Wallenstein: Biografie eines Machtmenschen
 9783205790747, 9783205785835

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Einleitung

Einleitung

Robert Rebitsch

wa l l e n s t e i n Biografie eines Machtmenschen

Böhl au Verl ag Wien · Köln · Weimar

Einleitung Gedruckt mit der Unterstützung durch:

Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Wien Universität Innsbruck

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen ­Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische ­Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78583-5 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, ­insbesondere die der Über­setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von ­Abbildungen, der Funk­sendung, der Wiedergabe auf ­fotomechanischem oder ­ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Daten­ver­ arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2010 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG, Wien · Köln · Weimar http  ://www.boehlau.at http  ://www.boehlau.de Umschlaggestaltung  : Judith Mullan

Umschlagabbildung  : Porträt Wallensteins, Ölgemälde von Schnorr v. Carolsfeld nach einem ­Kupferstich v. A. v. Dyck, Heeresgeschichtliches Museum Wien Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Druck  : CPI Moravia Books, Tschechische Republik

inh a lt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Der Aufsteiger .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Der Feldherr .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Der Landesherr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Der Kriegsunternehmer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Der Kapitaljongleur .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Der Förderer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Der Politiker .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Der Verräter  ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Anhang .. . . . . . . . . . . Zeittafel .. . . . . . . . . Literatur in Auswahl .. . Abbildungsverzeichnis . . Register . . . . . . . . . .

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lbrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein (1583–1634) ist die bekannteste Persönlichkeit des Dreißigjährigen Krieges im deutschsprachigen Raum. Freilich brachte er es nie zur gleichen Popularität wie sein Zeitgenosse König Gustav II. Adolf in Schweden oder zum gleichen Ansehen wie der als Staatsmann hoch respek­tierte Kardinal-Premier Armand Jean du Plessis, Herzog von Richelieu, in Frankreich. Aber die historische Persönlichkeit Wallenstein wird gemeinhin mit dem Dreißigjährigen Krieg assoziiert, die »Marke Wallenstein« steht für den Dreißigjährigen Krieg. Den Namen umgibt etwas Rätselhaftes, Unheimliches, Machtvolles, auch Respekt Einflößendes. Generationen von Historikern haben sich mit dem Kriegsmann beschäftigt, die Urteile über seine Person reichen vom »Verräter« bis zum »Friedensstifter«. Sein Handeln und seine Intentionen in der letzten Phase seines Lebens riefen in der Geschichtswissenschaft äußerst unterschiedliche Interpretationen hervor. Wallenstein ist das geeignete biografische Sujet, um in die häufigste aller Fallen der Biografik zu tappen, den Hauptakteur der Geschichte entweder zu verdammen oder zu glorifizieren. Selbst die beiden Vorgesetzten des Generalissimus, in der damaligen Organisation der Söldnerheere Kriegsherren genannt, waren im Vergleich zu Wallenstein gänzlich unbekannt. Mit den beiden habsburgischen Kaisern des Krieges, Ferdinand II. und dessen Sohn Ferdinand III., beschäftigt sich die moderne Geschichtswissenschaft erst seit kurzer Zeit genauer. Die maßgeblichen Politiker, Staatsdiener und Generäle dieser Epoche fanden ebenfalls wesentlich weniger Beachtung als der schillernde Generalissimus. Der Name Wallen–  –

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stein besitzt eine ganz ungewöhnliche Attraktivität und strahlt ein Faszinosum der besonderen Art aus. Woran liegt das  ? Zum einen gewiss an der Art, wie er ums Leben kam. Der kaiserliche Generalissimus wurde auf Befehl seines Kriegsherrn Ferdinand II. abgesetzt. Absetzung unter den gegebenen Umständen und ausgeführt mit der Radikalität jener Zeit hieß in letzter Konsequenz Tötung. »Gefangen nehmen oder töten« lautete der kaiserliche Befehl. So wurde der mächtige, scheinbar unbesiegbare Feldherr, der das größte Heer seiner Zeit unterhielt, von einer Handvoll eigener Offiziere im böhmischen Eger/Cheb getötet. Sein Lebenslauf ist eine Geschichte des atemberaubend schnellen Aufstiegs und eines noch viel schnelleren Sturzes. Es ist die Geschichte eines ungemein erfolgreichen Unternehmers und Karrieristen, eines ehrgeizigen und skrupellosen Aufsteigers, eines reichen Landesfürsten, eines Organisationsgenies, eines bewunderten, aber auch gefürchteten Militärs und eines selbst von den Verbündeten des Kaisers gehassten Emporkömmlings (als solchen nahmen ihn die katholischen Reichsfürsten wahr). Es war für die Frühe Neuzeit ungewöhnlich, ja geradezu aufsehenerregend, dass ein Monarch seinen Feldherrn auf diese Art und Weise fallen ließ. Die Geschichte rund um den Herzog von Friedland enthält fast alle notwendigen Ingredienzien, die eine große Geschichte braucht  : Macht, Erfolg, Reichtum, Prunk, Neid, Hass, Intrigen (scheinbarer) Verrat, Krieg und Frieden  ; lediglich die Liebe kommt in dieser Geschichte zu kurz. Zum anderen sorgten die Historikerzunft und Friedrich Schiller für die nachhallende Bekanntheit des kaiserlichen Generals. Der deutsche Dichterfürst hat dem Feldherrn ein monumentales literarisches Denkmal geschaffen. Selbst von 1789 bis 1791 als Historiker an der Universität Jena tätig und Autor einer damals viel beachteten Geschichte des Dreißigjährigen Krieges war er mit der Thematik gut vertraut. Seine Wallenstein-Trilogie besitzt auch im 21. Jahrhundert große Anziehungskraft. So besuchten im Jahr 2007 mehr als 33.000 Zuschauer Peter Steins zehnstündige Insze–  –

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nierung mit Klaus Maria Brandauer in der Titelrolle. Das Drama wurde vom Berliner Ensemble dreißig Mal in der Kindl-Halle in Berlin-Neukölln aufgeführt. Einige Monate später wurde das Werk in der Regie von Thomas Langhoff und mit Gert Voss in der Hauptrolle im Wiener Burgtheater gespielt. Die wesentlich kürzere, sehr modern gehaltene Inszenierung in Wien erlebte 24 Aufführungen und wurde von mehr als 22.000 Besuchern gesehen. Der Stoff taugt also noch für die heutige Zeit. Dabei ist Schillers Wallenstein eine sehr komplexe, vielschichtige, rätselhafte, unstimmige und widersprüchliche Persönlichkeit. Schillers Wallenstein spielt mehrere Rollen. Er ist ein machtbewusster und nach Macht strebender, ehrgeiziger, zugleich charismatischer Charakter, dennoch unsicher, zögerlich, unentschlossen und mit menschlichen Unzulänglichkeiten behaftet, ein Ideenträger mit unklaren Ideen  ; eine Idee jedoch scheint konkret  : dem Reich den Frieden zu schenken. Die beiden Piccolomini, Ottavio, der Vater (tatsächlich einer der wichtigsten Generäle Wallensteins, jedoch nicht sein Generalleutnant, der in Wirklichkeit Matthias Gallas war), und der erfundene Sohn Max, nehmen diesen Friedenswunsch ihres Oberkommandierenden wahr, wenngleich auch mit gänzlich unterschiedlicher Zustimmung und Beurteilung. Für die widersprüchliche Figur Wallenstein ist diese Idee tatsächlich nicht nur idealistischer Wunsch, sondern auch taktische Verschleierung seiner egoistischen Ziele, wobei er gleichzeitig mit der Idee des Abfalls vom Kaiser zumindest kokettiert. So wird er zum Zerrissenen im Spannungsfeld des Normativen und seiner Wunschvorstellungen. So mannigfaltig der Charakter Wallensteins bei Schiller auch ist, so viele Facetten des historischen Kriegsfürsten, wie zum Beispiel die des Kriegsunternehmers, Landesfürsten, Finanziers und Mäzens, wurden durch den Weimarer Dramatiker ausgeblendet. Der Friedländer Schillers steht für das Neue, für die charismatische Herrschaft, der Kaiser hingegen verkörpert die Tradition, das –  –

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Gottesgnadentum, das alte System. Wallenstein findet an seinen eigenen Ideen Gefallen, ohne sie jedoch in die Tat umzusetzen. Er glaubt an seine Auserwähltheit, hat aber auch Schuldgefühle aufgrund seiner weitreichenden, zu weit gehenden Ideen, vor denen er sich bisweilen fürchtet. Der Titan Wallenstein wird bei Schiller gerade durch seine Unzulänglichkeiten und durch seine Emotionalität menschlich. Wallenstein manövriert sich im Drama in eine Sackgasse, verfängt sich im eigens gestrickten Netz der Verhandlungen, erkennt die aus Wien drohende Gefahr zu spät, vertraut den falschen Personen und vertraut sich der Gunst der Sternenkonstellationen an. Schließlich wird aus dem einst mächtigen Feldherrn ein Getriebener, ein Verräter, dem das Gesetz des Handelns komplett entzogen wird. Schillers Wallenstein-Bild hatte gewiss mehr Einfluss auf die Geschichtswissenschaft, als so mancher Historiker und Biograf glauben mochte. Schillers fiktiver Wallenstein hat sich in die wissenschaftlichen Abhandlungen eingenistet, mehr als der Wissenschaft guttut. Vom wallensteinischen Charakterbild Schillers blieben das Rätselhafte, die schwer fassbare Figur und auch die fehlende Menschenkenntnis, die dem Herzog und Heerführer zum Verhängnis wurde. Aber nicht nur Schillers Wallenstein besitzt heute noch Attraktivität, auch der historische Wallenstein kann Besuchermassen anziehen, wie die von Eliška Fučiková und Ladislav Čepička in Prag organisierte und ausgezeichnet konzipierte Ausstellung im Palais Waldstein (15. Oktober 2007–17. Februar 2008) bewiesen hat. Der reich bebilderte Ausstellungskatalog erschließt zudem auf informative Weise die rezenten Ergebnisse der tschechischsprachigen Wallenstein-Forschung. Hier muss der Autor ein Manko eingestehen  : Aufgrund fehlender Kenntnisse der tschechischen Sprache konnten die Forschungsresultate der in den letzten Jahrzehnten sehr rührigen HistorikerInnen aus der (jetzigen) Tschechischen Republik nicht in dem Maße verwertet werden, wie sie es verdienen würden. – 10 –

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Vom 7. bis zum 9. November 2008 fand im Schloss Güstrow, eine der Residenzen des Herzogs, die internationale Tagung »Wallenstein in Nordeuropa – Fiktion und Machtkalkül des Herzogs zu Mecklenburg« statt, die den Fokus auf die noch zu wenig beachteten Beziehungen Wallensteins mit dem Norden Europas legte. Diese Tagung wurde vom Staatlichen Museum Schwerin und bemerkenswerterweise vom Landesmarketing Mecklenburg-Vorpommern, also von einer wissenschaftlichen und von einer nichtwissenschaftlichen, touristischen Institution, veranstaltet. Wallenstein ist somit auch im marketingtechnischen Sinn als »Marke« etabliert. Das Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg, das Historische Institut der Universität Stuttgart und das Haus der Geschichte Baden-Württembergs in Stuttgart veranstalteten die viel beachtete rezeptionsgeschichtliche Tagung »Wallensteinbilder im Widerstreit – Eine historische Symbolfigur in Geschichtsschreibung und Literatur vom 17. bis zum 20. Jahrhundert« (8. bis 10. Oktober 2009), die unter der wissenschaftlichen Federführung von Joachim Bahlcke und Christoph Kampmann stand. Im Anschluss an die Tagung wurde im Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg die Ausstellung »Wallenstein. Feldherr – Verräter – Friedensstifter« gezeigt. Schon der Titel der Ausstellung deckt das typische breite Spektrum der verschiedenen Sichtweisen ab  ; ein Feldherr, der in der Beurteilung der Geschichtsschreibung zwischen Verräter und Friedensstifter schwankt. Für die Geschichtswissenschaft, für seine Biografen bot der Stoff genügend Spielraum für Interpretationen. Und das hat nicht nur mit einer unklaren Quellenlage oder scheinbar wie auch tatsächlich fehlenden Dokumenten zu tun. Wie so oft im 19. und natürlich auch noch im 20. Jahrhundert spielten dabei der politische und konfessionelle Standpunkt des Historikers und seine weltanschauliche Verortung eine gewichtige Rolle. So wurde er als Verräter – 11 –

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oder Justizopfer, als Vernichter des Reiches oder Friedensgeneral, als Getriebener des Hauses Habsburg oder Racheengel, als Nationalheld oder heimtückischer Condottiere dargestellt. In der älteren tschechischen Geschichtswissenschaft kam viel mehr noch als in der deutschsprachigen der nationale Standpunkt, also die Einbettung Wallensteins in den Kontext der Niederlage am Weißen Berg/ bílá hora und der Kampf des Tschechentums gegen Habsburg, zum Tragen. In dieser Diskussion wurde der Herzog auch Gegenstand der Frage, ob er sein eigenes Volk, nämlich das tschechische, verraten hat oder nicht. Mit der deutschen Forschung gemein hatte die tschechische die Intention, das Wesen und die Motive des Handelns dieses außergewöhnlichen Menschen ergründen zu wollen. Einen Markstein in der deutschsprachigen Forschung hat ohne Zweifel Leopold von Ranke gesetzt. Er darf als der »Wegbereiter der modernen Wallenstein-Historiographie« gelten (Mannigel, Wallenstein, S. 538). Der Nestor der deutschen Historiografie versuchte, die historische Figur Wallenstein jenseits der Schuldfrage nüchtern in den historischen Kontext zu stellen und die Fakten, Ursachen, Intentionen und Motive der Wallenstein-Problematik zu analysieren. Einen weiteren Höhepunkt in der Wallenstein-Forschung setzte der Böhme Hermann Hallwich, Mitglied des Reichstages und eigentlich in Industrie und Handel tätig, mit zwei großen mehrbändigen Quelleneditionen, die bis heute unentbehrlich für die Beschäftigung mit dem Herzog von Friedland sind, und mit weithin unterschätzten Abhandlungen. Anton Gindely, Professor für Österreichische Geschichte an der Universität Prag und böhmischer Landesarchivar (um noch einen dritten Exponenten der Wallenstein-Forschung des 19. Jahrhunderts zu nennen), hat eine gewichtige Publikation in zwei Bänden zum ersten Generalat des Herzogs geschaffen. Es würde den Rahmen einer Einleitung bei Weitem sprengen, die verschiedenen Studien und Charakterbilder zu Wallenstein in der deutschen und natürlich auch in der tschechi– 12 –

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schen Geschichtswissenschaft nur in kurzen Zügen zu beschreiben. Holger Mannigel hat in seiner 2003 publizierten Dissertation einen äußerst informativen Überblick über die deutsche Wallenstein-Forschung des 19. Jahrhunderts gegeben. Ein ähnliches Werk wäre für das 20. Jahrhundert zu wünschen. In der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft des letzten Jahrhunderts ragen vor allem zwei fast gleichzeitig erschienene Bio­­ gra­fien über den Friedländer heraus. Golo Mann publizierte seinen Wallenstein im Jahre 1971, und Hellmut Diwalds Biografie erschien 1969. Beide Historiker, das sei vorweggenommen, betrieben keine eigenen größeren Archivforschungen und verließen sich auf die vorliegenden Quelleneditionen und Literatur, dennoch sind beide Werke quellengesättigt. Golo Mann schrieb mit hohem literarischem Anspruch, sodass die Sprachästhetik so manches Mal über den historischen Fakten steht, bisweilen leidet darunter auch die Nachvollziehbarkeit der Abläufe und Thesen. Diwald liebte pointierte, zur Diskussion herausfordernde Thesen und Wertungen, die zum Teil sehr problematisch sind. In seinen Aussagen ist Diwald bisweilen allerdings verständlicher, präziser, stringenter und in militärhistorischen Sachverhalten kundiger als Mann. Die Distanz Golo Manns zur Militärgeschichte ist ein gewichtiger Nachteil in der Biografie eines Feldherrn. Allerdings bewies Mann großes psychologisches Einfühlungsvermögen in die zu beschreibende Person und brachte eine beeindruckende Fülle an Informationen. Beide Autoren befanden sich zum damaligen Zeitpunkt auf dem neuesten Stand der Forschung, hatten umfassende Literatur- und Quellenkenntnisse, beherrschten also ihren Stoff, neigten aber – Mann weniger, Diwald mehr – zur Apologie. Diwald argumentierte stellenweise sogar wie in einer Rehabilitationsschrift. Die umfangreichen, für eine breitere Masse verfassten und erfolgreichen Biografien Manns (über 1.350 Seiten) und Diwalds (über 570 Seiten) sind auch heute noch mit großem Gewinn zu lesen. In der tschechischen Forschung der – 13 –

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Nachkriegszeit ragen vor allem Josef Janáčeks sehr nüchterne und sozialökonomisch orientierte Werke hervor. Sehr intensiv befassten sich zuletzt Josef Polišenský, Leiter des verdienstvollen Editionsprojekts »Documenta Bohemica Bellum tricennale illustrantia«, und Josef Kollmann, ehemaliger Archivar im staatlichen Zentralarchiv in Prag, mit Wallenstein. Beide Historiker, bestens mit den Quellen zum Herzog von Friedland und mit der böhmischen Geschichte vertraut, schrieben eine profunde Biografie, die von Herbert Langer aus dem Tschechischen übersetzt wurde. Josef Kollmann legte daraufhin noch eine zweibändige, sehr detailreiche, positivistisch orientierte Studie zu Wallenstein vor, die im zweiten Band eine deutsche Zusammenfassung beinhaltet. Die Forschungen zum WallensteinKomplex haben in Detailfragen seit den 70er-Jahren ohne Zweifel neue Erkenntnisse gebracht, ein rundum erneuertes, objektiveres Gesamtbild des kaiserlichen Generalissimus jedoch wurde auch in den letzten vierzig Jahren nicht geschaffen. Ein neutraler Standpunkt in der Wallenstein-Frage scheint fast unmöglich. Selbst wenn Ranke der modernen Wallenstein-Forschung viele methodische Impulse verliehen, einen Paradigmenwechsel weg von einer teleologischen hin zu einer differenzierten Ursachenbetrachtung eingeleitet hat, so ist doch bis heute die parteiische Beurteilung der Historiker geblieben. Wallenstein blieb kontrovers. Das Verdikt vom »Dank des Hauses Österreich« ist nach wie vor präsent, als wäre »Dank« gerade in Krisen- und Kriegszeiten eine brauchbare politische Handlungskategorie. Auch noch nach Ranke fühlten sich Historiker (Hallwich, Diwald, Kollmann, Polišenský) bemüßigt, die Taten des Herzogs nicht nur faktisch fundiert zu erklären (das ist die Aufgabe des Historikers), sondern seine Handlungen zu rechtfertigen, wobei immer ein suggestiver Ton des Mitleids über die ihm widerfahrene Ungerechtigkeit und die Verurteilung der Ruchlosigkeit habsburgischer Strafjustiz mitschwingt. Wobei in diesem Zusammenhang die Frage erlaubt sei, ob in einer historischen Arbeit – 14 –

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Mitgefühl am rechten Platz ist – Mitgefühl für einen Tycoon, der rücksichtslose Kontributionspolitik betrieben, Tausende in den Tod befohlen und sich selbst in ein gefährliches, ja tödliches Machtspiel gelotst hat. Umgekehrt gilt, dass der Herzog von Friedland natürlich auch nicht als Verräter, Meineidiger und Rebell diffamiert werden kann. Für die unkritische habsburgfreundliche Historiografie, die sich bis in unsere Tage einer gewissen Popularität erfreut, war der Generalissimus ohnehin immer ein Verräter, so wie es schon die zeitgenössischen Anklage- und Rechtfertigungsschriften seitens des Kaiserhauses darlegten. Welche Ziele aber verfolgte der kaiserliche General und Kriegsunternehmer tatsächlich  ? Wollte der Mann, der vom Krieg lebte und mit dem Krieg gut verdiente, einen Vernunft- und Kompromissfrieden  ? Sollte es gar ein idealistischer Reichsfriede im Sinne der großen Politik, eine »Pax Germanica«, werden oder wollte er nur eigennützig seinen erworbenen Reichtum ohne größere politische Ambitionen in Frieden genießen  ? Oder verfolgte der Generalissimus ganz andere Ziele  ? War der Friede nicht sein Ziel  ? Der Charme der Wallenstein-Frage besteht letztendlich darin, dass seine wahren Intentionen bis heute nicht zu eruieren sind. Mit einem banalen »Gut-Böse-Modell« ist die Wallenstein-Frage genauso wenig zu lösen wie mit antiquierten, zudem natürlich anachronistischen, nationalen Denkmustern. So ist weder der moralische Zeigefinger angebracht, noch ist der Richterstuhl über den Protagonisten dieser Studie einzunehmen – vielmehr geht es um eine möglichst objektive und differenzierte Analyse der uns vorliegenden Fakten. Die Epoche des Dreißigjährigen Krieges ist seit mehr als einem Jahrzehnt wiederum eines der zentralen Themen der deutschsprachigen historischen Forschung und wird auch vielerorts in der universitären Lehre angeboten und diskutiert. Neben der sozial-, wirtschafts-, kultur- und mentalitätshistorischen Perspektive hat in der – 15 –

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akademischen Diskussion ebenfalls die biografische Komponente wiederum stark Fuß gefasst. Die wissenschaftliche Biografie beschränkt sich dabei freilich schon lange nicht mehr auf die rein chronologische und personale Beschreibung des Lebensweges der dargestellten Protagonisten. In einer modernen wissenschaftlichen Biografie müssen die historischen Ereignisse, Prozesse, ökonomische und soziale Rahmenbedingungen und Strukturen mit bedacht werden. Mit anderen Worten  : Der in der biografischen Geschichtsschreibung betrachtete Mensch muss in den politischen, sozialen, konfessionellen und sozioökonomischen Kontext, einfach in die allgemeine Geschichte seiner Zeit gestellt werden. Es geht um eine systematische Analyse der Bezüge der untersuchten Person zu ihrer historischen Lebenswelt, um eine Analyse von Lebenszusammenhängen. Das historische Subjekt steht in einem Interaktionsprozess mit der Gesellschaft. Pierre Bourdieu hat von einer »biografischen Illusion« gesprochen und meinte damit, dass es keine individuelle personale Kohärenz geben kann, dass das Leben von Diskontinui­ täten geprägt ist, um diese Gedanken hier nur kurz anzudeuten. Dabei gilt es zu beachten, dass das historische Subjekt niemals für sich allein steht. Wallenstein ist eine der zentralen Persönlichkeiten dieser Epoche, und so wurde er viel zu oft als überragendes, fast allein agierendes Subjekt betrachtet. Tatsächlich jedoch konnte sich auch der scheinbar so außergewöhnlich handelnde Generalissimus nicht seiner Umwelt, den gegebenen Machtstrukturen, den vorherrschenden Trends und den gegebenen Gesellschaftsnormen entziehen, zumal er in vielen Bereichen nicht außergewöhnlich oder, besser gesagt, einzigartig agierte, sondern vieles einfach nur besser oder größer konzeptionierte als andere. Auch das soll mit dieser Studie verdeutlicht werden. Wallenstein war eben nicht der allein Verantwortliche und die höchste Instanz für das kaiserliche Heer, die Heeresversorgung lag nicht nur an Wallenstein, er war nicht der Erfinder des ausbeuterischen Kontributionssystems, die Friedensverhandlungen – 16 –

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im Jahre 1633 führte nicht ausschließlich Wallenstein, als sozialer Aufsteiger und Profiteur im Sog der habsburgischen Landverteilung in Böhmen war er keineswegs ein individuelles Phänomen, um hier nur einige vermeintliche Monopolfelder des Herzogs von Friedland anzuführen. Diese Studie ist keine ins Detail gehende, chronologisch aufgebaute Biografie, sie ist auch keine erschöpfende Charakterskizze des Protagonisten von der Wiege bis zur Bahre. Diese Studie will die verschiedenen Profile des Machtmenschen Wallenstein betrachten. Wallenstein hatte die Macht, Kriege zu führen und zu finanzieren, er hatte die Macht, Armeen auszurüsten und zu unterhalten, er hatte die Macht, großes Kapital zu generieren und zu verschieben, er hatte die Macht, in den politischen Verlauf der Dinge einzugreifen, er hatte die Macht, in seinen Herrschaften zu regieren und große Bauprojekte umzusetzen, er hatte die Macht, Pracht und Prunk zur Schau zu stellen, er hatte die Macht, Menschen zu protegieren und Menschen zu stürzen, er liebte die Macht, bis er seine Macht auf brutale Art und Weise verlor. In den großen Biografien wurde der kaiserliche General noch zu einseitig als Feldherr und rätselhafter Machtpolitiker wahrgenommen. Seine anderen Interessen und Betätigungsfelder wurden zwar immer wieder beschrieben, fanden aber dennoch im Vergleich zu seiner Feldherrn- und vielleicht noch Unternehmertätigkeit nur marginal Erwähnung. Diese Darstellung hat es sich zum Ziel gesetzt, informativ, kurz und bündig dem sozialen Aufsteiger, dem Ökonomen und Kapitaljongleur, dem Landes- und Bauherrn, dem Kunstmäzen und Stifter, dem Mentor und Gönner und dem Politiker Wallenstein entsprechendes Gewicht zu verleihen. Zudem sollen die Leistung Wallensteins als Feldherr analysiert und die verschiedenen Interessenlagen der Parteien im letzten Akt der Tragödie des Generals dargestellt werden. Nur in dieser Gesamtheit ist der Aufstieg und Niedergang Wallensteins zu begreifen. – 17 –

Der Aufsteiger Böhmen Im Geburtsjahr Wallensteins, 1583, verlegte der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und böhmische König, Rudolf II., seine Residenz von Wien nach Prag. Das bedeutete eine unvorhergesehene Aufwertung Prags und der böhmischen Länder (bestehend aus dem Königreich Böhmen, der Markgrafschaft Mähren, dem Herzogtum Schlesien und den beiden Lausitzen) im Reich. Seit 1526 trugen die Habsburger die Wenzelskrone in dieser ständisch dominierten Monarchie. Das Kurfürstentum Böhmen – das einzige Kurfürsten­ tum im Rang eines Königreichs – nahm seitdem eine zentrale Stellung im habsburgischen Reichssystem ein. Zudem wurde die böhmische Hauptstadt durch die Anwesenheit prominenter Architekten, Künstler und Naturwissenschaftler auf dem Hradschin zum Kulturzentrum, zu einer europäischen Metropole. Um 1600 hatte Prag mit ca. 60.000 Menschen immerhin doppelt so viele Einwohner wie Wien. Das finanzstarke Königreich Böhmen war das bedeutendste Herrschaftsgebiet im habsburgischen Länderkonglomerat  : Um 1600 wiederum, so schätzt man, hatten Böhmen, Mähren und Schlesien an die drei Millionen Einwohner, womit die Länder der Wenzelskrone nicht nur wirtschaftlich, sondern auch demografisch herausragend waren. Mit der Reichsverfassung selbst, mit einer reichs- und steuerrechtlichen sowie politischen Abhängigkeit vom Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicae, wollte man in Böhmen allerdings nichts zu tun haben. Die böhmischen Stände beharrten im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts durchgehend darauf, dass Böhmen kein Reichslehen sei. Die politischen – 19 –

Der Aufsteiger

Vertreter des böhmischen Königreichs nahmen nicht an Sitzungen des Kurkollegs teil (außer bei Kaiserwahlen), waren nicht in die Rechtsprechung des Reichskammergerichts involviert und spielten keine aktive Rolle in der Reichskreisverfassung. So hielten es auch die habsburgisch-böhmischen Könige bis auf Rudolf II., der aus taktischen Gründen im habsburgischen Bruderzwist die Reichslehenschaft thematisierte. Das sehr differenziert gesehene lehensrechtliche Verhältnis zum Reich wurde freilich noch durch die Tatsache verkompliziert, dass die böhmischen Könige aus dem Haus Habsburg das Reichsoberhaupt stellten oder zumindest präsumtive Nachfolger auf dem Reichsthron waren. Rudolf, der böhmische König, in Spanien erzogen, introvertiert, depressiv veranlagt, durchaus jedoch intelligent, brachte keineswegs das gleiche Verständnis für den Protestantismus auf wie sein ­Vater Maximilian II., der eine recht rücksichtsvolle Rekatholisierung betrieb. Dessen Vater wiederum, Ferdinand I., griff gegen Andersgläubige um einiges härter durch. Aber auch dem konfessionell indifferenten, zumindest verständnisvollen Maximilian fiel es nicht leicht, die religionspolitischen Forderungen der selbstbewussten böhmischen Stände anzuerkennen. Die böhmischen Länder waren religiös äußerst inhomogen  : Schon sehr bald zog die Lehre ­Luthers ein  ; der in der Tradition des Jan Hus stehende Utraquismus (Neuund Altutraquismus) war immer noch eine äußerst lebhafte Strömung, wobei sich vor allem die Neuutraquisten sehr gut mit dem aus Wittenberg kommenden Evangelium anfreunden konnten  ; die böhmischen Brüder (Bruderunität, Unitas Fratrum) waren hingegen eine aus den Reformgruppen des Hussitismus stammende pazifistische Bewegung, die streng nach dem Evangelium lebten, im 16. Jahrhundert von Luther, Bucer und Calvin beeinflusst wurden und eine eigene Organisation bildeten  ; die Katholiken stellten lediglich eine Minderheit dar. So waren nach guten Schätzungen nur zehn Prozent der Bevölkerung katholisch geblieben, die große – 20 –

Böhmen

Mehrheit, achtzig Prozent, war den beiden utraquistischen Strömungen hinzuzurechnen, und der Rest teilte sich auf Lutheraner, Calvinisten und böhmische Brüder auf. Im Jahre 1576 musste Maximilian schließlich nach zähen Verhandlungen die Confessio Bohemica mündlich akzeptieren. Dieses 1575 festgelegte, gemeinsame Bekenntnis räumte den nichtkatholischen Gläubigen Rechtssicherheit ein, lehnte sich stark an das Augsburger Bekenntnis an und war durchgehend ökumenisch ausgerichtet, wenngleich die böhmischen Brüder darin keine Aufnahme fanden. Damit hatten die nicht­ katholischen Glaubensrichtungen in Böhmen eine eigene Konfession. Den Habsburgern gelang es im Verlauf des 16. Jahrhunderts nicht, das Königreich Böhmen zum alten Glauben zurückzuführen. Im Zuge der sogenannten Gegenreformation sollten die Jesuiten (zum Beispiel das Collegium Clementium in Prag) das Bildungswesen in die Hand bekommen, eine Prager Nuntiatur wurde eingerichtet (die Apostolische Nuntiatur folgte dem Kaiserhof nach Prag) und utraquistische wie auch lutherische Amtsträger wurden durch Katholiken ersetzt. Doch die Länder der Wenzelskrone blieben sowohl politisch als auch konfessionell Problemzonen im habsburgischen Herrschaftsbereich. Durch den Machtkampf in der eigenen Dynastie um die Thronnachfolge – dem sogenannten Bruderzwist im Hause Habsburg – verschärfte sich die Situation in Böhmen noch. Rudolf, ein zwar sehr kunstsinniger, aber entscheidungsschwacher und unfähiger Regent, musste in dieser Notsituation 1609 den Majestätsbrief unterschreiben. Mit dieser Verfügung räumte das Reichsoberhaupt, das bereits durch seinen Bruder Matthias politisch empfindlich geschwächt war, ein, dass sich alle drei Stände frei zur Böhmischen Konfession bekennen durften. Die Stände konnten nun Kirchen und Schulen errichten, das alte Collegium Carolinum etablierte sich wiederum neben den katholischen Bildungseinrichtungen, in der Folge wurde sogar der protestantische Kirchenbau auf den königlichen Gütern – 21 –

Der Aufsteiger

anerkannt, und ständische Defensoren fungierten als Schiedsrichter in Streitfällen, womit sie immer mehr politische Macht bekamen. Damit wurde den böhmischen Ständen politische Selbstständigkeit sowie Religions- und Gewissensfreiheit eingeräumt. Matthias, der Nachfolger Rudolfs, bestätigte dann zwar den Majestätsbrief, betrieb aber weithin eine Politik der Rekatholisierung entgegen den zugesagten Rechten. Zudem gelang es Matthias, Erzherzog Ferdinand von der Steiermark, einen absoluten Verfechter der Gegenreformation, als Nachfolger wählen zu lassen. So zog sich der Kampf um die ständischen Rechte und um Religionsfreiheit seit den Zeiten von Jan Hus wie ein roter Faden durch die Geschichte Böhmens. Schließlich gaben die politischen und konfessionellen Spannungen in Böhmen die Initialzündung für den Dreißigjährigen Krieg. Am 23. Mai 1618 warf eine ständische Delegation unter der Führung von Heinrich Matthias Graf von Thurn zwei königliche Statthalter und einen Schreiber aus einem Fenster der Burg – das war der sogenannte Prager Fenstersturz.

J ugendja hr e Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein wurde am 24. September 1583 in Hermanitz/Heřmanice bei Arnau an der Elbe geboren. Über seine Kindheits- und Jugendjahre ist – wie bei vielen prominenten Persönlichkeiten des 17. Jahrhunderts – aufgrund des spärlichen Quellenbestandes wenig bekannt. Die Waldsteins (tschechisch  : Valdštejn) gehörten zwar zu den altadeligen böhmischen Familien, sein Vater Wilhelm von Waldstein und seine Mutter Markéta, eine geborene Smiřická, waren jedoch nicht übermäßig begütert. Das Gut Heřmanice umfasste die Burg und sieben Dörfer. Bis heute nennt sich die Familie Waldstein. Die im deutschsprachigen Raum gängige Form »Wallenstein« wurde nicht von Schiller – 22 –

Jugendjahre

eingeführt (wie oft behauptet wird), das geschriebene »Wallenstein« ist zeitgenössisch. Albrecht unterschrieb selbst in dieser Form (nach seinen Nobilitierungen jedoch viel öfter mit seinen Adelsprädikaten ­»Albrecht Herzog von Friedland« oder »Albrecht Herzog von Mecklenburg«), Schiller aber machte diese Schreibform ohne Zweifel populär. Der junge Albrecht wuchs zweisprachig auf, allerdings konnte er als Jugendlicher besser Tschechisch als Deutsch. Später kamen Italienisch, ein passives Spanisch und Kenntnisse des Französischen hinzu, Latein lernte er in der Schule in Goldberg. Ein General des Dreißigjährigen Krieges musste in einem multinationalen Heer, wie es jenes der Habsburger war, zumindest Grundkenntnisse dieser Sprachen besitzen. Bereits als Kind verlor Albrecht seine Eltern, die Mutter starb 1593, der Vater 1595. So nahm sich sein Verwandter Heinrich Slawata von Koschumberg/Jindřich Slavata von Chlum auf Košumberk, der eine der Brüderunität angehörige Privatschule unterhielt, des jungen Waisen an. Bekannte sich sein Elternhaus zum lutherisch-utraquistischen Glauben, so lernte Albrecht in diesem ­Umfeld die Lehre der böhmischen Brüder kennen. Es scheint, als wäre der junge Mann bis zu seiner Konversion zum katholischen Glauben im Kreis der Brüderunität geblieben. Nach zwei Jahren wechselte er auf die Lateinschule im schlesischen Goldberg, die deutsch dominiert war und auf der Albrecht seine Deutschkenntnisse perfektionieren konnte. Mit sechzehn ging der junge Waldstein mit einem Lehrer und einem Diener im Gefolge auf die protestantische Hochschule Altdorf bei Nürnberg. Das Immatrikulationsdatum ist bekannt, es ist der 29. August 1599. Doch an der protestantischen Paradeuniversität fiel der Böhme weniger durch Lernerfolge, vielmehr durch wüste Schlägereien auf. Infolge einer dieser Raufhändel, in denen der Degen recht locker saß, wurde Wallenstein im Nürnberger Stadtgefängnis inhaftiert. Im Februar 1600 verließ der nun Siebzehnjährige Altdorf. Anschließend begab sich der junge Adelige auf – 23 –

Der Aufsteiger

eine der damals üblichen Kavalierstouren, die ihn durch das Reich, nach Frankreich und nach Italien führte. Vor allem Italien schien Wallenstein zu beeindrucken, denn Albrecht war zeit seines ­Lebens von der italienischen Kultur äußerst angetan. Seine oft angeführte Dienstzeit bei Karl von Österreich, Markgraf von Burgau, dem Sohn Erzherzog Ferdinands II. von Tirol und der Philippine Welser, ist indes quellenmäßig nicht belegt. Lediglich Franz Christoph Graf von Khevenhüller, der eine umfangreiche Geschichte der Zeit Ferdinands II. verfasste (und ein deklarierter Gegner des späteren Generalissimus war), hielt in seinem Conterfet-Kupferstich eine fromme Anekdote zum Aufenthalt und zur Konversion Wallensteins in Innsbruck fest  : Demnach soll der junge Albrecht als Page des in Innsbruck residierenden Karl von Burgau in einem Fenster­stock des Schlosses Ambras eingeschlafen und aus dem Fenster gefallen sein, wobei er dank der Mutter Gottes unverletzt blieb. Das soll laut der Erzählung des kaiserlichen Geheimen Rats und Historiografen der Grund, der von weiteren Biografen übernommen wurde, für den Glaubenswechsel gewesen sein. So erzählerisch oder, besser gesagt, verklärt naiv die Geschichte des kaiserlichen Hofrats, der sie allerdings in der Möglichkeitsform berichtet, sein mag, ist natürlich viel wahrscheinlicher, dass Wallenstein bei den Olmützer Jesuiten, mit denen er 1606 in Kontakt kam, zum katholischen Glauben übertrat. Sein Schwager Karl von Žerotín, ein führender Repräsentant des mährischen evangelischen Adels, notierte am 10. April 1607  : Albrecht »va à la messe.« Damit war er freilich kein Einzelfall, denn nicht wenige der engsten Räte der Habsburger waren Konvertiten. Will man bei Wallenstein die Motive des Konfessionswechsels ergründen, so ist man auf Spekulationen und die Interpretation der vorherrschenden Rahmenbedingungen angewiesen, es stehen uns keine Fakten oder auch Ego-Dokumente zur Verfügung. Die intrinsischen Motive des Konvertiten dürften wohl in den persönlichen Aufstiegschancen bei den Habsburgern zu suchen sein. Wollte – 24 –

Jugendjahre

er in den Hofstaat einer der Erzherzöge integriert werden, was auch bald geschah, musste er katholisch werden. Das galt gleichwohl für politische Posten in seiner engeren Heimat. Selbst in Mähren waren nach 1600 die Karrieremöglichkeiten für protestantische Aufsteiger äußerst begrenzt, denn zu dieser Zeit verfügten die Nichtkatholiken über kein einziges wichtiges Landesamt mehr. Die Landeshauptmannschaft des Mitglieds der Brüderunität Žerotín von 1608 bis 1615 stellte hier nur eine den Umständen des Bruderzwistes geschuldete Ausnahme dar. Zudem wird der Italienaufenthalt Wallensteins eine nicht unwesentliche Rolle in der Konfessionswahl gespielt haben. Der Liebhaber italienischer Kultur hat auf der Apenninenhalbinsel unweigerlich eine Gesellschaft kennengelernt, die rein nach ihrer Religionszugehörigkeit nicht zerrissen war (politisch sah es dort natürlich anders aus). Wallenstein hegte wohl immer mehr Zweifel an seinem bisherigen Bekenntnis. Sieht man sich die ursprünglichen, auch im 17. Jahrhundert als vorbildlich geltenden Werte der böhmischen Brüderunität, wie Kirchenzucht, Pflege des Urchristentums, Verweigerung des Kriegsdienstes und Ablehnung öffentlicher Ämter, an, so mag dieser Kanon überhaupt nicht zum Karriereweg des Machtmenschen Wallenstein passen. Die Ablehnung der Gewalt in Glaubenssachen, die die böhmischen Brüder auszeichnete, war dem Landesherrn Wallenstein hingegen nicht so fern. Die extrinsischen Motive zum Glaubenswechsel müssen wohl in der intellektuellen Überzeugungskraft der Jesuiten vermutet werden. Der Eigennutz, so darf man mit Recht annehmen, stand bei Wallenstein aber klar im Vordergrund. Ob die theologische Ausrichtung des gegenreformatorischen Katholizismus oder die kulturelle Atmosphäre des katholischen Hofes beim jungen Böhmen eine Rolle gespielt hat, kann hier nicht beantwortet werden. Eine längere Nachdenkphase dürfte dem Wechsel zum Katholizismus jedoch allemal vorausgegangen sein, da Prozesse der Konversion in der Regel eine längere Bedenkzeit voraussetzen. – 25 –

Der Aufsteiger

Bevor Albrecht in einem Hofstaat der Habsburger aufgenommen wurde, zog er in den Krieg. Bei seinem ersten militärischen Abenteuer in Ungarn gegen die Türken wurde er vor Kaschau/Košice verwundet und zum Hauptmann befördert. Im Jahr 1607 wurde dem jungen böhmischen Adeligen die Würde eines Kämmerers bei Erzherzog Matthias zuteil. Die Empfehlung sprach Karl von Žerotín aus. Mit den Begleitbriefen seines Schwagers, die mit dem 10. April 1607 datiert sind, reiste der junge Albrecht nach Wien. Ein weiterer Mann, der die Karriere des jungen Adeligen förderte und ihn in die Hofkreise einführte, war Adam von Waldstein, verwandt mit Albrecht, wenn auch nicht sein Onkel, wie des Öfteren zu lesen ist, und ebenfalls ein Schwager Žerotíns. Adam Waldstein war Katholik und interessierte sich für seinen Verwandten besonders ab dessen Konversion zum Katholizismus. Der um dreizehn Jahre ältere Waldstein (†1638) war von 1608 bis 1611 Oberstlandrichter in Böhmen, von 1611 bis 1619 und abermals von 1621 bis 1627 Oberstlandhofmeister und von 1627 bis 1638 Oberstburggraf in Prag, er gehörte somit zur habsburgischen Funktionselite Böhmens. Wallenstein wurde 1607 in den Hofstaat des Erzherzogs Matthias aufgenommen. In einer Liste von 1608, die allerdings nur den reisenden Hofstaat des Habsburgers nach Innsbruck angibt, war Wallenstein nicht vertreten. Er nahm also an den Reisen des Erzherzogs noch nicht teil. In der Hofstaatsliste vom 29. März 1615 ist »Al­ brecht Wenzl Eusebius von Walstain« als einer der »Ordinari würcklich dienend und besoldte Camerer« unter zwölf anderen Adeligen mit dem Verdienst von 40 Gulden verzeichnet (im Vergleich dazu  : Ein Hofmarschall bekam 100 Gulden zu jener Zeit). Albrecht wusste auf den »richtigen«, auf den siegreichen Habsburger zu setzen. Matthias wurde nach langjährigem, dynastieinternem Konflikt 1612 zum Kaiser gewählt. Nach seiner Aufnahme am Hof des Matthias wurde Wallenstein noch Kämmerer der Erzherzöge Ferdinand und Maximilian (der Hoch- und Deutschmeister zubenannt). Damit gehörte – 26 –

Als Gutsherr in Mähren

er zu einem exquisiten Zirkel am Hof. Immerhin ernannte Matthias von 1600 bis 1615 nur an die 50 Personen zu Kämmerern. Das waren zwar mehr, als seine Vorgänger ernannten, allerdings nahmen die Dimensionen nicht so inflationäre Ausmaße an wie bei seinem Nachfolger. Permanent war der junge böhmische Adelige am Hof gewiss nicht vertreten, allerdings war er in Wien kein Unbekannter mehr. Ab und zu wusste er zudem durch gekonnte Auftritte eines typisch Neureichen in Wien Eindruck zu erwecken. Größere Ambitionen im Hofstaat jedoch schien er vorerst nicht gehabt zu haben. Kämmerer war ohne Zweifel ein Hofamt mit guter Reputation, immerhin wurde er als »ordinari würcklich dienender« Kämmerer geführt, nicht als »extraordinari«. Dabei blieb es vorerst.

A l s Gu t sher r in M ä hr en Wallenstein war zweimal verheiratet. Ob beide Ehen glücklich waren, können wir aufgrund der spärlichen Aussagen nicht feststellen, ein Glück für die Karriere des böhmischen Adeligen waren sie allemal. Seine erste Frau, Lukrezia Nekšová von Landek, war eine ungefähr gleichaltrige, sehr reiche katholische Witwe, der die Herrschaften Vsetín, Lukov, Rymice und Všetuly bei Holleschau gehörten. Das waren allesamt ansehnliche Besitzungen in Mähren, östlich von Brünn gelegen. Die Anbahnung der Hochzeit geschah über die Olmützer Jesuiten, namentlich über den Pater Veit Pachta, der in Albrecht von Wallenstein den geeigneten Heiratskandidaten sah und schon bei seiner Konversion eine zentrale Rolle gespielt haben dürfte. Die Hochzeit fand im Mai des Jahres 1609 statt. Wallenstein wurde dadurch Gutsherr in Mähren und ließ von seinen bescheidenen Besitzungen in Böhmen ab. Für die Kontakte zur mährischen Aristokratie sorgte sein Schwager, der Ehegatte seiner Schwester Katharina Anna, Karl von Žerotín, der sich abermals für – 27 –

Der Aufsteiger

Albrecht verwendete. Der auf Ausgleich zwischen den Konfessionen setzende Žerotín war einer der einflussreichsten Adeligen der Markgrafschaft und hatte beste Kontakte zu den reformierten Kreisen Europas. Gegen Wallensteins konfessionelle Ausrichtung hatte der tolerante Žerotín offenbar nichts einzuwenden. Der Umzug nach Mähren war – einmal abgesehen von der ­Heirat selbst – nicht unvernünftig, denn die Markgrafschaft gehörte bereits zur politischen Einflusssphäre des Erzherzogs Matthias, während das Königreich Böhmen noch in der Machtsphäre Kaiser Rudolfs lag, dessen Tage jedoch gezählt waren. Als der Bruderzwist im Hause Habsburg entschieden war, begleitete Albrecht den neuen böhmischen König Matthias mit einer mährischen Eskorte zur Krönung nach Prag. Zwei Jahre später reiste der kaiserliche Kämmerer Wallenstein im Gefolge des Reichsoberhaupts zum Reichstag nach Regensburg. In den weiteren Jahren als Gutsbesitzer in Mähren fiel der Böhme nicht sonderlich auf, er durchlief in dieser Zeit zumindest keine außergewöhnliche Karriere. 1614, nach dem Tod seiner Frau Lukrezia, wurde Wallenstein zum Alleinbesitzer der mährischen Güter und gehörte somit zur höheren Schicht der Magnaten, er war ein typischer Oligarch des mährischen Herrenstands. Der reiche Erbe lernte in Mähren das Geschäft der Länder-, Guts- und Finanzverwaltung kennen. Wie auch andere katholische Grundherren widmete er sich – mehr oder weniger mit Erfolg – der Rekatholisierung seiner Länder. Am Bekenntnis des Konvertiten gab es keine Zweifel mehr, zur Verehrung der Maria Mutter Gottes pilgerte Albrecht 1612 nach Loreto. Die Wallfahrt war nicht der einzige Zweck der Italienreise. Nachweisbar ist ebenfalls seine Inskription in die Matrikeln der Juristischen Fakultät der Universität zu Padua  : 1612 »Albrecht Herr von Waldstein«. Wie lange er dort allerdings verweilte und wie ausgiebig seine Studien tatsächlich waren, ist nicht bekannt. – 28 –

Als Gutsherr in Mähren

Seiner verstorbenen Frau zu Ehren gründete Wallenstein in Stiep/Štípa ein Kartäuserkloster, und 1617 wurde das ganze Dorf mit den Liegenschaften und 30.000 Gulden zur Stiftung. Zudem galt der mährische Großgrundbesitzer nach wie vor als Vertrauter und besonderer Gönner der Jesuiten. Wallenstein gehörte somit zum katholischen Adel Mährens, der schon seit Ende des 16. Jahrhunderts sehr einheitlich und selbstbewusst die Rekatholisierung in der Markgrafschaft vorantrieb. Als die mährischen Stände auf Initiative ihres Landeshauptmannes Ladislav Popel von Lobkowitz zur Landesverteidigung Regimenter aufstellen ließen, bestimmten sie den finanziell potenten Wallenstein zum Kommandanten des Fußvolkes. Albrecht war mit der Bestellung zum Regimentskommandanten Obrist der mährischen Stände geworden. Wie schon bei Matthias, dem er gegenüber Rudolf den Vorzug gab, hatte Wallenstein in einer der wichtigsten Entscheidungen seines Lebens wiederum den richtigen Riecher – oder nennen wir es vornehmer  : Er hatte wiederum die richtige Intuition. Er wandte sich Erzherzog Ferdinand zu. Der gegenreformatorisch besonders aktive, bei den Jesuiten in Ingolstadt erzogene Steirer galt als Nachfolger des kinderlosen Matthias und hatte in den Jahren 1616/17 an der Adria einen brisanten Konflikt zu bewältigen. Auslöser waren die Uskoken, übersetzt  : die »Entlaufenen«, ein katholisches Volk, das vor den Osmanen aus dem herzegowinischen und bosnischen Raum geflüchtet war und sich – von den Habsburgern geduldet – bei Senj/Zengg an der Adriaküste ansiedelte. Die Festung Nehaj oberhalb von Senj und die Wappen der Anführer der Uskoken vermitteln noch heute einen Eindruck von der gefürchteten Kriegstüchtigkeit dieses Flüchtlingsvolkes. Als Grenzwächter gegen osmanische Einfälle und Plünderungen leisteten sie den Habsburgern geschätzte Dienste. Von Senj aus führten die kriegerischen Uskoken nicht nur einen erbitterten Kampf gegen die Osmanen, sondern auch gegen Zadar/Zara und die venezianische Schifffahrt. Der permanente – 29 –

Der Aufsteiger

Kriegszustand dieser militärisch gut organisierten »Hajduken« gegen Venedig sowie gegen die internationale Schifffahrt wurde mit der venezianischen Belagerung der Stadt Gradisca am Isonzo (Friaul) zum Krieg Ferdinands, des Landesherrn der innerösterreichischen Länder (Kärnten, Steiermark, Krain), gegen die St.-Markus-Republik. Für diesen Krieg suchte der innerösterreichische Landesherr und Thronfolger in den habsburgischen Ländern nach Kampfverbänden. Von Wien wurde Ferdinand nicht unterstützt, ganz im Gegenteil, so verhinderte Kardinal Melchior Klesl den Abmarsch berittener Truppen und verbot dem Wiener Zeughaus, Waffen für den Erzherzog zu liefern. Das war mit Bestimmtheit einer der Gründe für Ferdinand, den wichtigsten Ratgeber seines kaiserlichen Vetters zu hassen. Der Konflikt nahm durch die Rückendeckung des spanischen Vizekönigreichs Neapel und die Einmischung der Niederlande und Englands aufseiten Venedigs internationale Dimensionen an. Die Grafschaft Görz und die obere Adria wurden so zum Tummelplatz des europäischen Söldnertums. Der Erzherzog war froh um die wiederentdeckte Solidarität in der Casa de Austria. Allerdings war der spanische König vom Eingreifen seines eigenmächtig agierenden Vizekönigs Pedro Téllez-Girón, Herzog von Osuna, weniger begeistert. Der spanische Monarch hatte in dieser Phase andere Prioritäten als einen Kleinkrieg mit der Handelsrepublik. Wie dem auch sei, Ferdinand brauchte rasch Truppen in Friaul und bat die Standesherren der österreichischen Länder um militärische Unterstützung. Wallenstein erkannte die Chance, sich beim präsumtiven Nachfolger, den er bereits zuvor getroffen hatte, in Erinnerung zu rufen. Sofort rüstete er 180 Kürassiere und 80 Musketiere aus. Die Expedition kostete ihn nicht weniger als 80.000 Gulden. Die aber waren politisch gut investiert. Im Juli und im September 1617 waren diese Einheiten aus Mähren beim Sturm auf die Venezianer, die ihrerseits einen Belagerungsring um die Festung bildeten, dabei, und sie haben sich – nach den Relationen aus dem Kriegsgebiet – tap– 30 –

Gut kaiserlich

fer und redlich geschlagen. Kriegsentscheidend waren Wallensteins zwei Kompanien natürlich nicht. Eines jedoch fiel auf dem Kriegstheater am Isonzo auf  : Die beiden Kompanien Wallensteins zeigten Disziplin. Ferdinand beauftragte den Obristen Wallenstein noch im selben Jahr, einen Artikelsbrief für die Kavallerie zu entwerfen – das »Wallensteinische Reutter Rechtt«. Dieses »Wallensteinische Reiter Recht« wurde zum Kriegsreglement für die berittenen Truppen des kaiserlichen Heeres und legte den Schwerpunkt auf Disziplin sowie auf die Ausrüstung der Soldaten. Bemerkenswert ist zudem die hohe moralische Ausrichtung dieser Disziplinarvorschriften, in denen explizit der Umgang mit Dirnen und Alkohol sowie Strafbestände wie Gotteslästerung geregelt wurden. Bereits dieses vom Obristen Wallenstein entworfene Reiterrecht lässt das Credo des späteren Generalissimus erkennen  : gute Ausrüstung der Truppe und korrektes Verhalten seiner Männer.

Gu t k a iser l ich In jeder Krise liegt eine Chance, und es gibt Menschen, die Krisen ausgezeichnet zu nutzen wissen. Bis zum Dreißigjährigen Krieg war Albrecht von Wallensteins Karriere nicht sonderlich spektakulär  : ein wenig lerneifriger Jugendlicher, ein durch Heirat aufgestiegener reicher Erbe, ein tüchtiger Gutsverwalter wie viele andere auch, militärisch immerhin der Regimentskommandant des mährischen Fußvolkes, das jedoch nur auf dem Papier existierte, und ein von Ferdinand mit Wohlwollen registrierter Einsatz in Friaul (mag auch sein, dass so mancher Wallenstein-Biograf die Heldentaten seines Protagonisten im sogenannten Gradiscanerkrieg überbewertete). Immerhin  : Als Ferdinand Albrecht im Jahre 1623 zum Reichsfürsten erhob, wurden seine Verdienste im Gradiscanerkrieg explizit hervorgehoben. – 31 –

Der Aufsteiger

Nach dem Prager Fenstersturz kam Wallensteins Zeit. Bevor es zur großen Länderverteilung in den böhmischen Herrschaften nach der Schlacht am Weißen Berg kam, leistete sich Wallenstein ein besonderes Husarenstück. Als sich die mährischen Stände nach längerem Bedenken gegen die habsburgische Landesherrschaft stellten, deklarierte sich der Obrist der mährischen Stände, der bemerkenswerterweise seit dem 29. Oktober 1618 auch das Amt eines kaiserlichen Obristen bekleidete und am 24. März 1619 förmlich von Ferdinand zum Obristen bestellt wurde, ganz klar für Habsburg, sprich für Ferdinand. Er eignete sich kurzerhand die mährische Landeskassa mit 100.000 Gulden aus dem Rentamt zu Olmütz an und marschierte damit nach Wien. Den Oberstwachtmeister seines Regiments, der sich den Befehlen Wallensteins widersetzen wollte, stieß er mit seinem Rapier nieder. Diese riskante Aktion zeigt zweierlei  : zum einen die unbedingte Loyalität Wallensteins zum Hause Habsburg, zum anderen eine unerschütterliche Skrupellosigkeit im Verfolgen seiner Ziele. Wallenstein ging dabei buchstäblich über Leichen und riskierte viel, denn mit dieser Aktion verlor der Erzpapist, wie ihn die Böhmen bereits davor nannten, alle Güter in Mähren und er wurde zur Persona non grata, zum Meineidigen und Verräter in den böhmischen Ländern. Für Ferdinand jedoch war der bestens bekannte Obrist Wallenstein nun endgültig ein »gut Kaiserlicher« (selbst wenn Ferdinand offiziell noch nicht Kaiser war). Dennoch war dem Habsburger mit der Beute nicht recht wohl, und er ließ sie – auch auf die inständigen Bitten des Kardinals Franz Fürst von Dietrichstein, Fürst-Bischof von Olmütz und General-Obrist der mährischen Stände – der Markgrafschaft wieder zukommen. Noch war der Habsburger nämlich böhmischer König, der sich das Wohlwollen der Landschaft Mährens erhalten wollte. Ferdinand wurde erst mit dem Zusammenschluss der böhmischen Ständekonföderation am 22. August 1619 abgesetzt. Der calvinistische und international gut vernetzte Kurfürst Friedrich V. von – 32 –

Der militärische und soziale Aufstieg

der Pfalz, Führer der Protestantischen Union und später mit dem Spottnamen »Winterkönig« bedacht, wurde von den evangelischen Ständen zum neuen König gewählt. Der Aufstand in Böhmen hatte somit endgültig seine ganze internationale Bandbreite erreicht.

Der mil itä r ische u n d soz i a l e Au f st ie g Über zwei Jahre nach dem Fenstersturz war Ferdinand in der Defensive. Das Ständeheer des Grafen Thurn kam sogar Wien gefährlich nahe. Am 28. August des Jahres 1619 hatte Ferdinand jedoch ein Erfolgserlebnis zu verbuchen. Er wurde in Frankfurt zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt und ebendort am 9. September gekrönt. Nach den Feierlichkeiten begab er sich zum mächtigsten der katholischen Fürsten, zu seinem Vetter Herzog Maximilian I. von Bayern. Mit dem ehrgeizigen, tatkräftigen Wittelsbacher konnte er sich auf eine militärische Unterstützung einigen. Der Bayernherzog, Führer der Katholischen Liga, die erst wieder reaktiviert werden musste, bekam dafür das Land ob der Enns als Pfand und die Kurwürde der Pfalz zugesprochen. Gerade die zunächst nur mündlich zugesagte, einige Jahre später offizielle Übertragung der Kurwürde war von eklatanter politischer Nachhaltigkeit im Dreißigjährigen Krieg. Die pfälzische Kurwürde wurde zu einem der international viel beachteten Hauptstreitpunkte des blutigen Ringens. Durch das Abkommen des katholischen Kaisers und des Herzogs von Bayern vereinigten sich im Jahre 1620 die Katholische Liga und die kaiserlichen Truppen, um auf dem Weißen Berg der Herrschaft Friedrichs V. in Böhmen ein Ende zu bereiten. Nach gut zwei Stunden war die Schlacht vor Prag vorbei. Die Ständekonföderation, die verfassungsrechtlich sogenannte Confoederatio Bohemica (der sich auch die protestantischen Stände Österreichs – 33 –

Der Aufsteiger

ob und unter der Enns angeschlossen hatten), wurde von den katholischen Mächten zerschlagen. Der sächsische Kurfürst Johann Georg besetzte die beiden Lausitzen im Auftrag des Kaisers. Weder von internationaler noch von protestantischer Seite bekam der unglückliche »Winterkönig« ausreichend Unterstützung. Einige Monate nach der Schlacht wurde Friedrich von der Pfalz in die Reichsacht genommen, die linksrheinische Pfalz wurde von spanischen Truppen und die rechtsrheinischen Gebiete wurden von Ligatruppen besetzt. Für die Aufständischen folgten ein fürchterliches Strafgericht und eine enorme Konfiskationswelle. Die Länder der Wenzelskrone sollten nun endgültig und rasch konfessionell vereinheitlicht werden, wofür vor allem der päpstliche Nuntius und die Jesuiten beim Kaiser plädierten. Die neue Elite Böhmens musste habsburgtreu sein. Von der Enteignung der »rebellischen« Adeligen, Bürger und Städte profitierte Wallenstein beträchtlich. Mit fiskalisch geschickt manipulierten, auf Arrondierung seines Gebiets ausgerichteten Immobilienkäufen und -verkäufen sowie durch königliche Deckungen seiner Kriegsauslagen legte Wallenstein, der an der Schlacht am Weißen Berg persönlich nicht teilnahm (sehr wohl aber seine beiden Regimenter de la Motte und Conti), die Basis für seine Herrschaft. Parallel zum ökonomischen Aufstieg ging der soziale Aufstieg in der habsburgisch-böhmischen Funktionselite einher. Im Januar 1622 wurde Fürst Karl Liechtenstein, Begründer seines Hauses, erfahrener Politiker im Dienste der Habsburger und einer der prägenden Männer für die Geschicke Böhmens dieser Zeit, kaiserlicher Statthalter. Liechtenstein setzte mit kaiserlicher Genehmigung Albrecht von Wallenstein als »Obrist von Prag« ein. Dieses Amt war neu. Wallenstein war in dieser Funktion der Militärkommandant von Böhmen und eine der wichtigsten Stützen habsburgischer Herrschaft in den böhmischen Ländern. Zuvor schon wurde er in den kaiserlichen Hofkriegsrat aufgenommen. Als Militärkommandant in Böhmen musste er geordnete Verhältnisse – 34 –

Der militärische und soziale Aufstieg

Abb. 1: Porträt Wallensteins zu Pferd – der Oberbefehlshaber mit Marschallstab in imposanter Reiterpose inszeniert als siegreicher Feldherr.

