Williams, Origenes 54f. 57; Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur 111f. 207 An dieser offenbar verderbten Stelle kann man mit Nautin, SC 232, 322, und Smith, FaCh 97, 60, vielleicht die Konjektur von Klostermann, GCS Orig. 3, 46 app. crit., übernehmen, an der mit einer crux bezeichneten Stelle ein ὡς, „wie“, einzusetzen. „Aber auch damit wäre nicht alles in Ordnung“, wie Klostermann zu Recht anmerkt, denn in Ps. 17(18),30 ist Gott nicht eine Festung, sondern überwindet er die Mauer, die Origenes, sel. in Ps. 17,30f. (PG 12, 1236); in Lam. frg. 83 (GCS Orig. 32, 267), auf die Sünde deutet. Die anschließende Vermutung Klostermanns, bei diesem Hinweis auf den 17. Psalm handle es sich um die Glosse eines Mannes, der Ps. 17(18),30f. so las, dass er das letzte Wort in V. 30, τεῖχος, zum ersten Wort in V. 31, ὁ θεός, zog, hat einiges für sich. Hat vielleicht schon Origenes den Psalm an dieser Stelle so gelesen? Immerhin begegnet oben, in Hier. hom. 5,13 (GCS Orig. 32, 43), der umgekehrte Fall, dass Origenes in Joh. 4,35f. das Wörtchen ἤδη, das moderne Editoren als erstes Wort von V. 36 auffassen, zu V. 35 zieht: Nautin, SC 232, 315 Anm. 3.

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„geschmiedete silberne Posaunen“a anzufertigen.206 So sagt das Wort: „Gebt mit der Posaune ein Zeichen im Land und ruft laut! Sagt: Versammelt euch, wir wollen in die befestigten Städte hineingehen.“ b In eine unbefestigte Stadt will das Wort Gottes uns nicht hineingehen lassen, sondern in eine befestigte. Die Kirche des lebendigen Gottes, befestigt von der Wahrheit c des Wortes – denn dieses ist die Festung – † im 17. Psalm steht, dass Gott auch Festung ist.d207 „Erhebt euch, flüchtet nach Zion!“ Alle, die ihr außerhalb Zions seid, „erhebt euch, flüchtet nach Zion! Beeilt euch, bleibt nicht stehen“, die ihr Fortschritte macht, eilt zum Wachtturm,208 „denn Böses führe ich von Norden heran und große Zerstörung!“ e Da Böses von Norden herangeführt wird – Norden steht für den Widersacher, wie schon oft gesagt209 –, wird der, der sich nicht beeilt und nicht „in die befestigten Städte“ f hineingeht, der sich nicht „in den Gemeinden Gottes“ g befindet, sondern draußen stehend erwischt wird, von den Angreifern ergriffen und vernichtet werden. Wer ist der Angreifer? Lasst uns aus dem Folgenden ersehen, auf welche Weise gesagt wird: „Heraufgestiegen ist der Löwe aus seiner Höhle, der Völkerverschlinger hat sich erhoben.“ h Das ist der Angreifer, vor dem wir fliehen müssen. Ein Löwe verfolgt uns.Wer ist er? Petrus lehrt es uns, wenn er sagt: „Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Widersteht ihm fest im Glauben!“ i Und nach dem neunten Psalm „lauert er im Verborgenen, lauert er wie ein Löwe in seiner Höhle“.j Und dieser Löwe lauert nicht am Tag, sondern wenn es Nacht geworden ist. Denn nach dem 103. Psalm „hast du die Finsternis gesetzt und ist Nacht

208 Diese Etymologie von Zion auch bei Origenes, in Ioh. comm. XIII 13,81 (GCS

Orig. 4, 237); in Lam. frg. 19 (GCS Orig. 32, 242); auch Hieronymus, int. hebr. nom. p. 39 Lagarde (CChr.SL 72, 108); p. 43 (72, 112); p. 50 (72, 122); p. 75 (72, 153); p. 78 (72, 157); p. 81 (72, 161), kennt Sion v.a. als specula. Nach Wutz, Onomastica sacra 81, übernimmt Hieronymus mit der Identifizierung von Sion als specula einen etymologischen Fehler Philons (siehe ferner ebd. 312. 409). – In Hier. frg. 32 (GCS Orig. 32, 215) identifiziert Origenes das als „Aussichtspunkt“ interpretierte Zion mit der Kirche. Wie „das beobachtende und schauende Vermögen, das Zion genannt wird“, zu verstehen ist, erläutert er in Lam. frg. 14 (GCS Orig. 32, 241). Die Erläuterungen dazu von Schadel, BGrL 10, 266 Anm. 61, führen in die Irre, denn Origenes identifizierte die philosophische Disziplin der Logik keineswegs mit der Mystik, sondern kannte die Debatte um die Logik als eigenständige Disziplin oder als für alle Disziplinen relevante Methode: in Cant. comm. prol. 3,1f. (OWD 9/2, 90). Siehe dazu Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur 95–98, ferner unten S. 286 Anm. 364. 209 Da es in den erhaltenen Homilien dazu keine Parallele gibt, bezieht Origenes sich damit offenbar auf Erklärungen in verlorengegangenen Predigten.

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σονται πάντα τὰ θηρία τοῦ δρυμοῦ, σκύμνοι ὠρυόμενοι ἁρπάσαι καὶ ζη­ τῆσαι παρὰ τοῦ θεοῦ βρῶσιν αὐτοῖς.“a 17. „Ἀνέβη“ οὖν „λέων ἐκ τῆς μάνδρας αὐτοῦ.“ b Ποῦ; Πότε; Κάτω ἐστὶν πεσών, εἰς τὰ κατώτατα τῆς γῆς κατελήλυθεν. c „Ἀνέβη λέων ἐκ τῆς μάνδρας αὐτοῦ.“ Ἄνθρωπος εἶ, ἀνωτέρω εἶ τοῦ διαβόλου· κρείττων γὰρ εἶ αὐτοῦ, ὁποῖος ἐὰν ᾖς· ἐκεῖνος διὰ τὴν κακίαν κάτω ἐστίν. „Ἀνέβη“ οὖν „λέων ἐκ τῆς μάνδρας αὐτοῦ, ἐξολοθρεύων ἔθνη ἐξῆρεν“· ἀναβὰς ἐκ τῆς μάνδρας αὐτοῦ, τόπου τοῦ οἰκείου τῇ κολάσει ἑαυτοῦ, „ἐξολοθρεύων ἔθνη ἐξῆρεν· ἐξῆλθεν ἐκ τοῦ τόπου αὐτοῦ θεῖναι τὴν γῆν σου εἰς ἐρήμω­ σιν.“ d Βούλεται εἰσελθεῖν | σου εἰς τὴν γῆν, περὶ ἧς || πρὸ βραχέως ἐλέγο­ μεν. Ἕκαστον ἡμῶν βούλεται νεμηθῆναι. Ἔρχεται οὖν „τοῦ θεῖναι τὴν γῆν σου ἐρήμωσιν“, ἵνα καταπατήσῃ τὰ σπέρματα ὁ λέων, ἵνα ποιήσῃ ἔρημόν σου τὴν γῆν. „Καὶ πόλεις σου καθαιρεθήσονται παρὰ τὸ μὴ κατοι­ κεῖσθαι αὐτάς. Ἐπὶ τούτοις περιζώσασθε σάκκους.“ e Ἐπεὶ οὖν ἀνέβη λέων καὶ ἀπειλεῖ σοι λέων καὶ βούλεταί σου ἀφανίσαι τὴν γῆν, περίζωσαι σάκ­ κον, κλαῖε καὶ πένθει, διὰ τῶν εὐχῶν παρακάλει τὸν θεόν, ἵνα τοῦτον τὸν λέοντα ἐξολοθρεύσῃ ἀπὸ σοῦ καὶ μὴ ἐμπέσῃς αὐτοῦ εἰς τὸ στόμα. „Ὃν τρόπον“ γὰρ „ὅταν ἐκσπάσῃ ὁ ποιμὴν ἐκ στόματος λέοντος δύο σκέλη ἢ λοβὸν ὠτίου“· f οὗτος ὁ λέων ζητεῖ τῶν ὤτων σε λαβεῖν, ἵνα διὰ τῆς λιχ­ νείας σου λόγους ψευδεῖς σοι παραβαλὼν ἐκστήσῃ σε ἀπὸ τῆς ἀληθείας, βούλεταί σου ἀπὸ τῆς ἀληθείας ἁρπάσαι τοὺς πόδας καὶ καταφαγεῖν. Ἀλλὰ σὺ περίζωσαι σάκκους καὶ κόπτου καὶ κλαῖε καὶ ἀλάλαζε βλέπων τὸν πολέμιον τὸν ἐνεστηκότα, ἵνα ἀποστραφῇ θυμὸς ὀργῆς κυρίου ἀπὸ σοῦ, g καὶ ἀποστραφέντος τοῦ θυμοῦ δυνηθῇς ἐν ἀμεριμνίᾳ γενόμενος, μηκέτι τοῦ λέοντος ὑπεισερχομένου σοι, τῷ σε εἰσεληλυθέναι εἰς τὴν τειχήρη πόλιν, δοξάζειν τὸν ῥυόμενόν σε θεὸν ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ h a

Ps. 103(104),20f. 1 Petr. 4,11

h

b

Jer. 4,7

c

Eph. 4,9

5  κρείττων Scorr. κρεῖττον S* 9  τοῦ2 Kl Gh 16  πένθει Scorr. πένθη S*

d

Jer. 4,7

e

Jer. 4,7f.

f

Am. 3,12

10  πρὸ βραχέως V ροβραχέως S

g

Jer. 4,8 12  εἰς

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geworden. In ihr streifen alle Tiere des Waldes umher, die Jungen des Löwen brüllen nach Beute und verlangen von Gott Nahrung für sich.“a 17. „Heraufgestiegen“ also „ist der Löwe aus seiner Höhle.“ bWo? Wann? Unten ist er, gefallen, an den tiefsten Punkt der Erde gestürzt.c „Heraufgestiegen ist der Löwe aus seiner Höhle.“ Du bist ein Mensch, du stehst höher als der Teufel, denn du bist besser als er, wie auch immer du sein magst. Jener ist wegen seiner Schlechtigkeit unten. „Heraufgestiegen“ also „ist der Löwe aus seiner Höhle, der Völkerverschlinger hat sich erhoben.“ Heraufsteigend aus seiner Höhle, dem geeigneten Ort für seine Bestrafung, „hat der Völkerverschlinger sich erhoben. Herausgekommen aus seinem Ort ist er, um dein Land zu einer Wüste zu machen.“ d Er will in dein Land eindringen, über das wir kurz vorher gesprochen haben.210 Jeden von uns will er zu seiner Weide machen. Der Löwe kommt also, „um dein Land zu einer Wüste zu machen“, um die Samen zu zertreten, um dein Land zu verwüsten. „Und deine Städte werden zerstört werden, weil sie nicht mehr bewohnt werden. Darum zieht Trauergewänder an!“ e Da nun der Löwe heraufgestiegen ist, der Löwe dich bedroht und dein Land vernichten will, zieh ein Trauergewand an, weine und klage, rufe durch die Gebete Gott an, damit er diesen Löwen von dir vertreibt und du ihm nicht in den Rachen fällst! Denn „wie der Hirte aus dem Rachen des Löwen zwei Schenkel oder ein Ohrläppchen herauszieht“,f so sucht dieser Löwe dich bei den Ohren zu packen, um dich, indem er dir durch deine Lüsternheit falsche Lehren einflößt, von der Wahrheit abzubringen, so will er deine Füße von der Wahrheit wegziehen und dich verschlingen. Du aber, zieh Trauergewänder an, schlage dich an die Brust, weine und heule, wenn du den Angreifer über dich kommen siehst, damit sich die Wut des Zornes des Herrn von dir abwendet.g Und wenn sich die Wut abgewandt hat, kannst du ohne Sorge, da der Löwe dich nicht mehr umschleicht, weil du in die befestigte Stadt hineingelangt bist, Gott verherrlichen, der dich in Christus Jesus rettet. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ h

210 Siehe oben in Hier. hom. 5,13 (GCS Orig. 32, 42f.).



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1. „Κύριε“ φησὶν „οἱ ὀφθαλμοί σου εἰς πίστιν.“ b Ὡς „ὀφθαλμοὶ κυρίου ἐπὶ δικαίους“, c ἀπὸ γὰρ ἀδίκων ἀποστρέφει αὐτούς, οὕτως οἱ ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς πίστιν, ἀπὸ γὰρ ἀπιστίας ἀποστρέφει αὐτούς. Διὸ καλῶς λέλε­ κται ὑπὸ τοῦ νοοῦντος, τί λέγει ἐν τῇ εὐχῇ, τὸ „Κύριε, οἱ ὀφθαλμοί σου εἰς πίστιν“. Τὸ μὲν οὖν ἐνταῦθα γεγραμμένον ἐστίν· „Κύριε, οἱ ὀφθαλμοί σου εἰς πίστιν“. Ἐπεὶ δὲ „λόγον σοφὸν ἐὰν ἀκούσῃ ἐπιστήμων, || αἰνέσει αὐτὸν καὶ ἐπ̓ αὐτὸν προσθήσει“, d ὅρα πόσα ἔστιν ποιῆσαι ἀπὸ τοῦ „Κύριε, οἱ ὀφθαλμοί σου | εἰς πίστιν“. Φησὶν ὁ Παῦλος· „Νυνὶ δὲ μένει τὰ τρία ταῦτα, πίστις, ἐλπίς, ἀγάπη· μείζων δὲ τούτων ἡ ἀγάπη.“ e Ὡς ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς πίστιν, ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς ἐλπίδα, ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς ἀγάπην. Ἐπεὶ δέ ἐστιν „πνεῦμα δυνάμεως καὶ ἀγάπης καὶ σωφρονι­ σμοῦ“, f ὡς ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς ἀγάπην, οὕτως ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς δύνα­ μιν, οὕτως [οἱ] ὀφθαλμοὶ κυρίου εἰς σωφρονισμόν, ὀφθαλμοὶ κυρίου ἐπὶ δικαιοσύνην, οὕτως ἐπὶ πάσας ἀρετὰς ὀφθαλμοὶ κυρίου. Εἰ οὖν βούλει καὶ σὺ τὰς ἀκτῖνας τῶν νοητῶν ὀφθαλμῶν τοῦ θεοῦ φθάνειν ἐπὶ σέ, ἀνάλαβε τὰς ἀρετάς. Καὶ ἔσται ὡς τὸ „Κύριε, οἱ ὀφθαλμοί σου εἰς πίστιν“, οὕτως „κύριε, οἱ ὀφθαλμοί σου“ εἰς ἕκαστον ὧν ἐὰν κτήσῃ ἀγαθῶν. Καὶ ἐὰν τη­ λικοῦτος ᾖς, ὡς τοὺς ὀφθαλμοὺς κυρίου ἐλλάμπειν σοι, ἐρεῖς· „Ἐσημειώθη ἐφ̓ ἡμᾶς τὸ φῶς τοῦ προσώπου σου, κύριε.“ g a

Jer. 5,3–5

b

Jer. 5,3

1–3  εἰς – ὁμιλία Ϛʹ Kl

c

Ps. 33(34),16

d

Sir. 21,15

e

1 Kor. 13,13

f

2 Tim. 1,7

g

Ps. 4,7

16  οἱ del. Kl

211 Klostermann, GCS Orig. 3, 48 app. crit., vermutet, dass zum folgenden Kolon ein

Vordersatz fehlt, etwa ein Bibelvers, in dem das Stichwort „Gerechtigkeit“ vorkommt (Röm. 10,6 oder Ps. 33[34],16), das dann aufgegriffen wird (übernommen von Smith, FaCh 97, 62). Das ist aber nicht unbedingt nötig: Nautin, GCS Orig. 32, 359; SC 232, 328. Im mündlichen Vortrag ist eine solche etwas unstrukturierte Aneinanderreihung denkbar, und das Stichwort „Gerechtigkeit“ lässt sich aus dem eingangs zitierten Ps. 33(34),16 gewinnen, womit Origenes die biblischen Tugenden mit zwei paganen Kardinaltugenden verknüpft (Besonnenheit und Gerechtigkeit) und deshalb die Rei-

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1. „Herr“, heißt es, „deine Augen sind auf Glauben gerichtet.“ bWie „die Augen des Herrn auf die Gerechten gerichtet sind“,c denn von den Ungerechten wendet er sie ab, so sind die Augen des Herrn auf Glauben gerichtet, denn vom Unglauben wendet er sie ab. Deshalb ist von dem, der sich überlegt, was er beim Beten sagt, schön gesagt worden: „Herr, deine Augen sind auf Glauben gerichtet.“ Was hier also geschrieben steht, lautet: „Herr, deine Augen sind auf Glauben gerichtet.“ Weil aber „der Einsichtige, wenn er ein weises Wort hört, es loben und ein weiteres hinzufügen wird“,d sieh, wie viel aus der Aussage zu machen ist: „Herr, deine Augen sind auf Glauben gerichtet.“ Paulus sagt: „Für jetzt aber bleiben diese drei: Glaube, Hoffnung, Liebe; am größten von diesen aber ist die Liebe.“ e Wie die Augen des Herrn auf Glauben gerichtet sind, sind die Augen des Herrn auf Hoffnung, sind die Augen des Herrn auf Liebe gerichtet. Er ist ja ein Geist „der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“.f Wie daher die Augen des Herrn auf Liebe gerichtet sind, so sind die Augen des Herrn auf Kraft gerichtet, so die Augen des Herrn auf Besonnenheit,211 die Augen des Herrn auf Gerechtigkeit, so die Augen des Herrn auf alle Tugenden.Wenn nun auch du willst, dass die Strahlen der geistigen Augen Gottes212 zu dir gelangen, mache dir die Tugenden zu eigen! Und wie der Satz gilt: „Herr, deine Augen sind auf Glauben gerichtet“, so wird auch gelten: „Herr, deine Augen“ sind auf jedes der Güter gerichtet, die du erwirbst. Und wenn du soweit bist, dass die Augen des Herrn über dir leuchten, wirst du sagen: „Erschienen ist über uns das Licht deines Angesichts, Herr.“ g

he mit dem Hinweis auf „alle Tugenden“ abschließen kann: Schadel, BGrL 10, 267 Anm. 63. 212 Hinter dieser Wendung steht die platonische Vorstellung von den „Augen des Geistes“ (oder „der Seele“, biblisch auch mit Eph. 1,18 „des Herzens“): Platon, symp. 219 a 2f.; soph. 254 a 10; polit. VII 533 c 7 – d 4. Zu dieser antiken Tradition und für Belege aus Origenes siehe Fürst/Hengstermann, OWD 10, 268 Anm. 124. Entsprechend der Theorie der geistigen Sinne bei Origenes (dazu ebd. 126–129; siehe ferner unten S. 555 Anm. 878) ist der Gedanke hier auf Gott angewendet.

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2. Εἶτα περὶ τῶν ἁμαρτωλῶν ἴδωμεν τὸ λεγόμενον· „Ἐμαστίγωσας αὐτοὺς καὶ οὐκ ἐπόνησαν.“a Αὗται αἱ αἰσθηταὶ μάστιγες ζῶσιν προσφερό­ μεναι σώμασιν, εἴτε βούλονται εἴτε μὴ βούλονται οἱ μαστιγούμενοι, πόνον ἐμποιοῦσιν αὐτοῖς· αἱ δὲ τοῦ θεοῦ μάστιγες τοιαῦταί εἰσιν ὡς τινὰς μὲν τῶν μαστιγουμένων πονεῖν, τινὰς δὲ τῶν μαστιγουμένων μὴ πονεῖν. Ἴδωμεν εἰ δυνάμεθα διηγήσασθαι, τί ἐστιν τὸ πονεῖν ἀπὸ μαστίγων θεοῦ καὶ τί τὸ μὴ πονεῖν, καὶ ὅτι κακοδαίμονες οἱ μὴ πονοῦντες ἀπὸ μαστίγων θεοῦ, μα­ κάριοι δὲ οἱ πονοῦντες ἀπὸ μαστίγων θεοῦ. Φησὶν γὰρ ἡ Σοφία· „Τίς δώσει ἐπὶ τοῦ διανοήματός μου μάστιγας, καὶ ἐπὶ τῶν χειλέων μου σφρα­ γῖδα πανούργων, ἵνα ἐπὶ τοῖς ἀγνοήμασίν μου μὴ φείσωνται, καὶ αἱ ἁμαρ­ τίαι μου μὴ ἀπολέσωσίν με;“ b Πρόσχες τῷ „τίς δώσει ἐπὶ τοῦ διανοήματός μου μά||στιγας;“ Οὐκοῦν εἰσι μάστιγες τὸ διανόημα μαστιγοῦσαι. Αἱ μά­ στιγες τοῦ θεοῦ τὸ διανόημα μαστιγοῦσιν· λόγος γὰρ καθαπτόμενος τῆς ψυχῆς καὶ εἰς συναίσιν αὐτὴν ἄγων τῶν ἡμαρτημένων μαστιγοῖ· μαστιγοῖ δὲ τὸν μὲν μακάριον πονοῦντα ἐπὶ ταῖς μάστιξι, καθικνεῖται γὰρ αὐτοῦ τὰ λεγόμενα, καὶ οὐκ ἐξευτελίζει τὸν ἐλέγχοντα ἀπ̓ αὐτοῦ. Ἐπὰν δέ τις εὑρεθῇ, ἵν̓ οὕτως εἴπω, ἀναίσθητος, λεχθήσεται περὶ αὐτοῦ· „Ἐμαστί­ γωσας αὐτοὺς καὶ οὐκ ἐπόνησαν.“ c Τοῦ αὐτοῦ | λόγου λεγομένου ἐλεγκτι­ κῶς, φέρε εἰπεῖν, ἐπὶ τῷ καθικέσθαι διανοίας τοῦ τὴν συνείδησιν μεμολυ­ σμένου ἐπί τινι ἁμαρτίᾳ τὸ λεγόμενον, ἐὰν ὁ μέν τις τῶν ἀκουόντων ἀλγήσῃ, ὥστε λεχθῆναι περὶ αὐτοῦ· „Ἑώρακας ὡς κατενύγη“ d ὁ δεῖνα, ὁ δέ τις τῶν ἀκουόντων μὴ ἀλγήσῃ, ἀλλὰ ἀναισθητῇ τῶν ἐλεγχόντων, δῆλον ὅτι λεχθήσεται περὶ τοῦ μηδ̓ αἰσθανομένου· „Ἐμαστίγωσας αὐτοὺς καὶ οὐκ ἐπόνησαν.“ e Μία μὲν διήγησις αὕτη περὶ τοῦ „οὐκ ἐπόνησαν“ ἢ ἐπόνησαν· ἴδωμεν δὲ εἰ ἔχομεν καὶ ἑτέραν. Γίνονταί τινες ἐν τοῖς σώμασιν μελῶν τινων νε­ κρότητες καὶ ξηρότητες, καὶ πολλάκις τοιαῦτα πάσχει τὰ νενεκρωμένα μέλη παρὰ τὰ ζῶντα, ὥστε προσαγομένων μὲν τῶν πόνον ποιῆσαι δυναμένων τῷ ζῶντι μέλει ἀλγεῖν ἐκεῖνον ᾧ προσάγεται τὸ ποιοῦν πονεῖν, προσαγο­ μένων δὲ τῶν ποιούντων πονεῖν τῷ μέλει τῷ ἀναισθήτῳ οὐκ αἰσθάνεται a

Jer. 5,3

b

Sir 22,27; 23,2f.

c

4  τοιαῦται V Co τοιαῦτα S 22  ἀναισθητῇ Kl ἀναισθητεῖ S

Jer. 5,3

d

1 Kön. 20(21),29

e

Jer. 5,3

14  συναίσθησιν C σύνεσιν S 16  αὐτοῦ1 Gh αὐτῶ S 25  ἴδωμεν V ἴδομεν S 28  πόνον Del πόνων S

213 Vgl. hierzu das Fragment zu Ex. 10,27 in philoc. 27,6 (SC 226, 286–288), ferner in

Ps. 37 hom. 1,2 (SC 411, 274). 214 Der als wörtliches Zitat präsentierte Satz wirkt als Mischung aus Bestandteilen von

Sir. 22,27 und 23,2f. Aufgrund der Zitateinleitung würde man erwarten, dass Origenes aus dem Buch der Weisheit (Sapientia Salomonis) zitiert, aber vielleicht ist ihm eine Verwechslung unterlaufen.

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2. Sodann wollen wir uns das über die Sünder Gesagte anschauen: „Du hast sie gegeißelt, und sie haben keinen Schmerz empfunden.“a Wenn diese spürbaren Geißeln lebende Körper treffen, bereiten sie, ob die Gegeißelten wollen oder nicht, ihnen Schmerzen. Die Geißeln Gottes aber sind so beschaffen, dass einige der Gegeißelten Schmerz empfinden, andere der Gegeißelten aber keinen Schmerz empfinden. Wir wollen sehen, ob wir erklären können, was es bedeutet, von den Geißeln Gottes Schmerz zu empfinden, und was es bedeutet, keinen zu empfinden, und dass die unglücklich sind, die von den Geißeln Gottes keinen Schmerz empfinden, selig hingegen die, die von den Geißeln Gottes Schmerz empfinden.213 Denn die Weisheit sagt: „Wer hält für mein Denken Geißeln bereit und ein Siegel für meine Schurkenlippen, damit sie mich in meinen Torheiten nicht schonen und meine Sünden mich nicht zugrunderichten?“ b214 Achte auf: „Wer hält für mein Denken Geißeln bereit?“ Demnach gibt es Geißeln, die das Denken geißeln.215 Die Geißeln Gottes geißeln das Denken. Denn das Wort, das in die Seele dringt und ihr die Sünden zu Bewusstsein bringt, geißelt. Es geißelt den Seligen, der über die Geißeln Schmerz empfindet, denn das Gesagte erreicht ihn und er weist das Wort, das ihn tadelt, nicht verächtlich von sich. Wenn sich jedoch einer als sozusagen unempfindlich herausstellt, wird über ihn gesagt werden: „Du hast sie gegeißelt, und sie haben keinen Schmerz empfunden.“ c Angenommen, dasselbe Wort des Tadels wird ausgesprochen, damit das Gesagte das Denken dessen erreicht, der das Gewissen von irgendeiner Sünde befleckt hat: Wenn es den einen unter den Hörern schmerzt, so dass über ihn gesagt wird: „Du hast gesehen, wie tief es ihn getroffen hat“,d es einen anderen unter den Hörern aber nicht schmerzt, sondern er den tadelnden Worten gegenüber unempfindlich bleibt, ist klar, dass über den, der nichts empfindet, gesagt werden wird: „Du hast sie gegeißelt, und sie haben keinen Schmerz empfunden.“ e Das ist eine Erklärung von „sie haben keinen Schmerz empfunden“ oder sie haben Schmerz empfunden. Wir wollen sehen, ob wir noch eine andere haben. Zuweilen kommt es dazu, dass an Körpern manche Glieder absterben und verdorren, und häufig erleiden die abgestorbenen Körperteile Derartiges direkt neben den lebendigen, so dass, fügt man dem lebendigen Körperteil etwas zu, das Schmerz verursachen kann, jener Mensch, dem das Schmerzverursachende zugefügt wird, Schmerz empfindet. Wird das Schmerzverursachende jedoch dem unempfindlichen Körperteil zugefügt, empfindet jener

215 Für die Metapher der Geißeln zur Bestrafung der Seele bzw. des Denkens in der

paganen Tradition vgl. Corpus Hermeticum X 21 mit Bezug auf Aischylos, Choeph. 290 (die Geißeln der Erinnyen).

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ἐκεῖνος, ὅταν ᾖ νεκρότης περὶ αὐτό. Ταῦτα εἴπερ εἶδες ἐπὶ τοῦ σώματος, μετάθες ἐπὶ τὴν ψυχὴν καὶ ὅρα ὅτι ἔστιν τις καὶ ψυχὴ νεκρουμένη τὰ μέλη, ὥστε μὴ αἰσθάνεσθαι ἀπὸ τῶν μαστίγων, κἂν ἐπίπονα προσφέρηταί τινα. Δεινὰ προσφέρεται, ἀλλ̓ οὐκ αἰσθανθήσεται ἡ δεῖνα ψυχή, ἄλλη δὲ αἰσθαν­ θήσεται. Καὶ τάχα ὡσπερεὶ λυπεῖται μᾶλλον ἐπὶ τῷ μὴ αἰσθά||νεσθαι ἤπερ ἐπὶ τῷ αἰσθάνεσθαι ὁ μὴ αἰσθανόμενος ἀπὸ πόνων αὐτῷ προσφερομένων, εὐχόμενος μᾶλλον πονεῖν εἰ προσάγοιτο τὰ ἐπίπονα (ἐπεὶ σημεῖόν ἐστι τοῦτο τοῦ ζῆν αὐτόν), ἀηδιζόμενος δὲ ἐπὶ τῷ μὴ αἰσθάνεσθαι ἐπὶ τοῖς ἐπιπόνοις. Ὥσπερ δὴ τοῦτο γίνεται ἐπὶ τῶν σωμάτων, οὕτω νομίζω ἐν τῷ „θελήσωσιν εἰ ἐγένοντο πυρίκαυστοι“a τοιοῦτόν τι δηλοῦσθαι· οἷον τοῦ πυρὸς προσφερομένου τινὶ καὶ μὴ αἰσθανομένου τοῦ καιομένου, θελήσωσιν ἐκεῖνοι, καταλαβόντες σύγκρισιν μὴ αἰσθανομένων ἐπὶ ταῖς ἀλγηδόσιν καὶ αἰσθανομένων, μᾶλλον αἰσθάνεσθαι ἐπὶ τῷ πυρὶ ἢ μὴ αἰσθάνεσθαι. Καὶ εὔξαιτο ἄν τις προσαγομένου κἀκείνου τοῦ κεκριμένου πυρὸς ἐπὶ τοὺς ἁμαρτωλοὺς αἰσθάνεσθαι μᾶλλον ἢ μὴ αἰσθάνεσθαι. Ταῦτα διὰ τὸ „ἐμαστί­ γωσας αὐτούς, καὶ οὐκ ἐπόνησαν“. b „Συνετέλεσας αὐτούς, καὶ οὐκ ἠθέλησαν δέξασθαι παιδείαν.“ c Ὅτε τὰ καθαρτικὰ ποιεῖ ὁ προνοῶν τῶν ὅλων θεὸς ἐπὶ ψυχῆς σωτηρίᾳ, τὸ ἐπ̓ αὐτῷ συνετέλεσεν. Νοήσεις δὲ „συνετέλεσας αὐτοὺς καὶ | οὐκ ἠθέλη­ σαν δέξασθαι παιδείαν“ ἀπὸ παραδείγματος τοῦ κατὰ τὸν παραδιδόντα τὴν ἐπιστήμην καὶ τὸν μὴ βουλόμενον παραλαβεῖν τὴν ἐπιστήμην ἀπὸ τοῦ παραδιδόντος. Πάντα γὰρ τὰ παρ᾽ αὐτῷ ποιείτω ὁ διδάσκαλος καὶ συντε­ λείτω πάντα εἰς παράδοσιν ἐπιστήμης, ἐκεῖνος δὲ μὴ παραδεχέσθω τὰ λε­ γόμενα· εἴποιμ̓ ἂν περὶ τοῦ τοιούτου τῷ διδασκάλῳ· συνετέλεσας τόνδε καὶ οὐκ ἠθέλησεν δέξασθαι παιδείαν. Ἐπὰν οὖν τὰ ἀπὸ τῆς προνοίας γίνηται πάντα εἰς ἡμᾶς, ἵνα συντελεσθῶμεν καὶ τελειωθῶμεν, ἡμεῖς δὲ μὴ παραδεχώμεθα τὰ τῆς προνοίας τῆς ἐπὶ τελειότητα ἡμᾶς ἑλκούσης, λεχθείη a

Jes. 9,4

b

Jer. 5,3

c

Jer. 5,3

1  ᾖ V2 a.R. Kl ἡ S 1  νεκρότης Co νεκρώτης S 1  αὐτό Gh αὐτόν S 1  εἶδες V ἴδες S 4  δεινὰ προσφέρεται Gh διαπροσφέρεται S 5  ἤπερ V εἴπερ S 8  τῷ Gh τοῦ S 19  αὐτῷ Gh αὐτὸ S 19  τὸ Kl 22  αὐτῷ Gh Kl αὐτὸν S We Nt 26  γίνηται Kl γίγνηται S

216 Derselbe Gedanke in sel. in Ps. 2,10 (PG 12, 1112f.): „Vielleicht aber gibt es auch

Leute, die sich, sobald ihnen ihre Verfehlungen zu Bewusstsein gekommen sind und sie sehen, dass sie zur Heilung den brauchen, der sich auf die Kunst des Heilens versteht, dem Allerschmerzvollsten aussetzen, das freilich auch in der Lage ist, sie besser zu machen. Ich glaube, zu diesen gehören die, von denen bei Jesaja gesagt wird: ‚Sie sollten sich wünschen, in Feuer verbrannt zu werden‘ (Jes. 9,4).“ 217 Zu diesem Feuer äußert sich Origenes ausführlich unten in Hier. hom. 16,5–7 (GCS Orig. 32, 137–139); 18,1 (32, 151); 20(19),8f. (32, 190–192). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 278f.; Nautin, SC 232, 172–179. Zur sündentilgenden Wirkung

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nichts, weil er diesbezüglich abgestorben ist. Wenn du dies im Blick auf den Körper betrachtet hast, übertrage es auf die Seele und sieh, dass es auch eine Seele geben kann, die an ihren Gliedern abgestorben ist, so dass sie von den Geißeln nichts spürt, auch wenn ihr etwas Schmerzvolles zugefügt wird. Schreckliches wird ihr zugefügt, doch die eine Seele wird nichts spüren, eine andere aber wird es spüren. Und vielleicht ist es gerade so, wie wenn einer, der von den ihm zugefügten Schmerzen nichts empfindet, mehr darüber trauert, dass er nichts empfindet, als darüber, dass er es empfindet, und sich wünscht, lieber Schmerzen zu empfinden, wenn ihm Schmerzvolles zugefügt wird – denn das ist ein Zeichen dafür, dass er lebt –, es ihm aber missfällt, Schmerzvolles nicht zu empfinden. Wie dies also bei Körpern der Fall ist, so meine ich, dass in der Aussage: „Sie sollten sich wünschen, in Feuer verbrannt zu werden“,a Folgendes deutlich wird: Wie wenn an jemanden Feuer gelegt wird und der Verbrannte nichts empfindet, sollten sich jene, wenn sie den Vergleich zwischen denen, die Schmerzen nicht empfinden, und denen, die sie empfinden, verstanden haben, wünschen, das Feuer lieber zu spüren als es nicht zu spüren.216 Und auch wenn jenes für die Sünder vorgesehene Feuer entfacht wird,217 dürfte sich einer wohl wünschen, es lieber zu empfinden als es nicht zu empfinden. Dies zu der Aussage: „Du hast sie gegeißelt, und sie haben keinen Schmerz empfunden.“ b „Du hast sie vollendet, aber sie wollten die Belehrung nicht annehmen.“ c Wenn Gott, der für das All Sorge trägt, sein reinigendes Werk zur Rettung der Seele vollzieht, hat er, was in seiner Macht steht, vollendet. Die Aussage aber: „Du hast sie vollendet, aber sie wollten die Belehrung nicht annehmen“, wirst du aus dem Beispiel verstehen, das von dem handelt, der das Wissen weitergibt, und von dem, der das Wissen nicht von dem annehmen will, der es weitergibt. Denn angenommen, der Lehrer tut alles, was in seiner Macht steht, und vollbringt alles zur Weitergabe des Wissens, jener aber nimmt nicht an, was ihm gesagt wird, würde ich über einen solchen Schüler wohl zum Lehrer sagen: Du hast den da vollendet, aber er wollte die Belehrung nicht annehmen. Wenn also von Seiten der Vorsehung alles für uns unternommen wird, damit wir vollendet und vollkommen werden, wir aber das Wirken der Vorsehung, die uns zur Vollkommenheit zieht, nicht annehmen, würde wohl des Feuers im übertragenen Sinn (als Gewissensqualen) eklärt Origenes mit Bezug auf Jes. 50,11: „Gehet hin in dem Licht eures Feuers und in den Flammen, die ihr euch selbst angezündet habt“ in princ. II 10,4 (GCS Orig. 5, 177): „Mit diesen Worten wird offenbar angedeutet, dass jeder Sünder sich selbst die Flammen seines eigenen Feuers anzündet und nicht in irgendein Feuer geworfen wird, das schon vorher von einem anderen entzündet war und vor ihm selbst existierte.“ Übersetzung: p. 429 Görgemanns/Karpp. Vgl. ferner ebd. I 1,2 (5, 17f.); I 6,3 (5, 84); orat. 29,15 (GCS Orig. 2, 390); in Ex. hom. 13,4 (GCS Orig. 6, 275f.); in Lev. hom. 5,3 (GCS Orig. 6, 338f.); 9,8.9 (6, 432f. 437f.); in Ios. hom. 4,3 (GCS Orig. 7, 311f.); 8,5 (7, 340f.). Siehe auch oben S. 152 Anm. 106.

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ἂν ὑπὸ τοῦ νοοῦντος τῷ θεῷ· „Κύριε, συνετέλεσας αὐτοὺς καὶ οὐκ ἠθέλη­ σαν δέξασθαι παιδείαν.“ 3. „Ἐστερέωσαν τὰ πρόσωπα || αὐτῶν ὑπὲρ πέτραν.“a Νοήσεις καὶ τοῦτο ἀπὸ τῶν σωματικωτέρων. Τῶν ἁμαρτανόντων οἱ μὲν ἀκούοντες λό­ γους ἐλεγκτικοὺς ἐπὶ τῇ ἁμαρτίᾳ ἐρυθριῶσιν καὶ καταδύονται καὶ ὑποπί­ πτουσιν ἁπτομένου τοῦ λόγου τοῦ ἐλεγκτικοῦ αὐτῶν· οἱ δὲ τοιοῦτοί εἰσιν, ὥστε αὐτοὺς ἀνερυθριάστους εἶναι, μὴ αἰδουμένους ἐφ̓ οἷς ἐλέγχονται, ἐφ̓ οἷς ἡμαρτήκασιν. Εἴποις ἂν οὖν περὶ τούτων οἳ οὐκ αἰδοῦνται· „Ἐστερέω­ σαν τὰ πρόσωπα αὐτῶν ὑπὲρ πέτραν.“ Εἰ νενόηκας ἐπὶ τῶν σωματικῶν αὐτό, μετάβα μοι τῷ λόγῳ ἐπὶ τὴν ψυχὴν νοήσας πρόσωπον, περὶ οὗ λέγεται· „τότε δὲ πρόσωπον πρὸς πρόσωπον“. b Καὶ ὅρα ψυχὴν στερεάν, ὁποία ἦν ἡ καρδία Φαραὼ ἐσκληρυμμένη, c ὥστε αὐτὴν ἐπὶ τοῖς ἀπαγγελ­ λομένοις ἑστάναι ἀντίτυπον καὶ ὥσπερ ἀποβάλλουσαν τὰ λεγόμενα μὴ μορφουμένην κατὰ τὰ ἀπαγγελλόμενα. Ἐκεῖ γὰρ εὑρήσεις ὅτι ἁρμόζει τὸ „Ἐστερέωσαν τὰ πρόσωπα αὐτῶν ὑπὲρ πέτραν καὶ οὐκ ἠθέλησαν ἐπι­ στραφῆναι. Κἀγὼ εἶπα· ἴσως πτωχοί εἰσιν, ὅτι οὐκ ἠθέλησαν γνῶναι ὁδὸν κυρίου καὶ κρίσιν θεοῦ. Πορεύσομαι πρὸς τοὺς ἁδροὺς καὶ λαλήσω αὐτοῖς.“ d Ταῦτα νοήσας περὶ τῶν μὴ θελόντων παιδευθῆναι, μὴ νοούντων ἐπὶ ταῖς μάστιξιν τοῦ θεοῦ, φησὶν νενοηκὼς τὸ τούτων αἴτιον· Πτωχή ἐστιν αὐτῶν ἡ ψυχή. „Κἀγὼ εἶπα· ἴσως πτωχοί εἰσιν, διότι οὐκ ἠδυνήθησαν, ὅτι οὐκ ἔγνωσαν ὁδὸν κυρίου καὶ κρίσιν θεοῦ.“ e „Πορεύσομαι πρὸς τοὺς ἁδροὺς καὶ λαλήσω αὐτοῖς.“ f Οἱ ἁδροὶ ταῖς ψυχαῖς ἐν ἐπαίνῳ λέγονται. Καὶ παρ᾽ Ἕλλησι γὰρ τὸ ἁδρὸν συνεχῶς ὀνο­ μάζεται καὶ τὸ μεγαλεῖον τῆς λογικῆς ψυχῆς. Ὅταν γάρ τις μεγάλοις ἐπι­ βάλλῃ πράγμασιν καὶ προθέσεις ἔχῃ ἀξιολόγους καὶ σκοπῇ ἀεὶ τὰ δέοντα, a

Jer. 5,3

b

1 Kor. 13,12

c

Ex. 4,21

  Co ἀκούοῦντες (sic) S 4  ἀκούοντες V

d

Jer. 5,3–5

e

Jer. 5,4

f

Jer. 5,5

25  προθέσεις Co προσθέσεις S

218 Der kleine Absatz enthält in nuce die um Vorsehung und Erziehung zentrierte Sote-

riologie des Origenes, wie Hal Koch sie im Titel seines Buches „Pronoia und Paideu­ sis“ zum Ausdruck gebracht hat. Nach Koch, Pronoia und Paideusis 13–162, siehe dazu Schockenhoff, Fest der Freiheit 131–146; Fürst, Eschatologie des Origenes; ders., Origenes als Theologe der Geschichte 142–145; Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 336–348. Die Möglichkeit, dass ein Vernunftwesen sich dem erzieherischen Einwirken Gottes verweigert, erwägt Origenes auch in princ. II 10,7 (GCS Orig. 5, 181): Die Strafe Gottes für ein solches Verhalten besteht in der „Trennung des Geistes von der Seele“ (Übersetzung: p. 535 Görgemanns/Karpp), so dass, wie Hengstermann, ebd. 344 Anm. 967, diese Aussage deutet, „mit der Wegnahme des höchsten Seelenteils im Gericht“ einem solchen Vernunftwesen die „Möglichkeit der Wahl des Guten“ genommen ist. Siehe auch unten S. 483 Anm. 751 zu einem ähnlichen Gedanken in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 175), ferner die ausführlichen Überlegungen des Origenes, ebd. lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8, 300–302).

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Homilie ,2–3

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von einem, der das versteht, zu Gott gesagt werden: „Herr, du hast sie vollendet, aber sie wollten die Belehrung nicht annehmen.“218 3. „Sie haben ihr Angesicht härter gemacht als Stein.“a Auch dies wirst du aus den mehr körperlichen Dingen verstehen. Bei den Sündern gibt es welche, die, wenn sie tadelnde Worte über die Sünde hören, rot werden, sich verkriechen und sich fügen, weil das tadelnde Wort sie anrührt. Andere jedoch sind so geartet, dass sie nicht rot werden und sich nicht der Dinge schämen, für die sie getadelt werden, an denen sie sich versündigt haben. Über die nun, die sich nicht schämen, würde man wohl sagen: „Sie haben ihr Angesicht härter gemacht als Stein.“ Wenn du es anhand von körperlichen Dingen verstanden hast, geh mir gedanklich zur Seele über und denke dir das Angesicht, von dem gesagt wird: „dann aber von Angesicht zu Angesicht.“ b Und betrachte die harte Seele, wie das verhärtete Herz des Pharao eine war,c so dass sie den Ankündigungen feindselig219 gegenüberstand und sich, gleichsam die Botschaft verwerfend, nicht nach den Ankündigungen gestalten ließ. Denn dort wirst du finden, dass die Aussage passt: „Sie haben ihr Angesicht härter gemacht als Stein und wollten nicht umkehren. Und ich sagte: Vielleicht sind sie Arme, dass sie den Weg des Herrn und das Urteil Gottes nicht erkennen wollten. Ich werde zu den Reifen gehen und zu ihnen sprechen.“ d Da er (sc. der Prophet) dies von denen verstand, die nicht belehrt werden wollen, da sie von den Geißeln Gottes nichts verstehen, sagt er in Erkenntnis der Ursache dafür: Ihre Seele ist arm. „Und ich sagte:Vielleicht sind sie Arme, deswegen konnten sie nicht, weil sie den Weg des Herrn und das Urteil Gottes nicht erkannten.“ e „Ich werde zu den Reifen gehen und zu ihnen sprechen.“ f Die seelisch Reifen werden lobend erwähnt. Auch bei den Griechen werden nämlich ständig die Reife und die Großartigkeit der vernünftigen Seele erwähnt.220 Denn wenn einer großartige Dinge in Angriff nimmt, denkwürdige Absichten hegt und immer im Blick hat, was nötig ist und wie man nach der rechten Vernunft lebt,221 ohne Niedriges und Geringes zu wollen oder ins Auge zu 219 Dieselbe Bedeutung von ἀντίτυπος als „widerstrebend, feindselig“ findet sich in

princ. III 1,15 (GCS Orig. 5, 221) im selben Kontext von Verstocktheit als Ablehnung der Wahrheit: μὴ ἀντίτυπον πρὸς τὴν ἀλήθειαν. 220 Siehe dazu Gauthier, Magnanimité 17–250, ferner Harnack, Ertrag II, 93. 221 „Nach der rechten Vernunft zu leben“ ist eine Leitidee der antiken, besonders der stoischen Philosophie (vgl. z.B. SVF III 264f. 500f.). Zur „rechten Vernunft“ (ὀρθὸς λόγος), „die rechte geistige Einstellung zu den Dingen und Werten“, als Kriterium für ein rechtes Urteil und daraus folgende Taten siehe Pohlenz, Stoa I, 61. 62. 127 (hier das Zitat). 231; Forschner, Stoische Ethik 185. Origenes teilt dieses Ideal, modifiziert es allerdings christlich dadurch, dass er den Logos mit Christus identifiziert: in Hier. hom. 14,10 (GCS Orig. 32, 115). Da der Logos vor allem in der Bibel zugänglich ist, bedeutet „nach der rechten Vernunft zu leben“ für Origenes, auf die Botschaft der Bibel zu hören; und damit dies in rechter Weise geschehen kann, bedarf es

Ὁμιλία Ϛʹ

 51 235v

πῶς βιώσῃ κατὰ τὸν ὀρθὸν λόγον, μηδὲν ταπεινὸν καὶ μικρὸν θέλων μηδὲ ὁρᾶν, ὁ τοιοῦτος τὸ ἁδρὸν καὶ τὸ μεγαλεῖον | ἔχει ἐν τῇ ψυχῇ. Οὗτοι οὖν, || ἐπεὶ ἦσαν πτωχοί, οἱ πρότεροι οὓς ἔψεξεν ὁ λόγος, οὐκ ἤκουσαν, φησὶν ὁ προφήτης, διὰ τοῦτο οὐκ ἤκουσαν, ἐπεὶ πτωχοί εἰσιν. „Πορεύσομαι πρὸς τοὺς ἁδροὺς καὶ λαλήσω αὐτοῖς.“ Καὶ εἰ ἔστιν μακάριον εἶναι ἐπὶ τῷ λέγειν „εἰς ὦτα ἀκουόντων“,a μακάριόν ἐστιν ἐάνπερ τύχῃ τις ἁδροῦ καὶ μεγάλου ἀκροατοῦ. Διὰ τοῦτο τούτων οὕτως λεγομένων, εἰδότες ὅτι οὐ ζημία τοῖς λέγουσιν ὅσον τοῖς ἀκούουσίν ἐστιν τὸ μὴ παραδέχεσθαι τὰ ἀπαγγελλό­ μενα, καὶ κατηγορεῖ πτωχείας τοῦ νοῦ αὐτῶν καὶ τῆς διανοίας, παρακαλέ­ σωμεν ἀπὸ τοῦ θεοῦ λαβεῖν αὔξοντος τοῦ λόγου ἐν ἡμῖν ἁδρότητα καὶ μεγαλειότητα ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, ἵνα ἀκοῦσαι τῶν ἱερῶν καὶ ἁγίων λόγων δυνηθῶμεν, „ᾧ ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ b a

Sir. 25,9

b

1 Petr. 4,11

6  ἐάνπερ τύχῃ Kl ἐὰν πορἐύση (sic) S

9  αὐτῶν Kl αὐτοῦ S

12  Ἀμήν add. ὁμιλία Ϛʹ S

der Auslegung durch einen Lehrer, der auf reife, verständige, kritisch und aktiv mitdenkende Hörer hofft, wie er hier andeutet und in Hier. hom. 14,3 (GCS Orig. 32, 107f.) ausführt. Vgl. auch orat. 31,2 (GCS Orig. 2, 396); dial. 9 (SC 67, 74); Cels. III 74 (GCS Orig. 1, 265f.). Siehe auch Schockenhoff, Fest der Freiheit 131.

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Homilie ,3

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fassen, ein solcher hat das Reife und das Großartige in der Seele. Diese vorigen Leute nun, die das Wort getadelt hat, haben nicht gehört, weil sie arm waren, sagt der Prophet. Deswegen haben sie nicht gehört, weil sie arm sind. „Ich werde zu den Reifen gehen und zu ihnen sprechen.“ Und wenn es ein Glück ist, zu Leuten zu sprechen, „die Ohren zum Hören haben“,a ist es ein Glück, wenn man auf einen reifen und großartigen Zuhörer trifft. Da diese Worte so gesagt sind und da wir wissen, dass es kein solcher Schaden für die Redner ist wie für die Hörer, die Verkündigung nicht anzunehmen, und dass er (sc. der Prophet) die Armseligkeit ihres Geistes und Verstandes anklagt, lasst uns daher darum bitten, von Gott die Reife und Großartigkeit des in uns wachsenden Wortes in Christus Jesus zu empfangen, damit wir auf die geheiligten und heiligen Worte hören können. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ b

Εἰς τὸ „καὶ ἔσται ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις, λέγει κύριος ὁ θεός σου, οὐ μὴ πατάξω ὑμᾶς εἰς συντέλειαν“ μέχρι τοῦ „οὕτως δουλεύσετε ἀλλοτρίοις ἐν γῇ οὐχ ὑμῶν“.a

Ὁμιλία ζʹ.

52 236r

1. Ὁ „κρίνων κατὰ βραχὺ“ θεὸς τοὺς κολαζομένους δίδωσι „τόπον μετανοίας“, b καὶ οὐχ ἅμα τῷ ἁμαρτῆσαι κολάζων φέρει τὴν συντέλειαν τῆς κολάσεως ἐπὶ τὸν ἡμαρτηκότα. Διὰ τοῦτο κατὰ βραχὺ κρίνων κολάζει. Καὶ τούτου τὸ παράδειγμα [ἐστιν] ἐν τῷ Λευιτικῷ ἐστιν· ἐν γὰρ ταῖς τῶν παραβαινόντων τὸν νόμον ἀραῖς ἀναγέγραπται μετὰ τὰς κολάσεις τὰς προτέρας· „Καὶ ἔσται, ἐὰν μετὰ ταῦτα μὴ ἐπιστραφῆτε, λέγει κύριος, προ­ σθήσω ὑμῖν κἀγὼ πληγὰς ἑπτά.“ c Καὶ πάλιν διηγεῖται ἄλλην κόλασιν· „Καὶ ἔσται, ἐὰν μετὰ ταῦτα μὴ ἐπιστραφῆτε, ἀλλὰ πορεύσησθε πρός με πλάγιοι, κἀγὼ πορεύσομαι μεθ̓ ὑμῶν θυμῷ | πλαγίῳ.“ d Καὶ εὑρήσεις τὸν θεὸν ἐπιμετροῦντα κολάσεις μετὰ φειδοῦς, ἐπεὶ || βούλεται εἰς ἐπιστροφὴν ἀγαγεῖν τὸν ἡμαρτηκότα, καὶ οὐκ ἀθρόως πάσας ἀποδιδόντα. Τοιαῦτα οὖν ὅσον ἐπὶ τῷ ῥητῷ ἐγεγόνει περὶ τὸν λαόν, καὶ ἀπειλῶν αὐτοῖς ὁ λόγος ἃ ­πείσονται μετ̓ ἐκεῖνά φησιν· „Καὶ ἔσται ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις, λέγει κύρι­ ος ὁ θεός σου, οὐ μὴ πατάξω ὑμᾶς εἰς συντέλειαν.“ e Εἰ δὲ ταῦτα μάλιστα φθάνει καὶ ἐπὶ τὰς μελλούσας κολάσεις εἰ μή, ὁ δυνάμενος ἀπὸ τῶν ἐν τῷ συμβεβηκότων περὶ τὸν λαὸν μεταβάτω καὶ ἐπ̓ ἐκείνας· ἐγὼ γὰρ βίῳ  ­ a

Jer. 5,18f.

b

Weish. 12,10

c

Lev. 26,21

d

Lev. 26,23f.

7  κρίνων Kl κολάζων S 8  τούτου Hu τοῦτο S 15  ἀποδιδόντα Gh Co ἀποδιδόντι S

e

Jer. 5,18

8  ἐστιν1 del. Kl

14  ἐπεὶ Lie ἠ εἰ S

222 Darüber ausführlich oben in Hier. hom. 1,1 (GCS Orig. 32, 1f.). 223 Συντέλεια, „Vollendung“, „Ende“, kann positiv im Sinne von „Vollkommenheit“

gemeint sein wie in der vorausgehenden Homilie, in Hier. hom. 6,2 (GCS Orig. 32, 49f.), oder negativ wie hier und im Folgenden im Sinne von „Vernichtung“. Letztere Bedeutung entspricht dem biblischen Sprachgebrauch: G. Delling, Art. συντέλεια, in: ThWNT 8 (1969) 65–67, hier 66. 224 Die anderen Übersetzer ziehen die Verneinung in diesem Satz nicht zu φέρει κτλ., sondern zum auf οὐχ folgenden Kolon und müssen daher dem Hauptsatz einen anderen Sinn geben (so Schadel, BGrL 10, 100, mit einer Fehlübersetzung), oder sie beziehen die Verneinung auf beides (so Nautin, SC 232, 341; Smith, FaCh 97, 68),

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Über: „Und es wird in jenen Tagen geschehen, spricht der Herr, dein Gott, dass ich euch nicht endgültig niederschlagen werde“, bis: „So werdet ihr Fremden dienen in einem Land, das nicht eures ist.“a 5

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HOMILIE 7 1. Gott, „der nach und nach richtet“, gibt denen, die bestraft werden, „Gelegenheit zur Umkehr“,b222 und wenn er schon im Moment des Sündigens straft, führt er die Strafe nicht endgültig223 über den Sünder herbei.224 Darum bestraft er, indem er nach und nach richtet. Und das Muster dafür steht im Buch Levitikus. In den Verfluchungen gegen die Übertreter des Gesetzes steht nämlich nach den voraufgehenden Strafen geschrieben: „Und es wird geschehen, wenn ihr danach nicht umkehrt, spricht der Herr, werde ich euch sieben weitere Schläge versetzen.“ c Und noch einmal berichtet er von einer anderen Strafe: „Und es wird geschehen, wenn ihr danach nicht umkehrt, sondern mir feindselig begegnet, werde auch ich euch in feindseligem Zorn begegnen.“ d Und du wirst finden, dass Gott Strafen schonend zumisst, weil er den Sünder zur Umkehr führen will, und nicht alle auf einmal verhängt. Soweit es nun den Wortlaut betrifft,225 ist solches dem Volk widerfahren, und weil das Wort ihnen androht, was sie danach erleiden werden, sagt es: „Und es wird in jenen Tagen geschehen, spricht der Herr, dein Gott, dass ich euch nicht endgültig niederschlagen werde.“ e Ob sich dies aber besonders auch auf die kommenden Strafen bezieht226 oder nicht – wer dazu fähig ist, soll von den Ereignissen im Leben des Volkes auch zu jenen über­ was aber nicht den Sinn trifft: Die Strafe beginnt bereits mit der Sünde, weil diese das, was die Strafe ausmacht, nämlich ein quälendes Bewusstsein von der bösen Tat, schon in sich birgt, aber das ist noch nicht das „Ende“ der Strafe. 225 Grundsätzlich haben sich die Ereignisse in der Bibel ἐπὶ τῷ ῥητῷ, „wortwörtlich“, so zugetragen, wie sie dargestellt werden, was Origenes auch in Ioh. comm. XIII 28,166 (GCS Orig. 4, 252) betont: de Lubac, Geist aus der Geschichte 117; Fürst, Origenes als Theologe der Geschichte 129. 226 Klostermann, GCS Orig. 3, 52, nimmt hier eine Lücke im Text an und setzt eine crux (übernommen von Smith, FaCh 97, 69), die Nautin, GCS Orig. 32, 359; SC 232, 342, mit einem konjizierten ζητήσεις, „du wirst fragen“, füllt (übernommen von Schadel, BGrL 10, 100f.). Das scheint aber nicht nötig zu sein, denn man kann den Satz als Anakoluth auffassen, wie er in mündlicher Rede in einer solchen Konstruktion leicht unterläuft und verständlich ist.

Ὁμιλία ζʹ

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­ ειθόμενος  εἴποιμι, ὅτι ὡς „ὑποδείγματι καὶ σκιᾷ λατρεύουσιν τῶν π ἐπουρανίων“,a οὕτως ὑποδείγματι καὶ σκιᾷ τῶν ἀληθινῶν κολάσεων ἐκο­ λάσθη ὁ λαὸς ἐκεῖνος ἐπὶ τοῖς ἁμαρτήμασιν ἑαυτῶν, ὡς εἶναι πᾶσαν κόλα­ σιν τὴν κατὰ νόμον καὶ τοὺς προφήτας ἀναγεγραμμένην περὶ τὸν λαὸν περιέχουσαν σκιὰν κολάσεων ἀληθινῶν. Εἴπερ οὖν ἐκείνοις συντέλεια ἐπὶ ταῖς ἁμαρτίαις οὐ γέγονεν, ἀλλ̓ ἐπὶ τέλει ποτέ· οὕτω μήποτε ἔσται καὶ μετὰ τὴν ἔξοδον ἐπὶ τοὺς ἡμαρτηκότας κόλασις. Συντέλεια δὲ ἐπὶ τὴν Ἱερουσαλήμ, ὅτε ἡ αἰχμαλωσία ἐστὶν ἡ Να­ βουχοδονόσορ. Καίτοιγε ἐρεῖ τις ὅτι οὐδὲ τότε συντέλεια, ἀλλ̓ οὐδ̓ ἐπὶ τοῖς Μακκαβαϊκοῖς· ἀλλὰ συντέλεια τῷ λαῷ ἐπὶ τῆς τοῦ κυρίου μου Ἰησοῦ Χριστοῦ παρουσίας. Ὅσον γὰρ οὐκ ἔλεγεν αὐτοῖς ὁ σωτήρ· „Ἰδοὺ ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν“, b οὐκ ἠφίετο. Ὅτε δὲ ἔκλαυσεν ἐπὶ τὴν Ἱερουσαλὴμ λέγων· „Ἱερουσαλήμ, Ἱερουσαλήμ, ἡ τοὺς προφήτας ἀποκτείνουσα καὶ λι­ θοβολοῦσα τοὺς ἀπεσταλμένους πρὸς αὐτήν, ποσάκις ἠθέλησα ἐπισυναγα­ γεῖν τὰ τέκνα σου, ὃν τρόπον ἐπισυνάγει τὰ νοσσία ὑπὸ τὰς πτέρυγας αὐτῆς, καὶ οὐκ ἠθελήσατε; || Ἰδοὺ ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν ἔρημος“, c ἀφεῖται ὁ οἶκος, κεκύκλωται „ὑπὸ στρατοπέδων Ἱερουσαλὴμ“ ὡς ἀφεθέντος τοῦ οἴκου καὶ „ἤγγισεν ἡ ἐρήμωσις αὐτῆς“. d Εἶτα μετὰ τὸ ἐκείνων παράπτωμα ἦλθεν ἡ σωτηρία ἡμῖν τοῖς ἔθνεσιν. e Ἐκολάζοντο οὖν ἐκεῖνοι, καὶ συντέλεια οὐκ ἔφθανεν ἐπ̓ αὐτοὺς ἕως τῆς τοῦ κυρίου Ἰησοῦ μου ἐπιδημίας. 2. Σκοπῶ δὲ μήποτε καὶ περὶ ἡμᾶς τοιαῦτά ἐστιν, καὶ κολάσεις τινὲς γίνονται, ὥστε τούσδε μὲν μὴ πεῖραν ἔχειν δευτέρων κολάσεων ἀλλὰ ἀρκε­ σθῆναι ταῖς προτέραις, ἄλλους δὲ ἥκειν καὶ ἐπὶ τὰς δευτέρας, οὐ μὴν καὶ ἐπὶ τὰς τρίτας, ἄλλους δὲ ἐλεύσεσθαι καὶ ἐπὶ τὰς | τετάρτας. Τὸ γὰρ „προσθήσω πληγὰς ἑπτὰ“ f ὁτίποτε μυστήριον δηλοῖ μιᾶς πληγῆς γινο­ μένης καὶ δευτέρας καὶ τρίτης μέχρι τῶν εἰρημένων ἑπτὰ ἐπί τινας. Οὐ πάντες δὲ ἑπτὰ πληγὰς πλήσσονται· ἀλλ̓ οἶμαί τινας πληγήσεσθαι πληγὰς ἕξ, ἄλλους πέντε, ἄλλους τέσσαρας, ἄλλους τρεῖς δύο, τοὺς δὲ πάντων ὑποδεεστέρους ἐν κολάσεσιν πληγὴν νομίζω πληγήσεσθαι μίαν. Οἶδεν οὖν ὁ θεὸς καὶ τὰ περὶ τῶν πληγῶν. Διὸ γέγραπται ἐνθάδε κατὰ τὴν ἀρχὴν a

Hebr. 8,5 26,21

b

Mt. 23,38

c

Mt. 23,37f.; Lk. 13,34f.

d

Lk. 21,20

e

Röm. 11,11

f

Lev.

1  πειθόμενος ἂν Bl Kl πειθόμενος Nt πειθομεθόμενος S 4  τὸν1 Kl 8–9  Ναβουχοδονόσορ Kl ναβουχοδονόσωρ S 9  καίτοιγε Kl καὶ τότε S 13  ἀποκτείνουσα V ἀποκτένουσα S 15  ὄρνις Co 15  νοσσία Hu νοσσεια S 17  ἀφεῖται Kl ἀφεθήσεται S 29  ἢ Co 227 Dieser Gedanke mit Bezug auf Hebr. 8,5 begegnet häufig bei Origenes, etwa in Ioh.

comm. VI 52,266 (GCS Orig. 4, 160); X 15,85 (4, 185); X 16,91 (4, 186); in Ios. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 367). Zur Ambivalenz des Lebens im „Schatten“ als einerseits Abfall, andererseits Annäherung an die Wirklichkeit, siehe Gruber, ΖΩΗ 59–62. 228 Vgl. in Matth. comm. XIV 19 (GCS Orig. 10, 329f.).

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gehen. Nach meiner Überzeugung würde ich nämlich sagen: Wie sie „einem Abbild und Schatten des Himmlischen dienen“,a so wurde jenes Volk mit einem Abbild und Schatten der wahren Strafen für seine Sünden bestraft, so dass jede Strafe, die gemäß Gesetz und den Propheten für das Volk aufgezeichnet ist, einen Schatten der wahren Strafen enthält.227 Wenn nun jene noch nicht endgültig für ihre Sünden bestraft worden sind, sondern das am Ende einmal geschehen wird, so wird es vielleicht auch nach dem Tod eine Strafe für die Sünder geben. Die endgültige Bestrafung Jerusalems erfolgt mit der Gefangenschaft unter Nebukadnezzar. Allerdings wird einer sagen, dass damals auch nicht die endgültige Bestrafung erfolgte, und auch nicht in der Zeit der Makkabäer; die endgültige Bestrafung für das Volk erfolgte vielmehr bei der Ankunft meines Herrn Jesus Christus. Denn solange der Erlöser nicht zu ihnen sagte: „Siehe, verlassen werden wird euer Haus“,b war es nicht verlassen. Als er aber über Jerusalem weinte und sagte: „Jerusalem, Jerusalem, Stadt, die die Propheten tötet und die zu ihr Gesandten steinigt! Wie oft wollte ich deine Kinder um mich scharen, wie ihre Küken unter ihre Flügel schart, und ihr wolltet nicht? Siehe, verlassen werden wird euer Haus, verwüstet“,c da wurde das Haus verlassen, „Jerusalem von Heeren“ eingeschlossen, ein gleichsam verlassenes Haus, und „kam seine Verwüstung nahe“.d228 Dann, nach deren Fehltritt, kam das Heil zu uns, den Heidenvölkern.e Jene wurden also bestraft, doch die endgültige Bestrafung kam nicht über sie bis zur Ankunft des Herrn, meines Jesus.229 2. Ich überlege freilich, ob nicht auch für uns so etwas gilt und bestimmte Strafen erfolgen, so dass die einen nicht die Erfahrung zweiter Strafen machen, sondern die ersten genügen, während andere auch zu den zweiten Strafen, doch nicht auch zu den dritten, andere aber sogar bis zu den vierten kommen werden. Denn die Wendung: „Ich werde euch sieben weitere Schläge versetzen“ f offenbart irgendwie ein Geheimnis,230 dass ein Schlag erfolgt und ein zweiter und ein dritter bis hin zu den erwähnten sieben für manche. Nicht alle aber werden mit sieben Schlägen geschlagen, sondern ich meine, manche werden mit sechs Schlägen geschlagen, andere mit fünf, andere mit vier, andere mit drei zwei, die aber, die von allen am wenigsten der Strafe bedürfen, werden, denke ich, mit nur einem Schlag geschlagen. Gott weiß also auch, was es mit den Schlägen auf sich hat. Deshalb steht hier zu Beginn der Lesung geschrieben: „Und es wird in jenen Tagen geschehen“ – 229 Diese Anrede steht in gewisser Weise zwischen der bei Origenes meist üblichen Form

„mein Herr Jesus“ (oder „mein Herr Jesus Christus“, wie im vorliegenden Absatz etwas weiter oben) und der selteneren, in den Jeremiahomilien aber häufiger verwendeten persönlichen Anrede „mein Jesus“. Für letztere siehe unten S. 329 Anm. 439. 230 Das „Geheimnis“ bezüglich der Strafen erörtert Origenes ausführlich in der 19. und 20. Jeremiahomilie. Vgl. bes. seinen Hinweis in Hier. hom. 20(19),3 (GCS Orig. 32, 181) auf „das in dieser Stelle (Gal. 6,7 mit 1 Kor. 6,10) liegende Geheimnis“.

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τοῦ ἀναγνώσματος· „Καὶ ἔσται ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις“, ταῖς περὶ τῶν εἰρημένων, „οὐ μὴ ποιήσω ὑμᾶς εἰς συντέλειαν.“a Ἀλλ̓ οὐκ ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις συντέλεια· εἰσὶν γάρ τινες ἡμέραι, ὅτε ποιήσει οὓς ποιήσει συντέλειαν. 3. „Καὶ ἔσται ὅταν εἴπητε· τίνος ἕνεκεν ἐποίησεν κύριος ὁ θεὸς ἡμῖν ἅπαντα τὰ κακὰ ταῦτα; καὶ ἐρεῖς αὐτοῖς· ἀνθ̓ ὧν ἐγκατελίπετέ με καὶ ἐδουλεύσατε θεοῖς ἑτέροις ἐν τῇ γῇ ὑμῶν, οὕτως δουλεύσετε ἐν γῇ οὐχ ὑμῶν.“ b Τὸ ῥητὸν νοηθήτω, καὶ ἀρκεῖ ἐπὶ τοῦ παρόντος τὴν ὑπόμνησιν τοῖς ἀκούειν || δυναμένοις ἐκ τοῦ ῥητοῦ παραστῆσαι. Οὐκοῦν οἱ υἱοὶ Ἰσ­ ραὴλ τὴν ἁγίαν γῆν, τὸν ναὸν εἶχον, τὸν οἶκον τῆς προσευχῆς. Ἔδει αὐτοὺς λατρεύειν τῷ θεῷ. Παραβαίνοντες δὲ τὰς θείας ἐντολὰς καὶ εἰδωλο­ λάτρουν καὶ τὰ εἴδωλα παρελάμβανον Δαμασκοῦ, ὡς γέγραπται ἐν ταῖς Βασιλείαις, c καὶ ἄλλα εἴδωλα ἀνελάμβανον τῶν ἐθνῶν εἰς τὴν ἁγίαν γῆν. Δι᾽ ὧν παρελάμβανον τῶν ἐθνῶν εἰδώλων, ἀξίους ἑαυτοὺς ἐποίουν καταβληθῆ­ ναι εἰς τὴν τῶν εἰδώλων γῆν, καταγενέσθαι ἐκεῖ, ὅπου προσεκύνουν τὰ εἴδωλα. Φησὶν οὖν ὁ λόγος αὐτοῖς κατὰ τὸ ῥητόν· „Ἀνθ̓ ὧν ἐγκατελίπετέ με καὶ ἐδουλεύσατε θεοῖς ἀλλοτρίοις ἐν τῇ γῇ ὑμῶν, οὕτως δουλεύσετε θεοῖς ἀλλοτρίοις ἐν γῇ οὐχ ὑμῶν.“ d Πᾶς θεοποιῶν τι δουλεύει θεοῖς ἀλλο­ τρίοις. Ἐκθειάζεις τὰ βρώματα καὶ τὰ πόματα; Θεός σού ἐστιν ἡ κοιλία. e Τιμᾷς τὸ ἀργύριον ὡς μέγα ἀγαθὸν καὶ τὸν πλοῦτον τὸν κάτω; Θεός σού ἐστιν ὁ μαμωνᾶς καὶ κύριος. Ἰησοῦς γὰρ αὐτὸν εἶπεν κύριον τῶν φιλαρ­ γύρων φάσκων· „Οὐ δύνασθε θεῷ δουλεύειν καὶ μαμωνᾷ· οὐδεὶς δύναται δυσὶν κυρίοις δουλεύειν.“ f Οὐκοῦν ὁ τιμῶν τὸ ἀργύριον καὶ θαυμάζων τὸν πλοῦτον καὶ νομίζων ἀγαθὸν αὐτὸν εἶναι καὶ ἀποδεχόμενος τοὺς πλουσίους ὡς θεούς, τοὺς δὲ πένητας ὡς μὴ ἔχοντας τὸν θεὸν αὐτῶν ἐξουθενῶν, οὗτος θεοποιεῖ τὸ ἀργύριον. Ἐάν τις ἐν τῇ γῇ τοῦ θεοῦ, τῇ ἐκκλησίᾳ, τυγχάνων προσκυνήσῃ θεοῖς ἀλλοτρίοις θεοποιῶν τὰ μὴ θεοποιεῖσθαι ἄξια, ἐκβληθή­ σεται | εἰς γῆν ἀλλοτρίαν καὶ προσκυνείτω τοὺς θεούς, οὓς ἔνδον προσ­ εκύνησεν γενόμενος. Ἔξω φιλάργυρος ἔστω ἀπὸ τῆς ἐκκλησίας ἐκβληθείς, γαστρίμαργος ἔξω ἔστω τῆς ἐκκλησίας γενόμενος. Ταῦτα κατὰ μίαν τροπο­ λογίαν, ἵνα μὴ νῦν περιεργάζωμαι || τὰ ὑπὲρ ἐμαυτὸν καὶ περὶ τῆς γῆς, περὶ ἧς εἶπεν ὁ σωτήρ· „Τὸ ἡμέτερον τίς δώσει ὑμῖν;“ g καὶ ὅτι γενομένης a

Jer. 5,18

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Jer. 5,19

c

2 Kön. 16,10–16

d

Jer. 5,19

e

Phil. 3,19

f

Mt. 6,24

g

Lk. 16,12

3  εἰς Bl 18  πᾶς θεοποιῶν Kl πᾶς δὲ ὁ ποιῶν S πᾶς δὲ ὁ θεοποιῶν Co Nt 27  προσκυνήσῃ V προσκυνήσει S

231 Hier zitiert Origenes Jer. 5,18 nach dem (heutigen, kritisch hergestellten) Text der

Septuaginta (ποιήσω: II p. 665 Rahlfs), während er oben das die Aussage verstärkende πατάξω bietet. Solche Varianten unterlaufen dem die Bibel aus dem Kopf zitierenden Origenes häufiger.

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in denen, auf die sich diese Worte beziehen –, „dass ich euch nicht endgültig vernichten werde.“a231 Doch in jenen Tagen ist die Vernichtung nicht endgültig, denn es sind bestimmte Tage, da er die, die er vernichten wird, endgültig vernichten wird. 3. „Und es wird der Tag kommen, da ihr sagt: Wofür hat der Herr, Gott, uns alle diese Übel angetan? Und du wirst zu ihnen sagen: Dafür, dass ihr mich verlassen und in eurem Land anderen Göttern gedient habt, so werdet ihr dienen in einem Land, das nicht eures ist.“ b Man muss den Wortlaut verstehen, und momentan reicht es, die Erinnerung für die, die zu hören vermögen, ausgehend vom Wortlaut aufzufrischen. Nun, die Söhne Israels besaßen das heilige Land, den Tempel, das Haus des Gebets. Sie sollten Gott dienen. Aber sie übertraten die göttlichen Gebote: Sie dienten Götterbildern und übernahmen die Götterbilder von Damaskus, wie in den Büchern der Königtümer geschrieben steht,c und nahmen weitere Götterbilder der Heidenvölker in das heilige Land auf. Wegen der Götterbilder der Heiden, die sie übernahmen, hatten sie es verdient, in das Land der Götterbilder vertrieben zu werden, dort hinab zu gelangen, wo sie die Götterbilder anbeteten. Das Wort sagt also zu ihnen gemäß dem Wortlaut: „Dafür, dass ihr mich verlassen und in eurem Land fremden Göttern gedient habt, so werdet ihr fremden Göttern dienen in einem Land, das nicht eures ist.“ d Jeder, der irgendetwas zu Gott macht, dient fremden Göttern. Vergötterst du Speise und Trank? Dein Gott ist der Bauch.e Schätzt du das Geld und den Reichtum hier unten als ein großes Gut? Dein Gott und Herr ist der Mammon. Jesus bezeichnete ihn nämlich als Herrn der Geldgierigen, als er sagte: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Niemand kann zwei Herren dienen.“ f Wer also das Geld schätzt und den Reichtum bewundert und ihn für ein Gut hält und die Reichen wie Götter einstuft, die Armen aber verachtet, als hätten sie nicht ihren Gott, der macht das Geld zu Gott. Sollte einer im Land Gottes, in der Kirche, fremde Götter anbeten, indem er das zu Gott macht, was nicht wert ist, zu Gott gemacht zu werden, wird er in ein fremdes Land hinausgeworfen werden und soll die Götter anbeten, die er angebetet hat, als er noch drinnen war. Hinaus mit dem Geldgierigen, er soll aus der Kirche hinausgeworfen werden, der Schlemmer soll außerhalb der Kirche bleiben! Soweit eine der möglichen Erklärungen im übertragenen Sinn, um mich jetzt nicht unnütz mit Dingen zu beschäftigen, die über meine Kräfte hinausgehen, wie mit der Bedeutung der Erde, über die der Erlöser sagte: „Das unsere, wer wird es euch geben?“,g232 oder dass Gott, wenn es zur Anbetung von irgendetwas im Land

232 In Lk. 16,12 ist nicht von der Erde die Rede. Möglicherweise verweist Origenes auf

eine allegorische Deutung der Stelle, die nicht überliefert ist. Clemens von Alexandria, strom. III 31,3 (GCS Clem. Al. 24, 210), spricht im gleichen Zusammenhang von der „Welt“.

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238r

Ὁμιλία ζʹ

προσκυνήσεως ἐν τῇ γῇ τινος οὕτως ὁ θεὸς ᾠκονόμησεν ἐκβληθῆναί τινας ἀπὸ τῆς ἑαυτοῦ καὶ ἐλθεῖν ἐπὶ τὴν γῆν, περὶ ἧς γέγραπται· „Ἄκουε, Ἰσ­ ραήλ· τί ὅτι ἐν γῇ τῶν ἐχθρῶν εἶ; Συνελογίσθης μετὰ τῶν καταβαινόντων εἰς ᾅδου. Ἐγκατέλιπες πηγὴν ζωῆς τὸν κύριον. Τῇ ὁδῷ τοῦ θεοῦ εἰ ἐπο­ ρεύθης, κατῴκεις ἂν ἐν εἰρήνῃ τὸν αἰῶνα χρόνον.“a Νῦν οὖν ἐν γῇ ἀλλοτρίᾳ ἐσμέν, καὶ εὐχόμεθα τὸ ἐναντίον ποιῆσαι, ὧν ἐποίησαν οἱ υἱοὶ Ἰσραὴλ ἐν τῇ γῇ τῇ ἁγίᾳ. Ἐκεῖνοι μὲν γὰρ [τὰ ἀλλότρια] ἐν τῇ γῇ τῇ ἁγίᾳ ἀλλοτρίοις προσεκύνησαν· ἡμεῖς δὲ ἐν ἀλλοτρίᾳ γῇ τὸν ἀλλότριον τῆς γῆς προσκυνοῦμεν θεόν, ἀλλότριον τῶν ἐπὶ γῆς πραγμάτων· ἄρχει μὲν γὰρ ὁ ἄρχων τοῦ αἰῶνος τούτου b ἐνθάδε, καὶ ἀλλότριος τῶν υἱῶν αὐτοῦ ἐστιν ὁ θεός. Ἀλλότριον δὲ ἂν εἴπω οὐ τοῦτο λέγω· οὐ κτίσαν­ τα τὸν κόσμον, ἀλλὰ ἀλλότριον τοῦ κυρίου τῆς κακίας, ἀλλότριον τῶν παρόντων ἁμαρτημάτων. Καίτοιγε καὶ θέλοντες τὸν ἀλλότριον τῶν τῆς ἁμαρτίας πραγμάτων προσκυνεῖν θεὸν ἐν τῇ γῇ ταύτῃ τῆς κακώσεως, τί ποιοῦμεν ἴδωμεν. Οὐ λέγομεν· „Πῶς ᾄσωμεν τὴν ᾠδὴν κυρίου ἐπὶ γῆς ἀλ­ λοτρίας;“ c ἀλλά· Πῶς ᾄσωμεν τὴν ᾠδὴν κυρίου οὐκ ἐπὶ γῆς ἀλλοτρίας; Τούτου τόπον ζητοῦμεν τοῦ ᾄδειν τὴν ᾠδὴν κυρίου, τόπον τοῦ προσκυνεῖν κύριον τὸν θεὸν ἡμῶν ἐπὶ γῆς ἀλλοτρίας. Τίς οὖν ὁ τόπος; Εὗρον τοῦτον· d ἦλθεν ἐπὶ ταύτην φορέσας σῶμα τὸ σῶσαν, ἀναλαβὼν „τὸ σῶμα τὸ τῆς ἁμαρτίας“ e „ἐν ὁμοιώματι σαρκὸς ἁμαρτίας“, f ἵν̓ ἐν τούτῳ τῷ τόπῳ διὰ τὸν ἐπιδημήσαντα Χριστὸν Ἰησοῦν καὶ κα||ταργήσαντα τὸν ἄρχοντα τοῦ αἰῶνος τούτου g καὶ καταργήσαντα τὴν ἁμαρτίαν, h δυνηθῶ προσκυνῆσαι τὸν θεὸν ἐνθάδε καὶ μετὰ τοῦτο προσκυνήσω ἐν τῇ γῇ τῇ ἁγίᾳ. Εἰ γὰρ προσκυνήσας τις τὰ εἴδωλα ἐν τῇ γῇ τῇ ἁγίᾳ ἀπελήλυθεν εἰς τὴν γῆν τὴν ἀλλοτρίαν, προσκυνήσας τις τὸν θεὸν ἐν τῇ γῇ τῇ ἀλλοτρίᾳ ἀπελεύσεται ἐπὶ τὴν γῆν τὴν ἁγίαν ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ i a

Bar. 3,9–13 bJoh. 12,31 cPs. 136(137),4 12,31 h1 Kor. 15,24 i 1 Petr. 4,11

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Bar. 3,15

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Röm. 6,6

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Röm. 8,3

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Joh.

1  προσκυνήσεως Kl προσσκυνήσεως S 6  ὧν Koe ὡς S Kl Nt 7  τὰ ἀλλότρια del. Gh 15  ἴδωμεν V Co ἴδομεν S 17  τοῦ2 V ποῦ S 18  ἐπὶ γῆς Kl ἐπη῭ S 27  Ἀμήν add. ὁμιλία ζʹ S

233 An der Stelle ist nicht von „Quelle des Lebens“, sondern „der Weisheit“ die Rede, in

Bar. 3,9 allerdings von den „Geboten des Lebens“. 234 Nautin, SC 232, 349 Anm. 2 und 3, und Smith, FaCh 97, 72 Anm. 36, beziehen diese

kryptischen Aussagen wohl zu Recht auf die Präexistenz und den Fall der Geistwesen aus dem „Land“ Gottes in die „Unterwelt“, d.h. die Welt „unter“ jenem Land, also in diese gegenwärtige Welt.

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Homilie ,3

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kommt, es in seinem Heilsplan so angeordnet hat, dass einige aus seinem Land hinausgeworfen werden und in das Land kommen, über das geschrieben steht: „Höre Israel: Wie kommt’s, dass du im Land der Feinde bist? Du wurdest zu denen dazugezählt, die in die Unterwelt hinabsteigen. Du hast die Quelle des Lebens,233 den Herrn, verlassen. Würdest du auf dem Weg Gottes gehen, würdest du auf ewige Zeit in Frieden wohnen.“a234 Jetzt also sind wir in einem fremden Land und beten darum, das Gegenteil dessen zu tun, was die Söhne Israels im heiligen Land getan haben. Denn jene haben im heiligen Land fremde Götter angebetet, wir aber beten in einem fremden Land den Gott an, der dem Land fremd ist, der dem Treiben auf Erden fremd ist. Hier herrscht nämlich der Herrscher dieser Welt,b und Gott ist seinen Söhnen fremd. Wenn ich ihn fremd nenne, meine ich nicht, dass er die Welt nicht erschaffen hat, sondern dass er für den Herrn des Bösen fremd, den gegenwärtigen Sünden fremd ist.235 Wenn wir allerdings den dem Treiben der Sünde fremden Gott in diesem Land des Verderbens anbeten wollen, lasst uns sehen, was wir tun! Wir sagen nicht: „Wie sollen wir das Lied des Herrn in einem fremden Land singen?“,c sondern:Wie sollen wir das Lied des Herrn nicht in einem fremden Land singen? Dafür suchen wir einen Ort, um das Lied des Herrn zu singen, einen Ort, um den Herrn, unseren Gott, in einem fremden Land anzubeten. Wo ist dieser Ort? Ich habe ihn gefunden:d Er kam auf diese Erde, trug einen rettenden Leib und nahm „den Leib der Sünde“ e an „in der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde“,f236 damit ich an diesem Ort dank der Gegenwart Christi Jesu, der sowohl den Herrscher dieser Welt g vernichtet als auch die Sünde vernichtet hat,h Gott hier anbeten kann und ihn danach im heiligen Land anbeten werde. Denn wenn einer, weil er die Götterbilder im heiligen Land angebetet hat, in das fremde Land gekommen ist, wird einer, wenn er Gott im fremden Land angebetet hat, in das heilige Land kommen in Christus Jesus. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ i

235 Diese Präzisierung muss Origenes gegen den „fremden“ Gott Markions und seinen

Dualismus anbringen. 236 Zum antidoketistischen Sinn dieser Aussage siehe Fédou, Sagesse 139f., ferner oben

S. 120 Anm. 32.

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Εἰς τὸ „κύριος ὁ ποιήσας τὴν γῆν ἐν τῇ ἰσχύϊ αὐτοῦ“ μέχρι τοῦ „ἐμωράνθη πᾶς ἄνθρωπος ἀπὸ γνώσεως“.a

Ὁμιλία ηʹ.

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1. Τρεῖς οἱονεὶ ἀρετὰς παραλαβὼν ὁ προφήτης τοῦ θεοῦ, ἰσχὺν αὐτοῦ καὶ τὴν σοφίαν αὐτοῦ καὶ τὴν φρόνησιν αὐτοῦ, ἑκάστῃ αὐτῶν οἰκεῖόν τι ἔργον , τῇ μὲν ἰσχύϊ τὴν γῆν, τῇ δὲ σοφίᾳ τὴν οἰκουμένην, τῇ δὲ φρονήσει τὸν οὐρανόν· ἄκουε γὰρ τῆς λέξεως λεγούσης· „Κύριος ὁ ποιήσας τὴν γῆν ἐν τῇ ἰσχύϊ αὐτοῦ, ὁ ἀνορθώσας τὴν οἰκουμένην ἐν τῇ σοφίᾳ αὐτοῦ, καὶ ἐν τῇ φρονήσει αὐτοῦ ἐξέτεινεν τὸν οὐρανόν.“ b Καὶ ἡμεῖς δὲ πρὸς τὴν ἡμετέραν γῆν (λέλεκται γὰρ πρὸς τὸν Ἀδάμ· „Γῆ εἶ“ c) χρείαν ἔχομεν τῆς ἰσχύος τοῦ θεοῦ, χωρὶς δὲ τῆς δυνάμεως τοῦ θεοῦ οὐχ οἷοί τέ ἐσμεν ἐπιτελέσαι ταῦτα, ὅσα οὐ κατὰ τὸ φρόνημά ἐστιν τῆς σαρκός.d Νεκρωθέντων δὲ τῶν μελῶν τῶν ἐπὶ τῆς γῆς, e ἔσται τὸ κατὰ τὸ βούλημα τοῦ πνεύματος, ἐπεὶ τῷ πνεύματι αἱ πράξεις τῆς σαρκὸς κατὰ τὸν ἀπόστο­ λον θανατοῦνται. f „Κύριος“ οὖν „ὁ ποιήσας τὴν γῆν ἐν τῇ ἰσχύϊ αὐτοῦ.“ g Ἐὰν δὲ ἔλθῃς καὶ ἐπὶ ταύτην τὴν γῆν, εἰ δύνασαι ἰδεῖν τὸ ἐν τῷ Ἰὼβ γε­ γραμμένον, ὡς ἐν τοῖς ἀκριβεστέροις ἀντιγράφοις || εὕρομεν, ὅτι ἔστησεν αὐτὴν „ἐπ̓ οὐδενί“, h ὄψει ὅτι ἰσχύϊ θεοῦ κατὰ τὸ μεσαίτατον κεῖται. Ἔρχομαι καὶ ἐπὶ τὴν οἰκουμένην. Οἶδα ψυχὴν οἰκουμένην, οἶδα ψυχὴν ἔρημον. Εἰ γὰρ οὐκ ἔχει τὸν θεόν, οὐκ ἔχει τὸν Χριστὸν τὸν εἰπόντα· „Ἐγὼ καὶ ὁ πατήρ μου ἐλευσόμεθα πρὸς αὐτὸν καὶ μονὴν παρ᾽ αὐτῷ ποι­ ησόμεθα“, i εἰ οὐκ ἔχει τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ψυχή, ἔρημός ἐστιν. Οἰκουμένη a

Jer. 10,12–14 bJer. 10,12 cGen. 3,19 10,12 hIjob 26,7 i Joh. 14,23

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Röm. 8,6

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Kol. 3,5

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Röm. 8,13

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Jer.

4  τὴν Kl 6  ἀπονέμει Kl mit H (distribuit) 7  οὐρανόν Co H (coelum) ἄνον S 14–15  ἀπόστολον Co H (apostolum) ἀποστόλων S 18  ὄψει Kl 14  ἐπεὶ Co ἐπὶ S (GCS Orig. 3, 348) ὄψῃ S 20  εἰ2 Kl mit H (si) 237 Wie die Schöpfungserzählung in Gen. 1 in der ersten Genesishomilie deutet Orige-

nes die kosmologischen Ausdrücke in Jer. 10,12 anthropologisch. Siehe dazu Fürst, Anthropokosmismus des Origenes 69–85. 238 Die Stelle gehört zu den zahlreichen Versen im Buch Ijob, die im hebräischen Text stehen, jedoch nicht im kirchlich gebräuchlichen Septuagintatext, weshalb Origenes ihn in der Hexapla aus Theodotion ergänzte und mit einem Asteriskos (※) versah (II p. 313 Field).

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Über: „Der Herr, der die Erde in seiner Kraft geschaffen hat“, bis: „Töricht geworden ist jeder Mensch infolge von Erkenntnis.“a

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1. Der Prophet greift gewissermaßen drei Tugenden Gottes auf, seine Kraft, seine Weisheit und seine Einsicht, und jeder von ihnen ein eigenes Werk , der Kraft die Erde, der Weisheit die bewohnte Welt, der Einsicht den Himmel. Höre nämlich, wie der Text sagt: „Der Herr, der die Erde in seiner Kraft geschaffen und die bewohnte Welt in seiner Weisheit aufgerichtet hat, hat auch in seiner Einsicht den Himmel ausgespannt.“ b Auch wir aber bedürfen für unsere Erde237  – denn zu Adam ist gesagt worden: „Erde bist du“ c – der Kraft Gottes, ohne die Macht Gottes jedoch sind wir nicht in der Lage, das zu vollbringen, was nicht nach dem Willen des Fleisches ist.dWenn aber die irdischen Glieder abgetötet sind,e wird das sein, was nach dem Willen des Geistes ist, weil die Taten des Fleisches gemäß dem Apostel vom Geist getötet werden.f „Der Herr“ also ist es, „der die Erde in seiner Kraft geschaffen hat.“ gWenn du aber auch zu dieser Erde kommst und sehen kannst, was im Buch Ijob geschrieben steht – wie wir in den genaueren Handschriften finden238 –, dass er (sc. Gott) sie „überm Nichts“ h gegründet hat, wirst du sehen, dass sie durch Gottes Kraft genau in der Mitte liegt.239 Ich komme auch240 zur bewohnten Welt. Ich kenne eine Seele als bewohnte Welt, ich kenne eine Seele als Wüste. Denn wenn sie Gott nicht hat, sie Christus nicht hat, der sagt: „Ich und mein Vater werden zu ihm kommen und uns eine Bleibe bei ihm bereiten“,i241 wenn eine Seele den 239 Auch nach Philon, vit. Mos. I 212 (IV p. 171 Cohn/Wendand), ist „die Erde in

dem mittelsten Punkt des Alls befestigt“ (Übersetzung: Badt, Philo Werke I, 270). Was meint Origenes näherhin mit dem hier nicht weiter ausgeführten Gedanken? Schadel, BGrL 10, 269 Anm. 71, wird Recht haben, wenn er auf die creatio ex nihilo hinweist (seine weiteren langen Ausführungen dazu, ebd. 269–272, sind allerdings kaum hilfreich). Vgl. dafür in Is. hom. 4,1 (GCS Orig. 8, 258) und dazu Fürst/ Hengstermann, OWD 10, 230 Anm. 65. 240 Die von Origenes hier verwendete Übergangsfloskel gehört zum Stil des antiken Lehrbuchs: Schadel, BGrL 10, 272 Anm. 72, mit Verweis auf Fuhrmann, Lehrbuch 57. 69. Die Homilien des Origenes haben nicht selten Züge eines Lehrvortrags an sich. 241 Diese Form des Zitats von Joh. 14,23 findet sich griechisch auch in Cels. VIII 19 (GCS Orig. 2, 236) und lateinisch in princ. I 1,2 (GCS Orig. 5, 17f.) und in Rom. comm. I 21,10 (SC 532, 258).

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 56

239r

δέ ἐστιν, ὅτε πεπλήρωται θεοῦ, ὅτε ἔχει τὸν Χριστόν, ὅτε πνεῦμα ἅγιόν ἐστιν ἐν αὐτῇ. Ταῦτα δὲ ποικίλως καὶ | διαφόρως ἐν ταῖς γραφαῖς λέγεται, τὸ εἶναι τὸν πατέρα καὶ τὸν υἱὸν καὶ τὸ ἅγιον πνεῦμα ἐν τῇ τοῦ ἀνθρώπου ψυχῇ. Ὁ γοῦν Δαβὶδ ἐν τῷ Ψαλμῷ τῆς ἐξομολογήσεως περὶ τούτων τῶν πνευμάτων αἰτεῖ τὸν πατέρα λέγων· „Πνεύματι ἡγεμονικῷ στήριξόν με“,a „πνεῦμα εὐθὲς ἐγκαίνισον ἐν τοῖς ἐγκάτοις μου“, b „καὶ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιόν σου μὴ ἀντανέλῃς ἀπ̓ ἐμοῦ“. c Τίνα τὰ τρία πνεύματα ταῦτα; Τὸ ἡγεμονι­ κὸν ὁ πατήρ, τὸ εὐθὲς ὁ Χριστός, καὶ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον . Ταῦτα εἰς τὸ παραστῆσαι τὴν οἰκουμένην οὐκ ἄλλως γινομένην ἢ ἐν τῇ σοφίᾳ τοῦ θεοῦ· „ἡ“ γὰρ „σοφία βοηθήσει τῷ σοφῷ ὑπὲρ δέκα ἐξουσιάζοντας τοὺς ὄντας ἐν τῇ πόλει.“ d „Σοφίαν δὲ καὶ παιδείαν ὁ ἐξου­ θενῶν ταλαίπωρος, καὶ κενὴ ἡ ἐλπὶς αὐτοῦ, καὶ οἱ κόποι αὐτοῦ ἀνόνητοι, καὶ ἄχρηστα τὰ ἔργα αὐτοῦ“, e φησὶν ἡ Σοφία ἡ ἐπιγεγραμμένη Σολομῶν­ τος. Διὰ τοῦτο ὅση δύναμις, ἐπεὶ ἀνορθοῦται ἡ οἰκουμένη ἐν τῇ σοφίᾳ τοῦ θεοῦ, βουλώμεθα δὴ καὶ αὐτοὶ ἀνορθωθῆναι ἡμῶν τὴν οἰκουμένην τάχα πεσοῦσαν· πέπτωκεν γὰρ αὕτη ἡ οἰκουμένη ἡνίκα ἤλθομεν εἰς τὸν τόπον τῆς κακώσεως, πέπτωκεν αὕτη ἡ οἰκουμένη ἡνίκα „ἡμάρτομεν, ἠσεβήσαμεν, ἠδικήσαμεν“, f καὶ δεῖται ἀνορθώσεως. Θεὸς οὖν „ὁ ἀνορθώσας τὴν οἰκουμένην“ g ἐστίν. Εἰ δὲ μὴ τοιοῦτον λαμβάνεις τὸ „ἀνορθώσας τὴν οἰκουμένην“, ἀλλὰ κοινότερον νοήσας τὴν οἰκουμένην, ζήτει πόθεν ἀνορ||θώ­ σας ἐστὶν τὴν οἰκουμένην, ζήτει τῆς οἰκουμένης πτῶσιν, ἵνα εὑρὼν αὐτῆς a

Ps. 50(51),14 Jer. 10,12

g

b

Ps. 50(51),12

c

Ps. 50(51),13

d

Koh. 7,19

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Weish. 3,11

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Dan. 9,5

8–9  τὸ4 – ἅγιον Kl mit H (Spiritus sanctus est) 9  ἢ Co ἡ S 3  τὸ1 S1 τὸν S* 15  βουλώμεθα δὴ Kl mit H (laborare nitamur) βουλόμεθα δὲ S 18  δεῖται Koe δέεται S 242 Von der Einwohnung der Trinität in der Seele des Menschen redet Origenes auch

in Hier. hom. 18,9 (GCS Orig. 32, 163). In princ. I 3,5 (GCS Orig. 5, 55) betont er nachdrücklich, „dass einer, der durch Gott ‚wiedergeboren wird‘ (1 Petr. 1,3), zum Heil des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes bedarf und das Heil nicht empfängt, wenn nicht die Trinität vollständig ist.“ Übersetzung: p. 169 Görgemanns/ Karpp. Vgl. auch ebd. IV 4,5 (5, 356): „Alle Vernunftwesen bedürfen der Teilhabe an der Trinität“ (Übersetzung ebd. p. 801); in Rom. comm. I 21,10 (SC 532, 258). Im ersten Abschnitt des ersten Philokalie-Fragments, in Hier. frg. P 1 (GCS Orig. 32, 195), dessen Herkunft nicht geklärt ist, weist Origenes auf die Reinigung der Seele als Voraussetzung für die Gegenwart der Trinität in ihr hin. Zum Heilstrinitarismus der vorliegenden Stelle siehe Bigg, Christian Platonists 174; Bruns, Trinität und Kosmos 225f. 243 Da der Psalm nicht als „Psalm seines Bekenntnisses“ bezeichnet wird, obwohl es sich tatsächlich um einen Bekenntnistext im Munde Davids handelt, vermutet Nautin, SC 232, 354f. Anm. 1, dass der Psalm möglicherweise im kirchlichen Bußritus verwendet wurde (zur Exhomologese siehe oben S. 194 Anm. 179) und Origenes darauf anspielt.

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Homilie ,1

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

Heiligen Geist nicht hat, ist sie eine Wüste. Eine bewohnte Welt aber ist sie dann, wenn sie von Gott erfüllt ist, wenn sie Christus hat, wenn heiliger Geist in ihr ist. Dies aber wird in den Schriften auf vielfache und unterschiedliche Weise gesagt, dass der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in der Seele des Menschen sind.242 David jedenfalls bittet im Psalm des Bekenntnisses243 den Vater um folgende Geister, wenn er sagt: „Mit einem führenden Geist stärke mich“,a „in meinem Inneren erneuere einen aufrechten Geist“,b „und deinen heiligen Geist nimmt nicht weg von mir“.c Wer sind diese drei Geister? Der führende ist der Vater, der aufrechte ist Christus, und der heilige Geist ist .244 Dies, um darzulegen, dass die bewohnte Welt nicht anders entsteht als in der Weisheit Gottes. Denn „die Weisheit wird dem Weisen mehr helfen als zehn Machthaber in der Stadt.“ d „Wer jedoch Weisheit und Bildung verachtet, ist elend dran, nichtig ist seine Hoffnung, sinnlos sind seine Mühen und unnütz seine Werke“,e sagt das dem Salomo zugeschriebene245 Buch der Weisheit. Da die bewohnte Welt in der Weisheit Gottes aufgerichtet wird, wollen daher also auch wir, so weit es in unserer Macht steht, gewillt sein, dass unsere bewohnte Welt, da sie vielleicht zu Fall gekommen ist, aufgerichtet wird. Denn zu Fall gekommen ist diese bewohnte Welt, als wir an den Ort des Übels gelangten,246 zu Fall gekommen ist diese bewohnte Welt, als „wir sündigten, frevelten und Unrecht taten“,f und sie bedarf der Aufrichtung. Gott also ist es, „der die bewohnte Welt aufgerichtet hat.“ gWenn du die Wendung „der die bewohnte Welt aufgerichtet hat“ aber nicht auf diese Weise auffasst, sondern die bewohnte Welt im gewöhnlicheren Sinn verstehst, frage, woher es kommt, dass die bewohnte Welt aufgerichtet wird, frage nach dem Fall der bewohnten Welt, damit du, wenn du ihren

244 Diese von Schadel, BGrL 10, 105, und Smith, FaCh 97, 75, akzeptierte Ergänzung

von Klostermann, GCS Orig. 3, 56, nach Hieronymus hält Nautin, GCS Orig. 32, 359; SC 232, 354, für nicht unbedingt nötig. – Die trinitarische Auslegung von Ps. 50(51)12–14 findet sich auch in Origenes’ Psalmenkommentar: frg. in Ps. 50,14 (p. 84 Cadiou). Puech, Origène et l’exégèse trinitaire 187–194, weist mit Hilfe der vorliegenden Stelle in der Jeremiahomilie die Echtheit des von Cadiou publizierten Fragments nach; auch eine entsprechende Auslegung in sel. in Ps. 37,22 (PG 12, 1368f.) kann von daher als echt gelten. Von Origenes aus hat sich diese Auslegung über die lateinische Vermittlung des Hieronymus und des Ambrosius bis ins Mittelalter ausgebreitet: Puech, ebd. 180–183. 245 Origenes formuliert öfters einen Vorbehalt gegen die Zuschreibung des Buches der Weisheit an Salomo: princ. I 2,5 (GCS Orig. 5, 33); IV 4,6 (5, 357) „… in dem Salomo zugeschriebenen Buch der Weisheit, das freilich nicht von allen anerkannt wird“; in Ioh. comm. XX 4,26 (GCS Orig. 4, 331); Cels. V 29 (GCS Orig. 2, 30f.). Siehe dazu Fürst, Weisheit 294. 246 Damit meint Origenes den präexistenten Fall der Vernunftwesen: siehe oben S. 228 Anm. 234.

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τὴν πτῶσιν ἴδῃς αὐτῆς τὴν ἀνόρθωσιν. Εἴ τις οὖν ἐστιν ἐν τῇ οἰκουμένῃ ταύτῃ (ἐὰν οὕτως νοήσῃς τὴν οἰκουμένην), δῆλον ὅτι δεῖται τῆς ἀνορθώσε­ ως, οὐδεὶς δὲ μὴ πεσὼν δεῖται τῆς ἀνορθώσεως. Δῆλον ὅτι πέπτωκεν ἕκα­ στος τῶν ἐν τῇ οἰκουμένῃ ἀπὸ ἁμαρτίας, καὶ „κύριός“ ἐστιν ὁ ἀνορθῶν „τοὺς κατερραγμένους“, καὶ „ὑποστηρίζει πάντας τοὺς καταπίπτοντας“.a „Ἐν τῷ Ἀδὰμ πάντες ἀποθνῄσκουσιν“, καὶ οὕτως πέπτωκεν ἡ οἰκουμένη καὶ δεῖται ἀνορθώσεως, ἵν̓ „ἐν τῷ Χριστῷ πάντες ζωοποιηθῶσιν“. b Ὥστε διχῶς ἀποδέδωκα τὰ περὶ τῆς οἰκουμένης, πῇ μὲν ἐπὶ ἕνα ἕκαστον δεικνὺς πῶς ἑκάστη ψυχὴ ἤτοι οἰκουμένη ἐστὶν ἢ ἔρημος, πῇ δὲ ἐπ̓ αὐτῆς στήσας τὸν λόγον τῆς οἰκουμένης. 2. „Καὶ ἐν τῇ φρονήσει αὐτοῦ ἐξέτεινεν τὸν οὐρανόν.“ c Οὐ συντυχικῶς τὴν φρόνησιν παρέλαβεν ἐπὶ τοῦ οὐρανοῦ· εὑρήσεις γὰρ ἐν ταῖς Παροιμίαις λεχθέν· „Ὁ θεὸς ἐν τῇ σοφίᾳ ἐθεμελίωσεν τὴν γῆν, ἡτοίμασεν δὲ οὐρανοὺς ἐν φρονήσει.“ d Ἔστιν οὖν τις φρόνησις θεοῦ, ἣν μὴ ζήτει ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ. Πάντα γὰρ ὅσα τοῦ θεοῦ τοιαῦτά ἐστιν, ὁ Χριστός ἔστιν· σοφία τοῦ θεοῦ αὐτός, δύναμις θεοῦ αὐτός, δικαιοσύνη θεοῦ αὐτός, ἁγιασμὸς αὐτός, ἀπολύτρωσις αὐτός· e οὕτως φρόνησις αὐτός ἐστιν θεοῦ. Ἀλλὰ τὸ μὲν ὑποκείμενον ἕν ἐστιν, ταῖς δὲ ἐπινοίαις τὰ πολλὰ ὀνόματα ἐπὶ διαφόρων ἐστίν. Καὶ οὐ ταὐτὸν νοεῖς περὶ τοῦ Χριστοῦ, ὅτε νοεῖς αὐτὸν σοφίαν, καὶ ὅτε νοεῖς αὐτὸν δικαιοσύνην. Ὅτε μὲν γὰρ σοφίαν, τὴν ἐπιστήμην λαμβά­ νεις τῶν θείων καὶ ἀνθρωπίνων· ὅτε δὲ δικαιοσύνην, τὴν τοῦ κατ̓ ἀξίαν a

Ps. 144(145),14

b

1 Kor. 15,22

c

Jer. 10,12

d

Spr. 3,19

1  οὖν Scorr. 5  κατερραγμένους Kl κατεραγμένους S ut extra Christum requiras)

e

1 Kor. 1,24.30

14  εἰ μὴ Kl mit H (quam nolo

247 Klostermann, GCS Orig. 3, 56, ergänzt den Text hier nach Hieronymus wie folgt:

Εἴ τις οὖν ἐστιν ἐν τῇ οἰκουμένῃ ταύτῃ, ἐὰν οὕτως νοήσῃς τὴν οἰκουμένην, δῆλον ὅτι δεῖται τῆς ἀνορθώσεως, οὐδεὶς δὲ μὴ πεσὼν δεῖται τῆς ἀνορθώσεως.  – „Wenn sich nun einer in dieser bewohnten Welt befindet – wenn du die bewohnte Welt so auffasst –, bedarf er offensichtlich der Aufrichtung, niemand aber (H: quippe – „denn niemand“), der nicht zu Fall gekommen ist, bedarf der Aufrichtung. “ Nautin, GCS Orig. 32, 359, hat Recht, wenn er diese Ergänzungen nicht für nötig hält und sie in seiner Ausgabe, SC 232, 356, weglässt (ebenso Smith, FaCh 97, 76; anders Schadel, BGrL 10, 105). Die erste Ergänzung in der Übersetzung des Hieronymus geht aus dem Text des Origenes ohnehin hervor, die zweite verdeutlicht, was im folgenden Satz ausgeführt wird. 248 Dass nichts in der Schrift „zufällig“ dasteht, betont Origenes oft, z.B. in Num. hom. 27,1 (GCS Orig. 7, 257); in Matth. comm. ser. 143 (GCS Orig. 11, 296). Schon Philon,

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Fall findest, ihre Aufrichtung erkennst. Wenn sich nun einer in dieser bewohnten Welt befindet – wenn du die bewohnte Welt so auffasst –, bedarf er offensichtlich der Aufrichtung, niemand aber, der nicht zu Fall gekommen ist, bedarf der Aufrichtung.247 Offensichtlich ist jeder Einzelne in der bewohnten Welt infolge von Sünde zu Fall gekommen, und der „Herr“ ist es, der „die Herabgestürzten“ aufrichtet und „alle Herabgefallenen stärkt“.a „In Adam sterben alle“, und so ist die bewohnte Welt zu Fall gekommen und bedarf der Aufrichtnug, damit „in Christus alle lebendig gemacht werden“.b Somit habe ich das, was die bewohnte Welt betrifft, zweifach erklärt: Einerseits habe ich im Hinblick auf jeden Einzelnen gezeigt, wie jede Seele entweder eine bewohnte Welt ist oder eine Wüste, andererseits habe ich die Aussage auf die bewohnte Welt selbst bezogen. 2. „Und in seiner Einsicht hat er den Himmel ausgespannt.“ c Nicht zufällig248 hat er die Einsicht auf den Himmel bezogen. Im Buch der Sprichwörter wirst du nämlich die Aussage finden: „Gott hat in der Weisheit die Erde begründet, die Himmel aber in Einsicht bereitet.“ d Es gibt also eine Einsicht Gottes, die du nirgendwo in Christus Jesus suchen sollst. Denn alles, was es Derartiges an Gott gibt, ist Christus: Er ist die Weisheit Gottes in Person, die Kraft Gottes in Person, die Gerechtigkeit Gottes in Person, die Heiligung in Person, die Erlösung in Person.e249 Ebenso ist er die Einsicht Gottes in Person. Freilich, die zugrundeliegende Substanz ist eine, die Aspekte aber haben viele Bezeichnungen für verschiedene Sachverhalte.250 Und du denkst nicht dasselbe über Christus, wenn du ihn als Weisheit denkst und wenn du ihn als Gerechtigkeit denkst. Denn wenn als Weisheit, dann fasst du ihn als Wissen von den göttlichen und menschlichen Dingen

leg. all. III 147 (I p. 145 Cohn/Wendland), hat darauf hingewiesen, dass es in der Schrift kein unnötiges Wort gibt. Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 115f. 249 Zu diesen „Epinoiai“ (Aspekten) Christi, bes. zu „Heiligung“ und „Erlösung“, vgl. in Ioh. comm. I 9,59 (GCS Orig. 4, 15); I 34,247–251 (4, 44); zur Heiligung in Christus: in Num. hom. 11,8 (GCS Orig. 7, 90f.). 250 Ähnlich formuliert bei Philon, rer. div. her. 23 (III p. 7 Cohn/Wendland). Vgl. ferner Origenes, in Ioh. comm. VI 19,107 (GCS Orig. 4, 128); X 5,21 (4, 175); XXXII 31,387 (4, 478); Cels. II 64 (GCS Orig. 1, 185); in Rom. comm. V 6,6 (SC 539, 450): „Christus ist einer der Substanz nach, nach seinen Kräften und Wirkungen aber trägt er viele Bezeichnungen.“ Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 671 Anm. 5, meint an der vorliegenden Stelle einen „modalistischen Schein“ entdecken zu können, wendet gegen einen solchen dann aber doch richtig ein: „aber an dieser Stelle ist wohl Christus und nicht Gott unter dem τὸ ὑποκείμενον zu verstehen“ (zum Gebrauch von ὑπόστασις bei Origenes siehe die Stellen bei Bigg, Christian Platonists 163 Anm. 3; Kobusch, Philosophische Bedeutung 96 Anm. 8). Siehe dazu Harl, Origène et la fonction révélatrice 234–237 (mit den Stellen ebd. 236 Anm. 63 und 64); Gögler, Theologie des biblischen Wortes 276; Gruber, ΖΩΗ 259–263. Zur Epinoiai-Lehre siehe oben S. 130 Anm. 55.

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ἀπονεμητικὴν δύναμιν ἐν τῷ παντί· καὶ ὅτε ἁγιασμόν, τὸν περιποιητικὸν τοῦ ἁγίους γενέσθαι τοὺς πιστεύοντας καὶ ἀνακειμένους τῷ θεῷ. Οὕτως οὖν || καὶ φρόνησιν αὐτὸν νοήσεις, ὅτε ἐπιστήμη ἐστὶν ἀγαθῶν καὶ κακῶν καὶ οὐθετέρων. Ἐπεὶ οὖν χωρίζεται τοῖς ἐν οὐρανῷ κατοικοῦσινa ἢ τοῖς τὸν οὐράνιον ἄνθρωπον φοροῦσιν b † χωρίσαντος τὰ κακὰ ἀπὸ τῶν ἀγαθῶν, ἵνα μηκέτι μολύνηται ἐκεῖνος ὁ οὐρανὸς διὰ τὸ τῇ φρονήσει τοῦ θεοῦ ἐκτε­ τάσθαι τὸν οὐρανὸν μηδὲ ὁ δίκαιος ὢν οὐρανός (ἔστιν δὲ καὶ ὁ δίκαιος οὐρανός, ὡς παραστήσω), εἴρηται· „Καὶ ἐξέτεινεν τὸν οὐρανὸν τῇ φρονήσει αὐτοῦ.“ c Πῶς οὖν ἐκτείνεται ὁ οὐρανός; Ἐκτεινούσης αὐτὸν τῆς σοφίας. Δηλοῦται δὲ ὡς ἡ σοφία ἐκτείνει ἐν τῷ „Ἐπειδὴ ἐξέτεινον λόγους καὶ οὐ προσείχε­ τε“, d καὶ λέγει ἔκτασίν τινα εἶναι λόγων· οὕτως ἐκτείνεται ὁ οὐρανός. Καὶ ἐν ἑκατοστῷ τρίτῳ λέγεται Ψαλμῷ· „Ἐκτείνων τὸν οὐρανὸν ὡσεὶ δέρριν.“ e Ἐκτείνεται δὲ καὶ ἡ ψυχὴ ἡμῶν πρότερον συνεσταλμένη, ἵνα δυνηθῇ χωρῆ­ σαι τὴν σοφίαν τοῦ θεοῦ. Ἀλλὰ γὰρ ἐπὶ τὸ προκείμενον ἐπανέλθωμεν. Ἐλέγομεν περὶ τοῦ τὸν οὐρανὸν ἐν φρονήσει γεγονέναι. Καί φαμεν ὅτι οἱ τὸν οὐράνιον ἄνθρωπον φοροῦντες καὶ αὐτοί εἰσιν οὐρανός. Εἰ γὰρ πρὸς τὸν ἁμαρτάνοντα λέγεται· „Γῆ εἶ καὶ εἰς γῆν ἀπελεύσῃ“, f πρὸς τὸν δίκαιον οὐκ | ἂν λεχθείη, οὗ „ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν“· g οὐρανὸς εἶ, καὶ εἰς οὐρανὸν ἀπελεύσῃ; Ἢ διὰ μὲν τὸν χοϊκὸν λεχθήσεται τῷ φοροῦντι „τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ“· h „γῆ εἶ, καὶ εἰς γῆν ἀπελεύσῃ“, i διὰ δὲ τὸν οὐράνιον, ἐπὰν φορέσῃς „τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπουρανίου“, j οὐκέτι ἁρμόσει λέγεσθαι· a

Phil. 3,20 b1 Kor. 15,49 cJer. 10,12 dSpr. 1,24 5,3 h1 Kor. 15,49 i Gen. 3,19 j 1 Kor. 15,49

e

Ps. 103(104),2

f

Gen. 3,19

g

Mt.

1  ἀπονεμητικὴν Hu ἀπονεμιτικὴν S 2  ἁγίους Kl mit H (sanctos) ἁγίου S 3  ἐπιστήμη Co ἐπιστήμης S 7  μηδὲ Bl Kl (GCS Orig. 3, 348) μήτε S 12  ἔκτασιν Co H (extensio­ 13  ἑκατοστῷ τρίτῳ Kl ργ´ S 17  οὐράνιον Co ὀυνόν S nem) ἔκστασιν S 20  ἢ Co H (aut) ἡ S

251 Diese Definition ist wohl von Platon, polit. VI 486 a 5f., angeregt und in der antiken

Philosophie weit verbreitet, sowohl bei den Platonikern (Alkinoos, didask. 1,1 [p. 1 Louis/Whittaker]) als auch und vor allem bei den Stoikern (Cicero, fin. II 37; Tusc. IV 57; V 7; off. II 5; Seneca, epist. 89,5: sapientiam quidam ita finierunt, ut dice­ rent diuinorum et humanorum scientiam). Philon, congr. erud. grat. 79 (III p. 88 Cohn/ Wendland), kennt sie ebenfalls, und Clemens von Alexandria greift sie christlich auf: paed. II 25,3 (GCS Clem. Al. 1, 171); strom. I 30,1 (GCS Clem. Al. 24, 19); IV 163,4 (24, 321). Für Origenes, der sie wohl aus einem stoischen Handbuch hat (siehe dazu Klostermann, Definitionen), vgl. Cels. III 72 (GCS Orig. 1, 263); in Matth. comm. XVII 2 (GCS Orig. 10, 578); frg. in Prov. 1,2 (PG 13, 17–20). Siehe dazu Logan, Wisdom Christology 124f. 252 Auch das ist traditionelle philosophische Terminologie: Pseudo-Platon, def. 411 e 2; SVF III 24. 65.

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auf;251 wenn als Gerechtigkeit, dann als die Kraft, die jedem in angemessener Weise zuteilt;252 und wenn als Heiligung, dann als den, der bewirkt, dass die Gläubigen und Gottgeweihten heilig werden.253 So also denkst du ihn auch als Einsicht, wenn er das Wissen von Gutem und Bösem ist und von dem, was weder das eine noch das andere ist.254 Da nun getrennt ist von den Bewohnern des Himmelsa beziehungsweise von denen, die den himmlischen Menschen an sich tragen b † da er das Böse vom Guten trennte, damit jener Himmel nicht mehr befleckt wird, weil in der Einsicht Gottes der Himmel ausgespannt ist, und auch nicht der Gerechte, der ein Himmel ist – es ist aber auch der Gerechte ein Himmel, wie ich darlegen werde –, wurde gesagt: „Und er spannte den Himmel aus in seiner Einsicht.“ c255 Wie wird nun der Himmel ausgespannt? Die Weisheit ist es, die ihn ausspannt. Wie aber die Weisheit ihn ausspannt, wird deutlich in dem Satz: „Als ich Worte ausspannte und ihr nicht darauf geachtet habt.“ d Er besagt, dass es so etwas wie ein Ausspannen von Worten gibt. So wird der Himmel ausgespannt. Und im 103. Psalm heißt es: „Er spannt den Himmel aus wie einen Vorhang.“ e Aber auch unsere zuvor zusammengezogene Seele wird ausgespannt, damit sie die Weisheit Gottes aufnehmen kann. Aber wir wollen doch wieder auf den vorliegenden Text zurückkommen.Wir sprachen darüber, dass der Himmel in Einsicht entstanden ist. Und wir sagen, dass die, die den himmlischen Menschen an sich tragen, selbst auch ein Himmel sind. Wenn nämlich zum Sünder gesagt wird: „Erde bist du und zur Erde wirst du zurückkehren“,f würde man zum Gerechten, dem „das Reich der Himmel gehört“,g nicht sagen: Himmel bist du und zum Himmel wirst du zurückkehren? Oder wird zwar wegen des irdischen Menschen zu dem, der „das Bild des Irdischen“ an sich trägt,h gesagt werden: „Erde bist du und zur Erde wirst du zurückkehren“,i aber wegen des himmlischen Menschen, wenn du „das Bild des Himmlischen“ an dir trägst,j nicht mehr passend gesagt werden:

253 Hierzu gibt es keine Parallele aus der philosophischen Tradition, weil es sich um ei-

nen genuin biblisch-christlichen Gedanken handelt. 254 Die Adiaphora in der stoischen Ethik sind Dinge oder Handlungen, die weder gut

noch böse, also ethisch indifferent sind. Vgl. etwa SVF I 191f. 195; III 117; Epiktet, diss. I 30,3; Mark Aurel II 11,6; Diogenes Laërtios VII 104–106. Siehe dazu Pohlenz, Stoa I, 119–123. Origenes hat die Kategorie des ethisch Indifferenten oft aufgegriffen: in Ioh. comm. XX 39,363 (GCS Orig. 4, 380); in Rom. comm. IV 9,4 (SC 539, 304); X 3,3 (SC 555, 280); in Rom. frg. 30 Ramsbotham; in I Cor. frg. 38 (Opere di Origene 14/4, 152–154); Cels. IV 96 (GCS Orig. 4, 369). 255 Der unklare Passus – den Hieronymus nicht übersetzt hat – mag vielleicht verständlicher werden, wenn man die Überlegungen zu Gen. 1,6f., wo von der Scheidung zwischen dem Wasser über und unter dem Gewölbe die Rede ist, in Gen. hom. 1,2 (GCS Orig. 6, 2–4) dazu liest.

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οὐρανὸς εἶ, καὶ εἰς οὐρανὸν ἀπελεύσῃ; Ἕκαστος οὖν ἡμῶν ἔχει ἔργα οὐράνια καὶ ἐπίγεια. Ἐπίγειά ἐστιν ἔργα, ἃ ἐπὶ τὴν συγγενῆ αὐτοῖς γῆν κατάγει τὸν θησαυρίζοντα αὐτὰ ἐπὶ τῆς γῆς, καὶ μὴ θησαυρίζοντα ἐν οὐρανῷ.a Πάλιν ἐπὶ τὰ συγγενῆ τοῖς ἔργοις χωρία τὰ ἐν τῷ οὐρανῷ || ἀνάγει τὸν θησαυρίζοντα ἐν οὐρανῷ, τὸν φορέσαντα „τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπουρανίου“ b τὰ πραττόμενα κατ̓ ἀρετήν. 3. „Καὶ ἀνήγαγεν νεφέλας ἐξ ἐσχάτου τῆς γῆς.“ c Τοῦτο τὸ ῥητὸν πρώην καὶ ἐν τῷ Ψαλμῷ ἐνέπεσεν, d καὶ ἐλέγομεν, πῶς ὁ θεὸς „ἀνήγαγεν νεφέλας ἐξ ἐσχάτου τῆς γῆς“. Ἅπερ χρεία ἐστὶν ἐπαναλαβεῖν, τοῖς μὲν εἰδόσιν εἰς ἐπι­ τράνωσιν καὶ ὑπόμνησιν τῶν εἰρημένων, τοῖς δὲ ἐπιλαθομένοις ἢ μὴ παρα­ τετυχηκόσιν εἰς σαφήνειαν τούτου, εἴτε ἀποκαλυπτομένου καὶ φανεροῦ γε­ νομένου εἴτε ὁπώσποτε νοουμένου. λέγομεν δὲ τοὺς ἁγίους εἶναι νεφέλας. Τὸ γὰρ „ἡ ἀλήθειά σου ἕως τῶν νεφελῶν“ e οὐ δύναται ἀναφέρε­ σθαι ἐπὶ τὰς ἀψύχους νεφέλας· ἀλλὰ ἡ ἀλήθεια τοῦ θεοῦ ἕως τῶν νεφελῶν ἐστιν, αἵτινες ἀκούουσιν ἐντολῆς θεοῦ καὶ οἴδασιν, ποῦ ἐκπέμπωσιν ὑετὸν καὶ ἀπὸ τίνων κωλύσωσιν· ὡς οὐσῶν γὰρ νεφελῶν, αἷς ἐντέλλεται ὁ θεὸς μὴ βρέχειν ἢ βρέχειν, γέγραπται· „Ταῖς νεφέλαις ἐντελοῦμαι τοῦ μὴ βρέξαι ἐπ̓ αὐτὸν ὑετὸν.“ f Ἐπὶ μὲν οὖν τούτων νεφελῶν, ἐὰν μὴ ὑετὸς ᾖ, οὐκ ἐντέλλεται ὁ θεὸς ταῖς νεφέλαις τοῦ μὴ βρέχειν ἐπὶ τὸν ἀμπελῶνα ἢ τὴν χώραν ὑετόν, ἀλλ̓ ὅλως οὐ φαίνεται νεφέλη, ὡς ἐν τῇ τρί τῶν Βασιλει­ ῶν γέγραπται· ὅπου παρὰ τὸν καιρὸν τῆς ἀβροχίας νεφέλη οὐκ ἐφαίνετο, ἡνίκα δὲ κατὰ τὸν λόγον τῆς προφητείας τοῦ | Ἠλίου ἔμελλεν ὁ ὑετὸς γίνε­ σθαι, ἴχνος ἐφάνη νεφέλης „ὡς ἴχνος ἀνδρὸς“ g καὶ ἐγένετο νεφέλη ποιοῦσα τὸν ὑετόν. Ὡς δὲ ὑπαρχουσῶν μὲν τῶν νεφελῶν, κελευομένων δὲ μὴ ὕειν ὅταν ἀξία ἡ ψυχὴ τοῦ ὑετοῦ τυγχάνῃ, λέγεται τὸ „Ταῖς νεφέλαις a

Mt. 6,19f. b1 Kor. 15,49 1 Kön. 18,44

g

c

Jer. 10,13

d

Ps. 134(135),7

e

Ps. 35(36),6

f

Jes. 5,6

12  ἐλέγομεν Kl mit H (diximus) 14  ἀψύχους Scorr. ἀψύχως S* 4  ἐπὶ Scorr. ἐπει S* 15  ἐκπέμπωσιν Kl ἐκπέμπουσιν S 18  τῶν Kl 20  τρίτῃ Co 21  ὅπου Kl ὁ τὸν S 25  ἀναξία Co H (indigna) 25  τυγχάνῃ Co τυγχάν S 256 Ebenso Origenes, orat. 26,6 (GCS Orig. 2, 362f.): „Denn jemand, der sündigt, ist Erde,

wo immer er auch ist, und wird, wenn er nicht umkehrt, zu der ihm verwandten Erde werden (vgl. Gen. 3,19). Wer aber den Willen Gottes tut und den heilbringenden geistigen Gesetzen Folge leistet, ist Himmel.“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 21, 211. Auch Tertullian, orat. 4,1 (CChr.SL 1, 259), weist darauf hin, dass „wir aufgrund einer bildlichen Deutung des Geistes und des Fleisches Himmel und Erde sind“. Übersetzung: Schleyer, FC 76, 227. 257 Vgl. dazu unten in Hier. frg. 22 (GCS Orig. 32, 208f.), ferner in Lev. hom. 16,2 (GCS Orig. 6, 495f.). 258 Vgl. sel. in Ps. 134,7 (PG 12, 1653): „Die Wolke ist die vernünftige Natur, der die Worte über die Vorsehung anvertraut worden sind.“ Zum Zitat von Ps. 134(135),7 siehe Koetschau, Bibelcitate 327f. – Zur Datierung siehe oben S. 6.

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Himmel bist du und zum Himmel wirst du zurückkehren?256 Nun, jeder von uns hat himmlische und irdische Werke vorzuweisen. Irdisch sind die Werke, die denjenigen zu der mit ihnen verwandten Erde hinabführen, der Schätze auf Erden sammelt, aber keine im Himmel.a Zu den mit den Werken verwandten Gefilden im Himmel hingegen führen die gemäß der Tugend vollbrachten Taten denjenigen hinauf, der Schätze im Himmel sammelt, der „das Bild des Himmlischen“ an sich trägt.b257 3. „Und er ließ Wolken aufsteigen vom Ende der Erde.“ c Diese Aussage kam neulich auch im Psalm vor,d und wir besprachen, wie Gott „Wolken vom Ende der Erde aufsteigen ließ“.258 Diese Erklärung muss wieder aufgegriffen werden, und zwar für die, die sie noch wissen, zur Klärung259 und Einprägung des Gesagten, für die aber, die sie vergessen haben oder die nicht da waren, zur Erläuterung, sei es, dass die Aussage enthüllt und klar wird, sei es, dass sie irgendwie verstanden wird.260 Wir sagten, dass die Heiligen Wolken sind.261 Denn die Aussage: „Deine Wahrheit reicht bis zu den Wolken“ e kann nicht auf die unbeseelten Wolken bezogen werden.Vielmehr reicht die Wahrheit Gottes bis zu denjenigen Wolken, die auf Gottes Gebot hören und wissen, wo sie den Regen ausgießen und vor wem sie ihn zurückhalten ­sollen. Denn weil es gleichsam Wolken gibt, denen Gott befiehlt, keinen Regen zu spenden oder Regen zu spenden, steht geschrieben: „Den Wolken w ­ erde ich befehlen, ihm keinen Regen zu spenden.“ f Wenn es nun bei diesen ­Wolken keinen Regen gibt, dann nicht, weil Gott den Wolken verbietet, dem Weinberg oder dem Land Regen zu spenden, sondern weil überhaupt keine Wolke erscheint, wie im dritten Buch der Königtümer geschrieben steht: Als zur Zeit der Dürre keine Wolke erschien, aber nach dem Wort der Prophezeiung Elijas der Regen kommen sollte, erschien die Spur einer Wolke „wie die Spur eines Mannes“ g und wurde zu einer Wolke, die den Regen brachte. Wenn aber die Wolken zwar gleichsam da sind, ihnen aber befohlen wird, keinen Regen zu spenden, solange die Seele des Regens unwürdig ist, wird gesagt:

259 Der Begriff ἐπιτράνωσις ist ein Neologismus des Origenes, auf den er nicht explizit

hinweist: Perrone, Approximations origéniennes 369 Anm. 19

260 Das Folgende zählt Hanson, Allegory and Event 247, zu den Fällen, in denen Orige-

nes eine Allegorie konstruiert, obwohl der Text nicht übertragen gemeint ist. Doch: Einen Wettergott im buchstäblichen Sinn, wie er in diesem biblischen Satz beschrieben wird, kann Origenes sich in seinem philosophisch aufgeklärten Weltbild nicht vorstellen. Er ist daher gleichsam genötigt, nach dem eigentlichen Sinn einer solchen Aussage zu suchen, der nicht auf der Ebene der wörtlichen Bedeutung liegen kann. 261 Zur Deutung der Heiligen, ebenso der Propheten und Apostel, als Wolken vgl. in Lev. hom. 16,2 (GCS Orig. 6, 495); in Ps. 36 hom. 3,10 (GCS Orig. 13, 151); in Cant. comm. III 14,24f. (OWD 9/1, 388); III 15(IV 1),16 (9/1, 398); frg. in 1 Thess. 4,16f. (Opere di Origene 14/4, 384).

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ἐ­ντελοῦμαι τοῦ μὴ βρέξαι ἐπ̓ αὐτὸν ὑετόν“.a || Οὐκοῦν ἕκαστος τῶν ἁγίων νεφέλη ἐστίν. Μωσῆς νεφέλη ἦν καὶ ὡς νεφέλη ἔλεγεν· „Πρόσεχε, οὐρανέ, καὶ λαλήσω· καὶ ἀκουέτω γῆ ῥήματα στόματός μου. Προσδοκάσθω ὡς ὑετὸς τὸ ἀπόφθεγμά μου“ „καὶ καταβήτω ὡς δρόσος τὰ ῥήματά μου.“ Ὡς νεφέλη λέγει· „Ὡσεὶ ὄμβρος ἐπ̓ ἄγρωστιν, καὶ ὡσεὶ νιφετὸς ἐπὶ χόρτον· ὅτι ὄνομα κυρίου ἐκάλεσα.“ b Οὕτως ὡς νεφέλη καὶ Ἡσαΐας λέγει· „Ἄκουε, οὐρανέ, καὶ ἐνωτίζου, γῆ, ὅτι κύριος ἐλάλησεν.“ c Καὶ ἐπειδήπερ καὶ αὐτὸς ἦν νεφέλη, ἔλεγεν δὲ νεφέλας τοὺς συμπροφητεύοντας αὐτῷ, φησὶν προφη­ τεύων· „Ταῖς νεφέλαις ἐντελοῦμαι τοῦ μὴ βρέξαι εἰς αὐτὸν ὑετόν.“ d 4. Εἰ δὲ νενόηται ἡμῖν, τίνες εἰσὶν αἱ νεφέλαι, ἴδωμεν πῶς ὁ θεὸς „ἀνά­ γων“ ἐστὶν „νεφέλας ἐξ ἐσχάτου τῆς γῆς“. e Πῶς ἀπ̓ „ἐσχάτου τῆς γῆς“; Φησὶν ὁ σωτήρ· „Ὁ θέλων ἐν ὑμῖν εἶναι πρῶτος ἔσται πάντων ἔσχατος.“ f Ἐτήρησεν ταύτην τὴν ἐντολὴν Παῦλος, καὶ ἦν ἔσχατος ἐν τούτῳ τῷ κό­ σμῳ. Διό φησιν· „Δοκῶ γάρ, ὁ θεὸς ἡμᾶς τοὺς ἀποστόλους ἐσχάτους ἀπέδειξεν, ὡς ἐπιθανατίους, ὅτι θέατρον ἐγενήθημεν τῷ κόσμῳ καὶ ἀγ­ γέλοις καὶ ἀνθρώποις.“ g Εἴ τις οὖν ἐστιν τηρῶν τὴν τοῦ σωτῆρος ἐντολὴν καὶ γενόμενος ἔσχατος ὡς πρὸς τὸν βίον τοῦτον, οὗτος γίνεται νεφέλη. Καὶ ἀνάγει νεφέλας ὁ θεὸς οὐκ ἀπὸ τῶν πρώτων τῆς γῆς, οὐκ ἀπὸ ὑπατικῶν ἀνάγει νεφέλας, οὐκ ἀπὸ ἡγουμένων ἀνάγει νεφέλας, οὐκ ἀπὸ πλουσίων· „μακάριοι“ γὰρ „οἱ πτωχοί, ὅτι ὑμετέρα ἐστὶν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ“. h Ὁρᾷς πῶς ἀπὸ τῶν ἐσχάτων ἀνάγει ὁ θεὸς καὶ σωματοποιεῖ τὰς νεφέλας; Διὰ τοῦτο εἰ βουλόμεθα γενέσθαι νεφέλαι, ἐφ̓ ἃς φθάνει ἡ ἀλήθεια τοῦ θεοῦ, i ἔσχατοι πάντων γενώμεθα καὶ εἴπωμεν ἔργοις καὶ διαθέσει τὸ „δοκῶ γάρ, ὁ θεὸς ἡμᾶς τοὺς ἀποστόλους ἐσχάτους ἀπέδειξεν“. j Κἂν μὴ ἀπόστο­ λος ὦ, ἔξεστί μοι γενέσθαι ἐσχάτῳ, ἵνα ὁ θεὸς „ἀνάγων νεφέλας“ || ἀπ̓ „ἐσχάτου τῆς γῆς“ ἀναγάγῃ με. „Καὶ ἀστραπὰς εἰς ὑετὸν ἐποίησεν.“ k Λέγουσιν οἱ περὶ ταῦτα δεινοί, ὅτι ἡ γένεσις τῶν ἀστραπῶν ἀπὸ τῶν νεφελῶν γίνεται ἀλλήλαις προστρι­ βομένων· ὅπερ γὰρ συμβαίνει περὶ τοὺς πυροβόλους λίθους ἐπὶ γῆς, ἵνα δύο λίθων προσκρουσάντων πῦρ γενηθῇ, τοῦτο γίνεσθαι καὶ ἐπὶ τῶν νε­ a

Jes. 5,6 bDtn. 32,1–3 1 Kor. 4,9 hLk. 6,20

g

c i

Jes. 1,2 dJes. 5,6 ePs. 134(135),7 (vgl. Jer. 10,13) Ps. 35(36),6 j 1 Kor. 4,9 kJer. 10,13

f

Mk. 9,35

1  ἐντελοῦμαι Co ἐντελλοῦμαι S 4–5  εἰ – μου1 Kl mit H (si non fuisset nubes, numquam dixisset: Exspectentur ut pluuia uerba mea) 25–26  ἀπόστολος ὦ V2 Kl mit H (sim apostolus) ἀποστόλους ὧ S 262 Der Apostel Paulus ist für Origenes das Vorbild im Streben nach Demut, zu dem er

hier aufruft: Völker, Vollkommenheitsideal 61. Vgl. auch in Matth. comm. XIII 16 (GCS Orig. 10, 219–222), ferner Hieronymus, in Hier. II 89,4 (CChr.SL 74, 106). 263 Origenes zieht des öfteren naturwissenschaftliches Wissen (im Sinne der Antike) heran, um den Bibeltext zu erklären: in Ioh. comm. XIII 18,113 (GCS Orig. 4, 243),

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„Den Wolken werde ich befehlen, ihm keinen Regen zu spenden.“a Jeder der Heiligen ist also eine Wolke. Mose war eine Wolke und als Wolke sagte er: „Gib acht, Himmel, und ich werde reden! Auch die Erde soll die Worte meines Mundes hören, wie Regen soll sie meinen Spruch erwarten“ –  – „und wie Tau sollen meine Worte herabkommen.“ Als Wolke sagt er: „Wie ein Regenguss auf das Land und wie ein Schneesturm auf die Weide. Denn ich habe den Namen des Herrn ausgerufen.“ b Ebenfalls als Wolke sagt auch Jesaja: „Höre, Himmel, und horche auf, Erde, denn der Herr hat gesprochen!“ c Und weil er auch selbst eine Wolke war, sprach er zu den Wolken, die zusammen mit ihm prophetisch tätig waren; er sagt prophetisch: „Den Wolken werde ich befehlen, ihm keinen Regen zu spenden.“ d 4. Wenn wir aber verstanden haben, wer die Wolken sind, wollen wir sehen, wie Gott „Wolken vom Ende der Erde aufsteigen“ lässt.e Was bedeutet „vom Ende der Erde“? Der Erlöser sagt: „Wer unter euch der Erste sein will, soll von allen der Letzte sein.“ f Paulus hat dieses Gebot beachtet: Er war der Letzte in dieser Welt. Deshalb sagt er: „Mir scheint nämlich, Gott hat uns Apostel zu Letzten gemacht, wie Todgeweihte, weil wir der Welt, den Engeln und den Menschen ein Schauspiel geworden sind.“ g Wenn einer nun das Gebot des Erlösers beachtet und, was dieses Leben hier betrifft, zu einem Letzten wird, wird dieser eine Wolke. Und Gott lässt Wolken nicht von den Ersten der Erde aufsteigen, nicht von Konsuln lässt er Wolken aufsteigen, nicht von Statthaltern lässt er Wolken aufsteigen, nicht von Reichen; denn „selig sind die Armen, denn euch gehört das Reich Gottes“.h Siehst du, wie Gott die Wolken von den Letzten her aufsteigen und sie Gestalt annehmen lässt? Wenn wir daher Wolken werden wollen, zu denen die Wahrheit Gottes gelangt,i lasst uns die Letzten von allen sein und in unseren Werken und unserer Einstellung sagen: „Mir scheint nämlich, Gott hat uns Apostel zu Letzten gemacht.“ j262 Auch wenn ich kein Apostel bin, ist es mir möglich, Letzter zu werden, damit Gott, wenn er „Wolken vom Ende der Erde aufsteigen“ lässt, mich aufsteigen lässt. „Und er machte Blitze zu Regen.“ k Die Leute, die sich auf diesem Gebiet auskennen,263 sagen, dass die Blitze aus den Wolken entstehen, wenn diese sich aneinander reiben.Wie es sich nämlich bei den Feuersteinen auf der Erde verhält, dass Feuer entsteht, wenn zwei Steine zusammenstoßen, so funktioeingeleitet mit derselben Wendung; XIII 61,429 (4, 293); Cels. I 24 (GCS Orig. 1, 74); I 25 (1, 76); in Ps. 36 hom. 2,4 (GCS Orig. 13, 132); in Ps. 67 hom. 1,7 (13, 381). Für die Information hier vgl. die epikureischen Quellen Lukrez VI 160–163 und Diogenes Laërtios X 99–104, doch hat Origenes die Blitzentstehungstheorie wohl einer stoischen doxographischen Schrift entnommen: Neuschäfer, Origenes als Philologe 188f., mit Verweis auf Seneca, nat. quaest. II 22; Plinius, nat. hist. II 213; Aëtios III 3,4 (p. 367–371 Diels); Suda Π 1179 (p. 100 Adler).

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φελῶν φασιν. Προσκρουομένων τῶν νεφελῶν κατὰ τοὺς χειμῶνας γίνεται ἡ ἀστραπή· διὸ ὡς ἐπίπαν ἡ ἀστραπὴ ἅμα βροντῇ γίνεται, τῆς μὲν βροντῆς ἐμφαινούσης τὸν ἦχον τοῦ συγκρουσμοῦ τῶν νεφελῶν, τῆς δὲ ἀστραπῆς γεννώσης τὸ φῶς. 5. Εἰ νενόηκας τὸ παράδειγμα, ἴδε μοι καὶ τὴν νοητὴν νεφέλην. Μωσῆς νεφέλη ἦν, Ἰησοῦς ὁ τοῦ Ναυῆ νεφέλη ἦν. Αὗται δὴ ὁμι­ λοῦσιν ἀλλήλαις, καὶ ἀπὸ τῶν λόγων αὐτῶν ἀστραπὴ γίνεται. Ἱερεμίας νεφέλη ἦν, Βαροὺχ νεφέλη ἦν. Διαλέγονται πρὸς ἀλλήλους, ἦλθεν ἡ ἀστρα­ πὴ ἀπὸ τῶν λόγων Ἱερεμίου καὶ τῶν λόγων Βαρούχ. Οὕτως εἰ δύνασαι συνάγαγε ἀπὸ τῶν γραφῶν, τίνα τρόπον ἀστραπὴ ἔρχεται. Καὶ ἐν τῇ καινῇ διαθήκῃ Παῦλος καὶ Σιλουανὸς δύο νεφέλαι ἦσαν. Ἦλθον ἐπὶ τὸ αὐτό, γέγονεν ἡ τῆς ἐπιστολῆς ἀστραπή. „Ἀστραπὰς“ οὖν ὁ θεὸς „εἰς ὑετὸν ἐποίησεν καὶ ἐξήγαγεν ἀνέμους ἐκ θησαυρῶν αὐτοῦ.“a Ἆρα οὖν οὗτοι οἱ ἄνεμοι ἐν θησαυροῖς εἰσιν; Ἢ οὐχὶ φαίνεται ἡ τούτων φύσις πνεόντων ἐπὶ γῆς τίνα τρόπον ὑφίσταται; Ἀλλ̓ εἰσί τινες ἀνέμων θησαυροί, πνευμάτων θησαυροί, „πνεῦμα σοφίας καὶ συνέσεως, πνεῦμα βουλῆς καὶ ἰσχύος, πνεῦμα γνώσεως καὶ εὐσεβείας, πνεῦμα φόβου θεοῦ“, b „πνεῦμα δυνάμεως καὶ ἀγάπης καὶ σωφρονισμοῦ“. c Καὶ δύνασαι αὐτὸς ἀπὸ τῶν γραφῶν συναγαγεῖν τοὺς ἀνέμους τούτους. Τὰ πνεύματα || ταῦτα ἐν θησαυροῖς ἐστιν· οἱ θησαυροὶ τίνες εἰσίν; „Ἐν ᾧ εἰσιν οἱ θησαυροὶ τῆς σοφίας καὶ γνώσεως ἀπόκρυφοι;“ d Οὗτοι οἱ θησαυροὶ ἐν Χριστῷ εἰσιν. Ἐκεῖθεν οὖν ἔρχονται οἱ ἄνεμοι οὗτοι, τὰ πνεύματα ταῦτα, ἵν̓ ὁ μέν τις ᾖ σοφός, ὁ δέ τις πιστός, ὁ δέ τις ᾖ ἔχων γνῶσιν, ὁ δέ τις ὁτιποτοῦν ἀναλαβὼν χάρισμα θεοῦ· „ᾧ μὲν γὰρ διὰ τοῦ πνεύματος δίδοται λόγος σοφίας, ἄλλῳ δὲ λόγος γνώσεως κατὰ τὸ αὐτὸ πνεῦμα, ἑτέρῳ πίστις ἐν τῷ αὐτῷ πνεύματι.“ e 6. „Ἀνήγαγεν“ οὖν „νεφέλας ἐξ ἐσχάτου τῆς γῆς, καὶ ἀστραπὰς εἰς ὑετὸν ἐποίησεν, καὶ ἐξήγαγεν ἀνέμους ἐκ θησαυρῶν αὐτοῦ.“ f Καὶ ἡμεῖς διὰ τὸν θεὸν ἐπὶ τοὺς θησαυροὺς τούτους ἐλπίζομεν καταντή|σεσθαι. Καὶ εἰσίν τινες πολλοὶ θησαυροί, τάχα κατὰ τάγματα τῶν ἀνισταμένων ἔσονται a

Ps. 134(135),7 (vgl. Jer. 10,13) 134(135),7 (vgl. Jer. 10,13)

b

Jes. 11,2f.

13  ἆρα οὖν Kl mit H (ergone) ὅρα οὖν S

c

2 Tim. 1,7

d

13  ἢ Co ἠ S

Kol. 2,3

e

1 Kor. 12,8f.

f

Ps.

28  ἐπεὶ Kl mit H (quia)

264 Der Erste Thessalonicherbrief ist von Paulus und Silvanus (und Timotheus) verfasst: 1

Thess. 1,1; der Zweite Thessalonicherbrief ist ebenso gestaltet: 2 Thess. 1,1. In 1 Petr. 5,12 erscheint allerdings ein Silvanus als Sekretär oder Bote des Petrus. 265 In Jer. 10,13 ist nicht von „Winden“, sondern von „Licht“ die Rede. Origenes zitiert die Parallelfassung in Ps. 134(135),7, auf die er sich auch schon oben bezogen hat. Weil er seine frühere Auslegung dieses Psalmverses in dieser Predigt wiederholt, hat er gleichsam die Psalmfassung des ansonsten identischen Satzes im Kopf, gibt sie aus-

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niert es auch bei den Wolken, sagen sie.Wenn die Wolken während der Stürme zusammenstoßen, entsteht der Blitz. Deswegen entsteht der Blitz gewöhnlich zusammen mit dem Donner: Der Donner markiert den Widerhall des Zusammenstoßes der Wolken, der Blitz bringt das Licht hervor. 5. Wenn du das Beispiel verstanden hast, betrachte mir auch die geistige Wolke. Mose war eine Wolke, Josua, der Sohn Nuns, war eine Wolke. Diese also unterhalten sich miteinander, und aus ihren Worten entsteht ein Blitz. Jeremia war eine Wolke, Baruch war eine Wolke. Sie führen ein Gespräch miteinander: Der Blitz kam aus den Worten des Jeremia und den Worten des Baruch. So trage, wenn du kannst, aus den Schriften zusammen, wie es zum Blitz kommt. Auch im Neuen Testament waren Paulus und Silvanus zwei Wolken. Sie trafen sich, es entstand der Blitz des Briefes.264 „Blitze“ also „machte“ Gott „zu Regen und entließ Winde265 aus seinen Vorratskammern.“a Befinden sich diese Winde also in den Vorratskammern? Oder wird nicht klar sichtbar, worin die Natur dieser Dinge, die auf Erden wehen, besteht? Es gibt allerdings manche Vorratskammern an Winden,Vorratskammern an Geistern, „den Geist der Weisheit und der Einsicht, den Geist des Rates und der Stärke, den Geist der Erkenntnis und der Frömmigkeit, den Geist der Gottesfurcht“,b266 „den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“.c Auch du selbst kannst aus den Schriften diese Winde zusammentragen. Diese Geister befinden sich in den Vorratskammern.Was sind die Vorratskammern? „In wem sind die Vorratskammern der Weisheit und der Erkenntnis verborgen?“ d267 Diese Vorratskammern befinden sich in Christus. Von dort also kommen diese Winde, diese Geister, auf dass der eine weise ist, der andere gläubig, der nächste über Erkenntnis verfügt und wieder ein anderer diese oder jene Gnadengabe Gottes empfängt: „Dem einen wird nämlich durch den Geist ein Wort der Weisheit geschenkt, dem anderen aber ein Wort der Erkenntnis nach dem gleichen Geist, wieder einem anderen Glaube in dem gleichen Geist.“ e268 6. „Er ließ“ also „Wolken aufsteigen vom Ende der Erde, machte Blitze zu Regen und entließ Winde aus seinen Vorratskammern.“ f Auch wir hoffen durch Gott zu diesen Vorratskammern zu gelangen. Und es zahlreiche Vorratskammern gibt, wird es vielleicht entsprechend der Ordnung der Auf-

wendig wieder – offenbar ohne einen Blick in den vor ihm liegenden Jeremiatext zu werfen – und erklärt sie. 266 Zu dieser Bibelstelle bei Origenes siehe Fürst/Hengstermann, OWD 10, 36–45, zu in Is. hom. 3 (GCS Orig. 8, 253–257). 267 Auch Hieronymus, in Hier. II 89,5 (CChr.SL 74, 106), erklärt Jer. 10,13 mit Hilfe von Kol. 2,3. 268 Die Kombination dieser Bibelstelle mit Jes. 11,2f. findet sich schon bei Justin, dial. 39,2 (PTS 47, 134f.).

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ἀναπαύσεις ἐν τοῖς θησαυροῖς τοῦ θεοῦ. Ὃ δὲ λέγω τοιοῦτόν ἐστιν. Ἡ ἀνάστασις τῶν νεκρῶν ἐν τάγμασίν τισιν γίνεται· φησὶ γὰρ ὁ ἀπόστολος· „ἕκαστος δὲ ἐν τῷ ἰδίῳ τάγματι“.a Καὶ ἐπεὶ μὴ ὡς ἔτυχεν συμφύρεται τὰ τάγματα, τόδε τὸ τάγμα ἔσται ἔν τινι θησαυρῷ θεοῦ καὶ τόδε τὸ τάγμα ἐν ἑτέρῳ θησαυρῷ θεοῦ καὶ τρίτον ἕτερον τάγμα ἔσται ἐν ἄλλῳ θησαυρῷ. Οὗτοι μέντοιγε πάντες οἱ θησαυροὶ ἕνα ἔχουσιν θησαυρόν, ἐν ᾧ κατοικοῦ­ σιν. Διὸ παρὰ τῷ Παύλῳ λέλεκται· „Ἐν ᾧ εἰσιν οἱ θησαυροὶ καὶ τῆς σοφίας καὶ τῆς γνώσεως ἀπόκρυφοι.“ b Καὶ ὥσπερ κτῶμαι τὸν „ἕνα πολύτιμον μαργαρίτην“ c διὰ τῶν πολλῶν μαργαριτῶν, οὕτως ἔρχομαι ἐπὶ τὸν θησαυ­ ρὸν τῶν θησαυρῶν, τὸν κύριον τῶν κυρίων, τὸν βασιλέα τῶν βασιλέων, d ἐπὰν γένωμαι ἄξιος τῶν πνευμάτων τῶν ἀπὸ θησαυρῶν τοῦ θεοῦ· „ἐξήγα­ γεν“ γὰρ „ἀνέμους ἐκ θησαυρῶν αὐτοῦ“. e 7. „Ἐμωράν||θη πᾶς ἄνθρωπος ἀπὸ γνώσεως.“ f Εἰ πᾶς ἄνθρωπος ἐμω­ ράνθη ἀπὸ γνώσεως, καὶ Παῦλός ἐστιν ἄνθρωπος, Παῦλος ἐμωράνθη ἀπὸ γνώσεως ἐκ μέρους γινώσκων καὶ ἐκ μέρους προφητεύων, g ἐμωράνθη ἀπὸ γνώσεως δι᾽ ἐσόπτρου βλέπων, ἐν αἰνίγματι βλέπων, h πολλοστημόριον καί, εἰ ἔστιν εἰπεῖν, ἀπειροστημόριον βλέπων καὶ καταλαμβάνων τῶν πραγ­ μάτων. Ἐκ τοῦ ἐναντίου δὲ νοήσεις τὸ „ἐμωράνθη πᾶς ἄνθρωπος ἀπὸ γνώσεως“. i Ἔστιν ἁμαρτήματα τῆς Ἱερουσαλήμ, ἁμαρτήματα καὶ Σοδό­ μων, ἀλλὰ συγκρίσει τῶν χειρόνων ἁμαρτημάτων τῆς Ἱερουσαλὴμ δικαιο­ σύνη ἐστὶν τὰ Σοδόμων ἁμαρτήματα· ἐδικαιώθη γάρ φησι Σόδομα ἐκ σοῦ. j Ὥσπερ οὖν οὐχὶ δικαιοσύνη τὰ Σοδόμων ἁμαρτήματα ἀλλὰ ἀδικία, ὡς πρὸς τὴν πλείονα ἀδικίαν δικαιοσύνη ἐστίν, οὕτως ἐκ τοῦ ἐναντίου a

1 Kor. 15,23 bKol. 2,3 cMt. 13,46 dOffb. 17,14; 19,16 10,13) f Jer. 10,14 g1 Kor. 13,9 h1 Kor. 13,12 i Jer. 10,14 3  συμφύρεται Del H (miscentur) συμφέρεται S

e j

Ps. 134(135),7 (vgl. Jer. Ez. 16,51.53

23  δὲ Co H (sed)

269 Zu den verschiedenen, sich dynamisch ständig fortentwickelnden Ordnungen der

Auferstandenen vgl. Origenes, princ. II 10,2 (GCS Orig. 5, 174f.); II 11,6f. (5, 189– 192); in Num. hom. 17,2–4 (GCS Orig. 7, 155–164); res. II frg. bei Pamphilus, apol. Orig. 134 (SC 464, 216); in Rom. comm. II 5,6 (SC 532, 310–312). Siehe dazu Fürst/ Hengstermann, OWD 10, 10. 270 Zu diesem Begriff siehe oben S. 200 Anm. 187. 271 Das aus der platonischen Philosophie stammende dynamische Verhältnis zwischen Einheit und Vielheit bildet die Grundstruktur der Heilsmetaphysik des Origenes, an der alle einzelnen Akte orientiert sind. Das betonte εἷς μαργαρίτης in Mt. 13,46 fällt ihm daher ebenso auf wie beispielsweise die Junktur ἄνθρωπος εἷς bzw. uir unus in 1 Sam. 1,1 in der Übersetzung Aquilas (I p. 487 Field) und des Hieronymus (in der Vulgata: p. 366 Weber/Gryson), an die er eine eingehende Reflexion über die Einheit hängt: in Regn. hom. lat. 4 (GCS Orig. 8, 5–7). Hinter sämtlichen Überlegungen in der vorliegenden Predigt, angefangen von den „Epinoiai“ Christi bis hin zu den diversen „Vorratskammern“ und „Geistern“, steht diese Denkfigur des metaphysisch-ethischen Einheitsdenkens. Siehe dazu Fürst, OWD 7, 31–59.

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erstandenen269 Ruheplätze270 in den Vorratskammern Gottes geben. Ich meine damit Folgendes: Die Auferstehung der Toten erfolgt in bestimmten Ordnungen, denn der Apostel sagt: „jeder aber in der ihm eigenen Ordnung“.a Und da die Ordnungen nicht aufs Geratewohl gemischt sind, wird die eine Ordnung in der einen Vorratskammer Gottes sein, die andere Ordnung in einer anderen Vorratskammer Gottes, und eine dritte weitere Ordnung wird in einer anderen Vorratskammer sein. Alle diese Vorratskammern haben aber gleichwohl eine einzige Vorratskammer, in der sie ihre Bleibe haben. Deswegen ist bei Paulus gesagt: „In dem die Vorratskammern der Weisheit wie der Erkenntnis verborgen sind.“ b Und wie ich die „eine besonders wertvolle Perle“ c durch die vielen Perlen erwerbe,271 so gelange ich zur Vorratskammer der Vorratskammern, zum Herrn der Herren, zum König der Könige,d wenn ich der Geister aus den Vorratskammern Gottes würdig werde. Denn „er entließ Winde aus seinen Vorratskammern.“ e 7. „Töricht geworden ist jeder Mensch infolge von Erkenntnis.“ f Wenn jeder Mensch infolge von Erkenntnis töricht geworden ist und Paulus ein Mensch ist, ist Paulus infolge von Erkenntnis töricht geworden, da er teilweise erkennt und teilweise prophezeit,g ist er infolge von Erkenntnis töricht geworden, da er durch einen Spiegel schaut, in rätselhafter Erscheinung schaut h und von den Dingen nur einen ganz kleinen Teil und, wenn man es so ausdrücken kann,272 einen unendlich kleinen Teil schaut und erfasst. Vom Gegenteil her wirst du aber die Aussage verstehen: „Töricht geworden ist jeder Mensch infolge von Erkenntnis.“ i Es gibt Sünden Jerusalems und Sünden Sodoms, doch im Vergleich mit den schlimmeren Sünden Jerusalems sind die Sünden Sodoms Gerechtigkeit, denn für gerecht befunden, heißt es, wurde Sodom, geht man von dir aus.j273 Wie also die Sünden Sodoms nicht Gerechtigkeit, sondern Unrecht, im Blick auf größeres Unrecht Gerechtigkeit sind, so ist umgekehrt die Erkenntnis,274 sogar die Erkenntnis, über 272 Zu solchen Neologismen des Origenes, hier das Wort ἀπειροστημόριον, siehe oben

S. 122 Anm. 37.

273 Der Satz ist kein wörtliches Zitat, findet sich als solches allerdings bei Origenes, in

Matth. comm. ser. 76 (GCS Orig. 11, 177): Et quod dicit Ezechiel ad Jerusalem: „iustificata est magis Sodoma ex te“. Vgl. auch Const. apost. II 60,1 (SC 320, 326). 274 Hieronymus hat in seiner Übersetzung dieses erstmalige γνῶσις weggelassen, „vielleicht mit Recht“, wie Klostermann, GCS Orig. 3, 61 app. crit., meint, denn das ergibt einen flüssigeren Satz. Doch ergibt der Text, wie er vorliegt, einen guten Sinn: Origenes hebt betont hervor, dass generell jede menschliche Erkenntnis, sogar eine Erkenntnis wie die, über die Paulus verfügt, im Vergleich zur vollkommenen Erkenntnis im Himmel Torheit ist. Der ganze Abschnitt ist ein Musterbeispiel für das relationale Denken des Origenes, der nicht in Gegensätzen denkt, die sich ausschließen, sondern in Antithesen und Relationen, die sich je nach Bezugspunkt verschieben. Siehe dazu Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 654; Völker, Vollkommenheitsideal 132; Gruber, ΖΩΗ 73–79 (zur vorliegenden Stelle ebd. 74).

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γνῶσις, ἡ οὖσα Παύλῳ γνῶσις, ὡς πρὸς τὴν γνῶσιν ἐκείνην τὴν οὖσαν ἐν τοῖς οὐρανοῖς, ὡς πρὸς τὴν τελείαν γνῶσιν μωρία ἐστίν. Διὰ τοῦτο „ἐμω­ ράνθη πᾶς ἄνθρωπος ἀπὸ γνώσεως“.a Τοιοῦτόν τι οἶμαι καταλαμβάνων ὁ Ἐκκλησιαστὴς ἔλεγεν· „Εἶπα· σοφισθήσομαι· καὶ αὐτὴ ἐμακρύνθη ἀπ̓ ἐμοῦ μακρὰν ὑπὲρ ὃ ἦν, καὶ βαθὺ βάθος, τίς εὑρήσει αὐτό;“ b 8. Μέλλει τι ἐπιτολμᾶν ὁ λόγος καὶ λέγειν, ὅτι τὸ ἐπιδημῆσαν τῷ βίῳ ἐκένωσεν ἑαυτό, c ἵνα τῷ κενώματι αὐτοῦ πληρωθῇ ὁ κόσ|μος. Εἰ δὲ ἐκένω­ σεν ἐκεῖνο τὸ ἐπιδημῆσαν τῷ βίῳ, αὐτὸ ἐκεῖνο τὸ κένωμα σοφία ἦν· „ὅτι τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ σοφώτερον τῶν ἀνθρώπων ἐστίν“. d Εἰ ἐγὼ εἰρήκειν „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ“, πῶς ἂν οἱ φιλαίτιοι εκάλεσάν μοι; πῶς ἂν ἐμέμψαντό μοι; πῶς ἂν χιλίων μὲν εἰρημένων τῶν νομιζομένων καὶ αὐτοῖς καλῶν, τούτου δὲ ὡς οἴονται οὐ || καλῶς εἰρημένου κατηγορήθην, διότι εἶπον τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ; Νυνὶ δὲ Παῦλος ὡς σοφὸς καὶ ἐξουσίαν ἔχων ἀποστολικὴν ἐτόλμησεν εἰπεῖν πᾶσαν τὴν ἐπὶ γῆς σοφίαν, καὶ τὴν ἐν αὐτῷ καὶ τὴν ἐν Πέτρῳ καὶ τοῖς ἀποστόλοις, πᾶσαν τὴν ἐπιδημήσασαν τῷ κό­ σμῳ εἶναι „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ“. Ὡς γὰρ πρὸς ἐκείνην τὴν σοφίαν, ἣν οὐ χωρεῖ ἐπὶ γῆς τόπος, ὡς πρὸς ἐκείνην τὴν σοφίαν τὴν ὑπερουράνιον, τὴν ὑπερκόσμιον, τοῦτο τὸ ἐπιδημῆσαν „μωρὸν τοῦ θεοῦ“. Ἀλλὰ τοῦτο „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ σοφώτερον τῶν ἀνθρώπων ἐστίν“. e Ποίων ἀνθρώπων; Οὐ τῶν μωρῶν λέγω, ἀλλὰ σοφώτερόν ἐστι καὶ τῶν σοφῶν ἀνθρώπων· κἂν τοὺς σοφοὺς εἴπῃς τοῦ αἰῶνος τούτου εἴτε ἄρχοντας εἴτε προφήτας τῶν ἀρχόντων τοῦ αἰῶνος τούτου f „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ“, ὃ διηγησάμην, „σο­ φώτερον τῶν ἀνθρώπων ἐστίν“. g 9. Παράδοξόν τι μέλλει λέγειν ὁ λόγος, ὅτι „ἡ σοφία τοῦ κόσμου μωρία παρὰ τῷ θεῷ ἐστιν“, h καὶ „ἐμώρανεν ὁ θεὸς τὴν σοφίαν τοῦ κόσμου“. i Ἆρα ἐν σοφίᾳ ἐμώρανεν τὴν σοφίαν τοῦ κόσμου; Καὶ δύναται χωρῆσαι τὴν σοφίαν, ἵν̓ ἐλεγχθῇ μωρὰ εἶναι, ἡ τοῦ κόσμου σοφία; Ἀγωνίζεται γὰρ ἡ a

Jer. 10,14 bKoh. 7,23f. cPhil. 2,7 1,25 h1 Kor. 3,19 i 1 Kor. 1,20

d

1 Kor. 1,25

e

1 Kor. 1,25

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1 Kor. 2,6.8

7  ἑαυτὸ Kl ἑαυτὸν S 8  ἑαυτὸ Kl mit H (se) 10  ἐνεκάλεσάν Kl (non) οὖν S 26  δύναται Hu H (potest) δύνασαι S

g

1 Kor.

16  οὐ Kl mit H

275 Eine ähnliche Wendung, um die Kühnheit einer Deutung zum Ausdruck zu bringen,

unten in Hier. hom. 20(19),8 (GCS Orig. 32, 190). Vgl. ferner in Ps. 15 hom. 1,5 (GCS Orig. 13, 82); in Ps. 77 hom. 4,6 (13, 396). 276 Vgl. Origenes, Cels. IV 15 (GCS Orig. 1, 284f.): „Jenes Wesen aber, das zu den Menschen herabgestiegen ist, existierte ‚in Gottes Gestalt‘, und aus Liebe zu den Menschen ‚entäußerte er sich selbst‘ (Phil. 2,6f.), um von den Menschen aufgenommen werden zu können.“ Übersetzung: Barthold, FC 50/3, 687. Durch diese Selbstentäußerung der Weisheit empfängt die Welt die Fülle der Weisheit: Fédou, Sagesse 328–330.

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die Paulus verfügt, im Blick auf jene Erkenntnis im Himmel, im Blick auf die vollkommene Erkenntnis,Torheit. Deshalb „ist jeder Mensch infolge von Erkenntnis töricht geworden“.a Etwas Ähnliches, denke ich, erfasste Kohelet, als er sagte: „Ich sprach: Ich will weise werden. Doch die Weisheit entfernte sich von mir ferner, als sie war, und das Tiefe der Tiefe: Wer wird es finden?“ b 8. Der Bibeltext möchte eine kühne Aussage machen:275 Was in das Leben einging, entäußerte sich selbst,c damit durch seine Entäußerung die Welt erfüllt werde.276 Wenn aber jenes, was in das Leben einging, entäußerte, war eben jene Entäußerung Weisheit; „denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen.“ dWenn ich vom „Törichten an Gott“ gesprochen hätte, wie sehr würden die Besserwisser über mich herfallen? Wie sehr würden sie mich beschimpfen? Wiewohl ich tausend Dinge gesagt habe, die auch sie für schön halten, wie sehr würde ich, weil sie meinen, das sei kein schöner Ausdruck, verurteilt werden, weil ich vom „Törichten an Gott“ gesprochen habe? Nun aber hat Paulus, der doch ein Weiser mit apostolischer Vollmacht ist, zu sagen gewagt, dass die ganze Weisheit auf Erden, auch seine eigene und die des Petrus und der Apostel, die ganze auf der Welt vorhandene Weisheit, „das Törichte an Gott“ ist. Denn im Blick auf jene Weisheit, die kein Ort auf Erden zu fassen vermag, im Blick auf jene überhimmlische,277 überweltliche Weisheit, ist das, was hier vorhanden ist, „das Törichte an Gott“. Aber dieses „Törichte an Gott ist weiser als die Menschen“.e Als welche Menschen? Ich spreche nicht von den Toren, sondern es ist auch weiser als die weisen Menschen. Auch wenn du unter den Weisen dieser Welt die Herrscher oder die Propheten der Herrscher dieser Welt f verstehst,278 „ist das Törichte an Gott“, das ich erklärt habe, „weiser als die Menschen“.g 9. Etwas Paradoxes will der Bibeltext sagen, dass nämlich „die Weisheit der Welt Torheit ist vor Gott“ h und dass „Gott die Weisheit der Welt zu Torheit gemacht hat“.i279 Hat er etwa in Weisheit die Weisheit der Welt zu ­Torheit gemacht? Und kann die Weisheit der Welt die Weisheit fassen, um der ­Torheit überführt zu werden? Streitet denn die Weisheit Gottes mit der Weisheit der 277 Der Ausdruck geht zurück auf Platon, Phaidr. 247 c 3. Zu seiner christlichen Verwen-

dung vor Origenes siehe Méhat, Le „Lieu supracéleste“, für Origenes etwa orat. 17,2 (GCS Orig. 2, 339); Cels. V 4 (GCS Orig. 2, 4); VI 19 (2, 89f.); VII 44 (2, 196). 278 In 1 Kor. 2,6.8 verbindet Paulus die „Weisheit dieser Welt“ mit den „Herrschern dieser Welt“, unter denen Origenes Dämonen oder heidnische Götter versteht. Bei den „Propheten der Herrscher dieser Welt“ denkt er wohl an die von Apollo inspirierte Pythia oder an die Sibylle: Cels. I 70 (GCS Orig. 1, 124); V 61 (2, 65); VII 3 (2, 154f.). Wenn man den Text mit Nautin, SC 232, 372, und Smith, FaCh 97, 83, so auffasst, also zwischen προφήτας und τῶν ἀρχόντων τοῦ αἰῶνος τούτου kein Komma setzt wie Klostermann, GCS Orig. 3, 62, der letztere Junktur als Genitiv zum folgenden Komparativ zieht, dann wird seine Überlegung, ebd. app. crit., τῶν ἀνθρώπων im Zitat sei vielleicht zu streichen, gegenstandslos. 279 Vgl. auch Hieronymus, in Hier. II 89,5 (CChr.SL 74, 106).

Ὁμιλία ηʹ

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σοφία τοῦ θεοῦ πρὸς τὴν σοφίαν τοῦ κόσμου, ἵνα ἐλεγχθῇ πρὸς αὐτήν; Ἀλλ̓ ὀλίγου τινὸς χρεία ἐστίν, ὅπερ ὀλίγον μωρὸν τοῦ θεοῦ ἐστιν, ἵνα τούτῳ τῷ βραχεῖ μωρῷ τοῦ θεοῦ μωρανθῇ ἡ σοφία τοῦ κόσμου καὶ ἐλεγ­ χθῇ. Οὐ γὰρ ἔφερεν ἡ σοφία τοῦ κόσμου τούτου τὴν σοφίαν τοῦ θεοῦ. Οἷον ἐπὶ παραδείγματος, ἵνα νοήσῃς ὅτι „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ“a „ἐμώρανεν τὴν σοφίαν τοῦ κόσμου“, b δεδόσθω με ἀγωνίζεσθαι, δοκοῦντά με εἰδέναι πολλὰ καὶ πλείονα, πρός τινα ἀνόητον καὶ ἀπαίδευτον καὶ μηδὲν συνιέντα καὶ μὴ ἀγωνιζόμενον ὑπὲρ λόγων γενναίων ὁποιωνδήποτε. Ἆρα χρείαν ἔχω διαλεκτικῆς || πρὸς ἐκεῖνον ἢ θεωρημάτων βαθυτέρων, ἐὰν ᾖ μωρὰ αὐτοῦ τὰ νοήματα; Οὐχ ἑνός μοι λεξιδίου χρεία ἐστὶν ὀλίγῳ δριμυτέρου παρὰ τὴν | ἐκείνου λέξιν, ἵνα ἐλέγξαι δυνηθῶ τὴν ἐκείνου μωρίαν; Οὕτως ἵνα μωραν­ θῇ ἡ σοφία τοῦ κόσμου τούτου, οὐ χρεία τῆς σοφίας τοῦ θεοῦ ἀγωνιζο­ μένης πρὸς αὐτήν (αὐτὴ γὰρ κάτω ἐστίν), ἀλλὰ ἀρκεῖ „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ“, ὅτι „τὸ μωρὸν τοῦ θεοῦ σοφώτερον τῶν ἀνθρώπων ἐστίν, καὶ τὸ ἀσθενὲς τοῦ θεοῦ ἰσχυρότερον τῶν ἀνθρώπων ἐστίν“. c Καὶ πάντα τὰ ἐναν­ τία ὁ σωτήρ μου καὶ κύριος ἀνείληφεν, ἵνα τοῖς ἐναντίοις λύσῃ τὰ ἐναντία, καὶ ἡμεῖς ἰσχυροποιηθῶμεν ἀπὸ τῆς ἀσθενείας Ἰησοῦ καὶ σοφισθῶμεν ἀπὸ τοῦ μωροῦ τοῦ θεοῦ καὶ εἰσαχθέντες ἐν τούτοις δυνηθῶμεν ἀναβῆναι ἐπὶ τὴν σοφίαν, ἐπὶ τὴν ἰσχὺν τοῦ θεοῦ, Χριστὸν Ἰησοῦν, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ d a

1 Kor. 1,25

b

1 Kor. 1,20

c

1 Kor. 1,25

d

1 Petr. 4,11

2  ὅπερ S1 ὁσπερ S* 10  ὀλίγῳ Kl ὀλίγου S 13  αὐτήν Kl mit H (cum ea) αὐτόν S 13  αὐτὴ Kl H (quae) αὐτη S 20  Ἀμήν add. ὁμιλία ηʹ S

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Homilie ,9

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Welt, um sie zu widerlegen? Doch braucht man nur wenig, das in seinem geringen Ausmaß das Törichte an Gott ist, um mit diesem wenigen Törichten an Gott die Weisheit der Welt zu Torheit zu machen und zu widerlegen. Denn die Weisheit dieser Welt hielt der Weisheit Gottes nicht stand. Nehmen wir ein Beispiel, damit du verstehst, dass „das Törichte an Gott“a „die Weisheit der Welt zu Torheit gemacht hat“.b Angenommen, ich, der ich viel und mehr zu wissen scheine, diskutiere mit einem, der unvernünftig und ungebildet ist, nichts versteht und nicht in der Lage ist, über irgendein anspruchsvolles Thema zu diskutieren: Werde ich etwa Dialektik280 oder tiefere Überlegungen gegen jenen brauchen, wenn seine Gedanken töricht sind? Reicht mir nicht ein einziger knapper Satz, der ein bisschen griffiger ist als das, was jener sagt, um seine Torheit widerlegen zu können? Ebenso muss, um die Weisheit dieser Welt zu Torheit zu machen, nicht die Weisheit Gottes mit ihr, die ihr ja weit unterlegen ist, streiten, sondern genügt „das Törichte an Gott“, denn „das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen.“ c Und alle Gegensätze hat mein Erlöser und Herr281 angenommen, um Gegensätzliches mit Gegensätzlichem aufzulösen,282 damit wir durch die Schwäche Jesu gestärkt und durch die Torheit Gottes weise werden und, eingeführt in diese Dinge, hinaufsteigen können zur Weisheit, zur Stärke Gottes, Christus Jesus. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ d

280 Siehe dazu oben S. 125 Anm. 42. 281 Zur Anrede „mein Erlöser und Herr“ oder „mein Herr und Erlöser“ vgl. unten in

Hier. hom. 15,3 (GCS Orig. 32, 127), ferner in Num. hom. 6,3 (GCS Orig. 7, 33); in Ios. hom. 1,4 (GCS Orig. 7, 291); 24,3 (7, 451). 282 Mit dieser Aussage wird Origenes zum Vorläufer der coincidentia oppositorum des Nikolaus von Kues: Schadel, BGrL 10, 280 Anm. 90.

Εἰς τὸ „ὁ λόγος ὁ γενόμενος πρὸς τὸν Ἱερεμίαν παρὰ κυρίου λέγων· Ἀκούσατε τοὺς λόγους τῆς διαθήκης ταύτης“ μέχρι τοῦ „ἐπεστράφησαν ἐπὶ τὰς ἀδικίας τῶν πατέρων αὐτῶν τῶν πρότερον“.a

Ὁμιλία θʹ.

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1. Κατὰ μὲν τὴν ἱστορουμένην παρουσίαν τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χρι­ στοῦ γέγονεν αὐτοῦ ἡ ἐπιδημία σωματικῶς καθολική τις καὶ ἐπιλάμψασα ὅλῳ τῷ κόσμῳ, ὅτε „ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο καὶ ἐσκήνωσεν ἐν ἡμῖν“· b „ἦν“ γὰρ „τὸ φῶς τὸ ἀληθινὸν ὃ φωτίζει πάντα ἄνθρωπον ἐρχόμενον εἰς τὸν κόσμον. Ἐν τῷ κόσμῳ ἦν, καὶ ὁ κόσμος δι᾽ αὐτοῦ ἐγένετο, καὶ ὁ κόσμος αὐτὸν οὐκ ἔγνω. Eἰς τὰ ἴδια ἦλθεν, καὶ οἱ ἴδιοι αὐτὸν οὐ παρέλαβον.“ c Χρὴ μέντοιγε εἰδέναι ὅτι καὶ πρότερον ἐπεδήμει, εἰ καὶ μὴ σωματικῶς, ἐν ἑκά­ στῳ τῶν ἁγίων, καὶ μετὰ τὴν ἐπιδημίαν αὐτοῦ ταύτην τὴν βλεπομένην πάλιν ἡμῖν ἐπιδημεῖ. Καὶ εἰ βούλει τούτων ἀπόδειξιν λαβεῖν, πρόσεχε τῷ „Ὁ λόγος ὁ γενόμενος πρὸς Ἱερεμίαν || παρὰ κυρίου λέγων· ἀκούσατε“ καὶ τὰ | ἑξῆς. d Τίς γάρ ἐστιν ὁ λόγος ὁ γενόμενος παρὰ κυρίου εἴτε πρὸς Ἱε­ ρεμίαν εἴτε πρὸς Ἡσαΐαν εἴτε πρὸς Ἰεζεκιὴλ εἴτε πρὸς ὁνδήποτε ὁ ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεόν; Ἐγὼ οὐκ οἶδα ἄλλον λόγον κυρίου ἢ τοῦτον, περὶ οὗ εἴρηκεν ὁ εὐαγγελιστὴς τὸ „Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος, καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν, καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος.“ e a

Jer. 11,1–10

b

Joh. 1,14

c

Joh. 1,9–11

2  λέγων Co LXX H (dicens) ἀπὸ τῶν S

d

Jer. 11,1f.

e

Joh. 1,1

17  ἢ Lie

283 Ebenso in Is. hom. 1,5 (GCS Orig. 8, 247): „Es gibt nicht nur eine Ankunft meines

Herrn Jesus Christus, nicht nur einen Abstieg zur Erde; zu Jesaja ist er gekommen, zu Mose, zum Volk und zu jedem einzelnen Propheten … Auch wenn er bereits zurückgekehrt ist, wird er noch einmal kommen“ (Übersetzung: Fürst/Hengstermann, OWD 10, 207); in Matth. comm. ser. 28 (GCS Orig. 11, 53); in Ioh. comm. II 1,2–9 (GCS Orig. 4, 52f.). Gemäß einem altkirchlich gängigen Theologumenon (siehe die Belege bei Fürst/Hengstermann, OWD 10, 206 Anm. 28) erklärt Origenes die Theophanien im Alten Testament aufgrund der Transzendenz Gottes des Vaters als Erscheinungen des Logos, beispielsweise in Matth. comm. XII 43 (GCS Orig. 10, 167) zu Ex. 33,20, wonach kein Mensch das Antlitz Gottes sehen und am Leben bleiben kann; in Gen. frg. E 93 Metzler (OWD 1/1, 268) zu Gen. 32,24 (Jakobs Kampf mit Gott). Hanson, Allegory and Event 202, wertet dies kritisch: Für Origenes „there is

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Über: „Das Wort, das vom Herrn an Jeremia erging, lautet: Hört die Worte dieses Bundes“, bis: „Sie kehrten zu den Freveln ihrer Vorväter zurück.“a

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1. Gemäß den Geschichten von der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus war sein Kommen im Leibe gewissermaßen ein universales Ereignis, das die ganze Welt erleuchtet hat, als „das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat.“ b „Es war“ nämlich „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, das in die Welt kommt. Es war in der Welt, und die Welt ist durch es geworden, doch die Welt hat es nicht erkannt. Es kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen es nicht auf.“ c Man muss allerdings wissen, dass er auch schon zuvor kam, wenn auch nicht im Leibe, und zwar in jedem der Heiligen, und dass er nach diesem seinem sichtbaren Kommen noch einmal zu uns kommen wird.283 Und wenn du dafür einen Beweis haben willst, richte deine Aufmerksamkeit auf die Aussage: „Das Wort, das vom Herrn an Jeremia erging, lautet: Hört“ usw.d Denn was ist „das Wort, das vom Herrn erging“, sei es an Jeremia, sei es an Jesaja, sei es an Ezechiel, sei es an wen auch immer, das, das am Anfang bei Gott war? Ich jedenfalls kenne kein anderes Wort des Herrn als das, über das der Evangelist gesagt hat: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ e

no fundamental distinction between the revelation given in the Old Testament and that given in the New“. In der Tat hat Origenes eine Theorie der universalen Immanenz des Logos im sittlich Fortgeschrittenen aller Zeiten entworfen: Fürst/Hengstermann, ebd. 103–112. Der Logos, führt Origenes anhand von Joh. 1,26 aus, war immer in der Welt, er kam nicht erst mit der Inkarnation (als er auch im Leib sichtbar wurde): in Ioh. comm. VI 39,194–197 (GCS Orig. 4, 147f.); vgl. ferner ebd. I 7,37f. (GCS Orig. 4, 11f.); VI 4,17 (4, 110); XIX 5,28 (4, 304); XX 12,87–89 (4, 341), von Hanson, ebd. 203, als „most daring and most shocking point of ex­travagance“ bewertet; XXVIII 24,211 (4, 420); in Ioh. frg. 86 (4, 551); Cels. VII 4 (GCS Orig. 2, 155f.); in Rom. comm. VIII 2,5 (SC 543, 456). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 307f.; Crouzel,Théologie de l’image 81; Gögler, Theologie des biblischen Wortes 255–270; Fédou, Sagesse 128f.; Torjesen, Hermeneutical Pro­cedure 113–119, zu den drei Grundformen der Präsenz des Logos.

Ὁμιλία θʹ



244r

Καὶ ταῦτα δὲ ἡμᾶς εἰδέναι χρή, ὅτι οὓς μάλιστα ἔστιν ὄνασθαι, πρὸς ἕκαστον ἐπιδημία ἐστὶν τοῦ λόγου. Τί γάρ μοι ὄφελος, εἰ ἐπιδεδήμηκεν ὁ λόγος τῷ κόσμῳ, ἐγὼ δὲ αὐτὸν οὐκ ἔχω; Ἐκ δὲ τοῦ ἐναντίου, εἰ καὶ μηδέ­ πω ὅλῳ τῷ κόσμῳ ἐπιδεδήμηκεν, δὸς δέ με γεγονέναι κατὰ τοὺς προ­ φήτας, ἐγὼ ἔχω τὸν λόγον. Καὶ εἴποιμι ἂν ὅτι ὁ Χριστὸς γέγονε πρὸς Μωσέα, πρὸς Ἱερεμίαν, πρὸς Ἡσαΐαν, πρὸς ἕκαστον τῶν δικαίων, καὶ τὸ εἰρημένον ὑπ̓ αὐτοῦ πρὸς τοὺς μαθητάς· „Ἰδού, ἐγώ εἰμι μεθ̓ ὑμῶν πάσας τὰς ἡμέρας ἕως τῆς συντελείας τοῦ αἰῶνος“a ἔργῳ ἐσῴζετο καὶ ἐγίνετο καὶ πρὸ τῆς ἐπιδημίας αὐτοῦ· ἦν γὰρ μετὰ Μωσέως καὶ ἦν μετὰ Ἡσαΐου καὶ μετὰ ἑκάστου τῶν ἁγίων. Πῶς δύνανται ἐκεῖνοι λόγον θεοῦ λελαληκέναι τοῦ λόγου τοῦ θεοῦ μὴ ἐπιδημήσαντος αὐτοῖς; Ταῦτα δὲ μάλιστα καθ̓ ἡμᾶς τοὺς ἐκκλησιαστικοὺς ἀναγκαῖόν ἐστιν γινώσκεσθαι, οἵτινες θέλομεν τὸν αὐτὸν εἶναι θεὸν νόμου καὶ εὐαγγελίου, τὸν αὐτὸν Χριστὸν καὶ τότε καὶ νῦν εἰς πάντας τοὺς αἰῶνας. Ἔσονται δὲ οἱ διακόπτοντες τὴν θεότη­ τα τὴν πρεσβυτέραν τῆς ἐπιδημίας τοῦ σωτῆρος, ὅσον ἐπὶ τῇ ἑαυτῶν ὑπο­ λήψει, ἀπὸ τῆς θεότητος τῆς ἀπαγγελλομένης ὑπὸ Ἰησοῦ Χριστοῦ· ἡμεῖς δὲ ἕνα οἴδαμεν θεὸν καὶ τότε καὶ νῦν, ἕνα Χριστὸν καὶ τότε καὶ || νῦν. Ταῦτα διὰ τὸ „ὁ λόγος ὁ γενόμενος πρὸς Ἱερεμίαν παρὰ κυρίου λέγων“. b a

Mt. 28,20

b

Jer. 11,1

3  ἔχω Hu H (habeam) ἔγνων S 14  καὶ Kl mit H (et) 1  ὄνασθαι Kl ὀνᾶσθαι S 14  ἔσονται Co H (sunt) ἴσονται S 16  ἀπαγγελλομένης Kl (GCS Orig. 3, 348) mit H (quae annuntiatur) ἐπαγγελλομένης S 284 Alle Menschen haben, insofern sie Vernunftwesen (λογικά) sind, Teil am Wort bzw.

der Vernunft (λόγος), weshalb man von der Gegenwart des Wortes in jedem Menschen sprechen kann, wie Origenes das unten in Hier. hom. 14,10 (GCS Orig. 32, 114) ebenfalls mit Bezug auf Joh. 1,9 tut. Je nach Disposition der Einzelnen ist der Logos aber mehr oder weniger präsent und profitieren manche besonders von seiner Gegenwart. 285 Ebenso in Iud. hom. 2,2 (GCS Orig. 7, 473): „Denn was nützt es mir, wenn er (sc. Christus) in anderen aufgrund der Tugend lebt und in mir aufgrund der Schwachheit der Sünde stirbt? Was nützt es mir, wenn er nicht in mir und in meinem Herzen lebt und wenn er nicht in mir die Werke des Lebens vollbringt?“; in Cant. hom. 2,6 (OWD 9/2, 116): „Aber nicht nur in Maria beginnt seine Geburt …, sondern auch in dir wird, wenn du würdig geworden bist, das Wort Gottes geboren“ (Übersetzung: Fürst/Strutwolf, OWD 9/2, 117); in Luc. hom. 22,3 (GCS Orig. 92, 134): „In der Tat, was hätte es dir genutzt, dass Christus einst im Fleische kam, wenn er nicht bis in deine Seele gekommen wäre? Lasst uns darum beten, dass er täglich zu uns komme und dass wir sagen können: ‚Ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir‘ (Gal. 2,20). Wenn nämlich Christus nur in Paulus gelebt hat, aber nicht in mir, welchen Nutzen habe ich davon? Wenn Christus aber auch zu mir kommt und ich mich seiner erfreue, wie Paulus sich seiner erfreut hat, dann kann auch ich wie Paulus sagen: ‚Ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir‘“ (Übersetzung: Sieben, FC 4/1, 243); ferner in Cant. comm. III 13,32 (OWD 9/1, 372); in Ex. hom.

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Aber auch das müssen wir wissen, dass es ein Kommen des Wortes bei jedem Einzelnen von denen gibt, die davon besonders profitieren.284 Denn was nützt es mir, wenn das Wort in die Welt gekommen ist, ich es aber nicht habe?285 Umgekehrt: Auch wenn es noch nicht in die ganze Welt gekommen ist, angenommen aber, ich bin wie die Propheten geworden, dann habe ich das Wort. Und ich möchte behaupten, dass Christus zu Mose kam, zu Jeremia, zu Jesaja, zu jedem Einzelnen der Gerechten, und dass das, was von ihm zu den Jüngern gesagt worden ist: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt“,a in der Tat auch vor seinem Kommen galt und geschah, denn er war mit Mose, er war mit Jesaja und mit jedem der Heiligen. Wie können jene das Wort Gottes verkündet haben, wenn das Wort Gottes nicht zu ihnen gekommen war? Das aber muss besonders unter uns, den Männern der Kirche,286 begriffen werden, da unserer Ansicht nach der Gott des Gesetzes und des Evangeliums derselbe ist, Christus derselbe damals wie jetzt für alle Zeiten. Es werden aber Leute auftreten,287 die die Gottheit vor dem Kommen des Erlösers – freilich nur gemäß ihrer Annahme288  – von der von Jesus Christus verkündeten Gottheit trennen.289 Wir aber kennen nur einen Gott, damals wie jetzt, nur einen Christus, damals wie jetzt.290 Dies zu der Aussage: „Das Wort, das vom Herrn an Jeremia erging, lautet.“ b 10,3 (GCS Orig. 6, 248–250); in Lev. hom. 12,7 (GCS Orig. 6, 466); vgl. auch unten in Hier. hom. lat. 2(2),11 (GCS Orig. 8, 299). Zum Gedanken der Gottesgeburt im Herzen, den Origenes wesentlich geprägt hat und der in der christlichen Mystik ein reiches Nachleben hatte, siehe Rahner, Symbole der Kirche 29–35; Lieske, Logosmystik 67–71; de Lubac, Geist aus der Geschichte 247. 356. 397; ferner unten S. 265 Anm. 313 zum Ende dieser Homilie. 286 So bezeichnet Origenes die Mitglieder der rechtgläubigen Kirche im Gegensatz zu Häretikern: in Ioh. comm. II 13,96 (GCS Orig. 4, 69); Cels. II 6 (GCS Orig. 1, 132) = lateinisch in Ios. hom. 9,8 (GCS Orig. 7, 353); in Lev. hom. 1,1 (GCS Orig. 6, 281); in Luc. hom. 2,2 (GCS Orig. 92, 13); 16,6 (92, 97f.); in Tit. frg. 2 (Opere di Origene 14/4, 394) bei Pamphilus, apol. Orig. 33 (SC 464, 88). 287 Origenes denkt an Markion und die Gnostiker, gegen die er unablässig die Einheit der Schrift und die Einheit Gottes – dazu bes. princ. II 4f. (GCS Orig. 5, 126–139) – verteidigt: siehe oben S. 116 Anm. 22 und S. 167 Anm. 131, dazu auch Nautin, SC 232, 165. 288 Eine solche separierte Gottheit gibt es nach Ansicht des Origenes nicht, weshalb er dem Satz die Kautel hinzufügt, dass zwei derartige Gottheiten nur in der kritisierten Theorie existieren, aber nicht in Wirklichkeit. Nautin, SC 232, 379, übersetzt entsprechend: „qui n’a de réalité que dans leur pensée“. 289 Die Junktur διακόπτοντες τὴν θεότητα begegnet auch in orat. 29,12 (GCS Orig. 2, 387). Vgl. auch die differentiae deitatis, die Origenes, princ. II 7,1 (GCS Orig. 5, 148), Markion und Valentinus zuschreibt. 290 Hieronymus fügt hier hinzu: et unum Spiritum sanctum, cum Patre et Filio sempiternum – „und nur einen Heiligen Geist, ewig zusammen mit dem Vater und dem Sohn“ (Klostermann, Überlieferung 27; GCS Orig. 3, 64 app. crit.; Nautin, SC 232, 40),

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Τί οὖν καὶ ἡμεῖς ἀκούσωμεν; „Ἀκούσατε τοὺς λόγους τῆς διαθήκης ταύτης, καὶ λαλήσατε πρὸς ἄνδρας Ἰούδα καὶ πρὸς τοὺς κατοικοῦντας Ἱε­ ρουσαλήμ.“a Ἄνδρες Ἰούδα ἡμεῖς ἐσμεν διὰ τὸν Χριστόν· | „πρόδηλον γὰρ ὅτι ἐξ Ἰούδα ἀνατέταλκεν ὁ κύριος ἡμῶν“, b καὶ τὸ ὄνομα τοῦ Ἰούδα ἐὰν παραστήσω κατὰ τὴν γραφὴν ἐπὶ τὸν Χριστὸν ἀναφερόμενον, ἄνδρες Ἰού­ δα οἱ ἀπιστοῦντες τῷ Χριστῷ Ἰουδαῖοι οὐκ ἔσονται, ἀλλ̓ ἡμεῖς ὅσοι πι­ στεύομεν ἐπὶ τὸν Χριστόν. „Ἰούδα, σὲ αἰνέσαισαν οἱ ἀδελφοί σου· αἱ χεῖρές σου ἐπὶ νώτου τῶν ἐχθρῶν σου.“ c „Σὲ αἰνέσαισαν.“ Οὐκ ἐκεῖνον τὸν Ἰού­ δαν τὸν υἱὸν τοῦ Ἰακὼβ οἱ ἀδελφοὶ αὐτοῦ ᾔνεσαν. Τοῦτον δὲ τὸν Ἰούδαν αἰνέσουσιν οἱ ἀδελφοί, ἐπεί φησιν οὗτος ὁ Ἰούδας· „Διηγήσομαι τὸ ὄνομά σου τοῖς ἀδελφοῖς μου, ἐν μέσῳ ἐκκλησίας ὑμνήσω σε.“ d Οὐ λέγεται πρὸς ἐκεῖνον τὸν Ἰούδαν· „Αἱ χεῖρές σου ἐπὶ νώτου τῶν ἐχθρῶν σου.“ Ποῦ εὑρί­ σκεται ἐπὶ νώτου τῶν ἐχθρῶν τὰς χεῖρας ἐκεῖνος ὁ Ἰούδας ἐπιτιθείς; Ἡ ἱστορία οὐδὲν τοιοῦτον ἀνέγραψεν περὶ αὐτοῦ. Ἐὰν δὲ νοήσῃς τὴν ἐπιδη­ μίαν τοῦ κυρίου Ἰησοῦ καταργοῦντος τὸν διάβολον, ἀπεκδυομένου τὰς ἀρχὰς καὶ τὰς ἐξουσίας καὶ δειγματίζοντος καὶ θριαμβεύοντος ἐν τῷ ξύλῳ, e ὁρᾷς πῶς ἐπὶ τοῦτον τὸν Ἰούδαν πεπλήρωται ἡ λέγουσα προφητεία· „Αἱ χεῖρές σου ἐπὶ νώτου τῶν ἐχθρῶν σου.“ f Εἰ τοῦθ̓ οὕτως ἔχει, λέγει δὲ ὁ λόγος νῦν „πρὸς ἄνδρας Ἰούδα“, πρὸς τίνας ἂν λέγοι ἢ πρὸς ἡμᾶς τοὺς πιστεύοντας ἐπὶ τὸν Χριστόν, διὰ τὴν φυλὴν Ἰούδα λεγόμενόν πως καὶ Ἰούδαν; 2. „Πρὸς ἄνδρας Ἰούδα“ λέγεται ὁ λόγος „καὶ πρὸς τοὺς κατοι­ κοῦντας Ἱερουσαλήμ.“ g Αὕτη ἐστὶν ἡ ἐκκλησία· ἔστιν || γὰρ ἡ πόλις τοῦ θεοῦ ἡ ἐκκλησία, h ἡ Ὅρασις τῆς εἰρήνης, ἐν αὐτῇ ἐστιν ἡ εἰρήνη ἣν ἤγαγεν ἡμῖν, i εἴγε ἐσμὲν τέκνα εἰρήνης, j πληθύνεται καὶ ὁρᾶται. „Ἀκούσατε“ οὖν „τοὺς λόγους τῆς διαθήκης ταύτης, καὶ λαλήσατε πρὸς ἄνδρας Ἰούδα καὶ τοὺς κατοικοῦντας Ἱερουσαλήμ. Καὶ ἐρεῖς πρὸς αὐτούς· τάδε λέγει κύριος ὁ θεὸς · ἐπικατάρατος ἄνθρωπος ὃς οὐκ ἀκού­ σεται τῶν λόγων τῆς διαθήκης, ἧς ἐνετειλάμην τοῖς πατράσιν ὑμῶν.“ k Τίς a f

Jer. 11,2 Gen. 49,8

b

c d e Hebr. 7,14 Gen. 49,8 Ps. 21(22),23 Kol. 2,15 (vgl. 1 Kor. 15,24) Jer. 11,2 hOffb. 3,12 i Joh. 14,27 j Lk. 10,6 kJer. 11,2–4

g

5  κατὰ Kl mit H (iuxta) καὶ S 18  εἰ τοῦθ̓ Co εἰτ᾽ οὐθ̓ S 19  ἄνδρας Kl mit H (uiros) ἄνδρα S 19  ἢ Co ἡ S 21  ἄνδρας Ἰούδα Co ἄνδρα ἰούδαν S 27  Ἰσραήλ Co LXX

um die Aussage orthodox im Sinne der Trinitätslehre des 4. Jahrhunderts klingen zu lassen: Peri, I passi sulla Trinità 161; Fürst/Hengstermann, OWD 10, 172f.; Fürst, Hieronymus gegen Origenes 223. 291 Dasselbe oben in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 25) und 5,15 (32, 45). 292 Vgl. in Ioh. comm. I 23,142f. (GCS Orig. 4, 28). 293 Vgl. ebd. XIX 5,28 (4, 304). 294 Origenes zitiert Kol. 2,15 in der Regel mit der Wendung „am Holz“ (ἐν τῷ ξύλῳ) statt „in ihm“ (ἐν αὐτῷ): in Ioh. comm. VI 55,285 (GCS Orig. 4, 164); in Matth.

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Was nun sollen auch wir hören? „Hört die Worte dieses Bundes und sprecht zu den Männern von Juda und zu den Bewohnern von Jerusalem!“a Männer von Juda sind wir wegen Christus. „Es ist ja bekannt, dass unser Herr aus Juda hervorgegangen ist“,b291 und wenn ich nachweise, dass sich der Name Juda nach der Schrift auf Christus bezieht,292 werden Männer von Juda nicht die Juden sein, die nicht an Christus glauben, sondern wir alle, die wir an Christus glauben. „Juda, dich sollen deine Brüder loben: Deine Hände auf den Nacken deiner Feinde!“ c „Sie sollen dich loben.“ Nicht jenen Juda, den Sohn Jakobs, lobten seine Brüder. Diesen Juda aber werden die Brüder loben, weil dieser Juda sagt: „Ich werde deinen Namen meinen Brüdern verkünden, inmitten der Gemeinde werde ich dich lobpreisen.“ d293 Nicht zu jenem Juda wird gesagt: „Deine Hände auf den Nacken deiner Feinde!“ Wo findet man, dass jener Juda die Hände auf den Nacken der Feinde gelegt hat? Die Geschichte hat nichts Derartiges über ihn aufgeschrieben. Wenn du aber darunter das Kommen des Herrn Jesus verstehst, der den Teufel vernichtet, die Mächte und die Gewalten entwaffnet, sie bloßstellt und am Holz294 über sie triumphiert,e dann siehst du, wie sich an diesem Juda die Prophezeiung erfüllt, die besagt: „Deine Hände auf den Nacken deiner Feinde!“ f Wenn sich dies so verhält, das Wort aber jetzt „zu den Männern von Juda“ spricht, zu wem spricht es dann wohl, wenn nicht zu uns, die wir an Christus glauben, der wegen des Stammes Juda irgendwie auch Juda genannt wird? 2. „Zu den Männern von Juda“ wird das Wort gesprochen „und zu den Bewohnern von Jerusalem.“ g Das ist die Kirche, denn die Kirche ist die Stadt Gottes,h295 die Schau des Friedens.296 In ihr ist der Friede, den er uns gebracht hat,i und wenn wir wirklich Kinder des Friedens j sind, mehrt er sich und wird geschaut. „Hört“ also „die Worte dieses Bundes und sprecht zu den Männern von Juda und den Bewohnern von Jerusalem! Und du wirst zu ihnen sagen: Dies sagt der Herr, der Gott :Verflucht sei der Mensch, der nicht auf die Worte des Bundes hören wird, den ich euren Väter auferlegt habe.“ kWer  hört

comm. X 17 (GCS Orig. 10, 22); XII 25 (4, 127); XII 40 (4, 158); Cels. I 55 (GCS Orig. 1, 106). Siehe dazu Nautin, SC 232, 122. 295 Vgl. sel. in Ps. 45,5 (PG 12, 1433): πόλις θεοῦ ἤτοι ἡ ἐκκλησία. 296 Die Etymologie geht auf Philon, somn. II 250 (III p. 298 Cohn/Wendland), zurück. Er erklärt so den hebräischen Namen der Stadt Jerusalem ‫( ירושלים‬Jeruschalajim): ‫ירו‬ (jiru) ist eine Form des Verbs ‫( ראה‬ra’ah): sehen; ‫( שלום‬schalom) ist der Friede. So auch Hieronymus, int. hebr. nom. p. 50 Lagarde (CChr.SL 72, 121): Ierusalem uisio pacis; p. 62 (72, 136); p. 74 (72, 152); p. 75 (72, 154); Wutz, Onomastica sacra 109f. 585. Siehe auch unten in Hier. hom. 13,2 (GCS Orig. 32, 103); lat. 2(2),1 (GCS Orig. 8, 291): in Hierusalem, in locum uisionis pacis; in Ios. hom. 21,2 (GCS Orig. 7, 431); in Cant. comm. II 1,28 (OWD 9/1, 186); in Ioh. frg. 80 (GCS Orig. 4, 547). Siehe dazu Brox, Das „irdische Jerusalem“ 158f.

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μάλιστα ἀκούει τῶν λόγων τῆς διαθήκης, ἧς ἐνετείλατο ὁ θεὸς τοῖς πατρά­ σιν; Ἆρά γε οἱ πιστεύοντες ἐπ̓ αὐτὸν ἢ οἱ μηδὲ Μωσεῖ πιστεύειν ἀποδεικ­ νύμενοι ἐκ τοῦ μὴ πεπιστευκέναι ἐπὶ τὸν κύριον; Φησὶ γὰρ ὁ σωτὴρ πρὸς ἐκείνους· „Εἰ ἐπιστεύετε Μωσεῖ, ἐπιστεύετε ἂν ἐμοί· περὶ γὰρ ἐμοῦ ἐκεῖνος ἔγραψεν. Eἰ δὲ τοῖς ἐκείνου γράμμασιν οὐ πιστεύετε, πῶς τοῖς ἐμοῖς ῥήμα­ σι πιστεύσετε;“a Οὐκοῦν ἐκεῖνοι εἰς Μωσῆν οὐ πεπιστεύκασιν, ἡμεῖς δὲ πιστεύοντες εἰς Χριστὸν πιστεύομεν τῇ διαθήκῃ τῇ διὰ Μωσέως, καὶ πρὸς ἡμᾶς λέγεται, ἵνα μὴ κατάρατοι γενώμεθα· „Ἐπικατάρατος ὁ ἄνθρωπος ὃς οὐκ ἀκούσεται τῶν λόγων τῆς διαθήκης, ἧς ἐνετειλάμην τοῖς πατράσιν.“ b Ἐκεῖνοι οὖν ἔχουσιν τὸ ἐπικατάρατοι εἶναι· οὐ γὰρ ἤκουσαν τῆς διαθήκης, ἧς ἐνετείλατο ὁ θεὸς τοῖς πατράσιν. „Ἐν ἡμέρᾳ“ φησὶν „ᾗ ἀνήγαγον αὐτοὺς ἐκ γῆς Αἰγύπτου, ἐκ τῆς καμί­ νου τῆς σιδηρᾶς.“ c Καὶ ἡμᾶς ἑξήγαγεν ὁ θεὸς ἐκ γῆς Αἰγύπτου, ἐκ τῆς καμίνου τῆς σιδηρᾶς, μάλιστα κατὰ τὸν νοήσαντα τὸ γεγραμμένον ἐν τῇ Ἀποκαλύψει Ἰωάννου, ὅτι ὁ τόπος „ὅπου ὁ κύριος αὐτῶν ἐσταυρώθη κα­ λεῖται πνευματικῶς Σόδομα καὶ Αἴγυπτος“. d Εἰ γὰρ πνευματικῶς καλεῖται Αἴγυπτος, οὐκ ἔστιν δὲ αὕτη ἡ Αἴγυπτος ἡ πνευματικῶς καλουμένη Αἴγυ­ πτος, αἰσθητὴ γάρ, δῆλον ὅτι ἐὰν νοήσῃς τὴν πνευματικῶς καλουμένην Αἴγυπτον καὶ ἐ||ξέλθῃς ἀπ̓ αὐτῆς, σὺ εἶ ὁ ἐξελθὼν ἐκ γῆς Αἰγύπτου καὶ ἐκ τῆς καμίνου τῆς σιδηρᾶς καὶ λέγεται πρὸς σέ· „Ἀκούσατε τῆς φωνῆς μου καὶ ποιήσατε κατὰ πάντα“ e ταῦτα. Εἶτ̓ ἐπαγγελία τοῦ θεοῦ ἐστι πρὸς τοὺς ἀκούοντας, ἐὰν ποιήσωσιν ἃ ἐντέταλται, λέγουσα· „Καὶ ἔσεσθέ μοι εἰς λαὸν κἀγὼ ἔσομαι ὑμῖν εἰς θεόν.“ f Οὐ πᾶς ὁ λέγων [ὁ] λαὸς εἶναι θεοῦ λαὸς ἔστιν θεοῦ. Ἐκεῖνος οὖν ὁ ἐπαγ­ γειλάμενος εἶναι λαὸς θεοῦ „οὐ λαός μου ὑμεῖς“ ἤκουσαν ἐν τῷ „διότι οὐ λαός μου ὑμεῖς“, καὶ ἐρρήθη πρὸς τὸν λαὸν ἐκεῖνον „οὐ λαός μου“, g καὶ πάλιν οὗτος ὁ λαὸς ἐκλήθη λαός. h | „Αὐτοὶ“ γὰρ „παρεζήλωσάν με ἐπ̓ οὐ θεῷ“ (περὶ ἐκείνων δὲ λέγει), „παρώργισάν με ἐν τοῖς εἰδώλοις αὐτῶν· κἀγὼ παραζηλώσω αὐτοὺς ἐπ̓ οὐκ ἔθνει, ἐπ̓ ἔθνει ἀσυνέτῳ παροργιῶ αὐτούς.“ i 3. Γεγόναμεν οὖν ἡμεῖς τῷ θεῷ εἰς λαόν, καὶ ἡ δικαιοσύνη τοῦ θεοῦ ἀναγγέλλεται τῷ λαῷ τῷ τεχθησομένῳ j τῷ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν. Οὗτος γὰρ ὁ λαὸς τίκτεται ἀθρόως, καὶ ἐν τῷ προφήτῃ δὲ εἴρηται· εἰ „ἐτέχθη ἔθνος ἅπαξ“. k Ἐτέχθη δὲ ἔθνος εἰς ἅπαξ, ὅτε ἐπιδεδήμηκεν ὁ σωτὴρ a

Joh. 5,46f. Hos. 2,25

h

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b Jer. 11,3f. Dtn. 32,21

c j

Jer. 11,4 dOffb. 11,8 Ps. 21(22),32 kJes. 66,8

e

Jer. 11,4

f

Jer. 11,4

g

Hos 1,9

2  μηδὲ Μωσεῖ Kl mit H (nec Moysi) μηδαμῶς S 6  Μωσῆν Kl μωϋσῆν S 22  εἶτ̓ Kl mit H (deinde) ἥ τ̓ S 24  ὁ2 del. Bl Koe 33  εἰς ἅπαξ1 Co C LXX H (in semel)

297 Für Origenes ist „Ägypten“ Symbol für „diese Welt“: in Ex. hom. 2,1 (GCS Orig. 6,

155), für „das dunkle Leben in der Weltzeit“ und „für die Dunkelheiten des Unwissens“: ebd. 3,3 (6, 165. 167). Vgl. auch orat. 13,4 (GCS Orig. 2, 328). Er greift damit ein

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vor allem auf die Worte des Bundes, den Gott den Vätern auferlegt hat? Sind es die, die an ihn glauben, oder sind es die, denen nachgewiesen wird, dass sie auch dem Mose nicht glauben, weil sie nicht an den Herrn geglaubt haben? Der Erlöser sagt nämlich zu jenen: „Wenn ihr Mose glauben würdet, würdet ihr mir glauben; denn jener hat über mich geschrieben.Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?“a Demnach haben jene nicht an Mose geglaubt, indem wir aber an Christus glauben, glauben wir dem durch Mose geschlossenen Bund und wird zu uns gesagt, damit wir nicht verflucht werden: „Verflucht sei der Mensch, der nicht auf die Worte des Bundes hören wird, den ich den Vätern auferlegt habe.“ b Jene also sind es, die verflucht sind, denn sie haben nicht auf den Bund gehört, den Gott den Vätern auferlegt hat. „An dem Tag“, heißt es, „an dem ich sie aus dem Land Ägypten heraufgeführt habe, aus dem Schmelzofen des Eisens.“ c Auch uns hat Gott „aus dem Land Ägypten, aus dem Schmelzofen des Eisens“ herausgeführt, insbesondere wenn man versteht, was in der Offenbarung des Johannes geschrieben steht, dass nämlich der Ort, „wo ihr Herr gekreuzigt wurde, im geistigen Sinn Sodom und Ägypten genannt wird“.d Denn wenn im geistigen Sinn von Ägypten die Rede ist, es aber nicht dieses Ägypten ist, das im geistigen Sinn Ägypten genannt wird – dieses ist ja sinnlich wahrnehmbar –, dann ist klar, wenn du das geistig genannte Ägypten verstehst und aus ihm herausgehst,297 dass du es bist, der „aus dem Land Ägypten und aus dem Schmelzofen des Eisens“ herausgeht, und dass zu dir gesagt wird: „Hört auf meine Stimme und tut in allem“ e diese Dinge. Sodann gibt es eine Verheißung Gottes für die Hörer, wenn sie das Aufgetragene tun, die besagt: „Und ihr werdet mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein.“ f Nicht jedes Volk, das sagt, es sei Volk Gottes, ist Volk Gottes. Jenes Volk nun, dem verheißen wurde,Volk Gottes zu sein, bekam „Ihr seid nicht mein Volk“ zu hören in dem Satz: „Deshalb seid ihr nicht mein Volk“, und zu jenem Volk wurde gesagt: „Nicht mein Volk“,g und andererseits wurde ­dieses Volk hier Volk genannt.h Denn „diese haben mich eifersüchtig gemacht auf einen Nicht-Gott“ – er spricht über jene –, „mich mit ihren Götterbildern zornig gemacht. Auch ich will sie eifersüchtig machen auf ein NichtVolk, sie auf ein unverständiges Volk zornig machen.“i 3. Wir also sind Gott ein Volk geworden, und die Gerechtigkeit Gottes wird dem Volk verkündet, das aus den Heidenvölkern hervorgehen wird.j Denn dieses Volk wird als ganzes auf einmal entstehen, und beim Propheten steht die Frage, ob „ein Volk einmal entstanden ist“.k Es ist aber ein Volk auf einmal entstanMotiv auf, das auch bei Clemens von Alexandria, strom. I 5,30 (GCS Clem. Al. 24, 20): Αἴγυπτος δὲ ὁ κόσμος ἀλληγορεῖται, zu finden ist. Es geht schon auf das Alte Testament zurück, in dem „Ägypten“ Chiffre für die böse, im religiösen wie im ethischen Sinn verderbte Welt ist.

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καὶ ἐπίστευσαν ἐν μιᾷ ἡμέρᾳ χιλιάδες πέντεa καὶ προσετέθησαν ἄλλῃ ἡμέρᾳ χιλιάδες τρεῖς. b Καὶ ἔστιν ἰδεῖν ὅλον λαὸν τικτόμενον λόγῳ θεοῦ καὶ ἀθρόως τίκτουσαν τὴν στεῖραν, τὴν πρότερον οὐ τεκοῦσαν, πρὸς ἣν λέγεται· „Εὐ­ φράνθητι στεῖρα ἡ οὐ τίκτουσα, ῥῆξον καὶ βόησον ἡ οὐκ ὠδίνουσα, ὅτι πολλὰ τὰ τέκνα τῆς ἐρήμου μᾶλλον ἢ τῆς ἐχούσης τὸν ἄνδρα.“ c Ἔρημος αὕτη νόμου, ἔρημος αὕτη θεοῦ ἦν· ἔχουσα δὲ ἄνδρα τὸν νόμον ἐκείνη ἡ συναγωγὴ λέλεκται. Τί οὖν μοι ἐπαγγέλλεται ὁ θεός; „Ἔσεσθέ μοι εἰς λαὸν κἀγὼ ἔσομαι ὑμῖν εἰς θεόν.“ d Οὐκ ἔστιν πάντων θεὸς ἀλλ̓ ἢ ἐκείνων οἷς χαρίζεται ἑαυτόν, ὥσπερ ἐχαρίσατο ἑαυτὸν τῷ πατριάρχῃ ἐκείνῳ ᾧ || εἶπεν· „Ἐγὼ θεὸς σός“, e καὶ πάλιν ἄλλῳ· „Ἐγὼ ἔσομαί σου θεός“, f καὶ περὶ ἑτέρων· „Ἔσομαι αὐτῶν θεός“. g Πότε οὖν ἄρα ἡμεῖς ἐπιτυγχάνομεν, ὁ καθ̓ ἕκαστον λέγω, εἰς τὸ τὸν θεὸν εἶναι ἡμῶν θεόν; Εἰ δὲ θέλεις μαθεῖν, τίνων ἐστὶν ὁ θεὸς καὶ τίνι χαρίζεται τὴν ἑαυτοῦ ἐπίκλησιν, ἐγώ φησιν θεὸς Ἀβραάμ, θεὸς Ἰσαάκ, θεὸς Ἰακώβ. h Καὶ διηγούμενος τὸ τοιοῦτον ὁ σωτήρ φησιν· „Ὁ θεὸς οὐκ ἔστιν νεκρῶν ἀλλὰ ζώντων.“ i Τίς ὁ νεκρός; Ὁ ἁμαρτωλός, ὁ μὴ ἔχων τὸν εἰπόντα· „Ἐγώ | εἰμι ἡ ζωή“, j ὁ ἔχων νεκρὰ ἔργα, ὁ μηδέπω μετανοήσας ἀπὸ νεκρῶν ἔργων, περὶ ὧν φησιν ὁ ἀπόστολος· „μὴ πάλιν θεμέλιον καταβαλλόμενοι μετανοίας ἀπὸ νεκρῶν ἔργων“. k Εἰ τοίνυν „ὁ θεὸς οὐκ ἔστιν νεκρῶν θεὸς ἀλλὰ ζώντων“, l καὶ οἴδαμεν τίς ἐστιν ὁ ζῶν, ὅτι ὁ πολιτευόμενος κατὰ Χρι­ στὸν καὶ μένων μετ̓ αὐτοῦ, εἰ βουλόμεθα ἵνα ἡμῶν ᾖ ὁ θεός, ἀποταξώμεθα τοῖς ἔργοις τῆς νεκρότητος, ἵνα τὴν ἐπαγγελίαν αὐτοῦ πληρώσῃ τὴν λέγου­ σαν· „Καὶ ἐγὼ ἔσομαι ὑμῖν εἰς θεόν, ὅπως στήσω τὸν ὅρκον μου ὃν ὤμοσα τοῖς πατράσιν ὑμῶν, τοῦ δοῦναι αὐτοῖς γῆν ῥέουσαν γάλα καὶ μέλι.“ m Τήρει γὰρ ὅτι λέγει· „Στήσω τὸν ὅρκον μου ὃν ὤμοσα τοῖς πατράσιν ὑμῶν, τοῦ δοῦναι αὐτοῖς γῆν ῥέουσαν γάλα καὶ μέλι“, ὡς μηδέπω δεδωκὼς αὐτοῖς τὴν „γῆν ῥέουσαν γάλα καὶ μέλι“· αὕτη γὰρ οὐκ ἔστιν ἡ γῆ, ἣν ἐπηγγείλα­ το ὁ θεὸς „ῥέουσαν γάλα καὶ μέλι“, ἀλλ̓ ἔστιν ἐκείνη, περὶ ἧς ἐδίδασκεν ὁ σωτὴρ λέγων· „Μακάριοι οἱ πραεῖς, ὅτι αὐτοὶ κληρονομήσουσι τὴν γῆν.“ n a

Apg. 4,4 bApg. 2,41 cJes. 54,1; Gal. 4,27 dJer. 11,4 eGen. 17,1 f Gen. 35,11 gEx. 29,45 hEx. 3,6 i Mt. 22,32 par. j Joh. 11,25 kHebr. 6,1 l Mt. 22,32 par. mJer. 11,4f. n Mt. 5,5

28  ἀλλ̓ ἔστιν ἐκείνη Kl mit H (sed illa est) ἀλλὰ περὶ ἐκείνης S

298 Klostermann, GCS Orig. 3, 67, fügt hier nach der Übersetzung des Hieronymus

(deserta ecclesia a lege) ein: Ἔρημος μὲν ἡ ἐκκλησία·, „Einsam war die Kirche“. Nautin, GCS Orig. 32, 359, hält diese Ergänzung zu Recht für nicht unverzichtbar und lässt sie in SC 232, 384, weg, desgleichen Schadel, BGrL 10, 116, und Smith, FaCh 97, 89. 299 Derselbe Gedanke bei Origenes, in Ioh. comm. XXVIII 24,211 (GCS Orig. 4, 420); in Matth. comm. X 23 (GCS Orig. 10, 32). Weitgehend wörtlich hat Hieronymus die

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den, als der Erlöser hier weilte und an einem einzigen Tag fünftausend zum Glauben kamena und an einem anderen Tag dreitausend hinzukamen.b Und man kann sehen, wie ein ganzes Volk durch das Wort Gottes entsteht und die Unfruchtbare auf einmal gebärt, die zuvor nicht gebar, zu der gesagt wird: „Freue dich, du Unfruchtbare, die du nicht gebärst, brich in lauten Jubel aus, die du keine Wehen hast, denn viele Kinder hat die Einsame, mehr als die, die den Mann hat!“ c298 Einsam war diese, ohne Gesetz, einsam war sie, ohne Gott. Von jener aber, der Synagoge, ist gesagt, dass sie das Gesetz zum Mann hat.299 Was verheißt mir nun Gott? „Ihr werdet mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein.“ d Er ist nicht der Gott aller, sondern nur jener, denen er sich gnädig schenkt, wie er sich jenem Patriarchen schenkte, zu dem er sagte: „Ich bin dein Gott“,e und erneut zu einem anderen: „Ich werde dein Gott sein“,f und über andere: „Ich werde ihr Gott sein.“ g Wann also werden wir erreichen – ich meine, jeder Einzelne –, dass Gott unser Gott ist? Wenn du aber lernen willst, wessen Gott er ist und wem er die Gnade seiner Anrufung schenkt, sagt er: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs.h Und zur Erklärung dieser Aussage sagt der Erlöser: „Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.“ i Wer ist der Tote? Der Sünder, der den nicht hat, der sagt: „Ich bin das Leben“,j der tote Werke hat, der sich von den toten Werken noch nicht abgekehrt hat, über die der Apostel sagt: „um nicht noch einmal das Fundament für die Abkehr von toten Werken zu legen.“ k Wenn demnach „Gott nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden ist“ l und wir wissen, wer der Lebende ist, nämlich wer ein Leben gemäß Christus führt300 und ihm treu bleibt, und wenn wir wollen, dass Gott unser Gott ist, lasst uns von den Werken des Todes ablassen, damit er seine Verheißung erfüllt, die lautet: „Und ich werde euer Gott sein, um meinen Eid zu halten, den ich euren Vätern geschworen habe, ihnen ein Land zu geben, das von Milch und Honig fließt.“ m Beachte nämlich, dass er sagt: „um meinen Eid zu halten, den ich euren Vätern geschworen habe, ihnen ein Land zu geben, das von Milch und Honig fließt“, als hätte er ihnen das „Land, das von Milch und Honig fließt“, noch nicht gegeben. Denn dies hier ist nicht das Land, das Gott als „von Milch und Honig fließend“ verheißen hat, sondern jenes ist es, von dem der Erlöser lehrte, als er sagte: „Selig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben.“ n301 Stelle in seinem Kommentar zu Gal. 4,27 benutzt: in Gal. comm. II 4,27 (CChr.SL 77A, 142f.). 300 Zur Bedeutung von πολίτευμα (lateinisch conuersatio) als „Lebenswandel“ siehe in Gen. hom. 5,5 (GCS Orig. 6, 63) mit der Erklärung von Habermehl, OWD 1/2, 136 Anm. 261. So auch in Ex. hom. 6,10 (GCS Orig. 6, 202) und in den Genesishomilien im Zitat von Phil. 3,20: in Gen. hom. 1,2 (GCS Orig. 6, 3); 1,13 (6, 16); 2,6 (6, 37). Siehe dazu auch Gruber, ΖΩΗ 37f. 301 Derselbe Gedanke in Ps. 36 hom. 2,4 (GCS Orig. 13, 132). Siehe dazu Jaubert, SC 71, 51–54.

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4. Εἶτα πρὸς τὰ προειρημένα ὑπὸ τοῦ κυρίου ἀποκρίνεται ὁ προφήτης, πρὸς τὸ „ἐπικατάρατος ὁ ἄνθρωπος ὃς οὐκ ἀκούσεται τῶν λόγων τῆς διαθήκης ταύτης“,a καί φησι· „Καὶ ἀπεκρίθην || καὶ εἶπα· γένοιτο, κύριε.“ b Τί „γένοιτο, κύριε“; „Ἐπικατάρατος ὃς οὐκ ἐμμενεῖ τοῖς λόγοις τῆς δια­ θήκης ταύτης.“ c „Καὶ εἶπεν κύριος πρός με· ἀνάγνωθι τοὺς λόγους τούτους ἐν πόλεσιν Ἰούδα καὶ ἔξωθεν Ἱερουσαλήμ.“ d Καὶ τοῖς ἔξω ἀναγινώσκομεν τοὺς λόγους τοῦ θεοῦ προκαλούμενοι αὐτοὺς ἐπὶ σωτηρίαν. τοὺς λόγους τῆς διαθήκης ταύτης καὶ ποιήσατε αὐτούς. Καὶ οὐκ ἐποίησαν. Καὶ εἶπεν κύριος πρός με· εὑρέθη σύνδεσμος ἐν ἀνδράσιν Ἰούδα καὶ ἐν τοῖς κατοικοῦσιν Ἱερουσαλήμ.“ e ῏Η μέλλομεν μετανοεῖν ἐπὶ τοῖς εἰρημένοις ἁμαρ­ τήμασι περὶ ἀνδρῶν Ἰούδα, εἰδότες ὅτι ἐσμὲν οἱ ἄνδρες Ἰούδα, διὰ τὸν Χριστὸν Ἰούδα προφητευθέντα καὶ λεχθέντα; Μήποτε γὰρ ἐπεὶ ἐν ἡμῖν εἰ­ σιν ἁμαρτωλοί τινες καὶ παρὰ τὸν ὀρθὸν λόγον πράττοντες, | διὰ τοῦτο λέγει ὁ προφήτης· „Εὑρέθη σύνδεσμος ἐν ἀνδράσιν Ἰούδα καὶ ἐν τοῖς κατ­ οικοῦσιν Ἱερουσαλήμ.“ Ὅταν γὰρ εὑρεθῇ ἔν τισι χρηματίζουσιν ἀπὸ τῆς ἐκκλησίας σύνδεσμος ἀδικίας καὶ σύνδεσμος τῶν ἁμαρτημάτων, ὥστ̓ ἂν ἐφαρμόσαι ἐπὶ τοῦ ἁμαρτωλοῦ τὸ „Σειραῖς δὲ τῶν ἑαυτοῦ ἁμαρτιῶν ἕκα­ στος σφίγγεται“, f λέγοι ἂν ὁ θεός· „Εὑρέθη σύνδεσμος ἐν ἀνδράσιν Ἰούδα.“ Ἀλλὰ μὴ εὑρεθείη σύνδεσμος ἐν ἡμῖν. Πῶς δὲ οὐχ εὑρίσκεται σύνδεσμος ἐν ἡμῖν, εἰ καὶ μέχρι τοῦ δεῦρό ἐστιν σύνδεσμος ἔν τισιν; „Λῦε πάντα σύνδε­ σμον ἀδικίας, διάλυε στραγγαλιὰς βιαίων συναλλαγμάτων, πᾶσαν συγ­ γραφὴν ἄδικον διάσπα. Διάθρυπτε πεινῶντι τὸν ἄρτον σου.“ g „Εὑρέθη“ οὖν „σύνδεσμος ἐν ἀνδράσιν Ἰούδα καὶ ἐν τοῖς κατοικοῦσιν Ἱερουσαλήμ. Ἐπεστράφησαν ἐπὶ τὰς ἀδικίας τῶν πατέρων αὐτῶν τῶν πρότερον.“ h „Ἐπεστράφησαν ἐπὶ τὰς ἀδικίας.“ Τίνων; λέγει ἁπλῶς τῶν πατέρων. Τίς ἡ προσθήκη; „Ἐπεστράφησαν ἐπὶ τὰς ἀδικίας || τῶν πατέρων αὐτῶν τῶν πρότερον.“ Ἐλέγομεν ταῦτα λέγεσθαι πρὸς ἡμᾶς καὶ τοὺς ἐν ἡμῖν ἁμαρτάνοντας. Πῶς οὖν οἱ ἐν ἡμῖν ἁμαρτάνοντες ἐπεστράφη­ σαν οὐκ ἐπὶ τὰς ἀδικίας τῶν πατέρων, ἀλλὰ τῶν πατέρων τῶν a

Jer. 11,3 bJer. 11,5 cDtn. 27,26 mit Jer. 11,3 Jes. 58,6f. hJer. 11,9f.

g

d

Jer. 11,6

e

Jer. 11,6.8f.

f

Spr. 5,22

4  ἐμμενεῖ Die H (audierit) ἐμμένει S 7  προκαλούμενοι Kl (GCS Orig. 3, 348) mit H (prouocantes) προσκαλούμενοι S 7  ἀκούσατε Kl 10  ἦ Lie Kl ἤ Nt εἰ S (und H) 12  λεχθέντα Co ἐλεγχθέντα S 13  τὸν ὀρθὸν Co τῶν ὀρθῶν S 20  εἰ Kl mit H (si) ἠ S 21  συναλλαγμάτων Hu συναλαγμάτων S 25  οὐ λέγει Kl mit H (non ait) λέγε S 29  τὰς ἀδικίας Del ταῖς ἀδικίαις S 29  αὐτῶν Kl mit H (suorum) (nicht Nt) 302 In der Septuagintaübersetzung, die zudem die Verse leicht anders zählt, fehlt ein

Stück hebräischer Text von Jer. 11,6–9: „Gehorcht den Worten dieses Bundes, tut es! Denn ermahnt habe ich eure Väter, ermahnt vom Tag, da ich sie heraufholte aus dem Land Ägypten bis zu diesem Tag, Mahnung vom Frühmorgen an, sprechend: Hört auf meine Stimme! Sie aber wollten nicht hören, sie aber neigten ihr Ohr nicht, sie gin-

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4. Auf das zuvor vom Herrn Gesagte antwortet der Prophet sodann, nämlich auf: „Verflucht sei der Mensch, der nicht auf die Worte dieses Bundes hören wird“,a und sagt: „Und ich antwortete und sagte: So sei es, Herr!“ bWas „sei so, Herr“? „Verflucht sei jeder, der den Worten dieses Bundes nicht treu bleiben wird.“ c „Und der Herr sprach zu mir: Lies diese Worte in den Städten von Juda und außerhalb von Jerusalem vor!“ d Auch denen draußen lesen wir die Worte Gottes vor, um sie damit zum Heil zu rufen. „ die Worte dieses Bundes und handelt nach ihnen. Doch sie handelten nicht nach ihnen. Und der Herr sprach zu mir: Unter den Männern von Juda und den Bewohnern von Jerusalem wurde ein Geheimbund entdeckt.“ e302 Sind etwa wir es, die angesichts der Sünden, die von den Männern von Juda berichtet werden, umkehren werden, da wir wissen, dass wir die Männer von Juda sind, weil Christus prophetisch Juda genannt worden ist?303 Denn vielleicht deswegen, weil unter uns manche Sünder sind, die wider die rechte Vernunft handeln,304 sagt der Prophet: „Unter den Männern von Juda und den Bewohnern von Jerusalem wurde ein Geheimbund entdeckt.“ Denn sooft bei einigen, die zur Kirche zählen, ein Unrechtsbund und ein Sündenbund entdeckt wird, so dass wohl305 auf den Sünder das Wort passt: „Jeder ist in den Stricken der eigenen Sünden verfangen“,f dürfte Gott sagen: „Unter den Männern von Juda wurde ein Geheimbund entdeckt.“ Doch möge kein Geheimbund unter uns entdeckt werden! Wie aber soll kein Geheimbund unter uns entdeckt werden, wenn es sogar bis auf den heutigen Tag einen Geheimbund bei einigen gibt? „Löse jeden Unrechtsbund, löse die Schlingen gewaltsam geschlossener Verträge auf, jede ungerechte Urkunde zerreiße! Brich dem Hungrigen dein Brot!“ g „Unter den Männern von Juda und den Bewohnern von Jerusalem wurde“ also „ein Geheimbund entdeckt. Sie kehrten zu den Freveln ihrer Vor­ väter zurück.“ h „Sie kehrten zu den Freveln zurück.“ Wessen Freveln? Es heißt einfach: der Väter. Wie lautet die Ergänzung? „Sie kehrten zu den Freveln ihrer Vorväter zurück.“ Wir haben gesagt, das werde zu uns, und zwar zu den Sündern unter uns gesagt. Wie nun sind die Sünder unter uns nicht zu den Freveln der Väter, sondern Vorväter zurückgekehrt?

gen, jedermann, in der Sucht ihres bösen Herzens. So ließ ich über sie kommen alle Wortes dieses Bunds, die zu tun ich ihnen entbot, sie aber taten es nicht. Und weiter spracht ER zu mir: Aufruhr ist befunden an der Mannschaft Jehudas und an den Insassen Jerusalems“ (III p. 261f. Buber/Rosenzweig). Auf die Auslegung des Origenes wirkt sich dieser Unterschied freilich nicht aus. 303 Vgl. oben in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 25); 5,15 (32, 45); 9,1 (32, 65). 304 Zur stoischen Vorstellung von der rechten Vernunft siehe oben S. 219 Anm. 221. 305 Die Einfügung von αὐτοῖς τὸ nach ἐφαρμόσαι durch Diels und Lietzmann (nach Hieronymus), die Klostermann, GCS Orig. 3, 69, akzeptiert, hält Nautin, GCS Orig. 32, 359, zu Recht für unnötig.

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πρότερον; Μήποτε οὖν διττοί εἰσιν οἱ πατέρες ἡμῶν, καὶ ἔστιν μὲν ἐν ἡμῖν εἶδος πατέρων τὸ χεῖρον· πρὶν πιστεῦσαι γὰρ υἱοὶ ἦμεν φέρ᾽ εἰπεῖν τοῦ διαβόλου, ὡς δείκνυσιν ὁ λόγος ὁ εὐαγγελικὸς λέγων· „Ὑμεῖς ἐκ τοῦ πα­ τρὸς τοῦ διαβόλου ἐστέ“,a ὅτε δὲ πεπιστεύκαμεν, γεγόναμεν „υἱοὶ θεοῦ“. b Ἐπὰν οὖν ἁμαρτάνωμεν, ἐπιστρέφομεν ἐπὶ τὰς ἀδικίας οὐχ ἁπαξαπλῶς τῶν πατέρων, ἀλλὰ τῶν πρότερον πατέρων. Εἰς δὲ τὸ παραστῆσαι ὅτι διττοὶ ἡμῶν εἰσιν οἱ πατέρες, χρήσομαι ῥητοῖς ἀπὸ τοῦ τεσσαρακοστοῦ τετάρτου Ψαλμοῦ οὕτως ἔχουσιν· „Ἄκουσον, θύγατερ, καὶ ἴδε καὶ κλῖνον τὸ οὖς σου, καὶ ἐπιλαθοῦ τοῦ λαοῦ σου καὶ τοῦ οἴκου τοῦ πατρός σου.“ c Πατὴρ λέγει· „Ἐπιλαθοῦ τοῦ οἴκου τοῦ πατρός σου“· ὡς γὰρ πατὴρ λέγει· „Ἄκουσον, θύγατερ“. Οὐκοῦν διττοὶ οἱ πατέρες ἡμῶν εἰσιν. Ἀλλὰ „ἐπιλα­ θοῦ τοῦ οἴκου [τοῦ οἴκου] τοῦ πατρός σου“ τοῦ προτέρου. | Ἐὰν ἐπιλα­ θόμενός σου τοῦ οἴκου τοῦ προτέρου πάλιν ἐπιστρέψῃς ἐπὶ τὰ ἁμαρτήμα­ τα, σὺ πεποίηκας τὰ λεγόμενα ἐνθάδε ἁμαρτήματα. „Ἐπεστράφησαν ἐπὶ τὰς ἀδικίας τῶν πατέρων αὐτῶν τῶν πρότερον.“ d Ἔλεγον ὅτι καὶ ὁ διάβολος πρότερον ἦν ἡμῶν πατήρ, πρὶν γένηται ἡμῶν ὁ θεὸς πατήρ, εἴγε καὶ νῦν οὐκ ἔστιν ἡμῶν ὁ διάβολος πατήρ· ὅπερ πα­ ραστήσομεν καὶ ἀπὸ τῆς Ἰωάννου καθολικῆς ἐπιστολῆς, ἐν ᾗ γέγραπται· „Πᾶς ὁ ποιῶν τὴν ἁμαρτίαν ἐκ τοῦ διαβόλου γεγέννηται.“ e Εἰ „πᾶς ὁ ποιῶν τὴν ἁμαρτίαν ἐκ τοῦ διαβόλου γεγέννηται“, οἱονεὶ τοσαυτάκις ἐκ τοῦ διαβόλου γεγεννήμεθα ὁσάκις ἁμαρτάνομεν. Ταλαίπωρος οὖν οὗτός ἐστιν, ὃς ἀεὶ γεννᾶται ἐκ τοῦ διαβόλου, ὥσπερ πάλιν μακάριος ὁ ἀεὶ γεν­ νώμενος ὑπὸ τοῦ θεοῦ. Οὐ γὰρ ἅπαξ ἐρῶ || τὸν δίκαιον γεγεννῆσθαι ὑπὸ τοῦ θεοῦ, ἀλλ̓ ἀεὶ γεννᾶσθαι καθ̓ ἑκάστην πρᾶξιν ἀγαθήν, ἐν ᾗ γεννᾷ τὸν δίκαιον ὁ θεός. Ἐὰν οὖν ἐπιστήσω σε ἐπὶ τοῦ σωτῆρος, ὅτι οὐχὶ ἐγέννησεν ὁ πατὴρ τὸν υἱὸν καὶ ἀπέλυσεν αὐτὸν ὁ πατὴρ ἀπὸ τῆς γενέσεως αὐτοῦ, ­ αραπλήσιον. ἀλλ̓ ἀεὶ γεννᾷ αὐτόν, παραστήσω καὶ ἐπὶ τοῦ δικαίου π a

Joh. 8,44

b

Röm. 8,14

c

Ps. 44(45),11

d

Jer. 11,10

e

1 Joh. 3,8

3  ὡς Kl mit H (ut) οὓς S 7–8  τεσσαρακοστοῦ τετάρτου Kl μδ´ S 12  τοῦ οἴκου2 del. Co 14  σὺ πεποίηκας Kl mit H (incidisti in) οὐ πεποίηκας S 17  διάβολος Co διάβος S 19  εἰ πᾶς Co H (si omnis) εἶπας S

306 Vgl. in Ioh. comm. I 39,286–288 (GCS Orig. 4, 50f.); sel. in Ps. 44,11 (PG 12, 1431). 307 Origenes erkennt nur den Ersten Johannesbrief als kanonisch an: Zahn, Geschichte

des neutestamentlichen Kanons 210–212.

308 In 1 Joh. 3,8 steht statt γεγέννηται lediglich ἐστίν. Mit seiner Umformulierung rückt

Origenes das Zitat an die Vater-Metaphorik in Joh. 8,44 und im Kontext der Predigt heran und verleiht seiner Argumentation auf diese Weise zusätzliche Kraft.

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

Möglicherweise also haben wir zwei Arten von Vätern und gibt es unter uns eine Form von Vätern, die schlechter ist. Bevor wir nämlich zum Glauben kamen, waren wir sozusagen Söhne des Teufels, wie das Wort des Evangeliums zeigt, wenn es sagt: „Ihr habt den Teufel zum Vater“,a als wir aber zum Glauben kamen, wurden wir „Söhne Gottes“.b Sooft wir also sündigen, kehren wir zu den Freveln nicht einfach nur der Väter, sondern der Vorväter zurück. Um darzulegen, dass wir zwei Arten von Vätern haben, will ich Worte aus dem 44. Psalm heranziehen, die so lauten: „Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr! Vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters!“ c306 Ein Vater sagt: „Vergiss das Haus deines Vaters“, denn als Vater sagt er: „Höre,Tochter!“ Demnach haben wir zwei Arten von Vätern. Doch „vergiss das Haus deines Vaters“, nämlich des früheren. Wenn du, nachdem du das Haus des früheren vergessen hast, wieder zu den Sünden zurückkehrst, hast du die Sünden begangen, von denen hier die Rede ist. „Sie kehrten zu den Freveln ihrer Vorväter zurück.“ d Ich habe gesagt, dass sogar der Teufel früher unser Vater war, ehe Gott unser Vater wurde – wenn denn nicht auch jetzt noch der Teufel unser Vater ist! Das werden wir auch aus dem katholischen Brief des Johannes307 darlegen, in dem geschrieben steht: „Jeder, der die Sünde tut, ist aus dem Teufel geboren.“ e308 Wenn „jeder, der die Sünde tut, aus dem Teufel geboren ist“, sind wir gleichsam so viele Male aus dem Teufel geboren, wie wir sündigen.309 Unselig ist also, wer ständig vom Teufel geboren wird, wie andererseits selig ist, wer ständig von Gott geboren wird.310 Denn nicht nur einmal, möchte ich sagen, wurde der Gerechte von Gott geboren, sondern er wird ständig in jeder guten Tat geboren, in der Gott den Gerechten gebiert. Wenn ich dich nun im Blick auf den Erlöser darauf aufmerksam mache, dass der Vater den Sohn nicht geboren und der Vater ihn nach seiner Geburt fortgeschickt hat, sondern ihn ständig gebiert,311 werde ich auch im Blick auf den Gerechten Entsprechendes dar­

309 Den Gedanken, zu sündigen bedeute aus dem Teufel geboren zu werden, hat Ori-

genes öfter wiederholt: in Ioh. comm. XX 13,96–107 (GCS Orig. 4, 342–344); XX 16,133 (4, 348); XX 22,176 (4, 354); XX 23,193 (4, 356); in Luc. frg. 156 (GCS Orig. 92, 289). 310 Ähnlich in Ioh. comm. XX 36,337 (GCS Orig. 4, 377). 311 Vgl. princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 35f.): Man muss „annehmen, auf die gleiche Art, wie der Wille aus dem Geist hervorgeht, ohne einen Teil des Geistes abzuschneiden und ohne von ihm geschieden oder getrennt zu werden, so habe der Vater den Sohn gezeugt“; Übersetzung: p. 135 Görgemanns/Karpp. Ferner ebd. IV 4,1 (5, 349f.). Der Gedanke ist schon traditionell: Justin, dial. 61,2 (PTS 47, 175); 128,4 (47, 293); Tatian, orat. 5,3 (PTS 43, 13).

Ὁμιλία θʹ



Ἴ­ δωμεν δὲ τίς ἡμῶν ἐστιν ὁ σωτήρ. „Ἀπαύγασμα δόξης.“a Τὸ „ἀπαύγασμα τῆς δόξης“ οὐχὶ ἅπαξ γεγέννηται καὶ οὐχὶ γεννᾶται· ἀλλὰ ὅσον ἐστὶν τὸ φῶς ποιητικὸν τοῦ ἀπαυγάσματος, ἐπὶ τοσοῦτον γεννᾶται τὸ ἀπαύγασμα τῆς δόξης τοῦ θεοῦ. Ὁ σωτὴρ ἡμῶν σοφία ἐστὶν τοῦ θεοῦ. b Ἔστιν δὲ ἡ σοφία „ἀπαύγασμα φωτὸς ἀιδίου“. c Εἰ οὖν ὁ σωτὴρ ἀεὶ γεννᾶται, καὶ διὰ τοῦτο λέγει· „Πρὸ δὲ πάντων βουνῶν γεννᾷ με“, d (οὐχὶ δέ· „πρὸ δὲ πά­ ντων βουνῶν“ γεγέννηκέν „με“, ἀλλά· „πρὸ πάντων βουνῶν γεννᾷ με“), καὶ ἀεὶ γεννᾶται ὁ σωτὴρ ὑπὸ τοῦ πατρός, οὕτως καὶ σὺ ἐὰν ἔχῃς τὸ τῆς υἱοθεσίας πνεῦμα, e ἀεὶ γεννᾷ σε ἐν αὐτῷ ὁ θεὸς καθ̓ ἕκαστον ἔργον, καθ̓ ἕκαστον διανόημα, καὶ γεννώμενος οὕτως γίνῃ ἀεὶ γεννώμενος υἱὸς θεοῦ ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ· „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ f a

Hebr. 1,3

b

1 Kor. 1,24

c

Weish. 7,26

d

Spr. 8,25

e

Röm. 8,15

f

1 Petr. 4,11

1–8 Vgl. Pamphilus, apol. Orig. 64 (SC 464, 118–120):Videamus ergo qui sit saluator noster. „Splendor“ dicitur „gloriae“ (Hebr. 1,3), id est „aeternae lucis splendor“ (Weish. 7,26); et certum est quod splendor ex lumine inseparabiliter generatur et donec permanet lux permanet semper et splendor. Saluator ergo noster qui sapientia est (1 Kor. 1,24) – sapientia autem Dei ipsa est „splendor aeternae lucis“ (Weish. 7,26) – inseparabiliter et indesinenter generatur ex Patre. Sic enim et ipsa de se sapientia per Salomonem dicit: „Ante omnes colles generat me“ (Spr. 8,25); non enim dixit „ante omnes colles genuit me“, sed „generat me“, in quo significantia sempiternitatis est (siehe dazu Klostermann, Überlieferung 112f.) 12  Ἀμήν add. ὁμιλία θʹ S

312 Ebenso princ. I 2,4 (GCS Orig. 5, 33): „Die Zeugung“ des Sohnes durch den Vater,

die man sich nicht wie einen materiellen Zeugungsakt vorstellen darf, „ist ebenso ewig und immerwährend wie die Zeugung des Glanzes durch das Licht.“ Übersetzung: p. 131 Görgemanns/Karpp (dieselbe Metaphorik findet sich übrigens bei Augustinus, serm. 118,2 [PL 38, 672f.], ausführlich zitiert bei Schadel, BGrL 10, 283 Anm. 98). Pamphilus hat diesen Passus aus der Jeremiahomilie in seine Apologie des Origenes aufgenommen: apol. Orig. 64 (SC 464, 118–120): „Lass uns sehen, wer unser Erlöser ist. Er wird ‚Glanz der Herrlichkeit‘ (Hebr. 1,3) genannt, das heißt ‚Glanz des ewigen Lichtes‘ (Weish. 7,26). Es steht fest, dass der Glanz untrennbar vom Licht gezeugt wird, und solange das Licht da ist, ist auch der Glanz da. Unser Erlöser, der die Weisheit ist – die Weisheit Gottes aber ist selbst der ‚Glanz des ewigen Lichtes‘ –, wird untrennbar und unaufhörlich aus dem Vater gezeugt. Denn so spricht die Weisheit selbst durch Salomo: ‚Vor allen Bergen zeugt er mich‘ (Spr. 8,25). Sie sagt nicht: ‚Vor allen Bergen hat er mich gezeugt‘, sondern ‚zeugt er mich‘. Damit ist die immerwährende Ewigkeit angedeutet.“ Übersetzung: Röwekamp, FC 80, 287–289. Schon Huet, Origeniana II 2,2,24 (p. 45 bzw. PG 17, 783), hat diesen Passus herangezogen, um Origenes’ Lehre von der ewigen Zeugung des Sohnes darzulegen. Vgl. für diese princ. I 2 (GCS Orig. 5, 27–48); IV 4,1 (5, 348–350); in Ioh. comm. I 29,204 (GCS Orig. 4, 37) mit dem biblischen Hauptbeleg Ps. 2,7; II 1,9 (4, 53). Siehe dazu Bigg, Christian Platonists 177; Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 672; Crou-

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legen. Doch wir wollen sehen, wer unser Erlöser ist: „Glanz der Herrlichkeit“.a Der „Glanz der Herrlichkeit“ ist nicht einmal geboren worden und wird dann nicht wieder geboren, sondern solange das Licht den Glanz hervorbringt, so lange wird der Glanz der Herrlichkeit Gottes geboren.312 Unser Erlöser ist die Weisheit Gottes.b Die Weisheit aber ist „der Glanz des ewigen Lichts“.c Wenn nun der Erlöser ständig geboren wird und deswegen sagt: „Vor allen Hügeln gebiert er mich“ d – und nicht: „Vor allen Hügeln“ hat er „mich“ geboren, sondern: „Vor allen Hügeln gebiert er mich“ – und wenn der Erlöser vom Vater ständig geboren wird, verhält es sich auch bei dir so: Wenn du den Geist der Sohnschaft e hast, gebiert dich Gott in ihm ständig in jedem Werk, in jedem Gedanken, und wenn du so geboren wirst, wirst du zum ständig neu geborenen Sohn Gottes in Christus Jesus.313 „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ f

zel,Théologie de l’image 88f.; Gögler, Bibelexegese des Origenes 1; Fédou, Sagesse 286f.; Bruns,Trinität und Kosmos 241f.; Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 213f. 313 Im Schlussteil dieser Predigt spricht Origenes den fundamentalen Gedanken seiner Soteriologie an: Der Erlöser ist nicht eine dem Menschen äußerliche Größe, sondern das innere Seinsprinzip der gesamten Natur und aller Vernunftwesen. Dies kommt besonders in den Epinoiai zum Ausdruck, mit denen Origenes den Sohn Gottes hauptsächlich beschreibt (Weisheit,Wort, Leben,Wahrheit, Licht,Weg; vgl. etwa princ. I 2,7 [GCS Orig. 5, 37]) und von denen einige hier vorkommen: Weisheit, Licht, Leben (impliziert in der Geburts-Metapher),Weg (impliziert im ständigen Geborenwerden). Der Weg der Erlösung besteht für alle Vernunftwesen (und für die ganze geschaffene Natur) darin, das zu werden, was der Erlöser immer schon in Fülle ist, zum Beispiel also Leben und Licht. Wie der Sohn innerstes Prinzip allen Daseins ist, erhält dieses und darin jedes einzelne Vernunftwesen auf diese Weise Anteil am innersten Sein der trinitarischen Gottheit (vgl. ebd. IV 4,5 [5, 356]), an seiner „Herrlichkeit“. Im (Heiligen) Geist und im Sohn werden alle in einem beständigen, dynamischen Prozess zu Söhnen und Töchtern Gottes des Vaters und somit anteilhaft und gnadenhaft das, was der Sohn seinshaft immer schon ist (vgl. ebd. I 2,4 [5, 33]: natura filius est). Die Stelle enthält damit Grundgedanken des origeneischen Heilstrinitarismus, wie er ebd. I 3,8 (5, 60–62) ebenso knapp wie prägnant dargelegt ist. Siehe dazu Fürst, Theologie der Freiheit 11–13, ferner Völker,Vollkommenheitsideal 149. 219; Gruber, ΖΩΗ 48.

