Weltkartellrecht: Ausgangslage Und Ziele, Methoden Und Grenzen Der Internationalen Vereinheitlichung Des Rechts Der Wettbewerbsbeschrankungen ... und internationalen Privatrecht, Band 63) 316146978X, 9783161603174, 9783161469787

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Weltkartellrecht: Ausgangslage Und Ziele, Methoden Und Grenzen Der Internationalen Vereinheitlichung Des Rechts Der Wettbewerbsbeschrankungen ... und internationalen Privatrecht, Band 63)
 316146978X, 9783161603174, 9783161469787

Table of contents :
Titel
Vorwort
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
I. Internationale Vereinheitlichung des Kartellrechts
II. Ausgangslage: Das materielle Wettbewerbsrecht im internationalen Vergleich
1. Entwicklung
2. Vergleich der Strukturen
III. Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze
1. Vorbemerkungen
2. Strikte Territorialität
a) Begriff
b) Anwendungsbereich des britischen Wettbewerbsrechts
c) Carrying on business
3. Pseudoterritorialität: Unternehmenseinheit und Durchführungsort
a) Verfremdung territorialer Anknüpfung
b) Unternehmenseinheit
c) Durchführungsort
4. Auswirkungsprinzip
a) Rechtspolitische Begründung
b) Verankerung und Tragweite im positiven Recht
c) Grenzen des Auswirkungsprinzips
5. Abwägungsprinzip
a) Inhalt und Begründung
b) Restatement Third und Antitrust Enforcement Guidelines
c) Das Abwägungsprinzip in der Rechtsprechung
6. Auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen
a) Begründung für die Freistellung von Exportkartellen
b) Die Freistellung im positiven Recht
7. Resümee
IV. Prozessuale Grenzen für die Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze
1. Völkerrechtliche Grenzen
2. Kooperationsabkommen
a) Quellen
b) Amtshilfe, positive comity und Gleichlaufprinzip
c) Australia New Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement
V. Die Anwendung ausländischen Wettbewerbsrechts
1. Internationales Kartellverwaltungsrecht
2. Internationales Kartellprivatrecht
VI. Ziele der Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen
1. Freihandelspolitik und Wettbewerbsrecht
a) Perpetuierung staatlicher Handelsschranken
b) Dumping-Abwehr und Wettbewerbsrecht
c) Die wettbewerbsrechtliche Lücke in TRIPS
d) Die wettbewerbsrechtliche Lücke in GATS
e) Verbot von Selbstbeschränkungsabkommen und Verbot von Exportkartellen
2. Ausfüllung von Vollzugslücken
a) Schwächen der nationalen Administration des Wettbewerbsrechts
b) Änderung des Kollisionsrechts und Kooperation
c) Die „Gretchenfrage“ des internationalen Kartellrechts
3. Vermeidung von Jurisdiktionskonflikten
4. Kanalisierung der Wettbewerbsaufsicht
5. Wettbewerbspolitische Bewußtseinsbildung
VII. Einwände gegen die Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts
1. Der Wettbewerb der Kartellrechtsordnungen
a) Institutioneller Wettbewerb als rechtsvergleichendes Entdeckungsverfahren
b) Stellungnahme: Wettbewerb oder Wettbewerb der Kartellrechte?
2. Wettbewerbspolitische Divergenzen
a) Erste Konsequenz: Gruppe der teilnehmenden Staaten
b) Zweite Konsequenz: Gegenstände der Harmonisierung
c) Dritte Konsequenz: Mindestharmonisierung
d) Vierte Konsequenz: Anwendung nur auf internationale Fälle
3. Begrenztheit der Verhandlungsressourcen
VIII. Frühere Versuche zur Vereinheitlichung des Kartellrechts
1. Ansätze zu verbindlichen Regelungen
a) Havanna-Charta
b) Spätere Initiativen
2. Wettbewerbsrechtliche Verhaltensrichtlinien
a) OECD-Leitsätze
b) UN-RBP-Code
c) TOT (Transfer of Technology) Code
d) UNCTAD Liner Code
e) Bedeutung des soft law
IX. Der Draft International Antitrust Code
1. Prinzipien
2. Materielle Regelungen im Überblick
a) Horizontale und vertikale Absprachen
b) Zusammenschlußkontrolle
c) Mißbrauchsverbot und öffentliche Unternehmen
d) Sanktionen
3. Verfahren und Institutionen
a) Überblick
b) Prozessuale Rechte der Internationalen Wettbewerbsbehörde in nationalen Verfahren
c) Kooperation der nationalen Kartellbehörden
d) Internationale Streitbeilegung in Anlehnung an das WTO-Verfahren
X. Grundsätzliche Empfehlungen zur Kartellrechtsvereinheitlichung
1. Das Ziel
2. Kartellrechtsvereinheitlichung als Prozeß
3. Forum und teilnehmende Staaten
4. Methoden der Rechtsangleichung
a) Verbindliche Regelungen
b) Mindestharmonisierung
c) Angleichung durch nicht unmittelbar anwendbaren Vertrag
d) Anwendungsbereich: Internationale Sachverhalte
XI. Empfehlungen zu Gegenstand und Inhalt
1. Private Wettbewerbsbeschränkungen
2. Materielles Weltkartellrecht
a) Horizontale Absprachen und Verhaltensabstimmungen
b) Vertikale wettbewerbsbeschränkende Absprachen
c) Mißbrauch marktbeherrschender Stellungen
d) Unternehmenszusammenschlüsse
e) Sanktionen
XII. Empfehlungen zur Durchsetzung
1. Internationale Wettbewerbsagentur
a) Aufgaben
b) Kooperationspflichten der Staaten
c) Klagerecht
2. Nationale Verfahren und Kooperation
a) Ein plurilaterales Abkommen über Kernpflichten der Kooperation
b) Weitere Abkommen über spezifische Kooperationspflichten
3. Internationale Streitbeilegung
a) Vorteile des WTO-Verfahrens
b) Anpassung des WTO-Verfahrens
XIII. Resümee
XIV. Nachwort
Anhänge – Übersicht
Anhang I: Welthandelsrecht
Anhang II: Havanna-Charta
Anhang III: OECD-Erklärung von 1976
Anhang IV: UNCTAD-RBP-Code
Anhang V: Draft International Antitrust Code
Anhang VI: Pacto Andino
Anhang VII: MERCOSUL
Anhang VIII: NAFTA
Anhang IX: US-EC Agreement
Anhang X: Australia-New Zealand
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Dokumente
Verzeichnis der Entscheidungen
Register

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Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht

63 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut fiir ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Jürgen Basedow, Klaus J. Hopt und Hein Kötz

Jürgen Basedow

Weltkartellrecht Ausgangslage und Ziele, Methoden und Grenzen der internationalen Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen

Mohr Siebeck

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Basedow, Jürgen: Weltkartellrecht: Ausgangslage und Ziele, Methoden und Grenzen der internationalen Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbs­ beschränkungen/ Jürgen Basedow. -Tübingen: Mohr Siebeck, 1998 (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht; 63) ISBN 3-16-146978-X / eISBN 978-3-16-160317-4 unveränderte eBook-Ausgabe 2022

© 1998 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. J ede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigu ngen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Bembo-Antiqua gesetzt, auf alte­ rungsbeständigem Werkdruckpapier der Papierfabrik Weissenstein in Pforzheim gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden.

Vorwort

B e m ü h u n g e n u m eine internationale Vereinheitlichung des R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen sind in der Nachkriegszeit u n d n o c h einmal u m 1980 gescheitert. Dies hat mancherlei Ursachen. D e r H a u p t g r u n d dürfte darin liegen, daß das Modell des Wettbewerbs seinerzeit n o c h mit ganz anderen Ordnungsvorstellungen von zentral gelenkten Volkswirtschaften k o n k u r rierte u n d seine Überlegenheit n o c h nicht endgültig unter Beweis gestellt hatte. Solange sich das Vertrauen in die Optimierungswirkungen des W e t t b e werbs n o c h nicht weltweit durchgesetzt hatte, k o n n t e es einen Konsens über ein Weltkartellrecht nicht geben. Mit d e m Z u s a m m e n b r u c h der sozialistischen Systeme hat sich die wirtschaftspolitische Grundlage für eine internationale Vereinheitlichung des R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen e n t scheidend verändert. Indiz dieses Wandels ist die gewaltige Z u n a h m e der Kartellgesetzgebung überall auf der Welt während des letzten Jahrzehnts. D i e parallele Verfestigung des Freihandelssystems in d e m U b e r e i n k o m m e n über die Welthandelsorganisation von 1994 hat zugleich den Blick auf die offene wettbewerbsrechtliche Flanke des Welthandelsrechts gelenkt. Die genannten Umstände begünstigen einen erneuten Versuch, w e t t b e werbsrechtliche Grundsätze in einem universellen U b e r e i n k o m m e n festzulegen. Erste Sondierungen darüber sind im R a h m e n einer Arbeitsgruppe der Welthandelsorganisation a u f g e n o m m e n worden. D i e vorliegende U n t e r s u c h u n g soll in diesem frühen Stadium einen Beitrag zur O r d n u n g der Problem e u n d O p t i o n e n leisten, dies in der Erwartung, spätere Verhandlungen b e fruchten zu k ö n n e n . Sie geht auf eine Anregung der M o n o p o l k o m m i s s i o n zurück, die m i c h zur Vorbereitung ihres XII. Hauptgutachtens u m eine A u f arbeitung des Problemfeldes u n d u m Empfehlungen gebeten hat. Das f ü r die Monopolkommission erstattete Gutachten wird hiermit in leicht veränderter F o r m u n d mit einigen Anhängen versehen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bei der Vorbereitung des Buches habe ich mancherlei Hilfe erhalten. H e r r Ministerialrat Baron v o m Bundesministerium für Wirtschaft gestattete d e n Einblick in die Akten der W T O - A r b e i t s g r u p p e zur Wettbewerbspolitik, Dr. Dietmar Baetge, R e f e r e n t am Institut, hat die Akten für m i c h ausgewertet. Rechtsreferendarin D o r o t h é e Janzen, Assessor Tobias Bosch u n d cand. iur.

VI

Vorwort

Jens Scherpe haben bei der Materialbeschaffung mitgewirkt, Frau Janzen auch bei der Erstellung der Register. Frau Eva Wirth hat die Korrektur der Druckfahnen besorgt, und Frau Jutta de la Fuente hat neben mancherlei Aufgaben des Direktionssekretariats das Manuskript mit viel Engagement geschrieben. Ihnen allen gilt mein Dank an dieser Stelle. Hamburg, im Januar 1998

Inhalt

Vorwort Abkürzungsverzeichnis

V XIII

I. I n t e r n a t i o n a l e V e r e i n h e i t l i c h u n g d e s K a r t e l l r e c h t s

1

II. A u s g a n g s l a g e : D a s m a t e r i e l l e W e t t b e w e r b s r e c h t i m internationalen Vergleich

5

1. Entwicklung

5

2. Vergleich der Strukturen

7

III. D e r i n t e r n a t i o n a l e A n w e n d u n g s b e r e i c h d e r Wettbewerbsgesetze

11

1. Vorbemerkungen

11

2. Strikte Territorialität a) Begriff b) Anwendungsbereich des britischen Wettbewerbsrechts . . . . c) Carrying on business

12 12 13 14

3. Pseudoterritorialität: U n t e r n e h m e n s e i n h e i t u n d Durchfiihrungsort a) Verfremdung territorialer Anknüpfung b) Unternehmenseinheit c) Durchfuhrungsort

15 15 16 18

4. Auswirkungsprinzip a) Rechtspolitische Begründung b) Verankerung und Tragweite im positiven Recht c) Grenzen des Auswirkungsprinzips

19 19 20 22

5. Abwägungsprinzip a) Inhalt und Begründung

23 23

Inhalt

VIII

b) Restatement Third und Antitrust Enforcement Guidelines c) Das Abwägungsprinzip in der Rechtsprechung

24 25

6. Auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen

26

a) Begründung für die Freistellung von Exportkartellen

27

b) Die Freistellung im positiven R e c h t

28

7. R e s ü m e e

IV. Prozessuale Grenzen für die Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze 1. Völkerrechtliche Grenzen 2. Kooperationsabkommen

29

31 31 33

a) Quellen

33

b) Amtshilfe, positive comity und Gleichlaufprinzip

35

c) Australia N e w Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement

V. Die Anwendung ausländischen Wettbewerbsrechts

36

38

1. Internationales Kartellverwaltungsrecht

38

2. Internationales Kartellprivatrecht

39

VI. Ziele der Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen 1. Freihandelspolitik und Wettbewerbsrecht a) Perpetuierung staatlicher Handelsschranken

41 41 42

b) Dumping-Abwehr und Wettbewerbsrecht

43

c) Die wettbewerbsrechtliche Lücke in T R I P S

44

d) Die wettbewerbsrechtliche Lücke in GATS

45

e) Verbot von Selbstbeschränkungsabkommen und Verbot von Exportkartellen

45

2. Ausfüllung von Vollzugslücken

46

a) Schwächen der nationalen Administration des Wettbewerbsrechts

46

b) Änderung des Kollisionsrechts und Kooperation

47

c) Die „Gretchenfrage" des internationalen Kartellrechts

48

3. Vermeidung von Jurisdiktionskonflikten

48

4. Kanalisierung der Wettbewerbsaufsicht

49

5. Wettbewerbspolitische Bewußtseinsbildung

51

Inhalt

VII. Einwände gegen die Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts 1. D e r Wettbewerb der Kartellrechtsordnungen a) Institutioneller Wettbewerb als rechtsvergleichendes Entdeckungsverfahren b) Stellungnahme: Wettbewerb oder Wettbewerb der Kartellrechte?

IX

53 53 53 55

2. Wettbewerbspolitische Divergenzen a) Erste Konsequenz: Gruppe der teilnehmenden Staaten . . . . b) Zweite Konsequenz: Gegenstände der Harmonisierung . . . c) Dritte Konsequenz: Mindestharmonisierung d) Vierte Konsequenz: Anwendung nur auf internationale Fälle

56 57 58 59 60

3. Begrenztheit der Verhandlungsressourcen

60

VIII. Frühere Versuche zur Vereinheitlichung des Kartellrechts

61

1. Ansätze zu verbindlichen R e g e l u n g e n a) Havanna-Charta b) Spätere Initiativen

62 62 63

2. Wettbewerbsrechtliche Verhaltensrichtlinien a) OECD-Leitsätze b) U N - R B P - C o d e c) T O T (Transfer of Technology) Code d) U N C T A D Liner Code e) Bedeutung des soft law

64 65 65 67 67 67

IX. Der Draft International Antitrust C o d e

70

1. Prinzipien

70

2. Materielle R e g e l u n g e n im Uberblick a) Horizontale und vertikale Absprachen b) Zusammenschlußk'ontrolle c) Mißbrauchsverbot und öffentliche Unternehmen d) Sanktionen

72 72 73 75 76

3. Verfahren u n d Institutionen a) Überblick b) Prozessuale Rechte der Internationalen Wettbewerbsbehörde in nationalen Verfahren

76 76 77

X

Inhalt

c) Kooperation der nationalen Kartellbehörden d) Internationale Streitbeilegung in Anlehnung an das WTO-Verfahren X . Grundsätzliche Empfehlungen zur Kartellrechtsvereinheitlichung

79 80

84

1. Das Ziel

84

2. Kartellrechtsvereinheitlichung als Prozeß

87

3. F o r u m u n d teilnehmende Staaten

89

4. M e t h o d e n der Rechtsangleichung a) Verbindliche Regelungen b) Mindestharmonisierung c) Angleichung durch nicht unmittelbar anwendbaren Vertrag d) Anwendungsbereich: Internationale Sachverhalte

90 90 91

X I . E m p f e h l u n g e n zu Gegenstand u n d Inhalt

91 92 94

1. Private Wettbewerbsbeschränkungen

94

2. Materielles Weltkartellrecht a) Horizontale Absprachen und Verhaltensabstimmungen . . . . b) Vertikale wettbewerbsbeschränkende Absprachen c) Mißbrauch marktbeherrschender Stellungen d) Unternehmenszusammenschlüsse e) Sanktionen

96 96 97 97 98 99

XII. Empfehlungen zur Durchsetzung

102

1. Internationale Wettbewerbsagentur a) Aufgaben b) Kooperationspflichten der Staaten c) Klagerecht

102 102 103 103

2. Nationale Verfahren u n d Kooperation a) Ein plurilaterales Abkommen über Kernpflichten der Kooperation b) Weitere Abkommen über spezifische Kooperationspflichten

104

3. Internationale Streitbeilegung a) Vorteile des WTO-Verfahrens b) Anpassung des WTO-Verfahrens

107 107 107

104 105

Inhalt

XI

XIII. Resümee

109

XIV. Nachwort

111

Anhänge — Übersicht

113

Anhang I: Welthandelsrecht

115

Anhang II: Havanna-Charta

124

Anhang III: OECD-Erklärung von 1976

130

Anhang IV: U N C T A D - R B P - C o d e

131

Anhang V: Draft International Antitrust Code

142

Anhang VI: Pacto Andino

155

Anhang VII: M E R C O S U L

161

Anhang Vili: NAFTA

168

Anhang IX: U S - E C Agreement

171

Anhang X: Australia-New Zealand

178

Literaturverzeichnis

185

Verzeichnis der Dokumente

192

Verzeichnis der Entscheidungen

193

Register

195

Abkürzungsverzeichnis

ABl. EG Abs. AJP/PJA All E.R. Am. J. Comp. L. Anm. Ann. Inst. dr. int. Ann.fr.dr.int. Antitrust and Trade Reg. Rep. (BNA) Antitrust Bull. Antitrust L. Journ. ANZCERTA ArchVR Art. AS Aufl. BGBl. BKartA Brit. YB Int. L. Brooklyn J. Int. L. Bull. EU bzgl. bzw. c. C.L.J. C.M.L. Rev. eh. Ch. D. eif Cir. Co. Col.

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Aktuelle Juristische Praxis/Pratique Juridique Actuelle The All England Law Reports The American Journal of Comparative Law Anmerkung Annuaire de l'Institut de droit international Annuaire français de droit international Antitrust and Trade Regulation Report (BNA) Antitrust Bulletin Antitrust Law Journal Australia New Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement Archiv des Völkerrechts Artikel Amtliche Sammlung (Sammlung der Eidgenössischen Gesetze) Auflage Bundesgesetzblatt Bundeskartellamt The British Yearbook of International Law Brooklyn Journal of International Law Bulletin der Europäischen Union bezüglich beziehungsweise chapter, caput Cambridge Law Journal Common Market Law Review chapter Chancery Division cost, insurance, freight Circuit Company Colorado

XIV Corp. d.h. D. N.J. DePaul L. Rev. ders. DIAC Dir. Com. Int. Diss. doc. Dok. DSB DSU ebd. ECOSOC ed. ed. EEC EG EGV Einl. EMRK Eng. Rep. Engl. EStIGH etc. EU EuGH Eur. Compet. L. Rev. EuZW EWG F. 2d F. Supp. f., ff. FKVO Fn. FS FTC GATS GATT Germ. YB Int.L. GRUR/Int. GWB H.L.

Abkürzungsverzeichnis

Corporation das heißt District of N e w Jersey DePaul Law Review derselbe Draft International Antitrust Code Diritto del commercio internazionale Dissertation document Dokument Dispute Settlement Body Dispute Setdement Understanding ebenda Economic and Social Council (UN) editor édition European Economic Community Europäische Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einleitung Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten The English Reports England Entscheidungen des Ständigen Internationalen Gerichtshofs et cetera Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften European Competition Law Review Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Federal Reporter Second Series Federal Reporter Supplement folgende Fusionskontrollverordnung Fußnote Festschrift Fair Trade Commission General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade German Yearbook of International Law Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen House of Lords

Abkürzungsverzeichnis

Hrsg. ICI id. ILA Rep. Inc. Int. Bus. Lawyer Int. Encycl. Comp. L. Int. Lawyer Int. Leg. Mat. Int. Trade L. & Regul. IPR IPRax IPRspr. ITO J. World Trade J. World Trade L. J.C.P. Jac. J.O. Journ. dr. int. K.B. KG Komm, krit. L. & Contemp. Probl. L. Ed. L. Pol.Int.Bus. L. Q. Rev. LG lit. MERCOSUR Minn. MTO N. N.C.J. Int. L. Com. Regul. N.D. III. N.J. N.S.W, no. Nr. Nw. Journ. Int. L. Bus. o.J.

XV

Herausgeber Imperial Chemical Industries idem T h e International Law Association. Report of the ... conference Incorporated International Business Lawyer International Encyclopedia of Comparative Law T h e International Lawyer International Legal Materials International Trade Law & Regulation Internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts International Trade Organisation Journal of World Trade Journal of World Trade Law Jurisclasseur périodique. La semaine juridique Jacobus Journal Officiel Journal du droit international (Clunet) King's Bench Kammergericht Kommission kritisch Law & Contemporary Problems United States Supreme Court Reports — Lawyer's Edition Law and Policy in International Business T h e Law Quarterly Review Landgericht litera Mercado común del sur Minnesota Multilateral Trade Organisation Note North Carolina Journal of International Law and Commercial Regulation Northern District of Illinois N e w Jersey N e w South Wales number, numéro Nummer Northwestern Journal of International Law and B u siness ohne Jahr

XVI OECD

Abkürzungsverzeichnis

Organisation for Economic Cooperation and Development OGH Oberster Gerichtshof (Osterreich) Oberlandesgericht OLG P. L. Public Law P. Wms. Peere Williams (Reports) Permanent Court of International Justice P.C.I.J. Pacific R i m L. Pol. J. Pacific R i m Law and Policy Journal par. paragraph pp. pages RabelsZ Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht R B P Code Restrictive Business Practices Code RdNr. Randnummer Recueil des cours de l'Académie de droit internatioRec. des cours nal de La Haye Rev. der. ind. Revista del derecho industrial Rev. inf. leg. Revista de informaçâo legislativa RGB1. Reichsgesetzblatt RIW Recht der internationalen Wirtschaft Rechtssache Rs. s. siehe S. Seite S. Ct. Supreme Court (USA) sect. section Sammlung sig. sog. sogenannt Stat. Statutes at Large StIGH Ständiger Internationaler Gerichtshof Swiss Rev.Int.Compet.L. Swiss Review of International Competition Law SZ Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen SZIER Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht TIAS Treaties and Other International Acts Series T O T Code Transfer of Technology Code TranspR Transportrecht TRIMs Agreement on Trade-Related Investment Measures Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual TRIPS Property Rights Tz. TextzifFer U.S.C. United States Code Ubk. Ubereinkommen UN United Nations UNCTAD United Nations Commission for Trade and Development Uniform L. Rev. Uniform Law Review

Abkürzungsverzeichnis

Univ. UNTS usw. verb. vgl. VO vol. WM WTO WuW WuW/E z.B. z. T. ZaöRV ZEuP ZJapanR ZNR

XVII

Universität United Nations Treaty Series und so weiter verbundene vergleiche Verordnung volume Wertpapiermitteilungen World Trade Organisation Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungssammlung zum Kartellrecht zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift fur Europäisches Privatrecht Zeitschrift für japanisches R e c h t Zeitschrift fur Neuere Rechtsgeschichte

I. Internationale Vereinheitlichung des Kartellrechts Einleitung

Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, W T O ) am 15. April 1994 in Marrakesch 1 ist die internationale Vereinheitlichung des Kartellrechts wieder zum Gegenstand rechtspolitischer und wirtschaftspolitischer Überlegungen geworden. Sie knüpfen an die »Havanna Charta für eine internationale H a n delsorganisation (International Trade Organisation, ITO)« an2, die am 24. März 1948 als Ergebnis längerer Unterhandlungen unterzeichnet wurde und die Weltwirtschaftsordnung der Nachkriegszeit in einem umfassenden Sinne zu gestalten bestimmt war. Das ITO-Abkommen enthielt Bestimmungen über die allgemeinen Ziele der Organisation, über die Beschäftigung, die wirtschaftliche Entwicklung und den Wiederaufbau, einen Abschnitt über die Handelspolitik, der weitgehend dem kurz zuvor abgeschlossenen Welthandelsabkommen GATT entsprach 3 , sowie Vorschriften über die Schaffung einer Institution zur Verwirklichung der Charta, Abkommen über R o h p r o dukte und Regeln über internationale Wettbewerbsfragen 4 . ' Die ratifizierungspflichtigen Teile des Ubereinkommens sind veröffentlicht in BGBl. 1994 II, 1438 - 1764; eine umfassende Veröffentlichung findet sich - auch in deutscher Sprache - in ABl. EG 1994 L 336/1. Siehe dazu Jansen, Die neue Welthandelsorganisation (World Trade Organisation - W T O ) : E u Z W 1994, 333-337; Hilf, Negotiating and Implementing the Uruguay R o u n d : T h e R o l e of E C Member States — T h e Case of Germany, in: Jackson/Sykes (Hrsg.) Implementing the Uruguay R o u n d (Oxford 1997) 121 - 136. 2 U. S. Department of State, Havana Charter for an International Trade Organization, P u blication 3206. Commercial Policy Series 114 (Washington, D. C. 1948); Text auch bei Wilcox, A Charter for World Trade (New York 1949) 23 Iff.; siehe dazu Jaenicke, Artikel »Havana Charter«, in Bernhardt (Hrsg.) Encyclopedia of Public International Law, Installment 8 (1985) 260-264 mit weiteren Nachweisen. 3 General Agreement on Tariffs and Trade vom 30.10. 1947, BGBl. 1951 II, 173 = U N T S 55, 187. 4 Das Kapitel V der ITO-Charta, das den Wettbewerb betrifft, ist abgedruckt in Anhang II.

2

Internationale Vereinheitlichung des Kartellrechts

Die ursprünglich von den USA verfolgten Prinzipien einer Liberalisierung des Welthandels waren freilich durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen so durchlöchert worden, daß sich die Stimmung der maßgeblichen Kreise in Wirtschaft und Politik der USA gegen die Havanna Charta wendete und Präsident Truman schließlich darauf verzichtete, sie dem Kongreß zur Zustimmung vorzulegen 5 . Damit blieb von der I T O nur das Welthandelsabkommen GATT übrig, das schon vorzeitig und als Provisorium bis zur späteren Schaffung der I T O in Kraft gesetzt worden war. Auch wenn das GATT im Laufe der Zeit mit einem eigenen Verwaltungsapparat und eigenen Organen ausgestattet wurde, so verfugte es doch über eine völkervertraglich geschaffene O r ganisationsstruktur ebensowenig wie über die völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit 6 . Schon insofern fehlte es bislang an der für eine Weltkartellaufsicht erforderlichen administrativen Grundlage. Eine solche institutionelle Struktur ist nunmehr durch das W T O - A b k o m men von 1994 geschaffen worden. Die W T O hat nach Art. VIII Rechtspersönlichkeit, und sie verfugt gemäß Art. IV und VI über eigene Organe. Nicht zuletzt haben sich die Mitgliedstaaten im Anhang 2 des Abkommens auf R e geln und Verfahren der Streitbeilegung geeinigt. Damit sind gewisse Grundvoraussetzungen geschaffen, ohne die eine Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts von vornherein die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen könnte. Es überrascht daher nicht, daß die Frage einer einheitlichen Wettbewerbspolitik neu aufgeworfen wurde, nachdem ein institutioneller Rahmen dafür besteht. Der innere Sachzusammenhang zwischen dem Abbau staatlicher Handelsschranken und der Einführung einer auf das Verhalten der Unternehmen ausgerichteten Wettbewerbspolitik ist unabweisbar. Soweit sich die Politik auf eine isolierte Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs beschränkt und auf flankierende wettbewerbsrechtliche Maßnahmen verzichtet, ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß die Unternehmen die früheren staatlichen Handelsschranken durch private Absprachen wie z.B. internationale Marktabgrenzungskartelle ersetzen. Die Liberalisierung des Handels wäre dann rein formal und würde nicht durch die angestrebte Intensivierung des Warenaustausches ausgefüllt; die beabsichtigte Steigerung der Wohlfahrt bliebe aus7. 5 Z u r Geschichte siehe Senti, GATT-System der Welthandelsordnung (Zürich 1986) 12ff.; Dam, T h e G A T T — Law and International Economic Organization (Chicago 1970)

10 - 16. 6 Senti (vorige N.) 39; Petersmann, International Trade Organizations — GATT and U N C T A D , in: Int. Encycl. Comp. L. vol. XVII ch. 25 (1981) sect. 5-6; Carreau/Flory/Juillard Droit international économique (3. Aufl. Paris 1990) S.95fF. Nr. 114ff. 7 So etwa Fikentscher, Collaborative Activities A m o n g Industrial Competitors - in German, European, and U. S. Antitrust Law, and in the Draft International Antitrust Code in the G A T T / W T O System, in: Cheng/Liu/Wang (Hrsg.), International Harmonization of Compétition Laws (Dordrecht 1995) 109-126 (120); ähnlich European Commission, C o m pétition Policy in the N e w Trade Order: Strengthening International Cooperation and

Einleitung

3

Diese Zusammenhänge sind, wie sich aus dem Kapitel über Wettbewerbspolitik in der Havanna Charta von 1948 ergibt, seinerzeit klar gesehen worden. Auch der EWG-Vertrag von 1957 legt Zeugnis ab von der Erkenntnis, daß der Abbau staadicher Schranken des Wirtschaftsverkehrs durch die Freiverkehrsrechte, vor allem die Warenverkehrsfreiheit sowie die Dienstleistungsfreiheit, und das Verbot wettbewerbsbeschränkender Praktiken in den Artt. 85 und 86 einander ergänzen. Im Zuge der Uruguay-Runde ist über die gemeinsame Wettbewerbspolitik zwar noch nicht beraten worden, doch ist der Rat für Warenhandel nach Art. 9 des Agreement on Trade-Related Investment Measures (TRIMs) binnen fünf Jahren zu einer Uberprüfung der Funktionsweise des Abkommens verpflichtet und soll dabei auch der Frage nachgehen, ob es durch Vorschriften zur Wettbewerbspolitik zu ergänzen ist8. Im Einklang mit dieser Vorschrift hat die WTO-Ministerkonferenz im Dezember 1996 beschlossen, »to establish a working group to study issues raised by members relating to the interaction between trade and competition policy, including anti-competitive practices, in order to identify any areas that may merit further consideration in the W T O framework« 9 . Freilich sollte der aktuelle Anlaß nicht den Blick auf die tiefer liegenden strukturellen Zusammenhänge zwischen Außenhandelsrecht und Wettbewerbsrecht verdecken, von denen oben die R e d e war. Jener strukturelle Zusammenhang weist darauf hin, daß ein theoretisches Bedürfnis für die Flankierung des Außenhandelsrechts durch ein Wettbewerbsrecht für Unternehmen besteht. Er besagt jedoch nichts über ein entsprechendes praktisches Bedürfnis, insbesondere darüber, ob nicht das R e c h t der Wettbewerbsbeschränkungen nach der heutigen Gesetzeslage schon den entsprechenden Bedarf befriedigt. Diese Frage ist Gegenstand der folgenden Abschnitte, die sich zunächst um eine Darstellung der kartellrechtlichen Ausgangslage (II.) und um eine präzise Bezeichnung der kollisionsrechdich (III.) und prozeßrechtlich (IV.) veranlaßten Lücken des Kartellrechtsschutzes im internationalen Rechtsverkehr bemühen; es folgen Bemerkungen zur Anwendung ausländischen Kartellrechts (V.). Die weitere Untersuchung gilt dann den Zielen (VI.) einer Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts sowie Rules. R e p o r t of the Group of Experts (Luxembourg 1995, ISBN 9 2 - 8 2 7 - 5 5 1 5 - 0 ) S.9 und 10; sehr deutlich auch das ebd. aufS. 33 abgedruckte Reflection paper of Professor Immenga. 8 Art. 9 ist abgedruckt in Anhang 1/2. ' Hier zitiert nach World Trade Organization, Working Group on the Interaction between Trade and Competition Policy, Communication from the United States, Doc. W T / W G T C P / W / 6 vom 19.6. 1997; auch wiedergegeben bei Griffin, T h e W T O Study of the Interaction between Trade and Competition Policy: Timely and Controversial: Int. Trade L. & Regul. 1997, 39-41 (39); vgl. auch Europäische Kommission, XXVI. Bericht über die Wettbewerbspolitik 1996 (Luxemburg 1997) S. 107 Tz. 235; zu der Arbeit der working group siehe auch Cocuzza/Montini, International Antitrust Co-operation in a Global E c o nomy: Eur. Compet. L. Rev. 1998, 156-163.

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Internationale Vereinheitlichung des Kartellrechts

den gegen sie erhobenen Einwänden (VII.), ferner einigen früheren Vereinheitlichungsversuchen und den Gründen für ihr Scheitern (VIII.). Vor wenigen Jahren ist nun erneut ein sehr ambitiöser Entwurf für eine weltumspannende Regelung des Kartellrechts vorgelegt worden, der Draft International Antitrust Code (IX.). Aus der Erfahrung dieser Entwicklungen heraus sind im abschließenden Abschnitt der Untersuchung konkrete Empfehlungen für eine künftige Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts abzuleiten (X.—XII.).

II. Ausgangslage: Das materielle Wettbewerbsrecht im internationalen Vergleich 1. E n t w i c k l u n g

Das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen hat — verglichen mit anderen Rechtsgebieten wie etwa dem Privatrecht — weder eine lange Tradition noch kann es auf einem vergleichbar breiten internationalen Konsens in den Grundwertungen aufbauen. Demgemäß fördert die Rechtsvergleichung auf dem Gebiet des Kartellrechts auch einen sehr uneinheitlichen Befund zutage. Die Vereinheitlichung oder Harmonisierung der Regelungen stößt auf diesem Rechtsgebiet auf größere Schwierigkeiten als in den Bereichen des Privat- und Handelsrechts, wo internationale Ubereinkommen zum Seerecht 10 , zum Luftrecht11 oder zum Handelskauf12 oft schon seit Jahrzehnten für eine hochgradige und zum Teil weltumspannende Rechtseinheit gesorgt haben. Solche Vereinheitlichungserfolge schrauben naturgemäß die Erwartungen an eine künftige Angleichung des Kartellrechts in die Höhe. Doch ist die Ausgangslage hier weniger homogen und damit weniger günstig, wenn sie sich auch seit einigen Jahren verbessert. Das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen setzt naturgemäß die M ö g lichkeit des Wettbewerbs voraus, insbesondere den freien Zugang zum Gewerbe und den Verzicht des Staates auf die zwingende inhaltliche Regelung der Bedingungen des Leistungsaustausches. Nur wo diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Beschränkung des Wettbewerbs durch privates Handeln überhaupt möglich. Insofern stellt sich die Grundfrage des Kartellrechts in ,u Vgl. etwa das Internationale Ubereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente vom 2 5 . 8 . 1 9 2 4 (sog. Haager Regeln), R G B l . 1 9 3 9 II 1 0 4 9 , siehe im übrigen die Liste weiterer seerechdicher Ubereinkommen bei Puttfarken, Seehandelsrecht (1997) 4 3 7 - 4 4 1 . " Abkommen zur Vereinheidichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr v o m 1 2 . 1 0 . 1 9 2 9 (sog. Warschauer Abkommen), R G B l . 1 9 3 3 II 1 0 3 9 ; siehe die Liste weiterer haftungsrechtlicher Ubereinkommen in U n i f o r m L. Rev. 1 9 9 6 , 7 4 3 . 12 Wiener UN-Ubereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 1 1 . 4 . 1980, BGBl. 1 9 8 9 II 588.

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Das materielle Wettbewerbsrecht im internationalen Vergleich

Europa erst mit dem Ende des ancien régime, in Preußen also mit der Einführung der Gewerbefreiheit durch die Stein-Hardenbergschen Reformen 1 3 , in England schon früher 14 . Die Entwicklungsperiode des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen ist also mit 150—200 Jahren vergleichsweise kurz. Sie ist in Wirklichkeit noch viel kürzer, weil das Urteil über den volkswirtschaftlichen Nutzen der Kartelle im geschichtlichen Ablauf starken Wandlungen unterlegen ist. In vielen Ländern hat man die Kartellierung immer wieder als Instrument zur Uberwindung konjunktureller Schwächephasen begrüßt oder sonst mit ihrer Hilfe versucht, die Volkswirtschaft im staatlichen Interesse zu steuern. So konnte ein hervorragender Kenner des Wettbewerbsrechts vieler Länder noch zur Mitte der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts schreiben: »Die neuzeitliche Karteiigesetzgebung in der Welt schwankt zwischen völligem Kartellverbot und vollkommener Kartellfreiheit, ja staatlicher Herbeiführung von Zwangskartellen« 15 . Daran hat sich bei weltumspannender Betrachtung bis in die jüngste Vergangenheit nicht viel geändert. Während sich der Gedanke einer wettbewerblichen Ordnung der Wirtschaft in den westlichen Industriestaaten seit dem Ende des 2. Weltkriegs mehr und mehr durchgesetzt hat, vertrauten die sozialistischen Staaten ebenso wie zahlreiche Entwicklungsländer auf eine staatliche Lenkung der Wirtschaftsabläufe. In diesen Systemen, wo für private Wettbewerbsbeschränkungen ohnehin nur wenig R a u m blieb, sah man im allgemeinen keinen Anlaß, gegen sie vorzugehen, solange sie nicht in Konflikt mit der staatlichen Wirtschaftsplanung gerieten. Erst in den 80er Jahren hat die Verschuldungskrise Lateinamerikas und der Niedergang der sozialistischen Planwirtschaft in den betreffenden Regionen zu einem nachhaltigen Rückzug des Staates aus dem Wirtschaftsleben und zur Schaffung wettbewerblicher Strukturen geführt. Auch wenn es zum Teil schon ältere Wettbewerbsgesetze gab, so läßt in diesen Ländern doch erst die neueste Gesetzgebung den Wunsch nach einem effektiven Schutz des Wettbewerbs vor privaten Beschränkungen erkennen.

13 Siehe zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Baums, Kartellrecht in Preußen — Von der Reformära zur Gründerkrise (1990); zur nachfolgenden Periode Lammel, Das Verbot der Kartelle durch § 138 BGB - eine verpaßte Gelegenheit: Z N R 3 (1987) 51ff. 14 Siehe die grundlegende Entscheidung zur Beurteilung vertraglicher Wettbewerbsverbote Mitchel V. Reynolds, 1 P. Wms. 181 = 24 Eng. R e p . 3 4 7 (1711). 15 Reichert, Die Kartellgesetze der Welt (1935) 30; rechtsvergleichender Uberblick bei Strauß/Wolff, Artikel »Kartellrecht«, in: Rechtsvergleichendes Handwörterbuch IV (Berlin 1933) 614-707 (701 f.).

Vergleich der Strukturen

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2. Vergleich der Strukturen

So groß der wettbewerbspolitische Konsens heute auch im grundsätzlichen sein mag, er hat doch keineswegs zu einer Uniformität der Kartellgesetze geführt. N a c h den verfügbaren Informationen hatten zu Anfang der 90er Jahre nur knapp 50 von rund 200 souveränen Staaten gesetzliche R e g e l n gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingeführt; solche Gesetze fehlten in der M e h r zahl der Staaten, darunter vielen Ländern des N a h e n Ostens u n d Afrikas 16 . M a n c h e Länder Lateinamerikas beschränken sich nach wie vor darauf, private Wettbewerbsbeschränkungen mit einem sehr allgemeinen, aber nicht operationalen Unwerturteil in ihrer Verfassung zu belegen, u n d w o es ausformulierte Gesetze in diesem Bereich gibt, fehlt es nicht selten an effizienten R e c h t s folgen u n d an den Institutionen zu ihrer Durchsetzung. M i t anderen W o r t e n sind wettbewerbsbeschränkende Praktiken, soweit sie nicht R e g e l n des allgemeinen Zivilrechts wie das Verbot sittenwidriger Schädigung oder solche des allgemeinen Strafrechts wie das Wucherverbot verletzen, in den meisten Ländern zulässig. Wettbewerbsbeschränkende Verträge w i e Kartelle, Preis- u n d Ausschließlichkeitsbindungen, Koppelungsabsprachen etc. sind dort wirksam u n d einklagbar. Die wettbewerbspolitische Grundausrichtung ist also nach wie vor auch im grundsätzlichen so unterschiedlich, daß bei d e m Versuch einer weltweiten Angleichung des Kartellrechts nur mit der Unterstützung j e ner Gruppe von Staaten gerechnet werden kann, die sich jedenfalls im G r u n d satz z u m Schutz des Wettbewerbs gegen private Beschränkungen bekennen. A u c h in dieser Staatengruppe sind die Unterschiede in der Ausgestaltung des materiellen R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen freilich beträchtlich. Sie lassen sich hinsichtlich aller Typen von Wettbewerbsbeschränkungen feststellen u n d betreffen überdies die Verfahren u n d Institutionen der K o n trolle wie auch die Sanktionen. Was die horizontalen und vertikalen Absprachen betrifft, so ist schon die Rechtslage in den Mitgliedstaaten der Europäischen U n i o n recht schillernd 17 , 16 Z u einem zaghaften Versuch, in der arabischen Welt Wettbewerbsrecht einzuführen, siehe in Tunesien Loi no. 91—64 vom 29. 7. 1991 relative à la concurrence et aux prix, J. O. de la République Tunisienne no. 55 vom 6. 8. 1991, S. 1393, geändert durch Loi no. 95—42 vom 24. 4. 1995, J. O. de la République Tunisienne no. 35 vom 2. 5. 1995, S. 976. Einen Uberblick über die Kartellgesetze der Welt gibt im übrigen die List of Statutory Materials bei Schwartz/Basedow, Restrictions on Competition, in: Int. Encycl. Comp. L. vol. III ch. 35 (1995) S. 134—139. 17 Siehe den Uberblick über die Rechtslage in den Mitgliedstaaten bei Immenga in Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht I (1997). EinleitungD R d N r . Iff., 18ff.; Fikentscher (oben N. 7) 110-115. Die dort wiedergegebene Rechtslage ist für die Niederlande inzwischen überholt durch Wet van 22.5. 1997, houdende nieuwe regels omtrent de economische mededinging (Mededingingswet), Staatsblad van het Koninkrijk der N e d e r landen 1997 Nr. 242.

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Das materielle Wettbewerbsrecht im internationalen

Vergleich

obwohl sie mit Art. 85 E G V über ein gemeinsames Leitbild verfugen, das die betreffenden wettbewerbsbeschränkenden Absprachen grundsätzlich verbietet. Dieses Modell ist inzwischen in den meisten Mitgliedstaaten inhaltlich oder sogar wörtlich in das innerstaatliche R e c h t der Wettbewerbsbeschränk u n g e n ü b e r n o m m e n worden 1 8 u n d hat dort im allgemeinen ältere R e g e l u n gen verdrängt, die die wettbewerbsbeschränkenden Absprachen zwar g r u n d sätzlich anerkannten, sie j e d o c h einer — vielfach ineffektiven — Mißbrauchsaufsicht unterwarfen. A u c h innerhalb der Europäischen U n i o n fehlt es freilich nicht an Beispielen für nationale Wettbewerbsrechte, die grundsätzlich 19 oder jedenfalls für bestimmte Arten von wettbewerbsbeschränkenden A b sprachen auf d e m Mißbrauchsprinzip aufbauen 2 0 . Ähnlich weit ist das Spekt r u m der materiellrechtlichen R e g e l u n g e n auch außerhalb der Europäischen U n i o n . Es reicht v o m reinen Mißbrauchsprinzip, wie es in Korea oder Sri Lanka 21 anzutreffen ist, bis hin zu rigorosen per-se-Verboten im R e c h t A u straliens 22 oder der USA 23 . Die Tragweite von Verbotstatbeständen hängt im übrigen davon ab, ob zu ihrer Durchsetzung allein die jeweiligen W e t t b e werbsbehörden oder auch Zivilgerichte befugt sind. Im ersteren Fall führen gesetzliche Beurteilungsspielräume dann manchmal wie in Japan dazu, daß entgegen d e m formalen Verbot in der Sache nur eine Mißbrauchsaufsicht über Kartellverträge stattfindet 24 . A u c h die rechtliche Beurteilung von Marktmacht variiert im internationalen Vergleich. W ä h r e n d nach der US-amerikanischen Gesetzeslage schon die bloße Schaffung einer Monopolstellung verboten ist25, knüpfen die m e i sten Gesetze erst zu einem späteren Z e i t p u n k t an u n d unterstellen das VerSiehe die Nachweise bei Immenga in Immenga/Mestmäcker (vorige N . ) Einl. D R d N r . 2 4 Fn. 46 sowie ausfuhrlicher Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 2 9 (Belgien), sect. 17 (Frankreich) sect. 68 (Griechenland), sect. 3 Fn. 5 (Irland), sect. 7 2 (Italien), sect. 3 2 (Portugal) und sect. 67 (Spanien) im niederländischen R e c h t jetzt ebenso Art. 6 des G e setzes (oben N . 17). 19 So Luxemburg, s. Loi concernant les pratiques commerciales restrictives v o m 17.6. 1970, Mémorial 1970 A 892: als solche verboten sind nur vertikale Preisbindungen und Liefersperren; entsprechend sieht auch Dänemark ein direktes Verbot nur für die Preisbindung der zweiten Hand vor, vgl. Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 20; zu der ähnlichen, aber komplizierten Rechtslage in Großbritannien siehe ebd. sect. 39. 20 So in Deutschland, vgl. § 1 8 G W B , und Österreich, § 2 0 des Kartellgesetzes 1988, BGBl. Nr. 6 0 0 / 1 9 8 8 in der Fassung von 1993, BGBl. Nr. 6 9 3 / 1 9 9 3 . 21 Vgl. Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 37; zu Korea auch Rittner, Das koreanische Wettbewerbsgesetz als kartellrechtspolitisches Beispiel, in: FS Pfeiffer (1988) 555ff. 22 Vgl. Fels, T h e Australian System o f Competition Law and its Relationship to International Harmonisation o f Competition Laws, in Cheng /Liu/Wang (oben N . 7) 355; Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 45. 23 Uberblick in Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 75. 24 Siehe Matsushita, Cartels Under the Japanese Antimonopoly Law, in Cheng/Liu /Wang (oben N . 7) 61, 62ff. 25 Siehe sect. 2 des Sherman Anti-Trust Act, 26 Stat. 2 0 9 (1890), 15 U. S. C. § 2 ; ähnlich in Australien, vgl. Fels (oben N . 22).

Vergleich der Strukturen

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halten des Monopolisten oder marktmächtigen Unternehmens einer Kontrolle. Z u m Teil wird sogar ausdrücklich hervorgehoben, daß die Monopolbildung rechtlich zulässig ist, so lange sie das Ergebnis einer effizienten Geschäftsführung ist26. Was die Aufsicht von marktmächtigen Unternehmen und Monopolisten betrifft, so lassen sich die Wettbewerbsgesetze wiederum danach unterscheiden, ob sie wie Art. 86 EGV auf dem Verbotsprinzip oder auf dem Mißbrauchsprinzip aufbauen. Von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union folgen zwar mehr und mehr dem Vorbild des Artikel 86 EGV und erlauben damit auch Zivilgerichten die Feststellung von M o n o polmißbräuchen; doch gibt es immer noch einige Mitgliedstaaten wie Großbritannien oder Deutschland, die nach dem Grundgedanken des M i ß brauchsprinzips die Feststellung eines Mißbrauchs einer Behörde vorbehalten27. Eine Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ist zwar in der jüngeren Vergangenheit in immer mehr nationalen Kartellgesetzen vorgesehen worden, doch gibt es sogar innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, die seit 1989 über eine eigene Fusionskontrollverordnung verfugt 28 , noch mehrere Mitgliedstaaten, die von einer solchen Zusammenschlußkontrolle auf nationaler Ebene absehen29. Letzteres trifft auch für die Wettbewerbsgesetze zahlreicher außereuropäischer Länder zu. Es schließt nicht aus, daß sie die Unternehmenskonzentration zum Teil am Maßstab des allgemeinen Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen messen, also insbesondere das Verbot der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen darauf anwenden 30 . Auch wo Unternehmenszusammenschlüsse einem besonderen gesetzlichen Regime unterliegen, unterscheidet sich die inhaltliche Ausgestaltung zum Teil sehr erheblich. Dies betrifft schon den Begriff des Zusammenschlusses, etwa die Er26 Siehe etwa Art. 5 des Protocolo 1 8 / 9 6 de Defesa da Concorrencia do M E R C O S U L , Dok. M E R C O S U L / C M C / D E C . N o . 18/96, auch in Revista de direito economico 25 (1997) 117, abgedruckt unten in Anhang VII. Das Protokoll bedarf der Umsetzung in den Vertragsstaaten, vgl. Samtleben/Salomäo Filho, Der Südamerikanische Gemeinsame Markt — Eine rechdiche Analyse des M E R C O S U R : W M 1992, 1 3 4 5 - 1 3 5 2 (I) und 1 3 8 5 - 1 3 9 2 (II), hier S. 1390. 27 Uberblick bei Immenga in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) Einleitung D RdNr. 2 8 33; weitere Nachweise bei Schwartz/Basedow (oben N . 16) an den in N . 18 angegebenen Stellen. 28 Siehe die Verordnung (EWG) Nr. 4 0 6 4 / 8 9 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 21.12. 1989, ABl. EG 1989 L 3 9 5 / 1 , berichtigt in ABl. 1990 L 2 5 7 / 1 3 , zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1 3 1 0 / 9 7 des Rates vom 3 0 . 6 . 1997, ABl. EG 1997 L 180/1. 29 Uberblick bei Immenga in Immenga/Mestmäcker (oben N . 17) FKVO B Rdnr. l f f . Inzwischen haben auch die Niederlande in dem oben (N. 17) erwähnten Gesetz in den Art. 26ff. eine Zusammenschlußkontrolle eingeführt. 30 Dies wird etwa für das argentinische Recht vertreten, vgl. Cabanellas, Derecho antimonopolio y de defensa de la competencia (Buenos Aires 1983) 598, hier zitiert nach Werter Faria, Defensa de la competencia en el M E R C O S U R : Rev. der. ind. 15 (1993) 23, 42.

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Das materielle Wettbewerbsrecht im internationalen

Vergleich

Streckung auf Gemeinschaftsunternehmen, ferner die Aufgreifkriterien, den Zeitpunkt der Kontrolle vor oder nach Vollzug des Zusammenschlusses und in ganz besonderem Maße die Frage, ob die Kontrolle nur anhand wettbewerblicher Kriterien vorgenommen wird oder ob auch sonstige wirtschaftspolitische, etwa industriepolitische, oder gar allgemeinpolitische Gesichtspunkte dabei eine Rolle spielen können 31 . Das Wettbewerbsrecht der einzelnen Staaten hat sich zum Teil vom Vertragsrecht her entwickelt, zum Teil ist es als Wirtschaftsverwaltungsrecht entstanden, und zum Teil nährt es sich aus strafrechtlichen Traditionen (conspiracy). Je nach dem Schwerpunkt der nationalen Tradition variieren die institutionellen und verfahrensmäßigen Ausgestaltungen außerordendich. Zwar finden sich in den einzelnen Ländern inzwischen mehr und mehr Wettbewerbskommissionen, die mit der Untersuchung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht beauftragt sind. Nicht selten liegen die Entscheidungsbefugnisse aber noch bei Regierungsstellen, insbesondere dem Wirtschafts- oder Finanzministerium, das im übrigen auch häufig in die Arbeit der Wettbewerbskommissionen eingreifen kann. Vielfach ist auch eine Trennung von Untersuchungsbefugnissen der Wettbewerbskommission und Entscheidungskompetenzen des Ministeriums anzutreffen, so daß politische Erwägungen in die Lösung wettbewerbsrechtlicher Konflikte einfließen 32 . Schon im Zusammenhang mit der Erläuterung des Verbots- und Mißbrauchsprinzips ist darauf hingewiesen worden, daß die Rolle der Zivilgerichte und damit die Möglichkeit einer dezentralen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Die größte Rolle kommt der privaten Initiative zweifellos in den USA zu, wo der Kläger durch die Aussicht auf dreifachen Schadenersatz einen großen Anreiz zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen erhält33.

31 Siehe eingehend die materialreiche Strukturierung bei Immenga in Immenga/Mestmäkker (oben N. 17) F K V O B R d N r . 3 f f . 32 Siehe näher Immenga in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) Einleitung D RdNr. 3 4 f f . 33 Siehe sect. 4 des Clayton Act, 3 8 Stat. 7 3 0 (1914), 15 U.S. C. § 1 5 .

III. Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze 1. Vorbemerkungen

Das Hauptproblem des internationalen Kartellrechts besteht darin, daß die Wettbewerbsgesetze im internationalen Rahmen vielfach nicht voll zur Geltung gebracht werden. Dies hat zwei Gründe: Z u m einen erstreckt sich der territoriale Anwendungsbereich der Gesetze oft nicht aufWettbewerbsbeschränkungen, die im Ausland veranlaßt wurden, die sich aber auf inländischen Märkten auswirken. Z u m anderen fehlt es oft auch an den prozeßrechtlichen Möglichkeiten, um das jeweilige Wettbewerbsgesetz jenseits der Grenzen seines eigenen Geltungsbereichs durchzusetzen. Beide Begrenzungen haben mit den räumlichen Schranken der Souveränität und mit dem völkerrechtlichen Verbot zu tun, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Beide Begrenzungen bestehen auch unabhängig vom materiellen Inhalt der Wettbewerbsgesetze. Selbst wenn es also gelänge, die materiellen Standards der Wettbewerbsgesetze völlig anzugleichen, wäre damit doch noch nicht sichergestellt, daß internationale Wettbewerbsbeschränkungen effektiv unterbunden werden könnten. Die folgenden Ausführungen gelten zunächst dem räumlichem Anwendungsbereich der Kartellgesetze, ehe die prozeßrechtlichen Schranken der Durchsetzung näher erörtert werden (unten IV.). In der neueren Entwicklung des internationalen Kartellrechts findet das Auswirkungsprinzip zunehmend Anerkennung. Danach erstreckt sich die Anwendung eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch auf solche Handlungen, die im Ausland (Handlungsstaat) begangen wurden, wenn sie sich nur auf den Wettbewerb auf inländischen Märkten (Marktstaat) auswirken. Mit anderen Worten erstreckt der Marktstaat die Anwendung seines Wettbewerbsrechts extraterritorial auf Handlungen, die in anderen Staaten vorgenommen werden. Dies hat oft die Interessen der handelnden Unternehmen und auch der Behörden des Handlungsstaates beeinträchtigt, die das Auswirkungsprinzip immer wieder als Verletzung der völkerrechtlichen Souveränität kritisiert haben. Da diese völkerrechtlichen Konflikte in einem

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Der internationale Anwendungsbereich

der

Wettbewerbsgesetze

künftigen Übereinkommen zur Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts einer einvernehmlichen Regelung zugeführt würden, können sie in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben 34 . Sie wirken sich freilich auf das internationale Kartellrecht der einzelnen Staaten insofern aus, als viele Länder nach wie vor zögern, ihr Kartellrecht nach dem Auswirkungsprinzip auch gegenüber im Ausland handelnden Ausländern mit voller Konsequenz durchzusetzen. Demgemäß ist der Anwendungsbereich vieler Kartellgesetze enger gefaßt; die Rechtsvergleichung fördert im wesentlichen vier modellhafte Lösungen zutage: das Prinzip der strikten Territorialität (2.), das der Pseudoterritorialität (3.), den Auswirkungsgrundsatz (4.) und seine Einschränkung in Gestalt des Abwägungsprinzips (5.)35.

2. Strikte Territorialität a) Begriff Handlungen können in einem doppelten Sinne als territorial charakterisiert werden: erstens, weil sich das handelnde Subjekt in dem Territorium befindet und dort die betreffenden Handlungen vornimmt — wir sprechen dann von subjektiver Territorialität; zweitens, weil Gegenstand und Ziel der Handlung dem Territorium zuzuordnen sind — dies ist der Fall der objektiven Territorialität 36 . Im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen läßt sich eine am Prinzip der subjektiven Territorialität orientierte Anknüpfung kaum nachweisen. Sie ist zu weit, weil sie auch solche wettbewerbsbeschränkende Handlungen erfaßt, die für die Ordnung der inländischen Märkte völlig bedeutungslos sind, da sie sich von vornherein nur auf Auslandsmärkte beziehen und auch nur dort auswirken. Da die Staaten Kartellgesetze jeweils zum Schutz ihrer eigenen Märkte vor Wettbewerbsbeschränkungen erlassen, ziehen sie eine Anwendung dieser Gesetze von vornherein nur hinsichtlich sol34 Dazu immer noch grundlegend Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts (Baden-Baden 1975); Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion im öffentlichen Wirtschaftsrecht (Berlin 1994). 35 D i e folgende Darstellung beruht im wesendichen auf Schwanz /Basedow (oben N . 16) sect. 34—88; siehe auch Basedow, Souveraineté territoriale et globalisation des marchés: Le domaine d'application des lois contre les restrictions de la concurrence: R e e . des cours 2 6 4 (1997) 9 - 1 7 7 . 36 Z u den Begriffen siehe Meessen (oben N . 34) 93, 109f.; Schwartz, Deutsches Internationales Kartellrecht (2. Aufl. 1968) 253f.; Picone, L'applicazione extraterritoriale delle regole sulla concorrenza e il diritto internazionale, in: Il f e n o m e n o delle concentrazioni di imprese nel diritto interno e internazionale (Padova 1989) 81—206, 117, 162; Friedel-Souchu, Extraterritorialité du droit de la concurrence aux Etats-Unis et dans la C o m m u n a u t é Européenne (Paris 1994) 23.

Strikte Territorialität

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eher Wettbewerbsbeschränkungen in Betracht, die den Schutzzweck des betreffenden Gesetzes berühren, die also den Wettbewerb auf inländischen Märkten betreffen. In Staaten, die sich für eine rein territoriale Anknüpfung des Wettbewerbsrechts aussprechen, wird also die Territorialität nicht etwa im rein subjektiven Sinne verstanden; befürwortet wird vielmehr eine kumulative Berücksichtigung von subjektiver und objektiver Territorialität: Wettbewerbsbeschränkende Handlungen müssen in dem betreffenden Lande vorgenommen worden sein und sich auf die Märkte des Landes beziehen, damit das nationale Wettbewerbsrecht angewendet werden kann. b) Anwendungsbereich des britischen Wettbewerbsrechts Eine solche Kumulierung von subjektiver und objektiver Territorialität verengt — wie jede kumulative Anknüpfung — den Anwendungsbereich der betreffenden Gesetze sehr stark. Sie ist vor allem im britischen Recht der Wettbewerbsbeschränkungen und in den daran ausgerichteten Kartellgesetzen einiger Länder wie Pakistan37 und Indien 38 anzutreffen. Im Vereinigten Königreich ist das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen in insgesamt fünf Regelungskomplexe zersplittert: Neben den tradierten richterrechtlichen Regeln, die sich gegen die unerlaubte Handlung der conspiracy und die agreements in restraint of trade, also vor allem Wettbewerbsverbote in Arbeitsverträgen, Vertriebsverträgen, Unternehmenskaufverträgen etc. richten, steht als zweites der Restrictive Trade Practices Act von 1976, nach dem bestimmte Absprachen zu ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit der Registrierung bedürfen, das Verbot der Preisbindung der zweiten Hand nach dem Resale Prices Act 1976, die Mißbrauchsaufsicht über weitere wettbewerbsbeschränkende Praktiken nach dem Competition Act 1980 und schließlich der Fair Trading Act 1973, in dem vor allem die Mißbrauchskontrolle über marktbeherrschende Unternehmen und die Fusionskontrolle geregelt sind. In diesen Gesetzen ist der internationale Anwendungsbereich jeweils im Detail durch spezifische Kollisionsnormen ausgestaltet worden. 39 Zur Erläuterung der Probleme, die sich aus einer Anknüpfung nach dem Prinzip der kumulativen Territorialität ergeben, genügt es hier, auf den Anwendungsbereich des R e strictive Trade Practices Act von 1976 einzugehen.