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Der Aufsteiger

schaffen, denn das Land war durch die kriegerischen Ereignisse schwer mitgenommen, und marodierende Soldaten verunsicherten nach wie vor Dörfer und Städte. Zudem drang der Fürst von Siebenbürgen, Bethlen Gábor, immer wieder gefährlich in die Länder der Wenzelskrone ein. Wallenstein war Anfang der Zwanzigerjahre mit der Abwehr dieses unangenehmen Gegners beschäftigt. Wallenstein hatte den Sprung in das habsburgische ­Establishment geschafft. Kurz darauf folgte der Aufstieg in den Reichsfürstenstand. Bereits im Jahre 1622 wurde ihm die erbliche Würde eines Pfalz- und Reichsgrafen zuteil. Durch seine äußerst gut durchdachte Aneignung böhmischer Herrschaften, allen voran die Territorien um Friedland, Reichenberg und Jitschin, konnte er eine kritische Ländermasse generieren. So wurde Wallenstein urkundlich am 7. September 1623 in den Reichsfürstenstand (mit der Gewährung der Primogeniturordnung für das Haus Wallenstein und Friedland) erhoben und durfte sich von da an Fürst von Friedland nennen. Friedland, die ökonomische Basis des weiteren Reichtums, wurde als erbliches Lehen eingerichtet, und seine Nachkommen erhielten die erbliche Würde eines Pfalzgrafen (comes palatinus). Die Erhebung in den Reichsfürstenstand war nicht alltäglich, Wallenstein wurde mit dieser Verleihung eine hohe Ehre zuteil, und er etab­ lierte sich damit an der Spitze der böhmischen Aristokratie. Das Jahr 1623 war überhaupt ein gutes Jahr für den Böhmen, denn zuvor schon beförderte ihn der Kaiser zum Oberst-Feldwachtmeister (Generalwachtmeister). Und nur einige Tage nach der Beförderung, am 9. Juni, heiratete der General Isabella Katharina von Harrach, die Tochter Karls von Harrach, der als einer der vornehmsten Räte und großer Intimus des Kaisers galt. Mit Isabella Katharina hatte Albrecht zwei Kinder  : Maria Elisabeth, geboren im Juni 1625, sie heiratete einen Grafen Kaunitz, und Albrecht Karl, geboren im November 1627, der im Säuglingsalter starb. Graf Harrach war die direkte Verbindung zum Kaiserhof. Über Harrach lancierte Wallen– 36 –

Der militärische und soziale Aufstieg

stein seine Pläne, ein großes, kaiserliches Heer aufzustellen. In den keineswegs reibungslosen und sich lange hinziehenden Verhandlungen zur Aufstellung einer von Wallenstein finanzierten Armee spielten ebenfalls die kaiserlichen Räte Johann Ulrich von Eggenberg, der nächste Vertraute des Kaisers, und Maximilian Graf von Trauttmansdorff, der später einflussreichste Politiker am Kaiserhof, eine zentrale Rolle. Es brauchte zwei Jahre, bis Ferdinand und sein Hofkriegsrat die Aufstellung einer großen Armada bewilligten. Alb­ recht von Wallenstein, der Herzog von Friedland, wurde Haupt und Capo, sprich  : Oberbefehlshaber und höchster kaiserlicher General, des neuen Heeres. In einer Kriegsliste von 1625 wurde er als »Obrister Feldhaubtmann« mit dem Titel »Albrecht Venceslaus Eusebius Graf Waldstein, Herzog zu Friedlandt, Röm. K. Mt Generalleitenambt, Kriegsrat, Camerer, capo über samentlich gerüstete Volk im Heiligen Römischen Reiche und in denen Niederlandten« bezeichnet. Wallenstein hatte die höchste militärische Karriereleiter erklommen. Über dem Capo der kaiserlichen Völker stand nur der gekrönte Souverän, das Reichsoberhaupt, selbst, Ferdinand II. Mit dem in unglaublich schnellem Tempo aus dem Boden gestampften kaiserlichen Heer schlug der Herzog den sogenannten Niedersächsisch-Dänischen Krieg und errang einen Sieg nach dem anderen. Der Herzog von Friedland drang dabei mit der Katholischen Liga unter Generalleutnant Johann Tserclaes von Tilly, allerdings ­immer schön separiert, bis an die Ostsee, bis nach Jütland, vor. Die militärischen Erfolge Wallensteins, seine Kriegsauslagen für den Kaiser und die damit einhergehenden finanziellen Verpflichtungen des Reichsoberhaupts verhalfen ihm zu einem weiteren Herzogtum. Trug er durch den Herzog von Friedland einen nominellen Reichsfürstentitel, so bekam er bei der Übertragung Mecklenburgs ein altehrwürdiges Reichsfürstentum. Zuerst, Anfang des Jahres 1628, war es noch ein Kauf, dann erst folgte die erbliche Belehnung des Herzogtums Mecklenburg an Wallenstein. Mit dieser Belehnung – 37 –

Der Aufsteiger

war der Oberbefehlshaber in die vorderen Ränge der Reichsfürsten aufgestiegen, und auf diesen Titel war er auch besonders stolz. Mit dem Erwerb des schlesischen Fürstentums Sagan verhielt es sich ähnlich. Wallenstein kaufte im Frühjahr 1627 dieses im Besitz der Habsburger befindliche Fürstentum um 150.000 Gulden und einige Tage nach der Belehnung mit Mecklenburg, am 15. Februar 1628, übertrug ihm Ferdinand II. Sagan als »ewiges Erblehen«, einen Tag darauf erklärte der Kaiser das Fürstentum zu einem Herzogtum. Mit der Inbesitznahme des norddeutschen Fürstentums durch die Schweden im Laufe des Krieges bekam Wallenstein das schlesische Fürstentum Groß-Glogau/Glogów am 16. April 1632 als Kompen­ sation und Pfand (»interimsbsweis und hypothecae loco«) vom Reichsoberhaupt zugesprochen. Und selbst mit den militärischen Ehren war es noch nicht vorbei  : Am 21. April desselben Jahres erfolgte eine formelle doppelte Beförderung, er wurde zum »General-Obersten-Feldhauptmann« und zum »General des Ozeanischen und Baltischen Meeres« (als solcher wurde er schon Anfang des Jahres 1628 angesprochen) ernannt. Wesentlich spektakulärer war dabei der zweite Titel, postulierte er doch nichts weniger als den militärischen und handelspolitischen Machtanspruch der siegreichen Habsburger über die Ostsee. Wallenstein wusste zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits, dass der schärfste Rivale um die Ostseeherrschaft, der schwedische König Gustav II. Adolf, schon bald der gefährlichste Gegner im Reich sein konnte. Der erste, neu geschaffene Titel war dagegen lediglich eine Zugabe, eine Ausweitung der Machtbefugnisse und Bekräftigung des kaiserlichen Vertrauens in die Qualitäten des Herzogs von Friedland. Wallenstein stand im Jahre 1628 im Zenit seiner Macht. In diesem Jahr titulierte er sich stolz als »Wir Albrecht von Gottes Gnaden Hertzog von Mechelburg, Friedland und Sagan, Fürst von Wenden, Graf von Schwerin, der Lande Rostock und Stargarth, Herr, Röm. Kays. May. General-Obrister Feldhauptmann, wie auch – 38 –

Der militärische und soziale Aufstieg

Abb. 2: Porträt Wallensteins mit dem Orden vom Goldenen Vlies von Johann Jakob Schollenberger. Der Orden vom Goldenen Vlies war die höchste Auszeichnung, die die Casa de Austria vergab.

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Der Aufsteiger

des Oceanischen und Baltischen Meeres General«. Als Herzog von Friedland unterzeichnete er seine Korrespondenz selbstbewusst mit AHZF, als Herzog von Mecklenburg AHZM (Albrecht Herzog zu Mecklenburg). Am 4. März wurde der Militärbefehlshaber und Herzog vom Mecklenburg in seiner Residenz Güstrow mit dem Goldenen Vlies ausgezeichnet. Damit verliehen ihm die Habsburger die höchste Auszeichnung, die innerhalb der Casa de Austria zu vergeben war. Der exklusive Orden vom Goldenen Vlies ging auf eine burgundische Stiftung zurück und wurde seit dem 16. Jahrhundert vom spanischen König vergeben. Der Machtzuwachs dieses Mannes wurde vielen unheimlich, und er war für deutsche Verhältnisse äußerst ungewöhnlich. Der Aufstieg dieses machtbewussten Böhmen schürte Ressentiments der besonderen Art. Die Kurfürsten erreichten schließlich in Regensburg die Entlassung des unpopulären Generals. Doch die für die katholische Allianz ungünstige Lageentwicklung mit dem Vormarsch Schwedens bewirkte die Rückkehr des Entlassenen. Der unrühmlich aus dem Dienst gestellte Feldhauptmann des Kaisers wurde in einer prekären militärischen Lage am 15. Dezember 1631 neuerlich als »General-Capo« auf Zeit mit voller Befehlsgewalt über das kaiserliche Heer eingesetzt. Einige Monate später, am 13. April 1632, bestellte Ferdinand II. den Herzog von Friedland mit umfassenden Vollmachten zum »Generalissimus« (mit der Bezeichnung »Generalissimus« war er ab 1632 in den Kriegslisten zu finden, im ersten Generalat wurde er als »Obrister Feldhauptmann« tituliert). Wie jedoch diese Vollmachten konkret ausgesehen haben, ist nicht genau geklärt. Die Göllersdorfer Vereinbarungen vom 12. und 13. April überlebten den Lauf der Geschichte nicht – wenn es sie überhaupt je schriftlich gegeben hat. Es scheint jedoch, dass es sich bei diesen für die Causa Wallenstein überaus wichtigen Vereinbarungen um erhebliche Zusagen des obersten Kriegsherrn, Ferdinand II., gegenüber seinem Generalissimus gehandelt haben muss. – 40 –

Der gehasste Emporkömmling

Der geh a sste E mp or kömml ing Seit dem habsburgischen Sieg am Weißen Berg ging der Aufstieg Albrechts von Wallenstein atemberaubend schnell. Dieser kometenhafte Aufstieg in den Reichsfürstenstand, die ihm zugesprochenen Machtbefugnisse als Oberbefehlshaber und das daraus resultierende Auftreten des Karrieristen hatten auch Missgunst, Neid und Hass zur Folge. Die Fürsten der Katholischen Liga, allen voran Maximilian I. von Bayern, fanden im Herzog von Friedland ein regelrechtes Feindbild. Sie fühlten sich vom böhmischen Emporkömmling herausgefordert. Gerade das »Konkurrenzverhältnis« der beiden im Norden Deutschlands operierenden Armeen war prädestiniert, Konfliktpotenzial zu schaffen. Dabei forderte Maximilian I. noch 1625 die Aufstellung einer eigenen kaiserlichen Armee zur Unterstützung der Liga. Diese Machtfülle eines kaiserlichen Feldhauptmannes aber hatte sich der Wittelsbacher wahrlich nicht erwartet. Und er konnte auch nicht ahnen, dass der neue kaiserliche Feldherr mit ganz anderen Ambitionen ausgestattet war als sein »braver« Generalleutnant Tilly, der zwar keineswegs immer uneigennützig agierte, jedoch keine dermaßen vergleichbare unternehmerische Dynamik entwickelte. Wallenstein war ein politisch und ökonomisch anderes Kaliber als alle anderen kaiserlichen und ligistischen Generäle vor ihm. Neben dem Bayernfürsten war der Kurfürst von Mainz, Georg Friedrich Greiffenclau von Vollrads (Kurfürst-Erzbischof von Mainz 1627 bis 1629), als Reichserzkanzler alles andere als ein unbedeutender Geistlicher, reichsrechtlich gesehen der zweite Mann im Reich, ein weiterer Scharfmacher gegen Wallenstein. Dem Kaiser gegenüber war er loyal, forderte aber unentwegt Maßnahmen gegen Wallenstein und schrieb von »Friedlands geferliche humores und anschläg«. Der Beschwerdekatalog der Reichsfürsten gegen den Friedländer wuchs mit der Zeit enorm  : Da ging es um die leidige Quartiersfrage zwischen Ligaarmee und kaiserlichem Heer, um die – 41 –

Der Aufsteiger

Belastungen der eigenen Länder durch die kaiserliche Soldateska bei Einquartierungen, Werbungen und Truppendurchzüge, natürlich auch um zu leistende Kontributionen (Kriegssteuern), um die Disziplinlosigkeit des wallensteinischen Heeres, um die Unverlässlichkeit und Unberechenbarkeit des kaiserlichen Generals, ja um angeblich bedrohliche Pläne des Herzogs, der die reichsständische »libertet« gefährden und die Liga und das Heer ruinieren wolle. Maximilian warf dem kaiserlichen General militärische Inkompetenz und während des Konflikts gegen Dänemark eine unnötige Eskalation der Lage im Norden des Reichs vor. Die Gerüchte über den Herzog wurden durch gezielte Berichte eifriger Kleriker noch zusätzlich geschürt und gefestigt. So gab es zum Beispiel die berühmtberüchtigten Kapuzinerrelationen des Valeriano Magni, die ein durchwegs negatives Bild des klugen, aber angeblich verschlagenen, rücksichtslosen, tyrannischen, nach der Alleinherrschaft strebenden Wallenstein zeichneten. Magni war allein deshalb schon glaubwürdig, weil er aus dem Umfeld des Herzogs von Friedland stammte und ihn schon lange gut kannte. Die politischen Flugschriften jener Zeit malten ein ähnliches Bild  : Darin wurde der Feldherr als allmächtiger und ehrgeiziger, ungläubiger, arroganter, grausamer wie auch tobsüchtiger Ratgeber Ferdinands dargestellt, der die Reichspolitik nach Belieben völlig willkürlich kontrolliere. Die Liste an negativen Eigenschaften und dunklen Plänen, die ihm da unterstellt wurden, könnte noch ergänzt werden. Im Winter 1633/34, am Höhepunkt der Tragödie, hatte der Herzog selbst am kaiserlichen Hof den letzten Kredit verspielt. So urteilte der an sich gemäßigte kaiserliche Rat Gundacker von Liechtenstein in seinem Gutachten wegen des Friedländers  : »[…] zweitens wegen seiner angeborenen Unersättlichkeit und dem Ehrgeiz (der daraus erscheint, dass er als gewesener einfacher Adeliger ohne Ämter mit drei Herzogtümern und so hohen Privilegien, die keiner in allen des Hauses Österreich spanischen oder deutschen Landen innehat, nicht ersättigt ist, son– 42 –

Der gehasste Emporkömmling

dern mehr beansprucht.)« So galt er auch den Eigenen als ehrgeiziger und machthungriger Parvenü. Und natürlich ging es in der ganzen Diskussion pro und contra Wallenstein auch um Anrede und Titulatur des Neo-Reichsfürsten. Im Klub der altehrwürdigen Reichsfürsten war dieser böhmische Emporkömmling nicht willkommen. Wallenstein war durchaus empfindlich gegen diese Art der herablassenden Behandlung. Über Erzherzog Leopold von Tirol schrieb er an seinen Schwiegervater  : »Wie schmerzt mich in der Seelen, dass mich der Kaiser, der mein Herr ist, wie einen Reichsfürsten tractirt, dieser aber, der mein Herr nicht ist und nicht werden wird, tractiert mich wie einen hundsbuben.« Die Stimmung gegen den Herzog drückte sich nicht nur durch die in der Liga kursierenden Gerüchte oder Schlechtmachereien aus, gegenüber Wallenstein hegte man ein tiefes Misstrauen, bisweilen abgrundtiefen Hass, und auch konfessionell war ihnen der General zumindest suspekt. Der Friedländer, wie sie ihn nannten, wusste zudem durch so manch unbedachte Äußerung und Anmaßung (zumindest aber wurden ihm diese unterstellt und offenbar auch zugetraut  : »Es wird nicht eher Ruhe sein im Reich, bis man einem von ihnen [den Kurfürsten] den Kopf zwischen die Füße legt« oder »man sollte zusehen, dass man nit noch einen Kayser zue München machte …«) und nicht zuletzt auch durch gezielte Abwerbung fähiger Offiziere von der Liga die Antipathien gegen seine Person anzuheizen. Die ligistischen Gravamina gegen den Herzog von Friedland und seine Armee wurden im Herbst 1627 auf dem Kollegialtag in Mühlhausen (Thüringen) lautstark artikuliert (Maximilian hat sich übrigens von den Stellungnahmen seiner geistlichen Kurkollegen im Nachhinein distanziert). Diese Stimmung kulminierte auf einer Ligaversammlung in Bingen, die vom 29. Juni bis zum 7. Juli 1628 abgehalten wurde. Dort stellte die Liga sogar die Überlegung an, »ob man nemblich die Fridlendische gestrak angreifen und aus iren quartieren, auch ausserhalb der bundstenden – 43 –

Der Aufsteiger

land, vertreiben oder cunctirn solle, […]«. Freilich waren das vorerst nur starke Worte innerhalb Gleichgesinnter, die Absetzung des kaiserlichen Generals wollte man allemal. Den Höhepunkt des Konflikts zwischen Reichsfürsten und kaiserlichem Oberbefehlshaber erlebte der Kaiser am Kurfürstentag zu Regensburg 1630. Eigentlich kam der Habsburger mit großen Plänen zum viel beachteten Kollegialtag  : Er wollte die Wahl seines Sohnes Ferdinand zum römisch-deutschen König fixieren, Kriegshilfe (gegen die Generalstaaten der Niederlande und Schweden) erlangen und die Fürsten für seine Interessen in Mantua, wo bereits ein kaiserliches Heer erfolgreich operierte, gewinnen. Die bestimmende Persönlichkeit auf dem Regensburger Kurfürstentag war Maximilian von Bayern, dem es in erster Linie um eine möglichst große Unabhängigkeit vom Kaiser ging. In Wallenstein sah er das gefürchtete monarchische Machtinstrument des habsburgischen Kaisertums. So wurde der erfolgreiche Emporkömmling auch Opfer der existierenden Spannungen im Reichsdualismus  : als Exponent scheinbarer kaiserlicher Machtbestrebungen gegen die reichsständische »libertet«. Wallenstein erkannte das Problem selbst  : »Daß ich im Reiche verhasst bin, das geschieht aus der Ursache, daß ich dem Kaiser gar zu wohl gedient hab’ wider ihrer vieler Willen.« Und nochmals  : »Alle Kurfürsten und Fürsten, ja männiglich muß ich mir wegen des Kaisers zu Feinden machen.« Wallenstein trat in dieser Phase als kompromissloser Heerführer des Kaisers auf. Der Kurfürst von Bayern verlangte die Entlassung Wallensteins und befand sich selbst bereits mit Frankreich in Verhandlungen über ein Defensivbündnis. Die Krone Frankreichs wiederum war neben dem offiziellen Gesandten mit Pater Joseph (mit bürgerlichen Namen François Leclerc du Tremblay), der sogenannten grauen Eminenz hinter Richelieu, vertreten und wollte die Trennung der Katholischen Liga von Habsburg erreichen wie überhaupt die hegemoniale Stellung der Casa de Austria in Europa brechen. Die anti– 44 –

Astrologie

habsburgische Koalition in Regensburg war schließlich erfolgreich. Am 13. August 1630 wurde der militärisch erfolgreiche Herzog von Friedland als Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres abgesetzt. Das kaiserliche Heer wurde nach diesem Entschluss reduziert und mitsamt der Ligaarmee Generalleutnant Tilly unterstellt. In Anbetracht der Tatsache, dass der schwedische König Gustav II. Adolf mit einem kleinen, aber feinen Expeditionskorps einige Wochen vorher bereits auf Reichsboden gelandet war, war die Absetzung des außergewöhnlichen militärischen Organisationsgenies Wallenstein von entscheidender Tragweite. Der Vasa sammelte in Ruhe seine Truppen im Reich und marschierte im Jahr 1631 in Richtung Süden. Ferdinand II., der natürlich seine katholischen Verbündeten im Reich nicht verlieren wollte und deshalb nachgab, konnte seine Ziele auf dem Kurfürstentag nicht durchsetzen und wurde so beachtlich geschwächt. Darin liegt die wahre Tragödie für den Habsburger während der schwedischen Invasion ins Reich. Er verlor seinen Feldherrn, seine Armee und konnte selbst für die habsburgische Reichsnachfolge nicht Sorge tragen. Es sollte allerdings nicht lange dauern,, und die Absetzung des kaiserlichen Feldhauptmannes wurde auch eine Tragödie für den Bayernfürsten. Keine zwei Jahre später streiften die schwedischen Truppen brandschatzend durch Bayern und ihr König zog in München ein.

A strol o gie Aus der Retrospektive mögen der Typus Wallenstein und die spekulative Pseudowissenschaft Astrologie nicht zusammenpassen, und dennoch gehört die Astrologie zum Lebenslauf des kaiserlichen Generals. Der kühle Stratege, der rational denkende Ökonom, der skrupellose Machtmensch Wallenstein interessierte sich für die Sterne und deren Einfluss auf die Menschen, besonders für deren Einfluss – 45 –

Der Aufsteiger

auf sein Schicksal. Die Astrologie war im 17. Jahrhundert eine zwar von verschiedenen namhaften Gelehrten bereits kritisierte und vom Konzil von Trient verbotene, aber dennoch von einem breiten Kreis anerkannte Wissenschaft, betrieben von seriösen Astronomen und Mathematikern. Bereits im Jahre 1608 trat der junge Adelige über einen bekannten Arzt an den prominenten Hofastronomen Johannes Kepler heran. Kepler, der erstaunliches Geschick beim Abfassen von Horoskopen hatte, seinem Gelderwerb jedoch auch sehr kritisch gegenüberstand, erstellte ein scharfsinniges psychologisches Porträt des damals noch völlig unbekannten Kunden. Es wurde bereits viel über dieses Horoskop gerätselt, das tatsächlich in einigen Punkten zutreffend erscheint, wie zum Beispiel die Heirat mit einer reichen Witwe und vor allem die Beschreibung des Charakters des Karrieristen, in anderen Punkten aber auch völlig danebenlag. Wie auch immer hier geschicktes Formulieren, Zufall oder eine tatsächliche metaphysische Gabe des Astronomen gewichtet sein mögen, seien nur einige historische Fakten zur Astrologie und Wallenstein genannt  : Nachdem sich Albrecht in seinen jungen Jahren die Nativität vom bekannten Hofastronom stellen ließ, diese als verbindliche Voraussage auslegte, das Horoskop immer mit sich führte und kommentierte (hier verzeichnete er zum Beispiel seine Krankheiten und stellte Übereinstimmungen fest), wandte er sich im Jahre 1624 nochmals mit verschiedenen, sehr konkreten Fragen an den Astronomen. Nun wollte er seine Zukunft genauer vorausgesagt haben. Diesmal war der Auftraggeber dem nebenberuflichen Sternendeuter bekannt. Wallenstein war im Jahre 1624 natürlich kein Unbekannter mehr, er war Gubernator von Böhmen und eine der wichtigsten Persönlichkeiten in den Ländern der Wenzelskrone. Kepler antwortete wiederum geschickt, zum Teil sogar seinen Kunden belehrend und verklausuliert wie üblich. Auf konkrete Fragen konnte er ohnehin keine konkreten Antworten geben. Wallenstein legte selbst gegenüber dem berühmten Kepler eine fordernde Un– 46 –

Astrologie

geduld an den Tag, als wollte er die Zukunft als Programm vor sich liegen haben, als wollte er die Zukunft gar beeinflussen. Einige Jahre später kam er nochmals mit dem alten, verarmten Kepler in Kontakt und bot ihm eine Stelle an. Als »Friedländischer Mathematicus« nahm Kepler in Sagan den offerierten Posten an, 1.000 Gulden im Jahr betrug die Bezahlung. Der wallensteinische Mathematicus fühlte sich jedoch im abgeschiedenen Sagan nicht wohl. Im Jahr der Absetzung Wallensteins starb der Astronom in Regensburg. Wallenstein sah sich nach Ersatz um. So führte er in den letzten Jahren seines Lebens (zumindest seit 1632) einen jungen Astrologen, einen Italiener namens Giovanni Battista Senno (der bekannte Seni bei Schiller), mit sich im Gefolge. Senno, dessen Aufgabe die Erstellung astrologischer Gutachten war, fungierte in der letzten Lebensphase als ein geschätzter Gesprächspartner für den Herzog von Friedland. Nach der Liquidierung des Generalissimus verbüßte Senno, der in verschiedenen Werken über Wallenstein oft für einen von Matthias Gallas und Ottavio Piccolomini korrumpierten Verräter gehalten wurde, eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft. Dieser Umstand spricht eindeutig dafür, dass sich Senno nicht gegen seinen Auftraggeber gebrauchen ließ. Festzuhalten bleibt, dass sich der kaiserliche Generalissimus ohne Zweifel zeit seines Lebens für die Astrologie interessierte und auf astrologische Voraussagen Wert legte, Kontakt zu Kepler pflegte, den Astronomen und Mathematiker wie auch den jungen Italiener Senno in seine Dienste nahm. Er ließ sein Palais in Prag mit astrologischen Motiven schmücken (zum Beispiel der Astrologische Gang im Palais Waldstein). Diese astronomisch-astrologische Sujetma­lerei in Wallensteins Palais hatte jedoch im Dekor adeliger Paläste durchaus Tradition und ist auf die italienischen Künstler im Umfeld des Bauherrn zurückzuführen. Wie in Italien üblich, wurden nicht nur antik-mythologische Motive, sondern auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Astronomie und diese in Ver– 47 –

Der Aufsteiger

bindung mit astrologischen Interpretationen in das ikonografische Programm frühneuzeitlicher Residenzen eingearbeitet. Bei Wallenstein fanden die Künstler ohne Zweifel einen dafür mehr als aufgeschlossenen Mäzen. Allerdings war der böhmische Magnat kein Gefangener der Astrologie, er stand den Voraussagen – zum Teil zumindest – kritisch gegenüber, erlaubte sich Zweifel und war kein blinder Getriebener der Prophezeiungen. Dass die Sterne entscheidenden Einfluss auf seine Entscheidungen, ja sogar auf militärische Entscheidungen hatten, ist zeitgenössischen Gerüchten und Unterstellungen, missverstandenen oder unkorrekten Tradierungen sowie auch der Darstellung Schillers zuzuschreiben, wie Angelika Geiger in ihrer Untersuchung zur Astrologie Wallensteins festgestellt hat. Viele, noch in den modernen Wallenstein-Biografien zu findende Anekdoten mit Astrologiebezug sind historisch nicht belegbar.

K r a nk heit Krankheiten waren – wie bei so vielen seiner Zeitgenossen – ständige Begleiter Wallensteins. In seinem Horoskop vermerkte er  : »Im 22. Jahr habe ich die Ungerische Krankheit und die Pest gehabt, Anno 1605 im Januario. Anno 1615 im September bin ich krank worden und gar kümmerlich mit dem leben davonkommen. Anno 1620 in Julio bin ich auf den Todt krank gwest, und die Krankheit vermein ich, das ich mir’s mit drincken causirt hab, hat auch sollen die Ungerische Krankheit werden, aber Experienz und fleiß der medici den balde bevorkommen. Das Podagra habe ich Anno 1620 im April bekommen, aber gehet bis dato noch guth.« Nur aus diesen wenigen Anmerkungen entnehmen wir, dass er nach seiner eigenen oder der Diagnose seiner Ärzte an der »Ungarischen Krankheit« und an der Pest litt. Als »Ungarische Krankheit« bezeichnete man damals eine Art von nervösem Faulfieber, das vor allem bei den Feldzügen – 48 –

Krankheit

in Ungarn grassierte. Allerdings stand dieser frühneuzeitlich-medizinische Terminus auch für Malaria, Typhus, Ruhr, Pest und für die Syphilis, die man bei Wallenstein ebenfalls diagnostiziert haben wollte. Selbst nahe dem Tode war er durch seine Krankheiten, und zudem hatte er im 38. Lebensjahr die Podagra, eine Gichterkrankung, bekommen, die ihn nicht mehr losließ. Diese Diagnose darf als sehr wahrscheinlich gelten, denn wie fast alle seine Offizierskameraden, die oft dem Unwetter frei ausgesetzt waren, viel Fleisch aßen, auch ansonsten üppige Nahrung zu sich nahmen, Alkohol tranken (wie er selbst zugibt) und wenig Bewegung hatten, litten an der Podagra. Man sprach geradezu »von einem gigantischen Heer von Gichtkranken in der Vergangenheit« (Karger-Decker, Arzney, S. 426). Ansonsten waren freilich die medizinisch-diagnostischen Methoden, die mangelhaften Symptombeschreibungen und die Möglichkeiten der Behandlung der Krankheiten im 17. Jahrhundert begrenzt, sodass wir es im Allgemeinen mit keinen zuverlässigen Feststellungen zu tun haben. Wallensteins Krankheiten gaben in der Geschichtswissenschaft zu einigen Spekulationen Anlass. So sollen seine Pläne und vor allem das Scheitern ebendieser maßgeblich von den Krankheiten beeinflusst gewesen sein (Robert Maršan/Stanislav Mentel). Dieser Beurteilung folgten Biografen wie Golo Mann, nicht jedoch Helmut Diwald, der ihm selbst in der Endphase seines Lebens einen klaren Verstand attestierte. Auch hier haben wir es mit dem oft in der Wallenstein-Forschung auftretenden quellenkritischen Problem zu tun. Wo der Interpretationsspielraum gegeben bzw. wo die Quellenlage nicht eindeutig ist, fordert die Figur Wallenstein zu gegensätzlichen Meinungen heraus. Der Gesundheitszustand des Generalissimus stellt ohne Zweifel ein interessantes Interpretationsangebot dar, denn die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit und den Beurteilungsfähigkeiten Wallensteins in der letzten Phase seines Lebens ist tatsächlich offen. Logisch durchgedacht und be– 49 –

Der Aufsteiger

gründbar scheinen seine Entscheidungen Ende 1633 und Anfang 1634 tatsächlich nicht mehr gewesen zu sein. Auch der tschechische Wallenstein-Biograf Josef Janáček maß den Krankheiten große Bedeutung bei. Er folgte der keineswegs neuen, auf der Untersuchung der Überreste Wallensteins basierenden These des tschechischen Paläoanthropologen Emanuel Vlček von 1975, wonach der Feldherr nicht die Gicht, sondern Syphilis hatte. Die Ansteckung erfolgte laut Vlček im Jahre 1604, ging um 1610 in ihr sekundäres und 1620 ins tertiäre Stadium über. Die Behandlung der Krankheit durch Quecksilber führte zusätzlich zu einer chronischen Vergiftung. Der Generalissimus hatte demnach Anfang 1634 ohnehin nur noch wenige Wochen oder Monate zu leben. Womöglich beschrieb Wallenstein in seinem Horoskop die syphilitische Infektion im Jahre 1605 als »Ungarische Krankheit«. Die moderne historische Forschung (Polišenský/Kollmann) geht heute davon aus, dass der Herzog von Friedland sowohl an der Gicht als auch an Syphilis gelitten haben kann – eine durchaus plausible Annahme. Bestimmt könnte man mit den mittlerweilen weiter fortgeschrittenen paläopathologischen Methoden zu valideren Ergebnissen kommen als vor mehr als 35 Jahren. Sicher scheint auch zu sein, dass Wallenstein in seinen letzten Lebensjahren mit Obstipation (Stuhlverstopfung) zu kämpfen hatte. Weiters wurden Arthritis und Angina Pectoris im Krankheitsbild des Friedländers angenommen (Heinrich Viktor Klein). Welche Krankheiten nun auch immer Wallenstein hatte oder nicht, es war ihm aufgrund seines körperlichen Zustandes auf jeden Fall unmöglich, für längere Zeit im Feld zu sein. Der Generalissimus suchte daher immer wieder um Heimaturlaub vor allem über die Winterpause an. Ob nun die Tötung in Eger 1634 einem natürlichen Tod um nur wenige Wochen oder Monate zuvorgekommen ist, sprich ob Wallenstein in Eger sterbenskrank war oder ob er doch noch einige Jahre zu leben gehabt hätte, ist aus heutiger Sicht nicht mehr zu beurteilen. – 50 –

Der Fel dher r

W

allenstein wird in erster Linie als General gesehen, als großer Feldherr und Militär, freilich mit außergewöhnlichem ökonomischem Talent. Wie aber sind die Leistungen Wallensteins im Feld zu beurteilen  ? War er wirklich ein genialer Schlachtenlenker, Taktiker und Stratege  ? Gehört der kaiserliche Generalissimus zu den Feldherren ersten Ranges  ? Oder verdankt er seinen militärischen Ruf lediglich dem ökonomischen Organisationstalent  ?

Der Be ginn der mil itä r ischen K a r r ier e Wallenstein diente nicht, wie viele seiner Offizierskameraden, von der Pike auf. Man kann sogar behaupten, dass der spätere Generalissimus bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr wenig militärische Erfahrung gesammelt hat. Im Herbst und Winter von 1604 diente der junge Mann als Fähnrich im kaiserlichen Heer unter General Giorgio Basta in Oberungarn. Am 18. September dieses Jahres, so viel ist quellenmäßig gesichert, kam der böhmische Adelige im kaiserlichen Hauptquartier in Gran/Esztergom an. Wallenstein wurde während der Belagerung Kaschaus an der Hand verwundet und zum Hauptmann befördert, kehrte nach drei Monaten aber wieder in die Heimat zurück und ließ sich für lange Zeit auf dem Kriegstheater nicht mehr blicken. Zwar boten ihm die mährischen Stände die Regimentsobristenstelle des ständischen Infanterieverbandes der Territorialverteidigung an, aber das war mehr seiner gesellschaftlichen Stellung und seinen finanziellen Möglichkeiten geschuldet – 51 –

Der Feldherr

als seiner umfassenden »kriegsexperienz«. Richtiges militärisches Profil erhielt der mährische Gutsbesitzer erst im Gradiscaner Krieg von 1617, als er mit seinen Kürassieren und Infanteristen gegen die Venezianer stürmte, sich dabei bewährte und im Auftrag des späteren Reichsoberhaupts Ferdinand ein Disziplinarrecht für die Kavallerie ausarbeitete. Mit dem Coup gegen die mährischen Stände empfahl sich der loyale Obrist Wallenstein endgültig für höhere Aufgaben aufseiten der Habsburger. Der Mann ließ mit dem Raub der Ständekassa Entschlusskraft, Führungsstärke, Durchsetzungsvermögen, aber auch Skrupellosigkeit erkennen. Diese Eigenschaften konnte ein Kriegsherr am Beginn eines Waffenganges gut gebrauchen. Nach dem Sieg der katholischen Partei auf dem Weißen Berg wurde Albrecht von Wallenstein der Militärkommandant Böhmens. Bereits im Jahr 1621, unmittelbar nach der entscheidenden Schlacht vor Prag, tat sich Wallenstein als Obrist für die alten und neuen Machthaber hervor. Er unterstützte den Statthalter Karl von Liechtenstein bei den Exekutionsmaßnahmen gegen die Ständeopposition, schlug zur Jahresmitte einen Bauernaufstand bei Königgrätz/Hradec Králové nieder, kämpfte gegen den Markgrafen Johann Georg von Jägerndorf und stellte sich mit seinen Truppen gegen Bethlen Gábor bereit.

Da s k a iser l iche Heer vor Wa l l enst ein Nach dem Prager Fenstersturz musste sich der Habsburger Ferdinand um einen militärisch potenten Verbündeten umschauen, bevor er zum großen Gegenschlag ausholen konnte. Denn vorerst streiften die Verbände der böhmischen Opposition weit in die österreichischen Erblande hinein, und die kaiserlichen Truppen mussten sich auf die Defensive in Südböhmen und in den niederösterreichischen Ländern beschränken. Am 5. Juni 1619 stand die Armee – 52 –

Das kaiserliche Heer vor Wallenstein

des Ständeheerführers Heinrich Matthias Graf von Thurn sogar vor den Toren Wiens. Ihren Abzug allerdings bewirkte nicht der mit Legenden verbrämte Einmarsch der Dampierre’schen Kürassiere in die Hofburg, sondern vielmehr die militärische Lageentwicklung in Böhmen. Es war ohne Zweifel eine prekäre Situation für die habsburgische Partei, zumal Ferdinand II. den Böhmen keine überlegene homogene Streitmacht gegenüberstellen konnte. So wandte sich der Habsburger an seinen Schwager und Vetter in München. Maximilian I. versprach dem Reichsoberhaupt – keinesfalls uneigennützig, wie bereits gezeigt wurde – die Unterstützung durch die Katholische Liga. Nach der Aufstellung dieser aus Truppen der katholischen Reichsstände bestehenden Soldarmee war die Liga unter der Führung des bayerischen Herzogs das vorläufig einzig offensive schlagkräftige militärische Instrument, das Ferdinand II. zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges zur Verfügung stand. Zuvor hatte Ferdinand nur die Restverbände des Gradiscanerkrieges und neu rekrutierte Truppen zur Verfügung – im Ganzen jedoch noch keine einheitlich organisierte Armada. Eine Zählung im Sommer 1618 ergab an die 9.900 Mann Infanterie und 4.300 Mann Kavallerie inklusive 1.100 Mann Husaren. Im Winter 1618/19 betrug die Stärke des kaiserlichen Heeres 8.500 Mann Fußvolk, 3.000 Mann Kavallerie und 1.500 Ungarn. Sieben Monate später waren immerhin 17.700 Mann (13.195 Infanterie und 4.575 Kavallerie) unter dem Kommando des kaiserlichen Oberbefehlshabers General Karl Bonaventura Graf von Bucquoy. Der konkurrierende General Heinrich Duval Graf von Dampierre hatte in Südmähren mehr als 8.600 Mann zur Verfügung. Als sich diese beiden kaiserlichen Generäle im Februar/März 1620 vereinigten, hatten sie 15.000 bis 18.000 Mann im Gefolge, mit denen sie operativ werden konnten. Der Rest musste für stationäre und defensive Aufgaben abgestellt werden. Der vorsichtig agierende Bucquoy konnte daher allein eine Offensive gegen Prag ohne ligistische Unterstützung nicht wagen. – 53 –

Der Feldherr

Außerdem mussten die Kaiserlichen vor wie auch nach der erfolgreichen Schlacht am Weißen Berg die Angriffe des siebenbürgischen Fürsten abwehren, der die Südostflanke der Habsburger bedrohte. Diese Aufgabe übernahm Wallenstein als Obrist und Gubernator von Böhmen. Der habsburgische Armeekommandant Bucquoy fiel 1621 bei Neuhäusel, General Dampierre bereits ein Jahr früher. Bis zum Jahre 1625 schlug so der Generalleutnant der Liga, Johann Tserclaes von Tilly, mit Unterstützung kaiserlicher Verbände und spanischer Auxiliartruppen die Schlachten für die katholische Partei im Reich gegen die Söldnerführer des sich im Exil befindlichen Friedrich von der Pfalz. Das kaiserliche Heer wurde in den Zwanzigerjahren des 17. Jahrhunderts wiederum systematisch reduziert, Regimenter wurden abgedankt bzw. reformiert. Eine einheitlich strukturierte und operierende kaiserliche Armee, die zur großen Offensive fähig war, stellte erst wieder Albrecht von Wallenstein auf. Nach einer Instruktion vom 27. Juni 1625 sollte diese Armada 24.000 Mann (6.000 Kavallerie und 18.000 Infanterie) zählen  ; doch dieses Heer wuchs dank des blendenden Organisators Wallenstein immens und erreichte ein Jahr darauf bereits eine effektive Stärke von mehr als 60.000 Mann, 1627 waren es an die 100.000 Mann, und in den Jahren 1628 und 1629 – dem absoluten Höhepunkt – dürften es um die 110.000 Mann gewesen sein. Die Liga verfügte 1623 über knapp 31.000 Mann. So war die Stärke des kaiserlichen Heeres unter Wallenstein einmalig für die damalige Zeit. Allerdings muss bei diesen imposanten Stärkeangaben der kaiserlichen Armee immer bedacht werden, dass der General nicht mit 100.000 Mann marschierte oder diese Armee bei sich konzentrierte, sondern dass in diesen Angaben auch die selbstständig agierenden Korps und Festungsbesatzungen inkludiert waren. Die Schlacht von Dessau im Jahre 1626 schlug Wallenstein mit maximal 20.000 Mann, bei Wolgast 1628 griff der Oberste Feldhauptmann des Kaisers überhaupt nur mit ca. 8.000 – 54 –

Kriegsherr und Feldherr

Mann an. Bei der Alten Veste im Jahre 1632 konzentrierte der Generalissimus maximal an die 50.000 Mann, in der großen Schlacht von Lützen trat er mit nicht mehr als 16.000 Mann (ohne das Korps Pappenheim, das an die 3.000 Berittene zählte) gegen die Schweden an, die zu Beginn des Treffens leicht in der Überzahl waren. All diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn selten haben die Historiker das Glück, konkrete Angaben in den Akten zu finden. Die Stärkeangaben in den Listen der Heeresführung wurden zu logistischen Zwecken angelegt und nicht vor Schlachten zur Stärkefeststellung, sodass die Rekonstruktion von Mannschaftszahlen meist auf stark differierenden Zeitzeugenaussagen basiert.

K r ie gsher r u nd Fel dher r Die Funktion Wallensteins als General Obrister Feldhauptmann bzw. Generalissimus, als höchster General der kaiserlichen Armee, muss vor dem Hintergrund der Heeresverfassung der frühneuzeitlichen Söldnerheere gesehen werden. Ab 1625 war Wallenstein der Capo der Armee mit dem Titel »General Obrister Veldhauptmann« (als solcher zeichnete er in seiner Korrespondenz), im zweiten Generalat wurde er als Generalissimus bezeichnet. Ein vom Monarchen eingesetzter Armeebefehlshaber wie Wallenstein hatte weitgehende Autonomie in strategisch-operativen sowie in taktischen und organisatorischen Entscheidungen, jedoch keine Autonomie im politischen Bereich. Kaiser Ferdinand II. war der »Kriegsherr« (ausgewiesen zum Beispiel in einer Kriegsliste aus dem 1632 als »Oberster Kriegsherr – S. Mt. Ferdinandus II., von Gottes Gnaden erwehlter Römischer Kaiser, auch zu Hungarn und Boheimb Kunig«) und der Auftraggeber Wallensteins. Ferdinand brauchte einen obersten Befehlshaber im Feld, denn ein Kriegerkönig wie Gustav II. Adolf war der Habsburger nicht. Administrativ wurde der Kaiser – 55 –

Der Feldherr

in Wien vom Hofkriegsrat, der zentralen Verwaltungsbehörde des Kriegswesens, unterstützt. Der oberste Kriegsherr behielt es sich vor, die Generalsstellen zu besetzen und die formelle Bestallung der Regimentsinhaber mittels Patent durchzuführen. Es war ein Privileg für den kommandierenden Feldherrn, die Obristen auszuwählen  ; ab dem Jahre 1626 durfte der Herzog die Werbepatente (nicht jedoch die Bestallungspatente) für die Regimentsinhaber ausstellen. Bei den Generälen hatte Wallenstein lediglich ein Vorschlagsrecht. Dieses Recht wurde ihm formell erst mit der neuen Bestallung vom 21. April 1628 zum »General-Obersten-Feldthauptmann« eingeräumt (»… zue den General-Bevelchen aber zue Unnßerer genedigisten resolution subiecti proponiren und fürzuschlagen«). Selbst nach den Göllersdorfer Abmachungen zum zweiten Generalat konnte der Herzog nicht einfach seinen Stellvertreter nominieren  : Wallenstein musste den Kaiser um die Beförderung von Matthias Gallas »für einen Generalleüttenandt über alle Eur. Meytl. Armeen« bitten. Das Reichsoberhaupt war jedoch schnell mit dem Vorschlag seines Generalissimus einverstanden. In seinem zweiten Generalat stellte der Generalissimus zumindest einige Bestallungspatente und alle Werbepatente für die Obristen aus. Schon allein aus diesen Rechten und Pflichten des Oberkommandierenden der kaiserlichen Armee ist jedoch zu sehen, dass der Generalissimus in seiner Personalpolitik nie gänzlich frei war. Als Reichsoberhaupt war Ferdinand II. (theoretisch) der Inhaber der höchsten politischen und militärischen Funktion im Reich. In der Macht eines Souveräns stand es für gewöhnlich, Kriege zu erklären und Kriege zu beenden, Armeen zu mobilisieren, sie selbst zu führen oder durch von ihm ernannte Feldherren führen zu lassen. Aber so einfach waren die Entscheidungsstrukturen im Reich nun auch wieder nicht. Der kaiserlich-reichsständische Dualismus, der die Reichsverfassung nun einmal kennzeichnete, wirkte sich ebenfalls auf das Kriegswesen des Reiches aus. So gab es bis zum – 56 –

Kriegsherr und Feldherr

Prager Frieden kein einheitlich strukturiertes Reichsheer, obwohl es immer wieder angestrebt wurde. Wenn das Reich in Zeiten der Bedrohung eine Armee aufstellte, dann waren das oft Zusammensetzungen verschiedener Truppenkontingente der temporär armierten Reichsstände, also jener Territorien, die finanziell in der Lage waren, Soldtruppen anzuheuern und diese zu unterhalten. Zudem lagen wichtige Kompetenzen zur Wahrung des Landfriedens bei den Reichskreisen. Erst im Zuge des Prager Friedenswerkes von 1635 – Wallenstein war bei Vertragsunterzeichnung bereits mehr als ein Jahr tot – wurde für den Unterhalt und die Versorgung einer Reichsarmee, einer sogenannten »hauptarmada«, unter der Führung des Kaisers als obersten Kriegsherrn, gesorgt. Ein beträchtlicher Anteil dieser Reichsarmada, die sich aus den bisher selbstständig agierenden Kontingenten der Vertragspartner des Prager ­Friedens zusammensetzte, wurde dem sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. unterstellt, worauf der immer wieder auf eine höchstmögliche Autonomie pochende, sich gegenüber Sachsen benachteiligt fühlende Maximilian von Bayern dieselben militärischen Rechte einforderte. Nach längeren Verhandlungen wurde dem bayerischen Kurfürsten schließlich das Generalat über ein Viertel der Armada (geplant 20.000 Mann) eingeräumt, womit die völlige reichsrechtliche Gleichstellung des bayerischen mit dem sächsischen Kommando erfolgt war – Brandenburg sollte noch folgen. Trotz all dieser machtpolitischen Diskussionen um die Reichsarmada  : Unumstritten war vor wie nach dem Prager Frieden, dass der Kaiser, das »oberhaupt im Reich«, der oberste Kriegsherr (selbst wenn die Bezeichnung »Kriegsherr« im Vertragstext nicht verwendet wurde) dieser »haubtarmada« sein musste. Dieses Reichsheer wurde »der Röm. Ksl. Mt. und des Hl. Röm. Reichs kriegsheer« im Vertragswerk genannt  ; also auch hier war wiederum der Dualismus »Kaiser und Reich« verankert. Das »generalcommando« wurde dem Sohn des Kaisers, Ferdinand (III.), zugesprochen. Es war zudem das allei– 57 –

Der Feldherr

nige Recht des Reichsoberhaupts, die Generäle und vor allem den Generalissimus der Reichsarmada zu ernennen. Dieser fundamentale Unterschied zwischen Kriegsherrn und höchstem General wurde zwar in jeder Wallenstein-Biografie bemerkt, aber – so scheint es zumindest nach den Ausführungen – kaum begriffen. Wallenstein konnte eben nicht tun und lassen, was er wollte. Wallenstein war nicht der »militärische Alleinherrscher«, der »militärische Diktator« des Heiligen Römischen Reiches oder gar der »Imperatore dell’Imperatore«, wie ihn sein Biograf Hellmut Diwald nannte. Der Generalissimus war nicht die höchste militärische Instanz des Reiches oder die höchste Instanz einer habsburgischen Armee. Auch wenn er mit noch so großen Vollmachten ausgestattet war, gab es immer noch die Instanz des Reichsoberhaupts über ihm. Selbst wenn wir heute die fast schon sagenumwobenen Göllersdorfer Vollmachten zum zweiten Generalat Wallensteins nicht mehr im Detail eruieren können, selbst wenn es sich dabei um erhebliche Zusagen des Reichsoberhaupts gehandelt hat, eine völlige Autonomie in den Entscheidungen, vor allem in den politischen Entscheidungen (zum Beispiel über Krieg und Frieden), wurde ihm sicher nie eingeräumt, und eine Aussetzung der Befehlshierarchie von Kriegsherr zu Generalissimus hat es nach Göllersdorf bestimmt nie gegeben. Oft wurde mit diesen Abmachungen Wallenstein das Generalat »in absolutissima forma« nicht nur in militärischen Angelegenheiten, sondern auch mit dem Recht des Friedensschlusses zugeschrieben. Warum aber gab Ferdinand II. im Herbst 1633 Wallenstein den Befehl, zur Unterstützung Maximilians nach Bayern zu marschieren  ? Warum ließ Ferdinand auch durch seine Hofräte mit dem Feind verhandeln  ? Warum akzeptierte Wallenstein im Sommer 1633 eine Meldepflicht gegenüber dem Kaiser bei verschiedenen Punkten in den Verhandlungen mit den protestantischen Kurfürsten  ? Diese Fragen sollen nur einige faktische Ungereimtheiten, die mit der weitreichenden Interpreta– 58 –

Kriegsherr und Feldherr

tion der Göllersdorfer Abmachungen einhergehen, verdeutlichen. All das wäre doch nicht mehr in der Kompetenz des Kaisers gelegen, spricht man dem Generalissimus diese umfassenden Vollmachten zu. Oder wurde das Reichsoberhaupt ganz einfach vertragsbrüchig  ? Dagegen spricht wiederum, dass Wallenstein von Ferdinand zu Kontakten mit Arnim formell beauftragt wurde. Diese Fragen und essenziellen Voraussetzungen sind wichtig für die Beurteilung des Wallenstein-Problems von 1633 und 1634. Der Herzog von Friedland war als Capo der Armee auch Kriegsunternehmer, eine zweifellos machtvolle Verbindung von militärischer Funktion und ökonomisch-militärischer Potenz, er rüstete das kaiserliche Heer aus und sorgte für dessen Finanzierung. Trotz dieser überaus starken Stellung war Wallenstein als Kriegsunternehmer eben auch Vertragsunternehmer und musste sich als solcher an den Vertrag mit dem Kaiser halten. Selbst wenn die Soldarmeen der Frühen Neuzeit wirtschaftlich privatunternehmerisch aufgestellt waren, waren die Unternehmungen keineswegs »privater« Natur. Wie konnte ein Kriegszug im Namen des Reichsoberhaupts auch privater Natur sein  ? Ohne den machtpolitischen Rückhalt des römisch-deutschen Kaisertums hätte selbst Wallenstein keine Finanzierung übernehmen, keine Kontributionen einheben können. Als kaiserlicher Offizier hatte der Herzog von Friedland zudem Rechte und Pflichten gegenüber seinem Kriegsherrn und Auftraggeber. Das Heer war natürlich trotz seiner zum größten Teil logistischen und finanziellen Abhängigkeit von Wallenstein ein kaiserliches und kein wallensteinisches Heer. Daran änderte auch die Erhebung in den Reichsfürstenstand nichts. Diesen Umstand musste der machtvolle Heerführer nochmals ganz massiv in seinen letzten Tagen zur Kenntnis nehmen. Das von ihm aufgebaute, ausgerüstete, versorgte und finanzierte Heer stand bis auf wenige Ausnahmen im Februar 1634 aufseiten des Kaisers. Das Gros der Offiziere deklarierte sich mit oder ohne Unterschrift auf den Pilsner Reversen für Habsburg. – 59 –

Der Feldherr

Der N ieder s ächsisch-Dä n ische K r ie g u nd da s Eingr eifen in M a n t ua Der niedersächsische Reichskreis kam vor allem als Werbe-, Bereit­ stellungs- und Ausweichräume der protestantischen Truppen ins Visier der Katholischen Liga und der neu aufgestellten kaiserlichen Armee. Die aufseiten Friedrichs von der Pfalz kämpfenden Söldnerheere stellten noch immer eine Gefahr für die katholische Partei dar. So mussten die Liga und das kaiserliche Heer schon aus strategischen Gründen diesen Raum unter Kontrolle bringen. Der dänische König trat als – freilich nicht uneigennütziger – Protektor und Kreisobrist an die Seite des Reichskreises in den Krieg ein. Den kaiserlichen und ligistischen Truppen unter Wallenstein und Tilly gelang jedoch ein spektakulärer Sieg nach dem anderen. Am 25. April 1626 schlug Wallenstein den Söldnerführer Peter Ernst Graf von Mansfeld an der Dessauer Elbbrücke. Es war der erste große Sieg des kaiserlichen Feldherrn. Vor der Schlacht trieb er in einer Blitzaktion ein dänisches Kontingent bei Wolmirstedt in die Flucht. Erst danach konnte er sich den Truppen Mansfelds widmen, die vom dänischen König den Auftrag hatten, den Brückenkopf zu nehmen. Wallenstein führte seine Regimenter fast unerkannt an die Dessauer Brücke heran. Dieser strategisch wichtige Elbeübergang wurde schon Monate zuvor von den Kaiserlichen als schwer befestigter Brückenkopf angelegt. Wallenstein agierte aus der Defensive heraus. Er ließ den Gegner zuerst die gut verschanzte Brücke angreifen und schlug dann mit ganzer Macht zu. Mansfeld wurde überraschend von einer unerwartet starken Heeresmacht in der Flanke angegriffen. Geschickt hielt Wallenstein seine Reserven zurück, um sie in den entscheidenden Momenten losschlagen zu lassen. Die kaiserliche Kavallerie verfolgte die flüchtenden Gegner noch bis nach Zerbst. Doch selbst das war in Wien noch einigen zu wenig. Der Kritikpunkt, Wallenstein hätte seine Gegner bis zur – 60 –

Der Niedersächsisch-Dänische Krieg und das Eingreifen in Mantua

totalen Vernichtung verfolgen sollen, wiederholte sich mehrmals in seiner Karriere. Der mit unglaublichen Steherqualitäten ausgestattete Graf Mansfeld zog sich vorerst mit dem Rest seines Heeres nach Brandenburg zurück. Seine letzte Hoffnung bestand in einer Konjunktion mit Bethlen Gábor. Die katholischen Heere blieben erfolgreich  : Christian von Halberstadt, der zweite prominente Söldnerführer des protestantischen Deutschlands, fand 1626 in Wolfenbüttel den Tod. Am 27. August 1626 gelang Generalleutnant Tilly bei Lutter am Barenberge ein glänzender Sieg über den Dänenkönig. Die meisten protestantischen Herrschaften des niedersächsischen Kreises gaben ihre Opposition gegen das Reichsoberhaupt nach den Erfolgen Wallensteins und Tillys auf. Georg Friedrich, Markgraf von BadenDurlach, der Dritte in der bekannten Söldnerführertrias des protestantischen Deutschlands, wurde als dänischer General in Holstein besiegt. Bereits im Herbst 1627 besetzten die Kaiserlichen Holstein, das gesamte Reich war somit weitgehend in der Hand der kaiserlichen und ligistischen Heere. Noch im selben Jahr überschritten die Truppen Habsburgs die Reichsgrenze, im Oktober besetzte die Armee des Herzogs von Friedland dänisches Hoheitsgebiet, Jütland war nun unter kaiserlicher Kontrolle. Die Hansestadt Stralsund, das Tor zur Insel Rügen, unterstützt durch dänische und schwedische Einheiten, blieb der Fels in der Brandung für die Protestanten. Wallenstein konnte sie bis zum Ende des Krieges nicht erobern. So lastete der Name Stralsund noch über Jahrhunderte hinweg auf den Meriten des Feldherrn. Die militärische Abfuhr an der Ostsee erschien jedoch vorerst weder dem Feldherr noch seinen Generälen als Katastrophe. Trotzdem  : Der Reputation des Oberbefehlshabers war die vergebliche Belagerung der Hansestadt nicht förderlich. Sofort im Anschluss musste sich der kaiserliche Feldherrn dem dänischen König zuwenden, der an der Küste Pommerns landete und Wolgast einnahm. Wiederum reagierte Wallenstein blitzschnell – 61 –

Der Feldherr

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Der Niedersächsisch-Dänische Krieg und das Eingreifen in Mantua

Abb. 3: Gefecht an der Dessauer Brücke 1626. Sieg der kaiserlichen Truppen unter Wallenstein gegen Mansfeld.

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Der Feldherr

und marschierte geradewegs auf Wolgast zu. Die dänische Armee befand sich im Vorteil, hatte sie sich doch in den Sümpfen und Morästen verschanzt. Am 22. August 1628 eröffnete Wallenstein das Feuer und ließ die dänischen Stellungen im Sturm angreifen. Die dänischen Truppen flüchteten nach der dritten Angriffswelle, Christian konnte sich noch in das Schloss Wolgast retten, bevor er im Schutz der Nacht mit seiner Flotte den Rückzug antrat. Mit diesem beeindruckenden Schlag konnte Wallenstein den Misserfolg vor Stralsund zumindest überdecken. Auch taktisch ist die Operation Wolgast bemerkenswert  : Der kaiserliche Capo griff sofort aus der Bewegung an, ohne zuvor eine defensive Abnützungstaktik mit dem Gegner zu betreiben. Natürlich war die Anlage des Treffens für eine vorhergehende Defensivschlacht nicht gegeben, da sich der Dänenkönig verschanzte. Wolgast ist jedoch ein Beispiel dafür, dass Wallenstein nach einigen Jahren Feldherrnerfahrung sehr wohl auch den Angriff aus der Bewegung beherrschte. Trotz all dieser militärischen Erfolge im Norden konnte Dänemark nicht gänzlich in die Knie gezwungen werden, da die Seekapazitäten den Kaiserlichen fehlten. Der kaiserliche Generalissimus schloss daher einen milden Frieden mit Christian. Nach dem Friedensschluss in Lübeck im Jahr 1629 wurde ein beträchtlicher Teil des kaiserlichen Heeres im Zuge des Mantuanischen Erbfolgekrieges nach Oberitalien verlegt. Wallenstein selbst blieb im Reich, der Einsatz in Italien gefiel ihm nur insofern, als dass er sich ein italienisches Fürstentum als Beute und die Plünderung des reichen Venedigs hätte vorstellen können. Ansonsten hatte der kaiserliche Oberbefehlshaber nichts für den Krieg um das Gonzaga-Erbe übrig, noch mehr, als der Herzog von Savoyen, Carlo Emanuele I. (ab 1630 war sein Nachfolger Vittorio Amedeo I.), nicht mehr auf die Seite der Casa de Austria zu bringen war. Doch Ferdinand II. musste auf die spanischen Ansuchen um Unterstützung reagieren, den reichen Vetter und Subsidiengeber in Madrid konnte er – 64 –

Der Niedersächsisch-Dänische Krieg und das Eingreifen in Mantua

nicht ewig hinhalten. Zudem ging es mit Mantua um eine reichsrechtliche Lehensangelegenheit. Der mehr als drei Jahre dauernde, überaus verlustreiche Mantuanische Erbfolgekrieg (1627–1631), in dessen Gefolge sich Pest und Hungersnot in Oberitalien ausbreiteten, war eine der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Peripherie des Dreißigjährigen Krieges. Es war ein inneritalienischer Konflikt mit Beteiligung der großen Mächte Europas, eine Fortsetzung des Kampfes der Dynastien Bourbon und Habsburg um die Hegemonie in Europa. Im Dezember des Jahres 1627 verstarb der letzte Herzog von Mantua und Montferrato/Montferrat, Vincenzo II., der Bruder der kaiserlichen Gemahlin Eleonora, die sich im Übrigen sehr für den Verlauf des Krieges interessierte. Er war zugleich der letzte Vertreter der Hauptlinie der Gonzaga. Nun stellte die französische Seitenlinie der Gonzaga-Nevers, eine der zahlreichen Nebenlinien der Gonzaga-Dynastie, nicht ganz unerwartet ihre Erbansprüche auf das Herzogtum und auf Montferrat, das wie Mantua ein Reichslehen war. Der in Europa aufgrund seines »Kreuzzugsengagements« populäre Carlo Gonzaga/Charles de Gonzague-Nevers, ein Sohn des 1595 verstorbenen Herzogs Ludovico aus der besagten Seitenlinie, der in den französischen Hochadel eingeheiratet hatte, trat schließlich die Nachfolge im oberitalienischen Fürstentum an. Für Frankreich bot sich hier einmal mehr die Gelegenheit, die Macht der Casa de Austria, vornehmlich Spaniens, empfindlich zu schwächen und selbst die Tore nach Italien aufzustoßen. Im kaiserlichen Lager sprach man gar davon, »che il Re di Francia voleve esser Imperator in Italia«. So befahl der Kaiser ein Expeditionskorps von weit mehr als 20.000 Mann an den Mincio. Wallenstein musste sich fügen, und als seine Generäle Gallas und Aldringen im Juli 1630 Mantua stürmen und plündern ließen, stand der oberste Feldherr des Kaisers kurz vor seiner Entlassung. Norditalien war jedoch nicht der einzige Einsatzraum der kaiserlichen Armee zu dieser Zeit. Weiters gingen – 65 –

Der Feldherr

Hilfstruppen nach Polen und in die Niederlande ab. Wallenstein klagte dem Hofkriegsratspräsidenten Collalto im Juni 1629 sein Leid  : 15.000 Mann habe er nach Polen schicken müssen, 17.000 in die Niederlande, für Mailand sind 14.000 Mann angefordert, in Mecklenburg, in Pommern und in der Mark Brandenburg muss er mindestens 12.000 Soldaten belassen, für Magdeburg weitere 6.000 Mann und dann noch die Truppen für das Reich. So wurde das große kaiserliche Heer in alle Windrichtungen zerstreut. Im Reich war mit dem Vertragsabschluss in Lübeck zwar Friede eingekehrt, ringsherum jedoch herrschte Krieg. Und mit dem Erlass des umstrittenen Restitutionsedikts legt der Kaiserhof die Grundlage für weitere harte konfessionspolitische Auseinandersetzungen.