Εἰς τὸ „γνώρισόν μοι, κύριε, καὶ γνώσομαι“ μέχρι τοῦ „συνάξατε πάντα τὰ θηρία τοῦ ἀγροῦ, καὶ ἐλθέτωσαν τοῦ καταφαγεῖν αὐτήν“.a

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Ὁμιλία ιʹ.

247v

1. Εἰ θεοῦ λόγιά ἐστιν ἐν νόμῳ καὶ προφήταις, εὐαγγελίοις τε καὶ ἀπο­ στόλοις, δεήσει τὸν μαθητευόμενον θεοῦ λογίοις διδάσκαλον ἐπιγράφεσθαι θεόν· „Ὁ“ γὰρ „διδάσκων ἄνθρωπον γνῶσιν“ b ὁ θεός ἐστιν, ὡς καὶ ἐν Ψαλμοῖς γέγραπται. Καὶ ὁ σωτὴρ δὲ μαρτυρεῖ μὴ δεῖν ἐπιγράφεσθαί τινα διδάσκαλον ἐπὶ τῆς γῆς λέγων· „Καὶ ὑμεῖς μὴ καλέσητε διδάσκαλον ἐπὶ τῆς γῆς· εἷς γάρ ἐστιν ὑμῶν ὁ διδάσκαλος, ὁ πατὴρ ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς.“ c διδάσκει ἤτοι κα||θ᾽ αὑτὸν ἢ διὰ τοῦ Χριστοῦ ἢ ἐν ἁγίῳ πνεύματι ἢ διὰ Παύλου, φέρ᾽ εἰπεῖν, ἢ διὰ Πέτρου ἢ διά τινος τῶν ἄλλων ἁγίων, μόνον θεοῦ πνεῦμα καὶ θεοῦ λόγος ἐπιδημείτω καὶ διδασκέτω. Ταῦτά μοι πρὸς τί εἴρηται; Ἐπειδήπερ φησὶν ὁ προφήτης· „Γνώρισόν μοι, κύριε, καὶ γνώσομαι“· d οὐ γὰρ γνώσομαι, ἐὰν μὴ σύ μοι γνωρίσῃς, ἐὰν δὲ γνωρίζοντος σοῦ ἐμοὶ γνῶ, „τότε“ ὄψομαι „τὰ ἐπιτη­ δεύματα αὐτῶν“ e καὶ νοήσω, ὃ ἕκαστος πράττει καὶ ποίας ἐστὶν προαιρέ­ σεως. a

Jer. 11,18–12,9

b

Ps. 93(94),10

c

Mt. 23,8f.

d

Jer. 11,18

e

Jer. 11,18

10–11  ὁ πατὴρ2 – οὐρανοῖς Kl mit H (pater autem qui est in coelis) (cuius) ποία S

17  ποίας Hu H

314 Als Beispiel für die Predigtweise des Origenes hat Klostermann diese Homilie in

den „Kleinen Texten und Übungen“ Bd. 4 separat herausgegeben, mit dem Hieronymustext auf der gegenüberliegenden Seite (1903, in der 2. Auflage 1914 ergänzt um die 7. Lukas- und die 21. Josuahomilie), und geringfügige weitere Textemendationen angebracht. 315 Vgl. sel. in Iob 22,2 (PG 12, 1036f.): „Das ist eine gesunde Lehre, dass der wahre Meister der Tugend der Mensch nicht sein kann. ‚Der den Menschen die Weisheit lehrt‘, so steht es in den Psalmen, ‚ist kein anderer als Gott‘ (Ps. 93[94],10). Es lehrt aber Gott, indem er in die Seele des von ihm Lernenden hineinleuchtet und den Geist mit dem wahren Licht, mit seinem eigenen Worte erhellt. Und wenn auch gerechte Menschen uns unterweisen, da sie die Gnade der Unterweisung erhielten, ist es doch der Herr, der uns lehrt, und die Einsicht selber und das Öffnen unserer Herzen zur

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Über: „Lass mich erkennen, Herr, und ich werde erkennen“ bis: „Treibt alle wilden Tiere des Feldes zusammen! Sie sollen kommen, um es zu fressen!“a

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1. Wenn Gottes Worte im Gesetz und in den Propheten, in den Evangelien und in den Aposteln enthalten sind, wird einer, der in Gottes Worten unterrichtet wird, Gott als Lehrer bezeichnen müssen. Denn der, „der den Menschen Erkenntnis lehrt“,b ist Gott, wie auch in den Psalmen geschrieben steht.315 Und der Erlöser bezeugt, man dürfe niemanden auf der Erde als Lehrer bezeichnen, wenn er sagt: „Und ihr sollt niemanden auf der Erde Lehrer nennen, denn nur einer ist eurer Lehrer, der Vater in den Himmeln.“ c lehrt entweder von sich aus oder durch Christus oder im Heiligen Geist316 oder zum Beispiel durch Paulus oder durch Petrus oder durch einen der anderen Heiligen, vorausgesetzt nur, Gottes Geist und Gottes Wort kommen und lehren.317 Wozu habe ich das gesagt? Weil nämlich der Prophet sagt: „Lass mich erkennen, Herr, und ich werde erkennen.“ d Denn ich werde nicht erkennen, wenn du mich nicht erkennen lässt, wenn ich aber erkenne, weil du mich erkennen lässt, „dann“ werde ich „ihre Machenschaften“ e sehen und verstehen, was jeder Einzelne tut und was seine Intention ist. Aufnahme der göttlichen Lehren geschieht durch die göttliche Gnade selbst.“ Übersetzung: von Balthasar, Geist und Feuer 262 (Nr. 538). 316 Schon Justin, I apol. 36–39 (SC 507, 224–228), hat die exegetische Regel aufgestellt, dass in der Bibel, speziell im Alten Testament, entweder Gott Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist die Sprecher sind. Im Konzept des Origenes sind die Präpositionen wichtig: Der Vater ist die Quelle und Wirkursache (καθ᾽ αὑτὸν), der Sohn die Instrumentalursache (δι᾽ οὗ) und der Heilige Geist das Medium (ἐν ᾧ) der Erkenntnis, die „vom“ Vater stammt und „durch“ den Sohn „im“ Heiligen Geist vermittelt wird; vgl. in Ioh. comm. II 10,71f. (GCS Orig. 4, 64); princ. I 3,4 (GCS Orig. 5, 53): „Jegliches Wissen über den Vater wird durch die Offenbarung des Sohnes im Heiligen Geist erlangt.“ Übersetzung: p. 167 Görgemanns/Karpp. 317 Mit Bezug auf Mt. 23,8f. hat Origenes die Pädagogik der Christus- und Geist-Innerlichkeit grundgelegt, die Augustinus in seiner Frühschrift De magistro ausgebaut hat. Als Vermittler dieses Gedankens fungierten Hieronymus und Ambrosius: Schadel, Augustinus, De magistro, 34f. 214–216, zur patristischen Tradition des inneren Lehrers. Siehe auch Lomiento, Cristo didaskalos.

Ὁμιλία ιʹ

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248r

Ταῦτα ὁ προφήτης. Εἶτα ὁ σωτὴρ ἐν τῷ προφήτῃ ἴδωμεν τίνα λέγει· „Ἐγὼ ὡς ἀρνίον ἄκακον ἀγόμενον τοῦ θύεσθαι οὐκ ἔγνων. Ἐπ̓ ἐμὲ ἐλογί­ σαντο λογισμόν, λέγοντες· Δεῦτε καὶ ἐμβάλωμεν ξύλον εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ, καὶ ἐκτρίψωμεν αὐτὸν ἀπὸ γῆς ζώντων, καὶ τὸ ὄνομα αὐτοῦ οὐ μὴ μνησθῇ ἔτι.“a Ὡς φησὶν καὶ ὁ προφήτης Ἡσαΐας, Χριστὸς „ὡς πρόβατον ἐπὶ σφα­ γὴν ἤχθη, καὶ ὡς ἀμνὸς ἐναντίον τοῦ κείραντος ἄφωνος, οὕτως οὐκ ἀνοίγει τὸ στόμα αὐτοῦ“. b Ἐκεῖ μὲν οὖν περὶ αὐτοῦ Ἡσαΐας λέγει, ἐνταῦθα δὲ ὁ Χριστὸς περὶ αὑτοῦ | „ἐγὼ“ φησὶν „ὡς ἀρνίον ἄκακον ἐπὶ σφαγὴν ἀγόμε­ νον τοῦ θύεσθαι οὐκ ἔγνων.“ c Οὐκ εἶπεν τί οὐκ ἔγνω. Οὐ γὰρ εἴρηκεν· οὐκ ἔγνων κακά, οὐκ εἴρηκεν· οὐκ ἔγνων ἀγαθά, οὔτε εἴρηκεν· οὐκ ἔγνων ἁμαρ­ τίαν, ἀλλ̓ ἁπλῶς „οὐκ ἔγνων“. Σοὶ οὖν καταλέλοιπεν ἐξετάζειν τί οὐκ ἔγνω. Kαὶ μάνθανε τί οὐκ ἔγνω ἀπὸ τοῦ „Τὸν μὴ γνόντα ἁμαρτίαν ὑπὲρ ἡμῶν ἁμαρτίαν ἐποίησεν“· d γνῶναι γὰρ ἁμαρτίαν ἁμαρτῆσαί ἐστιν, ὡς γνῶναι δικαιοσύνην δικαιοπραγῆσαί ἐστιν. Ὁ οὖν ἀπαγγέλλων τὰ περὶ δικαιοσύνης καὶ μὴ δικαιοπραγῶν οὐκ ἔγνω δικαιοσύνην. 2. „Ἐπ̓ ἐμὲ ἐλογίσαντο λογισμόν, λέγοντες· Δεῦτε καὶ ἐμβάλωμεν ξύλον εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ.“ e Ὅτι μὲν ἐσταύρωσαν αὐτὸν || Ἰουδαῖοι, δῆλον τοῦτό ἐστιν καὶ παρρησίᾳ τοῦτο κηρύσσομεν. Πῶς δὲ τοῦτο ἐφαρμόσεις τῷ „Ἐλογίσαντο ἐπ̓ ἐμὲ λογισμόν, λέγοντες· Δεῦτε καὶ ἐμβάλωμεν ξύλον εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ“, ἔργον ἐστὶ νοῆσαι. Ὁ τοῦ Ἰησοῦ ἄρτος ὁ λόγος ἐστὶν ἐν ᾧ τρεφόμεθα. Ἐπεὶ τοίνυν διδάσκοντος αὐτοῦ ἐν τῷ λαῷ ἠθέλησαν τὸ σκάνδαλον [ἐν] τῇ διδασκαλίᾳ αὐτοῦ προσθεῖναι διὰ τοῦ ­ σταυρῶσαι a

Jer. 11,19

b

Jes. 53,7

c

Jer. 11,19

d

2 Kor. 5,21

e

Jer. 11,19

1  εἶτα Kl mit H (deinde) εἶ δὲ S 8  αὑτοῦ Kl mit H (se ipse) αὐτοῦ S (cognouerit) ἔγνων S 22  ἐν del Bl Kl (mit H) (nicht Nt)

9  ἔγνω Co H

318 Vgl. Hieronymus, in Hier. II 110,2 (CChr.SL 74, 117): „Sämtliche Kirchen sind sich

darüber einig, dies (sc. Jer. 11,18–20) so zu verstehen, dass es in der Person Jeremias von Chistus gesagt wird.“ 319 In den Satz aus Jer. 11,19 ist die Junktur ἐπὶ σφαγήν aus Jes. 53,7 eingedrungen (so auch Schadel, BGrL 10, 287 Anm. 102), die eine Doppelung zu τοῦ θύεσθαι darstellt und die Hieronymus in seiner Übersetzung aus stilistischen Gründen zu Recht wegließ. Siehe auch Koetschau, Bibelcitate 333f. 320 Auch Hieronymus, in Hier. II 110,2 (CChr.SL 74, 117), erklärt Jer. 11,19 unter Beiziehung von 2 Kor. 5,21 so, dass unter dem, wovon Jeremia/Christus nichts wusste, die Sünde zu verstehen sei. 321 Wenn man die Infinitive Aorist in diesem Satz ernst nimmt und nicht einfach wie einen Infinitiv Präsens übersetzt (wie das alle Übersetzer tun), wird klar, dass Wissen nicht einfach irgendwie mit Handeln zu tun hat, sondern im strengen Sinn auf Erfahrung beruht. Der Wissensbegriff des Origenes gründet wesentlich in praktischem Tun. Zur Bedeutung der Erfahrung in der Soteriologie des Origenes siehe Fürst, Origenes als Theologe der Geschichte 148f. 159–161.

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So weit der Prophet. Dann wollen wir uns anschauen, was der Erlöser in der Person des Propheten318 sagt: „Ich war wie ein argloses Lamm, das zum Schlachten geführt wird, und wusste es nicht. Sie heckten etwas gegen mich aus, indem sie sagten: Kommt, wir wollen Holz in sein Brot tun und ihn aus dem Land der Lebenden austilgen, und seines Namens soll nicht mehr gedacht werden.“a Wie auch der Prophet Jesaja sagt: Christus „wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm, das vor dem Scherer stumm ist, so tut er seinen Mund nicht auf.“ b Dort nun spricht Jesaja über ihn, hier aber sagt Christus über sich selbst: „Ich war wie ein argloses Lamm, das zur Schlachtung319 zum Schlachten geführt wird, und wusste es nicht.“ c Er sagte nicht, was er nicht wusste. Denn er hat nicht gesagt: Ich wusste vom Bösen nichts, er hat nicht gesagt: Ich wusste vom Guten nichts, er hat auch nicht gesagt: Ich wusste von der Sünde nichts, sondern einfach nur: „Ich wusste es nicht“. Dir also ist es überlassen herauszufinden, was er nicht wusste. Und lerne, was er nicht wusste, aus der Aussage: „Den, der von Sünde nichts wusste, hat er (sc. Gott) für uns zur Sünde gemacht.“ d320 Denn von der Sünde zu wissen bedeutet sündig gehandelt zu haben, wie von Gerechtigkeit zu wissen gerecht gehandelt zu haben bedeutet.321 Wer also von Gerechtigkeit kündet und nicht gerecht handelt, wusste von Gerechtigkeit nichts. 2. „Sie heckten etwas gegen mich aus, indem sie sagten: Kommt, wir wollen Holz in sein Brot tun.“ e Dass die Juden ihn kreuzigten, das ist klar und das verkünden wir freimütig.322 Wie du das aber passend mit der Aussage zusammenbringst: „Sie heckten etwas gegen mich aus, indem sie sagten: Kommt, wir wollen Holz in sein Brot tun“, ist eine Aufgabe für das Nachdenken.323 Das Brot Jesu ist das Wort, von dem wir uns ernähren.324 Da sie nun, als er im Volk lehrte, seiner Lehre das, was Anstoß erregt, hinzufügen wollten, indem sie ihn 322 Wie viele altkirchliche Autoren macht auch Origenes „die Juden“ für die Kreuzi-

gung Jesu verantwortlich: Cels. II 8 (GCS Orig. 1, 134f.); II 34 (1, 160); III 1 (1, 204); IV 22 (1, 292); IV 32 (1, 303); V 43 (2, 47); VII 8 (2, 160); VIII 69 (2, 286); orat. 31,7 (GCS Orig. 2, 400); in Ps. 73 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 226). Seit dem 3. Jahrhundert gehört dies zu den Standardvorwürfen der antijüdischen christlichen Polemik: de Lange, Origen and the Jews 75–79. 89–102; Trigg, Bible and Philosophy 185. 323 Von der christlichen Apologetik wird Jer. 11,19 (wie hier in Verbindung mit Jes. 53,7) auf die Kreuzigung Jesu bezogen: Justin, dial. 72,2f. (PTS 47, 194f.); Tertullian, adv. Marc. III 19,3 (CChr.SL 1, 533); IV 40,3 (1, 656); Pseudo-Tertullian, adv. Iud. 10,12 (CChr.SL 2, 1378). Für Origenes liegt dieser Bezug nicht einfach auf der Hand, weshalb er im Folgenden eine Erklärung in diesem Sinne sucht. 324 Parallelen zur Erklärung des „Brotes“ als „Wort“, deren es sehr viele gibt, bei Schadel, BGrL 10, 288 Anm. 105, und Hanson, Allegory and Event 326f. (der dieses Motiv jedoch als Spiritualisierung der Eucharistie bzw. Allegorisierung und Rationalisierung des Sakramentalen kritisiert). Siehe dazu Lies, Wort und Eucharistie bei Origenes. Vgl. etwa in Hier. frg. 20 (GCS Orig. 32, 207); orat. 27,9 (GCS Orig. 2, 368f.).

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αὐτόν, εἶπον· „Βάλωμεν ξύλον εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ.“ Ὅταν γὰρ τῷ λόγῳ τῆς Ἰησοῦ διδασκαλίας προσάπτηται τὸ ἐσταυρῶσθαι τὸν διδάσκαλον, εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ ξύλον ἐμβέβληται. Ἐκεῖνοι μὲν οὖν ἐξ ἐπιβουλῆς βουλευ­ σάμενοι λεγέτωσαν· „Δεῦτε καὶ ἐμβάλωμεν ξύλον εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ.“ Ἐγὼ δὲ παραδοξότερον ἐρῶ· τὸ ξύλον ἐμβληθὲν εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ κρείτ­ τονα τὸν ἄρτον πεποίηκεν. Παράδειγμα λαμβάνω ἀπὸ τοῦ Μωσέως νόμου· Τὸ ξύλον βληθὲν εἰς τὸ πικρὸν ὕδωρ ἐποίησεν αὐτὸ γλυκύ.a Οὕτως τὸ ξύλον τοῦ πάθους Ἰησοῦ Χριστοῦ ἐλθὸν εἰς τὸν λόγον πεποίηκεν τὸν ἄρτον αὐτοῦ γλυκύτερον. Πρὶν ἔλθῃ γοῦν εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ τὸ ξύλον, ὅτε ἄρτος μόνον ἦν καὶ ξύλον οὐκ ἦν ἐν τῇ διδασκαλίᾳ αὐτοῦ, „εἰς πᾶσαν τὴν γῆν“ οὐκ „ἐξῆλθεν ὁ φθόγγος αὐτοῦ“. b Ἀλλ̓ ἐπεὶ προσ|έλαβεν δύναμιν ὁ ἄρτος διὰ τοῦ ξύλου τοῦ βληθέντος εἰς αὐτόν, διὰ τοῦτο ὁ λόγος τῆς δι­ δασκαλίας αὐτοῦ νενέμηται ὅλην τὴν οἰκουμένην. Καὶ τότε τὸ ξύλον [ὃ] σύμβολον ἦν τοῦ πάθους Ἰησοῦ, δι᾽ οὗ τὸ πικρὸν ὕδωρ γλυκὺ γίνεται· ἐγὼ γὰρ λέγω ὅτι ὁ νόμος μὴ νοούμενος πικρὸν ὕδωρ ἐστίν, ἐὰν δὲ ἔλθῃ τὸ ξύλον Ἰησοῦ καὶ ἡ διδασκαλία τοῦ σωτῆρός μου ἐπιδημήσῃ, γλυκάζεται καὶ ἥδιστος γίνεται ὁ Μωσέως || νόμος ἀναγινωσκόμενος καὶ γινωσκόμενος. Εἶπον οὖν· „Δεῦτε καὶ ἐμβάλωμεν ξύλον εἰς τὸν ἄρτον αὐτοῦ.“ 3. Λέ­ γουσιν δὲ καὶ τὸ „Ἐκτρίψωμεν αὐτὸν ἀπὸ γῆς ζώντων, καὶ τὸ ὄνομα αὐτοῦ οὐ μὴ μνησθῇ ἔτι.“ c Οὕτως αὐτὸν ἀπέκτειναν, ὡς ἐξαφανίζοντες αὐτοῦ τὸ ὄνομα. Ἀλλὰ ὁ Ἰησοῦς οἶδεν πῶς ἀποθνῄσκει καὶ διὰ τί. Διό φησιν· „Ἐὰν μὴ ὁ κόκκος τοῦ σίτου πεσὼν εἰς τὴν γῆν ἀποθάνῃ, αὐτὸς μόνος μένει· ἐὰν δὲ ἀποθάνῃ, πολὺν καρπὸν φέρει“· d ὥστε ὁ θάνατος τοῦ Ἰησοῦ στάχυς σίτου γίνεται ποιῶν πολλαπλάσιον καὶ πολύχουν τὸ ἐσπαρμένον. e Ὡς εἰ καθ̓ ὑπόθεσιν μὴ ἐσταύρωτο μηδὲ τεθνήκει, ἔμεινεν ἂν μόνος ὁ κόκκος τοῦ σίτου, καὶ πολλοὶ οὐκ ἐγένοντο ἐξ αὐτοῦ. Πρόσχες οὖν αὐτοῦ τῇ λέξει, εἰ μὴ τοῦτο βεβούληται λέγειν· „Ὁ κόκκος τοῦ σίτου ἐὰν μὴ πεσὼν εἰς τὴν γῆν ἀπο­ θάνῃ, αὐτὸς μόνος μένει· ἐὰν δὲ ἀποθάνῃ, πολὺν καρπὸν φέρει“· f ὁ θάνατος τοῦ Ἰησοῦ τούτους πάντας ἐκαρποφόρησεν, εἰ δὲ ὁ θάνατος τούτους ἐκαρποφόρησε, πόσους καρποφορήσει ἡ ἀνάστασις; a

Ex. 15,25

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Ps. 18(19),5

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Jer. 11,19

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Joh. 12,24

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Lk. 8,8; Mt. 13,8

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12  διὰ2 S Kl Nt μετὰ We Kl2 13  ὃ del. Kl 24  πολλαπλάσιον We Kl2 πολλαπλασίονα S Kl Nt 25  μηδὲ Kl μὴ δὲ S 26  ἐγένοντο Kl ἐγίνοντο S 27  λέγειν Kl mit H (uelint intellegi) λέγων S Nt 29  τοσούτους Kl mit H (tantas attulit fruges) 325 Auch Hieronymus, in Hier. II 110,2f. (CChr.SL 74, 117), bezieht das „Holz“ aus Jer.

11,19 auf das Kreuz und erklärt dies im selben Sinne wie Origenes so, dass damit der Lehre Christi geschadet werden sollte, „um seinen Namen für immer auszulöschen“. Allerdings bezieht er das „Brot“ nicht wie Origenes auf das „Wort“, sondern auf den „Körper des Erlösers“ (corpus saluatoris). 326 Auch dieser Vers wurde traditionell auf das Kreuz bezogen: Justin, dial. 86,1 (PTS 47, 219); Tertullian, bapt. 9,2 (CChr.SL 1, 284); Pseudo-Tertullian, adv. Iud. 13,12 (CChr.

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kreuzigten, sagten sie: „Wir wollen Holz in sein Brot tun.“325 Wenn nämlich mit dem Wort der Lehre Jesu die Kreuzigung des Lehrers verbunden wird, wird in sein Brot Holz getan. Jene also mögen in der Absicht, einen Anschlag zu verüben, sagen: „Kommt, wir wollen Holz in sein Brot tun.“ Ich hingegen will etwas Paradoxeres sagen: Das in sein Brot getane Holz hat das Brot besser gemacht. Ich nehme ein Beispiel aus dem Gesetz des Mose: Das Holz, das in das bittere Wasser geworfen wurde, hat es süß gemacht.a326 In gleicher Weise hat das Holz des Leidens Jesu Christi, das zum Wort dazukam, sein Brot süßer gemacht. Bevor jedenfalls das Holz zu seinem Brot dazukam, als es nur Brot und kein Holz in seiner Lehre gab, „ging sein Schall“ nicht „in die ganze Welt hinaus“. bAber nachdem das Brot durch das dazugetane Holz an Kraft gewonnen hatte, hat sich eben dadurch327 das Wort seiner Lehre über die ganze bewohnte Welt verbreitet. Und das Holz damals war Symbol für das Leiden Jesu, durch das das bittere Wasser süß wird. Ich behaupte nämlich, dass das Gesetz, wenn es nicht verstanden wird, bitteres Wasser ist. Wenn aber das Holz Jesu dazukommt und die Lehre meines Erlösers zugegen ist, wird das Gesetz des Mose süß und höchst wohltuend, wenn es gelesen und verstanden wird. Sie sagten also: „Kommt, wir wollen Holz in sein Brot tun.“ 3. Sie sagen aber auch: „Wir wollen ihn aus dem Land der Lebenden austilgen, und seines Namens soll nicht mehr gedacht werden.“ c So töteten sie ihn in der Absicht, seinen Namen auszulöschen. Doch Jesus weiß, wie und weshalb er stirbt. Deshalb sagt er: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht,“ d so dass der Tod Jesu zu einer Weizenähre wird, die das Gesäte vervielfältigt und Ertrag im Überfluss hervorbringt.e Angenommen daher, er wäre nicht gekreuzigt worden und nicht gestorben, wäre das Weizenkorn allein geblieben und wären nicht viele aus ihm geworden. Achte also genau auf seine Ausdrucksweise, ob er nicht genau das sagen wollte: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ f Der Tod Jesu hat alle diese Früchte hervorgebracht. Wenn aber schon der Tod so viele Früchte hervorgebracht hat, wie viele Früchte wird dann die Auferstehung hervorbringen? SL 2, 1387); für Origenes vgl. in Ex. hom. 7,1 (GCS Orig. 6, 206). Vgl. dazu auch schon Philon, migr. Abr. 36f. (II p. 275 Cohn/Wendland): „Dieses Holz aber verspricht nicht nur Nahrung, sondern auch Unsterblichkeit …“ Übersetzung: Nesselrath, SAPERE 30, 41. Zur von Origenes hier vorgelegten Deutung des Kreuzestodes Jesu siehe Völker,Vollkommenheitsideal 102f.; de Lubac, Geist aus der Geschichte 107f. 319f. 327 Die Konjektur von Wendland, die Klostermann in seine Neuausgabe der 10. Homilie übernimmt, statt διὰ (τοῦτο) μετὰ (τοῦτο) zu schreiben, ist zwar aufgrund der Zeitstruktur des Satzes nachvollziehbar, insofern von einem Zustand ‚davor‘ und ‚danach‘ die Rede ist. Gleichwohl schwächt diese Konjektur die sachliche Aussage, dass der Zustand ‚danach‘ „eben dadurch“ qualifiziert ist, was dazwischen geschehen ist.

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4. „Κύριε τῶν δυνάμεων κρίνων δίκαια, δοκιμάζων νεφροὺς καὶ καρδίας, ἴδοιμι τὴν παρὰ σοῦ ἐκδίκησιν ἐξ αὐτῶν.“a Προφητικῶς ταῦτα εὔχεται, ἰδεῖν τὴν παρὰ τοῦ θεοῦ ἐκδίκησιν ἐξ αὐτῶν· κεκύκλωται γὰρ ὑπὸ στρα­ τοπέδων ἡ Ἱερουσαλήμ, καὶ ἤγγισεν ἡ ἐρήμωσις αὐτῆς, b καὶ εἴρηται αὐτῇ· „Ἰδοὺ ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν.“ c „Ἴδοιμι“ οὖν „τὴν παρὰ σοῦ ἐκδίκησιν ἐν αὐτοῖς, ὅτι πρὸς σὲ ἀπεκάλυψα τὸ δικαίωμά μου. Διὰ τοῦτο τάδε λέγει κύριος ἐπὶ τοὺς ἄνδρας Ἀναθὼθ τοὺς ζητοῦντας τὴν ψυχήν μου, τοὺς λέ­ γοντας· Οὐ μὴ προ|φητεύσῃς ἐν ὀνόματι κυρίου, εἰ δὲ μή, ἀποθανῇ ἐν ταῖς χερσὶν ἡμῶν. Ἰδοὺ ἐγὼ ἐπισκέψομαι ἐπ̓ αὐτούς· οἱ νεανίσκοι αὐτῶν ἐν ῥομφαίᾳ ἀποθανοῦνται, καὶ οἱ υἱοὶ αὐτῶν καὶ αἱ θυγατέρες αὐτῶν τελευ­ τήσουσιν λιμῷ. Καὶ || ἐγκατάλειμμα οὐκ ἔσται αὐτῶν, ὅτι ἐπάξω κακὰ ἐπὶ τοὺς κατοικοῦντας Ἀναθὼθ ἐν ἐνιαυτῷ ἐπισκέψεως αὐτῶν.“ d Προ­ σχήματος ἕνεκεν τὸ ὄνομα τῆς Ἀναθὼθ ἐνθάδε λαμβάνεται. Ὅλον δὲ τὸ Ἰουδαϊκὸν μυστήριον τροπικῶς ἐν αὐτῇ εἴρηται· ἑρμηνεύεται γὰρ Ἀναθὼθ ἐπακουσμός. τοῦ θεοῦ ἐν ἐκείνῳ ἦν τῷ λαῷ, ὡς καὶ ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ, καὶ γέγονεν ἐπὶ τῆς βασιλείας τὸ „Ἀρθήσεται ἀφ̓ ὑμῶν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ καὶ δοθήσεται ἔθνει ποιοῦντι τοὺς καρποὺς αὐτῆς“, e κατὰ τοῦτο γέγονεν καὶ τὸ τοὺς ἄνδρας Ἀναθώθ, τοὺς ὄντας ἐν τῷ ἐπακουσμῷ, ζητεῖν τὴν ψυχὴν οὐχ Ἱερεμίου (οὐδὲ γὰρ ἡ ἱστορία λέγει ὅτι ἄνδρες Ἀναθὼθ ἐζήτησαν τὴν ψυχὴν Ἱερεμίου. Ἔχομεν τὰς Βασιλείας, μέμνηται ἡ γραφὴ ἐκεῖ τοῦ Ἱερεμίου, f οὐδὲν τοιοῦτον ἐν αὐταῖς εἴρηται, ἐν ταῖς Παραλειπομέναις· ἔχομεν γὰρ αὐτὴν τὴν βίβλον τοῦ προ­ φήτου, οὐδὲν εἰρήκασιν οἱ ἄνδρες Ἀναθώθ), ἀλλὰ ταῦτα λέγεται περὶ Χρι­ στοῦ. „Τοὺς ζητοῦντας τὴν ψυχήν μου, τοὺς λέγοντας· Οὐ μὴ προφητεύσῃς ἐπὶ τῷ ὀνόματι κυρίου“ (ἐκώλυσαν Ἰουδαῖοι διδάσκειν Ἰησοῦν), „εἰ δὲ μή, ἀποθανῇ ἐν ταῖς χερσὶν ἡμῶν. Ἰδοὺ ἐγὼ ἐπισκέψομαι ἐπ̓ αὐτούς· οἱ νεανί­ σκοι αὐτῶν ἐν ῥομφαίᾳ ἀποθανοῦνται, καὶ οἱ υἱοὶ αὐτῶν καὶ αἱ θυγατέρες αὐτῶν τελευτήσουσιν ἐν λιμῷ.“ g Οὐ τότε τετελευτήκασιν ἐν ῥομφαίᾳ, ἀλλὰ μετὰ τὴν πόρθησιν νῦν λιμὸς ἦλθεν ἐπ̓ αὐτούς, „οὐ λιμὸς ἄρτου οὐδὲ δίψα a

Jer. 11,20 b Lk. 21,20 Jer. 11,21f.

g

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Mt. 23,38

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Jer. 11,20–23

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Mt. 21,43

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2 Kön. 23,31; 24,18

2  αὐτῶν Co H (eis) αὐτοῦ S 9  ἐπισκέψομαι Co LXX H (uisitabo) ἐπισκέπτομαι S 11  ἐν Kl mit LXX und H (in) 11  ἐγκατάλειμμα Co ἐγκατάλειμα S 15  ἐπεὶ οὖν ἐπακουσμὸς Kl mit H (quia ergo obedientia) 19  οὐχ Lo οὐκ S 22  οὐδ̓ Kl 30  πόρθησιν S Kl3 Nt παρουσίαν Kl Kl2 mit H (aduentum) 328 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 24 Lagarde (CChr.SL 72, 90): Anathoth oboediens

uel respondens signum; p. 53 (72, 125): Anathoth responsio siue respondens signum uel oboe­ dientia. Siehe auch Wutz, Onomastica sacra I, 537. 329 Diese Bibelstelle gehört für Origenes zu denen, die keinen historischen bzw. buchstäblichen, sondern nur einen übertragenen Sinn haben: Hanson, Allegory and Event

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4. „Herr der Mächte, der gerecht richtet, der Nieren und Herzen prüft, könnte ich doch deine Rache an ihnen sehen!“a Prophetisch wünscht er sich, die Rache Gottes an ihnen zu sehen. Denn Jerusalem ist von Heeren eingeschlossen und seine Verwüstung ist nahe,b und es ist zu ihr gesagt worden: „Siehe, verlassen werden wird euer Haus.“ c „Könnte ich doch“ also „deine Rache an ihnen sehen, denn ich habe dir meine gerechte Sache offenbart! Deshalb spricht der Herr zu den Männern von Anatot, die mir nach dem Leben trachten, indem sie sagen: Du sollst nicht im Namen des Herrn weissagen, sonst wirst du von unseren Händen sterben! Siehe, ich werde sie heimsuchen. Ihre jungen Männer werden durch das Schwert sterben, und ihre Söhne und ihre Töchter werden Hunger umkommen. Und kein Rest wird von ihnen übrigbleiben, denn Schlimmes werde ich über die Bewohner von Anatot im Jahr ihrer Heimsuchung bringen.“ dAls Verhüllung des eigentlich Gemeinten wird der Name Anatot hier verwendet. Das ganze jüdische Mysterium kommt im übertragenen Sinn in ihm zum Ausdruck, denn Anatot heißt übersetzt Gehorsam.328 gegen Gott in jenem Volk war wie auch das Reich Gottes und weil sich im Blick auf das Reich das Wort erfüllte: „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt“,e erfüllte sich entsprechend auch das Wort, dass die Männer von Anatot, die im Gehorsam lebten, jemandem nach dem Leben trachten, freilich nicht dem Jeremia. Denn in der Erzählung ist nicht davon die Rede, dass die Männer von Anatot Jeremia nach dem Leben trachteten. Wir haben die Bücher der Königtümer. Die Schrift erwähnt darin Jeremia,f doch nichts dergleichen ist in ihnen gesagt, in den Büchern der Chronik. Wir haben ja sogar das Buch des Propheten selbst, doch nichts, was die Männer von Anatot gesagt hätten. Dies wird vielmehr über Christus gesagt.329 „Die mir nach dem Leben trachten, indem sie sagen: Du sollst nicht im Namen des Herrn weissagen“ – die Juden hinderten Jesus daran, zu lehren –, „sonst wirst du von unseren Händen sterben! Siehe, ich werde sie heim­ suchen. Ihre jungen Männer werden durch das Schwert sterben und ihre Söhne und ihre Töchter werden vor Hunger umkommen.“ g Nicht damals sind sie durch das Schwert umgekommen, sondern nach der Zerstörung330 266. Wie an anderen Stellen (siehe die Belege ebd. 264–272, bes. in Ioh. comm. X 20,119–32,209 [GCS Orig. 4, 191–206] zur Tempelreinigung und zum Einzug in Jerusalem, deren Historizität Origenes bezweifelt) zieht er zur Prüfung des Sachverhalts andere Zeugnisse, biblische wie außerbiblische, heran. Auch Hieronymus, in Hier. II 111,2f. (CChr.SL 74, 118), bezieht die Aussage, gestützt auf die Etymologie von Anatot als „Gehorsam“ (Anathoth, quod interpretatur oboedientia), auf Christus. 330 Nautin, GCS Orig. 32, 359; SC 232, 404, hat Recht (vgl. die Begründung in SC 232, 77), dass der Text des Codex Scorialensis (πόρθησιν) hier nicht mit Hieronymus (ad­ uentum Domini) in παρουσίαν zu ändern ist, wie Klostermann, GCS Orig. 3, 74, mit Verweis auf diese Wendung in Hier. hom. 7,1 (GCS Orig. 32, 52) vorschlägt (woran

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ὕδατος, ἀλλὰ λιμὸς τοῦ ἀκοῦσαι λόγον κυρίου“.a Οὐκέτι γὰρ „τάδε λέγει κύριος παντοκράτωρ“ λέγεται παρ᾽ αὐτοῖς. Αὕτη ἡ λιμός, ἵνα ἡ προφητεία μηκέτι ᾖ, καὶ τί λέγω | προφητεία; Οὐδὲ διδασκαλία. Κἂν μυριάκις χρημα­ τίζωσιν παρ᾽ αὐτοῖς σοφοί, οὐκ ἔστιν || λόγος κυρίου ἔτι ἐν αὐτοῖς, ἐπεὶ πεπλήρωτο τὸ „Ἀφελεῖ κύριος ἀπὸ τῆς Ἰουδαίας καὶ ἀπὸ τῆς Ἱερουσαλὴμ ἰσχύοντα καὶ ἰσχύουσαν, γίγαντα καὶ ἰσχύοντα καὶ ἄνθρωπον πολεμιστὴν καὶ δικαστὴν καὶ προφήτην καὶ στοχαστὴν καὶ πρεσβύτερον καὶ πεντηκόντ­ αρχον καὶ θαυμαστὸν σύμβουλον καὶ σοφὸν ἀρχιτέκτονα καὶ συνετὸν ἀκρο­ ατήν.“ b Οὐκέτι ἔστιν παρ᾽ αὐτοῖς δυνάμενος εἰπεῖν· „Ὡς σοφὸς ἀρχιτέκτων θεμέλιον τέθεικα.“ c Μετέβησαν οἱ ἀρχιτέκτονες, ἦλθον ἐπὶ τὴν ἐκκλησίαν, ἔθηκαν τὸν θεμέλιον Ἰησοῦν Χριστόν. d Τούτῳ ἐποικοδομοῦσιν καὶ οἱ μετ̓ ἐκείνους. 5. Ἐν λιμῷ οὖν ὁ λαὸς ἐκεῖνος ἐγκαταλελειμμένοι εἰσίν· „ἐπάξω“ γὰρ ἐπ̓ αὐτοὺς „κακὰ ἐπὶ τοὺς κατοικοῦντας Ἀναθὼθ ἐν ἐνιαυτῷ ἐπισκέ­ ψεως αὐτῶν“. e „Δίκαιος εἶ, κύριε, ὅτι ἀπολογήσομαι πρός σε. Πλὴν κρίματά μου λαλή­ σω πρός σε. ὅτι ὁδὸς ἀσεβῶν εὐοδοῦται; εὐθήνησαν πάντες οἱ ἀθε­ τοῦντες ἀθετήματα;“ f Ἔτι ζητοῦμεν, εἰ ἀγαθὸς ὁ θεός ἐστιν ὁ τὸν νόμον καὶ τοὺς προφήτας δεδωκώς, ὁρῶντες ὅτι „ὁδὸς ἀσεβῶν εὐοδοῦται“ καὶ οὐ κολάζει τοὺς ἀσεβεῖς. „Εὐθήνησαν πάντες οἱ ἀθετοῦντες ἀθετήματα.“ Αὐτοὶ οἱ κατὰ τοῦ δημιουργοῦ λέγοντες, δυσφημοῦντες αὐτὸν „εὐθήνησαν“· „ἐφυ­ τεύθησαν καὶ ἐρριζώθησαν, ἐτεκνοποίησαν καρπόν.“ g Πό­ σος καρπὸς Μαρκίωνος τεκνοποιήσαντος, πόσος Βασιλείδου, πόσος Οὐαλεν­ τίνου; Τοῦτο γάρ ἐστι τὸ περὶ τῶν ἀσεβῶν προφητευόμενον καὶ λεγόμενον a

Am. 8,11

b

Jes. 3,1–3

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1 Kor. 3,10

16  τί Co LXX H (quid est)

d

1 Kor. 3,11

e

Jer. 11,23

f

Jer. 12,1

g

Jer. 12,2

21  καὶ ἐποίησαν Del LXX H (et fecerunt)

er in der Separatausgabe von 1903 noch festhält; in der Ausgabe von 1914 aber kehrt er zur Lesart der Handschrift zurück). Gemeint ist die Zerstörung Jerusalems, auf die Origenes mit Lk. 21,20 gerade oben hingewiesen hat. 331 So auch schon in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 24). Siehe dazu oben S. 164 Anm. 124. 332 Im hellenistischen Judentum wurden die Rabbiner als „Weise“ bezeichnet: hom. pasch. 3,12.14.15f.43 (SC 48, 121. 123. 125. 155). Für Origenes siehe de Lange, Origen and the Jews 34: epist. Afric. 11 (SC 302, 538), wo er vom Sohn eines Rabbi spricht, „der bei ihnen Sohn eines Weisen genannt wird“; sel. in Ps. prol. (PG 12, 1056); Cels. I 45 (GCS Orig. 1, 95); I 55 (1, 106); II 31 (1, 159). Auch Hieronymus bezeugt diesen Sprachgebrauch: in Tit. comm. 1,12–14 (CChr.SL 77C, 33); in Abac. comm. I 2,15–17 (CChr.SL 76A, 610); epist. 121,10 (CSEL 56, 49). 333 Solche antijüdische Polemik schon bei Tertullian, adv. Marc. III 23,2 (CChr.SL 1, 540); V 6,10 (1, 680f.). 334 Markion stammte aus Sinope im kleinasiatischen Pontus, war von Beruf Reeder und schloss sich um 140 der Christengemeinde in Rom an, aus der er aber im Jahre 144 ausgeschlossen wurde; er gründete daraufhin eine eigene Kirche, die im Westen des Römischen Reiches bis in das 4., im Osten bis in das 5. Jahrhundert existierte (Har­

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kam jetzt Hunger über sie, „nicht Hunger nach Brot, auch nicht Durst nach Wasser, sondern Hunger danach, das Wort des Herrn zu hören“.a Denn bei ihnen wird nicht mehr gesagt: „Dies spricht der Herr, der Allmächtige.“ Der Hunger besteht darin, dass es keine Prophetie mehr gibt,331 doch was rede ich von Prophetie? Auch keine Lehre mehr. Auch wenn sich Tausende bei ihnen als Weise bezeichnen,332 gibt es kein Wort des Herrn mehr bei ihnen, weil sich das Wort erfüllt hat: „Der Herr wird von Juda und von Jerusalem den starken Mann und die starke Frau, den Riesen, den Starken, den Krieger, den Richter, den Propheten, den Wahrsager, den Älteren, den Anführer von fünfzig Kriegern, den wunderbaren Ratgeber, den weisen Baumeister und den verständigen Hörer wegnehmen.“ b333 Es gibt bei ihnen keinen mehr, der sagen kann: „Als weiser Baumeister habe ich das Fundament gelegt.“ c Die Baumeister sind weggegangen, sie sind zur Kirche gekommen, sie legten als Fundament Jesus Christus.d Darauf bauen auch ihre Nachfolger weiter. 5. Im Hunger ist also jenes Volk zurückgelassen worden. Denn „Schlimmes werde ich“ über sie, „über die Bewohner von Anatot, im Jahr ihrer Heimsuchung bringen“.e „Gerecht bist du, Herr, dass ich mich vor dir verteidigen werde. So werde ich dir meine Klagen vortragen. dass der Weg der Gottlosen erfolgreich verläuft? Dass alle Frevler mit ihren Freveltaten gedeihen?“ f Ferner fragen wir, ob der Gott gut ist, der das Gesetz und die Propheten gegeben hat, wenn wir sehen, dass „der Weg der Gottlosen erfolgreich verläuft“ und er die Gottlosen nicht bestraft. „Alle Frevler mit ihren Freveltaten gedeihen.“ Selbst die, die gegen den Schöpfer reden, „gedeihen“, obwohl sie ihn verleumden: „Sie wurden eingepflanzt und haben Wurzeln geschlagen, sie haben Kinder gezeugt Frucht .“ g Wie viele Früchte wurden von Markion als Kinder gezeugt, wie viele von Basilides, wie viele von Valentinus?334 Denn das ist der Sinn der Prophezeiung über die Gott­ nack, Marcion). Basilides wirkte unter Kaiser Hadrian (117–138) in Alexandria und stiftete eine Schule, deren Anhänger bis in das 4. Jahrhundert nachweisbar sind (Löhr, Basilides; Fürst, Intellektuellen-Religion 20–23). Valentin stammte vielleicht aus Ägypten, wuchs möglicherweise in Alexandria auf – beides ist nicht gesichert – und lehrte Mitte des 2. Jahrhunderts als Theologe in Rom; die Schüler Valentins (Herakleon, Ptolemaios und dann vor allem dessen Schüler) prägten seine Lehre stark um (Markschies,Valentinus Gnosticus?; Fürst, ebd. 25–33). Markion, Basilides und Valentin galten im 2. und 3. Jahrhundert als Häretiker par excellence und werden von Origenes in antihäretischen Aussagen sehr oft und immer stereotyp genannt: in Num. hom. 12,2 (GCS Orig. 7, 98); in Ios. hom. 7,7 (GCS Orig. 7, 335); 12,3 (7, 370); sel. in Iob 41,19 (PG 12, 1049); in Matth. comm. ser. 46 (GCS Orig. 11, 94); in Ps. 73 hom. 2,6 (GCS Orig. 13, 249); in Ps. 77 hom. 5,7 (13, 416); zudem unten in Hier. hom. 17,2 (GCS Orig. 32, 144). Siehe dazu Harnack, Ertrag I, 30–39; II, 54–81; de Lubac, Geist aus der Geschichte 66 (mit weiteren Belegen ebd. Anm. 16), sowie oben S. 138 Anm. 76.

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ἐν τῷ „Ἐτεκνοποίησαν καὶ ἐποίησαν καρπόν“. „Ἐγγὺς εἶ σὺ τοῦ στόματος αὐτῶν, πόρρω δὲ ἀπὸ τῶν || νεφρῶν αὐτῶν.“a Ὀνομάζουσι τὸ Ἰησοῦ ὄνο­ μα, | οὐκ ἔχουσι δὲ τὸν Ἰησοῦν· οὐ γὰρ ὁμολογοῦσιν αὐτὸν ὡς χρή. „Καὶ σύ, κύριε, γινώσκεις με, εἶδές με, ἐδοκίμασας τὴν καρδίαν μου ἐναντίον σου· ἅγνισον αὐτοὺς εἰς ἡμέραν σφαγῆς αὐτῶν.“ b Τί ποιήσω, ἵνα ταῦτα σαφη­ νίσω; Τὰς κολάσεις ἁγνισμὸν λέγει τῶν κολαζομένων· „ἅγνισον“ γὰρ „αὐτοὺς εἰς ἡμέραν“ φησὶν „σφαγῆς αὐτῶν“. Διὰ τοῦ σφαγῆναι αὐτοὺς ἅγνισον αὐτούς· „Ὃν γὰρ ἀγαπᾷ κύριος παιδεύει, μαστιγοῖ δὲ πάντα υἱὸν ὃν παραδέχεται.“ c 6. „Ἕως πότε πενθήσει ἡ γῆ καὶ ὁ χόρτος τοῦ ἀγροῦ ξηρανθήσεται ἀπὸ κακίας τῶν κατοικούντων ἐν αὐτῇ;“ d Ὡς περὶ ἐμψύχου τῆς γῆς καὶ ἐνταῦθα διαλέγεται ὁ προφήτης λέγων τὴν γῆν πενθεῖν διὰ τὴν κακίαν τῶν ἐπιβαινόντων ἐπ̓ αὐτήν. Καθ̓ ἕκαστον οὖν ἡμῶν ἡ γῆ ἤτοι πενθεῖ ἢ εὐ­ φραίνεται· ἢ γὰρ πενθεῖ ἀπὸ κακίας τῶν ἐνοικούντων ἐν αὐτῇ ἢ εὐφραίνε­ ται ἀπὸ ἀρετῆς τῶν ἐνοικούντων ἐν αὐτῇ. Ἐφ̓ ἑκάστου οὖν ἡμῶν αὐτὸ τὸ στοιχεῖον ἢ εὐφραίνεται ἢ πενθεῖ. Εἰ δὲ ἡ γῆ, τάχα καὶ τὰ λοιπὰ στοιχεῖα. Ὁμοίως ἐρῶ καὶ ὕδωρ καὶ ὁ ἐπὶ τοῦ ὕδατος τεταγμένος ἄγγελος, e ἵνα δι­ ηγήσωμαι καὶ τὴν γῆν πενθοῦσαν ἢ μὴ πενθοῦσαν· οὐ γὰρ τοῦτο τὸ σῶμα, ἡ γῆ, πενθεῖ ἀπὸ τῶν κατοικούντων ἐν αὐτῇ, ἀλλὰ νόει μοι πρὸς τῇ διατάξει τοῦ παντὸς τεταγμένον τινὰ ἄγγελον ἐπὶ τῆς γῆς καὶ ἄλλον τεταγμένον ἐπὶ τῶν ὑδάτων καὶ ἄλλον ἐπὶ τοῦ ἀέρος καὶ τέταρτον ἐπὶ τοῦ a

Jer. 12,2

b

Jer. 12,3

c

Spr. 3,12; Hebr. 12,6

d

Jer. 12,4

e

Offb. 16,5

11  ὡς περὶ We Kl2 Kl3 ὡσπερεὶ S Kl Nt 335 Vgl. orat. 22,3 (GCS Orig. 2, 347): Die Worte „Herr ist Jesus“ (1 Kor. 12,3) werden

auch von „tausenden von Heuchlern und sehr vielen Andersgläubigen, manchmal auch von Dämonen vorgebracht, die von der Kraft, die diesem Namen innewohnt, überwältigt werden“. Übersetzung nach von Stritzky, OWD 21, 183. Dieselbe Auslegung bei Hieronymus, in Hier. III 2,2f. (CChr.SL 74, 120): Die Ausführungen in Jer. 12,1f. „richten sich zwar gegen alle, die Unrecht tun, … in besonderer Weise aber gegen alle Häretiker: Obwohl sie gottlos sind, gedeiht ihr Dasein und zeugen sie Kinder, die sie mit ihrer Häresie täuschen. Sie übertreten die Gebote und tun Unrecht, so dass sie die Kirche ausplündern und, obwohl sie auf ihrer falschen Ansicht beharren, sich brüsten, von Gott gepflanzt worden zu sein, Wurzeln geschlagen, Söhne gezeugt und Frucht gebracht zu haben. Obwohl sie den Namen Christi ständig wiederholen, wohnt Gott nicht in ihnen gemäß der Aussage Jesajas: ‚Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir‘ (Jes. 29,13; vgl. Mk. 7,6; Mt. 15,8).“ 336 Origenes versteht Strafen als Erziehungsmittel zur ‚Reinigung‘ von allem Schlechten. Vgl. bes. princ. I 6,3 (GCS Orig. 5, 84) im Blick auf den damit verbundenen langwierigen Prozess in kosmischen Dimensionen: „So werden manche in der ersten Epoche, andere in der zweiten, einige in der letzten durch besonders schwere Strafen hindurch, die lang dauern und sozusagen äonenlang zu ertragen sind, in einem besonders harten Reinigungsprozess wiederhergestellt und wiedereingesetzt; sie erhalten zuerst die Erziehung von Engeln, dann auch von Mächten höheren Ranges und gelangen endlich

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losen und der Aussage: „Sie haben Kinder gezeugt und Frucht gebracht.“ „Nahe bist du ihrem Mund, weit weg aber von ihren Nieren.“a Sie sprechen den Namen Jesu aus, aber sie haben Jesus nicht, denn sie bekennen ihn nicht so, wie es nötig wäre.335 „Und du, Herr, du kennst mich, du hast mich gesehen, du hast mein Herz vor dir geprüft. Reinige sie für den Tag ihrer Schlachtung!“ b Was soll ich tun, um das zu erläutern? Die Strafen bezeichnet er als Reinigung der Bestraften.336 „Reinige sie“ nämlich „für den Tag“, sagt er, „ihrer Schlachtung.“ Durch ihre Schlachtung reinige sie: „Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er geißelt jeden Sohn, den er annimmt.“ c 6. „Wie lange soll die Erde trauern und das Gras des Feldes wegen der Schlechtigkeit ihrer Bewohner verdorren?“ d Auch hier redet der Prophet, als wäre die Erde beseelt,337 wenn er sagt, die Erde trauere wegen der Schlechtigkeit derer, die auf ihr herumlaufen. Bei jedem Einzelnen von uns also trauert die Erde oder freut sich, denn sie trauert über die Schlechtigkeit ihrer Bewohner oder freut sich über die Tugend ihrer Bewohner. Bei jedem Einzelnen von uns also freut sich das Element selbst oder trauert – wenn aber die Erde, dann vielleicht auch die übrigen Elemente. In gleicher Weise werde ich sagen: auch das Wasser und der für das Wasser zuständige Engel,e um darzulegen, dass auch die Erde trauert oder nicht trauert. Denn nicht dieser Körper, die Erde, trauert wegen ihrer Bewohner, sondern bedenke mir, dass zur Ordnung des Alls ein Engel für die Erde zuständig ist, ein anderer für die Wasser zuständig ist, ein anderer für die Luft und ein vierter für das Feuer.338 So erstufenweise zum Höheren, dem ‚Unsichtbaren und Ewigen‘, nachdem sie die einzelnen Ämter der himmlischen Mächte nach Art einer Erziehung durchlaufen haben.“ Übersetzung: p. 227 Görgemanns/Karpp. Vgl. ebd. II 3,7 (5, 126); II 10,6 (5, 179f.); III 5,8 (5, 278f.); in Num. hom. 8,1 (GCS Orig. 7, 51); in Hiez. hom. 1,2 (GCS Orig. 8, 322); Cels. III 75 (GCS Orig. 1, 267). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 131–138. 337 Zur Beseelung der Erde vgl. in Hiez. hom. 4,1 (GCS Orig. 8, 358–363), wo Origenes ausgehend von der prophetischen Anklage gegen die „sündige Erde“ (peccatrix terra) in Ez. 14,12 im Zuge seiner Auslegung nachdrücklich betont, „dass diese sichtbare Erde beseelt ist“ (8, 359). Siehe dazu Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 317f. 338 Die Einteilung der Welt in vier Elemente ist antikes Gemeingut. Lukrez I 712–716 führt sie auf Empedokles zurück, Diogenes Laërtios VII 136 auf Zenon (SVF I 28); vgl. auch Philon, aet. mund. 61 (VI p. 91 Cohn/Wendland); Origenes, princ. IV 4,6 (GCS Orig. 5, 357). Die Divinisierung der Elemente ist ein Philosophumenon des mittleren Platonismus; vgl. Alkinoos, didask. 15,1 (p. 35 Louis/Whittaker): „Es gibt Geister, die man auch gezeugte Götter nennen könnte, bei jedem einzelnen der Elemente. Die einen sind sichtbar, die anderen sind unsichtbar. Sie sind im Äther und im Feuer, in der Luft und im Wasser, so dass kein Teil der Welt ohne eine Seele und ohne eine die sterbliche Natur übersteigende Lebendigkeit ist“ (Übersetzung aus Schadel, BGrL 10, 289 Anm. 110). Die Vorstellung findet sich auch in jüdischen Apokryphen (etwa dem Jubiläenbuch 2,2), ist aber vor allem von christlichen Theologen im Umfeld des Mittelplatonismus rezipiert worden: Athenagoras, legat. 10,5 (PTS 31, 41); Origenes, Cels. VIII 31f. (GCS Orig. 2, 246–248); in Ios. hom. 22,3 (GCS Orig. 7, 434f.).

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πυρός. Οὕτως ἀνάβα μοι τῷ λόγῳ ἐπὶ τὴν διάταξιν πᾶσαν τὴν ἐν ζῴοις, τὴν ἐν φυτοῖς, τὴν ἐν τοῖς οὐρανίοις ἄστροις. Ἄγγελός τις τέτακται καὶ ἐπὶ τοῦ ἡλίου καὶ ἐπὶ τῆς σελήνης ἄλλος, καὶ ἐπὶ τῶν ἄστρων· || οὗτοι δὴ οἱ ἄγγελοι, μεθ̓ ὧν ἐσμεν ὅσον ἐσμὲν ἐπὶ γῆς, ἤτοι εὐφραίνονται ἢ πενθοῦσιν ἐφ̓ ἡμῖν ὅταν ἁμαρτάνωμεν. Πενθεῖ, φησίν, ἡ γῆ ἀπὸ τῶν κατοικούντων ἐν αὐτῇ. Ὁμωνύμως εἶπεν τὸν ἄγγελον γῆν αὐτῇ τῇ γῇ. Ὥσπερ γὰρ „τὸ χειροποίητον ἐπικατάρατον αὐτὸ καὶ ὁ ποιήσας αὐτό“,a οὐχ | ὅτι ἐπικατάρατον αὐτὸ τὸ ἄψυχον, ἀλλ̓ εἴρηται χειροποίητον τὸ προσκαθεζόμενον τῷ ἀψύχῳ ἀγάλματι καὶ χρηματίζον ἐκείνῳ τῷ ὀνόματι· οὕτως δὴ ἐρῶ καὶ γῆν λέγεσθαι τὸν ἐπὶ γῆς τεταγμένον ἄγγελον, καὶ ὕδωρ λέγεσθαι τὸν ἐπὶ ὕδατος τεταγμένον ἄγγελον, καθ̓ ὃ λέλεκται· „Ἴδοσάν σε ὕδατα, ὁ θεός, ἴδοσάν σε ὕδατα καὶ ἐφοβήθησαν, ἐταράχθησαν ἄβυσσοι πλήθους ἤχους ὑδάτων, φωνὴν ἔδωκαν αἱ νεφέλαι, καὶ γὰρ τὰ βέλη σου διαπορεύονται.“ b 7. „Ἐγκαταλέλοιπα τὸν οἶκόν μου, ἀφῆκα τὴν κληρονομίαν μου, ἔδωκα τὴν ἠγαπημένην ψυχήν μου εἰς χεῖρας ἐχθρῶν αὐτῆς.“ c Ἴδε μοι τὸν „ἐν μορφῇ θεοῦ ὑπάρχοντα“ d ὄντα ἐν τοῖς οὐρανοῖς, ἴδε αὐτοῦ τὸν οἶκον ὑπερ­ ουράνιον. Εἰ βούλει καὶ ὑψηλότερον ἰδεῖν (ὅτι „ἐγὼ ἐν τῷ πατρί“ e), ἴδε αὐτοῦ οἶκον ὄντα τὸν θεόν. Καταλείπει „τὸν πατέρα καὶ τὴν μητέρα“, f τὴν „ἄνω Ἱερουσαλήμ“, g καὶ ἔρχεται εἰς τὸν περίγειον τόπον καί φησιν· „Ἐγκα­ ταλέλοιπα τὸν οἶκόν μου, ἀφῆκα τὴν κληρονομίαν μου.“ Ἐκείνη γὰρ ἦν ἡ κληρονομία αὐτοῦ, τὰ χωρία τὰ μετὰ τῶν ἀγγέλων, ἡ τάξις ἡ μετὰ τῶν ἁγίων δυνάμεων. „Ἔδωκα τὴν ἠγαπημένην ψυχήν μου εἰς χεῖρας ἐχθρῶν αὐτῆς.“ h Παρέδωκεν αὑτοῦ τὴν ψυχὴν εἰς τὰς χεῖρας τῶν ἐχθρῶν τῆς ψυ­ aWeish. 14,8 h

4,26

b

Ps. 76(77),17f.

c

Jer. 12,7

d

Phil. 2,6

e

Joh. 14,10.11

f

Mt. 19,5

g

Gal.

Jer. 12,7

2  οὐρανίοις Kl mit H (caelestia) οὐνοῖς S 3  ἄλλος2 Kl mit H (alius) ἄλλοι Nt 4–5  ὅταν 10  δὴ Co H (sic et (ἐὰν Kl) δικαιοπραγῶμεν Kl2 Kl3 mit H (quando iuste agimus) nunc) δ᾽ S 16  ἐν Co ἐμ S 21  ἀφῆκα Co ἀφῆκας S 24  αὑτοῦ Kl (GCS Orig. 3, 348) Kl2 Kl3 αὐτοῦ S Kl Nt 339 In princ. I praef. 10 (GCS Orig. 5, 16) formuliert Origenes die Frage, ob Sonne,

Mond und Sterne beseelt seien, als in der kirchlichen Überlieferung nicht geklärt (die Ansicht geht auf Platon, Tim. 40b; nom. X 896e–899b, zurück) und beantwortet sie positiv: ebd. I 7,3–5 (5, 87–94); in Ioh. comm. I 17,98 (GCS Orig. 4, 21); in Matth. comm. XIII 20 (GCS Orig. 10, 235); orat. 7 (GCS Orig. 2, 315f.); Cels. V 10f. (GCS Orig. 2, 9–12). Siehe dazu Scott, Origen and the Life of the Stars. – Dieser Standpunkt hat später zu seiner Verketzerung beigetragen: In den Anathematismen von 543 (Nr. 6) und 553 (Nr. 3) wird diese Ansicht explizit verurteilt (p. 824f. bzw. 826f. Görgemanns/Karpp). 340 Nautin, GCS Orig. 32, 359; SC 232, 410, hält diese Ergänzung aus Hieronymus für „inutile“, doch ergibt sie einen guten Sinn, weil sich sonst der folgende Konditionalsatz auf Trauer und Freude zugleich beziehen würde.

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hebe dich mir im Denken zur gesamten Ordnung bei den Lebewesen, bei den Pflanzen, bei den himmlischen Sternen. Ein bestimmter Engel ist für die Sonne zuständig, ein anderer für den Mond und für die Sterne.339 Diese Engel also, mit denen wir zusammen sind, solange wir auf Erden sind, freuen sich entweder, 340 oder trauern über uns, sooft wir sündigen. Es trauert, heißt es, die Erde wegen ihrer Bewohner. Mit dem gleichen Namen wie die Erde selbst bezeichnet er den Engel als Erde. Wie nämlich „das von Menschenhand Geschaffene verflucht ist und auch der, der es geschaffen hat“a – nicht, dass das Unbeseelte als solches verflucht wäre, sondern das von Menschenhand Geschaffene ist gemeint, das sich in die unbeseelte Statue hineinversetzt und sich mit jenem Namen benennt341 –, so also will ich sagen, dass mit Erde der für die Erde zuständige Engel und mit Wasser der für das Wasser zuständige Engel gemeint ist. Dem gemäß ist gesagt: „Die Wasser sahen dich, Gott, die Wasser sahen dich und erbebten; die Abgründe tosender Wassermassen wurden erschüttert, die Wolken ließen ihre Stimme erdröhnen, denn auch deine Blitze flitzen einher.“ b342 7. „Ich habe mein Haus verlassen, mein Erbe aufgegeben und meine geliebte Seele in die Hände ihrer Feinde gegeben.“ c Sieh mir, wie der, der „in der Gestalt Gottes ist“,d in den Himmeln ist, sieh sein überhimmlisches343 Haus.Wenn du noch Höheres sehen willst – denn „ich bin im Vater“ e –, sieh, wie sein Haus Gott ist.344 Er „verlässt den Vater und die Mutter“,f das „obere Jerusalem“,g345 kommt an den irdischen Ort und sagt: „Ich habe mein Haus verlassen, mein Erbe aufgegeben.“ Denn dies war sein Erbe, die Regionen in Gemeinschaft mit den Engeln, die Ordnung in Gemeinschaft mit den heiligen Mächten. „Ich habe meine geliebte Seele in die Hände ihrer Feinde gegeben.“ h Er hat seine Seele in die Hände der Feinde der Seele gegeben, in die

341 In den unbeseelten Götterbildern sind die Dämonen anwesend: Cels. VII 62–67

(GCS Orig. 2, 211–216), bes. VII 64 (2, 214). 342 Origenes will erklären, dass in biblischen Sätzen wie dem in Jer. 12,4 oder

Ps. 76(77),17f. nicht die unbeseelte Materie als solche Subjekt sein kann, sondern ein beseeltes Prinzip in ihr, dass homonym mit dem Begriff für den materiellen Gegenstand bezeichnet wird. Zur Homonymie siehe unten S. 490 Anm. 769. 343 Siehe dazu oben S. 247 Anm. 277. 344 Vgl. in Ioh. comm. XX 18,153 (GCS Orig. 4, 350): „Und überlege, ob nicht die Aussage: ‚Er ging von Gott aus‘ (Joh. 8,42) gleichbedeutend mit der Aussage ist: ‚Der Herr geht aus seinem Ort heraus‘ (Mich. 1,3). Denn wenn der Sohn im Vater ist (Joh. 14,10.11), da er in der Gestalt Gottes war, ehe er sich selbst entäußerte (Phil. 2,6f.), ist Gott gleichsam sein Ort.“ 345 Vgl. in Matth. comm. XIV 17 (GCS Orig. 10, 326): „Um der Kirche willen hat der Herr, der Mann, den Vater verlassen, auf den er schaute, als er ‚in der Gottesgestalt‘ existierte; er hat aber auch die Mutter verlassen, weil ja auch er Sohn des oberen Jerusalem ist …“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 57.

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χῆς, εἰς χεῖρας Ἰουδαίων τῶν ἀποκτεινάντων αὐτόν, εἰς χεῖρας ἀρχόντων συναχθέντων κατ̓ αὐτοῦ, εἰς χεῖρας βασιλέ||ων, ὅτε „παρέστησαν οἱ βασι­ λεῖς τῆς γῆς καὶ οἱ ἄρχοντες συνήχθησαν ἐπὶ τὸ αὐτὸ κατὰ τοῦ κυρίου καὶ κατὰ τοῦ Χριστοῦ αὐτοῦ“.a 8. „Ἐγενήθη ἡ κληρονομία μου ἐμοὶ ὡς λέων ἐν δρυμῷ.“ b Αὕτη ἐπὶ γῆς κληρονομία αὐτοῦ ἣν κεκληρονόμηκεν ἀπεθηριώθη πρὸς αὐτόν, καὶ γέγονεν ἡ κληρονομία Ἰουδαῖοι ἐξαγριωθέντες κατ̓ αὐτοῦ „ὡς λέων ἐν δρυμῷ“. Οὐ θαυμαστὸν εἰ τότε ἐγένετο ἡ κληρονομία | αὐτοῦ ὡς λέων ἐν δρυμῷ· νῦν ἔτι ἐν δρυμῷ λέοντές εἰσιν καταθεματίζειν θέλοντες τὸν Ἰησοῦν καὶ δυσφημοῦντες αὐτὸν καὶ ἐπιβουλεύοντες τοῖς πιστεύουσιν εἰς αὐτόν. „Ἐγενήθη“ οὖν „ἡ κληρονομία μου ἐμοὶ ὡς λέων ἐν δρυμῷ. Ἔδωκεν ἐπ̓ ἐμὲ τὴν φωνὴν αὐτῆς, διὰ τοῦτο ἐμίσησα αὐτήν. Μὴ σπήλαιον ὑαίνης ἡ κλη­ ρονομία μου ;“ c || Προφητεύει περὶ τῆς κληρονομίας ταύτης· ἡ κλη­ ρονομία μου μήτι σπήλαιον ὑαίνης γέγονεν, σπήλαιον ὑαίνης, τῆς ἀγριω­ τάτης, τῆς νεκροβόρου, τῆς περὶ τὰ μνημεῖα, τῆς ἐσθιούσης τὰ θνησιμαῖα σώματα; „Μὴ σπήλαιον ὑαίνης ἡ κληρονομία μου ἐμοί; Ἢ σπήλαιον ἐ||π̓ αὐτὴν κύκλῳ αὐτῆς; Βαδίζετε.“ d Ἐπεὶ τοιοῦτοι γεγόνασιν, κελεύω ὑμῖν τοῖς ἀγγέλοις, ἵνα βαδίσητε καὶ συναγάγητε τὰ θηρία καὶ παραδῶτε αὐτοὺς τοῖς θηρίοις. „Βαδίζετε καὶ συναγάγετε πάντα τὰ θηρία τοῦ ἀγροῦ, καὶ ἐλθέτωσαν τοῦ φαγεῖν αὐτήν.“ e Ἐλήλυθεν τὰ θηρία τοῦ ἀγροῦ, διεσθίει τὸν λαὸν ἐκεῖνον. Βλέπετε αὐτῶν τὰς καρδίας διεσθιομένας ὑπὸ τῶν δυνάμεων τῶν ἀντικειμένων. Εἰ ἐκείνων ὁ Ἰησοῦς οὐκ ἐφείσατο ἀλλὰ εἶπεν· „Βαδίζετε, συναγάγετε τὰ θηρία“, πόσῳ πλέον ἡμῶν οὐ φείσεται; f Ἐὰν μὴ ποιῶμεν τὸν νόμον τοῦ θεοῦ, τὸν λόγον τοῦ εὐαγγελίου, ἐρεῖ πάλιν· βαδίσατε, συν­ αγάγετε τὰ θηρία καὶ παράδοτε αὐτήν. Ἀλλ̓ ἡμεῖς παρρησίαν ἔχομεν, ἵνα εἴπωμεν ἐν ταῖς εὐχαῖς· „Μὴ παραδῷς τοῖς θηρίοις ψυχὴν ἐξομολογουμένην σοι.“ g Ἐξομολογησώμεθα περὶ τῶν παραπτωμάτων μετανοοῦντες, καὶ τοῖς θηρίοις οὐ παραδοθησόμεθα, ἀλλ̓ ἀγγέλοις ἁγίοις τιθηνοῖς ἐσομένοις, ἐπὶ κόλπων βαστάζουσιν, μεταβιβάζουσιν ἡμᾶς ἀπὸ τοῦ αἰῶνος τούτου ἐπὶ τὸν μέλλοντα ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἐστιν τὸ κράτος καὶ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ h a

Ps. 2,2; Apg. 4,26 b Jer. 12,8 Ps. 73(74),19 h1 Petr. 4,11

g

c

Jer. 12,8f.

d

Jer. 12,9

e

Jer. 12,9

f

Röm. 11,21.24

5  ἡ2 Kl 13  ἐμοί Lo LXX H (mihi) 13  προφητεύει Hu προφητεύη S mit LXX und H (aut) ὡς S Kl2 Kl3 31  Ἀμήν add. ὁμιλία ιʹ S

16  ἢ Kl Nt

346 Siehe dazu oben S. 269 Anm. 322. 347 Siehe dazu unten in Hier. hom. 19,2(18,12) (GCS Orig. 32, 168). 348 Zur textlichen Unordnung im Codex Scorialensis an dieser Stelle, wo ein Teil aus

dem Anfang der 11. Homilie wohl durch Vertauschung eines Blattes hierher geraten ist, siehe oben S. 15.

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Hände der Juden, die ihn töteten,346 in die Hände der Herrscher, die sich gegen ihn versammelten, in die Hände der Könige, als „die Könige der Erde aufstanden und die Mächtigen sich gegen den Herrn und gegen seinen Gesalbten versammelten“.a 8. „Mein Erbe wurde mir wie ein Löwe im Wald.“ b Dieses sein Erbe auf Erden, das er geerbt hatte, ist wie ein wildes Tier gegen ihn geworden, und das Erbe – die Juden, die gegen ihn wüteten – ist „wie ein Löwe im Wald“ geworden. Es ist nicht erstaunlich, wenn sein Erbe damals „wie ein Löwe im Wald“ geworden ist. Noch jetzt gibt es im Wald Löwen, die darauf aus sind, Jesus zu verwünschen,347 die ihn schmähen und denen nachstellen, die an ihn glauben. „Mein Erbe“ also „wurde mir wie ein Löwe im Wald. Es erhob seine Stimme gegen mich, weswegen ich es hasste. Ist mein Erbe nicht die Höhle einer Hyäne?“ c348 Er prophezeit über dieses Erbe: Ist mein Erbe nicht zur Höhle einer Hyäne geworden, zur Höhle einer Hyäne, die ganz wild geworden ist, die Verendetes frisst, die um die Gräber herum die Kadaver verschlingt? „Ist mein Erbe mir nicht die Höhle einer Hyäne? Oder zur Höhle gegen es und rings um es herum?349 Geht!“ dWeil sie so geworden sind, befehle ich euch Engeln, dass ihr geht und die wilden Tiere zusammentreibt und dass ihr sie den wilden Tieren vorwerft: „Geht und treibt alle wilden Tiere des Feldes zusammen! Sie sollen kommen, um es (sc. das Erbe) zu fressen!“ e Die wilden Tiere des Feldes sind gekommen, und sie fressen jenes Volk auf. Schaut euch an, wie ihre Herzen von den feindlichen Mächten aufgefressen werden! Wenn Jesus jene nicht geschont hat, sondern sagte: „Geht, treibt die wilden Tiere zusammen“, um wie viel mehr wird er uns nicht schonen? f350 Wenn wir nicht nach dem Gesetz Gottes, nach dem Wort des Evangeliums handeln, wird er erneut sagen: Geht, treibt die wilden Tiere zusammen und werft sie (sc. die Seele) ihnen vor! Aber wir haben Zuversicht,351 um in den Gebeten zu sagen: „Wirf eine Seele nicht den wilden Tieren vor, wenn sie sich zu dir bekennt!“ g Lasst uns unsere Verfehlungen bekennen und umkehren, und wir werden nicht den wilden Tieren vorgeworfen werden, sondern den heiligen Engeln, die uns pflegen, in ihrem Schoß tragen und uns aus dieser Welt in die künftige hinüberbringen in Christus Jesus. „Sein ist die Macht und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen!“ h 349 Der griechische Ausdruck nach der Lesart des Codex Scorialensis: ἢ σπήλαιον ἐπ΄

αὐτὴν κύκλῳ αὐτῆς ist in seiner Bedeutung unklar. Hieronymus übersetzt: aut spelunca in circuitu eius gemäß der Septuaginta: ἢ σπήλαιον κύκλῳ αὐτῆς (II p. 676 Rahlfs). 350 Dasselbe Textverständnis bei Hieronymus, in Hier. III 8,3 (CChr.SL 74, 123f.), der die Aussage ebenfalls auf Israel bezieht: „So ist Israel, da es sich gegen seinen Herrn stellt.“ Die antijüdischen Exegesen des Origenes in diesen Homilien werden nur dadurch einigermaßen aufgefangen, dass er die kritischen Aussagen im Buch Jeremia auf die Christen jeweils noch verschärft anwendet. Siehe oben S. 39–41. 351 Zu dieser „Zuversicht“ (παρρησία) vgl. unten in Hier. hom. 16,4 (GCS Orig. 32, 136).

Εἰς τὸ „δι᾽ ἐμὲ ἀφανισμῷ ἠφανίσθη πᾶσα ἡ γῆ“ καὶ εἰς τὸ „περίζωμα“.a

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1. Τίς ἔστιν ὁ λέγων· „Δι᾽ ἐμὲ ἠφανίσθη ἀφανισμῷ πᾶσα ἡ γῆ“; b Ὁ Χριστὸς ταῦτά φησιν, οὗ πρὸ τῆς ἐπιδημίας πολλὰ μὲν γεγένηται ἁμαρ­ τήματα τῷ λαῷ, ἀλλ̓ οὐ τοιαῦτα ὥστε αὐτοὺς πάντῃ ἐγκαταλειφθῆναι καὶ εἰς αἰχμαλωσίαν πολυχρόνιον παραδοθῆναι. Ὅτε || δὲ ἐπλήρωσαν τὸ μέτρον τῶν πατέρων αὐτῶν c καὶ προσέθηκαν τῷ ἀνῃρηκέναι τοὺς προ­ φήτας καὶ δεδιωχέναι τοὺς δικαίους d || τὸ ἀποκτεῖναι „τὸν Χριστὸν τοῦ θεοῦ“, e τότε γεγένηται τὸ „Ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν“. f Καὶ δι᾽ αὐτὸν ταῦτα πεπόνθασιν καὶ ἀφανισμῷ ἠφανίσθη πᾶσα ἡ γῆ. 2. Εἰ δὲ καὶ ὑψηλότερον ἀκοῦσαι βούλει τοῦ „Δι᾽ ἐμὲ ἠφανίσθη ἀφανι­ σμῷ πᾶσα ἡ γῆ“, g ἴδε τὴν ἐν σοὶ γῆν τίνα τρόπον ἠφανίσθη ἐλθόντος τοῦ Ἰησοῦ· ἠφανίσθη γὰρ νεκρωθέντων τῶν μελῶν τῶν ἐπὶ τῆς γῆς h καὶ οὐκέτι ἡ γῆ ἐργάζεται τὰ ἑαυτῆς, οὐκέτι γίνεται παρὰ τῷ δικαίῳ τὰ ἔργα τῆς σαρκὸς οἷς ἔθαλλεν ἡ σάρξ, οὐκέτι πορνεία, οὐκέτι ἀκαθαρσία, οὐκ ἀσέλ­ γεια, οὐκ εἰδωλολατρία, οὐ φαρμακεία καὶ τὰ λοιπά. i Καὶ ὁ σωτὴρ δὲ λέγει· „Τί νομίζετε ὅτι ἦλθον βαλεῖν εἰρήνην ἐπὶ τῆς γῆς· οὐκ ἦλθον βαλεῖν εἰρήνην ἀλλὰ μάχαιραν.“ j Ἀληθῶς γὰρ πρὶν μὲν ἔλθῃ, μάχαιρα οὐκ ἦν ἐπὶ τῆς γῆς οὐδὲ ἡ σὰρξ ἐπεθύμει κατὰ τοῦ πνεύματος οὐδὲ τὸ πνεῦμα κατὰ τῆς || σαρκός· k ὅτε δὲ ἦλθεν καὶ δεδιδάγμεθα τίνα μέν ἐστιν τῆς σαρκός τίνα δὲ τοῦ πνεύματος, ἡ διδασκαλία ὥσπερ μάχαιρα γεγενημένη ἐν | γῇ διεῖλεν τὴν σάρκα καὶ τὴν γῆν ἀπὸ τοῦ πνεύματος· l καὶ ἠφανίσθη μὲν ἡ γῆ, ὅτε a

Jer. 12,11–13; 13,1–11 b Jer. 12,11 c Mt. 23,32 d Mt. 5,12; 23,37 e Lk. 9,20 f Mt. 23,38 g Jer. 12,11 hKol. 3,5 i Gal. 5,19f. j Mt. 10,34 (vgl. Jer. 12,12) k Gal. 5,17 l Hebr. 4,12 8  τῷ V1 Del H (ad occisionem) τὸ S 352 Zur Einfügung des folgenden Teils aus dem Codex Scorialensis (fol. 251r Mitte – fol.

251v unten) aus dem Schluss der 10. Homilie siehe oben S. 15. 353 Zu diesem Vorwurf siehe oben S. 269 Anm. 322. 354 Siehe dazu in Hier. hom. 8,1 (GCS Orig. 32, 55); 8,2 (32, 57f.); lat. 1(3),6 (GCS Orig.

8, 317). 355 Nautin, SC 232, 418 Anm. 1, weist darauf hin, dass Origenes Jer. 12,12 nicht eigens

auslegt, sondern im Folgenden gleich zu Jer. 12,13 übergeht. Der Gegensatz zwischen

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Über: „Meinetwegen ist die ganze Erde der Vernichtung anheimgefallen“ und über den „Schurz“.a

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1. Wer ist derjenige, der sagt: „Meinetwegen ist die ganze Erde der Vernichtung anheimgefallen“? b Der Gesalbte (Christus) sagt dies, vor dessen Kommen zwar vom Volk viele Sünden begangen wurden, aber nicht der­ maßen, dass sie ganz verlassen und einer lange dauernden Gefangenschaft ausgeliefert wurden. Als sie aber das Maß ihrer Väter erfüllten c und der Beseitigung der Propheten und der Verfolgung der Gerechten d352 die Tötung des „Gesalbten Gottes“ e353 hinzufügten, da erfüllte sich das Wort: „Verlassen werden wird euer Haus.“ f Seinetwegen haben sie das erlitten und „ist die ganze Erde der Vernichtung anheimgefallen“. 2. Wenn du aber zu der Aussage: „Meinetwegen ist die ganze Erde der Vernichtung anheimgefallen“ g noch etwas Höheres hören willst, betrachte, auf welche Weise die Erde in dir354 durch das Kommen Jesu vernichtet wurde. Sie wurde nämlich vernichtet, als die irdisch gesonnenen Glieder getötet wurden:h Die Erde verrichtet nicht mehr die ihr eigenen Werke, beim Gerechten gibt es keine Werke des Fleisches mehr, die das Fleisch zum Blühen brachten, gibt es keine Unzucht mehr, keine Unreinheit mehr, keine Ausschweifung, keinen Götzendienst, keine Zauberei und dergleichen.i Und der Erlöser sagt: „Warum meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ j355 Denn wahrlich, bevor er kam, gab es kein Schwert auf der Erde und das Fleisch trachtete nicht wider den Geist noch der Geist wider das Fleisch.k Als er aber kam und wir belehrt wurden, was des Fleisches und was des Geistes ist, wurde die Lehre wie ein Schwert356 auf Erden, das das Fleisch und die Erde vom Geist trennte.l Und die Erde wurde zwar vernichtet, da Frieden und Schwert, auf den er mit Mt. 10,34 zu sprechen kommt, steht jedoch auch in Jer. 12,12: „An jeden Durchgang in der Wüste kamen, die Mühsal und Qual brachten, denn das Schwert des Herrn wird vom (einen) Ende der Erde bis zum (anderen) Ende der Erde verzehren, alles Fleisch hat keinen Frieden“ (p. 1320 Septuaginta Deutsch). Man kann daher das Folgende ebenfalls als Auslegung dieses Verses betrachten. 356 Den Vergleich von Lehre bzw. Wort und Schwert (vgl. schon Eph. 6,17) hat Origenes oft herangezogen: in Ioh. comm. I 32,229 (GCS Orig. 4, 40f.); VI 58,297 (4, 166); in

Ὁμιλία ιαʹ



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τὴν νέκρωσιν Ἰησοῦ ἐν τῷ σώματι περιφέρομεν,a καὶ οὐκέτι ζῶμεν κατὰ σάρκα, b ζῇ δὲ τὸ πνεῦμα, καὶ σπείρομεν οὐδὲν εἰς τὴν σάρκα ἀλλὰ πάντα εἰς τὸ πνεῦμα, ἵνα μὴ θερίσωμεν φθορὰν ἐκ τῆς σαρκὸς ἀλλ̓ ἀπὸ τοῦ πνεύματος ζωὴν αἰώνιον. c 3. Λέγεται δὲ τοῖς ἡμαρτηκόσιν· „Σπείρετε πυροὺς καὶ ἀκάνθας θερίζε­ τε“· d κἂν γὰρ [ἐν] τοῖς λογίοις τοῦ θεοῦ ὁμιλῶσιν, οἱ μὴ καλῶς αὐτοῖς ὁμιλοῦντες μηδὲ ὃν δεῖ τρόπον βιοῦντες μηδὲ πιστεύοντες σπείρουσιν πυ­ ροὺς καὶ θερίζουσιν ἀκάνθας. Μάλιστα δὲ ἔστιν ταῦτα νοῆσαι ἐπὶ τῶν ἑτεροδόξων ἐντυγχανόντων ταῖς γραφαῖς καὶ ἀκάνθας οὐκ ἀπὸ τῶν γρα­ φῶν, ἀλλ̓ ἀπὸ τῶν ἰδίων ἐπινοιῶν θεριζόντων. „Οἱ κλῆροι αὐτῶν οὐκ ὠφελήσουσιν αὐτούς.“ e Ταῦτα καὶ πρὸ ἡμῶν ἄλλοι διηγήσαντο. Καὶ ἐπει­ δὴ οὐκ ἀποδοκιμάζομεν αὐτῶν τὴν διήγησιν, εὐγνωμόνως φέρομεν αὐτὴν εἰς μέσον, οὐχ ὡς αὐτοὶ εὑρόντες ἀλλ̓ ὡς μεμαθηκότες καλὸν μάθημα. Οὗτος ὁ λόγος ὠφελήσει καὶ ὑμᾶς καὶ ἡμᾶς, ἐὰν || προσέχωμεν τῷ γεγραμμένῳ, οἳ δοκοῦμεν εἶναι ἀπὸ κλήρου τινὲς προκαθεζόμενοι ὑμῶν, ὥστε τινὰς θέλειν ἥκειν ἐπὶ τὸν κλῆρον τοῦτον. Ἴστε δὲ ὅτι οὐ πάντως ὁ κλῆρος σῴ­ ζει· πολλοὶ γὰρ καὶ πρεσβύτεροι ἀπολοῦνται, πολλοὶ καὶ λαϊκοὶ μακάριοι ἀποδειχθήσονται. Ἐπεὶ οὖν τινές εἰσιν ἐν κλήρῳ οὐχ οὕτως βιοῦντες ὥστε ὠφεληθῆναι καὶ κοσμῆσαι τὸν κλῆρον, διὰ τοῦτο, φασὶν οἱ διηγησά|μενοι, γέγραπται· „Οἱ κλῆροι αὐτῶν οὐκ ὠφελήσουσιν αὐτούς“· f τὸ γὰρ ὠφελοῦν οὐκ αὐτὸ τὸ καθέζεσθαι ἐν πρεσβυτερίῳ ἐστίν, ἀλλὰ τὸ βιοῦν ἀξίως τοῦ τόπου, ὡς ἀπαιτεῖ ὁ λόγος. Ἀπαιτεῖ καὶ ὑμᾶς βιοῦν ὁ λόγος καλῶς καὶ a

2 Kor. 4,10

b

Röm. 8,13

c

Gal. 6,8

d

Jer. 12,13

e

Jer. 12,13

f

Jer. 12,13

5  σπείρετε Hu H (seminatis) σπείρατε S 6  ἐν del. Kl (mit C) 6  λογίοις Kl ἁγίοις S 12  οὐκ Hu H (non) τοῦτ᾽ S 15  τινὲς Hu Kl Nt (SC 232, 420) τινὸς S Nt (GCS Orig. 19  ὠφεληθῆναι Hu ὀφεληθῆναι S 20  ὠφελήσουσιν Hu ὀφελήσουσιν S 32, 359) 20  ὠφελοῦν Hu ὀφελοῦν S 21  καθέζεσθαι Lo καθέσ   ζεσθαι S 21  πρεσβυτερίῳ Kl πρεσβϋτερείω S

Matth. comm. XV 4 (GCS Orig. 10, 358); in Gen. hom. 3,6 (GCS Orig. 6, 48), hier ebenfalls mit Mt. 10,34; in Lev. hom. 16,7 (GCS Orig. 6, 504f.); in Ios. hom. 26,2 (GCS Orig. 7, 458–460). 357 Origenes bezieht sich öfter auf (allegorische) Auslegungen von Vorgängern: Har­ nack, Ertrag I, 22–30; II, 10–34; Hanson, Allegory and Event 133f. 358 Im Bibeltext meint κλῆροι die „Anteile“ am Land, die den Angehörigen des Gottesvolkes nichts nützen werden. Im christlichen Sprachgebrauch, erstmals belegt bei Clemens von Alexandria, div. salv. 42,2 (Clem. Al. 32, 188), meint der Terminus ein kirchliches Amt und damit auch die Zugehörigkeit zum „Klerus“. Stellen wie Num. 18,20 und Dtn. 10,9 in der Auslegung Philons dürften die Grundlage für diese Sprachentwicklung abgegeben haben: plant. 63–72 (II p. 146–148 Cohn/Wendland). Die folgende Auslegung beruht auf dieser Sprachentwicklung.

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Homilie ,2–3

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wir das Sterben Jesu am Leib tragena und nicht mehr nach dem Fleisch leben,b aber der Geist lebt, und wir säen nichts in das Fleisch, sondern alles in den Geist, um nicht Verderben vom Fleisch zu ernten, sondern vom Geist ewiges Leben.c 3. Zu den Sündern aber wird gesagt: „Ihr sät Weizen und erntet Dornen.“ d Denn auch wenn sie mit den Worten Gottes umgehen, säen die, die mit ihnen nicht richtig umgehen und nicht so leben, wie sie es müssten, und auch nicht glauben, Weizen und ernten Dornen. Besonders ist das im Blick auf die, die andere Ansichten vertreten (sc. Häretiker), zu verstehen, die sich mit den Schriften befassen und Dornen nicht von den Schriften, aber von den eigenen Gedanken ernten. „Ihre Ämter werden ihnen nicht nützen.“ e Das haben schon andere vor uns ausgelegt,357 und da wir ihre Auslegung nicht ablehnen, tragen wir sie gerne vor, nicht als hätten wir sie selbst gefunden, sondern weil wir etwas Richtiges gelernt haben. Dieses Wort wird sowohl euch als auch uns von Nutzen sein, wenn wir genau darauf achten, was da geschrieben steht.358 Manche359 von uns scheinen durch das Amt über euch gesetzt zu sein,360 so dass manche in dieses Amt gelangen wollen. Ihr sollt aber wissen, dass das Amt ganz und gar nicht rettet, denn auch viele Presbyter werden zugrundegehen und viele Laien werden für selig befunden werden. Da es nun im Klerus manche gibt, die nicht so leben, dass es ihnen nützt und das Amt ehrt, deshalb, sagen die Ausleger, steht geschrieben: „Ihre Ämter werden ihnen nicht nützen.“ f361 Denn das Nützliche besteht an sich nicht darin, im Presbyterium zu sitzen, sondern entsprechend der Würde des Platzes zu leben, wie das Wort es verlangt. Das Wort verlangt sowohl von euch, gut zu leben, als auch von uns. Doch wenn man sagen muss: „Die Mächtigen 359 Huet korrigierte τινὸς im Codex Scorialensis richtig zu τινὲς, denn es geht nicht um

„irgendein“ Amt (unter vielen Ämtern), sondern um „das“ Amt in der Kirche als solches, das „manche“ in der Gemeinde innehaben. Nautin, GCS Orig. 32, 359, schloss sich der Lesart des Scorialensis an, während er in SC 232, 420 wie Klostermann, GCS Orig. 3, 80, Huets Korrektur übernahm. 360 Das ist auch wörtlich zu verstehen: Die Presbyter saßen mit dem Bischof „über“ der Gemeinde im Halbkreis um den Altar herum, was nach Nautin, SC 232, 109, vermutlich darauf hindeutet, dass das Presbyterium schon zur Zeit des Origenes baulich erhöht war. Vgl. in Hiez. hom. 5,4 (GCS Orig. 8, 375): prior sedeo in cathedra resupinus – „weiter vorne (oder: höher) sitze ich zurückgelehnt auf dem Stuhl“; in Matth. comm. ser. 12 (GCS 11, 22): visibiles primas cathedras eorum qui dicunt presbyteri – „die sichtlich ersten (vorderen? höheren?) Stühle derer, die Presbyter genannt werden“. 361 Origenes hat an die Kleriker hohe Ansprüche gestellt und ihre Verfehlungen entsprechend oft und scharf kritisiert: in Gen. hom. 16,5 (GCS Orig. 6, 142f.); in Lev. hom. 6,2 (GCS Orig. 6, 361); in Num. hom. 2,1 (GCS Orig. 7, 9f.); 9,1 (7, 54); 22,4 (7, 208); in Sam. hom. lat. 7 (GCS Orig. 8, 13); in Luc. hom. 13,6 (GCS Orig. 92, 80f.); in Matth. comm. XI 15 (GCS Orig. 10, 59). Weiteres dazu bei Harnack, Ertrag I, 69–71. 73–78; II, 129–141; Vogt, Kirchenverständnis 29–33; Schütz, Gottesdienst 50–54.

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Ὁμιλία ιαʹ

ἡμᾶς· ἀλλ̓ εἰ δεῖ οὕτως εἰπεῖν, „δυνατοὶ δυνατῶς ἐτασθήσονται“,a πλεῖον ἐγὼ ἀπαιτοῦμαι παρὰ τὸν διάκονον, πλεῖον ὁ διάκονος παρὰ τὸν λαϊκόν, ὁ δὲ τὴν πάντων ἡμῶν ἐγκεχειρισμένος ἀρχὴν αὐτὴν τὴν ἐκκλησιαστικὴν ἔτι πλεῖον ἀπαιτεῖται. Διὰ τοῦτο ὁ πεπιστευμένος τὰ μεγάλα, ὁ ἀπόστο­ λος, ἀκούετε, φησίν· „Οὕτως ἡμᾶς λογιζέσθω ἄνθρωπος ὡς ὑπηρέτας Χρι­ στοῦ καὶ οἰκονόμους μυστηρίων θεοῦ. Ὧδε λοιπὸν ζητεῖτε ἐν τοῖς οἰκο­ νόμοις ἵνα πιστός τις εὑρεθῇ.“ b Καὶ οὕτως σπάνιόν ἐστιν εὑρεθῆναι οἰκονόμον πιστὸν καὶ καλόν. Ἰησοῦς „ὁ εἰδὼς τὰ πάντα πρὶν γενέσεως αὐτῶν“ c λέγει· „Τίς ἄρα ἐστὶν ὁ πιστὸς οἰκονόμος καὶ φρόνιμος, ὃν κατα­ στήσει ὁ κύριος αὐτοῦ ἐπὶ τῆς οἰκίας αὐτοῦ διδόναι ἐν καιρῷ τὸ σιτομέτρι­ ον τοῖς δούλοις αὐτοῦ;“ d Εἶτα μέμφεταί τινας οἰκονόμους καὶ λέγει· „Ἐὰν δὲ ἄρ||ξηται ὁ κακὸς δοῦλος λέγειν· χρονίζει μου ὁ κύριος ἔρχεσθαι, καὶ ἄρξηται τύπτειν τοὺς συνδούλους αὐτοῦ καὶ τὰς παιδίσκας, ἐσθίειν τε καὶ πίνειν καὶ μεθύσκεσθαι· ἥξει ὁ κύριος τοῦ δούλου ἐκείνου ἐν ἡμέρᾳ ᾗ οὐ προσδοκᾷ καὶ ἐν ὥρᾳ ᾗ οὐ γινώσκει καὶ διχοτομήσει αὐτόν, καὶ τὸ μέρος αὐτοῦ μετὰ τῶν ἀπίστων θήσει.“ e Ταῦτα μὲν εἰς τὸ „οἱ κλῆροι αὐτῶν οὐκ ὠφελήσουσιν αὐτούς“. f 4. Ἴδωμεν δὲ καὶ ἑξῆς ἐπίπληξιν ἀναγκαίαν, ἣν καλὸν εἰς τὸν ἠθικὸν τόπον ἀναλαβεῖν, λέγουσαν· „Αἰσχύνθητε ἀπὸ καυχήσεως ὑμῶν, ἀπὸ ὀνει­ δισμοῦ ἐναντίον κυρίου.“ g Ἔστιν τινά, ἐν οἷς καυχώμεθα διὰ τὴν ἄνοιαν οὐκ οὖσιν καυχήσεως ἀξίοις· οἷον ἐὰν καυχήσηταί τις ὅτι πλούσιός ἐστιν καὶ πολλὰ κέκτηται, λέγοιτ̓ ἂν πρὸς αὐτόν· „Αἰσχύνθητε ἀπὸ καυχήσεως ὑμῶν.“ Ἐὰν καυχήσηταί τις ἐπὶ εὐγενείᾳ ταύτῃ τῇ ἐκτός, λεχθήσεται πρὸς αὐτόν· „Αἰσχύνθητε ἀπὸ καυχήσεως ὑμῶν.“ Ἐὰν καυχήσηταί τις ἐπὶ πο­ λυτελείᾳ ἱματίων, ἐπὶ οἰκοδομῇ οἰκίας πλουσίως κατεσκευασμένης, ἀλλο­ τρία ἐστὶν ἡ καύχησις καυχήσεως ἁγίων· διὸ λεχθήσεται πρὸς τὸν τοιοῦτον· „Αἰσχύνθητε ἀπὸ καυχήσεως | ὑμῶν.“ Ἄκουε τοῦ λόγου τοῦ προφήτου Ἱερεμίου κελεύοντος ἡμᾶς μὴ καυχᾶσθαι μηδὲ ἐπὶ σοφίᾳ· „μὴ καυχάσθω“ γάρ φησιν „ὁ σοφὸς ἐν τῇ σοφίᾳ αὐτοῦ μηδὲ ὁ ἰσχυρὸς ἐν τῇ ἰσχύϊ αὐτοῦ μηδὲ ὁ πλούσιος ἐν τῷ πλούτῳ αὐτοῦ, ἀλλὰ ἐν τούτῳ καυχάσθω ὁ καυ­ χώμενος, συνιεῖν καὶ γινώσκειν ὅτι ἐγώ εἰμι κύριος.“ h Θέλεις καυχᾶσθαι καὶ a

Weish. 6,6 b1 Kor. 4,1f. c Sus. 35a LXX (42 Theodotion) bzw. Dan. 13,42 Mt. 24,45 eLk. 12,45f.; Mt. 24,48–51 f Jer. 12,13 g Jer. 12,13 hJer. 9,22f.

d

4  ἔτι Kl ἐπὶ S 9  ἄρα S* ἆρα Scorr. 17  ὠφελήσουσιν Hu ὀφελήσουσιν S ἂν Hu H (dicitur) λέγει τ̓ ἂν S 28  μηδὲ Co H (ne – quidem) μήτε S

22  λέγοιτ̓

Lk. 12,42;

362 Origenes war demnach Presbyter, als er diese Predigt hielt: siehe oben S. 6. 363 Gemeint ist der Bischof. 364 Die Ethik bildete traditionell einen der drei Teile der Philosophie neben Physik und

Logik; vgl. in Gen. hom. 14,3 (GCS 6, 124f.) und viele weitere Stellen bei Schadel, BGrL 10, 290 Anm. 117, der allerdings die Differenzen in den Schemata ignoriert. Im

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werden mächtig geprüft werden“,a wird von mir mehr verlangt als vom Diakon,362 vom Diakon mehr als vom Laien, von dem aber, dem die eigentliche kirchliche Macht über uns alle anvertraut ist,363 wird noch mehr verlangt. Deswegen hört, wie der, dem Großes anvertraut wurde, der Apostel, sagt: „So soll man uns als Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes betrachten, wie ihr im übrigen von den Verwaltern verlangt, dass einer sich als treu erweist.“ b Und entsprechend selten kommt es vor, dass sich ein Verwalter als treu und redlich erweist. Jesus, „der alles weiß, bevor es geschieht“,c sagt: „Wer ist nun der treue und kluge Verwalter, den sein Herr über sein Haus einsetzen wird, damit er seinen Dienern zur rechten Zeit ihr Maß Weizen gibt?“ d Danach tadelt er manche Verwalter und sagt: „Wenn aber der schlechte Diener anfängt zu sagen: Mein Herr kommt noch lange nicht, und anfängt, seine Mitknechte und die Mägde zu schlagen, und zu essen und zu trinken und sich zu berauschen, wird der Herr jenes Dieners an einem Tag kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, und er wird ihn in Stücke hauen und ihm einen Platz bei den Treulosen zuweisen.“ e Dies zu der Aussage: „Ihre Ämter werden ihnen nicht nützen.“ f 4. Wir wollen aber auch den daraufhin folgenden notwendigen Tadel betrachten, der sich gut dem Bereich der Ethik364 zuordnen lässt; er lautet: „Schämt euch für eure Prahlerei, für die Schmähung wider den Herrn!“ g Es gibt manches, wofür wir uns aus Unkenntnis rühmen, was aber keinen Ruhm verdient. Wenn sich zum Beispiel einer rühmt, dass er reich ist und viel besitzt, könnte man wohl zu ihm sagen: „Schämt euch für eure Prahlerei!“ Wenn sich einer für eine im äußerlichen Sinn edle Abstammung rühmt, wird zu ihm gesagt werden: „Schämt euch für eure Prahlerei!“ Wenn sich einer für die Kostbarkeit von Kleidern rühmt, für den Bau eines reich ausgestatteten Hauses, ist das ein Ruhm, der dem Ruhm der Heiligen fremd ist. Daher wird zu einem solchen gesagt werden: „Schämt euch für eure Prahlerei!“ Vernimm, wie das Wort des Propheten Jeremia uns befiehlt, uns nicht zu rühmen, auch nicht für Weisheit: „Der Weise“, sagt er nämlich, „soll sich nicht seiner Weisheit rühmen, noch der Starke seiner Stärke, noch der Reiche seines Reichtums, sondern dafür soll sich, wer sich rühmt, rühmen, dass er versteht und erkennt, dass ich der Herr bin.“ h Willst du dich rühmen, ohne, Mittelplatonismus und zur Zeit des Origenes setzte sich in platonischen Kreisen nämlich eine Einteilung in Physik, Ethik und „Epoptik“, d.h. „Schau“ im Sinne von „Mystik“ oder auch „Theologie“, durch. Vgl. z.B. Plutarch, Is. 77, 382 D; Clemens von Alexandria, strom. I 176,1–3 (GCS Clem. Al. 24, 108); Origenes, sel. in Ps. 76,21 (III p. 109 Pitra); in Cant. comm. prol. 3,1 (OWD 9/1, 88–90); 3,5–7 (9/1, 92); 3,14–21 (9/1, 98–102). Zur Geschichte dieser Dreiteilung siehe Hadot, Divisions; zu ihrer Bedeutung in der Exegese des Origenes Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur 95–100; ders., Origen: Exegesis and Philosophy 26– 29. – Siehe auch oben S. 209 Anm. 208.

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καυχώμενος μὴ ἀκοῦσαι· „αἰσχύνθητε ἀπὸ καυχήσεως ὑμῶν“, καύχησαι ὡς ὁ ἀπόστολος || καὶ εἰπέ· „Ἐμοὶ δὲ μὴ γένοιτο καυχᾶσθαι εἰ μὴ ἐν τῷ σταυ­ ρῷ τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ, δι᾽ οὗ ἐμοὶ κόσμος ἐσταύρωται κἀγὼ τῷ κόσμῳ.“a Θέλεις καυχᾶσθαι, ἵνα μὴ λεχθῇ· „Αἰσχύνθητε ἀπὸ καυχήσεως ὑμῶν“, ἄκουε Παύλου καυχωμένου καὶ μάνθανε ὅταν λέγῃ· „Ἥδιστα οὖν καυχήσομαι ἐν ταῖς ἀσθενείαις μου, ἵνα ἐπισκηνώσῃ ἐπ̓ ἐμὲ ἡ δύναμις τοῦ Χριστοῦ.“ b Ἄκουε οἷα καυχᾶται καυχήματα· „ἐν κόποις περισσοτέρως“ (τίς δύναται ἡμῶν τοῦτο εἰπεῖν;) „ἐν φυλακαῖς ὑπερβαλλόντως, ἐν θανάτοις πολλάκις· ὑπὸ Ἰουδαίων πεντάκις τεσσαράκοντα παρὰ μίαν ἔλαβον, τρὶς ἐραβδίσθην, ἅπαξ ἐλιθάσθην, τρὶς ἐναυάγησα.“ c Μανθάνομεν οὖν καὶ καυ­ χήσεων εἶναι διαφοράς, ὡς τινὰς μὲν καυχήσεις εἶναι αἰσχύνης ἀξίας, ἐφ̓ οἷς λέγοιτ̓ ἂν ἐκεῖνο τὸ ἀποστολικόν· „καὶ ἡ δόξα ἐν τῇ αἰσχύνῃ αὐτῶν“· d ἐφ̓ οἷς ἔδει αὐτοὺς αἰσχύνεσθαι, ἐπὶ τούτοις οἴονται δοξάζεσθαι. 5. Μετὰ ταῦτα ἴδωμεν τὰ περὶ τοῦ περιζώματος. „Τάδε“ γὰρ „λέγει κύριος· Βάδιζε καὶ κτῆσαι σεαυτῷ περίζωμα λινοῦν, καὶ περίθου περὶ τὴν ὀσφύν σου, καὶ ἐν ὕδατι διελεύσῃ. Καὶ ἐκτησάμην τὸ περίζωμα κατὰ τὸν λόγον κυρίου καὶ περιέθηκα περὶ τὴν ὀσφύν μου. Καὶ ἐγενήθη λόγος κυρίου πρός με λέγων· Λάβε τὸ περίζωμα τὸ περὶ τὴν ὀσφύν σου, καὶ ἀνάστηθι καὶ βάδισον ἐπὶ τὸν Εὐφράτην, καὶ κατάκρυψον αὐτὸ ἐκεῖ ἐν τῇ τρυμαλιᾷ τῆς πέτρας.“ e Μετὰ ἡμέρας ἔρχεται ἐκεῖ, εὑρίσκει διασεσηπὸς τοῦτο τὸ περίζωμα. Καὶ ἐπιφέρει ὁ κύριος διδοὺς ἀφορμὴν τῆς ἑρμηνείας τοῦ περι||ζώματος λέγων· | „Καθάπερ κολλᾶται τὸ περίζωμα πρὸς τὴν ὀσφὺν τοῦ ἀνθρώπου, οὕτως ἐκόλλησα πρὸς ἐμαυτὸν τὸν οἶκον τοῦ Ἰσ­ ραὴλ καὶ πάντα τὸν οἶκον Ἰούδα, φησὶν ὁ κύριος, τοῦ γενέσθαι μοι εἰς λαὸν ὀνομαστὸν καὶ εἰς καύχημα καὶ εἰς δόξαν, καὶ οὐκ εἰσήκουσάν μου.“ f Οὐκοῦν ὁ προφήτης ἀντὶ τοῦ θεοῦ παραλαμβάνεται περιζωννὺς περὶ τὴν ὀσφὺν αὐτοῦ τὸ περίζωμα τὸ λινοῦν, ὡς ὁ θεὸς τὸν λαόν· ἐκόλλησα γὰρ πρὸς ἐμαυτόν φησιν τοῦτον τὸν λαόν, φησὶν ὁ θεός, καὶ οἱονεὶ περίζωμα ὁ λαὸς γίνεται τοῦ θεοῦ. Διὰ τί δὲ περίζωμα γίνεται τοῦ θεοῦ περὶ τὴν ὀσφὺν αὐτοῦ; Ὁ δυνά­ μενος ἀναγινώσκων τὸν Ἰεζεκιὴλ καὶ ὁρῶν τὸν θεὸν τῷ λόγῳ οἱονεὶ σωμα­ τοποιούμενον, καὶ τίνα μὲν τρόπον αὐτοῦ τὰ ἀπὸ τῆς ὀσφύος κάτω ἐστὶν a

Gal. 6,14

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2 Kor. 12,9

c

2 Kor. 11,23–25

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Phil. 3,19

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Jer. 13,1–4

f

Jer. 13,11

4  ἵνα μὴ λεχθῇ Kl mit H (et non audire) ἵνα μὴ ἐλεχθῆ S 8  τοῦτο Scorr. τοῦετο S* 10–11  καυχήσεων Del H (gloriarum) καυχήσεως S 16  οὐ Hu H (non) 25  οὐκ Kl 26  παραλαμβάνεται Kl mit H (accipiatur) περιλαμβάνεται S 27  ὀσφὺν Co ἐι· υκ S ὡς φῦν S 365 Zum hermeneutischen Prinzip, das in dieser Frage steckt, siehe oben S. 154 Anm. 108. –

Aufgrund dieser Sachlogik ist – nebenbei bemerkt – die Gliederung, die Klostermann dem Text der Jeremiahomilien gegeben hat, nicht nur an dieser Stelle angemessener als die Einteilungen, die Nautin vorgenommen hat.

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wenn du dich rühmst, zu hören zu bekommen: „Schämt euch für eure Prahlerei“, rühme dich wie der Apostel und sage: „Es sei mir fern mich zu rühmen, wenn nicht des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“aWillst du dich rühmen, ohne dass man dir sagt: „Schämt euch für eure Prahlerei“, vernimm, wie Paulus sich rühmt, und lerne, wenn er sagt: „Am liebsten also will ich mich meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt.“ bVernimm, welcher Ruhmestaten er sich rühmt: „Mühen im Übermaß“ – Wer von uns kann das sagen? –, „Gefangenschaften noch mehr, oftmals Todesnöte.Von den Juden bekam ich fünfmal die ‚vierzig Schläge weniger einen‘, dreimal wurde ich gegeißelt, einmal gesteinigt, dreimal erlitt ich Schiffbruch.“ c Wir lernen also, dass es auch im Rühmen Unterschiede gibt, so dass einige Arten von Prahlerei Schande verdienen, auf die sich wohl jene apostolische Aussage bezieht: „Und die Ehre liegt in ihrer Schande.“ d Der Dinge, derer sie sich schämen müssten, meinen sie sich rühmen zu können. 5. Nach diesen Worten wollen wir die Aussagen über den Schurz betrachten. „Dies“ nämlich „spricht der Herr: Geh und kaufe dir einen linnenen Schurz und lege ihn um deine Hüfte, und geh ins Wasser! Und ich kaufte den Schurz gemäß dem Wort des Herrn und legte ihn um meine Hüfte. Und ein Wort des Herrn erging an mich, das besagte: Nimm den Schurz, den du um die Hüfte trägst, und mache dich auf und geh an den Euphrat, und vergrabe ihn dort in einer Felsspalte!“ eTage später geht er dorthin und findet diesen Schurz völlig verrottet vor. Und der Herr fügt hinzu, was einen Ansatzpunkt zur Deutung des Schurzes liefert, indem er sagt: „Wie sich der Schurz um die Hüfte des Menschen schmiegt, so schmiegte ich das Haus Israel und das ganze Haus Juda um mich, spricht der Herr, damit sie mir zu einem namhaften Volk werden, zu Ruhm und Ehre, aber sie haben nicht auf mich gehört.“ f Unter dem Prophet ist also Gott zu verstehen, wenn er den linnenen Schurz um seine Hüfte legt wie Gott das Volk; denn ich schmiegte, heißt es, dieses Volk um mich, sagt Gott, und das Volk wird gleichsam zum Schurz Gottes. Weshalb365 aber wird es zum Schurz Gottes um seine Hüfte? Wer fähig ist, den Ezechiel zu lesen und zu sehen, wie Gott im Geiste366 gleichsam körperliche Gestalt annimmt und auf welche Weise das von der Hüfte nach unten

366 Mit der griechischen idiomatischen Wendung τῷ λόγῳ, „im Geiste“, „im Den-

ken“ – nicht etwa „im Wort“ bzw. „in the word“, wie Schadel, BGrL 10, 129, bzw. Smith, FaCh 97, 107, übersetzen (weswegen auch die Erklärung bei Schadel, ebd. 292 Anm. 118, falsch ist) – betont Origenes, dass es sich um eine gedankliche Vorstellung, ein Bild, eine Metapher handelt, nicht um ein körperliches Geschehen, um anthropomorph-materielle Vorstellungen aus dem Gottesbild fernzuhalten. Nautin, SC 232, 427 Anm. 1, übersetzt daher richtig „pour la pensée“.

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πῦρ, τὰ δὲ ἀπὸ τῆς ὀσφύος καὶ ἄνω ἐστὶν ἤλεκτρον,a ἐρευνησάτω τὸν λόγον, διὰ τί τὸ κάτω τοῦ θεοῦ πῦρ ἐστιν. Τὰ ἀπὸ ὀσφύος καὶ γενέσεως πράγματα, ταῦτα πῦρ ἐστιν. Πάντα γὰρ τὰ ἐν γενέσει χρῄζει τοῦ καθαρ­ σίου τοῦ ἀπὸ τοῦ πυρός, πάντα τὰ ἐν γενέσει χρῄζει τῆς κολάσεως. Τὰ δὲ ἀνωτέρω τῆς ὀσφύος ὑπερβεβηκότα τὴν γένεσιν, ταῦτά ἐστιν ὕλη ὡς ἐν κόσμῳ καθαριωτάτη καὶ τιμιωτάτη· λέγεται γὰρ τὸ ἤλεκτρον χρυσοῦ εἶναι τιμαλφέστερον. Ἐπεὶ οὖν παραδείγμασιν χρῆται ἡ γραφή, ἵνα διδάξῃ τοῦ θεοῦ τὸ σῶμα τὸ ἀνωτέρω εἶναι τιμιώτερον καὶ τὸ σῶμα τὸ κατωτέρω εἶναι ὑποδεέστερον, διὰ τοῦτο εἰσήγαγεν τὸν θεὸν ἐκ πυρὸς καὶ ἠλέκτρου συνεστηκότα. Καὶ ἔστιν σῶμα τοῦ θεοῦ καὶ αὐτὸς † ἐν γενέσει πῦρ ἐστιν ἕκαστος ἡμῶν, οὐκ ἐσμὲν τὸ ἤλεκτρον, ἐὰν δὲ ἀναβαίνωμεν || καὶ προκό­ πτωμεν (δυνατὸν γὰρ μεταβῆναι ἀπὸ τοῦ σήμερον εἶναι ἐν τοῖς κατωτέρω, ὥστε γενέσθαι τοῦ θεοῦ σῶμα τὸ ἀνωτέρω), ἐσόμεθα διαβάντες τὸ πῦρ ἤλεκτρον τὸ περὶ τὸ σῶμα τοῦ | θεοῦ τὸ ὑψηλότερον. 6. Κολλᾷ οὖν περὶ τὴν ὀσφὺν αὐτοῦ τὸ περίζωμα τὸ λινοῦν. Ἵνα τί; Ἵνα δηλωθῇ ὅτι ὁ λαὸς οἱονεὶ σκέπη ἐστὶ τοῦ θεοῦ· πρὸς γὰρ τοὺς βουλομένους κατηγορεῖν τοῦ θεοῦ ἵσταται ὁ λαὸς καὶ ὡσπερεὶ ὑπερασπίζει αὐτοῦ καὶ οὐκ ἐᾷ τι ἄτοπον λέγεσθαι ἐν τοῖς περὶ τοῦ θεοῦ. Ἐπὰν δὲ ἁμαρτήσωμεν, τὸ περίζωμα τοῦτο ὡς ἀποτίθεται ὁ προφήτης καὶ καταδικάζει αὐτὸ εἰς τὸν Εὐφράτην πο­ ταμόν, ἵνα ἐκεῖ διαφθαρῇ, οὕτως ὁ ἁμαρτάνων ἀποβάλλεται ἀπὸ τῆς ὀσφύος τοῦ θεοῦ καὶ ἐκβληθεὶς ἐκβάλλεται εἰς τὸν Εὐφράτην ποταμόν, τὸν τῆς Μεσοποταμίας ποταμόν, ὅπου οἱ Ἀσσύριοι ἐχθροὶ τῷ Ἰσραήλ, ὅπου a

Ez. 1,27

1  ἐρευνησάτω Del ἐρευνήσατο S 5  καὶ Bl mit H (et) 5  ὡς S Kl ὡς Nt 13  ἀνωτέρω Kl ἀνωτέρωι S 19  ὡς ἀποτίθεται Koe ἀποτίθεται ὡς S 367 Dieselbe Interpretation von Ez. 1,27 wie im Folgenden gibt Origenes auch in Hiez.

hom. 1,3 (GCS Orig. 8, 323); sel. in Hiez. 1,26 (PG 13, 769–772). 368 Zum Zusammenhang von Gezeugt-Sein und Strafe-Verdienen, weil das Körperliche

und Vergängliche defizitär ist und ‚gereinigt‘ werden muss, vgl. in Lev. hom. 8,3f. (GCS Orig. 6, 396–400); in Num. hom. 25,6 (GCS Orig. 7, 241f.); in Luc. hom. 14,3–6 (GCS Orig. 92, 85–89); in Ioh. comm. VI 55,287–56,290 (GCS Orig. 4, 164f.); ferner unten in Hier. hom. 15,3 (GCS Orig. 32, 127). Origenes hat die Vorstellung von Clemens von Alexandria, paid. I 46,3 (GCS Clem. Al. 1, 117f.). Siehe dazu Nautin, SC 232, 173f., ferner unten S. 378 Anm. 535. Origenes gebraucht oft „stark herabsetzende Wendungen vom Körper und der Geburt“, doch hat ihn dies nicht dazu verleitet, den Ursprung des Bösen im Körper oder in der Materie zu sehen: Koch, Pronoia und Paideusis 101f. (das Zitat ebd. 102); vgl. ebd. 135. Zur Bewertung der Materie und des Körpers durch Origenes siehe Bieler, Goodness of the Body; Fürst, Matter and Body. 369 Der Text ist an dieser Stelle offensichtlich verderbt, weil nicht klar ist, worauf sich αὐτός bezieht und wie der Zusammenhang mit dem Folgenden sein soll. Vom Gedankengang des Abschnitts her muss hier etwas gestanden haben zum Übergang vom „Leib Gottes“ zum „Menschen“, der dann im Blick auf „Feuer“ und „Bernstein“

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an ihm Feuer, das von der Hüfte nach oben aber Bernstein ist,a der soll eine Erklärung dafür suchen, weshalb das Untere an Gott Feuer ist.367 Die Dinge, die aus der Hüfte und der Zeugung stammen, die sind Feuer. Denn alles, was durch Zeugung entsteht, bedarf der Reinigung durch das Feuer, alles, was durch Zeugung entsteht, bedarf der Bestrafung.368 Was aber oberhalb der Hüfte liegt über die Zeugung hinausgekommen ist, das ist ein Stoff wie der in der Welt reinste und wertvollste; man sagt nämlich, Bernstein sei kostbarer als Gold. Da die Schrift also von Beispielen Gebrauch macht, um zu lehren, dass der obere Leib Gottes wertvoller und der untere Leib geringwertiger ist, deshalb präsentiert sie Gott als aus Feuer und Bernstein zusammengesetzt. Und es ist Leib Gottes auch er selbst †369 im Bereich der Zeugung ist jeder von uns Feuer, wir sind nicht Bernstein, wenn wir aber emporsteigen und Fortschritte machen – denn es ist möglich, über den heutigen Zustand im unteren Bereich hinauszukommen, so dass man zum oberen Leib Gottes wird –, werden wir, einmal durch das Feuer hindurchgegangen, zu Bernstein, der zum höheren Leib Gottes gehört. 6. Er schmiegt also den linnenen Schurz um seine Hüfte. Wozu? Um zu zeigen, dass das Volk gleichsam eine Bedeckung Gottes ist. Das Volk ist nämlich gegen die aufgestellt, die Gott anklagen wollen, und schirmt ihn gleichsam ab und lässt nicht zu, dass in den Dingen, die Gott betreffen, etwas Unziemliches gesagt wird.370 Sobald wir aber sündigen, wird der Sünder so, wie der Prophet diesen Schurz ablegt und ihn zur Strafe in den Fluss Euphrat wirft, damit er dort zugrundegeht, von der Hüfte Gottes weggerissen und, einmal verworfen, in den Fluss Euphrat geworfen, den Fluss Mesopotamiens, wo die Assyrer, die Feinde Israels, wo die Babylonier sind,371 und geht dort zugrunde. Da es nämlich so entfaltet wird. Die Worte καὶ ἔστιν σῶμα τοῦ θεοῦ καὶ αὐτὸς sollten daher weder getilgt werden, wie das Klostermann, GCS Orig. 3, 83, tut – mit Hieronymus, der das Kolon nicht übersetzt –, noch mit Nautin, GCS Orig. 32, 360; SC 232, 78. 426, umgestellt werden zu: ἐν γενέσει πῦρ ἐστιν ἕκαστος ἡμῶν, καὶ ἔστιν σῶμα τοῦ θεοῦ καὶ αὐτός, „im Bereich der Zeugung ist jeder von uns Feuer, und auch er selbst ist Leib Gottes“, weil das keine glückliche Gedankenfolge ergibt. Die Vorschläge von Koetschau bzw. Lietzmann, ἄνος (= ἄνθρωπος) bzw. οὕτως statt αὐτός zu lesen, gehen daher in die richtige Richtung, insofern sie die Gedankenfolge des Textes bewahren. Doch gelöst ist das textliche Problem an der Stelle damit noch nicht, weshalb eine crux zu setzen gerechtfertigt ist. 370 Hieronymus, in Hier. III 14,5–9 (CChr.SL 74, 127f.), legt Jer. 13,1–11 ganz in dem von Origenes hier skizzierten Sinn aus; vgl. bes. ebd. III 14,6 (74, 127f.): „Auch jeder Heilige ist ein Schurz Gottes: Genommen von der Erde und dem Leinen der Erde, verbindet er sich eng mit Gott. In gewisser Weise bedeckt er mit größerer Sorgfalt, was in seiner Kirche unanständig zu sein scheint, und verbirgt es, damit es nicht den Bissen der Heiden und der Häretiker ausgesetzt ist.“ 371 Assyrer und Babylonier sind für Origenes Symbol für den bzw. die Widersacher Gottes, den Teufel (der babylonische König Nebukadnezzar: in Hier. hom. 1,3 [GCS Orig. 32, 3], dazu oben S. 113 Anm. 10) bzw. die Dämonen.

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οἱ Βαβυλώνιοι, καὶ ἐκεῖ διαφθείρεται. Ὄντων γὰρ τοσούτων ποταμῶν πέ­ μπεται ὁ προφήτης ἀπὸ τῆς Ἰουδαίας εἰς τὸν Εὐφράτην ποταμὸν πραγμα­ τεύσασθαι καὶ ἀπαγαγεῖν περιζωμάτιον λινοῦν. Διὰ τί δὲ καὶ λινοῦν; Ὅτι τὴν γένεσιν ἔχει ἀπὸ γῆς· φυτὸν γάρ ἐστιν ἀνατέλλον ἀπὸ γῆς, εἶτα μετὰ τὸ γεωργηθῆναι ξαινόμενον καὶ πλυνόμενον καὶ σμηχόμενον καὶ πολλῇ ἐργασίᾳ γινόμενον, ἵνα γένηται τοιοῦτον ὥστε γενέσθαι περίζωμα ἢ ὁτιδήποτε. Καὶ ἡμεῖς οὖν πάντες τὴν γένεσιν ἔχομεν ὡς τὸ περίζωμα τοῦ θεοῦ, καὶ ἔχοντες τὴν γένεσιν ἀπὸ γῆς, πολλῆς κατα­ σκευῆς χρῄζομεν, ἵνα ξανθῶμεν, ἵνα πλυνθῶμεν, ἵνα τὸ χρῶμα τῆς γῆς ἀποβάλωμεν· ἄλλο γὰρ τὸ τῆς γενέσεως τοῦ λινοῦ χρῶμα, ἄλλο τὸ ἀπὸ τῆς ἐργα||σίας. Τὸ μὲν γὰρ τῆς γενέσεως τοῦ λινοῦ χρῶμα μελανώτερόν ἐστιν, ἀπὸ δὲ τῆς ἐργασίας γίνεται λαμπρότατον. Τοιοῦτον οὖν τι καὶ ἐπὶ ἡμᾶς τοὺς ἐν γενέσει φθάνει. Μέλανές ἐσμεν κατὰ τὴν ἐν τῷ πιστεύειν ἀρ­ χήν, διὸ ἐν ἀρχῇ τοῦ Ἄισματος τῶν ᾀσμάτων λέγεται· „Μέλαινά εἰμι καὶ καλή.“a Καὶ Αἰθίοψιν ἡμεῖς κατ̓ ἀρχὰς τὴν ψυχὴν ἐοίκαμεν, εἶτα ἀποσμη­ χόμεθα, ἵνα λαμπρότεροι γενώμεθα κατὰ τὸ „τίς αὕτη ἡ | ἀναβαίνουσα λελευκανθισμένη;“ b Καὶ γινόμεθα λινοῦν λαμπρὸν καὶ καθαρόν. c Εἶτα καὶ πλεκόμεθα ἐπὶ τὸ περίζωμα τοῦ θεοῦ, ὅταν ἄξιοι ὦμεν κολλᾶσθαι τῷ θεῷ. Οὐκ ἀποτίθεται ἡμᾶς ὁ θεός. Ἀπέθετο τὸν πρῶτον λαόν, „πάντα τὸν οἶκον Ἰούδα“ καὶ „τὸν οἶκον Ἰσραήλ“. d Ἐγένετο εἰς τὸ μὴ χρησθῆναι ἔτι· οὐκέτι γὰρ αὐτοὺς περιζώννυται. Ἡμᾶς ἀντὶ ἐκείνων περιεζώσατο ὁ θεός· οὐ γὰρ ἀποβαλὼν τὸ περίζωμα ἔμεινε γυμνός, ἀλλὰ ἄλλο περίζωμα ἑαυτῷ ὕφανεν. Τοῦτο τὸ περίζωμα ἡ ἐκκλησία ἐστὶν ἡ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν· ἥτις ἴστω ὅτι εἰ τῶν προτέρων οὐκ ἐφείσατο ὁ θεός, πόσῳ πλέον οὐδὲ αὐτῆς ἁμαρτανού­ σης φείσεται, e ἐὰν μὴ ᾖ ἀξία τῆς ὀσφύος τοῦ θεοῦ· „ὁ δὲ κολλώμενος τῷ κυρίῳ ἓν πνεῦμά ἐστιν“ f ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ g a

Hld.  1,5 b Hld.  8,5 1 Petr. 4,11

g

c

Offb.  15,6

d

Jer. 13,11

e

Röm.  11,21.24

f

1 Kor. 6,17

8  γῆς Kl mit H (terra) τῆς S 11  μελανώτερον Kl μελανότερον S 20  Ἰσραήλ Kl mit H (Israel) ἰλημ S 23  ἴστω Hu ἵστω S 27  Ἀμήν add. ὁμιλία ιαʹ S

372 Siehe erneut oben S. 154 Anm. 108. 373 Vgl. in Lev. hom. 4,6 (GCS Orig. 6, 324): „Leinen entsteht so aus der Erde und wird

von der Erde hervorgebracht, dass es ohne jede Beimischung entsteht.“

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große Flüsse gibt, wird der Prophet von Judäa zum Fluss Euphrat geschickt, um seinen Auftrag auszuführen und den kleinen linnenen Schurz zu beseitigen. Weshalb372 aber ist er aus Leinen? Weil Leinen aus Erde entsteht.373 Er ist nämlich ein Gewächs, das aus Erde emporwächst, nach Anbau und Ernte dann gestriegelt, gewaschen und abgerieben wird und auf das viel Mühe verwendet wird, damit es so wird, dass es zu einem Schurz oder zu was auch immer werden kann. Auch wir alle sind nun wie der Schurz Gottes entstanden, und da wir aus Erde entstanden sind, brauchen wir viel Pflege, damit wir gestriegelt werden, damit wir gewaschen werden, damit wir die Farbe der Erde ablegen. Denn die Farbe des Leinens bei seiner Entstehung ist eine andere als die nach der Bearbeitung. Die Farbe des Leinens bei seiner Entstehung ist nämlich dunkler, nach der Bearbeitung aber wird sie ganz hell. Etwas Ähnliches kommt nun auch bei uns vor, wenn wir geboren werden. Wir sind schwarz, wenn wir zu glauben anfangen, weshalb zu Beginn des Hoheliedes gesagt wird: „Schwarz bin ich und schön.“a374 Am Anfang gleichen wir mit unserer Seele der Äthiopierin, dann werden wir abgerieben, um heller zu werden gemäß der Aussage: „Wer ist diese, die ganz weiß gewaschen heraufsteigt?“ b Und wir werden hell glänzendes und reines Leinen.c Dann werden wir auch zum Schurz Gottes gewebt, sobald wir würdig sind, Gott angeschmiegt zu werden. Gott legt uns nicht ab. Er hat das erste Volk abgelegt, „das ganze Haus Juda“ und „das Haus Israel“.d Es kam dahin, dass sie nicht mehr gebraucht werden, denn er legt sie nicht mehr als Schurz um. Uns hat Gott an ihrer Stelle als Schurz umgelegt. Nachdem er den Schurz abgelegt hatte, ist er ja nicht nackt geblieben, sondern hat sich einen anderen Schurz gewoben. Dieser Schurz ist die Kirche aus den Heidenvölkern. Diese soll wissen, wenn Gott die früheren nicht verschont hat, um wie viel mehr er auch sie, wenn sie sündigt, nicht verschonen wird,e 375 wenn sie der Hüfte Gottes nicht würdig ist. „Wer sich dem Herrn anschmiegt, ist ein einziger Geist“ f in Christus Jesus. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ g

374 Siehe dazu die Auslegung in Cant. hom. 1,6 (OWD 9/2, 82–88); in Cant. frg. 9 (OWD

9/2, 150). 375 Siehe dazu den Schluss von in Hier. hom. 10,8 (GCS Orig. 32, 78) und dazu oben

S. 281 Anm. 350.

Εἰς τὸ „καὶ ἐρεῖς πρὸς τὸν λαόν · τάδε λέγει κύριος ὁ θεὸς Ἰσραήλ· πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται “ μέχρι τοῦ „καὶ κατάξουσιν οἱ ὀφθαλμοὶ ὑμῶν δάκρυα, ὅτι συνετρίβη τὸ ποίμνιον τοῦ κυρίου“.a

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1. Ὃ προστάσσεται ὁ προφήτης λέγειν ἀπὸ θεοῦ, ὀφείλει || ἄξιον εἶναι τοῦ θεοῦ, [οὐ] φαίνεται δὲ ὅτι οὐκ ἄξιόν ἐστι τοῦ θεοῦ, μενόντων ἡμῶν ἐπὶ τοῦ γράμματος, ὥστε εἰπεῖν ἄλλον τινὰ ἀκούσαντα τοῦ γράμματος· μωρία ἐστὶ ταῦτα τὰ γράμματα. Τοῦτο δὲ ἐρεῖ ψυχικός· „ψυχικὸς“ γὰρ „ἄνθρω­ πος οὐ δέχεται τὰ τοῦ πνεύματος τοῦ θεοῦ· μωρία γὰρ αὐτῷ ἐστιν“. b Ὅρα οὖν τὴν λέξιν τί φησιν. „Καὶ ἐρεῖς πρὸς τὸν λαὸν τοῦτον· Τάδε λέγει κύριος ὁ θεὸς Ἰσραήλ“ | – , ἄξιον ἔστω κυρίου τοῦ θεοῦ Ἰσραήλ – „πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου· καὶ ἔσται ἐὰν εἴπωσι πρός σε· μὴ γνόντες οὐ γνωσόμεθα ὅτι πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου;“ c Καὶ οἱ ἀποκρινόμενοι ἐπὶ τοῦ ῥητοῦ ἑστῶτες ταῦτά φασι καὶ a

Jer. 13,12–17

b

1 Kor. 2,14

c

Jer. 13,12

1  τοῦτον Kl nach LXX 2  οἴνου Co H (uino) 6  ἀπὸ S Nt ὑπὸ Kl 7  οὐ del Kl mit H 11  ἐρεῖς Co H (dices) ἐρεῖ S 12  ὃ2 – Ἰσραήλ2 Kl mit H (quod dicit Dominus Deus Israel) 15  εἰ Kl mit H (si) 376 Nautin, SC 238, 10, lässt beide, von Schadel, BGrL 10, 131, wie Smith, FaCh 97, 110,

akzeptierten Ergänzungen im Text weg, gibt aber letztere in seiner Übersetzung doch wieder (Nautin, ebd. 11). 377 Eine „Gottes würdige“ Schriftauslegung zu bieten ist ein Leitsatz der Exegese des Origenes: princ. IV 2,9 (GCS Orig. 5, 321f.); in Ex. frg. in philoc. 27,1 (SC 226, 268. 272); in Num. hom. 26,3 (GCS Orig. 7, 247) mit einer ausgiebigen Reflexion auf diese „Würdigkeit“ bzw. „Angemessenheit“; in Cant. hom. 1,2 (OWD 9/2, 72); in Hier. hom. 20(19),1 (GCS Orig. 32, 176). Zu diesem Thema in der griechischen Philosophie siehe Dreyer, Begriff des Gottgeziemenden, bes. zu Plutarch (ebd. 48–67) und Philon von Alexandria (ebd. 68–144). Für Origenes siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 359f.; Lies, Schriftauslegung; Nautin, SC 232, 136f.; ferner oben S. 118 Anm. 28. 378 Im Griechischen ist, abgeleitet vom Wort für die Seele (ψυχή), vom „psychischen Menschen“ die Rede. Weil dieses Wort im Deutschen nicht den negativen Beiklang hat, der ihm im Griechischen eignet, ist für die Übersetzung die Ableitung vom lateinischen Wort für Seele (anima) gewählt. Das „Animalische“ fängt die Bedeutung ein,

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Über: „Und du wirst zu Volk sagen: Dies spricht der Herr, der Gott Israels: Jeder Schlauch wird 376 gefüllt werden“ bis: „Und eure Augen werden Tränen vergießen, weil die Herde des Herrn zerschlagen wurde.“a 5

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HOMILIE 12 1. Was dem Propheten aufgetragen wird, von Gott zu sagen, muss Gottes würdig sein,377 doch scheint es [nicht], dass es Gottes nicht würdig ist, wenn wir am Buchstaben des Textes hängen bleiben, so dass ein anderer, wenn er den Text hört, sagen kann: Dieser Text ist eine Torheit. Ein animalischer Mensch378 wird so reden, denn „ein animalischer Mensch nimmt nicht auf, was vom Geist Gottes stammt; denn für ihn ist es eine Torheit“.b Schau dir also an, was der Wortlaut besagt: „Und du wirst zu diesem Volk sagen: Dies spricht der Herr, der Gott Israels“ – sollte des Herrn, des Gottes Israels, würdig sein –: „Jeder Schlauch wird mit Wein gefüllt werden. Und sie werden dir entgegnen: Sind wir so unwissend, dass wir nicht wissen, dass jeder Schlauch mit Wein gefüllt w ­ erden wird?“ c379 Doch sie bei ihrer Entgegnung auf dem wortwörtlichen die dieser Begriff hier im Gegensatz zum „Pneumatischen“, zum „Geist“, hat: Die Seele ist in der Anthropologie des Origenes die Mittelinstanz zwischen Körper und Geist und in ihrer Funktion als Prinzip der Vitalität eng mit dem Körper verbunden. Um über ihre Verhaftung an das Körperliche hinauszugelangen, muss sie sich dem Geist (Gottes) öffnen. Für die Schriftauslegung gilt analog: Die buchstäbliche Aussage des Textes muss auf ihren geistigen Sinn hin befragt werden. Zur Seelenlehre des Origenes siehe Karpp, Anthropologie 186–229; Dupuis, L’esprit de l’homme; Crouzel, Origène 123–137; Fürst, Origenes 121–124. 379 Zur im Folgenden gebotenen Auslegung von Jer. 13,12 meint Hanson, Allegory and Event 179: „This passage is typical of his exegetical style. He weighs every phrase and nearly every word of each verse separately and minutely, explains its meaning by frequent and often fallacious references to other parts of Scripture, and then replies to difficulties and objections suggested by the verse.“ Was Hanson kritisch meint, kann man auch so verstehen, dass Origenes auf einer minutiösen Untersuchung des Wortlauts insistiert, um die genaue Bedeutung eines Textes herauszufinden und Argumente gegen Behauptungen wie die an die Hand zu bekommen, das Wort Gottes enthalte Torheiten. Vgl. in Gen. hom. 8,1 (GCS Orig. 6, 77): „Beachte jede Einzelheit, die geschrieben steht. Denn wenn jemand es versteht, in die Tiefe zu graben, wird er in den Einzelheiten einen Schatz finden, und dort, wo man es nicht erwartet, liegen vielleicht die kostbaren Kleinodien der Geheimnisse verborgen.“ Übersetzung: Haber-

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λέγουσιν ἐγνωκέναι „ὅτι πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου“, ψεύδονται· οὐ γὰρ „πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου“. Εἰσὶ γοῦν ἀσκοὶ ἐλαίου πληρούμε­ νοι ἢ ἄλλης ὑγρᾶς οὐσίας, Ψεύδονται ἄρα· οὐ γὰρ „πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου“. Καὶ ὁ λαὸς ἀποκρίνεται φάσκων· „Μὴ γνόντες οὐ γνωσόμεθα ὅτι πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου;“ Ἅπερ διηγήσεως κατὰ τὸ δυνατὸν ἡμῖν τοιᾶσδε τεύξεται. Ἐὰν εἰδῶμεν τὰς τῶν οἴνων διαφορὰς καὶ τὰ λεγόμενα περὶ αὐτῶν, καὶ ἀκολούθως αὐτοῖς περὶ τῶν ἀσκῶν ὀψόμεθα ὅτι ἀληθές ἐστι τὸ „πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου“. Eἴτε γὰρ ἀγαθός τίς ἐστιν, ἵν̓ οὕτως ὀνομάσωμεν, ἐν ἀσκοῖς ἀσκός, πλη­ ρωθήσεται οἴνου κατὰ τὴν ἑαυτοῦ ἀγαθότητα. Εἴτε ἐστίν, ὡς ἐν συγκρίσει ἀσκῶν καὶ τῇ κρίσει τῇ περὶ αὐτῶν, μοχθηρός, καὶ αὐτὸς κατὰ τὴν μοχθη­ ρίαν αὐτοῦ πληρωθήσεται οἴνου μοχθηροῦ. Πῶς οὖν ἔστιν ἀπὸ τῆς γραφῆς λαβεῖν περὶ τῶν διαφόρων οἴνων; Περὶ μὲν τῶν χειρόνων τοιαῦτα γέγρα­ πται· „Ἐκ γὰρ ἀμ||πέλου Σοδόμων ἡ ἄμπελος αὐτῶν, καὶ ἡ κληματὶς αὐτῶν ἐκ Γομόρρας· ἡ σταφυλὴ αὐτῶν σταφυλὴ χολῆς, βότρυς πικρίας αὐτοῖς· θυμὸς δρακόντων ὁ οἶνος αὐτῶν, καὶ θυμὸς ἀσπίδων ἀνίατος.“a Περὶ δὲ τῶν κρειττόνων· „Τὸ ποτήριόν σου μεθύσκον με ὡς κράτιστον“, b καὶ ἡ σοφία συγκαλεῖ ἐπὶ τὸν ἑαυτῆς κρατῆρα λέγουσα· „Ἔλθετε, φάγετε τὸν ἐμὸν ἄρτον, καὶ πίετε οἶνον ὃν κεκέρακα ὑμῖν.“ c Ἔστιν οὖν οἶνος ἀπὸ Σοδόμων καὶ ἔστιν οἶνος, ὃν ἡ σοφία κίρνησιν. Καὶ πάλιν· „Ἀμπελὼν ἐγενήθη τῷ ἠγαπημένῳ ἐν κέρατι ἐν τόπῳ πίονι“, d πεφυτευμένη ὑπὸ τοῦ θεοῦ, ἡ καλουμένη ἄμπελος Σωρήκ, e ἐκλεκτή τις οὖσα καὶ θαυμαστή. Ἔστι δέ τις καὶ ἄμπελος Αἰγυπτίων, ἣν πατάσσει ὁ θεὸς κατὰ τὸ | γεγραμμένον ὅτι „ἐπάταξεν ὁ θεὸς ἐν χαλάζῃ τὴν ἄμπελον αὐτῶν, καὶ τὰς συκαμίνους αὐτῶν ἐν πάχνῃ“. f 2. Κατανόησον οὖν μοι πάντας ἀνθρώπους εἶναι τροπικῶς νῦν χωρητι­ κοὺς οἴνου. Καὶ ὀνομάζω αὐτοὺς κατὰ τοῦτο ἀσκοὺς καὶ λέγω ὅτι ὁ μὲν φαῦλος πεπλήρωται οἴνου ἀμπέλου Σοδόμων, πεπλήρωται οἴνου Αἰγυπ­ τίου καὶ οἴνου τῶν ἐχθρῶν τοῦ Ἰσραήλ, ὁ δὲ ἅγιος καὶ ὠφελημένος πε­ πλήρωται οἴνου ἀπὸ ἀμπέλου Σωρὴκ καὶ οἴνου περὶ οὗ γέγραπται· „Τὸ ποτήριόν σου μεθύσκον ὡς κράτιστον“, g καὶ πάλιν πεπλήρωται οἴνου ὁ ἅγιος, ἀφ̓ οὗ ἐκέρασεν ἡ σοφία. Ταῦτα μὲν οὖν νοείσθω μοι κατὰ τὴν κα­ a

Dtn. 32,32f. 22(23),5

b

Ps. 22(23),5

c

Spr. 9,5

d

Jes. 5,1

e

Jes. 5,2

f

Ps. 77(78),47

g

Ps.

2  εἰσὶ γοῦν Bl εἰσὶν οὖν S 3  τινὲς – κενοί C H (uacui aut certe non pleni) 9  ὀνομά­ σωμεν Hu ὠνομάσωμεν S 21  ἐγενήθη Del H (facta est) ἐγεννήθη S 23  πατάσσει C Hu H (percutit) πατάσσοι S 24  συκαμίνους Hu συκαμήνους S 27  καὶ1 Kl ἢ S 30  ἀμπέλου Kl mit H (uinea) ἀμπέλων S mehl, OWD 1/2, 165. Ferner oben in Hier. hom. 5,3 (GCS Orig. 32, 33). Siehe Fürst, Origenes als Theologe der Geschichte 136f. (mit weiteren Belegen ebd. Anm. 42). 380 Siehe dazu oben S. 223 Anm. 225.

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Sinn380 insistieren, dasselbe wiederholen und zu wissen behaupten, „dass jeder Schlauch mit Wein gefüllt werden wird“, täuschen sie sich, denn nicht „jeder Schlauch wird mit Wein gefüllt werden“. Es gibt jedenfalls Schläuche, die mit Öl oder einer anderen Flüssigkeit gefüllt sind, Sie täuschen sich also, denn nicht „jeder Schlauch wird mit Wein gefüllt werden“. Doch das Volk entgegnet und sagt: „Sind wir so unwissend, dass wir nicht wissen, dass jeder Schlauch mit Wein gefüllt werden wird?“ Als Erklärung dazu lässt sich, soweit wir es vermögen, Folgendes anführen: Wenn wir die verschiedenen Weine betrachten und das, was über sie gesagt wird, werden wir auch sehen, dass es als Konsequenz daraus richtig ist, über die Schläuche zu sagen: „Jeder Schlauch wird mit Wein gefüllt werden.“ Denn entweder gibt es unter den Schläuchen einen Schlauch, der – um ihn so zu bezeichnen – gut ist, dann wird er mit Wein gefüllt werden, der seiner guten Qualität entspricht. Oder er ist im Vergleich mit anderen Schläuchen und im Urteil darüber schlecht, dann wird er auch selbst entsprechend seiner schlechten Qualität mit schlechtem Wein gefüllt werden. Wie kann man nun der Schrift etwas über die Unterschiede zwischen den Weinen entnehmen? Über die schlechteren steht solches geschrieben: „Denn von Sodoms Weinstock ist ihr Weinstock und von Gomorra ihr Zweig; ihre Traube ist eine Traube aus Galle, bitter sind ihre Beeren; ihr Wein ist Drachengeifer und tödliches Natterngift.“a Über die besseren aber heißt es: „Dein Becher, der mich berauscht, ist der beste“,b und die Weisheit lädt zu ihrem Mischkrug ein, indem sie sagt: „Kommt, esst mein Brot und trinkt den Wein, den ich euch gemischt habe!“ c Es gibt also einen Wein von Sodom und es gibt einen Wein, den die Weisheit mischt. Und nochmals: „Der Geliebte hatte einen Weinberg auf einer Höhe, an einem fruchtbaren Ort“,d von Gott gepflanzt, der Weinstock des Sorek genannt wird,e weil er ein aus­erwählter und wunderbarer Weinstock ist.381 Es gibt aber auch einen Weinstock der Ägypter, den Gott zerschlägt, nach dem Schriftwort: „Gott zerschlug ihren Weinstock mit Hagel und ihre Maulbeerbäume mit Reif.“ f 2. Begreife mir also, dass alle Menschen jetzt im übertragenen Sinn fähig sind, Wein aufzunehmen. Dementsprechend bezeichne ich sie auch als Schläuche und sage, dass der schlechte Mensch mit Wein vom Weinstock Sodoms gefüllt ist, mit Wein Ägyptens gefüllt ist und mit Wein der Feinde Israels, der Heilige aber, der Fortschritte gemacht hat, mit Wein vom Weinstock des Sorek gefüllt ist und mit Wein, über den geschrieben steht: „Dein Becher, der berauscht, ist der beste“,g und dass der Heilige ferner mit Wein gefüllt ist, von dem die Weisheit eine Mischung bereitet hat.382 Dies verstehe 381 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 33 Lagarde (CChr.SL 72, 101): Sorec electa optima;

p. 50 (72, 121): Sorec optima uel electa. Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 638. 382 Zum Motiv der mystischen Trunkenheit, das Origenes mit Philon von Alexandria

teilt, siehe Lewy, Sobria ebrietas 119–128.

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κίαν καὶ τὴν ἀρετήν, ἵνα θεωρηθῇ τὸ „Πᾶς ἀσκὸς οἴνου πληροῦται“.a Εἰ δὲ δεῖ ἰδεῖν καὶ τὰ διὰ τὴν κακίαν καὶ τὴν ἀρετήν, κολάσεις μὲν τὰς διὰ τὴν κακίαν, εὐλογίας δὲ καὶ ἐπαγγελίας τὰς διὰ τὴν ἀρετήν, παραστήσωμεν ἀπὸ τῶν ἱερῶν γραμμάτων, τίνα τρόπον αἱ κολάσεις καὶ αἱ ἐ||παγγελίαι οἶνος λέγεται· „Λάβε τὸ ποτήριον τοῦ οἴνου τοῦ ἀκράτου τούτου, καὶ ποτιεῖς πάντα τὰ ἔθνη πρὸς ἃ ἐγὼ ἐξαποστελῶ σε πρὸς αὐτούς.“ Ἱερεμίας ταῦτα λέγει· ᾧ ἐπιφέρει· „Καὶ πίονται καὶ ἐξεμέσονται καὶ ἐκμανήσονται καὶ πεσοῦνται.“ b Οὐκοῦν τὰς κολάσεις ὠνόμασεν ἐνταῦθα οἶνον ἄκρατον, ὃν πίνουσιν οἱ ἀκράτου οἴνου τουτέστιν ἀκράτου κολάσεως ἄξιοι. Εἰσὶ δὲ καὶ ἄλλοι οἱ πίνοντες κόλασιν οὐκ ἄκρατον, ἀλλὰ κεκερασμένην· „ποτήριον“ γὰρ „ἐν χειρὶ κυρίου, οἴνου ἀκράτου πλῆρες κεράσματος, ἔκλινεν ἐκ τούτου εἰς τοῦτο· πλὴν ὁ τρυγίας αὐτοῦ οὐκ ἐξεκενώθη, πίονται πάντες οἱ ἁμαρτωλοὶ τῆς γῆς.“ c Εἰ θέλεις καὶ ποτήριον εὐλογίας d ἰδεῖν, ὃ πίνουσιν οἱ δίκαιοι, ἤρκει μὲν οὖν καὶ τὸ τῆς σοφίας, ἐφ̓ ᾧ ἔλεγε· „Πίετε οἶνον ὃν ἐκέρασα ὑμῖν“, e ἴδε δέ μοι καὶ τὸν σωτῆρα πρὸς τὸ πάσχα ἀναβαίνοντα εἰς „ἀνάγαιον μέγα ἐστρωμένον“ f καὶ κεκοσμημένον καὶ ἑορτάζοντα μετὰ τῶν μαθητῶν καὶ διδόντα αὐτοῖς ποτήριον, περὶ οὗ γέγραπται οὐχ ὅτι ἐκέρασεν· ὁ Ἰησοῦς γὰρ εὐφραίνων τοὺς μαθητὰς ἀκράτῳ εὐφραίνει καὶ λέγει αὐτοῖς· „Λάβετε, πίετε, τοῦτό μού ἐστι τὸ αἷμα, τὸ ὑπὲρ ὑμῶν ἐκχυ­ νόμενον εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν· g | τοῦτο ποιεῖτε, ὁσάκις ἐὰν πίνητε, εἰς τὴν ἐμὴν ἀνάμνησιν“, h καί· „Ἀμὴν λέγω ὑμῖν, οὐ μὴ πίω αὐτὸ ἀπὸ τοῦ νῦν, ἕως αὐτὸ πίω μεθ̓ ὑμῶν καινὸν ἐν τῇ βασιλείᾳ τοῦ θεοῦ.“ i Ὁρᾷς τὴν ἐπαγγελίαν τὸ ποτήριον τῆς καινῆς διαθήκης οὖσαν, j ὁρᾷς τὰς κολάσεις ποτήριον οἴνου ἀκράτου, καὶ ἄλλο εἶδος κολάσεως ποτήριον κεκερασμένον· ὥστε ἑκάστῳ κίρνασθαι κατὰ τὴν || ἀξίαν τῆς χρηστῆς πρά­ ξεως ἀναμεμιγμένης μοχθηρᾷ πράξει ἃ πίεται. Νόει δέ μοι τοὺς μὲν πάντῃ ἀλλοτρίους τῆς θεοσεβείας καὶ μηδαμῶς προσέχοντας αὑτοῖς, ἀλλ̓ ὡς ἔτυχε ζῶντας, πίνοντας τὸν ἄκρατον οἶνον περὶ οὗ παρεθέμεθα τὰ ἀπὸ τοῦ Ἱε­ ρεμίου, τοὺς δὲ μὴ πάντῃ ἀποστάντας καὶ ἁμαρτωλούς, ἀλλ̓ ἀξίους a

Jer. 13,12 b Jer. 32(25),15f. c Ps. 74(75),9 d 1 Kor. 10,16 22,12 g Mt. 26,27f.; Lk. 22,20 h1 Kor. 11,25 i Mt. 26,29

e j

Spr. 9,5 f Mk. 14,15; Lk. 1 Kor. 11,25

2  τὰ Kl τὰς S Nt 2  τὴν1 Kl διὰ Nt (GCS Orig. 32, 360) δι᾽ S Nt (SC 238, 14) 5  οἶνος Del H (uinum) οἱονεὶ S 6  Ἱερεμίας S H Kl (τῷ) Ἱερεμίᾳ ? Kl (GCS Orig. 3, 349) mit C Ἱερεμίᾳ Nt 11  καὶ ἔκλινεν Kl mit C H (et) εἴκλινεν S* ἔκλινεν Scorr. 25  κίρνασθαι Bl κιρνᾶσθαι S 27  αὑτοῖς Kl αὐτοῖς S 29  ἀναξίους Hu mit H (indigni) 383 Nautin, SC 238, 14, will beim Text des Codex Scorialensis bleiben: ἰδεῖν καὶ τὰς διὰ

τὴν κακίαν καὶ δι᾽ ἀρετήν, κολάσεις μὲν τὰς …, εὐλογίας δὲ … (ähnlich GCS Orig. 32, 360). Klostermanns Konjekturen ergeben jedoch einen besseren Text. 384 Nautin, ebd., konjiziert Ἱερεμίᾳ: „Zu Jeremia sagt er (sc. Gott) das.“ Das passt gewiss besser zur Logik des Bibeltextes, doch ist die Änderung gleichwohl unnötig, weil es üblich ist, so verkürzt zu zitieren, im Sinne von: „Bei Jeremia (im Buch Jeremia) steht das.“

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mir nun in Bezug auf die Lasterhaftigkeit und die Tugendhaftigkeit, um die Aussage: „Jeder Schlauch wird mit Wein gefüllt“a zu begreifen. Wenn aber auch die Folgen der Lasterhaftigkeit und der Tugendhaftigkeit383 zu betrachten sind, nämlich die Strafen wegen der Lasterhaftigkeit, die Segnungen und Verheißungen wegen der Tugendhaftigkeit, so lasst uns aus den heiligen Schriften darlegen, auf welche Weise die Strafen und die Verheißungen Wein genannt werden: „Nimm den Becher mit diesem ungemischten Wein und lass alle Völker trinken, zu denen ich dich aussenden werde!“ Jeremia384 sagt das; dazu fügt er hinzu: „Und sie werden trinken und sich erbrechen, sie werden wahnsinnig werden und fallen.“ b Hier hat er also die Strafen ungemischten Wein genannt, den die trinken, die ungemischten Wein, das heißt ungemischte Strafe verdienen. Es gibt aber auch andere, die nicht ungemischte Strafe trinken, sondern gemischte: Denn „ein Becher ist in der Hand des Herrn, der ungemischten Wein mit gemischtem enthält, er goss aus dem einen in den anderen, nur dass seine Hefe nicht ausgeleert wurde. Alle Sünder der Erde werden daraus trinken.“ c Wenn du auch einen Becher des Segens d sehen willst, den die Gerechten trinken, genügt nun zwar auch das Wort der Weisheit, in dem sie sagte: „Trinkt den Wein, den ich euch gemischt habe“,e doch betrachte mir auch den Erlöser, wie er zum Paschafest in ein „mit Polstern ausgelegtes“ und hergerichtetes „großes Obergemach“ f hinaufgeht, mit den Jüngern feiert und ihnen einen Becher reicht, über den nicht geschrieben steht, dass er ihn gemischt hat. Denn um die Jünger zu erfreuen, erfreut Jesus sie mit ungemischtem Wein und sagt zu ihnen: „Nehmt, trinkt, dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden! gTut dies, sooft ihr trinkt, zu meinem Gedächtnis!“ h Und: „Wahrlich, ich sage euch:Von jetzt an werde ich ihn nicht mehr trinken, bis ich ihn mit euch von neuem im Reich Gottes trinken werde.“ i385 Du siehst die Verheißung, die der Becher des neuen Bundes ist,j du siehst die Strafen: einen Becher mit ungemischtem Wein und eine andere Form von Strafe, einen gemischten Becher. Daraus folgt, dass jedem entsprechend dem Wert der mit einer schlechten Tat vermischten guten Tat gemischt wird, was er trinken wird.Verstehe mir aber, wie die einen, die der Frömmigkeit gänzlich abhold sind und überhaupt nicht auf sich selbst acht geben,386 sondern leben, wie es sich ergibt, den ungemischten Wein trinken, den wir aus Jeremia zitiert haben, die aber, die zwar nicht gänzlich Abtrünnige und Sünder,

385 Zu dieser Form der Einsetzungsworte siehe Barnard, Biblical Text 29. Aus dieser

Stelle kann man wohl schließen, dass die Einsetzungsworte im Frühchristentum in Anlehnung an die von Paulus und den Synoptikern überlieferten Fassungen variantenreich, aber nicht wortwörtlich mit diesen identisch formuliert worden sind. 386 Zur Sorge um sich selbst siehe oben S. 201 Anm. 192.

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τοῦ ποτηρίου τῆς καινῆς διαθήκης, ποιοῦντας ὁτὲ μὲν χρηστοτέρας ὁτὲ δὲ ἐναντίας , οἶνον πίνοντας „ἀκράτου κεράσματος“· „ἔκλινε“ γὰρ ὁ θεὸς „ἐκ τούτου εἰς τοῦτο“.a Τίνος τούτου; Δύο ποτήρια βλέπω κατὰ τὸ λεγόμενον· „Ἔκλινεν ἐκ τούτου εἰς τοῦτο· πλὴν ὁ τρυγίας αὐτοῦ οὐκ ἐξε­ κενώθη.“ b Νόει μοι τὸ ποτήριον τῶν ἀγαθῶν σου ἔργων ἐν τῇ μιᾷ χειρὶ τοῦ θεοῦ· εἰ δὲ βούλει τολμηρότερόν με εἰπεῖν, ἔστω ἐν τῇ δεξιᾷ χειρὶ τοῦ θεοῦ τὸ ποτήριον τῶν ἔργων σου τῶν ἀγαθῶν, εἶτα ἔστω τὸ ποτήριόν σου τῶν ἁμαρτημάτων ἐν τῇ ἀριστερᾷ χειρὶ τοῦ θεοῦ. Ὅταν οὖν μέλλῃς κολάζεσθαι διὰ τὰ ἁμαρτήματα, ἐπεὶ καὶ χρηστότερά σοι ἔργα γεγένηται, „ποτήριον ἐν χειρὶ κυρίου“ ἐστὶν „οἴνου ἀκράτου πλῆρες κεράσματος· καὶ ἔκλινεν ἐκ τούτου εἰς τοῦτο“, c ἐκ τοῦ ἐν τῇ ἀριστερᾷ εἰς τὸ ἐν τῇ δεξιᾷ. Οὔτε γὰρ μόνον δύνασαι πιεῖν τὸ τῶν ἀγαθῶν ποτήριον, ὡς οὐ μόνον ἀγαθὰ ἔργα πεποιηκώς, οὔτε δύνασαι πιεῖν μόνον τὸ τῶν ἁμαρτημάτων ποτήριον, χρηστὰ γάρ σοι πέπρακταί τινα. Διὰ τοῦτο ἔκλινεν ἐκ τούτου εἰς τοῦτο. Κατὰ τὴν ἀναλογίαν τῶν ἔργων σου κίρναταί σοι ὁ θυμὸς καὶ ἡ κόλασις, ἵνα ἤτοι ὑδαρέστερον τὸ τῆς κολάσεως ᾖ σοι ἢ δριμύτερον καὶ ἐπιπονώτερον. Κατὰ τὴν ἀνα||λογίαν γάρ, ὡς προεῖπον, τῶν ἁμαρτη­ μάτων συγκρινομένων τοῖς ἀγαθοῖς ἀμβλύνεταί πως ἢ οὐκ ἀμβλύνεται ὁ ἀπὸ τοῦ ποτηρίου τῆς ὀργῆς ποσῶς διδομένης | ἑκάστῳ τῶν ἁμαρτημάτων. Ἐὰν δὲ καλὸς καὶ ἀγαθὸς ᾖς ὅλος, λέγεις· „Ποτήριον σωτη­ ρίου λήψομαι, καὶ τὸ ὄνομα κυρίου ἐπικαλέσομαι.“ d „Πᾶς“ οὖν „ἀσκός“, εἴτε καλὸς εἴτε μοχθηρός, „πληρωθήσεται οἴνου“, e καὶ κατὰ τὴν ἐπιτη­ δειότητα τοῦ ἀσκοῦ οἶνος βληθήσεται εἰς τὸν ἀσκὸν κατὰ τὸν λόγον τῶν ἐνταῦθα ὀνομαζομένων ἀσκῶν. Ἔλαιον οὖν οὐ βάλλεται εἰς τοὺς ἀσκοὺς οὐδὲ ἄλλη τις ὑγρὰ ὕλη, ἀλλὰ πάντα ἀσκὸν δεῖ οἴνου πληρωθῆναι. 3. Εἶτα διδάσκει διὰ τοὺς ἁμαρτήσαντας, ὅσον κατὰ τὸ ῥητόν, ἐν τῇ Ἱερουσαλὴμ τότε καὶ ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ, ποταποῦ οἴνου μέλλει πληροῦν ὁ θεὸς τοὺς ἀσκοὺς τούτους, τοὺς ἁμαρτωλούς. Γέγραπται γάρ· „Ἐὰν εἴπωσι πρός σε· Μὴ γνόντες οὐ γνωσόμεθα ὅτι πᾶς ἀσκὸς πληρωθήσεται οἴνου; Καὶ ἐρεῖς πρὸς αὐτούς· Τάδε λέγει κύριος· Ἰδοὺ ἐγὼ πληρῶ πάντας τοὺς κατοικοῦντας τὴν γῆν ταύτην καὶ τοὺς βασιλεῖς τοὺς καθημένους υἱοὺς τοῦ Δαβὶδ ἐπὶ θρόνου αὐτοῦ καὶ τοὺς ἱερεῖς.“ f Οὐδενὸς φείδεται ὁ μέλλων κο­ λάζειν. Οὐκ ἐπεὶ προφήτης τις ἐχρημάτισεν, ἔχει δὲ ἁμαρτήματα, οὐ πλη­ ρωθήσεται τῶν λεγομένων ἀπειλῶν. Οὐκ ἐπεὶ ἱερεύς τις ἐχρημάτισεν καὶ ἔδοξεν ὑπεροχὴν ὀνόματος ἔχειν τιμιωτέρου παρὰ τὸν λαόν, φείδεται αὐτοῦ a

Ps. 74(75),9

b

Ps. 74(75),9

c

Ps. 74(75),9

d

Ps. 115,4(116,13)

e

Jer. 13,12

f

Jer. 13,12f.

14  τούτου Co τοῦτο S 2  πράξεις Del H (opera) 15  κίρναται Bl κιρνᾶται S 19  πόνος Koe Nt ὀργῆς † Kl 30  ἐρεῖς Co H (dices) ἐρεῖ S 35  τιμιωτέρου Kl τιμιώτερον S 35  λαόν Koe ὅλον S 387 Zu dieser Ausdrucksweise des Origenes siehe unten S. 481 Anm. 748.

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aber doch des Bechers des neuen Bundes würdig sind, weil sie manchmal bessere, manchmal gegenteilige vollbringen,Wein „ungemischt gemischt“ trinken, denn Gott „goss aus dem einen in den anderen“.a Aus welchem? Ich erblicke zwei Becher in der Aussage: „Er goss aus dem einen in den anderen, nur dass seine Hefe nicht ausgeleert wurde.“ b Denke dir den Becher deiner guten Werke in der einen Hand Gottes, oder, wenn du willst, dass ich mich kühner ausdrücke,387 in der rechten Hand Gottes sei der Becher deiner guten Werke, der Becher deiner Sünden sei dann in der linken Hand Gottes. Wenn du nun für die Sünden bestraft werden sollst, ist, da du auch bessere Werke vollbracht hast, „ein Becher in der Hand des Herrn, der ungemischten Wein mit gemischtem enthält; und er goss aus dem einen in den anderen“,c von dem in der linken in den in der rechten. Denn du kannst weder allein den Becher der guten Werke trinken, weil du nicht nur gute vollbracht hast, noch kannst du allein den Becher der Sünden trinken, weil du auch manch Gutes vollbracht hast. Deswegen „goss er aus dem einen in den anderen“. Deinen Werken entsprechend werden dir der Zorn und die Strafe gemischt, damit der Becher der Strafe für dich entweder wässriger oder stärker und mühsamer ist. Denn entsprechend, wie ich zuvor gesagt habe, den mit den guten Werken vermischten Sünden wird die aus dem Becher des Zorns, der jeder einzelnen der Sünden im gehörigen Maße zuteil wird, irgendwie abgeschwächt oder nicht abgeschwächt. Wenn du aber im Ganzen gut und edel bist, sagst du: „Den Becher des Heils werde ich empfangen und den Namen des Herrn anrufen.“ d „Jeder Schlauch“ also, ob gut oder schlecht, „wird mit Wein gefüllt werden“,e und je nach der Qualität des Schlauches wird der Wein gemäß dem Verständnis der hier genannten Schläuche in den Schlauch gegossen. Weder Öl also wird in die Schläuche gegossen noch irgendeine andere Flüssigkeit, sondern jeder Schlauch muss mit Wein gefüllt werden.388 3. Wegen der Sünder – jedenfalls nach dem wörtlichen Sinn – damals in Jerusalem und in Judäa lehrt er sodann, mit welcher Art Wein Gott diese Schläuche, die Sünder, anzufüllen gedenkt. Es steht nämlich geschrieben: „Sie werden dir entgegnen: Sind wir so unwissend, dass wir nicht wissen, dass jeder Schlauch mit Wein gefüllt werden wird? Und du wirst ihnen antworten: Dies spricht der Herr: Siehe, ich fülle alle Bewohner dieser Erde und die Könige, die als Söhne Davids auf seinem Thron sitzen, und die Priester.“ f Wenn er zu strafen gedenkt, schont er niemanden. Nicht weil einer sich Prophet nannte, aber gesündigt hat, wird er nicht von den erwähnten Drohungen erfüllt werden. Nicht weil einer sich Priester nannte und meinte, einen erhabeneren und ehrbareren Namen als das Volk zu haben, schont ihn Gott, 388 Vgl. Hieronymus, in Hier. III 15,2 (CChr.SL 74, 129): Der in Jer. 13,12 erwähnte

Schlauch „wird nicht mit Öl, nicht mit Wasser, nicht mit Honig, nicht mit Milch noch mit irgendeiner anderen Flüssigkeit gefüllt, sondern mit Wein und Trunkenheit“.

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ὁ θεὸς ὥστε αὐτὸν μὴ κολασθῆναι ἁμαρτήσαντα. Τὰ δὲ περὶ ἐκείνων ἀνα­ γεγραμμένα, φησὶν ὁ ἀπόστολος, „ἐγράφη“ δι᾽ ἡμᾶς, „εἰς οὓς τὰ τέλη τῶν αἰώνων || κατήντησεν“.a Εἴ τις οὖν καὶ ἐν τούτοις τοῖς ἱερεῦσι (δείκνυμι δὲ τοὺς πρεσβυτέρους ἡμᾶς) ἢ ἐν τούτοις τοῖς περιεστηκόσι τὸν λαὸν λευίταις (λέγω δὲ τοὺς διακόνους) ἁμαρτάνει, ἕξει ταύτην τὴν κόλασιν· ὡς πάλιν εὐλογίαι τινές εἰσιν ἱερατικαί, περὶ ὧν θεοῦ διδόντος οὐ μακράν, ἀλλὰ μετὰ τὴν ἐξέτασιν τοῦ λόγου τοῦ προφητικοῦ εἰσόμεθα ἀναγινωσκομένων τῶν Ἀριθμῶν· περὶ γὰρ ἱερέων ἐκεῖ τινα μέλλει λέγεσθαι. „Καὶ τοὺς ἱερεῖς“ οὖν „καὶ τοὺς προφήτας καὶ τὸν Ἰούδαν καὶ | πάντας τοὺς κατοικοῦντας Ἱερουσαλήμ“ φησιν ὁ θεὸς πληρώσειν „μεθύσματος καὶ διασκορπιεῖν αὐτοὺς ἄνδρα καὶ τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ, καὶ τοὺς πατέρας αὐτῶν .“ b Καὶ ταῦτα δὲ οὕτω νοήσωμεν· τοὺς μὲν δικαίους συνάγει ὁ θεός, τοὺς δὲ ἁμαρτωλοὺς διασκορπίζει. Διὰ τοῦτο καὶ ἡνίκα μὲν οὐκ ἐκινοῦντο ἀπὸ ἀνατολῶν οἱ ἄνθρωποι, οὐκ ἐσκόρπισεν αὐτοὺς ὁ θεός· ὅτε δὲ ἐκίνησαν „ἀπὸ ἀνατολῶν“ c „καὶ εἶπεν ἄνθρωπος πρὸς τὸν πλησίον αὐτοῦ· Δεῦτε καὶ οἰκοδομήσωμεν ἑαυτοῖς πόλιν καὶ πύρ­ γον, οὗ ἔσται ἡ κεφαλὴ ἕως τοῦ οὐρανοῦ“, d φησὶν ὁ θεὸς περὶ τούτων· „Δεῦτε καὶ καταβάντες συγχέωμεν αὐτῶν ἐκεῖ τὴν γλῶσσαν“, e καὶ συγ­ χεῖται ἕκαστος καὶ ἐπί τινα τῆς γῆς τόπον διασκορπίζεται. Καὶ ὁ λαὸς δὲ ὁ τοῦ Ἰσραὴλ μὴ ἁμαρτάνων μὲν ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ ἦν, ἁμαρτήσας δὲ διασκορ­ πίζεται ἔπειτα † ἀπὸ τῆς οἰκουμένης καὶ διασπείρεται πανταχοῦ. a

1 Kor. 10,11

b

Jer. 13,13f.

c

Gen. 11,2

d

Gen. 11,3f.

e

Gen. 11,7

7  εἰσόμεθα Hu H (disputabimus) ἰσόμεθα S 11  διασκορπιεῖν Kl διασκορπιοῦσιν S 12  καὶ1 – αὐτῶν2 Co H (a filiis) 17  ἔσται Co LXX H (sit) ἐστὶν S 389 Zum Gegensatz zwischen Klerus und Laien (was in λαός steckt) und zur Kritik am

Amt siehe ausführlich in Hier. hom. 11,3 (GCS Orig. 32, 80f.) und dazu oben S. 285 Anm.  361. Vgl. auch Hieronymus, in Hier. III 15,3f. (CChr.SL 74, 129): „Von der Trunkenheit, in der wir die Gebote Gottes vergessen, und von Lastern und Sünden ist die ganze Menschheit erfüllt …, nicht nur das einfache Volk und die Unterschicht, sondern die Führer der Gemeinden aus dem Stamm beziehungsweise als Söhne Davids, die bequem an ein Kissen gelehnt und ihren Wanst lässig hingeflätzt auf seinem Thron sitzen. Auch die Priester selbst, der zweite Rang im kirchlichen Amt, und die Propheten, die über die Kenntnis der Schriften zu verfügen scheinen, und alle Bewohner Jerusalems sind trunken von mannigfachen Sünden.“ 390 Der Einschub „unseretwegen“ (δι᾽ ἡμᾶς) in das Zitat von 1 Kor. 10,11 stammt aus 1 Kor. 9,10. Auch andernorts präsentiert Origenes diese Form des Zitats: princ. IV 2,6 (GCS Orig. 5, 316); in Ioh. comm. I 6,34 (GCS Orig. 4, 11); Cels. IV 43 (GCS Orig. 1, 316). Siehe dazu Nautin, SC 232, 122. 391 Origenes ist der erste christliche Theologe, der die christlichen Ämter des Bischofs (von dem hier nicht die Rede ist), der Presbyter und der Diakone mit den alttestamentlichen Diensten des Hohepriesters, der Priester und der Leviten parallelisiert: Hanson, Allegory and Event 303. 329f. Vgl. orat. 28,9f. (GCS Orig. 2, 381); in Ios. hom. 4,1 (GCS Orig. 7, 309). Zu den Aufgaben der Diakone vgl. auch in Cant. comm.

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so dass er nicht bestraft wird, wenn er gesündigt hat.389 Was aber über jene aufgeschrieben ist, sagt der Apostel, „habe ich“ unseretwegen „geschrieben, zu denen das Ende der Zeit gekommen ist“.a390 Wenn also einer auch unter diesen Priestern – ich weise auf uns, die Presbyter, hin – oder unter diesen Leviten, die um das Volk herumstehen – ich meine die Diakone –,391 sündigt, wird er diese Strafe erhalten, wie es andererseits manche priesterliche Segen gibt, über die wir, wenn Gott es gewährt, nicht in ferner Zukunft, sondern nach der Erklärung des prophetischen Wortes etwas erfahren werden, wenn das Buch Numeri vorgelesen wird,392 denn über die Priester wird darin manches gesagt werden.393 „Und die Priester“ also „und die Propheten und Juda und alle Bewohner Jerusalems“ werde er, sagt Gott, füllen „mit einem berauschenden Trank und sie zerstreuen: einen Mann und seinen Bruder sowie ihre Väter .“ b Das aber wollen wir so verstehen: Die Gerechten führt Gott zusammen, die Sünder aber zerstreut er. Und solange daher die Menschen nicht von Osten aufbrachen, zerstreute Gott sie nicht. Als sie aber „von Osten“ c aufbrachen „und ein Mensch zu seinem Nächsten sagte: Auf! Bauen wir uns eine Stadt und einen Turm, dessen Spitze bis zum Himmel reichen wird“,d sagt Gott dazu: „Auf! Steigen wir hinab und verwirren wir dort ihre Sprache“,e und jeder wird verwirrt und an irgendeinen Ort der Erde zerstreut.394 Das Volk Israel aber war, als es nicht sündigte, in Judäa, als es aber sündigt, wird es dann † von der bewohnten Welt zerstreut395 und überallhin vertrieben. II 1,32 (OWD 9/1, 190) und dazu Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 190 Anm. 206; ferner Nautin, SC 232, 110. 392 Zur Bedeutung dieses Satzes für die Chronologie der Homilien des Origenes siehe oben S. 6f. 393 Zum priesterlichen Segen vgl. Num. 6,22–27. In den Numerihomilien des Origenes wird dieser Passus nicht behandelt, und auch sonst lässt sich dafür in seinen erhaltenen Werken nichts finden. 394 Vgl. in Gen. frg. E 27 (OWD 1/1, 220): „Ein Kennzeichen von Schlechtigkeit war es, dass sich die Sprachen vermischten; ein Kennzeichen von Tugend, dass ‚Herz und Seele‘ aller Gläubigen ‚eins waren‘ (Apg. 4,32). Und wenn du unter diesem Aspekt die Schrift genau betrachtest, wirst du finden, dass es dort, wo es eine große Zahl, wo es Spaltung, wo Teilung, Uneinigkeit und alles dergleichen gibt, Kennzeichen von Schlechtigkeit sind; wo aber Einheit und Eintracht und große Wirkungskraft im Reden, Kennzeichen von Tugend.“ Übersetzung: Metzler, OWD 1/1, 221. 395 Klostermann, GCS Orig. 3, 90, setzt eine crux, weil der überlieferte Text des Codex Scorialensis keinen Sinn ergibt. Die Übersetzung von Smith, FaCh 97, 115: „they were scattered afterward from their inhabited place“, dürfte der Bedeutung von οἰκουμένη nicht gerecht werden. Nautin, GCS Orig. 32, 360; SC 238, 22 (vgl. SC 232, 79), konjiziert: διασκορπίζεται ἐπί τινα τόπον τῆς οἰκουμένης in Anlehnung an ἐπί τινα τῆς γῆς τόπον zwei Zeilen vorher, übernommen von Schadel, BGrL 10, 135: „wird es des Erdkreises verschlagen“. Angesichts des Bibeltextes in Gen. 11,8: διέσπειρεν αὐτοὺς κύριος ἐκεῖθεν ἐπὶ πρόσωπον πάσης τῆς γῆς

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Τοιοῦτόν τί μοι νόει καὶ περὶ πάντων ἡμῶν. Ἔστι τις „ἐκκλησία πρω­ τοτόκων ἀπογεγραμμένων ἐν οὐρανοῖς“,a ὅπου „Σιὼν ὄρος καὶ πόλις || θεοῦ ζῶντος Ἱερουσαλὴμ ἐπουράνιος“. b Οἱ μακάριοι ἐκεῖ συναχθήσονται, ἵνα ὁμοῦ ὦσιν. Ἀλλὰ καὶ ἐν τούτῳ κολάζονται τῷ μὴ εἶναι μετ̓ ἀλλήλων οἱ ἁμαρτωλοί. Οἶδά τινας ἐν τῷ βίῳ τούτῳ ὑπὲρ κολάσεως βουλομένους νήσῳ τινὶ παραδοῦναι καὶ ὑπὲρ βασάνου τοὺς οἰκείους τινὸς τῶν λυπησάν­ των τὴν βασιλείαν καὶ διασκορπίζοντας, ἐνταῦθα μὲν τὴν γυναῖκα, ἐνταῦθα δὲ τὸν ἕνα υἱόν, εἶτα ἀλλαχοῦ τὸν ἕτερον, ἵνα μηδὲ ἐν τῇ συμφορᾷ ἀπο­ λαύσωσιν ἡ μήτηρ τοῦ υἱοῦ, ἢ ὁ ἀδελφὸς τοῦ ἀδελφοῦ. Τοιοῦτόν τι νόει καὶ ἐπὶ τῶν ἀδίκων. Πικροτέρου τινὸς γεύσασθαί σε δεῖ τὸν ἁμαρτωλὸν διοικονομούμενον ὑπὸ τοῦ θεοῦ, ἵνα παιδευθεὶς σωθῇς. Ὥσπερ δὲ οὐχὶ βασανίσαι ἁπλῶς θέλων τὸν κολαζόμενον ὑπὸ σοῦ οἰκέτην ἢ | υἱὸν κολά­ ζεις, ἀλλ̓ ἵνα τοῖς πόνοις αὐτὸν ἐπιστρέψῃς, οὕτως καὶ ὁ θεὸς τοὺς μὴ ἐπιστρέφοντας τῷ λόγῳ, τοὺς μὴ θεραπευθέντας, παιδεύσει τοῖς ἀπὸ πα­ θημάτων πόνοις. Ἐπὶ παιδείᾳ περιβάλλει ἃ περιβάλλει κατὰ τὸ εἰρημένον· „Διὰ παντὸς πόνῳ καὶ μάστιγι παιδευθήσῃ Ἱερουσαλήμ.“ c Ἳν̓ οὖν αὐξήσῃ ὁ παιδεύων πόνος, διασκορπίζονται οἱ πονοῦντες ἀπ̓ ἀλλήλων ὡς μὴ εἶναι ἅμα τόνδε καὶ τόνδε. Ἐλύετο γὰρ ἂν τὸ σφοδρὸν τοῦ πόνου διὰ τῆς πα­ ραμυθίας ἑνὸς ἑκάστου πρὸς τὴν ἀπὸ τοῦ ἑτέρου. 4. Εἰ δὲ δεῖ προσθεῖναι τῷ λόγῳ καὶ ἄλλην αἰτίαν τοῦ διασκορπίζεσθαι, καὶ τοῦτο παραθήσομαι. Κακοὶ συνόντες ἀλλήλοις τὰ κακὰ σκοποῦσι καὶ αὔξουσιν, ὥσπερ ἀγαθοὶ συνόντες ἀγαθοῖς περὶ ἀγαθῶν σκέπτονται. [Καὶ] Καταλύεται οὖν καὶ διαιρεῖται ἡ κακὴ βουλή, ἰσχύσασα ἂν μετὰ τῶν ὁμοίων, ὅτε διασκορπίζονται || ἀλλήλων οἱ μοχθηροί. Διὰ τοῦτο οἰκονομεῖ ὁ θεὸς μὴ εἶναι μετ̓ ἀλλήλων τοὺς φαύλους, τάχα καὶ αὐτῶν προνοῶν, ἵνα μὴ συναυξήσῃ αὐτῶν ἡ κακία, ἀλλὰ μειωθῇ διαλυομένη. Ταῦτα διὰ τὸ „Σκορπιῶ αὐτοὺς ἄνδρα καὶ τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ, καὶ τοὺς πατέρας αὐτῶν καὶ τοὺς υἱοὺς αὐτῶν ἐπὶ τὸ αὐτό, λέγει κύριος“. d „Οὐκ ἐπιποθήσω καὶ οὐ φείσομαι καὶ οὐκ οἰκτειρήσω ἀπὸ διαφθορᾶς αὐτῶν.“ e 5. Τοῖς τοιούτοις ῥητοῖς ἐπιβαίνουσιν οἱ ἀπὸ τῶν αἱρέσεων λέ­ a

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4  τῷ Kl τοῦ S 7  διασκορπίζοντας Bl Kl διασκορπίσαντας S Nt 10  πικροτέρου Kl mit V2 πικρότερόν S 14–15  παθημάτων Kl mit H (doloribus et tormentis) μαθημάτων S 15  ἐπὶ παιδείᾳ Lie Kl ἐπεὶ παιδεία S 23  καταλύεται Kl mit H (dissoluitur) καὶ καταλύονται S 24  ἀπ̓ Bl Koe (Vulgata: diuisit eos Dominus ex illo loco in uniuersas terras) und wegen der Doppelung διασκορπίζεται – καὶ διασπείρεται πανταχοῦ löst Nautins ingeniöser Vorschlag die Textverderbnis jedoch möglicherweise auch nicht, weshalb es ratsam scheint, lieber eine crux zu setzen. Hieronymus hat den Text nach διασκορπίζεται schlicht, aber sinnvoll abgekürzt zu: in universum orbem. – Zum Präsens in der Apodosis dieses Satzes siehe oben S. 165 Anm. 126.

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Etwas Derartiges denke mir auch über uns alle. Es gibt „eine Kirche der Erstgeborenen, die im Himmel aufgeschrieben sind“,a wo „der Berg Zion ist und die Stadt des lebendigen Gottes, das himmlische Jerusalem“.b Die Seligen werden dort zusammengeführt werden, damit sie beisammen sind, die Sünder hingegen werden auch dadurch bestraft, dass sie nicht beisammen sind. Ich kenne einige Leute in diesem Leben, die an Stelle von Strafe die Verbannung auf eine Insel beschließen und an Stelle von Folter die Verwandten von jemandem, der das Königtum beleidigt hat, sogar zerstreuen, hierhin die Frau, dorthin den einen Sohn, wieder anderswohin den anderen, damit sich nicht im Unglück die Mutter am Sohn erfreut oder der Bruder am Bruder. Etwas Derartiges denke auch bei den Ungerechten. Etwas noch Bittereres musst du zu spüren bekommen, du, der unter der Obhut Gottes stehende Sünder, damit du durch Zucht erzogen und so gerettet wirst. Wie du den von dir bestraften Diener oder Sohn nicht in der Absicht bestrafst, ihn einfach nur zu quälen, sondern um ihn durch die Schmerzen zur Umkehr zu bewegen, so wird auch Gott die, die sich nicht durch das Wort zur Umkehr bewegen lassen, die sich nicht heilen lassen, durch die Schmerzen leidvoller Erfahrungen erziehen.396 Zur Erziehung fügt er zu, was er zufügt, gemäß dem Satz: „Zu jeder Zeit wirst du mit Schmerz und Peitsche erzogen werden, Jerusalem.“ c Um also den erzieherischen Schmerz zu mehren, werden die Leidenden voneinander getrennt, damit der und der nicht beisammen sind. Denn das Bedrückende des Schmerzes würde sich durch den Trost auflösen, den sich die Einzelnen gegenseitig zusprechen. 4. Wenn freilich der Erklärung noch ein anderer Grund für die Zerstreuung hinzugefügt werden soll, will ich noch Folgendes anführen. Wenn böse Menschen beisammen sind, sinnen sie auf das Böse und vermehren es, so wie gute Menschen, wenn sie mit guten beisammen sind, Gutes im Sinn haben. [Und] Die böse Absicht, die sich unter Gleichgesinnten verstärken würde, löst sich also auf und zerfällt, wenn die Schlechten einander getrennt werden. Deswegen richtet es Gott so ein, dass die Schlechten nicht beisammen sind, und sorgt vielleicht sogar für sie im Voraus, damit ihre Schlechtigkeit nicht zunimmt, sondern in der Auflösung abnimmt.397 Dies zu der Aussage: „Ich werde sie zerstreuen: einen Mann und seinen Bruder sowie ihre Väter und ihre Söhne auf einmal, spricht der Herr.“ d „Ich werde keine Sehnsucht empfinden und keine Schonung gewähren und kein Mitleid üben bei ihrem Untergang.“ e 5. Gegen solche Worte g­ ehen 396 Zum pädagogischen Sinn von Strafe siehe oben S. 276 Anm. 336. 397 Dazu Koch, Pronoia und Paideusis 119: „Gott sorgt“ dafür, „dass die Sünde nicht

zu starke Verbreitung gewinnt.“ Was Origenes dazu an der vorliegenden Stelle am Schicksal einzelner Sünder erläutert, gilt auch für den Weltlauf im Ganzen: Wenn das Böse Überhand zu nehmen droht, sendet Gott Katastrophen, um es einzudämmen: Cels. IV 63 (GCS Orig. 1, 334); IV 69 (1, 338f.).

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γοντες· Ὁρᾷς τὸν δημιουργὸν οἷός ἐστι; Τὸν τῶν προφητῶν θεὸν ὅς φησιν· „Οὐ φείσομαι καὶ οὐκ οἰκτειρήσω ἀπὸ διαφθορᾶς αὐτῶν;“ Πῶς δύναται οὗτος εἶναι ἀγαθός; Ἐὰν δὲ λάβω παράδειγμα τὸν ἐπὶ καλῷ τῷ κοινῷ οὐκ οἰκτειροῦντα δικαστὴν καὶ καλῶς οὐκ ἐλεοῦντα κριτήν, δυνήσομαι ἀπὸ τοῦ παραδείγματος πεῖσαι ὅτι πολλῶν φειδόμενος οὐ φείδεται ἑνὸς ὁ θεός. Λή­ ψομαι δὲ παράδειγμα καὶ ἰατρόν, δεικνὺς ὅτι φειδόμενος τοῦ ὅλου σώματος οὐ φείδεται μέλους ἑνός. Οἷον ἔστω δικαστῇ τὸ προκείμενον τοῦτο, τὴν εἰρήνην δημιουργῆσαι καὶ κατασκευάσαι τῷ ὑπ̓ αὐτὸν ἔθνει τὰ συμφέρον­ τα. Προσεληλυθέτω δέ τις προσαγόμενος φονεὺς ὡραῖος τὴν ὄψιν καὶ | καλὸς ἰδέσθαι. Μήτηρ προσεληλυθέτω ἐλεεινοὺς προσφέρουσα λόγους τῷ δικαστῇ, ἵνα ἐλεηθῇ αὐτῆς τὸ γῆρας, ἡ γυνὴ τούτου τοῦ ἀναξίου ἐλεηθῆναι παρακαλείτω, περὶ αὐτοῦ τέκνα περιεστηκότα δεέσθω. Ἐπὶ τούτοις τί συμφέρει τῷ κοινῷ; Ἆρα ἐλεηθῆναι τοῦτον ἢ μὴ ἐλεηθῆναι; Ἀλλὰ ἐλεηθεὶς μὲν ἐπὶ τὰ αὐτὰ ἐπανελεύσεται· μὴ ἐλεηθεὶς δὲ αὐτὸς μὲν ἀποθανεῖται, τὸ δὲ || κοινὸν βελτιωθήσεται. Οὕτως ὁ θεὸς ἐὰν φείσηται τοῦ ἁμαρτωλοῦ καὶ ἐλεήσῃ αὐτὸν, καὶ οἰκτειρήσῃ ὡς μὴ κολάσαι αὐτόν, τίς οὐκ ἐπιτριβήσεται; τῶν φαύλων καὶ διὰ τοὺς φόβους τῶν κολαστηρίων παυομένων τῶν ἁμαρτημάτων οὐκ ἐπιτριβήσεται, οὐ χείρων ἔσται; Τοιαῦτα καὶ ἐν ταῖς ἐκκλησίαις γινόμενα ἔστιν ἰδεῖν· ἥμαρτέ τις, ἐδεήθη μετὰ τὴν ἁμαρτίαν περὶ κοινωνίας. Ἐὰν τάχιον ἐλεηθῇ, ἐπιτρίβεται τὸ κοινόν, αὔξεται ἡ ἁμαρτία ἑτέρων. Ἐὰν δὲ λογισμῷ οὐχ ὡς ἀνελεήμων οὐδ̓ ὡς ὠμὸς δικαστής, ἀλλ̓ ὡς προνοούμενος καὶ τοῦ ἑνός, πλεῖον δὲ προνοούμενος τῶν πολλῶν παρὰ τὸν ἕνα σκοπήσῃ τὴν ἐσομένην ζημίαν τῷ κοινῷ ἐκ τῆς κοινωνίας τοῦ ἑνὸς καὶ τῆς συγχωρήσεως τοῦ ἁμαρτήματος αὐτοῦ, δῆλον ὅτι ποιήσει ἐκβαλεῖν τὸν ἕνα, ἵνα σώσῃ τοὺς πολλούς. Ἴδε μοι καὶ ἰατρόν, τίνα τρόπον ἐὰν φειδόμενος ᾖ τοῦ τέμνειν ὅ τι χρὴ τέμνειν, ἐὰν φειδόμενος τοῦ καυτηριάζειν διὰ τοὺς 6  ἰατρόν Hu H (medici) ἰατρικὸν S 17  τίς Kl mit H (quis) 17  παυομένων Kl mit H (qui … terrentur) παυόμενος S 21  ὁ Kl 26  ᾖ Co ἢ S 26  ὅ τι Kl ὅτι S 27  ὅ τι χρὴ καυτηριάζειν Kl mit H (id quod indiget cauterio) 398 Die Aussage spiegelt die Meinung der Markioniten wider: Hanson, Allegory and

Event 138; ebd. 140 charakterisiert Hanson die Replik des Origenes als „a fine one“. Vgl. in Hier. hom. 1,16 (GCS Orig. 32, 15) und dazu oben S. 138 Anm. 76; ferner orat. 29,13 (GCS Orig. 2, 387); in Matth. comm. XV 11 (GCS Orig. 10, 378–380). 399 Das Flehen der Angehörigen um Mitleid für den Angeklagten gehört zur Szenerie eines antiken Gerichtsverfahrens. Schadel, BGrL 10, 294 Anm. 125, verweist auf Platon, apol. 35 b 9 – c 2; 38 d 6 – e 2: Sokrates lehnt es ausdrücklich ab, zu diesem Mittel zu greifen. 400 Vgl. in Ios. hom. 21,1 (GCS Orig. 7, 428f.): „Denn über die, die eindeutig und offenkundig Verbrecher sind, sagen wir nicht, dass sie nicht aus der Gemeinde hinausgeworfen werden sollen.“ Ferner in Ps. 73 hom. 3,8 (GCS Orig. 13, 264); in Matth. comm. ser. 89 (GCS Orig. 11, 204f.); Cels. III 51 (GCS Orig. 1, 247). Zum Verfahren

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die Anhänger der Häresien vor, indem sie sagen: Siehst du, was der Schöpfergott für einer ist? Der Gott der Propheten, der sagt: „Ich werde keine Schonung gewähren und kein Mitleid üben bei ihrem Untergang“? Wie kann der gut sein?398 Wenn ich freilich als Beispiel den Richter nehme, der um des Gemeinwohls willen kein Mitleid übt und sich als Richter zu Recht nicht erbarmt, werde ich euch mittels dieses Beispiels überzeugen können, dass Gott, um die Vielen zu schonen, den Einen nicht schont. Ich will als Beispiel aber auch einen Arzt nehmen, um zu zeigen, dass er, um den Leib als ganzen zu schonen, ein einzelnes Glied nicht schont. Angenommen, ein Richter steht vor der Aufgabe, den Frieden herzustellen und für das Wohl des ihm untergebenen Volkes zu sorgen. Nun komme aber ein ihm vorgeführter Mörder, der gut aussieht und schön anzuschauen ist, dazu eine Mutter, die Worte des Erbarmens vor den Richter bringt, damit er sich ihres Alters erbarme. Die Frau dieses Unwürdigen möge um Erbarmen flehen und für die Kinder bitten, die ihn umringen.399 Was dient unter diesen Umständen dem Gemeinwohl? Dem Mann Erbarmen zu gewähren oder kein Erbarmen zu gewähren? Doch wenn ihm Erbarmen gewährt wird, wird er dasselbe erneut tun, wenn ihm jedoch kein Erbarmen gewährt wird, wird er zwar sterben, für das Gemeinwohl wird das aber besser sein. So verhält es sich auch bei Gott: Wenn er den Sünder schont und sich seiner erbarmt und soviel Mitleid hat, dass er ihn nicht bestraft, wer wird davon nicht aufgestachelt werden? von den schlechten Menschen, die aus Angst vor den Strafen von den Sünden abgelassen haben, wird nicht aufgestachelt werden, wird nicht schlechter werden? Derartige Vorkommnisse kann man auch in den Gemeinden beobachten: Da hat einer gesündigt, nach der Sünde hat er um Gemeinschaft gebeten. Wird ihm zu schnell Erbarmen gewährt, wird die Gemeinschaft aufgestachelt, nimmt die Sünde der anderen zu.Wenn Richter aber wohlüberlegt, nicht weil er unbarmherzig oder grausam wäre, sondern weil er auch für den Einzelnen, mehr aber für die Vielen über den Einzelnen hinaus Sorge trägt, den künftigen Schaden im Blick hat, der sich für das Gemeinwohl aus der Gemeinschaft mit dem Einzelnen und der Nachsicht mit seiner Sünde ergibt, ist klar, dass er den Einen hinauswerfen lassen wird, um die Vielen zu retten.400 Betrachte mir auch einen Arzt,401 auf welche Weise, wenn er wegen der Schmerzen, die auf solche Hilfsmittel folgen, das Schneiden dessen vermei-

der öffentlichen Buße zur Zeit des Origenes siehe allgemein Fürst, Liturgie der Alten Kirche 247–256, und speziell für Origenes, von dem man über konkrete liturgische Praktiken allerdings wenig erfährt (vgl. ebd. 262), Rahner, Bußlehre des Origenes 140–144. 158–162; Teichtweier, Sündenlehre des Origenes 316–327; Vogt, Kirchenverständnis 118–187; Crouzel, Origène 298–302. 401 Zu Gott bzw. Christus als Arzt siehe unten S. 543 Anm. 853.

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πόνους τοὺς ἐπακολουθοῦντας τοῖς τοιούτοις βοηθήμασι, τίνα τρόπον ἡ νόσος αὔξει καὶ χείρων γίνεται. Ἐὰν δὲ τολμηρότερον οἷον προσέλθῃ τῇ τομῇ καὶ τῇ καύσει, θεραπεύσει διὰ τοῦ μὴ ἐλεῆσαι, διὰ τοῦ δοκεῖν μὴ οἰκτειρεῖν ἐκεῖνον τὸν καυτηριαζόμενον καὶ τὸν τεμνόμενον. Οὕτως καὶ ὁ θεὸς οὐχ ἕνα ἄνθρωπον οἰκονομεῖ, ἀλλ̓ ὅλον τὸν κόσμον οἰκονομεῖ, τὰ ἐν τῷ οὐρανῷ, τὰ ἐν τῇ γῇ πανταχοῦ διοικεῖ. Σκοπεῖ οὖν τί συμφέρει ὅλῳ τῷ κόσμῳ καὶ πᾶσι τοῖς οὖσι, κατὰ τὸ δυνατὸν σκοπεῖ καὶ τὸ συμφέρον τῷ ἑνί, || οὐ μέντοι ἵνα γένηται ἐπὶ ζημίᾳ τοῦ κόσμου τὸ τοῦ ἑνὸς συμ­ φέρον. Διὰ τοῦτο καὶ πῦρ αἰώνιον ἡτοίμασται,a διὰ τοῦτο καὶ γέεννα | ηὐτρέπισται, b διὰ τοῦτο ἔστι τι καὶ σκότος ἐξώτερον, c ὧν χρεία οὐ μόνον διὰ τὸν κολαζόμενον, ἀλλὰ μάλιστα διὰ τὸ κοινόν. 6. Εἰ δὲ θέλεις τὴν γραφὴν μάρτυρα λαβεῖν, ὅτι καὶ εἰς ἑτέρων παίδευ­ σιν οἱ ἁμαρτωλοὶ κολάζονται, κἂν οὗτοί ποτε ἀπεγνωσμένοι ὦσι περὶ θε­ ραπείας, ἄκουε Σολομῶντος ἐν ταῖς Παροιμίαις λέγοντος· „Λοιμοῦ μαστι­ γουμένου ἄφρων πανουργότερος ἔσται.“ d Οὐκ αὐτὸν τὸν μαστιγούμενον εἶπεν ἔσεσθαι πανουργότερον καὶ φρονιμώτερον διὰ τὰς μάστιγας, ἀλλὰ τὸν ἄφρονά φησι μεταβάλλειν ἀπὸ ἀφροσύνης εἰς φρόνησιν διὰ τὰς προσα­ γομένας τῷ λοιμῷ μάστιγας· τοῦτο γὰρ σημαίνεται ἐκ τοῦ ὀνόματος ἐνταῦθα τῆς πανουργίας. Καὶ μεταβάλλει διὰ τοῦ βλέπειν ἑτέρους μαστι­ γουμένους ὁ ἄφρων. Οὐκοῦν συμφέρει ἡμῖν, ἐάν γε σωτηρίας ἄξιοι γενώμε­ θα δι᾽ ἄλλων κολαζομένων, ἡ ἄλλων κόλασις. Καὶ ὡς συνήνεγκεν τὸ παρά­ πτωμα τοῦ Ἰσραὴλ τῇ σωτηρίᾳ τῶν ἐθνῶν, e οὕτως συνοίσει ἡ κόλασίς τῇ ἑτέρων σωτηρίᾳ. Διὰ τοῦτο ἀγαθὸς ὢν ὁ θεός φησιν· „Οὐ φείσομαι καὶ οὐκ οἰκτειρήσω ἀπὸ διαφθορᾶς αὐτῶν.“ f a

Mt. 18,8; 25,41

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Mt. 8,12; 25,30

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Spr. 19,25

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1  ἡ Hu H ἢ S 3  θεραπεύσει Co θεραπεύση S 6. 7  σκοπεῖ Del H (prouidet) σκόπει S 8  ἐπὶ ζημίᾳ Bl Koe H (damno) ἐπιζημία S 23  τινων Kl mit H (quorumdam)

402 Zum „Schneiden“ und „Brennen“ als Behandlungsmethoden siehe unten in Hier.

hom. 20(19),3 (GCS Orig. 32, 180) und princ. II 10,6 (GCS Orig. 5, 179): „So brauchen wir für die Gesundheit des Körpers gegen die Schäden, die wir durch Nahrung und Trank angesammelt haben, gelegentlich eine Behandlung mit einem besonders bitteren und scharfen Mittel; und manchmal, wenn die Art des Schadens das erfordert, ist die Härte des Eisens, die Bitterkeit des Schneidens nötig; und wenn die Art der Krankheit noch schlimmer ist, muss am Ende gar das Feuer den Schaden ausbrennen, den man sich zugezogen hat.“ Übersetzung: p. 433 Görgemanns/Karpp. Vgl. dazu Hippokrates, aph. 7,87 (IV p. 216 Jones): „Was die Arznei nicht heilt, heilt das Eisen; was das Eisen nicht heilt, heilt das Feuer; was das Feuer nicht heilt, ist als unheilbar anzusehen.“ Zum medizinischen Wissen des Origenes siehe Harnack, Ertrag II, 102–104; Neuschäfer, Origenes als Philologe 196–202; Fürst, Origenes 67–69.

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det, was geschnitten werden muss, wenn er das Ausbrennen dessen vermeidet, auf welche Weise also die Krankheit zunimmt und schlimmer wird. Wenn er aber sozusagen mutiger an das Schneiden und an das Brennen herangeht, wird er dadurch, dass er sich nicht erbarmt, dass er kein Mitleid zu haben scheint, jenen heilen, der gebrannt und der geschnitten wird.402 So trägt auch Gott nicht nur für einen einzigen Menschen Sorge, sondern er trägt Sorge für die ganze Welt; was im Himmel, was auf der Erde ist, verwaltet er allenthalben. Er hat also im Blick, was dem Wohl der ganzen Welt und allem Seienden dient. So weit wie möglich hat er auch das Wohl des Einzelnen im Blick, doch nicht so, dass das Wohl des Einzelnen zum Schaden für die Welt wird. Deswegen ist auch ein ewiges Feuer vorbereitet,a deswegen ist auch eine Hölle bereitgestellt,b deswegen gibt es auch eine Finsternis draußen,c was nicht nur zur Bestrafung eines Einzelnen erforderlich ist, sondern vor allem für das Gemeinwohl. 6. Wenn du aber die Schrift als Zeugen dafür nehmen willst, dass die Sünder auch zur Erziehung anderer bestraft werden, auch wenn sie selbst manchmal gegen Heilung resistent sind, höre, wie Salomo in den Sprichwörtern sagt: „Wird ein Schuft geschlagen, wird ein Tor schlauer werden.“ d Er sagte nicht, dass der Geschlagene selbst durch die Schläge schlauer und klüger werden wird, sondern es heißt, dass der Tor durch die dem Schuft zugefügten Schläge von der Unvernunft zur Vernunft kommt. Denn das ist hier die Bedeutung des Wortes ‚Schlauheit‘. Und der Tor ändert sich, weil er sieht, wie andere geschlagen werden. Also nützt uns die Bestrafung anderer, jedenfalls wenn wir dadurch, dass andere bestraft werden, des Heiles würdig geworden sind. Und wie der Fehltritt Israels dem Heil der Heidenvölker nützte,e so wird die Bestrafung 403 dem Heil anderer nützen.404 Deswegen, weil Gott gut ist,405 sagt er: „Ich werde keine Schonung gewähren und kein Mitleid üben bei ihrem Untergang.“ f 403 Während Nautin diese Ergänzung in der Übersetzung bietet (SC 238, 29), über-

nimmt er sie nicht in seinen Text (ebd. 28), denn sie sei „inopportune; il s’agit du châtiment d’Israël“ (GCS Orig. 32, 360). Diese Begründung überzeugt jedoch nicht, denn der Fehltritt (nicht die Bestrafung) Israels dient hier nur als Vergleich, um den Zusammenhang zwischen Strafe für die einen und Heil für andere klar zu machen. 404 Im Römerbriefkommentar erklärt Origenes die Aussage des Paulus über die Verstockung des Pharao (Ex. 4,21; 7,3 u.ö.) in Röm. 9,16, Gott habe ihn dazu bestimmt, an ihm seine Macht zu erweisen, in dem Sinn, dass sein Untergang anderen zur Rettung dienen soll, in Rom. comm. VII 14,4 (SC 543, 388–390): „Durch die Bosheit deines Geistes, die du dir durch dein zügelloses Leben ohne Gottesfurcht erworben hast, soll anderen die notwendige und fruchtbare Zurechtweisung zuteil werden, und du selbst sollst vor aller Augen untergehen als Beispiel für die Nachwelt.“ Übersetzung: Heither, FC 2/4, 157–159. 405 Damit hat Origenes die Frage der Markioniten, wie ein Gott, der so etwas sagt, gut sein kann (siehe oben), in das Gegenteil gewendet: Er sagt es gerade, weil er gut ist.

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7. Περιγεγραμμένου δὴ τοῦ ἑνὸς κεφαλαίουa ἴδωμεν καὶ τὸ ἕτερον τί ἡμᾶς διδάσκει· „Ἀκούσατε καὶ ἐνωτίσασθε, καὶ μὴ ἐπαίρεσθε, ὅτι κύριος ἐλάλησε. Δότε τῷ κυρίῳ θεῷ ἡμῶν δόξαν πρὸ τοῦ συσκοτάσαι, καὶ πρὸ τοῦ προσκόψαι τοὺς πόδας ὑμῶν ἐπ̓ ὄρη σκοτεινά· καὶ ἀναμενεῖτε εἰς φῶς, καὶ ἐκεῖ σκιὰ θανάτου, καὶ τεθήσονται εἰς σκότος. Ἐὰν δὲ μὴ ἀκούσητε κεκρυμμένως, κλαύ||σεται ἡ ψυχὴ ὑμῶν ἀπὸ προσώπου ὕβρεως, καὶ κατ­ άξουσιν οἱ ὀφθαλμοὶ ὑμῶν δάκρυα, διότι συνετρίβη τὸ ποίμνιον κυρίου.“ b [Του]Τοὺς αὐτοὺς βούλεται ἀκοῦσαι καὶ ἐνωτίσασθαι, οὐκ ἀρκούμενος οὔτε τῷ ἀκούειν αὐτοὺς μόνον οὔτε τῷ ἐνωτίζεσθαι. Διό φησιν· „Ἀκούσατε καὶ ἐνωτίσασθε.“ Εἶτα μετὰ τοῦτο προστάσσει αὐτοῖς μὴ ἐπαίρεσθαι, καὶ δι­ δάσκει ὃ ποιητέον. Τί οὖν τὸ ἀκοῦσαι καὶ τί τὸ ἐνωτίσασθαι, ἀπ̓ αὐτῆς τῆς λέξεως κατανοήσωμεν. Τὸ „ἐνωτίσασθε“ εἰς τὰ ὦτα δέξασθε, καὶ τὸ „ἀκούσατε“, εἰ πρὸς ἀντιδιαστολὴν λέγεται τοῦ „ἐνωτίσασθε“, μήποτέ ἐστιν εἰς | τὴν διάνοιαν δέξασθε. Καὶ ἐπεὶ τῶν λεγομένων ἐν ταῖς γραφαῖς ἃ μέν ἐστιν ἀπορρητότερα καὶ μυστικώτερα, ἃ δὲ αὐτόθεν χρήσιμα τοῖς νοοῦσι, περὶ μὲν τῶν ἀπορρητοτέρων οἶμαι λέγεται τὸ „ἀκούσατε“, περὶ δὲ τῶν αὐτόθεν χρησίμων καὶ χωρὶς ἑρμηνείας δυναμένων ὠφελῆσαι τὸν ἀκούοντα τὸ „ἐνωτίσασθε“. Ὅλην οὖν τὴν γραφὴν ἐὰν ἐξετάσωμεν, ­ἐροῦμεν δόκιμοι γενόμενοι τραπεζῖται· τοῦτο μὲν ἀκούσατε, τοῦτο δὲ ἐνωτίσασθε. Εἶτα ἐπὰν ἐπακούσωμεν καὶ ἐνωτισώμεθα, προστάσσει ἡμῖν· „Καὶ μὴ ἐπαίρεσθε“· c „πᾶς“ γὰρ „ὁ ὑψῶν ἑαυτὸν ταπεινωθήσεται.“ d Καὶ ὁ σωτὴρ δὲ ἐν τῷ λέγειν· „Μάθετε ἀπ̓ ἐμοῦ, ὅτι πραΰς εἰμι καὶ ταπεινὸς τῇ καρδίᾳ, καὶ εὑρήσετε ἀνάπαυσιν ταῖς ψυχαῖς ὑμῶν“, e διδάσκει ἡμᾶς τὸ μὴ ἐπαίρε­ σθαι. Μετὰ γὰρ τῶν ἄλλων ἀνθρωπίνων κακῶν καὶ τοῦτο τὸ ἁμάρτημα πολὺ ἐν ἡμῖν ἐστιν, ὁτὲ μὲν γὰρ πάνυ ἀλόγως ἐπαιρομένοις καὶ ἐφ̓ ᾧ οὐδὲ κατὰ τὸ ποσὸν ἐπαίρεσθαι χρή, || ὁτὲ δὲ μετὰ πιθανότητος, ὅτι εὔλογον τὸ ἐφ̓ ᾧ ἐπαιρόμεθα, οὐ μὴν ὑγιὲς καὶ ἐπ̓ ἐκείνῳ τὸ ἐπαίρεσθαι. 8. Ὅ δὲ λέγω οὕτως ἔσται σαφές· Εἰσί τινες ἐπαιρόμενοι, ὅτι εἰσὶν υἱοὶ ἡγεμόνων καὶ ὅτι γένους εἰσὶ τῶν ἀπὸ κοσμικῶν ἀξιωμάτων μεγάλων. Οἱ τοιοῦτοι ἐπὶ a

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Jer. 13,15–17

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Jer. 13,15

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1  δὴ S Nt δὲ Del Kl mit H (autem) 8  τοὺς αὐτοὺς Kl mit H (eosdem) 8  ἀρκούμενος Hu H (contentus) ἀρκουμένους S 10  ἐνωτίσασθε Kl ἐνωτίζεσθε S 12  ἐνωτίσασθε Scorr. ἐνωτίσασθαι S* 13  εἰ Kl mit H (si) ἢ S 14  δέξασθε Co δέξασθαι S 14–16  ἐπεὶ – νοοῦσι, περὶ We Nt ἐπὶ – νοοῦσι. Περὶ S Kl 20  εἶτα Kl mit H (deinde) δέχηται S 25  ᾧ Kl ὧν S 26  πιθανότητος Hu πειθανότητος S 27  ᾧ Kl ὁ S 27  ἐκείνῳ Kl ἐκεῖνο S 406 Dieselbe Etymologie von ἐνωτίζομαι in orat. 27,7 (GCS Orig. 2, 367). 407 Ebenso Hieronymus, in Hier. III 16 (CChr.SL 74, 130): „Hört und nehmt es mit den

Ohren auf (audite et auribus percipite), sowohl äußerlich als auch innerlich, sowohl mit dem Verstand als auch mit dem Körper.“ 408 Zu diesem „Nutzen“ der Schrift siehe oben S. 112 Anm. 8.

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7. Nachdem wir nunmehr einen Abschnitta behandelt haben, wollen wir auch sehen, was der andere uns lehrt: „Hört und macht eure Ohren auf, und rühmt euch nicht, denn der Herr hat gesprochen! Gebt dem Herrn, unserem Gott, die Ehre, bevor es dunkel wird und bevor sich eure Füße an dunklen Bergen stoßen! Und wartet auf das Licht! Und dort ist der Schatten des Todes, und sie werden in Dunkelheit versetzt werden. Wenn ihr aber nicht im Verborgenen hört, wird eure Seele angesichts des Hochmuts weinen, und eure Augen werden Tränen vergießen, weil die Herde des Herrn zerschlagen wurde.“ b Dieselben Leute sollen hören und ihre Ohren aufmachen. Weder genügt es, dass sie nur hören, noch, dass sie nur ihre Ohren aufmachen. Deshalb heißt es: „Hört und macht eure Ohren auf!“ Danach befiehlt er ihnen dann, sich nicht zu rühmen, und lehrt, was zu tun ist.Was nun das Hören und was das Aufmachen der Ohren bedeutet, wollen wir ausgehend von den Worten selbst verstehen. „Macht eure Ohren auf“ bedeutet: Nehmt es in die Ohren auf!406 Und wenn das „Hört“ im Unterschied zu „Macht eure Ohren auf“ gesagt wird, bedeutet es vielleicht: Nehmt es in den Verstand auf!407 Und da von den Worten in der Schrift die einen unaussprechlicher und geheimnisvoller, die anderen aber von sich aus denen nützlich sind, die sie verstehen, meine ich, dass sich das „Hört“ auf die unaussprechlicheren bezieht, das „Macht eure Ohren auf“ aber auf die von sich aus nützlichen, die ohne Erklärung dem Hörer förderlich sein können.408 Würden wir also die ganze Schrift untersuchen, werden wir als bewährte Geldwechsler409 sagen: Auf dieses hört, für dieses macht die Ohren auf! Danach, wenn wir gehört und die Ohren aufgemacht haben, befiehlt er uns: „Und rühmt euch nicht!“ c Denn „jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden.“ d Und wenn der Erlöser sagt: „Lernt von mir, denn ich bin sanft und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“,e lehrt er uns, uns nicht zu rühmen. Zusammen mit den anderen menschlichen Lastern kommt nämlich auch diese Sünde häufig bei uns vor, denn manchmal rühmen wir uns völlig unsinnig sogar wegen etwas, das nicht wert ist, sich dessen auch nur ein wenig zu rühmen, manchmal tun wir das mit einer gewissen Berechtigung, weil das, wessen wir uns rühmen, sich sinnvoll dafür eignet, doch auch dann ist es gewiss nicht gesund, sich dessen zu rühmen. 8. Was ich aber sagen will, wird folgendermaßen deutlich werden: Es gibt Leute, die sich rühmen, Söhne von Herrschern zu sein und von hohen

409 Die Wendung wird von Origenes mehrmals zitiert, noch einmal beispielsweise unten

in Hier. hom. 20(19),9 (GCS Orig. 32, 193). Siehe die Stellen bei Resch, Agrapha 116–127; Ropes, Sprüche Jesu 141–143; Harnack, Ertrag II, 40. Vor ihm findet sie sich in der Pistis Sophia 134 (GCS 132=45, 228) und bei Clemens von Alexandria, strom. I 177,2 (GCS Clem. Al. 24, 109). Siehe auch Schockenhoff, Fest der Freiheit 156f.

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ἀπροαιρέτῳ καὶ ἀδιαφόρῳ πράγματι ἐπαιρόμενοι οὐδὲ πιθανότητα εὔλο­ γον ἔχουσι τὴν παραβαλλομένην αὐτοὺς ἐπὶ τὸ ἐπαίρεσθαι. Εἰσὶν ἐπαιρό­ μενοι, ὅτι ἐξουσίαν ἔχουσιν ἀναιρεῖν ἀνθρώπους, καὶ ἐπαιρόμενοι, ὅτι εἰλή­ φασι τὴν παρ᾽ αὐτοῖς καλουμένην προκοπὴν τοιαύτην ὥστε ἀποτεμεῖν ἀνθρώπων κεφαλάς. „Ἡ δόξα“ τῶν τοιούτων „ἐν τῇ αἰσχύνῃ αὐτῶν“ ἐστιν.a Ἄλλοι ἐπὶ πλούτῳ ἐπαίρονται, οὐ τῷ ἀληθινῷ ἀλλὰ τῷ κάτω· καὶ ἄλλοι ἐπαίρονται, φέρ᾽ εἰπεῖν, ἐπὶ τῷ οἰκίαν ἔχειν καλὴν ἢ ἀγροὺς πολλούς. Οὐδὲν τούτων ἐστὶ λόγου ἄξιον, οὐ χρὴ ἐπαίρεσθαι ἐπί τινι τούτων. Τὸ πιθανὸν δὲ περὶ τοῦ ἐπαίρεσθαι, ὅταν τις ἐπαίρηται, ὅτι σοφός ἐστι, καὶ ἐπαίρηται συνειδὼς ἑαυτῷ, ὅτι ἤδη ἀπὸ δέκα ἐτῶν οὐχ ἥψατο ἀφρο­ δισίων ἢ καὶ ἐκ παίδων οὐχ ἥψατο, καὶ πάλιν ἄλλος ἐπαίρηται, ὅτι δε­ σμοὺς ἐφόρεσε τοὺς περὶ Χριστοῦ. b Πιθανότης μέν ἐστιν ἐνταῦθα ὑποβάλ­ λουσα, ὅτι εὐλόγως τις ἐπαίρεται, οὐδὲ ἐπὶ τούτοις δὲ ὡς πρὸς τὸν ἀληθῆ λόγον εὐλόγως τις ἐπαίρεται. Οὕτως οὐκ ἔστιν οὐδὲ ἐπὶ τούτοις εὐλόγως ἐπαίρεσθαι. Παῦλος εἶχε τὴν ὕλην τοῦ ἐπαίρεσθαι αὐτὸν διὰ τὰς ­ὀπτασίας, c διὰ τὰ ὁράματα, d διὰ τὰ τέρατα καὶ σημεῖα, e διὰ τοὺς καμάτους οὓς ­ἔκαμεν ὑπὲρ Χριστοῦ, f διὰ τὰς ἐκκλησίας ἃς ἔπηξε φιλοτιμούμενος, ὅπου μὴ ὠνομάσθη Χριστός, θεμελιοῦν ἐκκλη||σίαν. g Ταῦτα πάντα ὕλη ν τοῦ ἐπαίρεσθαι αὐτόν, εἰ χρὴ λέγειν μετὰ πιθανότητος τῆς περὶ τοῦ ἐ­παίρεσθαι, ὅτι καλῶς ἂν ἔδοξέ τισιν ἐπαίρεσθαι αὐτόν. Ἀλλ̓ ὅμως ἐπεὶ οὐδὲ τὸ ἐπὶ τοῖς τοιούτοις ἐπαίρεσθαι ἀκίνδυνόν ἐστιν, ὁ χρηστὸς πατὴρ ὡς ἐδωρήσα­ το αὐτῷ ὀπτασίας καὶ ὁράματα, οὕτως αὐτῷ ἐν χαρίσματος μοίρᾳ ἔδωκεν ἄγγελον σατάν, ἵνα αὐτὸν κολαφίσῃ, ἵνα μὴ ὑπεραίρηται. Καὶ περὶ τούτου τρὶς τὸν κύριον παρεκάλεσεν, ἵνα ἀποστῇ ἀπ̓ αὐτοῦ ὁ ἄγγελος τοῦ σα­ τανᾶ, h ὁ κατ̓ οἰκονομίαν ἵνα μὴ ἐπαίρηται δοθεὶς αὐτῷ. Καὶ ἀπεκρίνατο αὐτῷ ὁ κύριος (ἄξιος γὰρ ἦν ἀποκρίσεως κυρίου ὁ Παῦλος) καὶ εἶπεν αὐτῷ· „Ἀρκεῖ σοι ἡ χάρις μου· ἡ γὰρ δύναμίς μου ἐν ἀσθενείᾳ τελειοῦται.“ i Ἐπὶ οὐδενὶ οὖν δεῖ ἐπαίρεσθαι· ἀκολουθεῖ γὰρ πεσεῖν τῷ ἐπαίρεσθαι κατὰ  τὸ „Πρὸ συντριβῆς ὑψοῦται καρδία ἀνδρὸς καὶ πρὸ δόξης ταπει­ a

Phil. 3,19 b Phil. 1,13; Eph. 3,1 c 2 Kor. 12,1 dApg. 16,9f.; 18,9 12,12 f 2 Kor. 12,10 g Röm. 15,20 h2 Kor. 12,7f. i 2 Kor. 12,9

e

Röm. 15,19; 2 Kor.

1  ἀδιαφόρῳ πράγματι Kl πράγματι ἀδιαφόρωι S 1  πιθανότητα Hu πειθανότητα S 9  πιθανὸν Scorr. πειθανὸν S* 11  ἥψατο, – ἐπαίρηται We Nt ἥψατο· – ἐπαίρεται S Kl 12  πιθανότης Hu πειθανότης S 18  θεμελιοῦν Bl H (iacere fundamentum) θεμένου S 18  ὕλη ἦν Bl Koe mit H (materiae erant) ὕλην S 19  πιθανότητος Hu πειθανότητος S 21  ὡς Hu H (quomodo) ἃς S 28  ἐπὶ Kl ἐπεὶ S 410 Zur Kategorie der Adiaphora in der stoischen Ethik siehe oben S. 237 Anm. 254. Ent-

scheidend in der Ethik des Origenes ist, dass er diese Kategorie mit dem Willen (Prohairesis) verknüpft und damit den Akzent auf Willens- und Entscheidungsfreiheit legt. Die ethische Qualität von Dingen oder Gegebenheiten (wie sozialer Status) ist ihnen nicht an sich zu eigen, sondern hängt davon ab, wie der Einzelne damit umgeht.

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weltlichen Würdenträgern abzustammen. Solche Leute, die sich einer nicht auf ihrem eigenen Willen beruhenden und ethisch indifferenten410 Sache rühmen, haben auch keinen sinnvollen Grund, der sie berechtigt, sich zu rühmen. Es gibt Leute, die sich rühmen, Macht zu haben, Menschen umzubringen, und die sich rühmen, die bei ihnen so genannte Beförderung dazu erlangt zu haben, Menschen die Köpfe abschlagen lassen zu dürfen. „Die Ehre“ solcher Leute besteht „in ihrer Schande.“a Andere rühmen sich für Reichtum, nicht für den wahren, sondern für den hier unten. Und andere rühmen sich zum Beispiel dafür, ein schönes Haus zu haben oder viele Äcker.411 Nichts davon ist der Rede wert, für nichts davon soll man sich rühmen. Eine gewisse Berechtigung aber, sich zu rühmen, liegt vor, wenn einer sich rühmt, weise zu sein, und sich in dem Bewusstsein rühmt, sich schon seit zehn Jahren oder sogar von Kindheit an von Liebesgenüssen ferngehalten zu haben, und wieder ein anderer sich rühmt, um Christi willen Ketten getragen zu haben.b Eine gewisse Berechtigung liegt hier vor, weil einer sich sinnvollerweise rühmt, aber auch in diesen Fällen ist es im Blick auf die wahre Vernunft nicht sinnvoll sich zu rühmen. So ist es nicht einmal in diesen Fällen sinnvoll, sich zu rühmen. Paulus hatte Anlass, sich zu rühmen: wegen der Visionen,c wegen der Erscheinungen,d wegen der Wunder und Zeichen,e ­wegen der Mühen, die er um Christi willen ertrug,f wegen der Gemeinden, die er errichtete und dabei seine Ehre darein setzte, dort, wo der Name Christi unbekannt war, eine Gemeinde zu gründen.g Das alles Anlass für ihn, sich zu rühmen, wenn man von einer gewissen Berechtigung sich zu rühmen ausgehen darf, zumal manche meinen könnten, dass er sich zu Recht rühmt. Da es aber gleichwohl auch bei solchen Dingen nicht ungefährlich ist, sich zu rühmen, hat der gütige Vater ihm so, wie er ihm Visionen und ­Erscheinungen schenkte, als Teil der Gnadengabe einen Engel Satans gegeben, damit dieser ihn schlägt, damit er sich nicht zu sehr rühme. Und diesbezüglich hat er dreimal den Herrn gebeten, der Engel Satans, der ihm entsprechend der Fürsorge Gottes gegeben worden war, damit er sich nicht rühme, möge von ihm ablassen.h Und der Herr gab ihm eine Antwort – Paulus war nämlich einer Antwort des Herrn würdig – und sagte zu ihm: „Es genügt dir meine Gnade, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollendet.“ i Für nichts also darf man sich rühmen. Denn auf den Selbstruhm folgt der Fall gemäß dem Wort: „Vor dem Sturz erhebt sich das Herz des Menschen, und vor der Ehre erniedrigt 411 Aus einem Passus wie diesem kann man – falls die genannten Fälle nicht im Sinne

einer allgemeinen Paränese gemeint sind – darauf schließen, dass solche Leute auch zur Gemeinde des Origenes gehört haben. Die Anrede an einen paterfamilias und uir nobilis in Ios. hom. 10,3 (GCS Orig. 7, 361) deutet in dieselbe Richtung. Zur sozialen Zusammensetzung der christlichen Gemeinde in Caesarea siehe Monaci Castagno, Origene predicatore 86–88.

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νοῦται.“a Ταῦτα μὲν εἰς τὸ „Ἀκούσατε καὶ ἐνωτίσασθε, καὶ μὴ ἐπαίρεσθε, ὅτι κύριος ἐλάλησεν“. b 9. Ἴδωμεν δὲ καὶ τίνα κελεύει ἡμᾶς μετὰ ταῦτα ποιεῖν· „Δότε“ φησὶ „κυρίῳ τῷ θεῷ ἡμῶν δόξαν πρὸ τοῦ συσκοτάσαι, πρὸ τοῦ προσκόψαι τοὺς πόδας ὑμῶν ἐπ̓ ὄρη σκοτεινά· καὶ ἀναμενεῖτε εἰς φῶς.“ c Τὸν διδόντα δόξαν τῷ θεῷ θέλει διδόναι δόξαν τῷ θεῷ φωτὸς ὄντος, ὡς οὐ δυναμένης δόξης ἀπαγγέλλεσθαι τοῦ θεοῦ, ἐπὰν | συσκοτάσῃ καὶ γένηται σκότος. Πότε οὖν συσκοτάζει, καὶ πότε ὁ συσκοτασμὸς οὐ γίνεται; „Ἐργάζεσθε ὡς τὸ φῶς ἐν ὑμῖν ἐστιν.“ d , ἐὰν ἔχῃς ἐν σοὶ τὸν εἰπόντα· „Ἐγώ εἰμι τὸ φῶς τοῦ κόσμου.“ e Ὅσον τοῦτό σοι ἀνατέλλει, δόξαζε τὸν θεόν· ἴσθι δὲ ὅτι δύναται γενέσθαι σκοτα||σμός τις, καὶ χρὴ μὴ μεῖναι τὸν σκοτασμὸν τοῦτον, ἀλλὰ πρὸ τοῦ σκοτάσαι τὴν δόξαν διδόναι τῷ θεῷ. f 10. Τάχα νοήσομεν τὸ γεγραμμένον χρησάμενοι λέξει εὐαγγελικῇ εἰρη­ μένῃ ὑπὸ τοῦ σωτῆρος οὕτως ἐχούσῃ· „Ἐργάζεσθε ὡς ἡμέρα ἐστίν· ἔρχεται νὺξ ὅτε οὐδεὶς δύναται ἐργάζεσθαι.“ g Ἡμέραν ἐκεῖ ὠνόμασε τὸν αἰῶνα τοῦτον (ἀλλὰ ἀναγκαίως προσέθηκα τὸ ἐκεῖ· οἶδα γὰρ ἐν ἄλλοις ἄλλα πάλιν δηλούμενα) ἡμέραν οὖν ὠνόμασε τὸν αἰῶνα τοῦτον, σκότος δὲ καὶ νύκτα τὴν συντέλειαν διὰ τὰς κολάσεις. „Ἵνα τί“ γὰρ „ὑμῖν ἐπιθυμεῖν ἡμέραν κυρίου; Καὶ αὕτη ἐστὶ σκότος καὶ οὐ φῶς“ h φησὶν Ἀμὼς ὁ προ­ φήτης. Ἐὰν ἴδῃς τί τὸ σκυθρωπὸν μετὰ τὴν συντέλειαν τοῦ κόσμου, τὸ ἐπακολουθοῦν ὡς σχεδὸν παντὶ τῷ γένει τῶν ἀνθρώπων κολαζομένων ἐπὶ τοῖς ἡμαρτημένοις, ὄψει ὅτι συνεσκότασε τότε τὸ περιέχον καὶ οὐκέτι οὐ­ δεὶς δύναται δοξάζειν τὸν θεόν, εἴγε καὶ τοῖς δικαίοις προσέταξεν ὁ λόγος λέγων· „Βάδιζε, λαός μου, εἴσελθε εἰς τὸ ταμιεῖόν σου, ἀπόκλεισον τὴν θύραν σου, ἀποκρύβηθι μικρὸν ὅσον ὅσον, ἕως ἂν παρέλθῃ ὁ θυμὸς τῆς ὀργῆς μου.“ i Ἅμα δὲ ἐν τούτοις, εἴ τις δύναται, τηρείτω ὅτι εἴρηκε· „Μι­ κρὸν ὅσον ὅσον.“ Ἀλλ̓ ἐκεῖνο τὸ μικρὸν ὅσον μικρόν ἐστι θεῷ, οὐκ ἔστι μικρὸν ἀνθρώπῳ· χρὴ γὰρ βλέπειν ὅτι ἑκάστῳ ἐστί τι μικρὸν καὶ μέγα. Καὶ ἀπὸ παραδείγματος παραστήσω ὅτι ἑκάστῳ ἐστί τι μικρὸν ἢ μέγα. Ἑκά­ στῳ ζώῳ μικρὰ τροφὴ ἡ τοσήδε ὡς πρὸς σύγκρισιν τῆς συστάσεως αὐτοῦ, καὶ πολλὴ τροφὴ τοσήδε ὡς πρὸς τὴν σύγκρισιν πάλιν τῆς κατασκευ­ ῆς αὐτοῦ. Καὶ οὕτως τὸ μι||κρὸν τοῦ ἀνθρώπου ἄλλῳ ζώῳ μέγα ἐστί. Τὸ a

Spr. 18,12 b Jer. 13,15 c Jer. 13,16 Joh. 9,4 hAm. 5,18 i Jes. 26,20

g

d

Joh. 9,4 mit 12,35

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Joh. 8,12

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1 Joh. 2,8

4  ἡμῶν Kl ὑμῶν S 7  ἀπαγγέλλεσθαι Co ἀπαγγέλεσθαι S 9  τὸ φῶς2 – ἐστιν2 Kl mit H (lumen in te est) 11  γενέσθαι Kl mit H (futurae sunt) λέγεσθαι S 27  θεῷ Kl (GCS Orig. 3, 349) Nt θεοῦ S 30  ἡ Bl ἢ S 31  ἡ Bl 412 Nautin, GCS Orig. 32, 360, schlägt mit Hieronymus (donec) und mit Verweis auf

Origenes, pasch. 29,5 (p. 210 Guéraud/Nautin), hier und im folgenden Zitat von Joh. 9,4 die Konjektur ως vor, übernimmt diese aber nicht in seine Ausgabe (SC 238, 36).

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es sich.“a Dies zu der Aussage: „Hört und macht die Ohren auf, und rühmt euch nicht, denn der Herr hat gesprochen!“ b 9. Wir wollen aber auch sehen, was er uns danach zu tun befiehlt: „Gebt“, heißt es, „dem Herrn, unserem Gott, die Ehre, bevor es dunkel wird, bevor sich eure Füße an dunklen Bergen stoßen! Und wartet auf das Licht!“ c Wer Gott die Ehre gibt, soll Gott die Ehre geben, wenn Licht da ist, denn die Ehre Gottes kann nicht verkündet werden, wenn es dunkel wird und Dunkelheit herrscht. Wann nun wird es dunkel, und wann bricht die Dunkelheit nicht herein? „Seid tätig, solange412 das Licht in euch ist!“ d , wenn du den in dir hast, der gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt.“ e Solange dieses dir aufgeht, ehre Gott! Du sollst aber wissen, dass eine bestimmte Dunkelheit entstehen kann und diese Dunkelheit nicht bleiben soll, sondern, bevor es dunkel wird, Gott die Ehre gegeben werden soll.f 10. Vielleicht werden wir den Text verstehen, wenn wir einen vom Erlöser im Evangelium gesprochenen Satz heranziehen, der so lautet: „Seid tätig, solange es Tag ist! Es kommt die Nacht, da niemand tätig sein kann.“ g413 Als Tag bezeichnete er hier die gegenwärtige Welt – ich musste allerdings das Wörtchen ‚hier‘ hinzufügen, denn ich weiß, dass in anderen Texten wieder andere Bedeutungen vorliegen –, als Tag also bezeichnete er die gegenwärtige Welt, als Dunkelheit und Nacht aber die Vollendung wegen der Strafen.414 Denn „warum sehnt ihr euch nach dem Tag des Herrn? Auch dieser ist Dunkelheit und nicht Licht“,h sagt der Prophet Amos. Wenn du siehst, was das Düstere nach der Vollendung der Welt ist, das nahezu das ganze Geschlecht der Menschen, die für ihre Sünden bestraft werden, zu erwarten hat, wirst du sehen, dass es dann ringsum dunkel geworden ist und niemand mehr Gott verherrlichen kann, jedenfalls wenn auch für die Gerechten gilt, was das Wort befahl, als es sagte: „Mache dich auf, mein Volk, geh in deine Kammer hinein, verschließe deine Tür, verbirg dich eine ganz ganz kurze Zeit, bis die Leidenschaft meines Zorns vorüber ist.“ i Zugleich aber beachte dabei, wenn möglich, dass er sagte: „eine ganz ganz kurze Zeit“. Jene „ganz kurze Zeit“ ist freilich kurz für Gott, aber nicht kurz für den Menschen. Man muss nämlich sehen, dass abhängig von jedem Einzelnen etwas klein oder groß ist. Und ich will anhand eines Beispiels darlegen, dass abhängig von jedem Einzelnen etwas klein oder groß ist. Für jedes Lebewesen ist eine bestimmte Menge an Nahrung wenig im Verhältnis zu seiner Beschaffenheit und eine bestimmte Menge an Nahrung viel im Verhältnis erneut zu seiner Konstitution. Und was so für den Menschen klein ist, ist für ein anderes Lebewesen groß. Was zum 413 Auch Hieronymus, in Hier. III 17,4 (CChr.SL 74, 131), zieht Joh. 9,4 zur Erklärung

von Jer. 13,16 heran. 414 Anders als an der vorliegenden Stelle steht in pasch. 34,20 (p. 220 Guéraud/Nautin)

im Sinne von Röm. 13,12 die Nacht für die gegenwärtige Welt, der Tag aber für die künftige.

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μικρόν, φέρ᾽ εἰπεῖν, ἀνδρὶ πολύ ἐστι παιδίου. Οὕτως μικρὸς χρόνος ἐστὶν ὁ τῆς ζωῆς τῆς ἀν|θρωπίνης πᾶς καὶ ὁ τοῦ πολυχρονίου ὡς πρὸς ὅλον τοῦ παντὸς ἐνεστηκότος αἰῶνος. Οὕτω δὴ καὶ τὸ μικρὸν τοῦ θεοῦ πολύ ἐστιν ὡς πρὸς ἡμᾶς, καὶ αἰών ἐστιν ὅλος τὸ μικρὸν τοῦ θεοῦ. Ἐὰν λέγηται οὖν· „Βάδιζε, λαός μου, εἴσελθε εἰς τὰ ταμιεῖά σου, ἀπόκλεισον τὴν θύραν σου, ἀποκρύβηθι μικρὸν ὅσον ὅσον“,a τὸ μικρὸν ἐκεῖνο νομιστέον λέγεσθαι οὐ πρὸς τὴν σχέσιν τοῦ κελευομένου βαδίζειν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὰ ταμιεῖα ἑαυ­ τοῦ, ἀλλὰ πρὸς τὴν σχέσιν τοῦ αὐτὰ προστάσσοντος, ᾧ μικρόν ἐστι τὸ τούτῳ πολύ. Εἰ γὰρ ἕως ἂν παρέλθῃ ὁ θυμὸς τῆς ὀργῆς τοῦ θεοῦ, δεῖ τινας εἰσελθεῖν εἰς τὰ ταμιεῖα ἑαυτῶν, εἰσὶ δὲ οἷς οὐκ ἀφίεται τὰ ἁμαρτήμα­ τα οὐ μόνον παρ᾽ ὅλον τὸν αἰῶνα τοῦτον ἀλλὰ καὶ παρ᾽ ὅλον τὸν μέλλον­ τα, b δῆλον ὅτι τὸ μικρὸν τοῖς εἰρημένοις παρεκτείνεται. 11. „Δότε“ οὖν „κυρίῳ τῷ θεῷ ἡμῶν δόξαν.“ c Πῶς δίδομεν κυρίῳ τῷ θεῷ ἡμῶν δόξαν; Οὐκ ἐν φωναῖς καὶ λεξιδίοις ζητῶ τὸ διδόναι κυρίῳ τῷ θεῷ ἡμῶν δόξαν, ἀλλ̓ ἐν πράξεσιν ὁ διδοὺς δόξαν κυρίῳ τῷ θεῷ δίδωσι δόξαν αὐτῷ. Ἐν σωφροσύνῃ δόξασον τὸν θεόν, ἐν δικαιοσύνῃ, ἐν εὐποιίᾳ δόξασον τὸν θεόν· δὸς δόξαν τῷ θεῷ ἐν ἀνδρείᾳ καὶ ὑπομονῇ, δὸς δόξαν τῷ θεῷ ἐν εὐσεβείᾳ καὶ ὁσιότητι καὶ ταῖς λοιπαῖς ἀρεταῖς. Εἰ δὲ ταῦτα οὕτως ἔχει καὶ οὕτω δοξάζει τις τὸν θεόν, ἐὰν εἴπω τὰ ἐναντία, μὴ δόξητέ με βλασφημεῖν· μάρτυρα γὰρ παραστήσω κἀκείνων τὴν γραφήν. Ὁ σώ­ φρων δοξάζει τὸν θεόν, || ὁ ἀκολασταίνων ἀτιμάζει τὸν θεόν. Τὸν γὰρ ναὸν τοῦ θεοῦ ὡς Ναβουχοδονόσορ καταστρέφει d καὶ „φθείρει τὸν ναὸν τοῦ θεοῦ“ e καὶ „διὰ τῆς παραβάσεως τοῦ νόμου τὸν θεὸν ἀτιμάζει“ f (λέξις ἐστὶ καὶ αὕτη ἀποστολική). Οὐκοῦν ἀδοξίαν περιτίθησι τῷ θεῷ ὁ ἁμαρτωλός. Καὶ τὰ περὶ προνοίας ζητεῖται, ὥς τινας διστάζειν εἰ ἔστι πρόνοια [πρό­ νοια], δι᾽ οὐδὲν ἄλλο ὡς διὰ τὴν κακίαν. Ἄνελε τὴν κακίαν, καὶ οὐ προ­ σκόπτεις τῇ προνοίᾳ. Ἄνω δὲ | κάτω οἱ προσκόπτοντες τῇ προνοίᾳ ταῦτα λέγουσι· διὰ τί τοσοῦτοι μοιχοὶ καὶ τοσοῦτοι μαλακοί, g διὰ τί τοσοῦτοι ἄθεοι καὶ τοσοῦτοι ἀσεβεῖς; Καί εἰσιν οἱ γεννήσαντες τὴν ἀδοξίαν τῇ προ­ νοίᾳ, τὰ προσκόμματα τῷ θεῷ, τὴν βλασφημίαν τῷ κτίσαντι τὸν κόσμον a

Jes. 26,20 6,9

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Mt. 12,32

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Jer. 13,16

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Jer. 52,13

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1 Kor. 3,17

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Röm. 2,23

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1 Kor.

8  ᾧ Kl mit H (cui) ὃ S 10  ἑαυτῶν Bl mit H (sua) ἑαυτοῦ S 13  δίδομεν Bl διδόαμεν S 14  λεξιδίοις Kl λεξειδίοις S 18  εὐσεβείᾳ Kl mit H (pietate) εὐποιίᾳ S Nt 25– 26  πρόνοια2 del. Hu mit H 415 Das Charakteristische an diesem Tugendkatalog ist die Verknüpfung von antiken pa-

ganen mit biblischen jüdisch-christlichen Tugenden. Origenes verbindet die klassischen Tugenden der Besonnenheit, der Gerechtigkeit und der Tapferkeit (es fehlt die übergeordnete Tugend der Weisheit, die Hieronymus freilich als Wiedergabe von ὁσιότης bietet: sapientia) mit den biblisch-christlichen Werten der Wohltätigkeit, der Geduld (Demut), der Frömmigkeit – weshalb die Wiederholung von εὐποιία im

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Beispiel für einen Mann wenig ist, ist viel für ein Kind. So ist die Zeit des ganzen menschlichen Lebens, auch die des Hochbetagten, kurz in Bezug auf die Gesamtdauer der ganzen gegenwärtigen Weltzeit. So also ist auch das, was für Gott wenig ist, viel in Bezug auf uns, und eine ganze Weltzeit ist für Gott kurz.Wenn also gesagt wird: „Mache dich auf, mein Volk, geh in deine Kammern hinein, verschließe deine Tür, verbirg dich eine ganz ganz kurze Zeit“,a ist zu bedenken, dass von jener kurzen Zeit nicht in Bezug auf die Verfasstheit dessen geredet wird, der den Befehl erhält, sich aufzumachen und in seine Kammern hineinzugehen, sondern in Bezug auf die Verfasstheit dessen, der diesen Befehl erteilt, für den wenig ist, was für diesen viel ist. Denn wenn einige in ihre Kammern hineingehen müssen, „bis die Leidenschaft des Zornes“ Gottes „vorüber ist“, während es andere gibt, denen die Sünden nicht nur in dieser ganzen Weltzeit nicht vergeben werden, sondern auch nicht in der ganzen kommenden,b ist klar, dass sich die kurze Zeit auf das Gesagte (sc. die Weltzeit) erstreckt. 11. „Gebt“ also „dem Herrn, unserem Gott, die Ehre!“ c Wie geben wir dem Herrn, unserem Gott, die Ehre? Nicht in tönenden und armseligen Worten versuche ich, dem Herrn, unserem Gott, die Ehre zu geben, sondern wer in Taten dem Herrn, Gott, die Ehre gibt, gibt ihm die Ehre. In Besonnenheit ehre Gott, in Gerechtigkeit, in Wohltätigkeit ehre Gott! Gib Gott die Ehre in Tapferkeit und Geduld, gib Gott die Ehre in Frömmigkeit und Heiligkeit und in den übrigen Tugenden!415 Wenn sich dies aber so verhält und einer Gott so ehrt, sollt ihr nicht meinen, ich lästere Gott, wenn ich auf Gegenteiliges zu sprechen komme, denn auch dafür werde ich als Zeugen die Schrift anführen. Der besonnene Mensch ehrt Gott, der ausschweifende Mensch entehrt Gott. Denn wie Nebukadnezzar zerstört er den Tempel Gottes d und „vernichtet er den Tempel Gottes“ e und „durch die Übertretung des Gesetzes entehrt er Gott“ f – auch diese Aussage ist apostolisch. Der Sünder bringt demnach Gott Unehre. Und wenn das, was mit der Vorsehung zusammenhängt, in Frage gestellt wird, so dass einige daran zweifeln, ob es überhaupt eine Vorsehung gibt, dann aus keinem anderen Grund als aus Schlechtigkeit. Beseitige die Schlechtigkeit, und du wirst an der Vorsehung keinen Anstoß nehmen! Die Leute aber, die an der Vorsehung Anstoß nehmen, stellen alles auf den Kopf, indem sie sagen: Weshalb gibt es so viele Ehebrecher und so viele Lustknaben,g weshalb so viele Gottlose und so viele Unfromme?416 Und diejenigen, die der Vorsehung keine Ehre erweisen, an Gott AnCodex Scorialensis, an der Nautin festhält, mit Klostermann in εὐσεβεία zu ändern ist – und der Heiligkeit. Vgl. die Zusammenstellung von Keuschheit (pudicitia), Gerechtigkeit (iustitia), Klugheit (prudentia) und Frömmigkeit (pietas) in Num. hom. 20,1 (GCS Orig. 7, 187). Siehe dazu Völker,Vollkommenheitsideal 151. 416 Das Thema der Ungerechtigkeit in der Welt ist ein Dauerproblem der Religionsgeschichte, auf das Origenes oft zu sprechen kommt und das einen wesentlichen An-

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οἱ ἁμαρτάνοντες. Διδόασιν , οὐ διδόασι δὲ δόξαν τῷ θεῷ οἱ τὰ ἐναντία τῇ δόξῃ τοῦ θεοῦ ποιοῦντες διὰ τῶν ἁμαρτη­ μάτων. 12. „Δότε δόξαν κυρίῳ τῷ θεῷ ἡμῶν πρὸ τοῦ συσκοτάσαι, πρὸ τοῦ προσκόψαι τοὺς πόδας ὑμῶν ἐπ̓ ὄρη σκοτεινά.“a Ἔστι τινὰ ὄρη σκοτεινά, · πλὴν ἐπ ὄρη ἑκάτερα, μεγάλα ἑκάτερα. Φω­ τεινὰ ὄρη οἱ ἅγιοι ἄγγελοι τοῦ θεοῦ, οἱ προφῆται, Μωσῆς ὁ θεράπων, οἱ ἀπόστολοι Ἰησοῦ Χριστοῦ. Ταῦτα πάντα ὄρη ἐστὶ φωτεινά, καὶ περὶ τούτων νομίζω λελέχθαι ἐν τοῖς Ψαλμοῖς· „Οἱ θεμέλιοι αὐτοῦ ἐν τοῖς ὄρεσι τοῖς ἁγίοις.“ b Ποῖα δὲ ὄρη σκοτεινά; Οἱ τὰ ὑψώματα ἐπαίροντες κατὰ τῆς γνώσεως τοῦ θεοῦ. c Ὁ διάβολος ὄρος σκοτεινόν ἐστιν, οἱ ἄρχοντες τοῦ αἰῶνος τούτου οἱ καταργούμενοι d ὄρη εἰσὶ σκοτεινὰ καὶ τὸ || δαιμόνιον ὁ σεληνιασμὸς ὄρος ἦν, καὶ σκοτεινὸν ὄρος ἦν, περὶ οὗ ἔλεγεν ὁ σωτήρ· „Ἐρεῖτε τῷ ὄρει τούτῳ“. e Περὶ γὰρ σεληνιασμοῦ τοῦ λόγου ζητουμένου καὶ λεγόντων τῶν μαθητῶν· „Διὰ τί οὐκ ἠδυνήθημεν ἐκβαλεῖν αὐτό“, ἀπο­ κρίνεται ὁ σωτὴρ ὅτι „ἐὰν ἔχητε πίστιν ὡς κόκκον σινάπεως, ἐρεῖτε τῷ ὄρει τούτῳ“, περὶ οὗ προετείνατε, περὶ οὗ ἐζητήσατε, „ἐρεῖτε τῷ ὄρει τούτῳ· μετάβα ἔνθεν ἐκεῖ, καὶ μεταβήσεται“, f ἔνθεν ἀπὸ τοῦ ἀνθρώπου, ἐκεῖ ἐπὶ τὸν τόπον τὸν οἰκεῖον αὐτοῦ. Οἱ οὖν προσ|κόπτοντες οὐ προσκό­ πτουσιν ἐπὶ ὄρη φωτεινά, ἀλλ̓ ἐπὶ ὄρη σκοτεινά, ὅταν γένωνται μετὰ τοῦ διαβόλου καὶ τῶν ἀγγέλων αὐτοῦ, τῶν σκοτεινῶν ὀρέων. „Καὶ ἀναμενεῖτε εἰς φῶς.“ g Δύναται μέντοι συνάπτεσθαι τῷ „Δότε κυ­ ρίῳ τῷ θεῷ ἡμῶν δόξαν“ , bevor es dunkel wird, bevor sich eure Füße an dunklen Bergen stoßen“, ist klar, dass ihr, auch wenn es dunkel wird, „auf das Licht wartet“ und das Licht euch aufnehmen wird. Ein anderer aber könnte wohl sagen – ich weiß nicht, ob er dabei gesund denkt oder nicht –, dass auch die, die sich an dunklen Bergen stoßen, bei den dunklen Bergen warten, indem sie auf das Licht des Erbarmens warten. Denn das scheint der Satz zu bedeuten: „Und wartet auf das Licht!“ Wenn aber einer zu den dunklen Bergen kommt, lasst uns sehen, was „dort ist:420 der Schatten des Todes“.Wo die dunklen Berge sind, „dort ist der Schatten der Todes“, der aus den dunklen Bergen selbst entstanden ist, 13. „und sie werden in Dunkelheit versetzt werden“.a „Wenn ihr aber nicht im Verborgenen hört, wird eure Seele angesichts des Hochmuts weinen.“ bVon den Hörenden hören die einen im ­Verborgenen, während die anderen zwar hören, aber nicht im Verborgenen hören. Was bedeutet nun im Verborgenen zu hören anderes als: „Wir aber verkünden die im Geheimnis verborgene Weisheit Gottes, die Gott vor den Weltzeiten im Vor­ aus zu unserer Verherrlichung bestimmt hat“? c Und wieder anderswo wird gesagt, dass „der größere Teil der Werke Gottes im Verborgenen liegt“.dWenn ich auf das Gesetz höre, höre ich entweder im Verborgenen oder höre ich nicht im Verborgenen. Der Jude hört nicht im Verborgenen auf das Gesetz. Deshalb ist er sichtbar beschnitten, ohne zu wissen, dass nicht „der ein Jude ist, der es sichtbar ist, wie auch die Beschneidung nicht sichtbar am Fleisch vollzogen wird“.eWer aber von der Beschneidung im Verborgenen hört, wird im Verborgenen beschnitten werden.f421 Wer von den Gesetzes­bestimmungen über das Pascha im Verborgenen hört, isst von dem Lamm, Christus – „denn unser Pascha wurde geschlachtet, Christus“ g –, und da er weiß, von welcher Art das Fleisch des Wortes ist, und da er weiß, dass es „wahre Speise ist“,h422 nimmt er davon, denn im Verborgenen hat er vom Pascha gehört. Dieser Durchschnittsjude423 aber hat den Herrn Jesus deswegen getötet424 und macht sich auch heute der Ermordung Jesu schuldig,425 weil er weder das Gesetz noch die Propheten im Verborgenen gehört hat. Wenn du von den ten“ (dazu unten S. 499 Anm. 783), hier sozusagen „Durchschnittsjuden“. Die Erklärung von Nautin, SC 238, 46 Anm. 2, als „der Großteil dieser Juden“ entspricht dem Sprachgebrauch in Hier. hom. 5,4 (GCS Orig. 32, 34) und geht ebenfalls in diese Richtung. Smith, FaCh 97, 127: „this ordinary Jew“, hat den Sinn erfasst, Schadel, BGrL 10, 144: „dieser übermäßige Judäer“, führt in die Irre. 424 Zu diesem Vorwurf siehe oben S. 269 Anm. 322. 425 Nautin, SC 238, 47 Anm. 3, weist wohl richtig darauf hin, dass Origenes damit den christlichen Vorwurf gegen Juden meint, sie wären für die Christenverfolgungen verantwortlich; in Hier. hom. 14,7 (GCS Orig. 32, 112) bringt Origenes dazu die gängige Theologie, dass im Märtyrer Christus leidet. Vgl. schon Justin, dial. 17,1.3 (PTS 47, 97f.); 131,2 (47, 296); Tertullian, Scorp. 10,10 (CChr.SL 2, 1089): synagogae Iudaeorum fontes persecutionum. Siehe dazu Simon,Verus Israel 144–154.

