Roland Michael Beckmann, Universität des Saarlandes; Oliver Brand, Universität Mannheim; Knut Höra, Johannsen Rechtsanwä
281 77 2MB
German Pages 530 [532] Year 2010
Table of contents :
Frontmatter
Inhaltsübersicht
VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZ
Abschnitt 3: Prämie
Abschnitt 4: Versicherung für fremde Rechnung
Abschnitt 5: Vorläufige Deckung
Abschnitt 6: Laufende Versicherung
Abschnitt 7: Versicherungsvermittler, Versicherungsberater
Backmatter
Großkommentare der Praxis
Bruck/Möller
Versicherungsvertragsgesetz Großkommentar 9., völlig neu bearbeitete Auflage herausgegeben von
Horst Baumann, Roland Michael Beckmann, Katharina Johannsen, Ralf Johannsen
Zweiter Band §§ 33–73 Bearbeiter: §§ 33–42: Roland Michael Beckmann §§ 43–48: Oliver Brand §§ 49–52: Knut Höra §§ 53–58: Reinhard Renger §§ 59–73: Hans-Peter Schwintowski
De Gruyter
Stand der Bearbeitung: März 2010
Zitiervorschlag: Bruck/Möller/Brand 9 § 48 Rn. 8 Sachregister: Christiane Göhring, Andernach-Kell
ISBN 978-3-89949-504-1
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2010 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Verzeichnis der Bearbeiter der 9. Auflage Dr. Horst Baumann, Professor an der Technischen Universität Berlin Dr. Roland Michael Beckmann, Professor an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken Dr. Oliver Brand, LL.M. (Cambridge), Professor an der Universität Mannheim Dr. Christoph Brömmelmeyer, Professor an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) Dr. Heinrich Dörner, Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Charlotte Echarti, Rechtsanwältin in Rellingen Dr. Helmut Heiss, LL.M. (Chicago), Professor an der Universität Zürich Dr. Harald Herrmann, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Leiter des Instituts für Versicherungswissenschaft Dr. Knut Höra, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Frankfurt am Main Dr. Detlef A. Huber, Rechtsanwalt in Freiburg i.Br. Dr. Katharina Johannsen, Vorsitzende Richterin am Hanseatischen OLG a.D., Hamburg Dr. Ralf Johannsen (†), Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Rocco Jula, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Berlin Dr. Kai-Oliver Knops, Professor an der Universität Hamburg Dr. Robert Koch, LL.M. (McGill), Professor an der Universität Hamburg Dr. Hubertus W. Labes, Rechtsanwalt in Rellingen Dr. Tobias Lenz, Rechtsanwalt in Köln und Professor an der Rheinischen Fachhochschule Köln Dr. Kent Leverenz, Richter am Amtsgericht Hamburg-Harburg Dr. Annemarie Matusche-Beckmann, Professor an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken Oliver Meixner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Hamburg Dr. Helmut Müller, Präsident des Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen a.D., Berlin Dr. Ernst Niederleithinger, Ministerialdirektor beim Bundesministerium der Justiz a.D., Honorarprofessor, Berlin Dr. Peter Präve, Syndikus beim GDV, Berlin Dr. Reinhard Renger, Ministerialrat beim Bundesministerium der Justiz a.D., Bonn Dr. Thomas Richter, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Claus von Rintelen, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Christian Rolfs, Professor an der Universität zu Köln Dr. Winfried Schnepp, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Köln Arno Schubach, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Koblenz Dr. Hans-Peter Schwintowski, Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Ansgar Staudinger, Professor an der Universität Bielefeld Dr. Wolfgang Voit, Professor an der Philipps-Universität Marburg Dr. Eckhardt Wilkens, Vorstand der R+V Versicherung AG und Vorsitzender der Vereinigte Tierversicherung Gesellschaft auf Aktien a.D., Burgwedel Dr. Gerrit Winter, Professor an der Universität Hamburg
V
Vorwort zu Band 2 Mit dem Erscheinen von Band 2 liegt nunmehr die vollständige Kommentierung des Allgemeinen Teils des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 1–73 VVG nebst Generaleinführung) vor und damit ein wesentlicher Teil der 9. Auflage des Großkommentars „Bruck/Möller“. Damit sind innerhalb von rund eineinhalb Jahren drei selbständige Bände zum Allgemeinen Teil des Versicherungsvertragsgesetzes im Rahmen dieses Großkommentars erschienen. Band 2 enthält umfassende Kommentierungen der praxisrelevanten Vorschriften über die Prämie (§§ 33–42), über die Versicherung für fremde Rechnung (§§ 43–48), über die vorläufige Deckung (§§ 49–52), über die laufende Versicherung (§§ 53–58) sowie über Versicherungsvermittler und Versicherungsberater (§§ 59–73). Nun stehen die Kommentierungen zu einzelnen Versicherungszweigen auf dem Programm. In den Bänden zu den einzelnen Vertragszweigen können zudem aktuelle Entwicklungen nach der noch jungen Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes aufgegriffen und berücksichtigt werden. Noch im Jahre 2010 erscheint der Band zur „Unfallversicherung“. Rechtsprechung und Schrifttum wurden im Wesentlichen bis März 2010 berücksichtigt. Für Kritik und Verbesserungsvorschläge sind Verlag und Herausgeber dankbar. Berlin, Saarbrücken und Hamburg im Juni 2010 Horst Baumann
Roland Michael Beckmann
Katharina Johannsen
Aus dem Vorwort zu Band 1 Die 8. Auflage des „Bruck/Möller“ ist geprägt von Hans Möller, daneben von Karl Sieg und Ralf Johannsen. Hans Möller hat das Werk herausgegeben und die Einleitung sowie die §§ 1–66 mit systemprägender Kraft bearbeitet. Karl Sieg und ihm folgend Ralf Johannsen haben später die Herausgabe übernommen. Zugleich hat Karl Sieg die §§ 67–80 sowie die Grundlagen der Feuerversicherung, Ralf Johannsen die Allgemeine Haftpflichtversicherung, die Kraftfahrtversicherung und (gemeinsam mit Katharina Johannsen) die Feuerversicherung kommentiert. Mit Hilfe weiterer Autoren für die einzelnen Versicherungszweige haben sie so den hoch renommierten Großkommentar zum VVG von überragendem Rang geschaffen. Eine großartige Leistung, für die ihnen über ihren Tod hinaus Dank und bleibende Anerkennung gebührt! Die VVG-Reform 2008 stellt den Versicherungsvertrag auf eine neue gesetzliche Grundlage. Die 9. Auflage des „Bruck/Möller“ bringt hierzu und zu den rechtlichen Rahmenbedingungen eine Kommentierung in bewährter Qualität. Höchste fachliche Kompetenz, unbestechliche Objektivität und größtmögliche Praxisgerechtigkeit sind die Leitmaximen der Neuauflage. Ein großes Expertenteam aus allen mit dem Versicherungsrecht und seiner
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Vorwort
Reform befassten Bereichen gewährleistet die Fertigstellung des Gesamtwerks einschließlich der zuverlässigen Kommentierung der einzelnen Versicherungszweige und ihrer AVB in wenigen Jahren. Bereits der hiermit vorgelegte Band 1 bringt außer der detaillierten Analyse der §§ 1–32 insbesondere mit der Generaleinführung und der Kommentierung zu § 1 einen fundierten Gesamtüberblick über das neue VVG und die Einzelheiten der Reform. Ralf Johannsen hat die Zusammensetzung des neuen Herausgeber- und Autorenteams wie auch die Gesamtkonzeption der Neuauflage maßgeblich mitbestimmt und noch die Neukommentierung des § 2 fertiggestellt. Er ist am 16.1.2007 verstorben, gehört aber zu den Herausgebern der 9. Auflage. Sein Schaffen wirkt wie das von Ernst Bruck, Hans Möller und Karl Sieg im „Bruck/Möller“ fort.
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Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . . . .
V VII XI
VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZ Teil 1 ALLGEMEINER TEIL Kapitel 1 Vorschriften für alle Versicherungszweige Abschnitt 3 Prämie § 33 § 34 § 35 § 36 § 37 § 38 § 39 § 40 § 41 § 42
Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . Zahlung durch Dritte . . . . . . . Aufrechnung durch den Versicherer Leistungsort . . . . . . . . . . . . Zahlungsverzug bei Erstprämie . . Zahlungsverzug bei Folgeprämie . Vorzeitige Vertragsbeendigung . . . Kündigung bei Prämienerhöhung . Herabsetzung der Prämie . . . . . Abweichende Vereinbarungen . . .
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1 22 29 34 48 70 95 102 123 129
Vorbemerkungen zu §§ 43 bis 48 . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte des Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte des Versicherungsnehmers . . . . . . . . . . . . Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem Kenntnis und Verhalten des Versicherten . . . . . . . . Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ . . . . . .
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133 152 175 193 209 222 239
Abschnitt 4 Versicherung für fremde Rechnung Vor §§ 43–48 § 43 § 44 § 45 § 46 § 47 § 48
IX
Inhaltsübersicht
Abschnitt 5 Vorläufige Deckung Vor §§ 49–52 § 49 § 50 § 51 § 52
Vorbemerkungen zu §§ 49 bis 52 . . . . Inhalt des Vertrags . . . . . . . . . . . . Nichtzustandekommen des Hauptvertrags Prämienzahlung . . . . . . . . . . . . . Beendigung des Vertrags . . . . . . . . .
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253 273 279 281 284
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305 308 320 324 327 332 335
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339 408
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415 430 433 458 460 461 462 463
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464 480 485 487 491
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
493
Abschnitt 6 Laufende Versicherung Vor § 53 § 53 § 54 § 55 § 56 § 57 § 58
Vorbemerkungen zu den §§ 53 bis 58 Anmeldepflicht . . . . . . . . . . . Verletzung der Anmeldepflicht . . . . Einzelpolice . . . . . . . . . . . . . Verletzung der Anzeigepflicht . . . . Gefahränderung . . . . . . . . . . . Obliegenheitsverletzung . . . . . . .
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Abschnitt 7 Versicherungsvermittler, Versicherungsberater Unterabschnitt 1 Mitteilungs- und Beratungspflichten § 59 § 60 § 61 § 62 § 63 § 64 § 65 § 66 § 67 § 68
Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungsgrundlage des Versicherungsvermittlers . . . . . . Beratungs- und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt und Form der Information . . . . . . . . . . . . Schadensersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungssicherung zugunsten des Versicherungsnehmers . . Großrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterabschnitt 2 Vertretungsmacht
§ 69 § 70 § 71 § 72 § 73
X
Gesetzliche Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . Kenntnis des Versicherungsvertreters . . . . . . . . Abschlussvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschränkung der Vertretungsmacht . . . . . . . . . Angestellte und nicht gewerbsmäßig tätige Vermittler
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Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur a.A. a.a.O. ABE ABG ABGB abgedr. ABGF Abk. abl. ABl. ABMG ABN ABRK ABRV ABS Abs. Abschlussbericht Abschn. ABU ABV ABV (PKautV) ABVerm abw. AcP ADB ADS a.E. AEB ÄndG ÄndVO AERB AEUV AFB AFVB a.F. AFG AG AGG AGBG
anderer Ansicht am angegebenen Ort Allgemeine Bedingungen für die Elektronikversicherung Allgemeine Bedingungen für die Kaskoversicherung von Baugeräten Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) abgedruckt Allgemeine Bedingungen für die dynamische Sachversicherung des Gewerbes und der Freien Berufe Abkommen ablehnend Amtsblatt Allgemeine Bedingungen für die Maschinen- und Kasko-Versicherung von fahrbaren und transportablen Geräten Allgemeine Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber Allgemeine Bedingungen für die Reparaturkosten von Kraftwagen Allgemeine Bedingungen für die Reise-Rücktrittskosten-Versicherung Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung (Österreich) Absatz siehe KomE Abschnitt Allgemeine Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Unternehmerleistungen Allgemeine Bedingungen der Vertrauensschadenversicherung Allgemeine Bedingungen der Vertrauensschadenversicherung (Personenkautionsversicherung) Allgemeines Bedingungen für die Vermögenshaftpflichtversicherung abweichend Archiv für civilistische Praxis (zit. nach Band, Jahr u. Seite) Allgemeine Deutsche Binnen-Transportversicherungsbedingungen Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen von 1919 am Ende Allgemeine Einbruchdiebstahlversicherungsbedingungen Änderungsgesetz Änderungsverordnung Allgemeine Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Allgemeine Bedingungen für die Feuerversicherung Allgemeine Bedingungen für die Fahrradverkehrsversicherung alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Amtsgericht; Aktiengesellschaft Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)
XI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur AGlB AGTG AHagB AHB AKB AktG ALB allg. allg.M. Alt. AltZertG a.M. AMB AMBUB AMG AMoB amtl. Begr. Anh. Anl. Anm. AnwBl. AnwKom/Bearbeiter ao AO AöR AP ARB ArchBR Art. ASKB Asmus/Sonnenberg AStB AT AtomG AUB AÜG Auff. Aufl. AuR ausdrückl. ausführl. AusfVO ausl. AuslG AusnVO ausschl. Ausschussbericht
XII
Allgemeine Bedingungen für die Glasversicherung Allgemeine Bedingungen für die Garantieverlängerungsversicherung von Technischen Geräten Allgemeine Hagelversicherungs-Bedingungen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung Allgemeine Bedingungen für die KfZ-Versicherung Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung allgemein allgemeine Meinung Alternative Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen anderer Meinung Allgemeine Maschinenversicherungs-Bedingungen Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Arzneimittelgesetz Allgemeine Montageversicherungsbedingungen amtliche Begründung Anhang Anlage Anmerkung Anwaltsblatt AnwaltKommentar BGB, hrsg. von Dauner-Lieb/Heidel/Ring, 5 Bände (2005) außerordentlich Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis. Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung von kerntechnischen Anlagen Kraftfahrtversicherung, 7. Aufl. (1998) Allgemeine Bedingungen für die Sturmversicherung Allgemeiner Teil Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auffassung Auflage Arbeit und Recht ausdrücklich ausführlich Ausführungsverordnung ausländisch Ausländergesetz Ausnahmeverordnung ausschließlich Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (BTDrucks. 16/5862)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur AV AVB AVBR AVBSP AVB Vermögen AVBW AVFE AVFEBU AVFEM AVG AVP AVR AVSZ AVTHK AWaB AWB AWG Az.
Allgemeine Verfügung Allgemeine Versicherungsbedingungen Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Reisegepäck Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Juwelen, Schmuck- und Pelzsachen im Privatbesitz Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden Allgemeine Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen Allgemeine Versicherungsbedingungen für Fernmelde- und sonstige elektronische Anlagen Allgemeine Betriebsunterbrechungs-Bedingungen bei Fernmelde- und sonstigen elektrotechnischen Anlagen Allgemeine Bedingungen für die Mehrkostenversicherung bei Fernmeldeanlagen und sonstigen elektrotechnischen Anlagen Angestelltenversicherungsgesetz Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Pferden und anderen Einhufern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Rindern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Schweinen, Schafen und Ziegen Allgemeine Bedingungen für die Tierkrankenversicherung von Hunden und Katzen Allgemeine Versicherungs-Bedingungen für die Waldbrandversicherung Allgemeine Bedingungen für die Leitungswasserversicherung Außenwirtschaftsgesetz Aktenzeichen
Bach/Langheid
Aktuelle Rechtsfragen der Versicherungsvertragspraxis, 2. Aufl. (1990) Bach/Moser Private Krankenversicherung, MB/KK- und MB/KT-Kommentar, 4. Aufl. (2009) BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAG Bundesarbeitsgericht Bamberger/Roth/Bearbeiter Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch in drei Bänden, 2. Aufl. (2007/08) BankArch Bankarchiv. Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen BAnz. Bundesanzeiger Baran Das Versicherungsaufsichtsgesetz, 3. Aufl. (2000) Basedow/Fock Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Bd. I–III (2002/03) Bauer Die Kraftfahrtversicherung, 5. Aufl. (2002) BauGB Baugesetzbuch Baumgärtel/Prölss Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 5 (Versicherungsrecht) (1993) Baumgärtel/Laumen/Prütting Handbuch der Beweislast – BGB AT, §§ 1–240, 3. Aufl. (2007) BAV (BAA) Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- (bis 1973: und Bauspar)wesen (bis 2001) BB Der Betriebs-Berater BBG Bundesbeamtengesetz Bd. Band BDSG Bundesdatenschutzgesetz Bearb. Bearbeitung Beckmann/MatuscheVersicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. (2009) Beckmann/Bearbeiter
XIII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur begl. Begr
Bek. Bekl. Bem. Benkel/Hirschberg ber. Berliner Kommentar/ Bearbeiter bes. BesBed Arch
BesBed Priv Beschl. Beschw. Bespr. Best. bestr. betr. BetrAV BetrAVG BeurkG BFH BGB BGBl. BGE BGH BGHGrS BGHR BGHSt BGHZ BLAH/Bearbeiter BLVA BMI BMJ Böhme/Biela Boldt FeuerV Bolze
XIV
beglaubigt Begründung zum VVG: RTDrucks Nr. 364, 12. Legislaturperiode, 1. Session 1907; zum PflVersG v. 7.11.1939: DJ 39, 1771; zur VO v. 19.12.1939: Amtl. Sonderveröffentl. d. DJ Nr. 20, Beilage zur DJ Nr. 3/1940; zum G v. 28.12.1942: DJ 43, 41 ff.; zur VO v. 6.4.1943: DJ 43, 269; zum G v. 5.4.1965 (PflVersG n.F.): BRDrucks. IV/2252 S 11 ff. zum RegE VVGReformG v. 20.12.2006 BTDrucks. 16/3945 Bekanntmachung Beklagter Bemerkung Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, ALB- und BUZ-Kommentar, 2. Aufl. (2009) berichtigt Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz: Kommentar zum deutschen und österreichischen VVG, hrsg. von H. Honsell (1999) besonders Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung Beschluss Beschwerde Besprechung Bestimmung bestritten betreffend Betriebliche Altersversorgung Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des (Schweizerischen) Bundesgerichts Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof, Großer Senat BGH-Rechtsprechung Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (zit. nach Band u. Seite) Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 67. Aufl. (2009) Bayerische Landesbrandversicherungsanstalt Bundesminister(ium) des Inneren Bundesminister(ium) der Justiz Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden. Handbuch für die Praxis, 23. Aufl. (2006) (bis zur 22. Aufl. Becker/Böhme) Feuerversicherung, 7. Aufl. (1995) Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen (1886 ff.)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Borutta BR BRAK BRAO BRAOÄndG
bzgl. bzw.
Handbuch des Privatversicherungsrechts (Loseblatt-Ausgabe) Bundesrat Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrechtsanwaltsordnung Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentrechtsanwaltsordnung und anderer Gesetze Lebensversicherung (1932) Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Protokolle des Bundesrates Beamtenrechtsrahmengesetz Verhandlungen des Bundesrats, Stenographische Berichte (zit. nach Sitzung u. Seite) Das Privatversicherungsrecht (1930) Kommentar zum Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 7. Aufl. (1932) Das Recht des Lebensversicherungsvertrages: ein Kommentar zu den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Kapitalversicherung auf den Todesfall, 2. Aufl. (1933) Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluss des Versicherungsvermittlerrechtes, 8. Aufl. (1961–2002) Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, 9. Aufl. (2008 ff) Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Beispiel Bundessteuerblatt Besonderer Teil, Bundestag Bundestagsdrucksache s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des deutschen Bundestag, Stenographische Berichte (zit. nach Wahlperiode u. Seite) Betriebsunterbrechung Buchstabe Handbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl. (2009) Versicherungsrecht in der anwaltlichen Praxis, 4. Aufl. (2000) Reiseversicherung, 3. Aufl. (2009) Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Besondere Vertragsbedingungen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) bezüglich beziehungsweise
ca. cic CR
circa culpa in contrahendo Computer und Recht
Braun Lebensversicherung BRDrucks. BReg. BRProt. BRRG BRStenBer. Bruck PVR Bruck Versicherungsvertrag Bruck/Dörstling Bruck/Möller/Bearbeiter 8
Bruck/Möller/Bearbeiter BSG BSHG Bsp. BStBl. BT BTDrucks. BTProt. BTRAussch. BTStenBer. BU Buchst. van Bühren/Bearbeiter Hdb van Bühren van Bühren/Nies BUZ BVB BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE
XV
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur dagg. DAR DAV DB DDR DepotG ders. Deutsch dgl. DGVZ d.h. dies. Dietz HausratV Dietz WohngebäudeV Diff., diff. Dig. Diller Diss. DJ DJT DJZ DMW DöV Dörner AVB D&O DOGE DR DRechtsw. Dreher DRiB DRiG DRiZ DRM DRpfl. DRsp. Drucks. DRW DRZ DSB DStrR dt. DuR DVBl. DVers. DVersPresse DVO DVollzO DVP DVR
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dagegen Deutsches Autorecht Deutscher Anwaltsverein; Deutsche Aktuarvereinigung Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) derselbe Das neue Versicherungsvertragsrecht, 6. Aufl. (2008) dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung das heißt dieselbe(n) Hausratversicherung 84, Kommentar, 2. Aufl. (1987) Wohngebäudeversicherung, Kommentar, 2. Aufl. (1999) Differenzierung, differenzierend Digesta Die Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte, Kommentar (2009) Dissertation Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (1896–1936) Deutsche Medizinische Wochenschrift Deutsche öffentlich-rechtliche Versicherung Allgemeine Versicherungsbedingungen, Textausgabe, 6. Aufl. (2009) Directors and Officers (Liability Insurance) Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Recht, Wochenausgabe (vereinigt mit Juristische Wochenschrift) (1931–1945) Deutsche Rechtswissenschaft (1936–1943) Die Versicherung als Rechtsprodukt (1991) Deutscher Richterbund Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsches Recht, Monatsausgabe (vereinigt mit Deutsche Rechtspflege) Deutsche Rechtspflege (1936–1939) Deutsche Rechtsprechung, hrsg. von Feuerhake (Loseblattsammlung) Drucksache Deutsches Recht, Wochenausgabe Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946–1950) Datenschutzberater Deutsches Steuerrecht deutsch Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Versicherung Deutsche Versicherungspresse Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Deutsche Verwaltungspraxis Datenverarbeitung im Recht (bis 1985, danach vereinigt mit IuR)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur DVZ DZWiR
Deutsche Versicherungszeitschrift Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
E ebd. ebso. ECB
Entwurf bzw. Entscheidung ebenda ebenso Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung für Industrie- und Handelsbetriebe Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur FeuerBetriebsunterbrechungs-Versicherung für Industrie- und Handelsbetriebe Einbruchdiebstahl editor(s) Einbruchdiebstahlversicherung Entscheidung der Finanzgerichte (zit. nach Band u. Seite) Einführungsgesetz bzw. Europäische Gemeinschaft(en) bzw. Erinnerungsgabe Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz v. 27.1.1877 Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrecht Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum VVG Ehegesetz ehemalig Privatversicherungsrecht (1923) Deutsches (österreichisches) Versicherungs-Vertragsrecht (1952) Einführung eingehend einschließlich einschränkend Einleitung Europäische Kommission für Menschenrechte Europäische Menschenrechtskonvention entgegen Entscheidung entsprechend Entwurf Ergebnis bzw. Ergänzung Ergänzungsband Erläuterung Erwiderung Einkommensteuergesetz et cetera Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – Amtliche Sammlung Europäische Grundrechte-Zeitschrift
ECBUB
ED ed(s) EDV EFG EG EGBGB EGGVG EGInsO EGInsOÄndG EGKS EGMR EGOWiG EGStGB EGStPO EGV EGVVG EheG ehem. Ehrenberg Ehrenzweig Einf. eingeh. einschl. einschr. Einl. EKMR EMRK entgg. Entsch. entspr. Entw. Erg. ErgBd. Erl. Erw. EStG etc. EU EuGH EuGHE EuGRZ
XVII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur EuR EurKomMR europ. EuropolG EUV EuZW EV
evtl. EWG EWGV EWiR EWiV f., ff. FAG Fahr/Kaulbach/Bähr FamRZ FAO Farny FBUB Fenyves/Kronsteiner/Schauer FG FGG FGO FHB FinDAG FJL Fn. fragl. FS FVG v. Fürstenwerth/Weiß G GB BAV GB GDV GBl. GDV GE gem. GenG Gerhard/Hagen GerS GeschO gesetzl. GewArch GewO
XVIII
Europarecht Europäische Kommission für Menschenrechte europäisch Europol-Gesetz Vertrag über die Europäische Union (Lissabon-Vertrag) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung folgende Gesetz über Fernanmeldanlagen Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl. (2007) Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung Versicherungsbetriebslehre, 4. Aufl. (2006) Allgemeine Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Kommentar zu den Novellen zum VersVG (Österreich) (1998) Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Feuerhaftungs-Versicherungsbedingung Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Feyock/Jacobsen/Lemor Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. (2009) Fußnote fraglich Festschrift Gesetz über die Finanzverwaltung Versicherungsalphabet, 10. Aufl. (2001) Gesetz Geschäftsbericht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Geschäftsbericht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Gesetzblatt Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Geschäftsplanmäßige Erklärung gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Kommentar zum deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag (1908) Der Gerichtssaal Geschäftsordnung gesetzlich Gewerbearchiv, Zeitschrift für Gewerbe- u. Wirtschaftsverwaltungsrecht Gewerbeordnung
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur gg. GG ggf. von Gierke Versicherungsrecht I von Gierke Versicherungsrecht II GKG GKV gl. GmbHG GmbHR GMBl. GoA grdl. grds. Grimm GrS GrSZ Grubmann GRUR GS GVBl. GVG GWB GwG
h.A. Hagelschuer Hagen Versicherungsrecht Halbs. Halm/Engelbrecht/Krahe Hansen Beweislast HansRGZ Harbauer Hauss Hax Hdb. HdV HeilPrG Heiss Heiss/Lorenz Herdt HEZ HFR HGB HGZ hins. Hinw.
gegen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls J. von Gierke, Versicherungsrecht, Bd. I (1937) J. von Gierke, Versicherungsrecht, Bd. II (1947) Gerichtskostengesetz Gesetzliche Krankenversicherung gleich Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (vorher: Rundschau für GmbH) Gemeinsames Ministerialblatt Geschäftsführung ohne Auftrag grundlegend grundsätzlich Unfallversicherung, 5. Aufl. (2009) Großer Senat Großer Senat in Zivilsachen Das Versicherungsvertragsgesetz, 6. Aufl. (2007) (Österreich) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) herrschende Ansicht Lebensversicherung, 2. Aufl. (1987) in: Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, 8. Band, I. und II. Abteilung (1922) Halbsatz Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 3. Aufl. (2008) Beweislast und Beweiswürdigung im Versicherungsrecht (1990) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift Rechtsschutzversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB), 8. Aufl. (2009) 25 Jahre Karlsruher Forum. Beiträge zum Haftungs- und Versicherungsrecht (1983) Grundlagen des Versicherungswesens (1964) Handbuch Handwörterbuch der Versicherung, hrsg. von Farny/Helten/Koch/ Schmidt (1988) Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) Treu und Glauben im Versicherungsvertragsrecht (1989) Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl. (1996) Die mehrfache Kausalität im Versicherungsrecht (1978) Höchstrichterliche Entscheidungen (Zivilsachen) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Hanseatische Gerichtszeitung hinsichtlich Hinweis
XIX
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur HK VVG/Bearbeiter h.L. h.M. Hofmann PVR HRR Hrsg./hrsg. h.Rspr. Hübner
i.Allg. i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.E. i.e.S. IFG i.gl.S. i.Grds. IHK i.H.v. ILC IM InfoV inl. insbes. insges. InsO inzw. IPBPR i.R.d. i.R.v. i.S. i.S.d. i.S.e. i.S.v. i.techn.S. i.U. i.üb. IuKDG
Versicherungsvertragsgesetz Handkommentar, hrsg. von Rüffer/Halbach/Schimikowski (2009) herrschende Lehre herrschende Meinung Privatversicherungsrecht, 4. Auflage (1998) Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Herausgeber/herausgegeben herrschende Rechtsprechung Allgemeine Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, 5. Aufl. (1997)
IuR IVH i.V.m. i.w. i.w.S. i.Z.m.
im Allgemeinen in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Ergebnis im engeren Sinne Informationsfreiheitsgesetz im gleichen Sinne im Grundsatz Industrie- und Handelskammer in Höhe von International Law Commission Innenministerium siehe VVG-InfoV inländisch insbesondere insgesamt Insolvenzordnung inzwischen Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte im Rahmen der/des im Rahmen von im Sinne im Sinne der/des im Sinne einer(s) im Sinne von im technischen Sinne im Unterschied im Übrigen Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) Informatik und Recht Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht in Verbindung mit im Wesentlichen im weiteren Sinne im Zusammenhang mit
JA Jabornegg JahrbÖR JBeitrO
Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Das Risiko des Versicherers (1979) Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Justizbeitreibungsordnung
XX
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur JBl. JBlRhPf. JBl Saar jew. JK JM JOR JPVR JR Jula JurA Jura JurJahrb. JuS Justiz JuV JVBl. JVKostO JW JZ JZ-GD KalV
Kap. Kfz. KfzPflVV KG KGJ
KH Kisch Versicherungsschein Kisch Mehrfache Versicherung Kisch PVR II Kisch PVR III KJ Kl. KLV Knoerrich/Rotkies KO Koch/Weiss Koller KomE
KorrBekG K&R krit. KritVj
Juristische Blätter (Österreich) Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes jeweils Jura-Kartei Justizminister(ium) Jahrbuch für Ostrecht Juristische Rundschau für die Privatversicherung Juristische Rundschau Sachversicherungsrecht, 2. Aufl. (2008) Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung. Zeitschrift für Studium und Ausbildung Die Justiz. Amtsblatt des Justizministeriums von Baden-Württemberg Justiz und Verwaltung Justizverwaltungsblatt Gesetz über Kosten im Bereich der Justizverwaltung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Juristenzeitung – Gesetzgebungsdienst Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der Privaten Krankenversicherung (Kalkulationsverordnung – KalV) Kapitel Kraftfahrzeug Kraftfahrzeugpflichtversicherungsverordnung Kammergericht, Kommanditgesellschaft Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881–1922) (zit. nach Band u. Seite) Kraftfahrzeug-Haftpflicht Der Versicherungsschein (1952) Die Mehrfache Versicherung desselben Interesses (1935) Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. II (1920) Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. III (1922) Kritische Justiz Klausel Kapitalbildende Lebensversicherung Rechtsgrundlagen der Individualversicherung Konkursordnung Gabler Versicherungslexikon (1994) Transportrecht, 6. Aufl. (2007) Kommissionsentwurf zur Reform des Versicherungsvertragsrechts; zitiert nach: Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April (2004), hrsg. von Egon Lorenz (2004) Gesetz zur Bekämpfung der Korruption Kommunikation und Recht kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung
XXI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur KrW-/AbfG
KTS K&R Kühnholz KunstUrhG Kuwert/Erdbrügger KuV KWG Langheid/Wandt/Bearbeiter
LegPer. LG lit. Lit. LM LMK Looschelders/Pohlmann/ Bearbeiter LPG LS lt. LVerf. LZ LZB
m. MaBV Mahr Maier Manes Versicherungslexikon m. Anm. Marlow/Spuhl Martin SVR m.a.W. m.Bespr. MBKK MBKT MBPPV MBUB MdB MdL MDR MDStV MedR Meixner/Steinbeck
XXII
Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz) Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kommunikation und Recht Versicherungsrecht (1989) Kunsturhebergesetz Privat-Haftpflichtversicherung. Leitfaden durch die besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen, 2. Aufl. (1990) Kraftfahrt und Verkehrsrecht Gesetz über das Kreditwesen Münchener Kommentar Versicherungsvertragsgesetz: VVG; Band 1: §§ 1–99 VVG (Teil 1. Allgemeiner Teil) und Erläuterungen zum EGVVG (2010); Band 3: §§ 192–215 VVG, Synopsen, Materialien (2009) Legislaturperiode Landgericht littera (Buchstabe) Literatur Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier/ Möhring u.a. (zit. nach Paragraph u. Nummer) Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring VVG Versicherungsvertragsgesetz, Kommentar (2009) Landespressegesetz Leitsatz laut Landesverfassung Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907–1933) Zusatzbedingungen für die Feuerversicherung landwirtschaftlicher Betriebe mit Makler- und Bauträgerverordnung Einführung in die Versicherungswirtschaft, 3. Aufl. (1970) Das Versicherungs-Vertragsrecht (1911) Versicherungslexikon, 3. Aufl. (1930) mit Anmerkung Das neue VVG, 3. Aufl. (2008) Sachversicherungsrecht, Kommentar, 3. Aufl. (1992) mit anderen Worten mit Besprechung Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Musterbedingungen für die private Pflegeversicherung Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Mitglied des Bundestags Mitglied des Landtags Monatsschrift für Deutsches Recht Staatsvertrag über Mediendienste Zeitschrift für Medizinrecht Das neue Versicherungsvertragsrecht (2008)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur missverst. m.krit.Anm. MMR MMW Möller Verantwortlichkeit Möller Versicherungsvertragsrecht Motive MüKo-BGB/Bearbeiter H. Müller m.w.N. m.zust.Anm. N. Nachtr. Nds.GVBl. Nds.Rpfl NEGB NEhelG Neum. n.F. Niederleithinger NJ NJOZ NJW NJWE-VHR NJW-RR Nr. NStZ NVersZ NVwZ NwIG NwSoBed NwSoBedIuG NwSoBedlwGeb NZA NZG NZS NZV o. o.ä. ob.dict. OBGer öffentl. ÖJVersG ÖJZ ÖVVG
missverständlich mit kritischer Anmerkung (von) MultiMedia und Recht Münchner Medizinische Wochenschrift Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter (1939) Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1977) Motive zum VVG, Nachdruck (1963) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Rebmann/Säcker/Rixecker, 5. Aufl. (2009) Versicherungsbinnenmarkt (1998) mit weiteren Nachweisen mit zustimmender Anmerkung Nachweise Nachtrag Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Niedersächsische Rechtspflege Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung der Elektround Gasgeräte des Haushalts Gesetz über die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder Neumanns Zeitschrift für Versicherungswesen neue Fassung Das neue VVG (2007) Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Versicherungs-/Haftungsrecht NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht oben oder ähnlich obiter dictum Obergericht (Schweizer Kantone) öffentlich Österr. Bundesgesetz über internationales Versicherungsvertragsrecht für den Europäischen Wirtschaftsraum Österreichische Juristenzeitung Österreichisches Versicherungsvertragsgesetz (auch VersVG)
XXIII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur o.g. OG OGDDR ÖOGH OHG OLG OLGZ OVG OWiG Palandt/Bearbeiter PartGG PatG PAuswG PKV polit. PostG PostO Pr.
oben genannt Oberstes Gericht der DDR Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR in Zivilsachen Österreichischer Oberster Gerichtshof Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen, einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
Präve AGB PrG Prölss/Martin/Bearbeiter Prölss/Bearbeiter VAG PrOVG PStG psych.
Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl. (2009) Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Gesetz über Personalausweise Private Krankenversicherung politisch Gesetz über das Postwesen (Postgesetz) Postordnung Praxis des Versicherungsrechts, Beilage zur „Oeffentlich-rechtlichen Versicherung“ (1926–1928: „Versicherung und Geldwirtschaft“) Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz (1998) Pressegesetz Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl. (2005) Versicherungsaufsichtsgesetz, hrsg. von Kollhosser, 12. Aufl. (2005) Preußisches Oberverwaltungsgericht Personenstandsgesetz psychisch
QIR
Angerer/Ollick, Quellen zum Individualversicherungsrecht
RAA RAO Raiser
Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung Reichsabgabenordnung Kommentar der Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen, 2. Aufl. (1937) Deutscher Reichsanzeiger Rechtsausschuß/Rechtsausschuss Gesetz zur Verhütung von Mißbrauch auf dem Gebiet der Rechtsberatung Recht der Arbeit Runderlaß/Runderlass Rechtsdienstleistungsgesetz Recht der Jugend und des Bildungswesens Das Recht des Kraftfahrers, Unabhängige Monatsschrift des Kraftverkehrsrechts (1926–43, 1949–55) Rundschreiben Recht der Datenverarbeitung Recht der Wirtschaft (Österreich) Das Recht, begründet von Soergel (1897–1944) Rechtsmedizin rechtspolitisch rechtsvergleichend Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts mit Begründung (nicht veröffentlicht; zitiert nach der vom BMJ online zur Verfügung gestellten
RAnz. RAussch. RBerG RdA RdErl. RDG RdJB RdK RdSchr. RDV RdW Recht RechtsM rechtspol. rechtsvergl. RefE
XXIV
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur
RuS RVerkBl. RVG RVO RzW
PDF-Datei; u.a. noch abrufbar unter: http://www.brak.de/seiten/pdf/ aktuelles/versicherungsvertragsrecht.pdf) Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) (siehe auch VVG-Reform 2008) Regierung Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (BTDrucks. 16/3945); siehe auch Ausschussbericht Regierungsblatt Aspekte des internationalen Versicherungsvertragsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum, hrsg. von Reichert-Facilides (1994) relativ Reichsfinanzhof Rundfunkstaatsvertrag Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgerichtsrätekommentar – Das Bürgerliche Gesetzbuch. Kommentar, hrsg. von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, 12. Aufl. (1975 ff.) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Rechnungshofgesetz Privatversicherungsrecht (1980) Unfallversicherungsrecht und AUB 88, 2. Aufl. (1991) Das Recht der Seeversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Deutschen Seeschiffahrts-Bedingungen, 2. Aufl. (1967) Reichsknappschaftsgesetz Richtlinie Randnummer(n) Neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Versicherungsvertragsrecht, 7. Aufl. (1997) Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl. (2002) Recht in Ost und West. Zeitschrift für Rechtsvergleichung und interzonale Rechtsprobleme Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichstag Drucksachen des Reichstags Verhandlungen des Reichstags Das neue Versicherungsrecht: Gesetzestexte, Materialien, Hinweise (1994) Recht und Politik. Vierteljahreshefte für Rechts- und Verwaltungspolitik Recht und Schaden Reichsverkehrsblatt Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Reichsversicherungsordnung Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht
s. S. s.a. SaarRZ SBR
siehe Satz, Seite siehe auch Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Sonderbedingungen für die Beraubungsversicherung
ReformG Reg. RegE RegBl. Reichert-Facilides/Bearbeiter rel. RFH RfStV RG RGBl. RGRK/Bearbeiter
RGZ RHG Richter PVR Riebesell Ritter/Abraham RKG RL Rn. Römer Römer/Langheid ROW Rpfleger RpflG Rspr. RStBl. RT RTDrucks. RTVerh. Rudisch Versicherungsrecht RuP
XXV
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Schauer ScheckG Schimikowski Schimikowski/Höra SchlHA SchHB 79 Schmidt-Salzer/Schramm Schmidt-Salzer/Bearbeiter Schmidt/Müller-Stüler Schmidt Obliegenheiten Schwintowski Schwintowski/ Brömmelmeyer/Bearbeiter SchwJZ SchwZStr. Sen. SGB I, IV, V, VIII, X, XI
SGb. SGG SGlN Sieg Versicherungsvertragsrecht SJZ s.o. Soergel/Bearbeiter sog. Sonderausschuss SozVers SP Späte AHB spez. SpV StaatsGH Staudinger/Bearbeiter StAZ Stein/Jonas StenBer StGB Stiefel/Hofmann
XXVI
Das österreichische Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1995) Scheckgesetz Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl. (2009) Das neue Versicherungsvertragsrecht (2008) Schleswig-Holsteinische Anzeigen Allgemeine Bedingungen für die gleitende NeuwertVers von Gebäuden gegen Schäden durch Schwamm und Hausbockkäfer Kommentar zur Umwelthaftpflichtversicherung (1993) Produkthaftung, Bd. IV/1: Produkthaftpflichtversicherung, 3. Auflage (1994) Das Recht der öffentlich-rechtlichen Sachversicherung, 3. Aufl. (1979) Reimer Schmidt, Die Obliegenheiten (1953) Der private Versicherungsvertrag zwischen Recht und Markt (1987) Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht (2008) Schweizerische Juristen-Zeitung Schweizer Zeitschrift für Strafrecht (zit. nach Band u. Seite) Senat I: Sozialgesetzbuch, Allg. Teil IV: Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung V: Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung VIII: Sozialgesetzbuch, Kinder- und Jugendhilfe X: Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehung zu Dritten XI: Soziale Pflegeversicherung Sozialgerichtsbarkeit Sozialgerichtsgesetz Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertversicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden Allgemeines Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1994) Süddeutsche Juristen-Zeitung (1946–50), dann Juristenzeitung siehe oben Bürgerliches Gesetzbuch, 13. Aufl. (2000) sogenannt(e) Sonderausschuß des Bundestags für die Strafrechtsreform, Niederschriften zitiert nach Wahlperiode und Sitzung Die Sozialversicherung Schadenspraxis Haftpflichtversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) (1993) speziell Spektrum für Versicherungsrecht Staatsgerichtshof Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung (1993 ff.) Das Standesamt. Zeitschrift f. Standesamtswesen, Personenstandsrecht, Ehe- u. Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl. (2002 ff.) Stenographischer Bericht Strafgesetzbuch Kraftfahrtversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftversicherung (AKB) und zu den Allgemeinen Bedingungen für die Verkehrs-Service-Versicherung (AVSB), 17. Aufl. (2000)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur StPO str. st.Rspr. StuR StVG StVj StVO SVS StVZO s.u. SubvG SV SZ
Strafprozeßordnung strittig, streitig ständige Rechtsprechung Staat und Recht Straßenverkehrsgesetz Steuerliche Vierteljahresschrift Straßenverkehrsordnung Speditions-Versicherungsschein Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung siehe unten Subventionsgesetz Sachverhalt Entscheidungen des Österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivil- und Justizverwaltungssachen
TDG Terbille/Bearbeiter MAH
Gesetz über die Nutzung von Telediensten Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, hrsg. von Terbille, 2. Aufl. (2008) Tierschutzgesetz Titel Telekommunikationsgesetz Transportrecht Gesetz über die durch innere Unruhen verursachten Schäden vom 12.5.1920 Truppenvertrag Textzahl
TierschG Tit. TKG TranspR TumSchG TV Tz. u. u.a. u.ä. u.a.m. Üb. ÜbergangsAO Übk. ü.M. UFITA U-Haft Ulmer/Brandner/Hensen umstr. UNO unv. u.ö. UrhG UStG usw. u.U. UWG UZwG VA
VA (Berlin)
unten unter anderem und ähnlich und anderes mehr Überblick, Übersicht Übergangsanordnung Übereinkommen überwiegende Meinung Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Untersuchungshaft AGBG-Kommentar, 10. Aufl. (2006) umstritten United Nations Organization (Vereinte Nationen) unveröffentlicht und öfter Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Umsatzsteuergesetz und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung, ab 1947: … des Zonenamtes des Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (Hamburg) Veröffentlichungen des Aufsichtsamts für das Versicherungswesen Groß-Berlin (ab 15.9.1948)
XXVII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur VAE VAG v.A.w. VBlBW VDEW VE VerBAV/VerBaFin
VereinsG VerfGH VerglO Verh. VerkMitt vermitt. VerschG VersG VersEnzyklopädie/Bearbeiter VersAG VersArch VersM VersPrax VersR VersRdsch. VersSlg VersVermV VersVO VersWissArch VersWiss. Stud. VerwArch. VG VGB VGB 2008 VGH vgl. VGS VHB
VHB 2008 VN VO VOBl. VOBlBZ. VOR vorangeh.
XXVIII
Verkehrsrechtliche Abhandlungen und Entscheidungen Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmungen von Amts wegen Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke Vorentwurf Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungsund Bausparwesen, ab 1973: … des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen, ab Mai 2002: VerBAFin = Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Versicherungsbereich) Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw. Verkehrsrechtliche Mitteilungen vermittelnd Verschollenheitsgesetz Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) Versicherungsenzyklopädie, hrsg. von Grosse/Müller-Lutz/Schmidt, 4. Aufl. (1991) Versicherungsaktiengesellschaft Versicherungsarchiv Versicherungsmedizin Die Versicherungspraxis Versicherungsrecht. Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungsund Schadensrecht Versicherungsrundschau (Österreich) Sammlung der seit 1945 ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen in Vertragsversicherungssachen, hrsg. von K. Wahle (1961) Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung Dritte DurchführungsVO zu MRG Nr. 63 (VersicherungsVO) Versicherungswissenschaftliches Archiv Versicherungswissenschaftliche Studien, hrsg. von Basedow/Meyer/ Schwintowski Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vereinigter Großer Senat Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung des Hausrats gegen Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Beraubungs-, Leitungswasser-, Sturm- und Glasbruchschäden / Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen Allgemeine Hausrat-Versicherungsbedingungen Versicherungsnehmer Verordnung Verordnungsblatt Verordnungsblatt für die Britische Zone Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht vorangehend
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Voraufl. Vorbem. vorgen. VRR VR VRS VU VuR VVaG VVG VVG-InfoV VVGE
VVG-Kommission VVGRefG bzw. VVG-Reform 2008 VVV VW VwGO VwVfG VwVG VwZG WaffG Wallm. Wandt WarnRspr weitergeh. Werber/Winter von Westphalen/Bearbeiter WHG WI WiB 1. WiKG 2. WiKG Winter WiStG WM Wolf/Lindacher/ WPg WpHG WRP WuM WuR
Wussow Wussow AHB
Vorauflage Vorbemerkung vorgenannt Verkehrsrechtliche Rundschau Versicherer Verkehrsrechts-Sammlung, Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts (zit. nach Band u. Seite) Versicherungsunternehmen Verbraucher und Recht Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen Entscheidungssammlung zum Versicherungsvertragsrecht (VVGE): Entscheidungen zum Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), hrsg. von Dietrich Müller Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) (siehe auch ReformG) Versicherungswissenschaft, Versicherungspraxis, insbesondere Versicherungsmedizin (später DVZ) Versicherungswirtschaft Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Waffengesetz Wallmanns Versicherungszeitschrift Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl. (2008) Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des RG, hrsg. von Warneyer (zit. nach Jahr u. Nummer) weitergehend Grundzüge des Versicherungsvertragsrechts (1986) Produkthaftungshandbuch (1997) Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Wussows Informationen Wirtschaftsrechtliche Beratung 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Versicherungsaufsichtsrecht (2007) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) Wertpapier-Mitteilungen AGB-Recht, Kommentar (2007) Die Wirtschaftsprüfung Gesetz über Wertpapierhandel Wettbewerb in Recht und Praxis Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Recht der Versicherung. Beiheft zu Mitt., ab 1926 zu „Versicherung und Geldwirtschaft“, ab 1929 zu OeffV, ab 1935 zur DOeffV Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. (2008) Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung, 8. Aufl. (1976)
XXIX
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Wussow FeuerV WZG (Z) ZAkDR ZaöRV ZAP z.B. ZentrBlHR ZEuP ZfBR ZFBUB ZfgA 81b ZfRV ZfS ZfV ZfW ZfZ ZGR ZGS ZHR Ziff. ZIP zit. ZJBl. ZMR Zöller/Bearbeiter ZollG ZPO ZRP ZSchwR ZSK ZSW z.T. ZUM zusf. zust. ZustG zutr. z.V.b. ZVBl. ZVerkR ZVersWiss ZVG zw. z.Z. ZZP
XXX
Kommentar zu den AFB und den §§ 1127–1130 BGB, §§ 97–107c VVG, 2. Aufl. (1975) Warenzeichengesetz Entscheidung in Zivilsachen Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (1934–44) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zentral-Blatt für Handelsrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zusatzbedingungen zu den FBUB Zusatzbedingungen (zu den AFB) für Fabriken und gewerbliche Anlagen Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht u. Europarecht Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, begr. v. Goldschmidt Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zentral-Justizblatt für die Britische Zone Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen; Kommentar 27. Aufl. (2009) Zollgesetz Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zusatzklauseln Zeitschrift für das gesamte Sachverständigenwesen zum Teil Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht/Film und Recht zusammenfassend zustimmend Zustimmungsgesetz zutreffend zur Veröffentlichung bestimmt Zentralverordnungsblatt für die sowjetische Besatzungszone Deutschlands (Österr.) Zeitschrift für Verkehrsrecht Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) zweifelhaft zur Zeit Zeitschrift für Zivilprozess
Versicherungsvertragsgesetz Artikel 1 des Gesetzes vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631), in Kraft getreten am 1.1.2008, zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2355)
TEIL 1 ALLGEMEINER TEIL Kapitel 1 Vorschriften für alle Versicherungszweige Abschnitt 3 Prämie § 33 Fälligkeit (1) Der Versicherungsnehmer hat eine einmalige Prämie oder, wenn laufende Prämien vereinbart sind, die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen* nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. (2) Ist die Prämie zuletzt vom Versicherer eingezogen worden, ist der Versicherungsnehmer zur Übermittlung der Prämie erst verpflichtet, wenn er vom Versicherer hierzu in Textform aufgefordert worden ist.
Schrifttum Baumann Prämie, Rechtsfragen in: HdV (1988) 533; Gärtner Prämienzahlungsverzug 2. Aufl. (1977); Ganster Die Prämienzahlung im Versicherungsrecht (2008) (zit.: Ganster Prämienzahlung); Gaul Zum Abschluss des Versicherungsvertrags, VersR 2007 21; Grote/Bronkars Gesundheitsreform und private Krankenversicherung – wirtschaftliche Konsequenzen für Versicherer und Versicherte, VersR 2008 580; Riedler Der Prämienzahlungsverzug bei Erst- und Folgeprämie (1990); ders. Aktuelle Probleme des Prämienzahlungsverzugs im Privatversicherungsrecht, VersRdsch 1993 300; Schirmer Prämienzahlung und Prämienzahlungsverzug nach dem VVG 2008, Festschrift Wälder (2009) 67; Schimikowski Abschluss des Versicherungsvertrags nach neuem Recht, RuS 2006 441; Theda
* § 33 i.d.F. des VVG RefG enthielt noch die Wendung „zwei Wochen“. Gem. Art. 10 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuord-
nung der Vorschriften über das Widerrufsund Rückgaberecht v. 29.7.2009 (BGBl. I S. 2355), wurden die Wörter „zwei Wochen“ durch die Angabe „14 Tagen“ mit Wirkung zum 11.6.2010 ersetzt (vgl. Rn. 3).
Roland Michael Beckmann
1
§ 33
Abschnitt 3. Prämie
Beitragsverzug – Voraussetzungen und Rechtsfolgen, DAR 1987 34; Wandt/Ganster Zur Harmonisierung von Versicherungsbeginn und Prämienfälligkeit durch AVB im Rahmen des VVG 2008, VersR 2007 1034; Will Der Prämienzahlungsverzug (1996).
Übersicht Rn. A. I. II. III. IV. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . . Fälligkeit der Erst- bzw. Einmalprämie gem. § 33 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . 1. Prämie . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weitere Begriffe (insbesondere Beitrag, Entgelt) . . . . . . . . . . b) Prämienbestandteile . . . . . . . . aa) Risikoprämie/Sparprämie . . . bb) Netto- und Bruttoprämie, Verwaltungskostenbeitrag . . . cc) Sicherheitszuschlag . . . . . . dd) Prämienzuschläge und Prämienabschläge . . . . . . . . . . . ee) Gewinnanteil . . . . . . . . . ff) Versicherungssteuer/Feuerschutzsteuer . . . . . . . . . . gg) Behandlung von Nebengebühren/Zinsen . . . . . . . (1) Mögliche Posten . . . . . (2) Gleichstellung mit der Prämie . . . . . . . . . . 2. Erstprämie und Einmalprämie . . . .
Rn.
1 1 4 7 9 10
3. 4. 5. 6. 7.
Erstprämie und Folgeprämie . . . . . Prämienhöhe . . . . . . . . . . . . . Prämienschuldner . . . . . . . . . . Prämiengläubiger . . . . . . . . . . . Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen der Fälligkeit der Erst- und Einmalprämie gem. § 33 Abs. 1 VVG . . . . . . . . . aa) Fälligkeit bei Abweichen des Versicherungsscheins vom Antrag des VN gem. § 5 Abs. 1 bb) Fälligkeit bei fehlerhafter oder unterbliebener Belehrung cc) Fälligkeit beim „InvitatioModell“ . . . . . . . . . . . . dd) Rückwärtsversicherung und vorläufige Deckung . . . . . . b) Folgeprämien . . . . . . . . . . . 8. Stundung . . . . . . . . . . . . . . . 9. Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung/ Erfüllungswirkung . . . . . . . . . . 10. Erfüllbarkeit . . . . . . . . . . . . . 11. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . II. Abholung der Prämie, § 33 Abs. 2 . . . . C. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . D. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 33 regelt die Fälligkeit der Erst- bzw. Einmalprämie. Die Vorschrift ist im Rahmen der VVG-Reform an die Stelle des früheren § 35 a.F. getreten. Inhaltlich hat sich die Fälligkeitsregelung durch die Reform erheblich geändert.1 Nach früherer Rechtslage war die erste Prämie gem. § 35 a.F. „sofort nach dem Abschluss des Vertrages zu zahlen“. Nunmehr besteht gem. § 33 Abs. 1 die Prämienzahlungsverpflichtung „unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins“. Eine sofortige Fälligkeit des Prämienanspruchs wie nach § 35 a.F. steht nicht im Einklang mit dem grundsätzlichen Widerrufsrecht des VN gem. § 8.2 Danach ist der VN an seine Vertragserklärung endgültig erst gebunden, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist. Aus diesem Grunde verschiebt § 33 Abs. 1 die Fälligkeit der Prämie auf den Zeitpunkt, zu dem im Normalfall die Widerrufsfrist abläuft. Grundsätzlich beginnt diese Frist von 14 Tagen nach § 8
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Vgl. bereits Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 33 Rn. 2.
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RegE BTDrucks. 16/3945 S. 70.
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Fälligkeit
§ 33
Abs. 1 erst mit dem Zugang des Versicherungsscheins zu laufen (vgl. § 8 Abs. 2 und die dort geregelten weiteren Voraussetzungen). Eine Sonderregelung für die Lebensversicherung findet sich in § 152 Abs. 1. Die Vorgängervorschrift des § 35 a.F. hatte Gültigkeit seit Geltung des VVG von 2 1908. Vorbild dieser Vorschrift war § 812 Abs. 1 HGB.3 Nach früherer Rechtslage hatte der VN die Einmal- oder Erstprämie gem. § 35 Satz 1 a.F. – wie schon erwähnt – „sofort nach dem Abschluss des Vertrages zu zahlen“. Wiederum gem. § 35 Satz 2 a.F. war der VN zur Zahlung nur gegen Aushändigung des Versicherungsscheins verpflichtet, es sei denn, dass die Aushändigung des Versicherungsscheins ausgeschlossen war. Bis zur Aushändigung des Versicherungsscheins stand dem VN also eine Einrede gegenüber dem Zahlungsanspruch des VR zu. Umstritten war in diesem Zusammenhang, ob dem Zurückbehaltungsrecht verzugshindernde Wirkung zukam. Unabhängig von dieser Frage sollte nach h.M. selbst bei Bestehen eines solchen Zurückbehaltungsrechts aber die Leistungsfreiheit des VR nach § 38 Abs. 2 a.F. nicht beseitigt werden.4 Da nach der geltenden Fassung des § 33 Abs. 1 die Fälligkeit der Prämie nun insbesondere vom Zugang des Versicherungsscheins abhängt, sind diese Fragen nach neuem Recht nicht mehr von Bedeutung. Mit Wirkung zum 11.6.2010 sind in § 33 Abs. 1 die Wörter „zwei Wochen“ durch 3 die Angabe „14 Tagen“ ersetzt worden. Diese Änderung erfolgte aufgrund von Art. 10 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht.5 Eine inhaltliche Änderung soll damit nicht verbunden sein.6
II. Inhalt und Zweck der Regelung § 33 enthält eine Regelung über die Fälligkeit der Erst- bzw. Einmalprämie. Die Vor- 4 schrift ist damit für diese Prämien lex specialis zu § 271 BGB.7 Für die Folgeprämien verbleibt es bei der allgemeinen Vorschrift des § 271 Abs. 1 BGB.8 War nach früherem Recht gem. § 35 Satz 1 a.F. maßgeblicher Zeitpunkt für die Fälligkeit der Erst- bzw. Einmalprämie der Vertragsschluss, ist die Prämie nunmehr unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. Damit bezweckt die Regelung, die Fälligkeit der Prämienzahlungsverpflichtung des VN nicht eintreten zu lassen, solange er die Möglichkeit des Widerrufs hat.9 Darüber hinaus hat die Fälligkeitsregel gem. § 33 Bedeutung im Hinblick auf die Rechtsfolgen der verspäteten Zahlung der 3
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Begründung zu §§ 35–37 VVG 1908, Motive S. 107; § 812 Abs. 1 HGB ist mit der VVGReform 2008 außer Kraft getreten; vgl. Art. 4 ReformG. Zum Streitstand etwa Berliner Kommentar/ Riedler § 35 Rn. 31; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 6. BGBl. I S. 2355 (vgl. bereits S. 1). RegE BTDrucks. 16/11643 S. 145; a.A. aber Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 24 (24 Stunden längere Frist nach neuem Recht) unter Hinweis auf Staudinger/Repgen (2004) § 187 Rn. 9. Nach einer anderenorts’ (Repgen ZGR 2006; 120, 124 ff.) angewandten
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Berechnungsmethode gelangt man indes richtigerweise gem. § 187 Abs. 1 BGB und § 188 Abs. 1 BGB nicht zu einer längeren Frist durch die Neuformulierung des § 33 Abs. 1. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 33; zu § 35 a.F.: Berliner Kommentar/ Riedler § 35 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 1. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 1; zu § 35 a.F.: Bruck/Möller/Johannsen/ Johannsen8 Bd. 3 Anm. F 10. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 21; Marlow/Spuhl3 S. 115.
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§ 33
Abschnitt 3. Prämie
Erst- bzw. Einmalprämie gem. § 38; danach besteht insbesondere ein Rücktrittsrecht des VR (§ 38 Abs. 1) bzw. Leistungsfreiheit des VR (§ 38 Abs. 2); vgl. dazu insbesondere die Kommentierung zu § 38. Im Vergleich zur früheren Rechtslage kommt § 33 Abs. 1 „dem VN bei der Bestim5 mung der Zahlungsfrist gleich zweifach entgegen“.10 So besteht nun eine Zahlungsfrist von 14 Tagen, während nach früherem Recht eine sofortige Zahlung mit Abschluss des Versicherungsvertrages gegeben war; darüber hinaus bedarf es nach neuem Recht nicht mehr einer „sofortigen“ Zahlung, sondern einer „unverzüglichen“ Zahlung (dazu Rn. 44). § 33 Abs. 2 wiederum entspricht der Vorschrift des § 37 a.F. Ist die Prämie zuletzt vom 6 VR eingezogen worden, ist der VN nach dieser Regelung zur Übermittlung der Prämie erst verpflichtet, wenn er vom VR hierzu in Textform gem. § 126b BGB aufgefordert worden ist. Diese Vorschrift schützt den VN, wenn er insbesondere aufgrund eines zuvor praktizierten Lastschriftverfahrens darauf vertrauen kann, dass die Prämie wiederum abgebucht wird. Soll die Prämie hingegen vom VN übermittelt werden, bedarf es hierfür zunächst einer Aufforderung des VR an den VN in Textform (vgl. im Einzelnen Rn. 57 ff.).
III. Anwendungsbereich 7
§ 33 findet sich im ersten Kapitel über die Vorschriften für alle Versicherungszweige, so dass die Vorschrift grundsätzlich auf alle Arten von Versicherungsverträgen Anwendung findet. Indes ist der Anwendungsbereich bereits vom Wortlaut her auf einmalige Prämien und – wenn (wie im Regelfall) laufende Prämien vereinbart sind – auf die erste Prämie beschränkt. Für Folgeprämien gilt damit nicht § 33, sondern die allgemeine Fälligkeitsvorschrift des § 271 Abs. 1 BGB bzw. entsprechende vertragliche Vereinbarungen.11 Darüber hinaus findet sich eine Sondervorschrift für den Bereich der Lebensversicherung in § 152 Abs. 3; danach ist abweichend von § 33 Abs. 1 die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. Diese Sondervorschrift erklärt sich mit der längeren Widerrufsfrist von 30 Tagen bei Lebensversicherungen gem. § 152 Abs. 1. Diese Widerrufsfrist beruht wiederum auf Art. 6 Abs. 1 der sog. Fernabsatz-Richtlinie II.12 Wie sich aus § 42 ergibt, ist § 33 Abs. 1 abdingbar, so dass der Anwendungsbereich 8 durch entsprechende vertragliche Bestimmungen modifiziert werden kann. Relevant ist dies insbesondere für unwiderrufliche Verträge nach § 8 Abs. 3 (vgl. Rn. 62) sowie für Verträge, die nach dem Invitatio-Modell (vgl. Rn. 50) geschlossen werden.
IV. Übergangsrecht 9
Für das Inkrafttreten der Vorschrift bzw. für den Übergang zwischen dem früheren VVG und dem Recht nach der VVG-Reform gelten die allgemeinen Regeln über das Inkrafttreten, insbesondere Art. 12 VVGRefG.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 22. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 26; Deutsch6 Rn. 192. RL 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.9.2002 über den Fern-
absatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG Nr. L 271 S. 16.
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§ 33
Fälligkeit
B. Tatbestand und Rechtsfolgen I. Fälligkeit der Erst- bzw. Einmalprämie gem. § 33 Abs. 1 1. Prämie Für Entgelte werden ganz unterschiedliche Bezeichnungen (Preis, Miete, Zins etc.) 10 verwendet. Das vom VN zu entrichtende Entgelt bezeichnet das VVG als Prämie. Gem. § 1 Satz 2 ist der VN verpflichtet, „an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten“. Damit wird im Versicherungsrecht der Begriff der Prämie zudem anders verstanden als z.B. im Arbeitsrecht oder bei seiner umgangssprachlichen Verwendung.13 Als Inhalt der Hauptleistungspflicht des VN kommt der Prämie zentrale Bedeutung 11 zu. Eine gänzlich einheitliche Begriffsbestimmung hatte sich vor Inkrafttreten des VVG 2008 trotz weitgehender Übereinstimmung im Schrifttum bisher nicht entwickelt. Ganz allgemein hat man die Prämie als das Entgelt für die Vertragsleistung des VR verstanden.14 Darüber hinaus haben Begriffsbestimmungen auf die Vertragsleistung des VR Bezug genommen. Danach ist die Prämie das Entgelt für die Übernahme eines Risikos durch den VR bezeichnet worden.15 Der BGH wiederum hat formuliert: „Prämie ist die vom VN geschuldete Gegenleistung für den vom Versicherer übernommenen Versicherungsschutz“.16 Jedenfalls bleiben in den Begriffsbestimmungen die unterschiedlichen Standpunkte zur Rechtsnatur des Versicherungsvertrags bzw. der Versicherung grundsätzlich außen vor.17 § 1 Satz 2 enthält nunmehr eine Legaldefinition der Prämie.18 Nach dieser Legaldefinition ist eine Prämie i.S.d. § 1 Satz 2 die zwischen VN und VR vereinbarte Zahlung. Trotz des systematischen Zusammenhangs des § 1 Satz 2 mit § 1 Satz 1, der ausdrücklich auf die Leistung des VR bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles abstellt, wird man wegen des Wortlauts der Vorschrift davon ausgehen müssen, dass es bei der zwischen VN und VR vereinbarten Zahlung nicht zwingend auf ein Synallagma von Leistung und Gegenleistung ankommt. Allerdings erscheint es auch zu weitgehend, jede vereinbarte und vom VN zu erbringende Zahlung als Prämie einzuordnen. Aus dem systematischen Zusammenhang von § 1 Satz 1 und Satz 2 ergibt sich daher, dass die vereinbarte Zahlung einen Bezug zu einem konkreten Versicherungsvertrag aufweisen muss. Damit sind auch Nebengebühren Bestandteil der Prämie, wenn und soweit sie auf einer Vereinbarung zwischen VN und VR beruhen, sich mithin die Zahlungspflicht unmittelbar aus der vertraglichen Vereinbarung ergibt, ohne dass es im Einzelnen auf ein Synallagma von Leistung und Gegenleistung ankommt. Gleichwohl steht der wesentliche Teil der Prämie im Gegenseitigkeitsverhältnis. Durch die Formulierung „vereinbarte Zahlung“ ist es indes nach dem Gesagten möglich, dass die Prämie i.S.d. § 1 Satz 2 VVG auch Elemente enthält, die nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. 13 14
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Ganster Prämienzahlung S. 47. Vgl. Ganster Prämienzahlung S. 48: ähnlich Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 174 („Leistung des VR“). v. Fürstenwerth/Weiß10 S. 489 („für die Gefahrtragung und die Geld- oder Naturalleistung“); Berliner Kommentar/ Riedler § 35 Rn. 3 („für seine Vertragsleistung die Übernahme der Gefahr“); Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 1; vgl. weitere zumeist ähnliche Begriffsbestimmungen bei Ganster Prämienzahlung
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18
S. 48 Fn. 176. Vgl. des Weiteren die ebenfalls ähnliche Bestimmung des Begriffs „Versicherungsentgelt“ in § 3 Abs. 1 VersStG. BGH 27.1.1999 VersR 1999 433 (juris Rn. 12). Dazu etwa Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 27 ff.; Berliner Kommentar/Dörner Einleitung Rn. 48 ff.; Berliner Kommentar/ Schwintowski § 1 Rn. 24 ff. Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 5; Langheid/Wandt/Looschelders § 1 Rn. 51.
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§ 33 12
Abschnitt 3. Prämie
a) Weitere Begriffe (insbesondere Beitrag, Entgelt). Es kommt nicht darauf an, welchen Begriff die Parteien für diese Leistung des VN verwenden. Maßgeblich ist alleine der objektive Aussagegehalt der Leistung. Neben dem Begriff der Prämie finden sich auch der Begriff des „Beitrags“ und des „Entgelts“. Insbesondere für den VVaG spricht das VAG von Beiträgen, vgl. §§ 24 ff. VAG. Dieses Verständnis rührt von der gesellschaftsrechtlichen Struktur des VVaG her, bei dem die VN zugleich Mitglieder des Vereins sind. Bei diesen Beiträgen handelt es sich ebenso um Prämien im Sinne der §§ 33 ff. Die frühere Regelung, die eine Gleichstellung ausdrücklich anordnete (§ 1 Abs. 2 Satz 2 a.F.), ist im Wege der Reform entfallen. Hierdurch sollte allerdings keine Rechtsänderung eintreten.19 Des Weiteren findet sich der Begriff „Beitrag“ teilweise auch in Verträgen mit Versicherungsaktiengesellschaften und öffentlich-rechtlichen Versicherungsgesellschaften. Insbesondere wird er auch in AVB als Synonym zur „Prämie“ verwendet. Als weiterer gleichfalls synonym gebrauchter Begriff findet sich die Bezeichnung „Versicherungsentgelt“, so z.B. in §§ 1, 3, 7 Abs. 4 VersStG (vgl. bereits Fn. 15). Wiederum vom „Gesamtpreis der Versicherung“ ist in § 1 Abs. 1 Nr. 7 VVG-InfoV die Rede.
13
b) Prämienbestandteile. Bestandteile der Prämie hängen zum einen von versicherungstechnischen,20 aber auch von rechtlichen Rahmenbedingungen ab (zu Letzteren sogleich Rn. 14 ff.). Hieraus lassen sich aber nicht vollständig eindeutige Aufteilungen bzw. Bestandteile der Prämie herleiten.21 Nichtsdestotrotz lassen sich nach h.M. verschiedene Prämienbestandteile unterscheiden, die im Folgenden skizziert werden (Rn. 18 ff.). Zunächst gilt es aber, rechtliche Rahmenbedingungen aufzuzeigen, die zumindest von unterschiedlichen Prämienbestandteilen ausgehen. Bereits aus § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 7 VVG-InfoV wird deutlich, dass 14 die Prämie aus verschiedenen Bestandteilen besteht. Danach hat der VR den VN unter anderem über den „Gesamtpreis der Versicherung einschließlich aller Steuern und sonstigen Preisbestandteile“ zu informieren (zu Steuern noch Rn. 25 f.). § 1 Abs. 1 Nr. 8 VVGInfoV bestimmt wiederum, dass der VR des Weiteren über „gegebenenfalls zusätzlich anfallende Kosten unter Angabe des insgesamt zu zahlenden Betrags sowie mögliche weitere Steuern, Gebühren oder Kosten, die nicht über den VR abgeführt oder von ihm in Rechnung gestellt werden“, zu informieren hat. Aus dem Zusammenspiel des § 1 Abs. 1 Nr. 7 und des § 1 Abs. 1 Nr. 8 VVG-InfoV ergibt sich daher eine umfassende Informationspflicht des VR, insbesondere über den Gesamtpreis (einschließlich Steuern und sonstige Preisbestandteile) und gegebenenfalls zusätzlich anfallende Kosten (vgl. auch zum Begriff der Nebengebühren in Abgrenzung zur Prämie § 33 Rn. 30 f.). Aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 VVG-InfoV ergeben sich für die Lebensversicherung und (i.V.m. 15 Abs. 3 S. 1) auch für die Berufsunfähigkeitsversicherung weitere Informationspflichten, aus denen sich Rückschlüsse auf die Prämienbestandteile ziehen lassen. Danach hat der VR Angaben „zur Höhe der in die Prämie einkalkulierten Kosten“ zu machen; „dabei sind die einkalkulierten Abschlusskosten als einheitlicher Gesamtbetrag und die übrigen einkalkulierten Kosten als Anteil der Jahresprämie unter Angabe der jeweiligen Laufzeit auszuweisen“. Vorschlägen nach weitergehenden Aufschlüsselungen und Prämientransparenz im Zuge der VVG-Reform ist der Gesetzgeber indes nicht gefolgt.22
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6
RegE BTDrucks. 16/3945 S. 56. Dazu Farny4 S. 60 ff.; von der Schulenburg Versicherungsökonomik (2005) S. 22 ff., 29, 36; HdV/Albrecht/Lippe S. 525 ff.; Wandt 4 Rn. 94 ff.
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Farny4 S. 50; Ganster Prämienzahlung S. 62. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 3 unter Hinweis auf Hübner ZVersWiss 2002 87, 94.
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§ 33
Fälligkeit
Speziell für die Lebensversicherung, die Krankenversicherung und die Unfallversiche- 16 rung mit Prämienrückgewähr enthält das VAG Vorgaben für die Prämienkalkulation: Gem. § 11 Abs. 1 VAG müssen die Prämien in der Lebensversicherung insbesondere unter Zugrundelegung angemessener versicherungsmathematischer Annahmen kalkuliert werden. Gem. § 11d VAG gilt § 11 VAG auch für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr. Vorgaben ergeben sich auch gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 VAG für die substitutive Krankenversicherung. Es finden sich darüber hinaus auch Vorgaben unmittelbar für notwendige Zuschläge, z.B. aus § 12 Abs. 4a VAG für die substitutive Krankheitskostenversicherung (sog. Prämien- bzw. Beitragszuschlag). Gem. § 12c VAG i.V.m. § 7 der Kalkulationsverordnung23 wiederum ist in die Prämie ein Sicherheitszuschlag von mindestens fünf vom Hundert der Bruttoprämie einzurechnen, der nicht bereits in anderen Rechnungsgrundlagen enthalten sein darf. Verstöße gegen solche Vorgaben lösen primär versicherungsaufsichtsrechtliche Rechtsfolgen aus; das privatrechtliche Verhältnis zwischen VR und VN ist lediglich mittelbar durch die Auswirkungen auf die Prämienhöhe betroffen.24 Es zeigt sich, dass neben versicherungstechnischen Grundsätzen auch rechtliche Rah- 17 menbedingungen existieren, die zumindest von unterschiedlichen Prämienbestandteilen ausgehen. Teilweise hierauf beruhend, teilweise aus anderen, insbesondere betriebswirtschaftlichen Gründen lassen sich folgende Bestandteile bzw. Differenzierungen nennen:25 aa) Risikoprämie/Sparprämie. Unabhängig von den unterschiedlichen Standpunkten 18 um die Rechtsnatur26 des Versicherungsvertrags bzw. der Versicherung ist Kern des Versicherungsgeschäfts die Risikoabsicherung.27 Daher gebührt ein Anteil der Prämie dem Ausgleich des Risikos an den zu erwartenden Schadenszahlungen, sog. Risikoprämie bzw. Risikoanteil.28 Bei gewissen Vertragstypen lässt sich zusätzlich noch die Unterscheidung zwischen Risiko- und Sparprämie treffen. So lässt sich die Prämie bei Kapitallebensversicherungen, gemischten Lebensversicherungen sowie Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr einerseits in die Risikoprämie (z.B. Ableben vor Erlebensfall) und andererseits in die Sparprämie (Prämienanteil beim Erreichen der jeweiligen Zeitgrenze) aufspalten. Rechtliche Bedeutung kommt dieser Unterscheidung vor allem beim Rückkaufswert, bei der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung und bei der Kündigung nach §§ 168 i.V.m. 169 und 165 VVG zu.29 bb) Netto- und Bruttoprämie, Verwaltungskostenbeitrag. Aus betriebswirtschaftlicher 19 Sicht lässt sich die Prämie weiterhin in die Brutto- und Nettoprämie aufgliedern. Dabei umfasst der Begriff der Nettoprämie alleine das Entgelt für die Risikoübertragung, das sich aufgrund von Statistiken und der Wahrscheinlichkeitsrechnung zusammensetzt und dem Aufbau von Deckungskapital dient (Risikoprämie, vgl. zuvor Rn. 18).30 Dagegen beinhaltet der Begriff der Bruttoprämie zusätzlich einen Anteil an den Verwaltungs- und
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Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung vom 18.11.1996, BGBl. I 1996 1783. Boetius VersR 2008 1016. Dazu etwa Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 4 ff.; Ganster Prämienzahlung S. 62 ff. Dazu vgl. Nachweise Fn. 18.
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Zur Funktion der privaten Versicherung und zu den vom VR übernommenen Pflichten vgl. Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 9 ff., 27 ff. Ganster Prämienzahlung S. 62 m.w.N.; v. Fürstenwerth/Weiß10 S. 87, 535. Vgl. zum Vorstehenden etwa Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 5 m.w.N. Sieg3 S. 92; Deutsch6 S. 132.
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§ 33
Abschnitt 3. Prämie
Betriebskosten sowie sonstigen Aufwendungen des VR.31 Dieser Teil, der auch Verwaltungskostenbeitrag genannt wird, umfasst sämtliche Leistungen, die notwendigerweise mit der Haftung des VR verknüpft sind, wie z.B. Geschäftsraumkosten, Personalkosten, Bürobedarf, Inventar, soziale Kosten, Ausgaben für Werbung und vieles mehr (zum Gewinnanteil noch Rn. 24). Die hier in Rede stehende Vorschrift über die Fälligkeit der Erstprämie und Einmalprämie und die Regeln über den Zahlungsverzug (§§ 37 f.) beziehen sich auf die Bruttoprämie.32 Eine Abgrenzung des Verwaltungskostenbeitrags (als Teil der Bruttoprämie) zu den sog. echten Nebengebühren (unten Rn. 27 ff.) bleibt aber unerlässlich, da diese nicht zum Begriff der Prämie zu rechnen sind.
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cc) Sicherheitszuschlag. Zum Teil aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen heraus und wie schon erwähnt (oben Rn. 16) zum Teil durch Rechtsnorm vorgeschrieben33, enthält eine Prämie zumeist einen sog. Sicherheitszuschlag. Gerade in Zeiten der im Jahre 2007 einsetzenden Finanzkrise hat sich gezeigt, dass ein finanzielles Polster für den Fall einer ungünstigen Geschäftspolitik, einer schlechten Risikoeinschätzung oder bei Eintritt von unvorhersehbaren gravierenden Ereignissen erforderlich ist und die Notwendigkeit besteht, auch in diesen Fällen die Liquidität zu bewahren und so die Gefahr der Insolvenz zu minimieren. Der Begriff „Sicherheitszuschlag“ macht bereits deutlich, dass es darum geht, unerwartete Abweichungen des tatsächlichen Schadensaufwands vom erwarteten und kalkulierten Schadenbedarf auszugleichen.34 Letztlich steht ein versicherungstechnisches Risiko im Raum, das durch den Sicherheitszuschlag ausgeglichen werden soll. Elemente des versicherungstechnischen Risikos sind wiederum Irrtumsrisiko, Änderungsrisiko und Zufallsrisiko.35
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dd) Prämienzuschläge und Prämienabschläge. Prämienzuschläge und Prämienabschläge lassen sich dem Prämienbegriff zuordnen, soweit sie im Zusammenhang mit der Übernahme des Versicherungsrisikos stehen.36 So lassen sich aus objektiven personenunabhängigen Gesichtspunkten oder aufgrund persönlicher Merkmale bestimmte Risiken höher bzw. niedriger einzuschätzen, die zu einer Erhöhung bzw. Verringerung der Prämienhöhe führen. Dazu zählt beispielsweise die Einstufung als Raucher in einer Lebensversicherung oder die Garagennutzung bei Kfz-Versicherungen. Ebenso kann die vertragliche Erweiterung des Versicherungsrisikos einen Prämienzuschlag zur Folge haben.37 Abschläge bzw. Zuschläge können sich des Weiteren aus Teilzahlungsabreden oder 22 Rabattsystemen ergeben. So ist etwa ein Teilzahlungszuschlag üblich, wenn der VN anstelle der jährlichen Prämienzahlung eine halbjährliche oder vierteljährliche Zahlung vereinbart. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Höhe der (Brutto-)Prämie aus, so dass ein solcher Zuschlag als Prämienbestandteil einzuordnen ist.38 Eine hiervon zu trennende Frage ist, ob durch eine halb- oder vierteljährliche Zahlungsweise die grundsätzlich einjährige Versicherungsperiode gem. § 12 verändert wird. Da durch eine solche Zahlungsweise primär lediglich die Fälligkeit geändert wird, hat dies grundsätzlich keine Wirkung im Hinblick auf die Dauer der Versicherungsperiode.39 Nachdem infolge der VVG-
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v. Fürstenwerth/Weiß10 S. 126; Sieg3 S. 92. Vgl. Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 4. Vgl. §§ 12 Abs. 1, 12c VAG i.V.m. der KalV. Ganster Prämienzahlung S. 63 f. m.w.N. Dazu Farny4 S. 83 ff.; Ganster Prämienzahlung S. 64; v. Fürstenwerth/Weiß10 S. 709, 767, 31.
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Farny4 S. 60; v. Fürstenwerth/Weiß10 S. 84, 535. Schirmer/Marlow VersR 1997 782. A.A. wohl Ganster Prämienzahlung S. 66. Vgl. Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 7.
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Fälligkeit
Reform der Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie weggefallen ist (dazu noch § 39 Rn. 2), hat diese Frage indes nun an Bedeutung verloren. Rabattsysteme können wiederum zu Abschlägen führen, z.B. wenn der VN verschie- 23 dene Versicherungen bei einem VR abschließt und dem Kunden deshalb Rabatte eingeräumt werden. ee) Gewinnanteil. Keiner besonderen Erwähnung bedarf die Tatsache, dass jede 24 Prämie grundsätzlich einen Gewinnanteil für den VR enthält, da die wirtschaftliche Tätigkeit eines VU auf die Erzielung von Gewinnen bzw. Überschuss angelegt ist. Der Gewinnanteil ist Bestandteil der Bruttoprämie (dazu oben Rn. 19). ff) Versicherungssteuer/Feuerschutzsteuer. Als Bestandteil der Prämie tritt als öffent- 25 liche Abgabe die Versicherungssteuer aufgrund des Versicherungssteuergesetzes (VersStG) hinzu (im Verhältnis zwischen VR und VN gilt die Versicherungssteuer gem. § 7 Abs. 4 VersStG als Versicherungsentgelt; vgl. noch unten). Die Rahmenbedingungen finden sich neben dem VersStG in der Versicherungssteuer-Durchführungsverordnung40 (VersStDV). Gem. § 4 VersStG sind bestimmte Versicherungen von der Versicherungssteuer befreit (insbesondere Rückversicherungen, Lebensversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen, Krankenversicherungen, Tierversicherungen mit Versicherungssummen bis 4.000 Euro, bestimmte grenzüberschreitende Warentransportversicherungen). Der Regelsteuersatz beträgt gem. § 6 Abs. 1 VersStG 19 Prozent des Versicherungsentgelts ohne Versicherungssteuer; abweichend hiervon sieht § 6 Abs. 2 VersStG für einzelne Versicherungsarten unterschiedliche Steuersätze vor (z.B. bei der Feuerversicherung und bei der FeuerBetriebsunterbrechungsversicherung seit 1.7.2010 22 % [von einem Anteil von 60 % des Versicherungsentgelts gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VersStG; vgl. noch Rn. 26]; bei der Seeschiffskaskoversicherung 3 %). Steuerschuldner ist zwar der VN (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG), auch wenn die Steuer vom VR zu entrichten ist. Dieser zieht die Steuer letztlich jedoch nur zusammen mit der Prämie ein, leitet den Steuerbetrag aber an die öffentliche Hand weiter.41 Obwohl der VN gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG Steuerschuldner der Versicherungssteuer ist, haftet dennoch der VR gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG für diese Steuer. Gem. § 7 Abs. 4 VersStG gilt im Verhältnis zwischen dem VR und dem VN die Steuer als Teil des Versicherungsentgelts, insbesondere soweit es sich um dessen Einziehung und Geltendmachung auf dem Rechtsweg handelt. Der Anspruch gegen den VN ist folglich auf gleichem gerichtlichem Wege geltend zu machen wie die eigentliche Prämie. Die Versicherungssteuer wird damit im Vertragsrecht wie ein Prämienbestandteil behandelt, obwohl sie im Grunde kein Entgelt für die Vertragsleistung des VR darstellt. Daraus folgt, dass die Regelungen des VVG über die Prämie, insbesondere auch die §§ 37 f., auch die Versicherungssteuer erfassen.42 Neben der Versicherungssteuer unterliegen Versicherungsprämien aus Feuer-, Betriebs- 26 unterbrechungs-, Wohngebäude- und Hausratversicherungen (bei Letzteren wenn die Versicherung teilweise auf Gefahren entfällt, die Gegenstand einer Feuerversicherung sein können) der Feuerschutzsteuer aufgrund des Feuerschutzsteuergesetzes (FeuerschStG). Diese Steuer fließt den Bundesländern zur Förderung des Feuerlöschwesens und des vorbeugenden Brandschutzes zu.43 Mit Wirkung zum 1.7.2010 ist die Besteuerung von Versicherungsprämien zu Feuerversicherungen geändert worden.44 Neu geregelt und bezweckt 40 41 42
VersStDV 1996 BGBl. I 3436. Deutsch6 S. 131. H.M.; vgl. Ganster Prämienzahlung S. 67 Fn. 281 m.w.N.
43 44
Farny4 S. 159. Durch das Begleitgesetz zur Zweiten Föderalismusreform v. 10.8.2009 (BGBl. I 2009, 2702); kritisch dazu Medert DStR 2009 1991.
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ist u.a. eine Trennung und Zuweisung eines festgelegten Anteils am Versicherungsentgelt gem. § 3 Abs. 1 FeuerschStG bzw. § 5 Abs. 1 VersStG jeweils nur auf die Feuerschutzsteuer bzw. nur auf die Versicherungssteuer.45 So ist insbesondere in der Feuerversicherung Bemessungsgrundlage für die Feuerschutzsteuer ein Anteil von 40 % des Versicherungsentgelts (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 FeuerschStG) und für die Versicherungssteuer ein Anteil von 60 % (§ 5 Abs. 1 Nr. 3a VersStG; vgl. bereits oben Rn. 25). Der Steuersatz für die Feuerschutzsteuer und die Versicherungssteuer wurde vereinheitlicht; er beträgt für die Feuerversicherung jeweils 22 % (§ 4 FeuerschStG bzw. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VersStG). Steuerschuldner der Feuerschutzsteuer ist gem. § 5 Abs. 1 FeuerschStG der VR, während Steuerschuldner der Versicherungssteuer der VN ist (vgl. bereits oben Rn. 25).46 gg) Behandlung von Nebengebühren/Zinsen
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(1) Mögliche Posten. Im Hinblick auf Geldleistungen des VN an den VR lassen sich Nebengebühren nach wie vor begrifflich von der Prämie unterscheiden. Nebengebühren können allerdings, wenn sie zwischen VN und VR vereinbart sind, nach der Legaldefinition des § 1 Satz 2 unter den Prämienbegriff zu subsumieren sein, ohne dass es auf ein Synallagma zur Leistungspflicht des VR ankommt (vgl. schon Rn. 11). Nebengebühren lassen sich als Geldleistungen des VN bezeichnen, die gerade nicht für die Gefahrtragung, sondern für andere Zwecke erbracht werden. Nebengebühren können in mannigfaltigen Ausprägungen auftreten: z.B. Mahnge28 bühren, Kosten einer Ersatzurkunde, Abschrift nach § 3 VVG, Verlust der Versicherungskarte, Gebühren für Abschriften, Inkassogebühren, Policendarlehenszinsen, Änderungsgebühr bei wechselndem VN. Über solche Nebengebühren hat der VR den VN gem. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 7, 8 VVG-InfoV grundsätzlich zu informieren (vgl. Rn. 14). Nebengebühren sind auch aufgrund von Zahlungsverzug eventuell anfallende Ver29 zugszinsen, Verzugsschäden und Vertragsstrafen. Ob einzelne Nebengebühren unter den Prämienbegriff fallen, hängt davon ab, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen. Dies ist jedenfalls bei Mahngebühren zu verneinen; sie ergeben sich grundsätzlich aus dem Gesetz und sind deshalb keine „vereinbarte Zahlung“ i.S.d. § 1 Satz 2.
30
(2) Gleichstellung mit der Prämie. Die Beziehungen zwischen den Nebengebühren und der Prämie waren und sind in mancher Hinsicht umstritten. Unzweifelhaft ist zumindest, dass Steuern (§ 7 Abs. 4 VersStG) und vertraglich vereinbarte Nebengebühren privatrechtlich gleich der Prämie zu behandeln sind und §§ 33 ff. hierfür gelten.47 Speziell § 38 erfasst wiederum Zinsen und Kosten (vgl. Abs. 1, 2); insbesondere Zinsen können sich als Verzugszinsen aus dem Gesetz ergeben und sind dann nicht vertraglich vereinbart (vgl. Rn. 29). Bei der Frage, ob der Prämienbegriff auch die übrigen Nebengebühren erfasst, sind die Meinungen nach wie vor gespalten. Zum Teil werden Nebengebühren ohne Weiteres als Bestandteil der Prämie bezeichnet.48 Andere wiederum unterscheiden zwar begrifflich zwischen Prämie und Nebengebühr, sprechen sich jedoch für eine privatrechtliche Gleichstellung aus.49 Eine neuere Ansicht plädiert gegen eine Gleichstellung.50 45 46
47 48
BTDrucks. 16/12400, S. 29. Zu den sich unter anderem hieraus ergebenden Konsequenzen Medert DStR 2009 1991, 1993. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 3. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12
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50
Rn. 2; ebenso wohl auch Langheid/Wandt/ Staudinger § 33 Rn. 10. Bruck/Möller/Möller8 § 35 Rn. 10; Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 11; Römer/ Langheid2 § 35 Rn. 3. Ganster Prämienzahlung S. 71 ff.
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Nach der Neufassung des § 1 Satz 2 ist nun zu differenzieren (vgl. Rn. 11). Soweit 31 Nebengebühren vertraglich vereinbart wurden (vereinbarte Zahlung) und einen Bezug zum Versicherungsvertrag aufweisen, gehören Nebengebühren zur Prämie, so dass es einer Gleichstellung dieser Nebengebühren (Nebengebühren im weiteren Sinn) mit der Prämie im Rahmen des § 38 nicht mehr bedarf. Im Rahmen des § 37 ist zwischen Nebengebühren, die auf vertraglicher Vereinbarung beruhen und anderen Nebengebühren auf gesetzlicher Grundlage (echte Nebengebühren) zu unterscheiden. Für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 bzw. des § 37 Abs. 2 kommt es ausschließlich auf die Zahlung der Prämie, also nur der vertraglich vereinbarten Nebengebühren (Nebengebühren im weiteren Sinn), nicht auf die Zahlung der echten Nebengebühren, an. 2. Erstprämie und Einmalprämie § 33 betrifft die „einmalige Prämie“ sowie die „erste Prämie“, soweit laufende Prämien 32 vereinbart sind. Im Falle der Vereinbarung einer Einmalprämie hat der VN die Prämie für die gesamte Versicherungsdauer in einer einzigen Zahlung zu entrichten.51 In einem solchen Fall spricht man auch von einer sog. Mise.52 Einmalprämien kommen sowohl bei kurzfristigen Versicherungsverträgen vor (z.B. bei Reiserücktrittsversicherungen oder Reisegepäckversicherungen); sie finden sich aber auch bei längerfristigen Versicherungsverträgen, wie z.B. bei Lebensversicherungen oder privaten Rentenversicherungen. Häufiger sind hingegen Versicherungen mit sog. laufender Prämie. In diesen Fällen ist die Versicherungsdauer in Versicherungsperioden eingeteilt; gem. § 12 gilt als Versicherungsperiode, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres. Versicherungsperiode ist der Zeitabschnitt, nach dem bei einer Versicherung die Prämie bemessen wird.53 Wie sich unmittelbar aus § 12 ergibt, kann die Versicherungsperiode nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen werden. Vielfach wird eine halbjährliche, vierteljährliche oder monatliche Zahlungsweise vereinbart. Allein durch eine entsprechende Zahlungsvereinbarung ändert sich nach h.M. allerdings die Versicherungsperiode noch nicht (vgl. bereits oben Rn. 22).54 3. Erstprämie und Folgeprämie Während § 33 die Einmalprämie und bei laufenden Prämienzahlungen die Erstprämie 33 betrifft, differenzieren die §§ 37 und 38 zwischen Erstprämie (§ 37) und Folgeprämie (§ 38). Erstprämien i.S.d. § 37 sind die Einmalprämie im oben genannten Sinne (Rn. 32) und bei der laufenden Prämienzahlung die zeitlich erste Prämie. Folgeprämien i.S.d. § 38 sind nur bei laufender Prämienzahlung geschuldet.55 4. Prämienhöhe Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen unterliegt die Prämienhöhe der In- 34 haltsfreiheit und ist damit Vereinbarungssache. In aller Regel wird sich die Prämienhöhe für den in Rede stehenden Versicherungsschutz nach dem jeweiligem Unternehmenstarif 51
52 53
Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 7; Bruck/Möller/Möller § 35 Anm. 12; Ganster Prämienzahlung S. 82. Richter PVR S. 132; Berliner Kommentar/ Riedler § 35 Rn. 7. Berliner Kommentar/Gruber § 9 Rn. 1; Motive S. 84.
54
55
Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 7; Bruck/Möller/Möller § 35 Anm. 15; Prölss/ Martin/Prölss27 § 9 Rn. 1; LG Lüneburg 10.11.1977 VersR 1978 658. Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 8.
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richten, der wiederum von der Prämienkalkulation aufgrund versicherungstechnischer Grundsätze und der Prämienpolitik des VR abhängt. Vor der Deregulierung im Jahre 1994 bestand gem. §§ 5 i.V.m. 11 f. VAG a.F.; § 8 35 Abs. 1, 2 PflVG a.F. (jeweils in der bis 28.7.1994 geltenden Fassung) eine Tarifgenehmigungspflicht in der Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung sowie in der Kfz-Haftpflichtversicherung, die aber mit der Umsetzung der sog. dritten EG-Richtliniengeneration weggefallen ist.56 Gleichwohl finden sich – wie schon erwähnt – Vorgaben für die Prämienkalkulation im VAG, namentlich für die Lebensversicherung, die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr und die substitutive Krankenversicherung; vgl. §§ 11, 11d, 12 VAG (siehe bereits oben Rn. 16). Seit dem 1.1.2009 haben private Krankenversicherer gem. § 193 Abs. 5 bestimmten 36 Personen einen branchenweit einheitlichen „Basistarif“ anzubieten. Die hieraus resultierenden Leistungen müssen nach Art, Umfang und Höhe der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein. Gem. § 12 Abs. 4b VAG darf die Beitragshöhe den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen, so dass das Gesetz für diesen Basistarif unmittelbare Vorgaben für die Beitragshöhe aufstellt.57 Wie bereits dargelegt wird regelmäßig die Geltung des Unternehmenstarifes zwischen 37 VN und VR vereinbart. Gleichwohl kann hiervon im Einzelfall abgewichen werden; eine entsprechende Abweichung ist zivilrechtlich ohne Weiteres möglich.58 Wird eine konkrete Vereinbarung (insbes. im Versicherungsantrag) nicht getroffen, so geht die h.L. von einer stillschweigenden Unterwerfung unter den Tarif des VR aus.59 Grundsätzlich ist dem zuzustimmen; allerdings handelt es sich letztlich um eine stillschweigende Vereinbarung, die sich aus den entsprechenden Umständen ergibt. Demzufolge ist es zumindest denkbar, dass bei entsprechenden Umständen auch etwas anderes gelten kann. Ein einseitiges Bestimmungsrecht des VR nach § 315 BGB dürfte allerdings nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. In aller Regel ist die Prämienhöhe fest fixiert; grundsätzlich denkbar sind aber Anpassungsmöglichkeiten, die sich aus Gesetz oder vertraglicher Vereinbarung ergeben können.60 Es ist bereits darauf hingewiesen worden (oben Rn. 14), dass der VR den VN über die Höhe der Prämie zu informieren hat; vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 7 VVG-InfoV. 5. Prämienschuldner
38
Schuldner der Prämie ist die Vertragspartei des VR, namentlich also der VN. Soweit mehrere VN am Versicherungsvertrag beteiligt sind, haften diese grundsätzlich als Gesamtschuldner gem. §§ 421 ff. BGB, soweit nicht eine abweichende Vereinbarung vorliegt. Dritte kommen als Schuldner der Prämie – ggf. neben dem eigentlichen VN – nur in Betracht, wenn etwa ein Schuldbeitritt vorliegt oder der Dritte in das Versicherungsverhältnis aufgrund einer ihm zustehenden Berechtigung eingetreten ist (z.B. gem. § 170).61 Auch in Fällen eines gesetzlichen Vertragsübergangs (etwa gem. §§ 95 Abs. 1, 122) bleibt zu erwähnen, dass der Erwerber VN und damit auch zum Schuldner der Prämie wird.62 Darüber hinaus haben auch die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze in diesem Zu56
57
58
Dazu H. Müller Rn. 491 ff.; Beckmann ZeuP 1999 809 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/Mönnich2 § 2 Rn. 44 ff.; Wandt4 Rn. 66 ff. Dazu Marlow/Spuhl3 S. 310; Boetius VersR 2007 431; Lehmann RuS 2009 89, 97; Brote/Bronkars VersR 2008 580. Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 17; Hofmann PVR S. 142 ff.
12
59
60 61 62
Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 17; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 3; ebenfalls a.A. Bruck/Möller/Johannsen/ Johannsen8 Bd. 3 Anm. F 3. Dazu etwa Beckmann S. 4 ff. Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 22. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 19.
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sammenhang Gültigkeit. So ist beispielsweise eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Verpflichtung zur Prämienzahlung auf einen Dritten mit Beseitigung der Zahlungspflicht des ursprünglichen VN nur mit Zustimmung des VR möglich. Bei Tod des VN gelten gleichfalls die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze, so dass der Erbe gem. § 1967 BGB an die Stelle des VN tritt und jedenfalls die noch ausstehenden Prämienzahlungen schuldet; künftige Prämien schuldet der Erbe des VN indes nur, wenn sich die Versicherung fortsetzt. Der Tod des VN kann indes – auch abhängig von der Versicherungsart – zu einem Interessenfortfall gem. § 80 Abs. 2 führen.63 Auch wenn Dritte grundsätzlich nicht Schuldner der Prämie sind, so kann gleichwohl 39 für Dritte eine Berechtigung zur Prämienzahlung bestehen. Bereits nach allgemeinem Zivilrecht kann entsprechend § 267 Abs. 1 BGB ein Dritter schuldbefreiend leisten, wenn nicht ausnahmsweise der Schuldner die Leistung höchstpersönlich erbringen muss.64 Insbesondere versicherte Personen, Bezugsberechtigte oder Pfandgläubiger können ein starkes Eigeninteresse am Fortbestand des Versicherungsverhältnisses haben und sind gem. § 34 zur Zahlung berechtigt, aber nicht verpflichtet, um den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes zu verhindern.65 Grundsätzlich nicht als Prämienschuldner sind anzusehen: der gesetzliche Vertreter 40 des VN, versicherte Personen, Zessionare, Pfandgläubiger, Vollstreckungsgläubiger, Hypothekengläubiger, Bezugsberechtigte, geschädigte Personen in der Haftpflichtversicherung.66 Soweit eine gesetzliche Verwalterstellung besteht (insbesondere Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter), so haften diese nur mit dem Vermögen, das der entsprechenden Verwaltung unterliegt.67 6. Prämiengläubiger Prämiengläubiger ist der VR als Vertragspartner des VN. Haben sich mehrere VR an 41 einer Mitversicherung beteiligt, so hängt die Frage nach der Gläubigerstellung davon ab, ob diese Mitversicherung offengelegt worden ist (sog. offene Mitversicherung) oder ob demgegenüber eine sog. verdeckte Mitversicherung vorliegt. Im Falle einer verdeckten Mitversicherung ist der allein nach außen auftretende VR auch der alleinige Versicherungspartner des VN und somit alleiniger Prämiengläubiger.68 Im Falle einer offenen Mitversicherung richtet sich die Frage nach der Gläubigerstellung danach, ob einem der Mitversicherer – wie oft üblich – aufgrund einer Führungsklausel Inkassovollmacht eingeräumt worden ist. Ohne eine solche entsprechende Führungsklausel verbleibt es dabei, dass jeder Mitversicherer Teilgläubiger i.S.d. § 420 BGB ist.69 In der bis 21.5.2007 geltenden Fassung waren gem. § 43 Nr. 4 a.F. Versicherungs- 42 agenten – die sich im Besitz einer vom VR mindestens faksimilierten unterzeichneten Prämienrechnung befanden – zur Annahme der Prämie nebst Zinsen und Kosten befugt. Mit Umsetzung der Richtlinie über die Versicherungsvermittlung70 durch das Gesetz zur 63 64 65 66
Zum Anwendungsbereich des § 80 vgl. Bruck/Möller/Schnepp § 80 Rn. 10 ff. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 44. Berliner Kommentar/Riedler § 35 Nr. 23; vgl. im Übrigen Kommentierung zu § 34. Dazu Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 24; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 10; Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 15.
67 68 69
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Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 24; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 10. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 19. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 19; Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 18. RL 2002/92 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002 über
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Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19.12.200671 wurde diese Regelung indes aufgehoben und durch § 42f a.F. (Geltung bis 31.12.2007; mit der VVG-Reform nun geregelt in § 69 Abs. 2) ersetzt. Gem. § 69 Abs. 2 Satz 1 gelten Versicherungsvertreter als bevollmächtigt, Zahlungen des VN in Zusammenhang mit der Vermittlung und dem Abschluss des Versicherungsvertrags für den VR anzunehmen, sog. Inkassovollmacht. Umstritten ist, ob § 69 Abs. 2 auch Folgeprämien erfasst. Dies wird nach teilweise vertretener Auffassung unter Hinweis darauf bejaht, dass eine damit verbundene Änderung der früheren Rechtslage (wonach die Inkassovollmacht des Versicherungsagenten gem. § 43 Nr. 4 a.F. auch Folgeprämien erfasste) in der Gesetzesbegründung nirgends angesprochen sei; zudem stünden Zahlungen von Folgeprämien an den Vermittler noch im Zusammenhang mit der Vermittlung.72 Indes weicht der Wortlaut der neuen gesetzlichen Regelungen schon erheblich von dem der früheren Regelungen ab. Die Einschränkung „im Zusammenhang mit der Vermittlung und dem Abschluss des Versicherungsvertrags“ deutet darauf hin, dass die zeitliche Phase von „Vermittlung und Abschluss“ gemeint sein soll und nicht spätere Folgeprämien. Zudem verzichtet das Gesetz auf das frühere Erfordernis, dass der Vermittler in Besitz einer Rechnung sein muss. Andererseits erscheint die Regelung nicht sonderlich geglückt. Geht man davon aus, dass der VN gem. § 69 Abs. 2 Satz 1 z.B. eine Erstprämie oder eine Einmalprämie mit Erfüllungswirkung gegenüber dem VR an den Versicherungsvertreter bezahlen kann, so wäre es aus Sicht des VN ausgesprochen überraschend, wenn die Zahlung der Folgeprämie an die gleiche Person keine Erfüllungswirkung haben soll. Eine derartige Differenzierung durch den VN wird man kaum erwarten können, so dass doch gute Gründe für eine Erstreckung der Inkassovollmacht auf Folgeprämien sprechen. Denkbar sind aber auch Fallkonstellationen, in denen diese Frage offen bleiben kann, weil ohnehin auch die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht vorliegen. § 69 Abs. 2 Satz 1 gilt nicht für Versicherungsmakler.73 7. Fälligkeit
43
a) Voraussetzungen der Fälligkeit der Erst- und Einmalprämie gem. § 33 Abs. 1 VVG. Gem. § 33 Abs. 1 hat der VN die Erstprämie und die Einmalprämie (zu den Begriffen oben Rn. 32) „unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen“.74 Damit weicht die seit dem 1.1.2008 geltende Gesetzesfassung vom früheren Recht ab, wonach die Erst- bzw. Einmalprämie „sofort nach dem Abschluss des Vertrages zu zahlen“ war (dazu bereits oben Rn. 1). Maßgeblich für den Beginn der Zahlungspflicht ist damit nicht mehr der Vertragsschluss. Voraussetzung für die Fälligkeit der Erst- bzw. Einmalprämie ist zunächst der Zugang des Versicherungsscheins beim VN. Dabei führt allein der Zugang des Versicherungsscheins noch nicht zur Fälligkeit von Erst- bzw. Einmalprämie. Vielmehr statuiert § 33 Abs. 1, dass die Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins entsteht. Auch für die Berechnung der Frist von 14 Tagen gelten die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Fristen, auch wenn das VVG insoweit keinen Verweis auf das BGB enthält.
71 72
Versicherungsvermittlung ABl. EG 2003 Nr. L 9 S. 3. BGBl. I 2006 3232. Beckmann/Matusche-Beckmann/Reiff2 § 5 Rn. 84; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 33 Rn. 6; Langheid/Wandt/Reiff
14
73 74
§ 69 Rn. 42; im Ergebnis a.A. Niederleithinger VersR 2006 437, 445. Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 14. Vgl. aber die Sonderregelung bei der Lebensversicherung gem. § 152 Abs. 3.
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Indes wird die Fälligkeit allein noch nicht durch den Ablauf von 14 Tagen begründet; 44 ausweislich des Gesetzeswortlauts muss die Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins bezahlt werden. Damit muss die Zahlung nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins erfolgen; vielmehr bleibt dem VN Zeit, die Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen zu zahlen.75 Der Begriff „unverzüglich“ ist legaldefiniert in § 121 Abs. 1 BGB. Im Schrifttum wird dieser Begriff im Rahmen des § 33 dahingehend verstanden, dass Fälligkeit damit frühestens zwei bis drei Tage nach Ablauf der Zweiwochenfrist eintreten kann.76 Da § 121 Abs. 1 BGB darauf abstellt, dass eine unverzügliche auszuführende Handlung „ohne schuldhaftes Zögern“ vorzunehmen ist, kommt je nach Umständen des Einzelfalls durchaus auch eine entsprechend längere Frist in Betracht. Durch die Regelung entsteht demnach eine unsichere Rechtslage im Hinblick auf den Fälligkeitszeitpunkt. Dies ist zwar nachteilig, jedoch angesichts des klaren Gesetzeswortlauts hinzunehmen. Im Schrifttum wird zudem erwogen, die Auslegung der Fälligkeit im Rahmen der sog. erweiterten Einlösungsklausel auf § 33 Abs. 1 zu übertragen.77 So ist der in der erweiterten Einlösungsklausel verwendete Begriff „ohne Verzug“ vielfach mit 14 Tagen verstanden worden.78 Indes sind keine Anhaltspunkte im Gesetz bzw. in der Gesetzesbegründung erkennbar, die eine solche Interpretation auch für § 33 Abs. 1 nahelegen. Die Verwendung des Begriffs „unverzüglich“ spricht vielmehr dafür, auf die Legaldefinition gem. § 121 BGB („ohne schuldhaftes Zögern“) und die damit verbundene Interpretation abzustellen. Die Fälligkeitsregelung gem. § 33 Abs. 1 ergibt sich daraus, dass dem VN gem. § 8 45 Abs. 1 grundsätzlich eine vierzehntägige Widerrufsfrist zusteht und der VN nicht vor Ablauf der Widerrufsfrist zur Zahlung verpflichtet sein soll (vgl. oben Rn. 1). Dabei legt das Gesetz zum einen einen Vertragsschluss nach dem Antragsmodell zugrunde79 (bei dem der VN seine Vertragserklärung vor Zugang des Versicherungsscheins abgegeben hat); zum anderen basiert § 33 Abs. 1 auf dem Gedanken, dass die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt. Indes sind hiervon abweichende Fallkonstellationen denkbar: aa) Fälligkeit bei Abweichen des Versicherungsscheins vom Antrag des VN gem. § 5 46 Abs. 1. So stellt sich insbesondere die Frage nach der Fälligkeit der Erstprämie, wenn der Versicherungsschein vom Antrag des VN abweicht. Gem. § 5 Abs. 1, 2 gelten die Abweichungen als genehmigt, wenn der VN nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Nach der Gesetzesbegründung ist für die Frage der Fälligkeit in diesem Falle die Monatsfrist nach § 5 Abs. 2 maßgeblich.80 Zwar ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut eine solche Interpretation nicht ergibt.81 Nach den ausdrücklichen Vorstellungen des Gesetzgebers 75 76
77
78
I.d.S. auch Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 33 Rn. 4. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 4; ähnlich HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 7 (in der Regel „innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der Widerrufsfrist“); a.A. Looschelders/Pohlmann/Stagl § 33 Rn. 9. Schirmer FS Wälder 67, 70; zur erweiterten Einlösungsklausel Römer/Langheid2 § 38 Rn. 17, 25. Römer/Langheid2 § 38 Rn. 25; Schirmer FS Wälder 67, 70 unter Hinweis auf OLG Köln
79
80
81
17.4.1986 RuS 1986 144; OLG Köln 22.5.1986 RuS 1987 22. Beckmann/Matusche-Beckmann/K. Johannsen2 § 8 Rn. 12; Römer VersR 2006 740; RegE BTDrucks. 16/3945 S. 60. BTDrucks. 16/3945 S. 70; in diesem Sinne auch HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 4; Wandt4 Rn. 503. Ganster Prämienzahlung S. 281; HK-VVG/ Karczewski § 33 Rn. 6.
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Abschnitt 3. Prämie
ist die Fälligkeit des Prämienanspruchs aber an die endgültige Bindung des VN an seine Vertragserklärung geknüpft.82 Durch die Formulierung in § 33 Abs. 1 („14 Tage nach Zugang des Versicherungsscheins“) kommt eine solche Koppelung zwischen Fälligkeit der Prämienzahlung und Bindung des VN zumindest zum Ausdruck. Dies spricht dafür, bei Abweichen des Versicherungsscheins vom Antrag des VN auch im Rahmen von § 33 Abs. 1 auf die Monatsfrist nach § 5 Abs. 2 abzustellen.
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bb) Fälligkeit bei fehlerhafter oder unterbliebener Belehrung. Die Frage nach der Fälligkeit der Prämienzahlung stellt sich auch dann, wenn die Widerrufsfrist gem. § 8 Abs. 2 noch nicht läuft. Die vierzehntägige Widerrufsfrist gem. § 8 Abs. 1 beginnt erst, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 erfüllt sind, also dem VN die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 erforderlichen Informationen zugegangen sind und ihm eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 erteilt worden ist. Fehlt es hieran, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.83 Aus der – in der Gesetzesbegründung genannten – Maßgeblichkeit der Monatsfrist des § 5 Abs. 2 im Falle des Abweichens des Versicherungsscheins vom Antrag des VN (oben Rn. 46) könnte man schließen, dass die Prämienfälligkeit über diese Konstellation hinaus generell erst eintritt, wenn der VN an den Versicherungsvertrag endgültig gebunden ist.84 Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung, in der es heißt: „Eine sofortige Fälligkeit des Prämienanspruchs widerspricht aber dem Widerrufsrecht, das künftig nach dem neuen § 8 VVG-E grundsätzlich jedem Versicherungsnehmer zusteht. Der Versicherungsnehmer ist an seine Vertragserklärung endgültig erst gebunden, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist.“85 Konsequenz wäre, dass § 33 Abs. 1 im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend zu verstehen ist, dass es stets auf das Ende der Widerrufsfrist ankommt. Dem wird entgegen gehalten, dass das Widerrufsrecht des § 8 die Wirksamkeit des 48 Vertrages nicht berühre; dagegen sei bei § 5 der Vertrag bis zur Genehmigung unwirksam, so dass in diesem Falle die Prämie zwingend erst mit der Genehmigung eintreten könne. Außerdem spreche gegen eine teleologische Reduktion, dass die Gesetzesbegründung außerdem ausdrücklich sage, dass die Fälligkeit auf den Zeitpunkt festgelegt werde, zu dem „im Normalfall“ die Widerrufsfrist ablaufe.86 Diesem Standpunkt ist im Ergebnis zuzustimmen. Es entspricht der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Rechtslage, dass der Anspruch des Unternehmers gegen den Verbraucher, dem ein Widerrufsrecht zusteht, bereits während der Widerrufsfrist besteht.87 Weiter zeigt dies auch die Regelung zu den Widerrufsfolgen in § 9 VVG, nach der bei entsprechender Belehrung dem VR die Prämie für die Zeit vor dem Widerruf zusteht. Dies gilt auch, wenn die Frist mangels ordnungsgemäßer Belehrung noch nicht zu lau49 fen beginnt.88 § 33 Abs. 1 weicht hiervon lediglich insoweit ab, dass die Fälligkeit auf den Zeitpunkt festgelegt ist, zu dem „im Normalfall“ die Widerrufsfrist abläuft; dieser Zeitpunkt ist gem. § 8 14 Tage nach Zugang des Versicherungsscheins. Hierfür spricht auch, dass § 33 Abs. 1 auf den Zugang allein des Versicherungsscheins abstellt; die darüber hinaus in § 8 Abs. 2 genannten Erfordernisse (Informationen nach Nr. 1 und Belehrung nach Nr. 2) nennt § 33 Abs. 1 nicht. Eine von der Fälligkeit abweichende Frage ist
82 83 84
BTDrucks. 16/3945 S. 70. Zur Dauer etwa Bruck/Möller/Knops § 8 Rn. 45 ff. I.d.S. Ganster Prämienzahlung S. 281 f.; Wandt/Ganster VersR 2007 1034 Fn. 5; Hk-VVG/Karczewski § 33 Rn. 5.
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BTDrucks. 16/3945 S. 70. Wandt 4 Rn. 503. Palandt/Grüneberg69 § 355 Rn. 4; PWW/ Medicus2 § 355 Rn. 1; Jauernig/Stadler12 § 355 Rn. 7; AnwKom/Ring § 355 Rn. 12. Vgl. Palandt/Grüneberg69 § 355 Rn. 4.
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§ 33
Fälligkeit
indes, ob der VN wegen der ihm gesetzlich zustehenden Überlegungszeit bis zum Ende der Widerrufsfrist die Leistung verweigern darf. Es ist also zwischen Fälligkeit und Durchsetzbarkeit zu unterscheiden.89 Im bürgerlichen Recht wird für die Zeit der Widerrufsmöglichkeit zu Recht ein Leistungsverweigerungsrecht des Kunden angenommen und damit die Durchsetzbarkeit des Anspruchs des Unternehmers abgelehnt.90 Da der VR zur ordnungsgemäßen Belehrung und Information gem. §§ 7, 8 verpflichtet ist – und es sich hierbei um eine echte Rechtspflicht handelt91 –, steht dem VN ein entsprechender Gegenanspruch zu, den der VN dem fälligen Zahlungsanspruch des VR entgegenhalten kann. Solange es also an einer ordnungsgemäßen Information und Belehrung fehlt, kann der VR seinen Zahlungsanspruch nicht durchsetzen.92 Relevant kann dies insbesondere für § 37 sein. cc) Fälligkeit beim „Invitatio-Modell“. Bei dem sog. „Invitatio-Modell“ gibt der Ver- 50 sicherungsinteressierte zunächst nur eine invitatio ad offerendum ab. Den eigentlichen Antrag (Angebot) auf Vertragsabschluss erklärt der VR und fügt alle erforderlichen Informationen sowie den Versicherungsschein bei. Erst anschließend erklärt der VN die Annahme zum Angebot des VR.93 Bei dieser Konstellation wird man nicht annehmen können, dass die Frist für eine Zahlung schon mit Zugang des Versicherungsscheins zu laufen beginnt. So besteht vor der Annahmeerklärung des VN noch kein Versicherungsvertrag, so dass von vorneherein noch gar keine Zahlungspflicht besteht.94 Mit der Annahmeerklärung durch den VN kommt der Versicherungsvertrag zustande. Im Schrifttum wird angenommen, dass in diesem Fall die Fälligkeit erst frühestens 14 Tage nach Abgabe und Zugang der Annahmeerklärung des VN eintreten könne.95 Dem könnte zwar entgegen gehalten werden, bei dieser Konstellation greife § 33 Abs. 1 gar nicht ein, so dass sogar die allgemeine Regelung des § 271 BGB zur Anwendung gelange. Indes ist der Zweck des § 33 Abs. 1 zu beachten, der die Fälligkeit an die vierzehntägige Widerrufsfrist gem. § 8 Abs. 1 knüpft (siehe oben Rn. 4). Da dem VN auch beim „InvitatioModell“ diese Widerrufsfrist gem. § 8 Abs. 1 zusteht, kann die Fälligkeit in der Tat frühestens erst 14 Tage nach Abgabe und Zugang der Annahmeerklärung des VN eintreten; konsequenterweise wird man auch bei dieser Konstellation auf das Tatbestandsmerkmal der unverzüglichen Zahlung nach Ablauf der Widerrufsfrist nicht verzichten können. dd) Rückwärtsversicherung und vorläufige Deckung. § 33 Abs. 1 gilt auch für die 51 Rückwärtsversicherung. Die Prämienzahlung wird unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins fällig; es gelten für die Fälligkeit keine Besonderheiten (vgl. aber zur Nichtanwendbarkeit des § 37 Abs. 2 Kommentierung zu § 37 Rn. 60). Auch im Fall einer vorläufigen Deckungszusage gilt grundsätzlich § 33 Abs. 1.96
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AnwKom/Ring § 355 Rn. 14; Palandt/Grüneberg69 § 355 Rn. 4. Vgl. Palandt/Grüneberg69 § 355 Rn. 4 m.w.N. Bruck/Möller/Herrmann § 7 (betr. die Informationspflichten gem. § 7); Bruck/Möller/ Knops § 4 Rn. 44 (betr. die Belehrung gem. § 8 Abs. 2). Ebenso Bruck/Möller/Knops § 4 Rn. 4. Zum „Invitatio-Modell“ und zu den Vertragsschlussmodellen nach neuem Recht vgl.
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Wandt 4 Rn. 504; HK-VVG/Schimikowski § 7 Rn. 29; Schimikowski RuS 2006 441; Gaul VersR 2007 21. So bereits Beckmann/Matusche-Beckmann/ Hahn2 § 12 Rn. 21; Ganster Prämienzahlung S. 281 f. Schirmer FS Wälder 67, 70; Marlow/Spuhl 3 S. 115; a.A. wohl Wandt 4 Rn. 504 (für wörtliche Annahme des § 33 Abs. 1). Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 23.
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§ 33
Abschnitt 3. Prämie
Indes wird für die vorläufige Deckung vielfach kein gesonderter Versicherungsschein ausgestellt, obgleich es sich um einen eigenständigen Vertrag handelt.97 Vielfach wird vereinbart, dass die Prämie für die vorläufige Deckung mit der Erstprämie des endgültigen Versicherungsvertrages bezahlt wird;98 darüber hinausgehend ist in diesem Fall die Zahlung bis zum Zugang der Prämienrechnung gestundet, wenn der VR nicht ausdrücklich sofortige Zahlung der Prämie verlangt.99 Hingegen gestattet § 51 Abs. 1, dass der Beginn des Versicherungsschutzes von der Zahlung der Prämie abhängig gemacht werden kann, sofern der VR den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Voraussetzung aufmerksam gemacht hat.
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b) Folgeprämien. § 33 Abs. 1 betrifft die Erstprämie und die Einmalprämie (vgl. oben Rn. 10). Die Fälligkeit der Folgeprämien ist wie auch schon vor der VVG-Reform im Gesetz nach wie vor nicht ausdrücklich geregelt. Deshalb finden sich Bestimmungen über die Fälligkeit von Folgeprämien regelmäßig in entsprechenden AVB (z.B. Abschn. B § 4 AFB 2008).100 Bei Fehlen einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Fälligkeit von Folgeprämien greift die allgemeine Vorschrift des § 271 BGB ein.101 Die Rechtsfolgen bei Nichtzahlung von Folgeprämien sind geregelt in § 38. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung kann der VR dem VN – auf dessen Kosten – in Textform eine Zahlungsfrist bestimmen, die mindestens zwei Wochen betragen muss; insofern orientiert sich diese Zahlungsfrist an der grundsätzlichen Fälligkeitsregelung des § 33 Abs. 1.102 8. Stundung
53
Wie bei jedem anderen Schuldverhältnis können die Parteien auch eine Stundungsvereinbarung treffen und damit die Fälligkeit der Zahlung der Prämie verschieben. Vereinzelt wurde früher vertreten die Stundung der Erstprämie ändere deren Qualität in eine Folgeprämie ab und führe daher nur zu den Rechtsfolgen des § 39 VVG a.F. (jetzt § 38).103 Dem ist mit der heute ganz herrschenden Ansicht nicht beizupflichten. Vielmehr hat die Stundungszusage des VR keine Auswirkungen auf das Vorliegen einer Erstprämie, denn sie bleibt aus zeitlicher Sicht immer noch die erste zu entrichtende Prämie.104 Durch eine bloße Stundung ändert sich also der Charakter der Erstprämie nicht. Fraglich sind insbesondere die Auswirkungen einer Stundung auf das Bestehen des Versicherungsschutzes, insbesondere ob bei Eintritt eines Versicherungsfalles vor Zahlung der (gestundeten) Prämie Versicherungsschutz besteht; zu dieser Frage § 37 Rn. 19.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Hermanns2 § 7 Rn. 21. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 23; Dreher S. 105. Schwintowski/Brömmelmeyer/Schwintowski § 51 Rn. 1; BGH 17.4.1967 VersR 1967 569. Unverbindliche Bekanntgabe des GDV (abrufbar unter: http://www.gdv.de [Abrufdatum: 28.9.2008]; abgedruckt bei Dörner6 AVB). Bruck/Möller/Johannsen/Johannsen8 Bd. 3
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Anm. F 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 33 Rn. 1. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 26. Sieg3 S. 90. BGH 25.6.1956 BGHZ 21 131; BGH 17.4.1967 BGHZ 47 352; OLG Hamm 15.6.1983 VersR 1984 231; Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 93; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 37 Rn. 4; Berliner Kommentar/ Riedler § 38 Rn. 19.