Der U ng a r nfel dz ug des Ja hr es 1626/27 Mit dem Erbfolgekonflikt in Mantua sind wir den Ereignissen in Mitteleuropa vorausgeeilt. Während des Niedersächsisch-­Dänischen Kriegs gab es noch ein kurzes Intermezzo in Oberungarn. Nach der Niederlage an der Dessauer Brücke musste Graf Mansfeld den Rückzug antreten. Zuerst setzte er sich nach Brandenburg ab, dann wollte er sich mit Bethlen Gábor verbünden. Die kaiserliche Armee folgte dem protestantischen Söldnerführer quer durch Böhmen und Mähren bis nach Oberungarn. Dieser kurze Feldzug ist insofern bemerkenswert, da der große Heeresorganisator Wallenstein das erste Mal mit ernsthaften logistischen Problemen konfrontiert war und schon während des Feldzuges seinen Rücktritt aus dem Generalat ankündigte. Nachdem Mansfeld mit den Restteilen seiner Armee in Richtung Süden aufgebrochen war, reagierte Wallenstein wiederum sehr schnell. Er marschierte mit der kaiserlichen Armee in Eilmärschen – 66 –

Der Ungarnfeldzug des Jahres 1626/27

nach Böhmen, dann weiter nach Olmütz in Mähren, verwehrte dem Söldnerführer dabei immer den Einfall Richtung Westen und drängte ihn geradezu nach Oberungarn ab. Beide Armeen marschierten über die Karpaten und standen in der oberungarischen Tiefebene. Dort wartete Mansfeld auf die Reitertruppen des siebenbürgischen Fürsten, denen sich eine türkische Streitmacht aus Ofen anschließen wollte, ungeachtet der Tatsache, dass sich das Osmanische Reich nicht im Kriegszustand mit Habsburg oder dem Reich befand. Die Truppen des Paschas von Ofen belagerten zwar eine Zeit lang Neograd/Nógrád/Novohrad, zogen sich jedoch beim Anmarsch der kaiserlichen Truppen wieder zurück. Vor einer Vereinigung seiner Gegner schien sich der Feldhauptmann ohnehin nicht zu fürchten  : »Komt nun der Mansfeldt, Weimar, Bethlehem undt der Türk zugleich, so graust mir vor ihnen kein bissel nicht. Sie werden geschmissen so gewis, als dem Mansfelder im frühling widerfahren ist«, schrieb er voll Selbstbewusstsein aus UngarischBrod/Uherský Brod am 5. September an Nikolaus II. EsterházyForchtenstein. Nach wochenlangen taktischen Manövern in der oberungarischen Tiefebene trafen sich die Heere im Tal der Eipel/Ipoly. Wallenstein, der durch Verbände des Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg verstärkt wurde, war zur Schlacht bereit, doch Gábor wich dem Treffen wieder einmal geschickt aus und zog sich zurück. Der Fürst von Siebenbürgen führte nicht den Krieg der spanischen Schule. Er war es nicht gewohnt, sein Heer in großen Schlachten aufzureiben, seine Spezialität waren vielmehr die schnellen Überfallsaktionen mit seiner leichten Reiterei. Aufgrund der Versorgungslage sah der kaiserliche Feldherr von einer Verfolgung der gegnerischen Truppen ab. Er wollte sich klugerweise bei der fortgeschrittenen Jahreszeit nicht tiefer in feindlich kontrolliertes Land locken lassen, zumal seine Truppen krank, erschöpft und unterversorgt waren. So blieb Wallenstein mit seinem Heer im Bereich Freistadl/Galgócz/ – 67 –

Der Feldherr

Hlohovec – Tyrnau/Nagyszombat/Trnava – Neutra/Nyitra/Nitra. Dies gab wieder einmal Anlass am Wiener Hof, gegen den Herzog von Friedland zu agitieren. Neograd und andere habsburgische Festungen jedoch waren von der feindlichen Umklammerung befreit, Bethlen Gábor wurde neutralisiert, und der total erschöpfte Ernst Mansfeld konnte nur noch mit wenigen Offizieren und Soldaten die Flucht antreten. Der einst so gefährliche Gegner starb vermutlich in der Umgebung von Sarajevo im November 1626 an Erschöpfung. Wallenstein hat seinen erbitterten Feind zu Tode gejagt. Sein zweiter Gegner aus der Zeit des Ungarnfeldzuges, Bethlen Gábor, starb drei Jahre darauf. »Ich sag meinem herren ganz dienstlich danck wegen der gutten zeittung, das der Bethlehem verreckt ist«, kommentierte Wallenstein den Tod des ehemaligen Rivalen gegenüber Graf Trauttmansdorff. Das große Problem dieses nur einige Monate dauernden Feldzuges war die Logistik. Abseits der gut eingespielten Versorgungslinien bekam die kaiserliche Armee Wallensteins arge Versorgungsschwierigkeiten. Wallenstein reklamierte während des gesamten Feldzuges die ausstehende Bezahlung seiner Truppen, den fehlenden Nachschub an Verpflegung und Ausrüstung, die schlecht ausgestatteten Versorgungsdepots und Garnisonen von Mähren bis Oberungarn und die fehlende Unterstützung durch die ungarischen Verbündeten. Der Verlust an Männern durch Unterernährung, Erschöpfung, Krankheiten (wieder einmal die sogenannte malattia ungherese), selbst Desertionen und Erfrierungen dürfte beträchtlich und weit über dem Durchschnitt gewesen sein. Der Hofkriegsrat in Wien war nicht imstande, diese Missstände abzustellen, der ungarische Palatin Esterházy war logistisch keine Hilfe, und Wallenstein stand der Situation fast hilflos gegenüber. So beeindruckend die taktischen Marschmanöver des kaiserlichen Feldherrn im Laufe des Ungarnfeldzuges auch waren, logistisch war der Feldzug zweifelsfrei ein Debakel. Natürlich war dies nicht nur die – 68 –

Der Ungarnfeldzug des Jahres 1626/27

Schuld des Feldherrn, auch die Verantwortlichen in Wien versagten. Dort führte die kaiserliche Hofkammer gegen den kaiserlichen Hofkriegsrat einen Papierkrieg – schlicht : Kompetenzstreitigkeiten auf Kosten der Truppe. Doch zeigt der Ungarnfeldzug, dass selbst Wallenstein Lehrgeld zahlen musste. Selbst seine Bestellungen aus dem Herzogtum Friedland konnten die Armee im Herbst 1626 nicht ausreichend erhalten. Als Ferdinand II. im November Wallensteins weitere Pläne zur Begegnung der feindlichen Gefahr gegen Schlesien kritisierte, war für den Oberbefehlshaber das Maß voll. Er war persönlich zutiefst enttäuscht und drohte mit Rückzug aus dem Generalat  : »Gott behüte mich, dass ich in solchem Labyrinth weiter kontinuieren sollte  !« Karl von Harrach trug maßgeblich zum Stimmungsumschwung seines Schwiegersohnes bei. Er, Ernst Adalbert von Harrach, Kardinal-Erzbischof von Prag, der Kapuzinerpater Valeriano Magni, ein verdeckter Todfeind des Feldherrn, der kaiserliche Rat Eggenberg und Wallenstein trafen sich in Bruck an der Leitha (25. und 26. November 1626), um die Missverständnisse des vergangenen Feldzuges auszuräumen und die Zukunft der kaiserlichen Kriegführung festzulegen. Wallenstein trug bei dieser Kriegskonferenz seine großen militärstrategischen und politischen Ziele vor. Der Kaiser und seine Räte wussten nur zu gut, dass sie auf Wallenstein angewiesen waren. Er hatte sich sowohl im Norden des Reiches als auch in Ungarn militärisch bewährt, und nur er brachte die ökonomische Potenz auf, das große Heer zu erhalten. So wurde der Generalobrist-Feldhauptmann im Amt bestätigt und mit höheren Rechten bezüglich Werbe- und Bestallungspatenten sowie der Kontributionspolitik ausgestattet. Im Dezember schließlich, als mit Bethlen Gábor Friede geschlossen wurde und Mansfeld schon seit Tagen tot war, zog sich die kaiserliche Armee aus Ungarn zurück.

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Der Feldherr

Da s k a iser l iche Heer ohne Wa l l enst ein – der suspen dierte Fel dher r Am Kurfürstentag zu Regensburg musste der Kaiser eine bittere Niederlage einstecken. Sein Sohn wurde nicht zum Nachfolger auf dem Reichsthron bestimmt, und Wallenstein musste auf Druck der Reichsfürsten aus dem Oberkommando entlassen werden. Vor allem der Kurfürst von Bayern stand vehement für eine Entlassung Wallensteins, der ihm persönlich wie auch reichspolitisch zu mächtig war. Für die Katholische Liga und deren Fürsten war Wallenstein die verhasste Symbolfigur des kaiserlichen Machtanspruchs auf ein »absolutus dominatus« im Reich. Aber selbst am Wiener Hof hatte der oberste Militär des Kaisers eifrige Gegner. Am spanischen Hof hingegen war man alles andere als erfreut über die Entfernung des erfolgreichen Feldherrn. Wallenstein galt in Spanien als Garant der kaiserlichen Macht und Widerpart des suspekten, weil mit Frankreich paktierenden Bayern. Die Beschlüsse von Regensburg waren jedoch nicht nur wegen der Entlassung des kaiserlichen Oberbefehlshabers, sondern auch wegen der abgeschlagenen Reichshilfe gegen die Generalstaaten und der Friedensbereitschaft des Kaisers in Oberitalien eine herbe Enttäuschung für Madrid. Spanien hätte sich eine offensive Linie des Reichsoberhaupts sowohl gegen die abtrünnigen Provinzen als auch gegen die Franzosen in Oberitalien erwartet. Stattdessen wurde im Kampf um das Reichslehen Mantua der Friedensprozess eingeleitet. Der Kapuzinerpater Joseph zog dabei im Hintergrund geschickt die Fäden. So war die Entwicklung, die durch den Kurfürstentag eingeleitet wurde, keineswegs im Interesse des spanischen Familienzweigs der Casa de Austria. Das Oberkommando der vereinigten katholischen Heere ging an den Generalleutnant der Liga, Tilly, das kaiserliche Heer wurde stark reduziert. Schon bald nach der Absetzung Wallensteins zeigten sich unübersehbare Zerfallserscheinungen im kaiserlichen Heer. Der be– 70 –

Das kaiserliche Heer ohne Wallenstein – der suspendierte Feldherr

reits über siebzig Jahre alte Generalleutnant der Liga, der in dieser Doppelfunktion ein äußerst undankbares Amt übernommen hatte, sah sich bei der Führung beider Armeen vor große logistische und finanzielle Probleme gestellt. So groß auch die Animositäten gegenüber dem kaiserlichen General waren, der Zeitpunkt der Entlassung konnte ungünstiger nicht sein. Im Juli 1630 landete der schwedische König Gustav II. Adolf mit einem gut ausgebildeten und ausgerüsteten Expeditionskorps auf Reichsboden. Die Gründe seines Eingreifens in den deutschen Konflikt, der zu diesem Zeitpunkt freilich schon längst kein deutscher Konflikt mehr war, sind in der Forschung äußerst umstritten. Für die einen war er der »Heilsbringer für den deutschen Protestantismus«, der »Retter der teutschen libertet«, für die anderen ein reiner Machtpolitiker mit der Intention, die Hegemonie im Ostseeraum erringen zu wollen. Tatsächlich war Gustav Adolf ein sendungsbewusster lutherischer Fürst, der die Konfession propagandistisch geschickt zu instrumentalisieren wusste und natürlich machtpolitische Ziele verfolgte. Die unumschränkte Ostseeherrschaft war schon lange erklärtes Ziel der schwedischen Politik,  dazu musste der Krieg gegen das Reichsoberhaupt geführt, dazu mussten die katholischen Truppen aus dem Norden des Heiligen Römischen Reiches vertrieben werden. Wallenstein zog sich während dieser für die katholische Partei äußerst gefährlichen Lageentwicklung auf seine Herrschaften und nach Prag zurück. Oft genug hatte er vor dem schwedischen König gewarnt, und nun, da er suspendiert in Prag und in Jitschin saß, trat diese Situation ein. Wie fühlte sich der entlassene Feldherr dabei  ? War ihm nach Rache gegen das Kaiserhaus und gegen Wittelsbach zumute  ? Betrieb der Heereslieferant Wallenstein als Herzog von Mecklenburg Heeressabotage, wie es ihm Anton Ernstberger unterstellte  ? Wollte der Herzog von Friedland Statthalter oder gar König von Böhmen werden, wie herumschwirrende Gerüchte – 71 –

Der Feldherr

besagten  ? Im Übrigen wurde die These vom Streben des kaiserlichen Generalissimus nach der böhmischen Königskrone von nicht wenigen Historikern des 19. und 20. Jahrhunderts übernommen. Friedrich Hermann Schubert sah dieses Motiv sogar als zwangsinhärente Logik des wallensteinischen Denkens und Handelns. Heckte der ehrgeizige und jähzornige Abgesetzte in Böhmen erste Verratspläne aus  ? Oder war ihm alles gleichgültig wie der tragische Selbstmord seines kongenialen Geschäftspartners Hans de Witte  ? Aus den Korrespondenzen und anderen Quellen lassen sich der Gemütszustand und die Zukunftsvision des Herzogs kaum erschließen. Wieder einmal stoßen wir bei der Wallenstein-Problematik an die Grenzen des Rekonstruierbaren. Betrachtet man den wallensteinischen Schriftverkehr, so kommt vielmehr ein anderer, erstaunlicher Befund zutage  : Ferdinand II. richtete Anfragen an Wallenstein, als wäre dieser weiterhin sein »General-Obristveldthaubtman«, dasselbe taten die kaiserlichen Räte und die kaiserlichen Generäle schrieben an ihren ehemaligen Vorgesetzten, als sei dieser weiterhin der Oberbefehlshaber der Armee. Weiters unterhielt der Herzog von Friedland umfangreichen Briefverkehr mit dem ehemals gegnerischen Fürsten, wie dem dänischen König Christian, aber auch mit dem aktuellen gegnerischen Lager, mit böhmischen Exilanten, Sachsen und Schweden. Als der inzwischen zum sächsischen Generalleutnant avancierte Arnim (ein Jahr zuvor noch einer der vertrautesten Offiziere Wallensteins) Prag besetzte, ließ er Friedland bewusst schonen. Aber war das bereits die Anbahnung zum Verrat, war das schon Kollaboration mit dem Feind  ? Oder war das nicht eher »business as usual« für den ehemaligen höchsten kaiserlichen General und Reichsfürsten, der seit seinem Generalat Kontakte zu allen Seiten pflegte, ja pflegen musste, zudem vom Kaiser gebeten wurde, seine Kontakte zu Arnim als Anbahnung zu Kursachsen zu nutzen. Und wie kann man die ihm unterstellte Heeressabotage beurteilen  ? Machte er sich wirklich einer unterlassenen Hilfeleistung – 72 –

Das kaiserliche Heer ohne Wallenstein – der suspendierte Feldherr

schuldig, die letztendlich zur schweren Niederlage Tillys im Jahre 1631 führte  ? Tatsächlich unterstützte er für eine gewisse Zeit die kaiserliche Armee, doch als diese nicht mehr zahlen konnte, verkaufte er überschüssiges Getreide aus Mecklenburg an die Bestbieter auf dem freien Markt in Hamburg. Hier war Wallenstein der eiskalte Geschäftsmann und beileibe kein warmherziger Soldatenvater. Schließlich brauchte der Ökonom nach dem Zusammenbruch seines Finanzkreislaufs und nach dem Selbstmord seines Bankiers bares Geld. Das Schicksal der desolaten kaiserlichen Armee und des ligistischen Heeres unter Führung des bayerischen Generalleutnants war ihm nach der Entlassung schlichtweg egal. So wird man Wallenstein weniger eine tückische Heeressabotage als vielmehr beinharte Geschäftspraktiken unterstellen dürfen. Die wirtschaftliche Entwicklung seiner Herrschaft lag dem entlassenen Feldherrn in dieser Phase einfach näher als die Versorgung des Heeres. Albrecht von Wallenstein hatte nach diesen Erfahrungen wohl nie den Eindruck, auf das Abstellgleis gestellt worden zu sein. Der selbstbewusste Militärexperte und Kriegsunternehmer wurde nach wie vor respektiert und konsultiert. Der in dieser Phase informelle Militärberater des Reichsoberhaupts ahnte vermutlich, dass seine Karriere in der kaiserlichen Armee noch nicht zu Ende war. Freilich, auch diese Annahme zum Denken Wallensteins ist spekulativ, doch aufgrund der Sachlage alles andere als abwegig. Der Mann kannte schließlich seinen Wert und konnte als vorausschauender Stratege die Lage zutreffend einschätzen. Während Wallenstein in Böhmen saß, sammelte Gustav Adolf 1630 seine Truppen im Norden Deutschlands und schloss einige Monate später mit Frankreich den Subsidienvertrag von Bärwalde, womit er die Finanzierung seines Feldzuges vorerst sicherstellte. Zudem gewann er – allerdings nicht ohne Druck auszuüben – Brandenburg und Sachsen für seinen Krieg in Deutschland. Die Idee einer dritten Partei im Reich war damit für das protestantische – 73 –

Der Feldherr

Lager einstweilen vorbei. Gustav Adolf schlug das kaiserlich-ligistische Heer unter Tilly bei Breitenfeld mehr als ein Jahr nach seiner Landung an der südlichen Ostseeküste, am 17. September 1631, und fügte im April 1632 bei Rain am Lech dem ligistischen Heer eine weitere Niederlage zu, wobei Tilly tödlich verwundet wurde. Im Mai darauf zog der schwedische König in München ein. Der bayerische Kurfürst Maximilian musste aus seiner Hauptstadt flüchten. Damit war die militärische und politische Katastrophe für die Häuser Habsburg und Wittelsbach perfekt. Nun tat der Kaiser, was er schon lange tun wollte  : Der unrühmlich entlassene Feldhauptmann des Kaisers wurde in dieser für die Habsburger und Wittelsbacher prekären Lage am 15. Dezember 1631 als General-Capo auf Zeit mit voller Befehlsgewalt über das kaiserliche Heer eingesetzt. Einige Monate später, am 13. April 1632, bestellte Ferdinand II. den Herzog von Friedland mit umfassenden Vollmachten zum Generalissimus.

A lte V este u nd Lü t zen Das Jahr 1632 stand ganz im Zeichen des Duells zwischen dem reaktivierten kaiserlichen Generalissimus Albrecht von Wallenstein und dem von Frankreich subventionierten schwedischen König Gustav II. Adolf. Wallenstein stellte in kürzester Zeit wiederum ein schlagkräftiges kaiserliches Heer auf. Im Mai 1632 setzte sich die volle Kriegsmaschinerie des Herzogs in Gang, die die Sachsen aus dem Königreich Böhmen drängte  ; Prag wurde am 25. Mai von den Kaiserlichen genommen. Nachdem Böhmen gesichert war, marschierte der Generalissimus in Richtung Bayern, um sich mit den stark mitgenommenen Ligatruppen zu vereinen, die nach der Schlacht am Rain Generalleutnant Tilly, die Integrationsfigur der Liga, verloren hatten. Der erste Akt des Duells zwischen den beiden – 74 –

Alte Veste und Lützen

prägenden Feldherren dieser Zeit fand im Raum Nürnberg statt und wurde oft als ein Meisterwerk der defensiven Kriegführung des Friedländers bezeichnet. Doch ohne erhebliches Risiko war sein Plan nicht, Wallenstein hätte sich leicht in eine Falle manövrieren können. Dennoch  : Der Logistiker Wallenstein erkannte das strategische Prinzip des »Konsumierens« und »Konservierens« sicher am besten von allen Militärstrategen der damaligen Zeit. »Konsumieren« bedeutete, der feindlichen Armee die Versorgungsgrundlage zu entziehen. Zu starke Truppenkonzentrationen in einem Gebiet stellten die Heeresführungen oft vor unlösbare Probleme, da die Versorgung nicht mehr aufrechterhalten werden konnte. Unterernährung und Seuchen (wie zum Beispiel die bakterielle Ruhr) waren die Folge und viel öfter Todesursache als der Schlachtentod. Der kaiserliche Generalissimus verschanzte sich – seiner defensiven Doktrin folgend – bestens ausgestattet mit Nachschubgütern aus Magazinen südwestlich von Fürth bei Zirndorf und der Alten Veste (eine mittelalterliche Burg) und ließ den an Kräften überlegenen schwedischen König, der seinerseits ein großes Lager in und um Nürnberg bezog, unter außerordentlichen Verlusten stürmen. »Ich will dem König von Schweden eine neue Art, Krieg zu führen, zeigen«, nahm sich der kaiserliche Defensivstratege vor. Wallenstein kontrollierte die neuralgischen Punkte (Städte und Festungen) rund um Nürnberg, schloss die schwedische Armee ein und versuchte, alle Versorgungslinien für Gustav Adolf zu kappen. Der Vasa-König hingegen wollte die kaiserliche und bayerische Armee in einer entscheidenden Feldschlacht stellen. Entscheidungsschlacht hieß eine Begegnung zweier großer Heere an einem Tag. Doch diese ließ sich Wallenstein noch nicht aufzwingen. Er führte einen Abnutzungs- und Zermürbungskrieg, der Wochen ­dauerte. Die 16 Kilometer umfassende Festungslandschaft mit Forts, Redou­ten und Batteriestellungen, die Wallenstein anlegen ließ, war gewal­tig  : An die 13.000 Bäume für ca. 40.000 Pfähle und 24.000 Querstangen – 75 –

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Abb. 4: Das schwedische Lager um Nürnberg 1632. Gustav II. Adolf verschanzte sich

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Der Beginn der militärischen Karriere

rund um Nürnberg und konnte Wallenstein keine Entscheidungsschlacht aufzwingen.

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wurden gefällt, Erdhütten (für die Infanterie) und Holzhäuser (für die Kavallerie) gebaut und Unmengen an Erde für die Schanzen aufgeschüttet. Schätzungen gehen von bis zu 80.000 Personen, Soldaten und Tross, aus, die im Umfeld des kaiserlichen Heeres zu verpflegen waren. Diese Versorgung war dem Gegner zu verwehren, sodass der Generalissimus alle Mühlen in der Umgebung verbrennen ließ. Während der in seinem Lager gut verschanzte Wallenstein den König über Wochen band, beorderte er seinen General Gallas nach Franken, nun den schwedischen Feldmarschall Johan Banér bei seinem Anmarsch auf die Alte Veste zu stören. Gallas leistete ganze Arbeit, sowohl der Entsatz als auch die Versorgung der Schweden wurden empfindlich gestört. Leichte Kavallerie (Kroaten und Polen) attackierten ständig die schwedischen Belagerungstruppen. Zudem gelang es dem kaiserlichen Generalissimus, Versorgungskorridore von seinem Lager in die habsburgischen Erblande und nach Böhmen sowie auch die Donau offen zu halten. Allerdings bekam mit der Zeit auch das kaiserliche Heer auf so engem Raum sanitätshygienische und logistische Probleme. Denn die Schweden hatten zumindest partielle Erfolge  : Die Plünderung und Zerstörung der kaiserlichen Versorgungsbasis Freystadt war ein empfindlicher Schlag für die Kaiserlichen. Zudem waren bei dieser engen Truppenkonzentration die abfallenden Massen an menschlichen und tierischen Exkrementen ein ausgezeichneter Nährboden für Krankheiten und Seuchen aller Art. So stiegen ebenfalls die Verluste Wallensteins, der jedoch durchhalten konnte. Schließlich aber war der verzweifelte Generalissimus froh, dass Gustav Adolf den Kampf abbrechen musste  : Neben den ständigen Ausfällen aufgrund von Krankheiten und Desertionen wurde vor allem der Angriff am 3. September 1632 auf die Alte Veste zum schwedischen Desaster. Nach Wochen des direkten Duells verließ der schwedische König den Raum Nürnberg in Richtung – 78 –

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Schwaben. Doch zum Ärgernis des bayerischen Kurfürsten folgte die kaiserliche Armada den Schweden nicht. Maximilian erhoffte sich eine schnelle Befreiung seines Landes durch die kaiserliche Armee. Wallensteins strategische Überlegungen waren jedoch subtiler, das militärische Denken des Herzogs von Friedland war dem des Wittelsbachers überlegen. Wallenstein forderte schon während der Belagerung der Alten Veste den Verbündeten des Schweden, den sächsischen Kurfürsten Johann Georg, heraus. General Heinrich Holk, der erste Offizier Wallensteins, und als zweite Welle das Korps Gallas, das die Elbübergänge sichern musste, unternahmen eine Diversion nach Kursachsen. Der Einfall der beiden kaiserlichen Armeeabteilungen in Sachsen gibt uns einen Einblick in die militärstrategischen Gedanken Wallensteins, wie überhaupt in die militärstrategische Doktrin des Dreißigjährigen Krieges  : Die von Holk und Gallas unternommene Diversion, eine zeitlich begrenzte Angriffsaktion auf feindliches oder feindlich besetztes Territorium, um gewisse Reaktionen zu provozieren, brachte in diesem Fall, so beurteilte der Generalissimus, nichts. Da Johann Georg und sein Armeechef Arnim eben nicht das erwartete Verhalten auf die kaiserlichen Angriffsaktionen folgen ließen, rückte Wallenstein von dem dazumal üblichen Dogma der Diversion ab und befahl seinen Truppen, Kursachsen zu okkupieren. In der Wahl der Mittel war man dabei freilich nicht zimperlich  : »Allermaßen wier nun zwar vor dießem ermeldten Veldtmarschalkh Leuthenandt Holka umb eine diversion zumachen, das landt mit plündern, brennen, vieh wegtreiben undt sonsten zu ruinieren, undt dardurch den Churfürsten weilhen ihr kay. May. er, in der güette sich nicht bequemen, besondern die selbe vihlmehr durch falsche tractaten hindtergehen wollen, zur ragion zu bringen […].« Die Okkupation eines Territoriums verlangte allerdings ein höheres Maß an Disziplin der eigenen Soldaten, denn man konnte selbstverständlich das Land, das man versorgungstechnisch konservieren wollte, nicht mehr – 79 –

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mit Plünderung und Brandschatzung überziehen. Schließlich wollte der Herzog von Friedland seine Armada in Sachsen in die Winterquartiere legen. Das Hauptoperationsgebiet der Kaiserlichen lag nun in Sachsen, Leipzig wurde am 1. November von den Kaiserlichen unter Holk erobert. Gustav Adolf folgte seinem Hauptgegner Wallenstein zur Entlastung des sächsischen Verbündeten, und es kam zur letzten Konfrontation dieser beiden prägenden Akteure des Krieges. In der Schlacht von Lützen, am 16. November 1632, spielte der schwedische König seine auf dem Schlachtfeld ohne Zweifel vorhandene taktische Überlegenheit aus, obwohl der von Gicht schwer geplagte Wallenstein das Gelände für den Aufmarsch seiner Truppen geschickt nutzte. So brachte der Kampf bei Lützen den Schweden nach erbittertem, über achtstündigem Kampf beträchtliche Vorteile, jedoch verlor der König in der Schlacht sein Leben. Einige Stunden nach Einbruch der Dunkelheit musste der Herzog von Friedland seine erschöpfte und mutlose Armee vom Kampfplatz bringen. Der Rückzug erfolgte geordnet. Die Schweden verloren an die 5.000 Mann, die Kaiserlichen etwas weniger, doch den Schlachtenerfolg selber konnten die Schweden für sich reklamieren. An eine Aufnahme der Kämpfe am folgenden Tag wollte Wallenstein nicht mehr denken. Die große psychologische Nachwirkung der Schlacht von Lützen lag aber keineswegs im vielleicht übereilten Abbruch des Gefechts durch den Herzog von Friedland, sondern vielmehr im Tod des Schwedenkönigs. Dem kaiserlichen Generalissimus wurden im Vorfeld der Schlacht von Lützen einige taktische Fehler unterstellt  : Pappenheims Abmarsch in Richtung Norden soll eine unglückliche Entscheidung gewesen sein. Tatsächlich musste er Pappenheim in aller Eile am Vorabend der Schlacht zurückbeordern – »cito, cito, citissime, cito« lautete der Vermerk auf Wallensteins Schreiben an Pappenheim am Tag vor der Schlacht, es war höchste Eile geboten (allerdings ge– 80 –

Abb. 5: Befehlsschreiben Wallensteins an Pappenheim, Lützen 1632 (recto). Mit diesem Schreiben beorderte Wallenstein General Pappenheim nach Lützen, Pappenheim fiel im Gefecht, sein Blut ist heute noch auf diesem Schreiben zu sehen.

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Abb. 6: Befehlsschreiben Wallensteins an Pappenheim, Lützen 1632 (verso).

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brauchte Wallenstein diese Bemerkung nicht gerade selten in seinen Korrespondenzen). Pappenheim kam mit seiner 3.000-MannKavallerie um einige Stunden zu spät auf das Schlachtfeld, konnte die kaiserlichen Reihen am linken Flügel jedoch wieder stabilisieren, wurde aber das erste prominente Opfer der Schlacht. Sein Blut ist immer noch an dem besagten berühmten Schreiben Wallensteins vom 15. November sichtbar, das im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien ausgestellt ist. Der unterstellte Pappenheim war kein einfach zu führender General für Wallenstein  ; es scheint, als hätte der Franke auf große Eigenständigkeit Wert gelegt und diese auch durchgesetzt. Er hätte seine Armada bereits in die Winterquartiere befohlen, war ein weiterer, häufig geäußerter Vorwurf in der Literatur. Tatsächlich glaubte er am 13. Oktober noch, dass die königlichschwedische Armada ruiniert sei. Und vernünftigerweise wollte er seine Regimenter über den Winter im Feindesland Sachsen einquartieren. Jedoch sah er auch voraus, dass ihm Gustav Adolf nach Sachsen folgen musste, und traf vorbeugende Maßnahmen. Am 23. Oktober schrieb er an seinen General Johann von Aldringen  : »Will der Khönig sich nicht verliehren, so muß er dem Churfürsten succuriren.« Das Postskriptum des Schreibens an Aldringen, der dem bayerischen Kurfürsten unterstellt war, enthielt einen Marschbefehl nach Sachsen für den Fall, dass der schwedische König gegen die kaiserliche Hauptarmada zöge. An Gottfried Heinrich von Pappenheim, dessen Ausbleiben von Wallenstein mit Unverständnis quittiert wurde, schrieb er am 29. Oktober  : »Alß haben Wier Ihn hiermit nochmals erinnern wollen, alle andern impresen hindanzusetzen unndt in continenti gegen Leipzig zu avanziren.« Holk schrieb nach der Schlacht von Lützen zu Wallensteins Strategie daher folgerichtig  : »Nachdem der König von Schweden aus Mangel an Fourage und Proviant und wegen des Abganges an Soldaten, insbesondere aber an Cavallerie, die – 83 –

Der Feldherr

Abb. 7: Schlachtordnung der Kaiserlichen und Schweden bei Lützen, 1632. Lützen war militä da ihr siegesgewohnter

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risch gesehen eine Niederlage Wallensteins, psychologisch jedoch eine Niederlage für die Schweden, König in der Schlacht fiel.

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Kaiserlichen vor Nürnberg hatte verlassen müssen, marschierte der Herzog von Friedland nach Meißen, um sedem belli dorthin zu transferiren, sich mit dem Pappenheimer zu konjungieren und demjenigen, der wegen der Winterquartiere kommen würde, eine Bataille zu liefern.« Wallenstein war bestrebt, alle möglichen Kräfte in Sachsen zusammenzuziehen. Dabei kam ihm auch zugute, dass der Aufstand der Bauern im Land ob der Enns, der zuvor noch kaiserliche Truppen band, im Sommer 1632 befriedet werden konnte. Aldringen jedoch durfte nicht nach Sachsen marschieren. Der bayerische Kurfürst untersagte ihm im entscheidenden Moment den Abmarsch aus Bayern. An Maximilian von Bayern schrieb Wallenstein am 30. Oktober aus Wurzen, der schwedische König plane, mit seiner vollen Macht gegen ihn zu ziehen, um die kaiserliche Armee in Zusammenarbeit mit Arnim und dessen sächsischen Truppen in die Zange zu nehmen. Bayern sei in nächster Zukunft nicht mehr in Gefahr, wenn doch, so werde er Hilfe schicken. Doch der Wittelsbacher hatte kein Einsehen. Der Schwede konnte nun einmal seinen wichtigsten, jedoch auch unzuverlässigsten, da eigentlich sehr kaiserfreundlich eingestellten Bundesgenossen nicht im Stich lassen. Für Gustav Adolf stand in dieser Phase des Krieges viel auf dem Spiel. Seine Armee war seit den ergebnislosen Sturmangriffen auf die Alte Veste angeschlagen und musste bereits mit deutschen Söldnern aufgefüllt werden. Schwedens Ressourcen waren nicht unbegrenzt. Der Vasa brauchte einen nachhaltigen Erfolg über die kaiserliche Armee, wollte er den finalen Sieg erringen. Außerdem lief er Gefahr, dass ihm Wallenstein die Verbindung in den Norden, zu seinem Brückenkopf in die Heimat, abschnitt. Ein langwieriger Krieg tief im Feindesland war nicht zum Vorteil Schwedens und vor allem unberechenbar. Der kaiserliche Generalissimus hingegen operierte aus der inneren Linie und konnte den Nachschub auf kurzen Wegen sicherstellen. – 86 –

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Die örtliche Zuweisung der kaiserlichen Regimenter im Raum Leipzig spricht zusätzlich für eine vorausdenkende Planung des Generalissimus. Seine Armee war für eine Konfrontation bereit. Der antizipierende Stratege Wallenstein schätzte die Lage richtig ein und traf geeignete Maßnahmen zur Begegnung mit dem Schwedenkönig. Ein Befehl Wallensteins allerdings wirkte sich mit Bestimmtheit nachteilig auf den Verlauf der Schlacht aus  : die Beorderung des Galla’schen Korps nach Schlesien und die zu späte Anforderung dieser Kräfte nach Leipzig. Anfang November wurde Gallas, der eine Stärke von mehr als 3.000 Kavalleristen und 5.300 Infanteristen melden konnte sowie 30 Geschütze zur Verfügung hatte, über Böhmen nach Schlesien beordert, um »alßdann dem von Arnimb eines hinters ohr (zu) geben«. Wallenstein wollte Gustav Adolf und den sächsischen Generalleutnant Arnim getrennt schlagen. Erst am 10. November wurde dieser Befehl von Wallenstein annulliert und Gallas dringend zur Hauptarmada berufen. Der Generalfeldmarschall bekam diesen Befehl am späten Abend des 13. November auf Schloss Dux bei Teplitz/Teplice zugestellt und konnte den Kampfplatz nicht mehr rechtzeitig erreichen. Erst nach dem Treffen vor Leipzig, am 20. November, vereinigte sich die Hauptarmee, die sich trotz beachtlicher Verluste geordnet zurückzog, mit dem Kontingent Gallas’ in Chemnitz. Aus Chemnitz schrieb Matthias Gallas an seinen alten Kriegskameraden Johann von Aldringen  : »tutte le cose in meglior statto«. Die Kaiserlichen schienen also wohlauf zu sein, wohlauf jedoch nur den Umständen entsprechend, denn Wallenstein musste seine Verwundeten auf dem Schlachtfeld liegen lassen und verlor mehr als 20 Geschütze. Auch durch den Umstand, dass Wallenstein in Böhmen die Winterquartiere nehmen musste, war Lützen letztendlich eine Niederlage für die kaiserliche Partei.

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Abb. 8: Niederlage der Schweden unter Graf Thurn bei Steinau 1633. Mit diesem Sieg er zog seine Armada jedoch in die Winterquartiere nach Böhmen ab und

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brachte Wallenstein Schlesien kurzzeitig unter kaiserliche Kontrolle, schenkte dem »Dauerrebellen« Graf Thurn die Freiheit.

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Der Feldherr

Nachber eit u ng Nachdem die einzelnen Verbände bei Chemnitz gesammelt wurden, zog sich die kaiserliche Armee zur Reorganisation und Instandhaltung nach Böhmen zurück. Der in der böhmischen Hauptstadt verweilende Wallenstein nutzte die Kampfpause indes, fahnenflüchtige Offiziere, derer man nach der Schlacht von Lützen wieder habhaft werden konnte, im sogenannten »Prager Blutgericht« (14. Februar 1633) hinrichten zu lassen. Zwölf Offiziere und fünf Kavalleristen fanden dabei den Tod, 40 weitere Offiziere wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die kompromisslose Härte, die er dabei an den Tag legte, trug nicht gerade zu seiner Popularität in Offizierskreisen bei. Zwei Wochen nach diesem blutigen Schauspiel bot er den Pragerinnen und Pragern eine Heldenfeier. Er ließ die beiden gefallenen Offiziere Pappenheim und Berthold von Waldstein feiern. Fünf Monate residierte er in der böhmischen Hauptstadt, in seinem prachtvollen Palais, das man das »Friedländer Haus« nannte. Im großen Rittersaal empfing der Feldherr und Landesfürst internationale Gesandtschaften und kaiserliche Räte. Es herrschte geschäftiges Treiben am Hof des Generalissimus. Weiters versuchte Wallenstein, die an Kämpfen eher seltene Winterpause zur Disziplinierung der Truppen zu nutzen. So gab es strenge Befehle an die Unterführer, die Gewalttaten und Plünderungen der Soldaten in den Quartieren und auf den Landstraßen zu unterbinden. Das Territorium der Winterquartiere, so die Maxime des Herzogs von Friedland, musste aufgrund der eigenen Versorgung unbedingt geschont werden. Um den berühmt-berüchtigten Soldmanipulationen vorzubeugen und eine genaue Übersicht über seine Armada zu bekommen, verlangte Wallenstein von seinen Kommandanten genaue Ist-Stärkemeldungen bei Androhung schwerer Strafen in Fällen des Missbrauchs. Ein besonderes Anliegen bei der Auf- und Ausrüstung der Armee war ihm die Vorbildwirkung der Offiziere  : – 90 –

Nachbereitung

»Und weilen wir auch, zumaln man bey allen occasionen genugsam erfahren, dass wan die officier niederliegen, die soldaten auch den muth zu fechten verliehren, für höchst noth wendig befinden, dz die officier, obriste, haubtleüth und leudenandt sich armieren und zum wenigsten mit forder und hinderstucken und gutem sturmhauben versehen sollen.« Der Artilleriepark und die dazugehörigen Spezialisten bekamen eine Finanzspritze zur Sanierung der Waffengattung. Weiters erließ der Generalissimus im April 1633 eine Armeeverordnung an die Regimentskommandanten. Darin wurde eine genaue Auszahlung des Rekruten- und Verpfleggeldes angemahnt, die generelle Marschbereitschaft angeordnet, jedem Regiment Handmühlen zur selbstständigen Verarbeitung des Getreides und die vollständige Bewaffnung der Soldaten wie auch die komplette Ausrüstung der Verbände befohlen sowie als Feldzeichen die Farbe »Rot« (oder gar keine Farbe) festgelegt. 1633 stand Wallenstein wieder eine starke Armada zur Verfügung  : Die Gesamtstärke bei der Vereinigung der einzelnen Armeeabteilungen im Frühjahr betrug immerhin mehr als 45.000 Mann. Doch im Jahr 1633 blieben spektakuläre militärische Aktionen aus, mit einer Ausnahme  : Am 12. Oktober schlug der siegesgewohnte Generalissimus bei Steinau an der Oder ein unterlegenes schwedisches Korps unter dem berühmten »Fensterstürzler« Heinrich Matthias Graf von Thurn. Steinau war das letzte Treffen des Generalissimus. Das zahlenmäßig ebenfalls unterlegene Heer des kursächsischen Generalleutnants Arnim wurde hingegen nicht angegriffen. Das war im Kontext der kaiserlich-kursächsischen Friedensverhandlungen und in Anbetracht der Tatsache, dass Kursachsen der wichtigste Verhandlungspartner des Kaisers zum protestantischen Deutschland war, weder unvernünftig noch politisch unlogisch, wenn auch militärisch nicht für jeden kaiserlichen Rat am Hof nachvollziehbar. Noch dazu ließ Wallenstein Thurn, der den ehemaligen Obristen der mährischen Stände einst eine »hoffärtige Bestie« nannte, laufen. – 91 –

Der Feldherr

Ein Mil itä r mit u mfa ssenden K enn t n issen »Wallenstein gehört unter die Feldherrn ersten Ranges«, konstatierte der deutsche Historiker Hans Schmidt (Schmidt, Wallenstein, S. 260) in seiner Untersuchung zu Wallenstein als Feldherr völlig zu Recht. Der Schwedenkönig, als Feldherr ebenfalls ein ganz großer seines Faches, mochte ihm taktisch überlegen sein, jedoch in der Ganzheitlichkeit des militärischen Denkens übertraf der Generalissimus bestimmt alle seine Zeitgenossen. Der Herzog von Friedland war nicht nur ein ausgezeichneter Feldherr mit strategischem Talent sowie politisch denkender General und umsichtiger Landesfürst, er war auch Heereslieferant, Rüstungs- und Kriegsunternehmer sowie Finanzier in großem Stil. Es war diese Kombination, die Wallenstein zu seinen strategisch ausgereiften Feldzügen befähigte. Als Feldherr versuchte er, aus einer starken defensiven Position den Feind abzunutzen, in großräumigen Bewegungen auszumanövrieren oder auf unbrauchbares Gelände abzudrängen. Musste er offensiv werden, war er um eine klare Überlegenheit seiner Kräfte bemüht, die er im richtigen Moment zusammenzog. Dabei beherrschte er alle Gefechtsformen der damaligen Kriegführung, wie er in den einzelnen Treffen immer wieder unter Beweis stellen konnte. Wallenstein behielt in prekären Situationen Überblick und Nerven. Bei all seinen Qualitäten war Wallenstein eines jedoch nicht  : ein taktischer Reformer. Der Herzog ließ seine Armee nach der spanischen Schule in der Formation der Tercios (bestehend aus Pikenieren und Musketieren) kämpfen. Natürlich war das nicht mehr die klassische spanische Formation des 16. Jahrhunderts. Die katholischen Feldherren Tilly (der, verglichen mit der spanischen Kampfform, ohnehin viel offensiver agierte) und Wallenstein modifizierten diese Einsatzformen und nahmen sicher auch neue Einflüsse der damaligen Kriegführung auf. Der Anteil der Feuerwaffen in den Regimentern wurde größer, und die Frontlinien der Formationen wurden brei– 92 –

Ein Militär mit umfassenden Kenntnissen

ter, um eine höhere Feuerkraft zu erzielen. Doch gab es nördlich des habsburgischen Einflussbereichs bereits seit Jahren modernere Ansätze der Kriegführung. Sein Gegner Gustav Adolf hatte seine gut ausgebildeten Truppen nach der wesentlich innovativeren niederländischen Schule des Moritz von Oranien-Nassau reformiert. Dabei war die Infanterie im taktischen Einsatz in Bataillone und Brigaden organisiert. Gegenüber den gewaltigen, aber schwerfälligeren Tercios waren diese kleineren infanteristischen Formationen wesentlich flexibler einsetzbar. In seiner letzten großen Schlacht bei Lützen stellte auch Wallenstein auf eine taktisch dem Gelände sehr gut angepasste Gefechtsaufstellung um, die nicht mehr an die traditionellen Tercios vergangener Tage erinnerte. Wallenstein lernte schnell und zog seine Lehren aus den Begegnungen mit den Schweden. Neben den Neuerungen im infanteristischen Kampf waren die Schweden ebenfalls im berittenen Kampf äußerst innovativ. Die schwedische Kavallerie griff im Galopp mit Stichwaffen an und benützte Feuerwaffen erst im Nahkampf. Die berittene Angriffstruppe des Vasa-Königs näherte sich dem Feind viel schneller als andere Reitereinheiten und schränkte den oft ineffizienten Schusswaffengebrauch ein. Die sogenannte Karakole, das langsame Anreiten und Abfeuern der Pistolen, wurde in der schwedischen Armee nicht mehr praktiziert. Wallenstein hingegen setzte seine leichte Reiterei, die Kroaten unter ihrem General Johann Ludwig Hektor Graf von Isolani, mustergültig ein. Diese Truppe war weniger für die mechanische Schlacht als vielmehr für Stör- und Überfallsaktionen zu gebrauchen. Die berittenen Herren von der habsburgischen Militärgrenze, die damals sogenannten Crabaten, wussten nicht nur militärisch aufzufallen, sondern setzten mit ihren Halstüchern, den Krawatten, auch bleibende modische Akzente. Der Vasa wiederum stellte die berittene Infanterie, die sogenannten Dragoner, in seine Reihen. Weiters ließ der Schwede neben anderen technischen Neuerungen die Artillerie (vereinheitlichte Geschütztypen mit ho– 93 –

Der Feldherr

her Schussfolge) reformieren und sorgte damit bei den schweren Waffen für zusätzliche Flexibilität auf dem Gefechtsfeld. Taktisch war der Schwedenkönig seinem Gegner mit diesen Reformen ohne Zweifel überlegen. Allerdings waren Taktik, Organisation der Truppen und Einsatz der Kräfte auf dem Schlachtfeld nicht alles. Wallenstein erkannte die Erfordernisse der damaligen Zeit, wie reibungslose Logistik, laufender Nachschub, Bewegung entlang geeigneter Nachschubund Transportwege (oft Flüsse), die Regelmäßigkeit der Bezahlung, die Qualität der Ausrüstung und Bewaffnung, die für die Disziplin der Truppen ausschlaggebend waren. Bereits als Obrist in Böhmen vertrat er gegenüber Kardinal Dietrichstein die Meinung  : »Entweder ordentliche Verpflegung und Bezahlung oder ein unordentliches Kriegsvolk.« Geld war der Nerv des Krieges, Nachschub und Versorgung waren die essenziellen Eckpfeiler der Kriegführung, die jedoch in ihrer Effizienz sehr zu wünschen übrig ließen. Das Problem bei diesen Widrigkeiten war, dass die Heeresführung ihre Strategie an die Möglichkeiten des Nachschubs und der Versorgung anpassen musste und nicht die Logistik auf die Strategie abstimmen konnte. Das nannte man die »Diktatur der Logistik« oder auch »stomach strategy«. Aufgrund der logistischen Mängel und Einschränkungen, so betonte der englische Militärhistoriker David Parrott völlig zu Recht, waren die Oberbefehlshaber mehr Gefangene der Umstände als Herr der Lage. Kardinal Richelieu vermerkte scharfsinnig zur Kriegführung der damaligen Zeit  : »In den Geschichtsbüchern kann man lesen, dass weit mehr Armeen durch den Mangel an Nahrung und durch unzureichende Ordnung vernichtet wurden als durch feindliche Handlungen.« Was Logistik im 17. Jahrhundert bedeutete, ist an den Zahlen der Verpflegungslisten abzulesen und hochzurechnen  : Für nur einen Tag benötigte eine Armee von 30.000 Mann (Wallenstein operierte des Öfteren mit einer solchen Masse) an die 27 Tonnen Brot, mehr als 20 Tonnen – 94 –

Der Beginn der militärischen Karriere

Fleisch, mehr als 42.000 Liter Wein oder alternativ dazu mehr als 84.000 Liter Bier, zudem natürlich noch das Futter für die Pferde sowie Munition und Nachschubgerät. Das alles musste über Flüsse oder Pferdewagen dem Heer nachgeführt werden. Der Staat der Frühen Neuzeit stieß einfach in administrativer, organisatorischer wie auch in fiskalischer Hinsicht bei Krisensituationen recht schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Der Herzog von Friedland war um eine Lösung dieser Probleme bemüht wie kein anderer. Zugleich machte er sich durch die oft praktizierte »Ermattungsstrategie« die bestehenden Möglichkeiten der widrigen Rahmenbedingungen zum eigenen Vorteil. Wallenstein war somit, das kann abschließend zu seiner Beurteilung festgestellt werden, im Clausewitz’schen Sinne ein Militär mit militärstrategischem und politischem Weitblick.

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Der L a ndesher r L ä nder erw er b nach der Schl acht a m W eissen Berg Der 8. November 1620 war ein schwarzer Tag für die böhmische Ständeopposition. Mit dem Sieg Habsburgs auf dem Weißen Berg rollte eine ungeheure Konfiskationswelle über die Länder der Wenzelskrone – Konfiskation der »Rebellengüter« hieß es in der habsburgischen Justizdiktion. Unbeachtet des Ausmaßes der Enteignung war dieses Strafverfahren eine durchaus gängige Maßnahme der Siegerjustiz dieser Zeit. Durch Konfiskation und Neuverteilung der Lehnsgüter schuf sich das Herrscherhaus eine loyale Klientel in den einst labilen Herrschaften. Neben den Enteignungen der am Aufstand beteiligen Adeligen folgte eine fürchterliche Strafaktion in Prag. Am 21. Juni 1621 wurden 27 Oppositionelle, derer man habhaft werden konnte, auf dem Altstädter Ring auf grausame und abschreckende Art hingerichtet. So wurden die Köpfe von zwölf Hingerichteten, die Hände zweier sogenannter Rebellen und die Zunge eines zum Tode Verurteilten auf dem Altstädter Brückenturm angenagelt. Wallenstein war höchstwahrscheinlich Augenzeuge des makaberen Schauspiels auf dem Ring. Erst 1631 ließ der Kurfürst von Sachsen bei der Eroberung Prags die grausame Mahnung der habsburgischen Strafaktion entfernen. Nicht nur der politischen Ständefreiheit der Confoederatio Bohemica, auch der religiösen Toleranz wurde mit der neuerlichen Machtübernahme Habsburgs ein Ende gesetzt  : Ferdinand II. durchschnitt kurzerhand mit einer Schere den Majestätsbrief von 1609. Diese Um– 97 –

Der Landesherr

bruchs- und Verteilungsphase im Königreich Böhmen bot Wallenstein die Gelegenheit zum Landerwerb, er wurde in der modernen Forschung als der »Hauptgewinner der ersten Konfiskationswelle nach der Schlacht am Weißen Berg« bezeichnet (Winkelbauer, Ständefreiheit 1, S. 102). Noch 1619 war er einer der Enteigneten, zwei Jahre später war er der Gewinner. Und zu gewinnen gab es viel, nicht nur für Wallenstein. Schon von Anfang an war der böhmische Aufsteiger in die habsburgische Konfiskationspolitik involviert. Statthalter Karl von Liechtenstein, der die kaiserlichen Befehlen zur Bestrafung der oppositionellen böhmischen Adeligen nicht gerade mit Freuden ausführen ließ, berief Wallenstein in ein Kollegium von Vertrauensmännern, das bei den Güterenteignungen und Verhaftungen behilflich sein sollte. Neben Wallenstein saßen außerdem Generalleutnant Tilly als Vertreter der Liga, Oberstlandhofmeister Adam von Waldstein, der Verwandte und Förderer Albrechts aus früheren Tagen, sowie Paul von Michna, Sekretär der böhmischen Hofkammer, im Gremium. Wallenstein half jedoch nicht nur bei den Verhaftungen, sondern unterstützte die habsburgische Wiedereroberung des Königreichs bereits zuvor finanziell. Jitschin, der Besitz der Familie Smiřický, wurde deshalb gegen ein Darlehen von 60.000 Gulden an den Vertrauten Liechtensteins verpfändet und als dessen vorläufiger Besitz am 22. März 1621 vom Kaiser bestä­ tigt. Wallenstein wurde zudem von Liechtenstein als Vormund seines schwachsinnigen Verwandten Heinrich Georg von Smiřický (Wallensteins Mutter war eine Smiřická) eingesetzt, der somit den Familienfideikommiss und Teile der Allodialgüter an sich bringen konnte. Ebenfalls am 22. März bekam Wallenstein weitere Güter im Nordosten Böhmens gegen ein Darlehen von 50.000 Gulden pfandrechtlich eingeräumt. Auch auf Friedland wurde der rührige Landerwerber früh aufmerksam. Liechtenstein beauftragte seinen Obristen, eine Garnison in die ehemalige Besitzung der geächteten Familie Redern zu legen. So fing die Präsenz des Magnaten in der – 98 –

Ländererwerb nach der Schlacht am Weißen Berg

Herrschaft im Norden Böhmens an. Am Tag des Prager Blutgerichts verschrieb das Reichsoberhaupt Wallenstein Friedland und Reichenberg neuerlich gegen ein Darlehen zu Kriegsauslagen von 85.000 Gulden. Wallenstein konnte sein angespartes Kapital und die Verleihung dessen gewinnbringend einsetzen. Allerdings bekam er die »Rebellengüter« vorerst nur als Sicherheit für an den finanzschwachen Kaiser verliehene Gelder. Der Statthalter übertrug zudem seinem eifrigen Stadtkommandanten von Prag die Stelle eines »Obristen von Prag«, eines Militärkommandanten von Böhmen. Der Kaiser bestätigte diese Stellung Wallensteins am 18. Januar 1622 mittels Diplom  ; Wallenstein war als »Gubernator von Böhmen« offiziell der höchste Militär im Kronland und dem politischen Chef Karl von Liechtenstein unterstellt. Damit bekam der finanzstarke Magnat nicht nur ein hohes militärisches, sondern auch ein politisch einflussreiches Amt in Böhmen. Liechtenstein wusste, dass Albrecht über Kapital verfügte und deshalb nützlich sein konnte, und Albrecht erfuhr von Liechtenstein, welche Güter zur Disposition standen. Überdies verkaufte Wallenstein wiederum Güter, die für ihn aufgrund der geografischen Lage nicht interessant waren, zu günstigen Konditionen an den böhmischen Statthalter. Die Vorteile der Protektion durch Liechtenstein sind evident, es war ein gewinnbringendes Arrangement für beide. Unter diesen Rahmenbedingungen konnte der Militärkommandant seinen Landerwerb zielgerichtet betreiben  : Erstens sollten die königlichen Pfandschaften in seinen endgültigen Besitz übergehen, er wollte sie also käuflich erwerben, und zweitens sollten die erworbenen Herrschaften einen geschlossenen Territorialbesitz bilden. Dieser Arrondierung der Besitztümer folgend verkaufte er nach und nach die durch Heirat erworbenen Güter in Mähren. Am Tag der Bestellung zum Obristen von Prag informierte Ferdinand II. Wallenstein, dass er gewillt sei, den Verkauf Friedlands und Reichenbergs »zu gratifizieren«. Am 5. Juni 1622 – 99 –

Der Landesherr

übertrug der Kaiser schließlich die Herrschaften Friedland und Reichenberg an Wallenstein zu einem »ewigen Erblehen«, am 16. Juli gingen diese Territorien mit Kaufbrief für 150.000 Gulden an den böhmischen Militärkommandanten. Mit diesem Kaufbrief waren die zentralen Herrschaften des späteren Herzogtums Friedland in das Eigentum Wallensteins übergegangen. Sofort danach bemühte sich der böhmische Aufsteiger um die dauerhafte rechtliche Absicherung seiner Güter. Es dauerte auch nur einen Monat, und Ferdinand II. verfügte am 12. August bzw. 15. September 1622, die Besitzungen Wallensteins in ein »Majoratum und Fideicommissum masculinum perpetuum« zu setzen und Albrecht den Titel eines »Regierer(s) des Hauses Waldstein und Friedland« sowie ihm und den Nachkommen den altehrwürdigen Titel des »Comes Palatinus«, des deutschen Pfalzgrafen, zu verleihen. Mit der Übertragung dieser Titel waren seine Herrschaften nicht nur als Familienbesitz (Fideikommiss) abgesichert, sondern sie erweiterten auch seine Rechtsbefugnisse in den Herrschaften ungemein  : Erhebung verdienter Personen in den Adelsstand, Ernennung von Richtern und Notaren, Legitimierung Unehelicher, Freispruch Leibeigener, Vergabe von Lehen und Afterlehen und dergleichen Rechte wie auch Regalien mehr. Da sein Sohn Karl Albrecht bereits im Säuglingsalter starb und keine weiteren männlichen Nachkommen folgten, vermachte Wallenstein am 25. Oktober 1632 – zwischen den Schlachten von Zirndorf und Lützen – sein Herzogtum an seinen Vetter Maximilian von Waldstein und dessen Nachkommen. Als weitere Erbberechtigte legte der Landesfürst nach Aussterben der Waldsteins die Familie Harrach fest. Zu den Kernterritorien erwarb Wallenstein in nur einem Jahr weitere 49 land- und lehentäfliche Besitzungen, zu denen die zukünftige Haupt- und Residenzstadt Jitschin gehörte. Diese Besit­zun­gen wurden wiederum mit kaiserlichem Lehensbrief vom 9. September 1623 zum Großbesitz Friedland vereinigt  ; zwei weitere Lehens– 100 –

Ländererwerb nach der Schlacht am Weißen Berg

briefe des Kaisers folgten, die schließlich 64 selbstständige Herrschaften in ein einheitliches, mehr als einhundert Quadratmeilen großes wallensteinisches Territorium integrierten. Und eigentlich war es noch komplizierter, denn der große Landeinkäufer verkaufte zudem, verlieh, tauschte und kaufte wiederum. Er war in den Jahren 1622 und 1623 geradezu unermüdlich dabei, diese Geschäfte abzuwickeln. Er wickelte sie nötigenfalls auch mit harten Bandagen ab. Die Territorialherrschaft Friedland im Nordosten Böhmens war somit entstanden, die Erhebung zu einem fürstlichen Lehen, zum Fürstentum Friedland erfolgte am 12. März 1624 durch das Reichsoberhaupt. Ein Jahr darauf, am 13. Juni 1625, wurde das Fürstentum Friedland zum Herzogtum erhoben, Wallenstein zum Herzog von Friedland. Weitere Rechtssicherheit, aus der Perspektive des gegenüber Habsburg loyalen Lehensträgers zumindest, erlangte das friedländische Dominium mit der »Verneuerten Landesordnung« vom 10. Mai 1627. Abgesehen davon, dass das Haus Österreich das vormals als Wahlkönigtum regierte Böhmen zur Erbmonarchie umgestaltete, behielt sich der Monarch nun vor, allein über Standeserhöhungen und Erwerb von Landtafelgütern zu bestimmen. Die Stände waren als Machtfaktor in Böhmen – Mähren folgte 1628 – vor allem nach der neuen Landesordnung verfassungsrechtlich weitgehend ausgeschaltet. Wie aber konnte sich Wallenstein diesen Besitzerwerb leisten  ? Kaufte er die konfiszierten Güter einfach zu Spottpreisen  ? Wurden Wallensteins Erwerbungen unbewusst oder auch absichtlich zu niedrig geschätzt  ? Profitierte er nur von der gewaltsamen Vertreibung des oppositionellen Ständeadels  ? Es wäre nicht Albrecht von Wallenstein, müsste man diesen Vorgang nicht sehr viel komplexer und differenzierter betrachten. Natürlich profitierte Wallenstein vom politischen Umbruch, von den Enteignungen und von der speziellen Lage in Böhmen nach der Schlacht am Weißen Berg. Wallenstein kam das Naheverhältnis zu Liechtenstein zugute, und er profitierte – 101 –

Der Landesherr

davon, dass er in der Konfiskationskommission vertreten war und alle Amtsträger kannte, die die Enteignungen durchführten und die Preise zum Weiterverkauf festsetzten – so manches Dominium wurde bestimmt auch unter Wert geschätzt. Allerdings bezahlte Albrecht keineswegs geringe Summen für manche seiner Güter, verlieh zudem viel Geld an den Kaiser und verkaufte seine alten Besitzungen. Um den Gütererwerb Wallensteins nachvollziehen zu können, muss darüber hinaus die Finanzpolitik jener Tage betrachtet werden, für die Karl von Liechtenstein als politischer Repräsentant Habsburgs in Böhmen verantwortlich zeichnete. Die durch die Finanzpolitik des Prager Münzkonsortiums ausgelöste Inflation spielte im Prozess des wallensteinischen Landerwerbs eine gewichtige Rolle.

Da s Her z o g t u m Fr ie dl a nd Das Herzogtum Friedland sollte nach den Vorstellungen Wallensteins ein von Böhmen weitgehend souveränes Musterfürstentum, zumindest eine herzogliche Enklave, werden. Konnte er eine totale staatsrechtliche Loslösung von der Krone nicht erreichen, so war doch der Unterschied zwischen dem Herzogtum Friedland, »terra felix« genannt, und dem Rest Böhmens, der »terra deserta«, unübersehbar. Der Landesherr erreichte zumindest eine selbstständige Rechtsprechung, und er verstand es, sein Herzogtum vor den Kriegswirren bestmöglich zu schützen. Als Verwalter setzte der Herzog, der den Großteil seiner Zeit nicht in seiner Herrschaft verbringen konnte, einen Landeshauptmann ein. Sein erster Landeshauptmann, den er von der exilierten Familie Redern übernahm, war Johann von Gersdorf, ein Protestant, der 1624 jedoch aufgrund finanzieller Ungereimtheiten abgesetzt wurde. Von 1624 bis 1631 bekleidete Gerhard von Taxis, ein lang gedienter kaiserlicher Offizier, diese Funktion, in den Jahren 1632 und 1633 war es ein gewisser Dietrich – 102 –

Das Herzogtum Friedland

von Malowetz. Taxis wurde durch die Empfehlung seines Fürsten vom Kaiser zum Freiherrn erhoben. Durch eine außergewöhnliche Fülle an direkten Befehlen und Anordnungen hielt der Landesherr seine Hauptleute immerzu beschäftigt – Disziplinierung durch Einzelverordnungen könnte man diese Praxis nennen. Der strenge General war ebenfalls ein strenger Landes- und Lehnsherr  : »Ich drohe teils mit Henken, teils mit Geschenken …«, schrieb er einmal mit lyrischem Unterton aus dem Feldlager. Einmal packte er die Peitsche, ein anderes Mal Zuckerbrot aus  ; »es herrscht(e) eine ebenso aus- wie durchgreifende, obrigkeitlich geleitete Zwangsund Planwirtschaft«, konstatierte der bislang beste Kenner der ökonomischen Aktivitäten Wallensteins, Anton Ernstberger, die Wirtschaft des Herzogtums Friedland (Ernstberger, Volkswirt, S. 103). Zentralisierung und Intensivierung der Herrschaft waren dabei die Maxime Wallensteins. Bei seinen Befehlen und Ermahnungen an die Handwerker drohte der Generalissimus selbst mit der Todesstrafe bei fahrlässigem Verhalten. Wallenstein bemühte sich neben der Einsetzung von Personen seines Vertrauens um eine Institutionalisierung der Verwaltung in seinem Herzogtum. Die Administration war in zwei kollegiale Zentralbehörden gegliedert  ; die Hofkammer, also die Finanzbehörde, mit dem Regenten als Vorsitzenden, und die Hofkanzlei, die administrative Verwaltung, mit dem Kanzler als Vorgesetztem. Im Laufe seiner Regentschaft ließ der Herzog eine strikte Kanzleiordnung festlegen, und seine Amtsträger mussten einen eigenen Amtseid leisten. Als Landesherr vergab Wallenstein Lehen und Afterlehen an seine Beamten, Offiziere und Verwandten. Der Herzog konnte dabei auf ein bereits seit Jahrhunderten existierendes Lehenswesen der Herrschaften um Friedland aufbauen. Einige Städte wurden zu Afterlehen, andere wie Jitschin, Friedland und Reichenberg erlangten den Status einer freien Herzogsstadt. Die landschaftliche Ordnung des Herzogtums sah den Klerus als ersten Landstand vor, gefolgt von den – 103 –

Der Landesherr

Herren und Rittern sowie den Vertretern der privilegierten Städte. Im landständischen Mitspracherecht regulierte Wallenstein natürlich ebenso. Die Kirchenvertreter sollten in der Landespolitik nicht zu mächtig werden, und zudem ließ der Landesherr seine Stände gleich von Beginn an wissen, wie er zu regieren gedachte. Auf eine (nicht mehr überlieferte) Supplik des friedländischen Adels, die über Taxis an den Landesherrn eingereicht wurde, gab Wallenstein umgehend Antwort  : »unser teuer erworbenes Eigentum, als ob es nicht ein so hochbefreites Kronlehen wäre, gleichsam zu einer libera republica machen und dergestalt unserer davon habenden fürstlichen hoheit eingreifen«, stellte der Landesherr verwundert fest, um nachgerade unmissverständlich klarzustellen, »daß wir des Römischen Kaisers, als unseres gnädigisten Kaisers, Königs und Herrn, Lehenmann sind und daß Ihro kaiserl. Majestät uns solches Lehen zu einem Fürstentum erigiert und erhoben, dagegen sie unsere Lehenleute, Landsassen und Untertanen, die uns in solchen Respekt halten sollen, wie dergleichen Personen gegen ihre Immediatobrigkeit eignet und gebührt«. Der Herzog ermahnte mit diesem Schreiben seinen Landeshauptmann, keine leichtsinnigen Zusagen gegenüber den Ständen zu treffen, und forderte den gebührenden Respekt seiner adeligen Untertanen. Die Botschaft war klar  : Das Herzogtum Friedland blieb unter Wallenstein ein traditionelles Lehenswesen mit starker landesherrlicher Macht. Freilich spielte auch die Konfessionspolitik der Habsburger eine Rolle für den böhmischen Fürsten. Durch die gegenreformatorischen Erlässe der Habsburger (zum Beispiel der Majestätsbrief Ferdinands II. vom 29. Mai 1627) mussten zumindest die protestantischen Geistlichen die Herrschaften Wallensteins verlassen. Ansonsten jedoch übte der Generalissimus die Rekatholisierung mit Augenmaß aus und tolerierte andersgläubige Experten, meist aus dem Ausland kommend, in seinen Diensten und auf seinen Herrschaften, solange sie einen gewissen Nutzen für seine politischen, ökonomischen und militärischen Ziele hatten. – 104 –

Das Herzogtum Friedland

Die Wirtschaft im Herzogtum Friedland prosperierte. In etwa 700.000 Gulden jährlich fielen für den Landesherrn aus den verschiedenen Einkommen des Herzogtums Friedland ab – Geld, das er sofort wieder in seine Unternehmungen investierte. Einer seiner frühen Biografen nannte ihn nicht zufällig den »grand economo«. Er förderte nicht nur die lagebedingte Rüstungswirtschaft, sondern auch Landwirtschaft und Gewerbe. So fanden sich in Friedland reicher Ackerbau, Brauereien, Brennereien, Viehwirtschaft, Forstwirtschaft und Jagd, Teichwirtschaft, Bergbau, Hüttenwesen und Hammerwerke, zudem genügend Gewerbetätige wie Tuchmacher, Leinenweber, Schneider, Gerber, Schuster und Seidenweber. Diese Bereiche produzierten bei Kriegsbeginn ebenfalls für die Kriegsmaschinerie und stießen aufgrund der übermäßigen Nachfrage im Laufe des Konflikts allenthalben an ihre Grenzen, drängte und tobte der Landesherr noch so. Wie in der Armee wollte er in seinen Herrschaften alle Produktionsabläufe und Arbeitsprozesse straff organisiert und kontrolliert haben. Er griff in sämtliche Details über seinen Landeshauptmann und die ihm untergeordneten Hauptmänner der Kammergüter ein. Als Controller installierte er zusätzlich einen Oberhauptmann, der die Funktion eines Generalinspektors wahrnahm. Der Landesherr ließ Gutachten (zum Beispiel Bergbaugutachten) und einen Grundkataster anlegen, zumindest gab es den Versuch dazu. Weiters erließ er Maut- und Zollpatente sowie diverse Ordnungen (Wirtschafts- und auch Erzkaufordnung), verlangte allerorts genaue Abrechnungen und Aufzeichnungen und ließ ein Schema für das friedländische Getreidelieferungssystem entwerfen. Obrigkeitliche Organisation und Planung standen bei der Landesverwaltung und Landesbewirtschaftung im Vordergrund. Kamen ihm Unregelmäßigkeiten oder Ungesetzlichkeiten zu Ohren, griff er sofort über seinen Landeshauptmann ein. So schrieb er während seines Feldzuges, am 18. September 1633, an Malowetz  : »Wir kommen in erfahrung, welchermaßen unterschiedliche Lehenleütte – 105 –

Der Landesherr

unnsers Herzogthumbs Friedlandt die Rehe schiessen lassen, der mainung, als wenn dieselbe nicht im Wildtbann für unnß vorbehalten. Aldieweiln nun unsere intention anders nie gewesen, als das die Rehe sowohl als Hirschen unterm hohen wildt begriffen und gleich demselben gehegt und niemands zu fällen erlaubt sein sollen.« Es folgte der Befehl Wallensteins, der im Übrigen kein passionierter Jäger war, die Wildabschüsse der Unbefugten sofort einstellen zu lassen. Die umfangreichen, noch erhaltenen Korrespondenzen Wallensteins zur Verwaltung Friedlands zeugen von der Akribie und von der großen persönlichen Aufmerksamkeit, die der Herzog seiner Musterherrschaft widmete. Der kaiserliche Generalissimus dirigierte und delegierte aus der Ferne die laufenden Geschäfte in seiner Terra felix. Der Ökonom, der eigene, mit seinem Porträt versehene Münzen schlagen und ein landesherrliches Münzwesen einführen ließ, förderte überdies Handel und Verkehr im Herzogtum. Die Förderung des Handels war bitter nötig, denn diese Sparte gehörte nicht zu den starken Wirtschaftsbereichen Friedlands. Die großen Geschäfte wurden in Prag gemacht, Jitschin blieb in dieser Hinsicht provinziell, die Kaufleute beschränkten sich nur auf den lokalen Markt. Erst als der Generalissimus Jakob Bassevi als »Fürstlich Wallensteinischen Hofjuden« zuständig für Friedland, Sagan und Glogau in seine Residenzstadt holte, wurden die großen Geschäfte angekurbelt. Der 1622 vom Kaiser mit dem Adelsprädikat »von Treuenburg« nobilitierte Vorstand der Prager Judengemeinde Bassevi war seit den Tagen des Münzkonsortiums eng mit Wallenstein verbunden. Als begleitende Maßnahmen zur Erhöhung der Handelsbilanz ließ der umsichtige Landesherr einheitliche Maße und Gewichte festlegen, regulierte die Zollpolitik zu seinen Gunsten und schuf die Brücken- und Wegegelder für Frachtkolonnen und Lieferfuhrwerke ab. Zudem wurden Verkehrswege zu Lande und zu Wasser ausgebaut bzw. erschlossen und Postverbindungen im Herzogtum – 106 –

Das Herzogtum Friedland

eingerichtet. Wallenstein war kein sanfter, liebenswürdiger Landesvater, doch kannte er Fürsorge und Wohltätigkeit, pflegte so etwas wie Sozialpolitik, modern gesprochen  : Den Armen ließ er Brot geben, half gern bei Bedürftigen aus, er legte großen Wert auf den Bau von Spitälern in allen Pfarrgemeinden (in Jitschin ein Bürgerspital für 48 Personen, das jedoch nicht vollendet wurde), Armenhäusern und Altersheimen, schuf steuerliche Vergünstigungen für weniger Begüterte und war insgesamt auf Ausgleich der sozialen Schichten bedacht. Auch dieser sozialpolitische Ansatz des Herzogs von Friedland, den Regeln der frühneuzeitlichen »guten policey«, der rechtschaffenen, ordnenden Tätigkeit im Staatsbetrieb folgend, ist ein Aspekt des Menschen Wallenstein. Allerdings ließ er Landstreicher und Bettler aufgreifen, bei Wasser und Brot einsperren und jene, die nicht aus Friedland stammten, außer Landes abschieben. Den arbeitsfähigen Landstreichern und Bettlern aus seinem Herrschaftsgebiet ließ er Arbeit beschaffen. Das entsprach ebenfalls der »guten ordnung und policey« der damaligen Zeit. Die Maßnahmen Wallensteins im Herzogtum Friedland lassen sich somit freilich in den für die Frühneuzeit so typischen Prozess der »Sozialdisziplinierung«, in die zunehmende obrigkeitliche Kontrolle und Überwachung der Untertanen, einordnen. Dieser sowohl auf landeswie auch auf gutsherrschaftlicher Ebene zu beobachtende Prozess zeigte vielfältige Auswirkungen in allen gesellschaftlichen Bereichen wie verstärkte Kriminalitätsbekämpfung, Maßnahmen gegen unsittliches Verhalten, herrschaftlicher Eingriff in den Wirtschaftsbereich, aber auch Repressionen gegen Bettler und Landstreicher sowie bildungspolitische Maßnahmen. In Zeiten des Krieges ist es nicht verwunderlich, dass der Herzog wesentlich mehr Wert auf die Kontrolle im wirtschaftlichen Produktionsprozess und auf »Kriegsdisziplinierung« als auf soziale Überwachung, Kirchenzucht und konfessionspolitische Gleichschaltung legte. Zudem waren ihm das Schulsystem, wie noch zu zeigen sein wird, und eine loyale, keines– 107 –

Der Landesherr

falls überprivilegierte Adelsgesellschaft im eigenen Herrschaftsbereich wichtig.