Ὁμιλία ιβʹ

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τοῦ νόμου μήτε τῶν προφητῶν ἤκουσεν. Ἐὰν ἀναγινώσκῃς περὶ τῶν ἀζύ­ μων, ἔστιν ἀκοῦσαι κεκρυμμένως, ἔστιν ἀκοῦσαι φανερῶς τῆς ἐντολῆς. Ὅσαι ἐν ὑμῖν (ἐγγὺς γάρ ἐστι τὸ πάσχαa) ἄζυμα ἄγετε, τὰ ἄζυμα τὰ σωματικά, οὐκ ἀκούετε τῆς λε||γούσης ἐντολῆς· „Ἐὰν μὴ ἀκούσητε κεκρυμμένως, κλαύ­ σεται ἡ ψυχὴ ὑμῶν.“ b Καὶ περὶ σαββάτου γυναῖκες μὴ ἀκούσασαι τοῦ προφήτου οὐκ ἀκούουσι κεκρυμμένως, ἀλλὰ ἀκούουσι φανερῶς. Οὐ λούον­ ται τὴν ἡμέραν τοῦ σαββάτου, ἐπανέρχονται „ἐπὶ τὰ πτωχὰ καὶ ἀσθενῆ στοιχεῖα“, c ὡς Χριστοῦ μὴ ἐπιδεδημηκότος, τοῦ τελειοῦντος ἡμᾶς καὶ δια­ βιβάζοντος ἀπὸ τῶν νομικῶν στοιχείων ἐπὶ τὴν εὐαγγελικὴν τελειότητα. Διὰ τοῦτο προσέχωμεν ἀναγινώσκοντες τὸν νόμον καὶ τοὺς προφήτας, μήποτε ὑποπέσωμεν τῇ λεγούσῃ προφητείᾳ· „Ἐὰν δὲ μὴ ἀκούσητε κεκρυμ­ μένως, κλαύσεται ἡ ψυχὴ ὑμῶν ἀπὸ προσώπου ὕβρεως.“ d Ὅσαι τὴν νη­ στείαν τὴν Ἰουδαϊκὴν ὡς μὴ νοοῦσαι τὴν τοῦ ἱλασμοῦ ἡμέραν τηρεῖτε τὴν μετὰ τὴν Ἰησοῦ Χριστοῦ ἐπιδημίαν, οὐκ ἠκούσατε τοῦ ἱλασμοῦ κεκρυμ­ μένως, ἀλλὰ φανερῶς μόνον· τὸ γὰρ κεκρυμμένως ἀκοῦσαι τοῦ ἱλασμοῦ ἀκοῦσαι, πῶς προέθετο ὁ θεὸς ἱλασμὸν περὶ τῶν ἁμαρτιῶν ἡμῶν Ἰησοῦν e καὶ ὅτι „αὐτὸς ἱλασμός ἐστι περὶ τῶν ἁμαρτιῶν ἡμῶν, οὐ περὶ τῶν ἡμετέρων δὲ μόνον, ἀλλὰ καὶ περὶ ὅλου τοῦ κόσμου“. f Κἂν παραβολαὶ εὐαγγελικαὶ ἀναγινώσκωνται καὶ ὁ ἀκροατὴς ᾖ τῶν ἔξω, οὐ κεκρυμμένως αὐτῶν ἀκούσεται. Ἐὰν δὲ ὁ ἀκροατὴς ἀπόστολος ᾖ ἢ τῶν εἰσερχομένων εἰς τὴν οἰκίαν Ἰησοῦ, προσέρχεται τῷ Ἰησοῦ, πυνθάνεται καὶ περὶ τῆς ἀσαφείας τῆς παραβολῆς, g καὶ ἑρμηνεύει αὐτὴν Ἰησοῦς καὶ γίνεται ἐκεῖνος ὁ ἀκροατὴς τοῦ εὐαγγελίου ἀκούων || αὐτοῦ κεκρυμμένως, ἵνα μὴ κλαύσῃ ἡ ψυχὴ αὐτοῦ· τῶν γὰρ μὴ ἀκουόντων κεκρυμμένως κλαίει ἡ ψυχή. Τί θαυμασίως οὐκ εἶπεν· κλαύσεσθε, ἐὰν μὴ ἀκούσητε κεκρυμμένως, ἀλλά· Ἡ ψυχὴ ὑμῶν κλαύσεται; Ἔστι τις κλαυθμὸς μόνης ψυχῆς κλαιούσης, a

Joh. 2,13

b

Jer. 13,17

c

Gal. 4,9

d

Jer. 13,17

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Röm. 3,25

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1 Joh. 2,2

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Mt. 13,36

2  ὅσαι Nt ὅσοι S Kl 3  ἄγετε Hu ἄγεται S 12  ὅσαι Nt ὅσοι S Kl 13  νοοῦσαι S Nt νοοῦντες Kl 16  ἔστιν Co H (est) 19  ᾖ τῶν Kl mit H (est auditor extraneus) αὐτῶν S 20  ᾖ Kl ἦν S 426 Weil Origenes im Kontext speziell die christlichen Frauen anredet, ändert Nautin,

GCS Orig. 32, 360; SC 238, 46, zu Recht ὅσοι in ὅσαι. Auch in Ps. 73 hom. 2,3 (GCS Orig. 13, 242) und in Ps. 77 hom. 1,4 (13, 358f.) kritisiert Origenes christliche Frauen dafür, sich – in welcher Form auch immer – am jüdischen Paschafest zu beteiligen. Siehe dazu Fürst, Judentum 281–283. 427 Zur Bedeutung dieser Aussage für die Datierung der Jeremiahomilien siehe oben S. 9. 428 Die Aussage, sich am Tag des Sabbat nicht zu waschen, scheint auf ein pagan-christliches Missverständnis des Sabbat als Fasttag zu deuten. Vgl. auch cat. Pal. in Ps. 118,38 (SC 189, 256). Siehe dazu Hanson, Allegory and Event 152; Fürst, Judentum 280f. 429 Klostermann, GCS Orig. 3, 100, streicht mit Cordier τὴν nach τηρεῖτε; dann würde sich die Wendung „nach der Ankunft Jesu Christi“ auf die Einhaltung des Fastens beziehen. Es ist aber besser, es mit Nautin, GCS Orig. 32, 360; SC 238, 48, im über-

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ungesäuerten Broten liest, kann man im Verborgenen hören oder kann man sichtbar auf das Gebot hören. Alle426 unter euch – denn das Paschafest ist nahea427 –, die das Fest der ungesäuerten Brote feiern, der ungesäuerten materiellen Brote, ihr hört nicht auf das Gebot, das besagt: „Wenn ihr nicht im Verborgenen hört, wird eure Seele weinen.“ b Und was den Sabbat angeht, da gibt es Frauen, die, weil sie nicht auf den Propheten hören, nicht im Verborgenen hören, sondern sichtbar hören: Sie waschen sich nicht am Tag des Sabbat,428 sie kehren „zu den armseligen und schwachen Elementen“ zurück,c als ob Christus noch nicht gekommen wäre, der uns vervollkommnet und von den Elementen des Gesetzes zur Vollkommenheit des Evangeliums hinüberführt. Lasst uns deshalb Acht geben, wenn wir das Gesetz und die Propheten lesen, dass wir nicht unter die prophetische Aussage fallen: „Wenn ihr nicht im Verborgenen hört, wird eure Seele angesichts des Hochmuts weinen.“ d Ihr alle, die ihr das jüdische Fasten einhaltet, ohne etwas vom Tag der Sühne nach der Ankunft Jesu Christi429 zu verstehen,430 habt von der Sühne nicht im Verborgenen gehört, sondern nur sichtbar. Denn im Verborgenen von der Sühne zu hören zu hören, wie Gott Jesus als Sühne für unsere Sünden hingestellt hat,e und dass „er selbst die Sühne ist für unsere Sünden, aber nicht nur für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“.f Und wenn die Gleichnisse in den Evangelien vorgelesen werden und der Hörer zu denen draußen gehört, wird er sie nicht im Verborgenen hören. Wenn der Hörer aber ein Apostel ist oder einer von denen, die in das Haus Jesu hineinkommen, tritt er an Jesus heran, fragt sogar nach der Unklarheit des Gleichnisses,g und Jesus erklärt es, und jener Hörer des Evangeliums wird zu einem Hörer im Verborgenen, damit seine Seele nicht weint.431 Denn die Seele derer, die nicht im Verborgenen hören, weint. Warum hat er – und das ist erstaunlich – nicht gesagt: Ihr werdet weinen, wenn ihr nicht im Verborgenen hört, sondern: Eure Seele wird weinen? Es gibt ein Weinen, bei dem nur die Seele weint, und vielleicht belehrt uns der

lieferten Text zu belassen, denn so bezieht es sich auf den „Tag der Sühne“ – Yom Kippur, der „Versöhnungstag“ –, der „nach der Ankunft Jesu Christi“ eine neue Bedeutung bekommen hat, die von denen nicht verstanden wird, die ihn auf jüdische Weise begehen. 430 Die weibliche Form νοοῦσαι an dieser Stelle im Codex Scorialensis hat Nautin, GCS Orig. 32, 360; SC 238, 46, dazu veranlasst, ὅσοι in Z. 12 und oben in Z. 2 in ὅσαι zu ändern. Klostermann, GCS Orig. 3, 100 app. crit., hat das schon vermutet, aber nicht in den Text gesetzt. 431 Zur Gleichnistheorie des Origenes, die hinter diesem Gedankengang steht, vgl. princ. III 1,17 (GCS Orig. 5, 226). Siehe dazu Fürst, Heilsame Täuschung 277f. – Zur „Unklarheit“ der biblischen Texte als Anstoß für die Exegese siehe oben S. 158 Anm. 113.

Ὁμιλία ιβʹ

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καὶ τάχα ἐκεῖνον τὸν κλαυθμὸν διδάσκει ἡμᾶς ὁ | σωτὴρ λέγων· „Ἐκεῖ ἔσται ὁ κλαυθμός.“a Κἂν λέγῃ· „Οὐαὶ οἱ γελῶντες νῦν, ὅτι πενθήσετε καὶ κλαύ­ σετε“, b περὶ ἐκείνου τοῦ κλαυθμοῦ λέγει, οὗ ἀπειλεῖ καὶ ἐνταῦθα ὁ προ­ φήτης λέγων· „Ἐὰν δὲ μὴ ἀκούσητε κεκρυμμένως, κλαύσεται ἡ ψυχὴ ὑμῶν ἀπὸ προσώπου ὕβρεως.“ Ὅταν γὰρ ὑβρίζησθε, τότε κλαύσεσθε „καὶ κατ­ άξουσιν οἱ ὀφθαλμοὶ ὑμῶν δάκρυα, ὅτι συνετρίβη τὸ ποίμνιον κυρίου“. c Ἐὰν ἴδῃ νῦν τις τὰ Ἰουδαϊκὰ καὶ συγκρίνῃ αὐτὰ τοῖς ἀρχαίοις, ὄψεται τίνα τρόπον „συνετρίβη τὸ ποίμνιον κυρίου“. ῏Ην γὰρ τοῦτό ποτε ποίμνιον κυρίου, καὶ ἐπεὶ ἀναξίους ἔκριναν ἑαυτούς, ἐστράφη ὁ λόγος εἰς τὰ ἔθνη. d Εἰ οὖν ἐκεῖνο τὸ ποίμνιον συνετρίβη τοῦ κυρίου, ἡμεῖς ἡ ἀγριέλαιος, ἡ παρὰ φύσιν ἑαυτῆς ἐγκεντριζομένη εἰς τὴν καλλιέλαιον τῶν πατέρων, e οὐ πλέον ὀφείλομεν φοβεῖσθαι, μήποτε συντριβῇ καὶ τοῦτο τὸ ποίμνιον τοῦ κυρίου; Μέλλει γὰρ συντρίβεσθαί ποτε κατὰ τὸ εἰρημένον ὑπὸ τοῦ σωτῆρος, ὅταν „διὰ τὸ πληθυνθῆναι τὴν ἀνομίαν ψυγήσεται ἡ ἀγάπη τῶν πολλῶν“. f Περὶ τίνων γὰρ ὁ λόγος; Οὐ περὶ Χριστιανῶν λεγομένων τὸ „Ψυγήσεται ἡ ἀγάπη τῶν πολλῶν“ εἴρηται; Περὶ τίνων ὁ λόγος, ὅτι „πλὴν ἐλθὼν ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἆρα εὑρήσει τὴν πίστιν ἐπὶ τῆς γῆς;“ g Οὐ περὶ ἡμῶν ἐστι; Διὰ τοῦτο || προσέχωμεν ἑαυτοῖς πάντα πράττοντες, ἵνα ὁσημέραι τοῦτο τὸ ποίμνιον τοῦ θεοῦ βελτιῶται, ὑγιάζηται, θεραπεύηται, καὶ πᾶσα συντρι­ βὴ ἀποστῇ ἀπὸ τῶν ψυχῶν ἡμῶν, ἵνα ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ τελειωθῶμεν, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ h a

Mt. 8,12 b Lk. 6,25 18,8 h1 Petr. 4,11

c

Jer. 13,17

11  καλλιέλαιον Lo καλιέλαιον S ιβʹ S

d

Apg. 13,46

e

Röm. 11,17.24

19  βελτιῶται Hu βελτιοῦται S

f

Mt. 24,12

g

Lk.

21  Ἀμήν add. ὁμιλία

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Erlöser über dieses Weinen, wenn er sagt: „Dort wird es Weinen geben.“a Auch wenn er sagt: „Wehe denen, die jetzt lachen, denn ihr werdet klagen und weinen“,b spricht er über jenes Weinen, das der Prophet auch hier androht, indem er sagt: „Wenn ihr nicht im Verborgenen hört, wird eure Seele angesichts des Hochmuts weinen.“ Denn wenn ihr hochmütig werdet, dann werdet ihr weinen, „und eure Augen werden Tränen vergießen, weil die Herde des Herrn zerschlagen wurde“.cWenn einer die Lage der Juden jetzt sieht und sie mit der damaligen vergleicht, wird er sehen, auf welche Weise „die Herde des Herrn zerschlagen wurde“. Denn sie waren einmal die Herde des Herrn, doch weil sie sich selbst als unwürdig beurteilten, wandte sich das Wort an die Heidenvölker.d Wenn nun jene Herde des Herrn zerschlagen wurde, müssen dann nicht wir, der wilde Ölbaum, der wider seine Natur auf den edlen Ölbaum der Väter aufgepfropft wird,e noch viel mehr fürchten, dass vielleicht auch diese Herde des Herrn zerschlagen wird? Gemäß dem, was vom Erlöser gesagt wurde, wird sie nämlich einmal zerschlagen werden, wenn „die Liebe der Vielen erkalten wird, weil die Gesetzlosigkeit überhand genommen hat“.f Denn auf wen bezieht sich die Aussage? Wird nicht über sogenannte Christen gesagt, dass „die Liebe der Vielen erkalten wird“? Auf wen bezieht sich die Aussage: „Wenn aber der Menschensohn kommt, wird er Glauben finden auf der Erde?“ g Bezieht sich das nicht auf uns? Deshalb lasst uns auf uns selbst Acht geben in allen unseren Taten,432 damit diese Herde Gottes von Tag zu Tag besser wird, gesund und geheilt wird und jede Zerschlagung unseren Seelen fernbleibt, damit wir in Christus Jesus vollendet werden! „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ h

432 Wie zu Beginn der Predigt in Hier. hom. 12,2 (GCS Orig. 32, 88) schärft Origenes

auch hier am Ende noch einmal die praktische Pflicht zur Selbstsorge ein. Siehe dazu oben S. 201 Anm. 192. Zum moralischen Fortschritt, den Origenes hier einfordert, siehe Torjesen, Hermeneutical Procedure 133f.

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1. Τὰ λεγόμενα πρὸς τὴν Ἱερουσαλὴμ μετὰ πολλῆς ἀπειλῆς νοῆσαι θέλομεν οὕτως ἔχοντα· „Τίς φείσεται ἐπὶ σοί, Ἱερουσαλήμ; Ἢ τίς σκυθρω­ πάσει ἐπὶ σοί; Ἢ τίς ἀνακάμψει ἐρωτῆσαι εἰς εἰρήνην σου; Σὺ | ἀπεστρά­ φης με, λέγει κύριος. Ὀπίσω πορεύσῃ, καὶ ἐκτενῶ τὴν χεῖρά μου ἐπὶ σὲ καὶ διαφθερῶ σε, καὶ οὐκέτι ἀνήσω σε. Καὶ διασπερῶ αὐτοὺς ἐν διασπορᾷ.“ Εἶτα „ἠτεκνώθην“. b Ἀπορία κατέσχε με. Παράδειγμα λαμβάνω πολέμιόν τινα ἀποδειχθέντα τοῦ βασιλεύοντος ἐπὶ γῆς, ὅτι τῷ τοιούτῳ οὐδὲ μετα­ διδόναι ἐλέου ἔξεστιν, ἵνα μὴ δοκῇ τις προσκρούειν τῷ καταδικάσαντι βασιλεῖ. Καὶ [οὐκ ἔξεστι τὸν τοιοῦτον οὐδὲ ἐλεῆσαι] προσεπιτείνουσί τινες οὐδὲ σκυθρωπάζοντες ἐπ̓ αὐτῷ, ἵνα μὴ ἐπὶ τῷ σκυθρωπάζειν δοκῶσι δυσ­ αρεστεῖσθαι τῷ κριθέντι ὑπὸ τοῦ βασιλέως. Εἰ νενόηκας τοῦτο, ἴδε μοι τὸν καταδικασθέντα ὑπὸ τοῦ θεοῦ διὰ τὰς πολλὰς ἑαυτοῦ ἁμαρτίας, καὶ ὅρα τὸν τοιοῦτον, βλεπόντων ἀγγέλων τῶν τεταγμένων ἐπὶ τὸ βοηθεῖν || τῇ τῶν ἀνθρώπων φύσει, ὑπὸ μηδενὸς ἐλεούμενον. Ἕκαστος γὰρ τῶν ἀγγέλων ἰδὼν τὸν καταδικάσαντα ὅτι θεός ἐστι, τὸν ἀποστραφέντα ὅτι δημιουργός ἐστι, τὴν φύσιν τῶν ἁμαρτιῶν ὅτι τοιαύτη ὥστε τὸν ἀγα­ a

Jer. 15,5–7

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Jer. 15,5–7

1–2  εἰς – ἠτεκνώθην Kl mit H (freier Raum in S) 9  εἶτα Kl εἶπα S H (dixi) 12  οὐκ – ἐλεῆσαι del. Kl καὶ οὐκ ἔξεστι τὸν τοιοῦτον οὐδὲ ἐλεῆσαι, προσεπιτείνουσί Nt 12  προσεπιτείνουσί Kl προσεπιτείνοντες S 16  βλεπόντων τῶν Nt λεγιώνων ὄντων Die Kl mit H (innumerabilibus) βλεπόντων S

433 Origenes gesteht öfter, dass erbarmungslose Unheilsdrohungen in der Bibel ohne

Aussicht auf Heil theologisch Aporien sind, die besonders im Blick auf die gnostische Verwerfung des Alten Testaments eben wegen solcher Stellen nur schwer zu erklären sind. Zur vergleichbaren Unheilsdrohung in Jes. 6,9f. räumt er die Schwierigkeit einer Erklärung unumwunden ein, princ. III 1,16 (GCS Orig. 5, 223f.): Weil in dieser prophetischen Drohbotschaft Bekehrung und Vergebung ausgeschlossen werden, wird es schwierig, die Stelle gegen den gnostischen Determinismus zu verteidigen; siehe dazu ausführlich Fürst/Hengstermann, OWD 10, 67–74. Es gehört zur intellektuellen Redlichkeit des Origenes, solche Grenzen und Probleme exegetischer Erkenntnis nicht zu verschweigen, sondern offen anzusprechen.

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1. Wir wollen die zu Jerusalem mit reichlichen Drohungen gesagten Worte verstehen, die so lauten: „Wer wird dir Schonung gewähren, J­erusalem? Oder wer wird ein trauriges Gesicht über dich machen? Oder wer wird umkehren, um Frieden für dich zu erbitten? Du hast dich von mir abgewandt, spricht der Herr. Du wirst zurückweichen, und ich werde meine Hand über dich ausstrecken und dich vernichten und dich nicht mehr entkommen lassen. Und ich werde sie in der Zerstreuung zerstreuen“; dann heißt es noch: „Ich wurde der Kinder beraubt.“ b Ratlosigkeit hat sich meiner bemächtigt.433 Als Beispiel nehme ich einen ausgemachten Feind eines Königs auf Erden: Einem solchen Mann Erbarmen zu schenken ist auch nicht erlaubt, um nicht den Anschein zu erwecken, sich gegen den König zu stellen, der ihn verurteilt hat. Und einige werden sich zudem anstrengen,434 auch kein trauriges Gesicht über ihn zu machen, um nicht aufgrund des traurigen Gesichts den Anschein zu erwecken, mit dem Urteil des Königs unzufrieden zu sein.Wenn du dies verstanden hast, betrachte mir den, der von Gott wegen seiner vielen Sünden verurteilt worden ist, und sieh, wie ein solcher, obwohl Engel, die als Hilfe für die Natur der Menschen bestimmt sind, ihn sehen,435 bei keinem von ihnen Erbarmen findet. Denn keiner der Engel, der sieht, dass der, der verurteilt hat, Gott ist, dass der, der sich abgewandt hat, ein Demiurg

434 Der überlieferte Text ist hier offenbar nicht in Ordnung. Nautin, GCS Orig. 32,

360; SC 238, 52, schlägt vor, nach καί ein ἐπεί einzufügen und die Phrase als erneutes Aufgreifen des im vorigen Satz Gesagten zu verstehen, wie das bei Origenes öfter vorkommt (so die Begründung in SC 232, 82). Schadel, BGrL 10, 146, und Smith, FaCh 97, 130, folgen dieser Konjektur. Der Text erhält damit einen plausiblen Sinn, doch bleibt οὐδέ vor ἐλεῆσαι dabei unerklärt, weshalb Klostermanns Athetese wohl doch vorzuziehen ist. 435 Mit Nautin, GCS Orig. 32, 360; SC 238, 52, ist die Lesart des Codex ­Scorialensis beizubehalten und τῶν zu ergänzen, dessen Wegfall durch Haplographie leicht zu ­erklären ist (so SC 232, 82). Klostermann, GCS Orig. 3, 102, folgte Diels, der mit Hieronymus (innumerabilibus angelis) das überlieferte βλεπόντων in λεγι ὄντων änderte.

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θὸν θεὸν ἀναγκασθῆναι, ἵν̓ οὕτως εἴπω, τὴν ψῆφον ἀγαγεῖν κατὰ τοῦ ἡμαρτηκότος, ἕκαστος τῶν ὁρώντων οὐ φείδεται, οὐ σκυθρωπάζει, οὐκ ἐλεεῖ, οὐκ ἐπανέρχεται ὥστε παρακαλέσαι περὶ τῆς πρὸς τὸν τοιοῦτον εἰρήνης. Ἡ Ἱερουσαλὴμ τοίνυν αὕτη (οὕτω γὰρ λελέξεται διὰ τὸ γράμμα) ἡμαρ­ τηκέτω μου εἰς τὸν Ἰησοῦν, καὶ τοιαῦτα πεποιηκέτω, ἵνα εἴπῃ περὶ αὐτῆς ὁ Ἰησοῦς· „Ἱερουσαλὴμ Ἱερουσαλήμ, ἡ ἀποκτείνουσα τοὺς προφήτας καὶ λιθοβολοῦσα τοὺς ἀπεσταλμένους πρὸς αὐτήν, ποσάκις ἠθέλησα ἐπισυν­ άξαι τὰ τέκνα σου ὃν τρόπον ὄρνις ἐπισυνάγει τὰ νοσσία ὑπὸ τὰς πτέρυ­ γας, καὶ οὐκ ἠθελήσατε. Ἰδοὺ ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν.“a Καταλειπέσθω αὕτη ἡ Ἱερουσαλὴμ ὡς καταλέλειπται. Οἱ ἄγγελοι οἱ ἀεὶ βοηθοῦντες τῇ Ἱερουσαλήμ, δι᾽ ὧν διετάγη καὶ ὁ Μωσέως νόμος „διαταγεὶς δἰ ἀγγέλων ἐν χειρὶ μεσίτου“, b καταλειπέτωσαν τὴν Ἱερουσαλὴμ καὶ λεγέτωσαν· τὰ ἁμαρ­ τήματα αὐτῆς μεγάλα γέγονε, τὸν Ἰησοῦν ἀπέκτειναν, ἐπὶ τὸν Χριστὸν τὰς χεῖρας | ἐπιβεβλήκασιν. Ὅσον ἔτι μικρότερα ἦν τὰ ἁμαρτήματα, ἐδυνάμεθα ἔτι περὶ αὐτῶν ἀξιοῦν καὶ παρακαλεῖν, ἐδυνάμεθα φείδεσθαι τῆς Ἱερου­ σαλήμ· τίς ἐπὶ τούτῳ φείσεται; „Ἐὰν ἁμαρτάνων ἁμάρτῃ ἀνὴρ εἰς ἄνδρα, καὶ προσεύξονται περὶ αὐτοῦ· ἐὰν δὲ εἰς κύριον ἁμάρτῃ, τίς προσεύξεται περὶ αὐτοῦ;“ c „Ἁμαρτίαν ἥμαρτεν Ἱερουσαλήμ, διὰ τοῦτο εἰς σάλον ἐγένε­ a

Mt. 23,37f.; Lk. 13,34f.

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Gal. 3,19

c

1 Sam. 2,25

1  εἴπω, τὴν Kl mit H (quodammodo) εἰ τοιαύτην S 8  ποσάκις C NT ὁσάκις S 10  καταλειπέσθω Kl καταλιπέσθω S 13  καταλειπέτωσαν Kl καταλιπέτωσαν S 14  Ἰησοῦν Hu H (Iesum) ἰηλ S

436 Während Origenes sonst den guten Schöpfergott als δημιουργός bezeichnet – vgl.

in Hier. hom. 10,5 (GCS Orig. 32, 75); 12,5 (32, 91); 18,4 (32, 154) –, hat der Begriff hier offensichtlich einen negativen Sinn: Er bezeichnet den Sünder, der sich von Gott abgewandt hat, als ‚Demiurg‘, als Schöpfer von Schlechtem. Schadel, BGrL 10, 297 Anm. 132, erklärt diesen Sprachgebrauch mit der platonischen Vorstellung (vgl. Platon, Tim. 28 a 5 – b 2), gemäß der der Demiurg die Vorbilder für die von ihm geschaffenen Dinge nicht nur aus der Ideenwelt, sondern auch aus dem Gewordenen nimmt, also aus dem ontologisch Schlechteren, worin seine Abkehr vom jenseitigen Gott bestehe. 437 Origenes muss diese Floskel hier einfügen, weil in seiner Freiheitsmetaphysik Gott, den er als „ungeschaffene Freiheit“ (libertas ingenita) bestimmt: in Lev. hom. 16,6 (GCS Orig. 6, 502), keinem äußeren Zwang unterliegen kann. In der ganzen Passage geht es Origenes ja um Abgrenzung vom gnostischen Determinations- und Prädestinationsdenken. Wohl aber hält sich Gott seinerseits an die Regeln der Freiheit, nach denen der Mensch agieren soll, und ist deshalb gleichsam gezwungen, seine Reaktion am Handeln der Menschen auszurichten: Jeder Sünder muss für jede seiner Sünden bestraft werden, wie Origenes nachdrücklich in der letzten der auf Griechisch erhaltenen Jeremiahomilien einschärft: in Hier. hom. 20(19),3 (GCS Orig. 32, 180f.); vgl. auch ebd. 12,5f. (32, 91–93). Weil die ansonsten als „Schutzengel“ fungierenden Engel

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ist436 und dass die Natur der Sünden so beschaffen ist, dass der gute Gott gezwungen ist, um mich so auszudrücken,437 gegen den Sünder zu stimmen – keiner von denen, die das sehen, schont einen solchen Menschen, keiner macht ein trauriges Gesicht, keiner erbarmt sich, keiner kehrt um, um Frieden für einen solchen zu erbitten. Soll438 sich dieses Jerusalem also – denn so heißt es buchstäblich – gegen meinen Jesus439 versündigt haben! Soll es derartige Dinge getan haben, dass Jesus von ihm sagte: „Jerusalem, Jerusalem, Stadt, die die Propheten tötet und die zu ihr440 Gesandten steinigt! Wie oft wollte ich deine Kinder um mich scharen, wie eine Henne ihre Küken unter die Flügel schart, und ihr wolltet nicht! Siehe, verlassen wird euer Haus.“a Soll dieses Jerusalem verlassen werden, wie es ja auch verlassen worden ist! Die Engel, die immer Jerusalem helfen,441 durch die auch Mose das Gesetz erlassen hat – „erlassen durch Engel in der Hand eines Mittlers“ b –, sollen Jerusalem verlassen und gesagt haben: Seine Sünden sind groß geworden: Sie haben Jesus getötet, sie haben Hand an Christus gelegt.442 Solange die Sünden noch kleiner waren, konnten wir noch für sie flehen und bitten, konnten wir Jerusalem Schonung gewähren.Wer aber wird dafür Schonung gewähren? „Wenn ein Mann, der sündigt, gegen einen anderen Mann sündigt, werden sie auch für ihn beten; wenn er aber gegen Gott sündigt, wer wird für ihn beten?“ c „Schwer gesündigt hat diesen Zusammenhang erkennen („sehen“), greifen sie nicht zugunsten des Sünders ein. 438 Die folgenden Imperative (im Aorist) sind wohl im Sinne eines Zugeständnisses des Origenes aufzufassen, dass der zu erklärende Jeremiatext sich im buchstäblichen Sinn auf das irdische Jerusalem bezieht. Was ihn freilich eigentlich interessiert, ist der übertragene Sinn, auf den er im folgenden Abschnitt zu sprechen kommt. 439 Die Bezeichnung „mein Jesus“ (μου ὁ ᾽Ιησοῦς) ist insofern eine Ausnahme, als Origenes sonst „mein Herr Jesus“, also mit Titel, sagt (siehe die von Hausherr, Noms du Christ 45f., zusammengestellten Belege). In den Jeremiahomilien begegnet sie häufiger: nochmals am Ende von in Hier. hom. 13,1 (GCS Orig. 32, 103), ebenfalls zweimal ebd. 18,5 (32, 156), ferner ebd. 20(19),5 (32, 185) und lateinisch meus Iesus ebd. lat. 2(2),8 (GCS Orig. 8, 297). Das in der christlichen Tradition Neue und für die gleichsam erstpersönliche jesuanische Spiritualität des Origenes Charakteristische ist in beiden Fällen der Singular des Possessivums „mein“, während die frühen Christen (auch Origenes an vielen Stellen) von „unserem Herrn Jesus (Christus)“ redeten. Siehe Hausherr, ebd. 43–52. 440 Hieronymus übersetzt hier mit der der Satzlogik entsprechenden Anrede „zu dir“ (te). Origenes zitiert den Text aber nicht nur hier, sondern auch in Hier. hom. 7,1 (GCS Orig. 32, 52) und 14,6 (32, 111) mit dem unlogischen πρὸς αὐτήν, das laut p. 67 Nestle/Aland27 auch im Bibeltext steht. 441 Die Vergangenheitsform βοηθήσαντες im Katenenfragment, die auch Hieronymus übersetzt (qui … auxiliabantur), würde dem Tempusgefüge und der Logik der Aussage eigentlich besser entsprechen als das im Codex Scorialensis überlieferte βοηθοῦντες. 442 Zu diesem Standardvorwurf siehe oben S. 269 Anm. 322.

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το“·a καὶ λέγεται || πρὸς αὐτὴν ταύτην πρῶτον· „Τίς φείσεται ἐπὶ σοί, Ἱερουσαλήμ; Καὶ τίς σκυθρωπάσει ἐπὶ σοί;“ b Ἡμεῖς οὐ σκυθρωπάζομεν ἐπὶ τῇ Ἱερουσαλὴμ καὶ ταῖς συμφοραῖς αὐτῆς καὶ τοῖς γενομένοις παντὶ τῷ λαῷ ἐκείνῳ· „τῷ“ γὰρ ἐκείνων „παραπτώματι ἡ σωτηρία“ ἡμῶν γέγονεν „εἰς τὸ παραζηλῶσαι αὐτούς“. c Καὶ τὸ παράπτωμα αὐτῶν τηλικαύτη γέγονεν ἁμαρτία „Τίς οὖν φείσεται ἐπὶ σοί, Ἱερουσαλήμ“, λέγω πρὸς τὴν ἀποκτείνασάν μου τὸν Ἰησοῦν καὶ ἐγώ· „Τίς φείσεται ἐπὶ σοί, Ἱερουσαλήμ; Καὶ τίς σκυθρωπάσει ἐπὶ σοί;“ d 2. Μεταβαίνω ἀπὸ τοῦ γράμματος καὶ τότε ὁδὸν ἐσχηκότος, ἣν ἔδωκεν ὁ λόγος, ἐπὶ ἑκάστην ψυχὴν ἤδη ἀξιωθεῖσαν τοῦ ὁρᾶν τὴν εἰρήνην· μετὰ γὰρ τὰ μαθήματα τὰ θεῖα γέγονας Ἱερουσαλήμ, τὸ πρότερον οὖσα Ἰεβούς. , δεύτερον δὲ μετέβαλε τὸ ὄνομα καὶ γέγονεν Ἱερουσαλήμ. e Ἰεβούς φασιν Ἑβραίων παῖδες ὅτι ἑρμηνεύεται Πεπατημένη. Ἰεβοὺς οὖν, ἡ Πεπατημένη ὑπὸ δ­υνάμεων ἀντικειμένων ψυχή, μεταβέβληται καὶ γέγονεν Ἱερουσαλήμ, Ὅρασις εἰρήνης. Εἰ οὖν, ὅτε μεταβέβληκας ἀπὸ Ἰεβοὺς εἰς τὸ γενέσθαι Ἱερουσαλήμ, ἥμαρτες καὶ „τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ καταπεπάτηκας καὶ τὸ αἷμα τῆς καινῆς διαθήκης κοινὸν (ὡς ἐκείνη καὶ σύ) ἡγήσω“ f καὶ ἐν ἁμαρτήμασι γέγονας χαλεποῖς, λεχθήσεται καὶ περὶ σοῦ· „Τίς φείσεται ἐπὶ σοί, Ἱερουσαλήμ;“ „Καὶ τίς σκυθρωπάσει ἐπὶ σοί“, g ἐὰν γένῃ τοιοῦτος ὡς προδοῦναι τὸν | Ἰησοῦν; Ἕκαστος ἡμῶν ἁμαρτάνων, καὶ μάλιστα εἰ μείζονα, εἰς Ἰησοῦν ἁμαρτάνει. a

Klgl. 1,8 b Jer. 15,5 10,29 g Jer. 15,5

c

Röm. 11,11

d

Jer. 15,5

e

Jos. 18,28 (vgl. Ri. 1,21)

f

Hebr.

1  λέγεται S Kl λέγηται Nt 1  σοί Kl σὲ S 5  καὶ ἐπεὶ Kl mit H (et quia) 6  ὥστε – λεχθῆναι Kl mit H (ut uoce Domini diceretur) 7  τὴν ἀποκτείνασάν Kl mit H (interfectricem) αὐτήν, ἀποκτείνασάν Kl (GCS Orig. 3, 349) αὐτὴν. ἀπέκτεινάς S 7  ἐγώ Kl mit H (ego) λέγω S 9  καὶ τότε ὁδὸν ἐσχηκότος S Nt καίτοιγε ὁδὸν ἐσχηκώς Kl (ἐσχηκώς auch V) 11  οὖσα Hu οὖσαν S 12  ἡ ἱστορία – Ἰεβούς Kl mit H (Historia refert, quia nomen loci istius fuerit Jebus) 21  εἰ Co H (maximeque cum) εἰς S 443 Mit Nautin, GCS Orig. 32, 360f.; SC 238, 56, und Smith, FaCh 97, 132, dürfte es im

Sinne der Bevorzugung der lectio difficilior besser sein, am überlieferten Text des Codex Scorialensis festzuhalten, auch wenn seine Bedeutung sich kaum erschließt. Nautin, ebd. 57, übersetzt ὁδός mit „explication“, Smith, ebd., bleibt nahe am Wortlaut: „since even it has taken a way“. Klostermann, GCS Orig. 3, 103, löst die Schwierigkeit mittels Konjektur: καίτοιγε ὁδὸν ἐσχηκώς (übernommen von Schadel, BGrL 10, 148), die er an Hieronymus anlehnt: uiam mihi pandente ratione. Damit erhält das Kolon natürlich einen Sinn, doch bleibt störend, dass an den beiden Parallelstellen, auf die Klostermann verweist, καίτοιγε am Anfang eines Satzes steht: in Hier. hom. 7,1.3 (GCS Orig. 32, 52. 54). 444 Dieser ‚Übergang‘ entspricht der Grundbewegung der Exegese des Origenes, den Bibeltext auf jede einzelne Seele in ihrer spezifischen Situation zu beziehen. Siehe dazu grundlegend Torjesen, Hermeneutical Procedure.

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Jerusalem, deshalb ist es ins Wanken geraten.“a Und zu eben diesem Jerusalem wird zuerst gesagt: „Wer wird dir Schonung gewähren, Jerusalem? Und wer wird ein trauriges Gesicht über dich machen?“ bWir machen kein trauriges Gesicht über Jerusalem, über all sein Unglück und über das, was jenem ganzen Volk zugestoßen ist; denn „durch“ deren „Fehltritt ist das Heil“ zu uns gekommen, „um sie eifersüchtig zu machen“.c Und ihr Fehltritt zu einer so großen Sünde geworden ist, : „Wer wird dir nun Schonung gewähren, Jerusalem“, sage auch ich zu dem Jerusalem, das meinen Jesus getötet hat: „Wer wird dir Schonung gewähren, Jerusalem? Und wer wird ein trauriges Gesicht über dich machen?“ d 2. Vom Buchstaben, der da auch einen Weg fand, den das Wort eingab,443 gehe ich über zu jeder einzelnen Seele,444 die bereits für würdig befunden ist, den Frieden zu schauen; denn nach den göttlichen Unterweisungen bist du Jerusalem geworden, das früher Jebus war. , danach aber den Namen änderte und Jerusalem wurde.e445 Jebus, sagen die Schüler der Hebräer,446 heißt übersetzt die Getretene.447 Jebus also, die von feindlichen Mächten getretene Seele, hat sich gewandelt und ist Jerusalem geworden, Schau des Friedens.448 Wenn du also, nachdem du dich gewandelt hattest, um aus Jebus Jerusalem zu werden, gesündigt und „den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des neuen Bundes“ – wie jene, so auch du – „verachtet hast“ f und in schwere Sünden gefallen bist, wird auch über dich gesagt werden: „Wer wird dir Schonung gewähren, Jerusalem?“ „Und wer wird ein trauriges Gesicht über dich ­machen“,g wenn du ein solcher Mensch geworden bist, dass du Jesus verrätst? Jeder von uns, der sündigt, und besonders wenn er schwerere Sün­ 445 Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 147: Ἰεβοὺς Ἱερουσαλήμ; ebd. II, 723: Ἰεβοὺς γὰρ

πρότερον ἐλέγετο ἡ Ἱερουσαλήμ.

446 „Schüler der Hebräer“ zielt in diesem Kontext, wo es um die Etymologie von hebrä­

ischen Eigennamen und damit um deren Übersetzung geht, vermutlich auf Leute, die Hebräisch gelernt haben (seien es Juden, Judenchristen oder Christen) und daher in der Lage sind, hebräische Namen zu übersetzen: in Gen. hom. 12,4 (GCS Orig. 6, 110): qui Hebraea nomina interpretantur; in Ex. hom. 5,2 (GCS Orig. 6, 185): apud Hebraeos tradunt interpretes nominum. An wen Origenes konkret denkt, ist nicht aufzuhellen. Nautin, SC 238, 57 Anm. 2, denkt an den anonymen Autor der „Übersetzung hebräischer Eigennamen“. Siehe auch die Überlegungen bei Schadel, BGrL 10, 297 Anm. 134. 447 Vgl. in Ios. hom. 21,2 (GCS Orig. 7, 430): Iebusaeus conculcatio; Hieronymus, int. hebr. nom. p. 7 Lagarde (CChr.SL 72, 67): Iebusaeum calcatum siue praesepe eorum; p. 13 (72, 75): Iebusi calcatus siue praesepe meum. Siehe auch Wutz, Onomastica sacra I, 147: Ἰεβουσαῖος πεπλανημένος (was freilich etwas anderes ist als πεπατημένος) ἢ καταισχυνόμενος. 448 Vgl. in Hier. hom. 9,2 (GCS Orig. 32, 65) und dazu oben S. 255 Anm. 296.

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Ἐὰν δὲ καὶ ἀποστάτης ᾖ, ἔτι μάλιστα ταῦτὰ ποιεῖ τῷ Ἰησοῦ πνευματικῶς ἃ ἐποί||ησεν αὐτῷ Ἱερουσαλὴμ σωματικῶς. Διὸ „πόσῳ δοκεῖτε χείρονος ἀξιωθήσεται τιμωρίας ὁ τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ καταπατήσας καὶ τὸ αἷμα τῆς διαθήκης κοινὸν ἡγησάμενος, ἐν ᾧ ἡγιάσθη, καὶ τὸ πνεῦμα τῆς χάριτος ἐνυβρίσας;“a Εἰ κατεπάτησας τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ καὶ τὸ πνεῦμα τῆς χάριτος ἐνύβρισας, „τίς φείσεται ἐπὶ σοί; Τίς σκυθρωπάσει ἐπὶ σοί; Τίς ἀνακάμψει ἐρωτῆσαι τὰ εἰς εἰρήνην σου;“ b Αὐτὸν τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν ἐρωτήσαντά σοι τὰ εἰς εἰρήνην c προέδωκεν ἡ τοῦ ἁμαρτωλοῦ ψυχή· τίς δύναται παρα­ καλέσαι ἀνακάμψας πάλιν περὶ τῆς εἰρήνης; Γινώσκοντες οὖν ὅτι „ἀδύνα­ τον τοὺς ἅπαξ φωτισθέντας γευσαμένους τε τῆς δωρεᾶς τῆς ἐπουρανίου καὶ μετόχους γενηθέντας πνεύματος ἁγίου καὶ καλὸν γευσαμένους θεοῦ ῥῆμα δυνάμεις τε μέλλοντος αἰῶνος, καὶ παραπεσόντας, πάλιν ἀνακαινίζειν εἰς μετάνοιαν, ἀνασταυροῦντας ἐν ἑαυτοῖς τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ, καὶ παραδειγ­ ματίζοντας“ d πάντα πράττωμεν, ἵνα μὴ καὶ περὶ ἡμῶν λέγηται τὸ „Τίς φείσεται ἐπὶ σοί, Ἱερουσαλήμ; Καὶ τίς σκυθρωπάσει ἐπὶ σοί; Ἢ τίς ἀνακάμ­ ψει ἐρωτῆσαι εἰς εἰρήνην σοι;“ e 3. Καὶ πρὸς ἑκατέραν δὲ ἑρμηνείαν τῆς Ἱερουσαλὴμ ἁρμόσει καὶ τὸ ἑξῆς· „Σὺ ἀπεστράφης με, λέγει κύριος, ὀπίσω πορεύσῃ.“ f Ὅτι ἀπεστράφης τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ, καὶ διὰ τὸ ἀπεστράφθαι τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ ἀπεστράφης τὸν θεόν, τί δεῖ καὶ λέγειν; Καὶ ἐπειδὴ ἀπεστράφη ἡ Ἱερουσαλὴμ ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ τὸν Χριστόν, ἀφ̓ ἧς συνεκδοχικῶς πάντας τοὺς Ἰουδαίους νοητέον, διὰ τοῦτο „ὀπίσω πορεύσῃ“. Ἦν γὰρ ὅτε οὐκ ὀπίσω ἐπορεύετο, ἀλ||λὰ ἔμπροσθεν· νῦν δὲ ὀπίσω πορεύεται „καὶ ἐστράφησαν ταῖς καρδίαις εἰς Αἴγυπτον“, g δῆλον ὅτι ἵνα ὀπίσω πορευθῶσι. Περὶ δὲ τοῦ τί ἐστι τὸ „ὀπί­ a

Hebr. 10,29

b

Jer. 15,5

c

Lk. 14,32

d

Hebr. 6,4–6

e

Jer. 15,5

1–2  πνευματικῶς ἃ Kl mit H (spiritaliter quae) πνι ὅσα S Bl H (ambulant) πορεύσεται S

f

Jer. 15,6

20  ἡ2 Kl

g

Apg. 7,39

23  πορεύεται

449 Die Unterscheidung zwischen leichten und schweren Sünden ist alt, doch gab es

im Frühchristentum keine Kriteriologie, anhand derer die Einteilung vorgenommen wurde. Zur Schwierigkeit, die species peccatorum zu unterscheiden, vgl. in Ex. hom. 10,3 (GCS Orig. 6, 249). Der Abfall vom Glauben rangierte jedoch in allen Katalogen ganz oben. Siehe dazu Rahner, Bußlehre des Origenes 87–105; Teichtweier, Sündenlehre des Origenes 210–281; Fürst, Liturgie der Alten Kirche 240–242. 246f. 450 Wohl aufgrund der folgenden Reminiszenz an Lk. 14,32 ist in das Zitat von Jer. 15,5 hier der Artikel τὰ eingefügt; daher die abweichende Übersetzung. 451 Offensichtlich erklärt Origenes die Drohung in Jer. 15,5 mit Hilfe von Hebr. 6,4–6 so, dass er sie als Verweigerung der so genannten Zweiten Buße für schwere Sünden deutet, besonders im Falle von Apostasie, auf die er im folgenden Abschnitt den Vorwurf in Jer. 15,6 der Abwendung von Gott bezieht. Zur Zweiten Buße allgemein siehe Poschmann, Paenitentia secunda; Fürst, Liturgie der Alten Kirche 228–232. Origenes vertritt eine tendenziell rigoristische Linie, wenn er wie Clemens von Alexandria, strom. II 55,6–59,1 (GCS Clem. Al. 24, 143f.), lediglich eine einmalige Buße

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den449 ­begeht, sündigt gegen Jesus.Wenn er aber sogar ein Abtrünniger ist, tut er in ganz besonderer Weise Jesus geistig dasselbe an, was ihm Jerusalem leiblich angetan hat. Deshalb: „Eine wie viel schwerere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, in dem er geheiligt wurde, verachtet und den Geist der Gnade verhöhnt hat?“aWenn du den Sohn Gottes mit Füßen getreten und den Geist der Gnade verhöhnt hast, „wer wird dir Schonung gewähren? Wer wird ein trauriges Gesicht über dich machen? Wer wird umkehren, um das zu erbitten, was dem Frieden für dich dient?“ b450 Den Sohn Gottes selbst, der für dich erbeten hat, was dem Frieden dient,c hat die Seele des Sünders verraten.Wer kann, indem er umkehrt, wieder für den Frieden bitten? Da wir also wissen, dass „es unmöglich ist, die, die einmal erleuchtet worden sind, die himmlische Gabe gekostet haben, des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind, das gute Wort Gottes und die Kräfte der kommenden Welt gekostet haben und doch abgefallen sind, wieder zur Umkehr zu erneuern, wo sie doch den Sohn Gottes in sich selbst noch einmal kreuzigen und verhöhnen“,d451 lasst uns alles tun, damit nicht auch über uns gesagt wird: „Wer wird dir Schonung gewähren, Jerusalem? Und wer wird ein trauriges Gesicht über dich machen? Oder wer wird umkehren, um Frieden für dich452 zu erbitten?“ e 3. Und zu beiden Auslegungen von Jerusalem wird auch das Folgende passen: „Du hast dich von mir abgewandt, spricht der Herr, du wirst zurückweichen.“ f Da du dich vom Sohn Gottes abgewandt hast und da du dich, indem du dich vom Sohn Gottes abgewandt hast, von Gott abgewandt hast, was muss man da noch sagen? Und da sich das Jerusalem in Judäa, unter dem nach Art einer Synekdoche453 alle Juden zu verstehen sind, von Christus abgewandt hat, deswegen „wirst du zurückweichen“. Es gab nämlich eine Zeit, da es nicht zurückging, sondern voranging; jetzt aber geht es zurück, „und sie wandten sich in ihren Herzen Ägypten zu“,g454 offensichtlich, um zurückzufür schwere Sünden einräumt: in Lev. hom. 2,4 (GCS Orig. 6, 295–297); 15,2 (6, 488f.). Siehe dazu Rahner, Bußlehre des Origenes 85–87. 452 Der Dativ σοι im Zitat von Jer. 15,5 zeigt, dass der ansonsten verwendete Genitiv σου im Sinne eine genitivus obiectivus aufzufassen ist. Das σου im voraufgehenden Zitat dieses Verses ist daher nicht mit Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 58, in σοι zu ändern, zumal alle von Origenes hier verwendeten Varianten von Jer. 15,5 in der handschriftlichen Überlieferung des Septuagintatextes bezeugt sind. Siehe die Hinweise bei Klostermann, GCS Orig. 3, 101 app. crit. 453 In der sprachlichen Figur der Synekdoche wird ein Ganzes durch einen Teil ausgedrückt bzw. steht ein Teil für das Ganze. Origenes war in seiner Jugend Grammatiklehrer und kannte die rhetorische Terminologie. Vgl. in Matth. comm. XII 38 (GCS Orig. 10, 155). Siehe dazu Neuschäfer, Origenes als Philologe 224f. 454 Zu Ägypten als Symbol für die sittlich verderbte Welt siehe oben S. 256 Anm. 297. Auch Hieronymus, in Hier. III 47 (CChr.SL 74, 146), erklärt Jer. 15,6 so: „Es wird der Grund dafür angegeben, weshalb sich keiner Jerusalems erbarmt, nicht traurig wird

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σω πορεύσῃ“ ἢ τί τοῖς ἔμπροσθεν ἐπεκτείνεσθαι, οὕτω παραστήσομεν. Ὁ δίκαιος τοῖς ἔμπροσθεν ἐπεκτείνεται, τῶν ὄπισθεν ἐπιλανθάνεται.a Δῆλον ὅτι ὁ ἐναντίως τῷ δικαίῳ διακείμενος τῶν ὀπίσω μέμνηται καὶ τοῖς | ἔμπρο­ σθεν οὐκ ἐπεκτείνεται. Τῶν δὲ ὀπίσω μεμνημένος παρακούει τοῦ Ἰησοῦ διδάσκοντος καὶ λέγοντος· „Μὴ στραφήτω εἰς τὰ ὀπίσω ἆραι τὸ ἱμάτιον αὐτοῦ“, b παρακούει τοῦ Ἰησοῦ λέγοντος· „Μνημονεύετε τῆς γυναικὸς Λώτ“, c παρακούει τοῦ Ἰησοῦ λέγοντος· „Οὐδεὶς βαλὼν τὴν χεῖρα ἐπ̓ ἄρο­ τρον καὶ στραφεὶς εἰς τὰ ὀπίσω, εὔθετός ἐστι τῇ βασιλείᾳ τοῦ θεοῦ.“ d Καὶ ἐν τῷ νόμῳ δὲ γέγραπται, ὅτι εἶπον οἱ ἄγγελοι πρὸς τὸν ἐξελθόντα ἀπὸ Σοδόμων Λώτ· „Μὴ περιβλέψῃ εἰς τὰ ὀπίσω μηδὲ στῇς ἐν πάσῃ τῇ περι­ χώρῳ· εἰς τὸ ὄρος σῴζου, μήποτε συμπαραληφθῇς.“ e Καὶ τοῦτο δὲ ἔχει διάνοιαν ἀξίαν ἀγγελικοῦ πνεύματος· μὴ περιβλέψῃ εἰς τὰ ὀπίσω, ἀεὶ τοῖς ἔμπροσθεν ἐπεκτείνου. Καταλέλοιπας Σόδομα, μὴ στρέφου εἰς Σόδομα. Κα­ ταλέλοιπας τὴν κακίαν καὶ τὴν ἁμαρτίαν, μὴ ἐπιστραφῇς πρὸς αὐτὴν μηδὲ στῇς ἐν πάσῃ τῇ περιχώρῳ. Κἂν τηρήσῃς τὴν προτέραν ἐντολὴν τὴν λέ­ γουσαν· „Μὴ περιβλέψῃ εἰς τὰ ὀπίσω“, οὐκ ἀρκεῖ σοι πρὸς τὸ σωθῆναι, ἐὰν μὴ καὶ τῆς δευτέρας ἐντολῆς ἀκούσῃς λεγούσης· „Μηδὲ στῇς ἐν πάσῃ τῇ περιχώρῳ.“ || Οὐ δεῖ γὰρ ἀρξάμενον προκόπτειν ἑστάναι ἐν τῇ περι­ χώρῳ Σοδόμων, εἰ καὶ Σόδομα διαβέβηκεν, ἀλλὰ διαβάντα ἀπὸ τοῦ ἑστά­ ναι ἐν τῇ περιχώρῳ σῴζεσθαι εἰς τὸ ὄρος κατὰ τὸ „Μὴ περιβλέψῃ εἰς τὰ ὀπίσω μηδὲ στῇς ἐν πάσῃ τῇ περιχώρῳ· εἰς τὸ ὄρος σῴζου, μήποτε συμ­ παραληφθῇς“. f Εἰ βούλει μὴ συμπαραληφθῆναι Σοδομίταις, μήποτε εἰς τὰ ὀπίσω στραφῇς μηδὲ στῇς ἐν τῇ περιχώρῳ Σοδόμων μηδὲ ἀλλαχοῦ γένῃ ἢ εἰς τὸ ὄρος· ἐκεῖ γάρ ἐστι μόνον σωθῆναι. Ἔστι δὲ τὸ ὄρος κύριος Ἰησοῦς, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ g a

Phil. 3,13 4,11

b

Mk. 13,16

c

Lk. 17,32

d

Lk. 9,62

e

Gen. 19,17

f

Gen. 19,17

g

1 Petr.

3  ἐναντίως Del ἐναντίος S 15  κἂν τηρήσῃς Kl mit H (etiamsi … custodieris) καὶ τηρήσεις S 23  μηδὲ1 Bl Die μήτε S 25  Ἀμήν add. ὁμιλία ιγ′ S

seinetwegen und nicht um Frieden für es bittet: Weil es sich, obwohl es sich, wie der Apostel sagt, indem es das Frühere vergisst, nach dem Künftigen hätte ausstrecken müssen (vgl. Phil. 3,13), im Gegenteil nach rückwärts gewandt und nach den Fleischtöpfen Ägyptens gesehnt hat (vgl. Num. 11,4).“

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gehen. Was freilich die Aussage bedeutet: „Du wirst zurückweichen“, beziehungsweise, was es bedeutet, sich nach dem auszustrecken, was vor einem liegt, das werden wir so erläutern: Der Gerechte streckt sich nach dem aus, was vor ihm liegt, und vergisst, was hinter ihm liegt.a Im Gegensatz zum Gerechten erinnert man sich offensichtlich an das, was hinter einem liegt, und streckt sich nicht nach dem aus, was vor einem liegt.Wer sich an das erinnert, was hinter ihm liegt, der hört nicht auf Jesus, der lehrt und sagt: „Er soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen“,b der hört nicht auf Jesus, der sagt: „Erinnert euch an die Frau des Lot“,c der hört nicht auf Jesus, der sagt: „Keiner, der die Hand an den Pflug legt und sich zurückwendet, taugt für das Reich Gottes.“ d Und im Gesetz steht geschrieben, dass die Engel zu Lot sagten, als er aus Sodom wegging: „Blicke nicht zurück und bleib in der ganzen Gegend nicht stehen! Rette dich auf den Berg, damit du nicht mit hinweggerafft wirst!“ e Und dies enthält einen Gedanken, der des Geistes eines Engels würdig ist: „Blicke nicht zurück“, strecke dich immer nach dem aus, was vor dir liegt! Du hast Sodom verlassen, wende dich nicht Sodom zu! Du hast die Schlechtigkeit, die Sünde verlassen, wende dich ihr nicht zu „und bleib in der ganzen Gegend nicht stehen!“ Auch wenn du die erste Anweisung beachtest, die besagt: „Blicke nicht zurück!“, reicht dir das nicht, um gerettet zu werden, wenn du nicht auch auf die zweite Anweisung hörst, die besagt: „Bleib in der ganzen Gegend nicht stehen!“ Wer nämlich angefangen hat, voranzuschreiten,455 darf nicht in der Gegend von Sodom stehenbleiben, auch wenn er Sodom schon passiert hat, sondern muss weitergehen, ohne in der Gegend stehen zu bleiben, und sich auf den Berg retten gemäß der Aussage: „Blicke nicht zurück und bleib in der ganzen Gegend nicht stehen! Rette dich auf den Berg, damit du nicht mit hinweggerafft wirst!“ f Wenn du nicht mit den Sodomiten hinweggerafft werden willst, wende dich nie zurück und bleibe weder in der Gegend von Sodom stehen noch begib dich irgendwo anders hin als auf den Berg! Denn dort allein ist es möglich, gerettet zu werden. Der Berg aber ist der Herr Jesus.456 „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ g

455 Προκόπτειν ist der stoische Terminus für den sittlichen Fortschritt (προκοπή: SVF I

234; III 530–543), dessen einzelne Stadien die Stoiker detailliert entfaltet haben: Pohlenz, Stoa I, 154, und der in der ethischen Agonistik des Origenes oft vorkommt. 456 Ebenso in Hier. hom. 18,5 (GCS Orig. 32, 157).

Εἰς τὸ „οἴμοι ἐγὼ μῆτερ“ μέχρι τοῦ „διὰ τοῦτο τάδε λέγει κύριος· Ἐὰν ἐπιστραφῇς, καὶ ἀποκαταστήσω σε“.a

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1. Οἱ ἰατροὶ τῶν σωμάτων παρὰ τοὺς κάμνοντας γινόμενοι καὶ ἀεὶ τῇ θεραπείᾳ τῶν καμνόντων ἑαυτοὺς ἐπιδιδόντες κατὰ τὸ βούλημα τῆς τέχνης τῆς ἰατρικῆς ὁρῶσι δεινὰ καὶ θιγγάνουσιν ἀηδῶν, ἐπ̓ ἀλλοτρίαις συμφοραῖς καρποῦνται ἰδίας λύπας, καὶ ἔστιν ἀεὶ ὁ βίος αὐτῶν ἐν περιστά­ σει. Οὐδέποτε γάρ εἰσι μετὰ ὑγιαινόντων, ἀλλ̓ ἀεὶ μετὰ τῶν τραυματιῶν, μετὰ τῶν νομὰς ἐχόντων, μετὰ τῶν πεπληρωμένων πύων, πυρετῶν, νόσων ποικίλων. Καὶ εἰ βούλεταί τις στείλασθαι τὴν ἰατρικήν, οὐκ ἀγανακτήσει οὐδ̓ ἀμελήσει τοῦ βουλήματος τῆς τέχνης ἧς ἀνείληφεν, ἐπὰν ᾖ μετὰ || τῶν τοιούτων ὡς προειρήκαμεν. Τοῦτο δέ μοι τὸ προοίμιον λέλεκται διὰ τὸ καὶ τοὺς προφήτας οἷον εἶναι ἰατροὺς ψυχῶν καὶ ἀεὶ προσδιατρίβειν ὅπου οἱ δεόμενοι θεραπείας· „οὐ“ γὰρ „χρείαν ἔχουσιν οἱ ὑγιαίνοντες ἰατροῦ ἀλλ̓ οἱ κακῶς ἔχοντες“. b Ὅπερ δὲ πάσχουσιν ὑπὸ τῶν ἀκολάστων καμνόντων ἰατροί, τοῦτο πά­ σχουσι καὶ οἱ προφῆται καὶ οἱ διδάσκαλοι ὑπὸ τῶν οὐ βουλομένων θερα­ πεύεσθαι. Ἐκεῖθεν γὰρ μισοῦνται, ὡς διατασσόμενοι παρὰ τὴν προαίρεσιν τῆς ἐπιθυμίας τῶν καμνόντων, ὡς κωλύοντες τρυφᾶν καὶ ἥδεσθαι τοὺς καὶ ἐν νόσοις βουλομένους μὴ τὰ ἄξια τῶν νόσων λαμβάνειν. Φεύγουσιν οὖν οἱ ἀκόλαστοι τῶν καμνόντων ἰατρούς, πολλάκις αὐτοῖς καὶ λοιδορούμενοι καὶ κακολογοῦντες αὐτοὺς καὶ πᾶν ὁτιποτοῦν ποιοῦντες ὃ ποιήσειεν ἂν ἐχθρὸς ἐχθρῷ. Ἐπιλανθάνονται γὰρ οὗτοι ὅτι ὡς φίλοι προσέρχονται, ἀφορῶντες εἰς τὸ | ἐπίπονον τῆς διαίτης, εἰς τὸ ἐπίπονον τῆς ἀπὸ σιδήρου ἰατρῶν a

Jer. 15,10–19

b

Lk. 5,31

1  μῆτερ Kl μήτηρ S 6  δεινὰ C Hippokrates Origenes (Cels.) H (tristia) τινὰ S 6  καὶ2 Bl Koe mit Hippokrates und H (et) 8  τραυματιῶν Del mit H (uulneratis) τραυμάτων S 10  στείλασθαι S Kl ἐπαγγείλασθαι We Nt 16  ὑπὸ Bl H (a) ὑπὲρ S 16  ἀκολάστων Kl mit H (luxuriosis) ἀκολάστως S 22  ποιήσειεν Hu ποιήσαιεν S 457 Der Satz gibt eine Aussage des Hippokrates, De flatibus 1 (VI p. 90 Littré), wieder:

ὁ μὲν γὰρ ἰητρὸς ὁρῇ τε δεινὰ, θιγγάνει τε ἀηδέων, ἐπ̓ ἀλλοτρίῃσί τε ξυμφορῇσιν ἰδίας καρποῦται λύπας, auf die pagane wie christliche Autoren oft rekurrieren: Plutarch, quaest. Rom. 113, 291 C; Lukian, Bis Accusatus 1; Origenes, Cels. IV 15 (GCS Orig. 1, 285); in Regn. hom. graec. 8 (GCS Orig. 32, 292); vgl. auch in Luc. hom. 13,2 (GCS

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Über: „Weh mir, Mutter“, bis: „Deswegen spricht der Herr Folgendes: Wenn du umkehrst, werde ich dich wieder einsetzen“.a

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1. Die Ärzte der Körper, die zu den Kranken kommen und sich beständig der Heilung der Kranken im Sinne der ärztlichen Kunst widmen, sehen schreckliche Dinge und kommen mit ekelhaften Sachen in Berührung, aus fremdem Unglück ernten sie eigenen Kummer,457 und ständig ist ihr Leben in Gefahr. Denn nie befinden sie sich unter Gesunden, sondern immer unter Verletzten, unter Leuten, die Geschwüre haben, mit Eiter übersät sind, an Fieber und vielerlei Krankheiten leiden. Und wenn einer die Heilkunst ausüben will, soll er nicht unwillig werden noch die Bestimmung der beruflichen Tätigkeit, die er aufgenommen hat, vernachlässigen, solange er sich unter solchen Leuten befindet, wie458 wir sie gerade beschrieben haben. Das sei als Einführung gesagt,459 weil auch die Propheten gleichsam Ärzte sind, nämlich Ärzte der Seelen, und immer dort verweilen, wo sich die befinden, die der Heilung bedürfen, denn „nicht die, die gesund sind, brauchen einen Arzt, sondern die, denen es schlecht geht“.b Was aber Ärzte von den renitenten Kranken erleiden, das erleiden auch die Propheten und die Lehrer von denen, die sich nicht heilen lassen wollen. Ihnen schlägt nämlich Abneigung entgegen, weil sie Vorschriften machen, die dem von Lust bestimmten Willen der Kranken zuwiderlaufen, weil sie diejenigen am Schlemmen und Genießen hindern, die auch nicht, wenn sie krank sind, das zu sich nehmen wollen, was gegen die Krankheit hilft. Die Renitenten unter den Kranken meiden daher Ärzte, oft schmähen und beschimpfen sie sie und tun alles Mögliche, was wohl ein Feind dem anderen antun würde. Ihnen entgeht nämlich, dass die Ärzte wie Freunde zu ihnen kommen, weil sie nur auf die Mühsal der Diät schauen, auf die Mühsal, die der Schnitt mit dem Skalpell bereitet, nicht auf das angezielte Ergebnis nach dem Schmerz, und sie hassen Orig. 92, 78). Siehe dazu Bostock, Medical Theory 196; Neuschäfer, Origenes als Philologe 197. 458 Klostermann, GCS Orig. 3, 106 app. crit., meint, dass es „wohl besser“ ist, dieses ὡς mit Hieronymus (quos) im Sinne eines ὧν aufzufassen, macht aus dieser Ansicht aber keine Konjektur. 459 Zu einem solchen Vorwort siehe oben S. 113 Anm. 13.

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πληγῆς, οὐκ εἰς τὸ τέλος τὸ μετὰ τὸν πόνον, καὶ μισοῦσιν ὡς πατέρας πόνων μόνον, οὐχὶ δὲ πόνων φερόντων ἐπὶ ὑγίειαν τοὺς ἰατρευομένους. 2. Ὁ λαὸς τοίνυν ἐκεῖνος ἔκαμνε, ποικίλαι νόσοι ἦσαν ἐν τῷ λαῷ τῷ χρηματίσαντι τοῦ θεοῦ. Ἔπεμπεν αὐτοῖς ἰατροὺς ὁ θεὸς τοὺς προφήτας. Εἷς τῶν ἰατρῶν καὶ Ἱερεμίας ἦν· ἤλεγχε τοὺς ἁμαρτάνοντας, ἐπιστρέφειν βουλόμενος τοὺς κακῶς πράττοντας. Οἱ δὲ δέον ἀκούειν τῶν λεγομένων, κατηγόρουν || τοῦ προφήτου καὶ κατηγόρουν ἐπὶ δικαστῶν παραπλησίων ἑαυτοῖς. Καὶ ἀεὶ ἐν δίκαις ἦν ὁ προφήτης ὑπὸ τῶν ὅσον ἐπὶ τῇ προφητείᾳ αὐτοῦ θεραπευθέντων, διὰ δὲ τὴν ἰδίαν ἀπείθειαν μὴ θεραπευομένων. Ἐπὶ τούτοις ὁτὲ μὲν λέγει· „Καὶ εἶπα· Οὐ μὴ λαλήσω οὐδὲ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου. Καὶ ἐγένετο ὡς πῦρ καιόμενον φλέγον ἐν τοῖς ὀστέοις μου, καὶ παρεῖμαι πάντοθεν καὶ οὐ δύναμαι φέρειν.“a Ὁτὲ δέ φησιν, ὁρῶν ἑαυ­ τὸν ἀεὶ δικαζόμενον, λοιδορούμενον, ἐγκαλούμενον, ψευδομαρτυρούμενον· „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες;“ ἔλεγεν „ἄνδρα“ οὐ δικάζοντα ἀλλὰ „δικαζόμενον“, καὶ οὐ διακρίνοντα ἀλλὰ „διακρινόμενον πάσῃ τῇ γῇ“. Καὶ ἐπεὶ οἱ κάμνοντες οὐκ ἤκουον αὐτοῦ καλῶς συμβουλεύοντος καὶ ἰατρικῶς, φησίν· „Οὐκ ὠφέλησα.“ Καὶ ἐπεὶ δανείζοντος αὐτοῦ τὰ πνευματικὰ ἀρ­ γύρια οὐκ ἐβούλοντο ἀκούειν ἐκεῖνοι οἷς ἔλεγεν, ἵνα ὠφεληθῶσιν ἐξ ὧν ἤκουσαν, φησίν· „Οὐδὲ ὠφείλησέ μοι οὐδείς, οὐδὲ ὠφείλησα.“ b 3. Ἀλλὰ προλαβὼν ταῦτα εἶπον, πρὶν διηγήσωμαι τὸ „Οὐκ ὠφείλησα, οὐδὲ ὠφείλησέ μοι οὐδείς“. c Δισσὴ γάρ ἐστιν ἡ γραφή· ἐν μὲν γὰρ τοῖς πλείστοις ἀντιγράφοις „οὐκ ὠφέλησα, οὐδὲ ὠφέλησέ με οὐδείς“, ἐν δὲ τοῖς ἀκριβεστάτοις καὶ συμφωνοῦσι τοῖς Ἑβραϊκοῖς οὐκ ὠφείλησα, οὐδὲ ὠφείλη­ σέ μοι οὐδείς. Δεῖ οὖν καὶ τὸ καθημαξευμένον καὶ φερόμενον ἐν ταῖς ἐκκλη­ σίαις διηγήσασθαι καὶ τὸ ἀπὸ τῶν Ἑβραϊκῶν γραφῶν ἀδιήγητον μὴ κα­ τα||λιπεῖν. Ἐκήρυσσε τοίνυν | τὸν λόγον, οὐδεὶς προσίετο τὰ λεγόμενα. Ὡς καὶ ἰατρὸς προσανήλισκε τὰ φάρμακα, ἀκολάστων ὄντων καὶ τὰς ἰδίας ἐπιθυ­ μίας πληρούντων τῶν καμνόντων. Ὡσεὶ καὶ ἐκεῖνος ἔλεγεν· „Oὐκ ὠφέλησα, οὐδὲ ὠφέλησέ με οὐδείς.“ d Tάχα ἀντιπάθειά ἐστι διὰ τὴν φιλανθρωπίαν τοῦ ὠφεληθέντος πρὸς τὸν ὠφελήσαντα, ὥστε γενέσθαι εἰς τὸ ὠφεληθῆναι καὶ τὸν λέγοντα, ἐπεὶ „μακάριος ὁ λέγων εἰς ὦτα ἀκουόντων“. e Tαύτην οὖν a

Jer. 20,9

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Jer. 15,10

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Sir. 25,9

3  ἔκαμνε Kl mit H (aegrotabat) εἰ καὶ S 7  δικαστῶν C H (iudices) δικαστοῦ S 8  ὑπὸ C H (eorum peruersitate) ἐπὶ S 16  καλῶς C H (bene) καλὰ S 16–17  ἰατρικῶς φησιν Hu H (iuxta medicinae disciplinam … inquit) ἰατρικῶι σφῆσιν S 20  διηγήσωμαι Del διηγήσομαι S 22  ὠφέλησα Scorr. ὠφείλησα S*

460 Der Satz spiegelt das Miteinander von Gnade und Freiheit im Erlösungsprozess, wie

Origenes es konzipiert hat: Gott schenkt den Menschen beständig seine Gnade und wirkt Heil, das aber nur zur Wirkung kommt, wenn der Mensch mitwirkt. Siehe dazu

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die Ärzte, als wären sie die Urheber einzig von Schmerzen, nicht aber von Schmerzen, die zur Genesung derer führen, die behandelt werden. 2. Jenes Volk war also krank.Vielerlei Krankheiten gab es in dem Volk, das sich Volk Gottes nannte. Gott schickte ihnen Ärzte: die Propheten. Einer der Ärzte war auch Jeremia. Er tadelte die Sünder, er wollte die Übeltäter zur Umkehr bewegen. Sie aber, die auf seine Worte hätten hören sollen, verklagten den Propheten, und sie verklagten ihn vor Richtern, die ganz wie sie waren. Und ständig wurde der Prophet von denen vor Gericht gezerrt, die, was seine prophetische Verkündigung angeht, behandelt, aber weil sie nicht darauf hörten, nicht geheilt wurden.460 Dazu sagt er einmal: „Und ich sprach: Ich werde auf keinen Fall reden und den Namen des Herrn nicht aussprechen. Und es entstand gleichsam ein brennendes Feuer, entflammt in meinen Gebeinen. Ich bin ganz ermattet und kann es nicht ertragen.“a Dann wieder, da er sieht, wie er ständig vor Gericht gezerrt, beschimpft, verklagt und verleumdet wird, sagt er: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren?“ Nicht „als Mann“, sagte er, der richtet, sondern „der vor Gericht gezerrt wird“, und nicht als einen, der streitet, sondern „der auf der ganzen Erde umstritten ist“. Und da die Kranken nicht auf ihn hörten, obwohl er ihnen gute und heilsame Ratschläge erteilte, sagt er: „Ich war nicht von Nutzen.“ Und da er sein geistiges Geld verlieh, jene aber, zu denen er sprach, damit sie aus dem, was sie hörten, Nutzen zogen, nicht hören wollten, sagt er: „Keiner war mir etwas schuldig, und ich war auch nichts schuldig.“ b 3. Doch habe ich dies vorausgreifend gesagt, ehe ich die Aussage auslege: „Ich war nichts schuldig, und auch mir war keiner etwas schuldig.“ c Die Schrift bietet nämlich zwei Fassungen, denn in den meisten Abschriften steht: „Ich war nicht von Nutzen, und auch mir war keiner von Nutzen“, in den genauesten Abschriften aber, die auch mit den hebräischen übereinstimmen, steht: „Ich war nichts schuldig, und auch mir war keiner etwas schuldig.“ Es ist also sowohl die gängige und in den Gemeinden vorgetragene Fassung auszulegen als auch diejenige aus den hebräischen Schriften nicht unerklärt zu lassen.461 Er verkündete also das Wort, keiner nahm die Botschaft an. Wie ein Arzt verschwendete er die Heilmittel, weil die Kranken renitent und voller eigener Gelüste waren. Und wie jener sagte er: „Ich war nicht von Nutzen, und auch mir war keiner von Nutzen.“ dWegen der freundlichen Gesinnung dessen, der einen Nutzen hatte, gegenüber dem, der den Nutzen brachte, gibt es vielleicht eine Reziprozität der Gefühle, so dass auch der, der spricht, Nutzen gewinnt, weil „selig ist, wer zu Ohren von solchen spricht, die hören“.e Das

Völker, Vollkommenheitsideal 38–41; Gruber, ΖΩΗ 236–240; Schockenhoff, Fest der Freiheit 116–123; Fürst, OWD 7, 50–59. 461 Siehe dazu Daniélou, Origène 141f.; Hanson, Allegory and Event 175f.

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τὴν ὠφέλειαν ὠφεληθείη ἂν διδάσκαλος ἀπὸ ἀκροατῶν προκοπτόντων καὶ βελτιουμένων, ὠφεληθείη ἂν τῷ ἔχειν καρποὺς ἐν αὐτοῖς.a „Oὐδείς με ὠφέλησεν.“ Εἰ γὰρ καρπὸν μὲν δεῖ ἔχειν ἐν τοῖς ἀκροαταῖς τὸν λέγοντα, ὁ δὲ ἀκροώμενος παρ­ εκδέχοιτο καὶ ἔξω γίνοιτο τῶν λεγομένων, λέγεται τὸ „Οὐκ ὠφέλησέ με οὐδὲ εἷς“· ἐπεὶ μὴ ὠφέληται ταύτην τὴν ὠφέλειαν, ἣν ὠφελήθη ἂν ἐκ τοῦ τὸν ἀκροατὴν ὠφεληθέντα αἴτιον προκοπῆς καὶ μακαριότητος γενέσθαι τῷ ὠφελήσαντι. Καὶ ἄλλως δὲ πᾶς ὁ διδάσκων κατ̓ αὐτὸ τὸ διδάσκειν, ὅσῳ συνετώτερός ἐστιν ὁ μανθάνων, ὠφελεῖται εἰς ἃ διδάσκει, εἰς ἃ μανθάνει. Καὶ κρείττους γίνονται περὶ ἃ παραδιδόασι μαθήματα οἱ λέγοντες, ὅτε συνετοὶ ὄντες οἱ ἀκροαταὶ b καὶ οὐχ ἁπαξαπλῶς παραδέχονται, ἀλλὰ ἀντι­ βασανίζουσι καὶ ἐρωτῶσι καὶ ἐξετάζουσι τὸ βούλημα τῶν λεγομένων. „Οὔτ̓“ οὖν „ὠφέλησα, οὔτε ὠφέλησέ με οὐδὲ εἷς.“ 4. Ἐπεὶ δὲ καὶ ἄλλη διήγησις ἀναγκαία διὰ τὰ ἀντίγραφα τὰ ἀκριβέ­ στερα οὕτως ἔχοντα· „Οὐκ ὠφείλησα, οὐδὲ ὠφείλησέ μοι οὐδείς“, c διηγη­ σόμεθα καὶ οὕτως ἔχον τὸ ῥητόν. Ὁ μὲν „πᾶσιν ἀποδιδοὺς τὰς ὀφειλάς, τῷ τὸν φόβον τὸν φόβον, τῷ τὸ τέλος τὸ τέλος, τῷ τὸν φόρον τὸν φόρον, τῷ τὴν τιμὴν τὴν τιμήν“ d καὶ πᾶσι τὰ καθήκοντα ἀποδιδούς, ὡς μὴ ὀφείλειν τὰ καθήκοντα πρός τινας, τιμήσας | ὡς γονεῖς, εἰ­ πεῖν, ἀδελφοὺς ὡς ἀδελφούς, υἱοὺς ὡς υἱούς, ἐπισκόπους ὡς ἐπισκόπους, πρεσβυτέρους ὡς πρεσβυτέρους, διακόνους ὡς διακόνους, πιστοὺς ὡς πι­ στούς, κατηχουμένους ὡς κατηχουμένους, εἰ πάντα ἀποδίδωσι τὰ καθήκον­ τα, οὐκ ὠφείλησεν. Εἰ δὲ ὀφείλει μὲν ποιῆσαι καθῆκον, οὐ πεποίηκε δέ, οὐ δύναται λέγειν· „Οὐκ ὠφείλησα“· ὀφείλων γὰρ οὐκ ἀποδέδωκε. Πῶς οὖν διηγήσομαι καὶ τὸ „Οὐδὲ ὠφείλησέ μοι οὐδείς“; Ἐγὼ μὲν ἐδάνειζον καὶ διδόναι ἐβουλόμην τὰ πνευματικὰ χρήματα, οἱ δὲ ἀπεστρέφοντο ἀπὸ τῶν λεγομένων καὶ οὐ παρεῖχον αὑτοὺς δεκτικοὺς ἵνα ὀφείλωσι· διὰ τοῦτο οὐκ ὠφείλησέ μοι οὐδὲ εἷς. Τίς γὰρ παρεδέξατο τὰ λεγόμενα, ἵνα ἐκ τοῦ παρα­ δέχεσθαι ὀφειλέτης γένηται ὧν ἤκουσε καὶ ἀπαιτηθῇ ὡς ὀφειλέτης τῶν λεγομένων τοὺς τόκους; Βέλτιον οὖν κατὰ τοῦτο λαβεῖν τὸν ἀκροατὴν ἀπὸ τοῦ λέγοντος λογικὰ ἀργύρια καὶ ὀφείλειν, ἢ μὴ παραδεχόμενον μηδὲ λαμ­ a

Röm. 1,13

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Jes. 3,3

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Jer. 15,10

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Röm. 13,7

2–3  ταύτην – φησίν Kl mit H (quodammodo Ieremias de Iudaeis non habere se dicit) 3  ὠφέλησεν Kl mit H (profuit) ὠφείλησεν S 4  μὲν δεῖ Bl Kl δεῖ μὲν S Nt 19– 20  τιμήσας – εἰπεῖν Kl mit H (uerbi gratia, honorans parentes ut parentes) 23  ὀφείλει Kl ὠφείλει S 27  αὑτοὺς Kl mit H (se) αὐτοὺς S 462 Zu καθῆκον als einem zentralen Begriff der stoischen Pflichtenlehre siehe Pohlenz,

Stoa I, 131–141; Forschner, Stoische Ethik 184–196.

463 Vgl. orat. 28,1f. (GCS Orig. 2, 375f.): „So sind wir denn Schuldner und haben ge-

wisse Pflichten nicht nur beim Geben, sondern auch bezüglich eines freundlichen Wortes und daraus resultierender Taten, darüber hinaus schulden wir auch einander

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ist also der Nutzen, den ein Lehrer wohl von Hörern haben würde, wenn sie Fortschritte machen und sich bessern. Er würde ihn wohl darin haben, dass er in ihnen Früchte hervorbringt.a „Keiner war mir von Nutzen.“ Denn wenn der Redner in den Hörern Frucht hervorbringen soll, der Hörer aber das Gesagte missversteht und es ihm fremd bleibt, sagt man: „Auch nicht einer war mir von Nutzen“, weil er nicht diesen Nutzen hat, den er davon gehabt hätte, dass der Hörer, der Nutzen hatte, zur Ursache des Vorankommens und des Glücks dessen geworden wäre, der Nutzen brachte. Ansonsten aber gibt es auch einen Nutzen, den jeder Lehrer aus dem Lehren selbst zieht – umso mehr, je verständiger der Schüler ist –, und zwar im Hinblick auf das, was er lehrt, und auf das, was er lernt. Und die Redner werden besser im Hinblick auf die Kenntnisse, die sie weitergeben, wenn die Hörer verständig sind b und diese nicht einfach übernehmen, sondern nachhaken und Fragen stellen und nach der Bedeutung des Gesagten forschen. „Weder“ also „war ich von Nutzen, noch war mir auch nur einer von Nutzen.“ 4. Da aber noch eine andere Erklärung erforderlich ist, weil die genaueren Abschriften Folgendes bieten: „Ich war nichts schuldig, und auch mir war keiner etwas schuldig“,c werden wir auch den so lautenden Text erklären. Wer „allen das gibt, was er schuldig ist, wem Furcht, die Furcht, wem Steuer, die Steuer, wem Zoll, den Zoll, wem Ehre, die Ehre“,d und allen gegenüber seine Pflicht462 erfüllt, so dass er niemandem schuldig bleibt, wozu er verpflichtet ist, indem er Beispiel ehrt als Eltern, die Brüder als Brüder, die Söhne als Söhne, die Bischöfe als Bischöfe, die Presbyter als Presbyter, die Diakone als Diakone, die Gläubigen als Gläubige, die Katechumenen als Katechumenen, wenn er alle Pflichten erfüllt hat, der war nichts schuldig. Wenn er es aber schuldig war, eine Pflicht zu tun, sie aber nicht getan hat, kann er nicht sagen: „Ich war nichts schuldig“, denn obwohl er etwas schuldig war, hat er es nicht erfüllt.463 Wie werde ich nun auch die Aussage erklären: „Auch mir war keiner etwas schuldig“? Ich lieh aus und wollte geistiges Geld ausgeben, sie aber wandten sich von meinen Worten ab und zeigten sich nicht aufnahmebereit, auf dass sie etwas schuldig waren; deshalb war mir auch keiner etwas schuldig. Denn wer hat angenommen, was gesagt wurde, auf dass er dadurch Schuldner dessen werde, was er gehört hat, und von ihm als Schuldner die Zinsen für das, was gesagt wurde, eingefordert werden? Demnach ist es für den Hörer also besser, das vernünftige Geld von dem, der spricht, anzunehmen und es schuldig zu sein, als nichts anzuneheine solche Gesinnung … Auch gibt es eine Verpflichtung den Mitbürgern gegenüber und eine andere allgemeine allen Menschen gegenüber, eine besondere gegen Fremde, eine besondere gegen die, die dem Alter nach unsere Väter sein könnten, wiederum eine andere gegen die, die wir zu Recht wie Söhne oder Brüder ehren. So bleibt der, der das, was er den Brüdern zu leisten schuldig ist, nicht tut, das schuldig, was er nicht getan hat.“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 21, 233–235.

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βάνοντα μηδὲ ὀφείλειν. Ὡς ἐν ἐγκλήματι γὰρ κεῖται καὶ τὸ „Οὐκ ὠφείλησέ μοι οὐδὲ εἷς“. 5. Τὸ δὲ „Οἴμοι μῆτερ, ὡς τίνα με ἐγέννησας ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ“a οὐκ οἶμαι τοῖς ἄλ||λοις οὕτως ἁρμόζειν προφήταις λέγειν ὡς τῷ Ἱερεμίᾳ· οἱ μὲν γὰρ πολλοὶ τῶν προφητῶν μετά τινας χρόνους, μετὰ τὴν κακίαν, μετὰ τὰ ἁμαρτήματα μεταβαλόντες προ­ φητεύειν ἤρξαντο, Ἱερεμίας δὲ ἐκ παίδων προφητεύει. Καὶ ἔστι παράδειγμα διδόναι ἀπὸ τῶν γεγραμμένων. Ἡσαΐας οὐκ ἤκουσε· „Πρὸ τοῦ με πλάσαι σε ἐν κοιλίᾳ ἐπίσταμαί σε, καὶ πρὸ τοῦ σε ἐξελθεῖν ἐκ μήτρας ἡγίακά σε, προφήτην εἰς ἔθνη τέθεικά σε“· b οὐδὲ εἶπεν· „Οὐκ ἐπίσταμαι λαλεῖν, ὅτι νεώτερος ἐγώ εἰμι“, c ἀλλ̓ ὅτε εἶδε τὴν ὅρασιν τὴν ἀναγεγραμμένην ἐν τῇ προφητείᾳ αὐτοῦ, [εἶδε] καὶ εἶπεν· „Οἴμοι τάλας ἐγώ, ὅτι ἀκάθαρτα χείλη ἔχων ἐν μέσῳ λαοῦ ἀκάθαρτα χείλη ἔχοντος ἐγὼ οἰκῶ, καὶ τὸν βασιλέα κύριον σαβαὼθ εἶδον τοῖς ὀφθαλμοῖς μου“, „καὶ ἀπεστάλη“ φησί „πρός με ἓν τῶν Σεραφίμ, καὶ ἥψατο τῶν χειλέων μου καὶ | εἶπεν· Ἰδοὺ ἀφῄρηκα τὰς ἀνομίας σου, καὶ τὰς ἁμαρτίας σου τοῦτο καθαριεῖ.“ d τὰς ἁμαρτίας οὖν, ἃς πρότερον ἐποίησεν, ὕστερον γέγονεν ἄξιος τοῦ ἁγίου πνεύματος Ἡσαΐας καὶ ἐπροφήτευσε. Καὶ ἐπ̓ ἄλλῳ τὸ παραπλήσιον εὕροις ἄν. Ἄλλ̓ οὐχ οὕτως ὁ Ἱερεμίας· ἔτι γὰρ ἐκ σπαργάνων τῷ πνεύματι τῷ προφητικῷ κοσμηθεὶς ἐκ παίδων προεφήτευσε, διὸ ἔλεγε (τὸ κοινὸν γὰρ πρῶτον διη­ γοῦμαι)· „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἐγέννησας ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον πάσῃ τῇ γῇ;“ e Τῶν πρὸ ἐμοῦ δέ τις ἐπέβαλε τῷ τόπῳ λέγων ὅτι ταῦτα ἔλεγεν οὐ πρὸς τὴν μητέρα τὴν || σωματικήν, ἀλλὰ πρὸς τὴν μητέρα τὴν γεννῶσαν προφήτας. Τίς δὲ γεννᾷ προφήτας ἡ σοφία τοῦ θεοῦ; Ἔλεγεν οὖν τὸ „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες“, ὦ σοφία; Τὰ δὲ τέκνα τῆς σοφίας καὶ ἐν τῷ εὐαγγελίῳ ἀναγέγραπται· „Καὶ ἀποστέλλει ἡ σοφία τὰ τέκνα a

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Jer. 1,5

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Jer. 1,6

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Jes. 6,5–7

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Jer. 15,10

1  ἐγκλήματι Kl ἐγκλήμασι S 1–2  ὠφείλησέ μοι Co H (debuit mihi) ὠφέλησέ με S 11  ὅρασιν τὴν Kl mit H (uisione sibi reuelata) προφητείαν S 12  εἶδε del. Kl (nicht Nt) 15  Σεραφίμ Co H (Seraphim) χερουβὶμ S 16  μετὰ Kl mit H (post) 18  ἄλλῳ S Kl 18–19  ἄλλ̓ οὐχ οὕτως Kl mit H Nt (SC 238, 74) ἄλλων We Nt (GCS Orig. 32, 361) (at non talis) ἄλλος οὗτος S 25  ἤ Kl mit H (nisi) 464 Zur Auslegung von Jes. 6,5–7 durch Origenes siehe ausführlich in Is. hom. 1,4f. (GCS

Orig. 8, 246–248); 3,2 (8, 255); 4,3–6 (8, 260–262); 5,2 (8, 264). 465 In Ioh. comm. XXVIII 15,121–129 (GCS Orig. 4, 408f.) legt Origenes ausführlich

dar, dass der Heilige Geist nicht in einer mit Sünde beladenen Seele wohnt. 466 Philon von Alexandria bezog Jer. 15,10 nicht auf einen angegriffenen und darunter

leidenden Propheten, sondern auf einen starken, heroischen Weisen, conf. ling. 44 (II p. 237 Cohn/Wendland): „O Mutter, wie stark hast du mich geboren, einen Menschen des Kampfes und einen Menschen des Grolls wider die ganze Erde!“ In seinen Erklärungen dazu schrieb er, ebd. 49 (II p. 238f.): Jeder Weise „pflegt seiner Mutter

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men, nichts zu empfangen und somit nichts schuldig zu sein. Denn wie ein Vorwurf klingt auch die Aussage: „Nicht einer war mir etwas schuldig.“ 5. „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“a Das zu sagen, meine ich, passt auf keinen anderen Propheten so wie auf Jeremia. Denn viele der Propheten fingen nach einiger Zeit, nachdem sich nach einer Übeltat, nach Sünden eine Wandlung an ihnen vollzogen hatte, zu prophezeien an, Jeremia hingegen prophezeit von Kindheit an. Und es ist möglich, ein Beispiel aus der Schrift zu geben. Jesaja bekam nicht zu hören: „Bevor ich dich im Mutterschoß formte, kenne ich dich, und bevor du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt; als Propheten für die Völker habe ich dich eingesetzt“,b noch sagte er: „Ich weiß nicht zu reden, weil ich zu jung bin“,c sondern als er die in seiner Prophetie aufgeschriebene Vision hatte, sagte er auch: „Weh mir Unglücklichem! Denn ich habe unreine Lippen und wohne inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen, und ich habe den König, den Herrn der Heere, mit meinen eigenen Augen gesehen“, „und einer der Seraphim“, sagt er, „wurde zu mir gesandt, und er berührte meine Lippen und sagte: Siehe, ich habe deine Frevel getilgt, und dies wird deine Sünden reinigen.“ d464 Erst den Sünden also, die er zuvor begangen hatte, wurde Jesaja des Heiligen Geistes würdig465 und begann zu prophezeien. Und bei einem anderen dürftest du wohl ähnliches finden. Aber nicht so Jeremia: Denn nachdem er schon, als er noch in Windeln lag, mit dem prophetischen Geist ausgerüstet worden war, begann er von Kindheit an zu prophezeien. Deshalb sagte er – denn ich will zuerst die gewöhnliche Ansicht darlegen –: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“ e Einer meiner Vorgänger466 hat sich mit der Stelle beschäftigt und dargelegt, dass er (sc. Jeremia) dies nicht zur leiblichen Mutter sagte, sondern zu der Mutter, die Propheten gebiert. Wer aber gebiert Propheten, die Weisheit Gottes? Er sagte also: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren“, o Weisheit? Die Kinder der Weisheit sind aber auch im Evangelium verzeichnet: „Und die Weisheit sendet ihre Kinder aus.“467 Es wird

und Pflegerin, der Weisheit, zuzurufen: ‚O Mutter, wie stark hast du mich geboren‘, nicht bezüglich der körperlichen Stärke, sondern der Zähigkeit im Hass wider das Böse.“ Übersetzung: Stein, Philo Werke V, 113. 114 (der irrtümlich „Wahrheit“ statt „Weisheit“ übersetzt, in der zugehörigen Fußnote, ebd. 114 Anm. 3, aber korrekt von „Weisheit“ spricht). In det. pot. insid. 115 (I p. 284 Cohn/Wendland) bezeichnet Philon die Weisheit als „Amme, Pflegerin und Ernährerin derer, die nach unsterblicher Kost begehren“. Übersetzung: Leisegang, Philo Werke III, 313. Siehe dazu Runia, Philo in Early Christian Literature 162. 467 Von Kindern der Weisheit ist in Lk. 7,35 (par. Mt. 11,19 varia lectio) die Rede, allerdings ohne den Gedanken des Aussendens, der in Bezug auf die Weisheit Gottes in

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αὐτῆς.“ Εἴρηται οὖν· „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ“ ἐμὴ σοφία, „ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον“, τίς εἰμι ἐγώ, ὅτι εἰς τοσοῦτον γεγέννημαι, ἵνα δικά­ ζωμαι, ἵνα διακρίνωμαι διὰ τοὺς ἐλέγχους, διὰ τὰς ἐπιπλήξεις, διὰ τὴν δι­ δασκαλίαν πρὸς πάντας τοὺς ἐπὶ τῆς γῆς; Ἐὰν ὁ Ἱερεμίας ταῦτα λέγῃ· „Ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον πάσῃ τῇ γῇ“, οὐκ ἔχω διηγήσασθαι τὸ „πάσῃ τῇ γῇ“· οὐ γὰρ πάσῃ τῇ γῇ διεκρίνετο Ἱερεμίας. Ἢ βιασάμενοι ἐροῦμεν τὸ „πάσῃ τῇ γῇ“ ἀντὶ τοῦ „πάσῃ τῇ Ἰουδαίᾳ“; Οὐ γὰρ ἔφθανεν ἡ προφητεία αὐτοῦ προφητεύοντος τότε εἰς πᾶσαν τὴν γῆν. Μήποτε δὲ ὡς ἐπὶ ἄλλων μυρίων ἐδείξαμεν τὸν Ἱερεμίαν ἀντὶ τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ εἰρῆσθαι, οὕτως καὶ ἐνταῦθα ἐροῦμεν. Ἐν τῇ ἀρχῇ ἐπεσημειωσάμην τὸ „Ἰδοὺ τέθεικά σε εἰς ἔθνη καὶ βασιλείας, ἐκριζοῦν καὶ κατασκάπτειν καὶ ἀπολλύειν καὶ οἰκοδομεῖν καὶ καταφυτεύειν“.a Τοῦτο οὐκ ἐποίησεν ὁ Ἱερεμίας. Ἰησοῦς δὲ Χριστὸς τὰς τῆς [γῆς] ἁμαρτίας βασιλείας ἐξερρίζωσεν καὶ τὰς οἰκοδομὰς τῆς κακίας κατέσκαψε καὶ | ἐποίησεν ἀντὶ ἐκείνων τῶν βασιλειῶν βασιλεῦσαι [ἡμῶν] τὴν δικαιοσύνην καὶ τὴν ἀλήθει­ αν ἐν ταῖς ψυχαῖς ἡμῶν. Ὥσπερ οὖν || ἐκεῖνα ἐπὶ τὸν Χριστὸν μᾶλλον ἥρμοζεν ἀναφέρεσθαι ἢ ἐπὶ τὸν Ἱερεμίαν, οὕτως ἡγοῦμαι καὶ ἄλλα πολλὰ καὶ ταῦτα. 6. Πρῶτον λεκτέον περὶ τοῦ „οἴμοι“, διὰ τὸ δυσφημοειδὲς δύναται ὁ σωτὴρ λέγειν ὁ καὶ ταλανίζων ἑτέρους τὸ „οἴμοι“. Παραστήσομεν δὲ ἀπὸ ὁμολογουμένων λέξεων, αἵτινες οὐχ ἁρμόζουσιν ἄλλῳ ἢ τῷ σωτῆρι, τίνα τρόπον καὶ ἔκλαυσεν ἐπὶ τὴν Ἱερουσαλήμ· κλαίοντος δὲ φωνή ἐστι τὸ „οἴμοι“. Καὶ κεῖται ἐν τῷ εὐαγγελίῳ ὅτι „ἰδὼν τὴν Ἱερουσαλὴμ ἔκλαυσεν ἐπ̓ αὐτὴν“ b καὶ εἶπεν· „Ἱερουσαλὴμ Ἱερουσαλήμ, ἡ ἀποκτείνουσα τοὺς a

Jer. 1,10

b

Lk. 19,41

11  ἐπεσημειωσάμην Kl mit H (annotauimus) ἐπεὶ ἐσημειωσάμην S 15  ἡμῶν del. Kl mit Co H 19  εἰ Del H (an)

13  γῆς del. Kl mit H

Lk. 11,49 begegnet, wo jedoch Propheten und Apostel ausgesendet werden. Es könnte sich um eines der ‚Zitate‘ handeln, in denen dem aus dem Gedächtnis zitierenden Origenes verschiedene, aber im Wortlaut ähnliche Bibelstellen ineinandergeflossen sind: Schadel, BGrL 10, 299 Anm. 144; Smith, FaCh 97, 140 Anm. 38. – Nautin, SC 238, 75 Anm. 3, überlegt, ob Origenes das Zitat im Hebräerevangelium gefunden hat, aus dem er in der Parallelstelle in der nächsten Homilie zitiert: in Hier. hom. 15,4 (GCS Orig. 32, 128). Siehe dazu unten S. 382 Anm. 547. 468 So Hieronymus, in Hier. III 52,1 (CChr.SL 74, 147f.): „Das kann man nach Art einer Synekdoche auf Jeremia beziehen und so verstehen, dass er nicht auf dem ganzen Erdkreis, sondern im Lande Juda gerichtet wurde. In Wahrheit aber passt es auf den Herrn, den Erlöser, der im Evangelium sagt: ‚Zum Gericht bin ich in diese Welt gekommen, damit die, die nicht sehen, sehen und die, die sehen, blind werden‘ (Joh. 9,39).“ 469 Die Wendung „am Anfang“ kann sowohl den Anfang des Buches Jeremia als auch den Anfang der Predigten des Origenes über dieses Buch bezeichnen. Den größten

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also gesagt: „Weh mir“, meine „Mutter“ Weisheit, „als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, der vor Gericht gezerrt wird“, wer bin ich, dass ich dazu geboren bin, vor Gericht gezerrt zu werden und umstritten zu sein wegen des Tadels, wegen der Vorwürfe, wegen der Belehrung, gerichtet an alle Menschen auf der Erde? Falls Jeremia dies sagt: „Als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“, habe ich keine Erklärung für die Wendung „auf der ganzen Erde“, denn Jeremia war nicht auf der ganzen Erde umstritten. Oder sollen wir dem Text Gewalt antun und sagen, „auf der ganzen Erde“ stehe für „in ganz Judäa“?468 Denn seine Prophezeiung erreichte, als er damals prophezeite, nicht die ganze Erde. Doch wie wir an zahllosen anderen Stellen gezeigt haben, dass Jeremia für unseren Herrn Jesus Christus steht, so werden wir das vielleicht auch hier sagen können. Am Anfang habe ich die Aussage hervorgehoben: „Siehe, ich habe dich über Völker und Königreiche gesetzt, um auszureißen und niederzureißen und zu zerstören, um aufzubauen und einzupflanzen.“a469 Das hat nicht Jeremia getan.Vielmehr hat Jesus Christus die Königreiche der Sünde ausgerissen und die Gebäude der Bosheit niedergerissen, und an Stelle jener Königreiche ließ er die Gerechtigkeit und die Wahrheit in unseren Seelen herrschen.470 Wie es also besser passt, jenes auf Christus zu beziehen als auf Jeremia, so, meine ich, auch viele andere Stellen471 und auch die vorliegende. 6. Als erstes ist über den Ausruf „weh mir“ zu reden, angesichts seines unguten Klangs der Erlöser, auch wenn er andere beklagt, „weh mir“ sagen kann. Ausgehend von übereinstimmenden Bibelstellen, die auf keinen anderen passen als auf den Erlöser, werden wir darlegen, auf welche Weise er auch über Jerusalem klagte; „weh mir“ ist ja Ausruf eines Klagenden.472 Im Evangelium steht, dass „er beim Anblick der Stadt Jerusalem über sie zu klagen anfing“ b und sagte: „Jerusalem, Jerusalem, Stadt, die die Propheten tötet

Teil der ersten Jeremiahomilie widmete er der Aussage in Jer. 1,10: in Hier. hom. 1,6–16 (GCS Orig. 32, 4–16). 470 Vgl. dazu bes. in Hier. hom. 1,7 (GCS Orig. 32, 5). 471 Ein Beispiel findet sich in Hier. hom. 10,1 (GCS Orig. 32, 71f.). 472 Die folgende Erklärung wiederholt Origenes unten in Hier. hom. 15,3f. (GCS Orig. 32, 127f.). In Num. hom. 23,2 (GCS Orig. 7, 212f.) greift er auf dieselben Bibelstellen (Mt. 23,37 und Mich. 7,1f.) zurück, um den Gedanken zu erläutern, dass die Sünden der Menschen Gott Betrübnis bereiten: „Aber wie unsere guten Taten und Fortschritte in den Tugenden Gott und den Engeln Freude und Heiterkeit bereiten, so fürchte ich, dass unser schlechtes Verhalten nicht nur die Erde, sondern auch den Himmel mit Klagen und Betrübnissen erfüllt und die menschlichen Sünden vielleicht auch Gott selbst Traurigkeit einflößen.“ Und zu den Bibelstellen kommentiert er: „Das sind die Ausrufe des Herrn, der über das Menschengeschlecht betrübt ist.“ Ebenso in Hiez. hom. 1,5 (GCS Orig. 8, 329f.).

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προφήτας καὶ λιθοβολοῦσα τοὺς ἀπεσταλμένους πρὸς αὐτήν, ποσάκις ἠθέλησα ἐπισυναγαγεῖν τὰ τέκνα σου“ καὶ τὰ ἑξῆς.a Σαφῶς δὲ καὶ ταῦτα ὑπὸ τοῦ σωτῆρος λέλεκται ἐν τῷ „Οἴμοι ὅτι ἐγενήθην ὡς συνάγων καλάμην ἐν ἀμητῷ καὶ ὡς ἐπιφυλλίδα ἐν τρυγητῷ, οὐκ ὄντος στάχυος τοῦ φαγεῖν τὰ πρωτόγονα. Οἴμοι ψυχή, ὅτι ἀπόλωλεν εὐλαβὴς ἀπὸ τῆς γῆς, καὶ ὁ κατορθῶν ἐν ἀνθρώποις οὐχ ὑπάρχει. Πάντες εἰς αἵματα δικάζονται.“ b Ἦλθε γὰρ [ὡς συνάγων καλάμην] εἰς ἀμητὸν ἵνα θερίσῃ, καὶ εὑρίσκει πολ­ λοὺς ἁμαρτωλοὺς καὶ λέγει· „Οἴμοι ὅτι ἐγενήθην ὡς συνάγων καλάμην ἐν ἀμητῷ.“ Ἦλθε τρυγῆσαι καρπὸν ζωῆς ἐν τοῖς ἀνθρώποις, εὑρίσκει πολλὰ ἁμαρτήματα ἐν ἡμῖν καὶ διὰ τοῦτο λέγει· „Καὶ ὡς ἐπιφυλλίδα ἐν τρυγητῷ, οὐκ ὄντος στάχυος τοῦ φαγεῖν τὰ πρωτόγονα.“ Φησὶ καὶ ἀλλαχοῦ τὸ παραπλήσιον τούτοις πρὸς τὸν πατέρα λέγων· „Τίς ὠφέλεια ἐν τῷ αἵματί μου, ἐν τῷ κατα||βῆναί με εἰς διαφθοράν;“ c Τί ὠφέλησα τηλικοῦτο τοὺς ἀνθρώπους; Τί ἄξιον τοῦ αἵματος, οὗ ἐξέχεα ὑπὲρ αὐτῶν, πεποιήκασι; „Τίς ὠφέλεια ἐν τῷ αἵματί , | ἐν τῷ καταβῆναί με;“ Ἐξ οὐρανῶν καταβέ­ βηκα, ἦλθον ἐπὶ τὴν γῆν, ἐπέδωκα ἐμαυτὸν διαφθορᾷ, ἐφόρεσα σῶμα ἀν­ θρώπινον· τί αὐτῶν ἄξιον κατώρθωται τοῖς ἀνθρώποις; „Τίς ὠφέλεια ἐν τῷ αἵματί μου, ἐν τῷ καταβῆναί με εἰς διαφθοράν; Μὴ ἐξομολογήσεταί σοι χοῦς, ἢ ἀναγγελεῖ τὴν ἀλήθειάν σου;“ d Τοιοῦτο οὖν ἐστι καὶ τὸ ἐνθάδε πρῶτον ὑπὸ τοῦ σωτῆρος λεγόμενον τὸ „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα;“ e Οὐχὶ ᾗ θεὸς ὁ σωτὴρ λέγει τὸ „οἴμοι ἐγώ, μῆτερ“, ἀλλ̓ ᾗ ἄνθρωπος, ὡς ἐν τῷ προφήτῃ· „Οἴμοι ψυχή, ὅτι ἀπόλωλεν εὐλαβὴς ἀπὸ τῆς γῆς.“ f Ἡ δὲ ψυχὴ ἀνθρωπίνη ἦν, διὰ τοῦτο καὶ „τετάρακται“, g διὰ τοῦτο καὶ „περίλυπος“ ἦν. h Ὁ δὲ λόγος ὁ „ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεὸν“ i οὐ τετάρακται, ἐκεῖνος οὐκ ἂν λέγοι τὸ „οἴμοι“. Οὐδὲ γὰρ ὁ λόγος ἐπιδέχεται a

Mt. 23,37 Joh. 12,27

g

b h

Mich. 7,1f. c Ps. 29(30),10 d Ps. 29(30),10 Mk. 14,34; Mt. 26,38 i Joh. 1,2

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Jer. 15,10

f

Mich. 7,1f.

3. 8  ἐγενήθην Hu LXX H (factus sum) ἐγεννήθην S 7  ὡς – καλάμην del. Bl Kl (nicht Nt) 13  τοὺς Scorr. τοῖς S* 15  μου Kl mit H (meo) 21  ᾗ1 Kl mit H (iuxta id quod) ὁ S 21  ᾗ2 Lo Kl mit H (iuxta id quod) ἢ S 24  περίλυπος Co περίλοιπος S

473 Siehe dazu oben S. 329 Anm. 440. 474 Blass hat die Wendung ὡς συνάγων καλάμην zu Recht getilgt (übernommen von

Klostermann, GCS Orig. 3, 111, und Schadel, BGrL 10, 155; abgelehnt von Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 78, und Smith, FaCh 97, 141): Der Erlöser kam nicht „wie einer, der Häcksel sammelt“, zur Ernte, sondern um richtig zu ernten, klagt aber wegen der Sünden der Menschen, dass es ihm geht wie einem, der nur noch Häcksel und Stoppelhalme vorfindet. Der nächste Satz ist ganz parallel aufgebaut: Der Erlöser kommt, um die Frucht des Lebens zu ernten, findet wegen der Sünden der Menschen aber nur noch kleine Träubchen, die für die Nachlese hängengelassen wurden.

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und die zu ihr473 Gesandten steinigt! Wie oft wollte ich deine Kinder um mich scharen“ usw.a Offenkundig aber hat der Erlöser auch Folgendes gesagt: „Weh mir, denn ich bin geworden wie einer, der Häcksel sammelt bei der Ernte und Träubchen bei der Weinlese und keine Erstlingsfrüchte zum Essen hat! Weh mir, Seele, denn der Anständige ist von der Erde verschwunden und es gibt keinen Rechtschaffenen unter den Menschen! Alle streiten vor Gericht bis aufs Blut.“ b Denn er kam474 zur Ernte, um zu ernten, findet aber viele Sünder und sagt: „Weh mir, denn ich bin geworden wie einer, der Häcksel sammelt bei der Ernte!“ Er kam, um die Frucht des Lebens bei den Menschen zu ernten, findet viele Sünden in uns und sagt daher: „und wie einer, der Träubchen bei der Weinlese sammelt und keine Erstlingsfrüchte zum Essen hat“. Auch anderswo sagt er etwas dem Ähnliches, wenn er zum Vater sagt: „Welcher Nutzen liegt in meinem Blut, wenn ich in die Vergänglichkeit hinabsteige?“ c Warum habe ich den Menschen solchen Nutzen gebracht? Was haben sie getan, das des Blutes würdig wäre, das ich für sie vergossen habe? „Welcher Nutzen liegt in Blut, wenn ich hinabsteige?“ Ich bin vom Himmel hinabgestiegen, bin auf die Erde gekommen, habe mich der Vergänglichkeit ausgeliefert, habe einen menschlichen Leib getragen. Was haben die Menschen Rechtes getan, das dessen würdig wäre? „Welcher Nutzen liegt in meinem Blut, wenn ich in die Vergänglichkeit hinabsteige? Wird etwa der Staub dich preisen oder deine Wahrheit verkünden?“ d475 Etwas Derartiges nun ist auch das, was hier als erstes vom Erlöser gesagt wird: „Weh mir, Mutter, als was für einen Mann hast du mich geboren?“ e Nicht, insofern er Gott ist, sagt der Erlöser: „Weh mir, Mutter“, sondern, insofern er Mensch ist, so wie im Propheten: „Weh mir, Seele, denn der Anständige ist von der Erde verschwunden!“ f Die Seele aber war menschlich, deshalb war sie auch „erschüttert“,g deshalb war sie auch „betrübt“.h Das Wort aber, „das im Anfang bei Gott war“,i war nicht erschüttert, jenes würde wohl auch nicht sagen: „Weh mir!“ Denn das Wort ist auch nicht dem Tod

Die wiederholte Auslegung unten in Hier. hom. 15,3 (GCS Orig. 32, 128) bestätigt diese Textauffassung. Hieronymus hat den Text ebenso verstanden: uenit enim ut meteret fructus, et quasi stipula in segete reperta propter plurimos peccatores … In Num. hom. 23,2 (GCS Orig. 7, 213) erklärt Origenes Mich. 7,1f. in derselben Weise: „Er selbst kam nämlich zum Einsammeln der Erntefrüchte und fand nur Stroh statt der Früchte, und er kam zum Lesen der Weintrauben, doch fand er nur wenige Trester statt Trauben.“ 475 Dieselben Überlegungen bietet Origenes, in Matth. comm. ser. 135 (GCS Orig. 11, 280): „Was aber haben die, die aus den Heidenvölkern zum Glauben kamen, so Gutes getan, dass ich sie durch mein ‚kostbares Blut‘ (1 Petr. 1,19), das für sie auf die Erde ausgegossen wurde, von dem Bösen loskaufte, der sie in der Gewalt hatte? … Oder was werden die Menschen, für die ich dies erleide, tun, das wert ist, dass ich dies für sie erleide?“ Im Anschluss an diese Fragen zitiert er Ps. 29(30),10 und Mich. 7,1f. Übersetzung: Vogt, BGrL 38, 340.

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θάνατον, ἀλλὰ τὸ ἀνθρώπινόν ἐστι τὸ τοῦτο ἐπιδεξάμενον, ὡς πολλάκις παρεστήσαμεν. 7. „Ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“a Ἐὰν ἴδῃς μοι τοὺς πανταχοῦ μάρτυρας δικαζομένους καθ̓ ἑκά­ στην ἐκκλησίαν παρισταμένους τοῖς δικασταῖς, ὄψει τίνα τρόπον Ἰησοῦς Χριστὸς ἐν ἑκάστῳ τῶν μαρτύρων δικάζεται· αὐτὸς γάρ ἐστιν ὁ ἐν τοῖς μαρτυσι τῇ ἀληθείᾳ δικαζόμενος. b Καὶ τοῦτο πεισθήσῃ παραδέξασθαι βλέπων ὅτι οὐ σέ φησιν εἶναι ἐν φυλακῇ ὅταν σὺ ᾖς ἐν φυλακῇ, ἀλλ̓ ­ἑαυτόν, οὐ σὲ πεινῶντα ὅταν σὺ πεινᾷς, ἀλλ̓ ἑαυτόν, οὐ σὲ διψῶντα, ἀλλ̓ ἑαυτόν. || „Ἐν φυλακῇ ἤμην καὶ ἤλθετε πρός με.“ c „Ἐπείνων καὶ ἐδώκατέ μοι φα­ γεῖν, ἐδίψων καὶ ἐποτίσατέ .“ d Οὐκοῦν κἂν δικάζηται Χριστιανὸς οὐ δι᾽ ἄλλο τι, οὐ διὰ τὰς ἰδίας ἁμαρτίας, ἀλλ̓ ὅτι Χριστιανός ἐστι, Χριστός ἐστιν ὁ δικαζόμενος. Ἐν πάσῃ οὖν τῇ γῇ δικάζεται Χριστὸς Ἰησοῦς· καὶ ὁσάκις οὖν Χριστιανὸς δικάζεται, Χριστός ἐστιν ὁ δικαζόμενος· οὐ | μόνον ἐπὶ τούτων τῶν δικαστηρίων, ἀλλὰ φέρε συκοφαντεῖσθαι Χριστιανὸν [ἃ δεῖ] περί τινος ἐγκαλούμενον, καὶ τότε Χριστὸς ἀδίκως δικάζεται. „Ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“ e 8. Τίς οὖν οὐ δικάζει τὸν Χριστιανῶν λόγον; Τίς τῶν ἐθνῶν κἂν ἁπλῶς οὐκ ἐξετάζει αὐτόν; Τίς οὐ λέγει τῶν Ἰουδαίων τὰ περὶ Χριστιανῶν; a

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7  μαρτυροῦσι Bl Koe mit H (perhibentibus ueritati 4  καὶ Bl mit H (et) (nicht Nt) testimonium) 11  με Lo H (me) 15–16  ἃ δεῖ del. Kl ἀδίκως Lie Nt 18–19  καὶ1 – γῇ setzt Hu mit H hierher (in S steht der Satz nach ἰδιωτῶν) 19  τίς οὖν οὐ oder τίς ων οὐ Kl (GCS Orig. 3, 349) offenbar mit H (improborum) 19  Χριστιανῶν Kl (GCS Orig. 3, 349) Χριστιανόν S 476 Vgl. in Matth. comm. ser. 65 (GCS Orig. 11, 152): Gemäß dem Leib, den der Sohn

annahm, ist er erschüttert und betrübt, wozu ebenfalls Joh. 12,27 und Mk. 14,34 bzw. Mt. 26,38 zitiert werden; in Ioh. comm. I 28,192 (GCS Orig. 4, 35): Es ist die Seele in Christus, „die aufgrund der Menschlichkeit sowohl erschüttert als auch betrübt wurde“; XXVIII 18,157–159 (4, 412f.): Insofern Jesus Mensch ist, ist er dem Tod unterworfen, nicht insofern er Gott ist: „Das Wort, das Gott ist, die Wahrheit, die Weisheit und die Gerechtigkeit, ging nicht in den Tod; denn das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung, unterliegt nicht dem Tod“; Cels. IV 15 (GCS Orig. 1, 285): „Das Wort, das dem Wesen nach Wort bleibt, erleidet nichts, was der Leib oder die Seele erleiden“; in Hiez. hom. 1,5 (GCS Orig. 8, 330): „Die Wendung ‚weh mir‘ ist nicht Ausruf des Erstgeborenen der ganzen Schöpfung, nicht Ausruf der Gottheit, sondern der menschlichen Seele, die er angenommen hat.“ Hieronymus, in Hier. III 52,2f. (CChr.SL 74, 148), greift diese Deutung in seinem Kommentar auf und legt sie in Kurzform dar. Siehe auch Holz, Begriff des Willens 66; Fédou, Sagesse 202f. 477 In exhort. mart. 36 (GCS Orig. 1, 33) mahnt Origenes den Adressaten Ambrosios und seinen „Mitstreiter“ Protoktetos zur Standhaftigkeit, und zwar zusammen mit „denen, die mit euch Zeugnis ablegen (συμμαρτυροῦσιν ὑμῖν) und auf diese Weise das

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unterworfen, sondern es ist das Menschliche, das diesem unterworfen ist, wie wir oft dargelegt haben.476 7. „Als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“a Wenn du mir die Märtyrer betrachtest, die überall vor Gericht gezerrt in jeder Gemeinde den Richtern vorgeführt werden, wirst du sehen, auf welche Weise Jesus Christus in jedem der Märtyrer vor Gericht gezerrt wird. Er selbst ist es nämlich, der in denen, die für die Wahrheit Zeugnis ablegen, vor Gericht gezerrt wird.b477 Und davon wirst du dich überzeugen lassen, wenn du siehst, wie er sagt, dass nicht du im Gefängnis bist, wenn du im Gefängnis bist, sondern er selbst, dass nicht du hungerst, wenn du hungerst, sondern er selbst, dass nicht du dürstest, sondern er selbst. „Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.“ c „Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig, und ihr habt zu trinken gegeben.“ d478 Wenn nun also ein Christ nicht wegen etwas anderem vor Gericht gezerrt wird, nicht wegen der eigenen Verfehlungen, sondern weil er ein Christ ist, ist es Christus, der vor Gericht gezerrt wird. Auf der ganzen Erde also wird Christus Jesus vor Gericht gezerrt. Und sooft also ein Christ vor Gericht gezerrt wird, ist es Christus, der vor Gericht gezerrt wird. Nicht nur bei diesen Gerichtsverhandlungen, sondern angenommen, ein Christ, der479 wegen irgendetwas unter Anklage steht, wird verleumdet, auch dann wird Christus ungerecht vor Gericht gezerrt. „Als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“ e 8. Wer zerrt denn die Lehre der Christen nicht vor Gericht? Wer von den Heiden, wenn auch in simpler Weise, nimmt sie nicht unter die Lupe? Wer von den Juden spricht nicht über die Sache der Chriserfüllen, was von den Leiden Christi noch aussteht.“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 22, 85. Vgl. in Ioh. comm. X 35,229–232 (GCS Orig. 4, 209f.) sowie unten in Hier. hom. 19,2(18,12) (GCS Orig. 32, 168). Siehe dazu Völker, Vollkommenheitsideal 224f.; de Lubac, Geist aus der Geschichte 248f.; Fédou, Sagesse 346–348. 478 Vgl. orat. 11,2 (GCS Orig. 2, 322): „Das verspricht auch Christus, nämlich bei jedem Heiligen, der schwach ist, ebenfalls schwach und im Gefängnis zu sein, nackt und fremd zu sein, zu hungern und zu dürsten (vgl. Mt. 25,35–40). Denn wer von denen, die das Evangelium lesen, weiß nicht, dass Christus die den Gläubigen zustoßenden Leiden auf sich selbst bezieht und diese somit als seine eigenen betrachtet?“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 21, 141. Vgl. auch in Matth. comm. XIII 2 (GCS Orig. 10, 183). 479 Klostermann, GCS Orig. 3, 113, tilgt ἃ δεῖ (übernommen von Schadel, BGrL 10, 156). Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 80, folgt der Konjektur von Lietzmann ἀδί (übernommen von Smith, FaCh 97, 143). Das scheint aber unnötig, weil dieser Sinn der Aussage, der im Folgekolon aufgegriffen wird, im Verbum „verleumden“ schon enthalten ist.

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Τίς τῶν Ἑλλήνων; Τίς τῶν φιλοσόφων; Τίς τῶν ἰδιωτῶν; Πανταχοῦ Ἰησοῦς δικάζεται καὶ κρίνεται· καὶ ὑφ̓ ὧν μὲν καταδικάζεται, ὑφ̓ ὧν δὲ οὐ καταδι­ κάζεται. Ἐὰν μὴ καταδικάζηται, παράδεκτος γίνεται· ἀνοίγεις αὐτῷ τὰς θυρίδας, εἰσέρχεται πρός σε· πιστεύεις εἰς αὐτόν, .a Ἐὰν δὲ μὴ παραδέξῃ περὶ Χριστιανισμοῦ ἀκούων, οὐδὲν ἄλλο πεποίηκας ἢ κατεδίκασας τὸν Ἰησοῦν ψευδόμενον, ὡς πλανήσαντα τοὺς ἀνθρώ­ πους, ὡς οὐκ ἀληθεύοντα, διὰ τοῦ μὴ πεπιστευκέναι τῷ λόγῳ ᾧ διδάσκει. „Ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“ b Ὅσοι μὲν τέλεον ἀπιστοῦσι, καταδικάζουσιν αὐτόν· ὅσοι δὲ οὐκ ἀπιστοῦ­ σιν ἀλλὰ ἀμφιβάλλουσι περὶ αὐτοῦ, διακρίνονται περὶ αὐτοῦ. Δύο πάσχει ὁ Ἰησοῦς ἐν ἀνθρώποις· ὑπὸ μὲν τῶν ἀπίστων || καταδικάζεται, ὑπὸ δὲ τῶν διψύχων διακρίνεται. c Ἐὰν φορέσῃς „τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπουρανίου“ ἀποθέμενος „τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ“, d οὐκ εἶ γῆ καταδικάζουσα αὐτόν, οὐδὲ εἶ γῆ ἐν ᾗ καταδικάζεται, οὐκέτι γῆ εἶ διακρίνουσα αὐτόν. 9. „Ἡ ἰσχύς μου ἐξέλιπεν ἐν τοῖς καταρωμένοις με.“ e Ὁ ἀπόστολος λέγει περὶ τοῦ σωτῆρος ὅτι „ἐσταυρώθη ἐξ ἀσθενείας“. f Καὶ ὁ προφήτης δὲ πα­ ραπλήσια τούτοις λέγει ἐν τῷ „Κύριε, τίς ἐπίστευσε τῇ ἀκοῇ ἡμῶν; Καὶ ὁ βραχίων κυρίου τίνι ἀπεκαλύφθη; Ἀνηγγείλαμεν | ἐναντίον αὐτοῦ ὡς παι­ δίον, ὡς ῥίζα ἐν γῇ διψώσῃ· εἴδομεν αὐτόν, καὶ οὐκ εἶχεν εἶδος οὐδὲ κάλλος, ἀλλὰ τὸ εἶδος αὐτοῦ ἄτιμον, ἐκλεῖπον παρὰ τοὺς υἱοὺς τῶν ἀνθρώπων. Ἄνθρωπος ἐν πληγῇ ὢν καὶ ἐν πόνῳ καὶ εἰδὼς φέρειν μαλακίαν, ὅτι ἀπ­ έστραπται τὸ πρόσωπον αὐτοῦ ἀπὸ ἀτιμίας, ἠτιμάσθη καὶ οὐκ ἐλογίσθη. Οὗτος τὰς ἀνομίας ἡμῶν φέρει καὶ περὶ ἡμῶν ὀδυνᾶται, καὶ ἡμεῖς ἐλογισά­ μεθα αὐτὸν εἶναι ἐν πόνῳ καὶ ἐν πληγῇ καὶ ἐν κακώσει. Αὐτὸς δὲ ἐτραυ­ ματίσθη διὰ τὰς ἀνομίας ἡμῶν, καὶ μεμαλάκισται διὰ τὰς ἁμαρτίας ἡμῶν· παιδεία εἰρήνης ἡμῶν ἐπ̓ αὐτόν, τῷ μώλωπι αὐτοῦ ἡμεῖς ἰάθημεν.“ g Οὐκοῦν ἀνέλαβε τὴν ἀσθένειαν τῶν ἁμαρτημάτων ἡμῶν καὶ ἐφόρεσεν ἡμᾶς καὶ ἦλθε πρὸς τοὺς καταρωμένους αὐτόν, καὶ ἡ ἰσχὺς αὐτοῦ ἐξέλιπεν ἀπὸ τῶν κατ­ αρωμένων ἀπ̓ οὐρανῶν καταβαίνοντος. Ἅμα γὰρ ἀνέλαβε τὴν τοῦ δούλου μορφὴν καὶ ἑαυτὸν ἐκένωσεν, ὡς ὁ ἀπόστολος εἶπεν ὅτι „ἐκένωσεν ἑαυτὸν a

Offb. 3,20 53,1–5

b

Jer. 15,10

c

Jak. 1,6.8

d

1 Kor. 15,49

e

Jer. 15,10

f

2 Kor. 13,4

g

Jes.

4  δειπνεῖ μετὰ σοῦ Kl (nicht Nt) mit H (uescitur tecum) NT (Offb. 3,20: δειπνήσω μετ᾽ αὐτοῦ) 6  ὡς1 Kl mit H (ut) 13  εἶ Co εἰ S 14  εἶ1 Co εἰ S 14  εἶ2 Kl εἴη S 21  ὅτι Kl mit H (quia) ὅτε S

480 Vgl. Hieronymus, in Hier. III 52,2 (CChr.SL 74, 148): „Denn wer von den Philo-

sophen, wer von den Heiden, wer von den Häretikern urteilt nicht über Christus?“ Zum kritischen Urteil des Origenes über die antike Philosophie siehe Harnack, Erträge I, 39–47; Crouzel, Origène et la philosophie 139–141. 157–159; ders., Origène 207–215; Fürst, Origenes 73f.

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ten? Wer von den Griechen? Wer von den Philosophen? Wer von den Ungebildeten?480 Überall steht Jesus vor Gericht und ist umstritten, und von den einen wird er verurteilt, von anderen aber wird er nicht verurteilt. Wenn er nicht verurteilt wird, wird er aufgenommen: Du öffnest ihm die Türen, er tritt zu dir ein. Du glaubst an ihn, .a Wenn du ihn aber nicht aufgenommen hast, als du vom Christentum hörtest, hast du nichts anderes getan als Jesus einen Lügner zu verurteilen, als einen, der die Menschen irreführt, als einen, der nicht die Wahrheit sagt, weil du dem Wort, das er lehrt, nicht geglaubt hast. „Als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“ bAlle, die gar nicht glauben, verurteilen ihn. Alle aber, die den Glauben zwar nicht ablehnen, aber über ihn zweifeln, streiten über ihn. Zweierlei erleidet Jesus unter den Menschen: Von den Ungläubigen wird er verurteilt, von den Zweiflern481 wird über ihn gestritten.cWenn du „das Bild des Himmlischen“ trägst, nachdem du „das Bild des Irdischen“ abgelegt hast,d bist du nicht Erde, die ihn verurteilt, bist du auch nicht Erde, auf der er verurteilt wird, bist du nicht mehr Erde, die über ihn streitet. 9. „Meine Kraft schwand in denen, die mich verfluchten.“ e Der Apostel sagt über den Erlöser, dass „er aus Schwachheit gekreuzigt wurde“.f Und der Prophet sagt etwas ganz ähnliches: „Herr, wer glaubte unserer Botschaft? Und wem wurde der Arm des Herrn offenbart? In seiner Gegenwart haben wir ihn angekündigt wie ein Kind, wie eine Wurzel in dürstendem Land. Wir haben ihn gesehen, und er hatte kein Aussehen und keine Schönheit, sondern sein Aussehen war ohne Würde, verschwindend gering im Vergleich zu den Menschensöhnen. Ein Mensch in Unglück und Not, der Schwachheit zu ertragen weiß. Weil er sein Antlitz vor Schmach abgewandt hat, wurde er verachtet und nicht geschätzt. Dieser trägt unsere Missetaten und leidet um unseretwillen, und wir schätzten ihn so ein, dass er sich in Not, Unglück und Elend befinde. Er aber wurde verwundet wegen unserer Missetaten und geschwächt wegen unserer Sünden. Die Züchtigung zu unserem Wohlergehen lag auf ihm, durch seine Striemen wurden wir geheilt.“ g482 Er hat also die Schwäche unserer Sünden angenommen und uns getragen und kam zu denen, die ihn verfluchen, und seine Kraft schwand vor denen, die ihn verfluchen, als er vom Himmel herabstieg. Denn zugleich nahm er die Gestalt des Knechtes an und entäußerte sich selbst, wie der Apostel sagte: „Er entäußerte

481 Im „Hirt des Hermas“, den Origenes hochschätzte und den er oft herangezogen hat,

werden der Zweifel und der Zweifler massiv kritisiert: N. Brox, KAV 7, Göttingen 1991, 551–553. 482 Das vierte Lied vom leidenden Gottesknecht wird in der altchristlichen Literatur oft zitiert. Vgl. 1 Clem. 16,3–14 (p. 44 Fischer); Justin, I apol. 50,2–11 (SC 507, 258–260); dial. 13,2–9 (PTS 47, 90–92); Cels. I 54f. (GCS Orig. 1, 105f.); VI 75 (2, 145).

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μορφὴν δούλου λαβών“.a „Ἐξέλιπεν“ οὖν φησιν „ἡ ἰσχύς μου ἐν τοῖς κατ­ αρωμέ||νοις με.“ b 10. Ἴδωμεν εἰ αὐτοῦ διδόντος τοῦ λόγου δυνάμεθα καὶ ἄλλο σαφέ­ στερόν τι παρὰ τὰ εἰρημένα εἰπεῖν εἰς τὸ „Ἡ ἰσχύς μου ἐξέλιπεν ἐν τοῖς καταρωμένοις με“. c „Ἦν τὸ φῶς τὸ ἀληθινόν, ὃ φωτίζει πάντα ἄνθρωπον ἐρχόμενον εἰς τὸν κόσμον.“ d Καὶ ὅς ἐστι λο­ γικός, μετέχει τοῦ ἀληθινοῦ φωτός, λογικὸς δέ ἐστι πᾶς ἄνθρωπος. Τῶν οὖν μετεχόντων λόγου πάντων ἀνθρώπων ἐν τισὶ μὲν ἡ ἰσχὺς τοῦ λόγου ηὔξησεν, ἐν τισὶ δὲ ἐκλείπει. Ἐὰν μὲν ἴδῃς ψυχὴν ἐμπαθῆ καὶ ἁμαρτωλόν, ὄψει ἐκεῖ τὴν ἰσχὺν τοῦ λόγου ἐπιλείπουσαν· ἐὰν δὲ ἴδῃς ψυχὴν ἁγίαν καὶ δικαίαν, ὄψει τὴν ἰσχὺν τοῦ λόγου ὁσημέραι καρποφοροῦσαν. Καὶ τὸ εἰρη­ μένον περὶ Ἰησοῦ ἐφαρμόσεις τοῖς δικαίοις. Οὐ γὰρ καθ̓ αὑτὸν μόνον „ὁ Ἰησοῦς προέκοπτεν ἐν τῇ σοφίᾳ καὶ ἡλικίᾳ καὶ χάριτι παρὰ θεῷ καὶ ἀν­ θρώποις“, e ἀλλὰ καὶ ἐν ἑκάστῳ τῶν τὴν προκοπὴν ἐν σοφίᾳ καὶ ἡλικίᾳ καὶ χάριτι παραδεχομένων „προκόπτει Ἰησοῦς ἐν σοφίᾳ καὶ ἡλικίᾳ | καὶ χάρι­ τι παρὰ θεῷ καὶ ἀνθρώποις“. Λέγει οὖν ὁ λόγος, ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ, ὢν ἐν τῷ εἰπόντι „οἴμοι ἐγώ, μῆτερ“ καὶ τὰ ἑξῆς, ὅτι „ἡ ἰσχύς μου ἐξέλιπεν ἐν τοῖς καταρωμένοις με“. f Ὃς ἂν καταράσηται τῷ λόγῳ, οὗτος εὐθέως λαμβάνει τὴν κόλασιν ἐπὶ τῷ καταράσασθαι τῷ λόγῳ, ἐπὶ τῷ μέμψασθαι τῇ διδασκαλίᾳ Ἰησοῦ· ἡ γὰρ ἰσχὺς τοῦ Ἰησοῦ ἐκλείπει ἐν τῷ τοιούτῳ, καὶ οὐκ ἔστιν ἰσχὺς λόγου ἐν αὐτῷ. Ὡς πάλιν ἐκ τοῦ ἐναντίου, ἐὰν εὐλογήσῃς Ἰησοῦν καὶ παραδέξῃ αὐτόν, ἡ ἰσχὺς τὸ ἐναντίον πάσχει οὗ πέ­ a

Phil. 2,7

b

Jer. 15,10

c

Jer. 15,10

d

Joh. 1,9

e

Lk. 2,52

f

Jer. 15,10

6–7  τὸ – κόσμον Kl mit H (lux uera Filius est Dei, quae illuminat omnem hominem uenientem in mundum) 10  μὲν Kl δὲ S 13  ἐφαρμόσεις Kl mit H (aptabis) ἐφαρμόσει S 17  ὁ3 Lie 23  αὐτοῦ Kl mit H (eius) 23  οὗ Bl ὃ S 483 Der griechische Begriff λόγος lässt sich als „Wort“ oder als „Vernunft“ übersetzen, ja

er deckt überhaupt das weite Spektrum dessen ab, was zur Rationalität des Menschen gehört. Im Passowschen Handwörterbuch der griechischen Sprache sind folgende Bedeutungen aufgelistet: „In Bezug auf das Sprechen“ bedeutet λόγος „Wort“, und zwar das ausgesprochene Wort „mit Rücksicht auf den an die Form sich knüpfenden Gedanken“ (Passow III, 76), „Rede“, „Gespräch“, „Unterredung“, „Spruch“/ „Sprichwort“, „Erzählung“ u.a.; „in Bezug aufs Rechnen“ (ebd. 78) heißt λόγος „Rechnung“, „Berechnung“, letzteres auch im Sinne von „Berücksichtigung“, „Beachtung“, „Achtung“, „Wertschätzung“, ferner „Rechenschaft“ u.a.; „in Bezug auf das Denken“ (ebd. 79) bedeutet λόγος als Vermögen des Denkens „Vernunft“, als Handlung „das Überlegen“, „Überlegung“, „Einsicht“, als Ergebnis des Denkens „Ansicht“, „Grund“, und überhaupt „Sinn“, „Bedeutung“, „Lehre“. Der vorliegende Passus ist ein Musterbeispiel für die Verwendung des Begriffs λόγος gleichzeitig im Sinne von „Wort“ und von „Vernunft“. Im Deutschen gibt es kein Wort, das diese Semantik zum Ausdruck bringt, weshalb es, je nach Kontext, mit dem einen oder

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sich selbst, indem er Knechtsgestalt annahm.“a „Es schwand“, sagt er also, „meine Kraft in denen, die mich verfluchen.“ b 10. Wir wollen sehen, ob wir, wenn das Wort selbst es uns gewährt, noch etwas anderes zu dem Satz: „Meine Kraft schwand in denen, die mich verfluchen“ c sagen können, das deutlicher ist als das bereits Gesagte. „Er war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der in die Welt kommt.“ d Und wer vernunftbegabt ist, hat teil am wahren Licht, vernunftbegabt aber ist jeder Mensch.483 Während nun alle Menschen an der Vernunft teilhaben, hat in einigen die Kraft der Vernunft zugenommen, in anderen aber schwindet sie. Wenn du eine in Leidenschaften verstrickte und sündige Seele betrachtest, wirst du dort die Kraft der Vernunft schwinden sehen.Wenn du aber eine heilige und gerechte Seele betrachtest, wirst du die Kraft der Vernunft Tag für Tag Frucht bringen sehen. Und was über Jesus gesagt ist, wirst du auf die Gerechten übertragen. Denn nicht für sich allein „machte Jesus Fortschritte in der Weisheit, im Alter und in Gnade vor Gott und den Menschen“,e sondern auch in jedem von denen, die Fortschritte in Weisheit, Alter und Gnade machen, „macht Jesus Fortschritte in Weisheit, Alter und Gnade vor Gott und den Menschen“. Die Vernunft also, der Sohn Gottes, die in dem ist, der sagt: „Weh mir, Mutter“ usw., spricht: „Meine Kraft schwindet in denen, die mich verfluchen.“ f Wer die Vernunft verflucht, der empfängt sogleich die Strafe dafür, dass er die Vernunft verflucht, dass er die Lehre Jesu geschmäht hat. Denn die Kraft Jesu schwindet in einem solchen Menschen, und es gibt keine Kraft der Vernunft in ihm.Wenn du andererseits im Gegensatz dazu Jesus preist und ihn aufnimmst, widerfährt Kraft das Gegenteil dessen, was ihr in denen widerfahren ist, die ihn verfluchten. anderen Begriff übersetzt wird. Da es in dem Abschnitt um die Rationalität des Menschen geht, wird λόγος durchgehend mit „Vernunft“ übersetzt, auch wo für den λόγος Gottes (aus Joh. 1,1) die Übersetzung „Wort“ üblich ist. Dieses Übersetzungsproblem stellt sich übrigens auch schon im Lateinischen, wo λόγος entweder mit uerbum oder mit ratio wiedergegeben wird. Rufinus musste den hier vorliegenden Gedanken der Teilhabe der Vernunftwesen (λογικά) an der Vernunft schlechthin (λόγος), dem „Wort“ Gottes, in De principiis daher seinerseits schon mit beiden lateinischen Begriffen wiedergeben, princ. I 3,6 (GCS Orig. 5, 56): omnes, qui rationabiles sunt, Verbi Dei, id est rationis, participes sunt. – Der Teilhabegedanke ist die platonische Denkfigur für den Zusammenhang der Vernunft in einem Einzelwesen und der Vernunft an sich. Siehe dazu V. Roth/C. Schäfer, Art. Teilhabe/Partizipation (metochê, methexis), in: Schäfer, Platon-Lexikon 277–282. Er bildet ein tragendes Element in der metaphysischen Systematik des Origenes. Den Ausdruck „wahres Licht“ in Joh. 1,9 erklärt Origenes, in Ioh. comm. I 25,158–26,180 (GCS Orig. 4, 30–33), als Aspekt (ἐπίνοια) Christi in Bezug auf die intelligible Welt, also auf das Denken, die Vernunft: I 25,161 (4, 31). Vgl. ferner ebd. XX 28,245f. (GCS Orig. 4, 364) zur Teilhabe an Christus als der Wahrheit. Siehe dazu Völker,Vollkommenheitsideal 99. 226; Bruns, Trinität und Kosmos 239.

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πονθεν ἐν τοῖς καταρωμένοις αὐτόν· ὡς γὰρ ἐκεῖ ἐξέλιπεν ἐν τοῖς καταρω­ μένοις, οὕτως || ἐνταῦθα αὔξει ἐν τοῖς εὐλογοῦσι. 11. „Γένοιτο, κύριε, κατευθυνάντων αὐτῶν· εἰ μὴ παρέστην σοι ἐν και­ ρῷ τῶν κακῶν αὐτῶν.“a Tί „γένοιτο, κύριε“; Ὁ δυνάμενος ἀφ̓ ἑαυτοῦ συναγαγέτω τὸ τοιοῦτον τῷ „γένοιτο“· „δέσποτα κύριε, κατευθυνάντων αὐτῶν“ γένοιτο ἰσχὺς ἐκλείπουσα ἐν τοῖς καταρωμένοις, ὅταν μετὰ τὸ κακῶς με εἰπεῖν τραπῶσι τὴν εὐθεῖαν καὶ αὐτὴν ὁδεύσωσι. „Γένοιτο, δέσποτα, κατευθυνάντων αὐτῶν· εἰ μὴ παρέστην σοι.“ Εἶτα δι­ καιολογεῖται περὶ τῶν κακολογούντων αὐτὸν λέγων· „Εἰ μὴ παρέστην σοι ἐν καιρῷ τῶν κακῶν αὐτῶν.“ Παρέστη τῷ πατρὶ „ἱλασμὸς“ ὢν „περὶ τῶν ἁμαρτιῶν ἡμῶν“ b καὶ παρεκάλεσε περὶ αὐτῶν ἐν αὐτῷ τῷ καιρῷ τῶν κακῶν ἡμῶν. Οὐδὲ γὰρ παρέστη μετὰ τὸν καιρὸν τῶν κακῶν ἡμῶν, ἀλλ̓ ἔτι ὄντων ἁμαρτωλῶν ἡμῶν Χριστὸς ὑπὲρ ἡμῶν ἀπέθανεν. c „Εἰ μὴ παρ­ έστην σοι ἐν καιρῷ τῶν κακῶν αὐτῶν, ἐν καιρῷ τῶν θλίψεων αὐτῶν, εἰς ἀγαθὰ πρὸς τὸν ἐχθρόν.“ d Καὶ ἐν τῷ καιρῷ τῆς θλίψεως αὐτῶν, φησί, τῆς πρὸς τὸν ἐχθρὸν ἐγὼ παρέστην σοι ὑπὲρ αὐτῶν. Τίς δὲ ὁ ἐχθρὸς ἢ „ὁ ἀντίδικος ἡμῶν διάβολος“, e ὃς ἔθλιψεν ἡμᾶς; Καὶ σαφῶς ἐν τῷ καιρῷ τῆς ἔχθρας ἐκείνου τῆς κατὰ τῶν ἀνθρώπων παρέστη τῷ πατρὶ ὁ σωτὴρ ἡμῶν καὶ ἐδεήθη περὶ τῆς ἡμετέρας | αἰχμαλωσίας, ἵνα λυτρωθῶμεν καὶ ῥυσθῶμεν ἀπὸ τοῦ ἐχθροῦ. Ταῦτα μὲν ὁ σωτὴρ ἢ ὁ προφήτης εἰρηκέτω· καὶ γὰρ ὁ προφήτης δύναται τὰ τοιαῦτα εἰρηκέναι καὶ ηὖχθαι περὶ τοῦ λαοῦ ἐν τῷ καιρῷ τῶν κακῶν αὐτῶν. 12. Ἐπὶ τούτοις [τί] ἀποκρίνεται ὁ θεὸς πρὸς τὸν λαὸν τὸν κατηγορη­ θέντα ὑπὸ τοῦ προφήτου ἢ ὑπὸ τοῦ Χριστοῦ καὶ ταῦτα λέγει πρὸς αὐτόν· „Σίδηρος καὶ || περιβόλαιον χαλκοῦν ἡ ἰσχύς σου“, f σκληρά, ἀνένδοτος, οὐκ ἐλαυνομένη. οἷον τμητική τις καὶ διαιροῦσα ἡ ἰσχύς σου, οὐκ ἐπ̓ ἀγαθῷ οὖσα ἰσχύς. „Καὶ θησαυρούς σου εἰς προνομὴν δώσω, ἀντάλλαγμα πάσας τὰς ἁμαρτίας σου.“ g Τίνας θησαυροὺς τῶν ἁμαρτανόντων δίδωσιν εἰς προνομὴν ὁ θεός, καὶ δίδωσιν αὐτοὺς ἀντάλλαγμα διὰ πάσας τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν; Πότερόν ποτε τοὺς ἐπὶ γῆς θησαυριζομένους αὑτοῖς; Ἕκαστος γὰρ τῶν ἀνθρώπων θησαυρίζει· εἰ μὲν φαῦλός ἐστιν, ἐπὶ γῆς, εἰ δὲ ἀστεῖος, ἐν οὐρανῷ, ὡς ἐδιδάχθημεν ἀπὸ τοῦ εὐαγγελίου. h Ἢ λέγει τῷ λαῷ ἐκείνῳ, a

Jer. 15,11 Mt. 6,19f.

h

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1 Joh. 2,2

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Röm. 5,6

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Jer. 15,11

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1 Petr. 5,8

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3. 8. 9  παρέστην Co H (astiti oder astitit) πάρεστί S 5  τῷ Nt τὸ S (Kl tilgt τὸ γένοιτο) 6–7  μετανοήσαντες C H (ad poenitentiam conuersi) 9  περὶ Bl Koe παρὰ S 10  περὶ 13  ἔτι ὄντων Kl mit H (cum adhuc essemus) αἴτιον τῶν S 23  ἐπὶ Scorr. παρὰ S* Hu H (super) ἔτι S 23  τί del. Kl mit H 26  σίδηρος – σου Kl mit H (ferrum et opertorium aereum uirtus tua) 28  ἀντάλλαγμα S1 ἀντάλαγμα S* 28  διὰ Co LXX 31  αὑτοῖς Die αὐτοῖς S

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Denn wie sie dort in denen, die ihn verfluchten, schwand, so nimmt sie hier in denen, die ihn preisen, zu. 11. „Es möge wirksam werden, Herr, wenn sie geraden Weges gehen, wo ich doch an dich herangetreten bin zur Zeit ihrer Missetaten.“a Was „möge wirksam werden, Herr“? Wer kann, der soll selbstständig etwas von folgender Art mit „es möge wirksam werden“ verbinden: „Gebieter, Herr, wenn sie geraden Weges gehen“, möge die Kraft, die in denen, die mich verfluchen, am Schwinden ist, wirksam werden, wenn sie von den Schmähreden gegen mich, den geraden Weg einschlagen und auf ihm gehen. „Es möge wirksam werden, Gebieter, wenn sie geraden Weges gehen, wo ich doch an dich herangetreten bin.“ Danach rechtfertigt er sich für die, die schlecht über ihn reden, indem er sagt: „Wo ich doch an dich herangetreten bin zur Zeit ihrer Missetaten.“ Er ist an den Vater herangetreten als „Sühne für unsere Sünden“ b und für sie eingetreten eben zur Zeit unserer Missetaten. Er ist nämlich auch nicht nach der Zeit unserer Missetaten herangetreten, sondern als wir noch Sünder waren, ist Christus für uns gestorben.c „Wo ich doch an dich herangetreten bin zur Zeit ihrer Missetaten, zur Zeit ihrer Bedrängnisse, zu ihren Gunsten gegenüber dem Feind.“ d Auch zur Zeit ihrer Bedrängnis gegenüber dem Feind, sagt er, bin ich für sie an dich herangetreten. Wer aber ist der Feind, wenn nicht „unser Widersacher, der Teufel“,e der uns in Bedrängnis brachte? Offenkundig ist zur Zeit von dessen Feindseligkeit gegen die Menschen unser Erlöser an den Vater herangetreten und hat für uns in der Gefangenschaft erbeten, dass wir losgekauft und dem Feind entrissen werden. Diese Worte mag der Erlöser oder der Prophet gesprochen haben, denn auch der Prophet kann solches gesagt und für das Volk „zur Zeit ihrer Missetaten“ erbeten haben.484 12. Daraufhin antwortet Gott dem Volk, das vom Propheten oder von Christus angeklagt wurde, und sagt Folgendes zu ihm: „Eisen und ein eherner Panzer sind deine Stärke“,f hart, unnachgiebig, unverrückbar. wie etwas, das schneidet und zertrennt, ist deine Stärke, eine Stärke, die nicht zum Guten ist. „Und deine Schätze werde ich zur Plünderung freigeben, als Tausch all deiner Sünden.“ gWelche Schätze der Sünder gibt Gott zur Plünderung frei, gibt er als Tausch wegen all seiner Sünden? Etwa die Schätze, die sie sich auf Erden sammeln? Jeder Mensch nämlich sammelt Schätze: wenn er ein schlechter Mensch ist, auf Erden, wenn er aber vornehm ist, im Himmel, wie wir aus dem Evangelium gelernt haben.h Oder sagt er zu jenem Volk:

484 Auch Hieronymus, in Hier. III 54 (CChr.SL 74, 149f.), hebt bei der Auslegung von

Jer. 15,11 mehrmals hervor, dass diese Worte sowohl auf den Propheten als auch auf den Erlöser bezogen werden können.

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ὅτι μέλλω διὰ τὰ ἁμαρτήματά σου τοὺς θησαυρούς σου διδόναι εἰς προ­ νομήν; Ποῖοι θησαυροὶ ἐκείνου τοῦ λαοῦ ἐδόθησαν εἰς προνομήν; Ἴδε εἷς τῶν θησαυρῶν Ἱερεμίας, ἄλλος θησαυρὸς Ἡσαΐας, θησαυρὸς ἦν καὶ Μωσῆς. Τούτους τοὺς θησαυροὺς ἔλαβεν ὁ θεὸς ἀπ̓ ἐκείνου τοῦ λαοῦ καὶ διὰ Χρι­ στοῦ, εἰπόντος· „Ἀρθήσεται ἀφ̓ ὑμῶν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ καὶ δοθήσεται ἔθνει ποιοῦντι τοὺς καρποὺς αὐτῆς“,a ἔδωκεν ἡμῖν. „Δώσω“ οὖν „διὰ τὰς ἁμαρτίας σου τοὺς θησαυρούς σου εἰς προνομήν.“ b Καὶ ἔδωκεν τοὺς θησαυ­ ροὺς τοῦ λαοῦ ἐκείνου ἡμῖν· πρῶτοι γὰρ ἐκεῖνοι „ἐπιστεύθησαν τὰ λόγια τοῦ θεοῦ“, c εἶτα μετ̓ ἐκείνους ἡμεῖς ἐπιστεύθημεν, ἀρθέντων τῶν λογίων τοῦ θεοῦ ἀπ̓ ἐκείνων καὶ δοθέντων ἡμῖν. Καὶ λέγομεν τὸ „Ἀρθήσεται ἀφ̓ ὑμῶν ἡ βασιλεία | τοῦ θεοῦ καὶ δοθήσεται ἔθνει ποιοῦντι τοὺς καρποὺς αὐτῆς“ d εἰρῆσθαι ὑπὸ τοῦ σωτῆρος καὶ πεπληρῶσθαι. Οὐχ ὅτι ἤρθη ἀπ̓ αὐτῶν ἡ γραφή, ἀλλὰ νῦν οὐκέτι ἔχου||σι τὸν νόμον καὶ τοὺς προφήτας τῷ μὴ θεωρεῖν τὸν ἐν αὐτοῖς νοῦν. Ἔχουσι γὰρ τὰ βιβλία, ἀλλὰ πῶς ἤρθη ἀπ̓ αὐτῶν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ; Ὁ νοῦς τῶν γραφῶν ἤρθη ἀπ̓ αὐτῶν. Οὐκέτι σῴζεται διήγησις παρ᾽ αὐτοῖς νομικὴ ἢ προφητική, ἀλλ̓ εἰσὶν ἀναγινώσκον­ τες καὶ μὴ νοοῦντες· πεπλήρωται γὰρ διὰ τὴν Χριστοῦ ἐπιδημίαν τὸ „­Εἶπον τῷ λαῷ ἐκείνῳ· Ἀκοῇ ἀκούσετε καὶ οὐ μὴ συνῆτε, καὶ βλέποντες βλέψετε καὶ οὐ μὴ ἴδητε. Ἐπαχύνθη γὰρ ἡ καρδία τοῦ λαοῦ τούτου.“ e Πεπλήρωται καὶ τὸ εἰρημένον ὑπὸ τοῦ Ἡσαΐου ὅτι „ἀφελεῖ κύριος ἀπὸ τῆς Ἰουδαίας καὶ ἀπὸ τῆς Ἱερουσαλὴμ ἰσχύοντα καὶ ἰσχύουσαν, γίγαντα καὶ πολεμιστὴν ἄνθρωπον, δικαστὴν καὶ προφήτην καὶ στοχαστὴν καὶ σοφὸν ἀρχιτέκτονα καὶ συνετὸν ἀκροατήν“. f Ταῦτα πάντα ἀφεῖλεν ὁ θεὸς ἀπ̓ ἐκείνων καὶ ἔδωκεν, ἐάν γε ἡμεῖς δεξώμεθα, ἡμῖν τοῖς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν. Ταῦτα διὰ τὸ „Καὶ τοὺς θησαυρούς σου εἰς προνομὴν δώσω“. „Ἀντάλλαγμα διὰ πάσας τὰς ἁμαρτίας σου καὶ ἐν πᾶσι τοῖς ὁρίοις σου.“ g Ὡσεὶ ἔλεγε· Διὰ τὰς ἁμαρτίας σου τὰς ἐπὶ πάντα τὰ ὅριά σου ἐφθακυίας· οὐδὲν γὰρ ὅριον ἐκείνου τοῦ λαοῦ ἐστιν, ὃ ἁμαρτίας οὐ πε­ a

Mt. 21,43

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Jer. 15,13

c

Röm. 3,2

d

Mt. 21,43

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Jes. 6,9f.

f

Jes. 3,1–3

g

Jer. 15,13

13  τῷ Kl τὸ C τοῦ S 485 Νοῦς bedeutet an dieser Stelle „Sinn“ – ebenso unten in Hier. hom. 14,16 (GCS Orig.

32, 122) und öfter in den Jeremiahomilien – und entspricht der Wendung „Sinn (λόγος) der Schriften“ in Hier. frg. P 4 aus philoc. 10 (GCS Orig. 3, 198), so dass νοῦς synonym mit λόγος ist (das ist der zutreffende Hinweis in den Ausführungen von Schadel, BGrL 10, 303 Anm. 148, die sich ansonsten auf das Verbum ‚schauen‘ im Sinne von ‚erkennen‘ beziehen). Eine direkte Parallele dazu steht in philoc. 5,1 (SC 302, 284) = in Ioh. comm. V 1 (GCS Orig. 4, 100), wo Origenes vom „verborgenen Sinn“ (νοῦν τινα κεκρυμμένον) einer Stelle redet. Dieser Sprachgebrauch hängt zusammen mit dem Begriff νόησις: Es geht um das Lesen (ἀνάγνωσις) und Verstehen (νόησις) der Schriften: princ. IV 2,1 (GCS Orig. 5, 305), wie Origenes im vorliegenden Text einige Zeilen weiter unten ebenfalls sagt. Philon, vit. cont. 78 (VI p. 67

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Wegen deiner Sünden werde ich deine Schätze zur Plünderung freigeben? Was waren die Schätze jenes Volkes, die zur Plünderung freigegeben wurden? Siehe, einer der Schätze war Jeremia, ein anderer Schatz war Jesaja, auch Mose war ein Schatz. Diese Schätze hat Gott jenem Volk weggenommen und durch Christus, der sagte: „Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt“,a uns gegeben. „Ich werde“ also „wegen deiner Sünden deine Schätze zur Plünderung freigeben.“ b Und er hat die Schätze jenes Volkes uns gegeben. Denn jene waren die Ersten, denen „die Worte Gottes anvertraut wurden“,c nach ihnen wurden sie dann uns anvertraut, nachdem die Worte Gottes jenen weggenommen und uns gegeben worden waren. Und wir behaupten, dass der Satz: „Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt“,d vom Erlöser gesagt und erfüllt worden ist. Nicht, dass die Schrift ihnen weggenommen worden wäre, sondern sie haben jetzt das Gesetz und die Propheten nicht mehr, weil sie den Sinn485 in ihnen nicht erschauen. Sie haben ja die Bücher, aber wie wurde ihnen das Reich Gottes weggenommen? Der Sinn der Schriften wurde ihnen weggenommen.486 Die Auslegung des Gesetzes und der Propheten ist bei ihnen nicht mehr gewahrt, sondern sie sind Leute, die lesen, aber nicht verstehen. Denn durch die Ankunft Christi hat sich das Wort erfüllt: „Sag zu jenem Volk: Mit dem Gehör werdet ihr hören und nicht verstehen, und wenn ihr schaut, werdet ihr schauen und nicht sehen. Denn verfettet ist das Herz dieses Volkes.“ e487 Auch das von Jesaja Gesagte hat sich erfüllt: „Wegnehmen wird der Herr von Juda und von Jerusalem den starken Mann und die starke Frau, den Riesen, den Kriegsmann, den Richter, den Propheten, den Wahrsager, den weisen Architekten und den verständigen Hörer.“ f Dies alles hat Gott ihnen weggenommen und uns, jedenfalls sofern wir es annehmen, gegeben, den Menschen aus den Heidenvölkern. Dies zu der Aussage: „Und deine Schätze werde ich zur Plünderung freigeben“. „Als Tausch wegen all deiner Sünden und in allen deinen Gebieten“,g als würde er sagen: wegen deiner Sünden, die in alle deine Gebiete gedrungen sind. Es gibt nämlich kein Gebiet in jenem Volk, das nicht voller Sünde wäre. Cohn/Wendland), hat νοῦς im selben Zusammenhang ebenfalls schon im Sinne von „Bedeutung“ verwendet. 486 In Cels. IV 42 (GCS Orig. 1, 315) erklärt Origenes Mt. 21,43 mit der Absicht Jesu selbst, „mit göttlicher Vollmacht die ganze heilige Schrift der Juden, die die Geheimnisse vom Reich Gottes enthält, ans Licht zu bringen“. Übersetzung: Barthold, FC 50/3, 751. 487 Zur Auslegung von Jes. 6,9f. bei Origenes vgl. in Is. hom. 6,3–7 (GCS Orig. 8, 271– 279) und 9 (8, 288f.). In der frühchristlichen Theologie wurde der Text generell dazu herangezogen, um die Ablehnung Jesu durch den größten Teil der Juden zu erklären. Siehe dazu Fürst/Hengstermann, OWD 10, 45–74, ferner de Lubac, Geist aus der Geschichte 65f., und oben S. 326 Anm. 433.

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πλήρωται. Καὶ πῶς πᾶν ὅριον αὐτῶν οὐκ ἔμελλεν ἁμαρτίας πληροῦσθαι [ἐπ̓ αὐτοῖς], τὸ ὅσον ἐπ̓ αὐτοῖς ἀποκτεινάντων δικαιοσύνην, εἰ Χριστὸς δικαιοσύνη,a ἀποκτεινάντων [τὴν] σοφίαν, εἰ Χριστὸς σοφία, b ἀποκτεινάν­ των ἀλήθειαν, εἰ Χριστὸς ἀλήθεια; c Διὰ γὰρ τοῦ καταδεδικακέναι τὴν ἐπὶ θανάτῳ τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ ταῦτα πάντα ἀπέβαλον καὶ ἀπώλεσαν. Καὶ ἀναστάς μου ὁ κύριος Ἰησοῦς ἐκ νεκρῶν οὐκέτι ἐφάνη τοῖς ἀποκτείνα||σιν αὐτόν· οὐ γὰρ ἔχομεν ἐν τῇ ἱστορίᾳ ὅτι ἐφάνη τοῖς ἀποκτείνασιν αὐτόν, ἀλλὰ μόνοις τοῖς πιστεύουσιν ἐφάνη ἀναστὰς ἀπὸ τῶν νεκρῶν. d 13. „Καὶ καταδουλώσω σε ἐν πᾶσι τοῖς ἐχθροῖς σου ἐν τῇ γῇ ᾗ οὐκ ᾔδεις.“ e Καταδεδούλωται | ὁ λαὸς ἐκεῖνος ἐν τοῖς ἐχθροῖς, καὶ γέγονεν ἐν τῇ γῇ ᾗ οὐκ ᾔδει. „Ὅτι πῦρ ἐκκέκαυται ἐκ τοῦ θυμοῦ μου, ἐφ̓ ὑμᾶς καυθή­ σεται.“ f Μετὰ ταῦτα καὶ τοὺς λόγους τῶν ἀπειλῶν τῶν εἰρημένων πρὸς τὸν λαὸν ἀνωτέρω εὐξάμενος συμπληροῖ τὴν εὐχὴν καὶ συνάπτει τοῖς προ­ ειρημένοις ταῦτα· „Σὺ ἔγνως, κύριε, μνήσθητί μου καὶ ἐπίσκεψαί με, καὶ ἀθώωσόν με ἀπὸ τῶν καταδιωκόντων με, μὴ εἰς μακροθυμίαν.“ g Καὶ ὁ προφήτης λεγέτω ταῦτα διωκόμενος ὑπὸ τῶν ἐλεγχομένων, μισούμενος ὑπὸ τῶν τὴν ἀλήθειαν μὴ χωρούντων· ἐχθρὸς γὰρ γέγονε τοῖς ἀκούουσιν ἀλη­ θεύων αὐτοῖς. h Ταῦτα δὲ καὶ ὁ σωτὴρ ἡμῶν λεγέτω, ὅστις καὶ ἐδιώχθη ὑπὸ τοῦ λαοῦ καί φησι· „Μὴ εἰς μακροθυμίαν.“ Τί ἐστι τὸ „Μὴ εἰς μακροθυ­ μίαν“; Ἐμακροθύμησας ἀεὶ ἐπὶ τὸν λαὸν ἐπὶ τοῖς ἁμαρτήμασιν, ἐπὶ δὲ τοῖς κατ̓ ἐμοῦ τετολμημένοις μὴ μακροθυμήσῃς. Καὶ ἀληθῶς ὁ θεὸς οὐκ ἐμακρο­ θύμησεν. Ἐὰν ἐξετάσῃς τοὺς χρόνους τοῦ πάθους καὶ τῆς πτώσεως Ἱερου­ σαλὴμ καὶ τῆς κατασκαφῆς τῆς πόλεως, καὶ τίνα τρόπον ἐγκατέλιπεν ὁ θεὸς a

1 Kor. 1,30 b 1 Kor. 1,24.30 15,14 g Jer. 15,15 hGal. 4,16

2  ἐπ̓ αὐτοῖς1 del. Kl mit H Nt ταῦτὰ Bl Kl

c

Joh. 14,6

3  τὴν del. Kl

d

1 Kor. 15,4–8; Apg. 1,3

e

14  ὁ Lie mit H (ille qui)

Jer. 15,14

f

Jer.

19  ταῦτα S

488 Zu diesen neben Wort und Leben grundlegenden Epinoiai Christi vgl. in Ioh. comm.

I 20,123f. (GCS Orig. 4, 25), ferner ebd. I 27,186–188 (4, 34f.) zur Epinoia Wahrheit; I 34,243–246 (4, 43) zur Weisheit; I 34,251–35,254 (4, 44f.) zur Gerechtigkeit, ferner unten in Hier. hom. lat. 1(3),4 (GCS Orig. 8, 313). Fédou, Sagesse 206, weist darauf hin, dass Origenes mit der Einschränkung „soweit es ihnen möglich war“ betont, dass die Gegner Jesu nicht die Gerechtigkeit etc. an sich und nicht Jesus in seiner Göttlichkeit getötet haben. 489 Zu dieser Anrede siehe oben S. 329 Anm. 439. 490 Zu diesem antijüdischen Vorwurf siehe oben S. 269 Anm. 322, zur vorliegenden Stelle Fédou, Sagesse 224f. 491 Wörtlich sagt Origenes: „in der Geschichte“. Mit dem Wort ἱστορία meint er aber nicht „die Geschichte“ in dem allgemeinen Sinn, den das Wort im Deutschen hat (englisch history), sondern Geschichte im Sinne von „(geschichtlicher) Erzählung“ (englisch story). Anhand des Sprachgebrauchs in der „Apologie gegen Kelsos“ hat

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Und wie sollte nicht jedes ihrer Gebiete voller Sünde sein, wo sie doch, soweit es ihnen möglich war, die Gerechtigkeit getötet haben, wenn Christus die Gerechtigkeit ist,a die Weisheit getötet haben, wenn Christus die Weisheit ist,b die Wahrheit getötet haben, wenn Christus die Wahrheit ist? c488 Denn weil sie den Sohn Gottes zum Tode verurteilt haben, haben sie all dies verworfen und zerstört. Und als mein Herr Jesus489 von den Toten auferstand, erschien er nicht mehr denen, die ihn getötet hatten.490 Denn im historischen Bericht491 haben wir nichts darüber, dass er denen erschienen sei, die ihn getötet haben. Vielmehr ist er allein den Gläubigen erschienen, als er von den Toten auferstand.d 13. „Und ich werde dich bei allen deinen Feinden in dem Land, das du nicht kanntest, versklaven.“ e Jenes Volk ist bei den Feinden versklavt worden, und das geschah in dem Land, das es nicht kannte. „Denn Feuer ist aus meinem Zorn entbrannt, brennen wird es über euch.“ f Danach und nach den Drohworten gegen das Volk vollendet der, weiter oben zu beten begonnen hat,492 das Gebet und fügt zu dem zuvor Gesagten Folgendes hinzu: „Du hast es gewusst, Herr. Gedenke meiner und behüte mich, und räche mich an denen, die mich verfolgen, ohne Langmut!“ g Und lass den Propheten diese Worte sprechen, da er von denen verfolgt wird, die getadelt werden, da er von denen gehasst wird, die die Wahrheit nicht annehmen, denn er wurde zum Feind der Zuhörer, weil er ihnen die Wahrheit sagte.h Lass diese Worte493 aber auch unseren Erlöser sprechen, der ja auch vom Volk verfolgt wurde und sagt: „ohne Langmut“. Was bedeutet „ohne Langmut“? Du warst immer langmütig gegenüber dem Volk angesichts der Sünden. Angesichts dessen aber, was sie wider mich wagen, sei nicht langmütig!494 Und tatsächlich war Gott nicht langmütig. Wenn du die Zeiten der Passion, des Falls Jerusalems und der Zerstörung der Stadt überprüfst, und auf welche Weise Gott jenes Volk verlassen hat, nachdem sie den Christus Studer, Begriff der Geschichte 150–158, nachgewiesen, dass Origenes damit so gut wie immer eine aufgeschriebene Geschichte und in der Regel die biblischen Geschichten meint. 492 Origenes meint das Gebet, das in Jer. 15,11 mit der Anrede „Herr“ einsetzt und nach der Deutung in Hier. hom. 14,11 (GCS Orig. 32, 116) und 14,12 (32, 116) von Jesus wie vom Propheten gesprochen sein kann. Deshalb ist der Hinweis darauf auch so offen formuliert. Ebd. 14,12 (32, 116) hat er ausgeführt, dass Jer. 15,12–14 die Antwort Gottes ist und in Jer. 15,15 das Gebet (des Propheten bzw. Jesu) fortgesetzt wird. 493 Die Korrektur des im Codex Scorialensis überlieferten ταῦτα in ταὐτά durch Blass (übernommen von Klostermann, GCS Orig. 3, 118, und entsprechend übersetzt von Schadel, BGrL 10, 161) ist unnötig und wird von Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 94, zu Recht wieder rückgängig gemacht (so auch Smith, FaCh 97, 148). 494 Als Sprecher dieses Satzes ist Jesus zu denken, als Adressat Gott. Zu dieser Langmut Gottes vgl. oben in Hier. hom. 1,1 (GCS Orig. 32, 1f.) und 7,1 (32, 51f.): siehe oben S. 108 Anm. 1.

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τὸν λαὸν ἐκεῖνον, ἐπεὶ τὸν Χριστὸν ἀπέκτειναν, ὄψει ὅτι οὐκ εἰς μακροθυ­ μίαν ἔτι ἐχρήσατο τῷ λαῷ. Εἰ δὲ θέλεις, ἄκουε· ἀπὸ πεντεκαιδεκάτου ἔτους Τιβερίου Καίσαρος ἐπὶ τὴν κατασκαφὴν τοῦ ναοῦ τεσσαράκοντα καὶ δύο πεπλήρωται ἔτη. Ἔδει || γὰρ ὀλίγον τινὰ χρόνον συγχωρηθῆναι εἰς μετά­ νοιαν, μάλιστα διὰ τοὺς πιστεύειν μέλλοντας ἀπὸ τοῦ λαοῦ ἐκ τῶν σημείων καὶ τῶν τεράτων τῶν ἐσομένων ὑπὸ τῶν ἀποστόλων.a 14. „Γνῶθι ὡς ἔλαβον περὶ σοῦ ὀνειδισμὸν ὑπὸ τῶν ἀθετούντων τοὺς λόγους σου.“ b Ἔστω ὁ προφήτης, λέγων καὶ ἐξουθενημένος ἐφ̓ οἷς ἔλεγεν, ὑπὸ τῶν ἁμαρτωλῶν ἀθετούμενος· φησὶ γὰρ αὐτός· „Διετέλεσα μυκτηριζό­ μενος.“ c Ὠνειδίζετο οὖν ὑπὸ τῶν ἀθετούντων τοὺς λόγους τοὺς δι᾽ αὐτοῦ λαλουμένους ὑπὸ τοῦ θεοῦ, καὶ εὔχεται ἐπὶ τῷ ὠνειδίσθαι βοηθηθῆναι ὑπὸ τοῦ θεοῦ λέγων· „Γνῶθι ὡς ἔλαβον περὶ σοῦ ὀνειδισμὸν ὑπὸ τῶν ἀθε|τούν­ των τοὺς λόγους σου· συντέλεσον αὐτούς.“ d Λεγέτω ὁ προφήτης, ἀλλὰ μᾶλλον ἁρμόζει τὸ „Συντέλεσον αὐτοὺς“ λεγόμενον ὑπὸ τοῦ σωτῆρος· συντέλεια γὰρ ἦλθε περὶ τὴν Ἱερουσαλὴμ καὶ τῷ λαῷ, ἐπὶ τοῖς συμβεβη­ κόσιν ἐξ ἐπιβουλῆς τοῦ λαοῦ ἐπὶ τοῦ σωτῆρος ἡμῶν. Μετὰ ταῦτα ἀναγκαῖον διὰ τὸ πολλὰ πεπονθέναι τοὺς προφήτας ἐλέγ­ χοντας καὶ τὸν λόγον πρεσβεύοντας καὶ λαλοῦντας τὰ προστασσόμενα ὑπὸ τοῦ θεοῦ, ὑπομνῆσαι τοὺς ἀκροατὰς περὶ τοῦ βίου αὐτῶν καὶ τῶν ἐπαγγελιῶν αὐτῶν καὶ τῆς ἡμετέρας προαιρέσεως, ἵνα κατὰ τὸ δυνατὸν ἡμῖν, εἰ θέλομεν μετὰ τῶν προφητῶν ἔχειν ἀνάπαυσιν, τὰ ἔργα τῶν προ­ φητῶν ζηλώσωμεν. Ὃ δὲ λέγω τοιοῦτόν ἐστι· Πολλάκις ἐν ταῖς εὐχαῖς λέ­ γομεν· Θεὲ παντοκράτορ, τὴν μερίδα ἡμῶν μετὰ τῶν προφητῶν δός, τὴν μερίδα ἡμῶν μετὰ τῶν ἀποστόλων τοῦ Χριστοῦ σου δός, ἵνα εὑρεθῶμεν καὶ μετ̓ αὐτοῦ τοῦ Χριστοῦ. Ταῦτα δὲ λέγοντες οὐκ αἰσθα||νόμεθα τί εὐ­ χόμεθα· δυνάμει γὰρ τοῦτό φαμεν· Δὸς ἡμᾶς παθεῖν ἃ πεπόνθασιν οἱ προ­ a

Apg. 2,43

b

Jer. 15,15f.

c

Jer. 20,7

d

Jer. 15,15f.

16  ἐπὶ S Nt κατὰ C Koe Kl

495 Man könnte vermuten, dass Origenes hier auf einen Zuruf aus der Zuhörerschaft

reagiert. 496 In Cels. IV 22 (GCS Orig. 1, 291) gibt Origenes dieselbe Zahl von Jahren an, die auch

Clemens von Alexandria, strom. I 145,5 (GCS Clem. Al. 24, 90), bietet und die der Chronologie bei Pseudo-Tertullian, adv. Iud. 8,16 (CChr.SL 2, 1362f.), entspricht. Anders Origenes, in Matth. comm. ser. 40 (GCS Orig. 11, 78), wo er die Zahl von 35 Jahren angibt. Zu den Schwierigkeiten dieser Datierungen und zu der Tradition, nach der das Todesjahr Jesu offenbar in das 15. Regierungsjahr des Tiberius gesetzt wurde, siehe Neuschäfer, Origenes als Philologe 175–180. Die Kirchenväter haben oft mit der Zerstörung des Tempels und Jerusalems im Jahre 70 – 42 Jahre nach der Datumsangabe in Lk. 3,1, gemäß der Johannes der Täufer im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius = 28 n.Chr. auftrat – durch römische Truppen als Beweis für die Wahrheit des Christentums gegen das Judentum argumentiert. Für Origenes vgl. in

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getötet hatten, wirst du sehen, dass er das Volk nicht mehr mit Langmut behandelt hat. Wenn du es hören willst,495 so höre: Vom fünfzehnten Jahr des Kaisers Tiberius bis zur Zerstörung des Tempels sind 42 Jahre vergangen.496 Denn es musste der Umkehr ein wenig Zeit eingeräumt werden, besonders wegen derjenigen Leute aus dem Volk, die aufgrund der von den Aposteln zu wirkenden Zeichen und Wundera zum Glauben kommen sollten. 14. „Du sollst wissen, dass ich deinetwegen von denen, die deine Worte verwerfen, geschmäht wurde.“ b Lass es den Propheten sein, der spricht und für das, was er sagte, verachtet und von den Sündern verworfen wird, denn er selbst sagt: „Unablässig wurde ich verhöhnt.“ c497 Er wurde also von denen geschmäht, die die Worte verwarfen, die durch ihn von Gott gesprochen wurden, und er erbittet gegen die Schmähung die Hilfe Gottes, indem er sagt: „Du sollst wissen, dass ich deinetwegen von denen, die deine Worte verwerfen, geschmäht wurde. Vernichte sie!“ d Lass den Propheten hier sprechen, doch besser passt das „Vernichte sie“, wenn es vom Erlöser gesprochen wird. Denn die Vernichtung kam über Jerusalem und das Volk in den Ereignissen, die sich aus dem Anschlag des Volkes auf498 unseren Erlöser ergaben.499 Weil die Propheten vieles erlitten haben, als sie tadelten, als Gesandte des Wortes500 wirkten und die Gebote Gottes verkündeten, ist es nach diesen Ausführungen notwendig, die Zuhörer an den von ihnen eingeschlagenen Lebensweg, an ihre Versprechen und an die von uns getroffene Entscheidung zu erinnern, damit wir, soweit es uns möglich ist, wenn wir mit den Propheten in die ewige Ruhe eingehen wollen, den Taten der Propheten nacheifern.501 Ich meine damit Folgendes: Oft sagen wir in den Gebeten: Allmächtiger Gott, gib uns unseren Anteil mit den Propheten, gib uns unseren Anteil mit den Aposteln deines Christus, damit man uns auch zusammen mit Christus selbst findet! Wenn wir dies sagen, bemerken wir aber nicht, worum wir beten. Denn nur als Möglichkeit502 sagen wir: Lass uns erleiden, was die Propheten erlitten haben, lass auch uns gehasst werden, wie die Propheten gePs. 73 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 226). Siehe dazu de Lange, Origen and the Jews 75f. 79f. 96f.; Fürst, Judentum 283f. 497 Siehe dazu ausführlich die allgemeinen Überlegungen zum Prophetenschicksal in Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 23–25). 498 Koetschau hat das im Codex Scorialensis überlieferte ἐπί nach dem Katenenfragment in κατά geändert, übernommen von Klostermann, GCS Orig. 3, 119. Das ist aber unnötig: Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 96. 499 Zu diesem Vorwurf siehe erneut oben S. 269 Anm. 322. 500 Derselbe Ausdruck in Hier. hom. 1,13 (GCS Orig. 32, 11): siehe dazu oben S. 132 Anm. 60. 501 Vgl. in Hier. hom. 15,1 (GCS Orig. 32, 125). Siehe dazu Völker, Vollkommenheitsideal 49. 502 Diese Möglichkeit ist im Gegensatz dazu gemeint, dass sie Wirklichkeit wird. Siehe zu diesem aristotelischen Begriffspaar oben S. 130 Anm. 56.

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φῆται, δὸς καὶ ἡμᾶς μισηθῆναι ὡς ἐμισήθησαν οἱ προφῆται, λόγους τοιούτους δὸς ἐφ̓ οἷς μισηθησόμεθα, δὸς τοσαύταις περιστάσεσι περιπεσεῖν αις οἱ ἀπόστολοι. Τὸ γὰρ λέγειν· Δός μοι μερίδα μετὰ τῶν προφητῶν, μὴ παθόν­ τα τὰ τῶν προφητῶν μηδὲ παθεῖν θέλοντα ἄδικόν ἐστι. Τὸ λέγειν· Δός μοι μερίδα μετὰ τῶν ἀποστόλων, μὴ θέλοντα ἀπὸ διαθέσεως Παύλου ἀληθεύ­ οντα εἰπεῖν· „ἐν κόποις περισσοτέρως, ἐν πληγαῖς περισσοτέρως, ἐν φυλα­ καῖς ὑπερβαλλόντως, ἐν θανάτοις πολλάκις“a καὶ τὰ ἑξῆς, πάντων ἐστὶν ἀδικώτατον. Εἴπερ οὖν θέλομεν μετὰ τῶν προφητῶν γενέσθαι, ὅρα τοὺς βίους τῶν προφητῶν ὅτι ἐκ τοῦ ἐλέγχειν, ἐκ τοῦ ἐπιτιμᾶν, ἐκ τοῦ ἐπιπλήσ­ σειν ἐδικάζοντο, διεκρίνοντο, κατεδικάζοντο. „Ἐλιθάσθησαν, ἐπρίσθησαν, ἐπειράσθησαν, ἐν φόνῳ μαχαίρας ἀπέθανον, περιῆλθον ἐν μηλωταῖς, | ἐν αἰγείοις δέρμασιν, ὑστερούμενοι, θλιβόμενοι, κακουχούμενοι, ἐπ̓ ἐρημίαις πλανώμενοι“, b ὅτε συναγωγαὶ πολλαὶ Ἰουδαίων· καὶ οὗτοι ἦσαν „ἐπ̓ ἐρη­ μίαις πλανώμενοι καὶ ὄρεσι καὶ σπηλαίοις καὶ ταῖς ὀπαῖς τῆς γῆς“. c Τί οὖν παράδοξον, εἰ θέλων τις ζηλοῦν τὸν βίον τὸν προφητικόν, ἐλέγχων, ἐπι­ πλήσσων τὸν ἁμαρτάνοντα κακολογεῖται, μισεῖται, ἐπιβουλεύεται; Ὥσπερ καὶ ἐπὶ τοῦ παρόντος ἔδει γενέσθαι τοιοῦτον εἰς τὴν ἐκκλησίαν τοῦ θεοῦ. Κατεγνώσθη ὁ καταγνωσθείς, ὁ δεῖνα καθεζόμενος ἐποίει τὰ τοιάδε· ἔδει γενέσθαι ἐκκλησιαστικὴν ἐκδικίαν, || καὶ γέγονεν· πεποίηκεν ὁ ἐγκεχειρισμέ­ νος τὸ ἔργον ὃ ἔδει αὐτὸν πεποιηκέναι. Περιέρχεται ἐκεῖνος λέγων κακῶς τὸν ἐκδικήσαντα τὴν ἀλήθειαν. Ἀλλ̓ ἡμεῖς τοῦτο μὴ ποιῶμεν, μὴ παρέχωμεν τὰς ἀκοὰς τοῖς διὰ τὸ ἐκβεβλῆσθαι λέγουσι κακῶς τὸν ἐκβαλόντα ἢ τὸν σύμψηφον γενόμενον. Οἱ καὶ ἀδικίας γε ἐλεγχομένης καὶ γεγενημένης . a

2 Kor. 11,23

b

Hebr. 11,37f.

c

Hebr. 11,38

2  ὅσαις Bl 10  ἐπρίσθησαν Hu H (serrati) ἐπρήσθησαν S 12  ἐπ̓ Co H (in) ὑπ̓ S 18  τὰ τοιάδε S1 τάδε S* 19  278r: Die Ziffer 277 ist bei der Nummerierung der Seiten im Codex Scorialensis versehentlich übersprungen worden (Klostermann, GCS Orig. 3, xi) 21  μὴ1 Die μόνον S 22  ἐκβαλόντα Bl ἐκβάλλοντα S 503 Ebenso äußert sich Origenes, in Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 25), über jeden

Christen, der „ganz eifrig lebt und die Sünder überführt und deswegen gehasst wird und Nachstellungen erleidet“, denn „wer dem Leben der Propheten nacheifert und den Geist, der in ihnen war, in sich trägt, wird unvermeidlich in der Welt und bei den Sündern entehrt; denn die fühlen sich durch das Leben des Gerechten belastet.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 85. 504 Die Einfügung einer crux in diesem Satz nach ἔδει durch Klostermann, GCS Orig. 3, 120, erscheint ebenso überflüssig wie die Ergänzung eines τὸ vor τοιοῦτον durch Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 98. 505 Auch die hier von Klostermann, ebd., angemerkte crux ist nicht nötig: Nautin, ebd. 506 Schadel, BGrL 10, 305 Anm. 154, verweist wohl zu Recht auf in Hier. hom. 11,3 (GCS Orig. 32, 80f.), wo von Vorsitzenden im Presbyterium die Rede ist, die für ihre Lebensweise kritisiert werden. Der Verurteilte dürfte demnach ein leitender Amtsträger in der Gemeinde gewesen sein.

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hasst wurden, lass uns solche Worte sagen, auf die hin wir werden gehasst werden, lass uns in so große Nöte geraten wie die Apostel! Denn zu sagen: Gib mir Anteil mit den Propheten, ohne zu erleiden, was die Propheten erlitten haben, und ohne es erleiden zu wollen, ist ungerecht. Zu sagen: Gib mir Anteil mit den Aposteln, ohne aus der Gesinnung des Paulus heraus aufrichtig sagen zu wollen: „in Mühen in viel höherem Maße, in Schlägen in viel höherem Maße, in Gefängnissen noch viel mehr, in vielerlei Todesgefahren“a und so weiter, das ist das Ungerechteste überhaupt. Wenn wir also mit den Propheten sein wollen, dann schau auf die Lebenswege der Propheten: Weil sie tadelten, weil sie schimpften, weil sie Vorwürfe machten, wurden sie vor Gericht gezerrt, wurde über sie Gericht gehalten, wurden sie verurteilt. „Sie wurden gesteinigt, zersägt, auf die Probe gestellt, sie erlitten den Tod durchs Schwert, sie zogen umher in Schafspelzen, in Ziegenfellen, darbend, bedrängt, misshandelt, in Einöden umherirrend“,b als es viele Synagogen der Juden gab, und sie waren es, „die in Einöden und auf Bergen, in Höhlen und in den Klüften der Erde umherirrten“.c Was ist nun erstaunlich daran, wenn einer, der dadurch, dass er den Sünder tadelt und ihm Vorwürfe macht, der prophetischen Lebensweise nacheifern will, geschmäht, gehasst und hintergangen wird?503 Wie auch gegenwärtig Folgendes in der Kirche Gottes geschehen musste:504 Der Verurteilte wurde verurteilt; einer505 im Vorstand hat so etwas getan.506 Man musste eine kirchliche Strafe verhängen, und so geschah es. Derjenige, der die Sache in die Hand genommen hat, hat getan, was er zu tun hatte. Jener geht umher und redet schlecht über den, der der Wahrheit Recht verschafft hat.507 Doch wir wollen so etwas nicht tun, wir wollen denen kein Gehör schenken, die, weil sie ausgeschlossen wurden, schlecht über den reden, der sie ausgeschlossen hat, oder über den, der seine Zustimmung erteilt hat. Die auch, wenn ein Unrecht getadelt worden oder geschehen ist .508

507 Origenes spielt offenbar auf einen kürzlichen Vorfall in der Gemeinde an, der dieser

bekannt war und den er deswegen nicht so schildert, dass Unbeteiligte – wie die heutigen Leser des Textes – im Detail verstehen könnten, worum es genau ging. Schon Hieronymus hat den sich in Andeutungen ergehenden Text klarer zu machen versucht, ohne jedoch klar zu sagen, worum es deht, weil er das selbst nicht mehr wusste: Peccauit quodlibet quispiam: is qui praesidet populo et regit ecclesiasticam disciplinam, eiicit eum de congregatione sanctorum – „Jemand hat eine Sünde begangen. Derjenige, der der Gemeinde vorsteht und für die kirchliche Disziplin zuständig ist, wirft ihn aus der Versammlung der Heiligen hinaus.“ Ob er den Sachverhalt damit zutreffend erfasst hat, sei dahingestellt. Hieronymus hat die Stelle offensichtlich nicht so verstanden, dass ein hoher Amtsträger von dem Ausschluss aus der Gemeinde betroffen war. Aber das ist gerade die Pointe des Beispiels in den Ausführungen des Origenes. 508 Der Codex Scorialensis weist an dieser Stelle eine Lücke auf, weshalb der Sinn des unvollständigen Satzes nicht zu eruieren ist. Mit Nautin, SC 238, 98, sollte daher die Lücke markiert, nicht mit Klostermann, GCS Orig. 3, 120, eine crux gesetzt werden.

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Οἱ θαυμάσιοι ἀπόστολοι μυρία ὑβριζόμενοι διὰ τὴν ἀλήθειαν λέγουσιν· „Εὐδοκῶ ἐν ἀσθενείαις, ἐν ὕβρεσι καὶ ἀνάγκαις, ἐν διωγμοῖς καὶ στενοχω­ ρίαις, ὑπὲρ Χριστοῦ.“a Μόνον εἴη με ὑβριζόμενον εἰδέναι ὅτι οὐ δι᾽ ἄλλο τι ὑβρίζομαι ἢ διὰ Χριστόν, ἐν ἀνάγκαις γενόμενον εἰδέναι ὅτι ἡ ὑπόθεσις τῶν ἀναγκῶν ὁ Χριστός ἐστιν. Εἴη με λοιδορούμενον εἰδέναι ὅτι ἡ πρόφασις τῆς λοιδορίας οὐκ ἔστιν ἄλλη, ἢ ὅτι ἐκδικῶ τὴν ἀλήθειαν καὶ πρεσβεύω ὑπὲρ τῶν γεγραμμένων, ἵνα κατὰ λόγον θεοῦ πάντα γίνηται, διὰ τοῦτο βλασφη­ μοῦμαι. Καὶ ἡμεῖς οὖν πάντες, ὅση δύναμις, σπεύσωμεν ἐπὶ τὸν βίον τὸν προφητικόν, ἐπὶ τὸν βίον τὸν ἀποστολικόν, τὸ ὀχληρὸν μὴ φεύγοντες· ἀθλητὴς ἐὰν φύγῃ τὸ τῆς ἀθλήσεως ὀχληρόν, τὸ ἡδὺ τοῦ στεφάνου οὐκ ἀπολήψεται. 15. „Καὶ ἔσται ὁ λόγος σου ἐμοὶ εἰς εὐφροσύνην.“ b Οὐκ ἔστι νῦν, ἀλλ̓ ἔσται· ἐπεὶ γὰρ ἐπὶ τοῦ παρόντος ὁ λόγος σου ἐμοὶ εἰς φυλακάς, εἰς δίκας, εἰς πράγματα, εἰς δυσφημίας, εἰς πόνους, ἀλλὰ τὸ τέλος τούτων εὐφροσύνη ἔσται. „Καὶ ἔσται ὁ λόγος σου ἐμοὶ εἰς εὐφροσύνην καὶ χαρὰν καρδίας μου, ὅτι ἐπικέ||κληται τὸ ὄνομά σου ἐπ̓ ἐμέ, κύριε παντοκράτορ.“ c Κἂν Χριστὸς λέγῃ, τὸ ὄνομα τοῦ πατρὸς ἐπικέκληται ἐπ̓ αὐτόν. „Οὐκ ἐκάθισα ἐν συνεδρίῳ αὐτῶν παιζόντων.“ d Εἴ ποτε ἑώρακε τὸ συνέδριον ὁ προφήτης οὐ σπουδαζόντων ἀλλὰ παιζόντων, ἔφευγε μᾶλλον τὸ συνάγεσθαι ἤπερ ἔσπευδεν ἐπὶ συναγωγὴν παιζόντων. Νοῆσαί σε οὖν δεῖ διαφορὰν συνεδρίου παιζόντων καὶ [μὴ] σπουδαζόντων. Τὸ συνέδριον τοῦτο σπουδαῖόν ἐστι καὶ πάντα ποιεῖ μετὰ σπουδῆς καὶ σπουδῆς ἄξια καὶ κατὰ τὸ λεγόμενον· σπουδῇ ὁ λόγος, σπουδῇ ὁ βίος, καὶ πάντῃ ἐστὶ τὸ συνέδριον οὐ παιζόντων, ἀλλὰ σπουδαζόντων. Ὅταν δὲ τὸ συνέδριον καταλιπὸν τὴν σπουδὴν τὴν περὶ τὰ ἀναγκαῖα σχολάζῃ τοῖς παιγνίοις τοῦ αἰῶνος τούτου καὶ παιγνίοις τοῖς ἀπὸ τῆς κακίας, γίνεται συνέδριον παι­ ζόντων. Φησὶν οὖν οὗτος· „Οὐκ ἐκάθισα ἐν συνεδρίῳ αὐτῶν παιζόντων, ἀλλ̓ εὐλαβούμην ἀπὸ προσώπου σου.“ e Δύο προκειμένων, καθέ­ ζεσθαι ἐν συνεδρίῳ παιζόντων καὶ σοὶ τῷ θεῷ προσκόπτειν καὶ σοὶ μὴ ἀρέσκειν, ἢ ἐγείρεσθαι ἀπὸ συνεδρίου παιζόντων καὶ ποιεῖν ταῦτα ἃ σοὶ φίλον ἦν, εἱλόμην μᾶλλον ἀνίστασθαι ἀπὸ τοῦ συνεδρίου τῶν παιζόντων a

2 Kor. 12,10

b

Jer. 15,16

c

Jer. 15,16

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e

Jer. 15,17

3  με ὑβριζόμενον Kl μοι ὑβριζομένῳ S 5  ἀναγκῶν Kl app. crit. Nt ἀναγκαίων S 9  τὸ Kl τὸν S 10  γὰρ Co H (enim) 15  ἔσται C H (erit) ἐστί S 18  ἑώρακε Hu H (uidebat) ἑώρακα S 20  ἤπερ Kl εἴπερ S 21  μὴ del. Kl 22  ἄξια C ἀξίας S 23  σπουδῇ1.2 Kl (GCS Orig. 3, 349) Nt σπουδὴ S 26  τοῖς Co τῆς S 28  χειρός Lo H (manus) 509 Vgl. in Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 25): „Deshalb sind selig, die das gleiche

erleiden wie die Propheten.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 85. 510 Dieser Unterschied spielt schon bei Platon eine Rolle: nom. III 688 b 5; Phileb. 30 e

6f.; politik. 288 c 9.

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Die bewundernswerten Apostel, die wegen der Wahrheit tausendfach misshandelt wurden, sagen: „Ich habe Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen und Nöten, an Verfolgungen und Bedrängnissen, um Christi willen.“a Einzig das möchte ich, wenn ich misshandelt werde, wissen, dass ich nicht wegen etwas anderem misshandelt werde, sondern wegen Christus. Wenn ich in Nöte gerate, möchte ich wissen, dass der Grund der Nöte Christus ist. Wenn ich beschimpft werde, möchte ich wissen, dass die Ursache für die Beschimpfung keine andere ist, als dass ich die Wahrheit verfechte und für die Schriften eintrete, damit alles nach dem Wort Gottes geschieht und ich deswegen verleumdet werde. Und wir alle wollen uns also, so weit wie möglich, um die prophetische Lebensweise, um die apostolische Lebensweise bemühen, ohne vor der Mühsal zu fliehen. wenn ein Wettkämpfer vor der Mühsal des Kampfes flieht, wird er nicht in den Genuss des Kranzes gelangen.509 15. „Und dein Wort wird mir Freude bringen.“ b Das tut es jetzt nicht, doch es wird es tun. Denn in der Gegenwart bringt mir dein Wort Gefängnisaufenthalte, Gerichtsverhandlungen, Schwierigkeiten, Verleumdungen, Mühen, doch das Ende von alledem wird Freude sein. „Und dein Wort wird mir Freude und Fröhlichkeit meines Herzens bringen, weil dein Name über mich ausgerufen ist, allmächtiger Herr.“ c Auch wenn Christus spricht, ist der Name des Vaters über ihn ausgerufen. „Ich saß nicht in der Versammlung von Scherzbolden.“ d Als der Prophet damals die Versammlung nicht von ernsthaften Leuten, sondern von Scherzbolden sah, floh er lieber, als sich darum zu bemühen, sich der Versammlung von Scherzbolden anzuschließen. Du musst nun den Unterschied zwischen einer Versammlung von Scherzbolden und von ernsthaften Leuten verstehen.510 Diejenige Versammlung ist ernsthaft, die alles im Ernst tut, und zwar Dinge, für die Ernst angemessen ist, nach dem Prinzip: mit Ernst die Lehre, mit Ernst das Leben, und in jeder Hinsicht ist sie die Versammlung nicht von Scherzbolden, sondern von ernsthaften Leuten. Wenn aber die Versammlung den für die notwendigen Dinge erforderlichen Ernst aufgibt und sich den Spielereien dieser Welt511 und den Spielereien, die aus der Schlechtigkeit entstehen, hingibt, wird sie zu einer Versammlung von Scherzbolden. Dieser sagt also: „Ich saß nicht in der Versammlung von Scherzbolden, sondern hütete mich im Angesicht deiner .“ e Angesichts der beiden Möglichkeiten: in einer Versammlung von Scherzbolden zu sitzen und bei dir, Gott, Anstoß zu erregen und dir nicht zu gefallen oder von einer Versammlung von Scherzbolden aufzustehen und das zu tun, was dir lieb war, zog ich es vor, von der Versammlung der Scherzbolde aufzustehen und dir Freund zu sein, als das 511 Origenes spielt hier möglicherweise auf Heraklit, frg. B 52 Diels/Kranz an: αἰὼν

παῖς ἐστι παίζων, πεσσεύων· παιδὸς ἡ βασιληίη. Auch an die platonische Tradition, in der das Leben als Spiel aufgefasst wird, wäre zu denken: Platon, nom. VII 803 c 2–6.

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καὶ σοὶ φίλος εἶναι, ἤπερ τὸ ἐναντίον ποιῶν ἐχθρὸς γενέσθαι τῇ μακαριότη­ τί σου. „Οὐκ ἐκάθισα ἐν συνεδρίῳ αὐτῶν παιζόντων, ἀλλ̓ εὐλαβούμην ἀπὸ προσώπου χειρός σου.“a Καὶ ὁ σωτὴρ ἡμῶν || οὐκ ἐκάθισεν „ἐν συνεδρίῳ αὐτῶν παιζόντων“, ἀλλ̓ ἀπανέστη ἀπ̓ αὐτῶν. Καὶ σημεῖόν ἐστι τοῦ ἐγη­ γέρθαι τὸν σωτῆρα ἀπὸ συνεδρίου παιζόντων τὸ εἰρηκέναι αὐτόν· „Ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν ἔρημος.“ b Καταλέλοιπε γὰρ ὁ λόγος τοῦ | θεοῦ τὸ Ἰου­ δαίων συνέδριον καὶ ἄλλο συνέδριον καὶ ἐκκλησίαν ἑαυτῷ πεποίηκε τὴν ἀπὸ τῶν ἐθνῶν. 16. „Κατὰ μόνας ἐκαθήμην.“ c Καὶ τὰ ῥήματα ἐνταῦθα οἰκοδομεῖ. Ὅταν πλῆθος ᾖ ἁμαρτωλῶν καὶ μὴ φέρωσι τὸν δίκαιον βιοῦντα καλῶς, οὐδὲν ἄτοπόν ἐστι φεύγοντα τὸ συνέδριον τῆς κακίας μιμήσασθαι τὸν εἰπόντα· „Κατὰ μόνας ἐκαθήμην“, μιμήσασθαι καὶ τὸν λέγοντα Ἠλίαν· „Κύριε, τοὺς προφήτας σου ἀπέκτειναν, τὰ θυσιαστήριά σου κατέσκαψαν, κἀγὼ ὑπε­ λείφθην μονώτατος, καὶ ζητοῦσι τὴν ψυχήν μου λαβεῖν αὐτήν.“ d Τάχα δὲ κἂν βαθύτερον ἐξετάσῃς τὸ „Κατὰ μόνας ἐκαθήμην“, εὑρήσεις τινὰ ἄξιον νοῦν βάθους προφητικοῦ. Ὅταν τὸν τῶν πολλῶν βίον μιμώμεθα, ὥστε μὴ εἶναι ἀνακεχωρηκότα αὐτὸν καὶ κρείττονα καὶ ἐξαίρετον παρὰ τοὺς πολ­ λούς, οὐ δύναμαι λέγειν· „Κατὰ μόνας ἐκαθήμην“, ἀλλά· Μετὰ πολλῶν ἐκαθήμην. Ἐπὰν δὲ ὁ βίος μου γένηται δυσμίμητος, ὥστε με τηλικοῦτον γενέσθαι, ὡς μηδένα παραπλήσιον εἶναί μου τῷ ἤθει, τῷ λόγῳ, ταῖς πρά­ ξεσι, τῇ σοφίᾳ, τότε δύναμαι λέγειν παρὰ τὸ μόνος εἶναι τοιόσδε καὶ μηδέ­ να μιμήσασθαί με τὸ „Κατὰ μό||νας ἐκαθήμην“. Ἔξεστιν οὖν καὶ μὴ ὄντα σε πρεσβύτερον καὶ μὴ ὄντα σε ἐπίσκοπον μηδέ τινι τιμῇ ἐκκλησιαστικῇ τετιμημένον εἰπεῖν τοῦτο, τὸ „Κατὰ μόνας ἐκαθήμην“ ζηλῶσαι καὶ βίον ἀναλαβεῖν ὥστε εἰπεῖν· „Κατὰ μόνας ἐκαθήμην.“ „Ὅτι πικρίας ἐνεπλήσθην.“ e Εἰ „στενὴ καὶ τεθλιμμένη ἡ ὁδὸς ἡ ἀπ­ άγουσα εἰς τὴν ζωήν“, f δεῖ σε πικρίας ἐμπλησθῆναι ἐν τῷ βίῳ τούτῳ, a f

Jer. 15,17 Mt. 7,14

b

Mt. 23,38

c

Jer. 15,17

d

Röm. 11,3 (vgl. 1 Kön. 19,10.14)

e

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1  ἤπερ Hu H (quam) εἴπερ S 5  τὸ Hu τῶι S 10  καλῶς Kl (GCS Orig. 3, 349) δικαίως Kl (GCS Orig. 3, 122) Nt καὶ ὡς S 20  ἤθει Kl ἔθει S 20  λόγῳ C H (sermone) βίωι S 21  τοιόσδε Koe τοῖς ὧδε S 512 Vgl. in Hier. hom. 15,1 (GCS Orig. 32, 125). Zur Freundschaft zwischen Gott und den

Menschen vgl. orat. 1 (GCS Orig. 2, 298); 10,2 (2, 320); 27,14 (2, 373). 513 Der Vorschlag von Klostermann, GCS Orig. 3, 349, das im Codex Scorialensis

verderbte καὶ ὡς nicht in δικαίως zu verbessern (so Klostermann, GCS Orig. 3, 122, übernommen von Nautin, SC 238, 102), sondern καλῶς zu schreiben, überzeugt dadurch, dass Origenes die Wendung καλῶς βιοῦν oft gebraucht. Klostermann, GCS Orig. 3, 349, weist auf folgende Stellen hin: in Hier. hom. 11,3 (GCS Orig. 32, 81); in Regn. hom. graec. 10 (GCS Orig. 32, 294). Vgl. ferner princ. III 1,1 (GCS Orig. 5, 195).

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Gegenteil zu tun und zum Feind deiner Seligkeit zu werden.512 „Ich saß nicht in der Versammlung von Scherzbolden, sondern hütete mich im Angesicht deiner Hand.“a Und unser Erlöser saß nicht „in der Versammlung von Scherzbolden“, sondern stand auf und ging weg von ihnen. Und ein Hinweis darauf, dass der Erlöser von der Versammlung von Scherzbolden aufgestanden ist, ist seine Aussage: „Verlassen werden wird euer Haus, verwüstet.“ b Denn das Wort Gottes hat die Versammlung der Juden verlassen und sich eine andere Versammlung und Gemeinde geschaffen: die aus den Heidenvölkern. 16. „Für mich allein saß ich da.“ c Sogar die Worte an sich sind hier erbau­ lich. Wenn es eine Menge Sünder gibt und sie nicht ertragen, dass der Gerechte gut513 lebt, ist es nicht absurd, die Versammlung der Schlechtigkeit zu fliehen und so den nachzuahmen, der sagte: „Für mich allein saß ich da“, und auch Elija nachzuahmen, der sagt: „Herr, deine Propheten haben sie getötet, deine Altäre haben sie zerstört, und ich ganz allein bin übriggeblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen.“ d Solltest du aber die Aussage: „Für mich allein saß ich da“ tiefer untersuchen, wirst du vielleicht einen Sinn514 finden, der der prophetischen Tiefe angemessen ist. Wenn wir das Leben der Masse515 nachahmen, so dass einer nicht zurückgezogen und besser und aus der Masse herausgehoben ist, kann ich nicht sagen: „Für mich allein saß ich da“, sondern: Zusammen mit der Masse saß ich da. Sobald aber mein Leben schwer nachahmbar wird, so dass ich zu einem solchen werde, dass mir niemand an Charakter, Vernunft, Taten und Weisheit vergleichbar ist, dann kann ich, da allein ich ein solcher bin und niemand mich nachahmt, sagen: „Für mich allein saß ich da.“ Es ist also möglich, auch wenn du nicht Presbyter und nicht Bischof bist und durch keine kirchliche Ehrenstellung ausgezeichnet bist, dies zu sagen, eifrig zu versuchen, „für mich allein dazusitzen“ und eine solche Lebensweise aufzunehmen, dass du sagen kannst: „Für mich allein saß ich da.“516 „Denn ich war von Bitterkeit satt.“ e Wenn „der Weg, der zum Leben führt, eng und schmal ist“,f musst du in diesem Leben von Bitterkeit satt sein 514 Zu dieser Bedeutung von νοῦς, wie sie auch in Hier. hom. 14,12 (GCS Orig. 32, 117)

vorliegt, siehe oben S. 356 Anm. 485.

515 Zu dieser Bedeutung von οἱ πολλοί siehe oben S. 320 Anm. 423 und unten S. 499

Anm. 783.

516 Origenes interpretiert die Aussage in Jer. 15,17: „Für mich allein saß ich da“ nicht

in dem räumlichen Sinn, den sie haben könnte, und bezieht sie daher nicht auf die Presbyter und Bischöfe, die im Gottesdienst „für sich allein“ in der Apsis sitzen, abgesondert von „der Masse“ der Gottesdienstteilnehmer, sondern deutet sie ethisch als Aussage über den Fortschritt im spirituellen Leben. Dabei kommt er zu einer Formulierung einzigartiger Individualität – der Unvergleichlichkeit eines Menschen in Charakter, Tun und Denken –, die in dieser Form für die antike Welt singulär sein dürfte. In Num. hom. 2,2 (GCS Orig. 7, 11) entfaltet er denselben Gedanken sogar noch ausführlicher. Siehe dazu oben S. 85–87.

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οὐδενὸς δύνασαι γλυκέος ἀπολαῦσαι. Ἢ οὐκ οἶδας ὅτι ἡ ἑορτή σου μετὰ πικρίδων γίνεται; Ὅταν γὰρ ἑορτάζῃς, „ἄζυμα“ φησὶν „ἐπὶ πικρίδων“ φάγεσαι.a Τί βούλεται ὁ λόγος λέγων ὅτι δεῖ τὸν ἑορτάζοντα τῷ θεῷ ἄζυ­ μα ἐπὶ πικρίδων ἐσθίειν, κατανοητέον. Τὰ μὲν ἄζυμα διηγήσατο ὁ ἀπόστο­ λος, οὐκ ἔστιν ἐμὴ ἡ ἑρμηνεία· τὸ δὲ | ἀκόλουθον τῆς ἑρμηνείας ἀναγκαῖόν ἐστι παραπλήσιον εἶναι τῇ ἀποστολικῇ διηγήσει. Ὁ ἀπόστολος τὰ περὶ τῶν ἀζύμων διηγήσατο λέγων· „Ἑορτάζωμεν μὴ ἐν ζύμῃ παλαιᾷ μηδὲ ἐν ζύμῃ κακίας καὶ πονηρίας, ἀλλ̓ ἐν ἀζύμοις εἰλικρινείας καὶ ἀληθείας.“ b Δέον ἐστὶν ἀποδοῦναι τὸν λόγον περὶ τῶν πικρίδων ἀκολούθως τῷ τὰ ἄζυμα εἶναι εἰλικρινείας καὶ ἀληθείας. Ἔχε δὲ εἰλικρίνειαν καὶ ἀλήθειαν, καὶ πικρί­ δες ἔσονταί σοι, καὶ ἐσθίεις μετὰ πικρίδων τὰ ἄζυμα τῆς εἰλικρινείας καὶ ἀληθείας. Οἷον Παῦλος, ἐπειδήπερ ἤσθιε τὰ ἄζυμα εἰλικρινείας καὶ ἀληθείας, καὶ πικρίδας ἤσθιε. Πῶς πικρίδας ἤσθι||ε; Λέγων „ἐχθρὸς ὑμῶν γέγονα ἀληθεύων ὑμῖν“. c Πῶς πικρίδας ἤσθιεν; „Ἐν κόπῳ καὶ μόχθῳ, καὶ ἐν ἀγρυ­ πνίαις πολλάκις, ἐν λιμῷ καὶ δίψει, χωρὶς τῶν παρεκτός.“ d Ἢ ταῦτα οὐκ ἦν ἀλήθεια μετὰ πικρίδων, ἄζυμα μετὰ πικρίδων; Ὁ μὲν οὖν νόμος εἶπεν· „Ἂζυμα μετὰ πικρίδων“ ἔδεσθε· e καὶ οὐκ εἶπεν· „Ἂζυμα μετὰ πικρίδων“ ἔδεσθε, ἕως ἐμπλησθῆτε, ὥσπερ ἐπί των ἄλλων λέλεκται· „Φάγεσθε καὶ ἐμπλησθήσεσθε.“ f Ὁ προφήτης προσεπιτείνει λέγων ὅτι οὐχὶ πικρίαν ἔφαγον, ἀλλὰ „πικρίας ἐνεπλήσθην“· g ὅση δύναμις τῶν πικρῶν μετελάμβα­ νον πραγμάτων, ὥστε με[τὰ] πληρέστατον πικρίδων μεταλαβεῖν. 17. „Ἵνα τί οἱ μισοῦντές με κατισχύουσι;“ h Πολλὰ ἔσχε πράγματα, ἔπασχεν ἀπὸ τῶν θελόντων ἀκούειν τὸ ἀληθές, καὶ ἦσαν αὐτοῦ ἐκεῖ­ νοι δυνατώτεροι [δὲ] ἐνταῦθα ἐν τῷ αἰῶνι τούτῳ, ἐπειδὴ οὐκ ἔστιν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ ἐκ τοῦ αἰῶνος τούτου, i ἀλλὰ ἀπὸ τῶν κρειττόνων χω­ ρίων, ὥς φησιν ὁ σωτήρ· „Εἰ ἦν ἐκ τοῦ κόσμου τούτου ἡ βασιλεία ἡ ἐμή, οἱ ὑπηρέται οἱ ἐμοὶ ἠγωνίζοντο ἄν, ἵνα μὴ παραδοθῶ τοῖς Ἰουδαίοις.“ j Οἱ λυποῦντες οὖν τὸν προφήτην κατίσχυον | αὐτοῦ ἐν τῷ κόσμῳ τούτῳ. Ὅτι γὰρ ἰσχύουσι, βλέπετε τοὺς μάρτυρας. Ὁ δικαστὴς καθέζεται δικάζων καὶ τρυφῶν ἐν τῷ δικαστηρίῳ· ὁ Χριστιανός, ἐν ᾧ ἐστι Χριστὸς δικαζόμενος, πικρίας ἐνεπλήσθη καὶ καταδεδυνάστευται ὑπὸ τοῦ ἀδίκου καὶ καταδικά­ ζεται. a

Ex. 12,8 Jer. 15,18

h

b

1 Kor. 5,8 Joh. 18,36

i

c

Gal. 4,16 d 2 Kor. 11,27f. Joh. 18,36

j

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Ex. 12,8

f

Joël 2,26

g

Jer. 15,17

8. 10. 11  εἰλικρινείας Bl εἰλικρινίας S 10  ἔχε Co H (habeto) ἔχει S 10  εἰλικρίνειαν Bl εἰλικρινίαν S 15  ἤ Bl Koe εἰ S 18  ἐπί τινων ἄλλων Koe Kl ἐπ᾽ ἄλλων C Nt ἐπὶ τῶν ἄλλων S 19  δὲ C H (uero) 21  με Kl μετὰ S 21  πληρέστατον Nt πληρεστάτων S Kl 23  μὴ Hu H (nolebant) 23  ἦσαν C H (erant) ἤκουσαν S 24  δὲ del. Kl 517 Zum „Willen“ bzw. zur „Intention“ einer Aussage im Bibeltext siehe oben S. 110

Anm. 5.

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und kannst dich an keiner Süßigkeit erfreuen. Oder weißt du nicht, dass dein Fest mit Bitterkräutern begangen wird? Denn wenn du feierst, sollst du „ungesäuerte Brote“, heißt es, „mit Bitterkräutern“ essen.a Man muss verstehen, was die Intention517 der Aussage ist, dass der, der ein Fest für Gott feiert, „ungesäuerte Brote mit Bitterkräutern essen“ muss. Die ungesäuerten Brote hat schon der Apostel erklärt, es ist nicht meine Deutung. Die dem folgende Deutung aber muss der apostolischen Erklärung vergleichbar sein. Bezüglich der ungesäuerten Brote erklärte der Apostel Folgendes: „Wir wollen nicht mit altem Sauerteig feiern noch mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit den ungesäuerten Broten der Lauterkeit und Wahrheit.“ b Die Aussage über die Bitterkräuter ist entsprechend der Aussage über die ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit zu erläutern.518 Verfüge über Lauterkeit und Wahrheit, und sie werden dir zu Bitterkräutern werden, und mit Bitterkräutern wirst du die ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit essen, so wie Paulus, insofern er die ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrheit aß, auch Bitterkräuter aß. Wie aß er Bitterkräuter? Indem er sagte: „Euer Feind bin ich geworden, weil ich euch die Wahrheit sage.“ cWie aß er Bitterkräuter? „In Mühsal und Beschwernis, oft in schlaflosen Nächten, in Hunger und Durst, vom übrigen ganz zu schweigen.“ d Oder war das nicht Wahrheit mit Bitterkräutern, ungesäuerte Brote mit Bitterkräutern? Das Gesetz sagte also: „Ungesäuerte Brote mit Bitterkräutern“ sollt ihr essen,e und es sagte nicht: „Ungesäuerte Brote mit Bitterkräutern“ sollt ihr essen, bis ihr satt seid, wie im Blick auf andere Dinge gesagt ist: „Esst und werdet satt!“ f Der Prophet geht darüber hinaus, indem er sagt, dass er nicht Bitterkeit aß, sondern dass er „von Bitterkeit satt war“.g So weit wie möglich nahm ich an bitteren Dingen teil, so dass ich vollkommen satt an Bitterkräutern bin. 17. „Warum werden die, die mich hassen, stärker?“ h Er hatte viele ­Schwierigkeiten, er litt unter denen, die die Wahrheit hören wollten, und jene waren hier in dieser Welt mächtiger als er, zumal das Reich Gottes nicht von dieser Welt ist,i sondern aus stärkeren Gefilden stammt, wie der Erlöser sagt: „Wenn mein Reich von dieser Welt wäre, würden meine Diener kämpfen, damit ich nicht den Juden ausgeliefert werde.“ j Diejenigen also, die dem Propheten Leid zufügten,519 waren in dieser Welt stärker als er. Denn dafür, dass sie stark sind, blickt auf die Märtyrer. Der Richter sitzt prunkend im Gerichtshof zu Gericht, der Christ, in dem Christus vor Gericht steht,520 wird – satt von Bitterkeit – vom Ungerechten unterdrückt und verurteilt. 518 Der Bibelausleger Origenes stilisiert sich selbst zum Nachfolger des Exegeten Paulus:

de Lubac, Geist aus der Geschichte 88f. Zum exegetischen Prinzip der internen Kohärenz der Auslegung siehe Nautin, SC 232, 148f. 519 In dieser Wiederaufnahme der ausgelegten Bibelstelle wird Jer. 15,18 mit der Vokabel wiedergegeben, die darin eigentlich steht: λυποῦντες (II p. 681 Rahlfs), nicht die Lesart μισοῦντες, die im Lemma steht. 520 Vgl. oben in Hier. hom. 14,7 (GCS Orig. 32, 112).

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18. „Ἡ || πληγή μου στερεά, πόθεν ἰαθήσομαι;“a Οἱ κατισχύοντές με πλήσσουσί με, καὶ ἡ πληγή μού ἐστι στερεά. Εἴτε προφητεύει τὸν σταυρὸν ἑαυτοῦ (στερεὰ γὰρ πληγή ἐστιν ὁ σταυρός, ὅσον ἐπὶ τοῖς σταυροῦσιν αὐτόν), πάντων τῶν δικαίων λέγεται ἐν οἷς πληγὴν στερεὰν λαμβάνει, εἴτε καὶ ἐπὶ τοῦ προφήτου ἀκούεις τοῦτο (καὶ γὰρ καὶ αὐτὸς πέπονθε τὰ ἀναγεγραμμένα ἐν τῇ προφητείᾳ), τ αὐτὸν ἐπιδέχεται [τὸν] νοῦν κατὰ τὴν λέγουσαν λέξιν· „Ἡ πληγή μου στερεά. Πόθεν ἰαθή­ σομαι;“ Κἂν ὁ σωτὴρ λέγῃ· „Πόθεν ἰαθήσομαι“, τὴν ἀνάστασιν τὴν ἐκ νε­ κρῶν προφητεύει μετὰ τὴν στερεὰν πληγήν, κἂν ἐπὶ τοῦ δικαίου δὲ λαμ­ βάνηται, μετὰ τὰς πληγὰς γίνεται πάλιν ἴασις. „Γινομένη ἐγενήθη μοι οὐκ ἔχον πίστιν“· b οὐ γὰρ μένει ἡ πληγή, ἀλλὰ παρέρχεται. „Διὰ τοῦτο τάδε λέγει κύριος· ἐὰν ἐπιστρέψῃς, καὶ ἀποκαταστήσω σε.“ c Ταῦτα πάλιν λέγεται πρὸς ἕκαστον, ὃν παρακαλέσει ὁ θεὸς ἐπιστρέ­ ψαι πρὸς αὐτόν. Μυστήριον δέ μοι δοκεῖ ἐνταῦθα δηλοῦσθαι ἐν τῷ „Ἀπο­ καταστήσω σε“. Οὐδεὶς ἀποκαθίσταται εἴς τινα τόπον μηδαμῶς ποτε γενόμενος ἐκεῖ, ἀλλ̓ ἡ ἀποκατάστασίς ἐστιν εἰς τὰ οἰκεῖα. Οἷον ἔξαρθρόν μου ἐὰν γένηται μέλος, ὁ ἰατρὸς πειρᾶται ἀποκατάστασιν ποιῆσαι τοῦ ἐξάρθρου. Ὅταν ἔξω τις γένηται τῆς πατρίδος, εἴτε δικαίως εἴτε ἀδίκως, ἀπολαμβάνῃ δὲ τὸ || δύνασθαι πάλιν ἐν τῇ πατρίδι εἶναι κατὰ τοὺς νόμους, ἀπεκατέστη ἐπὶ τὴν πατρίδα τὴν ἑαυτοῦ. Τὸ αὐτὸ νόει μοι καὶ ἐπὶ στρα­ τιώτου ἐκβληθέντος ἀπὸ τῆς ἰδίας παρατάξεως ἀποκαθισταμένου. Λέγει οὖν ἐνθάδε πρὸς ἡμᾶς τοὺς | ἀποστρέψαντας ὅτι, ἐὰν ἐπιστρέψωμεν, ἀποκαταστήσει ἡμᾶς. Καὶ γὰρ τὸ τέλος τῆς ἐπαγγελίας τοιοῦτόν ἐστιν, ὡς ἐν ταῖς Πράξεσι τῶν ἀποστόλων γέγραπται ἐν τῷ „Ἄχρι χρόνων ἀποκα­ a

Jer. 15,18

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Jer. 15,18

c

Jer. 15,19

3  ἑαυτοῦ S Nt τοῦ κυ Bl Kl H (Domini) 4  εἴτε περὶ Co H (siue de) 5  ἀκούεις Koe Kl H (uolueris accipere) ἄκουσον S Nt 6–7  τὸν αὐτὸν – νοῦν Koe Kl τοῦτον – τὸν νοῦν We Nt ταὐτὸν S 8  κἂν – λέγῃ Kl καὶ – λέγει S 10  ἐγενήθη LXX H (facta 21  καὶ Lie est) ἐγεννήθη S 10–11  ὡς ὕδωρ ψευδές Hu H (sicut aqua mendax) 22  ἀποστρέψαντας Lie H (auersi) ἐπιστρέψαντας S 521 Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 108, tut Recht daran, an der Lesart des Codex

Scorialensis: ἑαυτοῦ festzuhalten, denn aus dem Fortgang des Satzes ergibt sich, als ersten möglichen Sprecher dieses Satzes den Erlöser anzunehmen, auf den das Reflexivpronomen dann zu beziehen ist. Die Konjektur von Blass: τοῦ κυ = τοῦ κυρίου, die sich auf Hieronymus (Dominus) stützt und von Klostermann, GCS Orig. 3, 124, übernommen wird (ebenso Schadel, BGrL 10, 166; Smith, FaCh 97, 155; widersprüchlicherweise auch Nautin, SC 238, 109, in der Übersetzung), würde Jeremia als Sprecher voraussetzen, doch wird diese Deutung im Folgenden erst als dritte in der Reihe der möglichen Textauffassungen erwähnt. 522 Die Konjektur von Koetschau (τὸν αὐτὸν νοῦν), die Klostermann, GCS Orig. 3, 124, übernimmt, ist deshalb überzeugender als die von Wendland, die Nautin, GCS Orig. 32, 361; SC 238, 108, präferiert (τοῦτον τὸν νοῦν, übernommen von Smith,

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

18. „Meine Wunde ist schwer, woher wird mir Heil?“a Diejenigen, die stärker sind als ich, schlagen mich, und meine Wunde ist schwer. Ob er nun sein eigenes521 Kreuz prophezeit – denn eine schwere Wunde ist das Kreuz, soweit es die betrifft, die ihn kreuzigen –, dies allen Gerechten gesagt wird, in denen er eine schwere Wunde empfängt, oder ob du dies auch auf den Propheten beziehst – denn auch er selbst hat erlitten, was in seiner Prophetie aufgeschrieben ist –, es bekommt denselben522 Sinn523 entsprechend der Aussage, die besagt: „Meine Wunde ist schwer.“ „Woher wird mir Heil?“ Wenn der Erlöser spricht: „Woher wird mir Heil?“, prophezeit er die Auferstehung von den Toten nach der schweren Wunde, wenn es aber auf den Gerechten bezogen wird, bedeutet es, dass nach den Wunden wieder die Heilung eintritt. „ ist sie mir geworden, ohne Verlässlichkeit.“ b Denn die Wunde bleibt nicht, sondern vergeht. „Deshalb spricht der Herr dies:Wenn du umkehrst, werde ich dich wieder einsetzen.“ c Dies wird wiederum zu jedem gesagt, den Gott ermahnen wird, zu ihm umzukehren. In der Wendung: „Ich werde dich wieder einsetzen“ scheint mir hier ein Geheimnis offengelegt zu werden.524 Niemand wird wieder eingesetzt in einen Ort, an dem er zuvor noch nie war, sondern die Wiedereinsetzung erfolgt in etwas Vertrautes. Wenn sich zum Beispiel eines meiner Glieder ausgerenkt hat, versucht der Arzt das Ausgerenkte wieder einzusetzen. Wenn jemand aus der Heimat vertrieben wird, sei es zu Recht, sei es zu Unrecht, aber die Möglichkeit bekommt, wieder in der Heimat den Gesetzen gemäß zu leben, wurde er wieder in seine eigene Heimat eingesetzt. Das gleiche denke mir auch bei einem Soldaten, der aus dem ihm eigenen Rang ausgeschlossen wieder eingesetzt wird. Er (sc. Gott) sagt also hier zu uns, die wir uns abgewandt haben, dass er uns, wenn wir umkehren, wieder einsetzen wird. Denn auch die Vollendung der Verheißung sieht so aus, wie es in der Apostelgeschichte geschrieben steht: „bis zu den Zeiten

FaCh 97, 155), weil dadurch deutlich wird, dass alle drei Deutungen auf denselben Sinn hinauslaufen, nämlich dass die Stärkeren den Schwächeren schlagen. Allerdings ist der Text in der Fassung Nautins gleichfalls verständlich. 523 Zu dieser Bedeutung von νοῦς siehe erneut oben S. 356 Anm. 485. 524 Das Verbum ἀποκαταστήσω in Jer. 15,19 verbindet Origenes mit der zentralen Hoffnungsperspektive seiner Eschatologie, der ἀποκατάστασις τῶν πάντων, der „Wiedereinsetzung (oder: Wiederherstellung) von allem“, wie es in der am Ende der Homilie zitierten Stelle Apg. 3,21 heißt. An der vorliegenden Stelle legt Origenes den Fokus lediglich darauf, dass die Formulierung die Wiederherstellung eines schon einmal vorhandenen Zustands impliziert. Vgl. in Ioh. comm. I 16,91 (GCS Orig. 4, 20); princ. I 6,1–3 (GCS Orig. 5, 78–84); III 6,3 (5, 283–285); Cels. VII 17 (GCS Orig. 2, 168); VIII 72 (2, 288–290). Zur Apokatastasis siehe z.B. von Balthasar, Apokatastasis; Crouzel, Origène 337–341; ders., L’Apocatastase 282–290; Rabinowitz, Apokatastasis; Ramelli, Apokatastasis 137–215.

Ὁμιλία ιδʹ



ταστάσεως πάντων ὧν ἐλάλησεν ὁ θεὸς διὰ στόματος τῶν ἁγίων αὐτοῦ ἀπ̓ αἰῶνος προφητῶν“a ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ b a

Apg. 3,21

b

1 Petr. 4,11

3  Ἀμήν add. ὁμιλία ιδ’ S

Homilie ,18



der Wiedereinsetzung von allem, von denen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von Ewigkeit her gesprochen hat“a in Christus Jesus. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ b

Εἰς τὸ „οἴμοι ἐγώ“a πάλιν ἄλλως, μέχρι τοῦ „ἐπικατάρατος ἄνθρωπος ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄνθρωπον, καὶ στηρίσει σάρκα βραχίονος αὐτοῦ“. b

Ὁμιλία ιεʹ.

281v

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1. Οἱ μακαρίζοντες τοὺς προφήτας κἀν τῷ μακαρίζειν αὐτοὺς εὐχόμενοι τὴν μερίδα ἔχειν μετὰ τῶν προφητῶν συναγαγόντων ἀπὸ τῶν λόγων τῶν προφητικῶν τὰ ἐξαίρετα τῆς προφητείας αὐτῶν· ζητοῦντες οὖν πεισθεῖεν , ἂν κατὰ τὰ αὐτὰ βιώσωσιν (εἰ καὶ σκληρὸν αὐτοῖς ἀπαντήσεται ἐν τῷ βίῳ τούτῳ μιμεῖσθαι τὸν βίον τὸν προφητικόν), ὅτι τεύξονται τῆς ἀνα­ παύσεως καὶ τῆς μακαριότητος μετὰ τῶν προφητῶν. Πολλαχόθεν μὲν οὖν ἔστι συναγαγεῖν τὰ ἐξαίρετα || τῶν προφητῶν, τὸ ἐλεύθερον αὐτῶν, τὸ εὔτονον, τὸ ἐγρηγορός, τὸ διεγηγερμένον, ὅτι οὐκ ἐφρόντιζον ἐν ταῖς περι­ στάσεσι γινόμενοι διὰ τὴν ἐλευθερίαν, μόνον ἵνα ἐλέγξωσιν, ἵνα ἐπιστρέψω­ σιν ὡς [οἱ] προφῆται ἐκ τοῦ μετὰ παρρησίας τὸν λόγον τοῦ θεοῦ c λέγειν ἐπιπληκτικῶς τῶν ἁμαρτανόντων, εἰ καὶ ἐδόκουν μεγάλα δύνασθαι οἱ ἐλεγχόμενοι. Πλὴν εἰ καὶ πανταχόθεν ἔστι τοῦτο ποιεῖν, ἴδωμεν καὶ  τῶν σήμερον ἀναγνωσθέντων. Πολλοὺς ἤλεγξεν ὁ προφήτης καὶ πρὸς πολλοὺς εἶπεν ὁ προφήτης· καὶ γὰρ γέγονε κατὰ ἁμαρτωλοὺς γενομένους, ὡς δῆλον ἐκ τοῦ τὴν αἰχμαλω­ σίαν γεγονέναι κατὰ τοὺς χρόνους αὐτοῦ. Πολλοὺς ἐλέγξας, ὑπὸ πολλῶν κριθεὶς φθέγγεταί τινα τοιαῦτα. 2. Πρῶτον γὰρ ἀπὸ τοῦ προφητικοῦ λό­ a

Jer. 15,10

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Jer. 17,5

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Apg. 4,29.31

1  οἴμοι Co Kl (GCS Orig. 3, 125 app. crit.: „so meist in hom. 15“) οἴμμοι S 2  στηρίσει Hu LXX στηρίσσει S 5  κἀν Koe Kl (GCS Orig. 3, 349) Nt καὶ S 6  συναγαγόντων Kl συνόντες S 8  ἄν1 Bl 14  οἱ del. Gh 16  ἐκ Gh 19  ἁμαρτωλοὺς Gh ἁμαρτωλὸς S 19  γενομένους Bl Koe γενόμενος S 525 Peri, L’ordine 132f., weist darauf hin, dass diese Formel in der Überschrift zu einer

Predigt des Origenes singulär ist (in der Überschrift zu Homilie 20 wird sie von Klostermann, GCS Orig. 3, 176, mit Verweis auf die Überschrift von Homilie 15 konjiziert, um einen freien Raum im Codex Scorialensis zu füllen: siehe unten S. 486 Anm.  755). Er vermutet, der Schreiber der Handschrift war überrascht, noch eine Predigt über Jer. 15,10 zu finden, nachdem er gerade die lange Homilie 14 über Jer. 15,10–19 abgeschrieben hatte. Zur Frage der Reihenfolge der Homilien 14 und 15 siehe oben S. 15–17.

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Über: „Weh mir“a noch einmal anders525 bis: „Verflucht der Mensch, der die Hoffnung auf einen Menschen setzt und sich auf das Fleisch seines Armes stützen wird.“ b

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1. Leute, die die Propheten seligpreisen und sich dadurch, dass sie sie seligpreisen, wünschen, ihren Anteil mit den Propheten zu haben, sammeln aus den prophetischen Worten das Herausragende ihrer Verkündigung. Bei dieser Suche nun sind sie der Überzeugung, falls sie entsprechend leben – auch wenn es sie hart ankommen wird, in diesem Leben das prophetische Leben nachzuahmen –, dass sie die ewige Ruhe und die Seligkeit mit den Propheten erreichen werden.526 So ist es also möglich, aus vielen Stellen das Herausragende an den Propheten zu sammeln: ihre Unabhängigkeit, ihre Charakterfestigkeit, ihre Wachsamkeit, ihre Geistesgegenwart. Sie machten sich nichts daraus, wegen ihrer Unabhängigkeit in Schwierigkeiten zu geraten, einzig um zu tadeln, um als Propheten zur Umkehr zu rufen, weil sie mit Freimut das Wort Gottes c zum Tadel für die Sünder verkündeten, auch wenn die Getadelten sehr mächtig zu sein schienen.527 Abgesehen davon, dass man dies auf der Basis von vielen Stellen tun kann, wollen wir sehen, was sich auch aus der heutigen Lesung ergibt.528 Viele hat der Prophet getadelt, und zu vielen hat der Prophet gesprochen. Denn er trat sogar mitten unter Sündern auf, wie deutlich daraus hervorgeht, dass sich die Gefangenschaft zu seiner Zeit ereignete.529 Weil er viele tadelte und von vielen verurteilt wurde, gibt er etwas Derartiges kund. 2. Zuerst

526 So auch schon oben in Hier. hom. 14,14 (GCS Orig. 32, 119). 527 Vgl. Cels. VII 7 (GCS Orig. 2, 159): Die Propheten „wurden von der Vorsehung

ausgewählt, um mit dem göttlichen Geist und den von ihm inspirierten Verkündigungen betraut zu werden, da sie ein unvergleichliches Leben führten, das sich durch große Standhaftigkeit, Freimütigkeit und völlige Unerschrockenheit angesichts des Todes wie von Gefahren auszeichnete.“ Übersetzung: Barthold, FC 50/5, 1193. 528 Möglichst viele parallele Stellen innerhalb der Bibel zu sammeln und zu vergleichen ist ein Grundzug der Exegese des Origenes, der den sorgfältigen Exegeten auszeichnet. Viele Stellen dazu bei de Lubac, Geist aus der Geschichte 363f. – Zu Vorworten in Predigten des Origenes, denn um ein solches handelt es sich bei diesem einleitenden Absatz, siehe oben S. 113 Anm. 13. 529 Ebenso unten in Hier. hom. 20(19),5 (GCS Orig. 32, 184).

Ὁμιλία ιεʹ



282r

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γου ἴδωμεν, εἶτα καὶ κατὰ ἀναγωγήν, ἐὰν πρότερον ἀναλάβωμεν εὐτονίαν καὶ ἐλευθερίαν καὶ δύναμιν καὶ παρρησίαν προφήτου. „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“a Ὦ μῆτερ, ὡς τί με γεγέννηκας ἄνδρα δικαζόμενον πρὸς πάντας τοὺς ἐπὶ τῆς γῆς καὶ διακρινόμενον πρὸς πάντας τοὺς ἐπὶ τῆς γῆς; Προέκειτο γὰρ τῷ προφήτῃ καὶ τούτῳ καὶ τῷ Ἡσαΐᾳ καὶ τοῖς λοιποῖς τὸ προφητικόν, διδάσκειν, ἐλέγχειν καὶ ἐπιστρέφειν. Προέκειτο τοιγαροῦν καὶ τούτῳ τῷ προφήτῃ διακρίνειν, ἐλέγχειν, δικάζειν δυναμένῳ καὶ δικάζεσθαι μετὰ τῶν ἁμαρτωλῶν, ἐλέγχειν τὰ ἁμαρτή||ματα τοῦ λαοῦ. Καὶ ὅσα αὐτοῖς πε­ ποιήκασιν οἱ ἀπὸ τοῦ λαοῦ, τί δεῖ καὶ λέγειν; Ἄλλον ἐλιθοβόλησαν, ἄλλον ἔπρισαν, b ἄλλον ἀπέκτειναν „μεταξὺ τοῦ ναοῦ καὶ τοῦ θυσιαστηρίου“, c τοῦτον εἰς λάκκον βορβόρου ἔβαλον d ἐλεγχόμενοι. Καὶ ἐπὶ πᾶσιν ὁ σωτὴρ ἡμῶν τοῦτο πεποίηκε καὶ κρειττόνως γε ἢ οὗτοι, ἅτε κύριος προφητῶν ὤν. Καὶ γάρ, εἴπερ αὐτὸς ἐμαστιγώθη καὶ ἐσταυρώθη καὶ παρεδόθη ὑπὸ τῶν Ἰουδαίων ἢ ὑπὸ τῶν διδασκάλων τῶν Ἰουδαίων καὶ τοῦ ἡγουμένου τοῦ λαοῦ, εἶπεν· „Οὐαὶ ὑμῖν, γραμματεῖς καὶ Φαρισαῖοι ὑποκριταί“· e καὶ ἐπιλέ­ γει καθ̓ ἕκαστον „οὐαί“ f καὶ „διὰ τοῦτο“ g τόδε καὶ τόδε. Καὶ ἡμεῖς οὖν, σπουδάζομεν ἐπὶ τοὺς μακαρισμοὺς τῶν προφητῶν, ταὐτὰ ποιήσωμεν, ὥστε, διὰ τὸ λέγειν καὶ διὰ τὸ κριθῆναι πρὸς πολλοὺς ἀνθρώπους, καὶ εἰπεῖν· „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρι­ νόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“ h 3. Κυριώτερόν γε τοῦτο δύναται προφητικὸν εἶναι ἀναφερόμενον ἐπὶ τὸν σωτῆρα. Ἔστω γὰρ τὸν προφήτην τοῦτο λέγειν, ἀλλ̓ οὐκ | ἀληθῶς τοῦτο ἐρεῖ, ἀλλὰ τάχα ὑπερβολικῶς· οὐ γὰρ διεκρίθη πρὸς πᾶσαν τὴν γῆν. Ἐὰν δὲ ἔλθω πρὸς τὸν σωτῆρά μου καὶ κύριον, καὶ μάλιστα διὰ τὸ „Εἰς κρίσιν ἥξει“ i καὶ τὸ „Ὅπως ἂν δικαιωθῇς ἐν τοῖς λόγοις σου, καὶ νικήσῃς ἐν τῷ κρίνεσθαί σε“, j ὄψομαι ὅτι ὁ σωτήρ μου καὶ κύριος μέλλει ἐπὶ τοῦ πατρὸς ἑστάναι, κρινόμενος μετὰ πάντων ἡμῶν τῶν ἀνθρώπων. Καὶ κρίνε­ ται μετὰ πάντων τῶν ἀνθρώπων. Λέγω· Κρίνεται, ἐξετάζεται καὶ αὐτός, καὶ a

Jer. 15,10 Mt. 23,34

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b h

Hebr. 11,37 c Mt. 23,35 d Jer. 45(38),6 Jer. 15,10 i Joh. 9,39 j Ps. 50(51),6

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Mt. 23,13

f

Mt. 23,13–29

5  διακρινόμενον Bl Kl (GCS Orig. 3, 349) Nt διακρίνεσθαι S 7  διδάσκειν Gh Co διδάσκων S 7  ἐπιστρέφειν Gh Co ἐπιστροφὴν S 7  προέκειτο Gh Co προσέκειτο S 11  ἔπρισαν Gh ἔπρησαν S 13  κρειττόνως γε Kl 8  διακρίνειν Bl Die διακρίναι S κρείττον ὥστε S 18  εἰ Kl 18  ταὐτὰ Kl ταῦτα S 22  τὸ Kl (nicht Nt)

530 Zur „anagogischen“ Schriftauslegung, die Origenes, in Hier. hom. 1,12 (GCS Orig.

32, 10), ebenfalls anspricht (dort πρὸς ἀναγωγήν), siehe oben S. 119 Anm. 29.