37 Monopolies and Restrictive Trade Practices (Control and Prevention) Ordinance 1970 (V. of 1970), 6 All Pakistan Legal Decisions 184 (1970) siehe dazu Linder/Sarkar, Pakistan's Monopolies and Restrictive Practices Ordinance: Antitrust Bull. 16 (1971) 569-583; Markert, Das pakistanische Kartellgesetz: R I W 1971, 332-333. 38 T h e Monopolies and Restrictive Trade Practices Act, 1969 (no. 54 of 1969) All India Reports 1969 Acts 106, VI India C o d e Part III A; dazu Markert, Das indische Kartellgesetz: R I W 1970, 552-558; Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 43 zu späteren Änderungen und mit weiteren Nachweisen. 39 Siehe die eingehende Erörterung bei Schwartz /Basedow (oben N. 16) Sect. 40-42.

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

Nach diesem Gesetz ist jede Vereinbarung anmeldepflichtig, an der mindestens zwei Personen beteiligt sind, die innerhalb des Vereinigten Königreichs Geschäfte tätigen. 40 Die Anmeldepflicht und die Sanktion der Nichtigkeit betreffen also z.B. auch internationale Kartelle, sofern auch nur zwei Unternehmen daran beteiligt sind, die in Großbritannien Geschäfte tätigen.41 Daß gerade die britischen Kartellmitglieder dabei vertragliche Verpflichtungen übernehmen, ist unerheblich. 42 Auch auf den Ort des Vertragsschlusses kommt es nicht an, wohl aber auf den Ort der Durchfuhrung: Alle Absprachen, die sich ausschließlich auf Herstellung, Lieferung und Erwerb von G ü tern auf Auslandsmärkten beziehen, unterliegen nicht der Registrierung und der Jurisdiktion des Restrictive Practices Court, müssen aber dem Director General of Fair Trading angezeigt werden 43 . Registrierpflichtige Absprachen sind von vornherein unwirksam, wenn sie nicht registriert werden. Wenn sie registriert werden, sind sie ebenfalls im allgemeinen unwirksam, doch können sie in bestimmten Fällen, sogenannten Gateways, vom Restrictive Practices Court freigestellt werden, was freilich sehr selten geschieht. Die Anmeldepflicht fuhrt also im Regelfall zur Unwirksamkeit der Absprachen. c) Carrying on business Zentraler Begriff für die territoriale Anknüpfung der Anmeldepflicht, also praktisch für das gesetzliche Verbot gewisser wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen ist die Geschäftstätigkeit (carrying on business) im Vereinigten Königreich. Das Gesetz definiert diesen Begriff nicht näher und bestimmt lediglich, daß ein ausländisches Unternehmen nicht allein deshalb im Vereinigten Königreich Geschäfte tätigt, weil es dort durch einen Agenten vertreten ist44. Auch eine selbständige Tochtergesellschaft in Großbritannien soll noch keine Geschäftstätigkeit der ausländischen Mutter im Lande begründen; die Theorie der Unternehmenseinheit wird abgelehnt. 45 Auch wer als ausländischer Lieferant Waren auf der Basis cif (britischer Hafen) oder sogar frei Haus an Käufer im Vereinigten Königreich verkauft, entfaltet damit noch keine Geschäftstätigkeit im Lande, obwohl er die Versicherung und Fracht für den Transport auf Teilstrecken in Großbritannien trägt46. Insgesamt 40

Sect. 6 (1) des Restrictive Trade Practices Act 1976 c. 34. Blythe, T h e Extraterritorial Impact of the Anti-Trust Laws: Protecting British Trading Interests: A m . J o u r n . Comp.L. 31 (1983) 99-129, 101; Lowe, Extraterritorial Jurisdiction T h e British Practice: RabelsZ 52 (1988) 157-204, 160. 42 Lowe (vorige N.) RabelsZ 52 (1988) 160. 43 Siehe sect. 28 des Gesetzes (oben N. 40) und Art. 6 von dessen Schedule III. 44 Sect. 43(4) des Gesetzes (oben N. 40). 45 So ausdrücklich Re Schweppes Ltd. 's Agreement (No. 2), [1971] 2 All E. R . 1473 Ch. D. auf S. 1487f.; siehe auch Wish, Competition Law (3. Aufl. London 1993) 136. 46 Kintner/Joelson/Griffin, Recent Developments in United Kingdom Antitrust Law: Antitrust Bull. 19 (1974) 217, 220. 41

Pseudotemtorialität:

Unternehmenseinheit

und Durchführungsort

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wird also eine dauerhafte Aktivität verlangt, die von einer inländischen Niederlassung aus eigenem Recht heraus betrieben wird. Die skizzierte Rechtslage hat hinsichtlich der anderen britischen Wettbewerbsgesetze durchaus Parallelen. Sie offenbart eine eigenartige Kumulierung von objektiven und subjektiven Elementen der Territorialität. Während einerseits der objektive Bezug der betreffenden Absprachen auf britische Märkte durchweg vorausgesetzt wird, stellen die Gesetze im allgemeinen nicht darauf ab, daß die wettbewerbsrechtlich relevanten Handlungen gerade im Vereinigten Königreich vorgenommen wurden. Es genügt, daß das handelnde Unternehmen dort in anderer Weise aktiv war, nämlich Geschäfte getätigt hat. Hier kommt also viel eher der Gedanke der Loyalität zum Tragen, die ein Unternehmen aufgrund seiner Geschäftstätigkeit auf den britischen Inseln dem Vereinigten Königreich schuldet. Ein solches Unternehmen soll sich auch in seinem Verhalten außerhalb der britischen Inseln an den Restrictive Trade Practices Act 1976 halten. Hier schwingt eine personale Anknüpfung mit, ähnlich wie in den anderen Wettbewerbsgesetzen, wo zum Teil auf die Nationalität oder das Gründungsstatut der Beteiligten abgestellt wird. Gleich ob man in dem Anknüpfungsmoment des »Carrying on Business in the United Kingdom« nun ein Element der subjektiven Territorialität oder ein personales Anknüpfungsmoment sehen will, jedenfalls wird der Anwendungsbereich der britischen Wettbewerbsgesetzgebung dadurch außerordentlich eng begrenzt. Wettbewerbsbeschränkungen auf britischen Märkten, die außerhalb der britischen Inseln von Unternehmen veranlaßt werden, die in Großbritannien keine Geschäftstätigkeit entfalten, unterliegen nicht dem britischen Wettbewerbsrecht. Indem das britische Recht zudem die Theorie der Unternehmenseinheit ablehnt, eröffnet es geradezu eine offene Flanke für multinationale Konzerne, die durch ihre Töchter oder Mütter außerhalb Großbritanniens den Wettbewerb im Lande beschränken können.

3. Pseudoterritorialität: U n t e r n e h m e n s e i n h e i t u n d Durchfiihrungsort a) Verfremdung territorialer Anknüpfung Die subjektive Territorialität nach britischem Muster vermeidet zwar völkerrechtliche Proteste anderer Staaten, doch wird dieser Vorteil teuer erkauft durch wettbewerbsrechtliche Vollzugsdefizite. Viele Staaten halten diesen Preis für zu hoch und haben sich deshalb in den letzten Jahrzehnten für das Auswirkungsprinzip entschieden (unten 4.). Einen Mittelweg gehen einige Rechtsordnungen, die bestrebt sind, die Vorteile beider Anknüpfungen zu verbinden, nämlich die wettbewerbspolitische Durchsetzungskraft und die

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Der internationale Anwendungsbereich

der

Wettbewerbsgesetze

Vermeidung völkerrechtlicher Konflikte. Diese Rechtsordnungen halten nominell am Grundsatz der subjektiven Territorialität fest. Für die Anwendung ihres eigenen Wettbewerbsrechts verlangen sie demgemäß, daß die Beschränkung des inländischen Wettbewerbs entweder auf ein Verhalten im Inland oder doch wenigstens auf ausländische Handlungen solcher Unternehmen zurückzuführen ist, die im Inland eine Geschäftstätigkeit entfalten. Diese Voraussetzungen werden nun freilich mit ganz neuartigen Inhalten ausgefüllt. Was das Verhalten im Inland betrifft, so wird nicht mehr allein auf die tatbestandsmäßigen Handlungen wie z.B. den Abschluß des Kartellvertrages abgestellt, es soll vielmehr auch genügen, wenn der Ort der Durchführung (place of implementation) des Kartells im Inland liegt. Mit einer ähnlichen Tendenz wird das Verständnis dessen aufgelockert, was Geschäftstätigkeit eines Unternehmens im Inland bedeutet. Wie schon erläutert, geht es dabei auch um die Frage, wer als tätiges Unternehmen angesehen wird, ob nur die konkret handelnde Gesellschaft oder die Gesamtheit der mit ihr im Konzern verbundenen Unternehmen. Mit der Theorie der Unternehmenseinheit oder, in anderen Worten: dem Durchgriff durch die handelnde juristische Person auf ausländische Konzernmütter und -töchter öffnet sich ein weiteres Ventil für Länder, die vordergründig an der territorialen Anknüpfung festhalten, sich aber in der Sache doch dem Auswirkungsprinzip annähern wollen. b) Unternehmenseinheit Wie schon erwähnt, wird die Theorie der Unternehmenseinheit in Großbritannien abgelehnt. Praktisch angewendet wird sie dagegen zum Teil in Japan. Dort werden nicht selten ausländische Unternehmen mit Wettbewerbsverfahren überzogen, weil ihre japanischen Niederlassungen und auch Tochtergesellschaften sich in Japan an wettbewerbsbeschränkenden Praktiken beteiligt hatten. Die Handlungen der japanischen Töchter werden also den ausländischen Muttergesellschaften so zugerechnet, als ob die verschiedenen j u ristischen Personen eine Unternehmenseinheit bilden. Eine eingehende Analyse gelangt zu dem Ergebnis, daß »the F T C [Fair Trade Commission] itself seems to adopt the principle of territoriality or attributive theory, even though complaints issued by the F T C or initial decisions written by its trial examiners seem sometimes to be based on the effect theory.«47 47 Ohara, International Application of the Japanese A n t i m o n o p o l y Act: Swiss Rev. Int. C o m p e t . L. 28 (1986) 5—40, 35. Ahnlich, w e n n auch zurückhaltender, die Schlußfolger u n g einer study group der Fair Trade Commission: sie bezog sich auf eine Leitentscheid u n g der F T C aus d e m Jahre 1972 im Falle N i p p o n Yusen, Inc. u n d stellte fest, diese »decision can n o t be classified as based o n either the territorial principle or the effect principle«. Vgl. »Dumping Regulation and C o m p e t i t i o n Policy. Extraterritorial Application of the A n t i m o n o p o l y Act« — R e p o r t of the Study G r o u p for the Antimonopoly Act o n External Affairs Issues (Summary), in: F T C / J a p a n Views no. 9, July 1990, pp. 14—32, 27.

Pseudoterritorialität: Unternehmenseinheit und Durchführungsort

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D i e deutlichsten Zeugnisse für die T h e o r i e der U n t e r n e h m e n s e i n h e i t finden sich in Kanada48 u n d vor allem im Teerfarben-Urteil des Europäischen Gerichtshofs49. Die A n w e n d u n g der Artikel 85 und 86 E G V hängt nicht nur davon ab, daß die Wettbewerbsbeschränkungen den Handel zwischen M i t gliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind, also der sogenannten Z w i schenstaadichkeitsklausel. Zusätzlich ist nach Art. 85 E G V erforderlich, daß die fraglichen Vereinbarungen, Beschlüsse u n d Verhaltensweisen »eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken«. Ganz entsprechend b e zieht Artikel 86 E G V die Definition der marktbeherrschenden Stellung auf den Gemeinsamen Markt u n d verbietet gerade die mißbräuchliche A u s n u t zung dieser marktbeherrschenden Stellung. A u c h damit ist impliziert, daß sich der M a c h t m i ß b r a u c h gerade auf den Gemeinsamen M a r k t beziehen m u ß . Es entspricht diesen normativen Vorgaben, daß die Europäische K o m mission ihre Bußgeld- u n d Unterlassungsverfügungen in Wettbewerbssachen gegen U n t e r n e h m e n aus Drittstaaten von Beginn an auf das Auswirkungsprinzip Gestützt hat 50 . Z u diesem Anknüpfungsgrundsatz hat sich auch der Gerichtshof in seiner R e c h t s p r e c h u n g wiederholt bekannt 5 1 . D o c h hat er in keinem einzigen Falle die A n w e n d u n g des europäischen Wettbewerbsrechts ausschließlich auf die Auswirkung wettbewerbsbeschränkender H a n d l u n g e n auf d e m Gemeinsamen Markt gestützt 52 . In allen Fällen bestanden zusätzliche Verbindungen z u m Gemeinsamen Markt. Die maßgeblichen Entscheidungen erließ der Gerichtshof in zwei Fällen, in denen es an solchen zusätzlichen Bindungen fehlte. Im Teerfarbenfall von 1972 hatten verschiedene europäische Farbenhersteller sich 1976 in der Schweiz auf übereinstimmende Preiserhöhungen f ü r gewisse Farbstoffe in den Ländern des Gemeinsamen Marktes geeinigt. An der A b s t i m m u n g hatte auch das U n t e r n e h m e n Imperial Chemical Industries (ICI) aus G r o ß b r i t a n nien teilgenommen, das damals n o c h nicht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehörte. ICI setzte die Preiserhöhungen in den E W G - M i t gliedstaaten nicht selbst, sondern durch Tochtergesellschaften in diesen Län48 Siehe näher Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 50; Castel, T h e Extraterritorial Effects of Antitrust Laws: Ree. des cours 179 (1983 I) 9 - 1 1 , 63. « E u G H 14.7. 1972 - Rs. 4 8 / 6 9 {ICI./. Kommission), Slg. 1972, 619. 50 Siehe K O M M . 19.12. 1984 ABl. EG 1985 L 85/1, 14-15 (Zellstoff); weitere N a c h weise bei Bischoff/Kovar, L'application du droit communautaire de la concurrence aux entreprises établies à l'extérieur de la Communauté: Journ. dr. int. (Clunet) 102 (1975) 6 7 5 727, 684-687. 51 Vgl. E u G H 25.11. 1971 - Rs. 22/71 {Béguélin ./. G. L. Import Export), Slg. 1971, 949, 959f.; E u G H 22.1. 1974 - Rs. 6 und 7 / 7 3 {Commercial Solvents ./. Kommission), Slg. 1974, 223, 254. 52 Gleiss/Hirsch, C o m m o n Market Cartel Law (3. Aufl. Washington, D. C., 1981) 18; ähnlich wird eine »ambiguïté« der Rechtsprechung konstatiert von Schapira/Le Tallec/Blaise Droit européen des affaires (4. Aufl. Paris 1994) 271.

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

dern durch. Dennoch verhängte die EG-Kommission ein Bußgeld wegen Verhaltensabstimmung gegen die britische Muttergesellschaft, die dagegen Klage vor dem Gerichtshof erhob und einwandte, daß das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften der Muttergesellschaft nicht zugerechnet werden könne. Diesen Einwand ließ der Gerichtshof nicht gelten: »Der Umstand, daß die Tochtergesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, vermag indessen noch nicht auszuschließen, daß ihr Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann Kann die Tochtergesellschaft ihr Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen, so sind die Verbotsvorschriften des Artikels 85 Absatz 1 in den Beziehungen zwischen ihr und der Muttergesellschaft, mit der sie dann eine wirtschaftliche Einheit bildet, unanwendbar. Wegen der Einheit des so gebildeten Konzerns kann das Vorgehen der Tochtergesellschaften unter bestimmten Umständen der Muttergesellschaft zugerechnet werden.«53. Diese später noch weiter ausgeführte Rechtsprechung erstreckt die Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts auf zahlreiche drittstaatliche Konzerne, da viele von ihnen in irgendeinem Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft vertreten sind. Die Theorie der Unternehmenseinheit bietet auch den verfahrensrechtlichen Vorteil, daß Schriftstücke an die europäischen Tochtergesellschaften mit Wirkung für die drittstaatlichen Mütter zugestellt werden können. c) Durchführungsort Damit wird die praktische Durchsetzung der Artt. 85 und 86 EGV ganz außerordentlich erleichtert. Doch hilft der wirtschaftliche Unternehmensbegriff nicht weiter, wenn der Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt durch Absprachen von drittstaatlichen Unternehmen beeinträchtigt wird, die in der Europäischen Union weder über Niederlassungen oder Tochtergesellschaften verfügen noch auf andere Weise, etwa durch Agenten eine Geschäftstätigkeit entfalten. In einem solchen Fall hat der Gerichtshof 1988 den Durchführungsort einer Wettbewerbsbeschränkung in der EG als ausreichenden Anknüpfungspunkt für die Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts bezeichnet. Zellstoffhersteller aus Skandinavien, Kanada und den USA hatten sich zu einem Preiskartell für Exporte in die EG zusammengeschlossen. Die EG-Kommission sah darin einen Verstoß gegen Art. 85 EGV und setzte Geldbußen gegen die Kartellmitglieder fest54. Ihre Entscheidung wurde vom Gerichtshof im wesentlichen bestätigt. Dabei stützte er sich weder auf die Theorie der Unternehmenseinheit, die hier nicht weiter half, noch auf das Auswirkungsprinzip. Statt dessen stellt der Gerichtshof fest, »daß ein Verstoß 53 EuGH 14.7. 1972 - Rs. 48/69 (ICI./. Kommission), Slg. 1972, 619, 662 Erwägung 132/135. 54 Siehe die Zellstoff-Entscheidung, oben N. 50.

A

uswirkungsprinzip

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gegen Art. 85 ... zwei Verhaltensmerkmale aufweist, nämlich die Bildung des Kartells u n d seine Durchfuhrung«. Auf den O r t der Bildung des Kartells k ö n ne man nicht abstellen, weil den U n t e r n e h m e n dadurch »ein einfaches M i t tel« an die H a n d gegeben würde, sich diesen Verboten [des Artikel 85 EGV] zu entziehen. Entscheidend ist somit der O r t , an d e m das Kartell durchgeführt wird. Diese A n k n ü p f u n g sei »durch das Territorialitätsprinzip gedeckt, das im Völkerrecht allgemein anerkannt ist«55. Diese Entscheidung ist von m a n c h e n K o m m e n t a t o r e n als eine verklausulierte Billigung des Auswirkungsprinzips verstanden worden 5 6 . D o c h ist dies zweifelhaft u n d hängt jedenfalls davon ab, was man unter D u r c h f u h r u n g s o r t versteht. W e n n man mit der D u r c h f ü h r u n g eine positive H a n d l u n g meint, wie es die entsprechende Praxis in Kanada nahelegt 57 , sind o h n e weiteres Fälle denkbar, in denen aus der A n k n ü p f u n g an den D u r c h f u h r u n g s o r t ein engerer Anwendungsbereich folgt als aus d e m Auswirkungsprinzip. M a n denke nur an die Vereinbarung von Unterkostenpreisen in einem grenznahen Drittstaat, von d e m Sogwirkungen auf den Gemeinsamen Markt ausgehen. W ä h r e n d das Auswirkungsprinzip die A n w e n d u n g von Art. 85 E G V gestatten würde, fehlt es an einem D u r c h f ü h r u n g s o r t im Gemeinsamen Markt. D i e A n k n ü p f u n g an den Durchführungsort k o m m t d e m Ausführungsprinzip also nur nahe.

4. A u s w i r k u n g s p r i n z i p a) Rechtspolitische B e g r ü n d u n g D e r ratio legis des R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen entspricht am ehesten das Auswirkungsprinzip. Gleich ob man den Z w e c k des Wettbewerbs im institutionellen Bereich, nämlich in der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Preismechanismus, der Rationalisierung, optimalen Bedürfnisbefriedigung, Innovationsförderung etc. oder aber m e h r im Schutz individueller Interessen, namentlich der Begrenzung wirtschaftlicher M a c h t u n d der Erhaltung von Freiheitsräumen sieht, jedenfalls geht es darum, die wettbewerbliche 55 E u G H 2 7 . 9 . 1 9 8 8 - v e r b . R s . 8 9 / 8 5 ( Z e l l s t o f f ) , Slg. 1988, 5 1 9 3 , 5 2 4 3 E r w ä g u n g e n 16-18. 56 So e t w a Martinek, D a s u n e i n g e s t a n d e n e A u s w i r k u n g s p r i n z i p des E u G H z u r e x t r a t e r ritorialen Anwendbarkeit der EG-Wettbewerbsregeln: I P R a x 1989, 3 4 7 - 3 5 4 , 3 5 1 - 3 5 3 ; ä h n l i c h Schrödermeier, D i e v e r m i e d e n e A u s w i r k u n g : W u W 1 9 8 9 , 21—28; c o n t r a Lowe, I n t e r n a t i o n a l L a w a n d t h e Effects D o c t r i n e in t h e E u r o p e a n C o u r t o f Justice: C . L. J. 4 8 (1989) 9 - 1 1 , 11; Lange/Sandage, T h e W o o d P u l p D e c i s i o n a n d its I m p l i c a t i o n s f o r t h e S c o p e o f E C C o m p e t i t i o n Law: C . M . L. R e v . 2 6 (1989) 1 3 7 - 1 6 5 , 160, 164. 57 D o r t hat d i e R e s t r i c t i v e T r a d e Practices C o m m i s s i o n 1 9 6 5 in ä h n l i c h e r Lage n a c h e i n e r A b s p r a c h e i m A u s l a n d e i n e n »overt act w h i c h takes place in C a n a d a « g e f o r d e r t , vgl. Schwartz/Basedow ( o b e n N . 16) sect. 5 0 S. 50.

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

Ordnung gegen private Beschränkungen zu schützen. Da das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen einzelne Handlungen wie z.B. Vertragsabschlüsse oder Lieferboykotts nicht als solche reglementiert, sondern stets auf einen bestimmten ordnungspolitischen Zweck ausgerichtet ist, muß es unabhängig davon eingreifen, wo die Handlungen vorgenommen werden, wenn nur die Erreichung des Zwecks gefährdet ist. Unmittelbare Verantwortung trägt jeder Gesetzgeber freilich nur für den jeweiligen Inlandsmarkt, nur dessen Ordnung kann er wegen der räumlichen Begrenzung der Souveränität beeinflussen. Demgemäß sollen die Kartellgesetze den jeweiligen Inlandsmarkt schützen, dies freilich auch gegen wettbewerbsbeschränkende Handlungen, die von ausländischen Unternehmen im Ausland vorgenommen werden. Aus solchen Erwägungen heraus hat sich das Auswirkungsprinzip nicht nur in der Gesetzgebung zahlreicher Staaten, sondern auch in der Anwendungspraxis solcher Länder durchgesetzt, die über keine oder nur sehr unklare gesetzliche Kollisionsnormen verfügen. Z u m ersten Mal ist dies 1945 in der US-amerikanischen Alcoa-Entscheidung geschehen 58 , in der es um ein außerhalb der USA vereinbartes Aluminium-Kartell von Herstellern ging, die ihren Sitz allesamt in anderen Ländern hatten. Erst kürzlich hat der Supreme Court diese Rechtsprechung im Jahre 1993 nachdrücklich bestätigt. Es sei »well established by now that the Sherman Act applies to foreign conduct that was meant to produce and did in fact produce some substantial effect in the United States.«59 In dem entschiedenen Fall wurde Londoner Rückversicherungsunternehmen vorgeworfen, sie hätten sich über eine Begrenzung des RückVersicherungsschutzes für solche Erstversicherer verständigt, die U m welthaftungsschäden in Kalifornien decken würden. Ausgehend von Amerika hat sich das Auswirkungsprinzip auch in anderen Ländern mit unklarer kollisionsrechtlicher Gesetzeslage durchgesetzt, so etwa in Frankreich 60 und in Dänemark 61 .

b) Verankerung und Tragweite im positiven Recht Noch deutlicheren Ausdruck hat das Auswirkungsprinzip aber in den letzten Jahrzehnten in zahlreichen wettbewerbsrechtlichen Gesetzen gefunden. 58

U. S. v. Aluminium Co. of America, 148 F. 2d (2nd Cir. 1945). Hartford Fire Insurance Co. v. California, 113 S. Ct. 2891 = 125 L. Ed. 2d 612, 638 (1993); siehe dazu Demetriou/Robertson, US Extra-territorial Jurisdiction in Anti-Trust Matters: R e c e n t Developments: Europ. Compet. L. Rev. 1995, 461-468, 464f; kritisch P M. Roth, Jurisdiction, British, Public Policy and the United States Supreme Court: L. Q. Rev. 110 (1994) 194-199. 60 Siehe besonders die Entscheidung des Conseil de la concurrence 89 D. 22 vom 13.6. 1989,J.C. P. éd. E 1989, II, Nr.15611 S.618f. mit Anmerkung Azéma; vgl. auch BoutardLabarde/Canivet, Droit français de la concurrence (2. Aufl. Paris 1994) 26f. 61 Nachweise bei Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 20. 59

Auswirkungsprinzip

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N a c h d e m Vorgang des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§98 Abs. 2 Satz 1) haben zahlreiche europäische Gesetzgeber innerhalb u n d außerhalb der Europäischen U n i o n in die nationalen Wettbewerbsgesetze besondere R e c h t s a n w e n d u n g s n o r m e n a u f g e n o m m e n , die das Auswirkungsprinzip kodifizieren 62 . Beispielsweise lautet Art. 2 Abs. 2 des schweizerischen Bundesgesetzes über Kartelle u n d andere Wettbewerbsbeschränkungen 63 : »Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch w e n n sie im Ausland veranlaßt werden.« Auch in anderen Erdteilen finden sich inzwischen Anzeichen für eine gewisse Akzeptanz des Auswirkungsprinzips, so etwa in Australien 64 u n d — n o c h k a u m spürbar — auch in Lateinamerika. Zwar schweigen auch die neueren nationalen Gesetze der lateinamerikanischen Staaten vielfach n o c h zu der Frage des eigenen räumlichen Anwendungsbereichs, u n d es mag mit den strafrechtlichen Denktraditionen zusammenhängen, daß sich jedenfalls in der Praxis keine Indizien für eine A n w e n d u n g der Gesetze auf im Ausland veranlaßte Wettbewerbsbeschränkungen finden lassen65. Das 1996 verabschiedete Protokoll Nr. 1 8 / 9 6 des M E R C O S U R über den Schutz des Wettbewerbs bestimmt n u n freilich in Art. 2: »Die R e g e l n dieses Protokolls sind auf H a n d lungen anzuwenden, die von natürlichen oder juristischen Personen des ö f fentlichen oder Privatrechts oder von anderen Einheiten begangen w u r d e n , w e n n sie Auswirkungen auf den Wettbewerb im Bereich des M E R C O S U R zum Gegenstand haben oder bewirken u n d w e n n sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.« 66 D e r für das Auswirkungsprinzip zentrale Begriff der Inlandsauswirkung e n t zieht sich einer präzisen rechtlichen Erfassung. Die ökonomischen Z u s a m menhänge haben vielmehr zur Folge, daß jede den Wettbewerb beschränkende H a n d l u n g irgendwo auf der Welt Auswirkungen oder R ü c k w i r k u n g e n auf den Inlandsmarkt haben kann. U m einer uferlosen A n w e n d u n g des eigenen Wettbewerbsrechts auf Auslandssachverhalte z u v o r z u k o m m e n , verlangt 62 Siehe eingehend mit Nachweisen Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 6 7 - 7 3 zu Spanien, Griechenland, Norwegen (vor der R e f o r m 1993), Schweden, Osterreich, Italien, Polen und der früheren Tschechoslowakei; hinzuzufügen ist z.B. noch § 1 des ungarischen Gesetzes LVII/1996 über das Verbot des unlauteren Marktverhaltens und der Wettbewerbsbeschränkung, mit deutscher und englischer Übersetzung abgedruckt in Hatályos magyar jogszabályok — Geltende Ungarische Rechtsnormen — Hungarian Rules of Law in Force 1996, 1045. 63 Kartellgesetz vom 6.10. 1995, AS 1996, 546; siehe dazu Dasser, N e u e Tendenzen im internationalen Kartellprivatrecht der Schweiz: AJP/PJA 1996, 950-957. 64 Siehe Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 45f. 65 Siehe für Chile und Venezuela die Nachweise bei Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 37; für Brasilien wurde in der Literatur dagegen schon früher eine weitere Anknüpfung vertreten, vgl. Franceschini, A lei antitruste brasileira e o Conselho Administrativo de Defesa Económica - C A D E - alguns aspectos: Rev. inf. leg. 88 (1985) 311-340, 331 f. 66 Siehe unten Anhang VII; das Protokoll bedarf noch der Ratifikation durch die Parlamente der Mitgliedstaaten, siehe Informe M E R C O S U R 2 (1997) Nr. 3, S.27.

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Der internationale Anwendungsbereich

der

Wettbewerbsgesetze

eine international weit verbreitete Auffassung, daß die Auswirkungen des wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens unmittelbar, substantiell und vorhersehbar sind 67 . Wenn die Inlandsauswirkung beabsichtigt war, soll dagegen nach amerikanischer Auffassung »irgendeine substantielle Auswirkung« 68 genügen. In der Tat ist die Unmittelbarkeit kein Kriterium, das ökonomischen Prozessen angemessen wäre. Das Ausmaß der Spürbarkeit, also die Schwere der Wettbewerbsbeschränkung ist das maßgebliche Kriterium. Wenn eine Wettbewerbsbeschränkung hinreichend spürbar oder substantiell ist, wird sie in aller R e g e l auch-fur alle beteiligten Unternehmen vorhersehbar gewesen sein, so daß auch das Kriterium der Vorhersehbarkeit letztlich keine eigenständige Bedeutung hat.

c) Grenzen des Auswirkungsprinzips Auch wo das Auswirkungsprinzip ausdrücklich im Gesetz verankert ist, machen Gerichte und Behörden davon doch oft nur sehr zurückhaltend G e brauch. Dies hängt zum Teil mit prozessualen Problemen zusammen (siehe unten IV.), ist aber auch darauf zurückzufuhren, daß die Wettbewerbsbehörden vieler Länder die Konflikte mit ausländischen Regierungen und diplomatische Verwicklungen scheuen. In der Folge wird das Wettbewerbsrecht auch in den Ländern, die das Auswirkungsprinzip anerkennen, im internationalen Kontext nicht immer effizient durchgesetzt. D i e verbreiteten Vollzugsdefizite seien am Beispiel der Fusionskontrolle nach deutschem R e c h t illustriert. Wenn die Auslandsfusion zweier ausländischer Unternehmen zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung im Inland fuhrt, sind die Voraussetzungen für eine an die ausländischen Unternehmen gerichtete Untersagungsverfügung gemäß § § 2 4 , 98 Abs. 2 G W B an sich erfüllt. Wegen des starken Auslandsbezugs wird eine solche Untersagungsbefugnis in Praxis und Literatur gleichwohl nicht von allen uneingeschränkt akzeptiert. Wenn die ausländischen Unternehmen im Inland über Tochtergesellschaften verfügen, bewirkt die Auslandsfusion gemäß § 2 3 Abs. 3 Satz 4 G W B zugleich eine inländische Fusion der Töchter; soweit die Inlandstöchter von den ausländischen Mutterunternehmen abgetrennt werden können, hält die Rechtsprechung eine Beschränkung der U n tersagungsverfügung auf die Inlandsfusion der T ö c h t e r für ausreichend und im Hinblick auf völkerrechtliche Bedenken für allein rechtmäßig 69 . Wenn da67 »Direct, substantial, and foreseeable«, vgl. International Law Association, Resolution on Extra-Territorial Application o f Anti-Trust Legislation, ILA Rep. 55th Conference, N e w York 1972 (London 1974) X I X , Art. 5; siehe in den U S A auch den Foreign Antitrust Improvement Act 1982, 96 Stat. 1233 (1982), 15 U. S. C. § 6a; siehe in der E G auch die Gutachten von Generalanwalt Darmon im Zellstoff-Fall (oben N. 55), Slg. 1988, 5214, 5226, und von Generalanwalt Mayras im Teerfarbenfall (oben N. 53), Slg. 1972, 699—700. M Siehe das Zitat oben bei N. 59.

Abwägungsprinzip

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gegen die inländischen Unternehmensteile aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen von den ausländischen Müttern nicht abgetrennt werden können, soll nach einer verbreiteten Auffassung in der Literatur die Untersagung der Auslandsfusion unzulässig sein; das Bundeskartellamt tritt auch in diesen Fällen für eine Untersagung ein, wenn sich die Auswirkungen in erster Linie im Inland zeigen70, und müßte demgemäß auf eine Untersagung verzichten, wenn der Schwerpunkt der Fusion im Ausland liegt. Dies müßte erst recht gelten, wenn die fusionierenden ausländischen Unternehmen ihre unternehmerische Tätigkeit nur im Ausland entfalten und ihre Fusion sich lediglich über Lieferungen in das Inland auf den deutschen Markt auswirkt. Hier zeigen sich deutlich Grenzen, die auch dem Auswirkungsprinzip gezogen sind.

5. A b w ä g u n g s p r i n z i p a) Inhalt und Begründung Obwohl die Anwendung der Kartellgesetze nach dem Auswirkungsgrundsatz also durchaus Lücken des Vollzugs bestehen läßt, erstreckt sie den Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts doch in zahlreichen Fällen auf im Ausland handelnde ausländische Unternehmen. Diese suchen regelmäßig Schutz bei ihren eigenen Regierungen, die sich dann gegenüber der Durchsetzung des Auswirkungsprinzips durch ausländische Behörden und Gerichte auf das Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten ihres Staates oder auf andere völkerrechtliche Grundsätze berufen 71 . Zu solchen völkerrechtlichen Konflikten hat namentlich die wettbewerbsrechtliche Praxis der USA Anlaß gegeben. Gerade in den Vereinigten Staaten von Amerika ist denn auch um 1980 eine gewisse Gegentendenz entstanden. Sie will zwar grundsätzlich am Auswirkungsprinzip festhalten, legt den Behörden und Gerichten bei der Ausübung der danach bestehenden Zuständigw KG 1.7. 1983, W u W / E OLG 3051 = IPRspr. 1985 Nr. 124 b (Morris Rothmans). Siehe auch BKartA 3.3. 1989 W u W / E BKartA 2363, 2369 = IPRspr. 1990 Nr. 160a (Linde/ TKO-Lansing): 70 Siehe näher mit Nachweisen und Kritik Rehbinder in Immenga/Mestmäcker, G W B (2. Aufl. München 1992) §98 Abs.2 R d N r . l 8 9 f f . 71 Vgl. etwa Viscount Dilhorne in Rio Tinto Zinc Corp. v. Westinghouse Electric Corp., [1978] 1 All E. R . 434, 460 (H. L.): »For many years now the United States has sought to exercise jurisdiction over foreigners in respect of acts done outside the jurisdiction o f t h a t country. This is not in accordance with international law...« Siehe auch den Protest in der Note No. 196 der Britischen Botschaft in Washington, D. C. vom 27.7. 1978 in Brit. YB Int. L. 49 (1978) 390, 391; Protest der niederländischen Regierung in U. S. v. General Electric Co., 82 F. Supp.753 (D. N.J. 1949); siehe näher Meessen (oben N. 34) 145£F.; Picone (oben N. 36) 141-150.

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

keiten jedoch Zurückhaltung nahe. Insbesondere sollen die Rechtsanwendungsinstanzen zur Abwägung der räumlichen Kontakte des Sachverhalts und der Interessen der betroffenen Staaten an der Anwendung ihres jeweiligen Wirtschaftsrechts verpflichtet sein72. b) Restatement Third und Antitrust Enforcement Guidelines Dieser sogenannte balancing approach oder Abwägungsgrundsatz hat in der amerikanischen Rechtsprechung verschiedentlich Billigung gefunden und zu einer präziseren Erfassung der zu berücksichtigenden Faktoren gefuhrt 73 . Freilich fehlt es auch nicht an gegenläufigen Äußerungen, die einem nationalen Gericht rundweg die Fähigkeit und die Berechtigung absprechen, Rechtsanwendungsinteressen verschiedener Staaten gegeneinander abzuwägen74. In abstrakte und insofern gesetzesähnliche Regeln gekleidet wurde der balancing approach schließlich gegen Ende der 80er Jahre durch das American Law Institute in seinem dritten Restatement on Foreign Relations Law75. Die Restatements sind private Aufzeichnungen von Regeln, die nach Auffassung ihrer Urheber Ausdruck des bestehenden Richterrechts und Gewohnheitsrechts sind; sie sind zwar in der äußeren Gestalt gesetzesähnlich, doch sind sie nicht verbindlich 76 . Das dritte Restatement über das Recht der auswärtigen Beziehungen der USA trennt nicht immer ganz klar zwischen der Erfassung von Regeln des Völkergewohnheitsrechts, die auch für die USA verbindlich sind, und Regeln über die Anwendung des amerikanischen Wirtschaftsrechts, die — innerhalb der völkerrechtlichen Grenzen — zur Disposition des amerikanischen Gesetzgebers bzw. der Rechtsprechung der USA stehen. Was die Anwendung der US-amerikanischen Kartellgesetze betrifft, so nimmt das Restatement die Trennung von materieller Gesetzgebungszuständigkeit und ihrer Ausübung auf. Während die Gesetzgebungszuständigkeit eines Landes sich grundsätzlich nach dem Auswirkungsprinzip richten soll, sind seine Behörden und Gerichte bei der Ausübung dieser Zuständigkeit ge72 Vgl. näher Atwood/Brewster, Antitrust and American Business Abroad I (2. Aufl. 1981) 162ff.; Lowenfeld, Public Law in the International Arena — Conflict of Laws, International Law and Some Suggestions for Their Interaction: Ree. des cours 163 (1979 II) 311—445 (410). 73 Timberlane Lumber Co. v. Bank of America, 549 F. 2d 597 (9th Cir. 1976); Mannington Mills v. Congoleum Corp., 595 F. 2d 1287 (3rd Cir. 1979). 74 In re Uranium Antitrust Litigation, 480 F. Supp. 1138 (N. D. III. 1979); Laker Airways Ltd. v. Sabena Belgian World Airways, 731 F. 2d 909 (D. C. Cir. 1984). 75 American Law Institute, Restatement of the Law Third. Foreign Relations Law I, II (St. Paul, Minn. 1987). 76 Vgl. Reimann, Amerikanisches Privatrecht und europäische Rechtseinheit - Können die USA als Vorbild dienen? In: Zimmermann (Hrsg.), Amerikanische Rechtskultur und europäisches Privatrecht (1995) 132-155 (142f.).

Abwägungsprinzip

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halten, eine umfassende Abwägung der Kontakte mit verschiedenen Rechtssphären sowie der beteiligten Anwendungsinteressen vorzunehmen. Dies ist im einzelnen sehr detailliert geregelt77. Ausdrückliche Anerkennung hat das Abwägungsprinzip auch in den Antitrust Enforcement Guidelines for International Operations gefunden, die das amerikanische Justizministerium und die Federal Trade Commission der USA gemeinsam im Jahre 1995 erlassen haben78. Auch diese Guidelines sind nicht etwa Rechtsnormen, sondern lediglich Verwaltungsvorschriften, in denen die beiden Behörden ihre Praxis bei der Verfolgung von Kartellverstößen festlegen. Private Kläger sind durch die Guidelines ebensowenig gebunden wie die Gerichte. Die Guidelines betonen zunächst das Auswirkungsprinzip, bei dessen Anwendung freilich die Interessen betroffener ausländischer Staaten zu berücksichtigen sind79. c) Das Abwägungsprinzip in der Rechtsprechung Das Abwägungsprinzip hat sich bislang in der Rechtsprechung nicht durchsetzen können. Als es im Jahre 1993 im amerikanischen Supreme Court zur Sprache kam, lehnte die Mehrheit der Richter eine Entscheidung darüber mit der Begründung ab, für eine zurückhaltende Ausübung der amerikanischen Zuständigkeit sei nur im Falle eines echten Konflikts (true conflict) zwischen amerikanischem und ausländischem Recht Platz. Von einem echten Konflikt könne aber nur die Rede sein, wenn ein Land ein Verhalten zwingend vorschreibe, das vom Wettbewerbsrecht der USA verboten werde. Wenn der ausländische Staat dagegen wie in dem zu entscheidenden Fall das wettbewerbswidrige Verhalten lediglich gestatte, ohne es anzuordnen, könne ein Unternehmen sich so verhalten, daß es sich im Einklang mit beiden Gesetzgebungen befinde 80 . Auch der Europäische Gerichtshof sah sich in dem Zellstoff-Fall von 1988 mit dem Argument konfrontiert, die »Völkercourtoisie (comitas gentium)« gebiete einen zurückhaltenden Gebrauch der eigenen Zuständigkeit bei der Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze. Dieses Argument lief nach Auffassung des Gerichtshof freilich nur darauf hinaus, die Zuständigkeit der Ge77 Siehe eingehend Meessen, Conflicts ofjurisdiction Under the New Restatement: L. & Contemp. Probl. 50 (1987/88) 4 7 - 6 9 ; Meng, Regeln über die Jurisdiktion der Staaten im amerikanischen Restatement (Third) of Foreign Relations Law: Arch V R 1990, 156—194. Uberblick auch bei Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 82. 78 United States Department of Justice and Federal Trade Commission, Antitrust Enforcement Guidelines for International Operations, Adopted and Published on 5 April 1995, 68 Antitrust and Trade Reg. Rep. (BNA) no. 1 7 0 7 (6 April 1 9 9 5 , Special Supplement). 79 Siehe International Guidelines (vorige N.) S. 12, par. 3.2. 80 Hartford Fire Insurance Co. v. California, 1 1 3 S. Ct. 2 8 9 1 = 1 2 5 L. Ed. 2d 6 1 2 , 6 4 0 (1993).

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

meinschaft als solche in Frage zu stellen, wie die betroffenen Unternehmen dies auch unter Berufung auf das völkerrechtliche Interventionsverbot getan hatten. Aus der Sicht des Gerichtshofs waren beide Fragen gleich zu entscheiden, und bzgl. des Interventionsverbotes stellte er fest, daß es die Zuständigkeit der Gemeinschaft nur im Falle eines Widerspruchs zwischen dem europäischen Wettbewerbsrecht und dem ausländischen Recht einschränken könne. An einem solchen Widerspruch fehlte es jedoch, weil das fragliche drittstaatliche Gesetz, der amerikanische Webb-Pomerene-Act, das wettbewerbswidrige Verhalten der Parteien lediglich vom Anwendungsbereich der amerikanischen Antitrust-Gesetze ausnahm, es also nur gestattete, ohne es vorzuschreiben 81 . Damit haben die beiden fiir die Anwendung des Wettbewerbsrechts wichtigsten Gerichte der Welt die Bedeutung des Abwägungsprinzips, wenn es denn überhaupt eines Tages Anerkennung finden sollte, auf die Fälle eines echten Konflikts zwischen dem Wirtschaftsrecht der beteiligten Staaten reduziert. Da es solche echten Widersprüche nur selten gibt, werden die amerikanischen und europäischen Behörden und Gerichte ihr Wettbewerbsrecht auch künftig nach hier skizzierten Grundsätzen, namentlich also nach dem Auswirkungsprinzip bzw. gemäß der Anknüpfung an den Durchfuhrungsort ohne große Einschränkungen anwenden.

6. Auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen

Im Mittelpunkt der Diskussionen des internationalen Kartellrechts steht die Frage, wie weit der Anwendungsbereich des eigenen Wettbewerbsgesetzes auf Wettbewerbsbeschränkungen erstreckt werden soll, die im Ausland veranlaßt werden, sich jedoch auf inländische Märkte beziehen. Wie oben 2. bis 5. dargestellt, gehen die Auffassungen darüber international weit auseinander, wenn sich auch das Auswirkungsprinzip zunehmend durchsetzt. Größerer Gleichklang besteht zwischen den Wettbewerbsgesetzen hinsichtlich der auf ausländische Märkte bezogenen Wettbewerbsbeschränkungen. Die Staaten sehen ihre Kartellgesetze in der Regel als wirtschaftspolitische Instrumente zur Ordnung der eigenen Märkte und zum Schutz der eigenen Marktteilnehmer an82; sobald die Marktteilnehmer aus dem eigenen Land von einer Wettbewerbsbeschränkung nur profitieren können und der Schaden allein 81 E u G H 27.9. 1988 - verb. Rs. 8 9 / 8 5 (Zellstoff), Slg. 1988, 5193, 5243 Erwägungen 20, 22. 82 Siehe die Äußerung der Deputy Assistant Attorney General in der Antitrust Division des U. S. Department ofjustice Wood, The Internationalization of Antitrust Law: Options for the Future: DePaul L. Rev. 44 (1995) 1289-1299 (1292): »The U. S. antitrust laws are there to protect U. S. consumers, U. S. businesses, and U. S. markets...«

Auslandsmarktbezogene

Wettbewerbsbeschränkungen

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das Ausland trifft, fühlt sich kein Staat verantwortlich. Dies ergibt sich schon aus dem Auswirkungsprinzip selbst, ist doch seine Kehrseite die Nichtanwendung des inländischen Wettbewerbsrechts auf solche wettbewerbsbeschränkende Praktiken, die sich auf Inlandsmärkten nicht auswirken. a) Begründung für die Freistellung von Exportkartellen Die wirtschaftspolitische Rechtfertigung für die Freistellung von auslandsmarktbezogenen bzw. auslandsmarktwirksamen Wettbewerbsbeschränkungen wird auf verschiedene Weise begründet, kann aber letztlich nicht überzeugen 83 . Der Hinweis auf die gelegentliche Notwendigkeit, gegenüber marktmächtigen oder kartellierten ausländischen Handelspartnern die Bildung von Gegenmacht zu gestatten, könnte allenfalls im Einzelfall zur Genehmigung von Exportkartellen führen, kann die kategorische Nichtanwendung der Wettbewerbsgesetze aber nicht erklären. Der Wunsch mittelständischer Unternehmen nach zulässiger Kooperation zur Beteiligung am Außenhandel und zur Erzielung von Rationalisierungsvorteilen ist verständlich, doch läßt sich nicht nachvollziehen, warum der Gesetzgeber diesem Wunsch dadurch entspricht, daß die Verbote des eigenen Wettbewerbsgesetzes überhaupt nicht mehr angewendet werden, auch dann nicht, wenn sie auf den ausländischen Zielmärkten zu einer wesentlichen Beschränkung des Wettbewerbs fuhren oder diesen sogar ganz beseitigen. W ä h rend Kooperationen, die sich auf inländische Märkte beziehen, nur unter dem Vorbehalt eines hinreichenden Restwettbewerbs oder einer Abwägung von Rationalisierungsvorteilen und Wettbewerbsbeschränkung zugelassen werden, wird die Freistellung der Exportkartelle im allgemeinen ohne jede Einschränkung gewährt. Es bleibt die mit der Freistellung verbundene Erwartung einer Steigerung der Deviseneinnahmen. Doch offenbart diese Erwägung wie keine andere die Einseitigkeit der Argumentation im internationalen Kartellrecht. Nie wird bedacht, daß andere Staaten auch ihrerseits von einer Anwendung der Kartellgesetze auf Wettbewerbsbeschränkungen absehen, die — aus ihrer Sicht — auf das Ausland zielen, also — aus unserer Perspektive — durchaus Inlandsmärkte betreffen können. Dies hat zur Folge, daß inländische Handelspartner jener ausländischen Unternehmen desgleichen höhere Preise zu zahlen haben, daß es also insofern ebenfalls zu höheren Devisenabflüssen kommt. Die Hoffnung darauf, man könne letztere durch eine offensive Anwendung des eigenen Kartellgesetzes nach dem Auswirkungsprinzip vermeiden, erweist sich aus mancherlei rechtlichen und tatsächlichen Gründen als trügerisch. 83 Siehe die Zusammenstellung der folgenden Argumente bei Rehbinder in Immenga/ Mestmäcker (oben N. 70) §6 G W B R d N r . 21-25; Möschel, Internationale Wettbewerbsbeschränkungen, in: FS Lukes (1989) 461-469 (467f.).

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

Hier liegt der eigentliche Kern des Problems: indem j e d e r Staat nur die A n w e n d u n g des eigenen Wettbewerbsrechts reflektiert u n d das entsprechende Verhalten anderer Staaten aus seinem Kalkül ausblendet, verkürzt er die Realität des Verhältnisses von R e c h t u n d internationalem Wettbewerb. Wer die allgemeine Freistellung von Exportkartellen u n d anderen auslandsmarktbezogenen Wettbewerbsbeschränkungen von einer internationalen Warte aus auf ihre W i r k u n g e n hin untersucht, wird eine allgemeine Absenkung der Wettbewerbsintensität konstatieren müssen. Es ist — bildhaft gesprochen — so, als ob j e d e r den Schmutz vor seinem Eingang z u m Nachbarn hin fegt: mag er sich auch über die Reinlichkeit vor der eigenen T ü r freuen, objektiv wird die Straße nicht sauberer. Als weiterer Nachteil k o m m t hinzu, daß die auf den Auslandsmarkt bezogene Kooperation auf d e m Inlandsmarkt nicht o h n e W i r k u n g e n bleiben kann. U n t e r n e h m e n , die in Bezug auf ausländische Märkte zusammenarbeiten, werden nach aller Lebenserfahrung i m Inland nicht in scharfen Wettbewerb zueinander treten 84 .

b) Die Freistellung im positiven R e c h t Im positiven R e c h t ist die N i c h t a n w e n d u n g der Wettbewerbsgesetze auf auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen in unterschiedlicher Weise geregelt. In Deutschland ist das Kartellgesetz gemäß § 98 Absatz 2 Satz 2 seit der vierten Novelle von 1980 an sich auch auf Ausfuhrkartelle a n z u w e n den, soweit deutsche U n t e r n e h m e n beteiligt sind. D o c h gilt das Kartellverbot des § 1 G W B gemäß § 6 Abs. 1 gerade nicht für reine Exportkartelle, so daß sich die A n w e n d u n g des Gesetzes letztlich auf Annexfragen wie die A n meldepflicht des §9, die Mißbrauchsaufsicht gemäß § 1 2 u n d das K ü n d i gungsrecht gemäß § 1 3 G W B beschränkt. Soweit das Kartell zusätzlich auch den Wettbewerb auf einem inländischen Markt beschränkt (gemischtes E x portkartell), ist freilich eine Erlaubnis der Kartellbehörde erforderlich, die gem ä ß § 6 Abs. 2 G W B nur unter engen Voraussetzungen erteilt wird. Dieselbe Unterscheidung zwischen reinen u n d gemischten Exportkartellen findet sich auch bzgl. des europäischen Wettbewerbsrechts in der R e c h t s p r e c h u n g des Europäischen Gerichtshofs: während eine allein auf Auslandsmärkte bezogene Absprache den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt nicht b e schränkt oder verfälscht 85 , hat es der Gerichtshof f ü r die A n w e n d u n g von Artikel 85 E G V im Falle des Zuckerkartells genügen lassen, daß einige der beteiligten U n t e r n e h m e n o h n e die Quotenabsprache m e h r Z u c k e r auf d e m euro-

84 Vgl. mit näheren Nachweisen Rehbinder in Immenga/Mestmäcker (oben N. 70) § 6 G W B R d N r . 27. 85 E u G H 18.2. 1986 - Rs. 174/84 (Bulk Oil./. Sun International), Slg. 1986, 559, 589 Erwägung 44.

Resümee

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päischen Markt verkauft hätten 86 . Ähnlich liegen die Dinge auch in Japan, wo Art. 33 des Gesetzes über den Ausfuhr- und Einfuhrhandel von 1952 reine Exportkartelle vom Kartellverbot freistellt und sie lediglich einer Anmeldepflicht unterwirft, während gemischte Exportkartelle der Genehmigung durch die Fair Trade Commission bedürfen 87 . Auch das kürzlich gelockerte Verbot der Holdinggesellschaften bezieht sich nach dem neugefaßten Art. 9 Abs. 3 des Antimonopolgesetzes nicht auf solche Holdings, deren Gesellschaftsvermögen überwiegend aus Anteilen an ausländischen Tochtergesellschaften besteht88. Als Instrument der Fusionskontrolle ist das Verbot der Holdinggesellschaften damit ebenfalls sehr stark auf den Inlandsmarkt bezogen. Schließlich erklärt sich auch das amerikanische Antitrustrecht für unanwendbar auf Wettbewerbsbeschränkungen, die allein auf ausländische Märkte zielen und keine Auswirkungen in den USA haben. Speziell für Exportkartelle hatte schon der Webb-Pomerene-Act von 1918 eine Ausnahme vom Kartellverbot des Sherman Act vorgesehen 89 , die durch den Export Trading Company Act von 1982 noch erweitert wurde 90 . Darüber hinaus erklärt der Foreign Trade Antitrust Improvements Act von 1982 das amerikanische Wettbewerbsrecht im gesamten Außenhandel mit Ausnahme der Einfuhren für unanwendbar, es sei denn, die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken hätten eine direkte, substantielle und vernünftigerweise vorhersehbare W i r kung auf die amerikanischen Einfuhren oder den amerikanischen Binnenhandel oder auf die Ausfuhren amerikanischer Exporteure 91 .

7. R e s ü m e e

Der Uberblick über die materiellrechtliche Regelung des Anwendungsbereichs der Wettbewerbsgesetze ergibt j e nach Standpunkt und Erkenntnisinteresse des Betrachters ganz unterschiedliche Gesamtbilder. Aus der Sicht des Völkerrechts, die in den letzten Jahrzehnten die Diskussionen im internationalen Kartellrecht dominiert hat, steht der Schutz der Souveränität der Hand86 EuGH 16.12. 1975 - verb. Rs. 4 0 / 7 3 (Suiker Unie./. Kommission), Slg. 1975, 1663, 2038 Erwägung 598/599. 87 Law on export and import trading of 1952, englische Ubersetzung in Organisation of Economic Cooperation and Development (ed.) Guide to Legislation on Restrictive Business Practices III (Loseblatt, Paris o. J.) no. 1.2; siehe auch Schwartz /Basedow (oben N. 16) sect. 22. 88 Zu der Novellierung siehe Siegfanz, Holding-Gesellschaften in Japan und die teilweise Reform des Antimonopolgesetzes: ZJapanR 2 (1997) Heft 4, S. 58-68 mit Übersetzung der maßgeblichen Bestimmungen. 89 40 Stat. 516 (1918), 15 U.S. C. §§61-65. *> 96 Stat. 1240 (1982), 15 U.S. C. §§4011-4021. " 96 Stat. 1246 (1982), 15 U.S. C. §6a.

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Der internationale Anwendungsbereich der Wettbewerbsgesetze

lungsstaaten im Vordergrund. Aus dieser Sicht dringen die Marktstaaten mit ihrem immer umfassenderen Anspruch auf extraterritoriale Anwendung ihres eigenen Kartellrechts soweit vor, daß die Handlungsstaaten die wirtschaftspolitische Hoheit auf ihrem Territorium zu verlieren drohen. Es ist freilich daran zu erinnern, daß die dagegen erhobenen völkerrechtlichen B e denken ganz oder teilweise Gegenstand eines Ubereinkommens über die internationale Vereinheitlichung des R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen wären, so daß sie in diesem Zusammenhang keiner weiteren Erörterung b e dürfen. Aus einer globalen wettbewerbspolitischen Perspektive weist das Gesamtbild der oben skizzierten Regelungen dagegen etliche Vollzugsdefizite auf. Dies ist in erster Linie darauf zurückzufuhren, daß kein Staat sein Wettbewerbsrecht auf solche Praktiken anwendet, die lediglich auf ausländische Märkte abzielen und sich auf dem eigenen Markt nicht auswirken. Dieser Umstand allein hat zur Folge, daß die Verfolgung von grenzüberschreitenden Wettbewerbsbeschränkungen, die im Kern in beiden beteiligten Staaten verboten sind, doch in der Sache allein den Behörden und Gerichten des Z i e l - oder Marktstaates überlassen bleibt, weil der Handlungsstaat sein Wettbewerbsrecht auf die betreffenden Handlungen nicht anwendet. Die Ziel- oder Marktstaaten können ihr eigenes Wettbewerbsrecht zwar nach dem Auswirkungsprinzip auch auf solche Wettbewerbsbeschränkungen ausdehnen, die allein im Ausland veranlaßt wurden, und dies geschieht auch in immer mehr Ländern. D o c h stößt das Auswirkungsprinzip — zwar nicht in der Theorie, wohl aber in der Praxis — an seine Grenzen, wenn der Schwerpunkt der wettbewerbsbeschränkenden Praktiken eindeutig im Ausland liegt und sich im Inland nur entfernte, wenngleich sehr spürbare Wirkungen zeigen. In solchen Fällen wird die Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften des W i r kungslandes regelmäßig an vielen prozessualen Hindernissen scheitern.

IV. Prozessuale Grenzen für die Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze 1. Völkerrechtliche G r e n z e n

Im Falle grenzüberschreitender Wettbewerbsbeschränkungen hängt die Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze oft davon ab, daß Informationen aus dem Ausland beschafft werden. Die Kartellbehörde kann sich dabei der mehr oder weniger freiwilligen Mitarbeit der betroffenen Unternehmen versichern, indem sie die eigenen Druckmittel rechtlicher oder wirtschaftlicher Art nur ankündigt 92 . Wo dies nicht zum Ziel führt, wird sie ihre öffentlichrechtlichen Befugnisse ausspielen und unter Androhung hoheitlicher Zwangsmaßnahmen beispielsweise Personen befragen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen durchfuhren oder die Vorlage von Dokumenten verlangen. Hier stößt sie freilich an die Schranken der territorial begrenzten Souveränität ihres Staates. Die Vornahme hoheitlicher Akte im Ausland ist ohne Erlaubnis des anderen Staates unzulässig93. Konkret bedeutet dies, daß das öffentlich-rechtliche Subordinationsverhältnis der Kartellbehörde zu dem betroffenen Unternehmen nur hergestellt werden kann, wenn es gelingt, dem Unternehmen die fragliche Verfugung im Inland zuzustellen. Soweit in den einzelnen Kartellrechtsordnungen die Theorie der Unternehmenseinheit anerkannt ist, genügt es, wenn die Verfügung einer inländischen Tochter- oder Muttergesellschaft des eigentlichen Adressaten zugestellt wird 94 . In diesen Fällen liegt die wirtschaftliche Leitungsmacht entweder im Inland 92

Vgl. Mozet, Internationale Zusammenarbeit der Kartellbehörden (Heidelberg 1991) 8f. mit Abdruck eines Auskunftsverlangens des US-Justizministeriums. 93 Siehe die Lotus-Entscheidung des Ständigen Internationalen Gerichtshofes, StIGH 7.9. 1927, P.C. I. J., Ser. A No. 10 = EStIGH 5, 71 (90): »Die erste und wichtigste Einschränkung nun, die das internationale R e c h t dem Staat auferlegt, ist der Ausschluß jeder Ausübung seiner Macht auf dem Gebiet eines anderen Staates...«; siehe auch Ipsen (-Gloria), Völkerrecht (3. Aufl. M ü n c h e n 1990) § 2 3 R d N r . 9 5 f . , S.292; Brownlie, Principles o f P u blic International Law (4. Aufl. Oxford 1990) 307. 94 Vgl. für die E U E u G H 14.7. 1972 - Rs. 48/69 (ICI./. Kommission), Slg. 1972, 619 Erwägungen 36—43.