Der Her z o g von Me ck l enburg Eine Terra felix sollte auch im Norden des Reiches entstehen. Mit (internem) kaiserlichem Patent vom 1. Februar 1628 wurden die beiden herzoglichen Brüder Adolf Friedrich I. von MecklenburgSchwerin und Johann Albrecht II. von Mecklenburg-Güstrow aufgrund ihrer Teilnahme am Niedersächsisch-Dänischen Krieg gegen das Reichsoberhaupt als »reichsrebellen« deklariert und Wallenstein und dessen Erben mit dem Herzogtum Mecklenburg (seit 1621 real geteilt in Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow), dem Fürstentum Wenden, mit der Grafschaft Schwerin und den Herrschaften der Lande Rostock und Stargard belehnt. Zudem fielen das Bistum Schwerin und die geistlichen Stifter und Güter im Herzogtum Mecklenburg an Wallenstein. Aus der Pfandschaft wurde ein Lehensverhältnis. Die öffentliche Lehensurkunde wurde jedoch erst nach dem Abschluss des Lübecker Friedens am 26. Juni 1629 ausgestellt. Das Reichsoberhaupt verlieh dem neu belehnten Herzog das privilegium de non appellando, also das Recht der letzten Instanz, womit Wallenstein unabhängig von den rechtsprechenden Reichsinstanzen wurde und seine Untertanen auf die Gerechtigkeit des Landesherrn angewiesen waren. Mit Erwerb und Belehnung Mecklenburgs stieg Wallenstein nun wirklich in die Riege der obersten Reichsfürsten auf. Doch die Vertreibung des Hauses Mecklenburg und die Einsetzung des kaiserlichen Oberbefehlshabers waren reichsrechtlich problematisch. Selbst Gegner wie Maximilian von Bayern, der gegen die Mecklenburger Krieg führte, hatte nichts für die Auswechslung eines jahrhundertelang regierenden Fürstenhauses mit einem landadeligen – 108 –

Der Herzog von Mecklenburg

Abb. 9: Schloss Güstrow. Die prachtvolle Residenz Wallensteins im Norden Deutschlands.

Emporkömmling übrig (wobei er selbst Profiteur der Reichsacht über Friedrich von der Pfalz war). Viele alteingesessene Reichsfürsten dachten in dieser Beziehung gleich wie der Wittelsbacher. Die beiden geächteten Fürsten mussten ins Exil, die Stände huldigten nach einigem Druck der kaiserlichen Kommissare Wallenstein im Jahre 1630. Mecklenburg mit ca. 300.000 Einwohnern war von strategischer wie auch ökonomischer Bedeutung für den kaiserlichen General. Es war ein wirtschaftlich zwar nicht so fortschrittliches Land wie Böhmen, jedoch als Anrainerstaat an der Ostsee mit den Häfen Wismar und Rostock und den Binnenhäfen von Dömitz und Boitzenburg an der Elbe mit riesigem Entwicklungspotenzial ausgestattet. Über die Elbe hatte er eine direkte Anbindung an sein böhmisches Herzogtum. Dem prunkvollen Einzug in Güstrow, dessen Schloss selbstredend prächtig ausgebaut werden sollte, folgte geschäftige Tätigkeit – 109 –

Der Landesherr

als Landesherr  : Die Regierung des Herzogtums wurde in Güstrow zentralisiert. Regierungs- und Administrationsbehörden, namentlich das Kabinett, die sogenannte Regierung und die Justiz, wurden institutionalisiert. Das Kabinett, also die Exekutive, bestand aus dem Statthalter als Vertreter des Landesherrn, dem Kanzler (Chef der Verwaltungsarbeit), dem Regenten (Oberaufsicht über die Finanzen) und dem Kabinettsekretär. Als Statthalter setzte der Herzog zunächst seinen Obersten Heinrich von Saint Julien ein, dem Oberst Albrecht von Wengiersky folgte. Die Regierung, die oberste Verwaltung, setzte sich aus dem Geheimen Rat (für Landesangelegenheiten), der Kanzlei (reine Verwaltungsarbeit) und der Kammer (zuständig für die Domänen und die landesherrlichen Einkünfte) zusammen. Während er in seinem Kabinett, seiner höchsten Regierungsstelle, altbekannte Männer seines Vertrauens einsetzte, waren in der Regierung hauptsächlich landkundige Adelige aus Mecklenburg zu finden. Mit diesem System waren Regierung, Verwaltung und Justiz zu einem großen Teil getrennt. Für die Rechtsprechung bekam der mit dem erweiterten privilegium de plane non appellando ausgestattete Landesherr die kaiserliche Auflage, drei Rechtsinstan­ zen einzurichten  ; das Hofgericht, das Appellationsgericht und auch der Geheime Rat übernahmen eine richterliche Funktion. Die Stände behandelte er in Mecklenburg gleich wie in Friedland, er ließ sie existieren, sprach ihnen aber auch keine weiteren Rechte zu. Die Steuern wurden ab der Herrschaftsübernahme des Friedländers rigoros eingezogen. Das Land war schon nach kurzer Zeit zahlungsunfähig, die Mecklenburger konnten die Kontributionen 1630 nur noch in Getreide entrichten. Konfessionell dachte der Herzog auch im Norden Deutschlands pragmatisch und offen, denn die Mecklenburger wurden keineswegs mit einer gewaltsamen Rekatholisierung konfrontiert. Der kaiserliche Oberbefehlshaber beließ seine Untertanen beim protestantischen Glauben, wollte aber durch seine Bildungspolitik und deren – 110 –

Der Herzog von Mecklenburg

Einrichtungen sehr wohl eine schleichende Einführung der alten Religion betreiben. So machte sich der neue Landesherr Gedanken über den Bau von Jesuitenkollegs in Rostock und Wismar. In die Studienpläne der altehrwürdigen Universität Rostock (die Alma Mater Rostochiensis, gegründet 1419), die er besonders schätzte, griff er jedoch nicht ein. 1629 wurde in Güstrow eine Ritterakademie nach französischem Vorbild – ebenfalls ein Prestigeprojekt für den umtriebigen Herzog – eröffnet. Diese Adelsschule mit internationalem katholischem Lehrpersonal für fünf Burschen aus der Verwandtschaft der Waldsteins und zwölf weiteren Edelknaben bot Latein, Französisch, eventuell auch Italienisch, Tanzen, Fechten, Reiten, Arithmetik und Fortifikationswesen an – zumindest waren die Pädagogen für diese Fächer in der Akademie zugegen. Gleich dem Kolleg in Jitschin gab es auch einen Arzt und einen Apotheker für die Studierenden. Ein weiteres Anliegen des neuen Mecklenburger Landesherrn war ebenfalls hier die Sozialpolitik, freilich im Sinne frühneuzeitlicher Ordnungspolitik territorialstaatlicher Verwaltung. Flächendeckend wollte er Armenhäuser für jede Stadt und jedes Kirchenspiel zur Versorgung der Armen und Beseitigung der Landstreicherei errichten. So erließ er 1629 eine auf bereits ältere Verfügungen basierende Armenordnung (eigentlich drei Konzepte von Kabinettsbefehlen), wonach die Kirchen und zusätzlich die Bauern (durch Kornabgaben) die Bedürftigen zu unterhalten hatten. Wirtschaftspolitisch lassen seine Maßnahmen die gleiche Strategie wie in Friedland erkennen  : Vereinheitlichung der Maße und Gewichte, Einrichtung von Poststationen für die schnelle und militärisch äußerst notwendige Nachrichtenübermittlung, Prägung von Münzen, Ankurbelung der Rüstungsindustrie (Salpetersiedereien, Pulvermühlen und Eisengießerei in Neustadt). Zudem war Wallenstein tunlichst bemüht, sein Herzogtum vor großen, für die Länder immer beschwerlichen Truppendurchzügen zu verschonen. Die eigenen Truppen sollten in Pommern, in der Prignitz und Ucker– 111 –

Der Landesherr

mark einquartiert, die Durchzüge selbst so schnell als möglich abgewickelt werden. Es klingt zwar ein wenig schizophren, dass der Oberbefehlshaber sein eigenes Heer loshaben wollte, war aber in Anbetracht der Belastung für die Herrschaften aus der Sicht des Landesherrn durchaus verständlich. Ein weiteres Großprojekt war der Ausbau der bereits früher existierenden, jedoch verfallenen Wasserstraße von der Nord- in die Ostsee. Es war zwar kein NordOstsee-Kanal, aber doch die Erweiterung des Wasserweges von der Ostsee bei Wismar bis zum Schweriner See über die Stör und Elde bis zur Elbe bei Dömitz, die bei Cuxhaven in die Nordsee fließt. Hamburger Wasserbauingenieure unterbreiteten bereits Pläne für dieses zukunftsweisende Konzept. Der Herzog von Mecklenburg, Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee und »General des Ozeanischen und Baltischen Meeres«, dachte auch hier ganzheitlich. Doch die schwedische Invasion ins Reich bereitete den großen Plänen Wallensteins ein jähes Ende.

Der B au her r Wallenstein entwickelte eine enorme Bautätigkeit und Bauleidenschaft, sowohl in Prag als auch in seinen Herzogtümern Friedland, Mecklenburg und Sagan. Für seine ambitionierten Bauvorhaben holte er sich Architekten und Spezialisten vornehmlich aus Italien, aber auch aus anderen Ländern Europas nach Böhmen und Mecklenburg. Dabei scheute er keine Kosten. Die Bautätigkeit des Feldherrn diente nicht nur der Befriedigung rein privater Interessen, sondern sollte auch eine starke Außenwirkung erzielen, dem offiziellen Repräsentationsbedürfnis Genüge tun und die gewonnene soziale Stellung unterstreichen. Die Prachtbauten und der demonst­ rativ zur Schau gestellte Prunk waren Ausdruck der Magnifizenz des Reichen und Mächtigen. – 112 –

Der Bauherr

Eine der monumentalen Bauten, die der Herzog als wahrhaft fürstliche Residenz errichten ließ, ist das Palais Waldstein in der Prager Kleinseite am Fuße der Burg – heute der Sitz des Senats des Tschechischen Parlaments. Dieser Palast, der 1623 begonnen wurde, war der erste groß konzipierte, profane Barockbau Prags, wie oft zu lesen ist. Streng nach kunsthistorischer Kategorisierung genommen sind die architektonischen Kreationen in dieser Zeit, auch jene Wallensteins, dem »Klassizismus« zuzuordnen  ; einer eigenständigen Bauphase zwischen Hochrenaissance und Barock, die sich durch elegante Schlichtheit, Klarheit, Rationalität und gesetzmäßiger Gleichförmigkeit auszeichnet. Das Palais Waldstein ist nicht nur ein für die damalige Zeit gewöhnliches Stadtpalais, sondern auch ein umfangreicher, jedoch harmonisch wirkender Komplex von Gebäuden, dem ebenfalls die Funktion eines militärischen Hauptquartiers zukam. Im Bauareal ließ Wallenstein 23 Häuser, eine Ziegelei und Gärten beseitigen, um sein Projekt umsetzen zu können. Diese Stadtresidenz übertraf alle anderen Paläste der Adelsfamilien in der böhmischen Hauptstadt. Neben den großzügig ausgemalten und mit prächtigem Stuck- und Freskodekorationen versehenen Räumen und Kabinetten, unter denen der große Trabantensaal und die offene Sala Terrena mit der von Baccio del Bianco gemalten Decke eine herausragende Stellung einnimmt, ist der weitläufige Garten des Palais ein Prunkstück der besonderen Art. Der hoch betagte, bereits bei Rudolf II. schaffende Manierist Adrien de Vries lieferte die Statuen und den Springbrunnen für den Garten, wobei die Laokoon-Statue äußerst innovativ in Szene gesetzt wurde. Der Neptunbrunnen mit den vier großen Skulpturengruppen war der letzte große Auftrag an den Niederländer de Vries. Die mythologisch-antike Personen darstellenden Statuen (Bacchus mit einem kleinen Satyr, Apollo, Venus und Adonis, Laokoon-Gruppe, Ringkämpfer, Neptun mit Hund) wurden allerdings im Jahre 1648 eine Beute der Schweden. Heute sind die Originale im Schloss Drottningholm (ehemaliges königli– 113 –

Der Landesherr

ches Lustschloss auf der Insel Lovön bei Stockholm) zu bewundern  ; die Statuen von Prag wurden 1910 in Schweden gegossen. Weiters umfasste das Palais die Kapelle des Heiligen Wenzel, Stallungen für Wallensteins wertvolle Pferde mit einer Reitschule sowie ein Lusthaus mit Voliere, Grotten, Fontänen und Zierteichen. Neben dem Prager Palais stach vor allem Wallensteins bauliches Engagement in Jitschin hervor. Mit diesem als Residenzstadt auserkorenen Ort, neunzig Kilometer nordöstlich von Prag gelegen, hatte der Landesherr von Friedland Großartiges vor. Neben der Rundumsanierung der bereits bestehenden Gebäude und Infrastruktur in der heruntergekommenen mittelalterlichen Stadt erließ Wallenstein ein umfangreich angelegtes Bauprogramm, basierend auf einer strengen Bauordnung  : Eine neue prunkvolle Stadtresidenz sollte errichtet werden, neue Stallungen für seine Pferde, Stadtbäder und ein neuer Schlachthof sollten gebaut werden, Adels- und Bürgerhäuser wurden umgebaut, eine noch heute bestehende, annähernd zwei Kilometer lange, vierreihige Lindenallee nach Walditz/ Valdice angelegt, Wasserleitungen für die Stadt verlegt, der Neubau der Propsteikirche (St.-Jakobs-Kirche anstatt der geplanten Kathedrale), Gerbereien, Schuh- und Textilmanufakturen in den Vororten der Stadt betrieben. Großen Wert legte der Landesherr auf die Einrichtung von Schulen, selbst der Plan einer Landesuniversität wurde ventiliert. Unter Albrecht von Wallenstein wurde Jitschin zu einer prosperierenden Stadt inmitten des mörderischen Krieges. Nach 1630 wies die Hauptstadt Friedlands bereits 560 Häuser auf, das war ein Vielfaches der Zeit vor Wallenstein. Im Dezember 1633, als der Feldherr bereits stark in der Kritik des Wiener Hofes stand, stellte sein Architekt Niccolo Sebregondi einen großen Städtebauplan, die »Scrittura per il dissegno della citta die Gieciono«, fertig  ; demnach sollte Jitschin eine modern konstruierte »Rasterstadt« in einem streng orthogonalen System werden. Der Landesfürst ließ für sich selbst die Villa suburbana, das Sommerschloss mit einer – 114 –

Der Bauherr

schönen Loggia, terrassenförmigem Garten und Casino, in Walditz bauen, das über die 1.700 Meter lange, großzügig angelegte Lindenallee von Jitschin erreichbar war. Im dortigen Kartäuserkloster mit der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt ließ er seine Gruft anlegen. Die Stadt und die Umgebung wurden unter Wallenstein aufgeputzt, erweitert und zum Manufaktur- und Handwerkszentrum des wallensteinischen Kriegsunternehmertums ausgebaut. Seine italienischen Architekten Andrea Spezza und der zuvor in Mantua wirkende Niccolo Sebregondi verstanden es, die neue Komposition in die Landschaft harmonisch einzufügen. Die barocke Landschaftsgestaltung war ein wichtiger Teil des wallensteinischen Bauprogramms. Da unter Wallensteins Herrschaft ein loyaler Adel im Herzogtum sesshaft werden sollte, wurden Jitschin und Umgebung attraktiv und repräsentativ für die adelige Gesellschaft gestaltet. Der Generalissimus animierte seine Bekannten, Offiziere und den Hofstaat, sich in Jitschin anzusiedeln. Die Stadt wurde keineswegs zufällig vom Herzog ausgewählt, denn sie war militärisch und versorgungstechnisch geografisch gut gelegen. »So wuchs Jičín nicht nur zu einer Fürstenresidenz, sondern auch zu einem Verwaltungs-, Handels- und Industriezentrum« (Fidler, Bauen, S. 294). Ähnliche Absichten hatte der Herzog in seinen anderen Herrschaften Mecklenburg und Sagan. Seine Residenz in Güstrow wie auch die Städte Schwerin und Wismar sowie seine Niederlassung in Sagan sollten gleich Jitschin zu repräsentativen Prunkbauten und Vorzeigeprojekten gestaltet werden. In der wirtschaftlich starken Stadt Reichenberg/Liberec ließ der Herzog ein neues Stadtviertel für die Ansiedlung von Tuchmachern bauen, in Sagan ein neues Schloss errichten, das jedoch vor 1634 nicht mehr fertiggestellt wurde. Erst Wenzel Eusebius von Lobkowitz, der das unfertige Anwesen erwarb, ließ den Residenzbau vollenden. Es scheint, als wäre Wallenstein neben seinen anderen Tätigkeiten unermüdlich über den Bauplänen gesessen, wobei er sich für die kleinsten Details – 115 –

Der Landesherr

interessiert hat. Der begeisterte Bauherr drängte – wie auch bei anderen Vorhaben – seine Architekten, Baumeister und politisch Verantwortlichen immerzu zur Eile. Wallenstein verließ sich bei seinen weit verstreuten und umfangreichen Bauvorhaben auf angeheuerte Spezialisten. Architekten, wie die bereits erwähnten Spezza (†1628) und der ihm nachfolgende Sebregondi (†1652), kamen aus Italien. Sie hatten das Amt des Baudirektors inne, standen dem landesherrlichen Hofbauamt vor und unterstanden wiederum dem Landeshauptmann von Friedland. All ihre Kostenvoranschläge und Pläne mussten sie dem Herzog vorlegen, der diese wiederum mit seinem persönlichen Sachverständigen Giovanni Battista Pieroni prüfte. Pieroni war ein auf Festungsbauten spezialisierter, humanistisch gebildeter Architekt, aber auch Mathematiker und Astronom, der mit der habsburgischen Elite bestens vernetzt war. Ein weiterer im Dienst des Friedländers stehender Baumeister war Giovanni Battista Marini, der sich in der Anfangsphase für den Bau des Palais in Prag verantwortlich zeichnete. Vincenzo Boccaccio, wie del Bianco im Gefolge von Pieroni nach Böhmen gekommen, baute für den Herzog das Schloss in Sagan. Der Bedarf an Handwerkern war bei diesem mehr als ambitionierten Bauprogramm enorm. Maurer holte sich Wallenstein aus den österreichischen Ländern und aus Mähren. Allein in Jitschin beschäftigte er zur Spitzenzeit an die 500 Bauhandwerker. Zudem zog er Handwerker aus seinen Regimentern ab. Des Herzogs Vorstellungen und Eingriffe in das Bau- und Dekorationsprogramm für seine Residenzen und Herrschaften zeugen von einem passablen ästhetischen Kunstgeschmack, selbst wenn die Qualität der von Wallenstein bestellten Kunst nicht immer auf dem allerhöchsten Niveau der Zeit lag und er nicht immer alle ikonologischen Zusammenhänge passend umsetzen ließ (wie der Hund bei der Neptun-Statue im Palais zeigt, der so gar nicht zu Neptun passen will). Die Malerei in Wallensteins Residenzen, besonders die malerische Ausstattung im Palais zu Prag, wurde von Kunsthisto– 116 –

Der Stifter

rikerInnen sehr unterschiedlich bewertet. So gilt – nach neueren Studien – Baccio del Bianco, ein zu dieser Zeit noch sehr junger, aus Florenz stammender Künstler, als eher mittelmäßig, das dahinterstehende Konzept, das ikonografische Gesamtprogramm des Stadtpalastes, als wenig stringent. Del Bianco war allerdings nicht der einzige Künstler, der die malerische Ausstattung besorgt hat. Auffallend für den Feldherrn und Astrologieliebhaber sind freilich die martialischen Darstellungen mit den Motiven des Kriegsgottes Mars und der Astrologische Gang mit den (damals bekannten) sieben Planeten und den ihnen zugeordneten Sternbildern im Palais – Ausdruck seiner Persönlichkeit. Wie man auch immer die künstlerische Qualität der Bilder beurteilen mag, Wallenstein ist als Bauherr und Kunstmäzen eine führende Rolle in seiner Zeit nicht abzusprechen. Del Bianco stellte seinem Auftraggeber, den er als ungeduldigen, jedoch interessierten und großzügigen Mäzen beschrieb, ein gutes Zeugnis aus. Wallensteins Kunstverständnis – so darf angenommen werden – wurde maßgeblich vom vorherrschenden rudolfinischen Manierismus beeinflusst. Die Vorbilder seiner Gebäude lagen unverkennbar in Italien. Seine nach Böhmen geholten Architekten und Maler brachten italienische Baukunst und italienisches Flair in die böhmische Hauptstadt und Provinz. Einiges von den großen Plänen des visionären Bauherrn wurde umgesetzt, vieles nur halb fertiggestellt und vieles konnte nie begonnen werden. Der gewaltsame Tod des Generalissimus beendete die fantastischen Baupläne für seine Fürstentümer.

Der St if ter Albrecht von Wallenstein war Konvertit, er trat im Jahre 1606 bei den Olmützer Jesuiten zum katholischen Glauben über. Damit stellte er keine Ausnahme dar, denn viele Adelige im habsburgi– 117 –

Der Landesherr

schen Establishment waren Konvertiten. Sicher gab es individuelle Gründe, den Glauben zu wechseln. Eines der durchgängigen Motive zur Konversion dieser ehrgeizigen Männer war jedoch ohne Zweifel die mit dem Glaubenswechsel mögliche Karriere im Hofdienst des Kaiserhauses. Der katholische Glaube war Voraussetzung für den politischen und sozialen Aufstieg unter der Casa de Austria. Es gab nur wenige Ausnahmen, wie Hans de Witte, der Bankier des Erzhauses und Wallensteins, sowie der spätere Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee, Peter Graf zu Holzappel, die – wie in diesen beiden Fällen – Calvinisten bleiben durften. Der Herzog von Friedland zog ebenso wie viele andere seiner Zeitgenossen Gewinn aus seiner Konversion, wobei Wallenstein nie als fanatischer Glaubenskämpfer galt. Ganz im Gegenteil  : Der Generalissimus akzeptierte und förderte Andersgläubige, solange sie ihm nützlich waren. Wallenstein setzte den evangelischen Dänen Heinrich Holk als stellvertretenden Offizier ein, kooperierte mit dem Lutheraner Arnim und bestellte lutherische Handwerker ins Herzogtum Friedland. Die soziale Stellung Wallensteins verpflichtete ihn geradezu zu religiösen Stiftungen, beweist aber auch, dass er keinesfalls als Atheist oder Agnostiker angesehen werden darf. Der Herzog von Friedland war ohne Zweifel ein gläubiger Katholik, der jedoch den ökonomischen und militärischen Nutzen vor das persönliche Glaubensbekenntnis setzte. Auch in diesem Bereich war der Friedländer – sicher zum Missfallen einer gewissen Hofclique – ein durchwegs zweckrationaler Denker. Die Stiftungen von Klöstern und Ordenshäusern lassen sich somit nicht nur der Frömmigkeit Wallensteins zuschreiben, sondern waren Teil eines ambitionierten politischen Programms in seinen Herrschaften. Mit den Ansiedelungen und Gründungen verschiedener Orden verfolgte der Landesherr Wallenstein religions-, kultur-, sozial- und bildungspolitische Ziele. Bereits als Gutsbesitzer in Mähren gründete Albrecht ein Kartäuserkloster in Stipa und unter– 118 –

Der Stifter

stützte finanziell die Jesuiten in Holleschau/Holešov. Die Kartäuser und die Jesuiten blieben Wallensteins bevorzugte Orden als Landesherr. Ordensstiftungen für die Karmeliter, Kapuziner, Dominikaner und für andere Orden kamen hingegen nicht über das Planungsstadium hinaus. Wie ernst auch immer die Umsetzungsabsicht für die Ansiedlung dieser letztgenannten Orden auf seinen Territorien war, realisiert wurden sie – aus welchen Gründen auch immer – nie. Im Jahre 1624 erfolgte die Stiftung eines Jesuitenkollegs in Jitschin. Die hohe Qualität der Ausbildung, die die Gesellschaft Jesu zu vermitteln imstande war, entging dem weitsichtigen Landesherrn von Friedland nicht. Als scharfes Instrument der Gegenreformation jedoch konnte der religionspolitisch tolerant agierende Wallenstein die Societas Jesu nicht brauchen. Eine der Zielsetzungen Wallensteins war dennoch eine durchgehende Katholisierung seiner Gebiete, diese hatte aber keinen Vorrang vor seinen wirtschaftlichen und kriegsunternehmerischen Absichten. Konfessionspolitische Unruhen durch übersteigerte gegenreformatorische Maßnahmen in Krisenzeiten wollte er sich in seinen Herrschaften nicht leisten. In seinem Herzogtum plante er ein eigenes Bistum mit acht Dekanaten und 39 Pfarrsprengel. Dieses Projekt wurde vom jungen Prager Erzbischof Ernst Adalbert von Harrach, Schwager Wallensteins, unterstützt. Doch die angedachte Bistumsgründung stieß weder in Rom noch in Wien auf viel Gegenliebe. So wurde aus dem Bistum vorläufig eine Propstei, die jedoch ebenfalls ohne päpstliche Zustimmung blieb. Dem Plan eines eigenen Bistums für das Herzogtum lag freilich die Idee einer möglichst unabhängigen Verwaltung der eigenen Herrschaft zugrunde. Ebenfalls im Jahre 1624 stiftete der Landesherr das Augustinerkloster von Bösig/Bezděz und 1627 ein zweites Augustinerkloster in Böhmisch Leipa/Česká Lípa. Mit der Ausstellung der Gründungsurkunde für das Augustinerkloster auf dem Berg Schlossbösig im März 1627 wollte Wallenstein seiner Dankbarkeit an Gott für den Sieg bei der Dessauer – 119 –

Der Landesherr

Brücke Ausdruck verleihen. In Böhmisch Leipa bekam der Orden der Augustiner den klaren Auftrag, die Jugend der Stadt in Latein und Religion zu unterweisen. So wurden die Augustiner auf Geheiß Wallensteins in das Schulwesen der Stadt eingebunden. In Walditz ließ der General im selben Jahr eine Kartause für zwölf Mönche und seine Familiengruft bauen. Der Ordensbau lag unweit seines Sommerpalastes und war schon durch das inkludierte letzte Refugium der landesfürstlichen Familie eine hoch dotierte Stiftung. Zusätzlich zur Stiftung des Kollegs und Gymnasiums des Jahres 1624 richtete er in Jitschin ein Knabenseminar für 100 Burschen aus dem Herzogtum Friedland ein, das von den Jesuitenpatres betrieben wurde. Adelige sowie Bürgerliche sollten im Kolleg Platz finden, 20 Adelssöhne und zehn Auserwählte aus dem Herzogtum mussten auf Anordnung des Herzogs für den geistlichen Stand ausgebildet werden. Zu den Knaben aus Friedland kamen ebenfalls Söhne aus vornehmen Familien seines Herzogtums Mecklenburg hinzu. Wie bei all seinen Projekten kümmerte sich der Landesherr auch hier um die Details. So legte er den Studienplan mit Latein, Italienisch, Grammatik, Arithmetik, Musik, Reiten, Fechten und Tanzen fest. Als Landesherr und Generalissimus hatte er schließlich Interesse daran, gute Verwaltungsbeamte und zukünftige Offiziere ausbilden zu lassen. Ein Arzt und Apotheker kümmerten sich um die Gesundheit seiner Seminaristen. Ein Jahr später folgte die nächste Stiftung  : 45.000 Gulden gingen an die Jesuiten des Prager Professhauses, womit die St.-Wenzels-Kapelle ausgestattet und Gebäude angekauft werden sollten. Bereits 1625 stellte er den Jesuiten der Prager Kleinseite 20.000 Gulden zum Ankauf zweier Häuser und einer Bibliothek zur Verfügung. Auch in Kuttenberg/Kutná Hora unterstützte der Herzog von Friedland die Gesellschaft Jesu. Im selben Jahr ließ er ein Spital für 24 Männer und 24 Frauen unter Obhut der Jesuiten in Jitschin gründen. Damit war jedoch nicht genug  : Wallenstein wollte noch einiges mehr umsetzen. Neben – 120 –

Repräsentation  : Pracht und Prunk

weiteren Stiftungen für geistliche Orden (zum Beispiel ein weiteres Jesuitenkolleg in Friedland) hatte er den Bau einer Landesuniversität nach dem Vorbild der Universitäten Prag, Wien oder Basel in Jitschin oder Sagan vor. Bei seinen Stiftungen ließ sich Wallenstein vorab alle Baupläne überbringen. Wenn er Zeit hatte, führte der Herzog selbst die Bauaufsicht durch. Die Durchführung und Umsetzung seiner Zuwendungen an die geistlichen Orden liefen selten reibungsfrei. Der Herzog drängte ungeduldig auf die Fertigstellung seiner Projekte und diskutierte oft mit den Ordensvorständen über die Zahlungsmodalitäten, wobei der jähzornige Generalissimus durchwegs ausfallend und beleidigend gegenüber dem Klerus werden konnte. Prinzipiell aber war der Herzog konsensbereit. Den Unterhalt und die Betriebskosten für die Orden und Kollegien wollte der Ökonom Wallenstein allerdings ganz genau geregelt wissen. So sehr der rational und ökonomisch denkende General politische Ziele mit seiner Stiftungspolitik verfolgte, war ihm dennoch das eigene Seelenheil wichtig. So bekamen die Orden seiner Stiftungen die selbstverständliche Auflage, regelmäßig für ihn und seine Familie zu beten.

R epr ä sen tat ion: Pr acht u nd Pru nk Zu Wallensteins Darstellung gehörten nicht nur der Bau seiner Schlösser, Paläste und anderer prunkvoller Residenzen, zu diesem Repräsentationsbedürfnis gehörten ebenfalls seine Auftritte bei Hof und bei anderen Ereignissen sowie der von ihm gepflegte, aufwendige Lebensstil im Feld. Im Zuge der Münzprägung für das Herzogtum Friedland sprach der Landesherr Wallenstein offen seine Intention aus  : »Ich thue es aber nicht des Nutzens, sondern der Reputation wegen.« Ein Porträt auf der friedländischen Münze sollte unmiss– 121 –

Der Landesherr

verständlich seine dominante Rolle als Landesherr unterstreichen. Repräsentation im Sinn von Darstellung als kulturhistorisches Phänomen bedeutete im Kontext der Adelsgesellschaft der Frühen Neuzeit eine standesgemäße Zurschaustellung des sozialen Anspruchs. Diese Zurschaustellung, die natürlich einer Öffentlichkeit bedurfte, umfasste bei Wallenstein in jeder seiner örtlichen Residenzen einen entsprechenden Hofstaat, prunkvolles Auftreten, prächtige Residenzen und einen luxuriösen Lebensstil. Wallenstein schätzte bei seiner Außenwirkung und seinen Auftritten starke Farbkontraste wie bei seinem Wappen, das in Rot und Blau mit Gold kombiniert gehalten wurde, oder wie bei seinem purpurroten aufsehenerregenden Mantel, den er bei Festen zu tragen pflegte. Adelsstolz und Adelshochmut waren bei ihm äußerst ausgeprägt. Das standesgemäße Auftreten war für einen Emporkömmling wie Wallenstein vermutlich noch wichtiger als bei einem Spross des alten Reichsadels, wollte er sich in der Gesellschaft etablieren. So wusste sich der General in Szene zu setzen. Zu seinen ersten Besuchen bei Hof bemerkte Graf Khevenhüller bereits  : »…, gethan und sich ansehnlich stattlich ausgestaffiert, und nach hoff, weil er Cammerer bey Kayser Matthias gewesen, begeben und dort stattlich hoff gehalten, und wann er seinen gemachten Vorrath verzehrt gehabt, ist der wieder nach hauß zogen und dort so lang verbleiben, biß er wieder eingesammlet und nach hoff reisen können, …« (Khevenhüller, Conterfet II, S. 219). Die Geschichte, so unspektakulär sie sein mag, zeigt doch, dass der Kämmerer Wallenstein in seinen Tagen als mährischer Gutsbesitzer bereits auf ein ansehnliches Erscheinen bei Hof Wert legte. Als böhmischer Magnat stieß Wallenstein in andere Sphären vor. 1625 – zu Beginn des Generalats – trat Wallenstein mit 400 Pferden, 18 Lakaien und 24 Pagen auf. Der Würzburger Fürstbischof Philipp Adolf von Ehrenberg war beeindruckt vom Auftreten des neuen kaiserlichen Armeeführers. Sein Hofstaat oder, besser gesagt, sein Lagerstaat wurde immer voluminöser. Sogar im großen Armeelager – 122 –

Repräsentation  : Pracht und Prunk

bei Zirndorf, in dem Zehntausende Menschen konzentriert wurden, lebte der Feldherr im Gegensatz zum Rest sehr komfortabel. Zeitgenössische Skizzen lassen in der Mitte des Lagers das zerlegbare und transportfähige Holzhaus des Generalissimus erkennen. Für seine Pferde wurden große Stallzelte aufgestellt  ; damit waren sie besser untergebracht als seine Infanteristen, die sich mit Erdhütten begnügen mussten. Pferde waren überhaupt seine große Leidenschaft. Seine Gestüte in Friedland waren voll mit prachtvollen Pferden aus allen Ecken Europas, wobei baulich besonders das heutzutage nicht mehr existierende Gestüt Smrkovitz/Smrkovice hervorstach. Sein Palais in Prag hatte einen riesigen Pferdestall. Wallenstein bezahlte offenbar jeden Preis für edle Rösser. Als Generalissimus hielt sich der Pferdeliebhaber bis zu 1.500 wertvolle Leibpferde, die sogenannten »hauptroß«, zudem eine berittene Leibgarde von 600 Mann. Zum prachtvollen Auftreten gehörten weiters mit rotem Leder gepolsterte Karossen, Diener, Trabanten wie auch wundervolle militärische und fürstliche Accessoires. Den Wein ließ er sich aus Italien und Frankreich in sein Feldlager liefern, erlesene Früchte kamen aus Spanien. Besonders gerne trank er Grünen Veltliner, sein Leibgetränk jedoch war feines Weißbier – immerhin war der Herzog stolzer Besitzer von mehreren Brauereien in Friedland. Dort, wo es die Zeit erlaubte, hielt er große Tafel mit reichlich Spezialitäten. Er war ohne Zweifel ein Mann des feinen Lebensstils. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen legte er großen Wert auf Hygiene, nahm Bäder und leistete sich gerne den Besuch von Badeorten (zum Beispiel Karlsbad/Karlovy Vary). Aus Genua ließ er sich ein Silberbecken kommen, in Prag eine große Wanne anfertigen. Wenn der Herzog in einer Stadt zu längerem Aufenthalt erschien, war die ganze Stadt in heller Aufregung, und sein fürstlicher Besuch erforderte die ganze Aufmerksamkeit der Stadtverwaltung. Weiters ließ er sich Feinlinnen und Gobelins aus den Niederlanden, Goldledertapeten, Seidenstoffe, Tisch- und Leibwäsche aus Leipzig, – 123 –

Der Landesherr

Silbergeschirr und Juwelen aus Genua, Teppiche aus Venedig, Samt aus Lucca, Tuch und Seide aus England, andere feine Stoffe aus Neapel und Mailand für seine Residenzen kommen. Und all dies immer in großen Mengen. Diese Bestellungen – wie könnte es anders sein – liefen über seinen Großkaufmann de Witte. In Jitschin stand ein französischer Schneidermeister für die persönlichen Aufträge des Generalissimus bereit. 1633 umfasste sein Hofstaat an die 900 Personen mit fast 1.100 Pferden. Kennt man die Probleme der kaiserlichen Heeresführung späterer Jahre, gute Pferde für die Kavallerie aufzutreiben, dann erscheinen die Verhältnisse rund um den Herzog von Friedland geradezu unglaublich und als purer, verschwenderischer Luxus. Alleine der Obersthofmeister hatte 45 Gehilfen unter sich, in der Küche arbeiteten an die 65 Bedienstete. Rechnet man nur überschlagsweise, so ergibt sich für die Hofhaltung eine Jahressumme von 240.000 Gulden, wahrscheinlich waren es noch um einiges mehr. Im Vergleich dazu kostete ein Infanterieregiment mit 3.000 Mann bis zu 450.000 Gulden im Jahr, ein berittenes Regiment mit 1.200 Mann immer noch bis zu 300.000 Gulden. Doch hinter dieser scheinbaren Verschwendung stand rationale Kalkulation. Repräsentation bedeutete für den kaiserlichen Generalissimus die Darstellung seiner militärischen und politischen Funktion und Potenz. Der Feldherr stellte seinen Reichtum zur Schau, musste er doch als Kriegsunternehmer Vertrauenswürdigkeit, genauer gesagt, Kreditwürdigkeit vermitteln. Ein erfolgreicher Söldnerführer musste den Anschein der Liquidität erwecken, denn ein finanziell potenter Heerführer zog nun einmal mehr kampffähige und kampfwillige Männer an als ein unsicherer Kantonist. Söldner suchten sich in der Regel zahlungsfähige Vorgesetzte aus. Sparsamkeit war das falsche Signal im Soldgeschäft. So tat sich Wallenstein nicht schwer, bei seiner zweiten Bestellung zum Oberbefehlshaber im Jahr 1632 in kürzester Zeit das kaiserliche Heer wiederum auf einen Höchststand zu bringen. – 124 –

Repräsentation  : Pracht und Prunk

Die unangenehme Begleiterscheinung des luxuriösen Lebensstils in Zeiten des Krieges und der Krisen war der Neid der Zeitgenossen. Verwundert stellten sich die ungläubigen und kritischen Beobachter die Frage, wie sich der Generalissimus einen aufwendigeren Lebensstil als Könige und der Kaiser leisten konnte. Der Vergleich mit dem Kaiserhaus war wohl eher polemisch gedacht, jedoch de facto nicht wirklich aussagekräftig, denn die Habsburger waren aufgrund permanenter finanzieller Engpässe nicht gerade bekannt für ein opulentes Auftreten. Wallensteins Leitspruch »invita invidia« (Allem Neid zum Trotz) war in Anbetracht seiner prunkvollen Auftritte mehr als passend. Der Herzog von Friedland und Mecklenburg provozierte die Reichselite nicht nur durch seinen raschen politischen Aufstieg, sondern auch durch sein oftmals prahlerisch erscheinendes Auftreten. Wallenstein war gerade als Landesherr ein Mann der großen Konzeptionen, der seine Herrschaften effizient verwalten und ökonomisch innovativ gestalten wollte. Auch andere in den Fürstenstand gehobene Adelige hatten ansehnliche Herrschaften, doch der Ideenreichtum und der Modernisierungsschwung, den der Herzog von Mecklenburg und Friedland mitbrachte, ist für diese Zeit der Krisen und Kriege ungewöhnlich. Natürlich gilt auch für diesen Bereich, dass Wallenstein das Rad nicht neu erfand, jedoch muss man ihm eine große Fülle an Visionen, Projekten, klaren Vorstellungen und große Tatkraft zubilligen. Mecklenburg, in dem er ein gutes Jahr verweilte, kam ihm in den Kriegsläufen abhanden. Das blühende Herzogtum Friedland, ein quasi reichsunmittelbares Fürsten­tum, die prachtvollen Bauten, die großzügigen Stiftungen, die Pläne und Visionen gingen mit dem Landesherr unter, vieles blieb unvollendet, das Herzogtum, das einst glückliche Land, wurde zerschlagen.

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Der K r iegsu nter nehmer

A

lbrecht von Wallenstein wurde oft als Condottiere – im eigentlichen Wortsinn »Söldnerführer« – bezeichnet. Doch diese Bezeichnung greift für Wallenstein viel zu kurz. Der Herzog von Friedland war ein (Kriegs-)Unternehmer im wahrsten Sinne des Wortes. Er war der Finanzier der Armee und Rüstungsunternehmer zugleich, und als Landesherr strebte er nach einer möglichst großen versorgungstechnischen Autarkie seiner Armee, die de jure nicht die seine war. Während andere Feldherren das Kriegstheater überzogen und sich auf die Logistik ihres Kriegsherrn verließen oder die Soldaten sich selbst überließen, sorgte Wallenstein für seinen eigenen Nachschub. Seine Fürstentümer und Ländereien sollten das ökonomische Rückgrat der kaiserlichen Armee bilden. Wallenstein begriff, dass Kriegführung mehr war, als nur Schlachten zu schlagen und geschickte Manöver zu führen. Eine funktionierende Logistik und somit eine erfolgreiche Kriegführung waren auf die Dauer nur durch einen wirtschaftlich starken Rückhalt zu gewährleisten. Davon hing die Disziplin der Truppe ab. Seine Soldaten mussten regelmäßig bezahlt und versorgt werden. Nicht dass es unter dem kaiserlichen Generalissimus zu keinen Plünderungen und Gewalt­akten gegen die Zivilbevölkerung kam, diese kamen selbstverständlich vor. Aber der Herzog von Friedland erkannte den hohen Stellenwert einer disziplinierten Armee und bemühte sich darum. Wallenstein siedelte im Herzogtum Spezialisten für Rüstungsgüter an und baute sich selbst sein Netzwerk für Kriegsgüterbeschaffung auf. Der Herzog von Friedland wurde somit zum Idealtypus des Kriegsunternehmers. – 127 –

Der Kriegsunternehmer

U n ter nehmer Das klassische Modell des Kriegsunternehmers der Frühen Neuzeit war der Söldnerführer, der eine Armee unterhielt und im Vertragsweg durch den Fürsten oder durch andere territoriale Autoritäten ermächtigt wurde, Regimenter und Fähnlein (im Dreißigjährigen Krieg schon als Kompanien bezeichnet) als selbstständiger Geschäftsmann auf Kreditbasis oder mit Eigenkapital zu werben. Die Obristen und deren Hauptleute stellten dabei die Regimenter und Kompanien auf, sorgten für deren Ausrüstung und Bezahlung, wobei sie die vorgestreckten Auslagen wiederum durch den Heerführer, also in der kaiserlichen Armee durch Wallenstein (und dieser vom Kaiser), abgegolten bekamen. Die Regiments- und Kompaniekommandanten waren die Besitzer der militärischen Verbände und Einheiten und als solche das eigentliche Rückgrat des Heeres. Dass durch Manipulation der Stärkeangaben (Differenz in der Verrechnung des Soll- zum Iststand) und durch die Weitergabe und den Wiederverkauf qualitativ schlechter Ausrüstung so manches Mal betrügerische Gewinne durch die Obristen eingestreift werden konnten, war eine für die Heeresführung unangenehme Nebenerscheinung des Systems. Die Regimentsinhaber waren nicht immer identisch mit den Regimentskommandanten, denn die Regimenter wurden oft von Obristleutnanten geführt, die das taktische und organisatorische Kommando innehatten, jedoch nicht die Besitzer des Verbandes und somit die »Unternehmer« waren. Wallenstein selbst wurde im Jahr 1619 zum Regimentsinhaber eines Kürassierregiments und am 15. Februar 1621 laut Patent als Regiments­ inhaber eines Regiments »hochdeutscher Knechte« bestellt. Es kam nicht selten vor, dass ein wohlhabender Adeliger mehr als ein Regiment sein Eigen nennen durfte. So besaßen in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ca. 110 kaiserliche Generäle und Oberste 290 Regimenter. Schätzungen besagen, dass alleine zwischen 1630 und – 128 –

Unternehmer

1635 in etwa 400 Militärunternehmer auf dem Kriegstheater tätig waren. Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, einer der bekanntesten Söldnerführer des Krieges auf protestantischer Seite, unterhielt eine Privatarmee, die er zunächst unter schwedischen Fahnen kämpfen ließ und 1635 der französischen Krone unterstellte. Nach dem Tod des Königs ­ Gustav Adolf griff die schwedische Regierung auf angeheuerte Söldnerführer zurück  ; der gefürchtete Hans Christoph von Königsmarck war einer von ihnen. Peter Ernst von Mansfeld heuerte Truppen für Friedrich von der Pfalz an, die von England und den Generalstaaten finanziert wurden, und erwarb sich in der Historiografie den Ruf des »ruchlosen Söldnerführers par excellence«. Wallenstein jedoch übertraf alle anderen Söldnerführer bei Weitem  : Bereits 1626 hatte der General des Kaisers 24 Infanterieregimenter und 29 Kavallerieregimenter unter sich, 1629 waren es 35 Infanterieregimenter und 24 Kavallerieregimenter, 1632 57 Infanterieregimenter und beachtliche 70 Kavallerieregimenter. Das heißt, der Kriegsunternehmer Wallenstein hatte schon seit Aufstellung der kaiserlichen Armee immer einige Dutzend Subunternehmer (Regimentsinhaber und ­ -kommandanten) unter seinem Kommando. Nur ein kreditwürdiger Unternehmer konnte diese Attraktivität für investitionswillige Offiziere ausstrahlen. Die Soldaten dieser Heere, die Söldner, waren auf freiwilliger Basis geworbene Männer, Gesellen und Bauernburschen, die sich meist ein besseres, abwechslungsreicheres und durch Beute angereichertes Leben erwarteten. Diese zum Kampf bereiten Männer wurden zum wertvollen Kapital des Krieges. Sie wurden mit zunehmender Erfahrung Experten des Waffenhandwerks, nicht selten dienten sie in den verschiedensten Armeen. Selbst hohe Offiziere wechselten samt ihren Truppen den Dienstgeber und kämpften abwechselnd für die verschiedenen Konfliktparteien. Wallenstein brachte den Plan der Aufstellung einer Armee für das Haus Habsburg vermutlich bereits im Jahr 1623 vor, sicher aber – 129 –

Der Kriegsunternehmer

im Spätsommer 1624 – auf alle Fälle hatte der Böhme schon länger die Idee, als Kriegsunternehmer groß einzusteigen. Im Jahr 1625 akzeptierte man seine Pläne am Kaiserhof. Zu dieser Zeit hatte er schon unternehmerische Erfahrung in der Länderverwaltung (Gutsbesitzer in Mähren und Herr von Friedland), im Finanzwesen (Prager Münzkonsortium) und in der Aufstellung von Truppen (Obrist der mährischen Miliz und kaiserlicher Obrist) gesammelt. Größere Geschäfte, riskante finanzielle Aktionen und das Militärwesen waren keineswegs mehr unbekannte Felder für den Obristen von Prag. Dennoch  : die Aufstellung einer 24.000 Mann starken Armee auf Basis einer Vorfinanzierung durch Eigenkapital oder Kredite war selbst für diesen Mann ein gewagtes Unternehmen. Alleine aus den kaiserlichen Kriegskassen heraus konnte man den Plan des Böhmen nicht umsetzen, Wallenstein musste sich eine alternative Finanzierung der großen Armee überlegen  : So wurde die kaiserliche Kriegführung durch das Kontributionssystem gedeckt, und dem Heerführer und Kriegsunternehmer wurden Herrschaften in Böhmen und im Reich übertragen. Der Kaiser entschädigte damit als Schuldner, als Kreditnehmer, seinen Feldherrn, den Gläubiger, der mit seiner Wirtschaftskraft und erheblichem Finanzrisiko den Krieg tragen musste. Die Übertragung des Herzogtums Mecklenburg war – und das ist allemal bemerkenswert – zuallererst ein Verkauf des Herzogtums, erst später erfolgte die reichsrechtlich umstrittene Belehnung durch das Reichsoberhaupt.

Wa l l enstein a l s Heer esl iefer a n t Da das Rüstungsgewerbe im Dreißigjährigen Krieg der schier unendlichen Nachfrage an Kriegsmaterialien kaum mehr nachkommen konnte und eine enorme Auftragslage für Rüstungsbetriebe herrschte, baute sich der Herzog seine eigene »Rüstungsindustrie« – 130 –

Wallenstein als Heereslieferant

auf. Das Herzogtum Friedland wurde darum zur »wirtschaftlichen Operationsbasis«, zum »Kornspeicher und Zeughaus« (Hummelberger, Wallenstein, S. 38) des kaiserlichen Heeres schlechthin. Darum musste er seine Ländereien intakt halten  : Er verbot Einquartierungen und Truppendurchzüge weitgehend, nur selten gab es Ausnahmegenehmigungen. Der Rüstungs- und Verpflegsgüteranteil aus dem wallensteinischen Herzogtum wuchs im Laufe des Krieges kontinuierlich. Der Herzog richtete Massenbestellungen an seine Handwerker und Produzenten und forderte deren termingerechte Durchführung. Für das Getreide und für sämtliche Ernteüberschüsse ließ er Magazine in Form von Speicheranlagen im ganzen Herzogtum anlegen. Das System war effizient  : Ein Befehl genügte und das Getreide wurde zu den Sammelstellen gebracht und sodann an die militärischen Proviantmeister übergeben. Das wallensteinische Magazinsystem wurde vorbildlich für die Heeresversorgung und im zweiten Generalat über ganz Böhmen ausgedehnt. Mit der Anbindung an überwachte Nachschub- und Transportwege verbesserte sich die Versorgung der Truppe erheblich. Die Kampfführung aus der inneren Linie kam dem kaiserlichen General freilich zugute. Die Versorgungsgüter konnten somit zumeist ungestört an die peripheren Kampfgebiete nachgeschoben werden. Leitmeritz/Litoměřice, Aussig/Ústí nad Labem und Tetschen/Děčín an der Elbe (diese Städte lagen außerhalb des Herzogtums) wurden zu den Hauptverladeplätzen für Getreide ausgebaut. Da die Verfrachtung der Heeresgüter und des Proviants vornehmlich auf den Flüssen verlief, standen mit diesen Verladeplätzen dem Heer eminent wichtige Anbindungen zu den Transportwegen im Nord-Süd-Verkehr zur Verfügung. Schifffrächter aus Dresden halfen zu den transportintensiven Zeiten beim Gütertransport mit. Neben dem Getreideanbau gab es Brennereien und Brauereien, eine Rinder- und Geflügelzucht, Forstwirtschaft und Jagd, Bergbau – 131 –

Der Kriegsunternehmer

für Edel- und Nutzmetalle, Luntenerzeugung und Pulvermühlen für die Munitionsherstellung, Wagner, Schmiede, Schlosser, Sattler, Tuchmacher, Leinenweber und Schneider. Sie alle stellte der Landesherr in den Dienst seiner Heeresbeschaffung. Seine Schneider nähten in wenigen Jahren Tausende Soldatenkleider, seine Schuster produzierten im Laufe von eineinhalb Jahren mehr als 26.700 Paar Schuhe. Im Jahre 1632 besoldete der Herzog an die achtzig Schneidermeister und Gesellen zur Herstellung von Soldatenkleidung. Bei der Bierbrauerei setzte Wallenstein sein landesfürstliches Monopol besonders rigoros durch  ; das Braurecht ließ er den Städten und Adeligen entziehen. Dieses für die Armee wichtige Grundnahrungsmittel wurde unter Wallenstein von herrschaftlichen Brauereien hergestellt, und nur ausgesuchte Mitstreiter, wie zum Beispiel der Reitergeneral Isolani, erhielten auf friedländischem Gebiet das Braurecht. Auf althergebrachte Zunftordnungen nahm der Landesherr keine Rücksichten. Im Herzogtum wurden zudem Abertausende Lunten wie auch Pulver und Blei für deren Musketen produziert. Die Zahlen dieser eminent wichtigen Munitionsgüter aus Friedland kamen den Lieferungen aus den übrigen Produktionsgebieten Europas gleich. Das Eisenhammerwerk in Raspenau/Raspenava stellte unter der Anleitung italienischer Fachleute Geschütze plus Zubehör, Munition und allerlei Schanzzeug her. Die Rüstungswerkstätten in Raspenau gehörten zu Wallensteins Paradeunternehmen. Die dortigen Waffen- und Werkschmieden produ­zierten allein von Mai bis September 1627, in der Phase des Niedersächsisch-Dänischen Krieges, 4.000 große und 1.000 Stück kleine Artilleriekugeln, 1.000 Äxte, 2.000 Beile, 2.000 Doppelhauen, 10.000 große Schaufeln, Zehntausende von Hufeisen und einiges mehr. Die Arbeiter in Raspenau und die Frächter (im Übrigen alles Faktoren de Wittes) mussten einen unerhörten Einsatz an den Tag legen, um die kaiserliche Armee im Norden des Reiches mit den notwendigen Rüstungsgütern zu versorgen. War der Herzog gut – 132 –

Die Handelsverbindungen

aufgelegt, gab es Freibier aus den herrschaftlichen Brauereien für die Arbeiter »am Hammer«. Die Produktion im nordböhmischen Herzogtum lief durch eine effiziente Organisation auf Hochtouren. Wallenstein nährte, kleidete, rüstete und ordnete das kaiserliche Heer, er versuchte, eine permanente Logistik sicherzustellen. Vision blieben letztlich die flächendeckenden Zeughäuser für die Armee, die Waffen selbst produzieren und lagern hätten sollen. Gute Beispiele von Zeughäusern gab es ja bereits auf österreichischem Boden.

Die H a ndel sv er bindu ngen Freilich konnte nicht der ganze Heeresbedarf in Friedland erzeugt werden. Die Quantität an Versorgungs- und Nachschubgütern war bei dieser großen Armee schließlich enorm. Die Bestellungen umfassten oft Tausende Stückzahlen an Musketen, Pistolen, Piken, Hellebarden, Kürassen, Harnischen, Uniformstücken usw. Der Generalissimus der kaiserlichen Armee bestellte schließlich keine Einzelposten. Zudem musste die Produktion und Lieferung schnell gehen. Wallenstein konnte durch seine »alten« Geschäftskontakte auf ein europaweites Netz von Faktoren zurückgreifen. Prag und sein wichtigster Handelsmann Hans de Witte waren der Mittelpunkt dieses Netzwerkes, mit dabei waren neben vielen anderen Kaufleuten die Bassevis aus den Tagen des Münzkonsortiums. Weder Wallenstein noch de Witte mussten bei ihren Rüstungsbeschaffungen jedoch neue Netzwerke aufbauen. Geschäftsbeziehungen hatte man allerorts. Waffenhändler, Finanziers und Großkaufleute agierten bereits seit dem 16. Jahrhundert über den ganzen Kontinent. Genua, Amsterdam und Hamburg (dort war der bekannte Walter de Hertoghe der Hauptfaktor de Wittes) waren Umschlag- und Haupthandelsplätze von internationalem Format, der südnieder– 133 –

Der Kriegsunternehmer

ländisch-niederrheinische Raum und einige andere deutsche Städte spezialisierten sich in der Waffenherstellung. Die lokal produzierten Rüstungsgüter kamen in einen großen europäischen Handelskreislauf. Während es mit der Zivilwirtschaft im Dreißigjährigen Krieg bergab ging, expandierte der internationale Rüstungshandel beträchtlich. Hans de Witte wurde für Wallenstein ein kongenialer Partner in der Handels- und Finanzabwicklung. Der aus Antwerpen kommende Calvinist ließ sich 1603 in Prag als Faktor der niederländischen Firma Nikolaus Snoukkaert (auch Snouckaerdt) nieder. Zuerst im Waren- und Geldhandel tätig, diente er späterhin Kaiser Rudolf II. als Hofhandelsmann und brachte es bis zum führenden Bankier in der Residenzstadt an der Moldau. Als selbstständiger Kaufmann und Bankier konnte er sich schon vor Wallenstein ein europaweites Netzwerk an Handelsverbindungen aufbauen. Nach der Niederschlagung der böhmischen Ständeerhebung beteiligte er sich am Münzkonsortium. Der prominente Calvinist, der nie zum Katholizismus konvertierte, wurde späterhin kaiserlicher Rat. Als Wallenstein den Auftrag zur Aufstellung einer Armee bekam, war auch de Witte als Finanzier zugegen. Der Flame ermöglichte immense Kredite und lieferte neben dem Bargeld Getreide, Lebensmittel, Waffen, Gerät, Munition und vieles mehr. So war de Witte nicht nur ein Kriegsfinanzier, sondern auch ein Kriegslieferant in großem Stil. De Witte hatte sein Faktoren in Aachen, Antwerpen, Augsburg, Aussig, Breslau, Darmstadt, Dresden, in England, Frankfurt, Gent, Genua, Hall in Tirol, Heidelberg, Köln, Konstantinopel, Leipzig, Madrid, Mailand, Neapel, Nürnberg, Prag, Regensburg, Straßburg, Suhl, Venedig und Wien strategisch gut positioniert. Es waren an die 70 Städte, in denen der Niederländer Handelsbeziehungen pflegte. So kamen Rüstungen und Waffen aus Nürnberg und Aachen, Partisanen und Musketen aus Suhl, Kürasse aus Leipzig, Köln und aus den Niederlanden, Geschütze aus Heidelberg, Magdeburg und – 134 –

Die Handelsverbindungen

Wien, Salpeter, Lunten und Pulver aus dem süddeutschen Raum, aus Schlesien und Polen, Blei aus Goslar, Getreide aus Böhmen, um nur einige der Produktionsgebiete zu nennen. Bedeutende Handelsplätze für die kaiserliche Armee waren Amsterdam (ungeachtet dessen, dass die Generalstaaten an sich Kriegsgegner der Habsburger waren), Antwerpen, Hamburg und Bremen. Weitere Kontakte hatte man in Genua, Hall in Tirol, Gent, Mailand, Neapel, Venedig und Rom als Ort zur Informationsbeschaffung. Frankfurt am Main und Leipzig spielten als Messestädte eine beträchtliche Rolle. Auch durch Wallensteins Geschäftsverbindungen war dieser Krieg ein europäischer Krieg. Die in Auftrag genommenen Faktoren besuchten Messen, bestellten bei und verhandelten mit den Waffen-, Ausrüstungs- und Bekleidungsproduzenten, sie brachten Gelder auf, überwachten und koordinierten die Lieferungen und nahmen an gewissen Plätzen, wie Madrid, einen politisch-militärischen Auftrag wahr. Während der friedländische Landeshauptmann Gerhard von Taxis die kriegsrelevanten Lieferungen aus dem wallensteinischen Herzogtum koordinierte, kümmerte sich Hans de Witte mehr um den Heeresbedarf, der aus dem restlichen Europa bestellt wurde. Jedoch hatte de Witte auch bei den friedländischen Lieferungen seine Hände im Spiel. Rund um die kaiserliche Armee zog sich so ein enormes Netzwerk an Logistik auf. Jedoch gab es immer wieder Unsicherheiten bei den Zulieferungen  : Lieferschwierigkeiten, lange Transportwege, Unfähigkeit, Unwilligkeit, unzuverlässige Waffenhändler und dergleichen mehr. In diesem Handelsnetz ließen sich die Geschäfte nicht mit Befehlen und Drohungen abwickeln, hier bestimmten die Gesetze des freien Marktes die Spielregeln. Und auch aus den habsburgischen Herrschaften, wie zum Beispiel aus Böhmen, ließ sich die Versorgung oft schwer an. Das waren für den Herzog Gründe genug, Rüstungsunternehmer im eigenen Land zu werden und die Produktion in Friedland stetig zu erhöhen. Der Herzog von Friedland war schließlich alles andere als ein geduldiger – 135 –

Der Kriegsunternehmer

Mensch, zumal er sich Geduld nicht leisten konnte. Mit dem internationalen Handelsnetzwerk im Bereich der Rüstungsgüter und der friedländischen Produktionslandschaft erreichte Wallenstein einen hohen Grad an Sicherheit und Verlässlichkeit in der Versorgung der kaiserlichen Armee. Keiner seiner Nachfolger, die freilich keine Kriegsunternehmer im Stile des Herzogs von Friedland waren und sein durften, konnte dieses hohe Niveau der Versorgung und des Nachschubs erreichen.