531 Vgl. dazu in Hier. hom. 1,13 (GCS Orig. 32, 11). 532 Zu diesem Verfahren der Deutung einer Aussage, die wörtlich verstanden eine Hy-

perbel, bezogen auf den tieferen Schriftsinn aber wahr ist, siehe Neuschäfer, Orige-

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Homilie ,2–3

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nämlich wollen wir ausgehend vom prophetischen Wort eine Betrachtung anstellen, danach auch gemäß dem übertragenen Sinn,530 wenn wir uns zuvor die Charakterfestigkeit, die Unabhängigkeit, die Kraft und den Freimut eines Propheten zu eigen gemacht haben. „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“a O Mutter, als was für einen Mann hast du mich geboren, vor Gericht gezerrt vor allen auf der Erde und umstritten vor allen auf der Erde? Es war nämlich die prophetische Aufgabe sowohl dieses Propheten als auch des Jesaja und der übrigen, zu belehren, zu tadeln und zur Umkehr zu rufen. Demgemäß war es also die Aufgabe auch dieses Propheten, zurechtzuweisen, zu tadeln, zu richten, auch wenn er mit den Sündern gerichtet werden konnte, und die Sünden des Volkes zu tadeln. Und wozu soll man auch noch erwähnen, was ihnen die Angehörigen ihres Volkes alles angetan haben? Den einen steinigten sie, den anderen zersägten sie,b einen anderen töteten sie „zwischen dem Tempel und dem Altar“,c diesen warfen sie in eine Zisterne mit Schlamm,d weil sie von ihm getadelt wurden.531 Und vor allem hat unser Erlöser dies vollbracht, und zwar mehr noch als diese, weil er der Herr der Propheten ist. Denn als er selbst gegeißelt und gekreuzigt und von den Juden beziehungsweise von den Lehrern der Juden und vom Führer des Volkes ausgeliefert wurde, sagte er: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler!“ e Und zu jedem „Wehe“ f fügt er auch ein „Deshalb“ g dies und das hinzu. wir nach den Seligpreisungen der Propheten streben, lasst uns also auch dasselbe vollbringen, so dass wir, weil wir zu vielen Menschen sprechen und verurteilt werden, auch sagen können: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“ h 3. Im eigentlicheren Sinne allerdings kann dieses prophetische Wort auf den Erlöser bezogen werden. Denn lass den Propheten dies sagen, wird er dies doch nicht wahrheitsgemäß sagen, sondern vielleicht in Form einer Übertreibung, denn er war nicht vor der ganzen Erde umstritten.532 Wenn ich aber zu meinem Erlöser und Herrn533 komme, und zwar besonders wegen solcher Aussagen wie: „Zum Gericht wird er kommen“ i und: „Auf dass du in deinen Worten für gerecht befunden werden und obsiegen mögest, wenn du gerichtet wirst“,j werde ich sehen, dass mein Erlöser und Herr vor dem Vater stehen wird, um mit allen uns Menschen gerichtet zu werden. Ja, er wird mit allen Menschen gerichtet. Ich sage: Er wird gerichtet, auch er wird verhört, und er steht da,534 um der Wahrheit Recht zu verschaffen, freilich nes als Philologe 236; Villani, Prosopopoiie 145f. – Vgl. dazu Hieronymus, in Hier. III 52,1 (CChr.SL 74, 147f.), zitiert oben S. 344 Anm. 468. 533 Zu dieser Anrede siehe oben S. 249 Anm. 281. 534 Nautin, GCS Orig. 32, 362, hält den im Codex Scorialensis stehenden Aorist ἔστη, den Klostermann, GCS Orig. 3, 127, bietet, für unpassend, weil die umgebenden

Ὁμιλία ιεʹ



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ἔστη μὲν ἐκδικῶν τὴν ἀλήθειαν, οὐχ ὡς κατήγορος δέ. „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“a Οὐ δύναται προφήτης τὸ „πάσῃ τῇ γῇ“ λέγειν. Ἀλλὰ τὸν κύριον ἡμῶν καὶ σωτῆρα Ἰησοῦν Χριστὸν οἶδα φιλοῦντας, καὶ οὐ μόνον φιλοῦντας ἀλλὰ καὶ ἀγαπῶντας, ἀγανακτοῦντας καὶ λέγοντας ὅτι ὁ σωτὴρ λέγει, ὅτι ἡ φωνὴ οὐκ ἔστι κατὰ τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ. Δεῖ δὲ δεῖξαι, ὅτι οὐκ ἀλλότριον τοῦ υἱοῦ τοῦ θεοῦ τὸ „οἴμοι ἐγώ, μῆτερ“; „Περίλυπός ἐστιν ἡ ψυχή μου ἕως θανάτου“, b καὶ „ἡ ψυχή μου τετάρα­ κται“, c καὶ τῶν ἐν τοῖς προφήταις εἰρημένων ὁμοίως καὶ ἐνθάδε· „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ“, d ἢ ὅτε ἀπόλωλεν ἐπιφυλλὶς τοῦ εὑρεῖν βότρυν· „Οἴμοι ψυχή, ὅτι ἀπόλωλεν εὐλαβὴς ἀπὸ τῆς γῆς, καὶ ὁ κατορθῶν ἐν ἀνθρώποις οὐχ ὑπάρχει.“ e Τίς ἐκεῖ λέγει τὸ „Οἴμοι, ὅτι ἐγενήθην συνάγων καλάμην ἐν ἀμητῷ“; f Ἆρα γὰρ ὁ προφήτης συνῆγε καὶ θέλει συνάγειν; Ἆρα γὰρ ἀγρὸν ἔχει ὁ προφήτης; Ἀλλ̓ οὐδενός ἐστι συνάγειν [καὶ] πάντα ἀπὸ τοῦ θερισμοῦ καὶ τῶν ἐσπαρμένων, εἰ μὴ τοῦ κυρίου καὶ σωτῆρος Ἰησοῦ Χρι­ στοῦ. Ἐπεὶ οὖν πολλὰ πτώματα ἐν τοῖς ἔθνεσιν, ἀλλὰ καὶ ἐν ἡμῖν τοῖς νομιζομένοις εἶναι ἀπὸ τῆς ἐκκλησίας, θρηνεῖ καὶ πενθεῖ ἡμῶν τὰ ἁμαρτήμα­ τα λέγων· „Οἴμοι ἐγώ, ὅτι ἐγενήθην ὡς συνάγων καλάμην.“ g Ἕκαστος a

Jer. 15,10 Mich. 7,1

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Mk. 14,34; Mt. 26,38

c

Joh. 12,27

d

Jer. 15,10

e

Mich. 7,1f.

f

Mich. 7,1

5  ἀγανακτοῦντας Bl ἀγανακτεῖν S 6  οὐχὶ Kl 11  ὅτε Kl (GCS Orig. 3, 349) ὅταν S 11  τοῦ S Kl τοῦ Nt 13. 19  ἐγενήθην Hu ἐγεννήθην S 13  ὡς Co 15  καὶ del. Co Kl (nicht Nt) Verben im Präsens stehen. An Stelle von Wendlands Konjektur ἔστι schlägt er daher mit Blick auf μέλλει … ἑστάναι zwei Zeilen weiter oben vor, ἔστη zu lesen, wobei das Perfekt dieses Verbums die Bedeutung eines Präsens hat, setzt in seinen Text in SC 238, 116, hingegen die Konjektur von Wendland. Mit dem Verweis auf eine präsentische Bedeutung des Aorist ἔστη kann man freilich wie Klostermann am überlieferten Text festhalten. 535 Als Mensch muss Jesus wie alle anderen Menschen auch „gereinigt“ werden, wie Origenes, in Ioh. comm. VI 55,287–56,290 (GCS Orig. 4, 164f.), sagt, um den Schmutz los zu werden, den er sich, „bekleidet mit unserer Natur, das heißt mit Fleisch und Blut“: in Lev. hom. 9,5 (GCS Orig. 6, 424), eben durch die Berührung des Irdischen zugezogen hat: in Num. hom. 25,6 (GCS Orig. 7, 241). Siehe auch oben S. 290 Anm. 368 zu in Hier. hom. 11,5 (GCS Orig. 32, 83). Man könnte sich vielleicht auch ein Verständnis vorstellen, gemäß dem Jesus zusammen mit den Menschen vor Gericht steht und über diese befragt wird, um für diese – nicht gegen diese, denn er fungiert nicht als Ankläger – die Wahrheit zu bezeugen. 536 Dasselbe Argument schon oben in Hier. hom. 14,5 (GCS Orig. 32, 110f.). Origenes beendet damit hier den Gedanken, dass die Universalität der Aussage nicht auf den Propheten bezogen werden kann, sondern im eigentlichen Sinne nur auf Jesus, um sich im folgenden Absatz dem Einwand dagegen zuzuwenden, wie dann der Ausruf

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nicht als Ankläger.535 „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“a Ein Prophet kann nicht „auf der ganzen Erde“ sagen.536 Ich kenne jedoch Leute, die unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus gern haben, und nicht nur gern haben, sondern auch lieben,537 und die em­ pört einwenden, es sei der Erlöser, der hier spreche, weil die Aussage dem Sohn Gottes nicht angemessen sei. Muss man freilich zeigen, dass der Ausruf: „Weh mir, Mutter!“ für den Sohn Gottes nicht unpassend ist?538 „Zu Tode betrübt ist meine Seele“ b und „meine Seele ist erschüttert“.c Das entspricht sowohl dem, was in den Propheten gesagt wird, als auch dem, was hier steht: „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde“,d oder als jedes Träubchen dahin war, als er eine Traube suchte: „Weh mir, Seele, denn der Fromme ist von der Erde verschwunden und es gibt keinen Rechtschaffenen unter den Menschen!“ e Wer sagt dort: „Weh mir, denn ich bin geworden einer, der Häcksel sammelt bei der Ernte?“ f Hat denn der Prophet gesammelt und will sammeln? Besitzt denn der Prophet einen Acker? Doch niemandem steht es zu, alles von der Ernte und von der Saat zu sammeln, außer dem Herrn und Erlöser Jesus Christus. Da es nun viele Verfehlungen bei den Heidenvölkern, aber auch bei uns, von denen man annimmt, zur Kirche zu gehören, gibt, beklagt und betrauert er unsere Sünden, indem er sagt: „Weh mir, denn ich bin geworden wie einer, der Häcksel sammelt.“ g539 „Weh mir!“ auf den Erlöser passt. Aus diesem Grund ist die Absatzgestaltung von Klostermann, GCS Orig. 3, 127, richtig, während Nautin, SC 238, 116f., Schadel, BGrL 10, 169 (sogar mit langer Erklärung ebd. 311 Anm. 162), und Smith, FaCh 97, 159, den neuen Absatz mit dem erneuten Zitat von Jer. 15,10 beginnen lassen, dabei aber die offenkundige Inklusion οὐ γὰρ διεκρίθη πρὸς πᾶσαν τὴν γῆν – οὐ δύναται προφήτης τὸ „πάσῃ τῇ γῇ“ λέγειν übersehen. 537 Origenes kann zwischen φιλεῖν als leiblicher und eher dem Menschen gemäßer Liebe und ἀγαπᾶν als eher Gott gemäßer und gleichsam geistlicher Liebe unterscheiden, so in Lam. frg. 11 (GCS Orig. 32, 239): „Wir wissen, dass zu lieben (τὸ ἀγαπᾶν) etwas Göttlicheres und sozusagen Geistiges ist, gern zu haben (τὸ φιλεῖν) hingegen etwas Leibliches und Menschlicheres.“ „Denn die Liebe (ἀγάπη) bindet uns an Gott“, sagt er in Hier. hom. 5,2 (GCS Orig. 32, 33). Wie in orat. 20,1 (GCS Orig. 2, 344), wo er gern zu haben (φιλεῖν) und zu lieben (ἀγαπᾶν) auf das Beten bezieht, stehen diese zwei Arten von Liebe aber auch an der vorliegenden Stelle nicht in Gegensatz zueinander, sondern komplementär im Sinne einer Steigerung. Generell hat Origenes beide Verben nicht für einen Gegensatz zwischen sinnlicher körperlicher und geistiger Liebe, sondern synonym verwendet: Fürst, OWD 9/2, 18–24. 538 Dieselbe Argumentation wie im Folgenden hat Origenes schon in Hier. hom. 14,6 (GCS Orig. 32, 111f.) vorgelegt. Dort sind in den Fußnoten zur Übersetzung die Par­ alleltexte in anderen Werken des Origenes notiert. Siehe auch Fédou, Sagesse 205. 539 Auch Hieronymus, in Hier. III 52,2f. (CChr.SL 74, 148), erklärt die Beziehung von Jer. 15,10 auf Christus, indem er Mich. 7,1f. heranzieht.

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ἡμῶν ἑαυτὸν ἐξεταζέτω· ἆρα στάχυς ἐστίν; Ἆρα εὑρήσει ἐν αὐτῷ τρυγῆσαι ἢ θερίσαι ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ; Εὑρήσομεν ὅτι ἀνεμόφθοροί τινές ἐσμεν· ἐὰν ἄρα ὀλίγον ἔτι ἔχοντες ἐν αὑτοῖς, κόκκους δύο ἢ τρεῖς, αἱ ἁμαρτίαι ἡμῶν πολλαί εἰσιν ἐφ̓ ἡμῖν. Ὁρῶν οὖν καὶ τὰς ἐκκλησίας, τὰς χρηματιζούσας, πεπληρω­ μένας ἁμαρτωλῶν λέγει· „Οἴμοι, ὅτι ἐγενήθην ὡς συνάγων καλάμην ἐν ἀμητῷ καὶ ὡς ἐπιφυλλίδα ἐν | τρυγητῷ.“a Ἦλθε ζητῶν καρπὸν ἐν τῇ ἀμπέλῳ· ἕκαστος γὰρ ἡμῶν καταφυτεύεται καὶ || ὡς ἄμπελος „ἐν τόπῳ πίονι“, b καὶ „ἄμπελον ἐξ Αἰγύπτου μετῆρεν“, c „ἐγὼ δὲ κατεφύτευσά σε ἄμπελον καρποφόρον πᾶσαν ἀληθινήν“. d Ἔρχεται, ζητεῖ πῶς τρυγῆσαι· εὑρίσκει ἐπιφυλλίδα τινὰ καὶ βραχεῖς βότρυας, οὐκ εὐθαλεῖς οὐδὲ πολλούς. Τίς ἡμῶν ἔχει βότρυας ἀρετῆς; Τίς ἡμῶν ἔχει γεννήματα τοῦ θεοῦ; „Κύριε ὁ θεὸς ἡμῶν, ὡς θαυμαστὸν τὸ ὄνομά σου ἐν πάσῃ τῇ γῇ.“ e 4. Ταῦτα ὡς ἐν παρεκβάσει μοι τὸ „οἴμοι ἐγὼ μῆτερ“. f Ὅτι οὐκ ἀλλότριόν ἐστι τῆς τοῦ σωτῆρος ἡμῶν θειότητος, καθορῶντος τὰ ἁμαρτήματα τῶν ἀνθρώπων, νῦν τὸ λέγειν τὸ „οἴμοι“, τοῦ σωτῆρος οὐχὶ ᾗ θεὸς ἀλλ̓ ᾗ ἄνθρωπος, οὐχ ᾗ σοφία ἀλλ̓ ᾗ ψυχή, ἐκεῖνο παρεθέμην προφητικόν· „Οἴμοι ψυχή, ὅτι ἀπόλωλεν εὐλαβὴς ἀπὸ τῆς γῆς, καὶ ὁ κατ­ ορθῶν ἐν ἀνθρώποις οὐχ ὑπάρχει.“ g Ἦλθεν ἐπὶ τὸν βίον τὸν ἀνθρώπινον ἡ ψυχὴ ἡ μακαρία, ἀνέλαβε σῶμα ὑπὲρ τῶν ἀνθρώπων. Ἐὰν ἴδῃ τὰ ἁμαρ­ τήματα, λέγει πρὸς τὸν πατέρα· „Τίς ὠφέλεια ἐν τῷ αἵματί μου, ἐν τῷ καταβῆναί με εἰς διαφθοράν; Μὴ ἐξομολογήσεταί σοι χοῦς;“ h Ἀλλὰ ἐφ̓ ἡμῖν μὴ λεγέτω τὸ „οἴμοι“, ἐφ̓ ἡμῖν μὴ λεγέτωσαν οἱ ἄγγελοι τῶν οὐρανῶν. Τοῦ σωτῆρος ἡμῶν λέγοντος τὸ „οἴμοι“ καὶ αὐτοὶ ἐροῦσιν „οἴμοι“· οὐ γὰρ κρείττονές εἰσι τοῦ σωτῆρος ἡμῶν, καὶ αὐτοὶ ἡμῶν τὰ πταίσματα βλέπου­ σιν. Ἀλλὰ μακάριοι ἐκεῖνοι ἐφ̓ οἷς οἱ ἄγγελοι οὐκ ἐροῦσι τὸ „οἴμοι“, ἀλλὰ a

Mich. 7,1 b Jes. 5,1 Ps. 29(30),10

h

c

Ps. 79(80),9

d

Jer. 2,21

e

Ps. 8,2

f

Jer. 15,10

2  ἄρα Gh ἆρα S 3  αὑτοῖς Kl αὐτοῖς S 9  πῶς Gh Nt πως S Kl Kl 16  ᾗ3.4 Gh ᾖ S 16  ἐκεῖνο – τὸ Gh Kl ἐκεῖνο Nt ἐκεῖνος S

g

Mich. 7,1f.

13  εἰρήσθω εἰς

540 Diese kritische Wendung erklärt sich aus dem Kirchenbegriff des Origenes: „Kir-

che“ ist für ihn in seiner strikt personalistischen Ekklesiologie die Gemeinschaft der nicht-sündigen Seelen, „die Versammlung aller Heiligen“ (coetus omnium sanctorum), wie er im Hoheliedkommentar einmal formuliert: in Cant. comm. I 1,5 (OWD 9/1, 128), die Gemeinschaft derjenigen Seelen, die sich voll und ganz Christus angeglichen haben und damit wieder in ihren ursprünglichen Zustand gelangt sind, so ebd. III 16(IV 2),17: „Die zur Vollkommenheit gelangten Seelen bilden alle zusammen den Leib der Kirche.“ Übersetzung: Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 129. 411. Siehe dazu Vogt, Kirchenverständnis 210–225; Fürst, OWD 9/2, 26. 541 Die von Klostermann, GCS Orig. 3, 128, postulierte Lücke im Text, die Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 120, nicht annimt, ist notwendig, weil das καί nach der Lücke sonst nicht verständlich wird. 542 Zu Exkursen, die Origenes nicht selten einstreut, siehe Cacciari, Origen’s Language.

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Jeder von uns soll sich selbst prüfen: Ist er eine Ähre? Wird der Sohn Gottes in ihm etwas zu sammeln oder zu ernten finden? Wir werden entdecken, dass manche von uns vom Wind beschädigt sind. Wenn wir also nur noch wenig in uns selbst haben, zwei oder drei Körner, dann sind unsere Sünden zahlreich bei uns. Da er also auch die Kirchen, die so genannten Kirchen, voll mit Sündern sieht,540 sagt er: „Weh mir, denn ich bin geworden wie einer, der Häcksel sammelt bei der Ernte und Träubchen bei der Weinlese.“a Er kam, um nach einer Frucht am Weinstock zu suchen. Denn jeder von uns wird eingepflanzt 541 und wie ein Weinstock „an einem fruchtbaren Ort“,b und „er hat einen Weinstock aus Ägypten geholt“,c „ich aber habe dich als einen Weinstock gepflanzt, der die ganze Wahrheit als Frucht bringt“.d Er kommt, er schaut nach, wie die Ernte ausfällt: Er findet manche Träubchen und kaum Trauben, weder üppige noch viele. Wer von uns verfügt über Trauben der Tugend? Wer von uns verfügt über Früchte Gottes? „Herr, unser Gott, wie wunderbar ist dein Name auf der ganzen Erde!“ e 4. Dies sei wie in einem Exkurs542 „Weh mir, Mutter“ f . Da es für die Gottheit unseres Erlösers nicht unpassend ist, wenn er die Sünden der Menschen sieht, jetzt „Weh mir“ zu sagen, des Erlösers nicht als Gott, sondern als Mensch, nicht als Weisheit, sondern als Seele, stellte ich jenen prophetischen Ausspruch daneben: „Weh mir, Seele, denn der Fromme ist von der Erde verschwunden und es gibt keinen Rechtschaffenen unter den Menschen!“ g543 Die selige Seele544 kam in das menschliche Leben, um der Menschen willen nahm sie einen Leib an. Wenn sie die Sünden sieht, sagt sie zum Vater: „Welcher Nutzen liegt in meinem Blut, wenn ich in die Vergänglichkeit hinabsteige? Wird etwa der Staub dich preisen?“ h545 Doch über uns soll er nicht „Weh mir“ sagen, noch sollen die Engel des Himmels es über uns sagen. Wenn unser Erlöser „Weh mir“ sagt, werden auch sie „Weh mir“ sagen, denn sie sind nicht größer als unser Erlöser, und auch sie sehen unsere Verfehlungen. Doch selig sind diejenigen, über die die Engel nicht „Weh

543 Hieronymus, in Hier. III 52,3 (CChr.SL 74, 148), rechtfertigt die Beziehung dieser

„Wehe“-Rufe auf Christus mit derselben christologischen Gedankenfigur: „Und damit wir nicht glauben, die Niedrigkeit dieser Klagerufe beziehe sich auf das Wort Gottes, das derjenige sei, der klagt, folgt sogleich: ‚Weh mir, Seele, denn der Ehrfürchtige ist von der Erde verschwunden!‘ (Mich. 7,1f.). Nicht, indem wir die Personen trennen, wie es die Gottlosen tun, sondern insofern ein und derselbe Sohn Gottes mal gemäß dem Fleisch, mal gemäß dem Wort Gottes spricht.“ 544 Zur Seele Christi vgl. v.a. princ. II 6,3–6 (GCS Orig. 5, 141–146); II 8,2 (5, 154): Die Seele, die der Logos benutzte, um Mensch zu werden, war diejenige Seele, die sich nicht von Gott abgewandt hatte, sondern beständig in der reinen Schau Gottes verblieben war. 545 Vgl. oben in Hier. hom. 14,6 (GCS Orig. 32, 111f.) mit den Erläuterungen dazu in den Fußnoten.

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μακαρίζονται· „χαρὰ“ γὰρ „ἐν οὐρανῷ γίνεται ἐπὶ ἑνὶ ἁμαρτωλῷ μετανο­ οῦντι ἢ ἐπὶ ἐνενήκοντα ἐννέα, οἳ οὐ χρείαν ἔχουσι μετανοίας“.a Ταῦτα ἐν παραμυθίᾳ. „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες;“ b Τίνα λέγει μητέρα; Οὐκ ἐν γυ­ ναιξὶ δύναται καὶ τὴν ψυχὴν λέγειν καὶ τὴν Μαρίαν; Εἰ δέ τις παραδέχεται τὸ „Ἄρτι ἔλα||βέ με ἡ μήτηρ μου τὸ ἅγιον πνεῦμα, καὶ ἀνήνεγκέ με εἰς τὸ ὄρος τὸ μέγα τὸ Θαβὼρ“ καὶ τὰ ἑξῆς, δύναται αὐτοῦ ἰδεῖν τὴν μητέρα. „Οἴμοι ἐγώ, μῆτερ, ὡς τίνα με ἔτεκες ἄνδρα δικαζόμενον καὶ διακρινόμενον ἐν πάσῃ τῇ γῇ;“ c Δικάζεται πάσῃ τῇ γῇ καὶ διακρίνεται καὶ μέλλει πρὸς ἕκαστον λέγειν· ἐγὼ πεποίηκα τάδε καὶ τάδε, καὶ ἡ οἰκονομία μου ἔπραξε τάδε καὶ τάδε, καὶ τῇ σωτηρίᾳ σου ὑπέμεινα. Ταῦτα λέγοντος τοῦ σω­ τῆρος τί ποιήσωμεν; Μέλλει γὰρ διακρίνεσθαι ἐν πάσῃ τῇ γῇ. 5. Τὸ ἑξῆς θέλω ἰδεῖν. Δύναται καὶ ἐπὶ τὸν προφήτην κατὰ μίαν διήγη­ σιν ἀναφέρεσθαι ἐπὶ τὸν σωτῆρα. Ἴδωμεν καὶ τὰ ἑξῆς· „Οὐκ ὠφείλη­ σα οὐδὲ ὠφείλησέ μοι οὐδείς.“ d „Ἔρχεται ὁ ἄρχων τοῦ κόσμου τούτου, οὐκ ἔχει δὲ ἐν ἐμοὶ οὐδέν.“ e Καὶ ἀληθῶς οὐκ ὠφείλησεν. Ἕκαστος δὲ ἡμῶν ὀφειλέτης ἐστὶ ταῖς ἁμαρτίαις καὶ ὀφειλέτης ἐστὶν ἔχων χειρόγραφον. Μετὰ τὸ ἐξαλειφθῆναι σαυτοῦ τὸ χειρόγραφον f πόσα πεποίηκας χειρόγραφα; „Ὃς ἁμαρτίαν οὐκ ἐποίησεν, οὐδὲ εὑρέθη δόλος ἐν τῷ στόματι αὐτοῦ“, g οὐκ ἐποίησε χειρόγραφον. Τί δὲ καὶ τὸ „Οὐκ ὠφείλησέ μοι οὐδὲ εἷς“; Πῶς διηγησόμεθα ἐπὶ τοῦ σωτῆρος τὸ „Οὐκ ὠφείλησέ μοι οὐδὲ εἷς“; Εἰ καὶ ἀνέγνωμεν οὕτως, ἀλλὰ καὶ δεῖ εἰδέναι ὅτι τὰ πλείονα τῶν ἀντιγράφων τῆς ἐκδόσεως τῶν Ἑβδομήκοντα οὐκ ἔχει οὕτως, ὕστερον δὲ ἐπισκεψάμενοι καὶ a

Lk. 15,7

b

Jer. 15,10

c

Jer. 15,10

d

Jer. 15,10

e

Joh. 14,30

f

Kol. 2,14

g

1 Petr. 2,22

2  ἐνενήκοντα Kl ἐνεννήκοντα S 2  οἳ V2 Gh ἢ S 14  καὶ1 Gh Co 14–15  ὠφείλησα οὐδὲ ὠφείλησέ μοι Gh ὠφέλησα οὐδὲ ὠφέλησέ με S 18  σαυτοῦ Nt (GCS Orig. 32, 362) αὐτοῦ S Kl Nt (SC 238, 122) 18  πεποίηκας Koe Nt (GCS Orig. 32, 362) πεποιήκασι S Kl Nt (SC 238, 122) 21  τὸ Gh τοῦ S 546 Smith, FaCh 97, 161 Anm. 47, versteht den Satz so, dass Origenes die Seele als die un-

körperliche, Maria als die leibliche Mutter des Logos auffasst. Schadel, BGrL 10, 312 Anm. 164, bezieht die Seele, von der hier die Rede ist, auf die Seele des Gerechten, der Christus „im Geistigen“ hervorbringt. 547 Hebräerevangelium, frg. 3 (NTApo I6, 146), zitiert auch in Ioh. comm. II 12,87 (GCS Orig. 4, 67). Siehe dazu Ropes, Sprüche Jesu 99f. 163f. Origenes beurteilt das Hebräerevangelium nicht von einer allgemeinen Norm aus als akzeptabel oder nicht, sondern mit Blick auf den Sinn einer bestimmten Aussage wie der hier zitierten. 548 Mit dem Heilsplan (οἰκονομία) meint Origenes nicht nur die Menschwerdung des Wortes Gottes (so Nautin, SC 238, 123 Anm. 4), obwohl diese hier im Fokus steht, sondern das umfassende Wirken Gottes durch sein Wort in der Welt. 549 Vgl. orat. 28,5 (GCS Orig. 2, 378): „Diese gesetzwidrigen Handlungen (sc. seine Schulden nicht zu bezahlen) aber hinterlassen einen Eindruck im Leitprinzip unserer Seele und werden ‚zum Schuldschein gegen uns‘ (Kol. 2,14), nach dem wir wie nach

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mir“ sagen werden, sondern die seliggepriesen werden. Denn „es wird im Himmel mehr Freude geben über einen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig, die keine Umkehr nötig haben“.a Dies als Trost. „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren?“ bWen nennt er Mutter? Kann es nicht sein, dass er unter den Frauen sowohl die Seele als auch Maria meint?546 Wenn man aber die Aussage akzeptiert: „Neulich ergriff mich meine Mutter, der Heilige Geist, und brachte mich auf den hohen Berg Tabor“547 und so weiter, kann man sehen, wer seine Mutter ist. „Weh mir, Mutter, als was für einen hast du mich geboren, einen Mann, vor Gericht gezerrt und umstritten auf der ganzen Erde?“ c Er wird vor Gericht gezerrt auf der ganzen Erde und ist umstritten, und zu jedem Einzelnen wird er sagen: Ich habe dies und jenes getan, und mein Heilsplan548 hat dies und jenes gewirkt, und zu deiner Erlösung habe ich gelitten. Wenn der Erlöser dies sagt, was sollen wir dann tun? Denn er wird auf der ganzen Erde umstritten sein. 5. Was folgt, will ich mir anschauen. Es kann mit einer einzigen Erklärung sowohl auf den Propheten auf den Erlöser bezogen werden. Schauen wir uns auch das Folgende an: „Ich war nichts schuldig, und auch mir war keiner etwas schuldig.“ d „Es kommt der Herrscher dieser Welt, aber in mir gehört ihm nichts.“ e Und tatsächlich war er nichts schuldig. Jeder von uns aber ist ein Schuldner wegen der Sünden, und er ist ein Schuldner, da er einen Schuldschein hat.549 Nach der Beseitigung deines Schuldscheins f hast du wieviele Schuldscheine erworben?550 „Er, der keine Sünde begangen hat und in dessen Mund sich keine Falschheit fand“,g er hat keinen Schuldschein erworben. Doch was bedeutet die Aussage: „Mir war keiner etwas schuldig“? Wie sollen wir die Aussage: „Mir war keiner etwas schuldig“ in Bezug auf den Erlöser erklären? Wenn wir den Text auch so lesen wollen, muss man aber auch wissen, dass die Mehrzahl der Handschriften der Septuagintaausgabe nicht diese Fassung hat. Als wir aber später auch die übrigen Ausgaben einSchuldbüchern, die von uns allen sozusagen eigenhändig geschrieben wurden, gerichtet werden, einem Schuldschein, der vorgelegt wird, wenn ‚wir alle vor dem Richterstuhl Christi stehen werden, damit ein jeder das empfängt, was er gemäß seinem Leben im irdischen Leib getan hat, sei es gut oder böse‘ (2 Kor. 5,10; Röm. 14,10).“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 21, 237–239. Ferner in Gen. hom. 13,4 (GCS Orig. 6, 120f.). 550 Der Vorschlag von Nautin, GCS Orig. 32, 362, das Possessivpronomen im ersten Kolon und mit Koetschau (vgl. Klostermann, GCS Orig. 3, 129 app. crit.) das Verbum im zweiten Kolon in die zweite Person Singular zu setzen, löst die Schwierigkeit, dass sich das erste Kolon dieses Satzes auf die individualisierte Aussage im vorausgehenden Satz bezieht, das zweite aber unvermittelt in den Plural wechselt, weshalb Klostermann, ebd., „eine Lücke“ für „wahrscheinlich“ hält und vor πόσα eine crux setzt. Diese Lösung erzeugt zudem eine für Origenes typische direkte Anrede an jeden Einzelnen seiner Zuhörer, weshalb es erstaunlich ist, dass Nautin sie in seine SC-Ausgabe nicht übernommen hat, sondern darin Klostermanns Text ohne crux bietet: SC 238, 122.

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τὰς λοιπὰς ἐκδόσεις ἔγνωμεν γραφικὸν εἶναι ἁμάρτημα. Καίτοιγε ἑκατέρως ἔστι διηγήσασθαι τὸν τόπον. Πῶς μέντοι „Οὐκ ὠφείλησέ μοι οὐδὲ εἷς“; Ὥστε οὐκ ὠφείλησεν αὐτῷ οὐδὲ εἷς, || πᾶσι τὰ ὀφειλήματα αὐτῶν ἀφῆκεν. „Ἀνθρώπῳ δανειστῇ χρεωφειλέται ἦσαν δύο· εἷς ὤφειλε δηνάρια πεντακό­ σια, ὁ δὲ ἕτερος πεντήκοντα. Μὴ ἐχόντων αὐτῶν ἀποδοῦναι, ἀμφοτέροις ἐχαρίσατο.“a Θέλεις ἰδεῖν τοὺς δύο χρεωφειλέτας, τὸν τὰ πεντακόσια ὀφείλοντα καὶ τὸν τὰ πεντήκοντα; Ἀπὸ δύο λαῶν πεπιστεύκασιν εἰς τὸν θεόν· ὁ ἐκ τῶν Ἰουδαίων λαὸς ἀπιστῶν εἰς τὸν Χριστὸν ὀφείλει τὰ πεντή­ κοντα, τάχα ἡμεῖς οἱ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν οἱ πάντων ἀσεβέστεροι γεγενημένοι τὰ πεντακόσια, ἐφ̓ οἷς καὶ λέγεται ἐπὶ τῇ πόρνῃ ἐκείνῃ τῇ μετανοού­ σῃ. Καίτοι εἴποι τις ἄν, πῶς τὰ πεντακόσια ἐπ̓ ἐκείνην ἀναφέρεται; Ἐκ τοῦ „καὶ ποταπὴ ἡ γυνὴ ἡ ἁπτομένη αὐτοῦ“, b πρὸς ὃ εἴρηκε τῷ Σίμωνι· „Ἀνθρώπῳ δανειστῇ ἦσαν χρεωφειλέται δύο. Εἷς ὤφειλε δηνάρια πεντακό­ σια, ὁ ἕτερος πεντήκοντα“ c καὶ τὰ ἑξῆς. Ταῦτα διὰ τὸ „Οὐκ ὠφείλησα οὐδὲ ὠφείλησέ μοι οὐδείς“, ὃ ἦν ἀναγκαῖον παραστῆσαι ὑμῖν. „Οὐκ ὠφείλησα, οὐδὲ ὠφείλησέ μοι · ἡ ἰσχύς μου ἐξέλιπεν ἐν τοῖς καταρωμένοις με.“ d Εἰ καὶ ἀπέθανεν „ἐξ ἀσθενείας, ἀλλὰ ζῇ ἐκ δυνάμεως θεοῦ“. e 6. Εἶτα πολλῶν διελθόντων λόγων ἦν μὲν καὶ περὶ ἑκάστου τῶν εἰρη­ μένων εἰπεῖν, ἀλλ̓ οὐκ ἐγχωρεῖ τοῦ χρόνου ἐπείγοντος. Εἴπωμεν οὖν εἰς τὸ ἑξῆς ἀναγνωσθὲν τὸ „Ἐπικατάρατος ἄνθρωπος ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄν­ θρωπον“. f Ἐκ τού τοὺς νομίζοντας ὅτι ἄνθρωπος τοῦ θεοῦ ὁ υἱὸς ἦν ὁ σωτήρ (ἐτόλμησαν γὰρ μετὰ τῶν πολλῶν τῶν ἀν­ θρωπίνων κακῶν καὶ τοῦτο εἰπεῖν ὅτι οὐκ ἔστι θεὸς ὁ „μονογενής“, g ὁ a

Lk. 7,41f.

b

Lk. 7,39

c

Lk. 7,41

d

Jer. 15,10

e

2 Kor. 13,4

f

Jer. 17,5

g

Joh. 1,18

9  ἡμεῖς Scorr. ὑμεῖς S* 10  τὸ Gh 12  ὃ Gh ὃν S 15  ὑμῖν Gh ἡμῖν S 16  οὐδείς Co 18  ἦν Gh Co εἰ S 21  τούτου ἐλέγξομεν Kl app. crit. 21  μόνον Kl app. crit. μὲν Nt μὲν S

551 Origenes spielt auf die anderen griechischen Übersetzungen des Alten Testaments

von Aquila, Symmachus und Theodotion an, die er in seine Hexapla aufgenommen hat. Siehe dazu Nautin, Origène 309f. 552 Siehe dazu oben S. 17. 553 Dies tat Origenes ausführlich oben in Hier. hom. 14,3f. (GCS Orig. 32, 107–109). 554 Die Antwort auf den Einwand setzt die Kenntnis der ganzen Antwort Jesu an dieser Stelle voraus. Origenes begnügt sich mit einem kurzen Hinweis darauf. Vgl. auch in Matth. comm. XII 4 (GCS Orig. 10, 75). 555 Offensichtlich war der Text der Lesung sehr lang, was durchaus nicht ungewöhnlich war. Aus der Predigt über die Wahrsagerin von Endor geht hervor, dass vier Perikopen gelesen worden waren und Origenes nur eine davon auslegte: in Regn. hom. graec. 1 (GCS Orig. 32, 283). Deshalb erläutert Origenes nach Jer. 15,10 nur noch Jer. 17,5, in der nächsten Homilie allerdings geht er auf Jer. 16,16–17,1 ein.

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sahen,551 erkannten wir, dass ein Schreibfehler vorliegt.552 Allerdings ist es möglich, die Stelle in beiden Fassungen zu erklären.553 Wie jedoch: „Mir war keiner etwas schuldig“? Damit keiner ihm etwas schuldig war, hat er allen ihre Schulden erlassen. „Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Einer schuldete ihm fünfhundert Denare, der andere fünfzig. Da sie nicht bezahlen konnten, erließ er sie beiden.“a Willst du die zwei Schuldner sehen, den, der die fünfhundert, und den, der die fünfzig schuldig war? Aus zwei Völkern sind Menschen zum Glauben an Gott gekommen: Das Volk der Juden, das nicht an Christus glaubt, schuldet die fünfzig. Vielleicht schulden wir, die Leute aus den Heidenvölkern, da wir gottloser als alle geworden sind, die fünfhundert, wir, zu denen das gleiche gesagt wird wie zu jener Dirne, die umkehrte. Doch könnte einer wohl fragen: Wie beziehen sich die fünfhundert auf jene Frau? Aufgrund der Aussage: „Und was das für eine Frau ist, die ihn berührt“,b woraufhin er zu Simon sagte: „Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Einer schuldete ihm fünfhundert Denare, der andere fünfzig“ c und so weiter.554 Dies zu der Aussage: „Ich war nichts schuldig, und auch mir war keiner etwas schuldig“, der euch erläutert werden musste. „Ich war nichts schuldig, und auch mir war etwas schuldig. Meine Kraft schwand in denen, die mich verfluchten.“ dAuch wenn er „aus Schwachheit“ starb, „lebt er doch aus der Kraft Gottes“.e 6. Da der Text danach noch viele Worte lang weitergeht,555 müsste man eigentlich über jede einzelne Aussage sprechen, aber das geht nicht, weil die Zeit drängt.556 Lasst uns also noch über folgenden Satz aus der weiteren Lesung sprechen: „Verflucht ein Mensch, der die Hoffnung auf einen Menschen setzt.“ f Damit die , die meinen, Gottes Sohn, der Erlöser, war ein Mensch557 – zusammen mit vielen menschlichen Lastern wagten sie nämlich auch dies zu behaupten, dass der „einzige Sohn“,g 556 Klagen über Zeitmangel, „denn die Zuhörer in der Kirche lieben die Kürze“: in

Ex. hom. 13,3 (GCS Orig. 6, 272); in Iud. hom. 6,1 (GCS Orig. 7, 498), sind in den Predigten des Origenes überaus häufig: in Lev. hom. 2,1 (GCS Orig. 6, 290); 7,1.4 (6, 370. 383); in Num. hom. 6,1 (GCS Orig. 7, 31); 10,1 (7, 70); 14,1 (7, 120); 21,2 (7, 199); in Ios. hom. 20,3 (GCS Orig. 7, 420); in Regn. hom. graec. 1 (GCS Orig. 32, 283); in Hiez. hom. 13,4 (GCS Orig. 8, 449). 557 Der Text folgt zwei der drei Konjekturen, die Klostermann, GCS Orig. 3, 130 app. crit., zu diesem verderbten Satz vermutet hat. Die erste hat auch Nautin, SC 238, 126, übernommen. Zur zweiten gibt es eine überzeugende Parallele in Hier. hom. 18,5 (GCS Orig. 32, 156.30); ähnlich Schadel, BGrL 10, 172. Nautin nimmt statt der zweiten Konjektur eine Lücke nach μέν an und übersetzt so: „… que le Sauveur était un homme le Fils de Dieu“ (ebd. 127); ähnlich Smith, FaCh 97, 163 mit Anm. 70. Das widerspricht jedoch zum einen der Grammatik, denn im Griechischen steht ein Prädikatsnomen ohne Artikel – τοῦ θεοῦ ὁ υἱός und ὁ σωτήρ sind also beide Subjekt des Satzes –, und zum anderen der Logik des Satzes, denn dass der Sohn Gottes und Erlöser nicht Gott sei, wird gleich darauf in dem Einschub gesagt.

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Ὁμιλία ιεʹ

„πρωτότοκος πάσης κτίσεως“a)· „ἐπικατάρατος“ γὰρ || „ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄνθρωπον“. b Δῆλον ὅτι ἐπικατάρατοί εἰσιν οἱ ἐπ̓ ἄνθρωπον ἔχον­ τες τὴν ἐλπίδα. Ἐγὼ εἴποιμι ὅτι οὐκ ἐπ̓ ἄνθρωπον ἔχω τὴν ἐλπίδα, ἐλπίζων ἐπὶ Χριστὸν Ἰησοῦν ἐγὼ ἄνθρωπον οὐκ οἶδα. Οὐ μόνον ἄνθρωπον οὐκ οἶδα, ἀλλὰ σοφίαν οἶδα, τὴν αὐτοδικαιοσύνην, ἄνθρωπον δι᾽ οὗ „ἐκτί­ σθη τὰ πάντα ἐν τοῖς οὐρανοῖς καὶ ἐπὶ τῆς γῆς, εἴτε ὁρατὰ εἴτε ἀόρατα, εἴτε ἀρχαὶ εἴτε ἐξουσίαι“. c „Ἐπικατάρατος ἄνθρωπος ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄνθρωπον.“ d Kἂν μαρτυρῇ ὁ σωτὴρ ὅτι ὃν ἐφόρεσεν ἄνθρωπος ἦν – ἀλλ̓ εἰ καὶ ἦν ἄνθρωπος, ἀλλὰ νῦν οὐδαμῶς ἐστιν ἄνθρωπος. „Eἰ“ γὰρ „καὶ ἔγνωμεν Χριστὸν κατὰ σάρκα, ἀλλὰ νῦν οὐκέτι γινώσκομεν“, e φησὶν ὁ ἀπόστολος. Ἐγὼ δι᾽ αὐτὸν οὐκέτι εἰμὶ ἄνθρωπος, ἐὰν ἀκολουθῶ αὐτοῦ τοῖς λόγοις· ἀλλὰ λέγει· „Ἐγὼ εἶπα· Θεοί ἐστε καὶ υἱοὶ ὑψίστου πάντες.“ f Oὐκοῦν ὡς „πρωτότοκος“ ἐστὶν „ἐκ τῶν νεκρῶν“, g οὕτως γέγονε πρω­ τότοκος πάντων ἀνθρώπων εἰς θεὸν μεταβαλών. „Ἐπικατάρατος“ τοίνυν „ἄνθρωπος ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄνθρωπον, καὶ στηρίσει σάρκα βραχίο­ νος αὐτοῦ“, h ὅστις ἂν κυρώσῃ τὰ σάρκινα, ὅστις τὴν ἰσχὺν τὴν σωματικὴν ἐὰν κτήσηται, καὶ κατὰ σάρκα στρατεύσηται. Ἀλλ̓ ὁ ἅγιος οὐχ οὕτως ἐστίν· οὐ γὰρ στηρίζει „σάρκα βραχίονος αὐτοῦ“, „πάντοτε“ γὰρ „τὴν νέκρωσιν τοῦ Ἰησοῦ ἐν τῷ σώματι“ i αὐτοῦ ἔχει, καὶ νεκροῖ „τὰ μέλη τὰ a Kol. 1,15 b Jer. 17,5 c Kol. 1,16 d Jer. 17,5 10,34) g Kol. 1,18 hJer. 17,5 i 2 Kor. 4,10

e

2 Kor. 5,16

15  στηρίσει V στηρίσσει S 3  ἂν Bl Kl (nicht Nt) 17  στρατεύσηται Koe στρατεύηται S

f

Ps. 81(82),6 (vgl. Joh.

17  κτήσηται Gh Co κτίσηται S

558 Schadel, BGrL 10, 313 Anm. 168, vermutet aufgrund von in Luc. hom. 17,4 (GCS

Orig. 92, 104) und Cels. V 61 (GCS Orig. 2, 65), dass Origenes sich hier gegen die judenchristliche Sekte der Ebioniten wendet. Siehe auch Fédou, Sagesse 275. Hieronymus, in Hier. III 72,2 (CChr.SL 74, 163), benutzt den Vers gegen Paul von Samosata und Photinus. 559 Vgl. in Ioh. comm. VI 6,40 (GCS Orig. 4, 115): „Denn die Gerechtigkeit selbst, in ihrem Wesen, ist Christus.“ Siehe ferner Cels. V 39 (GCS Orig. 2, 43); in Matth. comm. XIV 7 (GCS Orig. 10, 289); in Hier. hom. 17,4 (GCS Orig. 32, 147) und dazu unten S. 420 Anm. 623. 560 Weil dieses „Menschen“ dem Duktus des Gedankens so offenkundig zu widersprechen scheint, schlägt Klostermann, GCS Orig. 3, 349, vermutungsweise vor, es durch „Wort“ (λόγον) zu ersetzen (akzeptiert von Nautin, SC 238, 126); Blass meinte, es streichen zu können. Doch kann die lectio difficilior ἄνθρωπον im Codex Scorialensis einen guten Sinn haben: Gegen die Annahme, der Erlöser sei ein Mensch und weiter nichts, weist Origenes betont darauf hin, dass er im Erlöser durchaus einen Menschen sieht, aber einen Menschen, von dem noch viel mehr ausgesagt werden kann und muss, als dass er ein Mensch ist – was ihn zu mehr als einem bloßen Menschen macht. Schadel, BGrL 10, 173 (vgl. ebd. 313 Anm. 170), und Smith, FaCh 97, 164, halten daher zu Recht an der überlieferten Lesart fest.

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der „Erstgeborene der ganzen Schöpfung“,a nicht Gott sei558 –, denn „verflucht, wer die Hoffnung auf einen Menschen setzt“.b Offenkundig sind die verflucht, die die Hoffnung auf einen Menschen setzen. Ich für meinen Teil möchte sagen, dass ich die Hoffnung nicht auf einen Menschen setze, denn wenn ich auf Christus Jesus hoffe, denke ich an ihn nicht als einen Menschen. Nicht nur denke ich an ihn nicht als einen Menschen, sondern ich denke an ihn als Weisheit, als die Gerechtigkeit selbst,559 als Menschen,560 durch den „alles geschaffen wurde im Himmel und auf der Erde, das Sichtbare wie das Unsichtbare, Mächte und Gewalten“.c „Verflucht ein Mensch, der die Hoffnung auf einen Menschen setzt.“ d Auch wenn der Erlöser bezeugt, dass der, den er getragen hat, ein Mensch war – doch auch wenn er ein Mensch war, ist er jetzt doch keineswegs mehr ein Mensch.561 Denn „auch wenn wir Christus dem Fleische nach gekannt haben, kennen wir ihn jetzt doch nicht mehr so“,e sagt der Apostel. Ich selbst bin durch ihn kein Mensch mehr, wenn ich seinen Worten folge.Vielmehr sagt er: „Ich habe gesprochen: Götter seid ihr alle und Söhne des Höchsten.“ f562 Wie er also „der Erstgeborene von den Toten ist“,g so wurde er der Erstgeborene aller Menschen, indem er sich zu Gott wandelte. „Verflucht“ also „der Mensch, der die Hoffnung auf einen Menschen setzt und sich auf das Fleisch seines Armes stützen wird“,h der sich für das Fleischliche entscheidet, der im Besitz körperlicher Kraft auch nach dem Willen des Fleisches kämpfen wird. Doch der Heilige ist nicht so. Er stützt sich nämlich nicht „auf das Fleisch seines Armes“, denn er hat „überall das Sterben Jesu an“ seinem „Leib“ i und tötet „die irdischen Glieder, Un561 Vgl. in Luc. hom. 29,7 (GCS Orig. 92, 171): „Wenn du in der Versuchung jenem

Menschen nachfolgst, der für dich versucht wurde, und alle Versuchung überwindest, dann hast du die gleiche Zuversicht wie er, der damals zwar Mensch war, jetzt aber aufgehört hat, Mensch zu sein. Denn der einstmals Mensch war …, der ist ‚von den Toten auferstanden und stirbt fortan nicht mehr‘ (Röm. 6,9). Denn ein jeder Mensch ist dem Tode unterworfen, dieser aber, der nicht mehr stirbt, ist auch kein Mensch mehr, sondern Gott. Wenn er aber jetzt Gott ist, der einstmals Mensch war, und auch du ihm ähnlich werden musst, da wir ‚ihm ähnlich sein werden und ihn sehen werden, wie er ist‘ (1 Joh. 3,2), musst auch du notwendigerweise Gott werden.“ Übersetzung: Sieben, FC 4/2, 305. 562 Zu dem Ideal, dass der Christ kein Mensch mehr ist, sondern ‚mehr‘, nämlich Gott, vgl. außer der in der vorigen Anmerkung zitierten Stelle in Ioh. comm. I 2,9 (GCS Orig. 4, 5); II 21,138 (4, 77f.); XX 27,242 (4, 364); XX 29,266f. (4, 367); in Matth. comm. XVI 29 (GCS Orig. 10, 573f.): „Gott will nämlich, dass, wer zu seinem Wort kommt, der menschlichen Natur überlegen ist, und verlangt von ihm unerwartete Werke, nämlich eher (um es so zu nennen) Werke Gottes als Werke des Menschen. Deswegen sagt er auch zu allen, die er zur Seligkeit beruft: ‚Ich habe gesprochen: Götter seid ihr alle und Söhne des Höchsten‘ (Ps. 81[82],6); tadelnd aber sagt er zu denen, die nicht vergöttlicht und Söhne des Höchsten werden wollen: ‚Ihr aber werdet wie Menschen sterben‘ (Ps. 81[82],7).“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 212. Vgl. auch unten in Hier. hom. 20(19),7 (GCS Orig. 32, 187).

Ὁμιλία ιεʹ

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ἐπὶ τῆς γῆς, πορνείαν, ἀκαθαρσίαν“.a Νεκρώσας ταῦτα οὐ στηρίζει „σάρκα τοῦ βραχίο|νος αὐτοῦ“. „Ἐπικατάρατος ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄνθρω­ πον.“ b Ἅμα δὲ πρὸς τοὺς ἐλπίζοντας ἐπὶ ἀξιώμασιν. Ὁ δεῖ||νά μου φίλος ἐστὶν ἑκατόνταρχος, ἐπίτροπός ἐστιν· ὁ δεῖνά μου φίλος καὶ πλούσιός ἐστι καὶ παρέχεταί μοι. Ἔπειτα καὶ πρὸς τὸν τοιοῦτον λέγεται τοῦτο· „Ἐπικατ­ άρατος ἄνθρωπος ὃς τὴν ἐλπίδα ἔχει ἐπ̓ ἄνθρωπον.“ Ἐπ̓ οὐδένα ἄνθρω­ πον ἐλπίζομεν, κἂν δοκῶσιν ἡμῶν εἶναι φίλοι· οὐ γὰρ ἐπ̓ αὐτοὺς ἀλλ̓ ἐπὶ κύριον ἡμῶν ἐλπίζομεν, ὅς ἐστι Χριστὸς Ἰησοῦς, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν.“ c a

Kol. 3,5

b

Jer. 17,5

6  ἐπ̓2 Bl πρὸς S

c

1 Petr. 4,11

9  Ἀμήν add. ὁμιλία ιε’ S

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zucht und Unreinheit“ ab.a Wenn er diese Dinge abtötet, stützt er sich nicht „auf das Fleisch seines Armes“.563 „Verflucht, wer die Hoffnung auf einen Menschen setzt.“ b Das gilt zugleich auch für die, die ihre Hoffnung auf Einfluss und Ansehen setzen: Ein Freund von mir ist Hauptmann, einer ist Statthalter! Ein Freund von mir ist reich und unterstützt mich!564 Dann wird dies auch zu einem solchen Menschen gesagt: „Verflucht ein Mensch, der die Hoffnung auf einen Menschen setzt.“ Wir setzen unsere Hoffnung auf keinen Menschen, auch wenn sie unsere Freunde zu sein scheinen. Denn nicht auf sie setzen wir unsere Hoffnung, sondern auf unseren Herrn, der Christus Jesus ist. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ c

563 Diese Erläuterungen zeigen, dass Origenes hier nicht, wie Nautin, SC 238, 128

Anm. 1, meint, an militärischen Kriegsdienst denkt, den er als überzeugter Pazifist bekanntlich abgelehnt hat: in Ex. hom. 3,3 (GCS Orig. 6, 168); Cels. V 33 (GCS Orig. 2, 35f.); VIII 73 (2, 290f.). Der Text ist vielmehr im Rahmen der Metaphorik des geistlichen Kriegsdienstes zu lesen, in dem es ethisch und spirituell um die Bekämpfung der moralischen und geistigen Laster geht. Siehe dazu Harnack, Militia Christi 1–45. 564 Aus dieser Bemerkung lassen sich Schlüsse für die soziale Zusammensetzung der christlichen Gemeinde in Caesarea ziehen, zu der wohl meist einfache, aber doch auch einige höhergestellte Leute gehört haben. Siehe dazu Schütz, Gottesdienst 49f.; Monaci Castagno, Origene predicatore 86–88; Heine, Origen 181; Fürst, OWD 7, 26f. Das Wort „Freund“ steht hier deutlich in dem gesellschaftlichen und politischen Kontext, in dem es in der Antike meist verwendet wird, nicht als Begriff für eine emotionale Beziehung, sondern für das soziale Netzwerk, in dem man sich bewegt und von dem man gestützt wird.



Ὁμιλία ιϚʹ.

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1. Ἀναγέγραπται ἐν τῷ κατὰ Ματθαῖον εὐαγγελίῳ ὁ σωτὴρ ἡμῶν ἐληλυθέναι παρὰ τὴν θάλασσαν τῆς Γαλιλαίας καὶ ἑωρακέναι „Σίμωνα καὶ Ἀνδρέαν τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ, βάλλοντας ἀμφίβληστρον εἰς τὴν θάλασσαν· ἦσαν γὰρ ἁλιεῖς“. b Eἶτά φησιν ὁ λόγος ὅτι ὁ σωτὴρ ἰδὼν αὐτοὺς εἶπε· „Δεῦτε ὀπίσω μου, καὶ ποιήσω ὑμᾶς ἁλιεῖς ἀνθρώπων. Oἱ δὲ ἀφέντες τὰ δίκτυα ἠκολούθησαν αὐτῷ.“ c Kαὶ πεποίηκεν ὁ Ἰησοῦς | αὐτοὺς ἐπὶ ἀναλαβεῖν τὸ ἁλιεύειν. Kαὶ „ἄλλους δὲ δύο ἀδελφοὺς“ εὗρεν, „Ἰάκωβον τὸν τοῦ Ζεβεδαίου καὶ Ἰωάννην τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ, ἐν τῷ πλοίῳ μετὰ τοῦ πατρὸς καταρτίζοντας τὰ δίκτυα· καὶ τούτους ἐκάλεσεν“ d ἐπὶ τὴν αὐτὴν ἐπιστήμην, πεποίηκε δὲ κἀκείνους ἁλιεῖς ἀνθρώπων. Kαὶ εἴ τίς γε κατενόησε τοὺς ἔχοντας ἀπὸ θεοῦ χάριν λόγου πεπλεγμένην ὡς δί||κτυα καὶ συγκειμένην ἀπὸ τῶν ἱερῶν γραφῶν ὡς ἀμφίβληστρον, ὥστε περιβάλλεσθαι ταῖς ψυχαῖς τῶν ἀκροατῶν τὸ πλέγμα, κατενόησε δὲ καὶ τεχνικῶς τοῦτο γινόμενον κατὰ τὴν ἐπιστήμην ἣν ἐδίδαξεν ὁ Ἰησοῦς, ὄψει τίνα τρόπον οὐ μόνον τότε ἀλλὰ καὶ νῦν ὁ σωτὴρ ἡμῶν πέμπει a

Jer. 16,16–17,1

b

Mt. 4,18

c

Mt. 4,19f.

d

Mt. 4,21

1–4  εἰς – αὐτῶν Kl mit H (De eo quod scriptum est: Ecce ego mitto piscatores multos, dicit Dominus, usque ad eum locum in quo ait: Peccatum Iuda scriptum est in stilo ferreo, in ungue adamantino sculptum super pectus cordis eorum) 2  γραφείῳ Bl γραφίῳ S (so stets in hom. 16) 11–12  ἀνθρώπων Koe mit H (piscatores hominum) 12  τὸ Del τοῦ S 16  ὡς Co H (ut) ἣν S 16  πεπλεγμένην Kl mit H (contextam) πεπληρωμένην S 17  συγκειμένην Hu συγκειμένων S 18  κατενόησε Kl mit H (consideret) κατανοῆσαι S 20  ὄψεται Kl mit H (uidebit)

565 Die Überschrift der Homilie ergänzt Klostermann nach der lateinischen Überset-

zung des Hieronymus (im Codex Scorialensis „ist ein freier Raum gelassen“: Klostermann, GCS Orig. 3, 131 app. crit.). In der griechischen Fassung von Jer. 17,1 folgt er dabei dem Zitat dieses Verses unten in Hier. hom. 16,10 (GCS Orig. 32, 141f.). Da Jer. 17,1–4 in der Septuaginta fehlt, erläutert Origenes offenbar die Hexapla-Fassung von Jer. 17,1, vermutlich die des Symmachus.

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1. Im Evangelium nach Matthäus steht geschrieben, dass unser Erlöser zum Meer von Galiläa kam und sah, „wie Simon und sein Bruder Andreas ein Netz in das Meer warfen; sie waren nämlich Fischer“.b Danach heißt es im Text, dass der Erlöser, als er sie erblickte, sagte: „Hierher hinter mich, und ich werde euch zu Menschenfischern machen! Sie aber verließen die Netze und folgten ihm.“ c566 Und Jesus veranlasste sie dazu, das Fischen nach aufzunehmen. Und er fand „zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes, als sie im Boot mit ihrem Vater die Netze herrichteten. Auch diese berief er“ d zum gleichen Wissen567 und machte auch jene zu Menschenfischern. Und wenn einer wirklich über die nachgedacht hat, die von Gott die Gabe des Wortes, die wie Netze geflochten und wie ein Wurfnetz aus den heiligen Schriften zusammengesetzt ist,568 erhalten haben, so dass sich das Geflecht um die Seelen der Zuhörer legt, wenn er aber auch darüber nachgedacht hat, wie kunstvoll dies gemäß dem Wissen geschehen ist, das Jesus sie gelehrt hat, wird er sehen, auf welche Weise nicht nur damals, sondern auch jetzt unser Erlöser Menschenfischer sendet, nach-

566 Auch in Ioh. frg. 23 (GCS Orig. 4, 503) stellt Origenes Jer. 16,16 neben Mt. 4,19.

Hieronymus, in Hier. III 65,2f. (CChr.SL 74, 159), zählt jüdische Deutungen der Fischer in Jer. 16,16 auf (die Chaldäer, die Römer), favorisiert dann aber unter Beiziehung von Mt. 4,19 ihre Beziehung auf die Apostel, ferner auf die „kirchlich gesinnten Männer“ (ecclesiastici uiri) und auf die Engel. 567 Origenes verwendet den Begriff ἐπιστήμη, weil es sich um ein mit einer bestimmten Technik bzw. Kunstfertigkeit verbundenes praktisches Wissen handelt, das Jesus den Jüngern beigebracht hat, wie er einige Zeilen weiter unten erklärt. Die tiefere Bedeutung des Fischfangs hängt mit diesem Wissen zusammen. 568 Dieselbe Metaphorik in Matth. comm. X 12 (GCS Orig. 10, 13): „Mit der vielfältigen Verflechtung des Netzes wird das Reich der Himmel deswegen verglichen (vgl. Mt. 13,47), weil die alte und die neue Schrift aus verschiedenartigen und bunten Gedanken zusammengeknüpft ist.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 73.

Ὁμιλία ιϚʹ

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ἁλιεῖς ἀνθρώπων παιδεύσας αὐτούς, ἵνα δυνηθῶμεν ἀπὸ τῆς θαλάσσης ἀνελθεῖν καὶ φυγεῖν αὐτῆς τὰ πικρὰ κύματα. Ἀλλ̓ ἐκεῖνοι οἱ ἰχθύες οἱ ἄψυχοι ἀνελθόντες ἐν ταῖς σαγήναις καὶ ἐν τοῖς ἀμφιβλήστροις καὶ ἐν τοῖς δικτύοις ἢ ἐν τοῖς ἀγκίστροις, ἀποθνῄσκουσι θάνατον οὐχὶ διαδεχομένης ζωῆς τὸν θάνατον. Ὁ δὲ συλληφθεὶς ὑπὸ τῶν ἁλιέων Ἰησοῦ καὶ ἀνελθὼν ἀπὸ τῆς θαλάσσης, καὶ αὐτὸς μὲν ἀποθνῄσκει, ἀποθνῄσκει δὲ τῷ κόσμῳ, ἀποθνῄσκει τῇ ἁμαρτίᾳ, καὶ μετὰ τὸ ἀποθανεῖν τῷ κόσμῳ καὶ τῇ ἁμαρτίᾳ ζῳοποιεῖται ὑπὸ τοῦ λόγου τοῦ θεοῦ καὶ ἀνα­ λαμβάνει ἄλλην ζωήν. Ὡσεὶ ἐδύνω καθ̓ ὑπόθεσιν νοῆσαι τὴν τοῦ ἰχθύος ψυχὴν μεταβάλλουσαν μετὰ τὸ ἐξελθεῖν ἀπὸ τοῦ σώματος τοῦ ἰχθυακοῦ καὶ γινομένην τι κρεῖττον παρ᾽ ἰχθῦν (παράδειγμα ἔλαβον, μὴ ἀφορμάς τις λαμβανέτω ὧν οὐκ ἤκουσε), τοιοῦτον δή τι νοήσεις. Ἀνελήλυθας ἀπὸ τῆς θαλάσσης ὑποπεσὼν τοῖς δικτύοις τῶν μαθητῶν Ἰησοῦ, ἐξελθὼν μετα|βάλ­ λεις τὴν ψυχήν, οὐκέτι ἰχθῦς εἶ διατρίβων τοῖς ἁλμυροῖς τῆς θαλάσσης κύμασιν, ἀλλ̓ εὐθέως σου μεταβάλλει ἡ ψυχὴ καὶ μεταμορφοῦται καὶ γίνε­ ται κρεῖττόν τι καὶ θειότερον παρ᾽ ὃ ἦν τὸ πρότερον. Ὅτι δὲ μεταμορ­ φοῦται || καὶ μεταβάλλεται, ἄκουε Παύλου λέγοντος· „῾Ημεῖς δὲ πάντες ἀνακεκαλυμμένῳ προσώπῳ τὴν δόξαν κυρίου κατοπτριζόμενοι τὴν αὐτὴν εἰκόνα μεταμορφούμεθα ἀπὸ δόξης εἰς δόξαν, καθάπερ ἀπὸ κυρίου πνεύμα­ τος.“a Kαὶ μεταμορφωθείς γε οὗτος ὁ ἰχθῦς ὁ ὑπὸ τῶν ἁλιέων Ἰησοῦ συλ­ ληφθείς, καταλιπὼν τὰς ἐν θαλάσσῃ διατριβάς, διατριβὰς ποιεῖται ἐν ὄρε­ σιν, ὥστε αὐτὸν δεηθῆναι οὐκέτι ἁλιέων τῶν ἀναγόντων αὐτὸν ἀπὸ θαλάσσης, ἀλλὰ δευτέρων τινῶν, οἳ ὀνομάζονται θηρευταί, οἵτινες θηρεύου­ σιν ἀπὸ παντὸς ὄρους καὶ ἀπὸ παντὸς βουνοῦ. b Ἀναβὰς οὖν σὺ ἀπὸ τῆς θαλάσσης καὶ συλληφθεὶς τοῖς δικτύοις τῶν μαθητῶν Ἰησοῦ, μετάβαλε ἀπὸ τῆς θαλάσσης, ἐπιλάθου αὐτῆς, ἧκε ἐπὶ τὰ ὄρη, τοὺς προφήτας, καὶ ἐπὶ τοὺς βουνούς, τοὺς δικαίους, καὶ ποιοῦ ἐκεῖ a

2 Kor. 3,18

b

Jer. 16,16

9  ὡσεὶ ἐδύνω Hu ὡς εἰ ἐδύνου S 12  νοήσεις Koe νοήση S 14  ἐν Kl 20  γε Kl τε S 23  οἳ Kl mit H (quos uenatores scriptura nuncupat) οἷον S 26  μετάβαλε Del μετέβαλες S 26  ἐπιλάθου Hu H (obliuiscere) ἐπελάθου S 569 Das Meer ist bei Origenes als der Ort, „wo der Drache und seine Engel hausen“, ne-

gativ konnotiert: in Gen. hom. 1,2 (GCS Orig. 6, 4); in Matth. comm. XIII 17 (GCS Orig. 10, 225). 570 So auch in Matth. comm. X 13 (GCS Orig. 10, 15): „Die Fische erleiden einen Schaden für ihr Leben, wenn sie im Netz gefangen werden (sie werden nämlich ihres naturgemäßen Lebens beraubt …)“, für die Menschen aber, für die diese Metapher steht, bedeutet die Gefangennahme im Netz Rettung aus dem Verderben. Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 75. 571 Die Gefangennahme durch Christus bedeutet Rettung und Heil, weil das Unvernünftige und Ungerechte dadurch aus der Seele des Gefangengenommenen hinausgeworfen wird: in Ioh. comm. II 7,54 (GCS Orig. 4, 61).

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dem er sie ausgebildet hat, damit wir aus dem Meer heraussteigen und seinen bitteren Wogen entfliehen können.569 Doch jene seelenlosen Fische, die in den Schleppnetzen, in den Wurfnetzen, in den Netzen oder an den Angelhaken herauskommen, sterben, ohne dass ein Leben auf den Tod folgt.570 Wer aber von den Fischern Jesu gefangen wird und aus dem Meer herauskommt, stirbt selbst zwar auch, aber er stirbt der Welt, er stirbt der Sünde, und nachdem er der Welt und der Sünde gestorben ist, wird er vom Wort Gottes lebendig gemacht und empfängt ein anderes Leben.571 Wie du hypothetisch verstehen konntest, dass die Seele eines Fisches sich wandelt, nachdem sie aus dem Fischleib herausgekommen und etwas besseres als ein Fisch geworden ist – ich habe eine Analogie angeführt; niemand soll dies zum Anlass nehmen,572 um Dinge zu behaupten, die er nicht gehört hat573 –, so wirst du gewiss etwas wie das Folgende verstehen. Nachdem du aus dem Meer herausgekommen bist, weil du in die Netze der Jünger Jesu geraten bist, verwandelst du dich beim Herauskommen in deiner Seele, bist du nicht mehr ein Fisch, der sich den salzigen Wogen des Meeres aufhält, sondern deine Seele verwandelt sich sofort und gestaltet sich um und wird etwas Besseres und Göttlicheres als sie es früher war. Dass sie sich aber umgestaltet und verwandelt, dazu höre, wie Paulus sagt: „Wir alle aber, die wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn widerspiegeln, werden in das gleiche Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, gleichsam vom Herrn, dem Geist.“a Und wenn dieser von den Fischern Jesu gefangene Fisch umgestaltet worden ist, sowie er seinen Aufenthalt im Meer verlassen hat, nimmt er seinen Aufenthalt auf den Bergen, so dass er nicht mehr der Fischer bedarf, die ihn aus dem Meer herausziehen, sondern einer zweiten Sorte von Menschen, die Jäger genannt werden, die von jedem Berg und von jedem Hügel aus b jagen. Wenn du also aus dem Meer heraufgestiegen und von den Netzen der Jünger Jesu gefangen worden bist, wende dich ab vom Meer, vergiss es, komm auf die Berge, die Propheten, und auf die Hügel, die Gerechten,574 und nimm 572 Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 132, schlägt zu Recht vor, die crux, die Kloster-

mann, GCS Orig. 3, 132, nach λαμβανέτω einfügt, zu tilgen, da der Satz nicht verderbt ist. 573 Origenes will vermeiden, dass die Zuhörer bzw. Leser aus der Analogie falsche Folgerungen für die Lehre von der Seelenwanderung ziehen, die er entschieden abgelehnt hat: in Matth. comm. X 20 (GCS Orig. 10, 27): ἡ τῆς μετενσωματώσεως ψευδοδοξία; XI 17 (10, 64); XIII 1 (10, 172–176); Cels. III 75 (GCS Orig. 1, 267): ἡ περὶ μετενσωματώσεως ἄνοιαν; IV 83 (1, 354); V 29 (2, 31); V 49 (2, 53f.); VI 36 (2, 105); VII 32 (2, 182); VIII 30 (2, 245f.). Siehe auch Hanson, Allegory and Event 216f. 574 Zur dieser Deutung der Berge vgl. oben in Hier. hom. 12,12 (GCS Orig. 32, 98), wo sie außer als Propheten auch als Engel, als Mose und als Apostel erklärt werden. Vgl. auch sel. in Hiez. 6,2 (PG 13, 785 bzw. Opere di Origene 8, 232). In seiner Hoheliedauslegung bezieht Origenes die Berge und Hügel in Hld. 2,8 auf die Propheten und

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τὰς διατριβάς, ἵνα μετὰ ταῦτα, ὅταν ὁ καιρός σοι τῆς ἐξόδου ἐπιστῇ, πεμ­ φθῶσιν οἱ πολλοὶ θηρευταί, ἕτεροι παρὰ τοὺς ἁλιεῖς. Tίνες δ̓ ἂν εἶεν οὗτοι ἢ οἱ [ἐπι]τεταγμένοι ἐπὶ τὸ παραλαμβάνειν τὰς ψυχὰς τὰς ἐν βουνοῖς, τὰς μὴ κάτω κειμένας; Kαὶ ὅρα εἰ μὴ κέκραγε μυστικῶς ταῦτα λέγων ὁ προ­ φήτης καὶ τοῦτον παριστὰς τὸν νοῦν ἐν τῷ „Ἰδού, ἐγὼ ἀποστέλλω ἁλιεῖς πολλούς, λέγει κύριος, καὶ ἁλιεύσουσιν αὐτούς· καὶ μετὰ ταῦτα ἀποστελῶ πολλοὺς θηρευτάς, καὶ [καὶ] θηρεύσουσιν αὐτοὺς ἐπάνω παντὸς ὄρους καὶ ἐπάνω παντὸς βουνοῦ“.a 2. Eἴπερ οὖν θέλεις συλληφθῆναι ὑπὸ τῶν θηρευ­ τῶν, ὅρα μὴ τὰς διατριβὰς ποιήσῃ ἐν ταῖς κοιλάσι μηδὲ κάτω που διατρί­ ψῃς, ἀλλὰ ζήτει τὰ ὄρη. Ἀνάβα εἰς τὸ ὄρος ὅπου Ἰησοῦς μετεμορφώθη, b || ἀνάβα εἰς τὸ ὄρος, ἐφ̓ οὗ „ἰδὼν τοὺς ὄχλους ἀναβέβηκεν“ ὁ Ἰησοῦς καὶ ἠκολούθησαν αὐτῷ οἱ μαθηταί, c ἔνθα „ἀνοίξας τὸ στόμα αὐτοῦ ἐδίδαξε λέγων· Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι, ὅτι αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν“ d καὶ τοὺς ἑξῆς τούτων μακαρισμούς. Καὶ οὐκ ἔξεστί γε τούτοις τοῖς θηρευταῖς ἀλλαχόθεν συλλαβεῖν ἢ ἀπὸ τῶν ὀρέων καὶ τῶν βουνῶν καὶ ἀπὸ τῶν τρυμαλιῶν τῶν πετρῶν. Tαῦτα γὰρ τὰ τρία λέλεκται ἐν τῷ προφήτῃ· „Ἀποστελῶ γὰρ πολλοὺς θηρευτάς, καὶ θηρεύσουσιν αὐτοὺς ἐπάνω παντὸς βουνοῦ καὶ ἀπὸ τῶν τρυμαλιῶν τῶν πετρῶν.“ e Πόθεν οὖν νοήσω τὰς πέτρας καὶ τὰς ἐν ταῖς πέτραις τρυμαλιάς; Ἔρχομαι ἐπὶ τὴν Ἔξοδον, ζητῶ ἴχνος εὑρεῖν διηγήσεως τῶν τρυμαλιῶν τῶν πετρῶν, εὑρίσκω Μωσέα ἐκεῖ βουλόμενον γνῶναι τὸν θεόν, καὶ τὸν θεὸν ἐπαγγελλόμενον αὐτῷ καὶ λέγοντα· „Ἰδού, θήσω σε εἰς ὀπὴν τῆς πέτρας, καὶ κατανοήσεις μου τὰ ὀπίσω· τὸ δὲ πρόσ­ ωπόν μου οὐκ ὀφθήσεταί σοι.“ f Ἐὰν νοήσῃς ἐκεῖ τὴν πέτραν καὶ ἴδῃς ἐκεῖ τὴν ὀπὴν τῆς πέτρας, τίνα τρόπον ὁ ἐπὶ τῆς πέτρας στὰς καὶ τὴν ὀπὴν τὴν ἐν τῇ πέτρᾳ ἰδὼν βλέπει τὸν θεὸν διὰ τῆς ὀπῆς τῆς πέτρας, ὄψει καὶ τὰς πολλὰς πέτρας καὶ τὰς τρυμαλιὰς αὐτῶν. Tίς οὖν ἐκείνη ἡ πέτρα ἡ μία; „Ἡ πέτρα δὲ ἦν ὁ Χριστός· ἔπινον γὰρ ἐκ πνευματικῆς ἀκολουθούσης πέτρας“, g καὶ „ἔστησεν ἐπὶ πέτραν τοὺς πόδας μου“ h ἐν τῷ ἐνάτῳ καὶ τριακοστῷ λέγεται Ψαλμῷ. Tίς ἡ ὀπὴ ἡ ἐν τῇ πέτρᾳ; Ἐὰν ἴδῃς τὴν Ἰησοῦ a

Jer. 16,16 b Mt. 17,1f.; Mk. 9,2 Kor. 10,4 hPs. 39(40),3

c

Mt. 5,1

d

Mt. 5,2f.

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Jer. 16,16

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Ex. 33,22f.

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1  ὅταν Bl Koe ὅτε S 1–2  πεμφθῶσιν Co πεφθῶσιν S 3  ἐπι del. Bl 3  τὸ Bl 18  παντὸς ὄρους καὶ ἐπάνω Co LXX ἀπὸ S 20  ζητῶ Kl τοῦ S 7  καὶ2 del. Kl 22  ἐπαγγελλόμενον S1 mit H (­quaero) ζητῶν S 21  διηγήσεως S1 διηγήματος S* ἐπαγγελόμενον S* 25  στὰς Bl ἱστὰς S 29  ἐνάτῳ Kl ἐννάτῳ S die Heiligen, ferner auf die Apostel: in Cant. comm. III 11,11f. (OWD 9/1, 348); in Cant. frg. 28 (OWD 9/2, 176). In Cant. comm. III 12,8 (OWD 9/1, 356) wird Hld. 2,8 mit Jer. 16,16 verbunden: „Dies, glaube ich, wird sich eher in der Zukunft bei der Vollendung der Welt erfüllen. Wenn nach dem Gleichnis im Evangelium zur Zeit der Ernte die Engel geschickt werden, um das Getreide von der Spreu zu trennen, wird

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dort deinen Aufenthalt, damit danach, wenn für dich die Zeit des Hinscheidens gekommen ist, die vielen Jäger, die andere sind als die Fischer, geschickt werden. Wer werden diese wohl sein, wenn nicht die, die dazu disponiert worden sind, die Seelen, die sich auf den Hügeln, nicht unten befinden, aufzunehmen? Und überlege, ob nicht in diesen Worten des Propheten ein Geheimnis verkündet und dieser Sinn575 dargestellt wurde, wenn er sagte: „Siehe, ich sende viele Fischer aus, spricht der Herr, und sie werden sie herausfischen. Und danach werde ich viele Jäger aussenden, und sie werden sie auf jedem Berg und auf jedem Hügel jagen.“a 2. Wenn du also von den Jägern gefangen werden willst, sieh zu, dass du deinen Aufenthalt nicht in den Tälern nimmst noch dich irgendwo unten aufhältst, sondern strebe den Bergen zu. Steige auf den Berg hinauf, wo Jesus verwandelt wurde,b steige auf den Berg hinauf, auf den Jesus, „als er die Volksmengen sah, hinaufstieg“ und seine Jünger ihm folgten.c Dort „öffnete er seinen Mund und lehrte sie, indem er sagte: Selig die Armen im Geiste, denn ihnen gehört das Himmelreich“,d und die darauffolgenden Seligpreisungen. Und diesen Jägern ist es jedenfalls nicht erlaubt, anderswoher ihren Fang zu machen als von den Bergen und den Hügeln und von den Höhlen der Felsen. Denn diese drei stehen im Propheten: „Denn ich werde viele Jäger aussenden, und sie werden sie auf jedem Hügel und in den Höhlen der Felsen jagen“.eVon wo ausgehend soll ich nun die Felsen und die Höhlen in den Felsen verstehen? Ich komme zum Buch Exodus und versuche, eine Spur für die Erklärung der Felsenhöhlen zu finden. Ich finde dort Mose, der Gott erkennen will, und Gott, der ihm eine Verheißung gibt und sagt: „Siehe, ich werde dich in die Spalte des Felsens stellen, und du wirst mich von hinten wahrnehmen. Aber mein Angesicht wird dir nicht zu Gesicht kommen.“ f Wenn du dort den Felsen verstehst und dort bezüglich der Spalte des Felsens erkennst, auf welche Weise derjenige, der auf dem Felsen steht und die Spalte im Felsen sieht, durch die Spalte des Felsens Gott erblickt, wirst du auch die vielen Felsen und ihre Spalten sehen. Wer ist nun jener eine Fels? „Der Fels aber war Christus, denn sie tranken aus einem geistigen Felsen, der ihnen folgte“,g und „er hat meine Füße auf einen Felsen gestellt“,h heißt es im 39. Psalm. Wer ist die Spalte im Felsen? Wenn du die Ankunft Jesu betrachtest und ihn im Ganzen als Fels auffasst, wirst du die derjenige, der ein erhabeneres Leben und eine hervorragendere Lebensweise vorzuweisen hat, auf den Bergen beziehungsweise auf den Hügeln angetroffen. Er wird nicht an niederen und tiefliegenden Orten angetroffen noch dort, wo er mit Spreu vermischt zu sein scheint, sondern wenn er sich in erhabeneren Gedanken und in der Erhabenheit des Glaubens befindet und beständig dem auf den Bergen springenden und auf den Hügeln hervorspringenden Wort Gottes anhängt.“ Übersetzung: Fürst/ Strutwolf, OWD 9/1, 357. Vgl. dazu auch in Num. hom. 15,3 (GCS Orig. 7, 133). 575 Zu dieser Bedeutung von νοῦς siehe oben S. 356 Anm. 485.

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ἐπιδημί||αν, ὅλον αὐτὸν νοήσας πέτραν, ὄψει τὴν ὀπὴν κατὰ τὴν ἐπιδημίαν αὐτοῦ, δι᾽ ἧς ὀπῆς θεωρεῖται τὰ μετὰ τὸν θεόν. Tοιοῦτον γὰρ νοεῖται ἐν τῷ „Kαὶ ὄψει τὰ ὀπίσω μου“.a 3. Ἀλλ̓ εὑρὼν μίαν ὀπὴν μιᾶς πέτρας, μεταβαίνω τῷ λόγῳ ἀπὸ τῆς ὀπῆς ἐπὶ τὴν τρυμαλιὰν τῆς πέτρας, ζητῶ καὶ τὰς πολλὰς πέτρας. Ἐὰν ἔλθω ἐπὶ τὸν χορὸν εἴτε τῶν προφητῶν εἴτε τῶν ἀποστόλων εἴτε καὶ ἐπ­ αν­αβεβηκότων ἁγίων ἀγγέλων, λέγω ὅτι πάντες οἱ Χριστοῦ μιμηταί, ὡς ἐκεῖνος πέτρα ἐστί, πέτραι γίνονται. Kαὶ ὥσπερ ἐκεῖνος | ἔχει ὀπὴν δἰ ἧς κατανοεῖται τὰ ὀπίσω τοῦ θεοῦ, τὸν αὐτὸν τρόπον ἕκαστος ὁδὸν διδοὺς τοῦ νοεῖσθαι θεὸν διὰ τῶν λεγομένων ὑπ̓ αὐτοῦ, ποιεῖ ἐν αὑτῷ ὀπήν, εἰ δὲ καὶ ἄλλως βούλει ὀνομάσαι, τρυμαλιάν. Ἀφ̓ ἧς ὀπῆς ἢ τρυμαλιᾶς ὄψει διὰ μὲν Μωσέως τὸν νόμον, διὰ δὲ ῾Ησαΐου τὴν προφητείαν αὐτοῦ, διὰ δὲ Ἱερεμίου ἄλλους λόγους θεοῦ. Eἰ δὲ καὶ ἄγγελος ἔσται λαλῶν, ὡς ἐλάλησε κατὰ τὸ εἰρημένον ἐν τῷ „ὁ ἄγγελος ὁ λαλῶν ἐν ἐμοί“, b κἀκεῖ ἵσταμαι ἐπὶ τοῦ ἀγγέλου, καὶ βλέπω κἀκεῖ πέτραν καὶ ὀπὴν πέτρας καὶ βλέπω ἀγγε­ λικῶς τὸν θεόν. 4. Ἀλλὰ παραδείγματός μοι χρεία, ἵνα παραστήσω, πῶς ἔστιν ἐλθόντα ἐπὶ ἄγγελον καὶ δι᾽ ἀγγέλου τὸν θεὸν ἰδεῖν. Γέγραπται γὰρ ἐν τῇ Ἐξόδῳ· „Ὤφθη ἄγγελος κυρίου ἐν φλογὶ πυρὸς βάτου τῷ Μωσεῖ. Kαὶ ὁρᾷ Μωσῆς, ὅτι ὁ βάτος καίεται πυρί, καὶ ὁ βάτος οὐ κατακαίεται.“ c Kαὶ οὐκ εἶπεν ἡ γραφή, ὥσπερ εἶπε κατὰ τὴν ἀρχὴν ὅτι „ὤφθη ἄγγελος“, οὕτως εἶπεν ὅτι „ἄγγελος κυρίου“, ἀλλ̓ „ἐγὼ θεὸς Ἀβραὰμ καὶ θεὸς Ἰσαὰκ a

Ex. 33,23

b

Sach. 1,9 u.ö.

c

Ex. 3,2

2  τὰ C H (posteriora) τὸ S 4  εὑρὼν Guéraud Nt εὗρον S Kl 8  πέτραι Bl Lie H (petrae) πέτρα S 10  τοῦ Hu τὸ S 10  αὑτῷ Kl αὐτῷ S 12  Μωσέως Kl Μωυσέως S 13  λόγους Co H λόγος S 14  κατὰ – ἐν τῷ ὁ ἄγγελος Kl nach C (κατὰ τὸ ὁ ἄγγελος) 15  βλέπω1 und H (iuxta illud propheticum: angelus) κατὰ – ἐν τῷ εὐαγγελίῳ S 2 18  Μωσεῖ Kl Μωυσεῖ S Bl βλέπων S 15  βλέπω Bl Koe H (uideo) βλέπων S 19  Μωσῆς Kl Μωυσῆς S

576 Dieselbe Erklärung der Felsspalte in Ex. 33,22f. in Bezug auf die Menschwerdung

Jesu, durch die man Gott schauen kann, in Ps. 36 hom. 4,1 (GCS Orig. 13, 159) und in Cant. comm. III 16,12 (OWD 9/1, 408). Sowohl dem Katenisten als auch Hieronymus scheint der vorliegende Predigttext offenbar etwas unklar zu sein, weshalb sie sich in ihren Wiedergaben klarer ausdrücken. In der Katene heißt es, Jesus werde hinsichtlich seiner Gottheit als Fels bezeichnet, hinsichtlich seines Heilswirkens aber als Spalte, und Hieronymus übersetzt wie folgt: „Betrachte ihn bei Gott, dem Vater, das Wort, Gott: Du wirst den Felsen im Ganzen sehen. Betrachte das Heilswirken im von ihm angenommen Leib: Du wirst die Spalte des Felsens sehen.“ Für den diesen Übersetzungen zugrundeliegenden griechischen bzw. lateinischen Text siehe Klostermann, GCS Orig. 3, 134 app. crit. 577 Gegen die Lesart εὗρον im Codex Scorialensis, an der Klostermann, GCS Orig. 3, 134, festhält, ist mit Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 136, der Konjektur εὑρών von

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Spalte auf seine Ankunft beziehen. Durch diese Spalte schaut man das, was hinter Gott liegt. Denn so versteht man die Aussage: „Und du wirst mich von hinten sehen“.a576 3. Doch nachdem ich die eine Spalte des einen Felsens gefunden habe,577 gehe ich gedanklich578 von der Spalte zur Höhle des Felsens über und suche auch nach den vielen Felsen. Wenn ich zum Reigen sei es der Propheten, sei es der Apostel, sei es auch der hinaufgestiegenen heiligen Engel komme, sage ich, dass alle Nachahmer Christi zu Felsen werden, wie jener ein Fels ist.579 Und wie jener eine Spalte hat, durch die Gott von hinten wahrgenommen wird, auf dieselbe Weise schafft jeder dadurch, dass er durch seine Worte einen Weg zur Erkenntnis Gottes bereitet, in sich selbst eine Spalte, wenn du es aber noch anders bezeichnen willst, eine Höhle. Durch diese Spalte oder Höhle wirst du durch Mose das Gesetz sehen, durch Jesaja seine prophetische Verkündigung, durch Jeremia andere Worte Gottes. Wenn es aber auch ein Engel sein wird, der spricht, wie er gemäß der Aussage: „Der Engel, der in mir spricht“,b gesprochen hat, stelle ich mich auch dort auf den Engel und schaue ich auch dort einen Felsen und eine Spalte im Felsen und schaue ich Gott wie ein Engel. 4. Ich benötige jedoch ein Beispiel, um darzulegen, wie es möglich ist, auf einen Engel zu kommen und durch einen Engel Gott zu sehen. Im Buch Exodus steht nämlich geschrieben: „Ein Engel des Herrn erschien dem Mose in der Feuerflamme eines Dornbuschs. Und Mose sah, dass der Dornbusch durch das Feuer brennt und der Dornbusch doch nicht verbrennt“.c Und nicht wie am Anfang, wo sie sagte, dass „ein Engel erschien“, sprach die Schrift jetzt ebenso von einem „Engel des Herrn“, sondern sagte: „Ich, der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott JaGuéraud zu folgen, weil sich sonst die adversative Satzeinleitung mit ἀλλά nicht erklären lässt. 578 Zu dieser Bedeutung von τῷ λόγῳ siehe oben S. 289 Anm. 366. 579 Vgl. in Matth. comm. XII 10 (GCS Orig. 10, 86): „Fels ist nämlich jeder Nachahmer Christi, von dem jene tranken, die ‚aus dem geistigen Felsen tranken, der mit ihnen wanderte‘ (1 Kor. 10,4).“ Hier steht auch eine Erklärung, was das bedeutet: „Und auf jeden solchen Felsen wird die ganze kirchliche Lehre und der entsprechende Lebenswandel aufgebaut.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 170f. (modifiziert). Gegen Vogt, ebd. 214 Anm. 42, ist mit Klostermann, GCS Orig. 10, 86, die Änderung des geläufigeren μαθητής in μιμητής zu bevorzugen, da Origenes an mehr als alle „Jünger“ im engeren Sinne denkt, nämlich an wirklich alle „Nachahmer“ Christi, die eben durch die Nachahmung zu Felsen werden. Im folgenden Abschnitt wird das durch die Aussage bestätigt, ebd. XII 11 (10, 88): „Gleichnamig mit dem Felsen sind nämlich alle Nachahmer Christi, des ‚geistigen Felsens, der mit denen wandert‘ (1 Kor. 10,4), die gerettet werden, damit sie aus ihm den ‚geistigen Trank‘ trinken. Diese sind also wie Christus mit dem Felsen gleichnamig; aber weil sie auch ‚Glieder Christi sind‘ (1 Kor. 6,15), heißen sie gleichnamig Christen (= Gesalbte), Felsen aber, weil des Felsens.“ Übersetzung: Vogt, ebd. 171f. (modifiziert).

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καὶ θεὸς Ἰακώβ“.a ῏Ην οὖν ἐκεῖ ὁ θεὸς ἐν τῷ ἀγγέλῳ θεωρούμενος, || ὡς διὰ τῆς πέτρας θεὸς γινωσκόμενος καὶ τῆς ὀπῆς τῆς ἐν αὐτῷ. Οὐκ οἶδας οὖν, πότε πέμπονται οἱ θηρευταί. Διὰ τοῦτο μηδέποτε ἀπὸ τῶν ὀρέων καταβῇς μηδὲ καταλίπῃς τοὺς βουνοὺς μηδὲ ἔξω γίνου τῶν τρυμαλιῶν τῶν πετρῶν· ἐὰν γὰρ ἔξω εὑρεθῇς, λεχθήσεταί σοι ὡς ἔξω τυγ­ χάνοντι καὶ λέγοντι τὰ τῶν ἔξω· „Ἄφρον, ταύτῃ τῇ νυκτὶ ἀπαιτοῦσι τὴν ψυχήν σου ἀπὸ σοῦ· ἃ δὲ ἡτοίμασας, τίνι ἔσται;“ b Λεχθήσεται [σοι ταῦτα· λεχθήσεται] δέ σοι [καὶ] ταῦτα, ἐὰν φάσκῃς· „Kαθελῶ μου τὰς ἀποθήκας καὶ μείζονας οἰκοδομήσω, καὶ ἐρῶ τῇ ψυχῇ μου· ψυχή, ἔχεις ἀγαθὰ κείμενα εἰς ἔτη πολλά· ἀναπαύου, φάγε, πίε, εὐφραίνου.“ c Ὁρᾷς τὸν κάτω τῶν ὀρέων, τὸν κάτω τῶν βουνῶν, τὸν ἔξω τῶν τρυμαλιῶν τῶν πετρῶν, πῶς πλανᾶται καὶ ἐν τῇ περὶ ἀγαθῶν κρίσει, οἰόμενος ταῦτα εἶναι ἀγαθά. Διό φησι· „Kαὶ ἐρῶ τῇ ψυχῇ μου· ψυχή, ἔχεις ἀγαθὰ κείμενα εἰς ἔτη πολλά.“ d Tὸν σῖτον καὶ τὴν εὐφορίαν τῶν γηΐνων ἀγαθὰ εἶναι νενόμικεν· οὐ γὰρ εἶδεν ὅτι | τὰ ἀληθῶς ἀγαθὰ οὐκ ἔστιν ἐν τῇ κατηραμένῃ γῇ, e ἀλλὰ τὰ ἀληθῶς ἀγαθά ἐστιν ἐν οὐρανῷ. Ἐθησαύριζεν ἐπὶ γῆς, [καὶ] ἐπεὶ ᾤετο ἀγαθὰ εἶναι τὰ ἐπὶ γῆς. Ἐὰν δέ τις μεταβῇ ἀπὸ τοῦ θησαυρίζειν ἐπὶ γῆς, πειθόμενος τῷ Ἰησοῦ, εἰς τὸ θησαυρίζειν ἐν οὐρανῷ, f οὐ λεχθήσεται αὐτῷ· „Ἄφρον, [τί] ταύτῃ τῇ νυκτὶ ἀπαιτοῦσι τὴν ψυχήν σου ἀπὸ σοῦ“, g ἀλλ̓ ἐλθόντες οἱ θηρευταί, ζητοῦντες οὐ τὰ κάτω ἀλλὰ τὰ ἐν τοῖς ὄρεσι ζῶα, τὰ ἐν τοῖς βουνοῖς, τὰ ἐν ταῖς τρυμαλιαῖς τῶν πετρῶν σκεπαζόμενα, συλ­ λήψονται ταῦτα καὶ ἀπάξουσιν αὐτὰ || ἀπὸ τῆς θήρας ἐκείνης. Ὅπου; Ἐπὶ τὴν ἀνάπαυσιν τῶν ἁγίων καὶ μακαρίων ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ. „Οἱ“ γὰρ „ὀφθαλμοί μου“ φησὶν „ἐπὶ πάσας τὰς ὁδοὺς αὐτῶν.“ h Tῶν τοιούτων, τῶν ἐπὶ τὰ ὄρη τὰς διατριβὰς ποιουμένων καὶ ἐν τοῖς βουνοῖς καὶ ἐν ταῖς τρυμαλιαῖς τῶν πετρῶν, [καὶ] ἐπὶ τὰς ὁδοὺς πάσας ὁ θεὸς ἔχει τοὺς ὀφθαλμούς. „Kαὶ οὐκ ἐκρύβησαν ἀπὸ προσώπου μου“ i οἱ τοιοῦτοι· οἱ γὰρ φαῦλοι κρύπτονται ἀπὸ προσώπου τοῦ θεοῦ. ῎Ηκουσεν Ἀδὰμ μετὰ a

Ex. 3,6 b Lk. 12,20 c Lk. 12,18f. Jer. 16,17 i Jer. 16,17 mit Gen. 3,8

h

d

Lk. 12,19

e

Gen. 3,17

f

Mt. 6,19f.

7–8  λεχθήσεται δέ σοι ταῦτα Co H (dicentur autem tibi ista) Kl (nicht Nt) Co H 19  τί del. Hu H 26  καὶ2 del. Kl mit C H

g

Lk. 12,20

16  καὶ del.

580 Nämlich die Worte des reichen Mannes in Lk. 12,18f., die gleich darauf zitiert wer-

den. 581 Mit den Tilgungen, die Nautin, GCS Orig. 32, 362, als „regrettables“ ablehnt (vgl. SC

238, 140), folgt Klostermann, GCS Orig. 3, 135, der Übersetzung des Hieronymus. Auch schon Cordier hat diese Textfassung zu Recht bevorzugt. 582 Das den Satz einleitende τί fehlt bei Hieronymus und wird schon von Huet getilgt, übernommen von Klostermann, GCS Orig. 3, 136, wie von Nautin, SC 238, 140. 583 Siehe dazu oben S. 200 Anm. 187.

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kobs“.a Also war dort Gott, geschaut in einem Engel, wie durch den Felsen und die Spalte in ihm Gott erkannt wird. Nun weißt du nicht, wann die Jäger ausgesandt werden. Deswegen steige auf keinen Fall von den Bergen herab, verlass nicht die Hügel und geh nicht aus den Felsenhöhlen heraus! Denn wenn man dich draußen findet, wird zu dir wie zu dem, der sich draußen befindet und das für draußen Typische spricht,580 gesagt werden: „Narr! In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Wem wird gehören, was du besorgt hast?“ b Dies wird aber zu dir gesagt werden,581 wenn du sagst: „Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen, und ich werde zu meiner Seele sagen: Seele, du hast Güter liegen für viele Jahre. Ruh dich aus, iss, trink, sei fröhlich!“ c Du siehst, wie sich derjenige, der sich unterhalb der Berge, unterhalb der Hügel, außerhalb der Felsenhöhlen befindet, auch in der Beurteilung der Güter täuscht, da er meint, dies seien Güter. Deshalb sagt er: „Und ich werde zu meiner Seele sagen: Seele, du hast Güter liegen für viele Jahre.“ d Er meinte, der Weizen und der reiche Ertrag des Erdbodens seien Güter. Er wusste nämlich nicht, dass die wahren Güter nicht auf der verfluchten Erde e sind, sondern dass die wahren Güter im Himmel sind. Er hat auf Erden Schätze gesammelt, weil er meinte, die Dinge auf Erden seien Güter. Wenn aber jemand vom Sammeln von Schätzen auf Erden im Vertrauen auf Jesus zum Sammeln von Schätzen im Himmel übergeht,f wird zu ihm nicht gesagt werden: „Narr! In582 dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern“,g sondern wenn die Jäger kommen, die nicht die Tiere unten, sondern die auf den Bergen und auf den Hügeln und die, die sich in den Höhlen der Felsen verstecken, suchen, werden sie diese einfangen und sie von dieser Jagd mitnehmen. Wohin? In die Ruhe583 der Heiligen und Seligen in Christus Jesus. Denn „meine Augen“, heißt es, „sind auf allen ihren Wegen.“ h Bei solchen Menschen, die auf den Bergen und in den Hügeln und in den Höhlen der Felsen ihren Aufenthalt nehmen, hat Gott die Augen auf alle Wege gerichtet. „Und“ solche Menschen „verbargen sich nicht vor meinem Angesicht“.i Es sind nämlich die schlechten Menschen, die sich vor dem Angesicht Gottes verbergen.584 Nach der Übertretung hörte Adam „die Stimme des

584 Diese ethische Deutung von Gen. 3,8 stammt von Philon, leg. all. III 1 (I p. 113 Cohn/

Wendland), der sie in stoischer Tradition vorlegt: „Hier macht uns die Schrift mit dem Lehrsatz bekannt, dass der Schlechte heimatlos ist. Denn wenn die eigentliche Stadt der Weisen die Tugend ist, so ist derjenige, der an ihr keinen Anteil haben kann, aus der Stadt verbannt; an ihr kann aber der Schlechte keinen Anteil haben; also ist allein der Schlechte verbannt und flüchtig. Wer aber vor der Tugend flieht, verbirgt sich sogleich vor Gott; denn wenn die Weisen Gott sichtbar sind – sind sie doch seine Freunde –, so sind offenbar die Schlechten allesamt vor ihm versteckt und verborgen als schlimme Feinde der rechten Vernunft.“ Übersetzung: Heinemann, Philo Werke III, 86.

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τὴν παράβασιν „τὴν φωνὴν κυρίου τοῦ θεοῦ περιπατοῦντος ἐν τῷ παρα­ δείσῳ τὸ δειλινὸν“ καὶ ἐκρύβη,a ὁ δὲ ἅγιος οὐ κέκρυπται, ἀλλ̓ ἔχει καρδίαν μετὰ παρρησίας τῆς κατὰ τὴν ἁγίαν πολιτείαν πρὸς τὸν θεόν. „Ἐὰν“ γὰρ „ἡ συνείδησις ἡμῶν μὴ καταγινώσκῃ, ἔχει παρρησίαν πρὸς τὸν θεόν, καὶ ὃ ἂν αἰτώμεθα λαμβάνομεν παρ᾽ αὐτοῦ.“ b Ὁ μὲν οὖν Ἀδὰμ εἰ καὶ ἥμαρτεν, οὐκ εἰς ὑπερβολὴν χαλεπὴν ἁμαρτίαν ἥμαρτεν· διὰ τοῦτο ἐκρύβη „ἀπὸ προσώπου τοῦ θεοῦ“. c Ὁ δὲ ἁμαρτωλότερος αὐτοῦ Κάϊν καὶ ἀσεβέστατος ὁ ἀδελφοκτόνος τί πεποίηκεν; „Ἐξῆλθεν ἀπὸ προσώπου τοῦ θεοῦ.“ d Ὥστε συγκρίσει κακῶν ἔλαττον εἶναι τὸ κρυβῆναι ἀπὸ προσώπου τοῦ θεοῦ· καὶ γὰρ οὗτος κρύπτεται οὐκ ἀπερυθριῶν, ἀλλ̓ αἰδούμενος τὸν θεόν. „Οὐκ ἐκρύβησαν“ οὖν „ἀπὸ προσώπου μου.“ e Oὗτοι, οἱ ταῦτα | ποιήσαντες, ἐν ἁμαρτίαις ποτὲ γεγόνασι καὶ ἀπὸ ἁμαρτιῶν τῶν ἐν τῇ θαλάσσῃ ἡλιεύθη­ σαν. 5. Ἵν̓ οὖν μὴ ὑπολαμβάνωσιν οἱ ἁλιευθέντες καὶ μετὰ ταῦτα εἰς τὰ ὄρη ἐλθόντες, ὅτι ἐκ δικαιοσύνης αὐτοῖς ταῦτα γεγένηται, ὑπομιμνῄσκει οὐ μόνον ἐκείνους, ἀλλὰ καὶ ἡμᾶς ὁ λόγος τῶν || προτέρων ἁμαρτημάτων. Διὸ λέγεται μετὰ τὰς εὐεργεσίας· „Kαὶ οὐκ ἐκρύβη τὰ ἀδικήματα αὐτῶν ἀπέ­ ναντι τῶν ὀφθαλμῶν μου.“ f Τὰ ἑξῆς ἀγῶνα μέλλει ἡμῖν ἐμποιεῖν. Εἴτε γὰρ νοοῦμεν , φροντίσομεν ἐπιμελῶς περὶ τῆς ἀνταποδόσεως τῶν ἁμαρτημάτων· εἴτε δο­ κεῖ οὐκ ἀκόλουθα εἶναι τοῖς προαποδεδομένοις περὶ ἁλιευομένων καὶ θηρευ­ ομένων, καὶ οὕτως εἰς ἀγῶνα ἡμᾶς ἐμβάλλει οὐ τὸν τυχόντα. „Καὶ ἀντ­ αποδώσω“ γάρ φησι „πρῶτον διπλᾶς τὰς ἀδικίας αὐτῶν καὶ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν, ἐφ̓ αἷς ἐβεβηλοῦσαν τὴν γῆν μου ἐν τοῖς θνησιμαίοις τῶν βδελυγ­ μάτων καὶ ἐν ταῖς ἀνομίαις αὐτῶν, ἐν αἷς ἔπλησαν τὴν κληρονομίαν μου.“ g Τὸ „πρῶτον“ εἴτε μὴ νοήσαντες ἐξεῖλάν τινες τῶν γεγραμμένων εἴτε καὶ οἰκονομήσαντες ἐξελεῖν οἱ Ἑβδομήκοντα, θεὸς ἂν εἰδείη. ῾Ημεῖς μέντοιγε συγ­ κρίναντες ταῖς λοιπαῖς ἐκδόσεσιν εὕρομεν κείμενον· „Καὶ ἀνταποδώσω πρῶτον διπλᾶς τὰς ἀδικίας αὐτῶν“, ἵνα δηλωθῇ ὅτι εἰ καὶ ἄξιοι διὰ τὰ a

Gen. 3,8

b

1 Joh. 3,21f.

c

Gen. 3,8

d

Gen. 4,16

e

Jer. 16,17

f

Jer. 16,17

g

Jer. 16,18

12  ποτὲ Kl mit H (aliquando) τότε S 18  ὡς ἀκόλουθα Lie mit H (ea cohaerere super19  εἴτε Kl mit H ioribus) 19  φροντίσομεν Co H (pertimescimus) φροντίσωμεν S (siue) εἰ δὲ S 26  εἰδείη Hu οἰδείη S 26–27  συγκρίναντες Bl συγκρίνοντες S 585 Klostermann, GCS Orig. 3, 136 app. crit., weist darauf hin, dass die ungewöhnliche

Lesart ἔχει an dieser Stelle in neutestamentlichen Handschriften bezeugt ist, wohingegen die Katene und Hieronymus den üblichen Plural (ἔχομεν bzw. habemus, „haben wir“) bieten. 586 Siehe dazu oben in Hier. hom. 10,8 (GCS Orig. 32, 78). 587 Siehe dazu Bigg, Christian Platonists 205 Anm. 1; Koch, Pronoia und Paideusis 103 Anm. 1. Auch Philon vergleicht Adam mit Kain, aber in einem anderen Sinn als Origenes: post. Cain. 10 (II p. 2 Cohn/Wendland): „Den Adam wirft Gott hinaus, Kain aber entweicht freiwillig; so zeigt uns Mose beide Arten der Sinneswandlung, die freiwillige und die unfreiwillige.“ Übersetzung: Leisegang, Philo Werke IV, 7.

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Herrn, Gottes, der am Abend im Paradies umherging“, und verbarg sich.a Der Heilige aber verbirgt sich nicht, sondern hat sein Herz mit der Zuversicht, die dem heiligen Lebenswandel entspricht, auf Gott gerichtet. Denn „wenn unser Gewissen uns nicht verurteilt, hat es585 Zuversicht vor Gott, und was wir erbitten, bekommen wir von ihm.“ b586 Auch wenn Adam also gesündigt hat, beging er nicht eine übermäßig schwere Sünde. Deswegen verbarg er sich „vor dem Angesicht Gottes“.c Ein größerer Sünder aber als er, Kain, und der gottloseste, der Brudermörder, was hat er getan? „Er ging vom Angesicht Gottes weg.“ d Im Vergleich beider böser Taten wiegt es daher weniger schwer, sich vor dem Angesicht Gottes zu verbergen.587 Denn auch dieser verbirgt sich, aber er ist nicht schamlos, sondern schämt sich vor Gott. „Sie verbargen sich“ also „nicht vor meinem Angesicht.“ e Diejenigen, die das taten, befanden sich einmal in Sünden und wurden aus dem Sündenmeer herausgefischt. 5. Damit also diejenigen, die herausgefischt worden sind und dann in die Berge gegangen sind, nicht meinen, dies sei ihnen aufgrund ihrer Gerechtigkeit widerfahren, erinnert das Wort nicht nur jene, sondern auch uns an die früheren Sünden. Deshalb wird nach den Wohltaten gesagt: „Und ihre Ungerechtigkeiten waren vor meinen Augen nicht verborgen.“ f Das Folgende wird uns Mühe bereiten.588 Denn entweder fassen wir es auf, dann werden wir sorgfältig über die Vergeltung der Sünden nachdenken. Oder es scheint keine Fortsetzung dessen zu sein, was vorher über die gefischten und gejagten Menschen offengelegt worden ist, dann bereitet es uns auch so ungewöhnliche Mühe. Da steht nämlich: „Und ich werde zuerst ihre Ungerechtigkeiten und ihre Sünden doppelt vergelten, mit denen sie mein Land durch die Kadaver ihrer Abscheulichkeiten und durch ihre Frevel, mit denen sie mein Erbe angefüllt haben, entweiht haben.“ g Entweder haben einige das „zuerst“ ohne nachzudenken aus dem Text getilgt, oder die Siebzig haben es gemäß dem Heilsplan getilgt – Gott wird es wissen. Wir jedenfalls fanden nach dem Vergleich mit den übrigen Ausgaben da stehen: „Und ich werde zuerst ihre Ungerechtigkeiten doppelt vergelten“,589 damit deutlich wird, dass sie, auch wenn sie wegen ihrer späteren Werke der Seligkeit würdig sind, zuerst, weil sie Menschen sind und sich in

588 Dass einzelne Aussagen in der Bibel besondere Schwierigkeiten enthalten und dem

Exegeten daher Mühe bereiten, hat Origenes oft betont, z.B. auch unten in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 173). 589 In der Hexapla ergänzt Origenes das im Hebräischen dastehende, in der Septuaginta aber fehlende πρῶτον aus Aquila und Theodotion und setzt einen Asteriskos (※) dazu (II p. 615 Field). Hieronymus, in Hier. III 65,1 (CChr.SL 74, 158), übersetzt die hebräische Fassung (primum) und weist ebd. III 65,4 (74, 159) auf diese Lücke in der Septuaginta eigens hin. Siehe auch Hanson, Allegory and Event 164 Anm. 6; Neuschäfer, Origenes als Philologe 112.

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δεύτερα αὐτῶν ἔργα μακαριότητος εἶεν, ἐπεὶ ἄνθρωποί εἰσι καὶ ἐν ἁμαρ­ τίαις γεγόνασι, πρῶτον δεῖ ἀπολαβεῖν αὐτοὺς τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν. Καὶ ὅρα εἰ μὴ ὁ λόγος ἐστὶν ἀληθής. Τίς οὐκ ἀπολήψεται τὰς ἁμαρτίας ἢ ὁ μετὰ τὸ πιστεῦσαι καὶ λαβεῖν ἄφεσιν ἁμαρτημάτων (ὡς ἀκοῦσαι τοῦ Ἰησοῦ λέγοντος· „Ἀφέωνταί σοι αἱ ἁμαρτίαι“a) μηκέτι ἁμαρτάνων; Εἰ δὲ μετὰ τὴν ἄφεσιν τῶν ἁμαρτημάτων καὶ τὴν οἰκονομίαν τοῦ λουτροῦ τῆς παλιγγενε­ σίας b ἁμαρτάνοιμεν, ὥσπερ ἡμεῖς οἱ πολ||λοὶ οἱ μὴ τελειωθέντες ὡς οἱ ἀπό­ στολοι, μετὰ τὸ ἁμαρτάνειν δὲ καὶ σὺν τῷ ἁμαρτάνειν τινὰ δεόντως πράτ­ τοιμεν, τί ἡμᾶς περιμένει, κατανοητέον. Ἆρα ἐὰν ἐξέλθωμεν τὸν βίον ἔχοντες ἁμαρτήματα, ἔχοντες δὲ καὶ ἀνδρα­ γαθήματα, σωθησόμεθα μὲν διὰ τὰ ἀνδραγαθήματα, ἀπολυθησόμεθα δὲ περὶ τῶν ἐν γνώσει ἡμαρτημένων; ῍Η κολασθησόμεθα μὲν διὰ τὰ ἁμαρτήμα­ τα, οὐδαμοῦ δὲ μισθὸν ληψόμεθα τῶν | ἀνδραγαθημάτων; Ἀλλ̓ οὔτε τὸ ἕτερον, λέγω δὲ τὸ ἀπολαβεῖν τὰ χείρονα μὴ ἀπολαβεῖν δὲ τὰ κρείττονα, κατὰ δίκαιόν ἐστι τὸν θεόν, οὔτε τὸ ἕτερον, λέγω δὲ τὸ ἀπολαβεῖν τὰ κρείττονα μὴ ἀπολαβεῖν δὲ τὰ χείρονα, κατὰ δίκαιόν ἐστι τὸν θεόν, καθαι­ ρεῖν βουλόμενον καὶ ἐκκόπτειν τὴν κακίαν. Ἔστω γάρ σε ᾠκοδομηκέναι, μετὰ τὸν θεμέλιον Χριστὸν Ἰησοῦν c ὃν δεδίδαξαι, οὐ μόνον χρυσὸν καὶ ἄργυρον καὶ λίθον τίμιον, d εἴγε ἔχεις χρυσὸν καὶ πολὺν χρυσὸν ἢ ὀλίγον· ἔστω σε ἔχειν ἄργυρον, λίθον τίμιον, οὐ μόνα δέ φημι ταῦτα, ἀλλ̓ ἔστω σε ἔχειν καὶ ξύλα καὶ χόρτον καὶ καλάμην, e τί βούλει σοι γενέσθαι μετὰ τὴν ἔξοδον; Πότερόν ποτε εἰσελθεῖν εἰς τὰ ἅγια μετὰ τοῦ ξύλου σου καὶ μετὰ τοῦ χόρτου σου καὶ τῆς καλάμης, ἵνα μιάνῃς τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ; Ἀλλὰ πάλιν ἀπομεῖναι θέλεις διὰ τὸν χόρτον, διὰ τὰ ξύλα, διὰ τὴν καλάμην ἐν τῷ πυρὶ καὶ μηδὲν ἀλαβεῖν ὑπὲρ τοῦ χρυσοῦ καὶ ἀργύρου καὶ λίθου τιμίου; Οὐδὲ τοῦτο εὔλογον. 6. Τί οὖν; „Πρῶτον“ f ἀκολουθεῖ ἀπολαβεῖν διὰ τὰ ξύλα τὸ πῦρ τὸ ἀναλίσκον [τὸ πῦρ] τὰ ξύλα καὶ τὸν χόρτον καὶ τὴν καλάμην· ὁ θεὸς γὰρ ἡμῶν τῇ || οὐσίᾳ λέγεται τοῖς συνιέναι δυναμένοις πῦρ εἶναι καταναλίσκον. Καὶ ἐσιώπησε μὲν τὸ τί καταναλίσκον ὁ προφήτης λέγων· „Ὁ θεὸς ἡμῶν πῦρ καταναλίσκον“, g ἡμῖν δὲ καταλέλοιπε νοεῖν. Ὅτι εἶπεν· „Ὁ θεὸς πῦρ ἐστι καταναλίσκον“, ἔστι τι τὸ καταναλισκόμενον. Τί οὖν ἐστι τὸ καταναλισκόμενον; Οὐ γὰρ τὸ κατ̓ εἰκόνα καὶ ὁμοίωσιν h ἀναλί­ a

Lk. 5,20; Mt. 9,2 bTit. 3,5 c 1 Kor. 3,11 Dtn. 4,24; 9,3; Hebr. 12,29 hGen. 1,26

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1 Kor. 3,12

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1 Kor. 3,12

f

Jer. 16,18

5  ἁμαρτάνων Kl ἁμάρτανε S 8–9  πράττοιμεν Bl Koe πράττομεν S 11  ἀπολυθησό­ 13  οὔτε Kl οὐδὲ S 20  ἄργυρον Co ἀργύριον S μεθα Hu ἀπολλυθησόμεθα S 25  μηδὲν ἀπολαβεῖν Co H (nihil mercedis accipere) μηδένα λαβεῖν S 25  ὑπὲρ Bl Kl περὶ S Nt 27  τὸ πῦρ2 del. Kl mit Co H 590 An Stelle der Konjektur von Klostermann, GCS Orig. 3, 137, schlägt Blass vor, den

Text im Codex Scorialensis: μηκέτι ἁμάρτανε als noch zum Bibelzitat gehörig zu betrachten – wobei diese Junktur aber weder in Lk. 5,20 noch in Mt. 9,2 steht, sondern

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Sünden befanden, den Lohn für ihre Sünden erhalten müssen. Und überlege, ob die Aussage nicht wahr ist. Wer wird den Lohn für die Sünden nicht erhalten, wenn nicht derjenige, der, nachdem er zum Glauben gekommen ist und die Vergebung der Sünden empfangen hat – als er Jesus hörte, der sagt: „Die Sünden sind dir vergeben“a –, nicht mehr sündigt?590 Wenn wir aber nach der Vergebung der Sünden und nach der Heilsgabe des Bades der Wiedergeburt b sündigen, wie wir, die Vielen,591 die nicht vollkommen sind wie die Apostel, das tun, nachdem wir aber gesündigt haben und auch schon, während wir sündigen, manches so machen, wie es sein soll, müssen wir betrachten, was uns erwartet.592 Wenn wir mit Sünden aus dem Leben scheiden, aber auch mit trefflichen Taten, werden wir durch die guten Taten gerettet, von den bewussten Sünden aber freigesprochen werden? Oder werden wir zwar wegen der Sünden bestraft werden, aber keinerlei Lohn für die trefflichen Taten empfangen? Doch weder das eine, nämlich das Schlechtere zu empfangen, das Bessere aber nicht zu empfangen, entspricht dem gerechten Gott, noch entspricht das andere, nämlich das Bessere zu empfangen, das Schlechtere aber nicht zu empfangen, dem gerechten Gott, der das Böse beseitigen und ausrotten will. Denn angenommen, du hast auf das Fundament, Christus Jesus,c dessen Lehre du angenommen hast, nicht nur Gold und Silber und Edelstein d gebaut – wenn du denn Gold hast, viel Gold oder wenig –, angenommen, du hast Silber, Edelstein, aber nicht nur das, sondern angenommen, du hast auch Holz und Heu und Stroh:e Was soll dir nach deinem Hinscheiden widerfahren? Willst du dereinst mit deinem Holz und mit deinem Heu und mit deinem Stroh in das Heiligtum hineingehen, damit du das Reich Gottes befleckst? Aber willst du andererseits wegen des Heus, wegen des Holzes, wegen des Strohs im Feuer bleiben und für das Gold und das Silber und den Edelstein nichts empfangen? Auch das ist nicht vernünftig. 6. Was nun? „Zuerst“ f erfolgt, dass du wegen des Holzes das Feuer empfängst, das das Holz und das Heu und das Stroh verzehrt. Denn von unserem Gott wird zu denen, die es verstehen können, gesagt, dass er seinem Wesen nach ein verzehrendes Feuer ist. Und der Prophet verschwieg, was er verzehrt, als er sagte: „Unser Gott: ein verzehrendes Feuer“,g und überließ es uns, das zu verstehen. Da er sagte: „Gott ist ein verzehrendes Feuer“, gibt es etwas, das verzehrt wird. Was ist also das, was verzehrt wird? Es verzehrt ja nicht das, was nach dem Bild und Gleichnis h geaus Joh. 5,14; 8,11 stammt – und den Satz im Sinne der Konjektur Klostermanns zu ergänzen: . Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 144, folgt diesem Vorschlag (ebenso Schadel, BGrL 10, 179; Smith, FaCh 97, 173), auf den auch Kostermann, GCS Orig. 3, 350, schon als möglich hingewiesen hat. 591 Zu dieser Ausdrucksweise des Origenes siehe oben S. 320 Anm. 423. 592 Der Passus gehört zur Debatte über die Möglichkeit der Buße für (schwere) Sünden nach der Taufe, die zur Zeit des Origenes heftig geführt worden ist. Siehe oben S. 332 Anm. 451.

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σκει, οὐ τὸ ἴδιον κτίσμα καταναλίσκει, ἀλλὰ τὸν ἐποικοδομηθέντα χόρτον, τὰ ἐποικοδομηθέντα ξύλα, τὴν ἐποικοδομηθεῖσαν καλάμην. Ὁ τόπος ἦν δυσδιήγητος σφόδρα. Ἐπαγγελίαι ἦσαν, καὶ μετὰ τὰς ἐπαγγελίας λέγει· „Καὶ ἀνταποδώσω πρῶτον διπλᾶς τὰς ἀδικίας αὐτῶν.“a Ἀναγκαίως πρόσκειται τὸ „πρῶτον“· πρῶτον γὰρ τὰ τῆς ἀδικίας, εἶτα τὰ τῆς δικαιοσύνης ἀποδίδοται, οὐ γὰρ ἀνάπαλιν ὁ θεὸς ἀνταποδίδωσιν. Εἰ πρῶτον ἀπεδίδου τὰ ἀγαθά, ἵνα ἀπολάβωμεν τὰ | ἀγαθά, νῦν δὲ ἀποδί­ δωσι τὰ κακά, ἔδει λῆξαι τὰ ἀγαθά, ἵνα ἀπολάβωμεν τὰ κακά, ἵνα τέλος λάβῃ διὰ τοῦ ἀφανισμοῦ τῶν κακῶν τὰ τῆς κολάσεως τῶν παθόντων, ἵνα μετὰ ταῦτα ἀποδῷ τὰ ἀγαθά. Διὸ εὑρήσεις ἐν ταῖς ἱεραῖς γραφαῖς τὸν θεὸν λέγοντα πρῶτον τὰ δοκοῦντα εἶναι σκυθρωπότερα καὶ μετὰ ταῦτα τὰ κρείττονα. „Ἐγὼ ἀποκτενῶ καὶ ζῆν ποιήσω· πατάξω, κἀγὼ ἰάσομαι.“ b „Αὐτὸς ἀλγεῖν ποιεῖ καὶ πάλιν ἀποκαθίστησιν· ἔπαισε, καὶ αἱ χεῖρες αὐτοῦ ἰάσαντο.“ c Ἐπὶ τούτοις ἔστι τὸν νοοῦντα καὶ διακείμενον πρὸς τὰ λεγόμενα εἰπεῖν· „Κύριε, τίς παροικήσει ἐν τῷ σκηνώματί σου; ῍Η τίς κατασκηνώσει ἐν ὄρει || ἁγίῳ σου; Πορευόμενος ἄμωμος καὶ ἐργαζόμενος δικαιοσύνην, λαλῶν ἀλήθειαν ἐν καρδίᾳ αὐτοῦ· ὃς οὐκ ἐδόλωσεν ἐν γλώσσῃ αὐτοῦ, καὶ οὐκ ἐποίησε τῷ πλησίον αὐτοῦ κακόν, καὶ ὀνειδισμὸν οὐκ ἔλα­ a

Jer. 16,18

b

Dtn. 32,39

7  ἀγαθά2 Kl κακά S

c

Ijob 5,18

14  εὐσεβῶς Kl mit H (intellectu pio)

593 Vgl. in Gen. hom. 13,4 (GCS Orig. 6, 119): „Der Gottessohn ist der Maler dieses Bil-

des. Und weil er ein so vortrefflicher und großer Maler ist, lässt sich sein Bild durch Vernachlässigung trüben – durch Bosheit auslöschen lässt es sich nicht. Denn das Bild Gottes bleibt stets in dir erhalten, auch wenn du es in dir mit dem ‚Bild des Irdischen‘ (1 Kor. 15,49) überdeckst. Dieses Bild malst du dir selbst.“ Übersetzung: Habermehl, OWD 1/2, 247. 594 Zur sündentilgenden Wirkung dieses „verzehrenden Feuers“ siehe in Hier. hom. 2,3 (GCS Orig. 32, 20) und dazu oben S. 152 Anm. 106, ferner princ. I 1,1f. (GCS Orig. 5, 16–18). 595 Der Text ist so, wie er im Codex Scorialensis überliefert ist, mit einer Ausnahme durchaus in Ordnung: Εἰ πρῶτον ἀπεδίδου τὰ ἀγαθά, ἵνα ἀπολάβωμεν τὰ κακά, νῦν δὲ ἀποδίδωσι τὰ κακά, ἔδει λῆξαι τὰ ἀγαθά, ἵνα ἀπολάβωμεν τὰ κακά, ἵνα τέλος λάβῃ διὰ τοῦ ἀφανισμοῦ τῶν κακῶν τὰ τῆς κολάσεως τῶν παθόντων, ἵνα μετὰ ταῦτα ἀποδῷ τὰ ἀγαθά. Man muss nur das erste κακά mit Klostermann, GCS Orig. 3, 139, in ein ἀγαθά ändern, dann ergibt sich ein für Origenes typischer, gedanklich dicht gedrängter Satz, in dem er die Unmöglichkeit der umgekehrten Abfolge – erst Vergeltung für gute, dann für böse Taten – durchspielt: Wenn zuerst das Gute vergolten wurde (Imperfekt) und dann erst das Schlechte vergolten wird (Präsens) – kein Irrealis, wie von allen Herausgebern übersetzt wird, weil kein ἄν steht –, dann ist diese Vergeltung für das Böse nur möglich, wenn vorher (Imperfekt) das Gute aufgehört hat, damit die Strafe für das Böse dadurch an ihr Ziel und Ende kommt, dass das Böse verschwindet – das ist Sinn und Zweck der Strafe –, was wiederum die notwendig vorausgehende Voraussetzung dafür ist, das Gute zu vergelten (siehe dazu auch Koch,

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schaffen wurde,593 er verzehrt nicht das eigene Geschöpf, sondern das darauf gebaute Heu, das darauf gebaute Holz, das darauf gebaute Stroh.594 Die Stelle war sehr schwer auszulegen. Es waren Verheißungen, und nach den Verheißungen heißt es: „Und ich werde zuerst ihre Ungerechtigkeiten doppelt vergelten.“a Notwendigerweise ist das „zuerst“ hinzugesetzt. Denn zuerst wird das, was die Ungerechtigkeit betrifft, vergolten, danach das, was die Gerechtigkeit betrifft, denn Gott vergilt nicht in umgekehrter Reihenfolge. Wenn er zuerst das Gute vergolten hat, damit wir das Gute in Empfang nehmen, jetzt aber das Böse vergilt, musste das Gute aufhören, damit wir das Böse in Empfang nehmen,595 damit durch das Verschwinden des Bösen das, was mit der Bestrafung der Leidenden zusammenhängt, an sein Ende kommt, damit er danach das Gute vergilt. Deshalb wirst du in den heiligen Schriften finden, dass Gott zuerst das scheinbar Traurigere sagt und danach das Bessere. „Ich werde töten und lebendig machen. Ich werde schlagen, und ich werde heilen.“ b „Er selbst bereitet nämlich Schmerzen und stellt wieder her. Er schlug, und seine Hände brachten Heilung.“ c596 Dazu kommt es dem, der das versteht und das Gesagte in Gesinnung auffasst, zu zu sagen: „Herr, wer wird sich in deinem Zelt niederlassen? Oder wer wird auf deinem heiligen Berg sein Zelt aufschlagen? Wer untadelig lebt und Gerechtigkeit übt, wer in seinem Herzen die Wahrheit spricht, wer mit seiner Zunge nicht betrog und seinem Nächsten nichts Böses tat und sich keine Schmähung Pronoia und Paideusis 136). Logisch steht dahinter das ethische Axiom des Origenes, dass die Kategorien Gut und Böse sich kontradiktorisch ausschließen, weshalb für das Böse und seine Strafe kein Raum ist, sobald Gott einmal die guten Taten vergolten hat. Also müsste dies wieder rückgängig gemacht werden, damit die bösen Werke bestraft werden können und danach, wenn das Böse verschwunden ist, die Belohnung für die guten Taten Platz haben kann. Der Satz ist ungelenk konstruiert, doch lässt sich dies mit der extemporierten Mündlichkeit des Predigtstils ganz gut erklären. Der Einschub von Klostermann, GCS Orig. 3, 139, nach ἀπολάβωμεν τὰ κακά: ἵνα …, ist sachlich richtig, für den Gedankengang aber unnötig und sogar störend, weil er lediglich schon Gesagtes oder noch zu Sagendes dupliziert. Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 148, schlägt folgenden Text vor: Εἰ πρῶτον ἀπεδίδου τὰ ἀγαθά, ἔδει λῆξαι τὰ ἀγαθά, ἵνα ἀπολάβωμεν τὰ κακά· ἵνα τέλος λάβῃ … (zur Begründung siehe SC 232, 89f.). Damit fasst er jedoch νῦν δὲ anders auf, nämlich als logisch adversativ, als es im Text gemeint ist, nämlich als zeitlicher Gegensatz zu πρῶτον. Die Übersetzung von Schadel, BGrL 10, 180, nimmt zwar wie auch Smith, FaCh 97, 174 mit Anm. 64, den Vorschlag von Nautin auf, geht interpretatorisch aber in eine andere Richtung, weil er ἀπολαμβάνειν nicht mit „empfangen“ wiedergibt – was sich aus dem Sprachgebrauch in eschatologischen Texten des Neuen Testaments nahelegt (vgl. Lk. 16,25; 18,30; Röm. 1,27) –, sondern mit „ablegen“: „Wenn er zuerst das Gute vergelten würde, müsste das Gute einmal aufhören, damit wir anfangen könnten, das Böse abzulegen.“ 596 Ausführlich zum gleichen Gedanken oben in Hier. hom. 1,16 (GCS Orig. 32, 14–16), wo u.a. ebenfalls diese beiden Bibelstellen zitiert werden.

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βεν ἐπὶ τοὺς ἔγγιστα αὐτοῦ“a (ἡμεῖς δὲ ὀνειδίζομεν καὶ τοὺς μετανοοῦντας καὶ ἐπιστρέφοντας, λεγούσης τῆς γραφῆς· „Μὴ ὀνείδιζε ἄνθρωπον ἀπο­ στρέφοντα ἀπὸ ἁμαρτίας“ b), „ὀνειδισμὸν οὐκ ἔλαβεν ἐπὶ τοὺς ἔγγιστα αὐτοῦ· ἐξουδένωται ἐνώπιον αὐτοῦ πονηρευόμενος, τοὺς δὲ φοβουμένους κύριον δοξάζει.“ c Πάντες οὖν οἱ ἔχοντες ὕλην ἐκείνου τοῦ πυρὸς πρῶτον ἀποληψόμεθα τὰ ἁμαρτήματα ἡμῶν. 7. Ἀλλ̓ ἐρεῖ τις τῶν ἀκουόντων· Διήγησαι καὶ „διπλᾶς“· d ἔστω γὰρ ἀπολαμβάνειν με τὰς ἁμαρτίας πρῶτον, ἵνα ἐπὰν λάβω τὰς ἁμαρτίας, μετὰ τοῦτο πληρωθῇ τὸ παρὰ τῷ ἀποστόλῳ εἰρημένον· „Εἴ τινος τὸ ἔργον κατακαήσεται, ζημιωθήσεται, αὐτὸς δὲ σωθήσεται, οὕτως δὲ ὡς διὰ πυρός“ e – τί δήποτε διπλᾶς ἀπολαμβάνω τὰς ἁμαρτίας; Ἀλλὰ λεκτέον ὅτι „δοῦλος ὁ εἰδὼς τὸ θέλημα τοῦ κυρίου καὶ μὴ ποιήσας κατὰ τὸ θέλημα αὐτοῦ, δαρήσεται“ οὐκ ὀλίγας ἀλλὰ „πολλάς“. f Ἄξιον οὖν ἐστι τοὺς μὲν ἀπὸ τῶν ἐθνῶν ἁμαρτάνοντας ἀπολαμβάνειν αὐτῶν ἁπλᾶ τὰ ἁμαρτήματα, ἡμᾶς δὲ διπλᾶ ἡμῶν ἀπολαμβάνειν τὰ πταίσματα· „ἑκουσίως γὰρ ἁμαρτανόντων ἡμῶν μετὰ τὸ λαβεῖν τὴν ἐπίγνωσιν τῆς ἀληθείας, οὐκέτι περὶ ἁμαρτιῶν ἀπολείπεται θυσία, φοβερὰ δέ τις ἐκδοχὴ κρίσεως καὶ πυρὸς ζῆλος ἐσθίειν μέλλοντος τοὺς ὑπεναντίους.“ g Προεφητεύθη τὰ περὶ τῶν ἁλιευομένων καὶ θηρευθησομένων καὶ ἀποληψομένων πρῶτον διπλᾶς τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν. || Μετὰ ταῦτα προ­ φητεύεται ἡ κλῆσις τῶν ἐθνῶν σαφέστερον, οὐχὶ καλουμένων ἀλλὰ κεκλη­ μένων, καὶ οὐχὶ εἰδότων τί ἐξομολογήσωνται καὶ τί εὐχαριστήσωσιν, ἀλλ̓ ἤδη μεμαθηκότων. Ἐν γὰρ τοῖς προτέροις μανθάνομεν ὅτι ἐκλήθη­ σαν, ἡλιεύθησαν, ἐθηρεύθησαν, πείσονται δὲ ἐν τοῖς δευτέροις. Ἴδωμεν τί προφητεύει περὶ ἡμῶν ἤδη μανθανόντων εὔχεσθαι, μᾶλλον δὲ μεμαθη­ a

Ps.  14(15),1–3 Hebr. 10,26f.

g

b

Sir.  8,5

c

Ps.  14(15),3f.

d

Jer. 16,18

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1 Kor. 3,15

f

Lk.  12,47

7  τὸ Kl mit H (id quod sequitur) 8  ἀπολάβω Kl 19  ἁλιευθησομένων Koe Kl ἁλιευομένων S Nt 22  μὴ Kl 22  ἐξομολογήσωνται Del ἐξομολογήσονται S 23  ἐμανθάνομεν Bl Kl μανθάνομεν S Nt 24  τί Bl Kl (nicht Nt)

597 Auch Hieronymus, in Hier. III 65,4 (CChr.SL 74, 159), zitiert diesen Lukasvers zur

Auslegung von Jer. 16,18. 598 Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 150, verteidigt die Lesart im Codex Scorialensis

(ἁλιευομένων) – übersetzt auch von Smith, FaCh 97, 175 – gegen die Korrektur von Koetschau (ἁλιευθησομένων), die Klostermann, GCS Orig. 3, 140, übernimmt (ebenso Schadel, BGrL 10, 181). Doch sowohl nach der Zeitstruktur des Bibeltextes in Jer. 16,16–18, wo die entsprechenden Verben im Futur stehen, als auch in der Auslegung des Origenes geht es um Menschen, die „gefischt“ und „gejagt“ werden, nicht um solche, die schon „gefischt“ sind und erst künftig, nach ihrem Tod, „gejagt“ werden.

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gegen seine Nächsten erlaubte“a – Wir aber schmähen sogar die, die bereuen und umkehren, obwohl die Schrift sagt: „Schmähe nicht einen Menschen, der sich von der Sünde abwendet“ b –, „wer sich keine Schmähung gegen seine Nächsten erlaubte. Wer Böses tut, wird vor ihm verachtet, aber er verherrlicht die, die den Herrn fürchten.“ c Wir alle also, die wir Brennstoff für jenes Feuer haben, werden zuerst den Lohn für unsere Sünden empfangen. 7. Doch einer der Zuhörer wird sagen: Erkläre auch „doppelt“! d Denn angenommen, ich empfange zuerst den Lohn für die Sünden, damit sich dann, wenn ich den Lohn für die Sünden empfange, das beim Apostel Gesagte erfüllt: „Wenn jemandes Werk verbrannt wird, wird er gezüchtigt werden, er selbst aber wird gerettet werden, aber so wie durch Feuer hindurch“ e – warum empfange ich dann also den Lohn für die Sünden doppelt? Man muss aber sagen, dass „der Knecht, der den Willen des Herrn kennt und nicht nach seinem Willen gehandelt hat, Schläge bekommen wird“, und zwar nicht wenige, sondern „viele“.f597 Es ist also angemessen, dass die Sünder aus den Heidenvölkern für ihre Sünden den einfachen Lohn empfangen, wir aber für unsere Verfehlungen das doppelte empfangen. „Wenn wir nämlich freiwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, bleibt kein Opfer für die Sünden mehr übrig, wohl aber eine furchtbare Erwartung des Gerichts und ein Feuereifer, der die Widersacher verzehren wird.“ g Die vorausgehende Prophezeiung betraf die, die gefischt598 und gejagt und zuerst den doppelten Lohn für ihre Sünden empfangen werden. Danach wird die Berufung der Heidenvölker deutlicher prophezeit, nicht derer, die berufen werden, sondern derer, die berufen worden sind, und nicht derer, die wissen, was sie bekennen und wofür sie danken sollen,599 sondern derer, die schon unterwiesen sind. Denn in den vorausgehenden Versen haben wir gelernt, dass sie berufen, gefischt, gejagt worden sind, sie aber überzeugt sein sollen, lernen wir im zweiten Teil.600 Wir wollen sehen, was der Prophet über uns weissagt, die wir bereits lernen zu beten oder es vielmehr 599 Nautin, SC 238, 150 Anm. 1, und Smith, FaCh 97, 176 Anm. 76, erblicken in diesen

Verben eine Anspielung auf das Sündenbekenntnis in der Taufe und auf die Eucharistie. Origenes bezieht die Aussagen in Jer. 16,19–21 also auf die Christen. 600 Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 150, übernimmt die Ergänzungen von Blass in diesem Satz, die Klostermann, GCS Orig. 3, 140, akzeptiert, nicht. Er interpretiert die Angaben ἐν τοῖς προτέροις und ἐν τοῖς δευτέροις allerdings zeitlich und bezieht sie auf das Tun der Heidenvölker „dans un premier temps“ und „dans un deuxième temps“ (SC 238, 151). Im ersten Satzteil bezieht sich ἐν τοῖς προτέροις aber nicht auf deren Tun – dazu müsste die Junktur im ὅτι-Satz stehen –, sondern auf das, was „wir“, also die Zuhörer bzw. Leser der Predigt tun. Origenes erklärt hier die Abfolge des Textes in Jer. 16,16–18 und 16,19–21, die Junkturen beziehen sich daher auf die voraufgehenden bzw. die darauffolgenden Verse, weshalb die Ergänzungen von Blass gerechtfertigt sind (Schadel, BGrL 10, 181, übernimmt nur die zweite Ergänzung,

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κότων. 8. „Kύριε, ἰσχύς μου καὶ βοήθειά μου καὶ καταφυγή μου ἐν ἡμέρᾳ κακῶν· πρὸς σὲ ἔθνη ἥξουσιν ἀπ̓ ἐσχάτου τῆς γῆς καὶ ἐροῦσιν· Ὡς ψευδῆ ἐκτήσαντο οἱ πατέρες ἡμῶν εἴδωλα, οὐκ ἔστιν ἐν αὐτοῖς ὠφέλημα.“a Ἀπ̓ ἐσχάτου τῆς γῆς ἦλθε τὰ ἔθνη πρὸς τὸν θεόν, καὶ εἴρηκε τὰ ἔθνη· „Ψευδῆ ἐκτήσαντο οἱ πατέρες ἡμῶν εἴδωλα, καὶ οὐκ ἔστιν ἐν αὐτοῖς ὠφέλη­ μα“; Πῶς „ἀπ̓ ἐσχάτου τῆς γῆς“; Εἰσί τινες τῆς γῆς πρῶτοι καί εἰσί τινες τῆς γῆς ἔσχατοι. Τίνες πρῶτοι; Οἱ σοφοὶ τοῦ κόσμου τῆς γῆς πρῶτοι, οὐχ ἁπλῶς πρῶτοι· οἱ σοφοὶ τοῦ κόσμου, οἱ εὐγενεῖς, b οἱ πλούσιοι, οἱ ἀξιωμα­ τικοί. Τίνες οἱ ἔσχατοι; Τὰ μωρὰ τοῦ κόσμου ἐξελέξατο ὁ θεός, τὰ ἀγενῆ, τὰ ἐξουθενημένα, τὰ μὴ ὄντα. c „῞Ηξουσιν“ οὖν „ἔθνη ἀπ̓ ἐσχάτου τῆς γῆς“, ὡσεὶ ἔλεγεν· ἀπὸ τελευταίων τῶν ἐπὶ γῆς ἀνθρώπων, ἀπὸ μωρῶν, ἀπὸ ἀγενῶν, ἀπὸ ἐξουθενημένων, „καὶ ἐροῦσιν· Ὡς ψευδῆ ἐκτήσαντο οἱ πατέρες ἡμῶν εἴδωλα, καὶ οὐκ ἔστιν ἐν αὐτοῖς ὠφέλημα.“ d Οὐχ ὅτι ἔστι τινὰ εἴδωλα ἀληθῆ, ὧν πρὸς ἀντιδιαστολὴν λέγεται τὰ ψευδῆ, ἀλλὰ εἴδω­ λα, τινα τῇ φύσει ἐστὶ ψευδῆ· „καὶ οὐκ ἔστιν ἐν αὐτοῖς ὠφέλημα.“ 9. „Εἰ ποιήσει ἑαυτῷ ἄνθρωπος θεούς;“ e || Oὐ μόνον ἀπὸ τῶν ἀγαλ­ μάτων ποιοῦσιν ἑαυτοῖς ἄνθρωποι θεούς, ἀλλ̓ εὑρήσεις καὶ ἀπὸ τῶν ἀνα­ πλασμάτων ποιοῦντας ἀνθρώπους ἑαυτοῖς θεούς· ὅσοι γὰρ δύνανται ἀνα­ πλάσαι θεὸν ἕτερον καὶ κοσμοποιίαν ἄλλην παρὰ τὴν | ὑπὸ τοῦ πνεύματος ἀναγεγραμμένην, οἰκονομίαν κόσμου παρὰ τὸν ἀληθῆ κόσμον [περὶ οἰκονο­ μίας κόσμου], οὗτοι πάντες ἐποίησαν ἑαυτοῖς θεοὺς καὶ προσεκύνησαν τοῖς ἔργοις τῶν χειρῶν. f Oἷον νόησόν μοι εἴτε ἐν Ἕλλησι τοὺς γεννήσαντας δόγματα, φέρ᾽ εἰπεῖν, τῆςδε τῆς φιλοσοφίας ἢ τῆςδε, εἴτε ἐν ταῖς αἱρέσεσι τοὺς γεννήσαντας πρώτους δόγματα, οὗτοι ἐποίησαν ἑαυτοῖς εἴδωλα καὶ ἀναπλάσματα τῆς ψυχῆς καὶ στραφέντες προσεκύνησαν τοῖς ἔργοις τῶν χειρῶν αὐτῶν, ἀποδεξάμενοι ὡς ἀλήθειαν τὰ ἴδια ἀναπλάσματα. Πάντας οὖν τοὺς αἰσθητῶς καὶ τοὺς νοητῶς ποιοῦντας ἑαυτοῖς θεοὺς διελέγχων ὁ a

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1 Kor. 1,26

3  καὶ Lo H (nec)

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1 Kor. 1,27f.

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Jer. 16,19

15  ἅτινα Kl mit H (quae)

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Jer. 16,20

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Jes. 2,8

20–21  περὶ – κόσμου del. Kl

übersetzt ansonsten aber im selben Sinn wie hier). Zunächst wurde geweissagt, was an den Heidenvölkern getan werden wird, dann wird erklärt, was sie selbst aktiv dazu beitragen müssen, nämlich ihre eigene Überzeugung. Smith, FaCh 97, 176, übersetzt ohne die Ergänzungen von Blass, aber mit Beziehung der genannten Junkturen auf die Abfolge des Bibeltextes. 601 Zu ἔσχατος im Sinne von „der letzte“ oder „Ende“ vgl. oben in Hier. hom. 8,4 (GCS Orig. 32, 59). 602 Nautin, GCS Orig. 32, 362; SC 238, 152, tilgt die Junktur οἱ σοφοὶ τοῦ κόσμου und lässt die Frage bis οὐχ ἁπλῶς πρῶτοι reichen: „Wer sind die ersten, die ersten auf Erden, nicht die ersten überhaupt?“ Die folgenden Wendungen aus 1 Kor. 1,26 sind dann die Antwort darauf (ebenso Schadel, BGrL 10, 181f.; Smith, FaCh 97, 176). Das ergibt gewiss einen besseren Text, doch lässt sich der etwas ungelenke Satz, wie er im Codex Scorialensis überliefert ist, im Rahmen des Predigtstils nachvollziehen.

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schon gelernt haben. 8. „Herr, meine Kraft und meine Hilfe und meine Zuflucht am Tag des Unheils. Zu dir werden die Heidenvölker vom Ende der Erde kommen und sagen:Wie falsch waren die Götterbilder, die unsere Väter besaßen, kein Nutzen ist in ihnen.“aVom Ende der Erde kamen die Heidenvölker zu Gott, und die Heidenvölker sagten: „Falsch waren die Götterbilder, die unsere Väter besaßen, und kein Nutzen ist in ihnen.“ Inwiefern „vom Ende der Erde“? Manche sind die ersten auf Erden, und manche sind die letzten601 auf Erden. Wer sind die ersten? Die Weisen der Welt602 sind die ersten auf Erden, nicht die ersten überhaupt: die Weisen der Welt, die Hochgestellten,b die Reichen, die Angesehenen.Wer sind die letzten? Das Törichte in der Welt hat Gott auserwählt, das Niedrige, das Verachtete, was nichts ist.c „Die Heidenvölker werden“ also „vom Ende der Erde kommen“, als würde er sagen: von den letzten Menschen auf Erden, von den Törichten, von den Niedrigen, von den Verachteten, „und sie werden sagen:Wie falsch waren die Götterbilder, die unsere Väter besaßen, und kein Nutzen ist in ihnen.“ d Nicht, als gäbe es irgendwelche Götterbilder, die wahr wären, im Gegensatz zu denen von falschen gesprochen wird, sondern es geht um die Götterbilder, von Natur aus falsch sind, „und kein Nutzen ist in ihnen.“603 9. „Kann ein Mensch sich Götter machen?“ e Nicht nur aus Statuen machen sich die Menschen Götter, sondern du wirst Menschen finden, die sich auch aus Einbildungen Götter machen. Denn alle, die sich einen anderen Gott und eine andere Schöpfung einbilden können neben der vom Geist niedergeschriebenen,604 eine Einrichtung der Weltordnung neben der wahren Weltordnung, diese alle haben sich Götter gemacht und die Werke ihrer Hände angebetet.f Denke mir beispielsweise an die, die bei den Griechen ihre Lehrmeinungen, zum Beispiel bei dieser oder jener Philosophie, in die Welt gesetzt haben, oder an die, die bei den Häresien als erste ihre Lehrmeinungen in die Welt gesetzt haben: Diese haben sich Götterbilder und seelische Einbildungen gemacht, und indem sie sich ihnen zuwandten, beteten sie die Werke ihrer Hände an, wobei sie ihre eigenen Einbildungen als Wahrheit annahmen.605 Alle die also, die sich in sinnlicher und die sich in geistiger 603 Damit distanziert sich Origenes von der (neu-)platonischen Bildtheorie, nach der

jedes Kunstwerk auf sein Urbild verweist und in dieser Hinsicht wahr ist. Siehe dazu Beierwaltes, Denken des Einen 73–113. Während er sonst durchaus die platonische Bild/Abbild-Relation vertritt, lehnt er diese hier jedenfalls für die Götterbilder offenbar ab. 604 Nämlich die Darstellung der Schöpfung zu Beginn des Buches Genesis. 605 Zur kritischen Grundhaltung des Origenes gegenüber manchen Aspekten der antiken Philosophie – auf jeden Fall, sofern es um die antiken Götter und ihre Verehrung ging – und gegenüber der Häresie siehe Harnack, Ertrag I, 30–47; II, 54–81. 89–99; Gögler,Theologie des biblischen Wortes 178–199; Fürst, Origenes 37–44. 73–80. In epist. Greg. 3 (SC 148, 192) kritisiert Origenes christliche Häretiker dafür, „dass sie den heiligen Schriften … ihre eigenen Gedankenbilder (τὰ ἴδια ἀναπλάσματα) auf-

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λόγος φησίν· „Εἰ ποιήσει ἑαυτῷ ἄνθρωπος θεούς; Καὶ οὗτοι οὐκ εἰσὶ θεοί. Διὰ τοῦτο ἐγὼ δηλώσω αὐτοῖς τὴν χεῖρά μου ἐν τῷ καιρῷ τούτῳ, καὶ γνωριῶ αὐτοῖς καὶ τὴν δύναμίν μου.“a Ποίῳ καιρῷ ἢ τούτῳ; Δεικνύων δὲ τὸν καιρὸν τῆς παρουσίας τοῦ κυρίου· „ὅτι ὄνο­ μά μοι κύριος.“ b 10. Εἶτα ἄλλη ἐστὶ προφητεία, ἣν οὐκ οἶδ̓ ὅπως παρὰ τοῖς Ἑβδομήκον­ τα οὐχ εὕρομεν, εὕρομεν δὲ ἐν ταῖς λοιπαῖς ἐκδόσεσι, δῆλον ὅτι κειμένην ἐν τῷ Ἑβραϊκῷ, καὶ πεπλήρωται πραγμάτων ἀναγκαιοτάτων, δυναμένων ἐὰν προσέχωμεν ἐπιστρέψαι τὴν ψυχὴν ἡμῶν. Οὕτως δὲ ἔχει τὰ ῥήματα· „Ἁμαρτία Ἰούδα γέγραπται ἐν γραφείῳ σιδηρῷ, ἐν ὄνυχι ἀδαμαντίνῳ ἐγκε||κολαμμένη ἐπὶ τοῦ στήθους τῆς καρδίας αὐτῶν.“ c ἐπὶ τὸ εὐχερέστερον ἑαυτὸν ἐπιδοῦναι καὶ εἰπεῖν· Περὶ τῶν Ἰουδαίων ταῦτα γέ­ γραπται ὅτι ἡ ἁμαρτία αὐτῶν γέγραπται. Ἀλλ̓ ἐὰν ἴδῃς, ὡς πολλάκις ἐδείξαμεν, Ἰούδαν τροπικῶς λεγόμενον τὸν Χριστόν, μήποτε ἁμαρτία Ἰούδα ἡμῶν ἐστι τῶν πιστευόντων ἐπὶ τὸν Χριστὸν τὸν ἐκ φυλῆς Ἰούδα. d Εἰ δὲ δύνασαι καὶ ἄλλως ἀκοῦσαι μυστικώτερον, τάχα περὶ Ἰούδα προφητεύει τοῦ παραδόντος, ὡς εἶναι περὶ αὐτοῦ τὴν προφητείαν λέγουσαν· „Ἁμαρτία Ἰούδα γέγραπται ἐν γραφείῳ σιδηρῷ, ἐν ὄνυχι ἀδαμαντίνῳ ἐγκεκολαμμένη ἐπὶ τοῦ στήθους | τῆς καρδίας“· e ἀλλὰ πάλιν οὐκ ἀκολουθεῖ ἐπ̓ ἐκείνου τὸ „αὐτῶν“. Μήποτε οὖν ἐφ̓ ἡμᾶς ἔλεγεν, ἐὰν γενώμεθα ἁμαρτωλοί, ταῦτα φθάνειν τὰ προφητευόμενα. ῾Ημάρτομεν, καὶ ἡ ἁμαρτία ἡμῶν οὐκ ἔξω ἡμῶν γέγραπται, ἀλλ̓ ἐν τῇ καρδίᾳ ἡμῶν, καὶ γράφεται „ἐν σιδηρῷ γραφείῳ, ἐν ὄνυχι ἀδαμαντίνῳ“. Ὅτι δὲ τὰ ἁμαρτήματα, ἃ ἁμαρτάνομεν, ἐγγράφεται εἰς ἡμᾶς διὰ τοῦ ἁμαρτάνειν, παραστήσει αὐτὸ τὸ πρᾶγμα. Οὐ συνῄδειν ἐμαυτῷ τόδε τὸ πρᾶγμα ἢ τήνδε τὴν ἁμαρτίαν. Ποιήσας αὐτὴν ἔχω τύπον αὐτῆς, καὶ οἱονεὶ γέγραπται ὁ τύπος [αὐ]τῆς ἁμαρτίας μου τῆς ἡμαρτη­ μένης ἐν τῇ ψυχῇ μου. Καὶ εἰ μὲν ἦν ἡ ἁμαρτία μου γεγραμμένη μέλανι, a

Jer. 16,20f.

b

Jer. 16,21

c

Jer. 17,1

d

Offb. 5,5; Hebr. 7,14

e

Jer. 17,1

4  καὶ – φησίν Co H (et scient) 11  αὐτῶν Co H (eorum) αὐτοῦ S aber auch GCS Orig. 3, 141 app. crit.) 26  τῆς1 Kl αὐτῆς S

11  ἔστιν Kl (vgl.

gepfropft haben“. Übersetzung: Guyot, FC 24, 219. Siehe zur vorliegenden Stelle auch Harnack, Marcion 267*; de Lubac, Geist aus der Geschichte 75; Crouzel, Origène et la philosophie 153f.; Neuschäfer, Origenes als Philologe 161. 606 Vgl. Hexapla (II p. 615 Field), dazu Klostermann, Überlieferung 53f. Hieronymus, in Hier. III 70,2 (CChr.SL 74, 161), „weiß nicht, weshalb die siebzig Übersetzer den Passus weggelassen haben“, und vermutet als Grund dafür, „dass sie vielleicht ihr Volk schonen wollten“, weil es darin gerügt wird. Auch aus in Hier. hom. 13,2 (GCS Orig. 32, 103) geht hervor, dass Origenes, wenn es um Hebräisch geht, auf das Wissen anderer Leute (dazu oben S. 331 Anm. 446) bzw. wie hier auf die anderen Übersetzungen des Alten Testaments zurückgreift. 607 Vgl. in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 25); 5,15 (32, 45); 9,1 (32, 64): „Männer von Juda sind wir wegen Christus“; ebenso ebd. 9,4 (32, 68).

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Form Götter machen, widerlegt das Wort, indem es sagt: „Kann ein Mensch sich Götter machen, und diese sind keine Götter? Deswegen werde ich ihnen zu dieser Zeit meine Hand zeigen, und ich werde ihnen auch meine Kraft kundtun.“a Zu welcher Zeit, wenn nicht zu dieser? Er weist auf die Zeit der Ankunft des Herrn hin: „dass mein Name ‚Herr‘ ist.“ b 10. Darauf folgt eine weitere Prophezeiung, die wir, ich weiß nicht warum, in der Septuaginta nicht finden, in den anderen Ausgaben aber finden, offenbar weil sie im hebräischen Text steht.606 Sie ist voll von höchst notwendigen Dingen, die, wenn wir uns daran halten, unsere Seele bekehren können. Die Worte lauten so: „Die Sünde Judas ist mit eisernem Griffel aufgeschrieben, mit stählerner Spitze in das Innere ihres Herzens eingraviert.“ c es sich leichter machen und sagen: Dies ist über die Juden geschrieben, denn ihre Sünde ist aufgeschrieben. Doch wenn du siehst, wie wir oft gezeigt haben,607 dass Juda im übertragenen Sinn Christus bezeichnet, ist vielleicht die Sünde Judas die unsere, da wir an Christus glauben, der aus dem Stamm Juda hervorgegangen ist.dWenn du aber noch auf eine andere Weise einen mystischeren Sinn herauszuhören vermagst, weissagt der Prophet vielleicht über Judas den Verräter, so dass sich die Prophezeiung auf ihn bezieht, wenn es heißt: „Die Sünde Judas ist mit eisernem Griffel aufgeschrieben, mit stählerner Spitze in das Innere des Herzens eingraviert.“ e608 Doch andererseits passt das Wort „ihres“ nicht auf ihn. Vielleicht also sagte er, dass sich, wenn wir Sünder geworden sind, diese Prophezeiungen auf uns beziehen. Wir haben gesündigt, und unsere Sünde ist nicht außerhalb von uns aufgeschrieben, sondern in unserem Herzen, und sie wird „mit eisernem Griffel, mit stählerner Spitze“ aufgeschrieben. Dass aber die Sünden, die wir begehen, durch das Sündigen in uns eingeschrieben werden, wird die Sache selbst erweisen. Ich war mir irgendeiner Sache oder irgendeiner Sünde nicht bewusst.Wenn ich sie getan habe, ist sie mir eingeprägt, und so ist gleichsam der Abdruck der von mir begangenen Sünde in meiner Seele aufgeschrieben.609 608 Zum Verrat des Judas vgl. in Ioh. comm. XXXII 19,240–259; 22,280–24,312 (GCS

Orig. 4, 458–460. 464–468); in Matth. comm. ser. 117 (GCS Orig. 11, 243–250); ferner princ. III 2,1 (GCS Orig. 5, 246); III 2,4 (5, 251f.); III 3,4 (5, 260). Siehe dazu ­Laeuchli, Judas Iscariot; Layton, Judas 533–536; Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 70–77. 609 Vgl. princ. II 10,4 (GCS Orig. 5, 178) aus Hieronymus, epist. 124,7 (CSEL 56, 104): „Der menschliche Geist selbst, das Gewissen, hat durch göttliche Kraft alles in sein Gedächtnis aufgenommen, er hat beim Sündigen in sich selbst gewisse Zeichen und Figuren eingeprägt, und so wird er alles Hässliche, Schändliche und gar Gottlose, das er getan hat, vor seinen Augen ausgebreitet sehen, sozusagen eine Geschichte seiner Untaten.“ Übersetzung: p. 429 Görgemanns/Karpp. Ferner Origenes, in Hier. hom. 15,5 (GCS Orig. 32, 129); in Ps. 38 hom. 2,2 (SC 411, 380); in Rom. comm. II 7,6 (SC 532, 352–354); orat. 28,5 (GCS Orig. 2, 378): „Die gesetzwidrigen Handlungen hin-

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ἀπήλειψα αὐτήν· νῦν δὲ γέγραπται „ἐν σιδηρῷ γραφείῳ“, γέγραπται „ἐν ὄνυχι ἀδαμαντίνῳ“, γέγραπται „ἐπὶ τοῦ στήθους τῆς καρδίας“ ἡμῶν, ἵνα ἔλθω ἐπὶ τὸ δικαστήριον καὶ πληρωθῇ ἡ λέγουσα προφητεία· „Οὐδὲν κρυπτὸν ὃ οὐ φανερωθήσεται, καὶ οὐδὲν κεκαλυμμένον ὃ οὐκ || ἀποκαλυ­ φθήσεται.“a Ἐγυμνώθη μου τὸ στῆθος καὶ ἡ καρδία ἔχουσα τὰ γράμματα ἐγγεγραμμένα τῆς ἁμαρτίας „ἐν τῷ γραφείῳ τῷ σιδηρῷ, τῷ ὄνυχι τῷ ἀδαμαντίνῳ“, καὶ πάντες ἀναγινώσκουσιν ἐν τῷ στήθει μου καὶ ἐν τῇ καρδίᾳ μου τοὺς τύπους μου τῶν ἁμαρτημάτων. „Οὐδὲν γὰρ κρυπτὸν ὃ οὐ φανερωθήσεται“, b ἀλλὰ „καὶ μεταξὺ ἀλλήλων τῶν λογισμῶν κατηγο­ ρούντων ἢ καὶ ἀπολογουμένων“, c καὶ „μὴ πρὸ καιροῦ τι κρίνετε, ἕως ἂν ἔλθῃ ὁ κύριος, ὃς καὶ φωτίσει τὰ κρυπτὰ τοῦ σκότους καὶ φανερώσει τὰς βουλὰς τῶν καρδιῶν“. d Τίνι φανερώσει; Οὐχ αὑτῷ· αὐτὸς γὰρ οἶδε „τὰ πάντα πρὶν γενέσεως αὐτῶν“. e Ἀλλὰ [καὶ] τίνι φανερώσει; Πᾶσι τοῖς μέλ­ λουσι βλέπειν διὰ τὴν αὐτῶν καθαρότητα τὴν ἁμαρτίαν τοῦ ἡμαρτηκότος, ἵνα οἱ ἁμαρτωλοὶ ἀναστῶσιν εἰς ὀνειδισμὸν καὶ εἰς αἰσχύνην αἰώνιον· f ἀφ̓ ὧν ῥύσηται ἡμᾶς ὁ τῶν ὅλων θεός, ἵν̓ εἰς δόξαν τὴν ἐν Χριστῷ ἀναστῶμεν, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ g a f

Mt. 10,26 Dan. 12,2

b g

Mt. 10,26 1 Petr. 4,11

c

Röm. 2,15

d

1 Kor. 4,5

e

Sus. 35a LXX (42 Theodotion)

1  ἂν Bl Lie 10  κρίνετε Hu κρίνεται S 13  καὶ del. Bl Kl (nicht Nt) Kl mit H (liberet) ῥύσεται S 17  Ἀμήν add. ὁμιλία ιϚʹ S

16  ῥύσηται

terlassen einen Abdruck im Leitprinzip (Hegemonikon) unserer Seele und werden ‚zum Schuldschein gegen uns‘ (Kol. 2,14), nach dem wir wie nach Schuldbüchern, die von uns allen sozusagen eigenhändig geschrieben wurden, gerichtet werden.“ Übersetzung: von Stritzky, OWD 21, 237. Siehe dazu Völker, Vollkommenheitsideal 33.

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Und wenn meine Sünde mit Tinte aufgeschrieben wäre, würde ich sie abwischen. Jetzt aber ist sie „mit eisernem Griffel“ aufgeschrieben, ist sie „mit stählerner Spitze“ aufgeschrieben, ist sie „in das Innere“ unseres „Herzens“ geschrieben, damit ich vor das Gericht komme und sich die Prophezeiung erfüllt, die besagt: „Nichts ist verborgen, das nicht offenbar werden wird, und nichts ist verhüllt, das nicht enthüllt werden wird.“a Meine Brust wurde entblößt, und mein Herz hat die Buchstaben der Sünde „mit eisernem Griffel, mit stählerner Spitze“ eingraviert, und alle lesen in meiner Brust und in meinem Herzen die Abdrücke meiner Sünden. „Denn nichts ist verborgen, das nicht offenbar werden wird.“ bAllerdings „klagen sich die Gedanken auch gegenseitig an oder verteidigen sich“,c und „richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbaren wird“.dWem wird er es offenbaren? Nicht sich selbst, denn er selbst weiß „alles, bevor es entsteht“.e Doch wem wird er es offenbaren? Allen, die wegen ihrer Reinheit die Sünde des Sünders sehen werden, auf dass die Sünder zu Schmach und ewiger Schande auferstehen.f Davor bewahre uns der Gott des Alls, auf dass wir zur Herrlichkeit in Christus auferstehen. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ g

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Εἰς τὸ „ἐφώνησε πέρδιξ“ μέχρι τοῦ „καὶ ἡμέραν ἀνθρώπου οὐκ ἐπεθύμησα, σὺ ἐπίστασαι“.a

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1. Ἐπὶ τὸ διαβόητον ζήτημα ἐληλύθαμεν ἰδεῖν τίς ἐστιν ὁ πέρδιξ, περὶ οὗ νῦν φησιν ἡ γραφή· „Ἐφώνησε πέρδιξ, συνήγαγεν ἃ οὐκ ἔτεκε, ποιῶν τὸν πλοῦτον αὐτοῦ οὐ μετὰ κρίσεως. Ἐν ἡμίσει ἡμερῶν αὐτοῦ ἐγκαταλεί­ ψουσιν αὐτόν, καὶ ἐπ̓ ἐσχάτων αὐτοῦ ἔσται ἄφρων.“ b Ἐκ τοῦ περὶ φύσεως ζώων δεῖ ἀναλαβεῖν τίνα ἱστόρηται περὶ τοῦ πέρδικος, ἵνα εἰδότες τὰ περὶ τὸ ζῶον μεν πότερον ἐπὶ || κρείττονος τάξαι νῦν λεγόμενον τὸν πέρδικα ἢ ἐπὶ χείρονος. Λέγεται δὴ τὸ ζῶον εἶναι κακοηθέστατον καὶ δόλι­ ον καὶ πανοῦργον, καὶ ἀπατᾶν βουλόμενον τοὺς θηρεύοντας καὶ πολλάκις κυλιόμενον περὶ τοὺς πόδας τοῦ θηρεύοντος, ἵνα αὐτὸν περισπάσῃ ὡς ἐγγὺς ὂν τὸ ζῶον πρὸς τὸ μὴ ἥκειν ἐπὶ τὴν καλιάν. Καὶ ἡνίκα ἐὰν στοχά­ σηται περιεσπακέναι τὸν θηρευ|τὴν καὶ τὰ νεοσσία πεφευγέναι, τότε καὶ αὐτὸς ἀφίπταται. Ἔστι δὲ τὸ ζῶον πάνυ ἀκάθαρτον ὥστε τοὺς ἄρρενας μονομαχεῖν πρὸς ἀλλήλους περὶ τῆς μίξεως καὶ ἄρρενα ἄρρενα ἐπιβαίνειν. Εἰ οὖν καὶ κακόηθες, εἰ καὶ ἀκάθαρτον, εἰ καὶ πανοῦργον, εἰ καὶ ἀπατηλὸν τοῦτο τὸ ζῶόν ἐστι, δῆλον ὅτι τάξαι ἐπὶ κρείττονος αὐτὸ καὶ εἰπεῖν ἐπὶ τὸν σωτῆρα δύνασθαι ἀναφέρεσθαι ἀσεβὲς εἶναι φαίνεται. Δεῖ οὖν ἰδεῖν, ἂν θέλωμεν αὐτὸ ἑρμηνεῦσαι ἐπὶ τὸν ἀντικείμενον, εἰ ἀκολουθεῖ ἡμῖν ὅλη ἡ ἑρμηνεία. 2. Ἀρξώμεθα δὴ ἀπὸ τοῦ „Ἐφώνησε πέρδιξ, συνήγαγεν ἃ οὐκ ἔτεκεν“. c Οὐκοῦν οὐ τὰ ἴδια κτίσματα συνάγει ὁ διάβολος, οὐχὶ ἃ ἐγέννησε συνάγει, ἀλλ̓ ἐπὰν φωνήσῃ, συνάγει τὰ ἄλλου κτίσματα καὶ ποιεῖ αὐτὰ ἴδια. a

Jer. 17,11–16

b

Jer. 17,11

c

Jer. 17,11

9  εἰδῶμεν πότερον Kl mit H (scire possimus utrum) μὲν πρότερον S 14  νεοσσία Kl νεοττὰ S 20  αὐτὸ Koe αὐτὸν S 20  ἡ Del τῆι S

9  δεῖ Bl

610 Diese Informationen über das Rebhuhn stammen aus Aristoteles, hist. anim. 6,8; 9,8.

Vgl. ferner Antigonos von Karystos, hist. mirab. 39(45); Aelian, nat. anim. III 16; Athenaios, deipnosoph. IX 389 b–c; Plinius, nat. hist. X 100; Solinus 7,29f. Auch Xenophon, mem. II 1,4, berichtet vom gierigen Liebestrieb der Rebhühner, allerdings nach Weibchen. Siehe dazu Neuschäfer, Origenes als Philologe 195. Hanson, Alle­ gory and Event 182, weist an diesem Beispiel darauf hin, dass Origenes als Hilfsmittel

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Über: „Das Rebhuhn ließ seine Stimme hören“ bis: „Und nach dem Tag des Menschen habe ich mich nicht gesehnt, du weißt es“.a

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1. Wir sind auf das bekannte Problem gestoßen, herauszufinden, was das Rebhuhn ist, von dem die Schrift jetzt sagt: „Das Rebhuhn ließ seine Stimme hören, es sammelte, was es nicht geboren hat, es erwarb seinen Reichtum, aber ohne Recht. In der Mitte seiner Tage werden sie es verlassen, und in seinen letzten Tagen wird es ein Tor sein.“ b Der Lehre über die Natur der Tiere muss man entnehmen, was über das Rebhuhn berichtet wird, um auf der Basis dessen, was man über dieses Tier weiß, herauszufinden, ob das jetzt erwähnte Rebhuhn einer besseren oder einer schlechteren Kategorie zugeordnet werden muss. Man sagt also, dass das Tier sehr bösartig ist, listig und verschlagen, dass es die Jäger täuschen will und oft um die Füße des Jägers herumflattert, um ihn als das Tier in seiner Nähe abzulenken, damit er nicht zum Nest kommt. Und wenn es vermutet, dass es den Jäger abgelenkt hat und die Küken entflohen sind, dann fliegt es auch selbst weg. Das Tier ist aber ganz unrein, so dass die Männchen sich um die Paarung gegenseitig bekämpfen und ein Männchen ein Männchen besteigt.610 Wenn dieses Tier also zudem bösartig, wenn es zudem unrein, wenn es zudem verschlagen, wenn es zudem listig ist, ist klar, dass es einer besseren Kategorie zuzuordnen und zu behaupten, es könne auf den Erlöser bezogen werden, offensichtlich gottlos ist. Wenn wir es auf den Widersacher hin auslegen wollen, müssen wir also sehen, ob unsere ganze Auslegung kohärent ausfällt.611 2. Fangen wir also an mit: „Das Rebhuhn ließ seine Stimme hören, es sammelte, was es nicht geboren hat.“ c Nicht die eigenen Geschöpfe sammelt also der Teufel,612 er sammelt nicht, was er gezeugt hat, sondern wenn er seine für seine Bibelauslegung das Wissen seiner Zeit auf vielen Gebieten in großem Umfang herangezogen hat. Ambrosius, epist. 40(32),1–3 (CSEL 82, 36f.), übernimmt den ganzen Absatz weitgehend wörtlich für seine Auslegung von Jer. 17,11. 611 Das Prinzip, dass die Auslegung einer Stelle „dem geschlossenen Zusammenhang der Erzählung“ zu folgen hat, stammt von Philon, conf. ling. 14 (II p. 232 Cohn/Wendland); Übersetzung: Stein, Philo Werke V, 105. Origenes wendet es beispielsweise bei der Auslegung von Jer. 1,5 an: in Hier. hom. 1,6f. (GCS Orig. 32, 4f.). 612 Auch Hieronymus, in Hier. III 75,4 (CChr.SL 74, 176), und Ambrosius, epist. 40(32),3 (CSEL 82, 37), beziehen das Rebhuhn im Anschluss an Origenes – der hinter dem

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Ἐφώνησε πέρδιξ διὰ Οὐαλεντίνου, ἐφώνησε πέρδιξ διὰ Μαρκίωνος, ­ἐφώνησε διὰ Βασιλείδου, διὰ πάντων τῶν ἑτεροδόξων· οὐδεὶς γὰρ ἐκείνων ἠδύνατο εἰπεῖν τὴν φωνὴν Ἰησοῦ· „Τὰ ἐμὰ πρόβατα τῆς ἐμῆς φωνῆς ἀκούουσιν.“a Ἀλλ̓ ἡ φωνὴ μὲν τοῦ Ἰησοῦ ἐν Παύλῳ καὶ Πέτρῳ· διὸ ἔλεγεν ὁ Παῦλος· „Εἰ δοκιμὴν ζητεῖτε τοῦ ἐν ἐμοὶ λαλοῦντος Χριστοῦ;“ b φωνὴ δὲ τοῦ συν­ αγαγόντος ἃ οὐκ ἔτεκε πέρδικος ἐν τοῖς ἀποπλανῶσι καὶ ἀπατῶσι διὰ τὴν ἀκεραιό||τητα καὶ διὰ τὸ ἀπαράσκευον τοὺς ἁπλουστέρους τῶν πιστευόν­ των. „Ἐφώνησεν“ οὖν „πέρδιξ, συνήγαγεν ἃ οὐκ ἔτεκεν, ποιῶν πλοῦτον αὐτοῦ οὐ μετὰ κρίσεως.“ c Ἐπλούτησεν ὁ πέρδιξ. Ἴδε πόσαι αὐτοῦ εἰσι μυριάδες· πολλαὶ τοῦ πέρδικος γεγόνασι, τῆς δυνάμεως τῆς ἀντικειμένης. Καὶ ἐποίησε | πλοῦτον αὐτοῦ οὐ μεριμνῶν κρίσεως οὐδὲ κρίσιν ἔχων, ἀλλ̓ ἀκρίτως πράττων. Διὸ λέγεται ὅτι „ποιῶν“ ἐστιν ὁ πέρδιξ „πλοῦτον αὐτοῦ οὐ μετὰ κρίσεως“. Ὁ δὲ ἐμὸς σωτὴρ ποιεῖ πλοῦτον αὐτοῦ μετὰ κρίσεως, καὶ κεκριμένος ἐστὶν ὁ πλοῦτος καὶ ἐκλελεγμένος. 3. „Ἐν ἡμίσει“ δὲ „ἡμερῶν αὐτοῦ ἐγκαταλείψουσιν αὐτόν.“ d ῾Ημεῖς πάν­ τες οἱ γενόμενοί ποτε ὑπὸ τὸν πέρδικα τὸν φωνήσαντα· ἐφώνησε γὰρ οὐ μόνον διὰ τῶν προειρημένων, ἀλλὰ καὶ διὰ πάντων ἁπαξαπλῶς τῶν ἀπα­ τώντων καὶ ὡς ἐπὶ εὐσέβειαν τὴν ἀθεότητα προκαλουμένων ἐπὶ δόγματα ἐναντία τῇ ἀληθείᾳ  – ἀλλ̓ „ἐν ἡμίσει ἡμερῶν αὐτοῦ“ ἐγκαταλελοίπαμεν αὐτόν. Πᾶσαι μὲν γὰρ αἱ ἡμέραι αὐτοῦ αἱ ἡμέραι εἰσὶ τοῦ αἰῶνος τούτου· ἐπεὶ δὲ ἐξείλατο „ἡμᾶς ἐκ τοῦ αἰῶνος τοῦ ἐνεστῶτος πονηροῦ“ e Χριστὸς Ἰησοῦς, διὰ τοῦτο „ἐν ἡμίσει ἡμερῶν αὐτοῦ“ ἐγκαταλελοίπαμεν αὐτόν. a

Joh. 10,27

5  ἡ Nt

b

2 Kor. 13,3

c

Jer. 17,11

d

Jer. 17,11

14  κεκριμένος Co C κεκριμμένος S

e

Gal. 1,4

14  αὐτοῦ Kl mit H (eius)

Verweis auf „andere“ (alii) Ausleger bei Hieronymus steht – auf den „Teufel“ (diabolus bzw. satanas ille qui Latine contrarius dicitur). Anders als Origenes erklärt Hieronymus, ebd. III 75,2 (74, 167), jedoch die Aussage, das Rebhuhn sammle, was es nicht geboren hat: Es stehle die Eier eines anderen Rebhuhns, brüte diese aus, doch wenn die Küken ausgewachsen seien, flögen sie von ihren falschen Eltern weg. 613 Vgl. in Ex. hom. 1,5 (GCS Orig. 6, 153). Die Vorstellung, dass die Seele im Besitz Gottes oder des Teufels ist, ist weit verbreitet in der frühchristlichen Theologie. 614 Zu diesen drei von Origenes oft stereotyp genannten Häretikern siehe oben S. 274 Anm. 334. 615 Aus einer gegenläufigen Stelle in den neugefundenen Psalmenhomilien kann man ersehen, wie rhetorisch solche Aussagen sind. Bezieht man die vorliegende Aussage, wie es der Kontext nahelegt, auf die zuvor genannten Gnostiker, behauptet Origenes hier, dass sich viele Christen von ihnen verführen lassen. In einer Psalmenhomilie spricht er hingegen von einer gegenteiligen Entwicklung, in Ps. 77 hom. 2,4 (GCS Orig. 13, 371f.): „Wir wissen auch dies aus unserer Erfahrung: In unserer Jugend kamen die Häresien zu großer Blüte, und es schienen viele zu sein, die sich um sie sammelten. All diejenigen, die sich nach den Wissenschaften Christi sehnten, da sie in der Kirche nicht über genug tüchtige Lehrer verfügten, … trennten sich von der

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Stimme hören lässt, sammelt er die Geschöpfe eines anderen und macht sie sich zu eigen.613 Durch Valentinus ließ das Rebhuhn seine Stimme hören, durch Markion ließ das Rebhuhn seine Stimme hören, durch Basilides ließ es seine Stimme hören, durch alle, die abweichende Ansichten vertreten.614 Denn keiner von ihnen konnte mit der Stimme Jesu sagen: „Meine Schafe hören meine Stimme.“a Vielmehr ist die Stimme Jesu in Paulus und Petrus. Deshalb fragte Paulus, „ob ihr einen Beweis für den in mir sprechenden Christus sucht“.b Stimme des Rebhuhns hingegen, das sammelt, was es nicht geboren hat, erklingt in denen, die die einfacheren Gläubigen wegen ihrer Unreife und mangelnden Vorbereitung irreführen und täuschen. „Das Rebhuhn ließ“ also „seine Stimme hören, es sammelte, was es nicht geboren hat, es erwarb seinen Reichtum, aber ohne Recht.“ c Das Rebhuhn ist reich geworden. Sieh, wie viele Tausende ihm gehören.615 Viele sind Eigentum des Rebhuhns geworden, der Macht des Widersachers. Und es erwarb seinen Reichtum, ohne sich um Recht zu kümmern und ohne ein Recht zu haben, sondern indem es rechtlos handelte. Deshalb heißt es, dass das Rebhuhn „seinen Reichtum erwarb, aber ohne Recht“. Mein Erlöser616 aber erwirbt seinen Reichtum mit Recht, und Reichtum ist rechtmäßig und auserlesen.617 3. „In der Mitte seiner Tage“ aber „werden sie es verlassen.“ dWir alle, die wir einst unter dem Rebhuhn waren, das seine Stimme hören ließ – es ließ seine Stimme nämlich nicht nur durch die zuvor Genannten hören, sondern überhaupt durch alle Betrüger und durch alle, die wie zur Frömmigkeit zu Gottlosigkeit einladen, zu Lehrmeinungen, die der Wahrheit entgegengesetzt sind –, doch „in der Mitte seiner Tage“ haben wir es verlassen. Denn alle seine Tage sind die Tage dieser Welt. Da aber Christus Jesus „uns aus der gegenwärtigen bösen Weltzeit“ e gerettet hat, deshalb haben wir es „in der Mitte seiner Tage“ verlassen.618 „Und in seinen letzten Tagen wird es ein Tor gesunden Lehre. Sie wandten sich irgendwelchen beliebigen Lehren zu, und so kamen ihre Schulen zusammen.“ Bis hierher deckt sich das Gesagte mit den Aussagen der vorliegenden Jeremiapredigt, in der Psalmenhomilie allerdings bezogen auf die Jugendzeit des Origenes. Dann aber fährt er fort: „Als jedoch die Gnade Gottes eine reichlichere Belehrung ausstrahlte“ – und zwar durch die Lehrtätigkeit des Origenes selbst –, „lösten sich tagtäglich die Häresien auf. Ihre angeblichen Geheimnisse wurden entlarvt und erwiesen sich als Gotteslästerung und als freche und gottlose Lehren.“ Da man davon ausgehen kann, dass die Psalmenhomilien wie die Jeremiahomilien in das letzte Lebensjahrzehnt des Origenes gehören, behauptet er für die gleiche Zeit zwei gegenteilige Entwicklungen. 616 Zur Anrede „mein Erlöser“ vgl. in Hiez. hom. 5,3 (GCS Orig. 8, 374). 617 Ambrosius, epist. 40(32),4 (CSEL 82, 37f.), hat diesen Satz so aufgegriffen: „Mein Jesus hingegen vollbringt als guter Richter alles mit Recht.“ 618 Diese Auslegung ist vollständig übernommen von Ambrosius, epist. 40(32),7 (CSEL 82, 39).

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Ὁμιλία ιζʹ

„Καὶ ἐπ̓ ἐσχάτων αὐτοῦ ἔσται ἄφρων.“a Πότε γὰρ φρόνιμος ἦν, ἵν̓ ἐπ̓ ἐσχάτων αὐτοῦ γένηται ἄφρων; Ἀλλὰ φήσομεν, ὅτι φρόνιμος ἦν· „ὁ“ γὰρ „ὄφις ἦν φρονιμώτατος πάντων τῶν θηρίων τῶν ἐπὶ τῆς γῆς ὧν ἐποίησε κύριος ὁ θεός.“ b Φρόνιμος ἦν κατὰ τὸ εἰρημένον ἐν τῷ ῾Ησαΐᾳ· „Ἐπάξω γὰρ ἐπὶ τὸν νοῦν τὸν μέγαν, τὸν ἄρχοντα τῶν Ἀσσυρίων. Εἶπε γάρ· Τῇ ἰσχύϊ ποιήσω, καὶ τῇ σο intellectus auferam fines gentium, et uirtutes eorum depascar et commouebo ciuitates inhabitatas.“ c Si quis potest, intelligat, quomodo „nouissimum eius erit stultum“.d Iste ab eo, quod fuit sapiens male („sapientior enim erat omnibus bestiis super terram“ e) fiet e contrario ei, quod sapiens fuit, male insipiens. Intelliges uero, quid sit „nouissimum eius erit insipiens“,f si scias, quomodo etiam tibi per apostolum praecipiatur, ut pro salute tua insipientiam | recipias: „Si quis“ inquit „uidetur sibi sapiens esse in uobis in isto saeculo, stultus fiat.“ g Soluit qui ante clamauit: Stultus esto et fatuus, ut sapiens fias. Si itaque est quaedam sapientia culpabilis, iuxta quam „filii saeculi huius sapientiores sunt a filiis lucis in generatione ista“,h bonus est Deus, qui contrariis diuersa subuertit, ut faciat compleri id quod dictum est: „Nouissimum eius erit insipiens.“ i Quando „nouissimum eius erit insipiens“? „Oportet“ Christum „regnare, usque dum ponat omnes inimicos“ eius Deus „sub pedibus eius“, cum autem omnia ei subiecerit, „nouissimus inimicus destruetur mors“;j cum destructa fuerit mors, tunc extrema perdicis erunt, „et nouissimum eius fiet insipiens“. Haec de perdice. 4. Principium uero capituli secundi istud lectum est: „Thronus gloriae exaltatus ab initio locus, sanctificatio nostra, sustentatio Israel. Domine, omnes qui te dereliquerunt, confundantur decedentes, super terram scribantur, quia dereliquerunt fontem uitae Dominum.“ k Dixit Isaias beatus propheta uidens Dominum et regnum eius: „Vidi Dominum Sabaoth sedentem super sedem excelsam et eleuatam.“ l Vidit et Ieremias, quomodo Deus regnat, propter quod glorificans eum ait: „Thronus gloriae exaltatus ab initio locus, sanctificatio nostra.“ m Siue de Christo uolueris ista intelligere, non peccabis, siue de Patre, non impie senties; est enim thronus gloriae excelsus et a a Jer. 17,11 b Gen. 3,1 c Jes. 10,12–14 d Jer. 17,11 e Gen. 3,1 f Jer. 17,11 g 1 Kor. 3,18 hLk. 16,8 i Jer. 17,11 j 1 Kor. 15,25f. k Jer. 17,12f. l Jes. 6,1 mJer. 17,12

6  σοφίᾳ Co LXX H (sapientia) σο S (in der letzten Zeile von fol. 293r) V (in der letzten Zeile von S. 422, aber mit Freilassung einer halben Zeile) 13 soluit Klostermann, GCS Orig. 3, 146: „vielleicht besser“ Hrabanus Maurus: Attende quia non solum non clamauit: stultus esto et fatuus, sed: ut sapiens fias, denn statt soluit qui ante steht in manchen Handschriften solum quia non.

619 An dieser Stelle gibt es eine Lücke in der griechischen Handschrift, die sich mit Hilfe

der lateinischen Übersetzung des Hieronymus schließen lässt. Siehe dazu oben S. 13f.

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sein.“a Wann nämlich war es klug, um in seinen letzten Tagen ein Tor zu werden? Wir sagen aber, dass es klug war: „Die Schlange war“ nämlich „das klügste von allen Tieren auf der Erde, die der Herr, Gott, geschaffen hat.“ b Klug war es gemäß dem, was bei Jesaja gesagt ist: „Denn ich werde gegen den großen Geist anrücken, den Herrscher der Assyrer. Er sagte nämlich: Mit Macht werde ich handeln, und mit der Weisheit619 der Einsicht werde ich die Grenzen der Völker beseitigen, ihre Kräfte werde ich aufzehren und ihre bewohnten Städte werde ich erschüttern.“ cWenn einer dazu in der Lage ist, soll er verstehen, wie „es in seinen letzten Tagen ein Tor sein wird“.d Nachdem es klug war im Hinblick auf das Böse – „es war nämlich klüger als alle Tiere auf der Erde“ e –, wird es im Gegensatz zu seiner früheren Klugheit ein Tor werden im Hinblick auf das Böse. Du wirst aber verstehen, was die Aussage: „In seinen letzten Tagen wird es ein Tor sein“ f bedeutet, wenn du erkennst, wie auch du durch den Apostel ermahnt wirst, um deiner Rettung willen Torheit anzunehmen: „Wenn einer“, sagt er, „sich einbildet, unter euch in dieser Welt weise zu sein, soll er ein Tor werden.“ g Er, der zuvor rief: Sei ein Tor und ein Narr, erklärt nun: auf dass du weise wirst!620 Wenn es daher eine Art tadelnswerte Weisheit gibt, bei der „die Kinder dieser Weltzeit klüger sind als die Söhne des Lichts in diesem Geschlecht“,h ist Gott gut, wenn er Widriges durch sein Gegenteil umkehrt, so dass er die Aussage zur Erfüllung bringt: „In seinen letzten Tagen wird es ein Tor sein.“ i Wann „wird es in seinen letzten Tagen ein Tor sein“? Christus „muss herrschen, bis“ Gott „ihm alle“ seine „Feinde unter die Füße legt“; wenn er ihm aber alles unterworfen hat, „wird als letzter Feind der Tod vernichtet“.j Wenn der Tod vernichtet sein wird, dann wird das Ende des Rebhuhns eintreten, „und in seinen letzten Tagen wird es ein Tor sein“. Dies zum Rebhuhn. 4. Als Anfang des zweiten Abschnitts aber wurde dies vorgelesen: „Thron der Herrlichkeit, von Anbeginn an erhabener Ort, unsere Heiligung, Erwartung Israels. Herr, alle, die dich verlassen haben, sollen zuschanden werden, weil sie sich abgewandt haben, auf Erden sollen sie aufgeschrieben werden, weil sie die Quelle des Lebens verlassen haben, den Herrn.“ k Als Jesaja, der selige Prophet, den Herrn und seine Herrschaft sah, sprach er: „Ich sah den Herrn der Heere auf einem erhabenen und hohen Thron sitzen.“ l Auch Jeremia sah, wie Gott herrscht, weswegen er ihn verherrlichend sprach: „Thron der Herrlichkeit, von Anbeginn an erhabener Ort, unsere Heiligung.“ mWenn du dies von Christus verstehen willst, wirst du nicht fehlgehen, wenn vom Vater, wirst du nicht gottlos denken. Denn der Thron der Herrlichkeit, der 620 Die bei Hrabanus Maurus überlieferte Fassung, die laut Klostermann, GCS Orig. 3,

146, „vielleicht besser“ ist, lautet: „Beachte, dass er nicht nur nicht (?) rief: Sei ein Tor und ein Narr, sondern (auch): Auf dass du weise wirst!“ Diese Fassung wird dadurch gestützt, dass in manchen Handschriften der Hieronymusübersetzung statt soluit qui ante steht: solum quia non.

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principio saluator. „Thronus gloriae“, propter quod excelsum regnum eius; „sanctificatio nostra“ | || ὁ Χριστός ἐστιν· „ὅ τε γὰρ [ὁ] ἁγιάζων καὶ οἱ ἁγιαζόμενοι ἐξ ἑνὸς πάντες“.a „Ὑπομονὴ Ἰσραήλ.“ b Ὥσπερ αὐτοδικαιοσύνη ἐστὶν ὁ σωτήρ, αὐτοαλήθεια, αὐτοαγιασμός, οὕτως αὐτοϋπομονή. Kαὶ οὐκ ἔστιν οὔτε δίκαιον εἶναι χωρὶς Χριστοῦ οὔτε ἅγιον χωρὶς αὐτοῦ οὔτε ὑπο­ μένειν μὴ Χριστὸν ἔχοντα. Ὑπομονὴ γὰρ Ἰσραὴλ αὐτός ἐστι. Kἂν δὲ ἐπὶ τὸν θεὸν ἀναφέρῃς, οὐδ̓ οὕτως ἀσεβήσεις. „Κύριε, πάντες οἱ καταλιπόντες σε καταισχυνθήτωσαν ἀφεστηκότες.“ c Ἕκαστος ἡμῶν ὅτε ἁμαρτάνει, καταλείπει τὸν Χριστόν, καταλιπὼν δὲ τὸν Χριστὸν καταλείπει τὸν θεόν. Ἀδικῶν γὰρ καταλείπει δικαιοσύνην καὶ βέβηλος γινόμενος καταλείπει ἁγιασμὸν καὶ πολεμῶν κα­ ταλείπει εἰρήνην καὶ ὑπὸ τῷ πολεμίῳ γινόμενος καταλείπει τὴν ἀπολύτρω­ σιν καὶ ἔξω τῆς σοφίας ὢν τοῦ θεοῦ καταλείπει τὴν σοφίαν. Πᾶσιν οὖν τοῖς καταλείπουσι τὸν θεὸν ἀρᾶται ὁ προφήτης, διδάσκων ἡμᾶς τὸ ἐσόμενον αὐτοῖς, λέγων τὸ „Πάντες οἱ καταλείποντές σε καταισχυνθήτωσαν“. Ὅσον ἀφεστήκασι, καταισχυνθήτωσαν τοσοῦτον. „Ἐπὶ τῆς γῆς γραφήτωσαν.“ d Πάντες ἄνθρωποι γράφονται· οἱ μὲν ἅγιοι ἐν οὐρανῷ, οἱ δὲ ἁμαρτωλοὶ ἐπὶ τῆς γῆς. Λέγεται πρὸς τοὺς μαθητὰς ὑπὸ τοῦ Ἰησοῦ· „Χαίρετε ὅτι τὰ ὀνόματα ὑμῶν γέγραπται ἐν τοῖς οὐρανοῖς.“ e Οὐκοῦν χαίρειν δεῖ, ἐὰν τοιοῦτός τις γένηται, ἵνα τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐγγράφηται ἐν τοῖς οὐρανοῖς. Ὡς δὲ τὸ ὄνομα τῶν ἁγίων ἐγγράφεται ἐν τοῖς οὐρανοῖς, οὕτως τῶν πολιτευ­ ο||μένων γηΐνως, τῶν οὐ παραπορευομένων τὴν γῆν Ἐδὼμ ἀλλὰ τοὺς ἀγροὺς γῆς Ἐδὼμ ἐχόντων καὶ τοὺς ἀμπελῶνας, f γράφεται τὰ ὀνόματα ὡς καταλειπόντων τὸν θεὸν ἐπὶ τῆς γῆς. „Καταισχυνθήτωσαν“ γάρ φησιν a

Hebr. 2,11

b

Jer. 17,12

c

Jer. 17,13

d

Jer. 17,13

e

Lk. 10,20

f

Num. 20,17.19

2  ὁ Χριστός Neueinsatz in S auf fol. 293v nach zwei freigelassenen Zeilen (ebenso V auf 9  δι᾽ ὧν ἁμαρτάνει Kl nach C und H 9  Χριστόν Kl nach S. 423) 2  ὁ3 del. Kl 22  παραπορευομένων Kl nach C und H θεόν S 11  δικαιοσύνην Scorr. τὸν θεὸν S* Num. 20,17.19 LXX und H (pertranseunt) πάνυ πορευομένων S 23  γῆς Kl mit H (terrae) τῆς S 621 Siehe dazu die ausführliche Auslegung in Is. hom. 1,1 (GCS Orig. 8, 243f.). 622 Zur Bedeutung der Wortbildungen des Origenes mit der Vorsilbe αὐτό- siehe Gru-

ber, ΖΩΗ 213f. Für αὐτοδικαιοσύνη vgl. in Hier. hom. 15,6 (GCS Orig. 32, 130) und dazu oben S. 386 Anm. 559. Für αὐτοαλήθεια vgl. exhort. mart. 10 (GCS Orig. 1, 10); Cels. III 41 (GCS Orig. 1, 237); V 39 (2, 43); in Rom. comm. V frg. 3 (p. 146 Scherer), da immer neben αὐτολόγος wie auch in Matth. comm. XII 39 (GCS Orig. 10, 156), ferner in Ioh. comm. VI 6,38 (GCS Orig. 4, 114); Cels. VI 47 (GCS Orig. 2, 119); sel. in Ps. 17,2 (PG 12, 1224). Für αὐτοαγιασμός vgl. in Ioh. comm. I 9,59 (GCS Orig. 4, 15). Αὐτοϋπομονή ist (wie etliche andere) ein Hapaxlegomenon unter diesen Wortschöpfungen: Perrone, Approximations origéniennes 370 Anm. 24. 623 Anhand zentraler Epinoiai Christi (siehe dazu oben S. 130 Anm. 55) buchstabiert Origenes die ethische Grundlage der Christusbeziehung durch. Christus ist sowohl

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von Anbeginn an erhaben ist, ist der Erlöser. „Thron der Herrlichkeit“, weswegen seine Herrschaft erhaben ist.621 „Unsere Heiligung“ ist Christus: „Denn der, der heiligt, und die, die geheiligt werden, stammen alle von einem ab.“a „Erwartung Israels.“ b Wie der Erlöser die Gerechtigkeit selbst, die Wahrheit selbst, die Heiligung selbst ist, so die Erwartung selbst.622 Und es ist weder möglich, gerecht zu sein ohne Christus, noch heilig zu sein ohne ihn, noch geduldig zu warten, wenn man Christus nicht hat. Denn die Erwartung Israels ist er selbst. Aber auch wenn du dies auf Gott beziehst, wirst du auch damit nicht gottlos handeln. „Herr, alle, die dich verlassen haben, sollen zuschanden werden, weil sie sich abgewandt haben.“ c Jeder von uns verlässt, wenn er sündigt, Christus, wenn er aber Christus verlässt, verlässt er Gott. Denn wenn er Unrecht tut, verlässt er die Gerechtigkeit, wenn er unrein wird, verlässt er die Heiligung, wenn er Krieg führt, verlässt er den Frieden, wenn er sich dem Feind unterwirft, verlässt er die Erlösung, und wenn er außerhalb der Weisheit ist, verlässt er die Weisheit Gottes.623 Alle also, die Gott verlassen, verflucht der Prophet, indem er uns darüber belehrt, was ihnen widerfahren wird, wenn er sagt: „Alle, die dich verlassen haben, sollen zuschanden werden.“ In dem Maße, in dem sie sich abgewandt haben, sollen sie zuschanden werden. „Auf Erden sollen sie aufgeschrieben werden.“ d Alle Menschen werden aufgeschrieben: die Heiligen im Himmel, die Sünder aber auf Erden.Von Jesus wird zu den Jüngern gesagt: „Freut euch, denn eure Namen sind im Himmel aufgeschrieben.“ e Man muss sich also freuen, wenn jemand ein solcher Mensch geworden ist, dass sein Name im Himmel aufgeschrieben wird. Wie aber der Name der Heiligen im Himmel aufgeschrieben wird, so werden die Namen derer, die eine irdische Lebensweise geführt haben, die am Lande Edom nicht vorbeigegangen sind, sondern die Felder und die Weinberge des Landes Edom besitzen,f624 auf Erden aufgeschrieben wie die derjenigen, die Gott verlassen. „Sie sollen zuschanden werden“, heißt Prinzip als auch Gesamtheit aller Tugenden, „die Substanz der Tugenden selbst“: in Cant. comm. I 6,13 (OWD 9/1, 174). Vgl. ferner in Num. hom. 12,3 (GCS Orig. 7, 104f.); 20,2 (7, 190); in Matth. comm. XII 14 (GCS Orig. 10, 97); XIV 7 (10, 290); in Matth. comm. ser. 33 (GCS Orig. 11, 62). 63 (11, 146); in Rom. comm. IX 34 (SC 555, 198); in Ioh. comm. VI 19,107 (GCS Orig. 4, 128); XXXII 11,127 (4, 444); Cels. I 57 (GCS Orig. 1, 108); III 81 (1, 271); V 39 (2, 43); VIII 17 (2, 234f.). Christusnachfolge bedeutet daher, ein tugendhaftes Leben zu führen, „denn niemand bringt die Frucht dieses Weines hervor“ – Origenes legt Hld. 2,4 aus, wo vom „Haus des Weines“ die Rede ist –, „außer wer im Wort und in der Weisheit und in der Wahrheit und in der Gerechtigkeit und im Frieden und in allen Tugenden verbleibt“: in Cant. comm. III 6,4 (OWD 9/1, 316). Übersetzung: Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 317. Siehe dazu Hengstermann, Tugendbegriff 440–451; Fürst, OWD 7, 32–49. 624 Zur Etymologie des Namens „Edom“ als „irdisch“ (γήινος) vgl. Philon, deus immut. 144 (II p. 87 Cohn/Wendland); Hieronymus, int. hebr. nom. p. 5 Lagarde (CChr. SL 72, 65): Edom rufus siue terrenus.

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„ἀφεστηκότες, ἐπὶ τῆς γῆς γραφήτωσαν“·a καὶ | γὰρ „ᾧ μέτρῳ μετρεῖτε μετρηθήσεται ὑμῖν.“ b Αἴτιος ἕκαστος ἑαυτῷ ἐστι τοῦ γραφῆναι. Εἰ ἐπὶ γῆς ζητεῖς, οὐ ζητεῖς τὰ οὐράνια. Εἰ νένευκέ σου ἡ ψυχὴ περὶ τὰ τῇδε πράγματα, σὺ σεαυτῷ αἴτιος γίνῃ, τοῦ Ἰησοῦ λέγοντος· „Μὴ θησαυρίζετε ὑμῖν θησαυροὺς ἐπὶ τῆς γῆς, ὅπου σὴς καὶ βρῶσις ἀφανίζουσι, καὶ ὅπου κλέπται διορύσσουσι καὶ κλέπτουσιν· ἀλλὰ θησαυρίζετε ὑμῖν θησαυροὺς ἐν οὐρανοῖς.“ c Θησαυρίζεις ἐν οὐρανῷ; Σαυτῷ αἴτιος εἶ τοῦ τὸ ὄνομά σου ἐγγράφεσθαι ἐν τοῖς οὐρανοῖς. Ταῦτα διὰ τὸ „Ἐπὶ τῆς γῆς γραφήτωσαν“. Καὶ τὴν αἰτίαν λέγει· „Ὅτι ἐγκατέλιπον πηγὴν ζωῆς τὸν κύριον.“ d Καὶ ἐν τῇ ἀρχῇ ὁ αὐτὸς προφήτης ἔλεγεν ἐκ προσώπου τοῦ θεοῦ· „Ἐμὲ ἐγκατέλι­ πον πηγὴν ὕδατος ζωῆς“, e καὶ νῦν· „Ἐγκατέλιπον πηγὴν ζωῆς τὸν κύριον.“ f Εἴπωμεν οὖν καὶ ἡμεῖς, εἴπερ θέλομεν μὴ ἐγκαταλιπεῖν πηγὴν ζωῆς τὸν κύριον, τὴν φωνὴν τῶν γνησίων Ἰησοῦ μαθητῶν, ἣν εἰρήκασι πρὸς τὸν διδάσκαλον εἰπόντα αὐτοῖς· „Μὴ καὶ ὑμεῖς θέλετε πορεύεσθαι;“ g Τί οὖν εἴπωμεν; „Κύριε, πρὸς τίνα ἀπελευσόμεθα; Ῥήματα ζωῆς αἰωνίου ἔχεις.“ h Ἐνθάδε ἔληξε καὶ ἡ δευτέρα περικοπή. 5. Εἶτα πάλιν εὐχή ἐστιν οὕτως ἔχουσα· „Ἴασαί με, κύριε, καὶ ἰαθήσο­ μαι· σῶσόν με, καὶ σωθήσομαι, ὅτι καύ||χημά μου σὺ εἶ. Ἰδοὺ αὐτοὶ λέγου­ σι πρός με· Ποῦ ἐστιν ὁ λόγος κυρίου; Ἐλθέτω. Ἐγὼ δὲ οὐκ ἐκοπίασα κατακολουθῶν ὀπίσω σου, καὶ ἡμέραν ἀνθρώπου οὐκ ἐπεθύμησα, σὺ ἐπίστασαι.“ i Μόνῳ τῷ ἐληλυθότι διὰ τοὺς κακῶς ἔχοντας ἰατρῷ καὶ λέ­ γοντι· „Οὐ χρείαν ἔχουσιν οἱ ἰσχύοντες ἰατροῦ ἀλλ̓ οἱ κακῶς ἔχοντες“ j ἔστιν εἰπεῖν τεθαρρηκότως πάντα τὸν βουλόμενον θεραπευθῆναι ἀπὸ τοῦ νοσεῖν τὴν ψυχὴν αὐτοῦ· „Ἴασαί με, κύριε, καὶ ἰαθήσομαι.“ k Εἰ δέ τις ἄλλος παρὰ τοῦτον ἐπαγγέλλεται τὴν τῶν ψυχῶν ἰατρικήν, οὐκ ἂν λέγοις ἐκείνῳ ἀληθεύων· „Ἴασαί με, κύριε, καὶ ἰαθήσομαι.“ Καὶ γὰρ ἐκείνη ἡ „­αἱμορροοῦσα“ l ἐδαπάνησε „τὰ παρ᾽ αὐτῆς πάντα“ m εἰς τοὺς ἰατρούς, καὶ „οὐκ ἴσχυσεν ὑπ̓ οὐδενὸς αὐτῶν | θεραπευθῆναι“· n πρὸς οὐδένα γὰρ ἐκείνων εὔλογον ἦν εἰπεῖν· „Ἴασαί με, κύριε, καὶ ἰαθήσομαι“, ἢ πρὸς μόνον, ἀρκεῖ ­ἅψασθαι a

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Jer. 17,13 Joh. 6,68 n Lk. 8,43

Mt. 7,2 c Mt. 6,19f. d Jer. 17,13 Jer. 17,14–16 j Mt. 9,12; Mk. 2,17

2  τὰ Bl Koe 15  κύριε Kl mit H (Domine) καὶ S 29  οὗ C H Hu

Jer. 2,13 Jer. 17,14

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Jer. 17,13 Mt. 9,20

l

g

Joh. 6,67 5,26

mMk.

26  αἱμορροοῦσα C Co αἱμοροοῦσα S

625 Zu dieser Betonung der Willensfreiheit im Sinne der Selbstbestimmung vgl. z.B.

princ. III 6,1 (GCS Orig. 5, 280) im Blick auf das Ziel der „Angleichung an Gott“: „Durch eigenen Eifer“ soll der Mensch „sich selbst die Ähnlichkeit (mit Gott) durch Nachahmung Gottes erwerben“, um „am Ende selbst durch eigenes Wirken die vollkommene Ähnlichkeit zu vollenden.“ Übersetzung nach p. 643–645 Görgemanns/ Karpp. Immer wieder hat Origenes antignostisch und antideterministisch betont, „dass es unsere eigene Leistung ist, gut zu leben, und dass Gott dies von uns fordert

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es nämlich, „weil sie sich abgewandt haben, auf Erden sollen sie aufgeschrieben werden“,a denn „mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugemessen werden.“ b Jeder ist sich selbst die Ursache dafür, wo er aufgeschrieben wird. Wenn du nach auf Erden strebst, strebst du nicht nach den himmlischen. Wenn deine Seele den Dingen hier zugeneigt ist, wirst du dir selbst dafür verantwortlich, da Jesus sagt: „Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel.“ c Du sammelst Schätze im Himmel? Du bist dir selbst die Ursache dafür, dass dein Name im Himmel aufgeschrieben wird.625 Dies zu der Aussage: „Auf Erden sollen sie aufgeschrieben werden.“ Den Grund nennt er auch: „Denn sie haben die Quelle des Lebens verlassen, den Herrn.“ dAuch zu Beginn sagte derselbe Prophet in der Rolle Gottes: „Sie haben mich verlassen, die Quelle des Wassers des Lebens“,e und jetzt: „Sie haben die Quelle des Lebens verlassen, den Herrn.“ f Wenn wir den Willen haben, die Quelle des Lebens, den Herrn, nicht zu verlassen, dann lasst auch uns das Wort der echten Jünger626 Jesu aussprechen, das sie zum Meister sagten, als er sie fragte: „Wollt etwa auch ihr gehen?“ g Was sollen wir also sagen? „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.“ h Hier war auch der zweite Abschnitt zu Ende. 5. Danach gibt es erneut ein Gebet mit folgendem Inhalt: „Heile mich, Herr, und ich werde geheilt werden! Rette mich, und ich werde gerettet werden, denn mein Ruhm bist du! Siehe, sie sagen zu mir: Wo ist das Wort des Herrn? Es soll kommen! Ich aber bin nicht müde geworden, dir nachzufolgen, und den Tag des Menschen habe ich nicht herbeigesehnt, du weißt es.“ i Nur zu dem Arzt, der wegen der Kranken gekommen ist und sagt: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken“,j kann jeder, der von der Krankheit seiner Seele geheilt werden will, vertrauensvoll sagen: „Heile mich, Herr, und ich werde geheilt werden.“ kWenn jedoch ein anderer als dieser die Heilkunst der Seelen für sich in Anspruch nimmt, würdest du zu ihm wohl nicht wahrheitsgemäß sagen: „Heile mich, Herr, und ich werde geheilt werden.“ Denn auch jene Frau, die „an Blutungen litt“,l hatte „ihr ganzes Vermögen“ m für Ärzte aufgewendet und „konnte von keinem von ihnen geheilt werden“.n Denn zu keinem von ihnen wäre es vernünftig zu sagen: „Heile mich, Herr, und ich werde geheilt werden“, außer zu dem

als etwas, das nicht von ihm ist oder von einem anderen kommt oder, wie manche meinen, von der Schicksalsnotwendigkeit, sondern als unser eigenes Werk“: ebd. III 1,6 (5, 201). Übersetzung: p. 475. 626 Von den „echten Jüngern“ hat Origenes oft geredet: in Ioh. comm. II 34,207 (GCS Orig. 4, 92); XIII 42,275 (4, 268); XIX 22,150 (4, 324); XXXII 2,14 (4, 427); XXXII 21,278 (4, 463); Cels. prol. 2 (GCS Orig. 1, 52); I 13 (1, 66); I 47 (1, 97); I 68 (1, 122); II 44 (1, 167); II 49 (1, 173); II 71 (1, 193); III 60 (1, 255); VI 8 (2, 78).

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„τοῦ κρασπέδου τοῦ ἱματίου“.a Λέγω οὖν πρὸς τοῦτον· „Ἴασαί με, κύριε, καὶ ἰαθήσομαι“· ἐὰν γὰρ ἰάσῃ, τὸ τέλος ἐπακολουθήσει τῇ ἀπὸ σοῦ ἰάσει, ἡ θεραπεία, ὥστ̓ ἄν με σωθῆναι. Ὅσοι δὲ ἂν σώσωσιν, οὐ σωθήσομαι· μόνη δὲ ἡ ἀληθῶς σωτηρία, ἐὰν σώσῃ Χριστός, ἐπεὶ τότε σωθήσομαι. „Ψευδὴς ἵππος εἰς σωτηρίαν“, b ψευδῆ καὶ τὰ ἄλλα πάντα παρὰ τὸν θεὸν εἰς σωτηρίαν. Διὰ τοῦτο αὐτῷ εἴποιμι ἄν· „Σῶσόν με, κύριε, καὶ σωθήσο­ μαι.“ c Καὶ λέγω τοῦτο, ἐὰν καὶ τὸ ἑξῆς δυνηθῶ λέγειν τῷ ἀποτετάχθαι παντὶ καυχήματι, ἵνα εἴπω· „Ὅτι καύχημά μου εἶ σύ“, d ἢ ὅτε πληρῶ τὴν λέγουσαν ἐντολήν· „Μὴ καυχάσθω ὁ σοφὸς || ἐν τῇ σοφίᾳ αὐτοῦ, μηδὲ ὁ ἰσχυρὸς ἐν τῇ ἰσχύϊ αὐτοῦ, μηδὲ ὁ πλούσιος ἐν τῷ πλούτῳ αὐτοῦ, ἀλλ̓ ἢ ἐν τούτῳ καυχάσθω ὁ καυχώμενος, τοῦ συνιεῖν καὶ γινώσκειν ὅτι ἐγώ εἰμι κύριος.“ e Μακάριος οὖν ὁ ἀποταξάμενος πάσῃ τῇ κάτω καυχήσει, οἷον ἐπὶ καλουμένῃ εὐγενείᾳ καὶ ἐπὶ κάλλει καὶ τοῖς σωματικοῖς πράγμασιν, ἐπὶ πλούτῳ, ἐπὶ δόξῃ, καὶ ἀρκούμενος μιᾷ καυχήσει ἵνα εἴπῃ· „Ὅτι καύχημά μου εἶ σύ.“ f 6. „Ἰδοὺ αὐτοὶ λέγουσι πρός με· Ποῦ ἐστιν ὁ λόγος κυρίου; Ἐλθέτω. Ἐγὼ δὲ οὐκ ἐκοπίασα κατακολουθῶν ὀπίσω σου.“ g Ὁ Ἰησοῦς σοι λέγει· Ἆρον τὸν σταυρόν σου καὶ ἀκολούθει μοι, h καὶ ἄφες πάντα καὶ ἀκολούθει μοι, i καὶ ὅστις οὐ καταλείψει τὸν πατέρα καὶ τὴν μητέρα καὶ ἀκολουθεῖ ὀπίσω μου, οὐκ ἔστι μου ἄξιος εἶναι μαθητής. j Ἐὰν οὖν γένῃ τοιοῦτος ὥστε πάντοτε ἀκολουθεῖν τῷ Ἰησοῦ, καὶ ἀκολουθήσεις καὶ ὅσον ἀκολουθεῖς οὐ κοπιάσεις· „οὐκ ἔσται“ γὰρ „μόχθος ἐν Ἰακώβ, οὐδὲ ὀφθήσεται πόνος ἐν Ἰσραήλ“. k Οὐκ ἔστι κόπος ἀκολουθοῦντι Ἰησοῦ, αὐτὸ τὸ ἀκολουθεῖν περιαιρεῖ τὸν κόπον. Διὰ τοῦτο αὐτός φησιν, ἵνα μηκέτι κοπιῶμεν, κοπιά­ σαντες πρὸ τοῦ ἄρξασθαι αὐτῷ ἀκολουθεῖν· „Δεῦτε πρός με πάντες οἱ κοπιῶντες καὶ πεφορτισμένοι, κἀγὼ ἀναπαύσω ὑμᾶς.“ l Ἐὰν οὖν κοπιῶντες ἔλθωμεν πρὸς | αὐτὸν καὶ ἀκολουθήσωμεν αὐτῷ, ἐροῦμεν· „Ἐγὼ δὲ οὐκ ἐκοπίασα κατακολουθῶν ὀπίσω σου.“ m Τούτῳ δὲ ἀκόλουθόν ἐστιν εἰπεῖν ἡμᾶς καὶ τὸ „῾Ημέραν ἀνθρώπου οὐκ ἐπεθύμησα“. n Ἔστι τις ἡμέρα ἀνθρώπου, ἔστι τις ἡμέρα τοῦ θεοῦ. Τὴν ἡμέραν τῆς ἀναστάσεως τῶν ἁγίων ἐπιθυ||μησάτω ἕκαστος ἡμῶν, μὴ ἐκείνην περὶ ἧς γέγραπται· „Οὐαὶ οἱ ἐπιθυμοῦντες ἡμέραν κυρίου· καὶ αὕτη ἐστὶ σκότος καὶ οὐ φῶς.“ o Τίς ἐστιν ὁ λέγων· „Καὶ ἡμέραν ἀνθρώπου οὐκ a

Mt. 9,20; Lk. 8,44 b Ps. 32(33),17 c Jer. 17,14 d Jer. 17,14 e Jer. 9,23f. f Jer. 17,14 Jer. 17,15f. hMt. 16,24; Mk. 8,34; Lk. 9,23 i Mt. 8,22; 9,9; 19,27; Lk. 18,22 j Mt. 10,37f.; Lk. 14,26f. k Num. 23,21 l Mt. 11,28 m Jer. 17,16 nJer. 17,16 oAm. 5,18

g

3  ἂν σώσωσιν Nt ἄλλοι σώσουσιν Bl Kl ἂν σώσουσιν S C τὸ S 19  τὴν Co τὸν S

4  ἡ S Nt καὶ C Kl

7  τῷ

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Homilie ,5–6

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

allein, es genügt, „den Saum des Gewandes“ zu berühren.a627 Zu diesem also sage ich: „Heile mich, Herr, und ich werde geheilt werden.“ Denn wenn du heilst, wird der von dir gewirkten Heilung am Ende die Genesung folgen, so dass ich gerettet werde. Wie viele auch als Retter auftreten mögen, werde ich doch nicht gerettet werden. Die einzig wahre Rettung geschieht, wenn Christus rettet, denn dann werde ich gerettet werden. „Trügerisch ist ein Pferd zur Rettung“,b trügerisch ist auch alles andere außer Gott zur Rettung. Deshalb möchte ich zu ihm sagen: „Rette mich, Herr, und ich werde gerettet werden.“ c Und ich sage dies, wenn ich auch das Folgende sagen kann, weil ich jede Art von Ruhm abgelegt habe, um zu bekennen: „Denn mein Ruhm bist du“,d oder wenn ich das folgende Gebot erfülle: „Der Weise rühme sich nicht in seiner Weisheit noch der Starke in seiner Stärke noch der Reiche in seinem Reichtum, sondern wer sich rühmt, soll sich darin rühmen, zu verstehen und zu erkennen, dass ich der Herr bin.“ e Selig also, wer jede Art von Ruhm hier unten abgelegt hat, zum Beispiel den sogenannten Adel, die Schönheit und die körperlichen Dinge, den Reichtum und die Ehre, und sich mit dem einen Ruhm begnügt, um zu sagen: „Denn mein Ruhm bist du.“ f 6. „Siehe, sie sagen zu mir: Wo ist das Wort des Herrn? Es soll kommen! Ich aber bin nicht müde geworden, dir nachzufolgen.“ g Jesus sagt zu dir: Nimm dein Kreuz und folge mir nach,h und verlasse alles und folge mir nach,i und wer nicht den Vater und die Mutter verlässt und mir nachfolgt, ist nicht wert, mein Jünger zu sein.j Wenn du also zu einem solchen geworden bist, dass du immer Jesus nachfolgst, wirst du ihm nachfolgen und, soweit du ihm auch nachfolgst, nicht müde werden. Denn „es wird keine Anstrengung in Jakob geben noch wird man Mühsal in Israel sehen.“ k Es gibt keine Ermüdung für den, der Jesus nachfolgt, das Nachfolgen selbst beseitigt die Ermüdung. Deshalb sagt er selbst, damit wir nicht mehr müde werden, wie wir müde geworden sind, bevor wir begonnen haben, ihm nachzufolgen: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, und ich werde euch Ruhe verschaffen.“ l Wenn also wir, die Mühseligen, zu ihm kommen und ihm nachfolgen, werden wir sagen: „Ich aber bin nicht müde geworden, dir nachzufolgen.“ m Demzufolge können auch wir sagen: „Den Tag des Menschen habe ich nicht herbeigesehnt.“ n Es gibt einen Tag des Menschen, es gibt einen Tag Gottes. Den Tag der Auferstehung der Heiligen soll jeder von uns herbeisehnen, nicht jenen, über den geschrieben steht: „Wehe denen, die den Tag des Herrn herbeisehnen! Er ist Finsternis und nicht Licht.“ o Wer ist es, der sagt: 627 Dieselbe Auslegung von Jer. 17,14 mit Bezug auf die Heilung der blutflüssigen Frau

bietet Hieronymus, in Hier. III 77 (CChr.SL 74, 168f.). Völker, Vollkommenheitsideal 41, notiert, dass „der Kontakt mit Christus“ eine Hilfe für die Rettung ist, die nur in Christus „als dem einzigen Soter“ möglich ist.

Ὁμιλία ιζʹ



ἐπεθύμησα“;a ῾Η σαφήνεια τοῦ λόγου ἐλέγξει ἡμᾶς, ὅτι ἡμέραν ἀνθρώπου [οὐκ] ἐπεθυμήσαμεν. Πολλάκις νοσήσαντες καὶ ἐν φαντασίᾳ [θανάτου] γενόμενοι τῆς ἐξόδου παρακαλοῦμεν τοὺς ἐπισκοποῦντας ἡμᾶς ἀδελφοὺς καί φαμεν· αἴτησαί μοι κομίατον, αἴτησαί μοι ἐπιμένειν τῷ βίῳ. Ταῦτα λέγοντες οὐχ ἡμέραν ἐπιθυμοῦμεν ἁγίαν θεοῦ, ἀλλ̓ ἡμέραν ἀνθρώπου. Δι­ όπερ ἀποθέμενοι τὴν φιλοζωίαν καὶ τὸ ἐπιθυμεῖν ἀνθρωπίνην ἡμέραν, ζη­ τήσωμεν τὴν ἡμέραν ἐκείνην ἰδεῖν, ἐν ᾗ τευξόμεθα τῆς ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ μακαριότητος, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν.“ b a

Jer. 17,16

b

1 Petr. 4,11

2  οὐκ del. Kl mit Hu H 2  νοσήσαντες Hu mit H (aegrotantes) νοήσαντες S del. Bl Kl (GCS Orig. 3, 350) Nt 8  Ἀμήν add. ὁμιλία ιζʹ S

2  θανάτου

628 Gemeint ist die Klarheit des Wortes Gottes, das durch seine reinigende Kraft die

wahre Erkenntnis herbeiführen wird. Siehe dazu Nautin, SC 232, 177f. 629 Die Übersetzung folgt dem Vorschlag von Blass, den schon Klostermann, GCS

Orig. 3, 350, akzeptiert und Nautin, GCS Orig. 32, 363, sich aneignet und in SC 238, 174 in den Text setzt. Seltsamerweise übersetzt Nautin, ebd. 175, dann doch die alte Textfassung, die in GCS Orig. 3, 150, noch im Text steht. 630 Der Begriff κομίατον ist ein lateinisches Fremdwort: commeatus, ein militärischer Terminus technicus für „Urlaub“: LSJ 975. Klostermann, κομίατον, stellt gegen die willkürliche Konjektur von Cordier, der ἀνοχήν schreibt („Aufhalten“ bzw. „Aus-

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„Und den Tag des Menschen habe ich nicht herbeigesehnt“?a Die Klarheit des Wortes628 wird uns tadeln, weil wir den Tag des Menschen herbeigesehnt haben. Oft, wenn wir krank sind und uns unser Ableben vorstellen,629 bitten wir die Brüder, die sich um uns kümmern, und sagen: Erbitte für mich Freistellung,630 erbitte für mich, dass ich am Leben bleibe. Wenn wir das sagen, sehnen wir nicht den heiligen Tag Gottes herbei, sondern den Tag des Menschen. Deshalb lasst uns die Liebe zum Leben und die Sehnsucht nach dem menschlichen Tag ablegen631 und stattdessen danach trachten, jenen Tag zu sehen, an dem wir die Seligkeit in Christus Jesus erreichen werden. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in Ewigkeit. Amen!“ b

halten“), das originale, im Codex Scorialensis eindeutig stehende κομίατον wieder her und fügt die Stelle den Belegen für dieses Wort hinzu. Im selben Zusammenhang verwendet Cyprian, mortal. 19 (CSEL 3, 308), diesen lateinischen Fachausdruck: cum quidam de collegis et consacerdotibus nostris infirmitate depressus et de adpropinquante morte sollicitus commeatum sibi precaretur … – „Wenn einer von unseren Kollegen und Mitbischöfen von Krankheit niedergedrückt und vom nahenden Tod beunruhigt wird, erbittet er sich ‚Urlaub‘ …“ 631 Auch Hieronymus, in Hier. III 78,2 (CChr.SL 74, 169), deutet den „Tag des Menschen“ als „längeres Leben oder die gedeihlichen Dinge dieser Welt“. Siehe auch Völker,Vollkommenheitsideal 51. 220.

Εἰς τὸ „ὁ λόγος ὁ γενόμενος παρὰ κυρίου πρὸς Ἱερεμίαν λέγων· Ἀνάστηθι καὶ κατάβηθι εἰς τὸν οἶκον τοῦ κεραμέως“ μέχρι τοῦ „τάξαι τὴν γῆν αὐτῶν εἰς ἀφανισμὸν καὶ συριγμόν“.a

Ὁμιλία ιηʹ.

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1. Δύο εἰσὶν ἑξῆς ὁράσεις αἱ ἀνεγνωσμέναι Ἱερεμίου· ὧν ἡ μὲν προτέρα περιέχει τὰ περὶ τοῦ ἐν τῇ χειρὶ τοῦ κεραμέως πηλίνου σκεύους, ὅπερ ἐπιδέχεται μετὰ τὴν συντριβὴν ἐπανόρθωσιν (ἀναπλάσασθαι γὰρ αὐτὸ δυ­ νατόν ἐστιν), ἡ δὲ ἑτέρα ὅρασις περιέχει τὰ περὶ | τοῦ ὀστρακίνου βίκου, οὗ καταχθέντος οὐκ ἔστι θεραπεία. Ὅτε μὲν γὰρ πήλινον ἦν, εἰ κατε||άχθη, κἂν ἤδη μεμορφωμένον ᾖ, ἐπεὶ πήλινον ἦν, ἐνεδέχετο πάλιν εἶναι φύραμα δεύτερον καὶ κτισθῆναι δεύτερον· ὅτε δὲ μετὰ τὸ πήλινον γέγονεν ἤδη ὀστράκινον καὶ ὑπὸ τοῦ πυρὸς ἐστόμωται, τότε οὐχ οἷόν ἦν μετὰ τὴν συντριβὴν τοῦ ὀστρακίνου θεραπείαν γενέσθαι αὐτῷ. Τί οὖν βούλεται ταῦτα, πρότερον ἐν περινοίᾳ κατανοήσωμεν, εἶτα ἐὰν δοθῇ κατὰ λέξιν ἐξετάσωμεν. Ὅσον ἐσμὲν ἐν τῷ βίῳ τούτῳ, μορφούμεθα, ἵν̓ οὕτως ὀνομάσω, διὰ τὸ πήλινον ἡμῶν σκεῦος, κεραμευτικῶς καὶ μορφούμεθα ἤτοι κατὰ κακίαν ἢ κατὰ ἀρετήν. Πλὴν οὕτως μορφούμεθα ὡς ἐπιδέχεσθαι καὶ τὴν κακίαν ἡμῶν συντριβῆναι, ἵνα γένηται καινὸν κτίσμα βέλτιον, καὶ τὴν προκοπὴν ἡμῶν ἀναλυθῆναι μετὰ τὴν μόρφωσιν αὐτῆς εἰς σκεῦος πήλινον. Ἐπὰν δὲ μετὰ τὸν ἐνεστῶτα αἰῶνα ἥκωμεν, πρὸς τῷ τέλει γενόμενοι τῆς ζωῆς, ἔπειτα πυρωθέντες ἤτοι ὑπὸ τοῦ πυρὸς τῶν πεπυρωμένων τοῦ πονηροῦ βελῶν b γενώμεθα ὁτιποῦν γινόμεθα ἢ ὑπὸ τοῦ θείου πυρός (ἐπεὶ καὶ „ὁ θεὸς ἡμῶν πῦρ καταναλίσκον“ c ἐστίν), ἐὰν γενώμεθά φημι ὑπὸ τοιοῦδε ἢ τοιοῦ­ δε πυρὸς ὅτιποτ̓ ἂν γενώμεθα, ἐὰν συντριβῶμεν, εἴτε ἀπὸ τοῦ καλὰ σκεύη γεγονέναι συνετρίβημεν καὶ ἀπολώλαμεν εἴτε ἀπὸ τοῦ μοχθηρὰ σκεύη γε­ a

Jer. 18,1–16

b

Eph. 6,16

c

Dtn. 4,24; Hebr. 12,29

9  καταχθέντος Bl καταχυθέντος S 12  τε Gh 20  εἰς σκεῦος S1 εἰς κεῦος S* 23  γενώμεθα ὁτιποτοῦν Kl nach Die Koe γενέσθαι ὅτι π᾽ οὖν S 24  ὑπὸ V Kl ἀπὸ S Nt 632 Die Lesung umfasste demnach Jer. 18,1–16 und 19,1–13 (und wohl auch den Ab-

schnitt dazwischen: Jer. 18,17–23). Da der Schluss der Homilie nicht erhalten ist, ist damit zu rechnen, dass Origenes die zweite Vision im nicht erhaltenen Teil der Predigt behandelt hat. Das Motiv vom Tonkrug aus Jer. 19,1.10f. kommt in der christli-

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Über: „Das Wort, das vom Herrn an Jeremia erging, in dem es heißt: Steh auf und geh in das Haus des Töpfers hinab“, bis: „Um ihr Land der Vernichtung und dem Spott auszusetzen“.a

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1. Zwei Visionen Jeremias folgen in der Lesung aufeinander. Die erste von ihnen enthält die Erzählung vom Lehmgefäß in der Hand des Töpfers, das nach seiner Zerschlagung eine Wiederherstellung erlaubt – denn es ist möglich, es erneut zu formen –, die andere Vision aber enthält die Erzählung vom Tonkrug, der, wenn er zerbrochen ist, nicht repariert werden kann.632 Wenn er nämlich noch Lehm war, als er zerbrach, auch wenn er schon eine Form angenommen hatte, war es möglich, da er Lehm war, erneut ein zweites Mal eine Knetmasse zu werden und ein zweites Mal geschaffen zu werden. Als aber der Lehm schon zu Ton geworden und vom Feuer gehärtet worden war, da war es nicht möglich, ihn nach der Zerschlagung des Tons wieder zu reparieren. Was diese Worte nun sagen wollen,633 wollen wir zuerst in einer allgemeinen Überlegung betrachten, dann, wenn es uns gewährt wird, Wort für Wort untersuchen. Solange wir in diesem Leben sind, werden wir, insofern wir, um es so auszudrücken, ein Lehmgefäß sind, nach Töpferart634 geformt, und zwar werden wir entweder gemäß der Schlechtigkeit oder gemäß der Tugend geformt.Wir werden freilich so geformt, dass sowohl unsere Schlechtigkeit zerschlagen werden kann, damit ein neues, besseres Geschöpf entsteht, als auch unser Fortschritt sich nach seiner Formung wieder in ein Lehmgefäß auflösen kann. Wenn wir aber die gegenwärtige Weltzeit durchschritten haben und am Ende des Lebens angekommen sind, dann sollen wir werden, was wir eben werden, gebrannt entweder im Feuer der Brandpfeile des Bösen b oder im göttlichen Feuer, denn auch „unser Gott“ ist „ein verzehrendes Feuer“.c Wenn wir, sage ich, in diesem oder jenem Feuer geworden sind, was wir eben werden sollen, und wenn wir dann zerschlagen werden, werden wir entweder, wenn wir schöne Gefäße geworden sind, zerschlagen und zerstört werchen Literatur des 2. Jahrhunderts in verschiedenen Varianten vor: 2 Clem. 8,2 (SUC 2, 248); ev. Phil. 51 (NTApo I6, 161); Theophilus, Autol. II 26,3 (PTS 44, 76). 633 Zur „Intention“ des Bibeltextes siehe oben S. 110 Anm. 5 und S. 154 Anm. 108. 634 Das Adverb κεραμευτικῶς ist ein Neologismus des Origenes: Perrone, Approximations origéniennes 369 Anm. 19. Siehe dazu oben S. 122 Anm. 37.

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γονέναι, οὐκ ἀνακτιζόμεθα οὐδὲ ἐπιδέχεται ἡμῶν ἡ κατασκευὴ βελτίωσιν. Διὰ τοῦτο ὅσον ἐσμὲν ἐνθάδε οἱονεὶ ἐν χειρὶ τοῦ κεραμέως ὄντες, κἂν δια­ πέσῃ τὸ σκεῦος ἀπὸ τῶν χειρῶν αὐτοῦ,a ἐπιδέχεται || θεραπείαν καὶ τὸ ἀνακτισθῆναι. Ταῦτα μὲν ὀλίγῳ προχειρότερον, πρὶν τὸ κατὰ τὸ λεῖπον ἐξετάσωμεν τῷ λόγῳ, εἰς τὰ δύο εἴδη τῶν ἀγγείων, τό τε πήλινον καὶ οὐδέπω ἀπωστρακισμένον καὶ τὸ δεύτερον τὸ ἤδη ὄστρακον γεγενημένον λελέχθω. 2. Ἴδωμεν δὲ ἀπ̓ αὐτῆς τῆς λέξεως τὰ λεγόμενα περὶ τοῦ πηλίνου ἀγ­ γείου τοῦ ἐν τῇ χειρὶ τοῦ κεραμέως, καὶ πῶς αὐτὸς ὁ ἐν τῷ προφήτῃ λόγος, ὁ κύριος ὁ προφητεύων ἐν αὐτῷ, ἀφορμὰς δίδωσι καὶ ἄλλας οὐ βραχείας τῆς ἑρμηνείας τῶν κατὰ τὸ πλάσμα τὸ ἐν τῇ χειρὶ τοῦ κεραμέως. „Ὁ λόγος ὁ γενόμενος πρὸς Ἱερεμίαν παρὰ κυρίου λέγων· Ἀνάστηθι καὶ κατάβηθι εἰς οἶκον τοῦ κεραμέως.“ b Ἄνω ἐστὶν ὁ Ἱερεμίας, ὑπεραναβέβηκε τὰ πήλινα σκεύη. Κάτω ἐστὶ τὰ πήλινα σκεύη, | καὶ ἡ διοικοῦσα φύσις τὰ πήλινα σκεύη συγκαταβαίνουσα τοῖς διοικουμένοις κάτω ἐστί· διὰ τοῦτο ὁ λεγόμενος λόγος πρὸς Ἱερεμίαν παρὰ κυρίου φησὶν αὐτῷ· „Ἀνάστηθι καὶ κατάβηθι εἰς οἶκον τοῦ κεραμέως, καὶ ἐκεῖ ἀκούσῃ τοὺς λόγους μου.“ c Μω­ σεῖ λέγεται· Ἀνάβηθι εἰς τὸ ὄρος καὶ ἄκουσον, d Ἱερεμίᾳ λέγεται· Κατάβηθι εἰς τὸν οἶκον τοῦ κεραμέως καὶ ἄκουσον· e ἕκαστος γὰρ τῶν ἀκουόντων λόγον ἤτοι περὶ τῶν ἀνωτέρω διδάσκεται ἢ μανθάνει περὶ τῶν κατωτέρω. διδάσκομαι, καταβαίνω τῷ λόγῳ, ἵνα ἴδω τὰ κα­ τώτερα· εἰ δὲ τὰ ἀνώτερα μανθάνω, ἀναβαίνω τῷ λόγῳ ἐπὶ τὰ ἀνώτερα, ἵνα θεάσωμαι τὰ ἐκεῖ. Ἵνα δὲ πάντες κατὰ τὸ δυνατὸν ἑαυτοῖς παρακολουθήσητε τῷ λεγο­ μένῳ, χρήσομαι παραδείγ||ματι καὶ ἀπὸ τῆς γραφῆς, καὶ πρὸς τῷ παρα­ δείγματι καὶ σαφήνειαν προσάγουσαν τῇ δεδομένῃ ἑρμηνείᾳ παραστήσω. „Ἐν τῷ ὀνόματι Ἰησοῦ πᾶν γόνυ κάμψει ἐπουρανίων καὶ ἐπιγείων καὶ καταχθονίων, καὶ πᾶσα γλῶσσα ἐξομολογήσεται ὅτι κύριος Ἰησοῦς Χρι­ a

Jer. 18,4

b

Jer. 18,1f.

c

Jer. 18,1f.

d

Ex. 24,12

e

Jer. 18,2

1  ἀνακτιζόμεθα C Gh ἀναγκαζόμεθα S 4  ὀλίγῳ Bl ὁ λόγος S 4  λεῖπον S Kl λεπτὸν Nt 16  λεγόμενος S Kl γενόμενος Nt 19  εἰς τὸν οἶκον τοῦ κεραμέως καὶ ἄκουσον Lo καὶ ἄκουσον εἰς τὸν οἶκον τοῦ κεραμέως S 20  λόγον V λόγων S 21  εἰ μὲν τὰ κατώτερα διδάσκομαι Kl διδάσκων μὲν S 24  παρακολουθήσητε S1 παρακολουθήσετε S* 26  δεδομένῃ Gh δεομένῃ S 635 Zu dieser Bedeutung der griechischen Junktur τῷ λόγῳ siehe oben S. 289 Anm. 366

sowie unten S. 433 Anm. 639.

636 Die Ortsangaben „oben“ und „unten“ stehen im Kontext der Willens- und Frei-

heitsmetaphysik des Origenes, in der sich der ontologische Status eines Wesens nicht aus einer natürlichen Konstitution ergibt, sondern aus seiner willensmäßigen Ausrichtung. Es kommt darauf an, wo man „im Geiste“ bzw. „im Denken“ (τῷ λόγῳ) ist, um „oben“ oder „unten“ bestimmen zu können. Siehe dazu die Erläuterungen

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den oder, wenn wir schlechte Gefäße geworden sind, nicht neu geschaffen und ist unser Zustand zu keiner Verbesserung fähig. Solange wir deshalb hier unten sind und uns gleichsam in der Hand des Töpfers befinden, kann das Gefäß, auch wenn es seinen Händen entgleitet,a repariert und neu geschaffen werden. Das sei auf eine etwas naheliegendere Weise, ehe wir das Weitere im Geiste635 untersuchen, über die zwei Sorten von Gefäßen gesagt, über das aus Lehm, das noch nicht zu Ton geworden ist, und über das zweite, das bereits zu Ton geworden ist. 2. Wir wollen aber vom Wortlaut selbst aus betrachten, was über das Lehmgefäß in der Hand des Töpfers gesagt wird und wie das Wort selbst im Propheten – der Herr, der in ihm prophezeit – keine geringen weiteren Anregungen zur Auslegung der Dinge gibt, die das Gebilde in der Hand des Töpfers betreffen. „Das Wort, das vom Herrn an Jeremia erging, in dem es heißt: Steh auf und geh in das Haus des Töpfers hinab.“ b Oben befindet sich Jeremia, er ist über die Lehmgefäße hinaufgestiegen. Unten befinden sich die Lehmgefäße, und die Natur, die die Lehmgefäße verwaltet, befindet sich, da sie zusammen mit den Verwalteten hinabsteigt, auch unten. Deshalb sagt das Wort, das vom Herrn zu Jeremia gesprochen wird, zu ihm: „Steh auf und geh in das Haus des Töpfers hinab, und dort wirst du meine Worte hören.“ c Zu Mose wird gesagt: Steige auf den Berg hinauf und höre,d zu Jeremia wird gesagt: Steige in das Haus des Töpfers hinab und höre.e Denn jeder Einzelne von denen, die das Wort hören, wird entweder über das Obere belehrt oder lernt etwas über das Untere. ich belehrt werde, steige ich im Geiste hinab, um das Untere zu sehen, wenn ich aber das Obere lerne, steige ich im Geiste hinauf zum Oberen, um das dort Befindliche zu schauen.636 Damit ihr aber alle, soweit es euch möglich ist, dem Gesagten folgen könnt, will ich auch aus der Schrift ein Beispiel heranziehen, und zu dem Beispiel werde ich auch eine Erklärung beibringen, die zu der gegebenen Auslegung hinführt. „Im Namen Jesu wird sich jedes Knie im Himmel, auf der Erde und unter der Erde beugen und jede Zunge bekennen: Jesus Chris-

bei Fürst, OWD 7, 32f. Zur soteriologischen Bedeutung von „unten“ und „oben“ siehe ebd. 130 Anm. 23 sowie Fürst/Hengstermann, OWD 10, 196 Anm. 7 und 8, ferner in Hier. hom. 1,8 (GCS Orig. 32, 8) (dazu oben S. 123 Anm. 39). An einer entsprechenden Stelle in der griechisch überlieferten Samuelhomilie drückt Origenes das dazu im Folgenden erläuterte so aus, in Regn. hom. graec. 8 (GCS Orig. 32, 292): „So war Christus auch Christus, als er unten war; man könnte so sagen: Als er im rämlichen Sinn unten war, war er der Intention nach (τῇ προαιρέσει) oben. Dasselbe gilt für die Propheten und Samuel: Auch wenn sie dorthin hinabstiegen, wo sich die Seelen befinden, die unten sind, können sie zwar im räumlichen Sinn unten sein, der Intention nach (τῇ προαιρέσει) jedoch sind sie nicht unten.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 229 mit den Erläuterungen dazu ebd. Anm. 49.

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στὸς εἰς δόξαν θεοῦ πατρός.“a Ἔστι δέ τις σοφία περὶ ἑκάστου τούτων· σοφία περὶ τῶν οὐρανίων, πῶς διατέτακται τὰ οὐράνια· σοφία περὶ τῶν καταχθονίων, ἐπεὶ σοφία θεοῦ ἐστι καὶ περὶ τῆς διατάξεως τῶν καταχθο­ νίων, ὁμοίως καὶ περὶ τῶν ἐπιγείων. Ἐὰν μέλλω χωρεῖν τὴν σοφίαν τὴν ­ ναβέβηκεν ἐπὶ περὶ τῶν ἐπουρανίων, ἀναβαίνω ἐπὶ τὰ οὐράνια, ὡς Μωσῆς ἀ τὴν κορυφὴν τοῦ ὄρους, ἵνα ἀκουστὴ γένηται αὐτῷ ἡ φωνὴ ἐκ τοῦ οὐρανοῦ κατὰ τὸ γεγραμμένον. b Ἔμελλε γὰρ διδάσκεσθαι λατρείας ἐπου­ ρανίους· σκιὰ γὰρ καὶ ὑπόδειγμα ἐπουρανίων μυστηρίων ἐν τοῖς νόμοις τοῖς ἀναγεγραμμένοις, ὡς ἐδίδασκεν ὁ ἀπόστολος εἰπών· „οἵτινες ὑποδείγ­ ματι καὶ σκιᾷ λατρεύουσι τῶν ἐπουρανίων.“ c Ὥσπερ οὖν μέλλων διδάσκε­ σθαι περὶ τῶν ἐπουρανίων ἀναβαίνω, οὕτως ἐὰν χρεία μοι ᾖ μανθάνειν περὶ τῶν καταχθονίων, κἂν προφήτης γένωμαι, καταβαίνω. Καὶ τάχα διὰ τοῦτο Σαμουήλ, ἡνίκα ἐδιδάχθη τὰ καταχθόνια, καταβέβηκε κάτω καὶ γέγονεν ἐν ᾅδου, d οὐ δικαζόμενος ἵνα ἐν ᾅδου γένηται, ἀλλ̓ ἵνα γένηται κατάσκοπος καὶ θεωρητὴς τῶν μυστηρίων τῶν καταχθονίων. Δύναται τοιαῦτα εἶναι καὶ τὰ παρὰ τῷ ἀποστόλῳ περὶ τῆς σοφίας λεγόμενα, δια||στελλόμενα τῷ γνῶναι „τί τὸ πλάτος καὶ μῆκος καὶ βάθος καὶ ὕψος“. e Μέλλεις γινώσκειν ὕψος, ἀναβαίνεις τῷ λόγῳ ἐπὶ τὸ | ὕψος· μέλλεις γινώσκειν τὰ μετα­ ξὺ τοῦ ὕψους καὶ τοῦ βάθους, γινώσκεις τὸ πλάτος καὶ τὸ μῆκος. Παντα­ χοῦ φθάνει ὑπὸ τοῦ λόγου ὁδηγούμενος τοῦ διδάσκοντος περὶ πάντων ὁ δυνάμενος ἀκολουθεῖν νοῦς τῷ υἱῷ τοῦ θεοῦ. Ἀκολουθεῖ δὲ ἀποταξάμενος τῷ κόσμῳ καὶ αἴρων τὸν σταυρόν· f οὗτος γὰρ δύναται ἀκολουθεῖν τῷ Ἰησοῦ ὁ δυνάμενος εἰπεῖν· „Ἐμοὶ κόσμος ἐσταύρωται, κἀγὼ κόσμῳ.“ g Ἔδει παραμυθήσασθαι τὸ „Κατάβηθι εἰς οἶκον τοῦ κεραμέως, κἀκεῖ ἀκούσεις τοὺς λόγους μου“. h Ἔδει γὰρ αὐτὸ συγκρῖναι τῷ „Ἀνάβηθι καὶ a

Phil. 2,10f. b Ex. 24,12f. c Hebr. 8,5 d 1 Sam. 28,11–20 Mk. 8,34; Lk. 9,23 g Gal. 6,14 hJer. 18,2 8  σκιὰ Kl σκιὰν S 10  μέλλων S1 μέλλω S* 6  ἡ2 Kl 20  ὑπὸ Bl ἀπὸ S 22  οὗτος Kl οὕτως S

e

Eph. 3,18

11  ᾖ Gh ἦν S

f

Mt. 16,24; 18  τὸ1 Kl

637 Hinter dieser Aufteilung steht die antike Definition der Weisheit als „Wissen von

den göttlichen und menschlichen Dingen“, auf die Origenes, in Hier. hom. 8,2 (GCS Orig. 32, 57), verweist. Siehe dazu oben S. 236 Anm. 251. 638 Über die Frage, ob der Prophet Samuel wirklich in der Unterwelt war, hat Origenes seine berühmte, auf griechisch erhaltene Predigt über 1 Sam. 28 gehalten und darin entgegen dem Hauptstrom der altkirchlichen Exegese die Ansicht verteidigt, dass die Wahrsagerin von Endor tatsächlich Samuel heraufbeschworen hat und dieser damit wirklich in der Unterwelt war, und zwar in seiner Funktion als Prophet, um auch dort das Kommen Christi anzukündigen: in Regn. hom. graec. (GCS Orig. 32, 283–294). Siehe dazu die ausführlichen Erläuterungen samt Einordnung in die altkirchliche Auslegungsgeschichte bei Fürst, OWD 7, 60–101.

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tus ist der Herr zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“a Für jeden dieser Bereiche gibt es aber eine bestimmte Weisheit: eine Weisheit für die himmlischen Dinge, wie die himmlischen Dinge angeordnet sind; eine Weisheit für die unterirdischen Dinge, weil sich die Weisheit Gottes auch auf die Anordnung der unterirdischen Dinge erstreckt, desgleichen auch für die irdischen Dinge.637 Wenn ich die Weisheit für die himmlischen Dinge erfassen will, steige ich in den Himmel hinauf, wie Mose auf den Gipfel des Berges hinaufgestiegen ist, damit die Stimme aus dem Himmel für ihn vernehmbar wurde, wie geschrieben steht.b Denn er wollte über den himmlischen Kult unterrichtet werden. Ein Schatten nämlich und ein Abbild der himmlischen Geheimnisse ist in den aufgeschriebenen Gesetzen enthalten, wie der Apostel lehrte, als er von denen sprach, „die einem Abbild und einem Schatten der himmlischen Dinge dienen“.c Wie ich also hinaufsteige, wenn ich über die himmlischen Dinge unterrichtet werden will, so steige ich hinab, wenn ich es nötig habe, etwas über die unterirdischen Dinge zu lernen, auch wenn ich ein Prophet geworden bin. Und vielleicht stieg Samuel deswegen hinab nach unten, als er über die unterirdischen Dinge unterrichtet wurde, und kam in die Unterwelt,d nicht weil er dazu verurteilt wurde, in die Unterwelt zu kommen, sondern um Kundschafter und Betrachter der unterirdischen Geheimnisse zu werden.638 Etwas Derartiges kann auch das sein, was beim Apostel über die Weisheit gesagt wird, wenn er im Hinblick auf die Erkenntnis unterscheidet, „was die Breite, die Länge, die Tiefe und die Höhe“ e ist. Du willst Höhe erkennen: Du steigst im Geiste639 in die Höhe hinauf.640 Du willst die Dinge zwischen der Höhe und der Tiefe erkennen: Du erkennst die Breite und die Länge. Der Verstand, der dem Sohn Gottes nachfolgen kann, gelangt überall hin, da er vom Wort, das über alles belehrt, geführt wird. Er folgt ihm aber, indem er sich von der Welt lossagt und das Kreuz auf sich nimmt.f Derjenige nämlich kann Jesus folgen, der sagen kann: „Mir ist die Welt gekreuzigt, und ich der Welt.“ g641 Die Erklärung des Satzes: „Geh in das Haus des Töpfers hinab, und dort wirst du meine Worte hören“ h erforderte einige Überzeugungskunst. Er 639 Auch hier bedeutet τῷ λόγῳ wie oben in Hier. hom. 18,1 und 18,2 (GCS Orig. 32,

151. 152) „im Geiste“, doch schwingt hier schon die Bedeutung „im Wort“, nämlich „in Christus“, mit, auf die Origenes sogleich zu sprechen kommt. 640 Klostermann, GCS Orig. 3, 153 app. crit., erwägt, ob nach diesem Satz einzuschieben ist: μέλλεις γινώσκειν τὸ βάθος, καταβαίνεις τῷ λόγῳ ἐπὶ τὸ βάθος – „Du willst die Tiefe erkennen: Du steigst im Geiste in die Tiefe hinab.“ Nautin, SC 238, 182, übernimmt diese Erwägung Klostermanns in den Text, ebenso Smith, FaCh 97, 191 (nicht jedoch Schadel, BGrL 10, 192). Da jedoch nicht davon auszugehen ist, dass Origenes alle Möglichkeiten, die sich aus dem Zitat von Eph. 3,18 ergeben, explizit anspricht, scheint diese Ergänzung nicht unbedingt nötig zu sein. 641 Zur Kreuzesmystik des Origenes, wie sie an dieser Stelle zum Ausdruck kommt, siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 107–113.

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ἀκούσεις τοὺς λόγους μου“.a Τῶν γὰρ ἀκουόντων οἱ μὲν ἀναβαίνουσιν ἵνα διδαχθῶσιν, ἀναβαίνουσιν οὐ πάντως σωματικῶς· καταβαί­ νουσι καὶ τὴν ψυχὴν ἔχουσιν ἄνω, ὑπὲρ τοῦ ἰδεῖν τὸν λόγον τὸν ἀνωτάτω περὶ τῶν κατωτάτω. Αὐτὸς ὁ κύριός μου Ἰησοῦς Χριστὸς ἀναβέβηκε καὶ καταβέβηκεν· ὁ γὰρ ἀναβὰς αὐτός ἐστι καὶ ὁ καταβὰς αὐτός ἐστιν ὑπεράνω πάντων τῶν οὐρανῶν. b Ἐάνπερ οὖν καὶ σὺ μέλλῃς τὸν ἀναβάντα ἀνωτάτω νοεῖν τὸν λόγον τὸν περὶ τῶν ἀνωτάτω, τὸν καταβάντα εἰς τὰ κατώτατα συνιέναι τὸν περὶ τῶν κατωτάτω διδάσκοντα, „μὴ εἴπῃς· Τίς ἀναβήσεται εἰς τὸν οὐρανόν; Τουτέστι Χριστὸν καταγαγεῖν· ἤ· Τίς καταβήσεται εἰς τὴν ἄβυσσον; Τουτέστι Χριστὸν [ἀναγαγεῖν. ῍Η τίς καταβήσεται εἰς τὴν ἄβυσ­ σον; || Τουτέστι Χριστὸν] ἐκ νεκρῶν ἀναγαγεῖν. Ἀλλὰ τί λέγει ἡ γραφή; Ἐγγύς σου τὸ ῥῆμα ἐν τῷ στόματί σου καὶ ἐν τῇ καρδίᾳ σου“, c δι᾽ οὗ ἀναβαίνεις εἰς τὸν οὐρανόν. Καὶ περὶ τῆς ἀνόδου „ἐγγύς σού ἐστι τὸ ῥῆμα“, καὶ περὶ τῶν κατωτάτω „ἐγγύς σού ἐστι τὸ ῥῆμα“· καὶ τί γὰρ ἀλλ̓ ἢ τὸν λόγον τὸν πανταχοῦ ὁ ἅγιος δύναται ἔχειν ἐν ἑαυτῷ; „῾Η“ γὰρ „βασιλεία τῶν οὐρανῶν ἐντὸς ὑμῶν ἐστι.“ d 3. Καταβαίνει οὖν ὁ προφήτης εἰς τὸν τοῦ κεραμέως οἶκον καὶ διηγεῖται ἃ ἐθεάσατο λέγων· „Καὶ ἰδοὺ αὐτὸς ἐποίει ἔργον ἐπὶ τῶν χειρῶν αὐτοῦ, καὶ διέπεσε τὸ ἀγγεῖον ὃ αὐτὸς ἐποίει ἐν τῷ πηλῷ ἐν ταῖς χερσὶν αὐτοῦ· καὶ πάλιν ἐποίησεν αὐτὸ ἕτερον ἀγγεῖον, καθὼς ἤρεσεν ἐναντίον αὐτοῦ ποιῆσαι.“ e Ἀλλ̓ οὐκ οἶδα τί ἑώρακεν ὁ προφήτης παρὰ τῷ κεραμεῖ γενό­ μενος. Εἶδε γὰρ ἐργαζόμενον τὸν κεραμέα· πήλινον ἦν τὸ σκεῦος τὸ γεγε­ νημένον· διέπεσε τὸ σκεῦος. Τί ἀκριβῶς οὐκ εἶπεν· Ἀφῆκε τὸ σκεῦος ἐκ τῆς χειρὸς αὐτοῦ, οὐδὲ τῷ κεραμεῖ | ἀνέθηκε τὴν αἰτίαν; Ἀλλ̓ ἐπεὶ ὁ λόγος ἐστὶ περὶ ἐμψύχων σκευῶν, ἅτινα παρ᾽ ἑαυτὰ διαπίπτει, διὰ τοῦτο εἴρηται· „Διέπεσε τὸ σκεῦος ἀπὸ τῶν χειρῶν αὐτοῦ.“ f Πρόσεχε οὖν καὶ σὺ σαυτῷ, a

Ex. 24,12

2  δὲ Gh

b

Eph. 4,10

2  οἱ δὲ Kl

c

Röm. 10,6–8

d

Lk. 17,21

e

Jer. 18,3f.