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Prozessuale

Grenzen für die Durchsetzung

der

Wettbewerbsgesetze

oder aber bei der ausländischen Muttergesellschaft, diejedoch über die inländische Tochter am inländischen Marktgeschehen teilnimmt 95 . Freilich sind die Grenzen der Unternehmenseinheit schwer zu ziehen. Je kleiner, mittelbarer und weiter verstreut die Beteiligungen und Schachtelbeteiligungen an Gesellschaften im Konzernverbund sind, desto schwerer fällt es, dem einen oder anderen Unternehmen die wirtschaftliche Leitungsmacht zuzuschreiben. Von einem schwer zu bestimmenden Punkt ab sind die Einflußnahmen in den konzerninternen Willensbildungsprozessen allgemeinen Vermutungen nicht mehr zugänglich mit der Folge, daß das Konzept der wirtschaftlichen Unternehmenseinheit sich nicht mehr aufrechterhalten läßt. In solchen Fällen ist die Zustellung im Ausland an die handelnden Unternehmen dann unabdingbar, aber nur mit Erlaubnis oder Amtshilfe des ausländischen Staates zulässig. Selbst wenn es gelingt, die öffentlich-rechtliche Verpflichtung durch eine Zustellung im Inland herzustellen, ist eine zweite räumliche Begrenzung der Ermittlungsbefugnisse zu bedenken. Soweit die Kartellbehörde nämlich im Zusammenhang mit der Beschlagnahme, der Aufforderung zur Vorlage von Dokumenten oder der Durchsuchung von Räumen Zugriff auf Sachen nehmen will, die im Ausland belegen sind, stößt sie sich an der territorialen Souveränität des ausländischen Belegenheitsstaates. Für Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Ausland gilt wie für Zustellungen, daß sie als Hoheitsakte nur mit Erlaubnis oder Amtshilfe des betreffenden Belegenheitsstaates zulässig sind. Die Herausgabe von Dokumenten ist den verpflichteten Unternehmen zwar im allgemeinen ohne weiteres möglich, doch kann der Belegenheitsstaat intervenieren, indem er die Herausgabe generell verbietet oder von einer hoheitlichen Genehmigung abhängig macht. Dies ist während der letzten Jahrzehnte in sogenannten blocking statutes geschehen, die zahlreiche Staaten zur Abwehr ausländischer Herausgabeverlangen erlassen haben96. Die territorialen Grenzen der Souveränität entfalten ihre einschränkende Wirkung naturgemäß erst recht, wenn es zum Vollzug kartellbehördlicher Maßnahmen kommt. Gleich ob es sich nun um prozessuale Verfugungen wie etwa die Anordnung eines Zwangsgeldes zur Herausgabe von Informationen, Untersagungsverfügungen oder um Bußgeldbescheide handelt, eine Vollstreckung dieser Maßnahmen außerhalb des Verfahrensstaates findet grundsätzlich nicht statt. Die rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der eigenen Wettbewerbsgesetze gegenüber internationalen Wettbewerbsbeschränkungen sind also für Kartellbehörden auch in denjenigen Staaten recht begrenzt, die im Kollisionsrecht dem Auswirkungsprinzip folgen. Diese rechtlichen Grenzen 95 Vgl. Meng (oben N. 34) 520f.; Rehbinder in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) Einleitung E R d N r . 119; siehe auch oben im Text II 2 c). 96 Siehe die Nachweise bei Mozet (oben N. 92) 9 4 - 9 6 ; Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 94; viele Abwehrgesetze finden sich abgedruckt bei Lowe, Extraterritorial Jurisdiction. An Annotated Collection o f Legal Material (Cambridge, Engl., 1983) 79ff.

Kooperationsabkommen

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bestehen mutatis mutandis auch für iarteügerichtliche Verfahren, jedenfalls soweit es um die im Kern öffentlich-rechtliche Uberprüfung kartellbehördlicher Maßnahmen geht. Im Bereich der reinen Zivilprozesse kommen dagegen verschiedene internationale Abkommen über die Zustellung im Ausland, über die Beweiserhebung im Ausland sowie über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer zivil- und handelsgerichtlicher Entscheidungen zum Tragen, die während der letzten Jahrzehnte zu einer deutlichen Verstärkung der internationalen Kooperation von Zivilgerichten geführt haben. Auch außerhalb dieser Ubereinkommen ist die Zusammenarbeit der Ziviljustiz der verschiedenen Staaten aufgrund der jeweiligen nationalen Rechtsquellen weiter entwickelt, als dies im Bereich der Kartellbehörden der Fall ist. Da die Zivilverfahren, wenn man einmal von den USA absieht, bei der Verfolgung internationaler Wettbewerbsbeschränkungen nur eine ganz geringe Rolle spielen, soll es mit diesen allgemeinen Hinweisen sein Bewenden haben 97 .

2. K o o p e r a t i o n s a b k o m m e n a) Quellen In der Nachkriegszeit sind die oben geschilderten Lücken des Vollzugs der Wettbewerbsgesetze bei ihrer Anwendung auf internationale Wettbewerbsbeschränkungen ebenso deutlich geworden wie in einigen Fällen die Jurisdiktionskonflikte, die sich aus der extraterritorialen Anwendung des Wettbewerbsrechts nach dem Auswirkungsprinzip ergeben haben. Zur Lösung dieser Probleme sind seit den 60er Jahren zahlreiche Verfahrensregelungen verabschiedet worden, und zwar zunächst als Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development, OECD). Als Empfehlungen konnten sie naturgemäß keinerlei bindende Wirkung entfalten, waren also sogenanntes soft law, was ihre tatsächliche Bedeutung für das Verhalten der Kartellbehörden allerdings nicht mindert 98 . Gegenstand dieser Empfehlungen waren zum einen die Notifizierung von Kartellverfahren mit extraterritorialer W i r kung sowie die gegenseitige Unterrichtung und der Informationsaustausch, zum anderen die Konsultation und Schlichtung bei solchen Verfahren, die die Interessen mehrerer Mitgliedstaaten der O E C D berühren 99 . 97

Siehe näher mit weiteren Nachweisen Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 9 2 - 9 3 . Mozet (oben N . 92) 27 bezeichnet die E m p f e h l u n g der O E C D von 1967 als »... erste Vereinbarung, die tatsächlich angewandt wird.« 99 Uberblick bei Hawk, U n i t e d States, C o m m o n Market, and International Antitrust I (2. Aufl. Clifton, N . J . 1987) 787ff.; Mozet (oben N . 92) 2 1 - 3 2 ; die neueste revidierte Fassung der O E C D - K o o p e r a t i o n s e m p f e h l u n g ist abgedruckt in Dir. com. int. 1997, 231; dazu Draetta, Si estende la collaborazione internazionale in materia antitrust, ebd. S. 225. 98

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Prozessuale Grenzen für die Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze

Seit Ende der 70er Jahre gehen einige zweiseitige Abkommen über die unverbindlichen O E C D - E m p f e h l u n g e n hinaus und haben für die beteiligten Staaten Pflichten zur Amtshilfe in Kartellverfahren festgelegt. Solche A b k o m m e n hat Deutschland mit den USA 1 0 0 und mit Frankreich 101 abgeschlossen; zwei weitere A b k o m m e n sind zwischen den U S A auf der einen und Australien bzw. Kanada auf der anderen Seite in Kraft 102 . Von besonderer Bedeutung ist schließlich das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den U S A aus dem Jahre 1991 1 0 3 . Diese Abkommen stimmen darin überein, daß sie lediglich die Notifikation, Informationsbeschaffung und Konsultation näher regeln, während eine Verpflichtung zur zurückhaltenden Ausübung der eigenen Zuständigkeit (sog. negative comity) oder gar die Schlichtung von Jurisdiktionskonflikten in keinem Abkommen vorgesehen ist. D e r Kernbestand dieser bilateralen Abkommen, nämlich die Pflichten zur Notifikation, Information und Konsultation, ist auch in multilateralen Verträgen konsensfähig. Dies ergibt sich aus Art. I X Abs. 2 des General Agreement on Trade in Services von 1994. Während es in diesem Vertrag nicht gelang, eine materiellrechtliche Einigung über wettbewerbsschädliches Verhalten zu erzielen (siehe unten VI 1 d, S. 45), verankert die genannte Vorschrift doch für den Bereich der Dienstleistungsmärkte klare Kooperationspflichten. Jeder Mitgliedstaat kann danach von einem anderen Mitglied Konsultationen im Hinblick auf die Beendigung wettbewerbsbeschränkender Praktiken verlangen. Das ersuchte Mitglied hat die relevanten öffentlich verfügbaren Informationen auf Wunsch zu übermitteln, soweit sie nicht vertraulich sind. H i n sichtlich sonstiger Informationen besteht eine Ubermittlungspflicht nur unter dem Vorbehalt, daß sie mit der nationalen Gesetzgebung des ersuchten Staates vereinbar ist und daß sich die beteiligten Staaten über den Schutz der Vertraulichkeit einigen. Ahnliche Verpflichtungen enthält Art. 4 0 Abs. 3 des Ubereinkommens über handelsbezogene Aspekte gewerblicher Schutzrechte ( T R I P S ) , siehe näher unten VI 1 c, S.44.).

'"» Vom 2 3 . 6 . 1976, B G B l . 1976 II, 1712. Vom 2 8 . 5 . 1984, B G B l . 1984 II, 758. 102 Siehe das amerikanisch-australische Abkommen vom 2 9 . 6 . 1982, T I A S 10365, auch in Int. Leg. Mat. 21 (1982) 702 sowie das amerikanisch-kanadische Abkommen vom 9 . 3 . 1984, Int. Leg. Mat. 23 (1984) 275, deutsche Übersetzung in W u W 1985, 32. 103 Vom 2 3 . 9 . 1991, genehmigt vom R a t der E G am 10.4. 1995, ABl. E G 1995 L 9 5 / 45, berichtigt in ABl. E G 1995 L 131/38; siehe den Abdruck unten in Anhang I X und dazu Mozet, Das Abkommen zwischen der E G und den U S A über die Zusammenarbeit der Kartellbehörden: E u Z W 1992, 2 0 1 - 2 0 3 ; der Entwurf eines Erweiterungsabkommens (Agreement between the Government o f the United States o f America and the European Communities on the application o f positive comity principles in the enforcement o f their competition laws) ist abgedruckt in Dir. com. int. 1997, 227; siehe dazu Draetta (oben N. 99) Dir. com. int. 1997, 225; siehe auch den Bericht in Bull. E U 1 0 - 1 9 9 6 Ziff. 1.3.55. 101

Kooperationsabkommen

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b) Amtshilfe, positive comity und Gleichlaufprinzip Ein gemeinsamer Gegenstand aller Abkommen ist die Notifikation von Kartellverfahren und die gegenseitige Unterrichtung der Kartellbehörden. Freilich bleiben die Regelungen hinter den Standards einer vollen Amtshilfe deutlich zurück. Beispielsweise verpflichtet das europäisch-amerikanische Abkommen in Art. III Abs. 3 eine Vertragspartei lediglich zur Übermitdung von Informationen, die zur Kenntnis ihrer Kartellbehörden gelangen, und nach Art. IV ist eine Vertragspartei auf Anfrage gehalten, die sich in ihrem Besitz befindlichen relevanten Informationen der anderen Partei zu überlassen. Eigene Ermittlungen muß der Adressat der Anfrage also nicht durchführen. Zwar kann eine Vertragspartei die andere um die Einleitung angemessener Schritte zum Vollzug des Wettbewerbsrechts ersuchen, wenn sie der Auffassung ist, daß Unternehmen auf dem Gebiet der ersuchten Vertragspartei mit ihrem wettbewerbsbeschränkenden Verhalten ihre eigenen Märkte beeinträchtigen, Art. V Abs. 2; doch ist von dieser so genannten positive comity bislang noch kein Gebrauch gemacht worden 104 . Im übrigen ist die ersuchte Kartellbehörde bei der Entscheidung über die Einleitung solcher Schritte in ihrem Ermessen auch in keiner Weise eingeschränkt, Art. V Abs. 4. Da die allgemeine Verpflichtung zur Amtshilfe nach Art. IV Abs. 1 unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den Gesetzen der ersuchten Vertragspartei steht und da Art. IX ausdrücklich hervorhebt, daß das Abkommen die bestehenden Gesetze in den USA und der EG nicht ändert, wird die ersuchte Kartellbehörde in vielen Fällen gar keine Befugnis zur Eröffnung eines Verfahrens haben. Dies gilt für alle Wettbewerbsbeschränkungen, die zwar in dem ersuchten Land veranlaßt werden, sich aber ausschließlich auf ausländische Märkte beziehen und auch nur dort Wirkungen zeigen. Die im jeweiligen Kollisionsrecht vorgesehene Nichtanwendung des eigenen materiellen Wettbewerbsrechts auf nur im Ausland wirksame Wettbewerbsbeschränkungen hat zur Folge, daß die ersuchte Behörde auch kein Ermittlungsverfahren durchfuhren darf. Denn nach dem im internationalen Verwaltungsrecht geltenden Gleichlaufprinzip von anwendbarem Recht und Zuständigkeit kann eine Behörde ohne besondere gesetzliche Grundlage nur zur Durchsetzung ihres eigenen materiellen Rechts tätig werden, und dies folglich auch nur im Rahmen seiner Anwendbarkeit. Soweit es nach diesen Regeln dennoch zum Informationsaustausch kommt, ist immer noch der Schutz vertraulicher Information gemäß Art. VIII zu bedenken, wobei die Vertraulichkeit von der EG oder den USA auch ad hoc im Einzelfall aus wichtigem öffentlichen Interesse heraus festgestellt 104

Vgl. XXVI. Wettbewerbsbericht (oben N. 9) S. 338 sub 7. Zum Begriffder negativen und positiven comity siehe etwa European Commission, Group of Experts (oben N. 7) S. 19 sub 2.1; Fox, Competition Law and the Agenda for the WTO: Forging the Links of C o m petition and Trade: Pacific R i m L. Pol.J. 4 (1995) 1-36 (7).

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Prozessuale Grenzen für die Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze

werden kann. Die oben (1.) konstatierte Ermittlungslücke bei der Verfolgung internationaler Wettbewerbsbeschränkungen wird also durch Abkommen dieser Art nur zum Teil gefüllt. Eine Verpflichtung zur formellen Zustellung ist in den Abkommen im übrigen ebenso wenig enthalten wie eine Grundlage für die Vollstreckung kartellbehördlicher Maßnahmen. Die US-amerikanische Gesetzgebung hat 1994 in dem International Antitrust Enforcement Assistance Act einen wichtigen Schritt zur Änderung dieser Rechtslage getan105. Nach sect. 3 (b) sind das Justizministerium und die Federal Trade Commission künftig ermächtigt, von den Ermittlungsbefugnissen, die ihnen zur Verfolgung von Verstößen gegen das US- Wettbewerbsrecht verliehen sind, auch zum Schutz der Wettbewerbsgesetze eines ausländischen Staates Gebrauch zu machen, mit dem dazu ein Abkommen über wechselseitige Amtshilfe in Kartellsachen geschlossen wurde. Unberührt bleiben alle nach US-Recht bestehenden Rechte auf Geheimhaltung, sect. 3 (d) und 4 (c). Ausgeschlossen ist die vertragliche Amtshilfe im übrigen, wenn keine Gegenseitigkeit verbürgt ist, wenn der ausländische Staat über keine vergleichbaren Geheimhaltungsvorschriften verfugt, wenn er die Vertraulichkeit der Informationen tatsächlich nicht gewährleistet oder wenn die Amtshilfe mit dem öffentlichen Interesse der USA nicht im Einklang steht, sect. 8 (a). Schließlich untersagt sect. 8 (b) den US-Behörden die Offenlegung von Informationen, die sie auf der Grundlage von Amtshilfeabkommen aus dem Ausland erhalten haben. Damit ist von Seiten der USA der Weg zu echten Amtshilfeabkommen eröffnet, die bislang aber noch nicht zustande gekommen sind. In Deutschland fehlt eine vergleichbare Grundlage, so daß solche Abkommen eines formellen Zustimmungsgesetzes gemäß Art. 59 Abs. 2 GG bedürfen.

c) Australia N e w Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement Noch sehr viel weiter reicht die im Verhältnis zwischen Australien und N e u seeland vereinbarte Amtshilfe. Im Zuge der wirtschaftlichen und wettbewerbsrechdichen Integration beider Länder ist auch bestimmt worden, daß die beiden Wettbewerbskommissionen unmittelbar im anderen Staat zustellen sowie ermitteln können und Auskunft von dessen Bürgern und Unternehmen verlangen dürfen. Es ist den Gerichten jedes Staates auch gestattet, strafbewährte Verfügungen (subpoenas) gegen Personen und Unternehmen im anderen Staat zu verhängen. Den Auskunftspflichtigen wird es freigestellt, die Informationen an ihre eigene Wettbewerbskommission zu liefern, die dann zur i»5 P. L. 103-438, 108 Stat. 4597 (1994), 15 U.S. C. §§6201-6212; siehe dazu etwa Bingaman, Internationales Antitrustrecht und gegenwärtige Rechtsanwendung: W u W 1995, 304—310 (308f.); nach diesem Gesetz haben die USA Verhandlungen über die Verankerung der positive comity in bilateralen Beziehungen aufgenommen, so mit der EG, siehe vorige N., ferner auch mit Australien.

Kooperationsabkommen

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Weitergabe an die Wettbewerbsbehörde des anderen Landes verpflichtet ist106. Diese weitreichende Kooperation ist freilich nur die Kehrseite einer materiellrechtlichen Angleichung der Wettbewerbsrechte und ihrer Erstreckung auf den gesamten Wirtschaftsraum der beiden Staaten, siehe auch unten VI 1 b, S. 43 f.). Von der Zusammenarbeit zwischen den Kartellbehörden Australiens und Neuseelands einmal abgesehen, sind die bestehenden Kooperationsabkommen nicht geeignet, die früher konstatierten Vollzugsdefizite bei der Verfolgung internationaler Wettbewerbsbeschränkungen wettzumachen, auch wenn sie die Informationslage der beteiligten Kartellbehörden in gewissem Umfang verbessern.

106 Vgl. sect. 98 H und 99 A des neuseeländischen Commerce Act in der Fassung von 1990, Statutes of New Zealand 1986 no. 5 und 1990 no. 41, abgedruckt unten in Anhang X / 3 . Siehe auch sect. 56 D ff. des Judicature Act 1908, geändert durch Gesetz 1990 no. 44.

V. Die Anwendung ausländischen Wettbewerbsrechts

1. Internationales Kartellverwaltungsrecht

Die Lage des internationalen Kartellrechts läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Märkte eines Staates B beziehen und sich im wesentlichen auch nur dort auswirken, aber in einem Staat A veranlaßt werden, oft kontrollfrei sind. Die Kartellbehörden des Staates B mögen zwar die Anwendung ihres materiellen Wettbewerbsrechts nach dem Auswirkungsprinzip extraterritorial auf das Verhalten in Staat A erstrecken, doch fehlen ihnen häufig die prozeßrechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung eines derart weiten Anwendungsanspruchs. Die Kartellbehörden des Staates A können dagegen von vornherein nicht eingreifen, weil es sich aus ihrer Sicht um auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen handelt, auf die sich ihr eigenes Wettbewerbsrecht nicht erstreckt. Aus der Sicht des internationalen Privatrechts liegt nun die Frage nahe, ob die Behörden des Landes A denn nicht das Wettbewerbsrecht des hauptsächlich interessierten Staates B anwenden können. Im internationalen Privatrecht ist bekanntlich für einen großen Teil der Rechtsordnung, der vom Vertragsrecht über das Recht der außervertraglichen Haftung und Rückerstattung bis hin zum Sachen-, Familien- und Erbrecht reicht, vorgesehen, daß die Gerichte jeweils das Recht des Landes anwenden, in dem der Schwerpunkt eines Rechtsverhältnisses liegt. Könnte dieses Prinzip nicht auch im internationalen Recht der Wettbewerbsbeschränkungen Fuß fassen? Dies hätte den großen Vorteil, daß die durch Nichtanwendung des eigenen Wettbewerbsrechts auf auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen entstandene Lücke gefüllt werden könnte. Die Wettbewerbsbehörden des Landes A würden damit zwar in erster Linie die Märkte des Landes B gegen private Wettbewerbsbeschränkungen schützen, doch käme ihr Verhalten auch dem Wettbewerb insgesamt auf einer globalen Ebene zugute. Die allgemeine Nichtanwendung des eigenen Wettbewerbsrechts auf auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen führt, wie schon oben dargelegt, zu einer globalen Verminderung der Wettbewerbsintensität. Die Kartellbehörden des

Internationales Kartellprivatrecht

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Landes A wären zu einem solchem Vorgehen auch in besonderer Weise prädestiniert, weil die fraglichen Wettbewerbsbeschränkungen gerade in ihrem Lande veranlaßt wurden und sie diesbezüglich zweifellos über die besten Ermittlungsmöglichkeiten verfugen. Eine solche Anwendung und Durchsetzung ausländischen Kartellrechts ist freilich in keinem Lande vorgesehen und widerspricht auch den Strukturen des Verwaltungsverfahrens. Verwaltungsbehörden werden geschaffen, weil der Gründungsstaat bestimmte im öffentlichen Interesse liegende Ziele mit hoheitlichen Mitteln erreichen will, sie haben keine Existenzberechtigung unabhängig von den materiellen Zielen, denen sie zu dienen bestimmt sind. Sie können daher auch nur die Vorschriften desjenigen materiellen Rechts anwenden, zu dessen Verwirklichung sie geschaffen wurden. Kollisionsrechtlich fuhrt dies zu dem sogenannten Gleichlaufgrundsatz des internationalen Verwaltungsrechts: Die Zuständigkeit jeder Behörde reicht so weit und auch nur so weit wie der Anwendungsbereich des materiellen Verwaltungsrechts. Der Einsatz der eigenen administrativen Ressourcen und der inländischen Verfahrensmöglichkeiten zur Durchsetzung ausländischen materiellen Verwaltungsrechts ist insofern systemwidrig, er bedürfte der besonderen gesetzlichen Grundlage 107 .

2. Internationales Kartellprivatrecht

Ganz anders verhält es sich mit den Zivilprozessen im Bereich des Wettbewerbsrechts. Hier finden die Grundsätze des internationalen Privatrechts Anwendung, und es gibt deshalb auch keine validen Gründe gegen die Anwendung ausländischen Wettbewerbsrechts. Berücksichtigt werden könnten also z.B. die Nichtigkeitssanktionen, die ausländisches Wettbewerbsrecht für bestimmte Verträge vorsieht, ferner auch Registrierungs- oder Schriftformzwänge, Kündigungsrechte nach Art des § 13 G W B oder Schadenersatzansprüche, wie sie in § 35 G W B vorgesehen sind. So unbestritten dies alles in der Theorie ist, so gering ist doch die Bedeutung der Anwendung ausländischen Kartellrechts in der Praxis. Es lassen sich kaum Gerichtsentscheidungen darüber nachweisen 108 , und es gibt bislang nur 107

KG 4.11. 1988, W u W / E OLG 4291 (Landegebühr) = TranspR 1989, 212 mit krit. Anm. Basedow; siehe auch Klaue in Immenga/Mestmäcker (oben N. 70) §47 GWB RdNr. 2ff.; allgemein zum Gleichlaufprinzip Neuhaus, Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts (2. Aufl. 1976) 424ff. und 40f. io» Vgl. Meessen, Competition of Competition Laws: Nw. Journ. Int. L. Bus. 10 (1989) 17-30 (23), siehe aber immerhin in Österreich O G H 21.5. 1968, SZ 4 1 / 6 2 S.201; in Deutschland LG Freiburg 6.12. 1966, IPRspr. 1966/67 Nr. 34 A S. 116.

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Die Anwendung ausländischen Wettbewerbsrechts

ein einziges Gesetz, das die Anwendung ausländischen Kartellrechts ausdrücklich vorschreibt. Beschränkt auf die deliktischen Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung formuliert das Schweizerische Bundesgesetz über das internationale Privatrecht von 1987109 in Art. 137: »(1) Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung unterstehen dem Recht des Staates, auf dessen Markt der Geschädigte von der Behinderung unmittelbar betroffen ist. (2) Unterstehen Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung ausländischem Recht, so können in der Schweiz keine weitergehenden Leistungen zugesprochen werden als nach schweizerischem Recht für eine unzulässige Wettbewerbsbehinderung zuzusprechen wären.« Die Anwendung ausländischen Kartellrechts durch Zivilgerichte ist daher vielleicht ein künftiger Weg zur Verbesserung des Rechtsschutzes gegen internationale Wettbewerbsbeschränkungen, doch ist die praktische Bedeutung so gering, daß an dieser Stelle auf die maßgeblichen Kollisionsnormen nicht näher eingegangen werden soll110.

Vom 18.12. 1987, AS 1988, 1776. Siehe eingehend Schwartz /Basedow (oben N. 16) sect. 105 - 110.

VI. Ziele der Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen

Die Bemühungen um eine Harmonisierung oder Vereinheitlichung des Kartellrechts sind auf einen möglichst lückenlosen Schutz des internationalen Wettbewerbs gegen privat veranlaßte Beschränkungen gerichtet. Welche Bedeutung diesem Ziel konkret zukommt, ist im Folgenden unter verschiedenen Gesichtspunkten zu erörtern: Näherer Diskussion bedarf zunächst die Notwendigkeit, die im GATT eingeschlagene und im W T O - U b e r e i n k o m men fortgesetzte Freihandelspolitik durch eine Eindämmung privater Wettbewerbsbeschränkungen zu ergänzen (1.). Des weiteren geht es vor dem Hintergrund der oben ausgebreiteten Rechtslage um die Ausfüllung von Vollzugslücken (2.), um die künftige Vermeidung von Jurisdiktionskonflikten (3.), um die Kanalisierung der wettbewerbsbehördlichen Zuständigkeiten (4.) sowie um die wettbewerbspolitische Modellfunktion, die einem kartellrechtlichen Ubereinkommen zukäme (5.).

1. Freihandelspolitik und Wettbewerbsrecht

Seit der Annahme des GATT nach dem Zweiten Weltkrieg sind Einfuhrverbote, Importquoten und Zölle im Verlaufe von acht sog. Verhandlungsrunden schrittweise abgebaut worden. Zwar haben im internationalen H a n del nach wie vor zahlreiche staatliche Maßnahmen Bestand, die Importe in ihrem praktischen Ergebnis in ähnlicher Weise beschränken wie mengenmäßige Restriktionen oder Zölle. Doch sind die Fortschritte auf dem Weg zu einem freien Welthandel unverkennbar, soweit es um den Abbau der staatlichen Beschränkungen des internationalen Wettbewerbs geht111. 111 Vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht (2. Aufl. 1995) §7 R d N r . 5 f f . , S. 109f.; Petersmann (oben N. 6) sect. 11-13; Senti (oben N. 5) 70-95.

42

Ziele der Vereinheitlichung der Wettbewerbsbeschränkungen

Die zunehmende Absenkung der hoheitlichen Handelsschwellen induziert ein Bedürfnis für ergänzende Vorschriften zur Unterbindung privater Wettbewerbsbeschränkungen. Dieses Bedürfnis artikuliert sich im Hinblick auf das WTO-Ubereinkommen in mehrfacher Hinsicht.

a) Perpetuierung staatlicher Handelsschranken Erstens liegt es auf der Hand, daß hoheitliche Handelsschranken durch private Vereinbarungen substituiert werden können, sei es durch horizontale Absprachen, die eine geographische Marktaufteilung zum Gegenstand haben, sei es durch Exportverbotsklauseln in vertikalen Verträgen, namentlich in Alleinvertriebsvereinbarungen. Derartige Marktaufteilungsabsprachen sind mit dem Konzept offener Märkte rundweg unvereinbar, wie dies auch in Art. 85 Abs. 1 lit. c) EGV zum Ausdruck kommt. Demgemäß sind sie auch von den Organen der Europäischen Gemeinschaft gleichsam mit einem perse-Verbot belegt worden, und dies unabhängig davon, ob sie horizontaler 112 oder vertikaler Art waren113. Entsprechend lassen sich Marktzugangsschranken auch durch Unternehmenszusammenschlüsse perpetuieren; man denke nur daran, daß die Hersteller einer Branche die in ihrem Lande tätigen Vertriebsunternehmen dieses Wirtschaftszweiges aufkaufen, um deren Geschäftspolitik im Sinne einer Ausgrenzung konkurrierender ausländischer Hersteller zu beeinflussen. So ist auch gegenüber dem System der vielfältigen Schachtelbeteiligungen und gegenseitigen Bindungen in der japanischen Wirtschaft (»Keiretsu«) der Vorwurf erhoben worden, er stelle eine Handelsbarriere dar114. Solange solche Praktiken mangels effektiver Wettbewerbsaufsicht die früheren staatlichen Marktgrenzen perpetuieren, kann die Freihandelspolitik die mit ihr intendierten Wirkungen nicht entfalten 115 .

1,2 Vgl. etwa E u G H 16.12. 1975 - verb. Rs. 4 0 / 7 3 (Suiker Unie), Slg. 1975, 1663, 1968 Erwägung 194/195 und Emmerich in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) Art. 85 Abs. 1 R d N r . 77 ff. mit weiteren Nachweisen. *» E u G H 13.7. 1966- verb. Rs. 5 6 / 6 4 (Grundig./. Consten) Slg. 1966, 366, 391f.; weitere Nachweise bei Emmerich in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) Art. 85 Abs. 1 R d N r . 92 ff. 114 Vgl. Helou, T h e Nature and Competitiveness ofjapan's Keiretsu: J. World Trade L. 25 (1991) no. 3, S. 99-131; Gifford, Antitrust and Trade Issues: Similarities, Differences, and Relationships: DePaul L. Rev. 44 (1995) 1049-1095 (1062). 115 Siehe European Commission, Report ofExperts (oben N. 7) S. 10 sub 3.; ähnlich Matsushita, Competition Law and Policy in the Context of the W T O System: DePaul L. Rev. 44 (1995) 1097-1118 (1102, 1105f.); Brittan/van Miert, Towards an International Framework of Competition Rules: Int. Bus. Lawyer 1996, 454-457 (456).

Freihandelspolitik

und

Wettbewerbsrecht

43

b) Dumping-Abwehr und Wettbewerbsrecht Eine zweite Querverbindung zwischen Außenhandelsrecht und Wettbewerbsrecht ergibt sich im Bereich der Abwehr von Dumping-Praktiken. Die Verhängung von Ausgleichsabgaben und Antidumping-Zöllen, die im Recht der EG, der USA und anderer Staaten vorgesehen ist, hat sich in der Vergangenheit zunehmend als fragwürdiges Instrument erwiesen 116 . Es ist den Behörden des Importlandes kaum möglich, die teilweise variierenden Voraussetzungen des Dumping-Tatbestandes exakt zu erfassen, sich beispielsweise mit hinreichender Sicherheit ein Bild von den Kosten des Anbieters sowie den Kosten eines vergleichbaren, unter Wettbewerbsbedingungen handelnden Unternehmens zu machen und die Schädigung der eigenen Volkswirtschaft verläßlich abzuschätzen; Antidumping-Maßnahmen setzen sich daher regelmäßig dem Vorwurf des Protektionismus aus117. Ein effektiver Schutz des Wettbewerbs im Exportstaat würde DumpingPraktiken unterbinden und damit auch Antidumping-Maßnahmen erübrigen. Denn das Dumping setzt eine Subventionierung der verbilligten Exportwaren durch öffentliche Hilfen oder durch Gewinne voraus, die der Exporteur durch Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung auf seinem heimischen Markt erwirtschaftet. Ein effektiv durchgesetztes Verbot der staatlichen Beihilfen, sei es durch Verlustausgleich oder durch Bezuschussung, und des Verbots des Mißbrauchs marktbeherrschender Stellungen nimmt daher den Unternehmen des Exportlandes die Möglichkeit des Dumpings von Ausfuhrware, so daß Antidumping-Maßnahmen entbehrlich werden. Diese Zusammenhänge sind in der Literatur aufgezeigt worden118 und haben im Verhältnis zwischen Australien und Neuseeland dazu gefuhrt, daß 1988 bei der Revision des Australia New Zealand Closer Economic Relations Trade Agreement (ANZCERTA) mit Wirkung vom 1 .Juli 1990 aufdie Durchsetzung der Antidumping-Regeln im wechselseitigen Verhältnis verzichtet und dafür die Erstreckung der Wettbewerbsgesetze auf den bilateralen Handel vereinbart wurde 119 . Auf vergleichbaren Überlegungen beruht in der Europäischen Geiif. Vgl. etwa Nettesheim, Ziele des Antidumping- und Antisubventionsrechts (München 1994) 184; Landsittel, Dumping im Außenhandels- und Wettbewerbsrecht (Baden-Baden 1987) 135ff.; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1 1 1 6 . 117 Siehe nur Balassa, The New Protectionism and the International Economy: J. World Trade L. 12 (1978) 4 0 9 - 4 3 6 (418); Landsittel (vorige N.) 136; Kulms, Competition, Trade Policy and Competition Policy in the EEC: The Example of Antidumping: C.M.L. Rev. 27 (1990) 2 8 5 - 3 1 3 (305-307). 11» Vgl. etwa Landsittel (oben N. 116) 133f.; Brittan/van Miert (oben N. 1 1 5 ) Int. Bus. Lawyer 1 9 9 6 , 456; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 4 4 (1995) 1 1 1 0 ; ähnlich im Verhältnis zwischen Argentinien und Brasilien Informe M E R C O S U R 2 (1997) Nr. 3 S. 27. '" Art. 4 des Protokolls 1 9 8 8 zu A N Z C E R T A ist abgedruckt unten in Anhang X / 1 ; siehe dazu Dellow/Feil, Competition Law and Trans-Tasman Trade, in: Ahdar (Hrsg.), C o m petition Law and Policy in New Zealand (North Ryde, N.S. W. 1 9 9 1 ) 2 4 - 4 3 (39f.).

44

Ziele der Vereinheitlichung der Wettbewerbsbeschränkungen

meinschaft die zeitliche Befristung des Dumping-Verbots gemäß Art. 91 Abs. 1 EG V: Unter den Bedingungen eines integrierten Marktes bestand kein Bedürfnis mehr für Antidumping-Maßnahmen, da das Beihilfeverbot von Art. 92ff. EGV geregelt wird und Verdrängungspreise marktbeherrschender Unternehmen als Preismißbrauch gemäß Art. 86 EGV verboten sind120. c) Die wettbewerbsrechtliche Lücke in T R I P S An einer dritten Stelle wird das Bedürfnis nach Ergänzung des Welthandelsrechts durch ein Wettbewerbsrecht ganz offensichtlich. Dies ist in dem Annex 1 C der Fall, dem Ubereinkommen über Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS). Diese Vereinbarung ist einer der größten Fortschritte des WTO-Ubereinkommens gegenüber dem GATT, weil sie die Mitgliedstaaten der W T O zur Respektierung gewerblicher Schutzrechte verpflichtet. Dies geschieht freilich nicht uneingeschränkt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 T R I P S können die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Mißbrauch von Schutzrechten durch die Rechtsinhaber sowie Praktiken zu verhindern, die den Wettbewerb unangemessen beschränken oder die den internationalen Technologietransfer beeinträchtigen 121 . Zu einer Einigung über die Art der damit angesprochenen wettbewerbsbeschränkenden Praktiken und Mißbräuche ist es indessen nicht gekommen. Dies ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus der Regelung der wettbewerbsbeschränkenden Praktiken in Lizenzvereinbarungen in Art. 40 TRIPS. Danach haben sich die Vertragsstaaten nur darüber einigen können, daß es solche wettbewerbsbeschränkenden Praktiken gibt und daß es Sache der Mitgliedstaaten ist, in ihrer nationalen Gesetzgebung diese Praktiken zu konkretisieren122. Es ist bemerkenswert, daß die Vertragsstaaten sich nicht einmal auf die Wettbewerbswidrigkeit gewisser Lizenzklauseln wie etwa der Nichtangriffsvereinbarung einigen konnten, sondern auch diesbezüglich nur einen nationalen Vorbehalt akzeptierten. Für den wohl unausweichlichen Fall von Streitigkeiten zwischen den Vertragsstaaten ist in Art. 40 Abs. 3 und 4 T R I P S eine Pflicht der beteiligten Staaten zur Konsultation vorgesehen. Ferner ist aber auch damit zu rechnen, daß Konflikte über die Ausübung gewerblicher Schutzrechte und ihre Grenzen früher oder später vor die Streitbeilegungsorgane der W T O getragen werden. Diese werden durch ihre Auslegung der TRIPS-Vereinbarung für den allmählichen Aufbau einer Fallpraxis sorgen, die möglicherweise schon sehr 120 Vgl Pernice in Grabitz /Hilf (Hrsg.) Kommentar zur Europäischen U n i o n (Loseblatt 1983ff.) Art. 91 R d N r . l ; Landsittel (oben N. 116) 131. ,21 Art. 8 Abs. 2 T R I P S ist abgedruckt in Anhang 1/5; allgemein zu T R I P S siehe etwa Peifer, Brainpower and Trade: The Impact of T R I P S on Intellectual Property: Germ. YB Int. L. 39 (1996) 100-133 mit vielen Nachweisen. 122 Art. 40 T R I P S ist abgedruckt in Anhang 1/5.

Freihandelspolitik und Wettbewerbsrecht

45

bald in einer n e u e n Verhandlungsrunde z u m Gegenstand internationaler Vereinbarungen gemacht wird 123 . d) D i e wettbewerbsrechtliche Lücke in GATS Eine ähnliche Lücke tut sich in A n n e x 1B auf, d e m General A g r e e m e n t on Trade in Services (GATS). A u c h dort findet sich eine embryonale u n d u n vollständige R e g e l u n g wettbewerbsrechtlicher Fragen. W ä h r e n d Art. VIII Absätze 1 u n d 2 GATS Dienstleistungsmonopole zur Beachtung der Meistbegünstigungsklausel des Art. II verpflichtet u n d ihnen mißbräuchliches Verhalten im Wettbewerb außerhalb des Monopolbereichs untersagt, fehlt h i n sichtlich anderer Geschäftspraktiken in Art. IX Abs. 1 jegliche inhaltliche Festlegung 124 . D i e Staaten haben sich in dieser Vorschrift nur darauf verständigen können, daß es außer den in Art. VIII genannten n o c h andere Verhaltensweisen gibt, die den Wettbewerb u n d damit den Dienstleistungsverkehr behindern k ö n n e n . Welche Praktiken dies sind, bleibt offen, so daß d e m nationalen R e c h t insoweit keine Grenzen gezogen sind. Es besteht daher nach der ausdrücklichen Feststellung von Art. IX Abs. 1 tatsächlich die Gefahr, daß der Handel mit Dienstleistungen durch die unterschiedliche wettbewerbsrechtliche Beurteilung solcher Praktiken beeinträchtigt wird.

e) Verbot von Selbstbeschränkungsabkommen u n d Verbot von Exportkartellen Eine weitere offene Flanke des W T O - U b e r e i n k o m m e n s ergibt sich im Bereich des U b e r e i n k o m m e n s über Schutzmaßnahmen (Safeguard Agreement), das im A n n e x 1A z u m W T O - U b e r e i n k o m m e n enthalten ist. Danach k ö n n e n im Falle einer durch erhöhte Importe bedingten ernstlichen Schädig u n g der heimischen Industrie Schutzmaßnahmen gegen die ausländischen Einfuhren verhängt werden. D i e gleiche W i r k u n g wie E i n f u h r b e s c h r ä n k u n gen dieser Art haben freiwillige Selbstbeschränkungsabkommen (volontary export restraints), die die ausländischen Exporteure mit der R e g i e r u n g des Einfuhrstaates abschließen. Solche Selbstbeschränkungsabkommen sind deshalb gemäß Art. 11 Abs. 1 (b) ebenfalls verboten. Selbstbeschränkungsabk o m m e n sind in der Vergangenheit zwar oft auf D r u c k der Einfuhrstaaten zu Stande g e k o m m e n , haben der auf diese Weise kartellierten Exportindustrie 123

Siehe hierzu eingehend Reichman, Beyond the Historical Lines of Demarcation: Competition Law, Intellectual Property Rights, and International Trade After the GATT's Uruguay R o u n d : Brooklyn J. Int. L. 20 (1993) 75-119 (108f.); Petersmann, International Competition Rules for the G A T T - M T O World Trade and Legal System: J. World Trade 27 (1993) 35-86 (59); vgl. auch Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1116f. mit weiteren Nachw. 124 Artt. VIII und IX GATS sind abgedruckt in Anhang 1/4.

46

Ziele der Vereinheitlichung

der

Wettbewerbsbeschränkungen

des Ausfuhrlandes freilich regelmäßig die Möglichkeit zu Preiserhöhungen und überdurchschnittlichen Gewinnen gegeben. Sie lagen also durchaus auch im Interesse der Exportindustrie. Die Beendigung der Selbstbeschränkungsabkommen auf Grund der erwähnten Vorschrift des Agreement on Safeguards wird daher nicht verhindern, daß die Vereinbarungen als schlichte Exportkartelle und damit außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 11 Abs. 1 (b) weiter bestehen. Eine effektive Durchsetzung dieser Vorschrift verlangt nach einer Ergänzung durch ein Verbot der Exportkartelle, das auch im Ausfuhrland durchgesetzt wird125.

2. Ausfüllung v o n Vollzugslücken a) Schwächen der nationalen Administration des Wettbewerbsrechts Die erforderliche Ergänzung des Freihandelsrechts durch Regeln über private Wettbewerbsbeschränkungen muß nicht notwendig zu einem zentral administrierten Weltkartellrecht führen. Dasselbe Ziel ließe sich ebenfalls erreichen, wenn nur die Wettbewerbsvorschriften der einzelnen Staaten effektiv auf private Beschränkungen des internationalen Wettbewerbs angewendet würden. Dies könnte auch durch nationale Behörden und Gerichte geschehen, wenn nur sichergestellt ist, daß sie unter näher festgelegten Voraussetzungen tätig werden und über wirksame Mittel zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts im internationalen Rechtsverkehr verfugen. Wie schon oben (III. und IV.) näher dargelegt, bestehen in dieser Hinsicht aber erhebliche Vollzugslücken. Sie lassen sich auf drei Umstände zurückfuhren: — die allgemeine Nichtanwendung des eigenen Wettbewerbsrechts auf auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere reine Exportkartelle; — die natürlichen Grenzen, auf die das Auswirkungsprinzip bei inlandsmarkbezogenen Wettbewerbsbeschränkungen stoßen kann, wenn der eindeutige Schwerpunkt der wettbewerbsbeschränkenden Handlungen und Wirkungen im Ausland liegt; — die praktischen Grenzen der Durchsetzung, die sich daraus ergeben, daß die staatlichen Organe Verfahrenshandlungen wie z.B. Zustellungen, Beweiserhebungen oder Vollstreckungen außerhalb ihres Territoriums nur mit Zustimmung des betreffenden ausländischen Staates vornehmen können.

125 Matsushita (oben N . 115) D e P a u l L. R e v . 44 (1995) 1117; Immenga, R e c h t s r e g e l n f ü r eine internationale W e t t b e w e r b s o r d n u n g , in: FS M e s t m ä c k e r (Baden-Baden 1996) 5 9 3 6 0 9 (603); Art. 11 des Safeguard A g r e e m e n t ist a b g e d r u c k t in A n h a n g 1/3.

Ausfüllung

von

Vollzugslücken

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b) Ä n d e r u n g des Kollisionsrechts u n d Kooperation Diese Vollzugslücken auszufüllen, wäre Aufgabe internationaler H a r m o n i sierungsbestrebungen. Sie m ü ß t e n demgemäß in erster Linie darauf ausgerichtet sein, daß die teilnehmenden Staaten ihr Wettbewerbsrecht oder j e denfalls einen international vereinbarten Grundbestand von Wettbewerbsregeln auch auf auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen a n w e n den. M i t anderen W o r t e n m ü ß t e eine internationale Vereinbarung den A n wendungsbereich der nationalen Wettbewerbsregeln erweitern: an die Stelle der bestehenden Kollisionsnormen, die allesamt eine Betroffenheit des inländischen Marktes voraussetzen 126 , m ü ß t e eine alternative A n k n ü p f u n g der Wettbewerbsregeln treten. Danach wäre es für die Anwendbarkeit des j e w e i ligen Wettbewerbsrechts ausreichend, daß eine von mehreren Beziehungen zum Inland besteht, sei es eine Auswirkung auf d e m Inlandsmarkt, sei es die Vornahme der wettbewerbsbeschränkenden H a n d l u n g e n im Inland, sei es die Zugehörigkeit der handelnden Personen oder U n t e r n e h m e n z u m Inland. Freistellungen, die allein auf die Auslandsauswirkungen wettbewerbsbeschränkender H a n d l u n g e n abstellen, wären mit einem solchen Konzept u n vereinbar, so daß Exportkartelle künftig v o m materiellen Wettbewerbsrecht der teilnehmenden Staaten erfaßt würden 127 . D i e geschilderte Ausweitung des Anwendungsbereichs hätte zur Folge, daß die Behörden u n d Gerichte des Landes tätig werden k ö n n e n , in d e m die wettbewerbsbeschränkenden Handlungen v o r g e n o m m e n w u r d e n u n d / o d e r die beteiligten U n t e r n e h m e n ihren Sitz haben, w o also im allgemeinen die wichtigsten prozessualen Durchsetzungsmaßnahmen zu treffen sind. Das Problem der territorialen Begrenzung von Durchsetzungshandlungen wäre also bereits abgemildert, aber n o c h nicht entschärft. Es ist nach wie vor d e n k bar, daß die Behörden u n d Gerichte des betreffenden Staates auf Durchsetzungshandlungen in dritten Ländern angewiesen sind. Insofern m u ß eine Harmonisierungspolitik, die die Schließung von Vollzugslücken anstrebt, stets auch auf eine Verbesserung der internationalen Kooperation bei der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ausgerichtet sein. D i e in den bestehenden Kooperationsabkommen 1 2 8 vorgesehene Zusammenarbeit ist u m eine echte Amtshilfe im Sinne der Zustellung kartellbehördlicher Verwaltungsakte u n d der Ermittlungstätigkeit zu Gunsten ausländischer Wettbewerbsbehörden zu erweitern.

126

S i e h e o b e n III.2 a, S. 1 2 f . Möschel ( o b e n N . 83) FS L u k e s 4 6 9 e m p f i e h l t » A b r ü s t u n g s a k t i o n e n b e i d e r n a t i o n a len Zulässigkeit r e i n e r E x p o r t k a r t e l l e « . 128 S i e h e o b e n IV. 2. 127

48

Ziele der Vereinheitlichung der

Wettbewerbsbeschränkungen

c) Die »Gretchenfrage« des internationalen Kartellrechts Selbstverständlich setzt die Verwirklichung dieser Anregungen voraus, daß Einverständnis über das Hauptziel besteht, nämlich die Schließung von Vollzugslücken des nationalen Wettbewerbsrechts bei der Bekämpfung von privaten Beschränkungen des internationalen Wettbewerbs. Dies hängt freilich davon ab, daß die Staaten bereit sind, den Wettbewerb als generelles Gestaltungsprinzip der internationalen Wirtschaft anzuerkennen und nicht nur insoweit, wie dieses Prinzip für sie selbst von unmittelbarem Nutzen ist. Eine Politik, die wie in der Vergangenheit ausländische, auf Inlandsmärkte zielende Exportkartelle verbietet und die eigenen Exportkartelle erlaubt, mißt mit zweierlei Maßstab. Sie ist in ihrer Doppelzüngigkeit mit einem zentralen Postulat des internationalen Rechts unvereinbar, nämlich mit der Forderung nach internationalisierungsfähigen Regelungen, die mindestens im Grundsatz allgemeiner Annahme fähig sind und nicht bewußt einseitig nationalen Interessen dienen129. Solange die Staaten nicht erkennen, daß die weltweite Freistellung von Exportkartellen den davon im einzelnen Land erhofften Gewinn wieder aufhebt, solange deshalb an der inkonsistenten Beurteilung von inlandsmarktbezogenen und auslandsmarktbezogenen Wettbewerbsbeschränkungen festgehalten wird, sind die hier unterbreiteten Vorschläge ohne Erfolgsaussicht. Die Diskussion über den Anwendungsbereich der eigenen kartellrechtlichen Vorschriften ist daher gleichsam eine Nagelprobe für die gesamte Harmonisierung des Wettbewerbsrechts.

3. Vermeidung von Jurisdiktionskonflikten Im Mittelpunkt der Diskussionen des internationalen Kartellrechts standen in den letzten Jahrzehnten nicht die Vollzugslücken, sondern die Durchsetzungskonflikte, also Situationen, in denen gerade mehrere Staaten ihren Anspruch auf Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach ihren Rechtsvorschriften zur Geltung bringen. Dabei stehen die aufeinander prallenden wirtschaftsrechtlichen Regelungen regelmäßig in einem offenen Wertungswiderspruch zueinander: während der eine Staat die fraglichen Wettbewerbsbeschränkungen verbietet und dieses Verbot nach dem Auswirkungsprinzip extraterritorial durchsetzen möchte, hat der andere Staat gegen die fraglichen, auf seinem Territorium vorgenommenen Handlungen nichts einzuwenden und will dieser Position unter Berufung auf seine Gebietshoheit R e spekt verschaffen.

129 S o die Resolution von Siena des Institut de droit international unter Nr. 2, A n n . Inst, dr. int. 4 4 (1952) II 423, deutsche Übersetzung in RabelsZ 1 7 (1952) 5 1 9 .

Kanalisierung der Wettbewerbsaufsicht

49

Wie schon erläutert, hat das zum Ausgleich der gegenläufigen Interessen bestimmte Abwägungsprinzp in der Rechtsprechung noch keine Anerkennung gefunden 130 . Das Problem der Jurisdiktionskonflikte hat also von seiner Virulenz nichts verloren, und es stellt sich die Frage, ob es nicht durch eine Harmonisierung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen einer Lösung zugeführt werden könnte. Die Jurisdiktionskonflikte des internationalen Kartellrechts sind in Wirklichkeit verkappte Wertungskonflikte, in Wahrheit steht immer die Zulässigkeit einer bestimmten Wettbewerbsbeschränkung auf dem Spiel. Es sind keine Fälle bekannt geworden, in denen ein Staat sich gegenüber einem extraterritorial angewendeten ausländischen Kartellverbot auf seine Territorialhoheit berief, um das fragliche Kartell nach eigenem Recht zu untersagen; in den Fällen der Praxis wollte er es regelmäßig schützen. Da der völkerrechtliche Konflikt also lediglich Ausdruck der wettbewerbsrechtlichen Wertungskontroverse ist, wäre eine Harmonisierung des materiellen Wettbewerbsrechts oder jedenfalls einiger wesentlicher Grundsätze geeignet, in der Zukunft den Jurisdiktionskonflikten vorzubeugen. Dies kann freilich nur gelingen, wenn nicht nur die materiellen Grundsätze vereinheitlicht werden, sondern auch ihr Anwendungsbereich. Der vom Europäischen Gerichtshof entschiedene ZellstofF-Fall hat deutlich vor Augen geführt, daß die Ubereinstimmung zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Kartellrecht hinsichtlich des materiellen Kartellverbotes nicht ausreicht, um völkerrechtliche Kontroversen auszuschließen, wenn in einem der beiden Rechtsgebiete das Kartellverbot auf Exportkartelle keine Anwendung findet131. Auch hier erweist sich eine Erstreckung des harmonisierten Wettbewerbsrechts auf auslandsmarktbezogene Wettbewerbsbeschränkungen also wiederum als unverzichtbar.

4. Kanalisierung der Wettbewerbsaufsicht Schon unter den Bedingungen des Auswirkungsprinzips sehen sich die Unternehmen oft einer Vielzahl von interessierten Wettbewerbsbehörden gegenüber. Beispielsweise unterliegen Kooperationen zwischen weltweit tätigen Unternehmen, etwa die sogenannten strategischen Allianzen132, oft dem Wettbewerbsrecht mehrerer Staaten, auf deren Märkten sich die Zusammenarbeit auswirkt. Wenn man nun den Anwendungsbereich der einzelnen Wettbewerbsgesetze, wie hier vorgeschlagen, auch auf solche Wettbewerbs130

Siehe näher oben III 5 c, S.25f. Siehe näher oben S. 18 f. bei N. 54-55 und S.25 nach N. 80 im Text. 132 Siehe dazu Basedow/Jung, Strategische Allianzen (München 1993); Beeser, Strategische Allianzen im EU-Wettbewerbsrecht (München 1996). 131

50

Ziele der Vereinheitlichung der Wettbewerbsbeschränkungen

beschränkungen ausdehnt, die lediglich von Inländern oder im Inland veranlaßt wurden, sich aber auf ausländische Märkte auswirken, so wird sich die Anzahl der Kartellgesetze noch vergrößern, die von den Unternehmen bei ihren Vereinbarungen zu berücksichtigen sind. Wegen des beträchtlichen Aufwandes, der mit kartellrechtlichen Verfahren im allgemeinen verbunden ist, erhöhen sich die Transaktionskosten für die beteiligten Unternehmen in erheblichem Umfang. Für die Unternehmen, die hinsichtlich eines einzigen Vorhabens mehreren parallelen Verfahren ausgesetzt sind, verzögert sich im übrigen die Verwirklichung ihrer Absprachen; denn letztlich kann eine Vereinbarung nicht ins Werk gesetzt werden, bevor nicht auch in dem letzten noch anhängigen Verfahren feststeht, daß es nicht zu einer Untersagung führen wird. Mit der Kumulierung der Wettbewerbskontrollen sind also Nachteile verbunden, die um so schwerer wiegen, j e zahlreicher die potentiellen Wettbewerbsverfahren sind und j e geringer die Wahrscheinlichkeit einer Untersagung ist. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht ist eine Konzentration der Wettbewerbsaufsicht daher ein unabweisbares B e dürfnis. Auf globalen Märkten ist aber auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht das Interesse an einer Kanalisierung der wettbewerbsrechtlichen Zuständigkeiten auf einen Staat oder einige wenige hauptsächlich betroffene Staaten nicht von der Hand zu weisen. Denjenigen Staaten, die bei einer solchen Kanalisierung Zuständigkeiten aufgäben, ist dies freilich nur zuzumuten, soweit Gewißheit besteht, daß in den zuständigen Staaten dieselben materiellrechtlichen Grundsätze angewendet werden, die auch sie anwenden würden. Neben der Angleichung des materiellen Wettbewerbsrechts kommt es auch hier wieder auf eine übereinstimmende Handhabung des Anwendungsbereichs der betreffenden Regeln an. Ferner müßten bei der Anwendung solche Staatsinteressen nichtwettbewerblicher Art außer Betracht bleiben, die nach dem gegenwärtigen Stand Ausnahmen von wettbewerbsrechtlichen Verboten zu begründen vermögen, vgl. §§ 8, 24 Abs. 3 G W B . Die Verwirklichung dieser Vorschläge liegt in ferner Zukunft. Sie ist freilich keine Utopie, wie das Beispiel der europäischen Fusionskontrolle zeigt. Das in Art. 21 V O 4064/89' 33 verwirklichte »One-Stop-Shop-Prinzip« hat den Zuständigkeitsverlust der nationalen Kartellrechtsbehörden im Bereich der Zusammenschlußkontrolle ja gleichsam zur Kehrseite134. Eine ähnliche Regelung kann auf globaler Ebene freilich erst am Ende eines längeren Assimilierungsprozesses verabschiedet werden. Sie wird sich in dem Maße aufdrängen, wie die Anzahl der effektiv durchgesetzten nationalen Kartellgesetze wächst und damit die Transaktionskosten für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen auf internationalen Märkten erhöht. 133 134

Siehe oben N. 28. Immenga in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) FKVO Teil D, Art. 21 RdNr. 3.

Wettbewerbspolitische Bewußtseinsbildung

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5. Wettbewerbspolitische Bewußtseinsbildung

Der rechtsvergleichende Überblick über die Kartellgesetze hat ergeben, daß die Mehrzahl der Staaten nach wie vor keine Gesetze gegen Wettbewerbsbeschränkungen erlassen hat135. Insofern wird man bezweifeln können, ob überhaupt in der grundsätzlichen Bewertung privater Wettbewerbsbeschränkungen die für eine internationale Harmonisierung erforderliche Ubereinstimmung besteht136. Auch wenn Indizien wie der Niedergang des sozialistischen Systems und die große Zahl neuer Wettbewerbsgesetze etwa in Lateinamerika 137 eher optimistischer stimmen, wäre es vermessen, von einer gemeinsamen wettbewerbspolitischen Grundhaltung der Staaten zu sprechen. Die Mehrzahl sieht den Schutz des Wettbewerbs gegen private Beschränkungen nach wie vor nicht als staatliche Aufgabe an und ist in dieser Hinsicht zumindest indifferent. Von diesen Staaten kann daher eine aktive Beteiligung an einem Harmonisierungsprojekt auch nicht ohne weiteres erwartet werden. Dennoch sind die Verhandlungen über eine Angleichung des Wettbewerbsrechts auch für solche Zuschauer der kartellrechtlichen Entwicklung nicht ohne Bedeutung. Z u m einen ist auf die Bestrebungen in vielen Entwicklungsländern und Schwellenstaaten hinzuweisen, sich den internationalen Standards entwickelter Marktwirtschaften anzupassen. So werden etwa die Forderungen nach einem Gesetz über unlauteren Wettbewerb in Taiwan seit den 70er Jahren damit erklärt, daß das Land mit dem Beitritt zu internationalen Organisationen und Ubereinkommen wie der Pariser Verbandsübereinkunft 138 seine politische Isolation überwinden wollte139; gleichsam im Windschatten des Lauterkeitsrechts hat Taiwan dann im R a h m e n seines Fair Trade Law auch kartellrechtliche Vorschriften eingeführt 140 . Staaten, die sich 135

Siehe oben II 2, S.7ff. ' Jackson, Alternative Approaches fbr Implementing Competition Rules in International Economic Relations: Aussenwirtschaft 49 (1994) 177-200 (196). 137 Vgl. die Liste der Gesetze bei Rivière Marti, La politica de competencia en America Latina: Revista de direito econòmico 25 (1997) 77-98 (83f.) Danach haben mit Brasilien, Kolumbien, Costa Rica, Jamaica, Mexico, Panama, Peru und Venezuela acht Staaten seit 1990 neue Wettbewerbsgesetze erlassen; in Argentinien und Chile stehen ältere Gesetze in Kraft. 138 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20.3. 1883, in der Fassung des Protokolls von Stockholm vom 14. 7.1967, BGBl. 1970 II, 391. 139 Vgl. Yeong-Chin Su, Möglichkeiten und Grenzen gesetzgeberischer Maßnahmen zu Problemen der Marktwirtschaft in Nationalchina Taiwan (Diss. M ü n c h e n 1981) 51. Fair Trade Law vom 4.2. 1991, englische Ubersetzung zu beziehen von: Fair Trade Commission, Executive Yuan, 8 - 1 2 t h Floor, 150 Tun Hwa N. R d . , Taipeh, Taiwan, R e public of China; dazu Yeong-Chin Su, Competition Law in the Hands of the Activist State, in: Cheng/Liu/Wang (oben N. 7) 231-254 (244fF.); Liu, Efficiency, Fairness, Adversary and Moralsuasion: A Tale of Two Chinese Competition Laws: ebd. 317-351; siehe auch ders., IV

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Ziele der Vereinheitlichung der

Wettbewerbsbeschränkungen

in einer ähnlichen Lage befinden, suchen nach Leitbildern, an denen sie sich orientieren können. Sie werden einen auf internationaler Ebene verabschiedeten Text für diese Zwecke eher akzeptieren als das amerikanische, deutsche oder europäische Wettbewerbsrecht. Dies gilt erst recht fiir diejenigen Staaten, die den Anschluß an internationale Standards nicht aus freien Stücken suchen, sondern weil ihnen der Internationale Währungsfond, die Weltbank oder andere Finanzorganisationen eine entsprechende Gesetzgebung bei den Verhandlungen über Kredite, Moratorien oder Schulderlaß nahelegen. Eine derart aufgedrängte Gesetzgebung wird in der Gesellschaft des betreffenden Schuldnerlandes eher akzeptiert werden, wenn die betreffenden Regelungen inhaltlich von einem breiten Konsens der internationalen Staatengemeinschaft getragen sind. Die hier zutage tretende Funktion der internationalen Bewußtseinsbildung ist im Hinblick auf die zunehmende Globalisierung der Eliten in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft der Staaten nicht zu unterschätzen. Sie wird darin zum Ausdruck kommen, daß ein international harmonisiertes Wettbewerbsrecht weltweit im akademischen Unterricht verwendet wird und daß Staaten ohne eigenes Wettbewerbsrecht sich auf lange Sicht einem wachsenden Begründungsdruck ausgesetzt sehen.