Ein gescheitertes Proj ek t Wallenstein stellte innerhalb kürzester Zeit ein quantitativ beeindruckendes und zudem erfolgreiches Heer auf. Dieser Erfolg blieb ihm bei Aufbau einer kaiserlichen Ostseeflotte verwehrt. Dabei war der maritime Bereich genauso Betätigungsfeld des Kriegsunternehmertums jener Zeit wie die Landkriegführung. Freilich ist der Aufbau (schon aufgrund der langen, ein- bis zweijährigen Bauzeit der Kriegsschiffe) nicht mit der Aufstellung eines Heeres vergleichbar, dennoch mag die bescheidene Bilanz seiner maritimen Bemühungen nicht zum Organisationsgenie Wallenstein passen. Im Niedersächsisch-Dänischen Krieg »überlebte« Dänemark aufgrund seiner starken Flotte. Die dänische Kriegsmarine machte ein Übersetzen der kaiserlichen Truppen auf die dänischen Inseln unmöglich. Der Generalissimus konnte sich daher recht schnell für den schon länger existierenden spanischen Plan einer Ostseeflotte erwärmen. Den Spaniern ging es dabei um die Schwächung des niederländischen Ostseehandels, der für die Generalstaaten eine enorme Bedeutung hatte. Für diese maritimen Pläne brauchte man Häfen und Schiffe. Der Kaiser hatte keine Flotte, der spanische König konnte für den Ostseeraum keine entbehren, schon gar nicht wollte man die flandrischen Seeverbände in den Norden verlegen. – 136 –

Ein gescheitertes Projekt

Im Jahre 1628 trat für Spanien noch die Katastrophe schlechthin ein  : Die spanische Silberflotte wurde in der Bucht von Matanzas (Kuba) von der holländischen Westindischen Kompanie gekapert. Der finanzielle Schaden war enorm, die militärischen Auswirkungen folgten. Die geostrategische Flottenplanung der Regierung in Madrid verlagerte sich aufgrund des nachhaltigen Coups der Niederländer. Spanien musste die maritimen Kapazitäten nun verstärkt im atlantischen Raum konzentrieren. So waren Polen und die Hansestädte willkommene Verbündete für die Casa de Austria. Mit ihnen sollte ein Flottenkonsortium gebildet werden. Doch der polnische König hatte nur begrenzte Möglichkeiten zur See, und die Hanseaten wollten nicht aktiv an der Seite Spaniens und des Kaisers gegen Dänemark sowie gegen die Generalstaaten und England, den potenziellen Verbündeten der dänischen Krone, in den Krieg eintreten  ; sie bevorzugten eine klare Neutralitätspolitik. Aus der von den Spaniern konzipierten bewaffneten Handelsgesellschaft zur Schwächung der Niederlande und zur Besetzung der Mündungsgebiete von Weser, Elbe und Ems sollte eine kaiserliche Invasionsflotte zur Eroberung der dänischen Inseln und zur Kontrolle des Sunds werden. Natürlich war der Handelsraum des Baltischen Meeres für die österreichischen Habsburger nicht uninteressant und schon gar nicht für den Ökonomen und Kaufmann Wallenstein. Der Feldherr des Kaisers als erster Anwärter für den Posten des Flottenkommandanten wollte für den Sommer 1628 eine starke Flotte aufstellen. An die Infantin Isabella, Statthalterin der spanischen Niederlande und eine der zentralen Personen in diesen Plänen, schrieb der Generalissimus  : »[…], deswegen wil ich mich bevleissen, sovil müglich Schiff zusammenzubringen, dieselbigen zu armiren und darmit auf den Sommer der König in seinen Inseln haimsuechen.« Gegenüber dem Grafen Ottavio Sforza-Visconti, Gesandter Isabellas, forderte er im Januar 1628 1.000.000 Taler für den Kaiser, den alleinigen Oberbefehl und zudem die spa– 137 –

Der Kriegsunternehmer

nische Flotte aus Dünkirchen zur Verstärkung. Doch die Tante des spanischen Königs wollte die flandrische Flotte keineswegs in ein Ostseeabenteuer verwickelt sehen. Sie war vielmehr für die Variante der Leasingflotte der Hansestädte. Eine kaiserliche Unterstützung gegen die Niederlande wollte der kaiserliche Admiral allerdings im Gegenzug auch nicht versprechen, diese wäre jedoch für eine spanische Finanzspritze Bedingung gewesen. Die Verhandlungen zwischen Brüssel, dem kaiserlichen Hauptquartier und Wien gingen hin und her, auf einen gemeinsamen Aktionsplan kam man jedoch nicht. Bevor man den Angriff auf den Sund wagen könne, so Wallenstein, müssen zunächst alle Vorbereitungen – Erkundung und Ausbau der Häfen, dann Aufbau der eigenen Flotte – abgeschlossen werden. Wallenstein war bei allem Engagement für eine Sache eben nicht der Mann überstürzter Abenteuer, der Herzog war ein kühl kalkulierender, aber auch vorsichtiger Stratege, der nur bei eigener Überlegenheit und bestmöglicher Vorbereitung operativ wurde. Eine neue Dimension bekamen die Ostseepläne für Wallenstein mit der Übertragung des Herzogtums Mecklenburg im Januar 1628. Nun war der kaiserliche Generalissimus »Anrainer« an der Ostsee. Mit den mecklenburgischen Fürstentümern kamen wichtige Häfen, wie Wismar und Rostock, in den Besitz des Neo-Reichsfürsten. Die Beförderung zum »General des Ozeanischen und Baltischen Meeres« geschah fast zeitgleich (die Urkunde wurde erst am 21. April 1628 ausgestellt). Sie gab ihm die militärische Autorität zum Griff nach der Herrschaft im Baltischen Meer. Diese Charge war freilich mehr als nur ein weiterer militärischer Titel für den kaiserlichen Oberbefehlshaber, dieser Rang war Programm und ein weiteres beunruhigendes Signal habsburgischer Ambitionen für alle Anrainerstaaten des Baltischen Meeres, allen voran Schweden, obgleich man dort beurteilte, dass die Flottenrüstungen der Kaiserlichen alles andere als bedrohlich waren. Aber immerhin  : Die Intentionen des ehrgeizigen Wallenstein überraschten in Stockholm nicht. Mit ihrer – 138 –

Ein gescheitertes Projekt

Beurteilung der feindlichen Möglichkeiten hatten die Schweden jedoch recht. Der sonst so tatkräftige Wallenstein, der in kürzester Zeit in der Lage war, eine Riesenarmee aus dem Boden zu stampfen, der es verstand, sein Fürstentum in Böhmen zur mustergültigen Rüstkammer des Heeres auszubauen, der als Mäzen und Bauherr legendären Ruf erlangte und ohne Zweifel ein Organisator, Ökonom und Finanzpolitiker ersten Ranges war, konnte die maritimen Pläne der Casa de Austria nicht verwirklichen. Er ließ zwar Häfen ausbauen und eigene Schiffe ausrüsten, aber eigentlich war es am Ende eine ernüchternde Bilanz der baltischen Ambitionen  : 1628 hatte sein kommandierender Admiral kaum mehr als acht Schiffe unter seinem Kommando, und Ende des Jahres 1628 waren es zwölf, davon aber nur vier bis sechs Schiffe kampffähig. Im Jahre 1629 waren es um die zwanzig Schiffe, die ihm zur Verfügung standen, und davon kam der Großteil vom polnischen König. Am 24. September 1629 meldete der zum Generalkommissar der kaiserlichen Flotte ernannte Gabriel de Roy aus Wismar, dass sechs große Kriegsschiffe, eine Galeere, zwei Fregatten und mehrere kleinere Schiffe sowie 151 Geschütze, 400 Seeleute und 600 Musketiere für den Einsatz gegen die Schweden bereitstehen. Mit dieser Stärke war man nicht konkurrenzfähig. Das Gemälde »Wallensteins Flotte vor Wismar« (um 1629), auf dem das Admiralsschiff »König David« im Haupthafen Wismar abgebildet ist, vermittelt den eher beschaulichen als mächtigen Eindruck der Seekriegskapazitäten Wallensteins. 40 bis 50 Kampfschiffe sollten es laut Wallensteins Vorstellungen werden, diese Stärke jedoch erreichte die kaiserliche Flotte nie. Die Gründe des Misserfolgs lagen im politisch ungeschickten Taktieren der kaiserlichen Partei und wohl auch im fehlenden Nachdruck des Admirals. Wallenstein delegierte seine Vorstellungen an Ludwig Graf Schwarzenberg, den Beauftragten des Kaisers für das Flottenprogramm. Im Herbst 1627 pflegte der Herzog eine intensive Korrespondenz mit Schwarzenberg, er spornte den Wiener Hofrat – 139 –

Der Kriegsunternehmer

Abb. 10: Wallensteins Flotte vor Wismar. Anonym um 1629. Diese Flotte war weder gegen die dänische noch die schwedische Armada konkurrenzfähig.

an, kündigte polnische Schiffe und große Pläne für das Frühjahr an. Zuerst war Wallenstein durchaus angetan vom Hofmarschall, doch im März 1628 sorgte der kaiserliche Oberbefehlshaber für dessen Abberufung. An den Hofkriegsratspräsidenten Rambaldo Collalto schrieb er in aller Deutlichkeit  : »Der graf von Schwarczenberg, er braucht mehr ridenzen als nie zuvor mit den hanseesteten  ; er hatt die albereitt in ein ziembliche desparacion undt zu sagen zur ofentlichen rebellion gebracht. Ich kann seine chimeren nicht secundiren, […]. Darum bitt ich, man removire ihn von dannen, […].« Schwarzenberg wurde tatsächlich vom Kaiserhof seines Auftrages entbunden, Wallenstein hatte durch seine Intervention einen Feind am Hof mehr, die Hansestädte waren dennoch nicht mehr für das maritime Ostseeprojekt zu gewinnen, und auch der nachfolgende kaiserliche Generalkommissar der Flotte, de Roy, konnte das Flottenprojekt auf keine erfolgreiche Linie bringen. Die maritimen Ambitionen des Generals des Baltischen Meeres schwanden offenbar, und die Spanier hatten die zögerliche Art des Wiener Hofes allmählich satt. – 140 –

Ein gescheitertes Projekt

Das Flottenprojekt fand indes selbst nach dem Abzug Wallensteins aus seinem Herzogtum Mecklenburg und nach dessen Absetzung als kaiserlicher Oberbefehlshaber kein abruptes Ende, die habsburgischen Seestreitkräfte im Norden existierten weiterhin, wenn auch 1630 weder konkurrenz- noch einsatzfähig. Die Schweden erbeuteten schließlich bei der Eroberung Wismars an die zwanzig Schiffe, die jedoch in schlechtem Zustand waren. Wie ernst es ihm auch immer war, hier versagte das Organisationstalent Wallenstein.

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Der K a pita ljongleur

E

ine Komponente des wallensteinischen Erfolgs waren seine geschickte Finanzpolitik, ein Hang zum besonderen Risiko und die richtigen Kontakte. Wallenstein beherrschte die damals gängigen Methoden der Geldbeschaffung bestens, ja kreierte geradezu neue innovative Methoden der Geldbeschaffung. Er nutzte die Möglichkeiten des Krieges und die Möglichkeiten eines kaiserlichen Heerführers mit einer mächtigen Armee im Rücken. Wallenstein war oberster Heerführer, Kriegs- und Rüstungsunternehmer sowie Finanzier der Armee in einer Person. Der Kaiser, das Reichsoberhaupt, war dabei Wallensteins größter Schuldner.

Da s Pr ager Mü nzkonsort iu m – die Gru ndl age des Ne t z w er k s Am 18. Januar 1622 – der Kaiser beförderte Wallenstein an diesem Tag zum »Obristen von Prag« – wurde zwischen der kaiserlichen Hofkammer im Namen Ferdinands II. und dem aus Antwerpen stammenden, in Prag ansässigen Bankier Hans de Witte in Vertretung von namentlich nicht genannten Mitkonsorten ein Geheimvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag bildete die rechtliche Grundlage des berühmt-berüchtigten Münzkonsortiums, den Höhepunkt der sogenannten Kipper- und Wipperzeit im Reich. Diesem Konsortium wurden kaiserlicherseits das Münzprägemonopol, das Monopol auf Silber und das ansonsten natürlich dem Landesherrn vorbehaltene Münzregal für Böhmen, Mähren und den niederöster– 143 –

Der Kapitaljongleur

reichischen Ländern eingeräumt. Der Kaiser brauchte Geld für die weiteren Okkupationsmaßnahmen in Böhmen, die Sicherung seiner Herrschaft gegen Bethlen Gábor und vor allem für die Demobilisierung der nicht mehr benötigten Regimenter. So verpachtete er die Rechte am Münzwesen für ein Jahr an das Münzkonsortium. Die stolze Pachtsumme betrug immerhin sechs Millionen Gulden. Damit lag das Geldwesen dieser erwähnten Länder in den Händen einiger weniger, politisch aber enorm einflussreicher Männer. Die Idee, die hinter diesem Konsortium stand und wohl in der Umgebung des böhmischen Statthalters Karl von Liechtenstein geboren wurde, war im Grunde genommen einfach, jedoch auch einigermaßen nachhaltig. Es ging schlicht darum – und das war keineswegs ein neues Phänomen –, den Edelmetallgehalt der Münzen zu reduzieren, um mehr Geld in den Umlauf bringen zu können. Anstatt wie früher aus einer Mark (in etwa ein halbes Pfund) 19 wurden laut Vertrag 79 Gulden geprägt und höchstwahrscheinlich entgegen dem Vertrag noch mehr. Das zur Prägung nötige Edelmetall Silber und die »gute« alte Münze wurde von Liechtenstein mit einem Ausfuhrverbot belegt. Die Folge davon waren natürlich eine handfeste Inflation und steigende Preise, die mit dem Kreislauf der minderwertigen Münze ausgelöst wurde. Schließlich stellten die Inflation und die damit verbundene Gefahr der sozialen Unruhe den Grund für die Beendigung des Münzexperiments im Frühjahr 1623 dar. Für Ferdinand war diese Geldpolitik ein Fehlschlag. Nach dem Tod des Kaisers setzte sein Nachfolger sogar eine Untersuchungskommission ein, da die Machenschaften des Konsortiums unerfreuliche wirtschafts- und finanzpolitische Nachwirkungen zeitigten. Das Phänomen war deshalb nicht neu, da schon in den Jahrzehnten zuvor die erst 1559 mühsam beschlossene Reichsmünzordnung immer mehr an Rechtskraft verlor und die Inflation in den einzelnen Herrschaften zunahm. Der Konsequenzen einer absichtlichen Münzverschlechterung waren sich die Experten des Reichsmünz– 144 –

Das Prager Münzkonsortium – die Grundlage des Netzwerks

wesens durchaus bewusst. Allerdings fehlten der politische Wille und die Durchschlagskraft zur dauerhaften Umsetzung der Reichsmünzordnung. Die Konsequenzen dürften auch dem Konsortium einigermaßen klar gewesen sein, wenn auch nicht in dem Ausmaß, das es schließlich annahm. Vorerst jedoch war es – zumindest für die Beteiligten – ein äußerst ertragreiches Geschäft. Wer aber gehörte dieser illustren Gesellschaft an  ? Alle Partner sind nicht bekannt, die führenden Köpfe jedoch schon. Die Geschäftsführung lag in den Händen des eben erwähnten Bankiers de Witte, der zum unentbehrlichen Partner Wallensteins in den Kriegsgeschäften der Jahre 1625 bis 1630 werden sollte. Der calvinistische Niederländer hatte beste Kontakte zu den Finanzmärkten Europas. Ein weiterer wichtiger Mann war der Vorstand der Prager Judengemeinde, Jakob Bassevi, ebenfalls Bankier und bleibender Geschäftspartner des Friedländers. Diese beiden Finanzfachleute erledigten die operativen Geschäfte des Konsortiums und kauften bei Weitem das meiste Silber zur Vermünzung. Die kaiserlichen Geheimen Räte hielten sich vornehm, aber mit umso mehr Profit zurück. Die Entlohnung funktionierte freilich streng nach hierarchisch-gesellschaftlicher Stellung der Partner. Karl von Liechtenstein, der politische Vorgesetzte Wallensteins, war ohne Zweifel die bestimmende Persönlichkeit im Hintergrund. Steffen Leins hat in seiner Pionierstudie zum Münzkonsortium auf die in dieser Situation »optimale« Doppelfunktion Liechtensteins hingewiesen  : Der Statthalter Böhmens, der natürlich wirtschaftspolitische Entscheidungen bezüglich des Metall- und Münzwesens treffen konnte, war ebenfalls Vorsitzender der Konfiskationskommission. So wurden kurzerhand mit dem aus der Münzmanipulation erworbenen Gewinn »Rebellengüter« mit schlechter Münze gekauft  ; Güter, die die Kommission zum Verkauf angeboten hat. Ebenfalls vertreten in dieser privaten Kapitalgesellschaft waren Obersthofmeister Karl Graf von Harrach, Johann Ulrich von Eggenberg, Intimus und einer der meist begünstigten Politiker des – 145 –

Der Kapitaljongleur

Kaisers, sowie Leonhard Helfried von Meggau, Statthalter von Niederösterreich. Es ist unschwer erkennbar, dass Wallenstein seine Beteiligung im Münzkonsortium auch zur nachhaltigen Netzwerkbildung nutzte  : De Witte und Bassevi wurden Geschäftspartner des Böhmen, de Witte sogar sein kongenialer Finanzier, Graf Harrach wurde 1623 der Schwiegervater Albrechts, Liechtenstein war bereits der Förderer des böhmischen Obristen, und Eggenberg sollte einer der wenigen wirklich Vertrauten des späteren Oberbefehlshabers am kaiserlichen Hof werden. Die Netzwerkbildung war jedoch zur Zeit des großen Gewinns nur ein erfreuliches »Nebenprodukt« des Münzkonsortiums für Wallenstein. In erster Linie waren die Gewinne, die er aus der Münzpolitik Liechtensteins und de Wittes zog, und die erfreulichen Begleitumstände der rapiden Münzverschlechterung entscheidend für den Ländererwerb des späteren Herzogs von Friedland. Diesen betrieb er vornehmlich im Jahre 1622. Einer nüchternen Aufzeichnung zufolge kaufte Albrecht in den Jahren von 1622 bis 1624 für 4,6 Millionen und verkaufte für 2,74 Millionen  ; das ist eine Differenz von 1,86 Millionen. Zudem, so geht aus einem Vertragsentwurf hervor, verliehen »Waldstein und dessen Mitinteressierte« dem Kaiser 3,5 Millionen Gulden, wofür ihnen taxierte Güter eingeräumt wurden. Der findige Böhme war also nicht nur in die Münzstreckung involviert, er nützte diese einjährige Phase auch für geschickte Geldgeschäfte. Bereits Golo Mann sah den wichtigen Zusammenhang zwischen dem Münzkonsortium und dem parallel dazu existierenden Leihkonsortium als Grundlage für Wallensteins Aufstieg (Mann, Wallenstein, S. 253). Der Böhme bezahlte den Territorialerwerb nicht mit zu wenig Geld, sondern mit Inflationsgeld, mit fast wertlosem Geld und verlieh zudem Kapital. Wallenstein, so kann festgestellt werden, war nicht der Hauptakteur im Prager Münzkonsortium. Allerdings profitierte der böhmische Freiherr beträchtlich von den Inflationsgeschäften und knüpfte wertvolle Kontakte im Konsortium. – 146 –

Pecunia nervus belli

Pe c u n i a nerv us bel l i Das Geld ist der Nerv des Staates und auch des Krieges. Diese Einsicht war schon zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges uralt. Es ist geradezu eine Binsenweisheit, dass der Krieg nicht nur viel Geld verschlingt, sondern dass kriegführende Parteien im Vorhinein auch viel Geld benötigen. Ohne die notwendigen finanziellen Mittel sanken die Erfolgsaussichten rapide. Wer auch immer die Söldnerheere aufzustellen und auszurüsten hatte, ob der Fürst als Kriegsherr oder ein von ihm beauftragter Kriegsunternehmer, die finanzielle Basis entschied oft genug über Sieg oder Niederlage. Eben diesen lebensnotwendigen Nerv hatten die ­österreichischen Habsburger nicht zur Genüge. Der akute Geldmangel zieht sich wie ein roter Faden durch die Kriegsgeschichte der Habsburgerdynas­ tie  : Kaiser Maximilian I. hinterließ seinen Enkeln, Karl V. und Ferdinand I., aufgrund seiner europaweit agierenden Politik und seiner kostenintensiven Kriegsunternehmungen einen riesigen Schuldenberg. Maximilian I. nahm Darlehen bei den großen Bankhäusern, vornehmlich bei den Fuggern, auf und finanzierte so seine Großmachtpolitik. Dabei wurden Naturaleinkommen, Bergwerke und andere Herrschaftsrechte an die Handels- und Bankhäuser verpfändet. Obgleich sein Nachfolger Karl V. ein Weltreich hinter sich wusste, hatte selbst er permanent mit finanziellen Engpässen in seinen Kriegszügen gegen das Königreich Frankreich zu kämpfen. Die Nachfolger auf dem Kaiserthron waren keine besseren Finanzpolitiker, ganz im Gegenteil  : Unter Rudolf wuchs die Schuldenlast aufgrund des Langen Türkenkrieges weiter enorm an. Alle Maßnahmen zur Entschuldung scheiterten kläglich. Die Situation in den habsburgischen Staatskassen änderte sich bis zum Dreißigjährigen Krieg nicht. Schätzungen besagen, dass sich der kaiserliche Schuldenberg am Vorabend des großen Krieges auf ca. 18 Millionen Gulden belief. Das habsburgische Staatswesen, geprägt durch den – 147 –

Der Kapitaljongleur

Dualismus der Fürstenmacht und des Ständetums, war weder im 16. noch im 17. Jahrhundert in der Lage, genügend Einkünfte für die aufwendigen, meist überzogenen Unternehmungen zu lukrieren. Und auch der Rückgriff auf die Reichsressourcen war keineswegs ein leichtes Unternehmen für das Reichsoberhaupt. Die Reichsstände mussten die Steuern zur Kriegführung zuerst genehmigen  ; und das passierte eben vor Ausbruch des Krieges immer seltener.

Die Einna hmen des Sta at es Die Haupteinnahmen für die Herrschenden kamen meist aus den regelmäßigen Einkommen der sogenannten Kammergüter, den Domänen, Regalien und Monopolen. Das waren zum Beispiel Ein­nahmen aus den landesfürstlichen Besitzungen, aus Grundherr­ schaften, aus Mauten und Zöllen, aus dem Bergregal, wie zum Beispiel aus dem sehr ertragreichen Salzmonopol, aus dem landesherrlichen Forst und aus weiteren Hoheitsrechten der Fürsten, also die finanziell nutzbaren Besitz- und Rechtstitel des Landesherrn. Diese ordentlichen Kameraleinnahmen flossen direkt in die Kassen der Hofkammer und der Länderkammern. Freilich konnten all diese herrschaftlichen Besitzungen auch verpfändet werden, sodass die Landesherren Kredite von den finanziell potenten süddeutschen oder auch italienischen Handelshäusern bekamen. Eine weitere Möglichkeit, in Kriegszeiten Geld aufzutreiben, waren die Subsidienzahlungen verbündeter Mächte. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden Ferdinand II. und sein Sohn,Ferdinand III., vom Papst und von den spanischen Vettern unterstützt. Die Hilfe des Papstes nahm sich allerdings bescheiden aus. Aus dem Kirchenstaat kamen zwischen 1618 und 1634 an die zwei Millionen Gulden in die kaiserlichen Kassen. Die Familiensolidarität innerhalb der Casa de Austria sah wesentlich großzügiger aus. Zwischen 1632 und – 148 –

Die Einnahmen des Staates

1640 flossen wohl mehr als sechs Millionen Gulden von Madrid nach Wien. Während seines zweiten Generalats bekam Wallenstein monatlich 50.000 Gulden vom spanischen Botschafter überwiesen. Freilich war die kriegführende Partei dabei immer auf das Können oder Wohlwollen eines Dritten angewiesen, wie die österreichischen Habsburger leidvoll während des Krieges zu spüren bekamen. Spanien konnte nach den innenpolitischen Krisen von 1640 (Abfall von Portugal und Katalonien) und Misserfolgen auf der Iberischen Halbinsel und in den Niederlanden keine Hilfe mehr gewähren, Papst Urban VIII. wollte im Laufe des Krieges die Habsburger nicht mehr unterstützen. Bedenkt man aber, dass nur ein Infanterieregiment von 3.000 Mann zwischen 400.000 und 450.000 Gulden im Jahr gekostet hat bzw. dass allein die schwedischen Kriegskosten im Jahr durchschnittlich 30 bis 45 Millionen Gulden und Schätzungen zufolge die gesamte kaiserliche Armee ohne Artillerieausstattung im Jahre 1628 an die 20 Millionen Gulden ausgemacht haben soll, so relativieren sich die vorhin genannten Subsidien sehr rasch. Die für uns wohl bekannteste, damals auch gebräuchliche, jedoch nicht unproblematische und keineswegs immer reguläre Möglichkeit der Geldbeschaffung für den Fürsten war die Einhebung von Steuern, wie zum Beispiel die Grund-, Vermögens- und Kopfsteuer. Es gab auch indirekte Steuern, wie die schon im Mittelalter bekannte Getränkesteuer. Allerdings – und das stellte für fast jeden Landesherrn ein massives Problem dar – lag die Bewilligung der Steuergelder in der Hand der Stände, also bei den Vertretungen des Adels, Klerus und der Städte wie auch der Gerichte. Die Einhebung der Gelder bei den Untertanen, die Steuerhoheit, oblag somit den Land- oder Reichsständen und war dadurch immer wieder mit Zugeständnissen an die Vertreter der Stände, der sogenannten Landschaft, verbunden. Zudem kam es nicht selten vor, dass bewilligte Steuern nur zum Teil oder gar nicht an die landesfürstliche Kammer gingen. Die habsburgischen Landesherren kreierten so immer – 149 –

Der Kapitaljongleur

neue Steuern, um wenigstens zu einem Bruchteil des benötigten Geldes zu kommen. Von den einzelnen Länderkomplexen war, wie bereits erwähnt, Böhmen der wichtigste Einzahler. Eine Liste des Hofkriegszahlmeisteramts aus dem Jahr 1623 weist Böhmen mit über 1,8 Millionen Gulden aus, Mähren mit mehr als 600.000 Gulden, die niederösterreichischen Stände und Städte mit mehr als 1,2 Millionen Gulden. Im Vergleich dazu liefen vom Papst lediglich 160.000 Gulden an Subsidien in diesem Jahr ein. War es für die Habsburger schon schwer genug, finanzielle Mittel aus ihren eigenen Ländern aufzutreiben, so flossen die Reichssteuern noch viel spärlicher. Obgleich die in den sogenannten Reichsmatrikeln (Verzeichnis der Reichsstände und ihrer Beiträge zu den Reichsbedürfnissen) vorgeschriebenen Abgaben, worin auch der Römermonat (ursprünglich die Reichssteuer zur Erlangung der Kaiserkrone für den römisch-deutschen König) inkludiert war und der Gemeine Pfennig (Mischung verschiedener Steuerformen) zum Reichssteuersystem gehörten, konnten sich die Reichsoberhäupter in Krisenzeiten keineswegs auf diese Einnahmequelle verlassen. Von einer kontinuierlichen Planungssicherheit konnte unter diesen Umständen also kaum gesprochen werden, zumal mit den – auch aus fiskalischer Sicht – unbefriedigenden Ergebnissen der Reichstage von 1608 und 1613 das Finanzsystem auf dem Boden lag. Allerdings gelang es den kaiserlichen Reichsbehörden noch im April 1619, auf die Vertrauenswürdigkeit der Reichsstände einen Kredit von 5,7 Millionen Gulden aufzunehmen. Die nur logische Konsequenz all der konventionellen, jedoch nicht ausreichenden Finanzmaßnahmen war, dass die Unterhaltskosten für das Heer die Finanzkapazitäten des Staates bei Weitem überstiegen. Mit anderen Worten  : Die Hofkammer konnte auf normalem Wege niemals die finanziellen Mittel für die Rüstungen und für die Kriegführung aufbringen. Es brauchte andere Methoden zur Finanzierung des Krieges. – 150 –

Antizipationen, Kontributionen und Kredite

Eine weitere Möglichkeit zum Abbau von Schulden oder zur Deckung von Krediten war zudem die Vergabe oder Verpfändung der eigenen Territorien, wie es die Habsburger mit dem Land ob der Enns und mit den beiden Lausitzen im Dreißigjährigen Krieg taten. Oberösterreich wurde an den bayerischen Herzog und Kurfürsten verpfändet und die beiden Lausitzen an Kursachsen abgetreten. Neben dem Einsatz finanzieller Mittel beteiligten sich diese beiden ökonomisch potenten Reichsfürsten natürlich auch in hohem Maße mit militärischen Kapazitäten. Und auch Wallenstein bekam seine Länder im Prozedere der Kriegsfinanzierung überschrieben. Mit ihm kam 1625 ein Mann an die Spitze des kaiserlichen Heeres, der (wie mit dem Reichsoberhaupt vertraglich abgesichert) ohne Rücksicht den Reichsständen und Herrschaften außerordentliche Kriegssteuern in der Art einer Notstandsverordnung aufzuerlegen gewillt war. Der Herzog von Friedland war zwar nicht der Erfinder dieser sogenannten Kontributionen, er war aber bestimmt derjenige, der dieses System am konsequentesten um- und durchsetzte.

A n t i z ipat ionen, Kon tr ibu t ionen u nd K r edi t e Die Philosophie, die dem Herzog oft zugeschrieben wird, dass »der Krieg sich selbst ernähre(n)« solle (bellum se ipsum alet), ist eine äußerst vereinfachte Darstellung der wallensteinischen Kriegsfinanzierung. Das von ihm praktizierte Kontributionssystem war in Wirklichkeit ein sehr komplexes und zudem sehr riskantes Finanzierungsmodell der Kriegführung. »Im Kontributionssystem […] wurde der für den Krieg zu verwendende Anteil am Sozialprodukt von den militärischen Bedürfnissen abhängig gemacht  ; die Gesamthöhe, die einzelnen Aufbringungsquoten, die Eintreibung, Verwendung und Verteilung wurden allein oder doch vorwiegend Sache der Armee. Wirtschaftlich gesehen handelte es sich also um Umvertei– 151 –

Der Kapitaljongleur

lung von Sozialprodukt (zugunsten der Kriegführung) unter weitgehender oder vollständiger Ausschaltung der ›normalen‹ Zivilverwaltung. Auf diese Weise wurden feindliche, neutrale, verbündete und sogar auch eigene Lande gezwungen, die Kriegführung (und deren kompliziertes privates Kreditsystem) zu finanzieren«, definierte der ausgezeichnete Kenner des Dreißigjährigen Krieges, Konrad Repgen, dieses Steuersystem aus volkswirtschaftlicher Perspektive. Die etwas brachialere Bezeichnung für Kontribution war »Brandschatzung«, also die Eintreibung des notwendigen Lebensunterhalts für die Armee basierend auf Gewaltandrohung oder Gewaltausübung  ; Mittel, auf die die bewaffnete Macht am leichtesten zurückgreifen konnte. Kontributionen waren außerordentliche Steuerabgaben zur Kriegsfinanzierung, die die betroffenen Territorien, in denen das Heer gerade stationiert und einquartiert wurde, aufzubringen hatten  ; das adäquate Steuervolumen konnte auch gegen Dienstleistungen, Auslieferung von Nahrungsmitteln, Bekleidung, Ausrüstung, Munition, Fourage oder Pferde abgegolten werden. Grundlage für die Ausbezahlung und die zur Verfügung zu stellende Verpflegung waren die sogenannten Verpflegsordonnanzen des Heeres. In ­diesen Verpflegsordonnanzen wurden der Verdienst und die Menge an Verpflegung (Nahrungsmittel) für jeden einzelnen Dienstgrad und für jede Waffengattung festgelegt. Nach diesem System mussten die Untertanen der betroffenen Herrschaften die Soldaten einquartieren und verpflegen, abgerechnet wurde über die regionalen Amtsträger und über die Regimentskommandanten bzw. über die Heeresführung. Bezahlen mussten aber auch Gebiete, die nicht betroffen waren, Territorien, die für ihre Verschonung Abgaben entrichten mussten. Diese Form der Kriegsfinanzierung musste vom Reichsoberhaupt gebilligt werden. Das traditionelle Steuerbewilligungsrecht (das nicht zu den Reservatrechten des Kaisers gehörte) der Stände wurde dabei weitgehend ausgeschaltet. Der Herzog von Friedland agierte mit seiner Eintreibungspolitik recht selbstständig, – 152 –

Das Prager Münzkonsortium – die Grundlage des Netzwerks

ja sogar eigenmächtig und im Einzelfall oft ohne die Erlaubnis des Kaisers. Der Generalissimus war bei seinen Einhebungen allerdings darauf bedacht, die Subsistenzgrundlage der Bevölkerung nicht im Übermaß zu gefährden, denn schließlich hatte die Armeeführung keinerlei Interesse an unbrauchbaren, sprich leer gefressenen Territorien. Das Heer musste sich schließlich konservieren, wie es in der Militärfachsprache des 17. Jahrhunderts hieß, und durfte sich nicht konsumieren. Trotzdem wurde dieses Steuersystem in einer Gesellschaft, die selbst ohne Krieg mit einer absoluten Mangelwirtschaft leben musste, zu einer unerträglichen Belastung. Dieses Kontributionssystem, das anfangs durchaus erfolgreich die kaiserlichen Kassen entlasten konnte, war ein defizitäres Ausbeutungssystem. Schon vor seiner Zeit als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee gewährte Wallenstein dem Reichsoberhaupt Kredite zur Kriegsfinanzierung. 1619 lieh er Ferdinand 40.000 Gulden, 1620 waren es 160.000 Gulden, 1621 bereits 195.000 Gulden, dann 577.000 Gulden und ein Jahr später 700.000 Gulden. Insgesamt sollten es bis zum Jahr 1629 an die acht Millionen Gulden werden. Das waren mehr als beachtliche Darlehen. Als der Herzog von Friedland 1625 mit dem Oberkommando betraut wurde, hatte er die Machtmittel und die kaiserliche Legitimation, das von ihm vorgeschlagene Kontributionssystem umzusetzen. Zunächst waren – laut kaiserlicher Instruktion von 1625 – neutrale und befreundete Herrschaften von der Kriegslast ausgenommen. Aber dieser Vorbehalt sollte sich ändern, ging es doch dem Heerführer darum, durch Kontribution den Erhalt der Armee sicherzustellen. Die Kontributionen wurden so zur wichtigsten Einnahmequelle für den Heeresunterhalt. Mit den einzuhebenden Kriegssteuern wurden wiederum Antizipationen, die der Bankier Hans de Witte vorweg aufgebracht hatte, gedeckt und abgegolten. Es lag am Niederländer, die riesigen Geldsummen für die kaiserliche Armada aufzutreiben. Mit normalen Darlehen allein, die der geschäftstüchtige Bankier auch vergab, – 153 –

Der Kapitaljongleur

war dieses Großprojekt nicht zu finanzieren. Dieses System setzte einen international funktionsfähigen Leihkapitalmarkt voraus, der auch unheimliche Risiken barg. Durch de Wittes Kreditwürdigkeit, seine international gute Reputation und die kaiserliche Vollmacht zur Steuereintreibung konnte Wallenstein immense Vorschüsse, sogenannte »Antizipationen«, aufbringen. Antizipationen waren Kredite auf zugesagte, jedoch keineswegs noch eingehobene Kontributionen und andere Steuern. Der Großfinanzier antizipierte die Kriegsbeiträge von Böhmen, Schlesien, den Reichsstiftern, den Reichs- und Landesstädten und anderen Reichsterritorien sowie vom internationalen Kapitalmarkt. Wallenstein persönlich wiederum verbürgte sich für die Rückzahlung der Kredite mit Zinsen, selbstverständlich. Dieses System wurde vom Finanzier zusätzlich durch selbst schon vorgestreckte sagenhafte Beträge überstrapaziert, die er von anderen Geldgebern noch nicht eingenommen hatte. So bewerkstelligte eine finanzielle Gebrauchsüberlassung die andere. Es war eine ganze Kette von Krediten, die von international agierenden Handels- und Bankhäusern zur Verfügung gestellt wurden. Das Vertrauen in den Erfolg des Herzogs von Friedland war auf dem Höhepunkt der kaiserlichen Macht maßlos. Die Heeresfinanzierung basierte also auf Vorauszahlungen, gedeckt durch potenzielle Kriegssteuereinnahmen. Das Recht zur Steuereintreibung wiederum trat Ferdinand II. an seinen obersten Heerführer Wallenstein ab. Dieses gegen die Usancen des ständischen Steuerbewilligungsrechts verstoßende System konnte nur von einem siegreichen Reichsoberhaupt mit einer mächtigen Armada betrieben werden. Zudem verteilte das Reichsoberhaupt großzügig Ländereien an seinen Oberbefehlshaber – das Herzogtum Friedland, das Herzogtum Mecklenburg, das Fürstentum Sagan und als Ersatz das Herzogtum Glogau. Damit standen dem General und Fürsten reiche Ressourcen zur Verfügung, er wurde liquid. Weiterhin gab es aber auch direkte Finanzspritzen aus der Wiener Hof– 154 –

Das Prager Münzkonsortium – die Grundlage des Netzwerks

kammer, die sich jedoch immer nach der Decke strecken musste. Gerade im zweiten Generalat des Herzogs von Friedland – als es keinen de Witte mehr gab – musste der Feldherr um direkte Zuschüsse aus Wien bitten. Ebenfalls stiegen die ständischen Beiträge für die kaiserliche Armee in den Dreißigerjahren wiederum kontinuierlich an. Wallenstein bezahlte seinen Großlieferanten mit den eingehobenen Steuern aus seinen Ländern und mit den Kriegsabgaben aus fremden Territorien. Dieser Kreislauf, dieses artifizielle System von Kredit- und Machtpolitik, funktionierte vorerst auch hervorragend. Doch als Wallenstein 1630 als Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres entlassen wurde, brach dieser Finanzkreislauf zusammen, und de Witte beging Selbstmord. Der Flame, der selbst unter großem Rückzahlungsdruck stand, hatte zuvor schon sein Kreditsystem maßlos überreizt und überließ schließlich einen riesigen Schuldenberg. Das aufwendige Konkursverfahren aller Geschäfte de Wittes dauerte im Übrigen mehr als zehn Jahre. Wallenstein blieb vom Selbstmord seines kongenialen Partners scheinbar unberührt. Von der Firma forderte der Herzog nach dem Tod des Besitzers die dort bestellten und vorrätig lagernden Luxusgüter ein  : Wandteppiche, vergoldete niederländische Ledertapeten, Brüssler Damast, Samt aus Lucca, venezianischen Terzonel und andere Güter mehr. Natürlich wollte er auch de Wittes Schulden von dessen Witwe Anna bezahlt haben.

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Der F ör der er

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bwohl – wie bereits dargelegt – der oberste Feldherr des Kaisers die Generäle nicht bestellen konnte, hatte er ein Vorschlagsrecht für die Anwerbung und Beförderung der höchsten Offiziersklasse. Die kaiserliche Armee, die mit dem Vertragsabschluss zwischen dem Reichsoberhaupt und dem Herzog von Friedland einen enormen Personalbedarf hatte, benötigte erfahrene und fähige Truppenführer. Konnte Wallenstein gute Vorschläge unterbreiten, so hatte der Kaiserhof nichts einzuwenden und kam der Bitte des Generals nach. Der oberste Feldhauptmann war immer auf der Suche nach guten Offizieren. Dabei fischte Wallenstein bei den befreundeten Armeen genauso wie bei den feindlichen Truppen. Naturgemäß war Maximilian von Bayern über Wallensteins Abwerbungen aus der Liga wenig erfreut. Der Feldherr legte seine Personalpolitik nicht nach konfessioneller oder sozialer Herkunft fest. Für ihn zählte offenbar nur die militärische Leistung. Eine beträchtliche Anzahl an Generälen verdankte dabei dem Herzog von Friedland ihre Karriere. Matthias Gallas, Johann von Aldringen und Ottavio Piccolomini wurden unter Wallenstein groß. Als es allerdings im Zuge des berüchtigten Absetzungsverfahrens um die Entscheidung pro oder contra Habsburg ging, entschieden sich alle drei ganz klar für das Erzhaus. Generäle wie Heinrich Holk und Hans Georg von Arnim-Boitzenburg wechselten vom gegnerischen Lager zu Wallenstein – das war freilich keine Seltenheit im Zeitalter der Söldnerheere. Heinrich Holk starb im Jahre 1633 unter dem Kommando des Herzogs, Arnim wechselte wieder in das sächsische Lager, wurde somit Gegner des kaiserlichen Generalissimus, blieb aber als solcher Gesprächspartner seines ehemaligen Vorgesetzten. – 157 –

Der Förderer

Anhand dieser fünf Truppenführer Wallensteins – Holk, Aldringen, Gallas, Piccolomini und Arnim – soll der Herzog von Friedland als »Personalpolitiker«, als Förderer weiterer interessanter und bemerkenswerter militärischer Karrieren vorgestellt werden.

Heinr ich /Henr ik Holk (1599 –1633) Heinrich Holk, im Jahre 1599 in Kronborg auf Seeland (Dänemark) geboren, kämpfte als junger Reiteroffizier unter Christian von Halberstadt-Wolfenbüttel, bevor er im Niedersächsisch-Dänischen Krieg in dänische Dienste trat. Ob der gebildete Holk in einer seiner zahlreichen Gefechte ein Auge verlor – auf Abbildungen ist seine Monophthalmie gut erkennbar – oder durch andere Umstände, ist nicht geklärt. Bei einem Rückzugsgefecht der Dänen in der Neumark geriet er in Gefangenschaft und wurde ein Jahr in Prag inhaftiert. Aus der Gefangenschaft nach Dänemark zurückgekehrt, übertrug ihm König Christian IV. das Kommando über das dänische Verteidigungskorps Stralsunds. Holk soll maßgeblich zur Stärkung des Stralsunder Widerstandswillens beigetragen haben. In dieser Funktion stand er keinem Geringeren als Wallenstein gegenüber, der sich mit Arnim vor der Hansestadt befand. Der kaiserliche Oberbefehlshaber konnte jedoch aufgrund der zähen Gegenwehr der Verteidiger die Stadt nicht nehmen. Die Niederlage vor Stralsund hinterließ ohne Zweifel einen Makel beim sieggewohnten Wallenstein, zumal Spott und Schadenfreude seiner Feinde folgten. Mit dem Lübecker Frieden wechselte der evangelische Holk ins kaiserlich-katholische Heer und wurde von Ferdinand II. zum Regimentsobristen über 3.000 hochdeutsche Knechte bestellt. Mit seinem Regiment machte er die Belagerung von Magdeburg mit, an der verlustreichen Schlacht von Breitenfeld nahm er jedoch nicht teil. Als Wallenstein wiederum das Oberkommando über – 158 –

Heinrich/Henrik Holk (1599–1633)

Abb. 11: Heinrich Holk. Der hoch geschätzte dänische General im Dienst Wallensteins.

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Der Förderer

das kaiserliche Heer übernahm, ging der Aufstieg Holks, der dem kaiserlichen Generalissimus nun schon bestens bekannt war, rasant vonstatten  : Im Februar 1632 wurde er vom Kaiser zum Generalwachtmeister, am 25. August 1632 zum Feldmarschall-Leutnant befördert, und am letzten Tag desselben Jahres wurde der Däne in den Rang eines Feldmarschalls erhoben. Keiner der kaiserlichen Generäle, nicht einmal Matthias Gallas, durchlief so schnell die Generalsränge. Holk war der Senkrechtstarter unter Wallensteins Führungskader schlechthin – »er ist der Mann, der Alles und Alles mit ihm (Wallenstein) thun darf«, sagte man dem Dänen nach. Im April 1633 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben. Im Sommer des Jahres 1632 führte Holk auf Befehl Wallensteins einen Brandschatzungszug durch Sachsen durch. Eine sogenannte Diversion sollte es werden  : »Allermaßen wier nun zwar vor dießem ermeldten Veldtmarschalkh Leuthenandt Holka umb eine diversion zumachen, das landt mit plündern, brennen, vieh wegtreiben undt sonsten zu ruinieren, undt dardurch den Churfürsten weilhen ihr kay. May. er, in der güette sich nicht bequemen, besondern die selbe vihlmehr durch falsche tractaten hindtergehen wollen, zur ragion zu bringen […].« Es war dieser Feldzug, der Holk den Ruf eines »Höllenknechts« einbrachte – zu Unrecht, denn in der Regel legte der Däne großen Wert auf Disziplin seiner Soldateska. Die Diversion verfehlte ihr Ziel  : Der sächsische Oberbefehlshaber Arnim ließ sich nicht aus Schlesien herauslocken, der Kurfürst von Sachsen wollte die Situation aussitzen, Wallenstein okkupierte Sachsen mit der gesamten kaiserlichen Armee und der Schwedenkönig Gustav II. Adolf folgte dem kaiserlichen Heer zum großen Finale. Vor der Schlacht von Lützen, in den Morgenstunden des 16. November, brachte Holk das kaiserliche Heer bei Fackelschein in Gefechtsformation und führte den linken Flügel während der entscheidenden Schlacht. Auch er schrieb einen »Eilbrief« (cito cito cito citissime) an Pappenheim mit dem Befehl, schleunigst – 160 –

Matthias Gallas (1588–1647)

nach Lützen zu kommen. Im darauffolgenden Jahr fungierte der General als »Capo der Reiterjustiz« zur Verurteilung der nach der Schlacht von Lützen wegen Feigheit vor dem Feind angeklagten Offiziere. Einige Monate später führte der Feldmarschall neuerlich einen Feldzug nach Sachsen durch. Ein drittes Mal konnte er dabei Leipzig zur Übergabe zwingen  ; mit dem kursächsischen Generalleutnant Arnim sollte er sodann weitere Waffenstillstandsgespräche aufnehmen. Auf dem Rückzug aus dem Vogtland starb der stellvertretende Offizier Wallensteins am 9. September 1633 vermutlich an der Pest. Holk ist jener Söldnertypus, der nach Ende des Engagements für seinen König bedenkenlos in das ehemalige gegnerische Lager wechselte. Für Wallenstein war weder seine Vergangenheit, die den kaiserlichen Generalissimus gerade wegen Holks erfolgreicher Verteidigung Stralsunds schmerzen musste, noch seine Konfession von Bedeutung. Es war bestimmt nicht zuletzt der Erfolg in Stralsund, der dem Generalissimus nicht nur Unmut, sondern auch höchsten Respekt abrang. Er schätzte den Dänen wegen seiner militärischen Fähigkeiten außerordentlich und vertraute seinem Unterführer die heikelsten Aufgaben an.

M at thi a s G a l l a s (1588–1647) Matthias Gallas wurde am 17. Oktober 1588 in Trient/Trento, Residenzstadt des reichsunmittelbaren Fürstbistums Trient, geboren. Gallas lernte seinen Beruf von der Pike auf, stand in spanischen Diensten und wurde von der Familie Madruzzo besoldet. 1621 trat Gallas in die von Bayern geführte Katholische Liga ein. Im Heer der Liga folgten die Beförderungen zum Oberstwachtmeister, Oberstleutnant und Oberst  ; die Beförderung zum Generalwachtmeister wurde ihm von Maximilian I. aus unbekannten Gründen jedoch verwehrt. Mit dem 17. Dezember 1627 wurde der Ligaoffizier – 161 –

Der Förderer

Abb. 12: Matthias Gallas. Nach dem Tod von Holk wurde der aus Trient stammende Gallas Generalleutnant und somit Stellvertreter Wallensteins.

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Matthias Gallas (1588–1647)

Reichsfreiherr und Kriegsrat des Kaisers. Seine Söldnerkarriere verlief eigentlich recht unspektakulär, bis Wallenstein auf ihn aufmerksam wurde. 1629 trat er in das kaiserliche Heer über und wurde auf Vorschlag des Herzogs von Friedland zum Generalwachtmeister befördert. Der kaiserliche Oberbefehlshaber wurde in den nächsten dreieinhalb Jahren sein großer Mentor und Gönner. Der Karriereverlauf ging nun sehr schnell vor sich. Im Mantuanischen Erbfolgekrieg fungierte er zusammen mit General Johann von Aldringen als stellvertretender Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armada. Die beiden Generäle ließen in diesem Feldzug die Residenzstadt der Gonzaga erobern und plündern. Die beiden Befehlshaber profitierten beträchtlich vom Raub der Kunstkammer der Gonzaga. Am 19. Juni 1631 schloss der General als kaiserlicher Plenipotentiario e Commessario den Frieden von Cherasco. Mit dem 15. Dezember 1631 – Wallenstein wurde genau an diesem Tag auf drei Monate zum »General-Capo« ernannt – folgte die Beförderung zum Generalfeldzeugmeister. Am 10. März 1632 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben und im selben Jahr zum Feldmarschall (13. Oktober) befördert. An der Schlacht bei Lützen nahm Gallas nicht teil, da er zuvor von Wallenstein in Richtung Schlesien kommandiert wurde und nicht mehr rechtzeitig nach Leipzig zurückmarschieren konnte. Gallas wurde neben Holk zu einem der wichtigsten Offiziere Wallensteins. Nach Lützen war er als Kommandant der kaiserlichen Armee in Schlesien eingesetzt, wo er bis zum Frühjahr eine beachtliche Streitmacht von 16.200 Mann Infanterie (16 Infanterieregimentern), 9.300 Mann Kavallerie, über 1.600 Dragoner und 3.200 Kroaten aufstellen konnte. Der Feldmarschall, der sein Hauptquartier im schlesischen Neisse/Nysa (heute Polen) aufschlug, war im Winter 1632/33 mit der Reorganisation des zweiten kaiserlichen Hauptkontingents und der Sicherung der Linie Neisse, Grottkau, Glatz, Braunau, Riesen- und Isergebirge bis in die Oberlausitz beschäftigt. Am 31. Mai 1633 trafen sich die beiden Ar– 163 –

Der Förderer

meen von Wallenstein und Gallas bei Münsterberg/Ziebice (heute Polen). Sie gingen somit zu einem durchaus üblichen Zeitpunkt in die Frühjahrs- bzw. Sommeroffensive – wenn man überhaupt von einer Offensive sprechen kann. Denn der Sommer des Jahres 1633 verstrich mehr durch Verhandlungen mit den kaiserlichen Gegnern und mit Waffenstillständen als durch entscheidende Gefechte – ein Umstand, der dem Friedländer nur Unstimmigkeit am Wiener Hof und den Ruf der »schlaffen Kriegführung« und Untätigkeit einbrachte. Gallas war im Frühsommer im Hauptquartier Wallensteins, erledigte wohl zum Teil dessen Korrespondenz und wusste über die Verhandlungen mit Kursachsen gut Bescheid. Am 25. September 1633 erfolgte auf Vorschlag des Herzogs von Friedland die Beförderung zum Generalleutnant. Gallas war somit nach dem Generalissimus der zweithöchste Militär des Kaisers. Allerdings war er ab diesem Zeitpunkt mit höchst problematischen Befehlen seines Generalissimus konfrontiert, wie noch zu zeigen sein wird. Während des Absetzungsverfahrens gegen Wallenstein entschied sich Gallas – wie fast alle hohen kaiserlichen Offiziere – für die habsburgische Seite. Dennoch  : Von den sogenannten drei »Groß-Exekutoren« Gallas, Aldringen, Piccolomini war der Generalleutnant wohl derjenige, der am längsten um seinen Vorgesetzten bemüht war. Vieles spricht dafür, dass Gallas in letzter Minute noch einen Ausgleich zwischen dem Kaiser und Wallenstein herbeiführen wollte, als er sich im Januar nochmals ins Hauptquartier begab. Das kaiserliche Patent vom 24. Januar 1634 übertrug Matthias Gallas das interimistische Oberkommando über die kaiserlichen Truppen. Nun war klar, dass an der Absetzung und Ausschaltung des Friedländers kein Weg vorbeiführen konnte. Der Generalleutnant leitete daher die letzten Maßnahmen gegen den Herzog von Friedland ein. Als provisorischer Oberbefehlshaber profitierte er vom Tod seines ehemaligen Mentors enorm  : So wurde er am 4. Mai und am 8. August 1634 durch kaiserliche Resolution mit den – 164 –

Johann von Aldringen (1588–1634)

Herrschaften Friedland und Reichenberg, die auf 503.516 Gulden geschätzt wurden, beschenkt. Bereits am 24. Juli 1634 wurde der Generalleutnant als Landmann des Königreichs aufgenommen. Mit der Immatrikulation in die böhmische Landtafel bekamen Matthias Gallas und seine Erben die Landstandschaft (das Inkolat) in den Ländern der St.-Wenzels-Krone zugesprochen. Die Familie Gallas wurde nach dem Krieg einer der reichsten Grundbesitzer Böhmens. Das von Wallenstein zum Sitz des Herzogtums Friedland auserkorene Jitschin bekam der Generalleutnant allerdings nicht. Die ehemalige Residenzstadt Wallensteins ging an den ebenfalls loyal zu den Habsburgern stehenden Feldmarschall Rudolf Freiherr von Tiefenbach. Weiters wurde dem Generalleutnant durch kaiserliche Resolution vom 20. Juli 1635 die auf 391.554 Gulden geschätzte Trčka’sche Herrschaft Smirschitz/Smiřice zur Administration übergeben. Zudem bekam er das Kinsky’sche Haus (Wchynský) auf der Kleinseite in Prag, das vordem der adeligen Familie von Wchynitz und Tettau gehört hatte, und das von Graf Ilow hinterlassene Silbergerät. Als Ferdinand (III.) den Oberbefehl übernahm, wurde Gallas der engste Berater des Kaisersohns. Unter Ferdinand gewann Gallas als taktischer Oberbefehlshaber die entscheidende Schlacht von Nördlingen. Diese Tat war sein größter Triumph, seine weiteren Feldzüge endeten weit weniger erfolgreich, zum Teil katastrophal. Als Generalleutnant blieb er bis zum Jahresende 1639 der operative Feldherr der Habsburger, 1643 bis Anfang 1645 und nochmals 1647 stand er abermals an der Spitze der kaiserlichen Armee.

Joh a nn von A l dr ingen (1588–1634) Johann von Aldringen, am 10. Dezember 1588 geboren, startete seine berufliche Karriere als Kanzleischreiber, bevor er sich als Söldner anwerben ließ. Auffällig ist beim Luxemburger vor allem die – 165 –

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Parallelität seines Karriereweges mit jenem seines Freundes Matthias Gallas, den er wohl schon einige Zeit vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges kennenlernte. Der logistisch talentierte Aldringen allerdings diente nur kurze Zeit in der Katholischen Liga. Bereits im Jahre 1623 wechselte er in das kaiserliche Heer, wurde 1624 Hofkriegsrat und Oberstkommissar für das Heerwesen, kämpfte bei der Dessauer Brücke unter Wallenstein, wurde am 17. Dezember 1627 in den Freiherrenstand erhoben, fungierte im Frühjahr 1628 als Kommissar Wallensteins zur Übernahme des Herzogtums Mecklenburg, war im Jahre 1629 bereits Generalwachtmeister und Kommissar zur Durchsetzung des unheilvollen Restitutionsedikts in Niedersachsen. Während der Lübecker Friedensverhandlungen war Aldringen der Vertrauensmann Wallensteins. Zusammen mit Gallas führte er das kaiserliche Heer in Norditalien, da der Oberbefehlshaber Generalleutnant Rambalto Graf Collalto gesundheitlich schwer angeschlagen war und infolgedessen am 18. November 1630 in Chur verstarb. Mit seinem Schwager Gallas war Aldringen (er heiratete wie der Trientiner eine Arco-Tochter) der Hauptnutznießer der Plünderungen Mantuas, allerdings folgte nach dem Tod Johanns ein jahrelanger Erbschaftsstreit zwischen Gallas und den Brüdern Aldringen. Die Daten zur Beförderung in die weiteren Generalsränge und zur Erhebung in den Reichsgrafenstand sind mit jenen seines Schwagers identisch. Jedoch wurde Aldringen nicht zum Generalleutnant befördert, die Rolle des Stellvertreters nach dem Tod Holks fiel Gallas zu. Mag gut sein, dass sich Aldringen, der ja einige Jahre mehr an der Seite Wallensteins verbracht hatte als der neue Generalleutnant, zurückgesetzt fühlte. Noch dazu wurde er dem bayerischen Kurfürsten zugeteilt. Dienstzuteilungen waren auch dazumal nicht immer eine Auszeichnung. Nach der Abwehrschlacht an der Alten Veste 1632 musste der General mit einem Teil des kaiserlichen Heeres wiederum in Bayern verbleiben. Schon zuvor war er dem kaiserlichligistischen Generalleutnant Tilly in Süddeutschland zugeteilt, unter – 166 –

Johann von Aldringen (1588–1634)

dessen Kommando er am 15. April 1632 schwer verwundet wurde. Wallenstein wollte das Korps Aldringen zwar vor der Schlacht von Lützen zum kaiserlichen Hauptheer ziehen, Maximilian bestand aber auf dem Verbleib der kaiserlichen Teile in Bayern, während der oftmals eigenständig agierende ligistische General Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim zur Unterstützung Wallensteins abgestellt wurde. So mühte sich der Luxemburger zusammen mit dem spanischen General Gomez Suárez de Figueroa, Herzog von Feria, der den Durchzug des Kardinal-Infanten Don Fernando in die Niederlande vorbereiten sollte, gegen die Armeen der schwedischen Oberbefehlshaber Gustav Horns und Herzog Bernhards von Weimar in Bayern ab. Ab September 1633 entsetzten die vereinigten Korps von Feria und Aldringen Konstanz, eroberten in der Folge die Waldstädte Waldhut, Säckingen, Laufenburg und Rheinfelden und entlasteten die wichtige Festung Breisach. Die Eroberung Regensburgs im Herbst 1633 durch den Söldnergeneral Weimar konnte Aldringen nicht verhindern, und er kam – wie auch sein Oberbefehlshaber – in den Ruf der Untätigkeit. Aldringen war nach dem Fall der neural­gischen Festungsstadt an der Donau bitter von Wallenstein, der keinen Entsatz aufbot, enttäuscht. So verlor der Luxemburger im Laufe des Jahres 1633 vollends das Vertrauen zu seinem Generalissimus, sodass er zum kompromisslosen Unterstützer einer radikalen Lösung in der Causa Wallenstein wurde. Konsequenterweise wurde der kaiserliche General hinter den Kulissen gegen den Herzog von Friedland aktiv, das Hauptquartier des Herzogs scheute er tunlichst. Schon seine ganze Karriere unter Wallenstein berichtete Aldringen an den Hofkriegsrat, während des Absetzungsverfahrens tat er es gründlich. Gleich seinem intriganten Offizierskameraden Piccolomini hatte der Luxemburger ebenfalls einen angeblichen Verschwörungsplan seines Vorgesetzten parat. Aus einem Memorialzettel, der vom Tiroler Gesandten Jakob Kurz von Thurn nach einem Gespräch mit Aldringen in Passau im März 1634 angefertigt wurde, – 167 –

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wissen wir, welche Geschichte der kaiserliche Offizier kolportierte  : »Der Schaffenberg (sic!) seie Khinig in Bohemb Gallas Grossglogau sambt Cremau. Terzki margrafschaft Mayrn  ; Illo Tyroll, Franz Albrecht Salzburgg, Aldringer Theils Carnten sambt theils Steyr-Markh, Lizlburgg dem Cardinall von Richelieu etc.« Auch er wollte also von einem unerhörten hochverräterischen Verteilungsplan wissen, der am kaiserlichen Hof für höchstes Erstaunen gesorgt hat. Der kaiserliche General der Artillerie Johann Ernst von Scherffenberg wäre nach den Vorstellungen des Friedländers als König von Böhmen eingesetzt worden, der engste Vertraute des Friedländers Ilow als Graf von Tirol, Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg in Salzburg und der französische Kardinalpremier Armand Jean du Plessis, Duc de Richelieu, als Herzog von Luxemburg und dergleichen mehr. Dies hätte einen radikalen Umsturz der Herrschaftsverhältnisse in Mitteleuropa und vor allem die Entmachtung des Hauses Habsburg bedeutet. Freilich, gleich wie bei Piccolomini, war dieser Plan in seiner Gesamtkonzeption nur ein erfundenes Hirngespinst zur Rechtfertigung des eigenen Vorgehens gegen den Generalissimus und zur Legitimation der zu erwartenden eigenen Beute. Aus dem Nachlass der »meineidigen Rebellen«, wie man die letzten Vertrauten Wallensteins nach dessen Liquidierung nannte, wurde dem kaiserlichen General Teplitz/Teplice aus dem Herrschaftskomplex Graf Kinskys zugesprochen. Profitiert hat Aldringen von der aktiven Beteiligung gegen Wallenstein nicht, denn bereits einige Monate nach der Liquidierung, am 22. Juli, fiel Aldringen vor Landshut.