10–11  ἀναγαγεῖν – Χριστὸν del. Co

f

Jer. 18,4

26  σαυτῷ Gh σαυτοῦ S

642 Schon Philon von Alexandria, conf. ling. 134 (II p. 254 Cohn/Wendland), hat das

räumliche Verständnis der Aussage in Gen. 18,21, dass Gott „herabsteigt“, als „Gottlosigkeit“ verurteilt. Für Origenes vgl. ferner in Gen. hom. 4,5 (GCS Orig. 6, 55): „Hüte dich davor, hier an einen räumlichen Aufstieg und Abstieg zu denken!“ Übersetzung: Habermehl, OWD 1/2, 121; in Num. hom. 3,3 (GCS Orig. 7, 16): „Steige also jetzt hinauf, lieber Zuhörer, wenn du es vermagst, und erhebe dich von den irdischen Sinneswahrnehmungen mit dem Blick des Geistes und der Sehkraft des Herzens! Vergiss für eine Weile die irdischen Dinge, über den Wolken und über dem Himmel selbst eile dahin, ausschreitend im Geiste!“ Siehe dazu die Überlegungen von Schadel, BGrL 10, 317f. Anm. 197 und 198. 643 Siehe dazu das Zitat aus in Regn. hom. graec. 8 (GCS Orig. 32, 292) oben S. 431 Anm. 636.

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musste nämlich mit der Aussage verglichen werden: „Steige hinauf, und du wirst meine Worte hören.“a Denn von den Zuhörern steigen die einen hin­ auf, um unterrichtet zu werden, sie steigen keineswegs körperlich hinauf.642 Die anderen aber steigen hinab, doch ihre Seele bleibt oben,643 um das Wort,644 das ganz oben ist, für die Dinge ganz unten zu schauen. Mein Herr Jesus Christus selbst645 ist hinaufgestiegen und ist hinabgestiegen. Denn der, der hinaufsteigt, und der, der hinabsteigt, ist ein und derselbe, erhaben über alle Himmel.b Wenn also auch du das Wort über die Dinge ganz oben verstehen willst, das nach ganz oben hinaufsteigt, und das begreifen willst, das nach ganz unten hinabsteigt und über die Dinge ganz unten lehrt, „sage nicht: Wer wird in den Himmel hinaufsteigen? Das hieße Christus herabholen. Oder: Wer wird in die Unterwelt hinabsteigen? Das hieße Christus von den Toten heraufholen. Doch was sagt die Schrift? Nahe bei dir ist das Wort in deinem Mund und in deinem Herzen“,c durch das du in den Himmel hinaufsteigst. Sowohl was den Aufstieg angeht, „ist das Wort nahe bei dir“, als auch was die Dinge ganz unten angeht, „ist das Wort nahe bei dir“. Denn was anderes als das Wort, das überall ist, kann der Heilige in sich haben? Denn „das Himmelreich ist in euch“.d646 3. Der Prophet steigt also in das Haus des Töpfers hinab und erzählt, was er gesehen hat, indem er sagt: „Und siehe, er machte ein Werk mit seinen Händen, und das Gefäß, das er aus Lehm machte, zerfiel in seinen Händen. Und er machte daraus wieder ein anderes Gefäß, wie es ihm zu machen gefiel.“ e Ich weiß jedoch nicht, was der Prophet sah, als er zum Töpfer kam. Er sah nämlich den Töpfer bei der Arbeit. Das angefertigte Gefäß war aus Lehm, das Gefäß zerfiel. Warum hat er nicht präzise gesagt: Er verlor das Gefäß aus seiner Hand, und gab die Schuld nicht dem Töpfer? Doch weil von beseelten Gefäßen die Rede ist, die von selbst zerfallen, deshalb wird gesagt: „Das Gefäß fiel aus seinen Händen.“ f Achte also auch du auf dich selbst,647 dass du 644 An dieser Stelle wird deutlich, wie schwer der Begriff λόγος im Deutschen oft wie-

derzugeben ist (siehe dazu oben S. 352 Anm. 483). Aus dem Kontext wird deutlich, dass Origenes dabei die ganze Zeit über an Jesus Christus denkt, den er im nächsten Satz dann auch explizit nennt. Inhaltlich schwingen die Bedeutungen von „Wort“, „Vernunft“ und „Denken“ ständig mit, und im vorliegenden Satz würde man λόγος am Besten mit „Erklärung“ übersetzen, doch geht dann in der Übersetzung das semantische Gewebe verloren, das anhand des Begriffs λόγος diesem und dem vorausgehenden Absatz zugrundeliegt. 645 Zu dieser Anrede Jesu siehe oben S. 329 Anm. 439. 646 Diese Auffassung von Lk. 17,21 findet sich z.B. in princ. I 3,6 (GCS Orig. 5, 57); orat. 25,1 (GCS Orig. 2, 356f.); in Gen. hom. 13,4 (GCS Orig. 6, 119); in Luc. hom. 36,2 (GCS Orig. 92, 207f.). Siehe auch Fédou, Sagesse 366f. 647 Hier formuliert Origenes explizit und nachdrücklich die Sorge um sich selbst, zu der er den Menschen in seinem Programm christlicher Paideia aufruft und erziehen will. Siehe dazu Fürst, Exegese als Lebensform, ferner oben S. 201 Anm. 192.

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μήποτε ἐν ταῖς χερσὶν ὢν τοῦ κεραμέως καὶ ἔτι πλασσόμενος παρὰ σαυτὸν διαπέσῃς ἐκ τῶν χειρῶν αὐτοῦ. Οὐδεὶς μὲν γὰρ ἁρπάζει ἐκ τῶν χειρῶν αὐτοῦ κατὰ τὰ εἰρημένα ἐν τῷ κατὰ Ἰωάννην εὐαγγελίῳ.a Οὐ μὴν γέγρα­ πται ὅτι ὡς οὐδεὶς ἁρπάζει, οὕτως οὐδεὶς διαπίπτει ἐκ τῶν χειρῶν αὐτοῦ· τὸ γὰρ αὐτεξούσιον ἐλεύθερόν ἐστι. Καί φημι· Οὐδεὶς μὲν ἁρπάσει ἐκ τῆς χειρὸς τοῦ ποιμένος, ἐκ τῆς χειρὸς τοῦ θεοῦ οὐδεὶς δύναται ἡμᾶς λαβεῖν· || δυνάμεθα ἡμεῖς ἀμελήσαντες διαπεσεῖν ἐκ τῶν χειρῶν αὐτοῦ. 4. „Καὶ ἐγένετο λόγος κυρίου πρός με λέγων· Εἰ καθὼς ὁ κεραμεὺς οὕτως οὐ δυνήσομαι τοῦ ποιῆσαι ὑμᾶς, οἶκος Ἰσραήλ; φησὶ κύριος.“ b Ἕκα­ στος κατὰ δύναμιν νοεῖ τὰ γεγραμμένα, ὁ μὲν ἐπιπολαιότερον οἷον ὡς ἐξ ἐπιπέδου πηγῆς λαμβάνων τὸν νοῦν ἀπ̓ αὐτῶν, ὁ δὲ βαθύτερον ὡς ἀπὸ φρέατος ἀνιμῶν. Καὶ δύνανται ἀμφότεροι ὠφελεῖσθαι, ἐπεὶ τὸ αὐτὸ τῷ μέν ἐστι πηγή, τῷ δὲ φρέαρ. Μαρτυρεῖ τὸ εὐαγγέλιον, ἡνίκα διηγεῖται τὰ περὶ τῆς Σαμαρίτιδος· ἐκεῖ γὰρ ὀνομάζεται τὸ αὐτὸ πηγὴ καὶ φρέαρ, καὶ ἀνὰ μέρος ποτὲ λέγεται πηγὴ καὶ ποτὲ φρέαρ. c Κατανοείτω δὲ ὁ δυνάμενος, ἵνα εἰδῇ ὅτι τὸ αὐτὸ τῇ ὑποστάσει τῷ μὲν ἐπιπολαίῳ πηγή ἐστι, τῷ δὲ βα­ θυτέρῳ φρέαρ ἐστί. Προοίμιόν μοι τοῦτό ἐστι τῆς μελλούσης διηγήσεως διὰ a

Joh. 10,29

b

Jer. 18,5f.

c

Joh. 4,6.11.12

1  ἔτι πλασσόμενος Kl nach C (ἔτι πλαττόμενοι) ἐπιπλασσόμενος S 7  δὲ Co ἐξ Kl ὡσεὶ S 13  διηγεῖται V διηγεῖτο S 14  Σαμαρίτιδος Bl Σαμαρείτιδος S Kl μου S

10  ὡς 17  μοι

648 Mit diesem prägnanten Grundsatz seines Freiheitsdenkens (siehe dazu Kobusch,

Philosophische Bedeutung 101) formuliert Origenes den Hintergrund für seine Auslegung: Der von Gott mit freier Selbstbestimmung ausgestattete Mensch kann nicht als Lehm gedacht werden, der passiv vom Töpfer geformt und zerstört wird, sondern nur so, dass es an ihm selbst liegt, was ihm widerfährt. In diesem Sinne analysiert Origenes die exakte Begrifflichkeit der Aussage in Jer. 18,3f., die mit ihrem deterministischen Klang seiner Freiheitsanthropologie eigentlich entgegensteht. Zudem bereitet die Metapher vom Töpfer dem Gottesbild Probleme: Mit dem alten Grundsatz aus Platon, polit. X 617 e 5, αἰτία ἑλομένου, θεὸς ἀναίτιος – „die Schuld liegt beim Wählenden, Gott ist schuldlos“ (siehe auch oben S. 146 Anm. 92), legt Origenes die Metaphorik des Textes so aus, dass nicht Gott, der Töpfer, die Schuld an einem Zerbrechen des Gefäßes hat, sondern dies am Gefäß liegt, das nicht oder nicht genügend auf sich selbst achtet und in seiner Freiheit eine falsche Wahl trifft. 649 Nachlässigkeit, im Rahmen des Konzepts der Selbstsorge die mangelnde Sorge um sich selbst, ist die Hauptursache, die Origenes für die Abkehr einer vernünftigen Seele von Gott angibt: princ. I 3,8 (GCS Orig. 5, 63); I 4,1 (5, 63); II 9,2 (5, 165); II 9,6 (5, 170); III 5,8 (5, 278); orat. 29,13 (GCS Orig. 2, 388); Cels. VI 44 (GCS Orig. 2, 115). Siehe dazu Crouzel, Théologie de l’image 201–205. 650 Der Brunnen ist ein Lieblingssymbol des Origenes; vgl. bes. in Gen. hom. 11–13 (GCS Orig. 6, 100–121) und in Num. hom. 12,1–3 (GCS Orig. 7, 93–103), ferner in

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nicht, während du dich in den Händen des Töpfers befindest und noch gestaltet wirst, von dir aus aus seinen Händen fällst. Denn niemand entreißt etwas aus seinen Händen, wie es im Evangelium nach Johannes heißt.a Es steht allerdings nicht geschrieben, dass so, wie keiner etwas entreißt, auch keiner aus seinen Händen fällt. Die Selbstbestimmung ist nämlich frei.648 Und ich behaupte: Keiner entreißt uns aus der Hand des Hirten, aus der Hand Gottes kann uns keiner nehmen. wir können, wenn wir nachlässig sind, aus seinen Händen fallen.649 4. „Und das Wort des Herrn erging an mich: Werde ich es etwa nicht so wie der Töpfer mit euch machen können, Haus Israel? Spruch des Herrn.“ b Jeder versteht den Text, wie er es vermag. Der eine erfasst den Sinn der Worte auf oberflächlichere Weise wie aus einer seichten Quelle, der andere auf tiefere Weise, als würde er aus einem Brunnen schöpfen.650 Und beide können Nutzen daraus ziehen, denn dasselbe ist für den einen eine Quelle, für den anderen ein Brunnen.651 Das Evangelium bezeugt dies, wenn es die Geschichte von der Samariterin erzählt. Dort wird nämlich dasselbe als Quelle und als Brunnen bezeichnet, und je nach Textabschnitt ist mal von Quelle und mal von Brunnen die Rede.cWer dazu fähig ist, soll das verstehen, damit er erkennt, dass das, was seiner spezifischen Wirklichkeit nach dasselbe ist, für den Oberflächlichen eine Quelle, für den Tiefsinnigeren aber ein Brunnen ist.

Gen. hom. 7,5f. (GCS Orig. 6, 75f.); 10,2–5 (6, 94–96); in Cant. comm. prol. 4,6f. (OWD 9/1, 106–108); in Ioh. comm. XIII 1,3f. (GCS Orig. 4, 226). Es geht schon auf Philon, ebr. 112 (II p. 192 Cohn/Wendland), zurück, der die Weisheit mit einem Brunnen vergleicht: „Denn tief ist sie und nicht oberflächlich und lässt den Seelen, die nach ihr dürsten, das süße Nass des Edlen und Guten hervorquellen, den nötigsten und zugleich angenehmsten Trunk.“ Übersetzung: Adler, Philo Werke V, 46. Siehe dazu Fürst, Origenes – der Schöpfer christlicher Wissenschaft und Kultur 105f. 651 In Num. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 94) sagt Origenes mit Bezug auf Spr. 5,15f., wo in der Junktur „Quelle deiner Brunnen“ beide Begriffe stehen: „Wo Brunnen zusammen mit der Quelle erwähnt werden, muss man das so verstehen, dass vom Wort Gottes die Rede ist: als Brunnen, wenn sich irgendein tiefes Geheimnis darin verbirgt, als Quelle hingegen, wenn es in reichem Maße zu den Völkern fließt.“ Ähnlich in Ioh. comm. XIII 6,39 (GCS Orig. 4, 231). Hanson, Allegory and Event 246, referiert diese Stelle als Beispiel dafür, dass Origenes verschiedene Ebenen von Allegorie kennt. Das geht aber am Sinn der Aussage vorbei, denn Origenes weist hier auf unterschiedliche Verstehenshorizonte des Bibeltextes hin, die von der Auffassungsgabe der jeweiligen Bibelleser und Interpreten abhängig sind – was freilich nicht mit Schadel, BGrL 10, 318 Anm. 200, „esoterisch“ zu nennen ist –, und er lässt beide, eine oberflächlichere und eine tiefergehende Auffassung, als nützlich gelten. Die Stelle gehört nicht in die Rubrik allegorischer Techniken, wie Hanson suggeriert, sondern zur abwägenden Suchbewegung der Exegese des Origenes, in der im Blick auf unterschiedliche Rezipienten viele Meinungen ihren Platz haben.

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τὸ ἀγγεῖον τὸ πήλινον τὸ διαπεσὸν ἀπὸ τῆς χειρὸς τοῦ κεραμέως καὶ αὖθις πλασθέν. Τινὲς ἐθεώρησαν ταῦτα ἁπλούστερον καὶ ἐνόησαν. Παραθήσομαι ὑμῖν τὸν ἐκείνων λόγον καὶ τὴν διήγησιν· μετὰ ταῦτα ἐάν τι ἔχωμεν βαθύτερον καὶ τοῦτο διηγησόμεθα. Δύναται, φασίν, ἐνταῦθα δηλοῦσθαι τὰ περὶ τῆς ἀναστάσεως. Εἰ γὰρ τὸ πήλινον ἀγγεῖον διέπεσεν ἀπὸ τῶν χειρῶν τοῦ κεραμέως καὶ ἀπὸ τῆς αὐτῆς ὕλης τοῦ πηλοῦ τοῦ αὐτοῦ ποιεῖ „αὐτὸ ἀγ­ γεῖον ἕτερον καθὼς ἤρεσεν ἐνώπιον αὐτοῦ“,a δύναται ὁ κεραμεὺς θεὸς τῶν σωμάτων ἡμῶν, ὁ δημιουργὸς τῆς κατασκευῆς ἡμῶν, ἐπὰν διαπέσῃ τοῦτο καὶ συντριβῇ καθ̓ οἵαν δήποτε αἰτίαν, ἀναλαβεῖν αὐτὸ καὶ ἀ||νακαινῶσαι καὶ ποιῆσαι αὐτὸ ὡραιότερον καὶ βέλτιον „ἀγγεῖον ἕτερον καθὼς ἤρεσεν ἐνώπιον αὐτοῦ ποιῆσαι“. Ἐχέτω καὶ αὕτη ἡ διήγησις χάριν. 5. Αὐτοῦ δὲ ἀκούσωμεν τοῦ κυρίου διηγουμένου καὶ λέγοντος· „Εἰ καθὼς ὁ κεραμεὺς οὕτως οὐ δυνήσομαι τοῦ ποιῆσαι ὑμᾶς, οἶκος Ἰσραήλ; φησὶ κύριος. Ἰδοὺ ὡς ὁ πηλὸς τοῦ κεραμέως οὕτως ὑμεῖς ἐστε ἐν χερσί μου. Πέρας λαλήσω ἐπ̓ ἔθνος καὶ βασιλείαν τοῦ ἐξᾶραι αὐτοὺς καὶ τοῦ ἀπολλύειν, καὶ ἐπιστρέψει τὸ ἔθνος ἐκεῖνο ἀπὸ τῶν κακῶν αὐτῶν ὧν ἐλάλησα πρὸς αὐτό, καὶ μετανοήσω ἀπὸ τῶν κακῶν ὧν ἐλογισάμην τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς. Καὶ πέρας λαλήσω ἐπὶ ἔθνος καὶ βασιλείαν τοῦ ἀνοικοδομεῖσθαι καὶ καταφυτεύειν, καὶ ποιήσουσι τὰ πονηρὰ ἐναντίον μου τοῦ μὴ ἀκοῦσαι τῆς φωνῆς μου, καὶ μετανοήσω περὶ τῶν ἀγαθῶν ὧν ἐλάλησα τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς, φησὶ κύριος.“ b Τοῦτο τὸ κατὰ τὸν οἶκον τοῦ κεραμέως ὁρῶμεν ἀναφέρεσθαι οὐκ ἐπί τινα τῶν καθ̓ ἕνα, ἀλλ̓ ἐπὶ δύο ἔθνη· λέγει γὰρ ἀρξάμενος μέλλει λέγειν περὶ ἐθνῶν, ἵνα τι ὑποβάλῃ τοῖς δυναμένοις ἀκούειν ἀπορρήτων μυστηρίων· „πέρας λαλήσω ἐπὶ ἔθνος“. Ζήτει καὶ τὸ πέρας καὶ τὸ πρότερον ἔθνος, τὰ τῆς ἀπωλείας διὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν· καὶ λαλήσας τὰ τῆς ἀπωλείας διὰ τὰς ἁμαρτίας, οὐδὲν ἧττον ἐπαγγέλλεται ὅτι ἐὰν μετανοήσωσι, μετανοήσει περὶ τῶν κα­ κῶν ὧν ἐλάλησε τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς. Καὶ πάλιν λαλεῖ ἐπ̓ ἄλλο ἔθνος δεύτε­ ρον „τοῦ ἀνοικοδομεῖσθαι καὶ τοῦ καταφυτεύεσθαι“ ὅλον ἔθνος· καὶ ἐπεὶ τοῦτο ἀνοικοδομούμενον καὶ καταφυτευόμενον ἔθνος ἐπαγγελίαν ἔχει καλήν, || δύναται δὲ ἁμαρτάνειν, φησὶ μετὰ τὸ λαλῆσαι ταῦτα, ἐὰν ἀπο­ στῶσι τῶν ἔργων τῶν ἀγαθῶν· „Μετανοήσω περὶ τῶν ἀγαθῶν ὧν ἐλάλη­ σα τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς.“ a

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23  τινα C τινι S 24  ὅτι Hu 26  ζήτει Kl ζητεῖ S 26  ἐφ̓ 5  φασίν S1 φησίν S* ὃ λαλεῖ Kl 28  ἐπαγγέλλεται Scorr. ἀπαγγέλλεται S* 30  ἐπεὶ Gh ἐπὶ S 31  τὸ Kl 652 Das Töpfergleichnis in Jer. 18 ist im Rahmen des Freiheitsdenkens des Origenes so

problematisch, dass er ihm eine sehr eingehende Auslegung widmet und die Aufmerksamkeit der Zuhörer, die er in dieser Predigt besonders stark einbezieht, durch ein Binnenproömium zu steigern versucht.

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Dies diene als Einleitung zur folgenden Erklärung des Gefäßes aus Lehm, das aus der Hand des Töpfers fiel und erneut geformt wurde.652 Einige haben dies auf recht einfache Weise betrachtet und aufgefasst. Ich werde euch deren Argument und Erklärung darlegen. Danach werden wir, wenn wir eine tiefsinnigere Erklärung haben, auch diese darlegen. Es kann, sagen sie, hier die Frage der Auferstehung verdeutlicht werden.Wenn nämlich das Lehmgefäß aus den Händen des Töpfers fiel und er aus demselben Material desselben Lehms „daraus ein anderes Gefäß“ macht, „wie es ihm gefiel“,a kann Gott, der Töpfer unserer Körper, der Schöpfer unserer natürlichen Ausstattung, wenn es zerfällt und aus irgendeinem Grund zerbricht, es wieder nehmen und erneuern und es zu einem schöneren und besseren „anderen Gefäß“ machen, „wie es ihm zu machen gefiel“. Auch diese Erklärung mag einen gewissen Charme haben. 5. Wir wollen aber die Erklärung des Herrn selbst hören, wenn er sagt: „Werde ich es etwa nicht so wie der Töpfer mit euch machen können, Haus Israel? Spruch des Herrn. Siehe, wie der Lehm des Töpfers, so seid ihr in meinen Händen. Am Ende werde ich über ein Volk und ein Königreich sprechen, um sie zu entfernen und zu vernichten. Und jenes Volk wird sich von seinen bösen Taten bekehren, die ich ihm vorhielt, und ich werde das Böse bereuen, das ich ihnen anzutun gedachte. Und am Ende werde ich über ein Volk und ein Königreich sprechen, um es wieder aufzubauen und einzupflanzen, und sie werden Schlechtes tun vor mir, indem sie nicht auf meine Stimme hören, und ich werde das Gute bereuen, das ich ihnen zu tun versprach – Spruch des Herrn.“ bWir sehen, dass sich das, was im Haus des Töpfers geschah, nicht auf etwas bezieht, was einen Einzelnen betrifft,653 sondern auf zwei Völker. Zu Beginn sagt Gott nämlich, er wolle über Völker sprechen, um denen etwas zu bieten, die unaussprechliche Geheimnisse zu hören imstande sind: „Am Ende werde ich über ein Volk sprechen.“ Untersuche, was mit dem Ende und dem früheren Volk gemeint ist, über die Vernichtung wegen seiner Sünden . Und nachdem er über die Vernichtung wegen der Sünden gesprochen hat, kündigt er nichts weniger an, als dass er, wenn sie bereuen, das Böse bereuen wird, das er ihnen anzutun versprach. Und erneut spricht er über ein anderes, zweites Volk, um es als ganzes Volk „wieder aufzubauen und einzupflanzen“. Und weil dieses wiederaufgebaute und eingepflanzte Volk eine schöne Verheißung erhält, aber sündigen kann, sagt er, nachdem er dies gesagt hat: Wenn sie sich von den guten Werken abwenden, „werde ich das Gute bereuen, das ich ihnen zu tun versprach“.654 653 Das ist der Fall bei der Beziehung auf die Auferstehung, wie Nautin, SC 238, 189

Anm. 1, richtig anmerkt. 654 Hieronymus, in Hier. IV 2,6 (CChr.SL 74, 177), greift bei der Auslegung von Jer.

18,1–10 die freiheitstheologische Deutung des Origenes auf und betont sie nachdrücklich: „Und um auf die freie Entscheidung (liberum arbitrium) hinzuweisen, sagte

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Τίνα οὖν τὰ δύο ἔθνη, τὸ πρότερον ὀνομασθὲν ᾧ ἀπειλεῖ ὁ λόγος, καὶ τὸ δεύτερον ᾧ ἐπαγγέλλεται; Ἀπειλεῖ μέντοιγε ὥστε, εἰ μετανοήσαι, μὴ ποιῆσαι τὰ τῆς ἀπειλῆς. Ἐπαγγέλλεται ὥστε, εἰ μεταπέσοι καὶ ἄξιον μὴ γένοιτο τὸ δεύτερον ἔθνος τῶν ἐπαγγελιῶν, μὴ τεύξεσθαι αὐτῶν. Περὶ δύο μάλιστα ἐθνῶν πρόκειται πᾶσα ἡ οἰκονομία τοῦ θεοῦ τοῖς ἐν τῷ κόσμῳ ἀνθρώποις. Γέγονε πρῶτον ἔθνος ἐκεῖνο ὁ Ἰσραήλ, δεύτερον ἀπὸ τῆς Χρι­ στοῦ ἐπιδημίας τοῦτο τὸ ἔθνος. Τῷ προτέρῳ ἠπείλησεν ὁ θεὸς ἃ ἠπείλησε, καὶ βλέπομεν τὰ τῆς ἀπειλῆς τοῦ προτέρου ἔθνους· ἐν αἰχμαλωσίᾳ γεγένη­ ται, κατεσκάφη αὐτῶν ἡ πόλις, καθῃρέθη τὸ ἁγίασμα, τὸ θυσιαστήριον καταβέβληται, οὐδὲν ἔτι σῴζεται τῶν πάλαι σεμνῶν παρ᾽ αὐτοῖς. Ἔλεγε γὰρ ἐκείνῳ | τῷ ἔθνει ὁ θεός· μετανοήσατε, καὶ οὐ μετενόησαν. Μετὰ τὸ ἐκείνοις εἰρῆσθαι ταῦτα, λέγει τούτῳ τῷ δευτέρῳ ἔθνει ὁ θεὸς τὰ περὶ τοῦ ἀνοικοδομεῖσθαι αὐτό. Ὁρᾷ δὲ ὅτι καὶ τοῦτο τὸ ἔθνος ἄνθρωποί εἰσι δυ­ νάμενοι πάλιν παραπεσεῖν. Διὰ τοῦτο καὶ τούτῳ ἀπειλεῖ καί φησιν· Εἰ καὶ προεῖπον τὰ περὶ τῆς οἰκοδομῆς καὶ τὰ περὶ τῆς καταφυτεύσεως καὶ τῆς γεωργίας, μέλλει δὲ ἁμαρτάνειν καὶ τοῦτο τὸ ἔθνος, καὶ τούτῳ ἁμαρτήσαν­ τι συμβήσεται ταὐτὰ ἅπερ εἴρηται ἐκείνοις διὰ τὰ ἁμαρτήματα, καὶ πείσον­ ται ἐὰν μὴ μετανοήσωσι. Πᾶσαν ἐρεύνησον τὴν γρα||φήν, καὶ εὑρήσεις τὰ πλεῖστα περὶ τῶν δύο τούτων τῶν ἐθνῶν λεγόμενα. Ἐξελέξατο ὁ θεὸς τοὺς πατέρας, ἐπαγγελίαν ἔδωκεν αὐτοῖς, ἐξήγαγε λαὸν ἐκ τοῦ γένους τῶν πα­ τέρων ἀπὸ Αἰγύπτου, ἐμακροθύμησεν ἐπ̓ αὐτοῖς ἁμαρτάνουσιν, ἐπαίδευσεν αὐτοὺς ὡς πατήρ, εἰσήγαγεν αὐτούς, ἔδωκεν αὐτοῖς γῆν ἐπαγγελίας, ἔπεμ­ 1–2  ᾧ … ᾧ Gh Co ὡς … ὧν S 6  ἐκεῖνο ὁ Kl ἐκεῖνος S 13  ὁρᾷ Kl ὅρα S 14  τούτῳ Scorr. τοῦτο S* 17  ταὐτὰ Bl Kl ταῦτα S Nt 20  ἔδωκεν Bl Kl (GCS Orig. 3, 350) Nt δέδωκεν S Kl (GCS Orig. 3, 156) 21  ἐπ̓ Bl ἐν S er, dass er dem Volk und diesem oder jenem Königreich sowohl Böses ankündigt als auch umgekehrt Gutes und dass gleichwohl nicht geschieht, was er doch selbst vorhergesagt hat, sondern dass es im Gegenteil so sein wird, dass sowohl den Bösen Gutes widerfährt, wenn sie Buße tun, als auch den Guten Böses, wenn sie sich nach dem Empfang der Verheißungen wieder den Sünden zugewandt haben. Und das sagen wir, nicht weil Gott nicht wüsste, dass ein Volk oder ein Königreich dieses oder jenes tun wird, sondern weil er den Menschen seinem Willen überlässt, damit er Belohnungen oder Bestrafungen aufgrund seines eigenen Verdienstes empfängt.“ Das ist in jedem einzelnen Detail exakt die Freiheitssoteriologie des Origenes. Im Folgenden ergänzt Hieronymus den Hinweis auf die Willensfreiheit durch einen Hinweis auf die größere Gnade Gottes, ebd. IV 2,7 (74, 177): „Und doch wird nicht gleich alles, was geschehen wird, am Menschen liegen, sondern an der Gnade dessen, der alles geschenkt hat. Die Entscheidungsfreiheit ist nämlich in der Weise zu wahren, dass die Gnade des Spenders in allem größer ist, gemäß jenem Prophetenwort: ‚Baut nicht der Herr das Haus, mühen sich umsonst, die daran bauen; bewacht nicht der Herr die Stadt, wacht umsonst, wer sie bewacht‘ (Ps. 126[127],1). Denn ‚es liegt nicht am Wollenden noch am Laufenden, sondern es liegt am sich erbarmenden Gott‘ (Röm. 9,16).“ Auch damit folgt er der Theologie des Origenes, der in seinem Ansatz, Frei-

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Wer sind nun die zwei Völker, das zuerst genannte, dem das Wort droht, und das zweite, dem es eine Verheißung gibt?655 Er droht allerdings in einer Weise, dass er, wenn sie bereuen, die Drohung nicht ausführen wird. Er gibt die Verheißung in einer Weise, dass das zweite Volk, wenn es abfällt und sich der Verheißungen nicht würdig erweist, sie nicht erlangen wird. Hauptsächlich auf diesen zwei Völkern beruht der ganze Heilsplan Gottes für die Menschen in der Welt. Als erstes Volk ist jenes Israel entstanden, als zweites seit der Ankunft Christi dieses Volk. Dem früheren drohte Gott an, was er androhte, und wir sehen die Folgen der Drohung gegen das frühere Volk: Es geriet in Gefangenschaft, ihre Stadt wurde zerstört, das Heiligtum niedergerissen, der Opferaltar umgestürzt, nichts mehr von den einstmals heiligen Dingen ist bei ihnen übrig. Denn Gott sprach zu jenem Volk: Kehrt um, und sie kehrten nicht um. Nachdem er jenen dies gesagt hat, spricht Gott zu diesem zweiten Volk über seinen Wiederaufbau. Er sieht aber, dass auch dieses Volk aus Menschen besteht, die sich erneut verfehlen können. Deswegen droht er auch diesem und sagt: Wenn ich auch zuvor das über den Aufbau und über die Einpflanzung und über die Bebauung gesagt habe, aber auch dieses Volk sündigen wird, wird auch diesem, wenn es gesündigt hat, dasselbe zustoßen, was jenen wegen der Sünden angekündigt worden ist, und werden sie leiden, wenn sie nicht bereuen. Erforsche die ganze Schrift,656 und du wirst finden, dass das meiste über diese zwei Völker gesagt ist.657 Gott hat die Väter erwählt, er gab ihnen die Verheißung, er führte das Volk, das aus dem Geschlecht der Väter stammte, aus Ägypten heraus, er war langmütig mit ihnen, wenn sie sündigten, er erzog sie wie ein Vater, er führte sie heim, er gab ihnen das Land

heit und Gnade so zusammenzudenken, dass die Gnade größer ist und das Fundament bleibt, aber nicht im Gegensatz zur Freiheit steht, u.a. auf die beiden Bibelstellen rekurrierte, die Hieronymus hier zitierte: princ. III 1,18f. (GCS Orig. 5, 229–234), wo Origenes wie Hieronymus betont, dass der fromme Mensch „die Leistung in Dankbarkeit Gott dem Vollender zuschreibt“, dass „unsere Vollendung nicht geschieht, ohne dass wir etwas tun, aber“ dass „sie nicht von uns zu Ende geführt wird, sondern Gott das meiste dabei wirkt“ und dass „bei unserer Erlösung der Beitrag Gottes unendlich viel größer ist als der, der von unserer freien Entscheidung kommt“. Übersetzung: p. 535. 537. 539 Görgemanns/Karpp. Dieser Passus im Jeremiakommentar des Hieronymus zeigt, wie sehr er dem Freiheitsdenken des Origenes auch noch in seinen späten Lebensjahren folgte, in denen er sich ansonsten von der origeneischen Allegorese bisweilen energisch distanzierte. 655 Dieselbe antijüdische Apologetik wie im Folgenden auch schon in Hier. hom. 4,2 (GCS Orig. 32, 24f.). Siehe dazu oben S. 164 Anm. 123 und 124 sowie in der Einleitung S. 35–41. 656 Der Aufruf: „Erforscht die Schriften!“ aus Joh. 5,39 gilt Origenes als Aufforderung der Bibel selbst, sie eingehend zu studieren. Siehe die Stellenhinweise oben S. 207 Anm. 205. 657 Vgl. dazu in princ. IV 3,6 (GCS Orig. 5, 331f.) die Ausführungen über das Volk Israel.

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ψεν αὐτοῖς προφήτας κατὰ καιρούς, ἐπαίδευσε καὶ ἐπέστρεψεν αὐτοὺς ἀπὸ τῶν ἁμαρτημάτων. Ἐμακροθύμησεν ἀεὶ πέμπων τοὺς θεραπεύοντας, μέχρις οὗ ἔλθῃ ὁ ἀρχίατρος, ὁ διαφέρων προφητῶν προφήτης, ὁ διαφέρων ἰατρῶν ἰατρός. Ἐληλυθότα τοῦτον προέδωκαν καὶ ἀπέκτειναν „αἶρε, αἶρε“a λέγον­ τες ἀπὸ τῆς γῆς τὸν τοιοῦτον· „σταύρου, σταύρου αὐτόν“. b Εὐθέως ἦλθεν ἐπισκοπὴ ἐπὶ τὸ ἔθνος, ἠρημώθη ὁ τόπος c ἔνθα ἐσταύρωταί μου ὁ Ἰησοῦς, d ἐξελέξατο ὁ θεὸς ἄλλο ἔθνος. Ὁ θερισμὸς ὁρᾶτε πῶς πολύς ἐστιν, εἰ καὶ οἱ ἐργάται ὀλίγοι εἰσί. e Καὶ ἄλλως δὲ οἰκονομεῖ ὁ θεὸς τὴν σαγήνην ἀεὶ βάλ­ λεσθαι ἐπὶ τὴν θάλασσαν τοῦ βίου τούτου καὶ συνάγονται ἰχθύες παντο­ δαποί· f ἀποστέλλει „τοὺς ἁλιεῖς τοὺς πολλούς“· ἀποστέλλει „τοὺς θηρευ­ τὰς τοὺς πολλούς“, θηρεύουσιν ἀπὸ „παντὸς ὄρους“, θηρεύουσιν ἀπὸ „παντὸς βουνοῦ“. g Ὅρα πόση οἰκονομία περὶ τῆς τῶν ἐθνῶν ἐστι σωτη­ ρίας. „Ἴδε οὖν χρηστότητα καὶ ἀποτομίαν θεοῦ· ἐπὶ μὲν“ τὸ πρότερον ἔθνος καὶ πεσὸν „ἀποτομία, ἐπὶ δὲ σὲ“ τὸ δεύτερον ἔθνος ἐπαγγελίαι καὶ „χρη­ στότης, ἐὰν ἐπιμείνῃς τῇ χρηστότητι· ἐπεὶ καὶ σὺ ἐκκοπήσῃ.“ h Οὐ γὰρ ἡ ἀξίνη τότε μόνον πρὸς τὴν ῥίζαν τῶν δένδρων ἔκειτο. Ἑτοίμη πάλιν ἐστὶν ἐλθεῖν ἡ ἀξίνη· „ἡ“ δὲ „ἀξίνη πρὸς τὴν ῥίζαν τῶν δένδρων κεῖται“ i ἔλεγέ μου ὁ Ἰησοῦς τότε προφητεύων περὶ τοῦ Ἰσραὴλ παρ᾽ ὃν || ἡ ἀξίνη ἦν. Αὐτὸς ἦν ἡ ἀξίνη τοῦ ἀκάρπου δένδρου καὶ ἔλεγεν· „῎Ηδη ἡ ἀξίνη πρὸς τὴν ῥίζαν τῶν δένδρων κεῖται.“ Ὅσα | ἦν ἐκεῖ δένδρα μὴ ποιοῦντα καρπὸν ἐξεκόπη καὶ εἰς τὸ πῦρ ἐβλήθη j καὶ κεκόλασται. Νῦν δὲ ἄλλο γεώργιον γεγένηται ἀνάλογον τῷ προτέρῳ, περὶ οὗ εἴρηται· „Εἰσαγαγὼν κατα­ φύτευσον αὐτοὺς εἰς ὄρος κληρονομίας σου, εἰς ἕτοιμον κατοικητήριόν σου.“ k Εἰσήγαγεν αὐτοῦ τὸ ἔθνος ὁ θεὸς εἰς ὄρος κληρονομίας αὐτοῦ. Τὸ ὄρος ἐγὼ ζητῶ οὐχ ὡς Ἰουδαῖοι οὕτως ἐν ἀψύχοις ὕλαις. Τὸ ὄρος ὁ Χριστός ἐστιν. Ἐν τούτῳ κατεφυτεύθημεν, ἐπ̓ αὐτῷ ἐστηρίχθημεν. Ὁρᾶτε οὖν, ἐὰν μακροθυμήσῃ, μήποτε ἐλθὼν ὁ οἰκοδεσπότης εἴπῃ· „῎Ηδη τρία ἔτη ἔρχομαι ἐπὶ τὴν συκῆν ταύτην καὶ καρπὸν οὐκ ἤνεγκεν· ἔκκοψον αὐτήν· ἵνα τί καὶ τὴν γῆν καταργεῖ;“ l Καταργεῖ γὰρ τὴν καλὴν γῆν, τὸν Χριστόν, τὸ μυστήριον τῆς ἐκκλησίας, ὁ ἐρχόμενος ἐπὶ συναγωγὴν καὶ μὴ καρποφορῶν. a

Joh. 19,15 b Joh. 19,6 (vgl. Hebr. 6,6) c Jer. 40(33),10.12 Mt. 13,47 g Jer. 16,16 hRöm. 11,22 i Mt. 3,10; Lk. 3,9 15,17 l Lk. 13,7

f

d j

Offb. 11,8 e Mt. 9,37 Mt. 3,10; Lk. 3,9 k Ex.

1  ἐπέστρεψεν Gh ἐπέστρεφεν S 3  ἀρχίατρος Gh ἀρχιητρὸς S 17  μόνον Gh Co μὲν S 26  ὕλαις Gh ὕλεσι S 27  ἐστηρίχθημεν Bl Koe Kl (GCS Orig. 3, 350) Nt ἐτηρήθημεν S Kl (GCS Orig. 3, 157) 28  καὶ Bl Kl (nicht Nt) 658 Diese Bezeichnung Christi auch in Regn. hom. graec. 6 (GCS Orig. 32, 289); in Ps.

37 hom. 1,1 (SC 411, 260); vgl. auch in Hier. hom. lat. 2(2),6 (GCS Orig. 32, 296) und in Hier. frg. 37 (GCS Orig. 32, 217). Siehe dazu Hanson, Allegory and Event 230; Fernández, Cristo médico 223–229. Erläuterungen zu diesem Titel für Hof- und Gemeindeärzte in griechischen Städten bei Fürst, OWD 7, 221 Anm. 36.

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der Verheißung, er schickte ihnen Propheten zur rechten Zeit, er erzog sie und brachte sie von den Sünden ab. Er war immer langmütig, indem er heilkundige Menschen schickte, bis der Chefarzt658 kam, der Prophet, der die Propheten übertrifft, der Arzt, der die Ärzte übertrifft. Als er gekommen war, haben sie ihn ausgeliefert und getötet. „Weg“, riefen sie, „weg“a mit so einem von der Erde! „Kreuzige, kreuzige ihn!“ b Sofort kam die Heimsuchung über das Volk, verwüstet wurde der Ort,c wo mein Jesus659 gekreuzigt worden ist,d Gott erwählte ein anderes Volk. Seht, wie groß die Ernte ist, auch wenn die Arbeiter wenige sind! e Doch auch ansonsten sorgt Gott dafür, dass das Netz immer wieder in das Meer dieses Lebens ausgeworfen wird und allerlei Fische gefangen werden.f Er sendet „die vielen Fischer“ aus, er sendet „die vielen Jäger“ aus, sie jagen von „jedem Berg“, sie jagen von „jedem Hügel“.g660 Schau, wie groß die Fürsorge für die Rettung der Heidenvölker ist! „Sieh also die Güte und die Strenge Gottes: Gegen“ das frühere Volk, das gefallene, zeigt er „Strenge, gegen dich aber“, das zweite Volk, die Verheißungen und „die Güte, wenn du bei seiner Güte verharrst; denn auch du wirst ausgehauen werden.“ h Denn nicht nur damals war die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Die Axt ist bereit, noch einmal zu kommen. „Die Axt ist“ aber „an die Wurzel der Bäume gelegt“,i sagte mein Jesus damals, als er über Israel prophezeite, bei dem die Axt war. Er selbst war die Axt für den unfruchtbaren Baum und sagte: „Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt.“ Alle Bäume dort, die keine Frucht brachten, wurden ausgehauen, ins Feuer geworfen j und bestraft. Jetzt aber ist eine andere Pflanzung entstanden, die der früheren entspricht und über die gesagt wird: „Führe sie hin und pflanze sie ein auf den Berg deines Erbes, an der für dich bereiteten Wohnstatt.“ k Gott hat sein Volk auf den Berg seines Erbes geführt. Ich suche den Berg nicht so wie die Juden in der unbeseelten Materie. Der Berg ist Christus.661 In ihm wurden wir eingepflanzt, in ihm wurden wir befestigt. Seht also zu, dass der Hausherr, 662 wenn er langmütig ist, nicht kommt und sagt: „Schon drei Jahre komme ich zu diesem Feigenbaum, und er hat keine Frucht gebracht. Hau ihn um! Wozu laugt er noch den Boden aus?“ l Es laugt nämlich den guten Boden aus, Christus, das Geheimnis der Kirche, wer in die Versammlung663 kommt und keine Frucht bringt. 659 660 661 662

Zu dieser Bezeichnung siehe oben S. 329 Anm. 439. Siehe dazu die Auslegung in Hier. hom. 16,1 (GCS Orig. 32, 132f.). Ebenso in Hier. hom. 13,3 (GCS Orig. 32, 105). Nautin, GCS Orig. 32, 363; SC 238, 194, hält diese Hinzufügung für „inutile“, sie ist es aber nicht, weil der adversative Sinn vom Kontext gefordert wird. Zudem konstruiert er, SC 238, 195, den ἐάν-Satz fälschlich als abhängigen Fragesatz (ebenso Smith, FaCh 97, 196), während die Fragepartikel und damit der indirekte Fragesatz mit μήποτε beginnt (so auch Schadel, BGrL 10, 197). 663 Συναγωγή ist einer der untechnischen Begriffe, mit denen Origenes den christlichen Gottesdienst als „Versammlung“ bezeichnete: in Matth. comm. XVI 21 (GCS Orig.

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6. „Πέρας λαλήσω ἐπὶ ἔθνος ἢ καὶ ἐπὶ βασιλείαν.“a Δόξει ἁπλῶς τὸ πέρας . Εἴρηται δὲ τοιοῦτον. Ἐν τῷ „Λαλήσω ἐπ̓ ἔθνος ἢ βασι­ λείαν“ τὸ πέρας τοιοῦτόν ἐστι· Κατασκάψω λέγεται τῷ προτέρῳ ἔθνει τὸ πέρας, τῷ δευτέρῳ ἔθνει· Ἀνοικοδομήσω ὑμᾶς. Καὶ πάλιν ἐκριζώσω τοῖς προτέροις λέγεται, καὶ καταφυτεύσω τοῖς δευτέροις. Ἆρ᾽ οὖν ἐπεὶ εἴρηται τὸ πέρας, δεῖ γενέσθαι τὸ πέρας; Ὁ θεὸς μὴ μετανοῶν μετανοεῖν λέγεται κατὰ τὴν γραφήν. Καὶ πρόσχωμεν τῇ λέξει, ἵνα ἐὰν δυνηθῶμεν ἀπολογή­ σασθαι, πῶς ταῦτα λέγεται, [εἰ] παραδεξώμεθα τὸν λόγον. „Πέρας λαλή­ σω“ φησὶν „ἐπὶ ἔθνος ἢ ἐπὶ βασιλείαν τοῦ ἐξᾶραι αὐτοὺς καὶ ἀπολλύειν, || καὶ ἐὰν ἐπιστρέψῃ τὸ ἔθνος ἐκεῖνο ἀπὸ τῶν κακῶν αὐτῶν ὧν ἐλάλησα ἐπ̓ αὐτό, καὶ μετανοήσω περὶ τῶν κακῶν, ὧν ἐλογισάμην τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς. Καὶ πέρας λαλήσω ἐπὶ ἔθνος ἢ ἐπὶ βασιλείαν τοῦ ἀνοικοδομεῖσθαι καὶ τοῦ καταφυτεύεσθαι, καὶ ποιήσουσι τὰ πονηρὰ ἐναντίον ἐμοῦ τοῦ μὴ ἀκοῦσαι τῆς φωνῆς μου, καὶ μετανοήσω περὶ τῶν ἀγαθῶν ὧν ἐλάλησα τοῦ ποιῆσαι αὐτοῖς.“ b Περὶ τῆς μετανοίας τοῦ θεοῦ ἀπαιτούμεθα ἀπολογήσασθαι· δοκεῖ γὰρ ἐπίληπτον εἶναι καὶ ἀνάξιον, οὐ μόνον τοῦ θεοῦ ἀλλὰ καὶ τοῦ σοφοῦ, τὸ μετανοεῖν. Οὐκ ἐπινοῶ γὰρ σοφὸν μετανοοῦντα, ἀλλ̓ ὁ μετανοῶν, ὅσον ἐπὶ τῇ συνηθείᾳ τῆς χρήσεως τῆς λέξεως, ἐπὶ τῷ μὴ καλῶς βεβουλεῦσθαι μετανοεῖ. Ὁ θεὸς δέ, προγνώστης ὢν τῶν μελλόντων, οὐ δύναται μὴ καλῶς βεβουλεῦσθαι, καὶ παρὰ τοῦτο μετανοεῖν. Πῶς οὖν ἡ γραφὴ αὐτὸν εἰσήγα­ γε λέγοντα „μετανοήσω“, οὔπω λέγω, καὶ ἐν ταῖς Βασιλείαις εἴρηται ἐν τῷ a

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8  εἰ del. Kl

10, 548). Außerdem gebrauchte er σύναξις: in Regn. hom. graec. 1 (GCS Orig. 32, 283), συνέλευσις: orat. 31,5 (GCS Orig. 2, 398) oder ἄθροισμα: in Matth. comm. XVI 22 (GCS Orig. 10, 551) für „die Versammlung, die man gemeinhin Kirche nennt“: ebd. XI 18 (10, 65): τὸ τῆς κοινότερον ἐκκλησίας λεγομένης ἄθροισμα. In den lateinischen Übersetzungen begegnen dafür Begriffe wie coetus und congregatio: in Hiez. hom. 1,11 (GCS Orig. 8, 335); in Luc. hom. 7,7 (GCS Orig. 92, 46) oder in ecclesiam congregari: ebd. (92, 46). Vgl. Schütz, Gottesdienst 17f. Siehe auch oben S. 165 Anm. 127. 664 Offenbar deutet Origenes den Ausdruck „am Ende“ so, dass er nicht einfach die Floskel „schließlich“ meint, sondern in großer zeitlicher Dimension davon die Rede ist, wie Gott „am Ende“ an dem einen wie an dem anderen Volk handeln wird. Über das „Ausreißen“ und „Einpflanzen“ hat sich Origenes schon in Hier. hom. 1,6 und 1,16 (GCS Orig. 32, 4 und 14–16) ausführlich geäußert. Anders erklärt er in Num. hom. 16,4 (GCS Orig. 7, 143) die Wendung in finem laut der lateinischen Übersetzung des Rufinus, nämlich als: hoc est ex definito loquar, d.h. als Setzung, an der nichts mehr zu ändern ist. Zu der „Reue“ Gottes, von der darauf zweimal die Rede ist, passt diese Erklärung freilich nicht so recht.

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6. „Am Ende werde ich über ein Volk oder auch über ein Königreich sprechen.“a Es könnte scheinen, dass in ganz schlichtem Sinn von „am Ende“ . Damit ist aber Folgendes gesagt. In dem Satz: „Ich werde über ein Volk oder ein Königreich sprechen“ bedeutet „am Ende“ Folgendes: Zum früheren Volk wird gesagt: Ich werde euch am Ende zerstören, zum zweiten Volk: Ich werde euch wiederaufbauen. Und noch einmal wird zu den früheren gesagt: Ich werde euch ausreißen, und zu den zweiten: Ich werde euch einpflanzen.664 Weil von „am Ende“ die Rede ist, muss nun das „am Ende“ auch eintreten?665 Obwohl Gott nicht bereut, heißt es in der Schrift, dass er bereut. Und wir wollen uns an den Wortlaut halten, damit wir, wenn wir rechtfertigen können, in welchem Sinn dies gesagt wird, die Aussage akzeptieren. „Am Ende“, heißt es, „werde ich über ein Volk oder über ein Königreich sprechen, um sie zu entfernen und zu vernichten. Und wenn sich jenes Volk von seinen bösen Taten bekehren wird, die ich ihm vorhielt, werde auch ich das Böse bereuen, das ich ihnen anzutun gedachte. Und am Ende werde ich über ein Volk oder über ein Königreich sprechen, um es wiederaufzubauen und einzupflanzen, und sie werden Schlechtes tun vor mir, indem sie nicht auf meine Stimme hören, und ich werde das Gute bereuen, das ich ihnen zu tun versprach.“ b Im Hinblick auf die Reue Gottes wird eine Rechtfertigung von uns gefordert. Denn die Reue scheint tadelnswert666 und nicht nur Gottes unwürdig zu sein, sondern auch des Weisen. Denn ich kann mir keinen Weisen denken, der bereut, sondern, wer bereut, der bereut, dem üblichen Gebrauch des Wortes gemäß, weil er einen schlechten Entschluss gefasst hat.667 Gott aber, der die Zukunft vorausweiß, kann gewiss keinen schlechten Entschluss fassen und diesen nachher bereuen.668 In welchem Sinne also hat die Schrift ihn als einen vorgestellt, der sagt: „Ich werde bereuen“? Das sage ich noch nicht.669 Auch im Buch der Königtümer ist davon die 665 In Num. hom. 16,4 (GCS Orig. 7, 140–143) führt Origenes einige Schriftstellen vor

(z.B. 2 Sam. 24,11–16), an denen nicht ausgeführt wird, was Gott ursprünglich angekündigt hat (so die Zerstörung Ninives in Jona 3). 666 Das Wort ἐπίληπτος im Sinne von „tadelnswert“ kommt bei Philon auffällig oft vor, z.B. opif. mund. 155 (I p. 54 Cohn/Wendland); leg. all. III 68. 75. 104. 247 (I p. 127. 129. 136. 168); post. Cain. 75 (II p. 16); deus immut. 71. 135 (II p. 72. 85); sobr. 48 (II p. 225); conf. ling. 126 (II p. 253); spec. leg. III 88. 128 (V p. 175. 186). 667 Nach dem Ideal des stoischen Weisen ist von diesem keine Reue denkbar, da er niemals einen schlechten Entschluss fasst und diesen daher auch nie ändern muss: SVF III 548 (vgl. I 217); Seneca, benef. IV 34,4. Siehe Schadel, BGrL 10, 320 Anm. 210f. 668 Schon Philon, deus immut. 72 (II p. 72 Cohn/Wendland), weist darauf hin, dass „die alles voraussehende Natur Gottes“ einen „Akt der Reue“ „nicht zulässt“. Übersetzung: Leisegang, Philo Werke IV, 88. 669 Origenes geht im Folgenden ausführlich auf die Interpretation der „Reue Gottes“ ein. Um die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer für dieses schwierige Problem zu steigern, verrät er seine Erklärung nicht gleich am Anfang, sondern führt die Zuhörer an eine Lösung heran.

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„Μεταμεμέλημαι ὅτι ἔχρισα | τὸν Σαοὺλ εἰς βασιλέα“,a καὶ καθολικῶς περὶ αὐτοῦ λέλεκται· „Καὶ μετανοῶν ἐπὶ ταῖς κακίαις.“ b Ἀλλ̓ ὅρα τί περὶ θεοῦ διδασκόμεθα καθολικῶς. Ὅπου μὲν „οὐχ ὡς ἄν­ θρωπος ὁ θεὸς διαρτηθῆναι, οὐδὲ ὡς υἱὸς ἀνθρώπου ἀπειληθῆναι“, c καὶ μανθάνομεν διὰ ταύτης τῆς λέξεως ὅτι ὁ θεὸς οὐχ ὡς ἄνθρωπος· διὰ δὲ ἄλλης ὅτι ὁ θεὸς ὡς ἄνθρωπος φασκούσης· „Ὅτι ἐπαίδευσέ σε κύριος ὁ θεός σου, ὡς εἴ τις παιδεύσαι ἄνθρωπος τὸν υἱὸν αὐτοῦ“ d καὶ πάλιν „ἐτρο­ ποφόρησεν ὡς ἄνθρωπος τὸν υἱὸν αὐτοῦ“. e Οὐκοῦν ὅταν μὲν αἱ γραφαὶ θεολογῶ||σι τὸν θεὸν καθ̓ αὑτὸν καὶ μὴ ἐπιπλέκωσιν αὐτοῦ τὴν οἰκονομίαν τοῖς ἀνθρωπίνοις πράγμασι, λέγουσιν αὐτὸν εἶναι οὐχ ὡς ἄνθρωπος. „Τῆς“ γὰρ „μεγαλωσύνης αὐτοῦ οὐκ ἔσται πέρας“, f καὶ „φοβερός ἐστιν ἐπὶ πάν­ τας τοὺς θεούς“, g καὶ „αἰνεῖτε αὐτόν, πάντες ἄγγελοι θεοῦ· αἰνεῖτε αὐτόν, πᾶσαι αἱ δυνάμεις αὐτοῦ· αἰνεῖτε αὐτόν, ἥλιος καὶ σελήνη· αἰνεῖτε αὐτόν, πάντα τὰ ἄστρα καὶ τὸ φῶς“. h Καὶ ἄλλα μυρία ἀναλεγόμενος ἀπὸ τῶν ἱερῶν γραμμάτων εὕροις ἄν, οἷς ἐφαρμόσεις τὸ „οὐχ ὡς ἄνθρωπος ὁ θεός“. i Ὅταν δὲ ἐπιπλέκηται ἀνθρωπίνοις πράγμασιν ἡ θεία οἰκονομία, φέρει τὸν ἀνθρώπινον νοῦν καὶ τρόπον καὶ λέξιν. Καὶ ὥσπερ ἡμεῖς ἐὰν διετεῖ παιδίῳ διαλεγώμεθα, ψελλίζομεν διὰ τὸ παιδίον· οὐ γὰρ οἷόν τέ ἐστι τηροῦντας a f

1 Sam. 15,11 Ps. 144(145),3

b

Joël 2,13 (vgl. 2 Sam. 24,16) c Num. 23,19 Ps. 95(96),4 hPs. 148,2f. i Num. 23,19

g

3  καθολικῶς Gh Co καθολικά S

d

Dtn. 8,5

e

Dtn. 1,31

9  καθ̓ αὑτὸν Kl καθ̓ ἑαυτὸν C Nt κατ᾽ αὐτὸν S

670 Der hebräische Text von 1 Sam. 15,11 kann sowohl in dem Sinne aufgefasst wer-

den, dass Gott „bereut“, als auch so, dass er „sich darüber tröstet“, Saul zum König gemacht zu haben. In der Septuaginta wird der Anthropomorphismus einer Reue Gottes vermieden, weswegen in ihr die Übersetzung mit „sich trösten“ verwendet wird (I p. 530 Rahlfs). Origenes folgt der alternativen und theologisch schwierigeren Bedeutung, wie auch in Regn. frg. 4 (GCS Orig. 32, 296); siehe dazu Fürst, OWD 7, 260 Anm. 13. Dieselbe zweifache Übersetzungsmöglichkeit liegt in 2 Sam. 24,16 vor, wo Gott „das Übel bereute“ (so in der antiochenisch-lukianischen Version) oder „sich darüber tröstete“ (so in der Septuaginta). In Num. hom. 16,4 (GCS Orig. 7, 142. 143) ist in der lateinischen Übersetzung des Rufinus der Text nach einer weiteren Version wiedergegeben: deprecatus est Dominus super malitiam – „der Herr flehte wegen des Unheils“, wohingegen Origenes bei seiner Erklärung, in der er die Geduld, die große Barmherzigkeit und die unfassliche Güte Gottes hervorhebt, die Übersetzung poenitens super malitias – „aus Reue über die Übel“ zugrundelegt. 671 Der Gedanke geht in allen Einzelheiten auf Philon, deus immut. 53f. (II p. 68 Cohn/ Wendland), zurück: „Unter den in den Geboten und Verboten enthaltenen Gesetzen nämlich, die ja in eigentlichem Sinne Gesetze sind, werden zwei oberste Leitsätze über den Urgrund vorangestellt, der eine, ‚dass Gott nicht wie ein Mensch‘ (Num. 23,29), der andere, dass er wie ein Mensch ist. Aber der erstere wird durch die sicherste Wahrheit beglaubigt, der letztere aber nur zur Belehrung der großen Menge angeführt. Deshalb heißt es auch mit Bezug auf ihn: ‚Wie ein Mensch seinen Sohn erziehen wird‘ (Dtn. 8,5, wobei Dtn. 1,31 in der Formulierung mitschwingt), wo-

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Rede in dem Satz: „Es reute mich, dass ich Saul zum König gesalbt habe“,a670 und generell wird über ihn gesagt: „Und es reut ihn wegen der Übel.“ b Doch sieh, welche Lehre von Gott wir generell vertreten. Wo es heißt: „Gott lässt sich nicht wie ein Mensch hintergehen und nicht wie ein Menschenkind bedrohen“,c lernen wir durch diese Formulierung auch, dass Gott nicht wie ein Mensch ist, durch eine andere hingegen, dass Gott wie ein Mensch ist, wenn es heißt: „Denn der Herr, dein Gott, hat dich erzogen, wie wenn ein Mensch seinen Sohn erzieht“,d und desgleichen: „Er hat sich angepasst wie ein Mensch an seinen Sohn.“ e671 Wenn die Schriften also theologisch von Gott an sich reden und nicht seinen Heilsplan mit den menschlichen Angelegenheiten verflechten, sagen sie, dass er nicht wie ein Mensch ist. Denn „seine Erhabenheit wird keine Grenze haben“,f und „er ist mehr zu fürchten als alle Götter“,g und „lobt ihn, alle Engel Gottes, lobt ihn, all seine Heerscharen, lobt ihn, Sonne und Mond, lobt ihn, alle Sterne und das Licht!“ h Beim Lesen dürftest du wohl noch tausend andere Stellen in den heiligen Schriften finden, auf welche die Aussage passt, dass „Gott nicht wie ein Mensch ist“.i Wenn aber672 der göttliche Heilsplan mit den menschlichen Angelegenheiten verflochten wird, nimmt Gott die menschliche Denkweise, Verhaltensweise und Ausdrucksweise an. Bei uns ist das auch so:Wenn wir uns mit einem zweijährigen Kind unterhalten, lallen wir wegen des Kindes.673 durch gesagt wird, dass er um der Erziehung und Zucht willen, aber nicht in seinem Wesen so beschaffen sei.“ Übersetzung: Leisegang, Philo Werke IV, 84f. Mit Bezug auf diese Stelle schreibt Origenes, in Matth. comm. XVII 17 (GCS Orig. 10, 635): „Von unseren Vorgängern hat nämlich einer Bücher über die allegorische Deutung der heiligen Gesetze verfasst und die Aussagen ausgelegt, die Gott gewissermaßen menschlichen Leidenschaften unterworfen darstellen, und die anderen, die seine Göttlichkeit vor Augen führen; dabei bediente er sich, um zu zeigen, dass von dem Gott, der sich der Menschen annimmt, wie von einem Menschen die Rede ist, jenes Schriftwortes: ‚Der Herr, dein Gott, hat sich dir angepasst, wie wenn ein Mensch sich seinem Sohn anpasst‘ (Dtn. 1,31); um aber zu zeigen, dass Gott nicht wie ein Mensch ist, jenes Wortes: ‚Nicht wie ein Mensch ist Gott, dass er sich betrügen ließe‘ (Num. 23,19).“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 268. Wie Origenes verweist Philon, der auf Num. 23,19 öfter eingeht, auf den pädagogischen Sinn der biblischen Anthropomorphismen, die er auf diese Weise mit einem transzendenten Gottesbegriff in Einklang zu bringen vermag. Siehe dazu Niehoff, Philo of Alexandria 210–212. 672 Hanson, Allegory and Event 226–228, zitiert den Text ab hier ausgiebig, weil er darin die – von ihm zu Unrecht als Rationalismus kritisierte – Idee der Akkommodation von Origenes am ausführlichsten und sorgfältigsten ausgearbeitet findet. Vgl. die von ihm angeführten Parallelstellen Cels. IV 12 (GCS Orig. 1, 282) und V 16 (2, 17). Siehe auch Crouzel, Théologie de l’image 257f. 673 In der Oktateuchkatene hat sich hierzu ein Fragment erhalten, als dessen Herkunftsort ausdrücklich die Jeremiahomilien des Origenes genannt werden, sel. in Dtn. 1,31 (PG 17, 24): „Es (sc. das Wort Gottes) passte sich euch (besser: uns) an und stieg zu euch (besser: uns) herab, indem es sich unsere Schwachheit zueigen machte. Wie ein Lehrer lallt es mit den Kindern, wie ein Vater kümmert es sich um die eigenen Kin-

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ἡμᾶς τὸ ἀξίωμα τῆς τελείου ἀνδρὸς ἡλικίας καὶ λαλοῦντας τοῖς παιδίοις μὴ συγκαταβαίνοντας αὐ|τῶν τῇ διαλέκτῳ νοῆσαι τὰ παιδία – τοιοῦτόν τί μοι νόει καὶ περὶ τὸν θεόν, ὅταν τὸ τῶν ἀνθρώπων γένος, καὶ μάλιστα τὸ τῶν ἔτι νηπίων οἰκονομῇ. Ὅρα πῶς καὶ μεταποιοῦμεν τὰ ὀνόματα οἱ τέλειοι ἄνδρες πρὸς τὰ βρέφη, καὶ τὸν μὲν ἄρτον ἰδίως ὀνομάζομεν αὐτοῖς, τὸ δὲ πιεῖν ἄλλῃ λέξει ὀνομάζομεν, τελείων οὐ χρώμενοι διαλέκτῳ ᾗ χρώμεθα πρὸς τοὺς τελείους ὁμήλικας, ἀλλὰ ἄλλῃ λέξει τινὶ παιδικῇ καὶ βρεφώδει. Καὶ τὰ ἐνδύματα ἐὰν ὀνομάζωμεν τοῖς παιδίοις, ἄλλα ὀνόματα ἐπιτίθεμεν αὐτοῖς, οἱονεὶ ὄνομα παιδικὸν πλάσσοντες. Ἆρ᾽ οὖν τότε ἀτελεῖς ἐσμεν; Καὶ || εἴ τις ἡμῶν ἀκούοι παιδίοις διαλεγομένων, ἐρεῖ ὅτι ἀνόητος γέγονεν ὁ γέρων οὗτος, ὁ ἀνὴρ οὗτος ἐπιλέλησται τοῦ γενείου αὐτοῦ, τῆς ἡλικίας τοῦ ἀνδρός; ῎Η δέδοται κατὰ συμπεριφορὰν παιδίῳ ὁμιλοῦντα μὴ λαλῆσαι δια­ λέκτῳ πρεσβυτικῇ μηδὲ ἐντελεῖ, ἀλλὰ παιδικῇ; Καὶ ὁ θεὸς δὴ λαλεῖ παιδίοις· „Ἰδού“ φησὶ καὶ ὁ σωτὴρ „ἐγὼ καὶ τὰ παιδία ἅ μοι ἔδωκεν ὁ θεός.“a Λέγοιτο ἂν τῷ γέροντι τῷ λαλοῦντι πρὸς τὸ παιδίον παιδικῶς, ἢ ἵνα ἐμφατικώτερον εἴπω βρεφωδῶς, ὅτι ἐτροπο­ φόρησας τὸν υἱόν σου καὶ τρόπον ἐφόρεσας τοῦ βρέφους καὶ τὴν κατάστασιν αὐτοῦ ἀνείληφας. Οὕτως οὖν νόει μοι καὶ τὴν γραφὴν λέγου­ σαν· „Ἐτροποφόρησέν σε κύριος ὁ θεός σου, ὡς εἴ τις τροποφορήσει ἄν­ θρωπος τὸν υἱὸν αὐτοῦ.“ b Καὶ ἐοίκασιν οἱ ἀπὸ Ἑβραϊσμοῦ ἑρμηνεύσαντες, μὴ εὑρόντες τὴν λέξιν κειμένην παρ᾽ Ἕλλησιν, ἀναπεπλακέναι ὡς ἐπ̓ ἄλλων πολλῶν καὶ ταύτην καὶ πεποιηκέναι τὴν „Ἐτροποφόρησέν σε κύριος ὁ θεός σου (τουτέστι τοὺς τρόπους σου ἐφόρεσεν), ὡς εἴ τις τροποφορήσει ἄνθρω­ πος (κατὰ τὸ παράδειγμα τοῦτο ὃ εἴρηκα) τὸν υἱὸν αὐτοῦ“. Ἐπεὶ τοίνυν a

Jes. 8,18; Hebr. 2,13

b

Dtn. 1,31

3  τὸ τῶν1 Kl τούτων S 11  γενείου Gh γενίου S ὁμολογοῦντα S 17  τὸν2 Bl

12  ἢ Co ἣ S

12  ὁμιλοῦντα Gh

der und nimmt ihre Eigenarten an, und binnen kurzem führt es sie auf eine reifere und höhere Stufe.“ 674 Ebenso Cels. IV 71 (GCS Orig. 1, 340f.): „Wie wir im Gespräch mit Kindern absichtlich nicht unser sprachliches Potential ganz ausschöpfen, sondern uns an die schwache Fassungskraft der betreffenden Personen anpassen und das reden und tun, was uns zur Erziehung und Besserung von Kindern zweckmäßig erscheint, ebenso scheint auch das Wort Gottes die Schriften planvoll angelegt zu haben, indem es die seiner Botschaft angemessenen Aussagen an der Fassungskraft seiner Zuhörer und ihrem Nutzen ausgerichtet hat. Und generell wird über die Art und Weise einer solchen Verkündigung der göttlichen Wahrheiten im Buch Deuteronomium Folgendes gesagt: ‚Der Herr, dein Gott, hat sich dir angepasst, wie wenn ein Mensch sich seinem Sohn anpasst‘ (Dtn. 1,31). Indem das Wort sich gleichsam der Art des Menschen zum Nutzen der Menschen anpasst, verwendet es solche Ausdrücke. Denn die Masse hatte kein Bedürfnis danach, dass Gott, wenn er zu ihnen persönlich spricht, seine Worte an sie

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Denn wenn wir das würdevolle Benehmen des erwachsenen Mannes beibehalten und uns, wenn wir mit Kindern reden, nicht auf ihre Sprechweise einlassen, ist es nicht möglich, dass die Kinder uns verstehen. Etwas Derartiges denke mir auch von Gott, wenn er sich um das Menschengeschlecht und besonders um die noch unmündigen Menschen kümmert.674 Sieh, wie auch wir Erwachsene gegenüber kleinen Kindern die Wörter verändern und ihnen das Brot eigens benennen, aber auch für das Trinken ein anderes Wort gebrauchen, indem wir nicht die Sprache der Erwachsenen verwenden, die wir verwenden, wenn wir uns mit Erwachsenen unterhalten, sondern eine andere Sprechweise, die der Kinder und Säuglinge. Auch wenn wir den Kindern die Kleidungsstücke benennen, geben wir ihnen andere Bezeichnungen, indem wir ein Kinderwort bilden. Sind wir dann also nicht mehr Erwachsene? Und wenn einer hört, wie wir uns mit Kindern unterhalten, wird er dann sagen, dass dieser Alte verrückt geworden ist, dieser Mann seinen Bart, sein Mannesalter vergessen hat? Oder wird ihm den Umständen entsprechend zugestanden, dass er sich in der Unterhaltung mit einem Kind nicht der Ausdrucksweise der Alten noch der Erwachsenen bedient, sondern der Kinder? In der Tat redet auch Gott mit Kindern. „Siehe“, sagt sogar der Erlöser, „ich und die Kinder, die mir Gott gegeben hat.“a Zu dem Alten, der mit einem Kind in der Art eines Kindes spricht, oder, um mich noch nachdrücklicher auszudrücken, in der Art eines Säuglings,675 könnte man wohl sagen: Du hast dich deinem Sohn angepasst, du hast Art des Säuglings übernommen und seine Beschaffenheit angenommen. So verstehe mir also auch die Schrift, wenn sie sagt: „Der Herr, dein Gott, hat sich an dich angepasst, wie wenn ein Mensch sich seinem Sohn anpasst.“ b Und weil die Übersetzer aus dem Hebräischen den vorliegenden Ausdruck im Griechischen nicht gefunden haben, haben sie anscheinend wie in vielen anderen Fällen auch diesen neu gebildet und die Formulierung geschaffen: „Der Herr, dein Gott, hat sich an dich angepasst – das heißt deine Art übernommen –, wie wenn ein Mensch sich – nach dem Beispiel, das ich gegeben habe – seinem Sohn anpasst.“676 Weil wir also Reue zeigen, sagt Gott, wenn er sich an uns, die wir in Entsprechung zu seinem wahren Wesen wählt.“ Übersetzung: Barthold, FC 50/3, 809 (teils stark modifiziert). 675 Das Adverb βρεφωδῶς ist ein Neologismus des Origenes: Perrone, Approximations origéniennes 369 Anm. 19. Siehe dazu oben S. 122 Anm. 37. 676 Origenes liest mit dem Codex Vaticanus τροποφορεῖν, nicht τροφοφορεῖν („mit Nahrung versorgen“) wie die anderen Handschriften. Die Form entspricht nur zum Teil dem Hebräischen ‫( נשאך‬nas’acha) („er hat dich getragen“) in Dtn. 1,31. Denn das Compositum τροποφορεῖν bedeutet wörtlich, den τρόπος, die „Art“ eines anderen zu tragen, auf sich zu nehmen (ihn also zu ertragen). Sowohl τροποφορεῖν als auch τροφοφορεῖν sind Wortprägungen, die vor der Septuaginta nicht belegt sind. So ist die Bemerkung des Origenes über die Übersetzer des Alten Testaments zu verstehen, sie hätten ein neues Wort gebildet.

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ἡμεῖς μετανοοῦμεν, ὅταν ἡμῖν διαλέγηται μετανοοῦσιν ὁ θεὸς λέγει· Μετα­ νοῶ, καὶ ἀπειλῶν ἡμῖν οὐ προσποιεῖται προγνώστης εἶναι, ἀλλ̓ ὡς βρέφε­ σι λαλῶν ἀπειλεῖ. Οὐ προσποιεῖται ὅτι προέγνω „τὰ πάντα πρὶν γενέσεως αὐτῶν“,a ἀλλ̓ ὡς, ἵν̓ οὕτως ὀνομάσω, ὑποκρινόμενος τὸ βρέφος προσποι­ εῖται μηδὲ εἰδέναι τὰ μέλλοντα. Καὶ ἀπειλεῖ γοῦν ἔθνει διὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτοῦ καὶ || λέγει· Ἐὰν μετανοήσῃ τὸ ἔθνος, κἀγὼ μετανοήσω. Ὦ θεέ· ἆρα ὅτε ἠπείλεις, οὐκ ᾔδεις πότερον μετανοήσει τὸ ἔθνος ἢ οὐ μετανοήσει; Τί δέ; Ὅτε ἐπηγγείλω, οὐκ ᾔδεις πότερον μενεῖ ἄξιος τῶν ἐπαγγελιῶν ὁ ἄν­ θρωπος, ἢ τὸ ἔθνος, πρὸς ὃν ὁ λόγος, ἢ οὐ μενεῖ; Ἀλλ̓ οὐ προσποιεῖται. Καὶ τοιαῦτα πολλὰ εὕροις ἀνθρωπικὰ ἐν τῇ γραφῇ, ὡς καὶ τὸ „Λάλησον τοῖς υἱοῖς Ἰσραήλ· ἴσως ἀκούσονται καὶ μετανοήσουσι.“ b Τοῦτο οὐχ ὁ θεὸς εἴρηκε τὸ „ἴσως ἀκούσονται“· οὐ γὰρ διστάζει ὁ θεός, ἵνα λέγῃ τὸ „ἴσως ἀκούσονται καὶ μετανοήσουσιν“, ἀλλ̓ ἵνα ἐπὶ πολὺ ἐμφήνῃ σου τὸ αὐτεξούσιον καὶ μὴ εἴπῃς· Εἰ προέγνω με ἀπολλύμενον ἀπολέσθαι με δεῖ, εἰ προέγνω με σωθησόμενον σωθήσεσθαι πάντως με χρή. Οὐ προσποιεῖται οὖν τὸ περὶ τοῦ ἐπὶ σοὶ μέλλοντος εἰδέναι, ἵνα τηρήσῃ σου τὸ αὐτεξούσιον τῷ μὴ προειληφέναι μηδὲ προεγνωκέναι, πότερον με­ τανοήσεις ἢ μή. Καὶ λέγει πρὸς τὸν προφήτην· „Λάλησον, ἴσως μετανοή­ σουσι.“ Τοιαῦτα γὰρ ἄλλα μυρία εὑρήσεις λεγόμενα περὶ τοῦ θεοῦ τροπο­ φοροῦντος τὸν ἄνθρωπον. Ἐὰν ἀκούσῃς θυμὸν θεοῦ καὶ ὀργὴν αὐτοῦ, μὴ νόμιζε τὴν ὀργὴν καὶ τὸν θυμὸν πάθη εἶναι θεοῦ. Οἰκονομίαι χρήσεως λέ­ ξεών εἰσι πρὸς τὸ βρέφος ἐπιστρέψαι καὶ βελτιωθῆναι· ἐπεὶ καὶ ἡμεῖς τοῖς παιδίοις πρόσωπον ποιοῦμεν οὐκ ἀπὸ διαθέσεως ἀλλὰ κατ̓ οἰκονομίαν a

Sus. 35a LXX (42 Theodotion)

b

Jer. 33(26),2f.

8. 9  μενεῖ Kl μένει S 10  ἂν Kl (nicht Nt) 12  ὡς διστάζων Kl 14  ἐμφήνῃ Kl ἐμφανῆ S οἰκονομία S 22  τὸ2 Gh

11  μετανοήσουσι Scorr. μετανοσουσι S* 17  τῷ Co τὸ S 21  οἰκονομίαι Co

677 Zu dieser dezidiert antideterministischen und antiprädestinatorischen freiheitstheo-

logischen Deutung des Origenes siehe das Hieronymus-Zitat oben S. 439 Anm. 654. In seinem Genesiskommentar erklärt Origenes mit Bezug auf dieselbe Stelle aus Jer. 33(26),3 ausführlich, inwiefern das Vorherwissen für die Menschen schädlich sein könnte: in Gen. frg. D 7 Metzler (OWD 1/1, 88). Auch im Römerbriefkommentar diskutiert er das Problem ausführlich: philoc. 25 (SC 226, 212–233). Schadel, BGrL 10, 321 Anm. 215, erläutert, weshalb Erlösung in Freiheit nur so erfolgen kann, dass die Selbstbestimmung des Menschen in diesem Prozess gewahrt bleibt: „Käme in den biblischen Texten in Adäquation zum göttlichen Wesen, das sich darin verkünden will, nichts anderes als dessen absolute Entschlossenheit zum Ausdruck, so würden die Menschen, die noch nicht zur Kraft der selbstmächtigen Freiheit, die in Gott ist, gekommen sind, überfordert sein. Sie würden, erschreckt und gelähmt, dem Quietismus verfallen. Gottes Wesen würde sie überwältigen, aber nicht überzeugen. Es wäre kein Raum und keine Gelegenheit zu selbstständiger Einsicht in die göttliche Wesensfülle gegeben.“ Er verweist dazu neben in Hier. hom. 17,4 (GCS Orig. 32, 148) auf princ.

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Reue zeigen, wendet: Es gereut mich. Und wenn er uns droht, erweckt er nicht den Eindruck, als würde er um die Dinge im Voraus wissen, sondern er droht, als würde er zu kleinen Kindern sprechen. Er erweckt nicht den Eindruck, als würde er „alles“ vorherwissen, „ehe es ins Dasein tritt“,a vielmehr erweckt er, als würde er sozusagen ein kleines Kind spielen, den Eindruck, die Zukunft nicht zu kennen. Jedenfalls droht er dem Volk wegen seiner Sünden und sagt:Wenn das Volk Reue zeigen wird, wird es auch mich gereuen. Gott! Du, als du drohtest, wusstest du nicht, ob das Volk Reue zeigen würde oder keine Reue zeigen würde? Was denn? Als du eine Verheißung aussprachst, wusstest du nicht, ob der Mensch oder das Volk, dem das Wort galt, der Verheißungen würdig bleiben würde oder nicht bleiben würde? Den Eindruck erweckt er aber nicht. Und derart menschliche Dinge dürftest du viele in der Schrift finden, zum Beispiel auch den Satz: „Sprich zu den Söhnen Israels! Vielleicht werden sie hören und Reue zeigen.“ b Dieses „vielleicht werden sie hören“ hat Gott nicht gesagt, . Denn Gott zweifelt nicht, um zu sagen: „Vielleicht werden sie hören und Reue zeigen“, sondern um in aller Deutlichkeit deine Selbstbestimmung zu erweisen und du nicht sagst: Wenn er im Voraus weiß, dass ich verloren gehe, muss ich verloren gehen; wenn er im Voraus weiß, dass ich gerettet werde, muss ich auf jeden Fall gerettet werden. Er erweckt daher nicht den Eindruck, das auf dich Zukommende zu wissen, um deine Selbstbestimmung zu wahren, ohne vorweggenommen oder vorhergewusst zu haben, ob du Reue zeigen wirst oder nicht.677 Und er sagt zum Propheten: „Sprich, vielleicht werden sie Reue zeigen.“ Du wirst nämlich tausend andere derartige Stellen finden, die davon reden, wie Gott sich dem Menschen anpasst. Wenn du von Erregung Gottes und von seinem Zorn hörst, denke nicht, der Zorn und die Erregung seien Affekte Gottes.678 Es sind Anpassungsformen im Sprachgebrauch, um kleine Kind zur Umkehr zu bewegen und zu bessern. Denn auch wir machen den Kindern ein furchterregendes Gesicht nicht aufgrund unseres GemütsII 1,2 (GCS Orig. 5, 108); III 1,19 (5, 232); in Hiez. hom. 1,3 (GCS Orig. 8, 326) und auch auf Platons Bemerkung in polit. X 15, 617e, dass „die Tugend herrenlos ist“, also in der Selbstbestimmung jedes Einzelnen liegt. 678 Ebenso in Ioh. frg. 51 (GCS Orig. 4, 526); Cels. IV 72 (GCS Orig. 1, 341): „Der Zorn Gottes ist keine Leidenschaft“; in Regn. frg. 4 (GCS Orig. 32, 296): „Zorn Gottes wird die Züchtigung von Leuten genannt, die sich verfehlen, nicht eine Leidenschaft.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 257. In Num. hom. 23,2 (GCS Orig. 7, 213f.) erläutert Origenes, dass Gefühlsregungen wie Trauer, Freude oder Hass bei Gott „im übertragenen Sinn und nach menschlicher Gepflogenheit“ (tropice et humano more) aufzufassen sind, „da die göttliche Natur weit von jeglichem Affekt einer leidenschaftlichen Empfindung und ihrer Wandlung entfernt ist, weil in ihm die höchste Glückseligkeit immer unveränderlich und unerschütterlich andauert“. Siehe auch Koch, Pronoia und Paideusis 116. 140f.; de Lubac, Geist aus der Geschichte 298f.

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φοβερόν. Ἐὰν τηρήσωμεν τὸ ἵλεων τῆς ψυχῆς πρὸς τὸ βρέφος ἐν τῷ προσ­ ώπῳ ἡμῶν, καὶ τὴν φιλοστοργίαν ἣν ἔχομεν πρὸς αὐτὸ ἐμφήνωμεν, μὴ διαστρέψαντες ἑαυτοὺς μηδὲ οἱονεὶ μεταβαλόν||τες πρὸς τὴν ἐκείνου ἐπι­ στροφήν, ἀπόλλυμεν αὐτὸ καὶ χεῖρον ποιοῦμεν. Οὕτως οὖν ὁ θεὸς καὶ ὀρ­ γίζεσθαι λέγεται καὶ θυμοῦσθαί φησιν, ἵνα ἐπιστρέψῃς καὶ βελτιωθῇς. Καὶ ἀληθῶς οὐκ ὀργίζεται μὲν οὐδὲ θυμοῦται· σὺ δὲ πείσῃ τὰ τῆς ὀργῆς καὶ τὰ τοῦ θυμοῦ, γενόμενος ἐν δυσυπομονήτοις διὰ τὴν κακίαν πόνοις, ἐπὰν παιδεύῃ τῇ λεγομένῃ ὀργῇ τοῦ θεοῦ. 7. Ἑξῆς μετὰ τὸν περὶ τῶν δύο ἐθνῶν λόγον, τοῦ προτέρου ᾧ ἀπειλὴ δίδοται, καὶ τοῦ δευτέρου ᾧ ἡ ἐπαγγελία δίδοται, φησίν (εἶπε δη­ λονότι τοῖς προτέροις)· „Καὶ νῦν εἶπον πρὸς ἄνδρας Ἰούδα καὶ | πρὸς τοὺς κατοικοῦντας Ἱερουσαλήμ· Οὕτως λέγει κύριος· Ἰδοὺ ἐγὼ πλάσσω ἐφ̓ ὑμᾶς κακά.“a Ὅτι ἐν τῇ χειρί μου ταῦτά ἐστιν ἃ πλάσσω ἐφ̓ ὑμᾶς, δύναται διαπεσεῖν. Ποιήσατε ταῦτα διαπεσεῖν ἀπὸ τῆς χειρός μου, ἵνα ἃ πλάσσω ἐφ̓ ὑμᾶς κακὰ μεταβάλω καὶ ποιήσω ἀγαθά. Οὐκ ἂν εὕροις· Ἰδοὺ πλάσσω ἐφ̓ ὑμᾶς ἀγαθὰ καὶ τὰ ἀνὰ λόγον αὐτῶν λεγόμενα ἑξῆς, ἵνα μετὰ τοῦτο ἐμφήνῃ ὅτι ἃ πλάσσει ἀγαθὰ ἀπολύει ἀπὸ τῶν χειρῶν, ἵνα ποιήσῃ αὐτὰ κακά. Ἀλλὰ πλάσσει κακὰ κατὰ τὸ εἰρημένον παράδειγμα, καὶ πλάσσων κακὰ οἰκονομεῖ (χωρὶς τῆς ἑρμηνείας τῆς ἀποδεδομένης εἰς τὸ „Ἔπεσεν ἀπὸ τῶν χειρῶν μου“ b), ἵνα ἐὰν πέσῃ, καὶ τὸ τέλος τῶν πλασσομένων κακῶν οὐκ οἶδα ποταπὸν γένηται. 8. „Ἀποστραφήτω δὴ ἕκαστος ἀπὸ τῆς ὁδοῦ αὐτοῦ τῆς πονηρᾶς, καὶ καλλίονα ποιήσατε τὰ ἐπιτηδεύματα ὑμῶν.“ c Ἔσθ̓ ὅτε οἱ ἀκεραιότεροι λέγουσι· Μακάριοι οἱ παλαιότεροι ἄνθρωποι, || ὅτι ἤκουσαν τοῦ κυρίου διὰ τοῦ προφήτου λέγοντος καὶ ἐλάλησεν αὐτοῖς κύριος. Καὶ πρὸς λέγει νῦν κύριος διὰ τῶν γεγραμμένων τὸ „Ἀποστραφήτωσαν ἕκαστος ἀπὸ τῆς ὁδοῦ αὐτοῦ τῆς πονηρᾶς“· αὐτὸς ὁ κύριος διαλέγεταί σοι φάσκων· „Καὶ καλλίονα ποιήσατε τὰ ἐπιτηδεύματα ὑμῶν.“ Ἀλλ̓ ἀπεκρίναντο οὗτοι πρὸς οὓς οἱ προτρεπτικοὶ περὶ μετανοίας εἴρηνται λόγοι, καὶ ἴδωμεν τί a

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b

Jer. 18,3

c

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1  ἵλεων edd. ἵλεω S 4  χεῖρον V χείρω S 9  ἡ Kl 17  ἀπολύει C Gh Co ἀπολλύει S 25  πρὸς C ὡς S

16  λεγόμενα Gh λεγομένοις S 25  ἡμᾶς C

679 Dieses Adjektiv ist zuerst bei Philon belegt: sacr. Abel. 30 (I p. 214 Cohn/Wend-

land); Abr. 185 (IV p. 42); spec. leg. II 90 (V p. 108); virt. 5 (V p. 267); praem. poen. 145 (V p. 370). 680 Oben in Hier. hom. 18,3 (GCS Orig. 32, 153f.) hat Origenes den Anfang dieses Prozesses des ‚den Händen Gottes Entfallens‘ so erklärt, dass dies aus der freien Selbstbestimmung des Menschen heraus geschieht. Das kann man mit Nautin, SC 238, 205 Anm. 3, auf den Fall der Seelen beziehen, doch sagt Origenes das dort nicht explizit. 681 Nach dem Beginn des Prozesses des Abfalls von Gott, von dem gerade in der Parenthese die Rede war, spricht Origenes dessen Ende an, das mit dem Ende des Bösen koinzidiert, und sagt dazu, dass er nicht weiß, auf welche Weise es eintreten wird.

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zustands, sondern aus Fürsorge. Wenn wir das heitere Wohlwollen gegenüber dem kleinen Kind in unserem Gesicht bewahren und die zärtliche Liebe, die wir zu ihm hegen, zeigen, ohne uns um seiner Bekehrung willen zu verändern oder gleichsam zu verwandeln, verderben wir es und machen es schlechter. Im selben Sinn also wird gesagt, Gott zürne, und heißt es, er sei erregt, damit du dich bekehrst und besserst. In Wahrheit zürnt er weder noch erregt er sich, du aber wirst unter den Folgen des Zorns und der Erregung leiden, wenn du wegen deiner Schlechtigkeit in unerträgliche679 Pein geraten bist, falls du von dem so genannten Zorn Gottes erzogen wirst. 7. Im Folgenden, nach der Aussage über die zwei Völker – das frühere, an das Drohung gerichtet ist, und das zweite, an das die Verheißung gerichtet ist –, heißt es (er sprach offenbar zu den früheren): „Und jetzt sprich zu den Männern von Juda und zu den Einwohnern von Jerusalem: So spricht der Herr: Siehe, ich bereite Böses gegen euch.“a Weil ich in meiner Hand habe, was ich gegen euch bereite, kann es entgleiten. Sorgt dafür, dass es meiner Hand entgleitet, damit ich das Böse, das ich gegen euch bereite, umforme und zu Gutem mache. Du dürftest wohl nicht finden: Siehe, ich bereite Gutes gegen euch und das dementsprechend daraufhin Gesagte, auf dass es danach so aussieht, als gehe das Gute, das er bereitet, aus seinen Händen verloren, damit er es zu Bösem mache. Nein, er bereitet Böses gemäß dem erwähnten Beispiel, und indem er Böses bereitet, arbeitet er an seinem Heilsplan – abgesehen von der Erklärung, die zu der Aussage gegeben wurde: „Es entfiel meinen Händen“ b680 –, damit, wenn es fällt, auch das Ende des bereiteten Bösen, ohne dass ich wüsste wie, eintritt.681 8. „Jeder Einzelne soll sich also von seinem bösen Weg abwenden, und ihr sollt eure Handlungsweisen besser machen.“ c Manchmal sagen die einfacheren Leute:682 Selig sind die Menschen von damals, weil sie den Herrn durch den Propheten reden hörten und der Herr zu ihnen sprach. Auch zu spricht der Herr jetzt durch die geschriebenen Worte: „Jeder Einzelne soll sich von seinem bösen Weg abwenden.“ Der Herr selbst spricht dich an, indem er sagt: „Und ihr sollt eure Handlungsweisen besser machen.“ Doch die Leute, zu denen die ermahnenden Worte über die Reue gesprochen wurden, gaben eine Antwort, und wir wollen sehen, was sie antworteten, damit wir Nautin, SC 238, 205, fasst τέλος als „Effekt“ des Bösen im Sinne des in Hier. hom. 18,6 (GCS Orig. 32, 157f. 159) zum Ausdruck πέρας Erläuterten auf und ergänzt ein μή zu γένηται (vgl. GCS Orig. 32, 363), das er fälschlich auf οὐκ οἶδα ποταπὸν bezieht statt korrekt auf ἵνα: „… s’ils tombent, l’effet combien redoutable des maux préparés ne se réalise pas.“ 682 Die „einfacheren Leute“ (οἱ ἀκεραιότεροι, simpliciores) sind die Christen schlichten Glaubens, die sich mit einem wörtlichen Verständnis der Schrift zufriedengeben, ohne nach einer tieferen Deutung zu suchen. Vgl. z.B. princ. IV 3,3 (GCS Orig. 5, 327); in Matth. comm. XVI 4 (GCS Orig. 10, 473), ferner unten in Hier. hom. 19,2(18,12) (GCS Orig. 32, 168).

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ἀπεκρίναντο, ἵνα μὴ καὶ ἡμεῖς τοιαῦτα ἀποκρινώμεθα. Τί οὖν ἀποκρινόμε­ νοι λέγουσιν; „Ἀνδρειούμεθα, ὅτι ὀπίσω τῶν ἀποστροφῶν ἡμῶν πορευσό­ μεθα, καὶ ἕκαστος τὰ ἀρεστὰ τῆς καρδίας αὐτοῦ τῆς πονηρᾶς ποιήσομεν.“a Καὶ ἂν μὴ ταῖς λέξεσιν εἴπητε, ὁ δὲ βίος ὑμῶν τοιοῦτος ᾖ ὡς ἁμαρτάνειν, δυνάμει λέγετε καὶ ὑμεῖς διὰ τῶν πονηρῶν πράξεων μετὰ τοὺς προτρεπτι­ κοὺς λόγους τὸ „Ἀνδρειούμεθα, ὅτι ὀπίσω τῶν ἀποστροφῶν ἡμῶν πορευ­ σόμεθα, καὶ ἕκαστος τὰ ἀρεστὰ τῆς καρδίας αὐτοῦ τῆς πονηρᾶς ποιήσο­ μεν“. Τί δὲ τὸ „Ὀπίσω τῶν ἀποστροφῶν ἡμῶν πορευσόμεθα“; Οἱ ἀρξάμενοι βάλλειν ἐπ̓ ἄροτρον τὴν χεῖρα b καὶ τοῖς ἔμπροσθεν ἐπεκτεινόμε­ νοι ἐν τῷ ἀροτριᾶν, τῶν δὲ ὄπισθεν ἐπιλανθανόμενοι, c ἀπεστράφησαν τὰ φαῦλα. Ἐπὰν οὖν τις βαλὼν ἐπ̓ ἄροτρον τὴν χεῖρα στραφῇ εἰς τὰ ὀπίσω, d ὀπίσω τῶν ἀποστροφῶν αὐτοῦ πορεύσεται· ὀπίσω γὰρ πορεύσεται ἐκείνων ἃ ἀπεστράφη, καὶ | παλινδρομεῖ ἐπ̓ ἐκεῖνα ἃ καταλέλοιπεν ἁμαρ­ τήματα. Καὶ τῶν ἀκουόντων οὖν ταῦτα, εἴτε κατηχουμένων καταλιπόντων τὸν ἐθνικὸν βίον || εἴτε πιστῶν ἤδη προκεκοφότων ἐν τῷ τοῖς ἔμπροσθεν ἐπεκτείνεσθαι, εἰ ὁ βίος γένηται μοχθηρός, οὐδὲν ἄλλο λέγουσιν ἢ καὶ τὸ „Ὀπίσω τῶν ἀποστροφῶν ἡμῶν πορευσόμεθα, καὶ ἕκαστος τὰ ἀρεστὰ τῆς καρδίας αὐτοῦ“ οὐχ ἁπλῶς, ἀλλὰ „τῆς πονηρᾶς ποιήσομεν“. e Ἔστι γὰρ καρδία πονηρὰ καὶ ἔστι καρδία ἀγαθή. Μηδεὶς οὖν „ὀπίσω τῶν ἀπο­ στροφῶν“ ἑαυτοῦ πορευέσθω μηδὲ „τὰ ἀρεστὰ τῆς καρδίας αὐτοῦ τῆς πονηρᾶς“ ποιείτω. „Διὰ τοῦτο“ πρὸς τοὺς ταῦτα ἀποκρινομένους „λέγει κύριος· Ἐρωτή­ σατε δὴ ἐν ἔθνεσι· Τίς ἤκουσε τοιαῦτα φρικτὰ ἃ ἐποίησε σφόδρα παρθένος Ἰσραήλ;“ f Δόξει δὲ καὶ ταῦτα ἁπλῶς εἰρῆσθαι. Ἀλλ̓ ἐὰν ἡ ἀπὸ τῶν ἐθνῶν ἐκκλησία ὃν δεῖ τρόπον ἐπιστραφῇ πρὸς τὸν θεόν, λεχθήσεται· „Ἐρωτήσα­ τε δὴ ἐν ἔθνεσιν· Ἀκούσατε ἃ ἐποίησε φρικτὰ σφόδρα παρθένος Ἰσραήλ.“ Βίον γὰρ συγκρίνωμεν ἐκείνων τῶν ἡμαρτηκότων τῷ βίῳ τῶν ἐπιστρεψάν­ των καὶ πιστευσάντων, καὶ εἰσόμεθα ὅτι ἐκεῖνοι μὲν φρικτὰ πεποιήκασι „τὸν κύριον τῆς δόξης“ g ἀποκτείναντες, οὗτοι δέ, ἐκείνων φρικτὰ ποιησάν­ των, ἐπέστρεψαν πρὸς αὐτόν, ὑπὲρ τῶν ἁμαρτημάτων τοῦ κόσμου ὑπ̓ ἐκείνων ἀναιρεθέντα καὶ ἀποθανόντα. „Ἐρωτήσατε“ οὖν „ἐν ἔθνεσι· Τίς ἤκουσε τοιαῦτα φρικτὰ ἃ ἐποίησε σφόδρα παρθένος Ἰσραήλ;“ h 9. „Μὴ ἐκλείψουσιν ἀπὸ πέτρας μαστοί, ἢ χιὼν ἀπὸ τοῦ Λιβάνου; ῍Η ἐκκλινεῖ ὕδωρ βιαίως ἀνέμῳ φερόμενον; Ὅτι ἐπελάθετό μου ὁ λαός μου, εἰς κενὸν ἐθυμίασαν, καὶ ἀ||σθενήσουσιν ἐν ταῖς ὁδοῖς αὐτῶν σχοίνους αἰωνίους a

Jer. 18,12 Jer. 18,13

h

b

Lk. 9,62

c

Phil. 3,13

d

Lk. 9,62

e

Jer. 18,12

f

Jer. 18,13

g

1 Kor. 2,8

2  ἀποστροφῶν Gh ἐπιστροφῶν S 4  ᾖ Del ἦν S 13  παλινδρομεῖ Gh παλινδρομιεῖ S 14  καταλιπόντων Gh Co καταλιπόντες S 16  γεγένηται Bl Koe 20  ἑαυτοῦ S1 αὐτοῦ S* 25  ἐπιστραφῇ Bl Koe ἐπιστραφείη S 27  συγκρίνωμεν Gh συγκρίνομεν S 28  εἰσόμεθα Kl ἰσόμεθα S 33  μαστοί Gh μασθοί S

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nicht auch etwas Ähnliches zur Antwort geben. Was also sagen sie als Antwort? „Wir wollen uns wie Männer benehmen, weil wir unseren Abirrungen nachgehen werden und jeder von uns das tun wird, was seinem eigenen bösen Herzen gefällt.“a Und wenn ihr keine Worte benutzen würdet, eure Lebensweise aber eine solche wäre, dass ihr sündigt, gebt auch ihr faktisch durch die bösen Taten auf die ermahnenden Worte zur Antwort: „Wir wollen uns wie Männer benehmen, weil wir unseren Abirrungen nachgehen werden und jeder von uns das tun wird, was seinem eigenen bösen Herzen gefällt.“ Was bedeutet: „Wir werden unseren Abirrungen nach­gehen“? Diejenigen, die begonnen haben, die Hand an den Pflug zu legen,b und sich beim Pflügen nach dem ausstrecken, was vor ihnen liegt, aber vergessen, was hinter ihnen liegt,c haben sich vom Schlechten abgewandt. Wenn also einer die Hand an den Pflug legt, sich aber nach hinten wendet,d wird er seinen Abirrungen nachgehen. Denn er wird nach hinten gewandt dem nachgehen, wovon er sich abgewandt hat, und läuft wieder jenen Sünden nach, die er hinter sich gelassen hat.Wenn nun die Lebensweise derer, die dies hören – seien sie Katechumenen, die die heidnische Lebensweise verlassen haben, seien sie Gläubige, die schon Fortschritte darin gemacht haben, sich nach vorne auszustrecken –, verwerflich geworden ist, sagen sie nichts anderes als ebenfalls dies: „Wir werden unseren Abirrungen nachgehen, und jeder von uns wird das tun, was“ nicht einfach „dem eigenen“, sondern „dem eigenen bösen Herzen gefällt.“ e Denn es gibt ein böses Herz und es gibt ein gutes Herz. Niemand also soll seinen „Abirrungen nachgehen“ noch das tun, „was dem eigenen bösen Herzen gefällt“. „Deshalb spricht der Herr“ zu denen, die diese Antwort geben: „Fragt doch unter den Heidenvölkern: Wer hat derart schauderhafte Dinge gehört, wie die Jungfrau Israel sie so heftig getan hat?“ f Nur scheinbar ist auch dies in schlichtem Sinn gesagt. Doch wenn sich die Kirche aus den Heidenvölkern, wie es sich gehört, zu Gott bekehrt, wird gesagt werden: „Fragt doch unter den Heidenvölkern: Hört, welch schauderhafte Dinge die Jungfrau Israel so heftig getan hat.“ Wir wollen nämlich die Lebensweise jener, die Sünder geworden sind, mit der Lebensweise derer vergleichen, die sich bekehrt haben und zum Glauben gekommen sind, und wir werden erkennen, dass jene schauderhafte Dinge getat haben, da sie „den Herrn der Herrlichkeit“ g töteten, diese aber, während jene schauderhafte Dinge taten, sich zu dem bekehrt haben, der für die Sünden der Welt von jenen umgebracht und getötet worden ist.683 „Fragt“ also „unter den Heidenvölkern: Wer hat derart schauderhafte Dinge gehört, wie die Jungfrau Israel sie so heftig getan hat?“ h 9. „Werden etwa von einem Felsen die Brüste verschwinden oder der Schnee vom Libanon? Oder wird vom Wind gewaltsam bewegtes ­Wasser versiegen? Denn mein Volk hat mich vergessen, umsonst haben sie Weihrauch683 Zu diesem antijüdischen Vorwurf siehe oben S. 269 Anm. 322.

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τοῦ ἐπιβῆναι τρίβους οὐκ ἔχοντας ὁδὸν εἰς πορείαν, τοῦ τάξαι τὴν γῆν αὐτῶν εἰς ἀφανισμὸν καὶ σύριγμα αἰώνιον.“a Διαφορὰς ὑδάτων ἐνταῦθα εἴρηκε· πρῶτον μὲν ἐν τῷ „μὴ ἐκλείψουσιν ἀπὸ πέτρας μαστοί;“ δεύτερον δέ „ἢ χιὼν ἀπὸ Λιβάνου;“ τρίτον δὲ ἐν τῷ „μὴ ἐκκλινεῖ ὕδωρ βιαίως ἀνέμῳ φερόμενον;“ Ταῦτα τὰ τρία εἴδη τῶν ὑδάτων αἱ πηγαί εἰσι τῶν ὑδάτων, ἃς ἐπιποθεῖ ἡ ὡμοιωμένη τῇ ἐλάφῳ ψυχὴ τῶν δικαίων, ὥστ̓ ἂν ἕκαστον εἰπεῖν· „Ὃν τρόπον ἐπιποθεῖ ἡ ἔλαφος ἐπὶ τὰς πηγὰς τῶν | ὑδάτων, οὕτως ἐπιποθεῖ ἡ ψυχή μου πρὸς σέ, ὁ θεός.“ b Τίς οὖν ἔλαφος γεγένηται πολέμιος τῷ τῶν ὄφεων γένει, μηδὲν πάσχων ὑπὸ τοῦ ἰοῦ αὐτῶν, ὡς ἱστορεῖται περὶ τῆς ἐλάφου; Τίς οὕτως ἐδίψησε θεὸν ὥστ̓ ἂν εἰπεῖν· „Ἐδίψησεν ἡ ψυχή μου πρὸς τὸν θεὸν τὸν ζῶντα“; c Τίς οὕτως ἐδί­ ψησε τοὺς μαστοὺς τῆς πέτρας; „῾Η πέτρα δὲ ἦν ὁ Χριστός.“ d Τίς οὕτως ἐδίψησεν ἁγίου πνεύματος ὥστ̓ ἂν εἰπεῖν· „Ὃν τρόπον ἐπιποθεῖ ἡ ἔλαφος ἐπὶ τὰς πηγὰς τῶν ὑδάτων, οὕτως ἐπιποθεῖ ἡ ψυχή μου πρὸς σέ, ὁ θεός“; e Ἐὰν μὴ τὰς τρεῖς πηγὰς τῶν ὑδάτων διψήσωμεν, οὐδὲ μίαν πηγὴν τῶν ὑδάτων εὑρήσομεν. Ἔδοξαν δεδιψηκέναι μιᾶς πηγῆς τῶν ὑδάτων, τοῦ θεοῦ, Ἰουδαῖοι· ἐπειδὴ δὲ οὐκ ἐδίψησαν τὸν Χριστὸν καὶ τὸ ἅγιον πνεῦμα, οὐκ ἔχουσι πιεῖν οὐδὲ ἀπὸ τοῦ θεοῦ. Ἔδοξαν δεδιψηκέναι οἱ ἀπὸ τῶν αἱρέσεων Χριστὸν Ἰησοῦν· ἀλλ̓ ἐπεὶ οὐκ ἐδίψησαν τὸν πατέρα, ὄντα νόμου καὶ || προφητῶν θεόν, διὰ τοῦτο οὐ πίνουσιν οὐδὲ ἀπὸ Ἰησοῦ Χριστοῦ. Οἱ δὲ ἕνα μὲν τηροῦντες θεόν, ἐξουδενοῦντες δὲ τὰς προφητείας οὐκ ἐδίψη­ σαν τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον τὸ ἐν τοῖς προφήταις, διὰ τοῦτο οὐ πίονται οὐδὲ ἀπὸ τῆς πηγῆς τῆς πατρικῆς, οὐδὲ ἀπὸ τοῦ κεκραγότος ἐν τῷ ἱερῷ καὶ εἰρηκότος· „Ἐάν τις διψῇ, ἐρχέσθω πρός με καὶ πινέτω.“ f Οὐκ „ἐκλείπουσιν“ οὖν „ἀπὸ πέτρας μαστοί“. g Ἀλλ̓ ἐκεῖνοι „ἐγκατέλι­ πον πηγὴν ὕδατος ζωῆς“, h οὐ πηγὴ ὕδατος ζωῆς ἐγκατέλιπεν αὐτούς· καὶ γὰρ ἀπ̓ οὐδενὸς θεὸς μακρύνει ἑαυτόν, ἀλλ̓ „οἱ μακρύνοντες ἑαυτοὺς ἀπ̓ αὐτοῦ ἀπολοῦνται“· i ἐγγίζει μᾶλλον ὁ θεός τινων καὶ ἀπαντᾷ τῷ ἐρ­ χομένῳ πρὸς αὐτόν. ῾Ηνίκα γοῦν ὁ υἱὸς ὁ καταφαγὼν τὴν οὐσίαν ἐπανῆλ­ a

Jer. 18,14–16 bPs. 41(42),2 c Ps. 41(42),3 Jer. 18,14 hJer. 2,13 i Ps. 72(73),27

g

4  ἐν τῷ1 Kl 6  τῇ Gh τῷ S C Co οὔτε S 27  ὁ Kl

d

1 Kor. 10,4

7  ἡ Scorr. (fehlt in S*)

e

Ps. 41(42),2

16  πηγῆς Scorr. ηγῆς S*

f

Joh. 7,37 23  οὐδὲ

684 Diese in der Antike verbreitete Legende erläutert Origenes, in Cant. hom. 2,11

(OWD 9/2, 128): „Der Hirsch ist der Feind der Schlangen und bekämpft sie so, dass er sie mit dem Atem seiner Nüstern aus den Höhlen herauszieht, ihr verderbliches Gift unschädlich macht und sie mit Vergnügen auffrisst.“ Übersetzung: Fürst/ Strutwolf, OWD 9/2, 129. Vgl. ferner in Matth. comm. XI 18 (GCS Orig. 10, 66); Cels. II 48 (GCS Orig. 1, 170). Bei antiken Autoren, auf die Origenes sich bezieht, ist sie zu finden bei Aelian, nat. anim. II 9, und Plinius, nat. hist. VIII 115; sie hat auch in den Physiologus Eingang gefunden: physiol. 30 (p. 260 Lauchert). Siehe dazu von

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opfer dargebracht, und sie werden auf ihren Wegen endlose Strecken dahinwanken, um auf Pfaden zu gehen, die keinen gangbaren Weg haben, um ihr Land der Vernichtung und endlosem Spott auszusetzen.“a Hier ist von verschiedenen Sorten von Wasser die Rede. Erstens in der Frage: „Werden etwa von einem Felsen die Brüste verschwinden?“, zweitens : „oder der Schnee vom Libanon?“, drittens in: „Wird etwa vom Wind gewaltsam bewegtes Wasser versiegen?“ Diese drei Sorten von Wasser sind die Wasserquellen, nach denen sich die Seele der Gerechten, die dem Hirsch gleicht, sehnt, so dass jeder einzelne sagt: „Wie der Hirsch sich nach den Wasserquellen sehnt, so sehnt sich meine Seele nach dir, o Gott.“ b Wer ist nun ein Hirsch geworden, der Feind aller Schlangen, der von ihrem Gift keinen Schaden erleidet, wie vom Hirsch berichtet wird?684 Wer dürstete derart nach Gott, dass er sagen würde: „Meine Seele dürstete nach dem lebendigen Gott“? c Wer dürstete derart nach den Brüsten des Felsens? „Der Fels aber war Christus.“ d Wer dürstete derart nach dem Heiligen Geist, dass er sagen würde: „Wie der Hirsch sich nach den Wasserquellen sehnt, so sehnt sich meine Seele nach dir, o Gott“? e Wenn wir nicht nach den drei Wasserquellen dürsten, werden wir keine einzige Wasserquelle finden. Die Juden schienen nach der einen Wasserquelle gedürstet zu haben, nach Gott. Da sie aber nicht nach Christus und dem Heiligen Geist dürsteten, können sie auch nicht aus Gott trinken.685 Die Anhänger der Häresien686 schienen nach Christus Jesus gedürstet zu haben. Da sie aber nicht nach dem Vater, der der Gott des Gesetzes und der Propheten ist, dürsteten, deshalb trinken sie auch nicht aus Jesus Christus. Diejenigen aber, die zwar den einen Gott bewahren, die prophetischen Worte aber verachten, dürsteten nicht nach dem Heiligen Geist in den Propheten. Deshalb trinken sie weder aus der väterlichen Quelle noch aus dem, der im Heiligtum laut rief und sagte: „Wer Durst hat, der komme zu mir und trinke!“ f Die „Brüste von einem Felsen verschwinden“ also nicht.g Doch jene „haben die Quelle des Wassers des Lebens verlassen“,h nicht die Quelle des Wassers des Lebens hat sie verlassen. Denn Gott entfernt sich von niemandem, sondern „die, die sich von ihm entfernen, werden zugrundegehen“.i687 Gott kommt vielmehr einigen nahe und geht dem entgegen, der zu ihm kommt. Als jedenfalls der Sohn, der sein Vermögen aufgezehrt hatte, zurückkehrte, Harnack, Ertrag II, 100; Lauchert, Physiologus 27. 70f.; Neuschäfer, Origenes als Philologe 194. Viele weitere Belege aus paganer, jüdischer und christlicher Literatur und Kunst bei Domagalski, Hirsch 151–160. 685 In ähnlicher Weise deutet Origenes, in Num. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 94f.), den Ausdruck „Quelle deiner Brunnen“ in Spr. 5,15 auf Einheit und Vielheit in der Trinität. 686 Zu den markionitischen und gnostischen Häretikern, die Origenes hier im Auge hat, siehe oben S. 138 Anm. 76. Siehe auch de Lubac, Geist aus der Geschichte 67. 687 Diese Erklärung entspricht der freiheitstheologischen Deutung, die Origenes, in Hier. hom. 18,3 (GCS Orig. 32, 153f.), zu Jer. 18,3f. gegeben hat. Siehe dazu oben S. 436 Anm. 648.

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θεν, ἀπήντησεν αὐτῷ ὁ πατήρ.a Καὶ ἐπαγγέλλεται διὰ τῶν προφητῶν λέγων· „Ἐγγιῶ αὐτοῖς ἢ ὁ χιτὼν τοῦ χρωτὸς αὐτῶν.“ „Θεὸς“ γάρ φησιν „ἐγγίζων ἐγώ εἰμι, καὶ οὐχὶ θεὸς πόρρωθεν, λέγει κύριος.“ b Οὐκ „ἐκλείψου­ σιν“ οὖν „ἀπὸ πέτρας μαστοί“, τὰ ὕδατα τοῦ Ἰησοῦ, „ἢ χιὼν ἀπὸ τοῦ Λιβάνου“, c τὰ ὕδατα | τὰ πατρικά. Καὶ λίβανος γὰρ τὸ θυμίαμα ἱερόν ἐστι κατὰ τὸν νόμον τοῦ θεοῦ, καὶ προσφέρεται ἐπὶ τὸ θυσιαστήριον λίβανος διαφανής, ἴσος ἴσῳ. d Καὶ ὁμώνυμον τὸ ὄρος τούτῳ τῷ λιβάνῳ, καὶ ἔστι χιὼν ἀπὸ τοῦ Λιβάνου κατερχομένη, ὃν τρόπον τὸ ὕδωρ τοῦ ἁγίου πνεύματος, περὶ οὗ λέγεται· „Μὴ ἐκκλινεῖ ὕδωρ βιαίως ἀνέμῳ φερόμενον;“ e Καὶ γὰρ ἀνέμῳ φέρεται. Οὐκ ἐκκλίνει, οὐ φεύγει τὸ ὕδωρ τοῦ ἁγίου πνεύματος, ἀλλὰ ἕκαστος ἡμῶν ἁμαρτάνων αὐτὸς φυγὰς γίνεται τοῦ πιεῖν ἀπὸ τοῦ ἁγίου πνεύματος. 10. „Ὅτι ἐπελάθε||τό μου ὁ λαός μου, εἰς κενὸν ἐθυμίασαν.“ f Πᾶς μὲν ὁ ἁμαρτάνων ἐπιλέλησται τοῦ θεοῦ, ὁ δὲ δίκαιος λέγει· „Ταῦτα πάντα ἦλθεν ἐφ̓ ἡμᾶς, καὶ οὐκ ἐπελαθόμεθά σου, οὐδὲ ἠδικήσαμεν ἐν τῇ διαθήκῃ σου.“ g Κἀκεῖνος δὲ ὁ λαὸς ὄντως ἐπελάθετο τοῦ θεοῦ καὶ εἰς κενὸν ἐθυμίασε. Τί δὲ τὸ „εἰς κενὸν ἐθυμίασαν“ κατανοητέον. Τὰ πρώην εἰρημένα εἰς τὸν Ψαλμὸν ἐὰν ἀναλάβωμεν, νοήσομεν τί ἐστι τὸ „εἰς κενὸν ἐθυμίασαν“. ῏Ην δὲ ἐν τῷ Ψαλμῷ τοιοῦτόν τι εἰρημένον· „Γενηθήτω ἡ προσευχή μου ὡς θυμίαμα ἐνώπιόν σου.“ h Οὐκοῦν ἡ προσευχή μου σύνθετος λεπτῆς καρδίας, ὅτε μὴ παχύνε­ ται ἡ καρδία ἡμῶν, i ἀναπεμπομένη γίνεται ὡς θυμίαμα ἐνώπιον τοῦ θεοῦ. Εἰ οὖν ἡ τοῦ δικαίου προσευχὴ θυμίαμά ἐστιν ἐνώπιον τοῦ θεοῦ, ἡ τοῦ ἀδίκου προσευχὴ θυμίαμα μέν, τοιοῦτον δὲ θυμίαμα ὥστ̓ ἂν λεχθῆναι περὶ αὐτοῦ καὶ τοῦ εὐχομένου ἀδίκου· „Εἰς κενὸν ἐθυμίασαν“· j οἷον περὶ Ἰούδα a

Lk. 15,12–14.20 b Jer. 23,23 c Jer. 18,14 d Ex. 30,34 e Jer. 18,14 43(44),18 hPs. 140(141),2 i Jes. 6,10; Mt. 13,15 j Jer. 18,15

f

Jer. 18,15

g

Ps.

7  τούτῳ Kl τοῦτο S Nt 10  ἐκκλίνει C Kl ἐκκλινεῖ S 2  αὐτῶν V1 αὐτοῦ S V* Nt 17–18  ἑκατοστὸν τεσσαρακοστὸν Kl (Lo nach Ψαλμὸν) ρμαʹ Co τὸν Ψαλμὸν Nt 19  γενηθήτω C V γεννηθήτω S 21  λεπτὴ ἀπὸ λεπτῶν νοημάτων Kl nach C (GCS Orig. 3, 164 app. crit.: „wohl richtig“) Nt

688 Dieses Agraphon steht nicht in der Bibel, jedoch bei Clemens von Alexandria, paid.

I 84,3 (GCS Clem. Al. 13, 139), und zwar in folgender Version: „Und ich werde ihr Hirte sein (vgl. Ez. 34,23) und ich werde ihnen nahe sein wie das Gewand auf ihrer Haut.“ Nach Stroker, Source of an Agraphon, scheint es aus einem apokryphen Ezechielbuch zu stammen, aus dem Clemens öfter zitiert. Nautin, SC 238, 212 Anm. 1, vermutet wohl zu Recht, dass Origenes es aus Clemens kennt und es leicht modifizierend aus dem Gedächtnis zitiert. 689 Λίβανος ist der Weihrauchbaum bzw. der Weihrauch, der aus dem gleichnamigen Gebiet kommt.

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ging der Vater ihm entgegen.a Und er verkündet durch die Propheten diese Worte: „Ich werde ihnen näher sein als das Gewand auf ihrer Haut.“688 Denn „ich bin ein Gott“, heißt es, „der nahe kommt, und nicht ein Gott, der fern bleibt, spricht der Herr.“ b Die „Brüste von einem Felsen werden“ also nicht „verschwinden“ – das Wasser, das Jesus schenkt –, „noch der Schnee vom Libanon“ c – das Wasser, das vom Vater kommt. Denn „Libanos“689 ist auch das heilige Rauchopfer gemäß dem Gesetz Gottes, und auf dem Altar wird glühender Weihrauch zu gleichen Teilen d dargebracht. Der Berg hat den gleichen Namen wie dieser „Libanos“, und es gibt Schnee, der vom Libanon herabkommt wie das Wasser des Heiligen Geistes, über das gesagt wird: „Wird etwa vom Wind gewaltsam bewegtes Wasser versiegen?“ e Denn es wird vom Wind bewegt. Es versiegt nicht, das Wasser des Heiligen Geistes weicht nicht zurück, sondern jeder von uns weicht, wenn er sündigt, davon zurück, vom Heiligen Geist zu trinken. 10. „Denn mein Volk hat mich vergessen, umsonst haben sie Weihrauchopfer dargebracht.“ f Jeder, der sündigt, hat Gott vergessen, der Gerechte hingegen sagt: „Dies alles ist über uns gekommen, und wir haben dich nicht vergessen noch haben wir gegen deinen Bund Unrecht getan.“ g Jenes Volk aber hat Gott wirklich vergessen und umsonst Weihrauchopfer dargebracht. Was aber die Aussage bedeutet: „Umsonst haben sie Weihrauchopfer dargebracht“, müssen wir uns anschauen. Wenn wir aufgreifen, was wir neulich zum 690 Psalm gesagt haben, werden wir verstehen, was das „Umsonst haben sie Weihrauchopfer dargebracht“ bedeutet. Im Psalm aber ist Folgendes gesagt: „Mein Gebet steige wie Weihrauch auf zu dir.“ h691 Mein Gebet also, eine Verbindung eines feinen Herzens,692 wird, wenn unser Herz nicht verfettet,i693 wie Weihrauch zu Gott emporgesandt. Wenn nun das Gebet des Gerechten wie Weihrauch vor Gott ist, ist zwar das Gebet des Ungerechten Weihrauch, doch ein solcher Weihrauch, dass über ihn und über den betenden Ungerechten gesagt wird: „Umsonst haben sie Weihrauchopfer dargebracht“,j wie beispielsweise über Juda 690 Nautin, GCS Orig. 32, 363; SC 238, 212, lehnt diese Ergänzung ab. Sein Verweis auf

die Formulierung in Hier. hom. 8,3 (GCS Orig. 32, 58): τοῦτο τὸ ῥητὸν πρώην καὶ ἐν τῷ Ψαλμῷ ἐνέπεσεν … ist jedoch eine Parallele zur gleich folgenden Junktur ebd. 18,10 (32, 164): ἦν δὲ ἐν τῷ Ψαλμῷ τοιοῦτόν τι εἰρημένον, aber nicht zu der vorliegenden Wendung, in der Origenes auf seine Auslegung zu diesem Psalm hinweist, wozu er der Deutlichkeit halber die Nummer des Psalms angibt. Zum Wert dieser Angabe für die Datierung der Jeremiahomilien siehe oben S. 6f. 691 Vgl. dazu sel. in Ps. 140,2 (PG 12, 1665). 692 Nach Schadel, BGrL 10, 324 Anm. 228, spielt Origenes mit dem Adjektiv „fein“ „auf stoische Geist- und Seelenvorstellungen“ an: SVF II 780. 785. 693 Die Bedeutung und die Folgen der „Verfettung des Herzens“ beschreibt Origenes, in Is. hom. 6,5 (GCS Orig. 8, 275f.), ausführlich anhand der Auslegung von Jes. 6,10. Vgl. ferner ebd. 9 (8, 289); in Num. hom. 17,6 (GCS Orig. 7, 165).

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γέγραπται· „Γενηθήτω ἡ προσευχὴ αὐτοῦ εἰς ἁμαρτίαν.“a Ἐκεῖνος κατὰ τὸ προσεύχεσθαι εἰς κενὸν ἐθυμίασε. Τίς δὲ ὁ εἰς κενὸν θυμιῶν, ἔτι μᾶλλον οὕτως κατανοήσωμεν. „Τρὶς τοῦ ἐνιαυτοῦ“ φησὶν „ὀφθήσεται πᾶν ἀρσενι­ κόν σου ἐνώπιον κυρίου τοῦ θεοῦ σου“, b ᾧ εὐθέως ἐπιφέρεται· „Οὐκ ὀφθή­ σῃ ἐνώπιόν μου κενός.“ c Οὐκοῦν τῶν | ἐρχομένων ὀφθη  a

Ps. 108(109),7

b

Ex. 23,17

c

Ex. 23,15

1  γενηθήτω V γεννηθήτω S

Fragmentum LXXXII Ἡ σχοῖνος ὁδοῦ μέτρον ἐστὶ παρ᾽ Αἰγυπτίοις καὶ Πέρσαις. Εἴρηται καὶ ἐν Ψαλμοῖς· „Τὴν τρίβον μου καὶ τὴν σχοῖνόν μου σὺ ἐξιχνίασας“ (Ps. 138[139],3). Τῶν δὲ σχοίνων νόει τὰς μὲν αἰωνίους, τὰς δὲ προσκαίρους. Ὁ μὲν γὰρ κοσμικὸς πρόσκαιρον σχοῖνον ὁδεύει περὶ δοξάρια καὶ πλούτους καὶ τὰ κάτω πράγματα. Ὁ δὲ ὁδεύων τὸν εἰπόντα· „Ἐγώ εἰμι ἡ ὁδός“ (Joh. 14,6), σχοίνους αἰωνίους ὁδεύει, καὶ ἔστιν αἰώνιος μὴ σκοπῶν τὰ πρόσκαιρα, ἀλλὰ τὰ αἰώνια (vgl. 2 Kor. 4,18). Ὁδεύει δέ, ἕως οὗ ἔλθῃ ἐπὶ τὸ τέλος τούτων τῶν σχοινίων, τὸν λιμένα τὸν παρὰ τῷ θεῷ.

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Homilie ,10

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geschrieben steht: „Sein Gebet werde zur Sünde.“a Jener hat beim Beten umsonst Weihrauchopfer dargebracht.Wer jedoch der ist, der umsonst Weihrauchopfer darbringt, wollen wir auf folgende Weise noch genauer betrachten. „Dreimal im Jahr“, heißt es, „sollen alle deine Männer vor dem Herrn, deinem Gott, erscheinen.“ b Dem wird sogleich hinzugefügt: „Du sollst vor mir nicht leer erscheinen.“ c Unter denen also, die kamen 694

694 Im fehlenden Schlussteil der Predigt (siehe dazu oben S. 14) waren gemäß der Periko-

penangabe in der Überschrift und dem Zitat in Hier. hom. 18,9 (GCS Orig. 32, 162) noch die Aussagen in Jer. 18,15f. zu behandeln: „… und sie werden auf ihren Wegen endlose Strecken dahinwanken, um auf Pfaden zu gehen, die keinen gangbaren Weg haben, um ihr Land der Vernichtung und endlosem Spott auszusetzen.“ Deshalb gehört frg. 82 aus der Katenenüberlieferung, in dem Origenes auf das hier verwendete griechische Wort für „Meile“, σχοῖνος, das eigentlich „Binse“ heißt, eingeht, in diese Lücke: „Die Binse ist bei den Ägyptern und Persern ein Wegmaß. Auch in den Psalmen wird gesagt: ‚Meinen Pfad und meine Wegstrecke hast du aufgespürt‘ (Ps. 138[139],3). Von den Wegstrecken aber fasse die einen als äonenlang, die anderen als kurzzeitig auf. Denn der weltliche Mensch durchläuft eine kurzzeitige Wegstrecke in eitlen Ruhmestaten, Reichtümern und in den Dingen hier unten. Wer aber auf dem Weg geht, der gesagt hat: ‚Ich bin der Weg‘ (Joh. 14,6), legt äonenlange Wegstrecken zurück, und er ist ewig, weil er nicht auf das Zeitliche, sondern auf das Ewige schaut (vgl. 2 Kor. 4,18). Er geht aber, bis er an das Ende dieser Wegstrecken kommt: dem Hafen bei Gott.“



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1.  τοῦ νοῦ τῆς γραφῆς ὅπερ ἐπιγίνεται ὀφθαλμῷ χωροῦντι τὴν σαφήνειαν τῶν ἱερῶν γραμμάτων. Ταῦτά μοι ἐν προοιμίῳ εἴρηται, διε­ γείροντι καὶ ἐγείροντι καὶ ἐμαυτὸν καὶ τοὺς ἀκούοντας ἐπὶ τὸ προσέχειν τοῖς ἀναγνωσθεῖσιν, || ἵν̓ αἰτήσωμεν ἐλθεῖν Ἰησοῦν καὶ ἐπιφανῆναι ἡμῖν καὶ διδάσκειν τὰ νῦν ἡμᾶς τὰ ἐνταῦθα γεγραμμένα. (18,11) Προεφήτευσεν Ἱερεμίας „καὶ ἤκουσε Πασχὼρ υἱὸς Ἐμμὴρ ὁ ἱε­ ρεὺς“ τῶν λόγων τῆς προφητείας. Καὶ τοσούτων κατὰ τὸ εἰκός, ὅσον ἐπὶ ψιλῇ τῇ ἀκολουθίᾳ τῆς προφητείας, ἀκηκοότων Ἱερεμίου οὐ ταχέως ἀναγέ­ γραπται ἄλλος ἀκούσας εἰ μὴ Πασχώρ. Ἐμέλησε δὲ τῇ γραφῇ εἰπεῖν καὶ τίνος υἱὸς ἦν, ὅτι Ἐμμήρ, καὶ ὅτι ἐχρημάτιζεν ἱερεύς, καὶ ποίαν τάξιν εἶχεν ἐν τῷ λαῷ, ὅτι ἦν „καθεσταμένος ἡγούμενος οἴκου κυρίου“ κατὰ τὸν χρό­ νον „Ἱερεμίου προφητεύοντος τοὺς λόγους τούτους“. b Καὶ ἀναγέγραπται ὅτι ἀκούσας τῶν λόγων τῆς προφητείας ταύτης Πασχὼρ ἐπάταξε τὸν Ἱε­ ρεμίαν, καὶ οὐκ ἠρκέσθη | τῷ αὐτὸν πεπαταχέναι, ἀλλὰ καὶ ἔβαλεν αὐτὸν εἴς τινα καταρράκτην. Ἐμέλησε τῇ γραφῇ εἰπεῖν καὶ ποῦ ἦν οὗτος ὁ κα­ ταρράκτης, „ἐν τῇ πύλῃ τοῦ Βενιαμίν“, καὶ ὅτι ὁ καταρράκτης ἦν ἐν τόπῳ ἔνθα ὑπερῷον ἦν, ὑπερῷον δὲ οὐκ ἄλλου τινὸς ἢ τοῦ οἴκου κυρίου. c Ταῦτα a

Jer. 20,1–7

b

Jer. 20,1

c

Jer. 20,2

1–3  εἰς – ὁμιλία ιθʹ Kl 8  διδάσκειν τὰ Kl διδάσκοντα S 10  τοσούτων Gh τοσοῦ­ 17  ἔβαλεν Kl LXX ἔβαλλεν S τον S 16  Πασχὼρ Kl πᾶς χὼρ Scorr. χὼρ S* 18  καταρράκτην Kl καταράκτην S (so stets in hom. 19) 695 Zu dieser Bedeutung von νοῦς siehe oben S. 356 Anm. 485. 696 Der (Teil-)Satz zur „Klarheit“ (σαφήνεια) kann als Pendant zur „Unklarheit“

(ἀσάφεια) der Schrift aufgefasst werden, die Origenes ständig betont: siehe oben S. 158 Anm. 113. Auch hier scheint er vorweg auf die besonderen Schwierigkeiten eingegangen zu sein, die diese Perikope bietet, besonders die Aussage in Jer. 20,7, Gott habe Jeremia getäuscht. Dazu passt auch die folgende Gebetsanrufung, Jesus möge kommen und dem Prediger wie den Zuhörern den Sinn des auszulegenden Textes erschließen; vgl. dazu grundsätzlich princ. II 9,4 (GCS Orig. 5, 167f.). Zu diesem Kommen Jesu vgl. unten in Hier. hom. 19,1(18,11) (GCS Orig. 32, 167): „… damit sein Erscheinen dem Angesicht meiner Seele ein Licht aufgehen lässt“; ebd. 19,4(18,14)

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1. des Sinns695 der Schrift, der sich einem Auge darbietet, das die Klarheit der heiligen Texte erfasst.696 Dies sei als Vorwort gesagt,697 um sowohl mich selbst als auch die Zuhörer dazu anzuregen und zu ermuntern, ihre Aufmerksamkeit den vorgelesenen Worten zu widmen, auf dass wir darum bitten, Jesus möge kommen und uns erscheinen und uns jetzt darüber belehren, was hier geschrieben steht. (18,11) Jeremia prophezeite „und der Priester Paschor, der Sohn des Emmer, hörte“ die Worte der Prophezeiung. Auch wenn dem Jeremia wahrscheinlich, jedenfalls im Blick auf die bloße Abfolge der Prophezeiung, viele Leute zuhörten, wird kein anderer sogleich als Zuhörer erwähnt außer Paschor. Der Schrift aber lag daran, auch zu sagen, wessen Sohn er war, nämlich des Emmer, dass er den Titel eines Priesters trug und zu welchem Stand er im Volk gehörte, nämlich dass er „als Vorsteher des Hauses des Herrn e­ ingesetzt“ war zu der Zeit, als „Jeremia diese Worte prophezeite“.b Und es ist aufgeschrieben, dass Paschor, als er die Worte dieser Prophezeiung hörte, den Jeremia schlug und sich nicht damit begnügte, ihn geschlagen zu haben, sondern ihn auch in ein Verlies werfen ließ. Der Schrift lag daran, auch zu sagen, wo sich dieses Verlies befand, nämlich „am Benjamintor“,698 und dass sich das Verlies an einem Ort befand, wo es ein Obergeschoss gab, ein ­Obergeschoss aber nirgendwo anders als im Haus des Herrn.c Der Heilige Geist hat aufgeschrie-

(32, 170); in Matth. comm. ser. 38 (GCS Orig. 11, 72); in Ioh. comm. VI 2 (GCS Orig. 4, 108). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 371f.; Martens, Origen and Scripture 182f. Ausführlich beschreibt Origenes die Ankunft Jesu mittels der Worte der Bibel in der Seele des Exegeten in seiner Hoheliedauslegung, in der er die Beziehung zwischen Braut (Seele) und Bräutigam (Wort) in diesem Sinne auslegt: in Cant. comm. III 11,18f. (OWD 9/1, 350–352); in Cant. hom. 1,7 (OWD 9/2, 88–90); in Cant. frg. 27 (OWD 9/2, 174). Siehe dazu Fürst, OWD 9/2, 15–17. 697 Zu Proömien in den Predigten des Origenes siehe oben S. 113 Anm. 13. 698 Diese Ortsangabe steht nicht im Septuagintatext, sondern hat Origenes dem hebrä­ ischen Text entnommen, nach dem er die Perikope hier wiedergibt. Siehe dazu Nautin, SC 232, 116.

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ἀνέγραψεν ἐπὶ τῇ προφητείᾳ γεγονέναι τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον τῷ Ἱερεμίᾳ, γεγονέναι δὲ ἀπὸ τοῦ Πασχώρ. Εἶτά φησι· „Τῇ ἐπαύριον ὁ Πασχὼρ ἐξ­ ήγαγε τὸν Ἱερεμίαν ἐκ τοῦ καταρράκτου, καὶ εἶπεν“ ἐξαχθεὶς ὁ Ἱερεμίας τῷ Πασχώρ, ὅτι οὐ κύριος τοῦτο τὸ ὄνομα ἐκάλεσέ σε τὸ Πασχώρ· ἄλλο ὄνο­ μά σοι τέθειται· ὡς τῷ Ἰακὼβ Ἰσραήλ,a ὡς τῷ Ἄβραμ Ἀβραάμ, b ὡς τῇ Σαρᾷ Σάρρα, c οὕτως σοι ὄνομα τέθεικε „Μέτοικον“. d Καὶ διὰ τοῦτο ἐκάλε­ σέ σε Μέτοικον, ἐπειδήπερ „λέγει ὁ κύριος· Ἰδοὺ ἐγὼ δίδωμί σε || εἰς μετ­ οικίαν σὺν πᾶσι“· τίσιν; Οὐχὶ γυναικί σου καὶ υἱοῖς σου καὶ θυγατράσι σου, ἀλλὰ σὺν „τοῖς φίλοις σου“. e Καὶ ἐπὰν δοθῇς εἰς μετοικίαν, πεσοῦνται οἱ φίλοι σου μαχαίρᾳ. Εἶτα ὡς διαφορᾶς οὔσης τοῖς πίπτουσιν ἀπὸ μα­ χαίρας, ἐὰν πέσωσιν ἀπὸ μαχαίρας ἐχθρῶν ἢ ἀπὸ μαχαίρας ἄλλων, φησὶ πεσεῖσθαι τοὺς φίλους τοῦ βαλόντος τὸν Ἱερεμίαν εἰς τὸν καταρράκτην εἰς μάχαιραν „ἐχθρῶν αὐτῶν“. „Καὶ οἱ ὀφθαλμοί σου“, φησίν, „ὄψονται“ ταῦτα προφητευόμενα. „Σὲ δὲ καὶ πάντα τὸν Ἰούδα δώσω εἰς χεῖρας βασιλέως Βαβυλῶνος“, μετὰ τὸ παθεῖν ταῦτα τοὺς φίλους σου, „καὶ μετοι­ κιοῦσιν αὐτοὺς εἰς Βαβυλῶνα καὶ κατακόψουσιν αὐτούς“· f τὸν γὰρ βασι­ λέα Ἰούδα καὶ τοὺς ἀπὸ Ἰούδα κατακόψουσιν ἐν μαχαίρᾳ, καὶ οὐκέτι πρόσκειται τὸ „ἐχθρῶν αὐτῶν“, ὡς ἐπὶ τῶν προτέρων οἳ εἴρηνται φίλοι εἶναι τοῦ Πασχώρ. Εἶτά φησι· „Καὶ δώσω πᾶσαν τὴν ἰσχὺν τῆς πόλεως ταύτης καὶ πάντας τοὺς θησαυροὺς τοῦ βασιλέως Ἰούδα καὶ πάντας τοὺς πόνους τῆς πόλεως ταύτης εἰς χεῖρας ἐχθρῶν αὐτῶν“, ἵνα οἱ ἐχθροὶ διαρ­ πάσωσι τοὺς θησαυροὺς καὶ λάβωσι τὰ προειρημένα καὶ ἀγάγωσι τὸν Ἰούδαν καὶ τὸν βασιλέα αὐτῆς „εἰς Βαβυλῶνα“. g „Σὺ“ δέ, „ὦ Πασχώρ, καὶ πάντες οἱ κατοικοῦντες ἐν τῷ οἴκῳ σου, πορεύεσθε ἐν αἰχμαλωσίᾳ“ εἰς Βαβυλῶνα, καὶ ἐκεῖ „ἀποθανῇ, καὶ ἐκεῖ ταφή σὺ καὶ πάντες οἱ φίλοι σου οἷς προεφήτευσας αὐτοῖς ψευδῆ.“ h Ἔδει ἐπιτέμνεσθαι τὴν περικοπὴν ὅλην καὶ σαφηνίσαι, οὐδέπω τὸ νό||η­ μα αὐτῆς τὸ βαθὺ (εἴγε χωροῦμεν αὐτό), ἀλλ̓ ἢ τὴν λέξιν καὶ τὸ ῥητὸν αὐτό, ὃ καὶ ὁ τυχὼν ἐπιστήσας ἐπιμελῶς τοῖς γράμμασι καὶ μὴ ἐκ παρ­ a

Gen. 32,29 Jer. 20,6

h

b

Gen. 17,5

c

Gen. 17,15

d

Jer. 20,3

e

Jer. 20,4

f

Jer. 20,4

4  ἄλλο Kl ἀλλὰ S 5  Ἄβραμ Gh Ἄβρα S 8  σὺν πᾶσι Gh σύμπασι S Gh δοθῆ S 13  αὐτῶν Kl αὐτοῦ S 14  τὰ Gh 25  ταφήσῃ Gh Co Koe αὐτοῦ S

g

Jer. 20,5

9  δοθῇς 28  αὐτό

699 Laut in Regn. hom. graec. 4 (GCS Orig. 32, 286) ist der Heilige Geist „der Autor“ der

Schrift, „der die Menschen bewegt hat“. Übersetzung: Fürst, OWD 7, 213, dazu die Hinweise ebd. Anm. 21. Siehe auch unten S. 552 Anm. 873. 700 Auch diese Zeitangabe stammt aus dem hebräischen Text. 701 Der Begriff μέτοικος bezeichnet eigentlich neutral den „Umsiedler“, der sich, weil er seine Heimat verlassen hat, in der Fremde aufhält. In der Sprache der Septuaginta hat

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ben,699 dass Jeremia dies bei seiner Prophezeiung erlitten hat, und zwar durch Paschor erlitten hat. Danach heißt es: „Am folgenden Tag700 ließ Paschor den Jeremia aus dem Verlies herausholen, und“ nachdem Jeremia herausgeholt worden war, „sagte“ er zu Paschor: Nicht mit diesem Namen Paschor hat der Herr dich gerufen. Ein anderer Name ist dir gegeben: Wie dem Jakob der Name Israel,a wie dem Abram der Name Abraham,b wie der Sarai der Name Sara,c so ist dir der Name „Deportierter“701 gegeben worden.d Und deswegen nannte er dich Deportierter, weil „der Herr spricht: Siehe, ich liefere dich mit allen in die Gefangenschaft aus“. Mit wem? Nicht mit deiner Frau, mit deinen Söhnen und deinen Töchtern, sondern mit „deinen Freunden“.e Und wenn du in die Gefangenschaft ausgeliefert worden bist, werden deine Freunde durch das Schwert fallen. Als mache es für die, die durch das Schwert fallen, einen Unterschied, ob sie durch das Schwert von Feinden oder durch das Schwert von anderen fallen, heißt es sodann, dass die Freunde dessen, der Jeremia in das Verlies werfen ließ, dem Schwert ihrer Feinde anheimfallen werden. „Und deine Augen“, heißt es, „werden“ diese Prophezeiungen „sehen.“ „Dich und ganz Juda werde ich in die Hände des Königs von Babylon geben“, nachdem deine Freunde dies erlitten haben, „und sie werden sie nach Babylon deportieren und sie erschlagen.“ f Ja, den König von Juda und die Leute aus Juda werden sie mit dem Schwert erschlagen, und es ist nicht mehr „seiner Feinde“ hinzugefügt wie zu den vorigen, von denen gesagt wurde, sie seien Freunde des Paschor. Danach heißt es: „Und ich werde die ganze Macht dieser Stadt, alle Schätze des Königs von Juda und alle mühsamen Errungenschaften dieser Stadt in die Hände ihrer Feinde geben“, damit die Feinde die Schätze plündern, die genannten Dinge rauben702 und Juda und seinen König „nach Babylon“ bringen.g „Du“ aber, „Paschor, und alle Bewohner deines Hauses, ihr geht in Gefangenschaft“ nach Babylon, und dort „wirst du sterben, und dort wirst du begraben werden mit allen deinen Freunden, denen du Lügen prophezeit hast.“ h Es war notwendig, die ganze Perikope zusammenzufassen und zu verdeutlichen, noch nicht in ihrem tiefen Sinn – falls wir ihn denn erfassen –, sondern vielmehr wörtlich in ihrer Ausdrucksweise,703 die wirklich jeder, der μετοικία jedoch eine negative Bedeutung: die Gefangenschaft, die Deportation (1 Kön. 8,47; 1 Chr. 5,41; Jer. 9,10; 20,4). Der μέτοικος ist der „Deportierte“. 702 Diese Verben sowie die folgende Anrede „Paschor“ stammen ebenfalls aus dem he­ bräischen Text, wie Origenes ihn unten in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32, 172) zitiert. 703 Hanson, Allegory and Event 185, missdeutet diese Aussage dahingehend, dass Origenes in diesem Fall nur die wörtliche, nicht die tiefere Bedeutung des Textes auslege (νόημα meint wie νοῦς den „Sinn“ des Textes: siehe oben S. 356 Anm. 485).Tatsächlich verhält es sich aber so, dass Origenes die Suche nach der tieferen Bedeutung auf eine genaue Beachtung des Wortlauts stützt.

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έργου δύναται κἂν οὕτως νοῆσαι. Τί οὖν βούλεται ταῦτα; Ἐνθάδε ὁ ἀγών | ἐστι παραστῆσαι τὸ βούλημα τούτων τῶν γραμμάτων. Καὶ δὴ ὁμολογῶ κατ̓ ἐμαυτὸν μὴ δύνασθαι αὐτὰ διηγήσασθαι, ἀλλὰ δεῖσθαι, ὡς προεῖπον, ἐπιφανείας τῆς δυνάμεως Ἰησοῦ, καθ̓ ὃ σοφία ἐστί, καθ̓ ὃ λόγος, καθ̓ ὃ ἀλήθεια, ἵνα ἡ ἐπιφάνεια αὐτοῦ ποιήσῃ φῶς ἐπὶ τοῦ προσώπου τῆς ψυχῆς μου. 2. (18,12) … Εἶχον καὶ οἱ ἐπαοιδοὶ τῶν Αἰγυπτίων ῥάβδους, τὰς βου­ λομένας τὴν Μωσέως διαβαλεῖν καὶ Ἀαρὼν ὡς οὐκ οὔσας ἀπὸ θεοῦ. Ἀλλὰ ἀνατρέπουσι τὰς τῶν σοφιστῶν καὶ ἐπαοιδῶν αἱ ἀπὸ θεοῦ· κατέπι­ εν αὐτὰς ἡ τοῦ Ἀαρών·a ἤρκει γὰρ πρὸς τοῦτο αὐτὴ καὶ χωρὶς τῆς Μω­ σέως ῥάβδου. „Ἐπάταξε“ τοίνυν „Ἱερεμίαν τὸν προφήτην“ ὁ Πασχώρ, καὶ μετὰ ἤθους· „Καὶ ἐπάταξεν Ἱερεμίαν τὸν προφήτην.“ b Πρόσκειται καὶ τὸ „τὸν προ­ φήτην“. Ἐνθάδε μὲν οὖν ὁ πατάξας τὸν Ἱερεμίαν τὸν προφήτην ἐπάταξεν. Ἀναγέγραπται δὲ ἐν ταῖς Πράξεσιν ὅτι ἐπάταξέ τις τὸν Παῦλον ὑπὸ Ἀνανίου τοῦ ἀρχιερέως κελευσθείς. Διὸ εἴρηκεν ὁ Παῦλος· „Τύπτειν σε μέλ­ λει ὁ θεός, τοῖχε κεκονιαμένε.“ c Καὶ μέχρι νῦν ὑπὸ παρανόμου ἀρχιερέως λόγου προστασσόμενοι Ἐβιωναῖοι τύπτουσι τὸν ἀπόστολον Ἰησοῦ Χρι­ στοῦ λόγοις δυσφήμοις. || Καὶ Παῦλός φησι πρὸς τὸν τοιοῦτον λόγου ἀρ­ χιερέα τὸ „Τύπτειν σε μέλλει ὁ θεός“. Καὶ ἔστιν ὁ τοιοῦτος ἀρχιερεὺς ἐξ ἐπιπολῆς ὡραῖος καὶ τοῖχος κεκονιαμένος, „ἔσωθεν γέμων ὀστέων νεκρῶν καὶ πάσης ἀκαθαρσίας“. d Τί δὲ λέγω περὶ Παύλου καὶ Ἱερεμίου; Αὐτός μου ὁ κύριος Ἰησοῦς Χρι­ στός φησι· „Τὸν νῶτόν μου δέδωκα εἰς μάστιγας, τὰς δὲ σιαγόνας μου εἰς ῥαπίσματα, τὸ δὲ πρόσωπόν μου οὐκ ἀπέστρεψα ἀπὸ αἰσχύνης | ἐμπτυ­ σμάτων.“ e Ταῦτα οἱ ἀκέραιοι ἴσασιν ἐπὶ τὸν τότε μόνον καιρόν, ὅτε ἐμα­ στίγωσεν αὐτὸν ὁ Πιλᾶτος, ὅτε ἐβουλεύσαντο κατ̓ αὐτοῦ Ἰουδαῖοι. Ἐγὼ δὲ βλέπω τὸν Ἰησοῦν καθ̓ ἡμέραν διδόντα τὸν νῶτον αὐτοῦ εἰς μάστιγας. Εἴσελθε εἰς τὰς τῶν Ἰουδαίων συναγωγάς, καὶ ἴδε τὸν Ἰησοῦν ὑπ̓ αὐτῶν a

Ex. 7,12

b

Jer. 20,2

c

Apg. 23,3

d

Mt. 23,27

e

Jes. 50,6

8  τὴν2 Bl Kl (nicht Nt) 10  αὐτὰς Scorr. αὐτοὺς S* 10  τοῦτο Del τούτω S 10  αὐτὴ Gh Co αὐτῆι S 10–11  Μωσέως Kl Μωϋσέως S 13  ἐπάταξεν Scorr. ἐπέταξεν S* 15  ἐν ταῖς Πράξεσιν ὅτι Bl ὅτι ἐν ταῖς Πράξεσιν S 19  λόγου Koe Kl (app. crit.) Nt λόγον S 704 Zur „Intention“ (βούλημα) der Schrift siehe oben S. 110 Anm. 5. 705 Zu diesen zentralen Epinoiai Christi (siehe dazu oben S. 130 Anm. 55) vgl. bes. in Ioh.

comm. I 20,123 (GCS Orig. 4, 25). 706 Siehe dazu oben S. 462 Anm. 696. 707 Nach den Angaben von Klostermann, GCS Orig. 3, 167 app. crit., fehlen im Codex

Scorialensis hier 31/3 Zeilen (ca. 125 Buchstaben). Die Lücke in der Handschrift sagt nichts über das wahre Ausmaß des Textverlustes, denn „vielleicht … ist der Ausfall in

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Homilie 19,1–2(18,11–12)

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sich mit Texten sorgfältig und nicht nebenbei beschäftigt, verstehen kann, wenn auch nur auf solche Weise. Was soll dies nun bedeuten? Die mühsame Aufgabe besteht hier darin, die Intention704 dieses Textes darzulegen. Und ich gestehe gern, dass ich ihn, soweit es auf mich ankommt, nicht auslegen kann, sondern, wie eingangs gesagt, des Erscheinens der Kraft Jesu bedarf, sofern er Weisheit, sofern er Wort, sofern er Wahrheit ist,705 damit sein Erscheinen dem Angesicht meiner Seele ein Licht aufgehen lässt.706 2. (18,12) …707 Auch die Zauberer der Ägypter hatten Stäbe, die den des Mose und des Aaron bloßstellen wollten, als wären sie nicht von Gott. Die von Gott aber zerstören die der Sophisten und Zauberer, der Stab des Aaron verschlang sie.a Denn dieser genügte dazu auch ohne den Stab des Mose.708 Paschor „schlug“ also „Jeremia, den Propheten“, mit der Charakterisierung: „Und er schlug Jeremia, den Propheten.“ b Es ist auch „den Propheten“ hinzugefügt.709 Wer also hier den Jeremia schlug, schlug den Propheten. In der Apostelgeschichte aber steht geschrieben, dass einer auf Befehl des Hohepriesters Hananias Paulus schlug. Deshalb sagte Paulus: „Gott wird dich schlagen, du übertünchte Wand!“ c Und bis heute schlagen die Ebioniten auf Veranlassung eines widerrechtlichen Hohepriesters des Wortes den Apostel Jesu Christi mit verleumderischen Worten.710 Und Paulus sagt zu einem derartigen Hohepriester des Wortes: „Gott wird dich schlagen!“ Und ein derartiger Hohepriester ist äußerlich ansehnlich und eine übertünchte Wand, doch „innerlich voll von Totengebeinen und aller Unreinheit“.d Doch was rede ich über Paulus und Jeremia? Mein Herr711 Jesus Christus selbst sagt: „Meinen Rücken habe ich Geißelhieben hingehalten, meine Wangen Ohrfeigen, mein Gesicht aber habe ich nicht von der Schande des Bespucktwerdens abgewandt.“ e Die einfachen Leute712 verstehen dies nur in Bezug auf die Zeit damals, als Pilatus ihn geißeln ließ, als die Juden ihm nachstellten. Ich aber sehe Jesus Tag für Tag seinen Rücken Geißelhieben hinhalten. Geh in die Synagogen der Juden und sieh, wie Jesus von ihrer gottes­ Wahrheit viel größer. Man würde etwas über den Unterschied der wahren … und falschen … Propheten erwarten“. 708 Das ausführliche Vorbild für diese Beschreibung der Szene ist Philon, migr. Abr. 83–85 (II p. 284f. Cohn/Wendland). 709 In der Septuaginta fehlt die Qualifizierung, aber sie steht im hebräischen Text. 710 Zur Kritik der Ebioniten an Paulus vgl. Cels. V 65 (GCS Orig. 2, 68). Von Schmähungen der Ebioniten gegen Paulus berichten auch schon Irenäus, haer. I 26,2 (SC 264, 346): „… und sie lehnen den Apostel Paulus ab und sagen, er sei ein Apostat vom Gesetz“, und vor allem Epiphanius, pan. haer. 30,16,8 (GCS Epiph. 1, 355); 30,25 (366–368). Überlegungen dazu, wer mit dem „widerrechtlichen Hohepriester des Wortes“ gemeint sein könnte, bei Nautin, SC 238, 222 Anm. 2. 711 Zu dieser für Origenes typischen Anrede Jesu siehe oben S. 329 Anm. 439. 712 Siehe zu diesem Ausdruck oben S. 453 Anm. 682.

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τῇ γλώσσῃ τῆς βλασφημίας μαστιγούμενον. Ἴδε τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν συν­ αγομένους,a βουλευομένους κατὰ Χριστιανῶν, τίνα τρόπον λαμβάνουσι τὸν  Ἰησοῦν, κἀκεῖνος τὸν ἑαυτοῦ νῶτον δίδωσιν εἰς μάστιγας. Κατανόει ὑβριζόμενον τὸν τοῦ θεοῦ λόγον, κακολογούμενον, μισούμενον ὑπὸ τῶν ἀπίστων. Ὅρα ὅτι τὰς σιαγόνας ἔδωκεν εἰς ῥαπίσματα, καὶ διδάξας ὅτι ἐὰν τύπτῃ τίς „σε εἰς τὴν σιαγόνα στρέψον καὶ τὴν ἄλλην“, b αὐτὸς αὐτὸ ποιεῖ. Τοσοῦτοι αὐτὸν ῥαπίζουσιν καὶ μαστιγοῦσι, καὶ σιωπᾷ καὶ οὐ λαλεῖ. Ἀναγέγραπται γὰρ μὴ λαλῶν ἐν τῷ μαστιγοῦσθαι. c Καὶ τὸ πρόσωπον μέχρι τοῦ δεῦρο Ἰησοῦς οὐκ ἀπέστρεψεν ἀπὸ αἰσχύνης ἐμπτυσμάτων. d Τίς τῶν ἐξευτελιζόντων τὴν διδασκαλίαν οὐχὶ οἱονεὶ ἐμ||πτύει μέχρι τοῦ δεῦρο τῷ Ἰησοῦ ἀνεχομένῳ; 3. (18,13) ᾽Ηκολούθει τῷ πεπατάχθαι τὸν προφήτην διηγήσασθαι τοὺς παταχθέντας, ὡς φέρ᾽ εἰπεῖν τὸν ἀπόστολον καὶ εἴ τις ἄλλος πεπάτακται, παραστῆσαι καὶ τὰ περὶ αὐτὸν τὸν Ἰησοῦν. „Ἐπάταξεν“ οὖν „Πασχὼρ τὸν Ἱερεμίαν τὸν προφήτην, καὶ ἔβαλεν αὐτὸν εἰς τὸν καταρράκτην ὃς ἦν ἐν τῇ πύλῃ Βενιαμὶν τοῦ ὑπερῴου.“ e Τοῦ Βενιαμὶν ὁ καταρράκτης ἦν τοῦ ὑπερῴου. Τοῦ Βενιαμὶν κληροδοσία ἐστὶν Ἱερουσαλήμ, ἐν ᾗ ὁ ναὸς τοῦ θεοῦ, τῶν θείων ἀναγνωσμάτων εὑρήσει ἐκ τῆς ἀναγεγραμμένης κληροδοσίας ἐν τῇ τοῦ Ναυῆ. f Ἐπεὶ οὖν ὁ ναὸς ἦν ἐν τῇ κληροδοσίᾳ τοῦ Βενιαμίν, ὃς ἑρμηνεύεται Υἱὸς δεξιᾶς (οὐδὲν γάρ ἐστιν ἀρι­ στερὸν περὶ τὸν ναὸν τοῦ θεοῦ), διὰ τοῦτο οὗτος βάλλει „εἰς τὸν καταρ­ ράκτην ὃς ἦν ἐν πύλῃ Βενιαμὶν τοῦ ὑπερῴου οἴκου κυρίου“. g Παρόντος ὑπερῴου ἐν οἴκῳ κυρίου ἔβαλε τὸν προφήτην εἰς τὸν καταρράκτην. Καὶ ἡμεῖς παρακαλῶμεν, ἵνα λαβόντες νῦν τὸν Ἱερεμίαν εἰς τὸ ὑπερῷον ἀναβι­ βάσωμεν ἐν οἴκῳ κυρίου. Ὑπερῷον δὲ τὸν νοῦν τὸν ὑψηλὸν καὶ ἐπηρμένον δείξω τῆς γραφῆς, ὅτε μαρτυρεῖ τοῖς ἁγίοις | ὅτι εἰς τὰ ὑπερῷα τοὺς προφήτας ὑπεδέξαντο. Ἐν τῇ τρίτῃ τῶν Βασιλειῶν ἀναγέγραπται χήρα ὑποδεξαμένη τὸν ᾽Ηλίαν τὸν προφήτην ἐν Σαρέφθοις τῆς Σιδωνίας, h ἥτις εἰς τὸ ὑπερῷον αὐτῆς ἐξένισε τὸν προφήτην. i Καὶ ἐν τῇ τετάρτῃ ἡ τὸν Ἐλισ­ a

Ps. 2,1f. Jer. 20,2

g

b h

Lk. 6,29; Mt. 5,39 c Joh. 19,1.9 1 Kön. 17,9 i 1 Kön. 17,19

d

Jes. 50,6

e

Jer. 20,2

f

Jos. 18,11.28

12  ἠκολούθει Bl Koe ἢ ἀκολουθεῖ S 15  ἦν S1 16  Βενιαμὶν1 S1 Βενιαμὴν S* δυνάμενος Kl 22  οἴκου Kl οἴκυ (sic) S 25  καὶ Scorr. 26  ἐκ Gh

18  ὡς –

713 Zur Präsenz Christi in den Märtyrern vgl. exhort. mart. 36 (GCS Orig. 1, 33) und

oben in Hier. hom. 14,7 (GCS Orig. 32, 112f.). 714 Vgl. in Hier. hom. 14,8 (GCS Orig. 32, 113). 715 Im Johannesevangelium wird das Schweigen Jesu nicht zur Geißelung (Joh. 19,1)

notiert, sondern zur Befragung durch Pilatus (Joh. 19,9). Smith, FaCh 97, 210 Anm. 27, vermutet, dass Origenes Jesus möglicherweise mit Anaxarchos und Epiktet vergleicht, von denen Kelsos berichtet, dass sie Folterungen heroisch über sich ergehen ließen: Cels. VII 53f. (GCS Orig. 2, 203f.). Auch im Vorwort der „Apologie gegen

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lästerlichen Zunge gegeißelt wird! Sieh, wie die Heiden sich zusammenrotten,a wie sie den Christen nachstellen, auf welche Weise sie Jesus packen,713 und jener hält seinen Rücken Geißelhieben hin! Schau dir an, wie das Wort Gottes misshandelt, verleumdet, von den Ungläubigen gehasst wird!714 Schau: Die Wangen hielt er Ohrfeigen hin! Und da er lehrte: Wenn einer „dich auf die Wange schlägt, halte auch die andere hin“,b tut er selbst es. So viele ohrfeigen und geißeln ihn, und er schweigt und sagt nichts. Es steht nämlich geschrieben, dass er nichts sagte, als er gegeißelt wurde.c715 Und bis zum heutigen Tag wandte Jesus nicht das Gesicht von der Schande des Bespucktwerdens ab.d Wer von denen, die seine Lehre geringschätzen, bespuckt nicht gleichsam bis zum heutigen Tag Jesus, der das erträgt? 3. (18,13) Daraus, dass der Prophet geschlagen worden ist, ergab sich, von Geschlagenen zu erzählen, wie zum Beispiel vom Apostel und gegebenenfalls einem anderen, der geschlagen worden ist, und das darzustellen, was sich auf Jesus selbst bezieht. „Paschor“ also „schlug Jeremia, den Propheten, und ließ ihn in das Verlies werfen, das sich am Benjamintor im Obergeschoss b­ efand.“ e Das Verlies am Benjamintor befand sich im Obergeschoss. Das Erbteil Benjamins ist Jerusalem, in dem sich der Tempel Gottes befindet, auf die göttlichen Lesungen , aus dem herausfinden wird, was im Buch Josua über die Erbverteilung aufgeschrieben ist.f Da nun der Tempel zum Erbteil Benjamins gehörte,716 der übersetzt „Sohn der Rechten“717 bedeutet – denn am Tempel Gottes gibt es nichts Linkes –, deswegen lässt dieser „in das Verlies“ werfen, „das sich am Benjamintor im Obergeschoss des Hauses des Herrn befand“.g Weil es ein Obergeschoss im Haus des Herrn gab, ließ er den Propheten in das Verlies werfen. Auch wir wollen darum bitten, wenn wir jetzt zu Jeremia greifen, ihn in das Obergeschoss im Haus des Herrn zu bringen.718 Als Obergeschoss werde ich den hohen und erhabenen Sinn719 der Schrift erweisen, wo sie von den Heiligen bezeugt, dass sie die Propheten in ihre Obergeschosse aufgenommen haben. Im dritten Buch der Königtümer steht geschrieben, wie eine Witwe den Propheten Elija in Sarepta in Sidon h aufnahm: Sie bewirtete den Propheten in ihrem Obergeschoss.i Und die Frau im vierten Buch, die den Elischa aufKelsos“ bezieht sich Origenes auf das Schweigen Jesu gegen ungerechtfertigte Vorwürfe, das er bewundert: ebd. prol. 1 (1, 51f.). Siehe dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 77. 248. 716 Vgl. in Ios. hom. 23,4 (GCS Orig. 7, 444f.): „Es geschah gewiss nicht ohne Grund, dass Benjamin in seinem Erbteil Jerusalem und den Zionsberg erhalten hat.“ 717 Vgl. Hieronymus, lib. int. hebr. p. 3 Lagarde (CChr.SL 72, 62): Beniamin filius dextrae; p. 16 (72, 79); p. 74 (72, 152); p. 76 (72, 155); p. 80 (72, 159). Siehe auch Wutz, Onomastica sacra I, 21. 718 Origenes greift die Handlung des Textes auf, bezieht diese aber auf den Text selbst, das Buch Jeremia, und die höhere Deutung, der es zugeführt werden soll. 719 Zu dieser Bedeutung von νοῦς siehe oben S. 356 Anm. 485.

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σαῖον ὑποδεξαμένη εὐτρέπισεν αὐτῷ οἶκον εἰς τὸ ὑπερῷον.a Ὁ δὲ ἁμαρτω­ λὸς Ὀχοζίας ἔπεσεν ἀπὸ τοῦ ὑπερῴου. b Καὶ σοὶ δὲ Ἰησοῦς ἐντέλλεται μὴ καταβαίνειν ἐκ τοῦ δώματος. „Ὅταν“, c || γάρ φησι, τάδε καὶ τάδε γένηται, „τότε“ d „ὁ ἐπὶ τοῦ δώματος μὴ καταβάτω ἆραι τὰ ἐκ τῆς οἰκίας αὐτοῦ.“ e Ὁ ἐν τοῖς διωγμοῖς φεύγων οὐχὶ μὴ εἰς δῶμα μὴ ἀναβαινέτω, ἀλλ̓ ἐκ τοῦ δώματος „μὴ καταβαινέτω ἆραι τὰ ἐκ τῆς οἰκίας αὐτοῦ“. Καλὸν οὖν ἐν ὑπερῴοις εἶναι, καλὸν ἐν δώμασιν εἶναι καὶ ἄνω που τυγ­ χάνειν. Καὶ οἱ θαυμάσιοι δὲ ἀπόστολοι, ὡς ἐν ταῖς Πράξεσιν ἀναγέγραπται αὐτῶν, ἡνίκα ἐπὶ τὸ αὐτὸ ὄντων αὐτῶν ἐσχόλαζον ταῖς εὐχαῖς καὶ τῷ λόγῳ τοῦ θεοῦ, ἐν ὑπερῴῳ ἦσαν. f Καὶ ἐπεὶ ἦσαν ἐν ὑπερῴῳ, οὐκ ἦσαν κάτω. Διὰ τοῦτο „ὤφθησαν αὐτοῖς διαμεριζόμεναι γλῶσσαι ὡσεὶ πυρός“. g Ἀλλὰ καὶ Πέτρος, ἡνίκα ἀνέπεμπε τὴν εὐχὴν τῷ θεῷ, „ἀνέβη εἰς τὸ δῶμα“· h καὶ εἰ μὴ ἀνεβεβήκει εἰς τὸ δῶμα, οὐκ ἂν εἶδεν ἐξ οὐρανοῦ „καταβαῖνον σκεῦος ὡς ὀθόνην τέσσαρσιν ἀρχαῖς καθιέμενον“ ἐκ τοῦ οὐρανοῦ. i Ἀλλὰ καὶ ἡ τὰς ἐλεημοσύνας ποιήσασα „Ταβιθά, ἥτις ἑρμηνευομένη λέγεται ­Δορκάς“, j κάτω οὐκ ἦν, ἀλλ̓ „ἐν τῷ ὑπερῴῳ“, k ὅπου ἀναβὰς Πέτρος ἀνέστησεν αὐτὴν ἀπὸ τῶν νεκρῶν. l Ἀλλὰ καὶ Ἰησοῦς ταύτην τὴν ἑορτὴν ἧς τὸ σύμ­ βολον ποιοῦμεν τὸ πάσχα μέλλων ἑορτάζειν μετὰ τῶν μαθητῶν, πυνθανο­ μένων αὐτῶν· Ποῦ θέλεις ἑτοιμάσωμέν σοι τὸ πάσχα, m εἶπε· Πορευομένων ἀπαντήσει ὑμῖν ἄνθρωπος κεράμιον ὕδατος βαστάζων, ἐκείνῳ ἀκολουθήσα­ τε. Ἐκεῖνος ὑμῖν δείξει ἀνάγαιον μέγα, ἐστρωμένον, σεσαρωμένον, ἕτοιμον· ἐκεῖ ἑτοιμάσατε τὸ πάσχα. n Οὐδεὶς οὖν πάσχα || ποιῶν ὡς Ἰησοῦς βούλε­ ται, κάτω ἐστὶ τοῦ ἀναγαίου. Ἀλλὰ εἴ τις ἑορτάζει μετὰ τοῦ Ἰησοῦ, ἄνω ἐστὶν ἐν ἀναγαίῳ μεγάλῳ, ἐν ἀναγαίῳ σεσαρωμένῳ, ἐν ἀναγαίῳ κεκοσμη­ μένῳ καὶ ἑτοίμῳ. Ἐὰν δὲ ἀναβῇς μετ̓ αὐτοῦ, ἵνα ἑορτάσῃς τὸ πάσχα, δί­ δωσί σοι τὸ ποτήριον τῆς διαθήκης τῆς καινῆς, δίδωσί σοι καὶ τὸν ἄρτον τῆς εὐλογίας, τὸ σῶμα ἑαυτοῦ καὶ τὸ αἷμα ἑαυτοῦ χαρίζεται. Διὰ τοῦτο παρακαλοῦμεν ὑμᾶς· Ἀναβαίνετε εἰς ὕψος, o αἴρετε εἰς ὕψος τοὺς ὀφθαλμοὺς p ὑμῶν. Κἀμοὶ | δέ, ἐὰν διδάσκω τὸν θεῖον λόγον, φησὶν ὁ λόγος· „Ἐπ̓ ὄρος ὑψηλὸν ἀνάβηθι, ὁ εὐαγγελιζόμενος Σιών· ὕψωσον τῇ ἰσχύϊ τὴν φωνήν σου, ὁ εὐαγγελιζόμενος Ἱερουσαλήμ· ὑψώσατε, μὴ φοβεῖσθε.“ q Ταῦτα διὰ τὸν a

2 Kön. 4,10 b 2 Kön. 1,2 c Mt. 24,15 d Mt. 24,16 e Mt. 24,17 f Apg. 1,13f. gApg. 2,3 hApg. 10,9 i Apg. 10,11 j Apg. 9,36 kApg. 9,37 l Apg. 9,39–41 m Mt. 26,17; Mk. 14,12; Lk. 22,9 nMk. 14,13.15; Lk. 22,10.12 oJes. 37,24; 40,9 p Jes. 37,23 q Jes. 40,9

19  ἑτοιμάσωμεν Nt ἑτοιμάσομεν S Kl

21  ἐστρωμένον Kl ἐστρωμμένον S

720 In der umstrittenen Frage, ob ein Christ bei einer Verfolgung fliehen darf, nimmt

Origenes offenbar eine gemäßigte Haltung ein. So sagt er in Iud. hom. 9,1 (GCS Orig. 7, 519): „Das Höchste ist es also, Jesus, zu dem du dich einmal bekannt hast, nicht zu verleugnen. Denn gewiss bekennt sich zu ihm, wer deswegen flieht, um ihn nicht zu verleugnen.“

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nahm, richtete ihm eine Unterkunft im Obergeschoss her.a Der Sünder Ahasja jedoch stürzte vom Obergeschoss herab.b Auch dir aber trägt Jesus auf, nicht vom Dach herabzusteigen. „Wenn“,c sagt er nämlich, dies und das geschieht, „dann“ d „soll, wer auf dem Dach ist, nicht herabsteigen, um seine Sachen aus dem Haus zu holen.“ e Dem, der während der Verfolgungen auf der Flucht ist, soll man nicht verbieten, auf das Dach hinaufzusteigen,720 aber er soll vom Dach „nicht herabsteigen, um seine Sachen aus dem Haus zu holen“. Es ist also gut, in den Obergeschossen zu sein, es ist gut, auf den Dächern zu sein und sich irgendwo oben aufzuhalten. Auch die wunderbaren Apostel waren, wie in ihrer Geschichte geschrieben steht, als sie zusammenkamen und sich den Gebeten und dem Wort Gottes widmeten, im Obergeschoss.f Und weil sie im Obergeschoss waren, waren sie nicht unten. Deswegen „erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich zerteilten“.g Doch auch Petrus „stieg“, als er ein Gebet zu Gott emporsandte, „auf das Dach“.h Und wenn er nicht auf das Dach gestiegen wäre, hätte er nicht „ein Gefäß“ aus dem Himmel „herabkommen“ sehen „wie ein Leinentuch, das, an vier Ecken gehalten“, vom Himmel „herabgelassen wird“.i Doch auch die Almosen spendende „Tabitha, das heißt übersetzt Gazelle“,j721 war nicht unten, sondern „im Obergeschoss“,k wo Petrus hinaufging und sie von den Toten auferweckte.l Doch auch Jesus gab, als er mit den Jüngern dieses Fest, dessen Mysterium722 wir vollziehen, das Paschafest, feiern wollte und von ihnen gefragt wurde: Wo sollen wir dir das Pascha vorbereiten?,m zur Antwort: Auf dem Weg wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm, er wird euch ein großes Obergemach zeigen, gepolstert, gefegt, hergerichtet. Dort sollt ihr das Pascha vorbereiten.n Keiner also, der das Pascha feiert, wie Jesus es will, befindet sich unter dem Obergemach. Aber wenn einer mit Jesus feiert, befindet er sich oben im großen Obergemach, im gefegten Obergemach, im geschmückten und hergerichteten Obergemach. Wenn du aber mit ihm hinaufsteigst, um das Pascha zu feiern, gibt er dir den Becher des neuen Bundes, gibt er dir auch das Brot des Segens, schenkt er seinen eigenen Leib und sein eigenes Blut.723 Deswegen bitten wir euch: Steigt in die Höhe hin­auf,o erhebt eure Augen in die Höhe.p Und wenn ich das göttliche Wort lehre, sagt das Wort auch zu mir: „Steige auf einen hohen Berg hinauf, der du Zion die Frohbotschaft verkündest. Erhebe mit Kraft deine Stimme, der du Jerusalem die Frohbotschaft verkündest. Erhebt euch, habt keine Furcht!“ q Dies wegen Paschor, weil er, obwohl sich ein Obergeschoss im Haus des Herrn am Benjamintor befand, den Propheten nicht in 721 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 71 Lagarde (CChr.SL 72, 149): Tabitha damma uel

caprea. Siehe auch Wutz, Onomastica sacra I, 652.

722 Zu dieser Bedeutung von τὸ σύμβολον vgl. in Ioh. comm. VI 6,31 (GCS Orig. 4, 113). 723 Siehe dazu auch Hanson, Allegory and Event 327.

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Πασχώρ, ὅτι παρακειμένου ὑπερῴου ἐν τῷ οἴκῳ κυρίου ἐν πύλῃ Βενιαμίν, οὐκ εἰς τὸ ὑπερῷον ἀνεβίβασε τὸν προφήτην, ἀλλὰ „ἔβαλεν αὐτὸν εἰς τὸν καταρράκτην“ κάτω.a 4. (18,14) „Καὶ ἐγένετο τῇ ἐπαύριον καὶ ἐξήγαγε Πασχὼρ τὸν Ἱερεμίαν ἐκ τοῦ καταρράκτου.“ b Ὦ κύριε Ἰησοῦ, πάλιν ἧκε, σαφήνιζέ μοι καὶ ταῦτα καὶ τοῖς ἐληλυθόσιν ἐπὶ τὴν πνευματικὴν τροφήν. Πῶς „τῇ ἐπαύριον“ ἐξάγει αὐτὸς „τὸν Ἱερεμίαν ἐκ τοῦ καταρράκτου“; Ὅσον μὲν γὰρ ἐνέστηκεν ἡ σή­ μερον ἡμέρα (σήμερον δέ ἐστι πᾶς οὗτος ὁ αἰών), [ἐὰν] εἰς τὸν καταρράκτην κάτω βάλλει τὸν προφήτην ὁ ἁμαρτωλός· ἐὰν δὲ παύσηται ἡ ἐνεστῶσα ἡμέρα καὶ ἡ αὔριον ἔλθῃ, τότε αὐτὸν ἐξάγει μετανοήσας ἀπὸ τοῦ καταρρά­ κτου. Εἶτα λέγει αὐτῷ ὁ Ἱερεμίας, ἃ πείσεται ὁ Πασχώρ. Τί λέγει αὐτῷ; „Οὐ Πασχὼρ ἐκάλεσε τὸ ὄνομά σου ἀλλ̓ ἢ Μέτοικον. Διότι τάδε λέγει κύρι­ ος.“ c || Μέλλει μετοικίζεσθαι κατὰ τὴν ἀξίαν τῶν ἁμαρτημάτων ὁ Πασχὼρ οὗτος εἰς Βαβυλῶνα, οὐ μόνος, ἀλλὰ καὶ μετὰ τῶν φίλων αὐτοῦ. d Παραδίδο­ ται γὰρ τῷ Ναβουχοδονόσορ καὶ εἰς τὴν Σύγχυσιν ἄπεισι καὶ κολάζεται ἐπὶ τοῖς ἁμαρτήμασιν αὐτοῦ, ἐπεὶ „ἔβαλε τὸν προφήτην εἰς τὸν καταρρά­ κτην“. e Τίνες οὖν οἱ φίλοι τοῦ Πασχὼρ τοῦ ἐπωνύμου τῆς Μελανίας τοῦ στόματος; Πάντες οἱ τοὺς λόγους αὐτοῦ παραδεξάμενοι, συμμελανωθέν­ τες τῷ στόματι αὐτοῦ τῷ μεμελανωμένῳ, οἱ δόγματα μελανότητος παραδε­ ξάμενοι. „Καὶ πεσοῦνται μαχαίρᾳ ἐχθρῶν αὐτῶν.“ f Οἱ ἐπὶ τῶν κολάσεων τεταγμένοι, οὗτοί εἰσιν οἱ τὰς μαχαίρας ἔχοντες καὶ ποιοῦντες πίπτειν αὐτούς· περὶ ὧν ὁ λόγος προφητεύει καί φησι· „Καὶ οἱ ὀφθαλμοί σου ὄψον­ ται.“ g Ταῦτα, φησί, τὰ προφητευόμενα „ὄψονταί σου οἱ ὀφθαλμοί“. „Καὶ σὲ καὶ πάντα Ἰούδαν δώσω εἰς χεῖρας βασιλέως Βαβυλῶνος.“ h Ὃς ἐὰν καταληφθῇ τοῦ Ἰούδα οὕτως ἁμαρτωλὸς ὡς ἄξιος εἶναι τοῦ βασιλέως a

Jer. 20,2 20,4

b

Jer. 20,3

c

Jer. 20,3f.

d

Jer. 20,4

5  μοι Gh Co μου S 8  ἐὰν del. Gh 25  καταληφθῇ Gh καταλειφθῆ S

e

Jer. 20,2

f

Jer. 20,4

9  βάλλει Gh βάλη S

g

Jer. 20,4

h

Jer.

18  οἱ2 Koe Lie

724 Siehe dazu oben S. 329 Anm. 439. 725 Siehe dazu oben S. 462 Anm. 696. 726 Vgl. in Ioh. comm. XXXII 32,396 (GCS Orig. 4, 480): „An vielen Stellen der Schrift

erstreckt sich der Ausdruck ‚heute‘ auf die gesamte Gegenwart“; orat. 27,13 (GCS Orig. 2, 372): „‚Heute‘ meint die Gegenwart, ‚morgen‘ aber die Zukunft … An vielen Stellen der Schriften ist es üblich, die gesamte Weltzeit als ‚heute‘ zu bezeichnen.“ So schon Philon, leg. all. III 25 (I p. 118f. Cohn/Wendland): „… ‚bis zum heutigen Tag‘ (Gen. 35,4), d.h. für immer; denn die gesamte Zeit wird durch das Heute gemessen, da das Maß für alle Zeit der Kreislauf der Tage ist.“ Übersetzung: Heinemann, Philo Werke III, 94. 727 „Verwirrung“ (σύγχυσις) ist schon laut Gen. 11,9 die Bedeutung des Namens Babel bzw. Babylon: Philon, conf. ling. 1 (II p. 229 Cohn/Wendland); Hieronymus, int. hebr. nom. p. 3 Lagarde (CChr.SL 72, 62): Babylon uel Babel confusio; p. 25 (72, 90);

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das Obergeschoss hinaufbrachte, sondern „ihn in das Verlies“ unten „werfen ließ“.a 4. (18,14) „Und es geschah am folgenden Tag, da ließ Paschor den Jeremia aus dem Verließ herausholen.“ b O Herr Jesus,724 komm erneut, erkläre mir auch dies725 und ebenso denen, die gekommen sind, um geistige Nahrung zu empfangen! Wie lässt er „am folgenden Tag den Jeremia aus dem Verließ herausholen“? Solange nämlich der heutige Tag andauert – heute aber meint diese ganze Weltzeit726 –, wirft der Sünder den Propheten nach unten in das Verließ. Wenn aber der gegenwärtige Tag aufhört und der morgige kommt, dann holt er ihn, indem er bereut, aus dem Verließ heraus. Dar­ aufhin sagt ihm Jeremia, was Paschor erleiden wird. Was sagt er ihm? „Nicht mit dem Namen Paschor hat er dich gerufen, sondern mit dem Namen ‚Deportierter‘. Denn dies spricht der Herr.“ c Entsprechend dem, was er für seine Sünden verdient, wird dieser Paschor nach Babylon deportiert werden, nicht allein, sondern er mit seinen Freunden.d Denn er wird dem Nebukadnezzar ausgeliefert, er wird in die Verwirrung727 fortgehen und er wird für seine Sünden bestraft, weil „er den Propheten in das Verließ werfen ließ“.e Wer sind nun die Freunde des Paschor, der auch ‚Schwärze des Mundes‘728 genannt wird? Es sind alle, die seine Worte angenommen haben, wie sein schwarz gewordener Mund schwarz geworden sind, die die Lehren der Schwärze angenommen haben. „Und sie werden durch das Schwert ihrer Feinde fallen.“ f Diejenigen, die für die Bestrafung zuständig sind,729 diese sind es, die die Schwerter tragen und dafür sorgen, dass sie fallen. Über sie prophezeit das Wort und sagt: „Und deine Augen werden es sehen.“ g All das, sagt es, was prophezeit wird, „werden deine Augen sehen“. „Und dich und ganz Juda werde ich in die Hände des Königs von Babylon geben.“ h Wenn einer aus Juda derart als Sünder erfunden wird, dass er p. 48 (72, 119); p. 72. 80 (72, 150. 159): Babylon confusio siue translatio (Deportation). Siehe dazu Wutz, Onomastica sacra I, 153: Βαβυλὼν σύγχυσις. Vgl. auch Origenes, in Hier. hom. lat. 1(3),2 (GCS Orig. 8, 308); in Hier. frg. 26 (GCS Orig. 32, 211f.); in Hiez. hom. 12,2 (GCS Orig. 8, 435). 728 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 54 Lagarde (CChr.SL 72, 127): Fesor os nigredinis; in Hier. IV 19,2 (CChr.SL 74, 188): ‚Phaschor‘, qui interpretatur ‚oris nigredo‘. Siehe auch Wutz, Onomastica sacra II, 949. 729 Die „für die Bestrafung zuständigen Engel“ nennt Origenes auch in epist. Afric. 11 (SC 302, 540); in Matth. comm. XIV 13 (GCS Orig. 10, 313); XVII 23 (10, 648). Vgl. ferner in Hier. hom. 20(19),9 (GCS Orig. 32, 194); in Ps. 36 hom. 5,7 (SC 411, 252); in Luc. hom. 23,5f. (GCS Orig. 92, 144f.); in Rom. comm. VII 10,4–10 (SC 543, 348–354). Im Hintergrund steht eine frühjüdische Tradition von „Plageengeln“ bzw. „Strafengeln“, wie sie in 1 Hen. 53,3; 56,1; 62,11 greifbar wird, aufgegriffen im Hirt des Hermas, sim. 6,2,3–7; 6,3,2, und bei Clemens von Alexandria, strom. V 90,4–6 (GCS Clem. Al. 24, 385f.). Origenes identifiziert sie mit den „Folterern“ in Mt. 18,34 und hat gewiss auch den von Clemens zitierten Passus aus dem Er-Mythos bei Platon, polit. X 14, 615e–616a, im Kopf.

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Βαβυλῶνος, τῆς Συγχύσεως, παραδοθήσεται αὐτῷ. Καὶ ὁ | βασιλεὺς Βαβυ­ λῶνος παραλαμβάνει τοὺς ἁμαρτάνοντας. Βασιλεὺς δὲ Βαβυλῶνος κατὰ μὲν τὴν ἱστορίαν Ναβουχοδονόσορ, κατὰ δὲ τὴν ἀναγωγὴν ὁ πονηρός. Τούτῳ δὲ παραδίδοται ὁ ἁμαρτωλός, ἐπεί ἐστιν ἀμφότερα καὶ ἐχθρὸς καὶ ἐκδικη­ τής.a Ὅτι δὲ αὐτῷ παραδίδοται ὁ ἁμαρτωλός, Παῦλός σε διδαξάτω, ὅπου μὲν λέγων περὶ Φυγέλου καὶ Ἑρμογένου· „Οὓς παρέδωκα τῷ σατανᾷ, ἵνα παιδευθῶσι μὴ βλασφημεῖν“, b ὅπου δὲ περὶ τοῦ πεπορνευκότος· „Συναχθέν­ των ὑμῶν καὶ τοῦ ἐμοῦ πνεύματος σὺν τῇ δυνάμει || τοῦ κυρίου Ἰησοῦ, κέκρικα παραδοῦναι τὸν τοιοῦτον τῷ σατανᾷ εἰς ὄλεθρον τῆς σαρκός, ἵνα τὸ πνεῦμα σωθῇ ἐν τῇ ἡμέρᾳ τοῦ κυρίου Ἰησοῦ Χριστοῦ.“ c Οὐκοῦν παρα­ δίδοται ὁ Πασχὼρ οὗτος, ἡ τοῦ στόματος Μελανία, εἰς χεῖρας τοῦ βασι­ λέως τῆς Βαβυλῶνος καὶ μετοικίζουσιν αὐτὸν εἰς Βαβυλῶνα. „Καὶ κατακόψουσιν αὐτοὺς ἐν μαχαίρᾳ. Καὶ δώσω τὴν ἰσχὺν πᾶσαν τῆς πόλεως ταύτης.“ d Εὐχερὲς εἰπεῖν ὅτι προφητεύεται περὶ τῆς Ἱερουσαλὴμ ταῦτα· παραδέδοται γὰρ πᾶσα ἡ ἰσχὺς αὐτῆς καὶ τὰ ἐπιφερόμενα τότε τῷ τῶν Βαβυλωνίων βασιλεῖ. Εὐχερὲς εἰπεῖν ὅτι προφητεύεται ταῦτα περὶ „τῆς πόλεως ταύτης“, ἐν τοῖς κατὰ τὸν σωτῆρα χρόνοις παραδοθείσης τοῖς πο­ λεμίοις. Καὶ εἰς αἰχμαλωσίαν ἀπεληλύθασιν οἱ υἱοὶ τῆς Ἱερουσαλὴμ καὶ κατ­ εσκάφη ἡ πόλις. Ἐὰν δὲ ἐξετάσῃς τὰ πράγματα καὶ πόλιν βλέπῃς μὴ τοὺς λίθους, ἀλλὰ τοὺς ἀνθρώπους, ὄψει ὅτι κἀκείνη ἡ Ἱερουσαλήμ, οἱ ἄνθρω­ ποι, παρεδόθησαν „εἰς χεῖρας βασιλέως Βαβυλῶνος“ e διὰ τὴν ἐπὶ τῷ Χρι­ στῷ ἀσέβειαν καὶ ἁμαρτίαν. Καὶ σὺ Ἱερουσαλὴμ εἶ νῦν. Ἐὰν οὖν ἀπειλῇ τῇ Ἱερουσαλὴμ νῦν ὁ λόγος, φοβήθητι μήποτε σύ, ἐὰν ἁμαρτάνῃς, Ἱερουσαλὴμ εἶ ἁμαρτωλὸς καὶ παραδίδοσαι, ἵνα μηκέτι ᾖς Ἱερουσαλὴμ ἀλλὰ Βαβυλὼν γίνῃ καὶ Σύγχυσις, παραλαβόντος σε Ναβουχοδονόσορ τοῦ Βαβυλωνίων βασιλέως. „Καὶ πάντας τοὺς πόνους“ f Ἱερουσαλὴμ παραδίδωσι. Πῶς „πάντας τοὺς πόνους“ παραδίδωσιν; Ἐὰν μετὰ τὸ ἀθλῆσαι καὶ ἀγωνίσασθαι παρα­ πέσῃς καὶ ἁμάρτῃς, πάντες οἱ πόνοι σου ἐληλύθασιν εἰς τὰς χεῖ||ρας Ναβου­ χοδονόσορ. Πῶς πάντες οἱ πόνοι σου; Λεχθήσεταί σοι, | ἐὰν πέσῃς μετὰ τὸ πολλὰ καμεῖν ὑπὲρ ἀληθείας· „Τοσαῦτα ἐπάθετε εἰκῇ.“ g Μάλιστα οἱ συνει­ a

Ps. 8,3 Gal. 3,4

g

b

1 Tim. 1,20; 2 Tim. 1,15

c

1 Kor. 5,4.3.5

d

Jer. 20,4f.

e

Jer. 20,4

f

Jer. 20,5

14  εὐχερὲς Gh εὐχερῶς S 20  ἡ Ἱερουσαλήμ S1 ἡ 11  ἡ Kl τῆι S 12  τῆς Scorr. V1 εροσαλήμ S* 24  εἶ Kl ἡ S 25  Βαβυλωνίων Hu Nt Βαβυλώνων S Kl 474.31– 476.1  συνειδότες Kl συνιδόντες S

730 Vgl. schon oben in Hier. hom. 1,3f. (GCS Orig. 32, 3). 731 Auch in Num. hom. 19,3 (GCS Orig. 7, 182) verwechselt Origenes die in 1 Tim. 1,20

eigentlich genannten Hymenaeus und Alexander mit den in 2 Tim. 1,15 erwähnten Phygelus und Hermogenes. In dem Fragment zu Ex. 10,27 in philoc. 27,8 (SC 226,

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den König von Babylon, der Verwirrung, verdient, wird er ihm übergeben werden. Und der König von Babylon nimmt die Sünder in Empfang.730 In der Geschichte ist Nebukadnezzar der König von Babylon, im übertragenen Sinn aber ist er der Böse. Ihm wird der Sünder übergeben, weil er beides ist: Feind und Rächer.a Dass ihm aber der Sünder übergeben wird, soll dich Paulus lehren, wo er über Phygelus und Hermogenes731 sagt: „Ich habe sie dem Satan übergeben, damit sie lernen, nicht zu lästern“,b und wo er über den, der Unzucht getrieben hat, sagt: „Nachdem sich ihr und mein Geist in der Kraft des Herrn Jesus versammelt haben, habe ich entschieden, einen solchen dem Satan zum Verderben des Fleisches zu übergeben, damit der Geist am Tag des Herrn Jesus Christus gerettet wird.“ c Also wird dieser Paschor, die Schwärze des Mundes, in die Hände des Königs von Babylon übergeben, und sie deportieren ihn nach Babylon. „Und sie werden sie mit dem Schwert erschlagen. Und ich werde die ganze Macht dieser Stadt preisgeben.“ d Es ist leicht zu sagen, dies werde über Jerusalem prophezeit, denn ihre ganze Macht und was dazu gehört ist damals dem König der Babylonier ausgeliefert worden. Es ist leicht zu sagen, dies werde über „diese Stadt“ prophezeit, da sie zur Zeit des Erlösers den Feinden ausgeliefert worden ist. Die Söhne Jerusalems sind in die Gefangenschaft gegangen, und die Stadt ist zerstört worden. Wenn du die Sache aber genau untersuchst und unter der Stadt nicht die Steine verstehst, sondern die Menschen,732 wirst du sehen, dass auch jenes Jerusalem, die Menschen, wegen ihrer Gottlosigkeit und Sünde gegenüber Christus „in die Hände des Königs von Babylon“ e ausgeliefert worden sind. Auch du bist jetzt Jerusalem. Wenn also das Wort jetzt eine Drohung gegen Jerusalem ausspricht, fürchte dich, dass nicht du, wenn du sündigst, das sündige Jerusalem bist und ausgeliefert wirst, auf dass du nicht mehr Jerusalem bist, sondern zu Babylon und Verwirrung733 wirst, da Nebukadnezzar, der König der Babylonier, dich in Empfang genommen hat.734 „Und alle mühsamen Errungenschaften“ f Jerusalems liefert er aus. Auf welche Weise liefert er „alle mühsamen Errungenschaften“ aus? Wenn du nach angestrengten Kämpfen in Sünde fällst, sind alle deine mühsamen Errungenschaften in die Hände Nebukadnezzars gelangt. Inwiefern alle deine mühsamen Errungenschaften? Wenn du fällst, nachdem du dich für die Wahrheit viel abgemüht hast, wird zu dir gesagt werden: „So viel habt ihr umsonst erduldet.“ g Besonders diejenigen, die sich bewusst sind, viele Mühen für die 296) nennt er bei der Zitierung von 1 Tim. 1,20 den Hermogenes aus 2 Tim. 1,15 und den Demas aus 2 Tim. 4,10. 732 Zu dieser übertragenen Bedeutung von Jerusalem auf die Menschen, also auf die Seele jedes einzelnen Menschen, vgl. oben in Hier. hom. 13,2 (GCS Orig. 32, 103). 733 Siehe dazu oben S. 472 Anm. 727. 734 Ein ähnlicher Gedankengang findet sich oben in Hier. hom. 13,2 (GCS Orig. 32, 103).

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δότες ἑαυτοῖς πολλοὺς πόνους ἀνηντληκέναι ὑπὲρ ἀρετῆς, ὀφείλουσι φοβεῖ­ σθαι, μήποτε τοὺς πόνους αὐτῶν ᾗ γενομένων Ἱερουσαλὴμ παραλάβῃ ἁμαρτίας τινὸς γενομένης Ναβουχοδονόσορ ὁ τῆς Βαβυλῶνος βασιλεύς. Ἵνα δὲ σαφέστερον ἴδῃς πῶς τοὺς πόνους Ἱερουσαλὴμ ἁμαρτούσης παραλαμβά­ νει Ναβουχοδονόσορ, συγχρήσομαι τοῖς ἐν τῷ Ἰεζεκιὴλ γεγραμμένοις οὕτως ἔχουσιν· „Ὁ δίκαιος ἐὰν ἀποστρέψῃ ἀπὸ τῶν δικαιοσυνῶν αὐτοῦ καὶ ποιή­ σῃ παράπτωμα, οὐ μὴ μνησθήσομαι τῶν δικαιοσυνῶν αὐτοῦ ὧν ἐποίησε.“a Διὰ τί; Τὰς γὰρ δικαιοσύνας τὰς μετὰ πόνου γενομένας παραλαμβάνει Ναβουχοδονόσορ καὶ ἀφανίζει Ναβουχοδονόσορ ὁ βασιλεὺς Βαβυλῶνος. „Καὶ πᾶσαν τιμὴν“ b τῆς Ἱερουσαλὴμ παραλαμβάνει, ὅτε „ἄνθρωπος“ γενόμενος ἐν τιμῇ ὑπὸ θεοῦ καὶ „ἐν τιμῇ ὤν οὐ συνῆκε“ c καὶ ἥμαρτεν. Ἐὰν οὖν ιδῇς ἐν τιμῇ ὢν καὶ κληθεὶς εἰς τὴν τιμὴν πάλιν σεαυτὸν διὰ τῶν ἁμαρτημάτων ὑβρίσῃς, τὴν τιμὴν τῆς Ἱερουσαλὴμ παραλαμβάνει ὁ Βαβυ­ λώνιος βασιλεύς. „Καὶ πάντας τοὺς θησαυροὺς βασιλέως Ἰούδα.“ d Πλουτεῖ ἡ Ἱερουσαλήμ, ἀλλ̓ ἐὰν ἁμάρτῃ, τοὺς θησαυροὺς αὐτῆς λαμβάνει ὁ Βαβυ­ λώνιος. „Καὶ διαρπῶνται αὐτοὺς καὶ λήψονται αὐτοὺς καὶ ἄξουσιν αὐτοὺς εἰς Βαβυλῶνα. Καὶ σύ, Πασχώρ, || καὶ πάντες οἱ κατοικοῦντες ἐν τῷ οἴκῳ σου πορεύεσθε ἐν αἰχμαλωσίᾳ εἰς Βαβυλῶνα, κἀκεῖ ἀποθανῇ, κἀκεῖ ταφή­ σῃ.“ e Ὁ ἐν Συγχύσει καταλαμβανόμενος ἐν Βαβυλῶνι ἀποθνῄσκει· καὶ ὁ ἐναντίως διακείμενος τῷ συνθάπτεσθαι τῷ Χριστῷ, οὗτος ἐν Βαβυλῶνι θάπτεται. Ἔστι γὰρ καὶ ταφῆναι μετὰ Χριστοῦ καλῶς διὰ τοῦ βαπτίσμα­ τος κατὰ τὸ „Συνετάφημεν τῷ Χριστῷ, καὶ συνανέστημεν αὐτῷ“. f Ὡς μυστήριόν ἐστι τὸ συνταφῆναι τῷ Χριστῷ, οὕτω μυστήριόν ἐστι κατὰ ἀνομίαν γενόμενον [ἐπὶ] τὸ ἁμαρτωλὸν ὄντα ταφῆναι εἰς Βαβυλῶνα. „Καὶ πάντες“ φησὶν „οἱ φίλοι σου ἐκεῖ ἀπελεύσεσθε οἷς ἐπροφήτευσας αὐτοῖς ψευδῆ.“ g Ὁ διηγούμενος κακῶς τὰ λόγια τοῦ θεοῦ καὶ τοὺς προφητικοὺς λόγους βάλλων εἰς καταρράκτην, προφητεύει μὲν οὗτος, προφητεύει δὲ ψευδῆ· διηγούμενος γάρ τις τοὺς προφητικοὺς λόγους, ἐὰν μὲν ἀληθεύῃ, καὶ αὐτὸς προφητεύει καὶ προφητεύει ἀληθῆ, εἰ δὲ | ψεύδεται, ψευδοπρο­ φήτης ἐστὶ καταψευδόμενος τῶν λόγων τῶν προφητικῶν. a

Ez. 18,24 b Jer. 20,5 2,12) g Jer. 20,6

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Ps. 48(49),13

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Jer. 20,5

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Jer. 20,5f.

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Röm. 6,4 (vgl. Kol.

1  ἀνηντληκέναι V1 ἀνητληκέναι S V* 2  ᾗ Nt ἢ S del. Kl 12  συνιδῇς Nt εἰδῇς Koe Kl ἴδης S 12  κληθεὶς Co κληθῆς S 24  ἐπὶ del. Kl 27  βάλλων Scorr. βάλων S*

735 Dass man für die Erlangung der Tugend viele Mühen auf sich nehmen muss, betont

Origenes auch in Matth. comm. XIII 23 (GCS Orig. 10, 243). 736 Die Wendung fehlt in der Septuaginta und wird von Origenes in seiner Wiedergabe

der Perikope oben in Hier. hom. 19,1(18,11) (GCS Orig. 32, 166) auch nicht zitiert, aber sie kommt im hebräischen Text vor, wenngleich das Wort ‫( יקר‬jaqar) an dieser Stelle nicht „Ehre“ – wie z.B. in Est. 1,20; 6,6 –, sondern „Kostbarkeit“ bedeutet.

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Tugend auf sich genommen zu haben,735 müssen sich fürchten, dass ihre mühsamen Errungenschaften, durch die sie Jerusalem geworden sind, nicht anlässlich irgendeiner Sünde Nebukadnezzar, der König von Babylon, in Besitz nimmt. Damit du aber noch deutlicher siehst, auf welche Weise Nebukadnezzar die mühsamen Errungenschaften Jerusalems, wenn es sündigt, in Besitz nimmt, werde ich mich dessen bedienen, was im Buch Ezechiel geschrieben steht und so lautet: „Wenn der Gerechte sich von seinen gerechten Taten abwendet und einen Fehltritt begeht, werde ich mich gewiss nicht mehr an seine gerechten Taten erinnern, die er vollbracht hat.“a Weshalb? Weil Nebukadnezzar die mit Mühe vollbrachten gerechten Taten in Besitz nimmt und Nebukadnezzar, der König von Babylon, sie zunichtemacht. „Auch die ganze Ehre“ b736 Jerusalems nimmt er in Besitz, wenn „ein Mensch“, obwohl er von Gott zu Ehre gebracht worden war und „in Ehre stand, nicht verstand“ c und sündigte. Wenn du also verstehst,737 dass du in Ehre stehst, und dich, obwohl du zur Ehre berufen bist, durch die Sünden selbst wieder entehrst, nimmt der babylonische König die Ehre Jerusalems in Besitz. „Und alle Schätze des Königs von Juda.“ d Jerusalem ist reich, aber wenn es sündigt, bekommt ihre Schätze der Babylonier. „Und sie werden sie ausplündern und sie ergreifen und nach Babylon bringen. Und du, Paschor, und alle Bewohner deines Hauses, ihr geht in Gefangenschaft nach Babylon, und dort wirst du sterben, und dort wirst du begraben werden.“ eWer in Verwirrung738 ergriffen wird, stirbt in Babylon. Wer hingegen darauf eingestellt ist, mit Christus begraben zu werden, der wird in Babylon begraben. Es ist nämlich auch möglich, auf rechte Weise mit Christus durch die Taufe begraben zu werden gemäß der Aussage: „Wir sind mit Christus begraben worden und mit ihm auferstanden.“ f739 Wie es ein Mysterium ist, mit Christus begraben zu werden, so ist es ein Mysterium, dass einer, der aus Gesetzlosigkeit zum Sünder geworden ist, in Babylon begraben wird. „Du wirst dorthin gehen mit allen deinen Freunden“, heißt es, „denen du Lügen prophezeit hast.“ gWer die Aussagen Gottes schlecht auslegt und die prophetischen Worte in ein Verlies wirft, der prophezeit zwar, aber er prophezeit Lügen. Denn wenn ein Ausleger der prophetischen Worte die Wahrheit sagt, prophezeit er auch selbst und prophezeit Wahres,740 wenn er aber lügt, ist er ein Lügenprophet, der die prophetischen Worte verfälscht. 737 Wegen der Anspielung auf die Formulierung in Ps. 48(49),13 ist die Konjektur von

Nautin, GCS Orig. 32, 363; SC 238, 236, zu bevorzugen. Smith, FaCh 97, 215 mit Anm. 65, folgt der Lesart im Codex Scorialensis. 738 Zu dieser Etymologie von Babylon siehe oben S. 472 Anm. 727. 739 Zu dieser Form des Zitats von Röm. 6,4 siehe oben S. 140 Anm. 78. 740 Vgl. Gregor Thaumaturgos, pan. Orig. 179 (SC 148, 170): „Ein und derselben Kraft bedürfen diejenigen, die prophezeien, und diejenigen, welche auf die Propheten hören, und niemand könnte einen Propheten hören, wenn ihm nicht der Geist selbst,

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5. (18,15) Καὶ δὴ τετέλεσται ἡ μία περικοπή, ἤδη δὲ καὶ τῆς δευτέρας ἀρξώμεθα· καὶ γὰρ ἔχει πράγματα εὐθέως ἀπὸ τῆς πρώτης λέξεως οὐ τὰ τυχόντα. Καὶ προσέχοντες τῇ λέξει πάλιν αἰτήσωμεν ἥκειν τὸν Ἰησοῦν, καὶ ἐπιφανέστερόν γε καὶ λαμπρότερον ἥκειν αὐτὸν παρακαλῶμεν, ἵνα ἐλθὼν διδάξῃ πάντας ἡμᾶς, πότερον ἀληθεύων ἔλεγεν ὁ προφήτης, ὡς πρέπει νοεῖν περὶ προφήτου, τὰ ἑξῆς ἢ ψευδόμενος, ὃ οὐ θε||μιτὸν λέγειν περὶ προφήτου ἁγίου. Λέγει δὲ πρὸς τὸν θεόν· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπα­ τήθην, ἐκράτησας καὶ ἠδυνάσθης· ἐγενόμην εἰς γέλωτα, πᾶσαν τὴν ἡμέραν διετέλεσα μυκτηριζόμενος· ὅτι πικρῷ λόγῳ μου γελάσομαι, ἀθεσίαν καὶ ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι· ὅτι ἐγενήθη ὁ λόγος κυρίου εἰς ὀνειδισμὸν ἐμοὶ καὶ χλευασμὸν πᾶσαν ἡμέραν. Καὶ εἶπα· Οὐ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου, καὶ οὐ μὴ λαλήσω ἔτι ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ. Καὶ ἐγένετο ἐν τῇ καρδίᾳ μου ὡς πῦρ φλεγόμενον καῖον ἐν τοῖς ὀστέοις μου, καὶ παρεῖμαι πάντοθεν καὶ οὐ δύναμαι φέρειν, ὅτι ἤκουσα ψόγον πολλῶν συναθροιζομένων κυ­ κλόθεν“, καὶ λεγόντων δηλονότι· „Ἐπισύστητε, καὶ ἐπισυστῶμεν αὐτῷ ἄνδρες φίλοι αὐτοῦ· τηρήσατε τὴν ἐπίνοιαν αὐτοῦ εἰ ἀπατηθήσεται, καὶ δυνησόμεθα αὐτῷ καὶ ληψόμεθα τὴν ἐκδίκησιν ἡμῶν ἐξ αὐτοῦ.“ Ἀλλὰ ταῦτα ἐκείνων λεγόντων φησὶν ὁ προφήτης· „Καὶ κύριος μετ̓ ἐμοῦ καθὼς μαχητὴς ἰσχύων· διὰ τοῦτο ἐδίωξαν καὶ νοῆσαι οὐκ ἠδύναντο· ᾐσχύνθησαν σφόδρα, ὅτι οὐκ ἐνόησαν ἀτιμίας αὐτῶν, αἳ δι᾽ αἰῶνος οὐκ ἐπιλησθήσον­ ται.“a Αὕτη ἡ περικοπὴ ἡ δευτέρα τοῦ ἀναγνώσματος. Πῶς οὖν λέγει ὁ προφήτης· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην“; b Θεὸς ἀπατᾷ; Πῶς οἰκονομήσω τὸν λόγον, ἀπορῶ. Ἐὰν γὰρ διὰ τὸν θεὸν καὶ τὸν λόγον αὐτοῦ βλέπω τι εἰς αὐτόν, οἰκονομίας δεῖται γενναίας τὰ λεχθησόμε­ να. Παυσάμενος τοῦ ἀπατᾶσθαι λέγει ὁ προφήτης· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην“, ὡς τῆς στοιχειώσεως καὶ εἰσαγωγῆς γεγενημένης αὐτῷ ἐν ἀπάτῃ || καὶ μὴ δυναμένῳ αὐτῷ στοιχειωθῆναι καὶ εἰσαχθῆναι εἰς θεοσέ­ βειαν, ἐὰν μὴ πρότερον ἀπατηθῇ, ἵνα ἥκῃ ὕστερον ἐπὶ τὸ συναισθῆναι τῆς ἀπάτης. Ἀρκεῖ δὲ μόνον παράδειγμά τι εἰπεῖν χρήσιμον εἰς τὰ προκεί­ a

Jer. 20,7–11

b

Jer. 20,7

3  αἰτήσωμεν Gh Co αἰτήσομεν S 4  γε Kl τε S 7–8  ἠπατήθην Scorr. ἠπατήθειν S* 10  ἐγενήθη V ἐγεννήθη S 14–15  κυκλόθεν Bl κύκλωθεν S 19  ἠδύναντο Scorr. δύναντο S* 28–29  ἐὰν – ἀπατηθῇ, ἵνα – ἀπάτης Bl ἵνα – ἀπάτης, ἐὰν – ἀπατηθῇ S Nt 28  ἥκῃ Gh ἥκει S 28  συναισθηθῆναι Kl Nt (GCS Orig. 32, 363) συνῃσθῆσθαι Nt (SC 238, 240) συνησθῆναι S der die Prophezeiung bewirkt hat, das Verständnis für seine Worte verliehen hätte.“ Übersetzung: Guyot, FC 24, 199. 741 So schon oben in Hier. hom. 19,1(18,11) (GCS Orig. 32, 165) und 19,4(18,14) (32, 170). Siehe dazu oben S. 462 Anm. 696. 742 Vgl. in Ioh. comm. VI 34,171 (GCS Orig. 4, 143): „Keiner der Evangelisten macht Fehler oder erzählt Unwahrheiten.“ Hanson, Allegory and Event 192, erklärt einen

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5. (18,15) Die eine Perikope ist damit zu Ende, doch lasst uns auch mit der zweiten jetzt noch anfangen. Sie bietet nämlich gleich vom ersten Ausdruck an nicht gewöhnliche Schwierigkeiten. Und wenn wir uns dem Text zuwenden, lasst uns erneut Jesus bitten, er möge kommen,741 und ihn anrufen, er möge doch erhellender und erleuchtender kommen, damit er durch sein Kommen uns alle lehrt, ob der Prophet im Folgenden die Wahrheit sagte, wie es sich über einen Propheten zu denken geziemt, oder die Unwahrheit, was über einen heiligen Propheten zu sagen nicht gestattet ist.742 Er sagt aber zu Gott: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen, du warst siegreich und übermächtig. Ich bin zum Gespött geworden, jeden Tag wurde ich fortwährend verhöhnt. Denn über mein bitteres Wort werde ich lachen, Vertragsbruch und Elend werde ich erflehen, weil mir das Wort des Herrn jeden Tag zu Schmähung und Spott geworden ist. Und ich sagte: Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden. Und es entstand in meinem Herzen743 gleichsam ein glühendes Feuer, das in meinen Knochen brannte, und von allen Seiten bin ich umschlossen und kann es nicht ertragen, weil ich den Tadel der vielen hörte, die sich rings um mich herum versammelten“ und offenbar sagten: „Kommt zusammen! Wir wollen uns gegen ihn zusammentun, die mit ihm befreundeten Männer! Beobachtet seinen Plan, ob er sich täuschen lassen wird und wir uns seiner bemächtigen und unsere Rache an ihm nehmen werden.“ Doch während jene dies sagen, spricht der Prophet: „Doch der Herr ist mit mir wie ein starker Kämpfer. Deswegen haben sie mich verfolgt und konnten nicht verstehen. Sie wurden sehr gedemütigt, weil sie ihre Ehrlosigkeiten nicht verstanden, die in Ewigkeit nicht vergessen werden.“a Das ist die zweite Perikope der Lesung. In welchem Sinn nun sagt der Prophet: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“? b Gott täuscht? Wie ich diese Aussage einordnen soll, weiß ich nicht. Wenn ich nämlich um Gottes und seines Wortes willen etwas darin erkenne, bedarf das, was gesagt werden wird, einer zutreffenden Einordnung. Nachdem die Täuschung aufgehört hat, sagt der Prophet: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“, als wäre ihm der Anfangsunterricht und die Einführung in Form einer Täuschung erteilt worden und könnte er nicht unterrichtet und in die Frömmigkeit eingeführt werden, wenn er nicht zuerst getäuscht wurde, um später dahin zu gelangen, die Täuschung wahrzunehmen.744 Es genügt aber, ein einziges dem vorliegensolchen Satz als Folge der Überzeugung von der Verbalinspiration der Bibel und ihrer daraus sich ergebenden Irrtumslosigkeit. 743 Die Junktur „in meinem Herzen“ fehlt in der Septuaginta; erneut zitiert Origenes nach dem Hebräischen. 744 Während Nautin, GCS Orig. 32, 363; SC 238, 240, in diesem Satz an der im Codex Scorialensis überlieferten Abfolge der letzten beiden Nebensätze festhält: ἵνα ἥκῃ

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μενα. Παιδίοις λαλοῦμεν ἄγοντες τὰ παιδία, καὶ οὐχ ὡς τελείοις λαλοῦμεν, ἀλλ̓ ὡς παιδίοις δεομένοις [διὰ] τῆς παιδεύσεως λαλοῦμεν αὐτοῖς, καὶ ἀπατῶμεν | τὰ παιδία φοβοῦντες τὰ παιδία, ἵνα παύσηται τῆς ἐν παισὶν ἀπαιδευσίας, καὶ φοβοῦμεν τὰ παιδία ἀπάτης λόγους λέγοντες διὰ τὸ ὑπο­ κείμενον τῇ νηπιότητι αὐτῶν, ἵνα διὰ τῆς ἀπάτης ποιήσωμεν αὐτὰ φοβη­ θῆναι καὶ διδασκάλοις φοιτῆσαι καὶ ἀπαγγεῖλαι καὶ ποιῆσαι τὰ ἐπιβάλλον­ τα προκοπῇ παιδίων. Πάντες ἐσμὲν παιδία τῷ θεῷ καὶ δεόμεθα ἀγωγῆς παιδίων. Διὰ τοῦτο ὁ θεὸς φειδόμενος ἡμῶν ἀπατᾷ ἡμᾶς (καὶ εἰ μὴ αἰ­ σθανόμεθα τῆς ἀπάτης πρὸ καιροῦ), ἵνα μὴ ὡς ὑπερβεβηκότες τὸ νήπιον, μηκέτι δι᾽ ἀπάτης παιδευώμεθα, ἀλλὰ διὰ τῶν πραγμάτων. Ἄλλως τὸ παιδίον εἰς φόβον ἄγεται, ἄλλως τὸ προκόψαν τῇ ἡλικίᾳ καὶ διαβεβηκὸς τὴν παιδικὴν ἡλικίαν. Εἰ γὰρ δύναμαι δἰ ἀπάτης αὐτὸ παιδαγωγῶν †, ἵνα εἴπῃ ὁ ἀπατῶν θεός· „Παιδεύσω αὐτοὺς ἐν τῇ ἀκοῇ τῆς θλίψεως αὐτῶν.“a Ἱστορίας παραθήσομαι, πῶς ὁ θεὸς ἐπὶ σωτηρίᾳ ἀπατᾷ καὶ λέγει τινά, ἵνα παύσηται ὁ ἁμαρτωλὸς τοῦ ποιεῖν, ἃ ἐποίησεν ἄν, εἰ μὴ ἠκηκόει τῶν­ δε τινῶν τῶν λόγων. Ὁ λέγων· „Ἔτι τρεῖς ἡμέραι καὶ Νινευὴ καταστραφή­ σεται“ b ἀληθεύων ἔλεγεν, ἢ οὐκ ἀληθεύων || καὶ ἀπατῶν ἀπάτην ἐπιστρέ­ φουσαν; ῞Ητις ἐπιστροφὴ εἰ μὴ γεγόνει, οὐκέτι ἀπάτη ἦν ἀλλ̓ ἤδη ἀλήθεια τὸ λεγόμενον, καὶ ἦν ἂν ἀκολουθήσασα καταστροφὴ τῇ Νινευῇ. ῏Ην ἐπὶ τοῖς ἀκούουσιν, ἤτοι ἀπατηθεῖσι καὶ πιστεύσασι τοῖς λεγομένοις ὡς ἀληθέ­ σιν εὐεργετηθῆναι καὶ μὴ καταστραφῆναι, ἢ μὴ γινομένου ἀληθοῦς τοῦ εἰρημένου καὶ μὴ ἀπατηθεῖσιν, ἀλλὰ καταλαβοῦσιν ὅτι τὰ εἰρημένα οὐκ ἔσται, καταφρονῆσαι τῶν εἰρημένων ὡς ἀπάτης παθεῖν οὐχὶ τὸ „Ἔτι τρεῖς ἡμέραι καὶ Νινευὴ καταστραφήσεται“, ἀλλὰ τολμῶ καὶ λέγω πολλῷ χαλεπώτερα τοῦ „Ἔτι τρεῖς ἡμέραι καὶ Νινευὴ καταστραφήσεται“. Τῇ γὰρ a

Hos. 7,12

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Jona 3,4

2  διὰ del. Hu 3  τὰ παιδία2 S Nt del. Kl 9  νήπιον Scorr. V* νόημα S* V? am Rand 10. 11  ἄλλως Gh ἄλλ᾽ ὡς S 17  καὶ Koe Kl ἢ S Nt 19  ἂν ἀκολουθήσασα Gh ἀνακολουθήσασα S 20  ἤτοι Kl ἢ τοῖς S 23  καὶ Del

ὕστερον ἐπὶ τὸ συναισθῆναι (in SC 238, 240 konjiziert er hier zusätzlich συνῃσθῆσθαι) τῆς ἀπάτης, ἐὰν μὴ πρότερον ἀπατηθῇ, ist mit Klostermann, GCS Orig. 3, 173, dem Vorschlag von Blass zu folgen, die beiden Satzteile umzudrehen (ebenso Schadel, BGrL 10, 213; Smith, FaCh 97, 217), denn nur so entsprechen sie der Gedankenlogik des Satzes und der Zeitfolge, die in πρότερον – ὕστερον zum Ausdruck kommt. 745 Den Vergleich mit der Kindererziehung, um die Redeweise der Bibel zu erklären, bemüht Origenes auch in Hier. hom. 18,6 (GCS Orig. 32, 159). Siehe dazu auch de Lubac, Geist aus der Geschichte 299f.

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den Problem dienliches Beispiel anzuführen.745 Wenn wir Kinder erziehen, reden wir mit Kindern, und wir reden mit ihnen nicht wie mit Erwachsenen, sondern wir reden mit ihnen wie mit Kindern, die der Erziehung bedürfen, und wir täuschen die Kinder, indem wir den Kindern Furcht einflößen, damit die Ungezogenheit in den Kindern aufhört, und wir flößen den Kindern Furcht ein, indem wir wegen der bei ihnen bestehenden Unmündigkeit täuschende Worte benutzen, damit wir ihnen durch die Täuschung Furcht einjagen und sie zu Lehrern gehen, darüber berichten und das tun, was zur Reifung von Kindern beiträgt. Wir alle sind Kinder vor Gott und bedürfen der Erziehung von Kindern. Deshalb, weil Gott uns schont, täuscht er uns – auch wenn wir die Täuschung nicht wahrnehmen, bevor es dafür Zeit ist –, damit wir nicht, als hätten wir das Stadium der Unmündigkeit schon überschritten, nicht mehr durch Täuschung erzogen werden, sondern durch das wirkliche Leben. Auf eine Weise wird das Kind zur Furcht erzogen, auf eine andere der, der im Alter vorangeschritten ist und das Kindesalter durchschritten hat. Denn wenn ich es durch Täuschung erziehen kann †,746 damit der täuschende Gott sagt: „Ich werde sie erziehen durch die Kunde von ihrer Drangsal.“a Ich werde Geschichten dazu anführen, wie Gott um des Heiles willen täuscht und bestimmte Dinge sagt, damit der Sünder aufhört, das zu tun, was er tun würde, wenn er nicht derartige Worte gehört hätte. Als er sagte: „Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden“,b hat er die Wahrheit gesagt oder hat er nicht die Wahrheit gesagt und getäuscht – eine Täuschung, die zur Umkehr führt?747 Hätte diese Umkehr nicht stattgefunden, wäre das Gesagte keine Täuschung mehr, sondern nunmehr Wahrheit, und die Folge für ­Ninive wäre die Zerstörung gewesen. Es lag an den Hörern, entweder, wenn sie sich täuschen ließen und dem Gesagten als wahr glaubten, die Wohltaten zu empfangen und nicht zerstört zu werden oder, weil sie sich, als würde sich das Angekündigte nicht als wahr erweisen, auch nicht täuschen ließen, sondern annahmen, das Angekündigte werde nicht eintreten, die Ankündigung als Täuschung zu missachten nicht das „Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden“ zu erleiden, sondern, wie ich zu behaupten wage,748 viel Schlimmeres als das „Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden“.

746 Die Herausgeber sind sich einig, dass der Text an dieser Stelle verderbt ist bzw. eine

Lücke aufweist, die Nautin, SC 238, 242 Anm. 2, für „assez étendue“ hält. 747 Schon in Hier. hom. 1,1 (GCS Orig. 32, 1) hat Origenes die Androhung der Zerstö-

rung Ninives so interpretiert, dass sie auf die Umkehr der Niniviten zielt. 748 Mit dieser für ihn tpyischen Junktur markiert Origenes selbst die Kühnheit mancher

seiner Gedanken, z.B. in Regn. hom. graec. 9 (GCS Orig. 32, 293). Siehe dazu die Hinweise auf die Belege in den neuentdeckten griechischen Psalmenhomilien bei Fürst, OWD 7, 232 Anm. 57.

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ὑποθέσει ἡμαρτηκότες [εἰ μὴ μετανοήκεισαν] Νινευῖται εἰ μὴ μετα­ νοήκεισαν, τάχα μὲν „Ἔτι τρεῖς ἡμέραι καὶ Νινευὴ καταστραφήσεται“ ἐγίνετο· ἀλλ̓ ἔστω ὅτι οὐκ ἐγίνετο τόδε, τούτου χεῖρον ἐγίνετο, πυρὶ αἰωνίῳ παρεδίδοντο. Διὰ τοῦτο ἄλλη κόλασις κατὰ τὸν νόμον εἴρηται τοῖς ὡς παιδίοις παιδ­ αγωγουμένοις· οἷς δὲ „ἦλθε τὸ πλήρωμα τοῦ χρόνου [οὗ]“,a ἄλλαι κολάσεις ἀναγεγραμμέναι εἰσίν. Σύγκρινε τὰς κατὰ τὸν νόμον κολά|σεις ἁμαρτωλῶν ταῖς κατὰ τὸ εὐαγγέλιον κολάσεσιν ἁμαρτωλῶν, καὶ ὄψει ὅτι ἐκεῖνοι μὲν ὡς νήπιοι ἤκουσαν κολάσεων ἐκείνοις νηπίοις ἁρμοζουσῶν, ἡμεῖς δὲ ὡς τέλειοι τὴν ἡλικίαν b ἀκούομεν κολάσεων χαλεπωτέρων. Μοιχὸς εἰ τότε γε­ γένηται ἢ μοιχαλίς, ἡ ἀπειλὴ οὐ γέεννα, οὐ πῦρ αἰώνιον, ἀλλά· λίθοις λι­ θοβοληθήσεται· „Λιθοβολείτω αὐτὸν πᾶ||σα ἡ συναγωγή.“ c Ἐρεῖ ἀπελθὼν ὁ ἐν τούτοις εὑρεθεὶς μοιχός, ἡ ἐν τούτοις εὑρεθεῖσα μοιχαλίς· Εἴθε καὶ ἐπ̓ ἐμοῦ ὁ λόγος ἐρεῖ, ὁ λαὸς λίθοις με ἔβαλλε καὶ μὴ τετηρημένος ἤμην εἰς τὸ αἰώνιον πῦρ. „Ἔνοχος“ γὰρ „εἰς τὴν γέενναν τοῦ πυρὸς“ οὐ μόνον ὁ μοι­ χός, ἀλλὰ καὶ ὁ εἰπὼν τῷ ἀδελφῷ αὐτοῦ „μωρέ“. d Εἰ δὲ ὁ εἰπὼν τῷ ἀδελφῷ αὐτοῦ „μωρέ“ „ἔνοχος ἔσται εἰς τὴν γέενναν τοῦ πυρός“, ὁ μοιχὸς τίνι ἔνοχος ἔσται; Μεῖζόν τι ζητῶ κολαστήριον τῆς γεέννης τοῦ πυρός. Καὶ τάχα εἴποιμι ἂν ὅτι ἡ γέεννα τῶν ἀκουσίων τῶν δυναμένων καθαρθῆναί ἐστιν. Ὥσπερ δὲ ἐπὶ τῶν ἀγαθῶν, τῶν δικαίων, „ἐπὶ καρδίαν ἀνθρώπου οὐκ ἀνέβη, ἃ ἡτοίμασεν ὁ θεὸς τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν“, e οὕτως ἡτοίμα­ σε τοῖς ἁμαρτωλοῖς τῷ πορνεύειν, τῷ μοιχεύειν, „ἐπὶ καρδίαν ἀνθρώπου οὐκ ἀνέβη“. Εἰ γὰρ ἀνέβη ἐπὶ τὴν καρδίαν ἔνοχος γίνεται ὁ εἰπὼν τῷ ἀδελφῷ αὐτοῦ· „μωρέ“, δῆλον ὅτι μεῖζόν ἐστι τοῦ ἀναβαίνοντος ἐπὶ καρ­ δίαν τὸ ἡτοιμασμένον τοῖς τὰ χείρονα ἡμαρτηκόσιν. Οὐ δύναμαι δὲ νοῆσαι μεῖζόν τι γεέννης, ἀλλὰ μόνον πιστεύω ὅτι μεῖζόν τι ἔστι γεέννης, τὸ ἡτοι­ μασμένον τοῖς μοιχεύουσιν. a

Gal. 4,4

b

Eph. 4,13

c

Lev. 24,16

d

Mt. 5,22

e

1 Kor. 2,9

1  εἰ μὴ μετανοήκεισαν del. Bl Koe 1–2  μετανενοήκεισαν Kl 2  τὸ Koe Kl (GCS Orig. 3, 350) Nt 6  οὗ del.V 7  σύγκρινε Bl σύγκριναι S 21  ἃ2 Del 22  τῷ – τῷ Gh τὸ – τὸ S 23  ᾧ Kl 25  ἡτοιμασμένον Kl ἡμαρτημένον S

749 Hanson, Allegory and Event 228f., ordnet diese Auslegung als extreme Form von

Akkommodation ein und hält sie offenbar für einen Irrweg. In Wirklichkeit versucht Origenes, diese biblischen Geschichten mit den Standards allgemeiner Rationalität in Einklang zu bringen. 750 Origenes zitiert Lev. 24,16 (Lev. 24,14 lautet so ähnlich) als Beleg dafür, dass auf Ehebruch die Strafe der Steinigung stand. Um dieses Vergehen geht es jedoch in Dtn. 22,24, wo dieselbe Strafe angeordnet wird, während es in Lev. 24,14.16 um einen Gotteslästerer geht. Solche Vermischungen bzw. Verwechslungen unterlaufen dem aus dem Gedächtnis zitierenden Prediger öfter, z.B. in Hier. hom. lat. 2(2),2 (GCS Orig. 8, 292); siehe dazu unten S. 554 Anm. 874.

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Homilie 19,5(18,15)

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

Denn wenn man annimmt, die sündigen Niniviten hätten sich nicht bekehrt, wäre „Noch drei Tage und Ninive wird zerstört werden“ vielleicht eingetreten. Doch angenommen, das wäre nicht geschehen, dann wäre Schlimmeres geschehen: Sie wären dem ewigen Feuer übergeben worden.749 Deshalb steht für die, die wie Kinder erzogen werden, die eine Art von Strafe im Gesetz, für die aber, für die „die Fülle der Zeit gekommen ist“,a sind andere Strafen aufgeschrieben. Vergleiche die Strafen für die Sünder im Gesetz mit den Strafen für die Sünder im Evangelium, und du wirst sehen, dass jene wie unmündige Kinder von Strafen hörten, die für jene als unmündige Kinder angebracht waren, wir aber wie Leute im Erwachsenenalter b von schwereren Strafen hören. Wenn es damals einen Ehebrecher gab oder eine Ehebrecherin, war die Drohung nicht die Hölle, nicht das ewige Feuer, sondern: Er wird gesteinigt werden: „Die ganze Gemeinde soll ihn steinigen.“ c750 Der Mann, der in unserer Zeit als Ehebrecher ertappt wurde, die Frau, die in unserer Zeit als Ehebrecherin ertappt wurde, wird beim Hinscheiden sagen: Würde die Aussage doch auch für mich gelten, das Volk Steine auf mich werfen und ich nicht für das ewige Feuer aufbewahrt werden! Denn „dem Höllenfeuer anheimfallen“ wird nicht nur der Ehebrecher, sondern auch, wer seinen Bruder einen „Narren“ schilt.dWenn aber der, der seinen Bruder einen „Narren“ schilt, „dem Höllenfeuer anheimfallen wird“, welcher Strafe wird dann der Ehebrecher anheimfallen? Ich suche einen schlimmeren Strafort als das Höllenfeuer. Und ich könnte vielleicht sagen, dass es die Hölle derjenigen ist, die nicht gereinigt werden wollen, obwohl sie es könnten.751 Wie jedoch im Hinblick auf die Guten, auf die Gerechten, „in keines Menschen Herz gedrungen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“,e so ist er den Sündern für die Unzucht, für den Ehebruch bereitet hat, „in keines Menschen Herz gedrungen“. Wenn nämlich in das Herz gedrungen ist, der anheimfallen wird, der seinen Bruder einen „Narren“ schilt, ist das, was denen bereitet ist, die schwerer gesündigt haben, offensichtlich schlimmer als das, was in das Herz gedrungen ist. Ich kann mir aber nichts Schlimmeres als die Hölle denken, sondern ich glaube nur, dass es etwas Schlimmeres als die Hölle gibt, und das ist den Ehebrechern bereitet.752 751 In princ. I 8,4 (GCS Orig. 5, 101) spricht Origenes von denjenigen „Vernunftwesen,

die sich so rückhaltlos in die Bosheit gestürzt haben, dass ihnen für die Rückkehr mehr der Wille als die Möglichkeit fehlt, solange ihnen die Wut der Untaten noch Lust bereitet“. Übersetzung: p. 261 Görgemanns/Karpp. Origenes erwägt also durchaus den Grenzgedanken, dass ein Vernunftwesen sich der Erlösung verweigert. Zu einem ähnlichen Gedankengang in Hier. hom. 6,2 (GCS Orig. 32, 48–50) siehe oben S. 218 Anm. 218. 752 Anders gelagert sind die Überlegungen zu den Strafen für Ehebruch in Lev. hom. 11,2 (GCS Orig. 6, 450f.): Dort hebt Origenes hervor, dass die unterschiedlichen Regelungen im Gesetz und im Evangelium, wo nicht von Todesstrafe die Rede ist, je auf ihre Weise die Barmherzigkeit Gottes demonstrieren sollen.

Ὁμιλία ιθʹ



313v

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Οὕτως ἔρχομαι καὶ ἐπὶ τὰς λοιπὰς τὰς κατὰ τὸν νόμον κολάσεις, καὶ λαμβάνω λέξιν ἀποστολικὴν συνᾴδουσαν τούτοις καὶ σιωπήσασάν μου τὴν κόλασιν ἐὰν ἁμάρτω, ἐπειδὴ οὐ θέλω τὸ „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπα­ τήθην“a παραδεξάμενος ἀπατηθῆναι καλῶς. Τί δὲ λέγει ὁ ἀπόστολος; „Ἀθε­ τήσας τις νόμον Μωσέως χωρὶς οἰκτιρμῶν ἐπὶ δυσὶ καὶ τρι||σὶ μάρτυσιν ἀποθνῄσκει· πόσῳ δοκεῖτε χείρονος ἀξιωθήσεται τιμωρίας ὁ τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ καταπατήσας;“ b Ὀνόμασον, ὦ Παῦλε, τὴν τιμωρίαν· εἶπον αὐτήν, ἀλλ̓ οὐ λέγω αὐτήν, φησί· μεῖζόν ἐστι τῶν λεγομένων τὸ τῆς κολάσεως τῶν ἐν εὐαγγελίῳ ἁμαρτανόντων, μεῖζον τῶν ἀκουομένων, μεῖζον τῶν νοουμένων. Διὰ τοῦτο εἰσήχθη ὡς παιδίον ὁ προφήτης, ἀκούσας καὶ φοβηθεὶς καὶ παι­ δευθεὶς καὶ μετὰ τοῦτο τελειωθεὶς λέγων· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπα­ τήθην.“ c Καὶ σὺ ὅσον εἶ παιδίον, φοβήθητι τὰς ἀπειλάς, ἵνα μὴ πάθῃς τὰ ὑπὲρ | τὰς ἀπειλάς, τὰς κολάσεις τὰς αἰωνίους, d τὸ ἄσβεστον πῦρ, e ἢ τάχα τι τούτου μεῖζον τὸ ἀποκείμενον τοῖς παρὰ τὸν ὀρθὸν λόγον ἐπὶ πλεῖον βεβιωκόσιν. Ὧν πάντων μηδαμῶς πειραθείημεν, ἀλλὰ ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ τελειούμενοι δικαιωθείημεν ἀξίως τῶν ἑορτῶν τῶν ἐπουρανίων καὶ πάσχα τοῦ ἐκεῖ ἐπὶ τὴν ἀναγωγὴν ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ, „ᾧ ἐστιν ἡ δόξα καὶ τὸ κράτος εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν“. f a f

Jer. 20,7 b Hebr. 10,28f. 1 Petr. 4,11

5  Μωσέως Kl Μωϋσέως S

c

Jer. 20,7

16  τοῦ Kl

d

Mt. 25,46

e

Mk. 9,43; Mt. 3,12; Lk. 3,17

18  Ἀμήν add. ὁμιλία ιηʹ S

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Homilie 19,5(18,15)

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

So komme ich auch zu den übrigen Strafen im Gesetz und ziehe eine apostolische Aussage heran, die damit übereinstimmt und die Strafe für mich, wenn ich sündige, verschweigt, weil ich nicht sagen will: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“,a auch wenn ich annehme, in guter Absicht getäuscht worden zu sein.Was aber sagt der Apostel? „Wenn einer das Gesetz des Mose verwirft, wird er auf zwei oder drei Zeugen hin ohne Erbarmen sterben. Eine wieviel schlimmere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes verachtet?“ b Nenne die Strafe, Paulus! Ich habe sie angesprochen, aber ich spreche sie nicht aus, sagt er. Sie ist schlimmer als das, was über die Bestrafung der Sünder im Evangelium gesagt wird, schlimmer als das, was man hört, schlimmer als das, was man denkt. Deswegen wurde der Prophet wie ein Kind eingeführt, indem er hörte und sich fürchtete und erzogen wurde und danach als Erwachsener sagte: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ c Auch du fürchte, solange du Kind bist, die Drohungen, damit du nicht das erleidest, was über die Drohungen hinausgeht, die ewigen Strafen,d das unauslöschliche Feuer e oder vielleicht etwas noch Schlimmeres als dies, was für die bereitliegt, die ihr Leben noch stärker wider die rechte Vernunft753 geführt haben. Die Erfahrung all dieser Dinge werden wir hoffentlich keinesfalls machen, sondern in Christus Jesus als Erwachsene754 der himmlischen Feste und Pascha für würdig befunden werden, das dort zur geistigen Erhebung in Christus Jesus gefeiert wird. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ f

753 Zur stoischen Vorstellung von der rechten Vernunft siehe oben S. 219 Anm. 221. 754 Ein Aufruf zum Erwachsenwerden in diesem spirituellen Sinn auch in Luc. hom. 20,7

(GCS Orig. 92, 124).



314r

(19,)1. Πάντα τὰ ἀναγεγραμμένα περὶ τοῦ θεοῦ κἂν ἀπεμφαίνοντα αὐτόθεν ᾖ, χρὴ ἄξια νοῆσαι εἶναι θεοῦ ἀγαθοῦ. Τίς γὰρ οὐκ ἐρεῖ ἀπεμφαί­ νοντα εἶναι || ἀναφερόμενα ἐπὶ θεὸν τὸ ἔχειν αὐτὸν ὀργήν, τὸ χρῆσθαι αὐτὸν θυμῷ, τὸ μεταμελεῖσθαι αὐτόν, ἤδη δὲ καὶ τὸ ὑπνοῦν αὐτόν; b Ἀλλ̓ ἕκαστον τούτων παρὰ τῷ εἰδότι ἀκούειν σκοτεινῶν λόγων c εὑρεθήσεται ἄξιον θεοῦ. ῾Η γὰρ ὀργὴ μὲν αὐτοῦ οὐκ ἄκαρπός ἐστιν, ἀλλ̓ ὡς ὁ λόγος αὐτοῦ παιδεύει, οὕτως καὶ ἡ ὀργὴ αὐτοῦ παιδεύει· τοὺς γὰρ μὴ παιδευθέν­ τας λόγῳ παιδεύει ὀργῇ. Καὶ ἀναγκαῖόν ἐστι τὸν θεὸν χρῆσθαι τῇ κα­ λουμένῃ ὀργῇ, ὡς χρῆται τῷ ὀνομαζομένῳ λόγῳ· οὐδὲ γὰρ ὁ λόγος αὐτοῦ τοιοῦτός ἐστιν, ὁποῖος ὁ πάντων λόγος. Οὐδενὸς γὰρ ὁ λόγος „ζῶον“, a

Jer. 20,7–12

b

Jer. 38(31),26

1–3  εἰς – ὁμιλία κʹ Kl

c

Spr. 1,6

12  οὐδὲ Kl οὔτε S

755 Diese Wendung ist eine Konjektur von Klostermann, die er zur Formulierung der

Überschrift von Homilie XV gebildet hat (siehe dazu oben S. 374 Anm. 525) und hier dazu verwendet, um den „freien Raum“ zu füllen, der im Codex Scorialensis da gelassen ist, wo die Überschrift stehen sollte: GCS Orig. 3, 176 app. crit. 756 Zu diesem Wort bei Origenes siehe Harl, Pointes antignostiques d’Origène 208–210. 757 Vgl. in Matth. comm. XVII 31 (GCS Orig. 10, 673): „Dass man aber davon überzeugt sein muss, dass jedes Gesetz, welches sich als Gesetz Gottes zu erkennen gibt, etwas Ehrwürdiges und Ehrfurchtgebietendes ist oder aber, wenn es nicht ehrwürdig ist, auch nicht Gesetz Gottes sein kann, das dürfte wohl jeder zugeben, der nicht völlig unverständig ist.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 285. Siehe auch de Lubac, Geist aus der Geschichte 282, ferner oben S. 294 Anm. 377. 758 In Matth. comm. XVII 18 (GCS Orig. 10, 636) argumentiert Origenes gegen gnostische wörtliche Deutungen entsprechender Bibelstellen so: „Wenn Gott (in den Gleichnissen der Evangelien) mit einem Menschen verglichen wird, weswegen nehmt ihr dann nicht in Übereinstimmung mit diesen Gleichnissen an, dass auch der Zorn und der Grimm und die Reue und die Abwendung des Gesichtes und das Sitzen und Stehen und Umhergehen Gottes Gleichnisse sind? Wenn nämlich in den Prophezeiungen von seinem Schlaf geschrieben steht, haben sie das entweder nicht beachtet oder werden zugeben, dass es sich um ein Gleichnis handelt.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 268f. Zur vorausliegenden Tradition dieser Art von Bibeldeutung vgl. Philon, deus immut. 60 (II p. 70 Cohn/Wendland); Clemens von Alexandria, strom.

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(19,)1.  Alles, was über Gott aufgeschrieben ist, muss man, auch wenn es an und für sich unangemessen756 ist, so verstehen, dass es eines guten Gottes würdig ist.757 Denn wer wird nicht sagen, dass es unangemessen ist, Gott zuzuschreiben, er empfinde Zorn, er gebe sich dem Unmut hin, er zeige Reue, ja sogar, er schlafe? b758 Doch jede dieser Aussagen wird bei dem, der es versteht, dunkle Worte zu hören,c759 eine Deutung finden, die Gottes würdig ist. Denn sein Zorn ist nicht fruchtlos, sondern wie sein Wort erzieht, so erzieht auch sein Zorn, denn diejenigen, die sich nicht durch das Wort erziehen ließen, erzieht er durch Zorn.760 Und es ist notwendig, dass sich Gott des sogenannten Zorns bedient, wie er sich des sogenannten Wortes bedient. Denn auch sein Wort ist nicht so beschaffen wie das Wort aller anderen. Von niemandem nämlich ist das Wort ein „Lebewesen“,761 von niemandem ist das V 68,3 (GCS Clem. Al. 24, 371). Es geht nicht um eine Polemik gegen pagane Gottesvorstellungen, wie Schadel, BGrL 10, 327 Anm. 252, annimmt. 759 Origenes zieht Spr. 1,6 heran, um die in Gott verborgenen und in Christus offenbarten Geheimnisse zu bezeichnen: princ. IV 2,3 (GCS Orig. 5, 310); in Ioh. comm. II 28,173 (GCS Orig. 4, 85); Cels. III 45 (GCS Orig. 1, 242); VII 10 (2, 162); frg. in Prov. 1,6 (PG 13, 21); philoc. 2,2 (SC 302, 242). 760 Vgl. in Matth. comm. XV 11 (GCS Orig. 10, 379): „Sein sogenannter Zorn (weil er Zorn des guten Gottes ist) erzieht.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 105. Auf den pädagogischen Sinn des Zornes Gottes kommt Origenes oft zu sprechen: in Ioh. frg. 51 (GCS Orig. 4, 525f.); in Iud. hom. 2,4 (GCS Orig. 7, 477f.); in Ps. 37 hom. 1,2 (SC 411, 274–276); in Hiez. hom. 1,2 (GCS Orig. 8, 321f.); 10,2 (8, 419f.); Cels. IV 72 (GCS Orig. 1, 341f.); VI 58 (2, 128f.); sel. in Ps. 2,5 (PG 12, 1105. 1108), dazu princ. II 4,4 (GCS Orig. 5, 131f.) und in Rom. comm. I 19,1 (SC 532, 236); IV 11,6f. (539, 330), ferner unten in Hier. hom. lat. 2(2),5 (GCS Orig. 8, 294); in Hier. frg. 16 (GCS Orig. 32, 206). Siehe dazu Hanson, Allegory and Event 335–338. Der Gedanke geht zurück auf Philon, deus immut. 20–85 (II p. 60–75 Cohn/Wendland), und Clemens von Alexandria, paid. I 62,2 (SC 70, 223); I 74,4 (70, 243), und findet sich auch bei Hieronymus, comm. in Ps. 2,5a (CChr.SL 72, 182). Siehe dazu Koch, Pronoia und Paideusis 143; Maas, Unveränderlichkeit Gottes 88–99; Frohnhofen, Affektlosigkeit Gottes 197–200. 761 Origenes spielt wohl auf eine Aussage aus den Paulusakten an, die in der lateinischen Übersetzung von princ. I 2,3 (GCS Orig. 5, 30) so zitiert wird: hic est uerbum animal

Ὁμιλία κʹ

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314v

οὐδενὸς ὁ λόγος „θεός“, οὐδενὸς γὰρ ὁ λόγος „ἐν ἀρχῇ πρὸς“ ἐκεῖνον ἦν, οὗ ὁ λόγος ἦν,a κἂν εἰ μόνον ἀπό τινος ἦν ἀρχῆς. Οὕτω δὲ καὶ ἡ ὀργὴ τοῦ θεοῦ ὀργὴ οὑτινοσοῦν [τινος] ὀργή. Καὶ ὥσπερ ξένον τι ἔχει ὁ λόγος τοῦ θεοῦ παρὰ πάντα τὸν οὑτινοσοῦν λόγον, καὶ ἔχει ξένον τὸ εἶναι | „θεὸς“ b καὶ τὸ εἶναι λόγος ὢν „ζῶον“, τὸ ὑφεστηκέναι καθ̓ ἑαυ­ τόν, τὸ ὑπηρετεῖν τῷ πατρί, οὕτως ἐπεὶ ἅπαξ ὠνομάσθη θεοῦ ἡ καλουμένη αὐτοῦ ὀργή, ξένον τι ἔχει καὶ ἀλλότριον πάσης τῆς τοῦ ὀργιζομένου ὀργῆς. Οὕτως καὶ ὁ θυμὸς αὐτοῦ ἴδιόν τι ἔχει· ἔι γὰρ ὁ θυμὸς τῆς προθέσεως τῆς τοῦ θυμῷ ἐλέγχοντος, βουλομένης τὸν ἐλεγχόμενον διὰ τοῦ ἐλέγχου ἐπιστρέφειν. Ἐλέγχει καὶ λόγος, ὡς παιδεύει λόγος· ἀλλ̓ οὐχ οὕτως ἐλέγχει λόγος, ὡς ἐλέγχει θυμός. Οἱ γὰρ τῷ ἀπὸ τοῦ λόγου ἐλέγχῳ μὴ ὠφεληθέν­ τες δεήσονται ἐλέγχου τοῦ ἀπὸ τοῦ θυμοῦ. Ἔλεγον μέν τινα εἶναι καὶ μεταμέλειαν θεοῦ αὐτόθεν ἀπεμφαίνουσαν, ἐπεὶ γέγραπται· „Μεταμεμέλημαι ὅτι ἔχρισα τὸν Σαοὺλ εἰς βασιλέα“, c || ἀξίως δὲ ζητήσεις καὶ τὴν μεταμέλειαν, καὶ μὴ νομίσῃς συγγένειάν τινα ἔχειν τὴν μεταμέλειαν αὐτοῦ τῇ μεταμελείᾳ τῶν μεταλουμένων. Ὡς γὰρ ἐξαίρετόν τι εἶχεν ὁ λόγος αὐτοῦ, ἐξαίρετόν ἡ ὀργὴ αὐτοῦ, ὑπερέχον τι ὁ θυμὸς αὐτοῦ, καὶ οὐδὲν τούτοις συγγενὲς ἦν τοῖς ὁμωνύμοις, τὸν αὐτὸν a

Joh. 1,1f.

b

Joh. 1,1

c

1 Sam. 15,11

1  γὰρ S Nt (del. Kl) 2  μόνον Nt μόνος. † Kl μόνος S 2  ἦν2 Co Nt (SC 238, 252) 2 3  λέγεται οὐχὶ ὡς ἡ Kl 3  οὑτινοσοῦν [τινος] ᾖ S Kl Nt (GCS Orig. 3 , 364) Kl οὐδενὸς, οὗτινος Nt οὐδενὸς οὔντινος S 5  ὢν S Nt (del. Kl) 5–6  ἑαυτόν Nt ἑαυτό S Kl 8  ἔστι Gh εἰ S 10  ἐπιστρέφειν Gh Co ἐπιστρέφει S 11  λόγου Scorr. 13  ἔλεγον μέν Gh Nt ἐλέγομέν Kl ἔλεγχον μέν S 15  μεταμέλειαν Gh Co ἐπιμέλειαν S 16  μεταμελουμένων Co 17  τι2 Del uiuens. Aus diesem Grund ist das überlieferte ζῶον nicht von Hebr. 4,12 her in ζῶν zu ändern, wie das Ghislieri für die vorliegende Stelle und Delarue für die Erwähnung des Begriffs einige Zeilen weiter unten vorschlagen. Von Harnack, Patristische Mis­ cellen 103f., bezweifelt diese Lesart (siehe auch ders., Ertrag II, 96), Schmidt, Petrus­ akten 83, verteidigt sie. 762 Text und Übersetzung folgen den Vorschlägen von Nautin, GCS Orig. 32, 364; SC 238, 252, die er in SC 232, 94f. erklärt. Der schwierige Sinn des letzten Kolons (so auch Smith, FaCh 97, 222 Anm. 8) ist mit Schadel, BGrL 10, 328 Anm. 255 (der am überlieferten Text festhält), wohl so zu erklären, dass Origenes einen absoluten Anfang, „in dem (ἐν) das inkarnierte Wort trotz seiner Entäußerung immanent bleibt“, von einem kontingenten Anfang unterscheidet, von dem her (ἀπό) die zeitlichen Worte der Menschen abstammen. Zum Unterschied des „Wortes Gottes“ von allen anderen Worten siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 393–404 (zur vorliegenden Stelle bes. ebd. 400). 763 In beiden Handschriften, im Scorialensis wie im Vaticanus, weist der Text hier am Ende der Zeile eine Lücke von etwa 15 Buchstaben auf. Die Konjekturen von Klostermann, GCS Orig. 3, 176, entsprechen dem Gedanken besser als die Übersetzung von Nautin, SC 238, 253 (der für die Lücke im griechischen Text keine Konjektur

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Homilie 20(19),1

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Wort „Gott“, denn von niemandem war das Wort „im Anfang bei“ jenem, dessen Wort es war,a auch wenn es nur von einem bestimmten Anfang an existierte.762 So auch der Zorn Gottes Zorn Zorn von irgendjemand anderem.763 Und wie das Wort Gottes gegenüber jedem anderen Wort etwas Ungewöhnliches aufweist – es hat etwas Ungewöhnliches, „Gott“ b zu sein und als Wort ein „Lebewesen“ zu sein, in sich selbst Bestand zu haben,764 dem Vater zu dienen765 –, so hat auch der sogenannte Zorn Gottes, wenn er ihm einmal zugesprochen wurde, etwas Ungewöhnliches und Eigenartiges gegenüber jedem Zorn eines zornigen Menschen.766 So hat auch sein Unmut etwas Besonderes. Denn es ist der Unmut, der mit der Absicht einhergeht, durch Unmut zurechtzuweisen, die den Zurechtgewiesenen durch die Zurechtweisung zur Umkehr bewegen will. Auch das Wort weist zurecht, wie das Wort erzieht, doch weist das Wort nicht auf dieselbe Weise zurecht, wie der Unmut zurechtweist. Diejenigen nämlich, denen die Zurechtweisung durch das Wort nicht genützt hat, bedürfen der Zurechtweisung durch den Unmut. Ich sagte, dass es auch eine Art Reue Gottes gibt, die an und für sich unangemessen ist, da geschrieben steht: „Es reute mich,767 dass ich Saul zum König gesalbt habe“,c768 doch ist es angemessen, auch die Reue zu untersuchen. Meine aber nicht, seine Reue weise irgendeine Verwandtschaft mit der Reue von Menschen auf, die Reue empfinden.Wie nämlich sein Wort etwas Besonderes, sein Zorn Besonderes, sein Unmut etwas ihn Auszeichnendes an sich hat und diese in nichts mit den homonymen Begriffen vervorschlägt), dass der Zorn Gottes mit dem Zorn von irgendjemand anderem „nicht vergleichbar“ sei („qui ne ressemble à la colère“), denn in gewisser Weise vergleichbar ist er durchaus, nur ist bei Gott nicht im selben Sinn davon die Rede wie bei irgendjemand anderem. 764 Dieselbe Formulierung in Ioh. comm. I 39,291 (GCS Orig. 4, 51), nach der Nautin, GCS Orig. 32, 364; SC 238, 252, das überlieferte ἑαυτό, anders als Klostermann, GCS Orig. 3, 177, zu Recht in ἑαυτόν korrigiert (so auch Smith, FaCh 97, 222 Anm. 12). Gegen modalistische Positionen betont Origenes die gegenüber dem Vater eigenständige Existenz des Sohnes. Siehe auch Gruber, ΖΩΗ 266. 765 Überlegungen zum Verhältnis der letzten beiden Bestimmungen bei Schadel, BGrL 10, 328 Anm. 257. 766 Klostermann, GCS Orig. 3, 177 app. crit., vermisst hier eine Erläuterung, worin die Besonderheit des göttlichen Zornes besteht, da eine solche für das Wort und den Unmut gegeben wird, und sieht sie zu Recht in seiner erzieherischen Absicht, die Origenes oben bereits erwähnt hat. 767 Zu diesem Wort im Hebräischen und im Griechischen der Septuaginta siehe oben S. 446 Anm. 670. 768 Vgl. dazu schon in Hier. hom. 18,6 (GCS Orig. 32, 157f.), ferner in Regn. frg. 5 (GCS Orig. 32, 297): „Reue Gottes wird der Wechsel von Gottes Planung von einem Vorhaben zu einem anderen genannt.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 261. Ebenso schon ebd. frg. 4 (32, 296).