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§ 33
Fälligkeit
9. Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung/Erfüllungswirkung Die Frage nach der Rechtzeitigkeit der Zahlung ist von der Erfüllungswirkung zu 54 unterscheiden. Hierzu im Einzelnen die Kommentierung zu § 36 Rn. 6 ff. 10. Erfüllbarkeit Auch im Hinblick auf die Erfüllbarkeit der Prämienzahlungspflicht gelten die allge- 55 meinen Grundsätze. Daraus folgt, dass die Prämienzahlungspflicht des VN gem. § 271 Abs. 1 BGB auch vor eingetretener Fälligkeit erfüllbar ist. Verweigert der VR die Vorauszahlung, so gerät er in Annahmeverzug.105 11. Verjährung Im VVG finden sich mit Ausnahme des § 15 VVG keine Regelungen zur Verjährung 56 von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen. § 15 bezieht sich allerdings schon dem Wortlaut nach nur auf den Anspruch des VN gegen den VR, mithin nicht auf die Prämie, so dass für die Verjährung der Prämie die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften gelten.106 Dies gilt für den Beginn, die Dauer und den Neubeginn der Verjährung. Insbesondere der Beginn der Verjährung richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Danach beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den – anspruchsbegründenden – Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Beginn der Verjährung gem. § 199 Abs. 1 BGB setzt auch die Fälligkeit des Anspruchs voraus.107 Aufgrund der Anknüpfung des Fälligkeitszeitpunkts an eine „unverzügliche“ Zahlung 14 Tage nach Zugang des Versicherungsscheins ist der konkrete Zeitpunkt der Fälligkeit mit Unsicherheiten verbunden (vgl. oben Rn. 43 ff.). Dies ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen108, ist aber aufgrund des klaren Wortlautes des Gesetzes jedenfalls de lege lata hinzunehmen.
II. Abholung der Prämie, § 33 Abs. 2 § 33 Abs. 2 entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Vorschrift des § 37 a.F.; die 57 Vorschrift enthält lediglich sprachliche Änderungen. Hintergrund der Regelung ist die – bei Inkrafttreten des VVG 1908 bestehende – tatsächliche Übung, dass die Prämien vom VR regelmäßig beim VN abgeholt wurden.109 Nach wohl herrschender Ansicht galt die Vorgängervorschrift des § 37 a.F. nur für den Fall, dass die regelmäßige Einziehung der Prämie beim VN aufgrund einer tatsächlichen Übung erfolgt. Die regelmäßige Einziehung der Prämie beim VN bewirkte das Entstehen einer „Holschuld kraft tatsächlicher Übung“.110 Von dieser konnte sich der VR unter den Voraussetzungen des § 37 a.F. ein-
105
106 107
Berliner Kommentar/Riedler § 35 Rn. 26 mit weiteren Hinweisen (auch zur anderen Rechtslage in Österreich). Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 31. Bruck/Möller/K. Johannsen § 15 Rn. 10; allgemein Palandt/Heinrichs68 § 199 Rn. 3; juris PK-BGB/Lakkis4 § 199 Rn. 5; Staudinger/Peters (2003) § 199 Rn. 4.
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Vgl. etwa Wandt4 Rn. 502 Fn. 18. Berliner Kommentar/Riedler § 37 Rn. 2. Bruck/Möller/Möller8 § 37 Anm. 8; Berliner Kommentar/Riedler § 37 Rn. 3 m.w.N.; nach a.A. unverändert Schickschuld, aber Ruhen der Übersendungspflicht während des Zeitraumes der regelmäßigen Einziehung (so etwa Hofmann PVR § 11 Rn. 36).
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§ 33
Abschnitt 3. Prämie
seitig lösen. Bei einer vertraglich vereinbarten Holschuld sollte § 37 a.F. nicht gelten.111 Von einer vertraglich vereinbarten Holschuld kommt eine einseitige Lossagung grundsätzlich auch nicht in Betracht. Zu § 37 a.F. wurde insbesondere diskutiert, inwieweit die Vereinbarung eines Last58 schriftverfahrens erfasst ist. Die Vereinbarung eines Lastschriftverfahrens lässt sich dahingehend verstehen, dass die Prämienzahlungspflicht zu einer Holschuld wird.112 Da insoweit eine vertragliche Vereinbarung über ein Lastschriftverfahren vorliegt, könnte man hieraus schließen, dass eine einseitige Beendigung des Lastschriftverfahrens durch den VR und damit eine Wiederkehr zur ursprünglichen Schuld (d.h. nach bisher h.M. zur qualifizierten Schickschuld) nicht möglich sei (zur grundsätzlichen Einordnung vgl. § 36 Rn. 6 ff.). Indes sind insoweit Sinn und Zweck des Lastschriftverfahrens zu berücksichtigen. Zum einen führt ein Scheitern des Einzugs im Rahmen eines Lastschriftverfahrens dazu, dass die Schuld wieder zur Schickschuld wird.113 Darüber hinaus kann ein Lastschriftverfahren prinzipiell auch durch den Gläubiger beendet werden.114 Nichtsdestotrotz wurde auch für die Vorgängervorschrift des § 37 a.F. zu Recht der Standpunkt vertreten, dass bei Beendigung eines Lastschriftverfahrens durch den Gläubiger die Voraussetzungen des § 37 a.F. zu beachten sind.115 Der neue § 33 Abs. 2 enthält im Wesentlichen die Regelung des bisherigen § 37 a.F. 59 (§ 37 a.F. ging noch von einer „regelmäßigen“ Einziehung der Prämie aus und verlangte eine schriftliche Anzeige vom VR; § 33 Abs. 2 lässt genügen, dass die Prämie „zuletzt“ vom VR eingezogen worden ist und verlangt lediglich eine Aufforderung in Textform). Der Reformgesetzgeber ist davon ausgegangen, dass der an sich in § 37 a.F. und nun in § 33 Abs. 2 geregelte Fall der unmittelbaren Einziehung beim VN heute keine praktische Bedeutung mehr habe116 (gemeint sein dürfte die unmittelbare Einziehung kraft tatsächlicher Übung); ein Bedürfnis für die Beibehaltung einer solchen Regelung sieht der Reformgesetzgeber aber im Hinblick auf die in der Praxis übliche Einziehungsermächtigung, aufgrund derer der VR die Prämie vom Konto des VN einziehen kann. Nach den Gesetzesmaterialien findet § 33 Abs. 2 somit jedenfalls auch auf die – vertraglich vereinbarte – Einziehungsermächtigung Anwendung. Damit weicht diese Vorstellung des Gesetzgebers von der früher herrschenden Ansicht ab, wonach § 37 a.F. grundsätzlich nur auf eine tatsächliche Übung Anwendung fand (s.o.). Geht man davon aus, dass eine Einziehungsermächtigung ohnehin auch einseitig vom Gläubiger (also vom VR) aufgehoben werden kann, ergeben sich keine Probleme. Indes sind auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 zu beachten. Wendet man hingegen § 33 Abs. 2 auf jede vertragliche Vereinbarung über eine Ein60 ziehung der Prämie an, so lässt sich diese Vorschrift nicht dahingehend verstehen, dass es zu einer erleichterten einseitigen Aufhebung einer solchen Vereinbarung allein durch eine einseitige Erklärung durch den VR kommen kann. Vielmehr ist § 33 Abs. 2 in dem Sinne zu verstehen, dass die allgemeinen vertragsrechtlichen Grundlagen hierdurch nicht berührt werden; es bedarf zusätzlich einer vom VR erklärten Aufforderung in Textform. Letztlich ist die Vorstellung des Reformgesetzgebers auch mit dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 in Einklang zu bringen, da der Tatbestand („Ist die Prämie zuletzt vom VR eingezogen worden, …“) auch vertragliche Vereinbarungen erfasst. 111 112 113
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Bruck/Möller/Möller8 § 37 Anm. 8; Berliner Kommentar/Riedler § 37 Rn. 9. Palandt/Grüneberg69 § 270 Rn. 4; Berliner Kommentar/Riedler § 37 Rn. 9. Berliner Kommentar/Riedler § 37 Rn. 9; Canaris Bankvertragsrecht4 I, 629.
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Canaris Bankvertragsrecht4 I, 649; van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch3, § 58 Rn. 162. Berliner Kommentar/Riedler § 37 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann27 § 7 Rn. 1. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 70.
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Fälligkeit
Für das in der Praxis relevante Lastschriftverfahren (in Form der Einzugsermächti- 61 gung) kann der VR demnach nicht ohne Weiteres Abstand nehmen; vielmehr kann er es erst dann beenden, wenn er den VN in Textform zur Übermittlung der Prämie aufgefordert hat.
C. Abdingbarkeit Gem. § 42 kann von § 33 Abs. 2 und den §§ 37– 41 nicht zum Nachteil des VN abge- 62 wichen werden. Praxisbedeutsam kann deshalb allenfalls eine von § 33 Abs. 1 abweichende Vereinbarung sein. Gleiches galt auch nach früherem Recht für § 35 a.F.117 Die Abdingbarkeit des § 33 Abs. 1 hat der Gesetzgeber insbesondere im Hinblick auf die Fälle vorgesehen, in denen kein Widerrufsrecht des VN gem. § 8 Abs. 3 besteht.118 Damit kommt eine von § 33 Abs. 1 abweichende Vereinbarung insbesondere im Hinblick auf unwiderrufliche Verträge gem. § 8 Abs. 3 in Betracht. Für solche Verträge erscheint es insbesondere denkbar, den Zeitpunkt der Fälligkeit der Prämienzahlungspflicht auf den Zeitpunkt des materiellen Versicherungsbeginns vorzuverlegen. Auch eine angemessene weitergehende Vorverlegung und damit eine Vorleistungspflicht des VN erscheint nicht ausgeschlossen. In der Diskussion steht vor allem aber die Vorverlagerung der Fälligkeit der Prämien- 63 zahlungspflicht bei widerruflichen Verträgen. Gem. § 42 ist von einer grundsätzlichen Abdingbarkeit auszugehen. Im Schrifttum ist insbesondere der Vorschlag gemacht worden, dass die Parteien im Rahmen von AVB vereinbaren können, die die beiderseitigen Leistungspflichten während der Widerruflichkeit des Vertrages gleichzeitig fällig werden lässt.119 Zur Begründung wird auf ein eigenständiges Leitbild eines widerruflichen Versicherungsvertrages abgestellt. Indes legen die Vertreter dieses Standpunkts eine ausgesprochen umstrittene Behandlung des Einlösungsprinzips gem. § 37 Abs. 2 zugrunde (vgl. hierzu auch § 37 Rn. 3).120 Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob tatsächlich von einem „neuen eigenständigen Leitbild“121 gesprochen werden kann. Zuzustimmen ist der Auffassung aber insoweit, dass grundsätzlich bei Bestehen des materiellen Versicherungsschutzes auch die Fälligkeit der Prämienzahlung nicht unangemessen ist.122 Da der Versicherungsvertrag im Hinblick auf die Widerrufsmöglichkeit des VN noch in der Schwebe ist, setzt eine solche Vorverlagerung des Fälligkeitszeitpunkts aber voraus, dass hierdurch die Rechte des VN (insbesondere seine Rückzahlungsansprüche gem. § 9) für den Fall des Widerrufs nicht beeinträchtigt werden. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 42 (oben Rn. 62) ist § 210 Abs. 1 zu beach- 64 ten.
D. Beweislast Für den Zugang des Versicherungsscheins ist im Rahmen von § 33 Abs. 1 der VR 65 darlegungs- und beweispflichtig. Im Schrifttum ist darauf hingewiesen worden, dass sich in der Praxis hierbei erhebliche Beweisprobleme ergeben können, da der Versicherungs-
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Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 24. Regierungsbegründung BTDrucks. 16/1945 S. 70. Wandt/Ganster VersR 2007 1034 ff.
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HK-VVG/Karczewski § 37 Rn. 18. Wandt/Ganster VersR 2007 1034, 1039. Im Ergebnis ebenfalls HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 24.
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schein als einfacher Brief übersandt wird.123 Insoweit gelten die allgemeinen bürgerlichrechtlichen Grundsätze für den Beweis des Zugangs von schriftlichen Willenserklärungen. Auch wenn unstreitig ist, dass der Versicherungsschein zugegangen ist, gilt Entsprechendes für die Frage nach dem Zeitpunkt des Zugangs.124 Für den Fall, dass der VR dem VN unstreitig Mahnungen bzw. Belehrungen übersandt hat, aus denen der VN erkennen kann, dass der VR vom Zugang des Versicherungsscheins ausgeht, ergeben sich prinzipiell noch keine Nachteile für den VN; insbesondere ist dies für sich gesehen noch kein treuwidriges Verhalten des VN mit der Folge, dass er sich nicht mehr auf den fehlenden Zugang des Versicherungsscheins berufen könnte; insoweit bedarf es schon weiterer Umstände zulasten des VN.125 Der VR hat es im Übrigen selbst in der Hand, durch Empfangsbestätigungen des VN eine klare Situation herbeizuführen. Den VN trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die von ihm geschuldete 66 Zahlung der Prämie tatsächlich vorgenommen hat.126 Gleiches gilt auch für die Frage der Rechtzeitigkeit der Zahlung (zur Rechtzeitigkeit und zur erforderlichen Leistungshandlung vgl. § 36 Rn. 6 ff.). Zum früheren Recht wurde der Standpunkt vertreten, dass die Aushändigung des Versicherungsscheins eine Beweislastumkehr mit sich bringe, da der Übersendung des Versicherungsscheins die Wirkung einer Quittung zukomme.127 Diesem Meinungsstreit ist nach der neuen Gesetzeslage indes der Boden entzogen.128 Beim Lastschriftverfahren wird eine besondere Beweissituation angenommen. Danach obliegt es dem VR zu beweisen, dass er zur rechten Zeit einen ordnungsgemäßen Einziehungsversuch unternommen hat; von dieser Beweislast wird auch erfasst, dass der VR den VN über konkrete Höhe und Fälligkeitszeitpunkt der Prämie unterrichtet hat. Erst wenn der Beweis gelungen ist, hat wiederum der VN zu beweisen, dass zum Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Kontodeckung bestand.129
§ 34 Zahlung durch Dritte (1) Der Versicherer muss fällige Prämien oder sonstige ihm auf Grund des Vertrags zustehende Zahlungen vom Versicherten bei einer Versicherung für fremde Rechnung, von einem Bezugsberechtigten, der ein Recht auf die Leistung des Versicherers erworben hat, sowie von einem Pfandgläubiger auch dann annehmen, wenn er die Zahlung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückweisen könnte. (2) Ein Pfandrecht an der Versicherungsforderung kann auch wegen der Beträge einschließlich ihrer Zinsen geltend gemacht werden, die der Pfandgläubiger zur Zahlung von Prämien oder zu sonstigen dem Versicherer auf Grund des Vertrags zustehenden Zahlungen verwendet hat.
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HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 21. Ebenso HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 22. Ebenso HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 22. HK-VVG/Karczewski § 33 Rn. 24. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 22; a.A. etwa Römer/Langheid2 § 35 Rn. 15.
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Ebenso Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 33 Rn. 14; Langheid/Wandt/ Staudinger § 33 Rn. 33. BGH 19.10.1977 VersR 1977 1153; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 15.
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Zahlung durch Dritte
§ 34
Schrifttum Bürkle Mitteilungspflichten des Lebensversicherungsunternehmens gegenüber Arbeitnehmern im Rahmen der Direktversicherung, BB 2003 2007; Prahl Zur Mitteilungspflicht des Lebensversicherers – unter Berücksichtigung des neuen Schuldrechts, VuR 2004 170; Langohr-Plato Zur Information des bezugsberechtigten Arbeitnehmers bei Prämienverzug des Arbeitgebers, VersR 2003 628; Riedler Aktuelle Probleme des Prämienzahlungsverzugs im Privatversicherungsrecht, VersRdsch 1993 300; (vgl. im Übrigen Schrifttum zu § 33).
Übersicht Rn. I. Funktion und Bedeutung . . . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . II. Die Annahmepflicht des VR, § 34 Abs. 1 1. Bürgerlich-rechtliche Ausgangslage .
. . . . . .
Rn.
1 1 4 5 7 7
2. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . a) Ablösungsberechtigte Personen . . b) Ablösungsberechtigende Leistungen 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . III. Pfandrechtserweiterung, § 34 Abs. 2 . . IV. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . .
. .
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. . .
I. Funktion und Bedeutung 1. Entstehungsgeschichte Durch § 34 wird – mit Ausnahme von sprachlichen Korrekturen – die bisherige Rege- 1 lung des § 35a a.F. beibehalten.1 Die Vorgängervorschrift des § 35a a.F. wurde durch Gesetz vom 7.11.19392 in das 2 VVG von 1908 eingefügt und schloss insofern die bis dahin bestehende Gesetzeslücke, indem der Kreis der zahlungsberechtigten Personen erweitert wurde.3 Nach der bis 1939 geltenden Rechtslage konnte der VR die von einem Dritten angebotene Leistung ablehnen, wenn der VN widersprochen hat. Eine Ausnahme hiervon sah lediglich § 105 VVG 1908 für die Gebäudefeuerversicherung vor, nach dem der VR selbst bei einem Widerspruch des VN die Annahme der von einem Hypothekengläubiger angebotenen Prämienzahlung zu dessen Schutz nicht verweigern durfte.4 Wiederum in § 38 SchiffsRG und in § 38 LuftFzgG5 finden sich inhaltlich im Wesent- 3 lichen ähnliche Regelungen. 2. Inhalt und Zweck der Regelung Die Vorschrift dient als Schutznorm zugunsten des zahlungsberechtigten Dritten, um 4 durch entsprechende Zahlung an den VR einen Wegfall der Versicherung zu verhindern.6 Zum Schutze eines bestimmten privilegierten Personenkreises bestimmt § 34, dass der VR die Prämienzahlung durch den zu dem geschützten Personenkreis gehörenden Dritten nicht zurückweisen darf; dies gilt selbst dann, wenn der VN der Zahlung widerspricht. Damit werden die §§ 267, 268 BGB dahingehend modifiziert, dass der Kreis der ab-
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RegE BTDrucks. 16/3945 S. 70. RGBl. I S. 2223. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 3; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 2; Ganster Prämienzahlung S. 331. Motive S. 173. Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen (Luft-
6
FzgG) vom 26.2.1959 (BGBl. I S. 57), zuletzt geändert durch Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586). Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 4.
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Abschnitt 3. Prämie
lösungsberechtigten Dritten erweitert7 und das Widerspruchsrecht des Schuldners (hier des VN) begrenzt wird.8 Hierdurch werden die privilegierten Personen davor geschützt, dass der Versicherungsschutz, von dem sie in ihrer Position profitieren, wegen ausstehender Zahlung durch den VN verloren geht. 3. Anwendungsbereich
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Im Schrifttum wird vertreten, dass § 34 Abs. 1 als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei.9 Ob man dies aus dem Charakter einer Ausnahmevorschrift allgemein herleiten kann, soll hier nicht näher untersucht werden.10 Jedenfalls ergibt sich ein tatbestandlich klarer Anwendungsbereich.11 Eine Erweiterung auf Personen, die gegebenenfalls im Übrigen ein schützenswertes Interesse an der Aufrechterhaltung des Versicherungsvertrages haben, findet damit grundsätzlich nicht statt (vgl. auch Rn. 11),12 sollte aber von vorneherein nicht gänzlich ausgeschlossen sein. Die §§ 267 f. BGB bleiben neben § 34 anwendbar.13 Damit gerät der VR auch bei 6 Nichtannahme einer Prämienzahlung durch einen nicht vom Anwendungsbereich des § 34 erfassten Dritten in Annahmeverzug,14 es sei denn der VN hat dieser Zahlung wirksam widersprochen.15
II. Die Annahmepflicht des VR, § 34 Abs. 1 1. Bürgerlich-rechtliche Ausgangslage
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Schuldner der Prämie ist grundsätzlich der VN als Partei des Versicherungsvertrages.16 Die Geldschuld des VN ist jedoch nicht höchstpersönlicher Natur, so dass es grundsätzlich nach § 267 BGB auch möglich ist, dass anstelle des VN ein Dritter die Leistung erbringt.17 Dabei ist nach § 267 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Einwilligung des VN nicht erforderlich. Der VR ist jedoch zur Ablehnung der Leistungserbringung durch den Dritten gem. § 267 Abs. 2 BGB dann berechtigt, wenn der VN der Prämienzahlung durch den Dritten wirksam widersprochen hat. Demgegenüber gibt § 268 BGB allgemein
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 1; HK-VVG/Karczewski § 34 Rn. 1. Römer/Langheid2 § 35a Rn. 1. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 3; Ganster Prämienzahlung S. 329; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 2; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 7. Dazu etwa MüKo/Säcker5 Band 1/1 Einleitung Rn. 112 m.w.N., wonach Ausnahmevorschriften auch auf einen solchen Sachverhaltstyp sinngemäß (analog) anzuwenden sind, der zwar keine völlige, wohl aber eine essentielle Strukturgleichheit mit dem Sachverhaltstyp aufweist, auf den die Ausnahmevorschrift unmittelbar Anwendung findet. Für abschließende Festschreibung Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 3; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 2.
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Kritisch zu Recht Ganster Prämienzahlung S. 330 ff., 380 f. Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 5; Ganster Prämienzahlung S. 329; a.A. bezüglich § 267 Abs. 2 BGB Langheid/Wandt/Staudinger § 34 Rn. 1. Deutsch6 Rn. 196; Römer/Langheid2 § 35a Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 5; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 1. Palandt/Grüneberg 69 § 267 Rn. 5, 6; MüKo/ Krüger5 § 267 Rn. 16; a.A. wohl LG Köln 27.2.1980 VersR 1980 962. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 18; Deutsch6 Rn. 196; vgl. hierzu auch § 33 Rn. 38 in dieser Kommentierung. Deutsch6 Rn. 196; Berliner Kommentar/ Riedler § 35a Rn. 3.
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Zahlung durch Dritte
§ 34
dem Dritten, dem durch Zwangsvollstreckung ein Rechts- oder Besitzverlust droht, ein Ablösungsrecht, welches nicht durch Widerspruch des Schuldners eingeschränkt werden kann.18 Damit gewinnt der Dritte unter den Voraussetzungen des § 268 BGB eine wesentlich stärkere Rechtsposition als im Rahmen des § 267 BGB.19 Diesen Grundgedanken setzt § 34 fort.20 2. Tatbestandsvoraussetzungen a) Ablösungsberechtigte Personen. Ausweislich des Gesetzeswortlauts des § 34 Abs. 1 sind zunächst Versicherte bei der Versicherung für fremde Rechnung ablösungsberechtigt 21, §§ 43, 44, 179 Abs. 1. Ferner sind zahlungsbefugt Bezugsberechtigte, die ein eigenes Leistungsrecht erworben haben. Erforderlich ist nach h.M. ein unwiderrufliches Bezugsrecht.22 Nach der Auslegungsregel des § 159 Abs. 1 (der der Vorgängerregelung des § 166 Abs. 1 Satz 1 a.F. entspricht) ist bei der Lebensversicherung im Zweifel jedoch von einer widerruflichen Begünstigung als Regelfall auszugehen.23 Gem. § 159 Abs. 2 ist der Eintritt des Versicherungsfalles für den Rechtserwerb erforderlich. Nach Eintritt des Versicherungsfalles hat demzufolge auch der ursprünglich nur widerruflich begünstigte Bezugsberechtigte ein unwiderrufliches Bezugsrecht erworben,24 so dass auch ihm das Ablösungsrecht aus § 34 Abs. 1 zusteht. Schließlich gehören zu dem nach § 34 Abs. 1 privilegierten Personenkreis Pfandgläubiger. Nach h.M. ist ein Pfandrecht an der Versicherungsforderung erforderlich.25 Ein Pfändungspfandrecht an der Versicherungsforderung (§ 804 ZPO) – auch wenn es sich nur um ein bedingtes handelt (§§ 845, 930 ZPO) – ist ausreichend; gleiches gilt für die Erstreckung des Grundpfandrechtes auf die Versicherungsforderung (§ 1127 Abs. 1 BGB für die Hypothek, § 1192 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1127 Abs. 1 BGB für die Grundschuld).26 Ein Pfandrecht an dem versicherten Gegenstand genügt nach h.M. jedoch nicht.27 Die Aufzählung der von § 34 Abs. 1 erfassten Personen ist nach h.A. abschließend (vgl. hierzu bereits Rn. 5). Eine Erweiterung des bereits von § 35a a.F. erfassten Personenkreises hat im Zuge der Reform des Versicherungsvertragsrechts nicht stattgefunden. Auch wenn teilweise eine Erstreckung der Ablösungsberechtigung nach § 34 Abs. 1 auf den Erwerber i.S.d. §§ 95 ff., den VN bei einer Schuldübernahme sowie auf den Zessionar gefordert wurde,28 hat der Reformgesetzgeber diese Personen – trotz vergleichbarer
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BGH 12.7.1996 NJW 1996 2791 f.; jurisPKBGB/Kerwer4 § 267 Rn. 7. Palandt/Grüneberg 69 § 268 Rn. 1. Weyers/Wandt3 Rn. 368; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 3. BGH 18.10.2000 VersR 2001 53 (juris Rn. 9); BGH 18.9.1991 VersR 1991 1404 (juris Rn. 11 ff.). Vgl. hierzu etwa BGH 17.2.1966 BGHZ 45 162, 165 (juris Rn. 12); BGH 18.6.2003 VersR 2003 1021; Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 5; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 6; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 34 Rn. 4.
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Vgl. BGH 17.2.1966 BGHZ 45 162, 165; Prölss/Martin/Kollhosser27 § 166 Rn. 1. Prölss/Martin/Kollhosser27 § 13 ALB 86 Rn. 8; Ganster Prämienzahlung S. 328. Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 6; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 4. Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 5; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 4; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 6. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 5; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 7; Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 5; Ganster Prämienzahlung S. 329. So etwa Ganster Prämienzahlung S. 381 f.
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§ 34
Abschnitt 3. Prämie
Sachlage und bestehendem Interesse an dem Bestand des Versicherungsvertrages29 – nicht in den Kreis der Privilegierten aufgenommen. Von einer entsprechenden Anwendung auf diese Personen ist daher abzusehen. Nicht zahlungsberechtigt ist demnach der widerruflich Begünstigte vor Eintritt des 12 Versicherungsfalls,30 der Zessionar,31 der Inhaber des Versicherungsscheins nach § 432, der Geschädigte in der Haftpflichtversicherung, der Indossatar einer Orderpolice, die Gefahrenperson in einer Lebens- oder Unfallversicherung, der nicht durch Sicherungsschein gesicherte Hypothekengläubiger, soweit die Versicherungsforderung sich nicht auf ein Gebäude bezieht (§ 1129 BGB), und diejenige Person, auf deren Namen eine Lebensoder Unfallversicherung genommen ist (§§ 150 Abs. 2, 179 Abs. 2).33 Den nicht vom Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 erfassten Personen kommt jedoch eine Befriedigungsbefugnis gegenüber dem VR nach § 267 BGB zu (vgl. hierzu bereits Rn. 6). Während dem Inhaber eines Pfandrechts am versicherten Gegenstand kein Ablösungsrecht zukommt (vgl. bereits Rn. 10), kommt dem Hypothekengläubiger in der Feuerversicherung (§ 142 Abs. 1) eine Zahlungsberechtigung zu, so dass dieser selbst dafür Sorge tragen kann, dass zukünftig Versicherungsschutz besteht.34
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b) Ablösungsberechtigende Leistungen. Eine Zahlungsberechtigung nach § 34 Abs. 1 besteht nur hinsichtlich fälliger Prämien und sonstiger Zahlungen, die dem VR aufgrund des Versicherungsvertrages zustehen. Erfasst werden folglich nur Geldschulden, für sonstige Leistungsverpflichtungen gilt § 34 Abs. 1 nicht.35 Zu den sonstigen Zahlungen zählen auch Zinsen, Versicherungssteuern oder echte Nebengebühren (vgl. § 30 Rn. 30). Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht nur die sonstigen Zahlungen, sondern auch die Prämien gerade aus dem Versicherungsverhältnis geschuldet sein müssen, aus dem der Dritte berechtigt ist.36 3. Rechtsfolgen
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Seitens des privilegierten Dritten lässt § 34 Abs. 1 keine Zahlungspflicht im Hinblick auf die Prämie entstehen. Der Dritte ist lediglich berechtigt, die Geldschulden zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes zu begleichen. Eine einklagbare Rechtsposition erlangt der VR gegenüber dem Dritten jedenfalls nicht.37 Zudem besteht kein Widerspruchsrecht seitens des VN.38 Die Privilegierung des Dritten erstreckt sich zudem darauf, dass dieser den VR in gleicher Weise befriedigen kann wie der VN. Damit kommt zur Tilgung der Prämienzahlungspflicht nicht bloß Zahlung in Betracht. Der Ablösungs-
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So auch Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 5. Vgl. bereits Rn. 9. ÖOGH 12.2.1970 VersR 1970 1067; LG Köln 27.2.1980 VersR 1980 962; a.A. Looschelders/Pohlmann/Stagl § 39 Rn. 3. A.A. Looschelders/Pohlmann/Stagl § 34 Rn. 3. Bruck/Möller8 § 35a Anm. 5; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 35a Rn. 5; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 7. Motive S. 170; Prölss/Martin/Kollhosser27 § 101 Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 7.
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Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 6. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 7; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 9; Bruck/Möller8 § 35a Anm. 6. Schauer S. 213; Riedler VersRdsch 1993 302; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 6; Ganster Prämienzahlung S. 329. Römer/Langheid 2 § 35a Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 7.
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Zahlung durch Dritte
§ 34
berechtigte kann entsprechend § 268 Abs. 2 BGB auch durch Hinterlegung oder Aufrechnung seinem Befriedigungsrecht nachkommen.39 Auch seitens des VR begründet § 34 Abs. 1 – entgegen seines Wortlauts („Der Versicherer muss … annehmen …“) – keine echte Rechtspflicht zur Annahme der Leistung des Dritten. Nach h.M. handelt es sich hierbei um eine bloße Obliegenheit des VR.40 Verweigert der VR jedoch entgegen § 34 Abs. 1 die Entgegennahme der Prämie, gerät er in Annahmeverzug,41 so dass der VR daran gehindert ist, sich auf einen Zahlungsverzug des VN zu berufen, wenn ihm eine Leistung durch den Befriedigungsberechtigten angeboten worden ist.42 In entsprechender Anwendung des § 268 Abs. 3 BGB geht die Prämienforderung des VR gegen den VN auf den Dritten über (zur Anwendung des § 268 Abs. 3 BGB vgl. auch Rn. 19).43 Aus § 34 Abs. 1 erwächst dem privilegierten Personenkreis kein Informationsrecht hinsichtlich eines Prämienverzuges des VN. Der VR ist – auch nach Treu und Glauben – nicht dazu verpflichtet, dem Dritten von einem Zahlungsverzug des VN Mitteilung zu machen, damit dieser von seinem Ablösungsrecht Gebrauch machen kann.44 Anders ist die Sachlage jedoch dann, wenn sich eine Benachrichtigungspflicht des VR aufgrund von Sondervorschriften (so etwa aus § 142 Abs. 1 für den Hypothekengläubiger in der Feuerversicherung bei Verzug des VN mit einer Folgeprämie; nach § 34 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG und § 34 Abs. 1 des SchiffsRG) oder aufgrund einer besonderen Vereinbarung (etwa aufgrund einer Sicherungsvereinbarung45) ergibt. Auch der Erwerber der versicherten Sache hat gegenüber dem VR keinen entsprechenden Informationsanspruch.46 Eine Ausnahme soll jedoch für den Fall gelten, dass einem Arbeitnehmer in dem Versicherungsvertrag zwischen dem VR und dem Arbeitgeber i.R.d. betrieblichen Altersvorsorge ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden ist. Danach ergeben sich in einem solchen Fall aus dem Versicherungsvertrag besondere Schutz- und Obhutspflichten zu Gunsten des Arbeitnehmers, dem im Falle einer Kündigung wegen Prämienrückstandes erhebliche finanzielle Nachteile drohen. Dies sei auch für den VR offensichtlich, so dass es nahe liege, ihn zu verpflichten, den bezugsberechtigten Arbeitnehmer so recht-
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Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 9; Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 7; a.A. in Bezug auf die Aufrechnung Langheid/Wandt/ Staudinger § 34 Rn. 3. BGH 12.3.1964 VersR 1964 497, 500; Römer/Langheid2 § 35a Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 9; HK-VVG/Karczewski § 34 Rn. 3; a.A. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 43; Langheid/Wandt/ Staudinger § 34 Rn. 2. Deutsch6 Rn. 197; Berliner Kommentar/ Riedler § 35a Rn. 12. BGH VersR 1964 497, 500; Römer/Langheid2 § 35a Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 9; a.A. Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 8, der im Falle der Erstprämie eine Hinterlegung nach § 372 BGB verlangt.
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Bruck/Möller8 § 35a Anm. 8. Vielfach geht man von einer entsprechenden Anwendung aus; offenbar für unmittelbare Anwendung Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 13; die Analogie ablehnend Langheid/Wandt/ Staudinger § 34 Rn. 10. OLG Nürnberg 28.9.1971 VersR 1973 413; OLG Köln 7.12.1989 VersR 1990 1261; ÖOGH 12.2.1970 VersR 1970 1067; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 10; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 6; Riedler S. 126; HK-VVG/Karczewski § 34 Rn. 4; a.A. Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 9; Ganster Prämienzahlung S. 380. OLG Hamm 24.2.1988 RuS 1988 155. ÖOGH 25.5.1994 VersR 1995 563; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 11.
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§ 34
Abschnitt 3. Prämie
zeitig vom Prämienrückstand zu informieren, dass er von der Möglichkeit, dem VR die Leistung anzudienen, oder dem Recht, die Versicherung an Stelle des Arbeitgebers fortzuführen, Gebrauch machen kann.47
III. Pfandrechtserweiterung, § 34 Abs. 2 19
§ 34 Abs. 2 bestimmt nunmehr, dass das Pfandrecht des Pfandgläubigers an der Versicherungsforderung (§ 34 Abs. 1, 3. Alt.) auf die Beträge und Zinsen ausgeweitet wird, die der Pfandgläubiger gem. § 34 Abs. 1 dem VR geleistet hat. Bei § 34 Abs. 2 handelt es sich deshalb um eine kraft Gesetzes eintretende Pfandrechtserweiterung.48 Ein neues Pfandrecht wird hierdurch nicht begründet.49 Ein Pfandrecht sichert eine auf Geld geschuldete Forderung, so dass an sich die Formulierung „wegen der Beträge einschließlich ihrer Zinsen“ ungenau erscheint. Das Gesetz setzt offenbar eine Forderung des Pfandgläubigers gegen den VN auf Erstattung der an den VR geleisteten Beträge voraus. Deshalb wird im Schrifttum auch die Ansicht vertreten, die Norm (§ 34 Abs. 2) setze das Ergreifen des § 268 Abs. 3 BGB voraus.50 Zwingend ist dies indes nicht. Denn selbst ohne Anwendung des § 268 Abs. 3 BGB steht dem Dritten, der für einen Schuldner berechtigterweise eine Forderung tilgt, ein Erstattungsanspruch, ggf. aus Bereicherungsrecht zu.51 Nichtsdestotrotz liegt eine Anwendung des § 268 Abs. 3 BGB vielfach nahe (vgl. bereits oben Rn. 16). Steht die Versicherungsforderung nicht dem VN, sondern z.B. dem Versicherten zu, 20 richtet sich die persönliche Forderung des ablösungsberechtigten Pfandgläubigers gegen den VN (§ 268 Abs. 3 BGB); das nach § 34 Abs. 2 erweiterte Pfandrecht trifft jedoch in diesem Fall den Versicherten.52
IV. Abdingbarkeit 21
§ 34 ist im Katalog des § 42 nicht aufgeführt, so dass grundsätzlich eine Abweichung zulasten des VN zulässig ist. Nichtsdestotrotz ist eine Vereinbarung im Versicherungsvertrag, wonach zulasten der durch § 34 Abs. 1 geschützten Personen von dem diesen zustehenden Ablösungsrecht bzw. von der Pfandrechtserweiterung nach § 34 Abs. 2 abgewichen wird, als Vertrag zulasten Dritter unzulässig.53
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OLG Düsseldorf 17.12.2002 VersR 2003 627, 628; BAG 17.11.1992 NJW 1994 276; zustimmend auch Prahl VuR 2004 170 ff.; a.A. Bürkle BB 2003 2007 ff.; Langohr-Plato VersR 2003 628 ff. Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 10; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 13 (betreffend § 35a a.F.). Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 8; Römer/Langheid2 § 35a Rn. 3.
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Etwa Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 11. Bamberger/Roth/Unberath2 § 267 Rn. 15 ff. m.w.N. Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 10; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 13. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 34 Rn. 12; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 9; Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 11; Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 14.
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§ 35
Aufrechnung durch den Versicherer
§ 35 Aufrechnung durch den Versicherer Der Versicherer kann eine fällige Prämienforderung oder eine andere ihm aus dem Vertrag zustehende fällige Forderung gegen eine Forderung aus der Versicherung auch dann aufrechnen, wenn diese Forderung nicht dem Versicherungsnehmer, sondern einem Dritten zusteht.
Schrifttum Lorenz Zur Aufrechnungsbefugnis eines Leasingnehmers, der zugunsten des Leasinggebers für fremde Rechnung eine Kaskoversicherung abgeschlossen hat, gegenüber Prämienforderungen des Versicherers, VersR 1997 1267; Schulz Nachteilige Auswirkungen bei Ausübung des Aufrechnungsoder Abzugsrechts des Versicherers, VersR 1957 707; Sieg Abwicklung von Schäden im Konkurs des Haftpflichtversicherers, VersR 1964 693; (vgl. im Übrigen Schrifttum bei § 33).
Übersicht Rn. I. Funktion und Bedeutung . . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . II. Die Voraussetzungen der Aufrechnungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufrechnungsrecht gegenüber dem Dritten i.S.d. § 35 . . . . . . . . . .
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Rn. 2. Qualifizierte Konnexität . . . . . . 3. Gleichartigkeit von Forderung und Gegenforderung . . . . . . . . . . 4. Ausübung der Aufrechnung . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . IV. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . .
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I. Funktion und Bedeutung 1. Entstehungsgeschichte § 35 ist gegenüber § 35b a.F. sachlich unverändert geblieben. Lediglich sprachlich 1 wurde § 35 an die Terminologie des § 387 BGB angeglichen.1 § 35b a.F. wurde seinerseits durch Gesetz vom 7.11.19392 entsprechend dem Vorbild der § 27 ÖVVG 19173 und § 27 ÖVO 19154 in das VVG von 19085 eingefügt.6 Bis zu diesem Zeitpunkt sah § 78 VVG 1908 ein Aufrechnungsrecht des VR lediglich bei der Versicherung für fremde Rechnung vor. 2. Inhalt und Zweck der Regelung Die Vorschrift dient dem Schutz des Interesses des VR am Erhalt der fälligen Prämie, 2 insbesondere in den Fällen, in denen der VR die Versicherungsleistung nicht dem VN, sondern einem Dritten schuldet.7 § 35 gewährt dem VR das Recht zur Aufrechnung in 1 2 3 4 5 6
RegE BTDrucks. 16/3945 S. 71. RGBl. I S. 2223. ÖRGBl. S. 501. ÖRGBl. S. 343. Gesetz vom 30.5.1908, RGBl. S. 263. Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 1;
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Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 1; Motive S. 639. BGH 2.2.1977 VersR 1977 346, 348; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655; Römer/Langheid2 § 35b Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann27
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§ 35
Abschnitt 3. Prämie
Fällen, in denen die Gegenseitigkeit der Forderung nicht gegeben ist und daher eine Aufrechnung nach den allgemeinen Normen des BGB nicht zulässig wäre.8 Nach den §§ 387 ff. BGB kann der Schuldner (hier: der VR) nur dann aufrechnen, 3 wenn er Gläubiger der Gegenforderung und Schuldner der Hauptforderung ist; Aufrechnungsgegner ist dann der Schuldner der Gegenforderung und Gläubiger der Hauptforderung. Dies führt zum Erfordernis der Gegenseitigkeit.9 Schuldet der VR die Versicherungsleistung nicht dem VN, sondern einem Dritten, so fehlt es am Erfordernis der Gegenseitigkeit. In diesen Fällen kommt eine Aufrechnung nach den Vorschriften des BGB im Falle der Zession gem. § 406 BGB dann in Betracht, wenn der VR dem Zessionar die Versicherungsleistung schuldet. Auch in diesem Falle wird das Erfordernis der Gegenseitigkeit durchbrochen.10 Indes schränkt § 406, 2. Hs. BGB diese Möglichkeit der Aufrechenbarkeit ein. Deshalb kommt eine Aufrechnung des VR gegenüber dem Zessionar zum einen nur in Betracht, wenn die Aufrechnungslage bereits bestand, als der VR von der Abtretung Kenntnis erlangte.11 Ist die Prämienforderung erst nach Abtretung der Versicherungsforderung fällig geworden, so kann der VR zum anderen aufrechnen, sofern die Fälligkeit der Prämienforderung vor Kenntnis des VR von der Abtretung eingetreten und nicht später, als die abgetretene Versicherungsforderung fällig geworden ist.12 Damit entfällt nach dieser Regelung eine Aufrechnung seitens des VR dann, wenn die Prämienforderung nach der Erlangung der Kenntnis der Abtretung und zusätzlich später als die Versicherungsleistung fällig geworden ist. Zudem kann der VR als Schuldner der Versicherungsleistung beim echten Vertrag 4 zugunsten Dritter nicht mit seiner Prämienforderung gegen den Dritten als Versprechensempfänger aufrechnen.13 Um auch in diesen Fällen dem VR entsprechenden Schutz zukommen zu lassen, hebt § 35 das Erfordernis der Gegenseitigkeit auf.14 Dem VR wird – eingeschränkt durch das Erfordernis der qualifizierten Konnexität 5 (vgl. hierzu Rn. 11) – einem dritten Anspruchsteller gegenüber die Möglichkeit einer Kürzung des Anspruchs wegen eigener Forderungen gegen den VN in dem gleichen Umfang eingeräumt, in dem er dem VN gegenüber aufrechnen könnte, wenn dieser die Versicherungsleistung zu beanspruchen hätte. Der VR soll aus der Risikoübernahme insoweit nicht in Anspruch genommen werden können, als ihm dafür zustehende Gegenleistungen noch nicht zugeflossen sind.15 3. Anwendungsbereich
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§ 35 regelt die Aufrechnungsmöglichkeit des VR für alle Versicherungszweige. Lediglich für die Pflicht-Haftpflichtversicherung ist § 35 nicht anwendbar, vgl. § 121. Eine Aufrechnung des VR gegen die Forderung des Dritten mit eigenen Ansprüchen gegen diesen Dritten bleibt jedoch möglich.16 Aus der Regelung des § 121 ergibt sich jedoch, dass § 35 für die allgemeine Haftpflichtversicherung Anwendung findet.17 Jedoch gilt bzgl.
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§ 35b Rn. 1; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 43. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 71. Palandt/Grüneberg 69 § 387 Rn. 4; MüKo/ Schlüter5 § 387 Rn. 6. Bruck/Möller/Möller 8 § 35b Anm. 3; MüKo/ Roth5 § 406 Rn. 1. Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 3. Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 3. BGH 27.2.1961 MDR 1961 481; jurisPK-
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BGB/Schinkels4 § 334 Rn. 4; Palandt/Grüneberg 69 § 334 Rn. 4. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 1; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 3; Römer/ Langheid2 § 35b Rn. 1. BGH 2.2.1977 VersR 1977 346, 348; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 90. Vgl. BGH 8.4.1987 VersR 1987 655; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 9.
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Aufrechnung durch den Versicherer
§ 35
der allgemeinen Haftpflichtversicherung im Hinblick auf deren Sozialbindung aus § 108 Abs. 1 für die Aufrechnungsmöglichkeit des VR eine zeitliche Schranke. So muss sich der Dritte die Aufrechnung nur mit solchen Forderungen entgegenhalten lassen, die vor dem Versicherungsfall fällig geworden sind.18 Eine vergleichbare Einschränkung gibt es für die anderen Versicherungszweige allerdings nicht.19 So besteht auch keine zeitliche Beschränkung der Abzugsmöglichkeit auf Prämien, die vor dem Versicherungsfall fällig geworden sind.20 § 35 stellt ein erweitertes Aufrechnungsrecht des VR dar. Die §§ 387 ff. BGB bleiben 7 daneben anwendbar.21
II. Die Voraussetzungen der Aufrechnungsbefugnis 1. Aufrechnungsrecht gegenüber dem Dritten i.S.d. § 35 Ausweislich des Gesetzeswortlauts kann der VR mit den ihm zustehenden Forderun- 8 gen gegenüber dem Dritten aufrechnen, dem ein Anspruch auf die Versicherungsleistung zusteht. Dritter i.S.d. § 35 ist dabei zunächst der Versicherte bei der Versicherung für fremde Rechnung, §§ 43, 44, 179 Abs. 1; 22 hierzu zählt z.B. der Leasinggeber bei der Kfz-Kaskoversicherung.23 Die Kfz-Sachversicherung eines geleasten Fahrzeugs ist eine Fremdversicherung des Leasingnehmers als VN zugunsten des Leasinggebers. Die Ansprüche gegen den VR aus dem Versicherungsvertrag stehen deswegen allein dem Leasinggeber zu. Damit ist der Leasinggeber auch Dritter i.S.d. § 35. Demgegenüber kann der VN (Leasingnehmer) gegenüber einer Prämienforderung des VR allenfalls dann aufrechnen, wenn der Leasinggeber ihm seine Forderung gegenüber dem VR abtritt. Das gilt auch dann, wenn der Leasinggeber in die Aufrechnung durch den VN (Leasingnehmer) eingewilligt hat.24 Weiterhin sind als Dritte i.S.d. Vorschriften anzusehen der widerruflich bzw. unwider- 9 ruflich Bezugsberechtigte25, im Falle der Abtretung der Zessionar, der Erwerber der versicherten Sache,26 der Hypothekengläubiger in der Feuerversicherung (§ 142 Abs. 1), der Schiffshypothekengläubiger nach §§ 34, 36 SchiffsRG, der Gläubiger einer Luftfahrzeughypothek, §§ 34, 36 LuftFzgG sowie der geschädigte Dritte in der Haftpflichtversiche-
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BGH 8.4.1987 VersR 1987 655; Sieg VersR 1964 693, 695; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 2; Römer/Langheid2 § 35b Rn. 2; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 9; Motive S. 639. BGH 6.12.2000 MDR 2001 507; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 2. BGH 6.12.2000 MDR 2001 507; OLG Köln 18.2.2003 RuS 2003 409; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 35b Rn. 1. Motive S. 639; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 4; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 6; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 1. BGH 2.2.1977 VersR 1977 346, 348; ÖOGH 22.11.1995 VersR 1996 1307; OLG
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Köln 18.2.2003 RuS 2003 409; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 2; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 4. ÖOGH 22.11.1995 VersR 1996 1307; OLG Köln 18.6.1996 VersR 1997 1265. OLG Köln 18.6.1996 VersR 1997 1265 mit Anm. Lorenz VersR 1997 1267 f.; jurisPKBGB/Rüßmann4 § 387 Rn. 13. Zur genauen Abgrenzung und Einordnung vgl. § 34 Rn. 9. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der VR das Versicherungsverhältnis nach § 96 Abs. 1 innerhalb eines Monats gekündigt hat und der Versicherungsfall während der Monatsfrist eingetreten ist. Wird das Vertragsverhältnis fortgeführt, gelten gem. § 95 Abs. 3 die §§ 406 ff. BGB.
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rung,27 auch solange der VN nur einen Befreiungsanspruch hat28. Jedoch muss sich der Dritte die Aufrechnung nur mit solchen Forderungen entgegenhalten lassen, die vor dem Versicherungsfall fällig geworden sind (vgl. Rn. 3).29 Dritter i.S.d. § 35 ist demnach jeder, der nicht VN ist und dem ein Anspruch auf die 10 Versicherungssumme zusteht.30 Das Interesse des VR am Erhalt seines Prämienanspruches steht dabei im Vordergrund. Deshalb gebietet es der Schutzzweck des § 35 nicht, dass bzgl. der Person des Dritten darauf abgestellt wird, dass sich dessen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag direkt ergeben und dass der VR bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit dessen Ansprüchen rechnen musste. Damit ist auch der Pfandgläubiger als Dritter i.S.d. § 35 anzusehen.31 2. Qualifizierte Konnexität
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Zum Schutze des Interesses des VR am Erhalt seiner Prämienforderung hebt § 35 das Erfordernis der Gegenseitigkeit auf (vgl. bereits Rn. 2).32 Im Gegenzug zu dieser Auflockerung der allgemeinen Aufrechnungsregeln der §§ 387 ff. BGB fordert § 35 das Vorliegen einer sog. qualifizierten Konnexität.33 Danach ist der VR zur Aufrechnung gegenüber dem Dritten mit ihm zustehenden fälligen Prämienforderungen oder anderen ihm aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Forderungen (hierzu noch Rn. 13) nur dann berechtigt, wenn auch die dem Dritten vom VR geschuldete Leistung (i.d.R. die Versicherungsleistung) auf demselben Vertrag beruht.34 Stehen die gegenseitigen Forderungen zwar in einem gewissen Zusammenhang, entspringen etwa demselben Lebenssachverhalt, beruhen jedoch auf unterschiedlichen Vertragsgrundlagen, kommt eine Aufrechnung nach § 35 nicht in Betracht.35 Sind jedoch durch einen Versicherungsvertrag mehrere Gegenstände versichert, so kann der VR den Betrag der für alle diese Gegenstände geschuldeten fälligen Prämien von der Versicherungsleistung abziehen, auch wenn der Versicherungsfall nur hinsichtlich einzelner versicherter Gegenstände eingetreten ist.36 Eine zeitliche Beschränkung der Abzugsmöglichkeit auf Prämien, die vor dem Versicherungsfall fällig geworden sind, besteht zudem nicht (vgl. Rn. 3).37 Das Recht des VR, fällige Prämienfor27 28 29
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OLG Hamm 14.11.1984 VersR 1985 773. Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 2. BGH 8.4.1987 VersR 1987 655; Sieg VersR 1964 693, 695; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 2; Römer/Langheid22 § 35b Rn. 2; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 9; Motive, S. 639. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 3; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 41; vgl. auch zum Begriff des Dritten, Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 7; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 4 jeweils m.w.N. So auch Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 3; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 7; a.A. ÖOGH 12.11.1987 VersR 1989 419. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 1; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 3; Römer/ Langheid2 § 35b Rn. 1.
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BGH 2.2.1977 VersR 1977 346, 348; Prölss/ Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 2; Deutsch6 Rn. 197. Motive S. 639; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 5; Römer/Langheid22 § 35b Rn. 1; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 2. Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 5. BGH 2.2.1977 VersR 1977 346, 348; BGH 6.12.2000 MDR 2001 507; Römer/Langheid2 § 35b Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 2; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 41; Deutsch6 Rn. 197. BGH 6.12.2000 MDR 2001 507; OLG Köln 18.2.2003 RuS 2003 409; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 35b Rn. 1.
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Aufrechnung durch den Versicherer
§ 35
derungen von geschuldeten Versicherungsleistungen in Abzug zu bringen, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der VR sich zuvor geweigert hat, Prämienzahlungen entgegenzunehmen, in der irrigen Annahme, der Versicherungsvertrag sei bereits durch Rücktritt oder Kündigung beendet gewesen.38 3. Gleichartigkeit von Forderung und Gegenforderung Aus dem Schutzzweck der Vorschrift, der darin besteht, dem VR seinen Prämienan- 12 spruch zu erhalten, folgt auch, dass eine völlige Gleichartigkeit von Leistung und Gegenleistung anders als nach § 387 BGB39 i.R.d. § 35 nicht gefordert werden kann.40 Erforderlich aber auch ausreichend ist eine Abzugsmöglichkeit, so etwa, wenn ein Haftpflichtversicherer nicht Geld, sondern Schuldbefreiung zu leisten hat.41 Die Aufrechnungsbefugnis des VR besteht entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes 13 hinsichtlich fälliger Prämienforderungen und anderer, dem VR aus dem Vertrag zustehender fälliger Forderungen. Zu den sonstigen Zahlungen zählen auch Zinsen, Versicherungssteuern, echte Nebengebühren (vgl. § 33 Rn. 31) oder Selbstbehalte.42 4. Ausübung der Aufrechnung Bei der Aufrechnungsbefugnis des VR aus § 35 handelt es sich um ein Gestaltungs- 14 recht. Zur wirksamen Aufrechterhaltung seines Prämienanspruchs muss der VR damit gem. § 388 BGB gegenüber dem Dritten die Aufrechnung erklären. Eine Berücksichtigung der Aufrechnungslage von Amts wegen findet nicht statt.43 Dies ist auch sachgerecht, da der Dritte oftmals gar nicht wissen wird, ob und in welcher Höhe Prämien oder sonstige Forderungen noch ausstehen.44 Eine konkludente Aufrechnungserklärung ist jedoch grundsätzlich möglich. Erforderlich dafür ist, dass sich der Aufrechnungswille zumindest aus den Umständen deutlich erkennen lässt. Dies wurde nach alter Rechtslage bereits dann angenommen, wenn der VR die Versicherungsleistung – ohne zusätzliche Erklärung – in verminderter Höhe erbrachte.45 Begründet wurde dies mit Verweis auf den Wortlaut des § 35b a.F.,46 wonach der VR entsprechende Forderungen „in Abzug bringen“ konnte. Durch die sprachliche Angleichung des jetzt geltenden § 35 an § 387 BGB entfällt zwar diese Argumentation. Jedoch ist zu beachten, dass auch nach § 388 BGB die Aufrechnung konkludent erklärt werden kann, sofern eine klare Erkennbarkeit
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LG Köln 24.11.1982 VersR 1983 1023; Römer/Langheid2 § 35b Rn. 1; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 35b Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 10; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 2, der hierin eine Annahmeverweigerung des VR zulasten des Dritten sieht, die zu einem Ausschluss des Aufrechnungsrechts aus § 35 führen soll. Palandt/Grüneberg69 § 387 Rn. 8 ff.; MüKo/ Schlüter5 § 387 Rn. 30 ff. Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 11; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 5. Schulz VersR 1957 768; Bruck/Möller/ Möller8 § 35b Anm. 5; Berliner Kommentar/
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Riedler § 35b Rn. 11; dies genügt nicht i.R.d. § 387 BGB: BGH 19.6.1957 NJW 1957 1514; BGH 14.1.1999 NJW 1999 1182; Palandt/ Grüneberg69 § 387 Rn. 10; MüKo/Schlüter5 § 387 Rn. 34. Langheid/Wandt/Staudinger § 35 Rn. 4; vgl. auch § 34 Rn. 13. Prölss/Martin/Knappmann27 § 35b Rn. 2; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 12; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 6. So bereits Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 6. Weyers/Wandt3 Rn. 369; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 12. Weyers/Wandt3 Rn. 369.
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§ 36
Abschnitt 3. Prämie
des Aufrechnungswillens gegeben ist.47 Nichtsdestotrotz kann die Erbringung der bloß verminderten Versicherungsleistung i.R.d. § 35 nicht als ausreichend im Hinblick auf die Aufrechnungserklärung angesehen werden.48 Dabei ist zu beachten, dass § 35 zum Schutz des VR von dem Erfordernis der Gegenseitigkeit Abstand nimmt, damit eine Aufrechnung auch gegenüber Dritten möglich ist. Dieser Dritte jedoch wird i.d.R. mangels Kenntnis über rückständige Forderungen bloß anhand der verminderten Leistungserbringung durch den VR keinen Aufrechnungswillen erkennen können. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer konkludenten Aufrechnungserklärung liegen demnach in einem solchen Fall nicht vor. Die Aufrechnungserklärung ist – nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen – bedingungsfeindlich und unwiderruflich.49
III. Rechtsfolgen 15
Entsprechend § 389 BGB bewirkt die wirksam erklärte Aufrechnung, dass die Forderungen erlöschen, soweit sie sich decken. Zudem entfaltet die Aufrechnung Rückwirkung i.S.d. § 389 BGB, d.h. die Aufrechnung bringt die Forderungen mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt zum Erlöschen, in dem sie sich erstmals aufrechenbar gegenüber standen.50 Bei Forderungen mit schwankender Höhe ist die Höhe zum Zeitpunkt des Eintritts der Aufrechnungslage maßgeblich.51
IV. Abdingbarkeit 16
§ 35 ist im Katalog des § 42 nicht aufgeführt; folglich handelt es sich hierbei um eine dispositive Vorschrift. Eine Vereinbarung zulasten des Dritten, die eine Verschärfung der Voraussetzungen des § 35, etwa durch Erweiterung oder Verzicht auf die Konnexität, bedingt, ist jedoch nur dann zulässig, wenn der maßgebliche Dritte auch in diese Vereinbarung mit einbezogen wurde.52
§ 36 Leistungsort (1) Leistungsort für die Zahlung der Prämie ist der jeweilige Wohnsitz des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsnehmer hat jedoch auf seine Gefahr und seine Kosten die Prämie dem Versicherer zu übermitteln.
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BVerfG 26.2.1993 NJW-RR 1993 764, 765; Palandt/Grüneberg69 § 388 Rn. 1; MüKo/ Schlüter5 § 388 Rn. 1 m.w.N. A.A. Wandt 4 Rn. 513; Langheid/Wandt/ Staudinger § 35 Rn. 11. Palandt/Grüneberg69 § 388 Rn. 1; Bamberger/Roth/Dennhardt2 § 388 Rn. 4. Palandt/Grüneberg69 § 389 Rn. 2; Bamberger/Roth/Dennhardt2 § 389 Rn. 3.
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BGH 17.4.1958 NJW 1958 1040; Grunsky JuS 1963 102, 105; Bamberger/Roth/Dennhardt2 § 389 Rn. 5; Palandt/Grüneberg69 § 389 Rn. 2. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 35 Rn. 3; Bruck/Möller/Möller8 § 35b Anm. 7; Berliner Kommentar/Riedler § 35b Rn. 14.
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§ 36
Leistungsort
(2) Hat der Versicherungsnehmer die Versicherung in seinem Gewerbebetrieb genommen, tritt, wenn er seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. Schrifttum Abel/Winkens Gerichtsstand für im Jahr 2008 erhobene Klagen aus Vers-Altverträgen, RuS 2009 102; Faust Rechtzeitigkeit der Leistung bei Geldschulden, JuS 2009 81; Frels Zur Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung, VersR 1971 591; Goll/Gilbert Handbuch der Lebensversicherung 4. Aufl. (1967); Gsell Rechtzeitigkeit der Zahlung per Banküberweisung und Verzugsrichtlinie, GPR 2008 165; Herresthal Die Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung bei der Erfüllung von Geldschulden, ZGS 2007 48 ff.; Hilbig Anmerkung zu EuGH Urteil vom 3.4.2008 – C-306, JZ 2008 992; Jäger Gutschrift als maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Überweisungen, MittBayNot 2008 467; Kaiser Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Banküberweisung – Konsequenzen der aktuellen EuGH-Rechtsprechung, BC 2008 257; Kalka Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beitragszahlung ,VersR 1967 14; Knöpper Rechtzeitigkeit der Leistung bei Geldschulden? – Prämienzahlung, NJW-Spezial 2009 105; Lang Prämienverzug, Voraussetzungen und Rechtsfolgen in der Rechtsprechung des BGH, VersR 1987 1157 ff.; Marlow/Spuhl Das Neue VVG kompakt 3. Aufl. (2008); Musielak Kommentar zur Zivilprozessordnung ZPO 6. Aufl. (2008); Riedler Der Prämienzahlungsverzug bei Erst- und Folgeprämie (1990); ders. Aktuelle Probleme des Prämienzahlungsverzugs im Privatversicherungsrecht, VersRdsch 1993 332; Staub HGB, Großkommentar 4. Aufl. (1983 ff.) Staudinger Zahlungsverzug bei Banküberweisung, DNotZ 2009 196; von Westphalen Verspätete Überweisung – Einige Bemerkungen zur neuen Rechtslage, BB 2000 15 ff.; Wittwer/Meusburger Geldschulden sind Bringschulden! ELR 2008 344.
Übersicht Rn. I. Funktion und Bedeutung . . . . . 1. Entstehungsgeschichte . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung 3. Anwendungsbereich . . . . . . II. Die tatbestandlichen Regelungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . 1. Leistungsort . . . . . . . . . . 2. Erfolgsort . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen . . . . . . . . . .
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Rn. 4. Auswirkungen der Entscheidung des EuGH vom 3.4.2008 . . . . . . . 5. Die Rechtzeitigkeit der Leistung . . a) Barzahlung/Aufrechnung . . . . b) Überweisung . . . . . . . . . . c) Lastschriftverfahren . . . . . . d) Scheck/Wechsel . . . . . . . . . e) Abweichende Vereinbarungen . 6. Erfüllungswirkung der Zahlung . .
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I. Funktion und Bedeutung 1. Entstehungsgeschichte § 36 war bereits im VVG von 19081 enthalten2 und wurde im Zuge der Reform des 1 Versicherungsrechts sachlich unverändert übernommen.3 Es erscheint allerdings fraglich, ob angesichts einer neueren Entscheidung des EuGH4 an der bisherigen Auslegung der Norm festgehalten werden kann5. Eine möglicherweise gebotene europarechtskonforme Auslegung der Norm könnte, abweichend von der bisherigen Einordnung der Prämienzahlungspflicht als qualifizierte Schickschuld, dazu führen, dass die Prämienzahlungspflicht des VN bei gleich bleibendem Wortlaut nunmehr als Bringschuld einzuordnen ist.6 1 2 3 4
Gesetz v. 30.5.1908 RGBl. S. 263. Vgl. auch Motive S. 107. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 71. EuGH 3.4.2008 NJW 2008 1935.
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Knöpper NJW-Spezial 2009 105; Langheid/ Wandt/Staudinger § 36 Rn. 4 ff. Vgl. hierzu näher Rn. 15.
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2. Inhalt und Zweck der Regelung Zweck des § 36 ist eine Anpassung der Regeln über den Leistungsort und die Gefahrtragung im allgemeinen Schuldrecht an die Besonderheiten im Prämienrecht des VVG.7 § 36 modifiziert dabei nach bisherigem Verständnis das Normsystem der §§ 269, 270 BGB nur punktuell.8 Während § 269 BGB vorsieht, dass der Schuldner im Zweifel an dem Ort zu leisten hat, an welchem er zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat, oder falls die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden ist, der Ort der Niederlassung anstelle des Wohnsitzes maßgeblich ist, weicht § 36 hiervon im Interesse des VN und unter Beachtung der besonderen Gegebenheiten der Prämienzahlungspflicht ab.9 § 36 bestimmt den Ort als Leistungsort für die Entrichtung der Prämie, an dem der VN seinen jeweiligen Wohnsitz hat bzw. ist nach § 36 Abs. 2 der Ort Leistungsort, an welchem sich jeweils die gewerbliche Niederlassung des VN befindet. Nach § 36 richtete sich nach früherem Recht zudem der Gerichtsstand des Erfüllungs3 ortes i.S.d. § 29 Abs. 1 ZPO.10 Gesetzlicher Erfüllungsort ist nach § 29 Abs. 1 ZPO der Ort, an dem nach den gesetzlich bestehenden und von den Vertragsparteien nicht abbedungenen Vorschriften die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist, demnach also der Leistungsort.11 Folglich war für Prämienklagen des VR sowie für Feststellungsklagen des VR oder VN hinsichtlich der Prämienzahlungspflicht der zum Zeitpunkt der Klageeinreichung zutreffende Wohnsitz bzw. die gewerbliche Niederlassung des VN entscheidend.12 Die Neuregelung des § 215 VVG enthält jetzt aber für Klagen gegen den VN einen ausschließlichen Gerichtsstand, so dass ein Rückgriff auf die Gerichtsstände der ZPO nicht mehr möglich ist.13 Bedeutung des Gerichtsstands des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO ließe sie aber für Altverträge bejahen, wenn § 215 VVG keine Anwendung findet.14 Das Gleiche gilt, wenn man § 215 nicht auf alle VN anwendet (vgl. noch Rn. 18).
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Vgl. Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 2. Vgl. zu neueren Entwicklungen, die bis zu einer weitgehenden Entkoppelung des Prämienrechts von den §§ 269 und 270 BGB führen könnten Rn. 14 ff. Motive S. 107; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 36 Rn. 1. Prölss/Martin/Knappmann27 § 36 Rn. 1; Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 6; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 17. MüKo-ZPO/Patzina3 § 29 Rn. 19; Musielak/ Heinrich6 ZPO § 29 Rn. 14. Prölss/Martin/Knappmann27 § 36 Rn. 1; Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 6; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 17. MüKo-VVG/Looschelders § 215 Rn. 2; ders. zum persönlichen Anwendungsbereich des § 215 Rn. 6 ff. Im Einzelnen str. Nach wohl überwiegender Ansicht erfasst die Übergangsfrist des Art. 1 Abs. 1 EGVVG auch die Gerichtsstandsregelung des § 215, so dass danach für Klagen,
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die bis Ende 2008 erhoben worden sind, der Gerichtsstand nach § 215 nicht begründet ist (OLG Hamburg 30.3.2009 VersR 2009 531; OLG Stuttgart 18.11.2008 RuS 2009 103; Langheid/Wandt/Looschelders Art. 1 EGVVG Rn. 8). Nach a.A. soll sich die Übergangsvorschrift des Art. 1 Abs. 1 EGVVG lediglich auf materielles Versicherungsvertragsrecht beziehen, so dass für die prozessuale Gerichtsstandsregelung des § 215 VVG die Regelung über das Inkrafttreten in Art. 12 Abs. 1 VVGRefG maßgeblich ist (OLG Saarbrücken 23.9.2008 RuS 2009 102; Schneider VersR 2008 859). Der darüber hinausgehende Streit um die Anwendbarkeit des Wohnsitzgerichtsstandes gem. § 215 für Klagen aus Altverträgen, die einem bis zum 31.12.2008 eingetretenen Versicherungsfall betreffen (Art. 1 Abs. 2 EGVVG), dürfte für die hier in Rede stehenden Klagen des VR gegen den VN auf Prämienzahlung keine Bedeutung haben (dazu Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 1a Rn. 46).
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Leistungsort
§ 36
3. Anwendungsbereich Zwar spricht der Gesetzeswortlaut nur von der „Zahlung der Prämie“; nichtsdesto- 4 trotz werden vom Anwendungsbereich des § 36 auch sonstige Geldleistungen des VN, z.B. echte Nebengebühren (vgl. § 33 Rn. 30 f.) erfasst.15 § 36 gilt sowohl für Erst- als auch für Folgeprämien.16 § 270 Abs. 3 BGB bleibt trotz der Modifizierung des § 270 BGB durch § 36 auf das 5 Versicherungsverhältnis anwendbar.17 Damit hat der VR die Mehrkosten zu tragen, die durch Änderung seines Wohnsitzes bzw. i.d.R. durch Änderung der gewerblichen Niederlassung entstanden sind.18 Nach hier vertretener Auffassung ergibt sich dies auch bereits aus einem geänderten Verständnis der Leistungshandlung.19 Zudem trägt der VR die Verlustgefahr bzgl. der Prämie, wenn sich diese infolge einer nach Abschluss des Versicherungsvertrages eintretenden Änderung seiner gewerblichen Niederlassung erhöht.20
II. Die tatbestandlichen Regelungen im Einzelnen 1. Leistungsort Der Begriff des Leistungsortes meint den Ort, an dem die Leistungshandlung, jeden- 6 falls der letzte Handlungsabschnitt, der auch den Leistungserfolg herbeiführt, vorzunehmen ist.21 Im Rahmen des § 36 ist demnach unter Leistungsort der Ort zu verstehen, an dem der VN die für die Entrichtung der Prämie erforderliche Leistungshandlung zu vollziehen hat (daher auch die abweichende Bezeichnung als Vollzugsort).22 Davon zu unterscheiden ist der Erfolgsort, also der Ort, an dem der Leistungserfolg eintritt.23 Leistungsort i.S.d. § 36 Abs. 1 ist der jeweilige Wohnsitz des VN zur Zeit der Fälligkeit24 der Prämienzahlungspflicht, nicht jedoch der Wohnsitz des VN zur Zeit der Antragstellung.25 Bei Zahlungsverzug des VN ist hinsichtlich der Mahnung bzw. Klageerhebung der zu diesem Zeitpunkt bestehende Wohnsitz entscheidend.26 Hat der VN den Versicherungsvertrag im Zusammenhang mit seinem Gewerbebetrieb 7 geschlossen, tritt nach § 36 Abs. 2 an die Stelle des Wohnsitzes der Sitz der Niederlassung. Dabei ist zu beachten, dass für die Anwendbarkeit des § 36 Abs. 2 entgegen dem Gesetzeswortlaut („… in seinem Gewerbebetrieb genommen, …“) nicht die Örtlichkeit des Vertragsschlusses entscheidend ist; maßgeblich ist vielmehr der innere Zusammenhang des Versicherungsvertrages mit dem Gewerbebetrieb des VN.27 Insofern gilt die
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Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 3; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 2. Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 2. Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 10 unter Bezugnahme auf die Motive S. 107; a.A. Prölss/Martin/Knappmann27 § 36 Rn. 1; vgl. noch Rn. 8. MüKo-BGB/Krüger5 § 270 Rn. 26; Bamberger/Roth/Unberath2 § 270 Rn. 18. Vgl. hierzu näher Rn. 20. MüKo-BGB/Krüger5 § 270 Rn. 15; Bamberger/Roth/Unberath2 § 270 Rn. 13. MüKo-BGB/Krüger5 § 269 Rn. 2; Bamberger/Roth/Unberath2 § 269 Rn. 2; Palandt/
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Grüneberg 69 § 269 Rn. 1; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 36 Rn. 1. Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 4. Palandt/Grüneberg 69 § 269 Rn. 1; MüKoBGB/Krüger5 § 269 Rn. 2. Zu Fälligkeit vgl. § 33 Rn. 43 ff. sowie Deutsch6 Rn. 190 ff.; Marlow/Spuhl3 S. 115 ff.; Meixner/Steinbeck S. 54. So im Hinblick auf das nunmehr geltende Antragsmodell; vgl. hierzu RegE BTDrucks. 16/3945 S. 48; Marlow/Spuhl3 S. 9. Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 4. Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 4.
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Abschnitt 3. Prämie
Vermutung aus § 344 Abs. 1 HGB, wonach die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig gelten.28 2. Erfolgsort
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Würde nur der Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des VN örtlich eine Rolle spielen, so würde es sich um eine Holschuld handeln.29 Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 hat der VN aber die Prämie dem Versicherer zu übermitteln. Erfolgsort ist also der Ort, an welchen der VN die Prämienzahlung zu übermitteln hat und an welchem diese auch tatsächlich ankommen muss, damit der VN seiner Zahlungsverpflichtung wirksam nachgekommen ist.30 Erfolgsort für die Prämienleistung ist somit die Niederlassung des VR. Leistungs- und Erfolgsort fallen damit nach bisherigem Verständnis auseinander.31 Der Leistungserfolg tritt nach dieser Auffassung demnach beim VR ein; der VN ist verpflichtet, die Prämie auf seine Kosten an den VR zu übermitteln. Wechselt der VR den Ort seiner Niederlassung, ändert sich demzufolge auch der 9 Erfolgsort der Prämienleistung. In diesem Zusammenhang treffen den VR ggf. die Mehrkosten der Übermittlung gem. § 270 Abs. 3 BGB.32 Hat der VR einen Zweitsitz angemeldet, kann der VN dem VR die Prämie an jeden der beiden Sitze übermitteln. Gleiches gilt für den Fall, dass der VR eine Zweigniederlassung, einen Versicherungsagenten oder eine sonstige Stelle als Zahlstelle angegeben hat; auch dorthin kann der VN die Prämienzahlung übermitteln.33 3. Folgerungen
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Fallen Leistungsort und Erfolgsort auseinander, liegt grundsätzlich eine Schickschuld vor. Liegen Leistungsort und Erfolgsort beim Schuldner, ist von einer Holschuld auszugehen. Demgegenüber ist eine Bringschuld anzunehmen, wenn Leistungs- und Erfolgsort beim Gläubiger liegen.34 Gegen die Einordnung der Prämienzahlungspflicht als „einfache“ Schickschuld spricht jedoch, dass der VN mit der Leistungsgefahr, also der Gefahr, dass der VN erneut Geld absenden muss, wenn das zuerst gesandte Geld nicht ankommt, belastet wird. Gem. § 36 Abs. 1 Satz 2 hat der VN die Zahlung der Prämie auf seine Gefahr und seine Kosten zu veranlassen, trägt also die Verlustgefahr. Insofern entspricht § 36 Abs. 1 Satz 2 der Regelung des § 270 Abs. 1 BGB. Die Pflicht zur Prämienzahlung ist demnach nach der bislang überwiegend vertretenen Ansicht als Geldschuld eine Schickschuld mit der Besonderheit, dass der VN das Übermittlungsrisiko trägt. Aufgrund dieser Besonderheit handelt es sich bei der Prämienzahlungspflicht nicht um eine „einfache“, sondern um eine qualifizierte Schickschuld.35 Konsequenz dieser Einordnung ist, dass der VN die Gefahr des Verlustes trägt. Geht die auf den Weg 28 29 30
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Ebenroth/Boujong/Joost/Kort2 HGB, § 344 Rn. 2; Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 4. Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 5. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 37; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 4; Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 5; MüKo-BGB/Krüger5 § 269 Rn. 12. BGH 20.11.1970 VersR 1971 216; Schauer S. 215; Deutsch6 Rn. 198; Römer/Langheid2 § 36 Rn. 1; Riedler S. 105; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 4.
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Vgl. bereits Rn. 5. Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 5. Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 5. Palandt/Heinrichs68 § 270 Rn. 1; MüKoBGB/Krüger5 § 270 Rn. 1; BGH 20.11.1970 VersR 1971 216; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 37; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Michaelis § 36 Rn. 2; Frels VersR 1971 591; a.A. Herresthal ZGS 2007 48, der von einer modifizierten Bringschuld ausgeht.
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Leistungsort
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gebrachte Prämie etwa auf dem Postweg oder bei Ausführung durch die Bank verloren, tritt keine Erfüllung ein. Der VN muss in diesem Fall noch einmal zahlen.36 Die Verzögerungsgefahr, d.h. die Gefahr des verspäteten Eingangs des Geldes trotz rechtzeitiger Leistungshandlung des VN, trägt nach bisherigem Verständnis der VR.37 Der VN hat dabei das seinerseits Erforderliche zur Leistung getan, wenn er die ihm auferlegte Leistungshandlung rechtzeitig38 vollzogen hat. Hieraus ergab sich für die dem VN zukommende Übermittlungspflicht, dass der VN alles zur Erbringung der Leistung getan hatte, wenn er die Prämie auf den Weg brachte.39 Die mit der Übermittlung im Übrigen betrauten Stellen wie etwa Post oder Bank waren demnach dabei bislang keine Erfüllungsgehilfen des VN, da sie nicht in dessen Pflichtenkreis tätig wurden.40 Für die zur Absendung der Prämie eingesetzten Erfüllungsgehilfen haftet der VN indes nach § 278 BGB.41 Nach bisher mehrheitlich vertretener Auffassung war daher bei einer Überweisung der Prämie für die rechtzeitige Zahlung die Einreichung des Überweisungsauftrages durch den VN bei seiner Bank und nicht die Gutschrift auf dem Konto des VR entscheidend.
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4. Auswirkungen der Entscheidung des EuGH vom 3.4.2008 Indes stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit dieser bisher herrschenden verbreite- 15 ten Ansicht mit den Vorgaben des EU-Rechts. Der EuGH hat am 3.4.2008 entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. ii der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.6.2000 zur Bekämpfung des Zahlungsverzuges im Geschäftsverkehr 42 dahingehend auszulegen ist, dass bei einer Zahlung durch Banküberweisung der geschuldete Betrag dem Konto des Gläubigers rechtzeitig gutgeschrieben sein muss, wenn das Entstehen von Verzugszinsen vermieden oder beendet werden soll.43 Nach der bisherigen Auslegung der §§ 269, 270 BGB hatte der Schuldner mit Erteilung eines Überweisungsauftrages, der vor dem Ablauf der maßgeblichen Frist bei der Bank einging, bei entsprechender Deckung des Kontos, das seinerseits Erforderliche getan, um die Folgen einer nicht rechtzeitigen Leistung abzuwenden.44 Das Risiko einer durch die Bearbeitung bei den zwischengeschalteten Banken entstehenden Verspätung trug demzufolge der Gläubiger, da die Banken nicht mehr im Pflichtenkreis des Schuldners tätig wurden und deshalb keine Erfüllungsgehilfen i.S.d. § 278 BGB waren.45 Die Pflicht zur richtlinien36
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Römer/Langheid2 § 36 Rn. 1; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 37; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 36 Rn. 2; Schauer S. 215; Deutsch6 Rn. 198. Palandt/Heinrichs67 § 270 Rn. 6; Bamberger/ Roth/Unberath2 § 270 Rn. 15; MüKo-BGB/ Krüger5 § 270 Rn. 16; Prölss/Martin/Knappmann27 § 36 Rn. 1; Schauer S. 215; Frels VersR 1971 591. Zum Begriff der Rechtzeitigkeit vgl. noch Rn. 24. RG 11.1.1912 RGZ 78 137, 140; BGH 5.12.1963 VersR 1964 129; OLG Köln 11.1.1990 NJW-RR 1990 284; Bruck/Möller/ Möller8 § 36 Anm. 7; Prölss/Martin/Knappmann27 § 36 Rn. 1; Frels VersR 1971 591; Riedler S. 106.
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Palandt/Heinrichs67 § 270 Rn. 6; Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 7. Deutsch6 Rn. 198; Bruck/Möller/Möller8 § 36 Anm. 7; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 6. ABl. EG L 200 v. 8.8.2000, S. 35. EuGH 1. Kammer, Urteil vom 3.4.2008 – C-306/06; EuGH NJW 2008 1935. BGH 20.11.1970 VersR 1971 216; OLG Düsseldorf 10.9.1984 DB 1984 2686; OLG Karlsruhe 2.10.1997 NJW-RR 1998 1483; OLG Nürnberg 25.3.1999 NJW-RR 2000 800; LG Darmstadt 4.3.1984 ZfS 1984 205; Riedler VersRdsch 1993 334. Jäger MittBayNot 2008 467 m.w.N.
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konformen Auslegung, die alle mitgliedstaatlichen Gerichte trifft,46 könnte nun dazu zwingen, für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit auf die Gutschrift des überwiesenen Betrages auf dem Konto des Gläubigers abzustellen. Vor diesem Hintergrund mehren sich die Stimmen, die davon ausgehen, dass an der bisherigen Einordnung der Geldschuld als „qualifizierte Schickschuld“ und der bislang vertretenen Auslegung des § 270 BGB nicht mehr festgehalten werden kann und die Geldschuld europarechtskonform als Bringschuld einzuordnen sei.47 Die Einordnung der Geldschuld i.S.d. § 270 BGB als Bringschuld hätte auch Auswirkungen auf das Versicherungsrecht, da Rechtsprechung, Literatur und auch der Gesetzgeber bisher von einem Gleichklang des § 270 BGB und des § 36 sowie einer einheitlichen Einordnung von Geldschulden i.S.d. § 270 BGB und Prämienzahlungspflichten i.S.d. § 36 ausgingen.48 Die Pflicht zu richtlinienkonformer Auslegung erfasst dabei nicht nur die Zahlung von Verzugszinsen, vielmehr muss die Rechtzeitigkeit der Leistung bei allen Verzugsfolgen einheitlich beurteilt werden.49 Diese Auswirkungen bleiben auch nicht auf Unternehmer als VN beschränkt, obwohl der persönliche Schutzbereich der Richtlinie nach Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 und 3 der Zahlungsverzugsrichtlinie allein Unternehmer und öffentliche Stellen umfasst. Eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung auch außerhalb des persönlichen Anwendungsbereichs der Richtlinie ergibt sich zwar nicht bereits auf der Grundlage des Europarechts, jedoch sprechen gute Gründe, insbesondere die Vermeidung von Wertungswidersprüchen und die eintretende Rechtsklarheit, für eine einheitliche Auslegung.50 Andernfalls käme beispielsweise ein VR, der erst am Tag der Fälligkeit eine Überweisung in Auftrag gibt, gegenüber seinem privaten Kunden nicht in Verzug, wohl aber gegenüber einem Unternehmer.51 Ein VN, der die Überweisung der Prämie am Fälligkeitstag veranlasst, sähe sich nach § 37 Abs. 2 nicht der Gefahr der Leistungsfreiheit ausgesetzt, wohl aber ein Unternehmer. Der ohnehin schwierigen Einordnung von Existenzgründern und „dualuse-Geschäften“ käme bei einer „gespaltenen“ Auslegung eine Bedeutung zu, die mit einem wünschenswerten Maß an Rechtsklarheit nur schwer zu vereinbaren ist. Zudem wollte der Gesetzgeber bei der VVG-Reform einheitliche Strukturen schaffen und unterschied deshalb im Versicherungsrecht auf der Seite des VN gerade nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern.52 Gegen eine richtlinienkonforme Auslegung des § 36 und Einordnung als Bringschuld 16 spricht auch nicht bereits, dass eine solche Auslegung mit dem Wortlaut der §§ 269, 270 BGB oder 36 unvereinbar wäre und damit die Grenzen einer richtlinienkonformen Auslegung erreicht wären. Auch wäre, wenigstens im allgemeinen Schuldrecht, eine solche Auslegung grundsätzlich mit der Dogmatik des deutschen Rechts vereinbar. Dies zeigt eine schon vor der EuGH-Entscheidung vertretene Literaturansicht, die sich bei gleichem Wortlaut der Norm, für eine Einordnung der Geldschuld als Bringschuld ausgesprochen hat.53 46 47
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Staudinger DNotZ 2009 196. Für das allgemeine Schuldrecht Jauernig/ Stadler13 § 270 Rn. 7; Palandt/Grüneberg 69 § 270 Rn. 1, 5 f.; Bamberger/Roth/Unberath (BeckOK BGB Stand 1.2.2009) § 270 Rn. 16 ff.; Staudinger/Bittner (2009) § 270 Rn. 39 f.; Kaiser BC 2008 257; wohl auch Staudinger DNotZ 2009 196; Gsell GPR 2008 165; Jäger MittBayNot 2008 467; Hilbig JZ 2008 992; für das VVG Knöpper NJW-Spezial 2009 105. Knöpper NJW-Spezial 2009 105.
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Palandt/Grüneberg 69 § 270 Rn. 6. Bamberger/Roth/Unberath (BeckOK BGB Stand 1.2.2009) § 270 Rn. 16; Staudinger/ Bittner (2009) § 270 Rn. 39; Staudinger DNotZ 2009 196; Gsell GPR 2008 165. Staudinger DNotZ 2009 196. Staudinger DNotZ 2009 196; Langheid/ Wandt/Staudinger § 36 Rn. 8. Staudinger/Bittner (2009) § 270 Rn. 2 ff.; Gsell GPR 2008 165; Staudinger DNotZ 2009 196 m.w.N.
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Leistungsort
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Eine Einordnung der Prämienzahlungspflicht als Bringschuld hätte allerdings zur Folge, dass der VN sich das Verschulden sämtlicher eingeschalteter Banken über § 278 BGB zurechnen lassen müsste.54 Bei einer Einordnung der Prämienzahlungspflicht als Bringschuld wäre Leistungsort der Prämienzahlungspflicht das Konto des VR und deshalb wäre auch das Verschulden der Bank des VR, auf deren Auswahl und Tätigkeit der VN keinerlei Einfluss hat, dem VN zuzurechnen. Dies ist problematisch. Auch ein Verweis des VN auf Ansprüche wegen eines Fehlverhaltens einer beteiligten Bank erscheint wegen der möglichen Haftungsbegrenzung nach § 676c Abs. 1 Satz 5 BGB auf 12.500 Euro, die von den Banken regelmäßig genutzt wird55, nicht ausreichend. Bei einer Einordnung als Bringschuld sind auch die Auswirkungen auf den Gerichtsstand des Erfüllungsorts im Rahmen des § 29 Abs. 1 ZPO, dem für Altfälle trotz der Neuregelung des § 215 noch Bedeutung zugekommen ist56, noch ungeklärt. Leistungsort der Prämienzahlungspflicht wäre der Sitz des VR, so dass der VN auch dort in Anspruch genommen werden könnte. Dies steht im Widerspruch zur Intention des Gesetzgebers, der mit der Regelung des § 36 VVG erreichen wollte, dass der VN nur an seinem jeweiligen Wohnort in Anspruch genommen werden kann, die auch bei der Neuregelung des § 215 Abs. 1 Satz 2 erkennbar wird. Diese Frage hat indes nur Bedeutung für Klagen des VR, die bis Ende 2008 erhoben worden sind.57 Bedeutung könnte die Einordnung als Bringschuld auf den Gerichtsstand des Weiteren aber haben, wenn man § 215 nicht auf alle VN, sondern nur auf natürliche Personen anwendet.58 Weitere Schwierigkeiten wirft die rückwirkende Anwendung der Richtlinie auf. So gibt es bereits erste Stimmen in der Literatur, die eine richtlinienkonforme Auslegung und Einordnung der Geldschuld als Bringschuld ab dem Jahr 2002 fordern.59 Eine Einordnung der Prämienzahlungspflicht i.S.d. § 36 als Schickschuld erscheint indes durch die EuGH-Entscheidung auch nicht zwingend geboten. Nach Rn. 30 des Urteils schließt die Richtlinie die Zahlung von Verzugszinsen in den Fällen aus, in denen der Zahlungsverzug nicht die Folge des Verhaltens eines Schuldners ist, der den üblicherweise für die Durchführung einer Banküberweisung erforderlichen Fristen sorgfältig Rechnung getragen hat. Auch der EuGH will offenbar die Haftung des Schuldners für eine Verzögerung der überweisenden Bank ausschließen. Dies setzt aber voraus, dass eine richtlinienkonforme Auslegung des mitgliedstaatlichen Rechts möglich ist, nach der es für die Rechtzeitigkeit der Leistung und den Zeitpunkt der Beendigung des Verzuges auf die Gutschrift auf dem Konto des VR ankommt, ohne dass der VN sich das Verhalten der zwischengeschalteten Banken (im deutschen Recht nach § 278 BGB) zurechnen lassen muss.60 Eine solche Auslegung ist im deutschen Recht in richtlinienkonformer Auslegung möglich und wenigstens im Bereich des Versicherungsrechts in Betracht zu ziehen.61 Ausgangspunkt dieser Auslegung des § 36 ist die Leistungshandlung. Die bisherige Auslegung von Leistungsort und Erfolgsort im Rahmen des § 36 sowie die Einordnung als Schickschuld bleiben bei dieser Auslegung unberührt. Es wird lediglich im Hinblick auf die Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung das auf Seiten des VN „Erforderliche“ so aus54 55 56 57 58
Staudinger/Bittner (2009) § 270 Rn. 38. Vgl. statt vieler Bunte AGB-Banken und Sonderbedingungen (2007) SB Üb Rn. 28. Vgl. hierzu bereits Rn. 3 Fn. 14. RegE, BTDrucks. 16/3945 S. 117. So Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen2 § 23 Rn. 7; a.A. Langheid/Wandt/Losschelders § 215 Rn. 6 ff.
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Kaiser BC 2008 257; Langheid/Wandt/Staudinger § 36 Rn. 11 f. So der Ansatz von Faust JuS 2009 81, der allerdings zu einem anderen Endergebnis kommt. Kritisch für das allgemeine Schuldrecht Faust JuS 2009 81.
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gelegt, dass neben der Kostendeckung der Überweisungsauftrag so rechtzeitig bei der Bank eingehen muss, dass den „üblicherweise für die Durchführung einer Banküberweisung erforderlichen Fristen Rechnung getragen ist“,62 um eine fristgemäße Gutschrift beim Gläubiger zu gewährleisten63. Hinsichtlich der Überweisungsfristen ist dabei die bis zum 31.10.2009 umzusetzende Regelung des Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdiensterichtlinie)64 zu beachten, wonach der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, spätestens am Ende des folgenden Geschäftstags dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wird. Hat der VN keine, bis zum 1.1.2012 zulässige, abweichende Vereinbarung mit der überweisenden Bank getroffen, kann der VN aufgrund des im Zuge der Richtlinienumsetzung geänderten § 676c Abs. 1 Satz 5 a.F. BGB davon ausgehen, dass die Überweisung innerhalb eines Geschäftstages erfolgt. Der VN müsste seine Überweisung daher so ausführen, dass der Bank ein Tag zur Durchführung der Überweisung bleibt. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der VN bei der Erstprämie, je nach Auslegung des Begriffes „unverzüglich“ in § 33 Abs. 1 weiteren Schutz genießt. Ferner können außerhalb der Ausführungsfristen von der Bank verursachte Verzögerungen dem VN, der das „seinerseits Erforderliche“ getan hat und in dessen Pflichtenkreis die ausführende Bank deshalb gerade nicht mehr tätig wird, dem VN nicht mehr über § 278 BGB zugerechnet werden.65 Altfälle lassen sich über die Annahme eines entschuldbaren Rechtsirrtums des VN, 22 der Vertrauensschutz, ein auch im Europarecht nicht völlig unbeachtlicher Aspekt, im Hinblick auf die bisher in der Rechtsprechung vertretene Ansicht genießt, lösen.66 Ähnliches dürfte auch für die zwischengeschalteten Banken gelten, denen die sich aus der EuGH-Entscheidung ergebenden Konsequenzen frühestens mit Erlass des Urteils sicher bekannt wurden. Diese Auslegung des § 36 entspricht der Auslegung der Richtlinie durch den EuGH, 23 wonach die Richtlinie die Zahlung von Verzugszinsen in den Fällen ausschließt, in denen der Zahlungsverzug nicht die Folge des Verhaltens eines Schuldners ist, der den üblicherweise für die Durchführung einer Banküberweisung erforderlichen Fristen sorgfältig Rechnung getragen hat; erst recht muss dies für weitere (schwerwiegendere) Folgen gelten. Die Richtlinie zwingt auch nicht dazu, die Prämienzahlungspflicht des VN als Bringschuld einzuordnen, da durch sie lediglich das Solldatum präzisiert und damit der Zeitpunkt, auf den für die Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung abzustellen ist, vorgegeben wird. Eine Neuinterpretation des Leistungsortes ist dagegen nicht erforderlich, weshalb, der EuGH-Entscheidung auch bei einer Einordnung der Prämienzahlungspflicht als qualifizierte Schickschuld Rechnung getragen werden kann.67 Gegen einen solchen Ansatz spricht auch nicht, dass für das allgemeine Schuldrecht 24 ein anderes Ergebnis und eine Einordnung der Geldschuld als Bringschuld möglicherweise vorzugswürdig sind. Im Bereich des Scheck- und Wechselverkehrs wird ohnehin bereits vertreten, dass der Gläubiger den Scheck so rechtzeitig erhalten muss, dass er ihn vor Ablauf der Zahlungsfrist einlösen kann.68 Diese Lösung weist deutliche Parallelen
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Ähnlich schon Staub/Canaris Rn. 480, weniger streng in Bezug auf die Erstprämie allerdings Rn. 480a. Jäger MittBayNot 2008 467; Gsell GPR 2008 165. ABl. EU L 319 v. 5.12.2007, S. 1.
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Jäger MittBayNot 2008 467. Staudinger DNotZ 2009 196. Jäger MittBayNot 2008 467; Gsell GPR 2008 165. Palandt/Grüneberg 69 § 270 Rn. 5.
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zum oben dargestellten Verständnis des im Rahmen der Leistungshandlung „Erforderlichen“ auf. Weiter dient § 36 gerade dem Zweck, dass allgemeine Schuldrecht in Bezug auf die Besonderheiten des Versicherungsrechts zu modifizieren. Ferner wird in der Literatur schon länger ein eigenständiger Begriff der „Rechtzeitigkeit“ im Versicherungsrecht diskutiert, der als ein weiterer Aspekt ebenfalls ein vom Schuldrecht abweichendes Verständnis rechtfertigen könnte, bisher aber immer damit abgelehnt wurde, dass keine Notwendigkeit für einen solchen eigenständigen Begriff bestehe. Dies wurde damit begründet, dass alle Probleme über das Verschuldenserfordernis in § 37 lösbar wären.69 Letzteres Argument greift allerdings nicht mehr, wenn eine Zurechnung des Bankverschuldens über § 278 BGB in Betracht kommt und eine Lösung über das Verschuldenserfordernis im Rahmen des § 37 ausscheidet. Es bestehen daher keine grundsätzlichen Bedenken gegen einen vom allgemeinen Schuldrecht abweichenden eigenständigen Begriff der Rechtzeitigkeit im Versicherungsrecht, wonach der VN rechtzeitig gehandelt hat, wenn der VN den üblicherweise für die Durchführung einer Banküberweisung erforderlichen Fristen (ein Bankgeschäftstag) Rechnung getragen hat. Wenn auch nach dem dargestellten Ansatz eine richtlinienkonforme Auslegung de lege 25 lata denkbar erscheint, nach der es für die Rechtzeitigkeit der Leistung und den Zeitpunkt der Beendigung des Verzuges auf die Gutschrift auf dem Konto des VR ankommt, ohne dass der VN sich das Verhalten der zwischengeschalteten Banken zurechnen lassen muss, so ist trotzdem, schon wegen des europarechtlichen Gebots der klaren und transparenten Richtlinienumsetzung und des Verbraucherschutzes, eine Regelung des Problems durch den Gesetzgeber wünschenswert.70 5. Die Rechtzeitigkeit der Leistung Die Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung ist im Versicherungsrecht von entscheidender 26 Bedeutung hinsichtlich der Leistungspflicht des VR.71 So beurteilt sich etwa die Frage, ob seitens des VR eine Leistungspflicht besteht, gem. § 37 auch danach, ob der VN die Einmal- oder Erstprämie rechtzeitig vor dem Eintritt des Versicherungsfalles erbracht hat; entsprechendes gilt nach § 38 bei Verzug mit einer Folgeprämie. Hierbei ist entscheidend, ob ein mit einer Folgeprämie in Verzug geratener und deshalb nach § 38 angemahnter VN so rechtzeitig die Verzugsfolgen wieder beseitigt hat, dass die Leistungspflicht des VR wieder auflebt.72 Der Nachweis der Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung obliegt dem VN.73 Entscheidend für die Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung ist die rechtzeitige Vornahme der Leistungshandlung seitens des VN.74 Nicht entscheidend ist jedoch die Erfüllung der Prämienzahlungspflicht, die erst dann zu bejahen ist, wenn der VR oder der nach § 69 Abs. 2 empfangsberechtigte Versicherungsvertreter die geschuldete Prämie entweder in bar erhalten hat oder der entsprechende Betrag auf dem Konto des VR gutgeschrieben wurde.75 Bzgl. der Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung ist nach der jeweiligen vom VN gewählten Zahlungsart zu unterscheiden. 69 70 71 72 73
Wandt4 Rn. 516. So auch Faust JuS 2009 81; Wittwer/Meusburger ELR 2008 344. Vgl. zur Fälligkeit der Prämie bereits § 33 Rn. 43. OLG Köln 16.7.2002 VersR 2002 1225; Frels VersR 1971 591; Kalka VersR 1967 15. AG München 22.9.1982 ZfS 1983 336; Lang VersR 1987 1158.
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Vgl. zur Frage, worin diese Leistungshandlung besteht Rn. 10 ff. BGH 2.2.1972 BGHZ 58 109; BGH 5.12.1963 VersR 1964 129; OLG München 23.1.1975 VersR 1975 851; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 35 Rn. 12; Römer/Langheid22 § 35 Rn. 6; Frels VersR 1971 591.
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a) Barzahlung/Aufrechnung. Wählt der VN den unüblichen Weg der Barzahlung, so kommt es hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Leistung auf den Zeitpunkt der Übergabe des Geldes an den VR oder einen zuständigen Vertreter an. In diesem Augenblick wird der VN von seiner Prämienzahlungspflicht frei.76 Daneben können die Parteien auch Aufrechnungsrechte geltend machen, um Prämien28 zahlungspflichten zu tilgen. Die Erklärung der Aufrechnung wirkt auf jenen Zeitpunkt zurück, in welchem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden, § 389 BGB. Daraus folgt, dass der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung für die Frage nach der Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung irrelevant ist. Vielmehr ist alleine entscheidend, ob sich die Forderungen im Zeitpunkt der Fälligkeit der Prämie gegenüberstanden.77 Hieraus ergibt sich, dass der VR selbst dann nicht leistungsfrei wird, wenn die erstmalige Aufrechnungslage vor dem Eintritt des Versicherungsfalls lag, der VN seine Prämie also nicht rechtzeitig geleistet hat, später jedoch die Aufrechnung erklärt.78 Besteht eine solche Aufrechnungslage, kann sich der VR nach Treu und Glauben später nicht auf Leistungsfreiheit berufen, § 242 BGB.79 Anders sieht die Rechtslage nur dann aus, wenn die Aufrechnungslage erst nach Eintritt des Versicherungsfalles entsteht. In diesem Fall ändert auch die erklärte Aufrechnung nichts an der Leistungsfreiheit des VR. Die Ansprüche der Parteien können bei Gleichartigkeit der Schuld stets miteinander 29 aufgerechnet werden, gleich welchem Versicherungsverhältnis sie entsprangen. So kann etwa der Anspruch des VR auf eine Haftpflichtprämie gegen einen Anspruch des VN aus einem Vollkaskoschaden aufgerechnet werden.80
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b) Überweisung. Im Versicherungsverkehr ist die Tilgung mittels Überweisung sehr gebräuchlich. In vielen Fällen geschieht dies anhand von vom VR zugesandten Überweisungsvordrucken, die bereits teilweise ausgefüllt sind und bloß noch ergänzt werden müssen. Daraus kann der VN schließen, dass der VR dieses Zahlungsmittel als Erfüllung akzeptiert, vgl. § 362 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt, sofern der VR auf den jeweiligen Vertragswerken Angaben bezüglich des Geschäftskontos macht. Ein Erklärungsinhalt dahingehend, dass andere Zahlungsmethoden nicht verwendet werden dürfen, lässt sich der Übersendung von Überweisungsvordrucken nicht entnehmen.81 Vielmehr bleibt es dem VN unbenommen, soweit vertraglich nicht anders vereinbart, weiterhin sein Wahlrecht bezüglich des Zahlungsmittels auszuüben. Liegt jedoch seitens des VR eine Angabe vor, dass dieser nicht mit der Zahlung per Überweisung einverstanden ist, stellt die Tilgung mittels Überweisung lediglich eine Zahlung erfüllungshalber dar, so dass hierbei auf den Zeitpunkt der Gutschrift des Betrages auf dem Konto des VR abzustellen ist, § 364 Abs. 2 BGB. Bis heute nicht eindeutig geklärt ist, welche Handlungen seitens des VN erforderlich 31 sind um von seiner Leistungspflicht frei zu werden. Diese Frage hat aufgrund einer neueren EuGH-Entscheidung noch einmal an Brisanz gewonnen (vgl. schon ausführlich zu dieser Problematik Rn. 15 ff in dieser Kommentierung). Nach der vor der Entscheidung des EuGH ergangenen obergerichtlichen Rechtspre32 chung sollte spätestens in dem Moment der Abbuchung des Prämienbetrages vom Konto 76 77
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Frels VersR 1971 591. OLG Hamm 30.5.1986 VersR 1987 354; OLG Hamm 4.2.1966 VersR 1967 249; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 38; Römer/Langheid2 § 38 Rn. 15. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 40.
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OLG Hamm 22.11.1995 VersR 1996 1408. OLG Koblenz 12.11.1993 VersR 1995 527; OLG Hamm 25.11.1995 VersR 1996 1408. BGH 7.11.1965 BGHZ 44 178.
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Leistungsort
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des VN die Zahlung erfolgt sein.82 Diese wenig konkrete Aussage half bei der Bestimmung des exakten Zeitpunktes nicht wesentlich weiter. Nach der bis zur Entscheidung des EuGH mehrheitlich vertretenen Literaturauffassung genügte für die rechtzeitige Vornahme der Leistungshandlung, dass der VN seiner Bank den Überweisungsauftrag übermittelt und diese nach dem zugrunde liegenden Girovertrag verpflichtet ist, diesen auszuführen.83 Maßgeblich für dieses Ergebnis waren Überlegungen dahingehend, dass der VN mit Übersendung des Überweisungsauftrages alles seinerseits Mögliche und in seiner Macht stehende getan hatte, um die Übermittlung der Prämie sicherzustellen, unter der Voraussetzung, dass die Verpflichtung seiner Bank zur Ausführung der Überweisung besteht. Mehr konnte folglich nach vorherrschender Ansicht von ihm nicht verlangt werden. Auf die darauf folgende Abbuchung des Prämienbetrages von seinem Konto hat der VN bereits keinen Einfluss mehr. Ist sein Konto kreditorisch geführt oder wurde ihm ein Überziehungskredit gewährt, kann er regelmäßig davon ausgehen, dass die Bank den Überweisungsauftrag ausführen wird.84 Eine Einstandspflicht für die erforderlichen Handlungen der Bank konnte ihm nach der bis dahin vorherrschend vertretenen Auffassung nicht auferlegt werden. War die Bank jedoch nicht zur Ausführung der Überweisung verpflichtet, weil etwa keine ausreichende Deckung auf dem Konto vorhanden war, konnte der VN auch nicht davon ausgehen, dass er mit Abgabe der Überweisung seiner Zahlungspflicht nachkommen kann. In diesen Fällen lag eine rechtzeitige Vornahme der Leistungshandlung erst mit Abbuchung des Betrages vom Konto des VN vor, wenn die Bank beispielsweise einen Überziehungskredit gewährte, ohne dazu vertraglich verpflichtet gewesen zu sein. Ob sich auf Grund des Urteils des EuGH vom 3.4.2008 angesichts von Stimmen in der Literatur, die die Einordnung der Prämienzahlungspflicht als Bringschuld fordern, Änderungen der bisherigen Rechtslage ergeben, muss die künftige Entwicklung zeigen. Ein Festhalten an der Einordnung der Prämienzahlungspflicht als qualifizierte Schickschuld bei einem veränderten Verständnis der Leistungshandlung, erscheint zumindest denkbar.85
33
34
35
36
c) Lastschriftverfahren. Häufigstes Zahlungsmittel im Rahmen von Versicherungsver- 37 trägen ist sicherlich das Lastschriftverfahren. Durch die Vereinbarung der Parteien über die Verwendung dieses Verfahrens ändert sich die Prämienzahlungspflicht von einer qualifizierten Schickschuld oder einer Bringschuld in eine Holschuld nach § 269 Abs. 1 BGB.86 Wurde zwischen den Parteien das Lastschriftverfahren vereinbart, so ist dies bindend. Eine Zahlungsaufforderung an den VN ist insoweit dann nicht mehr statthaft, solange der VR die Prämie von dem Konto des VN abbuchen lassen kann.87 Da es bei diesem Verfahren einzig und allein darauf ankommt, dass der VR die 38 Abbuchung des Prämienbetrages vom Konto des VN veranlasst – durch Einreichung der Lastschrift bei seiner Bank – genügt es für die Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung, wenn 82
83
BGH 20.11.1970 VersR 1971 216; OLG Hamm 10.3.1978 VersR 1978 753; OLG Köln 25.2.1997 VersR 1998 317; LG Hamburg 14.9.1984 RuS 1985 131. Kafka VersR 1967 14, 15; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 32; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 34; Frels VersR 1971 591, 592.
84 85 86
87
BGH 5.12.1963 NJW 1964 499; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 33. Vgl. Rn. 14 ff. BGH 19.10.1977 BGHZ 69 366; BGH 30.01.1985 VersR 1985 447; Lang VersR 1987 1137, 1159. OLG Köln 9.5.2000 VersR 2000 1266.
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§ 36
Abschnitt 3. Prämie
die Parteien die Verwendung des Verfahrens vereinbaren (sog. Lastschriftabrede) und der VN dafür sorgt, dass sein Konto entsprechende Deckung aufweist, so dass der Betrag von seinem Konto abgebucht werden kann. Im Falle mangelnder Deckung ist die Bank des VN berechtigt, die Lastschrift unbearbeitet wieder zurückzugeben. Bezüglich der Abbuchungstermine besteht seitens des VR eine Hinweispflicht, wann bzw. in welchem Zeitraum der entsprechende Betrag abgebucht wird. Nur so kann der VN seiner Pflicht, für ausreichende Deckung zu sorgen, auch nachkommen.88 Da sich die Prämienzahlungspflicht durch die Verwendung des Lastschriftverfahrens 39 in eine Holschuld nach § 269 Abs. 1 BGB umwandelt, gehen Verzögerungen im Zahlungsverkehr zu Lasten des VR, da es Aufgabe des VR ist dafür Sorge zu tragen, dass der Betrag rechtzeitig abgebucht wird. Reicht er die Lastschrift daher zu spät ein oder führt eine Bank die Lastschrift nicht rechtzeitig aus, geht dies ausschließlich zu Lasten des VR. Das bedeutet, dass bei einem entstandenen Versicherungsfall und noch ausstehender Zahlung der VR weiterhin haftet, wenn die Abbuchung nicht rechzeitig erfolgt ist. Gleiches gilt, wenn der VN von seinem – nur im Einzugsermächtigungsverfahren gegebenen – Widerspruchsrecht Gebrauch macht, weil der VR einen unzutreffenden bzw. zu hohen Prämienbetrag abbuchen lässt. Ein Widerspruch ist, in den Grenzen der Neuregelung des § 675p Abs. 2 Satz 2 BGB, insbesondere zulässig, sofern der VR ohne vorherige Angaben bzgl. der Zusammensetzung der Summe einfach den entsprechenden Betrag abbuchen lässt.89 Der VR muss daher zuvor detaillierte Angaben zur ausstehenden Verbindlichkeit machen. Andernfalls hat der VN die Nichtzahlung auch nicht zu vertreten, § 37 Abs. 2 S. 1. In der Vergangenheit aufgetretene Mängel haben grundsätzlich keine Auswirkungen 40 auf die Pflicht des VR, auch weiterhin den Versuch zu unternehmen, den Betrag vom Konto des VN abbuchen zu lassen.90 Vielmehr muss er durch vertragliche Vereinbarung auf eine andere Zahlungsweise hinwirken. Eine solche Wertung ergibt sich nicht zuletzt aus § 33 Abs. 2, wonach der VR einer Selbstbindung unterliegt, wenn er bisher die Prämie mittels Lastschrift eingezogen hat. Es genügt insoweit schon, wenn die zeitlich letzte Prämie mittels Lastschrift eingezogen wurde.91 In diesem Fall ist er nur nach vorheriger Anzeige in Textform dazu berechtigt, zu einer anderen Zahlungsmethode überzugehen. Bis dahin kann sich der VN gegen die Aufforderung einer Zahlung auf anderem Wege zulässigerweise weigern.
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d) Scheck/Wechsel. Bei der Hingabe von Wechsel oder Schecks besteht die Besonderheit, dass sie nur erfüllungshalber zur Tilgung von Verbindlichkeiten akzeptiert werden, sprich, dass der Leistungserfolg erst mit tatsächlicher Auszahlung des Wechsel- oder Scheckbetrages eintritt. Bis zum Eintritt der Erfüllung, also der erfolgreichen Einlösung des Schecks, wird damit der Prämienbetrag gestundet. Der Versicherungsschutz bleibt davon unberührt. Problematisch ist das Auseinanderfallen von Leistungshandlung und Leistungserfolg dann, wenn sich der VN in Verzug befindet. In der Annahme eines Schecks durch den VR liegt lediglich eine vorübergehende Aussetzung der der Geltendmachung bestehender Rechte durch den VR (pactum de non petendo). Ein Verzicht des VR auf bereits entstandene Rechte ist darin nicht zu sehen. Für die Frage nach der Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung kommt es jedoch bei der 42 Prämienzahlungspflicht trotz der Entscheidung des EuGH vom 3.4.2008 (vgl. Rn. 15 ff.) 88
BGH 30.1.1985 VersR 1985 447; Lang VersR 1987 1158, 1159; Römer/Langheid2 § 38 Rn. 20.
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89 90 91
BGH 30.1.1985 VersR 1985 447. BGH 19.10.1977 BGHZ 69 366. Anders noch nach § 37 a.F.
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Leistungsort
§ 36
nicht auf den Leistungserfolg an. Vielmehr genügt die rechtzeitige Vornahme der Leistungshandlung. Der VN muss also das seinerseits Erforderliche getan haben, um die Verbindlichkeit zu begleichen. Diese erforderliche Handlung ist im Scheck- und Wechselverkehr die rechtzeitige Übergabe eine gedeckten Wechsels oder Schecks.92 Da § 36 Abs. 1 lediglich den Leistungsort bestimmt, ändert sich nichts daran, dass der VN den Scheck oder Wechsel auf seine Kosten und seine Gefahr hin übermitteln muss. Entscheidend für die Rechtzeitigkeit der Leistungshandlung unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 3.4.200893 bei Wechsel oder Scheck ist daher, dass der VN den Wechsel so rechtzeitig zur Post, einem sonstigen Boten oder einer vom VR zum Empfang berechtigten Person übergibt, dass der VR ihn vor Ablauf der Zahlungsfrist einlösen kann.94 Der VR ist im Regelfall zur Annahme von Schecks- und Wechsel verpflichtet, sofern nicht vertraglich ein anderes Zahlungsmittel vereinbart wurde. Lediglich in seltenen Ausnahmefällen, wenn etwa wiederholt die Einlösung eines Schecks misslang, kann ein VR die Leistung mittels Scheck oder Wechsel zurückweisen. e) Abweichende Vereinbarungen. Da § 36 entsprechend der Aufzählung des § 42 43 nicht zu den halbzwingenden Vorschriften zu rechnen ist, ist die Norm dispositiv. Die Parteien können daher den Leistungsort frei wählen und folglich auch eine Bringschuld vereinbaren.95 Nicht möglich ist dies, soweit gleichzeitig die Verwendung des Lastschriftverfahrens vereinbart wurde. Dadurch wandelt sich die Schickschuld oder Bringschuld in eine Holschuld nach § 269 Abs. 1 BGB um, so dass es alleine am VR liegt, den Betrag einzuziehen. Eine Vereinbarung hinsichtlich einer Bringschuld würde dann zumindest nach § 307 Abs. 2 BGB unwirksam sein, da der VN keinen Einfluss mehr auf die Zahlung nehmen kann. Ansonsten hätte jedoch die Vereinbarung einer Bringschuld zunächst zur Folge, dass die Zahlungspflicht erst in dem Zeitpunkt erlischt, inwelchem der Prämienbetrag beim VR eintrifft. Bis dahin müsste der VN die Gefahr der rechtzeitigen Übermittlung des Betrages tragen. Umstritten ist jedoch, ob aufgrund dieser Vereinbarung der VN sogar das Risiko eines Fehlverhaltens der Bank des VR tragen muss. Das wird größtenteils in der Literatur als unbillig empfunden und die Vereinbarung einer Bringschuld deshalb teilweise unter Bezugnahme auf § 307 Abs. 2 BGB als unwirksam erachtet.96 Insgesamt vermag diese Einschränkung der Privatautonomie hinsichtlich der Vereinbarung einer abweichenden Zahlweise nicht zu überzeugen. Bei § 36 handelt es sich um eine dispositive Vorschrift, die abweichende Vereinbarungen zulässt. Entscheidet sich ein VN privatautonom für die Vereinbarung einer Bringschuld in AVB, muss er sich ein Fehlverhalten der von ihm beauftragten Bank zurechnen lassen.97 Weiter ist zu berücksichtigen, dass die mittlerweile wohl h.M. die Geldschuld jedenfalls im Bereich des Allgemeinen Schuldrechts ohnehin als Bringschuld einordnet (vgl. ausführlich Rn. 15 ff. in dieser Kommentierung).
92
93 94
BGH 7.10.1965 BGHZ 44 178, 180; Gärtner S. 92; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Hahn2 § 12 Rn. 28; Berliner Kommentar/ Riedler § 36 Rn. 4; Kafka VersR 1967 14, 16; Frels VersR 1971 591, 592. Vgl. Rn. 15 ff. Vgl. Palandt/Heinrichs68 § 270 Rn. 5.
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96 97
BGH 20.11.1977 VersR 1971 216; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 2; a.A. Gärtner S. 97. Prölss/Martin/Knappmann27 § 36 Rn. 2; Berliner Kommentar/Riedler § 36 Rn. 14. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 36.
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§ 37
Abschnitt 3. Prämie
6. Erfüllungswirkung der Zahlung
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Die Zahlung durch den VN hat Erfüllungswirkung gem. § 362 BGB erst in dem Zeitpunkt, in dem die Zahlung beim VR eingegangen ist. Insbesondere bei Überweisung ist dies der Fall, wenn die Gutschrift auf dem Konto des VR erfolgt ist. Beim Lastschriftverfahren genügt die Gutschrift durch die Gläubigerbank noch nicht; erforderlich ist des Weiteren die wirksame Belastung des Schuldnerkontos.98 Insgesamt gelten damit für die Frage der Erfüllungswirkungen die allgemeinen Regelungen des bürgerlichen Rechts.
§ 37 Zahlungsverzug bei Erstprämie (1) Wird die einmalige oder die erste Prämie nicht rechtzeitig gezahlt, ist der Versicherer, solange die Zahlung nicht bewirkt ist, zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. (2) 1Ist die einmalige oder die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht gezahlt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. 2Der Versicherer ist nur leistungsfrei, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung der Prämie aufmerksam gemacht hat.
Schrifttum Brockmann Sind die gestundeten Raten der Erstprämie Folgeprämien im Sinne von § 39 VVG? VersR 1953 345; Frels Zur Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung, VersR 1971 591; Gärtner Prämienzahlungsverzug 2. Auf. (1977); Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht (2002); Gitzel Die Beendigung eines Vertrages über vorläufige Deckung bei Prämienzahlungsverzug nach dem Reg-E eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, VersR 2007 322; R. Johannsen Zum Einlösungsprinzip und seinen Abweichungen gemäß dem VVG-Entwurf, Festschrift Schirmer (2005); Kafka Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beitragszahlung, VersR 1967 14; Lang Prämienverzug, Voraussetzungen und Rechtsfolgen in der Rechtsprechung des BGH, VersR 1987 1157; Riedler Der Prämienzahlungsverzug bei Erst- und Folgeprämie (1990); ders. Aktuelle Probleme des Prämienzahlungsverzuges im Privatversicherungsrecht, VersRsch 1993 332; Schulz Zur Begründungspflicht beim Rücktritt vom Versicherungsvertrag, VersR 1968 332; Wandt/Ganster Zur Harmonisierung von Versicherungsbeginn und Prämienfälligkeit durch AVB im Rahmen des VVG 2008, VersR 2007 1034.
Übersicht Rn. A. I. II. III.
98
Einführung . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Inhalt und Zweck der Regelung Anwendungsbereich . . . . . 1. Begriff der Einmalprämie . 2. Begriff der Erstprämie . . . 3. Abgrenzungsprobleme . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
1 1 2 4 5 6 8
Rn. a) Vertragsänderung oder Neuabschluss . . . . . . . . . . . . aa) Erweiterung auf neues Risiko bb) Änderung des versicherten Objekts . . . . . . . . . . . cc) Wechsel der Vertragsparteien dd) Abänderung der Vertragsdauer
Prölss/Martin/Knappmann27 § 35 Rn. 13.
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. .
9 10
. .
13 14 15
Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
Rn. ee) Rechtsfolgen von Leistungsfreiheit/Rücktritt/Kündigung auf Neuvertrag . . . . . . . . . . b) Ratenzahlung . . . . . . . . . . . c) Stundung der Prämie . . . . . . . . d) Vorläufige Deckung/Rückwärtsversicherung . . . . . . . . . . . . e) Wiederherstellung eines bereits beendeten Vertrages . . . . . . . . B. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nicht rechtzeitige Zahlung im Rahmen des § 37 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsanforderung durch den VR . 2. Leistungshandlung des VN . . . . . . 3. Abweichungen bei der Prämienzahlung und deren Auswirkungen . . . . . . . a) Qualitative Abweichungen . . . . b) Quantitative Abweichungen . . . . aa) Teilzahlung des Prämienbetrages . . . . . . . . . . . . bb) Geringfügige Prämienrückstände . . . . . . . . . . . . . 4. Tilgungsbestimmungen . . . . . . . . II. Keine Zahlung der Erstprämie im Rahmen des § 37 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . .
Rn. III. Informationspflicht des VR, § 37 Abs. 2 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vertretenmüssen § 37 Abs. 1, 2. Hs., Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. . . . . . . . . . . . V. Rechtsfolgen des Zahlungsverzugs . . . . 1. Zahlungspflicht des VN/Verzugszinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rücktrittsrecht des VR § 37 Abs. 1 . . 3. Leistungsfreiheit des VR § 37 Abs. 2 . a) Nichtzahlung bei Versicherungsfall b) Ausnahmen von § 37 Abs. 2 . . . . aa) Auswirkungen der Zahlungsfrist gem. § 33 Abs. 1 auf eine mögliche Leistungsfreiheit gem. § 37 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . bb) Vorläufige Deckung/deckende Stundung/Rückwärtsversicherung . . . . . . . . . . cc) Leistungspflicht gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . dd) Erweiterte Einlösungsklauseln . ee) Verzicht des Versicherers . . . VI. Dispositivität . . . . . . . . . . . . . . . C. Regelungen in AVB . . . . . . . . . . . . D. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . .
16 17 19 20 22 25 25 25 26 27 27 28 28 29 35 37
38 41 46 46 47 53 53 55
55
60 64 65 66 68 69 70
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Der heutige § 37 lässt sich auf die Normierung des § 38 aus dem Jahre 1908 zurück- 1 führen. Der damalige Regelungsgegenstand der Norm umfasste jedoch die Nichtzahlung der Prämie, „die vor oder bei dem Beginne der Versicherung zu erfolgen“ hatte.1 Eine wesentliche Neuordnung erfuhr die Norm im Jahre 1939, aufgrund derer sie seither vom Tatbestand her die Nichtzahlung der ersten oder einmaligen Prämie erfasst.2 Während die Vorschrift in ihrer ursprünglichen Fassung noch ein Kündigungsrecht kannte (§ 38 Abs. 2 VVG 1908), wurde dieses im Wege der Neuordnung durch ein Rücktrittsrecht des VR ersetzt (§ 38 Abs. 1 VVG 1939). Durch die VVG-Reform ist diese Norm heute mit inhaltlichen Änderungen in § 37 VVG in der Fassung von 23.12.2007, gültig ab 1.1.2008 zu finden.3 In der Vorschrift aufgegangen ist auch § 91 a.F., der die Zahlungsfrist bei Gebäudeversicherungen regelte. Im Wege der VVG-Reform 2008 hat die Norm im Vergleich zur früheren Fassung drei grundlegende Änderungen erfahren: 1. Sowohl das gesetzlich vorgesehene Rücktrittsrecht, als auch die Befreiung von der Leistungspflicht im Verzugsfall werden begrenzt für Fälle, in denen der VN die Nichtleistung nicht zu vertreten hat. Jedoch hat der VN die Verschuldensvermutung, wie bei § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, selbst zu widerlegen. 2. Die bis 2007 im Gesetz vorgesehene Rücktrittsfiktion nach § 38 Abs. 1 Satz 2 a.F., wonach es als Rücktritt des VR galt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit den Anspruch geltend machte, entfällt ersatzlos. 3. Im Sinne eines erweiterten Schutzes des VN erlegt das Gesetz dem VR qualifizierte Belehrungs1 2
RGBl. I 263. RGBl. I 2443.
3
BGBl. I 2640.
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§ 37
Abschnitt 3. Prämie
pflichten gegenüber dem VN bzgl. der durch § 37 Abs. 2 drohenden Leistungsfreiheit des VR auf, § 37 Abs. 2 S. 2.
II. Inhalt und Zweck der Regelung 2
§ 37 beinhaltet Regelungen über die Folgen der nicht fristgerechten Entrichtung der ersten oder einmaligen Prämie. Als Rechtsfolgen eines Zahlungsverzugs des VN sieht das Gesetz einerseits einen möglichen Rücktritt des VR nach Maßgabe des § 37 Abs. 1 vor. Andererseits resultiert aus der nicht rechtzeitigen Entrichtung der Prämie die Befreiung des VR von der Leistungspflicht zur Gefahrübernahme, § 37 Abs. 2 Satz 1. Die Vorschrift des § 37 ist, soweit sie die Rücktrittsmöglichkeiten des VR betrifft, lex specialis zu § 323 BGB.4 Daraus folgt, dass der VR ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 37 zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist. Indes ist zu beachten, dass grundsätzlich eine speziellere Norm nur insoweit Sperrwirkung gegenüber generellen Normen beanspruchen kann, soweit sich auch ihr Regelungsbereich überschneidet. Daher sind insbesondere Schadensersatzansprüche §§ 280 ff. BGB, Verzugsschäden § 286 BGB, sowie Verzugszinsen nach § 288 BGB nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften geltend zu machen.5 Die Norm basiert in erster Linie auf dem sog. Einlösungsprinzip, wonach der VR so3 lange nicht zur Zahlung verpflichtet sein soll, solange der VN noch nicht einmal die erste Prämie entrichtet hat.6 Es stellt einen maßgeblichen Grundsatz des Versicherungsrechts dar, dass die Leistung des VR eng verknüpft ist mit der Prämienzahlungspflicht des VN, da der pünktliche Eingang fälliger Prämien wesentliche Bedingung für einen ordnungsmäßigen Geschäftsbetrieb ist.7 Daher kann Versicherungsschutz grundsätzlich auch erst gewährt werden, sofern der VN nachweist, dass ihm an der Erfüllung des Vertrages gelegen ist. Andernfalls hat er dieses Privileg nicht verdient. Anders verhält es sich hingegen bei den sog. Folgeprämien, bei denen die fortlaufende Zahlung nicht in gleicher Weise maßgeblich für den Fortbestand des Versicherungsschutzes ist (vgl. dazu § 38). Hier bedarf es einer Mahnung des VR, um die Rechtsfolgen des § 38 herbeizuführen. Das Gesetz sieht daher den VN bei Ausbleiben der Erstprämie als weniger schutzwürdig an.
III. Anwendungsbereich 4
Die Norm findet auf alle Versicherungssparten gleichermaßen Anwendung. Jedoch wird in ihr ausschließlich der Zahlungsverzug mit der ersten oder einmaligen Prämie geregelt. Keine Anwendung findet § 37 nach § 211 Abs. 1 auf die dort genannten Versicherungen. Beim Begriff der Erstprämie ergeben sich regelmäßig Abgrenzungsschwierigkeiten in Bezug zu den Folgeprämien, bei denen sich die Rechtsfolgen eines Zahlungsverzugs ausschließlich nach § 38 richten. Die Unterscheidung ist vor allem für den VN von großer Bedeutung, da die Rechtsfolgen eines Zahlungsverzugs mit der Erst- oder Einmalprämie deutlich gravierender sind, als bei dem Verzug mit einer Folgeprämie. Bei letzterem muss der VR zunächst den VN abmahnen, um von der Leistungspflicht frei zu werden (vgl. dazu § 38). 4
5
Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 26; Römer/Langheid2 § 38 Rn. 1; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 3. Riedler S. 155, 159; Berliner Kommentar/ Riedler § 38 Rn. 3.
50
6 7
Instruktiv hierzu Gärtner S. 71 HK-VVG/Karczewski § 37 Rn. 14 f. Vgl. hierzu die Motive zum Versicherungsvertragsgesetz von 1908, S. 108.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
1. Begriff der Einmalprämie Zahlungsverzug kann unter anderem eintreten, sofern der VN seiner Pflicht zur Zah- 5 lung einer Einmalprämie nicht rechtzeitig nachkommt. Was unter einer Einmalprämie zu verstehen ist, ergibt sich praktisch von selbst. Wesentliche Bedeutung kommt dieser Art von Prämie vor allem bei Versicherungsverträgen zu, die nur einen kurzen Zeitraum abdecken, oder nur ein einzelnes Ereignis absichern sollen. Als prägnante Beispiele lassen sich vor allem Reiserücktritts- und Reisegepäckversicherungen nennen, aber auch im Bereich von Lebensversicherungen ist es durchaus denkbar, eine Einmalprämie zu vereinbaren. 2. Begriff der Erstprämie Der Begriff der Erstprämie ist nicht legaldefiniert. Die Abgrenzungskriterien zwischen 6 Erst- und Folgeprämie sind bis heute nicht einheitlich, wobei diese Abgrenzungsschwierigkeiten schon seit der ersten Kodifikation des VVG im Jahre 1908 bestehen. Damals sprach das Gesetz noch von der „vor oder bei dem Beginne der Versicherung“ und der „nach dem Beginn der Versicherung“ zu zahlenden Prämie. Seit dem Jahre 1939 findet sich hingegen der bis heute noch gültige Wortlaut, der zwischen der „ersten oder einmaligen Prämie“ und der „Folgeprämie“ differenziert, wieder. Zur Abgrenzung werden im Wesentlichen zwei Ansichten vertreten. Der heute sowohl 7 in der Rechtsprechung als auch in der Literatur vorherrschenden Ansicht zufolge kommt es für die Abgrenzung zwischen den jeweiligen Prämienarten ausschließlich darauf an, ob die zu entrichtende Prämie aus zeitlicher Sicht zum ersten Mal zu entrichten ist oder aber ob es sich um eine Prämie handelt, die nach einer bereits zuvor erbrachten Prämie zu entrichten ist.8 Die Gegenansicht, die vor allem in früherer Zeit häufig vertreten war, differenziert zwischen den beiden Prämienarten dahingehend, dass eine Erstprämie nur in den Fällen vorliegt, in denen ohne entsprechende Zahlung des VN kein Versicherungsschutz bestehe, weil zwischen der Zahlung und dem materiellen Versicherungsbeginn ein aufschiebendes Bedingungsverhältnis bestehe.9 Diese Ansicht überzeugt jedoch insoweit nicht, da die Zahlung der Erstprämie zwar für den Beginn des Versicherungsschutzes notwendig ist, daraus jedoch nicht gefolgert werden kann, dass es sich im Umkehrschluss um ein Abgrenzungskriterium zur Folgeprämie handelt. Auch die grundlegende Änderung des Wortlauts der Norm aus dem Jahre 1939 sollte diesbezüglich klarstellende Wirkung entfalten (s.o.).10 3. Abgrenzungsprobleme Obwohl die Abgrenzung zwischen Erst- und Folgeprämie zunächst einfach erscheint, 8 stellen sich dennoch diverse Abgrenzungsprobleme in der Praxis. a) Vertragsänderung oder Neuabschluss. Um von einer Erstprämie sprechen zu kön- 9 nen, ist der Neuabschluss eines Vertrages erforderlich.11 Probleme tauchen vor allem in 8
BGH 25.6.1956 BGHZ 21 122; BGH 17.4.1967 BGHZ 47 352; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 10; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 6; Riedler S. 49; Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 87; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 37 Rn. 3; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 1; Römer/Langheid2 § 38 Rn. 4.
9 10 11
So noch Bruck/Möller/Möller8 § 38 Rn. 4; Sieg3 S. 90. Lang VersR 1987 1157; Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 88. Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 6; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 1.
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§ 37
Abschnitt 3. Prämie
den Fällen auf, in denen ein bereits bestehender Vertrag grundlegend geändert oder erneuert wird. In Bezug auf die Rechtsfolgen der §§ 37, 38 kann es für den VN von außerordentlicher Bedeutung sein, ob es sich hierbei um eine Erstprämie oder aber um eine Folgeprämie handelt. Im Falle eines Neuabschlusses ist die daraufhin zu zahlende Prämie Erstprämie.12 Daher treffen den VN die Rechtsfolgen des § 37. Eine bloße Vertragsänderung ändert hingegen nichts an der Einordnung der Prämie als Folgeprämie, soweit die Erstprämie zuvor entrichtet wurde.13 Ob es sich in diesen Fällen um einen neuen Vertrag handeln soll, oder ob lediglich eine Änderung eines bestehenden Vertrages vorliegt, richtet sich ausschließlich nach dem Willen der Parteien, §§ 133, 157 BGB.14 Die Vermutung geht grundsätzlich dahin, dass die Parteien zumeist eine bloße Vertragsänderung anpeilen.15 Um von einem Neuabschluss auszugehen, müssen daher deutliche Anzeichen im Parteiwillen vorhanden sein. Hierzu ist letztlich eine Gesamtwürdigung der zum Vertragsschluss bzw. zur Vertragsänderung führenden Umstände notwendig.16 Als Indizien für einen Neuabschluss können vor allem umfangreiche Verhandlungen, gravierende Neuerungen im Vertragswerk, die Änderung des versicherten Objekts sowie ein Wechsel der Vertragsparteien, oder aber die Ausfertigung eines neuen Vertragswerks ohne Bezugnahme auf den alten Vertrag sein.17 Um einen neuen Vertrag handelt es sich jedenfalls dann, wenn der alte durch Zeitablauf oder gar durch Kündigung endet, um den inhaltlich fast identisch gebliebenen neuen Vertrag in gewissen Positionen zu modifizieren. Ansonsten ist regelmäßig von einer bloßen Vertragsänderung auszugehen, sofern lediglich im Wege von „Nachträgen“ oder „Zusatzvereinbarungen“ Teile des Vertrages abgeändert werden sollen. Insbesondere die Änderung von Versicherungsbedingungen genügt nicht für die Bejahung eines Neuabschlusses.18 Vor allem in Fällen, in denen lediglich die Prämienhöhe angepasst wird, eine Erweiterung oder Verkürzung des Versicherungsschutzes stattfinden soll, oder aber die Vertragsdauer verändert wird, ist von einem Fortbestand des alten Vertrages auszugehen (hierzu sogleich genauer).19 Hierbei bleibt im Regelfall auch die alte Versicherungsnummer erhalten, was zweifelsohne für die Fortsetzung des Vertrages spricht.20 Wird der Beginn eines Versicherungsvertrages von den Parteien auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, weil zuvor die Einziehung der Erstprämie erfolglos blieb, so handelt es sich bei der dann zu zahlenden Prämie immer noch um eine Erstprämie.21
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aa) Erweiterung auf neues Risiko. Die Problematik der Abgrenzung zwischen Erstund Folgeprämie stellt sich vor allem bei der Integration neuer Risiken in einen bereits bestehenden Vertrag. Ein solcher Fall kann etwa dann vorliegen, wenn der bestehende Vertrag zusätzliche Risiken abdecken soll, oder aber, wenn bisher noch nicht erfasste Objekte Versicherungsschutz erhalten sollen.22 In der Folge ist nunmehr ebenfalls danach 12
13 14
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 6; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 9. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 11. OLG Hamm 17.9.1975 VersR 1976 1032; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 2; Römer/Langheid2 § 38 Rn. 6; a.A. Loschelders/Pohlmann/Stagl § 37 Rn. 5. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 5; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 4; a.A. wohl Römer/Langheid2 § 38 Rn. 6.
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16 17 18 19
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Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 20 m.w.N. OLG Köln 16.7.2002 VersR 2002 1225. HK-VVG/Karczewski § 37 Rn. 3; OLG Köln 16.7.2002 VersR 2002 1225. A.A. wohl Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 9, der aber auch darauf verweist, dass ein Merkmal keineswegs zwingend die Annahme eines neuen Vertrages bedeutet, vielmehr eine Gesamtschau nötig ist. OLG Hamm 29.9.1978 VersR 1979 413. OLG Oldenburg 8.10.2003 RuS 2005 250. Riedler S. 54.
Roland Michael Beckmann
Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
zu fragen, ob sich aus den Gegebenheiten des Einzelfalls herauslesen lässt, dass entweder ein neuer Vertrag gewollt ist, oder eine bloße Vertragsänderung anvisiert wird. In Fällen, in denen eine notwendige Verknüpfung des alten Vertrages mit dem neu entstandenen Risiko besteht, also das neue Risiko nur aufgrund des bereits bestehenden Vertrages überhaupt versicherbar ist, liegt unzweifelhaft nur eine Vertragsänderung vor.23 Schwieriger gestaltet sich die Frage, sofern das Risiko auch selbständig durch eigenen Vertrag versicherbar wäre. Hierbei wird größtenteils dafür plädiert, dass ein verständiger VN nicht erwarten könne, dass der VR die Prämie für das selbständige Risiko als Folgeprämie ansehen werde.24 Werde also bspw. eine Teilkasko- in eine Vollkaskoversicherung umgewandelt, müsste man die erste Prämie für die Vollkaskoversicherung als Erstprämie einstufen.25 Weitere Beispiele zeigen sich etwa in einer Umwandlung einer Teilkosten- in einer Krankheitskosten-Vollversicherung26, oder bei Erweiterung einer Krankheitskostenversicherung um eine Krankenhaustagegeldversicherung. Jedoch ist in diesen Fällen nur die Differenzprämie, also die Zusatzprämie für das erweiterte Risiko, eine Erstprämie i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 1.27 Folglich entfällt der Versicherungsschutz im Falle des Zahlungsverzugs auch nur für diesen Teilbereich der Versicherung. Auch wenn dieser Ansicht im Grunde zuzustimmen ist, kann aus der Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall auch ein anderes Ergebnis resultieren. Für den ursprünglichen Teil gelten bei Zahlungsverzug die Voraussetzungen des § 38. Dass ein VN, der u.U. jahrelang ordnungsgemäß seine Prämien entrichtet hat, nur aufgrund einer derartigen Änderung in eine kaum geschützte Position gerät, entspricht weder dem Willen des VN noch des VR.28 Ein Anhaltspunkt dafür findet sich bspw. in C.3 AKB 2008, wonach selbst nach dem Wechsel des versicherten Fahrzeugs und Neuabschlusses eines Vertrages bzgl. eines anderen PKW noch innerhalb von sechs Monaten bei Gleichwertigkeit von einer Folgeprämie nach § 38 gesprochen werden soll, obwohl die Auswechslung des versicherten Objekts allgemein als Neuabschluss zu werten ist. Insofern kann auch in Fällen, in denen ein zusätzliches Risiko auch eigenständig versichert werden kann, nicht zwangsläufig auf einen neuen Vertrag geschlossen werden. Vielmehr muss es auch hier darauf ankommen, ob die Erweiterung des Risikos lediglich als gering oder aber als wesentlich zu betrachten ist. Gleiches gilt im Falle der Erhöhung der Versicherungssumme.29 Nicht gleich jede Er- 11 höhung führt zwangsläufig zu einem neuen Vertragsschluss. Vielmehr ist auch hier eine Abwägung der Auswirkungen dieser quantitativen Erweiterung nötig. So wird lediglich im Falle gravierender Erhöhungen der Versicherungssumme wirklich ein neuer Vertrag gewollt sein. Kein neuer Versicherungsvertrag liegt bei einer Reduktion des Schadensrisikos oder 12 bei einer Herabsetzung der Versicherungssumme vor, etwa bei einer Umwandlung einer Voll- in eine Teilkaskoversicherung.30
23 24 25
26 27
Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 4; Riedler S. 55. Riedler S. 55. LG Würzburg 11.1.1967 VersR 1969 52; Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 11; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 10; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 4. LG Düsseldorf 15.7.1988 RuS 1988 342. Wohl a.A. Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 11.
28 29
30
Ähnlich Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 90. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 4. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 11; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 10.
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§ 37
Abschnitt 3. Prämie
13
bb) Änderung des versicherten Objekts. Beim Wechsel des versicherten Objekts ist grundsätzlich von der Begründung eines neuen Vertragsverhältnisses auszugehen.31 Als prägnantes Beispiel ist vor allem der Wechsel eines Kraftfahrzeuges, sei es in Folge der Zerstörung des Vorgängers oder durch Neuerwerb, zu nennen. Diese Einordnung ergibt sich auch daraus, dass die Versicherung eines neuen Objekts im Regelfall einhergeht mit einer geänderten Risikoverteilung. So sind insbesondere Kraftfahrzeuge nach Typklassen unterteilt, so dass hier stets von einem neuen Vertrag ausgegangen werden muss. Dafür spricht des Weiteren die gesetzliche Wertung des § 95 Abs. 1 (§ 69 a.F.), wonach mit Veräußerung eines Pkw der ursprüngliche VN aus dem bestehenden Vertrag ausscheidet. Der Kennzeichnung durch die Vertragsparteien ist dabei keine Bedeutung beizumessen, so dass auch die Bezeichnung als „Nachtrag“, „Veränderung“ oder „Ersatzpolice“ nichts an der Einstufung als neuer Vertrag ändert.32 Unbenommen ist es den Parteien jedoch, durch vertragliche Vereinbarung die Prämie dennoch als Folgeprämie einzustufen, und somit im Falle des Zahlungsverzugs die Rechtsfolgen des § 38 herbeizuführen, vgl. hierzu C.3 AKB 2008 für Kfz. Diese für den VN ausschließlich vorteilhafte Abänderung der gesetzlichen Vorschriften verstößt mithin nicht gegen § 42.
14
cc) Wechsel der Vertragsparteien. Bei einem Wechsel auf Seiten des VR, sei es durch Umwandlung oder durch Bestandsübertragung von Versicherungsverträgen nach § 14 VAG, ändert sich an der Qualität der Prämie als Folgeprämie nichts, da auf beiden Seiten kein Interesse besteht, ein neues Versicherungsverhältnis anzunehmen.33 Bei einem Wechsel auf Seiten des VN ist zu differenzieren. Im Falle der Universalnachfolge aufgrund einer Erbschaft besteht das Versicherungsverhältnis unverändert fort (vgl. auch § 33 Rn. 38). Auch im Falle der Veräußerung einer Sache rückt der Erwerber in die Stellung des bisherigen VN ein, § 95 Abs. 1 (§ 69 a.F.).34 Somit sind die folgenden Prämien als Folgeprämien zu werten. Wird der Vertrag jedoch durch den neuen VN im Sinne eines Anschlussvertrages fortgeführt, ist zumindest dieser Vertrag ein neuer Vertrag und die zeitlich erste Prämie wäre somit als Erstprämie zu charakterisieren.35
15
dd) Abänderung der Vertragsdauer. Auch die bloße Verlängerung des bestehenden Vertrages stellt im Regelfall nur eine Fortsetzung dieses Vertrages dar.36 So können die Parteien sowohl ausdrücklich, aufgrund von Verlängerungsklauseln oder aber auch konkludent den bestehenden Vertrag fortführen. Dabei ist ein starkes Indiz für ein Beibehalten des Vertrages die Identität der Versicherungsnummer. Daher treten bei Zahlungsverzug auch nur die Rechtsfolgen des § 38 ein. Zumeist wird auch der Parteiwille auf eine bloße Fortführung hindeuten. Um einen völlig neuen Vertragsschluss anzunehmen, müssen daher starke Indizien im Parteiwillen auf einen diesbezüglichen Erfolg hindeuten. In einem solchen Falle ist eine Hinweispflicht des VR auf die Rechtsfolgen des § 37 geboten.
16
ee) Rechtsfolgen von Leistungsfreiheit/Rücktritt/Kündigung auf Neuvertrag. Teilweise wird sowohl in der Rechtsprechung, als auch in der Literatur die Ansicht vertreten, dass
31
32
BGH 21.11.1975 VersR 1976 136; OLG Saarbrücken 29.3.1974 VersR 1974 765; OLG Koblenz 8.2.1980 VersR 1980 617; OLG Karlsruhe 10.6.1981 VersR 1982 591. BGH 21.11.1975 VersR 1976 136; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 12.
54
33 34 35 36
Riedler S. 60 ff. A.A. Looschelders/Pohlmann/Stagl § 37 Rn. 6. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 15. Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 8; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 1.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
bei Annahme eines neuen Vertrags und darauf folgendem Zahlungsverzug der alte Vertrag wieder auflebt, sofern der VR kündigt, von seiner Leistung frei wird, oder zurücktritt. Begründet wird dieses Ergebnis damit, dass aus § 139 BGB folge, dass eine Kündigung des neuen Vertrages zugleich auch die Abänderungs- und Aufhebungsabrede beseitige und so der alte Vertrag wieder auflebe.37 Aus diesem Grund sei ein Rücktritt des VR nur nach § 38 möglich. Resultat wäre, dass sich die Leistungsfreiheit des VR auch nur auf das Risiko des neuen Vertrages auswirken würde, nicht jedoch auf die Leistungspflicht bezüglich des alten Risikos. Letztlich würde der VN damit genauso gestellt, wie im Falle einer bloßen Vertragsänderung. Diese Ansicht vermag nur in Teilen zu überzeugen. Sie ist überzeugend, soweit sich die Rechtsstellung des VN durch den Abschluss des Vertrages eigentlich verbessern sollte, er jedoch durch den neuen Vertrag nicht durch den günstigeren § 38 geschützt ist. Nichtsdestotrotz macht es bspw. keinen Sinn, im Falle des Wechsels des Versicherungsobjekts einfach den ursprünglichen Vertrag wieder aufleben zu lassen, der sich doch seinerzeit auf ein völlig anderes Objekt bezog. Ein dahingehender Parteiwille, vor allem seitens des VR, ist nicht vorhanden. Auch die Vermutung, dass im Regelfall eine Vertragsänderung und kein Neuabschluss eines Vertrages gewollt sei (vgl. Rn. 9), lässt erkennen, dass beim Neuabschluss der VN nicht so schutzwürdig ist, wie bei Falle einer Vertragsänderung, da er objektiv nicht davon ausgehen kann, dass im Falle der Kündigung des neuen Vertrages der VR dennoch für später eintretende Schäden einstehen werde. Daher erscheint es sachgerechter, diese Situationen über eine Hinweispflicht des VR zu lösen.38 b) Ratenzahlung. Haben die Parteien im Rahmen des Versicherungsverhältnisses eine 17 Ratenzahlung vereinbart, ist nach ganz herrschender Ansicht nur die erste Rate eine Erstprämie i.S.d. § 37.39 Die darauf folgenden Raten sind bereits als Folgeprämien zu sehen. Ob eine dahingehende Vereinbarung überhaupt besteht, ist jedoch zunächst zu ermitteln. Unter Ratenzahlung versteht man allgemein die Entrichtung der Prämie anhand von Teilbeträgen.40 Grundsätzlich schreibt das Gesetz eine Versicherungsperiode von einem Jahr vor, § 12 (§ 9 a.F.). Aufgrund der Dispositivität der Norm steht es den Parteien jedoch frei, kürzere Perioden zu vereinbaren. In diesem Fall ist die Prämie für die kürzeren Zeiträume eine „normale“ Prämie und keine Rate. Behalten die Parteien jedoch die jährliche Versicherungsperiode bei und vereinbaren bspw. monatliche, viertel- oder halbjährliche Zahlweise, liegen hingegen Ratenzahlungen in den einzelnen Teilzahlungen vor. Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen zwar die gesamte Prämie mit Versiche- 18 rungsbeginn fällig wird, der VR jedoch aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalls nur Teilbeträge davon verlangt. Hierin ist ein Verzicht des VR auf sein Recht, gem. § 266 BGB Teilleistungen abzulehnen, zu sehen.41 Gleichzeitig liegt hierin eine Stundung der übrigen Teilleistungen. Der VR muss hier deutlich herausstellen, in wie weit es sich um eine deckende Stundung handelt und in wie weit er auf die diesbezüglichen Rechtsfolgen des § 37 verzichtet.42 Dies ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. auch Rn. 19). In diesem Zusammenhang wird des Weiteren diskutiert, ob die noch ausstehenden Teilleistungen immer noch die Qualität der Erstprämie aufweisen. Dies ist zu bejahen. Alleine durch die 37
38 39
Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 6; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 17; LG Düsseldorf 15.7.1988 RuS 1988 342; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 4. Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 5. Looschelders/Pohlmann/Stagl § 37 Rn. 3;
40 41 42
Brockmann VersR 1953 345; Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 92. Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 91. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 24. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 24.
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§ 37
Abschnitt 3. Prämie
Stundung von Teilen der Prämie kann sich noch nichts an der Qualität der Prämie als Erstprämie ändern. Während im Vergleich zu einer Ratenzahlungsvereinbarung die Fälligkeit der einzelnen Teile deutlich herausgestellt ist, ändert sich an der ursprünglichen Fälligkeit der vollen Prämie auch im Falle der Annahme von Teilleistungen nichts. Daher ist jede Teilleistung noch eine Erstprämie und führt nach Ablauf der Stundung zu den Rechtsfolgen des § 37.43 Geringfügige Restbeträge können jedoch im Einzelfall eine Anwendung des § 37 ausschließen (dazu unter Rn. 29).
19
c) Stundung der Prämie. Vereinbaren die Parteien die Stundung der Erst- bzw. Einmalprämie (vgl. bereits § 33 Rn. 53), so stellt sich die Frage, ob bei Eintritt eines Versicherungsfalles vor Zahlung der (gestundeten) Prämie Versicherungsschutz besteht. Dem könnte § 37 Abs. 2 Satz 1 entgegenstehen. Indes kann eine sog. deckende Stundung vereinbart sein; damit ist gemeint, dass der VR auch während der Stundung schon Versicherungsschutz gewährt.44 Bei Vereinbarung einer deckenden Stundung ist demnach § 37 Abs. 2 zugunsten des VN abbedungen. Fraglich ist was gilt, wenn es an einer ausdrücklichen Vereinbarung fehlt. Zur früheren Rechtslage ist der Standpunkt vertreten worden, dass eine solche deckende Stundung grundsätzlich nicht anzunehmen sei.45 Neuerdings wird der Standpunkt vertreten, dass die deckende Stundung nach der VVG-Reform der Regelfall sei, da jetzt ohnehin schon Versicherungsschutz mit Abschluss des Vertrages bestehe, obwohl die Prämie noch nicht unbedingt fällig sei.46 Indes lässt sich dies so pauschal nicht feststellen (vgl. dazu noch Rn. 60). Vielmehr ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine deckende Stundung gewollt ist. Ist dies der Fall, so besteht bereits während der Stundung Versicherungsschutz. Anderenfalls richtet sich die Frage nach § 37 Abs. 2. Versicherungsschutz besteht nur dann, wenn der VN die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat (dazu insbesondere Rn. 41).
20
d) Vorläufige Deckung/Rückwärtsversicherung. Eine Unterscheidung zwischen Erstund Folgeprämie bedarf es zudem im Rahmen einer sog. vorläufigen Deckung, §§ 49–52. Dabei gewährt der VR dem VN bereits vor dem Abschluss des endgültigen Versicherungsvertrages Versicherungsschutz. Grundlage des gewährten Versicherungsschutzes ist dabei eine zuvor getroffene vertragliche Übereinkunft der Parteien, die unabhängig vom späteren Zustandekommen des Versicherungsvertrages gilt. Diese stellt einen in sich eigenständigen Versicherungsvertrag dar.47 Im Wege der VVG Reform wurde dies auch noch einmal ausdrücklich durch den Gesetzgeber kodifiziert, § 49 Abs. 1. Da es sich um einen eigenständigen Versicherungsvertrag handelt, entsteht folglich mit Zusage der vorläufigen Deckung ein Anspruch des VR auf die Erstprämie. Aufgrund der Trennung der beiden Verträge ist auch die erste, für den endgültigen Versicherungsvertrag zu zahlende Prämie, eine Erstprämie i.S.d. § 37.48 In der Praxis ist es jedoch Usus, dass beide Prämien
43
44 45 46
Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 47; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 7; einschränkend Berliner Kommentar/ Riedler § 38 Rn. 25. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 5. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 5 m.w.N. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 26; wohl auch Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 33 Rn. 5 f.
56
47
48
Sog. Trennungstheorie: Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 94; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 17. BGH 25.5.56 BGHZ 21, 122; Römer/Langheid2 § 38 Rn. 5; HK-VVG/Karczewski § 37 Rn. 3; Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 4; a.A. Looschelders/Pohlmann/Stagl § 37 Rn. 4.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
gemeinsam nach Zustandekommen des endgültigen Versicherungsvertrages eingezogen werden. Viele Gemeinsamkeiten weist die vorläufige Deckung mit der sog. Rückwärtsversiche- 21 rung auf, § 2 Abs. 1. Auch hier setzt der materielle Versicherungsbeginn bereits vor dem formellen Abschluss des eigentlichen Versicherungsvertrages ein.49 Der Versicherungsbeginn wird somit auf einen Zeitpunkt vor Annahme des Vertragsangebots vorverlegt. Gem. § 2 Abs. 4 findet die Vorschrift des § 37 Abs. 2 ausdrücklich keine Anwendung (vgl. dazu noch die Kommentierung zu § 37 Rn. 61). e) Wiederherstellung eines bereits beendeten Vertrages. Die Abgrenzungsschwierig- 22 keiten zwischen Erst- und Folgeprämie stellen sich ebenfalls dann, wenn ein Versicherungsvertrag in irgendeiner Art beendet wurde, sei es durch Rücktritt, Kündigung oder zeitlichen Ablauf und später wieder reaktiviert wird. Im Falle eines Rücktritts des VR nach § 37 Abs. 1 wegen nicht rechtzeitiger Leistung 23 der Erstprämie ist auch die zeitlich erste Prämie des wieder in Vollzug gesetzten Vertrages eine Erstprämie.50 Unbenommen bleibt es den Parteien jedoch, die Erst- als Folgeprämie zu bewerten, eine Rückwärtsversicherung zu vereinbaren, oder aber den neuen Vertragsbeginn auf den des ursprünglichen Vertrages festzusetzen. In diesem Fall handelt es sich richtigerweise um eine Folgeprämie.51 Anders ist die Lage zu beurteilen, sofern der VR aufgrund der Nichtleistung einer 24 Folgeprämie nach § 38 Abs. 3 Satz 1 kündigt, der VN jedoch innerhalb der Monatsfrist nach § 38 Abs. 3 Satz 3 noch leistet. Insoweit schreibt das Gesetz vor, dass durch die Zahlung die Kündigung unwirksam wird. Die nächste zu zahlende Prämie ist dann auch eine Folgeprämie nach § 38. Umgekehrt ist § 37 anwendbar, soweit die Zahlung des VN nicht mehr innerhalb der Monatsfrist erfolgt, der Vertrag also bereits erloschen ist und durch Parteivereinbarung wieder auflebt. Hierbei wird ein gänzlich neuer Vertrag geschlossen. Gleiches gilt auch, wenn aufgrund der Kündigung des VR eine Versicherung nach § 166 in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt wurde und diese wieder reaktiviert wird.52
B. Tatbestand I. Nicht rechtzeitige Zahlung im Rahmen des § 37 Abs. 1 1. Leistungsanforderung durch den VR § 37 Abs. 1 setzt voraus, dass VN die Erstprämie nach Abs. 1 nicht rechtzeitig 25 gezahlt hat. Um aber überhaupt von einer wirksamen Zahlungsverpflichtung sprechen zu können, bedarf es einer exakten Leistungsanforderung durch den VR. Da an eine nicht rechtzeitige Zahlung schwerwiegende Folgen geknüpft sind, muss die Anforderung bzgl. der Erstprämie sehr präzise sein. Die ausgewiesenen Prämienforderungen müssen genau beziffert und korrekt gekennzeichnet sein.53 Werden mehrere Prämien gleichzeitig eingefordert, so ist eine deutliche Trennung und Kennzeichnung der Herkunft zwingend ge49 50
51
Römer/Langheid2 § 38 Rn. 25. Ganster Prämienzahlung im Versicherungsrecht S. 93; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 27. Vgl. hierzu OLG Köln 18.5.1989 VersR 1990 1004.
52 53
BGH 23.6.1993 VersR 1994 39. BGH 9.3.1986 VersR 1986 986; Hk-VVG/ Karczewski § 37 Rn. 7.
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§ 37
Abschnitt 3. Prämie
boten.54 Diese akribische Betrachtungsweise ist im Sinne der Rechtssicherheit des VN zwingend. Ein Verstoß hiergegen führt zu einer unwirksamen Leistungsanforderung und kann niemals in einem Rücktrittsrecht oder einer Leistungsfreiheit des VR münden. Bereits geringfügige Mehrforderungen sind geeignet, die Anforderung unwirksam zu machen.55 2. Leistungshandlung des VN
26
Gemäß § 33 Abs. 1 hat der VN die einmalige, sofern laufende Prämien vereinbart sind, die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheines zu entrichten. Es kommt mithin nicht mehr wie nach früherer Rechtslage auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 33 sowie zur erforderlichen Leistungshandlung und Einordnung der Prämienschuld des VN § 36 Rn. 6 ff.). 3. Abweichungen bei der Prämienzahlung und deren Auswirkungen
27
a) Qualitative Abweichungen. Haben die Parteien eine bestimmte Art der Zahlungsweise (vgl. hierzu § 36 Rn. 26 ff.) vereinbart und möchte der VN die Prämienschuld dennoch unzulässiger Weise mittels einer anderen Zahlungsmethode begleichen, hat der VR das Recht diese Art der Zahlung zurückzuweisen. Dies gilt jedoch nicht, sofern er sich zuvor konkludent mit dieser Art der Zahlung einverstanden erklärt hat, etwa durch Angabe von Kontodaten auf der Versicherungspolice o.ä. b) Quantitative Abweichungen
28
aa) Teilzahlung des Prämienbetrages. Es kann vorkommen, dass der VN den geschuldeten Prämienbetrag nicht vollständig entrichtet. Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um eine Teilleistung nach § 266 BGB, die der VR auch grundsätzlich zurückweisen kann. Um den Rechtsfolgen des § 37 zu entgehen, muss der VN jedoch den vollständigen Prämienbetrag entrichten. Die Teilleistung vermag somit nichts daran zu ändern, dass der VN in Verzug gerät, solange noch Teile der Prämie ausstehen. Dem § 37 liegt das sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip zugrunde. Das ist auch insoweit nicht unbillig, da der VN durch die exakte Auflistung des Prämienbetrages und seiner Bestandteile sowie neuerdings durch die gesetzliche Informationspflicht bzgl. der Rechtsfolgen des § 37 (§ 37 Abs. 2 S. 2) hinreichend geschützt ist. Folglich kann der VR die Leistung verweigern, sofern nach Zahlung der Teilleistung und vor Zurückweisung durch den VR der Schadensfall eintritt. Das gilt natürlich nicht, sofern der VN den Zahlungsverzug nicht zu vertreten hat, § 37 Abs. 2 S. 1.
29
bb) Geringfügige Prämienrückstände. In seltenen Ausnahmefällen ist an diesem Allesoder-Nichts-Prinzip nicht festzuhalten. Unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wird zumindest dann, wenn im Verhältnis zur Prämie nur sehr geringfügige Prämienrückstände offen sind, dem VR eine Berufung auf die Rechtsfolgen
54
55
BGH 9.10.1985 VersR 1986 54; OLG Hamm 22.9.98 VersR 1999 957; Terbille/Terbille MAH2 § 2 Rn. 162. BGH 30.1.1985 VersR 1985 447 (DM 26,05
58
anstatt DM 19); BGH 7.10.92 VersR 1992 1501 „selbst Pfennigbeträge genügen für die Unwirksamkeit“.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
des § 37 verwehrt. Dies entspricht – soweit ersichtlich – heute auch der allgemeinen Auffassung.56 Diese Ausnahme lässt sich in rechtlicher Hinsicht auf § 320 Abs. 2 BGB stützen, wonach die Einrede des nicht erfüllten Vertrages dem anderen Teil dann nicht entgegengehalten werden kann, wenn der andere Teil mit nur einem verhältnismäßig geringfügigen Teil im Rückstand ist. Die Grenze, wann ein noch ausstehender Betrag als geringfügig zu bewerten ist, ist nach deutschem Recht (anders die Rechtslage insbesondere in Österreich, vgl. § 39a ÖVVG) nicht leicht zu ziehen.57 Richtigerweise ist im ersten Schritt das Verhältnis des ausständigen Prämienbetrags zur insgesamt fälligen Prämie einschließlich Zinsen und Kosten zu betrachten.58 Dies alleine genügt jedoch keineswegs. Im zweiten Schritt muss auch der noch ausstehende Betrag für sich allein gesehen geringfügig sein. Im Unterschied zur österreichischen Rechtslage (§ 39a ÖVVG) existiert im deutschen Recht keine pauschale Prozentangabe von 10 %. Da der Reformgesetzgeber auch weiterhin bewusst auf eine solche pauschale Schranke verzichtet hat, ist eine derartige Berechnungsmethode nicht anwendbar.59 Ein ausschlaggebender Orientierungspunkt bietet vielmehr die Regelung des § 38 Abs. 2 (§ 39 Abs. 2 a.F.), wonach Leistungsfreiheit nach Mahnung bereits im Falle rückständiger Kosten oder Zinsen gegeben ist. Demnach können richtigerweise Prämienrückstände nur dann als geringfügig gewertet werden, solange sie die Kosten und Zinsen nicht übersteigen. Die Frage nach der Geringfügigkeit ist daher restriktiv zu handhaben.60 Dafür spricht zum einen die klare gesetzgeberische Wertung und zum anderen die grundsätzliche Vorgehensweise bei teleologischen Reduktionen bzw. Ausnahmen nach Treu und Glauben. Nach herrschender Meinung verbleibt darüber hinaus kein Raum für einen Schutz des VN nach Treu und Glauben, wenn dieser bewusst und gewollt nicht vollständig erfüllt bzw. eigenmächtig Kürzungen an der Prämie vornimmt.61 Beispiele für einen geringfügigen Prämienrückstand sind: DM 2,70 gegenüber DM 162 (OLG Düsseldorf 28.10.1975 VersR 1976 429). Dagegen sind nicht mehr als geringfügig einzustufen: DM 6,80 gegenüber DM 33,20 (OLG Nürnberg 14.7.1952 VersR 1952 370). Als nicht geringfügig wurde zudem erachtet: DM 64,37 zu DM 201,38 (OLG Saarbrücken 29.3.1974 VersR 1974 765); DM 52,50 gegenüber DM 1052,50 (BGH 5.6.1985 VersR 1985 981). Aus den Augen gelassen werden darf folgerichtig auch nicht der Aspekt, dass grundsätzlich auch die häufige Rückständigkeit mit Prämienzahlungen beim VR zu hohen Verwaltungskosten führt, die er ansonsten nicht zu tragen hätte. Daher sind im Sinne eines fairen Ausgleichs nur völlig vernachlässigbare Prämienrückstände von dieser Ausnahme nach Treu und Glauben erfasst. 56
57
BGH 9.3.1988 VersR 1988 484; BGH 9.10.1985 VersR 1986 54; BGH 25.6.1956 BGHZ 21 122; OLG Hamm 30.9.1960 NJW 1961 1411; OLG Koblenz 3.5.1966 VersR 1966 1128; OLG Frankfurt 3.8.2005 VersR 2006 537; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 42; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 11; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Hahn2 § 12 Rn. 47; Gärtner S. 111; Römer/ Langheid2 § 38 Rn. 13. Zur österreichisches Rechtslage vgl. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 112.
58 59 60 61
OLG Hamm 30.9.1960 NJW 1961 1411; OLG Koblenz 3.5.1966 VersR 1966 1128. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 47. Lang VersR 1987 1157, 1159; Riedler VersRsch 1993 332, 336. BGH 9.3.1988 VersR 1988 484; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 11; OLG Frankfurt 3.8.2005 VersR 2006 537.
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Abschnitt 3. Prämie
4. Tilgungsbestimmungen
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Probleme bei der Verrechnung von Prämieneingängen können entstehen, sobald der VN aus mehreren Verträgen mit Prämienzahlungen im Rückstand ist und seine Zahlung nicht ausreicht, um alle Prämienschulden zu tilgen. Nach § 366 Abs. 1 BGB ist dabei der Wille des VN dafür entscheidend, auf welche Prämienschuld die Zahlung angerechnet werden soll. In den meisten Fällen ergibt sich der Wille konkludent daraus, dass ein von einem bestimmten Vertrag herrührender Betrag eingefordert wird und dieser exakt vom VN beglichen wird. Bei Identität von Gefordertem und Geleistetem zeigt sich eindeutig der Wille, diese Prämienschuld zu tilgen.62 Für die seltenen Fälle, in denen keine Tilgungsbestimmung ersichtlich ist, gilt § 366 36 Abs. 2 BGB. Danach ist aus Sicht des VN der „lästigere“ Anspruch zu tilgen. Das ist zumeist der, bei dem am ehesten der Verlust der Deckung droht.63 Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn der eingehende Betrag zwar nicht zur Tilgung der „lästigsten“ Schuld ausreicht, jedoch zur Tilgung einer anderen Schuld genügt. In diesen Fällen wird die Leistung auf diese andere Schuld angerechnet um sicherzustellen, dass zumindest ein Versicherungsverhältnis aufrecht erhalten bleibt.64
II. Keine Zahlung der Erstprämie im Rahmen des § 37 Abs. 2 37
Im Gegensatz zu § 37 Abs. 1, der von „nicht rechtzeitiger Zahlung“ spricht, ist in § 37 Abs. 2 ausschließlich von der „Nichtzahlung der Erstprämie“ die Rede. Auch nach der VVG-Reform ist noch ungeklärt, ob das Merkmal der „Rechtzeitigkeit“ in den Abs. 2 hineinzulesen ist. Ein solches Hineinlesen dieses Merkmals in § 37 Abs. 2 hätte zur Folge, dass § 37 Abs. 2 den Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Fälligkeit der Prämie (ca. zwei Wochen nach Erhalt des Versicherungsscheins) nicht erfasst. Dennoch erfolgt ein solches „Hineinlesen“ im Schrifttum vielfach, wenn auch ohne ausdrückliche Erläuterung und Begründung, wobei oftmals auch schon nicht hinreichend zwischen § 37 Abs. 1 und § 37 Abs. 2 unterschieden wird.65 Lediglich Riedler geht soweit ersichtlich auf diese Frage zu § 38 VVG a.F. näher ein.66 Gegen ein Hineinlesen der Rechtzeitigkeit in § 37 Abs. 2 lassen sich Einwände erheben. Zunächst einmal enthält der Wortlaut des § 37 Abs. 2, trotz der historisch begründeten Auffassung von Riedler,67 keinen Hinweis auf eine rechtzeitige Leistung. Etwaige historische Argumente haben gegenüber dem Wortlaut zurückzutreten. Die „Rechtzeitigkeit der Leistung“ bzw. die „Fälligkeit der Prämie“ ist daher kein Merkmal von § 37 Abs. 2. Auch aus teleologischen Gesichtspunkten folgt kein anderes Ergebnis. Ein sich am Wortlaut der Vorschrift orientierendes Verständnis wird im Gegenteil dem Willen des Gesetzgebers, am Einlösungsprinzip festzuhalten, in vollem Umfang gerecht. Auch systematische Gesichtspunkte sprechen für diese Lesart. Dass § 37 Abs. 2 gerade nicht auf eine nicht rechtzeitige Zahlung, sondern auf eine Nichtzahlung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls abstellt, ist ein Indiz dafür, dass die Regelung auch in der Phase anwendbar ist, in der die Prämie bis zum Eintritt des Versicherungsfalles nach § 33 Abs. 1 noch nicht fällig geworden ist (vgl. dazu Rn. 45). Bei einem anderen Verständnis bliebe das VVG im Hinblick auf diese wichtige Fallgruppe lückenhaft.68 62 63 64
OLG Koblenz 2.5.1980 VersR 1980 961. BGH 21.11.1975 VersR 1976 136; Lang VersR 1987 1157, 1159. BGH 27.2.1978 NJW 1978 1524.
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Schimikowski4 Rn. 155; Wandt4 Rn. 515. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 55 ff. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 55 ff. Terbille/Terbille MAH2 § 2 Rn. 158.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
Dieser Meinungsstreit ist allerdings nicht entscheidend, wenn AVB § 37 Abs. 2 dahingehend abwandeln, dass es auf eine „nicht rechtzeitige Zahlung“ ankommt, wie z.B. in Nr. 9.3 der AHB 2008.
III. Informationspflicht des VR, § 37 Abs. 2 S. 2 Bereits vor der VVG-Reform wurde dem VR seitens der Rechtsprechung aufgegeben, 38 den VN über die gravierenden Folgen eines Zahlungsverzugs mit der Erstprämie bei vorläufiger Deckungszusage hinzuweisen.69 Nunmehr hat der Gesetzgeber diese Aufklärungspflicht für alle Versicherungsarten ausdrücklich in § 37 Abs. 2 Satz 2 kodifiziert. Danach kann der VR sich nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er zuvor durch „gesonderte Mitteilung in Textform“ oder durch „auffälligen Hinweis im Versicherungsschein“ auf die Rechtsfolgen der Nichtzahlung der Erstprämie aufmerksam gemacht hat. Diesen besonderen formalen Voraussetzungen kommt der VR nach, sofern augenscheinlich die Rechtsbelehrung im Versicherungsschein hervorgehoben wird, so dass sie dem VN quasi ins Auge springt. Die besondere Bedeutung muss für den VN klar erkennbar sein, so dass insbesondere ein Vermerk auf der Rückseite nicht genügt. Auch nach der Reform bleibt es den Parteien unbenommen, den Beginn des Versicherungsschutzes an die Zahlung der Erstprämie zu knüpfen (sog. Einlösungsklausel). Gleiches gilt letztlich auch bei der sog. erweiterten Einlösungsklausel. Wird dabei der Versicherungsschutz rückwirkend mit Zahlung der Prämie gewährt, muss auch hier eine qualifizierte Belehrung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 über die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Zahlung innerhalb der Frist des § 33 erfolgen. Inhaltlich muss die Belehrung so ausgestaltet sein, dass sie die Gratwanderung zwi- 39 schen guter Verständlichkeit und umfangreicher Belehrung meistert. Dem VN muss unmissverständlich verdeutlicht werden, dass er zur Zahlung aufgefordert wird und welche Konsequenzen ihm im Falle der Nichtentrichtung der Prämie drohen. Dabei darf sie wiederum nicht zu komplex sein, um die Verständlichkeit zu wahren. Sie muss insbesondere auf die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit des VR hinweisen.70 Darüber hinaus empfiehlt es sich, den VN darüber zu belehren, dass er im Falle einer nicht verschuldeten Nichtleistung den Versicherungsschutz retten kann, sofern er danach schnellstmöglich seine Prämienschuld tilgt. Je nach Versicherung und Art der Zahlungsweise können darüber hinaus weitere Ausführungen von Nöten sein. Bei der Kfz-Versicherung wird der VN etwa darauf hingewiesen, dass er rückwirkend seinen Versicherungsschutz verliert, wenn er nicht binnen 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins zahlt, C.1.2 AKB 2008.71 Bei Verwendung des Lastschriftverfahrens ist darüber hinaus der Termin des Abbuchungstages anzugeben, um dem VN die Sicherung der Kontodeckung zu ermöglichen und zu erörtern, was im Falle eines verspäteten Einzugs durch die Inkassostelle zu geschehen hat.72 Zu dieser Informationspflicht nach § 37 Abs. 2 Satz 2 wird bisweilen angenommen, 40 dass sie sich auch auf § 37 Abs. 1 bezieht und somit der VR auch hinsichtlich der Rücktrittsfolgen warnen muss.73 Dieser Aspekt steht in Zusammenhang mit der Wirkung des Rücktritts (dazu Rn. 51 f.).
69 70
BGH 17.4.1967 BGHZ 47 352, 362. Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 28; mögliche Formulierung bei Gitzel VersR 2007 322, 324.
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Eingehend hierzu BGHZ 47 352, 364. OLG Düsseldorf 8.9.1998 VersR 1999 830. Gitzel VersR 2007 322.
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IV. Vertretenmüssen § 37 Abs. 1, 2. Hs., Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. 41
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Im Wege der Reform wurde § 37 um eine weitere Besonderheit ergänzt. Die Rechtsfolgen des § 37 können nunmehr nur dann eintreten, sofern der VN die nicht rechtzeitige Zahlung zu vertreten hat. Bislang spielte es gerade keine Rolle, ob der VN den Zahlungsverzug zu vertreten hatte oder nicht. Mit der Gesetzesänderung wurde damit die Rechtslage an die allgemeinen Verzugsregelungen aus dem BGB angepasst, wonach Verzug nur eintreten kann, wenn der Schuldner diesen auch zu vertreten hatte, § 280 Abs. 1 Satz 2, 286 BGB. Dabei trifft den VN, wie auch in den Regelungen des allgemeinen Schuldrechts, die Darlegungs- und Beweislast bzgl. der Tatsachen die belegen, dass er den Zahlungsverzug nicht zu vertreten hat („es sei denn“).74 In welchen Fällen sich der VN aber auf ein fehlendes Verschulden berufen kann, ist noch nicht hinreichend geklärt. Gewiss fällt hierunter die frühere Fallgruppe des Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), nach der früher dem VR nach ganz herrschender Ansicht die Berufung auf die Leistungsfreiheit verwehrt blieb. Ein solcher Fall liegt regelmäßig dann vor, wenn die Unterlassung der rechtzeitigen vollständigen Zahlung der Prämie auf dem Fehlverhalten des VR beruht. Insbesondere bei treuwidriger Vereitelung der rechtzeitigen Zahlung ist dieser Umstand vom VR zu vertreten. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn er den Versicherungsschein nicht rechtzeitig vorlegt75, bei ungerechtfertigter Ablehnung von Zahlungsangeboten76 oder bei Setzen eines Vertrauenstatbestandes, kraft dessen der VN davon ausgehen kann, dass zunächst keine offene Prämienschuld besteht. Nach § 34 Abs. 1 darf der VR insbesondere keine Zahlungen zurückweisen von Bezugsberechtigten, die ein Recht auf die Versicherungsleistung haben oder auch von Pfandgläubigern. Ein solcher Fall liegt ebenfalls vor, wenn der VR mittels einer Einzugsermächtigung einen zu hohen Betrag abbucht oder er es vor Abbuchung versäumt hat, den VN über die kommende Belastung seines Kontos zu informieren und in der Folge die Lastschrift mangels Kontodeckung von der Zahlstelle wieder zurückgegeben wird. Weiterhin wäre denkbar, dass der VN sich im Falle längerer Ortsabwesenheit auf diesen Ausschluss beruft. Dabei kann jedoch nicht ein Vergleich mit Fällen des Zugangs von Willenserklärungen nach § 130 BGB gezogen werden.77 Regelmäßig liegt der Abschluss des Versicherungsvertrages im Zusammenhang mit Fragen der Erstprämie nicht allzu lange zurück, so dass der VN eine Zahlungsaufforderung in den kommenden Tagen erwarten muss. Eine längere Ortsabwesenheit kann daher regelmäßig nicht ausreichen, um ein Verschulden zu verneinen. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass ihn in angemessener Zeit derartige Schreiben erreichen. Ein anderes Beispiel für einen unverschuldeten Verzug mit der Prämie wäre etwa auch bei plötzlich auftretenden Krankheiten oder ähnlichen plötzlich eintretenden Ereignissen, die den VN aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten an einer rechtzeitigen Zahlung hindern, gegeben.78 Problematisch gestaltet sich darüber hinaus die Frage, ob der VR leisten muss, wenn innerhalb der Zahlungsfrist des § 33 ein Versicherungsfall eintritt, der VN bis dato noch nicht gezahlt hat, aber innerhalb der Frist die Prämienschuld noch begleicht (dazu Rn. 55). 74 75 76
Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 8. RG 26.2.1946 RGZ 147 103. Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 28; a.A. LG Köln 27.2.1980 VersR 1980 962.
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Erwogen und zutreffend abgelehnt Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 10. R. Johannsen FS Schirmer, 264.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
V. Rechtsfolgen des Zahlungsverzugs 1. Zahlungspflicht des VN/Verzugszinsen Der Eintritt des Zahlungsverzugs mit der Erst- oder Einmalprämie hat keinen Einfluss 46 auf die Pflicht des VN, die vereinbarte Prämie zu entrichten. Vielmehr bleibt der grundsätzliche Anspruch auf die Prämienzahlung nach § 1 Satz 2 bestehen, den der VR nach wie vor einklagen kann. Durch den Wegfall des fingierten Rücktritts (§ 38 Abs. 1 Satz 2 a.F.) erlischt dieser Anspruch auch nicht in Folge des Zeitablaufs. Vor dem Jahre 2008 musste der VR den Anspruch binnen einer Frist von drei Monaten geltend machen, da ansonsten der Anspruch ipso iure erlosch. Dies gilt nach neuem Recht nicht mehr. Vielmehr ist einzig der ausdrücklich erklärte Rücktritt vom Vertrag dazu geeignet, die Prämienzahlungspflicht des VN zu beseitigen. Durch den Zahlungsverzug mit der Erstoder Einmalprämie können jedoch Sekundäransprüche in Form von Verzugszinsen gegen den VN entstehen, die der VR nach den allgemeinen Vorschriften des BGB geltend machen kann, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB. 2. Rücktrittsrecht des VR § 37 Abs. 1 Eine der beiden von § 37 angeordneten Rechtsfolgen für den Fall des Zahlungsverzugs mit der Erst- oder Folgeprämie ist das Rücktrittsrecht des VR nach § 37 Abs. 1. § 37 Abs. 1 ist dabei lex specialis zu den allgemeinen Rücktrittsvorschriften des BGB (§ 323 ff.). Vor allem ist das Setzen einer Nachfrist nicht erforderlich. Der VR hat demnach unabhängig von einer etwaigen Leistungsfreiheit die Option, vom bestehenden Vertrag Abstand zu nehmen. Voraussetzung für das Bestehen des Rücktrittsrechts ist die nicht rechtzeitige Zahlung der Erst- oder Einmalprämie. Des Weiteren muss der VN diesen Zahlungsverzug zu vertreten haben, wofür jedoch das Gesetz die grundsätzliche Vermutung eines Vertretenmüssens aufstellt. Zahlungsverzug setzt dabei jedoch voraus, dass die Schuld nicht getilgt wurde, obwohl sie fällig war. Die neue Regelung des § 33 Abs. 1 knüpft die Fälligkeit der Erst- oder Einmalprämie an den Erhalt des Versicherungsscheins. Danach hat der VN die fällige Prämie unverzüglich nach Ablauf von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins zu zahlen. Unter „unverzüglich“ ist im Grunde zu verstehen, dass der VN ohne schuldhaftes Zögern zahlt. Hierin steckt eine subjektive Komponente, die auf ein Verschulden anspielt.79 Der Rücktritt muss vom VR gegenüber dem VN ausdrücklich erklärt werden und diesem zugehen. Alleine die Berufung auf Leistungsfreiheit genügt den Anforderungen an eine Rücktrittserklärung nicht.80 Eine Begründungspflicht des VR, wie sie teilweise angenommen wird81, kann schon vom Wortlaut her nicht verlangt werden. Ein Hinweis auf den Zahlungsverzug ist jedoch angebracht. Eine Form ist bei der Rücktrittserklärung nicht einzuhalten.82 Der Rücktritt ist nur solange möglich, wie der VN seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen ist. Selbst nach Eintritt des Verzugs ist dieser nämlich berechtigt nachzuzahlen, um so den Versicherungsschutz wieder herzustellen.83 Das Recht des VN erlischt erst mit Zugang der Rücktrittserklärung. Eine Nachzahlung ist daher selbst im Falle einer 79 80 81
Terbille/Terbille2 MAH § 2 Rn. 158. OLG Hamm 3.4.1981 VersR 1981 1148; Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 27. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 85; a.A. Schulz VersR 1968 332.
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Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 32. Gärtner S. 84; Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 83.
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bereits abgesandten Erklärung möglich. Nach Zugang der Rücktrittserklärung gilt die Zahlung als ein Angebot des VN auf Abschluss eines neuen Vertrages, welchen der VR annimmt, soweit er den Betrag nicht nach Ablauf einer angemessenen Frist zurücksendet.84 Rechtsfolge des erklärten Rücktritts ist die Umwandlung des Versicherungsvertrages 51 in ein Rückgewährschuldverhältnis. Dadurch erlischt die Zahlungspflicht des VN, gegenseitig bereits erbrachte Leistungen sind zumindest wertmäßig zurückzuerstatten. Auf Seiten des VN hat dies zur Folge, dass er gezahlte Prämien zurückfordern kann. Der Rücktritt beseitigt – auch rückwirkend – den Versicherungsschutz (dazu sogleich Rn. 52). Wurde vorläufige Deckung vereinbart, steht dem VR eine angemessene Prämie für die bis dahin bestandene Laufzeit zu, wenn der Vertrag später nicht zustande kommt, § 50. Ansonsten kann der VR lediglich eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen, wie es sich aus § 39 Abs. 1 Satz 3 ergibt. Die Frage der Angemessenheit beurteilt sich in erster Linie 85 52 nach der Art der Versicherung und den beim VR entstandenen Kosten. Dass ein Rücktritt zu einem rückwirkenden Wegfall des Versicherungsschutzes führen soll, ist nicht unproblematisch. Teilweise wird in diesem Zusammenhang davon gesprochen, der Rücktritt habe ex-tunc-Wirkung.86 Damit kann nicht gemeint sein, dass der Vertrag von Anfang an beseitigt wird, so wie dies bei einer Anfechtung gem. § 142 BGB der Fall ist. Vielmehr soll zum Ausdruck kommen, dass der Versicherungsvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wird. Konsequenz ist, dass im Falle eines Rücktritts durch den VR – auch rückwirkend – kein Versicherungsschutz mehr besteht.87 Hierfür spricht neben der allgemeinen Wirkung eines Rücktritts auch die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 3, wonach der VR im Falle eines Rücktritts lediglich eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen kann. Zu Recht hat indes Wandt Bedenken geäußert, wenn Leistungsfreiheit insbesondere gem. § 37 Abs. 2 nur unter strengen Voraussetzungen eintreten solle. So könne der VR, wenn er den in § 37 Abs. 2 Satz 2 geforderten Rechtsfolgenhinweis unterlassen hat und deshalb nach dieser Vorschrift nicht leistungsfrei ist, gem. § 37 Abs. 1 vom Vertrag zurücktreten und hierdurch rückwirkend den Versicherungsschutz vermeiden und damit letztlich Leistungsfreiheit herbeiführen. Zur Harmonisierung bedürfe es deshalb Korrekturen des § 37 Abs. 1.88 Für ein selbständiges Nebeneinander von § 37 Abs. 1 und Abs. 2 lassen sich durchaus Gründe nennen. So wollte der Gesetzgeber die bisherige Rechtslage (Rücktritt mit rückwirkendem Wegfall des Versicherungsschutzes89) offenbar aufrecht erhalten. Weiter stellen § 37 Abs. 1 und 2 unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen auf; so kann der VN immerhin einen Rücktritt des VR durch Zahlung der Prämie verhindern („solange die Zahlung nicht bewirkt ist“). Andererseits ist der Schutzzweck insbesondere des § 37 Abs. 2 Satz 2 zu beachten. Dem VN soll die Konsequenz der Nichtzahlung der Prämie bewusst sein; nur dann soll Leistungsfreiheit bestehen. Dieser Gedanke gilt unabhängig davon, ob der Versicherungsschutz durch Leistungsfreiheit (Abs. 2) oder durch Rücktritt (Abs. 1) entfällt. Soweit deshalb ein rückwirkender Wegfall des Versicherungsschutzes infolge eines Rücktritts im Raum steht, wird man zumindest § 37 Abs. 2 Satz 2 analog anzuwenden haben.90 84 85
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Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 96. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 57; vgl. insbesondere Kommentierung § 39. Wandt4 Rn. 518; RegE S. 72. Wandt4 Rn. 518; Looschelders/Pohlmann/ Stagl § 39 Rn. 4; Marlow/Spuhl 3 S. 119; Gitzel VersR 2007 322; a.A. Langheid/Wandt/
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Staudinger § 37 Rn. 27 (ex-nunc-Wirkung des Rücktritts). Wandt4 Rn. 518; a.A. Langheid/Wandt/Staudinger § 37 Rn. 27. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 94. Ähnlich Marlow/Spuhl3 S. 119; Gitzel VersR 2007 322 (der § 37 Abs. 2 Satz 2 als einen eigenen Abs. 3 der Vorschrift ansehen
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
3. Leistungsfreiheit des VR § 37 Abs. 2 a) Nichtzahlung bei Versicherungsfall. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 wird der VR von sei- 53 ner Leistungspflicht nur dann frei, wenn die Erst- oder Einmalprämie zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles nicht entrichtet wurde. Ausschlaggebend ist für die Frage nach der erfolgten Zahlung ausschließlich der Zeitpunkt der Leistungshandlung (vgl. zum Inhalt der erforderlichen Leistungshandlung § 36 Rn. 14 ff.). Der VN muss also das seinerseits Erforderliche getan haben, um seiner Prämienzahlungspflicht nachzukommen. Der Begriff des Versicherungsfalles ist nicht legaldefiniert, findet aber eine Konkretisierung in den meisten Versicherungsbedingungen. Allgemein lässt sich der Versicherungsfall umschreiben als ein Ereignis, dass dazu imstande ist, die Eintrittspflicht des VR hervorzurufen.91 Bei sog. gedehnten Versicherungsfällen ist der Zeitpunkt entscheidend, zu dem erstmals der Zustand des Versicherungsfalles vorlag.92 Einschränkend wird der VR darüber hinaus nicht von der Leistung frei, wenn der VN 54 den Zahlungsverzug nicht zu vertreten hat, § 37 Abs. 2 a.F., wofür der VN jedoch die Beweislast trägt.93 b) Ausnahmen von § 37 Abs. 2 aa) Auswirkungen der Zahlungsfrist gem. § 33 Abs. 1 auf eine mögliche Leistungsfrei- 55 heit gem. § 37 Abs. 2. Infolge der Neufassung des § 33 Abs. 1 ist umstritten, ob Versicherungsschutz besteht, wenn der Versicherungsvertrag geschlossen wurde und ein Versicherungsfall vor Prämienzahlung eingetreten ist, der VN aber seiner Prämienzahlungspflicht noch innerhalb der Frist des § 33 Abs. 1 nachkommt. Dabei geht es um die Frage, wie sich die Neuregelung der Fälligkeit gem. § 33 Abs. 1 auf das Einlösungsprinzip gem. § 37 Abs. 2 auswirkt. Diese Konstellation ergibt sich z.B., wenn der Vertragsschluss am 2.4. mit gleich datiertem Versicherungsbeginn erfolgt, die Zahlungsfrist nach § 33 bis zum 19.4 läuft, der Versicherungsfall am 6.4 eintritt und der VN die Prämie am 11.4 bezahlt. Die wohl herrschende Ansicht bejaht hier das Bestehen einer Leistungspflicht des VR. Zur Begründung wird insbesondere angeführt, dass nach § 37 Abs. 2 die Leistungsfreiheit nur bestehen könne, wenn der VN die Nichtzahlung nicht zu vertreten habe.94 Solange er innerhalb der Zahlungsfrist von § 33 Abs. 1 die Prämie entrichte, würde er unverschuldet handeln. Der VR müsse demnach leisten. Es erscheint allerdings fraglich, ob bei dieser Konstellation tatsächlich stets von einem fehlenden Verschulden (dazu unten) und der Leistungsfreiheit des VR als Regelfall ausgegangen werden kann. Hintergrund dieser Ansicht ist, dass nach alter Rechtslage der VN die Erstprämie unverzüglich nach Erhalt des Versicherungsscheins bezahlen musste, § 35 a.F. Nach neuer Fassung bleibt ihm hierzu eine Frist von (mehr als) zwei Wochen. Grund hierfür ist die Widerrufbarkeit von Versicherungsverträgen nach § 8. Der Leistungsaustausch soll erst erfolgen, sofern der Versicherungsvertrag endgültig besteht.95 Eine Benachteiligung des VN sollte hiermit allerdings nicht einhergehen. Nutzt der VN aber gem. § 33 Abs. 1 zulässigerweise diese gesetzliche Frist aus, führt dies zu einer vom Gesetzgeber kaum beabsichtigten „Irreführung“ des VN, die als unbillig empfunden wird. Der VN kann faktisch
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möchte und damit zum gleichen Ergebnis gelangt). Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 58. Vgl. hierzu BGH 22.2.1984 VersR 1984 630. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 58. R. Johannsen FS Schirmer, 263 ff.; Schimi-
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kowski 4 S. 109; Terbille/Terbille2 MAH § 2 Rn. 158; Meixner/Steinbeck § 1 Rn. 188 f.; HK-VVG/Karcewski § 37 Rn. 18, im Ergebnis ähnlich aber mit anderer Begründung Riedler VersRsch 1993 332, 340; a.A. Wandt/Ganster VersR 2007 1034, 1035. BTDrucks. 16/3945 S. 70.
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die ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Frist nicht ausnutzen, da er andernfalls Gefahr läuft, im Versicherungsfall nicht abgesichert zu sein.96 Ein Schutz des VN lässt sich auch nicht darüber erreichen, dass § 37 Abs. 2 erst ab Fälligkeit der Erstprämie Anwendung findet.97 Eine derartige Einschränkung ergibt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Wortlaut umfasst gerade nicht „die Nichtzahlung trotz Fälligkeit“ (vgl. Rn. 30). Vor diesem Hintergrund und angesichts der Bedeutung des Einlösungsprinzips lässt sich die Systematik der §§ 33, 37 zumindest als missglückt bezeichnen. Hier hätte es einer klareren rechtlichen Regelung bedurft. Gegen die Ansicht, die bei erfolgter Prämienzahlung ohne weiteres rückwirkenden Versicherungsschutz annimmt, bestehen nicht unberechtigte Bedenken. Zunächst einmal ist zu konstatieren, dass § 37 Abs. 2 im Gegensatz zu § 37 Abs. 1 nicht an die „Rechtzeitigkeit der Zahlung“ anknüpft (vgl. Rn. 37). Der Wortlaut spricht einzig von der „Nichtzahlung“. Hiermit bringt der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck, dass er am Einlösungsprinzip festhalten möchte. Dieses sieht vor, dass der materielle Versicherungsbeginn erst durch Zahlung der Erstprämie einsetzt. Würde man den Versicherungsschutz schon vor Zahlung der Erstprämie bejahen, käme dies einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Abschwächung des Einlösungsprinzips gleich. Ein Blick auf die Gesetzesbegründung zeigt zudem deutlich, dass der Gesetzgeber sehr wohl bei der Fassung des § 37 zwischen den einzelnen Möglichkeiten des Versicherungsbeginns unterschieden hat. Insbesondere behandelt die Entwurfsbegründung den Fall, dass der Versicherungsschutz vereinbarungsgemäß vor Zahlung der Erstprämie beginnen soll (sog. erweiterte Einlösungsklausel).98 Diese wäre im Grunde nicht mehr von Nöten, wenn immer Versicherungsschutz rückwirkend bestehen würde, sofern der VN die Erstprämie rechtzeitig zahlt. Es stellt sich die Frage, wie dem Willen des Gesetzgebers, das Einlösungsprinzip beizubehalten, genüge getan werden und zugleich die aufgezeigte Unsicherheit des VN vermieden werden kann. Ein entscheidender Ansatzpunkt hierfür ist in der vom Gesetzgeber eingeführten Belehrung gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 zu sehen. Danach ist der VR leistungsfrei, wenn er den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge aufmerksam gemacht hat. Diese Regelung ist zunächst ein weiterer Beleg dafür, dass das Einlösungsprinzip trotz der neuen Fälligkeitsregelung des § 33 Bestand haben sollte. Der Gesetzgeber stellt mit ihr sicher, dass der VR den VN schon in eigenem Interesse, um seine Leistungspflicht zu vermeiden, in aller Deutlichkeit darauf hinweist, dass erst die Zahlung seiner Erstprämie zum materiellen Versicherungsbeginn führt. Durch einen solchen deutlichen Hinweis lässt sich eine Ungewissheit des VN über die Rechtslage in der Regel vermeiden. Konsequenz ist, dass der VN die Nichtzahlung der Prämie zu vertreten hat, da es nach diesem Hinweis an ihm liegt, den Versicherungsbeginn herbeizuführen und eine Leistungsfreiheit des VR zu vermeiden.99 Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Leistungsfreiheit des VR der Ausnahmefall bleibt und das Einlösungsprinzip auch in dieser Konstellation gewahrt ist. Nichtsdestotrotz verbleibt es dabei, dass die Systematik des § 33 Abs. 1 und des § 37 Abs. 2 nicht stimmig ist. Sofern der VR eine erweiterte Einlösungsklausel verwendet, stellt sich dieses Problem ansonsten nicht, so z.B. Nr. 8 AHB 2008 (zur erweiterten Einlösungsklausel vgl. auch Rn. 65). 96 97
HK-VVG/Karcewski § 37 Rn. 18. So aber Wandt/Ganster VersR 2007 1034, 1036.
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Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
bb) vorläufige Deckung/deckende Stundung/Rückwärtsversicherung. Im Falle der Vereinbarung einer vorläufigen Deckung oder deckender Stundung ist der VR unabhängig von der Prämienzahlung zunächst verpflichtet, Versicherungsschutz zu gewähren. Die Deckungspflicht des VR besteht solange, bis entweder der zur Debatte stehende Abschluss des Versicherungsvertrages endgültig gescheitert ist, oder aber der Vertrag geschlossen wurde und der VN den Versicherungsschein samt Zahlungsaufforderung erhalten hat.100 Nach neuer Gesetzeslage ist die vorläufige Deckung gesetzlich geregelt. § 51 Abs. 1 bietet dabei die Möglichkeit, den Versicherungsschutz der vorläufigen Deckung von der Prämienzahlung abhängig zu machen. Wurde eine diesbezügliche Regelung getroffen, entfällt die Leistungspflicht des VR, wenn der VN die Prämie zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles noch nicht entrichtet hat. Dazu bedarf es einschränkend jedoch ebenfalls einer gesonderten Mitteilung seitens des VR in Textform oder eines auffälligen Hinweises im Versicherungsschein. Das Gesetz ordnet des Weiteren die Beendigung des Vertrages über die vorläufige Deckung an, sobald der VN in Zahlungsverzug gerät. Hierzu ist ebenfalls eine gesonderte Mitteilung des VR notwendig, § 52 Abs. 1 Satz 2. Auf Rückwärtsversicherungen passt § 37 Abs. 2 schlichtweg nicht. Es ist gerade die Besonderheit bei Rückwärtsversicherungen, dass Versicherungsschutz bereits ab einem Zeitraum gewährt wird, der vor dem eigentlichen Vertragsschluss liegt, § 2 Abs. 1. In diesem Fall kann Versicherungsschutz nicht erst nach Zahlung der Prämie bestehen. Der Gesetzgeber hat dies ausdrücklich in § 2 Abs. 4 klargestellt und § 37 Abs. 2 für unanwendbar erklärt. Damit ist aber keineswegs gesagt, dass die Nichtzahlung der Erstprämie unsanktioniert bliebe. Der VR kann zwar nicht über § 37 Abs. 2 von seiner Leistungspflicht frei werden. Bei Zahlungsverzug mit der Erstprämie und darauf folgendem Rücktritt entfällt der Versicherungsschutz aber rückwirkend. Insofern bedarf es keiner teleologischen Reduktion des § 2 Abs. 4, um die nicht rechtzeitige Zahlung zu sanktionieren.101 Zum einen ist der VN überhaupt nicht schutzwürdig. Wenn er schon bei normalem Zahlungsverzug nicht auf den gegenwärtigen Versicherungsschutz vertrauen kann, gilt dies erst recht für den rückwirkend gewährten Versicherungsschutz. Auch der VR wird kein Interesse haben, seine zusätzlich erbrachte Leistung weiterzugewähren, obwohl sich der VN vertragswidrig verhalten hat.102
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cc) Leistungspflicht gegenüber Dritten. Abweichend von § 37 Abs. 2 legt § 117 Abs. 1 64 fest, dass die Leistungsfreiheit bei Pflichtversicherungen nicht gegenüber dem geschädigten Dritten gilt. Die Regelungen über die Pflichtversicherungen dienen in erster Linie dem Schutz des Verletzten. Da dieser keine Kenntnis über die jeweiligen vertraglichen Verhältnisse haben kann, muss sein Vertrauen im Rahmen von Pflichtversicherungen auf das Bestehen des Versicherungsschutzes seines Gegenübers geschützt werden. Nach früherem Recht resultierte aus § 158c deshalb zwar kein Direktanspruch gegen den VR. Die Norm diente jedoch zur Schaffung eines fiktiven Deckungsanspruchs, so dass die Leistungsfreiheit sich nicht gegenüber dem Dritten auswirken konnte. Lediglich für Kfz-Versicherungen normierte § 3 Nr. 6 PflVG a.F. einen Direktanspruch des Dritten 100
BGH 9.10.1985 VersR 1986 54; BGH 9.7.1986 VersR 1986 986; BGH 30.1.1985 VersR 1985 448; OLG Koblenz 30.1.1989 VersR 1989 733; OLG Hamm 28.10.1991 VersR 1992 1269; OLG Düsseldorf 17.6.1997 VersR 1998 230.
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So aber Schirmer FS Wälder 67, 78, der von einer ex-nunc-Wirkung des Rücktritts ausgeht. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 60.
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Abschnitt 3. Prämie
gegen den VR. Nach aktueller Rechtslage gewährt § 115 Abs. 1 Satz 2. 2. Var. in den in § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Fällen dem Dritten nunmehr auch im Falle der Leistungsfreiheit des VR gegenüber dem VN einen Direktanspruch unter den Voraussetzungen des § 117 Abs. 1– 4. Der VR haftet dann neben dem VN als Gesamtschuldner, § 115 Abs. 1 Satz 4. Damit der VR endgültig von seiner Leistungspflicht frei wird, muss er die Erfordernisse des § 117 Abs. 2 erfüllen. Demnach wirkt eine Leistungsfreiheit gegenüber Dritten erst einen Monat nach Anzeige des Nichtbestehens des Versicherungsverhältnisses gegenüber der zuständigen Stelle.103
65
dd) Erweiterte Einlösungsklauseln. Das in § 37 enthaltene Einlösungsprinzip statuiert eine Haftungspflicht des VR im Grunde erst ab dem Zeitpunkt der Zahlung der Erstbzw. Einmalprämie. Erst ab diesem Zeitpunkt wäre er verpflichtet Versicherungsschutz zu gewährleisten. Zahlt der VN jedoch seine Prämie rechtzeitig, hat dies Rückwirkung auf den Zeitpunkt des eigentlich vorgesehenen formellen Versicherungsbeginns, solange der VR ihn nicht ausdrücklich darauf aufmerksam macht, dass erst seine Prämienzahlung zum Beginn des Versicherungsschutzes führt (vgl. hierzu Rn. 38). Viele AVB sehen jedoch ohnehin in Abweichung von § 37 vor, dass bei rechtzeitiger Prämienzahlung durch den VN dieser rückwirkend auf den Zeitpunkt des formellen Versicherungsbeginns Versicherungsschutz erlangen soll, z.B. Nr. 8 AHB 2008. Dies wird als erweiterte Einlösungsklausel bezeichnet. Der vorverlegte Versicherungsschutz entfällt zumeist nur dann, wenn der VN die Prämie nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 33 entrichtet. Dann wird erst ab dem Zeitpunkt der Zahlung Versicherungsschutz gewährt, z.B. Nr. 9.2 AHB 2008. Eine solche Regelung stellt für den VN eine ausschließlich vorteilhafte dar, so dass eine derartige Abweichung nicht an § 42 scheitert.
66
ee) Verzicht des Versicherers. In seltenen Einzelfällen ist es möglich, dass der VR auf die rechtlichen Wirkungen des § 37 Abs. 2 verzichtet.104 Ein derartiger Ausnahmefall ist jedoch an enge Kriterien zu knüpfen. Der VR muss ausdrücklich oder konkludent diesen Verzicht deutlich machen. Dabei muss er in Kenntnis aller zur Leistungsfreiheit beitragenden Gegebenheiten handeln. An dem Erklärungsinhalt dürfen hinsichtlich des Verzichts keine Zweifel bestehen. Alleine in der Mitteilung bezüglich der Schadensabwicklung kann noch kein hinrei67 chender Beleg für einen Verzicht des VR gesehen werden. Zumeist wird hierbei ohnehin der Umfang der Vollmacht des jeweiligen Vertreters nicht ausreichen, um eine derartige Vorgehensweise zu rechtfertigen. Auch in der Annahme oder Anmahnung weiterer Prämien liegt kein Verzicht.105 In der Annahme einer Leistung auf die Prämienschuld kann nicht zugleich ein Verzicht auf bereits entstandene Rechte gesehen werden.
VI. Dispositivität 68
§ 37 ist halbzwingend. Die Norm kann aufgrund der Vorschrift des § 42 nicht zu Lasten des VN abgeändert werden. Eine anders lautende vertragliche Vereinbarung wäre demnach unzulässig und daher unwirksam.
103 104
68
Vgl. hierzu die Kommentierung der §§ 113 ff. OLG Hamm 12.3.1986 NJW-RR 1986 830.
105
BGH 24.1.1963 VersR 1963 376; LG Berlin 10.7.1967 VersR 1969 51.
Roland Michael Beckmann
Zahlungsverzug bei Erstprämie
§ 37
Zulässig ist etwa die Vereinbarung erweiterter Einlösungsklauseln (vgl. Rn. 65; 69). Ebenso kann auch weiterhin klargestellt werden, dass erst die Zahlung der Erstprämie zum Beginn des Versicherungsschutzes führt. Die Behandlung einer Erst- als Folgeprämie stellt eine für den VN günstigere Regelung dar, da die Leistungsfreiheit des VR nur unter den Voraussetzungen des § 38 eintritt. Sie wäre daher zulässig. Ebenfalls keine unzulässige Vereinbarung ist die Klausel, dass im Falle des Verzugs mit einer Rate alle noch ausstehenden Raten verlangt werden können.106 Insoweit wird der Regelungsbereich von § 37 schon nicht berührt.
C. Regelungen in AVB Die meisten der aktuellen AVB beinhalten eine erweiterte Einlösungsklausel. Diese 69 sieht vor, dass bei rechtzeitiger Zahlung der ersten oder einmaligen Prämie der Versicherungsschutz ab dem Zeitpunkt, der im Versicherungsschein vorgesehen ist, rückwirkend besteht. Nur für den Fall, dass der erste oder einmalige Beitrag zu spät entrichtet wird, soll der materielle Versicherungsbeginn erst ab dem Zeitpunkt der Zahlung ansetzen. Aktuelle Beispiele sind: Nr. 11.2 AUB; Nr. 9.1 AHB 2008; C.1.2 AKB 2008. Bei den AVB zu Wohngebäude- und Hausratversicherungen wird von § 33 insoweit abgewichen, als dass die erste oder einmalige Prämie unverzüglich nach dem vereinbarten und im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt zu zahlen ist, Abschnitt B Nr. 2 VHB 2008; Abschnitt B Nr. 2; VGB 2008. Zahlt der Versicherungsnehmer hiernach nicht unverzüglich, beginnt der Versicherungsschutz auch erst mit erfolgter Zahlung.
D. Prozessuales Die Beweislastverteilung im Prozess ist von besonderer Bedeutung für beide Parteien. 70 Dem Grundsatz entsprechend, dass jede Partei die für sie günstigeren Umstände zu beweisen hat, obliegt die Beweislast hinsichtlich der Rechtzeitigkeit und Korrektheit der Zahlung dem VN.107 Des Weiteren trägt der VN die Beweislast, wenn er sich auf die Exkulpationsmöglichkeit des § 37 Abs. 1 a.E. und Abs. 2 Satz 1 a.E. beruft (vgl. auch Rn. 42). Er hat also darzulegen, dass er die nicht rechtzeitige Zahlung nicht zu vertreten hat. Ebenfalls zu beweisen hat er das Bestehen einer vorläufigen Deckungszusage.108 Umgekehrt hat der VR den Umstand zu beweisen, dass eine vorläufige Deckungszusage entfallen ist, da der VN nicht unverzüglich die Prämie bezahlt hat.109 Den VR trifft die Beweislast hinsichtlich der vom Gesetz aufgegebenen Hinweis- und 71 Belehrungspflichten, insbesondere des § 37 Abs. 2 Satz 2. Ebenso muss er bei erklärtem Rücktritt den Zugang der Willenserklärung beim VN beweisen. Weiterhin hat er darzulegen, dass die Berechnungen des Prämienbetrages in der jeweiligen Zahlungsaufforderung korrekt sind.110
106 107
Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 97. BGH 29.1.1969 VersR 1969 368; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 19; Prölss/Martin/Knappmann27 § 38 Rn. 9; Berliner/Kommentar/Riedler § 38 Rn. 100.
108
109 110
BGH 19.3.1986 VersR 1986 541; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 37 Rn. 19. BGH 13.12.1995 VersR 1996 445; Berliner/ Kommentar/Riedler § 38 Rn. 101. BGH 9.7.1986 VersR 1986 986.
Roland Michael Beckmann
69
§ 38
Abschnitt 3. Prämie
§ 38 Zahlungsverzug bei Folgeprämie (1) 1Wird eine Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt, kann der Versicherer dem Versicherungsnehmer auf dessen Kosten in Textform eine Zahlungsfrist bestimmen, die mindestens zwei Wochen betragen muss. 2Die Bestimmung ist nur wirksam, wenn sie die rückständigen Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffert und die Rechtsfolgen angibt, die nach den Absätzen 2 und 3 mit dem Fristablauf verbunden sind; bei zusammengefassten Verträgen sind die Beträge jeweils getrennt anzugeben. (2) Tritt der Versicherungsfall nach Fristablauf ein und ist der Versicherungsnehmer bei Eintritt mit der Zahlung der Prämie oder der Zinsen oder Kosten in Verzug, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet. (3) 1Der Versicherer kann nach Fristablauf den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, sofern der Versicherungsnehmer mit der Zahlung der geschuldeten Beträge in Verzug ist. 2Die Kündigung kann mit der Bestimmung der Zahlungsfrist so verbunden werden, dass sie mit Fristablauf wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug ist; hierauf ist der Versicherungsnehmer bei der Kündigung ausdrücklich hinzuweisen. 3Die Kündigung wird unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach der Kündigung oder, wenn sie mit der Fristbestimmung verbunden worden ist, innerhalb eines Monats nach Fristablauf die Zahlung leistet; Absatz 2 bleibt unberührt.
Schrifttum Brockmann Zum Wiederaufleben eines aufgekündigten Versicherungsvertrages durch Zahlungsnachholung des VN nach § 39 Abs. 3 S. 3 VVG, VersR 1960 678; Frey Eine Lücke im VVG: §§ 69 Abs. 1 und 2, 70 Abs. 2 und 3, 39 VVG, VersR 1959 324; Gärtner Zum Wiederaufleben eines aufgekündigten Versicherungsvertrages durch Zahlungsnachholung, VersR 1961 104; Ganster Die Prämienzahlung im Versicherungsrecht (2008) (zit.: Ganster Prämienzahlung); Kalischko Läßt eine Stundungsvereinbarung oder ein Ruhen der Versicherung die Rechtsfolgen einer Mahnung nach § 39 VVG entfallen? VersR 1988 671; ders. Problemfälle im Zusammenhang mit rückständigen Prämien und der Mahnung nach § 39 VVG, VersR 1988 1002 (zit.: Kalischko Problemfälle); Lang Prämienverzug, Voraussetzungen und Rechtsfolgen in der Rechtsprechung des BGH, VersR 1987 1157; Mohr Versicherungsnehmer – Prämienschuldner, Beitragsschuldner, VersR 1969 885; Reinhardt Zu den Anforderungen an den Inhalt einer Mahnung bei ausstehenden Versicherungsbeträgen (Anmerkung zu dem Urteil des OLG München 15.2.2000, 25 U 4815/99), VersR 2000 1096; Riedler Der Prämienzahlungsverzug bei Erst- und Folgeprämie (1990); Rohde Muß ein Mahnschreiben gemäß § 39 VVG dem gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen VN zugehen, um wirksam zu sein? VersR 1960 295; Schirmer Prämienzahlung und Prämienzahlungsverzug nach dem VVG 2008, Festschrift Wälder (2009).
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I.
70
Einführung . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Inhalt und Zweck der Regelung Anwendungsbereich . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . Nicht rechtzeitige Zahlung . . 1. Fälligkeit . . . . . . . . . 2. Keine rechtzeitige Zahlung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 1 3 5 12 12 13 14
Rn. 3. Qualifizierte Mahnung des VR a) Mahnender . . . . . . . b) Empfänger der Mahnung c) Zugang der Mahnung . . d) Form der Mahnung . . . e) Inhalt der Mahnung . . . aa) Prämienschuld . . . . bb) Zinsen und Kosten .
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. . . . . . .
. . . . . . . .
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. . . . . . . .
15 16 17 19 26 28 29 35
Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
Rn. cc) Zahlungsfrist . . . . . . . . . dd) Zahlungsaufforderung . . . . . ee) Angabe aller Rechtsfolgen . . . f) Zeitpunkt der Mahnung . . . . . . g) Mahnung bei Verzug mit mehreren Prämien . . . . . . . . . . . . . . 4. Keine Zahlung innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist . . . . . . . . . . . . . 5. Kein Verschulden des VN . . . . . . . II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistungsfreiheit des VR in den jeweiligen Stadien . . . . . . . . . . . a) keine Leistungsfreiheit während dem Lauf der Zahlungsfrist . . . . . . . b) Rechtslage nach Fristablauf . . . . aa) Zeitraum zwischen Ende der Zahlungsfrist und des Versicherungsfalles . . . . . . . .
Rn.
37 40 41 50 51 55 56 59 59
III.
60 61 62 IV. C. D.
62
bb) Leistungsfreiheit nach Eintritt des Versicherungsfalles . . . 3. Das Kündigungsrecht des VR . . . . a) Allgemeine Voraussetzungen der Kündigung . . . . . . . . . . . . b) Isolierte Kündigung . . . . . . . c) Verbundene Kündigung . . . . . d) Wirkung der Kündigung . . . . . e) Reaktivierung des Versicherungsvertrages . . . . . . . . . . . . . Ausbleiben der Rechtsfolgen . . . . . . 1. Stundung der Folgeprämie . . . . . 2. Ruhen der Versicherung . . . . . . . 3. Verzicht des Versicherers . . . . . . 4. Treu und Glauben . . . . . . . . . . 5. Pflichthaftpflichtversicherung . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . Regelungen in AVB . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . .
. .
63 65
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66 67 68 69
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70 71 72 77 78 80 81 82 83 84
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Der heutige § 38 in seiner geltenden Fassung hat seine Wurzeln in § 39 a.F. aus dem 1 Jahre 1908.1 In der ersten Ausführung umfasste der Regelungsbereich der Norm noch die Prämienzahlung, „die nach dem Beginne der Versicherung zu erfolgen hatte“. In den darauf folgenden Jahrzehnten wurde sie zweimal einer Änderung unterzogen. Im Jahre 1924 wurde erstmals die Kündigungsoption des VR nach Mahnung hinzugefügt und dem VN die Möglichkeit eingeräumt, auch noch nach erfolgter Kündigung die Kündigungswirkung mittels Zahlung wieder aufzuheben.2 Mit der Novellierung der Norm durch die Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung aus dem Jahre 1939 hatte der Gesetzgeber vor allem die Intention, die Klarheit der Norm zu verbessern und bestehende Zweifel und Missinterpretationen auszuräumen.3 Unter dem Begriff der Folgeprämie wurde fortan nicht mehr die Prämienzahlung verstanden, „die nach dem Beginne der Versicherung zu erfolgen hatte“, sondern „jede Prämie, die nicht Erst- oder Einmalprämie im Sinne des § 38 (a.F.) ist“. Zudem wurde dem VR gestattet, durch exakte Nachbildung der originalen Unterschrift die Mahnung an den VN auszustellen, § 38 Abs. 1 2. Hs. a.F. Hinsichtlich der Frage, ob für die Aufhebung der Kündigungswirkung mittels Zahlung der Folgeprämie (Abs. 3) der Ablauf der Mahnfrist oder der Zeitpunkt der Kündigung maßgeblich sei, beinhaltet die Neuregelung eine Klarstellung zugunsten der letzten Alternative. Durch die VVG-Reform im Jahre 2008 ist der Verzug mit der Folgeprämie nunmehr 2 in § 38 in seiner Fassung vom 23.12.2007, gültig ab 1.1.2008, geregelt. Im Vergleich zum bisherigen Wortlaut finden sich nur geringe Änderungen. Das in § 39 Abs. 1 a.F. enthaltene Schriftformerfordernis wurde in ein bloßes Textformerfordernis nach § 126b BGB abgeändert. Zudem wurden zum Schutze des VN die Anforderungen an die Mahnung
1 2
RGBl. I 263. RGBl. I 5.
3
RGBl. I 2443.
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§ 38
Abschnitt 3. Prämie
durch den VR erhöht, wonach nunmehr die rückständige Prämie, Zinsen und Kosten detailliert ausgewiesen werden müssen, § 38 Abs. 1 Satz 2. Außerdem wird klargestellt, dass bei zusammengefassten Verträgen die jeweiligen Beträge getrennt aufzulisten sind. Eine wesentliche Änderung ergibt sich weiterhin aus § 38 Abs. 3 Satz 3, wonach der VN nunmehr eine Kündigung des Vertrages auch dann noch verhindern kann, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Die Leistungsfreiheit des VN bleibt davon indes unberührt. Ansonsten wurde der Wortlaut der Norm lediglich etwas gestrafft und modernisiert.4
II. Inhalt und Zweck der Regelung 3
Die Vorschrift regelt im Gegensatz zu § 37 die Rechtsfolgen, die im Falle des Verzugs mit Folgeprämien eintreten. Im Vergleich zu der vorangehenden Norm sind die Rechtsfolgen weniger schwerwiegend in ihren Auswirkungen auf den Prämienschuldner. Dies basiert auf dem Grundgedanken, dass für den Betrieb des Versicherungsgeschäfts die Zahlung von Folgeprämien nicht derart bedeutsam ist wie die Entrichtung der Erstprämie. Daher liegt § 38 auch nicht das Einlösungsprinzip zugrunde, welches bei Erstprämien maßgebliche Bedeutung erlangt. Vielmehr ist Sinn und Zweck der Norm, den Versicherungsschutz für den VN möglichst lange aufrecht zu erhalten. Erst nach Ablauf der Frist einer qualifizierten Mahnung soll der Versicherungsschutz entfallen. Entrichtet ein VN seine fällige Prämie nicht rechtzeitig, gerät er in Zahlungsverzug. 4 § 38 regelt detailliert die Rechte, die dem VR in diesen Fällen zustehen, bzw. die Modalitäten, die erforderlich sind, um diese Rechte auch geltend machen zu können. Konkret gibt die Norm darüber Aufschluss, unter welchen Voraussetzungen der VR von seiner Leistungspflicht frei werden kann und wann er den bestehenden Vertrag kündigen kann. § 38 ist insofern lex specialis zu §§ 323 ff. BGB, als dass es um die Frage des Rücktrittsbzw. Kündigungsrechts des VR geht. Daher kommt ein Rücktritt nach §§ 323 ff. BGB nicht in Betracht. Allerdings ist die Anwendung der Vorschriften zur Unmöglichkeit nicht ausgeschlossen, §§ 326, 275 BGB. Unberührt von § 38 bleiben indes die Forderungen nach Verzugszinsen sowie Schadensersatz wegen verspäteter Leistung, die nach den allgemeinen Regelungen der §§ 286, 288 BGB geltend zu machen sind. Auch die Anforderungen an eine Mahnung nach § 38 sind nicht auf § 286 BGB übertragbar. Dort genügt vielmehr weiterhin eine einfache Mahnung, die bisweilen entbehrlich sein kann, sofern kalendermäßig der Zeitpunkt der Prämienzahlung bestimmt ist, §§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.5
III. Anwendungsbereich 5
§ 38 ist ausschließlich auf den Zahlungsverzug mit Folgeprämien anzuwenden. Hierbei hat stets die Abgrenzung zu § 37 und zum Begriff der Erstprämie stattzufinden. Diese Unterscheidung vermag in Einzelfällen durchaus Probleme zu bereiten. Folgeprämien sind allgemein negativ zu definieren als alle Prämien, die gerade nicht Erst- oder Einmalprämie sind6 (vgl. hierzu ausführlich die Kommentierung zu § 37 Rn. 5 ff.). Anders ausgedrückt
4 5 6
Vgl. auch BTDrucks. 16/3945 S. 71. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 1. BGH 25.6.1956 BGHZ 21 122; Schwintow-
72
ski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 3; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 5; Prölss/ Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 3.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
versteht man unter einer Folgeprämie alle auf die zeitlich erste Prämie folgenden Prämienzahlungspflichten, sofern zwischen VR und VN eine fortdauernde Prämienzahlung vereinbart ist. Sieht der Vertrag indes vor, dass der VN während der gesamten Vertragsdauer nur eine Prämie zu entrichten hat, so handelt es sich stets um eine Einmalprämie, die nach § 37 der Erstprämie gleichgestellt ist. Die Stundung der zeitlich ersten Prämie ändert an der Einordnung als Erstprämie nichts.7 Ebenso ist die erste Prämie für den Vertrag über die vorläufige Deckung als Erstprämie einzustufen. Wird danach der endgültige Versicherungsvertrag abgeschlossen, ist auch hierbei die zeitlich erste Prämie wiederum Erstprämie. Beide Verträge sind für sich gesehen eigenständige Versicherungsverträge, so dass stets eine Erstprämie zu Beginn des jeweiligen Vertrages vorliegen muss (vgl. § 37 Rn. 18). Im Falle einer Vertragsänderung handelt es sich regelmäßig auch bei den darauf folgenden Prämienzahlungsverpflichtungen um Folgeprämien, da für das Vorliegen einer Erstprämie ein Neuabschluss eines Vertrages notwendig ist. Ob die Parteien einen derartigen Neuabschluss anstreben, oder ob sie lediglich eine Änderung des bestehenden Vertrages anvisieren, ist anhand des Parteiwillens zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB. Dazu ist stets eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Aspekte vorzunehmen. Wird ein neues Risiko in den Vertrag integriert, kann die Grenze zum Abschluss eines neuen Vertrages schnell überschritten sein. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob das entsprechende Risiko selbständig versicherbar ist oder ob es nur aufgrund des bestehenden Vertrages versichert werden kann (vgl. § 37 Rn. 8 ff.). Bei vereinbarter Ratenzahlung ist nach ganz herrschender Ansicht nur die erste Rate eine Erstprämie.8 Dazu müssen die Parteien jedoch die Entrichtung der Prämie anhand von Teilbeträgen vereinbart haben. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Vereinbarung über kürzere Versicherungsperioden. § 12, der eine Versicherungsperiode von einem Jahr vorsieht, ist dispositiv und kann daher von den Parteien abgeändert werden. In diesem Fall ist für jeden einzelnen Zeitraum gesondert jeweils eine eigene Prämie fällig und keine Teilprämie. Des Weiteren ist im Rahmen von Teilbeträgen stets zu unterscheiden, ob seitens der Parteien Ratenzahlung vereinbart wurde oder ob der VR lediglich Teile der Prämie stundet und auf sein Recht Teilleistungen abzulehnen verzichtet (vgl. hierzu § 37 Rn. 17). Bei der Reaktivierung von ruhenden oder beendeten Verträgen ist regelmäßig zu differenzieren: Wurde der Vertrag etwa durch Kündigung oder Rücktritt beendet und später wieder in Gang gesetzt, ist die zeitlich erste Prämie des neuen Vertrages eine Erstprämie. Anders verhält es sich jedoch, sofern der VN die Möglichkeit von § 38 Abs. 3 Satz 3 nutzt und den bereits gekündigten Vertrag durch Zahlung der Folgeprämie innerhalb eines Monats aufrechterhält. Hier sind auch die zeitlich nächsten Prämien Folgeprämien. Auch bleibt es den Parteien unbenommen, etwa durch Festsetzung des Versicherungsbeginns auf den ursprünglichen Vertragsbeginn, die zeitlich nächste Prämie als Folgeprämie zu bewerten.9 Sind die Parteien lediglich darin übereingekommen, dass der Vertrag für eine gewisse Zeit ruhen soll und wird er später wieder fortgesetzt, ist die dann fällige Prämie eine Folgeprämie (vgl. § 37 Rn. 22 ff.). Des Weiteren ist richtigerweise die fällige Prämie als Folgeprämie einzuordnen, sofern bei einem bestehenden Vertrag die zu zahlende Prämie neu festgesetzt wird.10 Auch Nach7 8
Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 5. Brockmann VersR 1953 345; BGH 7.10.1965 BGHZ 44 178; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Michaelis § 38 Rn. 3; Berliner Kommentar/
9 10
Riedler § 38 Rn. 23; Ganster Prämienzahlung S. 92. OLG Köln 18.5.1989 VersR 1990 1004. Berliner Kommentar/Riedler § 38 Rn. 6.
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§ 38
Abschnitt 3. Prämie
tragsprämien sind als Folgeprämien zu qualifizieren. Gerichtlich entschieden ist weiterhin, dass auch im Falle der Versicherung eines Zweitwagens unter Mitnahme des Schadensfreiheitsrabattes und der Versicherungsnummer sowie gleichzeitiger Ausgabe einer neuen Versicherungsnummer für den Erstwagen der Vertrag für den Erstwagen gleichwohl fortgesetzt wird und die zeitlich nächsten Prämien dieses Vertrages Folgeprämien sind.11 § 38 Abs. 2 stellt den Verzug mit Zinsen oder Kosten dem Verzug mit der Folge11 prämie gleich. Der VN hat daher sämtliche fälligen Beträge zu entrichten, um dem Zahlungsverzug zu entgehen und nicht Gefahr zu laufen den Versicherungsschutz zu verlieren. Für Versicherungen im Sinne des § 193 Abs. 3 enthält § 193 Abs. 6 eine gegenüber § 38 abschließende Spezialregelung.12
B. Tatbestand I. Nicht rechtzeitige Zahlung 12
Zur Setzung einer Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 ist nicht erforderlich, dass der VN in Verzug ist. Vielmehr genügt es, dass der VN die Folgeprämie nicht bei Fälligkeit und somit rechtzeitig entrichtet hat. 1. Fälligkeit
13
Voraussetzung für eine Zahlungsaufforderung des VR ist, dass der VN die Prämie bei Fälligkeit nicht bezahlt. Die Fälligkeit der Folgeprämie wird durch das VVG nicht bestimmt, da § 33 ausschließlich auf Erst- und Einmalprämien Anwendung findet. Daher ist auf die allgemeine Regelung des § 271 BGB zurückzugreifen. Nach § 271 BGB ist für die Fälligkeit der Folgeprämie stets der erste Tag des jeweiligen vom Versicherungsvertrag vorgesehenen Abschnitts maßgeblich. Demnach ist die Folgeprämie entweder am ersten Tag der neuen Versicherungsperiode oder am ersten Tag des jeweils vereinbarten Ratenzahlungszeitraumes fällig. Folglich bedarf es grundsätzlich keiner vertraglichen Übereinkunft über die Fälligkeit. Es bleibt den Parteien jedoch unbenommen, durch vertragliche Vereinbarung die Fälligkeit autonom zu bestimmen, was regelmäßig anhand der jeweiligen AVB und Versicherungspolicen geschieht.13 In der Regel wird eine Vorausleistung am ersten Tag des Monats der jeweiligen Versicherungsperiode verlangt, Nr. 10.1 AHB 2008. Die kalendermäßige Bestimmung des Fälligkeitstermins hat darüber hinaus den Vorteil, dass eine weitere Mahnung entbehrlich ist, um den VN in Verzug zu setzen und Verzugszinsen zu fordern, § 286 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Um in das Stadium der Leistungsfreiheit zu gelangen, muss der VR aber zwingend eine qualifizierte Mahnung versenden. 2. Keine rechtzeitige Zahlung
14
Neben der Fälligkeit der Folgeprämie ist weiterhin Voraussetzung, dass der VN die Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt hat. Das bedeutet, dass er den vollen Prämienbetrag zur vorgegebenen Zeit am richtigen Leistungsort (vgl. dazu die Kommentierung § 36 Rn. 6 ff.) entrichtet haben muss. Ausreichend ist alleine die objektive Tatsache, dass 11 12
KG Berlin 23.10.1981 VersR 1982 865. Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 3.
74
13
Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 26.
Roland Michael Beckmann
Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
die Zahlung nicht rechtzeitig erfolgt ist.14 Nicht erforderlich ist gerade, dass der VN sich in Verzug befindet.15 Wie auch bei der Erstprämie ist für die Frage nach der rechtzeitigen Zahlung nach hier vertretener Auffassung trotz der Entscheidung des EuGH vom 03.04.2008 alleine die Leistungshandlung maßgeblich (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 36 Rn. 10 ff.). Der VN muss somit das seinerseits Erforderliche getan haben, um die Zahlung zu veranlassen (vgl. zur Frage, worin das seinerseits Erforderliche nach hier vertretener Ansicht besteht, die Kommentierung zu § 36 Rn. 21). Eine Besonderheit besteht in Fällen, in denen dem VR eine Einzugsermächtigung erteilt wurde. Hier liegt die Verantwortung für die rechtzeitige Zahlung auf Seiten des VR. Macht er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, so ist ihm die nicht rechtzeitige Leistung anzulasten. Da der VN insoweit keine Initiative beim Zahlungsvorgang ergreifen kann, kann ihm folglich auch nicht das Versäumnis des VR zugerechnet werden. Da es insoweit an der Voraussetzung der „nicht rechtzeitigen Zahlung“ fehlt, kann folglich auch eine etwaige Mahnung des VR nicht die Rechtsfolgen des § 38 herbeiführen.16 Will der VR nicht vom Lastschriftverfahren Gebrauch machen, so hat er dies im Vorfeld gegenüber dem VN deutlich zu machen. 3. Qualifizierte Mahnung des VR Hat der VN die Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt, hat der VR nach § 38 Abs. 1 15 die Möglichkeit, dem VN auf dessen Kosten in Textform (§ 126b BGB) eine Zahlungsfrist zu setzen, die mindestens zwei Wochen betragen muss. Da eine derartige Zahlungsfrist ausschließlich einer rechtlichen Besserstellung des VR dient, handelt es sich naturgemäß nur um ein Recht und nicht um eine vertragliche Pflicht. Dem VR wird jedoch daran gelegen sein, von diesem Recht Gebrauch zu machen, da er nur auf diesem Wege die Rechtsfolgen des § 38 herbeiführen kann. Im Vergleich zu den Vorschriften des BGB über die Begründung des Zahlungsverzugs genügt eine einfache Mahnung des VR nicht. § 38 Abs. 1 knüpft spezielle Voraussetzungen an die Wirksamkeit einer Mahnung. Wird die Mahnung diesen nicht gerecht, können die Rechtsfolgen des § 38 nicht eintreten. a) Mahnender. Zur Mahnung berechtigt sind in erster Linie der VR und seine jeweili- 16 gen Bevollmächtigten. Der VR kann natürlich nach seinem Belieben verschiedene weitere Personen zu derartigen Handlungen bevollmächtigen (bspw. Inkassobüros). Bei einer offenen Mitversicherung ist jeder beteiligte VR aufgrund seines Anteils an der Mitversicherung berechtigt, den VN zu mahnen. Das gilt grundsätzlich auch, sofern einem der VR durch Erteilung einer Führungs- bzw. Inkassovollmacht die Aufgabe der Einziehung der Prämien übertragen wurde.17 Durch Ausstellung einer Vollmacht verliert der Vertretene nicht sein Recht, auf eigene Initiative hin tätig zu werden. Eine derartige Vollmacht stellt in erster Linie eine Aufgabenverteilung unter den Beteiligten einer Mitversicherung dar. Auch ein Abschlussagent ist richtigerweise zur Mahnung berechtigt. A maiore ad minus ist eine derartige Sichtweise geboten, da er nach § 71 sogar zur Kündigung bzw. zum Rücktritt bevollmächtigt ist.18 Grundsätzlich nicht zur Mahnung berechtigt sind hin14
15 16
Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 4; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 9. BGH 25.1.1968 VersR 1968 241; BGH 19.10.1977 VersR 1977 1153. BGH 19.10.1977 BGHZ 69 361; OLG
17 18
Oldenburg 28.4.1999 VersR 2000 617; OLG Hamm 29.9.1978 VersR 1979 413; a.A. OLG Celle 30.4.1976 VersR 1976 854. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 9; a.A. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 7. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 7.
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§ 38
Abschnitt 3. Prämie
gegen Versicherungsmakler und Versicherungsagenten. Es bleibt dem VR jedoch unbenommen, auch diese Personen vertraglich zur Setzung einer Zahlungsfrist zu ermächtigen.
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b) Empfänger der Mahnung. Empfänger der Mahnung ist zunächst einmal der Prämienschuldner und nicht der VN, auch wenn beide natürlich identisch sein können;19 regelmäßig ist der VN auch der Prämienschuldner. Der VN muss indes nicht zugleich Schuldner der Prämie sein, was sich im Falle der Schuldübernahme oder auch bei Veräußerung der versicherten Sache und darauffolgender Kündigung durch den Erwerber zeigt, § 96 Abs. 3 1. Hs. Würde die Mahnung in diesen Fällen dem VN zugestellt, würde zu etwas gemahnt, das er nicht zu erfüllen hat.20 Teilweise wird aufgrund der Tatsache, dass die Rechtsfolgen in erster Linie auch bei Auseinanderfallen von VN und Prämienschuldner primär den VN treffen, gefolgert, dass die Mahnung beiden zugehen müsse.21 Soweit ein gesetzlicher Vertreter vorhanden ist, ist die Mahnung diesem zuzustellen.22 Sind mehrere VN vorhanden, ist es ausreichend, wenn die Mahnung einem der VN zugestellt wird.23 Ist der VN insolvent und gehört die Versicherung zur Insolvenzmasse, ist die Mahnung an den Insolvenzverwalter zu richten.24 Hat der VN eine versicherte Sache veräußert, so dass der Erwerber nach § 95 in das bestehende Versicherungsverhältnis eintritt, genügt eine Mahnung gegenüber dem Veräußerer nur, solange der VR von dem Übergang keine Kenntnis erlangt hat. Bei Versicherung für fremde Rechnung hat die Mahnung stets an den VN zu gehen, da dieser letztlich die Vertragspartei ist, § 43 Abs. 1. Ein anderes Verständnis lässt sich auch nicht aus § 44 Abs. 1 herleiten, der dem Versicherten zwar die Rechte aus dem Vertrag zuschreibt, jedoch in Satz 2 deutlich macht, dass der VN für den Empfang wesentlicher Dokumente der richtige Empfänger ist. Ergeht die Mahnung nur gegenüber einem Zessionar, ist sie unwirksam. Gleiches gilt für den Pfandgläubiger sowie dem Versicherten, da diese Personen nicht Vertragspartner sind. Wenn auch manche Personen keine geeigneten Mahnungsempfänger sind, so können 18 doch im Einzelfall Verständigungspflichten des VR gegenüber diesen bestehen. Eine allgemeine Mitteilungspflicht gegenüber Dritten ist jedoch abzulehnen.25 Das ergibt sich nicht zuletzt aus einem Urteil des BVerfG, wonach durch die Mitteilung von Prämienrückständen des VN dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sein kann.26 Ansonsten kann sich eine Mitteilungspflicht aus gesetzlichen Regelungen, aus vertraglichen Vereinbarungen oder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB ergeben. Eine gesetzliche Pflicht ist etwa für den Hypothekengläubiger in § 142 Abs. 1 Satz 1 geregelt für den Fall, dass dem Prämienschuldner eine Frist bzgl. der Entrichtung der Folgeprämie einer Gebäudefeuerversicherung gesetzt wurde. Nach § 148 gilt diese Mitteilungspflicht ebenfalls für Grundstücke, die mit einer Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast belastet sind. Weitere gesetzliche Vorschriften sind § 34 SchRG und § 34 LuftFzgG. Diskutiert wurde bislang eine Mitteilungspflicht gegenüber dem (Sicherungs-) Zessionar, Pfand- und Pfändungsgläubiger, was unter Berufung auf Treu und Glauben 19
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Ganster Prämienzahlung S. 341; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 8; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 12; Bruck/Möller/ Möller 8 § 39 Anm. 10. Ganster Prämienzahlung S. 339. Mohr VersR 1969 886. BGH 17.4.1969 BGHZ 47 352; OLG Düsseldorf 9.5.1961 VersR 1961 878; a.A. Rohde VersR 1960 295. OLG Hamm 24.10.1961 VersR 1962 502.
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OLG Karlsruhe 9.6.1978 RuS 1978 199. OLG Nürnberg 28.8.1971 VersR 1973 413 (Zessionar); OLG Köln 7.12.1989 VersR 1990 1261 (Zessionar, Abtretungsempfänger); Berliner Kommentar/Riedler § 35a Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann27 § 35a Rn. 6; a.A. Bruck/Möller/Möller8 § 35a Anm. 9. BVerfG 14.12.2001 VersR 2002 1405.
Roland Michael Beckmann
Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
teilweise als geboten angesehen wurde.27 Eine derartige Pflicht wird jedoch heute größtenteils abgelehnt (vgl. Kommentierung zu § 34).28 Die Nichtbeachtung der Mitteilungspflicht hat keine Auswirkungen bzgl. der Wirksamkeit der Fristsetzung gegenüber dem VN. Nur im Verhältnis zu dem, der die Mitteilung erhalten muss, kann sich der VR nicht auf die Mahnung berufen, da er eine vertragliche Pflicht verletzt hat und nunmehr Naturalrestitution schuldet, § 249 BGB.29 Im Falle einer Schuldübernahme hat der VR aufgrund von Rücksichtnahmepflichten auch den VN zu benachrichtigen, der nicht mehr Prämienschuldner ist.30 Eine Aufklärungspflicht ist auch zu bejahen bei Veräußerung einer versicherten Sache, wenn der Erwerber zwar VN wird, jedoch kündigt (§ 96 Abs. 2), und der Veräußerer für die bestehende Versicherungsperiode Prämienschuldner bleibt, § 96 Abs. 3 1. Hs.31 Ebenfalls hat der VR den unwiderruflich Bezugsberechtigten aus einem Vertrag zu benachrichtigen, da dieser den Anspruch auf die Versicherungsleistung bereits erworben hat, dieser jedoch noch nicht fällig ist.32 Im Gegensatz dazu hat der widerrufliche Bezugsberechtigte noch kein gesichertes Recht, da dieses erst bei Eintritt des Versicherungsfalls entsteht. Diese unsichere Rechtsposition ist daher nicht gleich schützenswert.33 c) Zugang der Mahnung. Als empfangsbedürftige Willenserklärung muss die Mah- 19 nung bzgl. der nicht rechtzeitig entrichteten Folgeprämien dem VN bzw. dem Prämienschuldner (Rn. 17) zugehen.34 Der VN muss nicht tatsächlich Kenntnis von der Mahnung erhalten. Es genügt der eigentliche Zugang. Ob ein solcher erfolgt ist, bestimmt sich nach den anerkannten Regeln über den Zugang von Willenserklärungen.35 Eine Willenserklärung ist demnach dann zugegangen, wenn diese derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.36 Danach erfolgende Störungen liegen von diesem Zeitpunkt an in der Sphäre des Empfängers, so dass sie weder Absender noch Übermittler zuzurechnen sind. Da die objektive Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt, ist jedenfalls im Moment der Übergabe der Mahnung an den VN selbst der Zugang der Mahnung erfolgt. Bei der Übergabe der Mahnung an Dritte ist danach zu differenzieren, ob diese als 20 Empfangsvertreter, Empfangsboten oder sog. Erklärungsboten einzustufen sind. Erteilt der VN einem Dritten Empfangsvertretungsmacht, ist bereits von einem Zugang der Mahnung auszugehen, wenn die Mahnung dem Empfangsvertreter zugeht, vgl. § 164 Abs. 3 BGB. Nimmt ein Empfangsbote die Mahnung entgegen, so erfolgt der Zugang, sofern nicht ein früherer Zugang feststeht, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit der Weiterleitung der Erklärung zu rechnen ist. Bei Empfangnahme durch einen Erklärungsboten, ist die Mahnung erst bei richtiger Übermittlung zugegangen (dazu im Folgenden). Als Empfangsbote gilt eine Person, die zum Empfang bereit, geeignet und empfangsberechtigt ist oder doch wenigstens nach der Verkehrsanschauung als zum Empfang berechtigt angesehen werden kann.37 Allgemein zum Empfang berechtigt sind 27 28 29 30 31 32
Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 24; aktuell auch Ganster Prämienzahlung S. 365 ff. OLG Köln 7.12.1989 VersR 1990 1261. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 8. Ausführlich hierzu Ganster Prämienzahlung S. 357. Frey VersR 1959 325; Berliner Kommentar/ Riedler § 39 Rn. 12. Vgl. OLG Düsseldorf 17.12.2002 VersR 2003 627 mit ablehnender Anm. von Langohr-
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Plato; ebenfalls ablehnend Bürkle BB 2003 2007. LG Berlin 6.5.03 VersR 2004 101 keine Mitteilungspflicht für ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 14. BGH 7.10.1965 BGHZ 44 178; Langheid/ Wandt/Staudinger § 38 Rn. 8. BGH 3.11.1976 BGHZ 67 271. Palandt/Ellenberger69 § 130 Rn. 9.
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beispielsweise Ehegatten, solange sie nicht getrennt leben.38 Gleiches gilt für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die zusammen wohnen.39 Auch sonstige Mitbewohner sind grundsätzlich geeignete Empfangsboten, etwa die Eltern des VN, wenn dieser noch bei diesen wohnt.40 Haushälterinnen und Putzfrauen sind nur dann Empfangsboten, wenn sie (ggf. konkludent) zur Entgegennahme ermächtigt wurden.41 Auch Unternehmensangestellte und Sekretärinnen können als Empfangsboten einzustufen sein.42 Dagegen können kleinere Kinder, Nachbarn und Handwerker nach der Verkehrsanschauung im Regelfall nicht als zur Entgegennahme von Willenserklärungen ermächtigt und damit als Empfangsboten angesehen werden. Fehlt es an den Voraussetzungen, um einen Empfangsboten annehmen zu können, lässt sich eine solche Person als Erklärungsbote verstehen. Bei Aushändigung an einen Erklärungsboten trägt der Erklärende das Risiko der unterlassenen, verspäteten oder unrichtigen Weitergabe seiner Erklärung an den Empfänger.43 Ein Zugang der Mahnung beim VN kann also nur angenommen werden, wenn die Mahnung durch den Erklärungsboten dem VN richtig übermittelt wird.44 Lediglich Erklärungsboten sind grundsätzlich auch Eltern, die nicht mit dem VN zusammenwohnen, wenn diese nicht vom VN zum Empfang ermächtigt wurden.45 Vom VN getrennt lebende Eltern können nicht ohne weiteres bereits nach der Verkehrsanschauung als zum Empfang von Willenserklärungen angesehen werden. Problematisch gestaltet sich der Zugang bei minderjährigen VN. Hierbei ist umstritten, ob alleine der Zugang beim Minderjährigen selbst, beim gesetzlichen Vertreter oder aber nur bei Zustellung an beide Parteien erfolgt ist. Grundsätzlich muss der Zugang an den gesetzlichen Vertreter erfolgen.46 Erst bei erlangter Geschäftsfähigkeit ist die Mahnung dem VN selbst zuzustellen. Um den Zugang der Mahnung zu erreichen, genügt regelmäßig der Einwurf in den Hausbriefkasten. Der Zugang erfolgt jedoch nur mit dem Einwurf, wenn der Einwurf zu einer Zeit erfolgt, zu der mit der Kenntnisnahme vernünftigerweise zu rechnen ist, ansonsten am nächsten Tag.47 Eingeschriebene Briefe gehen nach herrschender Ansicht dann nicht zu, wenn der Postbote den VN nicht antrifft, jedoch einen Benachrichtigungszettel hinterlässt und den Brief bei der zuständigen Poststelle hinterlegt, dieser jedoch nicht abgeholt wird und folglich zurückgesendet wird.48 Ansonsten liegt der Zugang im Zeitpunkt der Abholung vor. Weiterhin genügt nicht, dass der Empfänger den ungefähren Inhalt kennt oder erfährt.49 Andernfalls würde der Schutzzweck der qualifizierten Mahnung unterlaufen. In gewissen Fällen muss sich der VN jedoch nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei die Mahnung zugegangen. Das ist vor allem in Fällen der fahrlässigen oder gar vorsätzlichen Zugangsvereitelung anzunehmen. Bemüht er sich trotz Zumutbarkeit nicht um die Abholung des Einschreibens, obwohl er den Benachrichtigungszettel erhalten hat, liegt hierin eine fahrlässige Vereitelung des Zugangs. Gleiches gilt, wenn der VN 38
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BGH 3.6.1970 VersR 1970 755; OLG Schleswig 13.5.1981 VersR 1982 357; OLG München VersR 1969 728; OLG Köln 16.2.1972 VersR 1973 315. OLG Celle 12.1.1982 FamRZ 1983 202. BGH 7.10.1965 BGHZ 44 178. OLG Karlsruhe 23.2.1977 VersR 1977 902. BGH 6.6.1966 VersR 1966 723. Bamberger/Roth/Wendtland2 § 130 Rn. 18. Palandt/Ellenberger69 § 130 Rn. 9. OLG Neustadt 10.6.1960 VersR 1961 457.