In the N a m e of Fair Trade — A commentary o n the N e w C o m p e t i t i o n Law and Policy of Taiwan, the Republic of China: Int. Lawyer 27 (1993) 145-167.

VII. Einwände gegen die Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts

Die Vereinheitlichung oder Harmonisierung des Kartellrechts birgt in sich auch Nachteile und Risiken. Die daraufgestützten Einwände richteten sich in den letzten Jahren durchweg gegen den Draft International Antitrust Code, den eine Gruppe privater Sachverständiger im Jahre 1993 der Öffentlichkeit vorgestellt hatte 141 . Bei Lichte betrachtet ziehen diese Bedenken freilich nicht nur jenes konkrete Harmonisierungsprojekt, sondern die Vereinheitlichung des Kartellrechts als solche in Zweifel. Sie betreffen größtenteils die Machbarkeit der Angleichung, sind also pragmatischer Natur; zum Teil wird freilich auch die theoretische Sinnhaftigkeit einer Vereinheitlichung in Abrede gestellt.

1. D e r W e t t b e w e r b der K a r t e l l r e c h t s o r d n u n g e n a) Institutioneller Wettbewerb als rechtsvergleichendes Entdeckungsverfahren Im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarkts seit Mitte der 80er Jahre hat in der Nationalökonomie das Konzept des Wettbewerbs der Rechtsordnungen Fuß gefaßt. Danach soll auch in integrierten und offenen Märkten grundsätzlich auf eine institutionell verankerte Rechtsangleichung zum Zwecke der Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen verzichtet werden. Das Nebeneinander verschiedener rechtlicher Rahmenordnungen fuhrt — so lautet die These — nach der Öffnung der Marktgrenzen dazu, daß die U n ternehmen als Adressaten der Rechtsregeln ihre Präferenzen durch eine Standortverlagerung zum Ausdruck bringen könnten. Der Z u z u g von U n Siehe dazu näher unten IX., S.70fF.

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Einwände gegen die Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts

ternehmen signalisiere die wirtschaftliche Überlegenheit eines rechtlichen Regimes, der Wegzug von Unternehmen die wirtschaftliche Unterlegenheit. Ein Staat, der an einer wirtschaftlich unterlegenen, weil besonders kostenträchtigen Regelung festhalte, werde dies im allgemeinen zum Schutz bestimmter Interessen tun; durch den Wegzug der Unternehmen und die Verringerung seiner Wirtschaftskraft werde er zu einer ökonomisch rationalen Entscheidung über die Bewertung der zu schützenden Interessen angehalten. So werde der Wettbewerb der Rechtssysteme ähnlich wie auf den Gütermärkten als Entdeckungsverfahren genutzt142, in dessen Verlaufsich erweisen müsse, welche rechtliche Regelung die effizienteste sei. Aus dieser Sicht wird Rechtsvereinheitlichung als solche in Frage gestellt, weil sie jenes Entdekkungsverfahren gleichsam durch ein Kartell der Gesetzgeber ausschalte143. Dieser Gedanke ist ursprünglich für Rechtsmaterien von unmittelbarer Kosteninzidenz wie das Arbeitsrecht, das Sozialrecht und das Steuerrecht entwikkelt worden 144 , findet sich aber inzwischen auch in den Diskussionen über die Vereinheitlichung anderer Rechtsgebiete und auch im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen 145 . So wird vorgebracht, daß eine Einigung auf einen Katalog wettbewerbsrechtlicher Mindeststandards nicht wünschenswert sei, »weil auf die Weise der institutionelle Wettbewerb der Wettbewerbspolitiken unterbunden würde. Gerade dieser Wettbewerb ermöglicht es, verschiedene Wettbewerbspolitiken zu testen, um schließlich die geeignetste herauszufinden ... die enorme Problemlösungskapazität, die im Wettbewerb liegt, sollte nicht nur für die Gütermärkte, sondern auch für Institutionen genutzt werden.«146 In einem ähnlichen Sinne bezeichnet ein lateinamerikanischer Autor die Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen durch ein plurilaterales Ubereinkommen als ein »cartel of the developed nations«147, doch kritisiert er damit vor allem den von manchen vorgeschlagenen Ausschluß der Entwicklungsländer von den Beratungen; gegen die Rechtsvereinheitlichung als solche wendet er sich nicht. H2 Vgl. dazu von Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. Vortrag, gehalten am 5.7. 1968 im Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel; abgedruckt in ders., Freiburger Studien (Tübingen 1969) S. 249-265. 143 Streit, Systemwettbewerb im europäischen Integrationsprozeß, in : FS Mestmäcker (Baden-Baden 1996) 521-535 (522f., 527); Dönges, Wieviel Deregulierung brauchen wir für den EG-Binnenmarkt? Beihefte der Konjunkturpolitik. Zeitschrift für angewandte Wirtschaftsforschung 36 (1990) 169-187 (178ff.). 144 Siehe Dönges (vorige N.) a a O. 145 Freytag/Zimmermann, M u ß die internationale Handelsordnung um eine Wettbewerbsordnung erweitert werden? RabelsZ 62 (1998), 3 8 - 5 8 (49f.); ähnlich Hauser/Schoene, Is There a Need for International Competition Rules? Außenwirtschaft 49 (1994) 205— 222 (216f.):»... we shouldfollow a decentralized approach which allows some competition among rules.« 146 Freytag/Zimmermann (vorige N.) RabelsZ 62 (1998) 49. 147 De Noronha Goyos, The Globalisation of Competition Law: A Latin American Perspective: Int. Trade L. & Regul.1997, 2 0 - 2 2 (22).

Der Wettbewerb der

Kartellrechtsordnungen

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b) Stellungnahme: Wettbewerb oder Wettbewerb der Kartellrechte? Der Vergleich der Rechtsvereinheitlichung mit einem Kartell der Gesetzgeber hinkt. Schon die Gleichstellung des Gesetzgebers mit einem Anbieter und der privaten Gesetzesadressaten mit dem Nachfrager auf dem internationalen Markt fiir rechtliche Regelungen ist nur sehr begrenzt tragfähig. Rechtsnormen verlangen Gehorsam und wenden sich nicht wie ein Angebot auf dem Markt an Nachfrager, die freiwillig auf dieses Angebot eingehen. Die Möglichkeit, eine Rechtsnorm durch Standortverlagerung ins Ausland zu umgehen, ist dem Begriff der Rechtsnorm nicht etwa immanent, sondern eher eine durch die territoriale Begrenzung der staatlichen Souveränität hinzunehmende Lücke in ihrem Geltungsanspruch. Die Marktanalogie kann insofern lediglich einige Verhaltensweisen der Normadressaten deuten, paßt aber in vielen Zusammenhängen nicht und eignet sich deshalb auch nur sehr beschränkt als Grundlage normativer Aussagen. Jedenfalls kann bei der Rechtsvereinheitlichung durch völkerrechtliche Ubereinkommen von einem Kartell nicht die Rede sein, weil jeder Vertragsstaat sich — anders als bei den meisten Kartellen — durch Kündigung wieder aus seiner Bindung befreien kann. Im übrigen streben die »kartellierten« Staaten auch nicht etwa überhöhte eigene Gewinne zu Lasten der Normadressaten, also ihrer eigenen Staatsangehörigen an. Schließlich wird auch niemand ausgeschlossen; dritte Staaten sind nicht daran gehindert, die von den Vertragsstaaten vereinbarten Regelungen autonom in ihre eigene Gesetzgebung zu übernehmen. Der Gedanke vom Wettbewerb der Rechtsordnungen hat seine praktische Bedeutung auf allen Rechtsgebieten, für die im Kollisionsrecht eine personale oder subjektiv-territoriale Anknüpfung gilt, wo also die Anwendung von Rechtsnormen davon abhängt, daß bestimmte Handlungen auf dem Staatsgebiet vorgenommen werden oder die Normadressaten dort ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Wo dies der Fall ist, fuhrt nämlich die Verlagerung des geschäftlichen Handelns bzw. des Standorts ins Ausland dazu, daß die betreffenden N o r m e n nicht mehr anwendbar sind und die durch sie verursachten Kosten folglich nicht mehr anfallen. Im allgemeinen werden nach dem Wechsel die Rechtsnormen des neuen Tätigkeits- bzw. Sitzlandes anwendbar sein. Diese kollisionsrechtliche Grundvoraussetzung gilt cum grano salis für Rechtsmaterien wie das Steuerrecht, das Sozialversicherungsrecht und das Arbeitsrecht. Sie gilt dagegen nicht für das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, jedenfalls nicht auf der Grundlage des Auswirkungsprinzips 148 , sowie seiner Abwandlungen durch pseudoterritoriale Anknüpfungen 149 und durch 148 Siehe n ä h e r o b e n III 4., S. 19ff.; zu diesem G e d a n k e n g a n g siehe jetzt n ä h e r Ackermann, W e t t b e w e r b der W e t t b e w e r b s o r d n u n g e n im europäischen B i n n e n m a r k t ? In: j a h r b u c h j u n g e r Zivilrechtswissenschaftler 1997 (Stuttgart 1998) 2 0 3 - 2 2 4 , 220 f. Siehe näher o b e n III 3, S. 15ff.

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Einwände gegen die Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts

das Abwägungsprinzip 150 . Die Verlagerung des Abschlußortes von Kartellverträgen oder Unternehmenszusammenschlüssen ändert unter der Geltung des Auswirkungsprinzips gerade nichts an der Anwendung eines nationalen Wettbewerbsrechts, und dasselbe gilt auch für den Fall, daß ein Unternehmen seinen Standort, also seinen Sitz ins Ausland verlegt. Es fehlt insofern an einer wesentlichen Voraussetzung des Wettbewerbs der Rechtsordnungen, nämlich der Möglichkeit der Normadressaten, sich durch ihr eigenes Handeln dem Anwendungsbereich der Kartellgesetze zu entziehen. Ein Wettbewerb der Kartellrechtsordnungen kann im übrigen, selbst wenn er möglich wäre, nicht akzeptiert werden. Die Unternehmen würden, wie dies allgemein beim Wettbewerb der Rechtsordnungen in Rechnung gestellt wird, jeweils das Land wählen, in dem sie die für ihre eigenen Interessen günstigste Rechtsordnung antreffen. Dies wäre im Wettbewerbsrecht ein Staat, in dem wettbewerbsbeschränkende Verträge und Praktiken durch Rechtsnormen möglichst wenig eingeengt werden. Die »geeignetere Wettbewerbspolitik« wäre folglich eine, die private Wettbewerbsbeschränkungen bis hin zur Monopolisierung zuläßt. Mit anderen Worten wird hier der Wettbewerb der Rechtssysteme gegen den Wettbewerb auf den eigentlichen Märkten ausgespielt, und es kann nicht sein, daß letzterem unter Berufung auf ersteren der Garaus gemacht wird. Was nach alledem vom Wettbewerb der Kartellrechte übrig bleibt, ist ein Nebeneinander unterschiedlicher Lösungen, von dem — wie in der Rechtsvergleichung generell — ein ständiger Anreiz zum Uberdenken der eigenen Vorschriften ausgeht. So heilsam ein solcher Ansporn zur Selbstkritik ist, wird er durch eine Mindestharmonisierung doch nicht beseitigt, und nur sie kommt in Betracht, siehe unten 2 c, S. 59ff.).

2. Wettbewerbspolitische Divergenzen Die Skepsis gegenüber einer weltweiten Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen stützt sich vielfach auf den Umstand, daß die Bewertung privater Wettbewerbsbeschränkungen in der Politik der einzelnen Staaten nach wie vor sehr stark divergiert151. Zwar lassen sich — anders als in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen 152 — heute kaum noch Zwangskartelle antreffen, und mit dem Ende des Sozialismus sind auch die Außenhan-

150

Siehe näher oben III 5, S. 23ff. Vgl. etwa Möschel (oben N. 83) FS Lukes 462; Griffin (oben N. 9) Int. Trade L. & Regul. 1997,41; Wood (oben N. 82) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1297{.-Jackson (oben N. 136) Aussenwirtschaft 49 (1994) 196; Hauser/Schoene(oben N. 145) Aussenwirtschaft 49 (1994) 218. 152 Siehe oben II 1, S.6 bei N. 15. 151

Wettbewerbspolitische

Divergenzen

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delsmonopole der sozialistischen Staaten durchweg einer wettbewerblichen Struktur der betreffenden Import- und Exportmärkte gewichen. Schließlich rechtfertigt es die rasche Zunahme von nationalen Wettbewerbsgesetzen in den früheren sozialistischen und den lateinamerikanischen Ländern, von einer »remarkable convergence in national competition policies« zu sprechen' 53 . Von einem Einklang der nationalen Wettbewerbspolitiken kann gleichwohl nicht gesprochen werden. N u r rund fünfzig der zweihundert u n abhängigen Staaten verfügen über ein eigenes Kartellgesetz, und auch diese stimmen in etlichen Punkten, vor allem bei der Beurteilung vertikaler Absprachen sowie bei der Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen keineswegs überein154. Dennoch ist eine Harmonisierung deshalb nicht völlig ausgeschlossen. Vielmehr ergeben sich Schlußfolgerungen, die beim weiteren Vorgehen zu beachten sind. a) Erste Konsequenz: Gruppe der teilnehmenden Staaten Die wettbewerbspolitischen Richtungsunterschiede zwischen den Staaten haben nach verbreiteter Auffassung zur Folge, daß ein international vereinbarter vereinheitlichter Text sehr allgemein gehalten sein muß. Wegen der geringen normativen Schärfe hätte er dann auch fast keine operationale Bedeutung für die Bekämpfung von privaten Wettbewerbsbeschränkungen 155 . Diese pessimistischen Schlußfolgerungen schießen indessen über das Ziel hinaus. Sie fließen offensichtlich aus überzogenen Erwartungen an eine Vereinheitlichung des Kartellrechts, aus einer Alles-oder-nichts-Haltung, die die fundamentale Neuorientierung der Weltwirtschaft hin auf marktwirtschaftliche Prinzipien verkennt und damit einen günstigen historischen M o m e n t für die weltweite Anerkennung bindender wettbewerbsrechtlicher Grundsätze zu verpassen droht. In einer pragmatischeren Perspektive legen die oben aufgezeigten wettbewerbspolitischen Unterschiede jedenfalls zum Teil andere Konsequenzen nahe: Ubereinstimmung besteht insofern, als erfolgversprechende Verhandlungen über ein einheitliches Kartellrecht nur mit solchen Staaten aufgenommen werden können, deren interne Gesetzgebung private Wettbewerbsbeschränkungen jedenfalls zum Teil schon verbietet. Die große Mehrzahl der Staaten 153

Scherer, Competition Policy Convergence: Where Next?: Int. Bus. Lawyer 1996, 485-487 (485). 154 Siehe näher oben II 2; dies wird besonders betont von Wood (oben N. 82) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1297. 155 Vgl. Griffin (oben N. 9) Int. Trade L. & Regul. 1997, 41:»... it is likely that any agreement reached in the W T O context would be so general as to be meaningless ...«; ähnlich Jackson (oben N. 136) Außenwirtschaft 49 (1994) 196: «... only a very broad and general but brief code would be feasible. Such a code might even not be »binding«, since it would be phrased in such general (and arguably ambiguous) terms«.

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Einwände gegen die Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts

wird also an den Verhandlungen nicht teilnehmen können; die Wertungsdivergenzen sind hier so groß, daß ein Kompromiß der Quadratur des Kreises gleichkäme. Den anderen Staaten, die bereits über ein eigenes Kartellrecht verfugen, sollte allerdings die Teilnahme an den Beratungen auch uneingeschränkt offen stehen. Die von der Sachverständigenkommission der E U vorgeschlagene Beschränkung auf die OECD-Staaten und einige weiter entwikkelte Länder156 sät Unfrieden 157 . Sie desavouiert im übrigen diejenigen Staaten der Dritten Welt, die während des letzten Jahrzehnts ein Kartellgesetz in Kraft gesetzt und damit ihren Willen zur Durchsetzung marktwirtschaftlicher Grundsätze dokumentiert haben. b) Zweite Konsequenz: Gegenstände der Harmonisierung Eine zweite Konsequenz, die sich aus den wettbewerbspolitischen R i c h tungsunterschieden ergibt, betrifft die Gegenstände, die für eine einheitliche Regelung in Betracht kommen. Dies sind in einer ersten Phase vor allem Fragen, die in den Kartellgesetzen der beteiligten Staaten schon eine weitgehend übereinstimmende Lösung finden, insbesondere die Untersagung der horizontalen Kartelle und der Preisbindung der zweiten Hand sowie das an marktbeherrschende Unternehmen gerichtete Verbot des Machtmißbrauchs158. Im Bereich der Fusionskontrolle liegt allenfalls eine Angleichung der Anmeldeformalitäten sowie der Anzeige- und Bearbeitungsfristen im Bereich des Möglichen 159 . Eine materielle Regelung der Fusionskontrolle scheidet im Hinblick auf die von vielen Staaten in diesem Bereich verfolgten industriepolitischen Ziele aus. Eine offene Formulierung des Verbots wettbewerbsbeschränkender Absprachen und des Verbots der mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung kann aber im Verlaufe der weiteren wettbewerbspolitischen Entwicklung und der Herausbildung einer gewissen 156 Siehe European Commission, Group of Experts (oben N. 7) S. 22 sub 3.1.3; ähnlich Immenga (oben N. 125) 602: »Staaten mit einem hohen Standard der Kartellgesetzgebung«. 157 Vgl. DeNoronha Goyos (oben N. 147) Int. Trade L. & Regul. 1997, 22: »...the 'plurilateral alternative', a cartel (sic) of the developed nations which would establish the rules they judge appropriate, in their favour naturally, and subsequently, when they are ready, the developing nations would be called one by one, in an infamous accession, to become the helpless victims of opportunism.« 158 Diese Gegenstände sind auch genannt in European Commission, Group of Experts (oben N. 7) S. 22f. sub 3.2; zur Preisbindung der zweiten Hand siehe Reflection paper of Professor Immenga, ebd. S. 35 sub III; ebenso Matsushita(oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1112f.; Immenga (oben N. 125) 602. 159 European Commission, Group of Experts (oben N. 7) S. 23 sub 3.2; ähnlich Scherer (oben N. 153) Int. Bus. Lawyer 1996, 487; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 113; eingehend Halverson, Harmonization and Coordination of International Merger Procedures: Antitrust L. Journ. 60 (1992) 531-542.

Wettbewerbspolitische

Divergenzen

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Anwendungspraxis zu einer Erstreckung der beiden Tatbestände auf gewisse Fälle des Zusammenschlusses von U n t e r n e h m e n fuhren. Auch die europäische Fusionskontrolle ist bekanntlich schon vor Erlaß der V O 4 0 6 4 / 8 9 auf diese Weise entstanden 160 . O b eine Einbeziehung der Staatsunternehmen in den Anwendungsbereich des internationalen Kartellrechts Aussicht auf Erfolg hat, scheint im Hinblick auf die große Bedeutung, die den Staatsunternehmen gerade in kleineren Ländern beigelegt wird, sehr zweifelhaft. Es wäre besser, die Gespräche in einer ersten Beratungsphase nicht mit Fragen zu belasten, die das unmittelbare Eigeninteresse der Staaten berühren. Das Ziel einer umfassenden Wettbewerbsordnung, die das Außenhandelsrecht ebenso wie das Wettbewerbsrecht und staatliches Handeln ebenso wie privates Handeln regelt161, kann nicht in einem Z u g erreicht werden. Demgemäß sollten zunächst auch Fragen der Subventionierung und anderer öffentlicher Beihilfen ausgeblendet bleiben. c) Dritte Konsequenz: Mindestharmonisierung Eine weitere Schlußfolgerung aus der festgestellten Divergenz der wettbewerbspolitischen Orientierungen geht dahin, daß ein künftiges U b e r e i n k o m m e n auch auf den von ihm abgedeckten Gebieten keine abschließende Regelung anstrebt, sondern lediglich Mindeststandards festlegt. Die Mindestharmonisierung bietet den U n t e r n e h m e n naturgemäß nicht die gleiche Rechtssicherheit und Klarheit wie eine vollständige Vereinheitlichung, doch hat sie immerhin zur Folge, daß einige näher bestimmte Praktiken als wettbewerbswidrig gebrandmarkt werden und damit auf längere Sicht aus dem G e schäftsleben verschwinden. Praktisch könnte sich eine Mindestharmonisierung etwa so auswirken, daß bestimmte Praktiken, etwa gewisse vertikale Absprachen in dem U b e r e i n k o m m e n nur mit der Maßgabe verboten werden, daß ihre wettbewerbsschädigenden Effekte die wettbewerbsfordernden Auswirkungen überwiegen (rule of reason); kein Vertragsstaat wäre dann gehindert, gewisse vertikale A b sprachen ohne Rücksicht auf eine solche Abwägung per se zu verbieten. Des weiteren könnte der Vertragsstaat auch in den Rechtsfolgen über die in d e m internationalen Ubereinkommen angeordneten Sanktionen hinausgehen und z.B. dem Geschädigten einen Schadenersatzanspruch einräumen, dessen U m f a n g über den erlittenen Schaden hinausgeht. 160

Vgl. E u G H 21.2. 1973 - Rs. 6 / 7 2 (Continental Can), Slg. 1973, 215, 244ff, zur A n wendung von Art. 86 EGV; E u G H 17.11. 1987 - verb. Rs. 142/84 (Philip Morris), Slg. 1987, 4487, 4566 Erwägungen 37f.; siehe näher Immenga in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) FKVO Teil A R d N r . 9 f f . 161 Dahin geht der Wunsch des Special Committee on International Antitrust der A m e rican Bar Association, zitiert bei Rowley, Global Welfare: Competition Policy and Market Access: Int. Bus. Lawyer 1996, 446-450 (450).

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Einwände gegen die Vereinheitlichung

des

Wettbewerbsrechts

d) Vierte Konsequenz: Anwendung nur auf internationale Fälle Schließlich wird man den Widerstand der Staaten gegen eine Vereinheitlichung des materiellen Wettbewerbsrechts dadurch verringern können, daß die international vereinbarten Regeln nur auf Fälle mit einer internationalen Dimension anwendbar sind, in denen also der Handel zwischen verschiedenen Staaten betroffen ist162. Diese Methode erlaubt es den Vertragsstaaten, für rein interne Fälle an ihrem tradierten Wettbewerbsrecht festzuhalten, so daß die erforderlichen Änderungen nicht allzu tief in ihre Wirtschaftsordnung eingreifen. Die räumliche Beschränkung des Anwendungsbereichs auf internationale Fälle hat sich im Bereich des einheitlichen Privat- und Handelsrechts in vielfältiger Weise bewährt, wie der hohe Ratifikationsstand zahlreicher internationaler Konventionen zeigt163.

3. Begrenztheit der Verhandlungsressourcen Gegenüber den Arbeiten an einer internationalen Kodifizierung des Wettbewerbsrechts wird auch auf den dafür erforderlichen hohen Aufwand hingewiesen. Die Verhandlungen nehmen Verhandlungsressourcen in Anspruch, die bei der Umsetzung der Uruguay-Runde benötigt würden. Es bestünde die Gefahr der Verzettelung, die Verhandlungen böten den Regierungen möglicherweise einen guten Vorwand, sich nicht ernsthaft um die Verwirklichung der in der Uruguay-Runde vereinbarten Ergebnisse zu bemühen 164 . Wer den großen Aufwand bedenkt, mit dem Gerichtsverfahren und Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Kartellrechts üblicherweise betrieben werden, wird diesem Einwand nur geringe Bedeutung beimessen. Da er von Autoren stammt, die ihrerseits wieder einen größeren Katalog von Vorschlägen für künftige Liberalisierungsmaßnahmen im Bereich der W T O unterbreiten und dabei auch Anregungen zum Wettbewerbsrecht machen 165 , richtet sich der Einwand der begrenzten Ressourcen wohl auch nur gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein umfassendes Gesetzbuch des internationalen Wettbewerbsrechts und nicht gegen Beratungen, die lediglich einige Formen privater Wettbewerbsbeschränkungen zum Gegenstand haben. Im übrigen wird es Sache der Regierungen sein, die erforderlichen Verhandlungsressourcen zu schaffen, sobald der politische Wille zur Harmonisierung des Wettbewerbsrechts besteht. 162 So auch der Draft International Antitrust Code, Art.3, siehe unten IX., S. 70f.; ebenso lmmenga (oben N. 125) 601. 163 Vgl. näher Kropholler, Internationales Einheitsrecht (1975) 167ff., 189ff. 164 Freytag/Zimmermann (oben N. 145) RabelsZ 62 (1998) 50. 165 Freytag/Zimmermann (oben N. 145) RabelsZ 62 (1998) 57f.

VIII. Frühere Versuche zur Vereinheitlichung des Kartellrechts

Die Bemühungen um eine internationale Vereinheitlichung des Kartellrechts setzten schon nach dem Ersten Weltkrieg ein. Den Problemen der Zeit gemäß ging es dabei vor allem um die Kontrolle internationaler Kartelle. Zwei Gutachten empfahlen der Weltwirtschaftskonferenz des Völkerbundes im Jahre 1927 eine Vereinheitlichung des nationalen Kartellrechts mit Hilfe einer Staatenkonvention und eine internationale Kartellkontrolle unter Einschaltung des Völkerbundes und nationaler Behörden 166 . Die seinerzeit noch völlig konträren wettbewerbspolitischen Grundhaltungen der Staaten ließen solchen Bestrebungen indessen von Anfang an fast keinen Raum, und die Weltwirtschaftskrise brachte sie zu einem abrupten Stillstand. Die Wirtschaftspolitik der 30er Jahre strebte dann nach der Autarkie der Volkswirtschaften und schuf schon insofern keine günstigen Voraussetzungen für die Entfaltung und den Schutz eines internationalen Wettbewerbs. Hinzu kam in vielen Ländern eine interne Wirtschaftspolitik, die in den Kartellen vor allem ein Mittel zur Überwindung der Not sah und die Kartellierung daher oft nicht nur duldete, sondern durch Zwangskartellgesetze sogar förderte167. Zu einer Wiederaufnahme der Bemühungen um eine Vereinheitlichung des Kartellrechts ist es daher erst mit der Renaissance der neoliberalen Handelspolitik in der Nachkriegszeit gekommen. Die Bemühungen waren dabei zunächst auf die Verabschiedung verbindlicher Texte gerichtet (1.), später nur noch auf die Annahme von unverbindlichen Verhaltensrichtlinien (2.). Der Draft International Antitrust Code des Jahres 1993 hat die Erwartungen nun wieder höher geschraubt, siehe unten IX.

166 Siehe den Überblick bei Günther, Die Problematik einer völkerrechtlichen Regelung internationaler Wettbewerbsbeschränkungen (auf deutsch und englisch) in: Kartelle und Monopole im modernen R e c h t III (Karlsruhe 1961) 551-578 (553f.); Rahl, C o m m o n Market and American Antitrust (New York 1970) 417f. 167 Siehe schon oben S. 6 bei N. 15 im Text.

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Frühere Versuche zur Vereinheitlichung

des

Kartellrechts

1. Ansätze zu verbindlichen R e g e l u n g e n a) Havanna-Charta Wie schon eingangs erwähnt, enthielt die Havanna-Charta für eine internationale Handelsorganisation vom 24. März 1948 in dem Kapitel V auch Vorschriften über wettbewerbsbeschränkende Praktiken168. Nach Artikel 46 Nr. 1 verpflichteten sich die Mitgliedstaaten, selbst geeignete Maßnahmen zu treffen und mit der Organisation zusammenzuarbeiten, »um einschränkende Handelspraktiken, die im internationalen Handel den Wettbewerb beschränken, den Zugang zu den Märkten begrenzen oder einer monopolistischen Kontrolle Vorschub leisten, in allen Fällen zu verhindern, in denen diese Praktiken schädliche Wirkungen für die Entwicklung der Erzeugung oder des Handels haben und die Erreichung eines der grundsätzlichen Ziele der Welthandelsorganisation beeinträchtigen könnten.« Im einzelnen waren danach Praktiken verboten, die sich auf die Festsetzung der Preise, die räumliche Marktaufteilung, die Begrenzung oder Quotierung der Erzeugung, die Diskriminierung einzelner Unternehmen, die Verhinderung neuer technologischer Entwicklungen oder ihrer Anwendung, die Erstreckung von Patenten auf Fragen außerhalb ihres Schutzbereiches usw. bezogen. Die materiellen Vorschriften der Havanna-Charta beruhten auf dem Mißbrauchsprinzip, überließen freilich die Feststellung eines Mißbrauchs dem Ermessen der nationalen Regierungen, so daß eine einheitliche Handhabung von vornherein nicht gewährleistet war. Im Falle der Verletzung der Wettbewerbsregeln sollten die Staaten in Konsultationen eintreten oder sich mit einer Beschwerde an die internationale Handelsorganisation wenden können, Artt. 48 und 50. Dieser wurde ein Recht zur Untersuchung der Wettbewerbsverstöße eingeräumt, doch konnte sie keine eigenen Ermittlungen führen, sondern lediglich die betroffenen Mitgliedstaaten um Informationen ersuchen, die diese dann unter Umständen bei den beteiligten Unternehmen zu ermitteln gehabt hätten. Freilich konnten die Mitgliedstaaten die Informationen gemäß Art. 50 Abs. 3 auch zurückhalten, wenn die Unterlagen für die Durchführung der Untersuchung nicht wesentlich waren und eine Offenlegung legitime Geschäftsinteressen eines Unternehmens geschädigt hätte. Die abschließenden Feststellungen und Empfehlungen der im Rahmen der internationalen Handelsorganisation zu gründenden Wettbewerbskommission sollten von den Staaten berücksichtigt werden, wären also nicht verbindlich gewesen. Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der Havanna Charta wären folglich weit hinter dem nationalen Wettbewerbsrecht mancher Staaten und auch demjenigen der später gegründeten E G zurückgeblieben, sie gingen aber — mit Ausnahme der E G — weit über alles hinaus, was seither auf internationaler 168

Siehe oben S. 1 im Text bei N. 4 und unten, Anhang II.

Ansätze zu verbindlichen Regelungen

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Ebene vorgeschlagen wurde. Auch wenn sie nie in Kraft getreten sind, haben sie doch Einfluß auf die nachfolgenden Vereinheitlichungsbemühungen ausgeübt 169 . b) Spätere Initiativen Auf Betreiben der USA wandte sich in den folgenden Jahren der W i r t schafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (Economic and Social Council, ECOSOC) dem Kartellrecht zu. Auf der Grundlage der Havanna-Charta b e reitete der R a t einen Entwurf vor, der wiederum auf dem Mißbrauchsprinzip basierte 170 . Wettbewerbsbeschränkende Praktiken wurden aufgelistet und mit der Maßgabe für rechtswidrig erklärt, daß sie sich im Einzelfall als schädlich erwiesen. Dabei waren freilich die Maßstäbe für die Feststellung schädlicher Wirkungen außerordentlich ungenau. Einer internationalen Kartellbehörde sollte es obliegen, im Einzelfall die schädlichen Wirkungen von Wettbewerbsbeschränkungen zu untersuchen. Sie sollte den Staaten empfehlen, wie diese die Wettbewerbsbeschränkungen aufgrund ihrer eigenen nationalen Gesetze abstellen konnten. Im Verlauf der Beratungen über den Entwurf zeigten sich grundlegende wettbewerbspolitische Differenzen der beteiligten Staaten. 1955 entschied der R a t daher, das Projekt nicht weiter zu verfolgen 171 . Ebenfalls zu Anfang der 50er Jahre war der Europarat u m eine Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen bemüht. Im März 1951 legte das Ministerkommitee den Entwurf einer »Europäischen Konvention zur Kontrolle internationaler Kartelle« vor172. Materiell beruhte auch dieser Entwurf im wesentlichen auf der Havanna-Charta, also auf dem Mißbrauchsprinzip. In verfahrensrechtlicher Hinsicht war die G r ü n d u n g einer internationalen Kartellbehörde vorgesehen, bei der die Parteien wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen ihre Absprachen anmelden sollten und die ggfs. die Schädlichkeit solcher Vereinbarungen festzustellen hatte. Die N i c h t anmeldung begründete bereits die Vermutung der Schädlichkeit. In den B e ratungen über den Entwurf setzte sich bald die Auffassung durch, daß eine weltweite Konvention einer regionalen Vereinheitlichung vorzuziehen sei. Deshalb räumte der Europarat zunächst den parallelen Arbeiten des W i r t schafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen Vorrang ein und schlug nach deren Scheitern vor, daß die Vereinheitlichung des Kartellrechts im R a h m e n des G A T T vorangetrieben werden sollte173. 169

Siehe näher Rahl (oben N. 166) 419-425; Günther (oben N. 166) 555-558. Entwurf und Bericht sind abgedruckt in W u W 1953, 479-508. 171 Siehe näher Günther (oben N. 166) 559-560; Rahl (oben N. 166) 425-427; Furnish, A Transnational Approach to Restrictive Business Practices: Int. Lawyer 4 (1970) 317—351 (326-327). 172 Abgedruckt in W u W 1952, 296-302. 173 Siehe näher Rahl (oben N. 166) 427-431; Günther (oben N . 166) 568. 170

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Frühere Versuche zur Vereinheitlichung des Kartellrechts

Aber auch im Rahmen des GATT hatten die Bemühungen um eine Vereinheitlichung keinen Erfolg. Erste Überlegungen einer Sachverständigengruppe gegen Ende der 50er Jahre blieben ohne Ergebnis. Eine zweite Sachverständigengruppe erörterte die Möglichkeit des GATT, schon auf der Grundlage des geltenden Rechts, insbesondere der Art. XXIII und X X V gegen private Wettbewerbsbeschränkungen vorzugehen. Überlegt wurde insbesondere, ob ein Mitgliedstaat durch die Zulassung wettbewerbsschädlicher Absprachen nicht unter gewissen Umständen die Vorteile im Sinne des Art. XXIII vereitele, die das GATT in Gestalt des Freihandels anderen Mitgliedstaaten gewähre. Letztlich konnte sich dieser Gedanke jedoch nicht durchsetzen 174 . So ist aus den Arbeiten des GATT im Jahre 1960 letztlich nur eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten hervorgegangen, im Falle wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen in Konsultationen einzutreten 175 . Von diesem rein prozeduralen Arrangement ist freilich nie Gebrauch gemacht worden 176 . Das Scheitern all dieser Bemühungen hatte seit der Mitte der 50er Jahre verdeutlicht, daß eine Vereinheitlichung des Kartellrechts nur auf regionaler Ebene und auch nur unter den Bedingungen einer relativ homogenen Wirtschaftspolitik der Staaten möglich war. In der Folge gingen die Vereinheitlichungsbestrebungen daher verschiedene Wege. Die Vereinheitlichung des Kartellrechts auf regionaler Ebene wurde im Jahre 1957 durch den Abschluß des EWG-Vertrages zu einem erfolgreichen Ende gefuhrt. Auf universaler Ebene steckte man die Ziele dagegen nicht mehr so hoch und beschränkte sich fortan auf die Ausarbeitung von Verfahrensregeln und unverbindlichen Richtlinien.

2. Wettbewerbsrechtliche Verhaltensrichtlinien Seit den 70er Jahren ist es nicht mehr zu weiteren Versuchen gekommen, das materielle Recht der Wettbewerbsbeschränkungen durch die Annahme international vereinbarter verbindlicher Vorschriften zu vereinheitlichen. Statt dessen haben die Staaten eine Reihe unverbindlicher Empfehlungen in Gestalt sogenannter Verhaltenskodices (Codes of Conduct) ausgehandelt. Diese Regelwerke sind zwar durchweg im Rahmen internationaler Organisationen zustande gekommen, bezwecken aber weder nach ihrem Wortlaut 174 Siehe näher Jackson (oben N. 136) Außenwirtschaft 49 (1994) 192 und 194 zu Art. XXIII GATT; dazu auch Mavroidis/van Sielen, T h e Application of the G A T T / W T O Dispute Resolution System to Competition Issues: J. World Trade 31 (1997) Nr. 5, S. 5-48, lOf. 175 Abgedruckt in W u W 1961, 26f.; siehe dazu Furnish (oben N. 171) Int. Lawyer 4 (1970) 328-329; Rahl (oben N. 166) 432-434. 176 Petersmann (oben N. 123) J. World Trade 27 (1993) 39.

Wettbewerbsrechtliche Verhaltensrichtlinien

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noch nach der Art ihrer Verabschiedung die Schaffung verbindlicher Rechtsnormen. Daher hingen die Wirkungen der betreffenden Texte auch nicht von einer Ratifikation durch die Staaten ab. a) OECD-Leitsätze Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst eine Erklärung der OECD-Mitgliedstaaten über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen von 1976, der im Anhang unter anderem Leitsätze über Wettbewerbsbeschränkungen beigefugt sind177. Der erste dieser Leitsätze verbietet den Unternehmen die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, z.B. durch wettbewerbsbeschränkende Ubernahmen, Verdrängungspraktiken gegenüber Wettbewerbern, einer unbilligen Liefer-und Bezugsverweigerung, durch wettbewerbsbeschränkende Mißbräuche gewerblicher Schutzrechte und durch Preisdiskriminierung. Nach dem zweiten Leitsatz sollten Unternehmen ihre Abnehmer, Händler und Lizenznehmer möglichst wenig in der eigenen Geschäftstätigkeit gegenüber Dritten einengen. Der dritte Leitsatz untersagt die Teilnahme an unzulässigen Kartellen, die sich nachteilig auf den Wettbewerb auswirken oder ihn völlig ausschalten. Nach dem vierten Leitsatz sollen die Unternehmen zu Konsultationen und zur Zusammenarbeit mit den Behörden aller betroffenen Länder bereit sein. Es ist hervorzuheben, daß keiner dieser Leitsätze ein per-se-Verbot ausspricht, daß also durchgehend noch die spezifische Prüfung der Mißbräuchlichkeit oder Wettbewerbsschädlichkeit einer Verhaltensweise vorbehalten bleibt. Damit bleiben die OECD-Leitsätze deutlich hinter dem Stand zurück, den das materielle Wettbewerbsrecht der OECD-Mitgliedstaaten inzwischen überwiegend erreicht hat; danach sind jedenfalls die klassischen (horizontalen) Kartelle sowie die Preisbindungen der zweiten Hand durchweg als solche verboten 178 . b) U N - R B P - C o d e Im Rahmen der Kommission für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen (United Nations Commission for Trade and Development, 177 OECD, Declaration on International Investment and Multinational Enterprises of 21st June 1976 as amended, abgedruckt in Horn (Hrsg.), Legal Problems of Codes of C o n duct for Multinational Enterprises (Deventer 1980) 451-461, 458; in deutscher Sprache unten in Anhang III und bei Nebel, Internationale Verhaltensregeln über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken (Zürich 1986) 151, dort auch nähere Erläuterungen, S. 25ff.; siehe auch Davidow, Some Reflections on the O E C D Competition Guidelines: Antitrust Bull. 1977, 441-458. 178 Siehe nur lmmenga in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) Einl. D R d N r . 18fF.

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Frühere Versuche zur Vereinheitlichung

des Kartellrechts

U N C T A D ) wurde 1980 ein Katalog von Grundsätzen und Regeln zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Praktiken verabschiedet, der sog. U N RBP-Code 1 7 9 , dessen Fortentwicklung zu einem Modellgesetz während der 80er Jahre geplant war180. Der R B P - C o d e gliedert sich in sieben Abschnitte, in denen die Ziele (A), Definitionen und Anwendungsbereich (B), Grundsätze zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken (C), Grundsätze und Regeln für Unternehmen einschließlich transnationaler Gesellschaften (D) sowie für die Staaten (E), internationale Maßnahmen wie fachliche Hilfe und Konsultationen (F) und internationale Mechanismen, insbesondere die Einrichtung einer zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe (G) geregelt werden. Die für das Kartellrecht erheblichen Grundsätze und Regeln für Unternehmen finden sich vor allem in Abschnitt D 3 und 4. Unter der Voraussetzung, daß die betreffenden Absprachen den Wettbewerb ungerechtfertigt beschränken und sich dadurch auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer schädlich auswirken, sind danach die folgenden Praktiken geächtet: Absprachen über die Preisfestsetzung, auch für Exporte und Importe; Submissionsabsprachen; Markt- oder Kundenaufteilungsregelungen; Quotenabsprachen für Vertrieb oder Produktion; kollektive Maßnahmen zur Durchsetzung von Abmachungen, z.B. durch abgestimmte Lieferverweigerungen; abgestimmte Verweigerung der Belieferung potentieller Importeure; kollektive Ablehnung des Beitritts zu einer wettbewerblich wesentlichen Vereinbarung oder Vereinigung. Unter den gleichen Voraussetzungen werden auch zahlreiche mißbräuchliche Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen untersagt, so etwa Kampfmaßnahmen gegenüber Mitbewerbern; die diskriminierende Preisgestaltung; Fusionen; die Preisbindung der zweiten Hand für Exporte; Einfuhrbeschränkungen für gewisse Markenerzeugnisse und einige näher geregelte Fälle der Lieferverweigerung. Einige dieser Regeln erklären sich aus dem deutlichen Wunsch, die Wirtschaft der Entwicklungsländer gegen wettbewerbsbeschränkende Praktiken multinationaler Unternehmen zu schützen, während die Industriestaaten anUNCTAD, T h e Set o f Multilaterally Agreed Equitable Principles and R u l e s for the Control o f Restrictive Business Practices, U N D o c . T D / R B P / C O N F / I O o f 2 May 1980, Int. Leg. Mat. 1980, 813, auch in W u W 1982, 32; in deutscher Übersetzung unten in A n hang IV; dazu eingehend Davidow, T h e U N C T A D Restrictive Business Practices C o d e , in: Horn (oben N . 177) 193-219; Syquia, T h e U N C T A D C o d e and Problems of Transfer o f Technology and Restrictive Practices: T h e Viewpoint o f Developing Countries, in: Horn (oben N . 177) 2 1 1 - 2 1 8 ; Ebenroth, C o d e o f C o n d u c t - Ansätze zur vertraglichen Gestaltung internationaler Investitionen (Konstanz 1987) 224—236; Fikentscher, Wirtschaftsrecht I Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (München 1983) 2 1 2 - 2 3 4 ; Fikentscher/Straub, D e r R B P - K o d e x der Vereinten Nationen: Weltkartellrichtlinien: G R U R / Int. 1982, 6 3 7 - 6 4 6 (I) und 7 2 7 - 7 3 9 (II); zur ersten R e v i e w Conference siehe den Bericht von Dicke, Vereinte Nationen 1987, 104. 180 Ein Vorentwurf findet sich bei Ebenroth (oben N . 179) 640ff.

Wettbewerbsrechtliche

Verhaltensrichtlinien

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dererseits ihr Kartellrecht nur mit Zurückhaltung auf die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken von Unternehmen aus der Dritten Welt anwenden sollen, vgl. Abschnitt C 7. Dieser Ansatz eignet sich nicht für ein internationales Kartellrecht, das auch die Beziehungen zwischen Industriestaaten regeln soll. c) T O T (Transfer of Technology) Code Für die Fragen des Technologietransfers ist gleichfalls im R a h m e n von U N C T A D ein Verhaltenskodex verhandelt worden, der unter anderem R e geln über Wettbewerbsbeschränkungen im Bereich der Lizenzverträge enthalten sollte, aber nicht über das Entwurfsstadium hinaus gediehen ist181. d) U N C T A D Liner Code Eine gewisse praktische Bedeutung kommt als Viertes dem U N C T A D Verhaltenskodex für LinienschifFahrtskonferenzen zu. Abweichend von den übrigen Texten handelt es sich hier um ein Regelwerk, das als völkerrechtlich verbindlicher Vertrag vereinbart wurde und der Ratifikation bedurfte. Er betrifft schwerpunktmäßig öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Zugangs zu den Linienschiffahrtsmärkten, regelt im Zusammenhang damit aber auch einige Probleme privater Wettbewerbsbeschränkungen. Kernpunkt ist die Aufteilung des bilateralen Linienschiffahrtsverkehrs im Verhältnis 40% zu 40% zu 20% zwischen den nationalen Reedereien der beiden beteiligten Staaten und denjenigen von Drittstaaten. Im Umfang der jeweiligen Marktquote wird den nationalen Linienreedereien der Staaten dann auch ein Recht auf Beitritt zu einer Linienschiffahrtskonferenz gewährt; geschlossene Konferenzen werden insoweit untersagt. Des weiteren wird auch der Einsatz von Kampfschiffen gegen Außenseiterreedereien verboten 182 . e) Bedeutung des soft law Von einigen punktuellen Regeln im Bereich der Seeschiffahrtskartelle abgesehen, hat sich die verbindliche Vereinheitlichung des Rechts der Wettbe181

Ein Entwurf von 1985 ist abgedruckt bei Ebenroth (oben N . 179) 6 0 1 - 6 3 0 , 607ff.; dazu id. 2 9 1 - 2 9 2 ; Fikentscher (oben N . 179) 2 3 4 - 2 3 8 ; Wilner, Transfer o f Technology: T h e U N C T A D C o d e o f Conduct, in: Horn (oben N . 177) 1 7 7 - 1 8 8 . 182 Convention o n a C o d e o f Conduct for Liner Conferences, 6 April 1974, Int.Leg.Mat. 13 (1974) 917 = BGBl. 1983 II 62; dazu Th. Brinkmann, D e r U N C T A D - V e r haltenskodex für Linienkonferenzen (Kehl 1993); Carbone/Munari, R e g o l e e organizzazione dei trasporti marittimi internazionali (Milano 1990) 31—67; Juda, T h e U N C T A D Liner C o d e (Boulder, Col. 1983); Larsen/Vetterick, T h e U N C T A D C o d e o f Conduct for Liner Conferences: Reservations, Reactions, and U. S. Alternatives: L. Pol.Int.Bus. 13 (1981) 2 2 3 - 2 8 0 ; Grewlich, D i e U N - K o n v e n t i o n über einen Verhaltenskodex für Linienkonferenzen: ZaöRV 35 (1975) 742—758; Odier, Le C o d e de conduite des conférences maritimes: Ann.fr.dr.int. 25 (1979) 6 8 6 - 6 9 2 .

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Frühere Versuche zur Vereinheitlichung des Kartellrechts

werbsbeschränkungen auf universaler Ebene bislang als nicht konsensfähig und durchführbar erwiesen. Die aufgelisteten Regelungen sind ihrer Rechtsnatur nach unverbindliches sog. soft law183. Als international gebilligte Empfehlungen enthalten sie in erster Linie eine Vorlage für die Gesetzgeber solcher Länder, die ein Kartellrecht erst einfuhren wollen. Eine bewußtseinsbildende Rolle können sie ferner in manchen Vertragsverhandlungen spielen, wenn sich Unternehmen auf die Richtlinien berufen. Ferner können sie zur Konkretisierung allgemeiner Rechtsgrundsätze dienen und als Bestandteil einer neuen lex mercatoria in manchen Schiedsverfahren entscheidungserheblich werden. Auch für die staatlichen Behörden und Gerichte ist ihre Bedeutung nicht völlig von der Hand zu weisen. Vor allem Rechtsordnungen, die ihren Gerichten durch die generalklauselartige Bezugnahme auf »Treu und Glauben« oder die »guten Sitten« weite Beurteilungsspielräume eröffnen, bieten Einfallstore, durch die die Verhaltenskodices im internationalen Wirtschaftsrecht normative Bedeutung erlangen können184. Denkbar ist auch die Berücksichtigung ihrer Wertungen in die Abwägungsprozesse, die von Kartellbehörden bei der Anwendung der Mißbrauchskontrolle vorgenommen werden 185 . Auf einem ganz anderen Blatt steht aber die Frage, ob sich die Verhaltensrichtlinien als Vorbild für eine künftige internationale Gesetzgebung auf dem Gebiet des Kartellrechts eignen. Dies wird man schon wegen der Art und Weise ihres Zustandekommens kaum annehmen können. Verhandlungen über einen Text, dessen Unverbindlichkeit und empfehlender Charakter von Anfang an feststeht, verlaufen anders, als die über harte und klare Regeln 186 . Die Verhaltensrichtlinien enthalten insofern nicht mehr als Anhaltspunkte für Gegenstände, die in einer künftigen internationalen Gesetzgebung zum Recht der Wettbewerbsbeschränkungen einen Platz haben könnten. Diese Skepsis wird noch dadurch verstärkt, daß die Mehrzahl der Entwicklungslän183

Siehe dazu Seidl-Hohenveldern, International Economic »Soft Law«: R e e . des Cours 163 (1979 II) 165ff.; Baade, T h e Legal Effects of Codes of Conduct for Multinational Enterprises, in Horn (oben N. 177) 3-38; Horn, Die Entwicklung des Internationalen Wirtschaftsrechts durch Verhaltensrichtlinien: RabelsZ 44 (1980) 423-454. 184 Horn (oben N. 183) RabelsZ 44 (1980) 448ff.; Nebel (oben N. 177) 144ff.; Sacerdoti, Les codes de conduite sur les entreprises multinationales entre droit international et droit interne: Mise en oeuvre et effets juridiques, in: Le droit international à l'heure de sa codification - Etudes en l'honneur de R o b e r t o Ago IV (Milano 1987) 263-293, 292f.; Bryde, Internationale Verhaltensregeln für Private - Völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Aspekte (Frankfurt 1981) 34f. 185 So etwa Nebel (oben N. 177) 146—148; Rehbinder in Immenga/Mestmäcker (oben N. 70) § 6 R d N r . 1 5 0 . 186 Siehe etwa Wood (oben N. 82) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1297: »[The R B P Code] is nonbinding, and was understood throughout the negotiating process as a nonbinding d o cument. It would therefore be a serious mistake to think that it represents the kind of language to which the United States would be willing to adhere if, at the stroke of a pen, it were to be made binding.«

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Verhaltensrichtlinien

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der die Grundsätze des U N - R B P - C o d e s bis auf den heutigen Tag nicht in ihr nationales Recht übernommen hat, obwohl gerade dieser Verhaltenskodex im Interesse der Dritten Welt formuliert war und deshalb den meisten Entwicklungsländern als »selbstgeschaffenes Vorbild« den Weg zu einem nationalen Recht der Wettbewerbsbeschränkungen hätte weisen müssen; doch dies ist nicht geschehen.

IX. Der Draft International Antitrust Code

Auf Anregung von Wolfgang Fikentscher erarbeitete eine international zusammengesetzte Forschergruppe ab 1991 einen »Kartellrechtskodex nach rein wissenschaftlichen Kriterien« 187 , den sie 1993 d e m Generaldirektor des G A T T unterbreitete 188 . N a c h der Vorstellung seiner U r h e b e r soll er als plurilaterale Vereinbarung im Sinne von A n n e x 4 z u m W T O - U b e r e i n k o m m e n in Kraft gesetzt werden 189 . Er soll sowohl die offene wettbewerbsrechtliche Flanke der im G A T T verankerten liberalen Welthandelsordnung schließen, als auch die erforderlichen Ergänzungen z u m T R I P S - U b e r e i n k o m m e n im B e reich der gewerblichen Schutzrechte bringen 190 . M i t 28 z. T. sehr detaillierten Artikeln ist der Draft International Antitrust C o d e (im folgenden: DIAC) außerordentlich umfangreich u n d setzt damit wissenschaftliche Maßstäbe, an denen j e d e künftige kartellrechtliche Konvention zu messen sein wird.

1. P r i n z i p i e n

D e r C o d e beruht auf fünf Grundprinzipien 1 9 1 . Erstens ist sein A n w e n dungsbereich auf Fälle mit grenzüberschreitendem Bezug beschränkt. Dieser

187

So Fikentscher/Drexl, Der Draft International Antitrust Code: R I W 1994, 93-99

(94). 188 Veröffentlichung unter dem Titel International Antitrust Code Working Group, Draft International Antitrust Code as a GATT-MTO-Plurilateral Trade Agreement, Published and Released on July 10, 1993 in Munich/Germany: Antitrust Trade & Regulation R e port (BNA) 64 (1993), Special Supplement no. 1628 of August 19, 1993; ohne Einleitung und Kommentare auch in W u W 1994, 128—138 und unten in Anhang V; im folgenden: DIAC. 189 Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 95; D I A C (oben N. 188) S-6 sub V 1. 190 Siehe oben Teil VI und Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 94f. >" Z u m folgenden DIAC (oben N. 188) S-6f. und Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 94-96.

Prinzipien

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wird durch Artikel 3 DIAC dadurch vermittelt, daß eine Wettbewerbsbeschränkung mindestens zwei Vertragsstaaten betrifft. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 (b) wird die Betroffenheit sowohl durch Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkung auf dem Staatsgebiet hergestellt als auch durch die Hauptniederlassung der handelnden Unternehmen in dem Vertragsstaat. Die alternative Anknüpfung kommt den oben aufgestellten Anforderungen an ein künftiges Kartellkollisionsrecht nahe. Sie hat zur Folge, daß der Code nicht nur auf im Ausland veranlaßte Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden ist, die sich im Inland auswirken, sondern auch umgekehrt auf im Inland veranlaßte auslandsmarktbezogene Praktiken, insbesondere auf Exportkartelle 192 . Zweitens will es der Code bei der Anwendung nationalen Rechts belassen, beansprucht also — anders als z.B. das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf 193 — nicht, self-executing zu sein, d. h. unmittelbar angewendet zu werden 194 . Nach Artikel 2 Absatz 1 D I AC übernimmt jeder Vertragsstaat die Verpflichtung, sein internes Wettbewerbsrecht in Einklang mit dem Code zu bringen. Dieses Vorgehen paßt am besten zu der Methode der Mindestharmonisierung. Wenn ein Ubereinkommen unmittelbar angewendet werden will, aber lediglich Mindeststandards festlegt, hat dies nämlich zur Folge, daß die Normadressaten stets zwei Texte, das Ubereinkommen und das möglicherweise darüber hinausgehende nationale Recht zu beachten haben. Gegenüber solchen Komplikationen bietet der Code den Vorteil, daß die Vertragsstaaten seine Regeln und die strengeren Maßstäbe des nationalen Rechts in einem Gesetz zusammenfassen können. Davon einmal abgesehen sind freilich viele Regeln des Code nicht nur als Aufforderungen an die Staaten formuliert, sondern wie innerstaatliche und unmittelbar anwendbare Rechtsnormen gefaßt, so daß ein Vertragsstaat den Code in vielen Punkten auch tel quel in sein innerstaatliches Recht übernehmen könnte. Damit ist schon als Drittes das Prinzip der Mindestharmonisierung oder des Mindestschutzes angesprochen, das der Code in Artikel 2 Absatz 2 (a) verankert. Danach kann ein Vertragsstaat zwar zum Schutze des Wettbewerbs striktere Vorschriften erlassen, er kann das im Code vorgesehene Niveau des Wettbewerbsschutzes aber nicht unterschreiten. Dies gilt freilich nur im Anwendungsbereich des Code, nicht also für wettbewerbsrechtliche Vorschriften, die lediglich auf innerstaatliche Fälle anzuwenden sind. Beispielsweise soll die nach § 16 G W B zulässige Buchpreisbindung weiterhin insoweit er192 Siehe schon oben VI 2 b nach N o t e 127 und Fikentscher/Drexl (oben N o t e 187) R I W 1994, 95. 193 Siehe oben N. 12. 194 Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 95, die freilich die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit mit anderen Methodenfragen der Rechtsvereinheidichung vermengen und damit nicht zur Klärung beitragen; siehe zur unmittelbaren Anwendbarkeit Kropholler (oben N. 163) 101-104.

72

Der Draft International Antitrust Code

laubt sein, als sie nur nationale, für den inländischen Markt bestimmte Erzeugnisse erfaßt195. Die Labilität solcher rein nationalen Absprachen gegenüber einer Umgehung durch internationale Transaktionen liegt auf der Hand. Dies ist gleichsam die Kehrseite des auf internationale Wettbewerbsverhältnisse beschränkten Anwendungsbereichs des Code. Als viertes Prinzip hebt der Code das Diskriminierungsverbot bzw. den Grundsatz der Inlandsbehandlung besonders hervor. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 (b) muß jeder Vertragsstaat sämtliche Rechtsvorschriften, die auf rein nationale wettbewerbsrechtliche Fälle anzuwenden sind, uneingeschränkt auch auf internationale Fälle anwenden, die von dem Code erfaßt werden. Unzulässig ist demgemäß sowohl eine Freistellung von Exportkartellen wie auch die Anwendung strengerer Standards auf ausländische Unternehmen oder laxerer Standards auf Wettbewerbsbeschränkungen, die sich vor allem auf ausländische Marktteilnehmer auswirken196. D i e Internationalisierung

wettbewerbsrechtlicher

Verfahren m a r k i e r t d e n f ü n f t e n

Grundsatz des Code. Sie äußert sich zum einen dadurch, daß die neu zu gründende Internationale Wettbewerbsbehörde eigene prozessuale Initiativrechte in den Wettbewerbsverfahren von nationalen Behörden und Gerichten erhalten soll197. Z u m anderen soll aber auch ein internationaler Streitbeilegungsmechanismus in Anlehnung an das GATT-WTO-Verfahren geschaffen werden 198 .