Ὁμιλία κʹ

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315r

τρόπον καὶ ἡ μεταμέλεια αὐτοῦ ὁμώνυμόν ἐστι τῇ ἡμετέρᾳ μεταμελείᾳ· „ὁμώνυμα δέ ἐστιν, ὧν ὄνομα μόνον κοινόν, ὁ δὲ κατὰ τοὔνομα τῆς οὐσίας λόγος ἕτερος.“ Μόνον οὖν ὄνομα κοινὸν θυμοῦ θεοῦ καὶ θυμοῦ οὑτινοσοῦν, καὶ μόνον ὄνομα κοινὸν ὀργῆς οὑτινοσοῦν καὶ ὀργῆς θεοῦ. Οὕτως καὶ ἐπὶ μεταμελείας νοητέον. Καὶ ζητήσει ὁ δυνάμενος, τί μεταμέλεια ἐργάζεται θεοῦ, τί εἰργάσατο. Τὸν Σαοὺλ καθεῖλε βασιλεύοντα παρανόμως, ἀνέστησε βασιλέα τῷ λαῷ τὸν κατὰ τὴν καρδίαν τοῦ θεοῦ· εἶπε γὰρ διὰ τὴν ἀγαθὴν ἐκείνην μεταμέλειαν· „Εὗρον ἄνδρα κατὰ τὴν καρδίαν μου, Δαβὶδ υἱὸν Ἰεσ­ σαί.“a Ἀλλὰ ταῦτά μοι προοίμια πάντα ἐστὶ διὰ τὸ τὴν ἀρχὴν τῆς ἀπὸ τοῦ Ἱερεμίου ἀναγνώσεως οὕτως ἔχειν· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“ b (19,)2. Ζητοῦμεν γάρ, μήποτε ὡς ὁ πάντων θυμὸς κακὸς ὁ δὲ τοῦ θεοῦ ἐλεγκτικός, καὶ πάντων μὲν ἡ ὀργὴ χαλεπὴ ἡ δὲ καλουμένη τοῦ θεοῦ παι­ δευτική, | καὶ πάντων μὲν ἡμῶν μεταμέλεια κατηγορεῖ ἀσθενείας τοῦ λογισμοῦ τοῦ πρὸ τῆς μεταμελείας, ἐπὶ δὲ τοῦ θεοῦ οὐ τοῦ θεοῦ κατηγορεῖ ἡ μεταμέλεια αὐτοῦ, ἀλλὰ τῶν ἔξω πραγμάτων ἐφ̓ οἷς ἡ μεταμέλεια λαμ­ βάνεται, οὕτω δεῖ νοῆσαι καὶ τὴν ἀπάτην τοῦ θεοῦ ἑτερογενῆ τυγχάνου­ σαν παρὰ τὴν ἡμετέραν || ἀπάτην, ἣν ἀπατῶμεν. Τίς οὖν ἡ [παρὰ τὴν] τοῦ θεοῦ ἀπάτη, ἥντινα νοήσας ὁ προφήτης, ὅτε ἐπαύσατο ἀπατώμενος, φησὶ γνοὺς τὴν ὠφέλειαν τὴν ἀπὸ τοῦ ἠπατῆσθαι τὸ „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην“; c Καὶ πρῶτον χρήσομαι παραδόσει Ἑβραϊκῇ, ἐληλυθυίᾳ εἰς ἡμᾶς διά τινος φυγόντος διὰ τὴν Χριστοῦ πίστιν καὶ διὰ τὸ ἐπαναβεβηκέναι ἀπὸ τοῦ νόμου καὶ ἐληλυθότος ἔνθα διατρίβομεν. Ἔλεγε δή τινα εἴτε μῦθον φαινόμε­ a

Apg. 13,22

b

Jer. 20,7

c

Jer. 20,7

10  τὸ Co τί S 11  οὕτως ἔχειν Co οὐχ᾽ ὡς ἔχει S 12  κακὸς Kl κακὸν S 14  ἡ Bl 18  παρὰ τὴν del. Kl (GCS Orig. 3, 178 app. crit.) Nt παρὰ την Kl (GCS Orig. 3, 178) 19  ἀπάτη Gh Co ἀπάτην S 24  νόμου Kl λόγου S 769 Wörtliches Zitat aus Aristoteles, cat. 1, 1 a 1f. Origenes rekurriert oft auf Homony-

mie, um schwierige Aussagen über Gott in der Bibel zu erklären. Zum Hintergrund siehe Bardy, Origène et l’aristotélisme 78 Anm. 4; Crouzel, Origène et la philosophie 31–34, und bes. Harl, Langage biblique, ausgehend von grundsätzlichen Überlegungen des Origenes zur Homonymie vieler biblischer Begriffe in einem Fragment aus dem Römerbriefkommentar in philoc. 9 (SC 302, 350–359). Zu vororigeneischen Reflexionen christlicher Autoren auf dieses Phänomen der biblischen Sprache siehe Harl, ebd. 165 Anm. 14, mit Verweis auf Justin, dial. 34,1 (PTS 47, 125), und Clemens von Alexandria, strom. VIII 22 (GCS Clem. Al. 32, 93f.). Siehe auch Gruber, ΖΩΗ 84f.; Neuschäfer, Origenes als Philologe 41; Trigg, Origen 17. 770 Origenes hat öfter zu Beginn einer Predigt an den Schluss der vorausgehenden angeknüpft. Siehe die Stellen bei Peri, L’ordine 126 Anm. 1: in Lev. hom. 2,1 (GCS Orig. 6, 288f.); in Num. hom. 5,1 (GCS Orig. 7, 24f.); 14,1 (7, 120); 21,1 (7, 199); in Iud. hom. 4,2 (GCS Orig. 7, 488); in Hiez. hom. 7,1 (GCS Orig. 8, 391); 12,1 (8, 432); 13,1 (8, 440).

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wandt sind, in derselben Weise ist auch seine Reue homonym mit unserer Reue. „Homonym heißen Dinge, die nur den Namen gemeinsam haben, während der zum Namen gehörige Wesensbegriff verschieden ist.“769 Nur den Namen also haben der Unmut Gottes und der Unmut irgendeines Menschen gemeinsam, und nur den Namen haben der Zorn irgendeines Menschen und der Zorn Gottes gemeinsam. So muss man auch über die Reue denken. Und wer dazu fähig ist, wird untersuchen, was die Reue Gottes bewirkt beziehungsweise was sie bewirkt hat. Sie stürzte den gesetzwidrig herrschenden Saul, sie setzte für das Volk einen König nach dem Herzen Gottes ein. Er sagte nämlich aufgrund jener guten Reue: „Ich habe einen Mann nach meinem Herzen gefunden, David, den Sohn des Jesse.“a Doch dies alles dient mir lediglich als Vorrede, weil der Anfang der Lesung aus dem Buch Jeremia so lautet: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ b770 (19,)2. Wir untersuchen nämlich, ob nicht so, wie der Unmut aller Menschen schlecht ist, der Unmut Gottes aber zurechtweist, und wie der Zorn aller Menschen schlimm ist, der sogenannte Zorn Gottes aber erzieht, und Reue von uns allen die Schwäche des Nachdenkens vor der Reue bloßstellt, bei Gott aber seine Reue nicht Gott bloßstellt, sondern die äußeren Ereignisse, denen die Reue gilt, ob man so also auch von der Täuschung durch Gott denken muss, dass sie anders geartet ist als unsere Täuschung, durch die wir täuschen.Was ist also die Täuschung durch Gott, an die der Prophet dachte, als er, nachdem die Täuschung aufgehört hatte, den Nutzen der Täuschung erkannte und sagte: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“? c Und als erstes will ich eine hebräische Überlieferung aufgreifen, die uns von jemandem zugetragen worden ist, der wegen des Glaubens an Christus und weil er das Gesetz überstiegen hatte,771 die Flucht ergriffen hatte und dorthin gekommen war, wo wir wohnen.772 Er sagte nämlich etwas, das einer771 Origenes meint, das wörtliche Verständnis des Alten Testaments auf die höhere, geisti-

ge Deutung hin zu übersteigen, wie aus in I Cor. frg. 39 (Opere di Origene 14/4, 154) und in Matth. comm. XII 37 (GCS Orig. 10, 153) hervorgeht: Jesus wird „einfältiger“ und „dem Fleisch nach erkannt von denen, die nicht durch Worte und Taten, die schon ‚auf den hohen Berg‘ (Mt. 17,1) der Weisheit hinaufgelangt sind, hinaufsteigen“. Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 198. 772 Zur möglichen Identität dieses Judenchristen siehe Trigg, Bible and Philosophy 80f.; ders., Origen 11f. (mit weiterer Lit.). Nautin, SC 238, 256 Anm. 1, nimmt an, es handle sich um den in epist. Afric. 11 (SC 302, 538) erwähnten Sohn eines Rabbinen (ebenso Smith, FaCh 97, 223 Anm. 23), der nach seiner Konversion zum Christentum von Palästina nach Alexandria geflohen und dort in Kontakt mit Origenes gekommen sei. Da Origenes einen solchen „Hebräer“, mithin einen Judenchristen, mit dem er in Alexandria exegetische Probleme erörterte, öfter erwähnt (vgl. princ. IV 3,14 [GCS Orig. 5, 346]), bezieht Nautin auch die vorliegende Aussage auf diesen und ändert dementsprechend den Text von διατρίβομεν zu διετρίβομεν, „… wo wir wohnten“ (vgl. ders., SC 232, 96; ebenso Schadel, BGrL 10, 218, inkonsequenterwei-

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νον εἴτε λόγον δυνάμενον προσάγειν τοὺς ἀκούοντας τῷ „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην“.a Ἔλεγε δή τινα τοιαῦτα· Ὁ θεὸς οὐ τυραννεῖ, ἀλλὰ βασιλεύει, καὶ βασιλεύων οὐ βιάζεται, ἀλλὰ πείθει, καὶ βούλεται ἑκουσίως παρέχειν ἑαυτοὺς τοὺς ὑπ̓ αὐτῷ τῇ οἰκονομίᾳ αὐτοῦ, ἵνα μὴ κατὰ ἀνάγ­ κην τὸ ἀγαθόν τινος ᾖ, ἀλλὰ κατὰ τὸ ἑκούσιον αὐτοῦ. Ὅπερ καὶ ὁ Παῦλος ἐπιστάμενος ἔλεγεν ἐν τῇ πρὸς Φιλήμονα ἐπιστολῇ τῷ Φιλήμονι περὶ τοῦ Ὀνησίμου· „Ἵνα μὴ κατὰ ἀνάγκην τὸ ἀγαθόν σου ᾖ ἀλλὰ κατὰ ἑκούσιον.“ b ᾽Ηδύνατο τοίνυν ὁ τῶν ὅλων θεὸς ποιῆσαι νομιζόμενον ἀγαθὸν ἐν ἡμῖν, ἵνα ἐξ ἀνάγκης ἐλεημοσύνας διδῶμεν καὶ ἐξ ἀνάγκης σωφρονῶμεν, ἀλλ̓ οὐ ­βεβούληται. Διὸ „μὴ ἐκ λύπης ἢ ἐξ ἀνάγκης“ c προστάσσει ἡμῖν ποιεῖν ἃ ποιοῦμεν, ἵνα ἑκούσιον ᾖ τὸ γινόμενον. Ὁδὸν οὖν, ἵν̓ οὕτως εἴπω, ζητεῖ, πῶς ἂν ἑκουσίως τις ποιήσαι, ἃ ὁ θεὸς βούλεται. Ἔλεγεν οὖν μοι ἡ παράδοσις καὶ τοιοῦτόν τι· Ἐβούλετο τὸν Ἱερεμίαν πέμψαι προφητεύσοντα πᾶσι τοῖς ἔθνεσι καὶ πρὸ πάντων τῶν ἐθνῶν τῷ λαῷ. Ἐπεὶ δὲ αἱ προφητεῖαι σκυθρωπότερόν τι εἶχον (ἀπήγγελλον γὰρ κολάσεις, ἃς ἕκαστος κατὰ τὴν || ἀξίαν κολασθήσεται) καὶ ᾔδει τὴν προ­ αίρεσιν τοῦ προφήτου μὴ βουλομένου τὰ χείρονα προφητεῦσαι τῷ λαῷ Ἰσραήλ, διὰ τοῦτο ᾠκονόμησεν εἰ|πεῖν· „Λάβε τὸ ποτήριον τοῦτο, καὶ ποτιεῖς πάντα τὰ ἔθνη πρὸς ἃ ἐγὼ ἐξαποστελῶ σε πρὸς αὐτούς.“ d Προσ­ έταξεν οὖν ὁ θεὸς τῷ Ἱερεμίᾳ λαβεῖν ποτήριον, προτρεπόμενος δὲ αὐτὸν ἐπὶ τὸ λαβεῖν „τὸ ποτήριον τοῦ οἴνου τοῦ ἀκράτου“, φησί· „καὶ ἐξαπο­ στελῶ σε πρὸς πάντα τὰ ἔθνη ἔχοντα τοῦτο τὸ ποτήριον τοῦ οἴνου τοῦ ἀκράτου.“ e Ἀκούσας δὲ ὁ Ἱερεμίας ὅτι ἀποστέλλεται πρὸς πάντα τὰ ἔθνη [ὅτι] διακονήσων αὐτοῖς ποτήριον ὀργῆς, ποτήριον κολάσεων, μὴ ὑπονοή­ σας ὅτι καὶ Ἰσραὴλ μέλλει πίνειν ἀπὸ τοῦ τῆς κολάσεως ποτηρίου, ἀπατη­ θεὶς ἔλαβε τὸ ποτήριον τοῦ ποτίσαι πάντα τὰ ἔθνη. Λαβὼν τὸ ποτήριον a

Jer. 20,7

b

Phlm. 14

c

2 Kor. 9,7

d

Jer. 32,1(25,15)

e

Jer. 32,1(25,15)

1  τῷ Gh τὸ S 12  τις Gh τι S 15  ἐπεὶ δὲ Gh ἐπειδὴ S S* 24  ὅτι S Kl del. Nt 25  τοῦ Scorr.

20  Ἱερεμίᾳ Scorr. Ἱερεμίωι

se jedoch nicht Smith, FaCh 97, 223), weil die Jeremiahomilien erst nach der alexandrinischen Zeit in Caesarea gehalten worden sind. Eine solche inhaltliche Veränderung des Textes aufgrund einer bestimmten Interpretation bleibt jedoch hypothetisch. Man kann den Text auch in Bezug auf einen Juden verstehen, der zum Christentum konvertierte, die jüdische Gemeinde, in der er lebte, verließ und sich von irgendwoher nach Caesarea zu Origenes begab. 773 Origenes greift die platonische Antithese von Mythos und Logos auf (vgl. Platon, Phaid. 61b). Der Mythos erzählt eine Geschichte, um eine Vorstellung von einer unzugänglichen Wahrheit zu vermitteln (so Nautin, SC 238, 256 Anm. 2, übernommen von Smith, FaCh 97, 223 Anm. 25), der Logos liefert eine vernünftige, begriffliche Erklärung dazu. Für Schadel, BGrL 10, 330 Anm. 262, „will“ Origenes „deutlich machen, dass der nachfolgende Vergleich im Ineinander von Anschauung und Begriff, von Konkretion und Abstraktion zu durchschauen wäre“.

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seits wie eine Geschichte aussieht, andererseits als Erklärung773 die Zuhörer zum Verständnis der Aussage: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“a hinführen kann. Er sagte nämlich etwa Folgendes: Gott ist kein Tyrann, sondern ein König, der nicht durch Gewalt, sondern durch Überzeugung als König herrscht. Er will, dass sich seine Untertanen freiwillig seinem Heilsplan zur Verfügung stellen, damit das Gute, das jemand tut, nicht aus Zwang geschieht, sondern aus freiem Willen. Weil auch Paulus das wusste, sagte er im Philemonbrief zu Philemon über Onesimus: „Damit deine gute Tat nicht aus Zwang geschieht, sondern aus deinem freien Willen.“ b Der Gott des Alls hätte gewiss etwas, das als gut anerkannt ist, in uns bewirken können, damit wir aus Zwang Almosen geben und aus Zwang besonnen leben, aber er hat es nicht gewollt. Deshalb befiehlt er uns, „nicht aus Unlust oder aus Zwang“ c zu tun, was wir tun, damit das, was geschieht, freiwillig geschieht. Gott sucht also sozusagen einen Weg, wie man freiwillig tut, was Gott will.774 Die Überlieferung sagte mir nun noch etwa Folgendes: Gott wollte Jeremia senden, damit er allen Heidenvölkern prophezeit und vor allen Heidenvölkern seinem Volk. Da die Prophezeiungen aber ziemlich traurige Dinge beinhalteten – sie kündigten nämlich Strafen an, mit denen jeder gebührend bestraft werden sollte – und er von dem Vorsatz des Propheten wusste, dem Volk Israel die schlimmeren Dinge nicht prophezeien zu wollen, deswegen formulierte er seine Rede an ihn so: „Nimm diesen Becher, und du sollst allen Heidenvölkern zu trinken geben, zu denen ich dich aussenden werde.“ d Gott befahl also Jeremia, einen Becher zu nehmen, um ihn aber dazu zu bringen, „den Becher mit dem ungemischten Wein zu nehmen“, sagte er: „Und ich werde dich mit diesem Becher mit ungemischtem Wein zu allen Heidenvölkern aussenden.“ e Als aber Jeremia hörte, dass er zu allen Heidenvölkern gesendet wurde, um ihnen den Becher des Zorns, den Becher der Strafen darzureichen, ohne zu ahnen, dass auch Israel von dem Becher der Strafe trinken sollte, ließ er sich täuschen und nahm den Becher, um allen Heidenvölkern zu trinken zu geben. Als er den Becher nahm, bekam er zu hören:

774 Vgl. princ. III 1,6 (GCS Orig. 5, 201): „Es ist unsere eigene Leistung, gut zu leben,

und Gott fordert dies von uns als etwas, das nicht von ihm ist oder von einem anderen kommt oder, wie manche meinen, von der Schicksalsnotwendigkeit, sondern als unser eigenes Werk …“ Übersetzung nach p. 475 Görgemanns/Karpp; orat. 29,15 (GCS Orig. 2, 390f.): „Denn Gott will nicht, dass jemandem das Gute aus Zwang zuteil wird, sondern aufgrund seines freien Willens.“ Übersetzung nach von Stritzky, OWD 21, 261. So schon Clemens von Alexandria, strom. VII 42,4 (GCS Clem. Al. 32, 31f.): „Denn weder ist Gott unfreiwillig gut, so wie das Feuer Wärme produziert – die Verteilung der Güter durch ihn erfolgt freiwillig, auch wenn er davor darum gebeten wird –, noch wird, wer gerettet wird, unfreiwillig gerettet.“

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ἤκουσε· Καὶ ποτιεῖς πρῶτον τὴν Ἱερουσαλήμ.a Ἐπεὶ οὖν ἄλλο μὲν προσε­ δόκησεν, ἄλλο δὲ αὐτῷ ἀπήντησεν, ἐπὶ τούτῳ δή φησιν· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“ b Παραπλήσιον ταύτῃ τῇ διηγήσει ἀπεδίδου καὶ ἐν τῷ ῾Ησαΐᾳ· κἀκεῖνος γὰρ οὐκ εἰδὼς τί μέλλει προστάσσεσθαι λέγειν τῷ λαῷ, ἀκούει τοῦ θεοῦ κατὰ τὰ γεγραμμένα λέγοντος· „Τίνα ἀποστείλω, καὶ τίς πορεύσεται πρὸς τὸν λαὸν τοῦτον;“ Ὁ δέ, φησίν, ἀπεκρίνατο· „Ἰδοὺ εἰμι· ἀπόστειλόν με.“ c Ἀκούει· „Πορεύθητι καὶ εἶπον τῷ λαῷ τούτῳ· Ἀκοῇ ἀκούσετε καὶ οὐ μὴ συνῆτε, καὶ βλέποντες βλέψετε καὶ οὐ μὴ ἴδητε. Ἐπαχύνθη γὰρ ἡ καρ­ δία τοῦ λαοῦ τούτου“ d καὶ τὰ ἑξῆς. Ἐπεὶ οὖν μὴ εἰδὼς ὃ μέλλει προφη­ τεύειν καὶ ὅτι μέλλει ἀπειλεῖν τῷ λαῷ τοιάδε εἶπεν· „Ἰδοὺ ἐγώ εἰμι· ἀπό­ στειλόν με“, e διὰ τοῦ||το, φησίν, ἐν τοῖς ἑξῆς „φωνὴ λέγοντος· βόησον“, ὁ δὲ οὐκ ἀπεκρίνατο ὡς πρόθυμος ποιῆσαι τὸ προστασσόμενον, ἀλλ̓ εἶπε· „Τί βοήσω;“ f Εὐλαβεῖτο γὰρ μήποτε πάλιν ἀκούσῃ ὡς ἐπὶ τῆς προτέρας προφητείας· „Πορεύθητι καὶ εἶπον τῷ λαῷ τούτῳ· Ἀκοῇ ἀκούσετε καὶ οὐ μὴ συνῆτε.“ g „Τί“ οὖν „βοήσω;“ „Πᾶσα σὰρξ χόρτος, καὶ πᾶσα δόξα αὐτῆς ὡς ἄνθος χόρτου“ h καὶ τὰ ἑξῆς. Οὐδὲν ἤκουσεν ἐν τούτοις κατὰ τοῦ Ἰσραήλ. Ταῦτ̓ ἔλεγεν ἡμῖν ἐκεῖνος παραδοὺς τὸ „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“ i (19,)3. Ἐγὼ δὲ εὔχομαι, ἃ λαμβάνω ἀπὸ τῶν διδόντων μὴ τηρῆσαι μόνον μηδὲ κατορύξαι τὸ τάλαντον τῶν λεγόντων μοι εἰς τὴν γῆν j μηδὲ τὴν μνᾶν τῶν διδασκόντων τι χρήσιμον ἀποδῆσαι ἐν σουδαρίῳ, k | ἀλλὰ πλεονασμὸν ποιῆσαι τῶν μαθημάτων ὧν λαμβάνω ἀπὸ τοῦ παραδιδόντος καὶ δυναμένου παραδοῦναι χρήσιμα. Εὔχομαι τὴν μνᾶν εἴτε εὐαγγελίου εἴτε ἀποστόλου εἴτε προφήτου εἴτε νόμου ποιῆσαι πολλαπλασίονα. Ταῦτ̓ οὖν ἀκούσας ἐσκόπουν κατ̓ ἐμαυτὸν περὶ τοῦ „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπα­ τήθην“. l Καὶ σκοπῶν εὔχομαι εὑρίσκειν τι εἰς τὸν τόπον ἀληθές. Μήποτε οὖν, ὡς πατὴρ υἱὸν ἔτι νήπιον ὄντα ἀπατᾶν ἐπὶ συμφέροντι βούλεται, οὐκ a

Jer. 32,3f.(25,17f.) b Jer. 20,7 c Jes. 6,8 d Jes. 6,9f. e Jes. 6,8 Jes. 40,6 (vgl. 1 Petr. 1,24) i Jer. 20,7 j Mt. 25,25 k Lk. 19,20

h

2  δή Gh δέ S 7  ἐγώ Co 21  μόνον Kl μόνα S Nt

9  βλέψετε Scorr. βλέψητε S*

f l

Jes. 40,6 Jer. 20,7

g

Jes. 6,9

18  παραδιδοὺς Bl

775 Diese Erklärung in einer kürzeren Fassung gibt auch Hieronymus, in Hier. IV 22,2

(CChr.SL 74, 190f.): „Der Prophet sagt, er sei vom Herrn getäuscht worden. Denn als er zu Beginn zu hören bekam: ‚Den Heidenvölkern habe ich dich zum Propheten gegeben‘ (Jer. 1,5) und noch einmal: ‚Siehe, heute habe ich dich eingesetzt über die Heidenvölker und über die Königreiche, um auszureißen, zu zerstören, zu vernichten, zu zerstreuen und um aufzubauen und einzupflanzen‘ (Jer. 1,10), dachte er, er werde nichts gegen das Volk der Juden, sondern gegen die verschiedenen Völker ringsum sagen, weshalb er das Prophetenamt auch gerne auf sich nahm. Geschehen aber ist das Gegenteil: Weil er Jerusalem die Gefangenschaft ankündigte, erlitt er Verfolgung und Not.“

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Und zuerst wirst du Jerusalem davon trinken lassen.a Da er also etwas anderes erwartet hat, als ihm widerfahren ist, sagt er offenbar deswegen: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ b775 Eine ganz ähnliche Erklärung vermittelte er uns auch zu Jesaja.776 Auch jener wusste nämlich nicht, was dem Volk zu sagen ihm aufgetragen werden würde, da hört er laut der Schrift Gott sagen: „Wen soll ich senden, und wer wird zu diesem Volk gehen?“ Er aber, heißt es, antwortete: „Siehe, hier bin . Sende mich!“ c Er bekommt zu hören: „Geh und sage diesem Volk: Mit den Ohren werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und schauen werdet ihr, schauen, und doch nicht sehen. Denn das Herz dieses Volkes ist verfettet“ d usw. Da er nun nicht wusste, was er prophezeien und dass er dem Volk drohen sollte, hat er so geantwortet: „Siehe, hier bin ich. Sende mich!“ e Deswegen, heißt es, ertönte im Folgenden „eine Stimme von jemandem, der sagte: Rufe laut!“ Er aber antwortete nicht wie einer, der das Aufgetragene bereitwillig auszuführen gedenkt, sondern sagte: „Was soll ich laut rufen?“ f Er hütete sich nämlich davor, nicht wieder etwas wie bei der früheren Prophezeiung zu hören zu bekommen: „Geh und sage diesem Volk: Mit den Ohren werdet ihr hören und doch nicht verstehen.“ g „Was soll ich“ also „laut rufen?“ „Alles Fleisch ist wie Gras, und seine777 ganze Pracht wie eine Blume im Gras“ h usw. In diesen Worten hörte er nichts gegen Israel. Dies sagte uns jener, als er von der Überlieferung zu dem Satz berichtete: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ i (19,)3. Ich aber bete darum, das, was ich von denen, die es mir geben, in Empfang nehme, nicht nur zu bewahren noch das Talent derer, die mit mir reden, in die Erde zu vergraben j noch die Mine derer, die etwas Nützliches lehren, in ein Tuch einzuwickeln,k sondern die Kenntnisse, die ich von dem empfange, der sie weitergibt und nützlich weitergeben kann, zu vermehren. Ich bete darum, die Mine, sei es des Evangeliums, des Apostels, des Propheten oder des Gesetzes, um ein Vielfaches zu vermehren. Nachdem ich dies also gehört hatte, habe ich selbst über die Aussage: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“ l Überlegungen angestellt. Und bei diesen Überlegungen bete ich darum, etwas Wahres zu der Stelle zu finden. Nun also: Wie ein Vater einen noch unmündigen Sohn zu dessen Vorteil zu täuschen

776 Diese Erklärung von Jes. 6,8f. referiert Origenes auch in Is. hom. 9 (GCS Orig. 8,

288), wo er sie ebenfalls auf einen Hebräer zurückführt. Hieronymus übernimmt diese Auslegung von Origenes: epist. 18A,15 (CSEL 54, 93–96); in Es. III 8 (VL.AGLB 23, 322). Siehe dazu Bardy, Les traditions Juives 222f. 239. 777 Diese in manchen Bibelhandschriften bezeugte Lesart (αὐτῆς mit Bezug auf σάρξ statt ἀνθρώπου; siehe die Hinweise bei Klostermann, GCS Orig. 3, 179 app. crit.) findet sich bei Origenes auch in orat. 17,2 (GCS Orig. 2, 339) und in Ps. 36 hom. 1,2 (GCS Orig. 13, 118).

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ἄλλως δυνάμενον ὠφεληθῆναι ἐὰν μὴ ὁ παῖς ἀπατηθῇ, ὡς ἰατρὸς ἀπατᾶν τὸν κάμνοντα πραγματεύεται, μὴ δυνάμενον θεραπευθῆναι ἐὰν μὴ ἀπάτης παραδέξηται λόγους, οὕτω καὶ ὁ τῶν ὅλων θεός, ἐπεὶ προκείμενον ἔχει ὠφελῆσαι τὸ τῶν ἀνθρώπων γένος. Λεγέτω ὁ ἰατρὸς τῷ κάμνοντι· Τμηθῆ­ ναί σε δεῖ, καυτηριασθῆναί σε δεῖ, ἄλλα χαλεπώτε||ρα παθεῖν σε δεῖ· οὐκ ἂν παράσχοι ἑαυτὸν ἐκεῖνος. Ἀλλ̓ ἐνίοτε ἄλλο λέγει, καὶ ἔκρυψεν ὑπὸ τὸν σπόγγον ἐκεῖνο τὸ τέμνον, τὸ διαιροῦν σιδήριον, καὶ πάλιν κρύπτει, ἵν̓ οὕτως ὀνομάσω, ὑπὸ τὸ μέλι τὴν τοῦ πικροῦ φύσιν καὶ τὸ ἀηδὲς φάρμα­ κον, βουλόμενος οὐ βλάψαι ἀλλ̓ ἰάσασθαι τὸν θεραπευόμενον. Τοιούτων φαρμάκων πεπλήρωται ὅλη ἡ θεία γραφή. Καὶ τινὰ μέν ἐστι χρηστὰ κρυ­ πτόμενα, τινὰ δέ ἐστι πικρὰ κρυπτόμενα. Ἐὰν ἴδῃς πατέρα ἀπειλοῦντα ὡς μισοῦντα τὸν υἱὸν καὶ λέγοντα τῷ υἱῷ φοβερὰ καὶ μὴ ἐπιδεικνύμενον τὴν φιλοστοργίαν, ἀλλὰ κρύπτοντα τὴν ἀγάπην τὴν πρὸς τὸν υἱόν, ὄψει ὅτι ἀπατᾶν βούλεται τὸ νήπιον· οὐ γὰρ συμφέρει τῷ υἱῷ τὸ ἐπίστασθαι τὴν ἀγάπην τοῦ πατρός, τὴν προαίρεσιν τὴν φιλικήν· ἐκλυθήσεται γὰρ καὶ οὐ παιδευθήσεται. Διὰ τοῦτο κρύπτει μὲν τὸ γλυκὺ τῆς φιλοστοργίας, δείκνυ­ σι δὲ τὸ πικρὸν τῆς ἀπειλῆς. Τοιοῦτόν τι ποιεῖ ἐκ τοῦ ἀνάλογον πατρὶ καὶ ἰατρῷ ὁ θεός. Ἔστι πικρά τινα, ἃ καὶ τὸν δικαιότατον μὲν ἰᾶται καὶ τὸν σοφώτατον πάντα γὰρ τὸν ἁμαρτήσαντα ἐπὶ ταῖς ἁμαρτίαις κολασθῆναι δεῖ. „Μὴ πλανᾶσθε, θεὸς οὐ μυκτηρίζεται.“a Εἴτε πόρνος εἴτε μοιχὸς εἴτε μαλακὸς εἴτε ἀρσενοκοίτης εἴτε κλέπτης εἴτε μέθυσος εἴτε λοίδορος εἴτε ἅρπαξ, βασιλείαν θεοῦ οὐ κλη­ ρονομήσουσι. b Τοῦτο ἐὰν νοηθῇ καὶ ἀκριβωθῇ ὑπὸ τῶν μὴ δυναμένων ἰδεῖν a

Gal. 6,7

b

1 Kor. 6,9f.

6  παράσχοι Hu παράσχοιεν S 18  ἀνάλογον S Kl (GCS Orig. 3, 350) ἀνὰ λόγον Die Kl (GCS Orig. 3, 180) Nt 19  Kl

778 Origenes folgt hier Philon, Cher. 15 (I p. 173 Cohn/Wendland): „Wenn aber der

Arzt dem Leidenden nicht die Wahrheit sagt, falls er zum Nutzen des Kranken ihn zu entleeren oder zu schneiden oder zu brennen beschlossen hat, damit dieser nicht in Voraussicht der Schmerzen sich der Behandlung entziehe oder vor Schwäche dabei versage …, so wird ein nicht pflichtmäßiges Werk in der nötigen Weise getan.“ Übersetzung: Cohn, Philo Werke III, 175f. Ebenso deus immut. 65f. (II p. 71 Cohn/ Wendland): „Denn auch die berühmtesten Ärzte bringen es nicht über sich, den körperlichen Leidenden und Hinfälligen die Wahrheit zu sagen, da sie wissen, dass sie dadurch nur mutloser werden und die Krankheit nicht geheilt wird … Denn welcher vernünftige Mann mag wohl dem Patienten sagen: ‚Du da, du sollst geschnitten, gebrannt, amputiert werden‘, wenn er dies auch notwendigerweise aushalten muss? Niemand wird es sagen. Denn da jener zuvor schon den Mut sinken läßt und sich (dadurch) noch eine andere Krankheit, eine seelische, zuzieht, die schlimmer ist als die vorausgehende körperliche, wird er zu der ärztlichen Behandlung keinen guten Willen mitbringen; da er aber infolge des Betrugs des Arztes das Gegenteilige erwar-

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beabsichtigt, weil er dem Kind nicht anders nützlich sein kann, als dass er es täuscht, wie ein Arzt es unternimmt, den Kranken zu täuschen, weil er nicht geheilt werden kann, wenn er die täuschenden Worte nicht glaubt, so handelt vielleicht auch der Gott des Alls, da er die Absicht hat, dem Menschengeschlecht zu helfen. Würde der Arzt zum Kranken sagen: Du musst aufgeschnitten werden, du musst mit dem Brenneisen behandelt werden, du musst noch schlimmere andere Behandlungen über dich ergehen lassen, würde sich jener dazu wohl nicht bereit erklären.778 Doch manchmal sagt er etwas anderes und hat unter dem Schwamm jenes schneidende und trennende Eisen verborgen, und desgleichen verbirgt er sozusagen unter dem Honig die bittere Substanz und das unangenehme Heilmittel, nicht weil er dem Patienten schaden, sondern weil er ihn heilen will.779 Die ganze göttliche Schrift ist voller solcher Heilmittel. Und manch Nützliches ist darin verborgen, aber auch manch Bitteres ist darin verborgen. Wenn du siehst, wie ein Vater seinem Sohn droht, als würde er ihn hassen, und zu seinem Sohn furchterregende Worte sagt und ihm keine Zärtlichkeit zeigt, sondern die Liebe zu seinem Sohn verbirgt, wirst du einsehen, dass er das unmündige Kind täuschen will. Denn es ist dem Sohn nicht zuträglich, um die Liebe des Vaters, um seine liebevolle Absicht zu wissen. Er würde nämlich nachlässig werden und sich nicht erziehen lassen. Deswegen verbirgt er die Süße der Zärtlichkeit, zeigt jedoch die Bitterkeit der Drohung. Auf diese Art handelt Gott in analoger Weise wie ein Vater und wie ein Arzt. Es gibt manch Bitteres, das sowohl den Gerechtesten als auch den Weisesten zwar heilt 780 Denn jeder, der gesündigt hat, muss für seine Sünden bestraft werden. „Täuscht euch nicht, Gott lässt sich nicht verspotten!“a Weder ein Hurenbock noch ein Ehebrecher, weder ein Lüstling noch ein Knabenschänder, weder ein Dieb noch ein Säufer, weder ein Verleumder noch ein Räuber werden das Reich Gottes erben.b Wenn das von denen

tet, wird er alles freudig mit Geduld auf sich nehmen, und sollte das Heilverfahren auch noch so schmerzlich sein.“ Übersetzung: Leisegang, Philo Werke IV, 87. 779 Das Motiv, dass eine Täuschung oder Unwahrheit als Heilmittel nützlich sein kann und von Ärzten (und Herrschern) angewendet werden darf, geht auf Platon, polit. III 389b, zurück und ist in der paganen wie in der christlichen Antike vielfach aufgegriffen worden (vgl. Xenophon, mem. IV 2,17; Lukrez, rer. nat. I 936–946 = IV 11–21; Horaz, serm. I 1,23–27), außer von Philon (siehe die vorige Anmerkung) etwa von Clemens von Alexandria, strom. VII 53,2 (GCS Clem. Al. 32, 39); für Origenes vgl. noch Cels. IV 19 (GCS Orig. 1, 288) und das Fragment aus dem sechsten Buch der Stromata bei Hieronymus, adv. Rufin. I 18 (CChr.SL 79, 18), sowie oben in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 173f.). Siehe dazu Satran, Pedagogy and Deceit. 780 Für Nautin, GCS Orig. 32, 364; SC 238, 262, ist es nicht nötig, hier eine Lücke anzunehmen, doch weil „dahinter ein Satz mit δὲ fehlt“, ist dies mit Klostermann, GCS Orig. 3, 180 app. crit., doch erforderlich.

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τὸ ἰατρικὸν σιδήριον ὑπὸ τὸν σπόγγον, ὑπὸ τῶν μὴ δυναμένων τὸ | πικρὸν φάρμακον ὑπὸ τὸ μέλι, ἐκκακήσει τις. Τίς γὰρ || ἡμῶν οὐ σύνοιδεν ἑαυτῷ πιόντι οὐ μετὰ βουλῆς καὶ μεθυσθέντι; Τίς ἡμῶν καθαρεύει ἀπὸ κλοπῆς καὶ ἀπὸ τοῦ μὴ πεπορικέναι τὰ ἐπιτήδεια δεόντως; Ἀλλ̓ ὅρα τί λέγει ὁ λόγος· Μὴ πλανᾶσθε, ὅτι οὗτοι βασιλείαν θεοῦ οὐ κληρονομήσου­ σι.a Τὸ κατὰ τὸν τόπον μυστήριον κεκρύφθαι δεῖ, ἵνα μὴ ἐκκακήσῃ ὁ ­πολύς, ἵνα μὴ μαθὼν τὰ πράγματα προσδοκήσῃ τὴν ἔξοδον οὐχ ὡς ἀνάπαυσιν, ἀλλ̓ ὡς κόλασιν. ῍Η τίς εὑρεθήσεται Παῦλος ὁ δυνάμενος λέγειν· Κάλλιον γὰρ ἀναλῦσαι καὶ σὺν Χριστῷ εἶναι; b Ἐγὼ δὲ οὐ δύναμαι τοῦτο λέγειν. Οἶδα γὰρ ὅτι ἐὰν ἐξέλθω, τὰ ἐμὰ ξύλα καυθῆναι ἐν ἐμοὶ δεῖ. Ξύλα δὲ ἔχω τὰς λοιδορίας, ξύλα ἔχω τὰς μέθας, ξύλα τὰς κλοπάς, c καὶ ἄλλα μυρία ξύλα ἐπῳκοδόμησά μου τῇ οἰκοδομῇ. Ὁρᾷς ὅτι ταῦτα πάντα λανθάνει τοὺς πολλοὺς τῶν πεπιστευκότων, καὶ καλῶς λανθάνει· καὶ ἕκαστος ἡμῶν ­οἴεται, ἐπεὶ μὴ εἰδωλολάτρησεν, ἐπεὶ μὴ πεπόρνευκεν (εἴθε κἂν ἐπὶ τῶν τοιούτων καθαρεύοιμεν), ὅτι ἀπαλλαγεὶς τοῦ βίου σωθήσεται. Οὐ βλέπομεν ὅτι „τοὺς πάντας ἡμᾶς παρασταθῆναι δεῖ ἔμπροσθεν τοῦ βήματος τοῦ Χριστοῦ, ἵνα κομίσηται ἕκαστος τὰ διὰ τοῦ σώματος πρὸς ἃ ἔπραξεν, εἴτε ἀγαθὸν εἴτε φαῦλον“. d Οὐ βλέπομεν τὸν εἰρηκότα· „Πλὴν ὑμᾶς ἔγνων ἐκ πάντων τῶν φυλῶν τῆς γῆς· διὰ τοῦτο ἐκδικήσω ἐφ̓ ὑμᾶς ἐπὶ πάντα τὰ ἐπιτηδεύματα ὑμῶν“, e οὐχὶ τινὰ μὲν τινὰ δὲ οὔ. a

Gal. 6,7 mit 1 Kor. 6,10

b

Phil. 1,23

c

1 Kor. 5,11

d

2 Kor. 5,10

e

Am. 3,2

1  ἰδεῖν Nt νοῆσαι Kl 3  καθαρεύει V κακαθαρεύει S 4  πεπορικέναι Gh πεπορηκέναι S 11  τὰς3 Scorr. τὰ S* 14  ἐπεὶ1 Kl ὅτι S 15  καθαρεύοιμεν Co καθαρεύωμεν S 781 Ob man hier mit Nautin, SC 238, 262, ἰδεῖν ergänzt oder mit Klostermann, GCS

Orig. 3, 180, νοῆσαι, kommt auf dasselbe hinaus, doch ist Nautin, GCS Orig. 32, 364, zuzustimmen, dass Origenes es liebt, denselben Ausdruck (hier: μὴ δυναμένων ἰδεῖν) kurz nacheinander zu wiederholen. 782 Vgl. in I Cor. frg. 26 (Opere di Origene 14/4, 122): „Doch die meisten von uns können sich dessen bewusst sein, dass wir diese Laster nicht haben (gemeint ist Hurerei, Ehebruch und Päderastie). Was aber das darauf Folgende angeht, so fürchte ich auch um mich selbst, dass ich den anderen Sünden irgendwie verhaftet bin. Er (sc. Paulus) erwähnt nämlich einen Verleumder, einen Trunkenbold, einen Räuber …“ Ausführlich darüber: dial. 9f. (SC 67, 74–76); in Lev. hom. 14,2 (GCS Orig. 6, 481); in Matth. comm. XII 30 (GCS Orig. 10, 135): „Wenn das Wort mit seinen Engeln erscheint, wird es jedem an seiner eigenen Herrlichkeit und am Glanz seiner Engel teilgeben, gemäß dem Handeln eines jeden … Wann aber wird das eintreten? Doch wohl dann, wenn jenes Apostelwort sich erfüllt: ‚Wir alle nämlich müssen vor den Richterstuhl des Christus hintreten, damit jeder empfängt für das, was er im Leib getan hat, sei es Gutes oder Böses‘ (2 Kor. 5,10)! Wenn er aber jedem nach dem Handeln vergelten wird, und zwar nicht nur nach dem guten, aber auch nicht nach dem bösen ohne das gute, ist es offenkundig, dass er einem jeden gemäß jedem bösen und gemäß jedem guten Handeln vergelten wird.“ Übersetzung: Vogt, BGrL 18, 190. Vgl. ebd. XIII 30 (GCS Orig. 10, 267f.).

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Homilie 20(19),3

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wahrgenommen und genau in Augenschein genommen wird, die das ärztliche Eisen unter dem Schwamm nicht zu sehen vermögen, die das bittere Heilmittel unter dem Honig nicht 781 vermögen, wird man den Mut verlieren. Denn wer von uns ist sich nicht bewusst, unüberlegt getrunken zu haben und betrunken geworden zu sein? Wer von uns ist rein von Diebstahl und von der Beschaffung des Lebensunterhalts mit unerlaubten Mitteln?782 Doch sieh, was das Wort sagt:Täuscht euch nicht, denn diese werden das Reich Gottes nicht erben!a Das in dieser Stelle liegende Geheimnis muss verborgen bleiben, damit die Mehrheit783 nicht den Mut verliert, damit sie, weil sie den wirklichen Sachverhalt nicht erkannt hat, den Tod nicht als Ausruhen, sondern als Strafe erwartet. Oder wird sich einer finden, der wie Paulus sagen kann: Denn es ist schöner, zu sterben und mit Christus zu sein? b Ich hingegen kann das nicht sagen. Ich weiß nämlich, dass, wenn ich sterbe, mein Holz in mir verbrannt werden muss. Das Holz aber, das ich habe, sind die Verleumdungen, das Holz sind die Trinkgelage, das Holz sind die Diebstähle,c und tausend andere Hölzer habe ich in meinem Bau aufgeschichtet.784 Du siehst, dass all das der großen Mehrheit der Gläubigen verborgen ist und es gut ist, dass es ihnen verborgen ist. Und jeder von uns meint, weil er keinen Götzendienst, weil er keine Unzucht getrieben hat785 – Wären wir wenigstens von solchen Dingen rein! –, dass er, wenn er aus dem Leben scheidet, gerettet werden wird. Wir sehen nicht, dass „wir alle vor den Richterstuhl Christi hintreten müssen, damit jeder das erhält, was seinem Tun während des Daseins im Leibe entspricht, sei es Gutes oder Böses“.dWir sehen nicht den, der gesagt hat: „Nur euch habe ich aus allen Stämmen der Erde erkannt. Deswegen werde ich euch alle eure Handlungen vergelten“,e nicht einige schon, andere aber nicht.786 783 Ὁ πολύς, „die Mehrheit“ oder auch: „der Massenmensch“ (so Schadel, BGrL 10,

332 Anm. 268), „der Durchschnittschrist“ (siehe auch oben S. 320 Anm. 423), wird unten in Hier. hom. 20(19),7 (GCS Orig. 32, 187) als „Liebhaber des Leibes“ beschrieben, „der nicht an die kommende Welt glaubt“. 784 Zur Metaphorik des Holzes siehe in Hier. hom. 2,3 (GCS Orig. 32, 20); 16,5f. (32, 138). Zum Sündenbewusstsein, das Origenes hier bezeugt, siehe Völker, Vollkommenheitsideal 33f., ferner unten in Hier. hom. 20(19),8 (GCS Orig. 32, 189). 785 Götzendienst (Glaubensabfall) und Unzucht (im sexuellen Sinn oder im religiösen Sinn synonym für Götzendienst) galten im Frühchristentum neben Mord als die schwersten Sünden. Vgl. Origenes, in Ex. hom. 6,9 (GCS Orig. 6, 200f.); in Lev. hom. 14,2 (GCS Orig. 6, 481); 14,4 (6, 484–487); 15,2 (6, 489); in Ps. 36 hom. 1,5 (GCS Orig. 13, 124); in Matth. comm. XIII 30 (GCS Orig. 10, 262f.); in Ioh. comm. XXVIII 6,50 (GCS Orig. 4, 396); strom. X frg. (PG 11, 103); orat. 28,10 (GCS Orig. 2, 381); Cels. III 51 (GCS Orig. 1, 247). Siehe dazu Rahner, Bußlehre des Origenes 100f. 109; Teichtweier, Sündenlehre des Origenes 272–276; Fürst, Liturgie der Alten Kirche 241. 246. 251f. 786 Derselbe Gedanke zu Am. 3,2 in sel. in Hiez. 7,3 (Opere di Origene 8, 470f.).

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Ἐπεὶ τοίνυν ὁ ἰατρὸς ἐνίοτε ἀποκρύπτει τὸν ἰατρικὸν σίδηρον ὑπὸ τὸν ἁπαλὸν καὶ τρυφερὸν σπόγγον, κρύπτει δὲ καὶ ὁ πατὴρ τὴν φιλοστοργίαν διὰ τῆς ἐμφάσεως τῆς ἀπειλῆς, καὶ αἱ ἀπάται || αἱ μὲν ἀφαιροῦσι τὰ στεα­ τώματα καὶ τοὺς κιρσοὺς καὶ εἴ τι ἄλλο βλάπτει τὴν τοῦ σώματος κατα­ σκευήν, ἡ δὲ περιαιρεῖ τὴν ἀπαιδευσίαν καὶ τὴν χαύνωσιν· τοιοῦτον δή τι νενόηκε ποιεῖν τὸν θεὸν ὁ | προφήτης μυστικῶς καὶ λέγει ἰδὼν ἃ ἠπάτηται ὑπὸ τοῦ θεοῦ ἐπὶ καλῷ [καὶ λέγει]· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“a ῎Ηγαγεν αὐτὸν ἐπὶ τὴν τηλικαύτην εὔξασθαι καὶ εἰπεῖν τῷ θεῷ· Ἀπάτησόν με, εἰ τοῦτο συμφέρει. Ἄλλη γὰρ ἡ ἀπάτη ἡ ἀπὸ τοῦ θεοῦ, ἄλλη ἡ ἀπάτη ἡ ἀπὸ τοῦ ὄφεως. Ὅρα τί λέγει ἡ γυνὴ τῷ θεῷ· „Ὁ ὄφις ἠπάτησέ με, καὶ ἔφαγον.“ b Καὶ ἡ μὲν ἀπάτη ἡ ἀπὸ τοῦ ὄφεως ἐξεῖλε τὸν Ἀδὰμ καὶ τὴν γυναῖκα αὐτοῦ ἀπὸ τοῦ παραδείσου τοῦ θεοῦ· ἡ δὲ ἀπάτη ἡ γενομένη τῷ προφήτῃ εἰπόντι· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπα­ τήθην“ c ἤγαγεν αὐτὸν ἐπὶ τὴν τηλικαύτην τῆς προφητείας χάριν, ἐπὶ τὸ αὐξῆσαι ἐν αὐτῷ τὴν δύναμιν, ἐπὶ τὸ τελειωθῆναι αὐτὸν καὶ δυνηθῆναι ὑπηρετήσασθαι μετὰ τοῦ μὴ φοβεῖσθαι ἄνθρωπον d τῷ βουλήματι τοῦ λό­ γου τοῦ θεοῦ. Ταῦτα μὲν οὖν καὶ ἡμεῖς νοοῦντες καὶ ἐπὶ τοῦ παρόντος καὶ εὐξώμεθα ἀπατᾶσθαι ὑπὸ τοῦ θεοῦ. Μόνον μὴ ὁ ὄφις ἀπατησάτω ἡμᾶς. Καὶ ἀλλαχοῦ τούτῳ συγγενὲς γέγραπται, ὅτι εἴρηται ἐν τῷ ῾Ησαΐᾳ· „Κύριος γὰρ ἐκέρασεν αὐτοῖς πνεῦμα πλανήσεως.“ e Ἐπιστήσεις κἀκεῖ τί ποιεῖ τὸ πνεῦμα τῆς πλανήσεως κιρνάμενον ἀπὸ τοῦ θεοῦ. Καλῶς δέ, ὅτι οὐκ ἄκρατον δέδωκεν ὁ θεὸς τὸ πνεῦμα τῆς πλανήσεως, ἀλλ̓, ὡς ὠνόμασεν ὁ προφήτης, ἐκέρασεν αὐτό. (19,)4. Παρακινδυνεῦσαι θέλω καὶ παράδειγμα δοῦναι ὠφελημένων ἠπατημένων. || Εἰσί τινες οἳ διὰ τοῦτο ἀσκοῦσι τὴν ἁγνείαν καὶ τὴν κα­ θαρότητα, καὶ ἄλλοι οἳ διὰ τοῦτο ἀσκοῦσι τὴν μονογαμίαν, ἐπεὶ προσ­ εδόκησαν ἀπόλλυσθαι τὸν συνουσιάσαντα γαμικῶς, ἀπόλλυσθαι τὸν δι­ γαμήσαντα. Συγκρίνωμεν καθ̓ ἑαυτούς, τί λυσιτελεῖ τῇ μονογάμῳ, ἠπατῆσθαι καὶ οἴεσθαι κολάζεσθαι καὶ αἰωνίῳ κολάσει παραδίδοσθαι τὴν δίγαμον, ἵνα μείνῃ μονόγαμος καὶ καθαρά, ἢ γνῶναι τὸ ἀληθὲς καὶ διγαμῆ­ a

Jer. 20,7

b

Gen. 3,13

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Jer. 20,7

d

Jer. 1,8

e

Jes. 19,14

3  ἐμφάσεως Kl ἐμφράσεως S 5  δή Kl δέ S 7  καὶ λέγει del. Kl 8  χάριν, ἐπὶ τὸ 18  εἰς τὸ μέλλον Gh 25  ἀσκοῦσι τὴν Kl Kl ἔστιν S 13  τῷ2 Bl Kl (nicht Nt) ἀσκοῦντες S 28  τί Kl ὅτι S 28  τῇ Gh τῶι S 787 Das Subjekt des Satzes könnte auch Gott sein. Die Fortsetzung legt aber nahe, die

Täuschung (ἡ ἀπάτη) als Subjekt zu nehmen, oder präziser: die Einsicht in die Täuschung. Nautin, GCS Orig. 32, 364; SC 238, 266 (vgl. SC 232, 97), tut dies ebenfalls und versteht den Satz auch im Sinne der Konjektur Klostermanns (nach der auch Smith, FaCh 97, 228, und Schadel, BGrL 10, 222, übersetzen, letzterer allerdings mit dem Subjekt Gott), fügt jedoch Ergänzungen aus den folgenden Ausführungen ein, die viel zu umfangreich und unnötig sind, weil sie dem Sinn des Satzes nichts hinzu-

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Weil also der Arzt das heilende Eisen manchmal unter dem zarten und weichen Schwamm verbirgt, aber auch der Vater die Zärtlichkeit hinter einer nachdrücklichen Drohung versteckt, entfernen, was die Täuschungen angeht, die einen die Geschwülste und die Krampfadern und was sonst noch die Konstitution des Leibes schädigt, während die andere die Ungezogenheit und die Trägheit beseitigt. Dass Gott in der Tat etwas Derartiges tut, hat der Prophet auf geheimnisvolle Weise verstanden, und als er sieht, welcher Täuschung durch Gott er zu einem guten Zweck unterlag, sagt er: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“a Dies787 brachte ihn zu einer so großen betete und zu Gott sprach: Täusche mich, wenn es nützlich ist! Denn das eine ist die Täuschung durch Gott, etwas anderes die Täuschung durch die Schlange. Sieh, was die Frau zu Gott sagt: „Die Schlange täuschte mich, und ich aß.“ b Und die Täuschung durch die Schlange vertrieb Adam und seine Frau aus dem Paradies Gottes. Die dem Propheten widerfahrene Täuschung hingegen, über die er sagte: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen“,c brachte ihn zu einer so großen Gnade der Prophetie, dass die Kraft in ihm zunahm, dass er vollendet wurde und dass er, ohne sich vor einem Menschen zu fürchten,d dem Willen des Wortes Gottes zu dienen vermochte. Wenn nun auch wir dies verstehen, wollen wir sowohl für die Gegenwart als auch darum beten, von Gott getäuscht zu werden. Nur soll uns nicht die Schlange täuschen! Und anderswo steht etwas geschrieben, was dem verwandt ist, denn im Buch Jesaja heißt es: „Denn der Herr mischte ihnen einen Geist des Irrtums.“ e Du wirst auch hier erkennen, was der von Gott gemischte Geist des Irrtums bewirkt. Es ist aber gut, dass Gott den Geist des Irrtums nicht ungemischt geschenkt hat, sondern, wie der Prophet sich ausdrückte, ihn gemischt hat. (19,)4. Ich möchte einen riskanten Gedanken wagen und ein Beispiel dafür anführen, dass Leute zu ihrem Vorteil getäuscht worden sind. Es gibt Leute, die deswegen asketisch in Keuschheit und Reinheit leben, und andere, die deswegen nach einer Ehe asketisch leben, weil sie damit gerechnet haben, dass verloren geht, wer in einer ehelichen Verbindung gelebt hat, dass verloren geht, wer noch einmal geheiratet hat.Vergleichen wir für uns selbst: Was ist nützlich für eine Frau, die nur einmal geheiratet hat: getäuscht worden zu sein und zu meinen, eine zweimal verheiratete Frau werde bestraft und der fügen: ἤγαγεν αὐτὸν ἐπὶ τὴν τηλικαύτην εὔξασθαι καὶ εἰπεῖν τῷ θεῷ· Ἀπάτησόν με, εἰ τοῦτο συμφέρει – „ brachte ihn zu einer so großen betete und zu Gott sprach: Täusche mich, wenn es nützlich ist!“

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σαι; Νομίζω, παντὸς οὑτινοσοῦν βλέποντος τὸ ἀκόλουθον ἔστιν εἰπεῖν, ὅτι μακαριώτερον μὲν ἦν τὸ καθαρεύειν καὶ μὴ διγαμεῖν μὴ ἠπατημένην καὶ ὁρᾶν ὅτι μετέχει μὲν σωτηρίας τινὸς καὶ ἡ δίγαμος, οὐ μὴν τοσαύτης μα­ καριότητος, ὅσης παρὸν διγαμεῖν καθαρεύσασα· εἰ δὲ μὴ δύναται τοῦτο, βέλτιον τὸ ἠπατῆσθαι ὡς | ἀπολλυμένων διγάμων καὶ διὰ τὴν ἀπάτην καθαρεύειν, ἢ τὸ ἀληθὲς ἐγνωκέναι καὶ ἐν ἐλάττονι γεγονέναι τῷ τῶν δι­ γάμων τάγματι. Τοιοῦτόν τι εὑρήσεις καὶ ἐπί τινων ἀσκούντων τὴν ἁγνείαν καὶ τὴν καθαρότητα τὴν παντελῆ. Πολλὰ δ̓ ἂν καὶ ἄλλα εὑρεθείη κατὰ ἀπάτην ὑφ̓ ἡμῶν γινόμενα καὶ ὠφελοῦντα ἡμᾶς. Πόσοι δὲ νομιζόμενοι σο­ φοί, εὑρόντες τὸ περὶ κολάσεως ἀληθὲς καὶ διελθόντες δῆθεν τὰ τῆς ἀπάτης, ἐν χείρονι γεγόνασι βίῳ; Ἐλυσιτέλει αὐτοὺς φρονεῖν, ὡς ἐφρόνουν πρότερον περὶ τοῦ „Ὁ σκώληξ αὐτῶν οὐ τελευτήσει“ καὶ ὅτι „τὸ πῦρ αὐτῶν οὐ σβεσθήσεται“ καὶ ὅτι „ἔσονται εἰς ὅρασιν πάσῃ σαρκί“a καὶ ὅτι „τὸ ἄχυ­ ρον κατακαυθήσεται πυρὶ ἀσβέστῳ“. b Ἐὰν δὲ ἄλλο τι φαντασθέντες παρὰ τὴν πρώτην || αὐτῶν ἔννοιαν μέλλωσι „τοῦ πλούτου τῆς χρηστότητος τοῦ θεοῦ καὶ τῆς ἀνοχῆς καὶ τῆς μακροθυμίας καταφρονεῖν“, c ὅρα εἰ μὴ ἀληθῶς διὰ τοῦτο, ἐπεὶ μὴ ἔδοξαν ἠπατῆσθαι, ἐθησαύρισαν αὑτοῖς „ὀργὴν ἐν ἡμέρᾳ ὀργῆς καὶ ἀποκαλύψεως καὶ δικαιοκρισίας τοῦ θεοῦ“, d οὐκ ἂν θησαυρίσαν­ τες εἰ ἠπατήθησαν. Ταῦτα διὰ τὴν ἀπὸ θεοῦ ἀπάτην, ἐπεὶ εἶπεν ὁ προ­ φήτης· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“ e a

Jes. 66,24

b

Mt. 3,12; Lk. 3,17

9  γινόμενα Bl γενόμενα S Hu αὐτοῖς S

c

Röm. 2,4

d

Röm. 2,5

e

Jer. 20,7

15  ἔννοιαν μέλλωσι Die Lie ἐν οἷς μέλλουσι S

17  αὑτοῖς

788 Origenes bezieht hier Position in der frühchristlichen Debatte über die Ideale der

Virginität und der Monogamie. Diese Ideale waren weit verbreitet und wurden von Theologen wie Athenagoras, legat. 33 (PTS 31, 104f.), und Tertullian propagiert, von letzterem sehr radikal in seinen Schriften De exhortatione castitatis (CChr.SL 2, 1013– 1035) und De monogamia (CChr.SL 2, 1227–1253). Origenes vertritt demgegenüber die Legitimität einer Wiederheirat der Frau nach dem Tod ihres Mannes, gesteht einer solchen aber nur einen minderen Rang an Glückseligkeit zu: in I Cor. frg. 28 (Opere di Origene 14/4, 128); in Luc. hom. 17,11 (GCS Orig. 92, 110): „Ich bin in der Tat der Meinung, dass der nur einmal Verheiratete, der Jungfräuliche und der, welcher die Reinheit bewahrte, der Kirche Gottes angehört, der zweimal Verheiratete aber, mag er auch sonst von tadellosem Wandel und in den übrigen Tugenden erstarkt sein, doch nicht der Kirche und der Zahl jener angehört, ‚die keine Runzeln und Flecken haben oder irgendeinen derartigen Fehler‘ (Eph. 5,27), sondern einer zweiten Stufe angehört, denen, ‚die den Namen des Herrn anrufen‘ und die zwar im Namen Jesu Christi gerettet, nicht aber bekränzt werden von ihm.“ Übersetzung: Sieben, FC 4/1, 207 (leicht modifiziert). Das entspricht seinem relationalen Denken: Wer nicht asketisch lebt oder wer zum zweiten Mal heiratet, wird nicht verdammt, sondern ebenfalls erlöst, wenn auch in einem geringeren Stand, d.h. er muss noch einen weiteren Weg bis zur endgültigen Erlösung zurücklegen. Origenes vertritt grundsätzlich ein asketisches Lebensideal, gemäß dem er selbst lebt, und die Monogamie, verurteilt aber nicht

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Homilie 20(19),4

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ewigen Strafe preisgegeben, damit sie nicht wieder heiratet und rein bleibt, oder die Wahrheit erkannt und wieder geheiratet zu haben? Ich denke, dass jeder, der die Folgen sieht, sagen kann, dass es für sie ein größeres Glück war, rein zu bleiben und nicht wieder zu heiraten, ohne getäuscht worden zu sein, und zu erkennen, dass auch eine Frau, die wieder heiratet, an einem gewissen Heil teilhat, freilich ohne ein so großes Glück zu erlangen wie eine, die die Möglichkeit hatte, wieder zu heiraten, aber rein geblieben ist. Wenn sie das aber nicht vermag, ist es besser, getäuscht worden zu sein, als würden die Wiederverheirateten verlorengehen, und aufgrund der Täuschung rein zu bleiben, als die Wahrheit erkannt zu haben und in die niedrigere Ordnung der Wiederverheirateten geraten zu sein.788 Derartiges wirst du auch bei Leuten finden, die asketisch in vollkommener Keuschheit und Reinheit leben. Noch viele andere Dinge könnte man finden, die wir aufgrund einer Täuschung getan haben und die uns nützen.Wie viele angebliche Weise aber sind, nachdem sie die Wahrheit über die Bestrafung herausgefunden haben und über das Stadium der Täuschung scheinbar hinausgelangt sind, in eine schlimmere Lebensweise geraten?789 Es würde ihnen nützen, wie früher über Aussagen zu denken wie: „Ihr Wurm wird nicht sterben“ und: „Ihr Feuer wird nicht erlöschen“ und: „Sie werden vor allem Fleisch zur Schau gestellt“a und: „Die Spreu wird in nie erlöschendem Feuer verbrennen“.b Wenn sie aber, weil sie sich etwas anderes als ihre frühere Vorstellung ausmalen, „den Reichtum der Güte Gottes und seine Geduld und Langmut verachten“ c werden, sieh, ob sie sich nicht in der Tat deswegen, weil sie glaubten, nicht getäuscht worden zu sein, „den Zorn am Tag des Zorns und der Offenbarung und des gerechten Gerichtes Gottes“ d angehäuft haben, den sie nicht angehäuft hätten, wenn sie getäuscht worden wären.790 Dies zur Täuschung durch Gott, weil der Prophet gesagt hat: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ e Christen und Christinnen, die nicht nach diesen Idealen leben. Siehe dazu Teichtweier, Sündenlehre des Origenes 269–271; Crouzel,Virginité et mariage 152–160. 789 Auch in princ. III 1,17 (GCS Orig. 5, 225f.) warnt Origenes vor allzu raschen und leichten und daher scheinbaren Fortschritten in der heilsamen Erkenntnis, weil solche Leute „das Übel als ein leicht heilbares für gering achten, sich ein zweites Mal nicht hüten hineinzugeraten, und so wieder in dasselbe Übel verfallen“. Übersetzung: p. 523–525 Görgmanns/Karpp. 790 Vgl. in Matth. comm. XVII 19 (GCS Orig. 10, 638): „Solange wir also Menschen sind und es uns nicht gut tut, den Reichtum ‚der Güte‘ Gottes (Röm. 2,4) und die ‚große Fülle seiner Güte‘ (Ps. 30[31],20) zu schauen, die er verborgen hat (damit wir nicht Schaden nehmen), …, musste er zu Menschen wie ein Mensch sprechen; musste er sich der Menschen annehmen, die es nicht ertragen, dass Gott sich ihrer annähme …“ Übersetzung: Vogt, BGrL 30, 269f. Unter anderem aus diesem Grund insistiert Origenes bisweilen auf dem wörtlichen Verständnis von Stellen, die nur im übertragenen Sinne wahr sind: Hanson, Allegory and Event 238f.

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Παρέλθωμεν δὲ ἰδίᾳ καὶ τὸ „ἠπατήθην“. Διὰ τί οὐκ εἶπε μόνον τὸ „᾽Ηπάτησάς με, κύριε“, ἀλλὰ προσέθηκε καὶ τὸ „ἠπατήθην“;a Ἔστιν ἐνίοτε ἐπινοῆσαι [τι] ἐνεργοῦντά τινα τὴν ἀπάτην, ἄλλον δὲ φυλασσόμενον ἀπα­ τηθῆναι καὶ οὐκ ἀπατώμενον. Ὅταν δὲ ὁ μὲν ἐνεργήσῃ τὸ ἀπατᾶν, ὁ δὲ μὴ φυλάξηται τὸ ἀπατηθῆναι ἀλλ̓ ἐμπέσῃ εἰς τὴν ἀπάτην, εἴποι ἄν· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“ Ἐγὼ δὲ γενόμενος κατὰ τὸν τόπον καὶ τοιαῦτά τινα εἴποιμι · Ὃ ἐὰν λέγῃ μοι ὁ ὄφις, κἂν ἀληθῆ μοι λέγῃ κἂν ἀπατᾶν με θέλῃ, ὑφορῶμαι αὐτοῦ τοὺς λόγους πειθόμενος ὅτι, εἴτε ἀπατᾷ με εἴτε ἀληθεύει, βλάπτει με. Kαὶ ἡ ἀλήθεια γὰρ αὐτοῦ βλάπτει· οὐδὲν ὠφέλιμον ἀπὸ τοῦ ὄφεως γίνεται, ἐπεὶ μὴ δύναται δένδρον πονηρὸν καρποὺς ἀγαθοὺς ἐνεγκεῖν. b Ὃ ἐὰν δὲ λέγῃ μοι ὁ θεὸς καὶ πείθωμαι ὅτι θεός ἐστιν ὁ λέγων, ἕτοιμός εἰμι παρέχειν ἐμαυτόν. Ἀληθεύει, δέχομαι· ἀπα­ τᾶν με βού|λεται, ἑκὼν ἀπατῶμαι, θεός με μόνος ἀπατάτω. Kαὶ ἐπεὶ παρ­ έχω ἐμαυτόν, πειθόμενος θεὸν εἶναι τὸν λέγοντα, καὶ ἀπατᾶσθαι, καὶ οὐ περιεργάζομαι, θέλων ἀπατώμενος μὴ ὑπ̓ ἄλλου, ἀλλ̓ ὑπὸ τοῦ θεοῦ ἀπα­ τηθῆναι, διὰ τοῦτο λέγω ὅτι οὐ μόνον || σὺ ἐνήργησας τὸ ἀπατᾶν, ἀλλ̓ ὅτι κἀγὼ πέπονθα τὸ ὑπὸ σοῦ ἀπατᾶσθαι, καὶ κατὰ τοῦτο λέγω ὅτι „ἠπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην“. c Tί δὲ ἀκολουθεῖ τῷ τὸν θεὸν εἶναι ἀπατῶντα καὶ ἄνθρωπον εἶναι τὸν ἀπατώμενον; „Ἐκράτησας ἠδυ­ νάσθης.“ Tότε με κρατεῖ, ἐάν με κατ̓ ἀρχὰς ἔτι νήπιον ἐν Χριστῷ ἀπατή­ σῃ, καὶ κρατήσας δύναται. Ἐὰν δὲ μὴ κρατήσῃ, τότε μοι χρεία πόνων. „Ἐκράτησας καὶ ἠδυνάσθης.“ d (19,)5. Ἑξῆς τούτοις λέγει· „Ἐγενόμην εἰς γέλωτα, πᾶσαν ἡμέραν διε­ τέλεσα μυκτηριζόμενος.“ e Kαὶ εἰς τοῦτον τὸν τόπον ταῦτα ἤκουον, ὅτι Ἱερεμίας γέγονε κατὰ χρόνους ἁμαρτωλοτάτων (ἐπ̓ αὐτοῦ γοῦν γέγονεν ἡ αἰχμαλωσία), καὶ οὕτως ἦσαν ἁμαρτωλοὶ ὥστε μυκτηρίζειν καὶ γελᾶν καὶ χλευάζειν, εἴ ποτε ὁ προφήτης τὸ προοίμιον ἔλεγε τὸ προφητικόν, τὸ „Tάδε λέγει κύριος“. f Ἐγέλων οἱ ἀκούοντες καὶ ἐμυκτήριζον τὰ λεγόμενα. Ἐφυλάξατο εἰπεῖν τὸ „Tάδε λέγει κύριος“ ὁ ἀπατηθεὶς καὶ ὠφεληθεὶς ἐκ τοῦ ἀπατᾶσθαι. Διὸ καὶ αὐτὸς βουλόμενος ἀπατᾶν ἐπὶ τῷ ὠφελεῖσθαι ἐκ τοῦ a

Jer. 20,7

b

Mt. 7,18

c

Jer. 20,7

d

Jer. 20,7

e

Jer. 20,7

f

Jer. 2,2 u.ö.

1  εἰς Koe Kl 3  τι del. Kl 5  ἐμπέσῃ V ἐμπέσοι S 7  ἄν Kl (nicht Nt) 15  θέλων Kl θέλω S 19  καὶ2 Co 21  κρατήσῃ Bl Koe κρατήσης S 25  γοῦν Co οὖν S 791 Hinter dieser Bemerkung steht der absolute Gegensatz von Gut und Böse, die sich

kontradiktorisch ausschließen. Siehe dazu oben S. 404 Anm. 595 und v.a. unten S. 514 Anm. 807. 792 Wenn der Mensch sich nicht täuschen lässt, hat er einen Weg voller Anstrengungen vor sich, auf dem er mühsam lernen muss, was Gott ihm durch die Täuschung schonend beibringen wollte. Das entspricht dem, was Origenes oben in Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178) über die Freiwilligkeit ausgeführt hat, die Gott dem Menschen zugesteht und von ihm fordert.

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Gehen wir aber auch noch eigens das „ich ließ mich täuschen“ ein. Weshalb sagte er nicht nur: „Du hast mich getäuscht, Herr“, sondern fügte noch „ich ließ mich täuschen“ hinzu?a Man kann an einen Fall denken, in dem jemand eine Täuschung bewerkstelligt, der andere sich aber davor hütet, getäuscht zu werden, und nicht getäuscht wird. Wenn der eine jedoch eine Täuschung bewerkstelligt, der andere sich aber nicht davor hütet, getäuscht zu werden, sondern der Täuschung zum Opfer fällt, würde er wohl sagen: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ Wenn ich jedoch in diese Lage käme, würde ich auch etwa Folgendes sagen: Wenn die Schlange zu mir spricht, ganz gleich, ob sie mir die Wahrheit sagt oder ob sie mich täuschen will, misstraue ich ihren Worten, weil ich überzeugt bin, dass sie mir schadet, ob sie mich nun täuscht oder ob sie die Wahrheit sagt. Denn auch ihre Wahrheit schadet. Nichts Nützliches geht von der Schlange aus, weil ein schlechter Baum keine guten Früchte bringen kann.b791 Wenn hingegen Gott zu mir spricht und ich überzeugt bin, dass es Gott ist, der spricht, bin ich bereit, mich zur Verfügung zu stellen. Sagt er die Wahrheit, nehme ich sie an. Will er mich täuschen, lasse ich mich bereitwillig täuschen – nur soll einzig Gott mich täuschen! Und weil ich mich sogar für eine Täuschung zur Verfügung stelle, wenn ich überzeugt bin, dass es Gott ist, der spricht, und es mir nichts ausmacht, getäuscht zu werden, wobei ich freilich von keinem anderen als von Gott getäuscht werden will, deswegen sage ich, dass nicht nur du die Täuschung bewerkstelligt hast, sondern dass auch ich es über mich habe ergehen lassen, von dir getäuscht zu werden, und dementsprechend sage ich, dass „du mich getäuscht hast, Herr, und ich mich täuschen ließ“.cWas aber folgt daraus, dass Gott der Täuscher und der Mensch der Getäuschte ist? „Du warst siegreich übermächtig.“ Siegreich ist er, wenn er mich zu Beginn, als ich noch ein unmündiges Kind in Christus war, getäuscht hat, und siegreich ist er übermächtig. Wenn er aber nicht siegreich ist, dann habe ich Mühe und Anstrengung nötig.792 „Du warst siegreich und übermächtig.“ d (19,)5. Nach diesen Worten sagt er: „Ich bin zum Gespött geworden, jeden Tag wurde ich fortwährend verhöhnt.“ e Und zu dieser Stelle habe ich Folgendes gehört: Jeremia trat in einer Zeit von sehr großen Sündern auf – jedenfalls hat sich zu seiner Zeit die Gefangenschaft ereignet793 –, und sie waren dermaßen Sünder, dass sie höhnten und lachten und spotteten, wenn der Prophet einmal die prophetische Einleitungsformel aussprach: „Dies spricht der Herr.“ f Die Zuhörer verlachten und verhöhnten das Gesagte. Er hütete sich zu sagen: „Dies spricht der Herr“, da er getäuscht worden war und aus der Täuschung Nutzen gezogen hatte. Weil er deshalb auch selbst

793 Ebenso oben in Hier. hom. 15,1 (GCS Orig. 32, 126).

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ἀπατᾶν ἔλεγεν· Ὅτι ἐμοὺς ὑμῖν λαλῶ, ἐπεὶ οὐκ ἀκούετε τοὺς τοῦ κυρίου λόγους. Εἶτα ἐκεῖνοι παρεῖχον τὰς ἀκοὰς ὡς λόγοις Ἱερεμίου καὶ ἤκουον λόγων θεοῦ. Ταῦτα δέ μοι ἔλεγεν ὁ παραδιδούς μοι τὸν τόπον, ἐξετάζων τὰ προοίμια καὶ τὰς ἀρχὰς τῶν προφητειῶν. Ἔστι τοίνυν καὶ ἀρχὴ τῆς προφητείας Ἱερεμίου παρὰ μὲν ἡμῖν, ὡς οἱ Ἑβδομήκοντα παραδεδώκασιν οὐκ οἶδ̓ ὅ, τι σκοπήσαντες· „Τὸ ῥῆμα τοῦ θεοῦ ὃ ἐγένετο ἐπὶ Ἱερεμίαν τὸν τοῦ Χελκίου ἐκ τῶν || ἱερέων“,a ἐν δὲ τῷ Ἑβραϊκῷ καὶ ταῖς λοιπαῖς ἐκδό­ σεσι· „Λόγοι Ἱερεμίου υἱοῦ Χελκίου“, καὶ πάντες συνεφώνησαν τῷ εἰπεῖν· „Λόγοι Ἱερεμίου υἱοῦ Χελκίου.“ Διὰ τί οὖν „λόγοι Ἱερεμίου“; Ἐπειδήπερ τὸ προοίμιον αὐτῷ ἐν τῷ λέγειν πρὸς τοὺς μὴ βουλομένους ἀκοῦσαι ἦν· Ἀκούσατέ μου τοὺς λόγους. Καὶ ἡμεῖς ἔσθ̓ ὅτε τοιαῦτα, ὅταν λυσιτελὲς ἡμῖν φανῇ, ποιοῦμεν. Ἐνίοτε λόγους ἀπὸ τῶν ἐθνῶν προσάγομεν βουλόμενοι αὐτοὺς προσαγα­ γεῖν τῇ πίστει, καὶ ἐὰν ἴδωμεν ὅτι διαβεβλημένοι εἰσὶ πρὸς Χριστιανισμὸν καὶ βδελύσσονται τὸ ὄνομα καὶ μισοῦσι τὸ ἀκοῦσαι, ὅτι οὗτος ὁ λόγος Χριστιανῶν ἐστιν, οὐ προσποιούμεθα Χριστιανῶν λέγειν λόγον ὠφέλιμον. Ἀλλ̓ ὅταν ὁ λόγος ἐκεῖνος κατασκευασθῇ κατὰ | δύναμιν ὑφ̓ ἡμῶν, καὶ δοκῶμεν αἱρεῖν τὸν ἀκροατὴν οὐχ ὡς ἔτυχε τοῦ λεγομένου ἀκούσαντα, τότε ὁμολογοῦμεν ὅτι οὗτος ὁ ἐπαινετὸς λόγος Χριστιανῶν λόγος ἦν. Καὶ ποιοῦμέν τι παραπλήσιον τῷ εἰπόντι οὐκέτι „Τάδε λέγει κύριος“ ἀλλά· Ἀκούσατε λόγους ἐμοῦ τοῦ Ἱερεμίου. Ταῦτα διὰ τὸ „Ἐγενόμην εἰς γέλω­ τα“. b Καὶ ἡμεῖς ἀγανακτοῦμεν, ἐάν ποτε λαλοῦντες γελασθῶμεν, ὅπου Ἱ­ ερεμίας ὁ τοιοῦτός φησιν· „Ἐγενόμην εἰς γέλωτα, πᾶσαν ἡμέραν διετέλεσα μυκτη­ ριζόμενος“. c Τί λέγω, Ἱερεμίας; Καὶ ὁ ἐμὸς Ἰησοῦς ἐμυκτηρίζετο· „῎Ηκουον“ γάρ φησι „ταῦτα πάντα οἱ Φαρισαῖοι φιλάργυροι ὑπάρχοντες, καὶ ἐμυ­ κτήριζον αὐτόν.“ d Ἀλλ̓ „ὁ κύριος ἐκμυκτηρίζει“ e πάντας τοὺς ἐκμυκτηρίζον­­ ||τας τοὺς λόγους τοῦ θεοῦ. „Ἐγενόμην εἰς γέλωτα.“ f Ὅρα ποταποὺς βίους ἐβίωσαν οἱ προφῆται, πῆ μὲν καταγελώμενοι, πῆ δὲ κινδυνεύοντες καὶ καταβαλλόμενοι καὶ λιθοβολούμενοι ὑπὸ τοῦ λαοῦ, ἀναιρούμενοι, μισούμε­ νοι, ἐκδιωκόμενοι· καὶ πάντα ἔπασχον καὶ ὑπέμενον, ἵνα κατὰ τὸ βούλημα a

Jer. 1,1

b

13  τοῖς Kl Gh ἐρεῖν S

Jer. 20,7

c

Jer. 20,7

d

Lk. 16,14

e

Ps. 2,4

f

Jer. 20,7

16  Χριστιανῶν2 Bl Χριστιανὸν S 18  δοκῶμεν Kl δοκοῦμεν S 18  αἱρεῖν 19  ὁμολογοῦμεν V   Co ὡμολογοῦμεν S 31  πάντα Gh πάνυ S

794 Der Prophet wird gleich darauf sagen: „Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr

erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden“ (Jer. 20,9), und in Jer. 25,8 heißt es, dass die Leute den Worten Gottes keinen Glauben geschenkt haben. Im Vorblick auf diese Aussagen erklärt Origenes den vorliegenden Satz in Jer. 20,7, interpretiert diesen Vers also im engeren und weiteren Kontext. 795 Zu diesem Mann siehe in Hier. hom. 20(19),2 (GCS Orig. 32, 178) und dazu oben S. 491 Anm. 772.

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Homilie 20(19),5

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täuschen wollte, um aus der Täuschung Nutzen zu ziehen, sagte er: Meine Worte spreche ich zu euch, weil ihr auf die Worte des Herrn nicht hört.794 Daraufhin schenkten jene den Worten Gehör als Worten Jeremias und bekamen Worte Gottes zu hören. Dies sagte mir aber der Mann, der mir die überlieferte Erklärung dieser Stelle berichtete,795 als er die Einleitungen und die Anfänge der prophetischen Worte untersuchte. Es gibt jedenfalls auch einen Anfang der Prophetie Jeremias einerseits bei uns, wie die siebzig Übersetzer ihn – ich weiß nicht, mit welcher Absicht – übertragen haben: „Das Wort Gottes, das an Jeremia erging, den Sohn des Hilkija, aus der Priesterschaft“,a andererseits im hebräischen Text und den anderen Ausgaben: „Worte des Jeremia, des Sohnes des Hilkija“, und alle stimmen in der Aussage überein: „Worte des Jeremia, des Sohnes des Hilkija“.Warum also „Worte des Jeremia“? Weil er nämlich, als er zu denen sprach, die nicht hören wollten, als Einleitung sagte: Hört meine Worte! Auch wir tun in manchen Situationen so etwas, wenn es uns nützlich erscheint. Manchmal richten wir Worte Heiden in der Absicht, sie zum Glauben zu führen, und wenn wir merken, dass sie das Christentum hassen, den Namen verabscheuen und es ihnen zuwider ist zu hören, dass dies die Lehre der Christen ist, maßen wir uns nicht an zu sagen, die Lehre der Christen sei nützlich. Wenn vielmehr jene Lehre grundgelegt ist, soweit wir das vermögen, und wir meinen, den Zuhörer dafür einzunehmen, da er nicht einfach nur so dem Gesagten zugehört hat, dann bekennen wir, dass diese lobenswerte Lehre die Lehre der Christen war.796 Damit tun wir etwas ganz Ähnliches wie der, der nicht mehr sagte: „Dies spricht der Herr“, sondern: Hört Worte von mir, von Jeremia. Dies zu der Aussage: „Ich bin zum Gespött geworden.“ b Auch wir werden unwillig, wenn wir einmal für unsere Worte verlacht werden, wo sogar ein Mann wie Jeremia sagt: „Ich bin zum Gespött geworden, jeden Tag wurde ich fortwährend verhöhnt.“ cWas rede ich von Jeremia? Auch mein Jesus797 wurde verhöhnt. Es heißt nämlich: „Dies alles hörten die geldgierigen Pharisäer und verhöhnten ihn.“ d Doch „der Herr verhöhnt“ e alle, die die Worte Gottes verhöhnten. „Ich bin zum Gespött geworden.“ f Sieh, was für ein Leben die Propheten gelebt haben, wie sie mal verlacht werden, mal in Gefahr schweben, niedergestreckt und gesteinigt vom Volk, getötet, gehasst, verfolgt.798 Und alles haben sie erlitten und ertragen,799 um, 796 Die Passage (siehe zu dieser auch Neuschäfer, Origenes als Philologe 261) enthält

eines der raren autobiographischen Zeugnisse des Origenes. Zu einem weiteren in den Jeremiahomilien siehe oben S. 166 Anm. 128. 797 Zu dieser Anrede siehe oben S. 329 Anm. 439. 798 Darüber schon ausführlich oben in Hier. hom. 14,14 (GCS Orig. 32, 119f.) und 15,2 (32, 126). 799 So schon in Hier. hom. 1,13 (GCS Orig. 32, 11).

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τοῦ θεοῦ δόξαν τὴν παρὰ τοῦ μόνου ζητοῦντες,a κηρύσσοντες τὸν λόγον τύχωσι τοῦ τέλους τοῦ παρὰ τοῦ θεοῦ. „Πᾶσαν τὴν ἡμέραν διετέλεσα μυκτηριζόμενος.“ b Κατηγορία τῶν κατὰ τὴν γενεὰν ἐκείνην, ὅτι οὐδὲ ἡμέρας ὀλίγας τινὰς ἐποίησεν ὁ προφήτης μυκτηριζόμενος, ἀλλὰ πᾶσαν ἡμέραν διετέλεσε μυκτηριζόμενος. (19,)6. „Ὅτι πικρῷ λόγῳ μου γελάσομαι.“ c Ἔστι τις ἐπαγγελία γέλως, ἧς ἐπαγγελίας ἐπώνυμός ἐστιν ὁ πατριάρχης Ἰσαάκ· ἑρμηνεύεται γὰρ Γέλως. Ὅτι δὲ ἐπαγγελία γέλως, δῆλον [ὅτι] ἐκ τοῦ „Μακάριοι οἱ κλαίον­ τες νῦν“· ἡ δὲ ἐπαγγελία „ὅτι γελάσονται“. d Ὥσπερ ἐπαγγελία „Υἱοὶ θεοῦ κληθήσονται“, e καὶ „Τὸν θεὸν ὄψονται“, f καὶ „Κληρονομήσουσι τὴν γῆν“, g καὶ „Αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν“, h οὕτως ἐστὶν ἐπαγ­ γελία γέλως· ᾗ ἐπαγγελίᾳ τὸ ἐναντίον ὁ μακαριζόμενός ἐστι κλαυθμός. Ζητήσεις δέ, εἰ τούτῳ τῷ ἀγαθῷ γέλωτι καθ̓ ἑτέραν καὶ ἑτέραν ἐπίνοιαν συνᾴδει μὲν ὁ μακαριζόμενος κλαυθμός, ἐναντιοῦται δὲ ὁ τοῖς ἐναντίοις τα­ λανιζόμενος ἀποκείμενος κλαυθμὸς ἕτερος. „Οὐαὶ“ γὰρ „οἱ γελῶντες νῦν, ὅτι πενθήσουσι καὶ κλαύσονται“· i ἄλλος γὰρ κλαυθμὸς ὁ μακαριζόμενος, ἄλλος ὁ ἀποκείμενος τοῖς κακῶς | βεβιωκόσιν. Εἰ δέ τι κἀκεῖνος τέλος ἔχει ὠφέλιμον, οὐκ οἶδα. Τί λέγω; [Εἰ δέ τι κἀκεῖνος || τέλος ἔχει ὠφέλιμον, οὐκ οἶδα] Ἄκουε Παύλου. Ὅτε ἐδίδασκεν, ἐπραγματεύετο λέγων λυπῆσαι τοὺς ἀκούοντας. Καὶ ὁμολογεῖ ὅτι τότε μάλιστα εὐφραίνετο, ὅτε ἐλυπεῖτό τις ἐξ αὐτοῦ· φησὶ γάρ· „Καὶ τίς ἐστιν ὁ εὐφραίνων με εἰ μὴ ὁ λυπούμενος ἐξ ἐμοῦ;“ j Καὶ εἴ τίς γε ἱκανός ἐστι κινῆσαι ψυχὴν ἀκροατοῦ μάλιστα ἡμαρ­ τηκότος, τοιούτους εὔχεται λόγους λέγειν, οἵτινες ἀπὸ δυνάμεως καὶ παρα­ τάξεως καὶ θειότητος καὶ νοημάτων ἀπαγγελλόμενοι ἱερῶν σείσουσι τὴν ψυχὴν τοῦ ἀκούοντος καὶ κινήσουσιν ἐπὶ πένθος καὶ ἐπὶ κλαυθμὸν καὶ ἐπὶ δάκρυα, ὡς χαίρειν τὸν λέγοντα, ὅταν ἴδῃ τὸ ἀκροατήριον τερπόμενον καὶ γέμον ἐπὶ τοῖς λεγομένοις. Ὅπου μὲν γὰρ εἰς ἐπαγγελίας ἄγει, ὡς διὰ στενῆς καὶ τεθλιμμένης τῆς ἐν τῷ λυπεῖσθαι ὁδοῦ ἐπὶ τὴν ζωήν, k καὶ διὰ τοῦ κλαυθμοῦ ἄγει ἐπὶ τὸν μακαριζόμενον γέλωτα. Ὅτε δὲ οὐ τοῦτο ἀνύει, [οὐ] φοβοῦμαι μὴ τοιαῦτα λέγῃ· „Οὐαὶ οἱ γελῶντες νῦν, ὅτι πενθήσετε καὶ κλαύσετε.“ l a i

Joh. 5,44 Lk. 6,25

b j

Jer. 20,7 2 Kor. 2,2

c

Jer. 20,8 d Lk. 6,21 e Mt. 5,9 Mt. 7,14 l Lk. 6,25

k

f

Mt. 5,8

g

Mt. 5,5

h

Mt. 5,3

12  ᾗ Gh ἡ S 18  ὠφέλιμον1 Scorr. φέλιμον S* 18–19  εἰ – οἶδα del. 8  ὅτι2 del. Kl Gh Co 22  γε Gh τε S 25  κινήσουσιν Kl κινοῦσιν S 26  ὅταν Koe Nt † ὅτε Kl ὅτε S 30  οὐ del. Gh Co 30  οὐαὶ Hu οἷα S

800 Diese Deutung ist schon biblisch. Der Name ‫( יצחק‬Jitzhak) steht im Zusammenhang

mit dem „Lachen“ (‫ )צחק‬Abrahams und Saras (Gen. 17,17.19; 18,12.15; 21,6). Das Motiv wird oft von Philon verwendet, z.B. leg. all. III 218 (I p. 161f. Cohn/Wendland); det. pot. insid. 124 (I p. 286); mut. nom. 131 (III p. 179). Vgl. ferner Hieronymus,

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indem sie nach dem Willen Gottes die Ehre, die von dem Einen kommt, suchena und das Wort verkünden, die von Gott kommende Vollendung zu erlangen. „Jeden Tag wurde ich fortwährend verhöhnt.“ b Das ist eine Anklage gegen die Menschen jener Generation, weil der Prophet nicht nur einige wenige Tage lang verhöhnt wurde, sondern jeden Tag fortwährend verhöhnt wurde. (19,)6. „Denn über mein bitteres Wort werde ich lachen.“ c Lachen ist eine Art Verheißung, deren Namen der Patriarch Isaak trägt. Er bedeutet nämlich übersetzt ‚Lachen‘.800 Dass aber Lachen eine Verheißung ist, ergibt sich deutlich aus dem Wort: „Selig, die jetzt weinen“; die Verheißung aber ist: „Denn sie werden lachen.“ dWie es eine Verheißung ist: „Sie werden Söhne Gottes genannt werden“,e und: „Sie werden Gott schauen“,f und: „Sie werden das Land erben“,g und: „Ihnen gehört das Himmelreich“,h so ist das Lachen eine Verheißung. Der Gegensatz zu dieser Verheißung ist das selig­ gepriesene Weinen. Man kann jedoch fragen, ob zu diesem guten Lachen gemäß der einen und der anderen Bedeutung zwar das seliggepriesene Weinen passt, das andere, für die Widersacher bereitliegende unglückliche Weinen aber im Gegensatz steht. Denn „wehe denen, die jetzt lachen, denn sie werden trauern und weinen“.i Denn das eine ist das seliggepriesene Weinen, etwas anderes dasjenige, das für die bereit liegt, die schlecht gelebt haben. Ob aber auch jenes irgendeinen nützlichen Zweck hat, weiß ich nicht.Wozu sage ich das? Höre auf Paulus! Als er lehrte, legte er es darauf an, die Zuhörer mit seinen Worten zu betrüben. Und er gibt zu, dass er sich dann am meisten freute, wenn jemand von ihm betrübt wurde. Er sagt nämlich: „Und wer kann mich erfreuen außer dem, der von mir betrübt wurde?“ j Und wenn jemand wirklich fähig ist, die Seele eines Zuhörers, besonders eines Sünders, zu bewegen, wünscht er sich solche Worte zu sprechen, die aufgrund ihrer Kraft, ihrer Stimmigkeit, ihrer Göttlichkeit und der in ihnen zum Ausdruck gebrachten heiligen Gedanken die Seele des Zuhörers aufrütteln und zu Trauer, zum Weinen und zu Tränen rühren, so dass sich der Redner freut, wenn er sieht, wie die Zuhörerschaft entzückt und von den zu ihr gesprochenen Worten ganz erfüllt ist.801 Denn wo er zu Verheißungen wie durch einen engen und schmalen Weg in Betrübnis zum Leben k führt, führt er auch durch das Weinen zum seliggepriesenen Lachen. Wenn er das jedoch nicht erreicht, fürchte ich, dass er so etwas sagt: „Wehe euch, die ihr jetzt lacht, denn ihr werdet trauern und weinen.“ l int. hebr. nom. p. 7 Lagarde (CChr.SL 72, 67): Isaac risus uel gaudium; p. 61 (72, 136); p. 74 (72, 152); p. 76 (72, 155); p. 78 (72, 157). Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 585. 801 Man hört hier deutlich den früheren Grammatiklehrer Origenes reden, der mit der Maxime, dass ein Redner seine Zuhörer „bewegen“ (mouere) und „erfreuen“ (delecta­ re) soll – um es mit den Fachbegriffen der lateinischen Rhetorik zu sagen –, bestens vertraut ist.

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Πρὸς τί δέ μοι τοῦτο εἴρηται, ἢ βουλομένῳ ὑπαινίξασθαι ὅτι λέγει· „Πικρῷ λόγῳ μου γελάσομαι“,a καὶ παραστῆσαι γέλωτα κλαυθμοῦ, καὶ κλαυθμὸν ἐκεῖνον ὃν κλαύσονται οἱ ἐνταῦθα γελῶντες, τάχα τοῦ θεοῦ πραγματευομένου ἐγγεννῆσαι αὐτοῖς κλαυθμόν; „Ἐκεῖ“ γὰρ „ἔσται ὁ κλαυθμὸς καὶ ὁ βρυγμὸς τῶν ὀδόντων.“ b Καὶ τοῦτο πραγματεύεται ὁ θεὸς ὁρῶν ὅτι ὁ κλαίων ἐπὶ τοῖς ἰδίοις ἁμαρτήμασιν, ὁ θρηνῶν ἐπὶ τοῖς ἰδίοις παρανομήμασιν ἤδη εἰς συναίσθησιν ἐλήλυθε τῶν ἰδίων κακῶν. Ὡς εἴθε ἕκαστος ἡμῶν καθ̓ ἕκα||στον ἁμάρτημα ἔλεγε· „Λούσω καθ̓ ἑκάστην νύκτα τὴν κλίνην μου, ἐν δάκρυσί μου τὴν στρωμνήν μου βρέξω.“ c Ὡς εἴθε ἕκα­ στος ἡμῶν ἔλεγεν ἐπὶ τοῖς ἰδίοις ἁμαρτήμασι κλαίων· „Ἐγενήθη μοι τὰ δάκρυα ἄρτος ἡμέρας καὶ νυκτός.“ d Ἐάν μου ὁ λόγος πικρότερος ἐνταῦθα ᾖ, πικρότερος δὲ διὰ τὸ θλίβεσθαί με δι᾽ αὐτὸν, ἀηδίζονται οἱ ἀκούοντες. Οἱ ἐλεγχόμενοι, ὅταν βαρῶνται τὸν λέγοντα, οἶδα ὅτι ἐπὶ τῷ πικρῷ λόγῳ μου τὸ τέλος ἐστὶ γελᾶν, γελᾶν δὲ τὸν τῶν μακαριζομένων γέλωτα. Καὶ τοῦτο τάχα εἰδὼς ὁ προφήτης ἔλεγεν· „Ὅτι πικρῷ λόγῳ μου γελάσομαι“· ἤδη „πικρῷ λόγῳ“, ἀλλ̓ οὐκ ἤδη γελῶ, ἀλλὰ „πικρῷ λόγῳ μου γελάσομαι“. e (19,)7. „Ἀθεσίαν καὶ ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι.“ f Θεὸν ἐπικαλεῖται ὁ δίκαιος, τὴν σοφίαν ἐπικαλεῖται καὶ ὁ ἄδικος· „ἔσται γὰρ“ φησὶν | „ὅταν ἐπικαλέσησθέ με, ἐγὼ δὲ οὐκ εἰσακούσομαι ὑμῶν.“ g Ἐκεῖ μὲν οἱ ἄδικοι· καὶ οἱ δίκαιοι δὲ δῆλον ὅτι ἐπικαλοῦνταί ποτε τὴν σοφίαν· „καὶ πᾶς ὃς ἐὰν ἐπικαλέσηται τὸ ὄνομα κυρίου σωθήσεται.“ h Ἐνθάδε δὲ ὁ προφήτης φησίν· „Ἀθεσίαν καὶ ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι“, i ὡς τὸν θεὸν οὕτω τὴν ἀθεσίαν, ὡς τὸν κύριον οὕτω τὴν ταλαιπωρίαν. Ἆρα καλὸν πρᾶγμα ἐπικαλῇ, Ἱε­ ρεμία, ὅτι ἐπαγγέλλῃ λέγων· „Ἀθεσίαν καὶ ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι“; Ἀλλὰ δεῖ κατανοῆσαι συνθήκας ἃς τιθέμεθα καὶ τὰς ἀθεσίας αὐτῶν, ὅτι ἔστι ποτὲ συνθήκας θέσθαι κακῶς· καὶ μετὰ τὸ θέσθαι συνθήκας κακῶς εἴθε ἐπικαλοῖμεν τὴν ἀθεσίαν. Οὕτω δὲ καὶ ἐὰν κατανοήσω τὴν πλα||τεῖαν καὶ εὐρύχωρον, τὴν ἀπάγουσαν εἰς τὴν ἀπώλειαν j καὶ ὅτι ὁδεύων ἐν αὐτῇ οὐ ταλαιπωρῶ, μεταβαίνω ἀπὸ τῆς πλατείας καὶ εὐρυχώρου ὁδοῦ καὶ ἔρχομαι ἐπὶ τὴν στενὴν καὶ τεθλιμμένην k καὶ ταλαιπωρῶν λέγω· „Ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι.“ Ἀθετεῖν μέλλω τὰς συνθήκας τὰς πρὸς τὸν κόσμον καὶ τὰ κοσμικὰ πράγματα, ἵνα ἀναλάβω οὐρανίους συνθήκας. „Ἀθεσίαν ἐπικαλέ­ σομαι.“ Οὕτω δὲ καταλιπὼν τὸν βίον τὸν τῆς πλατείας καὶ εὐρυχώρου a

Jer. 20,8 b Mt. 8,12; Lk. 13,28 c Ps. 6,7 d Ps. 41(42),4 1,28 hJoël 2,32 i Jer. 20,8 j Mt. 7,13 k Mt. 7,14

1  βουλομένῳ Gh Co βουλομένου S 22  θεὸν V Co θεῷ S

e

Jer. 20,8

10  ἐγενήθη V ἐγεννήθη S

f

Jer. 20,8

g

Spr.

18  ὅταν Kl ὅτε S

802 In Regn. hom. lat. 1 (GCS Orig. 8, 2f.) geht Origenes ausführlich auf die Bitterkeit

seiner Predigten ein und beruft sich für diese und ihre heilsame Wirkung auf niemand geringeren als die Propheten und die Apostel selbst. Vgl. bes. ebd. (8, 2): „Ich

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Wozu aber habe ich dies gesagt, wenn nicht, um darauf anzuspielen, dass er sagt: „Über mein bitteres Wort werde ich lachen“,a und um das Lachen des Weinens darzustellen, und zwar jenes Weinen, das die weinen werden, die hier lachen, da Gott es vielleicht darauf anlegt, sie zum Weinen zu bringen? „Dort wird“ nämlich „das Weinen und das Zähneknirschen sein.“ b Und darauf legt Gott es an, weil er sieht, dass der, der über die eigenen Sünden weint, der über die eigenen Verfehlungen klagt, schon zur Wahrnehmung der eigenen Übeltaten gekommen ist.Würde doch jeder von uns bei jeder Sünde sagen: „Jede Nacht will ich mein Bett benetzen, mit meinen Tränen mein Lager befeuchten.“ cWürde doch jeder von uns sagen, wenn er über die eigenen Sünden weint: „Die Tränen wurden mir zum Brot bei Tag und bei Nacht.“ dWenn mein Wort hier bitterer ist, und zwar deshalb bitterer, weil ich seinetwegen bedrängt werde, empfinden die Zuhörer Widerwillen.802 Wenn die Zurechtgewiesenen den Redner belästigen, weiß ich, dass mein Ende nach dem bitteren Wort Lachen ist, und ich werde das Lachen der Seliggepriesenen lachen. Und weil er dies vielleicht wusste, sagte der Prophet: „Denn über mein bitteres Wort werde ich lachen.“ Das „bittere Wort“ ist schon da, aber jetzt lache ich noch nicht, doch „ich werde über mein bitteres Wort lachen“.e (19,)7. „Vertragsbruch und Elend werde ich erflehen.“ f Der Gerechte fleht Gott an, die Weisheit fleht auch der Ungerechte an. „Denn es wird die Zeit kommen“, sagt sie (sc. die Weisheit), „da ihr mich anflehen, ich euch aber nicht erhören werde.“ gDort sind es die Ungerechten.Aber auch die ­Gerechten flehen offenbar einmal die Weisheit an: „Und jeder wird, wenn er den Namen des Herrn anfleht, gerettet werden.“ h Hier aber sagt der Prophet: „Vertragsbruch und Elend werde ich erflehen“,i wie Gott, so den Vertragsbruch, wie den Herrn, so das Elend. Erflehst du etwas Gutes, Jeremia, dass du verkündest: „Vertragsbruch und Elend werde ich erflehen“? Doch im Hinblick auf die Verträge, die wir schließen, und die Vertragsbrüche muss man e­ insehen, dass es manchmal schlecht geschlossene Verträge gibt – und würden wir doch nach schlecht geschlossenen Verträgen den Vertragsbruch erflehen! Desgleichen aber, wenn ich den weiten und breiten Weg, der ins Verderben führt,j durchschaue und einsehe, dass ich, wenn ich auf ihm gehe, nicht im Elend bin, verlasse ich den weiten und breiten Weg und gerate auf den engen und schmalen,k und in meinem Elend sage ich: „Elend werde ich erflehen.“ Die Verträge mit der Welt und mit den weltlichen Dingen will ich brechen, um himmlische Verträge zu schließen. „Vertragsbruch werde ich erflehen.“ Wenn ich aber das Leben auf dem weiten und breiten Weg verlasse und auf den gebe zu, dass der Geschmack meiner Früchte etwas Bitteres an sich hat, das vielleicht aber auch eher bitter erscheint als es tatsächlich zu sein, denn eine kritische Mahnung scheint zwar bitter zu sein, während sie tadelnd vorgebracht wird, hat aber eine süße Wirkung, wenn sie zur Besserung verhilft.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 121.

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ὁδοῦ καὶ ἐρχόμενος ἐπὶ τὴν στενὴν καὶ τεθλιμμένην, ἵνα γένωμαι ταλαίπω­ ρος ὡς Παῦλος, λέγω· „Ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι.“ Οὐ γὰρ πᾶς ἄνθρω­ πος ἐρεῖ τὸ „Ταλαίπωρος ἐγὼ ἄνθρωπος· τίς με ῥύσεται ἐκ τοῦ σώματος τοῦ θανάτου τούτου;“a Ἀλλ̓ ὁ νοήσας τὸ σῶμα τοῦ θανάτου, ὁ ῥυσθῆναι βουλόμενος ἀπὸ τοῦ σώματος τοῦ θανάτου τούτου ἐρεῖ τὸ „Ταλαίπωρος ἐγὼ ἄνθρωπος“. Ὁ δὲ φιλοσωματῶν, ὁ πολύς, ὁ ἀπιστῶν τῷ μέλλοντι αἰῶνι οὐ λέγει· „Ταλαίπωρος ἐγὼ ἄνθρωπος“, ἀλλὰ μακαρίζει ἑαυτόν, ὅτι ἐστὶν ἄνθρωπος, καὶ ἐπὶ τῷ εἶναι ἐν τῷ τοῦ θανάτου σώματι. Ἐὰν οὖν δυνηθῶ νοήσας πῶς Παῦλος εἶπε· „Ταλαίπωρος ἐγὼ ἄνθρωπος“, μηδέπω ἐπικαλεσάμενος τὴν ταλαιπωρίαν, ἐπικαλέσομαι αὐτὴν ἐκ τοῦ ἀθετῆσαι τὰς πρὸς τὴν κακίαν συνθήκας καὶ λέγω ὡς ὁ Ἱερεμίας· „Ἀθεσίαν καὶ ταλαιπω­ ρίαν ἐπικαλέσομαι.“ Οὐ γὰρ εἶπεν· Ἀθεσίαν θεοῦ ἐπικαλέσομαι. Θέλω παράδειγμα δοῦναι ἀπὸ τῆς γραφῆς δικαίου τοῦ συνθήκας ἀθε­ τοῦντος, ἵνα παραστήσω πῶς ἐκεῖνος τῷ ἔργῳ ἀθεσίαν ἐπεκαλέσατο. || Ἰουδὴθ συνθήκας ἔθετο πρὸς τὸν Ὁλοφέρνην ὥστε τοσῶνδε | ἡμερῶν ἐξερ­ χομένη εὔχεσθαι τῷ θεῷ καὶ μετὰ τοσάσδε ἡμέρας ἑαυτὴν παρέξειν τῇ κοίτῃ τοῦ Ὁλοφέρνου. b Ταύτας τὰς συνθήκας Ὁλοφέρνης προσεδέξατο. Ἀπέλυσε τὴν Ἰουδὴθ ἐπὶ τὰς εὐχὰς ἔξω τῆς παρεμβολῆς. Τί ἐχρῆν ποιῆσαι τὴν Ἰουδήθ; Τηρῆσαι τὰς συνθήκας ἢ ἀθετῆσαι αὐτάς; Ὡμολόγηται ὅτι ἀθετῆσαι· τὰς γὰρ πρὸς Ὁλοφέρνην ἀθετῆσαι μακάριον ἦν ἐπὶ θεοῦ. Ἔμελ­ λεν ἀθετεῖν τὰς πρὸς τὸν Ὁλοφέρνην συνθήκας ἡ Ἰουδήθ, εἰπεῖν· „Ἀθεσίαν ἐπικαλέσομαι“· καὶ ἐπεκαλέσατό γε τὴν ἀθεσίαν. Ὄφελον κἀγὼ τοιοῦτος γενήσομαι ἵν̓ εἴπω· „Ἀθεσίαν ἐπικαλέσομαι“, καὶ ἐπικαλέσομαι τὴν ἀθεσίαν τὴν πρὸς τὸν ὄφιν, τὴν πρὸς τὸν διάβολον. Συνθήκας ποτὲ ὁ ὄφις πρὸς τὴν Εὔαν ἐποιήσατο, καὶ ἦν αὐτῷ φίλη καὶ ὁ ὄφις τῇ γυναικί. Ἀλλ̓ ὁ θεὸς ἐπραγματεύσατο ὡς ἀγαθὸς τὰς συνθήκας ταύτας λυθῆναι καὶ τὴν φιλίαν ταύτην τὴν κακὴν διασκεδάσαι καὶ ὡς ἀγαθὸς θεὸς λέγει· „Ἔχθραν θήσω ἀνὰ μέσον σοῦ καὶ ἀνὰ μέσον τῆς γυναικός, καὶ ἀνὰ μέσον τοῦ σπέρματος σοῦ καὶ ἀνὰ μέσον τοῦ σπέρματος αὐτῆς.“ c Εὐγνωμόνως οὖν ἀκούοιμεν, πῶς ὁ θεὸς ἔχθραν ποιεῖ τὴν πρὸς τόνδε, ἵνα φιλίαν ποιήσῃ τὴν πρὸς τὸν Χριστόν· ἀδύνατον γὰρ ἅμα εἶναι φίλον τῶν ἐναντίων. Καὶ a

Röm. 7,24

b

Jdt. 12,6f.14

2  λέγω Del λέγων S γένωμαι S Nt

c

Gen. 3,15

21  ἔμελλεν Kl

23  γενήσομαι Koe Kl (GCS Orig. 3, 350)

803 Bei Platon, Phaid. 68b, ist der φιλοσώματος dem φιλόσοφος gegenübergestellt. Weil

Origenes, in Luc. frg. 216 (GCS Orig. 92, 321), von den „Liebhabern des Leibes“ sagt, dass sie die Lust als ein Gut bezeichnen, vermutet Schadel, BGrL 10, 334 Anm. 275, dass er dabei vielleicht an Epikureer dachte. Die Aussage des Origenes ist jedoch allgemeiner formuliert, nicht im Blick auf eine bestimmte Gruppe. 804 Zu diesem Ausdruck siehe oben S. 320 Anm. 423.

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engen und schmalen gerate, um so elend wie Paulus zu werden, sage ich ebenso: „Elend werde ich erflehen.“ Denn nicht jeder Mensch wird sagen: „Ich elender Mensch! Wer wird mich aus diesem Leib des Todes befreien?“a Doch wer verstanden hat, was der Leib des Todes ist, wer von diesem Leib des Todes befreit werden will, wird sagen: „Ich elender Mensch!“ Wer jedoch den Leib liebt,803 der Massenmensch,804 der nicht an die kommende Welt glaubt, der sagt nicht: „Ich elender Mensch“, sondern preist sich selig, dass er ein Mensch ist und dass er sich im Leib des Todes befindet.805 Wenn ich also verstehen kann, in welchem Sinn Paulus gesagt hat: „Ich elender Mensch“, und das Elend noch nicht erfleht habe, werde ich es erflehen, nachdem ich die Verträge mit dem Bösen gebrochen habe, und wie Jeremia sage ich: „Vertragsbruch und Elend werde ich erflehen.“ Er sagte ja nicht: Den Bruch des Vertrags mit Gott werde ich erflehen. Ich will ein Beispiel aus der Schrift geben, wo ein Gerechter Vereinbarungen bricht, um darzulegen, in welchem Sinn jener durch sein Tun einen Vertragsbruch erflehte. Judit traf eine Vereinbarung mit Holofernes, an einer bestimmten Anzahl von Tagen hinauszugehen, um zu Gott zu beten, und nach einer bestimmten Anzahl von Tagen mit Holofernes das Lager zu teilen.b Holofernes akzeptierte diese Vereinbarungen. Er entließ Judit für ihre Gebete außerhalb des Lagers. Was hätte Judit tun sollen? Die Vereinbarungen einhalten oder sie brechen? Brechen – da sind wir uns einig.806 Denn die Vereinbarungen mit Holofernes zu brechen war wohlgefällig vor Gott. Judit sollte die Vereinbarungen mit Holofernes brechen, sagen: „Vertragsbruch werde ich erflehen“, und in der Tat erflehte sie den Vertragsbruch. Auch ich sollte so einer werden, dass ich sage: „Vertragsbruch werde ich erflehen“, und zwar werde ich den Bruch des Vertrags mit der Schlange, des Vertrags mit dem Teufel erflehen. Die Schlange schloss einst einen Vertrag mit Eva, und sie war für sie eine Freundin und die Schlange für die Frau. Doch weil Gott gut ist, arbeitete er darauf hin, diesen Vertrag aufzulösen und diese schlechte Freundschaft auseinandergehen zu lassen, und als guter Gott sagt er: „Feindschaft will ich zwischen dir und der Frau setzen und zwischen deiner Nachkommenschaft und ihrer Nachkommenschaft.“ c Mögen wir also einsichtsvoll hören, wie Gott Feindschaft zwischen den beiden bewirkt, um Freundschaft mit Christus zu bewirken. Denn es ist unmöglich, zugleich

805 Den Gegensatz zu dieser Verhaftung an das ‚bloße‘ Menschsein, nämlich in der

Nachfolge Christi, des Gott-Menschen, ‚mehr‘ als Mensch zu sein, erläutert Origenes ausführlicher in Hier. hom. 15,6 (GCS Orig. 32, 130). Siehe dazu oben S. 387 Anm. 561 und 562. 806 Die List Judits (Jdt. 11f.) war eines der biblischen Beispiele, mit denen die Anwendung von Täuschungen und Tricks zur Erreichung ‚heilsamer‘ Ziele gerechtfertigt wurde: Fürst, Heilsame Täuschung 288.

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ὥσπερ „οὐδεὶς δύναται δυσὶ κυρίοις δουλεύειν“,a οὕτως οὐδεὶς δύναται εἶναι φίλος καὶ θεῷ καὶ μαμωνᾷ, b φίλος καὶ Χριστῷ καὶ ὄφει. Ἀλλὰ ἀνάγκη καὶ τὴν φιλίαν τὴν πρὸς τὸν Χριστὸν ἔχθραν ποιῆσαι πρὸς τὸν ὄφιν, καὶ τὴν φιλίαν τὴν πρὸς τὸν ὄφιν ἔχθραν γεννῆσαι τὴν πρὸς τὸν Χριστόν. „Ἀθεσίαν καὶ ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι.“ c Ἵνα δὲ μᾶλλον νοήσῃς τὸ „Ταλαιπωρίαν ἐπικαλέσομαι“, διαγράψω τι γινόμενον τοῖς ἀσκηταῖς. Πολ­ λάκις γὰρ παρακειμένου τοῦ γῆμαι καὶ μὴ ἔχειν πρᾶγμα ἐπανισταμένης τῆς σαρκὸς τῷ πνεύματι, d αἱρεῖταί τις οὐ καταχρήσασθαι τῇ τοῦ γαμεῖν ἐξου­ σίᾳ, e ἀλλὰ ταλαιπωρεῖν καὶ κάμνειν, ὑπωπιάζειν τὸ σῶμα νηστείαις καὶ δουλαγωγεῖν αὐτὸ f ἀποχαῖς τοιῶνδε βρωμάτων, g καὶ παντὶ τρόπῳ τῷ πνεύματι τὰς πράξεις τοῦ σώματος | θανατοῦν. h Ἆρ᾽ οὖν ὁ τοιοῦτος οὐ τὴν ταλαιπωρίαν ἐπεκαλέσατο, παρὸν ἐπιδοῦναι ἑαυτὸν τρυφῇ καὶ ἡδονῇ καὶ μὴ ἐπικαλεῖσθαι τὴν ταλαιπωρίαν; Εἴ τις οὖν δύναται μιμεῖσθαι τὸν προ­ φήτην, καὶ ἀθεσίαν, ὡς διηγησάμεθα, ἐπικαλείσθω, καὶ ταλαιπωρίαν δὲ ἐν ταῖς ἀσκήσεσιν ἐπικαλείσθω. Ἔτυχε δὲ ἡ ἱστορία εἶναι ἀληθὴς καὶ [ἡ] περὶ τοῦ Ἱερεμίου, ὅτι καὶ ἐν ἁγνείᾳ ἔζησεν· εἶπε γὰρ αὐτῷ ὁ κύριος· Οὐ μὴ λάβῃς γυναῖκα, οὐδ̓ οὐ μὴ ποιήσῃς τέκνα. i Καὶ ἐν ἁγνείᾳ ἔζησεν· ἀθεσίαν γὰρ καὶ ταλαιπωρίαν ἐπεκαλέσατο. (19,)8. „Ὅτι ἐγενήθη λόγος κυρίου ἐμοὶ εἰς ὀνειδισμόν.“ j Μακάριος Ἱερεμίας μὴ ἔχων ἄλλον ὀνειδισμὸν ἢ τὸν λόγον τοῦ κυρίου. ῾Ημεῖς δὲ οἱ τάλανες ἔχομεν ὀνειδισμοὺς οὐ διὰ τὸν λόγον τοῦ κυρίου, ἀλλὰ διὰ τὰ ἡμέτερα ἁμαρτήματα, καὶ ὀνειδιζόμεθα ἐφ̓ οἷς πταίομεν καὶ ἐπταίσαμεν, καὶ λοιδορούμεθα ἐπὶ ταῖς κακίαις ἡμῶν. Ὁ δὲ σωτὴρ οὐ τοιούτους ἡμᾶς ὀνει­ δισμοὺς θέλει ὀνειδίζεσθαι λέγων· „Μακάριοί ἐστε ὅταν ὀνειδίσωσιν ὑμᾶς καὶ διώξωσι καὶ εἴπωσι πᾶν πονηρὸν ῥῆ||μα καθ̓ ὑμῶν ἕνεκεν ἐμοῦ.“ k „Χάρητε ἐν ἐκείνῃ τῇ ἡμέρᾳ καὶ σκιρτήσατε.“ l „Ὁ λόγος“ οὖν φησι „τοῦ κυρίου ἐγενήθη ἐμοὶ εἰς ὀνειδισμὸν καὶ εἰς χλευασμὸν πᾶσαν ἡμέραν.“ m Εἶτα κατανόησον ὥς εἰσιν οἱ προφῆται εὐγνώμονες ἄνθρωποι, καὶ οὐκ ἀποκρυπτόμενοι τὰ ἴδια ἁμαρτήματα ὡς καὶ ἡμεῖς, καὶ λέγοντες οὐκ ἐπὶ τῶν τότε μόνον, ἀλλ̓ ἐπὶ πασῶν τῶν γενεῶν εἰ ἡμαρτήκασι. Κἀγὼ μὲν ὀκνῶ ἐξομολογήσασθαί μου τὰ ἁμαρτήματα ἐπὶ τῶν ὀλίγων ἐνταῦθα, ἐπεὶ a

Mt. 6,24 1 Tim. 4,3

g

b

Mt. 6,24; Lk. 16,13 c Jer. 20,8 d Gal. 5,17 e 1 Kor. 9,5 Röm. 8,13 i Jer. 16,1f. j Jer. 20,8 k Mt. 5,11 l Lk. 6,23

h

f

1 Kor. 9,27

m Jer. 20,8

8  αἱρεῖται Co ἀρεῖται S 9  ὑπωπιάζειν Scorr. 6  τι Kl ὅτι S 6  τοῖς Scorr. τοῖ S* 2 ὑποπιάζειν S* 15  ἡ S Nt del. Co Kl 19. 27  ἐγενήθη V ἐγεννήθη S 28  εὐγνώμονες V2 Co εὐγνώμονοι S V*

807 Hinter diesem Satz und hinter dem ganzen Argument dieser Auslegung steht das

Axiom von der kontradiktorischen Ausschließlichkeit der ethischen Gegensätze von Gut und Böse, das der gesamten Ethik des Origenes zugrundeliegt: princ. III 1,18 (GCS Orig. 5, 229f.); III 3,5 (5, 262); in Rom. frg. 31 Ramsbotham; in Ioh. comm.

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Freund von Gegensätzen zu sein.807 Und wie „niemand zwei Herren dienen kann“,a so kann niemand Freund Gottes und des Mammon,b Freund Christi und der Schlange sein. Vielmehr ist es notwendig, dass die Freundschaft mit Christus Feindschaft mit der Schlange bewirkt und die Freundschaft mit der Schlange Feinschaft mit Christus erzeugt. „Vertragsbruch und Elend werde ich erflehen.“ c Damit du die Aussage: „Elend werde ich erflehen“ noch besser verstehst, werde ich etwas beschreiben, was den Asketen widerfährt. Oft nämlich, wenn sich die Möglichkeit bietet zu heiraten und die Mühsal des sich gegen den Geist erhebenden Fleisches d loszuwerden, beschließt einer, von der Möglichkeit zu heiraten e keinen Gebrauch zu machen, sondern sich elend zu fühlen und sich abzumühen, den Leib mit Fasten zu schlagen und ihn zu versklaven,f sich bestimmter Speisen zu enthalten g und auf jede Weise die Werke des Leibes mit dem Geist abzutöten.h Hat nun ein solcher Mann nicht das Elend erfleht, obwohl es möglich war, sich dem Genuss und der Lust hinzugeben und nicht das Elend zu erflehen? Wenn also jemand den Propheten nachzuahmen vermag, soll er Vertragsbruch in dem Sinn erflehen, wie wir ihn dargelegt haben, und bei den asketischen Übungen soll er Elend erflehen. Passenderweise ist diese Geschichte aber auch in Bezug auf Jeremia wahr, denn er lebte ebenfalls in Keuschheit. Der Herr sagte nämlich zu ihm: Du wirst keine Frau nehmen und keine Kinder zeugen.i Er lebte auch in Keuschheit, denn Vertragsbruch erflehte er und Elend. (19,)8. „Denn das Wort des Herrn ist mir zu Schmähung geworden.“ j Selig Jeremia, da er keine andere Schmähung kennt als das Wort des Herrn! Wir hingegen, wir Unseligen erleiden Schmähungen nicht wegen des Wortes des Herrn, sondern wegen unserer Sünden, und wir werden geschmäht für das, worin wir uns verfehlen und uns verfehlt haben, und wir werden beschimpft für unsere Missetaten. Der Erlöser aber will nicht, dass wir mit derartigen Schmähungen geschmäht werden, weshalb er sagt: „Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und euch um meinetwillen verleumden.“ k „Freut euch an jenem Tag und jubelt!“ l „Das Wort des Herrn“, sagt er also, „ist mir jeden Tag zu Schmähung und Spott geworden.“ m Verstehe ferner, was für einsichtsvolle Menschen die Propheten sind, da sie einerseits ihre eigenen Sünden nicht verbergen wie wir und andererseits nicht nur zu den Menschen damals sprechen, sondern zu allen Generationen, wenn sie gesündigt haben. Auch ich zögere, meine Sünden vor den wenigen Leuten hier zu bekennen, weil die Zuhörer mich verurteilen werden. Wenn XX 13,107 (GCS Orig. 4, 344): „Jeder Mensch mit voll ausgebildeter Vernunft ist entweder Kind Gottes oder Kind des Teufels. Denn entweder sündigt man oder man sündigt nicht, wobei es kein Mittleres zwischen dem Sündigen und dem Nicht-Sündigen gibt. Und wenn man sündigt, ist man vom Teufel, wenn man hingegen nicht sündigt, stammt man aus Gott.“ Siehe Fürst, Art. Origenes 548f.

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μέλλουσί μου καταγινώσκειν οἱ ἀκούοντες. Ὁ δὲ Ἱερεμίας τι παθὼν ἁμαρ­ τητικὸν οὐκ ᾐδέσθη, ἀλλὰ ἀνέγραψεν αὑτοῦ τὴν ἁμαρτίαν· ἁμαρτία γὰρ ἦν τὸ ἐπιφερόμενον ἐν τῷ „Καὶ εἶπα· Οὐ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου, καὶ οὐ μὴ λαλήσω ἔτι ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ.“a Ἐδιδάχθης πάντα ἐν ὀνόματι ποιεῖν κυρίου, b ἐν ὀνόματι θεοῦ πράττειν· σὺ δὲ λέγεις· „Μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου“; Ἀλλὰ ποῖον ὄνομα μέλλεις ὀνομάζειν; „Ὄνομα θεῶν ἑτέρων οὐκ ἀναμνήσεσθε ἐν ταῖς καρδίαις ὑμῶν“, c καὶ λέγεις· „Οὐ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου, καὶ οὐ μὴ λαλήσω ἔτι ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ“; Λέγει οὖν πεπονθώς τι ἀνθρώπινον, ὃ καὶ ἡμεῖς κινδυνεύομεν πολλάκις πεπονθέναι. Καὶ μάλιστα εἴ τις σύνοιδεν ἑαυτῷ διὰ τὴν διδασκαλίαν ποτὲ | καὶ τὸν λόγον ταλαιπωρήσαντι καὶ παθόντι καὶ μισηθέντι, πολλάκις λέγει· Ἀναχω­ ρῶ, τί μοι καὶ πράγμασιν; Εἰ ἐκ τούτου κἂν πράγμασίν εἰμι, ἐκ τοῦ διδά­ σκειν, ἐκ τοῦ προΐεσθαι τὸν λόγον, διὰ τί οὐχὶ μᾶλλον ἀναχωρῶ ἐπὶ τὴν ἐρημίαν καὶ ἡσυχίαν; Τοιοῦτόν τι πέπονθε καὶ ὁ προφήτης || λέγων· „Καὶ εἶπα· Οὐ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου, καὶ οὐ μὴ λαλήσω ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ.“ d Ἀλλ̓ ἐπὶ τούτῳ ἀγαθὸς κύριος ὁ κωλύων τὰς τοιαύτας ἁμαρτίας τῶν τηλικούτων. Οὐκ ἀφῆκε τὸν προφήτην ἀληθεῦσαι εἰπόντα τὰ προκείμενα, ἀλλὰ καὶ ἐν τούτῳ ἀθεσίαν ἐπικαλέσασθαι καὶ ἀθετῆσαι τὸ εἰρημένον πε­ ποίηκεν Ἱερεμίαν. Εἶπε μὲν γάρ· „Οὐ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου, καὶ οὐ μὴ λαλήσω ἔτι ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ.“ „Ἐγένετο“ δέ φησιν „ἐν τῇ καρδίᾳ μου ὡς πῦρ καιόμενον, φλεγόμενον ἐν τοῖς ὀστέοις μου, καὶ παρεῖμαι πάν­ τοθεν καὶ οὐ δύναμαι φέρειν.“ e Ὁ λόγος ὁ τοῦ κυρίου γέγονε καίων αὐτοῦ τὴν καρδίαν. „Καὶ ἐγένετο τῇ καρδίᾳ μου ὡς πῦρ φλεγόμενον, καιόμε­ νον ἐν τοῖς ὀστέοις μου.“ Ἀπέβαλε τὴν ἁμαρτίαν ἣν πεποίηκεν εἰπών· „Οὐ μὴ ὀνομάσω τὸ ὄνομα κυρίου, καὶ οὐ μὴ λαλήσω ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ ἔτι“, καὶ ἀπέβαλε τὴν ἁμαρτίαν Ἱερεμίας ἅμα τῷ εἰπεῖν. Εἴθε κἀγώ, ἅμα τῷ ἁμαρτῆσαι καὶ εἰπεῖν λόγον ἁμαρτητικόν, ᾐσθανόμην ὅτι γέγονε πῦρ ἐν τῇ καρδίᾳ μου καιόμενον καὶ φλεγόμενον ὥστε με μὴ δύνασθαι φέρειν. Μέλλει τι ὁ λόγος τολμᾶν, οὐκ οἶδα δὲ εἰ συμφέρον τῷ τοιούτῳ ἀκρο­ ατηρίῳ καὶ τοιούτῳ· εἴρηκέ τι εἶναι εἶδος πυρός, πυρὸς οὐκ αἰσθητοῦ, a

Jer. 20,9

b

Kol. 3,17

c

Ex. 23,13

d

Jer. 20,9

e

Jer. 20,9

2  αὑτοῦ Gh αὐτοῦ S 4  ἐδιδάχθης Gh ἐδιδάχθη S 12  κἂν Die Kl (GCS Orig. 3, 350) Nt καὶ Gh Kl (GCS Orig. 3, 190) καὶ S 13  τὸν Gh τῶν S 15  ἔτι Lo 20  τὸ ὄνομα Co ἔτι ἐπὶ τῷ ὀνόματι S 24  ἐν τῇ Kl ἡ S 25  ἀπέβαλε Bl ὑπέβαλε S 27  ἀπέβαλε V1 Co ἀπέλαβε S

808 Die Wendung „in euren Herzen“ (ἐν ταῖς καρδίαις ὑμῶν) steht wie die Junktur „in

meinem Herzen“ in Jer. 20,9 (siehe dazu oben S. 479 Anm. 743 sowie die folgende Anmerkung) nicht in der Septuaginta, so dass Origenes offenbar auch hier im Rahmen der Hexapla auf den hebräischen Text zurückgreift.

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aber Jeremia etwas Sündiges verspürte, schämte er sich nicht, sondern schrieb seine Sünde auf. Denn es war eine Sünde, was im Text hinzugefügt wird: „Und ich sagte: Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden.“a Du hast gelernt, alles im Namen des Herrn zu tun,b im Namen Gottes zu handeln, aber du sagst: „Ich werde den Namen des Herrn nicht erwähnen“? Doch welchen Namen willst du erwähnen? „Erinnert euch nicht in euren Herzen808 an den Namen anderer Götter“,c und du sagst: „Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden“? Er sagt das also, weil er etwas Menschliches verspürt, das zu verspüren auch uns oft droht. Und besonders wenn einer sich bewusst ist, wegen der Lehre und des Wortes einmal elend dran zu sein, zu leiden und gehasst zu werden, sagt er oft: Ich ziehe mich zurück, was gehen mich denn diese Schwierigkeiten an? Wenn ich deswegen auch in Schwierigkeiten gerate, weil ich lehre, weil ich das Wort verkünde, weshalb ziehe ich mich nicht lieber in die Einsamkeit und Stille zurück? Etwas Derartiges verspürte auch der Prophet, als er sagte: „Und ich sagte: Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr in seinem Namen reden.“ d Doch erweist sich der Herr hierin als gütig, da er derartige Sünden von so bedeutenden Menschen verhindert. Er ließ den Propheten nicht die Wahrheit sagen, als er die vorliegenden Worte sprach, sondern bewirkte, dass Jeremia auch hierin Vertragsbruch erflehte und das Gesagte ungültig machte. Einerseits sagte er nämlich: „Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und nicht mehr länger in seinem Namen reden“, andererseits sagt er: „In meinem Herzen809 entstand gleichsam ein brennendes Feuer, das in meinen Knochen glühte, und von allen Seiten bin ich umschlossen und kann es nicht ertragen.“ e Das Wort des Herrn wurde zu einem Feuer, das sein Herz verbrannte. „Und meinem Herzen entstand gleichsam ein glühendes Feuer, das in meinen Knochen brannte.“ Er warf die Sünde von sich, die er beging, als er sagte: „Ich werde den Namen des Herrn nicht mehr erwähnen und in seinem Namen nicht mehr länger reden“, und zwar warf Jeremia die Sünde in dem Moment von sich, da er davon sprach. Würde doch auch ich in dem Moment, da ich sündige und ein sündiges Wort ausspreche, spüren, dass ein in meinem Herzen brennendes und glühendes Feuer entstanden ist, so dass ich es nicht ertragen kann! Der Text riskiert einen gewagten Gedanken, doch weiß ich nicht, ob er dem einen wie dem anderen Zuhörerkreis zuträglich ist.810 Es heißt da, es 809 Auch hier entnimmt Origenes die Junktur „in meinem Herzen“ (ἐν τῇ καρδίᾳ μου)

dem hebräischen Text: siehe oben S. 479 Anm. 743.

810 Während Origenes sonst öfter sagt, dass er als Ausleger einen gewagten Gedanken

vorbringen will (siehe dazu oben S. 481 Anm. 748), schreibt er dies hier dem Bibeltext selbst zu. Vgl. Cels. VI 26 (GCS Orig. 2, 96): „Was man über dieses Thema sagen

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κολάζοντος τὸν κολαζόμενον τῷ πόνῳ εἰς τὸ μὴ φέρειν αὐτόν. Εἶπε γάρ· „Ἐγένετο ἐν τῇ καρδίᾳ μου ὡς πῦρ φλεγόμενον“ καὶ „καιόμενον“ οὐκ ἐν τῇ καρδίᾳ μου μόνον ἀλλὰ καὶ „ἐν τοῖς ὀστέοις μου, καὶ παρεῖμαι πάντοθεν καὶ οὐ δύναμαι φέρειν.“a Ἐγὼ φοβοῦμαι μὴ τοιοῦτόν ἐστι τὸ ἀποκείμενον ἡμῖν, πῦρ γινόμενον, || ὡς ἐν τῇ καρδίᾳ γέγονεν Ἱερεμίου. Οὐ πεπόνθαμεν δὲ αὐτό. Εἰ ἐπεπόνθειμεν τοῦτο, καὶ προέκειτο τὰ δύο πυρά, τοῦτο τὸ πῦρ καὶ τὸ ἔξωθεν πῦρ ὃ βλέπομεν ἐπὶ τῶν καιομένων ὑπὸ τῶν ἡγουμένων τῶν ἐθνῶν, εἱλόμεθα ἂν ἐκεῖνο μᾶλλον τὸ πῦρ ἢ τοῦτο. Ἐκεῖνο μὲν γὰρ καίει τὴν ἐπιφάνειαν, τοῦτο δὲ καίει τὴν καρδίαν, καὶ ἀρξάμενον ἀπὸ τῆς | καρδίας διϊκνεῖται ἐπὶ πάντα τὰ ὀστᾶ, καὶ διϊκνούμενον ἐπὶ τὰ ὀστᾶ ἔρχεται ἐπὶ ὅλον τὸν καιόμενον, καὶ οὕτως ἔρχεται ὡς μὴ δύνασθαι τὸν καιόμενον φέρειν. Τίς ἐπὶ τούτῳ τῷ πυρὶ δύναται λέγειν· „Καὶ οὐ δύναμαι φέρειν“; Οἶδα καὶ λῃστὰς τοῦτο τὸ πῦρ δυνηθέντας ὑπομεῖναι, τὸν πόνον ἀπὸ τούτου τοῦ πυρός. Ἄλλος ἐστὶν ὁ πόνος ὁ ἀπὸ τοῦ πυρός, ὃν διέγραψεν Ἱερεμίας λέγων· „Καὶ ἐγένετο ἐν τῇ καρδίᾳ μου ὡς πῦρ καιόμε­ νον, φλεγόμενον ἐν τοῖς ὀστέοις μου, καὶ παρεῖμαι πάντοθεν καὶ οὐ δύναμαι φέρειν.“ b Ἐκεῖνο τὸ πῦρ ἐκκαίει ὁ σωτὴρ ὁ εἰπών· „Πῦρ ἦλθον βαλεῖν ἐπὶ τὴν γῆν.“ c Καὶ ἐπεὶ ἐκεῖνο τὸ πῦρ ἐκκαίει ὁ σωτήρ, διὰ τοῦτο τοῖς ἀρχο­ μένοις ἀκούειν αὐτοῦ ἄρχεται ἀπὸ τοῦ πυρὸς καὶ πρῶτον πῦρ βάλλει αὐτῶν ἐπὶ τὴν καρδίαν· ὅπερ ὁμολογοῦσι Σίμων καὶ Κλεόπας λέγοντες ἐπὶ τοῖς λόγοις αὐ τὸ „Οὐχὶ ἡ καρδία ἡμῶν καιομένη ἦν ἐν τῇ ὁδῷ, ὡς διήνοιγεν ἡμῖν τὰς γραφάς;“ d Ἐνθάδε ἡ καρδία καίεται πυρὶ καὶ Σίμωνος καὶ Κλεόπα. Ἄκουε λεγόντων· „Οὐχὶ ἡ καρδία ἡμῶν καιομένη ἦν;“ (19,)9. Τίς ἄξιος ἤδη λαβεῖν ἐκεῖνο τὸ πῦρ ἐν τῇ καρδίᾳ, ἵνα μὴ ἐκεῖ αὐτὸ λάβῃ; Θέλω διαγράψαι τίς ἐστιν ὁ ἔχων τοῦτο τὸ πῦρ ἐν τῇ καρδίᾳ. Διάγραψόν μοι δύο ἡμαρτηκότας τὴν αὐτὴν τῷ γένει ἁμαρτίαν, τὴν μι­ αράν, τὴν ἀκά||θαρτον πορνείαν, καὶ ἐν τούτοις τοῖς δύο τοῖς πεπορνευκό­ σι τὸν μὲν ἕτερον μὴ λυπούμενον μηδὲ ὀδυνώμενον μηδὲ δακνόμενον, ἀλλὰ a

Jer. 20,9

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Jer. 20,9

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Lk. 12,49

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Lk. 24,32

1  τῷ πόνῳ Kl τοῦ πόνου S 12  τούτῳ τῷ Gh τῶι τοιούτωι S 19  αὐτοῦ Gh αὐτὸ S δύναται S* 14  τὸν Bl 14  ὁ2 Gh ὃν S Κλεώπας S 21  αὐτοῦ Kl 23  Κλεόπα Bl Κλεώπα S

12  δύναμαι Scorr. 20  Κλεόπας Bl

könnte, ließe sich nicht jedermann erklären … Doch ist es auch nicht ungefährlich, die Erläuterung dieses Gegenstandes der Schrift anzuvertrauen, weil die große Menge keine weitere Lehre benötigt, die über die Bestrafung der Sünder hinausgeht. Denn es ist nicht gewinnbringend, zu den darüber liegenden Wahrheiten emporzusteigen, weil es Menschen gibt, die sich kaum durch die Furcht vor der ewigen Strafe für eine gewisse Zeit von der Fülle der Bosheit und der aus ihr folgenden Sünden abhalten lassen.“ Übersetzung: Barthold, FC 50/4, 1059. 811 Die zwei Arten von Feuer schon oben in Hier. hom. 6,2 (GCS Orig. 32, 48f.). Siehe dazu oben S. 216 Anm. 217, ferner oben S. 152 Anm. 106. Die reinigende Wirkung des

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gebe eine Art von Feuer, von sinnlich nicht wahrnehmbarem Feuer, das den damit Bestraften mit einer Qual bestraft, dass er es nicht aushält. Es wird ja gesagt: „In meinem Herzen entstand gleichsam ein glühendes Feuer“, das nicht nur in meinem Herzen „brannte“, sondern auch „in meinen Knochen, und von allen Seiten bin ich umschlossen und kann es nicht ertragen.“a Ich jedenfalls fürchte, dass das, was für uns bereitet ist, etwas Derartiges ist, ein Feuer, das entsteht wie das, das im Herzen Jeremias entstanden ist. Wir haben es freilich noch nicht erfahren. Hätten wir es erfahren und würden uns die zwei Feuer vorgesetzt, dieses Feuer und das äußerliche Feuer, das wir bei denen sehen, die von den Herrschern der Heidenvölker verbrannt werden, würden wir lieber jenes Feuer wählen als dieses. Denn jenes Feuer verbrennt nur die äußere Hülle, dieses aber verbrennt das Herz, und vom Herzen aus gelangt es in alle Knochen, und wenn es in die Knochen gelangt ist, ergreift es den Brennenden ganz und gar, und es ergreift ihn derart, dass der Brennende es nicht zu ertragen vermag. Wer kann zu diesem Feuer sagen: „Und ich kann es nicht ertragen“? Ich weiß auch von Räubern, die dieses Feuer auszuhalten vermochten, die Qual, von diesem Feuer verursacht wird. Anders ist die Qual, die von dem Feuer verursacht wird, das Jeremia beschrieb, als er sagte: „Und in meinem Herzen entstand gleichsam ein brennendes Feuer, das in meinen Knochen glühte, und von allen Seiten bin ich umschlossen und kann es nicht ertragen.“ b Jenes Feuer entzündet der Erlöser, wenn er sagt: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen.“ c Und weil der Erlöser jenes Feuer entzündet, deswegen fängt er bei denen, die angefangen haben, auf ihn zu hören, mit dem Feuer an und wirft zuerst Feuer in ihre Herzen, was Simon und Kleophas bekennen, wenn sie auf seine Worte hin sagen: „Brannte nicht unser Herz auf dem Weg, als er uns die Schriften erschloss?“ d Hier brennt das Herz sowohl des Simon als auch des Kleophas vor Feuer. Höre, wie sie sagen: „Brannte nicht unser Herz?“811 (19,)9. Wer ist würdig, jenes Feuer schon jetzt im Herzen zu empfangen, damit er es nicht dort empfängt? Ich will beschreiben, wer dieses Feuer im Herzen hat.812 Beschreibe mir zwei Menschen, die sich der gleichen Art von Sünde versündigt haben, der schmutzigen, der unreinen Unzucht. Und von diesen zwei Unzüchtigen ist der eine nicht traurig, es schmerzt ihn nicht, er hat keine Gewissensbisse, sondern er fühlt, was in den Sprichwörtern über Feuers, das im Herzen brennt, beschreibt Origenes gern mit Bezug auf die auch hier genannten Bibelstellen Lk. 12,49 und 24,32: in Ex. hom. 6,4 (GCS Orig. 6, 196); 13,4 (6, 275f.); in Lev. hom. 14,3 (GCS Orig. 6, 482); in Ios. hom. 15,3 (GCS Orig. 7, 385); in Ps. 36 hom. 2,3 (GCS Orig. 13, 131); in Ps. 38 hom. 1,7 (SC 411, 348–352); in Cant. comm. II 2,21 (OWD 9/1, 208); in Is. hom. 4,4–6 (GCS Orig. 8, 261f.); in Hiez. hom. 1,13 (GCS Orig. 8, 337f.); 5,1 (8, 372); Cels. V 15 (GCS Orig. 2, 16). 812 Völker, Vollkommenheitsideal 35, referiert das Folgende als Beispiel „all’ der plastischen Kraft, die er (sc. Origenes) so oft als Prediger bewies“.

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τὸ εἰρημένον ἐν Παροιμίαις περὶ τῆς πόρνης γυναικὸς πάσχοντα, „ἥτις ἐὰν πράξῃ, ἀπονιψαμένη οὐδέν φησι πεπραχέναι ἄτοπον“.a Ἴδε μοι τὸν ἕτερον μετὰ τὸ πτῶμα μὴ δυνάμενον στέγειν, ἀλλὰ κολαζόμενον τὴν συνείδησιν, βασανιζόμενον τὴν καρδίαν, φαγεῖν καὶ πιεῖν οὐ δυνάμενον, οὐ κρίσει νη­ στεύοντα ἀλλὰ ἀλγηδόνι τῆς μετανοίας. Διάγραψόν μοι τὸν τοιοῦτον ὅλην τὴν ἡμέραν σκυθρωπάζοντα καὶ καταπονούμενον καὶ πορευόμενον, ὠρυό­ μενον ἀπὸ στεναγμοῦ τῆς καρδίας αὐτοῦ, βλέποντα αὐτοῦ τὴν ἁμαρτίαν ἐνώπιον αὐτοῦ b διὰ παντὸς ἔμπροσθεν ἐλέγχουσαν. Καὶ ἴδε τὸν τοιοῦτον οὐκ ἐπὶ μίαν ἡμέραν οὐδὲ ἐπὶ μίαν νύκτα, ἀλλ̓ ἐπὶ χρόνον πολὺν κολαζό­ μενον. Τίνα τῶν δύο προκρίνεις; Τίνα λέγεις ἐλπίδας ἔχειν παρὰ θεῷ; Ἆρ᾽ ἐκεῖνον τὸν πορνεύσαντα καὶ μὴ φροντί|σαντα, ἀλλ̓ ἀπαλγοῦντα ὡς καὶ παραδόντα αὑτὸν τῇ ἀσελγείᾳ, c ἢ τοῦτον τὸν μετὰ τὴν μίαν ἁμαρτίαν πενθοῦντα, θρηνοῦντα; Οὗτος † ἐλπίδων ἐστίν. Ὅσον πλείω καίεται ὑπὸ τοῦ τῆς λύπης πυρός, τοσοῦτον μᾶλλον ἐλεεῖται, καὶ ἔστιν αὐτῷ χρόνος αὐτάρκης τῆς κολάσεως οῦτος, ὅσος ἐκείνῳ δίδοται χρόνος κολάσεως τῷ πορνεύσαντι καὶ λυπηθέντι. Καὶ ἐπεὶ χρόνος ἐστὶ τούτῳ τῆς ἐνταῦθα κολάσεως λυσιτελής, διὰ τοῦτο ἐπραγματεύσατο κολάσαι τὸν πεπορνευ­ κότα, καὶ ἡνίκα ἐκόλασεν αὐτὸν λύπῃ καὶ εἶδε τὴν λύπην αὐτάρκη, φησί· Μήπο||τε τῇ περισσοτέρᾳ λύπῃ καταποθῇ ὁ τοιοῦτος, κυρώσατε εἰς αὐτὸν ἀγάπην. d Ἕκαστος ἡμῶν ἐξετασάτω τὴν συνείδησιν ἑαυτοῦ, καὶ ἰδέτω τί ἥμαρτεν· ὅτι δεῖ αὐτὸν κολασθῆναι. Εὐχέσθω τῷ θεῷ τοῦτο τὸ πῦρ τὸ ἐν τῷ Ἱερεμίᾳ ἥκειν ἐπ̓ αὐτόν, εἶτα τὸ ἐπὶ Σίμωνα καὶ Κλεόπαν ἐληλυθός, e ἵνα μὴ τηρηθῇ τῷ ἄλλῳ πυρί· εἰ γὰρ μὴ ἔλαβεν ἐνθάδε τὸ πῦρ ἀλλὰ καὶ ἥμαρ­ τε καὶ οὐ πεφρόντικε, τηρηθήσεται ἐκείνῳ τῷ πυρί. „Καὶ ἐγένετο ἐν τῇ καρδίᾳ μου ὡς πῦρ καιόμενον, φλεγόμενον ἐν τοῖς ὀστέοις μου, καὶ παρεῖμαι πάντοθεν καὶ οὐ δύναμαι φέρειν, ὅτι ἤκουσα ψόγον πολλῶν συναθροιζομένων κυκλόθεν.“ f Ὁ ἄμεμπτος, ὁ μακάριος a

Spr. 30,20(24,55)

b

Ps. 37(38),7.9f.

c

Eph. 4,19

d

2 Kor. 2,7f.

14  τοῦ τῆς λύπης Koe τῆς λύπης τοῦ S 15  τοσοῦτος Koe 22  Κλεόπαν Bl Κλεώπαν S 27  κυκλόθεν Kl κύκλωθεν S

e

Lk. 24,32

f

Jer. 20,9f.

18  λύπῃ Co λύπη S

813 Zur Reue siehe oben S. 108 Anm. 2. 814 Diese beiden Typen von Sündern beschreibt Origenes auch in Ps. 37 hom. 1,3 (SC

411, 284): „Es gibt Leute, die völlig sorglos sind, nachdem sie gesündigt haben. Sie denken weder über ihre Sünde nach noch kommt es ihnen in den Sinn, was sie falsch gemacht haben, sondern sie leben so, als hätten sie überhaupt nichts verbrochen. Diese Leute können also nicht sagen: ‚Meine Sünde steht mir immer vor Augen‘ (Ps. 50[51],5). Wenn sich hingegen jemand nach einem Fehltritt verzehrt, sich seinen Fehltritt zu Herzen nimmt und von Gewissensbissen geplagt wird, sich unablässig quält und insgeheim Vorwürfe macht, der sagt zu Recht: ‚Es gibt keinen Frieden für meine Knochen im Angesicht meiner Sünden‘ (Ps. 37[38],4).“ Zum ‚guten Sünder‘ vgl. auch ebd. 2,4f. (411, 314–316).

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die unzüchtige Frau gesagt wird: „Wenn sie es getan hat, wäscht sie sich und behauptet, nichts Unstatthaftes getan zu haben.“a Betrachte mir den anderen: Nach dem Fehltritt kann er es nicht aushalten, sondern das Gewissen plagt ihn, das Herz quält ihn, er kann weder essen noch trinken und er fastet, nicht weil er sich dazu entschieden hat, sondern wegen des Schmerzes der Reue.813 Beschreibe mir einen solchen, wie er den ganzen Tag traurig und niedergedrückt umhergeht, wehklagend wegen seines seufzenden Herzens, und seine Sünde vor Augen hat,b die ihn ständig vor seinem Angesicht anklagt. Und sieh, wie ein solcher nicht nur einen Tag lang und nicht nur eine Nacht lang, sondern eine lange Zeit hindurch bestraft wird.814 Welchen von den beiden ziehst du vor? Welcher, meinst du, hat Hoffnung bei Gott? Jener, der Unzucht getrieben und sich nicht darum gekümmert hat, sondern sich sozusagen abgestumpft der Ausschweifung hingibt,c oder dieser, der nach der einen Sünde trauert und klagt? Dieser † ist nicht ohne Hoffnung.815 Je mehr er vom Feuer der Betrübnis verbrannt wird, desto größeres Erbarmen erfährt er, und für ihn genügt eine so lange Zeit der Bestrafung, wie sie dem gegeben wird, der Unzucht getrieben hat und darüber betrübt war. Und weil die Zeit der Bestrafung hier für ihn nützlich ist, deswegen arbeitete der Apostel darauf hin, den Unzüchtigen zu bestrafen, und nachdem er ihn mit Betrübnis bestraft hatte und sah, dass seine Betrübnis genügte, sagte er: Damit ein solcher nicht von übermäßiger Betrübnis aufgezehrt wird, entscheidet euch ihm gegenüber für die Liebe.d Jeder von uns soll sein Gewissen prüfen816 und schauen, welche Sünde er begangen hat. Denn er muss bestraft werden. Er soll zu Gott darum beten, dass das Feuer, das in Jeremia war, zu ihm kommt, das Feuer, das später zu Simon und Kleophas gekommen ist,e damit er nicht für das andere Feuer aufbewahrt wird. Denn wenn er nicht hier das Feuer empfangen hat, sondern gesündigt und sich nicht darum gekümmert hat, wird er für jenes Feuer aufbewahrt werden. „Und es entstand in meinem Herzen gleichsam ein brennendes Feuer, das in meinen Knochen glühte, und von allen Seiten bin ich umschlossen und kann es nicht ertragen, weil ich den Tadel der vielen hörte, die sich rings um mich herum versammelten.“ f Der untadelige, der selige Jeremia – ich sage 815 Die Editoren stellen hier zu Recht eine Verderbnis bzw. Lücke im Text fest, die bis-

lang noch nicht zufriedenstellend geheilt zu werden vermochte. Aufgrund des Kontexts ist klar, dass ein Satz dastehen muss, der dem Trauernden Hoffnung zuspricht. 816 Zu einer solchen Gewissensprüfung ruft Origenes oft auf: in Lev. hom. 9,7 (GCS Orig. 6, 430); in Num. hom. 12,3 (GCS Orig. 7, 103). Im Hoheliedkommentar, in dem er die Aussage in Hld. 1,8 als Aufruf zur Selbsterkenntnis im Sinne des delphisch-sokratischen „Erkenne dich selbst“ (γνῶθι σαυτόν) auffasst, entwickelt er im Rahmen einer ausführlichen Reflexion darüber, was Selbsterkenntnis alles umfasst: in Cant. comm. II 5 (OWD 9/1, 230–248), einen eingehenden Fragenkatalog zur Gewissensprüfung: ebd. II 5,6–17 (9/1, 232–238). Siehe dazu Crouzel, Théologie de l’image 214; ders., Connaissance mystique 64; Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 29–31.

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Ἱ­ερεμίας (καθ̓ ὑπεξαίρεσιν λέγω τούτου τοῦ μικροῦ ἁμαρτήματος καὶ εἴ τι ἄλλο βραχὺ πεποίηκεν) ἐψέγετο ὑπὸ πολλῶν. Ἀλλ̓ ὁ ὑπὸ τῶν πολλῶν ψόγος αὐτῷ ἐγκώμιον παρὰ θεῷ ἦν. Ἔλεγον γὰρ οἱ ψέγοντες· „Ἐπισύ­ στητε, καὶ ἐπισυστῶμεν αὐτῷ πάντες ἄνδρες φίλοι αὐτοῦ· τηρήσατε τὴν ἐπίνοιαν αὐτοῦ, καὶ ἀπατηθήσεται.“a Ἄλλην ἀπάτην ἐβούλοντο αὐτὸν ἀπατῆσαι ὀλέθριον, ἐναντίαν τῇ ἀπάτῃ περὶ ἧς εἶπεν· „᾽Ηπάτησάς με, κύριε, καὶ ἠπατήθην.“ b Λέγουσι δὲ οὗτοι οἱ ἐπισυνιστάμενοι αὐτῷ· „Καὶ δυνησόμεθα αὐτῷ, καὶ ληψόμεθα τὴν ἐκδίκησιν ἡμῶν ἐξ αὐτοῦ.“ c Οἴονται ἠδικῆσθαι οἱ ἐλεγχθέντες ἐπὶ ταῖς ἰδίαις ἁμαρτίαις καὶ διὰ τοῦτο οἰηθέντες ἠδικῆσθαι λέγουσι· „Ληψόμεθα τὴν ἐκδίκησιν ἡμῶν ἐξ αὐτοῦ.“ Τοιοῦτόν τι πεποιήκασιν καὶ οἱ τὸν ῾Ησαΐαν πρίσαντες· d ὡς ἀδικηθέντες γάρ (ἐπειδήπερ αἱ προφητεῖαι ἐπέστρεφον αὐτοὺς καὶ ἐκόλαζον αὐτούς, ἤλεγχον, ἐπετίμων) ἔπρισαν αὐτὸν καὶ κατεδίκασαν αὐτοῦ ψῆφον θα||νατικήν. Ἀλλά φησιν ὁ Ἱερεμίας ἐπὶ τούτοις τοῖς ἐπισυστᾶσι· „Καὶ κύριος μετ̓ ἐμοῦ καθὼς μαχητὴς ἰσχύων.“ e Ἐὰν γενώμεθα ὁποίους ἡμᾶς εἶναι | χρή, καὶ τὸ πῦρ ἐκεῖνο παραδεξώμεθα ἐπὶ ταῖς ἡμετέραις ἁμαρτίαις ἐρχόμενον ὡς τῷ Ἱερεμίᾳ καὶ τοῖς ὁμοίοις, κύριος γίνεται μετὰ ταῦτα μεθ̓ ἡμῶν „καθὼς μαχη­ τὴς ἰσχύων“. Καὶ „διὰ τοῦτο ἐδίωξαν καὶ νοῆσαι οὐκ ἠδύναντο“ f [οἱ δι­ ώκοντες αὐτὸν Ἰουδαῖοι· „ᾘσχύνθησαν σφόδρα καὶ οὐκ ἐνόησαν ἀτιμίας αὐτῶν“, ἐν τοσούτῳ χρόνῳ ἀτιμαζόμενοι οὐ λέγουσιν ἑαυτῶν τὰς ἁμαρ­ τίας], ὅτι ὁ κύριος ἦν μετὰ τοῦ διωκομένου καὶ οὐ δύναται ὑποχείριος αὐτοῖς γενέσθαι διωκόμενος. Μήποτε οὖν, ὡς πολλὰ τοῦ Ἱερεμίου ἀνα­ φέρεται ἐπὶ τὸν σωτῆρα, καὶ τοῦτο δύναται τοιοῦτον εἶναι; „Ἐπιστη­ τε“ γὰρ „καὶ ἐπισυστῶμεν αὐτῷ“ g εἴρηται καὶ ἐπὶ τοῦ σωτῆρος. Καὶ „κύρι­ ος“ ἦν μετ̓ αὐτοῦ „καθὼς μαχητὴς ἰσχύων· διὰ τοῦτο ἐδίωξαν καὶ νοῆσαι οὐκ ἠδύναντο“, h οἱ διώκοντες αὐτὸν Ἰουδαῖοι· „ᾐσχύνθησαν σφόδρα καὶ οὐκ ἐνόησαν ἀτιμίας αὐτῶν“, ἐν τοσούτῳ χρόνῳ ἀτιμαζόμενοι οὐ λέγουσιν ἑαυτῶν τὰς ἁμαρτίας, „αἳ δι᾽ αἰῶνος οὐκ ἐπιλησθήσονται“, i ἀλλ̓ οἴον ὅτι ἐν τῷ αἰῶνι τούτῳ ἐπιλησθήσονται αὐτῶν αἱ ἀνομίαι. ῾Ημεῖς δὲ ὁρῶμεν ὅτι δι᾽ αἰῶνος αὐτῶν αἱ ἀνομίαι οὐκ ἐπιλησθήσονται, καὶ ὁρῶντες μεμνήμε­ θα τοῦ „Μὴ ὑψηλοφρόνει, ἀλλὰ φοβοῦ· εἰ γὰρ ὁ θεὸς τῶν κατὰ φύσιν κλά­ δων οὐκ ἐφείσατο, πόσῳ μᾶλλον“ τῶν παρὰ φύσιν „οὐ φείσεται;“ j a

Jer. 20,10 Jer. 20,11

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b i

Jer. 20,7 Jer. 20,11

c

Jer. 20,10 d Hebr. 11,37 Röm. 11,20f.

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Jer. 20,11

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Jer. 20,11

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Jer. 20,10

2  ὑπὸ2 Gh ἐπὶ S 11  καὶ οἱ Kl οἱ καὶ S 18–21  οἱ διώκοντες – τὰς ἁμαρτίας del. Kl 22  ὁ Bl Kl (GCS Orig. 3, 350) Nt 23–24  ἐπισύστητε V Co 28  οἴονται Gh Co οἷον S 817 Dieses „und“ (καί) ist nur in einer Septuagintahandschrift überliefert, während Ori-

genes den Text oben in Hier. hom. 19,5(18,15) (GCS Orig. 32, 173) mit der Fragepartikel „ob“ (εἰ) wiedergibt. 818 Diese Legende über den Tod Jesajas hat Origenes oft aufgegriffen: in Ps. 37 hom. 1,1 (SC 411, 262); in Ioh. comm. XIII 55,372 (GCS Orig. 4, 284); in Matth. comm. X 18 (GCS Orig. 10, 24); in Matth. comm. ser. 28 (GCS Orig. 11, 50. 52); in Rom. comm.

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dies mit Ausnahme dieser kleinen Sünde und falls er irgendeine andere begangen hat, die nicht ins Gewicht fällt – wurde von vielen getadelt. Doch der Tadel von Seiten der Vielen gereichte ihm zum Lob bei Gott. Die ihn tadelten, sagten nämlich: „Kommt zusammen! Wir wollen uns gegen ihn zusammentun, alle mit ihm befreundeten Männer! Beobachtet seinen Plan, und817 er wird sich täuschen lassen.“a Mit einer anderen Täuschung wollten sie ihn täuschen, mit einer, die ins Verderben führt, im Gegensatz zu der Täuschung, über die er sagte: „Du hast mich getäuscht, Herr, und ich ließ mich täuschen.“ b Diese Leute aber, die sich gegen ihn zusammentun, sagen: „Und wir werden uns seiner bemächtigen und unsere Rache an ihm nehmen.“ c Diejenigen, die wegen ihrer eigenen Sünden zurechtgewiesen werden, meinen, ungerecht behandelt zu werden, und deswegen, weil sie meinen, ungerecht behandelt zu werden, sagen sie: „Wir werden unsere Rache an ihm nehmen.“ Etwas Derartiges haben auch die getan, die Jesaja zersägt haben.d Denn weil sie sich ungerecht behandelt fühlten – da die Prophezeiungen sie zur Umkehr bewegten und sie bestraften, zurechtwiesen und tadelten –, zersägten sie ihn und fällten gegen ihn ein Todesurteil.818 Jeremia jedoch sagt über die, die sich gegen ihn zusammentun: „Und der Herr ist mit mir wie ein starker Kämpfer.“ eWenn wir so werden, wie wir sein müssen, und für unsere Sünden jenes Feuer empfangen, wie es zu Jeremia und seinesgleichen gekommen ist, ist der Herr danach mit uns „wie ein starker Kämpfer“. Und „deswegen verfolgten sie und konnten nicht verstehen“, f819 dass der Herr mit dem Verfolgten war und Verfolgte nicht in ihre Hände geraten kann. Kann also vielleicht, wie vieles von Jeremia auf den Erlöser bezogen wird,820 auch dies etwas Derartiges sein? Denn „kommt zusammen“ und „wir wollen uns gegen ihn zusammentun“ g wird auch über den Erlöser gesagt. Und „der Herr“ war mit ihm „wie ein starker Kämpfer. Deswegen verfolgten sie und konnten nicht verstehen“. h Es sind die Juden, die ihn verfolgten. „Sie wurden sehr gedemütigt und verstanden ihre Ehrlosigkeiten nicht.“ Während der langen Zeit ihrer Ehrlosigkeit bekennen sie nicht ihre Sünden, „die in Ewigkeit nicht vergessen werden“, i sondern meinen, dass ihre Freveltaten in dieser Weltzeit der Vergessenheit anheimfallen werden. Wir aber sehen, dass ihre Freveltaten in Ewigkeit nicht vergessen werden, und da wir das sehen, erinnern wir uns an das Wort: „Denke nicht hochmütig, sondern fürchte dich! Denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht geschont hat, um wieviel mehr wird er“ die unnatürlichen „nicht schonen.“ j821 VIII 5,10 (SC 543, 494–496); epist. Afric. 13 (SC 302, 542–544). Siehe dazu die Erläuterungen bei Fürst/Hengstermann, OWD 10, 204 Anm. 26. 819 Die Einfügung nach diesem Zitat im Codex Scorialensis ist eine „offenbare Dublette“ von Z. 26–28 „und hier nicht passend“, weshalb Klostermann, GCS Orig. 3, 193 (das Zitat ebd. app. crit.), sie zu Recht tilgt. 820 Darüber hat Origenes schon ausführlich in Hier. hom. 1,6–12 (GCS Orig. 32, 4–10) nachgedacht. 821 Derselbe Gedanke oben in Hier. hom. 4,5 (GCS Orig. 32, 28).

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„Κύριος“ οὖν „τῶν δυνάμεων“ μεθ̓ ἡμῶν, „δοκιμάζων δίκαια, συνίων νεφροὺς καὶ καρδίας.“a Ὁ κύριος δοκιμάζει μὲν δίκαια, ἀποδοκιμάζει δὲ ἄδικα, καὶ ἔστιν, ἵν̓ οὕτως ὀνο||μάσω, τραπεζίτης δικαίων καὶ ἀδίκων· οὗτος δὲ ὁ κύριος καὶ „συνίων“ ἐστὶ „νεφροὺς καὶ καρδίας“. Ἐνθάδε μὲν οὖν γέγραπται ὅτι „συνίων“ ἐστὶ „νεφροὺς καὶ καρδίας“. Ζητῶ τί διαφέρει τὸ συνιέναι νεφροὺς καὶ καρδίας· καὶ μήποτε ἄλλο ἐστὶ τὸ συνιέναι νεφροὺς καὶ καρδίας, ἄλλο τὸ ἐτάζειν καρδίας καὶ νεφρούς. b Οὐ πάντων ἐτάζει καρ­ δίας καὶ νεφρούς, ἀλλὰ τῶν ἡμαρτηκότων· ἐφίστημι γὰρ τῷ σημαινομένῳ τοῦ ἐτάζειν, ὅπερ λέγεται ἐν τῷ βίῳ τούτῳ ἐπὶ τῶν βασανιζομένων. Ἐπὶ τοῖς δικαστηρίοις ἐτάζουσιν, οἱ δὲ ἐτάζονται, οἱ δέ εἰσι καὶ ἐν πόνοις βαρυτάτοις. Οἱ μὲν οὖν κολασταὶ ἐτάζουσι πλευράς, ἐτάζουσι σώμα­ τα· κύριος δὲ μόνος καινὸν ἔχει τρόπον ἐτασμῶν, ἐτάζων γάρ ἐστι καρδίας, καὶ μόνῳ τῷ κυρίῳ πρόσεστι τὸ ἐξετάζειν καρδίας καὶ νεφρούς. Λῃσταὶ ἐνταῦθα ἐτάζονται κατὰ πρόσταξιν | ἡγουμένου τὰ πλευρά, ἐκεῖ δὲ οὐκ ἐκ προστάξεως θεοῦ, ἀλλ̓ ὑπ̓ αὐτοῦ τοῦ κυρίου ἐτάζεταί τις νεφροὺς καὶ καρδίας, εἰ μὴ ἄρα ἐνταῦθα λέγω τὸν μὲν προστασσόμενον εἶναι τὸν υἱόν, τὸν δὲ προστάσσοντα εἶναι τὸν πατέρα, καὶ τὸν λόγον εἶναι τὸν ἐτάζοντα καρδίας καὶ νεφρούς. Καὶ πασῶν γε νομίζω βασάνων, πάντων τῶν πόνων βαρύτερα τὰ ἀπὸ τοῦ λόγου, ὅταν ἐτάζῃ καὶ καρδίας καὶ νεφρούς. Διὸ πάντα πράττωμεν, ἵνα μὴ παραδοθῶμεν ἐκείνῳ τῷ ἐτασμῷ. Οὗ ἐτασμοῦ οἴομαι ἔλαττον πάσχειν τοὺς παραδιδομένους τοῖς λεγομένοις ἐν τῷ εὐαγ­ γελίῳ βασανισταῖς· c πολλοῖς γὰρ παραδίδονται, τάχα πλείοσι βασανισταῖς κατὰ τὴν ἀρχήν, οὐδέπω ἄξιοι γινόμενοι παραδίδοσθαι ἑνὶ λόγῳ τῷ ἐτά­ ζοντι καρδίας καὶ νεφρούς. || Ὁ πλούσιος ἐκεῖνος d οὐδέπω ἄξιος ἦν παρα­ δοθῆναι τῷ ἐτάζοντι καρδίας καὶ νεφρούς· διὰ τοῦτο ὑπὸ πλειόνων ἐβα­ σανίζετο. Ὕστερον δὲ εἰ καὶ ἐκεῖνος τοῦτο πάσχει ἢ μή, ὁ δυνάμενος ἐξεταζέτω. Πλὴν τὰ περιμένοντα ἡμᾶς ἐστι βασανισταὶ καὶ ἐτάζων τὰς καρδίας καὶ νεφροὺς ἐπὶ τοῖς ἁμαρτήμασιν ἡμῶν· ὧν ἁμαρτημάτων ἐὰν μὴ τάχιον ἀπαλλαγῶμεν, ἐν τούτοις ἐσόμεθα. Διὸ ἀναστάντες e τὴν ἀπὸ τοῦ θεοῦ βοήθειαν αἰτήσωμεν, ἵνα ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ μακαρισθῶμεν, ᾧ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας. Ἀμήν. f a

Jer. 20,12

b

Ps. 7,10

c

Mt. 18,34

d

10  οἱ μὲν Kl nach Co (ὅπου οἱ μὲν) πάχει S* 31  Ἀμήν add. ὁμιλία S

Lk. 16,19.23

e

Lk. 15,18

f

Vgl. 1 Petr. 4,11

19  ἐτάζῃ καὶ Kl ἐτάζηταὶ S

26  πάσχει Scorr.

822 „Der Mächte“ (τῶν δυνάμεων) ist eine Wendung aus dem hebräischen Text, die in

der Septuaginta fehlt.

823 Zu diesem Begriff siehe oben in Hier. hom. 12,7 (GCS Orig. 32, 94) und dazu S. 311

Anm. 409. 824 Zu diesen „Peinigern“ siehe oben in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32, 170) und

dazu S. 473 Anm. 729.

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Homilie 20(19),9

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

„Der Herr der Mächte“822 nun ist mit uns, „der die gerechten Taten prüft, der Nieren und Herzen durchschaut.“a Der Herr prüft die gerechten Taten, verwirft aber die ungerechten und ist, um es so auszudrücken, ein Geldwechsler823 gerechter und ungerechter Taten. Dieser Herr ist es aber auch, „der Nieren und Herzen durchschaut“. Hier nun steht geschrieben, dass er es ist, „der Nieren und Herzen durchschaut“. Ich suche, was das Besondere daran ist, Nieren und Herzen zu durchschauen, und ob Nieren und Herzen zu durchschauen vielleicht etwas anderes ist als Herzen und Nieren zu prüfen.b Er prüft nicht die Herzen und Nieren von allen, sondern von den Sündern. Denn unter der Bedeutung von Prüfen verstehe ich das, was in diesem Leben von den Gefolterten gesagt wird. In den Gerichtshöfen prüfen , die anderen aber werden geprüft, andere wiederum ertragen schwerste Qualen. Die Folterknechte nun prüfen die Rippen, sie prüfen die Körper. Aber nur der Herr hat eine neue Art zu prüfen, denn er prüft die Herzen, und nur dem Herrn kommt es zu, Herzen und Nieren zu prüfen. Hier werden die Räuber auf Anweisung des Richters an den Rippen geprüft, dort aber wird einer nicht auf Anweisung Gottes, sondern vom Herrn selbst an Nieren und Herzen geprüft, wenn es hier nicht, wie ich behaupten möchte, der Sohn ist, der die Anweisung erhält, der Vater hingegen die Anweisung erteilt, und es das Wort ist, das Herzen und Nieren prüft. Und gewiss ist, glaube ich, von allen Qualen, von allen Leiden das schwerste das vom Wort verursachte, wenn er Herzen und Nieren prüft. Deshalb lasst uns alles tun, um nicht jener Prüfung übergeben zu werden! c Weniger als bei dieser Prüfung, meine ich, leiden diejenigen, die den im Evangelium genannten Peinigern übergeben werden. Denn sie werden vielen, am Anfang vielleicht noch mehr Peinigern824 übergeben, weil sie noch nicht würdig geworden sind, dem einen Wort übergeben zu werden, das Herzen und Nieren prüft. Jener reiche Mann d war noch nicht würdig, dem übergeben zu werden, der Herzen und Nieren prüft; deshalb wurde er von mehreren gepeinigt. Ob aber später auch jener dies erleidet oder nicht, möge erforschen, wer dazu in der Lage ist. Was uns jedenfalls erwartet, sind die Peiniger und der, der die Herzen und Nieren auf unsere Sünden hin prüft. Wenn wir uns von diesen Sünden nicht schnell loslösen, werden wir in dieser Lage sein. Deshalb wollen wir uns erheben e und um Gottes Hilfe bitten, damit wir in Christus Jesus selig werden. Sein ist die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen! f825 825 Klostermann, GCS Orig. 3, 194 app. crit., erläutert hierzu, dass die Hinzufügung

des Wortes „Homilie“ im Codex Scorialensis (ohne eine Nummer der Predigt anzugeben) sowohl als Unterschrift zur letzten Jeremiahomilie gemeint sein kann als auch als Überschrift zur in der Handschrift folgenden Predigt, nämlich Quis dives saluetur von Clemens von Alexandria. Weil im Codex Vaticanus, der wie der Scorialensis nur 19 Homilien zählt, die Ordnungszahl 20 hinzugefügt ist, dürfte jedenfalls darin die Homilie des Clemens gemeint sein.

GCS Orig. 8, 303

De eo quod scriptum est: „Quomodo confractus est et contritus malleus uniuersae terrae? Quomodo facta est in exterminium Babylon?“ usque ad eum locum, in quo ait: „Retribuite ei iuxta opera eius; et omnia, quaecumque fecit, et facite ei, quia aduersum Dominum restitit Deum sanctum Istrahel.“a

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HOMILIA Lat. I(III)

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1. „Quomodo“ ait „confractus est et contritus malleus uniuersae terrae? Quomodo facta est in exterminium Babylon?“ b Quaerendum inter haec, quis sit malleus uniuersae terrae, quaeue eius contritio prophetata, quia ante confractus est quam contritus, ut congregantes ea, quae alicubi de malleo scripta sunt, cum inuenerimus nomen eius, inuestigemus etiam nominis uoluntatem ex his, quae adferimus, exemplis. Domus quondam componebatur Dei, quantum iuxta tertium Regnorum librum, et Solomon erat construens et aedificans eam;c ibique quasi in laude dicitur de domo Dei, quia malleus et securis non sunt audita in domo Dei.d Ergo quomodo malleus non auditur in domo Dei, sic quia domus Dei est ecclesia, malleus in ecclesia non auditur. Quis est iste malleus uolens, quantum in se est, impedire lapides aedificationis templi, ut contriti non conueniant fundamentis eius? Vide mihi Zabulum, si non ipse est malleus uniuersae terrae. Ego autem pronuntiabo confidens esse aliquem, qui non magnopere curet de malleo uniuersae terrae. Et quoniam exemplum adsumptum est de sensibili | malleo, quaero materiam malleo fortiorem, quae nihil ab eo percussa patiatur. Quam quidem quaerens repperio in eo quod scriptum est: „Ecce uir stans super muros adamantinos, et in manu eius adaa

Jer. 27(50),23–29

b

Jer. 27(50),23

c

1 Kön. 6,1f.

d

1 Kön. 6,7

12ff.  Cf. frg. 30(107) (GCS Orig. 3, 214) unten S. 612–615 826 „Die Bedeutung des Begriffs“ (nominis uoluntas) entspricht „der Intention der Schrift“

(τὸ βούλημα τῶν γεγραμμένων), von der Origenes, in Hier. hom. 1,2 (GCS Orig. 32, 2), und öfter spricht: siehe oben S. 110 Anm. 5. Das Verfahren, alle Belegstellen für einen Ausdruck in der Bibel heranzuziehen, um seine Bedeutung an einer bestimmten Stelle zu eruieren, folgt der methodischen Maxime der alexandrinischen Homerphilologie, „Homer aus Homer zu erhellen“: Porphyrius, in Il. p. 56 Sodano. Sinn und Bedeutung von Begriffen zu untersuchen ist allerdings zudem und vor allem

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Über den Schrifttext: „Wie ist der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen worden? Wie ist es zur Ausrottung von Babylon gekommen?“ bis zu der Stelle, wo es heißt: „Vergelte ihm nach seinen Taten, und alles, was es getan hat, tut ihm auch an, weil es sich dem Herrn, Gott, dem Heiligen Israels, widersetzt hat.“a

HOMILIE Lat. 1(3)

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1. „Wie“, heißt es, „ist der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen worden? Wie ist es zur Ausrottung von Babylon gekommen?“ b Bei diesen Aussagen muss man untersuchen, was der Hammer der ganzen Erde ist beziehungsweise was die über ihn prophezeite Zerschlagung bedeutet, weil er erst zerbrochen und dann zerschlagen worden ist.Wir stellen dafür zusammen, was andernorts über den Hammer geschrieben steht, und wenn wir irgendwo auf diesen Begriff stoßen, wollen wir auf der Basis der herangezogenen Beispiele auch die Bedeutung des Begriffs826 untersuchen. Einst wurde das Haus Gottes erbaut, wie es im dritten Buch der Königtümer steht, und es war Salomo, der es errichten und bauen ließ.c Und gleichsam als Lob heißt es dort über das Haus Gottes, dass Hammer und Axt im Haus Gottes nicht zu hören waren.dWie also im Haus Gottes kein Hammer zu hören ist, so ist, weil das Haus Gottes die Kirche ist, in der Kirche kein Hammer zu hören.Wer ist dieser Hammer, der, soweit es ihm möglich ist, verhindern will, dass die Steine für den Bau des Tempels, weil sie zerschlagen sind, nicht für seine Fundamente taugen? Überlege mir,827 ob nicht der Teufel selbst der Hammer der ganzen Erde ist. Ich aber werde zuversichtlich behaupten, dass es jemanden gibt, der sich um den Hammer der ganzen Erde nicht allzu sehr kümmert. Und weil als Beispiel ein materieller Hammer herangezogen worden ist, suche ich nach einem Material, das stärker ist als ein Hammer, das keinen Schaden erleidet, wenn es von ihm geschlagen wird. Auf der Suche danach werde ich an der Stelle fündig, an der steht: „Siehe, ein Mann steht Kennzeichen der philosophischen Exegese des Origenes, denn es sind die Begriffe, die das Gerüst philosophischen Denkens bilden. Siehe dazu Fürst, Features of Philosophical Exegesis. 827 Hinter dem Dativus ethicus uide mihi steht die griechischen Junktur νόει μοι, wie sie z.B. in Hier. hom. 10,6 (GCS Orig. 32, 76) vorkommt.



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Homilia Lat. I(III)

mans.“a Refert autem de adamante historia quia fortior sit omni caedenti se malleo incontritus et inconuincibilis perseuerans. Licet super stet malleus Zabulus et suppositus sit draco, qui est quasi incus indomabilis,b nihil tamen in manu Domini et in conspectu eius consistens adamans perpetitur. Duo itaque contraria sunt adamanti isti malleus et incus improducibilis. Iam quoddam est et apud nationes tritum uulgi sermone prouerbium, ut de his, qui anxietatibus et ingentibus malis premuntur, dicant: inter malleum sunt et incudem; tu autem hoc refers ad Zabulum et draconem, qui istiusmodi semper in scripturis pro uarietate causarum nominibus insigniuntur, et dicis quia sanctus, qui quasi murus adamantinus uel in manu Domini adamans est, non curet neque de malleo neque de incude; sed quantum plus caesus fuerit, tanto plus uirtutem eius splendescere. Aiunt eos, qui mercimonia lapidum exercent, cum uoluerint probare adamantem, ignorantes utrum sit adamas an non sit, quamdiu malleo et incudi non conuenerit, tunc autem persuaderi esse uerissimum adamantem, si indo|mitus lapis inter incudem et malleum perseueret, si percutiente desuper malleo et incude supposita durior lapidis natura compungit. Talis uir sanctus est ante tentationes; ab his, qui probare lapides nesciunt, ignoratur, certissime autem nouit adamantinorum lapidum naturam solus Deus plurimis ignoratam. Ego ipse adhuc nescio, utrum ueniente malleo ac percu­ tiente me confringar et conterar, conuictus quia non sim adamans, an certe uerus adamans ostendar, si ingruentibus persecutionibus, periculis, tentationibus non tam contritus fuero ad ictus mallei quam probatus. Et tu ipse percurre scripturas et quaere, si quod potes inuenire uestigium bene a Deo promitti, ut malleus percutienda percutiat. Verbi gratia dictum sit (ad intelligentiam enim obscuriorum sumuntur exempla), si malleus non esset, non esset et tuba productilis,c quae iuxta legem ad solemnitates Dei excitat, quae audientium animos clangore suo accendit ad bellum.d Necessarius est malleus, ut tuba a

Am. 7,7

b

Ijob 41,15 Vulg. (41,16 LXX)

c

Num. 10,2

d

Num. 10,9f.

828 Weil dieses Sprichwort im griechischen Text von frg. 30 (GCS Orig. 32, 214) fehlt,

vermutet Baehrens, GCS Orig. 8, 304 app. test., dass es „Zusatz von Hieronymus“ sein könnte. 829 Origenes hat sich als echter Diamant bewährt, als er in der decischen Christenverfolgung schwer gefoltert wurde, aber standhaft blieb: Eusebius, hist. eccl. VI 39,5 (GCS Eus. 2, 594–596). Die Behauptung des Epiphanius, pan. haer. 64,2,2–5 (GCS Epiph. 2, 404), auf die Androhung von sexueller Gewalt hin sei Origenes vom Glauben abgefallen, ist eine der übelsten Verleumdungen, die dieser selbsternannte Ketzerjäger der Alten Kirche sich hat zuschulden kommen lassen. 830 Das ist eine Variante der von Origenes oft wiederholten Aufforderung aus Joh. 5,39: „Erforscht die Schriften!“ Siehe dazu oben S. 207 Anm. 205. 831 Die Einfügung einer Verneinung von Smith, FaCh 97, 247: „… that the hammer strikes one who ought [not] to be struck“, verkennt die Logik der Aussage, die im unscheinbaren Wörtchen bene steckt: Es geht gerade um Dinge, die zu schlagen sind

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über Mauern aus Diamant und hat in seiner Hand einen Diamanten.“aVom Diamanten aber sagt man, dass er härter ist als jeder Hammer, der ihn schlägt, und dass er intakt und unzerstörbar bleibt. Auch wenn der Teufel als Hammer über ihm schwebt und der Drache wie ein nicht verformbarer Amboss b darunterliegt, erleidet dennoch der Diamant, wenn er sich in der Hand des Herrn und vor seinem Angesicht befindet, keinen Schaden. Zwei Dinge stehen also im Gegensatz zu diesem Diamanten: der Hammer und der nicht schmiedbare Amboss. Es gibt nun auch bei den Heidenvölkern ein in der Alltagssprache geläufiges Sprichwort, um die Lage derer, die von Ängsten und großen Unglücken bedrängt sind, auszudrücken: Sie geraten zwischen Hammer und Amboss.828 Du aber kannst dies auf den Teufel und den Drachen beziehen, die in den Schriften bei unterschiedlichen Anlässen ständig mit derartigen Namen bezeichnet werden, und sagen, dass sich der Heilige, der wie eine Mauer aus Diamant beziehungsweise ein Diamant in der Hand des Herrn ist, weder um den Hammer noch um den Amboss kümmert; je mehr er vielmehr geschlagen wird, umso mehr erstrahlt seine Tugend. Von den Leuten, die Geschäfte mit Edelsteinen machen, sagt man, dass sie, wenn sie einen Diamanten prüfen wollen, weil sie nicht wissen, ob er ein Diamant ist oder nicht, solange er den Test mit Hammer und Amboss nicht bestanden hat, erst dann überzeugt sind, dass es ein ganz echter Diamant ist, wenn der Stein zwischen Amboss und Hammer unverformbar bleibt, wenn die Natur des Steines, auch wenn der Hammer von oben schlägt und der Amboss darunterliegt, als härter standhält. So beschaffen ist der heilige Mann im Angesicht von Versuchungen. Denen, die nicht wissen, wie man Edelsteine prüft, ist er unbekannt, ganz sicher aber kennt allein Gott die Beschaffenheit der Diamanten, die den meisten unbekannt ist. Ich selbst weiß noch nicht, ob ich, wenn der Hammer kommt und mich schlägt, zerbrochen und zerschlagen werde und so der Beweis erbracht wird, dass ich kein Diamant bin, oder ob ich mich als echter Diamant erweisen werde, wenn ich beim Ansturm der Verfolgungen, der Gefahren und der Versuchungen von den Schlägen des Hammers nicht zerschlagen werde, sondern mich vielmehr bewähren werde.829 Auch du selbst geh die Schriften durch830 und suche, ob du irgendeinen Hinweis darauf finden kannst, dass von Gott in gutem Sinn verheißen wird, dass der Hammer schlägt, was zu schlagen ist.831 Ich will ein Beispiel anführen, denn zum Verständnis der dunkleren Stellen zieht man Beispiele heran:Wenn es keinen Hammer gäbe, gäbe es auch keine getriebene Posaune,c die nach dem Gesetz zu den Festen Gottes aufruft und die, die sie hören, mit ihrem Schall zur Schlacht anfeuert.d832 Der Hammer ist notwendig, um eine getriebene Posaune anzufertigen. Dieser Hammer hat viel zur Hervorbringung der (z. B. eine „getriebene“, d. h. durch Hammerschläge geformte Posaune), damit sie ihre Form und Bestimmung erhalten. 832 Vgl. in Hier. hom. 5,16 (GCS Orig. 32, 45); in Ios. hom. 7,1 (GCS Orig. 7, 327).



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Homilia Lat. I(III)

productilis fiat. Multa cooperatus est iste malleus tubae productili Paulo, ut eum per uaria tentamenta produceret et approbaret, quia illaesus posset excudi figuramque assumere tubae magnisonae, non incertam dans uocem in audientes, ut praeparentur ad militiae bellum.a Et quoniam malleus inuenitur contraria fortitudo et draco incus producibilis istiusmodi semper in scripturis a malleo uel | quacumque alia materia compositum nomen adsumens, instabo sermoni: Cain generauit filios, et de Cain ortus est faber aeris et ferri.b Ergo ut Zabulus, qui omnium tentationum operator est, malleus dicitur, ita qui ei ministrat, malleator est filius Cain. Quotienscumque in tentationem incideris, scito malleum Zabulum esse et malleatorem eum, per quem te Zabulus insequitur.Velut in proditione saluatoris malleus Zabulus, malleator Iudas fuit. Et multi erant malleatores in tempore illo, quo Dominus passus est, clamantes: Tolle, tolle de terra talem; „crucifige, crucifige eum“.c Omnia malleatoribus plena sunt. Quotquot enim in actu suo Zabulum suspiciunt et ministrant ei ad probandum iustum et iniustum coarguendum, omnes malleatores sunt. Idcirco etiamsi heri malleator eras et in manu malleum continebas, nunc discens quia a Cain fratricida oriantur malleatores, proice malleum de manu tua et transmigra ad meliorem, quae spiritalis est, generationem, Seth et Enos et reliquorum, qui scripturarum laudibus efferuntur.d Verumtamen finis mallei confractio est atque contritio. Est sciendum quidem quoniam prophetatus nunc malleus Zabulus sit malleus non partis ali­ cuius terrae, sed uniuersae terrae, simpliciterque accipiendum uniuersae terrae pro eo quod in omni terra malitia eius dispersa sit et ubique malleus iste malum inoperetur. Est autem etiam hoc dicendum Zabulum uniuersae terrae malleum esse, non caeli malleum; neque enim tenuiori substantiae conuenit malleus, sed crassiori. Si portas imaginem terreni,e malleus te, quia terrenus es, percutit; si peccas et terra es et in terram uadis,f experieris malleum uniuersae terrae etiam in te operantem. Iuxta istum intellectum illud quoque animad­ a

1 Kor. 14,8 3,19

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Gen. 4,17.22

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Lk. 23,21; Joh. 19,15

d

Gen. 4,26

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1 Kor. 15,49

f

Gen.

5–6  improducibilis Nt producibilis Bae 833 Es ist nicht nötig, mit Nautin, SC 238, 306, hier vor faber aus dem Bibelvers Gen. 4,22

den Begriff malleator zu ergänzen (so im zugehörigen frg. 30 [GCS Orig. 32, 214]), ebensowenig im vorausgehenden Satz zu a malleo das Adjektiv aereo. Origenes verwendet verschiedene Wörter, die aber dasselbe bedeuten, was er im vorigen Satz mit der Bemerkung zum „Hammer oder irgendeiner anderen Materie“ auch klar sagt. – Siehe zur folgenden Stelle auch Pollmann, Anthropologie und Kulturentstehung 187–189. 834 Die Textfassung von Baehrens, GCS Orig. 8, 306: ad probandum iustum et iniustum coarguendum, erscheint unlogisch, ist aber der Umstellung bei Nautin, SC 238, 306: ad

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getriebenen Posaune Paulus beigetragen, um ihn durch mannigfache Versuchungen hindurch hervorzubringen und um zu beweisen, dass er unbeschädigt geschmiedet werden und die Gestalt einer laut tönenden Posaune annehmen konnte, die keinen undeutlichen Ton von sich gibt, um die, die ihn hören, auf den Kampf vorzubereiten.a Und weil die feindliche Macht ein Hammer ist und der Drache ein schmiedbarer Amboss, nehme ich – immer noch in den Schriften – einen derartigen mit dem Wort Hammer oder irgendeiner anderen Materie zusammengesetzten Begriff und lande bei der Aussage: Kain zeugte Nachkommen, und von Kain stammte der Erz- und Eisenschmied833 ab.bWie also der Teufel, der alle Versuchungen ins Werk setzt, Hammer genannt wird, so ist der, der ihm dient, ein Schmied, ein Sohn Kains. Jedes Mal, wenn du in Versuchung gerätst, sollst du wissen, dass der Hammer der Teufel ist und der Schmied der, durch den der Teufel dich verfolgt. Beispielsweise war beim Verrat des Erlösers der Hammer der Teufel, der Schmied Judas. Und viele waren Schmiede zu jener Zeit, als der Herr gelitten hat, da sie schrien: Weg, weg von der Erde mit so einem: „Kreuzige, kreuzige ihn!“ c Alles ist voll von Schmieden. Denn alle, die in ihrem Handeln zum Teufel aufblicken und ihm dienen zur Bewährung des Gerechten und Überführung des Ungerechten,834 die sind alle Schmiede. Auch wenn du daher gestern noch ein Schmied warst und einen Hammer in deiner Hand hieltest, jetzt aber lernst, dass die Schmiede von dem Brudermörder Kain abstammen, wirf den Hammer weg aus deiner Hand und geh zur besseren Nachkommenschaft über, die geistig ist, zu Seth und Enoch und den übrigen, die von den Schriften gepriesen werden.d Gleichwohl ist das Ende des Hammers, dass er zerbrochen und zerschlagen wird. Man muss freilich wissen, dass der jetzt prophezeite Hammer, der Teufel, der Hammer nicht irgendeines Teils der Erde, sondern der ganzen Erde ist, und die Rede von der ganzen Erde ist wörtlich in dem Sinn zu verstehen, dass sich seine Bosheit auf der ganzen Erde verbreitet hat und dieser Hammer überall Böses bewirkt. Man muss aber auch sagen, dass der Teufel der Hammer der ganzen Erde ist, nicht der Hammer des Himmels. Der Hammer passt nämlich nicht zu einer feineren Substanz, sondern zu einer kompakteren. Wenn du das Bild des Irdischen an dir trägst,e schlägt dich der Hammer, weil du irdisch bist. Wenn du sündigst und wenn du Erde bist und zur Erde zurückkehrst,f wirst du erfahren, wie der Hammer der ganzen Erde auch in dir wirkt. Nach diesem Verständnis ist auch zu beachten, dass der probandum iniustum et coarguendum iustum, doch vorzuziehen. Zwar denkt man, das Ziel der Diener des Teufels könne nicht die Bewährung des Gerechten und die Überführung des Ungerechten sein, sondern umgekehrt die Bewährung des Ungerechten und die Überführung des Gerechten. Aber Origenes denkt offenbar nicht an eine Intention der Teufelsdiener, sondern gleichsam objektiver an die Wirkung, die ihr Handeln auslöst: Der Gerechte wird sich dadurch bewähren, der Ungerechte aber als solcher überführt werden.

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Homilia Lat. I(III)

uertendum est uniuersae terrae malleum, quia aduersum cuncta | terrena potentiam suam exerceat, Zabulum esse; posse autem etiam minorem malleum intelligi, qui non uniuersae terrae sit malleus, sed illius, ut ita dicam, et illius partis terrae. Et quidem cum una aliqua contraria fortitudo mihi repugnat et colluctatur mecum, non ualens cum uniuersis simul hominibus congredi, ut Zabulus, tunc est quidem malleus in me, sed non uniuersae terrae malleus, uerum, ut ita dicam, meae tantum malleus terrae. Confracto autem et contrito malleo uniuersae terrae quid necesse est arbitrari de malleo partium terrae? Simulque aestimo admiratione dignum, quoniam uniuersae terrae malleus comminutus sit. Quid enim magnum, si confractus fuisset et contritus malleus partium terrae? Sed uere nunc admirandum est quia uniuersae terrae malleus confractus atque contritus est. 2. Post haec quaero qui sit iste, qui uniuersae terrae malleum confregerit et contriuerit, et dicam non potuisse Moysen confringere atque conterere malleum uniuersae terrae neque ante eum Abraham neque post eum Iesum Naue neque alium quemquam prophetarum. Quis ergo potuit talem tantumque et uniuersae terrae malleum confringere et conterere? Quis est iste? Iesus Christus confregit atque contriuit malleum uniuersae terrae. Et hoc nunc admirans in Spiritu Sancto prophetes ait: „Quomodo confractus est et contritus malleus uniuersae terrae?“a Primo confractus est, deinde contritus. Et quoniam repperi saluatorem esse, qui confregerit malleum uniuersae terrae et contriuerit eum, ueniam ad euangelium et uideam primam tentationem, quando dixit ei Zabulus: „Ista omnia tibi dabo, si procidens adoraueris me“ b et reliqua, et dicam quia illo tempore non contriuerit Iesus malleum uniuersae terrae, sed tantum confregerit eum. Cum uero „recessit ab eo usque ad tempus“ c et tempore postea uenit instante, tunc contritus est, non solum confractus, ut primum, malleus uniuersae terrae. Et quia contritus est, qui fuerat ante confractus, malleus uniuersae terrae, idcirco et per unumquemque nostrum confringitur quidem, quando introducimur in ecclesiam et proficimus ad fidem, conteritur autem et comminuitur, quando ad perfectum uenerimus. Quodsi dubitas, quis conterat Zabulum ad perfectum uenientibus nobis, audi | apostolum benedictione quadam benedicentem iustum atque dicentem: „Deus autem conterat Satanam sub pedibus uestris uelociter.“ d Animalis est iste malleus, fortasse nunc furit aduersum nos et quaerit, quia ista a

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Röm. 16,20

835 Damit dürften Katechumenat und Taufe gemeint sein. Siehe dazu allgemein Fürst,

Liturgie der Alten Kirche 104–163. 836 Dass der Teufel durch den Fortschritt der Christen im Glauben geschwächt wird,

sagt Origenes auch in Ios. hom. 15,6 (GCS Orig. 7, 390f.) und in Ioh. comm. VI 54,281–283 (GCS Orig. 4, 163). Erst am Ende aber wird seine Kraft ganz zerstört werden: in Ios. hom. 8,4 (GCS Orig. 7, 339f.).

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Hammer der ganzen Erde, weil er gegen alles Irdische seine Macht ausübt, der Teufel ist. Man kann sich aber auch einen kleineren Hammer vorstellen, der nicht der Hammer der ganzen Erde ist, sondern sozusagen des einen oder des anderen Teils der Erde. Wenn nun eine einzelne feindliche Macht mich bekämpft und mit mir ringt, ohne die Kraft zu haben, wie der Teufel gegen alle Menschen zugleich anzutreten, dann gibt es zwar einen Hammer in mir, aber nicht den Hammer der ganzen Erde, sondern sozusagen nur den Hammer meiner Erde. Wenn aber der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen ist, was muss man dann über den Hammer von Teilen der Erde denken? Und zugleich finde ich es erstaunlich, dass der Hammer der ganzen Erde in Stücke geschlagen worden ist. Denn was wäre schon Großes dabei, wenn der Hammer von Teilen der Erde zerbrochen und zerschlagen worden wäre? Doch jetzt ist es wirklich erstaunlich, dass der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen worden ist. 2. Wer ist derjenige, frage ich mich daraufhin, der den Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen hat? Und ich werde antworten, dass nicht Mose den Hammer der ganzen Erde zerbrechen und zerschlagen konnte, auch nicht Abraham vor ihm und auch nicht Josua, der Sohn des Nun, nach ihm noch irgendein anderer der Propheten. Wer also konnte einen so mächtigen Hammer der ganzen Erde zerbrechen und zerschlagen? Wer ist dieser? Jesus Christus! Er hat den Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen. Und darüber staunend sagt jetzt der Prophet im Heiligen Geist: „Wie ist der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen worden?“a Zuerst ist er zerbrochen worden, dann zerschlagen. Und weil ich entdeckt habe, dass es der Erlöser ist, der den Hammer der ganzen Erde zerbrochen und ihn zerschlagen hat, will ich zum Evangelium greifen und mir die erste Versuchung anschauen, als der Teufel zu ihm sagte: „Dies alles werde ich dir geben, wenn du mich auf Knien anbetest“ b usw. Und ich werde sagen, dass Jesus zu jener Zeit den Hammer der ganzen Erde nicht zerschlagen, sondern ihn nur zerbrochen hat. Nachdem aber der Teufel „eine bestimmte Zeit von ihm abgelassen hatte“ c und später, als die Zeit dafür da war, zurückkam, da wurde der Hammer der ganzen Erde zerschlagen, nicht nur zerbrochen wie zuvor. Und weil der Hammer der ganzen Erde, der zuvor zerbrochen worden war, zerschlagen worden ist, deswegen wird er auch durch jeden Einzelnen von uns zerbrochen, wenn wir in die Gemeinde eingeführt werden und zum Glauben voranschreiten,835 zerschlagen und in Stücke geschlagen aber wird er, wenn wir zur Vollkommenheit gelangen.836 Wenn du aber darüber zweifelst, wer den Teufel zerschlägt, wenn wir zur Vollkommenheit gelangen, höre, wie der Apostel dem Gerechten seinen Segen gibt und sagt: „Gott aber wird den Satan unter euren Füßen rasch zerschlagen.“ d Dieser Hammer ist ein Lebewesen, vielleicht wütet er gerade jetzt gegen uns und versucht, weil wir

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de eo pandimus et conteritur a nobis (neque enim confringitur tantum et non etiam conteritur per nos), confringere nos econtrario et conterere. Et multos quidem conterit, qui non attenderunt sibi neque omni custodia ser­ uauerunt cor suum.aVerum nos confidentes in Deo, credentes in Christo Dei filio, non timeamus Zabulum. Timor Dei facit nos non timentes Zabulum nihil ab eo perpeti, sed et dicere non tantum generaliter, uerum et de nobis ipsis: „Quomodo confractus est et contritus malleus uniuersae terrae?“ b Illo autem confracto et comminuto Babylon fit in exterminium, nec prius confusionis ciuitas dissipatur quam malleus uniuersae terrae confringatur et conteratur.Vnde admirabiliter et praeclaro ordine propheta usus est dicens: „Quomodo confractus est et contritus malleus uniuersae terrae? Quomodo facta est in exterminium Babylon?“ c Quod primum factum est, primum enarrauit; quod secundum, consequenter exposuit; et hoc oportet per singulos scripturarum obseruare sermones. Quando itaque fit in exterminium Babylon? Quando exterminatur omnis confusio de anima mea neque ulterius me confundit mors filii aut obitus uxoris, cum non est qui me irritet et prouocet ad tristitiam, ad iram, ad concupiscentiam, ad uoluptatem, quando maneo inconfusus adsumens rationem, quae me confirmet et roboret, tunc mihi accidit id, quod dictum est: „Facta est in exterminium Babylon“, hoc est uniuersa confusio. Fiunt autem ista, id est confringi et conteri malleum omnis terrae et demoliri Babylonem, cum gentes superponuntur malleo et Babyloni. Scriptum est enim: „In gentibus superponentur tibi“,d hoc est ii qui de gentibus sunt superponentur tibi, o Babylon, superponentur tibi, o mallee, ut confringaris et conteraris. Quando ista facta sunt? In aduentu Domini mei Iesu Christi, cum euangelium cunctis gentibus praedicatum est,e tunc superpositi sunt Pater et Filius et Spiritus Sanc|tus Babyloni et malleo uniuersae terrae, et impletum est hoc quod scriptum est: „In gentibus superponentur tibi, et capieris, a

Spr. 4,23

b

Jer. 27(50),23

c

Jer. 27(50),23

d

Jer. 27(50),23f.

e

Mt. 28,19

837 Das ist die Mahnung zur Selbstsorge, die Origenes, in Hier. hom. 18,3 (GCS Orig. 32,

154), seinen Zuhörern mit ganz ähnlichen Worten eingeschärft hat. Siehe dazu oben S. 435 Anm. 647, ferner S. 201 Anm. 192. 838 Für diese Etymologie des Namens ‚Babylon‘ siehe in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32, 170) und dazu oben S. 472 Anm. 727. 839 Origenes beschreibt hier das stoische Ideal der Ataraxie, der Unerschütterlichkeit des Weisen, wie Epiktet lieber sagte als Apathie: Pohlenz, Stoa I, 331 (dazu ebd. II, 140. 163); Forschner, Stoische Ethik 24. Dieses Ideal bildet auch für Origenes den Zielpunkt der ethischen Anstrengung: sel. in Ps. 1,1 (PG 12, 1085); 36,11 (12, 1317). Siehe dazu Völker, Vollkommenheitsideal 153–156 (der allerdings auf dem Unterschied des christlichen, auf Gottvertrauen gründenden Konzepts vom stoischen Ideal des Weisen insistiert); Hengstermann, Tugendbegriff 446f.; Fürst, OWD 7, 43–46.

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dies über ihn verbreiten und er von uns zerschlagen wird – er wird nämlich durch uns nicht nur zerbrochen und nicht auch zerschlagen –, im Gegenzug uns zu zerbrechen und zu zerschlagen. Er hat ja viele zerschlagen, die nicht auf sich aufgepasst und nicht in aller Wachsamkeit ihr Herz bewahrt haben.a837 Wir hingegen, da wir Gott vertrauen, da wir an Christus, Gottes Sohn, glauben, wollen den Teufel nicht fürchten. Die Gottesfurcht bewirkt, dass wir, weil wir den Teufel nicht fürchten, von ihm nichts erleiden, sondern nicht nur allgemein, sondern auch über uns selbst sagen: „Wie ist der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen worden?“ b Wenn jener aber zerbrochen und in Stücke geschlagen ist, kommt es zur Ausrottung von Babylon, und die Stadt der Verwirrung838 wird nicht zerstört, ehe der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen wird. In bewunderswerter Weise hat deshalb der Prophet eine hervorragende Reihenfolge eingehalten, wenn er sagt: „Wie ist der Hammer der ganzen Erde zerbrochen und zerschlagen worden? Wie ist es zur Ausrottung von Babylon gekommen?“ c Was zuerst geschehen ist, hat er zuerst erzählt; was an zweiter Stelle geschehen ist, hat er als Konsequenz daraus dargestellt – und das muss man bei allen einzelnen Aussagen der Schriften beachten.Wann ist es also zur Ausrottung von Babylon gekommen? Wenn jede Verwirrung aus meiner Seele ausgerottet wird und der Tod meines Sohnes oder das Sterben meiner Frau mich nicht mehr länger verwirren, wenn es niemanden gibt, der mich aufregt und in mir Traurigkeit, Zorn, Begierde, Lust erregt, wenn ich unerschütterlich bei der Vernunft bleibe, die mich bestätigt und bestärkt,839 dann widerfährt mir das, was gesagt ist: „Es ist zur Ausrottung von Babylon gekommen“, das heißt der allgemeinen Verwirrung. Dies aber geschieht, das heißt, der Hammer der ganzen Erde wird zerbrochen und zerschlagen und Babylon wird zerstört, wenn die Heidenvölker über den Hammer und Babylon kommen. Es steht nämlich geschrieben: „Unter den Heidenvölkern werden sie über dich kommen“,d840 das heißt, Leute aus den Heidenvölkern werden über dich, Babylon, kommen, über dich, du Hammer, kommen, damit du zerbrochen und zerschlagen wirst. Wann ist dies geschehen? Bei der Ankunft meines Herrn Jesus Christus,841 als das Evangelium allen Völkern verkündet worden ist,e da sind der Vater und der Sohn und der Heilige Geist über Babylon und den Hammer der ganzen Erde gekommen und hat sich erfüllt, was geschrieben steht: „Unter den Heidenvölkern werden sie über dich kommen, und du wirst eingenommen wer840 Entgegen der üblichen Satzabtrennung zwischen Jer. 27(50),23 und 24: Quomodo facta

est in exterminium Babylon in gentibus. Superponentur tibi, et capieris, Babylon … – „Es ist zur Ausrottung von Babylon unter den Völkern gekommen. Sie werden über dich herfallen, und du wirst eingenommen werden …“ zieht Origenes in gentibus zum folgenden Vers. 841 Zu dieser Anrede siehe oben S. 329 Anm. 439.

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Babylon, et non cognosces.“aVtinam caperetur Babylon et per singulos nostrum! Ex anterioribus autem potest intelligi captiuitas Babylonis, quando capta suffoditur, subuertitur, desolatur, ut nihil in nobis resideat confusionis. „Et capieris, Babylon, et non cognosces; inuenta es et comprehensa, quia Domino restitisti.“ b Ergone sola Babylon restitit Domino et non potius omnes gentes, dum creatore deserto idola ueneratae sunt, Domino restiterunt? An figuraliter dicit omnem animam contrariam Hierusalem, uisioni pacis, Babylonem esse? Vnde et sancti in Hierusalem, peccatores in Babylone erant. Et si peccabant Hierosolymitae, mittebantur in Babylonem et, si conuertebantur ad paenitentiam in Babylone consistentes, iterum regrediebantur in Hierusalem. Capitur ergo Babylon, et non cognoscit. Babylon legi quippe Dei non subicitur, neque enim potest,c et inuenta est Babylon et inuenta comprehensa est et ob id comprehensa est, cum inuenta est, quia Domino restitit. 3. Deinde exordium alterius capituli. „Aperuit Dominus thesaurum suum et protulit uasa irae suae, quia opus Domino uirtutum in terra Chaldaeorum, quoniam uenerunt tempora eius. Aperite apothecas eius, scrutamini eam quasi speluncam et disperdite eam, non sint eius reliquiae; exsiccate omnes fructus eius, et descendant in occisionem. Vae eis, quoniam uenit dies eorum, tempus uindictae eorum.“ dVolens intelligere hoc, quod dictum est: „Aperuit Dominus thesaurum suum et protulit uasa irae suae“,e quaero de alia scriptura uasa irae Dei et inuenio ad pleniorem comparationem istius scripturae scripturam apostolicam, ibique inuenio apostolum mihi subicientem, quae sint uasae irae Dei; ait enim: „Si autem uolens Deus ostendere iram suam | et notam facere potentiam suam protulit in multa patientia uasa irae praeparata ad perditionem, ut ostenderet diuitias gloriae suae super uasa misericordiae, quae praeparauit in gloriam, quos et uocauit nos non solum ex Iudaeis, uerum etiam ex gentibus.“ f Generaliter apostolus omnes homines diuisit bifariam dicens quosdam esse uasa misericordiae, quosdam uasa irae.Verbi gratia Pharao et Aegyptios uasa irae, rursus se, qui primus misericordiam consecutus est,g et hos, qui eo tempore de Iudaeis et gentibus crediderunt, uasa misericordiae nuncupauit. Sunt ergo in thesauro Dei uasa irae; scriptum est enim: a f

Jer. 27(50),23f. b Jer. 27(50),24 Röm. 9,22–24 g 2 Kor. 4,1

c

Röm. 8,7

d

Jer. 27(50),25–27

e

Jer. 27(50),25

23ff.  Cf. frg. 31(108) (GCS Orig. 3, 215) unten S. 614–617

842 Zu dieser Etymologie siehe in Hier. hom. 9,2 (GCS Orig. 32, 65) und 13,2 (32, 103)

und dazu oben S. 255 Anm. 296. 843 Zu diesem symbolischen Gegensatz von Jerusalem und Babylon, dessen Bewohner

jeder Mensch abwechselnd sein kann, siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 225–228.

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den, Babylon, und du wirst nicht erkennen.“a Würde doch Babylon auch bei jedem Einzelnen von uns eingenommen werden! Aus dem Vorausgehenden aber kann man erkennen, was die Einnahme von Babylon bedeutet, wenn es eingenommen und dann untergraben, umgestürzt und verwüstet wird, damit keine Verwirrung mehr in uns verbleibt. „Und du wirst eingenommen werden, Babylon, und du wirst nicht erkennen. Du wurdest gefasst und ergriffen, weil du dich dem Herrn widersetzt hast.“ b Hat sich also allein Babylon dem Herrn widersetzt oder haben sich nicht vielmehr alle Heidenvölker, da sie den Schöpfer verließen und Götterbilder verehrten, dem Herrn widersetzt? Oder wird mit einem Bild gesagt, dass jede Seele, die sich Jerusalem, der Schau des Friedens,842 entgegenstellt, Babylon ist? Deshalb waren auch die Heiligen in Jerusalem, die Sünder in Babylon. Und wenn die Bewohner von Jerusalem sündigten, wurden sie nach Babylon geschickt, und wenn sie sich während ihres Aufenthalts in Babylon zur Buße bekehrten, kehrten sie wieder nach Jerusalem zurück.843 Babylon wird also eingenommen, und es erkennt nicht. Babylon wird ja dem Gesetz Gottes nicht unterworfen und kann es auch nicht.c Und Babylon wurde gefasst, und einmal gefasst, wurde es ergriffen, und zwar deswegen ergriffen, als es gefasst wurde, weil es sich dem Herrn widersetzt hat. 3. Dann beginnt ein anderes Kapitel. „Der Herr öffnete seine Vorratskammer und holte die Gefäße seines Zorns heraus, denn der Herr der Mächte hat eine Aufgabe im Land der Chaldäer, weil ihre Zeiten gekommen sind. Öffnet ihre Speicher, durchforscht sie wie eine Höhle und richtet sie zugrunde, kein Rest soll von ihr bleiben! Lasst alle ihre Früchte vertrocknen, und sie sollen zur Schlachtung hinuntersteigen! Wehe ihnen, denn ihr Tag ist gekommen, die Zeit ihrer Bestrafung!“ d Weil ich die Aussage verstehen will: „Der Herr öffnete seine Vorratskammer und holte die Gefäße seines Zorns heraus“,e suche ich an anderen Schriftstellen nach Gefäßen des Zornes Gottes und finde eine mit dieser Schriftstelle vollkommen vergleichbare Schriftstelle beim Apostel, und dort finde ich, wie der Apostel mir beschreibt, was die Gefäße des Zornes Gottes sind. Er sagt nämlich: „Wenn aber Gott, da er seinen Zorn zeigen und seine Macht bekannt machen wollte, Gefäße des Zorns, die für das Verderben bestimmt waren, in großer Langmut ertragen hat, um den Reichtum seiner Herrlichkeit gegenüber den Gefäßen des Erbarmens zu offenbaren, die er zur Verherrlichung bestimmt hatte, zu denen er auch uns nicht nur aus den Juden, sondern auch aus den Heidenvölkern berufen hat.“ f Der Apostel teilt generell alle Menschen in zwei Gruppen ein, indem er sagt, manche seien Gefäße des Erbarmens, manche Gefäße des Zorns. Den Pharao und die Ägypter zum Beispiel nannte er Gefäße des Zorns, sich selbst andererseits, der zuerst Erbarmen erlangt hat,g und diejenigen, die zu dieser Zeit aus den Juden und Heidenvölkern zum Glauben kamen, Gefäße des Erbarmens. Es gibt also in der Vorratskammer Gottes Gefäße des Zorns. Es steht nämlich geschrieben: „Der Herr öffnete seine Vorratskammer und holte die

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„Aperuit Dominus thesaurum suum et protulit uasa irae suae.“a Quis est iste thesaurus Domini, in quo uasa irae inueniuntur? Aliquis forsitan quaerat, utrum in thesauro Domini tantummodo uasa irae sint et thesaurus Dei, qui est thesaurus omnium,b non habeat uasa misericordiae, an aliud quid intelligi oporteat de thesauro Dei, unde efferantur uasa irae eius. Thesaurum Domini ego confidens dicam esse ecclesiam eius et in isto thesauro, id est ecclesia, saepe homines latitare, qui sunt uasa irae.Veniet igitur tempus, quando aperiat Dominus thesaurum suum ecclesiam; nunc enim clausa est ecclesia et uasa irae cum uasis misericordiae inhabitant et paleae cum frumento sunt,c et pis­ ces perdendi ac proiciendi cum bonis piscibus, qui in rete inciderant, continentur.d Quam cum aperuerit iudicii tempore et pro|tulerit exinde uasa irae suae, dicet forsitan is, qui est uas misericordiae, de egredientibus uasis irae: „Exierunt ex nobis, non enim erant ex nobis; si enim fuissent ex nobis, mansissent utique nobiscum; sed ideo egressi sunt a nobis, ut ostenderentur, quia non erant omnes ex nobis.“ e In aliud quiddam cupit sermo prorumpere; quod autem audemus dicere, istiusmodi est. In thesauro Dei uasa irae sunt, extra thesaurum uasa peccantia non sunt uasa irae, sed uasis irae minora sunt. Serui enim sunt ignorantes uoluntatem Domini sui et non facientes uoluntatem eius;f qui autem ingreditur ecclesiam, aut uas irae est aut uas misericordiae. Qui foris ecclesiam est, neque misericordiae uas est neque irae. Aliud quoddam nomen eius inquiro, qui extra ecclesiam commoratur, et quomodo decerno confidens non esse eum uas misericordiae, sic econtrario ex rationis ueritate commotus aperte promo sententiam neque uas irae posse eum dici, sed uas in aliud quiddam reseruatum. Ergone potero de scripturis approbare nec misericordiae uas nec irae, ut et secunda expositio aliquid nobis utile in praesenti loco interponat et sane rursus audeat in id, quod iamdudum conatur, sermo prorumpere? Ait apos­ tolus: „In domo autem magna non sunt tantum uasa aurea et argentea, sed et lignea et fictilia, et alia quidem in honorem, alia porro in contumeliam. Si igitur quis mundauerit semetipsum ab his, erit uas in honorem, sanctificatum, utile Domino, ad omne opus bonum praeparatum.“ g Putasne, magna domus a

Jer. 27(50),25 2 Tim. 2,20f.

g

b

Kol. 2,3

c

Mt. 3,12; 13,29

d

Mt. 13,47f.

e

1 Joh. 2,19

f

Lk. 12,47f.

844 Mit diesem Erklärungsmodell versuchte man sich in der Alten Kirche von 1 Joh. 2,19

an die Entstehung von Schismen und Häresien zu erklären: Sie sind in der Kirche entstanden und daher ein Problem der Kirche, das man sich aber damit vom Leib halten will, dass man die Schismatiker und Häretiker als eigentlich nie wirklich zur Kirche gehörig auffasst: Brox, Art. Häresie 260–262. Origenes denkt im Folgenden aber nicht auf dieser häresiologischen Linie, sondern gibt dem Ganzen eine Deutung im Blick auf das individuelle Seelenheil. Die von der Kirche „Weggegangenen“ dürften daher die Sünder sein, die sich durch ihre Sünde den Zorn Gottes zuziehen. 845 Zu dieser für Origenes typischen Junktur siehe oben S. 481 Anm. 748.

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Gefäße seines Zorns heraus.“a Was ist diese Vorratskammer des Herrn, in der sich die Gefäße des Zorns befinden? Vielleicht könnte jemand fragen, ob es in der Vorratskammer des Herrn nur Gefäße des Zorns gibt und ob die Vorratskammer Gottes, die eine Vorratskammer für alles ist,b keine Gefäße des Erbarmens enthält oder ob man sich unter der Vorratskammer Gottes, aus der die Gefäße seines Zorns hervorgeholt werden, etwas anderes vorstellen muss. Voller Überzeugung möchte ich behaupten, dass die Vorratskammer des Herrn seine Kirche ist und dass in dieser Vorratskammer, das heißt der Kirche, oft Menschen verborgen sind, die Gefäße des Zorns sind. Es wird daher eine Zeit kommen, da der Herr seine Vorratskammer, die Kirche, öffnen wird, denn jetzt ist die Kirche verschlossen, und die Gefäße des Zorns wohnen darin zusammen mit den Gefäßen des Erbarmens, die Spreu mit dem Weizen,c und die Fische, die zu vernichten und wegzuwerfen sind, befinden sich darin zusammen mit den guten Fischen, die ins Netz gegangen sind.d Wenn er sie zur Zeit des Gerichts öffnen und die Gefäße seines Zorns daraus hervorholen wird, wird derjenige, der ein Gefäß des Erbarmens ist, über die herauskommenden Gefäße des Zorns vielleicht sagen: „Sie sind von uns weggegangen, denn sie waren nicht von uns. Wenn sie nämlich von uns gewesen wären, wären sie doch bei uns geblieben. Doch sind sie deswegen von uns weggegangen, damit an ihnen ersichtlich wurde, dass nicht alle von uns waren.“ e844 Meine Erörterung drängt mich dazu, noch zu einem anderen Gedanken vorzudringen. Was wir aber zu sagen wagen,845 ist von folgender Art: In der Vorratskammer Gottes befinden sich die Gefäße des Zorns, außerhalb der Vorratskammer sind die Gefäße der Sünde nicht zugleich Gefäße des Zorns, sondern etwas Geringeres als Gefäße des Zorns. Sie sind nämlich Diener, die den Willen ihres Herrn nicht kennen und seinen Willen nicht tun.f Wer aber in die Kirche eintritt, ist entweder ein Gefäß des Zorns oder ein Gefäß des Erbarmens. Wer außerhalb der Kirche ist, ist weder ein Gefäß des Erbarmens noch des Zorns. Ich suche eine andere Bezeichnung für den, der außerhalb der Kirche bleibt, und wie ich zuversichtlich erkläre, dass er kein Gefäß des Erbarmens ist, so bringt mich umgekehrt die Wahrheit der Vernunft dazu, offen meine Meinung zu äußern, dass er auch nicht als Gefäß des Zorns bezeichnet werden kann, sondern ein für etwas anderes aufbewahrtes Gefäß ist. Werde ich also aus den Schriften beweisen können, dass er weder ein Gefäß des Erbarmens noch des Zornes ist, so dass uns auch die zweite Auslegung an der vorliegenden Stelle etwas Nützliches bringt und die Erörterung gleich wieder zu dem vorzudringen wagt, woraufhin sie schon lange zielt? Der Apostel sagt: „In einem großen Haus aber gibt es nicht nur goldene und silberne Gefäße, sondern auch solche aus Holz und aus Ton, und die einen sind ehrenvoll, die anderen hingegen verächtlich. Wenn sich daher einer von diesen reinigt, wird er zu einem ehrenvollen Gefäß, geheiligt, dem Herrn nützlich, bereit zu jedem guten Werk.“ g Meinst du, das große Haus gibt es in der

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in praesenti est, et in ea sunt uasa in honorem et alia in contumeliam? An in illa quae futura est domo uasa quidem aurea et argentea, quae sunt in honorem, inuenientur uasa miseri|cordiae, reliqua autem, mediocres homines, qui extra id sunt, ut sint uasa irae seu misericordiae, hi poterunt iuxta quandam profundam dispensationem Dei uasa esse in magna domo, quae mundata non sunt, sed sunt uasa testea in contumeliam, attamen necessaria domui? Vide autem si ualuero et hoc ipsum exemplum ex alio scripturae testimonio comprobare. „Inhonoratus est“, inquit, „Iechonias, quasi uas cuius nulla est utilitas“;a non ait: [Non] est quidem eius utilitas, in contumeliam autem eius est utilitas; sed quia erat ex domo Dei et peccauit, in totum non est eius utilitas. Habeo et aliam scripturam, in qua dicitur de alio quodam peccatore: „Et erit quasi testa, in qua attrahes aquam pusillum, et in qua carbonem baiulabis.“ b Et rursum affirmat non necessarium penitus et ex omni parte esse uas inutile. Numquidnam ergo nos, qui in domo ista Dei sumus, quando aperire coe­ perit Dominus thesaurum suum, incipiemus mundari, si tamen fuerimus uasa misericordiae, proiectis uasis a nobis irae? An certe iam exordium est oportere nos satagere, non solum ut non simus uasa irae, sed ut etiam ea, quae uasa irae sunt, proiciantur a nobis? Tale enim quiddam est hoc, quod apostolus Paulus Corinthiis ait: „In totum auditur inter uos fornicatio, et talis fornicatio, quae nec in gentibus, ut uxorem quidam patris habeat; et uos inflati estis, et non magis planxistis, ut auferatur de medio uestrum, qui hoc opus gessit“,c quasi si dixerit: Aperto thesauro Dei egrediantur uasa irae suae; „aperuit“ siquidem „Dominus thesaurum suum et protulit uasa irae suae“.d Legi alicubi quasi saluatore dicente – et quaero, siue quis personam figurauit saluatoris siue in memoriam adduxit, an uerum sit hoc quod dictum est –, ait autem ibi saluator: „Qui iuxta me est, iuxta ignem est; qui longe est a me, longe est a regno.“ Vt enim qui iuxta me est, iuxta salutem est, ita et iuxta ignem est. Et qui audiens me et audita praeuaricans factus est uas irae paratum in perditionem,e | cum iuxta me est, iuxta ignem est. Si uero quis a

Jer. 22,28

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Jes. 30,14

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1 Kor. 5,1f.

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846 Nautin, SC 238, 322 Anm. 1, verweist hierzu auf Platon, Phaid. 113d, wo die Men-

schen, die ein mittelmäßiges Leben geführt haben, nicht verdammt werden, sondern einen Platz unterhalb der Gerechten erhalten, an dem sie sich reinigen und für ihre Verfehlungen büßen und dadurch erlöst werden können. 847 Was Origenes hier von allen Nicht-Christen sagt, die er nicht der kollektiven Verdammnis anheimfallen sieht, hat Athenagoras, res. 14,6 (p. 39 Marcovich), von den Kindern gesagt: Da sie weder gesündigt noch die Tugend praktiziert haben, werden sie nicht gerichtet, sind also weder Gefäße des Zorns noch des Erbarmens. 848 Dieses Agraphon ist im Thomasevangelium aus Nag Hammadi bezeugt: ev. Thom. 82 (NHC II,2 p. 47 [GCS N.F. 8, 177]), ferner etwas modifiziert im „Berliner Unbekannten Evangelium“ (PapBerol 22220 p. 107b): „Wer mir [nahe ist, der] ist dem Feuer nahe. Wer mir fern ist, der ist dem Leben fern“ (zit. aus GCS N.F. 8, 177 Anm. 170).

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Gegenwart, und in ihm sind ehrenvolle und verächtliche Gefäße? Oder werden sich in jenem künftigen Haus zwar goldene und silberne Gefäße, die ehrenvoll sind, als Gefäße des Erbarmens befinden, die übrigen aber, die mittelmäßigen Menschen,846 die sich noch außerhalb der Einteilung in Gefäße des Zorns oder des Erbarmens befinden, die werden nach irgendeinem tiefen Plan Gottes Gefäße im großen Haus sein können, die nicht gereinigt sind, sondern verächtliche, aber doch für das Haus erforderliche Gefäße aus Ton sind? Sieh aber, ob ich imstande bin, auch dieses Beispiel selbst mit einem anderen Zeugnis der Schrift zu stützen. „Entehrt worden ist“, heißt es, „Jojachin wie ein Gefäß, das keinen Nutzen hat.“a Es heißt nicht: Er ist zwar nützlich, doch sein Nutzen ist verächtlich, sondern weil er aus dem Hause Gottes war und sündigte, hat er überhaupt keinen Nutzen. Ich habe noch eine andere Schriftstelle, in der über einen anderen Sünder gesagt wird: „Und er wird wie eine Scherbe sein, mit der du nur ganz wenig Wasser schöpfen und in der du Kohle tragen wirst.“ b Wiederum bekräftigt die Schrift, dass das Gefäß nicht unbedingt gänzlich und in jeder Hinsicht unnütz ist.847 Werden nun also wir, die wir in diesem Haus Gottes sind, erst dann, wenn der Herr beginnt, seine Vorratskammer zu öffnen, anfangen uns zu reinigen, falls wir denn Gefäße des Erbarmens sind, von denen die Gefäße des Zorns verworfen worden sind? Oder müssten wir nicht jetzt den Anfang machen, uns eifrig zu bemühen, dass wir nicht nur keine Gefäße des Zorns sind, sondern auch, dass die, die Gefäße des Zorns sind, von uns verworfen werden? So etwas ist nämlich das, was der Apostel Paulus zu den Korinthern sagt: „Überhaupt hört man von Unzucht unter euch, und zwar von einer Unzucht, die es nicht einmal bei den Heiden gibt, dass einer die Frau seines Vaters hat. Und ihr seid aufgeblasen, anstatt vielmehr traurig zu sein, damit der aus eurer Mitte fortgeschafft wird, der so etwas getan hat“,c als hätte er gesagt: Wenn die Vorratskammer Gottes geöffnet ist, haben die Gefäße seines Zorns zu verschwinden! „Der Herr öffnete“ ja „seine Vorratskammer und holte die Gefäße seines Zorns heraus.“ d Irgendwo habe ich eine dem Erlöser zugeschriebene Aussage gelesen – und ich frage mich, sei es, dass jemand die Person des Erlösers hat auftreten lassen, sei es, dass er aus dem Gedächtnis zitiert hat, ob diese Aussage wahr ist –, jedenfalls sagt der Erlöser dort: „Wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe; wer mir fernbleibt, bleibt dem Königreich fern.“848 Wie nämlich, wer mir nahe ist, dem Heil nahe ist, so ist er auch dem Feuer nahe. Und wer mich hört und das Gehörte übertritt, ist ein Gefäß des Zorns geworden, bestimmt zum Verderben, e Vgl. Resch, Agrapha 98; Ropes, Sprüche Jesu 122; Harnack, Ertrag I, 20. Auf Griechisch ist es, vielleicht abhängig von Origenes, überliefert bei Didymus, expos. in Ps. 88,8 (PG 39, 1488): Ὁ ἐγγύς μου ἐγγὺς τοῦ πυρός· ὁ δὲ μακρὰν ἀπ᾽ ἐμοῦ μακρὰν ἀπὸ τῆς βασιλείας. Eine Variante zitiert Origenes, in Ios. hom. 4,3 (GCS Orig. 7, 311): Qui approximant mihi, approximant igni – „Die sich mir nähern, nähern sich dem Feuer.“

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Homilia Lat. I(III)

cauens, quoniam qui iuxta me est, iuxta ignem est, longe factus fuerit a me, ne iuxta ignem fiat, sciat talis quia longe futurus est et a regno. Et quomodo athleta, qui non est in agone conscriptus, neque flagella metuit neque exspectat coronam, qui autem semel nomen professus est, si uictus fuerit, uerberatur atque proicitur, si uero uicerit, coronatur, eodem modo qui ingressus est ecclesiam – o cathecumene, ausculta – qui accessit ad sermonem Dei, nihil aliud quam conscriptus est in certamine pietatis et conscriptus, si non legitime certauerit, caeditur flagellis, quibus non uerberantur hi, qui ne in principio quidem conscripti sunt. Si autem contenderit fortiter ad fugienda uerbera et contumelias, non solum iniuria liberabitur, sed et incorruptam gloriae accipiet coronam.a 4. „Opus Domino uirtutum in terra Chaldaeorum.“ b Iuxta diuersos intellectus terrenus locus multipliciter nominatur et, quomodo differenti inter se notione saluator plura habet uocabula, cum unus in subiacenti sit, uarius autem in uirtutibus, sic et propter malitiam generis humani terrena negotia, cum unum sint in subiacenti, intellectus diuersitate sunt plurima. Quod autem dico, sic fiet manifestius, cum exemplum, quod a saluatore adsumpsi, edisserens ad ea, quae sunt subiecta, explananda transcendero.Vnum subiacens est Domino meo Iesu saluatori. Hoc uno subiacente alio intellectu medicus est, iuxta quod scriptum est: „Non necesse habent sani medico, sed male habentes“,c alio intellectu pastor est,d secundum quod irrationabilibus praeest, alio intellectu rex,e secundum quod rationabilibus principatur, alio intellectu a 1 Kor. 9,25 19,14

b

Jer. 27(50),25

c

Mt. 9,12

d

Joh. 10,11.14 (vgl. Ez. 34,12)

e

Joh. 18,37;

849 Der Gedankengang beruht darauf, dass das Feuer als reinigende Kraft verstanden

wird, z.B. in Hier. hom. 20(19),8f. (GCS Orig. 32, 190–192); siehe dazu die Hinweise oben S. 152 Anm. 106. Wie der Zorn Gottes dient es „zum Verderben“, freilich nicht des Sünders, sondern der Sünden. Deshalb wird „ein Gefäß des Zorns, bestimmt zum Verderben“, wer mit seinen Sünden dem Feuer nahekommt. Wer sich dem aussetzt, wird dadurch erlöst – und es „bleibt dem Königreich fern“, wird also nicht erlöst, wer sich diesem reinigenden Feuer nicht aussetzen will. 850 Origenes wendet sich in seinen Predigten oft an die Katechumenen: in Lev. hom. 6,2 (GCS Orig. 6, 361); in Ios. hom. 9,9 (GCS Orig. 7, 355); in Ps. 36 hom. 1,5 (GCS Orig. 13, 124); in Ps. 76 hom. 3,5 (13, 339); in Hiez. hom. 6,5 (GCS Orig. 8, 383): „Passt auf, Katechumenen, hört zu!“; in Luc. hom. 7,8 (GCS Orig. 92, 46); 21,4 (92, 128); 27,6 (92, 135) sowie oben in Hier. hom. 4,3 (GCS Orig. 32, 25); 14,4 (32, 109); 18,8 (32, 162). Aus der vorliegenden Stelle kann man ersehen, dass für die Katechumenen in den frühchristlichen Gemeinden auch schon die Lebensregeln galten, an denen ein getaufter Christ sich zu orientieren hatte. 851 Zur Epinoiai-Lehre in den Jeremiahomilien vgl. in Hier. hom. 8,2 (GCS Orig. 32, 57), wo Origenes eine ganz ähnliche Beschreibung wie hier gibt, ferner ebd. 15,6 (32, 130); 17,4 (32, 147) und dazu oben S. 130 Anm. 55.

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

weil er mir nahe, dem Feuer nahe ist. Wenn sich hingegen einer davor hütet – denn wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe – und mir deshalb fernbleibt, um nicht dem Feuer nahe zu kommen, ein solcher soll wissen, dass er auch dem Königreich fernbleiben wird.849 Es ist wie beim Athleten: Wer sich nicht für den Wettkampf eingeschrieben hat, hat weder die Peitsche zu fürchten noch den Siegeskranz zu erwarten, wer aber einmal seinen Namen angegeben hat, wird geschlagen und niedergestreckt, wenn er besiegt wird, wenn er jedoch siegt, erhält er den Siegeskranz. Ebenso ist, wer in die Kirche eingetreten ist – höre gut zu, Katechumene!850 –, wer Zugang zum Wort Gottes hat, nicht anders als in den Wettkampf der Frömmigkeit eingeschrieben, und da er eingeschrieben ist, wird er, wenn er nicht nach den Regeln kämpft, mit Peitschen geschlagen, mit denen nicht geschlagen wird, wer sich zu Beginn auch nicht eingeschrieben hat. Wenn er aber tapfer kämpft, um den Schlägen und den Schmähungen zu entgehen, wird er sich nicht nur von Schaden freihalten, sondern darüber hinaus den unvergänglichen Siegeskranz der Herrlichkeit empfangen.a 4. „Der Herr der Mächte hat eine Aufgabe im Land der Chaldäer.“ b Je nach Sichtweise trägt ein Ort auf der Erde vielfach unterschiedliche Bezeichnungen, und wie, differenziert nach dem jeweiligen Aspekt, der Erlöser viele Namen hat, da er in seiner Substanz ein einziger, in seinen Wirkungen aber vielfältig ist,851 so sind wegen der Schlechtigkeit des Menschengeschlechts auch die irdischen Tätigkeiten, wenngleich sie in ihrer Substanz eins sind, je nach Sichtweise sehr viele unterschiedliche. Was ich damit aber meine, wird deutlicher werden, wenn ich nach der Erörterung des zum Erlöser angeführten Beispiels zur Erklärung der vorliegenden Fragen übergehe. Eine einzige Substanz liegt meinem Herrn Jesus,852 dem Erlöser, zugrunde. Auf der Basis dieser einen Substanz ist er in einer Hinsicht Arzt im Sinne der Schriftstelle: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“,c853 in anderer Hinsicht ist er Hirte,d sofern er unvernünftigen Lebewesen vorsteht,854 in anderer Hinsicht König,e sofern er über vernünftige Lebewesen herrscht,855 852 Zu dieser Anrede siehe oben S. 329 Anm. 439. 853 Zu Gott bzw. Christus als Arzt siehe unten in Hier. hom. lat. 2(2),6 (GCS Orig. 8,

295), ferner in Lev. hom. 8,1 (GCS Orig. 6, 393); philoc. 27,4f. (SC 226, 278–286); princ. II 10,6 (GCS Orig. 5, 179) über den „Arzt unserer Seelen“ (medicus anima­ rum nostrarum), „unseren Arzt, Gott“ (medicum nostrum deum), der zur Beseitigung der Schäden der Seele auch „schmerzhafte Behandlungen (poenalibus curis) anwendet“. Siehe dazu die umfassende Studie von Fernández, Cristo médico. 854 Vgl. dazu oben in Hier. hom. 5,6 (GCS Orig. 32, 36), ferner in Ioh. comm. I 27,190 (GCS Orig. 4, 35). 855 Vgl. in Ioh. comm. I 28,191 (GCS Orig. 4, 35). Zur Verbindung von Vernunft bzw. Weisheit mit dem König in der stoischen Güterlehre siehe SVF III 617–621, darunter Philon, migr. Abr. 197 (II p. 307 Cohn/Wendland); mut. nom. 152 (III p. 182 Cohn/Wendland).



314

Homilia Lat. I(III)

uitis uera, secundum quod inserti in eum homines uberrimos adferunt fructus et exculti a patre agricola pinguedinem uitis uerae ex unius radicis consortio adsumunt.a Iuxta alium intellectum sapientia est,b iuxta alium ueritas,c iuxta alium iustitia.d Verumtamen subiacens unum est. Quo|modo ergo in saluatore, uno subiacente, plurimi intellectus sunt diuersorum eius nominum, sic et terrena negotia iuxta subiacens quidem unum sunt, iuxta intellectum autem plurima. Frequenter allegorizantes Babylonem diximus negotia esse terrena, quae semper confusa sunt uitiis; Aegyptum similiter affligentia; Chaldaeorum uero terram ob id, quia plurima, quae geruntur in terris, stellis consecrent et siue peccatorum nostrorum siue uirtutum [eorum] quae accidunt nobis, ex earum motibus adserant fieri, eos esse diximus, qui talibus se persuasionibus dedicauerunt. Omnis igitur, qui his credit, in terra Chaldaeorum est. Si quis uestrum mathematicorum deliramenta sectatur, in terra Chaldaeorum est; si quis natiuitatis diem supputat et uariis horarum momentorumque ratiocinationibus credens hoc dogma suscipit, quia stellae taliter et taliter figuratae faciunt homines luxuriosos, adulteros, castos aut certe quodcumque eorum, iste in terra Chaldaeorum est. Iam quidam aestimant Christianos ex astrorum cursibus fieri; quotquot autem ista sapitis, quotquot dictis istis creditis, in terra Chaldaeorum estis. Comminans ergo Deus his, qui in terra Chaldaeorum sunt, his spiritaliter comminatur qui se ipsos genealogiis et fato consecrauerint, adserentes cuncta, quae inter mortales fiunt, aut ex astrorum motibus aut ex fati necessitate pendere. Sed Deus Abraham promouens ad meliora dixit ei: „Ego sum, qui te educo de terra Chaldaeorum.“ e Potens est enim Deus, qui etiam nobis tribuat, ut egrediamur de terra Chaldaeorum, et nullum alium absque eo esse credamus, qui dispensans uniuersa et regens uitam nostram pro qualitatibus meritorum accidentium diuersa moderetur. Neque enim micans aliquod sidus uel Phaetontis, ut aiunt, uel corrupti Catamia

Joh. 15,1f.

b

1 Kor. 1,24.30

c

Joh. 14,6

d

1 Kor. 1,30

e

Gen. 15,7

856 In Ioh. comm. VI 57, 292 (GCS Orig. 4, 165) bezeichnet Origenes Gott als „Winzer

des wahren Weinstocks“. Siehe dazu die Hinweise bei Fürst, OWD 7, 234 Anm. 63. Zu Christus als „wahrem Weinstock“ vgl. in Ioh. comm. I 30,205f. (GCS Orig. 4, 37). Zu diesen Epinoiai Christi siehe oben S. 358 Anm. 488. Zur Etymologie von Babylon als „Verwirrung“ siehe oben S. 472 Anm. 727. Diese Deutung ist biblischen Aussagen über Ägypten wie die in Ex. 1,11.13 entnommen. 861 Zur Kritik des Origenes an Astrologie und Schicksalsglaube siehe in Ios. hom. 5,6 (GCS Orig. 7, 320); 7,4 (7, 331); in Hiez. hom. 1,10 (GCS Orig. 8, 333); sel. in Hiez. 1,1 (PG 13, 769), ferner unten in Hier. frg. 49 (GCS Orig. 32, 223). Siehe dazu Bardy, Origène et la magie 128f.; Brox, Magie und Aberglaube 162; Monaci Castagno, Origene predicatore 131–133. 862 Nautin, SC 238, 330 Anm. 1, vermutet berechtigterweise, dass die Junktur pro qualita­ tibus meritorum wahrscheinlich κατ᾽ ἀξίαν übersetzt, das Rufinus in princ. II 9,6 (GCS

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in anderer Hinsicht wahrer Weinstock, sofern die in ihn eingepflanzten Menschen überaus reiche Frucht bringen und, vom Vater, dem Winzer856 gepflegt, aus der Teilhabe an der einen Wurzel das Mark des wahren Weinstocks empfangen.a857 In wieder anderer Hinsicht ist er Weisheit,b in anderer Wahrheit,c in anderer Gerechtigkeit.d858 Gleichwohl ist die zugrundeliegende Substanz eine einzige. Wie es also am Erlöser bei einer zugrundeliegenden Substanz sehr viele Aspekte gibt, die in seinen verschiedenen Namen zum Ausdruck kommen, so sind auch die irdischen Tätigkeiten der ihnen zugrundeliegenden Substanz nach zwar eins, je nach Hinsicht aber sehr viele. Oft haben wir bei der allegorischen Deutung gesagt, dass Babylon die irdischen Tätigkeiten bedeutet, die immer durch Laster verworren sind.859 In ähnlicher Weise steht Ägypten für Heimsuchungen.860 Das Land der Chaldäer aber sind deswegen, weil sie das meiste von dem, was auf Erden geschieht, den Sternen zuschreiben und behaupten, was uns, sei es in unseren Sünden, sei es in unseren Tugenden, widerfahre, geschehe aufgrund ihrer Bewegungen, diejenigen, so haben wir gesagt, die sich solchen Ansichten gewidmet haben. Jeder also, der dem Glauben schenkt, befindet sich im Land der Chaldäer. Wenn einer von euch dem Geschwätz der Astrologen folgt, befindet er sich im Land der Chaldäer.Wenn einer den Geburtstag errechnet und im Glauben an die zigfachen Berechnungen von Stunden und Minuten den Lehrsatz annimmt, dass die Sterne je nach dieser oder jener Konstellation bestimmen, ob Menschen verschwenderisch, ehebrecherisch, keusch oder was immer sonst werden, befindet er sich im Land der Chaldäer. Manche meinen sogar, Christ zu werden hänge vom Lauf der Gestirne ab. Doch wie viele auch immer von euch so denken, wieviele auch immer von euch solchen Aussagen Glauben schenken: Ihr seid im Land der Chaldäer. Wenn Gott also denen droht, die im Land der Chaldäer sind, droht er im geistigen Sinn denen, die sich selbst den Genealogien und dem Schicksal ausgeliefert haben, indem sie behaupten, alles, was unter den Sterblichen geschehe, hänge von den Bewegungen der Gestirne oder von der Notwendigkeit des Schicksals ab.861 Doch als Gott Abraham zum Besseren bewegen wollte, sagte er zu ihm: „Ich bin es, der dich aus dem Land der Chaldäer herausführt.“ e Denn Gott ist mächtig, auch uns zu gewähren, dass wir aus dem Land der Chaldäer herausgehen und an niemand anderen glauben außer an den, der bei der Einrichtung des Alls und der Leitung unseres Lebens entsprechend der Beschaffenheit unserer Verdienste862 das, was uns widerfährt, verschieden einrichtet. Denn nicht irgendein strahlender Stern noch der Stern des Phaethon,863 wie man sagt, oder des verkomOrig. 5, 171) mit pro meriti dignitate wiedergibt. Zum Verdienst-Begriff des Origenes, dass nämlich Gott „in Entsprechung“ zum Tun des Menschen agiert, siehe Fürst, OWD 7, 57–59. Vgl. auch in Hier. frg. 18 (GCS Orig. 32, 207). 863 Phaethon ist der Sohn des Sonnengottes Helios, der heimlich den Sonnenwagen seines Vaters besteigt, während der Fahrt über den Himmel aber Angst bekommt und

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Homilia Lat. I(III)

ti stella nostrorum causas continet negotiorum. Et iuxta unum quidem argumentum in terra Chaldaeorum est, qui supradictis ratiocinationibus credidit; iuxta aliud uero ascendit quis | super tecta et ueneratur militiam caeli.a Inuenimus autem in Hieremia multam et his comminationem, qui litant militiae caeli.b „Opus“ ergo „Domino uirtutum in terra Chaldaeorum, quia uenerunt tempora eius.“ c 5. „Aperite apothecas eius“,d manifestum quia terrae Chaldaeorum. Sunt autem apothecae Chaldaeorum doctrinae natiuitatum. „Scrutamini eam quasi speluncam et disperdite eam.“ e Qui respuit supputationes natalium, qui ueritatis sermone utitur aduersum eas, qui ostendit nihil eorum, quae mathematici dicunt, uerum esse, qui docet inscrutabilia iudicia Dei f nec ea posse ab hominibus comprehendi, qui adserit quia sidera non sunt causae eorum quae fiunt super terram, magis autem eorum, quae nobis Christianis accidunt, iste exsequitur praeceptum Domini dicentis: „Disperdite eam.“ Quid autem sit hoc, quod sequitur: „Non fiant eius reliquiae“,g quaerendum est. Ne aliqua, inquit, rescindatis Chaldaeorum, aliqua reseruetis; ob id iubeo, ne pusillum quidem relinquatis in ea. „Exsiccate omnes fructus eius.“ h Quis ita beatus est, ut possit exsiccare omnes fructus terrae Chaldaeorum? „Et descendant in occisionem.Vae eis, quia uenit dies eorum et est tempus uindictae eorum.“ i 6. Post haec rursum alterius capituli continentia: „Vox fugientium et resaluatorum de terra Babylonis, ad adnuntiandum a Domino Deo nostro in Sion uindictam.“ j De his nunc prophetat, qui mores patrios relinquentes et leges gentium et incredulitatem ueterem ueniunt ad sermonem Dei. Tale enim quiddam significatur in eo, quod dicit: „Vox fugientium et resaluatorum de terra Babylonis.“ Vtinam et uestra, o catechumini, uox fugientium esset de Babylone, fugientium uitia, | fugientium peccata. „Vox“ enim „fugientium et resaluatorum.“ Non sufficit fugere de terra Babylonis, sed et resaluari ex terra Babylonis ad adnuntiandum in Sion uindictam a Domino Deo nostro, ut fugientes de terra Babylonis ueniatis ad Sion, speculatorium, ecclesiam Dei, ad adnuntiandum in Sion, id est ecclesiam, uindictam a Domino Deo nostro. a

Zeph. 1,5 b Jer. 19,13 c Jer. 27(50),25f. d Jer. 27(50),26 e Jer. 27(50),26 Jer. 27(50),26 hJer. 27(50),27 i Jer. 27(50),27 j Jer. 27(50),28

g

f

Röm. 11,33

22ff.  Cf. frg. 32(109) (GCS Orig. 3, 215) unten S. 616f.

in die Tiefe stürzt. Der Name Phaethon wurde auch als Bezeichnung für die Planeten Juppiter (Cicero, nat. deor. II 52) oder Saturn (Hyginus, astr. II 42) verwendet: H. von Geisau, Art. Phaethon, in: KP 4 (1979) 689. 864 Die Entführung des schönen Jünglings Ganymedes durch Zeus, der ihn zu seinem Mundschenk macht, diente als mythologische und von den Kirchenvätern vielfach polemisch kritisierte Rechtfertigung der Knabenliebe: H. von Geisau, Art. Ganymedes, in: KP 2 (1979) 695f.