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BGH 9.2.1977 VersR 1977 442. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 15. BGH 18.12.1970 VersR 1971 262; OLG Köln 20.6.1991 VersR 1992 85; OLG Hamm 8.9.1989 RuS 1990 37; OLG Hamm 16.4.1982 VersR 1982 1070; Prölss/Martin/ Knappmann27 § 39 Rn. 12; a.A. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 15. BGH 18.12.1970 VersR 1971 262; OLG Köln 20.6.1991 VersR 1992 85.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
mehrere Wochen abwesend ist und keinerlei Vorkehrungen getroffen hat, um in regelmäßigen Abständen Kenntnis von wichtigen Erklärungen zu erhalten.50 Dies gilt umso mehr, wenn er mit derartiger Post rechnen musste. Andererseits bedarf es keiner besonderen Maßnahme, wenn der VN nur kurzfristig (z.B. 1–2 Wochen) abwesend ist.51 Verweigert der VN die Entgegennahme von Postsendungen, obwohl er hierzu nicht berechtigt ist, ist der Zugang ebenfalls bereits mit versuchter Zustellung erfolgt.52 Zum Teil hilft in diesen Fällen auch die Zugangsfiktion des § 13, der bezüglich Adres- 25 sen- und Namensänderungen auch auf § 38 Anwendung finden muss. Dieser beinhaltet den allgemeinen Grundsatz, dass sich der VN jede fehlgeschlagene Zustellung dann zurechnen lassen muss, wenn er schuldhaft bzw. aufgrund von verkehrswidrigem Verhalten den Fehlschlag zu verantworten hat. Den VN trifft im Rahmen des Versicherungsverhältnisses insbesondere die Pflicht erfolgte Adressänderung seinerseits dem VR mitzuteilen.53 Vertraglich vereinbarte Zugangsfiktionen sind, jedenfalls soweit es sich um Erklärungen von besonderer Bedeutung handelt, nach § 308 Nr. 6 BGB unwirksam.54 d) Form der Mahnung. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung des § 39 VVG a.F 26 reicht für die qualifizierte Mahnung nun statt der Schriftform nach § 126 BGB auch die Textform nach § 126b BGB aus, eine eigenhändige Unterschrift ist somit nicht mehr erforderlich. Auch zum alten VVG war aber anerkannt, dass zur Erleichterung im Massengeschäft die Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift zur Wahrung der Form des § 39 VVG a.F genügt.55 Ein Vorausverzicht des VN auf die Einhaltung der Formvoraussetzungen ist ungültig, 27 jedoch ist eine nachträgliche Vereinbarung ebenso möglich, wie der nachträgliche Verzicht auf die Folgen formeller Mängel.56 e) Inhalt der Mahnung. Nach § 38 Abs. 1 muss der VR in der Mahnung eine mindes- 28 tens zweiwöchige Zahlungsfrist bestimmen, die rückständigen Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffern und den VN umfassend über die Rechtsfolgen der Nichtzahlung informiert. Für den Inhalt der Mahnung hat die Rechtsprechung extrem strenge Anforderungen entwickelt. aa) Prämienschuld. Nach wohl herrschender Meinung zu § 39 VVG a.F. war eine 29 genaue Bezifferung der Prämienrückstände in der Mahnung nicht notwendig, sondern es genügte die Benennung der Prämienschuld.57 Die genaue Bezifferung sollte allerdings nur dann entbehrlich sein, wenn es sich um eine Prämie aus einem bestimmten Versicherungsverhältnis handelte und der VN die Höhe der zu zahlenden Prämie unschwer aus dem Mahnschreiben und seinem Versicherungsschein ermitteln konnte.58 Diese Ansicht kann zum § 38 nicht aufrechterhalten werden, da der Gesetzestext jetzt klar erfordert, „dass rückständige Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffert werden.“59 50 51 52 53 54
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BGH 18.12.1970 VersR 1971 262; vgl. auch Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 8. OLG Köln 20.6.1991 RuS 1991 290. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 13. LG Köln 17.4.1986 JurBüro 1986 620. OLG Hamburg 27.6.1980 VersR 1981 125 noch zu der inhaltsgleichen Vorschrift § 10 Nr. 6 AGBG a.F. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 71. BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 21; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 24.
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BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 23; Prölss/Martin/Knappman27 § 39 Rn. 18; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 19; a.A. Römer/Langheid2 § 39 Rn. 9. Riedler S. 133. Für eine Bezifferung im Einzelnen auch Wandt 4 Rn. 521; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 8; Langheid/ Wandt/Staudinger § 38 Rn. 5.
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Auch in der Gesetzesbegründung ist von einer Bezifferung und nicht bloßen Benennung der Prämienschuld die Rede.60 Die rückständigen Prämien müssen ganz exakt angegeben werden, bereits eine geringe Zuvielforderung macht die Mahnung unwirksam.61 Dies gilt selbst dann, wenn der zu viel geforderte Betrag so gering ist, dass er auf die Disposition des VN keinen Einfluss haben kann.62 Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der Prämienbetrag so offensichtlich falsch ist, dass er jedem VN sofort ins Auge springt und dieser den korrekten Betrag dennoch erkennen kann.63 Den VN trifft aber grundsätzlich keine Nachprüfungspflicht hinsichtlich des vom VR in der Mahnung angegebenen Betrages, auch wenn ihm dies anhand seiner Unterlagen möglich wäre.64 Wird die rückständige Prämie in der Mahnung dagegen zu gering angegeben, so ist die Mahnung gleichwohl wirksam. Der VR ist dann an den von ihm geforderten Betrag gebunden, so dass bei Zahlung dieses Betrages der Eintritt der Rechtsfolgen wegen der eigentlich zu niedrigen Prämienzahlung ausgeschlossen ist. Der VR kann dann aber wegen des noch ausstehenden Betrages erneut mahnen.65 In § 38 Abs. 1 Satz 2 2. Hs. hat der Gesetzgeber jetzt klargestellt, dass in Fällen, in denen einzelne Verträge im Versicherungsschein zusammengefasst werden, die rückständigen Beträge gesondert für jeden Vertrag angegeben werden müssen.66 Auch zu § 39 VVG a.F. hatte der BGH eine Mahnung dann für unwirksam erklärt, wenn darin rückständige Prämien aus mehreren selbständigen Versicherungsverhältnissen so zusammen angemahnt wurden, dass der irrige Eindruck entstand, der Versicherungsschutz für das einzelne Versicherungsverhältnis hänge von der Zahlung des gesamten Prämienrückstandes ab, auch soweit dieser auf ein anderes Versicherungsverhältnis entfällt.67 Diese Pflicht des VR, die Beträge getrennt auszuweisen, hat vor allem in der Kfz-Versicherung, aber auch in der Krankenversicherung Bedeutung. In der Kraftfahrtversicherung hat der VR daher Rückstände aus der Haftpflicht- und solche aus der Kaskoversicherung getrennt auszuweisen.68 Gleiches gilt in der Krankenversicherung für die Krankheitskostenund Krankengeldtageversicherung.69 Hat der VR den VN unwirksam gemahnt, so löst dies keinerlei Rechtsfolgen aus. Dem VR ist es dann möglich erneut qualifiziert zu mahnen und damit, sofern die erneute Mahnung allen gesetzlichen Anforderungen genügt, die Rechtsfolgen des § 38 Absätze 2 und 3 auszulösen.70 Eine falsche Angabe des Fälligkeitstermins ist unschädlich, sofern sich daraus keine Folgen für die Berechnung der Mahnfrist ergeben.71 bb) Zinsen und Kosten. Auch die Zinsen und Kosten muss der VR in der Mahnung nach § 38 Abs. 1 Satz 2 genau beziffern. Mit den Kosten sind diejenigen für die Mahnung 60 61
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RegE BTDrucks. 16/3945 S. 71. BGH 7.10.1992 VersR 1992 1501; BGH 9.7.1986 VersR 1986 986; BGH 13.2.1967 BGHZ 47 88; BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 24; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 18; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 64; Bruck/Möller/ Möller8 § 39 Anm. 19. BGH 6.3.1985 VersR 1985 533. Kalischko Problemfälle VersR 1988 1003. BGH 13.2.1967 BGHZ 47 88. Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 5;
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Prölss/Martin/Knappmann27§ 39 Rn. 18; BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 26; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 19; Riedler S. 134; Schirmer FS Wälder 67, 74. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 71; vgl. auch AG Mannheim 22.12.06 ZfSch 2007 453. BGH 13.2.1967 BGHZ 47 88. BGH 9.10.1985 NJW 1986 1103. LG Köln 24.9.1991 RuS 1992 352. BGH 6.3.1985 VersR 1985 533. OLG Hamm 17.9.1975 VersR 1976 1032.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
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gemeint. Die Nebengebühren im weiteren Sinn (vgl. § 33 Rn. 30) sind nach der Legaldefinition des § 1 Satz 2 Bestandteil der Prämie (vgl. § 33 Rn. 11). Mit Zinsen und Kosten i.S.d. § 38 Abs. 1 sind dagegen echte Nebengebühren (vgl. § 33 Rn. 30) gemeint. Zu den Zinsen und Kosten zählen grundsätzlich nur die infolge des Zahlungsverzuges entstandenen Nebengebühren, also echten, nicht vertraglich vereinbarten Nebengebühren.72 Von der Zahlung anderer Schulden (z.B. Verpflichtungen aus einer bei Gelegenheit des 36 Abschlusses des Versicherungsvertrages vereinbarten Schuldübernahme oder eines Schuldbeitritts) kann der VR den Bestand des Versicherungsschutzes nicht abhängig machen.73 cc) Zahlungsfrist. Der VR hat dem VN eine Frist zu setzen, die mindestens zwei 37 Wochen betragen muss. Die Berechnung der Frist erfolgt nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.74 Die Frist darf dem VN erst bestimmt werden, wenn die Prämie fällig ist und nicht rechtzeitig gezahlt wurde; eine vor Fälligkeit der Prämie gesetzte Frist ist wirkungslos.75 Die Frist beginnt mit dem Zugang des Schriftstücks beim VN zu laufen.76 Werden 38 zeitlich nacheinander zwei qualifizierte Mahnschreiben mit gleichem Wortlaut und ohne Hinweis im zweiten Schreiben auf das erste an den VN abgesandt, so wird die endgültige Zahlungsfrist erst durch das zweite Mahnschreiben bestimmt.77 Bei der Setzung einer kürzeren als im Gesetz vorgesehenen Frist ist die Mahnung unwirksam.78 Eine wirksam gesetzte Frist wird nicht dadurch verlängert, dass der VR vor Erhebung einer Zahlungsklage eine „letzte Nachfrist“ gewährt.79 Wann die Frist gesetzt werden muss, ist nicht bestimmt. Es steht dem VR frei, wann 39 er mahnen will.80 dd) Zahlungsaufforderung. Das Mahnschreiben muss die Aufforderung des VR an 40 den VN zum Inhalt haben, innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist die rückständigen Prämien, Kosten und Zinsen zu begleichen.81 ee) Angabe aller Rechtsfolgen. Der VR muss den VN mit der Fristbestimmung umfas- 41 send über die in den Abs. 2 und 3 bestimmten Rechtsfolgen sowie über die ihm nach Abs. 3 offenstehenden Möglichkeiten belehren. Der VN ist also darauf hinzuweisen, dass, wenn der Versicherungsfall nach Frist- 42 ablauf eintritt und der VN bei Eintritt mit der Zahlung der Prämie oder der Zinsen oder der Kosten in Verzug ist, der VR nach Abs. 2 nicht zur Leistung verpflichtet ist. Außerdem ist er darauf hinzuweisen, dass der VR nach Fristablauf den Vertrag nach Abs. 3 ohne Einhaltung einer Frist kündigen kann, wenn der VN mit der Zahlung der geschuldeten Beträge in Verzug ist. Der VN ist außerdem gesondert darauf hinzuweisen, dass die Kündigung mit der Fristbestimmung so verbunden werden kann, dass sie mit Fristablauf wirksam wird, wenn der VN zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug ist. 72 73 74
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Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 10. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 29; OLG Hamm 6.3.1987 RuS 1987 166. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 5; BGH 7.10.1965 BGHZ 44 178; Reinhardt VersR 2000 1096. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 5; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 30; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 7.
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Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 30; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 20. OLG Koblenz 20.9.1967 VersR 1967 1061. Riedler S. 135; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 20. OLG Karlsruhe 22.12.1954 VersR 1955 98. Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 25. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 33; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 21.
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Abschnitt 3. Prämie
Der VN ist in jedem Fall auf alle in Betracht kommenden Rechtsfolgen vollständig hinzuweisen, da ansonsten die Mahnung unwirksam ist.82 Die Belehrung muss vollständig und rechtlich zutreffend sein, um dem VN die notwendige Rechtssicherheit zu geben, damit er in Kenntnis der Sachlage ordnungsgemäß handeln kann.83 Das Erfordernis der umfassenden Belehrung des VN gilt auch dann, wenn der VR von Anfang an nur beabsichtigt, eine von mehreren möglichen Rechtsfolgen geltend zu machen.84 Die Rechtsfolgen, die im Falle der Nichtzahlung eintreten können, und deren Voraussetzungen müssen weitestgehend an den Gesetzeswortlaut angelehnt sein.85 Beispielsweise darf in der Belehrung statt der Leistungsfreiheit des VR nicht das Ruhen der Versicherung angedroht werden oder statt von Kündigung darf nicht davon gesprochen werden, der Vertrag werde als aufgehoben betrachtet.86 Die Rechtsfolgen Leistungsfreiheit und Recht zur Kündigung dürfen nicht als Folge des Verzugs schlechthin angegeben werden. Es muss zusätzlich erwähnt werden, dass dazu auch der Eintritt des Versicherungsfalls und der fortdauernde Verzug gehören.87 Der VN darf nicht in den Glauben versetzt werden, dass die Zahlung nach Ablauf der Frist ihm nichts mehr nützt.88 Der „Verzug“ darf nicht mit dem Begriff Rückstand ersetzt werden.89 Entsprechend dem Gesetzeswortlaut reicht die Verwendung des Begriffs „Verzug“ aus.90 Der Gesetzestext muss aber an sich nicht verwendet werden; seine alleinige Abschrift in der Mahnung ist auch darüber hinaus nicht ausreichend.91 Da der VN nicht in den Glauben versetzt werden darf, dass ihm eine Zahlung nach Ablauf der Frist nichts mehr nütze (oben Rn. 44), muss der VN auch auf § 38 Abs. 3 Satz 3 hingewiesen werden.92 Dies gilt selbst dann, wenn die Kündigung noch nicht mit der Mahnung verbunden ist. Rechtsfolge einer nach Form und Inhalt unzureichenden Belehrung ist deren Unwirksamkeit. Die Rechtsprechung ist dabei sehr formalistisch. Nach ihr ist es unerheblich, ob der VN dadurch tatsächlich von der rechtzeitigen Zahlung abgehalten wurde oder wenigstens eine solche Möglichkeit bestand. Die ordnungsgemäße Belehrung ist also formelle Wirksamkeitsvoraussetzung einer für § 38 ausreichenden Mahnung.93 Die Mahnung soll dazu dienen, den VN vor den Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung zu warnen. Daher wurde auch erwogen, die Unwirksamkeit bei einer Mahnung anzunehmen, die den Hinweis auf die Rechtsfolgen in besonders kleinem Druck am unte82
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BGH 9.3.1988 VersR 1988 484; BGH 6.10.1999 VersR 1999 1525; Langheid/ Wandt/Staudinger § 38 Rn. 7; Bruck/Möller/ Möller8 § 39 Anm. 22; Berliner Kommentar/ Riedler § 39 Rn. 34. BGH 7.10.1992 VersR 1992 1501. Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 22; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 34; OLG Nürnberg 8.2.1973 VersR 1973 910. Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 7; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 35. Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 35. BGH 9.3.1988 VersR 1988 484; Römer/ Langheid2 § 39 Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 20. RG 4.6.1918 RGZ 93 80; OLG Hamm 23.2.1977 VersR 1977 715; OLG Koblenz 24.3.1981 VersR 1981 1148; Bruck/Möller/ Möller8 § 39 Anm. 22.
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OLG Hamm 3.7.1991 RuS 1991 362. OLG Hamm 18.12.1991 VersR 1992 1205; strenger dagegen OLG Hamm 3.7.1991 VersR 1992 558. BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 35; a.A. wohl Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 20. OLG Hamm 17.9.1975 VersR 1976 1032; BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 35; Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 64; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Anm. 22. BGH 13.2.1967 VersR 1967 467; OLG Hamm 6.12.1978 VersR 1980 178; OLG Köln 23.10.2001 NVersZ 2002 110; BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 36; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 21.
Roland Michael Beckmann
Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
ren Rand des Schreibens enthält. Der BGH hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 5.6.198594 offen gelassen, da die dort verwendete Mahnung bereits aus anderen Gründen unwirksam war.95 In einer anderen Entscheidung96 hat der BGH darauf hingewiesen, dass bereits die Gestaltung des Schreibens dem VN den Ernst der Lage und die Konsequenzen vor Augen führen muss. Der Hinweis auf den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes muss daher schon auf der Vorderseite des Schreibens erfolgen. Es ist dem VR nicht möglich, eine wegen unzureichender Mahnung fehlerhafte Kün- 48 digung durch ein Korrekturschreiben zu heilen, vielmehr ist eine erneute Mahnung erforderlich, da die Mahnung der Kündigung nach § 38 Abs. 3 vorausgehen muss.97 Die formalisierte Mahnung kann auch nicht durch einen Mahnbescheid ersetzt wer- 49 den oder deshalb unterbleiben, weil wegen der Prämien bereits ein Prozess schwebt oder weil der VN den Wunsch nach Aufhebung des Vertrages geäußert und ihm dadurch Nachdruck verliehen hat, dass er die Prämienzahlung abgelehnt hat.98 f) Zeitpunkt der Mahnung. Der VR darf den VN erst dann mahnen, wenn die Folge- 50 prämie fällig geworden ist; eine vor Fälligkeit bestimmte Frist ist wirkungslos.99 Die falsche Angabe des Fälligkeitstermins in der Mahnung stellt aber jedenfalls so lange keinen Verstoß gegen die Belehrungspflicht dar, als sich daraus etwa für die Berechnung der Mahnfrist keinerlei Folgen ergeben.100 g) Mahnung bei Verzug mit mehreren Prämien. Nicht selten kann es vorkommen, 51 dass der VN nicht bloß mit einer, sondern mit mehreren Prämien im Zahlungsverzug ist bzw. fällige Prämien nicht rechtzeitig entrichtet. Derartige Fallkonstellationen lassen sich jedoch gleichermaßen nach den vorhandenen gesetzlichen Vorschriften adäquat lösen. Sind sowohl Erst- als auch Folgeprämie fällig und zahlt der VN nur auf die Erstprämie, besteht zweifelsohne keine Leistungsfreiheit des VR. Dieser hat die Folgeprämie zuerst anzumahnen. Im umgekehrten Fall – der VN zahlt also nur auf die Folgeprämie – ist der VR hingegen von seiner Leistung frei, bis die Erstprämie entrichtet wird, § 37 Abs. 2 Satz 1, es sei denn, der VN hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. Einer übergesetzlichen Hinweispflicht, wie sie teilweise angedacht wird, bedarf es heute nicht mehr, da dem VR bereits durch § 37 Abs. 2 Satz 2 eine gesonderte Hinweispflicht auferlegt wird.101 Hat der VN sowohl die Erst- als auch die Folgeprämie nicht beglichen, so kann er der Leistungsfreiheit des VR alleine durch Zahlung der Erstprämie entgegenwirken, solange der VR die Folgeprämie nicht angemahnt hat. Bei Fälligkeit mehrerer Folgeprämien stellt das Gesetz darauf ab, welche Prämien 52 bereits vom VR qualifiziert angemahnt wurden und auf welche Prämien der VN bereits gezahlt hat. Hierbei ist strikt zwischen den einzelnen Folgeprämien zu differenzieren. Erste Voraussetzung für eine mögliche Leistungsfreiheit oder Kündigung des VR ist stets die ordnungsgemäße qualifizierte Mahnung. Es ist klar, dass ein VN nicht in Verzug geraten kann, sofern er nicht ordnungsgemäß gemahnt wurde. Für jede Folgeprämie ist daher gesondert zu untersuchen, ob die Mahnung den gesetzlichen Vorschriften entsprechend erfolgt ist. Befindet sich der VN mit mehreren Folgeprämien in Verzug und be94 95 96 97 98
BGH 5.6.1985 VersR 1985 981. Für die Unwirksamkeit Lang VersR 1987 1157, 1161. BGH 6.10.1999 NVersZ 2002 72. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 65; BGH 6.3.1985 VersR 1985 533. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 22; BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 37.
99 100 101
BerlinerKommentar/Riedler § 39 Rn. 38; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 5. OLG Hamm 17.9.1975 VersR 1976 1032. für eine derartige Pflicht noch: Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 39; aus neuerer Zeit Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 3.
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§ 38
Abschnitt 3. Prämie
gleicht er von diesen nur die ordnungsgemäß angemahnte(n) Folgeprämie(n), so muss der VR, um erneut die Rechtsfolgen des § 38 herbeizuführen, erneut eine der ausstehenden Folgeprämien anmahnen.102 Ist der VN beispielsweise mit mehreren Folgeprämien in Verzug, ist aber nur eine dieser Folgeprämie angemahnt worden und begleicht der VN diese angemahnte Prämie, so ist der VR wieder ab dem Zeitpunkt der Zahlung an zur Leistung verpflichtet. Die weiteren fälligen Folgeprämien sind gesondert anzumahnen und sind als eigenständige Verbindlichkeiten nicht Bestandteil der ersten Mahnung. Hat der VN dagegen auch nach Ablauf der Zahlungsfrist eine qualifiziert angemahnte Folgeprämie nicht beglichen, so hat das Hinzutreten weiterer fälliger Folgeprämien keinen Einfluss auf die bereits bestehende Leistungsfreiheit des VR, da der Verzug erst dann endet, wenn die angemahnte Prämie bezahlt wurde.103 Daran ändert sich auch nichts, wenn die weiteren Folgeprämien ebenfalls angemahnt wurden. Der VR bleibt auch während der Zahlungsfrist für die neu hinzugekommenen Folgeprämien von seiner Leistungspflicht frei, da die bereits bestehende Leistungspflicht eben nur durch die jeweilige Zahlung auf die bereits zuvor angemahnte Folgeprämie erlöschen kann.104 Wurde der VN aufgrund mehrerer ausstehender Folgeprämien auch bzgl. aller Folgeprämien ordnungsgemäß gemahnt, bezahlt daraufhin jedoch nur den Betrag einer dieser Folgeprämien, so ist auch klar, dass sich an der Leistungsfreiheit des VR nichts ändern kann, da der Verzug mit den übrigen Folgeprämie auch fortan besteht. Auch im Falle der Verjährung einer Folgeprämie bleibt die Leistungsfreiheit des VR 53 bestehen;105 die einmal eingetretene Leistungsfreiheit kann nachträglich nicht beseitigt werden. Indes kann in diesem Fall eine übergesetzliche Hinweispflicht des VR bestehen, sofern der VN – z.B. aufgrund der zeitlichen Spanne – von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgeht und der VR dies erkennt.106 Bei vereinbarter Ratenzahlung ist die Rechtslage weitestgehend identisch, wenn es 54 sich bei den Raten um Folgeprämien handelt.107 Eine Besonderheit ergibt sich für den Fall, dass durch Vereinbarung der Verzug mit einer Rate zum sofortigen Fälligwerden der noch ausstehenden Raten führt. Diese als zulässig deklarierte Klausel führt dazu, dass die gesamte Jahresprämie fällig wird. Wird der VN diesbezüglich ordnungsgemäß gemahnt, muss er, um die Leistungsfreiheit des VR zu verhindern, auch die gesamte Jahresprämie entrichten.108 4. Keine Zahlung innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist
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Der VN kann das Kündigungsrecht und die Leistungsfreiheit des VR dadurch abwenden, dass er innerhalb der gesetzten Frist die angemahnten Folgeprämien begleicht. Gelingt ihm dies, besteht der Versicherungsvertrag unter Beibehaltung der gegenseitigen Leistungspflichten fort. Dabei muss die Frist mindestens zwei Wochen betragen, kann jedoch vom VR auch länger bemessen werden. Die Bezahlung eines bestimmten Betrages aufgrund einer vorangegangen Mahnung stellt rechtlich gesehen eine Tilgungsbestimmung hinsichtlich exakt dieser angemahnten Folgeprämie dar. Insofern ist auch eine spätere Verrechnung des VR mit sonstigen, möglicherweise älteren, Forderungen irrelevant in Bezug auf § 38. Durch die Tilgung der angemahnten Prämien endet der Verzug des VN. 102 103
104 105
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OLG Koblenz 24.3.1981 VersR 1981 1148. BGH 24.1.1963 VersR 1963 376; OLG Köln 16.9.1992 RuS 1992 398; OLG Nürnberg 14.7.1952 VersR 1952 371. BGH 20.12.1956 VersR 1957 55. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 25.
106
107 108
BGH 7.11.1973 VersR 1974 121; OLG Karlsruhe 16.10.1986 VersR 1988 487; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 25. vgl. zur Abgrenzung § 37 Rn. 17. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 46.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
5. Kein Verschulden des VN Zuletzt gehört zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 38, dass der VN den 56 Zahlungsverzug zu vertreten hat. Der Zahlungsverzug setzt somit ein Verschulden des VN voraus. Das Verschulden wird grundsätzlich vermutet, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Insofern hat der VN selbst den Entlastungsbeweis anzutreten. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage des Verschuldens ist der Eintritt des Versicherungsfalles.109 Das folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des § 38 Abs. 2, wonach der VN bei Eintritt des Versicherungsfalles in Verzug sein muss. Folgende Tatsachen genügen den Anforderungen an den Gegenbeweis nicht: Nicht- 57 zahlung aufgrund Illiquidität genügt gewiss nicht.110 Auch das Vergessen der Zahlung genügt ohne Zweifel nicht, um den Beweis zu erbringen. Auch eine zu hohe Minderung der Versicherungssumme nach § 74 Abs. 1 (Überversicherung) hat der VN zu vertreten. Exemplarisch sind aber derartige Gegebenheiten als Gegenbeweis anzuerkennen: 58 Schwere Krankheiten können im Einzelfall sehr wohl ein Verschulden ausschließen.111 Ansonsten können natürlich Leistungshindernisse aufgrund höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Ereignisse, die der VN nicht zu beeinflussen vermag, zum Gegenbeweis angeführt werden.112 Weiterhin kann ein Verhalten des VR oder seiner Mitarbeiter bzw. Erfüllungsgehilfen dazu führen, dass der VN den Verzug nicht zu vertreten hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der VN in unzutreffender Weise über die Zahlung der Prämie belehrt wird, getäuscht wird, oder er sich aufgrund missverständlicher Äußerungen in einem entschuldbaren Irrtum befindet. Vor allem bei missverständlicher Prämienberechnung kann dies der Fall sein, wenn Forderungen in wechselnder Höhe während der Zahlungsfrist geltend gemacht werden oder die Zusendung der Zahlungsaufforderung den geforderten Betrag nicht klar widerspiegelt. Ist der VN daraufhin in Unkenntnis über den geschuldeten Betrag und verschafft er sich hierüber Klarheit, verhindert auch die spätere Zahlung nach Ablauf der Frist den Verzug.113 Der VN kommt des Weiteren nicht in Verzug, wenn er entsprechende Gegenrechte geltend machen kann. Hierzu zählen insbesondere Schadensersatz- und Zurückbehaltungsrechte sowie Gestaltungsrechte wie etwa die Aufrechnung nach § 387 BGB. Einschränkend ist jedoch erforderlich, dass das Gegenrecht bzw. die Forderung des VN gegen den VR vor Ablauf der Zahlungsfrist entstanden sein muss. Ansonsten kommt der VN in Verzug, kann jedoch zweifellos durch Aufrechnung die Prämienforderung zum Erlöschen bringen.
II. Rechtsfolgen 1. Allgemeines Die Rechtsfolgen des § 38 regeln nur die Befreiung von der Leistungspflicht in dem 59 Falle, dass der VN die fällige Prämie nicht innerhalb der Zahlungsfrist bezahlt, und das hieraus entspringende Kündigungsrecht des VR. Darüber hinaus entfaltet § 38 jedoch keinerlei Wirkungen auf den bestehenden Versicherungsvertrag. So bleibt es dem VR auch weiterhin unbenommen auf Vertragserfüllung, also Prämienzahlung, zu klagen bzw. 109
110 111
Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 28. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 48. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 28;
112 113
Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 13. Bruck/Möller/Möller8 § 39 Rn. 26. BGH 21.12.1977 VersR 1978 241; OLG Bremen 8.12.1977 VersR 1977 855; Düsseldorf 11.7.1978 VersR 1978 912.
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Abschnitt 3. Prämie
hierzu das Mahnverfahren anzustrengen. So kann der VR auch trotz eventuell bestehender Leistungsfreiheit noch lange Zeit später die Zahlung der Prämien verlangen, da der Bestand des Versicherungsvertrages nicht berührt wird. Die Grenze bildet letztlich nur die eigentliche Beendigung des Versicherungsvertrages oder aber die Verjährung des Anspruchs. Teilweise ist indes in AVB vereinbart, dass Folgeprämien nur bis zu einer gewissen zeitlichen Grenze geltend gemacht werden können.114 Alleine der Verzug des VN mit der Prämienzahlungspflicht ändert ansonsten nichts an den beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Versicherungsverhältnis. Hieraus kann sich allenfalls ein Schadensersatzanspruch ableiten lassen, der die Verzugszinsen umfasst, §§ 286, 288 BGB.115 Umstritten ist, ob im Rahmen von Verzugsschäden auch eventuell angefallene Kosten für Mahnbescheide hinzugerechnet werden können. Mahnt der VR etwa den VN und beantragt innerhalb der Zahlungsfrist einen Mahnbescheid, so sind nach richtiger Ansicht auch die Kosten hierfür ersatzfähig. Für die Herbeiführung der allgemeinen Verzugsfolgen ist lediglich eine einfache und keine qualifizierte Mahnung erforderlich. Die einfache Mahnung ist jedoch zumeist nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, so dass auch die Mahnkosten zu ersetzen sind.116 2. Leistungsfreiheit des VR in den jeweiligen Stadien
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Alleine der Verzug mit der Folgeprämie führt nach dem Willen des Gesetzgebers niemals zur Leistungsfreiheit des VR. § 38 ist vom Grundgedanken getragen, dass der Versicherungsschutz ein wichtiges Gut ist, das besonderen Schutz verdient und nicht bereits dadurch entfallen soll, dass lediglich eine fällige Zahlungsverpflichtung übersehen wurde.117 Ganz im Gegensatz zu § 37, der im Rahmen von Erstprämien das sog. Einlösungsprinzip zu Grunde legt, wonach der VR grundsätzlich bis zur Leistung der ersten Prämie nicht zur Zahlung verpflichtet ist, hat der Gesetzgeber in § 38 erkannt, dass im Falle von Folgeprämien der VN sehr wohl sein Interesse am Bestehen des Versicherungsvertrages deutlich bekundet hat und somit schützenswert ist. Darauf basierend ist für die Frage nach der Leistungsfreiheit stets nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles zu differenzieren.
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a) keine Leistungsfreiheit während des Laufs der Zahlungsfrist. Weder der Eintritt des eigentlichen Verzugs noch der Lauf der Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 vermag die Leistungsfreiheit des VR zu begründen. Sofern der VN die Folgeprämie begleicht, können die Rechtsfolgen des § 38 nicht mehr eintreten. Es bleibt somit weder Raum für ein Kündigungsrecht des VR, noch für eine etwaige Leistungsfreiheit. Selbst dann, wenn während der Zahlungsfrist wirklich der Versicherungsfall eintritt und der VN in Kenntnis hiervon die Folgeprämie nachzahlt, muss der VR leisten.118 Unbenommen bleibt es dem VR jedoch, Verzugszinsen geltend zu machen nach §§ 286, 288 BGB. b) Rechtslage nach Fristablauf
62
aa) Zeitraum zwischen Ende der Zahlungsfrist und des Versicherungsfalles. Nach dem Ablauf der ordnungsgemäß gesetzten Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 ist der 114 115 116
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Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 50. Bruck/Möller/Möller8 § 39 Rn. 31; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 50. Ebenso Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 34; Bruck/Möller/Möller8 § 39 Rn. 29; a.A. Ehrenzweig ZfV 1955 45.
117 118
Begr. zu § 39 VVG 1908 Motive 110. OLG Düsseldorf 1.3.1966 VersR 1966 819; vgl. Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 15; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 52.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
VR nach § 38 Abs. 2 von seiner Leistungspflicht frei. Solange jedoch kein Versicherungsfall eintritt, hat dies in der Praxis zunächst einmal keine Konsequenzen. Auch im Hinblick auf das Versicherungsverhältnis, seine Dauer und die Prämienzahlungspflicht ergibt sich nichts anderes. Der VN kann auch in diesem Zeitraum noch die angemahnte Folgeprämie bezahlen und so die Rechtsfolgen des § 38 für die Zukunft ausräumen. Der VR ist auch in diesem Zeitraum zur Entgegennahme verpflichtet und gerät im Falle der Weigerung in Annahmeverzug.119 Eine Besonderheit ergibt sich weiterhin in den Fallkonstellationen, in denen der VN die Prämie noch vor Eintritt des Versicherungsfalles begleicht, obwohl er genaue Kenntnis davon hat, dass dieser alsbald eintreten wird. Hier wird teilweise angenommen, dass dies gegen Treu und Glauben verstoße und daher die Leistungsfreiheit des VR trotz Zahlung der Prämie weiterbestehe.120 Eine derartige teleologische Auslegung erscheint indes nur in krassen Ausnahmesituationen geboten. Erforderlich müsste sein, dass zum einen der Versicherungsfall wirklich in unmittelbarer zeitlicher Nähe stattfinden wird, ein sehr hoher Schaden zu erwarten ist und der Eintritt des Versicherungsfalles sicher feststeht. Ansonsten nutzt der VN nämlich nur die bestehende Rechtslage zu seinen Gunsten aus, was ihm nur schwerlich verwehrt werden kann. bb) Leistungsfreiheit nach Eintritt des Versicherungsfalles. Liegen die Tatbestands- 63 voraussetzungen des § 38 vor und ist die gesetzte Zahlungsfrist fruchtlos verstrichen und tritt daraufhin der Versicherungsfall ein, so ist der VR stets von seiner Leistung frei. Eine Leistung nach dem Eintritt des Versicherungsfalles ist dann unerheblich. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass alleine das rechtzeitige Absenden des Prämienbetrages genügt, um den Verzug zu beseitigen. Hat der VN folglich am letzten Tag der Zahlungsfrist den Überweisungsvertrag über den jeweiligen Betrag geschlossen, hat er die erforderliche Leistungshandlung erbracht (zur erforderlichen Leistungshandlung vgl. noch § 36 Rn. 10 ff.) Haben die Parteien das Einzugsermächtigungsverfahren gewählt, obliegt es dem VR, den Betrag einzuziehen. Hier kommt der VN nur in Verzug, sofern die Einziehung des Betrages erfolglos verläuft. In der Praxis bereitet des Weiteren vor allem die Beurteilung, ob dem VN ein Ver- 64 schulden bzgl. des Zahlungsverzugs zur Last zu legen ist, Schwierigkeiten. Hierfür erforderlich ist der sog. subjektive Verzug. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 38 Abs. 2 muss dem VN im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles der Zahlungsverzug anzulasten sein.121 Der Gesetzgeber hat den hiergegen vorgebrachten Bedenken im Rahmen der VVG-Reform keine Beachtung geschenkt und es bei dieser Rechtslage belassen.122 Bei manchen Versicherungsarten führt diese Auslegung zu einer schwer nachvollziehbaren Rechtslage. Als markantestes Beispiel wird hierbei die Todesfallversicherung genannt. Es ist nicht selten der Fall, dass bei einer Todesfallversicherung der VN vor seinem Tode mehrere Tage zuvor bereits bettlägerig ist und aus diesem Grund im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles alleine keine Zahlungen mehr tätigen kann. In diesem Fall liegt im entscheidenden Moment häufig gerade kein subjektiver Verzug vor. Dem VN ist somit kein Verschulden zur Last zu legen, obwohl er möglicherweise Monate zuvor bereits die Möglichkeit hatte, die Prämienschuld zu begleichen. Diese Rechtslage ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts und des Abstellens auf den Versicherungsfall so zu akzeptieren. 119 120
Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 16; Bruck/Möller/Möller 8 § 39 Rn. 34. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 54; zweifelnd Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 30.
121 122
Bruck/Möller/Möller 8 § 39 Rn. 35; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 13. Siehe hierzu Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 54.
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§ 38
Abschnitt 3. Prämie
3. Das Kündigungsrecht des VR
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Hat der VN auch während der Zahlungsfrist die angemahnte fällige Prämie nebst Zinsen und Kosten nicht entrichtet, so steht dem VR nach Ablauf der Zahlungsfrist des Weiteren die Möglichkeit der Kündigung des Versicherungsvertrages zu, § 38 Abs. 3. Aus formaler Sicht steht es ihm dabei frei, ob er nach Fristablauf gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 eine eigenständige Kündigung an den VN versendet (isolierte Kündigung) oder aber die Kündigung gleichsam mit der qualifizierten Mahnung derart verbindet, dass diese mit Fristablauf wirksam wird, § 38 Abs. 3 Satz 2 (verbundene Kündigung). Von der Option der Kündigung unberührt bleibt die Möglichkeit, den Versicherungsvertrag einvernehmlich mittels einer Vertragsauflösung zu beenden. Dies ist jederzeit und unabhängig vom Vorliegen einer qualifizierten Mahnung möglich.
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a) Allgemeine Voraussetzungen der Kündigung. Wie auch im Rahmen der Leistungsfreiheit des VR bereits erörtert, ist auch das Kündigungsrecht der VR an allgemeine Voraussetzungen geknüpft. Der VN muss die ausstehende fällige Prämie nebst Zinsen oder Kosten trotz erfolgter ordnungsgemäßer Mahnung nicht innerhalb der Zahlungsfrist beglichen haben. Da die Kündigung eine rechtsgestaltende, empfangsbedürftige Willenserklärung ist, muss sie darüber hinaus von einem zur Erteilung einer Kündigung Berechtigten erklärt worden sein und dem richtigen Empfänger bzw. einem Empfangsberechtigten zugehen. Hierbei gelten weitestgehend die Erwägungen, die bereits im Rahmen der Mahnung dargestellt wurden (vgl. hierzu Rn. 16 ff.). Inkassobevollmächtigte, Versicherungsmakler und Versicherungsagenten sind grundsätzlich nicht berechtigt, Kündigungen auszusprechen, da dies ihren Kompetenzbereich überschreitet. Es ist jedoch gewiss möglich, auch derartigen Personen vertraglich die Befugnis hierzu einzuräumen. Die Kündigung ist anders als die qualifizierte Mahnung grundsätzlich formfrei. Schriftform kann jedoch vereinbart werden. Die Kündigung muss aber in jedem Falle endgültig ausgesprochen werden. Bloße Androhungen oder Ankündigungen genügen nicht.123 Der VN muss hier Klarheit über die Zukunft des Versicherungsvertrages haben. Über diese allgemeinen Voraussetzungen hinaus bestehen für die zwei möglichen Kündigungsarten noch weitere Besonderheiten.
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b) Isolierte Kündigung. Die isolierte Kündigung ist erst nach Ablauf der Zahlungsfrist möglich. Im Rahmen der isolierten Kündigung ist jedoch stets zu beachten, dass die Kündigungsvoraussetzungen auch noch im Zeitpunkt, in dem die Kündigung zugeht, vorliegen müssen.124 Insbesondere muss sich der VN noch bei Zugang im subjektiven Zahlungsverzug mit der Prämie befinden. War der Zahlungsverzug bis zu diesem Zeitpunkt unverschuldet, so kann die Kündigung keine Wirkung entfalten. Gleiches gilt, sofern der VN die zur Begleichung der Prämienschuld erforderliche Leistungshandlung vorgenommen hat, bevor ihm das Kündigungsschreiben zugeht. Hat der VN bspw. die Zahlung der Prämie mittels Überweisung oder Scheck bereits in die Wege geleitet, so bleibt die spätere Kündigung wirkungslos (vgl. zur Leistungshandlung § 36 Rn. 10 ff.).
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c) Verbundene Kündigung. Die verbundene Kündigung stellt für den VR gewiss die sinnvollere Kündigungsvariante dar. Dabei kann der VR innerhalb der qualifizierten Mahnung der Prämie bereits erklären, dass der Versicherungsvertrag mit Ablauf der Zahlungsfrist als gekündigt gilt, sofern der VN die Prämie bis dahin nicht bezahlt hat, § 38 123 124
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OLG Köln 19.3.1992 RuS 1992 151. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 17; Berliner Kommentar/Riedler
§ 39 Rn. 57; Bruck/Möller/Möller 8 § 39 Rn. 40.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
Abs. 3 Satz 2. Dadurch erspart er sich zum einen entstehende Verwaltungskosten bzw. Verwaltungsaufwand, andererseits aber vor allem die Beweislast bzgl. des Zugangs der späteren Kündigung (vgl. hierzu Rn. 84 ff.). Zu beachten ist auch im Rahmen der verbundenen Kündigung, dass bis zum Ablauf der Zahlungsfrist die Voraussetzungen der Kündigung vorliegen müssen. Insbesondere muss sich der VN zu diesem Zeitpunkt noch in verschuldetem Verzug befinden.125 Das Eintreten der Wirkungen der Kündigung ist bei der verbundenen Kündigung durch die Nichtentrichtung der Prämie innerhalb der Zahlungsfrist aufschiebend bedingt, § 158 Abs. 1 BGB. Umstritten, aber wohl zu bejahen ist, dass der VR auch eine längere Befristung für das Eintreten der Kündigungsfolgen bestimmen kann.126 Insbesondere liegt in dieser längeren Befristung keine Beschneidung der Rechte des VN, sondern eine Besserstellung, so dass vor allem § 42 nicht dagegen spricht. d) Wirkung der Kündigung. Die Kündigungswirkung tritt bei Vorliegen aller Voraus- 69 setzungen ab dem Zugang der Kündigungserklärung bzw. bei der verbundenen Kündigung mit Ablauf der Zahlungsfrist ein (ex-nunc-Wirkung). Ab diesem Zeitpunkt ist der Versicherungsvertrag aufgelöst. Eine Ausnahme hierzu findet sich jedoch im Bereich der Lebensversicherung. Hier führt die Kündigung gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 nicht zur Auflösung des Versicherungsvertrages, sondern zur Umwandlung der Lebensversicherung in eine prämienfreie Lebensversicherung, worauf der VR bei Bestimmung der Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 hinzuweisen hat, § 166 Abs. 3. Obwohl die Kündigung grundsätzlich bewirkt, dass die Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag ab diesem Zeitpunkt erlischt, gebührt dem VR nunmehr gemäß § 39 Abs. 1 nicht mehr die gesamte Prämie bis zum Ablauf der jeweiligen Versicherungsperiode, sondern nur noch für den Zeitraum, zu dem Versicherungsschutz bestanden hat. Der Gesetzgeber hat sich somit vom Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie abgewandt. e) Reaktivierung des Versicherungsvertrages, Abs. 3 Satz 3. Obwohl der Versiche- 70 rungsvertrag mit Zugang einer wirksamen Kündigung erloschen ist, gesteht der Gesetzgeber dem VN jedoch weiterhin das Recht auf Reaktivierung des Versicherungsvertrages zu für den Fall, dass er innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung, bzw. bei verbundenen Kündigungen innerhalb eines Monats nach Fristablauf die Zahlung auf die Prämie mitsamt der sonstigen Kosten und Zinsen nachholt, § 38 Abs. 3 Satz 3. Dann fallen die Wirkungen der Kündigung nachträglich fort. Der Versicherungsvertrag lebt durch das einseitige Gestaltungsrecht des VN in seiner ursprünglichen Form wieder auf.127 Rechtlich lässt sich dieses Wiederaufleben am ehesten mit dem Rechtskonstrukt einer auflösend bedingten Kündigung erklären, § 158 Abs. 2 BGB.128 Ab Zahlung der Prämie besteht der Versicherungsvertrag wieder. Der Zahlung kommt keineswegs die Wirkung zu, auch die Leistungsfreiheit des VR rückwirkend zu beseitigen, vgl. Abs. 3 Satz 3 2. Halbs. Die Leistungspflicht des VR besteht erst wieder ab dem Zeitpunkt, ab dem der VR seiner Prämienzahlungspflicht ordnungsgemäß nachkommt. War zuvor ein Versicherungsfall eingetreten und der VR aufgrund des Prämienzahlungsverzugs nicht mehr zur Leistung verpflichtet, so kann der VN zwar gewiss immer noch den Versicherungsvertrag wiederaufleben lassen. An der vorherigen Leistungsfreiheit ändert dies jedoch nichts. 125
126
Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 17; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 57. Bruck/Möller/Möller 8 § 39 Rn. 45; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 57; a.A. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 31.
127 128
Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 61. Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 22; Bruck/Möller/Möller 8 § 39 Rn. 50; Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 61.
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Abschnitt 3. Prämie
Sehr umstritten ist die Frage, ob eine Reaktivierung des Versicherungsvertrages auch dann noch anzunehmen ist, wenn der VN lediglich aufgrund der Zwangsvollstreckung bzw. zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die Prämienpflicht begleicht. Richtigerweise ist dies zu verneinen. Der Leistung auf die vormals bestehende Prämienzahlungspflicht liegt grundsätzlich eine autonome Willensentscheidung des VN zugrunde, durch welche dieser zum Ausdruck bringt, dass er an dem Versicherungsvertrag festhalten möchte. Die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der VN am Vertrag festhalten möchte.129 Vielmehr zahlt er aufgrund anderer Beweggründe. Ohne weitere Anhaltspunkte tritt die Wirkung des § 38 Abs. 3 Satz 3 in diesem Fall somit nicht ein.130
III. Ausbleiben der Rechtsfolgen 71
Es existieren Fallgruppen, bei denen anerkanntermaßen die Rechtsfolgen des § 38 nicht eintreten. Hierzu zählen insbesondere die Stundung der Folgeprämie durch den VR, der Verzicht des VR auf die Rechtsfolgen des § 38 und der Ausschluss der Rechtsfolgen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB): 1. Stundung der Folgeprämie
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Sofern der VN in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist, kommt es nicht selten vor, dass die Parteien sich darüber einigen, dass die Prämienforderung gestundet werden soll oder aber jedenfalls nicht vom VR innerhalb eines bestimmten Zeitraumes geltend gemacht werden soll. Welche rechtlichen Folgen eine derartige Vereinbarung nach sich zieht, ist daraufhin jedoch durch Auslegung zu ermitteln. So kann von Seiten des VR die Prämie bis auf weiteres gestundet worden sein. Eine solche Stundung hindert die Fälligkeit der Prämienforderung. Ohne fällige Prämienforderung kann aber gleichzeitig auch kein Verzug des VN eintreten. § 38 wäre dann nicht einschlägig. Anders verhielte es sich, wenn der VR lediglich zusagt, dass er die Prämie nicht geltend machen werde. In diesem Fall bleibt die Fälligkeit der Prämie unberührt. Die Verzugsfolgen des § 38 können somit gleichwohl eintreten. Ergibt sich durch Auslegung, dass der VR die Prämie tatsächlich stunden wollte, so 73 bewirkt die Stundung vor Fristsetzung, dass es mangels Fälligkeit an einer nicht rechtzeitigen Zahlung des VN fehlt. Die Rechtsfolgen des § 38 können somit nicht eintreten. Erfolgt die Stundung der Prämie während der Phase, in der die Zahlungsfrist läuft, 74 wird lediglich der Termin, an dem die Zahlungsfrist endet, nach hinten verlegt auf den Zeitpunkt, in dem die Stundungsfrist abläuft. Solange diese Stundungsfrist läuft, trägt der VR weiterhin die Gefahr des Versicherungsfalles. Zuvor erfolgte Rechtsgeschäfte, wie z.B. die Mahnung, bleiben von der Stundungsabrede zwar grundsätzlich unberührt.131 Überwiegend wird jedoch angenommen, dass nach Ablauf der Stundungsfrist die Verzugsfolgen nicht ohne deutliche Kennzeichnung des VR wieder aufleben würden.132 Vielmehr 129
90
AG Alsfeld 1.2.1991 NJW-RR 1991 1312; Gärtner VersR 1961 104, 105; HK-VVG/ Karczewski § 38 Rn. 27; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Michaelis § 38 Rn. 18; a.A. LG Duisburg 2.8.1961 VersR 1961 793; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 31; Brockmann VersR 1960 678.
130 131 132
Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 62. OLG München 25.4.1958 VersR 1959 798. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 68; Kalischko VersR 1988 671, 673; Prölss/ Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 40.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
müsse der VR nach Ablauf der Stundungsfrist erneut mahnen, um die Rechtsfolgen des § 38 herbeiführen zu können. Das ist durchaus nachvollziehbar, da im Unterschied zu einer bloßen Fristverlängerung der VN bei Erhalt einer Stundung nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass er sofort nach Ablauf der Frist keinen Versicherungsschutz mehr genießt, sondern vielmehr auf eine Neuregelung des Versicherungsvertrages mit dem VR vertraut.133 Der VR kann diesem Rechtsschein indes vorbeugen, indem er im Rahmen der Stundungsabrede deutlich macht, dass nach Ablauf die Verzugsfolgen wieder aufleben. Nach Ablauf der Zahlungsfrist, also bei bestehender Leistungsfreiheit des VR, be- 75 wirkt eine Stundung der Prämie nicht, dass der VR wieder zur Leistung verpflichtet ist. Hierzu ist eine Zahlung der noch ausstehenden Prämien notwendig.134 Den VR trifft in diesem Fall eine Hinweispflicht auf die bestehende Leistungsfreiheit. Andernfalls könnte der VN fälschlicherweise von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgehen. Da durch die Stundungsvereinbarung der Rechtsschein für den VN erweckt werden könnte, dass der VR an einer Neuregelung des Versicherungsvertrages interessiert sei, muss der VR nach Ablauf der Stundungsfrist erneut mahnen, um kündigen zu können. Die Leistungsfreiheit besteht jedoch auch ohne weitere Mahnung fort. Alleine die Annahme von Teilzahlungen lässt nicht zwingend auf ein Zustandekom- 76 men einer Stundungsvereinbarung schließen. Der VR sollte sich jedoch stets durch entsprechende Hinweise absichern, um die Gefahr einer Haftung nach Treu und Glauben auszuschließen. 2. Ruhen der Versicherung Neben der Stundungsvereinbarung steht den Parteien daneben auch die Möglichkeit 77 offen, den Vertrag für einen bestimmten Zeitraum ruhen zu lassen. Hierdurch werden beide Parteien ihrer vertraglichen Leistungspflichten enthoben. Erst nach Ablauf der Ruhezeit lebt der Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung wieder auf. Dies schließt auch die einmal eingetretenen Verzugsfolgen ein. Hierzu bedarf es keiner weiteren Mahnung, sofern der VR durch die Vereinbarung nicht einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, durch den der VN zulässigerweise von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgehen konnte. Natürlich steht es dem VR daneben jederzeit frei, auf die Verzugsfolgen zu verzichten oder sogar die rückständigen Prämien zu erlassen. In letzterem Falle bestünde ab Erlass wieder voller Versicherungsschutz für den VN. Andernfalls besteht Versicherungsschutz erst wieder durch Zahlung der ausstehenden Prämien. Soweit der VR jedoch erkennt, dass der VN irrtümlich von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgeht, treffen ihn je nach Fallkonstellation übergesetzliche Hinweispflichten. Er hat diesen Irrtum unverzüglich zu beseitigen. 3. Verzicht des Versicherers Des Weiteren steht es dem VR frei, auf die ihm nach § 38 gebührenden Rechte zu ver- 78 zichten.135 Der Verzicht kann zwar sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfolgen.136 Da jedoch ein Verzicht auf derart starke Rechte eher selten mit den Interessen des VR im Einklang stehen wird, müssen zur Annahme eines konkludenten Verzichts eindeutige 133 134 135
Kalischko VersR 1988 671, 673. Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 40. OLG Hamm 5.5.1982 VersR 1983 577; OLG Hamm 7.7.1952 VersR 1952 421.
136
Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 21; Römer/Langheid2 § 39 Rn. 17.
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Abschnitt 3. Prämie
Anzeichen vorliegen, die keinen anderen Schluss zulassen, als dass er auf die Rechte verzichten möchte. Andernfalls kann eine Auslegung seiner Willenserklärung nicht ohne Zweifel als Verzicht qualifiziert werden, §§ 133, 157 BGB. So liegt bspw. kein Verzicht in der gerichtlichen Geltendmachung der Prämie.137 Auch die Nichtbefolgung der Benachrichtigungspflicht bei Prämienzahlungsverzug bei Kfz-Versicherungen lässt hierauf nicht schließen. Ebenso genügt auch die Sachverhaltsermittlung und Schadensfeststellung durch den VR nicht den Anforderungen an einen konkludenten Verzicht. Ein kurzzeitiger Zahlungsaufschub oder eine Stundung der Prämie ist ebenfalls nicht ausreichend.138 Ein Verzicht auf das Recht zur Kündigung beinhaltet nicht zwangsläufig auch den Verzicht auf die Leistungsfreiheit. Unzweifelhaft liegt auch kein konkludenter Verzicht vor, wenn der VR verspätete Prämienzahlungen widerspruchslos annimmt oder rückständige Beträge nach Eintritt der Leistungsfreiheit akzeptiert.139 Hierauf hat er auch in diesen Phasen noch einen Anspruch, so dass hierin kein weitergehender Wille zu sehen ist. Schwierig einzuordnen ist die Fallgruppe, in der der VR alle momentan fälligen Folgeprämien annimmt, sich jedoch bei späterem Versicherungsfall auf Leistungsfreiheit beruft, weil der VN vor längerer Zeit eine angemahnte Folgeprämie nicht beglichen hat. Nach Ansicht des BGH liegt hierin ein Verstoß gegen Treu und Glauben.140 Nach anderer Ansicht wäre die widerspruchslose Annahme von Folgeprämien über einen längeren Zeitraum trotz bestehender Leistungsfreiheit als konkludenter Verzicht auf die rückständige Folgeprämie zu werten.141 Es spricht im Ergebnis mehr dafür, die Berufung auf die Leistungsfreiheit als Verstoß gegen Treu und Glauben zu versagen. Letztlich hängt diese Fallgruppe eng mit dem Grundsatz zusammen, dass den VR Aufklärungspflichten treffen, soweit der VN von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgeht. Auch in diesem Fall wird der VN aufgrund seiner nunmehr regelmäßigen Zahlung auf diesen vertrauen. Insofern ist es nicht notwendig, dem VR gänzlich das Recht zur Geltendmachung der rückständigen Prämie zu versagen. Die zeitliche Grenze zur Geltendmachung von Forderungen sind ansonsten nämlich ohnehin die Verjährungsregeln. Ist für beide Seiten unklar, ob ein konkludenter Verzicht auf die Prämie erfolgt ist, 79 oder erkennt der VR, dass der VN von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgeht, so tut er gut daran, den VN auf die bestehende Rechtslage hinzuweisen, um der Gefahr eine Einstandspflicht entgegen zu wirken. 4. Treu und Glauben
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Die Berufung auf die Rechtsfolgen des § 38 kann dem VR darüber hinaus nach Treu und Glauben versagt sein. Als bedeutendste Fallgruppe zählt hierzu insbesondere der Verzug mit einem nur vergleichbar unbedeutenden Teil der Prämie (vgl. hierzu ausführlich § 37 Rn. 29). Darüber hinaus wird dem VR nach herrschender Ansicht die Leistungsfreiheit bzw. die Kündigung verwehrt, wenn der VR seinen Anspruch auf die Folgeprämie mit einem Anspruch des VN aufrechnen kann.142 Das kann etwa der Fall sein, wenn der VN einen zu hohen Betrag als Prämie überwiesen hat und nunmehr einen Rückzahlungsanspruch gegen den VR hatte. Problematisch sind jedoch die Konstellationen, in denen der VR keine Kenntnis von einer möglichen Aufrechnungslage hatte. Hier 137 138
139
92
OLG Nürnberg 14.7.1952 VersR 1952 370. OLG Düsseldorf 24.10.1949 VersR 1950 22; OLG Hamm 7.7.1952 VersR 1952 421; LG Krefeld 14.5.1959 VersR 1959 785; LG Berlin 1.10.1952 VersR 1952 426. BGH 24.1.1963 VersR 1963 376.
140
141 142
BGH 24.1.1963 VersR 1963 376; in diese Richtung auch Langheid/Wandt/Staudinger § 38 Rn. 21. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 64. OLG Frankfurt a.M. 3.8.2005 VersR 2006 537.
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Zahlungsverzug bei Folgeprämie
§ 38
bestehen berechtigte Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 242 BGB. Der VN muss in diesem Fall eine Aufrechnungserklärung gegenüber dem VR abgeben.143 Andernfalls würde der VR über Gebühr benachteiligt. Zu beachten bleibt jedoch, dass der VN nach eingetretenem Versicherungsfall die Leistungsfreiheit nur beseitigen kann, sofern die Forderung bereits bei Eintritt fällig war. Danach entstandene Forderungen können auch die Leistungsfreiheit nicht mehr nachträglich beseitigen. 5. Pflichthaftpflichtversicherung Im Rahmen der Pflichthaftpflichtversicherung hat die bestehende Leistungsfreiheit 81 zwischen VN und VR keinen Einfluss auf den Anspruch des Dritten gegen den VR. Der Dritte erhält über § 117 Abs. 1 einen fiktiven Deckungsanspruch, so dass der VR an diesen in jedem Falle leisten muss, solange er nicht die Gegenmaßnahmen nach § 117 Abs. 2 ergriffen hat.
IV. Abdingbarkeit Eine Abänderung der nach § 38 bestehenden Rechtslage ist zu Lasten des VN nicht 82 möglich, § 42. Abweichende Vereinbarungen lässt § 211 jedoch im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen zu, sofern die Aufsichtsbehörde diese genehmigt hat. Solche abweichenden Vereinbarungen sind etwa bei Versicherungen mit kleineren Beträgen möglich.
C. Regelungen in AVB Durch die AVB wird regelmäßig die Fälligkeit der Folgeprämie geregelt, da hierzu 83 auch nach der VVG-Reform keine gesetzliche Vorschrift vorhanden ist. Der gebräuchlichste Fälligkeitstermin ist dabei der Monatserste des vereinbarten Versicherungszeitraumes, z.B. Nr. 10.1 AHB 2008. Andere AVB verweisen auf den im Versicherungsschein oder den vereinbarten Zeitpunkt, Abschnitt B § 4 Nr. 1 a) VHB 2008; C.2.1 AKB 2008; Nr.11.3.1 AUB 2008. Ansonsten ist es weiterhin der Regelfall, dass bei vereinbarter Ratenzahlung und Verzug mit einer Rate die gesamte Prämie für den jeweiligen Zeitraum sofort fällig wird, z.B. Nr. 12 AHB 2008, Abschnitt B § 6 VHB 2008.
D. Beweislast Wie im Zivilprozess, muss grundsätzlich jede Partei die für sie vorteilhaften Tatsachen 84 nachweisen. So hat der VN vor allem den Beweis zu erbringen, dass er die Prämie rechtzeitig abgesandt hat. Ebenso wäre von ihm eine etwaige Stundungsvereinbarung oder auch ein Verzicht des VR auf die Rechte des § 38 zu beweisen.144 Der VR ist beweispflichtig hinsichtlich der Tatsache, dass die qualifizierte Mahnung 85 dem richtigen Empfänger zugegangen ist.145 Alleine die Absendung genügt für den Be143
144
Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 65; Prölss/Martin/Knappmann27 § 39 Rn. 36. Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 76.
145
OLG Köln 7.5.2004 RuS 2004 316; OLG München 21.4.2004 VersR 2005 674; OLG Köln 23.10.2001 RuS 2001 447; LG Düsseldorf 24.9.2004 RuS 2006 13; Langheid/ Wandt/Staudinger § 38 Rn. 28.
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weis nicht, auch nicht bei Einschreibesendungen.146 Jedoch kann durch das Einschreiberegister bei der Post der tatsächliche Zugang bewiesen werden. Das Bezugnehmen des VN auf die erfolgte Mahnung in einem späteren Schreiben reicht für den Beweis des Zugangs aus.147 Auch die Kontaktaufnahme per Telefon unter Bezugnahme auf das Schreiben genügt. Verwendet der VN einen der Mahnung beigefügten Überweisungsträger zur Begleichung der Prämie ist der Beweis ebenfalls erbracht, solange dieser von den zuvor zugegangen Formularen unterscheidbar ist. Ansonsten reicht die exakte Zahlung der ausstehenden Prämie nicht aus, da der VN diesen Betrag auch anderen Prämienrechnungen entnehmen kann. Wurde die Mahnung nur mittels einfachen Briefes versandt, so kann der VN den Zugang relativ leicht bestreiten. Er muss dies auch nicht näher begründen. Das Gericht kann gewiss nach vorhandener Faktenlage den Zugang in Einzelfällen bejahen, wird hiervon jedoch regelmäßig absehen, da für den Zugang von Postsendungen keine hinreichenden Erfahrungsgrundsätze bestehen, die deren Zugang vermuten ließen.148 Es gibt keinen Beweis des ersten Anscheins.149 Allerdings können sich durchaus Indizien für den Zugang aus der Art und Weise des Bestreitens und dem zeitlichen Rahmen, in dem der Zugang bestritten wird, ergeben. Wurden ansonsten alle Anschreiben des VR an den VN zugestellt, so hat dies Indizwirkung.150 Gewährleistet der VR einen Rücklauf von unzustellbaren Schriftstücken, so hat auch dies Indizwirkung, da bei Unzustellbarkeit des Briefes dieser wieder an den Absender zurückgeschickt würde.151 Darüber hinaus wurde eine Indizwirkung in dem Fall bejaht, in dem der VR ein EDVgestütztes Mahnverfahren verwendet hat, bei dem die Fehlerquelle verschwindend gering ist.152 Der VN ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, unverzüglich den Zugang einer Mahnung zu bestreiten. Auch ist er keineswegs verpflichtet zu reagieren, sofern der VR in einem Schreiben auf eine zuvor versandte Mahnung Bezug nimmt. Dennoch nimmt die herrschende Ansicht eine Beweislastumkehr für den Fall an, dass der VN erst nach Verstreichen einer sehr langen Zeit – z.B. nach zwei Jahren – dem Zugang widerspricht. Nach so langer Zeit wird dann vermutet, dass der VN Kenntnis von der Mahnung erlangt hat. Ist zwischen den Parteien unstrittig, dass das Einschreiben zuging, so gilt des Weiteren die Vermutung, dass sich in diesem auch die besagte Mahnung befand, solange der VN nicht darlegen kann, dass er von Seiten des VR andere wichtige Dokumente erwartete. Der VR ist weiterhin bzgl. des Zeitpunktes des Zugangs der Mahnung beweisbelas86 tet.153 Entgegnet der VN, dass das Schreiben erst zu einem ungewöhnlichen späten Zeitpunkt angekommen ist, wird ihm von Seiten der Rechtsprechung jedoch aufgetragen, plausible Gründe dafür vorzutragen, dass die Mahnung erst so spät zugegangen ist.154 Wie dem VN dies gelingen soll, ist jedoch kaum vorstellbar. Schließlich liegt die Zustellung der Post nicht in seiner Herrschaftssphäre, so dass er über das Geschehen bisweilen keine Kenntnis haben kann. Der VR muss weiterhin beweisen, dass die rückständigen Prämien nebst Zinsen und 87 Kosten exakt beziffert wurden. Erhebt der VN die Einrede der unkorrekten Angabe der 146
147 148 149
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AG Köln 11.9.2002 VersR 2003, 490; vgl. zum Einschreiben Hunke VersR 2002 660; Dübbers PVR 2001 271; Lang VersR 1987 1161. Lang VersR 1987 1161. OLG Hamm 11.5.2007 VersR 2007 1397; LG Düsseldorf 24.9.2004 RuS 2006 13. HK-VVG/Karczewski § 38 Rn. 12; OLG München 21.4.2004 VersR 2005 674; OLG
150 151 152 153 154
Köln 23.10.2001 RuS 2001 447; LG Düsseldorf 24.9.2004 RuS 2006 13. OLG München 21.4.2004 VersR 2005 674. AG Diepholz 4.9.02 Schaden-Praxis 2003 30. LG Düsseldorf 13.3.2003 RuS 2003 445. OLG Hamm 11.5.2007 VersR 2007 1397. LG Koblenz 17.5.1979 ZfS 1981 208; LG Köln 5.3.1985 ZfS 1985 304.
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Vorzeitige Vertragsbeendigung
§ 39
ausstehenden Prämie, so hat er das Mahnschreiben vorzulegen, um dies glaubhaft zu machen. Ist ihm dies nicht mehr möglich, so reicht eine Durchschrift, Kopie, o.ä. des Mahnschreibens, um die Korrektheit der Angaben zu belegen. Kann der VR diese ebenfalls nicht vorlegen, so ist der Beweis nicht erbracht und die Einrede wirkt zu Lasten des VR. Der VR hat weiterhin die ordnungsgemäße Belehrung nach § 38 Abs. 1 Satz 2 zu beweisen. Nur eine ordnungsgemäß erfolgte qualifizierte Mahnung kann die Rechtsfolgen des § 38 Abs. 2 und Abs. 3 hervorrufen. Allerdings geht die Vermutung dahin, dass das dem VN zugegangene Mahnschreiben die regelmäßig verwendeten Belehrungen des VR enthielt.155 Da das Formerfordernis der Faksimile-Unterschrift nunmehr entfallen ist, trifft den VR diesbezüglich keine Beweislast mehr. Da der VR bereits den Zeitpunkt des Zugangs der Mahnung beweisen muss, obliegt ihm gleichfalls die Beweislast, dass ein Versicherungsfall nach Ablauf der Zahlungsfrist eingetreten ist, um seine Leistungsfreiheit zu belegen. Will der VN dagegen einwenden, dass er die ausstehende Prämie bereits vorher bezahlt hat, so muss er den Entlastungsbeweis antreten. Steht der Zeitpunkt der Zahlung fest, nicht aber der Zeitpunkt des Versicherungsfalls, so muss der VN darlegen, zu welchem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten ist. Da ein Verschulden hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Zahlung grundsätzlich vermutet wird, muss der VN beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Das fehlende Verschulden muss sich dabei z.B. auf den Zeitpunkt beziehen, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist und die rückständigen Prämien nicht bezahlt wurden. Die Kündigung ist stets eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Vertragspartner somit zugehen muss. Der VR muss also auch hier den Zugang beweisen. Aus der Tatsache, dass über einen längeren Zeitraum keine rückständige Prämie bezahlt wurde, kann nur eine sehr geringe Indizwirkung folgen.156 Wie bei der Einrede der Leistungsfreiheit hat der VR ansonsten ebenfalls die ordnungsgemäße qualifizierte Mahnung zu beweisen sowie die Eindeutigkeit hinsichtlich des Wortlauts der Kündigung. Dagegen kann der VN vorbringen, dass er rechtzeitig geleistet hat oder aber unverschuldet nicht geleistet hat, wofür er beweispflichtig ist. Letztlich muss der VN beweisen, dass er innerhalb der Reaktivierungsfrist nach § 38 Abs. 3 Satz 3 die rückständigen Prämien beglichen hat.
§ 39 Vorzeitige Vertragsbeendigung (1) 1Im Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode steht dem Versicherer für diese Versicherungsperiode nur derjenige Teil der Prämie zu, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. 2Wird das Versicherungsverhältnis durch Rücktritt auf Grund des § 19 Abs. 2 oder durch Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung beendet, steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung zu. 3Tritt der Versicherer nach § 37 Abs. 1 zurück, kann er eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen. 155
OLG Hamm 9.5.79 VersR 1979 1047; OLG Hamm 28.9.56 VersR 1957 225.
156
Zweifelnd Berliner Kommentar/Riedler § 39 Rn. 87.
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Abschnitt 3. Prämie
(2) Endet das Versicherungsverhältnis nach § 16, kann der Versicherungsnehmer den auf die Zeit nach der Beendigung des Versicherungsverhältnisses entfallenden Teil der Prämie unter Abzug der für diese Zeit aufgewendeten Kosten zurückfordern.
Schrifttum Funck Ausgewählte Fragen aus dem Allgemeinen Teil zum neuen VVG aus der Sicht einer Rechtsabteilung, VersR 2008 163; Ganster Die Prämienzahlung im Versicherungsrecht (2008) (zit.: Ganster Prämienzahlung); Heiss Unteilbarkeit oder Teilbarkeit der Prämie: nationalrechtliche oder EWG-Aspekte, VersR 1989 1125; Looschelders Zum Anspruch des Versicherers aus § 40 Abs. 1 S. 1 VVG auf die geleisteten Prämien bei Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, JR 2006 423; Prahl Zum Prämienanspruch des Versicherers nach Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung des VN, VersR 2007 459; Schildt Zur Verfassungsmäßigkeit des VVG § 40 Abs. 2 S. 1, JR 1993 236; Sieg Prämienbelegte Zeiträume ohne Versicherungsschutz nach VVG, BB 1987 2249; vgl. im Übrigen Schrifttum bei § 33.
Übersicht Rn. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung . . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . II. Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . . 1. Teilbarkeit der Prämie bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, § 39 Abs. 1 Satz 1 2. Rücktritt aufgrund des § 19 Abs. 2 und Anfechtung seitens des VR wegen arglistiger Täuschung, § 39 Abs. 1 Satz 2 .
Rn.
1
3. Beschränkung der Zahlungspflicht auf eine angemessene Geschäftsgebühr nach § 39 Abs. 3 Satz 1 bei Nichtzahlung der Erstprämie . . . . . . . . . . . . 4. Rückforderungsrecht des VN nach § 39 Abs. 2 bei Insolvenz des Versicherers . 5. Grundsatz der Teilbarkeit und Einlösungsprinzip . . . . . . . . . . . . . 6. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . III. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . .
1 4 7 8 8
14 15 16 18 19
12
I. Einführung 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften
1
§ 39 ersetzt den vor der Reform geltenden § 40 a.F. Dieser war in seiner Grundkonzeption schon im VVG 1908 enthalten, wurde aber durch die Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 neu gefasst und stark erweitert. Der Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 a.F. war bis dahin auf Rücktritt oder Kündigung wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht oder Gefahrerhöhung beschränkt und galt nach der Neufassung auch für die Verletzung anderer Obliegenheiten und für die Anfechtung durch den VR, da die Interessenlage in diesen Fällen die gleiche ist.1 Nach § 40 VVG 1908 wurde als maßgebliche Versicherungsperiode auf diejenige abgestellt, in der Kündigung oder Rücktritt wirksam wurden, während die Neufassung im Interesse des VN diejenige für maßgeblich erklärte, in der der VR Kenntnis von der Verletzung der Obliegenheit, der Gefahrerhöhung oder dem Anfechtungsgrund erlangte.2 Eine Ausnahme davon galt nur dann, wenn die Kündigung erst in der folgen1
Amtliche Begründung zur Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 in Motive S. 642, 644.
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Amtliche Begründung zur Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 in Motive S. 642, 644.
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Vorzeitige Vertragsbeendigung
§ 39
den Versicherungsperiode wirksam wurde. § 40 Abs. 2 VVG 1908 wurde durch die Neufassung nur stilistisch geändert3, während § 40 Abs. 3 VVG 1908 dahingehend erweitert wurde, dass auch der Konkurs des VN ein Rückforderungsrecht für diesen begründete.4 In § 39 Abs. 1 Satz 1 wurde der vor der Reform geltende Grundsatz der Unteilbarkeit 2 der Prämie aufgegeben. Dem VR soll künftig nur noch der Teil der Prämie zustehen, der dem vom VR zeitanteilig getragenen Risiko entspricht.5 Für das Inkrafttreten der Vorschrift bzw. für den Übergang zwischen dem früheren 3 VVG und dem Recht nach der VVG-Reform gelten die allgemeinen Regeln über das Inkrafttreten, insbesondere Art. 12 VVG RefG. 2. Inhalt und Zweck der Regelung In den Fällen, in denen der Versicherungsvertrag durch Kündigung, Anfechtung oder 4 Rücktritt endet, muss es eine Regelung dafür geben, für welche Zeit und in welcher Höhe dem VR die Versicherungsprämie zusteht. Für diese Frage gibt es mehrere mögliche Lösungsansätze.6 Der in § 40 a.F. geregelte Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie war ein möglicher Lösungsansatz, wurde aber vom Gesetzgeber in § 39 aufgegeben, da seine Anwendung vielfach zu einer unangemessenen Begünstigung des VR zu Lasten des VN führte. Dem VR stand nach § 40 Abs. 1 a.F. die Versicherungsprämie bis zum Schluss der Versicherungsperiode zu, in der er von der Verletzung der Obliegenheit, der Gefahrerhöhung oder dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangte. Nach § 40 Abs. 2 a.F. gebührte dem VR bei einer Kündigung wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der Prämie die Prämie bis zur Beendigung der laufenden Versicherungsperiode. Nach Maßgabe dieser Vorschrift stand dem VR die Versicherungsprämie für einen Zeitraum zu, in dem er selbst zumeist keinerlei Risiko mehr trug. Aufgrund dieser Ungleichheit zwischen der vollständig zu zahlenden Prämie und dem nur teilweise gewährten Versicherungsschutz wurden in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG geltend gemacht.7 Diese Bedenken hatten indes sowohl der BGH8 als auch das BVerfG9 nicht geteilt. Als Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Vorschrift ein Ausgleich dafür sei, dass der VN nicht mit möglicherweise höheren Schadensersatzforderungen belastet werde und dass die Norm letztlich ein zulässiges Druckmittel für den VR darstelle, um den VN zu vertragsgemäßem Handeln zu veranlassen. Trotz der damit bestätigten Zulässigkeit sind viele VR in ihren AVB vom Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie abgewichen und verlangen zumeist nur noch eine anteilige Prämie.10 Auch der Gesetzgeber ist nunmehr durch das VVG 2008 von dem Grundsatz der Un- 5 teilbarkeit der Prämie abgerückt, da die bisherige Regelung in vielen Fällen zu durchweg unbefriedigenden Ergebnissen führte. Durch die Aufgabe des Grundsatzes der Unteilbarkeit mussten die Regelungen des § 40 Abs. 1 und 2 a.F. grundsätzlich neu gestaltet wer-
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5 6 7
Berliner Kommentar/Riedler § 40 Rn. 1. Amtliche Begründung zur Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 in Motive S. 642, 644. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72. Siehe dazu näher Berliner Kommentar/Riedler § 40 Rn. 4. Vgl. hierzu Prölss/Martin/Prölss27 § 40
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Rn. 9 ff.; Berliner Kommentar/Riedler § 40 Rn. 10; Römer/Langheid2 § 40 Rn. 3; Looschelder JR 2006 423; Sieg BB 1987 2249; Schildt JR 1993 236. BGH 1.6.2005 VersR 2005 1065; BGH 2.10.91 VersR 1991 1277. BVerfG 8.3.1999 VersR 1999 1221. Nr. 14 AHB 2006, § 9 F ARB 2000/Fassung Juni 2006, § 15 VGB 2000 Nr. 11.6 AUB 99.
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§ 39
Abschnitt 3. Prämie
den. Lediglich § 40 Abs. 3 a.F. wurde in § 39 Abs. 2 unverändert übernommen, da dieser bereits eine Ausnahme vom Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie enthielt. Als Hauptanwendungsfall von § 39 Abs. 1 Satz 1 sieht der Gesetzgeber die vorzeitige 6 Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Ausübung eines besonderen Kündigungsrechts an, das ihm durch das VVG eingeräumt wird.11 Auch in den Fällen der Anfechtung oder des Rücktritts wäre es unbillig, dem VR die volle Versicherungsprämie zu gewähren, obwohl dessen vertragliche Gefahrtragung entfällt (dazu noch unten Rn. 10 und Rn. 12 f.).12 3. Anwendungsbereich
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§ 39 regelt im Grunde umfassend für fast alle Versicherungsarten den Prämienanspruch des VR für den Fall, dass der Versicherungsvertrag aus den in § 39 geregelten Gründen vorzeitig beendet wird. Ausnahmeregelungen sind hier nur in vier Fällen vorgesehen. In der Hagelversicherung enthält § 92 Abs. 3 eine § 39 entgegenstehende Regelung, für deren Fortbestand sich der Gesetzgeber aber ausdrücklich entschieden hat, da sie der typischen Risikosituation in diesem Versicherungszweig Rechnung trägt.13 Hier kann der VR nur zum Ende der Versicherungsperiode kündigen, weil andernfalls der VN aufgrund der jahreszeitlichen Besonderheiten nur unter erschwerten Bedingungen einen neuen Versicherungsvertrag abschließen kann. Aufgrund dieser Situation muss der VN hier stets die Prämie bis zum Ende der Versicherungsperiode zahlen. Ausnahmen von § 39 Abs. 1 Satz 1 bestehen weiterhin nach §§ 74 Abs. 2 (Überversicherung), 78 Abs. 3 (Mehrfachversicherung) und 80 Abs. 3 (fehlendes versichertes Interesse), da es sich in diesen Fällen um Betrugsfälle handelt, bei denen der VN nicht schützenswert ist. Hier steht dem VR die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er Kenntnis von den Umständen erlangt, die zur Nichtigkeit des Vertrages führen.
II. Tatbestand und Rechtsfolgen 1. Teilbarkeit der Prämie bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, § 39 Abs. 1 Satz 1
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Dem VR steht „im Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode … für diese Versicherungsperiode nur derjenige Teil der Prämie zu, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat.“ Die Prämie ist also nur noch „pro rata temporis“ zu entrichten, d.h. proportional zu der Zeit, in der der VR tatsächlich auch die Gefahr getragen hat. Maßgebliches Kriterium für die Bestimmung des Umfangs der zu zahlenden Versicherungsprämie bei vorzeitiger Vertragsbeendigung ist somit die Dauer des Versicherungsschutzes. Dieses Kriterium sieht der Gesetzgeber zu Recht als geeignet an, um zu einem angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen zu gelangen.14 Der Hauptanwendungsfall der Vorschrift ist der Fall, in dem das Versicherungsver9 hältnis durch Ausübung eines besonderen Kündigungsrechts vorzeitig beendet wird. Das VVG räumt den Parteien des Versicherungsvertrages in zahlreichen Fällen ein solches Kündigungsrecht ein. Beispielsweise in § 19 Abs. 3 Satz 2 bei der Verletzung einer An-
11 12 13
RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72.
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RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 39 Rn. 3.
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Vorzeitige Vertragsbeendigung
§ 39
zeigepflicht, § 24 bei einer Gefahrerhöhung, § 28 Abs. 1 bei der Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, § 38 Abs. 3 wegen Zahlungsverzug bei der Folgeprämie oder §§ 19 Abs. 6 und 25 Abs. 2 wegen Erhöhung der Versicherungsprämie. Ausweislich des Regierungsentwurfs ist § 39 Abs. 1 Satz 1 auch bei einer rückwirken- 10 den Vertragsbeendigung durch Anfechtung oder Rücktritt15 anwendbar und führt in diesen Fällen dazu, dass kein Prämienanspruch besteht, da die Gefahrtragung des VR mit Wirkung ex tunc entfällt.16 § 39 Abs. 1 Satz 1 ist nur dann anwendbar, wenn das Versicherungsverhältnis vor 11 Ablauf der Versicherungsperiode beendet wird. Im Fall des § 38 verliert der VR seine Ansprüche auf die Prämienzahlung nicht allein dadurch, dass er den VN nach § 38 Abs. 1 qualifiziert gemahnt hat und dann nach § 38 Abs. 2 leistungsfrei wird. Vielmehr bedarf es für die Anwendung von § 39 Abs. 1 Satz 1 auch in dieser Konstellation einer Kündigung durch den VR nach § 38 Abs. 3.17 Diese Lösung muss für den VN nicht immer nachteilig sein, da auch er ein Interesse daran haben kann, dass seine Versicherung trotz vorübergehender Leistungsfreiheit nicht gekündigt wird und nach Zahlung der ausstehenden Prämien dann wieder Versicherungsschutz besteht. Dies ist beispielsweise denkbar bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn zwischenzeitlich neue gesundheitliche Risiken bekannt geworden sind.18 Auch wenn der VR sich entscheidet, den Versicherungsvertrag nach § 38 Abs. 3 erst zum Ende der Versicherungsperiode zu kündigen, obwohl vorher bereits Leistungsfreiheit nach § 38 Abs. 2 eingetreten ist, behält er für diese Versicherungsperiode den vollen Prämienzahlungsanspruch. Es gibt auch nach neuem Recht in diesen Fällen keine Obliegenheit des VR den Versicherungsvertrag zu kündigen, denn in § 38 Abs. 3 ist ausdrücklich weiterhin von „kann“ die Rede.19 Vereinzelt wird vertreten, dass in diesen Fällen eine Begrenzung des Prämienanspruchs über § 242 BGB vorzunehmen ist, da der VR sich den Vorwurf der Treuwidrigkeit machen lassen muss, wenn er nicht auch gleichzeitig mit Setzung der Zahlungsfrist die Kündigung ausspricht, obwohl er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass der VN nach Ablauf der Zahlungsfrist doch noch zahlen wird.20 Dagegen spricht allerdings, dass für diesen Ansatz keinerlei Anhaltspunkte in den betreffenden Vorschriften des neuen VVG zu finden sind. Der Gesetzgeber hat zu dieser Frage vielmehr geschwiegen. Daraus lässt sich ableiten, dass er sie den Gerichten überlassen wollte.21 Gegen eine Begrenzung des Prämienanspruches spricht auch, dass der VN sich durch den Versicherungsvertrag für eine bestimmte Zeit zur Prämienzahlung verpflichtet hat und durch die Nichtzahlung eine Pflichtverletzung begeht. Es wäre ein „ungerechtfertigter Eingriff in die Rechtsposition des VR“22, ihm in diesem Fall eine Kündigung aufzudrängen und ihm dadurch die Möglichkeit zu nehmen, die Prämienforderung notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Erst bei einer rechtsmissbräuchlichen Hinauszögerung über einen längeren Zeitraum, ohne dass der VN Ansätze einer Zahlungswilligkeit zeigt, kann eine Begrenzung der Prämienforderung zu erwägen sein.23
15
16 17 18 19
Zur Wirkung des Rücktritts Bruck/Möller/ Rolfs § 19 Rn. 124; Palandt/Grüneberg 69 Einf. vor § 346 Rn. 6. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72. Marlow/Spuhl3 S. 122; Funck VersR 2008 163, 167. Marlow/Spuhl3 S. 122. Funck VersR 2008 163, 167.
20 21 22 23
Marlow/Spuhl 3 S. 125; Prölss/Martin/ Prölss27 § 40 Rn. 5. Funck VersR 2008 163, 167. Funck VersR 2008 163, 167. OLG Düsseldorf 20.2.2001 VersR 2002 217; OLG Koblenz 29.9.2000 RuS 2001 183; Römer/Langheid2 § 40 Rn. 6.
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§ 39
Abschnitt 3. Prämie
2. Rücktritt aufgrund des § 19 Abs. 2 und Anfechtung seitens des VR wegen arglistiger Täuschung, § 39 Abs. 1 Satz 2 Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 steht dem VR die Prämie bei Rücktritt aufgrund des § 19 Abs. 2 oder Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung zu. § 19 Abs. 2 regelt die Möglichkeit des VR von dem Versicherungsvertrag in dem Fall zurückzutreten, in dem der VN seine ihm nach § 19 Abs. 1 obliegende Anzeigepflicht bzgl. aller ihm bekannten Gefahrumstände verletzt hat. In diesem Fall sieht es der Gesetzgeber als angemessen an, dem VR einen Prämienanspruch bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung zu geben, da er nach § 21 Abs. 2 auch weiterhin zur Leistung verpflichtet ist, wenn die Verletzung der Anzeigepflicht für den Versicherungsfall nicht kausal ist. Auch bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung entspricht es nach Ansicht des Gesetzgebers „der Billigkeit“ dem VR einen Anspruch auf die Prämie bis zum Wirksamwerden der Anfechtungserklärung zuzugestehen.24 Andernfalls könnte der arglistig täuschende VN quasi sorglos einen Versicherungsvertrag eingehen, da er für den Fall, dass der VR die Täuschung erkennt, zwar keinen Versicherungsschutz genießt, aber auch überhaupt keine Prämien zahlen müsste.25 § 39 Abs. 1 Satz 2 enthält somit eine Ausnahme zu dem in Absatz 1 geregelten 13 Grundsatz der Teilbarkeit der Prämie. Dem VR steht hier die Prämie für einen Zeitraum zu, in dem er, abgesehen von dem Fall des § 21 Abs. 2, keine Gegenleistung dafür erbringt. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich für diese Lösung entschieden und hält sie für angemessen. Dies ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen, da der VN durch sein vertragswidriges Verhalten dem VR ja erst die Möglichkeit gegeben hat, den Vertrag aufzuheben.26 Es wäre jedoch auch möglich gewesen, in diesen Fällen den Grundsatz der Teilbarkeit der Prämie anzuwenden und es bei der Rechtsfolge des Abs. 1 Satz 1 zu belassen, dem VR dann aber in Anlehnung an das BGB einen Schadensersatzanspruch zu gewähren.27
12
3. Beschränkung der Zahlungspflicht auf eine angemessene Geschäftsgebühr nach § 39 Abs. 3 Satz 1 bei Nichtzahlung der Erstprämie
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Im Falle der Nichtzahlung der Erstprämie kann der VR nach § 37 Abs. 1 zurücktreten. Er kann dann nach § 39 Abs. 3 Satz 1 lediglich eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen. Die Geschäftsgebühr soll dazu dienen, dem VR Aufwendungen zu ersetzen, die ihm aufgrund des gescheiterten Versicherungsverhältnisses entstanden sind.28 Diese Regelung greift § 40 Abs. 3 auf. Hat der VR noch keine Gefahr getragen, erscheint es bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsverhältnisses ausreichend, ihm nur eine angemessene Geschäftsgebühr zuzubilligen. Die Höhe der angemessenen Geschäftsgebühr richtet sich vor allem nach der Art der Versicherung und der Höhe der dem VR entstandenen Kosten.29 24 25 26 27 28
RegE VVGRefG BTDrucks. 16/3945 S. 72. HK-VVG/Karczewski § 39 Rn. 4. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 39 Rn. 4. Ganster Prämienzahlung S. 315. In § 4 Abs. 6 Satz 2 AKB 86 bspw. war die Geschäftsgebühr in Höhe des Kurztarifs, höchstens jedoch mit 40 % der Jahresprämie festgelegt; in C.1.3. der AKB 2008, unver-
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29
bindliche Musterbedingungen des GDV, Stand 9.7.2008 (abrufbar unter: http://www. gdv.de [Abrufdatum: 11.6.2010]; abgedruckt bei Dörner6 AVB) ist ebenfalls eine Regelung zur Festlegung der angemessenen Geschäftsgebühr enthalten, jedoch ohne konkrete Empfehlung zu deren Höhe. Beckmann/Matusche-Beckmann/Hahn2 § 12 Rn. 57.
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Vorzeitige Vertragsbeendigung
§ 39
4. Rückforderungsrecht des VN nach § 39 Abs. 2 bei Insolvenz des Versicherers Wird über das Vermögen des Versicherers das Insolvenzverfahren eröffnet, endet nach 15 § 16 Abs. 1 das Versicherungsverhältnis mit Ablauf eines Monats seit der Eröffnung. Hat der VN die Prämie bereits über den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung hinaus bezahlt, ergibt sich aus § 39 Abs. 2 ein Rückforderungsanspruch des VN für den auf die Zeit nach Vertragsbeendigung entfallenden Prämienanteil. Hierbei ist dem VR jedoch ein Kostenabzug zu gestatten. In vollem Umfang abzugsfähig ist insbesondere die vom VR dem Agenten zwar noch geschuldete, aber noch nicht gezahlte Provision.30 Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Forderung des Agenten eine Insolvenzforderung ist. 5. Über die gesetzlichen Regelungen hinausgehender allgemeiner Grundsatz der Teilbarkeit der Prämie und Einlösungsprinzip In der Literatur wird aufgrund der Neustrukturierung der Norm die Frage aufgewor- 16 fen, ob sich aus § 39 nunmehr ein allgemeiner Grundsatz der Teilbarkeit der Prämie herleiten lässt, der für das gesamte VVG Geltung beansprucht.31 Dies hätte zur Folge, dass dem VR grundsätzlich nur für die Zeit ein Prämienanspruch zustünde, indem er auch tatsächlich Versicherungsschutz geleistet hätte. In Verbindung mit dem Einlösungsprinzip des § 37 hätte dies erhebliche Auswirkungen. Als Beispielsfall wird hierzu Folgendes angeführt: VN und VR vereinbaren im Januar, dass ab 8.2. Versicherungsschutz bestehen soll. Am 1.2. geht dem VN der ordnungsgemäße Versicherungsschein zu. Ein Widerruf erfolgt nicht. Der VN zahlt jedoch unentschuldigt erst am 24.2. Obwohl der VR erst ab 24.2. Versicherungsschutz gewährt, wird die Prämie aber ab 8.2. berechnet. Würde man nun einen allgemeinen Grundsatz bzgl. der Teilbarkeit der Prämie anerkennen, müsste der VR die Prämie für den Zeitraum vom 8.2. bis 24.2. wieder zurückerstatten. Als Argumente hierfür werden die Gesetzesbegründung zu § 39 und der Verweis auf das allgemeine Schuldrecht angeführt, wonach man ohne Leistung auch grundsätzlich keine Gegenleistung erhalte.32 Ein allgemein gültiger Grundsatz der Teilbarkeit der Prämie existiert jedoch nicht. 17 Zum einen findet sich keine gesetzliche Grundlage für einen derartigen allgemeinen Grundsatz. § 39 ist seinem Wortlaut nach nur auf die vorzeitige Beendigung von Versicherungsverträgen anwendbar. Ein darüber hinaus gehender Inhalt im Sinne eines allgemeinen Prinzips kann der Norm gerade nicht entnommen werden.33 Es bleibt somit festzuhalten, dass keine gesetzliche Grundlage für ein derartiges Prinzip existiert. Zweifelhaft ist überdies, woraus sich der Rückforderungsanspruch für die „zu viel gezahlte Prämie“ ergeben soll. Im VVG findet sich keine derartige Anspruchsgrundlage. § 39 ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts keiner Analogie zugänglich. Andere denkbare Ansprüche wären Schadensersatzansprüche oder Ansprüche aus Rücktritt. Beide Arten sind nicht einschlägig. Letztlich kämen noch Bereicherungsansprüche in Betracht. Jedoch erfolgte die Leistung der Prämie gerade mit Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Der VR hat ja gerade einen Anspruch auf die Prämie ab dem 8.2. aus Vertrag. Folglich fehlt dem allgemeinen Grundsatz der Teilbarkeit eine Verankerung im Ge30 31
Langheid/Wandt/Staudinger § 39 Rn. 9; Römer/Langheid2 § 40 Rn. 8. Ganster Prämienzahlung S. 316 ff.; in diese Richtung, wenn auch deutlich vorsichtiger Halm/Engelbrecht/Krahe/Wandt3 1. Kap. Rn. 514.
32 33
Ganster Prämienzahlung S. 316 ff. Vgl. Langheid/Wandt/Staudinger § 39 Rn. 10.
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§ 40
Abschnitt 3. Prämie
setz. Es verbleibt bei einer Anwendung für die Bereiche, in denen die Teilbarkeit gesetzlich ausdrücklich geregelt ist. 6. Abdingbarkeit
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Von § 39 kann wegen § 42 nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden. § 39 ist damit halbzwingend (zu berücksichtigen ist indes der Anwendungsbereich des § 39; dazu Rn. 7). Der VR hat aufgrund des halbzwingenden Charakters der Vorschrift also keine Möglichkeit, z.B. bei deutlichen Abweichungen des Risikoverlaufs innerhalb der Versicherungsperiode von § 39 abweichende Vereinbarungen in den Vertrag aufzunehmen.34
III. Prozessuales 19
Der VR trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit der Geschäftsgebühr im Fall des § 39 Abs. 1 Satz 3.35 Erwidert der VN auf eine Prämienzahlungsklage des VR, dass diesem nur eine angemessene Geschäftsgebühr zustehe, so hat der VN die Vertragsauflösung durch Rücktritt nach § 37 Abs. 1 zu beweisen.36 Da dem VR von nun an nur noch derjenige Teil der Prämie zusteht, der der Zeit für die Gefahrtragung entspricht, muss der VR auch darlegen können, dass die berechnete Prämie auch wirklich angemessen ist.
§ 40 Kündigung bei Prämienerhöhung (1) 1 Erhöht der Versicherer auf Grund einer Anpassungsklausel die Prämie, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes entsprechend ändert, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers mit sofortiger Wirkung, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung, kündigen. 2Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf das Kündigungsrecht hinzuweisen. 3Die Mitteilung muss dem Versicherungsnehmer spätestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Erhöhung der Prämie zugehen. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn der Versicherer auf Grund einer Anpassungsklausel den Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne die Prämie entsprechend herabzusetzen. Schrifttum Beckmann Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz (1990) (zit.: Beckmann Zulässigkeit); ders. Auswirkungen des § 31 VVG auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen, VersR 1996 540; Bunte Das Urteil des BGH zur Gestaltung von Automobilvertragshändlerverträgen, NJW 1985 600; Frenz 34 35
Niederleithinger S. 41. Römer/Langheid2 § 40 Rn. 7; Berliner Kommentar/Riedler § 40 Rn. 17; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Michaelis § 39 Rn. 7; HK-VVG/Karczewski § 39 Rn. 5.
102
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Berliner Kommentar/Riedler § 40 Rn. 17; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 39 Rn. 7; Baumgärtel/Prölss § 40 Rn. 2; Langheid/Wandt/Staudinger § 39 Rn. 12.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
§ 40
AGB-Gesetz und Allgemeine Versicherungsbedingungen, VersR 1979 394; Hau Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag (2003); Heidinger Gemeinsamer Markt für Versicherungen und Auswirkungen auf das nationale Versicherungsvertragsrecht am Beispiel der Prämienanpassungsklausel, Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler 1998 271; Herrmann Vertragsanpassung – Ein Problem des Freiheitsschutzes nach Vertragsschluss – Jura 1988 505; Horn Vertragsbindung unter veränderten Umständen, NJW 1985 1118; Hübner Vertragsbindung und Beitragsanpassungsklauseln in Assekuranz im Wandel, Festschrift aus Anlass des 125-jährigen Bestehens der Concordia Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit (1989) 57; Köndgen/König Grenzen zulässiger Konditionenanpassung beim Hypothekenkredit, ZIP 1984 129; Lübke-Detring Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (1989); Marlow Neuere Aspekte zur Zulässigkeit von Beitragsanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen – Beliebigkeit durch Lösungsrecht? Festschrift Baumann (1999) 209; Römer Der Prüfungsmaßstab bei der Mißstandsaufsicht nach § 81 VAG und der AVB-Kontrolle nach § 9 AGBG (1996); ders. Gerichtliche Kontrolle Allgemeiner Versicherungsbedingungen nach den §§ 8, 9 AGBG, NVersZ 1999 97; Schwarz Bestimmtheitsgrundsatz und variabler Zins in vorformulierten Kreditverträgen, NJW 1987 626; Thomas Preisfreiheit im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 209 2009 84; Wandt Änderungsklauseln in Versicherungsverträgen (2000); ders. Tarifänderungsklauseln in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 2000 129; ders. in: Beckmann/Matusche-Beckmann Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. (2009) Prämien- und Bedingungsänderungen in laufenden Versicherungsverträgen, § 11.
Übersicht Rn. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung . . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . II. Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . 1. Prämienerhöhung ohne Änderung des Umfangs des Versicherungsschutzes . . 2. Prämienerhöhung . . . . . . . . . . . 3. Auf Grund einer Anpassungsklausel . . 4. Kündigungsrecht des VN . . . . . . . a) Form und Inhalt . . . . . . . . . . b) Kündigungsfrist . . . . . . . . . . c) Beteiligte Personen . . . . . . . . . 5. Hinweispflichten des VR (Abs. 1 S. 2, 3) 6. Verminderung des Versicherungsschutzes (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . III. Prämienanpassungsklauseln und AGBKontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung von Prämienanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begriffliches . . . . . . . . . . . . . . 3. Einordnung als AGB und Einbeziehung in den Vertrag gem. §§ 305 ff. BGB . . 4. Kontrollfähigkeit von Prämienanpassungsklauseln gem. § 307 Abs. 3 BGB .
1 1 5 6 9 9 13 16 17 18 19 20 21 26 27 27 29 30
Rn. 5. Inhaltliche Anforderungen an Prämienanpassungsklauseln . . . . . . . . . . a) Rechtliche Rahmenbedingungen . . b) Überblick über die Rechtsprechung zu Preis- und Prämienanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsprechung des BVerwG zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen . . . . bb) Rechtsprechung des BGH zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen . . . . cc) Rechtsprechung des BGH zu Prämienanpassungsklauseln in anderen Vertragstypen . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . c) Verwendung gegenüber Unternehmern . . . . . . . . . . . . . . 6. Rechtsfolgen unwirksamer Prämienanpassungsklauseln . . . . . . . . . . a) Auswirkungen auf den Versicherungsvertrag . . . . . . . . . . b) Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . . 7. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . IV. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . .
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48 52 58 59 59 61 62 63
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§ 40
Abschnitt 3. Prämie
I. Einführung 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften § 40 ist infolge der VVG-Reform an die Stelle des bisherigen § 31 VVG a.F. getreten. Diese Vorgängervorschrift wurde mit dem Gesetz zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften1 erst 1990 in das frühere VVG eingeführt. In dem ursprünglich vorgelegten Gesetzesentwurf der Bundesregierung war eine entsprechende Bestimmung noch nicht enthalten, vielmehr geht die Vorschrift auf einen Vorschlag des Bundesrates zurück. Dieser begründete seinen Vorschlag damit, dass Prämienanpassungsklauseln in verschiedenen Massenversicherungszweigen üblich seien und diese ein Kündigungsrecht des VN oft nur dann vorsähen, wenn die Prämienerhöhung eine gewisse Schwelle übersteige. Der VN könne dann nicht prüfen, ob er den Versicherungsschutz unter den neuen Bedingungen noch wolle. Zudem sah der Bundesrat eine solche Vertragsgestaltung als ein „den Wettbewerb unnötig dämpfendes Element“ an.2 Der Finanzausschuss hingegen empfahl die Einführung eines Kündigungsrechts für den VN bei Prämienanpassungen nur für die Fälle, in denen die Prämienerhöhung eine gewisse Grenze überschreitet.3 Dieser Vorschlag wurde dann auch in § 31 a.F. aufgegriffen und dieser so geregelt, dass der VN dann ein Kündigungsrecht hatte, wenn das Entgelt pro Jahr um mehr als 5 % des zuletzt gezahlten Betrages oder um mehr als 25 % des Erstbeitrages stieg. Diese Fassung trat am 1.1.1991 in Kraft. Die Fassung des § 31 a.F. hielt sich nur gut drei Jahre. Durch das Dritte Durchfüh2 rungsgesetz/EWG zum VAG vom 21.7.19944 wurde § 31 a.F. insoweit geändert, als der VN den Versicherungsvertrag nunmehr bei jeder Prämienerhöhung kündigen konnte. Dieses Gesetz diente der Umsetzung der sog. dritten Richtliniengeneration und damit einer weitergehenden Harmonisierung des Versicherungsrechts. Durch die Umsetzung der Richtlinien entfiel das Genehmigungserfordernis der AVB durch die Aufsichtsbehörde und dies veranlasste die Bundesregierung dazu, das Kündigungsrecht in § 31 a.F. auf alle Fälle der Prämienerhöhung auszuweiten. Zudem sah nun auch die Bundesregierung „in der Vertragsgestaltung, die Kündigungsrechte bei Prämienanpassung ausschließt, ein den Wettbewerb unnötig dämpfendes Element“5. Im Rahmen der VVG-Reform wurde das bis Ende 2007 geltende in § 31 a.F. geregelte 3 Kündigungsrecht des VN bei einer Prämienerhöhung auf Grund einer vertraglichen Anpassungsklausel in § 40 Abs. 1 Satz 1 sachlich unverändert übernommen. Durch den neuen Satz 2 wird der VR verpflichtet, den VN in der Mitteilung über die Prämienerhöhung über sein Kündigungsrecht zu belehren. Dies ist nach der Gesetzesbegründung erforderlich, da der VN normalerweise nicht über die Rechtslage in einem solchen Fall informiert ist.6 In Satz 3 wird zusätzlich gefordert, dass diese Mitteilung dem VN spätestens einen Monat vor Wirksamwerden der Erhöhung zugeht. Dieses Erfordernis soll gewährleisten, dass der VN für ausreichende Deckung auf seinem Konto sorgen und von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen kann.7 Der neu eingefügte Absatz 2 stellt klar, dass eine Prämienerhöhung auch dann vorliegt, wenn sich auf Grund einer Anpas-
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Gesetz vom 17.12.1990, BGBl. I 2864. Stellungnahme des Bundesrates Anlage 2 zu BTDrucks. 11/6341 S. 45. BTDrucks. 11/8321 S. 2. Drittes Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der
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Europäischen Gemeinschaften Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG v. 21.7.1994, BGBl. I 1630. BTDrucks. 12/6959 S. 101. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
§ 40
sungsklausel der Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne dass die Prämie entsprechend herabgesetzt wird. Schließlich hat sich der systematische Standort im Zuge der VVG-Reform verändert. Die Vorschrift des § 31 a.F. fand sich noch im Titel über Anzeigepflicht und Gefahrerhöhung. Nun gehört die Vorschrift des § 40 zum Abschnitt über die Prämie. Für das Inkrafttreten der Vorschrift bzw. für den Übergang zwischen dem früheren 4 VVG und dem Recht nach der VVG-Reform gelten die allgemeinen Regeln über das Inkrafttreten, insbesondere Art. 12 VVG RefG. 2. Inhalt und Zweck der Regelung § 40 trägt dazu bei, unterschiedlichen Interessen von VN und VR Rechnung zu tra- 5 gen. Bei Versicherungsverträgen handelt es sich regelmäßig um langfristige Dauerschuldverhältnisse, bei denen sich die vertragsrelevanten Umstände ändern können und deren Entwicklung in der Zukunft für die Parteien des Vertrages nur unzureichend abschätzbar ist.8 Der VR hat dabei ein Interesse daran, die beim Vertragsschluss vereinbarte Prämie an möglicherweise auftretende Kostenänderungen anzupassen. Eine Berücksichtigung dieses Interesses ist in Rechtsprechung und Schrifttum grundsätzlich auch anerkannt.9 Durch Anpassungsklauseln soll das bei Vertragsschluss vereinbarte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung (Versicherungsschutz) und Gegenleistung (Prämie) für die gesamte Dauer des Versicherungsvertrages gewahrt werden.10 Andererseits besteht auch ein Interesse des Kunden, dass es prinzipiell bei den bei Vertragsschluss vereinbarten Rechten und Pflichten verbleiben soll. Dies gebietet auch der Grundsatz „Pacta sunt servanda“. Das Prinzip der Vertragsbindung hat einen enormen Stellenwert für das Vertragsrecht, auch im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen. Einen abschließenden Ausgleich dieser gegenüberstehenden Interessen kann § 40 nicht bieten. Vielmehr räumt die Vorschrift dem VN lediglich ein gesetzlich unabdingbares Kündigungsrecht ein. Dieses soll den Kunden zumindest vor übermäßigen Prämienerhöhungen schützen; zudem soll er prüfen können, ob er bei der geänderten Prämie noch ein Interesse an dem Versicherungsvertrag hat.11 Damit gewährt § 40 lediglich einen Mindestschutz des VN; andererseits kommt durch die Vorschrift auch zum Ausdruck, dass Prämienanpassungsklauseln prinzipiell zulässig sind. Davon ging die h.M. indes auch schon vor Einführung der Vorgängervorschrift des § 31 a.F. aus.12 3. Anwendungsbereich Da § 40 dem VN ein Sonderkündigungsrecht gewährt, wird dessen Möglichkeit zur 6 ordentlichen Kündigung nach § 11 Abs. 2 und 4 davon nicht berührt. Ein Sonderkündigungsrecht bei Prämienerhöhung findet sich zudem in § 25 Abs. 2 (dazu noch unten Rn. 10). 8 9
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 1, 3. BVerwG 14.10.2008 VersR 1981 221, 223; BGH 1.7.1992 VersR 1992 1211, 1212; Beckmann VersR 1996 540; Hübner FS Concordia 57, 63. Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 3; Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 4.
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BTDrucks. 11/6341 S. 45; Berliner Kommentar/Harrer § 40 Rn. 4. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221; Beckmann Zulässigkeit S. 133 ff.; Hübner FS Concordia Versicherung 61; Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 4.
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§ 40
Abschnitt 3. Prämie
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§ 163 und § 203 enthalten abweichend von § 40 gesetzliche Ermächtigungen, die Prämie bei der Lebens- bzw. Krankenversicherung auch ohne vertragliche Regelung unter bestimmten Voraussetzungen anzupassen. § 163 ist gemäß § 176 auch für die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anwendbar. Der Grund für diese Regelungen besteht im allgemeinen Anpassungsbedarf bei den meist langfristigen Kranken- und Lebensversicherungsverträgen.13 Da § 40 unter den Vorschriften für alle Versicherungszweige und damit im allgemeinen Teil des VVG steht und die §§ 163, 203 Sonderregelungen für die Kranken- bzw. Lebensversicherung enthalten, gehen diese als speziellere Regelungen vor. Für die Anwendbarkeit des § 40 kommt es auf die Dauer des Versicherungsvertrages 8 nicht an und eine Anwendung der Vorschrift erfolgt nicht erst, wie teilweise vertreten wird,14 bei Verträgen mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr.
II. Anwendungsvoraussetzungen 1. Prämienerhöhung ohne Änderung des Umfangs des Versicherungsschutzes
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Der VN kann den Versicherungsvertrag kündigen, wenn der VR auf Grund einer Anpassungsklausel die Prämie erhöht, ohne dass damit eine entsprechende Änderung des Umfangs des Versicherungsschutzes einhergeht. § 40 greift also nur bei einer Erhöhung der Prämie ohne Änderung des Umfangs des Versicherungsschutzes ein (Abs. 1 S. 1); gem. dem neu eingefügten Abs. 2 wird dem eine Verminderung des Versicherungsschutzes bei gleich bleibender Prämie gleichgestellt (dazu unten Rn. 26). Der Anwendungsbereich des § 40 ist damit nicht gegeben, wenn nicht nur eine Prämienänderung im Raum steht, sondern zugleich eine Veränderung des Umfangs des Versicherungsschutzes Platz greift. Für § 31 a.F. ist beispielsweise das Eingreifen abgelehnt worden im Falle einer Prämienerhöhung im Rahmen einer Gewerbehaftpflichtversicherung auf der Grundlage von § 8 II Ziff. 2 AHB a.F.15, nachdem auf eine erneute Anfrage des VR die Jahreslohn- und Gehaltssumme wesentlich höher angegeben wurde; nach Auffassung des Gerichts hatte sich der Umfang des Versicherungsschutzes tatsächlich geändert, da mehr Personen beschäftigt waren.16 Soweit in der Tat eine Erweiterung des Versicherungsschutzes mit der Prämienveränderung verbunden ist, ist demnach der Anwendungsbereich des § 40 nicht eröffnet. Beruht hingegen eine Prämienerhöhung tatsächlich auf einer Gefahrerhöhung, so ist umstritten, ob solche Fälle vom Anwendungsbereich der Norm erfasst sind: Bereits vor der Reform des VVG fanden sich unterschiedliche Standpunkte zu der 10 Frage, ob unter den Anwendungsbereich des § 31 a.F. auch Prämienerhöhungen fallen, die aufgrund einer Gefahrerhöhung erfolgen. Die herrschende Meinung hat dies bejaht.17 Dies lässt sich mit dem Schutzzweck der Norm begründen; der VN soll selbst entscheiden, ob er in diesen Fällen an dem Vertrag festhalten möchte.18 Indes findet sich seit der
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Beckmann VersR 1996 540, 544. Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 2; Römer/ Langheid 2 § 31 Rn. 28. Diese Bestimmung entspricht nun Ziff. 11 AHB 2008 (unverbindliche Bekanntgabe des GDV; abrufbar unter www.gdv.de [Abrufdatum 10.6.2009]; abgedruckt bei Dörner 6 AVB).
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LG Berlin 9.12.2003 VersR 2004 726 (juris Rn. 6 ff.). Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 1; Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Loacker § 23 Rn. 62; a.A. Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 27. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 40 Rn. 3.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
§ 40
VVG-Reform nun in § 25 Abs. 2 eine neue Regelung, die ein Kündigungsrecht des VN vorsieht, wenn sich die Prämie als Folge der Gefahrerhöhung um mehr als 10 % erhöht oder der VR die Absicherung der höheren Gefahr ausschließt. Hierin liegt eine Sonderregelung, die in ihrem Anwendungsbereich dem § 40 Abs. 1 vorgeht. Da Voraussetzung des § 40 auch ist, dass die Prämienerhöhung auf Grund einer An- 11 passungsklausel erfolgt, steht dem VN das Kündigungsrecht nicht bei individuell ausgehandelten neuen Prämien oder bei Prämienerhöhungen zu, die mit einer Anhebung der Deckungssumme oder einer anderen Erweiterung des Deckungsumfangs einhergehen.19 Der Umfang der Versicherung wird maßgeblich durch die wesentlichen Leistungsbestimmungen des VR in den sogenannten Risikobeschreibungen bestimmt. Problematisch ist, ob auch die bloße Erhöhung der Versicherungssumme eine Ände- 12 rung des Versicherungsumfangs darstellt. Dies könnte zu verneinen sein, weil damit inhaltlich keine Änderung des Versicherungsschutzes verbunden ist. Andererseits erhöht sich dadurch aber auch das Leistungsbezugsrecht des VN und somit liegt eine Umfangsänderung im Sinne des § 40 vor, so dass das Kündigungsrecht hier nicht eingreift.20 Etwas anderes gilt aber, wenn hiermit eine Prämienerhöhung verbunden ist und diese im Verhältnis zur Versicherungssumme stärker steigt.21 In diesem Fall bleibt das bei Vertragsschluss vereinbarte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung (Versicherungsschutz) und Gegenleistung (Prämie) (vgl. Rn. 5 in dieser Kommentierung) nicht gewahrt. 2. Prämienerhöhung § 40 Abs. 1 setzt eine Prämienerhöhung voraus. Auf den Umfang der Prämien- 13 erhöhung kommt es dabei nicht an; auch geringfügige Prämienerhöhungen begründen das Kündigungsrecht gem. § 40 Abs. 1. Anders war die Rechtslage aufgrund der ursprünglichen Fassung des § 31 a.F., wonach das Kündigungsrecht nur bestand, wenn die Prämienerhöhung über bestimmten Schwellenwerten lag (vgl. oben Rn. 1). Die Vorschrift des § 40 selbst stellt keine weiteren Voraussetzungen für eine Prämien- 14 erhöhung auf. Darin liegt ein Unterschied zu anderen speziellen Regelungen wie § 163 Abs. 1 für die Lebensversicherung, welcher entsprechend gem. § 176 auf die Berufsunfähigkeitsversicherung anzuwenden ist sowie § 203 Abs. 2 für die Krankenversicherung. Diese speziellen Regelungen selbst berechtigen allerdings auch den VR zur Prämienerhöhung. Hiervon unterscheidet sich § 40 auch insoweit, als diese Vorschrift selbst nicht zur Prämienerhöhung berechtigt, sondern eine entsprechende Ermächtigung aufgrund einer Anpassungsklausel gegeben sein muss. Voraussetzungen einer wirksamen Prämienerhöhung kann deshalb nur die zugrundeliegende Anpassungsklausel selbst aufstellen. § 40 regelt auch nicht, welche Zulässigkeitsvoraussetzungen an die Anpassungsklausel selbst zu stellen sind (dazu sogleich Rn. 16 und 33 ff.). Indes kann eine Prämienerhöhung aus verschiedenen Gründen unwirksam sein. Zum 15 einen kann es bereits an einer Anpassungsklausel fehlen. Denkbar ist des Weiteren, dass die Voraussetzungen einer vorhandenen Anpassungsklausel nicht erfüllt sind.22 Schließlich kann die Wirksamkeit einer Prämienerhöhung daran scheitern, dass die zugrunde liegende Anpassungsklausel unwirksam ist; wesentlicher Beurteilungsmaßstab für Anpassungsklauseln ist § 307 BGB (dazu noch unten Rn. 27 ff.). Dem VN steht nach überwie-
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Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 1; BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 5; Römer/Langheid2 § 31 Rn. 1.
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Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 26. HK-VVG/Karczewski § 40 Rn. 3. HK-VVG/Karczewski § 40 Rn. 7.
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gender Ansicht ein Kündigungsrecht auch dann zur Seite, wenn die Prämienerhöhung unwirksam ist.23 Danach steht dem VN in den Fällen der unwirksamen Prämienerhöhung ein Wahlrecht dahingehend zu, dass er sich entweder von dem Vertrag durch Kündigung lösen oder ihn zu den bisherigen Bedingungen fortsetzen kann. Hierfür spricht bereits die Tatsache, dass es vielfach für den VN kaum überschaubar ist, ob die Prämienerhöhung überhaupt wirksam ist. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit muss dem VN eine Kündigungsmöglichkeit auch bei unwirksamer Prämienerhöhung eingeräumt werden. Der VN, der den Versicherungsvertrag bei seinem Altversicherer kündigt und dann einen neuen Versicherungsvertrag abschließt, muss sich sicher sein können, dass seine Kündigung wirksam war. Es wäre eine für ihn nicht hinnehmbare Situation, wenn er nach Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages weiter an seinen Altversicherer gebunden bliebe, weil sich herausstellt, dass dessen Prämienerhöhung unwirksam war. Der VN kann aber statt zu kündigen auch unter den bisherigen Prämienbedingungen an dem Versicherungsvertrag festhalten. Für den Fall, dass eine Prämienerhöhung daran scheitert, dass die zugrundeliegende Anpassungsklausel gegen das AGB-Recht verstößt, ergibt sich diese Kündigungsmöglichkeit ferner aus der Behandlung unwirksamer AGB; geht man nämlich bei AGB, die gegen §§ 307 ff. BGB verstoßen, von einer personalen Teilunwirksamkeit aus, so kann sich der Vertragspartner des Klauselverwenders sehr wohl auf die Rechte aufgrund einer an sich rechtswidrigen AGB berufen (dazu unten Rn. 59 ff.). 3. Auf Grund einer Anpassungsklausel
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§ 40 Abs. 1 setzt eine Erhöhung der Prämie auf Grund einer Anpassungsklausel voraus, mithin in aller Regel eine AVB, die sich im Bedingungswerk des VR findet und Inhalt des Versicherungsvertrages geworden ist. Nach ganz überwiegender Auffassung ermöglicht § 40 aber keine schrankenlose Prämienerhöhung, die allein durch die Kündigungsmöglichkeit des VN kompensiert wird; vielmehr muss sich eine Anpassungsklausel an den Anforderungen insbesondere des AGB-Rechts messen lassen.24 Die Gegenansicht kann nicht überzeugen, sie steht schon im Widerspruch zum Prinzip der Vertragsbindung und ist unvereinbar mit wesentlichen Kernaussagen der Rechtsprechung: Danach verstoßen Preiserhöhungsklauseln gegen AGB-Recht, wenn sie allein Gewinnsteigerungen des Klauselverwenders ermöglichen.25 Darüber hinaus hat die Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass allein die Existenz eines Kündigungsrechts nicht die Zulässigkeit einer Anpassungsklausel rechtfertigen kann.26 Zudem war schon vor Inkrafttreten des § 31 a.F. in der Rechtsprechung wohl unbestritten, dass an Prämienanpassungsklauseln inhaltliche Anforderungen zu stellen sind. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit Erlass des § 31 a.F. zulasten des VN hiervon Abstand nehmen wollte. Schließlich ist nicht erkennbar, dass § 31 a.F. und nun § 40 das gesamte 23
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Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 32; KK-VVG/ Karczewski § 40 Rn. 16; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Michaelis § 40 Rn. 2; a.A. BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 37. Beckmann VersR 1996 540, 544; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 40 Rn. 4; HK-VVG/Karczewski § 40 Rn. 5, 6; Bruck/ Möller/Johannsen8 Bd. III Feuerversicherung Anm. F 6; Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 18 ff.; Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 4; wohl auch Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 15,
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16 ff.; tendenziell a.A. Marlow FS Baumann 209 ff.; Reiff EWiR 1997 961. Jüngst BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 55/08, (juris Rn. 25) und BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 78/08, (juris Rn. 25) jeweils m.w.N.; Wolf/Horn/Pfeiffer/Dammann5 § 309 Nr. 1 Rn. 127–128 m.w.N. Vgl. etwa BGH 8.10.1997 VersR 1997 1517 (juris Rn. 36); BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221; OLG Celle 22.7.1999 VersR 2000 47; Beckmann VersR 1996 540, 544.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
§ 40
AGB-Recht verdrängen soll; vielmehr regelt diese Vorschrift mit dem Kündigungsrecht zugunsten des VN nur einen Teilaspekt. Anpassungsklauseln i.S.v. § 40 unterliegen deshalb allgemeinen AGB-rechtlichen Anforderungen (dazu unten Rn. 27 ff.). 4. Kündigungsrecht des VN Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 bzw. Abs. 2 steht dem VN ein 17 Kündigungsrecht zu (nach h.A. auch bei unwirksamer Prämienerhöhung, vgl. oben Rn. 15 und unter Rn. 60). Der VN kann den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des VR mit sofortiger Wirkung, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung, kündigen. Sowohl für die Mitteilung des VR als auch für die Kündigung des VN gelten die allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts über Rechtsgeschäfte. a) Form und Inhalt. Die Kündigung ist formfrei möglich, aus Beweisgründen emp- 18 fiehlt sich jedoch zumindest die Schriftform, ggf. auch ein Einschreiben mit Rückschein oder aber eine Empfangsbescheinigung durch den VR. Aus der Kündigungserklärung muss zweifelsfrei hervorgehen, dass der VN sich von dem Vertrag lösen will.27 b) Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist beträgt gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 einen 19 Monat ab Zugang der Mitteilung des VR. Da § 40 selbst keine ausdrückliche Regelung über den Zugang der Mitteilung des VR enthält, ist aus systematischen Gründen die allgemeine Reglung über die Zugangsfiktion des § 13 anwendbar.28 c) Beteiligte Personen. Nach § 40 kündigen können dieselben Personen, die auch im 20 Rahmen des § 11 zur Kündigung berechtigt sind. Auch die Frage, wer Empfänger der Kündigung sein kann, richtet sich nach dieser Vorschrift.29 5. Hinweispflichten des VR (Abs. 1 S. 2, 3) Durch die neu eingefügten § 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 wird der VR verpflichtet, den 21 VN rechtzeitig über sein Kündigungsrecht zu belehren. Satz 2 normiert die Pflicht des VR, den VN in der Mitteilung über die Prämienerhöhung auch auf das Kündigungsrecht hinzuweisen; gem. Satz 3 muss die Mitteilung dem VN spätestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Erhöhung der Prämie zugehen. In § 31 a.F. war eine solche Hinweispflicht noch nicht enthalten, wurde von der herrschenden Meinung aber aus § 242 BGB hergeleitet.30 § 40 regelt nicht ausdrücklich die Rechtsfolge einer unterbliebenen bzw. nicht recht- 22 zeitigen Belehrung. Gem. § 40 Abs. 1 Satz 3 muss allerdings die Mitteilung dem VN spätestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Erhöhung der Prämie zugehen. Damit kann eine Prämienerhöhung frühestens einen Monat nach Zugang der entsprechenden ordnungsgemäßen Mitteilung des VR wirksam werden. Fehlt es an einer Mittei-
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BerlinerKommentar/Gruber § 8 Rn. 44; vgl. allgemein zur Kündigung auch Bruck/Möller/ K. Johannsen § 11 Rn. 22 ff. Vgl. BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 41 betr. die frühere Rechtslage. BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 42; vgl.