2. Materielle R e g e l u n g e n i m Ü b e r b l i c k a) Horizontale und vertikale Absprachen Gemäß Artikel 4 Absatz 1 DIAC sind horizontale Absprachen über Preise, Kunden- oder Gebietsaufteilungen sowie Quotenkartelle per se verboten. Bei anderen horizontalen wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen sind die Beschränkungen des Wettbewerbs gegen wettbewerbsfordernde Aspekte, EfEzienzgewinne oder andere innovationssteigernde Wirkungen abzuwägen. Die Vermutung, daß solche Absprachen den Wettbewerb unangemessen beschränken und deshalb verboten sind, kann von den teilnehmenden Unternehmen widerlegt werden, doch tragen sie die Beweislast199. 195

Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 96f. Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 96. 197 Siehe Art. 19 Abs. 2 DIAC und Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 97. 198 Siehe Art. 20 DIAC und Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 98. 199 Art. 4 Abs. 2 DIAC und Fikentscher/Heinemann, Der »Draft International Antitrust Code« - Initiative für ein Weltkartellrecht im Rahmen des GATT: W u W 1994, 97-107 (104). 196

Materielle Regelungen im Überblick

73

Für vertikale Absprachen findet sich unter der Überschrift »Vertriebsstrategien« in Artikel 5 DIAC ein dreigliedriges Regelungsschema: (1) Absprachen, die ein Erzeuger-Händlerkartell durchzusetzen bestimmt sind, sowie die Preisbindung der zweiten Hand unterliegen einem per-se-Verbot. Im übrigen gilt die Rule of Reason, wobei aber in den beiden anderen Gruppen die Beweislast unterschiedlich zugewiesen wird. (2) Nach der abstrakten Vermutung von Art. 5 Absatz 3 DIAC sind Absprachen über die Beschränkung der Rabattweitergabe und über die Diskriminierung von Ausländern sowie über die Behinderung des grenzüberschreitenden Handels mit Gütern und Leistungen im Zweifel verboten. (3) Alleinbezugs- und Alleinvertriebsverträge, Koppelungsabsprachen und andere Ausschließlichkeitsvereinbarungen sind grundsätzlich rechtmäßig und nur verboten, wenn die Kartellbehörde oder der Kläger zusätzliche Voraussetzungen darlegt und beweist, nämlich die Verstärkung von Marktmacht oder eine unangemessene Abschottung der Märkte. Hinsichtlich gewerblicher Schutzrechte findet sich in Artikel 6 Absatz 1 zunächst die Feststellung, daß ihre Ausübung nur eine verbotene Wettbewerbsbeschränkung darstellt, wenn die Grenzen ihres rechdichen Gehaltes überschritten werden; spezielle Verbote betreffen Patentpools und die Ausübung einer marktbeherrschenden Stellung durch Erwerb oder Ausübung von Schutzrechten, Artikel 6 Absatz 1. Mit der Anerkennung »gerechtfertigter« Verpflichtungen und Beschränkungen in Lizenzverträgen bleibt Artikel 6 Absatz 2 und 3 relativ unverbindlich und oberflächlich; eine nähere Behandlung einzelner Klauseln findet sich im Kommentar zu dieser Vorschrift200. b) Zusammenschlußkontrolle Der dritte Teil des Code enthält in den Artikeln 8 — 1 3 eine eingehende und differenzierte Regelung der Zusammenschlußkontrolle. Sie enthält im einzelnen Vorschriften über den Begriff des Unternehmenszusammenschlusses, über den Anwendungsbereich, der über den internationalen Bezug gemäß Artikel 3 hinaus auch gewisse Mindestumsätze der beteiligten Unternehmen voraussetzt (Artikel 9), über die Pflicht zur Anmeldung des Zusammenschlusses vor Vollzug (Artikel 10), über das materielle Kriterium für das Fusionsverbot (Artikel 11), die Erlaubnis aus überragenden öffentlichen Interessen (Artikel 12) und über die Entflechtung von Unternehmen auf hochkonzentrierten Märkten ohne Wettbewerb (Art. 13). Auf die Details dieser Regelungen einzugehen, dürfte sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt erübrigen 201 . Die Konzeption des Code entspricht in diesem 200 Siehe zu Art. 6 Fikentscher (oben N. 7) 124f.; Fikentscher/Heinemann/Kunz-Hallstein, Das Kartellrecht des Immaterialgüterschutzes im Draft International Antitrust Code: G R U R / I n t . 1995, 757-765. 201 Siehe näher Fikentscher /Heinemann (oben N. 199) W u W 1994, 105-107.

Der Draft International Antitrust

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Code

Punkte zwar den kartellrechtlichen Regelungsbedürfnissen entwickelter Industriegesellschaften, doch ist die Kluft zwischen einer wettbewerbsrechtlichen Regelung und der industnepolitischen Behandlung wirtschaftlicher Gestaltungsfragen nirgends so tief wie gerade im Bereich der Zusammenschlußkontrolle. Die zögerliche Verbreitung dieses Rechtsinstituts auch in den entwikkelten Industrieländern 202 weist auf die hohe Anfälligkeit von Entscheidungen über die Industriestruktur für politische Einflußnahmen hin. Vor allem, aber nicht nur in kleineren Ländern, spielt die Identifikation mit nationalen Großunternehmen eine bedeutende Rolle im öffentlichen Leben. Wenn es in vielen Ländern nicht einmal auf innerstaatlicher Ebene gelingt, den Einfluß der nationalen Politik auf Fragen von Marktstruktur und Zusammenschlußkontrolle zurückzudrängen, erscheint es in absehbarer Zeit undenkbar, daß solche Staaten der internationalen Gemeinschaft in Gestalt einer internationalen Wettbewerbsbehörde ein Mitspracherecht in diesen Dingen einräumen. Bevor die Zeit reif ist für die Verwirklichung der materiellrechtlichen R e gelungskonzepte des Code zur Zusammenschlußkontrolle und Entflechtung, ist es jedenfalls erforderlich, das Ausmaß und die Risiken der Unternehmenskonzentration in das Bewußtsein der internationalen Gemeinschaft zu heben. Dafür sind freilich Untersuchungen der Unternehmenskonzentration in einem weltweiten Maßstab erforderlich, für die es bislang an der erforderlichen Datenbasis fehlt. Man wird daher in einer ersten Phase bestrebt sein müssen, die Datenbasis für die Beurteilung der Unternehmenskonzentration zu verbessern. Dafür ist es zumindest erforderlich, daß Unternehmenszusammenschlüsse auf internationaler Ebene erfaßt, daß sie also zumindest im nachhinein einer internationalen Agentur angezeigt werden. Da freilich zahlreiche Staaten ohnehin eine Anmeldung von Zusammenschlußvorhaben vor ihrem Vollzug verlangen203, besteht bei Zusammenschlüssen mit internationaler Dimension ein praktisches Bedürfnis für eine H a r m o nisierung der mit der Anmeldung zusammenhängenden formalen Fragen, vor allem der mitzuteilenden Informationen und der Wartefrist zwischen der Anmeldung und dem Vollzug. Auf internationaler Ebene sollte daher in einer ersten Phase versucht werden, eine einheitliche Regelung für die folgenden Punkte zu schaffen: — die Pflicht zur Vorabanmeldung von Unternehmenszusammenschlüssen mit internationaler Dimension; — die Art und das Ausmaß der von den beteiligten Unternehmen mitzuteilenden Informationen sowie — als Pendant — die Pflicht zu ihrer vertraulichen Behandlung; 202

Siehe oben II 2, S.9f. nach N. 27. Siehe näher die rechtsvergleichenden Erhebungen bei Halverson (oben N. 159) Antitrust L. Journ. 60 (1992) 531ff. und die Übersichtstabelle aufS. 541f.; siehe auch Immenga in Immenga/Mestmäcker (oben N. 17) FKVO B R d N r . 13ff. 203

Materielle Regelungen im Überblick

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— der Suspensiveffekt und die Wartefrist bis zum Vollzug des Zusammenschlusses. Regelungen solcher Art steigern die Transparenz der internationalen Märkte. Sie helfen damit insbesondere kleineren Staaten und Entwicklungsländern, die sich die erforderliche Marktkenntnis nicht über aufwendige wirtschaftswissenschaftliche Forschungsapparate verschaffen können. Auch für diese Staaten, die in ihrem nationalen Recht vielfach keine Fusionskontrolle vorsehen, sollten die fraglichen Regelungen deshalb konsensfähig sein. U n d insoweit bilden auch die Vorschläge des Code, insbesondere diejenigen der Artikel 8 — 10 eine nützliche Basis für internationale Harmonisierungsberatungen. c) Mißbrauchsverbot und öffentliche Unternehmen Des weiteren enthält der Code in Artikel 14 ein Verbot des Mißbrauchs marktbeherrschender Stellungen, das sich im wesentlichen am Vorbild des Artikel 86 EGV orientiert. Ebenso wie die übrigen Vorschriften des Code soll es nach Artikel 16 Absatz 1 auch auf öffentliche Unternehmen sowie auf Finanzmonopole und solche Unternehmen anwendbar sein, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind. Während das allgemeine Mißbrauchsverbot zum konsensfähigen Kernbestand kartellrechtlicher Regelungen gehört, wird man ähnlich wie bei der Fusionskontrolle zweifeln können, ob die Staaten zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon bereit sind, ihre unmittelbaren Interessen, die sich mit der Tätigkeit öffentlicher Unternehmen verbinden, durch international vereinbarte Rechtsregeln zähmen zu lassen. Auch hier wird man zunächst das Bewußtsein der internationalen Gemeinschaft für die wettbewerbspolitischen Risiken schärfen müssen, die von öffentlichen und mit Vorrechten ausgestatteten Unternehmen ausgehen. Dazu sind aber nicht unbedingt neue gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich. Jedenfalls ein Teil der Mißbräuche solcher öffentlichen Unternehmen könnte schon auf der Grundlage des geltenden GATT verfolgt werden. Nach Artikel XVII halten die Vertragsstaaten des GATT ihre öffentlichen und mit Vorrechten ausgestatteten Unternehmen an, bei ihren Import- und Exportgeschäften das Diskriminierungsverbot zu beachten. Dabei ist zwar nicht völlig geklärt, ob Gleichbehandlung mit den meistbegünstigten Ausländern oder auch mit Inländern verlangt werden kann, doch ist eine wettbewerbsfreundliche Auslegung in dem letzteren Sinne immerhin möglich 204 . Sie findet eine 2 4 " Art. XVII G A T T ist abgedruckt in Anhang 1/1; siehe hierzu näher mit weiteren Nachweisen Hauser/Schoene (oben N. 145), Außenwirtschaft 49 (1994) 208f.; vgl. auch Petersmann (oben N. 123) J. World Trade 27 (1993) 43; eingehend auch Jackson, State Trading and Non-Market Economies: Int. Lawyer 23 (1989) 891-908 (892f.).

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Der Draft International Antitrust

Code

Grundlage in der Anordnung von Artikel X V I I (1) (b) GATT, wonach die betreffenden Unternehmen ihre Geschäfte allein nach kommerziellen Erwägungen abschließen sollen, und dazu gehört die Inländerprivilegierung nicht. In dem Streitbeilegungsverfahren nach Artikel X X I I I G A T T sollte zunächst der Weg für eine entschlossenere Anwendung des Diskriminierungsverbots gemäß Artikel X V I I auf das Verhalten von staatlichen und mit Vorrechten ausgestatteten Unternehmen bereitet werden, ehe diese Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise in den Anwendungsbereich eines künftigen Weltkartellrechts einbezogen werden und dann auch dem Kartellund Mißbrauchsverbot in vollem Umfang unterliegen.

d) Sanktionen Schließlich verpflichtet der Code die Vertragsstaaten in Artikel 17 auch zur Einführung gewisser Sanktionen für wettbewerbswidriges Verhalten. Danach muß das nationale Recht die Möglichkeit von Untersagungsverfügungen, Geldbußen, Einziehung von Gewinnen, Schadenersatz und die Veröffentlichung von Urteilen vorsehen. Obwohl diese Bestimmung nach dem Prinzip der Mindestharmonisierung ohnehin weiteren Sanktionen nicht im Wege steht, sieht Artikel 17 Absatz 1 (b) ausdrücklich zusätzliche Rechtsbehelfe wie die Verurteilung zu einer Entschuldigung, einer Warnung, einer Gefängnisstrafe, mehrfachem und Strafschadenersatz sowie zur vorübergehenden und endgültigen Geschäftsschließung vor.

3. Verfahren und Institutionen a) Uberblick Zur Durchsetzung des international vereinheitlichten Wettbewerbsrechts strebt der Code ein effektives Netzwerk nationaler und internationaler Institutionen und Verfahren an. Die Vertragsstaaten sollen durch Artikel 17 zur Errichtung nationaler Wettbewerbsbehörden verpflichtet werden, die im Anwendungsbereich des Code ausschließliche Zuständigkeit haben, insoweit also politisch unabhängig sind, die ferner mit hinreichenden Haushaltsmitteln ausgestattet werden und umfassende Untersuchungsbefugnisse erhalten sollen. Die von einer Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Personen und Unternehmen haben ein Recht, bei der Behörde die Einleitung eines Verfahrens zu beantragen, und können, wenn die Behörde dies ablehnt, vor Gericht Untätigkeitsklage erheben, Artikel 17 Absatz 3 (b) und (c). Auf internationaler Ebene sieht Artikel 19 Absatz 1 (a) die Gründung einer Internationalen

Wettbewerbsbehörde

(International Antitrust Authority) in d e m

Verfahren und Institutionen

77

institutionellen R a h m e n des G A T T ( M T O ) vor. Ihr Präsident soll für eine Amtszeit von sechs Jahren o h n e Verlängerungsmöglichkeit ernannt werden u n d in seiner Arbeit durch einen internationalen Wettbewerbsrat (International Antitrust Council) mit zwanzig Mitgliedern unterstützt werden. D a n e b e n ist ein Internationaler Wettbewerbsausschuß (International Antitrust Panel) zu gründen, Artikel 20 Absatz 1 (a). Diese Institution n i m m t gerichtsähnliche Funktionen war u n d verfährt nach den Streitbeilegungsregeln, die in A n n e x 2 des U b e r e i n k o m m e n s zur G r ü n d u n g der M T O niedergelegt sind, Artikel 20 Absatz 3 (a). D i e B e z u g n a h m e auf die M T O (Multilateral Trade Organisation) rührt daher, daß die Beratungen über den C o d e zeitgleich mit den Verhandlungen über die G r ü n d u n g der Welthandelsorganisation stattgefunden haben, die n o c h bis z u m Schluß zu Veränderungen des Steitbeilegungsverfahrens u n d auch des N a m e n s der Organisation führten 2 0 5 . D i e Veränderungen in letzter M i n u t e legen es nahe, die Verfahrensregelungen des C o d e h i n sichtlich des Verfahrens vor d e m Internationalen Wettbewerbsausschuß nicht im Detail, sondern lediglich hinsichtlich der grundsätzlichen A n l e h n u n g an das Streitbeilegungsverfahren der W T O zu würdigen (unten c).

b) Prozessuale R e c h t e der Internationalen Wettbewerbsbehörde in nationalen Verfahren. D e r Vorschlag zur E r r i c h t u n g einer Internationalen Wettbewerbsbehörde ist in einem U b e r e i n k o m m e n zur Harmonisierung oder gar Vereinheitlic h u n g des Kartellrechts an sich nicht ungewöhnlich. Schon die HavannaCharta sah in Artikel 48 u n d 49 vor, daß die Internationale Handelsorganisation Wettbewerbsverstöße untersuchen sollte206, u n d der E W G - V e r t r a g hat bekanntlich mit der Europäischen Kommission eine supranationale Behörde geschaffen, die mit rechtsverbindlichen Einzelfallentscheidungen sogar u n mittelbar in die R e c h t e u n d Pflichten der Marktbürger eingreifen kann. Wer gegen die G r ü n d u n g einer Internationalen Wettbewerbsbehörde mit d e m Lamento opponiert, hier .werde nur »eine neue Kosten verursachende Bürokratie aufgebaut« 207 , verkennt, daß international vereinbarte Verbote w i e etwa dasjenige von Außenwirtschaftskartellen 2 0 8 sich nicht von selbst erfüllen, sondern der Unterstützung durch eine internationale Institution bedürfen. O h n e eine solche Unterstützung stünde jenes Verbot vermutlich nur auf d e m Papier, weil die nationale Kartellbehörde des Exportlandes ihre begrenzten Kräfte eher auf die Wettbewerbsverstöße konzentrieren würde, die den eige21,5

Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 98. Siehe oben S. 62. Freytag/Zimmermann (oben N. 145) RabelsZ 62 (1998) 50. 208 Dieses Verbot streben auch Freytag/Zimmermann (oben N. 145) RabelsZ 62 (1998) 57f. an; es ist praktisch nur durch ein völkerrechtliches Ubereinkommen, d.h. auf der Basis der Gegenseitigkeit zu verwirklichen. 206

207

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Der Draft International Antitrust

Code

nen inländischen Markt betreffen. Das im Verwaltungsverfahren herrschende Opportunitätsprinzip läßt es n u n einmal nicht zu, von der Existenz eines rechtlichen Verbots auf seine tatsächliche Durchsetzung zu schließen 209 . W ä h r e n d also die Einrichtung einer Internationalen Wettbewerbsbehörde durchaus gängigen Überlegungen entspricht u n d folgerichtig ist, unterbreitet der C o d e hinsichtlich der Aufgaben der Internationalen Wettbewerbsbehörde in Artikel 19 Absatz 2 völlig neuartige Vorschläge. N a c h dieser Vorschrift soll die Behörde nämlich nicht etwa in eigener R e g i e Untersuchungsverfahren durchfuhren u n d dann hinsichtlich der festgestellten Wettbewerbsverstöße Entscheidungen an die beteiligten U n t e r n e h m e n richten bzw. E m p f e h l u n gen an die betroffenen Staaten aussprechen; dazu ist sie nicht befugt 210 . D i e Verfahrenshoheit der Vertragsstaaten bleibt also unangetastet. Das neuartige der R e g e l u n g e n des C o d e liegt darin, daß die Internationale Wettbewerbsbehörde eigene Verfahrensrechte in den Verfahren der nationalen Kartellbehörden u n d Gerichte erhält. Insbesondere soll sie befugt sein, von einer nationalen Kartellbehörde die Einleitung eines Verfahrens zu verlangen u n d diese Behörde im Falle der Weigerung wegen Untätigkeit vor den nationalen G e richten des betreffenden Vertragsstaates zu verklagen. Darüber hinaus kann die Internationale Wettbewerbsbehörde auch die an privaten Wettbewerbsbeschränkungen beteiligten U n t e r n e h m e n vor nationalen Gerichten der Vertragsstaaten auf Unterlassung verklagen. In allen Fällen hat sie außerdem ein Appellationsrecht, selbst w e n n sie in d e m vorangegangenen Verfahren gar nicht als Partei beteiligt war. Schließlich kann die Behörde auch Vertragsstaaten, die ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Konvention nicht n a c h k o m m e n , vor d e m Internationalen Wettbewerbsausschuß verklagen. D i e Internationale Wettbewerbsbehörde wird also im wesentlichen mit einer Klagebefugnis im Allgemeininteresse ausgestattet, ähnlich d e m Director General of Fair Trading in Großbritannien, der im Verbraucherschutzrecht z u m Teil ähnlich Klagebefugnisse w a h r n e h m e n kann 211 . In Deutschland finden sich funktionale Parallelen in den Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen u n d den Verbraucherschutzverbänden, die in § § 1 3 U W G u n d 13 A G B G mit eigenen Klagerechten ausgestattet sind. D e r Vergleich weist auch auf gewisse Schwachstellen des Code hin. Die Internationale Wettbewerbsbehörde verfugt anders als der Director General of Fair Trading über keinerlei Ermittlungsbefugnisse, m u ß also die ihr zugedachte Kläger rolle allein auf der Grundlage der ihr freiwillig überlassenen Informationen a n n e h m e n . D e r C o d e sieht auch keinerlei Verpflichtung der nationalen Kartellbehörden zur Kooperation vor. W e n n eine nationale Kartellbehörde also entgegen d e m 209 Z u m Opportunitätsprinzip im Kartellverfahrensrecht siehe etwa Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker (oben N. 70) §51 R d N r . 7 ff. 210 Siehe D I A C (oben N. 188) S-21 C o m m e n t 2 b zu Art. 19. 2,1 Siehe näher Sobich, Die verfahrensrechtliche Kontrolle »unfairer« Allgemeiner Geschäftsbedingungen in England (Frankfurt 1997) 176f. und 188f.

Verfahren und

Institutionen

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Antrag der Internationalen Wettbewerbsbehörde die Einleitung eines Verfahrens verweigert, gleicht die Entscheidung der internationalen Behörde, das nationale Kartellamt oder aber die privaten Parteien zu verklagen, einem Sprung ins Dunkle; das Prozeßrisiko und damit auch das Kostenrisiko sind erheblich. Der Code verpflichtet die Vertragsstaaten aber nicht dazu, die Internationale Wettbewerbsbehörde mit einem angemessenen Budget auszustatten; eine solche Pflicht haben sie nur hinsichtlich ihrer nationalen Kartellbehörden. Der Grundgedanke des Code, die Souveränität der Vertragsstaaten möglichst wenig durch die Einrichtung einer Internationalen Wettbewerbsbehörde zu beeinträchtigen, verdient Zustimmung. Regelmäßig wird eine nationale Wettbewerbsbehörde auch viel bessere Möglichkeiten der Untersuchung haben als eine internationale Behörde. Gleichwohl muß sichergestellt sein, daß letztere eine effektive Tätigkeit entfalten kann. Dazu ist es erforderlich, daß die nationalen Wettbewerbsbehörden, wenn sie nicht selbst das Verfahren eröffnen wollen, der internationalen Behörde zumindest die vorhandenen relevanten Informationen überlassen und weitere erforderliche Informationen ermitteln. Alternativ ist daran zu denken, daß die Ermittlungsbefugnisse in diesem Falle auf die internationale Behörde übergehen. Im übrigen ist das Kostenrisiko für die internationale Behörde zu begrenzen. Für den Fall, daß ein Mitgliedstaat seiner Kooperationsverpflichtung nicht nachkommt, sollte dieser Staat das Kostenrisiko des Verfahrens tragen, das von der internationalen Behörde vor seinen Gerichten angestrengt wird. In Anbetracht der außerordentlich hohen Verfahrenskosten von kartellrechtlichen Streitigkeiten kommt den hier angesprochenen Punkten für die Verwirklichung der materiellen wettbewerbsrechtlichen Regeln des Code mehr als nur eine marginale Bedeutung zu.

c) Kooperation der nationalen Kartellbehörden Aus der Sicht des Code, der die internationalen wettbewerbsrechtlichen Verfahren in der Zuständigkeit der Vertragsstaaten beläßt, hätte es im übrigen nahegelegen, Maßnahmen zur Verbesserung der Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden vorzuschlagen. Die bisher abgeschlossenen Kooperationsabkommen 2 ' 2 deuten daraufhin, daß einige Kooperationspflichten vielfach akzeptiert werden und vielleicht auch schon in einem multilateralen Ubereinkommen konsensfähig sind: — die Pflicht zur Notifikation der Einleitung von Verfahren durch Kartellbehörden; — die Pflicht zur Überlassung vorhandener Informationen über Märkte und Unternehmen an die Behörde eines anderen Vertragsstaates; 212

Siehe näher oben IV 2.

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Der Draft International Antitrust

Code

— die Pflicht zur Konsultation im Falle der Doppelzuständigkeit von verschiedenen Vertragsstaaten, wenn diese ihre jeweilige Zuständigkeit ausü b e n wollen. Darüber hinaus wäre auszuloten, ob weitergehende Kooperationspflichten z u m Gegenstand eines multilateralen U b e r e i n k o m m e n s gemacht werden können: — die Pflicht zur Zustellung von verfahrenseröfFnenden, verfahrensleitenden oder verfahrensabschließenden Verwaltungsakten der Kartellbehörde eines fremden Vertragsstaates; — die Pflicht zur Ermittlung wettbewerbsrelevanter Tatsachen unter Einsatz des eigenen Verwaltungsverfahrensrechts auf Ersuchen der Kartellbehörde eines ausländischen Vertragsstaates (positive comity); — die Pflicht zur Vollstreckung von Verwaltungsakten der Kartellbehörde eines anderen Vertragsstaates; — die Gegenpflicht zur Respektierung der Geschäftsgeheimnisse der U n t e r nehmen. D i e hier nur angedeuteten Probleme stellen sich in anderer Weise auch für Gerichtsverfahren 213 . Je geringer die K o m p e t e n z e n sind, die einer internationalen Wettbewerbsbehörde zugewiesen werden, desto m e h r drängen die Probleme der Kooperation zwischen den nationalen Gerichten u n d B e h ö r den verschiedener Staaten. d) Internationale Streitbeilegung in A n l e h n u n g an das W T O - V e r f a h r e n N a c h Artikel 20 Absatz 2 des C o d e kann j e d e r Vertragsstaat einen anderen Vertragsstaat wegen einer Verletzung der Pflichten aus dem C o d e vor d e m internationalen Wettbewerbsausschuß verklagen, w e n n Konsultationen o h n e Ergebnis geblieben sind. G e m ä ß Artikel 19 Absatz 2 (e) ist die internationale Wettbewerbsbehörde zu einer solchen Klage nicht nur befugt, sondern sogar verpflichtet. Hinsichtlich des Verfahrens verweist Artikel 20 Absatz 3 (a) wie schon erwähnt auf die WTO-Streitbeilegungsregeln. Zusätzlich bestimmt Artikel 20 Absatz 4, daß der internationale Wettbewerbsausschuß über eine Verletzung des C o d e mit bindender W i r k u n g entscheidet u n d daß nationale Behörden u n d Gerichte ihre Entscheidungen danach — unabhängig von der nach nationalem R e c h t möglicherweise eingetretenen Bestandskraft oder Rechtskraft — zu überprüfen haben 214 . Die A n l e h n u n g an das Streitbeilegungsverfahren der Welthandelsorganisation liegt aus zwei G r ü n d e n nahe: Z u m einen soll der C o d e gerade gewisse wettbewerbsrechtliche Lücken des internationalen Handelsrechts füllen, u n d z u m anderen belegen mehrere hundert Streitbeilegungsverfahren die Lei2.3 2.4

Siehe Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 92-93. Fikentscher/Drexl (oben N. 187) R I W 1994, 98.

Verfahren und

Institutionen

81

stungsfähigkeit dieses Instruments215. Es ist nunmehr in dem Annex 2 zum WTO-Ubereinkommen enthalten, dem »Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes« (Dispute Settlement Understanding, DSU) 2 1 6 . Darin haben sich die Mitgliedstaaten der Jurisdiktion der W T O insoweit unterworfen, als sich Konflikte aus der Anwendung des WTO-Ubereinkommens oder der multilateralen Handelsübereinkommen ergeben 217 . Grundsätzlich bezieht sich diese Jurisdiktion auch auf Streitigkeiten, die sich auf die plurilateralen Vereinbarungen in Annex 4 zum W T O Ubereinkommen beziehen. Wenn der wettbewerbsrechtliche Code, wie von seinen Urhebern vorgesehen, als plurilaterale Vereinbarung in Kraft gesetzt wird 2 ", wäre das Streitbeilegungsverfahren der W T O also eröffnet, dies freilich unter dem Vorbehalt, daß in der plurilateralen Vereinbarung die Einzelheiten der Anwendung des D S U auf wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten festgelegt werden219. Administriert wird das WTO-Streitbeilegungsverfahren von einer eigens dafür bei der W T O geschaffenen Dienststelle, dem Dispute Settlement Body (DSB) 220 . Gemäß Artikel 6 D S U setzt das D S B auf Antrag der klagenden Partei einen Ausschuß (Panel) ein, der im Regelfall aus drei Personen besteht. Die Ausschußmitglieder sollen Sachverständige des internationalen Handelsrechts sein und nicht die Staatsangehörigkeit der Streitparteien haben, siehe näher Artikel 8 DSU. Der Ausschuß soll gemäß Artikel 11 D S U den Sachverhalt objektiv ermitteln und zu seiner Vereinbarkeit mit den anwendbaren Ubereinkommen Stellung nehmen; er soll ferner Feststellungen treffen, die dem D S B bei der Abfassung seiner Empfehlungen und Entscheidungen helfen. Dazu soll der Ausschuß innerhalb von nur sechs Monaten dem D S B B e richt erstatten, Artikel 12 Absätze 7 und 8 DSU. Der Schlußbericht wird den Mitgliedern der W T O zur Kenntnis gebracht und vom D S B binnen sechzig Tagen angenommen. Seit 1994 ist die Annahme fast nur noch eine Formalität, denn sie kann nur verhindert werden, wenn alle im D S B vertretenen Mitglieder einstimmig dagegen stimmen, Artikel 16 Absatz 4 DSU.

2 , 5 Vgl. Petersmann, T h e G A T T / W T O Dispute Settlement System (London 1997) 64, 87ff.; ähnlich Immenga (oben N. 125) 599f. 216 Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten, B G B l . 1994 II, 1749. 2 , 7 Vgl. Art. 1 Abs. 1 D S U und Appendix 1, der die in Bezug genommenen Abkommen aufzählt: Warenhandelsabkommen, GATS, T R I P S . 218 Siehe oben I X 3 bei N. 187 im Text. 219 Vgl. Appendix 1 zum DSU. 22(1 Siehe die nähere Darstellung des Verfahrens bei Sittmann, Das Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organisation ( W T O ) : R I W 1997, 7 4 9 - 7 5 3 ; Petersmann (oben N. 215) 1 7 7 - 1 9 3 (184); ders., T h e Dispute Settlement System o f the World Trade Organization and the Evolution o f the G A T T Dispute Settlement System Since 1948: C . M . L . Rev. 31 (1994) 1 1 5 7 - 1 2 4 4 ( 1 2 0 5 - 1 2 2 4 ) .

82

Der Draft International Antitrust

Code

Gegen den Ausschußbericht k ö n n e n die Streitparteien einen ständigen Appellationsausschuß (Appellate Body) anrufen 221 , der nur mit Rechtsfragen befaßt ist u n d seinen Bericht im Regelfall binnen sechzig Tagen zu erstatten hat, Artikel 17 Absätze 5 u n d 6 DSU. Auch der Bericht des Appellationsausschusses wird v o m D S B a n g e n o m m e n , es sei denn die Mitglieder sprechen sich einstimmig dagegen aus, Artikel 17 Absatz 14 DSU. Soweit in dem Verfahren die Unvereinbarkeit nationaler M a ß n a h m e n mit d e m W T O - R e c h t festgestellt wird, ergeht gemäß Artikel 19 D S U eine E m p f e h l u n g an den b e treffenden Vertragsstaat zur A b ä n d e r u n g seiner Vorschriften. Das D S B wacht gemäß Artikel 21 darüber, ob die Empfehlungen befolgt werden. Das gesamte Verfahren soll nach Artikel 20 D S U selbst im Falle einer Appellation nicht länger als zwölf M o n a t e dauern. Die Eignung dieses Verfahrens für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten erscheint zweifelhaft. Verschiedene R e g e l u n g e n des D S U sind auf Konflikte zugeschnitten, die zwischen Staaten bestehen u n d staatliches Handeln, insbesondere den Erlaß u n d die A n w e n d u n g von R e c h t s n o r m e n z u m Gegenstand haben. Sie lassen sich nur eingeschränkt auf Streitigkeiten übertragen, die sich in erster Linie auf Umstände beziehen, die in der Sphäre der U n t e r n e h m e n u n d der Märkte angesiedelt sind. Beispielsweise liegt es auf der Hand, daß die Fristen des D S U viel zu kurz sind, u m die Struktur von Märkten oder das Verhalten von U n t e r n e h m e n auf diesen Märkten zu klären. Dies schafft im innerstaatlichen Wettbewerbsrecht weder eine Kartellbehörde n o c h ein Gericht, u n d deshalb wäre auch eine R e g i e r u n g im R a h m e n des W T O - S t r e i t b e i l e gungsverfahrens nicht im Stande, die erforderliche Aufklärung zu leisten. D i e Fristenregelung ist aber nur die Spitze des Eisbergs. D e r Schwerpunkt sitzt tiefer u n d betrifft die unterschiedliche Art der beteiligten Interessen u n d ihrer Konflikte. Im Außenhandelsrecht geht es u m die Belange ganzer Branchen, die von den jeweiligen R e g i e r u n g e n zu nationalen Interessen erhoben u n d als solche gegenüber ausländischen Staaten verfolgt werden. A u c h im Wettbewerbsrecht spielen Brancheninteressen eine Rolle, beispielsweise bei der Zulässigkeit eines Branchenkartells. Ausgangspunkt des Wettbewerbsrechts ist aber das Interesse einzelner U n t e r n e h m e n an der Freiheit der eigen e n Geschäftstätigkeit bzw. am Schutz vor fremden Wettbewerbsbeschränkungen. Im amerikanischen, deutschen u n d europäischen Kartellrecht hat dieses Einzelinteresse seit eh u n d j e Beachtung gefunden, wie man insbesondere am Verbotsprinzip u n d der G e w ä h r u n g von Schadenersatzansprüchen erkennen kann. Die z u n e h m e n d e A n e r k e n n u n g des Verbotsprinzips in den neueren Wettbewerbsgesetzen 222 deutet d a r a u f h i n , daß sich der Gedanke des Individualschutzes jedenfalls in einem Kernbereich der horizontalen Kartelle 221 Ü e m Appellationsausschuß gehören gegenwärtig 7 Personen an, siehe die Namensliste bei Petersmann (oben N. 215) 188. 222 Siehe oben II 2, S.7f. bei N. 17.

Verfahren und

Institutionen

83

und der Preisbindung der zweiten Hand allmählich durchsetzt. Es genügt daher nicht, allein Staaten — und möglicherweise daneben noch einer internationalen Wettbewerbsbehörde — ein Initiativrecht zur Einleitung internationaler Wettbewerbsverfahren zu verleihen. Danach müßten betroffene Unternehmen zunächst einmal ihre Regierung davon überzeugen, daß ihr eigenes privates Interesse sich mit dem nationalen Interesse deckt und den Einsatz der knappen personellen Ressourcen der Regierung rechtfertigt. Dies wird im Wettbewerbsrecht schon wegen der erheblich größeren Anzahl der Konflikte nur zum Teil gelingen. Als Lösung bietet es sich an, den betroffenen Unternehmen das Recht einzuräumen, die Einleitung innerstaatlicher Verfahren wegen der Verletzung der im Völkerrecht verbürgten wettbewerbsrechtlichen Standards zu beantragen. Vorbild dafür wäre das Antragsrecht, mit dem einzelne Unternehmen in der EG bei GATT-Verstößen von Drittländern die Einleitung EG-interner Untersuchungsverfahren verlangen können; nach der positiven Feststellung solcher Verstöße sehen sich die Gemeinschaftsorgane gleichsam genötigt, den betroffenen Unternehmen durch Einleitung eines GATT/WTO-Verfahrens diplomatischen Schutz zu gewähren 223 . In dieselbe Richtung zielt auch Artikel 17 DIAC, siehe oben a. Gerade der Code verdeutlicht, daß solche innerstaatlichen Verfahren, die der Durchsetzung des Völkerrechts dienen sollen, die internationale Streitbeilegung ergänzen, aber nicht ersetzen können. Das WTO-Verfahren müßte daher, wenn es für die Beilegung wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten herangezogen werden soll, auch in dem Sinne umgestaltet werden, daß einzelne betroffene Unternehmen prozessuale Rechte und insbesondere das Initiativrecht zur Einleitung des Verfahrens erhalten. Damit gewönne das Wettbewerbsrecht Anschluß an neuere völkerrechtliche Entwicklungen, wie sie sich etwa in der Individualbeschwerde der Europäischen Menschenrechtskonvention niederschlagen 224 .

223 Siehe A r t t . 3 u n d 4 der V O ( E W G ) N r . 2 6 4 1 / 8 4 v o m 17.9. 1984 zur Stärkung der G e m e i n s a m e n Handelspolitik u n d insbesondere des Schutzes gegen u n e r l a u b t e H a n d e l s praktiken, ABl. E G 1984 L 2 5 2 / 1 ; siehe zu diesem sog. N e u e n Handelspolitischen Instrum e n t auch Arnold in Dauses (Hrsg.), H a n d b u c h des E G - W i r t s c h a f t s r e c h t s (1993ff.) K. I R d N r . 188f.; siehe auch Petersmann (oben N . 215) 64, 87; ähnlich die Vorschläge v o n Mavroidis/van Sielen (oben N . 174) J. W o r l d Trade 31 (1997) 3 8 f . 224 Siehe bisher Art. 25 u n d n u n m e h r Art. 34 E M R K in der Fassung des 11. Z u s a t z p r o tokolls, vgl. dazu Frowein/Peukert, Europäische M e n s c h e n r e c h t s k o n v e n t i o n . E M R K K o m m e n t a r (2. Aufl. 1996) Art. 25 R d N r . l f f . , d o r t findet sich a u f S . 8 8 0 f f . das 11. Z u s a t z protokoll.

X. Grundsätzliche Empfehlungen zur Kartellrechtsvereinheitlichung 1. Das Ziel

Die Überlegungen in Abschnitt VI dieser Untersuchung haben gezeigt, daß es unter mehreren Aspekten ein Bedürfnis für eine Harmonisierung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen gibt: — Sie ist erforderlich, um die offene wettbewerbspolitische Flanke des neoliberalen Welthandelsrechts zu schließen. — Diesen Flankenschutz kann das nationale Wettbewerbsrecht auch im Falle einer offensiven Anwendung nach dem Auswirkungsprinzip nicht vollständig wahrnehmen. Zwar genügt eine solche dezentrale Kontrolle durch Handelsgroßmächte wie die USA und die E U in der Theorie, um Wettbewerbsbeschränkungen durch Großunternehmen mit globalem Tätigkeitsfeld zu überwachen und einzudämmen 225 . Großfusionen, wie die von Ciba-Geigy mit Sandoz226 und von Boeing mit McDonnell Douglas227 weisen daraufhin, daß die beteiligten Unternehmen in solchen Fällen stets einem beträchtlichen Druck zur Kooperation mit den verschiedenen Wettbewerbsbehörden ausgesetzt sind. Sie belegen aber zugleich auch, daß drittstaatliche Wettbewerbsbehörden solche Zusammenschlußvorhaben an den Rändern beeinflussen, aber nicht wirklich aufhalten können. Dazu sind die kollisionsrechtlich und völkerrechtlich begründeten Vollzugsdefizite (oben III und IV) zu groß; diese zeigen sich erst recht bei mittleren Unternehmen, die nicht auf allen wichtigen Märkten durch eigene Tochtergesellschaften vertreten sind.

225 So Hauser/Schoene (oben N . 145) A u ß e n w i r t s c h a f t 49 (1994) 217: »We d o n o t perceive any i m p o r t a n t loopholes w h i c h prevent anti-competitive behaviour to b e controlled o n t h e national level. All large markets have severe antitrust policies and can rely o n applying their laws according to t h e effects d o c t r i n e to foreign firms. N o firm of global i m p o r t a n c e can evade these large markets...« 226 K O M M . 17.7. 1996 Bull. E U 7 / 8 - 1996 T z . 1.3.44 [Ciba-Geigy / Sandoz, Novartis). 227 K O M M . 3 0 . 7 . 1997, ABl. E G 1997 L 3 3 6 / 1 6 (Boeing/McDonnell Douglas).

Das Ziel

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— Das Ziel einer Kartellrechtsvereinheitlichung ginge auch dahin, die mit der dezentralen R e c h t s a n w e n d u n g zwangsläufig verbundenen Jurisdiktionskonflikte abzumildern und ihnen im Idealfall durch eine Kanalisierung der Zuständigkeit a u f den hauptsächlich betroffenen Staat abzuhelfen. — Ein wettbewerbsrechtlicher Basiskonsens der internationalen G e m e i n schaft könnte schließlich in den Staaten bewußtseinsbildend wirken, die sich bislang dem Grundanliegen des Kartellrechts verschlossen haben. Im Grundsätzlichen besteht über eine das Welthandelsrecht ergänzende Vereinheitlichung des R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen größeres Einverständnis, als dies nach außen hin erscheint. Besonders dezidiert hat sich die E G - K o m m i s s i o n für dieses Ziel ausgesprochen. In einer Mitteilung an den R a t erwägt sie, »daß ein internationaler R a h m e n von Wettbewerbsregeln zu gleichen B e d i n g u n g e n und somit zur R e d u z i e r u n g von Kosten, Verzerrungen und Konflikten im internationalen Handel beitragen kann, die durch unterschiedliche innerstaatliche Wettbewerbsregeln verursacht werden« 228 . Sie hält daher »neben einer fortgesetzten Zusammenarbeit mit den w i c h t i g sten Partnern eine stärkere multilaterale Zusammenarbeit in der W e t t b e werbspolitik [für] wünschenswert und j e t z t möglich«; eine solche multilaterale Zusammenarbeit würde »einen wesentlichen Beitrag zu einer effizienteren, stabileren und stärker integrierten Weltwirtschaft leisten..., was sowohl der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten als auch den W T O - M i t g l i e d e r n zugute k o m m e n würde« 229 . D i e japanische W T O - D e l e g a t i o n hat sich e b e n falls für eine Analyse der wettbewerbsbezogenen Vorschriften des W T O R e c h t s , der Wettbewerbsgesetze in den einzelnen Staaten sowie ihrer tatsächlichen Durchsetzung ausgesprochen, dabei j e d o c h zugleich die Verbindung zu wettbewerbswirksamen Instrumenten staatlicher Handelspolitik h e r g e stellt, insbesondere zu dem M i ß b r a u c h von A n t i d u m p i n g - Z ö l l e n , S c h u t z maßnahmen, staatlichen Beihilfen und Ausgleichsmaßnahmen. I m übrigen soll sich die Tätigkeit der W T O nach japanischer Vorstellung nicht a u f die Beurteilung von wettbewerbsbeschränkenden Praktiken einzelner U n t e r n e h m e n richten, sondern a u f die Behandlung solcher Praktiken durch das staatliche R e c h t der einzelnen Vertragsstaaten 230 . A u f Skepsis stößt die internationale Harmonisierung des Kartellrechts vor allem in den U S A . N a c h den W o r t e n einer Vertreterin des Justizministeriums wird auch dort anerkannt »that private restrictions can also have an important effect on the openness o f the international trading system« und »that antitrust

228 »Auf dem Weg zu einem internationalen Wettbewerbsrecht«, Mitteilung der Kommission an den Rat vom 18.6. 1996, EG-Dok. K O M (96) 284 endg. S. 18. 229 »Auf dem Weg...« (oben N. 228) S.18f. 230 Siehe »Non-Paper on Trade and Competition by the Japanese Delegates to the W T O « : Int. Bus. Lawyer 1996, 463.

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Grundsätzliche Empfehlungen zur Kartellrechtsvereinheitlichung

laws, used properly and effectively, have a lot to contribute« 231 . Aus amerikanischer Sicht skizziert sie fünf O p t i o n e n einer internationalen Wettbewerbspolitik: (1) die offensive A n w e n d u n g nationalen R e c h t s nach d e m Auswirkungsprinzip; (2) die bilaterale Kooperation mit anderen Staaten; (3) regionale Vereinheitlichungsbemühungen nach d e m Vorbild der E U ; (4) gezielte Vereinheitlichung in einer G r u p p e von Staaten mit gleichgerichteten Interessen, insbesondere unter den OECD-Mitgliedstaaten; (5) die E i n f ü h r u n g eines internationalen Wettbewerbskodex im R a h m e n der Welthandelsorganisation. Es bleibt kein Zweifel daran, daß die U S A ihre wettbewerbspolitischen Ziele in erster Linie mit ihrem eigenen Antritrustrecht verfolgen w o l len u n d nur »perhaps eventually through use of the n e w World Trade O r g a n i sation as a f o r u m for discussion of this and other important issues«232. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich ein breites Spektrum von Stellungnahmen. A m weitesten gehen wohl Gröner u n d Knorr, die den Draft International Antitrust C o d e für den »bislang überzeugendsten, weil inhaltlich konsistenten u n d durchaus als politisch durchsetzbar anzusehenden A n satz« halten 233 . Auf der anderen Seite schlagen Hauser u n d Schoene einen »decentralized approach« vor u n d erklären, sie seien »not very enthusiastic about substantive international antitrust rules«234. U n d in einem ähnlichen Sinne seh e n auch Freytag u n d Zimmermann die »zentrale wettbewerbspolitische A u f gabe ... nicht [darin], eine internationale Wettbewerbsordnung zu schaffen«235. D i e Ablehnung der Kartellrechtsharmonisierung ist freilich insofern widersprüchlich, als die genannten Autoren im gleichen Atemzug vorschlagen, die Ausnahme v o m Kartellverbot für Exportkartelle zu beseitigen. Diese Forderung macht nur Sinn vor d e m H i n t e r g r u n d einer Rechtsordnung, die Kartelle als solche verbietet u n d nicht nur einer Mißbrauchskontrolle unterwirft; unter der Geltung des Mißbrauchsprinzips bewirkt die Einbeziehung der Exportkartelle noch lange nicht ihre effektive Unterdrückung, sondern unterwirft sie lediglich der Kontrolle der Kartellbehörde, die nach d e m O p portunitätsprinzip gegen sie vorgehen kann, aber nicht m u ß . Insofern verbirgt sich hinter den Forderungen von ökonomischer Seite ein Mißverständnis der Rechtslage, u n d man wird diese Forderungen deshalb wohl dahin interpretieren dürfen, daß ein gewisser Mindestbestand an gemeinsamen w e t t bewerbsrechtlichen Verboten vorausgesetzt wird oder im Wege der R e c h t s vereinheitlichung zu schaffen ist.

231

Wood (oben N. 82) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1291; Cocuzza /Montini (oben N. 9) Eur. Compel. L. Rev. 1998, 162. 232 Wood (oben N. 82) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1298f. 233 Gröner/Knorr, Internationalisierung der Wettbewerbspolitik, in: FS Mestmäcker (Baden-Baden 1996) 579-591 (588). 234 Hauser/Schoene (oben N. 145) Außenwirtschaft 49 (1994) 216f. 235 Freytag/Zimmermann (oben N. 145) RabelsZ 62 (1998) 57.

Kartellrechtsvereinheitlichung

als Prozeß

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2. Kartellrechtsvereinheitlichung als P r o z e ß

Die Bemühungen um Rechtsvereinheitlichung richten sich durchweg darauf, fiir den jeweiligen Rechtsbereich eine möglichst vollständige R e g e lung zu schaffen. Lücken sind zwar nicht immer zu vermeiden, aber doch u n erwünscht, müssen sie doch durch das unvereinheitlichte nationale Recht gefüllt werden. Je mehr Lücken eine Konvention enthält, desto geringer ist der Grad der Rechtseinheit, die sie bewirkt. Demgemäß sind die meisten Ubereinkommen zur Rechtsvereinheitlichung als Endzustände, also als flächendeckende Regelungswerke konzipiert. Dies gilt für das einheitliche Wechselund Scheckrecht der Genfer-Übereinkommen 2 1 ' ebenso wie für die zahlreichen Konventionen des Transportrechts 237 und das UN-Kaufrecht 23B . Auch der Draft International Antitrust Code geht, obwohl als Mindestharmonisierung gedacht, auf der ganzen Breite der kartellrechtlichen Regelungsprobleme bis weit in die Einzelheiten. Er setzt damit den Anstrengungen um eine Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen ein hohes Ziel, das aber auf absehbare Zeit außer Reichweite bleibt. Er stellt eher einen ideellen Referenzmaßstab für die einzelnen Verhandlungsparteien dar, als daß er sich schon in einer ersten Phase als Verhandlungsvorlage eignet239. Das der Rechtsvereinheitlichung innewohnende Streben nach möglichst vollständigen Endzuständen erklärt sich aus den Systemzwängen und den Kohärenzbedürfnissen, die dem Recht in allen Gebieten zu eigen sind. Es trägt aber der besonderen Bedeutung des Politischen im Wirtschaftsrecht nicht hinreichend Rechnung. Das Fehlen von Wettbewerbsgesetzen in vielen Ländern bzw. die großen Einfallstore, die sich vor allem bei der Mißbrauchsaufsicht und der Fusionskontrolle für politisches Ermessen ergeben, signalisieren, daß der Rahmen des wirtschaftlichen Wettbewerbs dort nicht so sehr als eine Frage gleichbleibender rechtlicher Ordnung betrachtet wird, sondern als Gegenstand situationsgebundener und ergebnisorientierter politischer Entscheidungen. Dies gilt in verstärktem Maße für den internationalen Wett236 Es handelt sich u m insgesamt sechs A b k o m m e n , die in Genf a m 7 . 6 . 1930 (Wechselrecht) und am 19.3. 1931 (Scheckrecht) abgeschlossen w u r d e n , R G B l . 1933 II, 378, 444, 468 und R G B l . 1933 II, 538, 594, 619. 237 Siehe die Nachweise oben N . 10 und 11; weitere Nachweise bei Basedow, D e r Transportvertrag (1987) 64f. 238 Siehe oben N. 12. 2M Entgegen Gröner/Knorr ist diese Skepsis selbst bei den Verfassern des D I A C verbreitet; vgl. Immenga (oben N. 125) 602; Fox (oben N. 104) Pacific R i m L. Pol. J. 4 (1995) 34; Petersmann (oben N. 123) J. World Trade 27 (1993) 79; siehe im übrigen mit ähnlicher Tendenz Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1111: »probably premature«; Schoenbaum, T h e International Trade Laws and the N e w Protectionism: T h e N e e d for a Synthesis with Antitrust: N . C . J . Int. L. C o m . Regul. 19 (1994) 3 9 3 - 4 3 6 (427): »neither economically necessary nor politically feasible«.

88

Grundsätzliche

Empfehlungen

zur

Kartellrechtsvereinheitlichung

bewerb. Souveränität scheint in manchen Ländern geradezu ein Synonym zu sein für das R e c h t jedes Staates, auf Gewichtsverschiebungen im internationalen Wettbewerb ohne Rücksicht auf Prinzipien u n d rechtliche B i n d u n g e n jeweils mit den M a ß n a h m e n reagieren zu k ö n n e n , die aus der Sicht des A u genblicks das eigene nationale Interesse am ehesten zu fördern scheinen 240 . M e h r als auf den Gebieten des Privatrechts bedeutet die Vereinheitlichung des R e c h t s der Wettbewerbsbeschränkungen daher eine Z ä h m u n g oder Kanalisierung des Politischen. Diese Z ä h m u n g kann nur in Schritten vollzogen werden 241 . Dabei k o m m t es zunächst einmal entscheidend darauf an, das Bewußtsein der beteiligten Kreise für die rechtlichen Bindungen des internationalen Wettbewerbs zu stärken. Es ist deshalb in einer ersten Phase auch keineswegs überflüssig, diejenigen wettbewerbsrechtlichen R e g e l n international zu verbürgen, die — wie etwa das Verbot von Preiskartellen — o h n e h i n schon in den meisten Ländern anerkannt sind 242 . D e n n es macht für die Wettbewerbspolitik u n d die Praxis des Wettbewerbsrechts einen Unterschied, ob eine R e g e l auf nationaler E b e ne gilt u n d deshalb auch zur Verfügung des nationalen Gesetzgebers steht oder ob sie von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt wurde. Auch w e n n es in der ersten Phase eines Angleichungsprozesses nicht zur Verabschiedung einer erschöpfenden R e g e l u n g k o m m t u n d im Materiellen wie im Prozessualen Lücken bleiben, die zur U m g e h u n g der festgestellten Verbote geradezu einladen, bietet die Festschreibung eines Kernbestandes von Vorschriften des internationalen Wettbewerbsrechts auf lange Sicht doch Vorteile. Die verbleibenden Lücken werden nach aller Erfahrung zu einem späteren Zeitpunkt nicht m e h r zu einer A u f h e b u n g der Konvention u n d damit zur Rückverlagerung auf die Vertragsstaaten führen, sondern eher zur Nachbesserung durch fortschreitende A n n a h m e weiterer Vorschriften. D e r progressive Abbau der Zölle u n d Handelsschranken in den GATT-Verhandlungsrunden hat die Eigendynamik solcher Angleichungsprozesse verdeutlicht u n d berechtigt zu Optimismus. 240

Siehe etwa die scharfsichtige Analyse von Gifford (oben N . 114) D e P a u l L. R e v . 44 (1995) 1065: »It appears that U. S. trade policy employs the rhetoric of antitrust law, but that this rhetoric is misleading ... the U n i t e d States is p u r s u i n g conflicting policies: an antitrust policy w h i c h furthers efficiency and a trade policy w h i c h is m o r e indifferent to efficiency ... T h e governing policy is overall e n h a n c e m e n t of U. S. welfare.« Vor d e m H i n t e r g r u n d solcher politischen A n t i n o m i e n v e r w u n d e r t es nicht, w e n n Schoenbaum (oben N . 239) N . C . J. Int. L. C o m . R e g u l . 19 (1994) 427 den D I A C mit d e n W o r t e n kritisiert: »The creation of international antitrust institutions w i t h b i n d i n g authority over b o t h national courts and national antitrust authorities will be rejected o u t of h a n d by key nations such as the U n i t e d States.« 241 Matsushita (oben N . 115) D e P a u l L. R e v . 44 (1995) 1112: »step-by-step approach«; Scherer (oben N . 153) Int. Bus. Lawyer 1996, 487: »a time-phased approach to m o v i n g forward.« Ähnlich Immenga (oben N . 125) 601 f.; Möschel (oben N . 83) 464. 242 Anders Hauser/Schoene (oben N . 145) A u ß e n w i r t s c h a f t 4 9 (1994) 218.

Forum und teilnehmende

Staaten

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3. F o r u m und teilnehmende Staaten

Die — einzig realistische — Perspektive einer in Etappen fortschreitenden Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen legt es nahe, die Verantwortung dafür bei der Welthandelsorganisation anzusiedeln. Die regelmäßig stattfindenden GATT-Verhandlungsrunden haben im Laufe der Jahrzehnte eine Liberalisierung bewirkt, die zu Anfang kaum möglich erschien. Hinsichtlich der Zollsenkungen ist der Auftrag zu solchen Verhandlungsrunden sogar in Artikel X X V I I Ibis G A T T verankert, und die Interdependenz von Zöllen und anderen Handelsbarrieren hat in der Vergangenheit vielfach zur Erstreckung der Verhandlungsrunden auf andere Gegenstände geführt. Artikel III des WTO-Ubereinkommens bestimmt die Welthandelsorganisation auch ausdrücklich zum möglichen Forum von Verhandlungen über alle möglichen Fragen, die die multilateralen Handelsbeziehungen betreffen. Auf den besonders engen Zusammenhang zwischen der Welthandelspolitik und einem internationalen Wettbewerbsrecht für Unternehmen ist schon hingewiesen worden243. Die W T O verfugt mit dem plurilateralen Abkommen gemäß Annex 4 zum WTO-Ubereinkommen über ein flexibles Instrument, das einer Teilgruppe der WTO-Mitgliedstaaten den Abschluß von Vereinbarungen erlaubt, die nur sie binden und die über den allgemeinen Pflichtenstand des WTO-Ubereinkommens hinausgehen244. Wenn demgegenüber gelegentlich die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als Forum der Kartellrechtsvereinheitlichung favorisiert wird245, so liegt dem eine Fehleinschätzung der M ö g lichkeiten dieser Organisation zu Grunde. Zwar sind in der O E C D überwiegend Industrieländer mit hohem Entwicklungsstand zusammengeschlossen, die auch durchweg über ein funktionierendes Kartellrecht verfügen. Unter den Mitgliedsländern finden sich freilich auch Schwellenländer wie Mexiko 246 und die Türkei 247 , in denen Wettbewerbsgesetze erst in den letzten Jahren geschaffen wurden und sich eine feste Anwendungspraxis noch nicht etablieren konnte. Andererseits stehen wirtschaftlich aufstrebende Staaten außerhalb der Siehe näher oben VI 1. Art. II Abs. 3 W T O - Ü b k . und Petersmann (oben N. 220) C. M . L. Rev. 31 (1994) 1161 f.; Herdegen (oben N. 111) 112, § 7 R d N r . 13. 245 So Wood (oben N. 82) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1298. 240 Im Zuge der Privatisierungspolitik ist in Mexiko ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Ley federal de competencia económica vom 1 8 . 1 2 . 1992, Diario Oficial vom 2 4 . 1 2 . 1992 eingeführt worden; zur Anwendung siehe Guzman Soule, Die Wettbewerbsfreiheit in Mexiko: R I W 1997, 3 8 7 - 3 9 0 (389f.); Pérez Miranda, El nuevo régimen jurídico de la concurrencia en Méjico: Rev. der. ind. 15 (1993) 6 9 - 9 5 ( 8 2 - 9 2 ) . 247 Die Türkei hat das Gesetz über den Schutz des Wettbewerbs Nr. 4054 erst am 7 . 1 2 . 1994 erlassen, siehe näher Anik, Competition Rules o f Turkey: Eur. Compet. L. Rev. 1997, 3 1 1 - 3 1 8 . 243 244

90

Grundsätzliche

Empfehlungen

zur

Kartellrechtsvereinheitlichung

OECD, die — wie etwa Chile248 oder Taiwan249 — in den letzten Jahren eine durchaus aktive Wettbewerbspolitik entwickelt haben und ihre Kartellgesetze auch durchsetzen. Die Ansiedlung in der O E C D würde diese Staaten ohne zwingenden Grund ausschließen, sie würde den Nordsüdkonflikt akzentuieren und dadurch eine weltweite Akzeptanz der zu verabschiedenden Regeln eher verhindern. Im übrigen ist die O E C D auf Informationsaustausch und Abstimmung der nationalen Wirtschaftspolitiken ausgerichtet 250 , in der Vorbereitung verbindlicher Rechtsnormen hat sie wenig Erfahrung und verfugt dafür auch nicht über die erforderlichen personellen Ressourcen. Bei den Sondierungen im Rahmen der W T O sollte das Ziel dahin gehen, die Beratungen in einem frühen Stadium auf diejenigen Staaten zu konzentrieren, die in ihrem innerstaatlichen Recht bereits ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingerichtet und zu dessen Durchsetzung eine Wettbewerbsbehörde eingerichtet haben. Andere Staaten werden im allgemeinen auch kein Interesse an einer Mitwirkung haben. Im übrigen verfugen sie nicht über die hinreichende Problemkenntnis, um konstruktive Beiträge zur Rechtsvereinheitlichung zu leisten.

4. Methoden der Rechtsangleichung a) Verbindliche Regelungen Die in den 70er und 80er Jahren ausgearbeiteten Verhaltenskodices mit unverbindlichen Richtlinien haben sich nicht bewährt. In dem Wissen um den unverbindlichen Charakter der Richtlinien haben es die teilnehmenden R e gierungen schon an der hinreichenden Ernsthaftigkeit bei den Verhandlungen fehlen lassen und vor allem im U N - R B P - C o d e ein Ungleichgewicht zu Gunsten der Entwicklungsländer gebilligt, das sie in verbindlichen Regelungen nie akzeptiert haben würden und das in der Sache auch nicht zu rechtfertigen ist. Auch eine praktische Wirksamkeit haben die materiellrechtlichen Verhaltensrichtlinien im übrigen nicht entfaltet. Für die Zukunft kommt daher eine Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen nur in Gestalt verbindlicher Regeln des Völkerrechts in Betracht 251 . 248 Z u r chilenischen Gesetzgebung u n d Praxis siehe die N a c h w e i s e bei Schwartz/Basedow (oben N . 16) sect. 37 bei Fn. 141 ff. 2W Siehe o b e n N . 140; zahlreiche H i n w e i s e auf eine aktive Anwendungspraxis f i n d e n sich bei Yiin Yu Wu, D e r Einfluß des Herstellers auf die Verbraucherpreise nach d e u t s c h e m u n d taiwanesischem R e c h t (Diss. Freie Univ. Berlin 1998). 25,1 Herdegen (oben N . 111) 55, § 3 R d N r . 31; n ä h e r Hahn, Artikel »Organisation for E c o n o m i c C o - o p e r a t i o n and Development«, in Bernhardt (Hrsg.) Encyclopedia of Public I n ternational Law, Installment 5 (1983) 2 1 4 - 2 2 2 (221). 251 So a u c h Immenga (oben N . 125) 600.