H a ns Ge org von A r n im-Boit zenburg (1583–1641) Hans Georg, 1583 geboren und somit gleich alt wie Wallenstein, stammte aus dem altadeligen brandenburgischen Geschlecht der Arnims. Wie seine späteren katholischen Offizierskameraden in der – 168 –

Hans Georg von Arnim-Boitzenburg (1583–1641)

spanischen Armee lernten und dienten, so ließ sich der lutherische Arnim für die schwedische Armee anheuern. Allerdings trat er im Jahre 1626 in die kaiserliche Armee ein, in der er im April 1628 zum Feldmarschall ernannt und einer der wichtigsten Generäle Wallensteins im Niedersächsisch-Dänischen Krieg wurde. So war er maßgeblich an der Wiedereroberung Schlesiens und beim Einfall in Mecklenburg und Pommern beteiligt. Im Frühjahr 1628 leitete Arnim die ersten Maßnahmen zur Belagerung Stralsunds ein, bevor Wallenstein persönlich auf dem Kriegsschauplatz erschien. Nach der erfolglosen Belagerung der Hansestadt entsandte der Generalissimus seinen Feldmarschall mit Hilfstruppen nach Polen. Dort siegte das kaiserliche Korps zwar gegen Gustav II. Adolf auf der Stuhmer Heide am 27. Juni 1629, die Versorgungslage und die Unterstützung durch die Hauptarmee waren aber katastrophal. Nicht zuletzt durch diese mangelnde Unterstützung, aber vor allem aufgrund des restriktiven Restitutionsedikts quittierte der überzeugte Lutheraner, den man ob seiner Bedürfnislosigkeit und asketischen Lebenseinstellung den »lutherischen Kapuziner« nannte, den Dienst im Heer des Kaisers und trat in die Armee Johann Georgs ein. In der Folge wurde der gebildete, sich auch als Theologe gebende General (Gutachten und Empfehlungen seinerseits unterlegte er des Öfteren mit Bibelzitaten) ein Fürsprecher für eine »friedliebende Mittelpartei« unter der Führung des sächsischen Kurfürsten im Reich. Im Zusammenhang mit der Wallenstein-Frage ist besonders sein weiterhin offenes, wenn auch nicht friktionsfreies Verhältnis zum suspendierten und wieder eingesetzten Generalissimus von Interesse. Die Kommunikationskanäle des Herzogs von Friedland zu seiner ehemaligen rechten Hand im Niedersächsisch-Dänischen Krieg versiegten nämlich nie. Arnim wurde 1631 Oberbefehlshaber der kur­ sächsischen Truppen, die aufseiten Gustav Adolfs gegen den Kaiser kämpften, an der siegreichen Schlacht von Breitenfeld teilnahmen und im November 1631 die habsburgische Residenzstadt Prag be– 169 –

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setzten. Beim Einbruch der sächsischen Armee in Böhmen drohte Arnim seiner Soldateska schwere Strafen bei Vergehen und Plünderungen in den friedländischen Besitzungen an. Kursachsen war unter dem an sich reichstreuen Kurfürsten Johann Georg trotz Einmarsch in die habsburgischen Länder der Ansatzpunkt für die kaiserlichen Friedensverhandlungen mit dem evangelischen Deutschland. Insofern kam der Beziehung Wallensteins zu Arnim, der in dieser Phase als Militär und Politiker agierte, eine Schlüsselstellung zu. Dieses Verhältnis wusste freilich auch der Wiener Hof zu instrumentalisieren. Gleich wie sein Kurfürst fühlte sich Arnim an der schwedischen Seite unwohl, die Spannungen innerhalb der schwedisch-reichsprotestantischen Allianz waren unübersehbar. Kursachsen im Heilbronner Bund unter der Leitung Schwedens war sowohl für Johann Georg als auch für Arnim undenkbar. Wallenstein erkannte diese Spannungen. So verhandelte der kaiserliche Generalissimus vornehmlich mit dem kursächsischen Oberbefehlshaber, der im Spätsommer 1633 zwischen dem schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna, Kursachsen, Kurbrandenburg und dem kaiserlichen Hauptquartier die Informationen austauschte. Wallenstein und Arnim schlossen im Juni und August 1633 Waffenstillstand (Wallenstein mit Genehmigung des Kaisers). Der zweite währte jedoch nicht lange, da der kaiserliche Generalissimus Ende September sowohl für Freund als auch für Feind überraschend die Operationen wieder aufnahm. Bezeichnend für die laufenden Verhandlungen war aber, dass Wallenstein mit seinem überlegenen Heer im Oktober 1633 nicht Arnim, sondern die schwedischen Truppen unter Graf Thurn in Steinau (Schlesien) angriff. Der ehemalige militärische Führer der »Ständerebellion« kapitulierte mit 8.000 Mann und versprach gegen seine Freiheit alle von ihm besetzten schlesischen Städte zu übergeben. Schlesien wäre somit wieder unter kaiserlicher Kontrolle gewesen, der Generalissimus zog jedoch den Großteil seiner Truppen in die Winterquartiere ab. Von der Beseitigung – 170 –

Ottavio Piccolomini (1599–1656)

Wallensteins war der kursächsische Oberbefehlshaber tief bestürzt. Ein Jahr nach der Liquidierung des Friedländers wurde schließlich Friede zwischen dem Kaiser und dem Kurfürstentum Sachsen in Prag geschlossen. Doch auch mit dieser Lösung war der Generalleutnant Kursachsens nicht einverstanden, er zog sich auf sein Schloss Boitzenburg zurück. 1637 ließ ihn Oxenstierna festnehmen und nach Stockholm verbringen, da die Schweden Arnim in Verdacht hatten, antischwedische Stimmung zu schüren. Nach einer spektakulären Flucht aus Stockholm stellte er sich wiederum dem Kaiser und Kurfürsten zur Verfügung. Der fähige Feldherr und Exponent einer »dritten Kraft« im Reich starb 1641 in Dresden. Arnim ist – wie einige andere Führungspersönlichkeiten rund um Wallenstein – nicht leicht zu durchschauen. Von der inneren Einstellung her überzeugter und gebildeter Lutheraner kämpfte er an der Seite Wallensteins gegen seine Glaubensgenossen, wechselte aber auch die Seiten nach Bedarf, blieb mit seinem ehemaligen Generalissimus in Kontakt und bemühte sich um einen Frieden im Reich. Als der Friede dann geschlossen wurde, war er mit dem Ergebnis jedoch keineswegs zufrieden und sah die protestantischen Reichsstände als benachteiligt an. Höchstwahrscheinlich verfolgten die beiden ehemaligen Kampfgefährten Wallenstein und Arnim, deren konkrete Intentionen ohnehin kaum zu fassen sind, keineswegs dieselben Ziele, fanden aber eine gute Gesprächs- bzw. Korrespondenzbasis und hatten als kleinsten gemeinsamen Nenner nur die Vertreibung der reichsfremden Macht Schweden vor Augen.

O t tav io Pic c ol omin i (1599 –1656) Ottavio Piccolomini, 1599 in Pisa geboren und damit gleich alt wie Holk, hatte ohne Zweifel den prominentesten Namen der Generäle Wallensteins. Der wagemutige Soldat, dessen Familie aus Siena – 171 –

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stammte, konnte immerhin auf zwei päpstliche Vorfahren, wenn auch nicht aus dem gleichen Zweig des Familienstammbaums, zurückblicken. Sowohl der hervorragende Humanistenpapst Pius II., Enea Silvio Piccolomini, Oberhaupt der Kirche von 1458 bis 1464, als auch der nur 26 Tage im Pontifikat verweilende Pius III., Francesco Todeschini Piccolomini, waren aus diesem italienischen Adelsgeschlecht. Ottavios Aufstieg ist stark mit der Person Wallensteins verbunden. Nach militärischem Dienst bei den Medici, der Teilnahme an der Schlacht am Weißen Berg in einem Regiment des Großherzogs von Toskana und nach Einsatz in der spanischen Armee unter Spinola wechselte der Italiener ins kaiserliche Heer. Im Jahre 1627 war er Obrist eines Regiments, das der Herzog von Friedland in seine Leibgarde inkorporierte. Die Leibgarde Wallensteins war 1627 sechs Kompanien stark und wuchs bis zum Jahr 1630 auf zehn Kompanien an, Piccolomini war zwei Jahre lang Obrist dieser Leibgarde. Dass der Name Piccolomini noch einen guten Klang bei einflussreichen Kreisen besaß, erfuhr auch der Herzog von Friedland. Empfehlungen vom päpstlichen Staatssekretär Francesco Barberini ergingen sowohl an den Kaiser als auch an den Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee. Selbst der Hofkriegsratspräsident Collalto verwendete sich für den Spross aus prominenter Familie. Nach der Rückkehr Wallensteins wurde der Obrist nicht gerade zu seiner Freude dem Aufsteiger Holk unterstellt. Das Konkurrenzverhältnis zum Dänen schien den ehrgeizigen Italiener zu belasten. Piccolomini zeichnete sich mehrmals durch besondere Tapferkeit aus, besonders in der Schlacht von Lützen. Am 31. Dezember 1632 wurde er aufgrund seiner Verdienste zum Generalwachtmeister befördert und war damit im engsten Kreis um Wallenstein. Holk stieg allerdings am selben Tag ein Stück weiter empor auf der Karriereleiter, er wurde zum Feldmarschall ernannt. Im Absetzungsverfahren gegen den Generalissimus spielte Piccolomini eine zentrale und auch intrigante Rolle. Noch vor der – 172 –

Ottavio Piccolomini (1599–1656)

Liquidierung des Herzogs von Friedland wurde er vom Kaiser auf Vorschlag des Generalissimus, der dem Sienesen seit Lützen unumschränkt vertraute, zum Feldmarschall ernannt. Im Gegensatz zu Gallas hasste der aufgrund seiner Denunziationen von Hubert Jedin als »Spiritus rector« und von Heinrich Ritter von Srbik als »mörderischer Urheber« charakterisierte Adelige aus der Toskana seinen Oberkommandierenden Wallenstein. Gleich Aldringen wurde Piccolomini die inaktive Kriegführung des Jahres 1633 unerträglich. Zur Täuschung unterzeichnete er zwar den ersten Pilsner Revers, berichtete jedoch nach Wien und führte die Absprachen mit den Organisatoren der Liquidierung, mit den Männern rund um Oberst Walter Butler, in Pilsen/Plzeň durch. Zudem malte sich der Unterführer Wallensteins noch eine schaurige Geschichte aus  : Nach den Darlegungen des Sienesen wollte Albrecht von Wallenstein die Machtstellung der Casa de Austria in Europa gänzlich auslöschen, was einer kompletten machtgeografischen Umgestaltung Europas gleichgekommen wäre. Wallenstein, so sein General, reklamierte die böhmische Krone für sich. Die Besitzungen sowie die landesherrschaftlichen Rechte der Habsburger sollten unter den Feldherren und Anhängern des Generalissimus verteilt werden. Diese natürlich weit übertriebene Hochverratsbeschuldigung gegen Wallenstein traf vermutlich um den 10. Januar 1634 in Wien ein, also einige Tage vor der Unterzeichnung des ersten Pilsner Reverses, und verfehlte ihre Wirkung am Hof keineswegs. Die Niederschrift dieser Verschwörungsgeschichte, die im März getätigt wurde, unterfertigte Generalleutnant Gallas. Piccolomini wurde ebenfalls für seine Habsburgtreue belohnt. Der Toskaner bekam die böhmische Herrschaft Nachod/Náchod. Ottavio war jener General, der der gesamten Casa de Austria diente, also den österreichischen wie auch den spanischen Habsburgern. Er brachte viel an internationaler Erfahrung ein und war seinem Vorgänger im Amt des Generalleutnants, Gallas, an politi– 173 –

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schem Scharfsinn sicher überlegen. Nach der Schlacht von Nördlingen unterstützte Piccolomini den spanischen Kardinal-Infanten Don Fernando mit einem kaiserlichen Korps in den Niederlanden gegen Frankreich. Sein größter und zugleich bekanntester Erfolg war der Sieg bei Diedenhofen/Thionville (7. Juni 1639) über französische Truppen. Der spanische König Philipp IV. verlieh dem 1638 in den Reichsgrafenstand erhobenen Feldmarschall aufgrund seiner Verdienste die Würde eines Herzogs von Amalfi und zeichnete den General mit dem Orden vom Goldenen Vlies aus. Als der junge Erzherzog Leopold Wilhelm, der Bruder des Kaisers Ferdinand III., als neuer Oberbefehlshaber im Jahre 1639 die kaiserliche Armada übernahm und der erfolglose Gallas zurückgezogen wurde, wurde ihm Piccolomini als stellvertretender Offizier und Ratgeber zur Seite gestellt. 1642 endete die Kooperation im Desaster. Der schwedische Feldmarschall Lennart Torstensson fügte der kaiserlichen Armee bei Breitenfeld eine schmachvolle Niederlage zu. Piccolomini kehrte in spanische Dienste zurück. Mehr als fünf Jahre kam der Sienese, dessen zweite Periode in den spanischen Niederlanden weniger erfolgreich war als die erste, nicht für die höchste Funktion in der kaiserlichen Armada infrage. Auf Gallas folgte zum zweiten Mal Leopold Wilhelm, dann wiederum Gallas, der sich bemerkenswerterweise mehrmals für Ottavio Piccolomini, zu dem er auch nach der Liquidierung des Herzogs von Friedland ein vordergründig konfliktfreies Verhältnis pflegte, als Kommandant des Heeres aussprach. Nach dem Tod von Gallas wurde der zweifelsohne tüchtige und erfahrene Militär Peter Graf zu Holzappel, genannt Melander, der jedoch keineswegs die gleiche militärische Reputation besaß wie Piccolomini, zum Oberbefehlshaber bestimmt. Ottavio quittierte seine spanischen Dienste zu jenem Zeitpunkt, als der Kriegsoberste des niederrheinisch-westfälischen Reichskreises Melander das Kommando über die kaiserliche Hauptarmada übernahm. Erst als Graf Holzappel in der Schlacht von Zusmarshausen – 174 –

Heinrich/Henrik Holk (1599–1633)

am 17. Mai 1648 fiel, wurde Piccolomini endlich zum Generalleutnant der kaiserlichen Armee ernannt. Nun hatte der Toskaner allerdings als »Kayserlicher Haupt-Bevollmächtigter« den Auftrag, die Reichsarmada abzurüsten. 1650 unterzeichnete er in Nürnberg im Namen des Kaisers den schwedisch-kaiserlichen und den französisch-kaiserlichen Hauptrezess, mit dem der Krieg endgültig sein Ende fand. Im selben Jahr erfolgte die Erhebung in den Reichsfürstenstand. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte der Reichsfürst auf Nachod, in Wien und Prag. Gallas, Aldringen und Piccolomini, alle drei durch den Einsatz und die Fürsprache Wallensteins zu Generälen aufgestiegen, avancierten zu Schlüsselfiguren im Absetzungs- und Liquidationsverfahren gegen den Herzog von Friedland. Dieses Triumvirat der Exekution profitierte beträchtlich von den Konfiskationen nach der Ausschaltung ihres Oberbefehlshabers und seiner Getreuen, selbst wenn Aldringen seinen erworbenen Reichtum nicht mehr genießen konnte. Gallas als interimistischer Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres bekam das größte Stück vom Kuchen und legte den Grundstein für den späteren Reichtum seiner nach dem Westfälischen Frieden nach Böhmen übersiedelten Familie. Die Lutheraner Holk und Arnim schätzte Wallenstein wegen ihrer militärischen Fähigkeiten, alle beide waren zeitweise im engsten Kreis des Herzogs zu finden. Auch sie stiegen unter Wallenstein in die Generalsränge auf. Holk starb, bevor das Absetzungsverfahren gegen seinen Vorgesetzten ins Laufen kam, Arnim stand zu diesem Zeitpunkt bereits unter sächsischen Fahnen, war jedoch die Kontaktperson für Friedensverhandlungen auf gegnerischer Seite für den Herzog. Die Liste der von Wallenstein begünstigten Offiziere, seine Protegés, könnte freilich noch weitergeführt werden. Die kaiserlichen Generäle Adam Erdmann Trčka von Lípa (1600–1634), aus einer böhmischen Adelsfamilie stammend und mit einer Schwester von – 175 –

Der Förderer

Wallensteins Frau Isabella Kathrina von Harrach verheiratet, sowie Christian Freiherr von Ilow (1585–1634), ein altgedienter Offizier aus Brandenburg, waren in die Verhandlungen mit Arnim eingebunden, maßgeblich am Pilsner Revers beteiligt, blieben bis zur letzten Minute aufseiten Wallensteins und gingen mit ihm unter. Die Rolle des Feldmarschalls Rudolf Colloredo-Waldsee im Liquidationsverfahren Wallensteins wäre durchaus eine eigene Untersuchung wert. Pappenheim, der unter Wallenstein äußerst eigenwillig agierte, machte seine Karriere ohne Zutun des Herzogs  ; er stieg in der Katholischen Liga zum Feldmarschall auf und wurde in der kaiserlich-ligistischen Periode, nach der Entlassung des Herzogs, kaiserlicher Feldmarschall. Noch am 6. Oktober 1633 schlug Wallenstein dem Kaiser eine Reihe von Offizieren zur Beförderung vor  : »Alß habe deroselben ich gehorsambst vorschlagen wollen, ob Ihro gnädigst belieben thäte, den von Ilaw fürn Veldmarschalck, den Schafgotsch undt Piccolomini aber für generaln von der Cavalerie  ; […] undt dann den Graven Erdman Trzka fürn Veldmarschalk Leutenandt undt den Marazini fürn Generall Wachtmaister zu bestallen. Undt wie ich den ungezwaifeldten gedancken begriefen, ein ieglicher derselben Eur May. dienst woll undt nüetzlich verstehen werde  : Alß bitte dieselbe ich hiermit gehorsambst, Sie geruhen Ihro solches gnädigst gefallen und die gehörigen Patenten und bestallungen auf dieselben ferttigen zu laßen […].«

– 176 –

Der Pol itik er

F

eldherren des Dreißigjährigen Krieges waren auch diplomatisch und politisch tätig. Hier stellt Wallenstein keine Ausnahme dar. Wallenstein war jedoch von jeher ein politisch denkender Heerführer. So war er maßgeblich an der Stiftung des Lübecker Friedens zwischen Dänemark und dem Kaiser beteiligt. Er setze in diesem Prozess seine eigenen politischen Vorstellungen durch. Während seines zweiten Generalats agierte der Böhme weniger glücklich  ; er stellte sich aber nicht mit seiner Friedenspolitik, sondern vielmehr mit seiner militärischen Strategie ins Abseits. Schließlich hatte Wallenstein kaum noch eine Vertrauensperson am Hof in Wien.

Der Lü be ck er Fr ie de – p ol it ische R a hmenbedingu ngen Als Wallenstein im Jahre 1625 mit der neu aufgestellten kaiserlichen Armee in den niedersächsischen Reichskreis marschierte, drang er in eine politisch äußerst komplexe Region ein. In dieser Region konnte er sich nicht nur als Feldherr, sondern auch als Politiker bewähren. Der Norden des Heiligen Römischen Reiches galt seit jeher als kaiserfern. Mit dem Krieg im Süden wollte dieser Reichskreis nichts zu tun haben. Man blieb der Protestantischen Union und erst recht der Katholischen Liga gegenüber reserviert und vertrat bis 1623 ein Konzept der bewaffneten Neutralität. Dennoch wurde man in die Konfrontation der katholischen und protestantischen Mächte hineingezogen. Der niedersächsische Reichskreis war von – 177 –

Der Politiker

seiner konfessionellen Färbung her fast ausnahmslos protestantisch, zu den geistlichen Fürstentümern im Reichskreis zählten das Erzstift Bremen, das Erzstift Magdeburg, das Hochstift Halberstadt (der »tolle Halberstädter«, ehemaliger Administrator dieses Stifts und umtriebiger Söldnerführer, nützte Niedersachsen als Bereitstellungs- und Ausweichraum für seine oft wenig verlässlichen Truppen und bot somit für die Katholische Liga einen genehmen Anlass, um in den Kreis einzumarschieren), weiters die Hochstifte Hildesheim, Lübeck, Ratzeburg und Schwerin, zu den weltlichen Herrschaften zählten die welfischen Fürstentümer Calenberg und Grubenhagen, natürlich auch das reichspolitisch gewichtige, ebenfalls welfische Braunschweig-Wolfenbüttel, wie auch die Fürstentümer Lüneburg, Mecklenburg, die Grafschaft Rantzau, das Herzogtum SachsenLauenburg und Holstein (mit seiner ganz besonderen Verbindung zum Königreich Dänemark), zudem so wichtige Reichs- und Hansestädte wie Bremen, Hamburg und Lübeck. Die Hansestädte waren zwar nicht mehr so glanzvoll und in ihrem politischen Auftreten weit weniger kohärent als früher, aber als Partner und vor allem als Eigentümer zahlreicher Schiffe in den Ostseeplänen der Regierungen in Madrid und Wien allemal noch wertvoll. Die internationale Dimension im Konflikt um den Niedersächsischen Reichskreis brachte das Königreich Dänemark ein. Der dänische König Christian IV. war als Herzog von Holstein Reichs- und Kreisstand im niedersächsischen Kreis. Damit hatte der Reichskreis einen, wie es schien, starken Rückhalt in der Abwehr gegen die Katholische Liga. In Niedersachsen fürchtete man sich vor einer Rekatholisierung im Sinne der Gegenreformation, die man dem habsburgischen Kaiser Ferdinand II., aber natürlich auch seinem Verbündeten Maximilian I. von Bayern durchaus zutraute (völlig zu Recht, wie man spätestens 1629 mit dem Restitutionsedikt sah). Der König von Dänemark (und Norwegen), dessen Kriegspläne von seiner Reichsregierung abgelehnt wurden, musste den Kampf somit als Kreisoberst der nieder– 178 –

Der Lübecker Friede – politische Rahmenbedingungen

sächsischen Stände führen. Dabei wusste der König jedoch sehr gut dynastiepolitisch zu denken. In Norddeutschland galt es schließlich, einige Bistümer für das Haus Oldenburg zu sichern und damit politischen Einfluss in der Region zu gewinnen  : Bischof von Verden war zu jener Zeit der Sohn Christians IV., Friedrich (III.), das Bistum Schwerin wurde für Ulrich III. von Dänemark, ebenfalls ein Sohn Christians, als Administrator reserviert und in Bremen konnte das Nachfolgerecht für das Haus Oldenburg, namentlich für Friedrich, sichergestellt werden. Der junge Friedrich wurde zudem 1624 zum Koadjutor des Bistums Halberstadt gewählt. Neben seiner politischen Ausstrahlung in den Norden Deutschlands war das Königreich Dänemark als »Torwächter« und »Zöllner« am Øresund der vorerst wichtigste Anwärter um das Dominium maris Baltici (zur machtgeografischen Lage jener Zeit  : Die südschwedischen Provinzen Halland, Schonen und Blekinge waren in dänischer Hand). Der an der Wasserstraße in die Ostsee eingehobene Sundzoll war eine enorm wichtige Geldquelle für die dänische Krone. Zudem ließ Christian seit 1616/17 die Festungs- und Hafenstadt Glückstadt an der Elbe errichten, womit er Zölle an dieser enorm wichtigen Wasserstraße einnehmen konnte und den Oberlauf der Elbe kontrollierte. Der aufstrebende starke Konkurrent um Handel und Ressourcen im Ostseeraum war Schweden (mit dem riesigen Territorialbesitz Finnland). Der junge dynamische König Gustav II. Adolf, Lutheraner und eifriger Organisator militärischer und wirtschaftlicher Reformen im Königreich, verfolgte ambitionierte, offensive imperiale Pläne diesseits und jenseits der Ostsee. Der Vasa wollte den dänischen König in seiner Führungsrolle in Nordeuropa ablösen und während des Krieges die Kaiserlichen, die man natürlich in Stockholm als Bedrohung empfand, von der Ostsee vertreiben. Vorerst war er jedoch aufgrund eines dynastischen wie auch machtpolitischen Konflikts gebunden  ; er lag im Krieg mit dem König von Polen, Sigismund, ebenfalls ein Vasa, Vetter des Schweden, katholisch, aus– 179 –

Der Politiker

gezeichnet von den Habsburgern mit dem Goldenen Vlies, mit zwei Schwestern des Kaisers verheiratet (zunächst mit Anna und nach deren Tod mit Konstanze) und somit prädestinierter Verbündeter der Kaiserdynastie, die ihn während des schwedisch-polnischen Krieges mit Truppen unterstützte. Im Jahre 1627 stießen das erste Mal kaiserliche und schwedische Verbände in Polen zusammen. Starkes Interesse an der Ostsee hatte auch die dominierende Handelsmacht Europas, die Niederlande. Dabei waren die Anrainer­ staaten der Ostsee nicht nur geschätzte Lieferanten von Pelzen, Wachs, Holz – Güter, die allerdings immer mehr in ihrer Bedeutung abnahmen –, Hanf, Flachs und besonders Getreide, sondern auch geschätzte Absatzmärkte für Salz, Tuche, Wein und Fisch. Die niederländische Frachtschifffahrt konnte sich hier die größte Tonnage aller handelstreibenden Mächte sichern. Im Export von Textilien in die baltischen Länder hatten zudem noch die Engländer ein gewichtiges Wort mitzureden, sie waren lange Zeit sogar führend bei diesen Gütern. Es entging dem Ökonomen Wallenstein bestimmt nicht, welche wirtschaftlichen Möglichkeiten sich hier einem Herzog von Mecklenburg und Beherrscher der Ostsee auftaten. Und für den Kriegsunternehmer und Feldherrn waren vor allem die baltischen Rohstoffe wie Salpeter, Blei und Kupfer interessant. So betrat Wallenstein mit der kaiserlichen Armee zu Beginn des Nordfeldzuges einen politisch brisanten wie auch ökonomisch äußerst aussichtsreichen Raum.

Fr ie densin ten t ionen Die beiden katholischen Heere konnten im Niedersächsisch-Dänischen Krieg trotz militärischer Überlegenheit keinen »Siegfrieden« erzwingen. Die dänischen Inseln waren ohne Flotte nicht zu erobern. Wallenstein wollte daher aus mehreren Gründen diesen – 180 –

Friedensintentionen

Krieg beenden. Zunächst erkannte der Oberbefehlshaber der kaiserlichen Streitkräfte die kommende Gefahr aus dem Norden. Der Schwedenkönig Gustav II. Adolf war ihm schon sehr früh suspekt. Im Zusammenhang mit der militärischen Unterstützung Polens schrieb Wallenstein an Collalto 1627  : »[…] wirdt der Künig aus Polen von uns nicht zeitlich succurirt werden, so werden wir sehen was der Kayser am Schweden vor ein freindt wirdt haben.« Im September des Jahres 1628 warnte der gut informierte Wallenstein Maximilian von Trauttmansdorff eindringlich vor der schwedischen Gefahr. Von großer prophetischer Gabe waren diese Einsichten angesichts des schwedisch-polnischen Krieges nicht, aber es spricht doch für die klare Beurteilung der Lage, die der Herzog von Friedland anstellte. Maximilian von Bayern konnte hingegen mit Wallensteins Feindbild wenig anfangen. An den Mainzer Kurfürsten schrieb er, »Wallenstein lässt den König von Schweden öffentlich als Feind ausrufen – so provoziert man neue Feinde, ehe man mit den alten fertig ist.« Neben der größten Gefahr Schweden fürchtete der kaiserliche Capo schon früh eine internationale antihabsburgische Koalition. Konkret ging es dabei um eine immer wieder in kaiserlichen und ligistischen Kreisen befürchtete mögliche Koalition zwischen Frankreich, England, Holland und Schweden auf der Seite Dänemarks gegen den Kaiser und Spanien. Ganz abwegig war die Befürchtung nicht, denn es gab bereits Versuche einer derartigen Allianz  : 1625 in der Haager Konvention, in der England und die Generalstaaten Subsidien und militärische Unterstützung in Form der Armee Mansfelds für Dänemark versprachen und in der Bethlen Gábor, Schweden, Venedig, Savoyen und Frankreich aufseiten der Allianz eine Rolle spielen sollten. Während des Krieges waren internationale Gesandte am Hof in Kopenhagen und auch in Hamburg präsent, um Stimmung gegen Habsburg zu machen. Wallenstein sah im dänischen König als natürlichen Gegner Schwedens jedoch einen potenziellen Verbündeten. – 181 –

Der Politiker

Weiters gab es militärische Gründe, den Krieg zu beenden. Das dänische Festland hatte die kaiserliche Armee unter Kontrolle, die dänischen Inseln vermochte Wallenstein nicht anzugreifen. Christian IV. dachte nicht an eine Kapitulation, verschanzte sich auf den Inseln und überfiel von Zeit zu Zeit Wallensteins Truppen auf dem Festland. Der Feldzug geriet so in die Sackgasse. Der kaiserliche Feldherr konnte nur auf einen Fehler des Dänen hoffen  : »[…] er sauft sich aber alle Tag voll«, schrieb er an den Hofkriegsratspräsidenten über den verrufenen Alkoholiker Christian, »verhoffe zu Gott, das er einmahl im Rausch etwas wagen wirdt, kriecht er heraus aus den wasserigen örtern, so ist er gewiss unser.« Im Übrigen hegte Wallenstein bis zum Schluss Zweifel an den Friedensabsichten des Königs. Nicht zu Unrecht, denn Christian blieb unberechenbar  : Zum einen führte er während der Friedensverhandlungen Überfallsaktionen auf die Kaiserlichen durch, zum anderen traf sich der dänische König mit Gustav II. Adolf in Ulvsbäck Ende Februar 1629. Dieses Treffen endete jedoch enttäuschend für die Schweden. Der Vasa führte es auf den übermäßigen Alkoholgenuss Christians zurück, doch Christian wusste diese Absprache richtig zu inszenieren. Er wollte den Gegnern die bedrohliche Möglichkeit eines skandinavischen Schulterschlusses vor Augen führen, ein ganz bewusstes Signal gegenüber den Kaiserlichen setzen. Ohne Eindruck blieben die Unterredungen nicht. So war es nur konsequent, dass Wallenstein allen fremden Gesandten, vor allem den Schweden, den Zutritt in die für die Verhandlungen auserkorene Stadt Lübeck verwehren ließ. Zumindest am Verhandlungsort sollten alle auswärtigen Einflüsse unterbunden werden. Interessant war dabei seine Vorgehensweise  : Am 26. Februar 1629 schlug er Ferdinand schriftlich den Ausschluss aller ausländischen Gesandten vor, wartete freilich die Antwort des Reichsoberhaupts nicht ab und befahl bereits einen Tag später seinen Delegierten in Lübeck, keine Ausländer (ausgenommen Dänen natürlich) zuzulassen. Er war sich – 182 –

Friedensintentionen

seiner Sache mehr als sicher. Nur nebenbei sei hier bemerkt, dass sich die schwedischen Räte in Stockholm zur Freude ihres Königs bei Beginn der Verhandlungen in Lübeck (und gute zwei Monate vor Erlass des Restitutionsedikts) bereits grundsätzlich für eine militärische Intervention im Reich ausgesprochen hatten. Das primäre Anliegen des schwedischen Königs waren die Vertreibung der kaiserlichen Truppen von der Ostsee und die Verhinderung der habsburgischen Ostseepläne. Zuerst musste allerdings der Krieg mit Polen siegreich abgeschlossen werden. Weiters sah der kaiserliche Feldherr aus militärischer Perspektive zwei Probleme  : Zum Ersten war die »Große Armee« im Norden schwer zu versorgen. Zum Zweiten war die Überwachung der langen Ostseeküste mit den im Stand befindlichen geringen infanteristischen Kräften nicht möglich. Der Generalissimus befand sich in einem militärischen Dilemma. Er war einerseits mit einer nachhaltigen Abrüstung und Reformation der Regimenter, wie sie die Liga betrieb und seitens der Kurfürsten von den Kaiserlichen massiv gefordert wurde, konfrontiert. Die Ligafürsten drohten geradezu dem Kaiser  : »Ohne Heeresreduktion keine Sukzession im Römischen Reich.« Andererseits wusste er um die Gefahr aus dem Norden. Zudem schwächten in der Endphase die durchzuführenden Truppenabstellungen sein Heer  : Noch während der Friedensverhandlungen selbst musste der Feldherr große Teile des Heeres an die alliierten Partner überstellen  : Zur Unterstützung der Spanier 17.000 Mann in die Niederlande, nach Magdeburg 5.000 bis 6.000 Mann, nach Polen 15.000 Mann gegen die Schweden, und mit dem Mantuanischen Erbfolgekrieg tat sich ein neues Kriegstheater für die österreichischen Habsburger auf, das einiges über 20.000 Mann in Oberitalien band. Weiters gebot es die militärische Vernunft, wenigstens 12.000 Mann in Pommern und Brandenburg zu stationieren. Darüber hinaus traten bereits die ersten Anzeichen einer kommenden Finanzkrise im »System Wallenstein« auf, wie – 183 –

Der Politiker

ein zutiefst besorgter Hans de Witte aus Prag berichtete. So gingen selbst dem großen Heeresorganisator Wallenstein die Kräfte und Finanzen aus. Der Friedensabschluss in Lübeck war dabei keineswegs die Conditio sine qua non für die kaiserlichen Sukkurse an die Verwandten und Verbündeten, denn Polen wurde bereits seit 1627 unterstützt, und auf den Einsatz des kaiserliche Korps in den Niederlanden und in Oberitalien drängte Madrid (wie auch Isabella für die Niederlande) schon lange. Neben all diesen handfesten Gründen für den Frieden gab es noch einen Wunschgedanken, der immer wieder in den Korrespondenzen der hohen Generalität und auch bei Wallenstein vorkommt, der aber freilich während des Dreißigjährigen Krieges nie umgesetzt wurde  : ein Feldzug gegen die Türken, den sogenannten Erbfeind der Christenheit. Es ist eigentlich ein irritierender Wunsch für Wallenstein, denn er ist weder als fanatischer Glaubenskämpfer noch als ein risikofreudiger Offensivstratege in die Geschichte eingegangen. Dennoch propagierte er in seinen Korrespondenzen mit dem Kaiser und dem Hof – wie auch immer das gemeint war – Feldzugspläne gegen das Osmanische Reich. Schließlich wollte er in seiner Stellung als Herzog von Mecklenburg, das an der Ostküste ja noch Kriegsgebiet war, den Frieden. Wollte er Mecklenburg gleich Friedland zur Terra felix umwandeln, prosperienden Handel und Produktion fördern, zudem auch die Chancen der Ostsee nutzen, brauchte er stabile friedliche Verhältnisse, zumindest vor der eigenen Haustür. An seinen Generalfeldmarschall Arnim schrieb er bereits am 23. Januar 1628  : »[…] ich will zum frieden gewis mitt handt undt fus helfen, allein Mechelburg muss ich halten undt dorbey bleiben  ; denn im wiedrigen begehre ich kein friedt.«

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Der Feldherr als Friedensstifter

Der Fel dher r a l s Fr ie densst if t er Hellmut Diwald wertete die politische Leistung seines »Helden« sehr hoch  : »Der Lübecker Friede ist der maßvollste Vertrag des Dreißigjährigen Krieges, er ist die einzige staatsmännische Leistung, zu der es diese Epoche bringt  ; […]« (Diwald, Wallenstein, S. 421). Nun war der Friede an sich – und das muss zur Relativierung der Leistung Wallensteins ergänzt werden – bestimmt nicht ausschließliches Verdienst des kaiserlichen Feldherrn, den Frieden wollten eigentlich in irgendeiner Form alle Parteien (da hielt Christian IV. noch am längsten dagegen), aber die Art und Weise, wie er geschlossen wurde, war zu einem großen Teil das Verdienst des Herzogs von Friedland. Somit war Wallenstein der Vollstrecker des Friedenswunsches aller oder fast aller, Wallenstein entwarf in der Endphase des Niedersächsisch-Dänischen Krieges den Masterplan zum Friedensschluss. Es war einer der seltenen Friedenschlüsse ohne territoriale Veränderungen wie auch ohne unerfüllbare Auflagen und insofern ein intelligenter Friedensschluss. Wallenstein urgierte unaufhörlich beim Kaiser und bei den kaiserlichen Amtsträgern. War er im Herbst 1627 noch für eine härtere Gangart gegen Dänemark – »soviel als möglich Land okkupieren«, schrieb er an den Kaiser –, so stand er Anfang 1629 für eine äußerst geschmeidige und kompromissbereite Lösung. Der Herzog von Mecklenburg reduzierte die kaiserlichen Friedensbedingungen auf eine Minimalvariante. Selbst als die Friedensurkunden bereits unterschriftsreif auf dem Tisch lagen und Wallenstein die Nachricht erreichte, Christian sei mit militärischen Kräften in Jütland und Schleswig eingefallen, behielt er die Nerven und befahl keine Gegenmaßnahmen. Über den Friedensschluss selbst lässt sich dennoch trefflich streiten, denn er war für das Haus Habsburg bestimmt kein glanzvoller Erfolg, er war eigentlich die Manifestation des Scheiterns hochtrabender Pläne im Ostseeraum, er brachte ebenfalls keine Erleich– 185 –

Der Politiker

terung für die Konfessionsprobleme des Reiches, und letztendlich brachte der Lübecker Friede auch Wallenstein nichts mehr. Ein Erfolg war dieser Friede nur vordergründig für Dänemark, jedoch mit absehbaren negativen Folgen in der bündnispolitischen Konstellation. In Anbetracht der politischen und militärischen Lage war er aber wohl die einzige Option, die die kaiserliche und ligistische Partei hatte. Der Friede war somit viel mehr in der bündnisimmanenten Notwendigkeit und Einsicht in die logistischen sowie auch in die militärstrategischen Gegebenheiten begründet als nur hohe vernünftige Staatskunst des lieben Friedens willen. Wie aber erreichte Wallenstein den Frieden  ? Zunächst ­trachtete der Oberbefehlshaber, dem gerade die katholischen Reichsfürsten mangelnden Friedenswillen unterstellten, danach, die Liga und Tilly aus bündnistaktischen Gründen in die Verhandlungen einzubinden. Am 15. Dezember 1628 ernannte der Kaiser seinen Gene­ral wie auch den ligistischen Generalleutnant zu kaiserlichen Kommissaren für die Friedensverhandlungen in Lübeck. Wallenstein wurde dabei in der Verhandlungsführung ein großer Handlungsspielraum eingeräumt. Der alte Feldherr der Liga hatte dem weitläufigen und komplexen Spiel des Friedländers während der Verhandlungen nichts entgegenzusetzen. Wallenstein konnte sich jedoch mit der Einbeziehung des Generalleutnants unangenehme Querschläge aus den Reihen der Liga ersparen und kehrte prompt Forderungen der Liga (wie finanzielle Kriegsentschädigungen) an die Dänen unter den Tisch. Selbst Maximilian, der immer auf der Gleichberechtigung der beiden Feldherren bestand, verstand es in barocker Formulierung blendend, den doch nicht wegzuleugnenden kleinen Unterschied zu betonen  : Der Tilly »mit gleicher gewalt und als dero kayserl. Commissarius beywohnen und cooperirn solle«, forderte der Wittelsbacher im Sommer 1628. So weit, so gut, dann doch mit dem Zusatz  : »Wie nun weder die Catholischen Churfürsten, noch auch der Graf von Tilly inen niemaln in die gedannckhen – 186 –

Der Feldherr als Friedensstifter

khommen lassen, ainige pracedenz zu suechen, seitemaln sie sich gegen E. kay. Mt. des schuldigen respects wol zuerinnern, also würdt sich der von Tilli auch bey der tractation alles schuldigen respects erweisen.« Die Verhandlungen in Lübeck begannen wie so viele Friedensverhandlungen in der Frühen Neuzeit. Zunächst einmal stiegen die Verhandlungspartner mit unannehmbaren Forderungen ein. Die Ausgangsposition war dabei alles andere als günstig. Der dänische König Christian mit seinen »adherenten« wurde von der kaiserlichen Seite der notorischen Reichsrebellion bezichtigt, und dementsprechend sahen die kaiserlichen Bedingungen aus. Doch Wallenstein redigierte den ersten maßlosen kaiserlichen Friedensentwurf, ließ ihn den dänischen Gesandten vorlegen, die ihn freilich weithin ablehnten, übersandte Ferdinand ein Gutachten, das weichere Bedingungen forderte, und begann in seiner Residenz Güstrow Geheimverhandlungen. In der Tat schwächte der Kaiserhof die Forderungen gegenüber Dänemark sukzessive ab. Und Wallenstein legte jeweils nach, schlug noch weichere Bedingungen vor, empfahl, die Sundforderung (Sperrung des Sundes gegen die Feinde Habsburgs und Öffnung des Sundes für die Casa de Austria wie auch für alle befreundeten Reichsfürsten) aufzugeben, wie auch den Verzicht auf Kaution und Schadenersatz für den Kaiser. Eine essenzielle Überlegung für den positiven Fortgang der Verhandlungen und schlussendlich für den Abschluss des Friedensvertrages stellte für den Herzog von Friedland, der nun ganz als Politiker und Chefunterhändler agierte, die Restituierung der Herrschaften Jütland, Schleswig und Holstein für das Haus Oldenburg dar. Mit der Restituierung der drei Herzogtümer (wobei Schleswig unter dänischer Lehenshoheit stand, Holstein ein Reichslehen war und beide zusammen eine Realund mit dem Königreich Dänemark eine Personalunion bildeten) werde nicht nur Frieden einkehren, so die Einschätzung des kaiserlichen Generals, sondern das Haus Österreich würde in Christian – 187 –

Der Politiker

auch einen Verbündeten gewinnen. Diese Einschätzung von Wallenstein sprach ohne Zweifel für seinen Weitblick. Allerdings entwickelte sich die Lage in der Zukunft anders als erwartet. Denn als Ferdinand III., das sei nur nebenbei erwähnt, seinem für die westfälischen Friedensverhandlungen potenziellen Verbündeten und Mediator Christian IV. im Jahr 1644 eine Hilfsarmee unter Generalleutnant Gallas überstellte, um Dänemark vom schwedischen Einfall zu befreien, endete dieses Abenteuer im Desaster. Ein weiteres, immer schlagkräftiges Argument gegenüber Ferdinand war der erhöhte Finanzbedarf bei Fortführung des Krieges, denn prall gefüllt waren die Kriegskassen in Wien nie. So brachte der General auch die finanziellen Vorteile für die kaiserliche Kriegführung zur Sprache. Wallenstein gewann den Kaiserhof für sein Konzept und führte Geheimverhandlungen mit den Gegnern. Der direkte Draht an den erstarrten Fronten in Lübeck vorbei war aufgrund der dänischen Unnachgiebigkeit und vor allem aufgrund der Unberechenbarkeit Christians IV. für Wallenstein der einzig gangbare Weg. So ließ er über ausgesuchte Mittelsmänner die Lage sondieren und verhandeln. Den Kaiser informierte Wallenstein laufend und betrieb Friedenslobbying über Collalto und Trauttmansdorff, die am Hof Stimmung für eine maßvolle Lösung machen sollten. Schließlich gab es eine Partei der Falken in Wien, die noch vom »Siegfrieden« träumte. Freilich berichtete er nicht über alle taktischen Schachzüge an den Hof, handelte auch eigenmächtig und traf Entscheidungen selbst schon aufgrund der langen Kommunikationswege, ohne die kaiserliche Antwort abzuwarten. Das Reichsoberhaupt kam schließlich am 11. April den empfoh­ lenen Friedensbedingungen nach. Mit einigen Vorbehalten gab Maximilian von Bayern ebenfalls seine Zustimmung. Zu guter Letzt willigte Christian IV. ein. Der Friede war maßvoll, eigentlich erstaunlich kulant, bedenkt man, dass die kaiserlichen Truppen in Jütland standen und der dänische König sich auf Seeland – 188 –

Der Feldherr als Friedensstifter

verschanzen musste. Aber eben dort war ihm nicht beizukommen, und Dänemark war damals mit Norwegen doch mehr als Jütland und die Inseln. So musste der dänische König lediglich versprechen, sich nicht mehr in Angelegenheiten des Reiches (ausgenommen Holstein) einzumischen und auf die säkularisierten Reichsstifter zu verzichten. Die Kaiserlichen zogen aus den dänischen Gebieten ab und verzichteten ihrerseits auf eine Kriegskostenerstattung. Spanien, Polen, die Infantin in Brüssel, die Liga, Frankreich, England, Schweden und die Generalstaaten sollten in den Frieden mit eingeschlossen werden, wenn sie es denn wollten. Zu territorialen Verschiebungen kam es nicht, es war auch kein Wort mehr vom Sundzoll in den Bestimmungen zu finden. Die Urkunde lag am 22. Mai vor, wurde von Wallenstein, Tilly und den dänischen Delegierten unterzeichnet, am 5. Juni ausgetauscht, am 7. Juni publiziert, für den 11. Juni wurde die Einstellung der Kämpfe befohlen, und ebenfalls noch im Juni ratifizierten Ferdinand II. und Christian IV. das Friedensdokument. Wallenstein hatte somit den Frieden erreicht, der bitter nötig war. Der Niedersächsisch-Dänische Krieg war vorbei, andere Brandherde an der Peripherie des Reiches mussten gelöscht werden, zudem wusste der Kaiser im Gefühl des Triumphs den konfessionellen Brandherd im Reich wieder anzufachen  : Am 6. März 1629 erließ Ferdinand II. aus eigener Machtvollkommenheit das Restitutionsedikt zur Rückführung der seit dem Passauer Vertrag von 1552 säkularisierten geistlichen Territorien und Güter. Ohne Zweifel war das Restitutionsedikt ein konsequent gegenreformatorisches Programm, das zur Befriedung des Reiches nicht angetan war, ganz im Gegenteil, es bedeutete einen Frontalangriff auf die evangelische Territorialherrschaft. Wallenstein schätzte darum dieses intransigente Enteignungsprogramm keineswegs, zumindest hielt er es für verfrüht  : »Man hette wohl ein klein gedult darmitt haben können«, schrieb er an Collalto, denn mit dem Edikt drohe ein Generalauf– 189 –

Der Politiker

stand, und die Protestanten warten auf den Schwedenkönig wie die Juden auf den Messias.

Fr ie densv er h a ndlu ngen 1633 – k ein Fr ie de durch Wa l l enst ein Eines der zentralen Probleme der Causa Wallenstein ist seit jeher die Frage, inwieweit sich der kaiserliche Generalissimus in Friedensverhandlungen mit den Feinden Habsburgs eingelassen, ob er dabei seine Kompetenzen überschritten und bereits gegen das Kaiserhaus gehandelt hat, wobei man allerdings seine politischen Kompetenzen nach den Göllersdorfer Abmachungen nie exakt eruieren konnte, nur in etwa durch Rekonstruktion aus anderen Schreiben extrahierte. Der finnische Historiker Pekka Suvanto, der sich eingehend mit der Quellenlage der kaiserlichen Vollmacht für Wallenstein auseinandergesetzt hatte, konstatierte zu diesem Punkt  : »Wallenstein erhielt das Generalat ›in absolutissima forma‹. Mit Sicherheit betraf dies die militärischen Fragen, wahrscheinlich war jedoch auch das Recht des Friedensschlusses damit verbunden« (Suvanto, Wallenstein und seine Anhänger, S. 158). Diese uns nicht überlieferten Abmachungen zwischen Kaiser und Generalissimus boten genügend Freiraum zur Spekulation in der Wallenstein-Literatur. Darüber hinaus drängen sich weitere Fragen auf  : Verfolgte der kaiserliche Generalissimus bei seinen Gesprächen mit Kursachsen, den böhmischen Exilanten und schwedischen Gesandten andere Ziele als der Kaiser  ? Hatte der Friedländer also grundsätzlich differierende Vorstellungen vom Frieden als das Reichsoberhaupt  ? Handelte der kaiserliche Generalissimus im Sommer 1633 gegen die kaiserlichen Intentionen  ? Verstrickte er sich somit in Hochverrat  ? Hat man es gar mit kriegslüsternen Habsburgern und einem nach Frieden strebenden Feldherrn zu tun  ? Oder haben die Historiker – 190 –

Friedensverhandlungen 1633 – kein Friede durch Wallenstein

der Frage der Friedensverhandlungen durch Wallenstein bisher zu viel an Bedeutung beigemessen bzw. auch zu viel hineininterpretiert  ? Wo scheinbar oder tatsächlich Quellen, auch die so wertvollen Selbstzeugnisse, fehlen, entsteht Spekulationsspielraum jenseits der wissenschaftlichen Quelleninterpretation. Zudem haben das propagandistische Nachspiel, die offiziöse Publizistik, die Printmedien jener Zeit, emsige Verschwörungstheoretiker, wie der Verfasser des Perduellionis Chaos, der königliche Rentmeister der böhmischen Kammer Johann Putz von Adlersthurn, und die Hinterlassenschaft seiner Generäle im Zuge des Absetzungsverfahrens für genügend Stoff zur unsachgemäßen Rekonstruktion der Tragödie gesorgt. So soll eine seiner Intentionen, die von der modernen Forschung weitgehend abgelehnt wird, das Streben nach der böhmischen Krone (und auch nach der Reichskrone) gewesen sein. Diese Anschuldigung tauchte bereits in zeitgenössischen Flugschriften und Korres­ pondenzen auf. Der kaiserliche Feldmarschall Piccolomini baute sein Verschwörungskonstrukt auf dieser abstrusen Verleumdung auf. Das war jedoch nur eine, wenn auch besonders aufsehenerregende Intention, die man dem Friedländer im Laufe der Unterhandlungen mit den Feinden Habsburgs unterstellte. Die gründliche Studie Kathrin Bierthers zur Vorgeschichte des Prager Friedens hat viel zur Erhellung der Friedensverhandlungen zwischen den Konfliktparteien in den Jahren 1632 bis 1635 beigetragen. Obwohl Bierther nicht explizit auf die Verhandlungsziele und auf die Friedenspolitik des Generalissimus eingeht, kommt doch Wesentliches zur wallensteinischen Politik im Kontext der Friedensverhandlungen des Jahres 1632 und 1633 zum Vorschein. Die Fakten sind folgende  : Noch im Oktober 1631 suchte der Kaiserhof über Wallenstein Kontakt zu Arnim und zum sächsischen Kurfürsten. Wallenstein wurde von Ferdinand II. bereits während seiner Suspendierung gebeten, mit seinem ehemaligen Unterführer Gespräche aufzunehmen. Man bediente sich also eines eingespiel– 191 –

Der Politiker

ten Kommunikationskanals. Weiters erbat Ferdinand Ende Oktober 1631 ein Gutachten von Wallenstein über seine Einschätzung der Friedensbedingungen auf protestantischer Seite. Der Herzog war aktiv in die habsburgische Kriegs- und Friedenspolitik eingebunden. Ziel der kaiserlichen Politik war es, die Separation Kursachsens und in der Folge auch Kurbrandenburgs von Schweden zu erreichen und mit allen anderen protestantischen Reichsständen, vor allem mit den Reichsständen des Leipziger Konvents von 1631, einen Ausgleich zu schaffen. Dabei waren für Ferdinand selbst Zugeständnisse bei der Restituierung katholischen Kirchenguts denkbar. Am Kaiserhof war man durchaus realistisch und schätzte den Gegner sowohl militärisch als auch politisch als überlegen ein. Alles andere wäre wohl nach dem erfolgreichen Feldzug des Schwedenkönigs in den Süden Deutschlands einer glatten Realitätsverweigerung gleichgekommen. Abgesehen von der unvorteilhaften Balance im Reich entsprach der Annäherungsprozess an Kursachsen Wiener Traditionspolitik. Sieht man von den Irritationen des Schmalkaldischen Krieges und der kurzweiligen Episode der Gegnerschaft Karls V. und Moritz’ von Sachsen einmal ab, so waren die Wettiner immer ein enorm wichtiger Partner für die habsburgische Reichspolitik. Mit der Bestellung zum Generalissimus übertrug der Kaiser seinem Oberbefehlshaber die Vollmacht, mit Kursachsen Friedensgespräche aufzunehmen. Die Frage ist nun, wie weit diese Vollmachten gingen. Es spricht doch vieles dafür, dass Ferdinand von seinem Generalissimus in nicht rein militärischen Angelegenheiten, bei den Constitutiones Imperii, also Verhandlungsgegenständen konfessionspolitischer und politischer Natur, eine Vorlage dieser Punkte erwartete. Die Entscheidung über den Umgang mit politischen und konfessionspolitischen Themen behielt sich das Reichsoberhaupt vor und legte die Zielsetzungen der Verhandlungen fest, wie er seinem Generalissimus auch mitteilte. Von einer Vollmacht »in absolutissima forma« in allen politischen Angelegenheiten, wie – 192 –

Friedensverhandlungen 1633 – kein Friede durch Wallenstein

zum Beispiel das »Recht auf Friedensschluss« für Wallenstein, kann nach dieser klaren Erwartung des Kaisers nicht die Rede sein, zumal der Generalissimus selbst in seiner Antwort einräumte, »ohne Wissen und Willen des Kaisers nicht das geringste handeln und ihm stets zuvor referieren und die Resolution« abwarten zu wollen. Das war vordergründig ein klares Bekenntnis des sich in Unterredungen mit den Gegnern befindlichen Armeeführers Ferdinands. Der Generalissimus verhandelte ausdrücklich im Namen des Kaisers und war im Abklärungsprozess der Interessen keineswegs der einzige Vermittler. Um eine Zusammenkunft der feindlichen Parteien bemühten sich außerdem der dänische König Christian IV., nun als Mediator auftretend, und der Landgraf Georg II. von HessenDarmstadt. Christian war jedoch als ausländischer Monarch (wenn auch Reichsfürst) alles andere als der optimale Vermittler für den Kaiserhof, der die Reichsangelegenheiten doch intern regeln wollte. Außerdem stellte das dänisch-schwedische Konkurrenzverhältnis im Ostseeraum eine Belastung in dieser Lage dar. Der sich für den Frieden unermüdlich einsetzende Georg II. hingegen genoss sowohl bei den Schweden als auch im kaiserlichen Lager einen guten Ruf. Die Schweden aber wollte Ferdinand bei Verhandlungen um jeden Preis ausgrenzen, womit er wiederum Kursachsen und Kurbrandenburg in ein diplomatisches und machtpolitisches Dilemma trieb. Wie sich herausstellte, brachte Johann Georg den größeren Willen auf als sein Kurfürstenkollege in Kölln an der Spree, der ängstlich veranlagte Georg Wilhelm, sich von der Schutz- und Invasionsmacht aus dem Norden zu befreien, obwohl der Kurfürst von Sachsen Schweden und den Heilbronner Bund aus künftigen Verhandlungen nicht ausschließen wollte. Zudem reklamierte Johann Georg den Führungsanspruch im protestantischen Lager nach dem Ableben des Schwedenkönigs für sich. Die selbsternannte Schutzmacht der protestantischen Reichsstände Schweden war trotz des Schlachtentods Gustav Adolfs militärisch nicht zu unterschätzen, – 193 –

Der Politiker

wenn auch geschwächt und zeitweise mit Meutereien in den eigenen Reihen konfrontiert. Der erfahrene schwedische Reichskanzler Axel Oxenstierna, ein ausgezeichneter Kenner der Reichsstrukturen, übernahm nach Lützen energisch die Führung in der schwedischen Reichspolitik. Er galt als der Architekt und Hardliner der Großmacht Schwedens und legte die weiteren Ziele der Stockholmer Deutschlandpolitik fest  : »Satisfaktion« (finanzielle und territoriale Entschädigung Schwedens, Pommern und Preußen waren dabei die Favoriten), »Contentament« (Entschädigung der Armee) und »Amnestie« (freie Religionsausübung der Protestanten und Rückgabe des Eigentums) wurden bis zum Westfälischen Frieden die hartnäckig verfolgten Postulate schwedischer Friedenspolitik im Reich. Während der Anbahnung der Friedensverhandlungen im Jahr 1633 betrieb der Reichskanzler reine Obstrukionspolitik. Zur Verfolgung seiner Ziele versuchte Oxenstierna systematisch, die protestantischen Reichsstände hinter Schweden zu einigen. Der erste Schritt war der Heilbronner Bund, bestehend aus den evangelischen Ständen des Oberrheinischen, Schwäbischen und Fränkischen Reichskreises, dessen Direktorium der Reichskanzler innehatte. Was trug Wallenstein zu diesem Friedensprozess bei  ? Wallenstein vereinigte Ende Mai 1633 ein ca. 45.000 Mann starkes Heer. Die erste Handlung war aber kein Feldzug, sondern ein Waffenstillstand mit Arnim. Wallenstein hatte das Mandat zu Gesprächen und Verhandlungen mit Kursachsen, er informierte den Kaiser noch im Juni über die Zusammenkunft, und das Reichsoberhaupt legitimierte diese Verhandlungen. Der Generalissimus war dabei nicht nur schriftlich mit dem kaiserlichen Hof in Kontakt, sondern wurde im Laufe des Sommers vom Hofkriegsrat Gerhard Freiherr von Questenberg, vom Hofkriegsratspräsidenten Heinrich Graf Schlick und vom kaiserlichen Geheimen Rat Maximilian von Trauttmansdorff aufgesucht, die Ferdinand von den Gesprächen mit dem Herzog Bericht erstatteten. Hofkriegsratspräsident Schlick, der zu den – 194 –

Friedensverhandlungen 1633 – kein Friede durch Wallenstein

Gegnern Wallensteins zählte, war mindestens bei einem von mehreren Gesprächen Wallensteins mit Arnim im August im kaiserlichen Feldlager zugegen. Dort wurde am 22. August ein zweiter mehrwöchiger Waffenstillstand mit der sächsischen Armee verabredet. Dieser Waffenstillstand, obwohl noch im Sinne Ferdinands, war am kaiserlichen Hof bereits höchst umstritten. Dass eine kostspielige Armee – sieht man vom teilweise aktiven Korps Holk und von den Truppen Aldringens in Bayern ab – in der Kampfsaison wochenlang für Nichtstun unterhalten wurde, irritierte nicht nur gewisse kaiserliche Räte beträchtlich, sondern auch offensiv denkende Generäle wie Piccolomini und Aldringen. Der Einbruch Holks in Sachsen, der die Friedensgespräche eigentlich wieder ankurbeln sollte, war ja mit einem sogenannten Hauptstreich nicht zu vergleichen. Die Diversion des Dänen war also mehr eine »Begleitmaßnahme« der Friedensbemühungen. Aber auch große Feldzüge und gleichzeitig laufende Friedensverhandlungen oder zumindest Friedensbemühungen schlossen sich, wie man im Niedersächsisch-Dänischen Krieg sah, keineswegs aus. Das größere Waffenglück brachte eben die bessere Verhandlungsbasis in den Unterredungen mit sich. Die letzte dieser Verhandlungen mit Arnim und Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg fand im kaiserlichen Feldlager bei Schweidnitz/Trhové Sviny Ende September statt und wurde ergebnislos abgebrochen. Darauf folgte Wallensteins Angriff auf Thurn. Zu einem weiteren Treffen mit Franz Albrecht und einem Vertreter der sächsischen Armee kam es erst nach dem Gefecht von Steinau wieder. Wallenstein war somit neben Kursachsen mit Arnim und dem Feldmarschall Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg (sein Stiefbruder Franz Julius von Sachsen-Lauenburg, kaiserlicher Obrist, folgte später als Friedensvermittler), Kurbrandenburg, dem Kaiserhof, dem dänischen Königshof, dem Landgrafen von HessenDarmstadt und anderen Akteuren ein Teil des Netzwerkes, das – zu– 195 –

Der Politiker

mindest – Friedensverhandlungen anzubahnen versuchte. (In Dresden schien sich Franz Albrecht mit dem Kurfürsten, auch »Bierjörge« genannt, gut zu verstehen. An Arnim schrieb er am 14. Januar aus der kursächsischen Residenzstadt  : »Ich habe mich gestern bald todt getrunken auf ihr exc. Gesundheit. Der curfürst trinket alle mahlzeit gar fleißig.«) Dieses freilich durch unterschiedliche Interessen und Absichten geprägte Netzwerk vereinbarte für den 23. Juli 1633 eine Friedenskonferenz in Breslau, deren Termin immer wieder verschoben werden musste. Die offiziellen Gespräche der Konfliktparteien über den Sommer hatten vor allem die Organisation dieser Konferenz zum Gegenstand. Bereits einige Monate zuvor fand in Leitmeritz/Litoměřice ein Treffen zwischen dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt, Hermann von Questenberg (Bruder des kaiserlichen Rates Gerhard) und dem Bischof von Wien, Anton von Wolfradt, statt, in dem den kaiserlichen Vertrauten die protestantischen Friedensbedingungen dargelegt wurden. Die Forderungen der evangelischen Fürsten bezogen sich vor allem auf die schwedische Satisfaktion mit Pommern oder anderen Herrschaften, die pfälzische Restitution und die Erledigung der protestantischen Beschwerden hinsichtlich der Religion und Reichsjustiz. Bei diesen Gesprächen zeigte sich einmal mehr die Absicht des Reichsoberhaupts  : Entgegenkommen bei den Anliegen der evangelischen Reichsstände, möglichst wenig Konzessionen an die Schweden. Von Wallensteins Gesprächen mit dem Feind erwartete sich Ferdinand nach wie vor, Kursachsen und Kurbrandenburg für einen Partikularfrieden zu gewinnen. Die kaiserliche Perspektive war dabei die Vereinigung der eigenen Armee mit den Truppen Johann Georgs und Georg Wilhelms und deren Separation von Schweden. In dieser Frage ging Wallenstein mehr als konform mit seinem Kriegsherrn. Johann Georg von Sachsen hingegen dachte an allgemeine Verhandlung unter Einschluss Schwedens und Vermittlung Dänemarks. Denn noch konnte sich der Kurfürst von seinem mächtigen Verbündeten – 196 –

Friedensverhandlungen 1633 – kein Friede durch Wallenstein

nicht losreißen. Erst nach dem fulminanten Sieg der habsburgischligistischen Armeen von Nördlingen 1634 wagte Kursachsen die Trennung vom Vasa-Königreich. Eine Unterstellung der sächsischen Streitkräfte unter das Kommando des kaiserlichen Oberbefehlshabers, wie von Wallenstein Ende September gegenüber den Sachsen gefordert, kam für den Kurfürsten überhaupt nicht infrage. Die evangelischen Kurfürsten zweifelten aufgrund dieser Bedingungen an Wallensteins Friedensabsichten, da sie dem kaiserlichen Feldherrn unterstellten, er wolle die Separation aller protestantischen Truppen von den Schweden lediglich für seine militärischen Zwecke erreichen. Eine universale Lösung zum allgemeinen Frieden unter Einschluss Schwedens billigten die Kurfürsten dem kaiserlichen Generalissimus nicht zu. Diese Annahme der Kurfürsten war keineswegs aus der Luft gegriffen, ließ doch Wallenstein den evangelischen Unterhändlern am 21. Oktober den Entwurf eines möglichen Vergleichs zukommen, in dem eine Unterstellung der kurfürstlichen Truppen unter das Kommando des Generalissimus angedacht und eine Vertreibung auswärtiger Mächte vorgesehen gewesen wären. Die Wahrnehmung der protestantischen Fürsten korreliert hier durchaus mit den internen kaiserlichen Korrespondenzen, die von einer unversöhnlichen Skepsis gegenüber den Schweden geprägt sind. Wallenstein als Vorreiter eines Ausgleichs mit dem Vasa-Königreich scheint kaum vorstellbar. Da die protestantische Seite dem Generalissimus in konfessionspolitischen Fragen mehr Konzessionsbereitschaft zugestand als dem Kaiser, wollte man trotz aller Bedenken gegen den Generalissimus bis zu Beginn des Jahres 1634 mit Wallenstein verhandeln. Die Friedenskonferenz von Breslau (oder wo auch immer sie dann hätte stattfinden sollen) platzte schließlich aufgrund der Absagen der katholischen Reichsfürsten, die teils wegen der desaströsen Lage, teils wegen des Ausbleibens der schwedischen Geleitbriefe nicht anreisen konnten. Alle Versuche des Kaisers, diese – 197 –

Der Politiker

Konferenz zustande zu bringen, scheiterten. Die Friedensgespräche hatten sich aufgrund der unterschiedlichen Ansätze aller Parteien verfahren. Und Wallenstein  ? Noch Ende des Monats November, wohlgemerkt, instruierte Ferdinand seinen für die Friedenskonferenz vorgesehenen Gesandten Trauttmansdorff, mit Wallenstein die Lage zu beraten. Diese Beratungen fanden am 9. und 10. Dezember in Sirbitz/Srbce statt, in denen die weitere Verhandlungsstrategie mit den Reichständen besprochen wurde. Die Meinung des kaiserlichen Oberbefehlshabers in politischen Dingen, aber vor allem natürlich seine militärische Lagebeurteilung stellte für den Kriegsherrn in Wien eine wichtige Entscheidungsgrundlage dar. Es ist klar, dass der erfahrene Diplomat Trauttmansdorff die Situation rund um den Generalissimus kritisch für seinen Herrn begutachten und dem Oberbefehlshaber den Unmut des Kaisers gegenüber der militärischen Zurückhaltung der kaiserlichen Armee, von der noch die Rede sein wird, andeuten sollte  ; das allerletzte Vertrauen in Wallenstein war aber noch nicht verspielt. Doch in Wien fühlte man sich – auch das ist unübersehbar – zu wenig durch die Heeresführung informiert, die Verhandlungen im fernen kaiserlichen Hauptquartier wurden nur zum Teil von den kaiserlichen Räten besucht (oder anders formuliert  : kontrolliert), nicht alles, was dort besprochen wurde, stand im Einklang mit den kaiserlichen Intentionen, für Gerüchte rund um die wallensteinischen Verhandlungen entstand so ein ausgezeichneter Nährboden. Die Skepsis über Wallensteins Pläne wurde größer. Bösartige Gerüchte schwirrten nicht nur am Hof in Wien, sondern auch im gegnerischen Lager umher. Gegenstand der Flugschriften waren nicht nur die Friedensverhandlungen. So ist in einer Zeitung (Nachricht), die im schwedisch-protestantischen Lager bereits im Juni 1633 kursierte, über den ersten Waffenstillstand in Schlesien zu lesen, Wallenstein wolle die böhmische Krone, ja sogar die Kaiserkrone, gegen Bayern und Österreich vorgehen sowie die Jesuiten aus dem Reich jagen. Cor– 198 –

Friedensverhandlungen 1633 – kein Friede durch Wallenstein

nelis Pauws, niederländischer Gesandter im Reich, berichtete an die Hochmögenden der Generalstaaten aus Frankfurt im Oktober 1633  : »Sonderbare Diskurse werden über die Stimmung und Absicht (  ?) des Generals Wallenstein geführt und dass das wohl große Veränderungen in Böhmen hervorrufen werde  : einen neuen König, Religionsfreiheit, Restitution der Verjagten und in der Folge viele Dinge, die daran hängen, wovon wegen der großen Unsicherheit noch wenig zu schreiben ist.« All diese kursierenden Geschichten wurden vor und nach der Liquidierung Wallensteins in diversen Verleumdungs- und Rechtfertigungsschreiben aufgenommen, um den Feldherrn propagandistisch zu diskreditieren. Wie aber dachte man in Wien  ? Kathrin Bierther hat mit ihrer Mutmaßung nicht unrecht, wenn sie auf »maßgebliche Kreise am Kaiserhof, der Kaiser eingeschlossen«, verweist, die dem Generalissimus im Dezember die weiteren Verhandlungen mit den protestantischen Kurfürsten zu entziehen suchten (Bierther, Vorgeschichte, S. 178). Der bereits ventilierte Alternativplan war, über Herzog Franz Julius von Sachsen-Lauenburg (und eben nicht mehr über Wallenstein) die Verhandlungen fortzuführen und an den Kaiserhof nach Wien zu holen. Im Januar 1634, als man den Generalissimus in Wien bereits mit Karikaturen verspottete, waren beide Lauenburger als Vermittler im Einsatz. Im Gegensatz zu den Lübecker Verhandlungen konnte Wallenstein 1633 das Gesetz des Handelns nie vollständig an sich ziehen  ; dafür waren zu viele gewichtige Partner und zu verschiedene Interessen involviert. Zudem ist zu bezweifeln, ob er überhaupt der Hauptakteur der Friedensverhandlungen sein oder ob er nicht ohnehin dem Reichsoberhaupt die Verantwortung überlassen und selbst nur als Vermittler in einem äußerst sensitiven und komplexen Friedensprozess auftreten wollte. Wie dem auch sei, der seit jeher polarisierende Wallenstein galt am Hof nun mehr denn je als suspekt. Allerdings wurde das Vertrauen in Wallenstein nicht so sehr – 199 –

Der Politiker

durch seine Verhandlungen mit den protestantischen Kurfürsten erschüttert, sondern vielmehr durch seine ab dem November 1633 kaum mehr nachvollziehbaren militärischen Aktionen oder, zutreffender gesagt, durch das Unterlassen befohlener Aktionen.