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allgemein zur Kündigung auch Bruck/Möller/ K. Johannsen § 11 Rn. 22 ff. BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 38; Schimikowski/Höra S. 137; Armbrüster FS Schirmer 1, 12.
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Abschnitt 3. Prämie
lung überhaupt oder ist die Mitteilung unvollständig (und wird der Mangel später nicht behoben), so fehlt es an einer wirksamen Prämienerhöhung. Von einer unvollständigen Mitteilung ist z.B. auszugehen, wenn der VR zwar die Prämienerhöhung mitteilt, allerdings der Hinweis auf das Kündigungsrecht fehlt. Auch der Zeitpunkt, zu dem die Prämienerhöhung wirksam werden soll, gehört zum Inhalt der Mitteilung. Ist lediglich die Monatsfrist gem. Satz 3 nicht eingehalten, so stellt sich die Frage, ob 23 die Prämienerhöhung insgesamt gescheitert ist oder verzögert wirksam wird. So ist es z.B. denkbar, dass die Mitteilung über die Prämienerhöhung rechtzeitig erfolgt, allerdings ohne Hinweis auf das Kündigungsrecht und dieser Hinweis erst nachträglich und verspätet vorgenommen wird. Jedenfalls steht dem VN ein Kündigungsrecht nach Satz 1 zu. Kündigt der VN nicht, so wird angenommen, dass die Prämienerhöhung wirksam werde, allerdings ohne dass ein rückwirkender Anspruch auf die höhere Prämie für die Zeit vor der Rechtsbelehrung entstehe.31 Soweit insgesamt unmissverständlich ist, zu welchem Zeitpunkt die Prämienerhöhung erfolgen soll, ist dem Standpunkt zuzustimmen; der VN hat alle notwendigen Informationen rechtzeitig vor dem Wirksamwerden der Prämienerhöhung erhalten. Ist aus Sicht des VN indes unklar, zu welchem Zeitpunkt die Prämienerhöhung wirksam werden soll, so ist es aus Sicht des VR ratsam, den vervollständigten Hinweis (z.B. auf das Kündigungsrecht) mit der ursprünglichen Mitteilung über die Prämienerhöhung zu verbinden und auch den neuen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämie mitzuteilen. Denkbar ist auch, dass eine an sich vollständige Mitteilung einer Prämienerhöhung 24 dem VN erst z.B. drei Wochen vor dem seitens des VR gewünschten Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienerhöhung zugeht. In diesem Fall kann die Prämienerhöhung erst frühestens einen Monat nach Zugang der Mitteilung wirksam werden. Aufgrund des gem. § 42 halbzwingenden Charakters auch der Hinweispflichten kann 25 hiervon zum Nachteil des VN nicht abgewichen werden. 6. Verminderung des Versicherungsschutzes (Abs. 2)
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§ 40 Abs. 2 dient der Klarstellung, dass eine Prämienerhöhung im Sinne des Absatz 1 auch dann vorliegt, wenn sich auf Grund einer Anpassungsklausel der Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne dass die Prämie entsprechend herabgesetzt wird.32 Durch eine Verminderung des Versicherungsschutzes ist das bei Vertragsschluss bestehende Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ebenso betroffen wie durch eine Erhöhung der Prämie ohne gleichzeitige Erhöhung des Versicherungsumfangs. Die Verminderung führt zwar nicht dazu, dass der VN betragsmäßig mehr bezahlen muss, letztlich aber doch zu einer mittelbaren Prämienerhöhung. Bereits zum alten Recht wurde die Verminderung des Versicherungsschutzes der Prämienerhöhung gleichgestellt.33 Als eine Verminderung des Leistungsumfangs sind beispielsweise die Erhöhung des Selbstbehalts oder eine nachträgliche Summenbegrenzung bei gleichbleibender Prämie anzusehen.34
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 40 Rn. 7. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72.
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BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 45; Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 3; a.A. Prölss/ Martin/Prölss27§ 31 Rn. 1. Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 3.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
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III. Prämienanpassungsklauseln und AGB-Kontrolle 1. Bedeutung von Prämienanpassungsklauseln Je länger die Vertragsdauer eines Versicherungsvertrags ausgestaltet ist, desto größer 27 ist das Interesse des VR, den Vertrag an veränderte Umstände anzupassen. Deshalb enthält das VVG für typischerweise auf Dauer angelegte Versicherungsverträge gesetzliche Prämienanpassungsbefugnisse zugunsten des VR, namentlich für die Lebens-, die Berufsunfähigkeits- und die Krankenversicherung (§§ 163, 176, 203; vgl. oben Rn. 7). Bei allen anderen Versicherungszweigen muss der VR vertragliche Anpassungsbestimmungen in den Versicherungsvertrag aufnehmen, um eine einseitige Prämienanpassung ohne Mitwirkung des VN vornehmen zu können. Solche Anpassungsklauseln können zwar individuell vereinbart werden. Sie werden aber regelmäßig als Allgemeine Versicherungsbedingung (AVB) in den Bedingungswerken der VR Bedeutung haben.35 § 40 normiert ein Kündigungsrecht für den Fall, dass der VR einseitig die Prämie auf- 28 grund einer Anpassungsklausel erhöht. § 40 setzt demnach das Vorliegen einer Anpassungsklausel voraus, ohne aber inhaltliche Voraussetzungen für solche Anpassungsklauseln zu normieren. Nach ganz h.M. müssen Anpassungsklauseln, die eine einseitige Prämienerhöhung durch den VR ermöglichen, gleichwohl Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllen (vgl. dazu bereits oben Rn. 15). Soweit es sich tatsächlich um Individualvereinbarungen handeln sollte, unterliegen sie den allgemeinen Grenzen der Gestaltungsfreiheit (insbesondere § 134 BGB, § 138 BGB und § 242 BGB). Größere praktische Bedeutung hat indes die AGB-rechtliche Zulässigkeit gem. §§ 305 ff. BGB, die im Folgenden zu beleuchten ist. 2. Begriffliches Anpassungsklauseln i.S.v. § 40 Abs. 1 ermächtigen den VR zur einseitigen Prämien- 29 erhöhung. Demzufolge werden solche Klauseln vornehmlich als Prämien- bzw. Beitragsanpassungsklausel bezeichnet; aber auch der Begriff der Tarifanpassungsklausel ist gebräuchlich. Im Folgenden ist die Rede von Prämienanpassungsklauseln. 3. Einordnung als AGB und Einbeziehung in den Vertrag gem. §§ 305 ff. BGB Für die Einordnung einer Prämienanpassungsklausel als Allgemeine Geschäftsbedin- 30 gung i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB und auch für die Einbeziehung solcher Prämienanpassungsklauseln gelten die allgemeinen AGB-rechtlichen Grundsätze gem. §§ 305 ff. BGB. Prinzipiell gelten insoweit keine Besonderheiten. Insbesondere wird man Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen grundsätzlich nicht als überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB einordnen können. Gerade bei langfristigen Verträgen kann grundsätzlich nicht davon die Rede sein, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen braucht. Prämienanpassungsklauseln sind weder ungewöhnlich noch enthalten sie ein Überraschungsmoment.36 Für die Frage der Einbeziehung einer AGB in den Vertrag ist des Weiteren der Grund- 31 satz des Vorrangs der Individualabrede gem. § 305b BGB zu beachten. Danach haben 35
Die Kommentierung des § 40 beschäftigt sich nur mit Prämienanpassungsklauseln. Zu Bedingungsanpassungsklauseln vgl. BGH 23.1.2008 VersR 2008 482, 483; BGH 17.3.1999 VersR 1999 697; Bruck/Möller/
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Beckmann Band 1 Einf. C Rn. 164 ff.; Matusche-Beckmann NJW 1998 112; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Wandt 2 § 11. Dazu Beckmann Zulässigkeit S. 20 ff.
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individuelle Abreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Typischerweise erfolgen Preisabsprachen individuell,37 so dass solche Preisabsprachen grundsätzlich durchaus Vorrang vor einer Preis- oder Prämienanpassungsklausel haben können. Allerdings wird man dies nur bei Vereinbarung eines Festpreises annehmen können. Solche dürften bei Versicherungsverträgen eher eine Seltenheit darstellen. In der Regel dürfte es sich um Preisabsprachen mit einfacher Verbindlichkeit handeln; in solchen Fällen wird man in aller Regel keinen Vorrang einer Individualabsprache annehmen können.38 4. Kontrollfähigkeit von Prämienanpassungsklauseln gem. § 307 Abs. 3 BGB
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Gem. § 307 Abs. 3 BGB unterliegen der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB nur solche AGB, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Die Vorschrift bezweckt insbesondere, vorformulierte vertragliche Vereinbarungen über Leistungsgegenstand und Entgelt, für die es an rechtlichen Bewertungsmaßstäben fehlt und bei denen sich eine Angemessenheitsprüfung außerhalb der durch § 138 BGB gezogenen Grenzen aus verfassungsrechtlichen und marktwirtschaftlichen Gründen verbietet, von der Inhaltskontrolle auszunehmen.39 Deshalb sind Klauseln der richterlichen Inhaltskontrolle entzogen, die die gegenseitigen Hauptleistungen zum Inhalt haben, insbesondere Preisabreden. Hierzu gehören nach h.M. indes nicht Preisanpassungsklauseln, die damit der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB unterliegen. Ein deutliches Argument für diesen Standpunkt folgt bereits aus der Existenz des § 309 Nr. 1 BGB, der ja gerade die Inhaltskontrolle bestimmter Preisanpassungsklauseln ausdrücklich regelt.40 5. Inhaltliche Anforderungen an Prämienanpassungsklauseln
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a) Rechtliche Rahmenbedingungen. § 309 Nr. 1 BGB enthält ein spezielles Klauselverbot für bestimmte Preisanpassungsklauseln. Dieses Verbot gilt indes nicht für Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erbracht werden (§ 309 Nr. 1, 2. Hs. BGB). Da es sich bei Versicherungsverträgen um Dauerschuldverhältnisse handelt, greift dieses Klauselverbot demzufolge für Prämienanpassungsklauseln nicht ein. Nach ganz überwiegender Ansicht unterliegen Preisanpassungsklauseln außerhalb des Anwendungsbereichs von § 309 Nr. 1 BGB der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.41 Damit haben sich Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen an den Wirksamkeitsvorausset-
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Staudinger/Schlosser (2006) § 305b Rn. 9. Beckmann Zulässigkeit S. 25 ff.; im Ergebnis ähnlich Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Lindacher5 § 305b Rn. 21; Staudinger/Schlosser (2006) § 305b Rn. 9; Ulmer/Brandner/Hensen/ Ulmer10 § 305b Rn. 20. Beckmann Zulässigkeit S. 29 m.w.N.; vgl. auch zur sog. Doppelfunktion dieser Regelung Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs10 § 307 Rn. 14. Vgl. Beckmann Zulässigkeit S. 29 f.; Ulmer/ Brandner/Hensen/Fuchs10 § 307 Rn. 76; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Wolf § 307 Rn. 324 jeweils m.w.N. Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 17;
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BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 55/08 (juris); BGH 21.4.2009 Az.: XI 78/08 (juris); BGH 19.11.2002 NJW 2003 507; BGH 7.10.1981 NJW 1982 331. Für die Anwendung des § 307 BGB spricht zudem die Tatsache, dass Preisanpassungsklauseln auch dann im Rahmen von § 307 BGB auf ihre Zulässigkeit hin überprüft werden, wenn diese unter § 309 Nr. 1 BGB tatbestandlich fallen, aber nicht gegen diese Vorschrift verstoßen (jurisPKBGB/Lapp4 § 309 Rn. 10). Dies muss im Umkehrschluss dann erst recht für Anpassungsklauseln gelten, die erst gar nicht von § 309 Nr. 1 BGB erfasst werden.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
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zungen dieser Generalklausel zu orientieren. Nach Abs. 1 sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Auch wenn in Abs. 2 eine gewisse Konkretisierung erfolgt, bleiben die eigentlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen sehr allgemein gehalten, so dass letztlich genauere Kriterien für die Zulässigkeit durch die Rechtsprechung vorgegeben werden. Obwohl Prämienanpassungsklauseln nach wie vor praktische Bedeutung haben und 34 Preisanpassungsklauseln ganz allgemein, aber auch Prämienanpassungsklauseln wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung geworden sind, hat die Rechtsprechung für Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen bis heute noch keine eindeutigen Zulässigkeitsvoraussetzungen entwickelt. Vielmehr liegt eine Reihe von Entscheidungen vor, die teilweise unterschiedliche Einzelaspekte ansprechen. Im Schrifttum wird diese Rechtsprechung vielfach analysiert, strukturiert und es werden allgemeine Zulässigkeitskriterien aufgestellt. b) Überblick über die Rechtsprechung zu Preis- und Prämienanpassungsklauseln. Es 35 finden sich eine Reihe von wichtigen Entscheidungen zur Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln, auf die im Folgenden zunächst einzugehen ist:42 aa) Rechtsprechung des BVerwG zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsver- 36 trägen. Eine wesentliche Leitentscheidung zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen bildet das sog. DAS-Urteil des BVerwG aus dem Jahre 198043 zu einer Prämienanpassungsklausel in der Rechtsschutzversicherung. Das BVerwG hatte sich mit der Zulässigkeit einer Prämienanpassungsklausel im Rahmen des damals noch notwendigen Genehmigungsverfahrens nach §§ 13, 5, 8 VAG a.F. auseinandergesetzt. Nach diesen Vorschriften konnte die Aufsichtsbehörde die Genehmigung von AVB versagen, wenn die Belange des VN durch die Bedingungen nicht hinreichend gewahrt wurden. Die Entscheidung wirkt sich, obwohl es sich um ein aufsichtsrechtliches Genehmigungsverfahren handelt, unmittelbar auf die AGB-rechtliche Beurteilung aus, da das BVerwG die Genehmigungsvoraussetzungen der §§ 13, 5, 8 VAG a.F. inhaltlich mit der Angemessenheitskontrolle der AGB-rechtlichen Generalklausel (damals noch § 9 AGBG a.F.) gleichsetzte.44 In dieser Entscheidung hat das BVerwG einige Grundsätze für die Zulässigkeit einer Prämienanpassungsklausel aufgestellt.45 In dem damaligen Verfahren standen mehrere vom VR beantragte Prämienanpas- 37 sungsklauseln auf dem Prüfstand. Die als einzige vom BVerwG als zulässig erachtete Prämienanpassungsklausel sah eine Ermächtigung des VR vor, die Prämie an eine näher bestimmte Änderung des Schadensaufwands (dem Produkt von Schadenshäufigkeit und Durchschnitt der Schadenszahlungen des vergangenen Kalenderjahres) anzupassen. Die Klausel legte also Veränderungsfaktoren und Referenzgrößen fest, an denen sich die Prämienanpassung zu orientieren hatte. Die Entscheidung des BVerwG kann nur so verstanden werden, dass die Existenz solcher Veränderungsfaktoren, an denen sich die Prämienanpassung zu orientieren hat, Voraussetzung für eine zulässige Prämienänderungsklausel ist.46
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Vgl. auch Übersichten bei Beckmann Zulässigkeit S. 43 ff., 133 ff.; Marlow FS Baumann 209, 211 ff. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 223;
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zustimmend Hübner FS Concordia 57, 61; dazu auch Römer S. 9 f. Ausführlich dazu Beckmann VersR 1996 540, 541. Beckmann VersR 1996 540, 541.
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Als zulässige Referenzgröße sah das BVerwG die Änderung des Schadensaufwandes an. Da alle vom BVerwG zu beurteilenden Klauseln als Veränderungskriterium die Änderung des Schadensaufwandes zugrunde legten, kann aus dieser Entscheidung nicht entnommen werden, ob das BVerwG dies als einzig zulässiges Veränderungskriterium ansieht. Es lässt sich aus der Entscheidung lediglich herleiten, dass nach dem Standpunkt des Bundesverwaltungsgerichts die Klausel Veränderungskriterien zugrunde legen muss, die außerhalb des versicherten Risikos auftretende Änderungen der für die Preisgestaltung wesentlichen Umstände betrifft.47 Durch das in einer Prämienanpassungsklausel anzugebende Veränderungskriterium muss außerdem nach Ansicht des BVerwG sichergestellt sein, „dass Änderungen der für die Prämiengestaltung wesentlichen Grundlagen nur für die VN zu einer Prämienanpassung führen, deren versicherte Risiken von diesen Änderungen tatsächlich betroffen sind“48 (risikospezifische Beurteilung). Eine einheitliche Ermittlung des Veränderungssatzes ist somit unzulässig, wenn die Veränderungsfaktoren nicht für alle Versicherungsverhältnisse gleich sind.49 Die unterschiedlichen Entwicklungen verschiedener Risikogruppen müssen also berücksichtigt werden. Für die Rechtsschutzversicherung sei es angemessen, wenn der Veränderungssatz für drei Gruppen ([Verkehrs-Rechtsschutz, Fahrzeug-Rechtsschutz, Fahrer-Rechtsschutz], [Familien-Rechtsschutz, Rechtsschutz für Vereine, Rechtsschutz für Grundeigentum und Miete] und [Familien- und VerkehrsRechtsschutz für Lohn und Gehaltsempfänger, Landwirtschafts- und Verkehrs-Rechtsschutz]) gesondert ermittelt werde. In der vom BVerwG zu beurteilenden Klausel wurden bei der Ermittlung des Veränderungssatzes Branchenwerte zugrunde gelegt. Dies erachtete das BVerwG als zulässig und förderlich.50 Es lässt sich der Entscheidung aber nicht ausdrücklich entnehmen, ob dies notwendig und die Zugrundelegung von ausschließlich unternehmenseigenen Werten zulässig ist. Gegen Letzteres bestehen nach der Rechtsprechung wohl dann keine Bedenken, wenn die unternehmenseigenen Zahlen die außerhalb des versicherten Risikos auftretenden Veränderungen der für die Preisgestaltung wesentlichen Umstände angemessen berücksichtigen. Die Klausel sah weiterhin eine einheitliche Anhebung aller Prämienelemente, neben Wagnisanteil und Verwaltungsanteil also auch des Gewinnanteils vor; dies erachtete das BVerwG allerdings für unerheblich.51 Die Belange der Versicherten seien hinsichtlich des Grundes und des Umfangs der Anpassung ausreichend gewahrt, wenn die Prämienanpassung nur für den Fall einer nicht nur unwesentlichen Änderung der bei Vertragsschluss vorliegenden und für die Preisgestaltung maßgeblichen Umstände vorgesehen ist und das Ausmaß der Prämienanpassung in einem angemessenen Verhältnis zu der eingetretenen Änderung steht. An dieser Angemessenheit fehle es nicht schon deswegen, weil eine Veränderung des Schadenbedarfs zu einer dementsprechenden linearen Erhöhung der gesamten Prämie führt. Das BVerwG machte keine besonderen Ausführungen zu dem Erfordernis der Bestimmtheit einer Prämienanpassungsklausel. Es hat ebenso wenig bei der Ermittlung des
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BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 223; zu anderen Möglichkeiten Änderungen des Schadensbedarfs zu ermitteln Prölss/Martin/ Prölss27 § 31 Rn. 11 f. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 224.
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BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 20; Wandt Rn. 126. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 225. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 225, 226; allgemein zu den Bestandteilen der Prämie § 33 Rn. 10 ff.
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Veränderungssatzes ausdrücklich die Einschaltung eines unabhängigen Treuhänders für erforderlich erachtet. Da aber alle ihm vorgelegten Klauseln eine derartige Regelung enthielten, kann sich nicht unbedingt herleiten lassen, ob die Einschaltung eines Treuhänders nach Ansicht des BVerwG notwendig ist oder nicht. bb) Rechtsprechung des BGH zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen. Der BGH hat bisher in seinen Entscheidungen zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen keine einheitlichen Zulässigkeitskriterien aufgestellt. Vielmehr ging es in der Regel nur um einzelne Aspekte. In einer Entscheidung vom 1.7.199252 stand eine Klausel der privaten Krankenversicherung auf dem Prüfstand. Der BGH erkannte darin das Bedürfnis des VR an und stellte darauf ab, dass sich der VR kein schrankenloses Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hatte.53 Auf die vom BVerwG entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit entsprechender Klauseln ging der BGH nicht ein und sah die ihm damals vorgelegte Klausel als zulässig an. Der Grund für die Zurückhaltung des BGH in dieser Entscheidung liegt darin, dass Tarifänderungen in der privaten Krankenversicherung zum damaligen Zeitpunkt der Zustimmung der Aufsichtsbehörde bedurften. Im Ergebnis lassen sich aus dieser Entscheidung keine allgemeinen AGB-rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen herleiten.54 Entsprechendes gilt für eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2004, in der eine Prämienanpassung in der privaten Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung im Raum stand.55 In dieser Entscheidung hatte der BGH gleichfalls einen Altfall zu bewerten, für den die Rechtslage vor dem Wegfall der Genehmigung von AVB durch die Aufsichtsbehörde galt. In der Entscheidungsbegründung verweist der BGH bezüglich der Zulässigkeit der Klausel deshalb auf seine Entscheidung vom 1.7.199256, da in beiden Entscheidungen die Prämienanpassung aufgrund derselben Klausel erfolgte. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 hatte der BGH sich mit der Frage zu befassen, ob bei einer formularmäßigen Bestimmung über eine fünfjährige Laufzeit eines Rechtsschutzversicherungsvertrages ein Verstoß gegen § 9 AGBG a.F. vorliegt, wenn gleichzeitig eine Prämienanpassungsklausel verwendet wird, die dem VN erst bei einer Beitragserhöhung von mehr als 15% oder von mehr als 30% innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Jahren ein Kündigungsrecht gewährt; dieses Kündigungsrecht entsprach der vom BVerwG im DAS-Urteil genehmigten Klausel (dazu oben Rn. 36 ff.). Der BGH57 verneinte einen Verstoß und schloss sich im Hinblick auf das Kündigungsrecht der Begründung des BVerwG ausdrücklich an. Wegen des heute in § 40 Abs. 1 vorgesehenen uneingeschränkten Kündigungsrechts kommt dieser Entscheidung indes keine entscheidende Wirkung zu. In einer weiteren Entscheidung aus dem Jahre 1997 stand die Wirksamkeit von Anpassungsklauseln in einer Satzung des HDI auf dem Prüfstand.58 Der Schwerpunkt der Entscheidung lag indes in der vom BGH bejahten Frage nach dem AGB-Charakter von Satzungsbestimmungen.59 Im Hinblick auf die AGB-rechtliche Zulässigkeit stellte der
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BGH 1.7.1992 VersR 1992, 1211 = BGHZ 119 55. BGH 1.7.1992 VersR 1992, 1211 = BGHZ 119 55, 59. Beckmann VersR 1996 540, 542; Marlow FS Baumann 209, 217. BGH 22.9.2004 VersR 2004 1446. BGH 1.7.1992 VersR 1992 1211.
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BGH 26.3.1997 VersR 1997 685. Der in der Entscheidung zu beurteilende Versicherungsvertrag wurde vor dem 1.1.1991 abgeschlossen und daher war § 31 VVG a.F. in seiner damaligen Fassung (oben Rn. 1) Beurteilungsmaßstab. BGH 26.3.1997 VersR 1997 1517. Kritisch Marlow FS Baumann 209, 218.
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BGH darauf ab, dass sich der Beklagte mit der in Rede stehenden Klausel60 ein uneingeschränktes Abänderungsrecht vorbehalten habe. Die Klauseln enthielten keine dem Beklagten irgendwie gezogenen Grenzen für die Anpassung der Tarifbestimmungen, Beiträge und sonstigen versicherungsvertraglichen Rechte und Pflichten. Der VN sei jeder Beurteilung des Beklagten über die Richtigkeit und Notwendigkeit einer Anpassung ausgeliefert. Hierin liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot; danach sei der Verwender von AGB entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Schließlich stellte der BGH klar, dass die Unangemessenheit der Klausel nicht dadurch beseitigt und auch nicht gemildert werde, dass der VN den Vertrag nach der Satzungsbestimmung innerhalb von zwei Wochen kündigen könne. Für unwirksam wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG a.F. erachtete der BGH eine Klausel 47 in einem Wartungs- und Reparaturkostenversicherungsvertrag, die den Klauselverwender „bei Eintritt von Kostensteigerungen“ befugt, die Prämie zu erhöhen.61 Diese Klausel sei jedenfalls im nichtkaufmännischen Verkehr zu allgemein und unbestimmt gehalten.
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cc) Rechtsprechung des BGH zu Prämienanpassungsklauseln in anderen Vertragstypen. Aufgrund der primären Zuständigkeit der Zivilgerichte für die Angemessenheitskontrolle nach § 307 BGB ist für die Beurteilung von Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen auch die umfangreiche Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln in anderen Vertragstypen nicht außer Acht zu lassen.62 Im Rahmen der BGH-Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Preisanpassungsklauseln geht es im Wesentlichen um die Fragen, ob Preiserhöhungen nur zulässig sind, um den Preis den Erhöhungen der Gestehungskosten anzupassen und welche Anforderungen an die Bestimmtheit von Preiserhöhungsklauseln zu stellen sind. Die Frage, ob dem Vertragspartner ein Kündigungsrecht eingeräumt werden und wie dieses ausgestaltet sein muss, spielt für Versicherungsverträge keine Rolle mehr, da diese durch § 40 beantwortet wird. Auf die Frage, ob das
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Die Klauseln lauteten (vgl. BGH 26.3.1997 VersR 1997, 1517 [juris Rn. 15 ff.]): „a) Der Vorstand kann mit Zustimmung der Hauptversammlung eine Änderung der Tarifbestimmungen, der Beiträge und der Versicherungsbedingungen, letztere nur, soweit sie Bestimmungen über Versicherungsschutz, Pflichten des Versicherungsnehmers, Willenserklärungen und Anzeigen betreffen, auch für bestehende Versicherungsverhältnisse beschließen. b) Der Aufsichtsrat ist außerdem ermächtigt, die allgemeinen Versicherungsbedingungen, die Tarifbestimmungen und die Beiträge bei einem dringenden Bedürfnis vorläufig zu ändern. Etwaige Genehmigungserfordernisse der Aufsichtsbehörde bleiben unberührt. Die Ermächtigung gilt auch für Änderungen mit Wirkung für bestehende Versicherungsverhältnisse; § 6 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Änderungen sind der Hauptversammlung bei ihrem nächsten Zusammentreffen vorzulegen
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und außer Kraft zu setzen, wenn diese es verlangt. c) Eine Änderung der Beitragstarife gilt auch für bestehende Versicherungsverhältnisse. Sie ist erstmals für die nach der Änderung beginnende Versicherungsperiode anzuwenden.“ BGH 16.3.1988 VersR 1988 1281; die gesamte Klausel war wie folgt formuliert: „Bei Eintritt von Kostensteigerungen ist die Fa. V berechtigt, die Monatspauschalen zu erhöhen. Sie ist verpflichtet, die Erhöhung einen Monat vorher bekannt zu geben. Beträgt die Erhöhung mehr als 20 % der bisherigen Monatspauschale, so ist der Kunde berechtigt, zum Ende des Vertragsjahres zu kündigen, in dem die Erhöhung angekündigt wird.“ Beckmann VersR 1996 540, 542; Hübner FS Concordia 57, 62; Überblicke hierzu finden sich etwa bei Beckmann Zulässigkeit S. 43 ff.; Marlow FS Baumann 209, 211 ff.
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Kündigungsrecht dazu führen kann, dass es auf weitere Zulässigkeitskriterien gar nicht mehr ankommt, wurde bereits eingegangen (oben Rn. 16). Zur ersten Frage nach dem Anknüpfungspunkt (Bemessungsgrundlage) einer zulässi- 49 gen Preiserhöhung hat der BGH bereits 198063 entschieden, dass Preiserhöhungsklauseln als Folge des Äquivalenzprinzips nicht der nachträglichen Gewinnsteigerung des VR dienen dürfen. Eine Klausel sei nach § 9 AGBG a.F. unwirksam, wenn sie zur Vornahme von Preiserhöhungen ausschließlich zu dem Zweck berechtigt, „den Gewinn zu erhöhen, selbst wenn eine Steigerung der Gestehungskosten … nicht eingetreten ist.“64 Eine Preiserhöhung ist demnach auf das Ausmaß zwischenzeitlicher Kostensteigerungen beschränkt65 und umgekehrt müssen auch Kostensenkungen in einer angemessenen Zeit an den Kunden weitergegeben werden.66 Im Schrifttum wurden auch gegenteilige Standpunkte geäußert, wonach sogenannte wettbewerbsorientierte Preiserhöhungsklauseln, die die Anpassung nicht an Kostensteigerungen, sondern an die Veränderungen am Markt angleichen, zulässig sein sollen.67 Die wohl überwiegende Ansicht im Schrifttum 68 ist der Rechtsprechung des BGH gefolgt und vertritt den Standpunkt, dass alleine eine Kostensteigerung auf Klauselverwenderseite Anlass für Preisanpassungen sein darf. An die Bestimmtheit von Preisanpassungsklauseln hatte der BGH zunächst äußerst 50 hohe Anforderungen gestellt.69 Notwendig sei, dass der Käufer bereits bei Vertragsabschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen könne, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, und dass er in der Lage sei, die Berechtigung vorgenommener Preiserhöhungen an der Ermächtigungsklausel zu messen.70 Dieses Zulässigkeitskriterium ist jedoch trotz dieser deutlichen Ausführungen problematisch. Der BGH schwankt hinsichtlich dieser Voraussetzung und erwähnt sie teils überhaupt nicht71 oder schränkt sie ein72. In einem weiteren Urteil73 hat der BGH dem Klauselverwender darüber hinaus die Möglichkeit eingeräumt, eine an sich zu unbestimmte Klausel durch die Einräumung eines Kündigungs- oder Lösungsrechts auszugleichen. Andererseits hat der BGH74 diese sogenannte Heilungsfunktion des Lösungsrechts erst dann für möglich gehalten, wenn eine Konkretisierung der Preiserhöhungsfaktoren praktisch nicht mehr möglich ist oder zu komplizierten, nicht mehr nachvollziehbaren Klauselformulierungen führt. Aufgrund solcher Formulierungsschwierigkeiten im Hinblick auf die Konkretisie-
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BGH 11.6.1980 NJW 1980 2518 (erstes Zeitschriftenabonnement-Urteil); vgl. jüngst BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 55/08 (juris Rn. 25) und BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 78/08 (juris Rn. 25). BGH 11.6.1980 NJW 1980 2518, 2519. Vgl. beispielsweise BGH 11.6.1980 NJW 1980 2518, 2519; und später wiederholt festgestellt: BGH 7.10.1981 BGHZ 82 21, 25 = NJW 1982 331 (erstes Tagespreisklausel-Urteil); BGH 20.5.1985 NJW 1985 2270; BGH 6.3.1986 BGHZ 97 212, 217 f. = NJW 1986 1803 (erstes Zinsanpassungsklausel-Urteil); BGH 21.9.2005 NJW-RR 2005 1717; BGH 13.12.2006 NJW 2007 1054, 1055 (juris Rn. 21); BGH 11.10.2007 NJW-RR 2008 134 (juris Rn. 19); BGH 15.11.2007 NJW 2008 360, 361.
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BGH 6.3.1986 BGHZ 97 212, 217. Herrmann Jura 1988 505; Horn NJW 1985 1118, 1122; Lübke-Detring S. 78 ff.; jüngst Thomas AcP 209 2009 84, 101 ff. Vgl. etwa Löwe BB 1982 152, 157; Wolf/Lindacher/Pfeiffer5 § 309 Nr. 1 Rn. 117; differenzierend Beckmann Zulässigkeit S. 82 ff. BGH 11.6.1980 NJW 1980 2518; BGH 26.5.1986 NJW 1986 3134, 3135; BGH 16.3.1988 VersR 1988 1281, 1283. BGH 11.6.1980 NJW 1980 2518, 2519. BGH 29.10.1985 NJW-RR 1986 211, 212. BGH 6.3.1986 BGHZ 97 212, 217 f. wonach die Voraussetzungen einer Preiserhöhungsklausel je nach Vertragstyp unterschiedlich ausfallen können. BGH 7.10.1981 NJW 1982 331, 332. BGH 6.4.1989 NJW 1989 1796, 1797.
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rung wird insbesondere im Schrifttum vereinzelt vom strengen Bestimmtheitsgebot abgerückt.75 Zunehmend hat das Transparenzgebot als Zulässigkeitskriterium auch für Preis51 anpassungsklauseln an Bedeutung gewonnen.76 Auch schon vor der ausdrücklichen Normierung in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hatte das Transparenzgebot in Rechtsprechung und Schrifttum einen wesentlichen Stellenwert im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.77 Danach ist der Verwender von AGB verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen; abzustellen sei dabei nicht auf die Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners, auch nicht auf das Verständnis eines Fachmanns, insbesondere eines Juristen, der sich eingehend mit den betreffenden AGB beschäftigt hat. Maßgebend seien vielmehr die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden.78
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dd) Stellungnahme. Eine zentrale Frage im Hinblick auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen betrifft den Anknüpfungspunkt (Bemessungsgrundlage). Die Rechtsprechung des BGH zu Preisanpassungsklauseln außerhalb von Versicherungsverträgen stellt auf Kostensteigerungen seit Vertragsschluss ab (vgl. oben Rn. 49). In diese Richtung hat für das Versicherungsvertragsrecht das BVerwG in seiner DAS-Entscheidung auf die Entwicklung des Schadensbedarfs als zulässiges Kriterium abgestellt (oben Rn. 37). Dieses wird im Schrifttum gleichfalls als zulässige Bemessungsgrundlage angesehen79 und kann als gefestigter Standpunkt angesehen werden. Eine gesetzliche Rechtfertigung findet diese Bemessungsgrundlage zudem durch die gesetzlichen Vorgaben in § 178g Abs. 2 VVG a.F., auch wenn der Reformgesetzgeber in § 203 Abs. 2 nicht mehr allein auf eine Veränderung des Schadensbedarfs abstellt, sondern auf eine Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage. Für ein unverändertes Abstellen auf eine Änderung des Schadensbedarfs spricht des Weiteren § 163 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, der den VR zu einer Prämienänderung berechtigt, wenn sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend ändert. Als Anknüpfungspunkt könnte auch auf andere bei Vertragsschluss nicht vorhersehbare Kostensteigerungen (z.B. Verwaltungskosten) abgestellt werden; 80 im Vergleich zur Veränderung des Schadensbedarfs dürfte einem solchen Anknüpfungspunkt aber keine allzu große Bedeutung zukommen. Nicht vollständig einheitlich ist die Rechtsprechung des BGH und des BVerwG im 53 Hinblick auf die Gewinnmaximierung. Während die BGH-Rechtsprechung ein Gewinnerzielungsverbot ausspricht (oben Rn. 49), sah das BVerwG in der Bruttobezogenheit der Prämienerhöhung, die faktisch eine Gewinnerhöhung mit sich bringen kann, keine Probleme. Sowohl § 163 als auch § 203 geben für die dort geregelten Versicherungszweige
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Bunte NJW 1985 600; Köndgen/König ZIP 1984 129, 134; Reuter DB 1981 71, 72; Schwarz NJW 1987 626, 627. BGH 24.11.1988 NJW 1989 222 (juris Rn. 26 ff.); BGH 19.11.2002 NJW 2003 746 (juris Rn. 16 ff.). Lorenz/Riehm Rn. 108 m.w.N. BGH 24.11.1988 NJW 1989 222 (juris Rn. 26 ff.). Beckmann VersR 1996 540, 544 f.; ders. Zulässigkeit S. 136; Berliner Kommentar/
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Harrer § 31 Rn. 29; Bruck/Möller/Johannsen/ Johannsen8 Bd. III Feuerversicherung Anm. F 6; HK-VVG/Karczewski § 40 Rn. 8; Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 19; Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 7. Beckmann VersR 1996 540; betr. Verwaltungskosten ebenso Berliner Kommentar/ Harrer § 31 Rn. 32; Bruck/Möller/Johannsen/Johannsen8 Bd. III Feuerversicherung Anm. F 6.
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zu dieser Frage keine ausdrückliche Auskunft. Andererseits enthalten diese Vorschriften auch keine ausdrücklichen Verbote.81 Für die Zulässigkeit der Bruttobezogenheit von Prämienerhöhungen spricht auch, dass für die Inhaltskontrolle von Preisklauseln immer eine vertragstypengerechte Untersuchung angezeigt ist. Die Prämienberechnung im Rahmen von Versicherungsverträgen ist ungleich schwieriger als die Preiskalkulation in anderen Wirtschaftszweigen.82 In anderen Vertragstypen ist eine genauere Berechnung der konkret gestiegenen Kosten möglich. Da es schwierig ist, eine geeignete Bezugsgröße für die Berechnung von Prämienerhöhungen zu finden, rechtfertigt es sich bereits aus diesem Grund, die Bruttobezogenheit der Prämienanpassungsklausel als angemessen zu erachten.83 Auch die Anforderungen an das Konkretisierungsgebot (bzw. Bestimmtheitsgebot) 54 sind problematisch. Während in den Entscheidungen (des BVerwG und auch des BGH) zu Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen – soweit ersichtlich – bisher auf ein Konkretisierungsgebot praktisch nicht eingegangen wird,84 hat der BGH in Entscheidungen zu Preisanpassungsklauseln außerhalb von Versicherungsverträgen wiederholt auf eine erforderliche Bestimmtheit solcher Klauseln abgestellt; allerdings hat der BGH zu diesem Aspekt nicht immer einen einheitlichen Standpunkt vertreten (oben Rn. 50 ff.). Nichtsdestotrotz hat das Bestimmtheitsgebot im Rahmen von Prämienanpassungsklauseln einen hohen Stellenwert. Die Bestimmtheit bindet den VR und steht ungerechtfertigten Spielräumen des VR entgegen.85 Deshalb muss eine Prämienanpassungsklausel so bestimmt sein, dass Prämienanpassungen nach Belieben des VR ausgeschlossen sind.86 Des Weiteren ist erforderlich, dass die Preiserhöhung an der Kostenentwicklung des Verwenders ausgerichtet ist, die Ermittlung der Prämienanpassung im Voraus absehbar ist und die die Anpassung auslösenden Kostenfaktoren in der Klausel angegeben sind.87 Deshalb ist zu Recht ein nicht näher konkretisierter Hinweis auf den „Eintritt von Kostensteigerungen“ als unzulässig angesehen worden.88 Indes besteht gerade bei Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen die Gefahr, dass eine Klauselfassung zu kompliziert oder sogar nicht mehr möglich wird. In diesen Fällen kann ein allzu strenges Bestimmtheitsgebot nicht mehr gefordert werden. Gleichwohl tendiert die Rechtsprechung zu Recht dahin, dem Vertragspartner bzw. auch dem Gericht eine Überprüfbarkeit und Angemessenheitskontrolle der jeweiligen Preis- bzw. Prämienerhöhung zu ermöglichen.89 Auch zeigt die vom BVerwG als zulässig bewertete Klausel, dass auf Seiten des VR nichts Unmögliches verlangt wird. Da sich die Anpassung an einem zulässigen Veränderungskriterium orientieren muss 55 (insbesondere an Veränderungen des Schadensaufwands, vgl. oben Rn. 37), ist es grundsätzlich nicht erforderlich, eine Höchstgrenze für mögliche Prämienerhöhungen als Zulässigkeitsvoraussetzung aufzustellen.90 Gleichwohl wird im Schrifttum die Frage disku-
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Beckmann VersR 1996 540, 545; dagegen Berliner Kommentar/Honsell § 31 Rn. 24. Beckmann Zulässigkeit S. 139. Beckmann Zulässigkeit S. 139; Prölss/Martin/Prölss27§ 31 Rn. 15; Römer/Langheid2 § 31 Rn. 23; a.A. BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 34. Lediglich in seiner Entscheidung vom 16.3.1988 (VersR 1988 1281) stellt der BGH auf die Unbestimmtheit einer Klausel ab (vgl. oben Rn. 47).
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 120. Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 33 m.w.N. So bereits Beckmann Zulässigkeit S. 141. BGH 16.3.1988 VersR 1988 1281; ebenso Berliner Kommentar/Harrer § 31 Rn. 33. Beckmann VersR 1996 540, 545. Beckmann Zulässigkeit S. 141; BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221; BGH 26.3.1997 BB 1997 2072.
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tiert, ob die Erhöhung durch die Höhe des Beitragssatzes für Neuabschlüsse begrenzt sein muss.91 Gleiches gilt auch für die Frage, ob die Anpassungsklausel das Überschreiten einer Geringfügigkeitsgrenze (Erheblichkeitsschwelle) als Zulässigkeitsvoraussetzung beinhalten muss. Das BVerwG hatte dieses Kriterium in der DAS-Entscheidung nicht ausdrücklich als Voraussetzung für die Zulässigkeit für erforderlich gehalten, allerdings die Existenz der Geringfügigkeitsgrenze in der zu überprüfenden Prämienanpassungsklausel als Argument für die Angemessenheit mit einbezogen.92 Indes besteht hierfür weder aus Sicht des VR noch aus Sicht des VN ein besonderes Interesse.93 Insbesondere für den VN ist es nicht von Vorteil, wenn der VR nur Prämienerhöhungen z.B. von über 5 % vornimmt; im Übrigen „droht“ dem VR auch bei geringfügigen Prämienerhöhungen eine Kündigung durch den VN. Schließlich besteht für den VR die Möglichkeit auf die Änderungen des Schadensbedarfs mehrerer Jahre abzustellen, wenn diese Bezugsgröße in der Klausel zugrunde gelegt wird. Da – wie gesagt – die erforderliche Bestimmtheit einer Prämienanpassungsklausel 56 (oben Rn. 50) die Gefahr in sich birgt, dass die Klausel zu kompliziert und nicht verständlich wird, stellt sich die Frage nach den Anforderungen an das Transparenzgebot. Gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Bestimmtheitsgebot und Transparenzgebot stellen inhaltsnahe Anforderungen auf; gleichwohl lässt sich zwischen beiden Anforderungen differenzieren: Das Bestimmtheitsgebot setzt eine Konkretisierung der tatbestandlichen Voraussetzungen und der Rechtsfolgen der Anpassungsklausel voraus; das Transparenzgebot verlangt Klarheit und Verständlichkeit der AGB.94 Diskutiert und wohl nicht endgültig geklärt ist das Rangverhältnis von Bestimmtheitsgebot und Transparenzgebot. Vielfach wird im Konfliktfall der Bestimmtheit der Anpassungsklausel gegenüber der Verständlichkeit für den VN letztlich der Vorrang eingeräumt.95 Beide Grundsätze haben ihre Gründe und Berechtigung, so dass man dies in dieser Stringenz vielleicht nicht feststellen kann. Jedenfalls kann das Transparenzgebot durch einen solchen Vorrang nicht verdrängt werden. Als Mindestvoraussetzung muss für den Vertragspartner des Klauselverwenders erkennbar und nachvollziehbar bleiben, auf welcher Grundlage die Forderung nach einem erhöhten Entgelt erhoben wird.96 In §§ 163 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 203 Abs. 2 Satz 1 ist die Bestellung eines unabhängi57 gen Treuhänders vorgesehen, der die Berechnungsgrundlagen und das Vorliegen der Anpassungsvoraussetzungen, einschließlich der Angemessenheit, überprüfen und bestätigen muss. Die umstrittene Frage, ob diese Verpflichtung auch für andere Versicherungszweige als die Kranken-, Lebens- und nach § 176 die Berufsunfähigkeitsversicherung gilt, ist zu bejahen.97 Den §§ 163, 203 kommt insoweit eine Leitbildfunktion zu.98 Schon vor
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Römer/Langheid 2 § 31 Rn. 15; tendenziell dafür Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 17; Bruck/Möller/Johannsen/Johannsen8 Bd. III Feuerversicherung Anm. F 6. BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 226. Beckmann Zulässigkeit S. 140; a.A. Prölss/ Martin/Prölss27§ 31 Rn. 16, wonach aber geringfügige Änderungen vorgetragen werden können. Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 120 f.; ders. Änderungsklauseln Rn. 84, 89.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 120 f.; ders. Änderungsklauseln Rn. 91; Prölss/Martin/Prölss27§ 31 Rn. 5; Römer/ Langheid 2 § 31 Rn. 16. BGH 19.11.2003 NJW 2003, 746 (juris Rn. 18); HK-VVG/Karczewski § 31 Rn. 7. Beckmann VersR 1996 540, 544; Wandt S. 57; a.A. Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 13; BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 35. Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 112.
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Kündigung bei Prämienerhöhung
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Einführung der Mitwirkung eines unabhängigen Treuhänders bei den genannten Versicherungszweigen hatte das BVerwG im DAS-Urteil eine Klausel für zulässig erachtet, die die Mitwirkung eines unabhängigen Treuhänders vorsieht (vgl. oben Rn. 42). Für die generelle Pflicht zur Einschaltung eines Treuhänders spricht auch, dass sich Anpassungsklauseln kaum so abfassen lassen, dass dem VR keinerlei Beurteilungsspielräume verbleiben. Diese bestehen insbesondere bei der Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung unter Berücksichtigung der versicherungsmathematischen und -technischen Grundsätze.99 Der durchschnittliche VN verfügt aber nicht über die Fähigkeiten, die rechtlichen sowie versicherungsmathematischen und -technischen Voraussetzungen einer Anpassung überprüfen zu können. Auch die Möglichkeit des VN, eine Anpassung gerichtlich überprüfen zu lassen, ist kein durchschlagendes Argument gegen das Erfordernis eines Treuhänders, denn der VN trägt dann ein regelmäßig schwer einschätzbares Prozesskostenrisiko.100 c) Verwendung gegenüber Unternehmern. Gem. § 310 Abs. S. 1 BGB finden u.a. die 58 §§ 308 und 309 BGB keine Anwendung auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. Die Inhaltskontrolle erfolgt über die Generalklausel gem. § 307 BGB. Gem. § 310 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. BGB ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen. Vor diesem Hintergrund werden insbesondere Preisanpassungsklauseln, die gegenüber Unternehmern verwendet werden, an anderen Kriterien gemessen als solche, die gegenüber nichtunternehmerischen Vertragspartnern verwendet werden.101 Die für den unternehmerischen Bereich aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen weisen deutlich geringere Voraussetzungen auf. Im Hinblick auf das Versicherungsvertragsrecht könnte man dies deshalb anders beurteilen, da das VVG selbst nicht differenziert, ob der VN Unternehmer ist oder nicht. Insbesondere gelten die Vorschriften, die nicht zum Nachteil des VN verändert werden können, vorbehaltlich des § 210, für alle VN. Deshalb könnte man annehmen, dass nicht nur § 40, sondern auch die AGB-rechtlichen Zulässigkeitskriterien uneingeschränkt für alle VN gelten, unabhängig von ihrer Unternehmereigenschaft. Soweit ersichtlich hat die Rechtsprechung diese Frage im Hinblick auf Prämienanpassungsklauseln ausdrücklich noch nicht berücksichtigt.102 In einzelnen Entscheidungen des BGH bezieht sich z.B. aber der Klageantrag des jeweils klagenden Verbraucherschutzvereins lediglich auf die Unterlassung der streitgegenständlichen Klausel außerhalb des kaufmännischen bzw. unternehmerischen Rechtsverkehrs.103 Auch die meisten Stellungnahmen im Schrifttum zur Zulässigkeit von Prämienanpassungsklauseln greifen diese Differenzierung nicht auf. Da es sich bei Zulässigkeit solcher Klauseln – abgesehen von § 40 – primär um eine AGB-rechtliche Frage handelt, spricht Einiges dafür, bei Verwendung gegenüber Unternehmern andere, moderatere Kriterien für die Zulässigkeitsfrage heranzuziehen.104 99 100
101 102
Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 112. Beckmann/Matusche-Beckmann/Wandt2 § 11 Rn. 112; Wandt Rn. 147; a.A. Prölss/ Martin/Prölss27 § 31 Rn. 13. Beckmann Zulässigkeit S. 100; BGH NJW 1985 426; BGH NJW 1985 853. BGH NJW 1980 2518; BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 55/08 (juris); BGH 21.4.2009 Az.: XI ZR 78/08 (juris); BGH NJW 1982 331; BGH NJW 1986 3134; BGH NJW 2008
103
104
360; BGH VersR 1988 1281; BGH VersR 1997 685; BGH VersR 1997 1517; BGH NJW 1985 2270; BGH NJW 1986 1803; BGH VersR 2004 1446; BGH VersR 1992 1211. BGH 26.3.2007 VersR 1997 685; BGH 17.3.1999 VersR 1999 697 (betr. Bedingungsanpassungsklausel); BGH 11.6.1980 NJW 1980 2518 f. Zu den von der Rechtsprechung zur Preisanpassungsklauseln außerhalb des
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121
§ 40
Abschnitt 3. Prämie
6. Rechtsfolgen unwirksamer Prämienanpassungsklauseln
59
a) Auswirkungen auf den Versicherungsvertrag. Eine Prämienanpassungsklausel, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält, ist unwirksam (vgl. dazu aber noch sogleich Rn. 60).105 Eine geltungserhaltende Reduktion ist nach allgemeinen AGB-rechtlichen Grundsätzen unzulässig.106 Dem VR ist es dann also nicht möglich, die Prämie nachträglich zu erhöhen. Gem. § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer AGB im Übrigen bestehen. Gem. § 306 Abs. 2 BGB treten an die Stelle der unwirksamen Klausel die gesetzlichen Vorschriften. Der VR ist damit auf allgemeine – wenngleich aufwändige – Anpassungsmechanismen bzw. auf die Kündigung des Versicherungsverhältnisses angewiesen. Lediglich für den Fall, dass ein Festhalten am Vertrag auch unter Berücksichtigung der nach § 306 Abs. 2 BGB vorgesehenen Änderungen für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde, bestimmt § 306 Abs. 3 BGB seine Unwirksamkeit. Geht man im Falle einer gegen das AGB-Recht verstoßenden Prämienanpassungsklau60 sel von einer grundsätzlichen Unwirksamkeit aus (oben Rn. 59), so folgt hieraus, dass eine Anpassung aufgrund einer unangemessenen Prämienanpassungsklausel keine rechtlichen Folgen nach sich ziehen würde. Der Vertrag bliebe unter dem bisherigen Inhalt unangetastet. Fraglich ist aber, ob dem VN im Falle einer Anpassung aufgrund einer unzulässigen Prämienanpassungsklausel gleichwohl ein Kündigungsrecht zusteht. Auf der Grundlage einer (Gesamt-)Unwirksamkeit müsste man ein Kündigungsrecht verneinen. Gleichwohl geht die h.M. – wie schon an anderer Stelle erläutert (oben Rn. 15) – von einem Kündigungsrecht des VN aus, auch wenn die Prämienanpassung als solche unwirksam ist. Dem ist schon deshalb zuzustimmen, da der VN schon angesichts der Komplexität der AGB-rechtlichen Prüfung einer Anpassungsklausel nicht ohne Weiteres weiß, ob diese wirksam erfolgt ist oder nicht. Dieses Ergebnis lässt sich zudem mit der hier vertretenen personalen Teilunwirksamkeit von AGB, die gegen das AGB-Recht verstoßen, begründen.107
61
b) Sonstige Rechtsfolgen. Neben den zuvor angesprochenen Rechtsfolgen im Hinblick auf den konkreten Versicherungsvertrag kommen wegen Verstoßes einer Preisanpassungsklausel gegen das AGB-Recht weitere allgemeine Rechtsfolgen in Betracht: Zum einen gelangt das praxisrelevante Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) zur Anwendung. Unter dem Aspekt des Verschuldens bei Vertragsschluss gem. § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB ist auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Verwender denkbar.108 Des Weiteren kann das Aufsichtsrecht berührt sein. Die Verwendung einer gegen das AGB-Recht verstoßenden AVB kann einen Missstand i.S.d. § 81 VAG darstellen, so dass die Aufsichtsbehörde die entsprechenden behördlichen Maßnahmen ergreifen kann (vgl. dazu Band 1 Einführung Teil C Rn. 16 f. m.w.N.).
105 106
Versicherungsvertragsrechts aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen Beckmann Zulässigkeit S. 51 f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann5 § 309 Nr. 1 Rn. 160 ff. BerlinerKommentar/Harrer § 31 Rn. 36; Prölss/Martin/Prölss27 § 31 Rn. 20. BGH 16.5.1990 BGHZ 111 278, 279; zu
122
107 108
den Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das AGB-Recht vgl. im Übrigen Bruck/Möller/ Beckmann Band 1 Einf. C Rn. 298 ff. Dazu Bruck/Möller/Beckmann Band 1 Einf. C Rn. 298 ff., dort m.w.N. Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs10 Vorbem. vor § 307 Rn. 103 f.
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Herabsetzung der Prämie
§ 41
7. Abdingbarkeit Von § 40 kann wegen § 42 nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden. § 40 ist 62 damit halbzwingend. Auf Großrisiken gem. § 210 Abs. 2 und auf laufende Versicherungen sind die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach dem VVG – und damit auch § 42 – indes nicht anzuwenden.109
IV. Darlegungs- und Beweislast Für § 40 gelten hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislastverteilung die allgemeinen 63 zivilrechtlichen Grundsätze, wonach jede Partei diejenigen für sie günstigen Tatsachen darzulegen und unter Umständen zu beweisen hat, auf welche sie sich beruft. Macht der VR eine Prämienanpassung geltend, so hat er das Vorliegen der Voraussetzungen der zugrunde liegenden Anpassungsklausel darzulegen und ggf. zu beweisen. Gleiches gilt für den Zugang der nach Abs. 1 Satz 2 erforderlichen Mitteilung beim VN. Umgekehrt hat der VN den Zugang seiner Kündigung darzulegen und im Falle des Bestreitens durch den VR zu beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Einbeziehung der Anpassungsklausel in den Vertrag obliegt dem VR. Hingegen trägt der VN die Darlegungs- und Beweislast, sofern er sich auf eine gem. § 305b BGB vorrangige Individualvereinbarung beruft.110 Die Inhaltskontrolle einer Prämienanpassungsklausel ist i.d.R. als Rechtsfrage anzusehen. Soweit es im Rahmen der Inhaltskontrolle allerdings auf Tatsachen ankommt, trägt grundsätzlich derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der die Unwirksamkeit der Klausel geltend macht.111 Sind nach dem ggf. bewiesenen Vortrag des VN die Voraussetzungen eines der Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 BGB erfüllt, so ist es wiederum Sache des Klauselverwenders, die aus der Verwirklichung der Regelbeispiele folgende Vermutung einer unangemessenen Benachteiligung zu entkräften.112
§ 41 Herabsetzung der Prämie 1Ist wegen bestimmter gefahrerhöhender Umstände eine höhere Prämie vereinbart und sind diese Umstände nach Antragstellung des Versicherungsnehmers oder nach Vertragsschluss weggefallen oder bedeutungslos geworden, kann der Versicherungsnehmer verlangen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemessen herabgesetzt wird. 2Dies gilt auch, wenn die Bemessung der höheren Prämie durch unrichtige, auf einem Irrtum des Versicherungsnehmers beruhende Angaben über einen solchen Umstand veranlasst worden ist.
Schrifttum Brockmann Risiko- und Prämienänderung in der Unfallzusatzversicherung, VersR 1988 890; Ganster Die Prämienzahlung im Versicherungsrecht (2008) (zit.: Ganster Prämienzahlung); SchmidtTüngler Beitragsänderung bei höherer Gefahr und Gefahrminderung, ZVersWiss 1942 140. 109 110 111
Vgl. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 115. Allgemein Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Lindacher 3 § 305b Rn. 49 m.w.N. BGH 6.12.2002 NJW 2003 1313 (juris Rn. 11); BGH 21.11.1995 NJW 1996 388 (juris Rn. 19).
112
BGH 20.6.1984 NJW 1985 914 (juris Rn. 28); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs10 Vorbem. vor § 307 Rn. 109.
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§ 41
Abschnitt 3. Prämie
Übersicht Rn. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung . . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prämienherabsetzung . . . . . . . . . a) Wegfall oder Bedeutungslosigkeit von Gefahrumständen, Satz 1 . . .
Rn.
1
b) Irrtümliche Falschanzeige von Gefahrumständen, Satz 2 . . c) Abgrenzung . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . IV. Abdingbarkeit/AVB . . . . . . . . V. Prozessuales . . . . . . . . . . . .
1 3 5 6 6
. . . . .
. . . . .
. . . . .
11 12 13 17 18
6
I. Einführung 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften § 41a a.F. wurde durch die Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 (RGBl. I 2443) als Gegenstück zu der in § 41 a.F. geregelten Prämienerhöhung in das VVG eingeführt. Als Vorbild dienten dem damaligen deutschen Gesetzgeber die Vorschriften § 31 ÖVVG 1917 (ÖRGBl. 501) bzw. § 31 ÖVVG 1915 (ÖRGBl. 343).1 Seit ihrer Einführung bis zur VVG-Reform hat die Vorschrift keinerlei Änderungen erfahren. Im neuen VVG weicht der § 41 lediglich in einem Punkt von seiner Vorgängervorschrift ab: Bisher konnte der VN entsprechend dem in § 40 a.F. geregelten Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie eine angemessene Herabsetzung der Prämie wegen des Wegfalls eines gefahrerhöhenden Umstandes erst für die künftige Versicherungsperiode verlangen. Nachdem dieser Grundsatz im neuen § 39 aufgegeben wurde, gibt nun auch § 41 dem VN die Möglichkeit, die Herabsetzung der Prämie bereits ab Zugang des Verlangens geltend zu machen. Die sonstigen Änderungen des § 41 sind redaktioneller Natur. Der bisherige Absatz 2 wurde wegen des engen Sachzusammenhangs mit Satz 1 direkt hinter diesen als Satz 2 angefügt.2 Für das Inkrafttreten der Vorschrift bzw. für den Übergang zwischen dem früheren 2 VVG und dem Recht nach der VVG-Reform gelten die allgemeinen Regeln über das Inkrafttreten, insbesondere Art. 12 VVG RefG.
1
2. Inhalt und Zweck der Regelung
3
§ 41 gibt dem VN die Möglichkeit, eine angemessene Herabsetzung der Prämie zu verlangen, wenn gefahrerhöhende Umstände, die bei dem Vertrag zur Vereinbarung einer höheren als der normalen Prämie geführt haben, nach Stellung des Antrags wegfallen, oder bedeutungslos werden. Das gleiche gilt, wenn die Bemessung der höheren Prämie durch unrichtige, auf einem Irrtum des VN beruhende Angaben erfolgt ist. § 41 gewährt also dem VN einen angemessen Ausgleich für die Fälle, in denen das versicherte Risiko nicht mehr der vom VN zu zahlenden Prämie entspricht.3 In diesen Fällen soll die vereinbarte Prämie an das „tatsächlich existente Risiko“4 angepasst werden.
1
2
Amtliche Begründung zur Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 S. 11 zu Nr. 19. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72.
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3 4
Römer/Langheid2 § 41a Rn. 1; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Michaelis § 41 Rn. 1. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 2.
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Herabsetzung der Prämie
§ 41
§ 41a VVG a.F. stellte nach herrschender Meinung5 zum alten VVG eine Sonderrege- 4 lung für einen bestimmten Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dar, neben dem die allgemeinen Grundsätze keine Anwendung finden.6 Da § 41 insoweit inhaltsgleich ist, kann diese Meinung auch zum neuen VVG aufrecht erhalten werden. 3. Anwendungsbereich Im alten VVG war § 41a a.F. generell nicht anwendbar für die Lebensversicherung, 5 § 164a a.F. Durch die Neuregelung der Lebensversicherung erklärt jetzt § 158 Abs. 3 § 41 mit der Maßgabe für anwendbar, dass eine Herabsetzung der Prämie nur wegen solcher Minderung der Gefahrumstände verlangt werden kann, die nach ausdrücklicher Vereinbarung als Gefahrminderung angesehen werden soll. In der Krankenversicherung ist § 41 uneingeschränkt anwendbar, was man aus einem Umkehrschluss aus § 194 herleiten kann.
II. Tatbestand 1. Prämienherabsetzung a) Wegfall oder Bedeutungslosigkeit von Gefahrumständen, Satz 1. Damit eine He- 6 rabsetzung der Prämie möglich ist, muss ein ungünstiger die Gefahr erhöhender Umstand wegfallen.7 Dies ist nur dann der Fall, „wenn bei Vertragsschluss für die nunmehr weggefallenen Risiken – sei es auch nur intern – ein Zuschlag berechnet oder wenn der VN oder der versicherte Gegenstand in eine höhere Tarifklasse als für Risiken dieser Gattung üblich eingereiht worden ist“8. Diese Feststellung ist stets durch eine Gesamtschau zu ermitteln und eine isolierte Betrachtungsweise ist nicht gestattet. Es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass zwar ein konkreter gefahrerhöhender Umstand wegfällt, gleichzeitig aber ein anderer auftritt. In diesem Fall liegt eine sogenannte Gefahrkompensation vor, bei der von einer Gefahrminderung nicht mehr gesprochen werden kann. Eine Gefahrminderung ist also nur gegeben, wenn im Zeitpunkt des Verlangens des VN eine Sachlage gegeben ist, aufgrund derer der VR eine niedrigere als die ursprünglich vereinbarte Prämie berechnen würde. Die Gefahrminderung kann allerdings nur dann zu einer Prämienänderung führen, wenn sie dauerhaft ist. Verringert sich das Risiko nur für kurze Zeit gegenüber demjenigen, das bei Vertragsschluss angenommen wurde, greift eine Änderung der Prämie nicht ein.9 § 41 kann von dem VN auch dann geltend gemacht werden, wenn er die Gefahrmin- 7 derung willentlich herbeigeführt hat.10 Weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Begründung der Verordnung vom 19.12.1939 ergibt sich, dass es sich bei der Gefahrminderung um eine nicht vom VN herbeigeführte Gefahrminderung handeln muss. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, das durch die Gefahrminderung gestörte Gleichgewicht zwischen Risiko und Prämie wieder herzustellen. Dafür spielt es aber keine Rolle, ob die Gefahrminderung ohne Zutun des VN eingetreten ist oder vom VN herbeigeführt wurde.11 5
6
Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 2; BGH 5.2.1981 VersR 1981 621, 622; Prölss/ Martin/Knappmann27 § 41a Rn. 1; Römer/ Langheid 2 § 41a Rn. 1; Deutsch6 Rn. 151. Palandt/Grüneberg69 § 313 Rn. 16; HK-VVG/ Karczewski § 41 Rn. 1.
7 8 9 10 11
Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 5. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 4. Schmidt-Tüngler ZVersWiss 1942 190, 196. Brockmann VersR 1988 890, 893. Brockmann VersR 1988 890, 893.
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§ 41
Abschnitt 3. Prämie
8
Dem Wegfall eines gefahrerhöhenden Umstands steht der Fall gleich, dass dieser „bedeutungslos“ wird. In dieser Variante bleibt der Gefahrumstand zwar bestehen, wird aber so vermindert, dass die höhere Prämie jedenfalls in dem vereinbarten Umfang unangemessen wird.12 Weitere Voraussetzung für den Eintritt der Prämienminderung ist, dass der gefahr9 erhöhende Umstand dem VR bei Abgabe seiner Willenserklärung zur Prämienhöhe bekannt war, denn nur dann kann die erhöhte Prämie gerade auf diesem Umstand beruhen. § 41 bezieht daher für die Möglichkeit des Wegfalls eines Gefahrumstands auch den Zeitraum zwischen Antragstellung und Annahme des Antrags durch den VR mit ein. Es könnte nämlich zu dem Fall kommen, dass der VN dem VR bei Antragstellung den gefahrerhöhenden Umstand anzeigt und dieser dann das Angebot angenommen hat, bevor er von dem zwischenzeitlichen Wegfall des Umstandes Kenntnis erlangt.13 Es ist für die Herabsetzung der Prämie nicht erforderlich, dass die konkreten Um10 stände, die zu einer Erhöhung der Prämie geführt haben, im Versicherungsschein genannt sind oder dem VN die Prämienkalkulation des VR offengelegt worden ist.14 Erforderlich ist aber, dass der Vereinbarung der Erhöhung der Prämie eine „spezifizierende Prämienkalkulation“15 und nicht nur eine allgemeine Vorstellung des versicherten Risikos zugrunde liegt. Dabei können nur Gefahrumstände und nicht auch reine Gefahrindizien zur Prämienerhöhung führen. Gefahrindizien sind solche, die für die Bewertung einer Gefahr nur mittelbar eine Rolle spielen, beispielsweise die Ablehnung anderer Versicherungsanträge. Gefahrumstände dagegen sind Tatsachen, die für die Einschätzung der Gefahr unmittelbar erheblich sind16, beispielsweise der Beruf des VN in der Berufsunfähigkeitsversicherung.
11
b) Irrtümliche Falschanzeige von Gefahrumständen, Satz 2. Voraussetzung von § 41 Satz 2 ist, dass der VN irrtümlich falsche Angaben über einen Gefahrumstand gemacht hat, welche dann wiederum Grund für die Vereinbarung einer erhöhten Prämie waren. Auch bei dieser Variante muss es sich um eine falsche Angabe über einen ungünstigen gefahrerhöhenden Umstand handeln. Der Fall, dass es der VN bei der Antragstellung unterlassen hat, auf die Prämie begünstigende Umstände hinzuweisen, ist von § 41 Satz 2 ebenso wenig erfasst, wie der Irrtum des VR, der seiner Prämienkalkulation fälschlicherweise ungünstige Umstände zugrunde gelegt hat. In beiden Fällen ist jedoch eine analoge Anwendung geboten, da die Interessenlage für den VN in allen Fällen vergleichbar ist und es keine anderweitigen Regelungen für diese Fälle gibt.17 Da der Wortlaut des § 41 Satz 2 nicht zwischen verschuldetem und unverschuldetem Irrtum unterscheidet, ist auch der verschuldete Irrtum von seiner Anwendung erfasst. Dies gilt sowohl für den Irrtum des VN in der direkten als auch den des VR in der analogen Anwendung. Auch bei Satz 2 ist Voraussetzung, dass die Prämie gerade wegen des ungünstigen Umstandes erhöht ist, den der VN irrtümlich falsch angegeben hat. Bei der analogen Anwendung ist somit erforderlich, dass gerade der nicht angezeigte begünstigende Umstand zu einer Prämienvergünstigung geführt hätte.
12
c) Abgrenzung. Von dem Wegfall bzw. der Bedeutungslosigkeit eines Gefahrumstandes ist der Fall zu unterscheiden, dass statt des gefahrerhöhenden Umstandes, den § 41 regelt, gleich das gesamte versicherte Interesse wegfällt. Dieser Wegfall nach dem Beginn 12 13 14
Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 5. Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 6. BGH 5.2.1981 VersR 1981 621, 622.
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15 16 17
Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 7. Schmidt-Tüngler ZVersWiss 1942 190, 196. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 6.
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Herabsetzung der Prämie
§ 41
der Versicherung ist in § 80 Abs. 2 geregelt, der anfängliche Interessemangel in § 80 Abs. 1 (vgl. insoweit die Ausführungen dort). Kein Interessefortfall, sondern Wegfall eines gefahrerhöhenden Umstandes liegt beispielsweise vor, wenn bei einer von dem Grundstückseigentümer abgeschlossenen Haftpflichtversicherung das Grundstücksgebäude zerstört wird.18 Dadurch vermindert sich zwar das Versicherungsrisiko, das versicherte Interesse wird aber nicht berührt. Brennt dagegen im Rahmen einer verbundenen Gebäudeversicherung z.B. das versicherte Gebäude vollständig ab, liegt ein Fortfall des gesamten versicherten Interesses i.S.d. § 80 Abs. 2 vor.19
III. Rechtsfolgen Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 41 vor, so kann der VN verlan- 13 gen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemessen herabgesetzt wird. Dies ist die einzige Möglichkeit des VN auf eine Gefahrminderung zu reagieren, ein Recht auf Anfechtung wegen Irrtums im Falle des § 41 Satz 2 besteht nicht.20 Einig ist man sich darin, dass die Prämienermäßigung, wenn deren Voraussetzungen 14 vorliegen, nicht ipso jure eintritt.21 Umstritten ist aber, welche Rechtsnatur § 41 Satz 1 hat. Teilweise wurde vertreten, es handele sich dabei um einen kraft Gesetzes entstehenden obligatorischen Anspruch des VN, der darauf gerichtet ist, dass der VR die Prämie angemessen herabsetzt.22 Begründet wird dies damit, dass derjenige, der die Prämienherabsetzung herbeiführt nicht der VR ist, sondern das Gesetz selbst eine Korrektur des Vertrages vornimmt. In der neueren Literatur wird vertreten, dass es sich bei dem Recht aus § 41 Satz 1 um ein unbefristetes formfrei auszuübendes Gestaltungsrecht handelt.23 Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Zwar sieht das Gesetz selbst vor, dass der Versicherungsvertrag korrigiert werden soll, aber dieser Mechanismus tritt nur dadurch ein, dass der VN eine Erklärung abgibt. Tut er dies nicht, ändert sich auch die Prämie nicht und der Vertrag bleibt so bestehen, wie er geschlossen wurde. Diese Unterscheidung ist insbesondere maßgeblich für die Frage der Verjährung, da Gestaltungsrechte im Gegensatz zu Ansprüchen nicht verjähren. Qualifiziert man § 41 als Anspruch, so unterliegt dieser mangels speziellerer Regelung der Verjährung im neuen VVG, den allgemeinen Regeln der §§ 195 ff. BGB.24 Für den Fall, dass der VN bereits Prämien vorausbezahlt hat, die dem VR dann aber aufgrund der Prämienminderung gar nicht mehr zustehen, besteht für diese ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch.25 Da sich der Gesetzgeber ausdrücklich gegen eigene Regelungen einer Verjährung im neuen VVG ausgesprochen hat,26 stellt sich die früher umstrittene Frage, ob der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch wegen der zu viel gezahlten Prämie der Verjährungsdauer nach dem VVG oder dem BGB unterliegt, nun nicht mehr. Durch das Verlangen des VN wird der VR verpflichtet, die Prämie angemessen herab- 15 zusetzen. Die Herabsetzung ist also ein einseitiger Akt des VR, bei dem dieser aber durch
18 19 20 21 22
BGH 24.1.1951 VersR 1951 76. BGH 8.7.1992 VersR 1992 1221, 1222. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 8. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 8; Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 11. So Schmidt-Tüngler ZVersWiss 1942 195; Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 11.
23
24 25 26
Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 8; Prölss/Martin/Knappmann27 § 41a Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 41 Rn. 2. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 64. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann27 § 41a Rn. 1. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 64.
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§ 41
Abschnitt 3. Prämie
das Merkmal der Angemessenheit gebunden ist. Für die Bemessung der Neuprämie kommt es nicht darauf an, welche Prämie ein VR bei Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Gefahrverminderung oder des Herabsetzungsverlangens bestehenden Marktverhältnisse verlangt hätte. Das im Versicherungsvertrag zugrunde gelegte Prämienberechnungssystem bleibt unberührt. Es sind lediglich anstelle der ursprünglichen die veränderten Berechnungselemente, also Risikofaktoren in die Rechnung einzusetzen.27 Für eine „freie richterliche Prämienschöpfung“28 für den Fall, dass der VR die Minderung nicht oder unangemessen vornimmt und diese deshalb durch Urteil zu treffen ist, bleibt somit kein Raum.29 Die einzige Änderung in § 41 gegenüber § 41a VVG a.F. betrifft den Zeitpunkt, ab 16 dem die Prämienminderung eintritt (siehe hierzu oben Rn. 1). Auch wenn im neuen VVG der Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie aufgegeben worden ist, kann der VN im Rahmen des § 41 die Prämienminderung nur für die Zukunft ab Zugang des Verlangens beim VR fordern. Dies kann dazu führen, dass der VR eine erhöhte Prämie verlangen könnte, obwohl er für die Zeit vor dem Zugang des Verlangens des VN dafür nicht mehr die entsprechende Gefahr trägt (vgl. dazu auch § 39 Rn. 16 f.).30
IV. Abdingbarkeit/AVB 17
In § 42 ist geregelt, dass von § 41 nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden darf. Die Vorschrift ist also halbzwingend. Unbeschadet dessen können aber in den AVB einzelne Fälle der Prämienherabsetzung wegen Gefahränderung ausdrücklich geregelt werden.31 Geschehen ist dies beispielsweise in Nr. 6 der AUB 2008. Dort ist geregelt, dass eine Änderung der Berufstätigkeit oder Beschäftigung des VN zu einer Senkung des Beitrages (Prämie) oder zu einer anderen Versicherungssumme führen kann. Der VN muss dazu auch nicht die Herabsetzung der Prämie verlangen, sondern eine Änderung des Vertrages tritt bereits durch die Mitteilung der geänderten Berufstätigkeit an den VR ein. Der VN muss dann lediglich nach 6.2.3 der AUB erklären, dass er statt einer anderen Versicherungssumme, eine gesenkte Prämie zahlen möchte. Auch in Nr. 13 der AHB 2008 ist eine Regelung über die Herabsetzung der Prämie enthalten, die über § 41 hinausgeht. Danach muss der VN bei Verringerung der versicherten Gefahr die Herabsetzung der Versicherungsprämie nicht erst verlangen, vielmehr muss der VR in diesem Fall die Prämie von sich aus ermäßigen.32
V. Prozessuales 18
Der VN trägt die Beweislast dafür, dass der weggefallene bzw. bedeutungslos gewordene Umstand prämienrelevant war, also zur Vereinbarung einer höheren Prämie geführt hat.33 Wenn dem VN die zugrundeliegende Prämienkalkulation des VR unbekannt ist, so 27 28 29 30 31 32
BGH 5.2.1981 VersR 1981 621, 624. Prölss/Martin/Knappmann27 § 41a Rn. 3. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 9. Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 41 Rn. 4. Bruck/Möller/Möller8 § 41a Anm. 19. Prölss/Martin/Voit/Knappmann27AHB § 8
128
33
Rn. 4; Littbarski Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) (2001) § 8 Rn. 42. Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann27 § 41a Rn. 4; Römer/Langheid2 § 41a Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 41 Rn. 5.
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Abweichende Vereinbarungen
§ 42
kann der VR dies nur wirksam bestreiten, wenn er seine Kalkulation offenlegt.34 Der VN trägt auch die Beweislast dafür, dass der gefahrerhöhende Umstand jetzt nicht mehr besteht bzw. im Fall von Satz 2, dass der fragliche Umstand in Wirklichkeit nicht vorliegt.35
§ 42 Abweichende Vereinbarungen Von § 33 Abs. 2 und den §§ 37 bis 41 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
Schrifttum Ganster Die Prämienzahlung im Versicherungsrecht (2008) (zit.: Ganster Prämienzahlung); Klimke Die halbzwingenden Vorschriften des VVG, Diss. Berlin 2003; Gebauer Grenzen der Ausgestaltung weicher Tarifmerkmale, NVersZ 2000 7; Martin „Einlösungsklausel“ in den Zweigen der technischen Versicherung, VersR 1971 189; Michaelis Die Unwirksamkeit von Vertragsstrafenregelungen in den Tarifbestimmungen der Kraftfahrzeugversicherung, DAR 1997 433; Sasse Die halbzwingenden Schutzvorschriften des VVG, VersWissArch 1956 163; Schirmer/Marlow Die versicherungsrechtliche Behandlung sogenannter weicher Tarifmerkmale, VersR 1997 782.
Übersicht Rn. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Zweck der Regelung . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . .
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Rn. II. Tatbestand, insbesondere „zum Nachteil des VN“ . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen und Abdingbarkeit . . . . . IV. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Einführung 1. Entstehungsgeschichte und Übergangsvorschriften § 42 ist seinem Inhalt nach seit dem Inkrafttreten des VVG im Jahre 1908 unver- 1 ändert geblieben und macht die Vorschriften über die Prämie, abgesehen von denjenigen welche Zeit und Ort der Prämienzahlung betreffen, zu halbzwingenden. Durch die Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939 wurde § 42 a.F. lediglich dahingehend neu gefasst, dass der ebenfalls durch die Verordnung eingeführte § 41a a.F. in den Katalog der halbzwingenden Vorschriften aufgenommen wurde. Im neuen VVG wurde der Wortlaut des § 42 von „kann sich der VR nicht berufen“ zu „kann nicht abgewichen werden“ geändert. In der Gesetzesbegründung
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Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 41 Rn. 5; für eine besondere Substantiierungslast Römer/Langheid 22 § 41a Rn. 4.
35
Berliner Kommentar/Riedler § 41a Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann27 § 41a Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis § 41 Rn. 5.
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§ 42
Abschnitt 3. Prämie
schweigt der Gesetzgeber darüber, ob diese Wortlautänderung auch eine inhaltliche Änderung mit sich bringen soll (dazu unten Rn. 11) und bestimmt nur, dass die bisherigen halbzwingenden Regeln soweit sie – wenn auch verändert – beibehalten wurden, auch weiterhin im bisherigen Umfang halbzwingend bleiben.1 Für das Inkrafttreten der Vorschrift bzw. für den Übergang zwischen dem früheren 2 VVG und dem Recht nach der VVG-Reform gelten die allgemeinen Regeln über das Inkrafttreten, insbesondere Art. 12 VVG RefG. 2. Inhalt und Zweck der Regelung
3
§ 42 regelt, dass von den Vorschriften des § 33 Abs. 2 und der §§ 37– 41 nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden darf. § 42 a.F. wurde laut den Motiven in das VVG 1908 aufgenommen, weil bei dem Versicherungsvertrag der VN „im Allgemeinen der schwächere Teil“ ist und er „insbesondere an Geschäftserfahrung dem VR regelmäßig nachsteht“. Daher ist er, „wenn es sich um die Abschließung eines Vertrages handelt, der zu seinem Nachteil von den gesetzlichen Bestimmungen in ungerechtfertigter Weise abweicht, häufig außerstande, solchen Vereinbarungen rechtzeitig zu begegnen“2. 3. Anwendungsbereich
4
Nach § 210 Abs. 1 sind die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach § 42 nicht auf die in § 210 Abs. 2 genannten Großrisiken und auf laufende Versicherungen anzuwenden. Durch die Präzisierung der Verweisung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass dies auch anzunehmen ist, wenn es sich um ein Großrisiko im Ausland handelt.3 Durch diese Regelung werden die nach § 42 halbzwingenden Vorschriften aber nicht unanwendbar, sondern können lediglich durch ausdrückliche vertragliche Regelung abbedungen werden.4
II. Tatbestand, insbesondere „zum Nachteil des VN“ 5
Von den in § 42 genannten Vorschriften darf nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden. Häufig findet sich in diesem Zusammenhang die Formulierung, dass Abweichungen zu Ungunsten des VN nicht, Abweichungen zu seinen Gunsten aber ohne weiteres möglich sind. Diese ist indes ein wenig pauschal und hilft bei der Bestimmung, wann ein Nachteil des VN vorliegt, nicht immer weiter.5 Die Frage, nach welchen Kriterien das Vorliegen eines Nachteils in § 42 zu bestimmen ist, ist im Einzelnen umstritten. Nach einer Ansicht kommt es bei der Frage, ob eine Bestimmung für den VN nachtei6 lig ist, darauf an, ob sie generell ungünstig ist.6 Dabei sind die Vor- und Nachteile der betreffenden Klausel in einem Gesamtzusammenhang zu würdigen und können auch gegeneinander abgewogen werden.7 Innerhalb dieser Ansicht besteht Uneinigkeit darüber, ob für die Möglichkeit einer Saldierung die Vor- und Nachteile aus der Regelung des
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RegE BTDrucks. 16/3945 S. 72. Motive S. 63. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 115. Prölss/Martin/Kollhosser27 § 187 Rn. 3; Römer/Langheid2 § 187 Rn. 2. Ganster Prämienzahlung S. 20.
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BerlinerKommentar/Riedler § 42 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann27 § 42 Rn. 1; Römer/Langheid 2 § 34a Rn. 2; HK-VVG/ Muschner § 42 Rn. 1. BerlinerKommentar/Riedler § 42 Rn. 2; Römer/Langheid 2 § 34a Rn. 2.
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Abweichende Vereinbarungen
§ 42
gleichen rechtlichen Tatbestandes fließen müssen oder nicht.8 Die Befürworter des Erfordernisses dieses Zusammenhangs führen als Begründung aus, dass es dem VN nicht möglich sein darf, die zwischen ihm und dem VR vereinbarten Regelungen in günstige und nicht günstige aufzuspalten und sich dann nur auf die günstigen zu berufen und die anderen als nicht bindend betrachten zu können.9 Einigkeit besteht hingegen darüber, dass nur dann eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen ist, wenn VN und VR ausnahmsweise eine Einzelvereinbarung getroffen haben.10 Nach der Gegenansicht11 ist eine Gesamtbetrachtung und Saldierung der Vor- und 7 Nachteile nicht statthaft. Der Nachteil für den VN wird nach dieser Ansicht nur nach der Lage des Einzelfalls beurteilt, also danach ob sich die Klausel im konkret zu beurteilenden Fall als nachteilig erweist. Ist dies zu verneinen, so ist sie in diesem konkreten Fall nicht anwendbar. Die letztgenannte Auffassung ist vorzugswürdig. Dafür spricht insbesondere der Sinn 8 und Zweck der Regelungen zum Schutz des VN. Die halbzwingenden Vorschriften wurden nach dem BGH „zum Schutz besonders wichtiger Interessen des VN in das Gesetz aufgenommen“12. Auch bereits in den Motiven zum VVG 1908 wurde die Schutzbedürftigkeit des VN besonders hervorgehoben (siehe oben Rn. 3). Die halbzwingenden Vorschriften im VVG sind daher so zu verstehen, dass sie dem VN einen Mindeststandard gewährleisten sollen.13 Sie dienen aber nicht dazu, dass der VR ganze Bereiche des Versicherungsrechts neu gestalten und dann für ihn gewonnene Vorteile durch Zugeständnisse an den VN ausgleichen kann.14 Für diese Ansicht spricht auch die Gesetzesbegründung zum VVG 2008.15 Dort hat der Gesetzgeber bezüglich § 83 Abs. 4 ausgeführt, dass weitergehende vertragliche Einschränkungen des Aufwendungsersatzes in der Tierversicherung künftig ausgeschlossen sind, da § 83 jetzt halbzwingend ist.16 In der Begründung zu § 6 Abs. 5 heißt es, dass sich der VR aufgrund der Tatsache, dass die Vorschrift halbzwingend ist, nicht für schuldhaft begangene Beratungsfehler freizeichnen kann und dem VN zum Schadensersatz verpflichtet ist.17 Würde der Gesetzgeber davon ausgehen, dass eine Gesamtsaldierung möglich ist, hätte er diese Begründung anders formulieren müssen.18 Der BGH hat zur Frage der Gesamtsaldierung bei halbzwingenden Vorschriften bisher nicht eindeutig Stellung genommen. Manche seiner Aussagen deuten jedoch darauf hin, dass auch er die Möglichkeit der Gesamtsaldierung ablehnt.19
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Ausführlich dazu Gebauer NVersZ 2000 7, 12; Klimke S. 68 ff. BerlinerKommentar/Riedler § 42 Rn. 2; Sasse VersWissArch 1956 163, 171; Martin VersR 1971 189, 191; zur a.A. Schirmer VersR 1997 782, 785 aa). BerlinerKommentar/Riedler § 42 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann27 § 42 Rn. 1; Römer/Langheid 2 § 34a Rn. 2. BerlinerKommentar/Gruber § 15a Rn. 2; BerlinerKommentar/Beckmann § 68a Rn. 4; Weyers/Wandt Rn. 141; Michaelis DAR 1997
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433, 435 aber auch gegen eine Einzelfallbetrachtung; RG 19.12.1939 RGZ 162 238, 242 f.; Ganster Prämienzahlung S. 23. BGH 1.12.2004 VersR 2005 266, 268. BerlinerKommentar/Dörner Einleitung Rn. 65. Ganster Prämienzahlung S. 24. Ganster Prämienzahlung S. 25. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 81. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 59. Ganster S. 26. Hierzu Ganster Prämienzahlung S. 30 f.
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§ 42
Abschnitt 3. Prämie
III. Rechtsfolgen und Abdingbarkeit 9 10 11
12 13
Bereits zu § 42 a.F. war umstritten, welche Rechtsfolge sich aus der Abweichung von den halbzwingenden Regeln zum Nachteil des VN ergibt. Denkbar sind grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten. Eine Ansicht sprach sich dafür aus, dass eine Regelung, die eine nachteilige Abweichung von den halbzwingenden Vorschriften enthält, unwirksam ist.20 Nach herrschender Ansicht zum alten VVG21, war es nur dem VR verwehrt, sich auf eine für den VN nachteilige Regelung zu berufen. Der VN selbst sollte sich aber auf diese Vereinbarung berufen können und hatte dadurch ein Wahlrecht. Diese Ansicht wurde vor allem mit dem Wortlaut des § 42 a.F. begründet, der bestimmte, dass sich der VR auf eine abweichende Regelung nicht berufen kann. Trotz der Änderung des Wortlauts des § 42 durch den Reformgesetzgeber, wird man dies auch für die neue Rechtlage bejahen können.22 Einigkeit besteht darüber, dass an die Stelle einer abweichenden Vereinbarung die gesetzliche Regelung tritt.23 Es versteht sich, dass § 42 selbst nicht abdingbar sein kann. Wie schon ausgeführt (Rn. 4) findet § 42 gem. § 210 Abs. 1 indes auf Großrisiken (§ 210 Abs. 2) und auf laufende Versicherungen keine Anwendung.
IV. Prozessuales 14
Auf die Beweislastverteilungen bezüglich der einzelnen Vorschriften wurde jeweils bei der Kommentierung dort eingegangen. Die Beweislastregeln haben entscheidenden Einfluss auf die Anwendung oder Nichtanwendung einer Norm, so dass für deren Abdingbarkeit dasselbe gelten muss, wie für die Abdingbarkeit der Norm selbst.24
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BerlinerKommentar/Riedler § 42 Rn. 4; Römer/Langheid 2 § 34a Rn. 1; Michaelis Die Unwirksamkeit von Vertragsstrafenregelungen in den Tarifbestimmungen der Kraftfahrzeugversicherung DAR 1997 433, 436. Prölss/Martin/Prölss27 Vorbem. I Rn. 4; BerlinerKommentar/Dörner Einl. Rn. 65; Bruck/ Möller/Möller8 Einl. Anm. 49; Klimke S. 110; Hofmann PVR § 3 Rn. 23; Weyers/Wandt Rn. 141; Sasse VersWissArch 1956 163, 172.
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Wandt4 Rn. 159; Bruck/Möller/Beckmann9 Einf. A Rn. 128; a.A. Bruck/Möller/ K. Johannsen9 § 18 Rn. 5. BerlinerKommentar/Dörner Einl. Rn. 65; Prölss/Martin/Prölss27 Vorbem. I Rn. 4; Klimke S. 110; Ganster Prämienzahlung S. 33; BGH 22.6.1967 VersR 1967 771, 772; LG Hamburg 14.12.1950 VersR 1951 75, 76. BerlinerKommentar/Riedler § 42 Rn. 5; Baumgärtel/Prölss § 42 Rn. 1.
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Abschnitt 4 Versicherung für fremde Rechnung Vorbemerkungen zu §§ 43–48 Schrifttum Ahrens Konkurrenz der Ansprüche aus dem Eigenversicherungsvertrage und dem Versicherungsvertrage zugunsten eines Dritten (1909); Arens Die Rechtsstellung des Geschädigten bei der Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung, Diss. Köln (1938); Anli Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Heidelberg (1967); Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung (1994); ders. Regress des Gebäudeversicherers gegen Mieter NJW 2006 3683; ders. Zum Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung NVersZ 2001 193; ders. Zur Haftung des Mieters für Sachschäden bei bestehender Sachversicherung des Vermieters NJW 1997 177; ders. Zum vertraglichen und gesetzlichen Schutz des Haftpflichtigen vor einem Regreß des Sachversicherers VersR 1994 893; ders./Pilz Schicksal des Lebensversicherungsvertrages in der Insolvenz des Versicherungsnehmers KTS 2004 481; Basedow/Fock Europäisches Versicherungsvertragsrecht (2002); Basedow et al. Principles of European Insurance Contract Law (2009); Bornschier Die Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Würzburg (1921); Brünjes Der Eintritt des Immobilienerwerbers in den Versicherungsvertrag nach § 69 Abs. 1 VVG VersR 1995 1416; Bruck Das Privatversicherungsrecht (1931); ders. Zwischenstaatliches Versicherungsrecht (1924); Byk Die Versicherung für fremde Rechnung verglichen mit der Kommission, Diss. Heidelberg (1911); Corrodi Die Versicherung für fremde Rechnung nach dem schweizerischen und dem deutschen Versicherungsvertragsgesetz (1916); Cremer Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Obliegenheiten und Pflichten bei der Versicherung für fremde Rechnung durch Versicherungsnehmer und Versicherten (1935); Drews Die Zustimmung des Versicherten in der Lebensversicherung VersR 1987 634; Ehrenberg Die Versicherung für fremde Rechnung – ein Beitrag zur Lehre von der Stellvertretung Jher. Jb 30 (1891) 422; Elfring Drittwirkungen der Lebensversicherung (2003); ders. Das System der drittbezogenen Ansprüche bei der Lebensversicherung NJW 2004 483; W. Fischer Die Versicherung für fremde Rechnung in der Schadensversicherung, Diss. Leipzig (1913); Francke Der Sicherungsschein und seine rechtliche und praktische Bedeutung FLF 2004 78; Fuchs Die Gefahrsperson im Versicherungsrecht (1974); Ganz Die Fremdversicherung in der Schadens-, Lebens- und Unfallversicherung, Diss. Bern (1972); v. Gierke Der Lebensversicherungsvertrag zugunsten Dritter nach deutschem und ausländischem Recht (1936); Grassl-Palten Gehilfenmitverschulden, Fremdversicherung und anderes JBl. 1992 501; Gruneke Versicherte Gefahr und Anzeigepflicht in der privaten Krankenversicherung (1965); Gundlach Die haftungsrechtliche Bedeutung der Versicherung für fremde Rechnung in der Insolvenz des Versicherungsnehmers DZWiR 2000 309; Hasse Zwangsvollstreckung in Kapitallebensversicherungen – Eine kritische Bestandsaufnahme de lege lata VersR 2005 15; ders. Der neue Pfändungsschutz der Altersvorsorge und Hinterbliebenenabsicherung VersR 2007 870; ders. Zur Lebensversicherung für fremde Rechnung VersR 2010 837; Heimbücher Mitversicherte Kinder in Privathaftpflicht und Familienrechtsschutz VW 1987 1236; Honsell Der Regreß des Sachversicherers nach § 67 VVG bei Gebrauchsüberlassung an Dritte im österreichischen Recht VersR 1985 301; Chr. Huber Rechtsfolgen der Überwälzung von Prämien einer Sachversicherung beim Mietvertrag VersR 1998 265; J. Huber Die Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Jena (1914); Kiesselbach, Die wirtschaftsund rechtsgeschichtliche Entwicklung der Seeversicherung in Hamburg (1901); Knappmann Die Zurechnung des Verhaltens Dritter zu Lasten des VN VersR 1997 261; R. Koch Die Rechtsstellung der Gesellschaft und des Organmitglieds in der D&O-Versicherung Teil I GmbHR 2004 18; Teil II GmbHR 2004 160; Teil III GmbHR 2004 288; Krause Der Begriff des versicherten Interesses und seine Auswirkungen auf die Versicherung für fremde Rechnung (1997); Kühlmorgen Die Lebens-
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Vor §§ 43–48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
versicherungsverträge zugunsten Dritter (1924); Küstner Ist die Gruppenlebensversicherung eine Versicherung für fremde Rechnung? VersR 1954 575; Langheid/Grote Deckungsfragen der D&OVersicherung VersR 2005 1165; Lenné Das Versicherungsgeschäft für fremde Rechnung, Diss. Marburg (1911); Looschelders Ausschluß der Klagebefugnis des Mitversicherten und Teilklageobliegenheit des VN in der Rechtsschutzversicherung nach den ARB 75 VersR 2000 23; Löhnig Treuhand (2006); E. Lorenz Zur stillschweigend abgeschlossenen Fremdversicherung zugunsten des Mieters an dessen in das Gebäude eingebrachten und seinem Wegnahmerecht unterliegenden Sachen VersR 1994 1104; ders. Zum Regreßverzicht gegenüber dem Mieter bei der Gebäudefeuerversicherung VersR 2001 96; Martin Grundprobleme bei der Neufassung allgemeiner Sachversicherungs-Bedingungen ZVersWiss 1973 493; ders. Rechtsprobleme bei der Fremdversicherung VersR 1974 252; ders. Deckung des Haftpflichtrisikos in der Sachversicherung – zugleich Anmerkung zu BGH VersR 74, 535 VersR 1978 821; Mathy Die Mitversicherung des nichtehelichen Lebenspartners in der Rechtsschutzversicherung VersR 2003 820; Meiser Derivate in der Filmversicherung – ein Nachtrag ZfV 1997 192; Mitsdörffer Rechtsfragen der Insassenunfallversicherung bei Kraftfahrzeugen, Diss. Freiburg (1974); Möller Wer ist bei der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, unmittelbar aufgrund des Versicherungsvertrags Versicherter? JRPV 1928 337; ders. Innenverhältnis zwischen Versichertem und Versicherungsnehmer bei der Versicherung für fremde Rechnung VersR 1950 81; ders. et al. Die Rechte Dritter gegen den Versicherer ZVersWiss 1970 17; Müller-Erzbach Zur Lehre von der mittelbaren Stellvertretung (1909); Nießen Die Rechtswirkungen der Versicherung für fremde Rechnung unter besonderer Berücksichtigung des Innenverhältnisses zwischen Versichertem und Versicherungsnehmer (2004); Otto Betriebliche Altersversorgung: Invaliditätsschutz nurmehr über eine Versicherung für fremde Rechnung DStR 2009 1022; Pannenbecker Die Private Krankenversicherung (Krankentagegeld- und Krankheitskostenversicherung) des Interesses Dritter als Versicherung für fremde Rechnung nach §§ 74 ff. VVG oder als „schlichter“ Vertrag zugunsten Dritter gem. §§ 328 ff. BGB? VersR 1998 1322; Prölss Stille Teilhabe an fremden Versicherungsverträgen – zur konkludenten Einbeziehung von Drittinteressen in der Sachversicherung RuS 1997 221; Ritter/ Abraham Recht der Seeversicherung, Bd. I 2. Aufl. (1967); Ruscher Die Besonderheiten des Versicherungsanspruchs bei der Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Köln (1969); Schirmer Zur Vereinbarung von Obliegenheiten zu Lasten Dritter insbesondere in Verträgen zu ihren Gunsten FS R. Schmidt (1976) 821; ders. Zur Versicherbarkeit des Sachersatzinteresses in der Sachversicherung ZVersWiss 1981 636; ders. Rezension von Martin, Sachversicherungsrecht ZVersWiss 1984 553; ders. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum allgemeinen Versicherungsvertragsrecht – ein Überblick ZVersWiss 1992 381; E. Schulz Rechtsverhältnisse bei der Versicherung für fremde Rechnung ZfV 1959 529; Schwan Der Anspruch auf die Versicherungsleistung in der Gruppenunfallversicherung, Diss. Köln (1961); Sieg Der Versicherungsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter ZVersWiss 1995 697; ders. Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung bei Leistung des Kaskoversicherers unmittelbar an den Leasinggeber in Unkenntnis eines leistungsbefreienden Tatbestands VersR 1994 210; ders. Der Quasi-Versicherungsnehmer in der Sachversicherung VersR 1976 105; ders. Die versicherungsrechtliche Stellung des Sacherwerbers nach Gefahrübergang auf ihn VersR 1995 125; ders. Zur Zulässigkeit von Haftungsüberwälzungen unter Versicherungsaspekten BB 1993 149; Stegmann/Lind Der Lebensversicherungsvertrag in der Insolvenz NVersZ 2002 193; Strauß Das Institut der Fremdversicherung de lege ferenda (1917); Thume Der Regress des Transportversicherers VersR 2008 455; v. d. Thüsen Ansprüche aus kollektiven Unfallversicherungen VersR 1954 155; Trautmann Das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem bei der Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Hamburg (1971); Voigt Zum See- und Versicherungsrecht (1880); Voit Die Mitversicherung von Ehegatten in der privaten Krankenversicherung NJW 2006 2225; Walker Die eingeschränkte Haftung des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Schuldrechtsmodernisierung JuS 2002 736.
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
Übersicht Rn. A. Wesen der Versicherung für fremde Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . C. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . I. Frühere Einordnungsversuche . . . . . . II. Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . III. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . D. Anwendbare Vorschriften aus dem Recht des Vertrags zugunsten Dritter . . . . . I. Unanwendbare Vorschriften . . . . . . . II. Anwendbare Vorschriften . . . . . . . . E. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . I. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sonderregeln . . . . . . . . . . . . . . III. Analoge Anwendung . . . . . . . . . . IV. Seeversicherung . . . . . . . . . . . . . F. Phänomenologie der Versicherung für fremde Rechnung . . . . . . . . . . . . I. Praktischer Bedarf . . . . . . . . . . . . 1. Schadensversicherung . . . . . . . . . 2. Haftpflichtversicherung . . . . . . . . 3. Lebensversicherung . . . . . . . . . .
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1 7 11 11 14 16
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19 20 21 23 23 26 28 29
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30 30 31 32 33
Rn. II. Arten der Versicherung für fremde Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtspflicht zur Versicherung für fremde Rechnung . . . . . . . . . . . . 2. Versicherung für fremde Rechnung als gesetzliche Vermutung . . . . . . . . . 3. Versicherung für fremde Rechnung kraft vertraglicher Vereinbarung . . . . . . . a) Berufsunfähigkeitsversicherung . . . b) Haftpflichtversicherung . . . . . . . c) Gruppenversicherung . . . . . . . . d) Kredit-, Kautions- und Vertrauensschadensversicherung . . . . . . . . e) Lebensversicherung . . . . . . . . . f) Rechtsschutzversicherung . . . . . . g) Rentenversicherung . . . . . . . . . h) Sachversicherung . . . . . . . . . . i) Transportversicherung . . . . . . . . G. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . H. PEICL . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Wesen der Versicherung für fremde Rechnung Unter einer Versicherung für fremde Rechnung versteht man einen Versicherungsvertrag, 1 den der VN im eigenen Namen für einen anderen, nicht am Vertrag beteiligten Dritten – den Versicherten – abschließt, um dessen Interessen abzusichern. Es handelt sich zwingend um ein Drei-Personen-Verhältnis. Die Beziehungen zwischen den drei Parteien sind sorgfältig auseinander zu halten. Das durch den Versicherungsvertrag geregelte Vertrags- oder Deckungsverhältnis besteht ausschließlich zwischen dem VR und dem VN. Es bestimmt den Inhalt der zu erbringenden Leistung, die Modalitäten der Prämienzahlung und die Person des Dritten. Zugleich ist das Deckungsverhältnis Rechtsgrund für die Leistung des VR.1 Die §§ 44 Abs. 1 S. 2, 45 Abs. 3 und 47 treffen Sonderregeln für das Deckungsverhältnis. Das Innen- oder Valutaverhältnis zwischen dem Versicherten und dem VN beinhaltet 2 den Rechtsgrund dafür, dass Versicherung für fremde Rechnung genommen wird. Das VVG regelt in § 46 nur einen eng begrenzten Teilbereich dieses Rechtsverhältnisses. Seit den 1970er Jahren wird angenommen, dass das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem zumindest aus einem gesetzlichen Treuhandverhältnis besteht, das den VN in Verbindung mit dem für ihn geltenden Bereicherungsverbot verpflichtet, den ihm nicht zustehenden Entschädigungsbetrag (§ 44 Abs. 1) einzuziehen und an den Versicherten auszukehren (näher § 46 Rn. 12 ff.). Neben dem Treuhandverhältnis kann zwischen dem VN und dem Versicherten ein weiteres vertragliches (z.B. Auftrag, Arbeits-, Dienst-, Werk-, Speditions- oder Frachtvertrag) oder gesetzliches (z.B. Geschäftsführung ohne Auftrag) Schuldverhältnis bestehen, welches das Treuhandverhältnis ergänzt und modifiziert (Dazu § 46 Rn. 6). Ein solches weiteres Schuldverhältnis ist aber keine Voraussetzung für das Bestehen einer Versicherung für fremde Rechnung.
1
Vgl. auch Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 10.
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Vor §§ 43–48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
3
Das Vollzugsverhältnis zwischen dem VR und dem Versicherten wird durch §§ 44 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 und 2 näher ausgestaltet. Es ist von dem wesensbestimmenden Merkmal der Versicherung für fremde Rechnung nach deutschem Recht bestimmt: der Trennung zwischen Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis. Rechtsinhaber ist nach der zwingenden Vorschrift des § 44 Abs. 1 der Versicherte, verfügungsbefugt nach § 45 Abs. 1, 2 regelmäßig der VN. Regelungen, die sich auf das Vollzugsverhältnis beziehen, finden sich auch in § 34 (Befriedigungsrecht des Versicherten gegenüber dem VR), § 35 (Aufrechnungsrecht des VR gegenüber dem Versicherten) und § 123 (Durchbrechung des § 334 BGB in der Pflicht-Haftpflichtversicherung). Das versicherte Interesse bei der Versicherung für fremde Rechnung liegt (zumindest 4 auch) beim Versicherten. Es besteht wie bei der Versicherung eigenen Interesses darin, einen Vermögensnachteil auszugleichen, wenn der Versicherungsfall eintritt. Im Einzelnen kann der befürchtete Vermögensnachteil ganz unterschiedliche Gestalt annehmen, etwa, dass Sachen zerstört oder beschädigt werden bzw. verloren gehen, dass der Dritte von anderen auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, dass er Kosten für Heilbehandlungen zu tragen hat oder in Folge eines Unfalls arbeitsunfähig wird. Versicherung für fremde Rechnung kann als reine Fremdversicherung genommen 5 werden. Das ist der Fall, wenn ausschließlich Interessen eines Dritten versichert sind. Es ist aber auch möglich, eine kombinierte Eigen- und Fremdversicherung abzuschließen.2 Dann fallen Eigenversicherung und Versicherung für fremde Rechnung in einem Vertrag zusammen. Zu denken ist an eine Kfz-Haftpflichtversicherung, bei der regelmäßig neben dem Interesse des Halters (Eigenversicherung) auch dasjenige des Fahrers (Fremdversicherung) mitversichert ist (für weitere Beispiele siehe § 47 Rn. 31). Die verschiedenen Interessen können bei kombinierter Eigen- und Fremdversicherung gleichrangig nebeneinander versichert sein. Es kann aber auch ein Vor- oder Nachrang oder eine bestimmte zeitliche Folge der Versicherung (z.B. bei geplanter Veräußerung einer versicherten Sache) vereinbart werden. Die Regelung des Rechtsinstituts der Versicherung für fremde Rechnung in den 6 § 43–48 ist nicht in jeder Hinsicht glücklich. So ist es bedenklich, dass das Regelungssystem der §§ 44, 45 sowohl den Besitz des Versicherungsscheins als auch die Zustimmung des jeweils anderen Teils (§ 44 Abs. 2: VN; § 45 Abs. 3: Versicherter) zum Legitimationsgrund für eine Verfügung erhebt. Das ermöglicht widersprüchliche Verfügungen. Auch fragt man sich, ob es zwingend erforderlich ist, dass § 45 Abs. 1, 2 dem VN abweichend von § 328 Abs. 1 BGB eine so weitreichende Verfügungsmacht einräumt. Um seine Rechte zu wahren, hätte es genügt, ihm das Recht zu gewähren, die Versicherungsforderung einzuziehen.
B. Entwicklungsgeschichte 7
Die §§ 43–48 sind Ergebnis eines gesamteuropäischen Schöpfungsprozesses, der bis zur Urstunde des Versicherungsvertragsrechts zurückreicht.3 Träger der Entwicklung war der Seehandel und das damit verbundene Versicherungswesen. Ausgangspunkt sind Seeversicherungen in Form des Kommissionskaufs im Genua des 14. Jahrhunderts. Die 2
Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch Vor §§ 43 bis 48 Rn. 32 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 123 ff.
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3
Näher Corrodi 36 ff.; J. Huber 5 ff.
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
früheste namentliche Erwähnung einer Versicherung für fremde Rechnung findet sich in einer Magistratsverordnung der Stadt Barcelona aus dem Jahre 1435. Von Spanien aus gelangt das Rechtsinstitut in die (damals noch spanischen) Niederlande und das heutige Belgien. Die Assecuranzordnung Antwerpens dient schließlich dem Hamburgischen Recht als Vorbild, das die Versicherung für fremde Rechnung in der Assecuranz- und Haverey-Ordnung von 1731 für das deutsche Recht rezipiert.4 Im Laufe ihrer Rezeptionsgeschichte musste die Versicherung für fremde Rechnung 8 lange Zeit um klare Konturen ringen. Die überkommenen Statuten blieben zu sehr auf das Innenverhältnis von VN und Versichertem konzentriert. Noch das preußische Allgemeine Landrecht von 1794 fasst das Rechtsinstitut ausführlich, aber nicht klar. Die Regeln des ALR war auch nicht immer praxisgerecht – vor allem für die Binnenversicherung. Hier schränkte das traditionelle Erfordernis, dass der VN vom Versicherten aufgrund eines Rechtsverhältnisses („Auftrag oder Bevollmächtigung“) ermächtigt sein musste, Versicherung für fremde Rechnung zu nehmen, deren Anwendungsbereich ein.5 Noch stärker zurückgedrängt blieb die Versicherung für Rechnung wen es angeht (§ 48). Diese war Kaufleuten vorbehalten.6 Dogmatisch wird das heutige Rechtsinstitut erst im 19. Jahrhundert geprägt, insb. 9 von den Bestimmungen für die Seeversicherung in §§ 781, 783, 807, 886–890 HGB und den den ADS vorangehenden Bedingungen.7 Hier erhält die deutschrechtliche Ausprägung der Versicherung für fremde Rechnung auch das ihr eigentümliche Charakteristikum der Trennung von Rechtsinhaberschaft (Versicherter) und Verfügungsbefugnis (VN). Das preußische Allgemeine Landrecht kannte eine solche Regelung noch nicht. Die Regeln des BGB zum Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 ff. BGB), die ebenfalls keine Trennung von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis vorsehen, haben kaum Prägekraft entfalten können. In den Motiven zum VVG 1908 werden sie nicht in Bezug genommen. Der Blick bleibt auf das Seeversicherungsrecht konzentriert. So zeigt sich die Versicherung für fremde Rechnung als Beispiel für das bis zur Reform von 2008 verbreitete separatistische Denken im Versicherungsvertragsrecht, das sich nicht verpflichtet sah und auch keine Neigung verspürte, an die Regeln des allgemeinen Zivilrechts anzuknüpfen. Die §§ 43–48 haben ihre Fassung seit dem Inkrafttreten des VVG im Wesentlichen 10 behalten. Die Neukodifikation des VVG im Jahre 2008 hat allerdings zwei systematische Veränderungen mit sich gebracht. Von geringerer Bedeutung ist die Umgliederung der gesetzlichen Vermutung für eine Eigenversicherung (§ 80 Abs. 1 a.F.). Sie ist jetzt den Begriffsbestimmungen in § 43 zugeordnet. Dort sollte sie nach einem Entwurf für das VVG von 1903 auch ursprünglich ihren Platz haben (dazu näher § 43 Rn. 1). Weiterreichend ist die systematische Neuverortung des gesamten Rechts der Versicherung für fremde Rechnung, das zuvor in den §§ 74–77, 79–80 a.F. geregelt war und jetzt von den Allgemeinen Bestimmungen für die Schadensversicherung zu Bestimmungen des Allgemeinen Teils befördert worden ist. § 78 a.F. ist schon durch eine VO vom 19.12.1939 gestrichen worden; er ist in der allgemeinen Bestimmung des § 35 (§ 35b 4
5
Zu einem früheren Fall der Versicherung für fremde Rechnung unter Hamburgischem Recht (1590): Kiesselbach 167. § 1945 II 8 ALR: „Wer für fremde Rechnung Versicherung nimmt, muß dazu mit Vollmacht oder Auftrag versehen seyn; widrigenfalls die Versicherung ungültig und die bedungene Prämie verfallen ist“; dazu auch Krause 20; Corrodi 88 f.
6
7
§ 2071 II 8 ALR: „Nur Kaufleuten ist erlaubt, mit Verschweigung ihres Namens unter dem Ausdrucke: An Zeiger dieses oder für Rechnung dessen, den es angeht, Versicherung zu nehmen.“ Brück Materialien zu den ADS, Hamburg 1919, Bd. 2; 10.
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Vor §§ 43–48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
a.F.) aufgegangen.8 Vorbehaltlich spezieller Regeln vor allem in der Kranken-, Lebensund Unfallversicherung sind die Regeln über die Versicherung für fremde Rechnung damit auf alle Versicherungszweige anwendbar.9 Sonderregeln für die genannten Versicherungszweige sind erforderlich, weil der VN oft nicht die versicherte Person ist, es sich aber dort nicht notwendig um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt (näher § 43 Rn. 5 ff.).
C. Rechtsnatur I. Frühere Einordnungsversuche 11
Die Rechtsnatur der Versicherung für fremde Rechnung war lange Zeit umstritten. Da der VN im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt, zog das Schrifttum etwa das Kommissionsgeschäft für eine dogmatische Anbindung heran.10 Indes vermag die Kommission die Versicherung für fremde Rechnung nicht zu erklären, weil sie das Ausführungsgeschäft, das hier ausschlaggebend ist, außer Betracht lässt. Kommission mag im Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem vorliegen, etwa wenn der Kommissionär oder Spediteur das Gut des Kunden versichert. Aber nicht jede Versicherung für fremde Rechnung beruht auf einem Kommissionsgeschäft. Insbesondere fehlt hier ein Abwicklungsgeschäft zwischen Kommittenten und Kommissionär, das dem Kommittenten erst die Früchte des Ausführungsgeschäfts verschafft. Lediglich die bei der Einkaufskommission entwickelte Übereignung an wen es angeht hat gewisse Verwandtschaft mit der Versicherung für Rechnung wen es angeht (§ 48): dem Partner des Kommissionärs wie dem VR ist es in der Regel gleichgültig, wem das Erfüllungsgeschäft zugute kommt.11 Mit der Kommissionstheorie verwandt ist die Auffassung, die Versicherung für fremde 12 Rechnung sei als mittelbare Stellvertretung zu begreifen.12 Auch diese Konstruktion ist abzulehnen. Abgesehen davon, dass das Innenverhältnis zwischen Versichertem und VN letzteren häufig nicht legitimiert, als (mittelbarer) Stellvertreter des Versicherten aufzutreten, ist diese Rechtsfigur zu farblos, um die Besonderheiten der Versicherung für fremde Rechnung zu erklären. Insb. treffen den Versicherten – anders als den Vertretenen bei der mittelbaren Stellvertretung – zwar Obliegenheiten, aber keine Pflichten. Den VN als direkten Stellvertreter des Versicherten zu behandeln,13 ist nicht mit § 43 Abs. 2 vereinbar. Liegt eine Versicherung für fremde Rechnung vor, hat der VN zwingend im eigenen Namen gehandelt. Auch Vorstöße, die Versicherung für fremde Rechnung mit den Rechtsinstituten des 13 Auftrags oder einer Geschäftsführung ohne Auftrag zu erklären,14 sind ins Leere gelaufen. Dieser Erklärungsversuch vermag schon das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem nicht überzeugend zu erklären. Diesem mag auch ein anderes Rechtsverhältnis als eine GoA oder ein Auftrag zugrunde liegen. Das Rechtsverhältnis des Versicherten zum VR bleibt gänzlich unerklärt, da in diesem Verhältnis aus der Geschäftsführung im Innenverhältnis keine Rechte entstehen können.
8 9 10
Amtl. Begründung zur VO, in: Motive zum VVG (1963) 645. Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 72; Langheid/Wandt/Dageförde Vor § 43 Rn. 7. RG 6.10.1894 RGZ 35 48, 54; Byk 31; W. Fischer 17; Lenné 10–12, 35, der aber
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11 12 13 14
(32 f.) zugleich einen Vertrag zugunsten Dritter annimmt. ÖOGH 18.2.1970 VersR 1971 140. Müller-Erzbach 64 f.; Corrodi 82 ff. Voigt 28 ff. Voigt 28 f.
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
II. Vertrag zugunsten Dritter Die heute herrschende Ansicht ordnet die Versicherung für fremde Rechnung als 14 gesetzlich geregelten Sonderfall eines Vertrages zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB ein.15 Diese Einordnung ist zutreffend, obwohl einige Abweichungen des Rechts der Versicherung für fremde Rechnung vom Recht des Vertrags zugunsten Dritter nach §§ 328 ff. BGB auffallen.16 Zunächst ist der Versicherte als Begünstigter bei der Versicherung für fremde Rechnung stärker in das Deckungsverhältnis eingebunden, als dies beim bürgerlich-rechtlichen Vertrag zugunsten Dritter normalerweise der Fall ist (vgl. § 47, der dem Versicherten eigene Obliegenheiten auferlegt, deren Verletzung die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit des VR zeitigen kann). Weiterhin ist der Versicherte, abweichend von § 328 Abs. 1 BGB, regelmäßig hinsichtlich seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag nicht verfügungsbefugt, § 45 Abs. 1, 2. Etwas anders kann sich allerdings aus dem Gesetz (z.B. § 2 Abs. 3 KfzPflVV) oder dem Versicherungsvertrag ergeben. Weiterhin ist der Versicherte – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen (z.B. § 12 Abs. 1 S. 3 VGB 2008 – Wert 1914) – verfügungsbefugt, wenn der VN zustimmt oder der Versicherte sich im Besitz des Versicherungsscheins befindet, § 44 Abs. 2. All dies spricht aber nicht gegen eine Einordnung der Versicherung für fremde Rechnung als Vertrag zugunsten Dritter. Zwar darf der Dritte bei einem bürgerlich-rechtlichen Vertrag zugunsten Dritter nur berechtigt, nicht aber verpflichtet werden, damit kein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter vorliegt. Den Versicherten treffen bei der Versicherung für fremde Rechnung aber keine Vertragspflichten, sondern nach Maßgabe des § 47 lediglich Obliegenheiten. Diese haben eine andere Qualität als Rechtspflichten, da ihre Verletzung im schlimmsten Fall dazu führt, dass der Begünstigte den ihm zugewandten Anspruch verliert. Zudem ist anerkannt, dass auch der Begünstigte eines bürgerlichrechtlichen Vertrags zugunsten Dritter mit Auflagen belastet werden kann.17 Dem VN fehlt auch nicht zwingend ein eigenes Interesse an der Leistung des VR, wie gegen eine Qualifikation der Versicherung für fremde Rechnung als Vertrag zugunsten Dritter eingewandt worden ist. So kann der VN etwa im Innenverhältnis zum Versicherten darauf haften, diesen schadlos zu halten, und daher ein mittelbares Eigeninteresse an wirksamem Versicherungsschutz haben. Überdies ist das eigene Interesse des Versprechensempfängers kein wesensnotwendiger Bestandteil eines Vertrags zugunsten Dritter. Entscheidend für eine Einordnung der Versicherung für fremde Rechnung als Vertrag 15 zugunsten Dritter spricht die Verteilung der Rechte aus dem Vertrag. Diese müssen bei jedem Vertrag zugunsten Dritter zwingend dem Dritten zustehen;18 wer hingegen die Verfügungsbefugnis hinsichtlich dieser Rechte besitzt, ist nebensächlich.19 Für die Versiche15
RG 27.6.1939 RGZ 161 23, 27; BGH 19.1.1967 VersR 1967 343, 344; BGH 15.11.1978 VersR 1979 176, 178; BAG 30.1.1958 NJW 1958 764 = VersR 1958 360; ÖOGH 11.12.1986 VersR 1988 502; OLG Düsseldorf 9.8.1995 VersR 1996 1267, 1268; Kisch PVR III 378 ff.; Looschelders/ Pohlmann/Koch § 43 Rn. 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch Vor §§ 43 bis 48 VVG Rn. 2; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 92; Trautmann 15–18 mit weiteren Nachweisen; Ruscher 22; Schwan 29; Anli 30; a.M. BGH 13.1.1988 VersR 1988 362, 363.