Methoden der Rechtsangleichung

91

b) Mindestharmonisierung Die oben beschriebene Kartellrechtsvereinheitlichung in Etappen impliziert des weiteren, daß zunächst nur eine Mindestharmonisierung in Betracht kommt 252 , und dies in einem doppelten Sinne. Z u m einen berühren gewisse Gegenstände die Eigeninteressen und politische Handlungsfähigkeit der Staaten so stark, daß sie aus dem Kreis der zu harmonisierenden Regelungen ganz ausgeblendet werden müssen, siehe unten XI., S. 96ff. Z u m anderen wird man bei den Regelungen, die zum Gegenstand der Harmonisierung gemacht werden, strengere, die Freiheit der beteiligten Unternehmen stärker einschränkende Vorschriften in den Mitgliedstaaten tolerieren müssen; dies betrifft sowohl die Schärfe des Kontrollmaßstabs wie auch die Sanktionen 253 .

c) Angleichung durch nicht unmittelbar anwendbaren Vertrag Ein völkerrechtliches Ubereinkommen, das im Sinne der Mindestharmonisierung R a u m für strengeres nationales Recht läßt, sollte nicht als unmittelbar anwendbare (self-executing) Konvention abgefaßt sein, sondern lediglich die Verpflichtung an die Vertragsstaaten aussprechen, ihr innerstaatliches Recht in Einklang mit dem Ubereinkommen zu bringen. Dies ist ein Gebot der Praktikabilität: Die Rechtsanwendung wird unnötig kompliziert, wenn die Beteiligten in jedem Fall gehalten sind, einen unmittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Vertrag und das nationale Kartellgesetz miteinander zu vergleichen, um die strengere Regelung dann durchzusetzen. Der Verzicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Konventionsbestimmungen bedeutet freilich, daß der im Völkerrecht verankerte Charakter der Regelungen der Rechtspraxis nicht bewußt wird und die Vorschriften deshalb ohne Rücksicht auf den internationalen Hintergrund nach rein nationalen Kategorien ausgelegt werden. Diese Gefahr besteht weniger bei den spezialisierten Wettbewerbsbehörden und -gerichten als bei den Zivilgerichten, die eher selten mit wettbewerbsrechtlichen Vorfragen befaßt sind. Eine geeignete Gegenmaßnahme wäre ein in das nationale Gesetz aufzunehmender Hinweis auf den völkerrechtlichen Hintergrund und die Verpflichtung, die betreffenden nationalen N o r m e n im Interesse einer international einheitlichen Anwendung der Konvention auszulegen254.

252

Siehe Art. 2 Abs. 2 (a) DIAC; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1112; Duijm/Winter, Internationale Wettbewerbsordnung — Alternativen und ihre Probleme: W u W 1993, 465-474 (468); Immenga (oben N. 125) 600; Borer, Spruchpraxis zum E G Wettbewerbsrecht (1996): S Z I E R 7 (1997) 449-465 (456). 253 Siehe näher oben VII 2 c, S. 59. 254 Entsprechende Vorschriften finden sich in zahlreichen Ubereinkommen, z.B. in Art. 7 Abs. 1 UN-Kaufrecht (oben N. 12); siehe auch Art. 36 EGBGB.

92

Grundsätzliche Empfehlungen zur Kartellrechtsvereinheitlichung

d) Anwendungsbereich: Internationale Sachverhalte Das Bedürfnis für ein internationales Wettbewerbsrecht in Ergänzung des Welthandelsrechts zeigt sich vor allem bei Wettbewerbsbeschränkungen mit grenzüberschreitendem Bezug. U m diesem Bedürfnis zu genügen u n d zugleich den Widerstand der Staaten gegen eine Veränderung ihrer nationalen Rechtslage zu verringern, empfiehlt es sich, den Anwendungsbereich einer Konvention auf Fälle zu begrenzen, in denen der internationale Wettbewerb beschränkt wird 255 . Die internationale Dimension der Wettbewerbsbeschränkung läßt sich rechtlich in verschiedener Weise erfassen. In Artikel 85 u n d 86 E G V dient diesem Z w e c k das Tatbestandsmerkmal der Eignung zur Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten, das, wie die R e c h t s p r e c h u n g des Europäischen Gerichtshofs zeigt, den Vorteil einer gewissen Offenheit hat. Anderseits läßt es auch sehr enge Auslegungen zu u n d eignet sich deshalb w e niger für ein internationales Kartellrecht, das vielleicht auf absehbare Zeit nicht über eine höchste Auslegungsinstanz verfugen wird. U m eine relativ h o m o g e n e A n w e n d u n g eines solchen U b e r e i n k o m m e n s auf grenzüberschreitende — inlandsmarktbezogene u n d auslandsmarktbezogene — Wettbewerbsbeschränkungen durch die nationalen Gerichte zu gewährleisten, scheint eine präzisere Formel erforderlich; die in Artikel 3 Absatz 1 (b) D I A C vorgesehene A n k n ü p f u n g an die Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränk u n g auf d e m Gebiet eines Vertragsstaates u n d an die Hauptniederlassung der handelnden U n t e r n e h m e n in einem Vertragsstaat ist vorzuziehen 256 . Unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung fuhrt dieser Vorschlag dazu, daß auch alle auslandsmarktbezogenen Wettbewerbsbeschränkungen, b e sonders die Exportkartelle, in den Anwendungsbereich des Wettbewerbsrecht einbezogen werden, soweit die Zielmärkte in I^riragsstaaten liegen. Hinsichtlich der Märkte in Drittstaaten sollte eine Freistellung der E x p o r t kartelle v o m nationalen Kartellrecht dagegen nach wie vor möglich bleiben. Drittstaaten erhielten insofern einen Anreiz, d e m U b e r e i n k o m m e n beizutreten, u m — auf Basis der Gegenseitigkeit — in den G e n u ß des Verbots der auf ihre Märkte zielenden Exportkartelle zu kommen 2 5 7 . Was die im Inland wirksamen, aber im Ausland veranlaßten Wettbewerbsbeschränkungen betrifft, so wird sich in der ersten Phase eine grundlegende Veränderung nur insofern ergeben, als nicht nur der Wirkungsstaat, sondern auch der Veranlassungsstaat sein Kartellrecht anwendet. Dadurch wird es bei besonders eklatanten Wettbewerbsverstößen, die künftig weltweit verboten werden, siehe unten XI 2 a, S. 96, zu einem Einklang der Beurteilung k o m 255

Siehe schon oben VII 2 d, S. 60. Siehe oben IX 1, S.70f. nach N. 191. 257 So schon mein Vorschlag in Basedow, Conflicts of Economic Regulation: Am. J. Comp. L. 42 (1994) 423-447 (430). 256

Methoden der Rechtsangleichung

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m e n . Außerhalb dieses engen Bereichs der materiellen Rechtsvereinheitlichung ist eine vollständige H a r m o n i e freilich nicht zu erwarten, weil R e c h t s unterschiede in e i n e m System der Mindestharmonisierung nicht völlig beseitigt werden. Deshalb ist auch an eine Konzentration der wettbewerbsrechtlichen Verfahren in e i n e m einzigen beteiligten Staat (siehe o b e n V I 4 , S. 4 9 f.) vorerst nicht zu denken. W e g e n des Fortbestandes konkurrierender Zuständigkeiten sind auch Jurisdiktionskonflikte (oben V I 3, S. 48) zunächst nicht auszuschließen, wenngleich sie durch Konsultation abgemildert werden k ö n nen (siehe unten X I I 2 a, S. 104).

XI. Empfehlungen zu Gegenstand und Inhalt 1. P r i v a t e W e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k u n g e n

D e r internationale Wettbewerb wird durch vielfältige M a ß n a h m e n b e schränkt: N e b e n hoheitlichen Eingriffen wie z.B. Einfuhrkontingenten u n d Zöllen, Beihilfen u n d zahlreichen nichttarifären Handelshemmnissen stehen private Praktiken wie Kartelle u n d Fusionen, von denen in dieserUntersuchung die R e d e war. Zwischen beiden sind Mischformen angesiedelt, beispielsweise die wirtschaftliche Tätigkeit im »öffentlichen Gewand«, sei es durch U n t e r n e h m e n der öffentlichen H a n d oder durch solche, die der Staat mit Vorrechten ausgestattet hat. Ferner ist an M a ß n a h m e n zu denken, die als solche nicht w e t t b e werbswidrig sein müssen, die zur Abwehr fremder Wettbewerbsbeschränkungen bestimmt sind oder die zur besseren Entfaltung des Wettbewerbs beitragen. In diesem Z u s a m m e n h a n g wird man Antidumping-Ausgleichsabgaben n e n nen müssen, die nach ihrem Grundgedanken nicht etwa der eigenen Wirtschaft Wettbewerbsvorteile sichern, sondern ganz im Gegenteil die Nachteile wettmachen sollen, die ihr durch Dumping-Praktiken ausländischer U n t e r n e h m e n zugefugt werden; die Grenze zwischen beidem ist freilich fließend. A u c h die Abstimmung technischer N o r m e n unter den U n t e r n e h m e n eines Landes wird als solche den Wettbewerb unter ihnen eher fordern, kann aber naturgemäß auch z u m Ausschluß ausländischer Konkurrenten eingesetzt werden. D i e ökonomische Betrachtung weist also auf eine große Vielfalt von F o r m e n der Wettbewerbsbeschränkungen hin, deren rechtlicher R a h m e n in ganz u n terschiedlichen Teilbereichen des Wirtschaftsrechts angesiedelt ist. Im internationalen Wettbewerbskampf setzen die Akteure der einzelnen Volkswirtschaften keineswegs i m m e r dieselben Handlungsformen ein. W ä h r e n d man in den U S A beispielsweise die Abschottung des japanischen Marktes durch ein undurchdringliches Geflecht von Schachtelbeteiligungen sowie w i r t schaftlichen u n d rechtlichen Bindungen unter den japanischen U n t e r n e h m e n kritisiert 258 , betont die japanische Seite ihrerseits den wettbewerbsbe-

258

Siehe schon oben S.42 bei N. 114.

Private Wettbewerbsbeschränkungen

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schränkenden Gebrauch, den die amerikanische Regierung von Antidump i n g z ö l l e n und Ausgleichsabgaben macht 25 '. Im Konflikt zwischen der Europäischen Union und den USA um die Fusion von Boeing und McDonnell Douglas ging es aus europäischer Sicht um einen Unternehmenszusammenschluß, also eine private Maßnahme, während sich die USA umgekehrt über die hohen Subventionen für Airbus Industries beklagten 260 . Die ökonomische Interdependenz der unterschiedlichen Formen von Wettbewerbsbeschränkungen fuhrt dazu, daß die Gespräche über eine wettbewerbspolitische Ergänzung der Welthandelsordnung im Rahmen der W T O von Seiten der Staaten, aber auch der Nationalökonomie befrachtet werden mit der Forderung nach Einbeziehung ganz heterogener Regelungsgegenstände. Insbesondere wird auf den engen Zusammenhang des Wettbewerbsrechts der Unternehmen mit den staatlichen Beihilfen, den Antidumping-Zöllen sowie Schutzmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen hingewiesen. Auf diese Gegenstände müßten sich die Beratungen erstrecken261. Die funktionale Zusammengehörigkeit der genannten Gegenstände ist nicht zu bezweifeln. Dennoch handelt es sich um unterschiedliche rechtliche Regelungsbereiche, die jeweils spezifische Interessenkonstellationen zum Gegenstand haben. Wie schon erwähnt geht es im Antidumpingrecht jeweils um Brancheninteressen, während im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen vielfach auch nur die Interessen einzelner Unternehmen auf dem Spiele stehen. Zu einer Überlappung beider Rechtsbereiche kommt es also nur in einer Schnittmenge der geregelten Konfliktlagen. Daher macht es auch keinen Sinn, über die Vereinheitlichung des Kartellrechts und die anderen genannten Rechtsbereiche im unmittelbaren Kontext zu verhandeln. Die genannten Gegenstände sollten vielmehr verschiedenen Gremien zur Ausarbeitung von Harmonisierungsvorschlägen überantwortet werden. Dadurch wird eine Gesamtwürdigung der verschiedenen Verhandlungsergebnisse auf einer übergeordneten Ebene nicht ausgeschlossen. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, daß es die Beratungen über eine Vereinheitlichung des Wettbewerbsrechts von solchen Fragen entlastet, die unmittelbare Eigeninteressen der Staaten berühren. Es steigert damit die politische Konsensfähigkeit der zu vereinbarenden Lösungen. In dieselbe Richtung wirkt die Empfehlung, in einer ersten Phase der Kartellrechtsangleichung die besondere Problematik der öffentlichen und mit Vorrechten ausgestatteten 259 Siehe - ohne N e n n u n g der USA - das »Non-Paper«, oben N. 230; vgl. auch Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1116. 2611 Siehe K O M M . 30.7. 1997, ABl. EG 1997 L 336/16 (Boeing/McDonnell Douglas) und zur US-Perspektive »Clinton läßt das nicht zu« - Interview mit Boeing-Vizepräsident Ray Waldmann: Der Spiegel 1997 Nr. 22 S.94. 261 So wohl das »Non-Paper« der japanischen WTO-Delegation, oben N. 230; ähnlich Freytag/Zimmermann (oben N. 145) RabelsZ 62 (1998) 57f.; Hauser/Schoene (oben N. 145) Außenwirtschaft 49 (1994) 219.

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Empfehlungen zu Gegenstand und Inhalt

Unternehmen auszuklammern. Sie könnte in einer späteren Verhandlungsphase einer Regelung zugeführt werden, wenn die im geltenden GATTRecht (Artikel X V I I , X X I I I ) vorhandenen Ansätze von den Streitschlichtungsorganen der W T O fortentwickelt worden sind262.

2. Materielles Weltkartellrecht a) Horizontale Absprachen und Verhaltensabstimmungen Das Verbot horizontaler Absprachen zur Beschränkung des Wettbewerbs unter tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerbern gehört zum Kernbestand jeder kartellrechtlichen Regelung. Soweit es dabei um Preis- oder Quotenkartelle, um Absprachen über Produktionsmengen oder Marktaufteilungen oder um Submissionskartelle geht (»hard core — Kartelle»), sollte ein per-se-Verbot angestrebt werden, das nach dem Stand der innerstaatlichen Gesetzgebung in vielen Staaten auch als politisch realisierbar erscheint. Dabei sollte von vornherein die Verhaltensabstimmung und nicht die explizite Absprache als relevanter Tatbestand im Mittelpunkt stehen. Weniger eindeutig sind Kooperationsabsprachen zwischen Unternehmen zu beurteilen. Sie können j e nach Form und Gegenstand der Zusammenarbeit, der Eigenart der Unternehmen und der betroffenen Märkte den Wettbewerb fordern, können aber ähnlich wie die klassischen Kartelle auch den Wettbewerb beschränken. Dieser ambivalenten Wertung ist ein Verbot mit Einschränkungen angemessen, für dessen rechtliche Ausgestaltung vier Lösungen in Betracht kommen: (1) die Ausformulierung von Regelausnahmen, (2) die Ermöglichung von Einzel- oder Gruppenfreistellungen, (3) eine allgemeine materielle Abwägung nach dem Prinzip der amerikanischen Rule of Reason oder (4) eine Mißbrauchsaufsicht. Für die Einzelfreistellung und die Mißbrauchskontrolle wird es auf absehbare Zeit an einer mit eigenen Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten internationalen Wettbewerbsbehörde fehlen. Die abstrakte Fassung von Legalausnahmen oder Gruppenfreistellungen führt, wie sowohl das deutsche als auch das europäische Recht zeigen, zu einer hochgradigen Komplexität und verlangt im übrigen nach einem Konsens in Detailfragen, der auf internationaler Ebene nicht zu erzielen sein dürfte. Als flexibler Ansatz bietet sich demgegenüber die Rule o f Reason an, nach der wettbewerbswidrige Wirkungen gegen EfEzienzsteigerungen und wettbewerbsfordernde Effekte einer Kooperation abzuwägen sind263. Sie würde Siehe oben bei N. 204. Ebenso schon Immenga (oben N. 125) 603; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1112, ebenso Art. 4 DIAC; für eine »anti-cartel rule« mit unklaren Grenzen auch 262

263

Materielles

Weltkartellrecht

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zwar zunächst keine einheitliche Beurteilung von Unternehmenskooperationen in den verschiedenen Staaten gewährleisten, doch gäbe gerade die unterschiedliche Anwendungspraxis einen Ansporn zur Präzisierung in nachfolgenden Verhandlungsrunden. b) Vertikale wettbewerbsbeschränkende Absprachen Uneingeschränkt verboten sind wettbewerbsbeschränkende Absprachen in den Verträgen zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen nach den nationalen Wettbewerbsgesetzen im allgemeinen nur, soweit es um die Preisbindung der zweiten Hand geht. Insoweit erscheint ein per-se-Verbot angebracht und auch politisch konsensfähig264. Darüber hinaus wird man vertikale Absprachen nur insoweit uneingeschränkt verbieten können, als sie der Verstärkung verbotener Kartelle dienen265. Alle anderen vertikalen Absprachen können auch wettbewerbsfördernde Wirkungen haben, so daß für sie lediglich ein Verbot mit Wertungsmöglichkeit in Betracht kommt. Aus den oben (a) genannten Gründen empfiehlt sich auch hier die Einführung eines Verbots nach dem Maßstab der Rule of Reason 266 . Dies gilt auch für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Lizenzverträgen, da ein politischer Konsens über die Beurteilung einzelner Klauseln auf plurilateraler Ebene wohl nicht zu erreichen ist267. Immerhin sollte versucht werden, wenigstens solche Vereinbarungen generell als mißbräuchlich zu verbieten, die auf eine Ausdehnung des Schutzrechts auf den nicht geschützten Bereich zielen oder die eine Abschottung der nationalen Märkte entgegen den Zielen des G A T T bezwecken. c) Mißbrauch marktbeherrschender Stellungen Schon seit dem 17. Jahrhundert gehört die Kontrolle monopolistischer Praktiken zum Kernbestand des Wettbewerbsrechts, und dies sowohl im Common Law268 wie auch im kontinentaleuropäischen ius commune 269 . Von Fox (oben N. 104) Pacific R i m L. Pol.J. 4 (1995) 30; Scherer (oben N. 153) Int. Bus. Lawyer 1996, 487. 264 So auch Immenga (oben N. 125) 604; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1113; Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 DIAC. 265 So Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 DIAC. 266 So auch Immenga (oben N. 125) 604; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1113. 267 Immenga (oben N. 125) 604. 268 Darcy v. Allein, 11 Coke 84 = 77 Eng. Rep. 1260 (K. B. 1603); siehe auch das Statute o f Monopolies von 1623, 21 Jac. 1 c. 3 (1623); Überblick bei Areeda, Antitrust Analysis (2. Aufl. Boston 1974) 41. 269 Coing, Europäisches Privatrecht I (München 1985) 454 spricht von einem allgemeinen Verbot privater Monopole; zu Ausnahmen fur die Einführung technischer Neuerun-

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Empfehlungen

zu Gegenstand

und Inhalt

Anfang an bestanden dabei signifikante Ausnahmen für die Einfuhrung technischer und sonstiger Innovationen, die zwar im Detail in den einzelnen Territorien nicht übereinstimmten, aber doch im wesentlichen überall Anerkennung fanden. Dies ist die Basis, auf der auch eine flexible internationale Vereinheitlichung des Verbots monopolistischer Praktiken auf internationaler Ebene möglich sein sollte270. In Betracht kommt insofern lediglich ein Verbot mit Wertungsmöglichkeiten, das freilich nicht an das Monopol im technischen Sinne, sondern an die marktbeherrschende Stellung anknüpfen und die mißbräuchlichen Verhaltensweisen dominanter Unternehmen etwa nach dem Vorbild von Artikel 86 E G V untersagen sollte. Im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse einiger Weltmärkte scheint die Einbeziehung des oligopolistischen Machtmißbrauchs erforderlich, aber auch möglich. Dagegen setzt die vorgeschlagene Ausklammerung des Ausbeutungsmißbrauchs, insbesondere des Preismißbrauchs, eine starke Ausdifferenzierung des Mißbrauchsbegriffs voraus, die vermutlich in einer ersten Phase der Angleichung nicht konsensfähig ist271. Zwar ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß die Mißbrauchsaufsicht zur Einführung von Preiskontrollen benutzt wird; wo dies geschieht, herrschen aber politische und ökonomische Zwänge, die sich in der einen oder anderen Form so oder so durchsetzen würden. Man sollte im übrigen nicht von vornherein ausschließen, daß die Mißbrauchsaufsicht im Verhältnis der Vertragsstaaten zueinander zur B e kämpfung von Dumpingpraktiken genutzt wird und auf längere Sicht die Instrumente der Antidumping-Zölle und der Ausgleichsmaßnahmen ablöst, wie dies im Verhältnis zwischen Australien und Neuseeland schon geschehen ist272. d) Unternehmenszusammenschlüsse Wo es ein Recht der Wettbewerbsbeschränkungen gibt, hat sich die materielle Fusionskontrolle im allgemeinen nicht zu Anfang seiner Entwicklung, sondern erst in einer späteren Phase herausgebildet273. Ihre Einfuhrung setzt eine gewisse Zähmung des Politischen voraus, die Einsicht, daß Unternehmenszusammenschlüsse unter näher festzulegenden Voraussetzungen die gen S. 90; nach Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (2. Aufl. Göttingen 1967) 2 9 6 sieht Grotius in Monopolen nicht schlechthin einen Verstoß gegen das Naturrecht. 270 So Immenga (oben N. 125) 605; vgl. auch die spezifischen Ausprägungen des M i ß brauchsverbots für Diensdeistungsmonopole in Art. VIII Abs. 1 und 2 GATS. 271 So aber Immenga aaO.; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1113f. strebt dagegen ein internationales Verbot der Unterkostenpreise an. 272 Siehe oben VI 1 b, S . 4 3 nach N. 118. 273 Siehe dazu mit Hinweis auf die USA, die E G und Deutschland Immenga (oben N. 125) 605; die Aussage gilt auch für etliche andere Länder wie z.B. Frankreich, Brasilien oder die Schweiz.

Materielles Weltkartellrecht

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strukturellen Voraussetzungen des Wettbewerbs so sehr beeinträchtigen, daß ein abstraktes Unwerturteil der Rechtsordnung über sie angezeigt ist. Wegen der hohen industriepolitischen Bedeutung der Zusammenschlußkontrolle ist diese Einsicht am Anfang der Entwicklung des Kartellrechts freilich noch nicht vorhanden. Sie stellt sich erfahrungsgemäß erst ein, wenn sich in einem Land eine gewisse Praxis im Umgang mit dem Recht der Wettbewerbsbeschränkungen herausgebildet hat und das Fehlen einer materiellen Fusionskontrolle als Lücke empfunden wird. Bei der Kartellrechtsvereinheitlichung sollte deshalb zunächst auf Regeln der materiellen Zusammenschlußkontrolle verzichtet werden. Dies schließt freilich nicht aus, daß die übrigen Instrumente des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere das M i ß brauchsverbot in Teilbereichen zu Zwecken der Fusionskontrolle genutzt werden 274 . Wie schon oben näher ausgeführt, sollten die Vereinheitlichungsbemühungen aber schon in einer ersten Phase daraufgerichtet sein, das Wissen der internationalen Gemeinschaft um den Stand der Unternehmenskonzentration auf den Weltmärkten zu verbessern275. Als Minimum sollte daher die Pflicht zur nachträglichen Anzeige von Unternehmenszusammenschlüssen an nationale Wettbewerbsbehörden und an die zu gründende Internationale Wettbewerbsagentur (siehe unten XII, S. 102) angestrebt werden. Eine solche Anzeigepflicht erscheint auch politisch konsensfähig. Da viele nationale Rechtsordnungen freilich eine Vörabanmeldung von Zusammenschlußvorhaben verlangen, wird man die Harmonisierungsziele weiterstecken. W ü n schenswert wäre (1) die international verbürgte Pflicht zur Vorabanmeldung von Zusammenschlußvorhaben mit internationaler Dimension; (2) eine Abstimmung der von den Unternehmen beizubringenden Informationen, deren genaue Festlegung freilich an eine internationale Wettbewerbsagentur delegiert werden sollte; (3) Garantien für die vertrauliche Behandlung der überlassenen Informationen, soweit sie sich auf Unternehmensinterna beziehen; (4) die Verankerung des Suspensiveffekts der Anmeldung und die nähere Bestimmung der Wartefrist. Dieser Punkt kann entfallen, wenn keiner der von dem Zusammenschluß betroffenen Staaten in seinem internen Recht eine materielle Fusionskontrolle vorsieht. e) Sanktionen Die bloße Feststellung, daß näher bestimmte Praktiken »rechtswidrig« oder »verboten« oder »mit den Prinzipien der Welthandelsordnung unvereinbar« 274 275

Siehe schon oben VII 2 b, S.58 bei N. 160. Siehe schon oben IX 2 b, S. 74 f.

100

Empfehlungen zu Gegenstand und Inhalt

seien, kann für eine künftige Ergänzung des Welthandelsrechts durch eine wettbewerbsrechtliche Konvention nicht genügen. Solche Deklarationen haben sich in zahlreichen Rechtsordnungen als folgenlos erwiesen. Fast ohne Auswirkung auf die Wirtschaftspraxis blieb beispielsweise Artikel 28 der mexikanischen Verfassung von 1917, der ein allgemeines Monopolverbot enthält. Das Ausfuhrungsgesetz dazu ist erst 1934 erlassen worden und in den 58 Jahren seiner Gesetzeskraft nur ein einziges Mal angewendet worden 276 . Ahnlich gering blieb über Jahrzehnte hinweg das allgemeine Kartell- und M o n o polverbot von Artikel 148 der brasilianischen Verfassung von 1946277. Die Beispiele lehren, daß das Bekenntnis zu materiellrechtlichen Grundsätzen des Wettbewerbsrechts zu keinerlei Annäherung der Rechtswirklichkeit und damit der Wettbewerbsverhältnisse führt, wenn nicht zugleich Einigung über gewisse Durchsetzungsmechanismen (siehe unten XII, S. 102ff.) und über einen Kernbestand an Sanktionen erzielt wird. Zu dem Kernbestand an Sanktionen, ohne den ein Recht der Wettbewerbsbeschränkungen nicht auskommt, gehören verwaltungsrechtliche Maßnahmen einer Aufsichtsbehörde ebenso wie zivilrechtliche Rechtsbehelfe. Demgemäß sollte ein plurilaterales Abkommen die Vertragsstaaten zur Errichtung einer nationalen Wettbewerbsbehörde verpflichten, die mit allen verfahrensrechtlichen Befugnissen zur Untersuchung und Untersagung privater Wettbewerbsbeschränkungen sowie zu ihrer Ahndung durch Verhängung von Bußgeldern ausgestattet ist278. Zur Verbürgung eines wirksamen Schutzes der betroffenen Unternehmen genügt dies freilich nicht. Da Wettbewerbsbehörden zum Schutz des Wettbewerbs als Institution der Marktwirtschaft, d.h. im öffentlichen Interesse eingerichtet werden, kann ihnen die Einleitung und Durchführung von Verfahren nicht zur uneingeschränkten Pflicht gemacht werden, deren Erfüllung alle betroffenen Unternehmen verlangen können. Uber die Verfahrenseröffnung haben die Behörden vielmehr gemäß dem Opportunitätsprinzip nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Sie werden deshalb auch je nach ihren Ressourcen auf die Untersuchung von Wettbewerbsverstößen verzichten, die individuelle Rechte verletzen und die auch den Wettbewerb nachhaltig, wenn auch vielleicht weniger stark beeinträchtigen als andere Praktiken, auf die sich die Aktivitäten der Behörde konzentrieren. In diesen Fällen sind den betroffenen Unternehmen private Rechtsbehelfe einzuräumen, und dies nicht nur zum Schutz ihrer subjektiven Rechte, sondern auch zur Mobilisierung der Privatinitiative für die Zwecke des Wettbe276 Vgl. etwa UNCTAD Secretariat (Eduardo White), Control of Restrictive Business Practices in Latin America: Antitrust Bull. 21 (1976) 137-152 (139-141); Perez Miranda (oben N. 246) Rev. der. ind. 15 (1993) 69. 277 Ygi n j h e r Schwartz/Basedow (oben N. 16) sect. 30. 278 y g i (£je z x abweichenden Vorschläge in Artt. 15 und 17 DIAC, siehe schon oben IX 2 e).

Materielles

Weltkartellrecht

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werbs. Zu solchen von privater Seite einklagbaren Sanktionen gehören vor allem die Unwirksamkeit verbotswidriger Absprachen und der Anspruch auf Schadenersatz bei Verletzung der international vereinbarten materiellrechtlichen Wettbewerbsstandards. Weitergehende Sanktionen im nationalen Recht sind selbstverständlich vorbehalten.

XII. Empfehlungen zur Durchsetzung 1. Internationale Wettbewerbsagentur a) Aufgaben Die Methode der fortschreitenden Angleichung des Wettbewerbsrechts verlangt nach einer Institution, die den in Gang gesetzten Harmonisierungsprozeß beobachtet, bewußt macht und fördert. Es bedarf mit anderen Worten einer institutionellen Struktur, die auf das Ziel der Kartellrechtsangleichung ausgerichtet ist und deren Erfolg von ihr selbst und der internationalen Gemeinschaft danach beurteilt wird, wie weit der Angleichungsprozeß vorangeschritten ist. Zwar sind im Bereich der internationalen Rechtsvereinheitlichung etliche Konventionen anzutreffen, die auf solche Einrichtungen verzichten, doch liegen die Dinge dort im allgemeinen anders. Zum einen sind die betreffenden Ubereinkommen nicht als Auftakt zu einer fortschreitenden Rechtsangleichung konzipiert, sondern gleichsam als Endzustände; zum anderen betreffen sie regelmäßig Materien des Privatrechts, für die es in allen Staaten der Welt mit den Zivilgerichten Institutionen gibt, die in wesentlichen Grundzügen übereinstimmen. Die argwöhnische Sorge vieler Staaten um die Bewahrung der eigenen Souveränität wird es auf absehbare Zeit nicht zulassen, einer solcher Institution supranationale Entscheidungsbefugnisse einzuräumen. Deshalb wird sie hier auch nicht als internationale Wettbewerbsbehörde, sondern als internationale Wettbewerbsagentur bezeichnet. Sie sollte vor allem für größere Transparenz der Wettbewerbsverhältnisse sorgen279. Im einzelnen sollten ihr folgende Aufgaben zugewiesen werden: — Sie sollte die in den Vertragsstaaten angezeigten Unternehmenszusammenschlüsse mit internationaler Dimension in einem zentralen Register erfassen280 und in regelmäßigen Abständen Berichte über die Konzentration der Weltmärkte erstatten; 279 Ähnliche Empfehlungen bei Scherer (oben N. 153) Int. Bus. Lawyer 1996, 487; Schoenbaum (oben N. 239) N. C. J. Int. L. C o m . Regul. 19 (1994) 427: »forum for consultation, discussion and exchange of information.« 280 Ähnlich auch Fox (oben N. 104) Pacific R i m L. Pol.J. 4 (1995) 33.

Internationale

Wettbewerbsagentur

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— sie sollte in regelmäßigen Abständen die Wettbewerbslage auf den Weltmärkten begutachten; — sie sollte von Amts wegen oder auf Anregung betroffener Unternehmen und Staaten wettbewerbsrechtliche Konflikte mit internationalem Bezug untersuchen und darüber Bericht erstatten. b) Kooperationspflichten der Staaten Da die Agentur jedenfalls in einer ersten Phase nicht über eigene Ermittlungsbefugnisse verfugen würde, sondern auf Informationen angewiesen wäre, die ihr von Unternehmen freiwillig oder von Vertragsstaaten überlassen werden, müßten die Vertragsstaaten zur Kooperation mit der Agentur und insbesondere dazu verpflichtet sein, ihr die vorhandenen Informationen zu überlassen. Zugleich müßten Regeln über den Schutz vertraulicher Informationen und insbesondere von Betriebsgeheimnissen verabschiedet werden. c) Klagerecht Empfehlenswert ist es ferner, der Agentur die Möglichkeit zu geben, vor dem internationalen Wettbewerbsausschuß im Rahmen der WTO-Streitbeilegung (unten 3.) ein Verfahren gegen einen Vertragsstaat wegen Verletzung seiner Verpflichtungen aus dem plurilateralen Wettbewerbsabkommen einzuleiten281. Der Pflichtenverstoß kann dabei in einer unzureichenden Umsetzung des Abkommens, aber auch in einer fehlerhaften Anwendung der U m setzungsnormen oder in einer mangelhaften Durchsetzung der dazu ergangenen wettbewerbsrechtlichen Entscheidung liegen282. Die Klagebefugnis der Agentur wäre vor allem von Vorteil, wenn Staaten aus Gründen politischer Opportunität auf eine Klage verzichten oder wenn die Wettbewerbsbeschränkungen international so weit gestreut sind, daß sich kein Staat in besonderer Weise betroffen fühlt. Im übrigen würde die Eigenart des W T O Verfahrens durch die Erweiterung der Klagebefugnis auf die Agentur nicht wesentlich gestört, doch wäre eine Anpassung des Streitbeilegungsverfahrens, vor allem der vorgesehenen Sanktionen erforderlich, siehe unten 3. Der ungewöhnliche Vorschlag des Draft International Antitrust Code, der Agentur zusätzlich das prozessuale Initiativrecht in innerstaatlichen Behörden- und Gerichtsverfahren zu verleihen, stößt auf gewisse praktische Schwierigkeiten, auf die schon oben hingewiesen wurde 283 . Er wird vermutlich auch etlichen prinzipiellen Einwänden begegnen, die zum Beispiel daher rühren können, daß im nationalen Prozeßrecht Klagen nur zur Durchsetzung 281 282 283

Siehe schon oben IX 3 b, S.78 nach N. 210 zu Art. 19 Abs. 2 (e) DIAC. Immenga (oben N. 125) 606. Siehe schon oben IX 3 b) nach N. 211.

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Empfehlungen zur

Durchsetzung

eigener Rechte und nicht zur Wahrnehmung diffuser Interessen der Allgemeinheit zugelassen sind. Der Vorschlag des Code wird sich daher vermutlich in einer ersten Phase der Kartellrechtsangleichung nicht verwirklichen lassen. Seine Durchsetzungschancen steigen aber in dem Maße, wie die Agentur Vertragsstaaten im WTO-Streitbeilegungsverfahren verklagt. Es wird sich dann zeigen, daß die größere Zahl der wettbewerbsrechtlichen Konflikte die WTO-Streitbeilegung möglicherweise überlastet, daß innerstaatliche Verfahren eine geringere diplomatische Publizität erzeugen und daß sie eher als die völkerrechtlichen Verfahren den besonderen Interessenkonflikten des Wettbewerbs Rechnung tragen können.

2. Nationale Verfahren u n d K o o p e r a t i o n a) Ein plurilaterales Abkommen über Kernpflichten der Kooperation Es ist auf absehbare Zeit nicht realistisch anzunehmen, daß einige für die Weltwirtschaft wichtige Staaten im Bereich des Wettbewerbsrechts einer Übertragung souveräner jurisdiktioneller Kompetenzen auf ein supranationales Gericht nach Art des Europäischen Gerichtshofs oder auf ein Schiedsgericht zustimmen werden. Der Schlußstein der Rechtsvereinheitlichung, nämlich die verbindliche Entscheidung internationaler wettbewerbsrechtlicher Konflikte durch ein Weltkartellamt oder ein Weltkartellgericht ist nach wie vor für viele Staaten ein unannehmbarer Verzicht auf souveräne Rechte und daher als »Traum« bezeichnet worden 284 . Die Entscheidung solcher Konflikte wird also auch in Zukunft bei staatlichen Behörden und letztinstanzlich bei staatlichen Gerichten liegen, die in erster Linie ihrem eigenen nationalen Recht verpflichtet sind und nicht dem Völkerrecht. Dies schließt jedoch Bemühungen um eine einheitliche Anwendung und effektive Durchsetzung des Weltkartellrechts nicht von vornherein aus. Doch kommen zur Steuerung des Entscheidungsverhaltens der einzelstaatlichen Behörden und Gerichte nur Mittel in Betracht, die keine nennenswerte Aufgabe souveräner Rechte implizieren. Dies trifft einerseits zu für die Verpflichtung zur Kooperation zwischen den nationalstaatlichen Behörden und Gerichten, zum anderen aber auch für internationale Streitbeilegungsmechanismen wie das der W T O , die unterhalb der Ebene verbindlicher Entscheidungen mit Empfehlungen operieren und zu deren Durchsetzung den Entzug wirtschaftlicher Vorteile in Aussicht stellen, siehe unten 3.

284 pjp e r ; Träume vom Weltkartellamt: Süddeutsche Zeitung Nr. 292 vom 19.12. 1997 S. 21.

Nationale Verfahren und Kooperation

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Wenn die Zuständigkeit zur Durchsetzung des international vereinheitlichten Wettbewerbsrechts auch in Zukunft bei den nationalen Behörden und Gerichten liegen soll, ist die Forderung nach einer Intensivierung der Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden eine Minimalforderung, die vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung unternehmerischer Tätigkeit und der oben (IV., S. 31 ff.) konstatierten Vollzugslücken des nationalen Rechts im internationalen Wettbewerb unabweisbar ist. Die verschiedenen bilateralen Abkommen, die Empfehlungen der O E C D und Einzelbestimmungen in den WTO-Vereinbarungen weisen auch auf einen Kernbestand von Kooperationspflichten hin, der international konsensfähig ist und in einem plurilateralen Abkommen niedergelegt werden sollte285. Wie schon oben erläutert286, umfaßt er die Pflicht zur Notifikation von Verfahrenseinleitungen, die Pflicht zur Überlassung vorhandener Informationen über Märkte und Unternehmen und die Pflicht zur Konsultation im Falle der Doppelzuständigkeit verschiedener Vertragsstaaten; als Pendant zum Informationsaustausch ist eine Regelung der Geschäftsgeheimnisse betroffener Unternehmen anzustreben. b) Weitere Abkommen über spezifische Kooperationspflichten O b die Staaten darüber hinaus bereit sind, Pflichten zur Zustellung ausländischer Kartellverwaltungsakte, zur Ermittlung für ausländische Kartellbehörden oder gar zur Vollstreckung ausländischer Untersagungs- und B u ß geldbescheide zu akzeptieren, ist fraglich. Zustellungspflichten werden eher konsensfähig sein als Ermittlungspflichten, und diese noch eher als Vollstrekkungspflichten. Dies spricht dafür, die ganze Kooperationsthematik aus dem äußeren Verbund mit der materiellen Kartellrechtsvereinheitlichung herauszulösen und neben dem Abkommen zur Vereinheitlichung des materiellen Wettbewerbsrechts verschiedene plurilaterale Kooperationsabkommen auszuarbeiten, eines für die Grundformen der Zusammenarbeit (Notifikation, Informationsaustausch, Konsultation, siehe oben a), eines für die Zustellung kartellbehördlicher Verwaltungsakte im Ausland, eines über die Ermittlung im Ausland und eines über die Vollstreckung ausländischer kartellbehördlicher Entscheidungen; nach Möglichkeit sollten jeweils die entsprechenden Maßnahmen von Kartellgerichten mit einbezogen werden. Ein solches aufgegliedertes Verfahren hat sich in Bezug auf den internationalen Rechtsverkehr unter Zivilgerichten bewährt. Im R a h m e n der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat man zwar zunächst in den Jahren 1896, 1905 und 1954 allgemeine Abkommen über den Zivilprozeß ver285 Siehe European Commission, Group of Experts (oben N. 7) S. 20f.; Fox (oben N. 104) Pacific R i m L. Pol. J. 4 (1995) 33 und oben IV 2, S.33ff. zu den bestehenden Kooperationsregeln. 286 Siehe schon IX 3 c, S.79f.

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Empfehlungen zur

Durchsetzung

abschiedet und darin versucht, eine möglichst große Anzahl von Einzelfragen einvernehmlich zu regeln, darunter auch die Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland287. Die Regelungen blieben aber vielfach dem niederen Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners verhaftet. Erst als man sich zur Auflösung des thematischen Verbundes entschloß, gelangen wesentliche Fortschritte, und zwar zunächst in dem Haager Zustellungsübereinkommen von 1965288 und danach in dem Haager Beweisübereinkommen von 1970289. Eine weltweite Konvention über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen in Zivil- und Handelssachen hat bis auf den heutigen Tag keine nennenswerte praktische Bedeutung erlangt290. Diese Vorgänge sind auch für die Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen lehrreich. Sie zeigen, daß nicht zu viele verschiedene Themen in einer Konvention behandelt werden sollten; an einem zu groß geschnürten Paket verheben sich die Staaten. Im Bereich des Rechtsverkehrs zwischen Zivilgerichten sind die verschiedenen Formen der Kooperation grundsätzlich unabhängig davon, welches materielle Recht ein Gericht anwendet. Die erwähnten Ubereinkommen enthalten lediglich einen relativ allgemein gefaßten Vorbehalt, wonach ein Zustellungs- oder Rechtshilfeersuchen nicht erledigt werden muß, wenn der ersuchte Staat der Auffassung ist, die Erledigung könne seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit gefährden 291 . Grundsätzlich sollte die Verpflichtung zur Kooperation auch im Bereich des Kartellrechts nicht davon abhängig gemacht werden, daß der ersuchende Staat gerade die Regeln des international vereinheitlichten Wettbewerbsrechts durchsetzen will. Ein allgemeiner Vorbehalt des wirtschaftsrechtlichen ordre public sollte zum Schutz der Interessen des ersuchten Staates genügen. Eine Berufung auf den ordre public muß freilich ausscheiden, soweit es um die Durchsetzung des international vereinheitlichten Kernbestandes materieller Kartellrechtsregelungen geht. 287

Internationales Abkommen vom 17.7. 1905 über den Zivilprozeß, RGBl. 1909, 409 (gilt nur noch im Verhältnis zu Island); Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1.3. 1954, BGBl. 1958 II, 577; siehe näher Schuck, Hundert Jahre Haager Konferenz für I P R — Ihre Bedeutung für die Vereinheitlichung des internationalen Zivilverfahrensrechts: RabelsZ 57 (1993) 224-262 (230, 232, 239). 288 Haager Ubereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11. 1965, BGBl. 1977 II, 1453; vgl. Schack (oben N. 287) RabelsZ 57 (1993) 246f. 289 Haager Ubereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und H a n delssachen vom 18.3. 1970, BGBl. 1970 II, 1472, vgl. Schack (oben N. 287) RabelsZ 57 (1993) 251. 2,0 Das Übereinkommen vom 1.2. 1971 ist nur zwischen den Niederlanden, Portugal und Zypern in Kraft getreten, vgl. Schack (oben N. 287) RabelsZ 57 (1993) 249. Z u den gegenwärtigen Neuverhandlungen siehe Schack, Perspektiven eines weltweiten Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommens: Z E u P 1994, 306—334. 291 Vgl. Art. 13 des Haager Zustellungsübereinkommens (oben N. 288) und Art. 12 Abs. 1 des Haager Beweisübereinkommens (oben N. 289).

Internationale Streitbeilegung

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3. I n t e r n a t i o n a l e S t r e i t b e i l e g u n g a) Vorteile des W T O - V e r f a h r e n s Unterhalb der Ebene der verbindlichen Streitentscheidung durch supranationale Gerichte bietet sich das Streitbeilegungsverfahren der Welthandelsorganisation 292 auch als Instrument zur einheitlichen A n w e n d u n g u n d effektiven Durchsetzung des materiellen Weltkartellrechts an293. Die Erstreckung dieses Streitbeilegungsverfahrens auf wettbewerbsrechtliche Konflikte liegt besonders nahe, w e n n die Kartellrechtsvereinheitlichung als Ergänzung des Welthandelsrechts im R a h m e n der W T O betrieben wird. Im übrigen hat sich das W T O - V e r f a h r e n in zahlreichen außenhandelsrechtlichen Streitfällen bewährt. D e n Mitgliedern der Welthandelsorganisation w ü r d e kein Souveränitätsverzicht abverlangt, der über das hinausginge, was sie schon im R a h m e n der Welthandelsorganisation akzeptiert haben. Dies bleibt aber gleichsam unter der Schmerzgrenze; d e n n die Streitbeilegungsausschüsse der W T O schließen die Verfahren nicht etwa durch formell verbindliche Urteile oder Schiedssprüche ab, sondern durch Empfehlungen. Gleichwohl erzielen sie sehr oft die gewünschte W i r k u n g , weil die obsiegende der unterlegenen Partei H a n delskonzessionen entziehen kann, w e n n letztere der E m p f e h l u n g nicht folgt 294 . Die z u n e h m e n d e Interdependenz der Volkswirtschaften begründet einen starken Anreiz für j e d e n Staat, solche Handelssanktionen zu vermeiden u n d die W T O - E m p f e h l u n g e n umzusetzen.

b) Anpassung des W T O - V e r f a h r e n s Freilich ist schon oben daraufhingewiesen worden, daß das W T O - V e r f a h ren einer Anpassung an die Besonderheiten des Wettbewerbsrechts bedarf. Dies gilt für die sehr knapp bemessenen Fristen, die für die erforderlichen E r mittlungen bei U n t e r n e h m e n u n d Verbänden oft nicht ausreichen. Ferner wird man allen Mitgliedstaaten u n d nicht nur den Parteien eine Kooperationspflicht bei der U n t e r s u c h u n g der streitgegenständlichen Wettbewerbsbeschränkungen auferlegen müssen. Da die Wettbewerbsbeschränkungen in erster Linie private Interessen b e rühren, sollte den betroffenen U n t e r n e h m e n auch ein Antragsrecht zur Einleit u n g von W T O - V e r f a h r e n eingeräumt werden 295 . D a m i t das Streitbeile292

Siehe den Überblick oben IX 3 d, S. 81 f. bei N. 220. So auch Immenga (oben N. 125) 607f.; ähnlich Fox (oben N. 103) Pacific R i m . L. Pol. J. 4 (1995) 32; de Noronha Goyos (oben N. 147) Int. Trade L. & Regul. 1997, 22; im G r u n d satz auch Duijm/Winter (oben N. 252) W u W 1993, 470f.; Matsushita (oben N. 115) DePaul L. Rev. 44 (1995) 1109. 294 Petersmann (oben N. 215) 192f. zu Art. 22 D S U 295 Siehe oben IX 3 d, S. 82 f. nach N. 222. 2,3

108

Empfehlungen zur

Durchsetzung

gungsverfahren der W T O nicht durch eine Flut privater Beschwerden überlastet wird, ist eine Vorabprüfungskompetenz der Streitbeilegungsausschüsse zu erwägen; sie erhielten damit das Recht, individuelle Anträge, die ohne grundsätzliche Bedeutung für den internationalen Wettbewerb sind, a limine zurückzuweisen. Eine Vorabprüfung müßte unterbleiben, wenn ein Mitgliedstaat selbst als Kläger auftritt. Neben der individuellen Antragsbefugnis oder alternativ zu ihr ist an ein Antragsrecht der internationalen Wettbewerbsagentur (siehe oben 1) zu denken. Die Antragsbefugnis einzelner Unternehmen und der Agentur verändert freilich den Charakter der Streitigkeit. Zwar steht auf der Beklagtenseite stets ein Mitgliedstaat, dem eine unzureichende Umsetzung des Weltkartellrechts oder aber eine unzulängliche Durchsetzung des umgesetzten Rechts vorgeworfen wird. Auf der klagenden Seite stehen aber private oder diffuse Interessen der Weltwirtschaft, vertreten durch die internationale Wettbewerbsagentur. Im Falle ihres Obsiegens würde sich die Frage stellen, welcher Staat gemäß Artikel 22 D S U dem unterlegenen Vertragsstaat Handelskonzessionen entziehen kann. Selbst wenn es gelingt, einen hauptsächlich betroffenen Staat zu identifizieren, wird dieser Staat die betreffende Sanktion doch wohl kaum verhängen, hat er doch selbst keinen Anlaß zur Einleitung des Verfahrens gesehen. In diesen Fällen wird das WTO-Streitbeilegungsverfahren also der effektiven Sanktion entbehren und die abschließende Empfehlung nicht viel mehr als Feststellungscharakter haben. Bedeutungslos sind aber auch solche Feststellungen nicht. Z u m einen beeinflussen sie die wettbewerbsrechtliche und wirtschaftspolitische Diskussion in dem Land der unterlegenen Partei, zum anderen schwächen sie die Position von dessen Delegationen im R a h men internationaler wirtschaftspolitischer Verhandlungen. Z u m dritten schärfen sie das wettbewerbsrechtliche Problembewußtsein der internationalen Gemeinschaft. Es sollte deshalb eine Erweiterung der Antragsbefugnis im WTO-Streitbeilegungsverfahren auf Private und/oder die internationale Wettbewerbsagentur angestrebt werden.

XIII. Resümee

1. Die Bemühungen um eine internationale Vereinheitlichung des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen verdienen Unterstützung. 2. Die Kartellrechtsvereinheitlichung ist ein Prozeß; sie kann nur in Schritten gelingen. 3. Für eine progressive Vereinheitlichung des Kartellrechts ist die Welthandelsorganisation das richtige Forum. 4. Als Instrument bietet sich die plurilaterale Vereinbarung gemäß Annex 4 zum WTO-Ubereinkommen an; teilnehmen sollten nur Staaten, die in ihrem internen Recht bereits über ein Kartellgesetz verfügen. 5. Anzustreben sind verbindliche Regelungen und nicht nur Empfehlungen (»soft law«). 6. Das auszuhandelnde Ubereinkommen sollte nicht unmittelbar anwendbar (»self-executing«) sein und lediglich Mindeststandards festschreiben. 7. Der räumliche Anwendungsbereich ist auf Wettbewerbsbeschränkungen von internationaler Dimension zu beschränken und muß sowohl inlandswirksame wie auslandswirksame Praktiken umfassen; Exportkartelle, die auf die Märkte von Nichtvertragsstaaten zielen, können freigestellt werden. 8. In der Sache sollte das Ubereinkommen nur private Wettbewerbsbeschränkungen regeln und Gegenstände wie das Antidumping- und Beihilfenrecht sowie das Recht der öffentlichen und mit Vorrechten ausgestatteten Unternehmen ausblenden, die unmittelbare Eigeninteressen der Staaten berühren. 9. Konsensfähig erscheint ein per-se-Verbot der Preis-, Quoten- und Submissionskartelle sowie der Absprachen über Produktionsmengen und Marktaufteilungen. Andere horizontale Absprachen werden nach Maßgabe der Rule of Reason verboten. 10. Auch für vertikale Absprachen sollte ein Verbot nach Maßgabe der Rule of Reason vereinbart werden. Die Preisbindung der zweiten Hand sowie vertikale Absprachen, die der Verstärkung verbotener Kartelle dienen, werden generell untersagt.

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Resümee

11. Mißbräuche marktbeherrschender Stellungen können nach dem Vorbild von Art. 86 EGV verboten werden. 12. Eine materielle Fusionskontrolle scheidet im ersten Stadium der Vereinheitlichung aus; wohl ist aber die Pflicht zur Vorabanmeldung von Zusammenschlußvorhaben nach Grund und Modalitäten ihrer Erfüllung näher auszugestalten. 13. Das Ubereinkommen sollte die Vertragsstaaten zur Einführung einer administrativen Wettbewerbsaufsicht und einiger zivilrechtlicher Sanktionen (Unwirksamkeit verbotswidriger Verträge, Schadenersatz) verpflichten. 14. Es ist eine Internationale Wettbewerbsagentur zu schaffen, die — jedenfalls zunächst — keinerlei Entscheidungsbefugnisse hat, sondern Aufgaben der Registrierung, Begutachtung und Untersuchung wahrnimmt. 15. Die Vertragsstaaten kooperieren mit der Internationalen Wettbewerbsagentur. 16. Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen bleibt Sache der Vertragsstaaten, die sich gegenseitig in einem plurilateralen Abkommen einen Kernbestand von Kooperationspflichten versprechen: Notifikation, Information, Konsultation. 17. Weitere Kooperationspflichten (Zustellung, Ermittlung, Vollstrekkung) sollten im Laufe der Zeit nach Möglichkeit zum Gegenstand separater Kooperationsabkommen gemacht werden. 18. Im internationalen Bereich empfiehlt sich das bewährte Verfahren der zwischenstaatlichen Streitbeilegung auch zur Durchsetzung des materiellen Weltkartellrechts. 19. Eine Anpassung des Verfahrens, z.B. der Fristenregelung und der Verfahrensförderungspflicht der Vertragsstaaten, an die andersartigen wettbewerbsrechtlichen Konflikte ist erforderlich. 20. Eine Ausdehnung der Einleitungsbefugnis aufdie Internationale Wettbewerbsagentur (oben Nr. 14) und/oder beteiligte Unternehmen ist zu erwägen, obwohl die Sanktionen des WTO-Verfahrens ihnen nicht zu Gebote stehen.

XIV. Nachwort

Die hier unterbreiteten Vorschläge sind im Materiellen wie im Prozeduralen nicht auf die Herstellung eines Idealzustandes gerichtet, sondern als pragmatischer Leitfaden für Gespräche über den Einstieg in die Kartellrechtsvereinheitlichung gedacht. Sie fassen in vielen P u n k t e n nur R e g e l u n g e n auf einer plurilateralen Ebene zusammen, die im nationalen R e c h t oder in bilateralen A b k o m m e n schon bestehen. N u r an wenigen Stellen beschreiten sie Neuland, so insbesondere bei der Untersagung von Exportkartellen, die auch gleichsam die Nagelprobe jeglicher F o r m von Kartellrechtsvereinheitlichung ist. Das Grundanliegen m u ß dahin gehen, einen ersten Schritt zur U b e r w i n d u n g des Widerspruchs zwischen staatlicher Souveränität u n d offenen M ä r k ten 296 , zwischen der weltumspannenden Tätigkeit der U n t e r n e h m e n u n d der anachronistischen Kirchturmperspektive des nationalen R e c h t s zu tun 297 . In d e m Streben nach internationalen R e g e l n für internationale Probleme 29 " ist der erste Schritt der schwerste. Zwischen der politischen Banalität u n d U t o pie führt nur ein enger Pfad hindurch, den es im Vertrauen auf die Eigendynamik eines Vereinheitlichungsprozesses zu betreten gilt.

296

A u f dieses Spannungsverhältnis hat schon f r ü h u n d eindringlich Mestmäcker, Staatliche Souveränität u n d offene M ä r k t e : R a b e l s Z 52 (1988) 205—255, hingewiesen. 297 Vgl. Matsushita (oben N . 115) D e P a u l L. R e v . 44 (1995) 1118: »...attachment to t h e national jurisdiction is b e c o m i n g outdated.« 2,8 Fox (oben N . 104) Pacific R i m L. Pol. J. 4 (1995) 12: »...international problems call for some international solutions.«

Anhänge

I. Welthandelsrecht 1. Art. XVII G A T T 1994 2. Art. 9 des U b e r e i n k o m m e n s über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (TRIMS) 3. Art. 11 des U b e r e i n k o m m e n s über Schutzmaßnahmen 4. Art. VIII, IX des Allgemeinen Ü b e r e i n k o m m e n s über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) 5. Art. 8 Abs. 2 u n d Art. 40 des U b e r e i n k o m m e n s über handelsbezogene Aspekte der R e c h t e des geistigen Eigentums ( T R I P S ) II. Havanna-Charta für eine Internationale Handelsorganisation 24.3. 1948 - Kapitel V: Einschränkende Handelspraktiken

vom

III. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Erklärung über internationale Investitionen u n d multinationale U n t e r n e h m e n v o m 21.6. 1976 — Leitsätze zum Wettbewerb IV. Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD), Kodex über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken v o m 2 2 . 4 . 1980 V. International Antitrust Code Working Croup, Draft International Antitrust C o d e v o m 10.7. 1993 VI. Pacto Andino, Decisión 285 v o m 21.3. 1991 — N o r m a s para prevenir o corregir las distorsiones en la competencia generadas por prácticas restrictivas de la libre competencia VII. MERCOSUL, Protocolo de defesa da concurrencia do M E R C O S U L ( C M C / D E C . N ° 18/96) v o m 16.12. 1996 VIII. N o r t h American Free Trade Agreement (NAFTA) v o m 17.12. 1992, Chapter 15: C o m p e t i t i o n Policy, Monopolies and State Enterprises IX. Agreement between the G o v e r n m e n t of the U n i t e d States of America and the Commission of the European C o m m u n i t i e s regarding the application of their competition laws vom 2 3 . 9 . 1991

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Anhänge

X. Australien — Neuseeland 1. Protocol of 18.8. 1988 to the Australia N e w Zealand Closer Economic Relations — Trade Agreement on Acceleration of Free Trade in Goods (ANZCERTA), Art. 4 2. Australia: Trade Practices Act 1974 (no. 51 of 1974) as amended, sect. 5, 46 A, 46 B, 155 A, 155 B 3. N e w Zealand: Commerce Act 1986 (no. 5 of 1986) as amended, sect. 36 A, 98 H, 99A.

Anhang I

Welthandelsrecht 1. Artikel XVII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) 1994 Artikel X V I I G A T T 1947 Staatliche H a n d e l s u n t e r n e h m e n 1 1. a) Jede Vertragspartei, die an irgendeinem Ort ein staatliches Unternehmen errichtet oder betreibt oder einem Unternehmen rechtlich oder tatsächlich ausschließliche oder besondere Vorrechte gewährt, verpflichtet sich sicherzustellen, daß dieses Unternehmen bei seinen Käufen oder Verkäufen, die Einfuhren oder Ausfuhren zur Folge haben, die allgemeinen Grundsätze der Nichtdiskriminierung beachtet, die nach diesem Abkommen für staatliche Maßnahmen in bezug auf die Ein- oder Ausfuhr durch Privatunternehmen vorgeschrieben sind. b) Aufgrund des Buchstaben a) sind die staatlichen Unternehmen verpflichtet, unter gebührender Berücksichtigung der anderen Bestimmungen dieses Abkommens solche Käufe und Verkäufe ausschließlich aufgrund von kommerziellen Erwägungen, wie Preis, Qualität, verfügbarer Menge, Marktgängigkeit, Beförderungsverhältnisse und andere den Kauf oder Verkauf betreffende Umstände, vorzunehmen und den U n ternehmen anderer Vertragsparteien eine ausreichende Möglichkeit zur Beteiligung an diesen Käufen oder Verkäufen unter Bedingungen des freien Wettbewerbs und auf der Grundlage der üblichen Geschäftspraxis zu geben. c) Eine Vertragspartei wird ein ihrer Rechtshoheit unterstehenden Unternehmen (gleichviel, ob es sich um eines der in Buchstabe a) bezeichneten oder um ein anderes Unternehmen handelt) nicht daran hindern, nach den in Buchstaben a) und b) enthaltenen Grundsätzen zu handeln. 2. Absatz 1 findet keine Anwendung auf die Einfuhr von Waren, die weder zum Wiederverkauf noch zur Erzeugung von zum Verkauf bestimmter Waren, sondern zum unmittelbaren oder Letztverbrauch für staatliche Zwecke bestimmt sind. Hinsichtlich solcher Einfuhren gewährt jede Vertragspartei dem Handel der anderen Vertragsparteien eine billige und angemessene Behandlung. 1 Quelle des konsolidierten Texts in deutscher Ubersetzung in der Fassung vom 1.3.1969: http://mlujurs l.jura. uni-halle.de/meng/forschg/wto/gattdeut.htm#FNXVII mit Verweis auf Deutsches Handelsarchiv 1969,2663; Teilfundstellen: BGBl. 1951 II, 173 Anlagebände 1,2; BGBl. 1957 II, 621; BGBl. 1967 II, 2007.