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Der V er r äter ?

W

ar der 1630 aus dem Oberkommando des Heeres Entlassene, wie Josef Pekař behauptete, ein aus bloßem Eigennutzen, von Hassgefühlen und Rachsucht getriebener, »törichter« Racheengel  ? Warum verloren der Kaiser und sein Hof das Vertrauen in Wallenstein  ? Weshalb ließ das Reichsoberhaupt diesen erfolgreichen Heerführer liquidieren  ? War Wallenstein nun wirklich ein Verräter  ? Die beiden tschechischen Historiker Polišenský und Kollmann wollten die Verratsthese, die freilich immer im Kontext mit Wallensteins Kontakten zu den Feindparteien stand, mit seinem Status als Reichsfürst entkräften. Als Herzog von Mecklenburg stand ihm das Recht zu, »mit fremden Staaten und Herrschern Verhandlungen anzuknüpfen und Verträge zu schließen, ebenso wie andere deutsche Fürsten das taten, […]« (Polišenský/Kollmann, Wallenstein, S. 232). Abgesehen davon, dass der Friedländer nicht nur als Reichsfürst, sondern auch während seiner Zeit als kaiserlicher mit Rechten, aber auch Pflichten ausgestatteter Oberbefehlshaber mit den Kriegsgegnern verhandelte, wäre ein Vertragsabschluss als Reichsstand mit Fremdmächten ein klarer Bruch des Reichsrechts gewesen. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob andere Reichsfürsten in der Vergangenheit (zum Beispiel Moritz von Sachsen im Jahre 1551/52 mit Frankreich) bereits Kontakte, selbst Verträge mit auswärtigen Mächten und Souveränen pflegten und schlossen. Wesentlich ist, dass das Bündnisrecht des sogenannten »Beistandspaktes«, also die Erlaubnis, mit reichsfremden Mächten Allianzen einzugehen, den Reichsständen erst mit den Westfälischen Friedensverträgen von 1648 – 201 –

Der Verräter  ?

eingeräumt wurde, jedoch unter der ausdrücklichen Auflage, dabei nicht gegen Kaiser und Reich vorzugehen.

Fehl ende In v est it ion u nd Befehl sv erw eigeru ng Wallenstein hatte zwei grundsätzliche Probleme. Zum einen war er zwar ein guter Netzwerker im wirtschaftlichen Bereich, jedoch ein völlig unbegabter politischer Netzwerker. Zum anderen betrieb der Generalissimus nicht eine falsche Friedens-, sondern vielmehr eine höchst problematische, ja geradezu fatale Kriegspolitik, wie bereits erwähnt wurde. Zunächst zu den fehlenden Investitionen  : Wallenstein ließ sich das letzte Mal am 13. Mai 1628 am kaiserlichen Hof sehen und traf auch weiterhin nicht mehr mit Ferdinand II. zusammen. Der oberste Befehlshaber der kaiserlichen Armee entwickelte eine ausgeprägte Abneigung gegen den Hof in Wien, und er zählte keinesfalls zu den Vertrauten des Kaisers. Natürlich hatte er schriftlichen Kontakt zu Ferdinand und seinen Räten, die ab und zu ins Hauptquartier abgefertigt wurden, allerdings konnten Korrespondenzen und gelegentliche Treffen mit kaiserlichen Geheimräten die Präsenz am Hof nicht kompensieren. Ganz im Gegenteil  : Wallenstein wurde dem Hof fremd und er selbst äußerte sich oftmals recht boshaft und voreingenommen über die Höflinge rund um Ferdinand. Der Neuzeithistoriker Christoph Kampmann hat seine fehlenden Kontakte zu den Entscheidungsträgern in Wien herausgearbeitet und festgestellt  : »Wallenstein war […] weder direkt noch indirekt in die regelmäßige Regierungsarbeit des Hofes eingebunden« (Kampmann, Zweiter Mann, S. 303). Wallenstein spielte somit oftmals keine große Rolle im Entscheidungsprozess der habsburgischen Staatsführung. Die Konzipierung und der Erlass des Restitutionsedikts, bei dem der Herzog von Friedland nicht konsultiert wurde, ist ein bekanntes Beispiel dafür. Bestimmt, der – 202 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

Generalissimus wurde um Gutachten und Lagebeurteilungen gebeten, sein Wort hatte Gewicht, aber im institutionalisierten Zent­ rum der Macht, am Ort der Entscheidung, war er nicht. Das stellt keinen Widerspruch zum Machtmenschen Wallenstein dar, denn Wallenstein war selbst mehrmals Gravitationszentrum der Macht, strebte nach höchst möglicher Autonomie in militärischen wie auch in politischen Belangen und bestimmte oft genug das Gesetz des Handelns. Der Kaiserhof konnte in diesen Situationen nur reagieren, wie es zum Beispiel im Vorfeld des Lübecker Friedensschlusses der Fall war. Der letzte Beschluss lag in diesem Fall beim Kaiser, doch sein General gab die Prämissen vor. Lange Zeit war das militärische und ökonomische Genie Wallenstein für die Casa de Austria schlicht unabkömmlich. Er wurde nicht geliebt, doch seine Fähigkeiten und Kontakte geschätzt und notwendig gebraucht. Im Jahr 1633 und vor allem im Januar 1634 hingegen wurde ihm das Gesetz des Handelns in allen Belangen entzogen. Die Frage ist, ob Wallenstein überhaupt Anhänger am Hof hatte. Der Zeitgenosse Khevenhüller hat als »seine besten Freunde« den österreichischen Hofkanzler Johann Baptist Verda Freiherrn von Werdenberg, Gerhard von Questenberg und Fürst Eggenberg genannt (Khevenhüller, Conterfet II., S. 222). Man würde jedoch zu modern denken, wenn man der barocken Klientelbezeichnung »Freund« die gleiche Bedeutung zumessen wollte wie heute. Der Finne Pekka Suvanto hat dieser Thematik eine bemerkenswerte Studie gewidmet. Dabei hat er folgende kaiserliche Vertraute als Anhänger Wallensteins apostrophiert  : wiederum Gerhard von Questenberg, Johann Ulrich Fürst von Eggenberg und Johann Verda von Werdenberg sowie Anton Wolfradt und natürlich die Mitglieder der Familie Harrach, da Wallenstein mit einer Harrach verheiratet war, um nur einige der prominenten angeblichen Unterstützer Wallensteins am Hof zu nennen. Die moderne Forschung hat sich jedoch von der Auffassung der Wallenstein-Klientel am – 203 –

Der Verräter  ?

Hof des Kaisers distanziert und sieht in den von Suvanto genannten Personen eher Verbindungsleute des Generals zum Hof und Verbindungsleute des Kaisers zu Wallenstein, die in der Kommunikation zwischen Reichsoberhaupt und Feldherrn eine wichtige Rolle spielten und durchaus wechselnde, je nach eigenem Vorteil ausschlaggebende Positionen zum Herzog von Friedland eingenommen haben. Zudem dürfte der Herzog wohl auch durch finanzielle Zuwendungen und Geschenke Sympathien erworben haben, wie Insider am Hof berichten konnten. Schon gar nicht waren diese mehr oder weniger einflussreichen Räte Wallensteins Kreaturen, also geförderte Protegés im Beziehungsgeflecht der Elite. Definiert man ein Netzwerk als eine Gruppe, deren Mitglieder nicht als offizielle oder formelle Gruppierung in Erscheinung treten, sondern vielmehr als lose, ja sogar verdeckte Gruppe agieren, Vergünstigungen und Bevorzugungen schaffen bzw. die geschätzte und teils lebensnotwendige Gunst des Herrschers erhalten lassen können, so erscheint die früher oft als Anhänger Wallensteins titulierte Gruppe dieser Definition keineswegs zu entsprechen. Fehlende Investitionen in vertrauensbildende Maßnahmen und in soziale Kontakte zum kaiserlichen Hof waren somit ohne Zweifel Schwächen Wallensteins. Bemerkenswerterweise hat sich die Literatur zu Wallenstein viel mehr mit den Gegnern auseinandergesetzt. Maximilian von Bayern und der König von Ungarn und Böhmen, der spätere Ferdinand III., als Haupt einer spanischen Partei am Hof in Wien, wurden immer wieder als deklarierte Feinde des Herzogs von Friedland genannt. Der bayerische Kurfürst steht außer Zweifel, er hat sich oft genug negativ über den Emporkömmling Wallenstein geäußert, doch im letzten Akt exponierte sich der Bayer nicht mehr sonderlich. Sein Gesandter am Wiener Hof Bartholomäus Richel sollte bestenfalls Stimmung gegen den Generalissimus machen. Das Bild über die Beziehung des Thronfolgers zum Generalissimus wurde von Lothar Höbelt in seiner Biografie über Ferdinand III. – 204 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

relativiert (Höbelt, Ferdinand III., S. 66f.)  : Ein Hauptakteur im Absetzungsverfahren war der junge Habsburger wohl kaum, schriftlicher Nachlass seiner Feindschaft zu Wallenstein existiert nicht, er ging, so darf vermutet werden, mit den Spaniern konform und sein Verhältnis zum Herzog entsprach eher der natürlichen Konkurrenz zwischen altem Routinier und jungem, aufstrebendem Talent. Wallenstein selbst wollte den jungen König keinesfalls bei der Armee haben, das wäre für den mächtigen Feldherrn einem groben Autoritätsverlust gleichgekommen. Die spanische Einstellung zum Friedländer muss sehr differenziert betrachtet werden, denn eigentlich schätzte man den machtvollen Generalissimus in Madrid. ­Philipp IV. verlieh dem Herzog das Goldene Vlies, die höchste Auszeichnung der Casa de Austria, sein erster Premier, der Conde-Duque Olivares, hielt militärisch große Stücke auf den kaiserlichen General. Die spanischen Gesandten in Wien wurden angehalten, für die Wiedereinsetzung des kaiserlichen Oberbefehlshabers nach seiner Entlassung 1630 zu intervenieren. In Madrid galt Wallenstein als der Garant habsburgischer Erfolge. Wallenstein korrespondierte eifrig mit der spanischen Regierung. Dabei war jedoch schon während des ersten Generalats nicht alles eitel Wonne. Wallenstein verhielt sich gegenüber spanischen Hilferufen zur Entlastung der Niederlande im niedersächsisch-dänischen Krieg zunächst äußerst reserviert, und er war gegen einen Einsatz der kaiserlichen Armee im Mantuanischen Erbfolgestreit. Freilich musste ein Militärstratege der Lage angepasst denken und nichts kategorisch ausschließen, sodass er bei Friedensschluss in Lübeck doch wieder für eine kaiserliche Unterstützung gegen die Niederlande war. Ferdinand befahl zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits seine frei werdenden Regimenter nach Oberitalien. Die Weiterführung des Krieges in Polen gegen die Schweden, Zurückhaltung in Italien und ein habsburgischer Sieg gegen die Generalstaaten, das wäre der gewünschte Idealzustand für den Generalissimus Mitte 1629 gewesen. Der Wunsch – 205 –

Der Verräter  ?

erfüllte sich nicht. Die renitente Republik blieb unbesiegt, die kaiserliche Armada intervenierte in Mantua und der polnische König schloss mit Schweden durch Vermittlung der französischen Krone einen Waffenstillstand, der Gustav Adolf freispielte. Für eine Unterstützung im Kampf gegen die Niederlande bot ihm die Weltmacht Spanien sogar ein weiteres Herzogtum an – Herzog von Friesland durch Spaniens Gnaden. Für militärische Hilfe gegen Den Haag wollte die spanische Linie der Habsburger den Feldherrn mit umfassenden Vollmachten und viel Geld ausstatten. Gegenüber den Angeboten des spanischen Hofes von 1633 verhielt sich der Generalissimus ebenfalls zurückhaltend und forderte den für Madrid natürlich unannehmbaren Oberbefehl über die spanischen Truppen unter Feria, die seit Herbst 1633 zur Sicherung des camino imperial am Oberrhein – und somit auf Reichsgebiet – eingesetzt waren. Schon zuvor fiel dem spanischen Botschafter am Kaiserhof der Widerstand Wallensteins gegen eine spanische Armee im Reich unangenehm auf. Dennoch  : Für die Regierung in Madrid, die schon aufgrund der langen Kommunikationswege (zwischen zwei und vier Monaten von Wien nach Madrid) nie einen aktuellen Informationsstand besaß, blieb Wallenstein das heiße Eisen im Feuer. So musste der Kaiser in Wien die Haltung seines königlichen Vetters in Madrid wohlweislich bedenken, wenn er Schritte gegen den Herzog plante, wie er überhaupt Rücksicht auf die spanischen Interessen nehmen musste. Gegenüber seinem Generalissimus sprach er die Befürchtung, die finanziellen Zuschüsse aus Madrid zu verlieren, offen aus, als es um die Unterstützung Ferias ging  : »[…], das, da der Graf sich herauf moviren und der duca de Feria allein da­ runter solte gelassen werden, derselbe leicht zu weith impegnirt und besorglich gar verlohren werden dörffte, ob dessen schaden dan des königs in Hispanien Liebden bald ein disgusto schöpfen und mit den jehnigen mitteln, welche sie bishero zu Unterhaltung meiner Armaden so treuherzig dargeschossen, fürthin zuruckh halten – 206 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

möchten, […].« Mit den spanischen Botschaftern in Wien, die eine sehr eigenständige Linie vertraten, tat sich Ferdinand leichter. Der Sonderbotschafter Iñigo Vélez de Guevara y Tassís, Conde de Oñate, und der ständige Botschafter in Wien, Sancho de Monroy, Marqués de Castañeda, vertraten die Meinung, dass der Generalissimus niemals auf die spanischen Pläne einer gemeinsamen Liga gegen die Niederlande (oder auch gegen Frankreich) einschwenken werde. Ihnen war daher eine Absetzung – wenn notwendig auch mit Gewalt – gerade recht. Sie wurden schließlich zu unerbittlichen Gegnern des Herzogs  ; ihr Favorit für das Oberkommando war bereits seit dem Herbst 1633 der junge König Ferdinand. Oñate setzte sodann die Aussetzung der Mesadas, der Subsidien, als Druckmittel für die Absetzung Wallensteins ein. Hildegard Ernst, die sich eingehend mit den innerhabsburgischen Beziehungen dieser Zeit auseinandergesetzt hat, kommt zu folgendem Schluss  : »Es besteht wohl kein Zweifel, daß die spanische Botschaft einen erheblichen, wenn nicht gar den entscheidenden Anteil an der Beseitigung Wallensteins hatte« (Ernst, Madrid und Wien, S. 78). Und dann gab es noch die geheimnisumwitterten Jesuiten, die immer unter Generalverdacht standen, als Ratgeber der Fürsten im Hintergrund die Fäden zu ziehen und Monarchen zu beeinflussen. P. Wilhelm Germain Lamormaini, der Beichtvater Ferdinands, hatte ohne Zweifel großen Einfluss auf den zutiefst katholischen Kaiser. Er war maßgeblich bei der Einführung des Restitutionsedikts beteiligt, stimmte für Wallensteins Abberufung am Regensburger Kurfürstentag, legte Protest bei Wallensteins Wiedereinsetzung ein und war ein intransigenter Gegner von Kompromisslösungen mit den Protestanten. Für Heinrich von Srbik, der eine eingehende Untersuchung zu Wallensteins Ende geschrieben hat, hatten der Beichtvater Lamormaini und nicht minder der Jesuitenpater Johannes Weingartner, der deutsche Hofprediger Ferdinands, außerordentliche Möglichkeiten der agitatorischen Beeinflussung auf den Kaiser. Die neuere – 207 –

Der Verräter  ?

Forschung konstatiert zwar die Feindschaft Pater Lamormainis zu Wallenstein, der den konfessionspolitischen Aktivitäten der Jesuiten offen entgegentrat, beurteilt jedoch den wahren Einfluss der Gesellschaft Jesu auf den Kaiser in der Causa Wallenstein eher vorsichtig  : Der Beichtvater unterstützte das Absetzungspatent und weitere Maßnahmen gegen den Generalissimus voll und ganz, da nur durch diese Maßnahme die Harmonie zwischen den katholischen Häusern Wittelsbach und Habsburg erhalten werden konnte (Bireley, Jesuits, S. 156). Sein Beitrag zur offenen Stimmungsmache gegen den Generalissimus bzw. zu einer viel subtileren Beeinflussung in seiner Funktion als Gewissensrat, die naturgemäß quellenmäßig sehr schwer zu belegen sein wird, findet keine Erwähnung. Neben diesen großen Namen am Hof gab es noch seine deklarierten Gegner in den Filialen der Macht, wie Wilhelm Slawata von Chlum und Košumberg, seit Kindheit an mit seinem Vetter Albrecht bekannt, 1618 aus dem Fenster gestürzt und ab 1628 Oberstkanzler von Böhmen, sowie den Gubernator und Landeshauptmann von Mähren, Kardinal Dietrichstein. Wallenstein hat selbst gewusst, dass er am eigenen Hof umstritten war  : »Ich habe mehr Kriegs mit etlichen ministris als mit allen den feinden«, hat er bereits während der Lübecker Verhandlungen geschrieben. Für die Einhaltung von Waffenstillständen war das Heer von 1633 eine teure Investition, zumindest aus der Sicht des Kriegsherrn. Aus der Sicht des Vertragsnehmers hingegen entsprach es wohl eher einer Schonung wertvollen Kapitals. Wallenstein unternahm mit seiner Hauptarmada bis zum Oktober 1633, bis zum Angriff auf die Schweden unter Thurn, keine ernst zu nehmende militärische Operation. Von den Kaiserlichen war Aldringen mit seinem Korps in Bayern aktiv, und Holk unternahm eine kurzzeitige Diversion ins Vogtland und nach Meißen, um den Verhandlungen mit Arnim Nachdruck zu verleihen. Als die katholischen Alliierten das kaiserliche Heer vor Regensburg brauchten, trieb Wallenstein ein – 208 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

wahrlich undurchsichtiges und dubioses Spiel. Seine militärische Strategie wurde undurchschaubar für alle Parteien. Verhielt sich der Generalissimus schon gegenüber den spanischen Bitten um Entsatz der von den Truppen des Heilbronner Bundes belagerten Festung Breisach reserviert bis widerwillig, so wurde die Haltung des Herzogs gegenüber dem kurbayerischen Hilfsgesuch zur militärischen Entlastung durch die kaiserliche Hauptarmee schwerwiegend für den Wiener Hof. Durch den militärischen Druck der schwedischen Armee unter Gustav Horn, der jedoch vorrangig im Gebiet Oberrhein und Bodensee operierte, und vor allem der Truppen Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar auf Bayern sah sich Maximilian I. seit März 1633 genötigt, um kaiserliche Unterstützung zu bitten. Äußerst prekär wurde die Lage für den Kurfürsten, als die feindlichen Truppen die strategisch wichtige Festungsstadt Regensburg bedrohten. Sie ging am 14. November 1633 verloren. Maximilian sah die Gefahr voraus und berichtete über die bedrohliche Lageentwicklung unaufhörlich nach Wien. Ferdinand II. war bereits seit dem Sommer bemüht, seinen Oberbefehlshaber nach Bayern zu beordern  : Am 13. September klang das noch wie ein gut gemeinter Vorschlag. Die spanischen Truppen, die unter dem Mailänder Statthalter Feria am Oberrhein operierten, sollten mit Teilen General Aldringens aus Bayern verstärkt und das Korps Holk gegen den Herzog von Weimar in Marsch gesetzt werden. Nach dem Treffen von Steinau, Ende Oktober, als die Donauübergänge in Bayern nun ernsthaft bedroht waren, wurde Ferdinand konkreter. Wallenstein sollte einen succurs (militärische Unterstützung) für Maximilian unter ihm selbst, Gallas oder Colloredo in der Stärke von 20 Kompanien zu Pferd plus Dragoner zusammenstellen. Bernhard von Weimar begann Anfang November, Regensburg zu belagern und zu beschießen. Weitere Aufforderungen des obersten Kriegsherrn und des Hofkriegsrates sowie demütigende Bitten des Kurfürsten zur Unterstützung Bayerns folgten. »Unverzüglich« befahl Ferdinand – 209 –

Der Verräter  ?

am 11. November Wallenstein, die kaiserliche Unterstützung unter Gallas nach Bayern zu beordern, zumal der Kaiser auch eine akute Bedrohung seiner Erblande sah. Doch auf die Befehle aus Wien reagierte der Generalissimus äußerst widersprüchlich  : Einen Teil seiner Truppen ließ er nach Leitmeritz und andere Regimenter wiederum nach Schlesien verlegen. Der mit 30 Kompanien für den succurs sowohl bei Maximilian als auch bei Ferdinand angemeldete Generalwachtmeister Giacomo Graf von Strozzi musste sich im Raum zwischen der Oberpfalz und Böhmen bereitstellen, durfte jedoch keineswegs die Donau überschreiten und auch keinen Feindkontakt suchen. Dem Kaiser berichtete der Generalissimus entgegen seinen Befehlen an Strozzi, der Generalwachtmeister werde mit den 25 Kavalleriekompanien und fünf Dragonerkompanien Maximilian assistieren und den feindlichen Vorbruch verhindern. Wallenstein räumte somit der Bedeckung der Erbländer Priorität ein – »dass hierunter mehrgedachtes Churfürsten Liebdens begehren nicht satisfaction beschehen kann, gnedigist verzeihen wollen«, schrieb er bereits im August an den Kaiser. Die Bedeckung Böhmens war nur vorderhand eine gute Begründung, bündnispolitisch wohl kaum, da er mit dieser Aktion vollends die Autorität des Reichsoberhaupts untergrub. Gallas, der vom Kurfürsten von Bayern ebenfalls dringend um militärische Hilfe ersucht wurde, bekam von seinem Vorgesetzten zu hören, er solle sich von Maximilian nicht irre machen lassen, zumal »wie deroselben [Maximilian, Anm. d. Verf.] iederzeit mehr die beförderung ihres eygennutzens als des boni publici angelegen«. Die Demütigungen des Sommers 1630 wie auch die unterlassene Hilfeleistung vor der Schlacht von Lützen hatte Wallenstein wohl nicht vergessen, Ressentiments gegen den Wittelsbacher waren immer noch vorhanden. Maximilian von Bayern war daher bitter enttäuscht, dass es seinem Schwager nicht gelang, Wallensteins Armee in sein schwer bedrängtes und von feindlichen Truppen drangsaliertes Land zu leiten. – 210 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

Gegenüber Gallas drückte der Wittelsbacher am 4. November 1633, also noch vor dem Fall Regensburgs, seine ganze Niedergeschlagenheit über die unterlassene Hilfeleistung aus  : »[…] dan mich billich nit wenig schmerzet, dass umb meiner ir kay. May. so ihren gelaistenen dienste willen, wordurch ich meine lande so vasst entplösset habe, ich iezo so hilfloß im stich gelassen werde, da ich doch von ir May. durch aigne hannd brieflein aines vil besseren so hoch und eiferig vertröstet werden.« Wallenstein sträubte sich beharrlich unter Verweis auf die eigene, zu mindere Truppenstärke und die feindlichen Bewegungen entlang der Elbe, das bayerische Kurfürstentum adäquat zu entlasten. In der Tat hatte es der kaiserliche Generalissimus mit zwei feindlichen Stoßrichtungen auf die habsburgischen Erblande zu tun  : Kursachsen und schwedische Korps entlang der Elbe aus Richtung Norden und Weimar aus Richtung Westen. Bis Oktober konnte man das Verteidigungsdispositiv bestenfalls, wenn man schon keine anderen Motive finden will, der falschen Lagebeurteilung Wallensteins anlasten, ab Ende Oktober jedoch waren die Absichten Weimars (der es sich im Übrigen aufgrund seiner zu geringen Truppenstärke gar nicht erlauben konnte, Regensburg hinter sich zu lassen) aber glasklar. Ferdinand II. wollte daher Gallas unter Umgehung der Befehlskette, sprich  : ohne Befehl Wallensteins, nach Regensburg beordern. Gegenüber seinem Generalleutnant monierte der Habsburger, dass er schon den fünften Kurier zum Herzog von Friedland abgefertigt habe, ohne dass dieser jedoch reagiert hätte. Es war eine bittere Erfahrung für Ferdinand, dass er sich in dieser äußerst prekären Lage nicht mehr auf das eigene Heer und auf den eigenen Heerführer verlassen konnte. Erst Mitte November kündigte der Generalissimus überraschend die Überstellung eines Hilfskorps – eben das Korps Strozzi – an den Kurfürsten an. Und wenig später berichtete der Generalissimus an seinen Kriegsherrn und an Kurbayern, er werde persönlich gegen den Herzog von Weimar marschieren. So trat in Braunau, wo – 211 –

Der Verräter  ?

der Kurfürst aufgrund des Feinddrucks zwischenzeitlich residierte, plötzlich ein kurzzeitiger Stimmungsumschwung ein. Geht man nach den uns bekannten Akten, so glaubten die Bayern aufgrund der Ankündigungen Wallensteins tatsächlich noch an eine massive Unterstützung durch kaiserliche Verbände. Selbst der Kaiser war Ende November im Glauben, sein Generalissimus marschiert nun doch nach Bayern  : »also wihl ich hoffen, es werde gar baldt darauf ain gueter effect volgen.« Umso größer war die Enttäuschung, als man erkennen musste, dass die Ankündigungen des Friedländers jeder Grundlage entbehrten. Nichts davon war ernst gemeint  : Die kaiserlichen Spitzen unter Wallenstein kamen zwar bis zur böhmisch-bayerischen Grenze, gingen aber dann in die Winterquartiere. Das Korps Gallas wiederum hatte keine ausreichenden Truppen zur Verfügung und musste ab November die böhmischen Grenzen sichern. Zudem bekam Gallas von Wallenstein den Befehl, den Graf von Strozzi »nicht gar zu weit von dannen discortiren« zu lassen. Diese Befehle standen im Widerspruch zur vorhergehenden Ankündigung, der Generalleutnant oder Strozzi werde zur Entlastung nach Bayern marschieren. Trotzig schrieb der Generalissimus noch am 18. November an seinen Kriegsherrn, dass er sich über die unprofessionelle Kriegführung in Bayern und »über den großen unfleiß und unvorsichtigkeit derer zu Ingolstadt« nur wundern könnte (die bayerischen Truppen in Ingolstadt konnten den Bau der Schiffsbrücke über die Donau durch die Truppen Weimars nicht verhindern). Widersprüche gab es hier genug. Ein sichtlich enttäuschter und äußerst unzufriedener Kaiser ließ am 9. Dezember seinen Generalissimus wissen  : »Ich habe aus Euer Liebden vom dritten dises datirten schreiben ungern vernommen, das Sie wegen anderer diversion und besorgenden einbruchs des Kniphausen in Böhmen Ihre gedanken dahin verändert haben, sich widerumben zurück in Böhmen zu wenden und gegen dem herzogen von Weinmar allein eine bloße defensions anstalt auf dieser seithen der Thona – 212 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

zu hinderlaßen, […]«, und weiters beharrte das Reichsoberhaupt auf der Durchführung seiner Befehle »[…] und ist insonderheit darbei mein gnedigstes begehren und verlangen, dass Euer Liebden diese impresa befördern und, da sie gleich mit der Armada sich schon widerumben in Böhmen zuruckh begeben hetten, dieselbe also widerumben gegen Passau oder den von Weinmar wenden […]«. Als dieses Schreiben abgefasst wurde, überlegte der Geheime Rat bereits die Ablöse Wallensteins als Friedensunterhändler und schließlich auch als Oberbefehlshaber. Denn selbst nach dem Fall von Regensburg wollte Ferdinand noch die Zurückdrängung Weimars durch die Hauptarmada. Doch der Herzog, der sich in Pilsen/ Plzeň einrichtete, produzierte bis in den Dezember hinein ein (in manchen Passagen durchaus abschätzig formuliertes) Gutachten nach dem anderen mit Begründungen, warum er keinen Marsch auf die Truppen Bernhards durchführen werde  : Erschöpfung der Truppen, Bezug der Winterquartiere und Ruin derselben bei einem Winterfeldzug waren die schlagenden Argumente. Der ansonsten autoritär agierende Feldherr übersandte sogar ein Gutachten seiner Generalität und Regimentskommandanten an den Hof, das besagte, dass man den Feldzug keineswegs fortsetzen konnte. Natürlich berief der Oberbefehlshaber auch sonst den Kriegsrat ein, das aber war doch außergewöhnlich  : Der Generalissimus, der seine Armee wie auch seine Fürstentümer patriarchalisch führte, schob plötzlich die Führungsverantwortung auf einen Armeebeschluss ab – das war wohl die Ouvertüre zum ersten Pilsener Schluss. Dem Kaiserhof schien nun die Kontrolle über die Armee total zu entgleiten. So verlor man in Wien die Nerven, da man ernsthaft an einen Angriff Bernhards von Weimar auf die Erblande dachte, und in Prag empörte man sich über die gefürchteten Einquartierungen der kaiserlichen Armada im Böhmen. Für Sprengstoff zwischen dem Hauptquartier und dem Wiener Hof, der zu diesem Zeitpunkt nun wirklich keine genauen Kennt– 213 –

Der Verräter  ?

nisse mehr über die Absicht der eigenen Armee und über deren Kriegführung hatte, war gesorgt. Die letzte Mission der kaiserlichen Räte Trauttmansdorff und Questenberg zu Wallenstein im Dezember 1633 konnte die Lage nicht entschärfen. Es war diese andauernde unkooperative Art der Kriegführung des eigenwilligen und ehrgeizigen Generalissimus, die ohne Zweifel den Tatbestand der Befehlsverweigerung erfüllte, eine klare Missachtung des obersten Kriegsherrn darstellte, des Kaisers Autorität konterkarierte und schließlich die Stimmung am Wiener Hof zu seinen Ungunsten umschlagen ließ. Ferdinand ließ nach der Befehlsverweigerung Wallensteins durch seinen Geheimen Rat Gundacker von Liechtenstein, dem der Generalissimus bestens bekannt war, ein Gutachten über den Herzog von Friedland anfertigen. Das Problem stellte für Liechtenstein nicht ein im Raum stehender Verrat dar, sondern der Ungehorsam Wallensteins  : »[…] so erstens der Ungehorsam des Generalissimus, zweites, dass die Heeresmacht von ihm und nicht von Euerer Majestät abhängt.« Auch Khevenhüller stellte diesen Tatbestand in seiner biografischen Skizze über Wallenstein heraus  : »[…] und weil Ihr kayserl. Maj. aus seinen Actionen, handlungen, Thuen und Lassen, dass er seine Gedancken zu weit gesetzt, und das Volck von Ihr Kayserl. Maj. ab und zu sich ziehen, und deren Ordinanzen nimmer gehorsamen wöllen, […]« (Khevenhüller, Conterfet II, S. 220). Offiziöse Schreiben und propagandistische Flugschriften wussten jedoch bereits zuvor vom Verrat, von den »rebellen und maineidigen« zu berichten. Der kaiserliche Rat führte als Beispiele der wallensteinischen Insubordination die Quartiernahme der Armee in den Erblanden gegen den ausdrücklichen Befehl des Kaisers und die Unterlassung der Verfolgung des Herzogs von Weimar an. Liechtenstein fürchtete einen schweren Reputationsverlust des Reichsoberhaupts, einen Abfall der zu Wallenstein scheinbar treu stehenden Armee, einen Abfall der Verbündeten, ein Bündnis Frankreichs mit dem Genera– 214 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

lissimus und allen anderen Feinden sowie den Ruin des Hauses Österreich. Der kaiserliche Geheime Rat war sich bewusst, dass er ein Worst-Case-Szenario an die Wand malte, dennoch war er der Meinung, dass man »des Generalissimus Ungehorsam abstellen« müsse, da Gefahr im Verzug sei. Da dies im Guten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht möglich sein wird, so riet Liechtenstein, muss der Herzog abgesetzt oder aber auch die Legitimation nach Beratung mit zwei oder drei vertrauten Räten »ohne Beleidigung der Justiz« geprüft werden, den Herzog des Lebens zu berauben. Eine Liquidierung des Generalissimus sollte in einer vertrauten Runde rechtlich eingehend geprüft und zudem müssten im Vorfeld die Generalität und die Obristen für eine Absetzung ihres Capos gewonnen werden. Klare Worte der Staatsräson sind bei Liechtenstein zu lesen  : »[…], denn bei extremen Übeln sind extreme Mittel anzuwenden, und zur Bewahrung des Staates soll man alles tun, was nicht wider Gott ist.« Ferdinand ging auf die Vorschläge seines Rates ein. »Ungehorsam« und »Respektlosigkeit« gegenüber dem Reichsoberhaupt und Kriegsherrn waren also die Hauptanklagepunkte in Liechtensteins Gutachten gegen den Herzog von Friedland. Erst infolge dieses Ungehorsams wurde der mögliche Hochverrat Wallensteins, das Bündnis mit den Feinden des Hauses Österreich, befürchtet. Das Gutachten wurde am 11. Januar 1634 an Ferdinand übergeben. Am selben Tag trafen sich Generäle und Obristen in Pilsen, um einen nun wahrlich konspirativen Eid zu schwören. Und ungefähr zur gleichen Zeit traf ein weniger seriöses Schreiben am Hof ein  : die Verschwörungsgeschichte Piccolominis, die in dieser nervösen Phase Wirkung zeitigte, zumal man einige Tage später in Wien von der Zusammenkunft und den Unterschriften der kaiserlichen Offiziere in Pilsen erfuhr. Wallenstein manövrierte sich selbst in eine Situation, die ihm zum Verhängnis wurde. Durch diese Aktionen, aber auch durch von ihm oft locker geäußerte Bemerkungen sowie durch Gerüchte und Verleumdungen, die bei seinem Abfall im Ja– 215 –

Der Verräter  ?

nuar 1634 aufkamen, konnte man Wallenstein in Wien den Strick drehen oder aber, wie es Gottfried Lorenz treffend ausdrückte  : »Wer wollte, konnte aus all dem ein brisantes Gemisch herstellen« (Lorenz, Quellen, 37).

Da s V er fa hr en ge gen Wa l l enst ein Im kaiserlichen Hauptquartier ließ der Generalissimus seine hohen Offiziere und Obristen eine Erklärung unterschreiben, mit der der Feldherr noch einmal seine Macht, seine Unverzichtbarkeit für Habsburg demonstrieren wollte. Im kaiserlichen Hauptquartier bekam der verbliebene Generalstab natürlich mit, dass man in Wien bereits eine Veränderung in der »kriegsdirection und im generalat« erwog. Im Pilsner Revers (auch Pilsner Schluss genannt) wurden die Anwesenden verpflichtet, sich nicht von Wallenstein zu trennen, der seinerseits entschlossen festlegte, sein Amt nicht aufzugeben  : »Alß thuen wier auch hingegen unß sambtlich undt ein ieglicher insonderheit crefftigster, bestendigster Form Rechtens undt anstadt eines corperlichen Aydts hiemit verpflichten, bey Hochgedachter Ihr Fürstl. Gn. [etc.] diesfalß erbar undt getreü zue halten, auf keinerlei weiß von deroselben unß zue separieren, zue trennen noch trennen zu laßen, besonderen alles dasselbe, so zue Ihrer undt der Armada Conservation geraichet, nebenst Ihr Fürstl. Gn. [etc.] eüßerster möglichkeit zu beferdern undt bey, nebenst undt für dieselbe alles unßere bies den lezten Blutstroptten ungesbarter aufzuesezen, […].« Mit den 49 Unterschriften seiner Generäle und Obristen unterzeichnete der Generalissimus sein eigenes Todesurteil. Dieser deutlich formulierte, kniefällige Loyalitätsschwur der kaiserlichen Offiziere, der für den Generalissimus jedoch keinen Gulden wert war, wurde am Kaiserhof als Akt der Rebellion, also als Hochverrat, wahrgenommen. Nun folgte ein Krisenmanagement der besonderen – 216 –

Das Verfahren gegen Wallenstein

Art. Unter strengster Geheimhaltung beriet sich Ferdinand II. mit seinem engsten Beraterstab Fürst Eggenberg, dem Wiener Fürstbischof und Hofkammerpräsident Anton von Wolfradt und Graf Trauttmansdorff. In diesen Besprechungen wurde nichts weniger als die Absetzung und Gefangennahme bzw. Liquidierung des Herzogs von Friedland beschlossen. Am 24. Januar 1634 wurde ein folgenschweres kaiserliches Patent verfasst, das die Aufhebung der Verpflichtungen der Offiziere gegenüber Wallenstein festlegte und den Pilsener Schluss annullierte. Dabei wurden die meisten Unterzeichner, außer Ilow und Trčka (die jedoch im Patent namentlich nicht genannt wurden  ; man wusste aber, wer gemeint war), pardoniert, da man das Kaderpersonal der Armada natürlich erhalten musste. Generalleutnant Matthias Gallas wurde zum ­ provisorischen Oberbefehlshaber befördert, bis der Kaisersohn Ferdinand (III.), der schon seit einiger Zeit als Nachfolger im Generalat gehandelt wurde, das Oberkommando über die Armee übernahm. Dieses Patent blieb vorerst unveröffentlicht. Der kaiserliche Entschluss bezüglich des Generalissimus lautete, sich der Person Wallensteins durch Gefangennahme oder Tod – »per prigionar o per morte« – zu versichern. Grundlage des kaiserlichen Urteils waren, wie Christoph Kampmann in seiner Dissertation nachgewiesen hat, traditionelle Rechtsvorstellungen zu Aufruhr und offener Unruhestiftung, die eine Bestrafung und Enteignung von Rebellen zuließen. Das kaiserliche Vorgehen gegen den Herzog kann somit nicht als willkürliche Strafjustiz oder als religiös motivierte Staatsräson gesehen werden, man war in Wien durchaus im Glauben befangen, dass Gefahr im Verzug sei. Der Herzog von Friedland und seine Mitverschworenen wurden als »notorische reichsrebellen« verurteilt. Das zog »militärische und konfiskatorische Exekutionsmaßnahmen gegen den rebellen« (Kampmann, Reichsrebellion, S. 172) nach sich, die keiner weiteren gerichtlichen Prüfung ebenso wenig wie der Anhörung der vermeintlichen Täter bedurften. Der Kaiser hielt sich somit an – 217 –

Der Verräter  ?

den Rat Gundackers von Liechtenstein, sich an Rechtsvorgaben zu halten. Freilich, die Entscheidungsgrundlage war ein Gemisch aus Fakten, Gerüchten, Vermutungen, Verleumdungen, richtigen und falschen Schlüssen. Wallenstein selbst hätte wohl durch eine transparentere Informationspolitik und durch gelegentliche Besuche bei Hof vieles richtigstellen können. So konstruierten das Reichsoberhaupt und sein Beraterstab einen Rechtsfall, der die Beseitigung des Friedländers und seiner Vertrauten in bereits angewendeten und durchaus üblichen Verfahren zuließ. Schon vor der folgenschweren Sitzung gewannen kaiserliche Räte die höchsten Unterführer Wallensteins. Gallas, der jedoch noch ins Hauptquartier reiste, Piccolomini und Aldringen, die ihren Generalissimus schon im Laufe des Jahres 1633 gedanklich abgeschrieben hatten, betrieben seit Jahresanfang gezielt die Absetzung des Oberbefehlshabers der kaiserlichen Armee. Bemerkenswert ist dabei außerdem, dass Walter Butler, einer der drei Organisatoren der Tötung Wallensteins in Eger, Ende Dezember 1633 schriftlich gegenüber Piccolomini seine Dankbarkeit und Loyalität bezeugte. Der Abfall vom Generalissimus war also Ende des Jahres 1633 bereits im Gange. Noch vor den Missionen der kaiserlichen Hofräte besprachen sich die höchsten Offiziere des Heeres untereinander. Gallas, Piccolomini und Generalwachtmeister Rudolf Graf von Colloredo-Waldsee, wie Piccolomini ein Wallenstein-Gegner, trafen sich Anfang Januar 1634 zu einer Lagebesprechung im schlesischen Groß-Glogau. Über Verlauf und Inhalt der Gespräche sind wir nicht genauer informiert, es darf jedoch mit einigem Recht vermutet werden, dass Piccolomini Teile der später zu Papier gebrachten und nach der Tötung des Friedländers von Gallas unterzeichneten und approbierten Verschwörungstheorie auch hier zum Besten gegeben hat. Die Generalität des kaiserlichen Heeres entschied sich ohne große Zweifel für Habsburg und gegen Wallenstein, eine Konfrontation mit der Casa de Austria, gegen den Monarchen von – 218 –

Das Verfahren gegen Wallenstein

Gottes Gnaden wagten die hohen Offiziere – bis auf wenige Ausnahmen – nicht. Die Suche nach einem Ausweg, die Generalleutnant Gallas offenbar noch in Pilsen betrieb, brachte Wallensteins Forderung zutage, mit dem Herzogtum Mecklenburg entschädigt werden zu wollen, weiters verlangte er die Befriedigung des Heeres und die Sicherheit für sich und alle anderen, nicht in Unehre zu fallen. Doch zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel bereits gefallen. Das Vorhaben des Generalleutnants, mit Wallenstein zu einem Ausgleich zu kommen, scheiterte schließlich vollkommen. Piccolomini und Aldringen, die das Szenario aus der Distanz verfolgten und immer wieder durch Boten aus Pilsen informiert wurden, wähnten Gallas in Lebensgefahr. Noch im Hauptquartier erfuhr der provisorische Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armada vom bedingungslosen Entschluss Ferdinands II., Wallenstein in Gewahrsam zu setzen oder zu töten. Das Ziel war klar vorgegeben, die Ausführung oblag nun Gallas. Es schien sich daher gut zu ergeben, dass der General im Namen des Herzogs von Friedland den gleichgesinnten Piccolomini zur Unterstützung ins Hauptquartier nach Pilsen rufen ließ. Ottavio traf am 11. Februar ebendort ein, musste jedoch nach einer Besprechung mit Gallas feststellen, dass eine Gefangennahme des abgesetzten Generalissimus in dieser Umgebung und bei der starken Konzentration an Truppen, deren Kaisertreue die Generäle nicht einschätzen konnten, unmöglich war. Was nun folgte, war ein Täuschungsmanöver allerersten Ranges. Unter dem Vorwand, Aldringen, der das Hauptquartier trotz Aufforderung nicht mehr aufsuchte, nach Pilsen zu holen, verabschiedete sich Gallas am 12. Februar 1634 von Wallenstein und hatte nun freie Hand, die Exekution geordnet vorzubereiten. Der Generalleutnant erließ noch im kaiserlichen Hauptquartier einen Erlass an die Armee, der aus taktischen Gründen erst nach seiner Abreise aus dem Hauptquartier zu Pilsen datiert und versendet wurde. Demnach durften – 219 –

Der Verräter  ?

von Wallenstein, Ilow und Trčka keine Befehle mehr angenommen werden. Möglicherweise übergab er diesen Befehl an Piccolomini, der noch drei Tage in Pilsen ausharren musste. Nach der Besprechung mit seinem Freund und Schwager Aldringen erging am 15. Februar ein weiterer Armeebefehl, demzufolge nur noch Anweisungen der Generäle Don Balthasar Marradas, Aldringen und Piccolomini entgegenzunehmen waren. Eine weitere Verfügung vom 16. Februar hatte die Aussetzung der Geltung der Befehle Piccolominis zur Folge, solange sich dieser in Pilsen – also in der Nähe von Wallenstein – befand. Mit diesen an das Heer gerichteten Anordnungen wurde die Geheimhaltung des gegen Wallenstein sich im Laufen befindlichen Verfahrens aufgehoben. Der Hof reagiert unverzüglich. Ganz offiziell erließ man am 18. Februar 1634 ein zweites, viel schärfer formuliertes Absetzungspatent gegen Wallenstein und sprach Matthias Gallas, Don Balthasar Marradas, Ottavio Piccolomini, Rudolf von Colloredo und anderen loyalen Generälen das Vertrauen aus. Die Rückseite dieses sogenannten Proclamationspatents enthielt im Übrigen eine von Erzherzog Leopold Wilhelm, dem zweiten Sohn Kaiser Ferdinands II., unterzeichnete Verpflegs- und Unterhaltungsordonnanz, welche die Bezahlung der Offiziere und Soldaten neu regeln und ohne Zweifel zur Motivation durch das Erzhaus dienen sollte. Zudem wurden militärische Maßnahmen zur Sicherung einer internen Konfrontation getroffen. Piccolomini wurde mit 3.000 Kavalleristen, darunter auch Verbände der für Überfalls­ aktionen besonders geeigneten Kroaten, nach Pilsen gesandt, um das Hauptquartier unter Kontrolle zu bringen und den Friedländer unschädlich zu machen. Aldringens leichte Reiterei sollte Ottavio dabei unterstützen. Weiters sollten in Zusammenarbeit mit Kurfürst Maximilian von Bayern die Donauübergänge gesichert und Bernhard von Weimar »im Zaum gehalten« werden. Die operativen Maßnahmen und Zielsetzungen gegen den externen Feind durften – 220 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

gerade in dieser krisenhaften Zeit nicht aus den Augen verloren werden. Auch der Kaiserhof blieb natürlich nicht untätig. So wurde eine Verlegung der Verbände aus Niederösterreich nach Böhmen angeordnet, um eine befürchtete Verbindung Wallensteins mit den Truppen Bernhards von Weimar zu verhindern. In Prag wurden Infanterieregimenter bereitgestellt. Eine weitere wichtige Maßnahme war die materielle Befriedigung der Armee, die sich bereits in der neuen Verpflegs- und Gebührenordonnanz vom 18. Februar ankündigte. Den unglaublichen Geldbedarf, der für diese Maßnahme vonnöten war, wollte man mit der Konfiskation der »Rebellengüter« aufbringen. Wallenstein, Ilow und Trčka gingen somit ihrer umfangreichen Güter verlustig. Wiederum sah man in Böhmen einen außerordentlichen Gütertransfer auf Habsburgs loyaler Klientel. Und zugleich brachte ja die Ausschaltung des Generalissimus den erfreulichen Nebeneffekt der Ausschaltung eines Großgläubigers mit sich. Während in Wien und in den diversen Kommandostellen der Generäle die Absetzung und Liquidierung des Friedländers geplant wurden, ließ der ehemalige Generalissimus in Pilsen seine anwesenden Offiziere einen zweiten Revers unterzeichnen. Dieser »Zweite Pilsener Schluss« sollte den ersten relativieren und ihn als nicht gegen den Kaiser und die katholische Religion verstanden wissen. Zudem gab Wallenstein, der den Revers an erster Stelle unterschrieb, das Versprechen ab, nichts gegen das Reichsoberhaupt und den Katholizismus zu unternehmen. Wie auch immer dieser »Zweite Pilsener Schluss« gemeint war, er wurde am kaiserlichen Hof nicht mehr zur Kenntnis genommen. Ebenso wurden die letzten Vermittlungsversuche des Herzogs durch ausgesandte Boten wie auch durch Maximilian von Waldstein, der sich im Übrigen nach der Liquidierung seines Onkels sehr schnell von ihm distanzierte, igno­riert. Für den einstmals mächtigsten Heerführer der Habsburger blieben nach dem Bekanntwerden des Absetzungspatents nur noch die demü– 221 –

Der Verräter  ?

tigende Flucht und der Übertritt zum Feind  : Trčka, zum Stellvertreter des abgesetzten Generalissimus avanciert, versuchte noch, die vermeintlich treuen Truppen bei Prag zusammenzuziehen, und der Abgesetzte selbst wandte sich an seinen Gesprächspartner Arnim und an Herzog Bernhard von Weimar um Unterstützung gegen den Kaiser. »L’ furfante traditore«, der verbrecherische Verräter, schrieb Gallas an Aldringen, ist entflohen.

Die L iqu idieru ng des Gener a l issimus Am 22. Februar 1634 verließ Wallenstein Pilsen in Richtung Eger. Damit stieß die Kavalkade der Truppen Piccolominis vorerst ins Leere. Die böhmische Stadt, die er am 24. Februar nachmittags mit noch 1.400 Mann erreichte, wurde für den Herzog von Friedland die letzte Station. In Eger fanden sich drei kaisertreue Offiziere, der Ire Oberst Walter Butler, der Schotte Obristleutnant John Gordon, Stadtkommandant von Eger, und dessen Landsmann Obristwachtmeister Walter Leslie, die das blutige Handwerk durch eine Handvoll verlässlicher Männer erledigen ließen. Da der abgesetzte Generalissimus nun mit offenen Karten spielte, den Offizieren eine antikaiserliche Treuebekundung abverlangte, Kursachsen und Schweden zum militärischen Eingreifen auffordern wollte und zudem unmissverständliche Weisungen Piccolominis überbracht wurden, sahen die drei Exekutoren von einer Festnahme ab und beschlossen, den Flüchtigen und seine Anhänger zu töten. Wallensteins Stab, Trčka, Ilow und ihre Begleitung, wurden in der Burg während eines vom Stadtkommandanten Gordon organisierten Abendessens getötet. »Vivat Ferdinandus, vivat Ferdinandus  ! Und das ganze Haus Österreich  !« waren die Einsatzparolen des Kommandos. Sechs Opfer lagen nach dieser Aktion tot in der Burg, Wallenstein hatte seine letzten Getreuen verloren. Der letzte Akt der Tragödie fand einige – 222 –

Die Liquidierung des Generalissimus

Stunden später im Haus des ehemaligen Bürgermeisters von Eger, bei Pachelbel, statt  : Der gesundheitlich schwer angeschlagene Herzog wurde im Nachthemd stehend vom Iren Walter Deveroux mit einer Partisane niedergestreckt. Die Tötungsszene von Eger steht emotional im Widerspruch zum aufstrebenden Machtmenschen und Karrieristen Wallenstein  ; armselig wurde er in seinem Schlafgemach von einem Hauptmann der kaiserlichen Armee erstochen. Sein Heer war ihm rasch entglitten oder stand da, wo es rein kriegsrechtlich auch stehen musste, auf der Seite des Kriegsherrn. Von der großen kaiserlichen Armada befand sich im März 1634 lediglich ein Regiment, jenes des Oberstleutnants Albrecht Freiberger im schlesischen Troppau/Opava, in Aufruhr. Die Rebellion dieses Infanterieregiments sorgte zwar für einiges Aufsehen, konnte aber in nur wenigen Wochen niedergeschlagen werden. Die drei Organisatoren in Eger handelten im Sinn des kaiserlichen Befehls, dementsprechend waren auch die Reaktionen der Vertrauten des Kaisers. So berichtete der kaiserliche Bevollmächtigte Francesco de Carretto, Marchese di Grana, drei Tage nach der Mordtat an Ferdinand II. aus Pilsen  : »Der Leslie ist ein witzig undt rehdlicher man«, jedoch auch ein Angeber, der redet, als wäre er ein König. Der talentierte Netzwerker Leslie machte in weiterer Folge tatsächlich Karriere am Hof des Kaisers. Alle Beteiligten von Eger wurden auf Vorschlag von Matthias Gallas vorzüglich belohnt. Der Generalleutnant erfuhr von der Liquidierung seines ehemaligen Vorgesetzten am 27. Februar 1634 in Pilsen durch eine Nachricht von Butler. Den trockenen Bericht des irischen Obristen übersandte er sogleich nach Wien, wo dieser am 2. März eintraf. Für Gallas war die Exekution der »rebellen und verräter«, so fügte er dem Bericht hinzu, »ein gerechtes zeichen Gottes, der nicht aufhören würde, seine Majestät, das Erzhaus und den heiligen katholischen glauben zu verteidigen und zu beschützen«. So ließ er nach der für die kaiserliche Partei erfolgreichen Aktion in allen Kirchen von Eger – 223 –

Der Verräter  ?

einen Gottesdienst zur Danksagung abhalten. Ferdinand, der in seiner ersten Reaktion die »Austilgung der meineidigen Rebellen« als gerechtes Urteil Gottes sah, sorgte sich noch um ihr Seelenheil und ließ 3.000 Messen für die Liquidierten lesen. Die Exekution und der Tod des einst so mächtigen Mannes beeindruckte Gallas so sehr, dass er an Aldringen schrieb, der Teufel sei mit lautem Knall und gewaltigem Rauch, wie bei einem Musketenschuss, aus dem Leib des Sterbenden gefahren, als ihn die Partisane durchbohrte. Dieser naive und abergläubische Anfall des Generalleutnants blieb nicht die einzige Bemerkung zur Legendenbildung rund um den Tod des Friedländers. Ottavio Piccolomini fügte dem Bericht Gordons hinzu, dass sich am 25. Februar in Eger ein schrecklicher Wind erhoben hätte, der bis Mitternacht währte. Das einmalige Ereignis des Todes eines für seine Gegner vom Teufel besessenen und machtvollen Mannes musste geradezu von einem ungewöhnlichen Naturereignis begleitet sein. Wäre es nach dem radikalen Wallenstein-Hasser Piccolomini gegangen, hätte man die Leichen der »rebellen« ohnehin an einem öffentlichen Pranger zur Schau gestellt. Der Kaiser und sein Generalleutnant verhinderten jedoch den entwürdigenden Akt, wenngleich den sterblichen Überresten des Friedländers in der Zukunft noch ein wechselvolles Schicksal bevorstehen sollte. Zunächst stellte man Wallensteins Leiche im Minoritenkloster in Mies/Stříbro unter, erst mehr als zwei Jahre später durfte der Sarg – jedoch »sine honore« – in die Kartause Walditz, in die vom Feldherrn geplante Gruft, gebracht werden. Dem offiziell als Verräter an Habsburg gebrandmarkten Generalissimus ließ man selbst in der letzten Ruhestätte keine Ehre zuteil werden. Erst die folgende Generation des Kaiserhauses schien ihren Frieden mit Wallenstein gemacht zu haben, glaubt man einer versöhnlichen Anekdote über Kaiser Leopold I. Vor dem Palais Waldstein stehend soll er zu einem Höfling gesagt haben  : »Weißt du es für gewiß, dass Wallenstein ein Rebell war  ?« Noch – 224 –

Fehlende Investition und Befehlsverweigerung

einmal aber wurde die Leiche Wallensteins umgebettet. Als Kaiser Joseph II. seine groß angelegte Klosterreform durchführen ließ, der auch Walditz zum Opfer fiel, bekam ein Nachfahre des kaiserlichen Oberbefehlshabers, Graf Vinzenz Waldstein, 1785 die Erlaubnis, den Leichnam in der Gruft der Doppelkapelle der Heiligen Anna des ehemaligen Kapuzinerklosters im Schlosspark zu Münchengrätz/Mnichovo Hradišté zu bestatten. Diesmal wurde es ein feierliches Begräbnis. Den Deckel des neuen Sargs ließ man mit einer Inschrift verzieren  : »… dum pro Deo, pro Ecclesia, pro Caesare, pro Patria fortiter pugnavit et triumphavit« (solange er für Gott, für die Kirche, für den Kaiser, für das Vaterland tapfer kämpfte …).