16 17
18
19
Im Überblick Pannenbecker VersR 1998 1322 f. Kisch PVR III 380 ff.; Anli 19 differenzierend MünchKomm-BGB/Gottwald § 328 Rn. 193 (bejahend für Obliegenheiten, verneinend für Auflagen). Statt aller BGH 22.9.2005 NJW 2005 3778; BGH 8.2.2006 VersR 2006 686 = NJW 2006 1434, 1437; Palandt/Grüneberg § 328 Rn. 3; Hofmann VersR 1960 97, 99. Ruscher 27–30; a.M. Loppuch JRPV 1936 292 f.
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Vor §§ 43–48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
rung für fremde Rechnung bestimmt § 44 Abs. 1 S. 1, dass der Versicherte zwingend Rechtsinhaber ist. Sämtliche Modifikationen, welche die §§ 43 ff. gegenüber §§ 328 ff. BGB vornehmen, schließen eine Qualifikation als Vertrag zugunsten Dritter also nicht aus, da dessen Hauptmerkmal erhalten bleibt. Es handelt sich bei der Versicherung für fremde Rechnung lediglich um einen atypischen Vertrag zugunsten Dritter.20
III. Treuhand 16
Neuerdings wird im Zuge einer verbreiteten Strömung in der Zivilrechtswissenschaft, welche der Treuhand größere Erklärungsmacht einräumen will, auch die Versicherung für fremde Rechnung insgesamt und nicht nur deren Innenverhältnis als Treuhand begriffen.21 Eine Treuhand kann so ausgestaltet sein, dass eine Person die Treuhand begründet (Treuhandbegründer) und eine andere Person (Treuhandbegünstigter) die Vorteile aus der Wahrnehmung der Interessen des Treuhandbegründers durch den Treuhänder ziehen soll. In diesen Fällen liegt eine „Treuhand zugunsten Dritter“ vor, wie z.T. auch für die unselbständige Stiftung und die Testamentsvollstreckung angenommen wird. Eine solche Konstruktion ist möglich, da jeder schuldrechtliche Vertrag als Vertrag zugunsten eines Dritten geschlossen werden und jede Leistung, die Gegenstand eines Schuldverhältnisses sein kann, auch Gegenstand eines Vertrags zugunsten eines Dritten sein kann.22 Bei der Versicherung für fremde Rechnung sollen der VR Treuhänder, der VN Treu17 handbegründer und der Versicherte Treuhandbegünstigter sein. Die Ursache dafür, dass der Treuhandbegründer (VN) anstelle des Treuhandbegünstigten (Versicherter) die Wahrnehmung von dessen Interessen durch den Treuhänder (VR) herbeiführe, könne entweder im Innenverhältnis zwischen Versichertem und VN oder in einer gesetzlichen Anordnung liegen.23 Eine solche Konstruktion ist möglich, wenn man den Versicherungsvertrag selbst als 18 Treuhandverhältnis versteht. Dies mag entgegen der h.M., die den Versicherungsvertrag als Austauschvertrag qualifiziert, durchaus möglich sein. Das Konstrukt einer Treuhand hat aber den Nachteil, dass diese im deutschen Recht nicht gesetzlich geregelt ist und in vielen unterschiedlichen Erscheinungsformen auftritt. Als Anknüpfungspunkt bietet sie daher weniger Rechtssicherheit als die §§ 328 ff. BGB. Auf diesen tönernen Füßen aufzubauen, verspricht nur dann Gewinn, wenn das Treuhandmodell die §§ 43 ff. besser erklären kann als die Annahme eines atypischen Vertrags zugunsten Dritter. Zumindest auf den von Löhnig vorgestellten Erklärungsversuch trifft dies nicht zu. Jenseits des Innenverhältnisses zwischen VN und Versichertem greift er nämlich auf die Figur des Vertrages zugunsten Dritter zurück, um seine Ergebnisse zu begründen: „Diese Treuhandverhältnisse folgen den Regeln der Verträge zugunsten Dritter“.24 Eine Treuhandlösung kann nur überzeugen, wo sie dies nicht muss. Ansonsten erscheint der direkte Rückgriff auf die §§ 328 ff. BGB als die konsequentere dogmatische Anknüpfung.
20 21 22
So etwa Ehrenzweig 211. Löhnig 341. Vgl. schon RG 27.1.1936 RGZ 150 133; Palandt/Grüneberg § 328 Rn. 1.
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Löhnig 338. Löhnig 341.
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
D. Anwendbare Vorschriften aus dem Recht des Vertrags zugunsten Dritter Als atypischer Vertrag zugunsten Dritter finden auf die Versicherung für fremde Rech- 19 nung die §§ 328 ff. BGB Anwendung, soweit sich aus den §§ 43 ff. nicht etwas anderes ergibt. Viel Raum bleibt für die Anwendung der Regeln bürgerlichen Rechts aber nicht.
I. Unanwendbare Vorschriften Zu den Vorschriften, die nicht auf eine Versicherung für fremde Rechnung anwend- 20 bar sind, zählt § 328 Abs. 1 BGB.25 Zwar erwirbt der Versicherte nach § 44 Abs. 1 einen eigenen Anspruch gegen den VR. Er hat jedoch keine Verfügungsmacht über seinen Anspruch. Diese steht, wie erläutert, nach § 45 Abs. 1, 2 grundsätzlich dem VN zu (vgl. oben Rn. 3 und § 45 Rn. 2 f.). Nicht anwendbar auf die Versicherung für fremde Rechnung ist auch § 328 Abs. 2 BGB.26 Er wird von § 44 Abs. 1 verdrängt. Während bei bürgerlich-rechtlichen Verträgen zugunsten Dritter die Vertragsparteien bestimmen können, ob dem Dritten ein unmittelbares Forderungsrecht gegen den Versprechenden überhaupt zustehen soll, zu welchem Zeitpunkt dies geschieht und ob der Dritte sein Recht widerruflich oder unwiderruflich erwirbt, weist § 44 Abs. 1 die Rechte aus dem Versicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn kraft Gesetzes zwingend dem Versicherten als dem Interesseträger zu. Die Frage der Widerruflichkeit der Berechtigung ist für die Versicherung für fremde Rechnung grundsätzlich mit der Rechtsregel des § 45 Abs. 1, 2 geklärt (dazu § 45 Rn. 17). § 329 BGB ist als eine der besonderen Bestimmungen, auf die § 328 Abs. 2 BGB verweist, ebenfalls nicht anwendbar.27 Die §§ 330 bis 332 BGB sind, soweit es sich um Versicherungsverträge handelt, auf die Bezugsberechtigung i.S.d. §§ 159 Abs. 1, 160 zugeschnitten, die sich enger an die §§ 328 ff. BGB anlehnt, und erfassen die Versicherung für fremde Rechnung nicht.28 Die Auslegungsregel des § 335 BGB wird durch die Bestimmungen der §§ 43, 44 verdrängt. Bei der Versicherung für fremde Rechnung hat entweder der Versicherte als Dritter oder der VN das Verfügungsrecht. Hat es der Dritte (§ 44 Abs. 2), wovon § 335 BGB ausgeht, so kann nicht auch der VN Leistung an den Dritten fordern.29
II. Anwendbare Vorschriften Zu den wenigen Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den Vertrag zugunsten 21 Dritter, die auf die Versicherung für fremde Rechnung Anwendung finden, gehört § 333 BGB.30 Weist der Versicherte den Erwerb des Rechts zurück, ohne dass er dieses zuvor zumindest konkludent angenommen hat, gilt danach sein Interesse als von Anfang an nicht versichert. Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gehen nicht etwa auf den VN über, dem VR wird es vielmehr nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, die Versicherungs-
25 26 27 28
So auch Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 11. Siehe auch Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch Vor §§ 43 bis 48 Rn. 6. Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 2; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 12. Staudinger/Jagmann (2004) § 330 Rn. 4;
29
30
Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch Vor §§ 43 bis 48 Rn. 6. BGH 8.2.2006 VersR 2006 686 = NJW 2006 1434; Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 14; Trautmann 13, 16 f. BGH 28.4.1954 VersR 1954 297, 298; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 13.
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Vor §§ 43–48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
leistung zu erbringen.31 Eines Rückgriffs auf § 333 BGB bedarf es für die Versicherung für fremde Rechnung nicht zwingend, da die Vorschrift Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens ist, dass niemandem gegen seinen Willen Rechte aufgenötigt werden können („invito beneficium non datur“).32 Es ist dennoch sinnvoll, in der praktischen Arbeit auf § 333 BGB abzustellen, um die dazu ergangene Rechtsprechung, die sich ohne weiteres auf die Versicherung für fremde Rechung übertragen lässt, als Rechtserkenntnisquelle fruchtbar machen zu können. Auch § 334 BGB findet auf die Versicherung für fremde Rechnung grundsätzlich 22 Anwendung.33 Dass der VR Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag auch gegenüber dem Versicherten geltend machen kann, ergibt sich allerdings bereits daraus, dass dem Versicherten nach § 44 Abs. 1 nur die Rechte „aus dem Versicherungsvertrag“ zustehen. Die Rechtsstellung des Versicherten ist somit akzessorisch zu der des VN. Verletzt der VN eine Pflicht, die ihn als Vertragspartei betrifft, gerät er z.B. in Prämienverzug, so wirkt dies – soweit sich aus dem Gesetz oder dem Versicherungsvertrag nichts anderes ergibt – auch gegen die versicherte Person. Gleiches gilt, wenn der VN einen Risikoausschluss verwirklicht. Ob und inwieweit sich Obliegenheitsverletzungen des VN nachteilig auf den Versicherungsanspruch des Versicherten auswirken, beurteilt sich nach Sinn und Zweck der Obliegenheit und dem Gewicht der durch sie geschützten Interessen des VR (siehe § 47 Rn. 11).
E. Anwendungsbereich I. Grundsatz 23
Vor der VVG-Reform war die Versicherung für fremde Rechnung im Abschnitt über die Schadensversicherung geregelt. Ausdrücklich ordnete § 85 a.F. für die Feuerversicherung an, dass die Versicherung eines Inbegriffs von Sachen als für fremde Rechnung der in häuslicher Gemeinschaft mit dem VN lebenden oder an dem Ort, für den die Versicherung gilt, ihren Beruf ausübenden Personen genommen gilt. Für den Bereich der Betriebshaftpflichtversicherung und der Pflicht-Haftpflichtversicherung folgte aus §§ 151 Abs. 1 S. 2, 158i S. 1 a.F., dass es sich um eine Versicherung auf eigene Rechnung des Unternehmers und auf fremde Rechnung zugunsten der Betriebsangehörigen handeln konnte. Keine unmittelbare Anwendung fanden die Bestimmungen über die Versicherung für 24 fremde Rechnung auf Personenversicherungen. Hintergrund war die – inhaltlich fragwürdige – Unterscheidung in Personen- und Schadensversicherung, die sich aus § 1 Abs. 1 ergab. Diese Unterscheidung führte dazu, dass die §§ 74 ff. a.F. aufgrund ihrer Verortung im Abschnitt über die Schadensversicherung aus rechtssystematischen Gründen keine unmittelbare Anwendung auf die Personenversicherung finden konnten – und zwar selbst dann nicht, wenn letztere nach den Grundsätzen der Schadenversicherung Versicherungsschutz gewährten.34 Nicht anwendbar waren deshalb die Bestimmungen über die Versicherung für fremde Rechnung auf die Kranken- und die Lebensversicherung. Soweit der VN in diesen Ver-
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Kisch PVR III 381; Lenné 41; Schwan 31. Schon L. 69 Dig. 50, 17. BGH 19.1.1967 VersR 1967 343, 344; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 14. Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 7;
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Fuchs 43 f.; Pannenbecker VersR 1998 1322, 1324 f.; Voit NJW 2006 2225, 2226; a.M. Anli 15 (für einige Lebensversicherungsarten, u.a. die Aussteuerversicherung); Hasse VersR 2007 870, 873 f. Fn. 49.
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
sicherungszweigen fremde Interessen versichern und den Begünstigten eigene und selbständig wahrnehmbare Rechte gegenüber dem VR einräumen wollte, musste er einen bürgerlich-rechtlichen Vertrag zu Gunsten eines Dritten i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB abschließen (näher unten Rn. 33). Für die Unfallversicherung sah § 179 Abs. 2 S. 2 a.F. eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Fremdversicherung vor. Die Neukodifikation des VVG von 2008 hat die Regeln über die Versicherung für 25 fremde Rechnung in Kapitel 1 des Teils 1 verschoben. Dadurch erstreckt sich dieses Rechtsinstitut nunmehr unmittelbar auf sämtliche Versicherungszweige, namentlich die Unfall-, die Kranken-, die Berufsunfähigkeits- und die Lebensversicherung. Gerade bei der Lebensversicherung eröffnet die Anwendbarkeit der §§ 43 ff. VVG neue Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist allerdings fraglich, ob sich der Reformgesetzgeber dieser Gestaltungsmöglichkeiten und der damit verbundenen Konsequenzen für die Frage der Erforderlichkeit eines versicherten Interesses in der Lebensversicherung vollständig bewusst war (vgl. unten Rn. 33). Im internationalen Vergleich ist die Positionierung der Regeln über die Versicherung für fremde Rechnung außerhalb der Vorschriften über die Schadensversicherung jedenfalls unüblich, wie nicht zuletzt die PEICL (dort Art. 11-101 ff.) zeigen. Durch die Verschiebung der Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechung in den Allgemeinen Teil des VVG hat sich der Streit darüber erledigt, ob sich die Regeln auf die Summenversicherung anwenden lassen.35 Des Weiteren haben sich die genannten Verweisungsvorschriften des alten Rechts erübrigt, so z.B. der ersatzlos gestrichene § 179 Abs. 2 S. 2 a.F., der die Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung entsprechend für auf die Unfallversicherung anwendbar erklärte.36
II. Sonderregeln Die §§ 194 und 179 enthalten Sonderregeln zu den §§ 43–48 für die Kranken- und 26 für die Unfallversicherung. Diese Regeln sind erforderlich, da in der Kranken- und Unfallversicherung ein Auseinanderfallen von VN und Versichertem nicht notwendig bedeutet, dass es sich um eine Fremdversicherung handelt.37 Entgegen einer Auffassung im Schrifttum38 finden die Vorschriften der §§ 43–48 nach dem klaren Wortlaut des § 194 Abs. 3 S. 1 in der Krankenversicherung modifiziert Anwendung. Versicherung für fremde Rechnung liegt etwa vor, wenn ein Ehegatte den anderen mitversichern will, ohne selbst hinsichtlich der Kosten für die Behandlungsbedürftigkeit des anderen vollständig unterhaltsverpflichtet zu sein. Die Modifikation der §§ 43 ff. in der Krankenversicherung besteht darin, dass nach § 194 Abs. 3 S. 1 ausschließlich die versicherte Person die Versicherungsleistung erhalten kann, wenn der VN sie als empfangsberechtigte Person benannt hat. Entgegen § 45 Abs. 2 kann der VN ferner die Leistung in der Krankenversicherung auch erlangen, wenn er nicht Im Besitz des Versicherungsscheins ist, § 194 Abs. 3 S. 2. Keine Versicherung für fremde Rechnung liegt allerdings bei der Mitversicherung von Kindern vor. Diese werden zwar in den Krankheitskostenvertrag einbezogen. Es ist aber von einer reinen Eigenver-
35 36 37
HK-VVG/Muschner § 43 Rn. 1. Vgl. Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 155. Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 73; näher Bruck/Möller/Wriede 8 Bd. VI/2 Anm.
38
H 2 ff.; Millauer 90 f.; Pannenbecker VersR 1998 1322, 1323 f. HK-VVG/Muschner § 43 Rn. 23.
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sicherung des unterhaltspflichtigen Elternteils als VN auszugehen.39 Der Elternteil will sich mit der Versicherung lediglich gegen wirtschaftliche Einbußen schützen, die für ihn mit der Erkrankung der versicherten Person verbunden sind. Eine weitere Sonderregel enthält § 89 Abs. 2 S. 2 bezüglich einer Versicherung für 27 einen Inbegriff von Sachen. Eine solche Versicherung ist nach § 89 Abs. 2 S. 2 Versicherung für fremde Rechnung für die Sachen der Personen, mit denen der VN zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls in häuslicher Gemeinschaft lebt, oder die zu diesem Zeitpunkt für den VN an einem Ort, für den die Versicherung gilt, Dienste erbringt.
III. Analoge Anwendung 28
Teilweise werden die § 43 ff. auch analog angewandt. Ein jüngeres Beispiel für eine solche analoge Anwendung 40 sind die sog. Completion Bonds. Dabei handelt es sich um ein Deckungskonzept, dass aus den angelsächsischen Rechtsordnungen stammt. Es dient als Sicherung der Geldgeber für die Fertigstellung von Filmen. Der VR verpflichtet sich bei Begebung eines Completion Bonds, Mehrkosten für die Fertigstellung des jeweiligen Filmes auszugleichen. Hinzukommen kann die Verpflichtung zur Rückzahlung des investierten Kapitals für den Fall der Nichtfertigstellung des Projektes. VN ist der Produzent des Filmvorhabens, der die Versicherung für Rechnung des finanzierenden Kreditinstituts nimmt.41 Um eine Garantiezusage mit der Folge, dass das auf den Ausgleich der Interessen im Dreiecksverhältnis gerichtete System der §§ 43 ff. nicht zur Anwendung käme, handelt es sich nicht.
IV. Seeversicherung 29
Für die Seeversicherung gelten die §§ 43–48 nicht, § 209. Das Gesetzesrecht des HGB ist verdrängt durch §§ 52–57 ADS. Die Rechtslage stimmt weitgehend mit der überein, die sich auf Grund des VVG ergibt. Allerdings weist § 57 ADS noch nicht die weite Fassung auf, die § 47 auf Grund der VO vom 19.12.1939 erhalten hat (vgl. § 47 Rn. 2).
F. Phänomenologie der Versicherung für fremde Rechnung I. Praktischer Bedarf 30
In der Praxis besteht ein starkes Bedürfnis danach, ein fremdes Interesse im eigenen Namen versichern zu können. Dieses Bedürfnis verspüren alle, die fremde Sachen in Besitz und Obhut nehmen (z.B. Kommissionäre, Spediteure, Frachtführer) oder am Bestand einer fremden Sache beteiligt sind. Zu denken ist an Mieter, Pächter und Nießbraucher, die oftmals gesetzlich verpflichtet sind oder eine entsprechende vertragliche Verpflichtung eingegangen sind, die fremde Sache versichern zu lassen.
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LG Dortmund 9.11.2006 VuR 2007 120; HK-VVG/Muschner § 43 Rn. 25; Voit NJW 2006 2225. Für eine direkte Anwendung offenbar Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 37.
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Vgl. OLG Köln 6.11.2007 VersR 2008 680; Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 22; a.M. Meiser ZfV 1997 192.
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Vorbemerkungen
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1. Schadensversicherung In der Praxis kommt der Versicherung für fremde Rechnung in der Schadenversiche- 31 rung besondere Bedeutung zu – auch und gerade für diejenigen Schadensversicherungszweige, die im VVG nicht (mehr) ausdrücklich geregelt sind. Bis zur Reform von 2008 war die Versicherung für fremde Rechnung daher, durchaus zutreffend, in den allgemeinen Bestimmungen für die Schadensversicherung geregelt. Oftmals ist der VN vertraglich, in Ausnahmefällen auch gesetzlich (vgl. unten Rn. 35) verpflichtet, fremdes Interesse auf eigene Kosten zu versichern. Gleichartige Interessen Dritter lassen sich zusammen vielfach zweckmäßiger und i.d.R. zu günstigeren Prämien als einzeln versichern. Durch den Einschluss fremder Interessen lassen sich zudem mehrere ungleichartige Interessen des Vertragschließenden und Dritter (z.B. das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers und das Sachersatz-/Haftpflichtinteresse des Besitzers) versichern (dazu näher § 43 Rn. 39). Schließlich lässt sich bei ungewisser Interessenlage, etwa weil das Eigentum schnell wechselt oder die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt sind, ein effektiver Versicherungsschutz nur durch eine Versicherung erreichen, die neben dem eigenen Interesse auch fremdes Interesse mitversichert (sog. kombinierte Eigen- und Fremdversicherung) oder als Versicherung für Rechnung wen es angeht (§ 48) entweder eigenes oder fremdes Interesse abdeckt. Dasselbe gilt in solchen Fällen, in denen mehrere schwebende Interessen verschiedener Personen (z.B. die Interessen des Verkäufers und des die Gefahr tragenden Käufers) betroffen sind. In der Sachversicherung sind i.d.R. nicht nur im Eigentum des VN stehende Sachen, sondern auch fremde Sachen versichert, die der VN unter Eigentumsvorbehalt erworben, die er geleast oder die er zur Sicherheit übereignet hat. Darüber hinaus ist fremdes Eigentum versichert, soweit es seiner Art nach zu den versicherten Sachen gehört und dem VN zur Bearbeitung, Benutzung, Verwahrung oder zum Verkauf in Obhut gegeben wurde. Die Versicherung gilt ausdrücklich für Rechnung des VN und des Eigentümers genommen (vgl. A § 3 Ziff. 5 AFB 2008). Im Falle der Zerstörung, Beschädigung oder des Abhandenkommens fremder Sachen ist somit nicht nur das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers, sondern – weil dem VR der Regress nach § 86 Abs. 1 S. 1 verwehrt ist – auch das Sachersatz-/Haftpflichtinteresse des VN versichert, wenn er dem Eigentümer gegenüber für die Zerstörung, Beschädigung oder das Abhandenkommen haftet. 2. Haftpflichtversicherung Soweit die Haftpflichtversicherung Schutz gegen Haftpflichtrisiken aus gewerblicher 32 oder selbständig beruflicher Tätigkeit bieten soll (z.B. Betriebs-, Berufs-, Vermögensschadenhaftpflichtversicherung), besteht vielfach ein Bedürfnis danach, auch Tochterunternehmen in den Versicherungsschutz einzubeziehen und den Versicherungsschutz auf die Mitarbeiter auszudehnen. Letztere haften nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs gegenüber dem Unternehmer oftmals gar nicht oder nur beschränkt und können im Falle ihrer Inanspruchnahme durch Dritte wegen Schäden aus ihrer betrieblichen/beruflichen Tätigkeit Freistellung vom Unternehmer verlangen.42 Die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die Mitarbeiter hilft, Spannungen zwischen den Mitarbeitern und dem VN zu vermeiden, die bei ihrer unmittelbaren Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten entstehen können. § 102 Abs. 1 S. 1 stellt deshalb die Vermu-
42
Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 4; Walker JuS 2002 736, 742.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
tung auf, dass die Betriebshaftpflichtversicherung als für Rechnung der Betriebsangehörigen genommen gilt.43 In der Privathaftpflichtversicherung bleibt der Versicherungsschutz lückenhaft, wenn er nicht auch Schutz gegen Schäden bietet, die von Ehegatten, Lebenspartnern, Kindern sowie von im Haushalt des VN beschäftigten Personen verursacht worden sind. Selbst wenn der VN rechtlich für die von diesen Personen angerichteten Schäden nicht verantwortlich ist, wird er sie wirtschaftlich meist selbst zu tragen haben. 3. Lebensversicherung
33
Vor der Neukodifikation des VVG von 2008 musste der VN in der Lebensversicherung einen bürgerlich-rechtlichen Vertrag zugunsten Dritter schließen, um fremde Interessen versichern zu können.44 Es fehlte an einer Verweisungsnorm auf die in der Schadensversicherung geregelten Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung, wie sie § 179 Abs. 2 a.F. für die Unfallversicherung vorsah. Im Schrifttum wurde aber eine analoge Anwendung der heutigen §§ 43 ff. vor allem auf Fälle der Gruppenversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge45 sowie auf die Sterbegeldversicherung 46 aufgrund der sachlichen Nähe der geregelten Konstellationen zur Schadensversicherung gefordert. Gedacht wurde auch an die Risikolebensversicherung in Form der Restschuld- oder der Kreditlebensversicherung.47 Mit der Umgruppierung der §§ 74 ff. a.F. als § 43 ff. in die Allgemeinen Bestimmungen hat der Reformgesetzgeber von 2008 das Institut der Versicherung für fremde Rechnung für die Lebensversicherung geöffnet.48 In der Praxis ist diese neue Gestaltungsmöglichkeit bisher noch auf kein sonderliches Interesse gestoßen. Offenbar befriedigt die Bezugsberechtigung in ihren Erscheinungsformen die Marktbedürfnisse. Die Frage ob der Abschluss einer Versicherung für fremde Rechnung im Einzelfall der Bezugsberechtigung vorzuziehen ist, hängt von einer objektiven Gegebenheit ab: Versicherung für fremde Rechnung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wo der Begünstige Träger des versicherten Interesses ist. Ist dies nicht der Fall, heißt das für die Lebensversicherung, dass nur die Bezugsberechtigung als Gestaltungsform bleibt. Indes gibt es in der Lebensversicherung nach ganz h.M. gar kein versichertes Interesse.49 Diese Ansicht wird sich mit der Verschiebung der Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung in die Allgemeinen Bestimmungen des VVG nicht mehr halten lassen. Anderenfalls müsste man eine interessenlose Versicherung für fremde Rechnung zulassen. Dies erscheint dogmatisch überaus fragwürdig. Das versicherte Interesse ließe sich definieren als „die wirtschaftliche oder persönliche Beziehung des Anspruchsberechtigter zu der Gefahrperson, aus der sich bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder Eintritt des Todes der Gefahrperson (Versicherungsfall) ein anerkennenswertes Verlangen nach Aus-
43 44
45 46 47 48
Heimbücher VW 1987 1236. Vgl. BGH 8.2.2006 VersR 2006 686, 688 = NJW 2006 1434; OLG Celle 13.9.2007 VersR 2008 60, 61. Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 14; v. d. Thüsen VersR 1954 155, 156 f. Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 15 f. AG Breisach 13.6.2006 VersR 2007 936. A.M. ohne überzeugende Begründung Deutsch Versicherungsvertragsrecht Rn. 7 und 107; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster § 6 Rn. 153.
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49
OLG Celle 4.11.1993 VersR 1995, 405, 406; Berliner Kommentar/Schauer Vorbem. §§ 49–68a Rn. 45; Bruck/Möller/Möller 8 § 49 Anm. 42; Krause 66 ff.; Beckmann/ Matusche-Beckmann/E. Lorenz § 1 Rn. 123; Wandt Rn. 664; a.M. Franz VersR 2008 1565, 1575; Hasse VersR 2007 870, 873 Fn. 49; differenzierend Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 76–78.
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
gleich eines Vermögensnachtteils oder Erhalt eines Vermögensvorteils anlässlich des Eintritts des Versicherungsfalls ergibt“.50 Ein anerkennenswertes Verlangen auf Ausgleich eines Vermögensnachteils können etwa unterhaltsberechtigte Hinterbliebene der versicherten Gefahrsperson geltend machen, ein anerkennenswertes Verlangen auf Erhalt eines Vermögensvorteils Personen, die Pflegeleistungen für die Gefahrperson erbracht haben (§ 2057b BGB). Ist der Dritte Träger eines derart festgestellten Interesses, bestimmt das Innenverhältnis zwischen ihm und dem VN darüber, ob eine Versicherung für fremde Rechnung als Begünstigungsform von Interesse ist. Insb. wenn das Innenverhältnis von familiären Beziehungen geprägt ist und es dem VN darauf ankommt, den Versicherten möglichst stark zu positionieren, mag sich die Versicherung für fremde Rechnung anbieten. Weiterhin muss sich der VN fragen, wie viel an Verfügungsgewalt er über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag behalten will. Letztere besitzt er durch die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs bei der widerruflichen Bezugsberechtigung nahezu vollständig. Gegenüber der widerruflichen Bezugsberechtigung hat die Versicherung für fremde Rechnung aber dann einen Vorteil, wenn es dem VN darauf ankommt, den Begünstigten möglichst stark zu sichern. Wird Versicherung für fremde Rechnung genommen, ist der Begünstigte als Versicherter bei Zwangsvollstreckung in das Vermögen des VN und bei dessen Insolvenz besser gegen den Zugriff durch dessen Gläubiger geschützt. Während diese bei der Bezugsberechtigung in das Vermögen des Bezugsberechtigten vollstrecken können,51 gelingt ihnen dies bei der Versicherung für fremde Rechnung nicht (dazu § 44 Rn. 10). Außerdem erlangt der Begünstigte als Versicherter eine Rechtsposition, die er im Wege der Gesamtrechtsnachfolge weitergeben kann (dazu § 44 Rn. 12), als widerruflich Bezugsberechtigter nicht (vgl. § 160 Abs. 3 VVG).52 Bei unwiderruflicher Bezugsberechtigung bestehen die vollstreckungsrechtlichen 53 und erbrechtlichen 54 Vorteile der Versicherung für fremde Rechnung freilich nicht. Hier hat die Versicherung für fremde Rechnung aber für den VN einen Vorteil, wenn es ihm auf seine Verfügungsgewalt ankommt. Nach §§ 43 ff. kann er im Wege der gegebenen oder verweigerten Zustimmung bzw. Weitergabe des Versicherungsscheins steuern, ob er selbst über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag verfügungsbefugt bleibt (§§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1, 2), oder ob die Verfügungsbefugnis dem Begünstigten zufällt, der Inhaber der Rechte ist. Bei der unwiderruflichen Bezugsberechtigung ist hingegen zwingend der Begünstigte verfügungsberechtigt.55
II. Arten der Versicherung für fremde Rechnung Versicherungen für fremde Rechnung treten in drei Spielarten auf: sie können gesetz- 34 lich vorgeschrieben sein (1), nach dispositivem Gesetzesrecht als Regelfall vorgesehen sein (2) oder von den Parteien frei vereinbart werden (3).
50
Ebenso Hasse VersR 2010 837, 839. Hasse VersR 2005 15, 18; zu Anfechtungsansprüchen der Gläubiger Elfring NJW 2004 483, 484 f. 52 Kühlmorgen 66. 53 Zur Einzelvollstreckung: Looschelders/Pohlmann/Peters § 159 Rn. 20; Bruck/Möller/ 51
54 55
Winter 8 V/2 Anm. H 118; zur Insolvenz: Stegmann/Lind NVersZ 2002 193, 194; Armbrüster/Pilz KTS 2004 481/486. Bruck/Möller/Winter 8 V/2 Anm. H 122. Looschelders/Pohlmann/Peters § 159 Rn. 22; Bruck/Möller/Winter 8 V/2 Anm. H 34.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
1. Rechtspflicht zur Versicherung für fremde Rechnung
35
Gesetzliche Verpflichtungen zur Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf dritte Personen finden sich in Versicherungen, zu deren Abschluss der VN verpflichtet ist. Im Folgenden finden sich die wichtigsten Beispiele: Im Bewachungsgewerbe haben Gewerbetreibende nach §§ 34a Abs. 2 Nr. 3a GewO, 6 Abs. 1 BewO für sich und die in ihrem Gewerbebetrieb beschäftigten Personen zur Deckung der Schäden, die den Auftraggebern oder Dritten bei der Durchführung des Bewachungsvertrages entstehen, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Der Kfz-Halter mit regelmäßigem Standort im Inland ist gemäß § 1 PflVG verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. § 2 Abs. 2 Nr. 4–6 KfzPflVV dehnt den Versicherungsschutz auf Beifahrer, Omnibusschaffner und Arbeitgeber oder öffentliche Dienstherren des VN aus. Nach § 1 Abs. 1 AuslPflVG dürfen Kfz, die in Deutschland keinen regelmäßigen Standort haben, nur gebraucht werden, wenn für den Halter, den Eigentümer und den Führer zur Deckung der durch den Gebrauch verursachten Personen- und Sachschäden eine Haftpflichtversicherung besteht. Im Bereich der klinischen Forschung hat der Sponsor i.S.v. § 1 Abs. 24 AMG gem. § 40 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 AMG eine Unfallversicherung zugunsten der von der klinischen Prüfung eines Arzneimittels oder eines Medizinprodukts betroffenen Person abzuschließen (vgl. auch § 20 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 3 MedizinprodukteG). Bei einem Nießbrauch hat der Nießbraucher eine Feuerversicherung und ggf. auch andere Schadensversicherungsarten zugunsten des Eigentümers zu nehmen, soweit das einer ordnungsmäßigen Wirtschaft entspricht, § 1045 Abs. 1 BGB (zur Rechtslage, wenn der Eigentümer die Versicherung nimmt, § 43 Rn. 10). Rechtsanwälte und Notare: Rechtsanwälte (§ 51 Abs. 1 BRAO), Rechtsanwaltsgesellschaften (§ 59j BRAO) und Notare (§ 19a BNotO) sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, um Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu decken, die sich aus ihrer Berufstätigkeit und der Tätigkeit von Personen ergeben, für die sie haften. § 61 Abs. 2 BNotO verpflichtet die Notarkammern, sich und den Notariatsverwalter gegen Verluste aus der Haftung für Amtspflichtverletzungen durch Abschluss einer Haftpflichtversicherung bzw. einer Vertrauensschadensversicherung abzusichern.56 Das gleiche gilt gem. § 67 Abs. 3 Nr. 3 S. 1 BNotO zugunsten der durch ein vorsätzliches Handeln eines Notars in ihrem Vermögen Geschädigten. 2. Versicherung für fremde Rechnung als gesetzliche Vermutung
36
Nach dem VVG gilt als Versicherung für fremde Rechnung die Versicherung für einen Inbegriff von Sachen, die sich gemäß § 89 Abs. 2 auf die Sachen der Personen erstreckt, mit denen der VN bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt oder die zu diesem Zeitpunkt in einem Dienstverhältnis zum VN stehen und ihre Tätigkeit an dem Ort ausüben. Die Betriebshaftpflichtversicherung erstreckt sich nach § 102 Abs. 1 auf die Haftpflicht der zur Vertretung des Unternehmens befugten Personen sowie der Personen, 56
BGH 27.5.1998 NJW 1998 2537; BGH 12.12.1990 BGHZ 113 151, 153; BGH 29.7.1991 BGHZ 115 275, 278.
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Vorbemerkungen
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die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen. In der Betriebshaftpflichtversicherung sind in Abgrenzung zur Privat- und Berufshaftpflichtversicherung vornehmlich Risiken aus gewerblicher Tätigkeit versichert. Spezielle Ausprägungen der Betriebshaftpflichtversicherungen sind die Produkthaftpflichtversicherung, die Umwelthaftpflichtversicherung und die Umweltschadenversicherung. Eine Versicherung gegen Unfälle eines anderen gilt nach § 179 Abs. 1 S. 2 im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen. 3. Versicherung für fremde Rechnung kraft vertraglicher Vereinbarung Kraft vertraglicher Vereinbarung sind als Versicherung für fremde Rechnung u.a. fol- 37 gende Versicherungstypen ausgestaltet: a) Berufsunfähigkeitsversicherung. Restschuldversicherung des Kreditgebers, die das 38 Risiko der Arbeitsunfähigkeit erfasst, zugunsten des Kreditnehmers.57 b) Haftpflichtversicherung. D&O-Versicherung (eine freiwillige Vermögensschaden- 39 Haftpflichtversicherung, die von einem Unternehmen als VN zur Absicherung seiner Organmitgleider in der Innen- und Außenhaftung abgeschlossen wird);58 Haftpflichtversicherung des Betreuungsvereins zugunsten seiner Mitarbeiter (§ 1908f BGB); Kaskoversicherung nach den Sonderbedingungen zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung im Kfz-Handel und -Handwerk bei Anbringung eines roten Kennzeichens an einem betriebsfremden Kfz (Versicherung für Rechnung wen es angeht nach § 48);59 Privathaftpflichtversicherung;60 Vermögensschadenhaftpflichtversicherung zugunsten der anwaltlichen Mitarbeiter.61 c) Gruppenversicherung. Gruppenversicherungsverträge zugunsten von Arbeitneh- 40 mern,62 Kreditkarteninhabern,63 Urlaubsreisenden, Vereinsmitgliedern in der Unfallversicherung, (Auslands-)Krankenversicherung, Kfz-Kaskoversicherung, Haftpflichtversicherung, Rechtsschutzversicherung.64 d) Kredit- Kautions- und Vertrauensschadensversicherung. Kautionsversicherung;65 41 Notarvertrauensschadensversicherung zugunsten des vom Notar Geschädigten;66 Personenkautionsversicherung.67
57
58
59 60 61
OLG Celle 31.5.2007 VersR 2007 1641; OLG Karlsruhe 2.2.2006 VersR 2006 637; OLG Hamm 18.11.1986 VersR 1987 354. OLG Köln 2.9.2008 RuS 2008 469; OLG Dresden 25.9.2007 ZBB 2008 125; OLG Düsseldorf 21.12.2006 Az. I-4 U 6/06 (juris); OLG München 15.3.2005 VersR 2005 540. BGH 11.3.1987 NJW-RR 1987 856; OLG Köln 18.10.1989 VersR 1990 847, 848. Vgl. BGH 22.2.1978 VersR 1978 409; BGH 13.1.1954 LM Nr. 1 zu § 74 VVG. LG Düsseldorf 8.12.1978 VersR 1980 81.
62
63 64 65 66 67
BAG 26.7.2007 NJOZ 2008 3171 ff.; BAG 21.2.1990 NZA 1990 701; OLG Hamm 6.10.1977 VersR 1977 1124; Nießen 40; zur steuerrechtlichen Bedeutung Otto DStR 2009 1022. ÖOGH 11.5.1994 VersR 1995 443. LG Karlsruhe 15.1.1982 VersR 1982 997. LG Hamburg 19.7.1951 VersR 1951 275. BGH 12.12.1990 NJW 1991 1055. BGH 24.11.1971 VersR 1972 194, 195; BGH 11.7.1960 BGHZ 33 97, 102 ff. = NJW 1960 1903.
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42
e) Lebensversicherung. Restschuldversicherung des Ehemanns als Kreditnehmer zugunsten der Ehefrau als sog. Kreditnehmerin;68 Restschuldversicherung eines Kreditinstituts zugunsten des Kreditnehmers.69
43
f) Rechtsschutzversicherung. Rechtsschutzversicherung zugunsten von weiteren Miteigentümern nach Aufteilung im Wohnungseigentum;70 zugunsten von Personen, die zusammen mit dem VN eine Rechtsgemeinschaft an der Mietwohnung bilden;71 zugunsten von Ehegatten und nichtehelichen Lebenspartnern.72
44
g) Rentenversicherung. Private Rentenversicherung für eine betriebliche Altersvorsorge des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers73.
45
h) Sachversicherung. Automatenversicherung des Gastwirts zugunsten des Aufstellers;74 Bauwesenversicherung des Bauherrn zugunsten der beauftragten Unternehmer;75 Mitversicherung von Ernteerzeugnissen des Hofpächters in der Feuerversicherung des Hofeigentümers;76 Feuer-, Leitungswasserschäden-, Sturm- und Einbruchsdiebstahlversicherung des Nießbrauchers zugunsten des Eigentümers (§ 1054 BGB); Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft für das Sondereigentum der einzelnen Miteigentümer;77 Gebäudeversicherung des Zwangsverwalters zugunsten des Grundstückseigentümers;78 Glasversicherung des Mieters zugunsten des Vermieters;79 Hausratversicherung zugunsten der Eigentums(anteils) der Ehefrau des VN;80 Kfz-Vollkaskoversicherung des Leasingnehmers zugunsten des Leasinggebers;81 Versicherung des Kommissionsgutes durch den Kommissionär zugunsten des Eigentümers des Gutes gegen Diebstahl, Feuer, etc.;82 Versicherung von Kundeneigentum in Reinigungsbetrieben;83 Schlachttierversicherung des Käufers zugunsten des Verkäufers.84
46
i) Transportversicherung. Frachtführer-Haftpflichtversicherung;85 Lagerversicherung des Lagerhalters zugunsten der Einlagerer;86 Speditionsversicherung zugunsten des Auftraggebers des Spediteurs oder Frachtführers;87 Transportversicherung (§ 130 I) des Verkäufers zugunsten des Käufers,88 des Spediteurs bzw. Frachtführers zugunsten der Ladungsbeteiligten 89 oder einer Schwestergesellschaft zugunsten der anderen;90 ValorenTransportversicherung zugunsten der Auftraggeber des VN.91
68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80
OLG Hamm 9.11.1988 VersR 1989 694. ÖOGH 29.11.2006 VersR 2008 283; vgl. auch AG Breisach 13.6.2006 VersR 2007 936. OLG Karlsruhe 4.5.2000 NJW-RR 2001 599. AG Kehlheim 29.4.1985 NJW-RR 1986 110. AG Pfaffenhofen 12.4.2001 RuS 2002 20; Mathy VersR 2003 820. Vgl. OLG Celle 13.9.2007 VersR 2008 60. Sieg BB 1993 149, 152. OLG Köln 14.1.1997 VersR 1998 184. BGH 2.12.1987 NJW-RR 1988 468. OLG Hamm 3.1.2008 ZMR 2008 401. LG Essen 7.11.1991 VersR 1995 211. Sieg BB 1993 149, 150 f.; Prölss/Martin/Kollhosser § 1 AGlB Rn. 10 ff. OLG Hamm 4.2.1994 NJW-RR 1995 287; OLG Karlsruhe 20.11.1997 RuS 1998 162, 163.
150
81
82 83 84 85 86 87 88 89 90 91
BGH 31.10.2007 VersR 2008 501, 502; BGH 14.7.1993 VersR 1993 1223; OLG Köln 3.6.1996 VersR 1997 57. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch Vor §§ 43 bis 48 Rn. 40. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch Vor §§ 43 bis 48 Rn. 40. LG Osnabrück 19.9.1962 VersR 1963 448. Zur CMR-Haftpflichtverischerung OLG Bremen 15.5.1997 VersR 1998 450 f. Sieg BB 1993 149, 153. BGH 23.1.2002 VersR 2002 436. ÖOGH 10.10.1991 VersRdsch 1992 85, 86. BGH 7.5.2003 VersR 2003 1171, 1172; Thume VersR 2008 455, 457 f. OLG Frankfurt 28.7.1998 NJW-RR 1998 1327. OLG Celle 19.9.2008 8 U 63/08 (juris).
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Vorbemerkungen
Vor §§ 43–48
G. Abdingbarkeit Die §§ 43 ff. sind grundsätzlich disponibel. Etwas anderes gilt für diejenigen Vor- 47 schriften, die dazu dienen, den Abschluss von Wettversicherungen zu verhindern. Das sind § 44 Abs. 1 (vgl. dort Rn. 36) und § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 (vgl. § 47 Rn. 42). Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist zu beachten, dass diese beiden Vorschriften Bestandteil des deutschen ordre public sind. Es handelt sich um die Kernvorschrift zur Verhinderung der Wettversicherung als einem krassen Fall ungerechtfertigter Bereicherung (der VN hat keinen Schaden erlitten). Wenn nach kollisionsrechtlichen Grundsätzen ausländisches Recht Vertragsstatut ist und dieses ausländische Recht eine Fremdversicherung kennt, ohne dass dem Versicherten der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag zusteht, so darf ein deutscher Richter nach Art. 21 Rom-I-Verordnung insoweit der fremden Rechtsordnung nicht folgen.92
H. PEICL Die unter Führung von Helmut Heiss entwickelten und seit 2007 vorliegenden Draft 48 Principles of European Insurance Contract Law (PEICL) enthalten in ihrem 11. Kapitel Regeln über die Versicherung für fremde Rechnung. Anders als das VVG 2008 haben sich die PEICL in Übereinstimmung mit der Rechtslage in den meisten Mitgliedstaaten dazu entschieden, Regeln über die Versicherung für fremde Rechnung nur mit Geltung für den Bereich der Schadensversicherung aufzustellen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung der Bestimmungen im 2. Teil der PEICL. Für die Rechtspraxis sind die PEICL insoweit von Belang, als sie sich als „optionales 49 Instrument“ verstehen, welches die Parteien durch Rechtswahl zum Vertragsstatut bestimmen können sollen. Das ist für VR insoweit interessant, als ihnen dies ermöglichen würde, gesamteuropäische Versicherungsprodukte anzubieten. Ob die PEICL als nichtstaatliches Recht auf Grundlage von Art. 3 Abs. 1 Rom-I-Verordnung tatsächlich durch Rechtswahl zum Vertragsstatut erhoben werden können, ist umstritten. Dies ist aber zumindest dann der Fall, wenn sich der europäische Gesetzgeber entschließt, die PEICL zum Gegenstand eines Rechtsakts (z.B. einer Verordnung) zu machen. Im 11. Kapitel der PEICL sind nur Teilfragen der Versicherung für fremde Rechung ge- 50 regelt (vgl. dazu auch die jeweils letzte Rn. zu den einzelnen Bestimmungen der §§ 43–48). Nach Art. 11:101 Abs. 1 PEICL steht der Anspruch gegen den VR der Person zu, für welche die Versicherung genommen wurde. Der VN soll die Deckung zugunsten des Versicherten erst dann nicht mehr widerrufen dürfen, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist, Art. 11:101 Abs. 2 lit. b) PEICL. Des Weiteren stellt Art. 11:102 PEICL eine praktisch bedeutsame Zurechnungsregel hinsichtlich des Wissens der Versicherten oder Bezugsberechtigten auf. Schließlich schreibt Art. 11:103 PEICL den Grundsatz der Einzelwirkung von Pflichtverletzungen fest. Das Innenverhältnis von VN und Drittem wird ebenso wenig geregelt wie die Frage der Legitimation des Dritten gegenüber dem VR. Zu beachten ist allerdings der Generalverweis auf das „gemeineuropäische Zivilrecht“ der Principles of European Contract Law (PECL) in Art. 1:105 Abs. 2 PEICL. Ist eine Frage im Sonderprivatrecht der PEICL nicht geregelt, kann danach zur Lückenfüllung auf die allgemein-zivilrechtlichen Regeln der PECL zurück gegriffen werden. 92
Zu Art. 30 EGBGB Bruck/Möller/Sieg 8 Vor §§ 74 ff. Anm. 16; zuvor schon Bruck Zwischenstaatliches VR 36, 41.
Oliver Brand
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§ 43
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
§ 43 Begriffsbestimmung (1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung). (2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen, ist, auch wenn dieser benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Versicherungsnehmer nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt. (3) Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen werden soll, gilt er als für eigene Rechnung geschlossen.
Schrifttum (vgl. auch Schrifttum Vor §§ 43–48) Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung (1994); ders. Zum Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung NVersZ 2001 193; Brand Grenzen der vorvertraglichen Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers VersR 2009 715; Brünjes Der Veräußerungsbegriff des § 69 VVG (1995); ders. Der Eintritt des Immobilienerwerbers in den Versicherungsvertrag nach § 69 Abs 1 VVG VersR 1995 1416; Fischer-Czermak Schadensersatz nach Verkehrsunfällen mit Leasingfahrzeugen ZVerkR 1997 38; Fuchs Die Gefahrsperson im Versicherungsrecht, Diss. Berlin (1973); Hasse Zwangsvollstreckung in Kapitallebensversicherungen VersR 2005 15, 35; Müller Die Minderjährigen im Versicherungsvertragsrecht (2007); Prölss Das Wegnahmerecht des Mieters in der Gebäudefeuerversicherung VersR 1994 1404; ders. Drittinteressen in der Sachversicherung RuS 1997 221; Schneider Die Versicherung für fremde Rechnung nach dem Gesetzesentwurf über den Versicherungsvertrag unter Vergleichung mit dem Handelsgesetzbuch ZVersWiss 1905 230; Sieg Die versicherungsrechtliche Stellung des Sacherwerbers nach Gefahrübergang auf ihn VersR 1995 125.
Übersicht Rn. A. B. C. I. II.
Normgeschichte . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung von anderen Rechtsinstituten 1. Versicherung eines eigenen Interesses an fremder Sache . . . . . . . . . . 2. Versicherung eines fremden Interesses für eigene Rechnung . . . . . . . . . 3. Versicherung in Vertretung eines anderen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Versicherung eines eigenen Interesses unter Verzicht auf die Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . 5. Dinglich an der Versicherungsforderung Berechtigte . . . . . . . . . . . 6. Versicherung einer fremden Person für eigene Rechnung (Gefahrsperson) . . 7. Bezugsberechtigung . . . . . . . . . 8. Eintrittsberechtigte . . . . . . . . . 9. Erwerber der versicherten Sache . . . 10. Geschädigte Dritte in der Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . 11. Begünstigte eines Regressverzichts . . 12. Rückversicherung . . . . . . . . . .
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9
. 10 . . . .
11 13 15 16
. 17 . 18 . 19
Rn. D. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . I. Prüfungsreihenfolge . . . . . . . . . . . . II. Vertragsschluss im eigenen Namen . . . . 1. Handeln im eigenen Namen; Abgrenzung zur Stellvertretung/§ 1357 BGB . . 2. Auslegungsregel für Zweifelsfälle (Abs. 2) III. Vertragsschluss für einen anderen . . . . . 1. Versicherung eines fremden Interesses . 2. Wegfall und Nichtbestehen des Interesses 3. Besonderheiten einzelner Versicherungszweige . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftpflichtversicherung . . . . . . . b) Sachversicherung . . . . . . . . . . aa) Grundlagen . . . . . . . . . . . bb) Versicherung eigener Sachen . . (1) Sacherhaltungsinteresse . . (2) Sachersatzinteresse . . . . . cc) Versicherung fremder Sachen . . E. Vertragsschluss als solcher . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Irrtumsanfechtung . . . . . . . . . . . a) Anfechtung durch den VN . . . . . b) Anfechtung durch den VR . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . .
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20 20 21 21 26 30 30 31 34 34 35 35 37 37 39 42 45 45 49 49 49 54 55
Begriffsbestimmung
§ 43
Rn. 2. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schadensersatz . . . . . . . . . . . 4. Einrede der Anfechtbarkeit . . . . . F. Beendigung eines Versicherungsvertrags für fremde Rechnung . . . . . . . . . I. Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . .
Rn. II. III. G. I. II. H. I.
. . 56 . . 59 . . 60 . . 61 . . 61
Umwandlung in eine Eigenversicherung . Insolvenz des VN . . . . . . . . . . . . Vermutung für Eigenversicherung (Abs. 3) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . Sonderregeln . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . Auslandsrechte/PEICL . . . . . . . . .
. 63 . 65 66 . 66 . 70 . 71 . 72
A. Normgeschichte Die Definition der Versicherung für fremde Rechnung in § 43 Abs. 1 stimmt sachlich 1 mit § 74 Abs. 1 a.F. überein.1 § 43 Abs. 2 entspricht der Regelung des § 74 Abs. 2 a.F. Die Vorschrift ist – wie Absatz 1 – lediglich sprachlich geändert („Versicherungsnehmer“ statt: „demjenigen, welcher den Vertrag mit dem Versicherer schließt“), ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden wäre. § 43 Abs. 3 enthält den bisherigen § 80 Abs. 1 a.F., der wegen des Sachzusammenhanges einbezogen wird. Mit der Umgruppierung erhält die Vorschrift ihren ursprünglich zugedachten Platz. In dem Entwurf zum VVG von 1903 waren § 43 Abs. 1 und 3 bereits als § 74 Abs. 1 und 2 im Zusammenhang geregelt. Ihren Ursprung hat die Regelung des § 43 Abs. 3 in dem inhaltsgleichen, inzwischen aufgehobenen § 781 Abs. 3 HGB. Insgesamt hat sich an der Rechtslage gegenüber dem VVG 1908 nichts geändert.
B. Normzweck § 43 Abs. 1 definiert die Versicherung für fremde Rechnung und stellt klar, dass der 2 VN grundsätzlich dazu berechtigt ist, fremde Interessen im eigenen Namen zu versichern. § 43 Abs. 2 und Abs. 3 enthalten Auslegungsregeln. Abs. 2 ist lex specialis zu § 164 Abs. 1 S. 2 BGB und legt fest, dass der Antragsteller im Zweifel nicht als Vertreter des (namentlich benannten) begünstigten Dritten handelt, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung. Das VVG trifft eine vom bürgerlichen Recht abweichende Regelung, um den VR zu schützen.2 Er erlangt den Vorteil, in Zweifelsfällen nicht einen ihm ggf. unbekannten Dritten als Vertragspartei, insbesondere als Prämienschuldner und Erklärungsempfänger, zu erhalten, sondern den VN, mit dem er die Vertragsverhandlungen geführt hat. Reflexartig wird auch der VN geschützt, der als solcher dem Grunde nach die Verfügungsbefugnis über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag behält. Das würde er als Vertreter nicht tun. § 43 Abs. 3 enthält eine widerlegbare gesetzliche Vermutung 3 für Fälle, in denen es zweifelhaft erscheint, ob der Vertrag für ein eigenes Interesse des VN oder für ein fremdes Interesse geschlossen ist. In diesem Fall gilt der Vertrag als für eigene Rechnung geschlossen, um Streitfällen vorzubeugen und sicher zu stellen, dass nach Eintritt des Versicherungsfalls nur derjenige gegen den VR vorgehen kann, der Vertragspartner des VR geworden ist.4 § 43 Abs. 3 stellt zugleich klar, dass die Versicherung fremden Interes-
1 2 3
Begr. RegE. BTDrucks. 16/3945 73. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 17; Ehrenzweig 212. Berliner Kommentar/Hübsch § 80 Rn. 1 und
4
Honsell VersR 1985 301, 303 sehen die Regel des § 43 Abs. 3 als Auslegungsregel an; wie hier Nießen 15. Amtl. Begr. RTDrucks. 364/12 120.
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§ 43
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
ses sich nicht nur aus dem Versicherungsvertrag, sondern auch aus den Umständen ergeben kann. Der Normaufbau des neu gefassten § 43 ist missglückt. Die Abs. 2 und 3 hätten in 3 umgekehrter Reihenfolge niedergelegt werden sollen, wie dies bei den Parallelvorschriften in § 52 Abs. 1, 2 ADS der Fall ist. Die Frage, ob überhaupt Versicherung für einen anderen genommen wird (§ 43 Abs. 3), ist derjenigen, ob dieser andere VN oder bloß Versicherter ist (§ 43 Abs. 2), gegenüber vorrangig.
C. Allgemeines I. Begriff 4
Der Begriff der Versicherung für fremde Rechnung entstammt der Geschäftssprache und ist denkbar unglücklich.5 Er erweckt den Eindruck, die Pflicht zur Prämienzahlung treffe nicht den VN, sondern den Versicherten. Dies ist aber – zumindest im Außenverhältnis zum VR – nicht der Fall. Mit der Versicherung für fremde Rechnung soll vielmehr ein Vorgang bezeichnet werden, bei dem im eigenen Namen das Interesse eines Dritten (des Versicherten) versichert wird. Konkurrierende Vorschläge wie die Begriffe „Fremdversicherung“ 6 oder „Versicherungskommission“ haben sich in der Gesetzessprache nicht durchsetzen können. Da Abschnitt 4, in dem die Versicherung für fremde Rechnung geregelt ist, als amtliche Überschrift denselben Namen trägt, sollte diese Bezeichnung auch verwandt werden.
II. Abgrenzung von anderen Rechtsinstituten 5
Schon die Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 zeigt, dass die Versicherung für fremde Rechnung von anderen Rechtsinstituten abzugrenzen ist. 1. Versicherung eines eigenen Interesses an fremder Sache
6
Keine Versicherung für fremde Rechnung liegt vor, wenn der VN ein (beschränktes) eigenes Interesse an einer fremden Sache versichert, etwa weil er an ihr aufgrund eines (Grund-)Pfandrechts berechtigt ist. Hier wird Versicherung für eigene Rechnung genommen, denn der Antragsteller will sein eigenes Interesse an der Erhaltung der fremden Sache versichern, nicht das fremde Eigentümerinteresse. Das gleiche gilt, wenn ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer gegen Unfälle versichert; hier sucht er Deckung für den Arbeitsausfallschaden, der ihm selbst droht. Dem Antragsteller bleibt in beiden Fällen freilich unbenommen, Versicherung für fremde Rechnung zu nehmen, was i.d.R. wegen des weitergehenden Fremdinteresses allerdings teurer sein wird.7 Ob im Einzelfall ein bestehendes eigenes Interesse an fremder Sache tatsächlich gegeben ist, oder ob ein Fall der §§ 43 ff. vorliegt, ist unter Berücksichtigung der AVB durch Auslegung zu ermitteln.
5 6
Kritisch etwa Ehrenzweig 211; Kisch PVR III 384. Siehe aber HK-VVG/Muschner § 43 Rn. 1;
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7
Langheid/Wandt/Dageförde Vor § 43 Rn. 1. Näher Anli 11 f.
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Begriffsbestimmung
§ 43
2. Versicherung eines fremden Interesses für eigene Rechnung Die Versicherung eines fremden Interesses für eigene Rechnung ist grundsätzlich nicht 7 zulässig. Das ergibt sich aus § 44 Abs. 1, der insb. Wettversicherungen vorbeugen soll und der eine Vorschrift zwingenden Rechts ist (näher § 44 Rn. 2 und 36).8 In der Summenversicherung ist die Versicherung einer Gefahrsperson in der Art, dass dem VN der Versicherungsanspruch zustehen soll, allerdings ausdrücklich anerkannt (vgl. § 150 Abs. 2 für die Lebens- und § 179 Abs. 2 für die Unfallversicherung). Es wird aber jeweils die Einwilligung der Gefahrsperson verlangt, um zu verhindern, dass auf ihren Tod oder ihre Verletzung spekuliert wird. 3. Versicherung in Vertretung eines anderen Die Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 spricht im Zweifel gegen eine solche Gestaltung. 8 Sie ist aber durchaus möglich. So ließe sich der Fall bilden, dass Prokurist P im Namen des Verkaufskommissionärs K einen Versicherungsvertrag das Kommissionsgut des A betreffend abschließt. Handelt P hier als Untervertreter des K für den A, liegt nicht etwa eine Versicherung für fremde Rechnung vor.9 A hat vielmehr (unter Vermittlung des K) das eigene Interesse für eigene Rechnung versichert. Zur Abgrenzung der Versicherung für fremde Rechnung von Fällen der Stellvertretung näher unten Rn. 11 f.). 4. Versicherung eines eigenen Interesses unter Verzicht auf die Verfügungsbefugnis Es ist dem VN möglich, ein eigenes Interesse zu versichern, die Verfügungsbefugnis 9 über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag aber einem Dritten, etwa einem Freund, zu übertragen.10 Mit dem VR schließt der VN dann einen bürgerlich-rechtlichen Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 BGB. In einem solchen Fall ist der begünstigte Dritte materiell-rechtlich Inhaber des Leistungsanspruchs gegen den VR. Zudem ist er formell verfügungsberechtigt, d.h. er kann seine Rechte selbständig wahrnehmen. In der Nichtpersonenversicherung werden solche Fallgestaltungen eher selten sein. In der Personenversicherung treten sie hingegen häufig in Form der Bezugsberechtigung auf (näher unten Rn. 13 f.). 5. Dinglich an der Versicherungsforderung Berechtigte Keine Anwendung finden die §§ 43 ff. auf die Rechte der Grundpfandgläubiger (In- 10 haber von Hypotheken und Grundschulden) an der Entschädigungsforderung. Deren Rechte ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz, §§ 1127, 1128 Abs. 3 BGB ggf. i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB. Einer vertraglichen Vereinbarung zwischen VR und VN bedarf es nicht. Gleiches gilt beim Nießbrauch, wenn nicht der VN, sondern der Eigentümer die Sache versichert hat (§§ 1045 Abs. 2, 1046 BGB).11 Die Stellung der jeweiligen Gläubiger ist stärker als die des Versicherten, weil letzterer regelmäßig nicht verfügungsbefugt ist. Da der Hypothekar nicht Versicherter ist, schadet dessen Brandstiftung dem VN nicht. Auf den leistenden VR geht der Schadensersatzanspruch des VN gegen den Hypothekar nach § 86 über.
8 9 10
Ferner Kisch PVR III 416. Ebenso Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 4. BGH 2.2.1977 VersR 1977 346, 347; Prölss/
11
Martin/Prölss Vor § 74 Rn. 4; Kisch PVR III 399; Lenné 10; Nießen 13 f. Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 20.
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§ 43
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
6. Versicherung einer fremden Person für eigene Rechnung (Gefahrsperson)
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Bei einer Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Unfall- oder Krankenversicherung, die nicht auf die Person des VN, sondern auf die Person „eines anderen“ genommen wird (vgl. §§ 150 Abs. 1, 176, 179 Abs. 1, 193 Abs. 1), verwirklicht sich die versicherte Gefahr (Tod, Berufsunfähigkeit, Unfall oder Krankheit) nicht in der Person des VN, sondern in der eines Dritten. Ob der andere – die Gefahrsperson – eigene Rechte aus dem Versicherungsvertrag erlangt, hängt davon ab, ob die Versicherung für fremde Rechnung – also für Rechnung der Gefahrsperson genommen ist – oder nicht. Für die Unfallversicherung wird dies gemäß § 179 Abs. 1 S. 2 vermutet. In der Krankenversicherung besteht eine solche Vermutung dagegen nicht. Insoweit gilt gemäß §§ 194 Abs. 3, 43 Abs. 3 die Krankenversicherung – etwa eine Familienversicherung – im Zweifel auf eigene Rechnung genommen. Zu dieser Gruppe zählt auch die Restschuldversicherung. Bei dieser zur Absicherung 12 etwa von Bauherren-Eigenleistungen abgeschlossenen Versicherung ist nur das Risiko des Kreditgebers bei einem Ausfall der Tilgung durch den Kreditnehmer versichert. Dem Bauherren, dessen Eigenleistungen infolge Erkrankung ausfallen, steht daher im Rahmen eines solchen Versicherungsvertrages kein eigener Anspruch auf Auszahlung der Versicherung zu. Das Gleiche gilt für die von einigen Bausparkassen abgeschlossenen Restschuldversicherungen auf das Leben des Darlehensnehmers.12 7. Bezugsberechtigung
13
Die Bezugsberechtigung ist eine Form der Drittbegünstigung, bei welcher der VN nicht ein fremdes, sondern sein eigenes Interesse versichern lässt und seinen Versicherungsanspruch im Wege eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages zugunsten Dritter einem anderen zuwendet.13 Die Bezugsberechtigung spielt eine Rolle in der Personenversicherung, vor allem in der Lebensversicherung und in der Unfallversicherung, soweit sie als Summenversicherung ausgestaltet ist. Die Bezugsberechtigung hat sich in diesen Versicherungszweigen als unkomplizierte Form der Drittbegünstigung aufgedrängt: Während es bei der Versicherung für fremde Rechnung einer Einigung zwischen VN und VR darüber bedarf, dass ein Dritter berechtigt ist, eigene Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen, genügt für die Einräumung einer Bezugsberechtigung in der Lebens-, Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherung – abweichend von § 328 Abs. 1 BGB – eine einseitige Willenserklärung des VN gegenüber dem VR (vgl. §§ 159 Abs. 1, 176, 185 sowie § 13 Abs. 4 ALV 2008). Die Bezugsberechtigung kann widerruflich (vgl. § 159 Abs. 2) oder unwiderruflich (§ 159 Abs. 3) ausgestaltet sein. Letzteres kommt in der Praxis eher selten vor. Die Stellung als Bezugsberechtigter unterscheidet sich von derjenigen eines Versicher14 ten in der Versicherung für fremde Rechnung in mannigfaltiger Hinsicht.14 Seine Stellung ist einerseits schwächer als die des Versicherten, weil er anders als der Versicherte nicht seinerseits eine Bezugsberechtigung einräumen kann. Weiterhin erwirbt der Bezugsberechtigte das Recht nicht schon bei Vertragsschluss, sondern – insoweit vergleichbar mit einem testamentarisch eingesetzten Erben – erst mit Eintritt des Versicherungsfalls. Bis dahin kann die Bezugsberechtigung – falls sie, wie dies das Gesetz als Regelfall vorsieht
12 13
LG Osnabrück 23.6.1982 VersR 1983 871. Mot. 224 f.; HK-VVG/Muschner § 43 Rn. 4; Beckmann/Matusche-Beckmann/Arm-
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brüster § 6 Rn. 92; E. Lorenz FS Schwebler 350 f. Dazu Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 4.
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Begriffsbestimmung
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(§ 159 Abs. 1, § 13 Abs. 1 S. 2 ALV 2008), widerruflich ausgestaltet ist – einseitig vom VN widerrufen werden (§ 13 Abs. 4 ALV 2008). Andererseits steht der Bezugsberechtigte günstiger als der Versicherte, weil er selbst das Verfügungsrecht über seine Forderung hat und nicht mit Obliegenheiten belastet ist. Die Bezugsberechtigung muss ausdrücklich eingeräumt sein, während sich eine Versicherung für fremde Rechnung aus den Umständen ergeben kann. Erstere kann vom VN jedem beliebigen Dritten eingeräumt werden, insb. Familienangehörigen und Kreditgebern, die gegen den Ausfall der versicherten Person abgesichert werden sollen, die Stellung des Versicherten vermag der VN nur dem Interesseträger zu verschaffen. 8. Eintrittsberechtigte § 170 Abs. 1 und 2 räumt dem Bezugsberechtigten ein Recht zum Eintritt in den 15 Lebensversicherungsvertrag ein, wenn in die Versicherungsforderung ein Arrest vollzogen, eine Zwangsvollstreckung vorgenommen oder das Insolvenzverfahren über das Vermögen des VN eröffnet wird. Macht der Bezugsberechtigte von seinem Recht Gebrauch, wird er Vertragspartner des VR mit allen Rechten und Pflichten. Der ursprüngliche VN sinkt zur versicherten Person herab.15 Der Bezugsberechtigte hat nun die Forderungen der betreibenden Gläubiger oder der Insolvenzmasse bis zur Höhe des Betrags zu befriedigen, dessen Zahlung der VN im Fall der Kündigung des Versicherungsverhältnisses vom VR verlangen könnte. 9. Erwerber der versicherten Sache Veräußert der VN die versicherte Sache, wird die Versicherung dadurch nicht zu einer 16 Versicherung für fremde Rechnung. Es findet vielmehr eine Umwandlung statt, da der Erwerber und neue Träger des versicherten Interesses nach § 95 Abs. 1 an Stelle des alten Eigentümers in den Vertrag eintritt und die Versicherung – auf eigene Rechnung – weiterführt.16 In der Gebäudeversicherung ist das Interesse des Käufers in der Zeit zwischen Gefahrübergang und Eigentumswechsel durch Grundbuchumschreibung im Zweifel nach § 48 mitversichert (dazu § 48 Rn. 10). 10. Geschädigte Dritte in der Haftpflichtversicherung Die Haftpflichtversicherung dient zwar auch – die obligatorische Haftpflichtversiche- 17 rung sogar vorwiegend – dem Schutz des geschädigten Dritten. Gleichwohl handelt es sich nicht um eine Versicherung für Rechnung des Geschädigten. Der Geschädigte hat in der freiwilligen Haftpflichtversicherung erst nach Abtretung 17 oder nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs (§§ 829, 835 ZPO) einen Leistungsanspruch gegen den VR. Im Fall der Insolvenz des VR kann er abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des VN verlangen (§ 110). Soweit der Dritte in der obligatorischen Haftpflichtversicherung unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 unmittelbar gegenüber dem VR anspruchsberechtigt ist, geht es nicht um den versicherungsrechtlichen Freistellungsanspruch, sondern um den auf Schadensersatz gerichteten Haftpflichtanspruch.
15 16
Hasse VersR 2005 15, 35. HK-VVG/Muschner § 43 Rn. 4; Nießen 14.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 26 ff.
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11. Begünstigte eines Regressverzichts
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Ist der Regress des VR gegen denjenigen Dritten, der den Schaden verursacht hat, aufgrund einer Verzichtserklärung des VR beschränkt, wirkt jede Schadensversicherung faktisch wie eine Haftpflichtversicherung für Rechnung des Dritten.18 Die Regressforderung verbleibt in einem solchen Fall beim VN; der VR kann den Übergang nach § 86 Abs. 1 nicht geltend machen. Ein Beispiel für einen gesetzlichen Regressverzicht ist § 86 Abs. 3, ein Beispiel für eine Regelung in AVB der Regressverzicht des Kaskoversicherers gegenüber Fahrer, Mieter und Entleiher (A.2.15 AKB 2008). Einen Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugunsten des Mieters (zumindest bei einfacher Fahrlässigkeit) hat die Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entwickelt.19 Von der Versicherung für fremde Rechung unterscheidet sich der Regressverzicht in seinen Wirkungen dadurch, dass der Dritte beim Regressverzicht keinen eigenen Anspruch gegen den VR auf Ersatz des Schadens erlangt. Zudem ist der Dritte nur geschützt, wenn der VN vom VR und nicht von ihm Ersatz des eingetretenen Schadens verlangt.20 Das wird praktisch zwar häufig der Fall sein; dem VN steht grundsätzlich aber ein Wahlrecht zu, wen er in Anspruch nimmt. Etwas anderes gilt nur, wenn das Rechtsverhältnis, das zwischen ihm und dem Dritten besteht, etwas anderes bestimmt.21 Hat der Dritte, der den Schaden verursacht, selbst eine Versicherung abgeschlossen, die für die Folgen des schädigenden Ereignisses aufzukommen hätte (z.B. eine Haftpflichtversicherung), hängt die Frage, ob bei Vorliegen eines Regressverzichts des VR des Geschädigten ein Ausgleich analog § 78 Abs. 2 S. 1 zwischen dem verzichtenden VR und dem VR des Schädigers stattfindet, von den Umständen ab. Die Rechtsprechung bejaht einen solchen Ausgleich zwischen einem Feuer- und einem Haftpflichtversicherer.22 12. Rückversicherung
19
Aus einem Rückversicherungsvertrag erwerben die bei dem Erstversicherer Versicherten keine Rechte.23
D. Tatbestand I. Prüfungsreihenfolge 20
Wenn sich aus dem Inhalt des Vertrags oder den Umständen ergibt, dass fremdes Interesse versichert werden soll, kommen hierfür zwei Varianten in Betracht: Der Antragsteller kann als Vertreter des Interesseträgers, also im fremden Namen, den Vertrag schließen (dann liegt Versicherung für eigene Rechnung des Interesseträgers vor). Er
18
19
20
BGH 18.3.1986 VersR 1986 755, 756; Bruck/ Möller/Sieg 8 Vor §§ 74–80 Anm. 13; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 22. BGH 18.6.2008 NJW-RR 2008 1413, 1414; dazu auch Looschelders/Pohlmann/Brand Vor § 142 Rn. 6; Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 28 f. BGH 18.3.1986 VersR 1986 755, 756; BGH 23.1.1991 VersR 1991 462, 463; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 51.
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23
BGH 18.3.1986 VersR 1986 755, 756; BGH 23.1.1991 VersR 1991 462, 463. BGH 13.9.2006 VersR 2006 1536; OLG Koblenz 9.3.2007 VersR 2007 687; OLG Köln 3.7.2007 VersR 2007 1411; OLG Bamberg 11.10.2007 VersR 2007 1651. Siehe Langheid/Wandt/Looschelders § 209 Rn. 36 ff.
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Begriffsbestimmung
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kann aber auch als VN in eigenem Namen auftreten (dann liegt Versicherung für fremde Rechnung vor). Nach der Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 ist im Zweifel davon auszugehen, dass der VN nicht als Stellvertreter, sondern im eigenen Namen gehandelt hat und entsprechend Versicherung für fremde Rechnung vorliegt, und zwar selbst dann, wenn der Dritte benannt worden ist. § 43 Abs. 2 bedingt daher als vorrangige lex specialis § 164 Abs. 1 S. 2 BGB ab: Wenn der Vertragsinhalt auf Deckung des Risikos des Dritten geht, würde sich danach aus den Umständen ergeben, dass der Antragsteller als Vertreter jenes Dritten abschließt.24
II. Vertragsschluss im eigenen Namen 1. Handeln im eigenen Namen; Abgrenzung zur Stellvertretung und zu § 1357 BGB Der Antragsteller schließt den Versicherungsvertrag im eigenen Namen und damit 21 eine Versicherung für fremde Rechnung ab, wenn der VR als Erklärungsempfänger die vom Antragsteller abgegebene Willenserklärung objektiv so verstehen konnte und durfte, dass dieser selbst Vertragspartner des VR werden wollte. Der Antragsteller kann sich dabei seinerseits durch einen Stellvertreter vertreten lassen.25 Hat der Antragsteller indes ausdrücklich als Vertreter gehandelt oder haben ihn die 22 Umstände 26 als Vertreter erkennen lassen (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB), finden die bürgerlichrechtlichen Regeln über die Stellvertretung Anwendung. Das ist etwa der Fall, wenn Organmitglieder juristischer Personen, vertretungsberechtigte Gesellschafter, Prokuristen oder Handelsbevollmächtigte unternehmensbezogene Versicherungsverträge abschließen.27 Bei Personengesellschaften (OHG, KG) gilt dies unbeschadet der Tatsache, dass die Gesellschafter aufgrund der Verfassung der Gesellschaft (gesamthänderische Beteiligung der Gesellschafter) mitversichert sind, etwa in der Kaskoversicherung wo die Gesellschaft Trägerin des versicherten Sachwertinteresses ist, die Gesellschafter aber das (mitversicherte) Sachersatzinteresse innehaben.28 In der Vor-GmbH wird man unternehmensbezogenes Handeln mit der Folge des Abschlusses des Versicherungsvertrages in Namen der Gesellschaft nur annehmen können, wenn der Antragsteller hinreichend deutlich gemacht hat, dass die Gesellschaft verpflichtet werden soll.29 Im Allgemeinen spricht bereits die Unterschrift unter einem Firmenstempel auch ohne Vertretungszusatz dafür, dass der Unterzeichnende als Vertreter gehandelt hat.30 Wenn der Inhaber des Unternehmens falsch bezeichnet ist oder ein Irrtum über seine Identität besteht, schließt dies allein ebenfalls unternehmensbezogenes Handeln noch nicht aus.31 Ebenso liegt keine Versicherung für fremde Rechnung vor, wenn eine Partei kraft 23 Amtes (Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter) auf Grundlage ihrer gesetzlichen Ermächtigung einen Versicherungsvertrag über 24 25
26 27
Ritter/Abraham § 52 Anm. 15. LG Osnabrück 19.9.1962 VersR 1963 448, 449; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 6. Dazu etwa FG Bremen 18.4.1988 EFG 1988 601 f. BGH 13.11.1996 VersR 1997 477, 478; BGH 13.10.1994 NJW 1995 43; BGH 15.1.1990 NJW 1990 2678; BGH 28.2.1985 NJW 1986 1675.
28
29 30 31
BGH 5.3.2008 VersR 2008 634; Bruck/ Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 24; Langheid/ Wandt/Dageförde § 43 Rn. 34. Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 33. BGH 3.2.1975 NJW 1975 1166. Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 33.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
Gegenstände schließen, die ihrer Verwaltung unterliegen.32 Soweit Stellvertretung vorliegt, verdrängen § 2 Abs. 3 und § 20 den § 166 BGB.33 Uneingeschränkt gelten die bürgerlich-rechtlichen Regeln über Anscheins- und Duldungsvollmacht.34 Schließt der Antragsteller zwar im fremden Namen, aber ohne Vertretungsmacht den 24 Versicherungsvertrag ab, gelten die §§ 177 ff. BGB. Die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags hängt also von der Genehmigung des Vertretenen ab. Verweigert der Vertretene diese, hat der Vertreter gemäß § 179 Abs. 1 BGB nach Wahl des VR entweder zu erfüllen oder den Schaden zu ersetzen. Wählt der VR Erfüllung, wird der Vertreter jedoch nicht Vertragspartner, weil die gesetzliche Haftung aus § 179 BGB Abs. 1 nichts an der Unwirksamkeit des Vertrages ändert. Die Vorschrift des § 179 Abs. 1 BGB gewährt dem Geschäftspartner nämlich keinen vertraglichen Anspruch gegen den vollmachtlosen Vertreter, dieser haftet ihm vielmehr nur kraft Gesetzes auf Vertragserfüllung. Da dem Vertreter das Interesse fehlt, kann der VR gem. § 80 Abs. 1 S. 2 eine angemessene Geschäftsgebühr bis zu dem Zeitpunkt verlangen, zu dem er Kenntnis von der endgültigen Unwirksamkeit des Vertrages erhält. Im Anwendungsbereich der Schlüsselgewalt aus § 1357 BGB ist ebenfalls kein Raum 25 für die Annahme einer Versicherung für fremde Rechnung. Liegen die Voraussetzungen des § 1357 BGB 35 für den Abschluss eines konkreten Versicherungsvertrags vor, verpflichtet der Ehegatte, der den Versicherungsvertrag abschließt, zugleich seinen Ehepartner mit. Beide werden VN. Welche Versicherungsverhältnisse in Ausübung der Schlüsselgewalt eingegangen oder verlängert werden können, hängt von den Lebensverhältnissen der Ehegatten ab. Hausrats- und Krankenversicherung werden regelmäßig von der Schlüsselgewalt erfasst sein.36 Mit steigendem Wohlstand können auch Lebens-, Haftpflicht-, Kraftfahr- oder Transportversicherung unter § 1357 fallen. 2. Auslegungsregel für Zweifelsfälle (Abs. 2)
26
Ergibt sich weder aus dem Versicherungsantrag noch aus den Umständen des Einzelfalls eindeutig, dass der Antragsteller den Versicherungsvertrag im fremden Namen schließen wollte, legt § 43 Abs. 2 fest, dass „im Zweifel“ die Versicherung für fremde Rechnung genommen wird. Dabei handelt es sich – entgegen dem Wortlaut der Bestimmung um eine widerlegbare Auslegungsregel, nicht um eine Rechtsvermutung nach § 292 ZPO.37 § 43 Abs. 2 hat zwei Voraussetzungen:38 (1) Es muss feststehen, dass der Antragsteller ein fremdes Interesse versichern wollte. Das ist nur dann der Fall, wenn eine ausdrückliche vertragliche Regelung dies festlegt, oder wenn aufgrund der Umstände die Vermutung des § 43 Abs. 3 widerlegt ist. (2) Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls darf die Auslegung des Versicherungsvertrags zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt haben, ob der Antragsteller in eigenem oder in fremdem Namen gehandelt hat. 32 33
34
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 21; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 40. Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 40; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 4; Lenné 108. Für eine Duldungsvollmacht mit versicherungsrechtlichem Hintergrund siehe BGH 27.9.1956 BB 1956 978. Dazu MünchKomm-BGB/Roth § 1357 Rn. 13 ff.
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36 37
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 27. BGH 7.1.1965 VersR 1965 274; BGH 11.12.1996 VersR 1997 477, 478; ÖOGH 11.12.1986 VersR 1988 502; Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 32. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 5.
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Bedeutung hat die Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 z.B. bei Bruchteilsgemeinschaften 27 (Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft). Wird hier Versicherung für einen Gegenstand genommen, welcher der Gemeinschaft gehört, kann der Antragsteller entweder als Vertreter der übrigen handeln oder im eigenen Namen für deren Rechnung Versicherung nehmen, soweit es sich nicht um seinen eigenen Anteil handelt. Nach § 43 Abs. 2 liegt im Zweifel Versicherung für fremde Rechnung vor.39 Weichen Versicherungsantrag und Versicherungsschein hinsichtlich der Stellung des 28 Antragstellers als Versichertem oder VN voneinander ab, ist § 5 anzuwenden.40 Werden zwei Personen im Versicherungsvertrag als VN bezeichnet, kann die Auslegung ergeben, dass nur eine von ihnen VN und die andere Versicherte i.S.d. § 43 ist.41 Für das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem gilt § 43 Abs. 2 entgegen 29 einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 42 nicht. Das liegt daran, dass die Norm eine Schutzvorschrift zugunsten des VR ist. Dem entsprechend gilt sie nur im Rahmen derjenigen Beziehungen, an denen der VR beteiligt ist. Der Versicherte hat nicht die Wahl, ob er den Schutz des § 43 Abs. 2 annehmen oder sich auf den Boden des § 164 Abs. 1 BGB stellen will.
III. Vertragsschluss für einen anderen 1. Versicherung eines fremden Interesses Für einen anderen ist die Versicherung geschlossen, wenn nicht (nur) das Interesse des 30 VN versichert ist. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse des VN am Abschluss der Versicherung schließt das Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung nicht aus.43 Die Parteien des Versicherungsvertrages müssen sich aber einig sein, dass (auch) ein Vermögensnachteil eines Dritten – Eigenschaden/Fremdschaden in Form der Belastung mit einer Verbindlichkeit – ausgeglichen werden soll. Wer Träger des versicherten Interesses ist, muss nicht ausdrücklich im Versicherungs- 31 vertrag bezeichnet sein. Es genügt, wenn sich aus den Umständen eindeutig ergibt, wer Träger sein soll. In der Praxis ist oft bereits in den AVB festgelegt, wer versichert ist. Maßgeblich für die Bestimmung der Umstände ist die objektive Rechtslage.44 Für das Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung ist es entsprechend gleichgültig, ob dem VR bekannt ist, dass ein Dritter Träger des versicherten Interesses ist, ob der VR den VN als Eigentümer ansieht, oder ob sich der VN bei Vertragsschluss für den Eigentümer hält oder sich als solcher bezeichnet.45 Wessen und welches Interesse im Einzelnen versichert ist, muss vielmehr durch Auslegung des Versicherungsvertrages einschließlich der wirksam einbezogenen AVB und der sonstigen Umstände ermittelt werden. Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Auslegung sind ausdrückliche Regelungen der Parteien im Vertrag sowie gesetzliche Auslegungs- oder Vermutungsregeln. Liegen hin-
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41 42 43
RG 13.5.1938 RGZ 157 313, 319; Lenné 53. OLG Köln 30.7.1979 VersR 1979 1094; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 8. FG Bremen 18.4.1988 EFG 1988 601 f. Kisch PVR III 390; wie hier Bruck/Möller/ Sieg 8 § 43 Anm. 17. BVerwG 11.11.1986 VersR 1987 273;
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 13. BGH 18.10.2000 VersR 2001 53; BGH 6.7.1988 VersR 1988 949; OLG Hamm 2.10.1992 RuS 1993 247; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 45. BGH 18.10.2000 VersR 2001 53.
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reichend konkrete Anhaltspunkte vor, kommt auch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht.46 Unter den möglichen Auslegungskriterien ist zunächst darauf abzustellen, welche 32 Interessen überhaupt durch die fragliche Versicherung abgedeckt werden können (vgl. etwa für die Sachversicherung unten Rn. 35 ff.). Ist eine Sache versichert, kommt es des Weiteren maßgeblich auf die Eigentumsverhältnisse an der Sache an (unten Rn. 37, 42). 2. Wegfall und Nichtbestehen des Interesses
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Interessewegfall nach § 80 sowie eine Überversicherung nach § 74 sind aus der Person des Versicherten heraus zu beurteilen.47 An einem versicherten Interesse fehlt es in der reinen Fremdversicherung, wenn der Versicherte den Erwerb der Rechte nach § 333 zurückweist. 3. Besonderheiten einzelner Versicherungszweige
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a) Haftpflichtversicherung. Die Haftpflichtversicherung kann Versicherung für fremde Rechnung sein, wenn der VN das Bedürfnis hat, neben sich selbst weitere Personen, zu denen er in Verbindung steht, mitzuversichern oder wenn eine Betriebshaftpflichtversicherung vorliegt, welche nach der dispositiven Vorschrift des § 102 auch die persönlichen Haftpflichtrisiken der gesetzlichen Vertreter und der zur Leitung oder Beaufsichtigung angestellten Personen abdeckt. I.d.R. sind die versicherten Personen im Versicherungsvertrag zwar nicht namentlich bezeichnet, jedoch durch persönliche Merkmale individualisiert. In der Betriebshaftpflichtversicherung (Ziff. 7.1.2 GDV-Muster-Tarifstruktur für die Allgemeine Haftpflichtversicherung 2007 Allgemeiner Teil 2008) und in der Umweltschadensversicherung (Ziff. 1.2 USV) sind es die Betriebsangehörigen, in der Privathaftpflichtversicherung sind es u.a. der Ehegatte und die in häuslicher Gemeinschaft lebenden unverheirateten Kinder des VN (Ziff. 1 GDV-Muster-Tarifstruktur für die Allgemeine Haftpflichtversicherung 2007 Privathaftpflicht). In der Berufshaftpflichtversicherung sind die beim VN angestellten Berufsträger (§ 1 Abs. 3 AVB-Vermögen) versicherte Personen. Bei diesen Versicherungstypen ist sowohl das Fremdschaden-/ Haftpflichtinteresse des VN als auch das der versicherten Personen versichert (sog. kombinierte Eigen- und Fremdversicherung). Um eine reine Fremdversicherung zugunsten der Organmitglieder und leitenden Angestellten des VN handelt es sich bei der D&O-Versicherung (Ziff. 1 AVB-AVG 2007). b) Sachversicherung
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aa) Grundlagen. In der Sachversicherung sind drei verschiedene Interessen voneinander zu unterscheiden: das Sacherhaltungsinteresse, das Sachnutzungs- und das Sachersatzinteresse.48 Unter dem Sacherhaltungsinteresse versteht man das Interesse, den Substanzwert der Sache im Vermögen zu haben.49 Ist eine Sache zerstört, deckt sich das Sacherhaltungsinteresse mit dem Wiederherstellungsinteresse. Primär ist Träger des Sacherhaltungsinteresses der sachenrechtliche Eigentümer der Sache. Ausnahmen gelten
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BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393 = VersR 2001 94, 96. BGH 22.9.1958 BGHZ 28 137, 141; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 15.
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Nießen 21; Prölss RuS 1997 221, 222. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 11.
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§ 43
in der Transport- und in der Betriebsunterbrechungsversicherung, § 3 Abs. 5 VGB 88/94. Ausnahmsweise kann auch ein Nichteigentümer ein versicherbares Sacherhaltungsinteresse haben (dazu sogleich Rn. 37). Das Sachnutzungsinteresse ist das Interesse des Sachnutzers, die Sache zeitweilig gebrauchen zu können. Bei diesem Interesse handelt es sich um ein grundsätzlich versicherbares Interesse, das häufig auch das Motiv für den Abschluss des Versicherungsvertrags darstellt. In den gängigen AVB ist das Sachnutzungsinteresse ebenso wie ein etwaiges Rückzahlungsinteresse des Kreditgebers oder das Interesse des Pfandgläubigers, die Sache als Gegenstand seines Pfandrechts zu erhalten, nicht mitversichert. Das Sachersatzinteresse bezeichnet das Interesse einer Person, dem sachenrechtlichen Eigentümer der Sache nicht für deren Beschädigung, Zerstörung oder Verlust zum Ersatz verpflichtet zu sein und so einen Haftungsschaden zu erleiden.50 Die Individualisierung des Interesses erfolgt anhand dieser Typologie der Interessen 36 und derjenigen Personen, die nach der Vereinbarung im jeweiligen Versicherungsvertrag Träger des Interesses sind. So ist z.B. in der Feuerversicherung (Abschnitt A § 3 Ziff. 5 AFB 2008) bestimmt, dass die Versicherung für Rechnung des VN und des Eigentümers genommen gilt, soweit der VN die versicherten Sachen unter Eigentumsvorbehalt erworben oder mit Kaufoption geleast, sie zur Sicherheit übereignet, als Mieter auf seine Kosten angeschafft und in das Gebäude eingefügt hat oder ihm zur Bearbeitung, Benutzung, Verwahrung oder zum Verkauf in Obhut gegeben wurden. Grundsätzlich geben die ausdrücklichen Regelungen der Parteien im Versicherungsvertrag darüber Aufschluss, wessen Interesse konkret versichert ist. Fehlt es an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung, ist bei der Ermittlung der versicherten Interessen zu unterscheiden zwischen den Fällen, in denen der VN eine eigene Sache versichert, und Fällen, in denen ein Nichteigentümer Versicherung nimmt. bb) Versicherung eigener Sachen (1) Sacherhaltungsinteresse. Gehört die versicherte Sache dem VN, ist regelmäßig 37 dessen Eigeninteresse an der Erhaltung der Sache versichert.51 Ausnahmsweise ist auch das Sacherhaltungsinteresse Dritter versicherbar. Das ist dann der Fall, wenn diese als „wirtschaftliche Eigentümer“ anzusehen sind. Die Rechtsprechung hat dies angenommen für Sicherungsgeber einer Sache, die zur Sicherheit übereignet wird, sofern der Sicherungsnehmer nicht nach §§ 95 ff. in den Vertrag eintritt,52 Käufer eines Grundstücks für die Zeit nach Gefahrübergang bis zur Eintragung ins Grundbuch,53 Eigentumsvorbehalts-54 und Versendungskäufer,55 Mieter, die ein dingliches Wegnahmerecht aus § 539 Abs. 2 BGB an einer Sache haben, die im Eigentum des Vermieters steht,56 Leasingnehmer, wenn sie die Gefahr des Untergangs, des Verlusts und der Beschädigung der betreffenden Sache tragen, wie dies nach den gängigen AVB üblich ist, wenn die Parteien
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BGH 27.10.1993 VersR 1994 85, 86. BGH 5.3.2008 BGHZ 175 374, 377 = VersR 2008 634; BGH 27.10.1993 VersR 1994 85; Nießen 21. BGH 28.10.1953 BGHZ 10 376, 378; BGH 27.9.2006 NJW 2007 290, 291; OLG Köln 21.5.1996 SP 1996 287 f.; Langheid/Wandt/ Dageförde § 43 Rn. 16. BGH 18.10.2000 VersR 2001 53; LG Düsseldorf 3.9.1992 RuS 1995 425; siehe auch
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Martin SVR J II Rn. 24; Brünjes VersR 1995 1416, 1418; a.M. Bruck/Möller/Sieg/Johannsen 8 Bd. III Anm. C 27; Sieg VersR 1995 125, 126. Berliner Kommentar/Dörner § 69 Rn. 30 ff.; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 47; Brünjes 87 ff. Brünjes 75 ff.; Nießen 22. Zum Normvorgänger § 547a Abs. 1 BGB a.F. BGH 12.6.1991 NJW 1991 3031.
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eine Kaufoption vereinbart haben,57 sowie Fälle, in denen die fragliche Sache dem VN vom Eigentümer zur Bearbeitung, Benutzung, Verwahrung oder zum Verkauf in Obhut gegeben wurde.58 Früher hatte der BGH 59 Zweifel angemeldet, ob ein Sacherhaltungsinteresse – und nicht bloß ein Sachersatzinteresse – dieses Personenkreises tatsächlich versicherbar ist, da er sah, dass dadurch entgegen der Typologie des Gesetzes aus der Sach- eine Haftpflichtversicherung zugunsten des Nichteigentümers wird, dessen Haftung gegenüber dem Eigentümer wegen Sachbeschädigung und -zerstörung mitversichert ist. Diese Bedenken hat der BGH mittlerweile fallen gelassen, da er anerkennt, dass der VN, der eine ihm gehörende Sache versichert, ein schützenswertes Interesse an der Mitversicherung des wirtschaftlichen Eigentümers hat, da anderenfalls seine Vertragsbeziehungen zu diesem gestört würden.60 Ob das Interesse von Nichteigentümern dieser Art im Einzelfall tatsächlich mitversichert ist, muss im Wege der Auslegung des Versicherungsvertrags ermittelt werden.61 Mangels Versicherbarkeit nicht versichert ist das Interesse des Mieters eines Hausgrundstücks an der Erhaltung der Substanz des Hauses oder das Interesse des Frachtführers am Erhalt des Transportguts. In beiden Fällen ist das Erhaltungsinteresse, das die betreffenden Nichteigentümer haben, ein nur mittelbares.62 Das Sacherhaltungsinteresse ist regelmäßig in Höhe des vollen Sachwertes versicher38 bar.63 In Fällen, wo ein Nichteigentümer die fragliche Sache in Obhut genommen hat, bestimmt sich die Höhe des Versicherungswertes nach dem Interesse des Eigentümers.64 Beim sachenrechtlichen Eigentümer kann das versicherbare Interesse ausnahmsweise auch fehlen, nämlich dann, wenn bei der Sicherungsübereignung die gesicherte Schuld bereits vollständig getilgt ist, das Sicherungseigentum aber nach der Sicherungsabrede nicht automatisch an den Sicherungsgeber zurückfällt.65 Ebenso wird ein Vermieter an Einrichtungsgegenständen, die einem Wegnahmerecht des Mieters nach § 539 Abs. 2 BGB unterliegen, regelmäßig kein Sacherhaltungsinteresse haben.66 Ob im Übrigen tatsächlich sowohl das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers als auch dasjenige des Dritten versichert ist, ist wiederum eine Frage der Auslegung des konkreten Versicherungsvertrags.67
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(2) Sachersatzinteresse. Die Auslegung des Vertrages kann auch ergeben, dass über das Sacherhaltungsinteresse hinaus das Sachersatzinteresse des berechtigten Fremdbesitzers (z.B. eines zur Obhut Verpflichteten oder eines obligatorisch oder dinglich zur Nutzung Berechtigten) mitversichert ist.68 Das ergibt sich daraus, dass es den Parteien in
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 38; Fischer-Czermak ZVerkR 1997 38; zu den Grenzen BGH 25.3.1998 BB 1998 1126. Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 47. BGH 23.1.1991 VersR 1991 462; BGH 18.12.1991 VersR 1992 311; kritisch Prölss RuS 1997 221, 222. Zustimmend Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 11; Prölss RuS 1997 221, 224. BGH 12.6.1991 RuS 1991 346 f.; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 49. BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727, 728.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 39. Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 47. A.M. Sieg VersR 1995 125, 126 Fn. 16. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 39; Prölss VersR 1994 1404 f.; a.M. E. Lorenz VersR 1994 1104, 1105. BGH 12.6.1991 NJW 1991 3031. BGHZ 175 374, 377 = VersR 2008 634; BGH 8.11.2000 BGHZ 145, 393 = VersR 2001 94, 95; BGH 28.3.2001 VersR 2001 713, 715.
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Begriffsbestimmung
§ 43
Ausübung ihrer Privatautonomie freisteht, zu bestimmen, wessen und welches Interesse mitversichert sein soll. Ist das Sachersatzinteresse eines Dritten mitversichert, kann der VR bei ihm keinen Regress nehmen.69 An diesem Punkt ist indes abzugrenzen. So kann die Auslegung auch ergeben, dass nur ein Regressverzicht des VR zugunsten eines berechtigten Fremdbesitzers vereinbart ist. Früher hat die Rechtsprechung auch Überlegungen angestrengt, ob nicht ein Haftungsausschluss zwischen dem VR und dem Dritten vereinbart ist. Diese Überlegungen hat sie mittlerweile aber abgebrochen.70 Maßgeblich kommt es auf den im Vertrag zum Ausdruck gebrachten, ggf. durch Auslegung ergänzten71 Willen der Parteien an. Eine stillschweigende Mitversicherung des Sachersatzinteresses wird man entgegen den bisher im Schrifttum vertretenen Ansichten weder pauschal annehmen72 noch pauschal ablehnen73 können. Auszugehen ist von der Rechtsregel des § 86. Dieser liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass ein Dritter regelmäßig vom VR in Anspruch genommen werden kann und selbst für Versicherung sorgen muss.74 Wollen die Parteien von diesem Leitbild abweichen, müssen sie dies zum Ausdruck bringen. Regelmäßig wird man verlangen können, dass dies ausdrücklich geschieht, damit der VR keinen ungebührlichen Nachteil in Form des Verlustes der Regressmöglichkeit erleidet. Anders ist aber zu entscheiden, wo von vornherein für beide Vertragsparteien klar ist, dass der versicherte Gegenstand von einer dritten Person genutzt werden wird, etwa weil es sich um eine typischerweise zur Vermietung oder Verpachtung bestimmte Sache handelt. Hier wird sich im Wege der Auslegung auch eine stillschweigende Mitversicherung annehmen lassen.75 Ist mit der Benutzung durch einen Dritten keine Gefahrerhöhung verbunden, gilt diese Regel auch für den Fall der Mitbenutzung der versicherten Sache durch einen Dritten.76 Beispiele: Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat der BGH eine Mitversiche- 40 rung des Sachersatzinteresses der einzelnen Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum und dem Sondereigentum der anderen Mitglieder der Gemeinschaft in einer Gebäudeversicherung angenommen, die durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen wird.77 Dies begründet der Gerichtshof damit, dass dort eine besondere Verbundenheit der Wohnungseigentümer untereinander bestehe und daher auch ein Sachersatzinteresse einzelner Wohnungseigentümer in Bezug auf Schäden am Gemeinschaftseigentum und am Sondereigentum der anderen Wohnungseigentümer gegeben sei. Anders liegt der Fall aber, wenn ein Wohnungseigentümer nicht nur seinen Bruchteil, sondern die gesamte Sache versichert hat. Dann liegt ein Fall der kombinierten Eigenund Fremdversicherung vor, bei dem die übrigen Bruchteilseigentümer Versicherte sind.78
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 33. Vgl. dazu noch BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393 = VersR 2001 94, 96 mit Anm. E. Lorenz und Wolter. BGH 13.9.2006 VersR 2006 1530; Langheid/Wandt/Dageförde § 43 Rn. 9. Prölss/Martin/Prölss § 80 Rn. 2 ff. und 13 ff.; Martin SVR J II Rn. 1 ff.; Armbrüster 78 ff.; Honsell VersR 1985 301. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 34; Krause 280 ff.; E. Lorenz VersR 1992 399.
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BGH 30.4.1959 BGHZ 30 40, 44; BGH 7.12.1961 VersR 1962 129. In diesem Sinne wohl ÖOGH 26.5.1993 VersR 1993 1303, 1304; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 54. ÖOGH 26.5.1993 VersR 1993 1303, 1304. BGH 28.3.2001 VersR 2001 713. BGH 8.2.1965 VersR 1965 425, 427; OLG Saarbrücken 9.7.1997 VersR 1998 883; OLG Düsseldorf 24.10.1995 NJW-RR 1996 1174, 1175; OLG Karlsruhe 4.7.1996 VersR 1997 104.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
Die Einbeziehung des Sachersatzinteresses zu Gunsten des Mieters – als dem nutzungsberechtigten Nichteigentümer – im Rahmen einer Gebäudeversicherung lehnt der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung ab.79 Zwar bedürfe der Mieter des Schutzes davor, bei einem nur leicht fahrlässig verursachten Brand des Gebäudes vom VR in Anspruch genommen zu werden. Um diesen Schutz zu erreichen, brauche der Mieter aber nicht als Mitversicherter in den Versicherungsvertrag einbezogen zu werden mit der Folge, dass ihm – entgegen möglichen Interessen des Vermieters – eigene Ansprüche gegen den VR zustünden. Der BGH hat stattdessen einen über die ergänzende Vertragsauslegung des Gebäudeversicherungsvertrages gewonnenen Regressverzicht des VR für die Fälle angenommen, in denen der Mieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (siehe auch oben Rn. 19).80 Schließt eine Kapitalgesellschaft oder ein Verein eine Versicherung ab, ist ebenfalls 41 durch Auslegung des Versicherungsvertrags zu ermitteln, ob das Sachersatzinteresse der Organe und Gesellschafter bzw. Vereinsmitglieder mitversichert ist. Bejaht hat der BGH den Einschluss des Sachersatzinteresses von Gesellschaftern und Geschäftsführern in der Kfz-Kaskoversicherung, soweit den betreffenden Personen gesellschaftsintern die Nutzung der betreffenden Kfz gestattet ist.81 Das gleiche gilt für Personengesellschaften (OHG, KG, GbR, Partnerschaftsgesellschaft), da ihnen wie juristischen Personen als verselbständigter Gesamthand das versicherte Sacherhaltungsinteresse zugewiesen ist. Der BGH rechtfertigt die Mitversicherung entsprechend mit der Überlegung, dass bei Personengesellschaften die Nutzung des versicherten Kfz und die Ausübung des unmittelbaren Besitzes daran der VN als körperschaftlich strukturierte und damit als solche nicht handlungsfähige Gesellschaft überhaupt nur durch natürliche Personen möglich sei.82 Für eine Mitversicherung in der Kfz-Kaskoversicherung spreche die innergesellschaftliche Interessenlage: Der Gesellschaft sei, für den VR erkennbar, daran gelegen, nicht in haftungsrechtliche Auseinandersetzungen mit ihren eigenen Gesellschaftern und Organen verwickelt zu werden, auf die sie zur Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft angewiesen ist, wenn die diesen anvertrauten Sachen beschädigt oder zerstört werden. Gesellschafter und Geschäftsführer könnten andererseits aufgrund ihres Innenverhältnisses zur Gesellschaft, der sie den Besitz an dem Kfz vermitteln, die berechtigte Erwartung hegen, dass ihnen der Schutz der abgeschlossenen Kaskoversicherung zugute komme, um nicht im Falle einer Beschädigung der Sache Regressansprüchen ausgesetzt zu sein. Ein bloßer Regressverzicht des VR genüge nicht, da das Interesse des VN auch und gerade darauf gerichtet sei, den Gesellschaftern und Geschäftsführern, die Einwirkungsmöglichkeiten auf die Sache haben, einen eigenen Anspruch gegen den VR zu verschaffen. Dem könne der VR angesichts des Umstandes, dass sich für ihn das versicherte und bei Begründung der vertraglichen Beziehungen erkennbare Risiko nicht erhöhe, gleichrangige eigene Interessen, die gegen eine Einbeziehung des Sachersatzinteresses sprächen, nicht entgegensetzen.
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cc) Versicherung fremder Sachen. Werden fremde Sachen versichert, ist der Versicherungsvertrag regelmäßig dahingehend auszulegen, dass diejenigen Interessen versichert sein sollen, die nach der objektiven Rechtslage als Gegenstand der Versicherung in
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BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393, 398 = VersR 2001 94. Näher – auch zur Rechtslage bei grober Fahrlässigkeit des Mieters – Looschelders/ Pohlmann/Brand Vor § 142 Rn. 6.
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BGH 5.3.2008 BGHZ 175 374, 381 ff. = VersR 2008 634. BGH 5.3.2008 BGHZ 175 374, 382 f. = VersR 2008 634.
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Begriffsbestimmung
§ 43
Betracht kommen.83 Im Zweifel ist demnach das Sacherhaltungsinteresse des jeweiligen Eigentümers versichert, da die Sachversicherung im Wesentlichen der Erhaltung des Sachwerts eines bestimmten Gegenstands in einem bestimmten Vermögen dient.84 Die Vermutung des § 43 Abs. 3 wäre demnach widerlegt: Es besteht zugunsten des Eigentümers Versicherung für fremde Rechnung. Ob dem VR bei Vertragsschluss bekannt war, dass der Gegenstand der Versicherung nicht im Eigentum des VN stand,85 oder ob er sich im Irrtum darüber befand, wer Eigentümer des betreffenden Gegenstandes ist,86 ist insoweit unerheblich. Das ist in der Sachversicherung der Fall, weil die Versicherungsleistung sich ausschließlich am Sachwert des Gegenstandes ausrichtet (vgl. z.B. Ziff. A 2.1 AKB 2008), so dass es auf die persönlichen Verhältnisse des Interesseträgers nicht ankommt. Dem VR kann es daher gleichgültig sein, ob das versicherte Interesse im Einzelfall dem VN oder dem Versicherten zusteht. Ist der VN als Besitzer gegenüber dem Eigentümer der Sache zur Obhut verpflichtet 43 (z.B. als Werkstattinhaber, Spediteur, Lagerhalter, Frachtführer oder Handwerker), ist ebenfalls das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers versichert. Hier besteht aber kein Zweifel, die Interessenlage ist vielmehr eindeutig.87 Die obigen Ausführungen zu den Zweifelsfällen gelten entsprechend. Neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers kann auch das Sachersatzinteresse des Besitzers mitversichert sein, so dass ein Regress nach § 86 Abs. 1 S. 1 ausgeschlossen ist. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist im Einzelfall durch Auslegung des Versicherungsvertrags zu ermitteln.88 Ergibt die Auslegung, dass Mitversicherung gewollt ist, bestehen insoweit keine Bedenken hinsichtlich einer etwaigen Benachteiligung des VR. Da sich die zu erbringende Versicherungsleistung nach dem Wert der versicherten Sache bestimmt, erhöht sich für ihn das versicherte Risiko nicht. Etwas anderes gilt für den Fall, dass der VN nach dem Gesetz zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung verpflichtet ist (§ 7a GüKG), deren maßgeblicher Inhalt die Abdeckung des Sachersatzinteresses ist.89 Dann besteht keine Veranlassung für den Sachversicherer, das Sachersatzinteresse (zusätzlich) mitzuversichern. Ist der VN als Besitzer gegenüber dem Eigentümer zur Nutzung der Sache, z.B. als 44 Leasingnehmer oder Mieter, berechtigt und/oder trägt er die Gefahr für die Sache, etwa als Eigentumsvorbehaltskäufer oder derjenige, der die versicherte Sache zur Sicherheit übereignet hat (sog. wirtschaftlicher Eigentümer), hat er regelmäßig ein eigenes Sacherhaltungsinteresse, das mitversichert ist. Solange der VN entweder den geschuldeten Schadensersatz oder – bei Eigentumsvorbehalts- oder Sicherungsgut – den Kaufpreis oder das Darlehen noch nicht voll (zurück-)gezahlt hat, ist daneben auch das Sacherhaltungsinteresse des Sicherungsnehmers und Eigentumsvorbehaltsverkäufers (und zwar in Höhe ihrer Rest- [Darlehens- oder Kaufpreis-]forderung) versichert.90 Es liegt eine kombinierte Eigen-/Fremdversicherung vor. Soweit die Sachsubstanzentschädigung die Restschuld übersteigt, steht sie dem Besitzer als wirtschaftlichem Eigentümer zu.91 Gleicht er den Schaden des mitversicherten (rechtlichen) Eigentümers aus (bevor dieser den VR in Anspruch genommen hat), steht ihm ein eigener Zahlungsanspruch gegen den VR zu. 83 84
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BGH 18.10.2000 VersR 2001 53, 54. BGH 19.4.1988 NJW 1988 2803; BGH 18.10.2000 VersR 2001 53, 54; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 55. BGH 19.4.1988 NJW 1988 2803, 2804. ÖOGH 23.11.1994 VersR 1995 1339, 1340. Ebenso Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 55. ÖOGH 23.11.1994 VersR 1995 1339, 1340;
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 60. BGH 7.5.2003 VersR 2003 1171; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 55; Prölss/ Martin/Prölss § 80 Rn. 14. Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 56. Martin SVR J IV 5; Looschelders/Pohlmann/ Koch § 43 Rn. 56.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
E. Vertragsschluss als solcher I. Grundlagen 45
Ob und mit welchem Inhalt bei der Versicherung für fremde Rechnung ein Versicherungsvertrag zustande gekommen ist, ergibt sich allein aus der Vereinbarung zwischen VR und VN. Einer besonderen Form bedarf diese nicht. Der Vertragsschluss im eigenen Namen hat zur Folge, dass der VN Vertragspartei wird. Für die Wirksamkeit des Vertrages kommt es auf seine Einigung mit dem VR, auf seine Verständnismöglichkeiten, auf seine Geschäftsfähigkeit, auf seinen Irrtum, auf seine Arglist und auf seine Kenntnis von Gefahrumständen an, die für den Entschluss des VR, den Vertrag abzuschließen, erheblich sind. Hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag ist zu unterscheiden. Die Pflichten treffen allein den VN. Er schuldet insbesondere Zahlung der Prämie (§ 1 S. 2). 46 Hinsichtlich der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ist eine differenzierte Betrachtung geboten. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein der versicherten Person zu (dazu § 44 Rn. 4 ff.). Hierzu zählen alle Forderungsrechte, die mit der Entschädigung zusammenhängen, nicht jedoch die den Vertrag als Ganzes betreffenden Gestaltungsrechte (dazu § 44 Rn. 7 f.). Diese verbleiben bei dem VN. Dieser hat zudem das Recht, vom VR die Aushändigung der Police zu verlangen, § 44 Abs. 1 S. 2. 47 Tatsachen, die den Bestand des Versicherungsvertrags berühren oder Willensmängel betreffen, sind grundsätzlich aus der Person des VN zu beurteilen, da nur dieser Vertragspartei ist.92 Es sind für den Bestand des Versicherungsvertrags dem Grunde nach aber nicht nur Willensmängel des Versicherten unbeachtlich: Der Versicherungsvertrag ist unabhängig davon wirksam, ob der Versicherte zugestimmt oder auch nur Kenntnis vom Abschluss des Vertrages hatte.93 Überhaupt kommt es nicht darauf an, ob der Vertragsschluss seinem Willen entspricht – dies ist nur für das Innenverhältnis von VN und Versichertem von Belang. Daher muss der Versicherte auch nicht geschäftsfähig sein.94 Gesetzliche und vertragliche Obliegenheiten nach Maßgabe des § 47 treffen ihn unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit.95 Auf diese kommt es nur insoweit an, als er seine Rechte nach Maßgabe der §§ 44, 45 geltend machen will. 48 Für die Auslegung der AVB kommt es bei der Versicherung für fremde Rechnung sowohl auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen VN als auch auf diejenigen des durchschnittlichen Versicherten an.96
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ÖOGH 14.5.1982 VersR 1982 687, 688; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 18; Corrodi 108 f. ÖOGH 19.4.1979 VersR 1980 936; Anli 28; Nießen 10. J. Huber 56 f.; Schneider ZVersWiss 1905 230, 251.
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Zu versicherungsrechtlichen Obliegenheiten und Minderjährigen im Allgemeinen Müller 203 ff. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 19.
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Begriffsbestimmung
§ 43
II. Anfechtung 1. Irrtumsanfechtung a) Anfechtung durch den VN. Wollte der Antragsteller als Vertreter für den Träger des Interesses handeln, führt die Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 aber dazu, dass eine Versicherung für fremde Rechnung anzunehmen ist, so kann der Antragssteller wegen Erklärungsinhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 BGB anfechten. Die Anfechtung ist nicht durch § 164 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, denn im Unterschied zu dieser Bestimmung sagt § 43 Abs. 2 nicht, dass der Willensmangel unbeachtlich sei. Will der VN anfechten, nachdem der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, so bedarf die Anfechtung der Zustimmung des Versicherten, wenn der VN diesem gegenüber zur Verschaffung des Versicherungsschutzes verpflichtet ist (vgl. Vor §§ 43–48 Rn. 35). Dieser Fall ist vergleichbar mit dem der Anfechtung des Versicherungsvertrages durch den ursprünglichen VN nach Veräußerung der versicherten Sache. Der VN schuldet dem VR Ersatz des Vertrauensschadens nach § 122 BGB. Der umgekehrte Fall, dass der Antragsteller Versicherung für fremde Rechnung nehmen wollte, aber der Vertrag ergibt, dass er als Vertreter gehandelt hat, ist angesichts der erschwerten Voraussetzungen für die Bejahung des wirksamen Vertreterhandelns kaum vorstellbar.97 Der VN kann ferner anfechten, wenn das Interesse, das er decken wollte, gar nicht dem im Versicherungsschein genannten Versicherten zusteht.98 In diesem Fall bedarf es der Anfechtung allerdings gar nicht, da ein anfänglicher Interessemangel vorliegt. Wird dennoch die Anfechtung erklärt, richten sich die Rechtsfolgen nicht nach § 122 BGB, sondern nach § 80 Abs. 1. Nach der vorrangigen Auslegungsregel des § 43 Abs. 3 ist eine Anfechtung wegen Irrtums ausgeschlossen, wenn Versicherung für fremde Rechnung gewollt, aber Eigenversicherung erklärt ist. Dann liegt eine wirksame Eigenversicherung vor. Gehörte die versicherte Sache nicht dem Versicherten, sondern dem VN selbst, wird die Versicherung für fremde Rechnung häufig in eine Eigenversicherung umzudeuten sein.99 Wenn das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem nichtig oder anfechtbar ist, der VN aber dennoch Versicherung für fremde Rechnung genommen hat, liegt lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum vor, der nicht zur Anfechtung berechtigt.100
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b) Anfechtung durch den VR. Auch der VR kann nach § 119 Abs. 1 BGB anfechten, 54 wenn er den Vertrag nicht als Versicherung für fremde Rechnung, sondern als Versicherungsvertrag mit dem Interesseträger, vertreten durch den Antragsteller, eingehen wollte, etwa weil ihm ersterer für die Prämienzahlung sicherer erscheint oder weil er es bei der Vertragsdurchführung nur mit einer Person zu tun haben möchte. Ebenso kann der VR anfechten, wenn er im Irrtum bezüglich der Person des bezeichneten Versicherten ist, weil dieser in Wirklichkeit nicht Interesseträger ist.101 Auch hier ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 80 Abs. 1. Nicht anfechten nach § 119 Abs. 1 BGB kann der VR mit der Begründung, er habe sich über Gefahrumstände geirrt, wenn VN und Versicherter nicht nach §§ 19 ff. verpflichtet waren, diese anzuzeigen, etwa weil sie erst nach dem maßgeblichen
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 28. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 20; Kisch PVR III 412 f.; Anli 32 und 57. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 28; Schwin-
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towski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 20; a.M. Kisch PVR III 416. Kisch PVR III 403. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 29.
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§ 43
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
Zeitpunkt102 bekannt geworden sind. §§ 19 ff. weisen derartige Gefahrumstände der Risikosphäre des VR zu. Anfechtungsgegner ist auf jeden Fall der VN, nicht der Versicherte.103 Ficht der VR an, steht dem VN ein Schadensersatzanspruch nach § 122 BGB zu. Dem Versicherten gegenüber ist der VR nicht nach § 122 BGB ersatzpflichtig, denn nur ein wirksamer atypischer Vertrag zugunsten Dritter schafft ein rechtliches Band zwischen diesem und dem VR;104 für eine Analogie zu § 122 BGB 105 fehlt es daher an der Vergleichbarkeit der Lebenssachverhalte. Die Interessen des Versicherten lassen sich im Wege der Drittschadensliquidation wahren.
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c) Rechtsfolgen. Ist wirksam wegen Irrtums angefochten, verliert der Versicherte rückwirkend die Deckung. Auf seine Kenntnis vom Irrtum kommt es nicht an.106 Das ist Ausprägung der Folgepflicht des Versicherten (dazu Rn. 61). 2. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
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Hat der VN den VR arglistig getäuscht, kann dieser ihm gegenüber anfechten. Die Anfechtung wirkt dann auch gegenüber dem Versicherten, §§ 123 Abs. 1, 334 BGB. Ob der Versicherte dabei von der Täuschung gewusst hat oder von ihr hätte wissen müssen, ist gleichgültig. § 123 Abs. 2 S. 2 BGB ist nicht einschlägig. Diese Vorschrift knüpft an § 123 Abs. 2 S. 1 BGB an, geht also von einer Täuschung durch einen Dritten, nicht von der Täuschung durch eine Vertragspartei aus. Die Täuschungsanfechtung des VR wirkt sich auch zu Lasten der Gefahrsperson aus. Diese hat zwar im Unterschied zum Versicherten keinen Anspruch, dessen sie verlustig gehen könnte, aber sie kann doch mittelbar Nachteile aus dem Vertragswegfall haben.107 Hat der VR arglistig getäuscht, so ist der VN ihm gegenüber anfechtungsberechtigt, 57 muss aber hierbei evtl. auf den Versicherten Rücksicht nehmen. Nicht zu folgen ist der Meinung, die Willensmängel beurteilten sich stets allein nach 58 den Vertragsparteien.108 Täuscht der Versicherte arglistig, ist nicht § 123 Abs. 2 S. 1 BGB anzuwenden. Der Versicherte ist nämlich kein Dritter im Sinne dieser Vorschrift, weil er auf Grund des Vertrages zugunsten Dritter begünstigte Partei ist. Dass der VR in diesem Falle anfechten kann, und zwar gegenüber dem Versicherten,109 ergibt sich aus § 123 Abs. 2 S. 2 BGB: Wenn dem Versicherten schon Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Täuschung durch Außenstehende schadet, muss erst recht eine eigene Täuschung gegen ihn gelten. Ob der VN gutgläubig war, ist gleichgültig.110 Hat ein Außenstehender getäuscht, ist § 123 Abs. 2 S. 2 BGB unmittelbar anwendbar. Der Vertrag ist dem Versicherten gegenüber anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Auf die Gutgläubigkeit des VN kommt es wiederum nicht an.111
102 103 104 105 106 107 108
Dazu Brand VersR 2009 715, 718. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 20. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 29; Kisch PVR III 403 f. Dafür Anli 30. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 29. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 30. Ruscher 36 Fn. 1.
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 31; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 22; Kisch PVR III 424 Fn. 2; Corrodi 108; Lenné 116. Schwintoski/Brömmelmeyer/Hübsch § 43 Rn. 22; Kisch PVR III 404; Anli 29; Bruck PVR 603. Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 31; Anli 29.
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Begriffsbestimmung
§ 43
3. Schadensersatz Nach §§ 823 Abs. 2, 826 BGB kann die arglistige Täuschung des VN eine Pflicht zum 59 Schadensersatz nach sich ziehen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob angefochten worden ist oder nicht. Anspruchsberechtigt kann dabei nicht nur der VR sein, sondern auch der Versicherte. Er geht auf das negative Interesse (§ 249 BGB), das hier nicht durch das positive begrenzt ist wie in § 122 Abs. 1 BGB. Das negative erreicht das positive Interesse, wenn z.B. der Versicherte ohne den mangelbehafteten Vertrag eine anderweitige Versicherung genommen hätte, die ihm nunmehr, da ein Schadensfall vorliegt, Deckung geboten haben würde. Der Berechtigte kann auch nach Ablauf der Frist des § 124 BGB den aus der unerlaubten Handlung fließenden Schadensersatzanspruch nach Maßgabe des § 852 BGB geltend machen. Die Schadensersatzverpflichtung des VN gegenüber dem VR ist begrenzt durch § 39, der halbzwingend ist, § 42. In der Lebensversicherung können die AVB nicht wirksam vorsehen, dass bei Täuschungsanfechtung auch die Prämienreserve dem VR verfallen sei: §§ 176, 178 II a.F. 4. Einrede der Anfechtbarkeit Ist wirksam angefochten worden, gewinnt der VR hieraus, wenn er trotzdem auf 60 Leistung in Anspruch genommen wird, eine Einwendung nach § 334 BGB. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 112 genügt hingegen die bloße Anfechtbarkeit des Versicherungsvertrags nicht, um dem VR ein Leistungsverweigerungsrecht zu geben. Die Anfechtbarkeit ist in §§ 770, 1137 BGB, 129 Abs. 2 HGB nur deshalb der Angefochtenheit gleichgestellt, weil der Verpflichtete nicht selbst ein Anfechtungsrecht hat. Das ist hier anders. Der VR, der sich geirrt hat oder der getäuscht worden ist, kann selbst anfechten. Umgekehrt hat der auf Leistung der Prämie in Anspruch genommene VN aus dem gleichen Grunde keine Einwendungen, ehe er angefochten hat.