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Anhang I

3. Die Vertragsparteien erkennen an, daß sich aus der Tätigkeit der in Absatz 1 Buchstabe a) bezeichneten Unternehmen starke Hindernisse für den Handel ergeben können, für die Ausweitung des internationalen Handels ist es daher wichtig, solche Hindernisse durch Verhandlungen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum gemeinsamen Nutzen zu begrenzen oder zu verringern. 4. a) Die Vertragsparteien werden den Vertragsparteien die Waren notifizieren, die von Unternehmen der in Absatz 1 Buchstabe a) bezeichneten Art in ihr Gebiet eingeführt oder aus ihrem Gebiet ausgeführt werden. b) Eine Vertragspartei, die für die Einfuhr einer Ware, die nicht Gegenstand eines Zugeständnisses nach Artikel II ist, ein Monopol errichtet, beibehält oder genehmigt, teilt den Vertragsparteien auf Antrag einer anderen Vertragspartei, die einen bedeutenden Handel mit dieser Ware aufweist, den Aufschlag auf den Einfuhrpreis dieser Ware während einer nicht weit zurückliegenden Vergleichsperiode mit, oder, falls dies nicht möglich ist, den Preis, der bei dem Wiederverkauf der Ware gefordert wird. c) Die Vertragsparteien können auf Antrag einer Vertragspartei, die der begründeten Ansicht ist, daß die Tätigkeit eines Unternehmens der in Absatz 1 Buchstabe a) bezeichneten Art ihre aus diesem Abkommen herrührenden Interessen schädigt, von der Vertragspartei, die ein solches Unternehmen errichtet, beibehält oder genehmigt, Auskünfte über die Tätigkeit dieses Unternehmens im Hinblick auf die Durchführung dieses Abkommens verlangen. d) Dieser Absatz verpflichtet eine Vertragspartei nicht zur Preisgabe vertraulicher Informationen, deren Veröffentlichung die Durchführung der Rechtsvorschriften behindern oder sonst dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen oder die berechtigten Wirtschaftsinteressen bestimmter Unternehmen schädigen würde.

N o t e zu A r t i k e l X V I I Absatz 1. Die Tätigkeit der von Vertragsparteien geschaffenen Handelsorganisationen, die sich mit Ankauf oder Verkauf beschäftigen, unterliegt den Bestimmungen der B u c h staben a) und b). Die Tätigkeit der von Vertragsparteien geschaffenen Handelsorganisationen, die sich nicht mit Ankäufen oder Verkäufen beschäftigen, sondern R e g e l u n g e n für den Privathandel treffen, wird durch die in Betracht kommenden Artikel dieses A b k o m mens geregelt. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß ein staatliches Unternehmen eine Ware auf verschiedenen Märkten zu verschiedenen Preisen verkauft, sofern dies aus k o m m e r ziellen Gründen geschieht, um dem Angebot und der Nachfrage auf den Ausfuhrmärkten R e c h n u n g zu tragen. Absatz 1. Buchstabe a) Staatliche Maßnahmen, die zur Durchsetzung bestimmter N o r m e n hinsichtlich Qualität und Leistung im Außenhandel durchgeführt werden, der Vorrechte, die für die Ausbeutung einheimischer Naturschätze gewährt werden, die aber die R e g i e r u n g nicht ermächtigen, die Handelstätigkeit des betreffenden Unternehmens zu regeln, stellen keine »ausschließlichen oder besonderen Vorrechte« dar.

Welthandelsrecht

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Absatz 1. Buchstabe b) Ein Land, das eine zweckgebundene Anleihe erhält, kann diese Anleihe als eine »kommerzielle Erwägung« ansehen, wenn es Waren, die es benötigt, im Ausland erwirbt. Absatz 2 Das Wort »Waren« bezieht sich nur aufWaren im handelsüblichen Sinne, nicht aber auf die entgeltliche Inanspruchnahme oder Leistung von Diensten. Absatz 3 Die von den Vertragsparteien nach diesem Absatz vereinbarten Verhandlungen können die Senkung von Zöllen und sonstigen Einfuhr- und Ausfuhrbelastungen oder den Abschluß einer anderen, alle Teile zufriedenstellenden Abmachung zum G e genstand haben, die mit diesem Abkommen im Einklang steht. (Siehe Artikel II A b satz 4 und die Anmerkung dazu). Absatz 4. Buchstabe b) In Absatz 4 Buchstabe b) bedeutet der Begriff »Aufschlag auf den Einfuhrpreis« die Spanne, um die der vom Einfuhrmonopol für die eingeführte Ware geforderte Preis (ohne die inneren Abgaben im Sinne von Artikel III, die Kosten für Beförderung und Verteilung, die sonstigen mit dem Ankauf, dem Verkauf oder einer späteren Veredelung verbundenen Kosten sowie eine angemessene Gewinnspanne) den Preis bei der Anlieferung (landed cost) übersteigt.

Vereinbarung zur Auslegung des Artikels X V I I des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) 1994 2 Die Mitglieder aufgrund der Feststellung, daß Artikel X V I I den Mitgliedern Verpflichtungen in bezug von Handelsunternehmen im Sinne des Artikels X V I I Absatz 1 auferlegt, die im Einklang stehen müssen mit den allgemeinen Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, die nach dem G A T T 1994 für staatliche Maßnahmen in bezug auf E i n - oder Ausfuhren durch Privatunternehmen vorgeschrieben sind, aufgrund der Feststellung, daß die Mitglieder ihre Verpflichtungen nach dem G A T T 1994 in bezug auf die staatliche Handelsunternehmen betreffenden staatlichen Maßnahmen erfüllen müssen, in Anerkennung dessen, daß diese Vereinbarung die in Artikel X V I I vorgeschriebenen materiellen Disziplinen unberührt läßt — K o m m e n wie folgt überein: 1. Zur Gewährleistung der Transparenz der Tätigkeiten von staatlichen Handelsunternehmen notifizieren die Mitglieder die betreffenden U n t e r n e h m e n dem R a t für 2

Quelle: ABl. E G 1994L 3 3 6 / 1 3 .

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Anhang I

Warenverkehr zwecks Überprüfung durch die gemäß Absatz 5 einzusetzende Arbeitsgruppe, wobei die folgende Arbeitsdefinition festgelegt wird. »Staatliche und nichtstaatliche Unternehmen einschließlich Vertriebsorganisationen, denen ausschließliche oder besondere Vorrechte einschließlich gesetzlicher oder verfassungsrechtlicher Befugnisse gewährt worden sind, in deren Ausübung sie durch ihre Käufe oder Verkäufe den Umfang oder die Bestimmung von Ein- oder Ausfuhren beeinflussen.« Diese Notifikationsverpflichtung gilt nicht für Einfuhren, die zum unmittelbaren oder Letztverbrauch für staatliche Zwecke oder zur Verwendung in einem in Absatz 1 genannten Unternehmen bestimmt sind und weder zum Wiederverkauf noch zur Erzeugung von zum Verkauf bestimmten Waren verwendet werden. 2. Jedes Mitglied nimmt eine Uberprüfung seiner Politik in bezug auf die Notifikation von staatlichen Handelsunternehmen an den Rat für Warenverkehr vor, wobei es diese Vereinbarung berücksichtigt. Bei der Durchführung einer solchen Uberprüfung soll jedes Mitglied die Notwendigkeit berücksichtigen, für seine Notifikationen ein Höchstmaß an Transparenz zu gewährleisten, damit eine eindeutige Bewertung der Tätigkeit der notifizierten Unternehmen sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf den internationalen Handel ermöglicht wird. 3. Die Notifikationen erfolgen in Übereinstimmung mit dem Fragebogen für staatliche Handelsunternehmen, der am 24.Mai 1960 angenommen wurde (BISD 9S/ 184—185), wobei Einvernehmen darüber besteht, daß die Mitglieder die unter Absatz 1 fallenden Unternehmen unabhängig davon notifizieren, ob tatsächlich Einfuhren oder Ausfuhren stattgefunden haben. 4. Ein Mitglied, das Grund zu der Annahme hat, daß ein anderes Mitglied seinen Notifikationsverpflichtungen nicht angemessen nachgekommen ist, kann die Angelegenheit mit dem betreffenden Mitglied zur Sprache bringen. Wird die Angelegenheit nicht in zufriedenstellender Weise geklärt, kann es eine Gegennotifikation an den Rat für Warenverkehr richten, die von der nach Absatz 5 einzusetzenden Arbeitsgruppe geprüft wird; gleichzeitig unterrichtet es das betreffende Mitglied. 5. Der Rat für Warenverkehr setzt eine Arbeitsgruppe ein, die die Aufgabe hat, N o tifikationen und Gegennotifikationen zu prüfen. Aufgrund dieser Prüfung und unbeschadet des Artikels VII Absatz 4 Buchstabe c) kann der Rat für Warenverkehr Empfehlungen in bezug auf die Angemessenheit der Notifikationen und die Notwendigkeit weiterer Auskünfte abgeben. Die Arbeitsgruppe prüft unter Zugrundelegung der eingegangenen Notifikationen auch die Angemessenheit des vorgenannten Fragebogens für staatliche Handelsunternehmen und den Tätigkeitsbereich der nach Absatz 1 notifizierten Handelsunternehmen. Er erarbeitet ferner eine Beispielliste der möglichen Formen der Beziehungen zwischen Staat und Unternehmen und der Arten von Tätigkeiten, die von diesen Unternehmen ausgeübt werden, soweit dies für die Zwekke des Artikels XVII sachdienlich ist. Es besteht Einvernehmen darüber, daß das Sekretariat für die Arbeitsgruppe ein allgemeines Hintergrundsdokument über die Tätigkeiten staatlicher Handelsunternehmen im Zusammenhang mit dem internationalen Handel vorlegen wird. Die Mitgliedschaft in der Arbeitsgruppe steht allen Mitgliedern frei, die den Wunsch äußern, der Arbeitsgruppe anzugehören. Die Gruppe tritt innerhalb eines Jahres nach dem Tag des Inkrafttretens des WTO-Abkommens und danach mindestens einmal im Jahr zusammen. Sie erstattet dem Rat für Warenverkehrjährlich Bericht 1 .

Wehhandelsrecht

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2. Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (Agreement on Trade-Related Investment Measures [TRIMS], Teil von Anhang 1 A des WTO-Ubereinkommens) 4 Artikel 9 U b e r p r ü f u n g durch den R a t für Warenverkehr Spätestens fünf Jahre nach d e m Zeitpunkt des Inkrafttretens des W T O - A b k o m mens überprüft der R a t für Warenverkehr das Funktionieren dieses U b e r e i n k o m mens u n d schlägt der Ministerkonferenz gegebenenfalls Ä n d e r u n g e n i m Wortlaut vor. B e i dieser U b e r p r ü f u n g erwägt der R a t für Warenverkehr, ob das U b e r e i n k o m m e n durch B e s t i m m u n g e n über Investitionspolitik u n d Wettbewerbspolitik ergänzt w e r d e n sollte.

3. Übereinkommen über Schutzmaßnahmen (Agreement on Safeguards, Teil von Anhang 1 A des WTO-Übereinkommens) 5 Artikel

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Verbot u n d Beseitigung bestimmter M a ß n a h m e n 1. a) Ein M i t g l i e d darf Notstandsmaßnahmen bei der Einfuhr bestimmter Waren g e m ä ß Artikel X I X des G A T T 1994 nur dann ergreifen oder anstreben, w e n n solche M a ß n a h m e n i m Einklang mit diesem Artikel stehen, der g e m ä ß diesem U b e r e i n k o m m e n angewendet w i r d . b) A u ß e r d e m d a r f e i n M i t g l i e d freiwillige Ausfuhrbeschränkungen, sonstige Selbstbeschränkungsabkommen oder ähnliche M a ß n a h m e n betreffend die Ausfuhren oder die Einfuhren w e d e r anstreben noch ergreifen noch aufrechterhalten 6 ' 7 . Dazu g e h ö ren sowohl von e i n e m einzelnen M i t g l i e d getroffene M a ß n a h m e n als auch M a ß n a h m e n i m R a h m e n von U b e r e i n k ü n f t e n und Vereinbarungen zwischen zwei oder m e h reren M i t g l i e d e r n . Einschlägige M a ß n a h m e n , die bei Inkrafttreten des W T O - A b k o m m e n s A n w e n d u n g finden, w e r d e n mit diesem U b e r e i n k o m m e n in Einklang g e bracht oder g e m ä ß Absatz 2 schrittweise beseitigt. 3 Die Tätigkeiten dieser Arbeitsgruppe werden mit den Tätigkeiten der Arbeitsgruppe gemäß Abschnitt III der Ministererklärung über Notifikationsverfahren vom 15. April 1994 koordiniert. 4 Quelle: ABl. EG 1994L 336/100. 5 Quelle: ABl. EG 1994L 336/184. 6 Ein Einfuhrkontingent, das im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des GATT 1994 und diesem Ubereinkommen als Schutzmaßnahme angewendet wird, kann bei gegenseitigem Einvernehmen von dem Ausfuhrmitglied verwaltet werden. 7 Zu ähnlichen Maßnahmen gehören beispielsweise: Mäßigung bei der Ausfuhr, Systeme zur Überwachung der Ausfuhr- bzw. der Einfuhrpreise, Überwachung der Einfuhren oder der Ausfuhren, obligatorische Einfuhrkartelle und nichtautomatische Verfahren für die Erteilung von Ausfuhr- oder Einfuhrlizenzen, durch die Schutz gewährt wird.

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Anhang I

c) Dieses Ü b e r e i n k o m m e n gilt nicht für M a ß n a h m e n , die von einem Mitglied gemäß anderen Bestimmungen des G A T T 1994 als dem Artikel X I X u n d anderen m u l tilateralen Handelsübereinkünften in Anhang 1 A als diesem U b e r e i n k o m m e n oder gemäß im R a h m e n des G A T T 1994 geschlossenen Protokollen u n d Ubereinkünften oder Vereinbarungen angestrebt, getroffen oder aufrechterhalten werden. 2. Die in Absatz 1 Buchstabe b) vorgesehene schrittweise Beseitigung der M a ß n a h m e n erfolgt nach Zeitplänen, die d e m Ausschuß für Schutzmaßnahmen von den b e troffenen Mitgliedern spätestens 180 Tage nach Inkrafttreten des W T O - A b k o m m e n s vorgelegt werden. Diese Zeitpläne sehen vor, daß alle in Absatz 1 genannten M a ß n a h m e n binnen vier Jahren nach dem Inkrafttreten des W T O - A b k o m m e n s beseitigt oder mit diesem Ü b e r e i n k o m m e n in Einklang gebracht werden, mit Ausnahme einer einzigen spezifischen M a ß n a h m e j e Einfuhrmitglied 8 , deren Geltungsdauer nicht über den 31. D e z e m b e r 1999 hinausgehen darf. Solche Ausnahmen sind zwischen den direkt betroffenen Mitgliedern gegenseitig zu vereinbaren u n d müssen d e m Ausschuß für Schutzmaßnahmen binnen 90 Tagen nach Inkrafttreten des W T O - A b kommens zur Prüfung und A n n a h m e vorgelegt werden. Im Anhang dieses Ü b e r e i n k o m m e n s ist eine M a ß n a h m e aufgeführt, die vereinbarungsgemäß unter diese Ausn a h m e fällt. 3. Die Mitglieder dürfen die A n n a h m e oder die Aufrechterhaltung nichtstaatlicher M a ß n a h m e n , die den M a ß n a h m e n in Absatz 1 gleichwertig sind, durch öffentliche und private U n t e r n e h m e n nicht fördern oder unterstützen. Anhang Ausnahmen nach Artikel 11 Absatz 2 Betroffene Mitglieder EG/Japan Ware Personenkraftwagen, Geländefahrzeuge, leichte Nutzfahrzeuge, leichte Lastkraftwagen (bis 51) u n d die gleichen Fahrzeuge vollständig in Einzelteile zerlegt Außerkrafttreten 31. D e z e m b e r 1999

4. Allgemeines U b e r e i n k o m m e n über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services [GATS], Anhang 1 B zum W T O - U b e r e i n k o m m e n ) 9 Artikel

VIII

M o n o p o l e u n d Dienstleistungserbringer mit ausschließlichen R e c h t e n (1) Jedes Mitglied gewährleistet, daß ein Dienstleistungserbringer mit M o n o p o l stellung im Hoheitsgebiet des Mitglieds bei der Erbringung dieser Dienstleistung " Die einzige Ausnahme dieser Art, zu der die Europäischen Gemeinschaften berechtigt sind, ist im Anhang dieses Übereinkommens aufgeführt. » Quelle: BGBl 1994 II, 1643 = ABl. EG 1994L 336/190.

Wehhandelsrecht

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auf dem entsprechenden Markt nicht in einer Weise handelt, die mit den Pflichten des Mitglieds nach Artikel II sowie mit seinen spezifischen Verpflichtungen unvereinbar ist. (2) Tritt ein Dienstleistungserbringer eines Mitglieds mit Monopolstellung entweder direkt oder über ein verbundenes Unternehmen bei der Erbringung einer Dienstleistung außerhalb seines Monopolbereichs im Wettbewerb auf und unterliegt diese Dienstleistung spezifischen Verpflichtungen dieses Mitglieds, so gewährleistet das M i t glied, daß der Erbringer seine Monopolstellung nicht mißbraucht, indem er in seinem Hoheitsgebiet in einer Weise handelt, die mit diesen Verpflichtungen unvereinbar ist. (3) A u f Antrag eines Mitglieds, das Grund zu der Annahme hat, daß der Dienstleistungserbringer eines anderen Mitglieds mit Monopolstellung im Widerspruch zu A b satz 1 oder 2 handelt, kann der R a t für den Handel mit Dienstleistungen das fiir die E i n setzung, Unterhaltung oder Ermächtigung dieses Erbringers verantwortliche Mitglied ersuchen, spezifische Informationen über die entsprechenden Tätigkeiten zu liefern. (4) Gewährt ein Mitglied nach Inkrafttreten des W T O - U b e r e i n k o m m e n s M o n o polrechte hinsichtlich der Erbringung einer Dienstleistung, die seinen spezifischen Verpflichtungen unterliegt, so unterrichtet dieses Mitglied den R a t fiir den Handel mit Dienstleistungen spätestens drei Monate vor der beabsichtigten Gewährung der Monopolrechte; es gilt Artikel X X I Absätze 2, 3 und 4. (5) Dieser Artikel gilt auch für Fälle von Dienstleistungserbringern mit ausschließlichen R e c h t e n , sofern ein Mitglied formal oder tatsächlich a) eine kleine Zahl von Dienstleistungserbringern ermächtigt oder einsetzt und b) den Wettbewerb unter diesen Erbringern in seinem Hoheitsgebiet in erheblichem M a ß unterbindet. Artikel

IX

Geschäftspraktiken (1) Die Mitglieder erkennen an, daß gewisse Geschäftspraktiken von Dienstleistungserbringern, soweit sie nicht unter Artikel VIII fallen, den Wettbewerb b e h i n dern und damit den Handel mit Dienstleistungen beschränken können. (2) Jedes Mitglied nimmt auf Antrag eines anderen Mitglieds Konsultationen mit dem Ziel auf, die in Absatz 1 genannten Praktiken zu beseitigen. Das angesprochene Mitglied prüft diesen Antrag gründlich und wohlwollend und wirkt dadurch mit, daß es öffentlich zugängliche, nicht vertrauliche Informationen von Belang für die betreffende Angelegenheit zur Verfügung stellt. Das angesprochene Mitglied liefert dem antragstellenden Mitglied ferner weitere verfügbare Informationen im R a h m e n seines innerstaatlichen R e c h t s und vorbehaltlich des Abschlusses einer befriedigenden Vereinbarung über die Wahrung der Vertraulichkeit seitens des antragstellenden M i t glieds.

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Anhang

I

5. Ü b e r e i n k o m m e n über handelsbezogene Aspekte der R e c h t e des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights [TRIPS], Anhang I C z u m WTO-Ubereinkommen)10

Artikel

8

Grundsätze (1)

...

(2) Geeignete Maßnahmen, die jedoch mit diesem Ubereinkommen vereinbar sein müssen, können erforderlich sein, um den Mißbrauch von Rechten des geistigen Eigentums durch die Rechtsinhaber oder den Rückgriffauf Praktiken, die den Handel unangemessen beschränken oder den internationalen Technologietransfer nachteilig beeinflussen, zu verhindern. Abschnitt

8

Kontrolle wettbewerbswidriger Praktiken in vertraglichen Lizenzen (1) Die Mitglieder sind sich darin einig, daß gewisse Praktiken oder Bestimmungen bei der Vergabe von Lizenzen an Rechten des geistigen Eigentums, die den Wettbewerb beschränken, nachteilige Auswirkungen auf den Handel haben können und die Weitergabe und Verbreitung von Technologie behindern können. (2) Dieses Ubereinkommen hindert die Mitglieder nicht daran, in ihren Rechtsvorschriften Lizenzierungspraktiken und Lizenzbedingungen aufzufuhren, die in bestimmten Fällen einen Mißbrauch von Rechten des geistigen Eigentums mit nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb auf dem entsprechenden Markt bilden können. Wie vorstehend vorgesehen, kann ein Mitglied im Einklang mit den sonstigen Bestimmungen dieses Ubereinkommens geeignete Maßnahmen ergreifen, um solche Praktiken, zu denen zum Beispiel Bestimmungen über exklusive Rücklizenzen, über die Verhinderung von Angriffen auf die Gültigkeit sowie erzwungene Paketlizenzen gehören können, unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Gesetze und sonstige Vorschriften zu verhindern oder zu kontrollieren. (3) Auf Ersuchen tritt ein Mitglied mit einem anderen Mitglied, das Grund zur Annahme hat, daß der Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums, der Angehöriger des Mitglieds ist, an welches das Ersuchen um Konsultationen gerichtet wurde, oder der dort seinen Wohnsitz hat, Praktiken betreibt, mit denen die den Gegenstand dieses Abschnitts betreffenden Gesetze und sonstigen Vorschriften des ersuchenden Mitglieds verletzt werden, und das die Einhaltung dieser Rechtsvorschriften wünscht, in Konsultationen ein unbeschadet jeder Maßnahme nach dem Recht des jeweiligen Mitglieds und der völligen Freiheit einer abschließenden Entscheidung des jeweiligen Mitglieds. Das Mitglied, an welches das Ersuchen gerichtet wurde, prüft die Frage von Konsultationen mit dem ersuchenden Mitglied umfassend und wohlwollend, bietet angemessene Gelgenheit für solche Konsultationen und wirkt dadurch mit, daß es öf"» Quelle: BGBl. 1994 II, 1730 = ABl. EG 1994L 336/213.

Welthandelsrecht

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fentlich verfügbare nicht vertrauliche Informationen, die für die fragliche Angelegenheit von Bedeutung sind, sowie andere ihm zugängliche Informationen zur Verfugung stellt, vorbehaltlich innerstaatlicher Rechtsvorschriften und des Abschlusses beide Seiten zufriedenstellender Vereinbarungen über die Wahrung ihrer Vertraulichkeit durch das ersuchende Mitglied. (4) Einem Mitglied, dessen Angehörige oder Gebietsansässige in Verfahren in einem anderen Mitglied wegen einer angeblichen Verletzung der Gesetze und sonstigen Vorschriften dieses anderen Mitglieds in bezug auf den Gegenstand dieses Abschnitts verwickelt sind, ist auf Ersuchen durch das andere Mitglied Gelegenheit zu Konsultationen unter den in Absatz 3 aufgeführten Bedingungen zu geben.

Anhang II

Havanna-Charta für eine internationale Handelsorganisation vom 24. 3. 1948 Kapitel V: Einschränkende Handelspraktiken1 Artikel

46

Allgemeine Politik gegenüber einschränkenden Handelspraktiken 1 .Jeder Mitgliedstaat hat geeignete Maßnahmen zu treffen und mit der Organisation zusammenzuarbeiten, um einschränkende Handelspraktiken — gleichgültig ob sie von privaten oder öffentlichen Unternehmen ausgeübt werden —, die im internationalen Handel den Wettbewerb beschränken, den Zugang zu den Märkten begrenzen oder einer monopolistischen Kontrolle Vorschub leisten, in allen Fällen zu verhindern, in denen diese Praktiken schädliche W i r k u n g e n für die Entwicklung der Erzeugung oder des Handels haben und die Erreichung irgendeines der in Art. 1 genannten Ziele beeinträchtigen. 2. U m der Organisation im einzelnen Fall die Feststellung zu ermöglichen, ob eine Handelspraxis die in ZifF.l gekennzeichnete W i r k u n g hat oder auszulösen droht, k o m m e n die Mitgliedstaaten überein, daß, ohne Begrenzung auf die Ziff.l, B e schwerden wegen einer der in Ziff.3 aufgeführten Handelspraktiken nach dem in den Art. 48 und 50 vorgesehenen Beschwerdeverfahren Gegenstand einer Untersuchung sind, soweit a) eine solche Beschwerde der Organisation unterbreitet wird und b) die fragliche Handelspraxis von einem oder mehreren privaten oder öffentlichen Unternehmen oder bei einem Zusammenwirken, einem Abkommen oder einer anderen Abrede zwischen derartigen Unternehmungen angewandt wird und c) diese Unternehmen einzeln oder gemeinsam die tatsächliche Kontrolle über den Handel in einem oder mehreren Erzeugnissen zwischen mehreren Ländern innehaben. 3. Bei den in Ziff.2 erwähnten Handelspraktiken handelt es sich u m folgende: a) Festsetzung von einzuhaltenden Preisen oder Geschäftsbedingungen für den Kauf, den Verkauf oder die Vermietung eines Erzeugnisses; b) Ausschluß von Unternehmen von Absatzgebieten oder Tätigkeitsbereichen, Z u teilung oder Aufteilung solcher Bereiche, Zuteilung von Kunden, Festsetzung von Verkaufs- und Einkaufsquoten; ' Quelle: W u W 1953, 244.

Havanna-Charta

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c) Diskriminierung bestimmter Unternehmen; d) Erzeugungsbeschränkungen oder Festsetzung von Erzeugungskontingenten; e) Vereinbarungen, welche die Entwicklung der Anwendung technischer Verfahren oder von patentierten oder nichtpatentierten Erfindungen verhindern; f) Ausdehnung der Verwertung von Rechten aus Patenten, Warenzeichen oder U r heberrechten einzelner Mitgliedstaaten auf Gegenstände, die nach den Gesetzen und Verordnungen dieser Mitgliedstaaten nicht in den R a h m e n dieser Rechte fallen; oder deren Ausdehnung auf Erzeugnisse, Erzeugungsbedingungen, Anwendungsgebiete oder Verkäufe, die ebenfalls nicht Gegenstand dieser Rechte sind; g) ähnliche Praktiken, welche die Organisation mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden und an der Abstimmung teilnehmenden Staaten als einschränkende H a n delspraktiken bezeichnet. Artikel

47

Das Beratungsverfahren Jeder betroffene Mitgliedstaat, nach dessen Ansicht in einem bestimmten Fall eine Praxis besteht, welche die in Art. 46 Ziff.l angegebene Wirkung hat oder zu haben droht (gleichgültig ob ein privates oder öffentliches Unternehmen diese Praxis anwendet) , kann mit anderen Mitgliedstaaten unmittelbar in eine Beratung eintreten oder die Organisation auffordern, eine Beratung mit bestimmten Mitgliedern herbeizuführen zu dem Zwecke, zu beiderseits befriedigenden Ergebnissen zu gelangen. Die Organisation führt, wenn der Mitgliedstaat dieserhalb nachsucht und wenn sie diese Maßnahme für gerechtfertigt hält, eine solche Beratung herbei und wirkt daran mit. Die in dem vorliegenden Artikel vorgesehene Verfahrensweise greift dem in Art. 48 behandelten Verfahren nicht vor. Artikel

48

Das Untersuchungsverfahren 1. Entsprechend den Ziff.2 und 3 des Art. 46 kann jeder betroffene Mitgliedstaat in eigener Sache oder für eine seiner Jurisdiktion unterliegenden betroffenen Person, Unternehmung oder Organisation eine schriftliche Beschwerde an die Organisation des Inhalts richten, daß in einem gegebenen Falle eine Praxis vorliegt, welche die in Art. 46 Ziff. 1 angegebene Wirkung hat oder zu haben droht (gleichgültig, ob diese Praxis von einem privaten oder öffentlichen Unternehmen ausgeht); jedoch können Beschwerden, die sich gegen ein öffentliches Unternehmen richten, das unabhängig von anderen Unternehmen handelt, nur von einem Mitgliedstaat vorgebracht werden, der in eigener Sache handelt und nur nachdem der Mitgliedstaat das Verfahren gem. Art. 47 in Anspruch genommen hat. 2. Die Organisation schreibt das Mindestmaß an Auskünften vor, das in Beschwerden aufgrund des vorliegenden Artikels enthalten sein muß. Uber die Art und die schädlichen Wirkungen der Praktiken sind eingehende Angaben zu machen. 3. Die Organisation prüft jede nach Ziff.l unterbreitete Beschwerde. Wenn die O r ganisation es für angebracht hält, ersucht sie die beteiligten Mitgliedstaaten, ergänzende Auskünfte beizusteuern, z. B. Auskünfte, die von ihrer Jurisdiktion unterliegenden Unternehmen stammen. Nach Prüfung der einschlägigen Informationen entscheidet die Organisation, ob eine Untersuchung gerechtfertigt ist.

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Anhang II

4. W e n n die Organisation beschließt, daß eine U n t e r s u c h u n g gerechtfertigt ist, gibt sie die Beschwerde allen Mitgliedstaaten bekannt, ersucht alle Mitgliedstaaten, über den Fall alle zusätzlichen Informationen zu liefern, die sie für erforderlich hält, u n d fuhrt über den Gegenstand der Beschwerde Verhöre durch oder läßt diese d u r c h f u h ren. J e d e m Mitgliedstaat, jeder Person, U n t e r n e h m u n g oder Organisation, in deren Interesse die Beschwerde vorgebracht worden ist, sowie den U n t e r n e h m e n , denen die beanstandete Praxis vorgeworfen wird, soll ausreichend Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Argumente gegeben werden. 5. Die Organisation prüft alle verfugbaren Informationen u n d stellt fest, ob die in den ZifF.2 u n d 3 des Art. 46 angegebenen Bedingungen vorliegen u n d ferner, ob die in R e d e stehende Praxis die in Ziff. 1 des genannten Artikels angegebene W i r k u n g gehabt hat, hat oder zu haben droht. 6. Die Organisation gibt allen Mitgliedstaaten ihre Beschlüsse u n d die G r ü n d e hierfür bekannt. 7. W e n n die Organisation feststellt, daß in einem bestimmten Falle die in den Ziff.2 u n d 3 des Art. 46 angegebenen Bedingungen vorliegen, u n d daß die fragliche Praxis die in Ziff. 1 des genannten Artikels angegebene W i r k u n g gehabt hat oder zu haben droht, ersucht sie j e d e n beteiligten Mitgliedstaat, alle zur Verfugung stehenden Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, u n d kann außerdem den beteiligten Mitgliedstaaten e m p fehlen, Abhilfemaßnahmen auf der Grundlage ihrer Gesetze u n d Verfahren durchzuführen. 8. Die Organisation kann j e d e n interessierten Mitgliedstaat ersuchen, ihr einen ausführlichen Bericht über die in einem bestimmten Fall getroffenen Abhilfemaßnahm e n zu übermitteln. 9. Die Organisation verfaßt u n d veröffentlicht innerhalb kürzestmöglicher Frist nach d e m vorläufigen oder endgültigen Abschluß des Verfahrens in einer nach d e m vorliegenden Artikel vorgebrachten Beschwerde einen Bericht, der eine vollständige Darstellung ihrer Entscheidungen u n d der Gründe, auf die sie gestützt werden, sowie die M a ß n a h m e n enthält, die sie den Mitgliedstaaten empfohlen hat. Auf einen entsprechenden Antrag eines Mitgliedstaates darf die Organisation vertrauliche Auskünfte, die ihr von diesem Mitgliedstaat zur Verfügung gestellt worden sind u n d deren B e kanntwerden die legitimen Interessen eines U n t e r n e h m e n s ernstlich schädigen w ü r de, nicht bekanntgeben. 10. Die Organisation teilt allen Mitgliedstaaten die Abhilfemaßnahmen mit, die von d e m beteiligten Mitgliedstaat in j e d e m behandelten Fall getroffen worden sind, u n d veröffentlicht sie. Artikel 49 Untersuchungen einschränkender Handelspraktiken 1. Die Organisation ist ermächtigt: a) entweder auf eigene Initiative oder auf Antrag eines Mitgliedstaates oder eines Organs der Vereinten Nationen oder einer anderen zwischenstaatlichen Organisation Untersuchungen durchzuführen über i) allgemeine Probleme der einschränkenden Handelspraktiken, die den internationalen Handel beeinflussen: ii) A b k o m m e n , Gesetze u n d Verfahren, die sich z. B. beziehen auf die G r ü n d u n g

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und Eintragung von Gesellschaften, auf Investitionen, Wertpapiere, Preise, Märkte, Wettbewerbsregeln, Warenzeichen, Urheberrechte, Patente sowie den Austausch und die Entwicklung von technischen Verfahren, soweit diese Abkommen, Gesetze und Verfahren mit einschränkenden Handelspraktiken im internationalen Handel in Z u sammenhang stehen; iii) die Registrierung von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen und sonstigen Abreden, die den internationalen Handel beeinflussen. b) die Mitgliedstaaten um Auskünfte zwecks Durchfuhrung derartiger Untersuchungen zu bitten. 2. Die Organisation ist ermächtigt: a) gegenüber den Mitgliedstaaten Empfehlungen bezüglich der Abkommen, G e setze und Verfahren auszusprechen, welche die aufgrund des vorliegenden Kapitels fur sie bestehenden Verpflichtungen betreffen; b) Konferenzen zwischen Mitgliedstaaten zu dem Zwecke zu organisieren, alle Fragen bezüglich einschränkender Handelspraktiken im internationalen Handel zu erörtern. Artikel

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Verpflichtungen der Mitgliedstaaten 1 .Jeder Mitgliedstaat hat alle in Frage kommenden gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen im Einklang mit seiner Verfassung, seiner Gesetzgebung oder seiner Wirtschaftsordnung zu treffen, um zu verhindern, daß private oder öffentliche U n t e r nehmen innerhalb seiner Jurisdiktion Handelspraktiken ausüben, die unter Ziff.2 und 3 des Art. 46 fallen und welche die in Ziff. 1 dieses Artikels angegebene Wirkung haben. Ebenso hat jeder Mitgliedstaat die Organisation bei der Verhinderung solcher Praktiken zu unterstützen. 2.Jeder Mitgliedstaat hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, u m Beschwerden vorzubringen, Untersuchungen durchzufuhren und auf Ersuchen der Organisation Informationen zu sammeln und Berichte abzufassen. 3.Jeder Mitgliedstaat gibt der Organisation so schnell und umfassend wie möglich die nachgesuchten Auskünfte, u m aufgrund des vorliegenden Kapitels die Prüfung und Untersuchung von Beschwerden und ihre allgemeinen Untersuchungen durchfuhren zu können. Jedoch kann jeder Mitgliedstaat die Organisation davon in Kenntnis setzen, daß er diejenigen Auskünfte nicht geben wird, die er für die erfolgreiche Durchfuhrung der Untersuchung durch die Organisation für unwesentlich hält und deren Bekanntwerden die berechtigten Interessen eines Unternehmens ernstlich schädigen würde. Wenn der Mitgliedstaat der Organisation eine derartige Mitteilung macht, hat er den allgemeinen Charakter der abgelehnten Auskünfte zu kennzeichnen und die Gründe darzulegen, aus denen er sie für unwesentlich hält. 4.Jeder Mitgliedstaat berücksichtigt die Ersuchen, Feststellungen und Empfehlungen der Organisation aufgrund des Art. 48 in vollem Umfang und trifft entsprechend seiner Verfassung, seiner Gesetzgebung und seiner Wirtschaftsordnung in dem betreffenden Fall unter Beachtung seiner Verpflichtungen aufgrund des vorliegenden Kapitels jeweils die von ihm für zweckmäßig erachteten Maßnahmen. 5.Jeder Mitgliedstaat erstattet einen ausführlichen Bericht über alle Maßnahmen, die er allein oder gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten getroffen hat, u m den Ersu-

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Anhang

II

chen und Empfehlungen der Organisation nachzukommen. Wenn er keine Maßnahmen ergriffen hat, legt er der Organisation seine Gründe dar und prüft mit ihr die Angelegenheit, wenn sie ihn hierzu ersucht. 6. Jeder Mitgliedstaat nimmt auf Ersuchen der Organisation an den in dem vorliegenden Kapitel vorgesehenen Beratungen und Konferenzen teil, damit allseits befriedigende Ergebnisse erreicht werden. Artikel

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Gemeinsame Abhilfemaßnahmen 1.Die Mitgliedstaaten können zusammenarbeiten, um innerhalb ihrer Jurisdiktion getroffene Abhilfemaßnahmen zum Zweck der Erreichung der in dem vorliegenden Kapitel gekennzeichneten Ziele wirksamer zu gestalten, wobei diese mit ihren Verpflichtungen auf Grund anderer Bestimmungen der vorliegenden Charta in Einklang stehen müssen. 2. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Organisation von ihrem Beschluß, an einer solchen gemeinsamen Aktion teilzunehmen, und setzen sie von jeder getroffenen Maßnahme in Kenntnis. Artikel

52

Nationale Maßnahmen gegen einschränkende Handelspraktiken Eine Maßnahme oder ein Nichteingreifen der Organisation soll keinen Mitgliedstaat davon abhalten, seine Gesetze und Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die dazu bestimmt sind, Monopole oder Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern. Artikel

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Besondere Verfahren auf dem Gebiete der Dienstleistungen 1. Die Mitgliedstaaten erkennen an, daß gewisse Dienstleistungen wie diejenigen des Transportwesens, des Fernmeldewesens, der Versicherungen und des Bankgeschäftes wichtige Elemente des internationalen Handels darstellen und daß jede einschränkende Handelspraxis, die von Unternehmen angewandt wird, welche sich diesen Zweigen des internationalen Handels widmen, ähnliche schädliche Wirkungen haben kann wie die in Art. 46 Ziff. 1 angegebenen. Für diese Praktiken gelten die Vorschriften der folgenden Ziffern des vorliegenden Artikels. 2. Wenn nach Ansicht eines Mitgliedstaates einschränkende Handelspraktiken bei einer der in ZifF.l erwähnten Dienstleistungen angewandt werden und diese Praktiken die oben angegebenen schädlichen Wirkungen zur Folge haben oder zu haben drohen, kann der genannte Mitgliedstaat dem Mitgliedstaat oder den Mitgliedstaaten, deren private oder öffentliche Unternehmen die in R e d e stehenden Dienstleistungsgeschäfte betreiben, schriftlich eine Darstellung der Lage unterbreiten. Jeder beteiligte Mitgliedstaat hat diese Darstellung ebenso wie die gegebenenfalls gemachten Vorschläge eingehend zu prüfen und sich entsprechend zu Beratungen zur Verfugung zu stellen, damit eine befriedigende Regelung erreicht wird. 3. Wenn eine befriedigende Regelung gem. Ziff.2 nicht erzielt werden kann und wenn die Frage der Organisation unterbreitet wird, wird diese der zuständigen zwi-

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schenstaatlichen Organisation (falls eine solche besteht) mit d e n B e m e r k u n g e n ü b e r wiesen, welche die Organisation zu m a c h e n wünscht. W e n n keine zuständige z w i schenstaatliche Organisation v o r h a n d e n ist, kann die Organisation auf E r s u c h e n der Mitgliedstaaten entsprechend den B e s t i m m u n g e n der ZifF.l c) des Art. 72 E m p f e h lungen aussprechen u n d den Abschluß internationaler A b m a c h u n g e n mit d e m Ziele anregen, daß M a ß n a h m e n getroffen werden, u m für die besondere Lage, soweit diese in den R a h m e n dieser Charta fällt, Abhilfe zu schaffen. 4. D i e Organisation arbeitet entsprechend Art. 87 Ziff. 1 mit d e n anderen z w i s c h e n staatlichen Organisationen hinsichtlich der einschränkenden Handelspraktiken z u sammen, die ein in der vorliegenden Charta behandeltes Gebiet b e r ü h r e n . Diese O r ganisationen sind ihrerseits berechtigt, die Organisation zu R a t e zu ziehen u n d sie zu ersuchen, eine U n t e r s u c h u n g ü b e r ein bestimmtes P r o b l e m v o r z u n e h m e n . Artikel

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Auslegungen u n d Begriffsbestimmungen 1. Bei der Auslegung der B e s t i m m u n g e n des vorliegenden Kapitels sind die aus der vorliegenden Charta sich e r g e b e n d e n anderen R e c h t e u n d Verpflichtungen der M i t gliedstaaten g e b ü h r e n d zu berücksichtigen. Diese B e s t i m m u n g e n sind daher nicht so auszulegen, daß sie der Einleitung u n d Durchsetzung irgendwelcher M a ß n a h m e n entgegenstehen, soweit diese ausdrücklich in anderen Kapiteln der vorliegenden Charta f ü r zulässig erklärt sind. J e d o c h kann die Organisation g e g e n ü b e r den M i t gliedstaaten oder j e d e r zuständigen zwischenstaatlichen Organisation hinsichtlich aller Einzelheiten dieser M a ß n a h m e n , welche die in Art. 46 Ziff. 1 angegebene W i r k u n g haben k ö n n t e n , E m p f e h l u n g e n aussprechen. 2. Im Sinne des vorliegenden Kapitels a) ist der Ausruck »Handelspraktiken« nicht d a h i n g e h e n d zu verstehen, daß er sich auf individuelle, zwischen zwei Parteien abgeschlossene Verträge wie Kauf, M i e t e oder Agentenverhältnis bezöge, es sei d e n n , daß diese Verträge die W i r k u n g haben, den W e t t b e w e r b zu b e h i n d e r n , den Z u t r i t t zu den M ä r k t e n einzuschränken o d e r eine monopolistische Kontrolle zu begünstigen: b) bedeutet der Ausdruck »öffentliche U n t e r n e h m e n « i) staatliche Stellen, soweit sie sich mit Handelsgeschäften befassen, sowie ii) U n t e r n e h m e n , die z u m g r o ß e n Teil oder vollständig in öffentlicher H a n d liegen, es sei d e n n , daß der beteiligte Mitgliedstaat erklärt, er besitze im Sinne des vorliegenden Kapitels die tatsächliche Kontrolle über diese U n t e r n e h m e n o d e r er trage f ü r sie die Verantwortung; c) bedeutet der Ausdruck »private U n t e r n e h m e n « alle U n t e r n e h m e n , die nicht zu d e n öffentlichen U n t e r n e h m e n rechnen; d) bezeichnen die W o r t e »decide« u n d »décision«, w i e sie in d e n Art. 46, 4 8 (außer in Ziffer 3 u n d 4) u n d 50 v e r w e n d e t werden, nicht Verpflichtungen flir die Mitgliedstaaten, s o n d e r n b e d e u t e n lediglich, daß die Organisation zu einer »Feststellung« g e langt.

Anhang III

Organisation flir wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Erklärung über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen 1 Leitsätze zum Wettbewerb Die Unternehmen sollten unter Beachtung der Wettbewerbsbestimmungen und der erklärten wettbewerbspolitischen Ziele der jeweiligen Gastländer 1. alle Maßnahmen unterlassen, die den Wettbewerb auf dem relevanten Markt u n ter mißbräuchlicher Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung beeinträchtigen würden, z. B. durch (a) wettbewerbsbeschränkende Übernahmen, (b) Verdrängungspraktiken gegenüber Wettbewerbern, (c) unbillige Liefer- und Bezugsverweigerung, (d) wettbewerbsbeschränkende Mißbräuche gewerblicher Schutzrechte, (e) eine diskriminierende (d. h. ungerechtfertige Unterschiede machende) Preisgestaltung sowie die Benutzung so gestalteter Preise zwischen Konzernunternehmen zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs außerhalb des Konzerns; 2. Abnehmern, Händlern und Lizenznehmern in Ubereinstimmung mit den geltenden Gesetzen und Handelsbräuchen sowie den Erfordernissen der Spezialisierung und einer gesunden, geschäftspolitischen Praxis die Freiheit einräumen, weiterzuveräußern, zu exportieren, zu erwerben und ihre Geschäfte weiterzuentwickeln; 3. sich einer Teilnahme an oder einer bewußten Verschärfung der wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen von internationalen oder inländischen Kartellen oder wettbewerbsbeschränkenden Abkommen enthalten, die sich nachteilig auf den Wettbewerb auswirken oder ihn völlig ausschalten und die nach den einschlägigen nationalen oder internationalen Gesetzen nicht allgemein oder ausdrücklich zugelassen sind; 4. zu Konsultationen und zur Zusammenarbeit — einschließlich der Erteilung von Informationen — mit den zuständigen Behörden deijenigen Länder bereit sein, deren Interessen von bestimmten wettbewerbspolitischen Fragen oder Untersuchungen unmittelbar betroffen sind. Die Erteilung von Informationen sollte in Übereinstimmung mit den üblichen einschlägigen Schutzbestimmungen erfolgen. Quelle: Bundesblatt (Schweiz) 128 (1976, II 2) S. 1512, 1519.

Anhang IV

Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze u n d R e g e l n zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken vom 22.4.1980 1

Die Konferenz der Vereinten Nationen über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken In der Erkenntnis, daß sich wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken schädlich auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer sowie deren wirtschaftliche Entwicklung auswirken können, In der Uberzeugung, daß ein Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze und Regeln zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken dazu beitragen kann, das mit der Schaffung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung verfolgte Ziel der Beseitigung wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken, die sich schädlich auf den internationalen Handel auswirken, zu verwirklichen und dadurch die Entwicklung und Verbesserung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen auf gerechter Grundlage zu fördern, Eingedenk der Notwendigkeit, dafür zu sorgen, daß wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken nicht die Verwirklichung der Vorteile hemmen oder verhindern, die sich aus dem Abbau der Zollschranken und sonstiger Beschränkungen des internationalen Handels insbesondere des Handels und der Entwicklung der Entwicklungsländer ergeben sollten, In Erwägung der möglichen schädlichen Auswirkungen wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken, einschließlich u. a. derjenigen, die sich aus der zunehmenden Tätigkeit transnationaler Gesellschaften ergeben, auf den Handel und die Entwicklung der Entwicklungsländer, Uberzeugt von der Notwendigkeit sich gegenseitig verstärkender Maßnahmen der Staaten auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene zur Beseitigung oder wirksamen Bekämpfung wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken, einschließ1

Quelle: Bundesblatt (Schweiz) 132 (1980, III 1) S. 191.

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Anhang IV

lieh derer transnationaler Gesellschaften, die sich schädlich auf den internationalen Handel — insbesondere der Entwicklungsländer sowie deren wirtschaftliche E n t w i c k lung - auswirken, Ebenfalls davon überzeugt, daß ein allgemein anwendbarer Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze u n d Regeln zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken Vorteile mit sich bringen u n d daß alle Länder ihre U n t e r n e h m e n auffordern sollten, die Bestimmungen eines solchen Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze u n d Regeln in jeder Hinsicht einzuhalten, Ferner davon überzeugt, daß die Verabschiedung eines solchen Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze u n d Regeln zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken die Verabschiedung und Verstärkung von Wettbewerbsgesetzen u n d wettbewerbspolitischen M a ß n a h m e n auf nationaler u n d regionaler Ebene erleichtern wird u n d so zu besseren Bedingungen, größerer Leistungsfähigkeit u n d stärkerer Beteiligung am internationalen Handel u n d an der internationalen Entwicklung besonders der Entwicklungsländer fuhren, den Wohlstand im allgemeinen u n d die Interessen der Verbraucher im besonderen sowohl in den Industrie- als auch in den E n t wicklungsländern schützen u n d fördern wird, Ferner eingedenk der Notwendigkeit, Nachteile für Handel u n d Entwicklung zu beseitigen, die sich aus den wettbwerbsbeschränkenden Geschäftspraktiken transnationaler Gesellschaften oder anderer U n t e r n e h m e n ergeben k ö n n e n , u n d so dazu beizutragen, daß größtmögliche Vorteile für den internationalen Handel u n d insbesondere den Handel u n d die Entwicklung der Entwicklungsländer erzielt werden, Weiter eingedenk der Notwendigkeit, daß von den Staaten zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken getroffene M a ß n a h m e n gemäß Treu u n d Glauben, gerecht, gleichmäßig in bezug auf alle U n t e r n e h m e n sowie in Ubereinstimm u n g mit den anerkannten Rechtsgrundsätzen angewendet werden und daß die Staaten die Grundsätze u n d Ziele des Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze u n d R e g e l n berücksichtigen. Stimmt hiermit d e m folgenden Kodex von Grundsätzen u n d Regeln zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken in der Form von Empfehlungen zu:

Abschnitt A - Ziele U n t e r Berücksichtigung der Interessen aller Länder, insbesondere deijenigen der Entwicklungsländer, wurde der Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze u n d Regeln formuliert, u m folgende Ziele zu erreichen: 1. Z u gewährleisten, daß wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken nicht die Verwirklichung von Vorteilen erschweren oder verhindern, die sich aus d e m Abbau von Zollschranken u n d sonstigen Beschränkungen des internationalen Handels inbesondere für den Handel u n d die Entwicklung der Entwicklungsländer ergeben. 2. Größere Leistungsfähigkeit im internationalen Handel u n d in der internationalen Entwicklung, insbesondere der Entwicklungsländer, entsprechend den nationalen Zielen der wirtschaftlichen u n d sozialen Entwicklung u n d der bestehenden W i r t schaftsstrukturen zu erzielen, u. a. durch: a) Schaffung, Förderung u n d Schutz des Wettbewerbs;

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b) Kontrolle der Konzentration von Kapital und/oder wirtschaftlicher Macht; c) Förderung der Innovation. 3. Den Wohlstand im allgemeinen und im besonderen die Interessen der Verbraucher in den Industrie- sowie den Entwicklungsländern zu schützen und zu fördern. 4. Die Nachteile für Handel und Entwicklung zu beseitigen, die sich aus den wettbewerbsbeschränkenden Geschäftspraktiken transnationaler Gesellschaften und anderer Unternehmen ergeben können, und so dazu beizutragen, daß größtmögliche Vorteile fiir den internationalen Handel und insbesondere den Handel und die Entwicklung der Entwicklungsländer erzielt werden. 5. Einen Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze und Regeln fiir die Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken zur Verabschiedung auf internationaler Ebene aufzustellen und dadurch die Verabschiedung und Verstärkung von Wettbewerbsgesetzen und wettbewerbspolitischen Maßnahmen auf nationaler und regionaler Ebene zu erleichtern.

Abschnitt B — D e f i n i t i o n e n u n d A n w e n d u n g s b e r e i c h Im Sinne dieses Kodex multilateral gebilligter gerechter Grundsätze und Regeln gelten folgende (i) Definitionen: 1. »Wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken« sind von Unternehmen praktizierte Handlungen oder Verhaltensweisen, die durch Mißbrauch oder Erlangung und Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung den Zugang zu Märkten beschränken oder auf sonstige Weise den Wettbewerb ungerechtfertigt beschränken und sich schädlich auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer und die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder auswirken oder auswirken können oder die durch formelle, informelle, schriftliche oder mündliche Vereinbarungen oder Abmachungen zwischen Unternehmen die gleiche Wirkung haben. 2. »Marktbeherrschende Stellung« ist eine Situation, bei der ein Unternehmen entweder allein oder im Zusammenwirken mit einigen wenigen anderen Unternehmen in der Lage ist, den relevanten Markt für ein bestimmtes Erzeugnis oder eine bestimmte Dienstleistung oder Gruppen von Erzeugnissen oder Dienstleistungen zu beherrschen. 3. »Unternehmen« sind Firmen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften, sonstige Vereinigungen, natürliche oder juristische Personen oder Verbindungen derselben, unabhängig von der Art und Weise ihrer Errichtung und ihrer Kontroll- oder Eigentumsverhältnisse, ob privat oder staatlich, die wirtschaftlich tätig sind, einschließlich ihrer Zweigstellen, Tochtergesellschaften, verbundenen Unternehmen oder sonstigen mittelbar oder unmittelbar ihrer Kontrolle unterstehenden Einheiten. (ii) Anwendungsbereich: 4. Der Kodex von Grundsätzen und Regeln ist auf wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken, einschließlich derer transnationaler Gesellschaften, die sich schädlich

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Anhang IV

auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer und deren wirtschaftliche Entwicklung auswirken, anwendbar. Er ist unabhängig davon anwendbar, ob an den betreffenden Praktiken Unternehmen in einem oder mehreren Ländern beteiligt sind. 5. Die »Grundsätze und Regeln für Unternehmen einschließlich transnationaler Gesellschaften« sind auf alle Geschäfte mit Gütern und Dienstleistungen anwendbar. 6. Die »Grundsätze und Regeln für Unternehmen einschließlich transnationaler Gesellschaften« richten sich an alle Unternehmen. 7. Die Bestimmungen des Kodex von Grundsätzen und Regeln sind universell auf alle Länder und Unternehmen, gleichgültig wer an den Geschäften, Handlungen oder Verhaltensweisen beteiligt ist, anwendbar. 8.Jede Bezugnahme auf »Staaten« oder »Regierungen« schließt auch regionale Staatengruppierungen ein, soweit diese Befugnisse auf dem Gebiet der wettbewerbsbeschränkenden Geschäftspraktiken besitzen. 9. Die Grundsätze und Regeln gelten nicht für zwischenstaatliche Verträge oder wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken, die unmittelbar aus solchen Verträgen folgen.

Abschnitt C — Multilateral gebilligte gerechte Grundsätze zur Kontrolle w e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k e n d e r Geschäftspraktiken In Ubereinstimmung mit den dargelegten Zielen sollen folgende Grundsätze Anwendung finden: (i) Allgemeine Grundsätze 1. Auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene sollten geeignete Maßnahmen in einer sich gegenseitig verstärkenden Weise ergriffen werden, um wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken einschließlich deijenigen transnationaler Gesellschaften mit schädlichen Auswirkungen auf den internationalen Handel, insbesondere der Entwicklungsländer und deren wirtschaftliche Entwicklung, zu beseitigen oder wirksam zu bekämpfen. 2. Zwischen den Regierungen sollte auf bilateraler und multilateraler Ebene eine Zusammenarbeit zur Erleichterung der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken hergestellt werden, und dort, wo eine derartige Zusammenarbeit besteht, sollte sie verbessert werden. 3. Im internationalen Bereich sollten geeignete Mechanismen geschaffen und/oder der Einsatz der bestehenden internationalen Mechanismen verbessert werden, um den Austausch und die Weitergabe von Informationen über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken zwischen den Regierungen zu erleichtern. 4. Es sollten geeignete Mittel erarbeitet werden, um mehrseitige Konsultationen über Grundsatzfragen im Zusammenhang mit der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken zu erleichtern. 5. Die Bestimmungen der Grundsätze und Regeln sollten nicht so ausgelegt werden, daß sie ein Verhalten von Unternehmen rechtfertigen, das nach dem anwendbaren nationalen oder regionalen Recht unzulässig ist.

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(ii) Relevante Faktoren bei der Anwendung der Grundsätze und Regeln 6. U m die gerechte Anwendung der Grundsätze und Regeln zu gewährleisten und unter Beachtung der Notwendigkeit einer umfassenden Anwendung der Grundsätze und Regeln sollten die Staaten gebührend berücksichtigen, in welchem Umfang das Verhalten der Unternehmen, auch wenn sie von Staaten errichtet oder kontrolliert sind, nach den jeweils anwendbaren Gesetzen oder Bestimmungen zulässig ist, wobei die betreffenden Gesetze und Bestimmungen klar gefaßt, öffentlich und leicht zugänglich sein sollten, oder in welchem Umfang das Verhalten der Unternehmen von Staaten verlangt wird. (iii) Bevorzugte oder unterschiedliche Behandlung für Entwicklungsländer 7. U m die gerechte Anwendung der Grundsätze und Regeln zu gewährleisten, sollten die Staaten, insbesondere die Industrieländer, bei der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken die Entwicklungs-, Finanz- und Handelsbedürfnisse der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder, berücksichtigen, um insbesondere in den Entwicklungsländern a) die Schaffung oder Entwicklung einheimischer Industrien und die wirtschaftliche Entwicklung anderer Wirtschaftssektoren zu fördern, und b) ihre wirtschaftliche Entwicklung durch regionale oder globale Abmachungen unter den Entwicklungsländern zu fordern.

Abschnitt D — G r u n d s ä t z e u n d R e g e l n f ü r U n t e r n e h m e n einschließlich transnationaler Gesellschaften 1. Unternehmen sollten sich an die Wettbewerbsgesetze und die Vorschriften über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken in anderen Gesetzen deijenigen Länder halten, in denen sie tätig sind, und im Falle von Verfahren nach diesen Gesetzen sollten sie der Zuständigkeit der Gerichte und entsprechenden Verwaltungsorgane dieser Länder unterliegen. 2. Unternehmen sollten mit den zuständigen Behörden der Länder, die direkt betroffen sind, bei der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken, die sich auf die Interessen dieser Länder schädlich auswirken, Konsultationen fuhren und mit ihnen zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang sollten die Unternehmen auch für diesen Zweck erforderliche Auskünfte erteilen, einschließlich von Informationen über wettbewerbsbeschränkende Abmachungen; dazu gehören auch Informationen, die sich möglicherweise im Ausland befinden, soweit die Vorlage oder Bekanntgabe nicht durch das anwendbare Recht oder die Gerichts- oder Verwaltungspraxis untersagt ist. Wenn die Erteilung von Auskünften auf freiwilliger Grundlage erfolgt, sollten die auf diesem Gebiet überlicherweise angewandten Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Geheimhaltung gewährleistet sein. 3. Unternehmen, außer wenn sie miteinander im Rahmen eines Unternehmensverbundes in Geschäftsbeziehungen stehen, innerhalb dessen sie unter gemeinsamer Kontrolle, einschließlich aufgrund von Eigentum, stehen oder innerhalb dessen sie sonst nicht unabhängig voneinander zu handeln vermögen, sollten, sofern sie auf dem

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Markt als Wettbewerber oder potentielle Wettbewerber tätig sind, Praktiken wie die im folgenden genannten unterlassen, wenn diese Praktiken durch formelle, informelle, schriftliche oder mündliche Vereinbarungen oder Abmachungen den Zutritt zu Märkten beschränken oder den Wettbewerb auf sonstige Weise ungerechtfertigt beschränken und sich dadurch auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer und deren wirtschaftliche Entwicklung schädlich auswirken oder auswirken können: a) Absprachen über die Preisfestsetzung, auch für Exporte und Importe; b) Submissionsabsprachen; c) Markt- oder Kundenaufteilungsregelungen; d) Quotenabsprachen für Vertrieb oder Produktion; e) kollektive Maßnahmen zur Durchsetzung von Abmachungen — z. B. durch abgestimmte Lieferverweigerungen; f) abgestimmte Verweigerung der Belieferung potentieller Importeure; g) kollektive Ablehnung des Beitritts zu einer wettbewerblich wesentlichen Vereinbarung oder Vereinigung. 4. Unternehmen sollten die folgenden Handlungen oder Verhaltensweisen auf einem relevanten Markt unterlassen, wenn diese durch den Mißbrauch 2 oder durch die Erlangung und den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung den Zugang zu Märkten beschränken oder auf sonstige Weise den Wettbewerb ungerechtfertigt beschränken und sich dadurch schädlich auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer und deren wirtschaftliche Entwicklung auswirken oder auswirken können: a) Kampfmaßnahmen gegenüber Mitbewerbern wie z. B. Verkauf unter Selbstkostenpreis zur Verdrängung von Mitbewerbern; b) diskriminierende (d.h. ungerechtfertigt unterschiedliche) Preisgestaltung oder Liefer- und Kaufbedingungen fur Waren oder Dienstleistungen, einschließlich von Diskriminierungen mittels Preismaßnahmen in Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen, bei denen für gekaufte Waren oder erbrachte Dienstleistungen zu ho2 Ob Handlungen oder Verhaltensweisen mißbräuchlich sind, sollte unter dem Gesichtspunkt des Zweckes und der Auswirkungen im gegebenen Fall geprüft werden, insbesondere im Hinblick darauf, ob sie den Zugang zu Märkten beschränken oder auf sonstige Weise den Wettbewerb ungerechtfertigt beschränken und sich dadurch schädlich auf den internationalen Handel insbesondere der Entwicklungsländer und deren wirtschafdiche Entwicklung auswirken oder auswirken können und ob die Handlungen oder Verhaltensweisen: a) unter dem Gesichtspunkt der organisatorischen unternehmerischen und rechtlichen Beziehung zwischen den betreffenden Unternehmen angemessen sind, wie z. B. wenn sie sich im Rahmen der Beziehungen innerhalb eines Unternehmensverbundes halten und keine wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen außerhalb der verbundenen Unternehmen haben; b) angesichts der besonderen Bedingungen oder wirtschaftlichen Umstände auf dem relevanten Markt, wie außergewöhnliche Angebots- oder Nachfragebedingungen oder Marktgröße, angemessen sind; c) zu einer Kategorie gehören, die gewöhnlich nach den entsprechenden nationalen oder regionalen Gesetzen und Bestimmungen zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken als annehmbar angesehen werden; d) mit der Zielsetzung dieser Grundsätze und Regeln vereinbar sind.