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menen Ganymedes864 birgt die Ursachen für unsere Handlungen. Und nach der einen Auslegung befindet sich im Land der Chaldäer, wer den oben genannten Berechnungen Glauben schenkt, nach einer anderen hingegen steigt jemand auf die Dächer und verehrt das Heer des Himmels.a Wir finden aber bei Jeremia viele Drohungen auch gegen die, die dem Heer des Himmels opfern.b „Der Herr der Mächte hat“ also „eine Aufgabe im Land der Chaldäer, weil seine Zeiten gekommen sind.“ c 5. „Öffnet ihre Speicher“,d offensichtlich die im Land der Chaldäer. Die Speicher der Chaldäer sind aber die Lehren des Horoskops. „Durchforscht sie wie eine Höhle und richtet sie zugrunde.“ e Wer die Berechnung des Horo­ skops ablehnt, wer das Wort der Wahrheit dagegen aufbietet, wer zeigt, dass nichts von dem, was die Astrologen sagen, wahr ist, wer lehrt, dass die Entscheidungen Gottes unerforschlich sind f und sie von den Menschen nicht erfasst werden können, wer behauptet, dass die Gestirne nicht die Ursachen für das sind, was auf Erden geschieht, besonders aber für das, was uns Christen widerfährt, der befolgt das Gebot des Herrn, der sagt: „Richtet sie zugrunde!“ Es ist aber auch zu fragen, was die folgende Aussage bedeutet: „Kein Rest soll von ihnen bleiben.“ gVernichtet nicht, sagt er, einen Teil der Lehre der Chaldäer und bewahrt einen anderen auf! Deshalb befehle ich euch, auch nicht das Geringste davon übrig zu lassen. „Lasst alle ihre Früchte vertrocknen.“ h Wer ist so glücklich, dass er alle Früchte aus dem Land der Chaldäer vertrocknen lassen kann? „Und sie sollen zur Schlachtung hinuntersteigen! Wehe ihnen, denn ihr Tag ist gekommen, und es ist die Zeit ihrer Bestrafung!“ i 6. Darauf folgt wiederum ein anderes Kapitel mit folgendem Inhalt: „Die Stimme von Leuten, die fliehen und sich aus dem Land Babylon retten, um in Zion die Vergeltung durch den Herrn, unseren Gott, zu verkünden.“ j Der Prophet prophezeit jetzt über die, die die Sitten der Väter, die Gesetze der Heidenvölker und den alten Unglauben verlassen und zum Wort Gottes kommen. Auf so etwas wird nämlich in der Aussage hingewiesen: „Die Stimme von Leuten, die fliehen und sich aus dem Land Babylon retten.“ Wäre doch auch eure Stimme, ihr Katechumenen,865 die Stimme von Leuten, die aus Babylon fliehen, die vor den Lastern fliehen, die vor den Sünden fliehen, „die Stimme“ nämlich „von Leuten, die fliehen und sich retten“! Es genügt nicht, aus dem Land Babylon zu fliehen, sondern man muss sich auch aus dem Land Babylon retten, um in Zion die Vergeltung durch den Herrn, unseren Gott, zu verkünden, damit ihr, wenn ihr aus dem Land Babylon flieht, zum Zion kommt, zum Wachtturm,866 zur Kirche Gottes, um in Zion, das heißt der Kirche, die Vergeltung durch den Herrn, unseren Gott, zu verkünden.

865 Siehe dazu oben S. 542 Anm. 850. 866 Zu dieser Etymologie von Zion siehe oben S. 209 Anm. 208.

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Homilia Lat. I(III)

„Vindictam populi eius denuntiate in Babylone multis, omni intendenti arcum.“a Significanter positum est „multis“; multi enim sunt, qui in Babylone sunt, in Hierusalem uero pauci. „Non enim idcirco“ ait „dilexit uos Dominus Deus uester, quia multi eratis; uos quippe estis pauci ab omnibus gentibus“,b et bene his, qui ex parte Dei erant, dictum est: „Pauci estis ab omnibus gentibus.“ Intellige porro et hoc: „Pauci qui saluantur“,c sed et illud: „Contendite intrare per angustam portam.“ d „In lata autem et patenti“ e „adnuntiate in Babylone multis, omni intendenti arcum: Non sit ex ea qui saluetur.“ f Dis­ perdite, interficite omnia Babylonis.g Nuper diximus de paruulis Babyloniis,h de uiris Babyloniis, de semine Babylonio.i Non sit ergo qui resaluetur Babylonis. „Retribuite ei iuxta opera eius, | secundum omnia, quae fecit, et facite ei, quia Domino restitit et aduersum Deum sanctum Istrahel.“ j Quamdiu habes in te cogitationes nequam resistentes pietati et fidei uerae, habes in te Babylonios. Sed fac uindictam et interfice omnes peccatores terrae, quae in te est, omnes Babylonios, ut possis mundatus Hierusalem transgredi ciuitatem Dei k in Christo Iesu, „cui est gloria et imperium in saecula saeculorum. Amen!“ l a

Jer. 27(50),29 b Dtn. 7,7 27(50),16 hPs. 136(137),9

c i

Lk. 13,23 d Lk. 13,24 e Mt. 7,13 f Jer. 27(50),29 g Jer. Jer. 27(50),16 j Jer. 27(50),29 k Hebr. 12,22 l 1 Petr. 4,11

2ff.  Cf. frg. 33(110) (GCS Orig. 3, 215f.) unten S. 616f.

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„Die Vergeltung für sein Volk kündigt vielen in Babylon an, jedem, der den Bogen spannt.“a Bezeichnenderweise steht da: „vielen“; viele sind es nämlich, die in Babylon sind, wenige aber in Jerusalem. „Denn nicht deswegen“, heißt es, „hat euch der Herr, euer Gott, geliebt, weil ihr viele wart; verglichen mit allen Völkern seid ihr ja wenige“,b und zutreffend ist zu d­ enen, die auf der Seite Gottes waren, gesagt worden: „Verglichen mit allen Völkern seid ihr wenige.“ Verstehe zudem auch dies: „Wenige sind es, die gerettet werden“,c aber auch jenes: „Bemüht euch, durch das enge Tor einzutreten.“ d „Im weiten und breiten Tor aber“ e „kündigt vielen in Babylon an, jedem, der den Bogen spannt, dass aus ihm niemand gerettet wird.“ f Vernichtet, tötet alles in Babylon! g Neulich haben wir über die babylonischen Kinder,h über die babylonischen Männer, über den babylonischen Samen i gesprochen.867 Niemand also soll aus Babylon gerettet werden. „Vergelte ihm nach seinen Taten, gemäß allem, was es getan hat, und handelt an ihm, weil es sich dem Herrn widersetzt hat, wider Gott, dem Heiligen Israels.“ j Solange du nichtswürdige Gedanken in dir hast, die der Frömmigkeit und dem wahren Glauben widerstreiten, hast du die Babylonier in dir. Doch vollziehe die Vergeltung und töte alle Sünder der Erde, die in dir ist,868 alle Babylonier, damit du gereinigt nach Jerusalem, die Stadt Gottes,k hineingehen kannst in Christus Jesus. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ l

867 Origenes weist auf eine vorausgehende Predigt hin, die aber nicht erhalten ist. Ein

Rest seiner Auslegung hat sich in Hier. frg. 26 (GCS Orig. 32, 211f.) zu Jer. 27(50),16 erhalten. 868 Vgl. dazu in Hier. hom. 8,1 (GCS Orig. 32, 55); 8,2 (32, 57f.); 11,2 (32, 79).

GCS Orig. 8, 290

De eo quod scriptum est: „Fugite de medio Babylonis“ usque ad eum locum, in quo ait: „Approximauit usque ad caelum iudicium eius, eleuauit usque ad sidera.“a

HOMILIA Lat. II(II)

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1. Quomodo corpus nostrum in aliquo terrae loco consistit, eodem modo etiam anima secundum statum suum in aliquo connuncupatiuo terrae loco est. Quod dico, sic fiet manifestius. Corpus nostrum aut in Aegypto est aut in Babylone aut in Palaestina aut in Syria aut certe ubicumque. Similiter et anima in aliquo eiusdem cum terra nominis loco est, alia in Babylone, alia in Aegypto, alia in Ammanitarum regione; et sic sacratim secundum sententiam scripturarum pro qualitate uitae locorum diuersitate distinguitur. In Babylone est, quando confunditur, quando turbatur, quando pace deserta bella sustinet passionum, quando tumultus malitiae circa eam fremit; tunc, ut diximus, in Babylone est, et ad istam animam prophetalis sermo dirigitur dicens: „Fugite de medio Babylonis et resaluate unusquisque animam suam.“ b Donec enim quis in Babylone est, saluari non potest. Qui etiamsi ibi recordatus | fuerit Hierusalem, ingemiscit et dicit: „Quomodo cantabimus canticum Domini in terra aliena?“ c Et quia impossibile est in Babylone constitutum Deo organis canere – otiosa quippe ibi sunt organa hymnorum Dei –, propterea dicitur per prophetam: „Super flumina Babylonis, ibi sedimus et fleuimus, dum recordaremur Sion; in salicibus in medio eius suspendimus organa nostra.“ d Suspensa sunt organa nostra, quamdiu in Babylone sumus, in salicibus fluminum Babylonis. Si autem uenerimus in Hierusalem, in locum uisionis pacis, organa, quae ante otiosa pendebant, tunc adsumuntur in manibus, tunc iugiter citharizamus et non est tempus, quando non laudemus Deum per organa, quae habemus in manibus. Igitur, ut dicere coeperamus, semper anima in aliquo connuncupatiuo terrae loco est; et sicut peccatoris in Babylone, sic econtrario iusti in Iudaea. Verumtamen iuxta qualitatem uitae et fidei etiam in ipsa Iudaea locis inter se a

Jer. 28(51),6–9

b

Jer. 28(51),6

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Ps. 136(137),4

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Ps. 136(137),1f.

869 Zur Etymologie von Babylon als „Verwirrung“ siehe oben S. 472 Anm. 727. 870 Zu dieser Etymologie von Jerusalem siehe oben S. 255 Anm. 296.

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Über den Schrifttext: „Flieht aus der Mitte Babylons“, bis zu der Stelle, wo es heißt: „Bis zum Himmel hinauf reicht sein Strafgericht, bis zu den Sternen ist es erhoben.“a

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1. Wie sich unser Körper an einem bestimmten Ort der Erde befindet, in derselben Weise ist auch die Seele ihrem Zustand entsprechend an einem bestimmten, nach dem Land benannten Ort. Was ich meine, wird folgendermaßen deutlicher werden. Unser Körper befindet sich in Ägypten oder in Babylon oder in Palästina oder in Syrien oder irgendwo anders. Ähnlich befindet sich auch die Seele an einem bestimmten Ort, der den gleichen Namen wie das Land trägt, die eine in Babylon, eine andere in Ägypten, eine andere im Gebiet der Ammoniter. Und so unterscheiden sich die Seelen nach der Aussage der Schriften auf geheimnisvolle Weise durch die ihrer Lebensführung entsprechenden unterschiedlichen Orte. Die Seele ist in Babylon, wenn sie verwirrt,869 wenn sie erschüttert wird, wenn sie den Frieden verloren und den Kampf gegen die Leidenschaften auszuhalten hat, wenn der Lärm der Bosheit sie umtost. Dann ist sie, wie gesagt, in Babylon, und an diese Seele richtet sich das prophetische Wort, wenn es sagt: „Flieht aus der Mitte Babylons, und jeder Einzelne errette seine Seele!“ b Solange nämlich jemand in Babylon ist, kann er nicht gerettet werden. Auch wenn er sich dort an Jerusalem erinnert, seufzt er und sagt: „Wie sollen wir das Lied des Herrn in einem fremden Land singen?“ c Und da es unmöglich ist, wenn man sich in Babylon befindet, mit Musikinstrumenten zu Gott zu singen – denn die Instrumente für das Lob Gottes sind dort nicht in Gebrauch –, deswegen wird durch den Propheten gesagt: „An den Flüssen Babylons, dort saßen wir und weinten, während wir an Zion dachten. An den Weiden in seiner Mitte hängten wir unsere Instrumente auf.“ d Solange wir in Babylon sind, hängen unsere Instrumente an den Weiden der Flüsse von Babylon. Wenn wir aber nach Jerusalem kommen, an den Ort der Schau des Friedens,870 dann nehmen wir die Instrumente, die zuvor ungebraucht dahingen, in die Hand, dann spielen wir ununterbrochen Zither, und es gibt keine Zeit, zu der wir Gott nicht mit den Instrumenten loben, die wir in der Hand haben. Daher befindet sich, wie wir zu Beginn gesagt haben, die Seele immer an einem bestimmten, nach dem Land benannten Ort, und wie die des Sünders in Babylon ist, so ist im Gegensatz dazu die des Gerechten in Judäa. Gleichwohl werden die Seelen entsprechend ihrer Lebensführung und ihrem Glau-

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uariis separatur. Siue enim in Dan est, quae extremae partes Iudaeae sunt, siue in superioribus paululum melioribusque locis quam Dan, siue in mediis finibus Iudaeae, siue circa Hierusalem et est omnium beatissima, quae in media Hierusalem urbe consistit. Qui uero peccator est et nimiis sceleribus oppressus, hic in Babylone est. Hoc modico minor et necdum usque ad summum peccatorum culmen ascendens in Aegypto et in partibus Aegypti commoratur. Et sicuti qui in Iudaea sunt non aequalia cuncti possident loca – alius quippe in Hierusalem est, alius in Dan, alius in Nephtalim, alius in finibus Gad –, sic, cum in Aegypto omnes sint, non aequales Aegypti partes incolunt; alius in Taphni, alius in Memphi, alius in Syene, alius in Bubasti habitat.a Quae loca propheta Ezechiel plena mysteriis uoce testatur, nomina quoque partium Aegypti exponens, de quibus si quis lector fuerit spiritalis diiudicans omnia et ipse a nullo diiudicatus,b non solum maiores re|giones allegorizabit ueluti Iudaeam et Aegyptum et Babylonem, sed particulas quoque terrae. Et quomodo in Iudaea Hierusalem et Bethlehem ceterasque eius ciuitates, ita in Aegypto legens Diospolim, Bubaston, Taphnim, Memphim, Syenem, pro intellectu rerum figurabit. „Quis sapiens et intelleget ista? Aut quis intelligens et cognoscet ea?“ c Quis saltem in interiori sensu constitutus agnoscere pot­ erit uoluntatem, quam Sancti Spiritus habent litterae? 2. Verum nunc aliud propositum est, quid his, qui in Babylone sunt, Dei sermone praecipiatur: „Fugite de medio Babylonis.“ d Non gradatim, non pedetentim, sed cum uelocitate, cum cursu fugite; hoc est enim fugere. „Fugite de medio Babylonis.“ Quicumque confusam habetis animam a uariorum passione uitiorum, ad uos sermo dirigitur; et mihi quoque id ipsum iubetur, siquidem adhuc in confusione sum mentis et ideo in Babylone sum. Quid ergo praecipit Deus? Non dicit: Exite de medio Babylonis – hoc enim potest fieri et gradatim –, sed: „Fugite de medio Babylonis.“ Ego et in eo, quod dicitur „de medio“, rationem quaero sermonis. Potest quippe euenire, ut aliquis in Babylone sit, sed cum in extremis eius finibus commoretur, quodammodo extra Babylonem esse uideatur. Aliud autem est in medietate Babylonis consistere, ut ex omni parte aequale sit spatium et ita in umbilico eius quasi in medio cordis animalis habitet. Sicuti enim animalis medietas cor est a

Ez. 30,13–18

b

1 Kor. 2,15

c

Hos. 14,10

d

Jer. 28(51),6

871 Vgl. in Ios. hom. 25,1 (GCS Orig. 7, 452), wo von Dan als ultimus die Rede ist. 872 Vgl. dazu ausführlicher princ. IV 3,9 (GCS Orig. 5, 335–337). 873 Zum Heiligen Geist als Autor der biblischen Schriften siehe princ. IV 2,2 (GCS

Orig. 5, 308); philoc. 7,2 (SC 302, 328); in Num. hom. 26,3 (GCS Orig. 7, 247); in Regn. hom. graec. 4 (GCS Orig. 32, 286); ferner in Hier. hom. 19,1(18,11) (GCS Orig. 32, 166), dazu oben S. 464 Anm. 699. Zur „Intention“ der Schrift siehe oben S. 110 Anm. 5 und S. 526 Anm. 826.

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ben auch in Judäa selbst auf untereinander verschiedene Orte aufgeteilt. Sie befindet sich nämlich entweder in Dan, in einem Gebiet an den äußersten Grenzen Judäas,871 oder in ein wenig höher liegenden und besseren Gegenden als Dan oder in der Mitte Judäas oder in der Nähe von Jerusalem, und die glücklichste von allen Seelen ist die, die sich mitten in der Stadt Jerusalem befindet. Wer aber ein von allzu vielen Untaten belasteter Sünder ist, der befindet sich in Babylon. Wer ein etwas kleinerer Sünder als dieser ist und noch nicht den Gipfel der Sünden erklommen hat, der wohnt in Ägypten und in Teilen von Ägypten. Und wie diejenigen, die in Judäa sind, nicht alle die gleichen Orte innehaben – einer ist nämlich in Jerusalem, einer in Dan, einer in Naphtali, einer in den Gegenden von Gad –, so wohnen nicht alle in den gleichen Teilen von Ägypten, obwohl alle in Ägypten sind. Einer wohnt in Tachpanhes (Taphnes), einer in Memphis, einer in Syene, einer in Pi-Beset (Bubastos).a Diese Orte bezeugt der Prophet Ezechiel mit einem geheimnisvollen Ausdruck, als er die Namen auch der Teile von Ägypten darlegt, von denen ein Leser, wenn er ein geistiger Mensch ist, der alles beurteilt und selbst von niemandem beurteilt wird,b nicht nur die größeren Regionen wie Judäa, Ägypten und Babylon allegorisch auslegen wird, sondern auch die kleineren Teile eines Landes.872 Und wenn er wie in Judäa von Jerusalem und Betlehem und seinen übrigen Städten, so in Ägypten von Diospolis, Pi-Beset, Tachpanhes, Memphis und Syene liest, wird er sie je nach Einsicht in den Sachverhalt im übertragenen Sinn auffassen. „Wer ist weise und wird dies verstehen? Oder wer ist verständig und wird dies erkennen?“ c Wer wird wenigstens in seinem inneren Sinn die Intention erkennen können, die die Texte des Heiligen Geistes enthalten?873 2. Doch jetzt stellt sich eine andere Frage, und zwar, warum denen, die in Babylon sind, vom Wort Gottes befohlen wird: „Flieht aus der Mitte Babylons!“ d Nicht allmählich, nicht Schritt für Schritt, sondern flieht schnell, eilig! Das bedeutet nämlich ‚fliehen‘. „Flieht aus der Mitte Babylons!“ An alle unter euch, die ihr eine von der Leidenschaft der verschiedenen Laster verworrene Seele habt, richtet sich diese Aussage. Und auch mir wird dasselbe befohlen, falls sich denn mein Geist noch in Verwirrung und ich mich deshalb in Babylon befinde. Was also befiehlt Gott? Er sagt nicht: Geht weg aus der Mitte Babylons – das könnte man nämlich auch allmählich machen –, sondern: „Flieht aus der Mitte Babylons!“ Ich suche auch eine Erklärung dafür, dass „aus der Mitte“ gesagt wird. Es kann ja vorkommen, dass sich jemand in Babylon befindet, doch, da er sich an seinen äußersten Grenzen aufhält, irgendwie außerhalb von Babylon zu sein scheint. Etwas anderes aber ist es, in der Mitte von Babylon zu sein, so dass die Entfernung nach allen Seiten gleich ist und er so gleichsam in seinem Nabel wie in der Herzensmitte eines Lebewesens wohnt.Wie nämlich die Mitte eines Lebewesens das Herz ist und im Evangelium nach Lukas die Mitte der Erde als Herz der Erde bezeichnet

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et in euangelio secundum Lucam cor terraea medietas terrae nominatur, sic mihi uidetur et in Ezechiele dictum: „In corde maris“ b posita Tyrus et nunc peccatores „de medio Babylonis“, hoc est de corde eius, fugere debere. „Fugite“ ergo „de medio Babylonis“,c ut medietatem Babylonis deserentes in finibus eius incipiatis esse, non in medio. Quod si cui uidetur obscurum, sic fiet manifestius. Qui ualde demersus in uitiis, hic medius Babylonis habitator est; qui uero paulatim relinquens malum et naturam suam ad meliora con­ uertens non tam coeperit uirtutes possidere quam cupere, iste, licet ex medio fugerit Babylonis, tamen necdum de Babylone discessit. Secun|dum istius modi expositiones decet sacras litteras credere ne unum quidem apicem d habere uacuum sapientia Dei. Qui enim mihi homini praecipit dicens: „Non apparebis ante conspectum meum uacuus“,e multo plus ipse hoc agit, ne aliquid uacuum loquatur. Ex plenitudine eius accipientes f prophetae ea, quae erant de plenitudine sumpta, cecinerunt et idcirco sacra uolumina spiritum plenitudinis spirant, nihilque est siue in prophetia, siue in lege, siue in euangelio, siue in apostolo, quod non a plenitudine diuinae maies­tatis descendat. Quamobrem spirant hodieque in scripturis sanctis plenitudinis uerba. Spirant autem his, qui habent et oculos ad uidenda caelestia et aures ad audienda diuina et nares ad ea quae sunt plenitudinis sentienda. 3. Haec dixi, quia non sit simpliciter positum: Fugite de Babylone, sed cum additamento necessario: „Fugite de medio Babylonis.“ „Et resaluate ­unusquisque animam suam.“ g Primum oportet fugere de medio Babylonis, deinde singulos animas suas resaluare, cum fugerint. Neque uero dixit: saluate, sed: resaluate. Appositio syllabae significat sacramentum: Quia quondam gustantes salutem et de ea propter peccata postea corruentes uenerimus ad Babylonem. Cuius rei causa oportet unumquemque resaluare animam suam, ut incipiat recuperare quod perdidit, secundum apostolum Petrum ita dicentem: a

Mt. 12,40 b Ez. 27,4 1,16 g Jer. 28(51),6

c

Jer. 28(51),6

d

Mt. 5,18; Lk. 16,17

e

Ex. 23,15; 34,20

10ff.  Cf. frg. P 2 aus philoc. 1,28 (GCS Orig. 3, 195f.) unten S. 576f. mit Del und einigen Handschriften saluare Bae

f

Joh.

26  resaluare Nt

874 Der Begriff „Herz der Erde“ steht nicht im Lukas-, sondern im Matthäusevangelium.

Solche Verwechslungen unterlaufen dem aus dem Gedächtnis zitierenden Origenes manchmal. Siehe dazu Fürst, OWD 7, 207 Anm. 9. Siehe auch oben S. 482 Anm. 750. 875 Von hier ab gibt es zu diesem Absatz ein griechisches Fragment in der Philokalie: philoc. 1,28 (SC 302, 202) = in Hier. frg. P 2 (GCS Orig. 32, 195f.), unten S. 576f. Aus dem Textvergleich ergibt sich, dass Hieronymus die Jeremiahomilien sehr zuverlässig übersetzt hat. 876 Siehe dazu unten S. 576 Anm. 7. 877 Zu dieser „Fülle“ siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 312. 351.

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wird,a874 so scheint es mir auch bei Ezechiel zu heißen: „Im Herzen des Meeres“ b liegt Tyrus und müssen jetzt die Sünder „aus der Mitte Babylons“, das heißt aus seinem Herzen, fliehen. „Flieht“ also „aus der Mitte Babylons“,c damit ihr, indem ihr die Mitte von Babylon verlasst, anfangt, an seinen Grenzen zu sein, nicht in seiner Mitte.Wenn dies aber jemandem unklar erscheint, wird es auf folgende Weise deutlicher werden. Wer tief in Lastern versunken ist, der ist ein Bewohner der Mitte von Babylon, wer aber, da er allmählich das Böse verlässt und seine Natur zum Besseren verändert, nicht so sehr damit begonnen hat, die Tugenden zu besitzen, als vielmehr, nach ihnen zu streben, der ist zwar aus der Mitte von Babylon geflohen, hat aber Babylon noch nicht verlassen. Derartigen Auslegungen entsprechend ziemt es sich875 zu glauben, dass es in den heiligen Texten nicht ein einziges Häkchen d gibt, das leer ist, das heißt keine Weisheit von Gott enthält.876 Denn wer mir, einem Menschen, befiehlt und sagt: „Du sollst vor meinem Angesicht nicht leer erscheinen“,e achtet seinerseits noch viel mehr darauf, nichts Leeres zu sagen. Da sie aus seiner Fülle empfangen haben,f verkündeten die Propheten das, was sie der Fülle entnommen hatten, und deswegen duften die heiligen Bände nach dem Geist der Fülle und gibt es nichts in der Prophetie oder im Gesetz oder im Evangelium oder beim Apostel, das nicht der Fülle der göttlichen Majestät entstammt. Deswegen duften noch heute die heiligen Schriften nach Worten der Fülle.877 Sie duften aber für die, die Augen haben, um das Himmlische zu sehen, und Ohren, um das Göttliche zu hören, und Nasen, um das, was aus der Fülle stammt, zu riechen.878 3. Dies habe ich gesagt, weil nicht einfach dasteht: Flieht aus Babylon, sondern mit einer notwendigen Ergänzung: „Flieht aus der Mitte Babylons!“ „Und jeder Einzelne errette seine Seele!“ g Zuerst muss man aus der Mitte Babylons fliehen, danach müssen die Einzelnen ihre Seelen erretten, nachdem sie geflohen sind. Er heißt aber nicht: rettet, sondern: errettet. Die Hinzufügung einer Silbe weist auf ein Geheimnis hin: Weil wir einst das Heil gekostet haben und aus ihm wegen der Sünden später herausgefallen sind, sind wir nach Babylon gekommen. Aufgrund dessen muss jeder Einzelne seine Seele erretten, um nach dem Wort des Apostels Petrus anzufangen, das 878 Hinter diesem Hinweis auf die drei Sinne des Sehens, Hörens und Riechens steht

die Theorie der geistigen Sinne, die Origenes in verschiedenen Schriften ausführlich entwickelt. Vgl. bes. princ. I 1,9 (GCS Orig. 5, 27); IV 4,10 (5, 364); dial. 15–24 (SC 672, 88–102); in Ps. 36 hom. 1,4 (GCS Orig. 13, 121–124); in Cant. comm. I 4,10–20 (OWD 9/1, 154–160); II 9,12–14 (9/1, 282); in Matth. comm. ser. 63f. (GCS Orig. 11, 145–151); in Luc. frg. 186 (GCS Orig. 92, 305–307); Cels. I 48 (GCS Orig. 1, 98); VII 34 (2, 185). Siehe zu dieser Theorie Rahner, Doctrine des cinq sens spirituels; Fürst, Θεία αἴσθησις; ferner für diese Theorie in der Hoheliedauslegung des Origenes ders., OWD 9/2, 29–35.

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„Reportabimus finem fidei salutem animarum, de qua salute exquisierunt et scrutati sunt prophetae, qui propter nostram gratiam prophetauerunt.“a Verumtamen in nobis est fugere de Babylone, et in nostra est positum potestate, si uelimus resuscitare quod corruit. 4. Tertium mandatum est: „Et ne proiciamini in iniquitate eius.“ b Cum quis fuerit in iniustitia Babylonis et non egerit paenitentiam, tunc consequens est ut proiciatur. Obserua uero scripturam, quomodo, licet ex Hebraea lingua in Graecum sit translata sermonem, nihilominus, quantum recipere potest differentias uerborum, significanter | expresserit. Dicit quippe in alio loco: „Elegi abiectus esse in domo Domini“ c et non ait: proiectus. In praesenti autem non posuit: Et ne abiciamini in iniustitia eius, sed: „Ne proiciamini in iniustitia eius.“ dAliud est enim proici, aliud abici. Quod enim in despectione est et neglectum, hoc non proicitur, sed abicitur; quod uero foris est penitus a salute et a beatitudine alienum, hoc proicitur. Quod quidem et in alio loco declarat scriptura diuina dicens: „Duces populi mei proicientur ex domo deliciarum suarum, propter pessimas uoluntates suas.“ e „Cleri enim eorum non proderunt eis.“ f Et tu ipse poteris congregare, sicubi in scripturis proiectionis et abiectionis nomen inueneris, ut ex comparatione uerborum magis possis confidens ferre sententiam, quia dispensatio prouidentiae, etiamsi non magnopere curauit, ut disertitudinem, quae in Graeco sermone laudatur, Graece interpretando sequeretur, curauit tamen ea quae significantia sunt exhibere et differentiam eorum explanare dilucide his qui scripturas diligentissime perscrutantur. a

1 Petr. 1,9f.

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Jer. 28(51),6

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Ps. 83(84),11

d

Jer. 28(51),6

e

Mich. 2,9

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Jer. 12,13

879 Das „Geheimnis“, das Origenes im Verbum resaluare, wörtlich „wieder heilen“, in der

Vorsilbe re- entdeckt, ist offensichtlich einerseits die Präexistenz der Seele, aus der sie „wegen der Sünden später herausgefallen“ ist (siehe dazu Tripolitis, Doctrine of the Soul 89–136; Crouzel, Origène 267–284; Harl, Préexistence des âmes), andererseits und vor allem die Apokatastasis, die „Wiederherstellung“ (siehe dazu oben S. 371 Anm. 524) oder hier, mit 1 Petr. 1,9, die „Wiedererlangung“ (reportare) des „Heils der Seelen“ (salus animarum). 880 Es ist kennzeichnend für den emphatischen Freiheitsgedanken des Origenes, dass er nach der Erwähnung der Gnade im Zitat aus 1 Petr. 1,9f. sich sogleich bemüßigt fühlt, die Willensfreiheit des Menschen (in nobis est ist das stoische ἐφ᾿ ἡμῖν) zu betonen. Heil gibt es für Origenes nicht, ohne dass der Mensch sich seinerseits dafür anstrengt, wie er in den Jeremiahomilien immer wieder hervorhebt: siehe bes. oben S. 192 Anm. 173, S. 422 Anm. 625 und S. 439 Anm. 654. 881 In Hier. hom. 11,3 (GCS Orig. 32, 80f.) legt Origenes Jer. 12,13 als polemische Aussage gegen die kirchlichen Amtsträger aus, die ihren Pflichten nicht ordentlich nachkommen. 882 Der Satz führt zu mehreren interessanten Beobachtungen, zunächst zur Arbeitsweise des Origenes, aus der gesamten Bibel die Stellen mit jeweils gleichlautenden Begrif-

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wieder zu bekommen, was er verloren hat: „Wir werden das Ziel des Glaubens, das Heil der Seelen, wiedererlangen. Nach diesem Heil haben die Propheten gesucht und geforscht, die über die uns zukommende Gnade prophezeit haben.“a879 Gleichwohl liegt es an uns, aus Babylon zu fliehen, und steht es in unserer Macht, ob wir wieder aufrichten wollen, was gefallen ist.880 4. Die dritte Anweisung lautet: „Und lasst euch nicht in seinem Unrecht verwerfen!“ b Wenn sich jemand im Unrecht Babylons befindet und keine Buße tut, dann ist die Folge, dass er verworfen wird. Beachte jedoch, wie die Schrift, obwohl sie aus der hebräischen Sprache in das Griechische übersetzt worden ist, nichtsdestotrotz, soweit sie die Unterschiede zwischen den Begriffen wiedergeben kann, einen prägnanten Ausdruck gewählt hat. An einer anderen Stelle sagt sie nämlich: „Ich wählte mir aus, im Hause des Herrn verlegt zu sein“,c und sagt nicht: verworfen. An der vorliegenden Stelle aber steht nicht: Und lasst euch nicht in seiner Ungerechtigkeit verlegen, sondern: „Lasst euch nicht in seiner Ungerechtigkeit verwerfen.“ d Das eine ist es nämlich, verworfen, etwas anderes, verlegt zu werden.Was nämlich geringgeachtet und vernachlässigt wird, wird nicht verworfen, sondern verlegt. Was jedoch ganz außerhalb des Heils und der Seligkeit fremd ist, das wird verworfen. Die göttliche Schrift erklärt dies noch an einer anderen Stelle, wenn sie sagt: „Die Führer meines Volkes werden wegen ihrer abscheulichen Gelüste aus ihren Luxushäusern hinausgeworfen werden.“ e „Denn ihre Ämter werden ihnen nicht nützen.“ f881 Auch du selbst könntest Stellen sammeln, an denen du in den Schriften die Ausdrücke ‚Verwerfen‘ und ‚Verlegen‘ findest, um aus dem Vergleich der Begriffe mit mehr Sicherheit das Urteil abgeben zu können, dass die Einrichtung der Vorsehung, auch wenn sie sich nicht sehr stark darum kümmerte, dass sich die griechische Übersetzung nach der in der griechischen Sprache gerühmten Beredsamkeit richtete, dennoch dafür sorgte, den prägnanten Sinn der Begriffe zum Ausdruck zu bringen und den Unterschied zwischen ihnen für diejenigen klar darzulegen, die die Schriften sehr sorgfältig erforschen.882 fen zu sammeln, um deren exakte Bedeutung zu eruieren, wie im vorliegenden Beispiel auch durch Vergleich mit ähnlichen Begriffen. Zum zweiten notiert er gleichsam nebenbei, dass das Griechisch der Septuaginta nicht den ausgefeilten Regeln der klassischen griechischen Spache folgt; das ist zum einen eine zutreffende Beobachtung und passt zum anderen zu seiner Reserve gegen die Rhetorik (siehe dazu unten S. 562 Anm. 892). Drittens geht Origenes davon aus, dass die Begriffe in der Septuaginta in ihrer prägnanten Bedeutung und in ihrer Unterscheidung von ähnlichen Begriffen durchweg im gleichen Sinn und absichtsvoll verwendet sind – was ein grundlegender Schlüssel für seine Exegese ist. Darin impliziert ist viertens die Annahme, dass auch die griechische Übersetzung inspiriert ist. Und schließlich ist all das Expertenwissen für die Leute, die sich mit höchster Sorgfalt, wie Origenes sie immer wieder einfordert, der Erforschung der Schriften widmen (siehe dazu oben S. 207 Anm. 205).

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5. „Ne proiciamini in iniquitate“ Babylonis, „quia tempus uindictae eius est a Domino.“a Miro sensu supplicia dicit irrogari propter eius qui ea patitur ultionem. Quando enim quis non uindicatur, relinquitur impunitus. Frequenter dixisse me memini id quod in duodecim prophetis scriptum est: „Et non uisitabo super filias uestras quando fornicantur, et super nurus uestras, quando adulterant.“ b Non ergo, ut quidam aestimant, Deus peccatores punit iratus, sed, si sic expedit loqui, magna ira est a Deo tormenta non perpeti. Qui enim punitur, etiamsi ab ea quae uocatur Dei ira corripitur, ad hoc punitur, ut emendetur. „Domine“, ait Dauid, „ne in ira tua arguas me, neque in furore tuo corripias me.“ c Sed etiamsi argues, argue „nos in iudicio et non in furore“,d dixit Hieremias. Inuenies autem etiam ex repromissione Dei in quosdam correptionem dari in eo, cum peccantibus Christi filiis poena promittitur, misericordia non denegatur. Scriptum est: | „Si dereliquerint filii eius legem meam et in iudiciis meis non ambulauerint, si iustitias meas profanauerint et mandata mea non custodierint, uisitabo in uirga facinora eorum et in flagellis iniquitates eorum; misericordiam autem meam non dispergam ab eis.“ e Ista considerans uide quomodo necdum poena dignus sit, qui usque in praesens tempus committit scelera nec punitur. Visitatio quippe Dei per uisitati tormenta monstratur; qui autem peccans corripitur, nescio quid ei excurrat ex poena. Haec propter hoc quod scriptum est: „Quia tempus uindictae eius a Domino est.“ f 6. Sequitur: „Retributionem ipse retribuet ei.“ g Non per ministros retribuet Babyloni Deus, sed ipse retribuet, quod meretur.Volo quiddam dicere in additamento pronominis in eo, quod scriptum est „ipse“; ait enim: „Retributionem ipse retribuet ei.“ Non omnibus Deus ipse restituit, quae merentur, sed sunt quidam, quibus per alios restituit, siue puniens eos, siue medicans per dolorem, ut in psalmis continetur: „Misit in eos furorem irae suae, furorem et iram et angustiam, immissionem per angelos pessimos.“ h His non ipse restituit, sed ad retributionem illorum ministris usus est angelis pessimis; et aliis forsitan non per malos reddit, sed per bonos, ut eis, qui pro sceleribus punia

Jer. 28(51),6 Jer. 28(51),6

g

b h

Hos. 4,14 c Ps. 6,2 Ps. 77(78),49

d

Jer. 10,24

e

Ps. 88(89),31–33

f

Jer. 28(51),6

883 Vgl. in Ex. hom. 8,5 (GCS Orig. 6, 230); philoc. 27,4 (SC 226, 280). 884 So schon oben in Hier. hom. 6,2 (GCS Orig. 32, 48f.), ferner in Ex. hom. 8,5 (GCS

Orig. 6, 229f.). 885 Zum „sogenannten Zorn Gottes“ siehe ausführlich oben in Hier. hom. 20(19),1

(GCS Orig. 32, 176f.), dazu S. 487 Anm. 760. 886 Zum pädagogischen Sinn von Strafe siehe oben S. 276 Anm. 336. 887 Die Einfügung von non vor corripitur durch Nautin, SC 238, 348, ist nicht nötig und

sogar falsch: Während es im Satz davor um den Sünder geht, der noch nicht bestraft

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5. „Lasst euch nicht im Unrecht“ Babylons „verwerfen, denn es ist die Zeit ihrer Bestrafung durch den Herrn.“a Mit wunderbarem Sinn heißt es, dass die Strafen wegen der Bestrafung dessen verhängt werden, der sie erleidet. Denn wenn jemand nicht bestraft wird, bleibt er ungestraft. Ich erinnere mich, oft das zitiert zu haben,883 was bei den zwölf Propheten geschrieben steht: „Und ich werde eure Töchter nicht heimsuchen, wenn sie Unzucht treiben, noch eure Schwiegertöchter, wenn sie Ehebruch begehen.“ b Es ist also nicht so, wie manche meinen, dass Gott in seinem Zorn die Sünder bestraft, sondern – wenn es hilfreich ist, mich so auszudrücken – der große Zorn besteht darin, von Gott keine Qualen zu erleiden.884 Denn wer bestraft wird, auch wenn er vom sogenannten Zorn Gottes885 gezüchtigt wird, wird dazu bestraft, dass er sich bessert.886 „Herr“, sagt David, „weise mich nicht in deinem Zorn zurecht und züchtige mich nicht in deinem Grimm.“ c Vielmehr, auch wenn du züchtigst, züchtige „uns im Recht und nicht im Grimm“,d hat Jeremia gesagt. Du wirst aber auch finden, dass manche aufgrund einer Verheißung Gottes bestraft werden, und zwar darin, dass den sündigen Söhnen Christi eine Strafe verheißen, das Erbarmen aber nicht verwehrt wird. Es steht geschrieben: „Wenn seine Söhne mein Gesetz verlassen und nicht nach meinen Beschlüssen wandeln, wenn sie meine Rechtsbestimmungen entweihen und meine Gebote nicht beachten, werde ich mit der Rute ihre Missetaten heimsuchen und mit Geißeln ihre Untaten, mein Erbarmen aber werde ich nicht von ihnen abziehen.“ e Wenn du dies betrachtest, erkenne, wie noch nicht der Strafe würdig ist, wer bis in die Gegenwart Untaten verübt und nicht bestraft wird. Die Heimsuchung Gottes zeigt sich ja an den Qualen dessen, der heimgesucht wird. Wer aber sündigt und gezüchtigt wird,887 für den weiß ich nicht, was sich aus der Strafe ergeben wird. Dies zu der Schriftstelle: „Denn es ist die Zeit ihrer Bestrafung durch den Herrn.“ f 6. Es folgt: „Er selbst wird an ihm Vergeltung üben.“ g Nicht durch ­Diener wird Gott Babylon vergelten, sondern er selbst wird ihm vergelten, was es verdient. Ich will etwas zur Hinzufügung des Pronomens „selbst“ sagen, das da steht. Es heißt nämlich: „Er selbst wird an ihm Vergeltung üben.“ Nicht allen vergilt Gott selbst, was sie verdienen, sondern es gibt manche, denen er durch andere vergilt, sei es, dass er sie bestraft, sei es, dass er sie durch Schmerz heilt, wie in den Psalmen festgehalten wird: „Er sandte gegen sie den Grimm seines Zorns, Grimm und Zorn und Drangsal, eine Sendung durch sehr böse Engel.“ h Ihnen hat nicht er selbst vergolten, sondern zu ihrer Vergeltung hat er sich Diener, der sehr bösen Engel, bedient. Und anderen vergilt er vielleicht nicht durch schlechte, sondern durch gute Engel, zum Beispiel denen, wird, geht es jetzt um die Strafe für den Sünder und deren Wirkung, von der Origenes sagt, dass er sie nicht kennt (oder jedenfalls nicht darauf eingehen will). Smith, FaCh 97, 265 mit Anm. 29, übernimmt die Verneinung daher zu Recht nicht.

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untur; multaque istiusmodi similia, si scripturas scruteris, inuenies. Est autem, quando ministrorum officio refutato retributionem Deus ipse restituit, ut nunc Babyloni. Timeo quiddam obscuri in loco manifesto interponere, quod mihi uidetur latere, si taceam; uerumtamen audendum est saltem pauca per­ stringere. Quando sunt uulnera facilia et prompta curatio, medicus mittit ser­ uum suum, mittit discipulum, ut per eum languentem medicetur; neque enim magna sunt uulnera. Euenit quoque aliquotiens, ut sectionis et ferri indigeat, qui sanatur; attamen non ipse medicus pergit ad curam, sed eligens unum ex discipulis, qui curare ualeat, eo utitur ministro. Quando uero insanabiles plagae sunt et in emortua carne alta putredo contabuit et in tantum mala ualetudo est, ut non serui uel discipuli, qui iam prope eum per scientiam artis | accessit, sed ipsius magistri manibus indigeat, tunc ipse magnus medicus praecinctus lumbos ad sectionem taeterrimi uulneris concitatur. Similiter itaque quando sunt minora peccata, non restituit Deus ipse peccantibus, sed aliis utitur ministris; quando uero per merita sua ingens hominem aegritudo comprehendit, ut nunc Babylonem, quae grauibus propriae malitiae est confossa uulneribus, tunc ad retributionem Deus ipse festinat. Simile quiddam huic, si requiris, inuenies et de Hierusalem, quae ei acciderunt post prophetas ob id, quia insidiata sit Christo. Sic finita est primi capituli continentia. 7. Videamus et cetera: „Calix aureus Babylon in manu Domini inebrians omnem terram; a uino eius biberunt gentes, propter hoc commotae sunt gentes, et subito cecidit Babylon et contrita est.“a Nabuchodonosor uolens decipere homines per calicem Babylonis dolosum non miscuit in uase fictili, quam parabat potionem, sed neque in paulo meliore, ferreo et aereo uase uel stanneo et quod ista praecellit argenteo, uerum eligens uas aureum in eo poculum temperauit, ut quis uidens decorem auri, dum radiantis metalli pulchritudine delectatur et totus oculis haeret in specie, non consideret, quid intrinsecus latitet, et accipiens calicem bibat nesciens calicem Nabuchodonosor. Intelliges autem calicem aureum in praesenti nominatum, si animaduertas a

Jer. 28(51),7f.

26ff.  Cf. frg. 36(113) (GCS Orig. 3, 216f.) unten S. 618f.

888 Die Bestrafung hierbei ist mehr oder weniger dieselbe, ob sie nun durch gute oder

durch böse Engel vollzogen wird: Blanc, L’angélologie d’Origène 106 mit Anm. 4, mit Bezug auf Rahner, Origène sur la pénitence 88 Anm. 177. 889 Zu solchen ‚Wagnissen‘ siehe oben S. 481 Anm. 748. 890 Eine griechische Parallele zu dieser lateinischen Junktur, die Origenes unten in Hier. hom. lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8, 301) noch einmal verwendet, steht in Hier. frg. 37 (GCS Orig. 32, 217). Zum Ausdruck „Chefarzt“, den Origenes, in Hier. hom. 18,5 (GCS Orig. 32, 156), und andernorts verwendet, siehe oben S. 442 Anm. 658.

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die für Verbrechen bestraft werden.888 Und wenn du die Schriften durchforschst, wirst du viele ähnliche Stellen dieser Art finden. Es kommt aber auch vor, dass Gott, wenn das Wirken der Diener zurückgewiesen wird, die Vergeltung selbst übt, wie nunmehr an Babylon. Ich fürchte, dass in dem klaren Text etwas Unklares steckt, das, so scheint mir, verborgen bleibt, wenn ich schweige. Man muss gleichwohl wagen,889 es wenigstens mit ein paar Worten zu streifen. Wenn die Wunden leicht sind und die Heilung rasch möglich, schickt der Arzt seinen Diener, schickt er einen Schüler, damit der Kranke durch ihn behandelt wird, denn es handelt sich nicht um schwere Wunden. Manchmal kommt es auch vor, dass der Patient eine Operation mit dem Messer braucht. Dennoch eilt nicht der Arzt selbst zur Behandlung, sondern wählt einen aus seinen Schülern aus, der sich auf die Behandlung versteht, bedient sich also seiner Dienste. Wenn hingegen die Wunden unheilbar sind und sich im abgestorbenen Fleisch eine tiefgehende Fäulnis ausgebreitet hat und die Krankheit dermaßen schwer geworden ist, dass nicht die Hände eines Dieners oder eines Schülers, der mit seinem Wissen und Können schon an den Arzt heranreicht, sondern die des Lehrers selbst erforderlich sind, dann eilt der große Arzt890 selbst mit gegürteten Lenden zur Operation der schrecklichen Wunde. Auf ähnliche Weise also vergilt nicht Gott selbst den Sündern, wenn es sich um kleinere Sünden handelt, sondern bedient sich anderer Diener. Wenn hingegen ein Mensch durch eigene Schuld von einer schweren Krankheit befallen wird, wie nunmehr Babylon, das von den schweren Wunden der eigenen Bosheit zerfressen ist, dann eilt Gott selbst zur Vergeltung. Etwas dem ähnliches wirst du, wenn du nachforschst, auch über Jerusalem finden, was ihm nach den Propheten deswegen widerfahren ist, weil es einen Anschlag auf Christus verübt hat.891 Damit ist der Inhalt des ersten Abschnitts abgeschlossen. 7. Wir wollen uns auch das Weitere anschauen: „Ein goldener Becher war Babylon in der Hand des Herrn, da er die ganze Erde berauschte.Von seinem Wein haben die Heidenvölker getrunken; deswegen wurden die Heidenvölker erschüttert, und plötzlich ist Babylon gefallen und zerschmettert worden.“a Als Nebukadnezzar die Menschen durch den trügerischen Becher Babylons täuschen wollte, goss er den Trank, den er bereitete, nicht in ein Gefäß aus Ton, aber auch nicht in ein etwas wertvolleres, in ein Gefäß aus Eisen und aus Bronze oder Zinn und, was noch besser ist, aus Silber, sondern wählte ein Gefäß aus Gold, um darin den Trank zu mischen, damit jeder, der den Glanz des Goldes sieht, indem er sich an der Schönheit des funkelnden Metalls ergötzt und mit den Augen ganz am äußerlichen Schein hängt, nicht bemerkt, was sich drinnen verbirgt, und so den Becher nimmt und aus ihm trinkt, ohne zu wissen, dass es der Becher Nebukadnezzars ist. Den an der vorliegenden Stelle erwähnten goldenen Becher aber wirst du verstehen, 891 Zu diesem Vorwurf gegen die Juden siehe oben S. 269 Anm. 322.

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Homilia Lat. II(II)

pessimorum dogmatum uerba mortifera qualem habeant compositionem sermonum, qualem decorem eloquentiae, qualem rerum diuisionem, et cognoscas quomodo unusquisque poetarum, qui putantur apud suos disertissimi, calicem aureum temperauerit et in calice aureo uenenum | iniecerit idolatriae et uenenum turpiloquii, uenenum eorum quae animam hominis interimunt dogmatum, uenenum falsi nominis scientiae. Sed meus Iesus econtra fecit; sciens enim aureum calicem Zabuli et praecauens ne aliquis ad fidem suam ueniens suspicaretur etiam Christi talem esse calicem, qualem reliquerat, et per similitudinem materiae formidaret errorem, ideo curauit, ut haberemus „thesaurum istum in uasis fictilibus“.a Saepe uidi aureum calicem in pulchro sermonis ornatu et dogmatum uenena considerans deprehendi calicem Babylonis. 8. „Calix aureus Babylon in manu Domini.“ b Non est semper calix aureus Babylon; cum autem uenerit ad uindictam et in manu Domini posita fuerit, tunc efficietur terra, quae quondam tacta est in Iob.c Neque uero iugiter in manu Domini continetur, sed ultionis tantum tempore, cum coeperit ei Dominus restituere quod meretur, tunc in manu eius fiet „inebrians omnem terram“.d Iste calix aureus Babylon inebriauit omnem terram. Quomodo autem uniuersam terram inebriauerit, facile scies, si consideraueris omnes homines ebrios. Inebriamur ira, inebriamur tristitia, inebriamur et mente excedimus amore, concupiscentiis et uana gloria. Quanta pocula temperauerit, quot ebrietatis porrexerit calices, quid necesse est dicere? 9. „Calix aureus Babylon inebrians omnem terram.“ e Animaduerte omnem terram plenam esse peccatis, et non quaeres, quomodo Baby|lon omnem terram inebriauerit. Sed si forte uideris iustum ebrium non esse de calice peccatorum, noli putare scripturam esse mentitam, quae dixerit: „inebrians omnem terram“, cum iste non inebrietur a Babylone et tamen consistat in a

2 Kor. 4,7

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Jer. 28(51),7

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Ijob 2,5

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Jer. 28(51),7

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Jer. 28(51),7

892 Mit ähnlich drastischen Worten wertet Origenes die antike Literatur und Rhetorik

oft ab, etwa anlässlich der Auslegung von Jos. 7,21 in Ios. hom. 7,7 (GCS Orig. 7, 334f.). Siehe dazu Neuschäfer, Origenes als Philologe 255–257; Fürst, Origenes 58–65. Mit der letzten Bemerkung überträgt er diese Abwertung auch auf gnostische Häretiker, denn die Gnosis wurde seit 1 Tim. 6,20 durchweg als „fälschlich so genannte Erkenntnis“ disqualifiziert. Siehe dazu unten S. 591 Anm. 38. 893 Zu dieser für Origenes typischen Anrede siehe oben S. 329 Anm. 439. 894 Schon Baehrens, GCS Orig. 8, 297 app. test., vermerkt, dass „Hieronymus die Stelle nicht glücklich übersetzt hat“. Aus in Hier. frg. 36 (GCS Orig. 32, 217) geht hervor, dass es um „die Hand des Herrn“ geht, „die einst Ijob berührte“. Nautin, SC 238, 355 Anm. 1, nimmt an, dass das griechische Manuskript, das Hieronymus vorlag, γῇ ἁψαμένῃ (womit das Wort ‚Erde‘ dasteht) an Stelle von τῇ ἁψαμένῃ (was sich auf die Hand bezieht) enthalten hat. 895 Man könnte wie Nautin, SC 238, 354 (ebenso Smith, FaCh 97, 268), das Zitat dieses Kolons aus Jer. 28(51),7 auch als eigenen Satz vom vorherigen abtrennen und als Auf-

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wenn du bemerkst, was die todbringenden Worte der schlechtesten Lehren für ein elegantes Satzgefüge haben, was für eine Schönheit in der Ausdrucksweise, was für eine thematische Ordnung, und wenn du erkennst, wie jeder Einzelne der Dichter, die bei den Ihren für ausgesprochen wortgewandt gehalten werden, einen goldenen Becher angefertigt und in den goldenen Becher das Gift der Götzendienerei und das Gift der unzüchtigen Worte hin­ eingegossen hat, das Gift der Lehren, die die Menschenseele töten, das Gift der fälschlich so genannten Erkenntnis.892 Doch mein Jesus893 hat das Gegenteil getan. Da er nämlich um den goldenen Becher des Teufels wusste und verhindern wollte, dass einer, der zum Glauben an ihn kommt, argwöhnte, auch der Becher Christi sei ein solcher wie der, den er aufgegeben hatte, und aufgrund der Ähnlichkeit des Materials Angst vor einer Täuschung hatte, deswegen sorgte er dafür, dass wir „diesen Schatz in Gefäßen aus Ton“ haben.a Oft habe ich einen goldenen Becher im schönen Schmuck der Rede gesehen und durch die Betrachtung des Giftes in den Lehren erkannt, dass es der Becher Babylons war. 8. „Ein goldener Becher war Babylon in der Hand des Herrn.“ b Babylon ist nicht immer ein goldener Becher. Wenn es aber zur Bestrafung kommen und er in die Hand des Herrn gelegt werden wird, dann wird er zu Erde werden, die einst in Ijob berührt wurde.c894 Er befindet sich jedoch nicht ständig in der Hand des Herrn, sondern nur während der Zeit der Bestrafung, wenn der Herr anfängt, ihm zu vergelten, was er verdient, nur dann wird er in seiner Hand sein, „da er die ganze Erde berauschte“.d895 Dieser goldene Becher Babylon hat die ganze Erde berauscht. Wie er aber die gesamte Erde berauscht hat, wirst du leicht erkennen, wenn du alle Menschen in ihrem Rausch betrachtest. Wir sind berauscht von Zorn, wir sind berauscht von Traurigkeit, wir sind berauscht und unser Verstand ist besessen von Liebe, Begierden und eitler Ruhmsucht.896 Wieviele Becher Babylon gefüllt hat, wieviele Becher der Trunkenheit es dargereicht hat – muss man das wirklich ausführen? 9. „Ein goldener Becher war Babylon, da er die ganze Erde berauschte.“ e Betrachte, wie voll die ganze Erde von Sünden ist, und du wirst nicht fragen, wie Babylon die ganze Erde berauscht hat. Doch wenn du möglicherweise siehst, dass der Gerechte nicht vom Becher der Sünden berauscht ist, meine nicht, die Schrift habe gelogen, als sie sagte: „da er die ganze Erde berauschte“, weil dieser nicht von Babylon berauscht wird und sich dennoch auf der taktzitat für die folgenden Erklärungen sehen. Wenn man das Partizip inebrians hier aber mit einer bestimmten Logik (nämlich als Begründung) mit dem Vorhergehenden verknüpft, ergibt auch die Texteinteilung von Baehrens, GCS Orig. 8, 297, einen guten Sinn. 896 In Lev. hom. 7,1 (GCS Orig. 6, 372f.) beschreibt Origenes ausführlich, in welch verschiedenen Formen der menschliche Geist berauscht sein kann.

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Homilia Lat. II(II)

terra. Audi quia iustus non sit terra; omnem autem terram inebriat calix iste aureus, iustus uero cum sit super terram, conuersationem in caelis habet.a Et propter hoc non conuenit ulterius iusto dici: „Terra es et in terram ibis.“ b Sed si necesse est audenter loqui, dicit iusto Deus adhuc consistenti super terram: Caelum es, et in caelum ibis; portat enim imaginem caelestis.c Igitur ut concludam, calix aureus inebriat omnem terram, id est omnes ab eo inebriamur, quamdiu terra sumus. 10. „A uino eius biberunt gentes, propter hoc commotae sunt.“ d Sicut in his, qui bibunt istum, qui in usu est, uini liquorem, si super sitim et super mensuram biberint, uidemus ebrii corpus motum, uacillantes pedes, caput ac tempora praegrauata, os dissolutum, linguam significantem sermones ebrii et haerentibus labiis uerba praecisa, similiter est uidere eos, qui de calice aureo biberint Babylonis, quomodo moueantur, quomodo instabiles gressu sint, quomodo debilitata mente et fluctuante cogitatu nihil firme teneant, sed semper in turbationibus agantur incerti. Quamobrem scriptura diuina de istius modi hominibus in alio loco ita ait: „Propterea commoti sunt.“ e Interponamus aliquid mysterii, quid de peccatore dicatur Cain, quod egressus a facie Dei habitauit in terra Naid contra Edem.f Naid in Graeca lingua inter|pretatur commotio. Qui enim derelinquit Deum, qui deserit sensum de eo iugiter cogitandi, iste in terra Naid hodie quoque habitat, id est in turbatione mali cordis, et in mentis commotione consistit. 11. „Biberunt gentes, propterea commotae sunt; et subito cecidit Babylon et contrita est.“ g Quando repente cecidit Babylon? Videtur mihi prophetare consummationem mundi subito futuram; quomodo enim diebus diluuii com­edebant et bibebant, emebant et uendebant, plantabant et aedificabant, donec uenit diluuium et tulit omnes et subito uenit inundatio – similiter autem et in diebus Loth –,h sic et consummatio mundi non per partes fiet, sed a

Phil. 3,20 b Gen. 3,19 c 1 Kor. 15,49 Jer. 28(51),7f. hMt. 24,38f.; Lk. 17,28

g

d

Jer. 28(51),7

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Ps. 47(48),6

f

Gen. 4,16

23ff.  Cf. frg. 35(112) (GCS Orig. 3, 216) unten S. 618f. 897 Zu dieser Ausdrucksweise siehe oben S. 481 Anm. 748. 898 Vgl. oben in Hier. hom. 8,2 (GCS Orig. 32, 57f.). 899 Zu dieser Etymologie von Babylon siehe in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32,

170); lat. 1(3),2 (GCS Orig. 8, 308) und dazu oben S. 472 Anm. 727. 900 Hieronymus gibt hier wörtlich den griechischen Text des Origenes wieder, der die

Bedeutung von Nod natürlich in der griechischen Sprache erklärt hat. Für seine lateinische Übersetzung hätte Hieronymus zum Wort commotio eigentlich in Latina lingua schreiben müssen. 901 Vgl. Philon, Cher. 12 (I p. 172f. Cohn/Wendland): „Nod bedeutet übersetzt Erschütterung (σάλος).“ Hieronymus, int. hebr. nom. p. 9 Lagarde (CChr.SL 72, 69): Naid motus siue fluctuatio. Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 421.

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Erde befindet. Höre: Der Gerechte ist nicht Erde. Dieser goldene Becher aber berauscht die ganze Erde, der Gerechte hingegen hat, da er sich über der Erde befindet, seine Heimat im Himmel.a Und deswegen passt es nicht, zum Gerechten weiterhin zu sagen: „Erde bist du, und in die Erde wirst du gehen.“ b Doch wenn es nötig ist, sich kühn auszudrücken:897 Gott sagt zum Gerechten, der sich noch auf der Erde befindet: Himmel bist du, und in den Himmel wirst du gehen.898 Er trägt nämlich das Bild des Himmlischen an sich.c Um also abzuschließen: Ein goldener Becher berauscht die ganze Erde, das heißt, wir alle werden von ihm berauscht, solange wir Erde sind. 10. „Von seinem Wein haben die Heidenvölker getrunken, weswegen sie erschüttert wurden.“ d Es ist wie bei denen, die den gebräuchlichen alkoholischen Wein trinken: Wenn sie über den Durst und über das Maß hinaus trinken, sehen wir den Körper mit der Bewegung eines Betrunkenen: die Füße schwankend, den Kopf und die Schläfen schwer, den Mund sabbernd, die Zunge mit dem Gestammel eines Betrunkenen und Wortfetzen zwischen den herabhängenden Lippen. In ähnlicher Weise kann man bei denen, die aus dem goldenen Becher Babylons getrunken haben, sehen, wie sie sich bewegen, wie schwankend ihr Schritt ist, wie sie mit ihrem schwach gewordenen Geist und ihrem schwankenden Denken keinen festen Halt mehr haben, sondern ständig unsicher in Verwirrung899 getrieben werden. Deshalb sagt die göttliche Schrift über derartige Menschen an einer anderen Stelle Folgendes: „Deswegen wurden sie erschüttert.“ e Wir wollen ein Geheimnis einfügen: Warum wird über den Sünder Kain gesagt, dass er, nachdem er sich vom Angesicht Gottes entfernt hatte, im Land Nod gegenüber von Eden wohnte? f Nod bedeutet in der griechischen Sprache900 übersetzt Erschütterung.901 Denn wer Gott verlässt, wer aufhört, in seinem Geist ununterbrochen an ihn zu denken, der wohnt auch heute im Land Nod, das heißt in der Verwirrung eines bösen Herzens, und befindet sich in der Erschütterung des Geistes.902 11. „Die Heidenvölker haben getrunken, weswegen sie erschüttert wurden, und plötzlich ist Babylon gefallen und zerschmettert worden.“ gWann ist Babylon plötzlich gefallen? Mir scheint prophezeit zu werden, dass die Vollendung der Welt plötzlich eintreten wird. Wie sie nämlich in den Tagen der Flut aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten, bis die Flut kam und alle hinwegraffte und die Flut plötzlich kam – ähnlich aber auch in den Tagen des Lot –,h so wird auch die Vollendung der Welt nicht

902 Vgl. Philon, Cher. 13 (I p. 173 Cohn/Wendland): „Wenn nun die Seele sich von

der Vorstellung Gottes entfernt, auf die sich zu stützen für sie gut und nützlich wäre, da muss sie, wie ein Schiff auf dem Meere von entgegenwehenden gewaltigen Stürmen, hierhin und dahin geworfen werden, so dass sie zur Heimat und Wohnstätte bekommt Unruhe und Erschütterung …“ Übersetzung: Cohn, Philo Werke III, 175.

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Homilia Lat. II(II)

repente. Huic conferendum aestimo id, quod scriptum est in Iesu Naue, quando a uoce sola tubae Hiericho ciuitas corruens subito disperiit,a et iuxta hanc similitudinem Babylonem quoque in consummatione saeculi casuram esse et subito conterendam. Et haec quidem de consummatione dicta sunt; si uero ueneris ad aduentum Domini mei Iesu Christi et uideris eius magnum opus, quomodo subuerterit omnia gentium de idolis dogmata, ut credentes de erroris eximeret iugo, intelliges quia in tempore passionis eius Babylon extemplo corruit et contrita est.Vnusquisque nostrum consideret seipsum et animaduertat Babylonem in suo pectore corruisse; si autem in alicuius corde non cecidit ciuitas confusionis, huic necdum Christus aduenit.Veniente quippe eo Babylon ruere consueuit. Propter hoc ad orationum praesidia confugientes petite, ut ueniat Iesus in corda uestra et conterat Babylonem et faciat ruere omnem | malitiam eius, ut reaedificet pro his, quae subuersa sunt, et pro Babylone, quae fuerat ante constructa, in ipso principali cordis uestri Hieru­ salem ciuitatem sanctam Dei.b 12. „Plangite eam, accipite resinam corruptioni eius, si quomodo sanabitur.“ c „Plangite“ ait Babylonem. Deinde quia omnis anima recipere potest salutem et neque una apud Deum est insanabilis, idcirco consilium dat his, qui possunt transmigrationis in Hierusalem et testimonii habere resinam ad em­ plastra facienda, ut adsumant medicamina et, quanto ualent studio, sanitati restituant Babylonem. Hoc experiamur et nos facere deprecantes Deum, ut nobis det resinam rationalem et de rationali resina discamus et malagma imponere et oleum et alligaturas d et imponentes colligemus uulnera Babylonis imitantes Samariten,e ut sanetur misera ciuitas et curata desinat esse quod fuerat. Istud est, quod ait: „Accipite resinam corruptioni eius, si quomodo sanabitur.“ f Vbi sunt haeretici, ubi sunt, qui naturas quasdam introducentes adserunt esse materiam desperabilem, quae penitus non recipiat salutem? Si est natura, quae pereat, quae alia talis erit ut Babylon? Attamen neque istam a

Jos. 6,20

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Hebr. 12,22

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Jer. 28(51),8

d

Jes. 1,6

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Lk. 10,33f.

f

Jer. 28(51),8

25ff.  Cf. frg. 37(114) (GCS Orig. 3, 217f.) unten S. 620f. 903 Nautin, SC 238, 359 Anm. 3, behauptet, das Wort subito stehe nicht in Jos. 6,20 (wo-

bei er irrtümlich 7,20 schreibt). Strenggenommen stimmt das, doch schreibt Hieronymus in der Vulgata: muri ilico corruerunt (p. 293 Weber/Gryson); ilico, „auf der Stelle“, entspricht inhaltlich subito, „plötzlich“. 904 Zu dieser Anrede siehe oben S. 329 Anm. 439. 905 Zum Gedanken der Gottesgeburt im Herzen jedes gläubigen Menschen vgl. in Hier. hom. 9,1 (GCS Orig. 32, 64) und dazu oben S. 252 Anm. 285. 906 Zum Hegemonikon siehe oben S. 136 Anm. 70 und S. 193 Anm. 176. 907 Dieses re-aedificare entspricht dem re-saluare oben in Hier. hom. lat. 2(2),3 (GCS Orig. 8, 293): Es geht um die Wiederherstellung des Zustands vor dem Fall der Seele in die Sünde. Siehe oben S. 556 Anm. 879.

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Stück für Stück eintreten, sondern plötzlich. Damit ist, meine ich, das zu vergleichen, was im Buch Josua geschrieben steht, als allein durch den Schall der Posaune die Stadt Jericho einstürzte und plötzlich zugrundeging,a903 und nach diesem Modell wird auch Babylon bei der Vollendung der Welt fallen und plötzlich zerschmettert werden. Und dies ist über die Vollendung gesagt worden. Wenn du dich aber der Ankunft meines Herrn Jesus Christus904 zuwendest und sein großes Werk betrachtest, wie er alle Lehren der Heidenvölker über die Götterbilder zunichtemachte, um die Gläubigen vom Joch des Irrtums zu befreien, wirst du verstehen, dass zur Zeit seiner Passion Babylon in einem Augenblick einstürzte und zerschmettert wurde. Jeder Einzelne von uns soll sich selbst betrachten und wahrnehmen, dass Babylon in seinem Herzen eingestürzt ist. Wenn aber in jemandes Herzen die Stadt der Verwirrung nicht eingestürzt ist, ist Christus noch nicht zu ihm gekommen. Denn wenn er kommt, stürzt Babylon eigentlich. Deswegen nehmt eure Zuflucht beim Schutz der Gebete und bittet darum, dass Jesus in eure Herzen kommt905 und Babylon zerschmettert und all seine Schlechtigkeit zum Einsturz bringt, um anstelle dessen, was vernichtet worden ist, und anstelle von Babylon, das zuvor errichtet worden war, im führenden Teil eures Herzens906 Jerusalem, die heilige Stadt Gottes,b wiederaufzubauen.907 12. „Klagt über sie, nehmt eine Salbe für ihre Verderbnis, ob sie irgendwie zu heilen sein wird.“ c „Klagt“, heißt es, über Babylon. Weil nun jede Seele Heilung empfangen kann und keine einzige bei Gott unheilbar ist,908 deswegen gibt er denen, die über die Salbe des Übergangs nach Jerusalem und des Bundes verfügen, um ein Pflaster anzufertigen, den Rat, die Heilmittel anzuwenden und mit so viel Eifer wie möglich Babylon wieder gesund zu machen. Versuchen auch wir, dies zu tun, indem wir Gott anflehen, dass er uns die vernünftige Salbe gibt und wir von der vernünftigen Salbe lernen,909 einen Verband mit Öl und Umschlägen anzulegen,d und dadurch – den Samariter nachahmend e – die Wunden Babylons verbinden, damit die elende Stadt geheilt wird und gesund geworden aufhört zu sein, was sie gewesen war. Das besagt die Aussage: „Nehmt eine Salbe für ihre Verderbnis, ob sie irgendwie zu heilen sein wird.“ f Wo sind die Häretiker, wo sind die, die bestimmte Naturen einführen und behaupten, es gebe eine Materie ohne Hoffnung, die grundsätzlich das Heil nicht aufnehmen kann?910 Wenn es eine Natur gibt, die zugrundegeht, welche andere wird so sein wie Babylon? Gleichwohl verach908 „Nicht ist unheilbar für den, der es gemacht hat“, sagt Origenes in princ. III 6,5 (GCS

Orig. 5, 287). Übersetzung: p. 657 Görgemanns/Karpp. 909 Die Aussage ist vielleicht im Lichte von 1 Joh. 2,27 zu verstehen: „Wie euch sein

Salböl über alles belehrt.“ 910 Ebenso in princ. III 1,8 (GCS Orig. 5, 206f.): Die Häretiker „führen Naturen ein, die

verlorengehen und unfähig sind zur Rettung“. Übersetzung: p. 487 Görgemanns/ Karpp. Zu einem solchen pauschalen Hinweis auf Häretiker, womit Origenes immer Gnostiker meint, siehe oben S. 138 Anm. 76.

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Homilia Lat. II(II)

despicit Deus; praecepit enim medicis, ut recipiant resinam super Babylonem, si quomodo sanetur. Quidam igitur eorum, qui mandatum acceperant, accipientes resinam corruptioni Babylonis, si quomodo sanetur, fecerunt quod fuerat imperatum; acceperunt resinam ad corruptionem eius audientes posse fieri, ut Baby|lon reciperet sanitatem. Et quia quod putauerunt non effecerunt – Babylon quippe in proposita malitia perseuerans noluit se curari –, satisfaciunt boni medici et dicunt: „Curauimus Babylonem, et non est sanata; relinquamus eam.“aVide autem, o homo, ne quando angelis praecipiat Deus, ut ad languorem animae tuae medicaminum emplastra conficiant, si quomodo possis ab aegrotatione sanari, et respondeant angeli: „Curauimus“ istam „Babylonem“ – ostendentes a passionibus confusam animam tuam – „et non est sanata.“ Non scientiam artis suae neque resinae uim criminantur, sed te, qui praeceptis eorum obsequi noluisti, dicentes: „Curauimus Babylonem, et non est sanata.“ „Relinquamus eam.“ Steterunt medici sub magno medico Deo angeli uolentes curare imbecillitates nostras, uolentes animam liberare de uitiis: nos ipsi repellimus eos, dum consiliis eorum non acquiescimus.Vident se operam perdere, colloquuntur inuicem et dicunt: „Relinquamus eam et abeamus ­unusquisque in terram suam“,b hoc est: Credita nobis est a Deo medicina, ut animam curaremus humanam, adhibuimus adiutorium, medicinam imposuimus; multum contumax est, non uult obseruare, quod dicimus, studium nostrum non sequitur effectus. „Relinquamus eam et abeamus unusquisque in terram suam“, id est ad domesticum locum et proprium negotium. Caue, homo, nequando relinquat te medicus, siue angelus Dei siue quicumque hominum, cui credita est cura sermonum ad salutis medicinam deferendam. Si enim te dereliquerit et dixerit: „Abeamus unusquisque in terram suam, quia | appropinquauit in caelum iudicium eius“,c manifestum est quia abscessio eius condemnatio tua sit, ut irremediabilis nolentisque curari. Cum autem te deseruerit, quid tibi aliud euenturum est nisi quod solet his accidere, qui a medicis desperantur, ut utentes uoluntate morbi sui ad peiora demergantur? Fiunt his similia et in consuetudine istius uitae a prudentibus medicis. Accedit aliquis eorum ad languentem, quantum ars patitur et industria medicinae non cessat; sed si aut aegritudo tanta sit, ut repugnet curationi, aut ipse inualidus per impatientiam doloris contra faciat quam iubetur, relinquit medicus desperans istiusmodi hominem et recedit, ne inter manus suas exspirans causam a

Jer. 28(51),9

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Jer. 28(51),9

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911 Siehe dazu Völker,Vollkommenheitsideal 41, ferner oben S. 560 Anm. 890.

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Homilie Lat. 2(2),12

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tet Gott nicht einmal diese, denn er befiehlt den Ärzten, eine Salbe für Babylon zu nehmen, ob sie irgendwie zu heilen ist. Einige von denen also, die den Auftrag erhalten hatten, eine Salbe für die Verderbnis von Babylon zu nehmen, ob sie irgendwie zu heilen ist, taten, was ihnen befohlen worden war. Sie nahmen eine Salbe für seine Verderbnis, weil sie hörten, es könne geschehen, dass Babylon Heilung erfährt. Und weil sie nicht bewirkten, was sie gedacht haben – weil Babylon in seiner von ihm gewollten Schlechtigkeit verharrte, wollte es sich nicht heilen lassen –, rechtfertigen sich die guten Ärzte und sagen: „Wir haben Babylon gepflegt, und es ist nicht geheilt. Verlassen wir es!“a Sieh aber zu, Mensch, dass Gott nicht einmal den Engeln befiehlt, für die Krankheit deiner Seele einen Verband mit Heilmitteln anzufertigen, ob du irgendwie von der Erkrankung geheilt werden kannst, und die Engel antworten: „Wir haben“ dieses „Babylon gepflegt“ – damit weisen sie auf deine von den Leidenschaften verwirrte Seele hin –, „und es ist nicht geheilt.“ Sie beschuldigen weder ihre Heilkunst noch die Wirkung der Salbe, sondern dich, weil du ihren Anweisungen nicht folgen wolltest, weshalb sie sagen: „Wir haben Babylon gepflegt, und es ist nicht geheilt.“ „Verlassen wir es!“ Wie Ärzte unter dem großen Arzt911 Gott standen die Engel bereit, um unsere Gebrechlichkeiten zu heilen, um die Seele von den Lastern zu befreien. Wir selbst weisen sie zurück, indem wir ihren Ratschlägen nicht Folge leisten. Sie sehen, dass sie ihre Mühe verschwenden, sie besprechen sich miteinander und sagen: „Verlassen wir es und gehen wir weg, jeder in sein Land“,b das heißt: Gott hat uns die Arznei anvertraut, damit wir die menschliche Seele heilen, wir sind ihr zu Hilfe gekommen, wir haben die Arznei angewandt; sie ist sehr widerspenstig, sie will nicht beachten, was wir sagen, unsere Mühe zeitigt keine Wirkung: „Verlassen wir sie und gehen wir weg, jeder in sein Land“, das heißt zu unserem Wohnort und zu unserer eigenen Arbeit! Pass auf, Mensch, dass der Arzt dich nicht einmal verlässt, sei es ein Engel Gottes, sei es ein Mensch, dem die Pflege der Botschaft anvertraut worden ist, um die Arznei für die Heilung zu überbringen. Denn wenn er dich verlassen und gesagt hat: „Gehen wir weg, jeder in sein Land, weil sein Strafgericht bis zum Himmel hinauf reicht“,c ist offenkundig, dass sein Weggang deine Verurteilung bedeutet, da du unheilbar bist und dich nicht heilen lassen willst. Wenn er dich aber verlassen hat, was wird dir anderes geschehen als das, was denen zu widerfahren pflegt, die von den Ärzten aufgegeben werden? Sie geben sich ihrer Krankheit hin und versinken in einen schlimmeren Zustand. Auch in diesem Leben handeln die klugen Ärzte gewöhnlich in ähnlicher Weise. Einer von ihnen behandelt einen Kranken, soweit es seiner Kunst möglich ist und die Wirkung der Arznei nicht nachlässt. Doch wenn entweder die Krankheit so schwer ist, dass eine Heilung ausgeschlossen ist, oder der Kranke selbst, ungeduldig wegen der Schmerzen, das Gegenteil von dem tut, was ihm verordnet wird, verlässt ihn der Arzt, weil er an einem solchen Menschen verzweifelt, und zieht sich zurück, damit nicht, wenn er

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Homilia Lat. II(II)

interitus eius ad se retorqueat. Sic igitur et nos, ne in sanctorum angelorum manibus, qui ad nos curandos a Domino destinati sunt, moriamur, relinquunt nos desperantes animam nostram et aiunt: „Non est malagma imponere, neque oleum neque alligaturas.“a „Quia appropinquauit in caelum iudicium eius, eleuauit usque ad astra.“ b Qui paruum habet peccatum, non usque ad caelum et sidera iudicium suum effert; pusillum enim et humile est. Qui uero crescit in scelere, crescit et in iudicio, simulque cum uitiis augetur et poena; et quia in tantum delinquit, ut iudicium eius usque ad caelestia subleuetur et per impietatem suam resistens Deo ad superiora conscendat, profert Deus iudicium suum in humiliationem eius iudicii, quod exaltatum est a peccato, | et proferens iudicium suum humiliat quidem peccatum, retribuit autem iusto digna uitae eius in Christo Iesu, „cui est gloria et imperium in saecula saeculorum. Amen!“ c a

Jes. 1,6

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Jer. 28(51),9

c

1 Petr. 4,11

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Homilie Lat. 2(2),12

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ihm unter den Händen stirbt, die Ursache an seinem Tod ihm angelastet wird. Damit also nicht auch wir in den Händen der heiligen Engel, die vom Herrn für unsere Heilung bestimmt worden sind, sterben, verlassen sie uns, wenn sie an unserer Seele verzweifeln, und sagen: „Es gibt keinen Verband, keine Salbe und keine Umschläge zum Auflegen.“a912 „Bis zum Himmel hinauf reicht sein Strafgericht, bis zu den Sternen ist es erhoben.“ b Wer eine kleine Sünde hat, reicht mit seinem Strafgericht nicht bis zum Himmel und zu den Sternen hinauf; sie ist ja winzig und gering.Wer jedoch im Frevel groß wird, wird auch groß beim Strafgericht, und zusammen mit den Lastern vermehrt sich auch die Strafe. Und weil er dermaßen frevelt, dass sein Strafgericht bis zum Himmel reicht und er durch seine Gottlosigkeit und seinen Widerstand gegen Gott noch höher hinaufsteigt, führt Gott sein Strafgericht herbei, um den zu demütigen, dessen Strafgericht von der Sünde groß gemacht worden ist, und wenn er sein Strafgericht herbeiführt, demütigt er zwar die Sünde, schenkt aber dem Gerechten den würdigen Lohn für sein Leben in Christus Jesus. „Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen!“ c

912 Vgl. in Lev. hom. 8,5 (GCS Orig. 6, 402): „Dass andere hingegen in so hohem Maße

Sünder sind, dass ihnen nicht einmal Pflege zugewandt werden kann, darauf verweist derselbe Prophet (sc. Jesaja) auf diese Weise: ‚Es gibt‘, sagt er, ‚keinen Verband, keine Salbe und keine Umschläge zum Auflegen‘ (Jes. 1,6).“ Zur Möglichkeit, dass eine Seele sich dem Heil verweigert, siehe oben S. 218 Anm. 218. An der vorliegenden Stelle gilt diese Unheilbarkeit aber nur für die Diener Gottes; für Gott selbst betont Origenes einleitend, dass „keine einzige Seele bei Gott unheilbar ist“: oben in Hier. hom. lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8, 300). Vgl. auch in Hier. frg. 37 (GCS Orig. 32, 217): „Wenn aber Babylon nicht aufgegeben wurde – denn dann würde er nicht fragen, ‚ob es etwa geheilt werden kann‘ (Jer. 28[51],8) –, welche andere Seele werden wir dann aufgeben?“ Siehe dazu auch oben S. 74–79.

Fragmente

Die Fragmente aus der Philokalie

GCS Orig. 32, 195

P 1. Philocalia 1,28 (GCS Orig. 32, 195; SC 302, 200–202) Ὥσπερ δὲ πάντα τὰ τοῦ θεοῦ δωρήματαa εἰς ὑπερβολὴν μείζονά ἐστι τῆς θνητῆς ὑποστάσεως, οὕτω καὶ ὁ ἀκριβὴς λόγος τῆς περὶ πάντων τούτων σοφίας, παρὰ τῷ θεῷ τῷ καὶ οἰκονομήσαντι ταῦτα γραφῆναι τυγχάνων, θέλοντος τοῦ πατρὸς τοῦ λόγου γένοιτο ἂν ἐν τῇ ἄκρως μετὰ πάσης φι­ λοτιμίας καὶ συναισθήσεως τῆς ἀνθρωπίνης ἀσθενείας τῆς περὶ τὴν κατάλη­ ψιν τῆς σοφίας κεκαθαρμένῃ ψυχῇ. Eἰ δέ τις προπετέστερον ἑαυτὸν ἐπι­ δῴη, μὴ συνιδὼν τὸ ἀπόρρητον τῆς σοφίας τοῦ θεοῦ καὶ τοῦ „ἐν ἀρχῇ“ „πρὸς τὸν θεὸν“ λόγου, καὶ αὐτοῦ θεοῦ ὄντος, b καὶ ὅτι κατὰ τὸν λόγον καὶ θεόν καὶ κατὰ τὴν παρ᾽ αὐτῷ σοφίαν ταῦτα καὶ ζητητέον καὶ εὑρε­ τέον, c ἀνάγκη τὸν τοιοῦτον εἰς μυθολογίας καὶ φλυαρίας ἐκπίπτοντα καὶ ἀναπλασμοὺς τῷ περὶ ἀσεβείας ἑαυτὸν ὑποβάλλειν κινδύνῳ. Διόπερ μνη­ μονευτέον καὶ τῆς παρὰ τῷ Σολομῶντι ἐν τῷ Ἐκκλησιαστῇ περὶ τῶν τοιούτων ἐντολῆς, λέγοντι· „Μὴ σπεύσῃς τοῦ ἐξενεγκεῖν λόγον πρὸ προσ­ ώπου τοῦ θεοῦ· ὅτι ὁ θεὸς ἐν τῷ οὐρανῷ ἄνω, καὶ σὺ ἐπὶ τῆς γῆς κάτω· διὰ τοῦτο ἔστωσαν οἱ λόγοι σου ὀλίγοι.“ d a

2 Petr. 1,3

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Joh. 1,1

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Mt. 7,7

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Koh. 5,1

Die Fragmente sind überliefert in philoc. 1,28 (SC 302, 200–202) und philoc. 10 (SC 302, 366–370). 2 Dieses Fragment ist keinem der bekannten Texte des Origenes zuzuordnen (vgl. Harl, SC 302, 199), aufgrund seines Inhalts und der Überlieferung in der Philokalie aber eindeutig Origenes zuzusprechen. Man kann nur vermuten, dass es aufgrund seiner Zusammenstellung mit den beiden folgenden Abschnitten ebenfalls den Jeremiahomilien entstammt. Der Philokalie ist darüber keine Auskunft zu entnehmen, weil der Abschnitt ohne eigene Überschrift an philoc. 1,1–27 (p. 7–33 Robinson, in SC 302 nicht abgedruckt) angeschlossen ist, wo der hermeneutische Traktat aus De principiis wiedergegeben ist: princ. IV 1,1–3,11 (GCS Orig. 5, 292–341). 3 Auf die Anspielung auf diese Bibelstelle hat Harl, Pointes antignostiques d’Origène 213f., hingewiesen. Siehe auch oben S. 200 Anm. 191. 4 Die Bedeutung dieses dichten Textes erschließt sich auf der Basis der Auslegung von Joh. 1,1 durch Origenes. Er deutet den „Anfang“ von Spr. 8,22 her als „Weisheit“ und versteht den Satz so, dass das „Wort“ „im Anfang“, d.h. „in der Weisheit“ ist (zu diesen Epinoiai Christi siehe oben S. 130 Anm. 55 und S. 358 Anm. 488). Im prinzipientheoretischen Sinn erläutert er den Zusammenhang von „Weisheit“ und „Wort“ dann so, dass der Sohn als Weisheit die Gesamtheit der Wirklichkeit in ihrer inneren geistigen Strukturiertheit beständig schaut und als Wort diese in ihrer Vielheit an das

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Die Fragmente aus der Philokalie1 P 1. Philokalie 1,282

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Wie alle Gaben Gottesa die sterbliche Existenz bei weitem überragen, so soll auch das vollkommene Wort der alle diese Gaben umfassenden Weisheit, das bei Gott ist, der auch angeordnet hat, dass diese aufgeschrieben werden, nach dem Willen des Vaters des Wortes in der Seele entstehen, die sich mit allem Eifer und im Bewusstsein, dass der Mensch zu schwach ist zum Erfassen der Weisheit, in höchstem Maße gereinigt hat. Wenn sich einer aber zu voreilig darauf stürzt, ohne zu verstehen, dass die Weisheit Gottes und das Wort, das „im Anfang“ „bei Gott“ und auch selbst Gott ist,b unaussprechlich sind, und ohne zu verstehen, dass dies im Einklang mit dem Wort und mit Gott und im Einklang mit der Weisheit bei ihm sowohl zu suchen als auch zu finden ist,c3 wird ein solcher Mensch unausweichlich erfundenen Geschichten, leerem Geschwätz und Phantasiegebilden verfallen und sich selbst der Gefahr der Gottlosigkeit aussetzen.4 Deshalb muss man sich auch an die Weisung erinnern, die Salomo im Buch Kohelet dazu gibt: „Übereile dich nicht, vor dem Angesicht Gottes ein Wort herauszubringen! Denn Gott ist im Himmel oben, und du bist auf der Erde unten. Deswegen sollen deine Worte wenige sein.“ d5 geschaffene Sein kommuniziert. Wahre Erkenntnis gibt es deshalb umgekehrt nur, wenn die Seele sich dem Wort angleicht (durch Nachfolge Christi) und dieses ihr die ihr unzugängliche Fülle der Weisheit vermittelt. Vgl. in Ioh. comm. I 19,111.113 (GCS Orig. 4, 23f.): „‚Anfang‘ nämlich heißt er (sc. Christus), weil er die ‚Weisheit‘ ist. Die ‚Weisheit‘ sagt ja bei Salomo: ‚Gott schuf mich als Anfang seiner Wege im Blick auf seine Werke‘ (Spr. 8,22), damit ‚im Anfang‘, das heißt in der ‚Weisheit‘, auch ‚das Wort wäre‘ (Joh. 1,1). Dabei ist unter ‚Weisheit‘ die in sich strukturierte geistige Schau des Alls zu verstehen, unter ‚Wort‘ andererseits die Mitteilung des Geschauten an die Vernunftwesen … Überlege nun, ob wir die Stelle: ‚Im Anfang war das Wort‘ (Joh. 1,1) nicht im Sinne dieser Bedeutung auch so verstehen können, dass alle Dinge entsprechend der Weisheit und den Plänen der im Wort beschlossenen geistigen Strukturen entstehen.“ 5 Im Prolog zu seinem ersten Psalmenkommentar, aus dem Epiphanius, pan. haer. 64,7,2 (GCS Epiph. 2, 416), ein Stück überliefert, hebt Origenes hervor, wie riskant es ist, von Gott zu sprechen, und zitiert dazu eine Sentenz aus den Sextussprüchen, sent. Sext. 352 (SAPERE 26, 103): „Über Gott auch nur die Wahrheit zu sagen, bedeutet ein großes Risiko auf sich zu nehmen.“ Dahinter steht die Reserve gegen die Verschriftlichung philosophischer Gedanken, die Platon, Phaidr. 274b–279c; epist. 7, 341c–d (vgl. Pseudo-Platon, epist. 2, 314c), mehrfach äußert und die Origenes ebenfalls mehrfach aufgreift: in Ioh. comm. V 1 (GCS Orig. 4, 100); in Matth. comm. XIV

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Fragmente aus der Philokalie

P 2. Philocalia 1,28 (GCS Orig. 32, 195f.; SC 302, 202)

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Πρέπει δὲ τὰ ἅγια γράμματα πιστεύειν μηδεμίαν κεραίανa ἔχειν κενὴν σο­ φίας θεοῦ· ὁ γὰρ ἐντειλάμενος ἐμοὶ τῷ ἀνθρώπῳ καὶ λέγων· „Οὐκ ὀφθήσῃ ἐνώπιόν μου κενός“, b πολλῷ πλέον αὐτὸς οὐδὲν κενὸν ἐρεῖ. | „Ἐκ“ γὰρ „τοῦ πληρώματος αὐτοῦ“ λαβόντες c οἱ προφῆται λέγουσι· διὸ πάντα πνεῖ τῶν ἀπὸ πληρώματος· καὶ οὐδέν ἐστιν ἐν προφητείᾳ ἢ νόμῳ ἢ εὐαγ­ γελίῳ ἢ ἀποστόλῳ, ὃ οὐκ ἔστιν ἀπὸ πληρώματος. Διὰ τοῦτο ἐπεί ἐστιν ἀπὸ πληρώματος, πνεῖ τοῦ πληρώματος τοῖς ἔχουσιν ὀφθαλμοὺς βλέποντας τὰ τοῦ πληρώματος, καὶ ὦτα ἀκούοντα τῶν ἀπὸ πληρώματος, καὶ αἰσθη­ τήριον τῆς εὐωδίας τῶν ἀπὸ πληρώματος πνεόν.

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P 3. Philocalia 1,28 (GCS Orig. 32, 196; SC 302, 202) Ἐὰν δέ ποτε ἀναγινώσκων τὴν γραφὴν προσκόψῃς νοήματι ὄντι καλῷ λίθῳ προσκόμματος καὶ πέτρᾳ σκανδάλου, d αἰτιῶ σαυτόν. Μὴ ἀπελπίσῃς γὰρ τὸν λίθον τοῦτον τοῦ προσκόμματος καὶ τὴν πέτραν τοῦ σκανδάλου ἔχειν νοήματα ὥστ̓ ἂν γενέσθαι κατὰ τὸ εἰρημένον· „Καὶ ὁ πιστεύων οὐ καταισχυνθήσεται.“ e Πίστευσον πρῶτον, καὶ εὑρήσεις ὑπὸ τὸ νομιζόμενον σκάνδαλον πολλὴν ὠφέλειαν ἁγίαν.

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P 4. Philocalia 10 (GCS Orig. 32, 196–198; SC 302, 366–370) Περὶ τῶν ἐν τῇ θείᾳ γραφῇ δοκούντων ἔχειν τι λίθου προσκόμματος ἢ πέτρας σκανδάλου. Ἐν τῇ λθʹ ὁμιλίᾳ τῶν εἰς τὸν Ἱερεμίαν, εἰς τὸ „οὐκ ἠδύνατο κύριος φέρειν ἀπὸ προσώπου πονηρίας ὑμῶν“. f a e

Mt. 5,18; Lk. 16,17 b Ex. 23,15; 34,20 Röm. 9,33 (Jes. 28,16) f Jer. 51(44),22

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Joh. 1,16

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Röm. 9,32f.; 1 Petr. 2,8 (Jes. 8,14)

12 (GCS Orig. 10, 305); XV 30 (10, 441f.); Cels. VI 26 (GCS Orig. 2, 96); VI 44 (2, 115); in Cant. comm. prol. 4,16 (OWD 9/1, 112). Siehe dazu Junod, Du danger d’­écrire. Siehe den lateinischen Text oben S. 554. Ebenso in einem Fragment aus der Psalmenkommentierung in philoc. 2,4 (SC 302, 246): „… die Weisheit Gottes durchdringt die ganze inspirierte Schrift bis hin zum einzelnen Buchstaben. Und vielleicht sagt der Erlöser auch deswegen: ‚Nicht ein Jota

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Fragmente P 2 – P 4

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P 2. Philokalie 1,28 aus Homilie lat. 2(2),26

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Es ziemt sich aber zu glauben, dass es in den heiligen Texten nicht ein einziges Häkchena gibt, das leer ist, das heißt keine Weisheit von Gott enthält.7 Denn wer mir, einem Menschen, befiehlt und sagt: „Du sollst vor mir nicht leer erscheinen“,b wird in noch viel höherem Maß seinerseits nichts Leeres sagen. Denn da sie „aus seiner Fülle“ empfangen haben,c reden die Propheten.8 Alles in ihren Texten duftet daher nach Fülle. Und es gibt nichts in der Prophetie oder im Gesetz oder im Evangelium oder beim Apostel, was nicht aus der Fülle stammt. Deswegen, weil es aus der Fülle stammt, duftet es nach Fülle für die, die Augen haben zu sehen, was Fülle ist, und Ohren zu hören, was aus der Fülle stammt, und einen Sinn für den Wohlgeruch dessen, was nach Fülle duftet.

P 3. Philokalie 1,28 aus Homilie 39,19 15

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Wenn du beim Lesen der Schrift gelegentlich an einem Gedanken Anstoß nimmst, der ein schöner Stein des Anstoßes und Fels des Ärgernisses ist, d klage dich selbst an. Gib nämlich die Hoffnung nicht auf, dass dieser Stein des Anstoßes und Fels des Ärgernisses voller Bedeutungen ist, so dass sich das Wort erfüllt: „Und wer glaubt, wird nicht zuschanden werden.“ e Glaube zuerst, und du wirst unter dem angeblichen Ärgernis viel heiligen Nutzen finden.

P 4. Philokalie 10 aus Homilie 39,1f. Über die Stellen in der göttlichen Schrift, die etwas vom Stein des Anstoßes oder vom Fels des Ärgernisses zu enthalten scheinen. In der 39. Homilie zu Jeremia über: „Der Herr konnte es nicht aushalten angesichts eurer Schlechtigkeit.“ f10

noch ein Häkchen wird vom Gesetz vergehen, bis alles geschieht‘ (Mt. 5,18).“ Siehe dazu Gögler, Theologie des biblischen Wortes 260. 8 Vgl. princ. I praef. 1 (GCS Orig. 5, 8): „Christus war als Wort Gottes in Mose und in den Propheten. Denn wie hätten diese ohne das Wort Gottes von Christus prophezeien können?“ Übersetzung: p. 83 Görgemanns/Karpp. 9 Dieses kleine Stück ist identisch mit dem Anfang des in philoc. 10 (SC 302, 366–370) ausführlicher zitierten Anfangs der 39. Jeremiahomilie (in Hier. frg. P 4). 10 Möglicherweise gehören in Hier. frg. 68 und 69 (GCS Orig. 32, 230–232) ebenfalls zu dieser 39. Homilie, weil sich diese Fragmente mit demselben Text Jer. 51(44),21f. beschäftigen: siehe unten S. 648 Anm. 157.

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Fragmente aus der Philokalie

1. Ἐάν ποτε ἀναγινώσκων τὴν γραφὴν προσκόψῃς νοήματι ὄντι καλῷ λίθῳ προσκόμματος καὶ πέτρᾳ σκανδάλου,a αἰτιῶ σαυτόν· μὴ ἀπελπίσῃς γὰρ τὸν λίθον τοῦτον τοῦ προσκόμματος καὶ τὴν πέτραν | τοῦ σκανδάλου ἔχειν νοήματα ὥστ̓ ἂν γενέσθαι τὸ εἰρημένον· „Kαὶ ὁ πιστεύων οὐ καται­ σχυνθήσεται.“ b Πίστευσον πρῶτον, καὶ εὑρήσεις ὑπὸ τὸ νομιζόμενον σκάν­ δαλον πολλὴν ὠφέλειαν ἁγίαν. Εἰ γὰρ ἡμεῖς ἐντολὴν ἐλάβομεν μὴ λέγειν ῥῆμα ἀργόν, ὡς δώσοντες περὶ αὐτοῦ λόγον ἐν ἡμέρᾳ κρίσεως, c καὶ ὅση δύναμις φιλοτιμούμεθα πᾶν ῥῆμα τὸ ἐξιὸν ἐκ τοῦ στόματος ἡμῶν ποιεῖν ἐργάζεσθαι καὶ ἐν ἡμῖν τοῖς λέγουσι καὶ ἐν τοῖς ἀκούουσι· τί χρὴ νοεῖν περὶ τῶν προφητῶν, ἢ ὅτι πᾶν ῥῆμα λαληθὲν διὰ τοῦ στόματος αὐτῶν ἐργατι­ κὸν ἦν; Καὶ οὐ θαυμαστόν, εἰ πᾶν [τὸ] ῥῆμα τὸ λαλούμενον ὑπὸ τῶν προφητῶν εἰργάζετο ἔργον τὸ πρέπον ῥήματι. Ἀλλὰ γὰρ οἶμαι ὅτι καὶ πᾶν θαυμάσιον γράμμα τὸ γεγραμμένον ἐν τοῖς λογίοις τοῦ θεοῦ ἐργάζεται. Καὶ οὐκ ἔστιν „ἰῶτα ἓν ἢ μία κεραία“ d γεγραμμένη ἐν τῇ γραφῇ, ἥτις τοῖς ἐπισταμένοις χρῆσθαι τῇ δυνάμει τῶν γραμμάτων οὐκ ἐργάζεται τὸ ἑαυτῆς ἔργον. 2. Ὥσπερ δὲ ἐπὶ τῶν βοτανῶν ἑκάστη μὲν ἔχει δύναμιν εἴτε εἰς τὴν ὑγίειαν τῶν σωμάτων εἴτε εἰς ὁτιδήποτε, οὐ πάντων δέ ἐστιν ἐπίστασθαι εἰς ὃ ἑκάστη τῶν βοτανῶν ἐστι χρήσιμος, ἀλλ̓ εἴ τινες ἐπιστήμην εἰλήφασιν, οὗτοι οἱ περὶ τὰς βοτάνας διατρίβοντες ἵνα εἰδῶσι καὶ πότε παραλαμβα­ νομένη καὶ ποῦ τῶν σωμάτων ἐπιτιθεμένη καὶ τίνα τρόπον σκευαζομένη ὀνίνησι τὸν χρώμενον, οὕτως οἱονεὶ βοτανικός τις πνευματικός ἐστιν ὁ ἅγιος, ἀναλεγόμενος ἀπὸ τῶν ἱερῶν γραμμάτων ἕκαστον ἰῶτα καὶ ἕκαστον τὸ τυχὸν στοιχεῖον, καὶ εὑρίσκων τὴν δύναμιν τοῦ γράμματος, καὶ εἰς ὅ τι ἐστὶ χρήσιμον, καὶ ὅτι οὐδὲν παρέλκει τῶν γεγραμμένων. Εἰ δὲ βούλει καὶ δευτέρου ἀκοῦσαι εἰς τοῦτο παραδείγματος, ἕκαστον μέλος τοῦ σώματος ἡμῶν ἐπί τινι ἔργῳ ὑπὸ τοῦ τεχνίτου θεοῦ γεγένηται· ἀλλ̓ οὐ πάντων ἐστὶν εἰδέναι τίς ἡ ἑκάστου τῶν μελῶν μέχρι τῶν τυχόντων δύναμις καὶ χρεία. Οἱ γὰρ περὶ τὰς ἀνατομὰς πραγματευσάμενοι τῶν ἰατρῶν δύναν­ ται λέγειν ἕκαστον καὶ τὸ ἐλάχιστον μόριον, εἰς τί χρήσιμον ὑπὸ τῆς a

Röm. 9,32f.; 1 Petr. 2,8 (Jes. 8,14)

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Röm. 9,33 (Jes. 28,16)

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Mt. 12,36

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Mt. 5,18

11 In princ. IV 2,9 (GCS Orig. 5, 321–323) entwickelt Origenes dazu die Theorie, dass

der Text absichtlich ärgerliche, anstößige und unmögliche Aussagen enthält, um den Leser dazu zu zwingen, über einen tieferen Sinn des Buchstabens nachzudenken. Zu diesem „Nutzen“ der Schrift siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 169. 374; Neuschäfer, Origenes als Philologe 260f.; Torjesen, Hermeneutical Procedure 125; Martens, Origen and Scripture 221; ferner oben S. 112 Anm. 8. 12 Zu dieser Kraft bzw. Wirkung von Worten vgl. das Fragment aus der 20. Josuahomilie in philoc. 12,1 (SC 302, 390). Siehe auch Hanson, Allegory and Event 189f.; Torjesen, Hermeneutical Procedure 137f.

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Fragmente P 4,1–2

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1. Wenn du beim Lesen der Schrift gelegentlich an einem Gedanken Anstoß nimmst, der ein schöner Stein des Anstoßes und Fels des Ärgernisses ist,a klage dich selbst an. Gib nämlich die Hoffnung nicht auf, dass dieser Stein des Anstoßes und Fels des Ärgernisses voller Bedeutungen ist, so dass sich das Wort erfüllt: „Und wer glaubt, wird nicht zuschanden werden.“ b Glaube zuerst, und du wirst unter dem angeblichen Ärgernis viel heiligen Nutzen finden.11 Wenn wir nämlich die Anweisung bekommen, kein unnützes Wort zu sagen, weil wir darüber am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen werden, c und wenn wir uns so weit wie möglich bemühen, dass jedes Wort, das aus unserem Mund hervorgeht, sowohl in uns, den Sprechern, als auch in den Zuhörern wirksam wird, was muss man über die Propheten denken, als dass jedes Wort, das durch ihren Mund ausgesprochen wurde, wirksam war? Und es ist nicht erstaunlich, wenn jedes Wort, das von den Propheten ausgesprochen wurde, die dem Wort entsprechende Wirkung hervorgebracht hat. Ich meine allerdings, dass sogar jeder wunderbare Buchstabe, der in den Worten Gottes aufgeschrieben ist, wirksam ist. Und es gibt kein „einziges Jota und kein Häkchen“, d das in der Schrift aufgeschrieben ist, das auf diejenigen, die die Kraft der Texte zu nutzen wissen, nicht ihre eigene Wirkung ausübt.12 2. Es verhält sich wie bei den Pflanzen: Zwar hat jede eine Wirkung, sei es zur Genesung der Körper, sei es zu irgendetwas anderem, aber es ist nicht Sache aller Leute zu wissen, wozu jede einzelne der Pflanzen nützlich ist. Wenn sich jedoch einige das Wissen angeeignet haben, beschäftigen sich diese Leute mit den Pflanzen, um zu lernen, wann man sie sammelt, für welchen Körperteil sie anzuwenden sind und auf welche Weise sie zubereitet werden, damit sie dem nützen, der sie anwendet. Ebenso ist der Heilige gleichsam eine Art geistiger Botaniker, der aus den heiligen Schriften jedes einzelne Jota und jeden beliebigen einzelnen Buchstaben aufliest, die Kraft des Textes herausfindet, wozu er nützlich ist und dass in den Schiften nichts überflüssig ist.13 Wenn du aber noch ein zweites Beispiel hierzu hören willst: Jedes Glied unseres Körpers wurde von Gott, dem Werkmeister, für eine bestimmte Aufgabe geschaffen, aber es ist nicht Sache aller Leute zu wissen, welche Kraft und welchen Nutzen jedes einzelne der Glieder bis hin zu den unscheinbaren hat. Bei den Ärzten können nämlich diejenigen, die sich mit Chirurgie beschäftigen, von jedem einzelnen, auch vom kleinsten Körperteil sagen, zu welchem Nutzen er von der Vorsehung geschaffen worden ist. Denke dir

13 Das ist ein Kerngedanke der Inspirationslehre des Origenes, der auf Philon zurück-

geht: leg. all. III 147 (I p. 145 Cohn/Wendland); fug. 54 (III p. 122 Cohn/Wendland). Für Origenes vgl. philoc. 2,4 (SC 302, 246), dazu de Lubac, Geist aus der Geschichte 354f.; Hanson, Allegory and Event 187f. In einem früheren Abschnitt der Philokalie, der auf in Hier. frg. P 1–3 (GCS Orig. 32, 195f.) folgt, hat Origenes diesen Gedanken schon einmal vorgestellt: philoc. 2,4f. (SC 302, 244–248).

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Fragmente aus der Philokalie

προνοίας γεγένηται. Νόει μοι τοίνυν καὶ τὰς γραφὰς τοῦτον τὸν τρόπον πάσας βοτάνας ἢ ἓν τέλειον λόγου σῶμα· εἰ δὲ σὺ μήτε βοτανικὸς εἶ τῶν γραφῶν μήτε ἀνατο|μεὺς εἶ τῶν προφητικῶν λόγων, μὴ νόμιζε παρέλκειν τι τῶν γεγραμμένων, ἀλλὰ σαυτὸν μᾶλλον ἢ τὰ ἱερὰ γράμματα αἰτιῶ, ὅτε μὴ εὑρίσκεις τὸν λόγον τῶν γεγραμμένων. Τοῦτό μοι τὸ προοίμιον εἴρηται καθολικῶς χρήσιμον εἶναι δυνάμενον εἰς ὅλην τὴν γραφήν, ἵνα προτραπῶ­ σιν οἱ θέλοντες προσέχειν τῇ ἀναγνώσει μηδὲν παραπέμπεσθαι ἀνεξέταστον καὶ ἀνεξερεύνητον γράμμα.

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Fragmente P 4,2

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also auch die Schriften auf diese Weise im Ganzen als Pflanzen oder als den einen vollkommenen Leib des Wortes.14 Wenn du aber weder ein Botaniker der Schriften bist noch ein Chirurg der prophetischen Worte, meine nicht, dass etwas in den Schriften überflüssig ist, sondern mache es eher dir als den heiligen Texten zum Vorwurf, wenn du den Sinn der Schriften15 nicht herausfindest. Das sei allgemein als Vorrede gesagt,16 die für die ganze Schrift nützlich sein kann, damit die Interessierten ermuntert werden, sich der Lektüre zu widmen und keinen einzigen Buchstaben ununtersucht und unerforscht zu lassen.

14 Zu diesem Konzept siehe de Lubac, Geist aus der Geschichte 424f.; Schockenhoff,

Fest der Freiheit 27f. 15 Siehe dazu oben S. 356 Anm. 485. 16 Zu solchen Vorworten in den Predigten des Origenes siehe oben S. 113 Anm. 13.

Die selbstständigen Fragmente aus der Prophetenkatene

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Fragmentum I (1) Ὁ γὰρ δίκαιος οὐκ ἔστιν ἐν νεότητι, ἐπεὶ „τελειωθεὶς ἐν ὀλίγῳ ἐπλήρωσε χρόνους μακρούς“.a Ὡς πρὸς μὴ ὄντα γὰρ ἐν ὁδοῖς ψεκταῖς τὸ „μὴ λέγε ὅτι νεώτερός εἰμι“· b ὁποῖος Ῥοβοὰμ ἐγκαταλιπὼν τὴν βουλὴν τῶν πρεσβυ­ τέρων καὶ ταῖς τῶν νεωτέρων ἀκολουθήσας, c διὸ καὶ τὴν βασιλείαν οὐ τε­ τήρηκεν οἵαν παρέλαβεν.

5

Fragmentum II (4) Ὁ ὑποκαιόμενος λέβης ἀπὸ προσώπου τοῦ βορρᾶ ὑποκαίεται· ἐχθρὸς γὰρ οὗτος ἅμα καὶ ἐκδικητής ἐστιν. Διόπερ ὁ ἁμαρτήσας εἴτ̓ ἐν βλασφημίᾳ παραδίδοται τῷ σατανᾷ, ἵνα παιδευθῇ μὴ βλασφημεῖν, d εἴτ̓ ἐν πορνείᾳ παραδίδοται „τῷ σατανᾷ εἰς ὄλεθρον τῆς σαρκός, ἵνα τὸ πνεῦμα σωθῇ ἐν τῇ ἡμέρᾳ τοῦ κυρίου“. e Tίνας δὲ ὑποκαίει; Tοὺς κατοικοῦντας, ἀλλ̓ οὐ τοὺς παροικοῦντας τὴν γῆν. Βέλη γὰρ ἀπολύει πεπυρωμένα f ἐπὶ τοὺς μὴ πάσῃ φυλακῇ τηροῦντας τὰς ἑαυτῶν καρδίας, ὡς ὑφ̓ οἱασδηποτοῦν ἁμαρτίας πυροῦσθαι. a

Weish. 4,13

b

Jer. 1,7

c

1 Kön. 12,13f.

d

1 Tim. 1,20

e

1 Kor. 5,5

f

Eph. 6,16

17 Nautin, SC 232, 30, stellt die Echtheit dieses Fragments mit dem Argument in Fra-

ge, dass Origenes in der ersten Jeremiahomilie eine andere Auslegung von Jer. 1,10 bietet. In Hier. hom. 1,6 (GCS Orig. 32, 4f.) gehen die Überlegungen des Origenes zu Jer. 1,6f. und 1,10 jedoch in eine derart andere Richtung, dass man daraus keinen Widerspruch zum vorliegenden Fragment ableiten muss. Smith, FaCh 97, 280 Anm. 5, weist daher zu Recht darauf hin, dass Origenes zu einzelnen Bibelversen öfter verschiedene Auslegungen bietet, weshalb er Nautins Einschätzung nicht folgt. 18 Vgl. sel. in Ps. 8,3 (PG 12, 1184): „Als Feind und Rächer fasse den wahren Nebukadnezzar auf.“ Siehe dazu oben S. 113 Anm. 10.

10

15

Die selbstständigen Fragmente aus der Prophetenkatene Fragment 1 (1) zu Jer. 1,10 5

Der Gerechte befindet sich nämlich nicht in der Jugend, denn „wer in kurzer Zeit vollendet wurde, hat lange Jahre ausgefüllt“.a Denn wie zu einem, der nicht auf tadelnswerten Wegen ging, wird gesagt: „Sag nicht: Ich bin zu jung“, b wie es Rehabeam war, weil er den Rat der Älteren missachtete und den Ratschlägen der Jüngeren folgte. c Deshalb hat er auch das Königtum nicht so bewahrt, wie er es übernommen hat.17

Fragment 2 (4) zu Jer. 1,13f. 10

15

Der erhitzte Kessel wird von Norden her erhitzt. Denn dieser Feind ist zugleich der Rächer.18 Deshalb wird der Sünder entweder bei Gotteslästerung dem Satan übergeben, damit er durch Züchtigung lernt, Gott nicht zu lästern, d oder er wird bei Unzucht „dem Satan zum Verderben des Fleisches“ übergeben, „damit der Geist am Tag des Herrn gerettet wird“. eWelche Leute aber erhitzt er? Die, die als Bürger, aber nicht die, die als Fremde das Land bewohnen.19 Denn feurige Pfeile f schießt er auf die, die nicht mit aller Wachsamkeit ihre Herzen behüten, so dass sie von jedweder Sünde in Brand gesteckt werden.

19 Der Sprachgebrauch der Septuaginta, zwischen Einwohnern mit und ohne Bür-

gerrecht zu unterscheiden, wird schon von Philon, conf. ling. 75–82 (II p. 243–245 Cohn/Wendland), dahingehend ausgewertet, dass die Guten als „Fremde“ oder „Gäste“ im Land, das heißt auf dieser Erde bzw. in dieser Welt, wohnen, es hingegen Kennzeichen schlechter Menschen sei, als „Bürger“ darin heimisch zu sein. Origenes greift diesen Sprachgebrauch der Septuaginta oft auf, etwa wenn er zu Gen. 12,10 sagt, Abraham habe nicht in Ägypten gewohnt, sondern sich als Gast bzw. Fremder dort aufgehalten: in Gen. frg. E 30 Metzler (OWD 1/1, 222f.). Vgl. ferner ebd. frg. E 31 (1/1, 224f.) zu Gen. 13,7: „Als schlechte Menschen ‚bewohnten‘ die Kanaaniter ‚die Erde‘ und weilten nicht als Gäste, also wohnen schlechte Menschen und weilen nicht als Gäste.“ Im selben Sinn: frg. E 67 (1/1, 246f.); 70 (1/1, 248–251); 151 (1/1, 298f.); 155 (1/1, 300f.). Siehe auch Gruber, ΖΩΗ 62.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum III (21) 200

Περὶ τῶν παισόντων αὐτοὺς λέγει λέοντα καὶ λύκον καὶ πάρδαλιν. Δοκεῖ δὲ ἡ μὲν κατὰ τὰς πράξεις ἐπιβουλὴ ὑπὸ τῶν | τροπικῶς λεγομένων λεόντων γίνεσθαι, ἡ δὲ κατὰ τὴν γνῶσιν ὑπὸ τῶν βλάψαι τὸ διορατικὸν τῆς ψυχῆς βουλομένων· ἡ γὰρ πάρδαλις ἐπιπηδᾶν μάλιστα λέγεται τοῖς ὀφθαλμοῖς, ὁ δὲ λέων ὡς ἱστορεῖται γηράσας περὶ τὰς πόλεις νέμεται θηρεύειν θέλων ἀνθρώπους. Λέγεται δὲ ὅτι καὶ ἐκ τῶν ὀστῶν αὐτοῦ κοπτομένων ἢ πτισ­ σομένων πῦρ ἐξέρχεται. Καὶ ἴσως λέων ἂν εἴη καὶ πάρδαλις ὁ Ναβουχοδο­ νόσορ, τὴν πόλιν ἑλὼνa καὶ ὡς πάρδαλις τοὺς ὀφθαλμοὺς αὐτῆς ἐξαιρῶν, τὸν βασιλέα σὺν τοῖς πρώτοις, ὕστερον δὲ καὶ Σεδεκίου τοὺς ὀφθαλμοὺς ἐκκόψας· b ὀστᾶ δὲ αὐτοῦ νοηθείη Ναβουζαρδάν, τὴν πόλιν ἐμπρήσας. c

5

10

Fragmentum IV (23) Σαφῶς ἐξετάζειν διδάσκει τίς ὁ περὶ θυσιῶν τόπος, ἀφορμάς τε τὰ λόγια δίδωσι λέγοντα· „Θυσία τῷ θεῷ πνεῦμα συντετριμμένον“, d καὶ „Θύσατε θυσίαν δικαιοσύνης“. e Τοὺς δὲ μὴ οὕτως ἔχοντας, περὶ δὲ θυσίας ἐπτοημέ­ νους σωματικὰς ἐπέστρεφεν ὁ σωτὴρ λέγων· „Εἰ δὲ ἐγνώκειτε τί ἐστιν· ἔλεον θέλω καὶ οὐ θυσίαν, οὐκ ἂν κατεδικάσατε τοὺς ἀναιτίους.“ f Ὅτι δὲ περὶ μυστικῶν ἡ τοιαύτη νομοθεσία, Παῦλος ἐδίδαξε λέγων· „Οἵτινες ὑπο­ δείγματι καὶ σκιᾷ λατρεύουσι τῶν ἐπουρανίων.“ g a

2 Kön. 21,14; 24,14 Hebr. 8,5

g

b

2 Kön. 25,7

c

2 Kön. 25,9

d

Ps. 50(51),19

e

Ps. 4,6

f

Mt. 12,7

20 Zum scharfen Blick der Seele, der Schau Gottes, den Origenes etymologisch vom

griechischen Wort für Gazelle ableitet (δορκάς vom Perfekt δέδορκα von δέρκομαι, „scharf sehen, einen scharfen Blick haben“), vgl. in Cant. comm. III 13,44 (OWD 9/1, 376); in Cant. hom. 2,11 (OWD 9/2, 128); in Cant. frg. 26 (OWD 9/2, 170): „Vielleicht sind die, die genau hinschauen, Gazellen, abgeleitet von scharf sehen und blicken …“ Übersetzung: Fürst/Strutwolf, OWD 9/2, 171.

15

Fragmente 3–4



Fragment 3 (21) zu Jer. 5,6

5

10

Im Hinblick auf die, die sie heimsuchen werden, nennt er einen Löwen, einen Wolf und einen Leoparden. Im Blick auf die Taten aber scheint die Attacke von denen auszugehen, die im übertragenen Sinne Löwen genannt werden, im Blick auf die Erkenntnis jedoch von denen, die die klare Sicht der Seele20 schädigen wollen. Denn der Leopard, sagt man, springt besonders auf die Augen.21 Wenn der Löwe aber, wie erzählt wird, alt geworden ist, schleicht er um die Städte herum in der Absicht, Menschen zu jagen.22 Man sagt aber, dass auch von seinen zerschlagenen oder zermahlenen Knochen Feuer ausgeht. Und wie ein Löwe und ein Leopard dürfte wohl Nebukadnezzar sein, als er die Stadt einnahma und ihr wie ein Leopard die Augen ausriss, den König mit den Adligen, nachher aber auch dem Zidkija die Augen ausstach. b Seine Knochen aber können als Nebusaradan verstanden werden, weil er die Stadt in Brand setzte. c

15

Fragment 4 (23) zu Jer. 7,21

20

Er lehrt, klar zu erforschen, was die Stelle über die Opfer bedeutet, und Ansätze dafür geben die Aussagen, die besagen: „Ein Opfer für Gott ist ein zerknirschter Geist“ d und: „Bringt ein Opfer der Gerechtigkeit dar“. e Der Erlöser aber wandte sich an die, die sich nicht so verhielten, sondern ängstlich an materiellen Opfern hingen,23 indem er sagte: „Wenn ihr erkannt hättet, was es heißt: Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer, hättet ihr die Unschuldigen nicht verurteilt.“ f Dass sich aber eine solche Anweisung auf mystische Dinge bezieht, lehrte Paulus, als er sagte: „Sie dienen einem Abbild und einem Schatten der himmlischen Dinge.“ g

21 Vgl. Pseudo-Eustathius, in Hexaem. comm. (PG 18, 740): ἡ πάρδαλις … ἐπὶ τὰς ὄψεις

τῶν θηρευτῶν ἐφιπτάμενον.

22 Vgl. Aristoteles, hist. anim. IX 44, 629 b 27–29: Πρὸς δὲ τὰς πόλεις ἔρχονται μάλιστα

καὶ τοὺς ἀνθρώπους ἀδικοῦσιν, ὅταν γένωνται πρεσβῦται, διά τε τὸ γῆρας ἀδύνατοι θηρεύειν ὄντες καὶ διὰ τὸ πεπονηκέναι τοὺς ὀδόντας. Laut Hanson, Allegory and Event 182, ist die Information, die Origenes hier aus Aristoteles gibt, höchst ungenau. Siehe aber Neuschäfer, Origenes als Philologe 195. 23 Siehe dazu Hanson, Allegory and Event 152 Anm. 6.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum V (24) Τρυγὼν καὶ χελιδὼν ἀγροῦ στρουθία, οἱ συνετοὶ ἀκροαταὶ καὶ οἱ εἰς τὸ λέγειν τὰ κρείττονα ἱκανοί, ἐφύλαξαν ἐν καιρῷ ποιεῖσθαι τὰς ἰδίας εἰσόδους, ὥστε τὸ λεγόμενον καθικνεῖσθαι τῶν ἀκουόντων, συντρεχούσης τῆς εἰσόδου τῆς χελιδόνος τῇ εἰσόδῳ τῆς τρυγόνος.

5

Fragmentum VI (28) 201

Ἀκύλας καὶ Θεοδοτίων ἐξέδωκαν· ὅτι ὁ πλάσας τὰ πάντα αὐτός ἐστι, καὶ Ἰσραὴλ ῥάβδος κληρονομίας αὐτοῦ. Εἴπερ δὲ | Ἰσραὴλ ῥάβδος κληρονομίας αὐτοῦ, εἴληφε δὲ καὶ τὰ ἔθνη κληρονομίαν κατὰ τὸ „Αἴτησαι παρ᾽ ἐμοῦ, καὶ δώσω σοι ἔθνη τὴν κληρονομίαν σου“,a ἔσται καὶ τὰ ἔθνη Ἰσραήλ.

10

Fragmentum VII (34) Ὁ μὲν θεὸς δικαίως οὐκ ἀκούει τῶν μὴ ἀκουσάντων αὐτοῦ· οἱ δὲ δαίμονες τὸ δίκαιον σῶσαι τοῖς θυμιάσασιν αὐτοῖς οὐ δυνήσονται, ὅταν ὁ καιρὸς τῶν κα­ κῶν ἐπέλθῃ. Ὅταν οὖν μὴ ἐπακούσῃ θεός, δεινὸν τὸ ζητεῖν παρὰ δαιμόνων βοήθειαν. Ἀλλ̓ ἐξέχεσθαι δεῖ θεοῦ, διὰ τὰ ἡμαρτημένα ἀπεστραμμένου, τὴν δὲ πολλὴν ἐπ̓ αὐτὸν καὶ ἐπίμονον καταφυγὴν οὐχ ὑπερορῶντος.

Fragmentum VIII (35) Οὐκ εἶπεν· οὐκ εἰσακούσομαί σου, ἀλλ̓ αὐτῶν, δεικνὺς ὅτι καὶ τότε μετανο­ ούντων ἐὰν αἰτήσῃς ὑπὲρ αὐτῶν, εἰσακούσομαι. a

Ps. 2,8

24 An Stelle des „Sperlings“ (passer) der Septuaginta übersetzt Hieronymus ciconia,

„Storch“: in Hier. II 52,1 (CChr.SL 74, 87). 25 Vgl. Hieronymus, in Hier. II 52,2 (CChr.SL 74, 87): „Sogar die kleinen Vögel kennen

ihre Zeiten und wissen, wann sie, zu warmen Gefilden strebend, der Strenge des Winters weichen und zu Beginn des Frühlings wieder in ihre gewohnten Gegenden kommen müssen.“ 26 Im Septuagintatext von Jer. 10,16 ist Israel nicht erwähnt. Aquila und Theodotion haben den hebräischen Text jedoch enger am Wortlaut wiedergegeben, weshalb Israel in ihrer Übersetzung erwähnt ist.

15

Fragmente 5–8



Fragment 5 (24) zu Jer. 8,7

5

Turteltaube und Schwalbe, Sperlinge24 des Feldes, die Zuhörer, die verständig und fähig sind, von den besseren Dingen zu reden, achteten darauf, dass ihre je eigene Ankunft zur rechten Zeit erfolgt,25 so dass das Gesagte die Zuhörer erreicht, wobei die Ankunft der Schwalbe mit der Ankunft der Turteltaube zusammentrifft.

Fragment 6 (28) zu Jer. 10,16

10

Aquila und Theodotion gaben wieder: Denn er ist es, der alles gebildet hat, und Israel ist der Stab seines Erbteils.26 Wenn aber Israel der Stab seines Erbteils ist, er aber auch die Völker als Erbteil genommen hat gemäß dem Wort: „Fordere von mir, und ich werde dir die Völker als dein Erbteil geben“,a werden auch die Völker Israel sein.27

Fragment 7 (34) zu Jer. 11,11f.

15

Gott hört zwar gerechterweise nicht auf die, die nicht auf ihn hören, aber die Dämonen werden denen, die ihnen Rauchopfer darbringen, das Gerechte nicht bewahren können, wenn die Zeit der Übel gekommen ist. Wenn also Gott nicht erhört, ist es gefährlich, bei den Dämonen Hilfe zu suchen. Vielmehr muss man sich an Gott halten, der sich zwar wegen der Sünden abgewandt hat, aber die häufige und dauernde Zuflucht zu ihm nicht ignoriert.

Fragment 8 (35) zu Jer. 11,14(11) 20

Er hat nicht gesagt: Ich werde nicht auf dich hören, sondern auf sie, womit er zeigt: Wenn du für sie bittest und sie sich dann bekehren, werde ich hören.

27 Wie frg. 1 benutzt Nautin, SC 232, 31f., auch dieses Fragment, um die Echtheit aller

dieser Fragmente in Frage zu stellen, und erneut widerspricht ihm Smith, FaCh 97, 282 Anm. 25, zu Recht. Zum einen stimmt es nicht, wie Nautin behauptet, dass Origenes Aquila und Theodotion nur in den Kommentaren erwähnt. In Cant. hom. 2,4 (OWD 9/2, 110) zum Beispiel wird Aquila genannt. Zum anderen lässt sich der hier geäußerte Gedanke über die Völker, auch wenn er genau so in anderen Werken des Origenes nicht vorkommt, doch gut mit dem Denken des Origenes über die Völker als künftiges Israel in Verbindung bringen. Zudem ist zu bedenken, dass der Epitomator nur einen Ausschnitt aus einem Gedankengang wiedergibt.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum IX (46 und 47) (46) Τὴν ἐγκατάλειψιν ἐνέργειαν εἶπε· θεὸς γὰρ ἑαυτοῦ τὴν σκηνὴν ἐπαίρων λέγεται διαφθείρειν. Ἄλλως τε διαφθορὰ χειρὸς ἀξία θεοῦ ἡ ἀπὸ κακίας εἰς ἀρετὴν μεταποίησις κατὰ τὸ „Ἐποίσω ἐπὶ σὲ τὰς χεῖράς μου, καὶ πυρώσω σε εἰς καθαρόν“,a τῶν πρὶν ἐν ἡμῖν ἐξ ἁμαρτίας λυμάτων διεφθαρμένων. (47) Tοιοῦτον καὶ τὸ Διασπερῶ αὐτούς. Ἐπεὶ γὰρ συμφώνως ἠσέβησαν εἰς ἐμέ, τὴν κακίστην αὐτῶν διασκεδάσω σύνοδόν τε καὶ συμφωνίαν, ὥσπερ οὖν καὶ τῶν πυργοποιούντων διεῖλε τὰς γλώσσας, b κωλύσας αὐξομένην συμφωνοῦσαν ἀσέβειαν. Tὸ δὲ ἠτεκνώθησαν, ἀπώλεσαν τὸν λαόν μου κατη­ γορίαν τῶν ἀρχόντων ἔχει καὶ τῶν ἱερέων· οὗτοι γὰρ ἐν τάξει πατέρων ὑπάρχον­τες τοῖς λαοῖς ἔρημοι τῶν τέκνων ἐγένοντο, ἀντ̓ εὐσεβοῦς διδα­ σκαλίας ἀσέβειαν ὑποβάλλοντες. Tάχα δὲ οὐδὲ ἔστιν ἀπολέσαι λαὸν μὴ πρότερον ἑαυτοῦ τὴν ψυχὴν ἐκγεννημάτων τῶν κατ̓ ἀρετὴν ἀτεκνώσαντα· οὐδεὶς γὰρ ὢν ἀγαθὸς ἀπόλλυσιν ἕτερον.

202

Fragmentum X (48 und 49)

5

10

15

(48) Εἶεν δ̓ ἂν χῆραι τῶν ἀσεβῶν αἱ ψυχαὶ τὸν νυμφίον Χριστὸν ἀπολέσα­ σαι. (49) Ὧν ἀπολλυμένων ταλαιπωροῦσι καὶ μητέρες, οἱ γεννήσαντες αὐτοὺς ἐν Χριστῷ c καὶ ὠδινήσαντες μέχρι μορφωθῇ Χριστὸς ἐν αὐτοῖς d καὶ μετὰ τὸ γάλα τῇ στερεᾷ τροφῇ e πρὸς νεανίσκους ἐκθρέψαντες. Tῶν δὲ χη­ ρῶν τὸ πλῆθος οὐχ ὡς „τὰ ἄστρα τοῦ οὐρανοῦ“, f ἀλλ̓ ὡς ἡ ἄμμος τῆς θαλάσσης. Kατὰ δὲ τὸ γράμμα, πλείστων ἐν πολέμῳ πιπτόντων αἱ γυ­ ναῖκες ἐτύγχανον χῆραι, αἱ δὲ μητέρες ἐταλαιπώρουν.

20

Fragmentum XI (72 und 73) (72) Μὴ αἴρειν ἁμαρτιῶν παραγγέλλει βάσταγμα μηδὲ λέγειν· „Ὡσεὶ φορ­ τίον βαρὺ ἐβαρύνθησαν ἐπ̓ ἐμέ“, g ὡς ἂν γενώμεθα βασιλεῖς τε καὶ ἄρχοντες καθήμενοι παγίως ἐπὶ θρόνου Δαβίδ, τῆς τοῦ Χριστοῦ ἐκκλησίας, ὡς λέγε­ a

Jes. 1,25 b Gen. 11,7f. 11,12 g Ps. 37(38),5

c

1 Kor. 4,15

d

Gal. 4,19

e

1 Kor. 3,2; Hebr. 5,13.14

f

Hebr.

25

Fragmente 9–11



Fragment 9 (46 und 47) zu Jer. 15,6f.

5

10

15

(46) Das Verlassen bezeichnete sie (sc. die Schrift) als Wirksamkeit. Denn wenn Gott sein eigenes Zelt aufhebt, wird gesagt, dass er vernichtet. Und in einem anderen Sinn ist eine der Hand Gottes angemessene Vernichtung die Umwandlung von der Schlechtigkeit zur Tugend gemäß der Aussage: „Ich werde meine Hände auf dich legen, und ich werde dich verbrennen, bis du rein bist“,a indem zuvor der von der Sünde stammende Schmutz in uns vernichtet wird. (47) Etwas Derartiges ist auch das Ich werde sie zerstreuen. Nachdem sie nämlich einmütig gegen mich gefrevelt haben, werde ich ihre höchst üble Gemeinschaft und Übereinstimmung auflösen, wie er denn auch die Sprachen der Turmbauer trennte, b womit er das einträchtige Anwachsen der Gottlosigkeit verhinderte.28 Die Aussage aber: Sie wurden kinderlos, sie stürzten mein Volk ins Verderben enthält eine Anklage gegen die Anführer und die Priester. Denn diese, die an der Stelle der Väter standen, sind gegenüber den Leuten im Volk kinderlos geworden, weil sie an die Stelle der gottesfürchtigen Lehren Gottlosigkeit setzten. Vielleicht aber kann man das Volk nicht ins Verderben stürzen, wenn nicht zuerst die eigene Seele keine Erzeugnisse der Tugend mehr hervorgebracht hat. Denn niemand, der gut ist, stürzt einen anderen ins Verderben.

Fragment 10 (48 und 49) zu Jer. 15,8f. 20

25

(48) Witwen sind wohl die Seelen der Gottlosen, in denen der Bräutigam Christus zugrundegegangen ist.29 (49) Über die, die zugrundegegangen sind, sind auch die Mütter unglücklich, da sie sie in Christus geboren haben c und in Wehen lagen, bis Christus in ihnen Gestalt annahm, d und da sie sie nach der Milch mit fester Speise e zu jungen Männern herangezogen haben. Die Menge der Witwen aber ist nicht wie „die Sterne des Himmels“, f sondern wie der Sand des Meeres. Dem Buchstaben nach hingegen wurden die Frauen der größtenteils im Krieg Gefallenen zu Witwen, die Mütter aber wurden unglücklich.

Fragment 11 (72 und 73) zu Jer. 17,24–27 30

(72) Keine Sündenlast zu tragen mahnt er, noch zu sagen: „Wie eine schwere Last lasteten sie auf mir“, g damit wir zu Königen und Anführern werden, die fest auf dem Thron Davids sitzen, der Kirche Christi, so dass man über uns sagt: „Du 28 Zu der Zerstreuung, von der in Jer. 13,14 die Rede ist, vgl. in Hier. hom. 12,3.4 (GCS

Orig. 32, 90. 91). 29 Die Beziehung zwischen der Seele als Braut und Christus als Bräutigam, wie Ori-

genes das Hohelied auslegt, konstituiert die Gottesbeziehung der Seele. Siehe dazu Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 23–35; 9/2, 10–17.



203

Fragmente aus der Katene

σθαι περὶ ἡμῶν· „Ἔθηκας ἐπὶ τὴν κεφαλὴν αὐτῶν στέφανον ἐκ λίθου τι­ μίου.“a Tοιοῦτοι δὲ καὶ ἐπιβεβήκασιν ἐφ̓ ἅρμασί τε καὶ ἵπποις, χαλιναγω­ γοῦντες τὸ σῶμα b καὶ τὰς ἀλόγους κινήσεις ἀπείργοντες, ὡς ἂν καὶ ἡ πόλις εἰς τὸν αἰῶνα κατοικηθήσεται (73) καὶ πανταχόθεν αὐτῇ διὰ τὴν τῶν καθη­ γουμένων ἀρετὴν καὶ τὴν τῶν οἰκητόρων ἀρίστην πολιτείαν ἥξουσιν οἱ δῶρα προσφέροντες, ἔκ τε τῶν πόλεων Ἰούδα, τῶν Ἐξομολογουμένων τῷ θεῷ, καὶ κυκλούντων τὴν Ἱερουσαλήμ, τῆς Ὁράσεως τὴν εἰρήνην, καὶ ἐκ γῆς Βενιαμίν, τοῦ Υἱοῦ τῆς δεξιᾶς (δεξιὰ δὲ πάντα τὰ κατ̓ ἀρετὴν ἐργαζόμενα), καὶ ἐκ τῆς πεδινῆς, τῆς μηδὲν ἐχούσης „ὕψωμα κατὰ τῆς γνώσεως τοῦ θεοῦ ἐπαιρόμενον“, c καὶ ἐκ τοῦ ὄρους, τοῦ εὐαγγελικοῦ λόγου, καὶ ἐκ | τῆς πρὸς νότον, τῆς ἀντικειμένης τῷ ἀπὸ βορρᾶ πνέοντι. Οὗτοι γὰρ καὶ οἴσουσι „θυσίαν ἁγίαν εὐάρεστον τῷ θεῷ“, d τὴν τῆς ψυχῆς ἀφιέρωσιν, καὶ ὁλοκαυ­ τώματα λογικά, πᾶσαν ὕλην καταφλέγοντες ὑπόδικον τῷ αἰωνίῳ πυρὶ διὰ τοῦ πνεύματος. Ὧν „ἡ προσευχὴ ὡς θυμίαμα καὶ ἡ ἔπαρσις τῶν χειρῶν θυσία ἑσπερινή.“ e Οἳ καὶ προσφέρουσι λίβανον, ὅπερ ἑρμηνεύεται Λευκα­ σμός, πᾶσαν ἀποβάλλοντες ζοφώδη διάθεσιν, ὡς ἁρμόττειν αὐτοῖς τὸ „Τίς αὕτη ἡ ἀναβαίνουσα λελευκανθισμένη“· f οὕτω γὰρ καὶ τὴν αἴνεσιν δυνήσον­ ται φέρειν εἰς οἶκον κυρίου, „μὴ ἔχοντες σπῖλον ἢ ῥυτίδα ἤ τι τῶν τοιούτων“ g προστριβομένων τῇ τοῦ Χριστοῦ ἐκκλησίᾳ. Μηδενὸς δὲ τοιούτου γινο­ μένου παρ᾽ ἡμῶν τὰ τῆς ἐπαγομένης ἀπειλῆς ὑπομενοῦμεν.

5

10

15

20

Fragmentum XII (86) Τὴν μετὰ δικαιοσύνης οἰκοδομουμένην οἰκίαν ἐδήλωσεν εἰπὼν ὁ ἀπόστολος· „Θεοῦ γεώργιον, θεοῦ οἰκοδομή ἐστε.“ h Λέγει δὲ καὶ ὅτι „θεμέλιον ἄλλον οὐδεὶς δύναται θεῖναι παρὰ τὸν κείμενον, ὅς ἐστι Χριστὸς Ἰησοῦς. Εἰ δέ τις οικοδομεῖ“ καὶ τὰ ἑξῆς. i Οὐκοῦν διὰ τοῦ διδάξαντος ὁ πιστεύων θεμέλιον ἔσχεν τὸν Χριστὸν Ἰησοῦν. Ἐποικοδομεῖ δέ τις, εἰ μὲν καλῶς, „χρυσὸν“ τῆς ἀληθείας τὰ δόγματα, „ἀργύριον“ λόγον σωτήριον, „λίθους τιμίους“ οἰκοδομίαν ἐξ ἀρετῶν· εἰ δὲ κακῶς, ἐποικοδομῶν τῷ Ἰησοῦ πονη­ a

Ps. 20(21),4 b Jak. 3,2 Eph. 5,27 h1 Kor. 3,9

g

c i

2 Kor. 10,5 1 Kor. 3,11f.

d

Röm. 12,1

e

Ps. 140(141),2

f

Hld. 8,5

30 Zur folgenden Auslegung vgl. Hieronymus, in Hier. III 81,7–10 (CChr.SL 74, 172f.). 31 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 7 Lagarde (CChr.SL 72, 67): Iuda laudatio siue

confessio; p. 74 (72, 152): Iuda confitens siue glorificans; p. 78 (72, 157): Iuda confitens uel laudator. Siehe auch Wutz, Onomastica sacra I, 586. 32 Für diese Etymologie siehe oben S. 255 Anm. 296 zu in Hier. hom. 9,2 (GCS Orig. 32, 65). 33 Siehe dazu oben S. 469 Anm. 717 zu in Hier. hom. 19,3(18,13) (GCS Orig. 32, 168).

25

Fragmente 11–12

5

10

15

20



hast auf ihr Haupt eine Krone aus Edelstein gesetzt.“a Solche Leute aber30 haben auch Streitwagen und Pferde bestiegen, indem sie den Leib in Zaum halten b und die unvernünftigen Regungen eindämmen, damit auch die Stadt in Ewigkeit bewohnt werden wird (73) und von überallher aufgrund der Tugendhaftigkeit der Anführer und der herausragenden Lebensführung der Bewohner Leute zu ihr kommen werden, die Gaben darbringen: aus den Städten von Juda, den Gott Lobpreisenden,31 und von rings um Jerusalem, der Schau des Friedens,32 und aus dem Land Benjamins, des Sohnes des Rechten33 – recht ist alles, was gemäß der Tugend vollbracht wird –, und aus der Ebene, die keine „Höhe“ hat, „die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt“, c und aus dem Berg, dem Wort des Evangeliums,34 und aus der Gegend gen Süden, die dem Nordwind gegenüberliegt. Denn diese werden auch ein „heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer“ d bringen, das Weiheopfer ihrer Seele, und vernünftige Brandopfer, indem sie jede schuldige Materie mit dem ewigen Feuer durch den Geist verbrennen.35 Deren „Gebet ist wie ein Rauchopfer und das Erheben der Hände ein Abendopfer“. e36 Sie bringen auch Weihrauch dar, was übersetzt Weißwerdung bedeutet, indem sie jede finstere Haltung ablegen, so dass auf sie die Aussage passt: „Wer ist diese, die weiß geworden hinaufsteigt?“ f37 So werden sie nämlich auch dem Haus des Herrn Ruhm bringen können, „da sie weder einen Fleck noch eine Runzel noch etwas von den Dingen an sich haben“, g die der Kirche Christi anhaften. Wenn aber nichts davon bei uns geschieht, werden wir die Folgen der ergangenen Drohung erleiden.

Fragment 12 (86) zu Jer. 22,13 25

30

Der Apostel wies auf das mit Gerechtigkeit erbaute Haus hin, als er sagte: „Gottes Pflanzung, Gottes Bau seid ihr.“ h Er sagt aber auch, dass „niemand ein anderes Fundament legen kann als das, das schon gelegt ist, nämlich Christus Jesus. Wenn aber einer darauf baut“ usw. i Durch den also, der ihn lehrte, hatte der Glaubende als Fundament den Christus Jesus. Es baut aber einer, wenn er es schön macht, darauf „Gold“: die Lehren der Wahrheit, „Silber“: das heilbringende Wort, „Edelsteine“: ein Gebäude aus Tugenden. Wenn er es aber 34 Origenes fasst die Berge entweder als die Bibel generell, als das Gesetz und die Pro-

pheten (das Alte Testament) oder als das Evangelium (das Neue Testament) auf: in Cant. comm. III 12,4–7 (OWD 9/1, 354–356); in Cant. frg. 28 (OWD 9/2, 176). 35 Zu diesem geistigen Feuer siehe oben S. 216 Anm. 217. 36 Zu Ps. 140(141),2 bei Origenes vgl. orat. 12,2 (GCS Orig. 2, 325) und 31,1 (3, 395). Siehe dazu Perrone, Preghiera 438–441. 37 Für die Auslegung von Hld. 8,5 bei Origenes vgl. in Cant. comm. II 2,4 (OWD 9/1, 200); in Cant. hom. 1,6 (OWD 9/2, 82–84); in Cant. frg. 83 (OWD 9/2, 232). Siehe dazu Fürst, OWD 9/2, 48f.



Fragmente aus der Katene

ρά, λέγω „ξύλα, χόρτον, καλάμην“,a πῶς οὐκ ἀσεβεῖ; Ἐφ̓ ὃν ἔρχεται τὸ Οὐαί, ὁ οἰκοδομῶν οἰκίαν αὐτοῦ οὐ μετὰ δικαιοσύνης. Ὁ ποιῶν ὑψηλὸν οἰκο­ δόμημα, οὐ κατὰ λόγον δὲ θεοῦ καὶ ἀλήθειαν, οὐκ ἐν κρίματι ὑπερῷα ποιεῖ. Ἀναλόγως νόει καὶ τοὺς διδάσκοντας ἢ ἀλήθειαν ἢ ψευδώνυμον γνῶσιν. b Οἷον Παῦλος μὲν οἰκίαν τὴν ἐκκλησίαν οἰκοδομεῖ μετὰ δικαιοσύνης, ὑπερῷα δὲ Τιμόθεον καὶ Λουκᾶν καὶ τοὺς τοιούτους ἐν κρίματι.

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Fragmentum XIII (87 und 88)

204

(87) Εἴποις δ̓ ἂν καὶ περὶ τῶν ψευδοδιδασκάλων ἀκολούθως τοῖς πρόσθεν c εἰρῆσθαι. Ὡς γάρ φησιν ὁ Σολομῶν· „Ὁ ἐνεργῶν θησαυρίσματα γλώσσῃ ψευδεῖ μάταια διώκει, καὶ ἐλεύσεται εἰς παγίδα θανάτου.“ d Oἱ γὰρ τοιοῦτοι οἰκοδομοῦσιν ἑαυτοῖς οἰκίας ὀνόματι ἐκκλησίας, ἥτις ἐστὶ „πονηρευο­ μένων“, e πρὸς οὓς λέγεται μετ̓ εἰρωνείας· ᾨκοδόμησας σεαυτῷ οἶκον σύμ­ μετρον, ὑπερῷα ῥιπιστά· ἐν οἷς ᾠήθησαν ἀναψυχὴν ᾠκοδομηκέναι. Διὰ δὲ τῶν θυρίδων οἴει πεφωτικέναι φωτὶ γνώσεως τὰ οἰκοδομήματά σου, καὶ ἀσήπτοις ξύλοις εἰς τὴν οἰκοδομὴν τῆς οἰκίας κεχρῆσθαι, καὶ χρίεις διὰ μίλ­ του μιμούμενος τὸ αἷμα Χριστοῦ. (88) Ἀλλ̓ οὐ βασιλεύσεις, εἰ καὶ παρωξύν­ θης ἐν κέδρῳ τοῦ πατρός σου. Κέδρος ὁ πατὴρ τοῦ ἁμαρτωλοῦ, δένδρον τι ὑψηλόν, ὑπερήφανον, ἀντικείμενον, ὁ διάβολος ἢ ὁ λόγων μοχθηρῶν ἄρ­ χων. Οἱ δὲ τοιαῦτα οἰκοδομήσαντες λιμῷ ἀπολοῦνται· οὐ γὰρ φάγονται οὐδὲ πίονται, ἀλλ̓ οὐδὲ δικαιοσύνην ἔγνωσαν μὴ ἐγνωκότες Χριστόν· τὸ τὰ δίκαια δὲ πράττειν ἴδιον, φησί, τῶν γινωσκόντων τὸν θεόν. Τῶν δὲ μὴ τοιούτων οὔτε οἱ ὀφθαλμοὶ καλοὶ μὴ βλέποντες τὴν ἀλήθειαν, οὔτε ἡ καρδία ψευδῶν πεπληρωμένη δογμάτων, δι᾽ ὧν σφάλλοντες ἑτέρους φονεύουσιν αὐτῶν τὰς ψυχάς, αἷμα ἀθῶον ἐκχέοντες γλώττῃ ψευδεῖ καὶ δολίᾳ. Τοῦτο δὲ τῆς διὰ ξίφους χεῖρον σφαγῆς. f a

1 Kor. 3,12

b

1 Tim. 6,20

c

Jer. 22,13

d

Spr. 21,6

e

Ps. 25(26),5

f

Jer. 19,6f.

38 Mit dieser Formulierung aus 1 Tim. 6,20 bezeichnen die altkirchlichen Theologen

kritisch die Gnosis. Für Origenes vgl. beispielsweise in Ioh. comm. V 8 (GCS Orig. 4, 105); in Is. hom. 3,1 (GCS Orig. 8, 253). Weitere Stellenhinweise bei Fürst/Hengstermann, OWD 10, 218 Anm. 44. 39 Hieronymus, in Hier. IV 38,10–12 (CChr.SL 74, 207), bezieht die einzelnen Aussagen von Jer. 22,14–17 in ganz ähnlicher Weise, wie es in dem Fragment geschieht, auf die Häretiker. 40 Zum „Licht der Erkenntnis“ vgl. in Ioh. comm. I 6,36 (GCS Orig. 4, 11); orat. 11,3 (GCS Orig. 2, 323); lateinisch lux oder lumen scientiae: princ. I praef. 10 (GCS Orig. 5, 16); in Cant. comm. II 4,25.35 (OWD 9/1, 224. 228); II 5,19 (9/1, 238); II 8,15 (9/1, 266); III 11,18 (9/1, 350).

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Fragmente 12–13

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

schlecht macht, indem er an Jesus Böses anbaut, ich meine „Holz, Stroh und Schilf“,a wird er dann nicht freveln? Über ihn kommt die Drohung: Wehe dem, der sein Haus nicht mit Gerechtigkeit baut! Wer einen hohen Bau errichtet, aber nicht nach dem Wort Gottes und der Wahrheit, der errichtet die Ober­ gemächer nicht nach dem Recht. In entsprechender Weise fasse auch die auf, die entweder die Wahrheit oder die fälschlich so genannte Erkenntnis b38 lehren. Beispielsweise erbaut Paulus das Haus, die Kirche, mit Gerechtigkeit, als Ober­ gemächer aber Timotheus und Lukas und andere solche Leute nach dem Recht.

Fragment 13 (87 und 88) zu Jer. 22,14–17 10

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(87) Du könntest sagen, das, was auf das Vorige c folgt, sei auch über die falschen Lehrer gesagt.39 Wie nämlich Salomo sagt: „Wer mit falscher Zunge Schätze erwirbt, jagt Nichtigem nach und wird in die Schlinge des Todes geraten.“ d Denn solche Leute bauen sich Häuser im Namen einer Kirche, die eine „von Übeltätern“ e ist, zu denen mit Ironie gesagt wird: Du hast dir ein wohlproportioniertes Haus gebaut, luftige Obergemächer, in denen sie meinten, einen Ort der Erholung errichtet zu haben. Durch die Fenster aber meinst du deine Gebäude mit dem Licht der Erkenntnis40 zu erleuchten, und für den Bau des Hauses hast du Holz, das nicht verfault, verwendet und streichst es mit roter Far­ be, um das Blut Christi nachzuahmen. (88) Aber du wirst nicht als König herr­ schen, auch wenn du mit dem Zedernholz deines Vaters prahlst.41 Die Zeder ist der Vater des Sünders, ein hoher, stolzer, feindlicher Baum, der Teufel oder der Urheber42 schlechter Lehren. Leute, die so etwas erbaut haben, werden an Hunger zugrundegehen. Denn sie essen nicht noch trinken sie, haben aber auch die Gerechtigkeit nicht erkannt, weil sie Christus nicht erkannt haben.43 Gerecht zu handeln ist aber charakteristisch für die, heißt es, die Gott erkennen. Bei denen aber, die nicht so sind, sind weder die Augen gut, da sie die Wahrheit nicht sehen, noch das Herz, da es voller falscher Lehrmeinungen ist, durch die sie andere zu Fall bringen und ihre Seelen töten, indem sie durch Lug und Trug unschuldiges Blut vergießen. Das aber ist schlimmer als das Abschlachten mit dem Schwert. f 41 Das entspricht der Fassung von Jer. 22,15 im hebräischen Text. In der Septuaginta

(II p. 691 Rahlfs) steht: „Wirst du etwa herrschen, weil du mit Achaz, deinem Vater, wetteiferst?“ Übersetzung: p. 1310 Septuaginta Deutsch. Hieronymus, in Hier. IV 38,9 (CChr.SL 74, 207), schreibt, dass er dieser Septuaginta-Fassung im Gegensatz zum hebräischen Text keinen Sinn abzugewinnen vermag, „so dass der Text ohne die Wahrheit des Hebräischen (ueritas Hebraicae) keinen Sinn ergibt“. 42 Im Neuen Testament, z.B. Mt. 9,34; 12,24; Mk. 3,22, ist ἄρχων τῶν δαιμόνων, „Anführer der Dämonen“, eine gängige Bezeichnung für den Teufel: Smith, FaCh 97, 286 Anm. 76. 43 „Gerechtigkeit“ ist eine der zentralen Epinoiai (Aspekte) Christi: in Ioh. comm. I 20,124 (GCS Orig. 4, 25).



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XIV (89)

205

Τὸν Ἰωακεὶμ τοῦτον Ἰεχονίαν Ἱερεμίας καλεῖ, τὸν δὲ τούτου πατέρα Ἐλιακεὶμ προσαγορευόμενον Ἰωακεὶμ ἐκάλεσε Νεχαὼ Φαραώ,a ὃν ἀνελὼν ὁ Βαβυ­ λώνιος πρὸ τῆς πύλης ἀπέρριψεν, b ὡς ὁ παρὼν προφήτης λέγει καὶ Ἰώ­ σηππος ἐν τῇ δεκάτῃ τῆς ἀρχαιολογίας. Tὸ δὲ ἀποσφράγισμα σφραγὶς ἐξέδωκαν οἱ λοιποί. Σφραγὶς | δὲ ἤτοι σφενδόνη ἐν τῇ δεξιᾷ τοῦ θεοῦ γίνε­ ται πᾶς ὁ τὸ κατ̓ εἰκόνα c διὰ μετανοίας ἀναλαμβάνων· ἔργα γὰρ ἀγαθὰ νοεῖται τὰ δεξιὰ τοῦ θεοῦ τοῦ τὰ πρόβατα ἱστῶντος ἐκ δεξιῶν. d ῝Ην δὴ σφραγῖδα τῷ ἀσώτῳ υἱῷ δέδωκεν ὁ πατὴρ ἐπιστρέψαντι. e Ὅπερ εἰ γέ­ γονεν Ἰεχονίας, τύπος τοῖς ὑπηκόοις εὐσεβείας ἐγένετο· ἀλλ̓ οὐ γέγονε. Πλὴν ἔδοξε τῷ προφήτῃ πείθεσθαι φήσαντι· „Ὁ ἐκπορευόμενος προσχωρῆ­ σαι πρὸς τοὺς Χαλδαίους τοὺς συγκεκλεικότας ὑμᾶς ζήσεται·“ f ἐξῆλθε γὰρ ἐπαγόμενος καὶ τὴν μητέρα καὶ τοὺς δυνατούς, αὐτομολήσας πρὸς τοὺς Βαβυλωνίους. g Εἰ δὲ καὶ τελείαν, φησίν, ἐπεδείξατο τὴν μετάνοιαν, ὥστε καὶ σφραγῖδα γενέσθαι τῆς ἐν περιτομῇ δικαιοσύνης h κατὰ τὸν θεῖον ἀπόστο­ λον, ὡς κατὰ τοῦτο δοκεῖν ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ, πάντως ἂν παρεδόθη δίκην ὑφέξων τῶν πρώην ἡμαρτημένων, εἰ καὶ μετριωτέραν. Ἐν Βαβυλῶνι γὰρ σωφρονισθεὶς ἐν εἱρκτῇ καὶ δεσμοῖς, πάλιν ἐπὶ Εὐιλὰδ Μαρωδὰχ μετέστη πρὸς ἄνεσιν, ὁμοδίαιτος γενόμενος τῷ βασιλεῖ καὶ οὕτως ἐν ἀλλοτρίᾳ κα­ ταλύσας τὸν βίον. i

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Fragmentum XV (90) Ἀπαγορεύει οὐ προφήτην ἁπλῶς ἀκούειν, ἀλλὰ λόγους προφητῶν ἐν μιμή­ σει προφερομένους. Ὁ γὰρ ἀκούων προφήτου οἷον Μωσέως, οὐκ αὐτοῦ ἀλλὰ κυρίου ἀκούει διὰ τούτου λαλοῦντος. Oἱ δὲ ψευδοπροφῆται ματαιοῦ­ σιν· τῷ γὰρ μὴ ἐπιστρέφειν ποιοῦσι τὸν ἀκούοντα μάταιον, ὅρασιν καρδίας a 2 Kön. 23,34 b Jer. 22,19 c Gen. 1,26 24,12 hRöm. 4,11 i 2 Kön. 25,27–30

d

Mt. 25,33

e

Lk. 15,22

f

Jer. 21,9

g

2 Kön.

44 Vgl. Josephus Flavius, ant. X 6,3 (p. 350f. Niese). Siehe dazu Neuschäfer, Origenes

als Philologe 170f. 45 Gemeint sind Aquila, Symmachus und Theodotion, die Origenes in der Hexapla

neben die Septuaginta gestellt hat. Siehe dazu oben S. 384 Anm. 551. 46 Hieronymus, in Hier. IV 41,7f. (CChr.SL 74, 211), referiert folgende Auslegung von

Jer. 22,24–26 aus dem fünften Buch der verlorenen Stromata des Origenes: „Origenes

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Fragmente 14–15



Fragment 14 (89) zu Jer. 22,24–26

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Jeremia nennt diesen Sohn des Jojakim Jojachin. Seinem Vater aber, der Eljakim hieß, gab der Pharao Necho den Namen Jojakim.a Nachdem der Babylonier ihn umgebracht hatte, ließ er ihn vor das Tor werfen, b wie der vorliegende Prophet sagt und ebenso Josephus im zehnten Buch der Altertümer.44 Die übrigen Übersetzer45 aber haben den Siegelring als Siegel wiedergegeben. Ein Siegel aber oder auch ein Abdruck in der Rechten Gottes wird jeder, der durch Buße zurückerlangt, was der Ebenbildlichkeit c entspricht. Denn als gute Werke wird das zur Rechten Gottes verstanden, der die Schafe zu seiner Rechten stellt. d Dieses Siegel also hat der Vater dem verlorenen Sohn gegeben, als dieser zurückkehrte. e Wenn Jojachin so geworden wäre, wäre er ein Vorbild für die geworden, die der Frömmigkeit verpflichtet sind. Aber es ist nicht so geschehen. Allerdings schien er dem Propheten zu gehorchen, als dieser sagte: „Wer hinausgeht und sich den Chaldäern, die euch belagern, ergibt, wird leben.“ f Er ging nämlich hinaus, wobei er sowohl seine Mutter als auch die Mächtigen mitnahm, und lief zu den Babyloniern über. g Aber auch wenn er, heißt es, vollkommene Buße gezeigt hätte, so dass er laut dem göttlichen Apostel sogar ein Siegel der Gerechtigkeit in der Beschneidung h geworden wäre, um demgemäß in der Rechten Gottes zu erscheinen, wäre er gewiss zur Bestrafung seiner früheren Sünden ausgeliefert worden, wenn auch in gemäßigterer Form. Als er nämlich in Babylon im Gefängnis und in Ketten gezüchtigt wurde, gewährte ihm Ewil-Merodach milde Haftbedingungen. Er wurde Tischgenosse des Königs, und auf diese Weise beendete er in einem fremden Land sein Leben. i4� 6

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Fragment 15 (90) zu Jer. 23,16

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Er verbietet nicht einfach auf einen Propheten zu hören, sondern auf Worte von Propheten, die in täuschender Nachahmung vorgebracht werden. Wer nämlich einen Propheten wie Mose hört, hört nicht ihn, sondern den Herrn, der durch ihn spricht. Die Pseudopropheten aber reden nichtiges Zeug. Weil sie nämlich nicht zur Umkehr bewegen, machen sie den Zuhörer zunichte, in­ bezieht diese Stelle auf Christus, weil er wie ein Ring von der Hand Gottes, des Vaters, abgerissen und in das Land der Gefangenschaft, in das Tal der Tränen, geschickt und dem Kreuz ausgeliefert worden ist; auch seine Mutter – zweifellos die Synagoge – sei gefangen und hinausgeworfen worden. Und während er dies darlegt, scheut er sich nicht, die folgenden Worte: ‚Erde, Erde, Erde, höre das Wort des Herrn! Dies spricht der Herr: Schreibe, dass dieser Mann verflucht beziehungsweise unfruchtbar ist ‘ (Jer. 22,29f.) und das Weitere vom Herrn der Herrlichkeit zu verstehen.“



Fragmente aus der Katene

λαλοῦντες. Νοῦς γὰρ ἐπιβάλλων πράγμασι χωρὶς θεοῦ βοηθείας ὅρασιν καρδίας οὐκ ἀπὸ στόματος λαλεῖ τοῦ χορηγοῦντος εἰπεῖν καὶ φωτίζοντος. Ἔστι δὲ ὅτε συντρέχει καρδίας ὅρασις καὶ στόματος κυρίου λόγος· ὅθεν οὐχ ἁπλῶς ψέγει τὴν ὅρασιν τῆς καρδίας, ἀλλ̓ ὅταν μὴ προσῇ τὸ ἕτερον. Συν­ τρέχει δὲ παρὰ τῷ λέγοντι· „Προσεύχομαι τῷ στόματι, προσεύχομαι δὲ καὶ τῷ νοΐ.“a

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Fragmentum XVI (91) 206

Προφητεύει περὶ συσσεισμοῦ καὶ ὀργῆς κυρίου ἐκπορευομένης ἐπὶ τοὺς ἀσε­ βεῖς. Ὁ θυμὸς οὐκ ἀπεστράφη, οὐχ | ἁπλῶς ἀλλ̓ ἕως ἂν ποιήσῃ αὐτό, ὡς ἀποστρέφοντος ἐπὰν ποιήσῃ. Ὃ δὲ μὴ πεποίηκε λόγος κυρίου, b θυμὸς κυ­ ρίου ποιεῖ. Tί δὲ θυμὸς κυρίου ποιεῖ, λέγει Δαβὶδ ἐν τῷ „Kύριε, μὴ τῷ θυμῷ σου ἐλέγξῃς με“. c Oὐκοῦν ἐλέγχων οὐ παύεται, ἕως οὗ ποιήσῃ δι᾽ ὃ ἐλέγχει, ὡς οὐδὲ ἡ ὀργὴ μέχρι τελείως παιδεύσῃ. d Oὐ μόνον δὲ ποιήσει, ἀλλὰ καὶ στήσει καὶ βεβαιώσει. e Tὸ δὲ ἀπὸ ἐγχειρήματος καρδίας αὐτοῦ αἴνιγμα ὂν ἐπ̓ ἐσχάτου, φησί, νοηθήσεται, δηλαδὴ περὶ τῶν εἰρημένων περί τε θυμοῦ καὶ ὀργῆς. Χάρις οὖν τῷ ἡμῖν ἀποκαλύψαντι τὰ μέχρι τοῦ παρόντος κε­ κρυμμένα.

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Fragmentum XVII (92) Διὰ τοῦτο οὐκ ἔλαθόν με εἰς πονηρίαν τὸν λαόν μου ὠθήσαντες. Ὁ γὰρ καὶ προφήτῃ διδοὺς εἰδέναι τὰ πανταχοῦ, πολλῷ μᾶλλον οἶδεν αὐτός. „Πνεῦμα“ γὰρ „κυρίου πεπλήρωκε τὴν οἰκουμένην“· f καὶ „ἐν αὐτῷ ζῶμεν καὶ κινούμεθα καὶ ἐσμέν“, g ὡς ὁ Παῦλος πρὸς Ἀθηναίους ἔφη. Τοιοῦτον καὶ τὸ Οὐχὶ τὸν οὐρανὸν καὶ τὴν γῆν ἐγὼ πληρῶ; λέγει κύριος. Τῇ δυνάμει γὰρ a

1 Kor. 14,15 Apg. 17,28

g

b

Jer. 23,17

c

Ps. 6,2

d

Ps. 6,2

e

1 Kor. 1,8; 2 Kor. 1,21

f

Weish. 1,7

47 1 Kor. 14,15 lautet eigentlich: „Ich werde mit dem Geist beten, aber ich werde auch mit

dem Verstand beten.“ In dieser Version zitiert und interpretiert Origenes den Vers in orat. 2,4 (GCS Orig. 2, 301f.); 12,1 (2, 324), wobei er den „Geist“ (πνεῦμα) als den Geist Gottes auffasst. Siehe dazu Perrone, Preghiera 466–469. Im vorliegenden Fragment ersetzt er zwar den „Geist“ durch den „Mund“, doch da er diesen wie den „Geist“ auf Gott bezieht, kommt die Auslegung beider Fassungen inhaltlich überein: Zum Verstand des Menschen muss Gott hinzukommen, sei es sein „Geist“, sei es sein „Mund“.

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Fragmente 15–17

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

dem sie die Vision ihres Herzens verkünden. Denn ein Verstand, der ohne die Hilfe Gottes an eine Sache denkt, verkündet eine Vision des Herzens nicht aus dem Mund dessen, der das Reden gewährt und erleuchtet. Das ist jedoch der Fall, wenn die Vision des Herzens und das Wort aus dem Mund des Herrn übereinstimmen. Deshalb tadelt er nicht einfach die Vision des Herzens, sondern wenn das andere nicht hinzukommt. Beides stimmt aber bei dem überein, der sagt: „Ich bete mit dem Mund, ich bete aber auch mit dem Verstand.“a47

Fragment 16 (91) zu Jer. 23,19f. 10

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Der Prophet weissagt über die Erschütterung und den Zorn des Herrn, der über die Gottlosen kommt. Der Grimm hat sich nicht abgewendet, nicht einfach so, sondern bis er es vollbracht hat, da er sich erst abwendet, wenn er es vollbracht hat. Was aber das Wort des Herrn b nicht vollbracht hat, vollbringt der Grimm des Herrn.Was aber der Grimm des Herrn vollbringt, sagt David in dem Vers: „Herr, strafe mich nicht mit deinem Grimm!“ c Er hört also nicht auf zu strafen, bis er vollbracht hat, weswegen er straft, wie auch der Zorn nicht aufhört, bis er vollständig gezüchtigt hat. d48 Er wird aber nicht nur vollbringen, sondern auch auf­ richten und bestärken. e Was aber aus dem Bestreben seines Herzens kommt, wird, weil es ein Rätsel ist, am Ende der Zeit, sagt er, verstanden werden und bezieht sich natürlich auf die Aussagen über den Zorn und den Grimm. Dank sei also dem, der uns offenbart hat, was bis in die Gegenwart verborgen war.

Fragment 17 (92) zu Jer. 23,23f.

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Deshalb waren mir die nicht verborgen, die mein Volk zur Bosheit trieben. Denn wer sogar einen Propheten dazu befähigt, überall etwas zu wissen, der weiß selbst noch viel mehr. Denn „der Geist des Herrn erfüllt den Erdkreis“, f und „in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wird“, g wie Paulus zu den Athenern sagte. So auch die Aussage: Erfülle nicht ich den Himmel und die Erde? Spruch des Herrn. Denn durch seine Kraft ist er allem nahe.49 Und 48 Vgl. in Regn. frg. 4 (OWD 7, 256): „Zorn Gottes wird die Züchtigung von Leuten

genannt, die sich verfehlen.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 257. Zum pädagogischen Sinn des „Zornes Gottes“ vgl. in Hier. hom. 20(19),1f. (GCS Orig. 32, 176–179), dazu oben S. 487 Anm. 760. 49 In orat. 23,3 (GCS Orig. 2, 351f.) betont Origenes, dass Jer. 23,24 nicht wörtlich verstanden werden kann. In diesem Satz kommt vielmehr der Heils-Aktualismus des Origenes zum Ausdruck: Jede Möglichkeit (δύναμις) in Gott ist unmittelbar in der Wirklichkeit der Schöpfung in ihrer Gesamtheit (πάντα) realisiert. In diesem Sinne ist Gott nicht nur soteriologisch, sondern ontologisch „allem nahe“. Zum heilsöko-



Fragmente aus der Katene

αὐτοῦ πᾶσιν ἐγγίζει. Καὶ εὐχαὶ ἄρα οὐχ ὡς πρὸς πόρρω ὄντα γίγνονται τὸν θεόν. Καὶ περὶ τοῦ υἱοῦ δὲ λέγεται· „Ἐν τῷ κόσμῳ ἦν, καὶ ὁ κόσμος δι᾽ αὐτοῦ ἐγένετο.“a Αὐτὸς γὰρ ὁ καὶ λέγων· Θεὸς ἐγγίζων ἐγώ εἰμι· καὶ γὰρ ἔφησεν· „Ὅπου δύο καὶ τρεῖς συνηγμένοι εἰσὶν εἰς τὸ ἐμὸν ὄνομα, κἀγώ εἰμι ἐν μέσῳ αὐτῶν“, b ὁ καὶ λέγων· „Ἰδοὺ ἐγὼ μεθ̓ ὑμῶν εἰμι πάσας τὰς ἡμέρας ἕως τῆς συντελείας τοῦ αἰῶνος.“ c

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Fragmentum XVIII (93)

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Ὡς γὰρ τῆς ἡμετέρας ψυχῆς οὐδὲν τοῦ σώματος ἔρημον, ἀλλ̓ ὅπου αἴσθη­ σις ἐκεῖ καὶ ψυχή, καὶ ἐπὶ πᾶν φθάνει τὸ σῶμα, οὕτως καὶ οὐδὲν κενὸν τοῦ θεοῦ. Καὶ ὅμως πάντα πληρῶν οὐ πληροῖ τὸν ἁμαρτωλόν, πνευμάτων γὰρ ἀκαθάρτων πεπλήρωται· | καὶ τὸν τοιοῦτον ἀδύνατον ὑπὸ θεοῦ πληρωθῆ­ ναι, μὴ τῶν ἄλλων τῶν πληρούντων ἀπηλλαγμένον. Τοὺς γὰρ ἀξίους πληροῖ ἐν οὐρανῷ τε καὶ γῇ. „Τοῦ“ γὰρ „κυρίου“ οὐχὶ ἡ γῆ καὶ πάντα τὰ ἐν αὐτῇ, ἀλλ̓ „ἡ γῆ καὶ τὸ πλήρωμα αὐτῆς“, d ὡς ὄντων ἐν αὐτῇ τινων, οἳ μὴ εἰσὶ πλήρωμα γῆς. Πλήρωμα γὰρ τῆς γῆς οἱ πεπληρωμένοι ἀπὸ τοῦ εἰπόντος· Οὐχὶ τὸν οὐρανὸν καὶ τὴν γῆν ἐγὼ πληρῶ; λέγει κύριος.

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Fragmentum XIX (94) Ἐπειδὴ καὶ οἱ ψευδοπροφῆται ἀπεχρῶντο τῷ „Τάδε λέγει κύριος“, e τοὺς ἀληθεῖς προφήτας ὑποκρινόμενοι, ἔδει σημείων διαστελλόντων ἑκατέρους. ῏Ην μὲν οὖν, κατὰ τὸν ἀπόστολον, πνευμάτων διακρίσεως χάρισμα, f καὶ ὁ τοῦτο ἔχων διέκρινε πνεύματα, τά τε θεῖα ὄντα καὶ τὰ πονηρά, καθάπερ ἀργυρα­ μοιβὸς τὸ νόμισμα τὸ δόκιμόν τε καὶ κίβδηλον. Χωρὶς δὲ τῆς καθολικῆς ἐπι­ a

Joh. 1,10

b

Mt. 18,20

c

Mt. 28,20

d

Ps. 23(24),1

e

Jer. 2,2; 7,3

f

1 Kor. 12,4–11

nomischen Aktualismus des Origenes siehe Holz, Begriff des Willens 71–76; Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 184–188. 50 Vgl. dazu orat. 10,2 (GCS Orig. 2, 320), wo Origenes neben Jer. 23,24 ebenfalls Weish. 1,7 stellt. 51 Zum Verständnis dieser Aussage, das Origenes an einer ähnlich lautenden Stelle in Joh. 1,26 entwickelt, vgl. in Ioh. comm. VI 38,188–193 (GCS Orig. 4, 146f.); XXXII 30,378–380 (4, 477); Cels. V 12 (GCS Orig. 2, 13). Siehe dazu Schockenhoff, Fest der Freiheit 197. 52 Der Begriff der „Würdigkeit“ meint bei Origenes, dass Gott sein Agieren so am Menschen orientiert, wie es dessen Verhalten „angemessen“ ist. Vgl. etwa princ. III 1,24 (GCS Orig. 5, 243f.). Siehe dazu Fürst, OWD 7, 57–59. Siehe auch oben S. 544 Anm. 862. Zu der von Origenes hier beschriebenen doppelten Weise der Gottes­

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Fragmente 17–19

5



Gebete richten sich also nicht an Gott, als wäre er fern.50 Aber auch über den Sohn wird gesagt: „Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden.“a Denn er selbst sagt auch: Ich bin ein Gott, der nahe ist. Denn er, der auch gesagt hat: „Wo zwei und drei in meinem Namen versammelt sind, bin auch ich in ihrer Mitte“, b51 der sagt auch: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt.“ c

Fragment 18 (93) zu Jer. 23,24

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Wie nämlich nichts im Leib von unserer Seele verlassen ist, sondern dort, wo es Wahrnehmung gibt, auch Seele ist und diese sich auf den ganzen Leib erstreckt, so ist auch nichts leer und ohne Gott. Und obwohl er alles erfüllt, erfüllt er nicht den Sünder, denn der ist voller unreiner Geister. Und es ist unmöglich, dass ein solcher von Gott erfüllt wird, wenn er sich nicht von den anderen trennt, die ihn erfüllen. Denn die, die würdig sind,52 erfüllt er im Himmel und auf Erden. Denn „dem Herrn“ gehört nicht die Erde und alles, was in ihr ist, sondern „die Erde und ihre Fülle“, d so dass es einige in ihr gibt, die nicht die Fülle der Erde sind. Die Fülle der Erde sind nämlich die, die von dem erfüllt sind, der gesagt hat: Erfülle nicht ich den Himmel und die Erde? Spruch des Herrn.

Fragment 19 (94) zu Jer. 23,28f. 20

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Da auch die Pseudopropheten die Wendung „Dies spricht der Herr“ e missbrauchten, indem sie sich heuchlerisch als die wahren Propheten ausgaben,53 waren Zeichen notwendig, um beide voneinander zu unterscheiden. Es gab also, so der Apostel, die Gabe der Unterscheidung der Geister, f und wer sie besaß, der unterschied die Geister, die göttlichen und die schlechten, wie der Geldwechsler54 die echte und die falsche Münze unterscheidet. Aber ohne das allgemein verbreitete55 Wissen genügt auch das jetzt Gesagte,56 um unterschei-

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54 55 56

beziehung siehe Gruber, ΖΩΗ 38: „Als Schöpfer erfüllt er Himmel und Erde, d.h. alles Seiende. Und dennoch gibt es eine eigene, besondere Art der Erfüllung, welchen den Sündern nicht zuteil wird, sondern nur den Würdigen.“ Vgl. in Regn. hom. graec. 3 (GCS Orig. 32, 285): „Es gibt falsche Propheten, die sagen: ‚Dies spricht der Herr‘, und der Herr hat gar nicht geredet.“ Übersetzung: Fürst, OWD 7, 209. Vgl. auch Hieronymus, in Hier. IV 60,1 (CChr.SL 74, 226). Zur Heuchelei der Pseudopropheten siehe Wilckens/Kehl/Hoheisel, Art. Heuchelei 1221. Zu diesem Wort siehe oben S. 311 Anm. 409. Zu dieser Grundbedeutung von „katholisch“ vgl. z.B. in Cant. comm. III 16,27 (OWD 9/1, 414); III 17,9 (9/1, 420). Nämlich das, was an der vorliegenden Bibelstelle in Jer. 23,28 gesagt wird, das Origenes im nächsten Satz paraphrasiert.



Fragmente aus der Katene

στήμης καὶ τὸ νῦν εἰρημένον ἀρκεῖ πρὸς διάκρισιν. Ὁ γὰρ λόγος μου, φησίν, οὐ διάκενος καὶ τρόφιμος ἀλόγων, ἀλλ̓ οἱονεὶ σῖτος καὶ λογικῶν τροφή.

Fragmentum XX (95) Τί δὲ τὸ ἄχυρον πρὸς τὸν σῖτον εἶπεν, ἀλλ̓ οὐ πρὸς κριθήν· παρέθηκε γὰρ ὁ κύριος ἄρτους, τοὺς μὲν κριθίνουςa τοῖς ἀλογωτέροις, τοὺς δὲ πυρίνους τοῖς λογικοῖς. Διὸ καὶ νῦν οὐκ ἔφη· Τί τὸ ἄχυρον πρὸς τὴν κριθήν, ἀλλὰ πρὸς τὸν σῖτον, τὴν λογικὴν ἀκριβῶς παραστήσας τροφήν. Ἔστι δὲ καὶ ἄλλο σημεῖον, ὅτι οἱ λόγοι κυρίου ὡς πέλυξ κόπτων πέτραν. Ὅταν ὁ ἀκρο­ ατὴς ἐλεγχόμενος καίηται ὥστε λέγειν· „Οὐχὶ ἡ καρδία μου καιομένη ἦν ἐν ἐμοί;“, b πῦρ καὶ σῖτός ἐστιν ὁ λόγος· εἰ δὲ τέρπεται τῶν καθ̓ ἡδονὴν ἀκροώμενος, ἄχυρα. Ἀλλὰ πέλυξ ἐστὶν ὁ τοῦ θεοῦ λόγος, οὐ ξύλα μόνον δυνατὸς ἀλλὰ καὶ πέτραν διελεῖν, οὐ τὴν κατὰ Χριστὸν νοουμένην, c ἀλλὰ τὴν ἐναντίαν ἣν δεῖ τέμνεσθαι κατὰ τὸ „Συντριβήσονται πέτραι ἐνώ­ πιον κυρίου“. d

Fragmentum XXI (96)

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Ὥσπερ ὁ πριάμενος ἱμάτιον, εἰ τύχοι, παρ᾽ οὗ δεῖ, νομίμως ἔχει τοῦτο, ὁ δὲ κλέψας ἔχει μὲν ἀλλ̓ οὐ δικαίως, οὕτω τῶν διδασκόντων ἀπὸ γραφῆς οἱ νόθῳ ψυχῇ καὶ κεκηλιδωμένῃ τὰ ῥήματα φέροντες κλέπτουσι· περὶ ὧν λέ­ γοιτ̓ ἄν· „Πάντες ὅσοι ἦλθον πρὸ ἐμοῦ κλέπται εἰσὶ καὶ λῃσταί, καὶ οὐκ ἤκουσαν αὐτῶν τὰ πρόβατα.“ e Τοιοῦτος ὁ λόγῳ χρώμενος εὐαγγελικῷ, μὴ πίστει διακείμενος πρὸς αὐτὸν μηδὲ βιοὺς κατ̓ αὐτόν, ἀλλοτρίᾳ δὲ προ­ αιρέσει χρώμενος τῇ τοῦ λόγου ἀπαγγελίᾳ· κλέπτης γάρ ἐστι καὶ λεχθή­ σεται πρὸς αὐτόν· „Ὁ κηρύσσων μὴ κλέπτειν κλέπτεις.“ f

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Fragmentum XXII (97) Ὅπερ ὁ κόσμος ὅλος, τοῦτο κατά τινα ἀναλογίαν ἐστὶ μόνος ὁ ἄνθρωπος. Εὑρήσεις γὰρ τινὰ μὲν οὐρανὸν λεγόμενον, ὅταν φορῇ τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπου­ a

Joh. 6,9.13

b

Lk. 24,32

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1 Kor. 10,4

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1 Kön. 19,11

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Joh. 10,8

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Röm. 2,21

57 Hieronymus, in Hier. IV 60,2 (CChr.SL 74, 226), bezieht Spreu und Weizen auf die

Häretiker bzw. die Kirche: „Was will die Spreu der Häretiker gegen den Weizen der Kirche?“

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Fragmente 19–22



den zu können. Denn mein Wort, heißt es, ist nicht leer und Nahrung für Unvernünftiges, sondern es ist wie Weizen und Nahrung für Vernünftiges.

Fragment 20 (95) zu Jer. 23,28f. 5

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Was aber ist die Spreu gegenüber dem Weizen, sagte er, aber nicht gegenüber der Gerste. Denn der Herr hat Brote vorgesetzt, und zwar Gerstenbrotea den weniger Vernunftbegabten, Weizenbrote den Vernunftbegabten. Deshalb sagte er auch jetzt nicht: Was ist die Spreu gegenüber der Gerste, sondern gegenüber dem Weizen, da er speziell die vernünftige Nahrung vorsetzte.57 Es gibt aber noch ein anderes Zeichen dafür, dass nämlich die Worte des Herrn wie eine Axt sind, die einen Felsen spaltet.Wenn der getadelte Zuhörer brennt, so dass er sagt: „Brannte nicht mein Herz in mir?“, b ist das Wort Feuer und Weizen. Wenn sich ein Zuhörer aber an dem ergötzt, was seiner Lust entspricht, ist es Spreu. Doch das Wort Gottes ist eine Axt, die nicht nur Holz zu spalten vermag, sondern auch einen Felsen, nicht den, der in Bezug auf Christus verstanden wird, c sondern den gegenteiligen, der gespalten werden muss gemäß der Aussage: „Felsen werden zerschlagen werden im Angesicht des Herrn.“ d

Fragment 21 (96) zu Jer. 23,30

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Wie einer, der einen Mantel kauft – vielleicht von einem, der es braucht –, diesen rechtmäßig besitzt, der aber, der ihn stiehlt, ihn zwar besitzt, aber nicht rechtmäßig, so stehlen diejenigen Lehrer aus der Schrift, die deren Worte mit falscher und befleckter Seele darbieten. Über diese könnte man sagen: „Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber, und die Schafe haben nicht auf sie gehört.“ e So einer ist, wer das Wort des Evangeliums gebraucht, ohne daran zu glauben noch danach zu leben, sondern zu einem fremden Zweck die Verkündigung des Wortes gebraucht. Er ist nämlich ein Dieb, und zu ihm wird gesagt werden: „Während du predigst, nicht zu stehlen, stiehlst du.“ f

Fragment 22 (97) zu Jer. 24,1–3 Was die ganze Welt ist, das ist in einer gewissen Analogie der einzelne Mensch.58 Du wirst nämlich einen als Himmel bezeichnet finden, wenn er 58 Zum Menschen als Mikrokosmos in Analogie zum Makrokosmos siehe Olerud,

L’idée de Macrocosmos et de Microcosmos (zu Platons Timaios), ferner M. Gatzemeier, Art. Makrokosmos/Mikrokosmos I. Antike und Mittelalter, in: HWP 5 (1980) 640–642.



209

Fragmente aus der Katene

ρανίου,a ἄλλον δὲ γῆν, ἐὰν ἔχῃ τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ b (τῷ γὰρ ἡμαρτη­ κότι λέλεκται· „γῆ εἶ“ c), ἄλλον ἔχοντα ποταμοὺς ἐν αὐτῷ ἁλλομένους εἰς ζωὴν αἰώνιον, d ἐὰν ἔχῃ λόγους ποτιμωτάτους, ἄλλον ἔχοντα θάλατταν ἁλμυράν, κυμάτων πλήρη, ἔχουσαν δράκοντα ὃν ἔπλασεν ὁ θεὸς ἐμπαίζειν αὐτῷ. e Καὶ κατὰ μέρος εὑρήσεις τὸν μὲν ἥλιον, τὸν δὲ σελήνην λεγόμενον καὶ ἀστέρας, f ἐπεὶ „οὕτως ἡ ἀνάστασις τῶν νεκρῶν“. g Καὶ μετ̓ ὀλίγα· Νῦν δέ φησιν αὐτὸν ἡ παραβολὴ σῦκον εἶναι πονηρὸν λίαν· γλυκάζει μὲν γὰρ αὐτὸν διὰ πεπάνσεως ἡ ἀρετή, ὡς εἶναι ψυχὴν ὅλην καὶ πνεῦμα καὶ σῶμα γλυκὺ τῆς ἐξ ἀρετῶν ποιότητος ἐντιθεμένης αὐτῷ, ἡ δὲ πονηρία κακὸν αὐτὸν καὶ ἄβρωτον ἀπεργάζεται. Ἀλλ̓ ἐὰν μὲν σῦκα ζητῇ τις μὴ λίαν χρηστά, ἔξω ζητεῖ ταῦτα τῶν τῆς θεοσεβείας μυστηρίων καὶ τοῦ ναοῦ τοῦ θεοῦ, ὥσπερ οὖν καὶ τὰ μὴ λίαν πονηρά. Ἐὰν γὰρ ἔλθῃ ἐπὶ τὴν μαθητείαν αὐτήν, πρὸ προσώπου ναοῦ κυρίου ἐστὶ σῦκα χρηστὰ λίαν (οἷα ποιεῖν | οἶδε Χριστὸς) ἢ πονηρά· οὐδὲ γὰρ τὸ ἔξω πονηρὸν σῦκον ἐξέβαλε τοὺς λόγους τοῦ θεοῦ εἰς τὰ ὀπίσω. Περὶ τὸν ναὸν τοίνυν τοῦ θεοῦ καὶ τὰ θεῖα δόγματα δύο κάλαθοι κεῖνται. Καὶ οἶδεν ὁ ἐκλεγόμενος, πῶς ἕκαστον κατα­ τάσσει, μὴ ἀνεχόμενος πονηροῦ σύκου ποιότητα τοῖς λίαν ἐγκαταμῖξαι χρηστοῖς („μικρὰ“ γὰρ „ζύμη ὅλον τὸ φύραμα ζυμοῖ“ h) οὐδὲ μὴ τοὐναν­ τίον. Καὶ τάχα ὁ κάλαθος τῶν σύκων τῶν πονηρῶν ἡ γέεννά ἐστι τοῦ αἰωνίου πυρός, i ὁ δὲ τῶν χρηστῶν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν. Καὶ μετ̓ ὀλίγα· Ἀλλὰ πότε τοὺς καλάθους ὁ προφήτης ἑώρακεν; Μετὰ τὴν αἰχμαλω­ σίαν, φησίν. Ἐὰν γὰρ ἴδῃς τὴν ἐπιδημίαν τοῦ σωτῆρος καὶ τοῦ λαοῦ τὴν αἰχμαλωσίαν καὶ ἡμᾶς τοὺς ἀλλοτρίους φύσει καὶ ἔξω τῆς Ἱερουσαλὴμ νῦν διὰ τὴν πίστιν τὴν εἰς θεὸν καὶ γλυκύτητα τῆς ἀληθείας γινομένους σῦκα χρηστά, ὄψει τὸν κάλαθον τῶν χρηστῶν σύκων· ἐὰν δὲ τοὺς ἐκ περιτομῆς μετὰ τὴν αἰχμαλωσίαν ταύτην θεάσοιο, τῶν πονηρῶν ὄψει καὶ ἀβρώτων σύκων τὸν κάλαθον. Οὐκ ἀρκεῖ δὲ χρηστὰ λίαν εἶναι τὰ σῦκα, ἀλλὰ καὶ τοῖς πρωΐμοις ὡμοιῶσθαι προσήκει· ὄψιμον γὰρ σῦκον οὐκ ἔστιν ᾧ παραβάλ­ λεται ὁ σῳζόμενος. a

1 Kor. 15,49 1 Kor. 15,42

g

b h

1 Kor. 15,49 c Gen. 3,19 d Joh. 4,14 e Ps. 103(104),26 1 Kor. 5,6; Gal. 5,9 i Mt. 5,22; 18,9 (mit 25,41)

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1 Kor. 15,41

59 Der in diesem Fragment skizzierte Gedanke ist ausführlicher entfaltet in Hier. hom.

8,2 (GCS Orig. 32, 57f.). 60 Gemeint ist ein bestimmter Mensch, wie er schon im vorigen Absatz apostrophiert worden ist. 61 Hieronymus, in Hier. V 2,6 (CChr.SL 74, 233), gibt zu den zwei Feigenkörben in Jer. 24 die folgenden übertragenen Bedeutungen an, von denen sich die vierte mit der

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

das Bild des Himmlischena an sich trägt, einen anderen hingegen als Erde, wenn er das Bild des Irdischen b an sich hat – denn zum Sünder ist gesagt: „Erde bist du“ c –, von einem wird gesagt, dass er Ströme in sich hat, die ins ewige Leben sprudeln, d wenn seine Worte sehr süffig sind, von einem anderen, dass er ein salziges Meer voller Wellen in sich hat, wenn er den Drachen hat, den Gott gebildet hat, um mit ihm zu spielen. e Und der Reihe nach wirst du den finden, der Sonne, der Mond und der Sterne genannt wird, f denn „so wird die Auferstehung der Toten sein“. g59 Und kurz danach: Nun aber heißt es im Gleichnis, er60 sei eine sehr schlechte Feige. Die Tugend lässt ihn nämlich durch Reifung süß werden, wie die ganze Seele, der Geist und der Leib süß sind, wenn sich die den Tugenden entstammende Qualität in ihm ausprägt, während die Schlechtigkeit ihn schlecht und unge­ nießbar macht. Doch wenn einer nicht sehr gute Feigen sucht, sucht er diese außerhalb der Geheimnisse der Gottesverehrung und des Tempels Gottes, wie denn auch die nicht sehr schlechten. Wenn nämlich einer zur Belehrung selbst kommt, gibt es vor dem Tempel des Herrn sehr gute Feigen – wie Christus sie zu machen weiß – oder schlechte. Es war ja nicht die Feige außerhalb des Schlech­ ten, die die Worte Gottes verworfen hat. Beim Tempel Gottes und den göttlichen Lehren befinden sich also zwei Körbe. Und wer die Auslese vornimmt, weiß, wie er jeden Korb zu sortieren hat, indem er nicht zulässt, dass die Qualität der schlechten Feige mit den sehr guten Feigen vermischt wird – denn „ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“ h – und auch nicht das Gegenteil. Und vielleicht ist der Korb mit den schlechten Feigen die Hölle des ewigen Feuers, i der mit den guten hingegen das Himmelreich.61 Und kurz danach: Doch wann hat der Prophet die Körbe gesehen? Nach der Gefangenschaft, heißt es. Wenn du nämlich auf die Ankunft des Erlösers und die Gefangenschaft des Volkes schaust und darauf, wie wir, die wir von Natur aus fremd und außerhalb Jerusalems waren, jetzt durch den Glauben an Gott und durch die Süße der Wahrheit gute Feigen geworden sind, wirst du den Korb mit den guten Feigen sehen. Solltest du aber auf die Leute aus der Beschneidung nach dieser Gefangenschaft schauen, wirst du den Korb mit den schlechten und unge­ nießbaren Feigen sehen. Aber es genügt nicht, dass die Feigen sehr gut sind, sondern sie müssen auch den frühreifen Feigen gleichen. Denn wer gerettet wird, wird nicht mit einer Feige verglichen, die erst spät reif wird.

hier vorgelegten Deutung deckt: „Die beiden Körbe mit guten und schlechten Feigen deuten manche (1.) auf das Gesetz und das Evangelium, (2.) auf die Synagoge und die Kirche, (3.) auf das Volk der Juden und der Christen, (4.) auf die Hölle und das Himmelreich, von denen die eine die Bestrafung der Sünder meint, das andere die Wohnstatt der Heiligen.“



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XXIII (98)

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Ὁ Χριστὸς οἰκοδόμος καὶ ἀρχιτέκτων, περὶ οὗ ἐν προφήταις λέλεκται· „Οὗτος οἰκοδομήσει τὴν πόλιν μου, καὶ τὴν αἰχμαλωσίαν τοῦ λαοῦ μου ἐπιστρέψει.“a Φησὶν οὖν ὁ κύριος· Καὶ οἰκοδομήσω αὐτοὺς καὶ οὐ μὴ καθ­ ελῶ. Ἀγαθὸς γὰρ ὢν ὁ θεὸς οἰκοδομήματά τινα καθαιρεῖ· δεῖ γὰρ τὴν ἐν ἡμῖν οἰκοδομὴν τῶν ἀκαθάρτων πνευμάτων b καταλυθῆναι καὶ οὕτω ναὸν οἰκοδομηθῆναι θεῷ ἐξ ἀρετῶν τε καὶ δογμάτων ὀρθῶν, ἵνα καὶ ὀφθῇ ἡ δόξα αὐτοῦ c ἐν αὐτῷ. Ἔστι δὲ καὶ γεωργὸς καταφυτεύων καὶ ἐγκεντρίζων d οὓς ἄξιον. Φησὶ γὰρ ὁ σωτὴρ ὡς ῥίζα τοὺς κλάδους πάντας ἀνέχων· e „Ἐγώ εἰμι ἡ ἄμπελος ἡ ἀληθινή, ὑμεῖς τὰ κλήματα, ὁ δὲ πατήρ μου ὁ γεωργός ἐστιν. Πᾶν κλῆμα ἐν ἐμοὶ μένον καὶ ποιοῦν καρπὸν καλόν, ὁ πατήρ μου καθαίρει, ἵνα πλείονα καρπὸν φέρῃ· πᾶν δὲ | κλῆμα ἐν ἐμοὶ μένον μὴ φέρον δὲ καρπόν, ὁ πατήρ μου ἐκκόπτει καὶ εἰς πῦρ αὐτὸ βάλλει.“ f Οὐκ ἐν ἐθνι­ κοῖς, ἀλλ̓ ἐν τοῖς πιστοῖς ἐστι τὸ ἐν αὐτῷ μένον καὶ μὴ φέρον καρπόν· οἷός ἐστιν ὁ λέγων εἶναι πιστὸς καὶ πλημμελῶν ἐπ̓ ἀδείας, ὅστις εἰκότως ἐκκό­ πτεται· καθαίρει δὲ τὸ καρπὸν φέρον, ἵνα κἄν τι παρορᾷ ὡς ἄνθρωπος διορθώσειεν.

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Fragmentum XXIV (99) Ταύτην, ὡς ἐλέγομεν, οἱ μὲν ἑβδομήκοντα τῶν κατὰ τῶν ἐθνῶν ὁράσεων προὔταξαν· οἱ δὲ λοιποὶ τοὐναντίον. Αἰλὰμ δὲ ἔθνος Ἀραβικὸν πρὸς τῇ ἐρυθρᾷ κείμενον θαλάσσῃ. a

Jes. 45,13 b Mt. 12,43 Mt. 3,10; 7,19; Lk. 3,9)

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Jes. 6,1.3

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Röm. 11,18

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Joh. 15,1f.5f. (vgl.

62 Siehe dazu ausführlich in Hier. hom. 1,15f. (GCS Orig. 32, 13–16). 63 Zu Gott als „Winzer des wahren Weinstocks“ vgl. in Ioh. comm. VI 57,292 (GCS

Orig. 4, 165); in Cant. comm. III 6,4 (OWD 9/1, 316); III 15(IV 1),11 (9/1, 396). 64 Hinter dem Verdienst-Gedanken des Origenes steht „ein Freiheitskonzept, in dem

die freie Seele und der seinerseits freie gnädige Gott derart miteinander kooperieren, dass Gott sein Handeln individuell in strikter Entsprechung zum moralischen und intellektuellen Zustand und Vermögen jedes Menschen abstimmt“: Fürst, OWD 9/2, 29. Vgl. dazu in Ioh. comm. I 7,38 (GCS Orig. 4, 12); Cels. IV 16 (GCS Orig. 1, 285); IV 18 (1, 287); Schockenhoff, Fest der Freiheit 197–208. Siehe auch oben S. 598 Anm. 52.

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Fragmente 23–24

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Fragment 23 (98) zu Jer. 24,6

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Christus ist ein Baumeister und Architekt, über den bei den Propheten gesagt ist: „Dieser wird meine Stadt aufbauen, und die Gefangenschaft meines Volkes wird er wenden.“a Der Herr sagt also: Ich werde sie aufbauen und nicht mehr niederreißen. Da Gott ja gut ist, reißt er manche Bauten nieder. Denn der Bau der unreinen Geister b in uns muss niedergerissen werden und so ein Tempel für Gott aus Tugenden und rechten Lehren erbaut werden, damit auch seine Herrlichkeit c in ihm offenbar wird.62 Er ist auch ein Winzer,63 der die ein­ pflanzt und aufpfropft, d die es verdienen.64 Wie eine Wurzel, die alle Zweige trägt, e sagt nämlich der Erlöser: „Ich bin der wahre Weinstock, ihr die Reben, mein Vater aber ist der Winzer. Jede Rebe, die in mir bleibt und gute Frucht bringt, reinigt mein Vater, damit sie mehr Frucht bringt. Jede Rebe aber, die in mir bleibt, aber keine Frucht bringt, schneidet mein Vater ab und wirft sie ins Feuer.“ f Nicht in den Heiden, sondern in den Gläubigen vollzieht sich das in ihm Bleiben und keine Frucht Bringen. Es ist einer von der Art, der gläubig zu sein behauptet und nach Belieben sündigt, der wahrscheinlich abgeschnitten wird. Er reinigt jedoch den, der Frucht bringt, um ihn auch, wenn er als Mensch, der er ist, etwas übersieht, zu bessern.

Fragment 24 (99) zu Jer. 25,14(49,34) 20

Diesen Satz haben, wie wir gesagt haben, die Siebzig vor die Visionen gegen die Völker gestellt, die übrigen Übersetzer aber machten es umgekehrt.65 Elam ist ein arabisches Volk, das am Roten Meer haust.

65 In der Septuaginta eröffnet der Satz Jer. 25,14 LXX: „Was Jeremia über die Völker

Elams verkündete“ (Übersetzung nach p. 1314 Septuaginta Deutsch) die Einheit Jer. 25,14–26,1 LXX (49,34–39 + 46,1 MT), in den anderen Übersetzungen in der Hexapla ist er demnach mit dem Schlusssatz Jer. 26,1: „Im Anfang der Herrschaft von König Zidkija erging dieses Wort über Elam“ (Übersetzung nach ebd.) zusammengenommen, so wie es nach der masoretischen Fassung und Zählung in Jer. 49,34 MT heißt: „Was ergangen war als Wort JHWHs an Jeremia, den Propheten, über Elam, am Anfang der Königsherrschaft Zidkijas, des Königs von Juda“ (Übersetzung: Fischer, Jeremia 26–52, 532).

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Fragmente aus der Katene

Fragmentum XXV (100 und 101)

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(100) Ἐφρόνουν γὰρ ἐπὶ τοξείᾳ, μὴ μαθόντες ψάλλειν· „Οὐ γὰρ ἐπὶ τὸ τόξον μου ἐλπιῶ, καὶ ἡ ῥομφαία μου οὐ σώσει με.“a Ἔθνη δὲ πανταχόθεν ἀπειλεῖ κινεῖν ἐπ̓ αὐτόν, ὅθεν ἀνέμους ἐκ τῶν ὅθεν ὡρμῶντο καλεῖ. (101) Ἕκαστος ἡμῶν ἀναλόγως τῇ καταστάσει ἢ Αἰλαμίτης ὁμωνύμως ἐστὶν ἢ Ἰδουμαῖος ἢ Μωαβίτης ἢ Αἰγύπτιος ἢ Ἰσραηλίτης. Δυνατὸν δὲ μεταβάλ­ λειν ἐξ ἑτέρου ἔθνους εἰς ἕτερον κρεῖττον ἢ χεῖρον· τὰ ψυχικὰ γὰρ ἔθνη μεταπίπτειν οἶδεν εἰς ἄλληλα. Πλὴν ἕκαστος ἡμῶν ἀναλόγως οἷς ἐθησαύρι­ σε πίεται τὸ τῆς ὀργῆς κυρίου ποτήριον ἀκράτου ἢ κεκερασμένης· b πάντες γὰρ ἡμάρτομεν πλέον ἢ ἔλαττον. Ὡς δὲ Ἰσραὴλ ἐπώνυμος γέγονεν ᾧ πε­ ποίηκεν, ἰσχύσας πρὸς τὸν θεὸν ἐν τῇ πάλῃ, c οὕτω τινές εἰσι παραβεβλη­ μένοι ψεκτοὶ Αἰλαμῖται· οὕτω γὰρ ἑρμηνεύονται. Παραβάλλονται δὲ οὓς κατὰ τὸν ἀπόστολον παρέδωκεν ὁ θεὸς εἰς ἀδόκιμον νοῦν, d εἰς πάθη ἀτι­ μίας. e Δηλοῖ δέ, τίνες οἱ περὶ ὧν ὁ λόγος ἄνεμοι, καὶ Παῦλος εἰπών· „Ἵνα μηκέτι ὦμεν κλυδωνιζόμενοι καὶ περιφερόμενοι παντὶ ἀνέμῳ διδασκαλίας ἐν τῇ κυβίᾳ τῶν ἀνθρώπων, πρὸς τὴν μεθοδίαν τῆς πλάνης.“ f Περιφέρεται δὲ παντὶ ἀνέμῳ ὁ παρα|βεβλημένος, εἴτε διδασκαλίας εἴτε θυμοῦ εἴτε ἐπιθυ­ μίας. Ἄνεμοι δὲ τέσσαρες γενικοί, ταράσσοντες τὴν ἀνθρώπου ψυχήν, ἐπι­ θυμία, φόβος, ἡδονή, λύπη, οἷς Αἰλαμίτης ἐκ τοῦ θεοῦ καταλειφθεὶς παρα­ δίδοται. Ἀλλὰ τί τὸ τόξον Αἰλάμ, ἐν ᾧ ἡ ἀρχὴ τῆς δυναστείας, αὐτὸς ἔφη μελῳδῶν ὁ Δαβίδ· „Ἰδοὺ οἱ ἁμαρτωλοὶ ἐνέτειναν τόξον, ἡτοίμασαν βέλη εἰς φαρέτραν, τοῦ κατατοξεῦσαι ἐν σκοτομήνῃ τοὺς εὐθεῖς τῇ καρδίᾳ.“ g a f

Ps. 42(43),7 b Jer. 32,1(25,15); Ps. 74(75),9 Eph. 4,14 g Ps. 10(11),2

c

Gen. 32,29

d

Röm. 1,28

e

Röm. 1,26

66 Der Satz kommentiert Jer. 25,15(49,35): „Dies spricht der Herr: Der Bogen Elams soll

zerbrochen werden, die Quelle ihrer Herrschaft“ (Übersetzung nach p. 1314 Septuaginta Deutsch). Deshalb dürfte die oben gewählte Übersetzung die richtige sein, in der ἐπί positiv, nicht negativ und ψάλλειν als „(einen Psalm) singen“ aufgefasst ist, nicht im Sinne der Grundbedeutung „die (Bogen-)Sehne spannen“, also „Bogen schießen“. Anders Smith, FaCh 97, 292: „For they thought against archery because they did not learn to shoot arrows.“ 67 Zur Homonymie siehe oben S. 490 Anm. 769. 68 In der ethischen Dynamik der Ontologie des Origenes hat jedes beseelte Wesen zwar in seinem konkreten Dasein eine bestimmte Beschaffenheit, ist aber nicht an diese gebunden, sondern kann diese verändern, weil alle ‚Zustände‘ ineinander übergehen können: princ. II 1,4 (GCS Orig. 5, 109); II 2,2 (5, 112). Das Sein eines Lebewesens wird in der origeneischen Metaphysik nicht von seiner Beschaffenheit bestimmt, sondern umgekehrt: Die ethischen Entscheidungen eines beseelten und eben deshalb wandelbaren Wesens bestimmen seine Beschaffenheit. Siehe dazu Holz, Begriff des

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Fragmente 25

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Fragment 25 (100 und 101) zu Jer. 25,14–16(49,34–36)

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(100) Sie waren nämlich auf das Bogenschießen bedacht, weil sie nicht gelernt hatten zu singen:66 „Denn ich werde meine Hoffnung nicht auf meinen Bogen setzen, und mein Schwert wird mich nicht retten.“a Er droht aber damit, die Völker von überall her gegen Elam in Bewegung zu setzen, weshalb er die Winde von dort her ruft, von wo sie losstürmen. (101) Jeder von uns trägt entsprechend seiner Beschaffenheit den gleichen Namen67 wie ein Elamiter oder Idumäer oder Moabiter oder Ägypter oder Israelit. Es ist jedoch möglich, sich von einem Volk in ein anderes zu ändern, in ein besseres oder in ein schlechteres. Denn er weiß, dass sich die beseelten Völker eins in das andere verwandeln.68 Freilich wird jeder von uns entsprechend dem, was er angesammelt hat, den Becher des Zorns des Herrn mit ungemischtem oder mit gemischtem Wein trinken. b Denn alle haben wir mehr oder weniger gesündigt.69 Wie aber Israel seinen Namen gemäß dem erhielt, was es tat, als es sich im Ringen gegenüber Gott stark erwies, c70 so sind manche verworfene, tadelnswerte Elamiter; das ist nämlich die Bedeutung dieses Namens.71 Verworfen werden aber diejenigen, die laut dem Apostel Gott einem ehrlosen Denken auslieferten, d den Leidenschaften der Schande. e Es ist freilich klar, was die Winde sind, von denen die Rede ist und über die Paulus sagt: „Damit wir nicht mehr umhergeworfen und umhergetrieben werden von jedem Wind der Lehre im Spiel der Menschen, durch Verschlagenheit im Dienst des Irrtums.“ f Der Verworfene wird aber von jedem Wind umhergetrieben, sei es von dem einer Lehre, einer Leidenschaft oder einer Begierde. Generell sind aber die vier Winde, welche die Seele des Menschen verwirren, Begierde, Furcht, Lust und Schmerz,72 denen die Elamiter, als sie von Gott verlassen wurden, ausgeliefert wurden. Doch was der Bogen von Elam ist, auf dem ihre Herrschaft beruht, das sagte David selbst, als er sang: „Siehe, die Sünder spannten den Bogen, sie bestückten den Köcher mit Pfeilen, um in mondloser Nacht die im Herzen Rechtschaffenen niederzuschießen.“ g

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Willens; Kobusch, Philosophische Bedeutung; Schockenhoff, Fest der Freiheit 105–131; Hengstermann, Freiheitsmetaphysik 13–141; Fürst, Art. Origenes 507–565; ders., Origenes 110–142. Vgl. dazu ausführlich oben in Hier. hom. 12,2 (GCS Orig. 32, 87–89). Vgl. Philon, migr. Abr. 200f. (II p. 307 Cohn/Wendland). Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 19 (s.v. Iakob) und ebd. I, 88f. (s.v. Israel). Für diese Etymologie von Aelamitae bzw. Elamitae vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 56 Lagarde (CChr.SL 72, 130): Aelamitae adpositi siue conlati aut obiecti; p. 68 (72, 145): Elamitae obiecti oppositi siue despecti; anders ebd. p. 49 (CChr.SL 72, 120); p. 50 (72, 121). Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 640. Die Liste entspricht der Affektenlehre der Stoa. Vgl. SVF I 211.

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Fragmente aus der Katene

Καὶ μετ̓ ὀλίγα· Ἀλλ̓ ὁ σωτὴρ ἐπιδημήσας τοὺς τέσσαρας ἀνέμους ἐπὶ τοὺς Αἰλαμίτας ἐπήγαγε κυκλοῦντας ἡμᾶς, ἵνα τούτους διασκορπίσειε. Παραδίδονται γὰρ δυνάμεις ἀντικείμεναι δυνάμεσιν ἑτέραις ἀντικειμέναις εἰς κόλασιν, ὡς ὁ Φα­ ραὼ τῷ Ναβουχοδονόσορ· καὶ ὄφεις γὰρ ἰοβόλους εἰ κατακλείσεις, ὑπὸ τῶν δυνατωτέρων οἱ ἀσθενεῖς ὑπὸ λιμοῦ κατεσθίονται, ἕως οὗ ὁ πάντων ἰσχυρότατος πληρωθεὶς ὑπὸ τῶν ὄφεων οὓς κατεδήδοκεν, ὁ καλούμενος γένηται βασιλίσκος, ἰὸν ἔχων ἐκ μόνης θέας καρποφόρον δένδρον ξηραίνον­ τα. Οὕτως αἱ πονηραὶ δυνάμεις ὑπ̓ ἀλλήλων κολάζονται, μέχρι καταλειφθῇ τελευταῖον ὁ ἔσχατος ἐχθρὸς Χριστοῦ θάνατος,a βασιλίσκος περὶ οὗ φησιν· „Ἐπὶ ἀσπίδα καὶ βασιλίσκον ἐπιβήσῃ.“ b Ὁ γὰρ Χριστὸς ἰσχυρότερος ὢν τοῦ βασιλίσκου, ἐπιβέβηκεν αὐτῷ καὶ δέδωκεν ἡμῖν „ἐξουσίαν πατεῖν ἐπάνω ὄφεων καὶ σκορπίων“. c

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Fragmentum XXVI (102)

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Ἔστι τις ἀνὴρ Βαβυλώνιος καὶ νήπιον Βαβυλώνιον, καὶ δεῖ πρὸς τούτους ἀγωνίζεσθαι, τουτέστιν ἢ πρὸς μεγάλα ἢ πρὸς νῦν ἀρχόμενα πάθη. Πλὴν μακάριος, ὃς ἂν κρατήσας ἐδαφίσῃ πρὸς τὴν πέτραν (τὸν Χριστὸν d) τὰ νήπια Βαβυλῶνος, e πρὶν εἰς ἄνδρας προέλθωσιν. Ἔτι δὲ μακαριώτερον ἐξολοθρεῦσαι Βαβυλώνιον | σπέρμα, λογισμὸν δηλονότι συγχυτικόν (ἐναν­ τίον δὲ τούτῳ σπέρμα, περὶ οὗ λέλεκται· „Μακάριος ὃς ἔχει ἐν Σιὼν ­σπέρμα“ f καὶ „Μακάριοι οἱ σπείροντες ἐπὶ πᾶν ὕδωρ, οὗ βοῦς καὶ ὄνος πατεῖ“ g), οὐ μόνον ἄνδρα τινὰ οὐδὲ παιδίον, ἀλλὰ κἂν μόνον σπέρμα· δύναται γὰρ καρποφορεῖν γεωργούμενον. Ποῖον δὲ τὸ ὕδωρ, ἐφ̓ ὃ σπείρειν δεῖ τὸ καλὸν σπέρμα; τὸ τῆς παλιγγενεσίας λουτρόν. h Ἐκεῖ „βοῦς καὶ ὄνος πατεῖ“, i βοῦς ὁ καθαρὸς καὶ Ἰσραηλίτης, ὄνος ὁ ἐκ γένους ἀκάθαρτός τε καὶ ἐθνικός. Σύμβολα δὲ τὰ ζῶα ταῦτα τοῦ τε καταγγελλομένου λόγου τοῖς Ἰσραηλίταις καὶ τοῦ κεκηρυγμένου τοῖς ἔθνεσιν. a

1 Kor. 15,26 b Ps. 90(91),13 c Lk. 10,19 Jes. 32,20 hTit. 3,5 i Jes. 32,20

g

d

1 Kor. 10,4

e

Ps. 136(137),9

f

Jes. 31,9

73 Das Wort βασιλίσκος als Diminutiv bedeutet „kleiner König (βασιλεύς)“, aber es kann

auch eine Schlangenart bezeichnen, der ein tödlicher Blick zugerechnet wird: Plinius, nat. hist. VIII 78; XIX 66; Heliodorus, Aith. III 7,2. Das Zitat aus Ps. 136(137),9 im folgenden frg. 26 zeigt, dass der Terminus hier im zweiten Sinn gebraucht wird, aber die erste Bedeutung ist ebenfalls mitgemeint, insofern Christus als stärker als alle anderen Mächte – die immer nur einen „kleinen König“ verkörpern – dargestellt wird. 74 Nahezu wörtlich übernommen von Pseudo-Eustathius, in Hexaem. comm. (GCS 18, 748): Ὁ δὲ βασιλίσκος ἰὸν θανατηφόρον ἀποπέμπει τῷ ὀφθαλμῷ.

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Fragmente 25–26

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Und kurz danach: Bei seiner Ankunft aber jagte der Erlöser die vier Winde gegen die Elamiter, die uns umzingelten, um sie zu zerstreuen. Denn die feindlichen Mächte werden anderen feindlichen Mächten zur Bestrafung ausgeliefert, wie der Pharao dem Nebukadnezzar. Denn auch wenn du giftige Schlangen einsperrst, werden die schwachen von den stärkeren aus Hunger aufgefressen, bis die Stärkste von allen, voll von den Schlangen, die sie verschlungen hat, zum sogenannten Basilisk73 wird, der allein mit dem Gift aus seinem Blick einen fruchttragenden Baum zum Verdorren bringen kann.74 Auf diese Weise bestrafen sich die bösen Mächte gegenseitig, bis am Ende der letzte Feind Christi, der Tod,a übrig bleibt, der Basilisk, über den es heißt: „Schlange und Basilisk wirst du zertreten.“ bWeil nämlich Christus stärker ist als der Basilisk, hat er ihn zertreten und uns „die Macht“ gegeben, „über Schlangen und Skorpione zu schreiten“. c

Fragment 26 (102) zu Jer. 27(50),16 Es gibt einen babylonischen Mann und ein babylonisches Kind,75 und gegen diese muss man kämpfen, das heißt entweder gegen die großen oder gegen die jetzt herrschenden Leidenschaften. Doch selig, wer die Kinder Babylons ergreift und an dem Felsen – Christus d – zerschmettert, e bevor sie zu Männern herangewachsen sind.76 Noch seliger aber ist es, den babylonischen Samen auszurotten, offenbar ein verwirrtes Denken77 (im Gegensatz zu diesem steht der Same, über den gesagt ist: „Selig, wer in Zion einen Samen hat“, f und: „Selig, die an jedem Wasser säen, wo Ochs und Esel laufen“ g), nicht nur irgendeinen Mann und auch nicht ein Kind, sondern wenn er auch nur den Samen ausrottet, denn er kann Frucht bringen, wenn er angebaut wird. Doch was ist es für ein Wasser, an dem der gute Same gesät werden muss? Das Bad der Wiedergeburt. h Dort „laufen Ochs und Esel“. i Ochse ist der Mensch, der rein ist und Israelit, Esel ist der, der aus einem unreinen Geschlecht kommt und Heide ist. Diese Tiere sind aber Symbole für das Wort, das den Israeliten angekündigt und den Heidenvölkern verkündet worden ist. 75 Vgl. in Hier. hom. lat. 1(3),6 (GCS Orig. 8, 316): „Neulich haben wir über die baby-

lonischen Kinder, über die babylonischen Männer, über den babylonischen Samen gesprochen.“ 76 Hanson, Allegory and Event 339, nimmt diese Aussage als Beispiel dafür, dass – so seine Darstellung – Origenes alle Möglichkeiten der Allegorie aufbietet, um auf rationalisierende Weise alle Bezüge auf einen strafenden und richtenden Gott in der Bibel zu erklären. So kritisch muss man das aber nicht sehen, denn solche Rationalität scheint der einzig sinnvolle Umgang mit solchen Bibelstellen zu sein. 77 Für diese Etymologie vgl. in Hier. hom. 19,4(18,14) (GCS Orig. 32, 170) und dazu oben S. 472 Anm. 727.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XXVII (103) Κατέχει δὲ δρέπανον ὁ Βαβυλώνιος οὐκ ἐπὶ τῷ σῶσαι, ἀλλ̓ ἐπὶ τῷ ἐκτεμεῖν τῆς γῆς τῆς ἁγίας καὶ θερίσαι ἐκκλησίας· ὃν πρὶν τοῦτο παθεῖν ὀλοθρεύσω­ μεν, τοὺς τῶν αἱρετικῶν ἐξαφανίσαντες λόγους. Οἷος ἦν ὁ Παῦλος λέγων· „Ἐν ἑτοίμῳ ἔχοντες ἐκδικῆσαι πᾶσαν παρακοήν“,a ὁ λέγων· „Πᾶν ὕψωμα ἐπαιρόμενον κατὰ τῆς γνώσεως τοῦ θεοῦ καθαιροῦντες.“ b Εἶτα μαρτυρεῖ τῷ Ἑλληνικῷ λόγῳ δύναμιν, ὡς πάντα τὰ ἔθνη τούτῳ παραχωρεῖν ἀπο­ δεικτικῷ πως εἶναι δοκοῦντι.

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Fragmentum XXVIII (105)

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Πρόβατόν φησιν ὡς ἑνὸς πεπλανημένου. Καὶ ἐν εὐαγγελίῳ δέ φησιν· „Ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἦλθεν ἐκζητῆσαι καὶ σῶσαι τὸ ἀπολωλός.“ c Καὶ ἐν τῇ παραβολῇ δὲ ἓν ἐκ τῶν ἑκατὸν ἀπώλετο μόνον, ὅπερ ἦλθεν εὑρεῖν ὁ ἐπι­ δημήσας ποιμήν, ὃς καὶ ἐπὶ τῶν ὤμων ἀναλαβὼν ἀπέδωκε τῷ ἀριθμῷ τῶν ἐνενήκοντα καὶ ἐννέα. d Οἱ γὰρ πάντες ἓν σῶμά ἐσμεν e καὶ ἓν πρόβατον· ὁ μέν τίς ἐστι πούς, ὁ δὲ κεφαλή, ὁ δὲ ἄλλο τι, ὁ δὲ ποιμὴν ἐλθὼν συνήγαγεν ὀστέον πρὸς ὀστέον καὶ ἁρμονίαν πρὸς ἁρμονίαν f καὶ ἑνώσας ἀνέλαβεν ἐπὶ τὴν χώραν αὐτοῦ. ῾Η δὲ ἑνότης γίνεται δι᾽ ἀγάπης καὶ ἀληθείας καὶ | προ­ αιρέσεως ἀγαθῆς. Τῷ ἰδίῳ μὲν οὖν λόγῳ πάντας ἥνωσεν. Εἰ δέ τινες ἀπει­ θοῦντες ἐφάνησαν, ἀνίατον τὸ πάθος ἐκτήσαντο. Εἷς οὖν ὁ πᾶς Ἰσραηλίτης κατὰ τὴν συγγένειαν τὴν ἀληθινήν, οἱ γὰρ πάντες ἓν σῶμά ἐσμεν καὶ εἷς ἄρτος καὶ τοῦ ἑνὸς μετέχομεν πνεύματος. g Πλανώμενον δὲ πρόβατον ὁ μὴ τυγχάνων τῆς τοῦ καθήκοντος θήρας ἔν τε λόγῳ καὶ πράξει, ἢ τῷ μὴ ζητεῖν ἢ τῷ μὴ εὑρεῖν. Ὁ δὲ εἰδὼς καὶ ποιῶν τὰ τῆς ἐπιγνώσεως οὐ πλανᾶται· ὁ δὲ πλανώμενος ὑπὸ λεόντων ἐξωθεῖται. „Ὁ“ γὰρ „ἀντίδικος ἡμῶν διάβολος ὡς λέων ὠρυόμενος περιπατεῖ ζητῶν τίνα καταπίῃ.“ h ῎Ηδη δὲ καὶ „σκύμνοι λέοντος ὠρυόμενοι ἁρπάσαι καὶ ζητῆσαι παρὰ θεοῦ βρῶ­ σιν αὐτοῖς“ i ἐπιβουλεύουσι τοῖς δικαίοις, βουλόμενοι ἐξῶσαι ἡμᾶς ἀπὸ τῶν a f

2 Kor. 10,6 b 2 Kor. 10,5 c Lk. 19,10 d Lk. 15,3–5 (vgl. Mt. 18,12f.) Ez. 37,7 g 1 Kor. 10,17; Eph. 4,4 h1 Petr. 5,8f. i Ps. 103(104),21

e

1 Kor. 10,17

78 Die rätselhafte Aussage kommentiert wohl den zweiten Satz in Jer. 27(50),16: „An-

gesichts eines griechischen Schwertes wird jeder zu seinem Volk zurückkehren und jeder in sein Land flüchten.“ Was auch immer Origenes mit seiner Kommentierung genau gemeint haben mag, spricht er der „griechischen Vernunft“ damit offenbar eine universale Überzeugungskraft zu. 79 Dieselbe Form des Rekurses auf Ez. 37,7 bietet Eusebius, hist. eccl. X 3,2 (GCS Eus. 2, 860).

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Fragmente 27–28

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Fragment 27 (103) zu Jer. 27(50),16

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Der Babylonier hat eine Sichel in der Hand, aber nicht um zu retten, sondern um die Gemeinden aus dem heiligen Land abzuhauen und abzumähen. Bevor wir dies erleiden, wollen wir ihn vernichten, indem wir die Worte der Häretiker zunichtemachen. So einer war Paulus, wenn er sagte: „Ich bin bereit, jeden Ungehorsam zu bestrafen“,a wenn er sagte: „Jede Überheblichkeit, die sich gegen die Erkenntnis Gottes auflehnt, beseitige ich.“ b Ferner bescheinigt er der griechischen Vernunft Kraft, so dass alle Völker ihr Platz machen, weil sie irgendwie beweiskräftig zu sein scheint.78

Fragment 28 (105) zu Jer. 27(50),17 Ein Schaf, heißt es, wie von einem, der sich verirrt hat. Auch im Evangelium aber heißt es: „Der Menschensohn ist gekommen, das Verlorene zu suchen und zu retten.“ c Auch im Gleichnis aber ist nur eines von den hundert Schafen verloren gegangen, das der Hirt bei seiner Ankunft suchen ging, der es auch auf seine Schultern nahm und der Zahl der neunundneunzig wieder hinzufügte. d Denn wir sind alle ein Leib e und ein Schaf. Der eine ist Fuß, der andere Haupt, ein anderer wieder etwas anderes, doch als der Hirt kam, verband er Gebein mit Gebein und Gelenk mit Gelenk, f79 und nachdem er sie geeint hatte, nahm er sie mit in sein Land. Die Einigung aber erfolgt durch Liebe, Wahrheit und die Wahl des Guten. Mit seinem eigenen Wort also hat er alle geeint.80 Wenn sich einige aber als ungehorsam erwiesen haben, haben sie sich ein unheilbares Leiden zugezogen. Ein einziger also ist jeder Israelit gemäß der wahren Verwandtschaft, denn wir sind alle ein Leib und ein Brot und haben am einen Geist Anteil. g Ein verirrtes Schaf aber ist einer, der die Jagd nach dem Angemessenen81 in Wort und Tat nicht zustandebringt, entweder weil er nicht sucht oder weil er nicht findet. Wer aber erkennt und nach der Erkenntnis handelt, der irrt nicht. Wer sich aber verirrt, wird von Lö­ wen vertrieben. Denn „euer Widersacher, der Teufel, streift wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann.“ h82 Schon stellen auch „die brüllenden Löwenjungen auf der Jagd und Suche nach Nahrung für sie von Gott“ i den Gerechten nach und wollen uns von den Bergen des Frie80 Die Einung ist ein Produkt von Freiwilligkeit. Insofern, als Liebe, Wahrheit und Frei-

heit im Sinne der Entscheidung für das Gute die zentralen Aspekte des Logos sind, bedeutet diese Form der Einung zugleich die Einheit mit dem Logos. Zum Einheitsdenken des Origenes siehe grundlegend Fürst, OWD 7, 31–49. 81 Zu diesem stoischen Begriff siehe oben S. 340 Anm. 462. 82 Vgl. dazu in Hier. hom. 5,16 (GCS Orig. 32, 46).



Fragmente aus der Katene

ὀρῶν τῆς εἰρήνης.a Ἀλλ̓ ὡς Δαβὶδ λαβὼν τοῦ πώγωνος τὸν λέοντα ἔπνι­ ξεν, b οὕτω τὸν πνευματικὸν Δαβίδ, τὸν Χριστόν, ἐξαιτήσωμεν λαβόντα τὸν λέοντα καὶ πᾶν τὸ τῶν θηρίων συνέδριον ἀνελεῖν. Δύο δὲ νῦν λαμβάνει λέοντας γενικούς, τόν τε Ἀσσύριον καὶ τὸν Βαβυλώνιον. Κατὰ τὴν ἱστορίαν τὴν ἐν τῇ τετάρτῃ τῶν Βασιλειῶν δύο εἰσίν· ὁ μὲν γὰρ Ἀσσύριος ἀπῴκισε τοὺς υἱοὺς Ἰσραὴλ εἰς Ἀσσυρίους ἕως τῆς σήμερον, c ὁ δὲ Βαβυλώνιος τοὺς υἱοὺς Ἰούδα εἰς Βαβυλῶνα. d Πλὴν οὐκ ἔφη νῦν πρῶτος καὶ δεύτερος, ἀλλὰ πρῶτος καὶ ἔσχατος. Πρῶτος γὰρ λέων ὁ ἀντικείμενος διάβολος, αὐτὸς ὁ „ἀνθρωποκτόνος“· e τελευταῖος δὲ ἐπὶ συντελείᾳ τοῦ αἰῶνος „ὁ ἄνθρωπος τῆς ἁμαρτίας, ὁ υἱὸς τῆς ἀπωλείας, ὁ ἐπαιρόμενος ἐπὶ πάντα λεγόμενον θεὸν ἢ σέβασμα“. f

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Fragmentum XXIX (106)

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Οὐ δύναται ὁ Ἰσραὴλ ἀποκαταστῆναι εἰς τὴν νομὴν αὐτοῦ, ἐὰν μὴ πάθωσιν οἱ δύο βασιλεῖς ἃ δεῖ παθεῖν ὑπὲρ τῆς τῶν πεπονθότων κακῶς ἐκδικήσεως. Μὴ πάντως δὲ ἐπὶ τὸν διάβολον ἢ τὸν ἀντίχριστον ἐκλάβῃς τὸν λόγον· ἐν ἐμοὶ γὰρ ἀναιρεθήτω συντριβόμενος ὁ σατανᾶς ὑπὸ τοὺς πόδας μου ἐν τάχει. g Ὅταν δὲ ἀνέλῃ τοὺς δύο τούτους καὶ τοὺς μεταξύ, ἀποκαταστήσει τὸν Ἰσραὴλ εἰς τὴν νομὴν αὐτοῦ· ὅτε καὶ νεμήσεται ἐν τῷ Καρ|μήλῳ καὶ τῇ Βασὰν καὶ ἐν ὄρει Ἐφραῒμ καὶ ἐν Γαλαάδ. Τοσούτων τόπων ὄντων τῆς Ἰουδαίας καὶ τῆς γῆς τῆς κληρονομουμένης, ταῦτα μόνον ὠνόμασεν.

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Fragmentum XXX (107) Σφύραν τὴν Βαβυλῶνα καλεῖ ταῖς ἰδίαις πλεονεξίαις τοὺς ἐπὶ γῆς κατατρί­ ψασαν. Ὅτε δὲ τὸν θεῖον νεὼν ὁ Σολομὼν κατεσκεύαζεν, ἐν ἐπαίνῳ τῶν Βασιλειῶν ἡ τρίτη φησὶν ὅτι σφύρα καὶ πέλεκυς οὐκ ἠκούσθη ἐν τῷ οἴκῳ τοῦ θεοῦ. h Οἶκος δὲ ἡ ἐκκλησία θεοῦ, ἐν ᾗ μὴ δεῖ ἀκούεσθαι σφύρα. Ἔστι δὲ σφύρα πάσης τῆς γῆς ὁ διάβολος, καὶ ἔστιν ὁ μὴ φροντίζων αὐτῆς οἱο­ a f

Ps. 71(72),3 b 1 Sam. 17,34f. 2 Thess. 2,3f. g Röm. 16,20

c h

2 Kön. 17,23 1 Kön. 6,7

d

2 Kön. 25,7.11

e

Joh. 8,44; 1 Joh. 3,15

83 Zu dieser Bedeutung von ἱστορία bei Origenes siehe oben S. 110 Anm. 6 und S. 358

Anm. 491.

84 Smith, FaCh 97, 296 Anm. 199, weist darauf hin, dass in modernen Septuagintaaus-

gaben ὕστερος steht (vgl. II p. 700 Rahlfs), in alten Texten aber auch das hier verwendete ἔσχατος bezeugt ist.

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Fragmente 28–30

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

densa vertreiben. Doch wie David den Löwen an der Mähne packte und erwürgte, b so wollen wir den geistigen David, Christus, bitten, den Löwen zu packen und die ganze Versammlung der wilden Tiere zu vernichten. Jetzt aber packt er zwei Hauptarten von Löwen: den assyrischen und den babylonischen. Nach der Erzählung83 im vierten Buch der Königtümer sind es zwei, denn der assyrische verschleppte die Söhne Israels nach Assyrien bis zum heutigen Tag, c der babylonische hingegen die Söhne Judas nach Babylon. d Freilich sprach er jetzt nicht von erstem und zweitem, sondern von erstem und letztem.84 Denn der erste Löwe ist der Widersacher, der Teufel, er, der „Menschenmörder“. e Der letzte hingegen bei der Vollendung der Welt ist „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der sich gegen alles erhebt, was Gott oder Gottesverehrung genannt wird“. f

Fragment 29 (106) zu Jer. 27(50),17–19 15

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Israel kann nicht auf seinen Weideplatz zurückgebracht werden, wenn die zwei Könige nicht erleiden, was sie als Vergeltung für die, die übel gelitten haben, erleiden müssen. Beziehe die Aussage aber nicht ausschließlich auf den Teufel oder den Antichrist. Denn in mir muss der Teufel beseitigt werden, der unter meinen Füßen bald zertreten wird. gWenn aber diese beiden und die dazwischen85 beseitigt werden, wird er Israel auf seinen Weideplatz zurückbringen; dann wird es auch auf dem Karmel, im Baschan, im Bergland von Ephraim und in Gilead weiden. Obwohl es so viele Orte in Judäa und im ererbten Land gibt, sind nur diese erwähnt.

Fragment 30 (107) zu Jer. 27(50),2386 25

Er nennt Babylon einen Hammer, der mit der ihm eigenen Gier die Menschen auf Erden zerschlagen hat. Als aber Salomo den göttlichen Tempel errichten ließ, heißt es als Lob im dritten Buch der Königtümer, dass Hammer und Axt im Hause Gottes nicht zu hören waren. h Das Haus aber ist die Kirche Gottes, in der kein Hammer gehört werden darf. Der Hammer der ganzen Erde aber ist der Teufel. Es gibt auch jemanden, der sich nicht um ihn kümmert, als gäbe 85 „Die dazwischen“ deswegen, weil nach Jer. 27(50),17 die beiden Könige von Assur

und Babylon „der erste“ und „der letzte“ sind (vgl. in Hier. frg. 28 [GCS Orig. 32, 213]), es also eine unbestimmte Anzahl teuflischer Könige „dazwischen“ gibt. 86 Zu diesem Fragment vgl. ausführlich in Hier. hom. lat. 1(3),1 (GCS Orig. 8, 303–307). Zur Abgrenzung der christlichen „Unerschütterlichkeit“, die auf „Gottvertrauen“ gründet, von der stoischen Apathie, die hier deutlich wird, siehe Völker, Vollkommenheitsideal 155.



Fragmente aus der Katene

νεί τις ὕλη τυπτομένη παρ᾽ αὐτῆς καὶ μὴ πάσχουσα. „Ἰδοὺ“ γάρ φησιν „ἀνὴρ ἑστηκὼς ἐπὶ τείχους ἀδαμαντίνου, καὶ ἐν τῇ χειρὶ αὐτοῦ ἀδάμας“·a ὅστις ἀδάμας ὑπ̓ οὐδεμιᾶς συντρίβεται σφύρας. Κἂν ἐφεστήκῃ γοῦν ὁ διά­ βολος ἡ σφύρα, καὶ ὑποκείμενος ᾖ δράκων „ὥσπερ ἄκμων ἀνήλατος“, b οὐδὲν ὁ ἐν τῇ χειρὶ κυρίου καὶ ὑπὸ τὴν σκέπην αὐτοῦ ἀδάμας πείσεται. Τεῖχος γὰρ ὁ ἅγιος ἀδαμάντινον, καὶ ἐν χερσὶ κυρίου μένων ἀπαθής, κἂν μέσος ληφθῇ τῆς τε σφύρας καὶ τοῦ δράκοντος. Ὅσον δὲ τύπτεται, λαμ­ προτέραν αὐτοῦ τὴν ἀρετὴν ἐπιδείκνυσιν· ὁ γὰρ διάβολος οἷά τις λίθων ἀγνοῶν φύσιν διὰ πολλῶν δοκιμάζει πληγῶν τὸν οἷον ἀδάμαντα, θεοῦ μόνου καλῶς τὴν τούτων φύσιν εἰδότος. Εἰ σφύρα μὴ ἦν, σάλπιγξ ἐλατὴ c ἡ κατὰ τὸν νόμον οὐκ ἦν, διεγείρουσα ἐπὶ τὰς ἑορτὰς τοῦ θεοῦ ἢ παρ­ οξύνουσα εἰς πόλεμον τοὺς ἀκούοντας. d Τοιοῦτον ἐποίησε τὸν Παῦλον διὰ πειρασμῶν ποικίλων ἡ σφύρα, μηδὲν μὲν ἐξ αὐτῆς παθόντα, μεγάλῃ δὲ φωνῇ πρὸς τὸν τῆς κακίας διεγείροντα πόλεμον. Ἐργάζεται μὲν οὖν ἡ σφύρα τὸν πειρασμόν, ὑπηρετεῖ δὲ τῇ σφύρᾳ ὁ ἀπὸ τοῦ Κάϊν „σφυροκό­ πος, ὁ χαλκεὺς χαλκοῦ καὶ σιδήρου“. e Τοιοῦτος ὁ ἐπὶ τοῦ σωτῆρος Ἰούδας, καὶ οἱ „σταύρου, σταύρου αὐτόν“ f κεκραγότες διὰ τῶν τοιούτων ὑπηρε­ τοῦντες τῇ σφύρᾳ.

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Fragmentum XXXI (108)

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Σκεύη ὀργῆς καὶ ὁ ἀπόστολος οἶδε „κατηρτισμένα εἰς ἀπώλειαν, ἵνα γνω­ ρίσῃ τὸν πλοῦτον τῆς δόξης αὐτοῦ ἐπὶ σκεύη ἐλέους“. g Πάντας γὰρ ἀν­ θρώπους εἰς δύο ταῦτα διεῖλε σκεύη, τὰ μὲν ὀργῆς, τὰ δὲ ἐλέους· τὰ μὲν οἷος ὁ Φαραὼ καὶ οἱ Αἰγύπτιοι, τὰ δὲ οἷος ὁ Παῦλος καὶ οἱ πιστεύσαντες. Ἀλλὰ τίς ὁ θησαυρὸς κυρίου, ἐν ᾧ τὰ σκεύη τῆς ὀργῆς; Ἴσως ἡ ἐκκλησία, ἐν ᾗ τοιοῦτοι πολλάκις λανθάνουσιν. Ἔσται δὲ καιρός, ὅτε ἀνοίγει τὴν ἐκκλησίαν. Νῦν γὰρ κέκλεισται, καὶ τὰ σκεύη τῆς ὀργῆς μετὰ τῶν σκευῶν τοῦ ἐλέους νέμεται, καὶ τὰ ἄχυρα μετὰ τοῦ σίτου εἰσί, h καὶ ἐν μιᾷ σαγήνῃ οἵ τε ἀπόβλητοι καὶ οἱ ἐκλεκτοὶ ἰχθύες. i Ἀνοίγει δὲ τὸν θησαυρὸν αὐτοῦ ὁ κύριος κατὰ τὸν καιρὸν τῆς κρίσεως, ὅτε τῶν σκευῶν τῆς ὀργῆς ἐκβαλλο­ a

Am. 7,7 b Ijob 41,16 c Num. 10,2 d Num. 10,9f. 9,22f. hMt. 3,12; Lk. 3,17 i Mt. 13,47–49

e

Gen. 4,22

f

Lk. 23,21

g

Röm.

87 Vgl. dazu Xenokrates bei Hieronymus, in Am. comm. III 7,7–9 (CChr.SL 76, 318f.).

Origenes hat das mineralogische Handbuch Λιθογνώμων des Xenokrates von Ephesus benutzt: Scott, Xenocrates. 88 Vgl. in Hier. hom. 5,16 (GCS Orig. 32, 45); in Ios. hom. 7,1 (GCS Orig. 7, 327).

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Fragmente 30–31

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

es einen Stoff, der von ihm geschlagen wird, aber nicht darunter leidet. Denn „siehe“, heißt es, „ein Mann steht auf einer Mauer aus Diamant und hat in seiner Hand einen Diamanten“.a87 Wer ein Diamant ist, wird von keinem Hammer zerschlagen. Auch wenn jedenfalls der Teufel, der Hammer, herantritt und der Drache „wie ein nicht verformbarer Amboss“ b darunterliegt, wird der Diamant in der Hand des Herrn und unter seinem Schutz nichts erleiden. Denn eine Mauer aus Diamant ist der Heilige, und in den Händen des Herrn bleibt er frei von Leid, auch wenn er mitten zwischen den Hammer und den Drachen gerät. Je mehr er aber geschlagen wird, desto glänzender erweist er seine Tugend. Denn der Teufel, der die Natur der Steine nicht kennt, stellt durch viele Schläge den auf die Probe, der wie Diamant ist, während Gott allein die Natur von solchen Menschen gut kennt.Wenn es keinen Hammer gäbe, gäbe es keine nach dem Gesetz getriebene Posaune, c die zu den Festen Gottes aufruft oder die, die sie hören, zur Schlacht antreibt. d88 Zu einem solchen Menschen hat der Hammer durch vielfältige Versuchungen Paulus gemacht, der zwar von ihm nichts erlitten, doch mit lauter Stimme zum Kampf gegen das Böse aufgefordert hat. Zwar bewirkt also der Hammer die Versuchung, doch dient der Nachkomme Kains, „der Hammerschläger, der Erz- und Eisenschmied“, e dem Hammer. Ein solcher war für den Erlöser Judas, und die, die „Kreuzige, kreuzige ihn!“ f schrien, dienten dadurch dem Hammer.

Fragment 31 (108) zu Jer. 27(50),2589

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Auch der Apostel kennt Gefäße des Zorns, „die für das Verderben bestimmt sind, um den Reichtum seiner Herrlichkeit für die Gefäße des Erbarmens zu offenbaren“. g Denn er teilte alle Menschen auf diese zwei Gefäße auf, das des Zorns und das des Erbarmens, das eine wie der Pharao und die Ägypter, das andere wie Paulus und die Gläubigen. Aber was ist die Vorratskammer des Herrn, in der die Gefäße des Zorns aufbewahrt werden? Vielleicht die Kirche, in der solche Dinge oft verborgen sind. Es wird aber eine Zeit kommen, in der er die Kirche öffnet. Denn jetzt ist sie verschlossen, und die Gefäße des Zorns teilen sich den Raum mit den Gefäßen des Erbarmens, und die Spreu ist zusammen mit dem Weizen, h und in einem einzigen großen Netz befinden sich die verworfenen und die auserwählten Fische. i Doch zur Zeit des Gerichts öffnet der Herr seine Vorratskammer.90 Wenn die Gefäße des Zorns hinausgeworfen werden, 89 Zum Inhalt dieses Fragments vgl. ausführlich in Hier. hom. lat. 1(3),3 (GCS Orig. 8,

309–311). 90 Hanson, Allegory and Event 334, referiert dieses Fragment für seine Behauptung,

dass die christlichen Platoniker von Alexandria die biblische Lehre vom Zorn Gottes verwerfen und Origenes so weit gehe, sie durch die Idee der letztendlichen Erlösung

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Fragmente aus der Katene

μένων, ὁ ἐλέους σκεῦος ὑπάρχων εἴποι ἂν εἰκότως· „Ἐξῆλθον ἀφ̓ ἡμῶν, οὐ γὰρ ἦσαν ἐξ ἡμῶν.“a Τὰ δὲ ἔξω τοῦ θησαυροῦ ἁμαρτάνοντα σκεύη οὔπω σκεύη ὀργῆς ἐστιν, ἀλλ̓ ἐλάττονα· Δοῦλοι γάρ εἰσι μὴ εἰδότες τὸ θέλημα τοῦ κυρίου αὐτῶν καὶ μὴ ποιοῦντες αὐτό. b Σκεύη τοίνυν εἰσὶν ἁπλῶς εἰς ἄλλα τηρούμενα.

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Fragmentum XXXII (109) ῞Ηξουσι, φησί, τῶν αἰχμαλώτων τινὲς τῆς Ἰουδαίας, εὐαγγελιζόμενοι τὴν κατὰ Βαβυλῶνος ἐκδίκησιν. Λέγοι δ̓ ἂν καὶ περὶ τῶν ἐξ εἰδωλολατρείας ἐπιστρεφόντων, ἣν καλεῖ Βαβυλῶνα· οἵτινες ἐλθόντες εἰς Σιών, τὸ σκοπευ­ τήριον, τὴν ἐκκλησίαν, τὴν παρὰ κυρίου θεοῦ ἡμῶν ἐκδίκησιν ἀναγγέλλουσιν.

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Fragmentum XXXIII (110)

216

Οἱ μὲν ἐν Βαβυλῶνι πολλοί, οἱ δὲ ἐν Ἱερουσαλὴμ ἐλάχιστοι. Εἴρηται γάρ· „Οὐ παρὰ τοῦτο ἠγάπησεν ὑμᾶς κύριος ὁ θεὸς ὑμῶν, παρὰ τὸ εἶναι πολ­ λοστούς· ὑμεῖς γάρ ἐστε ὀλιγοστοὶ παρὰ | πάντα τὰ ἔθνη.“ c Ὀλίγοι γὰρ ὄντως οἱ σῳζόμενοι καὶ διὰ τῆς στενῆς εἰσερχόμενοι θύρας. d Παραγγέλλεται δὲ πᾶς ἐπὶ τὴν πλατεῖαν καὶ εὐρύχωρον e Βαβυλῶνα τόξον ἐντείνων, μηδένα ταύτης περιποιήσασθαι.

15

Fragmentum XXXIV (111) Ὅσους τις ἔχει λογισμοὺς ἀνθεστηκότας θεοσεβείᾳ, πολλοί εἰσι Βαβυλώνιοι· οὓς ἀναιρετέον ἁμαρτωλοὺς ὄντας τῆς γῆς. Ἐξ ὧν ὁ καθαρεύσας ἐν τῇ πόλει γίνεται τοῦ θεοῦ τοῦ ἐκδικοῦντος τῆς Βαβυλῶνος τὴν ὕβριν· ᾤετο γὰρ οἰκείᾳ δυνάμει κεκρατηκέναι καὶ κατηλαζονεύετο τοῦ θεοῦ. Ἐμπρησθέντος γὰρ τοῦ ναοῦ τὰ σκεύη τὰ ἱερὰ ταῖς παλλακαῖς εἰς χρῆσιν ἐδόθη. f Διόπερ a 1 Joh. 2,19 Theodotion

b

Lk. 12,47.48

c

Dtn. 7,7

d

Lk. 13,23f.

e

Mt. 7,13

f

Dan. 5,2f. LXX

aller Menschen zu ersetzen. Im Text des Fragments präsentiert Origenes allerdings den Gedanken, der dann eine breite Tradition bildete, dass Gott erst im Gericht die Spreu vom Weizen trennen wird.

20

Fragmente 31–34

5



könnte der, der ein Gefäß des Erbarmens ist, wohl zu Recht sagen: „Sie gingen von uns aus, denn sie gehörten nicht zu uns.“a Die Gefäße aber, die außerhalb der Vorratskammer sündigen, sind noch nicht Gefäße des Zorns, sondern weniger. Sie sind nämlich Knechte, die den Willen ihres Herrn nicht kennen und ihn nicht erfüllen. b Sie sind daher Gefäße, die einfach zu etwas anderem aufbewahrt werden.

Fragment 32 (109) zu Jer. 27(50),2891

10

Einige von den Gefangenen aus Judäa, heißt es, werden kommen, um die frohe Botschaft von der Vergeltung gegen Babylon zu verkünden. Das könnte man wohl auch über die sagen, die sich von der Götzenverehrung, die man Babylon nennt, bekehrt haben. Diese sind nach Zion gekommen, zum Wachtturm,92 zur Kirche, um die Vergeltung durch den Herrn, unseren Gott, zu verkünden.

Fragment 33 (110) zu Jer. 27(50),2993 15

20

Die in Babylon sind viele, die in Jerusalem aber sehr wenige. Denn es ist gesagt: „Nicht deswegen hat der Herr, euer Gott, euch geliebt, weil ihr so zahlreich seid. Denn ihr seid die geringsten unter allen Völkern.“ cWenig sind ja in der Tat die, die gerettet werden und durch die enge Tür hineingehen. d Jeder aber wird in das breite und weite e Babylon einberufen, einen Bogen zu spannen und keinen darin übrig zu lassen.

Fragment 34 (111) zu Jer. 27(50),29–32

25

Die vielen Gedanken wider die Gottesverehrung, die einer hat, sind die vielen Babylonier. Diese müssen von der Erde getilgt werden, da sie Sünder sind. Wer sich von diesen gereinigt hat, wird in die Stadt Gottes, der den Frevel Babylons bestraft, aufgenommen. Sie meinte nämlich, aus eigener Kraft Sieger zu bleiben, und prahlte wider Gott. Denn nachdem der Tempel in Brand gesteckt worden war, wurden die heiligen Geräte den Konkubinen zum Gebrauch übergeben. f Deshalb hat er das unfruchtbare Volk mit Feuer gerade so

91 Zu diesem Fragment vgl. in Hier. hom. lat. 1(3),6 (GCS Orig. 8, 315f.). 92 Zu dieser Etymologie von Zion siehe oben S. 209 Anm. 208. 93 Vgl. dazu in Hier. hom. lat. 1(3),6 (GCS Orig. 8, 316).



Fragmente aus der Katene

πυρὶ τὸ ἄκαρπον ἔθνος καθάπερ δή τινα δρυμὸν κατηνάλωσε. Ταύτῃ τοί φησιν· Ἰδοὺ ἐγὼ ἐπὶ σὲ τὴν ὑβρίστριαν, λέγει κύριος τῶν δυνάμεων.

Fragmentum XXXV (112) Προφητεύει τὴν συντέλειαν ἀθρόως γενηθησομένην· ὥσπερ γὰρ ἐν ταῖς ἡμέραις τοῦ κατακλυσμοῦa καὶ ἐν ταῖς ἡμέραις τοῦ Λὼτ b τὰ βιωτικὰ πάντες ἐποίουν, ἕως ἦλθεν ὁ κατακλυσμὸς καὶ τὸ πῦρ καὶ ἦρεν ἅπαντας, οὕτως ἔσται τὸ τῆς συντελείας αἰφνίδιον. Οὗ δὴ σύμβολον ἦν ἡ ἀθρόως πεσοῦσα φωνῇ καὶ μόνῃ σαλπίγγων Ἱεριχώ. c Καὶ παρὰ τὸν καιρὸν δὲ τοῦ σωτηρίου πάθους ἄφνω ἔπεσε Βαβυλών, Χριστοῦ τὰ περὶ τῶν ἐθνικῶν εἰδώλων κατ­ αργήσαντος δόγματα καὶ τοὺς ἀπὸ τῶν ἐθνῶν ῥυσαμένου πιστεύσαντας.