F. Beendigung eines Versicherungsvertrags für fremde Rechnung I. Erlöschen Gestaltungserklärungen, die den Vertrag betreffen, etwa eine Kündigung oder ein 61 Rücktritt, sind vom und gegenüber dem VN abzugeben (vgl. auch § 44 Rn. 8). Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund (fristlos oder fristgemäß) gekündigt oder zurückgetreten (z.B. Nichtanzeige gefahrerheblicher Umstände, Nichtzahlung der Erstprämie) wird. Auf eine Zustimmung des Versicherten kommt es nicht an. Ihn trifft eine „Folgepflicht“ der Gestalt, dass er selbst dann an das Verhalten des VN gebunden ist, wenn diesen eine gesetzliche Pflicht trifft, Versicherung für fremde Rechung zugunsten des Versicherten zu nehmen.113 Das liegt daran, dass der Versicherte selbst nicht Partei des Vertrages ist. Der Versicherungsvertrag erlischt auch bei Interessewegfall. Deckt der Vertrag eigenes 62 Interesse des VN und fremdes Interesse, so genügt es für das Erlöschen des Versicherungsvertrages grundsätzlich, dass Interessefortfall beim VN vorliegt, denn bei kombi-
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Kisch PVR III 424; wie hier Bruck/Möller/ Sieg 8 § 43 Anm. 33.
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 34; Kisch PVR III 428.
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§ 43
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
nierter Eigen- und Fremdversicherung folgt aus dem Akzessorietätsgrundsatz, dass das fremde Interesse nicht ohne das eigene gedeckt sein kann. Dem Interessefortfall steht die Ablehnung des Vertrags durch den Versicherten gleich, vgl. § 45 Abs. 3. Bezieht sich die Versicherung für fremde Rechnung auf einen Inbegriff von Sachen (z.B. Hausrat, Arbeitsgerät, untergestellte Fahrzeuge, lagernde Ware), wie häufig bei Kundenversicherungen, so bleibt der Vertrag bei Entfernung einer Sache aus dem Inbegriff bestehen, der Versicherungsschutz erlischt nur bezüglich dieser herausgenommenen Sache. In diesem Falle liegt (partieller) Gefahrenwegfall vor, der dem Interessewegfall gleichzustellen ist.114
II. Umwandlung in eine Eigenversicherung 63
Die Versicherung für fremde Rechnung wird zur Eigenversicherung, wenn der VN den Versicherten oder umgekehrt der Versicherte den VN beerbt (§ 1922 BGB). Das gilt aber nur vorbehaltlich der Fälle, in denen der Nachlass ein Sondervermögen bildet (Hauptbeispiel: § 1976 BGB). Der Erbfolge ist die Verschmelzung juristischer Personen, von denen die eine VN, die andere Versicherter ist, gleichzustellen.115 Die Versicherung für fremde Rechnung wandelt sich auch dann in eine Eigenversiche64 rung um, wenn der Versicherte die versicherte Sache oder den versicherten Miteigentumsanteil an den VN veräußert, so dass letzterer gleichzeitig zum Versicherten wird. Die Veräußerung des Versicherten an einen Außenstehenden bewirkt hingegen Übergang des Versicherungsverhältnisses auf diesen, ebenso wenn der VN dessen Sache veräußert und der Erwerber Eigentümer wird (kraft § 185 BGB oder § 932 BGB).116 Übernimmt hingegen der Versicherte im Einverständnis mit dem VR die Schuldnerstellung des VN i.S.d. §§ 414, 415 BGB, geht wiederum die Versicherung für fremde Rechnung in Eigenversicherung auf, nur dass hier der Versicherte zum VN wird.
III. Insolvenz des VN 65
Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des VN eröffnet, kann sich der VR nach § 11 ausbedingen, das Versicherungsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zu kündigen. Diese Bestimmung steht im Zusammenhang mit der Prämienzahlungspflicht des VN. Sie ist dementsprechend nicht auf die Insolvenz des Versicherten anzuwenden. Letztere lässt den Versicherungsvertrag unberührt. Inwieweit die Insolvenz des VN das Recht auf die Entschädigungsforderung berührt, vgl. § 45 Rn. 27. Im Übrigen ergeben sich nur wenige Besonderheiten gegenüber der gewöhnlichen Eigenversicherung.
G. Vermutung für Eigenversicherung (Abs. 3) I. Grundlagen 66
Versicherung für fremde Rechnung muss ebenso wie Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht ausdrücklich als solche genommen werden. Es muss sich aber zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben, dass die Parteien einen entsprechenden Willen 114 115
Bruck/Möller/Sieg 8 § 43 Anm. 35. Fuchs 140 und 147.
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Teilweise a.M. Anli 67 f., 108–112.
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Begriffsbestimmung
§ 43
haben, da eine Qualifikation des Versicherungsvertrags als Versicherung für fremde Rechnung eigene Ansprüche eines vertragsfremden Dritten begründet (§ 44) und diesem eigene Obliegenheiten auferlegt (§ 47).117 Aus den Umständen wird sich ein Parteiwille auf Abschluss einer Versicherung für fremde Rechnung dort ergeben, wo anzunehmen ist, dass ein verständiger VN ein erkennbares Interesse am Schutz eines Dritten hat und keine Gegeninteressen des VR bestehen.118 Weiterhin kommt es entscheidend darauf an, wer nach objektiver Auslegung des Versicherungsvertrages unter Berücksichtigung der wirksam einbezogenen AVB Träger des versicherten Interesses ist. Nur wenn dies eine Person ist, die nicht mit dem VN identisch ist, kommt Versicherung für fremde Rechnung in Betracht. Das ist etwa der Fall, wenn ein Lagerhalter eine Versicherung über das Lagergut abschließt.119 Ergibt sich aus den Umständen hingegen, dass unbestimmt bleiben soll, ob die Ver- 67 sicherung für den VN oder einen Dritten geschlossen werden soll, so besteht eine Versicherung für Rechnung wen es angeht i.S.d. § 48. Auf diesen eigenen Typus eines Versicherungsvertrags finden die Vorschriften des §§ 43–47 in dem Umfang Anwendung, in dem die Versicherung dem Schutz des fremden Interesses dient (s. § 48 Rn. 29 ff.). Ergeben die Umstände kein eindeutiges Bild, wird nach § 43 Abs. 3 vermutet, dass 68 eine reine Eigenversicherung genommen ist. Die Vorschrift überträgt den Rechtsgedanken des § 164 Abs. 3 BGB in das Versicherungsvertragsrecht: Tritt der Wille, fremdes Interesse zu versichern, nicht eindeutig hervor, so kommt der Mangel des Willens, eigenes Interesse zu versichern, nicht in Betracht.120 Die Vermutungsregel, die § 43 Abs. 3 aufstellt, ist allerdings schwach.121 Sie greift erst dann ein, wenn das Auslegungsergebnis Zweifel offen lässt und ist leicht zu widerlegen. Führt die Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis, das auch lauten kann, dass eine reine Eigen- oder eine kombinierte Eigenund Fremdversicherung vorliegt, ist kein Raum für die Anwendung des § 44 Abs. 3. § 43 Abs. 3 muss entgegen einer früher im Schrifttum vertretenen Ansicht 122 schon 69 deswegen widerlegbar sein, weil es dem Wortlaut nach auf die „Umstände“ des Einzelfalls ankommt.123 Anders als in den Fällen des § 43 Abs. 2 ist in Fällen des § 43 Abs. 3 aber eine Irrtumsanfechtung ausgeschlossen. Der VN kann den Versicherungsvertrag nicht mit der Begründung anfechten, er habe ein fremdes Interesse versichern wollen, wenn eine Auslegung des Vertrags ergibt, dass ein eigenes Interesse versichert ist.124 Das folgt aus dem Wortlaut („gilt“).
II. Sonderregeln Eine Ausnahme zu § 43 Abs. 3 ist in § 179 Abs. 1 S. 2 für die Unfallversicherung 70 geregelt. Hier gilt umgekehrt die Versicherung im Zweifel als für einen anderen genommen, wenn Unfälle, die diesem anderen zustoßen, versichert werden. Soll die Unfallver-
117 118 119 120 121
Prölss/Martin/Prölss § 80 Rn. 1; Nießen 15. BGH 5.7.1995 VersR 1995 951; Langheid/ Wandt/Dageförde § 43 Rn. 39. Corrodi 86; Lenné 94. So schon Lenné 95. BGH 18.9.1991 VersR 1991 1404; BGH 16.3.1994 VersR 1994 1103, 1104; ÖOGH
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23.11.1994 VersR 1995 1339, 1340; Prölss/Martin § 80 Rn. 1a. Lenné 94. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 3; Ritter/ Abraham § 52 ADS Anm. 55. Kisch PVR III 408; Ehrenzweig 213; Anli S. 34; a.M.: Ritter/Abraham § 52 Anm. 14; Bruck PVR 606.
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§ 43
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
sicherung abweichend von § 179 Abs. 1 S. 2 für eigene Rechnung des VN genommen werden, so ist zur Wirksamkeit des Vertrages die schriftliche Einwilligung der versicherten Person erforderlich. Eine Einwilligung in Textform genügt auch nach der Neukodifikation des VVG von 2008 nicht. Liegt keine Einwilligung vor, so ist die Versicherung Fremdversicherung zugunsten der Gefahrsperson.
H. Beweislast 71
Die meisten Fragen nach der Beweislast im Zusammenhang mit § 43 betreffen die Abgrenzung der Versicherung für fremde Rechung zur Stellvertretung. Hier gelten dieselben Regeln, die auch im Übrigen für Vertretungsverhältnisse gelten: Den Antragsteller trifft die Beweislast, dass er als Vertreter gehandelt hat, wenn ihn der VR auf Zahlung der Prämie in Anspruch nimmt.125 Verlangt der VR vom Träger des Interesses Zahlung, muss der VR beweisen, dass der Antragsteller den Interesseträger wirksam vertreten hat. Ebenso muss der VR die Vertretereigenschaft des Antragstellers beweisen, wenn er dessen Einziehungsrecht nach § 45 Abs. 2 bestreitet.126 Verlangt der Interesseträger vom VR Leistung der Entschädigung, hat er zu beweisen, dass der VN entweder für ihn als Vertreter gehandelt oder zwar im eigenen Namen gehandelt hat, aber sein Interesse mitversichert ist. Im letzteren Fall muss der versicherte Dritte ferner die Zustimmung des VN beweisen oder den Versicherungsschein beibringen, da ihm anderenfalls das Einziehungsrecht nach § 45 Abs. 2 fehlt.127
I. Auslandsrechte/PEICL 72
Regelungen wie § 43 Abs. 1, der eine Begriffsbestimmung der Versicherung für fremde Rechung enthält und die Zulässigkeit dieses Rechtsinstituts klarstellt, sind international durchaus verbreitet. Sie finden sich etwa in Art. 22 belg. VVG; Art. 9 griech. VVG; Art. 16 schw. VVG. Auslegungsregeln und Vermutungen, wie sie § 43 Abs. 2, 3 vorsehen, treten im ausländischen Recht deutlich seltener auf. Die Rechtsprechung kommt dort aber regelmäßig zu ähnlichen Auslegungsergebnissen, wie sie in Deutschland geschriebenes Recht sind. Die PEICL verfahren ähnlich. Auch hier findet sich in Art. 11-101 Abs. 1 PEICL 73 ein Hinweis auf die Zulässigkeit einer Versicherung für fremde Rechnung. Eine weitere Konkretisierung in Form von Auslegungsregeln oder Vermutungen findet nicht statt.
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 22; Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 59. Bruck/Möller/Sieg 8 § 74 Anm. 22.
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Ritter/Abraham § 52 Anm. 15; Kisch PVR III 390.
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Rechte des Versicherten
§ 44 Rechte des Versicherten (1) Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Die Übermittlung des Versicherungsscheins kann jedoch nur der Versicherungsnehmer verlangen. (2) Der Versicherte kann ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist.
Schrifttum (vgl. auch Schrifttum Vor §§ 43–48) Bohn Die Zwangsvollstreckung in die Rechte des Versicherungsnehmers (VN) aus dem Versicherungsvertrag und der Konkurs des Versicherungsnehmers, Festschrift Schiedermair (1976) 33; Drews Die Zustimmung des Versicherten in der Lebensversicherung VersR 1987 634; Francke Der Sicherungsschein und seine rechtliche und praktische Bedeutung FLF 2004 80; Grassl-Palten Sacherwerb und Versicherungsschutz (1996); Hellwig Die Verträge auf Leistung an Dritte (1899); Koch Rechtsstellung in der D&O-Versicherung GmbHR 2004 18, 160, 288; Koenig Die Anspruchsberechtigung in der Versicherung für fremde Rechnung, Festschrift E. Prölss (1967) 221; Lange Prozessführungsbefugnis der Versicherungsnehmerin einer D&O-Versicherung, VersR 2007 893; Langheid Nach der Reform: Neue Entwicklungen in der Haftpflichtversicherung VersR 2009 1043; Langheid/Grote Deckungsfragen der D&O-Versicherung VersR 2005 1165; Nothoff Rechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Directors’ & Officers’-Versicherung – Effektiver Schutz von Vorständen und Aufsichtsräten gegen Haftpflichtrisiken NJW 2003 1350; Riedel Sicherungsschein und Sicherungsbestätigung in der Versicherungswirtschaft (2004); Säcker Streitfragen zur D&O-Versicherung VersR 2005 10; Schimmer Die D&O-Versicherung und §§ 105, 108 Abs. 2 VVG 2008 – kann die Versicherungsnehmerin „geschädigte“ Dritte sein? VersR 2008 875; Schirmer Die Rechtsstellung mitversicherter Personen in der Haftpflichtversicherung, Festschrift Sieg (1976) 451; Schnepp Sachversicherung bei Mobilienleasing (1989); Sieg Rechtsverhältnisse bei erteiltem Sicherungsschein in der Kfz-Versicherung VersR 1953 219; ders. Die feststellenden Schiedsgutachter im Privatversicherungsrecht VersR 1965 629; Tron Der Kraftfahrzeug-Sicherungsschein (1967); v. Westphalen D&O-Versicherung und Direktanspruch der Gesellschaft gegenüber der Versicherung DB 2005 431.
Übersicht Rn. A. B. C. I.
II. III. IV. V. VI. VII. VIII.
Normgeschichte . . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Versicherter als Rechtsinhaber (Abs. 1) . . Rechte aus dem Versicherungsvertrag . . 1. Recht auf Gefahrtragung/Versicherungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zinsen und Verzugsschaden . . . . . . Akzessorietät der Rechtsstellung des Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte und Pflichten des VN . . . . . . . Aushändigung des Versicherungsscheins (Abs. 1 S. 2) . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung/Insolvenz . . . . . Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . Veräußerung der versicherten Sache . . .
1 2 4 4 4 5 6 7 9 10 12 13 14
Rn. D. Verfügungsbefugnis des Versicherten (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . II. Zustimmung des VN . . . . . . . . . III. Besitz des Versicherungsscheins . . . IV. Rechtsmissbräuchliches Verhalten des VR . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sonderregeln . . . . . . . . . . . . . E. Ausstellung eines Sicherungsscheins . F. Rechtsfolgen bei Leistung an den Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . G. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . H. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . I. Auslandsrechte/PEICL . . . . . . . .
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16 16 19 21
. . 24 . . 28 . . 30 . . . .
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33 35 36 39
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§ 44
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
A. Normgeschichte 1
§ 44 stimmt weitgehend mit § 75 a.F. überein. Zwei Änderungen sind allerdings zu beachten. Abs. 1 S. 2 stellt nicht mehr auf die Aushändigung des Versicherungsscheins ab, sondern auf dessen Übermittlung. Dabei handelt es sich um eine redaktionelle Änderung, die der Neufassung des § 3 Abs. 1 Rechnung trägt.1 In Abs. 2 ist ein zweites einschränkendes „nur“ vor „gerichtlich geltend machen“ weggefallen. Diese Änderung ist stilistischer Natur und hat keine inhaltliche Bedeutung.
B. Normzweck 2
§ 44 regelt die Rechtsstellung des Versicherten in der Versicherung für fremde Rechnung. § 44 Abs. 1 beinhaltet in S. 1 den für die Versicherung für fremde Rechnung begriffswesentlichen Grundsatz, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten kraft Gesetzes zustehen, ohne dass es seiner Mitwirkung (etwa eines Beitritts oder der Abgabe einer Annahmeerklärung) bedarf.2 Einer Auslegung des Umfangs der Berechtigung, wie diese nach § 328 Abs. 2 BGB erforderlich ist, um den bürgerlich-rechtlichen Vertrag zugunsten Dritter vom unechten Vertrag zugunsten Dritter abzugrenzen,3 bedarf es nicht. Das VVG legt sich im Gegensatz zum BGB auf den Versicherten als Inhaber der Rechte aus dem Versicherungsvertrag fest, um dem Abschluss von Wettversicherungen vorzubeugen.4 Die Aushändigung des Versicherungsscheins kann nach Abs. 1 S. 2 aber nur der VN verlangen. Dieser Vorbehalt beruht darauf, dass der Versicherungsschein die Rechte des VN im Innenverhältnis zum Versicherten absichern soll und damit unbedingt in dessen Hände gelangen muss.5 Nur so behält er die vom deutschen Recht gewollte Kontrolle darüber, wer im Einzelfall verfügungsbefugt ist, er oder der Versicherte (dazu sogleich). § 44 Abs. 2 ist in unmittelbarem Zusammenhang mit § 45 Abs. 1 zu sehen und zu verstehen. Dieser weist die Verfügungsbefugnis über die Rechte des Versicherten abweichend von § 328 Abs. 1 BGB grundsätzlich dem VN zu, damit dieser in den durchaus zahlreichen Fällen, in denen ihm Ansprüche gegen den Versicherten (etwa auf Ausgleich der Prämie) zustehen, ein Druckmittel in der Hand hat, um die Erfüllung der Ansprüche durch den Versicherten zu erzwingen (vgl. § 45 Rn. 2). § 44 Abs. 2 stellt die bürgerlichrechtliche Rechtslage in zwei Fällen wieder her, weist also die Verfügungsbefugnis dem Versicherten zu. Das ist zum einen dann der Fall, wenn dieser sich im Besitz des Versicherungsscheins befindet, zum anderen dann, wenn er mit Zustimmung des VN handelt. § 44 Abs. 2 ist also auch ein Norm, die den VN schützt.6 Sie ermöglicht es ihm, als Prämienschuldner durch Zustimmung oder Weitergabe/Nichtweitergabe des Versicherungsscheins die Geltendmachung von Ansprüchen zu steuern. Der Zustimmung und dem Besitz des Versicherungsscheins steht die missbräuchliche Berufung des VR auf eine mangelnde Verfügungsbefugnis gleich (unten Rn. 24 ff.). Die Rückausnahme des § 44 Abs. 2 soll eigentlich verhindern, dass VN und Versicherter gleichzeitig verfügungsbefugt sind
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Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 73. BGH 25.1.1963 BGHZ 40, 297, 301; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 2; Trautmann 14. Dazu MünchKomm-BGB/Gottwald § 328 Rn. 32–35.
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Ehrenberg 190; J. Huber 55; Nießen 45. Ehrenzweig 215. Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 5.
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Rechte des Versicherten
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und den VR nebeneinander in Anspruch nehmen. Dieser Aufgabe wird sie aber nur sehr eingeschränkt gerecht, da sie einerseits auch die Zustimmung des VN für den Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Versicherten genügen lässt und es andererseits tatsächliche Umstände sowie vertragliche und gesetzliche Regelungen gibt, die konkurrierende und damit auch widersprüchliche Verfügungen von VN und Versichertem ermöglichen (vgl. auch § 45 Rn. 9). Der Gesamtregelungszusammenhang der Aufspaltung von Rechtsinhaberschaft und 3 Verfügungsmacht bei der Versicherung für fremde Rechnung in §§ 44, 45 verfolgt zwei verschiedene Zwecke. Einerseits dient die Aufspaltung dem Schutz geschäftlicher Forderungen des VN gegen den Versicherten, die durch ein gesetzliches Pfandrecht an den versicherten Sachen (§§ 647 BGB, 397, 410, 421, 623 HGB) gesichert sind. Könnte der Versicherte die Versicherungsleistung bei Untergang der Sachen selbst einziehen, so wäre die Position des VN, der sich ansonsten aus dem Gegenstand des Vertrages mit dem Versicherten hätte befriedigen können, gefährdet. Andererseits soll der VR davor bewahrt werden, sich im Versicherungsfall mit einer Vielzahl von Dritten auseinandersetzen zu müssen, die behaupten, ein Recht aus der Versicherung herleiten zu können.7
C. Versicherter als Rechtsinhaber (Abs. 1) I. Rechte aus dem Versicherungsvertrag 1. Recht auf Gefahrtragung/Versicherungsleistung Der Versicherte erwirbt nach § 44 Abs. 1 die Rechte aus dem Versicherungsvertrag 4 mit Vertragsabschluss oder, wenn formeller und materieller Versicherungsbeginn auseinander fallen, zum Zeitpunkt des materiellen Versicherungsbeginns unmittelbar kraft Gesetzes, nicht etwa im Wege des Durchgangserwerbs durch Abtretung des VN.8 Zu den Rechten, die dem Versicherten nach § 44 Abs. 1 zustehen, zählen alle, aber auch nur die Rechte, die mit der Gefahrtragung oder (nach Eintritt des Versicherungsfalls) mit der Entschädigung zusammenhängen.9 Das ist zunächst, aber nicht ausschließlich der Anspruch auf die Versicherungsleistung. In der Sachversicherung ist dies die Zahlung der Entschädigung, in der Unfallversicherung die Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme, in der Haftpflichtversicherung die Gewähr von Rechtsschutz und die Befreiung von Haftpflichtverbindlichkeiten sowie in der Rechtsschutzversicherung die Gewähr von Rechtsschutz. Die früher im Schrifttum vertretene Auffassung, § 44 Abs. 1 erfasse nur Ansprüche auf Geldleistung,10 ist zu eng. Abgesehen davon, dass der Versicherungsfall ausnahmsweise auch Naturalersatzansprüche umfassen kann, soll der Versicherte nach dem Willen der Vertragsparteien auch schon die Vorteile der Gefahrtragung haben. Dass auch andere als Geldansprüche von § 44 Abs. 1 erfasst sind, folgt überdies schon daraus, dass die Vorschrift als eine solche des allgemeinen Teils auch für Versicherungszweige gilt, bei denen die Versicherungsleistung nicht zwingend in einer Geldleistung besteht (z.B. Haft-
7 8
ÖOGH 13.7.1994 VersR 1995 1123. RG 14.11.1930 RGZ 130 237, 242; Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 2; Corrodi 131; Schirmer FS Sieg 451, 475; a.M. Krause 24.
9
10
ÖOGH 22.9.1983 VersR 1984 1196; HK-VVG/Muschner § 44 Rn. 2; Kisch PVR III 470; Ruscher 90. So noch Prölss/Martin 20 § 75 Anm. 2 zu § 75 Abs. 1 a.F.
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pflichtversicherung). Dass weiterhin auch andere Ansprüche als solche auf die Versicherungsleistung von § 44 Abs. 1 erfasst sind, zeigt der Vergleich mit anderen Rechtsordnungen und den PEICL, welche den Umfang der Rechte, die dem Versicherten zugewiesen sind, häufig – anders als das deutsche Recht – ausdrücklich auf die Versicherungsleistung (in der Schadensversicherung) beschränken (dazu unten Rn. 39). Entsprechend kann der Versicherte nach § 44 Abs. 1 den Ersatz von Rettungskosten i.S.d. § 83 Abs. 1, erweiterten Aufwendungsersatz i.S.v. § 90 oder Kosten für die Schadensermittlung nach § 85 verlangen, sofern er diese Kosten getragen hat – und nicht der VN.11 Hat wegen des Schadens ein Sachverständigenverfahren stattgefunden (§ 84 für die Schadensversicherung allgemein, § 189 für die Unfallversicherung) und ist der Versicherte wegen der von ihm im Rahmen dieses Verfahrens verauslagten Kosten erstattungsberechtigt (so etwa, wenn das Ergebnis des Sachverständigenverfahrens nicht den Standpunkt des VR bestätigt hat 12), fällt auch diese Forderung unter § 44 Abs. 1. Welche Kosten an der Erstattung teilnehmen, ist eine andere Frage. So verneint die Rechtsprechung die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten im Schiedsgutachterverfahren.13 2. Zinsen und Verzugsschaden
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Als Annex zur Hauptforderung stehen dem Versicherten auch Ansprüche auf Ersatz von Verzugsschäden (§ 286 BGB) einschließlich der nach § 14 Abs. 3 unabdingbaren Verzugszinsen (§ 288 BGB) sowie Prozesszinsen nach § 291 BGB zu. Ebenso kann er Verzinsung nach § 91 verlangen. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen der Versicherte Zinsen bereits ab Fälligkeit (§ 353 HGB) und in Höhe von 5 % (§ 352 Abs. 1 S. 1 HGB) verlangen kann. Beide Bestimmungen fordern ein beiderseitiges Handelsgeschäft. Beim VR liegt, sofern er nicht kleiner VVaG oder öffentlich-rechtliches Unternehmen ist, diese Voraussetzung stets vor. Auf der anderen Seite muss der Versicherungsvertrag für den VN nicht zwingend Handelsgeschäft sein.14 Maßgeblich ist vielmehr, ob der versicherte Gegenstand zu einem Handelsgewerbe gehört, dass der Versicherte betreibt: Verzugszinsen sind pauschalierter Mindestschaden desjenigen, dem die Leistung zusteht. Das ist bei der Versicherung für fremde Rechnung der Versicherte. Ist der VR gleichzeitig aus mehreren Vorschriften zur Zinszahlung verpflichtet, muss er ausschließlich den höchsten Zinssatz zahlen; eine Kumulation der einzelnen Zinspflichten findet nicht statt.15
II. Akzessorietät der Rechtsstellung des Versicherten 6
Die Rechte des Versicherten sind aufgrund der Rechtsnatur der Versicherung für fremde Rechnung untrennbar mit dem Schicksal des Versicherungsvertrags, aus dem sie sich ergeben, verbunden. Sie entstehen nicht, wenn der Versicherungsvertrag unwirksam ist und gehen unter, wenn der Versicherungsvertrag durch Ausübung eines Gestaltungsrechts aufgehoben wird. Der VR kann dem Versicherten gegenüber auch Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag (z.B. wenn er durch eine Pflicht- oder Obliegenheitsverletzung des VN von der Leistung frei wird) geltend machen. Das ergibt sich unmittelbar aus
11 12 13
Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 5. Sieg VersR 1965 629, 633. LG Regensburg 19.5.1971 VersR 1972 338; kritisch Sieg VersR 1965 629, 633.
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A.M. Ehrenberg 78. OLG Hamburg 23.2.1989 NJW-RR 1989 680; Römer/Langheid/Langheid § 94 Rn. 3; Nießen 53.
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Rechte des Versicherten
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dem Wortlaut des § 44 Abs. 1, der davon spricht, dass dem Versicherten nur die Rechte „aus dem Versicherungsvertrag“, also insoweit, als dies der Versicherungsvertrag zulässt, zustehen. Hinter § 44 Abs. 1 steht freilich die Regelung des § 334 BGB, auf die man allerdings nicht zurückgreifen muss.16 Aus § 47, der dem Versicherten ein eigenständiges Obliegenheiten- und Pflichtenprogramm auferlegt, folgt, dass der VR Ansprüchen des Versicherten auch Einwendungen aus dem Verhältnis zu diesem entgegenhalten kann.
III. Rechte und Pflichten des VN Die Rechte, die nicht also solche „aus dem Versicherungsvertrag“ erscheinen und die 7 Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verbleiben beim VN. Letzteres folgt schon daraus, dass der Versicherte nicht die Rechtsstellung einer Vertragspartei hat. Zu den Pflichten, die den VN und nicht den Versicherten treffen, zählt insb. die Pflicht, die geschuldete Prämie zu zahlen. Prämienschuldner ist allein der VN.17 Eine Ausnahme für den Fall, dass der VN insolvent geworden ist, wie sie § 812 Abs. 3 HGB früher für die Seeversicherung vorsah und wie sie etwa nach Art 18 Abs. 2 schw. VVG auch in der Binnenversicherung gebräuchlich ist, schien schon den Verfassern des VVG von 1908 als „nicht mehr zeitgemäße Abweichung von den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs“, nach denen der Dritte ja gerade keine Vertragspartei und damit kein Schuldner des VR – auch kein Ausfallschuldner – ist, so dass sie nie in das VVG übernommen wurde.18 Der VR kann allerdings den Versicherten aufgrund eines eigenständigen Vertrags verpflichten, für die Prämienschuld des VN zu bürgen oder gar deren Erfüllung i.S.d. § 414 BGB zu übernehmen. Spiegelbildlich zur Verpflichtung zur Prämienzahlung ist auch der VN und nicht etwa der Versicherte Inhaber des Anspruchs auf Prämienrückerstattung, da dieser ausschließlich dem Prämienschuldner zusteht.19 Damit der Versicherte die Folgen des Verzugs abwenden kann, gewährt § 34 ihm aber das Recht, vom VR zu verlangen, die Prämie anzunehmen (vgl. § 34 Rn. 8). Wie bei der Bezugsberechtigung ist der VR aus Treu und Glauben verpflichtet, den Versicherten darüber zu informieren, wenn der VN in Verzug mit der Prämienzahlung gerät, damit der Versicherte Maßnahmen ergreifen kann, um den Versicherungsschutz, der zu seinen Gunsten besteht, aufrecht zu erhalten. Ihre Grenze findet diese Pflicht in der Zumutbarkeit. Vergleichbares gilt auch zugunsten der Grundpfandgläubiger in der Gebäudefeuerversicherung, § 142. Im Zweifel kann für die Auslegung darauf zurückgegriffen werden.20 Bekommt der VR auf Nachfrage Name und Anschrift des Versicherten nicht mitgeteilt, so trifft ihn keine Pflicht, diese selbständig zu ermitteln. Es ist Aufgabe des VN, die Interessen des Versicherten zu wahren.21 Nach Maßgabe des § 47 treffen den Versicherten aber gesetzliche und vertragliche Obliegenheiten als eigene. Außerdem kommt es für das Vorliegen eines subjektiven Risikoausschlusses (auch) auf seine Person an (dazu § 47 Rn. 28 und 30).
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17
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Wie hier Looschelders/Pohlmann/Koch § 43 Rn. 14; a.M. wohl Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 10. BGH 25.11.1963 BGHZ 40 297, 302; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 6. Vgl. Amtl. Begr. RTDrucks. 364/12 120; J. Huber 75 f.; Kisch PVR III 433; zur gegen-
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teiligen Wertung des schweizerischen Rechts Moser 25; vergleichend und kritisch Corrodi 113 f. Wie hier HK-VVG/Muschner § 44 Rn. 3; A.M. Anli 71; Schwan 15. Ebenso Anli 74. Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 2.
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Zu den Rechten, die nach § 44 Abs. 1 dem VN zustehen, gehören vor allem solche, die das Vertragsganze betreffen.22 Das ergibt sich aus der Ausgestaltung der Versicherung für fremde Rechnung als atypischer Vertrag zugunsten Dritter. Da der VN, anders als der Versicherte, Vertragspartei ist, bleibt er Herr des Vertrages. Hätte das VVG etwas anderes regeln wollen, so hätte es dies ausdrücklich anordnen müssen. Unabhängig davon, ob er die Verfügungsbefugnis über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gem. § 44 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 besitzt, kann der Versicherte demnach keine Gestaltungsrechte bezüglich des Versicherungsvertrags ausüben.23 Das Recht zur Anfechtung, zur Kündigung und zum Rücktritt verbleibt auf jeden Fall beim VN (vgl. auch § 45 Rn. 6), und zwar auch wenn der VN sie nicht ausübt. Etwas anderes gilt nur, wenn ein Sicherungsschein ausgestellt ist, der die (durchaus übliche) Regelung enthält, dass der VN den Vertrag nicht ohne Zustimmung des Versicherten kündigen darf (näher zum Sicherungsschein unten Rn. 30 ff.). Auch für den Empfang von Erklärungen, die den Versicherungsvertrag als Ganzen betreffen (z.B. die Kündigung), ist ausschließlich der VN tauglicher Adressat, selbst wenn die Verfügungsbefugnis nach § 44 Abs. 2 beim Versicherten liegt.24 Das gilt entgegen einer Entscheidung des OLG München 25 schon aus Gründen der Rechtssicherheit auch in der Gruppenversicherung, da der Versicherte hier nicht zum Herrn des Vertrags aufsteigt, wie das Gericht meint; dies bleibt vielmehr die Gruppenspitze.26 Ist ein Nießbrauch bestellt, kann die Kündigung des Versicherungsvertrages nur gemeinschaftlich durch den Nießbraucher und den Eigentümer bzw. ihnen gegenüber erklärt werden, § 1077 Abs. 2 BGB. Allgemein gilt: Nur der VN und nicht der Versicherte kann sich mit dem VR über Vertragsänderungen einigen und in den Fällen der §§ 74, 78 eine Herabsetzung der Prämie verlangen. Der Versicherte kann schließlich nicht das Fortgelten eines Versicherungsvertrags zu seinen Gunsten verlangen, den der VN selbst nicht mehr fortführen will.27
IV. Aushändigung des Versicherungsscheins (Abs. 1 S. 2) 9
Da § 45 die Verfügungsbefugnis grundsätzlich dem VN zuweist, kann der Versicherte, obwohl er als Inhaber der Versicherungsforderung gem. § 952 Abs. 2 BGB Eigentümer des Versicherungsscheins ist (vgl. unten Rn. 22), keine Übermittlung (§ 44 Abs. 1 S. 2) des Versicherungsscheins verlangen – auch nicht an den VN.28 Das liegt daran, dass der Versicherungsschein die Rechte des VN im Innenverhältnis zum Versicherten absichern soll und damit unbedingt in die Hände des VN gelangen muss (siehe oben Rn. 2). Genauso verhält es sich, wenn der Versicherte nach § 44 Abs. 2 verfügungsbefugt ist. In diesem Fall müssen immer noch die Ansprüche des VN im Innenverhältnis abgesichert werden. Aus § 44 Abs. 2 lässt sich allerdings der allgemeine Rechtsgedanke ableiten, dass dem VN die Dispositionsbefugnis über den Ver-
22
23
ÖOGH 22.9.1983 VersR 1984 1196; Kisch PVR III 471; Anli 70; Ruscher 90; a.M. die ältere Lehre z.B. Ehrenzweig 214; Lenné 124; Schwan 16. ÖOGH 11.5.1994 VersR 1995 443, 444; ÖOGH 11.12.1986 VersR 1988 502; ÖOGH 22.9.1983 VersR 1984 1196; OLG Köln 18.6.1996 VersR 1997 1265, 1266; HK-VVG/Muschner § 44 Rn. 3.
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24 25 26 27 28
OLG Hamburg 11.9.1979 VersR 1980 375, 376; Kisch PVR III 424; Nießen 56. OLG München 27.10.1994 VersR 1995 902. Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 8; Nießen 57; Wriede VersR 1996 873. Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 4. Zu letzterem Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 5.
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sicherungsschein zusteht. Daher kann er durchaus selbst verlangen, dass der Versicherungsschein an den Versicherten übermittelt wird, oder Entsprechendes im Versicherungsvertrag vereinbaren.29 § 44 Abs. 1 S. 2 gebietet, dass auch die Ausstellung von Ersatzurkunden (§ 3 Abs. 3) nur der VN verlangen kann, da sie die gleiche Legitimationswirkung wie das Original haben. Daraus folgt weiterhin, dass die Anfertigung von Abschriften (§ 3 Abs. 4) ebenfalls nur auf Verlangen des VN erfolgen kann. Ausnahmsweise wird man allerdings dem VN das Recht zusprechen müssen, eine Abschrift der Erklärungen, die in Bezug auf den Versicherungsvertrag abgegeben worden sind, vom VR zu verlangen, wenn diese erforderlich sind, um eine Leistungs- oder Feststellungsklage gegen den VR erheben zu können.30 Es steht auch dem VN als Vertragspartner des VR und nicht dem Versicherten zu, dem Inhalt des Versicherungsscheins nach § 5 zu widersprechen und das Widerrufsrecht nach § 8 auszuüben. Unterlässt der VN es, diese Rechte geltend zu machen, und entsteht dem Versicherten dadurch ein Nachteil, kann der VN im Innenverhältnis ggf. zum Schadensersatz verpflichtet sein. Ist der VN in Besitz des Versicherungsscheins gelangt, kann der Versicherte Herausgabe des Versicherungsscheins nach Maßgabe des § 46 S. 1 nur verlangen, wenn er dazu nach dem Innverhältnis, das zwischen ihm und dem VN besteht, berechtigt ist. Der Versicherte kann vom VR zur Klarstellung seiner Ansprüche aber verlangen, dass ihm der Versicherungsschein an dem Ort, an dem er sich befindet, zugänglich gemacht wird und dass er eine Abschrift oder Kopie fertigen darf.31
V. Zwangsvollstreckung/Insolvenz Da die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nach § 44 Abs. 1 dem Versicherten und 10 nicht dem VN zustehen, können auch nur Gläubiger des Versicherten, nicht solche des VN, diese Ansprüche nach § 829 ZPO pfänden.32 Die Pfändung erfasst die Ansprüche so, wie sie in der Person des Versicherten bestehen. Bei einigen Versicherungsarten (z.B. Unfallversicherung) sind die Pfändungsgrenzen des § 850b Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO zu beachten. In der Sachversicherung sind Ansprüche des Versicherten nur der Pfändung unterworfen, wenn dies die Sache, an der das versicherte Interesse besteht, auch ist, §§ 811, 812, 851 Abs. 1 ZPO. Gegen eine Pfändung durch Gläubiger des VN kann der Versicherte Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben.33 Zwar wäre eine Pfändung der Ansprüche gegen den VR nichtig, da diese dem VN nicht zustehen; allein der Rechtsschein einer wirksamen Pfändung führt aber schon zu einer Beschwer des Rechtsinhabers, die ihm ein Rechtsschutzbedürfnis verleiht. Der Versicherte benötigt zur Erhebung der Drittwiderspruchsklage weder die Zustimmung des VN noch den Besitz des Versicherungsscheins. Mit der Pfändung erlangt der Gläubiger die Rechtsstellung des Versicherten. Eine Überweisung nach § 835 ZPO ist nur zulässig, soweit der Versicherte selbst nach §§ 44 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 über seine Rechte verfügen kann,34 da dem Vollstreckungsgläu-
29 30 31
Nießen 59. Trautmann 7. Wie hier Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 6; a.M. Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 44 Rn. 8 unter fälschlicher Berufung auf ÖOGH 22.9.1983 VersR 1984 1196.
32
33 34
OLG Hamm 5.11.1986 NJW-RR 1987 217; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 11; Nießen 210 f. Anli 74; Kisch PVR III 484; Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 5; Trautmann 96. OLG Hamburg 5.7.1951 VersR 1951 227.
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biger als Teilrechtsnachfolger des Versicherten nicht mehr Rechte zustehen können als diesem selbst. Ist der Versicherte nicht verfügungsbefugt, kann der Vollstreckungsgläubiger erst dann die Überweisung verlangen, wenn er zuvor den Anspruch des Versicherten gegen den VN auf Einwilligung in die Auszahlung (dazu § 46 Rn. 12) erfolgreich durchgesetzt hat. Dazu muss er in jedem Fall den Anspruch des Versicherten gegen den VN pfänden und sich überweisen lassen35 und diesen ggf. auch im Wege der Klage gegen den VN verfolgen.36 Pfändung und Überweisung greifen allerdings ins Leere, wo dem Versicherten ein Anspruch auf Einwilligung des VN zur Auszahlung überhaupt nicht zusteht. Um den Anspruch auf Zustimmung zu sichern, kann der Gläubiger eine einstweilige Verfügung gegen den VN beantragen, die es ihm verbietet, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen. Findet eine Überweisung an einen Gläubiger des Versicherten statt, ohne dass die Voraussetzungen dafür vorliegen, etwa weil die Ansprüche des Versicherten mit der regelmäßigen Verfügungsbefugnis des VN belastet sind, kann dieser gegen die Überweisung Erinnerung nach § 766 ZPO einlegen.37 Wird über das Vermögen des Versicherten ein Insolvenzverfahren eröffnet, fallen seine 11 Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in die Insolvenzmasse, § 35 InsO.38 Hat bei einer Insolvenz des VN der Insolvenzverwalter die Entschädigung zur Insolvenzmasse eingezogen, verbleibt dem Versicherten nur eine gewöhnliche Masseschuld nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO.39 Die Treuhänderstellung des VN im Innenverhältnis ändert daran nichts, da im Falle der Insolvenz des VN nicht das eigentliche Treugut, die Versicherungsforderung, betroffen ist, sondern ein Surrogat. Etwas anderes gilt aber, wenn die eingezogene Entschädigung in der Insolvenzmasse noch unterscheidbar vorhanden ist.40 Dann hat der Versicherte ein Ersatzaussonderungsrecht nach § 48 S. 2 InsO – vorausgesetzt das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem rechtfertigt ein solches.
VI. Rechtsnachfolge 12
Die Einzelrechtsnachfolge in das Vermögen des Versicherten aus § 44 Abs. 1 ist ohne Zustimmung des VN nicht möglich, wenn der Versicherte über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nicht verfügungsbefugt ist. Das liegt daran, dass es sich um eine Verfügung i.S.d. § 44 Abs. 2 handelt. Selbst wenn der Versicherte verfügungsbefugt ist, scheitert eine Einzelrechtsnachfolge in der Praxis häufig an Abtretungsverboten, die in AVB enthalten sind. Eine Gesamtrechtsnachfolge ist hingegen möglich. Beim Tod des Versicherten fallen seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag in den Nachlass.41 Die Rechtsstellung des Versicherten geht entsprechend auf seine Erben über.42 Was die Gefahrtragung anbelangt, gilt dies aber nur, wenn sich beim Erben dieselbe Gefahr verwirklichen kann, wie beim Erblasser. Ist dies nicht der Fall – wie häufig in der Betriebshaftpflichtversicherung – greift § 80 Abs. 1.
35 36 37 38 39
OLG Düsseldorf 29.10.1996 VersR 1997 1475. ÖOGH 18.2.1970 VersR 1971 140; ÖOGH 1.3.1960 VersR 1960 454. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 38; Nießen 211. Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 10; Prölss/Martin/Prölss § 75 Rn. 4; Schwan 16. BGH 29.10.1952 BGHZ 7, 376 = VersR 1953
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40 41
42
448; OLG Celle 1.10.1953 VersR 1953 489, 490; Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 43. BGH 28.10.1953 BGHZ 10 376, 384; Trautmann 100. BGH 4.4.1973 VersR 1973 634, 635; BGH 8.2.1960 VersR 1960 339; LG Hamburg 5.8.1957 VersR 1957 677, 678. BGH 14.12.1994 VersR 1995 332, 333.
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Rechte des Versicherten
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VII. Aufrechnung Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht,43 können Gläubiger des Versicher- 13 ten durchaus mit der Entschädigungsforderung aufrechnen, wenn dem Versicherten die Verfügungsbefugnis darüber fehlt – Gegenseitigkeit der Forderungen i.S.d. § 387 BGB ist ja gegeben. Das Recht des Gläubigers zur Aufrechnung wird aber durch das Befriedigungsvorrecht des VN aus § 46 S. 2 beschränkt. Im Gegensatz dazu ist der VR trotz fehlender Gegenseitigkeit der Forderungen gem. § 35 berechtigt, dem Versicherten gegenüber mit einer offenen Prämienforderung gegen den VN aufzurechnen.44 Wäre er das nicht, müsste er aus der Rollenspaltung, welche die §§ 44, 45 bei der Versicherung für fremde Rechnung bewirken, Nachteile hinnehmen. Das widerspräche aber dem Willen des Gesetzgebers (dazu auch § 47 Rn. 3 ff.). Bei einheitlichen Verträgen über mehrere Risiken kann der VR auch mit Prämienforderungen, welche die jeweils anderen Risiken betreffen, aufrechnen.45 Einschränkungen hinsichtlich der Aufrechnungsmöglichkeit des VR können sich im Hinblick auf Forderungen, die bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls fällig geworden sind, bei der Haftpflichtversicherung aufgrund der ratio legis des § 108 Abs. 1 ergeben.46
VIII. Veräußerung der versicherten Sache Veräußert der Versicherte als Eigentümer die versicherte Sache an einen Dritten, finden 14 die §§ 95 ff. keine Anwendung.47 Vielmehr rückt der Dritte als Erwerber an die Stelle des Versicherten. Das liegt daran, dass in der Sachversicherung bei Versicherung für fremde Rechnung regelmäßig das Erhaltungsinteresse des Eigentümers versichert ist (vgl. § 43 Rn. 37 und 42). Ein Interessewegfall nach § 80 Abs. 2 liegt nur dann vor, wenn ausnahmsweise ausschließlich das Interesse des Versicherten gedeckt ist.48 Übereignet der Versicherte die ihm gehörige versicherte Sache an den VN, verwandelt sich die Fremd- in eine Eigenversicherung. Ein Anwendungsfall der §§ 95 ff. liegt ebenfalls nicht vor. Veräußert der VN als Nichteigentümer die versicherte Sache an einen Dritten, nimmt 15 dieser nach Maßgabe der §§ 95 ff. nur dann die Rechtsstellung des VN ein, wenn er Eigentümer der Sache und damit Rechtsnachfolger des Versicherten49 wird. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts. Danach wird der Dritte Eigentümer, wenn der Versicherte als ursprünglicher Eigentümer der Verfügung des VN nach § 185 BGB zustimmt oder der Dritte gem. §§ 932–934 BGB gutgläubig Eigentum erwirbt. Erlangt der Dritte auf einem dieser beiden Wege die Stellung eines Eigentümers, wandelt sich die Fremdversicherung zugunsten des Versicherten als ursprünglichem Eigentümer wiederum in eine Eigenversicherung zugunsten des Dritten als neuem Eigentümer und VN um.
43 44 45 46 47
Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 14. Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 2. Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 11. Dazu Langheid/Wandt/Staudinger § 35 Rn. 7. OLG Hamm 10.04.1996 NZV 1996 412; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 14;
48 49
Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 14; a.M. ohne nähere Begründing Kisch PVR III 552. Ebenso Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 44 Rn. 14. Das übersieht Kisch PVR III 553.
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D. Verfügungsbefugnis des Versicherten (Abs. 2) I. Grundlagen 16
Obwohl ihm die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zustehen, kann der Versicherte über sie nicht ohne weiteres selbst verfügen oder sie gerichtlich geltend machen, § 44 Abs. 2. In dieser Vorschrift ist keine gesetzliches Veräußerungsverbot nach § 135 BGB zu sehen, sondern eine Verfügungsbeschränkung, die auf dem Versicherungsvertrag beruht.50 Verfügungen des VN sind daher grundsätzlich unwirksam. Eine Leistungsklage, die der Versicherte gegen den VR erhebt, ist unzulässig, da die Prozessführungsbefugnis nach § 45 ebenfalls grundsätzlich dem VN zugewiesen ist.51 Der Leistungsklage stehen das Erwirken eines Mahnbescheids, der Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den VR etc. gleich (vgl. auch § 45 Rn. 10). Etwas anderes gilt in drei Ausnahmefällen. Neben den Fällen des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des VR erlangt der Versicherte die Verfügungsbefugnis über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag, wenn entweder eine Zustimmung des VN vorliegt oder wenn er, der Versicherte, sich im Besitz des Versicherungsscheins befindet. Ist der Versicherte nach § 44 Abs. 2 ausnahmsweise verfügungsbefugt, kann er sich gegen Verfügungen des VN über die Versicherungsforderung mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung wehren. Verweigert der VR einem verfügungsbefugten Versicherten gegenüber zu Unrecht die Leistung, kann dem VN gegen den VR ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB zustehen. Ist der VR im Unklaren darüber, ob der VN oder der Versicherte im Einzelfall verfügungsbefugt ist, kann er nach § 372 S. 2 BGB vorgehen und die Versicherungsleistung in Geld bei der zuständigen öffentlichen Stelle hinterlegen. 17 Als Verfügung, auf die sich die Regelungen der §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 beziehen, sind nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regeln sämtliche Rechtsakte anzusehen, die mittelbar oder unmittelbar auf den Bestand oder die Ausgestaltung der Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag, insb. die Versicherungsforderung, einwirken.52 Neben der Einziehung der Versicherungsleistung 53 sind dies vor allem die Annahme einer anderen Leistung als der Entschädigungszahlung an Erfüllung statt, die Ermächtigung zur Einziehung, der Erlass und die Abtretung.54 Ferner ist zu denken an die Verpfändung oder die Stundung der Forderung einschließlich der Zinsen, die Bestellung eines Nießbrauchs an der Versicherungsforderung, die Aufrechnung mit der oder gegen die Forderung oder eine Mahnung. Auf letztere findet, wenn der Versicherte sie dem VR gegenüber erklärt, § 182 Abs. 3 BGB Anwendung.55 Auch der Vergleich mit dem VR, die Anerkennung von Gegenrechten des VR und Vereinbarungen des VR über die Schadenshöhe stellen Verfügungen dar, die nach § 45 Abs. 1 grundsätzlich dem VN zugewiesen sind (vgl. dazu auch § 45 Rn. 6 f.). 18 Keine Verfügung in diesem Sinne ist die Zurückweisung des Erwerbs der Rechte durch den Versicherten nach § 333 BGB. Auf die Verfügungsbefugnis des Versicherten über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag kommt es entsprechend nicht an. Das
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Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 15; Ritter/Abraham § 56 ADS Anm. 2. OLG Celle 8.10.1982 VersR 1986 1099; Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 1. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 18.
184
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Dazu BGH 30.10.1954 BGHZ 15 154; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655; BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223. ÖOGH 20.12.1979 VersR 1981 991 f. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 18.
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Rechte des Versicherten
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gleiche gilt, wenn der Versicherte die ihm gehörige versicherte Sache an einen Dritten veräußert, da dieser nach den oben niedergelegten Grundsätzen (vgl. oben Rn. 14 f.) an die Stelle des Versicherten tritt. Keine Verfügung liegt weiterhin vor, wenn der Versicherte auf Feststellung klagt, dass ein Versicherungsvertrag besteht und dass er (der Versicherte) zum Kreise der Versicherten zählt – das ändert an den bestehenden Verfügungsrechten nichts.56 Des Weiteren liegt keine Verfügung über die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag vor, wenn dieser gegen den VR eine einstweilige Verfügung in Form der Regelungsverfügung beantragt oder auf Feststellung klagt, weil er dem VN gegenüber das Bestehen einer Forderung – also das Bestehen der Rechte des Versicherten – abstreitet. In beiden Fällen macht der Versicherte noch keine Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend. Eine einstweilige Verfügung in Form der Regelungs-, nicht der Leistungsverfügung, dient nur der einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen VN und VR, die Feststellungsklage noch dahinter zurückstehend nur dazu, die bloße Existenz eines vorgreiflichen Rechtsverhältnisses festzustellen. Schließlich ist auch keine Verfügung darin zu sehen, dass der Versicherte Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erhebt, weil Gläubiger des VN den Versicherungsanspruch gepfändet haben (dazu näher oben Rn. 10). Hier geht es ebenfalls nicht um eine Änderung, Belastung o.ä. der Forderungsrechte. Handlungen die der Versicherte vornimmt, um Obliegenheiten wahrzunehmen, die ihn nach Maßgabe des § 47 treffen, oder Handlungen, die eine solche Obliegenheit verletzen, stellen keine Verfügungen i.S.d. § 44 Abs. 2 dar. Es handelt sich jeweils um rein tatsächliches Verhalten, dem der für eine Verfügung notwendige Wille zum rechtsgeschäftlichen Handeln nicht zugrunde liegt.57 Obliegenheitsverletzungen berühren im Übrigen auch nicht den Bestand der Versicherungsforderung, sondern begründen lediglich ein (teilweises) Leistungsverweigerungsrecht des VR, dem es frei steht, sich darauf zu berufen, oder dies zu unterlassen.58
II. Zustimmung des VN Erteilt der VN seine Zustimmung nach §§ 183, 185 BGB, erhält der Versicherte die 19 Verfügungsmacht über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag. Die Zustimmung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, welche die Geschäftsfähigkeit des VN voraussetzt.59 Sie kann nach Maßgabe des § 185 BGB vor oder nach der zustimmungsbedürftigen Verfügung, gegenüber dem Versicherten oder dem VR erfolgen. Sie kann auch in AGB aus dem Rechtsverhältnis zwischen VN und Versichertem enthalten sein 60 und konkludent erklärt werden, sich also aus den Umständen ergeben. Eine konkludente Zustimmung liegt etwa vor, wenn der VN den Versicherten in gewillkürter Prozessstandschaft ermächtigt, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen,61 dem Versicherten die fraglichen Rechte „abtritt“ 62 oder auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet.63 Voraussetzung ist, dass der „Abtretung“, die eigentlich ins Leere geht, da der Versicherte ohnehin Inhaber des Anspruchs ist, zu entnehmen ist, dass der Versicherte
56 57 58 59 60
BGH 4.5.1983 VersR 1983 823, 824 f. Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 19. BGH 26.1.2005 RuS 2005 143 f.; BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 10. ÖOGH 11.5.1994 VersR 1995 443, 444.
61 62 63
OLG Celle 31.5.2007 VersR 2007 1641. OLG Stuttgart 7.2.1991 RuS 1992 331. RG 14.11.1930 RGZ 130 237, 240; Prölss/ Martin/Prölss § 76 Rn. 2; Kisch PVR III 490; Nießen 82.
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über das Recht auch verfügen können soll. Regelmäßig wird der VN zu einer Zustimmung nur bereit sein, wenn er hinsichtlich der Ansprüche, die ihm gegen den Versicherten zustehen, befriedigt worden ist (vgl. § 46 Rn. 31 ff.). Unter Ehegatten kann sich eine Verpflichtung zur Zustimmung aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB ergeben.64 Hat der VN einmal seine Zustimmung erteilt, kann er sie nach § 183 Abs. 1 BGB nicht mehr widerrufen, wenn der Versicherte bereits über den fraglichen Anspruch aus dem Versicherungsverhältnis verfügt, oder ihn gerichtlich geltend gemacht hat. Einseitige Rechtsgeschäfte des Versicherten kann der VR gem. §§ 182 Abs. 3, 111 S. 2 BGB zurückweisen, wenn dieser die Zustimmung des VN nicht in schriftlicher Form vorlegt.65 Regelmäßig ist in AVB zulässig geregelt, dass der Versicherte auch bei Vorliegen einer 20 Zustimmung des VN nicht verfügungsbefugt ist. Es handelt sich zumeist um Fälle, in denen die Verfügungsbefugnis abweichend von § 44 Abs. 2 in jedem Fall dem VN zugewiesen ist (dazu unten Rn. 37).
III. Besitz des Versicherungsscheins 21
Der Versicherte ist nach § 44 Abs. 2 auch dann verfügungsbefugt und kann seine Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Entgegen einer Ansicht im Schrifttum ist der Besitz des Versicherungsscheins aber kein Unterfall der Zustimmung des VN.66 Zwar ist richtig, dass er den Versicherungsschein aufgrund der Vorschrift des § 44 Abs. 1 S. 2 i.d.R. nur mit Einwilligung des VN erlangt. Legitimationswirkung entfaltet er aber auch, wenn dies nicht der Fall ist (dazu sogleich Rn. 22). Daher steht der Besitz des Versicherungsscheins der Zustimmung lediglich gleich. Eine Pflicht des VN, den Versicherungsschein an den Versicherten herauszugeben, kann sich nur aus einem Rechtsverhältnis ergeben, das zwischen den beiden besteht (dazu § 46 Rn. 3). Bei laufender Versicherung legitimiert nur die Einzelpolice, nicht auch die laufende.67 Der Besitz des Versicherungsscheins hat bei der Versicherung für fremde Rechnung 22 Legitimationswirkung. Diese entfaltet auch ein abhanden gekommener Versicherungsschein, allerdings nur, wenn dem VR der fehlende Wille des VN, den Versicherungsschein an den Versicherten zu übermitteln, unbekannt geblieben ist.68 Insoweit bestritten wird, dass § 44 Abs. 2 auch bei abhanden gekommenen Versicherungsscheinen gilt,69 ist darauf hinzuweisen, dass es Sinn eines jeden Legitimationspapiers, nicht nur eines solchen i.S.d. § 808 BGB, ist, dass befreiend an den Inhaber geleistet werden kann, gleich auf welche Weise er in den Besitz des Papiers gekommen ist. Außerdem käme dem Besitz des Versicherungsscheins neben der Zustimmung des VN kein eigenständiger Regelungsgehalt zu, wenn nicht auch der abhandengekommene Schein Legitimationswirkung entfalten würde. Um verfügungsbefugt zu sein, muss der Versicherte tatsächlichen unmittelbaren Besitz an der Urkunde haben – nur dann besteht aus Sicht des VR die von § 44 Abs. 1 S. 2,
64 65 66
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LG Köln 12.06.1997 RuS 1997 423. Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 20. So Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 31; Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 17; Schwan 19; a.M. zu Recht: Mot. 148; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 22. Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 14.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 20; Ritter/Abraham § 53 Anm. 14; Koenig FS E. Prölss 221, 230; a.M. offenbar Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 4; unklar HK-VVG/Muschner § 44 Rn. 9. So Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 23.
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Rechte des Versicherten
§ 44
Abs. 2 angestrebte Klarheit über den Inhaber der Verfügungsbefugnis. Weder mittelbarer Besitz der Urkunde (dazu auch § 45 Rn. 18) noch eine dem VR nach § 3 nachgelassene Übermittlung des Versicherungsscheins in Textform gem. § 126b BGB 70 genügen. § 44 Abs. 1 S. 2 ist demnach so auszulegen, dass das Verlangen des VN auf die Übermittlung der Urkunde des Versicherungsscheins gerichtet ist. Nur so erlangt er Besitz i.S.v. § 45. Die Übermittlung des Versicherungsscheins ist dabei keine Übereignung i.S.d. §§ 929 ff. BGB, da der Versicherte als Inhaber der Versicherungsforderung – und nicht der VN – Eigentum am Versicherungsschein nach § 952 Abs. 2 BGB erwirbt.71 In der Sachversicherung ist § 44 Abs. 2 teilweise zulässig (dazu unten Rn. 37) dahin- 23 gehend abbedungen, dass selbst der Besitz des Versicherungsscheins dem Versicherten keine Verfügungsbefugnis gibt (etwa B § 12 Ziff. 2 S. 2 AFB 2008). Der VR kann aber auf diese für ihn günstige Regelung verzichten, so dass der Versicherte seine Ansprüche bei Besitz des Versicherungsscheins wieder geltend machen kann, sofern der VN einverstanden ist.72
IV. Rechtsmissbräuchliches Verhalten des VR Liegt keine ausdrückliche oder konkludente Zustimmung des VN vor und ist der Ver- 24 sicherte auch nicht im Besitz des Versicherungsscheins, bedeutet dies nicht zwingend, dass letzterer nicht zur Verfügung über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag berechtigt ist. Der Versicherte ist dies selbst gegen den Willen des VN dann, wenn der VR eine Regulierung ablehnt und der VN zu verstehen gibt, dass er seinerseits die Ansprüche des Versicherten nicht weiter verfolgen will. Eine Berufung des VR auf die fehlende Verfügungsbefugnis des Versicherten wäre dann rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB, weil er durch die Ablehnung der Deckung die Person des Versicherten und die maßgeblichen Umstände für die Regulierung bereits kennt und seine Interessen nicht gefährdet sind, sofern es nicht noch weitere Personen gibt, die in die Verhandlungen involviert sind.73 Kann sich der VR nicht auf die mangelnde Verfügungsbefugnis berufen, bedeutet dies zugleich auf prozessualer Ebene, dass der Versicherte Klage gegen den VR erheben kann, ohne zuvor auf Grundlage des Treuhandverhältnisses (und ggf. des Schuldverhältnisses), das im Innenverhältnis zwischen ihm und dem VN besteht, die Zustimmung des VN nach § 44 Abs. 2 einholen zu müssen.74 Der VR handelt auch dann rechtsmissbräuchlich, wenn er eine Verfügung des Versicherten zurückweist, der VN aber von vornherein den VR nicht in Anspruch nimmt und er keine billigenswerte Gründe ins Feld führen kann, warum er dies nicht tut.75 Etwas anderes ist es aber, wenn der VN zumindest vorprozessual Ansprüche gegen den VR geltend macht,76 in Vergleichsverhandlungen mit dem VR eintritt, oder gar einen Vergleich abschließt.77 Hier mangelt es nicht an einer Verfolgung des Anspruchs.
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So auch Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 3. J. Huber 63; Lenné 173. BGH 7.1.1965 BGHZ 43 42, 43. BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327; BGH 29.7.1991 BGHZ 115 275, 282; BGH 11.3.1987 NJW-RR 1987 856 f.; teils differenzierend Nießen 89 ff.; Looschelders VersR 2000 23, 25 f.
74 75
76 77
Nießen 93; a.M. Krause 42 f. BGH 27.5.1998 NJW 1998 2537, 2538; BGH 14.12.1994 VersR 1995 332, 333; ÖOGH 29.11.2006 VersR 2008 283; OLG Hamm 6.10.2004 VersR 2005 934 f. OLG Hamm 6.10.2004 VersR 2005 934 f. Ebenso ÖOGH 10.7.1984 VersR 1984 1196; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 25.
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Was als billigenswerter Grund gelten kann, der das Verhalten des VN rechtfertigt, bestimmt der Schutzzweck des Zustimmungserfordernisses aus § 44 Abs. 2 i.V.m. den Grundsätzen aus § 45 Abs. 1. Nach dem oben Gesagten (vgl. Rn. 24) geht es in diesem Regelungszusammenhang u.a. darum, den VN in der Geltendmachung seiner Ansprüche gegen den Versicherten abzusichern. Stehen dem VN aus dem Innenverhältnis keine solche Ansprüche gegen den Versicherten zu, dürfte es ihm regelmäßig an einem billigenswerten Motiv fehlen, um die Zustimmung zu verweigern.78 Ist der VN Ehemann, so kann er seiner in der Unfall- oder Haftpflichtversicherung (mit-)versicherten Ehefrau nicht verwehren, ihre Rechte aus dem Versicherungsvertrag selbständig zu verfolgen, wenn er selbst dies nicht tut, weil ihre Ehe zerrüttet ist und er sich für die Belange seiner Ehefrau nicht mehr interessiert. Eine drohende Prämienerhöhung bei Geltendmachung von Ansprüchen gegen den VR ist ebenfalls kein billigenswerter Grund für die Verweigerung der Zustimmung durch den VN.79 Dem Fehlen eines billigenswerten Grundes steht es gleich, wenn der VN nach Eintritt des Versicherungsfalles als Rechtssubjekt wegfällt. Das ist etwa der Fall bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft durch Löschung im Handelsregister.80 Könnte sich der VR in einem solchen Fall auf die fehlende Verfügungsbefugnis des Versicherten berufen, wäre diesem jede Möglichkeit genommen, seine Rechte zu verfolgen. Der Löschung einer Kapitalgesellschaft im Handelsregister steht – trotz fortbestehender Parteifähigkeit der Kapitalgesellschaft – die Vermögenslosigkeit gleich, da der VR durch einen Rechtsstreit mit dem Versicherten nicht schlechter gestellt wird, als wenn er der Klage einer vermögenslosen Gesellschaft mit dem entsprechenden Kostenrisiko ausgesetzt wäre.81 Den VR kann auch aufgrund eigenen Verhaltens der Vorwurf des Rechtsmiss26 brauchs treffen, wenn er eine Verfügung des Versicherten zurückweist, weil die Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 nicht vorliegen. Daran ist zu denken, wenn der VR zuvor mit dem Versicherten bereits hinsichtlich des Versicherungsverhältnisses korrespondiert hat oder anderweitig bei dessen Durchführung mit dem Versicherten zusammengearbeitet hat, es aber versäumt, den Versicherten darauf hinzuweisen, dass nur der VN klagebefugt ist.82 Kein Fall des Rechtsmissbrauchs durch den VR liegt vor, wenn er ein Leistungsbegeh27 ren des Versicherten zurückweist, weil der VN sich unter Verstoß gegen Bestimmungen in AVB weigert, die an ihn gezahlte Versicherungssumme an den Versicherten auszukehren.83 Das gleiche gilt, wenn VN und VR sich über die Höhe des Schadens geeinigt haben84 oder der VN bloß Verhandlungen zwischen dem Versicherten und dem VR zugestimmt hat.85
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Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 15. BGH 11.3.1987 NJW-RR 1987 856 f. OLG Köln 19.8.1997 VersR 1998 1104, 1105; OLG Hamm 21.12.1995 NJW-RR 1996 1375. BGH 19.9.1995 VersR 1996 83 m. Anm. Frahm VersR 1996 163; Langheid/Wandt/ Dageförde § 44 Rn. 9; a.M. OLG Hamm 21.12.1995 NJW-RR 1996 1375, 1376.
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OLG Hamm 6.10.2004 VersR 2005 934; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 25. BGH 14.12.1994 VersR 1995 332, 333. Berliner Kommentar/Hübsch § 75 Rn. 17; a.M. LG Berlin 15.09.1983 VersR 1984 250, 251. ÖOGH 22.9.1983 VersR 1984 1196.
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Rechte des Versicherten
§ 44
V. Sonderregeln In der D&O-Versicherung ist umstritten, ob § 44 Abs. 2 durch die Vorschriften über 28 die Haftpflichtversicherung (§§ 100 ff.) als leges speciales verdrängt wird. Eine starke Strömung in Rechtsprechung und Schrifttum nimmt dies mit der Begründung an, anderenfalls sei bei Innenhaftungsansprüchen das in der Haftpflichtversicherung geltende Trennungsprinzip verletzt.86 Die Frage eines Spezialitätsverhältnisses von § 100 ff. zu § 44 Abs. 2 stellt sich in Wirklichkeit aber gar nicht. Sie beruht auf einer mangelnden Unterscheidung von Haftpflicht- und Deckungsanspruch. Ein Haftpflichtanspruch des VN, der bei der D&O-Versicherung untypischerweise zugleich Geschädigter ist, kann sich auf Grundlage von § 44 Abs. 2 überhaupt nicht ergeben, da diese Vorschrift nur im Deckungsverhältnis zur Anwendung kommt.87 Hier kann der VN auf Grundlage von § 44 Abs. 2 gegen den VR vorgehen, es sei denn diese Vorschrift ist in AVB wirksam abbedungen. In der Krankenversicherung kann nach der Sonderregel des § 194 Abs. 3 S. 1 abwei- 29 chend von §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 ausschließlich der Versicherte die Versicherungsleistung verlangen, wenn der VN ihn gegenüber dem VR in Textform als Empfangsberechtigten der Versicherungsleistung benannt hat (vgl. auch § 6 Abs. 3 MB/KK 2008).
E. Ausstellung eines Sicherungsscheins Grundpfandgläubiger genießen nach §§ 94, 142 ff. besonderen versicherungsrecht- 30 lichen Schutz. Ein entsprechender Schutz für die Inhaber von Mobiliarsicherheiten fehlt. Schließt der Besitzer einer beweglichen Sache zugunsten des Eigentümers eine Versicherung für fremde Rechnung ab, verlangen die Versicherten (z.B. Vorbehaltsverkäufer, Sicherungseigentümer, Darlehens- oder Leasinggeber) daher i.d.R., dass der VR einen Sicherungsschein (bzw. eine Sicherungsbestätigung oder eine Versicherungsbestätigung für Leasingesellschaften) ausstellt.88 Ein solcher Sicherungsschein hat den Zweck, den Eigentümer der Sache davor zu schützen, dass er durch den ersatzlosen Untergang der (von ihm finanzierten) Sache Einbußen erleidet.89 Ihrer Rechtsnatur nach sind Sicherungsscheine keine Versicherungsscheine i.S.d. § 3, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen des VR, mit denen das Versicherungsverhältnis bestätigt und i.d.R. näher ausgestaltet wird.90 Ein Sicherungsschein verstärkt in jedem Fall die Rechtsposition des Versicherten gegenüber den allgemeinen Bestimmungen über die Versicherung für fremde Rechnung. Welche Rechte im Einzelnen aus dem Sicherungsschein folgen, hängt von seinem Inhalt ab, der je nach Versicherungssparte und Sicherungszweck ein anderer sein kann.
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OLG Köln 2.9.2008 VersR 2008 1673, 1674; LG Marburg 3.6.2004 DB 2005 437; Koch GmbHR 2004 18, 24; Langheid VersR 2009 1043, 1044; offen gelassen von OLG München 15.3.2005 VersR 2005 540, 542; a.M. Schimmer VersR 2008 875, 877. Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1171. Siehe nur BGH 6.12.2000 RuS 2001 97, 98; OLG Köln 26.9.1991 RuS 1992 225; Beispiele bei Martin SVR Texte 52 und 53. BGH 15.11.1978 VersR 1979 176; BGH
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10.3.1993 BGHZ 40 297, 300 ff. = VersR 1964 131; HK-VVG/Muschner § 44 Rn. 4; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 26; Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 18; Nießen 84; Sicherungsscheine dürfen ausschließlich an Kreditinstitute i.S.d. KWG begeben werden. Für Sicherungsbestätigungen gilt diese Einschränkung nicht. BGH 10.3.1993 BGHZ 40 297, 302; Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 15.
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Mit der Ausstellung eines Sicherungsscheins werden zumeist die §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1, 2 VVG konkludent abbedungen (vgl. etwa den „Antrag auf Ausstellung eines Kraftfahrzeugsicherungsscheins“).91 Der Versicherte soll allein berechtigt sein, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen, insb. die Entschädigung anzunehmen, auch wenn er nicht mit Zustimmung des VN handelt und nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist.92 Verfügungen des VN, etwa die Abtretung des Entschädigungsanspruchs an einen Dritten, sind unwirksam.93 Dem VN steht es aber frei, die Rechte – neben dem Versicherten – in gewillkürter Prozesstandschaft gerichtlich geltend zu machen; er muss dabei aber auf Leistung an den Inhaber des Sicherungsscheins klagen.94 Zahlt der VR an den VN, erlischt der Anspruch des Versicherten nicht gemäß § 362 BGB.95 Zuweilen verzichtet der VR im Sicherungsschein gegen Mehrprämie darauf, bestimmte 32 Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zum VN gegenüber dem Versicherten geltend zu machen, z.B. sich auf § 81 Abs. 1 zu berufen.96 Andere Einwendungen, die ihm gegen den VN zustehen, sind von diesem Verzicht naturgemäß nicht betroffen. Er kann sie nach den allgemeinen Regeln dem Versicherten entgegenhalten.97 Regelmäßig übernimmt der VR bestimmte Auskunftspflichten gegenüber dem Versicherten, etwa wenn der VN die Erstprämie nicht gezahlt oder den Versicherungsschein nicht eingelöst hat.98 Ebenso ist der VR verpflichtet, den Versicherten auf Umstände hinzuweisen, die diesem nicht bekannt, aber für die Werthaltigkeit des Versicherungsanspruchs von Bedeutung sind.99 Im Sicherungsschein kann auch bestimmt sein, dass die Wirksamkeit einer Kündigung des Versicherungsvertrags durch den VN von einer Zustimmung des Versicherten abhängt. Dies muss aber ausdrücklich so vereinbart werden.100 Der VR haftet dem Versicherten dafür, dass die Angaben im Sicherungsschein richtig, vollständig und nicht irreführend sind.101 Ist dem nicht so, kann der VR dem Versicherten auf Schadensersatz haften.
F. Rechtsfolgen bei Leistung an den Versicherten 33
Hat der VR die Versicherungsleistung an den verfügungsberechtigten Versicherten erbracht, wird er gemäß § 362 BGB von seiner Leistungspflicht gegenüber dem VN befreit. Hat der VR in Unkenntnis eines leistungsbefreienden Tatbestandes gezahlt, richtet sich der Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB gegen den VN, nicht gegen den Versicherten (näher § 45 Rn. 35 ff.).
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OLG Köln 26.7.2005 RuS 2005 459; Römer/Langheid/Römer § 77 Rn. 19; Riedel 19. BGH 8.10.2003 NJW 2004 1041, 1042; BGH 10.3.1993 BGHZ 122 46, 49; BGH 25.11.1963 BGHZ 40 297, 301; OLG Hamm 17.1.1986 RuS 1986 317; OLG Hamm 5.12.1997 VersR 1999 44, 45; LG Aurich 4.4.1984 ZfS 1985 181, 182; Schnepp 198. BGH 12.2.1985 BGHZ 93 391, 393; OLG Hamm 5.12.1997 VersR 1999 44, 45. BGH 5.6.1985 VersR 1985 981, 982; BGH 19.1.1967 VersR 1967 343 f.; OLG Karlsruhe 7.12.1989 VersR 1990 1222; OLG Hamm 20.11.1987 VersR 1988 926; Schwintowski/
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Brömmelmeyer/Hübsch § 44 Rn. 24; Schnepp 198 f. OLG Köln 26.7.2005 NJOZ 2006 1664, 1665; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 26. Näher dazu Riedel 19. BGH 15.11.1978 VersR 1979 176. BGH 6.12.2000 VersR 2001 235, 236. BGH 6.12.2000 VersR 2001 235, 236; HK-VVG/Muschner § 44 Rn. 5. OLG Hamm 17.1.1986 RuS 1986 317 f.; Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 18. BGH 12.6.1985 VersR 1985 981, 982; Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 15.
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Rechte des Versicherten
§ 44
Hat der VR die Versicherungsleistung an einen Versicherten erbracht, der nicht ver- 34 fügungsberechtigt ist, wird er von seiner Schuld gegenüber dem VN nicht befreit. Etwas anderes gilt nur, wenn der VN die Zahlung an den Versicherten als Erfüllung akzeptiert. Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den Versicherten. Insoweit beurteilt sich die Rechtslage nicht anders als im Fall der irrig angenommenen Zession, bei der die dem vermeintlichen Zessionar erbrachte Leistung bei diesem kondiziert werden kann.102 Der VR kann mit dem Bereicherungsanspruch gegen den Versicherten nicht gegenüber dem Anspruch des VN aufrechnen.103
G. Beweislast Macht der Versicherte seine Forderungsrechte aus dem Versicherungsvertrag gericht- 35 lich geltend, so muss er das Vorliegen einer Ausnahme vom Verfügungsverbot des § 44 Abs. 2 beweisen. Lehnt der VN die Geltendmachung des Versicherungsanspruchs ab und herrscht zwischen dem Versicherten und dem VN Streit über das Vorliegen billigenswerter Gründe für die Ablehnung, so muss dies in einem Prozess zwischen Versichertem und VN geklärt werden.104 Ist der Versicherte im Besitz des Versicherungsscheins, hat der VN zu beweisen, dass ihm der Versicherungsschein abhanden gekommen ist, wenn er vom VR Auszahlung an sich verlangt.105
H. Abdingbarkeit Als Kernvorschrift des Rechts der Versicherung für fremde Rechnung ist § 44 Abs. 1 36 S. 1 anders als die übrigen Vorschriften des 4. Abschnitts überhaupt nicht abdingbar.106 Regeln die Parteien etwas von § 44 Abs. 1 Abweichendes, liegt keine Versicherung für fremde Rechnung vor, sondern ein Wettgeschäft. Abs. 1 S. 2 ist halbzwingend. Von ihm kann nicht zu Lasten des VN abgewichen werden, etwa dergestalt, dass der Versicherungsschein von vornherein an den Versicherten übermittelt wird. Abs. 2 ist abdingbar. Schon in der Ausstellung eines Sicherungsscheins ist eine Ab- 37 bedingung des § 44 Abs. 2 zu sehen. In AVB ist vielfach vorgesehen, dass ausschließlich der VN über die Rechte aus dem Vertrag verfügen darf (vgl. Ziff. 27.2 S. 1 AHB 2008; § 7 Ziff. 1 S. 2 AVB-Vermögen; B § 12 Ziff. 1 AFB 2008; F.2 S. 1 AKB 2008).107 Das erspart dem VR im Einzelfall eine Legitimationsprüfung. Die Verfügungsmacht des VN wird durch eine entsprechende Regelung in den AVB sämtlichen gesetzlichen Beschränkungen entzogen. Der VN bedarf weder zur Annahme der Entschädigung noch zur Übertragung der Rechte der Zustimmung des VN. Dem Versicherungsschein kommt keinerlei Legitimationswirkung mehr zu. Der Versicherte kann nur dann noch über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag verfügen, wenn der VN ihn nach §§ 164 ff. BGB bevollmäch-
102 103 104 105 106
OLG Hamm 14.7.1986 VersR 1988 30; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 31. BGH 28.11.1990 NJW 1991 919, 920. Looschelders VersR 2000 23, 25. Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 32. Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 73; Langheid/Wandt/Dageförde § 44 Rn. 1; Ehren-
107
zweig 215; Nießen 44; Ruscher 73 ff.; a.M. Hellwig 543 f., der anführt, der VN sei zur Herausgabe des Erlangten nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag verpflichtet. Kritisch mit Blick auf die Unfallversicherung Schneider ZVersWiss 1905 235, 256.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
tigt oder wenn er der Verfügung durch den Versicherten zustimmt.108 Die vollständige Zuweisung der Verfügungsbefugnis bei der Versicherung für fremde Rechnung an den VN ist mit § 307 Abs. 2 S. 1 BGB vereinbar. Die Rechtsprechung erkennt an, dass der VN ein berechtigtes Interesse habe, sich nur mit seinem Vertragspartner über den Anspruch auf die Versicherungsleistung auseinandersetzen zu müssen, u.a. auch deshalb, weil er dann nur in Bezug auf diesen das Prozesskostenrisiko trage.109 Eher selten wird dem Versicherten in AVB eine selbständige Verfügungsbefugnis ein38 geräumt. (z.B. A.1.2 AKB 2008 für in der Kfz-Haftpflichtversicherung mitversicherte Personen, A.4.2.6 AKB 2008 für in der Kraftfahrtunfallversicherung namentlich Versicherte, vgl. auch § 15 Abs. 2 ARB 2009 für in der Rechtsschutzversicherung mitversicherte Personen, Ziff. 10.1 AVB-AVG für in der D&O-Versicherung versicherte Organmitglieder). § 45 Abs. 1, 2 ist in diesen Fällen aber nicht mit abbedungen. Der VR begibt sich also des von den §§ 44, 45 bezweckten Schutzes, das Versicherungsverhältnis nur mit einer Person abwickeln zu müssen. Der VN bleibt neben dem Versicherten verfügungsbefugt (anders § 16 Nr. 3 AKB 88 für die Insassenunfallversicherung).
I. Auslandsrechte/PEICL 39
Die klare Zuweisung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag an den Versicherten in § 44 Abs. 1 S. 1 ist international zwar bekannt (Art. 7:945 niederl. BW; Art. 808 Abs. 3 poln. ZGB; Art. 7 Abs. 3 span. VVG). Oft beschränkt sie sich freilich auf die Inhaberschaft der Versicherungsforderung. Selbst das ist aber keinesfalls üblich. Das schweizerische Recht etwa enthält in Art. 17 Abs. 3 schw. VVG etwa nur versteckt den Gedanken, dass der Versicherte Inhaber des Entschädigungsanspruchs gegen den VR ist. Andere Rechtsordnungen, etwa Frankreich oder Griechenland, belassen es bei der Rechtslage der Regeln des allgemeinen Zivilrechts zu Verträgen zugunsten Dritter. Danach ist häufig – wie auch im deutschen Recht nach § 328 Abs. 1 BGB – im Einzelfall auszulegen, wer Träger der Rechte aus dem Versicherungsvertrag sein soll. Wiederum andere Rechtsordnungen weisen die Inhaberschaft der Rechte aus dem Versicherungsvertrag bei der Versicherung für fremde Rechnung dem VN zu (§ 10 Abs. 3 tschech. VVG). Die PEICL enthalten in Art. 11:101 Abs. 1 eine Teilregelung über die Inhaberschaft 40 der Rechte bei einer Versicherung für fremde Rechnung. Abweichend von den Regeln der PECL über den Vertrag zugunsten Dritter bestimmt die Vorschrift, dass der Versicherte Inhaber des Anspruchs auf die Versicherungsleistung nach Eintritt des Versicherungsfalls ist. Diese Bestimmung ist nicht abdingbar.110 Andere Rechte aus dem Versicherungsvertrag als dasjenige an der Versicherungsforderung sind von Art. 11:101 Abs. 1 PEICL nicht erfasst.
108 109
Kisch PVR III 480 f.; Schwan 20. BGH 29.4.1998 NJW 1998 2449, 2450; OLG Düsseldorf 15.7.1993 VersR 1995
192
110
525; OLG Köln 18.4.1994 VersR 1995 525. Basedow et al. PEICL Art. 11:101 C 2.
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Rechte des Versicherungsnehmers
§ 45
§ 45 Rechte des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer kann über die Rechte, die dem Versicherten aus dem Versicherungsvertrag zustehen, im eigenen Namen verfügen. (2) Ist ein Versicherungsschein ausgestellt, ist der Versicherungsnehmer ohne Zustimmung des Versicherten zur Annahme der Leistung des Versicherers und zur Übertragung der Rechte des Versicherten nur befugt, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. (3) Der Versicherer ist zur Leistung an den Versicherungsnehmer nur verpflichtet, wenn der Versicherte seine Zustimmung zu der Versicherung erteilt hat.
Schrifttum (vgl. auch Schrifttum Vor §§ 43–48) Bayer Der Vertrag zugunsten Dritter (1995); Bischoff Versicherung eigenen Sachwertinteresses an fremder Sache VersR 1963 8; Dörner Kondiktion gegen den Zedenten oder gegen den Zessionar NJW 1990 473; Drews Die Zustimmung des Versicherten in der Lebensversicherung VersR 1987 634; Frahm Die vermögenslose GmbH als gewillkürte Prozeßstandschafterin VersR 1996 163; Henke Die Leistung (1991); Kohler Bereicherungshaftung in Zessionsfällen WM 1989 1629; Looschelders Ausschluss der Klagebefugnis des Mitversicherten und Teilklageobliegenheit des VN in der Rechtsschutzversicherung nach den ARB 1975 VersR 2000 23; Richter Die Rechtsstellung des Versicherten bei der Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Leipzig (1933); Rodiek Der Versicherungsanspruch im Falle der Versicherung für fremde Rechnung (1914); Sieg Versicherungsschutz beim Kraftfahrzeugleasing BB 1993 1746; Stolle Die Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Göttingen (1906); Taube Ermächtigung – Versicherung für fremde Rechnung (1948); Thiel Die Unfallfremdversicherung als unabhängiges Rechtsinstitut VersR 1955 726; Winter Das Abtretungsverbot in der Berufsunfähigkeitsversicherung RuS 2001 133.
Übersicht Rn. A. B. C. I. II.
Normgeschichte . . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . Regelmäßige Verfügungsbefugnis (Abs. 1) 1. Materiellrechtliche Wirkung . . . . . . 2. Prozessuale Wirkung . . . . . . . . . . III. Einschränkung der Verfügungsbefugnis (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . 2. Folgen bei Vorliegen der Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 4 4 5 6 10 17 17
Rn. D. I. II. III. E. F. I. II. G.
Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustimmungserfordernis (Abs. 3) . . . . Bereicherungsausgleich . . . . . . . . . . Zahlung an den VN . . . . . . . . . . . Zahlung an den Versicherten . . . . . . . Abdingbarkeit und verdrängendes Sonderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Auslandsrecht/PEICL . . . . . . . . . .
24 24 26 27 28 33 33 35 38 44
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A. Normgeschichte § 45 stimmt inhaltlich weitgehend mit § 76 a.F. überein. Dieser hatte seit dem 1 Inkrafttreten des VVG 1908 unverändert Bestand und war dem mittlerweile aufgehobenen § 886 HGB nachgebildet.1 Der Begriff der Zahlung i.S.v. § 76 Abs. 2 und 3 a.F. ist
1
Zur Bedeutung des § 886 HGB für § 45: J. Huber 59 f.
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§ 45
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
durch den Begriff der Leistung ersetzt worden. In der Sache ändert sich dadurch nichts.2 Sämtliche vom VR geschuldete Zahlungen (Entschädigung, Aufwendungsersatz, Verzugsschadensersatz) fallen unter den Begriff der Leistung. Eine Änderung im Wortlaut des Abs. 3, deren Motivation im Dunkeln liegt, hat materiellrechtliche Auswirkung: maßgeblich für die Fälligkeit der dort geregelten Leistung an den VN ist nicht mehr der Zeitpunkt, in dem der VN dem VR gegenüber nachweist, dass der Versicherte seine Zustimmung erteilt hat, sondern der Zeitpunkt der Erteilung selbst (näher dazu unten Rn. 29).
B. Normzweck 2
§ 45 regelt in seinen Abs. 1 und 2 die Rechtsstellung des VN in der Versicherung für fremde Rechnung. Diese ist im deutschen Recht durch die charakteristische Aufspaltung von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis geprägt. Rechtsinhaber ist nach § 44 Abs. 1 zwingend der Versicherte. Die Verfügungsmacht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag einschließlich der Klagebefugnis weist § 45 Abs. 1 dagegen grundsätzlich allein dem VN zu. Der VN erhält eine so weitgehende Verfügungsbefugnis, da er alleiniger Vertragspartner des VR ist und auch – im Außenverhältnis – für die Prämien aufzukommen hat. Gesamtversicherungen, wie sie Kommissionäre und Spediteure nehmen, wären wohl gar nicht handhabbar, wenn die Verfügungsmacht nicht beim VN konzentriert wäre, sondern einer Vielzahl von (versicherten) Personen zustände. Das Merkmal „im eigenen Namen“ stellt lediglich klar, dass der VN in Ausübung seiner Verfügungsmacht bei der Versicherung für fremde Rechnung nicht als Vertreter des Versicherten handelt.3 Die Abs. 2 und 3 dienen dazu, einen Missbrauch der Rechtsfigur der Versicherung für 3 fremde Rechnung durch den VN zu verhindern.4 Da beide Normen disponibel sind (unten Rn. 38 f.), ist der Schutz, den sie entfalten, relativ schwach. § 45 Abs. 2 will verhindern, dass der VN die Entschädigung in die Hand bekommt oder sie dem Versicherten durch Übertragung der Forderung aus der Hand schlägt, ohne dass besondere Kautelen (Besitz des Versicherungsscheins; Zustimmung des Versicherten) vorliegen. Die alleinige Verfügungsbefugnis des VN für die beiden wichtigen Rechtsakte der Annahme der Leistung und der Übertragung der Versicherungsforderung an Dritte wird entsprechend beschränkt. § 45 Abs. 3 will Wettversicherungen verhindern.5 Schließt der VN einen Vertrag über die Versicherung einer fremden Sache, ohne dass der Interesseträger etwas davon weiß, kann der Fall eintreten, dass der VN die empfangene Leistung nicht an den Versicherten auskehren muss: Besitzt der VN den Versicherungsschein, kann er nach § 45 Abs. 1, 2 Zahlung verlangen und die erhaltene Leistung behalten, da es an einer Zurückweisung der Entschädigung nach § 333 BGB fehlt. Damit der VN nicht auf diesen Fall spekulieren kann, bestimmt Abs. 3, dass die Auszahlung der Entschädigung nicht fällig ist, solange der Versicherte seine Zustimmung zur Versicherung nicht erteilt hat.
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Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 2. Kisch PVR III 487. Corrodi 146; Nießen 63 f. Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 1
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und 16; Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 16; Ritter/Abraham § 54 ADS Anm. 14.
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Rechte des Versicherungsnehmers
§ 45
C. Tatbestand I. Grundlagen Materiellrechtlich stellt die Verfügungsbefugnis des VN in der Versicherung für fremde 4 Rechnung nach § 45 Abs. 1 und Abs. 2 eine gesetzliche Einziehungsermächtigung (zur prozessrechtlichen Qualifikation unten Rn. 10 f.) 6 und keine bloße Formallegitimation 7 dar. Dogmatisch ist die Verfügungsbefugnis des VN mit § 185 BGB 8 und der Verwaltung der Erbmasse durch den Testamentsvollstrecker gem. §§ 2205, 2211, 2212 BGB 9 verwandt. Die Verwandtschaft des § 45 mit § 185 BGB ist dabei lose. Der Unterschied zwischen beiden Normen besteht darin, dass die Verfügungsberechtigung des VN auf dem Gesetz beruht, die Verfügungsmacht nach § 185 BGB hingegen auf einer Willenserklärung des Rechtsinhabers. Weiterhin verdrängt die Verfügungsmacht des VN nach § 45 Abs. 1 diejenige des Versicherten. Bei § 185 BGB bleibt die Verfügungsmacht des Rechtsinhabers neben derjenigen des Ermächtigten bestehen. Die Verwandschaft mit der Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers ist enger. Der Erbe, dessen Erbschaft unter Verwaltung steht, ist – ähnlich wie der Versicherte bei der Versicherung für fremde Rechnung – der Wahrnehmung seiner Rechte weitgehend beraubt. Nach außen handelt der Testamentsvollstrecker wie der VN bei der Versicherung für fremde Rechnung im eigenen Namen und kraft eines eigenen Verwaltungsrechts. Im Innenverhältnis zum Erben unterliegt der Testamentsvollstrecker – ebenso wie der VN im Rahmen der §§ 43 ff. (dazu § 46 Rn. 6 ff.) – einer treuhänderischen Bindung.
II. Regelmäßige Verfügungsbefugnis (Abs. 1) § 45 Abs. 1 bestimmt, dass der VN über die Rechte des Versicherten im eigenen 5 Namen verfügen darf. Das gilt zeitlich unbeschränkt, also auch noch nach Eintritt des Versicherungsfalls. Der Versicherte ist daneben nicht zur Verfügung berechtigt. Der VN erwirbt die Verfügungsbefugnis nach § 45 Abs. 1 originär zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem VR, d.h. ohne Zwischenerwerb des Versicherten.10 Die Verfügungsbefugnis erlischt mit der vollständigen Abwicklung der Versicherung. Nicht unter § 45 Abs. 1 fallen die Rechte, die dem VN in seiner Stellung als Vertragspartei zustehen. Diese bedürfen keiner besonderen Regelung im Recht der Versicherung für fremde Rechnung, da sie ohnehin von einem Vertragsfremden, etwa dem Versicherten, nicht ausgeübt werden können. So sind Erklärungen zum Versicherungsvertrag stets vom VN und ihm gegenüber abzugeben. Das betrifft etwa die Prämienmahnung nach § 38 oder die Erklärung von Gestaltungsrechten wie der Kündigung oder der Vertragsänderung (siehe auch § 44 Rn. 8).11 Auch die Aufhebung des Vertrags fällt kraft Natur der Sache – und nicht nach § 45 Abs. 1 – unter die Verfügungsbefugnis des VN.
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Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 11; Nießen 74; a.M. Kisch PVR III 488 („Recht ganz eigener Art“). So aber Taube 82 ff.; Trautmann 32 f. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 9; Trautmann 32 f. Nießen 74.
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Nießen 64; Trautmann 23. ÖOHG 11.5.1994 VersR 1995 443, 444; Langheid/Wandt/Dageförde § 45 Rn. 2; Römer/Langheid/Römer §§ 75, 76 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 2; vgl. auch Anli 101.
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§ 45
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
1. Materiellrechtliche Wirkung
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Die Verfügungsbefugnis des VN nach § 45 Abs. 1 besteht unabhängig davon, ob er im Besitz des Versicherungsscheins ist oder mit Zustimmung des Versicherten handelt. Der VN ist in der Versicherung für fremde Rechnung stets ermächtigt, verbindlich Willenserklärungen abzugeben und zu empfangen, die Grund und Höhe der Entschädigungsforderung betreffen. Ferner darf der VN Zahlungsmodalitäten vereinbaren und an der Schadensfeststellung mitwirken, insb. Sachverständige benennen oder sich an einem Sachverständigenverfahren beteiligen.12 Seine Verfügungsbefugnis umfasst auch alle Handlungen, die dazu dienen, die Einziehung vorzubereiten. Der VN kann den VR dementsprechend mahnen, mit ihm einen Vergleich abschließen oder die Stundung vereinbaren. Die Befugnis des VN reicht letztlich so weit, dass er sich mit einer gesetzlich nicht zulässigen Aufrechnung durch den VR einverstanden erklären und anordnen kann, dass die Zahlung der Versicherungssumme an den Versicherten auf Schadensersatzansprüche gegen ihn angerechnet wird.13 Der VN ist derjenige, dem gegenüber der VR seine Erklärungen abzugeben hat, etwa beim Rücktritt.14 Anders als bei der Bezugsberechtigung kann der VN die vom Versicherten erwor7 benen Rechte aus dem Versicherungsvertrag nicht einseitig widerrufen.15 Das liegt daran, dass er – zumindest in der Schadensversicherung – wegen der zwingenden Natur des § 44 das fremde Interesse nicht im eigenen Namen versichern kann. Er kann aber mit dem VR einen Erlassvertrag i.S.v. § 397 Abs. 1 BGB schließen.16 Das Innenverhältnis zum Versicherten schränkt die Verfügungsmacht des VN im 8 Außenverhältnis zum VR grundsätzlich nicht ein. Die treuhänderische Bindung zwischen VN und Versichertem (dazu § 46 Rn. 6 ff.) kann aber Vereinbarungen zwischen VN und VR über die Entschädigung oder einen Erlass im Einzelfall nach § 138 Abs. 1 BGB zu Fall bringen.17 Das ist dann der Fall, wenn für den VR erkennbar ist, dass der VN zum schwerwiegenden Nachteil des Versicherten handelt. War der VN gegenüber dem Versicherten im Innenverhältnis nicht dazu befugt, entsprechende Vereinbarungen mit dem VR zu treffen, kann dies über die Rechtsfolge der Nichtigkeit hinaus Schadensersatzansprüche des Versicherten aus dem Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem VN auslösen.18 Das gilt auch für den – von § 45 nicht geregelten – Fall, dass der VN den Versicherungsvertrag aufhebt.19 Es kommt im Einzelfall auch ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in Betracht. Aufgrund des „verwickelten Verhältnisses“ 20 der §§ 44 Abs. 2 und § 45 Abs. 1 9 zueinander, lassen sich Konstellationen vorstellen, in denen sowohl der VN als auch der Versicherte über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag verfügen können. Das ist etwa der Fall, wenn der VN sich im Besitz des schon ausgestellten Versicherungsscheins befindet und neben ihm auch der Versicherte kraft Zustimmung des VN gem. § 44 Abs. 2 verfügen kann. Des Weiteren steht die Verfügungsbefugnis teils auch aufgrund gesetzlicher 12
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OLG Hamm 28.9.2001 NJW-RR 2002 534; LG Berlin 15.9.1983 VersR 1984 250, 251; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 3. Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 6. ÖOGH 11.05.1994 VersR 1995 443, 444. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 6; a.M. Bayer 246. BGH 23.4.1963 VersR 1963 521, 522; Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 20;
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HK-VVG/Muschner § 45 Rn. 2; Anli 103; Kisch PVR III 494; Lenné 160. OLG Hamburg 1.3.1960 VersR 1960 1132; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 7. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 6. Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 7. Nießen 85.
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Rechte des Versicherungsnehmers
§ 45
Anordnung (vgl. § 61 Abs. 2 BNotO) oder durch Bestimmungen in AVB sowohl dem VN als auch dem Versicherten zu (z.B. F.2 S. 2 AKB 2008 in der Kfz-Haftpflicht- und -Unfallversicherung). Hier besteht die Gefahr, dass es zu sich widersprechenden Verfügungen kommt. Ist dies der Fall, werden die Verfügungen von VN und Versichertem betrachtet, als wären sie von ein und derselben Person abgegeben.21 Insoweit die zeitlich spätere Verfügung der zeitlich früheren widerspricht, ist sie als venire contra factum proprium unwirksam. Eines Rückgriffs auf die Figur der Gesamtgläubigerschaft bedarf es insoweit nicht zwingend. Dem gegenüber überzeugt es nicht, grundsätzlich auf die Verfügung des Versicherten abzustellen.22 Die dem zugrunde liegende Überlegung, dass dadurch der bürgerlich-rechtliche Normalfall des Zusammentreffens von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis wiederhergestellt wird, trifft zwar zu. Eine solche „Wiederherstellung“, die nach § 44 Abs. 2 bei der Versicherung für fremde Rechnung Ausnahmefall ist, überzeugt aber allenfalls dann, wenn die konkurrierende Verfügungsbefugnis des Versicherten auf Zustimmung oder Übergabe des Versicherungsscheins durch den VN beruht, nicht für den Fall, dass es sich um eine gesetzliche Anordnung handelt. Beide Fälle sind aber gleich zu behandeln. 2. Prozessuale Wirkung Aus § 45 Abs. 1 folgt als prozessuales Äquivalent zur materiellen Befugnis, dass der 10 VN prozessführungsbefugt ist, was die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag anbelangt.23 Das gilt vor allem für den Anspruch auf Entschädigung. Die gerichtliche Geltendmachung ist zwar keine Verfügung i.S.d. § 45 Abs. 1.24 Dass der VN bei der Versicherung für fremde Rechnung aber grundsätzlich aktiv- und passivlegitimiert ist, ergibt sich aus der Natur der Sache und einer Parallelwertung zu § 44 Abs. 2.25 Dass § 45 Abs. 1 die gerichtliche Geltendmachung anders als § 44 Abs. 2 nicht ausdrücklich erwähnt, ist ein historisches Redaktionsversehen. Der VN kann entsprechend einen Mahnbescheid erwirken, auf Feststellung der Leistungspflicht des VR klagen oder den VR auf Leistung an sich oder den Versicherten verklagen.26 Ebenso kann er Vollstreckungshandlungen beantragen, die auf eine erfolgreiche Klage gegen den VR folgen. Der VN ist auch Kostenschuldner im Rechtsstreit.27 Macht der VN die Rechte des Versicherten geltend, liegt ein Fall der gesetzlichen Pro- 11 zessstandschaft vor.28 Der VN muss zur Begründung seiner Prozessführungsbefugnis entsprechend kein schutzwürdiges Interesse vortragen,29 das sich im Übrigen aber aus den Pflichten des VR gegenüber dem VN aus dem treuhänderischen Innenverhältnis ergibt. Klagt der VN auf Leistung an sich, ist die Klage nur begründet, wenn er entweder den
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Kisch PVR III 511; Anli 105. So aber Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 37; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 37; Nießen 86. OLG München 15.3.2005 VersR 2005 540; OLG Hamm 21.12.1995 NJW-RR 1996 1375, 1376; HK-VVG/Muschner § 45 Rn. 5; Nießen 65; Sieg VersR 1997 160. So irrtümlich Ehrenzweig 219 Fn. 15. Ebenso Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 45 Rn. 7; Anli 97 Fn. 8.
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OLG Karlsruhe 5.5.1994 VersR 1995 1087, 1088. BGH 24.4.1998 NJW 1998 2449, 2450. OLG Köln 13.11.2001 NVersZ 2002 515; OLG Hamm 21.12.1995 NJW-RR 1996 1375, 1376; Römer/Langheid/Römer § 74 Rn. 21; Nießen 65; Sieg VersR 1997 160. Übersehen in OLG Karlsruhe 11.5.1989 VersR 1990 1222.
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§ 45
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
Versicherungsschein vorlegt oder der Versicherte seine Zustimmung erteilt hat, § 45 Abs. 2 und 3. Für die D&O-Versicherung haben einzelne Untergerichte bezweifelt, ob der VN pro12 zessführungsbefugt ist, wenn der Versicherungsvertrag keine entsprechende Klausel enthält.30 Diese Zweifel sind unberechtigt.31 Der VN ist von Gesetzes wegen prozessführungsbefugt, so dass es keiner vertraglichen Vereinbarung bedarf, wenn er die Rechte des Versicherten geltend machen möchte. In der Gruppenversicherung ist der Mitgliedsverein eines Verbandes nicht prozessführungsbefugt, wenn der Verband Versicherung für sich, seine Mitglieder und deren Mitglieder genommen hat.32 Der Mitgliedsverein ist dann nämlich nicht (prozessführungsbefugter) VN, sondern lediglich Mitversicherter. Macht der VN kraft Ermächtigung die Rechte eines Versicherten geltend, der selbst 13 verfügungsbefugt ist, handelt es sich um eine gewillkürte Prozesstandschaft.33 In diesen Fällen ist der VN nur prozessführungsbefugt, wenn er ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran hat, den Anspruch des Versicherten geltend zu machen. Das ist etwa dann der Fall, wenn er durch die Versicherungsleistung in entsprechender Höhe von eigenen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten frei wird.34 Der Versicherte ist im Prozess des VN gegen den VR nicht Partei.35 Er kann daher als 14 Zeuge vernommen werden, es sei denn er ist streitgenössischer Nebenintervenient.36 Die Folgen der Prozessführung, insb. die Rechtskraft des Urteils, erstrecken sich aber auf den Versicherten. Das ist die übliche Folge bei Prozessstandschaft.37 Insoweit dies für Verträge zugunsten Dritter nach bürgerlichem Recht anders gesehen wird, ist dies für die Versicherung für fremde Rechnung unbeachtlich, da sie sich von gewöhnlichen Verträgen zugunsten Dritter durch die Spaltung zwischen Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis unterscheidet sowie dadurch, dass entweder nur der Dritte oder nur der Versprechensempfänger verfügungsberechtigt ist. Teleologisch lässt sich für eine Erstreckung der Rechtskraft auf den Versicherten anführen, dass der VR anderenfalls der Gefahr ausgesetzt wäre, mehrere Verfahren hinsichtlich des gleichen Gegenstands führen zu müssen – z.B. wenn der VN nach Abweisung seiner Klage dem Versicherten die Zustimmung zur gerichtlichen Geltendmachung erteilt und der Versicherte gegen den VR vorgeht. Damit wären unnötige Kosten verbunden und die Gerichte ohne erkennbaren Sinn stärker belastet. Der Versicherte hat die Möglichkeit, im Verfahren als Nebenintervenient nach § 66 ZPO aufzutreten. Der VN kann ihm auch den Streit verkünden, §§ 72, 74 ZPO. Das erforderliche rechtliche Interesse für einen Beitritt des Versicherten ergibt sich einerseits aus etwaigen Regressansprüchen, die er gegen den VN haben kann, andererseits aus seiner Stellung als Rechtsinhaber (§ 44 Abs. 1) und der Tatsache, dass sich die Rechtskraft des Verfahrens auf ihn erstreckt. Umgekehrt kann der VR im Wege der Widerklage
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LG Marburg 3.6.2004 DB 2005 437. So auch OLG München 16.3.2005 VersR 2005 540; OLG Düsseldorf 21.12.2006 I-4 U 6/06 (juris); Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 45 Rn. 7; zur Frage der Begründetheit der Klage Lange VersR 2007 893, 896 f. OLG Köln 28.3.2000 RuS 2000 367; Langheid/Wandt/Dageförde § 45 Rn. 4. BGH 19.1.1967 VersR 1967 343; OLG Hamm 5.12.1997 VersR 1999 44, 45; OLG Köln 14.6.1984 VersR 1986 229.
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OLG Hamm 5.12.1997 VersR 1999 44, 45; Beckmann/Matusche-Beckmann/Rüther1 § 23 Rn. 40. HK-VVG/Muschner § 45 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 9; Ruscher 107. Lenné 159; Nießen 69. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Rn. 23; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 107; Nießen 67; a.M. Kisch PVR III 510.
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Rechte des Versicherungsnehmers
§ 45
Ansprüche gegen den VN aus dem Versicherungsverhältnis – etwa wegen noch ausstehender Prämienforderungen, soweit sie die Versicherungsleistung übersteigen – geltend machen. Die Abtretung der Forderung lässt die Aktivlegitimation nicht entfallen.38 Führt der verfügungsbefugte Versicherte den Prozess, kann der VN der Klage als Nebenintervenient beitreten und der Versicherte dem VN den Streit verkünden. Findet die EuGVVO in diesen Fällen Anwendung, kann der Versicherte den VR nach Art. 9 Abs. 1 EuGVVO nicht nur an dessen Sitz oder am Sitz des VN, sondern auch an seinem eigenen Wohnsitz verklagen. Das wurde für das zuvor geltende EuGVÜ teilweise anders gesehen.39 Im Anerkennungsverfahren kann sich der VR nach Art. 35 Abs. 1 EuGVVO entsprechend nicht mehr darauf berufen, das Wohnsitzgericht des Versicherten sei im Ausgangsverfahren nicht zuständig gewesen. Macht der VN die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag in gesetz- 15 licher Prozessstandschaft gerichtlich geltend, kann er von seiner Rechtsschutzversicherung Deckung verlangen. Dem steht die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 4 lit. d) ARB 2009 nicht entgegen, da sie Fälle der Versicherung für fremde Rechnung grundsätzlich nicht erfasst.40 Das ergibt sich aus dem Zweck der Regelung, die – wie ihre systematische Stellung innerhalb von Regelungen zu treuwidrigem Verhalten zeigt – darauf abzielt, zu verhindern, dass ein nicht versicherter Rechtsinhaber sein Risiko durch nachträgliche rechtliche Gestaltung zu Lasten des VR auf einen Rechtsschutzversicherten verlagert. Bei der Versicherung für fremde Rechnung handelt es sich hingegen nicht um eine nachträgliche Rechtsgestaltung zu Lasten des VR; der VN ist vielmehr aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis, das ihn mit dem Versicherten verbindet, zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis verpflichtet. Etwas anderes gilt nur, wenn der Versicherte selbst verfügungsbefugt ist, also bei gewillkürter Prozesstandschaft. Nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln wird Prozesskostenhilfe nur gewährt, 16 wenn die Voraussetzungen für die Gewähr sowohl beim Prozessstandschafter als auch beim Rechtsinhaber vorliegen.41 Das ist bei gewillkürter Prozessstandschaft erforderlich, damit der Versicherte nicht einen mittellosen VN vorschiebt, um einen günstigen Prozess führen zu können. Auch bei der gesetzlichen Prozessstandschaft muss es neben der Bedürftigkeit des VN grundsätzlich auch auf diejenige des Versicherten ankommen, da auch hier die Partei den Rechtsstreit im Interesse des Dritten führt.42 Prozesskostenhilfe erscheint nur angemessen, soweit es dem prozessführenden VN nicht möglich oder zumutbar ist, vom Versicherten einen Kostenvorschuss nach § 669 BGB zu erwirken oder ihn anderweitig für die Prozesskosten heranzuziehen.43 Etwas anderes muss allerdings gelten, wenn der VN aufgrund einer gesetzlichen Pflicht, Versicherung (für fremde Rechnung) zu nehmen, gezwungen ist, den Prozess selbst zu führen. Dann ist es nicht gerechtfertigt, auch auf die Vermögensverhältnisse des Versicherten abzustellen. 38 39 40
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OLG Hamm 20.5.1985 VersR 1986 758. So etwa BGH 2.5.1979 BGHZ 74 248, 252; Berliner Kommentar/Hübsch § 76 Rn. 6. BGH 29.4.1998 NJW 1998 2449, 2450 zu § 4 Abs. 2 lit. c) ARB 75; Langheid/Wandt/ Dageförde § 45 Rn. 7; Nießen 65 f. BGH 16.9.1991 VersR 1992 594; OLG Hamm 14.11.1989 NJW 1990 1053; Zöller/Phillipi § 114 Rn. 8; die Ausnahme von dieser Regel für den Fall, dass der materiell Berechtigte offenkundig kein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Ver-
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fahrens hat, spielt für die Versicherung für fremde Rechnung keine Rolle, da der Versicherte hier Rechtsinhaber ist und stets ein Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Ebenso Berliner Kommentar/Hübsch § 76 Rn. 7; Bruck/Möller/Johannsen/Johannsen 8, Band 3, Anm. J 139. OLG Hamm 22.5.1981 VersR 1982 381; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 10; Nießen 68; a.M. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 23; Looschelders/Pohlmann/ Koch § 45 Rn. 10.
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III. Einschränkung der Verfügungsbefugnis (Abs. 2) 1. Voraussetzungen
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§ 45 Abs. 2 schränkt die Verfügungsbefugnis des VN für den Fall ein, dass ein Versicherungsschein ausgestellt worden ist. Praktisch ist dies regelmäßig der Fall.44 Sobald ein Versicherungsschein ausgestellt ist, kann der VN Leistungen des VR mit Erfüllungswirkung gegenüber dem Versicherten 45 nur noch annehmen und/oder die Rechte des Versicherten nur noch übertragen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist oder der Versicherte zustimmt. Die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis nach § 45 Abs. 1 bleibt dem VN nur für die restlichen Verfügungsfälle. 18 Entgegen einer in Schrifttum und Rechtsprechung vertretenen Ansicht 46 genügt bloß mittelbarer Besitz am Versicherungsschein nicht.47 § 45 Abs. 2 soll vor missbräuchlichen Gestaltungen schützen. Abweichungen von der Grundregel des § 45 Abs. 1 sind vor diesem Hintergrund nur zulässig und sinnvoll, wenn der Versicherungsschein die Kraft eines Legitimationspapiers entfaltet. Dies ist nur der Fall, wenn sich der VR, der Zessionar, der Pfandnehmer oder ein anderer Interessierter den Versicherungsschein tatsächlich vorlegen lassen kann, was ohnehin in der Praxis regelmäßig verlangt werden wird. Nur dann können die Interessierten sicher sein, dass nicht in Wahrheit der Versicherte nach § 44 Abs. 2 verfügungsbefugt ist. Auch § 808 BGB lässt im Übrigen für qualifizierte Legitimationspapiere, zu denen u.a. auch Versicherungsscheine zählen, den mittelbaren Besitz nicht genügen (Abs. 2 S. 1).48 Der gute Glaube des VR an das Vorliegen einer Zustimmung oder den Besitz des Versicherungsscheins ist als guter Glaube an die Verfügungsbefugnis nur unter den Voraussetzungen des § 366 Abs. 1 HGB geschützt.49 Zur Zahlung an den VN ist der VR nur verpflichtet, wenn dieser ihm nachweist, dass der Versicherte seine Zustimmung erteilt hat, § 45 Abs. 3 (näher unten Rn. 29) 19 Die Zustimmung des Versicherten, die den Besitz des Versicherungsscheins als Legitimationsgrund ersetzen kann, ist eine Zustimmung i.S.d. §§ 182–184 BGB und setzt entsprechend Geschäftsfähigkeit des Versicherten voraus.50 Sie kann vor der Verfügung als Einwilligung oder danach als Genehmigung erteilt, für einzelne Verfügungen, Arten von Verfügungen oder generell, gegenüber dem VN oder seinem Geschäftsgegner ausgesprochen werden. Eine Zustimmung kann sich auch konkludent aus dem Verhalten des Versicherten ergeben, etwa wenn er von der Einleitung von Abtretungs- oder Entschädigungsverhandlungen durch den VN erfährt und nichts dagegen unternimmt. Ob der Versicherte zur Zustimmung verpflichtet ist, richtet sich nach dem Innenverhältnis zwischen ihm und dem VN. Ist dort eine Verpflichtung des Versicherten geregelt, kann der VN auf Zustimmung klagen und diese ggf. nach § 894 ZPO ersetzen lassen.
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Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 8; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 1 und schon Corrodi 145. BGH 12.6.1991 VersR 1994 1101, 1102. BGH 7.7.1980 LM § 13 HinterlegungsO Nr. 3; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 4; Ritter/Abraham § 53 Anm. 15; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 11; Kisch PVR III 476; Lenné 176; Nießen 78.
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Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 9; Corrodi 148; Stolle 37; Schneider ZVersWiss 1905 230, 240. Dazu Staudinger/Marburger § 808 Rn. 22. Enger: Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 11 (kein Schutz). Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 10; Nießen 77; Taube 103.
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2. Folgen bei Vorliegen der Voraussetzungen Ist er im Besitz des Versicherungsscheins oder handelt er mit Zustimmung des Ver- 20 sicherten, kann der VN die Leistung ganz oder teilweise und in jedweder Form annehmen, also eine Barzahlung ebenso wie einen Scheck oder die Überweisung auf ein Bankkonto. Als Annahme i.S.d. § 45 Abs. 2 ist letztlich jedwede Handlung zu werten, durch welche die Schuld des VR getilgt wird. Deshalb handelt es sich auch bei der Aufrechnung des VN mit einer Gegenforderung aus dem Versicherungsvertrag oder bei der Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt nach § 364 Abs. 1 BGB um eine Annahme i.S.d. § 45 Abs. 2. Eine Aufrechnung i.S.d. § 387 BGB 51 gegen die Prämienforderung des VR ist dabei möglich, obwohl bei der Versicherung für fremde Rechnung Verfügungsbefugnis und materielle Anspruchsinhaberschaft auseinander fallen und es an der Gegenseitigkeit der Forderung mangelt (Forderung: Versicherter gegen VR; Gegenforderung: VR gegen VN).52 Es genügt, dass die Verfügungsmacht des VN der Prämienforderung des VR gegenübersteht. Das leuchtet vom Ergebnis her ein: Es kann keinen Unterschied machen, ob der VN zunächst die ganze Leistung einzieht und die von ihm geschuldete Prämie oder Nebenverpflichtung gesondert tilgt, oder ob er durch Aufrechnung gegen die Prämienforderung des VR das Hin- und Herschieben von Werten vermeidet. Für diese Überlegung spricht auch § 35, der für eine Aufrechnung – von einem „Abzugsrecht“ wie nach § 35b a.F. ist nicht mehr die Rede – auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit verzichtet. Schließlich ist zu bedenken, dass – nähme man nicht an, dass die Aufrechnungsbefugnis der Verfügungsbefugnis nach § 45 folgt – eine Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des VR überhaupt nicht möglich wäre. Mangels Verfügungsbefugnis kann nämlich auch der Versicherte als Inhaber der Forderung nicht wirksam die Aufrechnung erklären. Teilweise wird bestritten, dass auch die Erhebung einer Leistungsklage, die auf Ver- 21 urteilung des VR zur Zahlung an den VN gerichtet ist, als Annahme zu behandeln ist.53 Dem kann nicht gefolgt werden. Der bloßen Annahme steht ihre Erzwingung mit Mitteln des Rechts gleich. Das betrifft nicht nur die Leistungsklage, sondern auch die auf sie folgende Zwangsvollstreckung in das Vermögen des VR54 und das Erwirken eines Mahnbescheids auf Leistung an den VN.55 Spiegelbildlich lässt sich formulieren, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des 22 § 45 Abs. 2 Erfüllungshandlungen des VR nur wirksam sind, wenn sie an den VN erfolgen. Zahlt der VR hingegen eine Kaskoentschädigung an den (Sicherungs-)Eigentümer, ohne dass ein Sicherungsschein vorliegt oder der VN zugestimmt hat, wird der VR nicht leistungsfrei, sofern der VN noch Inhaber des Versicherungsscheins ist.56 Nachdem der VR unberechtigt an den Eigentümer gezahlt hat, kann der VN Zahlung an sich verlangen.57
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Ausdrücklich OLG Hamm 24.7.2002 VersR 2003 190; HK-VVG/Muschner § 45 Rn. 2. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Rn. 12; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 5; Ritter/Abraham § 56 Anm. 3 f.; E. Lorenz VersR 1997 1267 f. So Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 12. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 11.
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Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 4; Ritter/Abraham § 54 ADS Anm. 7; a.M. OLG Karlsruhe 5.5.1994 VersR 1995 1087, 1088; Prölss/Martin/Prölss § 76 Rn. 2: Annahme ist nur die Annahme im engsten Sinne des Wortes, nicht schon die auf die Annahme gerichtete Handlung; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 12. OLG Hamm 14.7.1986 VersR 1988 30. Langheid/Wandt/Dageförde § 45 Rn. 4.
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Unter „Übertragung der Rechte“ ist nicht nur die Vollabtretung, sondern auch Teilabtretung, Inkasso- und Sicherungszession sowie die Verpfändung oder die Bestellung eines Nießbrauchs zu verstehen.58 Das ergibt sich für die Inkassozession daraus, dass auch der VN, wenn er selbst einzieht, entweder im Besitz des Versicherungsscheins sein oder die Zustimmung des Versicherten haben muss. Die Sicherungsabtretung wirkt sich für den Versicherten nicht anders als die Vollabtretung aus. Wegen der Verwandtschaft mit der Sicherungszession ist auch die Verpfändung als Übertragung i.S.d. § 45 Abs. 2 anzusehen.59 Fasst man unter den Begriff der Übertragung schon die Verpfändung kann für die Bestellung eines Nießbrauchs an der Versicherungsforderung nichts anderes gelten.
D. Einzelfragen I. Verzicht 24
Der VN kann zugunsten des Versicherten auf seine Verfügungsbefugnis durch einseitige Erklärung gegenüber dem VR als Vertragspartner verzichten, da sie wie eine Belastung des Rechts des Versicherten wirkt.60 Das folgt aus ihrer Rechtsnatur als Einziehungsermächtigung. Verzichtet der VN, unterliegen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag der freien Verfügung ihres Inhabers, des Versicherten. Etwas anderes gilt, wenn die Verfügungsbefugnis dem VN ausdrücklich in AVB zugewiesen ist. Dann kann er ohne Zustimmung des VR nicht auf diese Befugnis verzichten.61 Verweigert der VR die Zustimmung, ist der Versicherte regelmäßig berechtigt, seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag selbst geltend zu machen.62 Erfolgt der Verzicht, was häufig der Fall sein wird, ohne Gegenleistung des Versicherten, so unterliegt er dennoch nicht der Anfechtung der Gläubiger des VN nach § 4 AnfG.63 Der VN hat mit dem Verzicht nichts aus seinem Vermögen gegeben, in das die Gläubiger hätten vollstrecken können. Die Erklärung des VN, er „trete die Rechtsposition aus dem Versicherungsvertrag an 25 den Versicherten ab“, bedarf der Umdeutung. Eine Abtretung im Rechtssinne ist nicht möglich: Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag kann der VN nicht abtreten, weil der Versicherte bereits von Gesetzes wegen ihr Inhaber ist, § 44 Abs. 1; die Verfügungsbefugnis des VN ist wegen ihrer Rechtsnatur nicht abtretbar (siehe unten Rn. 26). Die unwirksame Abtretung lässt sich entweder in einen Verzicht des VN auf die Verfügungsbefugnis64 oder in die Erteilung einer Zustimmung nach § 44 Abs. 2 65 umdeuten.
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Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 14; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch, § 45 Rn. 12. Nießen 75; Trautmann 28; Ehrenzweig 219. Langheid/Wandt/Dageförde § 45 Rn. 2; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 13; Anli 99, Corrodi 146; Ehrenzweig 219 Fn. 12; Kisch PVR III 490; Lenné 161; a.M. Ehrenberg 465. BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327, 329; Loo-
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schelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 15; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 13. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 15. So schon zutreffend Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 30 zum Normvorgänger des § 3 Abs. 1 Nr. 3, 4 AnfG 1879. ÖOGH 29.11.2006 VersR 2008 283; OLG Köln 29.4.1997 VersR 1997 1222. OLG Hamm 19.4.1996 NZV 1996 412.