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he oder zu niedrige Preise im Vergleich mit Preisen für ähnliche oder vergleichbare Transaktionen außerhalb der verbundenen Unternehmen gefordert werden; c) Zusammenschlüsse, Ubernahmen, Gemeinschaftsgründungen oder sonstiger Erwerb eines beherrschenden Einflusses in horizontaler, vertikaler oder konglomerater Beziehung; d) Festsetzung von Preisen, zu denen exportierte Waren in Importländern weiterverkauft werden können; e) Einfuhrbeschränkungen für Erzeugnisse, welche im Ausland rechtmäßig mit einem Warenzeichen versehen worden sind, das mit dem geschützten Warenzeichen für das gleiche oder ein gleichartiges Erzeugnis im Einfuhrland identisch oder ihm ähnlich ist, wenn die fraglichen Warenzeichen gleicher Herkunft sind, d. h. demselben Inhaber gehören oder von Unternehmen verwendet werden, zwischen denen eine wirtschaftliche, organisatorische, unternehmerische oder rechtliche gegenseitige Abhängigkeit besteht, und wenn der Zweck derartiger Beschränkungen die Aufrechterhaltung künstlich hoher Preise ist; f) wenn es nicht darum geht, die Erfüllung legitimer geschäftlicher Ziele wie Qualität, Sicherheit, angemessener Vertrieb oder Kundendienst sicherzustellen: i) Teilweise oder vollständige Weigerung, zu den üblichen Geschäftsbedingungen des Unternehmens zu tätigen; ii) Abhängigmachen der Lieferung von bestimmten Erzeugnissen oder der Erbringung bestimmter Dienstleistungen von der Übernahme von Vertriebs- oder Produktionsbeschränkungen für konkurrierende oder andere Erzeugnisse; iii) Festlegung von Beschränkungen, wo bzw. wohin oder an wen oder in welcher Form oder in welchen Mengen gelieferte oder andere Erzeugnisse wiederverkauft oder exportiert werden können; iv) Abhängigmachen der Lieferung bestimmter Erzeugnisse oder der Erbringung bestimmter Dienstleistungen vom Kauf anderer Erzeugnisse oder Dienstleistungen vom Anbieter oder einer von ihm bezeichneten Stelle.

Abschnitt E — Grundsätze und R e g e l n fur die Staaten auf nationaler, regionaler und sub-regionaler E b e n e 1. Die Staaten sollten auf nationaler Ebene oder durch regionale Gruppierungen zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken, einschließlich derer transnationaler Gesellschaften, geeignete Gesetze verabschieden, verbessern und durchsetzen und angemessene Gerichts- und Verwaltungsverfahren anwenden. 2. Die Staaten sollten ihre Gesetze vor allem auf den Grundsatz der Beseitigung oder wirksamen Bekämpfung von Handlungen oder Verhaltensweisen von Unternehmen gründen, die durch einen Mißbrauch oder die Erlangung und den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung den Zugang zu Märkten beschränken oder den Wettbewerb auf sonstige Weise ungerechtfertigt beschränken und die sich dadurch schädlich auf ihren Handel oder ihre wirtschaftliche Entwicklung auswirken oder auswirken können oder durch formelle, informelle, schriftliche oder mündliche Vereinbarungen oder Abmachungen zwischen Unternehmen die gleiche Wirkung haben.

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3. Bei der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken sollten die Staaten eine Treu und Glauben entsprechende, gerechte und gleichmäßige Behandlung aller Unternehmen gewährleisten und dies in Ubereinstimmung mit den anerkannten Rechtsgrundsätzen. Die Gesetze und Vorschriften sollten öffentlich und leicht zugänglich sein. 4. Die Staaten sollten sich um geeignete Abhilfe- oder Präventivmaßnahmen bemühen, um die Anwendung wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken in ihrem Zuständigkeitsbereich zu verhindern und/oder zu kontrollieren, wenn sie Kenntnis davon erhalten, daß solche Geschäftspraktiken sich schädlich auf den internationalen Handel und insbesondere den Handel und die Entwicklung der Entwicklungsländer auswirken. 5. Erhält ein Staat zum Zwecke der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken rechtmäßige Geschäftsgeheimnisse enthaltende Auskünfte von U n ternehmen, so sollte er hinsichtlich dieser Auskünfte, insbesondere zum Schutz der Geheimhaltung, die auf diesem Gebiet üblichen angemessenen Sicherheitsvorkehrungen gewährleisten. 6. Die Staaten sollten Verfahren zur Erlangung der für eine wirksame Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken notwendigen Auskünfte, einschließlich der Informationen über wettbewerbsbeschränkende Verträge, Vereinbarungen oder sonstige Abmachungen von Unternehmen, einschließlich transnationaler Gesellschaften, einführen oder verbessern. 7. Die Staaten sollten auf regionaler und subregionaler Ebene geeignete Mechanismen zur Förderung des Informationsaustausches über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken und die Anwendung nationaler Wettbewerbsgesetze wettbewerbspolitischer Maßnahmen und zur gegenseitig vorteilhaften Unterstützung hinsichtlich der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken auf regionaler und subregionaler Ebene einführen. 8. Staaten mit größerer Sachkenntnis in der Anwendung von Systemen zur Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken sollten ihre Erfahrungen an Staaten, die solche Systeme entwickeln oder verbessern wollen, auf Wunsch weitergeben oder ihnen auf andere Weise fachliche Hilfe leisten. 9. Die Staaten sollten auf ein entsprechendes Ersuchen hin oder von sich aus, wenn sie von der Notwendigkeit Kenntnis erhalten, anderen Staaten, insbesondere Entwicklungsländern, öffentlich zugängliche Informationen und, soweit mit ihren Gesetzen und der Gerichts- und Verwaltungspraxis vereinbar, auch andere Informationen übermitteln, die der interessierte Empfängerstaat für die Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken benötigt.

Abschnitt F — I n t e r n a t i o n a l e M a ß n a h m e n Die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene sollte das Ziel haben, wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken, einschließlich derer transnationaler Gesellschaften, dadurch zu beseitigen oder wirksam zu bekämpfen, daß die Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken mit schädlichen Auswirkungen auf den internationalen Handel, insbesondere der Entwicklungsländer sowie deren wirtschaftli-

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che Entwicklung, verstärkt und verbessert wird. U.a. sollten folgende Maßnahmen vorgesehen werden: 1. Erarbeitung eines mit dem Kodex von Grundsätzen und Regeln zu vereinbarenden gemeinsamen Ansatzes für nationale Maßnahmen auf dem Gebiet wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken. 2.Jährliche Weitergabe geeigneter Informationen an den UNCTAD-Generalsekretär über die Maßnahmen der Staaten und regionalen Gruppierungen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Rahmen des Kodex von Grundsätzen und Regeln sowie über die Verabschiedung, Entwicklung und Anwendung von Wettbewerbsgesetzen und -Vorschriften und wettbewerbspolitischen Maßnahmen. 3. Laufende jährliche Veröffentlichung eines Berichtes durch die U N C T A D über Entwicklungen auf dem Gebiet der Wettbewerbsgesetzgebung und über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken mit schädlichen Auswirkungen auf den internationalen Handel, insbesondere den Handel und die Entwicklung der Entwicklungsländer, der sich auf öffentlich zugängliche Informationen und, soweit möglich, auf andere Informationen stützt, insbesondere solche, die aufgrund von Auskunftsersuchen an alle Staaten oder unaufgefordert und gegebenenfalls aufgrund von Auskunftsersuchen an das Zentrum der Vereinten Nationen für Transnationale Gesellschaften oder andere zuständige internationale Organisationen erteilt wurden. 4. Konsultationen: a) Hält ein Staat, insbesondere ein Entwicklungsland, Konsultationen über eine die Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken betreffende Frage mit einem anderen Staat oder mehreren anderen Staaten für angebracht, kann er diese Staaten um Konsultationen ersuchen, um eine allseitig annehmbare Lösung zu erreichen. Sollen Konsultationen stattfinden, können die beteiligten Staaten den U N C T A D Generalsekretär ersuchen, für die entsprechenden Konsultationen gegenseitig vereinbarte Konferenzeinrichtungen zur Verfugung zu stellen; b) die Staaten sollten Konsultationsersuchen gründlich prüfen; nach erzielter Einigung über Gegenstand und Verfahren der Konsultationen sollten diese zu einem geeigneten Zeitpunkt stattfinden; c) im Falle einer entsprechenden Vereinbarung der betreffenden Staaten sollte, auf Wunsch mit Hilfe des UNCTAD-Sekretariates, von den beteiligten Staaten ein gemeinsamer Bericht über die Konsultationen und deren Ergebnisse erstellt und dem Generalsekretär zur Aufnahme in den Jahresbericht über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken zur Verfügung gestellt werden. 5. Fortsetzung der Arbeit im Rahmen der U N C T A D zur Entwicklung eines oder mehrerer Mustergesetze gegen wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken, um Entwicklungsländer bei der Ausarbeitung geeigneter Gesetze zu unterstützen. Die Staaten sollten der U N C T A D in diesem Zusammenhang die erforderlichen Auskünfte und Erfahrungen zugänglich machen. 6. Fachliche Hilfe, Beratungs- und Schulungsprogramme über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken, insbesondere für Entwicklungsländer, sollten im Rahmen der U N C T A D und anderer Organisationen der Vereinten Nationen in Verbindung mit der U N C T A D durchgeführt oder ermöglicht werden: a) Bereitstellung von Experten, die Entwicklungsländer auf Wunsch bei der Formulierung oder Verbesserung von Wettbewerbsgesetzen und -verfahren unterstützen; b) Durchführung von Seminaren, Schulungsprogrammen und Lehrgängen, insbe-

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sondere in Entwicklungsländern, zur Schulung von tatsächlich oder möglicherweise mit der A n w e n d u n g der Wettbewerbsgesetze befaßten Personen; in diesem Z u s a m m e n h a n g sollte u. a. auf die Erfahrungen u n d Kenntnisse der Verwaltungsbehörden — insbesondere in Industrieländern — zurückgegriffen werden, die bei der Aufdeckung wettbewerbsbeschränkender Geschäftspraktiken gesammelt wurden; c) Zusammenstellung eines Handbuchs der Wettbewerbsgesetze; d) Fachliteratur, D o k u m e n t e , Handbücher u n d sonstige Informationen über Fragen im Z u s a m m e n h a n g mit wettbewerbsbeschränkenden Praktiken sollten gesammelt u n d vor allem Entwicklungsländern zur Verfugung gestellt werden; e) Austausch von Personal zwischen den Wettbewerbsbehörden sollte vorgesehen u n d erleichtert werden; f) D u r c h f u h r u n g internationaler Konferenzen über Wettbewerbsgesetzgebung u n d -politik; g) Veranstaltung von Seminaren zum Meinungsaustausch über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken zwischen Vertretern der Verwaltung u n d des privaten Sektors. 7. Internationale Organisationen u n d Finanzierungsprogramme, vor allem das E n t wicklungsprogramm der Vereinten Nationen ( U N D P ) , sollten aufgefordert werden, die Mittel zur Finanzierung der in Punkt 6 genannten Aktivitäten über die geeigneten Kanäle zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus werden alle Länder, insbesondere die Industrieländer, aufgefordert, freiwillige finanzielle u n d andere Beiträge zu den genannten Aktivitäten zu leisten.

Abschnitt G — Internationale Mechanismen (i) Institutioneller R a h m e n 1.Eine im R a h m e n eines UNCTAD-Ausschusses arbeitende Zwischenstaatliche Sachverständigengruppe für wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken bildet den institutionellen Apparat; 2. die Staaten, die die Grundsätze u n d Regeln a n g e n o m m e n haben, sollten auf nationaler oder regionaler Ebene die geeigneten Schritte zur Erfüllung ihrer Verpflichtung im R a h m e n der Grundsätze u n d Regeln u n t e r n e h m e n . (ii) Aufgabe der Zwischenstaatlichen G r u p p e 3. Die Zwischenstaatliche G r u p p e hat folgende Aufgaben: a) Schaffung eines Forums u n d der Voraussetzungen für mehrseitige Konsultationen, Diskussionen und den Meinungsaustausch der Staaten über Angelegenheiten im Z u s a m m e n h a n g mit den Grundsätzen u n d Regeln, insbesondere deren A n w e n d u n g u n d die daraus resultierenden Erfahrungen; b) regelmäßige D u r c h f ü h r u n g u n d Verbreitung von Studien u n d Untersuchungen über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken im Z u s a m m e n h a n g mit den B e stimmungen der Grundsätze u n d Regeln zur Verstärkung des Erfahrungsaustausches u n d E r h ö h u n g der Wirksamkeit der Grundsätze u n d Regeln; c) Anforderung relevanter Studien, D o k u m e n t a t i o n u n d Berichte bei den entsprechenden Organisationen der Vereinten Nationen u n d deren Prüfung;

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d) Untersuchung von Angelegenheiten im Zusammenhang mit den Grundsätzen und Regeln, die aus Angaben über geschäftliche Transaktionen und sonstigen Informationen bestehen können, die auf an alle Staaten gerichteten Auskunftsersuchen beruhen; e) Sammlung und Weitergabe von Informationen über Angelegenheiten im Zusammenhang mit den Grundsätzen und Regeln, der Gesamtverwirklichung ihrer Ziele und den Maßnahmen, die die Staaten auf nationaler oder regionaler Ebene zur Förderung der Wirksamkeit der Grundsätze und Regeln — einschließlich ihrer Ziele und Grundgedanken — ergriffen haben; f) Vorlage von Berichten und Empfehlungen an die Staaten in Angelegenheiten, die in ihre Zuständigkeit fallen, einschließlich der Anwendung und Durchfuhrung der multilateral gebilligten gerechten Grundsätze und Regeln; g) Vorlage mindestens eines Tätigkeitsberichtes pro Jahr. 4. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dürfen weder die Zwischenstaatliche Gruppe noch ihre nachgeordneten Organe als Gericht fungieren oder auf sonstige Weise ein Urteil über Tätigkeit oder Verhaltensweise einzelner Regierungen oder Unternehmen im Zusammenhang mit einer bestimmten geschäftlichen Transaktion fällen. Die Zwischenstaatliche Gruppe oder ihre nachgeordneten Organe sollten es vermeiden, in Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Unternehmen über bestimmte geschäftliche Transaktionen hineingezogen zu werden. 5. Die Zwischenstaatliche Gruppe legt die zum Umgang mit geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen notwendigen Verfahren fest. (iii) Uberprüfungsverfahren 6. Vorbehaltlich der Zustimmung der Vollversammlung wird fünf Jahre nach Verabschiedung des Kodex von Grundsätzen und Regeln vom Generalsekretär der Vereinten Nationen eine Konferenz der Vereinten Nationen unter der Schirmherrschaft der UNCTAD zur Uberprüfung aller Aspekte des Kodex von Grundsätzen und Regeln einberufen. Zu diesem Zweck wird die Zwischenstaatliche Gruppe der Konferenz Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kodex von Grundsätzen und Regeln unterbreiten.

Anhang V

International Antitrust Code Working Group D r a f t International Antitrust C o d e 1 Part One: General Provisions and Basic Principles Art. 1: Acceptance and Accession Sec. i: This Agreement shall be open for acceptance, by signature or otherwise, by countries contracting parties to the GATT M T O (Agreement Establishing the Multilateral Trade Organization) and by the European Community. Sec. 2: This Agreement shall be open to accession by any other country, on terms to be agreed between that country and the C O N T R A C T I N G PARTIES to this agreement, by the deposit with the Director-General to the GATT M T O of an instrument of accession which states the terms so agreed. Art. 2: Implementation of the Agreement Sec. 1: Obligation

to Implement

and to Inform

a) Any Party to this Agreement undertakes to adopt, in accordance with its constitution, the measures necessary to ensure the effective application of this Agreement. b) Each Party shall inform the International Antitrust Authority of its existing law at the date of accession and of any changes in its laws and regulations relevant to this Agreement and in the administration of such laws and regulations. Sec. 2: Level of Antitrust

Legislation and

Non-Discrimination

a) Each Party to the Agreement is free to provide for and to apply stricter antitrust rules in its national legislation unless provided otherwise in the Agreement. b) Without prejudice to the obligation under Sec.l (a) each Party to the Agreement shall apply all rules and principles applicable to national antitrust cases under domestic law immediately and unconditionally to all interstate antitrust cases within the scope of this Agreement.

1

Quelle: WuW 1994, 128.

Draft International Antitrust

Code

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Art. 3: Scope of Application and Jurisdiction Sec. t: Scope of Application a) T h e A g r e e m e n t shall b e applicable to all restraints of c o m p e t i t i o n in the sense of this A g r e e m e n t affecting at least t w o Parties to the A g r e e m e n t . b) A Party to the A g r e e m e n t is affected w h e n e v e r there are e c o n o m i c effects in its territory or otherwise o n its c o m m e r c e , or private persons nationals of this Party, o r undertakings having their m a i n commercial establishment o n the territory o f t h e Party, are initiators or victims of a restraint of competition. Sec. 2: Jurisdiction W i t h i n the scope of application of this A g r e e m e n t (Sec.l), a Party to the A g r e e m e n t may regulate and may apply its law to restraints that have e c o n o m i c effects in its territory or otherwise o n its c o m m e r c e , even if the practice is initiated f r o m outside the territory, and it may regulate and apply its law to its nationals, and to all persons w h o initiate acts f r o m its territory. Parties to this A g r e e m e n t are encouraged to e x t e n d their law, if it does not otherwise apply, to restraints of c o m p e t i t i o n that are prohibited by this A g r e e m e n t and are initiated f r o m their territory.

Part T w o : H o r i z o n t a l a n d Vertical R e s t r a i n t s Art. 4: H o r i z o n t a l Restraints Sec. 1. : Agreements, understandings and concerted practices (hereafter «agreements«) b e t w e e n or a m o n g competitors that fix prices, divide customers or territories, or assign quotas are illegal. Sec. 2: O t h e r agreements b e t w e e n or a m o n g competitors are illegal, if they u n r e a sonably restrict competition. A n a g r e e m e n t restricts c o m p e t i t i o n if its p u r p o s e or effect is the lessening of competition. Such anticompetitive agreements are p r e s u m e d to unreasonably restrict competition, unless justified by: (1) outbalancing procompetitive effects, or (2) proof of outbalancing efficiencies or other properties likely to increase rivalry o r inventiveness and to help the collaborating firms p r o d u c e or deliver a better o r lower priced product or service and increase the firms' responsiveness to t h e needs and wants of people. Art. 5: Vertical Restraints (Distribution Strategies) Sec. 1 : Agreements, c o n c e r t e d practices and restraints in the course of distribution o f products or services are referred to herein as »distribution strategies«. Sec. 2: Certain distribution strategies are conclusively p r e s u m e d to prevent, restrict or distort c o m p e t i t i o n unreasonably and are illegal, namely: 1. Distribution strategies that aid in t h e e n f o r c e m e n t of a p r o d u c e r or distributor cartel. 2. Distribution strategies fixing a resale price or price level.

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Sec. 3: Certain distribution strategies presumptively prevent, restrict o r distort c o m petition unreasonably and, unless justified, are illegal: a) N a m e l y : i) Distribution strategies preventing or restricting t h e free m o v e m e n t of goods or services across national borders, or discriminating against goods or services of n o n - n a tionals. ii) Distribution strategies prohibiting discounting or transshipping. b) Distribution strategies presumptively illegal may b e justified if and only if the r e straint is reasonably necessary to improve p r o d u c t i o n or distribution and a fair share of the benefits will b e passed o n to consumers. Sec. 4.: Exclusive purchasing, exclusive dealing, requirement contracts, tying, and o t h e r foreclosure restraints are illegal where: a) T h e y confer or increase market power, or b) they deny noncontracting persons access o n the merits to a significant share of an input or outlet market and i) the foreclosed persons cannot feasibly procure a substitute source o f supply o r outlet, and ii) the restraint is not justified u n d e r t h e dual requirements: it must be reasonably necessary to improve p r o d u c t i o n or distribution, and a fair share of the benefits will b e passed o n to consumers. Art. 6: Restraints in C o n n e c t i o n w i t h Intellectual Property R i g h t s Sec. 1: Exercise of Intellectual Property Rights a) T h e exercise of an intellectual property right w i t h i n the limits of the legal c o n t e n t of such right does n o t entail restraints of competition. b) Abusing a d o m i n a n t position by obtaining or exercising intellectual property rights is prohibited (see Art. 14). Pooling intellectual properly rights to suppress t e c h nology or raise prices is prohibited (see Art. 4). c) W h e n the exploitation of an intellectual property right exceeds the limits of its legal content, any resulting restraint of c o m p e t i t i o n may b e illegal u n d e r the provisions of this A g r e e m e n t . Sec. 2: Licensing of Intellectual Property Rights It is part of the legal content of an intellectual property right to grant, d u r i n g the life of the right, licences w h i c h may b e exclusive and territorially restricted and to impose o n a licensee justified obligations and restrictions. Sec. 3: Know How Licenses In case of k n o w - h o w licenses Sec. 2 applies accordingly. Any obligation o n the licensee n o t to use the licensed k n o w - h o w at the e n d of the license agreement shall n o t b e justified if the k n o w - h o w has b e c o m e public k n o w l e d g e for any other reason than a breach of contract c o m m i t t e d by the licensee. Art. 7: I n d u c i n g Illegal Restraints Undertakings may neither solicit n o r inflict disadvantages u p o n other undertakings and may n o t promise or grant advantages to induce t h e m into c o n d u c t w h i c h accordi n g to this A g r e e m e n t is illegal.

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Part Three: Control of Concentration and Restructuring Art. 8: Definition of Concentration Sec. I: Acquisition

of control

A concentration between undertakings shall be deemed to arise where one or more undertakings, or one or more persons already controlling at least one undertaking, acquire, whether by purchase of securities or assets, by contract or by any other means, direct or indirect control of the whole or substantial parts of one or more other undertakings. Sec. 2:

Exception

A concentration shall not be deemed to arise where credit institutions or other financial institutions or insurance companies the normal activities of which include transactions and dealings in securities for their own account or for the account of others, hold on a temporary basis securities which they have acquired in an undertaking with a view to reselling them, provided that they do not exercise voting rights in respect of those securities with a view to determining the competitive behavior of that undertaking. Art. 9: Scope of Application Sec. 1: International

Dimension

a) This Agreement shall apply to concentrations with an international dimension, provided the threshold turnover requirements set forth in Sec.2 of this Article are fulfilled. b) For the purposes of this Agreement, a concentration has an international dimension whenever the requirements of Art. 3 Sec.l are met. Sec.2: Threshold

Turnover

Requirements

a) Concentrations shall be deemed not to have an international dimension where 1) the aggregate worldwide turnover of all the undertakings concerned is less than 0.1 per cent of the Gross National Product of the Party affected by the concentration, or 2) more than 90 per cent of the aggregate worldwide turnover of all the undertakings concerned is made outside the territory of the Party affected by the concentration. b) Aggregate turnover within the meaning of paragraph (a) shall comprise the amounts derived by the undertakings concerned in the preceding financial year from the sale of products and the provision of services falling within the undertakings' ordinary activities after deduction of sales rebates and value added tax and other taxes directly related to turnover. Further details on the calculation of the aggregate turnover of an undertaking concerned may be established by the national law of the Parties to the Agreement. Art. 10: Prior Notification and Suspension of Concentrations Sec. 1: Prior

Notification

a) Concentrations with an international dimension as defined in this Agreement

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shall be notified to each National Antitrust Authority of the Party or Parties affected. T h e notification shall be made prior to the intended transaction's becoming effective which would confer control on the acquirer. b) In addition, concentrations which are to be notified to the National Antitrust Authorities of two or m o r e Parties according to paragraph (a) shall be notified to the International Antitrust Authority. c) T h e notification according to paragraph (a) shall be effected by the person or undertaking acquiring control of the whole or substantial parts of one or m o r e u n d e r takings. T h e Parties to this Agreement shall establish in their national law details of the information to be given in the notification in accordance with a standardized f o r m for notification and request of information to be issued by the International Antitrust Authority. d) T h e notification according to paragraph (b) shall be effected by the National Antitrust Authorities of the Parties having received a notification according to paragraph (a) within one week after receipt of such notification. Sec. 2: Suspensions of Concentrations a) A concentration with an international dimension as defined in this Agreement shall not be put into effect before its notification and within a period of three months following its notification. b) T h e National Antitrust Authority may extent the suspension period for another period of up to three months, if it is not able to take a decision o n the notified concentration according to Art. 11, e.g., because further investigation is necessary. In cases in which m o r e than one National Antitrust Authority is concerned with the matter (Sec.l), the extension of the suspension period ordered by one National Antitrust Authority automatically extends to the concentration or concentrations pending b e fore another or other National Antitrust Authorities. T h e time limits mentioned in (a) and (b) shall c o m m e n c e on the day following that of the receipt of a notification or, if the information to be supplied with the notification is incomplete, on the day following of the receipt of the complete information. c) Within the period of three months following the notification according to paragraph (a) or within the extended period granted under paragraph (b), the National Antitrust Authority may, on request, grant a derogation from suspension of a c o n c e n tration according to paragraph (a) in order to prevent serious damage to one or more undertakings concerned by a concentration or to a third party. T h e derogation may be made subject to conditions and obligations in order to ensure conditions of effective competition. In cases in which m o r e than one National Antitrust Authority is c o n cerned with the matter, the derogation, its conditions and obligations require the c o n sent of all National Antitrust Authorities involved (Sec. 1 [a]). d) Any transaction carried out in contravention to paragraph (a) above shall be invalid, unless a derogation is granted pursuant to paragraph (c) or a decision pursuant to Art. 11 Sec.3is issued. Sec. 3 r Rights of the International Antitrust Authority In cases where the International Antitrust Authority has been notified according to Sec. 1 above, it may give recommendations to the National Antitrust Authorities of the Parties affected and exercise its rights of intervention pursuant to Art. 19 Sec.2. H o w ever, as far as proceedings against private persons and undertakings involved in the

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concentration are concerned, it may exercise its rights only within the time limits set forth in the respective national law. Art. 11: Appraisal of Concentrations Sec. I: Power to Impede Effective

Competition

a) A concentration which creates or increases the power of one or more undertakings concerned, either separately jointly, to impede effective competition in the relevant market, shall be prohibited by the National Antitrust Authority. b) In making its appraisal, the National Antitrust Authority shall take into account all relevant competitive factors, in particular: (1) the competitive structure of all the markets concerned, including the actual or potential competition from undertakings located either within or outside the territory of the National Antitrust Authority; (2) the market position of the undertakings concerned and their economic and financial power, the alternatives available to suppliers and users, their access to supplies or markets, any legal or other barriers to entry as well as supply and demand trends for the relevant goods and services. Sec. 2: Conditions for Granting a

Permission

a) Where the National Antitrust Authority finds, that a concentration does not fulfil the criterion laid down in Sec.l (a), it shall issue a decision declaring that the concentration is permitted. b) Where the National Antitrust Authority finds that, following modifications by the undertakings concerned, a notified concentration does not fulfil the criterion laid down in Sec.l (a), it shall issue a decision declaring that the concentration is permitted and shall attach to its decision any conditions and obligations that in its opinion are reasonably necessary to ensure that the undertakings concerned comply with the commitments they have entered into vis-a-vis the National Anitrust Authority with a view to modifying the original concentration plan. T h e decision declaring the concentration permitted shall also cover restrictions directly related and necessary to the implementation of the concentration. T h e conditions and obligations attached to the National Antitrust Authority's decision may not be directed at placing the conduct of the undertakings concerned under continuous supervision. Sec. 3 : Decision of

Nonviolation

If the National Antitrust Authority concludes that the concentration notified does not fall within the scope of this Agreement or does not raise reasonable concerns as to its compatibility with Sec.l, it shall as soon as possible issue to the notifying person or undertaking a written decision declaring that the intended concentration does not violate Art. 11 and therefore may be implemented. Sec. 4: Diversity

Cases

In cases in which more than one National Antitrust Authority is concerned with the matter, decisions under this Article require consent of all National Antitrust Authorities concerned. Failing such consent, the National Antitrust Authorities will decide in conformity with an instruction to decide issued by the International Antitrust Authority. T h e International Antitrust Authority, taking into account the public interests asserted by the Parties involved and the economic effects on the international

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market, has the right to issue this instruction to decide during the last month o f the periods provided for in Art. 10 Sec.2 (a) (suspension period) or (b) (extended suspension period). If the instruction to decide is issued and served to all National Antitrust Authorities concerned (Art. 10 Sec. 1) within that last month o f either period, the suspension under Sec.2 (a) or (b) is extended in all jurisdictions concerned to the day on which the last prohibition, permission, or nonviolation decision under this Article is made by a National Antitrust Authority concerned and served to the persons or undertakings mentioned in Art. 10 Sec.l (c). Art. 12 Exceptions Sec. 1: Justification of Concentrations A concentration that fulfils the criterion laid down in Art. 11 Sec.l (a) may nevertheless be permitted, if in the individual case the restraint o f competition resulting from the concentration is justified by overwhelming public interests o f the Parties to the Agreement affected and does not unreasonably harm the legitimate interests o f other affected Parties. Sec.2: Authorities and Procedure for Granting Permission on Grounds of Overwhelming Public Interest a) Each Party to the Agreement shall designate a public body competent for the granting o f permission for the concentration on the grounds o f overwhelming public interest. This public body must be different from the National Antitrust Authority. In diversity cases, Art. 11 Sec.4 applies accordingly. b) T h e application for the granting o f permission shall be submitted to the public body mentioned in paragraph (a) in writing within a certain period. c) T h e public body designated by the Party to the Agreement concerned shall decide on the application within three months following the expiration o f the periods for the application for permission referred to in paragraph (b). Prior thereto, the International Antitrust Authorty shall be given opportunity for comment, if the concentration had to be notificed to the International Antitrust Authority according to Art. 10 Sec. 1 (b). d) T h e permission may be subjected to conditions and obligations. These may not be directed at placing the conduct o f the undertakings concerned under continuous supervision. Art. 13: Restructuring Sec. 1: Restructuring Order If in non-competitive, highly concentrated markets the market structure induces persistent abuses involving the exercise o f significant market power adversely affecting at least one other Party the National Antitrust Authority shall order the restructuring o f the undertaking. T h e order must be preceded by sectoral investigations, to which the National Antitrust Authority must be empowered by national law. Sec.2: Exceptions a) There shall be no recourse to a restructuring order if in a specific case restructuring would involve disadvantages o f the economy as such outweighing the benefits in terms o f competition, or if the order would adversely affect overwhelming public interests.

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b) A restructuring order shall be restricted in a way to achieve its objectives with the least cost and effort. T h e restructuring order can be linked with conditions and obligations, provided that the undertakings concerned are not subjected to continuous supervision of their business conduct. Sec. 3: Diversity Cases Art. 11 Sec.4 sentences 1 and 2 apply accordingly.

Part Four: Abuse of Dominant Position Art. 14: Abuse of D o m i n a n t Position Any abuse by one or m o r e undertakings of a dominant position shall be prohibited in so far as it may adversely affect competition in any market. Such abuse may, in particular, consist in a) limiting production, markets or technical development to the prejudice of c o n sumers; b) applying dissimilar conditions to equivalent transactions with other trading parties, thereby placing t h e m at a competitive disadvantage; c) making the conclusion of contracts subject to acceptance by the other parties of supplementary obligations which by their nature or according to commercial usage, have n o connection with the subject of such contracts.

Part Five: Remedies Art. 15: Remedies Sec. i: Remedies under the Agreement and Other Remedies a) National law must provide for the following remedies: Injunctive relief, fines, disgorgement of profits, damages, and publication of j u d g m e n t . b) National law may provide for additional remedies such as apology, warning, i m prisonment, multiple damages, punitive damages, suspension of or closing d o w n the business of the violator, etc. c) National law will determine the competent authorities for remedial action. Sec. 2: Injunctive Relief Injunctive relief consists in one or more of the following orders: — to cease the violation — to desist from further violation — to induce the violator to take corrective action — to take appropriate steps for corrective action to restore competition, independent from the cooperation of the violator. Sec. 3: Fines a) A person w h o violates any provision of the Agreement will be fined. b) In the event a representative, agent, employee or any other person c o m m i t t i n g a violation of this Agreement hereby acts for a legal or natural person or for a business

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association, this legal or natural person or business association shall also b e subject to a fine. This fine may b e multiple of the fine referred to u n d e r (a). Sec. 4: Disgorgement or Restitution of Profits In t h e event of an i n f r i n g e m e n t of a provision of this A g r e e m e n t the national a u t h ority will order the undertakings involved to pay the profits drawn f r o m such infringements to the public treasury, the victims, or otherwise. Sec. 5: Set-Offs National law may provide for adequate set-offs w i t h respect to the a m o u n t s of fines and disgorgement d u e u n d e r Secs.3 and 4. Sec. 6: Damages a) A n u n d e r t a k i n g w h i c h infringes u p o n t h e rights or interests of another person, competitor, consumer, or other, as a result of a violation of this A g r e e m e n t shall b e liable for damages arising therefrom. b) If an undertaking violates any provision of this A g r e e m e n t and infringes u p o n a n o t h e r p e r s o n s rights or interests, t h e injured party may petition to eliminate such i n f r i n g e m e n t . If there is a likelihood of an i n f r i n g e m e n t , the party may petition for prevention thereof. Such redress or prevention of an i n f r i n g e m e n t does n o t require i n tent or negligence. Sec. 1: Publication of Judgment W h e n an injured party institutes a lawsuit in accordance w i t h this Article, it may request for publishing t h e results of t h e final j u d g m e n t in t w o newspapers at the infringing party's expense. Sec. 8: International Antitrust Authority If the national authority delays or refuses to take remedial action u n d e r this A g r e e m e n t , any Party to this A g r e e m e n t may submit the matter to the International A n t i trust A u t h o r i t y m e n t i o n e d in Art. 19 of this A g r e e m e n t . Sec. 9: Diversity Cases If injunctive relief requires the consent of m o r e than o n e national authority absent such consent the national authorities will decide in c o n f o r m i t y w i t h an instruction to decide issued by t h e International Antitrust A u t h o r i t y (Art. 19). T h e national a u t h ority that holds that a certain order of injunctive relief issued by another national a u t h ority should have n e e d e d consent, will notify the International Antitrust Authority. T h e decision in c o n f o r m i t y w i t h the instruction to decide replaces the earlier decisions of national authorities in that matter.

P a r t Six: P u b l i c U n d e r t a k i n g s a n d S t a t e A u t h o r i z a t i o n Art. 16: Public Undertakings and State Authorization Sec. 1: Public undertakings, irrespective of their legal status, are subject to the application of this A g r e e m e n t as far as they engage in e c o n o m i c activities that could b e carried o u t by private undertakings. Undertakings entrusted w i t h the operation of services of general e c o n o m i c interest or having the character of a revenue-producing

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m o n o p o l y shall be subject to the rules contained in this A g r e e m e n t in so far as the application of such rules does n o t obstruct the performance, in law or in fact, of the p a r ticular tasks assigned to t h e m . Sec. 2: State authorization is n o defence against an alleged violation of this A g r e e m e n t as far as direct effects o n the territory of another Party to this A g r e e m e n t are concerned.

Part Seven: Institutional Provisions Art. 17: National Antitrust Authorities Sec. 1: Institution of National Antitrust Authorities (NAA) a) Each Party to t h e A g r e e m e n t shall establish a national antitrust auhority for its o w n territory. W i t h i n regional e c o n o m i c organisations, b e i n g themselves Party to the A g r e e m e n t , a centralized antitrust authority and persisting national antitrust a u t h orities of m e m b e r states shall be understood equally as national antitrust authorities in the sense of this A g r e e m e n t . b) Political i n d e p e n d e n c e of the national antitrust authority shall b e guaranteed by the domestic law of t h e Party to t h e A g r e e m e n t especially embracing, as far as this A g r e e m e n t does n o t provide otherwise, exclusive c o m p e t e n c e of t h e national antitrust authority w i t h i n the scope of application of this A g r e e m e n t and a u t o n o m y of the n a tional antitrust authority in all decisions relating to its staff. c) Each Party to the A g r e e m e n t shall ensure a sufficient b u d g e t guaranteeing effective f u n c t i o n i n g of the national antitrust authority. Sec. 2: Investigative Powers of the National Antitrust Authority In order to enable the national antitrust authority to m e e t its obligations to investigate w h e t h e r an u n d e r t a k i n g violates a provision of this A g r e e m e n t , the A u t h o r i t y should have the p o w e r to issue an order directed against t h e u n d e r t a k i n g and o t h e r relevant parties to accept an investigation, to make statements, to p r o d u c e the necessary evidence, to submit relevant account books and o t h e r relevant evidence. Sanctions shall b e provided for false compliance or non-compliance. Sec.3: Proceedings Before National Antitrust Authorities: Judicial Protection Against National Antitrust Authorities a) Applying this A g r e e m e n t and within their jurisdiction (Art. 3 Sec.3) national antitrust authorities will respect all h u m a n , civil and procedural rights of the person or undertaking directly c o n c e r n e d according to the R u l e o f Law and internationally agreed standards. b) Any person or undertaking, directly affected by a restraint of c o m p e t i t i o n p r o hibited u n d e r this A g r e e m e n t , shall have a right to request the c o m p e t e n t national antitrust authorities to take appropriate measures against individual restraints of c o m petition. c) Any person or u n d e r t a k i n g directly c o n c e r n e d by a refusal of a national antitrust authority to take appropriate measures against individual restraints of c o m p e t i t i o n p r o hibited by this A g r e e m e n t or c o n c e r n e d by sanctions and procedures initiated by the n a tional antitrust authority in application of this A g r e e m e n t shall have a right to start an ac-

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tion against the authority. National law shall guarantee the necessary independence of the competent law court and of its legal proceedings respecting the Rule of Law. Art. 18: Contracting Parties Representatives of the Parties to the Agreement shall meet from time to time for the purpose of giving effect to those provisions of this Agreement which involve joint action, especially promoting further development of the Agreement. Wherever reference is made in this Agreement to the Parties of the Agreement acting jointly they are designated as the C O N T R A C T I N G PARTIES. Art. 19: T h e International Antitrust Authority Sec. 1: Institution

of the International

Antitrust

Authority

(IAA)

a) T h e C O N T R A C T I N G PARTIES shall establish an International Antitrust Authority and agree on a Statute of the Authority. T h e International Antitrust Authority shall be headed by a President and an International Antitrust Council. T h e International Antitrust Authority shall operate within the institutional framework of the G A T T (MTO). b) T h e President of the International Antitrust Authority will be appointed by the C O N T R A C T I N G PARTIES on a non-renewable term of six years. T h e President shall be experienced in the field of national or international antitrust law. T h e responsibilities of the President and of the staff of the International Antitrust Authority shall be exclusively international in character. In the discharge of their duties, they shall not seek or accept instructions from any government. T h e International Antitrust Authority shall enjoy in the territory of each of its members such privileges and immunities as are necessary for the exercise of its functions. c) T h e President will be assisted by the International Antitrust Council, consisting of twenty members. The appointment and legel status of the members of the Council correspond to the appointment and legal status of the President. A member of the Council can be appointed as President of the Authority. T h e International Antitrust Authority cooperates with the President in the administration of the International Antitrust Authority and the execution of this Agreement, each member being competent and responsible for a specific field of antitrust administration. Sec. 2: Powers of the International

Antitrust

Authority

Without prejudice to other provisions in this Agreement the International Antitrust Authority shall have the following powers: a) T h e International Antitrust Authority has a right to ask for actions in individual antitrust cases or groups of cases in the sense of this Agreement to be initiated by a national antitrust authority. b) T h e International Antitrust Authority has a right to bring actions against national antitrust authorities in individual cases or groups of cases before national law courts, whenever a national antitrust authority refuses to take appropriate measures against individual restraints of competition. c) T h e International Antitrust Authority has a right to sue private persons and undertakings as alleged parties or initiators of a restraint of competition before national law courts asking for injunctions against the execution of the restraint.

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d) T h e International Antitrust Authority has a right of national appeal even when it is not a party to the case but under the same conditions as parties to the case. e) The International Antitrust Authority has the right and duty to sue a Party to this Agreement before the International Antitrust Panel whenever it is of the opinion that this Party violates obligations under this Agreement. f) T h e International Antitrust Authority will assist Parties to this Agreement in the promulgation of antitrust laws and the institution of an efficient antitrust administration.

Art. 20: T h e International Antitrust Panel Sec. I: Institution

of the International

Antitrust

Panel

(IAP)

a) T h e C O N T R A C T I N G PARTIES will establish a permanent International Antitrust Panel which shall operate in the framework and subject to the rules of the Integrated Dispute Settlement System set out in Annex 2 of the Agreement Establishing the M T O , to decide on disputes arising with regard to the application of this Agreement. In doing so the C O N T R A C T I N G PARTIES will agree on a Statute of the Panel. b) T h e members of the International Antitrust Panel shall be appointed by the C O N T R A C T I N G PARTIES on the basis of consensus for a once renewable term of 6 years. Members to the panel shall be experienced in the field of national or international antitrust law. Panelists shall serve in their individual capacities and not as government representatives. During their term of office they are exclusively bound by this Agreement and enjoy full diplomatic immunity. Sec. 2: Actions Brought before the International

Antitrust

Panel

Notwithstanding the right and duty of the International Antitrust Authority to sue Parties to the Agreement (Art. 19 Sec.2 [e]), each Party to the Agreement has a right to bring an action against another Party before the International Antitrust Panel w h e n ever it is of the opinion that this other Party violates obligations under this Agreement. In accordance with the Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, as set out in Annex 2 of the Agreement Establishing the M T O , requests for panel proceedings are admissible only after consultations between the International Antitrust Authority and the Parties concerned have failed to settle the dispute within 60 days after the request for consultations. Sec. 3: Legal Proceedings before the Panel

a) T h e legal proceedings before the Panel shall be governed, mutatis mutandis, by the Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, as set out in Annex 2 of the Agreement Establishing the M T O , and by such supplementary rules which the C O N T R A C T I N G PARTIES may adopt at the proposal of the International Antitrust Authority. Proceedings shall be open to the parties to the dispute. Other interested Parties to the Agreement and the International Antitrust Authority have a right to be heard. b) Each private person or undertaking concerned in a particular antitrust case brought before the Panel has a right to be heard. c) T h e International Antitrust Panel takes its decision on purely legal grounds and on the basis of this Agreement.

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Sec. 4: Decisions Passed by the Panel

a) T h e International Antitrust Panel determines whether the obligations under this Agreement have been violated. b) Decisions by the Panel are legally binding. If a national judicial decision has been found to be inconsistent with obligations under this Agreement, the competent national law court or other authorities have to reconsider their decision respecting the findings of the International Antitrust Panel.

Part E i g h t : F u t u r e D e v e l o p m e n t o f t h e A g r e e m e n t Art. 21: Future Development of the Agreement Sec. i: Revisions

to the

Agreement

T h e International Antitrust Authority has the power to prepare and propose revisions to the Agreement. Adoption of a revision and recommendation for ratification by contracting parties require unanimity minus 3 votes of the C O N T R A C T I N G PARTIES. Each Party has one vote. In preparing revisions, the International Antitrust Authority shall especially consider the need for rules referring to specific groups of agreements between private parties or to specific sectors of private and public economy. Sec. 2: Right to

Initiative

Each Party to the Agreement has a right to initiate revisions in the sense of Section l . T h e C O N T R A C T I N G PARTIES shall decide on such initiatives after submission of the International Antitrust Authority's independent opinion.

Anhang VI

Pacto Andino

Deisión 285 vom 21.3.1991 N o r m a s para prevenir o corregir las distorsiones en la competencia generadas por prácticas restrictivas de la libre competencia 1 La Comisión del Acuerdo de Cartagena; Vistos: El Capítulo VIII del Acuerdo de Cartagena, las Decisiones 230, 258 y 281, y la Propuesta 226/Rev. 2 de la Junta; Considerando: Q u e la Comisión aprobó la Decisión 230, que contiene las normas para prevenir o corregir las prácticas que puedan distorsionar la competencia; Q u e mediante Decisión 258 se establece que la Comisión, a propuesta de la Junta, revisará las normas sobre competencia comercial; Q u e mediante Decisión 281 se establece que a más tardar el 31 de marzo de 1991, la Comisión, a propuesta de la Junta, revisará las normas sobre competencia comercial establecidas en la Decisión 230; Q u e para alcanzar los objetivos del proceso de integración es conveniente perfeccionar las normas subregionales sobre competencia, para que constituyan mecanismos eficaces que permitan prevenir o corregir las distorsiones generadas por los comportamientos empresariales que la restrinjan, impidan o falseen; Q u e debido a su origen y alcances se hace necesario distinguir entre las prácticas objeto de la presente Decisión, del dumping y de los subsidios, además de las restricciones a las exportaciones;

Decide: I. Ambito de Aplicación Articulo 1 L a s normas previstas en la presente Decisión tienen por objeto prevenir o corregir distorsiones en la competencia que son el resultado de prácticas restrictivas de la libre competencia. 1

Quelle: Gaceta Oficial del Acuerdo de Cartagena Nr.64 vom 4.4.1991 S. 14.

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Artículo 2.- Los Países Miembros o las empresas que tengan interés legitimo podrán solicitar a la Junta la autorización o mandato para la aplicación de medidas para prevenir o corregir las amenazas de peijuicios o los perjuicios a la producción o exportaciones, que se deriven de prácticas restrictivas de la libre competencia que se originen en la Subregión o en las que intervenga una empresa que desarrolla su actividad económica en un País Miembro. Por origen en la Subregión se entienden las prácticas realizadas por empresas que desarrollan su actividad económica en uno o mas Países Miembros. Por intervención de un País Miembro se entiende la práctica llevada a cabo entre empresas que desarrollan su actividad económica en uno o más Países Miembros y empresas situadas fuera de la Subregión. Quedan excluidas de la presente Decisión las prácticas que lleven a cabo una o mas empresas situadas en un solo País Miembro pero que no tengan efectos en la Subregión. En estos casos será de aplicación la legislación nacional respectiva. Para los efectos de la presente Decisión, se entiende dentro de la amenaza de perjuicio, el retraso sensible para la creación de una producción. Artículo 3.- Se entiende por prácticas restrictivas de la libre competencia los acuerdos actuaciones paralelas o prácticas concertadas entre empresas que produzcan o puedan producir el efecto de restringir, impedir o falsear a competencia. Los acuerdos a que se refiere el inciso anterior, podrán incluir aquellos de tipo horizontal o vertical que se celebren entre partes relacionadas de las empresas. A efectos de la presente Decisión, también se considera como práctica restrictiva de la libre competencia, la explotación abusiva por una o varias empresas de su posición de dominio en el mercado. Se entiende que una o varias empresas gozan de una posición de dominio cuando pueden actuar de forma independiente, sin tener en cuenta a sus competidores, compradores o proveedores, debido a factores tales como la participación significativa de las empresas en los mercados respectivos, las características de la oferta y la demanda de los productos, el desarrollo tecnológico de los productos involucrados, el acceso de competidores a fuentes de financiamiento y suministros, así como a redes de distribución. Artículo 4.- Se consideran acuerdos, actuaciones paralelas o prácticas concertadas: a) La manipulación indebida o fijación directa o indirecta de precios u otras condiciones de comercialización, en términos discominatorios con relación a los que hubieran prevalecido en operaciones comerciales normales; b) La limitación o el control de la producción, la distribución, el desarrollo técnico o las inversiones. Asimismo, las limitaciones o prohibiciones de exportar, importar o competir. c) El reparto del mercado o de las fuentes de aprovisionamiento, en especial las maniobras destinadas a perturbar el abastecimiento normal de materias primas; d) La aplicación en las relaciones comerciales, de condiciones desiguales para prestaciones equivalentes que coloquen a unos competidores en situación desventajosa frente a otros; e) La subordinación de la celebración de contratos a la aceptación de prestaciones suplementarias que, por su naturaleza o con arreglo a la costumbre mercantil, no guarden relación con el objeto de tales contratos; y, f) Otros de efectos equivalentes.

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Artículo 5.- Se considera abuso de posición de dominio en el mercado: a) La manipulación indebida o imposición directa o indirecta de precios u otras condiciones de comercialización, en términos discriminatorios con relación a los que hubieran prevalecido en operaciones comerciales normales; b) La limitación o el control de la producción, la distribución, el desarrollo técnico o las inversiones. Asimismo, las limitaciones o prohibiciones de exportar, importar o competir; c) La negativa injustificada de satisfacer las demandas de compra de productos, entre otros, el no abastecimiento de insumos a empresas con las que se compite por el mercado del producto final; d) La aplicación en las relaciones comerciales o de servicios, de condiciones desiguales para prestaciones equivalentes, que coloquen a unos competidores en situación desventajosa frente a otros; e) La subordinación de la celebración de contratos a la aceptación de prestaciones suplementarias que por su naturaleza o con arreglo a la costumbre mercantil, no guarden relación con el objeto de tales contratos; y, f) Otros casos de efectos equivalentes.

II. P r o c e d i m i e n t o Artículo 6.- Están facultados para presentar la solicitud: a) Los Países Miembros a través de sus respectivos organismos de enlace; y, b) La empresa o empresas que tengan interés legítimo, en la medida en que lo permitan las legislaciones nacionales. En la solicitud deberá proporcionarse la siguiente información: — la naturaleza de las prácticas restrictivas y el período de su duración; — las características de los productos o servicios objeto de las prácticas; — las características de los productos afectados; — las empresas involucradas; — las evidencias que permitan presumir la existencia de una amenaza de peijuicio o perjuicio ocasionados a la producción o las exportaciones, que se deriven de las prácticas restrictivas de la libre competencia; — las características de las medidas solicitadas. Recibido el reclamo, la Junta procederá a comunicarlo a los organismos de enlace en donde realicen su actividad económica las empresas involucradas en la investigación. Artículo 7.- La Junta no iniciará la investigación cuando la solicitud esté incompleta. En tal caso deberá comunicarlo al reclamante, detallando la información faltante, dentro de los diez días hábiles siguientes a la presentación de la solicitud. D e estimarse suficiente la solicitud, en un plazo de diez días hábiles contados a partir del día de su presentación, la Junta se pronunciará mediante Resolución motivada. Adicionalmente, dicha Resolución será comunicada a la empresa o empresas reclamantes. Artículo 8.- Durante la investigación, la Junta podrá pedir y acopiar pruebas e informaciones de los organismos de enlace y, por su intermedio o directamente, de los

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productores, exportadores, importadores, distribuidores o consumidores que tengan interés legitimo en la investigación. Asimismo, ellos podrán suministrar informaciones, o en su caso, presentar alegatos a la Junta. En los casos en que la Junta pida, acopie, o reciba pruebas e informaciones directamente, deberá comunicarlo a los organismos de enlace respectivos. Artículo 9.- En desarrollo de la facultad de la Junta para solicitar y acopiar pruebas, ésta podrá dar tratamiento confidencial a la información entregada, respecto de la que el aportante solicite y justifique tal tratamiento, por cuanto es la fuente de la misma y su divulgación la puede traer consecuencias desfavorables. Asimismo, podrán tener carácter confidencial los documentos internos elaborados por la Junta o los Países Miembros, en las partes que contengan tal clase de información. Cuando se pretenda el tratamiento confidencial de una prueba, el solicitante aportara un resumen de la información susceptible de divulgación o una explicación que justifique la razón por la que no puede resumirse. En este último caso, la Junta podrá no aceptar tal justificación, evento en el que podrá no tener en cuenta esta prueba. Del mismo modo, aun cuando la solicitud se encuentre justificada, podrá no tenerse en cuenta la información si quien la facilitó no presenta un resumen no confidencial de la misma, siempre que sea susceptible de resumirse. Los interesados en la investigación podrán solicitar por escrito las informaciones facilitadas o elaboradas en aplicación de la presente Decisión, las cuales podrán ser suministradas si no tienen carácter confidencial. El presente artículo no obsta la divulgación de informaciones generales y, en particular, de los motivos en que se fundamenten las Resoluciones a que se refiere la presente Decisión, en la medida en que sean requeridos en el curso de un procedimiento judicial. Tal divulgación tendrá en cuenta no revelar los secretos comerciales de quienes tengan interés legítimo en la investigación. Artículo 10.- En el curso de la investigación, la Junta podrá convocar de oficio o a petición de cualquiera de los interesados, a reuniones con el propósito de procurar una solución directa y cuyos compromisos y resultados quedrarán consignados en Acta. Ningún interesado estará obligado a asistir a una reunión y su ausencia no irá en detrimento de su causa. La Junta se pronunciará mediante Resolución motivada, en la cual se indicará los compromisos asumidos y, si se suspende la investigación, o se continúa la misma a solicitud del reclamado. Las empresas o las autoridades del país donde se realiza la práctica, proporcionarán la información necesaria para verificar el cumplimiento de los compromisos asumidos. Cuando éstos se incumplan o no se proporcione la información pertinente, la Junta reanudará la investigación. Artículo 11.- Para realizar la investigación, la Junta dispondrá de un plazo de dos meses contados a partir de la fecha de publicación de la Resolución a que se refiere el artículo 7 de la presente Decisión. En casos excepcionales, el plazo podrá ser ampliado hasta en dos meses, evento en el cual la Junta deberá comunicarlo al solicitante. Artículo 12.- Para su pronunciamiento, la Junta deberá considerar la existencia de pruebas positivas respecto a:

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a) Las prácticas restrictivas de la libre competencia; b) La amenaza de peijuicio o el peijuicio; y, c) La relación de causa a efecto entre las prácticas y la amenaza de peijuicio o el peijuicio. Artículo 13.- La determinación de la existencia de la amenaza de peijuicio o del peijuicio y de la relación de causalidad con las prácticas restrictivas de la libre competencia, podrá basarse, entre otros, en el examen de: a) El volumen de comercio de los productos objeto de las prácticas, particularmente para determinar si se ha modificao de manera significativa, tanto en términos absolutos como en relación con la producción y consumo del País Miembro afectado; b) Los precios de los productos o servicios objeto de las prácticas, en particular para determinar si son considerablemente diferentes a los precios de los productos o servicios similares en ausencia de las prácticas; y, c) Los efectos que resulten sobre la producción o exportaciones afectadas por las prácticas, según se deduzca de las tendencias reales o virtuales de los factores económicos pertinentes, tales como: producción, ventas domésticas, exportación, distribución, participación en los mercados, utilización de la capacidad instalada, empleo, existencias y beneficios. Artículo 14.- Al término de la investigación, en un plazo de diez días hábiles contados a partir del previsto en el artículo 11, la Junta se pronunciará mediante Resolución motivada, en mérito a sus conclusiones y con base en la información disponible. La Résolución indicará las características de las medidas que se establezcan, los plazos de su adopción y vigencia. Cuando sea del caso, las condiciones que determinen la vigencia de las medidas. Artículo 15.- Una vez que la Junta verifique, a petición de los organismos de enlace o de los interesados, que se modificaron o cesaron las causas que motivaron de la Resolución a que se refere el artículo anterior, la dejará sin efecto parcial o totalmente, modificándola o derogándola. Para su pronunciamiento, la Junta dispondrá de dos meses. La Junta podrá asimismo verificar de oficio que se modificaron o cesaron las causas que motivaron la referida Resolución, modificándola o derogándola.

III. M e d i d a s Artículo 16.- La Junta se pronunciará con una declaración de prohibición cuando determine la existencia de una práctica restrictiva de la libre competencia que genere amenaza de peijuicio o peijuicio. Podrá asimismo determinar la aplicación de medidas tendientes a eliminar o atenuar las distorsiones que motivaron el reclamo. Los Países Miembros adoptaran las medidas necesarias para que cesen sus efectos. Las medidas correctivas podrán consistir en la autorización para que los países donde realicen su actividad económica las empresas afectadas puedan aplicar aranceles preferenciales en relación con los compromisos arancelarios subregionales, para los casos de importaciones de los productos afectados por la práctica restrictiva de la libre competencia.

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Artículo 17.- Cuando la amenaza de pequicio o peijuicio sea evidente, la Junta, en el curso de la investigación, podrá dirigir recomendaciones tendientes a hacer cesar la práctica.

IV. D i s p o s i c i ó n Final Artículo 18.- La presente Decisión sustituye la Decisión 230, en lo que se refiere a las normas para prevenir o corregir las distorsiones en la competencia que son el resultado de prácticas restrictivas de la libre competencia. Dada en la ciudad de Lima, Perú, a los veintiún días del mes de marzo de mil novecientos noventa y uno.

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MERCOSUL Protocolo de defesa da concorrência do M E R C O S U L ( C M C / D E C . N ° 18/96)'

Tendo em Vista: O Tratado de Assunçâo, o Protocolo de O u r o Preto, a Decisao 2 1 / 94 do Conselho do Mercado C o m u m , a Resoluçào 129/94 do Grupo Mercado C o m u m e a Diretiva 1/95 da Comissâo do M E R C O S U L . Considerando: que a livre circulaçâo de bens e serviços entre os Estado-Partes requer o estabelecimento de condiçôes adequadas de concorrência. que é importante contar com um instrumento comum que preserve e promova a livre concorrência no ámbito do M E R C O S U L e, assim, contribua para o cumprimento dos objetivos de livre comercio estabelecidos no Tratado de Assunçâo.

Conselho do mercado c o m u m decide:

Art. 1° Aprovar o »Protocolo de Defesa da Concorréncia do M E R C O S U L « , que consta como anexo e é parte integrante da presente Decisao. Art. 2° As investigares du dumping realizadas por u m Estado-Parte relativas as importafóes originárias de outro Estado-Parte serao efetuadas de acordo com as legislares nacionais até 31 de dezembro de 2000, prazo em que os Estados-Partes analisarao as normas e as condifóes ñas quais o tema será regulado n o M E R C O S U L . Art. 3° O inicio das investigares a que faz referencia o artigo 2 o da presente Decisao será precedido em todos os casos de um aviso prévio ao governo do País exportador envolvido do M E R C O S U L , o qual poderá manter consultas e oferecer informagoes complementares para esclarecer o caso.

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Quelle: Revista de direito económico 25 (1997) 117.

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Protocolo de defesa da concorréncia do Mercosul

A República Argentina, a R e p ú b l i c a Federativa d o Brasil, a República d o Paraguai e a R e p ú b l i c a d o U r u g u a i , doravante d e n o m i n a d o s Estado-Partes. Considerando: q u e a livre c i r c u l a d o de bens e servidos entre os Estados-Partes torna imprescindível assegurar c o n d i f ó e s adequadas da concorréncia, capazes de contribuir para a c o n s o l i d a d o da U n i a o Aduaneira; q u e os Estados-Partes devem assegurar ao exercício das atividades económicas e m seus territorios iguais condi