– 225 –

Schlussbe tr acht u ngen

E

s gibt Aussagen über Wallenstein, die kontinuierlich vorkommen und in der Literatur allzu gern übernommen wurden  : Er soll humorlos gewesen sein, unkommunikativ, zurückhaltend, ein schlechter Menschenkenner, arrogant, hochfahrend, launisch, herrisch, ungehalten, ungeduldig, cholerisch, schrecklich gegenüber Untergebenen, besonders wenn sie sich Fehler zuschulden haben kommen lassen. »Bevor Waldstein bei Hof anlangte, hat jedermann über ihn geschimpft«, lautete der Kommentar des venezianischen Gesandten im Jahr 1627. Will man weitere negative Aussagen über Wallenstein finden, so genügt ein kurzer Blick in die Korrespondenzen der Fürsten der Katholischen Liga. Nach der Liquidierung des Herzogs in Eger las man dann ohnehin nur noch allzu Teuflisches über den Friedländer. Dabei gibt es genügend positive Stellungnahmen zu seiner Person. Graf Adam Schwarzenberg, erster Minister des Kurfürsten von Brandenburg, äußerte sich geradezu überschwänglich über Wallenstein  : »Mich hat ein heiliger Engel zur rechten Tür hineingeführt. … dem lieben Gott sei hiefür gelobt und gedankt.« Herzogin Anna Sophia, die Schwester des brandenburgischen Kurfürsten, war äußerst angetan und geehrt, dem Herzog von Friedland zu begegnen  : »Er ist gewiß ein feiner Herr, und nicht also, wie ihn etliche Leute gemacht haben  ; er ist gewiß sehr courtoisch und hat uns alle große Ehre erwiesen, ist gar lustig hier gewesen …« Leopold von Tirol, der Landesherr der besagten Grafschaft, bekundete  : »Ich kann keinem in das Herz sehen – aber sonst bedünkt mich, dieser Mann sei mit guten und wohlfundierten Rationen gar wohl zu weisen.« Leopold Wilhelm, Sohn Kaiser – 227 –

Schlussbetrachtungen

Ferdinands II. und selbst Generalissimus im Dreißigjährigen Krieg, schrieb zwölf Jahre nach dem Tod des Herzogs  : »Ich weiß, daß man objecirt, quod terrent vestigia Fridlandi. […] Entgegen muß man auch bekhenen, daß der Fridland so lang alß er hatt welen guet than, wolgedinet habe.« Generäle wie Holk waren stolz, unter Wallensteins Kommando zu dienen, und einflussreiche kaiserliche Berater wie Eggenberg und Harrach galten als große Fürsprecher des Generals. Andere Generäle wiederum wie Aldringen und Piccolomini empfanden in der Endphase der wallensteinischen Tragödie nur noch Hass für ihren Generalissimus. Die Liste zeitgenössischer Aussagen pro und contra Wallenstein ließe sich problemlos fortführen. Alle diese Personen, die Aussagen über den Generalissimus getätigt und zu Papier gebracht haben, standen in völlig verschiedenen Verhältnissen zu Wallenstein. Es waren Personen, die dem Generalissimus mehr oder weniger nahestanden, Personen, die den kaiserlichen General einmal im Laufe ihres Lebens getroffen haben, oder auch Personen, die ihm sehr oft begegnet sind. Die Aussagen wurden von Menschen getätigt, von denen einige dem Herzog wohlgesonnen, einige seiner Person gegenüber neutral eingestellt oder aber auch deklarierte Gegner des Friedländers waren. Die Palette der Statements zu Wallenstein reicht von spontanen Äußerungen bis zu wohlüberlegten Meinungsbekundungen. Natürlich haben wir es nie mit wertfreien, objektiven Bemerkungen zu tun. Die uns überlieferten Aussagen über Wallenstein beschreiben Momentaufnahmen in verschiedenen Stadien seines Lebens und in verschiedenen Lebenssituationen, getätigt von verschiedenen Menschen. So gerne man auf einzelnen Bemerkungen generelle Aussagen aufbaut, so vorsichtig muss man in der Bewertung einer Person aufgrund ebensolcher Bemerkungen sein. Zur Beschreibung der Persönlichkeit sind zudem natürlich die Tätigkeiten, Handlungen und Aussagen der zu betrachtenden Person mit einzubeziehen. Aber auch hier – 228 –

Schlussbetrachtungen

ist Vorsicht angebracht. Der Entwurf einer psychologischen Skizze zu einer historischen Person kann sehr schnell zur unprofessionellen Psychologisierung verkommen. Die deutsche Schriftstellerin Ricarda Huch hat unter Zuhilfenahme zeitgenössischer Urteile eine ohne Zweifel beeindruckende Charakterskizze über den Feldherrn geschrieben, gewiss nicht unprofessionell. Als Schriftstellerin hatte sie die notwendige künstlerische Freiheit dazu. Historikerinnen und Historiker haben es dabei schwerer, sie müssen sich an wissenschaftliche Mindestnormen halten. Die eigentliche Nichtrekonstruierbarkeit eines Charakterbildes aus einigen Aussagen unterschiedlicher Personen ist eines der Probleme der historischen Biografik. Diese Studie wollte daher kein Persönlichkeitsprofil Wallensteins entwerfen. Was aber lässt sich nun über diesen Mann sagen  ? Wie können wir ihn im zeitlichen Ereignisablauf einordnen  ? Pekař war bislang sein härtester Kritiker  : »Was haben wir gefunden  ? Einen von körperlichen Leiden niedergeworfenen, durch Aberglauben verwirrten, von titanischen Rache- und Größenwahnsplänen umgetriebenen Schwächling, einen furchtsamen Verräter und törichten Intriganten« (Pekař, Wallenstein, S. 692). So gehaltvoll und informativ die Studie des tschechischen Historikers auch sein mag, so ungerecht und unzutreffend ist seine Verurteilung. Der Machtmensch Wallenstein war gleichermaßen ein Feldherr und Ökonom, ein militärischer Defensivtaktiker, der das Militärwesen ganzheitlich begriff, ein blendender Organisator und strahlender Mäzen, ein unglaublich fleißiger und präziser Arbeiter, der sich um viele seiner Geschäfte persönlich kümmerte, ein Meister der Selbstinszenierung, ein ehrgeiziger Karrierist, ein Finanzjongleur in großem Stil, skrupellos, eiskalt kalkulierend und mit ganz eigenen und großen landesherrlichen Ambitionen behaftet, er war ein politisch denkender General, der letztendlich scheiterte. Der tschechische Historiker Petr Maťa hat Wallenstein als Typus in die frühneuzeitlich böhmische Adels– 229 –

Schlussbetrachtungen

gesellschaft eingereiht  : Als aristokratischer Karrierist mit Besitz und gesellschaftlichen Verbindungen strebte Albrecht von Wallenstein nach fürstlichen und herzoglichen Titeln, expandierte nach Schlesien und ins Reich, er war Teil der habsburgischen Machtelite wie andere auch, allerdings zeichnete er sich durch eine äußerst zielstrebige »Karriereplanung« aus, die sowohl durch raffinierten Landund Titelerwerb wie auch durch eine sehr riskante Kriegsökonomie und Kapitalanhäufung gekennzeichnet ist. Wallensteins Strategie war gewiss nicht neu, nur in der Ausführung größer und kompromissloser, er war in gewisser Hinsicht ein Mann der Extreme, macht vieles kompromissloser als andere Karrieristen des habsburgischen Establishments, insofern war er doch wieder außergewöhnlich. Die offiziöse und offizielle habsburgische Publizistik machte aus Wallenstein den Verschwörer, den Hochverräter und meineidigen, treubrüchigen Rebellen, mit der Absicht, das Haus Österreich zu vernichten und selbst König von Böhmen zu werden. Die Motive, die in diesen Schriften aufgenommen wurden, waren zur Zeit der Absetzung keineswegs neu. Flugschriften und verurteilende Stellungnahmen zum Generalissimus (wie jene des Kapuziners Valeriano Magni) gab es bereits lange vor der Liquidierung Wallensteins. Doch mit der Absetzung und Liquidierung des Generalissimus mussten das Kaiserhaus und dessen Anhänger öffentlich Stellung beziehen. Als Akte des Verrats wurden sein Verhalten gegen Bayern und Spanien angeführt, die Weigerung, Regensburg zu entsetzen, und als Höhepunkt des meineidigen Treibens wurde der erste Pilsener Revers bezeichnet. Konspiration mit den Feinden, Wiedereinsetzung der böhmischen Emigranten in ihre Besitzungen und Aufhebung des Restitutionsedikts waren weitere Anklagepunkte in den diversen Schriften und hasserfüllten Pamphleten gegen den gottlosen Sternengläubigen. Die abschließende offizielle Rechtfertigung des Kaiserhauses lautete, wie bereits ausgeführt, »notorische Reichsrebellion« – und das bedeutete Hochverrat. Doch von einer – 230 –

Schlussbetrachtungen

kriegsgerichtlich posthumen Verurteilung, die tatsächlich erwogen wurde, sah das Kaiserhaus bewusst ab. Das evangelische Deutschland empörte sich indes über die habsburgische Meuchelmordjustiz gegen den Friedensstifter und über die heimtückischen Spanier und Jesuiten. War es für die einen »abscheulicher Verrat« und »Rebellion«, schrieben die anderen vom »grausamen Undank«, »spanisch Mord und List«, »österreichischer Tyrannei« (Srbik, Wallensteins Ende, S. 251). Der Boden für ein ambivalentes Wallenstein-Bild war bereitet. Die Historiografen und Literaten trugen im Laufe der nun fast schon vier Jahrhunderte das Ihre dazu bei, das Wallenstein-Bild polarisierend, emotionsgeladen und konträr zu halten. Verschwörung, Komplott, Staatsstreich, die böhmische Königskrone, die Vernichtung des Hauses Österreich, der Umsturz der Reichsverfassung waren durch Agitation und Propaganda tradierte Unterstellungen. Der Prozess hin zum Sturz des Herzogs hatte eine gewisse Eigendynamik  : ein machtbewusster und äußerst selbstständig agierender Feldherr, der ohnehin einer dauernden propagandistischen, auch internen Rufschädigung ausgesetzt war, wurde durch schweren Ungehorsam mehr als suspekt. Unvernünftige Maßnahmen im Hauptquartier folgten Absprachen gegen Wallenstein im kaiserlichen Rat, eine der Staatsräson verpflichtete Lagebeurteilung des Hofes wich der kollektiven Angst vor einem Militärputsch. In der gehaltvollen Studie von Srbik und in den großen Biografien von Mann, Diwald, Polišenský und Kollmann wurde Wallenstein als Friedensstifter gesehen  ; ideologisch jeweils verschieden kategorisiert natürlich. In jüngster Zeit jedoch hat die Forschung Zweifel an diesen Befunden angebracht. Das aussagekräftige und vordergründig durchaus logische Argument lautet  : Warum sollte ein Kriegsunternehmer, der vom Krieg lebt und durch den Krieg reich geworden ist, den Frieden suchen  ? War aber mit dem schon fünfzehn Jahre währenden Krieg überhaupt noch etwas zu verdienen  ? Der Zustand und die Kontributionsfähigkeit der Länder wurden – 231 –

Schlussbetrachtungen

nicht besser, ganz im Gegenteil  : Sie verschlimmerten sich von Jahr zu Jahr. Der Unterhalt einer Armada wurde somit immer schwieriger, die kaiserlichen Kassen waren notorisch leer, die Armee war in den eigenen Herrschaften nicht mehr willkommen, wie die böhmischen Statthalter, aber auch der Kaiser und sein Hofkriegsrat den Generalissimus des Öfteren wissen ließen. Das Finanzsystem des ersten Generalats existierte in den Dreißigerjahren nicht mehr, de Witte wurde ein Opfer der Absetzung Wallensteins, aber auch ein Opfer seiner Kapitaltransfers und weit überzogener Antizipationen. Die Finanzierung der großen Armee war im zweiten Generalat im Stil eines de Witte schlicht nicht mehr möglich. Das alles war dem Generalissimus bewusst. Und reich war der Herzog von Friedland bereits. Er war Landesherr eines prosperierenden und eines von schwedischen Truppen besetzten Fürstentums. Der Status quo war somit nicht befriedigend. Verlassen wir den Bereich des Faktischen und erlauben uns einen Ausflug in eine fiktive Wunschwelt des schwer kranken, wenn auch nicht todkranken Wallenstein  : Wäre nicht der Partikularfriede mit den protestantischen Kurfürsten, den in einer ähnlichen Form auch der Kaiser wollte, und ein von fremden Mächten freies Reich seine Idealvorstellung gewesen  ? Dazu hätte es zwar noch eines gemeinsamen, über die Grenzen der konfessionellen Parteien gehenden Kriegszugs gegen die Schweden bedurft, aber unmöglich war das nicht, wie man spätestens seit dem Prager Frieden sah. In einem befriedeten Reich hätte der Generalissimus seine großen Pläne in den Fürstentümern Friedland, Mecklenburg und Sagan weiterführen können. Als Landesherr dieser Herzogtümer hatte er eine mehr als aussichtsreiche Machtbasis. Schließlich behauptete sich Wallenstein als Landesökonom genauso gut wie als Kriegsunternehmer. Voraussetzung dazu wäre nicht der Status von 1618 oder 1627 gewesen, sondern ein starkes habsburgisches Kaisertum ohne Restitutionsforderungen enteigneter Reichsfürsten (Mecklenburg) und ein starkes habsburgisches Landesfürstentum – 232 –

Schlussbetrachtungen

in Böhmen ohne gefährliche Restitutionsforderungen böhmischer Emigranten (Friedland). Diese Fragen haben nichts mit einer unmöglich erscheinenden Wandlung des Feldherrn und Kriegsunternehmers vom Militaristen zum Pazifisten zu tun. Der Herzog von Friedland dachte in ökonomischen und rationellen Kategorien und nicht in ideologisch verhärteten Bahnen, nicht Krieg um des Krieges willen. Es schwebte ihm vermutlich auch nicht die große »Pax Germanica« oder gar der große europäische Friede im idealisierten Sinne vor, sondern ein durchaus eigennütziger Friede. Wozu brauchte der mächtige Kriegsherr noch den Krieg  ? Der faktische Verlauf des Krieges sah natürlich anders aus  : Zwar kämpften seit dem Prager Friedensschluss von 1635 Kursachsen und Kurbrandenburg an der Seite des Kaisers gegen Schweden, Frankreich stieg jedoch im selben Jahr aktiv in den Krieg ein, der noch mehr als dreizehn Jahre im Reich und außerhalb des Reiches toben sollte.

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A nh a ng Zeit ta fel

(W = Wallenstein) 24. September 1583 W wird in Hermanitz/Heřmanice bei Arnau an der Elbe geboren 22. Juli 1593 Tod der Mutter Markéta (geborene Smiřická) 24. Februar 1595 Tod des Vaters Wilhelm von Waldstein 1597/99 Lateinschule in Goldberg/Schlesien 29. August 1599 Immatrikulation an der Universität Altdorf 1600 W. bereist das Reich, Frankreich und Italien 1604 Teilnahme am Langen Türkenkrieg, u.a. in Kaschau/ Košice Beförderung zum Hauptmann 1606 Übertritt zum katholischen Glauben bei den Olmützer Jesuiten 11. November 1606 Friede von Zsitva-Torok 1607 Kämmerer bei Erzherzog Matthias 11. Mai 1608 Formierung der Protestantischen Union Mai 1609 W heiratet Lukretia von Landek 9. Juli 1609 Majestätsbrief Kaiser Rudolfs 10. Juli 1609 Gründung der Katholischen Liga 1612 Wallfahrt nach Loreto 13. Juni 1612 Matthias wird zum Kaiser gewählt 19. November 1615 W wird einer von drei Landobristen der mährischen Stände 20. März 1617 Oñate-Vertrag 1617 W tritt in die Dienste Ferdinands von Steiermark 1617 Gründung des Kartäuserklosters in Stipa Juli/September 1617 Sturm der Einheiten Ws auf den venezianischen Belagerungsring von Gradisca Herbst 1617 Wallensteinisches Reiterrecht (Kriegs Reglement) 24. Februar 1618 Kaiserliches Patent als Obrist 23. Mai 1618 Prager Fenstersturz

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Anhang 20. März 1619 Tod Kaiser Matthias 30. April 1619 W setzt sich aus Mähren ab und entwendet die Ständekassa 31. Juli 1619 Confoederatio Bohemica  : Zusammenschluss der Stände der Wenzelskrone 22. August 1619 Ferdinand wird als König von Böhmen abgesetzt 27. August 1619 Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz wird zum böhmischen König gewählt 28. August 1619 Wahl Ferdinands von Habsburg zum Kaiser 2. Januar 1620 Zweites kaiserliches Obristenpatent für W 8. November 1620 Schlacht am Weißen Berg 15. Februar 1621 Patent für W als Regimentsinhaber eines Regiments hochdeutscher Knechte in Mähren 22. März 1621 Bestätigung Jitschins als Besitz Ws gegen ein Kriegsdarlehen Mai/Juni 1621 W schlägt einen Bauernaufstand bei Königgrätz nieder 21. Juni 1621 Prager Blutgericht – Exekution von 27 Oppositionellen auf dem Altstädter Ring in Prag 21. Juni 1621 Verschreibung Friedlands und Reichenbergs gegen ein Kriegsdarlehen 17. Januar 1622 Karl von Liechtenstein wird königlicher Statthalter in Böhmen 18. Januar 1622 W wird Obrist von Prag = Gubernator/Militärkommandant von Böhmen 18. Januar 1622 Abschluss des Münzkonsortiums zwischen der kaiserlichen Hofkammer und Hans de Witte 5. Juni 1622 Belehnung mit Friedland und Reichenberg als ein »ewiges erbliches lehen« 16. Juli 1622 Kaufbrief Friedland und Reichenberg um 150.000 Gulden 12. August 1622 Herrschaft Friedland-Reichenberg zum Fideikommiss umgewandelt 15. September 1622 W wird zum »Regierer des Hauses Waldstein und Friedland« ernannt  ; Ernennung seiner Nachfolger zu Hofpfalzgrafen 1622 W kämpft in Mähren gegen Bethlen Gábor 25. Februar 1623 Übertragung der pfälzischen Kurwürde auf Maximilian von Bayern 24. April 1623 Kauf von Smiřicky 3. Juni 1623 Beförderung zum General-Wachtmeister 9. Juni 1623 W heiratet Isabella Katharina von Harrach

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Zeittafel 7. September 1623

Fürst von Friedland – W wird in den Reichsfürstenstand erhoben 9. September 1623 Kaiserlicher Lehenbrief zur Integration der weiteren hinzu gekauften Herrschaften Ws  ; zwei weitere Lehenbriefe folgen 12. März 1624 Friedland wird fürstliches Lehen – Fürstentum Friedland 16. Oktober 1624 Urkundliche Einrichtung des Jesuitenkollegs in Jitschin 4. November 1624 Klosterstiftung für Augustiner auf Schlossbösig Juni 1625 Geburt der Tochter Maria Elisabeth (†1662) 13. Juni 1625 Herzog von Friedland – W nun erblicher Reichsfürst  ; das Fürstentum Friedland wird zum Herzogtum erhoben 22. Juli 1525 Erste Schenkung an die Jesuiten der Prager Kleinseite 25. Juli 1625 Kaiserliches Generals-Patent für W  ; Haupt und Capo der kaiserlichen Kriegsvölker 25. April 1626 W schlägt Mansfeld an der Dessauer Brücke 27. August 1626 Schlacht bei Lutter am Barenberge Sommer/Herbst 1626 Verfolgung Mansfelds bis nach Ungarn 10. Mai 1627 »Verneuerte Landesordnung« in Böhmen 12. Mai 1627 Gründungsurkunde für das Augustinerkloster auf Schlossbösig 1. September 1627 W kauft Sagan um 150.000 Gulden 8. Dezember 1627 Stiftung des Kartäuserklosters Walditz mit Kirche Mariä Himmelfahrt 27. Dezember 1627 Ausstellung der Gründungsurkunde für das Jesuitenkolleg in Jitschin  ; Geld für Kolleg- und Kirchenbau 13. Januar 1628 Tod des Sohnes Karl Albrecht im Säuglingsalter 15. Januar 1628 Hofkriegsrat schreibt W als »General des Ozeanischen und Baltischen Meeres« an 26. Januar 1628 Kaiserliche Urkunde über den Verkauf des Herzogtums Mecklenburg an W 1. Februar 1628 Belehnung Wallensteins mit dem Herzogtum Mecklenburg (intern) 15. Februar 1628 Fürstentum Sagan als »ewiges Erblehen« überschrieben 16. Februar 1628 Sagan wird zum Herzogtum erhoben 4. März 1628 Aufnahme in den Orden des Goldenen Vlies 17. April 1628 Erweiterung der Stiftung für die Jesuiten der Prager Kleinseite 21. April 1628 Offizielle Ernennung Ws zum General-Obersten-Feldhauptmann und zum »General des Ozeanischen und Baltischen Meeres«

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Anhang 30. Mai 1628 Gründungsurkunde für das Jitschiner Krankenhaus 7. Juli 1628 W kommt vor Stralsund an 22. August 1628 Schlacht von Wolgast 6. März 1629 Kaiserliches Restitutionsedikt 22. Mai 1629 W unterzeichnet Vertrag von Lübeck – Friedensschluss mit Dänemark 26. Juni 1628 Urkundliche Lehensübertragung Mecklenburgs auf W (öffentlich) 25. September 1629 Waffenstillstand von Altmark zwischen Schweden und Polen auf Vermittlung Frankreichs 9. Juni 1630 Ankunft in Memmingen 26. Juni 1630 Gustav II. Adolf landet auf der Insel Usedom 18. Juli 1630 Einnahme von Mantua durch die kaiserliche Armee 13. August 1630 Entlassung Ws auf dem Kurfürstentag zu Regensburg 23. Januar 1631 Subsidienvertrag von Bärwalde zwischen Frankreich und Schweden 20. Mai 1631 Einnahme Magdeburgs durch Tilly und Zerstörung der Stadt 19. Juni 1631 Friede von Cherasco – Ende des Mantuanischen Erbfolge­ kriegs 17. September 1631 Niederlage Tillys gegen Gustav II. Adolf bei Breitenfeld 15. Dezember 1631 W wird zum General-Capo auf drei Monate ernannt 13. April 1632 Göllersdorfer Abkommen, W wird Generalissimus des kaiserlichen Heeres 15. April 1632 Schlacht bei Rain am Lech, tödliche Verwundung Tillys 16. April 1632 Verpfändung Groß-Glogaus an W 17. Mai 1632 Einmarsch Gustav II. Adolfs in München 3. September 1632 Abwehr des schwedischen Heeres bei der Alten Veste 25. Oktober 1632 Ws Testament – »Succession des Friedländischen Hauses« 16. November 1632 Schlacht von Lützen, tödliche Verwundung Gustav II. Adolfs 14. Februar 1633 Prager Blutgericht  : Bestrafung kaiserlicher Offiziere 7. Juni 1633 Erster Waffenstillstand mit Arnim 22. August 1633 Zweiter Waffenstillstand mit Arnim 12. Oktober 1633 Treffen bei Steinau – Ws letztes Gefecht Herbst 1633 Befehle Ferdinands und des Hofkriegsrates, W solle nach Bayern marschieren 14. November 1633 Einnahme Regensburgs durch Bernhard von Weimar 11. Januar 1634 Gutachten des Fürsten Gundacker von Liechtenstein zu W, Offiziersversammlung in Pilsen

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Literatur in Auswahl 12. Januar 1634 24. Januar 1634

Unterzeichnung des ersten Pilsener Reverses Kaiserliches Absetzungspatent gegen W  ; Gallas wird interimistischer Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee 18. Februar 1634 Zweites Absetungspatent 20. Februar 1634 Zweiter Pilsener Revers 24. Februar 1634 W erreicht Eger 25. Februar 1634 Liquidierung des Generalissimus und seiner Getreuen durch kaiserliche Offiziere 5./6. November 1634 Kaiserlich-ligistisch-spanisches Heer besiegt die Schweden und den Herzog von Weimar bei Nördlingen 30. Mai 1635 Friede von Prag 15. Februar 1637 Tod Kaiser Ferdinands II. 24. Oktober 1648 Westfälischer Friede 28. Februar 1785 Feierliches Begräbnis der sterblichen Überreste Ws in der Kapelle der Hl. Anna in Münchengrätz

L iter at ur in Auswa hl Die Literatur zu Albrecht von Wallenstein ist äußerst umfangreich, weshalb im Verzeichnis nur die wichtigsten (mit wenigen Ausnahmen) deutschsprachigen Biografien, Aufsätze und Quelleneditionen in einer subjektiven Selektion aufgenommen wurden. Quelleneditionen Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge  : Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618–1651. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaft  : Band II,2. 1625. Bearb. von Walter Goetz. München 1918. Band II,3. 1626, 1627. Bearb. von Walter Goetz. München 1942. Band II,4. 1628 – Juni 1629. Bearb. von Walter Goetz. München 1948. Band II,5. Juli 1629 – Dezember 1630. Bearb. von Dieter Albrecht. München 1964. Band II,8. Januar 1633 – Mai 1634. Bearb. von Kathrin Bierther. München 1982. Band II,9. Juni 1634 – Mai 1635. Bearb. von Kathrin Bierther. München 1986. Band II,10. Der Prager Friede von 1635. Teilband 1  : Erschließungsband  ; Teilband 2  : Korrespondenzen  ; Teilband 3  : Verhandlungsakten  ; Teilband 5  : Vertragstexte. Bearb. von Kathrin Bierther. München 1997. Chlumecky, Peter Ritter von, Die Regesten oder die chronologischen Verzeich-

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Literatur in Auswahl 12. Januar 1634 24. Januar 1634

Unterzeichnung des ersten Pilsener Reverses Kaiserliches Absetzungspatent gegen W  ; Gallas wird interimistischer Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee 18. Februar 1634 Zweites Absetungspatent 20. Februar 1634 Zweiter Pilsener Revers 24. Februar 1634 W erreicht Eger 25. Februar 1634 Liquidierung des Generalissimus und seiner Getreuen durch kaiserliche Offiziere 5./6. November 1634 Kaiserlich-ligistisch-spanisches Heer besiegt die Schweden und den Herzog von Weimar bei Nördlingen 30. Mai 1635 Friede von Prag 15. Februar 1637 Tod Kaiser Ferdinands II. 24. Oktober 1648 Westfälischer Friede 28. Februar 1785 Feierliches Begräbnis der sterblichen Überreste Ws in der Kapelle der Hl. Anna in Münchengrätz

L iter at ur in Auswa hl Die Literatur zu Albrecht von Wallenstein ist äußerst umfangreich, weshalb im Verzeichnis nur die wichtigsten (mit wenigen Ausnahmen) deutschsprachigen Biografien, Aufsätze und Quelleneditionen in einer subjektiven Selektion aufgenommen wurden. Quelleneditionen Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge  : Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618–1651. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaft  : Band II,2. 1625. Bearb. von Walter Goetz. München 1918. Band II,3. 1626, 1627. Bearb. von Walter Goetz. München 1942. Band II,4. 1628 – Juni 1629. Bearb. von Walter Goetz. München 1948. Band II,5. Juli 1629 – Dezember 1630. Bearb. von Dieter Albrecht. München 1964. Band II,8. Januar 1633 – Mai 1634. Bearb. von Kathrin Bierther. München 1982. Band II,9. Juni 1634 – Mai 1635. Bearb. von Kathrin Bierther. München 1986. Band II,10. Der Prager Friede von 1635. Teilband 1  : Erschließungsband  ; Teilband 2  : Korrespondenzen  ; Teilband 3  : Verhandlungsakten  ; Teilband 5  : Vertragstexte. Bearb. von Kathrin Bierther. München 1997. Chlumecky, Peter Ritter von, Die Regesten oder die chronologischen Verzeich-

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Anhang nisse der Urkunden in den Archiven zu Iglau, Trebitsch, Triesch, Gross-Bietsch, Gross-Meseritsch und Pirnitz, sammt der noch ungedruckten Briefen Kaiser Ferdinands II., Albrechts von Waldstein und Romboalds Grafen Collalto. I. Band/I. Abtheilung (Die Regesten der Archive im Markgrafenthum Mähren 1), Brünn 1856. Documenta Bohemica bellum tricennale illustrantia  : Band II. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Der Kampf um Böhmen. Quellen zur Geschichte des Böhmischen Krieges (1618–1621). Hg. von Miroslav Toegel. Wien/Köln/Graz 1972. Band III. Der Kampf des Hauses Habsburg gegen die Niederlande und ihre Verbündeten. Quellen zur Geschichte des Pfälzisch-Niederländisch-Ungarischen Krieges 1621–1625. Hg. von Miloš Kovril. Wien/Köln/Graz 1976. Band IV. Der Dänisch-Niederdeutsche Krieg und der Aufstieg Wallensteins. Quellen zur Geschichte der Kriegsereignisse der Jahre 1625–1630. Mit einem Vorwort von Josef Kollmann. Prag 1974. Band V. Der Schwedische Krieg und Wallensteins Ende. Quellen zur Geschichte der Kriegsereignisse der Jahre 1630–1635. Mit einem Vorwort von Miroslav Toegel. Prag 1977. Fiedler, Josef (Hg.), Die Relationen der Botschafter Venedigs über Deutschland und Österreich im 17. Jahrhundert. Band I. (Fontes Rerum Austriacarum 26), Wien 1866. Förster, Friedrich, Albrechts von Wallenstein, des Herzogs von Friedland und Mecklenburg, ungedruckte, eigenhändige vertrauliche Briefe und amtliche Schreiben aus dem Jahre 1627 bis 1634. 3 Bände. Berlin 1828/29. Hallwich, Hermann, Wallensteins Ende. Ungedruckte Briefe und Akten. 2 Bände. Leipzig 1879. Hallwich, Hermann, Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins 1630–1634. 4 Bände (Fontes Rerum Austriacarum 2. Abteilung 63–66), Wien 1912. Hirn, Josef, Archivalische Beiträge zu »Wallenstein«, in  : Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband V (Innsbruck 1896–1903) 119–163. Khevenhülller, Franz Christoph, Annales Ferdinandei. 12 Bände. Leipzig 2 1721–1726. Khevenhüller, Franz Christoph, Conterfet Kupfferstich. II. Theil Deren jenigen vornehmen Ministren und hohen Officiern, so […]. Leipzig 1722. Lorenz, Gottfried (Hg.), Quellen zur Geschichte Wallensteins (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit  ; Band 20), Darmstadt 1987. Nuntiaturberichte aus Deutschland. 1628–1635 nebst ergänzenden Aktenstücken IV. Abteilung/2. Band  : Nuntiatur des Pallotto 1628–1630. Band II. 1629. Bearbeitet von Hans Kiewning. Berlin 1897.

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Literatur in Auswahl Biographien und Sammelwerke zu Wallenstein Baier, Fritz/Broucek, Peter (Hgg.), Wallensteins Werden und Streben, Wirken und Sterben (Materialien zum Vortragszyklus/Gesellschaft für Österreichische Heereskunde), Wien 1984. Diwald, Hellmut, Wallenstein. München/Esslingen 1969 (41999). Fučiková, Eliška/čepička, Ladislav (Hgg.), Albrecht von Waldstein – Inter arma silent musae  ? Ausstellungskatalog, Prag 2007. Gindely, Anton, Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen 1625–1630. 2 Bände. Prag/Leipzig 1886. Hallwich, Hermann, Fünf Bücher Geschichte Wallensteins. Leipzig 1910. Janáček, Josef, Valdštejn a jeho doba (Wallenstein und seine Zeit), Praha 1978. Kollmann, Josef, Valdštejn. Band 1  : A evropská politika. Historie 1. generalátu 1625–1630. Praha 1999  ; Band 2  : Valdštejnuv Konec. Historie 2. generalátu 1631–1634. Praha 2001. Mann, Golo, Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann. Frankfurt/M. 41971. Mraz, Gerda und Gottfried, Wallenstein, Herzog von Friedland, in  : Österreichische Profile. Wien/Königstein 1981, 26–58. Pekař, Josef, Wallenstein 1630–1634. Tragödie einer Verschwörung. 2 Bände. Berlin 1937 (tschechisch  : Valdštejn, 1630–1634. Dějiny Valdštejnského spiknutí. Praha 1895. 21934). Polišenský, Josef/Kollmann, Josef, Wallenstein. Feldherr des Dreißigjährigen Krieges. Aus dem Tschechischen übersetzt von Herbert Langer. Köln/Weimar/ Wien 1997 (tschechisch  : Valdštejn. Ani císař, ani král. Praha 22001). Ranke, Leopold von, Rankes Meisterwerke. 9. Band  : Geschichte Wallensteins. München/Leipzig 1915. Srbik, Heinrich Ritter v., Wallensteins Ende. Ursachen, Verlauf und Folgen der Katastrophe. Salzburg 21952. Terra felix Mecklenburg – Wallenstein in Nordeuropa. Fiktion und Machtkalkül des Herzogs zu Mecklenburg. Internationale Tagung 7.–9. November 2008 auf Schloss Güstrow. Hgg. vom Staatlichen Museum Schwerin und Landesmarketing Mecklenburg-Vorpommern (Nordische Geschichte Band 11). Greifswald/Schwerin 2009. Zusätzliche Literatur zu den Kapiteln Einleitung B o ur dieu, Pierre, L’illusion biographique, in: Actes de la recherche en Sciences Sociales 62/63 (1986) 69–72.

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Anhang Eder, Jürgen, Schiller als Historiker, in  : Helmut Koopmann (Hg.), SchillerHandbuch. Stuttgart 1998, 653–698. Hinderer, Walter, Der Mensch in der Geschichte. Ein Versuch über Schillers Wallenstein. Mit einer Bibliographie von Helmut G. Hermann. Athenäum 1980. Mann, Golo, Schiller als Historiker, in  : Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft 4 (1960) 98–109. Mannigel, Holger, Wallenstein in Weimar, Wien und Berlin. Das Urteil über Albrecht von Wallenstein in der deutschen Historiographie von Friedrich von Schiller bis Leopold von Ranke (Historische Studien Band 474), Husum 2003. Pánek, Jaroslav, Wandlungen des Bildes von Albrecht von Waldstein (Ein europäisches Thema aus der tschechischen Perspektive in sieben Jahrzehnten  : 1934– 2007), in  : Fučiková/čepička, Waldstein, 23–37. Reinhardt, Hartmut, Wallenstein, in  : Helmut Koopmann (Hg.), SchillerHandbuch. Stuttgart 1998, 395–414. Schieder, Theodor, Schiller als Historiker, in  : Historische Zeitschrift 190 (1960) 31–54. Schiller, Friedrich, Ausgewählte Werke  : Don Carlos – Wallenstein. Berlin 1999. Der Aufsteiger Alexander, Manfred, Kleine Geschichte der böhmischen Länder. Stuttgart 2008. Bahlcke, Joachim/Eberhard, Winfried/Polívka, Miroslav (Hgg.), Böhmen und Mähren. Handbuch der Historischen Stätten (Kröners Taschenbuchausgabe Band 329), Stuttgart 1998. Begert, Alexander, Böhmen, die böhmische Kur und das Reich vom Hochmittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. Studien zur Kurwürde und zur staatsrechtlichen Stellung Böhmens (Historische Studien 475), Husum 2003. Geiger, Angelika, Wallensteins Astrologie. Eine kritische Überprüfung der Überlieferung nach dem gegenwärtigen Quellenbestand. Graz 1983. Hadravová, Alena/Hadrava, Petr, Die astronomische Symbolik des Waldsteinpalais, in  : Fučiková/čepička, Waldstein, 149–157. Hengerer, Mark Sven, Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Eine Kommunikationsgeschichte der Macht in der Vormoderne. Univ.-Diss. Konstanz 2002. Hummelberger, Walter, Wallenstein – eine biographische Skizze, in  : Baier/ Broucek, Wallensteins Werden und Streben, 25–47. Karger-Decker, Bernt, Von Arzney bis Zipperlein. Bilder zur Kulturgeschichte der Medizin. Berlin 1992. Kostlán, Antonín, Albrecht von Waldstein als Investor in sein eigenes Schicksal. Ökonomische Aspekte einer frühneuzeitlichen Karriere, in  : Fučiková/ čepička, Waldstein, 38–60.

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Literatur in Auswahl Stieve, Felix, Wallensteins Übertritt zum Katholizismus, in  : Ders., Abhandlungen, Vorträge und Reden. Leipzig 1900, 208–227. Sturmberger, Hans, Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges ( Janus Bücher. Berichte zur Weltgeschichte 13), München/Wien 1959. Winkelbauer, Thomas, Karrieristen oder fromme Männer  ? Adelige Konvertiten in den böhmischen und österreichischen Ländern um 1600, in  : FrühneuzeitInfo 10 (1999) 9–20. Der Feldherr Albrecht, Dieter, Der Regensburger Kurfürstentag 1630 und die Entlassung Wallensteins, in  : Ders. (Hg.), Regensburg. Stadt der Reichstage (Schriftenreihe der Universität Regensburg 3), Regensburg 1980, 51–71. Broucek, Peter, Feldmarschall Bucquoy als Armeekommandant 1618 bis 1620, in  : Der Dreißigjährige Krieg. Beiträge zu seiner Geschichte (Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien, Band 7), Wien 1976, 25–57. Broucek, Peter, Wallenstein und die Gründung des österreichischen Generalstabes, in  : Bellum Tricennale. The Thirty Years’ War. XXIIIrd Colloquium of the International Commission of Military History. Prag 1997, 205–220. Ernstberger, Anton, Wallensteins Heeressabotage und die Breitenfelder Schlacht (1631), in  : Historische Zeitschrift 142 (1930) 41–72. Hummelberger, Walter, Der Dreißigjährige Krieg und die Entstehung des kaiserlichen Heeres, in  : Unser Heer. 300 Jahre österreichisches Soldatentum in Krieg und Frieden. Wien/München/Zürich 1963, 1–48. Kampmann, Christoph, Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Geschichte eines europäischen Konflikts. Stuttgart 2008. Konze, Felix, Die Stärke, Zusammensetzung und Verteilung der Wallensteinischen Armee während des Jahres 1633. Ein Beitrag zur Heeresgeschichte des 30jährigen Krieges. Bonn 1906. Loewe, Victor, Die Organisation und Verwaltung der Wallensteinschen Heere. Univ.-Diss. Freiburg i. Br. 1895. Mahr, Helmut, Strategie und Logistik bei Wallensteins Blockade der Reichsstadt Nürnberg im Sommer 1632, in  : Fürther Heimatblätter 50 (2000) 29–53. Papke, Gerhard, Von der Miliz zum Stehenden Heer. Wehrwesen im Absolutismus (Handbuch zur deutschen Militärgeschichte 1648–1939, I, 1), München 1979. Parker, Geoffrey, The Thirty Year’s War. London 21987 (reprinted 1998). Parrott, David A., Strategy and Tactics in the Thirty Years’ War  : The »Military Revolution«, in  : Militärgeschichtliche Mitteilungen 38 (1985) 7–25. Ritter, Moriz, Wallensteins Eroberungspläne gegen Venedig 1629, in  : Historische Zeitschrift 93 (1904) 47–58.

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Anhang Ritter, Moriz, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges 1555–1648. Band III  : Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Stuttgart 1908 (ND Darmstadt 1974). Schmidt, Hans, Wallenstein als Feldherr, in  : Beiträge zur Neueren Geschichte. Festschrift für Hans Sturmberger zum 70. Geburtstag (Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 14), Linz 1984, 241–260. Schubert, Friedrich Hermann, Wallenstein und der Staat des 17. Jahrhunderts, in  : Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 16 (1965) 597–611. Seidler, Josef, Untersuchungen über die Schlacht von Lützen 1632. Memmingen 1954. Seidler, Josef, Besteht noch ein Lützenproblem  ? Eine Antwort an Walther Hubatsch, Berthold Kitzig u.a. Memmingen 1971. Stadler, Barbara, Pappenheim und die Zeit des Dreißigjährigen Krieges (zugl. Univ. Diss. Zürich 1990), Winterthur 1991. Wilson, Peter, H., Europe’s Tragedy. A History of the Thirty Years War. London 2009. Zimmermann, Jürg, Militärverwaltung und Heeresaufbringung in Österreich bis 1806 (Handbuch der deutschen Militärgeschichte 1648–1939, I,3), Frankfurt/ M. 1965. Der Landesherr Andél, Rudolf, Albrecht von Waldstein und »sein« Lehensadel in der Friedländer Herrschaft, in  : Fučiková/čepička, Waldstein, 201–206. Bei der Wieden, Helge, Wallenstein und Mecklenburg, in  : Terra felix Mecklenburg, 125–158. Bergerhausen, Hans-Wolfgang, Die »Verneuerte Landesordnung« in Böhmen 1627  : ein Grunddokument des habsburgischen Absolutismus, in  : Historische Zeitschrift 272 (2001) 327–351. Bilek, Thomas, Beiträge zur Geschichte Waldstein’s. Prag 1886. Ernstberger, Anton, Wallenstein als Volkswirt im Herzogtum Friedland (Prager Studien aus dem Gebiet der Geschichtswissenschaft 19), Reichenberg im Böhmerwald 1929. Fidler, Petr, Bauen ist eine höhere Lust als Kriegführen. Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein als Bauherr und Mäzen – Zur Baustrategie eines Fürsten, in  : Opera historica 7 (1999) 275–309. Fidler, Petr, Waldsteins Helfer. Baumeister und Architekten, in  : Fučiková/ čepička, Waldstein, 88–101. Fučiková, Eliška, Inspiration durch die Burg – Albrecht von Waldstein und das Waldsteinpalais, in  : Fučiková/čepička, Waldstein, 70–78. Janáček, Josef, Jičín als Hauptstadt des Herzogtums Friedland. Zur Frage des

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Literatur in Auswahl Aufschwungs der Stadt im Rahmen der grundherrschaftlichen Domäne im 17. Jahrhundert, in  : Wilhelm Rausch (Hg.), Die Städte Mitteleuropas im 17. und 18. Jahrhundert. Linz 1981, 107–118. Karner, Herbert, Unter dem Stern des Mars. Bildausstattung des Waldsteinpalais zwischen Programm und Pragmatik, in  : Fučiková/čepička, Waldstein, 127–143. Klipcová, Barbora, »Ich habe viele und große Stiftungen für verschiedene Orden …«. Albrecht von Waldstein als Stifter im kirchlichen Bereich, in  : Fučiková/čepička, Waldstein, 216–228. Skalecki, Georg, Deutsche Architektur zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Der Einfluss Italiens auf das deutsche Bauschaffen. Regensburg 1989. Štefanová, Dana, Erbschaftspraxis, Besitztransfer und Handlungsspielräume von Untertanen in der Gutsherrschaft. Die Herrschaft Frýdlant in Nordböhmen, 1558–1750 (Sozial- und wirtschaftshistorische Studien 34), Wien 2009. Wiese, René, Wallensteins Armenordnung von 1629 oder  : die mecklenburgische Sehnsucht nach dem starken Mann, in  : Terra felix Mecklenburg, 189–201. Winkelbauer, Thomas, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im Konfessionellen Zeitalter 1 (Österreichische Geschichte 1522–1699. Hg. von Herwig Wolfram), Wien 2003. Der Kriegsunternehmer čepička, Ladislav, Waldsteins Armada. Versuch einer Rekonstruktion, in  : Fuči­ ková/čepička, Waldstein, 271–281. Creveld, Martin L. van, Supplying war. Logistics from Wallenstein to Patton. Cambridge 1977. Ernstberger, Anton, Wallenstein als Volkswirt im Herzogtum Friedland (Prager Studien aus dem Gebiet der Geschichtswissenschaft 19), Reichenberg im Böhmerwald 1929. Ernstberger, Anton, Hans de Witte, Finanzmann Wallensteins (Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 38), Wiesbaden 1954. Kunisch, Johannes, Wallenstein als Kriegsunternehmer. Auf dem Wege zum absolutistischen Steuerstaat, in  : Uwe Schultz (Hg.), Mit dem Zehnten fing es an. Kleine Kulturgeschichte der Steuer. München 1986, 153–161. Rebitsch, Robert, Wallenstein und die ökonomische Basis der kaiserlichen Kriegführung, in  : Österreichische Militärische Zeitschrift 2 (2007) 180–184. Redlich, Fritz, The German Military Enterpriser and his Work Force. A study in European Economic and Social History, 2 volumes (Beihefte zur Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 47/48), Wiesbaden 1964/1965. Zunckel, Julia, Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg. Unternehmerkräfte, Militärgüter und Marktstrategien im Handel zwischen Genua, Amsterdam und

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Anhang Hamburg (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Band 49), Berlin 1997. Der Kapitaljongleur Ernstberger, Anton, Hans de Witte, Finanzmann Wallensteins (Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 38), Wiesbaden 1954. Hochedlinger, Michael, »Onus Militare«. Zum Problem der Kriegsfinanzierung in der frühneuzeitlichen Habsburgermonarchie 1500–1750, in  : Peter Rauscher (Hg.), Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740 (Geschichte in der Epoche Karls V. Band 10), Münster 2010, 81–136. Kenyeres, István, Die Kriegsausgaben der Habsburgermonarchie von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum ersten Drittel des 17. Jahrhunderts, in  : Rauscher, Kriegführung und Staatsfinanzen, 41–80. Leins, Steffen, Das Prager Münzkonsortium 1622/23. Über Möglichkeiten und Grenzen der Kriegsfinanzierung durch eine »Kapitalgesellschaft« im 17. Jahrhundert, in  : Matthias Meinhardt/Markus Meumann (Hgg.), Die Kapitalisierung des Krieges. Kriegsunternehmer in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit 11), Münster/Berlin 2010. Rauscher, Peter, Nach den Türkenreichstagen. Der Beitrag des Heiligen Römischen Reichs zur kaiserlichen Kriegführung im 17. und 18. Jahrhundert, in  : Rauscher, Kriegführung und Staatsfinanzen, 433–485. Repgen, Konrad, Dreißigjähriger Krieg, in  : Theologische Realenzyklopädie 9, Berlin/New York 1982, 169–188. Ritter, Moriz Das Kontributionssystem Wallensteins, in  : Historische Zeitschrift 90 (1903) 193–249. Der Förderer Allmayer-Beck, Hol(c)k, Henrik (Heinrich), in  : Neue Deutsche Biographie 9, Berlin 1972, 530f. Barker, Thomas M., Generalleutnant Ottavio Fürst Piccolomini. Zur Korrektur eines ungerechten historischen Urteils, in  : Österreichische Osthefte 22 (Wien 1980) 322–369. Bücheler, Heinrich, Von Pappenheim zu Piccolomini. Sechs Gestalten aus Wallensteins Lager. Sigmaringen 1994. Findeisen, Jörg-Peter, Der Dreißigjährige Krieg. Eine Epoche in Lebensbildern. Graz/Wien/Köln 1998. Gollwitzer, Heinz, Hans Georg Arnim v. Boitzenburg, in  : Neue Deutsche Biographie 1, Berlin 1953, 372f.

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Literatur in Auswahl Hallwich, Hermann, Gestalten aus Wallensteins Lager. Teil II  : Johann Aldringen, ein Bruchstück aus seinem Leben. Leipzig 1885. Rebitsch, Robert, Matthias Gallas (1588–1647). Generalleutnant des Kaisers zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Eine militärische Biographie (Geschichte in der Epoche Karls V. Band 7), Münster 2006. Der Politiker Bierther, Kathrin, Zur Vorgeschichte der Prager Friedensverhandlungen, in  : Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618–1651. II/10  : Der Prager Frieden von 1635, 1. Teilband (Erschließungsband) (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges N.F.), München – Wien 1997, *25–*267. Fürnkranz, Rudolf, Die Geheimverhandlungen des Kaisers mit den Schweden vom Tode Gustav Adolfs bis zum schwedisch-französischen Bündnis 1638. Diss. phil. Wien 1965. Gaedeke, Arnold, Wallensteins Verhandlungen mit den Schweden und Sachsen 1631–1634. Mit Akten und Urkunden aus dem kgl. sächsischen Hauptsstaatsarchiv zu Dresden. Frankfurt/M. 1885. Irmer, Georg, Die Verhandlungen Schwedens und seiner Verbündeten mit Wallenstein und dem Kaiser von 1631 bis 1634. 3 Bände. Leipzig 1888–1891 (Neudruck Osnabrück 1965). Rebitsch Robert, Albrecht von Wallenstein und der Lübecker Friede. Der Feldherr als Politiker, in  : Terra felix Mecklenburg, 59–88. Der Verräter Bergel, Josef, Die Schicksale der Reliquien Wallensteins, seiner Gemahlin und seines Sohnes, in  : Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 72 (1934) 1–19. Bireley, Robert, The Jesuits and the Thirty Years War. Kings, Courts, and Confessors. Cambridge 2003. Bireley, Robert, S. J., Religion and Politics in the Age of the Counterreformation. Emperor Ferdinand II, William Lamormaini, S. J., and the Formation of Imperial Policy. Chapel Hill 1981. Ernst, Hildegard, Madrid und Wien 1632–1637. Politik und Finanzen in den Beziehungen zwischen Philipp IV. und Ferdinand II. (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 18), Münster 1991. Fassler, Manfred, Netzwerke. Einführung in die Netzstrukturen, Netzkulturen und verteilte Gesellschaftlichkeit (UTB für Wissenschaft 2211), München 2001. Helbig, Karl Gustav, Der Kaiser Ferdinand und der Herzog von Friedland während des Winters 1633–1634. Dresden 1852.

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Anhang Höbelt, Lothar, Ferdinand III. Friedenskaiser wider Willen. Graz 2008. Höbelt, Lothar, Weltmacht und »Weltgeist«  : Wallenstein und die Casa d’Austria, in  : Zdislava Röhsner (Hg.), Wallenstein und noch mehr. 850 Jahre Familie Waldstein. Wien 2009, 45–62. Höfler, Constantin von, Beiträge zur Katastrophe des Herzogs von Friedland. Aus den Correspondenzen des Grafen Gallas, in  : Österreichische Revue I (1867) 78–100. Huber, Alfons, Studien über die Correspondenz der Generale Gallas, Aldringen und Piccolomini im Februar 1634, in  : Archiv für Österreichische Geschichte LXXXII (1895) 563–586. Jedin, Hubert, Die Relation Ottavio Piccolominis über Wallensteins Schuld und Ende, in  : Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens 65 (1931) 328–357. Kampmann, Christoph, Reichsrebellion und kaiserliche Acht. Politische Strafjustiz im Dreißigjährigen Krieg und das Verfahren gegen Wallenstein 1634 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 21), Münster 1993. Kampmann, Christoph, Zweiter Mann im Staat oder Staat im Staat  ? Zur Stellung Wallensteins in der Administration Kaiser Ferdinands II., in  : Michael Kaiser/ Andreas Pečar (Hgg.), Der zweite Mann im Staat. Oberste Amtsträger und Favoriten im Umkreis der Reichsfürsten in der Frühen Neuzeit (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 32), Berlin 2003, 295–315. Lutz, Georg, Wallenstein, Ferdinand II. und der Wiener Hof, in  : Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken XLVIII (1968) 207–243. Mieck, Ilja, Wallenstein 1634. Mord oder Hinrichtung  ?, in  : Alexander Demandt (Hg.), Das Attentat in der Geschichte. Köln 1996, 163–186. Parnemann, Friedrich, Der Briefwechsel der Generale Gallas, Aldringen und Piccolomini im Januar und Februar 1634. Ein Beitrag zum Untergang Wallensteins (HistStudEbering 92), Berlin 1911. Pekař, Josef, Wallenstein 1630–1634. Tragödie einer Verschwörung. 2 Bände. Berlin 1937 (tschechisch  : Valdštejn, 1630–1634. Dějiny Valdštejnského spiknutí. Praha 1895, 21934). Rebitsch, Robert, Matthias Gallas und die Liquidierung Albrechts von Wallenstein, in  : Innsbrucker Historische Studien 23/24 (2005) 325–378. Ritter, Moriz, Der Untergang Wallensteins, in  : Historische Zeitschrift 97 (1906) 237–303. Seger, Otto, Gundaker von Liechtenstein und Albrecht von Wallenstein (Sonderdruck aus dem Band 80 des Jahrbuches des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein), o.O. o.J. Srbik, Heinrich Ritter v., Wallensteins Ende. Ursachen, Verlauf und Folgen der Katastrophe. Salzburg 21952.

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Personenregister Suvanto, Pekka, Wallenstein und seine Anhänger am Wiener Hof zur Zeit des zweiten Generalats 1631–1634 (Studia Historica 5), Helsinki 1963. Winkelbauer, Thomas, Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 34), Wien/ München 1999. Schlussbemerkungen Huch, Ricarda, Wallenstein. Eine Charakterstudie. Leipzig 1920. MaŤa, Petr, Svět české aristokracie 1500–1700. Praha 2004.

Abbil du ngsv er zeichn is Abb. 1  : Porträt Wallensteins zu Pferd, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 2  : Porträt Wallensteins mit dem Orden vom Goldenen Vlies von Johann Jakob Schollenberger, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 3  : Gefecht an der Dessauer Brücke 1626, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 4  : Das Schwedische Lager um Nürnberg 1632, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien, Abb. 5/6  : Befehlsschreiben Wallensteins an Pappenheim Lützen 1632, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 7  : Schlachtenordnung der Kaiserlichen und Schweden bei Lützen 1632, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 8  : Niederlage der Schweden und Sachsen bei Steinau, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 9  : Schloss Güstrow, Foto Dr. Wolf Karge  ; Abb. 10  : Wallensteins Flotte vor Wismar. Anonym um 1629, Handzeichnung, Staatliches Museum Schwerin  ; Abb. 11  : Heinrich Holk, Khevenhüller, Conterfet Kupferstich II  ; Abb. 12  : Matthias Gallas, Khevenhüller, Conterfet Kupferstich II.

Per sonenr e gister (Wallenstein wird im Personenregister nicht ausgewiesen; HistorikerInnen kursiv gesetzt) Adlersthurn, Johann Putz v., böhmischer Rentmeister  191 Adolf Friedrich I. von MecklenburgSchwerin  108 Aldringen, Johann v., General  65, 83,

86, 87, 157, 158, 163, 164, 165–168, 173, 175, 195, 208, 209, 218, 219, 220, 222, 224, 228 Anna Sophia, Herzogin  227 Arnim-Boitzenburg, Hans Georg v.,

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Personenregister Suvanto, Pekka, Wallenstein und seine Anhänger am Wiener Hof zur Zeit des zweiten Generalats 1631–1634 (Studia Historica 5), Helsinki 1963. Winkelbauer, Thomas, Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 34), Wien/ München 1999. Schlussbemerkungen Huch, Ricarda, Wallenstein. Eine Charakterstudie. Leipzig 1920. MaŤa, Petr, Svět české aristokracie 1500–1700. Praha 2004.

Abbil du ngsv er zeichn is Abb. 1  : Porträt Wallensteins zu Pferd, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 2  : Porträt Wallensteins mit dem Orden vom Goldenen Vlies von Johann Jakob Schollenberger, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 3  : Gefecht an der Dessauer Brücke 1626, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 4  : Das Schwedische Lager um Nürnberg 1632, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien, Abb. 5/6  : Befehlsschreiben Wallensteins an Pappenheim Lützen 1632, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 7  : Schlachtenordnung der Kaiserlichen und Schweden bei Lützen 1632, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 8  : Niederlage der Schweden und Sachsen bei Steinau, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 9  : Schloss Güstrow, Foto Dr. Wolf Karge  ; Abb. 10  : Wallensteins Flotte vor Wismar. Anonym um 1629, Handzeichnung, Staatliches Museum Schwerin  ; Abb. 11  : Heinrich Holk, Khevenhüller, Conterfet Kupferstich II  ; Abb. 12  : Matthias Gallas, Khevenhüller, Conterfet Kupferstich II.

Per sonenr e gister (Wallenstein wird im Personenregister nicht ausgewiesen; HistorikerInnen kursiv gesetzt) Adlersthurn, Johann Putz v., böhmischer Rentmeister  191 Adolf Friedrich I. von MecklenburgSchwerin  108 Aldringen, Johann v., General  65, 83,

86, 87, 157, 158, 163, 164, 165–168, 173, 175, 195, 208, 209, 218, 219, 220, 222, 224, 228 Anna Sophia, Herzogin  227 Arnim-Boitzenburg, Hans Georg v.,

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Personenregister Suvanto, Pekka, Wallenstein und seine Anhänger am Wiener Hof zur Zeit des zweiten Generalats 1631–1634 (Studia Historica 5), Helsinki 1963. Winkelbauer, Thomas, Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 34), Wien/ München 1999. Schlussbemerkungen Huch, Ricarda, Wallenstein. Eine Charakterstudie. Leipzig 1920. MaŤa, Petr, Svět české aristokracie 1500–1700. Praha 2004.

Abbil du ngsv er zeichn is Abb. 1  : Porträt Wallensteins zu Pferd, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 2  : Porträt Wallensteins mit dem Orden vom Goldenen Vlies von Johann Jakob Schollenberger, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 3  : Gefecht an der Dessauer Brücke 1626, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 4  : Das Schwedische Lager um Nürnberg 1632, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien, Abb. 5/6  : Befehlsschreiben Wallensteins an Pappenheim Lützen 1632, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 7  : Schlachtenordnung der Kaiserlichen und Schweden bei Lützen 1632, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 8  : Niederlage der Schweden und Sachsen bei Steinau, Kupferstich, Heeresgeschichtliches Museum Wien  ; Abb. 9  : Schloss Güstrow, Foto Dr. Wolf Karge  ; Abb. 10  : Wallensteins Flotte vor Wismar. Anonym um 1629, Handzeichnung, Staatliches Museum Schwerin  ; Abb. 11  : Heinrich Holk, Khevenhüller, Conterfet Kupferstich II  ; Abb. 12  : Matthias Gallas, Khevenhüller, Conterfet Kupferstich II.

Per sonenr e gister (Wallenstein wird im Personenregister nicht ausgewiesen; HistorikerInnen kursiv gesetzt) Adlersthurn, Johann Putz v., böhmischer Rentmeister  191 Adolf Friedrich I. von MecklenburgSchwerin  108 Aldringen, Johann v., General  65, 83,

86, 87, 157, 158, 163, 164, 165–168, 173, 175, 195, 208, 209, 218, 219, 220, 222, 224, 228 Anna Sophia, Herzogin  227 Arnim-Boitzenburg, Hans Georg v.,

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Anhang Generalleutnant  59, 72, 79, 86, 87, 91, 118, 157, 158, 160, 161, 168–171, 175, 176, 84, 191, 194, 195, 196, 208, 222 Bahlcke, Joachim  11 Banér, Johan, General  78 Barberini, Francesco, Kardinalstaatssekretär  172 Bassevi, Jakob  106, 133, 145, 146 Basta, Giorgio, General  51 Bernhard, Hzg. von Sachsen-Weimar  129, 167, 209, 210, 211, 213, 214, 220, 222 Bethlen, Gábor, Fürst von Siebenbürgen  36, 52, 54, 61, 66, 67, 68, 69, 144, 181 Bianco, Baccio del, Maler  113, 117 Bierther, Kathrin  191, 199 Boccaccio, Vincenzo, Architekt  116 Bonaventura, Karl, Graf v. Bucquoy  53, 54 Bourdieu, Pierre  16 Brandauer, Klaus Maria, Schauspieler  9 Butler, Walter, Oberst  173, 218, 222, 223 Bucer, Martin  20 Calvin, Johannes  20 Carlo Emanuele I., Hzg. von Savoyen  64 Carretto, Francesco, Marchese di Grana  223 Castañeda, Sancho de Zuñiga y Monroy, Marquis de  207 Čepička, Ladislav  10 Charles de Gonzague-Nevers (Carlo de Gonzaga-Nevers), Hzg. v. Nevers, Rethel, Mayenne und Mantua  65

Christian IV., König v. Dänemark  60, 61, 64, 72, 158, 178–190, 193 Christian, Hzg. von BraunschweigWolfenbüttel, Bischof von Halberstadt  61, 158, 178 Collalto, Rambaldo, kaiserlicher General  66, 140, 166, 172, 181, 188, 189 Colloredo-Waldsee, Rudolfo, General  176, 209, 218, 220 Deveroux, Walter, kaiserlicher Offizier  223 Dietrichstein, Franz von, Kardinal, Fürstbischof von Olmütz und kaiserlicher Statthalter von Mähren  32, 208 Diwald, Hellmut  13, 14, 49, 58, 185, 231 Duval, Heinrich, Graf v. Dampierre  53, 54 Eggenberg, Johann Ulrich, Fürst von  37, 69, 145, 146, 203, 217, 228 Ehrenberg, Philipp Adolf v., Fürstbischof v. Würzburg  122 Eleonora de Gonzaga, Kaiserin  65 Ernst, Hildegard  207 Ernstberger, Anton  71, 103 Esterházy-Forchtenstein, Nikolaus II., Palatin v. Ungarn  67, 68 Ferdinand I.  20, 147 Ferdinand II.  7, 8, 22, 26, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 38, 40, 44, 45, 52, 53, 55, 56, 58, 59, 64, 69, 71, 72, 74, 99, 100, 104, 143, 144, 148, 153, 154, 158, 178, 182, 186, 187, 189, 191–200, 202, 205, 209–216, 217, 219, 223, 224

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Personenregister Ferdinand III.  7, 57, 144, 148, 165, 174, 188, 204, 205, 207, 217 Ferdinand II., Erzherzog v. Tirol  24 Fernando, Don, Kardinal-Infant  167, 174 Figueroa, Gomez Suárez de, Herzog v. Feria  167, 206 Freiberger, Albrecht, Oberst  223 Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz  32, 33, 34, 54, 60, 109, 129 Friedrich(III.) v. Dänemark  179 Fučiková, Eliška  10 Gallas, Matthias, General  9, 47, 56, 65, 78, 87, 157, 160, 161–165, 166, 168, 173, 174, 175, 188, 209–216, 217, 218, 219, 220, 222, 223, 224 Geiger, Angelika  48 Georg II., Landgraf v. Hessen-Darmstadt  193, 195, 196 Georg Friedrich von Baden-Durlach, Markgraf  61 Georg Wilhelm, Kurfürst v. Brandenburg  193, 196 Gersdorf, Johann v. Landeshauptmann  102 Gindely, Anton  12 Gordon, John, kaiserlicher Oberst  222, 224 Greiffenclau, Georg Friedrich von, Kurfürst-Erzbischof v. Mainz  41 Gustav II. Adolf, König v. Schweden  7, 38, 45, 55, 70, 71, 73, 74, 75–89, 92, 93, 129, 160, 169, 179, 181, 182, 193, 206 Hallwich, Hermann  12 Harrach, Karl v.  36, 69, 145, 146, 228 Harrach, Adalbert v., Kardinal-Erzbischof v. Prag  69, 119

Hertoghe, Walter de, Faktor  133 Höbelt, Lothar  204 Holk, Heinrich, General  79, 80, 83, 118, 157, 158–161, 163, 166, 171,172, 175, 195, 208, 228 Holzappel siehe Melander Horn, Gustav, Feldmarschall  167, 209 Huch, Ricarda  229 Hummelberger, Walter  131 Hus, Jan  20, 22 Ilow, Christian, General  165, 168, 176, 217, 220, 221, 222 Imhausen und Knyphausen, Dodo  212 Isolani, Johann Ludwig Hektor, General  93, 132 Isabella de Austria, Statthalterin der Niederlande  137, 138, 184 Janáček, Josef  14, 50 Jedin, Hubert  173 Johann Albrecht II. von MecklenburgGüstrow  108 Johann Georg I., Kurfürst v. Sachsen  34, 57, 79, 97, 160, 169, 170, 191, 193, 196, 197 Johann Georg, Markgraf v. Jägerndorf  52 Joseph, Père, François Le Clerc Du Tremblay, Baron de Maffiers, OFMCap  44, 70 Joseph II.  225 Kampmann, Christoph  11, 202, 217 Karger-Decker, Bernt  49 Karl V.  147, 192 Karl von Österreich, Markgraf v. Burgau  24 Kepler, Johannes  46, 47 Khevenhüller von Frankenburg, Franz Christoph  24, 122, 203, 214

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Anhang Kinsky, Wilhelm, Gf.  168 Klein, Heinrich Viktor  50 Klesl, Melchior, Kardinal  30 Königsmarck, Hans Christoph v., General  129 Kollmann, Josef  14, 50, 201, 231 Lamormaini, Wilhelm Germain SJ  207, 208 Landek, Lukrezia Nekšová v.  27, 28, 29 Langhoff, Thomas, Regisseur  9 Lauenburg, Franz Albrecht v. (SachsenLauenburg)  67, 168, 195, 196 Lauenburg, Franz Julius v. (SachsenLauenburg)  195, 199 Langer, Herbert  14 Leins, Steffen  145 Leopold V., Erzherzog von ÖsterreichTirol, Fürstbischof  43, 227 Leopold Wilhelm, Erzherzog, Generalissimus, Fürstbischof  174, 220, 227 Leopold I.  224 Leslie, Walter  222, 223 Liechtenstein, Karl v., kaiserlicher Statthalter  34, 52, 98, 99, 101, 102, 144, 145, 146 Liechtenstein, Gundacker v., kaiserlicher Rat  42, 214, 215, 218 Lobkowitz, Ladislav Popel v.  29 Lobkowitz, Wenzel Eusebius v.  115 Lorenz, Gottfried  216 Luther, Martin  20 Magni, Valeriano, Kapuziner  42, 69, 230 Malowetz, Dietrich v., Landeshauptmann  102f., 105 Mann, Golo  13, 49, 146, 231 Mannigel, Holger  13

Mansfeld, Peter Ernst Gf. v., Söldnerführer  60, 61, 63, 66, 67, 68, 69, 129, 181 Marini, Giovanni Battista, Architekt  116 Marradas, Don Baltasar, General  202 Maršan, Robert  49 Maťa, Petr  229 Matthias  21, 22, 26, 27, 28, 29 Maximilian I.  147 Maximilian II.  20, 21 Maximilian I., Kurfürst von Bayern  33, 41, 42, 43, 44, 53, 57, 70, 74, 79, 86, 108, 157, 161, 167, 178, 181, 186, 188, 204, 209–216, 220 Maximilian III., Erzherzog v. Tirol (der Deutschmeister)  26 Meggau, Leonhard Helfried v., Statthalter von Niederösterreich  146 Melander, Peter, Gf. von Holzappel, General  118, 174 Mentel, Stanislav  49 Michna, Paul v.  98 Moritz von Sachsen, Kurfürst  192, 201 Moritz von Oranien-Nassau  93 Olivares, Gaspar de Guzmán, Conde de  205 Oñate, Iñigo Vélez de Guevara y Tassis, Conde de  207 Oxenstierna, Axel, schwedischer Reichskanzler  170, 171, 194 Pachta, Veit, Jesuit  27 Pappenheim, Gottfried Heinrich, General  55, 80, 81, 83, 86, 90, 160, 167, 176 Parrott, David  94 Pauws, Cornelis, niederländischer Gesandter  199

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