5

10

Fragmentum XXXVI (113)

217

Χρυσοῦν ἐστι τοῦ Ναβουχοδονόσορ τὸ ποτήριον εἰς ἀπάτην ἀνθρώπων, ἵνα δεξάμενοι πίωσιν, ὁρῶντες τὸν χρυσὸν ὅτι καλὸν τοῖς ὀφθαλμοῖς ἰδεῖν καὶ ὡραῖον τοῦ κατανοῆσαι, d τὸ δὲ κρίμα τὸ ἐν τούτῳ μὴ λογιζόμενοι. Τὰ μοχθηρὰ γὰρ αὐτοῦ δόγματα καλ|λιλεξίᾳ κεκόσμηται, τῷ τῆς φράσεως δελεάζοντα κάλλει καὶ τῇ μεθόδῳ τῇ τεχνικῇ. Καὶ πᾶς δὲ ποιητὴς ἄκρος εἶναι δοκῶν ποτήριον χρυσοῦν κατεσκεύασε, δηλητήριον ἐμβαλὼν εἰδωλο­ λατρείας, αἰσχρολογίας, καὶ τῶν ψυχικῶν ἁπάντων κακῶν. Ὁ δὲ Ἰησοῦς οὐ χρυσοῦ ποτηρίου προενοήσατο, μήποτε καὶ δόξῃ ἐκείνῳ ὅμοιον εἶναι (διόπερ „ἔχομεν τὸν θησαυρὸν τοῦτον ἐν ὀστρακίνοις σκεύεσιν“ e), ἀλλὰ τῆς ἐν αὐτῷ σωτηρίας. Τὸ δὲ χρυσοῦν ποτήριον, ἡ Βαβυλών, ὅταν ἐπὶ τὴν ἐκδίκησιν ἔλθῃ, ἐν χειρὶ κυρίου γίνεται, τῇ ἁψαμένῃ ποτὲ τοῦ Ἰώβ, f μεθύ­ σκον πᾶσαν τὴν γῆν ἀπὸ ὀργῆς, ἀπὸ λύπης, ἐρώτων, κενοδοξίας (ὅσα γὰρ ἁμαρτήματα, τοσαῦται καὶ μέθαι), καθάπερ ἐξ οἴνου πάντων σαλευομένων καὶ βέβαιον ἐχόντων οὐδέν. Ὁ δὲ δίκαιος οὐκ ἔστι γῆ· ὢν γὰρ ἐπὶ γῆς, ἔχει ἐν οὐρανοῖς τὸ πολίτευμα g καὶ οὐκ ἂν ἀκούσειε· „Γῆ εἶ καὶ εἰς γῆν ἀπελεύσῃ“, h ἀλλ̓ ἐκ τῶν εἰκότων· Οὐρανὸς εἶ καὶ εἰς οὐρανοὺς ἀπελεύσῃ, φορεῖς γὰρ τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπουρανίου, i καὶ πάγιος ἕστηκας. a

Mt. 24,38f. b Lk. 17,28f. Gen. 3,19 i 1 Kor. 15,49

h

c

Jos. 6,20

d

Gen. 3,6

e

2 Kor. 4,7

f

Ijob 2,5

g

Phil. 3,20

94 Zu diesem Fragment vgl. in Hier. hom. lat. 2(2),11 (GCS Orig. 8, 299f.). 95 Zu diesem Fragment vgl. in Hier. hom. lat. 2(2),7–9 (GCS Orig. 8, 296–298). 96 Zur Kritik des Origenes an der antiken Rhetorik siehe oben S. 562 Anm. 892.

15

20

25

Fragmente 34–36



wie einen Wald verzehrt. Entsprechend sagt er zu ihr: Siehe, ich komme über dich, du Frevlerin, spricht der Herr der Mächte.

Fragment 35 (112) zu Jer. 28(51),894 5

10

Er prophezeit, dass das Ende auf einmal eintreten wird. Denn wie in den Tagen der Fluta und in den Tagen Lots b alle mit ihren alltäglichen Verrichtungen beschäftigt waren, bis die Flut kam und das Feuer und sie alle vernichtete, so plötzlich wird auch das Ende sein. Ein Symbol dafür war das allein vom Klang der Posaunen auf einmal einstürzende Jericho. c Und in der Zeit des erlösenden Leidens stürzte Babylon plötzlich zusammen, als Christus die Lehren über die heidnischen Götterbilder zunichtemachte und die Gläubigen aus den Heidenvölkern rettete.

Fragment 36 (113) zu Jer. 28(51),795

15

20

25

30

Golden ist der Becher Nebukadnezzars zur Täuschung der Menschen, damit sie ihn nehmen und daraus trinken, weil sie das Gold sehen, das den Augen schön anzuschauen und angenehm zu betrachten ist, d an das Gericht darin aber nicht denken. Denn seine elenden Lehren sind mit schönen Worten geschmückt und verlocken durch die Schönheit der Ausdrucksweise und die kunstvolle Form. Und jeder Künstler, der sich einbildete, herausragend zu sein, fertigte einen goldenen Becher an und goss das Gift des Götzendienstes, der unzüchtigen Worte und aller seelischen Übel hinein.96 Jesus97 hingegen sorgte nicht für einen goldenen Becher, um diesem auch nicht in seiner Herrlichkeit ähnlich zu sein – deswegen „haben wir diesen Schatz in tönernen Gefäßen“ e –, sondern für die Erlösung in ihm. Wenn aber der goldene Becher, Babylon, zur Bestrafung kommt, gerät er in die Hand des Herrn, die einst Ijob berührte, f weil er die ganze Erde trunken macht vor Zorn, Trauer, Begierden und Eitelkeit – denn so zahlreich wie die Sünden sind auch die Formen der Trunkenheit –, wie vom Wein alle zum Wanken gebracht werden und keinen festen Halt haben. Der Gerechte jedoch ist nicht Erde, denn obwohl er sich auf der Erde befindet, hat er seine Heimat im Himmel g und wird wohl nicht zu hören bekommen: „Erde bist du und zur Erde wirst du zurückkehren“, h sondern aller Wahrscheinlichkeit nach: Himmel bist du und in den Himmel wirst du zurückkehren, denn du trägst das Bild des Himmlischen i98 und hast einen festen Stand. 97 In der lateinischen Übersetzung ist hier in der für Origenes typischen Ausdrucks-

weise von „mein Jesus“ die Rede: in Hier. hom. lat. 2(2),8 (GCS Orig. 8, 297). 98 Die Gottesebenbildlichkeit ist die ontologische Bedingung der Möglichkeit zur

Rückkehr in den Himmel.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XXXVII (114)

218

Εἰ δὲ Βαβυλὼν οὐκ ἀπέγνωσται (οὐ γὰρ ἂν ἔλεγεν· εἴ πως ἰαθήσεται), ποίαν ψυχὴν ἑτέραν ἀπογνωσόμεθα; Εἰ δὲ μὴ σέσωσται, τοῦτο γέγονε παρ᾽ αὐτήν, ὡς τοὺς ἀρίστους ἰατροὺς ἀπολογεῖσθαι καὶ λέγειν· Ἰατρεύ­ σαμεν τὴν Βαβυλῶνα, καὶ οὐκ ἰάθη· ἐγκαταλείπωμεν αὐτήν. Οὐ παῤ αὐτοὺς γάρ, οὐδὲ παρὰ τὴν ἰατρικὴν οὐδὲ παρὰ τὴν ῥητίνην τὸ μὴ ταύτην θε­ ραπεύεσθαι. Ἰατροὶ δὲ ἄγγελοι, ὑπὸ τὸν μέγαν ὄντες ἰατρὸν τὸν θεὸν καὶ θεραπεῦσαι τοὺς πειθομένους ἐθέλοντες. Εἰ δὲ μή, ἐροῦσιν· Ἐγκαταλίπωμεν αὐτήν, ἀπέλθωμεν ἕκαστος εἰς τὴν γῆν αὐτοῦ καὶ τὸν οἰκεῖον τόπον καὶ τὴν οἰκείαν πρᾶξιν, ὅτι ἤγγικεν εἰς τὸν οὐρανὸν τὸ κρίμα αὐτῆς, καταδικά­ σαντες αὐτὴν ὡς ἀνίατον καὶ πεισομένην τὰ τῆς ἀπογνώσεως. Καὶ οἱ τῶν σωμάτων γὰρ ἰατροὶ τοὺς ἀνιάτους ἐγκαταλείπουσι, μήπως ἐν ταῖς αὐτῶν χερσὶ τελευτήσωσιν· ὃ δὴ ποιοῦσιν οἱ ἄγγελοι. Ὅσῳ δὲ ἁμαρτάνομεν, τὸ κρίμα ἡμῶν αὔξει, καὶ ἐξαίρει ἕως τῶν ἄστρων, τῶν ἁγίων δηλαδή. | Καὶ τότε ὁ θεὸς ἐκφέρει τὸ κρίμα αὐτοῦ εἰς ταπείνωσιν τοῦ ὑψωθέντος κρίματος ἀπὸ τῆς ἁμαρτίας, ταπεινῶν τὴν ἁμαρτίαν καὶ τὰ πρὸς ἀξίαν ἀποδιδούς.

5

10

15

Fragmentum XXXVIII (115) Καὶ ῾Ησαΐας ἐθέσπισεν· „Ἐπ̓ ὄρους πεδινοῦ ἄρατε σημεῖον, ὑψώσατε τὴν φωνὴν αὐτοῖς· παρακαλεῖτε τῇ χειρί.“a Ταῦτα δὲ Πέρσαις καὶ Μήδοις οἱ προφῆται παρεκελεύοντο, ὡς κρατήσουσιν ἤδη Βαβυλῶνος, ἐπὶ τῶν αὐτῆς τειχῶν ὡς ἁλωσομένης ἀνατείνειν τοῦ πολέμου τὸ σύνθημα, δι᾽ οὗ δηλοῦσι τοῖς στρατιώταις τὴν ἔφοδον. Καὶ τὰ ὅπλα ἔχειν ἐν ἑτοίμῳ παρακελεύεται· τὰ τόξα τοῖς Μήδοις φησίν.

20

Fragmentum XXXIX (116) Συμφώνως δὲ τῷ ἐμωράνθη πᾶς ἄνθρωπος ἀπὸ γνώσεως ὁ Παῦλός φησιν· „Οὐχὶ ἐμώρανεν ὁ θεὸς τὴν σοφίαν τοῦ κόσμου τούτου;“ b Καιρὸς δὲ ἐπι­ a

Jes. 13,2

b

1 Kor. 1,20

99 Zu diesem Fragment vgl. in Hier. hom. lat. 2(2),12 (GCS Orig. 8, 300–302). Zur darin

reflektierten Möglichkeit, dass sich eine Seele jeder Heilung verweigert, siehe oben S. 571 Anm. 912.

25

Fragmente 37–39



Fragment 37 (114) zu Jer. 28(51),8–1099

5

10

15

Wenn aber Babylon nicht aufgegeben wurde – denn dann würde er nicht fragen, ob es etwa geheilt werden kann –, welche andere Seele werden wir dann aufgeben? Wenn es aber nicht gerettet worden ist, dann geschah dies seinetwegen, so wie die besten Ärzte sich verteidigen und sagen: Wir wollten Baby­ lon heilen, und es wurde nicht geheilt.Verlassen wir es! Denn es lag nicht an ihnen noch an der Medizin noch an der Salbe, dass es nicht geheilt wurde. Die Ärzte aber sind die Engel, die dem großen Arzt,100 Gott, unterstellt sind und diejenigen heilen wollen, die sich überzeugen lassen. Wenn das nicht der Fall ist, werden sie sagen: Verlassen wir es, gehen wir fort, jeder in sein Land, zu seinem eigenen Ort und seiner eigenen Beschäftigung, denn das Urteil über es ragt in den Himmel. Sie verurteilen es als unheilbar, weil es von seiner Verworfenheit überzeugt ist. Denn auch die Ärzte der Körper101 verlassen die Unheilbaren, damit sie nicht etwa in ihren Händen sterben. Das also tun die Engel. Je mehr wir aber sündigen, umso größer wird das Urteil über uns und ragt hinauf bis zu den Sternen, offensichtlich den Heiligen. Und dann spricht Gott sein Urteil aus zur Erniedrigung des Urteils, das sich selbst von der Sünde aus so hoch erhoben hat, indem er die Sünde erniedrigt und vergilt, was sie verdient.

Fragment 38 (115) zu Jer. 28(51),11f. 20

25

Auch Jesaja weissagte: „Auf flachen Bergen richtet ein Zeichen auf, erhebt eure Stimme gegen sie, fordert sie heraus mit der Hand!“a Diese Aufforderung richteten die Propheten an die Perser und an die Meder, als sie sich Babylons bereits bemächtigten, auf ihren Mauern, als wäre die Stadt schon genommen, das Schlachtzeichen aufzurichten, womit sie den Soldaten den Weg hinein zeigen. Und er mahnt, die Waffen bereit zu halten, die Bögen für die Meder, heißt es.

Fragment 39 (116) zu Jer. 28(51),17–20 Im Einklang mit der Aussage: Jeder Mensch ist töricht geworden, fern von Erkennt­ nis, sagt Paulus: „Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt töricht gemacht?“ b

100 Zu diesem Ausdruck siehe oben S. 560 Anm. 890. 101 Siehe zu diesen auch oben in Hier. hom. 14,1 (GCS Orig. 32, 106).



Fragmente aus der Katene

σκέψεως μάλιστα ἡ τῆς εἰδωλολατρείας ἀπὸ τῆς Χριστοῦ παρουσίας καθ­ αίρεσις. Σκεύη δὲ πολέμου, ἅπερ ὁ Βαβυλώνιος διεσκόρπισεν, οἱ τοῦ Ἰσραὴλ καὶ Ἰούδα πολέμων ἔμπειροι ἄνδρες, ἀνθ̓ ὧν ἀπειλεῖ μηδενὸς ποιεῖσθαι φειδώ.

Fragmentum XL (117)

219

5

Ἀναβάται ἵππων οἱ δαίμονες οἱ ταῖς σαρκικαῖς ἡδοναῖς ἐπικαθήμενοι· καὶ πάλαι γὰρ τῆς Αἰγύπτου „ἵππον καὶ ἀναβάτην ἔρριψεν εἰς θάλασσαν“,a οὗτοι δὲ ζευγνύντες ἐν ἡμῖν διάφορα πάθη, ταῖς τέτρασιν ἀρεταῖς ἀντικεί­ μενα, κατασκευάζουσιν ἅρματα. Καὶ ὁ μὲν θυμώδης καὶ πρὸς κακίαν ἐρρω­ μένος, ἀνήρ· ὁ δὲ πρὸς ἡδονὰς λελυμένος, γυνή· καὶ πρεσβύτης μὲν ὁ πεπα­ λαιωμένος κακῶν ἡμερῶν· b νεανίσκοι δέ, περὶ ὧν ῾Ησαΐας φησί· „Πεινάσουσι νεώτεροι, καὶ κοπιάσουσι νεανίσκοι, καὶ ἐκλεκτοὶ ἀνίσχυες ἔσονται“· c καὶ τοὐναντίον· „Οἱ δὲ ὑπομένοντες τὸν θεὸν ἀλλάξουσιν ἰσχύν, πτερο|φυήσου­ σιν ὡς ἀετοί, δραμοῦνται καὶ οὐ κοπιάσουσιν.“ d Τοὺς ἐκλεκτοὺς δὲ νῦν ἐν κακίᾳ φησίν, ὁποῖόν ἐστι τὸ „καὶ τὰ βρώματα αὐτοῦ ἐκλεκτά“· e κατ̓ ἀρε­ τήν τε ὄντες ἐκλεκτοὶ ὑπὸ τοῦ Ναβουχοδονόσορ καταπίνονται. f Ἔσχε δὲ καὶ παρθένους, τὰς μὲν Ἑστιακάς, τὰς δὲ Πυθίας, τὰς δὲ ἄλλας. Καὶ ψυχὴ δὲ μὴ δεξαμένη τὸν θεῖον σπόρον, παρθένος ἐστὶν αὐτῷ. Ἔχει δὲ καὶ ποι­ μένας κακῇ διδασκαλίᾳ τοὺς ἑπομένους παιδεύοντας· g ἀλλὰ καὶ γεωργοὺς τοὺς τὰ ζιζάνια σπείροντας h καὶ γεωργοῦντας ἀκάνθας τε καὶ τριβόλους, i τὰς βιωτικὰς ἐν ἀνθρώποις μερίμνας. Ἔχει καὶ ἡγεμόνας ἐν κακίᾳ καὶ ἄρχον­ τας, καὶ μάλιστα πρὸς οὓς ἡμῖν ἐστιν ἡ πάλη, πρὸς τὰς ἀρχάς, πρὸς τὰς ἐξουσίας. j Τούτοις οὖν πᾶσιν ὁ θεὸς ἀποδίδωσιν ἐνώπιον τῶν ἔναγχος εἰρηκότων· „Δεῦτε καὶ ἀναγγείλωμεν ἐν Σιὼν τὰ μεγαλεῖα τοῦ θεοῦ.“ k a

Ex. 15,1 28(51),34 28(51),10

b

e

g

Sus. 52  LXX Theodotion c Jes. 40,30 d Jes. 40,31 1 Tim.  4,6 h Mt. 13,25 i Gen. 3,18 (vgl. Mt. 13,22)

j

Hab. 1,16 Eph. 6,12

f k

Jer. Jer.

102 Vgl. dazu oben in Hier. frg. 35 (GCS Orig. 32, 216). 103 Jer. 28(51),22 erwähnt den Jüngling, den Mann und die Frau. Die Aufzählung in frg.

40 folgt dem hebräischen Text: Mann und Frau, Alt und Jung. 104 Die drei Bibelstellen Jes. 40,30, Hab. 1,16 und Jer. 28(51),34 sind durch das Wort

ἐκλεκτός verbunden. Es steht nicht im Text von Jer. 28(51),21–24 bei Rahlfs (II p. 703) noch bei Ziegler (p. 259), wird von letzterem aber in den Anmerkungen genannt: Smith, FaCh 97, 301 Anm. 273.

10

15

20

Fragmente 39–40



Die Zeit der Heimsuchung aber ist besonders die Beseitigung des Götzendienstes seit der Ankunft Christi.102 Die Gefäße des Krieges aber, die der Babylonier zerstreut hat, sind die kriegserfahrenen Männer von Israel und Juda, für die er androht, niemanden zu schonen.

5

10

15

20

25

Fragment 40 (117) zu Jer. 28(51),21–24 Die Reiter auf den Pferden sind die Dämonen, die auf den fleischlichen Lüsten sitzen. Denn schon vormals „warf er Ross und Reiter“ Ägyptens „ins Meer“,a diese aber rüsten ihre Wagen, indem sie in uns die verschiedenen Leidenschaften am Zügel haben, die den vier Tugenden entgegengesetzt sind. Und wer wütend ist und wild für das Böse rast, ist der Mann; wer für die Lüste entfesselt ist, ist die Frau; und der Alte103 ist, wer in üblen Tagen alt geworden ist, b die Jünglinge aber die, über die Jesaja sagt: „Die jungen Männer werden hungern, und die Jünglinge werden sich plagen, und die Auserwählten werden kraftlos sein“, c und umgekehrt: „Die aber auf Gott harren, werden neue Kraft schöpfen, sie werden Flügel bekommen wie Adler, sie werden laufen und nicht müde werden.“ d Dass die Auserwählten aber jetzt im Bösen sind, wie es heißt, entspricht der Aussage: „Und seine Speisen sind auserlesen.“ e Und die gemäß ihrer Tugend Auserwählten werden von Nebukadnezzar verzehrt. f104 Doch er hatte auch Jungfrauen, die Hestiakinnen,105 die Pythien106 und die anderen. Und eine Seele, die den göttlichen Samen nicht empfängt,107 ist für ihn eine Jungfrau. Er hat aber auch Hirten, die mit schlechter Lehre die unterrichten, die ihnen folgen, g aber auch Bauern, die das Unkraut säen h sowie Dornen und Disteln i anbauen, die alltäglichen Sorgen bei den Menschen. Er hat auch Anführer im Bösen und Herrscher, und besonders gegen sie richtet sich unser Kampf, gegen die Mächte, gegen die Gewalten. j Diesen allen also vergilt Gott in Anbetracht des kurz zuvor Gesagten: „Kommt, wir wollen in Zion die Großtaten Gottes verkünden!“ k

105 Die Hüterinnen des Herdfeuers, in Rom die Vestalinnen. Siehe H. Cancik-Linde-

maier, Art. Vestalin, in: DNP 12/2 (2003) 132f. 106 Siehe W. Fauth, Art. Pythia, in: KP 4 (1972) 1275f.; J. Scherf, Art. Pythia 1, in: DNP

10 (2001) 663–665. 107 Zu den „Samen der Liebe“ (semina caritatis), die Christus in die Herzen sät, vgl. in

Cant. hom. 2,9 (OWD 9/2, 126). Siehe dazu Fürst, OWD 9/2, 12.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XLI (118) Ὄρος τὴν Βαβυλῶνα διὰ τὸ τῆς βασιλείας ὕψος καλεῖ· ὅπερ ἦν ἐξ εἰδωλο­ λατρείας καὶ τῶν ἀδίκων ἔργων, δι᾽ ὧν διέφθειρε τοὺς ἄλλους, διεφθαρμένον. ῏Ην δὲ καὶ ἐφ̓ ὕψους ἡ πόλις διὰ τὸν παρακείμενον ποταμόν, ἐξ οὗ τινες ἀναβαθμοὶ πρὸς τὴν πόλιν ἀνέφερον, διμερῆ τε οὖσαν καὶ ἐξ ἑκατέρας ὄχθης παρακειμένην τῷ ποταμῷ, πρὸς τῷ καὶ εἶναι τὰ τείχη τῆς πόλεως ὑψη­ λότατα. Χεῖρα δέ, τὴν τιμωρητικὴν δύναμιν τὴν τῆς ἰδίας αὐτὴν ὡς ἐκ πετρῶν τινῶν καθαιροῦσαν ἀσφαλείας τε καὶ φρουρᾶς, εἰς ἄχρηστον δὲ καὶ τοὺς λίθους αὐτῆς διὰ τὸ πῦρ ἀφανίζουσαν, ὡς μὴ συνίστασθαι λίθον πρὸς στερροτέραν οἰκοδομίαν. Ἀναγωγῆς δὲ λόγῳ καὶ ὁ διάβολος ὄρος ὠνόμα­ σται, ὡς ἐν τῷ Ζαχαρίᾳ· „Τίς εἶ σύ, τὸ ὄρος τὸ μέγα τὸ πρὸ προσώπου Ζοροβάβελ;“a Καὶ περὶ τοῦ ἔχοντος κωφὸν καὶ ἄλαλον b δαιμόνιον ἔλεγεν ὁ σωτήρ· „Ἐὰν ἔχητε πίστιν ὡς κόκκον σινάπεως, ἐρεῖτε τῷ ὄρει τούτῳ· Μετάβηθι, καὶ μεταβήσεται.“ c Ὄρος οὖν ὁ διάβολος ἀπὸ τῆς ἰδίας διεφθαρ­ μένον κακίας καὶ διαφθεῖρον τοὺς ὅσοι φρονοῦσι τὰ γήϊνα.

5

10

15

Fragmentum XLII (119)

220

Τὸ ἁγιάσατε ἔθνη ἀντὶ τοῦ ἀφορίσατε· ἁγιασμὸς γὰρ ἡ θεοῦ ὑπηρεσία, κἂν ᾖ τιμωρητικὴ καὶ βέβηλος ὁ πρὸς ταύτην ἀφωρισμένος· ὁποῖος ἦν ὁ Κῦρος, πρὸς ὅν φησι διὰ ῾Ησαΐου· „Σὺ δὲ οὐκ ἔγνως με.“ d Τινὰ δὲ τῶν Βαβυλῶνος στρατευσάντων ἐκάλεσεν ἔθνη, ἐν οἷς Ἀραρὰτ τοὺς Ἀρμενίους καλεῖ.

Fragmentum XLIII (120) Ἐσείσθη δὲ ἡ γῆ, τῶν ἐπ̓ αὐτῆς ἀνθρώπων ἐν τοῖς προάγουσι χρόνοις παγίως ἱδρυμένων καὶ βεβαιότητα ἐχόντων ἐν αἷς ἦσαν δυναστείαις τε καὶ a

Sach. 4,7

b

Mk. 9,25

c

Mt. 17,20

d

Jes. 45,4

108 Zu dieser Beschreibung der Topographie von Babylon vgl. auch in Hier. frg. 44 (GCS

Orig. 32, 220) und Herodot, hist. I 186,1: „Die Stadt bestand aus zwei Hälften, die durch den Fluss getrennt wurden.“ Übersetzung: I p. 171 Feix. 109 Abweichend von der Ausgabe von Klostermann ist es besser, hier ein Komma zu setzen: Die Partizipien καθαιροῦσαν und ἀφανίζουσαν sind beide abhängig von δύναμιν.

20

Fragmente 41–43



Fragment 41 (118) zu Jer. 28(51),25f.

5

10

15

Einen Berg nennt er Babylon wegen der Höhe des Königreiches, das von Götzendienst und ungerechten Taten, durch die es die anderen zugrunderich­ tete, zugrundegerichtet war. Auf einer Höhe befand sich die Stadt aber auch wegen des nahegelegenen Flusses, von dem einige Stufen zur Stadt hinaufführten. Diese bestand aus zwei Teilen und lag an beiden Steilufern am Fluss, an dem auch die Mauern der Stadt sehr hoch aufragen.108 Die Hand aber verweist auf die rächende Kraft, die sie (sc. die Stadt) wie von Felsen von der eigenen Sicherheit und Festung herunterholt,109 aber auch ihre Steine durch Feuer bis zur Unbrauchbarkeit zerstört, so dass kein Stein mehr zu einem festeren Bau zusammengefügt werden kann.110 Im übertragenen Sinn wird auch der Teufel Berg genannt,111 zum Beispiel im Buch Sacharja: „Wer bist du, du großer Berg, vor dem Angesicht Serubbabels?“a Und über den, der einen tauben und stummen b Dämon hatte, sagte der Erlöser: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück weg! Und er wird wegrücken.“ c Ein Berg also ist der Teufel, der von der eigenen Schlechtigkeit zugrundegerichtet wurde und alle die zugrunderichtet, die auf das Irdische bedacht sind.

Fragment 42 (119) zu Jer. 28(51),27 20

25

Weiht die Völker steht für: Sondert sie ab! Denn die Weihe ist ein Dienst an Gott, auch wenn der, der dazu abgesondert wurde, rachsüchtig und unheilig ist. Ein solcher war Kyros, zu dem er durch Jesaja sagt: „Du aber hast mich nicht erkannt.“ d Einige aber von denen, die Babylon zu Felde zogen, nannte er Völker, unter denen er als Ararat die Armenier nennt.

Fragment 43 (120) zu Jer. 28(51),29 Die Erde aber bebte, die Erde der Menschen, die auf ihr in den früheren Zeiten festen Halt und in ihren Herrschaften und Königreichen Sicherheit genossen, jetzt aber eine böse und schmerzhafte Veränderung erleben: die Verödung.

110 Vgl. in Hier. hom. 1,15 (GCS Orig. 32, 14): „Es wurde etwas niedergerissen: Die Stei-

ne sollen nicht liegen bleiben, um für einen anderen Bau benutzt zu werden, den der Böse bauen kann.“ 111 Vgl. in Hier. hom. 12,12 (GCS Orig. 32, 98), wo zur Erklärung des Ausdrucks „dunkler Berg“ in Jer. 13,16 unter anderem der Teufel als ein solcher bezeichnet wird.



Fragmente aus der Katene

βασιλείαις, τὰ δὲ νῦν μεταβολὴν πονηρὰν καὶ ἐπώδυνον δεχομένων τὴν ἐρημίαν. Καὶ πᾶσα δὲ διάνοια Βαβυλωνίαν γῆν ἐσχηκυῖα ἐκ τῆς πρὸς τὴν τοιαύτην ἀσέβειαν καὶ σύγχυσιν προσπαθείας σειομένη ἀποβάλλει τὴν τοιαύτην διάθεσιν ἐπὶ τῷ πνευματικὴν καὶ ἐπουράνιον ἕξιν ἀναλαβεῖν.

Fragmentum XLIV (121) Θεὸς γὰρ ἦν ὁ τοῦτο ποιῶν, ὁ καὶ διὰ ῾Ησαΐου πρὸς Κῦρον εἰπών· „Ἐγὼ δὲ ἔμπροσθέν σου πορεύσομαι καὶ ὄρη ὁμαλιῶ, θύρας χαλκᾶς συντρίψω καὶ μοχλοὺς σιδηροῦς συνθλάσω.“a Καὶ παρὰ τοῖς ἔξω γὰρ τοιαύτας ἔχειν ἱστόρηται πύλας ἡ Βαβυλών, καὶ ἐκ τῶν εἰς τὸν ποταμὸν μέσον ὄντα κα­ ταβάσεων ἑαλωκέναι, μέρους ἑκατέρου συναπτομένου γεφύραις παρὰ τὰς ἀναγούσας ἐπὶ τὴν πόλιν ἀνόδους, πρὸς ἑκάτερον μέρος διῃρημένης τῆς πόλεως. Καί φησιν ἡ ἱστορία, ὡς τῶν παρ᾽ ἔσχατα τῆς πόλεως ἁλισκο­ μένων οἱ ἄλλοι πανήγυριν ἄγοντες διὰ τὸ μέγεθος τῆς πόλεως οὐκ ᾐσθά­ νοντο, ὅτε ὡς εἰκός, τῶν μὲν εἰς ἀγγελίαν τρεχόντων, τῶν δὲ λοιπῶν ἐκ ταύτης ὑποστρεφόντων θορύβου πλήρη τὴν πόλιν ὑπάρχειν. Συστήματα δὲ νῦν τὰς οἰκίας ἔοικε λέγειν· τῇ γὰρ συνεχείᾳ πρὸς ἀλλήλας συνίσταντο. Διὸ ἐπιφέρει· οἱ οἶκοι βασιλέως Βαβυλῶνος καὶ τὰ ἑξῆς· ἤγουν ἀπὸ τῶν ἐν αὐτοῖς συνισταμένων τὰ φρούρια.

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Fragmentum XLV (122)

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Τὸ κλινοῦσιν αὐτὸν καὶ τὰ σκεύη αὐτοῦ λεπτυνοῦσι Σύμμαχος ἔφη· καὶ σει­ ρώσουσιν αὐτὸν καὶ τὰ σκεύη αὐτοῦ ἐκκενώσουσιν. Ἐνέμεινε γὰρ τῇ τροπῇ τοῦ οἴνου, δηλῶν ὡς τῶν ἀγαθῶν κενωθήσεται. Οὐκ ἀγαθὴ τοίνυν ἡ εὐθη­ νία τοῖς ἀλαζόσιν, ὡς οὐδὲ τῷ ἐν ᾅδῃ πλουσίῳ, δι᾽ ἣν ἐκολάζετο. Τὰ δὲ a

Jes. 45,2

112 Zu dieser Etymologie von Babylon siehe oben S. 472 Anm. 727. 113 Für diese Beschreibung vgl. Herodot, hist. I 180. 186. 191. Siehe auch in Hier. frg. 41

(GCS Orig. 32, 219).

114 Zu dieser Bedeutung von ἱστορία bei Origenes, wie sie auch in Hier. frg. 28 (GCS

Orig. 32, 213) vorliegt, siehe oben S. 110 Anm. 6 und S. 358 Anm. 491. 115 Vgl. Herodot, hist. I 191,6: „Wie man dort im Lande erzählt, wussten bei der Größe der Stadt die Leute in der Mitte noch nichts vom Eindringen der Feinde, als die Stadtränder bereits erobert waren. Man feierte ein Fest, tanzte und war guter Dinge, bis endlich die Kunde recht deutlich auch zu ihnen drang.“ Übersetzung: I p. 177

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Fragmente 43–45



Und jeder Verstand aber, der das Land Babylon innehatte, wirft, erschüttert von der Leidenschaft für eine derartige Gottlosigkeit und Verwirrung,112 eine solche Einstellung von sich, um eine geistige und himmlische Haltung anzunehmen.

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Fragment 44 (121) zu Jer. 28(51),30–33 Denn Gott war es, der dies tat und der durch Jesaja zu Kyros sagte: „Ich aber werde vor dir hergehen und Berge einebnen, ich werde eherne Pforten zertrümmern und eiserne Riegel zerschmettern.“a Es wird nämlich berichtet, dass Babylon nach außen solche Tore hatte und von den Treppen her, die hinab zum Fluss in der Mitte führten, eingenommen wurde, da die beiden Teile durch eine Brücke bei den Wegen verbunden waren, die hinauf in die Stadt führten, da die Stadt in die beiden Teilen getrennt ist.113 Weiterhin erzählt der Bericht:114 Während die Eroberer in die Außenbezirke der Stadt eindrangen, merkten die anderen, die an einem Fest teilnahmen, wegen der Größe der Stadt nichts davon, als, wie leicht ersichtlich ist, die einen auf die Nachricht hin hinliefen, während die übrigen davon zurückkehrten und die Stadt voller Aufruhr war.115 Abteilungen aber scheint er jetzt die Häuser zu nennen, denn durch die Verbindung miteinander haben sie Bestand. Deshalb fügt er die Häuser des Königs von Babylon usw. hinzu, nämlich die aus den in ihnen zusammengefügten Teilen bestehenden Festungen.

Fragment 45 (122) zu Jer. 31(48),12–17

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Für: Sie werden ihn beugen und seine Gefäße zermalmen sagte Symmachus: Und sie werden ihn binden und seinen Besitz entleeren.116 Er führte nämlich das Bild vom Umkippen117 des Weines fort und wies damit darauf hin, dass er von dem Guten in ihm leer werden wird. Der Wohlstand ist folglich nicht gut für die Angeber, wie auch nicht für den Reichen in der Unterwelt, weswegen er

Feix. Die Darstellung in frg. 44 vermengt diesen Bericht mit der Wiedergabe dieses Ereignisses in Jer. 28(51),31f. LXX: „Ein Läufer wird zum Treffen eines (anderen) Läufers laufen und ein Berichterstatter zum Treffen eines (anderen) Berichterstatters, um dem König von Babylon zu berichten, dass seine Stadt eingenommen wurde. Vom Ende seiner Übergänge wurden sie genommen …“ Übersetzung: p. 1318 Septuaginta Deutsch. Vgl. auch noch Xenophon, Kyr. VII 5,13–33. Siehe dazu Harnack, Ertrag II, 88; Neuschäfer, Origenes als Philologe 186f. 116 Vgl. Hexapla (II p. 721 Field). 117 Das heißt: vom Sauerwerden, so dass aus einem guten Wein ein schlechter wird.



Fragmente aus der Katene

κεράσματα ὡς ἐπὶ οἴνου ῥηθέντα, Ἀκύλας ἐξέδωκεν κέρατα, ὅπερ ἀρχαῖον ποτηρίου ἐτύγχανεν εἶδος (κέρασι γὰρ ἔπινον), ὅθεν καὶ τὸ κεράσαι λέγειν παρέμεινεν. Ἀγγεῖαa μὲν οὖν αἱ πόλεις, τὰ δὲ ἔνδον ἄνθρωποί τε καὶ πλοῦτος· ὡς τοὺς μὲν ἀπήγαγον, τὰς δὲ ἐνέπρησαν. Καταισχύνει δὲ τὰς ἐπὶ δαίμοσιν ἐλπίδας ἡ συμφορά· ἡ δὲ ἐπὶ θεὸν ἐλπὶς οὐ καταισχύνει. b Ἐν δὲ τῇ Βαιθὴλ ἔστησε τὰς δαμάλεις ὁ Ἱεροβοὰμ ἐν τῇ Σαμαρείᾳ. c Οὐχ ὁ λέγων δὲ ἰσχυρὸς εἶναι σῴζεται. „Οὐ“ γὰρ „σῴζεται βασιλεὺς διὰ πολλὴν δύνα­ μιν.“ d ῾Ημέρα δὲ Μωὰβ τῆς κολάσεως ὁ καιρός, πονηρία δὲ τὰ καταληψό­ μενα τοῦτον ἐπίπονα. Ἀξιοῖ δὲ τοὺς κύκλῳ πάντας ἐπεμβαίνειν αὐτῷ· τοῦτο γὰρ τὸ κινήσατε, δηλονότι πρὸς αἰσχύνην καὶ λύπην, ὑπερηφάνοις γὰρ ὁ θεὸς ἀντιτάσσεται. e

5

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Fragmentum XLVI (123) Ἐπιχείριον ἢ τὸ σκῆπτρον παρίστησιν ἢ τοὺς ὑπὸ τὴν ἀρχὴν ἢ τοὺς μι­ σθωτούς· ἐπίχειρα γὰρ ὁ μισθός.

222

Fragmentum XLVII (124)

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Ἐπικροτήσει ταῖς χερσίν, αἷς ἐπιχαίρων τῷ Ἰσραὴλ καὶ κατὰ θεοῦ θρασυνό­ μενος ἐπεκρότει. Οἱ δὲ τοῖς ὀχυρώμασι πεποιθότες τῶν πόλεων, f ταύτας ἀφέντες ἐν πέτραις ᾤκουν παρακειμέναις ταῖς φάραγξιν, μιμούμενοι περι­ στερὰς κατὰ τὴν ἀσέλγειαν καὶ κατὰ τὴν ἄνοιαν. Ἐμφωλεύουσι γὰρ ἔσθ̓ ὅτε τόποις, ἐξ ὧν οἱ | βουλόμενοι ῥᾳδίως ἀφαιροῦνται τοὺς νεοττούς. Ἀσελγὴς δὲ καὶ ὁ τελούμενος τῷ Βεελφεγὸρ g καὶ ἄνους ὁ τοῖς ἀνωφελέσι καὶ ματαίοις εἰδώλοις προσκείμενος· ὁποῖος ἦν ὁ Μωάβ. „Εἶπε“ γὰρ „ἄφρων ἐν καρδίᾳ αὐτοῦ· οὐκ ἔστι θεός“, h ἢ καθόλου ἄθεος ὢν ἢ τὸν ὄντως ὄντα θεὸν μηδὲ εἶναι παντελῶς λογιζόμενος.

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a

Jer. 31(48),11 b Röm. 5,5 c 1 Kön. 12,28 31(48),7 g Num. 25,5 hPs. 13(14),1

118 Vgl. Hexapla (II p. 721 Field). 119 Vgl. Athenaios, Deipnos. XI 51, 476a–b.

d

Ps. 32(33),16

e

Jak. 4,6; Spr. 3,34

f

Jer.

Fragmente 45–47

5

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

bestraft wurde. Da aber von den Mischungen in Bezug auf Wein die Rede ist, hat Aquila in seiner Ausgabe Hörner übersetzt,118 was die altertümliche Form des Trinkbechers war – sie tranken nämlich aus Hörnern –, weshalb sich auch von Mischen zu reden erhalten hat.119 Gefäßea nun sind die Städte, die Dinge in ihnen aber Menschen und Reichtum. Die Menschen wurden weggebracht, die Städte hingegen niedergebrannt. Das Unglück aber lässt die Hoff­ nungen auf Dämonen zuschanden werden, die Hoffnung auf Gott hingegen wird nicht zuschanden. b In Bethel aber stellte Jerobeam in Samaria goldene Kälber auf. c Doch nicht, wer behauptet stark zu sein, wird gerettet. Denn „nicht durch große Macht wird ein König gerettet.“ d Der Tag von Moab aber ist der Zeitpunkt der Bestrafung, das Verderben hingegen die Mühsale, die über ihn kommen. Er fordert aber alle ringsum auf, ihn zu beschimpfen. Denn dies meint: Bringt in Aufruhr, offensichtlich zu Scham und Trauer, denn Gott widersteht den Hochmütigen. e

Fragment 46 (123) zu Jer. 31(48),25 Der Arm steht entweder für das Szepter oder die Untertanen oder die Tagelöhner, denn die Entlohnung ist die Bezahlung.120

Fragment 47 (124) zu Jer. 31(48),26–28 20

25

Er wird in die Hände klatschen, in die er voller Schadenfreude über Israel und voller Frechheit gegen Gott klatschte. Diejenigen aber, die auf die Festungen der Städte vertrauten, f verließen diese und wohnten in Felsen bei den Schluchten, sie ahmten die Tauben nach in ihrer Zügellosigkeit und in ihrem Unverstand. Es kommt nämlich vor, dass sie an Orten nisten, aus denen die, die es wollen, leicht die Jungen rauben können. Zügellos aber ist, wer sich dem Baal-Pegor weiht, g und ohne Verstand ist, wer die unnützen und nichtigen Götterbilder verehrt. Von solcher Art war Moab. Denn „der Tor spricht in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott“, h weil er entweder ganz gottlos ist oder wähnt, den wirklich seienden Gott gebe es überhaupt nicht.

120 Origenes versteht ἐπιχείριον oder ἐπίχειρον (so in der Septuagintafassung von Jer.

31[48],25: II p. 710 Rahlfs), „Arm“, im Zusammenhang mit ἐπίχειρα, das „Belohnung“, „Lohn“ bedeutet.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XLVIII (125 und 126)

223

(125) ῾Η Ἱερουσαλήμ, καθὰ πολλάκις εἴρηται, εἰς τὴν ἐκκλησίαν μεταλαμβά­ νεται, ἥτις ἐστὶ πόλις τοῦ θεοῦ οἰκοδομηθεῖσα ἐκ λίθων ζώντων,a ἀφ̓ ἧς τις ἁμαρτάνων ἐκβάλλεται παραδιδόμενος Ναβουχοδονόσορ, τῷ σατανᾷ. Λέγει γὰρ περὶ τοῦ πεπορνευκότος ὁ Παῦλος· „Παραδοῦναι τὸν τοιοῦτον τῷ σατανᾷ εἰς ὄλεθρον τῆς σαρκός, ἵνα τὸ πνεῦμα σωθῇ ἐν τῇ ἡμέρᾳ τοῦ κυ­ ρίου“· b καὶ ἐν τῇ πρὸς Τιμόθεον πρώτῃ περὶ τῶν βλασφήμων· „Οὓς παρ­ έδωκα τῷ σατανᾷ, ἵνα παιδευθῶσι μὴ βλασφημεῖν.“ c Ἴστω δὲ ὁ τῆς Ἱερου­ σαλὴμ ἐκβληθεὶς ὡς, ἐὰν μὴ ποιήσῃ χρόνον αὐτάρκη πράττων ἔξω τῆς ἐκκλησίας ἃ δεῖ, οὐκ ἐπάνεισιν ἐπὶ τὴν Ἱερουσαλήμ. Ἐκβάλλεται δέ τις ἁμαρτάνων, κἂν μὴ ὑπὸ ἀνθρώπων ἐκβληθῇ. Δεῖ δὲ αὐτὸν ἔξω γεγονότα μὴ ἀμελεῖν τοῦ οἰκοδομεῖν οἰκίαν καὶ φυτεύειν παραδείσους. Ταῦτα γὰρ μὴ ποιῶν μηδὲ πληρώσας τὸν συμβολικὸν ἀριθμὸν τῶν ἐτῶν τῶν ἑβδομήκοντα d σαβ­ βάτου καὶ ἀναπαύσεως ὄντα, οὐκ ἐπάνεισι κοινωνήσων τῇ ἐκκλησίᾳ, μένει δὲ καταδεδικασμένος ἔξω εἶναι τῆς Ἱερουσαλήμ. (126) Τί δέ ἐστι τὸ λαβεῖν γυναῖκας, ἐδήλωσεν ὁ περὶ τῆς σοφίας εἰπών· „Ταύτην ἐζήτησα νύμφην ἀγαγέσθαι ἐμαυτῷ καὶ ἐραστὴς ἐγενόμην τοῦ κάλλους αὐτῆς.“ e Δεῖ δὲ ταύτης ἐρᾶν, ὥσπερ ἐν Παροιμίαις Σολομὼν εἰσηγήσατο φήσας· „Ἐράσθητι αὐτῆς, καὶ τηρήσει σε“, f καὶ „περιχαράκωσον αὐτήν, καὶ ὑψώσει σε“. g Καὶ ἄλλας δὲ νόει παρὰ τὴν σοφίαν γυναῖκας τὰς λοιπὰς ἀρετάς. Οὕτω γὰρ ἐξέσται πολλὰς γυναῖκας λαβεῖν· ἐξ ὧν δεῖ τεκνοποι|εῖν, ἀπὸ σοφίας λόγον σοφίας ὡς ἂν καὶ ἄλλους οἰκοδομήσῃς, ἀπὸ σωφροσύνης ἔργα σωφροσύνης ἵνα σώφρονας ποιήσῃς βίῳ καὶ λόγῳ, ἀπὸ δικαιοσύνης ἔργα δικαιοσύνης ἐν κοινωνίᾳ καὶ συναλλάγμασιν. Ἀλλὰ καὶ δικαίους διδάσκων τεκνοποιήσεις ἀπὸ δικαιοσύνης, υἱοὺς δὲ ποιήσας ἀπὸ τῶν υἱῶν καὶ θυγατέρας, υἱοὺς μὲν τὰ θεῖα νοήματα καὶ τὰ δόγματα, θυγατέρας δὲ τὰς πράξεις. a

1 Petr. 2,5 4,8

b

1 Kor. 5,5

c

1 Tim. 1,20

d

Jer. 36(29),10

e

Weish. 8,2

f

Spr. 4,6

g

Spr.

121 Vgl. in Hier. hom. 9,2 (GCS Orig. 32, 65). 122 Vgl. in Hier. hom. 1,3 (GCS Orig. 32, 3); 19,4(18,14) (32, 170–172). Zu Nebukadnezzar

als Sinnbild für den Teufel siehe oben S. 113 Anm. 10. 123 Das ist ein Hinweis auf das frühchristliche Bußverfahren (siehe dazu oben S. 306

Anm. 400), das eine lange Zeit des Ausschlusses aus der Gemeinde, d.h. konkret von der Eucharistie, vorsah, jedoch mit der Möglichkeit der Wiederaufnahme bzw. Wiederzulassung, falls die auferlegten Bußleistungen (in der Regel Fasten und Almosengeben) erbracht wurden. Siehe dazu Fürst, Liturgie der Alten Kirche 242f. 251–255. 261f. Für Origenes vgl. in Ex. hom. 6,9 (GCS Orig. 6, 200f.); in Lev. hom. 2,4 (GCS Orig. 6, 296f.); 8,10 (6, 408); 8,11 (6, 417); 11,2 (6, 449–452); 14,2 (6, 479); 14,3 (6, 483); in Ios. hom. 5,6 (GCS Orig. 7, 319f.); 7,6 (7, 332–334); 21,1 (7, 429); in Iud. hom. 2,5 (GCS Orig. 7, 478f.); in Ps. 37 hom. 1,1 (SC 411, 258–272); in Hiez. hom. 3,8 (GCS

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Fragmente 48



Fragment 48 (125 und 126) zu Jer. 36(29),4–6

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(125) Jerusalem wird, wie oft gesagt worden ist, auf die Kirche bezogen.121 Diese ist die aus lebendigen Steinena erbaute Stadt Gottes, aus der einer, wenn er sündigt, hinausgeworfen und Nebukadnezzar, dem Satan, übergeben wird.122 Über den Unzüchtigen sagt nämlich Paulus, „einen solchen dem Satan zu übergeben zum Verderben des Fleisches, damit der Geist am Tag des Herrn gerettet wird“. b Und im Ersten Brief an Timotheus steht über die Gotteslästerer: „Ich habe sie dem Satan übergeben, damit sie durch Züchtigung lernen, Gott nicht zu lästern.“ c Wer aus Jerusalem hinausgeworfen worden ist, soll jedoch wissen, dass er nicht wieder nach Jerusalem zurückkehrt, wenn er nicht lange genug außerhalb der Kirche das tut, was er tun muss.123 Ein Sünder wird aber hinausgeworfen, auch wenn er nicht von Menschen hinausgeworfen wurde. Doch wer sich draußen befindet, darf nicht vernachlässigen, ein Haus zu bauen und Gärten anzulegen. Denn wer dies nicht tut und nicht die symbolische Zahl der siebzig Jahre d erfüllt, die zum Sabbat und zur endzeitlichen Ruhe gehört, der kommt nicht wieder zur Gemeinschaft mit der Kirche zurück, sondern bleibt verurteilt außerhalb von Jerusalem. (126) Was es aber bedeutet, sich Frauen zu nehmen, darauf hat der hingewiesen, der über die Weisheit gesagt hat: „Diese suchte ich mir als Braut heimzuführen und bin zum Liebhaber ihrer Schönheit geworden.“ e Man muss sie aber lieben, wie Salomo in den Sprichwörtern erklärte, indem er sagte: „Liebe sie, und sie wird dich erhalten“, f und „umarme sie, und sie wird dich erhöhen“. g124 Und die anderen Frauen neben der Weisheit verstehe aber als die übrigen Tugenden. Auf diese Weise wird es nämlich erlaubt sein, sich viele Frauen zu nehmen, von denen man Kinder zeugen muss: von der Weisheit das Wort der Weisheit, damit du auch andere aufbaust, von der Klugheit die Werke der Klugheit, damit du andere klug machst im Leben und im Reden, von der Gerechtigkeit die Werke der Gerechtigkeit im Gemeinwesen und in Verträgen. Doch auch wenn du die Gerechten lehrst, zeugst du Kinder von der Gerechtigkeit, indem du aus den Söhnen Söhne und Töchter zeugst: Die Söhne sind die göttlichen Gedanken und Lehren, die Töchter hingegen die Taten.125 Orig. 8, 357); in Matth. comm. XIII 30 (GCS Orig. 10, 262); Cels. III 51 (GCS Orig. 1, 247), ferner oben in Hier. hom. 7,3 (GCS Orig. 32, 54); 12,5 (32, 92); 14,14 (32, 120). Siehe dazu Rahner, Bußlehre des Origenes 129–146. 167–169; Vogt, Kirchenverständnis 129–143. 179–187. 124 Zu diesen Bibelstellen, an denen als einzigen in der Bibel das Wort ‚Eros‘ in Form des zugehörigen Verbums verwendet ist, vgl. in Cant. comm. prol. 2,22 (OWD 9/1, 74); in Cant. hom. 1,2 (OWD 9/2, 74); 2,1 (9/2, 100); in Cant. frg. 1 (OWD 9/2, 142). Siehe dazu die Erläuterungen von Fürst/Strutwolf, OWD 9/1, 74 Anm. 36; 75 Anm. 38. 125 Vgl. in Hier. hom. 5,7 (GCS Orig. 32, 37): „Schon oft haben wir über das, was die Seele hervorbringt, gesagt, dass die Gedanken die Söhne sind, die Werke und die



Fragmente aus der Katene

Fragmentum XLIX (127) Ταραττομένης γὰρ Ἱερουσαλὴμ ἐπικειμένου τοῦ Βαβυλωνίου, οἷον εἰκὸς ἐπὶ προγνώσει κατέφευγον τὸ μέλλον εἰδέναι βουλόμενοι. Ἀλλ̓ οἱ μὲν ψευδο­ προφῆται ἐξ ἁγίου πνεύματος προλέγειν διϊσχυρίζοντο· τῶν δὲ ἄλλων οἱ μὲν μαντείας, οἱ δὲ πάλιν ἐνύπνια προὔφερον. Διὰ τοῦτο δεῖ καθόλου πάσης ἀσεβοῦς προγνώσεως μὴ ἀνέχεσθαι· εἰ γὰρ ἀστέρες τυχὸν ἐνεργοῦσι, μάτην εὐχόμεθα. Διό φησιν· „Εἴπωσιν οἱ ἀστρολόγοι τοῦ οὐρανοῦ, τί βουλεύεται κύριος περὶ σοῦ“,a καὶ „οὐκ ἔσται οἰωνισμὸς ἐν Ἰακώβ, οὐδὲ μαντεία ἐν Ἰσραήλ.“ b Γενοῦ τοίνυν ἄξιος θείας προγνώσεως. Ἐπάγει γὰρ μετὰ τὸ „Οὐκ ἔσται μαντεία ἐν Ἰσραήλ“· „Κατὰ καιρὸν ῥηθήσεται τῷ Ἰακὼβ καὶ τῷ Ἰσραὴλ, τί ἐπιτελέσει ὁ θεός.“ c

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Fragmentum L (128) Τοιαῦτα πείσεται πᾶς τοιαῦτα πράσσων πρεσβύτερος ὑπὸ βασιλέως Βα­ βυλῶνος. Εἰ γὰρ ὁ ἀναξίως [τις] μεταλαμβάνων εὐχαριστίας εἰς κρίμα λή­ ψεται, d πόσῳ μᾶλλον ὁ καθεζόμενος ἐν πρεσβυτερίῳ συνειδότι μεμιασμένος καὶ τὸ Χριστοῦ μολύνων συνέδριον; Τίς γὰρ αὐτῷ συγκαθήμενος εὐλαβὴς λέγειν τολμήσει τὸ „Οὐκ ἐκάθισα μετὰ συνεδρίου ματαιότητος“ e καὶ τὰ ἐπὶ τούτοις; a

Jes. 47,13

b

Num. 23,23

c

Num. 23,23

d

1 Kor. 11,27.29

e

Ps. 25(26),4

körperlichen Taten hingegen die Töchter.“ Zu diesem Fragment siehe die „mystische“ Auslegung zu Jer. 36(29),1–7 bei Hieronymus, in Hier. V 63,9–11 (CChr.SL 74, 277f.): „Nachdem wir aus Jerusalem, das heißt der Kirche, wegen unserer Sünden hinausgeworfen und Nebukadnezzar übergeben worden sind – über diesen sagt derselbe Apostel (sc. Paulus): ‚Ich habe einen solchen Menschen dem Satan übergeben zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet wird am Tag des Herrn‘ (1 Kor. 5,5), und desgleichen: ‚Diese habe ich dem Satan übergeben, damit sie lernen, Gott nicht zu lästern‘ (1 Tim. 1,20) –, dürfen wir nicht sorglos sein noch in lähmender Untätigkeit gänzlich an unserem Heil verzweifeln, sondern müssen als erstes Häuser bauen …, sodann Gärten bzw. Obstgärten anlegen …, uns drittens Frauen nehmen, von denen eine die Weisheit ist, über die Salomo schreibt: ‚Liebe sie, und sie wird dich erhalten; umarme sie, und sie wird dich erhöhen‘ (Spr. 4,6.8), und an anderer

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Fragmente 49–50



Fragment 49 (127) zu Jer. 36(29),8

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Als nämlich Jerusalem vom herandrängenden Babylonier in Angst und Schrecken versetzt wurde, suchten sie wie üblich Zuflucht beim Vorherwissen, weil sie die Zukunft wissen wollten. Die Pseudopropheten jedoch behaupten steif und fest, vom Heiligen Geist her Voraussagen machen zu können, von den anderen aber brachten die einen Weissagungen, die anderen hingegen Träume vor. Deswegen darf man überhaupt kein gottloses Vorherwissen annehmen. Denn wenn die Sterne aufs Geratewohl wirken, beten wir vergebens.126 Deshalb heißt es: „Die Sternkundigen des Himmels sollen sagen, was der Herr über dich bringen will“,a und „es soll keine Wahrsagerei in Jakob geben und keine Weissagung in Israel.“ b Werde also des göttlichen Vorherwissens würdig!127 Denn nach: „Es soll keine Wahrsagerei in Israel geben“ wird hinzugefügt: „Zur rechten Zeit wird zu Jakob und zu Israel gesagt werden, was Gott vollbringen wird.“ c

Fragment 50 (128) zu Jer. 36(29),21 Jeder Presbyter, der solche Dinge tut, wird solche durch den König von Baby­ lon erleiden. Denn wenn einer, der unwürdig an der Eucharistie teilnimmt, ins Gericht kommen wird, d um wieviel mehr einer, der im Bewusstsein seiner Unreinheit im Presbyterium sitzt und die Ratsversammlung Christi besudelt? Denn welcher fromme Presbyter, der neben ihm sitzt, wird zu sagen wagen: „Ich saß nicht in der Ratsversammlung der Nichtigkeit“ e und was darauf folgt?

Stelle: ‚Diese suchte ich mir als Braut heimzuführen und bin zum Liebhaber ihrer Schönheit geworden‘ (Weish. 8,2). Und eine einzige Frau, die Weisheit, genügt uns nicht, wenn wir nicht auch die übrigen haben: die Tapferkeit, die Klugheit und die Gerechtigkeit, um viele Kinder von ihnen zu zeugen. Auch unsere Töchter geben wir Männern, um sowohl die Wahrheit des Glaubens – wie die Söhne gedeutet werden – mit guten Werken zu verbinden, die sich auf die Töchter beziehen, als auch gute Werke mit einem gesunden Glauben.“ 126 Gegen solche fatalistischen und deterministischen Vorstellungen hat Origenes die Freiheit als unerlässliche Voraussetzung für die Möglichkeit und den Sinn des Betens verteidigt: orat. 5–7 (GCS Orig. 2, 308–316). Siehe dazu Fürst, Beten als Akt der Freiheit, ferner oben S. 544 Anm. 861 zu in Hier. hom. lat. 1(3),4 (GCS Orig. 8, 314). 127 Zum origeneischen Konzept von „Würdigkeit“ siehe oben S. 598 Anm. 52.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum LI (130)

224

Εἴποις δ̓ ἂν ὅτι καὶ τὴν ἰδίαν ἐπιδείκνυσιν ἀγαθότητα, δι᾽ ἣν καὶ τὴν ἀπο­ τομίανa ἐπάγει τοῖς αὐτῆς ἐν χρείᾳ τυγχάνουσιν. Διὸ μετὰ τὸ εἰς ἀλγεινὸν θεραπευθῆναι οἰκοδομηθήσεταί φησιν ἡ πόλις ἐπὶ τὸ ὕψος αὐτῆς. Ποῖον ὕψος; „Οὐ δύναται πόλις κρυβῆναι ἐπάνω ὄρους κειμένη“· b ὁποία ἐστὶν ἡ μηδὲν φρονοῦσα ταπεινὸν ἢ ἀνθρώπινον, ἡδονάς φησι καὶ πλοῦτον ἐν γῇ c καὶ δοξάρια. Συνηγέρθη γὰρ τῷ Χριστῷ καὶ τὰ ἄνω ζητεῖ. d Ταῦτά σου ποιοῦντος οἰκοδομηθήσεται ἡ πόλις σου ἐπὶ τὸ ὕψος αὐτῆς.

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Fragmentum LII (131) 225

Ὡς ἐπὶ σπανίου φησίν. Ἔθος δὲ τῇ γραφῇ μετὰ τὰ πικρὰ λέγειν φιλάνθρωπα πρὸς | παραμυ­ θίαν καὶ μετὰ τὰ χρηστὰ πάλιν πικρότερα, ἵνα μὴ „τοῦ πλούτου τῆς χρηστότητος“ τοῦ θεοῦ καταφρονήσαντες θησαυρίσωσιν ἑαυτοῖς „ὀργὴν ἐν ἡμέρᾳ ὀργῆς“. e Διό φησιν· Ἐὰν ἔλθῃ ἡ ὀργή, οὐκ ἀποστήσεται, ἐὰν μὴ δράσειεν ἃ θέλῃ θεός. f Θέλει δὲ ὁ θεός, καὶ ὀργὴ γίνεται, ἵνα γένηται ἃ θέλει θεός. Ἐὰν γάρ τις μὴ θέλῃ γενέσθαι ἐν τῷ θελήματι τοῦ θεοῦ λόγου, ἀπολύεται ἐπ̓ αὐτὸν ἡ ὀργή. Μὴ δεηθῶμεν οὖν παιδευούσης ὀργῆς ἢ θυ­ μοῦ.

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Fragmentum LIII (132) Οὐ γὰρ δι᾽ ἐρήμου, καθάπερ πρόσθεν, ἀλλὰ διὰ τῆς νομίμου καὶ οἰκουμένης. Καὶ τροπικῶς δὲ ἐν παρακλήσει, ὅτι „μακάριοι οἱ πενθοῦντες, ὅτι αὐτοὶ παρακληθήσονται“. g a

Röm. 11,22

b

Mt. 5,14

c

Mt. 6,19

d

Kol. 3,1

e

Röm. 2,4f.

f

Jer. 23,20

g

Mt. 5,4

128 In diesem übertragenen Sinn wird, unter Beiziehung von Mt. 5,14, Jer. 37(30),18 auch

von Hieronymus ausgelegt: in Hier. VI 9,3 (CChr.SL 74, 296).

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Fragmente 51–53



Fragment 51 (130) zu Jer. 37(30),17f.

5

10

Du könntest wohl sagen, dass er auch die ihm eigene Güte zeigt, durch die er auch seine Strengea gegenüber denen erweist, die sie nötig haben. Deshalb wird nach der Heilung der Schmerzen, heißt es, die Stadt zu ihrer Höhe auf­ gebaut werden. Welcher Höhe? „Eine Stadt kann nicht verborgen bleiben, wenn sie oben auf einem Berg liegt.“ b128 Eine solche Stadt ist die, die nicht auf Niedriges oder Menschliches sinnt, das heißt auf Gelüste und irdischen Reichtum c und eitlen Ruhm. Denn sie ist mit Christus auferweckt worden und sucht das, was oben ist. dWenn du das tust, wird deine Stadt zu ihrer Höhe aufgebaut werden.

Fragment 52 (131) zu Jer. 37(30),21.23.24

15

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Er spricht wie über eine seltene Sache. Es ist eine Eigenheit der Schrift, nach bitteren Worten etwas Menschenfreundliches zum Trost zu sagen und nach gütigen Worten wiederum etwas Bittereres,129 damit sie sich nicht dadurch, dass sie „den Reichtum der Güte“ Gottes verachten, „Zorn am Tag des Zorns“ zuziehen. e Deshalb heißt es: Wenn der Zorn kommt, wird er nicht ablassen, bis er vollbringt, was Gott will. f Gott will, und sein Zorn entlädt sich, damit geschieht, was Gott will. Denn wenn einer nicht dem Willen des Wortes Gottes unterworfen sein will, entlädt sich der Zorn über ihn. Hoffentlich bedürfen wir nicht der Züchtigung durch seinen Zorn oder Grimm!130

Fragment 53 (132) zu Jer. 38(31),9

25

Denn nicht durch die Wüste, wie früher, sondern durch Gesetzen unterworfenes und bewohntes Land. Und im übertragenen Sinn heißt es zur Tröstung: „Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.“ g

129 Vgl. dazu ausführlich in Hier. hom. 1,16 (GCS Orig. 32, 14f.). 130 Zum pädagogischen Sinn des Zornes Gottes siehe oben S. 487 Anm. 760 und S. 597

Anm. 48.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum LIV (133) Νῆσοι μακρὰν αἱ κλυδωνιζόμεναι πρὸς τῶν τοῦ βίου κυμάτων, αἳ μακράν εἰσιν ἀληθείας πρὶν ἐπὶ τὴν σωτηρίαν ἐλθεῖν. Ἐλυτρώσατο δὲ τὸν Ἰακὼβ ὁ θεός· „ἀφῄρηται“ γὰρ „ὁ ζυγὸς ὁ ἐπ̓ αὐτῶν κείμενος, καὶ ἡ ῥάβδος ἡ ἐπὶ τοῦ τραχήλου αὐτῶν“, καθά φησιν ῾Ησαΐας.a Δηλοῖ δὲ καὶ ὅτι αὐτὸς τῆς διαβολικῆς ἡμᾶς ἐξουσίας ἐρρύσατο. Τί γὰρ ἂν ἐδυνάμεθα πρὸς τὸν εἰπόν­ τα τά τε ἄλλα καὶ τὸ „Τὴν οἰκουμένην ὅλην λήψομαι τῇ χειρὶ ὡς νοσσι­ άν“; b Πρὸς ὃν διὰ Χριστοῦ φαμεν· „Ποῦ σου, θάνατε, τὸ νῖκος; Ποῦ σου, ᾅδη, τὸ κέντρον;“ c

Fragmentum LV (134)

5

10

Τοῖς ἀξίοις μακαρισμοῦ d κλαίουσι λεγέσθω τὸ Διαλειπέτω ἡ φωνή σου ἀπὸ κλαυθμοῦ, τοῖς λέγουσιν ἐν ἁγίῳ πνεύματι· „Ἐπὶ τῶν ποταμῶν Βαβυλῶνος ἐκεῖ ἐκαθίσαμεν καὶ ἐκλαύσαμεν ἐν τῷ μνησθῆναι ἡμᾶς τῆς Σιών.“ e

Fragmentum LVI (135) 226

Γέγραπται καὶ ἐν τῷ Βαρούχ· „Τί ὅτι ἐν γῇ τῶν ἐχθρῶν εἶ; Συνεμιάνθης τοῖς νεκροῖς.“ f Ὅταν μὲν γὰρ δίκαιοι ἐπιβαίνωσι, γῆ | ἁγίων ἐστίν· ὅταν δὲ πολλοὶ ἁμαρτωλοὶ ὦσι, γῆ τῶν ἐχθρῶν. Οὕτω δέ, φησίν, ἐπιστρέψουσιν ὡς εἶναι μόνιμον τοῖς σοῖς τέκνοις τὸ ἐπιστρέψαι ἀπὸ γῆς ἐχθρῶν, τοῖς ὑπὸ σοῦ ὠφεληθεῖσι καὶ σοῖς καρποῖς. Καὶ ἐν Ἐξόδῳ δὲ γέγραπται ὅτι „εἰσ­ ήκουσεν ὁ θεὸς τοῦ λαοῦ, τοῦ στεναγμοῦ αὐτῶν ἀπὸ τῶν ἔργων“· g ὅμοιον τῷ ἐνταῦθα κειμένῳ, ἀλλ̓ οὐ περὶ πάντων, ἀλλὰ περὶ Ἐφραῒμ ὀδυρομένου. Ἐφραῒμ δὲ ἑρμηνεύεται καρποφορία.

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Fragmentum LVII (136) Φωνῆς κλαυθμοῦ μετανοούντων ἀκούει ὁ θεός. Διὰ τί δὲ τὸν Ἐφραῒμ ὀδυ­ ρόμενον ἐφ̓ ἁμαρτήμασιν εἶπεν; Τῶν Βασιλειῶν τοίνυν ἡ τρίτη δηλοῖ, ὡς a

Jes. 9,4(3) 2,24.23

b

Jes. 10,14

c

1 Kor. 15,55

d

Lk. 6,21

e

Ps. 136(137),1

131 Vgl. dazu Hieronymus, in Hier. VI 17,3f. (CChr.SL 74, 304).

f

Bar. 3,10f.

g

Ex.

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Fragmente 54–57



Fragment 54 (133) zu Jer. 38(31),10f.

5

10

Ferne Inseln sind die, die in den Wogen des Lebens hin und her schaukeln, die der Wahrheit fern sind, ehe sie zum Heil kommen. Gott aber erlöste Jakob, denn „das Joch, das auf ihnen lag, wurde weggenommen, ebenso der Stock auf ihrem Nacken“, wie Jesaja sagt.a Er macht aber auch klar, dass er selbst uns der teuflischen Gewalt entrissen hat.131 Denn was vermöchten wir gegen den, der unter anderem gesagt hat: „Die ganze bewohnte Welt werde ich in die Hand nehmen wie ein Nest“? b Zu wem sagen wir durch Christus: „Tod, wo ist dein Sieg? Hölle, wo ist dein Stachel?“ c

Fragment 55 (134) zu Jer. 38(31),16 Wenn die weinen, die der Seligpreisung d würdig sind, soll man zu ihnen sagen: Deine Stimme soll mit dem Weinen aufhören, wenn sie im Heiligen Geist sagen: „An den Flüssen von Babylon, dort saßen wir und weinten, wenn wir an Zion dachten.“ e

15

Fragment 56 (135) zu Jer. 38(31),16–18

20

Auch im Buch Baruch steht geschrieben: „Warum bist du im Land der Feinde? Du verunreinigst dich an den Toten.“ f Denn wo Gerechte umhergehen, da ist ein Land von Heiligen, wo aber viele Sünder sind, ein Land der Feinde. Auf dieser Weise, heißt es, werden sie zurückkehren, damit die Rückkehr aus dem Land der Feinde zur festen Bleibe wird für deine Kinder, für die von dir Unterstützten und für deine Früchte. Auch im Buch Exodus aber steht geschrieben, dass „Gott das Volk erhörte, sein Aufseufzen von den Mühen“. g132 Das ähnelt dem hier Vorliegenden, doch nicht im Hinblick auf alle, sondern auf den klagenden Ephraim. Ephraim aber bedeutet übersetzt Fruchtbarkeit.133

25

Fragment 57 (136) zu Jer. 38(31),18–20 Gott hört auf die weinende Stimme derer, die Buße tun.Weshalb aber sagte er, dass Ephraim über die Sünden klagt? Das dritte Buch der Königtümer also 132 Vgl. für dieses Seufzen in Is. hom. 1,1 (GCS Orig. 8, 242). 133 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 5 Lagarde (CChr.SL 72, 65): Efraim frugifer siue

crescens; vgl. ebd. p. 17 (72, 81); p. 66 (72, 142): Efraim fertilis siue auctus; p. 81 (72, 161): Efraim frugifer siue ubertas. Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 104.



Fragmente aus der Katene

πικρῶς αὐτῶν ἄρχοντος τοῦ Ῥοβοάμ, δέον αὐτοὺς καρτεροῦντας μὴ ἀπο­ στῆναι, „οὐκ ἔστιν ἡμῖν μερὶς ἐν Δαβὶδ“a ἀνεβόησαν, ὅτε Ἱεροβοὰμ τῶν ἀποστάντων ἡγήσατο, τῆς φυλῆς ὑπάρχων Ἐφραΐμ, ὅστις δαμάλεις ποιή­ σας ἀπέστησεν ἀπὸ τῆς τοῦ θεοῦ λατρείας τὰς δέκα φυλάς. b Ἐφ̓ οἷς εἰκότως μετανοοῦντες ὠδύροντο καὶ τῇ ἁλώσει παιδευθέντες ἐβόων· Ἐπαί­ δευσάς με, κύριε, καὶ ἐπαιδεύθην. Οἷα γάρ τις μόσχος ἀποσκιρτήσας τοῦ βουκολίου, τῆς σῆς ἀπέστην νομῆς καὶ δέομαι τῆς σῆς βοηθείας. Σοῦ γὰρ μὴ δυναμοῦντος, ἀτονῶ πρὸς ἐπιστροφήν· δέον δέ με μετανοεῖν πρὶν ἁλῶ καὶ πειθαρχεῖν σου τοῖς προφήταις, μετὰ τὴν ἅλωσιν μετενόησα. Γνοὺς δὲ στενάζει· πῶς γὰρ ἄν τις ἀγνοῶν ὡς ἁμαρτάνει στενάξειεν, ἄξια πράξας αἰσχύνης ἐν ἁμαρτήμασιν καὶ μάλιστα ταῖς ἀσελγείαις; Τοσοῦτον δὲ μετ­ ενόησα, ὡς ἄλλοις ὑποδεῖξαί σε. Μεγάλη τοῦ Ἐφραῒμ ἡ μετάνοια, ὥστε τὸν θεὸν ἀναλαβεῖν ἐκ στόματος αὐτοῦ τοὺς λόγους τῆς ἐξομολογήσεως, αὐτὸν δὲ ἀκοῦσαι φωνῆς τῆς λεγούσης· Ἐκ νεότητός μου υἱὸς ἀγαπητὸς εἶ, Ἐφραΐμ.

Fragmentum LVIII (137) 227

Πάντας ἀνθρώπους εἶχε Ναβουχοδονόσορ τις Ἀσσύριος, ἀφ̓ οὗ Χριστὸς ἡμᾶς ἐλυτρώσατο. Διὸ Ματθαῖος ἐξ ῾Ησαΐου φησίν· | „κηρύξαι αἰχμαλώτοις ἄφεσιν“· c οὐ γὰρ καθ̓ ἱστορίαν αἰχμαλώτοις ἐκήρυξεν. Αὐτὸς δὲ καὶ τὸ δίκαιον καὶ ἅγιον ὄρος· ἀψύχῳ γὰρ πῶς ἂν ἁρμόσειεν; Εἰ δὲ ἐν αὐτῷ ἐσμεν κατὰ τὸ „καὶ ὑμεῖς ἐν ἐμοί“, d οἰκοδομήσωμεν ἐν τῷ δικαίῳ ὄρει. Τοῦτο δὲ ποιεῖ τις ἐν Ἰουδαίᾳ γενόμενος, ὃ ἑρμηνεύεται ἐξομολογουμένη, τῷ θεῷ ἐξομολογούμενος τὰς ἁμαρτίας καὶ εὐχαριστῶν· „λέγε“ γὰρ „σὺ πρῶτος a

1 Kön. 12,16

b

1 Kön. 12,28

c

Lk. 4,18; Jes. 61,1

d

Joh. 14,20

134 Vgl. Hieronymus, in Hier. VI 20,3f. (CChr.SL 74, 309): „Also können wir selbst unser

Bußetun nicht vollbringen, wenn Gottes Hilfe uns nicht unterstützt … Sieh, wie groß die Hilfe Gottes ist und in welch schwacher Verfassung der Mensch sich befindet, dass wir selbst unser Bußetun auf keinen Fall zu vollbringen vermöchten, wenn uns der Herr nicht vorher zur Umkehr geführt hätte.“ Zu dieser soteriologischen Grundposition des Hieronymus, die er im Jeremiakommentar im Kontext des pelagianischen Streits wiederholt formuliert, siehe Fürst,Vielfalt altkirchlicher Soteriologie 401–406. 135 Diese Übersetzung orientiert sich an der Aussage bei Hieronymus, in Hier. VI 20,5 (CChr.SL 74, 310): „Und die Aussage in der Septuaginta: ‚Und ich habe dich gezeigt‘ (Jer. 38[31],19) bedeutet, dass er, nachdem er aufgeseufzt und seine Vergehen erkannt hatte, so große Fortschritte gemacht hat, dass er auch anderen Unwissenden Gott zeigte …“

5

10

15

20

Fragmente 57–58

5

10

15



macht deutlich, dass sie, als Rehabeam streng über sie herrschte und sie durchhalten mussten, um nicht abtrünnig zu werden, laut schrien: „Wir haben keinen Anteil an David.“a Als Jerobeam, der dem Stamm Ephraim angehörte, die Abtrünnigen anführte und goldene Kälber anfertigen ließ, brachte er die zehn Stämme zum Abfall von der Anbetung Gottes. b Als sie dafür billigerweise Buße taten, klagten sie, und als sie durch die Gefangenschaft gezüchtigt wurden, schrien sie laut: Du hast mich gezüchtigt, Herr, und ich wurde gezüchtigt. Denn wie ein Jungstier, der aus der Herde wegspringt, habe ich deine Weide verlassen und brauche deine Hilfe. Denn wenn du nicht die Kraft gibst, bin ich zu schwach zur Umkehr.134 Ich hätte aber vor der Verbannung Buße tun und deinen Propheten gehorchen müssen, nach der Verbannung habe ich Buße getan. Da er es aber erkannt hat, seufzt er. Denn wie könnte einer seufzen, wenn er nicht erkennt, dass er sündigt, da er in seinen Sünden Dinge tut, die Schande verdienen, besonders durch die Ausschweifungen? Ich habe aber so viel Buße getan, dass ich dich anderen gezeigt habe.135 Groß ist die Buße Ephraims, so dass Gott aus seinem Mund die Worte des Bekenntnisses136 annimmt, er hingegen eine Stimme hört, die sagt: Von Jugend auf bist du mein geliebter Sohn, Ephraim.137

Fragment 58 (137) zu Jer. 38(31),23f. 20

25

Alle Menschen hatte Nebukadnezzar, ein Assyrer, in seiner Gewalt, von dem Christus uns freigekauft hat.138 Deshalb sagt Matthäus139 aus dem Buch Jesaja, „den Gefangenen die Freilassung zu verkünden“, c denn nicht in historischem Sinn verkündete er dies den Gefangenen. Er selbst aber ist auch der gerechte und heilige Berg. Denn wie sollte dies auf ein lebloses Wesen passen? Wenn wir aber in ihm sind gemäß der Aussage: „und ihr in mir“, d dann lasst uns auf dem gerechten Berg bauen. Das aber tut jemand, wenn er sich in Judäa befindet, das übersetzt die Bekennende bedeutet,140 wenn er Gott die Sünden bekennt und Dank sagt, denn „sage zuerst du deine Frevel, damit du gerecht

136 Zum Begriff der Exhomologese siehe oben S. 194 Anm. 179. 137 Die Grundgedanken dieser Auslegung von Jer. 38(31),18–20 finden sich breit ausge-

führt bei Hieronymus, in Hier. VI 20,2–6 (CChr.SL 74, 309f.). 138 Der Gedanke beruht darauf, dass Nebukadnezzar den Teufel symbolisiert. Siehe dazu

in Hier. frg. 48 (GCS Orig. 32, 222) sowie oben S. 113 Anm. 10. 139 Jes. 61,1 wird nicht im Matthäusevangelium zitiert, sondern in Lk. 4,18. Dem die Bi-

bel aus dem Gedächtnis zitierenden Origenes sind manchmal solche Verwechslungen unterlaufen. 140 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 7 Lagarde (CChr.SL 72, 67): Iuda laudatio siue confessio; p. 74 (72, 152): Iuda confitens siue glorificans; p. 78 (72, 157): Iuda confitens vel laudator. Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 477. 586.



Fragmente aus der Katene

τὰς ἀνομίας σου, ἵνα δικαιωθῇς“.a Εἰσὶ γάρ τινες πόλεις τοῦ θεοῦ καὶ οἰκο­ δομαὶ καὶ γεώργια αὐτοῦ· καὶ γὰρ ὁ Παῦλός φησι· „Θεοῦ γεώργιον, θεοῦ οἰκοδομή ἐστε.“ b Ἐν ᾧ γὰρ οἰκοδομεῖται τὰ περὶ τοῦ θεοῦ μυστήρια καὶ ἄρρητα δόγματα, ἐν τούτῳ ναός ἐστι τοῦ θεοῦ καὶ τὰ ἅγια τῶν ἁγίων, καὶ ὅλης οὗτος τῆς Ἰουδαίας μητρόπολις.

5

Fragmentum LIX (138) Δοκεῖ τὸ Οὐκ ἀποδοκιμῶ τὸν Ἰσραὴλ ἐναντίον εἶναι τῷ πρὸς αὐτοὺς λέγον­ τι· Καὶ τὸ γένος Ἰσραὴλ παύσεται. Μήποτε τοίνυν τὸ μὲν περὶ τοῦ σαρκι­ κοῦ λέλεκται, τὸ δὲ περὶ τοῦ πνευματικοῦ Ἰσραήλ. Πλὴν ἡ οὐκ ἀπόφασις προσκειμένη τῷ ἀποδοκιμῶ παρὰ τοῖς λοιποῖς ἑρμηνευταῖς οὐκ ἔστιν, ἀλλὰ παρὰ τοῖς ἑβδομήκοντα. Νοήσεις δὲ καὶ οὕτως, ὅτι νῦν μὲν ἀποδοκιμῶ, ἐὰν δὲ ὑψωθῇ, οὐκ ἀποδοκιμῶ.

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Fragmentum LX (139)

228

Ἐν φυλακῇ πάντες ἐσμέν, καὶ μάλιστα πειραζόμενοι. Tότε κτᾶταί τις ἀγρόν, ἀλλ̓ οὐ τῆς φυλακῆς ἐξελθών· ἡ δὲ κτῆσις βουλήματι θεοῦ τοῖς καλῶς ἀγω­ νιζομένοις. Ἀδελφοὶ δὲ Χελκίας ὁ τοῦ Ἱερεμίου πατὴρ καὶ Ἀναμεήλ, ἄμφω παῖδες ὄντες Σαλώμ. Ἀδελφῶν γὰρ πρᾶγμα καὶ εἰρήνη καὶ μερὶς θεοῦ· Χελ­ κίας γὰρ ἑρμηνεύεται μερὶς θεοῦ, Σαλὼμ δὲ εἰρήνη. Καρπὸς δὲ τῆς μερίδος τοῦ θεοῦ μετεωρισμὸς θεοῦ· οὕτω γὰρ Ἱερεμίας ἑρμηνεύεται. Καρπὸς δὲ τῆς εἰρήνης χάρις θεοῦ· τοῦτο γὰρ δηλοῖ τὸ Ἀναμεήλ. Οὐ|κοῦν ἡ χάρις τοῦ θεοῦ εἰρήνης γέννημα τυγχάνουσα προσφέρει τῷ ἐν φυλακῇ προφήτῃ τὸν ἴδιον ἀγρὸν κατὰ πρόσταγμα τοῦ θεοῦ. a

Jes. 43,26

b

1 Kor. 3,9

141 In den Jeremiahomilien diskutiert Origenes zuweilen Textvarianten: siehe dazu oben

S. 50–54. Das Bemerkenswerte an der vorliegenden Aussage ist, dass er die beiden Übersetzungsvarianten mit Hilfe einer zeitlichen Abfolge zu einem gemeinsamen Gedanken harmonisiert. Er korrigiert also nicht die Septuaginta – wie überhaupt die Hexapla kein textkritisches Unternehmen zur Erstellung eines korrigierten Septuagintatextes war –, sondern verteidigt den Sinn ihrer Aussagen, auch wenn, wie in diesem Fall, alle anderen Übersetzungen und mit diesen der hebräische Text gegen sie stehen. 142 Vgl. Hieronymus, int. hebr. nom. p. 45 Lagarde (CChr.SL 72, 115): Elciau pars Domini; p. 49 (72, 120): Chelciau pars mea Dominus est; p. 53 (72, 126): Chelcia pars Domini. Siehe Wutz, Onomastica sacra I, 235.

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Fragmente 58–60

5



wirst“.a Einige sind nämlich Städte Gottes und seine Bauten und Pflanzungen, denn auch Paulus sagt: „Gottes Pflanzung, Gottes Bau seid ihr.“ b Denn in ihm werden die Geheimnisse und unaussprechlichen Lehren über Gott erbaut, in diesem ist der Tempel Gottes und das Allerheiligste, und dieser ist die Mutterstadt von ganz Judäa.

Fragment 59 (138) zu Jer. 38,35(31,37) und 38,37(31,36)

10

Es scheint, dass die Aussage: Ich werde Israel nicht verwerfen im Gegensatz zu dem steht, was er zu ihnen sagt: Und das Geschlecht Israel wird aufhören. Vielleicht also ist das eine über das fleischliche Israel gesagt, das andere aber über das geistige. Allerdings steht die Verneinung nicht, die dem ich werde verwerfen hinzugefügt ist, bei den übrigen Übersetzern nicht, jedoch bei den Siebzig. Man kann es aber auch so verstehen, dass ich es jetzt zwar verwerfen werde, wenn es aber erhöht ist, werde ich es nicht verwerfen.141

Fragment 60 (139) zu Jer. 39(32),7f. 15

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25

Wir sind alle im Gefängnis, und besonders, wenn wir in Versuchung geraten. Dann kauft einer einen Acker, aber ohne aus dem Gefängnis herauszukommen. Der Kauf erfolgt aber nach dem Willen Gottes für die, die in rechter Weise den Kampf führen. Die Brüder aber sind Hilkija, der Vater des Jeremia, und Hanamel, beide Söhne des Schallum. Die Wirkung der Brüder sind nämlich sowohl Friede als auch Gottes Anteil, denn Hilkija bedeutet übersetzt Gottes Anteil,142 Schallum aber Friede.143 Die Frucht des Anteils Gottes aber ist die Erhabenheit Gottes, denn so wird Jeremia übersetzt.144 Die Frucht des Friedens aber ist die Gnade Gottes, denn das bedeutet der Name Hanamel.145 Die Gnade Gottes also, die ein Erzeugnis des Friedens ist, bringt dem Propheten im Gefängnis den eigenen Acker gemäß der Anordnung Gottes.146

143 Vgl. Hieronymus, ebd. p. 55 (72, 128): Salom retribuens sive pacificus. Siehe Wutz, ebd. I,

110. 144 Vgl. Hieronymus, ebd. p. 54 (72, 127): Ieremia excelsus Domini; ebenso p. 46 (72, 116) zur

Namensform Ieremiau und p. 62 (72, 136) zur Form Ieremias. Siehe Wutz, ebd. I, 132. 590. 145 Vgl. Hieronymus, ebd. p. 53 (72, 125): Ananahel gratia Dei. Siehe Wutz, ebd. I, 108. 146 Hieronymus, in Hier. VI 32,3f. (CChr.SL 74, 328f.), erklärt den Text auf der Basis derselben Etymologien wie folgt: „Hilkija bedeutet übersetzt ‚Anteil des Herrn‘, Jeremia ‚Erhabenheit des Herrn‘, und zu Recht entsteht die ‚Höhe des Herrn‘ aus dem ‚Anteil des Herrn‘. Schallum aber wird in unsere Sprache übersetzt mit ‚Friede‘ oder ‚Frieden stiftend‘, Hanamel mit ‚Gabe‘ beziehungsweise ‚Gnade Gottes‘.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum LXI (140) Οὗτος ποιεῖ βιβλίον κτήσεως, ὅπερ ἴσως ἐστὶν αἱ νοήσεις, αἱ μνῆμαι, τὰ δόγματα, δι᾽ ὧν κεκτήμεθα τὸν ἀγρόν, τουτέστι τῆς πολιτείας τοὺς πόνους. Δεῖ γὰρ τὸν πράξοντα δικαιοσύνην προειδέναι περὶ δικαιοσύνης, ὅπερ λε­ γέσθω καὶ περὶ τῶν λοιπῶν ἀρετῶν. Φροντίζει δὲ θεὸς ἐν ἀγγείῳ τὸ βιβλίον βληθῆναι πρὸς διαμονὴν πλείονα. „Ἔχομεν“ γὰρ „τὸν θησαυρὸν τοῦτον ἐν ὀστρακίνοις σκεύεσιν“,a ἢ τοῖς ἡμετέροις ἀγγείοις ἢ τῷ εὐτελεῖ τῆς γραφι­ κῆς λέξεως. Ὅθεν ὁ ἄρχων ἠπάτηται τοῦ κόσμου τούτου, b καταφρονήσας τοῦ λόγου τῆς θεοσεβείας, ἐπεὶ μὴ ἦν ἐν χρυσοῖς σκεύεσι κεκαλλωπισμένοις λέξει καὶ πιθανότητι φράσεως· διὸ καὶ πλείους ἡμέρας διέμεινεν. „Ὁ λόγος“ γὰρ „καὶ τὸ κήρυγμά μου“, φησὶν ὁ ἔχων τὸ βιβλίον τῆς κτήσεως, „οὐκ ἐν πειθοῖ σοφίας λόγοις, ἀλλ̓ ἐν ἀποδείξει πνεύματος καὶ δυνάμεως.“ c Τὸ ἐνταλθὲν δὲ ποιήσας Ἱερεμίας εὐχαριστεῖ τῷ θεῷ. Ὅρα δὲ τὴν ὑπακοὴν τοῦ προφήτου πρὸ τοῦ φαινομένου συμφέροντος, ὅπερ ἐπάγει, προθεσπίζων τῆς γῆς τὴν ἀνάκτησιν. ῾Η γὰρ δι᾽ ἔργων προφητεία τὸ ἀκουστὸν καθίστη­ σιν ὁρατὸν καὶ τὸ μέλλον οἱονεὶ παρόν, ἐν τῷ μέρει δηλοῦσα τὸ ὅλον.

5

10

15

Fragmentum LXII (141) Οὐ πιθανὸν τὸν προφήτην τοσαύτην εὐχαριστίαν προσάγειν ἐπὶ τῷ δέκα καὶ ἑπτὰ σίκλων d ἐωνημένῳ χωρίῳ, τὸν ἐκ μήτρας ἁγιασθέντα e καὶ θείου πνεύματος ὑπάρχοντα πλήρη. Ἀλλ̓ ὅρα τὸν σαββατικὸν ἀριθμὸν τὸ τῆς ἀναπαύσεως σύμβολον, καὶ τὸν δέκα τέλειον ὄντα καὶ οἰκεῖον θεοῦ (δεκάται γὰρ ἐν τῇ δεκάτῃ τῶν ἱλασμῶν ἀναφέρονται f καὶ δεκάλογος ἡ πρώτη νο­ a

2 Kor. 4,7

b

Joh. 14,30

c

1 Kor. 2,4

d

Jer. 39(32),9

e

Jer. 1,5

f

Lev. 23,27

Und wir sollten uns nicht wundern, dass ‚Friede‘ und ‚Gnade‘ miteinander verbunden werden, wo doch sogar der Anfang der apostolischen Briefe so lautet: ‚Gnade sei mit euch und Friede‘ (Röm. 1,7 u.a.). Zuerst also kommt uns der Friede Gottes zu, und nach dem Frieden erwächst uns die Gnade, und zwar nicht nach dem Willen dessen, der sie erhält, sondern dessen, der sie gewährt. Den Erwerb aber überträgt die Gnade Gottes dem, der sich in erhabener Höhe befindet, so dass er, obgleich er erhaben erscheint, doch der Gnade Gottes bedarf.“ Wie in dem oben S. 638 Anm. 134 zu in Hier. frg. 57 (GCS Orig. 32, 226) zitierten Hieronymustext wird auch hier die antipelagianische Färbung der Auslegung deutlich.

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Fragmente 61–62



Fragment 61 (140) zu Jer. 39(32),10f.14.16

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15

20

Dieser stellt eine Kaufurkunde aus, die vielleicht die Gedanken, die Erinnerungen, die Lehren sind, durch die wir den Acker erworben haben, das heißt die Mühen des Lebenswandels. Denn wer Gerechtigkeit übt, muss ein Vorwissen über die Gerechtigkeit haben, was auch über die anderen Tugenden zu sagen ist.147 Gott aber sorgt dafür, dass die Urkunde zur längeren Aufbewahrung in ein Gefäß gelegt wird. Denn „wir haben diesen Schatz in tönernen Gefäßen“,a entweder in unseren eigenen Gefäßen oder im armseligen Gefäß des geschriebenen Textes.148 Daher wurde der Herrscher dieser Welt b getäuscht, weil er das Wort der Gottesverehrung verachtete, da es nicht in goldenen Gefäßen war, geschmückt mit schöner Diktion und Überzeugungskraft des Ausdrucks.149 Deshalb blieb es auch viele Tage erhalten. Denn „meine Rede und meine Verkündigung“, sagt der, der die Kaufurkunde hat, „erfolgen nicht in überredenden Weisheitsworten, sondern im Erweis von Geist und Kraft.“ c Nachdem aber Jeremia die Anweisung gegeben hat, dankt er Gott. Bedenke aber den Gehorsam des Propheten, bevor der Vorteil sichtbar wird, den er herbeiführt, als er den Wiedererwerb des Landes voraussagt. Denn die Prophezeiung durch Taten stellt das Gehörte sichtbar vor Augen und macht das Zukünftige gleichsam gegenwärtig, indem sie im Teil auf das Ganze verweist.150

Fragment 62 (141) zu Jer. 39(32),17

25

Es ist unwahrscheinlich, dass der Prophet einen so großen Dank für das für siebzehn Schekel d gekaufte Stück Land darbringt, wo er doch vom Mutterschoß an geheiligt e und voll des göttlichen Geistes war. Doch bedenke, dass die Zahl für den Sabbat das Symbol für die endzeitliche Ruhe ist und dass die Zahl Zehn vollkommen ist und zu Gott passt – denn die Zehnten werden am zehnten Tag des Versöhnungsfestes dargebracht f und die zehn Worte des De-

147 Dahinter steht die platonische Lehre der Anamnesis. Siehe dazu Huber, Anamnesis

bei Plato; Oeing-Hanhoff, Wirkungsgeschichte der platonischen Anamnesislehre 240–243; ders., Art. Anamnesis, in: HWP 1 (1971) 263–266. 148 Zur Reserve des Origenes gegen die Schriftlichkeit siehe oben S. 575 Anm. 5. 149 Wie in Hier. frg. 36 (GCS Orig. 32, 216) distanziert sich Origenes vom rhetorischen Schmuck gehobener antiker Sprache. Siehe dazu oben S. 562 Anm. 892. 150 Zu diesem Schlussgedanken vgl. Hieronymus, in Hier. VI 33,2 (CChr.SL 74, 329): „Was das Wort des Herrn dem Propheten als zukünftig verkündet hatte, ist durch die konkrete Tat sogleich erfüllt worden.“

 229

Fragmente aus der Katene

μοθεσία), καὶ γνώσῃ | τὸν ἀγρόν, τὸν πλήρη καρπῶν πρεπόντων ἁγίοις. Τοιοῦτος ἦν ὁ ἀγρὸς Ἰακώβ, οὗπερ ὀσφρανθεὶς Ἰσαάκ· „ἰδοὺ“ φησὶν „ὀσμὴ τοῦ υἱοῦ μου ὡς ὀσμὴ ἀγροῦ πλήρους, ὃν εὐλόγησεν ὁ κύριος.“a Ὁποῖός ἐστιν ὁ καρποὺς ἔχων τοῦ πνεύματος, b ἵνα σπείρῃ τὰ τοῦ πνεύματος καὶ θερίσῃ ζωὴν αἰώνιον· c ἔπνει γὰρ Ἰακὼβ οὐκ ἀμπέλων ὀσμὴν ἢ σύκων, ἀλλ̓ ἀγάπης, χαρᾶς, εἰρήνης, μακροθυμίας, χρηστότητος, ἀγαθωσύνης, πίστεως, ἐγκρατείας. d Ἐπὶ τοιούτῳ τοίνυν ἀγρῷ Ἱερεμίας εὐχαριστεῖ λέγων· ὁ ὢν κύριε. Σκοπεῖ γὰρ τὸν ὄντως ὄντα, μὴ σκοπῶν τὰ βλεπόμενα ἀλλὰ τὰ μὴ βλεπόμενα. e

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Fragmentum LXIII (142)

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Οὐ μόνον προφητείας Ἱερεμίας ἀνέγραψεν, ἀλλὰ καὶ ἴδια πάθη, ταῖς μὲν διδάσκων βασιλείας οὐρανῶν μυστήρια, τοῖς δὲ διδάσκων ὑπομονῆς παρα­ δείγματα, τῶν ψευδοπροφητῶν τοιοῦτον οὐδὲν διὰ τὴν κολακείαν πασχόν­ των. Ἑτοιμασώμεθα τοίνυν ἐν καιρῷ διωγμοῦ μετὰ Ἱερεμίου τετάχθαι καὶ τοῦ εἰπόντος ἀποστόλου· „ἐν φυλακαῖς πολλάκις.“ f Tὸ δὲ ὅτι οὐκ ἠδύνατο ὁ βασιλεὺς πρὸς αὐτοὺς φιλανθρωποτέραν αὐτοῦ τὴν προαίρεσιν μεμήνυ­ κεν. Kαὶ δεῖ τὸν ὀρθὸν βασιλέα μὴ τοῖς περὶ αὐτὸν πονηροῖς συναπάγεσθαι· χρήσιμον δὲ πολλάκις καὶ ἡ παρὰ τοῖς κρατοῦσι προστασία, δι᾽ ἧς πολ­ λάκις εὐεργετεῖ ὁ θεός.

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Fragmentum LXIV (143)

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Δέδια, φησίν, μὴ τοῖς αὐτομόλοις καταγέλαστος γένωμαι· τούτου γὰρ λό­ γον καὶ φροντίδα ποιοῦμαι. Ὡς δὲ δἰ ἁμαρτίας Ἱερουσαλὴμ παραδίδοται, οὕτως καὶ ἡ ἐκκλησία. Kαὶ εἰ μέν τις κατ̓ Ἐζεκίαν αὐτῆς ἄρχοι, σῴζεται· εἰ a

Gen. 27,27

b

Gal. 5,22

c

Gal. 6,8

d

Gal. 5,22f.

e

2 Kor. 4,18

f

2 Kor. 11,23

151 Für diese Zahlensymbolik vgl. Hieronymus, in Hier. VI 34,4 (CChr.SL 74, 331): „Dass

die Zahl Zehn ein Geheimnis birgt, zeigt der Dekalog, der vom Finger Gottes auf steinerne Tafeln geschrieben worden ist, und der Tag des Fastens und der Versöhnung im siebten Monat. Dass auch die Zahl Sieben, in welcher die wahre Sabbatfeier und die endzeitliche Ruhe enthalten ist, heilig ist, beweisen wir mit vielen Zeugnissen aus den Schriften, von denen ich wenigstens ein paar notiert hätte, wenn es nicht müßig wäre zu lehren, was ohnehin bekannt ist.“ 152 Während im Hebräischen hier eine klagende Anrufung steht: „Ach Herr!“, die Rahlfs gegen sämtliche Handschriften in den Text setzt (II p. 724 Rahlfs), hat die

Fragmente 62–64

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

kalogs sind die erste Gesetzgebung –,151 und du wirst den Acker als den erkennen, der voll von den Früchten ist, die den Heiligen angemessen sind. Ein solcher war der Acker Jakobs, dessen Duft Isaak roch. „Siehe“, sagt er, „der Duft meines Sohnes ist wie der Duft eines vollen Ackers, den der Herr gesegnet hat.“a Von solcher Art ist, wer Früchte des Geistes hat, b auf dass er Geistiges aussät und das ewige Leben erntet. c Denn Jakob verströmte nicht den Duft von Weinreben oder Feigen, sondern von Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Milde, Güte, Glauben und Enthaltsamkeit. d Für einen solchen Acker also dankt Jeremia, wenn er sagt: Seiender, Herr!152 Er schaut nämlich auf den wirklich Seienden, da er nicht auf das Sichtbare schaut, sondern auf das nicht Sichtbare. e153

Fragment 63 (142) zu Jer. 45(38),4f.

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Jeremia schrieb nicht nur Prophezeiungen auf, sondern auch eigene Leiden. Mit jenen lehrte er die Geheimnisse des Himmelreiches, mit diesen lehrte er Beispiele der Geduld, wohingegen die Pseudopropheten wegen ihrer Schmeichelei nichts Derartiges erleben. Machen wir uns also bereit, zur Zeit einer Verfolgung mit Jeremia auf dem Posten zu sein, ebenso mit dem Apostel, der sagt: „oft im Gefängnis“. f154 Die Aussage aber, dass der König nichts gegen sie vermochte, enthüllte die größere Menschenfreundlichkeit seines Entschlusses. Und der rechte König darf sich nicht von den schlechten Menschen in seiner Entourage mitreißen lassen. Vielmehr ist auch Führungskraft bei den Herrschenden oft nützlich, durch die Gott oft Gutes wirkt.

Fragment 64 (143) zu Jer. 45(38),19f. 25

Ich fürchte, sagt er (sc. König Zidkija), dass ich vor den Überläufern lächerlich werde; denn darüber mache ich mir Gedanken und Sorgen. Doch wie Jerusalem durch die Sünde ausgeliefert wird, so auch die Kirche. Und wenn einer nach Art des Hiskija über sie herrscht, wird sie gerettet, wenn aber nach Septuaginta hier wie in Ex. 3,14 die Wendung ὁ ὤν, „der Seiende“ (I p. 90 Rahlfs). Zu dieser Gottesbezeichnung bei Origenes siehe die Literatur bei Fürst, OWD 7, 160 Anm. 84 (die dortigen Belege sind um die vorliegende Stelle zu ergänzen). 153 Es gehört zu den Grunddaten der platonischen Philosophie, dass das „wirkliche Sein“ das Unsichtbare, nur in Gedanken Fassbare ist: M. Baltes, Art. Idee (Ideenlehre), in: RAC 17 (1996) 213–246, hier 214f.; Erler, Platon 390f. 395f. Zur vorliegenden Stelle siehe auch Gruber, ΖΩΗ 87. 154 Zum Thema der Christenverfolgungen in den Jeremiahomilien vgl. in Hier. hom. 4,3 (GCS Orig. 32, 25f.) und lat. 1(3),1 (GCS Orig. 8, 305).



Fragmente aus der Katene

δὲ κατὰ Σεδεκίαν, ἀφοριζόμενος μὲν σῴζει, μένων δὲ ταύτην ἀπόλλυσιν. Eἴ τις οὖν μολύνων τὴν ἐκκλησίαν ἐξέλθοι, αὐτήν τε σῴζει καὶ τὴν ψυχὴν αὐτοῦ· ἐὰν δὲ μέλλῃ κατὰ τὸν Σεδεκίαν πρὸς ἔξοδον, „μικρὰ ζύμη ὅλον τὸ φύραμα ζυμοῖ“.a

Fragmentum LXV (144)

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Φησὶ πρὸς αὐτὸν Ἱερεμίας ὡς ἐροῦσιν αἱ γυναῖκες εἰς ἀποικίαν ἀγόμεναι· ᾿Ηπάτησάν σε οἱ πρός σε φήσαντες εἰρηνικῶς ὡς οὐ παραδώσουσι τῷ Βαβυλωνίῳ. Συστήσονται δὲ μετὰ σοῦ, ὡς αἴτιοι γενόμενοι πτώσεως· πάντως γὰρ ληφθήσῃ. Τάχα δὲ καὶ τοὺς ψευδοπροφήτας αἰτιᾶται λόγῳ τὴν εἰρήνην ὑποσχομένους. Ὁ δὲ προφήτης φιλανθρώπως ἀπέκρυψε τοῖς ἄρχουσι τὴν ἀλήθειαν, τοῦ βασιλέως κηδόμενος. Οὐ γὰρ ἔβλαπτε ταύτην νῦν σιωπῶν, ἤδη αὐτοὺς τοὺς λόγους ἀναγνοὺς ἐν κοινῷ.

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Fragmentum LXVI (145) Ὁ προφήτης αἵρεσιν λαβὼν ἔνθα βούλεται ζῆν, ὑπερορᾷ μὲν Βαβυλῶνος, αἱρεῖται δὲ τὴν Ἰουδαίαν, φεύγων τὴν ἐκ βασιλέως τιμὴν καὶ διὰ τοὺς πτω­ χοὺς τοὺς πρὸς γεωργίαν ἐμμείναντας, ὡς ἂν καὶ τῆς γῆς ἐπιμελῆται διὰ τοὺς πένητας καὶ τὰς τούτων ταῖς προφητείαις γεωργῇ ψυχάς. Ἐμερίσαντο γὰρ οἱ προφῆται, οὗτος μὲν τὴν Ἰουδαίαν, τὴν δὲ Βαβυλῶνα Δανιὴλ καὶ οἱ τρεῖς παῖδες. b

Fragmentum LXVII (146) Ὁ χρηστὸς ἄνθρωπος οὐδένα ὑποπτεύει οὕτως εἶναι πονηρὸν ὡς καὶ τοὺς μηδὲν ἀδικήσαντας φονεύειν. Διὰ τί δὲ συνεχώρησεν ὁ θεὸς ἀναιρεθῆναι τὸν Γοδολίαν, ἑτέρου ἂν εἴη λόγου καὶ τῶν ἀνεφίκτων κριμάτων τοῦ θεοῦ. a

1 Kor. 5,6; Gal. 5,9

b

Dan. 1,6

155 Siehe dazu auch in Hier. frg. 22 (GCS Orig. 32, 209).

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Fragmente 64–67



Art des Zidkija, wird er sie retten, wenn er geht, jedoch vernichten, wenn er bleibt. Wenn also einer, der die Kirche besudelt, weggeht, rettet er sowohl sie als auch seine Seele. Wenn er aber nach Art des Zidkija mit seinem Weggang zögert, „durchsäuert ein wenig Sauerteig den ganzen Teig“.a155

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Fragment 65 (144) zu Jer. 45(38),22.25156

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Jeremia sprach zu ihm (sc. König Zidkija), wie die in die Verbannung geführten Frauen sprechen werden: Getäuscht haben dich diejenigen, die dir friedfertig versicherten, dich nicht dem Babylonier auszuliefern. Doch sie werden bei dir stehen als Ursachen des Falls, denn du wirst mit Kind und Kegel gefangengenommen werden. Vielleicht aber macht er mit der Aussage auch den Pseudopropheten den Vorwurf, den Frieden zu versprechen. Der Prophet jedoch verbarg menschenfreundlich den Mächtigen die Wahrheit, weil er sich um den König sorgte. Er schadete dieser nämlich nicht mit seinem nunmehrigen Schweigen, da er ihnen die Worte bereits öffentlich vorgelesen hatte.

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Fragment 66 (145) zu Jer. 47(40),4f.

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Als der Prophet die Wahl hat, wo er leben will, beachtet er nicht Babylon, sondern entscheidet sich für Judäa, weil er vor der Ehrung durch den König flieht und wegen der Armen, die für die Landwirtschaft geblieben waren, um sich sowohl wegen der Bedürftigen um das Land zu kümmern als auch deren Seelen mit prophetischen Worten zu erbauen. Denn die Propheten teilten sich auf: Er in Juda, in Babylon hingegen Daniel und die drei Jünglinge. b

Fragment 67 (146) zu Jer. 48(41),2

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Der gütige Mensch beargwöhnt niemanden so schlecht zu sein, dass er auch die umbringt, die kein Unrecht getan haben.Weswegen aber Gott zuließ, dass Gedalja beseitigt wurde, wäre ein anderes Thema und gehört zu den unzugänglichen Urteilen Gottes.

156 Die Zuschreibung der frg. 65–68 an Origenes ist unsicher und sogar höchst zweifel-

haft, weil sie diesem nur in einer Handschrift zugewiesen sind, in anderen jedoch Olympiodor. Zedda, Paternità origeniana, votiert deshalb dafür, sie Origenes abzusprechen und Olympiodor von Alexandria zuzuweisen (ebd. 35). Siehe für frg. 67 auch Klostermann, GCS Orig. 3, 230 app. test. und app. crit.; Nautin, GCS Orig. 32, 365.



Fragmente aus der Katene

Fragmentum LXVIII (148)

231

Σύνταξον τὸ οὐχὶ τοῦ θυμιάματος πρὸς τὸ ἐμνήσθη κύριος. Δῆλον μὲν οὖν ἐστιν, ὡς τοῖς εἰδώλοις θυμιώντων φησί· Τοῦτο γὰρ αὐτῶν ὁμολογησάντων ἐπάγεται τὰ προκείμενα. | Πλὴν ἐξετάσωμεν εἰ καὶ θεῷ τις θυμιῶν ὡς οὐ δεῖ, τοῦ ἄβατον γενέσθαι γῆν αἴτιος γίνεται. Κἂν τὸ αἰσθητὸν τοίνυν προσ­ άγῃς κατὰ τοὺς Ἰουδαίους θυμίαμα, ἀρετὴν μὲν ἔχων προσάγεις καλῶς, σύμφωνον ἔχων τὴν ἔνδοθεν εὐωδίαν· μετὰ κακίας δὲ προσφέρων, οἱονεί πως καὶ τὴν εὐωδίαν τὴν ἔξω χρωννύων, πρὸς δυσωδίαν μεταποιεῖς· ὅτε οὐκ ἂν λεχθείη τὸ „Ὠσφράνθη κύριος ὀσμὴν εὐωδίας“a ἀλλὰ τοὐναντίον. Ὀσμὴ δὲ εὐωδίας παρὰ θεῷ οὐ τῶν προσενεχθέντων παρὰ Νῶε ζώων καθαρῶν εἰρημένων, b ἀλλὰ τῆς δικαιοσύνης αὐτοῦ καὶ τῆς τελειότητος, ἅπερ ἦν αὐτὸς ἐν τῇ γενεᾷ αὐτοῦ. Θεὸς γὰρ αἵματι καὶ κνίσαις οὐ τέρπε­ ται, καθάπερ οἱ δαίμονες. Πλὴν ὡς συνεγερθέντες Χριστῷ τὰ ἄνω ζητήσω­ μεν, c εἰς νοῦν εἰληφότες τὸ „Γενηθήτω ἡ προσευχή μου ὡς θυμίαμα ἐνώπιόν σου“· d καθὰ γὰρ Ἰωάννης ἐν Ἀποκαλύψει φησί· „Θυμιάματά εἰσιν αἱ προσ­ ευχαὶ τῶν ἁγίων.“ e Ἀλλ̓ εἰ μὲν λογισμοῖς ταύτην μολύνομεν πονηροῖς, συμβαίνει τὸ „῾Η προσευχὴ αὐτῶν γενέσθω εἰς ἁμαρτίαν“, ἢ εἰς τὸ ἐνα­ ντίον, ἐὰν ἀπὸ δικαιοσύνης εὐξώμεθα· ἐπεὶ τῶν δι᾽ ἁμαρτίας λεγόντων· „Προσώζεσαν καὶ ἐσάπησαν οἱ μώλωπές μου ἀπὸ προσώπου τῆς ἀφρο­ σύνης μου“, f γίνεται τὸ θυμίαμα δυσῶδες. Διόπερ ῾Ησαΐας εἶπεν· „Ἐὰν φέρητε σεμίδαλιν, μάταιον· θυμίαμα βδέλυγμά μοί ἐστιν.“ g Τίνα δὲ τρόπον εὐκτέον, ἐδίδαξεν ὁ ἀπόστολος λέγων· „Βούλομαι τοὺς ἄνδρας προσεύχε­ σθαι ἐν παντὶ τόπῳ ἐπαίροντας ὁσίους χεῖρας χωρὶς ὀργῆς καὶ διαλογι­ σμῶν.“ h Τοιούτων χειρῶν ἐπαιρομένων τοῦ Μωσέως ἐνίκα Ἰσραήλ, καθαι­ ρουμένων δὲ ἐνίκα ὁ Ἀμαλήκ. i Ὁ οὕτως εὐχόμενος οὐκ ἀποτυγχάνει, ἀληθεύοντος τοῦ ῥητοῦ· „Ἔτι λαλοῦντός σου ἐρεῖ· Ἰδοὺ πάρειμι.“ j Τῶν οὖν πονηρῶν τὸ θυμίαμα, φησίν, οὐκ ἠδύνατο κύριος ἔτι φέρειν, καθάπερ ἡμεῖς κἂν ὑπομείνωμέν τινα δυσωδίαν, ἀλλ̓ οὖσαν πλείονα φεύγομεν. Καὶ ὁ θεὸς οὖν μέτρον ἀνοχῆς ἔχων, μετανοοῦντας μετέρχεται· ὅπερ ἐπὶ Νῶε a

Gen. 8,21 b Gen. 8,20 c Kol. 3,1 d Ps. 140(141),2 1,13 h1 Tim. 2,8 i Ex. 17,11 j Jes. 58,9

e

Offb. 5,8

f

Ps. 37(38),6

g

Jes.

157 Dieses und das folgende Fragment gehören möglicherweise zur 39. Homilie, aus der

in der Philokalie das Vorwort erhalten ist (in Hier. frg. P 4 [GCS Orig. 32, 196–198]), weil sich diese Predigt ebenfalls mit der Aussage in Jer. 51(44),21f. befasst. Gegen die Zweifel an seiner Echtheit (siehe die vorige Anmerkung) kann man darauf verweisen, dass der Text in Stil und Inhalt gut zu Origenes passen würde. 158 Der philosophische Begriff „Geist“ (νοῦς) ist bei Origenes Äquivalent zum biblischen Begriff „Herz“, weshalb das Wort hier treffend mit dieser deutschen Phrase wiedergegeben werden kann. Vgl. princ. I 1,9 (GCS Orig. 5, 26f.): „Was bedeutet ‚mit

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Fragmente 68



Fragment 68 (148) zu Jer. 51(44),21f.157

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Ziehe das nicht des Rauchopfers zu erinnerte sich der Herr. Damit ist klar, dass er von denen spricht, die den Götterbildern Rauchopfer darbringen. Denn nachdem sie das zugegeben haben, wird das Vorliegende vorgebracht. Wir wollen außerdem untersuchen, ob einer, wenn er Gott Rauchopfer darbringt, wie es nicht sein soll, zur Ursache dafür wird, dass das Land unbetretbar wird. Auch wenn du nun ein sinnlich wahrnehmbares Rauchopfer nach Art der Juden darbringst, aber über Tugend verfügst, bringst du es recht dar, da der innere Wohlgeruch damit übereinstimmt. Wenn du es aber in Bosheit darbringst und damit in gewisser Weise auch den äußeren Wohlgeruch b­ esudelst, verwandelst du es in Gestank. Dann könnte nicht gesagt werden: „Der Herr roch den wohlriechenden Duft“,a sondern das Gegenteil. Wohlriechender Duft bei Gott aber stammt nicht von den von Noah dargebrachten Tieren, die rein genannt werden, b sondern von seiner Gerechtigkeit und Vollkommenheit, was er in seiner Generation war. Denn Gott ergötzt sich nicht an Blut und Fettdampf wie die Dämonen. Außerdem wollen wir als mit Christus Auferweckte nach dem streben, was oben ist, c indem wir uns das Wort zu Herzen158 nehmen: „Aufsteigen soll mein Gebet wie Rauchopfer zu dir.“ d Denn wie Johannes in der Offenbarung sagt: „Rauchopfer sind die Gebete der Heiligen.“ e Doch wenn wir mit schlechten Gedanken das Gebet besudeln, widerfährt uns dies: „Ihr Gebet soll zur Sünde werden“, beziehungsweise zum Gegenteil, wenn wir aus Gerechtigkeit beten. Weil sie aufgrund der Sünde sagen: „Meine Wunden stanken und verfaulten angesichts meiner Torheit“, f wird das Rauchopfer zu Gestank. Deshalb sagte Jesaja: „Wenn ihr Feinmehl darbringt, ist es vergeblich, Rauchopfer ist mir ein Greuel.“ g Auf welche Art es aber wohlgefällig ist, lehrte der Apostel, als er sagte: „Ich will, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie fromme Hände erheben frei von Zorn und Streit.“ h159 Wenn Mose die Hände so erhoben hatte, siegte Israel, ließ er sie aber sinken, siegte Amalek. i Wer so betet, verfehlt sein Ziel nicht, da sich das Wort bewahrheitet: „Noch während du sprichst, wird er sagen: Siehe, da bin ich!“ j Das Rauchopfer der schlechten Menschen also, heißt es, konnte der Herr nicht mehr ertragen, so wie wir einen gewissen Gestank zwar aushalten, jedoch weglaufen, wenn er zu viel wird. Da auch Gott also nur ein gewisses Maß an Nachsicht hat, sucht er die heim, die Buße tun. dem Herzen (cor) Gott schauen‘ (Mt. 5,8) anderes als ihn ... mit dem Denken (mens) begreifen und erkennen?“ Übersetzung: p. 121 Görgemanns/Karpp (modifiziert). Zur Gleichsetzung des Herzens mit dem Hegemonikon, dem „leitenden Seelenteil“, siehe oben S. 206 Anm. 202. 159 Vgl. dazu in Ioh. comm. XXVIII 4,23–33 (GCS Orig. 4, 392–394); orat. 9,1 (GCS Orig. 2, 317f.); 31,1 (2, 395); 31,4 (2, 397f.); Cels. VII 44 (GCS Orig. 2, 195f.).



Fragmente aus der Katene

πεποίηκε, τῶν τότε πλημμελούντων τὴν δυσωδίαν μηκέτι φέρειν δυνάμε­ νος.a Διό φησιν ἐν προφήταις· „Ἐσιώπησα, μὴ καὶ ἀεὶ σιωπήσομαι;“ b

Fragmentum LXIX (149) 232

Ὡς γὰρ σωμάτων σεσηπότων ὁ παρακείμενος παραλαμβά|νων ἀὴρ καὶ φθειρόμενος λοιμὸν ποιεῖ τοῖς ἐντυγχάνουσι, καὶ τὸ χωρίον ἄβατον γίνεται, οὕτω ψυχῶν ἁμαρτίαι λοιμὸν ψυχῶν ἀπεργάζονται.

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Fragmentum LXX (150) Τῷ λαῷ συμπάσχων Βαροὺχ ἀπωδύρετο, καὶ ἀξιοῖ περὶ αὐτῶν τὸν θεόν. Διὸ λαμβάνει τῆς ἐν κακοῖς βοηθείας ἐπαγγελίαν, λέγοντος οὕτω τοῦ θεοῦ· Οὓς καθαιρῶ, πάλιν οἰκοδομήσω. Πρῶτον γὰρ „ἀλγεῖν ποιεῖ, καὶ πάλιν ἀποκαθίστησιν“ c καὶ τὰ ἐπὶ τούτοις· οὐ γὰρ δεκτὰ τὰ χρηστὰ μὴ τῶν κακῶν προανῃρημένων. Λύει γὰρ καὶ τὰς μοχθηρὰς τῶν ἀπίστων οἰκοδο­ μὰς ὡς ἀρχιτέκτων „τῆς σκηνῆς τῆς ἀληθινῆς, ἣν ἔπηξεν αὐτὸς καὶ οὐκ ἄνθρωπος“, d περὶ ἧς φησιν ὁ Παῦλος· „Θεοῦ οἰκοδομή ἐστε.“ e Καὶ ὡς γε­ ωργὸς ἐκτίλας τὸ μὴ ποιοῦν καρπόν („πᾶσα“ γὰρ „φυτεία, ἣν οὐκ ἐφύτευ­ σεν ὁ πατήρ μου ὁ οὐράνιος, ἐκριζωθήσεται“ f), καταφυτεύει ἄμπελον καρ­ ποφόρον, οὐ κατὰ τὴν εἰς πικρίαν μεταστραφεῖσαν καὶ ἀλλοτρίαν, g ἣν ἐκκόπτει, ἵνα πάλιν αὐτὴν ἀληθινὴν h ἀπεργάσηται καὶ θεοῦ γεώργιον. i Οὕτω τῆς ἐξ Αἰγύπτου j καθεῖλε τὸν φραγμὸν k κατὰ τὸν Δαβίδ, ὑπὲρ ἧς εὔχεται· „Ἐπίβλεψον ἐξ οὐρανοῦ, καὶ ἐπίσκεψαι τὴν ἄμπελον ταύτην.“ l Καὶ οὗτοι τοίνυν ἐπ̓ ὠφελείᾳ παιδεύονται· „ὃν γὰρ ἀγαπᾷ κύριος παιδεύει.“ m „Τίς“ γάρ „ἐστιν ὁ εὐφραίνων με εἰ μὴ ὁ λυπούμενος ἐξ ἐμοῦ;“ n „῾Η γὰρ κατὰ θεὸν λύπη μετάνοιαν ἀμεταμέλητον εἰς σωτηρίαν κατεργάζεται.“ o Διὰ τοῦτο γὰρ ἐπάγω κακὰ ἐπὶ πᾶσαν σάρκα, τοὺς φρονοῦντας τὰ γήϊνα. p a

Gen. 6,5–7.12 b Jes. 42,14 c Ijob 5,18 d Hebr. 8,2 e 1 Kor. 3,9 f Mt. 15,13 g Jer. 2,21 hJoh. 15,1 i 1 Kor. 3,9 j Ps. 79(80),9 k Ps. 79(80),13 l Ps. 79(80),15 mHebr. 12,6 n2 Kor. 2,2 o2 Kor. 7,10 p Phil. 3,19

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Fragmente 68–70



Das tat er zur Zeit des Noah, als er den Gestank der Sünder damals nicht mehr ertragen konnte.a Daher heißt es bei den Propheten: „Ich habe geschwiegen. Soll ich etwa immer schweigen?“ b

Fragment 69 (149) zu Jer. 51(44),22 5

Wie nämlich die Luft rund um verwesende Körper herum den Gestank aufnimmt und verdorben wird, so dass sie wie die Pest auf die Anwesenden wirkt und die Gegend unbetretbar wird, so bewirken die Sünden der Seelen die Verpestung der Seelen.

Fragment 70 (150) zu Jer. 51,32–35(45,1–5) 10

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Als Baruch mit dem Volk litt, klagte er bitterlich, und er betet für sie zu Gott. Deshalb empfängt er die Verheißung der Hilfe in den Leiden, da Gott so spricht: Die ich zugrunderichte, werde ich wieder aufbauen, denn zuerst „bereitet er Schmerz, und dann stellt er wieder her“ c usw. Denn das Gute kann nicht angenommen werden, wenn nicht das Böse vorher beseitigt worden ist.160 Er zerstört nämlich auch die schlechten Bauten der Ungläubigen wie ein Architekt „des wahren Zeltes, das er selbst aufstellte und nicht ein Mensch“, d über das Paulus sagt: „Gottes Bau seid ihr.“ e Und wie ein Bauer ausreißt, was keine Frucht bringt – denn „jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden“ f –, pflanzt er einen fruchtbaren Weinstock nicht nach der Art dessen, der sich in Bitterkeit verwandelt hat, in einen fremden Weinstock, g den er abhaut, um ihn wieder zu einem wahren Weinstock h und zu einer Pflanzung Gottes i heranzuziehen.161 So riss er vom Weinstock aus Ägypten j die Einzäunung nieder k laut David, der über ihn betet: „Blicke vom Himmel herab und schaue auf diesen Weinstock.“ l Und diese werden also zu ihrem Nutzen gezüchtigt, „denn wen der Herr liebt, den züchtigt er“. m „Wer“ nämlich „ist es, der mich erfreut, wenn nicht der, der von mir betrübt wurde?“ n „Denn die Betrübnis im Sinne Gottes bewirkt unbereubare Umkehr zum Heil.“ o Deswegen nämlich bringe ich Unglück über alles Fleisch, weil ihr Sinnen auf Irdisches gerichtet ist. p

160 Diese Abfolge erörtert Origenes ausführlich in Hier. hom. 1,15f. (GCS Orig. 32, 13–

16). Vgl. auch schon in Hier. frg. 23 (GCS Orig. 32, 209) und 52 (32, 224f.). Siehe auch Völker,Vollkommenheitsideal 35. 161 Zur Auslegung von Jer. 2,21 vgl. in Hier. hom. 2,1 (GCS Orig. 32, 17).



Fragmente aus der Katene

Fragmentum LXXI (151) Εὑρίσκει γὰρ τὰς ψυχὰς τῶν δικαίων ὁ θεός· „ψυχαὶ“ γὰρ „δικαίων ἐν χειρὶ θεοῦ“,a αἱ δὲ τῶν ἁμαρτωλῶν ὡς μηδὲ οὖσαι λογίζονται. a

Weish. 3,1

Fragmente 71



Fragment 71 (151) zu Jer. 51,35(45,5) Gott findet nämlich die Seelen der Gerechten, denn „die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand“,a die der Sünder aber werden betrachtet, als gäbe es sie nicht.162

162 Vgl. in Ioh. comm. XXVIII 6,49 (GCS Orig. 4, 396): Der Sünder ist „für Gott tot“; in

Iud. hom. 2,1 (GCS Orig. 7, 472) mit der umgekehrten Sinnrichtung: In den Sündern stirbt Christus. Siehe dazu Völker,Vollkommenheitsideal 32; Fédou, Sagesse 350f.

Bibliographie Quellen Für Editionen und Übersetzungen der Werke des Origenes sowie weiterer wichtiger Quellen siehe das Verzeichnis in OWD 1/1, xvii–xxiv. In den gängigen Reihen erschienene andere Quellen werden im Folgenden nicht eigens aufgeführt (PG, PL, PO, CSEL, GCS, CChr.SL, CChr.SG, SC, FC, PTS, SUC). Zur Erklärung der Abkürzungen siehe die Hinweise in OWD 1/1, xiv–xvi. Jeremiahomilien des Origenes Michaelis Ghislerii Romani ex clericis regularibus in Jeremiam Prophetam commentarii, item in Baruch, et breves D.  Io. Chrysost. in Jeremiam explanationes, et octo Origenis homiliae, quae omnia nunc primum in lucem emittuntur, Tomi III, Lugduni A.D. MDCXXIII (Lyon 1623). S. P. N. Cyrilli Archiepiscopi Alexandrini homiliae XIX in Jeremiam prophetam hactenus ineditae, ac nunc demum ex antiquissimo codice m. s. Regiae Bibliothecae Scorialensis descriptae et latinitate donatae a Balthasare Corderio Antuerpiensi, Soc. Jesu Theologo, Antverpiae MDCXLVIII (Antwerpen 1648). ΩΡΙΓΕΝΟΥΣ ΤΩΝ ΕΙΣ ΤΑΣ ΘΕΙΑΣ ΓΡΑΦΑΣ ΕΧΗΓΗΤΙΚΩΝ ΑΠΑΝΤΑ ΤΑ ΕΛΛΗΝΙΣΤΙ ΕΥΡΙΣΚΟΜΕΝΑ. Origenis in Sacras Scripturas Commentaria, quaecunque Graece reperiri potuerunt. Petrus Daniel Huetius Graeca ex antiquis codicibus manu scriptis primus maxima ex parte in lucem edidit; quae iam extabant, varias eorum editiones inter se contulit; Latinas interpretationes partim a se, partim ab aliis elaboratas Graecis adiunxit; universa Notis et Observationibus illustravit. Idem praefixit Origeniana, Tripartitum opus, quo Origenis narratur vita, doctrina excutitur, scripta recensentur, Rothomagi MDCLXVIII (Rouen 1668; Nachdrucke Paris 1679 und Köln 1685), p. 125–276. ΩΡΙΓΕΝΟΥΣ ΤΑ ΕΥΡΙΣΚΟΜΕΝΑ ΠΑΝΤΑ. Origenis Opera omnia quae Graece vel Latine tantum exstant et eius nomine circumferuntur, ex variis Editionibus, & Codicibus manu exaratis, Gallicanis, Italicis, Germanicis & Anglicis collecta, recensita, latinè versa, atque annotationibus illlustrata, cum copiosis indicibus, vita Auctoris, & multis dissertationibus. Opera



Bibliographie

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Register Bibelstellen Die Anordnung der biblischen Bücher des Alten Testaments folgt der Reihenfolge in der Septuaginta, da Origenes nach dieser zitiert hat. Dasselbe gilt für die Zählung der Kapitel und Verse; wo diese von der hebräischen Bibel abweicht (besonders in den Psalmen und im Buch Jeremia), ist die Verseinteilung des masoretischen Textes in Klammern nach derjenigen der Septuaginta angegeben. Die Seitenzahlen beziehen sich sowohl auf den Text als auch auf die Fußnoten. Genesis 1,4 1,6f. 1,20 1,26 1,26f. 1,27 1,31 2,7 2,8 2,15 3,1 3,6 3,8 3,13 3,15 3,17 3,18 3,19 4,2 4,4 4,16 4,17 4,22

144 237 167 124, 144, 145, 146, 402, 594 126 124, 126 144 124, 126 124, 126, 142 124, 126 418 618 398, 399, 400 500 512 398 622 230, 236, 238, 530, 564, 602, 618 188, 189 189 400, 564 530 530, 614

4,26 6,5–7.12 8,20.21 9,20 11,2.3f. 11,4 11,7 11,7f. 11,8 11,9 12,1 12,10–20 13,7 15,7 15,12 17,1 17,5.15 17,17.19 18 18,12.15 18,21 19,12.14f. 19,17 20 20,7 21,6

530 650 648 189 302 143 302 588 303 472 114 93 583 544 114 82, 258 464 508 108 508 434 108 334 93 114 508

 26,1–11 27,1–40 27,27 32,24 32,29 35,4 35,11 42–45 49,8 Exodus 1,11.13 1,15–21 2,23.24 3,2 3,6 3,14 4,21 7–11 7,3 7,11f. 7,12 7,22 8,3 10,27 12,8 15,1 15,17 15,25 17,11 23,13 23,15 23,17 24,12 24,12f. 29,45 30,34 33,20 33,22f. 33,23 34,20 34,34.35 34,34f.

Register

93 93, 95 644 251 464, 606 472 82, 258 93 254 544 93 636 396 258, 398 645 72, 218, 309 182 72, 309 182 466 182 182 214, 474 63, 368 622 442 270 648 53, 516 460, 554, 576 460 430, 434 432 82, 258 458 250 394, 396 396 554, 576 192 72

Levitikus 14,40 19,11 23,27 24,14.16 26,21 26,23f.

138 89, 93 642 482 222, 224 222

Numeri 2,2 6,22–27 10,2 10,9f. 11,4 16,5 18,17 18,20 20,17.19 23,19 23,21 23,23 23,29 25,5

85 303 61, 208, 528, 614 206, 207, 528, 614 334 122, 126 189 284 420 89, 446, 447 424 632 446 628

Deuteronomium 51, 446, 447, 448, 449 1,31 150, 402, 428 4,24 7,7 548, 616 8,5 446 9,3 150, 402 10,9 284 12,3 168 189 15,19 16,21 168 18,15.19 130 118 19,15 22,24 99, 482 164 24,1 27,26 260 32,1–3 240 32,8f. 178, 179 32,21 162, 256 32,32f. 296



Bibelstellen

32,39

138, 140, 404

Josua 2,4f. 6,20 7,21 18,11 18,28

93f. 566, 618 562 468 330, 468

Richter 1,21

330

Erstes Buch Samuel 141, 244 1,1 328 2,25 446, 488 15,11 89 15,29 17,34f. 612 432 28,11–20 Zweites Buch Samuel 445 24,11–16 446 24,16 Erstes Buch der Könige 526 6,1f. 6,7 526, 612 465 8,47 12,1–20 158 582 12,13f. 12,16 638 12,28 628, 638 468 17,9.19 44 18,21 238 18,44 19,10 366 19,11 600 19,14 366 19,18 184 20(21),29 214 Zweites Buch der Könige 470 1,2

4,10 16,10–16 17,23 21,14 23,31 23,34 24,12 24,14 24,18 25,7 25,9 25,11 25,27–30

470 226 158, 160, 612 584 272 594 594 584 272 584, 612 584 612 594

Erstes Buch der Chronik 465 5,41 Ester 1,20 2,10.20 6,6

476 94f. 476

Judit 11f. 12,6f.14

94 512

Psalmen 2,1f. 2,2 2,4 2,7 2,8 4,3 4,6 4,7 6,2 6,7 7,10 8,2 8,3 9,30(10,9) 10(11),2 13(14),1

468 280 506 264 586 93 584 69, 192, 212 558, 596 510 524 380 474 208 606 628

 14(15),1–3 14(15),3f. 17(18),30f. 17(18),43 18(19),5 20(21),4 21(22),23 21(22),32 22(23),5 23(24),1 25(26),4 25(26),5 29(30),10 30(31),20 32(33),16 32(33),17 33(34),16 33,17(34,16) 35(36),6 37(38),4 37(38),5 37(38),6 37(38),7.9f. 37(38),27 39(40),3 41(42),2.3 41(42),4 42(43),7 43(44),16 43(44),18 44(45),3 44(45),11 47(48),6 48(49),13 50(51),5 50(51),6 50(51),12.13.14 50(51),12–14 50(51),19 62(63),5 67(68),12 67(68),32f. 71(72),3

Register

406 406 208 138 270 590 254 256 296 598 632 592 346, 347, 380 503 628 424 190, 212 196 238, 240 520 588 648 520 202 394 456 510 606 71, 190, 191 458 130 262 564 476, 477 520 376 232 233 584 93 140, 141 186 612

72(73),27 73(74),9 73(74),13f. 73(74),19 74(75),9 76(77),17f. 77(78),47 77(78),49 78(79),8 79(80),9 79(80),13.15 81(82),6 81(82),7 83(84),11 86(87),1 88(89),31–33 89(90),36 90(91),13 93(94),10 95(96),4 103(104),2 103(104),20f. 103(104),21 103(104),26 108(109),7 115,4(116,13) 118(119),119 126(127),1 128(129),5 134(135),7 136(137),1 136(137),1f. 136(137),4 136(137),9 138(139),3 140(141),2 144(145),3 144(145),14 148,2f.

71, 456 164 187 280 298, 300, 606 278, 279 296 558 194 380, 650 650 386, 387 387 556 318, 319 558 89 608 266 446 236 210 610 602 460 300 75 440 186 6, 238, 240, 242, 244 636 550 228, 550 548, 608 461 6, 458, 590, 648 446 234 446

Sprichwörter 1,6 1,24

486, 487 236



Bibelstellen

1,28 3,12 3,19 3,34 4,6.8 4,23 4,24 5,15 5,15f. 5,22 8,22 8,25 9,5 12,22 18,12 19,25 21,6 21,28 27,19 30,8 30,20(24,55)

510 276 234 628 630, 632 534 93 457 437 260 574f. 262, 264 296, 298 93 314 308 592 93 86 93 520

Kohelet 5,1 7,19 7,23f.

574 232 246

Hohelied 1,5 1,8 2,4 2,8 8,5

292 521 421 393f. 292, 590, 591

Ijob 2,5 5,18 14,4f. 24,25 26,7 41,15 41,16

562, 618 140, 404, 650 204 89 52, 230 528 528, 614

Weisheit 1,13 1,13f. 1,7 2,24 3,1 3,11 4,13 6,6 7,26 8,2 12,10 14,8 14,13

71 144 596, 598 71, 144 652 232 582 286 262, 264 630, 633 108, 222 278 108

Jesus Sirach 4,28 5,14 7,13 8,5 16,21 17,17 20,26 21,15 22,27 23,2f. 24,12 25,9

167 93 93 406 320 179 93 212 214 214 179 220, 338

Hosea 1,9 2,25 3,4 4,14 7,1 7,12 7,13 14,10

256 256 164 558 93 480 76, 93 552

Amos 3,2 3,12 5,18

103, 498, 499 210 314, 424

 7,7 8,11 Micha 1,3 2,9 6,12 7,1 7,1f.

Register

528, 614 274 279 556 93 378, 380 345, 346, 347, 378, 379, 380, 381

Joël 2,13 2,26 2,32

446 368 510

Jona 3,4

97, 98, 108, 480

Habakuk 1,16

622

Zephanja 1,5 3,7–13

546 186

Sacharja 1,9 4,7 8,16

396 624 93

Jesaja 1,2 1,6 1,6f. 1,13 1,25 2,8 3,1–3 3,2 3,3 4,4 5,1

240 75, 149, 566, 570, 571 148 648 588 408 274, 356 164 340 148, 149, 150 296, 380

5,2 5,4–6 5,6 6,1 6,3 6,5 6,5–7 6,6f. 6,8.9 6,8f. 6,9f. 6,10 7,14.16 8,14 8,18 9,4 10,12–14 10,14 11,1 11,2f. 13,2 19,14 26,20 28,16 29,13 30,1 30,14 31,9 32,20 37,23.24 40,6 40,9 40,30.31 42,14 43,26 45,2 45,4 45,13 47,13 50,6 50,11 53,1–5 53,7

296 112 238, 240 111, 418, 604 124, 604 134 342 134 494 49, 495 72, 326, 356, 357, 494 458, 459 120 576, 578 448 216, 636 418 636 150, 151 242, 243 620 101, 500 314, 316 576, 578 276 76 540 608 608 470 494 470 622 650 640 626 624 604 632 466, 468 217 350 268, 269

Bibelstellen

54,1 58,6f. 58,9 61,1 66,8 66,24 Jeremia 1,1 1,1–20,12 1,1–25,13 1,2f. 1,2–10 1,3.4 1,4f. 1,4–10 1,5 1,6 1,6f. 1,7 1,7f. 1,8 1,8f. 1,9 1,9f. 1,10 1,13.14 1,13f. 2–5 2,1–6,30 2,1–10,25 2,2 2,13 2,19 2,20 2,21

156, 258 260 648 638, 639 256 502 506 19, 20 12 110 12 112 115 55 58, 114, 124, 126, 127, 128, 134, 342, 415, 494, 642 116, 118, 122, 124, 125, 126, 127, 342 11, 130, 582 116, 124, 582 114, 132 132, 500 132 140 114, 124, 134, 137, 139, 142, 143 20, 21, 58, 114, 116, 118, 134, 136, 138, 140, 344f., 494, 582, 583 21 583 55 35 55 92, 504, 598 70, 71, 422, 456 76 168 21, 144, 146, 380, 650, 651

2,21f. 2,22 2,31 2,32 3,6 3,6–8 3,6–11 3,6–18 3,7 3,7f. 3,7ff. 3,8 3,8f. 3,8–10 3,10 3,10f.12 3,12–14 3,18 3,19f.21 3,22 3,22–4,8 3,23 3,24 3,25 4,1 4,1f. 4,2 4,2f. 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,7f. 4,10 5,3 5,3–5 5,4 5,5 5,6 5,18

 12, 144 146, 148 12, 21, 154, 156 21 142, 168, 172 160 12, 35, 158, 160 161 21, 168 170 160 160, 162, 170 172 160 172 162 160 158, 160 176 176, 178, 180 12, 35, 55, 176 182, 184, 186 21, 186, 188 21, 71, 190, 191, 192, 194 21, 194, 195 178, 196 21, 196, 198 198 21, 80, 198, 201, 202 21, 52f., 202, 204, 206 21, 206, 208 21, 208 21, 208, 210 210 116 21, 68, 77, 212, 214, 216, 218 12, 35, 212, 218 218 21, 218 21, 585 21, 222, 226

 5,18f. 5,19 6–9 6,2–4 6,7f. 7,2–9,26 7,3 7,21 8,7 9,10 9,12–22 9,22f. 9,23f. 10,12 10,12–14 10,13

Register

12, 35, 222 226 55 4 304 35 598 21, 585 21, 587 465 35 286 424 230, 232, 234, 236 12, 230 21, 238, 240, 242, 243, 244 244, 246 10,14 20, 22, 586, 587 10,16 4 10,23 10,24 558 84, 252 11,1 250 11,1f. 11,1–10 12, 55, 250 11,1–20,18 55 254 11,2–4 11,3 260 256 11,3f. 11,4 22, 82, 256, 258 258 11,4f. 11,5 22, 260 22 11,6–8 260 11,6–9 22 11,9 260 11,9f. 11,10 22, 262 22 11,11 11,11f. 587 11,12 22 11,14(11) 22, 587 266 11,18 11,18–20 268 11,18–12,6 55

11,18–12,9 11,19 11,20–23 11,23 12,1 12,1f. 12,2 12,3 12,4 12,7 12,8 12,8f. 12,11 12,11–13 12,12 12,13 13,1–4 13,1–11 13,1–14 13,11 13,12 13,12f. 13,12–14 13,12–17 13,13f. 13,14 13,15 13,15–17 13,16 13,17 15,5 15,5–7 15,6 15,6f.8f. 15,10

15,10–19 15,10–21

12, 266 268, 270 272 274 274 276 274, 276 22, 276 22, 82, 276, 279 278 42, 280 280 282 12, 22, 282 282f. 22, 282, 284, 286, 556 288 12, 282, 291 7 288, 292 22, 294, 295, 298, 300, 301 300 310 12, 294 302 22, 103, 304, 308, 589 310, 314 310 314, 315, 316, 318, 320, 625 40, 320, 322, 324 22, 41, 330, 332, 333 12, 38, 326 332, 333f. 22, 589 12, 16f., 22, 51, 55, 56, 58, 114, 338, 340, 342, 346, 348, 350, 352, 374, 376, 378, 379, 380, 382, 384 12, 16, 336, 374 55

Bibelstellen

15,11 15,11–19 15,12 15,12–14 15,13 15,14 15,15 15,15f. 15,16 15,17

22, 354, 355, 359 56 22, 354 359 22, 354, 356 22, 358 22, 57, 358, 359 360 22, 62, 364 22, 63, 85, 364, 366, 367, 368 22, 56, 368, 369, 370 15,18 370, 371 15,19 514 16,1f. 16,16 22, 391, 392, 394, 442 22 16,16f. 16,16–18 406 16,16–17,1 12, 384, 390 398, 400 16,17 52, 400, 402, 404, 406 16,18 22, 408 16,19 407 16,19–21 408 16,20 16,20f. 410 17,1 40, 52, 103, 390, 410 52, 390 17,1–4 12, 16, 23, 56, 374, 384, 17,5 386, 388 22, 414, 415, 416, 418 17,11 12, 414 17,11–16 17,12 23, 418, 420 418 17,12f. 55 17,12–18 66, 70, 420, 422 17,13 23, 422, 424, 425 17,14 422 17,14–16 17,15f. 424 17,16 424, 426 23, 589–591 17,24–27 430 18,1f. 18,1–10 72, 73, 439 12, 428 18,1–16 18,1–17 36

18,2 18,3 18,3f. 18,4 18,5 18,5f. 18,6 18,6–10 18,7 18,7–10 18,8 18,9 18,11 18,11–16 18,12 18,13 18,14 18,14–16 18,15 18,15f. 18,17–23 18,18–23 19,1 19,1–13 19,6f. 19,10f. 19,13 20,1 20,1–3 20,1–6 20,1–7 20,1–11 20,2 20,3 20,3f. 20,4 20,4f. 20,5 20,5f. 20,6 20,7

 430, 432 23, 452 73, 434, 436, 457 23, 430, 434, 438 23 436 23 438 36, 444 73, 444 112, 113 23, 36 23, 452 73 23, 454 454 456, 458 456 23, 458 461 428 55 428 73, 428 592 428 546 462 55 88 12, 462 53 53, 462, 466, 468, 472 53, 464, 472 472 41, 464, 465, 472, 474 41, 474 53, 464, 474, 476 476 53, 464, 476 49, 56, 68, 88, 89–92, 93, 95f., 99, 100, 105, 360, 478, 484, 490, 492,



Register

494, 500, 502, 504, 506, 508, 522 88, 478 20,7–11 12, 88, 486 20,7–12 55 20,7–18 23, 94, 508, 510, 514 20,8 23, 53, 57, 62, 92, 338, 20,9 506, 516, 518 520 20,9f. 522 20,10.11 20,12 23, 53, 56, 524 7 20,14 594 21,9 22,13 23, 591–593 23, 592, 593 22,14–17 53, 593 22,15 594 22,19 22,24–26 23, 594f. 540 22,28 595 22,29f. 23,16 23, 595–597 596 23,17 23, 597 23,19f. 634 23,20 23,23 23, 458 597–599 23,23f. 24, 71, 597, 598, 599 23,24 23, 599 23,28 599–601 23,28f. 23 23,29 23,30 23, 601 602f. 24 23, 601–603 24,1–3 23, 605 24,6 110 25,3 25,8 506 25,11 158 25,14(49,34) 23, 128, 605 25,14–16(49,34–36)  23, 607–609 25,14–26,1(49,34–39 + 46,1)  605 25,15(49,35) 606 27(50),16 23, 24, 548, 549, 609, 610, 611

24, 611–613 24, 613 19, 24, 82, 526, 532, 534, 535, 613–615 534, 536 27(50),23f. 27(50),23–29 12, 35f., 526 534, 536 27(50),24 19, 24, 73, 536, 538, 27(50),25 542, 615–617 546 27(50),25f. 27(50),25–27 536 19, 540, 546 27(50),27 24, 546, 617 27(50),28 19, 24, 548, 617 27(50),29 27(50),29–32 24, 617–619 66, 81, 550, 552, 28(51),6 554, 556, 558 12, 35f., 550 28(51),6–9 19, 24, 562, 564, 619 28(51),7 560, 564 28(51),7f. 24, 75, 566, 571, 619 28(51),8 621 28(51),8–10 19, 75, 568, 570 28(51),9 24 28(51),9f. 28(51),10 622 24, 621 28(51),11f. 28(51),17–20 23, 621–623 28(51),21–24 23, 622, 623 53, 622 28(51),22 28(51),25f.27 24, 625 24, 625–627 28(51),29 28(51),30–33 24, 627 627 28(51),31f. 622 28(51),34 30,29(49,23) 128 31(48),1 128 628 31(48),7.11 24, 627–629 31(48),12–17 31(48),25.26–28 24, 629 168 31(48),29 32,1(25,15) 492, 606 32,3f.(25,17f.) 494 32(25),15f. 298 27(50),17 27(50),17–19 27(50),23



Bibelstellen

33(26),2f. 33(26),3 36(29),1–7 36(29),4–6 36(29),8 36(29),10 36(29),21 36(29),21–23 37(30),17f. 37(30),18 37(30),21.23.24 38(31),9 38(31),10f.16–18 38(31),18–20 38(31),19 38(31),23f. 38(31),26 38,35(31,37) 38,37(31,36) 39(32),7f. 39(32),9 39(32),10f.14.16 39(32),17 40(33),10.12 44(37),1–46(39),18 44(37),21 45(38),1–6 45(38),4f. 45(38),6 45(38),9 45(38),19f. 45(38),22.25 47(40),4f. 48(41),2 50(43),1–7 51(44),21 51(44),21f. 51(44),22 51(44),23–52,34 51,32–35(45,1–5) 51,35(45,5)

74, 450 450 632 24, 631 24, 633 630 24, 633 24 24, 635 24, 634 24, 635 25, 635 25, 637 25, 637–639 638 25, 639–641 486 25, 641 25, 641 25, 641 642 25, 643 25, 643–645 442 55 132, 133 55 25, 645 59, 132, 133, 376 133 25, 645–647 22, 647 25, 647 25, 647 55 25 577, 648, 649–651 11, 12, 16, 25, 35, 576, 651 11 25, 651 11, 25, 653

52,12 52,13

110 316

Baruch 3,9–13.15 3,10f.

228 636

Klagelieder 330 1,8 Ezechiel 1,1 1,27 11,19 11,19f. 14,12 16,42 16,51.53 18,24 27,4 28,12 29,2 30,13–18 34,12 34,23 36,26 37,7

111 290 170 72 277 76 244 476 554 19 19 552 542 458 170 610

Susanna 35a 52

288, 412, 450 622

Daniel 1,6 5,2f. 9,2 9,5 12,2 13,42

646 616 158 194, 232 412 286, 412, 450

Matthäus 3,10

442, 604

 3,12 4,8 4,9 4,18 4,19 4,19f.21 5,1.2f. 5,3 5,4 5,5 5,8 5,9 5,11 5,11f. 5,12 5,14 5,18 5,22 5,34.37 5,39 5,45 6,12.14 6,19 6,19f. 6,20 6,24 7,2 7,7 7,13 7,14 7,18 7,19 7,22f. 7,23 7,24f.25f. 8,12 8,22 9,2 9,9 9,12 9,20 9,34

Register

101, 136, 484, 502, 538, 614 134 532 390 391 390 394 236, 508 634 258, 508 508, 649 508 514 132 282 634 554, 576, 577, 578 99, 482, 602 196 468 67, 154 192 634 238, 354, 398, 422 198 226, 514 422 200, 574 510, 548, 616 63, 166, 366, 508, 510 504 604 122 122, 124, 126 136 308, 322, 510 424 402 424 422, 542 422, 424 593

9,37 10,26 10,34 10,37f. 11,15 11,19 11,28 11,29 12,7 12,24 12,32 12,36 12,36f. 12,40 12,43 13,8 13,15 13,22 13,25 13,28 13,29 13,30 13,36 13,46 13,47 13,47f. 13,47–49 13,49 13,57 15,8 15,13 15,19 16,24 17,1 17,1f. 17,19f. 17,20 18,8 18,9 18,12f. 18,16 18,20 18,34

442 412 282f., 284 424 128 343 424 310 584 593 316 578 196 554 604 198, 270 458 200, 622 136, 138, 622 136 538 138 322 244 391, 442 538 614 164 132 276 136, 142, 650 136, 206 424, 432 491 394 318 318, 624 308 308, 602 610 118 598 473, 524



Bibelstellen

19,5 19,27 21,43 22,14 22,32 23,8f. 23,13 23,13–29 23,27 23,32 23,34 23,35 23,37 23,37f. 23,38 24,12 24,12f. 24,15.16.17 24,24 24,36 24,38f. 24,45.48–51 25,25 25,30 25,33 25,35.36 25,35–40 25,41 25,46 26,17 26,27f.29 26,38 28,19 28,20

278 424 272, 356, 357 166 258 266, 267 59, 376 58, 376 466 282 376 59, 376 282, 345, 346, 466 224, 328 224, 272, 282, 366 40, 324 164 470 164 102 564, 618 286 494 308 594 348 349 180, 308, 602 101, 484 470 298 346, 348, 378 534 252, 598

Markus 1,15 2,17 3,22 4,19 4,28 5,26 7,6

112 422 593 200 202 422 276

8,34 9,2 9,25 9,35 9,43 13,16 14,12.13 14,15 14,34

424, 432 394 624 240 101, 484 334 470 298, 470 346, 348, 378

Lukas 1,35 2,52 3,1 3,8 3,9 3,16 3,17 4,13 4,18 4,24 5,20 5,31 6,20 6,21 6,23 6,25 6,29 7,35 7,39.41f. 8,8 8,43 8,44 9,20 9,23 9,62 10,6 10,19 10,20 10,33f. 11,4 11,9 11,49

120 120, 352 360 170 442, 604 150 101, 484, 502, 614 532 638, 639 132 402 336 240 508, 636 514 324, 508 468 343 384 198, 270 422 424 282 424, 432 198, 200, 334, 454 254 608 66, 420 566 193 200 343f.

 12,18f. 12,19.20 12,34 12,42.45f. 12,47 12,47f. 12,48 12,49 13,7 13,23f. 13,26 13,27 13,28 13,34f. 14,11 14,18–20 14,26f. 14,32 15,3–5 15,7 15,12–14 15,18 15,20 15,22 16,8 16,12 16,13 16,14 16,17 16,19.23 16,25 17,21 17,28 17,28f. 17,32 18,8 18,11f. 18,14 18,22 18,30 19,10 19,20 19,41

Register

398 398 198 286 406, 616 538 616 518, 519 442 548, 616 122 124 184, 510 224, 328 310 180 424 332 610 382 458 524 458 594 418 226, 227 514 506 554, 576 524 405 130, 434, 435 564 618 332 40, 59, 164, 324 168 310 424 405 610 494 344

21,20 22,9.10 22,12 22,20 23,21 24,32

224, 272, 274 470 298, 470 298 530, 614 518, 519, 520, 600

Johannes 1,1 1,1f. 1,2 1,9 1,9–11 1,10 1,12 1,14 1,16 1,18 1,26 2,13 4,6.11.12 4,14 4,35 4,35f. 4,44 5,14 5,23 5,39 5,44 5,46f. 6,9.13 6,55 6,67.68 7,37 8,11 8,12 8,39 8,42 8,44 9,4 9,39 10,8 10,11.14

250, 352f., 488, 574f. 122, 488 122, 346 252, 352, 353 250 598 130 250 554, 576 384 251, 598 322 436 602 202 208 132 403 190 173, 207, 441, 528 508 256 600 320 422 456 403 314 170 279 93, 262, 612 314, 315 344 600 188, 542



Bibelstellen

10,16 10,27 10,29 10,34 11,25 12,24 12,27 12,31 12,35 14,6 14,10f. 14,20 14,23 14,27 14,30 15,1 15,1f. 15,5f. 18,36 18,37 19,1 19,6 19,9 19,14 19,15

174 188, 416 73, 436 386 258 270 346, 348, 378 146, 228 314 358, 461, 544 122, 124, 278, 279 638 230, 231 254 382, 642 650 544, 604 604 368 348, 542 468 442 468 542 442, 530

Apostelgeschichte 358 1,3 1,13f. 470 470 2,3 2,41 258 2,43 360 371, 372 3,21 130 3,22f. 258 4,4 4,26 280 4,29.31 374 4,32 303 7,39 332 7,52 132 8,9f. 184 9,36.37.39–41 470 10,9.11 470

13,14 13,22 13,26 13,33–35 13,46 14,15 16,9f. 17,28 18,9 23,3

176 490 162, 176 176 162, 176, 324 166 312 596 312 466

Römerbrief 1,7 1,13 1,26 1,27 1,28 2,4 2,4f. 2,5 2,15 2,21 2,23 2,24 2,28.29 3,2 3,4 3,25 4,11 5,5 5,6 6,4 6,6 6,9 6,12 7,14–25 7,22 7,24 8,3 8,6 8,7 8,13 8,14

641f. 63, 340 606 405 606 166, 502, 503 634 502 412 600 190, 316 318 320 356 89 322 594 628 354 140, 476, 477 228 387 118 67 131 512 228 230 536 230, 284, 514 262

 8,15 9,16 9,18–21 9,21 9,22 9,22f. 9,22–24 9,32f. 9,33 10,6 10,6–8 11,2 11,3 11,4.5 11,11 11,17 11,18 11,20f. 11,21 11,22 11,24 11,25 11,25f. 11,33 12,1 13,7 13,12 14,10 15,19.20 16,20

Register

170, 264 72, 309, 440 72 72 73, 540 614 536 576, 578, 614 576, 578 212 434 184 366 184 39, 162, 170, 184, 224, 308, 330 40, 324, 604 166, 604 522 39, 166, 170, 280, 292 166, 442, 634 40, 166, 280, 292, 324 185 174, 178, 184 546 590 340 315 383 312 532, 612

Erster Korintherbrief 596 1,8 246, 248, 620 1,20 116, 234, 262, 264, 358, 1,24 544 246, 248 1,25 408 1,26.27f. 1,30 234, 358, 544 642 2,4 2,4f. 141 2,6 246, 247, 318

2,7 2,8 2,9 2,14 2,15 3,2 3,6 3,9 3,10 3,11 3,11f. 3,11–15 3,12 3,13 3,15 3,16 3,17 3,18 3,19 4,1f. 4,5 4,9 4,15 5,1f. 5,3.4 5,5 5,6 5,7 5,8 5,11 6,9 6,9f. 6,10 6,15 6,17 8,6 9,5 9,10 9,25 9,27 10,4 10,11 10,16

320 38, 246, 247, 454 482 294 552 588 202 136, 143, 590, 640, 650 274 102, 274, 402 590 152 152, 402, 592 152 406 142 316 418 246 286 412 240 588 540 474 112, 474, 582, 630, 632 602, 646 320 63, 368 498 70, 316 103, 496 225, 498 397 292 180 514 302 542 514 394, 397, 456, 600, 608 302 298



Bibelstellen

10,17 11,25 11,27.29 12,3 12,4–11 12,8f. 13,1 13,9 13,11 13,12 13,13 14,8 14,15 14,38 15,4–8 15,22 15,23 15,24 15,25f. 15,26 15,41.42 15,49 15,55

610 298 632 276 598 242 122 244 102 218, 244 212 530 596 122 358 234 244 228, 254 418 608 602 146, 236, 238, 350, 404, 530, 564, 602, 618 636

Zweiter Korintherbrief 138 1,1 596 1,21 2,2 508, 650 520 2,7f. 3,10 124 3,13 72, 192 72, 190 3,15 72, 192 3,16 72, 190, 392 3,18 536 4,1 4,3 72, 190 562, 618, 642 4,7 284, 386 4,10 131 4,16 4,18 461, 644 103, 383, 498 5,10 386 5,16

5,21 6,14 6,16 7,10 9,7 10,5 10,6 11,23 11,23–25 11,27f. 12,1 12,4 12,7f. 12,9 12,10 12,12 13,1 13,3 13,4

268 140 142 650 68, 492 143, 318, 319, 590, 610 610 362, 644 288 368 312 128 312 288, 312 312, 364 312 118 416 350, 384

Galaterbrief 1,4 2,11–14 2,20 3,4 3,19 4,4 4,9 4,16 4,19 4,23 4,26 4,26f. 4,27 5,9 5,17 5,19f. 5,22f. 6,7 6,8 6,14

416 88 252 474 328 482 322 63, 358, 368 588 204 278 198 156, 258f. 602, 646 282, 514 282 644 102, 225, 496, 498 284, 644 288, 432

 Epheserbrief 1,18 1,19 2,3 2,12 3,1 3,18 4,4 4,6 4,9 4,10 4,13 4,14 4,19 4,25 4,27 5,5 5,27 6,12 6,16 6,17

Register

213 124 204 162 312 432, 433 610 180 210 434 132, 482 606 186, 520 93 136 180 502, 590 622 428, 582 283

Philipperbrief 312 1,13 1,23 498 166 1,28 2,6 278 246, 279 2,6f. 120, 246, 352 2,7 432 2,10f. 2,13 72 3,3 204 178 3,6 334, 454 3,13 180, 226, 288, 312, 650 3,19 236, 259, 564, 618 3,20 204 3,21 Kolosserbrief 120, 124, 386 1,15 386 1,16.18 2,3 242, 244, 538 116 2,9

2,12 2,14 2,15 3,1 3,5 3,9 3,9f. 3,17

140, 476 382, 412 254 634, 648 230, 282, 388 93 81, 200 516

Erster Thessalonicherbrief 242 1,1 5,8 162 Zweiter Thessalonicherbrief 242 1,1 1,4 208 612 2,3f. 182 2,9f. Erster Timotheusbrief 112, 474f., 582, 630, 632 1,20 192, 648 2,8 170 2,15 208 3,15 4,3 514 622 4,6 6,20 562, 592 Zweiter Timotheusbrief 212, 242 1,7 474f. 1,15 2,19 122, 126 538 2,20f. 44 3,6 132 3,12 4,10 475 Titusbrief 1,2 3,3 3,3–6 3,4 3,5

89 178 176 108, 109 402, 608



Bibelstellen

Philemonbrief 68, 492 14 Hebräerbrief 1,3 1,4f. 2,11 2,13 2,17 4,12 5,13 5,14 6,1 6,4–6 6,6 6,18 7,9f. 7,14 8,2 8,5 9,26 10,26f. 10,28f. 10,29 11,12 11,37 11,37f. 11,38 12,6 12,22 12,23 12,29

262, 264 122 420 448 128 148, 282, 488 588 68, 154, 155, 156, 588 258 332 442 89 7 40, 164, 206, 254, 410 650 224, 432, 584 124 406 484 330, 332 588 59, 376, 522 55, 362 362 140, 276, 650 304, 548, 566 304 150, 402, 428

Jakobusbrief 350 1,6.8 3,2 590 4,6 628 Erster Petrusbrief 232 1,3 1,9 556 1,9f. 66, 556 347 1,19

1,24 2,1 2,5 2,8 2,22 4,11

4,12 5,8 5,8f. 5,12

494 196 630 576, 578 382 142, 152, 174, 210, 220, 228, 248, 264, 280, 292, 324, 334, 372, 388, 412, 426, 484, 524, 548, 570 132 354 208, 610 242

Zweiter Petrusbrief 574 1,3 Erster Johannesbrief 150 1,5 322, 354 2,2 314 2,8 2,19 538, 616 2,27 89, 567 387 3,2 3,8 262 612 3,15 3,21f. 400 5,16f. 148 Offenbarung 2,10 3,12 3,20 5,5 5,8 11,8 15,6 16,5 17,14 19,16 20,5f. 20,6

60, 166 254 350 40, 410 648 256, 442 292 276 244 244 151 150, 151



Register

Origenesstellen Das Register der Origenesstellen folgt dem Abkürzungsverzeichnis der Werke des Origenes in OWD 1/1, xv–xvi. Genesiskommentierung frg. D 7 Metzler 450 146 frg. D 11 303 frg. E 27 frg. E 30.31.67.70 583 250 frg. E 93 583 frg. E 151.155 Genesishomilien 2 frg. 20 (OWD 1/2)  48 1,2 237, 259, 392 167 1,8 126, 146, 259 1,13 171, 190 1,15 48 2,2 153, 259 2,6 44 3,5 3,6 284 434 4,5 122 4,6 5,5 45, 259 437 7,5f. 295 8,1 8,7 123 10,1 60 10,2–5 437 436 11–13 12,4 331 13,4 383, 404, 435 286 14,3 285 16,5 Exoduskommentierung 44 12,46 (PG 12) Exodushomilien 1,5

416

2,1 3,2 3,3 4,8 5,2 6,1 6,4 6,9 6,10 7,1 7,4 8,2 8,5 9,4 10,3 12,1 12,2 13,3 13,4

256 82 256, 389 195 331 67, 82 519 499, 630 259 271 108 179 76, 558 153 84, 252, 332 190 60 60, 385 217, 519

Levitikushomilien 253 1,1 2,1 16, 385, 490 333, 630 2,4 38 3,1 3,3 45 4,6 292 217 5,3 5,8 44 285, 542 6,2 385, 563 7,1 385 7,4 8,1 543 8,3 7 8,3f. 290 8,5 75, 149, 571 630 8,10.11



Origenesstellen

9,2 9,5 9,7 9,8.9 10,2 11,2 12,7 14,1 14,2 14,3 14,4 15,1 15,2 16,2 16,6 16,7

7, 119 43, 378 60, 79, 134, 521 217 45 483, 630 84, 181, 253 119 498, 499, 630 519, 630 499 119 333, 499 238, 239 66, 328 284

Numerihomilien 2,1 285 86, 367 2,2 434 3,3 119, 490 5,1 385 6,1 6,3 83, 249 190 7,2 69 7,6 8,1 100, 277 285 9,1 9,9 151 385 10,1 10,3 206 11,3 199 113, 179, 188 11,4 204 11,7 235 11,8 12,1 437, 457 436 12,1–3 12,2 123, 275 79, 421, 521 12,3 142 13,2 14,1 16, 385, 490 19, 319 15,1 395 15,3

16,4 16,9 17,2–4 17,6 19,3 20,1 20,2 20,3 21,1 21,2 22,4 23,2 25,6 26,3 27,1 27,8 27,10

53, 109, 444, 445, 446 320 244 459 474 317 421 181 16, 490 385 285 345, 347, 451 290, 378 294, 552 234 181 61

Josuahomilien 83, 249 1,4 83, 319 1,5 181 1,6 1,7 60 119 2,3 4,1 302 217, 541 4,3 82, 84 5,3 5,6 544, 630 7,1 61, 120, 207, 614 7,3 82 7,4 544 7,6 630 275, 562 7,7 8,4 532 77 8,4f. 8,5 217 190 9,4 9,7 119 9,8 253 9,9 542 10,3 313 11,1 119 12,1 224

 12,2 12,3 13,1 13,3 13,3f. 14,1 14,2 15,3 15,5 15,6 17,1 20,3 20,6 21,1 21,2 22,3 23,4 24,3 25,1 26,2

Register

67 181, 275 82 6 140, 142 82, 84 319 519 181 532 37, 164 385 45 306, 630 255, 331 277 469 82, 84, 249 552 284

Richterhomilien 653 2,1 2,2 84, 252 487 2,4 630 2,5 4,2 16, 490 385 6,1 9,1 470 Samuelhomilien (graec.) 18, 384, 385, 444 1 112 2 599 3 464, 552 4 442 6 8 336, 431, 434 481 9 10 366 Samuelhomilien (lat.) 61, 137, 510f. 1 141 2

4 5 7

244 69 285

Samuel- und Königsbücher­ kommentierung 446, 451, 489, frg. 4 (OWD 7) 597 489 frg. 5 frg. 10 159 Psalmenkommentierung 274 prol. (PG 12) prol. frg. 3,1 Rietz 49 1,1 534 1,6 122 487 2,5 216 2,10 8,3 582 420 17,2 208 17,30f. 36,11 534 37,22 233 262 44,11 45,5 255 233 50,14 Cadiou 76,21 287 102,1 131 43, 322 118,38 (cat. Pal.) 118,118 (cat. Pal.) 76 238 134,7 135,2 194 140,2 459 Psalmenhomilien 15 hom. 1,5 36 hom. 1,2 36 hom. 1,4 36 hom. 1,5 36 hom. 2,3 36 hom. 2,4 36 hom. 3,3 36 hom. 3,10

246 8, 495 555 194, 499, 542 519 241, 259 61 239



Origenesstellen

36 hom. 4,1 36 hom. 4,3 36 hom. 5,5 36 hom. 5,7 37 hom. 1,1 37 hom. 1,2 37 hom. 1,3 37 hom. 2,1 37 hom. 2,4f. 38 hom. 1,7 38 hom. 2,2 67 hom. 1,7 73 hom. 1,2 73 hom. 2,2 73 hom. 2,3 73 hom. 2,6 73 hom. 3,7 73 hom. 3,8 76 hom. 2,1 76 hom. 2,5 76 hom. 3,5 77 hom. 1,4 77 hom. 2,4 77 hom. 3,3 77 hom. 4,6 77 hom. 5,7 81 hom. 1,1

396 131 119 473 442, 522, 630 214, 487 520 194 520 519 411 241 37, 38, 39, 269, 361 37, 38, 39, 43 43, 44, 322 275 166 194, 306 43, 45 165 542 43, 322 416 165 246 275 165

Hoheliedkommentar 146 prol. 1,1 prol. 1,4 131 131 prol. 2,4–8 631 prol. 2,22 287 prol. 3,1 prol. 3,1f. 209 prol. 3,5–7.14–21 287 prol. 3,10 80 prol. 4,2 8 prol. 4,6f. 437 prol. 4,7 8 prol. 4,16 576 I 1,5 83, 380

I 1,11 I 2,3 I 4,3 I 4,10–20 I 4,16f. I 6,13 II 1,14 II 1,25 II 1,28 II 1,32 II 1,55 II 2,4 II 2,17 II 2,21 II 4,25.35 II 5 II 5,1–15 II 5,6 II 5,6–17 II 5,10 II 5,19 II 8,15 II 8,31 II 9,12–14 III 6,4 III 11,11f. III 11,18 III 11,18f. III 12,4–7 III 12,8 III 13,32 III 13,44 III 14,12 III 14,24f. III 15(IV 1),11 III 15(IV 1),16 III 15(IV 1),20 III 16(IV 2),17 III 16(IV 2),12 III 16(IV 2),27 III 17(IV 3),5.21 III 17(IV 3),9

159 206 131 555 131 421 83 8 255 303 83 591 206 519 592 521 201 83 79, 521 67 592 592 8 555 42, 604 394 592 463 591 394 84, 252 584 200 239 604 239 67 83, 380 396 599 66 599



Register

Hoheliedkommentarfragmente 159 frg. (philoc. 7,1) 1 631 293 9 12 193, 206 584 26 27 463 394, 591 28 591 83 Hoheliedhomilien 1,2 294, 631 83 1,4 1,6 206, 293, 591 463 1,7 200 1,8 2,1 631 2,4 587 84, 252 2,6 623 2,9 2,11 456, 584 319 2,12 hom. frg. (OWD 9/2)  109 Jesajakommentierung frg. 2 (OWD 10) 151 Jesajahomilien 1,1 1,2 1,4 1,4f. 1,5 2,1 2,2 3 3,1 3,2 4,1 4,3 4,3–6 4,4–6

111, 123, 188, 420, 637 82, 124 82 342 55, 82, 250 82 82, 118, 206, 207 243 83, 151, 154, 592 82, 342 129, 231 111 342 519

4,4 5,2 5,3 6,3 6,3–7 6,5 9

82, 152 60, 134, 342 188 82, 154 357 459 49, 118, 459, 495

Jeremiakommentierung frg. P 1 (Philokalie) 232 15 frg. P 1–3 frg. P 2 554 10, 15, 35, 113, frg. P 4 356, 648 frg. 1 (OWD 11) 587 frg. 2 113 51 frg. 6 53 frg. 13 frg. 14 51 487 frg. 16 71, 545 frg. 18 269 frg. 20 frg. 22 238, 646 651 frg. 23 frg. 26 82, 473, 549 613, 626 frg. 28 207, 526, 528, frg. 30 530 536 frg. 31 frg. 32 209, 546 548 frg. 33 frg. 35 564, 622 frg. 36 83, 560, 562, 643 75, 91, 442, 560, frg. 37 566, 571 frg. 40 53 frg. 41 138, 626 frg. 45 51 frg. 48 113, 171, 190, 639 frg. 49 544 frg. 52 651 frg. 57 194, 642

Origenesstellen

frg. 59 frg. 63 frg. 65–68 frg. 68.69

52 55, 61 647 577

Jeremiahomilien 222, 359, 481 1,1 526 1,2 189, 291, 630 1,3 474 1,3f. 1,6 58, 444, 582 415 1,6f. 121 1,6–8 1,6–12 523 1,6–16 58, 345 345 1,7 1,7–9 120 1,8 431 127 1,8f. 122 1,10 1,12 91, 376 55, 57, 64, 361, 376, 507 1,13 625 1,15 1,15f. 604, 651 118, 169, 306, 405, 444, 1,16 635 71, 651 2,1 174, 404, 499 2,3 36, 68, 163, 193 3,2 110, 154, 162 4,1 36, 37, 40, 110, 207, 4,2 254, 261, 274, 410, 441 198 4,2f. 9, 60, 542, 645 4,3 40 4,3–5 4,4 39, 142 39, 163, 523 4,5 153 4,6 5,1 39 5,2 379 5,3 296 5,4 178, 321 543 5,6

5,7 5,8 5,8f. 5,12f. 5,13 5,14 5,15 5,16 6,1 6,2 6,3 7,1 7,2 7,3 8,1 8,2 8,3 8,4 8,6 8,8f. 8,9 9,1 9,2 9,2f. 9,3 9,4 10,1 10,2 10,4 10,5 10,6 10,7 10,8 11,1 11,2 11,3 11,5 11,5f.

 171, 631 173 72 163 81, 208, 211 53 40, 111, 165, 254, 261, 410 61, 529, 611, 614 26, 68, 69 77, 222, 483, 518, 558 63 36, 273, 329, 330, 359, 529 40 120, 330, 631 52, 282, 549 282, 32, 542, 549, 564, 602 6, 459 408 200 9 83, 114 26, 36, 40, 84, 165, 207, 261, 410, 566 331, 536, 590, 630 36 82 40, 410 345 38, 320 37, 164 138, 328 82, 527 38 38, 39, 42, 170, 293, 400 38 549 6, 302, 362, 366, 556 154, 378 7

 11,6 12,1 12,2 12,3 12,4 12,5 12,5f. 12,7 12,11 12,12 12,13 13,1 13,2 13,3 14,1 14,1f. 14,1–10 14,2 14,3 14,3f. 14,4 14,5 14,6 14,7 14,7f. 14,8 14,10 14,11 14,11–18 14,12 14,13 14,14 14,15 14,16 14,17 14,18 15,1

Register

36, 39, 170, 187 89, 182 325, 607 6, 589 589 91, 103, 138, 139, 328, 631 328 112, 524 70 79, 393, 625 9, 38, 40, 43, 79, 159, 170 36, 38, 39, 83, 329 39, 41, 52, 82, 255, 410, 475, 536 118, 319, 443 57, 113, 621 91 56 56, 57 17, 51, 57, 63, 91, 220 384 62, 63, 542 56, 58, 114, 116, 378 329, 379, 381 9, 321, 369, 468 58 468 219, 252 359 56 36, 38, 163, 359, 367 38, 56, 57, 62, 64, 132 38, 55, 56, 57, 59, 61, 62, 132, 200, 375, 507, 631 56, 62 63, 85, 118, 356 9, 56, 63, 64 91, 103 16, 56, 59, 113, 200, 361, 366, 505

15,1–5 15,2 15,3 15,3f. 15,4 15,5 15,6 16,1 16,4 16,5 16,5f. 16,5–7 16,6 16,7 16,10 17,2 17,4 17,5 18,1 18,1–6 18,2 18,3 18,4 18,4–6 18,5 18,6 18,7–10 18,8 18,9 18,10 19,1(18,11) 19,2(18,12) 19,3(18,13) 19,4(18,14)

56 55, 58, 59, 507 83, 114, 249, 290, 347 345 82, 344 17, 51, 117, 411 16, 45, 56, 420, 513, 542 443 200, 281 52 103, 151, 152, 499 216 52, 138 163 41, 52, 103, 165, 390 83, 138, 275 66, 70, 386, 450, 542 91 73, 216, 433 73 82, 433 65, 73, 79, 80, 201, 452, 457, 534 328 74 36, 37, 39, 83, 91, 163, 164, 165, 329, 335, 385, 560 8, 51, 74, 91, 113, 453, 480, 489 73 38, 542 71, 138, 232, 462 6, 36 53, 89, 113, 461, 476, 478, 552 42, 44, 53, 280, 349, 453 590 41, 53, 61, 89, 113, 140, 462, 465, 478, 524, 534, 564, 609, 630



Origenesstellen

19,5(18,15) 14, 53, 76, 88, 89, 91, 96, 97, 98, 100, 102, 108, 119, 123, 218, 401, 497, 522 89, 96, 294, 558 20(19),1 20(19),1f. 597 20(19),1–4 88 36, 49, 68, 90, 95, 96, 20(19),2 504, 506 90, 91, 97, 101, 103, 20(19),3 104, 152, 200, 225, 308, 320, 328 91, 99, 102 20(19),4 49, 52, 55, 61, 64, 83, 20(19),5 92, 329, 375 61 20(19),6 20(19),7 94, 320, 387, 499 9, 53, 56, 62, 246, 499 20(19),8 20(19),8f. 216, 542 38, 53, 55, 79, 103, 117, 20(19),9 171, 311, 473 lat. 1(3),1 207, 613, 645 lat. 1(3),2 79, 82, 473, 564 lat. 1(3),3 73, 615 lat. 1(3),4 91, 114, 358, 633 lat. 1(3),6 282, 609, 617 lat. 2(2),1 110, 255 lat. 2(2),2 482 lat. 2(2),3 66, 81, 566 lat. 2(2),4 50 lat. 2(2),5 487 lat. 2(2),6 38, 75, 91, 442, 543 lat. 2(2),7–9 618 lat. 2(2),8 83, 329, 619 lat. 2(2),11 82, 84, 253, 618 lat. 2(2),12 75, 76, 91, 138, 218, 560, 571, 620

7,10 9,4

Ezechielkommentierung 1,1 (PG 13) 544 1,26 290 6,2 393 7,3 499

Hiobkommentierung 22,2 (PG 12) 266 41,19 275

151 48

Ezechielhomilien 1,2 100, 277, 487 290, 451 1,3 1,4 82, 84, 110, 111, 120 1,5 348 544 1,10 1,11 444 1,12 137, 139, 142 1,13 519 110 3,2 3,3 83 630 3,8 277 4,1 5,1 89, 519 5,3 83, 417 285 5,4 6,5 542 82 6,6 116, 172, 490 7,1 204 7,3 9,3 82 10,2 487 6, 113 11,5 12,1 490 82, 111, 473 12,2 16, 18, 490 13,1 13,2 131 13,4 385 Klageliederkommentierung frg. 11 Klostermann  379 frg. 14.19 209 208 frg. 83 frg. 93 162

 Sprichwörterkommentierung 1,2 (PG 13) 236 1,6 487 Matthäuskommentar 148 X 2 X 12 391 392 X 13 190 X 14 254f. X 17 X 18 62, 132, 133, 361, 362, 364, 522 173 X 19 X 20 393 X 23 258 44 XI 12 XI 15 285 XI 17 255, 393 319, 456 XI 18 384 XII 4 XII 5 45 58, 116 XII 9 XII 10.11 397 XII 12 167 XII 14 421 255 XII 25 XII 30 498 130 XII 32 XII 37 50, 491 333 XII 38 XII 39 420 XII 40 255 250 XII 43 393 XIII 1 349 XIII 2 XIII 7 319 XIII 15 131 XIII 16 240 XIII 17 392 XIII 20 278 XIII 23 476 XIII 26 131 XIII 30 498, 499, 631

Register

XIV 7 XIV 12 XIV 13 XIV 16 XIV 17 XIV 19 XV 2.3 XV 4 XV 11 XV 23 XV 30 XVI 3 XVI 4 XVI 14 XVI 21 XVI 22 XVI 29 XVII 2 XVII 17 XVII 18 XVII 19 XVII 23 XVII 24 XVII 25 XVII 31 XVII 34

279, 386, 421 576 473 126 279 37, 164, 224 110 284 114, 139, 306, 487 205 576 110, 114 453 110, 154 443 444 387 236 447 486 151, 503 473 167 110 486 110

Matthäuskommentarreihe 285 12 15 110 250, 522 28 421 33 38 463 360 40 42 319 275 46 50 110 52 207 63 421 63f. 555 65 348 76 245 140 77



Origenesstellen

79 85 89 90 114 117 119.123 135 138 143

45 320 306 120 110 411 42 347 191 234

Matthäuskommentarfragmente frg. 138 I Klostermann  159 Lukaskommentarfragmente frg. 156 Rauer2 263 frg. 157 201 556 frg. 186 151 frg. 209 frg. 212 180 512 frg. 216 Lukashomilien 2,2 7,7 7,8 12,1 12,3 13,2 13,6 14,3 14,3–6 16,4 16,6 17,4 17,11 18,1 18,2 20,7 21,4 22,3 22,4 23,5f.

253 444 542 82 179 336 285 149 290 139 253 45, 386 502 82 83 102, 123, 485 542 84, 252 82 473

23,8 24 24,2 26,1 27,6 29,7 32,2 33,1–3 36,2 39,5

110 150 151 190 542 387 61 132 435 146

Johanneskommentar I 2,9 387 I 6,34 302 592 I 6,36 251 I 7,37f. I 7,38 604 I 9,52–57 130 235, 420 I 9,59 I 16,91 77, 371 278 I 17,98 575 I 19,111.113 109 I 20,121 I 20,123 466 I 20,123f. 358 593 I 20,124 I 21,125–23,150 130 129 I 22,136 I 23,142f. 254 I 25,158–26,180 353 130 I 25,158–36,265 I 25,161 353 I 26,167 98 I 27,182 140 I 27,186–188 358 543 I 27,190 I 28,191 543 348 I 28,192 I 29,204 264 I 30,205f. 544 I 32,229 283 I 34,243–246 358 I 34,247–251 235

 I 34,251–35,254 I 36,262f. I 39,291 I 39,286–288 II 1,2–9 II 1,9 II 7,54 II 10,71f. II 12,87 II 13,91–99 II 13,96 II 16,13 II 16,112 II 21,138 II 23,148 II 24,157 II 26,166 II 28,173 II 34,207 II 35,215 V 1 V 5–8 V 6 V 8 VI 2 VI 4,17 VI 6,31 VI 6,38 VI 6,40 VI 19,107 VI 20,109 VI 22,121 VI 34,171 VI 34,172f. VI 38,188–193 VI 39,194–197 VI 52,266 VI 54,281–283 VI 55,285 VI 55,287–56,290 VI 57,292 VI 58,297 VI 59,303

Register

358 151 489 262 250 264 392 267 382 71 253 110 67 387 145 130 109 487 423 206 158, 356, 575 117 207 592 463 251 471 420 386 235, 421 207 171 478 158 598 251 224 532 254 290, 378 544, 604 283 207

X 4,15 X 5,21 X 6,23–27 X 15,85 X 16,91 X 18,107 X 20,119–32,209 X 35,229–232 X 41,286 XIII 1,3f. XIII 6,39 XIII 13,81 XIII 18,113 XIII 23,138 XIII 23,139 XIII 28,166 XIII 42,275 XIII 50,331 XIII 50,335 XIII 55,371–376 XIII 55,372 XIII 61,429 XIX 4,24f. XIX 5,28 XIX 22,150 XX 4,26 XX 6,43f. XX 12,87–89 XX 13,96–107 XX 13,97 XX 13,107 XX 16,133 XX 18,153 XX 22,176 XX 23,193 XX 27,242 XX 28,245f. XX 29,266f. XX 36,337 XX 39,363 XXVIII 4,23–33 XXVIII 6,49 XXVIII 6,50

110 235 120 224 224 116 273 349 110, 154 437 437 209 240 152 151 223 423 145 179 132 522 241 122 251, 24 423 233 117 251 263 110 515 263 279 263 263 387 353 387 263 237 649 653 499



Origenesstellen

XXVIII 15,121–129 XXVIII 18,157–159 XXVIII 24,211 XXXII 2,14 XXXII 11,127 XXXII 14,153f. XXXII 19,240–259 XXXII 21,278 XXXII 22,280–24,312 XXXII 30,378–380 XXXII 31,387 XXXII 32,396

342 348 251, 258 423 421 122 411 423 411 598 235 472

Johanneskommentarfragmente 130 frg. 7 Preuschen 137, 193 frg. 18 391 frg. 23 frg. 37.48 207 451, 487 frg. 51 128 frg. 71 frg. 80 255 251 frg. 86 Römerbriefkommentar 159 I 1,1 487 I 19,1 I 21,10 231, 232 195 I 22,6 II 5,6 244 411 II 7,6 II 9,33 203 II 9,37 146 207 III 4,9 69 IV 1,12 237 IV 9,4 IV 11,6f. 487 V 1,3 195 V 6,6 235 VI 9f. 67 VI 9,1–17 195 VI 9,15 194 VII 1,4 131 VII 5,4 122

VII 10,4–10 VII 14,4 VII 15,2 VIII 2,5 VIII 5,10 VIII 10,3 IX 34 X 3,3

473 309 207 251 523 67 421 237

Römerbriefkommentarfragmente frg. 11 Ramsbotham 128 frg. 30 237 514 frg. 31 190 V frg. 2 Scherer V frg. 3 420 Korintherbriefkommentierung 498 frg. 26 Pieri frg. 28 502 237 frg. 38 50, 491 frg. 39 Epheserbriefkommentierung 137 frg. 15 Gregg Titusbriefkommentierung 253 frg. 2 Pieri Thessalonicherbriefkommentierung frg. in 1 Thess. 4,16f. Pieri  239 Über die Prinzipien I praef. 1 I praef. 4 I praef. 4–8 I praef. 10 I 1,1f. I 1,2 I 1,9 I 2 I 2,3 I 2,4

577 120 200 278, 492 404 217, 231 193, 206, 555, 648 264 487 264, 265

 I 2,5 I 2,5–13 I 2,6 I 2,7 I 3,4 I 3,5 I 3,6 I 3,8 I 4,1 I 5,2 I 6,1 I 6,1–3 I 6,3 I 7,3–5 I 7,4 I 8,1f. I 8,4 II 1,2 II 1,4 II 2,2 II 3,6 II 3,7 II 4f. II 4,4 II 5 II 5,3 II 6,2 II 6,3–6 II 7,1 II 8,2 II 9 II 9,2 II 9,3 II 9,4 II 9,6 II 9,7 II 10,2 II 10,3 II 10,4 II 10,6 II 10,7 II 11,6f. II 11,7

Register

233 130 146, 263 265 267 232 353, 435 71, 265, 436 71, 436 179 102 77, 371 100, 217, 276, 371 278 70, 147 70, 147 76, 483 74, 451 606 606 163 77, 100, 277 253 89, 487 168 168 120 381 253 381 318 69, 71, 205, 436 70 462 71, 436 70, 147 151, 244 152 217, 218, 411 100, 149, 277, 308, 543 76 244 320

III 1 III 1,1 III 1,6 III 1,7 III 1,7–24 III 1,8 III 1,12 III 1,15 III 1,16 III 1,17 III 1,18 III 1,18f. III 1,19 III 1,20 III 1,21 III 1,24 III 2,1 III 2,3 III 2,4 III 3,4 III 3,5 III 5,7 III 5,8 III 6,1 III 6,3 III 6,5 IV 1,1–3,11 IV 1,3 IV 1,4 IV 2,1 IV 2,2 IV 2,3 IV 2,6 IV 2,9 IV 3 IV 3,3 IV 3,4 IV 3,5 IV 3,6 IV 3,9 IV 3,14 IV 4,1 IV 4,5

65, 192 66, 366 66, 192, 423, 493 72 72 75, 567 67 219 326 102, 323, 503 514 441 67, 202, 451 67 72 598 411 67 66, 411 411 70, 147, 514 77 71, 79, 100, 277, 436 66, 78, 146, 422 77 567 574 37, 164 162 356 118, 552 487 302 294, 578 159 453 119 207 320, 441 552 50, 491 263, 264 232, 265



Origenesstellen

IV 4,6 IV 4,10

233, 277 555

Apologie gegen Kelsos 469 prol. 1 423 prol. 2 I 13 318, 423 241 I 24.25 154 I 42 48, 274 I 45 423 I 47 I 48 556 351 I 54f. I 55 48, 255, 274 421 I 57 423 I 68 I 70 247 II 1 44 253 II 6 37, 38, 269 II 8 318 II 13 120 II 23 139 II 24 II 31 48, 274 38, 269 II 34 423 II 44 II 48 456 423 II 49 II 64 235 114 II 67 II 69 140 II 71 423 110 II 76 38, 269 III 1 159 III 21 III 33 207 III 41 420 III 45 487 III 51 306, 499, 631 423 III 60 III 68 56, 132 236 III 72 III 74 220

III 75 III 81 IV 1 IV 3 IV 4 IV 12 IV 13 IV 15 IV 16 IV 18 IV 19 IV 22 IV 32 IV 37 IV 42 IV 43 IV 44 IV 50 IV 63 IV 69 IV 71 IV 72 IV 83 IV 96 V 4 V 10f. V 11 V 12 V 15 V 16 V 25 V 29 V 33 V 38 V 39 V 43 V 47f. V 49 V 60 V 61 V 65 VI 1 VI 2

100, 277, 393 421 142 148 56, 128 447 152 109, 246, 336, 348 604 93, 604 95, 120, 497 37, 38, 39, 269, 360 38, 269 126 357 269, 302 110 191 305 305 448 56, 132, 451, 487 393 237 247 278 114 598 519 207, 447 179 233, 393 389 179 148, 386, 420, 421 38 203 393 110, 191 44, 45, 247, 386 44, 467 56, 132 118, 141

 VI 7 VI 8 VI 17 VI 19 VI 26 VI 36 VI 37 VI 44 VI 47 VI 58 VI 63 VI 65 VI 75 VII 3 VII 4 VII 7 VII 8 VII 10 VII 17 VII 29 VII 32 VII 34 VII 44 VII 53f. VII 62–67 VII 64 VII 66 VIII 17 VIII 19 VIII 30 VIII 31f. VIII 39 VIII 42 VIII 69 VIII 72 VIII 73

Register

207 423 114 247 517, 576 393 207 71, 436 420, 576 487 146 125 351 247 251 55, 59, 85, 375 38, 269 487 77, 371 110 393 556 247, 649 468 279 279 145 148, 421 231 393 277 76 37 38, 269 77, 186 389

Über das Gebet 1 366 2,3 128 2,4 596 5–7 633 6f. 65 6,2 67

7 9,1 10,2 11,2 11,3 12,1 12,2 13,4 17,2 20,1 21,2 22,3 23,3 25,1 26,6 27,7 27,9 27,12 27,13 27,14 27,15 28,1f. 28,5 28,9f. 28,10 29,2 29,12 29,13 29,15 31,1 31,2 31,4 31,5 31,7

278 192, 649 366, 598 349 592 596 591 256 247, 493 379 127 276 597 118, 435 238 310 269 187 472 366 77 340 382, 411 302 499 206 253 71, 306, 436 149, 217, 493 591, 649 220 649 444 38, 269

Aufforderung zum Martyrium 420 10 17 127 29 110 348, 468 36 46 114 47 200 49 81, 200



Origenesstellen

Das Gespräch mit Herakleides 498 9f. 11f. 126 146 12 15f. 126, 146 555 15–24 Über das Pascha 26,6–8 29,5 34,20

320 314 315

Brief an Julius Africanus 13 7 9 9, 220 48, 473 10–12 24, 50, 274, 491 11 24 12 523 13 Brief an Gregor den Wundertäter 409 3 Hexapla II p. 721 Field

627, 628

Fragmente über die Auferstehung II frg. (Pamphilus) 244

Fragmente der Stromateis VI frg. (Hieronymus) 95 X frg. (PG 11) 499 Philokalie 1,1–27 1,28 2,1–3 2,2 2,4 2,4f. 5,1 5,4–7 6,2 7,1 7,2 9 10 12,1 25 26,5 26,7 27,1 27,4 27,4f. 27,6 27,8

574 15, 554, 574 159 487 576, 579 579 158, 356 117 117 159 552 96 10, 15, 35, 113, 356, 574, 577 578 450 149 67 294 149, 558 543 214 474



Register

Namen und Sachen Aaron 467 Abbahu 42 Abbild siehe Bild Abraham 39, 93, 109, 114f., 163, 167, 169–171, 177, 205, 259, 465, 533, 545, 583 Abstieg/Aufstieg 119, 233–235, 291, 347, 351, 432–435 Acker 80, 199–201, 645 Adam 145, 231, 235, 399–401, 501 Adel 425 Adiaphora 237, 312 Aelian 414, 456 Ägypten 157, 256f., 275, 333f., 544f., 551, 553, 583, 623, 651 Ägypter 127, 183, 203, 297, 537 Äthiopien 187 Äthiopierin 293 Aëtios 241 Affekt 75, 76, 81, 181, 189, 193, 201, 207, 211, 337, 353, 447, 451, 483, 512, 515, 535, 551, 553, 569, 589, 601, 607, 609, 623, 627, 635 Agraphon 458, 540 Ahasja 471 Aischylos 215 Akkommodation 94, 104, 447–453, 482 Akrasie 71, 73, 79, 436f. Aktualismus 70, 598 Alexander von Aphrodisias 65 Alexandria 49, 50, 166, 275, 491 Alkinoos 236, 277 Allatios, Leon 29f. Allegorese 441, 545 Allegorie/allegorisch 119, 207, 239, 609 Allerlösung siehe Apokatastasis Allmacht siehe Gott/Allmacht Gottes

Almosen 493, 630 Altar 46, 47, 189, 285, 459, 583 alter/neuer Mensch 81, 201 Amalek 649 Amboss 529–531, 615 Ambrosius von Mailand 233, 267, 415, 417 Amt 284f., 302, 362, 367, 556f. Anachorese 62, 85, 517 Anagogie (ἀναγωγή) 119, 377, 475, 485, 491 Analogie 98, 129, 393, 497, 601 Anamnesis 643 Anatot 273 Anaxarchos 468 Anfang 251, 488f. Angesicht 197 Angleichung an Gott 78, 422f. Angst siehe Furcht Ankunft siehe Christus/Kommen (Ankunft) Christi Anthropologie 65, 156, 295 Anthropomorphismus 88, 96, 289, 446f., 451, 486–491 Antichrist 613 Antigonos von Karystos 414 Antijudaismus 35–41, 164, 269, 274, 281, 441, 455, 561 Apathie 613 Apokatastasis 77f., 100, 102, 103f., 371, 556 Apollinaris von Laodizea 4 Apollo 247 Apostasie 332f., 639 Apostel 59, 60, 61, 81, 84, 92, 113, 118, 121, 163, 173, 177, 201, 239, 241, 247, 267, 319, 323, 344, 361–363, 365, 391, 393f., 397, 403, 471, 510

Namen und Sachen

Aquila 20, 51, 53, 244, 401, 586f., 595, 629 Ararat 625 Architekt 605, 651 Aristoteles/aristotelisch 96, 130f., 414, 490, 585 Armenier 625 Armut/arm 219–221 Arzt 57, 61, 75, 91, 93, 94, 129, 149, 307–309, 337–339, 371, 423, 443, 496f., 501, 543, 561, 569, 579, 621 Askese 85, 313, 501–503, 515, 645 Asklepios 182f. Assyrer 159, 161, 291 Assyrien 613 Asteriskos 230, 401 Astrologie 66, 544–547, 633 Ataraxie 534f. Athen 8 Athenaios 414, 628 Athenagoras 182, 277, 502, 540 Athlet 543 Auferstehung 73, 139–141, 151, 199, 245, 271, 359, 371, 425, 439, 603, 635 Aufstieg siehe Abstieg Auge 213, 555, 577, 585, 593 Augustinus von Hippo 88, 264, 267, 318 Augustus (Kaiser) 42 Autobiographie 92, 507 Axt 443, 527, 601, 613 Baal-Pegor 629 Babylon 66, 75, 82, 159, 465, 472, 473, 475, 477, 535–537, 544f., 547, 549, 550–569, 595, 609, 613, 617, 619, 621, 624f., 627, 647 Babylonier 291 Babylonisches Exil siehe Gefangenschaft



Barmherzigkeit 108f., 113, 327, 446, 483, 521, 537–541, 559, 585, 615–617 Baruch 243, 651 Basilides 138, 275, 417 Basilisk 608f. Bau 137–139, 141, 143 Bauch 181, 227 Baum 161, 169, 173 Becher 561–565, 607, 619 Begierde 535, 563, 607, 619 Bekehrung 43, 49f., 69, 97, 173, 491f. Bekenntnis 281 Benjamin 469, 591 Berg 161, 169, 183–185, 319–321, 335, 393–395, 399, 401, 443, 471, 590f., 611, 625, 635, 639 Bernstein 291 Berufung 55, 163, 171, 407 Beschneidung 203–207, 321, 595 Besonnenheit 213, 317 Bethel 629 Bethlehem 553 Bewegung 86 Bibel 61, 70, 88, 92, 93, 205, 219, 591 Bild 58, 98, 125, 145–147, 225, 237–239, 289, 348, 351, 403f., 409, 433, 531, 565, 603, 619, 627 Bildung 233 Bileam 19 Bischof 18, 285, 286, 302, 341, 367 Blitz 241–243 Blüte 151 Blut 149–151, 347, 593, 649 böse/das Böse 70f., 76, 103, 113, 121, 139, 141, 144, 146f., 155, 209, 237, 269, 290, 305, 403, 404–407, 419, 439, 440, 453, 455, 498, 504, 514, 531, 555, 593, 615, 623, 651 Bosheit 76, 345, 404, 483, 518, 531, 551, 561, 597, 649 Bräutigam 589



Register

Braut 589 Brot 42f., 44, 46, 63, 133, 269–271, 323, 369, 449, 471, 601, 611 Brunnen 436f. Bund 39, 163, 169, 255–257, 299, 301, 331, 471, 567 Buße 98, 108f., 194, 232, 307, 332f., 403, 440, 537, 557, 595, 630f., 637–639, 649 Caesarea 41–48, 389, 492 Cassiodor 10f., 25 Chaldäer 545–547 Charakter 85, 86, 367 Christen/Christentum 351, 360, 507 – Christenverfolgung 9, 61, 133, 166, 321, 469, 470f., 528f., 645 Christologie 381, 386f. Christus 36, 40, 41, 43, 49, 57f., 69, 82f., 91, 102, 105, 117, 118, 119, 131, 189, 199, 219, 231–235, 243, 252, 253, 255, 257, 259, 261, 268f., 271, 273, 275, 283, 313, 321, 323, 329, 355, 357, 359, 361, 365, 369, 385, 387, 395, 397, 410f., 413, 419–421, 425, 443, 457, 475, 477, 487, 491, 499, 505, 513, 515, 535, 543, 559, 561, 563, 567, 577, 589, 593, 601, 603, 605, 608f., 609, 613, 619, 623, 633, 635, 637, 639, 649, 653 – Christus Jesus 101, 133, 143, 153, 157, 175, 183, 200, 211, 221, 229, 265, 281, 293, 325, 349, 373, 387, 389, 399, 403, 417, 427, 457, 485, 525, 549, 571, 591 – Christi Geburt in der Seele (Gottesgeburt im Herzen) 84, 252f., 263, 566 – Epinoia (ἐπίνοια) Christi 38, 130, 235, 244, 265, 353, 358f., 386f., 420f., 466, 542–545, 574, 593

– Erlöser 83, 113, 114–117, 119–123, 125, 127, 129, 137, 165, 171, 177, 189, 191, 207, 225, 227, 241, 249, 253, 257, 259, 263, 264f., 267, 269, 271, 283, 299, 311, 315, 319, 325, 345, 346f., 351, 355, 357, 359, 361, 367, 369, 370f., 377, 379, 381, 383, 385, 386f., 391, 415, 417, 421, 449, 475, 515, 519, 523, 531, 533, 541, 543, 545, 585, 603, 605, 609, 615, 625 – Kommen (Ankunft) Christi 177, 179, 225, 250–253, 255, 283, 323, 357, 395, 411, 432, 441, 462f., 467, 479, 535, 567, 603, 609, 611, 623 – Parusie (Wiederkehr) Christi 59, 84, 165 – Passion Christi 271, 359, 383, 567, 619 Chrysipp 93 Cicero 93, 236, 546 Clemens von Alexandria 30, 31, 58, 61, 80, 94, 116, 150, 165, 201, 204, 227, 236, 257, 284, 287, 290, 311, 332, 360, 458, 473, 486, 487, 490, 493, 497, 525 Codex Scorialensis 13–15, 20, 28f., 30f., 32, 121, 127, 133, 135, 155, 157, 165, 172, 173, 183, 273, 280, 281, 282, 285, 303, 317, 323, 327, 329, 330, 359, 361, 363, 366, 370, 374, 377, 386, 390, 396, 402, 404, 406, 408, 427, 466, 477, 479, 486, 488, 523, 525 Codex Vaticanus 13, 15, 28–30, 31, 488, 525 Cordier (Corderius), Balthasar 30f. Corpus Hermeticum 215 creatio ex nihilo 231 Cyprian von Karthago 194, 427

Namen und Sachen

Dämon 173, 179, 181, 247, 276, 279, 291, 319, 587, 623, 625, 629, 649 Damaskus 227 Dan 552f. Daniel 159, 647 Dank/Dankbarkeit 67, 639, 643 David 233, 589, 613, 651 Dekalog 643–645 Demiurg 327f. Demut 240 Denken 215, 279, 609 Determinismus 39, 65, 66, 72, 74f., 326, 328, 545, 633 Diakon 6, 287, 302f., 341 Dialektik/dialektisch 98, 101, 125, 249 Diamant 529, 615 Dichter 563 Didymus von Alexandria 541 Dieb 601 Diebstahl 137 Differenz 86f. Diogenes Laërtius 135, 206, 237, 241, 277 Diospolis 553 Disziplin 363 Doketismus 120, 229, 385–387 Donner 243 Dorn 113, 199, 201–203 Drache 392, 529, 531, 603, 615 Drohung 35–37, 38, 40, 41, 78, 97–99, 100f., 157, 301, 326f., 359, 441, 451, 453, 475, 481, 483, 485, 495, 497, 501, 545, 547, 591, 623 Dualismus 229 Dunkelheit siehe Finsternis Ebionismus/Ebioniten 44f., 386, 467 Eden 565 Edom 421 Ehe 501–503, 515



– Ehebruch 99, 137, 161, 171, 173, 187, 482f., 498 Ehre 315–319, 425, 477, 509 Einheit; der/das Eine 117, 167f., 197, 244, 253, 303, 611 Einsamkeit 517 Eitelkeit 619 Ekklesiologie 83, 380 Elam 605, 607 Element 277 Elend siehe Leid Elija 239, 367, 469 Elijakim 595 Elischa 469 Empedokles 277 Ende 102, 222, 225, 227, 439, 445, 452f., 511, 532, 597, 609, 613, 619 Engel 75, 109, 123, 179, 181, 188, 276–279, 281, 319, 327f., 329, 335, 345, 381, 391, 392, 393, 394, 397–399, 473, 498, 559, 569, 571, 621 – Seraphim 135 – Engel Satans 313 Enoch 531 Entwicklung 202 Ephraim 637, 639 Epiktet 237, 468, 534 Epikureer 318, 512 Epinoia siehe Christus/Epinoia (ἐπίνοια) Christi Epiphanius von Salamis 467, 528, 575 Epistemologie 105 Epoptik 287 Erbe 281 Erde 231, 237–239, 277–279, 283, 291, 292f., 345, 351, 355, 399, 409, 421–423, 531–533, 563–565, 599, 603, 613, 619, 625 Erfahrung 101, 268, 305, 485 Erkenntnis 98, 101, 127, 200, 201, 231, 235–237, 243, 245–247, 267,



Register

319, 320, 426, 433, 503, 563, 575, 583, 592f., 611 Erlöser siehe Christus/Erlöser Erlösung siehe Heil/Heilung Ernte 203, 381, 394 Eros 631 Erwählung 41, 60, 162, 163, 167, 441–443 Erziehung 41, 61, 63, 64, 69, 76, 77, 90f., 94, 95–99, 100, 102, 105, 218, 267, 276f., 305, 309, 435, 441, 447, 448, 481, 483, 485, 487, 491, 497, 558f., 596f., 635, 651 Eschatologie 77, 80, 200 Esel 609 Eskorial 28f., 30 Esoterismus 104 Essen 44 Ester 94 Ethik 43, 68, 71, 89, 104f., 195, 200, 286f., 312, 405, 514, 606 Etymologie 82, 255, 273, 331, 421, 584, 590, 607, 609, 617, 641 Eucharistie 269, 407, 630, 633 Euphrat 291–293 Eusebius von Caesarea 8, 9, 129, 144, 166, 528, 610 Eustathius von Antiochia 585, 608 Eva 513 Evangelium 43, 61, 81, 99, 100, 121, 168, 201, 253, 267, 281, 323, 483, 485, 495, 555, 577, 590f., 601, 603 Ewigkeit 264 Ewil-Merodach 595 Exegese 294, 323, 330, 357, 369, 375, 415, 437, 526f., 556f. Exhomologese 194f., 232, 639 Exkommunikation 62, 307, 630f. Exkurs 381 Ezechiel 251, 553, 555 Fall der Seele siehe Abstieg/Aufstieg Fasten 43, 44, 45, 323, 515, 521, 630

Fatalismus siehe Determinismus Feige 603 – Feigenbaum 169 Feind 337, 355, 359, 367, 399, 465, 475, 583 – Feindschaft 513–515 Fels 395–399, 457, 577, 579, 601, 609 Fest 369 Feuer 99f., 101, 135, 137–139, 149–151, 151–153, 207, 216f., 241, 277, 291, 308, 309, 403f., 407, 429, 443, 483, 485, 517–519, 521, 523, 540–543, 585, 591, 601, 603, 605, 619, 625 Finsternis 141, 315 Fisch 393, 539, 615 Fischer 391–393, 395, 443 Fleisch 231, 283–285, 320f., 387, 515 Flut 565 Folter 305, 525 Fortschritt 121, 127, 128, 185, 197, 209, 291, 297, 325, 335, 341, 345, 353, 367, 429, 455, 503, 532, 638 Frau 42–44, 45, 46–48, 163–165, 181, 321–323, 385, 423, 469, 483, 501–503, 521, 535, 589, 623, 631–633 Freiheit 64–87, 90, 98f., 101, 102, 105, 121, 172f., 192f., 202, 328, 338, 422f., 436f., 438–441, 450, 493, 504, 556, 604, 611, 633 – ἐφ᾽ ἡμῖν 81, 102, 192, 556 – Freiheitsmetaphysik siehe Metaphysik Freimut 59, 375, 377 Freude 62, 278f., 345, 365, 451, 645 Freund 337, 365, 389, 399, 465, 473 – Freundschaft 366, 513–515 Friede 255, 283, 307, 331, 333, 421, 551, 591, 611–613, 641f., 645, 647 Friedhof 165 Frömmigkeit 90f., 299, 317, 417, 479, 543, 549, 595

Namen und Sachen

Frucht 155, 271, 341, 346f., 353, 381, 443, 609, 641, 645 Fülle 117, 157, 175, 179, 185–187, 554f., 575, 577, 599 Furcht 41, 96, 103, 161, 167, 171, 197, 307, 475, 477, 481, 485, 518, 605, 607, 633 Gabe 119, 135, 137, 575, 599 Gad 553 Gamaliel III. 49 Ganymedes 546f. Garten 143 Gazelle 584 Gebet 47, 175, 193, 211, 213, 359, 361, 423, 459–461, 462, 471, 513, 567, 591, 599, 633, 649 Gebot 43, 44, 80, 201, 239, 241, 323, 361, 425, 547 Gedalja 647 Gedanke 191, 207, 265, 645 Geduld 317, 446, 503, 645 Gefangenschaft 283, 289, 355, 441, 465, 475, 595 – Babylonisches Exil 110–113, 159, 225, 375, 477, 505, 603, 639, 647 Geheimnis 103f., 119, 225, 273, 321, 371, 395, 433, 437, 439, 443, 471, 477, 487, 499, 501, 551, 553, 555f., 565, 585, 603, 641, 645 Gehorsam 273, 643 Geist (νοῦς) 67, 76, 86, 193, 218, 221, 263, 553, 565, 648f. – geistige Sinne 213, 266, 555 Geist (πνεῦμα) 86, 131, 213, 231, 233, 243, 245, 265, 267, 283–285, 293, 295, 335, 515, 591, 596, 597, 599, 603, 605, 611, 643, 645 Geld 181, 227, 341, 515 – Geldwechsler 311, 525, 599 Gellius 93 Gemeinde 40, 43, 44, 45, 46–48, 49, 51, 53, 54, 57, 59f., 62, 82, 83, 97,



102, 103, 104f., 165, 285, 307, 313, 349, 63, 533, 611 Gemeinschaft 83, 204f. Gemeinwohl 307, 309 Gerechtigkeit/gerecht 64, 68, 86, 87, 133, 141, 161, 168, 197, 199, 202f., 235–237, 245, 257, 269, 317, 345, 348, 353, 358f., 386f., 401, 403, 405, 421, 545, 591, 593, 595, 631, 633, 643, 649 Gericht siehe Gott/Gericht Gottes Gerste 601 Geschichte 157, 159, 205, 251, 255, 331 – Geschichte (Erzählung) 111, 273, 358f., 481, 493, 515, 575, 613, 627 – Heilsgeschichte 36f., 41, 43, 73f., 77, 154 Gesetz 38, 49, 81, 99, 113, 139, 143, 163, 168, 179, 201, 203, 225, 253, 259, 267, 271, 275, 281, 321, 323, 329, 357, 369, 397, 433, 446, 457, 459, 483, 485, 486, 491, 495, 529, 537, 555, 577, 591, 603, 615, 635 Gestank 649–651 Gewissen 79, 215, 217, 411, 519–521 Gewohnheit 67, 197, 199 Glaube(n) 49, 59f., 68, 80, 82, 100, 104, 130, 137, 151, 165, 213, 243, 255, 257, 259, 263, 351, 361, 385, 395, 403, 455, 491, 507, 532f, 537, 549, 551–553, 563, 577, 579, 603, 633, 645 – Glaubensregel 200, 205 Gleichnis 323, 486 Glück/Glückseligkeit 63, 99, 167, 200, 341, 367, 451, 502f., 557 Gnade 43, 66, 67–70, 121, 131, 133, 157, 163, 185, 202, 243, 259, 266f., 313, 333, 338, 353, 440f., 501, 556, 641f.



Register

Gnosis/Gnostiker/gnostisch 66, 74f., 139, 253, 318, 326, 328, 562, 567, 592 Götterbild 181, 187, 203, 227, 279, 409–411, 567, 619, 649 Gold 291, 561, 591, 619 Gott siehe Trinität/Vater (Gott Vater) – Allmacht Gottes 123, 171, 231, 309 – Augen Gottes 68f. – Erhabenheit Gottes 641 – Gericht Gottes 66, 76, 103, 149–151, 377–379, 383, 413, 499, 503, 539, 579, 615f., 619, 621, 633 – Gottesdienst 45, 50, 53, 54, 56, 60, 63, 165, 367, 443 – Gottesebenbildlichkeit 403–405, 595, 619 – Gottesfurcht 535 – Gotteslästerung 583 – Gottesschau/Gotteserkenntnis 320, 331, 381, 395f., 397–399, 584, 591, 593, 611 – Gottesverehrung 603, 613, 617, 643 – Gottlosigkeit 417, 571, 575, 589, 627, 629 – Güte Gottes 137, 167, 177, 309, 313, 329, 419, 443, 446, 503, 513, 517, 605, 635 – Kraft Gottes 117, 185, 231, 235, 237, 289 – Leib Gottes 291 – Menschenfreundlichkeit Gottes 109, 111–113, 167, 177 – Rache Gottes 273 – Reich Gottes 273, 357, 369, 403, 497, 499, 543 – Reue Gottes 113, 444–447 – Wesen Gottes 69, 403, 447, 449, 451

– Wille Gottes 147, 238, 501, 509, 575, 617, 635, 641, 642 – Zorn Gottes 451–453 Gregor der Wundertäter 4, 80, 201, 477 Griechen 219, 351 – Griechisch 50f., 54, 449, 557, 562, 565 Güte 64, 68, 69, 102, 645 – Güte Gottes siehe Gott/Güte Gottes gut/das Gute 67, 68, 69f., 71, 76, 78, 94, 103, 109, 121, 137, 144, 155, 168, 187, 227, 237, 269, 275, 301, 305, 307, 367, 399, 404f., 440, 453, 455, 493, 498, 504, 512, 514, 589, 595, 611, 627, 645, 651 Habsucht 133, 135, 181 Häresie/Häretiker 138f., 142, 204f., 253, 275, 276, 285, 291, 307, 350, 409, 416f., 457, 538, 562, 567, 592f., 600, 611 Hain 161, 169, 173 Hammer 82, 527–535, 613–615 Hanamel 641 Hananias 467 Hand 125, 135, 301, 437, 453, 529, 563, 589, 595, 615, 625 Hapaxlegomenon 420 Harmonie 117 Haus 593 Hebräer 24, 50, 52, 331, 495 – Hebräisch 50–54, 203, 230, 255, 260, 331, 339, 401, 410f., 446, 449, 463, 464, 465, 467, 476, 479, 489, 491–495, 507, 516, 517, 524, 557, 586, 593, 605, 622, 640, 644 Hebräerevangelium 344, 382 Hegemonikon siehe Seele Heiden/Heidenvölker/heidnisch 119, 142, 155, 157, 162f., 169, 171, 173, 175, 177–181, 183, 185–187,

Namen und Sachen

191, 197, 199, 204, 225, 227, 257, 291, 293, 309, 325, 349f., 357, 367, 379, 385, 407–409, 443, 455, 469, 493f., 507, 519, 529, 535, 537, 547, 605, 609, 619 Heil/Heilung 61, 66, 67, 69, 74, 75, 79, 91, 94, 95, 102, 103, 104, 163, 179, 181, 183, 185–187, 195, 235, 261, 309, 338, 371, 383, 392, 419, 421, 423–425, 440f., 450, 481, 483, 502f., 555–557, 567–571, 615f., 619, 637 – Heilmittel 94, 97, 149 – Heilsgeschichte siehe Geschichte – Heilsplan (οἰκονομία) 203, 229, 382f., 401, 441, 447, 449, 453, 493 – Heilstrinitarismus siehe Trinität heilig/Heiligkeit/Heiligung 129, 235–237, 317, 353, 421 – Heilige/Heiliger 83, 84, 200, 239, 241, 251, 253, 267, 291, 297, 380, 387, 399, 401, 421, 435, 469, 529, 537, 579, 603, 615, 621, 637, 645 – Heilige Schrift siehe Bibel – Heiliger Geist siehe Trinität – Heiliges Land 162f., 227, 229, 611 Heliodor 93, 608 Herakleon 275 Herakles 182f. Heraklit 365 Hermas 94, 151, 351, 473 Hermeneutik 154, 288 Herodes der Große 42 Herodot 624, 626 Heros 183 Herrlichkeit 72, 123, 125, 143, 193, 264f., 413, 419–421, 498, 543, 595, 605, 619 Herz 40, 53, 62, 79, 84, 86, 103, 142, 143, 153, 161–163, 171, 173, 191, 199, 205, 206f., 213, 219, 252, 266, 281, 401, 411, 413, 434, 455, 459, 483, 491, 517–519, 521, 525, 535,



553, 565, 567, 583, 593, 597, 623, 648f. – Herz der Erde 553–555 Heuchelei 141 Hexapla 17, 51f., 230, 384, 390, 401, 410, 516, 595, 605, 627, 628, 640 Hieronymus 3, 4, 10, 11, 15, 18, 25–28, 29, 31, 32, 35, 83, 88, 95, 109, 110, 111, 113, 115, 117, 121, 129, 133, 134, 135, 136, 140, 144, 148, 150, 159, 160, 161, 165, 169, 170, 171, 172, 173, 209, 233, 234, 237, 240, 243, 244, 245, 247, 253, 255, 258, 261, 266, 267, 268, 270, 272, 273, 274, 276, 278, 281, 291, 297, 301, 302, 304, 310, 314, 315, 316, 318, 319, 327, 329, 330, 331, 333, 337, 344, 348, 350, 355, 363, 370, 377, 379, 381, 386, 390, 391, 396, 398, 400, 401, 406, 410, 411, 415f., 418, 421, 425, 427, 439–441, 450, 469, 471, 472f., 487, 494, 495, 508f., 528, 554, 562, 564, 566, 586, 590, 592, 593, 594f., 599, 600, 602f., 607, 614, 632, 634, 636, 637, 638f., 640f., 643, 644 Hilkija 641, 645 Hillel 49, 50 Himmel 66, 133, 143, 163, 199, 231, 235–239, 247, 279, 345, 355, 399, 421–423, 433, 511, 531, 565, 571, 601, 619 Hippokrates 336 Hirsch 456f. Hirt 175, 188f., 543, 611 – Hirt des Hermas siehe Hermas Hochmut 169, 325 Höhle 395, 397, 399 Hölle 76, 99f., 309, 483, 603 Hoffnung 75, 77, 102, 163, 213, 233, 385–389, 521, 567, 577, 579, 629 Hohepriester 129, 302, 467 Holofernes 513



Register

Homer 526 Homonymie 96, 279, 489–491, 606 Horaz 497 Horoskop 547 Hoshaya der Große 48 Hrabanus Maurus 10, 25, 27, 419 Hülle 71f., 191–193 Huet, Pierre-Daniel 30f. Hunger 273–275, 593 Hurtado de Mendoza, Diego 29, 30 Hyäne 281 Hyginus 546 Hyperbel 376f. Hypostasis 437 Identität 87 Idolatrie 35, 103, 142f., 173, 181– 183, 187, 227, 283, 499, 537, 563, 617, 619, 623, 625, 629, 649 Ijob 563, 619 Individualität 81–87, 367 Inkarnation 84, 109, 120, 125, 229, 251, 347, 381, 395–397 Innerlichkeit 84, 189, 267 Inschrift 46f. Inspiration 579 Interpolation 8 Irenäus von Lyon 467 Ironie 593 Irrtum 98, 101, 501, 567 Isaak 93, 115, 163, 167, 177, 259, 509, 645 Israel 35, 37, 40, 41, 155–157, 159–163, 167, 169, 171, 173, 175, 177, 179, 185–187, 195, 199, 281, 291, 293, 303, 309, 441, 443, 455, 465, 493, 495, 586f., 607, 613, 623, 629, 641, 649 Jäger 393–395, 399, 415, 443 Jagd 611 Jakob 93, 95, 163, 167, 177, 259, 465, 645

Jamblich 129 Jehuda II. 49 Jericho 567, 619 Jerobeam 159, 629, 639 Jerusalem 36, 37, 38f., 41, 111, 164, 172, 199, 207, 225, 245, 255, 273, 279, 301, 327, 329–333, 345, 359, 361, 469, 475–477, 494f., 536f., 549, 551, 553, 561, 567, 591, 603, 617, 631f., 633, 645 Jesaja 55, 58, 114, 133–135, 241, 250, 251, 253, 269, 343, 357, 377, 397, 419, 495, 522f., 571, 621, 623, 625, 627 Jesus 38, 42, 44, 45, 58, 59, 61, 82f., 89, 121, 151, 167, 185, 201, 225, 227, 249, 255, 271, 273, 276f., 281, 283, 287, 299, 321, 323, 329, 331–333, 335, 351, 353, 358f., 378, 391, 395, 396, 399, 403, 417, 421, 423, 425, 433, 443, 459, 462f., 467–469, 470f., 473, 479, 507, 533, 543, 563, 567, 593, 619 – Jesus Christus 46, 47, 82, 83f., 113, 163, 179, 225, 250f., 345, 349, 379, 435, 457, 467, 502, 533, 535 Johannes Chrysostomus 4, 19, 23, 25, 194 Johannes der Täufer 7, 170, 360 Jojachin 595 Jojakim 110f., 595 Jona 97, 108 Joschija 110f., 161 Josef 93 Josephus Flavius 594f. Josua 243, 533 Juda 35, 36, 40, 159–163, 165, 167, 171, 173, 199, 207, 255, 261, 293, 301, 303, 410f., 459, 465, 473, 623 Judäa 551–553, 613, 617, 639, 641, 647 Judas 40, 411, 531, 613, 615

Namen und Sachen

Juden/Judentum 35–54, 90, 133, 157, 163, 177, 203, 255, 269, 273, 274, 281, 289, 321, 325, 331, 333, 341, 349, 360, 367, 377, 385, 411, 443, 457, 467, 494, 523, 537, 561, 603, 649 – Judenchristentum 43f., 90, 91, 331, 491 Judit 94, 513 Jünger 299, 319, 393, 395, 423, 471 Julius Africanus 9, 13, 19, 24, 29, 50 Justin der Märtyrer 37, 54, 94, 164, 243, 263, 267, 269, 270, 321, 490 Kain 400f., 531, 565, 615 Kampf 207, 475, 531, 543, 551, 615, 623, 641 Katechumenat 532 Katechumene 60, 166f., 341, 455, 542f., 547 Katene 329, 396, 400 Kefar ‘Othnay 45–48 Kelsos 93, 95, 468 Keuschheit 86, 317, 501–503, 515 Kind 91, 96f., 99, 100, 101, 102, 105, 121, 123, 131–133, 317, 447–453, 481, 483, 485, 495–497, 505, 515, 540, 609 Kirche 44, 61, 73, 83, 84, 131, 157, 165, 205, 208, 209, 227, 255, 261, 275, 276, 279, 291, 293, 379, 380f., 443, 455, 527, 538–541, 543, 547, 589, 591, 593, 600, 603, 613, 615, 617, 631f., 645–647 Klarheit 462f. Kleophas 519, 521 Klerus 284f., 302 Klugheit 155, 317, 419, 631, 633 König 68, 327, 493, 543, 585, 645, 647 – Königreich 115, 119, 125, 135, 141, 345



Körper 215–217, 290, 295, 439, 525, 551, 565, 579 Kompatibilismus 65, 68, 81 Konsul 241 Kosmologie 65 Kraft 118, 131, 141, 148, 149, 213, 271, 351–355, 377, 411, 426, 467, 501, 509, 578f., 597, 611, 617, 625, 639 – Kraft Gottes siehe Gott Krankheit 57, 145, 149, 309, 337– 339, 423, 427, 496, 561, 569 Kranz 543 Kreuz/Kreuzigung/Kreuzestod 38f., 269–271, 283–285, 289, 321, 329, 331, 359–361, 371, 377, 389, 433, 443, 455, 531, 595, 615 Krieg 421 – Kriegsdienst 389 Kyrill von Alexandria 30 Kyros 625, 627 Lachen 509–511 Laie 285, 287, 302 Lamm 269, 321 Landwirt 80, 201, 651 Laster 75, 181, 299, 311, 385, 389, 498, 545, 547, 553, 555, 569, 571 Latein 564, 619 Lauge 144, 147, 149, 151 Leben 68, 71, 81, 97, 167, 201, 247, 252, 265, 285, 346f., 358, 365, 367, 375, 381, 393, 395, 397, 427, 429, 455, 457, 481, 485, 503, 507, 509, 545, 551, 569, 571, 591, 603, 631, 637, 643, 645 Lehre 205, 207, 211, 269–271, 275, 283, 397, 403, 507, 517, 593, 601, 603, 605, 607, 623, 631, 643 Lehrer 60f., 63f., 80, 81, 92, 96, 97, 140, 199, 201, 217, 266f., 271, 337, 341, 481, 561, 569, 593



Register

Leib 155f., 347f., 381, 396, 513, 515, 591, 599, 603, 611 – Leib Gottes siehe Gott Leid 54, 58, 70, 113, 133, 363, 369, 511–513, 515, 525, 611, 615, 645, 651 Leidenschaft siehe Affekt Leinen 293 Leistung 67, 69 Leopard 583–585 Lesung 18, 111, 161, 375, 384f., 428f., 463, 469, 479, 491 Levit 302f. Libanon 459 Libertarismus 65 Licht 141, 151, 213, 242, 264f., 315, 319–321, 353, 462, 467, 592f. Liebe 68, 69, 97, 181, 213, 325, 379, 427, 453, 497, 521, 563, 611, 623, 631f., 645 Literatur 562 Lob 523 Löwe 42, 209–211, 281, 583–585, 611–613 Logik 209, 286 Logos (λόγος) siehe Wort (Gottes) Lohn 69, 403, 407, 440, 571, 629 Loskauf 355 Lot 109, 335, 565, 619 Lüge 88f., 93–95, 96, 98, 101, 167, 183–185, 187, 351, 477, 593 Lukas 593 Lukian 93, 336 Lukrez 241, 277, 497 Lust siehe Affekt Makkabäer 225 Makro-/Mikrokosmos 601 Maria 252, 382f. Mark Aurel (Kaiser) 237 Markion 138f., 167f., 229, 253, 274f., 306, 309, 318, 417

Martyrium/Märtyrer 47, 58, 60, 165–167, 349, 369, 468 Masse 320, 367, 446, 448, 499, 513, 518 Materie 74f., 279, 290, 443, 567, 591 Maximian (Kaiser) 45 Maximos von Tyros 93 Meder 621 Medizin 57, 61, 75, 149, 307–309, 337, 561, 567–569, 579, 621 Meer 392f., 603 Megiddo 45 Meineid 199 Melito von Sardes 146 Memphis 553 Mensch – innerer Mensch 131, 137 – Menschenfreundlichkeit 645, 647 Metapher 289 Metaphysik 65, 68, 244, 606 – Freiheitsmetaphysik 328, 430, 436, 450f., 457–459 Michael Ghislieri (Ghislerius) 29f. Milch 589 Militär 45f., 48 Minucius Felix 92 Mitleid 103, 231, 307, 309 Mitte 553–555 Moab 629 Modalismus 489 Möglichkeit (δύναμις) 76, 130, 483 Mönchtum 62 Mond 279, 603 Monogamie 502 Moral/Moralphilosophie siehe Ethik Mord 137 Mosaik 46, 47 Mose 72, 127, 131, 183, 193, 241, 243, 250, 253, 257, 319, 329, 357, 393, 395, 397, 400, 431, 433, 467, 533, 577, 595, 649

Namen und Sachen

Mühe 187, 189, 233, 289, 365, 401, 425, 475–477, 504f., 569, 643 Mündlichkeit 33f., 212, 223, 405 Musik 551 Mysterium siehe Geheimnis Mystik/mystisch 84, 159, 209, 253, 287 Mythologie 88 Nachahmung 45, 59, 78, 173 Nachfolge 60, 61, 63, 421, 425, 433, 513, 575 Nachlässigkeit siehe Akrasie Nacht 155, 209, 315 Name 271, 276f., 421, 423, 517, 607 Naphtali 553 Nase 555 Natron 147, 149, 151 Natur 74, 431, 555, 567, 603, 615 – Naturwissenschaft 240–243 Nebukadnezzar 113, 188f., 225, 291, 317, 473, 475– 477, 561, 582, 585, 609, 619, 623, 630–632, 639 Nebusaradan 585 Necho 595 Neologismus 51, 122, 138, 239, 245, 429, 449 Netz 391–393 Niere 525 Nikolaus von Kues 249 Ninive 445, 481–483 Noah 649, 651 Nod 564f. Norden 209 Notwendigkeit siehe Determinismus Nutzen 63, 79, 91f., 94, 95, 96, 98, 112f., 173, 285, 310, 339–341, 347, 448, 503, 505–507, 509, 539, 541, 577, 578f., 651 Ochse 609 Öl 149, 297, 301



Offenbarung 267 Ohr 311, 555, 577 Olympiodor (Diakon) 4, 5, 647 Opfer 165, 585, 591, 649 Orakel 183 Ordnung 243, 277–279, 503 Ostern 9 Pädagogik siehe Erziehung Palästina 551 Pamphilus von Caesarea 151, 244, 253, 264 Parusie siehe Christus/Parusie Christi Pascha 9, 42f., 44, 45, 102, 299, 321–323, 471, 485 Paschor 463–465, 467, 471, 473, 475 Passion siehe Christus/Passion Christi Patriarch 171 Paul von Samosata 386 Paulus 44, 63, 68, 72, 85, 86, 103, 139, 179, 185, 191, 240f., 243, 245–247, 252, 267, 289, 313, 363, 369, 417, 467, 469, 475, 485, 493, 499, 509, 513, 531, 537, 555, 577, 585, 591, 593, 595, 597, 607, 611, 615, 621, 631, 649, 651 – Paulusakten 487 Pelagianismus 638, 642 Peripatos/Peripatetiker 65, 318 Perle 245 Perser 621 Petrus 85, 86, 242, 247, 267, 417, 471, 555 Pfeil 583 Pflanze 137, 142f., 279, 579, 651 Pflicht (καθῆκον) 340f., 611 Pflug 199, 201 Phaethon 545f. Pharao 127, 188f., 219, 309, 537, 609, 615 Pharisäer 169



Register

Philon von Alexandria 80, 89, 94, 95, 96, 114, 126f., 173, 188, 189, 201, 204, 209, 231, 234f., 236, 255, 271, 277, 284, 294, 297, 342, 399, 400, 415, 421, 434, 437, 445, 446f., 452, 467, 472, 486, 487, 496, 508, 543, 564, 565, 579, 583, 607 Philosophie 65, 70, 79, 200, 201, 205, 236, 286, 350, 409, 645 – Christliche Philosophie 81 Photinus 386 Physik 286f. Physiologus 456 Pi-Beset 553 Pilatus 467, 468 Pistis Sophia 311 Platon 70, 73, 75, 78, 79, 87, 89, 93, 94, 95, 131, 147, 201, 213, 236, 244, 247, 278, 306, 328, 364, 365, 436, 451, 473, 492, 497, 512, 540, 575 – Platonismus/platonisch 65, 98, 100, 125, 128, 277, 287, 353, 409, 492, 643, 645 – Pseudo-Platon 236 Plinius der Ältere 241, 414, 456, 608 Plotin 65, 201 Plutarch 65, 287, 294, 336 Polemik 38, 42 Polychronius von Apameia 4 Porphyrius 128, 526 Posaune 61, 207–209, 529–531, 567, 615, 619 Prädestination 72 Präexistenz 205, 228, 233, 556, 566 Praxis 71, 79f., 181, 317, 611, 631f. Prediger 118, 141, 208 Predigt 53, 54, 62f., 87, 104 Presbyter 6, 18, 285, 286, 302f., 341, 367, 633 Priester 301–303, 589 Proklos 129 Proömium 113, 463, 491, 581

Prophet 59f., 61, 81, 84, 113–115, 118, 121, 129–131, 133, 163, 165, 177, 201, 225, 239, 250, 253, 267, 275, 283, 301–303, 319, 321, 323, 337, 339, 343, 344, 357, 361–363, 375, 393, 397, 407, 457, 459, 469, 507, 510, 515, 533, 561, 577, 579, 591, 599, 621 Prophetie 38, 275, 555 Prophezeiung 40, 54, 255, 275, 345, 411–413, 463–465, 493, 495, 523, 643, 645 Prosopopoiie 194f. Ptolemaios 275 Pythia 247 Quelle 423, 437, 457 Quintilian 93 Rabbiner 44, 53, 274 Rätsel 597 Räuber 519, 525 Rahab 93 Rationalität 482, 609 Rebekka 93 Rebhuhn 414–419 Recht 197, 199 Rechtfertigung 173 Regen 113, 155, 239–241 Rehabeam 159, 583, 639 Reich Gottes siehe Gott Reichtum 81, 201, 227, 287, 313, 417, 425, 629, 635 Reinheit 501–503 Reinigung 77, 147–149, 203, 217, 232, 276f., 291, 378, 542, 575, 605, 617 Rest 185 Reue 74, 96, 109, 113, 439, 441, 449–451, 453, 473, 486f., 489–491, 521 – Reue Gottes siehe Gott

Namen und Sachen

Rhetorik 9, 50, 93, 509, 557, 562, 618f., 643 Richter 307 Ring 595 Römer 37, 38, 39, 45 Rufinus von Aquileja 3, 8, 18, 27, 28, 353, 444, 446, 544 Ruhe 200f., 361, 375, 399, 631, 643f. Ruhm 287–289, 311–313, 425, 563, 591, 635 Rute 151 Sabbat 43, 44, 323, 631, 643f. Salbe 149, 567–569, 621 Salomo 233, 264, 527, 575, 593, 613, 631f. Samaria 629 Samaritaner 45, 47 Samen 81, 137, 139, 199, 201–203, 211, 609, 623 Samuel 432f. Sara 93, 465 Schaf 188f., 595, 611 Schallum 641 Scham 187, 189–193, 219, 401, 629 Schande 289, 413, 469, 607, 639 Schatten 224f., 321, 433 Schau siehe Gott/Gottesschau Scheidebrief 161, 163–165, 171, 175 Schicksal siehe Determinismus Schlange 501–503, 505, 513–515, 609 Schlauch 295–301 Schlechtigkeit 303, 305, 317, 319, 365, 367, 429, 453, 543, 567, 569, 589, 603, 625 Schmeichelei 645 Schmerz 77, 215–217, 305, 337–339, 521, 559, 569, 607, 635, 651 Schmied 531 Schmutz 149–151 Schönheit/schön 121, 425, 561–563, 619, 633 Schöpfer 69



Schöpfung 102, 125, 147, 409 Schriftlichkeit 643 Schuld 64, 73, 75, 169 Schüler 63, 217 Schule 63 Schwäche 67, 249, 252, 289, 313, 351, 491, 575, 638f. Schwalbe 587 Schwert 283 Schwur 197–199 Seele 11, 39, 57, 61, 67, 71, 76f., 79, 80, 81, 82, 83, 84, 86, 113, 119, 137, 141, 142f., 145, 147, 149, 155, 156, 163, 189, 191, 193, 199, 201, 203, 205, 215, 217, 219–221, 231–235, 237, 239, 252, 266, 279, 293, 294f., 319, 323–325, 331, 333, 345, 347f., 353, 380, 381, 382f., 391, 392, 393, 395, 411, 416, 423, 435, 436, 457, 462f., 467, 475, 509, 535, 537, 543, 551–553, 555, 565, 567, 569, 571, 575, 583, 589, 591, 593, 599, 601, 603, 607, 621, 623, 631, 647, 651, 653 – Auge der Seele 213 – Hegemonikon (ἡγεμονικόν) 72, 136, 193, 199, 206, 412, 566f., 649 – Seelenwanderung 393 – Seelsorge 80 Sehnsucht 103, 427 Sein 645 Selbst – Selbstbestimmung 65, 66f., 73f., 77, 80, 81, 87, 422f., 436f., 450f., 452 – Selbstentäußerung 121, 246f., 279, 351–353 – Selbsterkenntnis 79, 521 – Selbstsorge 73, 79–81, 201–203, 299, 325, 435–437, 534, 583 Seligpreisung 637 Seneca der Jüngere 87, 236, 241, 445 Sepphoris 42, 48



Register

Septuaginta 12f., 50, 51–53, 179, 203, 204, 226, 230, 260, 281, 339, 383, 390, 401, 411, 446, 449, 463, 464, 467, 476, 479, 489, 507, 516, 522, 524, 557, 583, 586, 593, 595, 605, 612, 629, 638, 640f., 645 Seth 531 Seufzen 637, 638f. Sextussprüche 575 Sibylle 247 Sicherheit 625 Siegel 595 Silber 591 Silvanus 242f. Simon der Jünger 519, 521 Simon der Magier 185 Sinn 119, 295–297, 356f., 367, 371, 395, 411, 437, 462f., 465, 469, 559, 581 – Sinnbild siehe Symbol Sintflut 619 Sklave 171–173 Sodom 245, 297, 335 Sohn (Gottes) siehe Trinität Sokrates 306 Solinus 414 Sonne 155, 278f., 603 Sonntag 44 Sophist 467 Sophokles 93 Soteriologie 78, 105, 156, 185, 202, 218, 265, 268 Spalte 395–399 Speise 227, 320f., 601 Sperling 587 Spiegel 245 Spiritualität 69, 329 Sprache 123–125, 449, 451, 589 Spreu 539, 600f., 615 Stadt 209, 211, 255 Statthalter 241 Stein 161, 171 Steinigung 482f.

Stenographie 18 Stern 278f., 545, 571, 603, 633 Stil 27, 33f. Stoa/Stoiker 65, 81, 87, 93, 101, 102, 112, 130, 136, 148, 193, 206, 219, 236f., 241, 261, 312, 335, 399, 445, 459, 485, 534, 543, 556, 607, 611, 613 Storch 586 Strafe 36, 76, 97, 99–105, 108f., 151, 168, 199, 200, 223–225, 276f., 290f., 299–303, 305, 307, 309, 315, 353, 363, 403, 404f., 440, 473, 483–485, 493, 497, 499, 503, 518, 521, 559, 563, 571, 595, 597, 603, 609, 619, 629 Strenge 635 Substanz 87, 235, 531, 543–545 Substitutionstheorie 36f., 39, 41, 52, 163, 331, 357, 367 Suda 241 Sühne 323 Sünde 37, 40, 41, 67, 71, 76, 77, 100, 102f., 104, 111, 113, 119, 133, 134f., 145, 147, 149, 159–161, 161–163, 167, 169–171, 173, 187, 191, 195, 208, 215, 219, 223–225, 229, 235, 245, 252, 261–263, 269, 283, 291, 301, 307, 311, 315, 317, 319, 323, 327–333, 335, 342f., 345, 346f., 351, 353, 357–359, 363, 377, 379, 381, 383, 393, 401–403, 407, 411– 413, 439, 440, 441, 443, 451, 455, 459, 461, 473, 475, 477, 497–499, 511, 515–517, 518, 519–521, 523, 525, 531, 537, 538f., 542, 545, 547, 553, 555, 559, 561, 563, 571, 583, 589, 595, 605, 607, 613, 619, 621, 632, 637, 639, 645, 649, 651 – Sündenbekenntnis siehe Exhomologese – Todsünde 149, 150 Syene 553

Namen und Sachen

Symbol 58, 116f., 187, 193, 291, 609, 619, 643 Symmachus 51, 53, 390, 595, 627 Synagoge 42, 44, 177, 259, 363, 467, 595, 603 Synekdoche 333 Synergismus 69, 81, 202 Syrien 551 Tabitha 471 Tachpanhes 553 Tacitus 93 Tadel 56f., 58f., 61, 133, 165, 172, 215, 219, 287, 339, 345, 363, 375, 377, 489, 491, 511, 523 Täuschung 88–105, 417, 479–481, 485, 491, 495–497, 499–507, 513, 523, 563, 595, 619 Tag 155, 315 Tal 395, 595 Tapferkeit 317, 633 Tatian 263 Taube 587, 629 Taufe 103, 150f., 177, 403, 407, 477, 532, 609 Teilhabe 232, 252, 265, 353, 498, 545, 611 Tempel 37, 142, 143, 164f., 169, 227, 317, 361, 441, 469, 527, 603, 605, 613, 617, 641 Tertullian 37, 164, 194, 238, 269, 270, 274, 321, 502 – Pseudo-Tertullian 164, 269, 270, 360 Teufel 71, 82, 93, 113, 119, 135, 137, 139, 142, 145, 181, 187, 209–211, 229, 255, 263, 291, 319, 347, 355, 383, 415f., 417, 421, 475, 513, 515, 527–535, 563, 583, 593, 611, 613–615, 625, 630f., 637, 639, 643 Theodizee 70f., 72, 73, 146f., 275, 317–319 Theodor von Mopsuestia 4, 5



Theodoret von Kyrrhos 4, 19, 20, 24, 29, 157 Theodotion 20, 51, 52, 53, 230, 401, 586f., 595 Theologie 65, 287, 447 Theophanie 250 Theophilus von Antiochia 429 Thomasevangelium 540 Tiberius (Kaiser) 42, 361 Tier 281, 649 Timotheus 593 Tod 71, 104, 145, 153, 166f., 171, 225, 259, 321, 347–349, 359, 387, 393, 395, 403, 419, 427, 499, 513, 535, 571, 609 Töpfer 429–431, 435, 439 – Töpfergleichnis 36, 72–74 Tora 44 Torheit 245, 247–249, 419 Träne 595 Transzendenz 250 Traube 113 Trauer 82, 211, 277, 278f., 451, 521, 619, 629 Traurigkeit 181, 345, 535, 563 Trinität 26, 80, 124, 129, 199, 200, 232f., 265, 457 – Vater (Gott Vater) 46, 47, 67, 68, 70, 71, 73, 75, 82, 89f., 95, 103, 109, 111, 123, 125, 127–129, 137, 145, 147, 155, 167, 171, 175, 179, 181, 191, 193, 199, 201, 203–205, 217, 229, 231–235, 233, 250, 253, 259, 263, 267, 275, 279, 289–291, 293, 295, 303, 305, 307, 309, 313, 317, 327, 345, 347, 355, 357, 359, 361, 365, 377, 381, 387, 391, 396, 397, 399, 401, 403, 405, 409, 413, 419, 421, 425, 441–443, 447, 457, 459, 467, 477, 479, 481, 486–491, 489, 491, 497, 501, 505, 511, 513, 523, 525, 529, 535, 543, 545, 559, 561, 565, 569, 575, 579, 587, 595,



Register

599, 605, 607, 621, 627, 629, 637, 643, 645, 649, 653 – Sohn (Gottes) 125, 129, 175, 191, 233, 253, 263, 265, 267, 279, 331, 333, 348, 353, 359, 379, 381, 385, 433, 489, 525, 535, 599 – Heiliger Geist 26, 43, 150f., 177, 233, 253, 265, 267, 333, 342f., 409, 457, 459, 463f., 533, 535, 552f., 633, 637 – Heilstrinitarismus 232, 265 Trost 305, 635 Trunkenheit 563–565, 619 Tugend 68, 86f., 204, 212f., 231, 239, 252, 266, 277, 299, 303, 316f., 345, 381, 399, 420f., 429, 451, 476f., 502, 529, 540, 545, 555, 589, 591, 603, 605, 615, 623, 631, 643, 649 Tyrus 555 Übel siehe Leid Übersetzung 26f., 50, 54, 557, 586, 619, 640 Umkehr 35, 37, 57, 58, 91, 98, 108f., 111–113, 161, 169, 173, 179, 195, 223, 281, 305, 333, 339, 361, 375, 377, 411, 441, 451–453, 455, 481, 489, 523, 587, 595, 617, 638f., 651 Ungerechtigkeit 133, 141, 405, 557 Unglaube 141, 213 Universalismus 77f., 104, 186f., 251, 378 Unklarheit 158f., 323, 561 Unsterblichkeit 271 Unterwelt 432f., 627 Untreue 35, 161, 169, 171 Unveränderlichkeit 69 Unwahrheit 479 Unwissenheit 116, 121–123, 197, 256 Unzucht 103, 135, 137, 141, 161, 169, 173, 283, 483, 499, 519–521, 541, 563, 583 Ursache 145

Utilitarismus 93 Valentin 138, 275, 417 Vater 261–263 – Gott Vater siehe Trinität/Vater Venedig 29 Verantwortung 64, 65, 72, 79, 102, 103, 105, 423 Verbannung 305 Verdienst 440, 545, 604 Vergebung 403 Vergöttlichung 182f. Verheißung 39, 115, 163, 169, 181, 205, 257, 259, 299, 371, 395, 405, 439, 440, 441–443, 451, 453, 509, 559, 651 Verkündigung 339, 397, 601 Verleumdung 135 Vernunft 78, 85, 101, 102, 155, 189, 206, 219, 261, 309, 313, 352f., 367, 399, 485, 515, 535, 539, 543, 591, 601, 610f. Verstand 187, 311, 433, 563, 597, 627, 629 Verstockung 72, 219, 309 Versuchung 387, 529–531, 533, 615, 641 Vertrag 511, 513–515, 517, 631 Verwandlung 393 Viktor (Presbyter) 4 Virginität 502 Vision 597 Volk 43, 57, 115, 119, 129–131, 135, 141, 157, 163, 169, 193, 223, 225, 250, 257259, 273, 281, 283, 289, 291, 293, 297, 307, 331, 339, 355–361, 377, 385, 439–445, 451, 459, 493, 495, 589, 597, 603, 607, 610, 617 – Volk Gottes 137 Vollkommenheit 43, 77, 82, 119, 147, 217, 222, 509, 533, 565–567, 649

Namen und Sachen

Vorherwissen 74, 445, 450f., 633 Vorsehung 50, 64, 65, 70, 77, 79, 81, 159, 217, 218, 317, 375, 557, 579 Wahrheit 56f., 60, 61, 62, 63, 64, 89, 91, 94, 95, 98f., 101, 102, 105, 119, 143, 163, 165, 167, 171, 183, 197–199, 209, 211, 219, 239, 241, 265, 345, 348, 349, 351, 353, 358f., 360, 363, 365, 369, 377, 417, 421, 446, 467, 475, 477, 479, 481, 492, 496, 503, 505, 517, 518, 539, 545, 547, 575, 591, 593, 603, 611, 633, 637, 647 Wahrnehmung 599 Wahrscheinlichkeit 169 Wasser 271, 277, 279, 457–459, 609 Weg 167, 265, 509, 511 Weihe 625 Weihrauch 459–461, 591 Wein 295–301, 565, 607, 619, 627 – Weinberg 113, 421 – Weinstock 145, 147, 169, 381, 544f., 605, 651 Weinen 323–325, 509–511, 637 weise/der Weise 102, 275, 342, 399, 409, 445, 503 Weisheit 85, 86, 87, 94, 117, 121, 143, 180, 231, 233, 235, 237, 243, 245, 247–249, 264f., 287, 297, 299, 316, 321, 343–345, 348, 353, 358f., 367, 381, 419, 421, 432f., 437, 467, 511, 543, 545, 555, 574f., 576f., 621, 631–633 Weizen 539, 600f., 615 Welt 231–235, 247–249, 251, 253, 256, 271, 303, 309, 315, 369, 393, 409, 417, 433, 511, 583, 601 Werk 153, 171, 191–193, 233, 239, 241, 252, 259, 265, 283, 301, 387, 401, 439, 595, 633 Wiedergeburt 177, 403, 609



Wiederherstellung siehe Apokata­ stasis Wille 67, 76, 155, 231, 263, 312f., 337, 387, 423, 429, 431, 440, 483, 539, 642 – Wille der Schrift 110f., 159, 162, 369, 467, 526f., 552f. – Wille Gottes siehe Gott – Willensfreiheit siehe Freiheit – Willensschwäche siehe Akrasie Wind 243 Winzer 544f., 605 Wirklichkeit (ἐνέργεια) 68, 70, 130 Wissen 78, 123, 155, 197, 217, 235–237, 267, 268f., 391, 561, 579, 599 Witwe 589 Wohlgeruch 577, 649 Wohltätigkeit 155, 317 Wolf 583 Wolke 113, 239–243 Wort (Gottes) 60, 77, 78, 81, 96, 113, 119, 123, 125, 133, 139, 140f., 148, 149, 187, 205, 207–209, 215, 250f., 253, 255, 259, 265, 267, 269–271, 275, 283, 285, 305, 321, 325, 347f., 352f., 358, 367, 375, 381, 393, 395, 426, 433, 435, 437, 448, 467, 469, 471, 473, 475, 487–489, 501, 507, 509, 515, 517, 525, 543, 547, 553, 574f., 577, 579, 593, 597, 601, 603, 611 Würdigkeit/würdig 127, 151, 168, 197, 245, 293, 294f., 309, 313, 331, 343, 347, 401, 441, 451, 487, 519, 525, 559, 571, 598f., 633, 637 – Würde des Heiligen Geistes 118 – Würde der Schrift 118 – Würde des Wortes 118f. Wüste 155–157, 211, 231–233, 235, 635 Wunde 149, 195, 371, 561, 567 Wunder 157, 165, 167, 183–185, 361

 Xenokrates 614 Xenophon 93, 414, 497, 627 Yom Kippur 43, 323, 643f. Zahl 643f. Zauberei 283 Zauberer 467 Zeder 593 Zeit 315–317, 472f. Zelt 589 Zenon 136, 206, 277 Zensur 28 Zerstreuung 303–305

Register

Zeuge 119, 197, 199, 264f. Zeugung 291 Zidkija 111, 585, 647 Zion 209, 547, 609, 617 Zorn 73, 96, 97, 99, 135, 181, 192f., 207, 211, 223, 301, 486–491, 493, 503, 535, 537–541, 542, 558f., 563, 596f., 607, 615–617, 619, 623, 635 – Zorn Gottes siehe Gott/Zorn Gottes Zuversicht 281, 387, 401 Zwang 68, 78, 493 Zweifel 351