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II. Rechtsnachfolge Die Verfügungsbefugnis des VN hängt mit seiner Stellung als Vertragspartei untrenn- 26 bar zusammen und kann daher nicht abstrakt im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen werden.66 Sie ist also weder pfändbar noch verpfändbar und damit nach § 400 BGB auch nicht abtretbar. Ist der VN nach § 45 Abs. 2 verfügungsbefugt, kann er allerdings einem Dritten eine Einzugsermächtigung erteilen. Vermag er ein eigenes schutzwürdiges Interesse nachzuweisen, kann der ermächtigte Dritte die Forderung anschließend im Wege gewillkürter Prozessstandschaft gerichtlich geltend machen. Bei Gesamtrechtsnachfolge geht die Verfügungsmacht nur dann auf einen anderen über, wenn dieser in die Rechtsstellung des VN im Ganzen eintritt. Das ist etwa bei einer Erbschaft der Fall, bei einem Erbschaftskauf nach § 2382 BGB, einem Rechtsübergang nach § 25 HGB oder bei der Verschmelzung einer AG.67 Mehrere Erben können die Verfügungsbefugnis nur gemeinschaftlich ausüben. Ist der Versicherte Erbe des VN, wandelt sich die Versicherung für fremde Rechnung in eine Eigenversicherung um.68 Bei Testamentsvollstreckung wird zumeist der Testamentsvollstrecker verfügungsbefugt sein. Das ist aber Frage des Einzelfalls, da die Funktion des Testamentsvollstreckers nicht einen ähnlich fest umrissenen Inhalt hat wie diejenige des Insolvenzverwalters.
III. Insolvenz Bei Insolvenz des VN ist entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 69 nicht 27 dieser als Gemeinschuldner, sondern der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO verfügungsbefugt, obwohl die Verfügungsbefugnis des VN nicht zur Masse gehört.70 Die Verfügungsmacht dient aber der Realisierung eines Vorzugsrechts zugunsten der Masse, so dass ihr Übergang auf den Insolvenzverwalter angemessen erscheint. Wäre dies nicht der Fall, könnte der VN sein Befriedigungsrecht aus § 46 S. 2 auch im Falle seiner Insolvenz noch zum Nachteil der Massegläubiger ausüben. Der Versicherte kann die Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters aber überwinden, wenn er Zustimmung zur Eigenverfügung nach § 44 Abs. 2 verlangen kann.71 Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Versicherungsvertrags ab, wirkt die Ablehnung nach § 103 Abs. 2 S. 1 InsO auch gegen den Versicherten.72 Hinsichtlich der Entschädigungsforderung hat der Versicherte ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO. Dieses kann er im Wege der Feststellungsklage durchsetzen; es ändert an der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nichts.73
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RG 14.11.1930 RGZ 130 237, 242; Bruck/ Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 28; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 14; Anli 100; Ruscher 89. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Rn. 29; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 14; Anli 100; Kisch PVR III 491. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 14. Rodiek 59; Thiel VersR 1955 726, 731.
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OLG Hamm 19.4.1996 NZV 1996 412; Berliner Kommentar/Hübsch § 76, Rn. 12; Nießen 217; Gundlach DZWiR 2000 309, 311; zur KO schon Kisch PVR III 492. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Rn. 41. OLG Celle 8.10.1982 VersR 1986 1099 f.; Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 14. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 15.
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E. Zustimmungserfordernis (Abs. 3) 28
Um Wettversicherungen vorzubeugen (näher oben Rn. 3), ist der VR nur zur Leistung an den VN verpflichtet, der Versicherung für fremde Rechnung ohne den Willen des Versicherten genommen hat und durch den Besitz des Versicherungsscheins legitimiert ist, wenn der Versicherte seine Zustimmung zu der Versicherung erteilt hat, § 45 Abs. 3. Diese Regelung ist nur von Bedeutung, soweit der VN seine Legitimation aus dem Versicherungsschein ableitet. Ergibt sie sich aus der Zustimmung des Versicherten, hat dieser den Vertrag ohnehin gebilligt. Umgekehrt lässt sich dasselbe nicht sagen. Wer mit dem Vertrag einverstanden ist, hat damit noch nicht zugestimmt, dass der VN Verfügungen über die konkrete Versicherungsforderung vornimmt.74 29 Der VR kann die Zahlung vom Nachweis der Zustimmung des Versicherten abhängig machen, er muss es aber nicht. Solange der VN im Besitz des Versicherungsscheins ist, kann der VR vielmehr jederzeit mit befreiender Wirkung an ihn leisten, ohne sich die Zustimmung des Versicherten zur Auszahlung nachweisen lassen zu müssen.75 Verlangt der VR aber einen solchen Nachweis, wird der Anspruch auf Auszahlung der Entschädigung erst fällig, wenn eine Zustimmungserklärung abgegeben wurde.76 Auf den nach altem Recht maßgeblichen Zeitpunkt der Erbringung des Nachweises der Zustimmung durch den VN gegenüber dem VR kommt es aufgrund des geänderten Wortlauts des Abs. 3 (dazu oben Rn. 1) nicht mehr an.77 Das ist von Bedeutung für den Fall, dass der Versicherte die Zustimmung nicht dem VR, sondern dem VN gegenüber erklärt. Hier ist die Fälligkeit nach neuem Recht um den Zeitraum der Übermittlung der Erklärung des Versicherten vom VN an den VR vorverlegt. Der Wechsel des maßgeblichen Zeitpunkts macht den Nachweis als solchen praktisch aber nicht entbehrlich. Bestreitet der VR die Zustimmung des Versicherten, wenn der VN nach Eintritt des Versicherungsfalls Leistung an sich selbst verlangt, wird dieser die Zustimmung nach den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen müssen. 30 Für die Fälligkeit von Schadensabwendungskosten, die der VN oder der Versicherte aufgewendet haben, gelten die gleichen Grundsätze wie für die Fälligkeit der Entschädigung. Eine Zustimmung – und damit auch deren Nachweis – ist nicht erforderlich, wenn der VN gesetzlich verpflichtet ist, Versicherung zu nehmen.78 Der VR hat keine Möglichkeit, sicher zu stellen, dass die Entschädigung den Versicherten tatsächlich erreicht. Insb. kann er vom VN keinen Nachweis hierüber verlangen. Die Frage, wem die Versicherungssumme gebührt, ist letztlich eine Frage des Innenverhältnisses und steht nicht mit der Leistungspflicht des VR in Zusammenhang.79 31 Die Zustimmung ist eine empfangsbedüftige Willenserklärung, die keiner Form bedarf. Sie kann gegenüber dem VN oder dem VR, ausdrücklich oder konkludent, vor oder nach Vertragsschluss und auch noch nach dem Versicherungsfall erklärt und eingefordert werden.80 Als Zustimmung zur Versicherung ist auch eine Zustimmung zur Auszahlung
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Ehrenzweig 220. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 15; Langheid/Wandt/Dageförde § 45 Rn. 7. So wohl Langheid/Wandt/Dageförde § 45 Rn. 7 unter Verweis auf LG Nürnberg-Fürth 17.11.1977 VersR 1978 73, 74. A.M. ohne Berücksichtigung des geänderten Wortlauts Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 17; unklar HK-VVG/Muschner § 45
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Rn. 8; zum alten Recht LG Nürnberg-Fürth 17.11.1977 VersR 1978 73, 74; LG Berlin 28.4.1994 RuS 1995 109, 110. Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 17; Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 14. OLG Hamm 14.7.1986 VersR 1988 30. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 16.
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der Entschädigung an den VN zu werten, die einige AVB vorsehen (z.B. B § 12 Ziff. 2 AERB 2008; B § 12 Ziff. 2 AFB 2008; B § 12 Ziff. 2 VHB 2008). Der VN hat die Zustimmung des Versicherten nachzuweisen.81 Der VR, der diesen 32 Nachweis verlangt, bestreitet damit qualifiziert die Aktivlegitimation des VN. In der Sachversicherung kann sich der VR nur dann auf § 45 Abs. 3 berufen, wenn er beweist, dass der VN nicht Eigentümer ist.82 War kein eigenes Interesse des VN an fremden Sachen mitversichert und gelingt dem VN der Nachweis der Zustimmung des VN nicht, gilt § 48.83
F. Bereicherungsausgleich I. Zahlung an den VN Hat der VR an den VN gezahlt, ohne zu wissen, dass ein Tatbestand vorliegt, der ihn 33 von der Leistungspflicht (teilweise) befreit (z.B. Zuvielzahlung, Vorhandensein primärer oder sekundärer Risikobeschränkungen; Vortäuschung eines Versicherungsfalles; Zahlung an den VN, ohne dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 vorliegen), kann er das Geleistete vom VN nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herausverlangen, da der VR eine Verbindlichkeit aus dem Versicherungsvertrag tilgt.84 Hat der VR die Versicherungssumme noch nicht an den Versicherten ausgekehrt, ist Bereicherungsgegenstand der Anspruch, den der VN gegen den Versicherten erworben hat, da keine Verpflichtung zur Auskehrung besteht („Kondiktion der Kondiktion“). Unerheblich ist, ob der Versicherte seine Zustimmung erteilt hat oder nicht. Ein Ausschluss der Rückforderung gem. § 814 BGB besteht nur dann, wenn die Entschädigung in positiver Kenntnis der wahren Sachlage gezahlt wurde.85 Hat der VN die Entschädigung an den Versicherten ausgekehrt, so ist zu unter- 34 scheiden: War das Zuwendungsverhältnis, also das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem, Schenkung, so richtet sich der Bereicherungsanspruch des VR nach § 822 BGB gegen den Versicherten.86 Lag jedoch ein entgeltliches Zuwendungsverhältnis vor, steht dem Anspruch des VR gegen den VN auf Erstattung der vollen Entschädigung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB grundsätzlich § 818 Abs. 3 BGB entgegen. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn der VN sich aus der geleisteten Entschädigung gem. § 46 S. 2 befriedigt hat oder anderweitige Leistungen für die Geltendmachung der Versicherungsforderung erhalten hat. Dann liegt noch eine Bereicherung in seinem Vermögen vor. So kann die Bereicherung z.B. in der Entlohnung für die Beschaffung des Versicherungsschutzes bestehen oder darin, was der VN gegenüber dem Versicherten erspart hat, weil er sich mit der Besorgung der Versicherung Haftungsfreiheit verschafft hat (Kundenversicherung).87 Eine Berufung auf Entreicherung ist weiterhin nicht möglich, wenn der VN wusste, dass der VR nichts schuldete, und er gleichwohl die Versicherungsforderung eingezogen und den Erlös weitergeleitet hat. Hier geht seine Haftung wegen §§ 818 Abs. 4, 819 BGB trotz Entreicherung auf das ursprünglich Erlangte.
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Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 15. LG Berlin 28.4.1994 RuS 1995 109, 110. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 16. OLG Karlsruhe 17.11.1994 VersR 1995 1301; Nießen 122; Martin VersR 1976 242.
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BGH 2.11.1988 VersR 1989 74, 75; OLG Köln 19.11.1992 ZfS 1993 311. Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 17; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 30. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 53.
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Überhaupt kann der VR bei fehlender Auskehrungsverpflichtung des VN bei diesem gem. § 818 Abs. 2 den Wert der Entschädigungszahlung kondizieren, nicht etwa den Bereicherungsanspruch des VN gegen den Versicherten88 (zur Begründung siehe unten Rn. 35).
II. Zahlung an den Versicherten 35
Die Leistung an den Versicherten lässt sich mit den klassischen Lehrbuchfällen der abgekürzten Lieferung vergleichen: Regelmäßig hätte der VN die Leistung eingezogen und an den Versicherten weitergeleitet. Die unmittelbare Zahlung des VR an den Versicherten beschleunigt die Abwicklung und befreit den VN von seiner Auskehrungsverpflichtung gegenüber dem Versicherten. Hat der VR in einem solchen Fall an den Versicherten ohne rechtlichen Grund gezahlt und stimmt der einziehungsberechtigte VN der Zahlung zu, ist er selbst Bereicherungsschuldner, da der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Beziehung dann im Deckungsverhältnis liegt, und zwar unabhängig davon, ob der VN oder der Versicherte das Fehlen des rechtlichen Grundes verursacht hat.89 Gegenstand des Bereicherungsanspruchs des VR ist gem. § 818 Abs. 2 der Wert der Versicherungsleistung, nicht etwa die Abtretung des Kondiktionsanspruchs des VN gegen den Versicherten, der dem VN zusteht, da er dem Versicherten gegenüber nicht zur Ausschüttung verpflichtet wäre. Käme es nur zur Kondiktion der Kondiktion, wäre der VR mit dem Insolvenzrisiko des Versicherten belastet und sowohl dessen Einwendungen gegenüber dem VN (etwa einer Aufrechnung mit Forderungen, die er seinerseits gegen den VN hat 90) als auch den Einwendungen des VN gegen ihn selbst ausgesetzt. Dadurch wäre der VR über Gebühr belastet. Hat der VR hingegen an den Versicherten geleistet, obwohl die Verfügungsbefugnis 36 nach dem Vertrag dem VN zustand, und lässt dieser die Zahlung an den Versicherten nicht gegen sich gelten, kann und muss der VR direkt beim Versicherten kondizieren.91 Das ergibt sich schon daraus, dass der VR in einem solchen Fall selbst dann, wenn er zur Leistung verpflichtet wäre, nicht durch eine Zahlung an den Versicherten von seiner Leistungspflicht frei würde. Sonst würden die Rechte des VN aus §§ 45 Abs. 1, 46 umgangen. Entsprechend darf der VN in der Rückabwicklung auch nicht mit Bereicherungsansprüchen belastet werden. Wenn der VR an einen Versicherten gezahlt hat, der verfügungsbefugt war, sei es nach 37 § 44 Abs. 2 oder sei es an den Inhaber eines Sicherungsscheins, etwa einen Leasinggeber, richtet sich der Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB grundsätzlich dennoch gegen den VN und nicht gegen den Versicherten.92 Das ergibt sich daraus, dass VR und Versicherter übereinstimmend davon ausgehen, dass der VR mit der Zahlung die Verbindlichkeit aus dem Versicherungsvertrag erfüllen will. Etwas anderes muss aber gel-
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So aber Prölss/Martin/Prölss § 75 Rn. 15; Kisch PVR III 503; Martin VersR 1976 242. Nießen 121. So zu Unrecht Nießen 124. Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 17; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 18; Nießen 122. BGH 10.3.1993 BGHZ 122 46, 49 ff.; BGH 14.7.1993 VersR 1993 1007; BGH 4.5.1994
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NJW-RR 1994 988; BGH 10.3.1993 VersR 1994 208, 209 mit zustimmender Anm. Nicolai JZ 1993 1118; Langheid/Wandt/ Dageförde § 45 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/Koch § 44 Rn. 30; a.M. OLG Karlsruhe 7.11.1991 VersR 1992 1463; LG München II 25.6.1991 RuS 1991 344; Prölss/Martin/Prölss § 75 Rn. 14.
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ten, wenn der Versicherte die Ursache für die Leistungsfreiheit des Versicherers gesetzt hat. Hier hat der VN, dessen Position als Vertragspartner durch das Zusammenfallen von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis in der Person des Versicherten ohnehin schon geschwächt ist, keinen Einfluss mehr auf die Zahlung des VR. Diese kann nicht mehr als Leistung an ihn angesehen werden, sondern als eine solche an den Versicherten, so dass die (Direkt-)Kondiktion gegen diesen im Vollzugsverhältnis stattzufinden hat.93
G. Abdingbarkeit und verdrängendes Sonderrecht § 45 ist in allen drei Absätzen abdingbar. Für Abs. 3 folgt dies daraus, dass der VR 38 nach der gesetzlichen Bestimmung den Nachweis der Zustimmung des Versicherten zwar fordern kann, dies aber nicht muss. Deswegen muss er erst recht bei Abschluss des Versicherungsvertrags durch Vereinbarung auf das Erfordernis des Nachweises einer Zustimmung des Versicherten verzichten können.94 Der VR kann aber den Gegenbeweis führen, dass der VN die Entschädigung nicht an den Versicherten herauszugeben braucht, so dass eine versteckte Wettversicherung vorliegt.95 In der Praxis finden sich vor allem AVB, die von § 45 Abs. 2 zugunsten des VN 39 abweichen und bestimmen, dass er die Entschädigung auch annehmen und die Forderung abtreten kann, wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist (z.B. B § 12 Ziff. 1 S. 3 AERB 2008; B § 12 Ziff. 1 S. 3 AFB 2008; F.2 S. 1 AKB 2008; Ziff. 12.1. AUB 2008; B § 12 Ziff. 1 S. 3 VHB 2008). Der Versicherungsschein verliert entsprechend seine Funktion als Legitimation für die Verfügungsmacht. Dahinter steht das Interesse des VR, im Versicherungsfall nur einer Partei gegenüber zu stehen, von einer Legitimationsprüfung entbunden zu sein und mit dem VN nicht als Zeuge in einem etwaigen Verfahren gegen den Versicherten konfrontiert zu sein. Letzteres könnte dem VR die Beweisführung erschweren.96 Die Abtretung führt dazu, dass der Zessionar die volle Rechtsstellung gegenüber dem VR erwirbt, nicht nur diejenige des VN; die Rechtsstellung des Versicherten geht unter.97 Obwohl solche Vereinbarungen die anomale Trennung der Rechtsinhaberschaft von 40 der Verfügungsmacht in der Versicherung für fremde Rechnung noch vertiefen, sind sie AGB-rechtlich nicht bedenklich. Der Versicherte erwirbt in solchen Fällen von vornherein nur ein eingeschränktes Recht, so dass ihm als Vertragsfremdem nichts genommen wird, was ihm nach dem Gesetz zustehen soll. Betroffen ist hingegen § 137 S. 1 BGB, der bestimmt, dass die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden kann. Praktisch hat das jedoch keine Auswirkung.98 Nach § 137 S. 2 BGB bleiben vereinbarte Beschränkungen der Verfügungsmacht schuldrechtlich wirksam; daher kann sich der VR gem. § 334 BGB auf die Vereinbarung mit dem VN berufen, wenn der Versicherte Leistung verlangt.
93 94
95 96
Dazu LG München II 25.6.1991 RuS 1991 344. Ebenso Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 24; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 45 Rn. 21. Ritter/Abraham § 53 ADS Anm. 15. Vgl. BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327; Nießen 80.
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Looschelders/Pohlmann/Koch § 45 Rn. 23; Prölss/Martin/Prölss, § 76 Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 45 Rn. 20. Ebenso Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 49; Richter 32.
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§ 45
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
41
Nach § 399 BGB zulässig und AGB-rechtlich unbedenklich sind auch Klauseln, nach denen der VN die Rechte gegen den VR bis zur Feststellung des genauen Umfangs dieser Ansprüche nicht oder nur mit Zustimmung des VR abtreten darf.99 Dadurch soll der VR ebenfalls davor geschützt werden, mit fremden Personen verhandeln zu müssen; weiterhin soll es ihm erspart bleiben, dem VN als Zeugen in einem Prozess gegen den Zessionar gegenüber zu stehen. In der Kraftfahrtunfallversicherung wird die Rechtsstellung des VN über § 45 Abs. 2 42 hinausgehend eingeschränkt. Hier benötigt er selbst dann die Zustimmung des Versicherten zur Auszahlung der Entschädigung, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist (§ 3 Abs. 2 S. 2 AKB100). Teilweise übertragen die AVB das Verfügungsrecht auf den Versicherten (§ 11 PKautV).101 In der Gruppenunfallversicherung kommt es vor, dass dem Versicherten durch Individualabrede das Recht eingeräumt ist, Versicherungsleistungen ohne Zustimmung des VN unmittelbar gegenüber dem VR geltend zu machen. Die §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 können auch zugunsten des Inhabers eines Sicherungsscheins abbedungen werden. Bei Nießbrauchsverhältnissen wird § 45 Abs. 1 und 2 durch vorrangiges Sonderrecht 43 verdrängt. Nach § 1046 Abs. 1 BGB hat bei der Versicherung des Nießbrauchers zugunsten des Eigentümers (§ 1045) weder der VN noch der Versicherte das alleinige Einziehungsrecht; vielmehr können nur beide zusammen über die Versicherungsforderung verfügen.102
H. Auslandsrecht/PEICL 44
Die Trennung zwischen Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis ist durchaus eine Besonderheit des deutschen Rechts. Andere Rechtsordnungen, etwa die französische (Art. 112-1 Abs. 3 CdA) oder die griechische (Geltung der allgemein-zivilrechtlichen Regelung für Verträge zugunsten Dritter, Art. 410–415 ZGB), lassen es bei den allgemein-zivilrechtlichen Vorschriften über den Vertrag zugunsten Dritter bewenden. So erwirbt der Versicherte in der Versicherung für fremde Rechnung einen Direktanspruch gegen den VR. Die PEICL regeln die Frage der Verfügungsbefugnis nicht. Nach dem Grundkonzept des Regelwerks (Art. 1:105 Abs. 2 PEICL) kommt es damit zur Anwendung der allgemeinen Regeln der PECL (dort Art. 6:110 Abs. 1), die für den Vertrag zugunsten Dritter die Verfügungsbefugnis dem Dritten, also dem Versicherten, zuweisen.
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Vgl. etwa Ziff. 28 AHB 2008; Ziff. A.2.14.2 AKB 2008; zum Normvorgänger der Ziff. 28 AHB 2008 BGH 26.3.1997 VersR 1997 1088, 1090 m. Anm. E. Lorenz; zum Abtretungsverbot in der Berufsunfähigkeitsversicherung Winter RuS 2001 133. Dazu BGH 14.12.1994 VersR 1995 332 f.
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Vgl. Koch Vertrauensschadenversicherung (2006) Rn. 541. Näher Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 50; MünchKomm-BGB/Pohlmann § 1046 Rn. 3; Kisch PVR III 512 f.; Lenné 105 f.
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§ 46
Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem
§ 46 Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, dem Versicherten oder, falls über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, der Insolvenzmasse den Versicherungsschein auszuliefern, bevor er wegen seiner Ansprüche gegen den Versicherten in Bezug auf die versicherte Sache befriedigt ist. Er kann sich für diese Ansprüche aus der Entschädigungsforderung gegen den Versicherer und nach deren Einziehung aus der Entschädigungssumme vor dem Versicherten und dessen Gläubigern befriedigen.
Schrifttum (vgl. auch Schrifttum Vor §§ 43–48) Langheid/Grote Deckungsfragen der D&O-Versicherung VersR 2005 1165; Möller Innenverhältnis zwischen Versichertem und Versicherungsnehmer bei der Versicherung für fremde Rechnung VersR 1950 81; Sieg Rechtsverhältnisse bei erteiltem Sicherungsschein in der Kfz-Versicherung VersR 1953 219; Trautmann Das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem bei der Versicherung für fremde Rechnung (1971); Tron Der Kraftfahrzeug-Sicherungsschein (1967).
Übersicht Rn. A. Normgeschichte . . . . . . . . . . . . B. Normzweck und -struktur . . . . . . . C. Rechtsverhältnis zwischen VN und Versichertem . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schuldverhältnis zwischen VN und Versichertem . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliches Treuhandverhältnis . . . . D. Rechtspflichten des VN als Treuhänder I. Vor Eintritt des Versicherungsfalls . . . II. Nach Eintritt des Versicherungsfalls . . 1. Einziehungs- und Auskehrungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . .
. .
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Rn.
E. I.
. 3 . 6 . 11 . 11 . 12
II.
F. G.
. 12 . 12 . 15
2. Auskunftsverpflichtung . . . . . 3. Verpflichtung zum Schadensersatz Rechte des VN nach § 46 . . . . . Zurückbehaltungsrecht (S. 1) . . . 1. Erfasste Ansprüche . . . . . . . 2. Voraussetzungen und Wirkungen Befriedigungsvorrecht (S. 2) . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . 2. Insolvenz des Versicherten . . . . 3. Insolvenz des VN . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . Auslandsrechte/PEICL . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
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A. Normgeschichte § 46 entspricht im Wesentlichen der Vorgängernorm des § 77 a.F, der seit dem 1 Inkrafttreten des VVG im Jahre 1908 unverändert gegolten hat. Regelungsvorbild ist die ursprüngliche Fassung des aufgehobenen § 888 HGB.1 Die Neukodifikation des § 77 a.F. von 2008 ersetzt lediglich den veralteten Rechtsbegriffs des „Konkurses“ im Tatbestand gegen den heute gebräuchlichen der „Insolvenz“.2
1
Dazu Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 1, 2.
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Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 73.
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§ 46
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
B. Normzweck und -struktur 2
§ 46 ist eine Schutzvorschrift zugunsten des VN, die seine Rechtsstellung im Innen(oder Valuta-)Verhältnis zum Versicherten gegenüber den Regeln des bürgerlichen Rechts stärkt.3 Die Norm regelt nur einen eng begrenzten Teilbereich des Innenverhältnisses zwischen Versichertem und VN (näher dazu Vor §§ 43–48 Rn. 2): § 46 beschränkt sich darauf, dem VN ein Befriedigungs(vor)recht an der Versicherungsforderung einzuräumen (S. 2), soweit ihm „Ansprüche in Bezug auf die versicherte Sache“ zustehen. Dies gilt selbst für den Fall, dass über das Vermögen des Versicherten ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Diese Regelung beruht auf der Überlegung, dass die Versicherung nicht aus Mitteln des insolventen Versicherten, sondern aus denen des VN genommen worden ist. Um den VN in die Lage zu versetzen, das Vorzugsrecht nach S. 2 sicher ausüben zu können,4 gewährt S. 1 ihm ein besonderes Zurückbehaltungsrecht an dem Versicherungsschein, dem gem. §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 2 Legitimationswirkung hinsichtlich der Verfügungsbefugnis zukommt (vgl. § 44 Rn. 21 f. und § 45 Rn. 17). Solange der VR sein Zurückbehaltungsrecht nach § 46 S. 1 ausübt, kann der Versicherte nicht nach § 44 Abs. 2 über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag verfügen. Das Zurückbehaltungsrecht sollte nach dem Willen des historischen Gesetzgebers rein deklaratorischer Natur sein.5 Tatsächlich ist es dies aber nicht (unten Rn. 24 ff.).
C. Rechtsverhältnis zwischen VN und Versichertem I. Schuldverhältnis zwischen VN und Versichertem 3
Die Versicherung für fremde Rechnung ist ein atypischer Vertrag zugunsten Dritter (dazu Vor §§ 43–48 Rn. 14 f.). Nach den Vorstellungen des bürgerlichen Rechts über den Vertrag zugunsten Dritter ergibt sich der Rechtsgrund für die Zuwendung des Versprechensempfängers (hier des VN) an den Dritten (hier den Versicherten) aus dem Rechtsverhältnis, das zwischen Versprechensempfänger und Drittem besteht, dem sog. Innenverhältnis. Dieses Rechtsverhältnis kann auf ganz unterschiedlichen Rechtsgründen beruhen. Das VVG legt den Parteien bei der Versicherung für fremde Rechnung insoweit keine Beschränkungen auf. Versicherung für fremde Rechnung kann insb. auf Basis eines Vertrages zwischen Versichertem und VN genommen werden.6 Zu denken ist etwa an einen Auftrag, einen Speditions- oder Frachtvertrag, Kommission, einen Miet- oder Leasingvertrag, einen Dienst- oder Werkvertrag, eine Sicherungsübereignung oder einen Nießbrauch. Dieser Vertrag zwischen VN und Versichertem, der das „Motiv“ für den Abschluss der Versicherung für fremde Rechnung bildet, hat aber nur mittelbare Auswirkungen auf die Pflicht zur Inanspruchnahme des VR oder auf die Verteilung der Versicherungsleistungen zwischen VN und Versichertem (dazu unten Rn. 17). Aus ihm kann sich aber die Pflicht für den VN ergeben, überhaupt Versicherung für fremde Rechnung zu nehmen. Ein Schuldverhältnis, das den Abschluss Versicherung für fremde Rechnung motiviert, kann auch aus einer familiären Nähebeziehung heraus erwachsen.
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Begr. RegE BTDrucks. 16/3945, 73; Langheid/Wandt/Dageförde § 46 Rn. 1; Corrodi 151 f.; Nießen 181. Dazu Bruck/Möller/Sieg8 § 77 Anm. 1; Corrodi 151 f.
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Mot. zum VVG 150; ebenso Trautmann 113. Vgl. nur Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster § 6 Rn. 110.
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Rechte zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem
§ 46
Entgegen der älteren Rechtsprechung7 muss zwischen VN und Versichertem nicht 4 zwingend ein Schuldverhältnis vorliegen.8 Nach einem Grundlagenurteil des BGH vom 7. Mai 1975 9 geht die Rechtsprechung und mit ihr der weit überwiegende Teil der Lehre davon aus, dass zwischen VN und Versichertem ein gesetzliches Treuhandverhältnis besteht (dazu unten Rn. 6 ff.). Fehlt ein anderweitiges Rechtsverhältnis zwischen VN und Versichertem, entscheidet allein das Treuhandverhältnis über den Interessenausgleich. Zuvor wollte das Schrifttum das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem auf Grundlage der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) regeln.10 So sollte etwa der Halter eines Kraftfahrzeugs bei Abschluss einer Insassenunfallversicherung als Geschäftsführer ohne Auftrag für den Fahrgast tätig werden. Wäre dem so, hätte der Versicherte einen klagbaren Anspruch gegen den VN auf Auskehrung einer geleisteten Entschädigungszahlung.11 Der BGH verneint dies jetzt zutreffend.12 Eine Geschäftsführung ohne Auftrag kann 5 das Innenverhältnis von VN und Versichertem prägen, dies ist aber nicht automatisch der Fall, wenn keine anderweitigen schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Partien bestehen: Wer eine fremde Sache in der irrigen Meinung versichert, es handele sich um seine eigene, ist nach § 687 Abs. 1 BGB kein Geschäftsführer ohne Auftrag; der Versicherungsvertrag ist infolge Interessemangels inhaltslos. Eine Ausnahme gilt lediglich nach § 1959 BGB für Geschäfte des vorläufigen Erben vor der Ausschlagung; sie werden nach der Ausschlagung nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag abgewickelt. VN bleibt der vorläufige Erbe, der endgültige Erbe wird Versicherter.13
II. Gesetzliches Treuhandverhältnis Das Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem wird also unabhängig von einem 6 etwaig zusätzlich bestehenden Schuldverhältnis zwischen den Parteien durch ein gesetzliches Treuhandverhältnis eigener Art 14 bestimmt, das die Rechtsprechung aus den Grundsätzen von Treu und Glauben herleitet.15 Seiner Rechtsnatur nach ist dieses Treuhandverhältnis ein gesetzliches Schuldverhältnis, bei dessen Verletzung dem Versicherten Schadensersatz- und Auskunftsansprüche zustehen. Besteht ein motivierendes Schuldverhältnis zwischen VN und Versichertem, tritt dieses grundsätzlich unabhängig neben das Treuhandverhältnis;16 dieses kann allenfalls durch Vertragsbeziehungen zwischen VN und Versichertem modifiziert sein.17 Das ergibt sich einerseits daraus, dass der Ver-
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BGH 8.2.1960 BGHZ 32 44, 51; BAG 30.1.1958 VersR 1958 360; schon kritisch BGH 4.4.1973 VersR 1973 634. Ebenso Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 9. BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260 = VersR 1975 703; dem folgend etwa Beckmann/MatuscheBeckmann/Armbrüster § 6 Rn. 111; Wandt Rn. 698 u.v.m. Z.B. BGH 8.2.1960 BGHZ 32 44; OLG Oldenburg 2.12.1964 VersR 1975 68; Millauer 81; im Überblick Bruck/Möller/ Sieg 8 § 77 Anm. 23; zu den Bedenken gegen diese Auffassung Nießen 141. BGH 8.2.1990 BGHZ 32 44, 51; Langheid/Wandt/Dageförde § 46 Rn. 5.
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BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260 = VersR 1975 703. Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 23. Zur Abgrenzung gegenüber vertraglichen und gesetzlichen Treuhandverhältnissen Nießen 151 f. OLG Köln 18.10.1989 VersR 1990 847, 848; Prölss/Martin/Prölss § 76 Rn. 1. OLG Köln 18.10.1989 VersR 1990 847, 848; Berliner Kommentar/Hübsch § 77 Rn. 2. BGH 12.12.1990 BGHZ 113 151 = VersR 1991 299 = NJW 1991 1055; BAG 17.6.1997 NZA 1998 376, 377; Langheid/Wandt/ Dageförde § 46 Rn. 6.
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sicherte sich die Einwendungen aus dem motivierenden Rechtsverhältnis entgegenhalten lassen muss, die der VN daraus herleiten kann (näher unten Rn. 13).18 Andererseits kann auch die Motivation des anderen Rechtsverhältnisses, etwa das Genügen einer (arbeitsrechtlichen) Fürsorgepflicht des VN gegenüber dem Versicherten, das Treuhandverhältnis beeinflussen.19 Häufig wird es freilich so sein, dass das von der Rechtsprechung des BGH ausgeformte Treuhandverhältnis gegenüber anderweitigen Rechtsbeziehungen zwischen ihnen vorrangig über Rechte und Pflichten der Parteien im Innenverhältnis bestimmt. Das gesetzliche Treuhandverhältnis hat die Wirkung, dass der VN seine Verfügungsbefugnis nach § 45 Abs. 1, 2 über die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag nur zu treuen Händen geltend machen kann. Die Treuhänderstellung des VN bezieht sich insb. auf den Anspruch des Versicherten auf Gefahrtragung durch den VR, nach Eintritt des Versicherungsfalls auf den Entschädigungsanspruch und nach Auszahlung der Versicherungsleistung an den VN auf die Entschädigungssumme. Wird diese auf ein Girokonto des VN überwiesen, handelt es sich um Treugut, dass nicht in einen Saldo einbezogen werden darf und an dem das Kreditinstitut kein (vertragliches) Pfandrecht erwirbt.20 § 46 beschränkt das gesetzliche Treuhandverhältnis zwischen VN und Versichertem, indem die Vorschrift in S. 1 bestimmt, dass der VN nicht verpflichtet ist, dem Versicherten bzw. dessen Insolvenzverwalter den Versicherungsschein auszuliefern, bevor er wegen seiner Ansprüche gegen den Versicherten in Bezug auf die versicherte Sache befriedigt ist (näher unten Rn. 20 f.). Er kann sich aus der Entschädigungsforderung bzw. nach deren Einziehung vor dem Versicherten und dessen Gläubigern befriedigen, S. 2. Im Umkehrschluss aus § 46 folgt positiv, dass ein Herausgabeanspruch immer dann besteht, wenn der VN keine Ansprüche (mehr) gegen den Versicherten hat.21 Das gesetzliche Treuhandverhältnis zwischen VN und Versichertem bestimmt auch, an wen die Versicherungssumme herauszugeben ist. Dies ist regelmäßig der VN.22 Auch im Anwendungsbereich des § 179 Abs. 2 sind für die Frage der Berechtigung an der Versicherungsleistung nur die Rechtsbeziehungen zwischen VN und Versichertem maßgebend. Fehlt es an der schriftlichen Einwilligung des Dritten, gilt die Versicherung nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen (dazu § 43 Rn. 70). Neben der Verteilung des Versicherungserlöses regelt das gesetzliche Treuhandverhältnis auch die übrigen Pflichten, welche VN und Versicherter gegeneinander haben. Dazu zählt insb. die Pflicht, sich im Vorfeld der Auszahlung wechselseitig bei der Geltendmachung gegenüber dem VR beizustehen.
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BAG 21.2.1990 NZA 1990 701, 702. BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260 = VersR 1975 703. OLG Düsseldorf 9.7.1985 VersR 1986 269 = NJW 1986 62 f.
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Langheid/Wandt/Dageförde § 76 Rn. 7. Langheid/Wandt/Dageförde § 76 Rn. 7.
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D. Rechtspflichten des VN als Treuhänder I. Vor Eintritt des Versicherungsfalls Bis zum Eintritt eines Versicherungsfalls kann der VN grundsätzlich frei über das Ver- 11 sicherungsverhältnis und dessen Fortbestand verfügen, es sei denn aus einem Schuldverhältnis, das zwischen ihm und dem VN besteht, ergibt sich etwas anderes.23 Trifft der VN Verfügungen, die für den Versicherten nachteilig sind, hat er ggf. Schadensersatzansprüche aus dem betreffenden Schuldverhältnis zu gewärtigen (z.B. Dienstvertrag bei der D&O-Versicherung).24
II. Nach Eintritt des Versicherungsfalls 1. Einziehungs- und Auskehrungsverpflichtung a) Grundlagen. Nach Eintritt des Versicherungsfalls ist der VN nicht mehr uneinge- 12 schränkt frei. Er muss die Pflichten beachten, die ihn aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis treffen. Vornehmlich ist der VN treuhänderisch verpflichtet, den Anspruch gegenüber dem VR geltend zu machen,25 den ihm nicht zustehenden Entschädigungsbetrag einzuziehen 26 und an den Geschädigten auszukehren.27 Die Auskehrungspflicht erstreckt sich auch auf solche Leistungen des VR, die aus Kulanz geflossen sind.28 Wird neben dem fremden auch ein eigenes Interesse des VN in einer kombinierten Eigen-/ Fremdversicherung gedeckt, hat der VN kein bevorzugtes Befriedigungsrecht. Vielmehr gebieten die Rücksichtnahmepflichten, die er aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis gegenüber dem Versicherten hat, dass er, der VN, denjenigen Bruchteil der Entschädigungssumme an den Versicherten herauszugeben hat, der dem Anteil des Schadens am Gesamtschaden entspricht, den der Versicherte erlitten hat.29 Etwas anderes gilt nur, wenn der VN im Auftrag eines anderen Versicherung für Rechnung wen es angeht nach § 48 genommen hat. Hier herrscht keine Klarheit darüber, ob ein gesetzliches Treuhandverhältnis überhaupt besteht, da auch eigenes Interesse versichert sein kann (dazu § 48 Rn. 24 ff.). Eine Verpflichtung des VN, die erlangte Versicherungssumme auszukehren, besteht in einen solchen Fall entsprechend nur, wenn sie sich aus einem anderweitigen Rechtsverhältnis zwischen VN und Versichertem ergibt.30
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BGH 7.5.1975 BGHZ 64 261, 264 = VersR 1975 703, 704 f.; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch §§ 43 bis 48 VVG Rn. 13. Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 3. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch §§ 43 bis 48 VVG Rn. 14; a.M. BGH 29.4.1998 NJW 1998 2449, 2450. OLG Bremen 29.11.1977 VersR 1978 315; Langheid/Wandt/Dageförde § 76 Rn. 7; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch §§ 43 bis 48 VVG Rn. 14; Beckmann/MatuscheBeckmann/Armbrüster § 6 Rn. 111; unklar Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 2 und 4.
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BAG 17.6.1997 NZA 1998 376, 377; OLG Oldenburg 6.12.1995 VersR 1996 1364, 1366. ÖOGH 5.8.2003 VersR 2005 1267. OLG Karlsruhe 17.12.1975 VersR 1976 239, 240; OLG Bremen 29.11.1977 VersR 1978 315; 316; OLG Hamm 3.1.2008 ZMR 2008 401, 402; Berliner Kommentar/Hübsch § 77 Rn. 6; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 113. BGH 16.11.1967 VersR 1968 42; Looschelders/Pohlmann/Koch § 76 Rn. 2.
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Mit dem Tod des Versicherten geht der Einziehungs- und Auskehrungsanspruch auf seine Erben über.31 Abtretung der Versicherungsforderung kann der Versicherte nicht verlangen.32 Einwendungen des VN aus dem motivierenden Schuldverhältnis muss sich der Ver13 sicherte entgegenhalten lassen. Dies betrifft zum einen Gegenrechte aus einem zwischen dem VN und dem Versicherten bestehenden schuldrechtlichen Vertrag. Dazu zählt auch die Frage, ob der (zur Geltendmachung seiner Ansprüche befugte) Versicherte die Versicherungsleistung in einer bestimmten Weise verwenden darf.33 Zum anderen kann der VN – vorbehaltlich abweichender vertraglicher Abreden – gegenüber dem Anspruch des Versicherten auf Auskehrung der vom VR gezahlten Entschädigung mit (sonstigen) eigenen Ansprüchen gegen den Versicherten aufrechnen. Ist der VN dem Versicherten aus demselben Unfall zum Schadensersatz verpflichtet, 14 ist er berechtigt, eine Tilgungsbestimmung dahingehend zu treffen, dass die Entschädigungsleistung auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen ist.34 Der VN kann auch die Anrechnung auf Schadensersatzansprüche des Versicherten gegen Dritte anordnen, wenn er am Schutz des Dritten ein berechtigtes Interesse hat. Die Anrechnung oder wenigstens deren Vorbehalt muss dabei spätestens bei Auszahlung erklärt sein.35 Etwas anders gilt in der Gruppenunfallversicherung, für die nach § 179 Abs. 2 vermutet wird, dass es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt. Hier steht der Schutzzweck einer zugunsten der Arbeitnehmer abgeschlossenen Versicherung, mit welcher der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht genügen will, der Anrechnung der Entschädigungsleistung auf eine vom Arbeitgeber geleistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entgegen.36
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b) Grenzen. Ob der VN die Versicherung in jedem Fall in Anspruch nehmen oder eine eingezogene Entschädigungsleistung an den Versicherten auskehren muss, richtet sich danach, ob ein Fall der obligatorischen oder der freiwilligen Versicherung vorliegt. Ist der VN kraft Gesetzes verpflichtet, Versicherung für fremde Rechnung zu nehmen 16 (dazu auch Vor §§ 43–48 Rn. 35), muss er die Versicherung stets zugunsten des Versicherten in Anspruch nehmen.37 Hier steht der Schutz des Dritten (Versicherten) so stark im Vordergrund, dass das Recht auf eigennützige Motive des VN keine Rücksicht nehmen kann. Es steht diesem allerdings frei, dem Versicherten die Verfügungsbefugnis über dessen Anspruch zu übertragen.38 Teilweise ist der Versicherte parallel ermächtigt, die Rechte aus der Pflichtversicherung geltend zu machen (z.B. § 2 Abs. 3 KfzPflVV, § 10 Abs. 4 AKB). Selbst wenn der Versicherte einen „sicheren Anspruch“ auf Ersatz seines Schadens hat – sei es gegenüber dem eigenen Haftpflichtversicherer, sei es gegenüber dem VR eines Dritten –, befreit dies den VN in der obligatorischen Versicherung nicht von seiner Einziehungs- und Auskehrungspflicht. Anders liegt der Fall in der freiwilligen Versicherung. Hier ist der VN nicht zwingend 17 aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis verpflichtet, die Versicherung in Anspruch zu
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BAG 21.2.1990 NZA 1990 701, 702. BGH 27.5.1998 NJW 1998 2537, 2538; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch §§ 43 bis 48 VVG Rn. 18. BGH 12.2.1985 VersR 1985 679; Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 5. BGH 9.1.1981 VersR 1981 447; BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260, 265 = VersR 1975
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703, 704 f.; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 8. BGH 13.1.1981 VersR 1981 447. BAG 17.6.1997 NZA 1998 376, 377. BGH 7.11.1995 BGHZ 131 151, 155; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 7. Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 9; Martin VersR 1976 239, 240.
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nehmen, wenn der Versicherte über einen eigenen sicheren Anspruch verfügt.39 In diesem Fall ist der Versicherte nicht schutzbedürftig. Dem VN ist es folglich nicht zumutbar, die Nachteile, die mit einer Inanspruchnahme des VR in Form von Rabattverlusten, Prämienerhöhungen oder gar einer Kündigung verbunden sind, in Kauf zu nehmen. Bei kombinierter Eigen-/Fremdversicherung droht ihm sogar die Kürzung der eigenen Entschädigung. Das gleiche gilt, wenn dem VN ein Recht zur Aufrechnung 40 oder Anrechnung 41 zusteht. So wird für die Insassenunfallversicherung angenommen, dass der VN gegenüber dem Anspruch des Versicherten (verletzter Fahrzeuginsasse) auf Auskehrung der vom VR gezahlten Entschädigung mit einer eigenen Schadensersatzforderung aufrechnen kann, die ihm gegen den Versicherten aus demselben Ereignis zusteht.42 In einem solchen Fall würde der Versicherte gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er vom VN verlangen würde, dass dieser ihm zunächst die erlangte Versicherungssumme unverzüglich aushändigt, um erst dann seine Forderung gegen den Versicherten geltend zu machen. Auch ein Schuldverhältnis zwischen den Parteien kann den Anspruch auf Auskehrung der Versicherungssumme modifizieren. So kann beim Nießbrauch der VN vom Versicherten verlangen, dass die erlangte Versicherungssumme zur Wiederherstellung der Sache oder zur Beschaffung von Ersatz verwendet wird.43 Man wird aber aus diesen Ausnahmefällen nicht schließen können, dass der VN bei freiwilliger Versicherung aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis überhaupt nicht zur Auskehrung etc. verpflichtet ist.44 Das gesetzliche Treuhandverhältnis ist ein Wesensmerkmal des Innenverhältnisses bei der Versicherung für fremde Rechnung, nicht nur eine Besonderheit in Fällen, wo eine Pflicht des VN besteht, Versicherung für fremde Rechnung zu nehmen. Besteht etwa eine besondere Vertrauensbeziehung zwischen dem VN und dem Versicherten, kann das eigennützige Motive des VN ausblenden. Das ist insb. bei der Mitversicherung von Familienangehörigen in der Privathaftpflicht- oder Hausratsversicherung der Fall. Hier sichern sich die Angehörigen im Vertrauen auf den bestehenden Versicherungsschutz nicht selbst ab, oder können dies wegen Minderjährigkeit gar nicht tun. Der VN ist entsprechend kraft des bestehenden Treuhandverhältnisses zwischen ihm und seinen Angehörigen verpflichtet, die Versicherung in Anspruch zu nehmen und die erlangte Versicherungsleistung auszukehren.45 Das Treuhandverhältnis fällt erst fort, wenn der Versicherte nach § 44 Abs. 2 zur Verfügung über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist.46 2. Auskunftsverpflichtung Zur Sicherung des Herausgabeanspruchs kann der Versicherte – sowohl bei der frei- 18 willigen als auch bei der obligatorischen Versicherung für fremde Rechnung – aus dem Treuhandverhältnis zum VN Auskunft über Existenz und Inhalt der Versicherung ver39
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BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260, 267 = VersR 1975, 703, 704 f.; OLG Karlsruhe 12.7.1975 VersR 1976 239, 240; Prölss/ Martin/Prölss § 77 Rn. 9; Zuther VersR 1975 1114. Langheid/Wandt/Dageförde § 46 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 46 Rn. 23. Dazu ausführlich Schwintowski/ Brömmelmeyer/Hübsch § 46 Rn. 24–26.
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BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260, 265 = VersR 1975, 703, 704 f. Vgl. Kisch PVR III 538. So aber Looschelders/Koch/Pohlmann § 46 Rn. 10; einschränkend auch Deutsch Versicherungsvertragsrecht Rn. 100; immerhin kritisch Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 22. Ebenso Nießen 161. Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 118.
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langen.47 Hat ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer eine Gruppenunfallversicherung abgeschlossen und hat er ihnen in einer Vereinbarung mit dem VR das Recht eingeräumt, Versicherungsleistungen ohne seine Zustimmung unmittelbar gegenüber dem VR geltend zu machen, so hat er die betroffenen Arbeitnehmer unaufgefordert, d.h. von sich aus von dieser Vereinbarung zu unterrichten.48 Neben die treuhänderische Auskunftspflicht kann eine vertragliche Auskunftspflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB treten.49 So kann der VN verpflichtet sein, den Versicherten darüber zu unterrichten, bei wem er Versicherung genommen und welchen Inhalt der Vertrag hat.50 Wurde der VN beauftragt, Versicherung für fremde Rechnung zu nehmen, hat der Versicherte einen Anspruch auf Benachrichtigung, Auskunft und Rechnungslegung aus § 666 BGB. 3. Verpflichtung zum Schadensersatz
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Versäumt es der VN, nach Eintritt des Versicherungsfalls seiner Einziehungs- oder Auskehrungspflicht zu genügen, verzichtet er auf die Rechte des VN oder trifft er mit dem VR eine Vereinbarung im Hinblick auf die Höhe der Entschädigungsforderung, die für den Versicherten nachteilig ist, kann diesem ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des gesetzlichen Treuhandverhältnisses zustehen.51 Anspruchsgrundlage ist unmittelbar das gesetzliche Treuhandverhältnis i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB, da das Treuhandverhältnis ein gesetzliches Schuldverhältnis ist.52 Das gilt auch dann, wenn der VN dem Versicherten gegenüber nicht zum Abschluss des Versicherungsvertrags verpflichtet war. Insoweit dies bestritten wird,53 liegt dem ein Fehlverständnis über die Reichweite des gesetzlichen Treuhandverhältnisses zugrunde (vgl. oben Rn. 17). Dem Versicherten kann auch dann ein Schadensersatzanspruch aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis zustehen, wenn der VN eine Obliegenheit verletzt oder einen subjektiven Risikoausschluss erfüllt (z.B. § 81) und der Versicherte dadurch seinen Anspruch verliert,54 wenn er eine Frist zur Geltendmachung der Versicherungsforderung versäumt,55 er die Forderung nicht an den Versicherten weiterleitet, sondern an den VR zurück überweist,56 oder wenn der VN mit dem VR kollusiv zum Nachteil des Versicherten zusammenwirkt, indem dieser etwa die Versicherungssumme an den VN in dem sicheren Wissen auskehrt, dass letzterer die Summe nicht an den Versicherten weiterleiten wird.57 Ferner kann der Versicherte vom VN Schadensersatz verlangen, wenn dieser eine Auskunftspflicht verletzt und der Versicherte selbst für Versicherungsschutz sorgt,
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BGH 12.6.1991 VersR 1994 1101 = NJW 1991 3031, 3032; BGH 12.12.1990 BGHZ 113 151, 154 = VersR 1991 299, 300 f.; Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 12; Römer/Langheid/Römer § 77 Rn. 6; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 111; a.M. LG Bonn 24.10.1975 VersR 1976 260. BAG 26.7.2007 NJOZ 2008 3171. Vgl. auch Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 30; Nießen 173. LG Wiesbaden 26.3.1968 VersR 1969 824. BGH 23.4.1963 VersR 1963 521, 522; ÖOGH VR 1956 109, 111; OLG Köln 18.10.1989 VersR 1990 847, 848; a.M. KG 29.7.1954 VersR 1954 454.
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Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 5; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 116. Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 13. BGH 10.10.1985 VersR 1986 285, 286; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 46 Rn. 28. BAG 26.7.2007 NJOZ 2008 3171, 3177 f. OLG Köln 18.10.1989 VersR 1990 847; HK-VVG/Muschner § 46 Rn. 4. OLG Hamm 12.9.2001 RuS 2002 146; LG Berlin 15.9.1983 VersR 1984 250; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 5; Römer/ Langheid/Römer § 77 Rn. 7; Schwan 71; a.M. Nießen 179.
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weil er von der Versicherung für fremde Rechnung nichts weiß.58 Hinsichtlich des Verschuldens des VN im Rahmen des Anspruchs des Versicherten auf Schadensersatz gelten die allgemeinen Regeln der §§ 276, 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Ist der VN im Rahmen einer freiwilligen Versicherung für fremde Rechnung verpflichtet, die Ansprüche des Versicherten geltend zu machen, haftet er bei der Verletzung dieser Pflicht privilegiert analog § 521 BGB.59 Bei freiwilliger Mitversicherung von Familienangehörigen haftet der VN aufgrund derselben Überlegung analog der familienrechtlichen Bestimmungen (§§ 1359, 1664 BGB) nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten. Liegen die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung vor, kann sich der Versicherte dem VN gegenüber auch auf § 826 BGB berufen.60 Besteht zwischen ihm und dem VN neben dem Treuhandverhältnis noch ein Schuldverhältnis, kann der Versicherte zusätzlich aus diesem Rechtsverhältnis Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB verlangen.61
E. Rechte des VN nach § 46 I. Zurückbehaltungsrecht (S. 1) Nach § 46 S. 1 muss der VN den Versicherungsschein an den Versicherten nur 20 herausgeben, wenn er wegen seiner Ansprüche, die ihm in Bezug auf die versicherte Sache zustehen, befriedigt worden ist. § 46 begründet ein Zurückbehaltungsrecht des VN gegenüber dem Anspruch des Versicherten auf Herausgabe des Versicherungsscheins. Dieser Anspruch ergibt sich nicht aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis zwischen VN und Versichertem, wie die Existenz der Regel des § 44 Abs. 1 S. 2 belegt. Er besteht nur, wenn ein weiteres Schuldverhältnis zwischen beiden dies anordnet.62 Ein Anspruch des Versicherten auf Übermittlung des Versicherungsscheins geht also entgegen dem Wortlaut des § 46 S. 1 („ist nicht verpflichtet“) nicht unter, sondern ist nur einredebehaftet. Wegen der in zahlreichen AVB geregelten (ausschließlichen) Einziehungsbefugnis des VN hat das Zurückbehaltungsrecht nach § 46 S. 1 nur eine geringe praktische Bedeutung. 1. Erfasste Ansprüche Bei den Ansprüchen, gegen die der VN das Zurückbehaltungsrecht geltend machen 21 kann, muss es sich um Ansprüche aus dem Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem handeln.63 Bei einem Lagerhalter kommen als solche etwa die Ansprüche auf das Lagergeld und den Ersatz der Auslagen für den Versicherungsschutz (z.B. Provisionen für die Versicherungnahme, Steuerauslagen etc.) in Betracht. Ist das Innenverhältnis als Auftrag, Geschäftsbesorgung oder Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne des § 683 BGB
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 32; Kisch PVR III 533 f. Nießen 176; noch unter Annahme einer GoA im Verhältnis VN – Versicherter: BGH 8.2.1960 BGHZ 32 44, 52. LG Berlin 15.9.1983 VersR 1984 250, 251 f.; Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 13. BGH 23.4.1963 VersR 1963 521, 522 f.;
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BGH 10.10.1985 VersR 1986 285, 286; KG 29.7.1954 VersR 1954 454. Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 115. Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 15; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 46 Rn. 2.
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zu qualifizieren, können sich Ansprüche auf Grundlage von § 670 BGB ergeben. Dabei ist es gleichgültig, ob die fremdnützige Geschäftsbesorgung selbständig besteht oder in umfassendere Rechtsverhältnisse (z.B. Kommission, Frachtgeschäft, Lagergeschäft, Kauf, Werkvertrag, Übertragung der Vermögensverwaltung durch einen Ehegatten auf den anderen) eingebettet ist. Ansprüche können sich auch aus dem Gesellschaftsrecht ergeben, etwa wenn ein Verein Versicherung für seine Mitglieder nimmt. Ist der Versicherte vertraglich oder kraft Gesetzes zum Ersatz verpflichtet, geht der Anspruch des VN nicht unter, wenn der Versicherte die Versicherungsleistung nach § 333 BGB zurückweist.64 § 46 S. 1 gilt auch, wenn Gläubiger des Versicherten dessen Ansprüche aus dem Innenverhältnis zum VN haben pfänden lassen.65 Ihnen können nicht mehr Rechte zustehen als dem Versicherten selbst. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 66 besteht das Zurückbehaltungs22 recht des VN aus § 46 S. 1 auch wegen solchen Ansprüchen des VN, die nichts mit dem Versicherungsverhältnis zu tun haben, aber einen Bezug zur versicherten Sache haben. Zu denken ist etwa an eine Forderung, für welche die versicherte Sache als Gegenstand eines Pfandrechts haftet im Gegensatz etwa zum Anspruch auf Erstattung gezahlter Prämien).67 Dafür spricht vor allem der Wortlaut des § 46 S. 1. Anders als § 273 Abs. 1 BGB, der einschränkend von „demselben rechtlichen Verhältnis spricht“, aus dem die fraglichen Ansprüche herrühren müssen, lässt § 46 S. 1 Ansprüche mit „Bezug zur versicherten Sache“ genügen. Praktisch ist diese Auslegungsfrage bisher nicht relevant geworden. Dass dieser abweichende Wortlaut historisch bedingt ist (Herkunft aus dem ehemaligen § 888 S. 1 HGB) und im HGB vor 1908 möglicherweise anders zu lesen war, ist insofern unbeachtlich, da der Reformgesetzgeber von 2008 den Wortlaut überarbeitet, also in seinen Willen aufgenommen, den „Bezug zur versicherten Sache“ aber unverändert gelassen hat. Es ist allerdings anzumerken, dass der Wortlaut zu eng geraten ist. Da die Regelung des § 46 S. 1 jetzt Bestandteil der allgemeinen Bestimmungen des VVG ist, hätte sich statt des Bezugs zur „versicherten Sache“ der Bezug zum „versicherten Interesse“ als Anknüpfungspunkt angeboten. Die Vorschrift ist entsprechend zu lesen.68 An einem Anspruch mangelt es, wenn das Innenverhältnis Schenkung ist (vgl. auch 23 § 685 BGB) oder einen bestimmten familienrechtlichen Hintergrund hat (z.B. wenn der gesetzliche Vertreter im eigenen Namen Sachen seines Kindes für dessen Rechnung versichert, um dem Kind die Prämien zu ersparen). 2. Voraussetzungen und Wirkungen
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Anders als § 273 Abs. 1 BGB setzt § 46 S. 1 nicht voraus, dass der Anspruch des VN fällig ist.69 Das würde der Interessenlage nicht entsprechen, da die Ansprüche des VN aus dem Innenverhältnis oft erst in der Zukunft entstehen. Sein Schutz wäre lückenhaft, hinge er von der Fälligkeit ab. Dass § 46 S. 2, der auf die Ansprüche in S. 1 Bezug
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 2. Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 8. Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 12; Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 4. Wie hier Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 15; Kisch PVR III 546; unklar Bruck/ Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 11; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Hübsch § 46 Rn. 2; a.M. HK-VVG/Muschner § 46 Rn. 6.
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So auch Nießen 183; Ruscher 57; a.M. Thiel VersR 1955 726, 728. Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 11; Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 15; Ehrenzweig 222; Trautmann 115; a.M. Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 5; Lenné 193.
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nimmt, nur fällige Ansprüche meinen kann, ist unerheblich, da in S. 2 nur ein Ausschnitt der von S. 1 erfassten Sachverhalte geregelt wird. Das Zurückbehaltungsrecht nach S. 1 setzt voraus, dass ein Anspruch des Versicherten gegen den VN auf Herausgabe des Versicherungsscheins besteht. Ein solcher Anspruch kann sich nur aus dem Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem ergeben. Lässt sich aus diesem Verhältnis kein Anspruch herleiten, kann der VN bereits deswegen die Herausgabe des Versicherungsscheins verweigern. § 46 S. 1 ist dann nicht anwendbar – einer Anwendung bedarf es auch nicht. Das Zurückbehaltungsrecht nach § 46 S. 1 kann abweichend von § 273 Abs. 3 BGB nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden.70 Das ergibt sich aus der engen Verbindung des Zurückbehaltungsrechts mit dem Befriedigungsvorrecht aus S. 2. Diese Verbindung lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber auf eine zügige Erledigung des Innenverhältnisses abzielt. Eine Abwendungsbefugnis des Versicherten stünde dem im Wege. Außerdem ließe sich die Höhe der Sicherheitsleistung im Gegensatz zu § 273 Abs. 3 BGB möglicherweise nicht immer mit hinreichender Sicherheit (z.B. hinsichtlich der Zinsen) bestimmen, da die Ansprüche des VN, um die es in § 46 S. 1 geht, nicht zwingend fällig sein müssen. Obwohl der Wortlaut des § 46 den Zusammenhang verdunkelt, ergeben sich die Wirkungen des Zurückbehaltungsrechts nach § 46 S. 1 aus § 274 BGB. Der VN gewinnt eine Einrede, deren Voraussetzungen er im Prozess beweisen muss. Beruft sich der VN erfolgreich auf sein Zurückbehaltungsrecht, führt dies zur Verurteilung Zug um Zug. Letzteres gilt nicht nur, wenn Gegenstand der Klage des Versicherten die Herausgabe des Versicherungsscheins ist, sondern auch dann, wenn er auf Zustimmung (§ 44 Abs. 2) klagt: Auch Urteile auf Abgabe einer Willenserklärung können die Leistung des Schuldners von einer Gegenleistung des Gläubigers abhängig machen, wovon § 894 Abs. 1 S. 2 ZPO ausgeht, der für diesen Fall die Vollstreckungsmodalitäten regelt. § 46 S. 1 ist keine abschließende Regelung. Daneben kann sich der VN auch auf die bürgerlich-rechtlichen Zurückbehaltungsrechte aus §§ 273, 320 BGB sowie auf das Zurückbehaltungsrecht aus § 369 HGB berufen, letzteres wenn der Versicherungsschein Order- oder Inhaberpapier ist.71 Die Regelung des § 46 S. 1 ist erweiternd auszulegen.72 Es geht um den Zugriff auf die Grundlage der Geltendmachung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag. Da im Rahmen des § 44 Abs. 2 die Zustimmung durch den VN dem Besitz des Versicherungsscheins gleichsteht (oben § 44 Rn. 21), muss dies auch im Rahmen des § 46 S. 1 der Fall sein. Bei laufender Versicherung ist § 46 S. 1 auch auf die Herausgabe der Einzelpolice anzuwenden. Die Regel des § 46 S. 1 hat besondere Bedeutung, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherten eröffnet worden ist.73 Dann verhindert das Zurückbehaltungsrecht des VN – anders als dasjenige nach § 273 BGB, welches in der Insolvenz regelmäßig keinen Bestand hat –, dass der Insolvenzverwalter gem. § 985 BGB den Versicherungsschein, dessen Eigentümer nach § 952 Abs. 2 BGB der Versicherte als Gemeinschuldner ist, herausverlangen und damit die Verfügungsbefugnis erlangen kann.
70 71
Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 11; Ehrenzweig 222; Nießen 184; a.M. Trautmann 115. ÖOGH 1.3.1960 VersR 1960 454, 455; Langheid/Wandt/Dageförde § 46 Rn. 1; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 11.
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Ebenso Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 12; Nießen 181. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 14; Kisch PVR III 598.
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II. Befriedigungsvorrecht (S. 2) 1. Grundlagen Das Befriedigungsrecht des VN aus § 46 S. 2 ist ein pfandähnliches Vorzugsrecht 74 und besteht innerhalb und außerhalb eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherten. Es ist aber als pfandähnliches Recht untrennbar mit der Stellung als VN verbunden. Versuchen Gläubiger des VN, es zu pfänden oder versucht dieser, es abzutreten, so erlischt das Befriedigungsvorrecht. Das gleiche gilt, wenn der VN die Versicherungsforderung erlässt. Pfändet hingegen ein Gläubiger des Versicherten die Versicherungsforderung, ändert dies nichts an der Verfügungsbefugnis des VN und seinem Befriedigungsvorrecht nach § 46 S. 2. Es gilt das zu S. 1 Gesagte: Der Gläubiger des Versicherten kann nicht mehr Rechte haben als dieser selbst. Kraft seines Befriedigungsvorrechts nach § 46 S. 2 kann der VN die Versicherungsleistung einziehen. Die Einziehung bewirkt, dass der VN in Höhe seiner Ansprüche gegen den Versicherten entsprechend § 1288 Abs. 2 BGB befriedigt wird. Er muss lediglich den Überschuss an den Versicherten, an dessen Gläubiger oder an die Insolvenzmasse auskehren.75 Voraussetzung ist allerdings, dass er gem. § 45 Abs. 2 berechtigt ist, die Versicherungsleistung entgegenzunehmen.76 Ist dies der Fall, ersetzt § 46 S. 2 die Zustimmung des Versicherten nach § 45 Abs. 3. Auch seine Zustimmung zur Auszahlung der Entschädigung an den Versicherten kann der VN so lange verweigern, wie seine Ansprüche bezüglich der versicherten Sache noch nicht befriedigt sind. Vor Einziehung der Versicherungsforderung kann der VN sein Befriedigungsvorrecht dahingehend nutzen, dass er die Versicherungsforderung abtritt oder pfänden lässt, ohne dabei die für die Verwertung eines Pfandrechts geltenden Vorschriften der §§ 1281 ff. BGB einhalten zu müssen. Zu den Gläubigern des Versicherten kann auch der VR zählen. Ist dies der Fall, folgt 32 aus dem Befriedigungsvorrecht des VN, dass der VR dem VN gegenüber nicht mit Forderungen aufrechnen kann, die ihm gegenüber dem Versicherten zustehen. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht 77 geht das Aufrechnungsrecht des VR aus § 35 dem Befriedigungsvorrecht des VN aus § 46 S. 2 also nicht vor.78 Handelt es sich bei dem Innenverhältnis von VN und Versicherten um ein Kommis33 sionsgeschäft, steht dem VN neben 79 dem Befriedigungsvorrecht aus § 46 S. 2 auch das Befriedigungsvorrecht nach § 399 HGB zu. Dieses reicht weiter als § 46 S. 2, da es sämtliche „Forderungen, welche durch das für Rechnung des Kommittenten geschlossene Geschäft begründet werden“ und nicht nur solche „mit Bezug zur versicherten Sache“ erfasst. Voraussetzung ist allerdings, dass die Forderungen dem VN als Kommissionär zustehen, was regelmäßig der Fall sein dürfte.
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Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 77 Anm. 15. ÖOGH 29.11.1962 VersR 1964 1161; Nießen 187. Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 8; Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 18. Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 46 Rn. 3.
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Wie hier Bruck/Möller/Sieg 8 §§ 75, 76 Anm. 16; Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 18; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 15; Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 13. Wie hier Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 16; a.M. Lenné 201.
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2. Insolvenz des Versicherten In der Insolvenz des Versicherten gewährt § 46 S. 2 dem VN wegen des pfand- 34 rechtsähnlichen Charakters des Befriedigungsvorrechts ein Recht auf abgesonderte Befriedigung80 und zwar nicht nur an der Versicherungsforderung, sondern analog § 1289 BGB auch an den Zinsen, die darauf entfallen. Ein gleichzeitig bestehendes Absonderungsrecht des geschädigten Dritten nach § 50 InsO ist allerdings vorrangig.81 Mit Hilfe des zurückgehaltenen Versicherungsscheins kann er seine Ansprüche aus dem Innenverhältnis einziehen, ohne dass er insoweit einer Zustimmung des Versicherten nach § 45 Abs. 3 bedürfte. Der Insolvenzverwalter kann den Versicherungsschein oder die Zustimmung zur Einziehung nur dann vom VN verlangen, wenn er diesen aus der Masse befriedigt.82 Den Betrag, der die Ansprüche des VN übersteigt, hat dieser an die Insolvenzmasse abzuführen. Hat der VN den Versicherungsschein an den Insolvenzverwalter herausgegeben und 35 dieser daraufhin die Forderung gegen den VR eingezogen, handelt es sich nach § 55 Abs. 1 S. 3 InsO um eine Masseverbindlichkeit.83 Ist die Entschädigung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Versicherten gezahlt worden, steht dem VN analog § 48 S. 2 InsO ein Ersatzabsonderungsrecht zu.84 3. Insolvenz des VN Nicht geregelt in § 46 ist die Stellung des Versicherten in der Insolvenz des VN. Dort 36 hat der Versicherte ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO.85 Das gilt auch dann, wenn die Versicherungsforderung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf das Konto des Gemeinschuldners überwiesen wurde.86 Der VN fungiert insoweit als Treuhänder des Versicherten. Mit der Zahlung an den VN wird der VR von seiner Verpflichtung zur Leistung frei. Die Versicherungssumme bleibt jedoch treuhänderisch gebundenes Vermögen des VN, auf das sich die Beschlagnahmewirkung des Insolvenzverfahrens nicht erstreckt.87 Der Insolvenzverwalter kann nicht über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag verfügen, weil sie nicht zum Vermögen gehören, das der Gesamtvollstreckung unterworfen ist. Er kann aber mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Rechte des VN aus § 46 geltend machen.88
F. Abdingbarkeit § 46 ist abdingbar.89
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MünchKommInsO/Ganter § 51 Rn. 233; Bruck/Möller/Sieg 8 § 77 Anm. 15. Uhlenbrock InsO § 50 Rn. 47; Nießen 188. Ritter/Abraham § 55 ADS Anm. 14; Kisch PVR III 548. Römer/Langheid/Römer § 77 Rn. 2; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 13. Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 18; MünchKommInsO/Ganter § 51 Rn. 233.
85 86 87 88 89
BGH 28.10.1953 BGHZ 10 376, 384; Langheid/Wandt/Dageförde § 46 Rn. 2. OLG Celle 1.10.1953 VersR 1953 489. Braun/Bäuerle § 47 InsO Rn. 89 Langheid/ Wandt/Dageförde § 46 Rn. 2. Braun/Bäuerle § 47 InsO Rn. 82; Nießen 181. Looschelders/Pohlmann/Koch § 46 Rn. 21; Prölss/Martin/Prölss § 77 Rn. 16.
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G. Auslandsrechte/PEICL 38
Mit seiner Entscheidung, zumindest einen eng begrenzten Teil des Innenverhältnisses zwischen VN und Versichertem zu regeln, steht das deutsche Recht fast noch exponiert (vgl. aber § 77 ÖVVG). Verbreitet wird das Verhältnis zwischen VN und Versichertem überhaupt nicht geregelt, sondern den allgemeinen Bestimmungen des Zivilrechts überlassen.90 Üblicherweise vertrauen andere Rechtsordnungen anders als das deutsche VVG nach § 46 S. 1 auch den Zurückbehaltungsrechten des allgemeinen Zivilrechts. Der deutsche „Sonderweg“ ist wohl damit zu erklären, dass das VVG mit der Versicherung für fremde Rechnung – auch was die Regelungsmaterie des § 46 anbelangt – eher seeversicherungsrechtlichen (dazu oben Rn. 1) als bürgerlich-rechtlichen Vorbildern folgt. Den meisten europäischen Rechtsordnungen folgend, regeln auch die PEICL das 39 Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem nicht. Es gelten nach dem Verweis in Art. 1: 105 Abs. 2 die allgemeinen Vorschriften der PECL.
§ 47 Kenntnis und Verhalten des Versicherten (1) Soweit die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, sind bei der Versicherung für fremde Rechnung auch die Kenntnis und das Verhalten des Versicherten zu berücksichtigen. (2) Die Kenntnis des Versicherten ist nicht zu berücksichtigen, wenn der Vertrag ohne sein Wissen geschlossen worden ist oder ihm eine rechtzeitige Benachrichtigung des Versicherungsnehmers nicht möglich oder nicht zumutbar war. Der Versicherer braucht den Einwand, dass der Vertrag ohne Wissen des Versicherten geschlossen worden ist, nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag ohne Auftrag des Versicherten geschlossen und bei Vertragsschluss dem Versicherer nicht angezeigt hat, dass er den Vertrag ohne Auftrag des Versicherten schließt.
Schrifttum (vgl. auch Schrifttum Vor §§ 43–48) Cremer Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Obliegenheiten und Pflichten bei der Versicherung für fremde Rechnung durch den Versicherungsnehmer und den Versicherten (1935); Dreher/Thomas Die D&O-Versicherung nach der VVG-Novelle 2008 ZGR 2009 31; Gruneke Versicherte Gefahr und Anzeigepflicht in der privaten Krankenversicherung, Diss. Köln (1965); Hofmann Die Rechtsstellung des Verletzten in der Insassenunfallversicherung für fremde Rechnung VersR 1960 97; Ihlas D&O, 2. Aufl. (2009); Knappmann Die Zurechnung des Verhaltens Dritter zu Lasten des Versicherungsnehmers VersR 1997 261; Koch Die Rechtsstellung der Gesellschaft und des Organmitglieds in der D&O-Versicherung GmbHR 2004 160; Krause Der Begriff des versicherten Interesses und seine Auswirkungen auf die Versicherung für fremde Rechnung (1997); Lange Zur vorvertraglichen Anzeigepflicht in der D&O Versicherung VersR 2006 605; Langheid/Grote Deckungsfragen der D&O-Versicherung VersR 2005 1165; Millauer Rechtsgrundsätze der Gruppenversicherung, 2. Aufl. (1966); Möller Die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter (1939); Olbrich Die D&O-Versicherung in Deutschland (2003); Ruscher Die Beson-
90
Für das schweizerische Recht schon Corrodi 149 f.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
§ 47
derheiten des Versicherungsanspruchs bei der Versicherung für fremde Rechnung, Diss. Köln (1969); Schirmer Zur Vereinbarung von Obliegenheiten zu Lasten Dritter insbesondere in Verträgen zu ihren Gunsten, FS R. Schmidt (1976) 821; ders. Die Rechtsstellung mitversicherter Personen in der Haftpflichtversicherung, FS Sieg (1976), 451; ders. Neuere Entwicklungstendenzen in der Versicherung für fremde Rechnung ZVersWiss 1981 121; Winterling/Herzenetter Vorvertragliche Anzeigepflichten in der D&O-Versicherung VW 2007 1792.
Übersicht Rn. A. B. C. I.
Normgeschichte . . . . . . . . . . . . Normzweck und -aufbau . . . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . Gleichstellung von Versichertem und VN (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . II. Ausnahmen von der Beachtlichkeit der Kenntnis (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . 1. Fehlendes Wissen vom Versicherungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz (Abs. 2 S. 1 Alt. 1) . . . b) Rückausnahme (Abs. 2 S. 2) . . . 2. Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Benachrichtigung (Abs. 2 S. 1 Alt. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .
. . .
1 3 7
. 7 . 7 . 8 . 13 . 16 . 16 . 16 . 20
. 22 . 24
Rn. I. Reine Fremdversicherung . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . 2. Obliegenheitsverletzung des Versicherten 3. Rechtspflichts- oder Obliegenheitsverletzung des VN . . . . . . . . . . . 4. Subjektive Risikoausschlüsse . . . . . . II. Kombinierte Eigen- und Fremdversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlverhalten des Versicherten . . . . . 2. Fehlverhalten des VN . . . . . . . . . a) Auswirkungen auf den Eigenversicherungsschutz . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen auf den Fremdversicherungsschutz . . . . . . . . . E. Sonderregeln . . . . . . . . . . . . . . . F. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . G. Auslandsrecht/PEICL . . . . . . . . . .
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A. Normgeschichte § 47 Abs. 1 entspricht weitgehend § 79 Abs. 1 a.F. Er enthält allerdings eine wichtige 1 sprachliche Änderung. Der Versicherte haftet für eigenes Fehlverhalten nach Abs. 1 nicht mehr nur, soweit Kenntnis und Verhalten nach „den Vorschriften dieses Gesetzes“ bedeutsam sind. § 47 Abs. 2 S. 1 stimmt sachlich mit § 79 Abs. 2 a.F überein. An die Stelle des unklaren und veralteten Begriffs „nicht tunlich“ in § 79 Abs. 2 Alt. 2 a.F. ist die modernere, inhaltsgleiche Formulierung „nicht möglich oder nicht zumutbar“ in § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 getreten. § 47 Abs. 2 S. 2 nimmt die Regelung des § 79 Abs. 3 a.F. wegen engen Sachzusammenhangs in den zweiten Absatz der Regelung auf und vereinfacht die bisherige Regelung sprachlich.1 § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 ist nach wie vor unglücklich gestellt. Die Normfassung ver- 2 dunkelt den Zusammenhang zwischen Alt. 1 und Abs. 2 S. 2. Das ist noch immer Folge der Rechtsänderung durch die Verordnungen vom 19.12.1939 und 28.12.1942, die den Normvorgänger des § 47 Abs. 1 neu fassten und seinen Anwendungsbereich erweiterten, die Normvorgänger des Abs. 2 allerdings unverändert ließen. Da der Reformgesetzgeber § 47 Abs. 2 ohnehin umgestaltet hat, hätte er den Zusammenhang der Vorschriften, der auch in der Neufassung schwer verständlich ist, klarer machen können.
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Begr. RegE BTDrucks. 16/3945 73; Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 2.
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B. Normzweck und -aufbau 3
Die Regeln des § 47 dienen dem Schutz des VR. Es handelt sich um eine besondere Einstandspflicht des Versicherten für seine Kenntnis und sein Verhalten, welche die Zurechnungsregel des § 334 BGB ergänzt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die für die Versicherung für fremde Rechnung typische Trennung der Rechtsinhaberschaft (Versicherter) von der Geltendmachung des Anspruchs (VN) die Rechtsstellung des VR nicht verschlechtert. 4 Zu diesem Zweck sollen Kenntnis und Verhalten des Versicherten dieselbe rechtliche Bedeutung haben wie Kenntnis und Verhalten des VN, und zwar unabhängig davon, ob der Versicherte auch Repräsentant, Wissens- oder Wissenserklärungsvertreter des VN ist.2 Käme es nicht zu einer solchen Zurechnung, könnten sich die VN herausgefordert fühlen, niemals selbst oder durch einen Vertreter Versicherung zu nehmen, sondern stattdessen stets die Rolle eines Versicherten in einer Versicherung für fremde Rechnung einzunehmen und den VN schlecht zu instruieren, um für ihr Verhalten und ihre Kenntnis nicht einstehen zu müssen.3 Kenntnis spielt bei den Obliegenheiten vor (z.B. Anzeigepflichten nach §§ 19 ff.) und nach Eintritt des Versicherungsfalls (Rettungsobliegenheiten nach § 82) eine Rolle. Die Frage nach der Verantwortlichkeit für Verhalten betrifft neben den Obliegenheiten auch subjektive Risikoausschlüsse wie die Herbeiführung des Versicherungsfalls.4 Die Trennung der Rechtsinhaberschaft von der Verfügungsbefugnis bei der Versicherung für fremde Rechnung darf freilich auch nicht dazu führen, dass der VR besser steht als im Zwei-Personen-Verhältnis. Daher muss jede Vorschrift, die von Kenntnis oder Verhalten des VN spricht, daraufhin überprüft werden, inwieweit sie auch ein Verhalten bzw. die Kenntnis des Versicherten sanktioniert.5 5 § 47 Abs. 2 S. 1 trifft zwei Ausnahmeregeln, was die Beachtlichkeit von Kenntnis nach Abs. 1 anbelangt. Auf die Kenntnis des Versicherten soll es zum einen dann nicht ankommen, wenn der Versicherte auch keine Kenntnis davon hat, dass Versicherung für fremde Rechnung zu seinen Gunsten genommen worden ist (Alt. 1). In diesem Fall kann man ihm keinen Vorwurf machen, wenn er weder dem VN noch dem VR von seiner Kenntnis Mitteilung macht. Würde es hierbei sein Bewenden haben, wäre dem VR allerdings in weitem Umfang die Berufung auf Obliegenheitsverletzungen des Versicherten verschlossen. Er müsste aus der Rollenspaltung auf der Gegenseite Nachteile auf sich nehmen. Um das zu vermeiden, ordnet § 47 Abs. 2 S. 2 eine Rückausnahme zugunsten des VR an. Diese bezieht sich nur auf § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1: Selbst wenn der Versicherte keine Kenntnis vom Abschluss des Versicherungsvertrags hat, wird diese unwiderleglich vermutet, sofern der VN dem VR beim Vertragsschluss nicht angezeigt hat, dass er die Versicherung ohne Auftrag des Versicherten nimmt. Gibt der VN bei Vertragsschluss eine solche Erklärung ab, ist der VR nicht schutzwürdig. Weiß er nämlich um das auftragslose Handeln des VN, hat er es in der Hand, seinerseits den Versicherten zu benachrichtigen, um die für ihn ungünstigen Folgen des § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 zu beseitigen.6
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HK-VVG/Muschner § 47 Rn. 2; Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 1; Römer/ Langheid/Römer § 79 Rn. 1. Ehrenberg 194; Ehrenzweig 216; Imseng 45. A.M. OLG Saarbrücken 9.7.1997 VersR 1998 883.
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Dazu schon Amtl. Begr. RTDrucks. 364/12 95. HK-VVG/Muschner § 47 Rn. 16; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 47 Rn. 15; Ehrenzweig 217; Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1167.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
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Eine zweite Ausnahmeregel zur Zurechnung von Kenntnis nach § 47 Abs. 1 regelt § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2. Danach findet eine Zurechnung nicht statt, wenn dem Versicherten eine rechtzeitige Benachrichtigung des VN nicht möglich oder nicht zumutbar war. In § 47 ist zumindest angedeutet, dass der Versicherte auch für Kenntnis und Verhal- 6 ten des VN einstehen muss. Das ergibt sich aus dem Wort „auch“ in Abs. 1. Die Vorschrift lässt allerdings unerfreulich unklar, wieweit die Einstandspflicht des Versicherten reicht. Aus dem Gesetz lässt sich auch nicht klar entnehmen, ob und inwieweit bei einer Mehrheit von Versicherten ein Versicherter Kenntnis und Verhalten anderer Versicherter gegen sich gelten lassen muss. Diese Fragen werden hier im Sachzusammenhang behandelt (siehe Rn. 25 ff., insb. 26)
C. Tatbestand I. Gleichstellung von Versichertem und VN (Abs. 1) 1. Regelungsgehalt Die Regel des § 47 Abs. 1 ist logische Folge der Rechteverteilung in der Versicherung 7 für fremde Rechnung nach deutschem Recht. Rechtsinhaber ist danach der Versicherte, § 44 Abs. 1. Es wäre merkwürdig, wenn er vor diesem Hintergrund keine eigenen Verhaltenspflichten gegenüber dem VR hätte und für eigene Kenntnis nicht einzustehen hätte. § 47 Abs. 1 ordnet entsprechend an, dass der Versicherte auch für eigene Kenntnis und eigenes Verhalten im Rahmen gesetzlicher Obliegenheiten und Risikoausschlüsse einzustehen hat. Das gleiche gilt für vertragliche Obliegenheiten, die sich auf das versicherte Interesse beziehen, wenn VR und VN im Versicherungsvertrag verabredet haben, dass diese auch vom (Mit-)Versicherten einzuhalten sind.7 Es ist dabei nicht erforderlich, dass die vertraglichen Obliegenheiten ausdrücklich an den Versicherten gerichtet werden.8 Unter Kenntnis versteht § 47 Abs. 1 positive Kenntnis von den Umständen, die im Rahmen der Erfüllung von Obliegenheiten von Belang sind. Kennenmüssen steht der Kenntnis nicht gleich.9 Das zeigt beispielhaft § 19 („ihm bekannte Umstände“). Verhalten i.S.d. § 47 sind ausschließlich selbständige Verhaltensweisen, bei denen es auf die Kenntnis des Versicherten von der Versicherung nicht ankommt, so vor allem bei der Herbeiführung des Versicherungsfalls.10 Ein Verhalten, das dem Versicherten aufgrund seiner Kenntnis abverlangt (z.B. Wahrnehmen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht) oder verboten (z.B. arglistige Täuschung) wird, ist hingegen Annex der Kenntnis und wird wie die Kenntnis selbst behandelt. Das ist von Bedeutung für die Ausnahmevorschriften zu § 47 Abs. 1, die teilweise für das Verhalten des Versicherten nicht gelten (z.B. § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1).
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BGH 3.6.1987 VersR 1987 924, 926; BGH 29.1.2003 VersR 2003 445, 446; Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 1; Langheid/ Wandt/Dageförde § 47 Rn. 4; Corrodi 120. BGH 28.11.1957 BGHZ 26 133, 137 f.; BGH 15.12.1970 VersR 1971 239, 240; BGH 29.1.2003 VersR 2003, 445, 446; Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 4;
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unklar Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch, § 47, Rn. 2 Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 6; zu § 19 VVG: BGH 2.3.1994 VersR 1994 711. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 13; Ritter/ Abraham § 57 ADS Anm. 8; Ehrenzweig 217; Millauer 36; unklar Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 6 f.
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2. Rechtsnatur
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§ 47 Abs. 1 ist entgegen einer in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Ansicht 11 keine Zurechnungsnorm. Die Vorschrift bewirkt vielmehr, dass sich die Obliegenheiten bei der Versicherung für fremde Rechnung grundsätzlich sowohl an den VN als auch an den Versicherten richten, soweit sie dessen versichertes Interesse betreffen und sich nicht etwas anderes aus dem Versicherungsvertrag ergibt.12 Das hat bereits der historische Gesetzgeber festgelegt, indem er formulierte, „inwieweit die Obliegenheiten (…) bei der Versicherung für fremde Rechnung den Versicherungsnehmer oder den Versicherten treffen …“.13 Wäre der Versicherte nicht selbst auch Träger der entsprechenden Obliegenheiten, verbliebe bei der Versicherung für fremde Rechnung das eingangs beschriebene Missbrauchspotential (oben Rn. 4). Rechtstechnisch wäre es überdies umständlich, dem VN zunächst das Verhalten bzw. die Kenntnis des Versicherten zuzurechnen, um letzteren als Rechtsinhaber (§ 44 Abs. 1) sodann die Folgen der Zurechnung tragen zu lassen. Dass in der Versicherung für fremde Rechnung dem Grunde nach sowohl der VN als auch der Versicherte Adressaten der Obliegenheiten sind, gilt auch für den Fall, dass ein Zwangsverwalter als VN für ein Hausgrundstück eine Gebäudeversicherung abschließt.14 Hier ist neben dem Zwangsverwalter auch der Gemeinschuldner/Versicherte verpflichtet – und zwar gegenüber dem VR und nicht nur gegenüber dem Verwalter als VN. Durch die Vereinbarung von Obliegenheiten, die zumindest auch den Versicherten treffen, wird die Versicherung für fremde Rechnung nicht zu einem (unzulässigen) Vertrag zu Lasten Dritter:15 Die Obliegenheiten stellen einerseits keine einklagbaren Pflichten dar; andererseits ändert sich am Charakter der Versicherung für fremde Rechnung als atypischem Vertrag zugunsten Dritter nichts, wenn der Versicherte die Rechte mit der Belastung von Obliegenheiten erhält. Verletzt er diese, droht ihm schlimmstenfalls der Verlust der zugewandten Rechtsstellung. Der Grundsatz, dass Obliegenheiten bei der Versicherung für fremde Rechnung so9 wohl den VN als auch den Versicherten treffen, wird von zwei Ausnahmen durchbrochen. Die erste Ausnahme ist durch die Rechtsstellung der Parteien in der Versicherung für fremde Versicherung bedingt. Wenn Obliegenheiten ihrer Natur nach nur vom VN oder nur vom Versicherten erfüllt werden können, ist ausschließlich der jeweils natürlich Verpflichtete betroffen. So hat z.B. nur der Versicherte, nicht aber der VN das Verbot der Anspruchsaufgabe als Teil 16 der Wahrungs- und Mitwirkungsobliegenheit
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Etwa BGH 18.9.1991 VersR 1991 1404; OLG Hamm 4.2.1994 VersR 1994 1464; Berliner Kommentar/Voit § 16 Rn. 54; Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 2; Römer/ Langheid/Römer § 79 Rn. 1; Gruneke 114–118, 144. BGH 29.1.2003 VersR 2003 445, 446; OLG Köln 11.4.1994 VersR 1994 1097, 1098; BGH 14.1.1997 VersR 1998 184, 185; OLG Karlsruhe 19.12.1981 VersR 1983 236; Looschelders/Pohlmann/Looschelders § 19 Rn. 10; Anli 125 f.; Corrodi 116; J. Huber 73 f.; Kisch PVR III 436; Lenné 128 ff.; Nießen 105; Chlosta VersR 1976 238; Schirmer ZVersWiss 1981 121, 125.
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Amtl. Begr. RTDrucks. 364/12 95. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 3; a.M. LG Essen 7.11.1991 VersR 1995 211, 212; Prölss/Martin/Prölss § 75 Rn. 6; jeweils mit blick auf die (heutige) Anzeigeobliegenheit nach § 30 bzw. B § 8 Nr. 2 lit. a) bb) VGB 2008. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 4; Schirmer FS R. Schmidt 821, 840 ff.; a.M. Prölss/Martin/Prölss § 6 Rn. 30. Ebenso Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/ Neuhaus § 86 Rn. 39.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
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nach § 86 Abs. 2 zu beachten. Andernfalls stünde der VR durch die Rollenspaltung bei der Versicherung für fremde Rechnung ohne sachlichen Grund besser, als er im ZweiPersonen-Verhältnis stünde. Das sieht § 47 aber nicht vor (vgl. oben Rn. 1). Die zweite Ausnahme knüpft an der Interessenlage des Begünstigten von § 47 an. 10 Eine Obliegenheit muss nicht vom VN und vom Versicherten beachtet werden, wenn dem Sicherungsinteresse des VR auch Genüge getan ist, wenn einer von ihnen die entsprechende Verhaltenspflicht erfüllt.17 Teile des Schrifttums 18 haben versucht, die Frage, ob und wann der Versicherte neben dem VN obliegenheitsverpflichtet ist, danach zu entscheiden, ob die fraglichen Obliegenheiten ein Gebot zum aktiven Handeln (sog. „Tuns-Obliegenheiten“, z.B. §§ 19, 23 Abs. 2, 30, 82 Abs. 1, 97, 122) oder zum Unterlassen (sog. „Unterlassens-Obliegenheiten“, z.B. § 23 Abs. 1) beinhalten. Unterlassens-Obliegenheiten sollen nach dieser Ansicht schon dann verletzt sein, wenn entweder der VN oder der Versicherte dem fraglichen Gebot zuwider handelt. Grundsätzlich haben also beide Beteiligte das Unterlassungsgebot zu befolgen.19 Bei Tuns-Obliegenheiten soll es hingegen genügen, wenn einer von beiden, VN oder Versicherter, sie befolgt.20 Die Unterscheidung danach, ob eine Obliegenheit ein Handelns- oder Unterlassungsgebot zum Gegenstand hat, ist aber kein taugliches Abgrenzungsmerkmal. Einmal lässt sich die Grenze zwischen Tun und Unterlassen kaum treffsicher ziehen.21 Das wird schon daran deutlich, dass die Verfechter einer Unterteilung in Tuns- und Unterlassensobliegenheiten sich gezwungen sehen, eine Reihe von Ausnahmen von ihrem Konzept zuzulassen. So erkennen sie etwa im Rahmen der „Unterlassens-Obliegenheiten“ an, dass ausnahmsweise nur der Versicherte verpflichtet sein soll, wenn sich das Normgebot naturgemäß nur von ihm erfüllen lässt (z.B. Verbot der Anspruchsaufgabe als Teil der Obliegenheit nach § 86 Abs. 2). Dieses Beispiel zeigt zugleich, dass die Qualifikation einer Obliegenheit als Tuns- oder Unterlassensobliegenheit nicht statisch ist und auch deswegen als Abgrenzungsmerkmal nicht taugt: Wurde das Verbot der Anspruchsaufgabe nach § 67 a.F. noch als Unterlassensobliegenheit gewertet, ist es jetzt als Teil der erweiterten Mitwirkungsobliegenheit des Versicherten nach § 86 Abs. 2 wohl Teil einer Tunsobliegenheit. Statt dessen ist auf den Sinn und Zweck der fraglichen Obliegenheit und das Gewicht 11 der durch sie geschützten Interessen des VR abzustellen. So genügt es z.B., wenn entweder der Versicherte oder der VN die Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache nach §§ 97 Abs. 1, 122 erstattet (auch die Anzeige des Erwerbers genügt, um nachteilige Folgen abzuwenden).22 Das gleiche gilt, was die Anzeige des Eintritts des Versicherungsfalls anbelangt. In beiden Fällen ist das Kenntnisinteresse des VR befriedigt. Die Obliegenheit muss aber von zumindest einem der beiden, Versichertem oder VN, ordnungs-
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Insoweit wohl schon Amtl. Begr. RTDrucks. 364/12 95. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 5 ff.; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 47 Rn. 3; Möller 15 f.; auch BGH 15.11.1978 VersR 1979 176, 178. BGH 15.11.1978 VersR 1979 176, 178; Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 6; Möller 15 f.; vgl. aus den AVB auch etwa § 3 Abs. 2 S. 1 AKB 2002; a.M. zu Unrecht BGH
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10.3.1993 BGHZ 122, 46, 49 (Versicherter nicht verpflichtet). BGH 15.11.1978 VersR 1979 176, 177 (Schadensmeldung); Berliner Kommentar/ Hübsch § 79 Rn. 2; Möller 16 f. Wie hier Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 19. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 7; a.M. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 3; Schirmer FS Sieg 451, 479; kritisch Nießen 104.
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gemäß erfüllt werden.23 Nicht ausreichend ist, wenn der Versicherte einen Versicherungsfall nur dem VN, nicht aber dem VR anzeigt, da hier nicht sicher gestellt ist, dass der VR Kenntnis nehmen kann.24 Bei Aufklärungsobliegenheiten verdienen Fälle besondere Aufmerksamkeit, in denen 12 sich der bösgläubige Versicherte des gutgläubigen VN bedient. Sieg hat anschaulich von Fällen der „mittelbaren Täterschaft“ gesprochen.25 Verschweigt der Versicherte dem VN gefahrerhebliche Umstände und übernimmt dieser die Angaben des Versicherten in den Antrag, oder macht der Versicherte falsche Angaben in der Schadenanzeige, die der VN gutgläubig an den VR weitergibt, schadet das Verhalten in beiden Fällen dem Versicherten:26 Die fragliche Meldeobliegenheit ist von keiner Seite richtig erfüllt, das Verschulden des einen Teils vom anderen mitzuvertreten. 3. Anwendungsbereich
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Nach den soeben dargelegten Grundsätzen betreffen die meisten gesetzlichen Obliegenheiten (auch) den Versicherten. Zumeist ergibt sich dessen Verantwortlichkeit bereits daraus, dass die zugrundeliegenden Ereignisse, welche die Obliegenheiten auslösen, in seiner Rechts- und Machtsphäre eintreten. Der Versicherte hat zu beachten: die Obliegenheit, Gefahrerhöhungen zu unterlassen nach § 23 Abs. 1,27 die Obliegenheit, eine eingetretene Gefahrerhöhung anzuzeigen, § 23 Abs. 2, 3,28 Rettungsobliegenheiten nach § 82,29 die Obliegenheit, den Eintritt des Versicherungsfalls zu melden nach § 3030 oder die Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache nach §§ 97 Abs. 1, 122, wenn die Veräußerung durch den Versicherten erfolgt.31 Umstritten ist, ob der Versicherte auch vorvertragliche Anzeigepflichten nach §§ 19 ff. 14 zu beachten hat.32 Dagegen sollen der Wortlaut der §§ 19 ff. und die Zurechnungsrichtung des § 47 sprechen. Beide Argumente überzeugen nicht. Es besteht mittlerweile Einigkeit darüber, dass das VVG den Verpflichteten von Obliegenheiten durchweg als VN bezeichnet, damit aber jeden meint, der die Obliegenheit wahrzunehmen hat.33 Des Weiteren ist § 47 gar keine Zurechnungsnorm (siehe oben Rn. 8), so dass es auf eine etwaige Zurechnungsrichtung nicht ankommen kann. In der Sachversicherung wird überdies regelmäßig der Versicherte derjenige sein, der den Fragenkatalog des VR am besten beantworten kann, da sein Interesse versichert ist. Deswegen sollte auch der Versicherte Adressat der Anzeigeobliegenheiten sein.
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Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 7; Kisch PVR III 421. OLG Köln 14.1.1997 VersR 1998 184, 185. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 7. OLG Hamm 12.6.1996 ZfS 1998 58; OLG Köln 6.6.1952 VersR 1952, 268 = NJW 1952 1297; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 47 Rn. 4; Lenné 142. RGZ 95, 250; BGH 22.6.1967 VersR 1967 746, 747; Corrodi 119; Lenné 135; J. Huber 84 f.; Chlosta VersR 1976 238; Schneider ZVersWiss 1905 230, 233; a.M. OLG Stuttgart 24.7.1974 VersR 1975 705, 706. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 5; Corrodi 119 f.; Imseng 46 f.; a.M. OLG Hamm 29.2.1980 VersR 1981 870, 872.
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Corrodi 120. OLG Köln 14.1.1997 VersR 1998 184; Imseng 49. Dazu Anli 127. Dafür BGH 18.9.1991 VersR 1991 1404, 1405; Bruck/Möller/Rolfs § 19 Rn. 25; Looschelders/Pohlmann/Looschelders § 19 Rn. 10; Anli 126; Imseng 45 f.; wohl auch Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 4; dagegen Berliner Kommentar/Beckmann § 16 Rn. 54, 59; Lange VersR 2006 605, 608. Vgl. Schon Ehrenberg 73; Corrodi 116.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
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Durch die sprachliche Neufassung des § 47 Abs. 1 hat sich die Streitfrage erledigt, ob 15 die Vorschrift auch auf die arglistige Täuschung durch den Versicherten anzuwenden ist. Unter Bezugnahme auf den Wortlaut des § 79 Abs. 1 a.F. („Soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes“) wurde die Ansicht vertreten, die arglistige Täuschung gem. § 123 BGB, auf die in § 22 nur verwiesen wird, sei nicht vom Anwendungsbereich der Norm erfasst.34 Dadurch, dass der Reformgesetzgeber von 2007 den Passus „soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes“ gestrichen hat, ist dieser Auffassung die Grundlage entzogen. Sie war auch, wie Koch zu Recht feststellt, niemals richtig.35 Das zeigt die Entstehungsgeschichte von § 47/§ 79 a.F. Ursprünglich war nur in den Fällen der Rückwärtsversicherung und der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit die Kenntnis und Arglist des Versicherten beachtlich. Erst später wurde die Vorschrift dahingehend erweitert, dass schlechthin Kenntnis und Verhalten des Versicherten in Betracht kommen, wie das beim VN der Fall ist.
II. Ausnahmen von der Beachtlichkeit der Kenntnis (Abs. 2) 1. Fehlendes Wissen vom Versicherungsvertrag a) Grundsatz (Abs. 2 S. 1 Alt. 1). § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 regelt eine Ausnahme von 16 der Beachtlichkeit der Kenntnis des Versicherten nach Abs. 1. Die Kenntnis des Versicherten ist danach nicht zu berücksichtigen, wenn der Versicherungsvertrag ohne sein Wissen abgeschlossen worden ist. Das versteht sich im Grunde von selbst. Kenntnis kann dem Versicherten nur schaden, wenn er sie beim Vertragschluss hätte verwerten lassen können. Das bloße Nichtnennen des Versicherten im Versicherungsvertrag löst die Ausnahme des Abs. 2 S. 1 Alt. 1 nicht aus – wohl um missbräuchlichen Vertragsgestaltungen durch den VN vorzubeugen.36 In der D&O-Versicherung spielt § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 nur eine unbedeutende 17 Rolle.37 Zwar sind regelmäßig nicht sämtliche Versicherten am Vertragsschluss beteiligt. Sie können jedoch auf andere Weise vom Bestehen einer D&O-Versicherung in ihrem Konzern Kenntnis erlangen, beispielsweise durch mündliche Informationen oder Rundschreiben. Die Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Befassung mit dem Vertragsschluss ohnehin informiert. Die Anstellungsverträge der Organmitglieder enthalten vielfach Versicherungsverschaffungsklauseln, so dass eine entsprechende Kenntnis nachgewiesen werden kann. In Bezug auf sein Verhalten kann sich der Versicherte nicht darauf berufen, vom 18 Abschluss des Versicherungsvertrags nichts gewusst zu haben. Diese Grundentscheidung leuchtet ein: Wusste der Versicherte überhaupt nichts von einem bestehenden Versicherungsschutz, rechnete er also gar nicht mit einer Entschädigung, so darf ihm, insb. wenn das vorwerfbare Verhalten darin besteht, dass er den Versicherungsfall herbeigeführt hat, nicht unerwarteter Ersatz zufallen.38 34
Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 4; dem folgend Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 1 und noch zum reformierten Recht Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 47 Rn. 2; a.M. BGH 18.9.1991 VersR 1991 1404; Römer/Langheid/Römer § 79 Rn. 1; Prölss/Martin/Prölss § 79 Rn. 1; Gruneke 129.
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Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 5. Dazu Imseng 45. Vgl. nur Ihlas 570; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 64. Vgl. Ehrenberg 195; J. Huber 86 f.; Schneider ZVersWiss 1905 230, 262.
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§ 47 19
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
§ 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 kann dem VR nicht entgegengehalten werden, wenn feststeht, dass der Versicherte positive Kenntnis vom Versicherungsvertrag hatte. In zwei Fällen steht das Kennenmüssen der Kenntnis gleich. Das ist einmal der Fall, wenn der Versicherte dem VN einen Auftrag zum Abschluss des Vertrages erteilt hat.39 Dann muss der Versicherte damit rechnen, dass ein Versicherungsvertrag zu seinen Gunsten abgeschlossen wird und sich diesem Vertrag gemäß verhalten. Der Auftrag, Versicherung zu nehmen, kann auch stillschweigend erteilt werden; er liegt etwa im internationalen Warenverkehr auf Käuferseite im Abschluss eines Vertrages mit CIF-Klausel.40 Kommissionäre, Spediteure, Lagerhalter gelten hingegen nicht als beauftragt, für Rechnung des Kommittenten, des Versenders, des Einlagerers bzw. der Reederei Versicherung zu nehmen (vgl. §§ 390, 407, 417, 493 HGB).41 Das gleiche gilt für Schiffsmakler mit Blick auf die Kaskoversicherung. Der zweite Fall, in dem das Kennenmüssen eines Vertragsschlusses der Kenntnis gleich steht, liegt vor, wenn zu Gunsten des Versicherten eine gesetzliche Versicherungspflicht besteht, die in den betreffenden Wirtschaftskreisen allgemein bekannt ist. Die gesetzliche Verpflichtung, Versicherung zu nehmen, ersetzt insoweit den Auftrag. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an die kombinierte Eigen- und Fremdversicherung sowie die Fälle der § 1045 BGB oder des § 6 Abs. 1 VO über das Bewachungsgewerbe in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2003.42
20
b) Rückausnahme (Abs. 2 S. 2). 47 Abs. 2 S. 2 enthält eine Rückausnahme von der Bestimmung des § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1. Danach wird die Kenntnis des Versicherten vom Abschluss des Versicherungsvertrags – unabhängig von der tatsächlichen Kenntnis oder Unkenntnis – unwiderleglich vermutet, sofern der VN den Vertrag ohne Auftrag des Versicherten schließt und er dies dem VR bei Vertragsschluss nicht angezeigt hat. Das hat zur Folge, dass die Kenntnis des Versicherten bei Obliegenheitsverletzungen wieder nach Abs. 1 Berücksichtigung findet. Grundgedanke dieser Rückausnahme ist, dass der VR zu schützen ist, weil der Informationsfluss zwischen ihm und dem Versichertem gestört ist und der VR selbst dagegen durch Rückfragen nichts tun kann.43 Die Anzeige vom Fehlen des Auftrages ist eine Obliegenheit des VN. Nachteilige Folgen treten daher nur ein, wenn dem VN ein Verschulden vorzuwerfen ist. Der VN muss den fehlenden Auftrag grundsätzlich auch dann anzeigen, wenn der VR 21 hiervon Kenntnis hat. VR und VN können jedoch – auch stillschweigend – vereinbaren, dass der Mangel des Auftrags nicht angezeigt zu werden braucht.44 Dann bleibt es bei der Ausnahmebestimmung des § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1. Solche Vereinbarungen werden ganz regelmäßig bei der laufenden Versicherung getroffen, weil dort noch ungewiss ist, welche Fremdinteressen „künftig“ entstehen werden. Von „Aufträgen“ kann insoweit zur Zeit des Vertragsschlusses nicht die Rede sein. Das ist dem VR bekannt. Der Mangel der Aufträge muss deshalb nicht angezeigt werden.45
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41
Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 13; Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 23. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 13; a.M. Ritter/Abraham § 57 ADS Anm. 11 und dem folgend Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 8 (ausdrückliche Vereinbarung). Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 8.
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BGBl. I S. 1378; zuletzt geändert durch die Verordnung vom 14. Januar 2009 (BGBl. I S. 43). Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1167. Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 9. Ritter/Abraham § 57 ADS Anm. 14.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
§ 47
2. Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Benachrichtigung (Abs. 2 S. 1 Alt. 2) Der unglücklich gestellte § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 regelt eine selbständige Ausnahme 22 von der Erheblichkeit der Kenntnis des Versicherten nach Abs. 1 wegen Kommunikationsstörungen zwischen VN und Versichertem. Der VR kann sich danach nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Versicherten berufen, wenn es diesem nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dem VN seine Kenntnis rechtzeitig zu übermitteln. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Übermittlung mit dem schnellsten verkehrsüblichen Übermittlungsmedium nicht bewirkt werden kann (vgl. § 57 Abs. 3 S. 2 ADS; enger der mittlerweile aufgehobene § 807 Abs. 2 HGB).46 Die Ausnahme des § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 ist rein objektiver Natur. Auf ein etwaiges Verschulden des VN hinsichtlich der Kommunikationsstörung kommt es nicht an.47 Die Bestimmung des § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 hat heute nur noch einem schmalen Anwendungsbereich. Aufgrund der Schnelligkeit der modernen Nachrichtenübermittlung und der stetig wachsenden Möglichkeiten der Wahl des Übermittlungsmediums ist dies kaum noch der Fall. Der Versicherte ist nämlich gehalten, sich des schnellsten verkehrsüblichen Kommunikationsmittels zu bedienen.48 § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 geht von der rechtstatsächlichen Grundannahme aus, dass der 23 Versicherte zwar den VN, nicht aber den VR kennt. Ist ihm hingegen der VR bekannt, und ist es ihm zwar nicht möglich, den VN rechtzeitig zu benachrichtigen, wohl aber den VR, so kann der Versicherte analog § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 verpflichtet sein, diesen zu benachrichtigen.49 Eine Vergleichbarkeit der Interessenlage als Voraussetzung für eine analoge Anwendung wird man aber nur annehmen können, wenn eine Mitteilung dringend geboten ist, etwa bei Eintritt des Versicherungsfalls oder dem Eintritt einer Gefahrerhöhung.
D. Rechtsfolgen Verletzen der VN und/oder der Versicherte Obliegenheiten oder verwirklichen sie sub- 24 jektive Risikoausschlüsse, ist hinsichtlich der Rechtsfolgen zwischen der reinen Fremdversicherung und der kombinierten Eigen- und Fremdversicherung und der Eigenversicherung zu unterscheiden.
I. Reine Fremdversicherung 1. Grundlagen Eine reine Fremdversicherung liegt vor, wenn die Versicherung nur die Interessen des 25 oder der Versicherten schützt und nicht zugleich auch ein Interesse des VN. Der Anspruch auf Leistung kann also nur in der Person des oder der Versicherten entstehen. Beispiele sind die D&O-Versicherung,50 die Hausratsversicherung bezüglich einer
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Prölss/Martin/Prölss § 79 Rn. 4; vgl. auch Ritter/Abraham § 57 ADS Anm. 9. Vgl. auch Lange VersR 2006 605, 608 Fn. 30. Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 10; Ritter/Abraham § 57 ADS Anm. 9.
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Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 25; Prölss/Martin/Prölss § 79 Rn. 4; Millauer 36; a.M. Gruneke 125. Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 12; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 63; Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1166.
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§ 47
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
gestohlenen Sache,51 die Kfz-Kasko-Versicherung, wenn der VN weder rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des Fahrzeugs ist,52 die Kfz-Haftpflichtversicherung, wenn der VN weder Halter noch Fahrer des versicherten Fahrzeugs ist,53 oder ein echter Gruppenversicherungsvertrag.54 Liegt Versicherung für fremde Rechnung zugunsten mehrerer Versicherter vor, schaden 26 grundsätzlich weder Kenntnis noch Verhalten eines Mitversicherten den anderen Mitversicherten (Grundsatz der Einzelwirkung). In der Kfz-Kaskoversicherung etwa wird dem VN eine Fahrt unter Alkoholeinfluss durch einen Ehepartner, der das Kfz mitbenutzt, nicht ohne weiteres zugerechnet.55 Das ergibt sich daraus, dass § 47 Abs. 1 nur das Verhältnis vom Versicherten zum VN als Vertragspartei im Blick hat, andere Mitversicherte aber Vertragsfremde sind,56 sowie im Übrigen aus dem Prinzip der Einzelverantwortung und dem Rechtsgedanken des § 29 Abs. 1.57 Folge des Fehlverhaltens eines Mitversicherten ist also nur, dass dieser seinen eigenen Anspruch gegen den VR (teilweise) verliert. Abweichend von diesem Grundsatz muss sich bei einer Mehrheit von Versicherten ein Mitversicherter Kenntnis und Verhalten eines anderen Mitversicherten zurechnen lassen, wenn letzterer sein Repräsentant ist.58 Das gleiche gilt erst recht, soweit auf Versichertenseite mehrere Personen in Gesamthänderschaft oder als Bruchteilseigentümer miteinander verbunden sind.59 Hier schadet das Verhalten des einen Versicherten den anderen. Das gilt allerdings nicht in der Haftpflichtversicherung, wo jeder einzelne Versicherte einen selbständigen Befreiungsanspruch von der gegen ihn erhobenen Forderung hat. In der D&O-Versicherung ließen sich dem VN regelmäßig – bei Abschluss der üb27 lichen Konzernpolice – Kenntnis und Verhalten einer Vielzahl von Mitversicherten (bzw. Repräsentanten) zurechnen, nämlich der Organmitglieder auf sämtlichen Konzernebenen einschließlich der Kontrollorgane und der leitenden Angestellten.60 Das ist insbesondere bei der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit brisant. Ohne besondere vertragliche Abreden kann hier die Obliegenheitsverletzung einer einzigen mitversicherten Person dazu führen, dass der VR den gesamten Vertrag durch Anfechtung oder Rücktritt beenden kann. Das ist nicht interessengerecht. In der Praxis ist die Lösung auf vertraglicher Ebene zu suchen. Wenig hilfreich 61 erscheinen dabei sog. „severability clauses“. Diese stammen, wie der Name suggeriert, aus der angelsächsischen Vertragspraxis und sollen bewirken, dass die Kenntnis eines Versicherten den anderen Versicherten nicht zugerechnet wird.62 Einem Rücktritt oder einer Anfechtung des VR stehen solche Klauseln bei Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht jedoch regelmäßig nicht entgegen, da sie überwiegend nur die Zurechnung wissentlicher Pflichtverletzungen aus51 52
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LG Berlin 28.4.1994 RuS 1995 109. ÖOGH 13.3.1986 VersR 1987 1204; OLG Stuttgart 7.2.1991 RuS 1992 331; OLG Hamm 10.12.1993 VersR 1994 1223; OLG Oldenburg 26.6.1996 VersR 1997 997. ÖOGH 5.12.1961 VersR 1963 590; OLG Schleswig 18.12.1996 NZV 1997 442. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 6. OLG Hamm 29.10.1986 VersR 1988 240. Dazu Corrodi 119; Lenné 133. Dieser Rechtsgedanke lässt sich zumindest insoweit fruchtbar machen, als gleichartige Interessen versichert sind; dazu auch Prölss/ Martin/Prölss § 30 Rn. 1a; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 68.
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BGH 29.1.2003 VersR 2003 445, 446; OLG Stuttgart 7.2.1991 RuS 1992 331, 332: Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 11; Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1168. Vgl. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Rn. 11; Ruscher 138. Ihlas 570 f.; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 63. A.M. offenbar Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 12. Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1168; Lange VersR 2006 605, 608 mit Praxisbeispielen in Fn. 35.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
§ 47
schließen und/oder die Wirkung von Anfechtung oder Rücktritt nicht auf die Personen mit Kenntnis beschränken.63 Anders ist dies bei sog. „full severability clauses“.64 Diese haben jedoch den Nachteil, dass sie das Risikomanagement im Unternehmen verschlechtern, weil sie Anreize setzen, gefahrerhebliche Umstände innerhalb des Konzerns oder Unternehmens möglichst wenig zu kommunizieren, um den Deckungsschutz möglichst wirkungsvoll aufrecht zu erhalten. Vorzugswürdig sind daher sog. „Repräsentantenklauseln“,65 nach denen nur solches Wissen um Gefahrumstände für Obliegenheitsverletzungen und Risikoausschlüsse erheblich ist, das aus dem Kreis der in der Repräsentantenklausel bezeichneten Personen stammt. Haben die Parteien es versäumt, eine solche Klausel zu vereinbaren, kann das Rücktritts- bzw. Anfechtungsrecht des VR nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen auf Grundlage von § 242 BGB auf das jeweils von der Anzeigepflicht betroffene Interesse beschränkt werden.66 2. Obliegenheitsverletzung des Versicherten Verletzt der Versicherte eine Obliegenheit, hat er dieselben Rechtsfolgen zu gewärti- 28 gen, die den VN treffen, wenn er eine Obliegenheit verletzt, § 47 Abs. 1. Ist für eine bestimmte Verletzung als Rechtsfolge vorgesehen, dass der VR (teilweise) leistungsfrei wird, führt eine Verletzung durch den Versicherten dem entsprechend ebenfalls zur (teilweisen) Leistungsfreiheit.67 3. Rechtspflichts- oder Obliegenheitsverletzung des VN Verstößt nicht der Versicherte, sondern der VN gegen eine Obliegenheit oder eine 29 Rechtspflicht, die ihn von Gesetzes wegen oder aufgrund des Versicherungsvertrags trifft, kann sich der VR auch dem Versicherten gegenüber darauf berufen, wenn dessen Interesse betroffen ist.68 Eine Anfechtung des VR wegen arglistiger Täuschung durch den VN lässt entsprechend den Deckungsanspruch des Versicherten auch dann entfallen, wenn dieser an der Täuschung nicht mitgewirkt hat.69 Auch treffen ihn die Rechtsfolgen für einen Verstoß gegen die Hauptleistungspflicht des VN auf Prämienzahlung.70 Begründen lässt sich dies damit, dass der Versicherte aus dem Versicherungsvertrag nicht mehr Rechte herleiten kann als der VN selbst.71 Anderenfalls stünde der VR entgegen dem Normzweck des § 47 bei der Versicherung für fremde Rechnung schlechter als im Zwei-Personen-Verhältnis. Ergänzend lässt sich auf den Rechtsgedanken des § 334 BGB hinweisen,72 den § 47 ergänzt. Ein Ausgleich kann im Innenverhältnis zwischen VN und Versichertem erfolgen. 63 64 65
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Vgl. Seibt/Saame AG 2006 901, 911; Dreher/ Thomas ZGR 2009 31, 69 f. Dazu Winterling/Harzenetter VW 2007 1792, 1794; Seibt/Saame AG 2006 901, 911. Ihlas 571; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 71 f.; Winterling/Harzenetter VW 2007 1792, 1795. A.M. Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1169 (in jedem Fall Beschränkung auf das versicherte Interesse); dem folgend Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 12. Zutreffend, aber terminologisch unsauber, da von einer Verletzung der „dem Versiche-
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rungsnehmer obliegenden“ Aufklärungspflicht die Rede ist: OLG Frankfurt a.M. 28.6.1994 VersR 1995 164. BGH 18.9.1991 VersR 1991 1404, 1408; OLG Hamm VVGE § 3 AKB Nr. 2; Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 8; Staudinger/ Jagmann § 334 Rn. 2. OLG Düsseldorf 23.8.2005 VersR 2006 785. J. Huber 83. Dazu schon Corrodi 117; Lenné 122; vgl. auch HK-VVG/Muschner § 47 Rn. 3; Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1169. So Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 8.
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§ 47
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
Im Rahmen der Pflicht-Haftpflichtversicherung sind Verletzungen von Obliegenheiten durch den VN dem Versicherten nach Maßgabe des § 123 Abs. 1 zuzurechnen.73 4. Subjektive Risikoausschlüsse
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Verwirklicht der Versicherte einen subjektiven Risikoausschluss (§§ 81, 103), ist der VR ihm gegenüber (teilweise) leistungsfrei.74 Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Mitversicherung des Sachersatz-/Haftpflichtinteresses in der Sachversicherung sich die (teilweise) Leistungsfreiheit des VR nicht nach § 103, sondern nach § 81 beurteilt.75 Keine Anwendung auf den Versicherten findet § 81 in der Vertrauensschadenversicherung, da dies dem Zweck der Versicherung widersprechen würde:76 Die Vertrauensschadenversicherung soll die Haftpflichtversicherung wirksam ergänzen und folgt entsprechend deren Regeln. In der Haftpflichtversicherung ist es für das Bestehen des Anspruchs aber unerheblich, ob der Geschädigte den Versicherungsfall mitverursacht hat. Aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 („auch“) folgt, dass § 81 allerdings dann auf den Versicherten anzuwenden ist, wenn der VN den Versicherungsfall herbeigeführt hat.77 Das entspricht dem Rechtsgedanken des § 334 BGB: Der Versicherte hat für die Vertragsuntreue des VN gegenüber dem VR einzustehen. In der Kautionsversicherung (auch der Personen-Kautionsversicherung) ist dies ausdrücklich geregelt – und zwar auch für den Fall, dass der VN den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat.78
II. Kombinierte Eigen- und Fremdversicherung 31
Eine kombinierte Eigen- und Fremdversicherung deckt durch denselben Versicherungsvertrag sowohl das eigene Interesse des VN als auch ein fremdes Interesse des oder der Versicherten. Ein Versicherungsanspruch kann in diesen Fällen in der Person des VN und in der Person des (oder der) Versicherten entstehen. Gedanklich ist der einheitliche Versicherungsvertrag in eine Versicherung für eigene Rechnung des VN und eine Versicherung für fremde Rechnung des Versicherten zu trennen (Trennungsgrundsatz). Beispiele sind die Betriebshaftpflichtversicherung des Unternehmers zugunsten der Betriebsangehörigen,79 die Kfz-Haftpflichtversicherung des Halters zugunsten des mitversicherten Fahrers,80 die Privathaftpflichtversicherung zugunsten der mitversicherten Familienangehörigen,81 die Feuerversicherung zugunsten Eigentümer fremder Sachen oder die Hausratsversicherung, wenn sowohl eigene als auch fremde Sachen versichert sind.82
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OLG Stuttgart VersR 1976 238; Langheid/ Wandt/Dageförde § 47 Rn. 10; Johannsen VersR 1991 500. OLG Koblenz VersR 2004 1410, 1411; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 47 Rn. 7. Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 12. BGH 30.9.1998 VersR 1998 1504, 1505. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 9; Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 9; a.M. Ehrenzweig 217 unter irrtümlicher Berufung auf Ehrenberg 203. BGH 11.6.1970 BGHZ 33, 97, 101 f.; Kossen Die Kautionsversicherung (1996) 165 f, 227.
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OLG Koblenz 25.6.1994 VersR 1994 715, 716. BGH 22.9.1958 BGHZ 28, 137, 141; BGH 14.12.1967 BGHZ 49, 130, 133; BGH 15.12.1970 VersR 1971 239, 241; OLG München 14.8.1956 VersR 1957 89; ÖOGH ZVR 1998 152, 153. OLG Köln 6.6.1952 VersR 1952 268, 269; OLG Düsseldorf 28.10.1997 RuS 1998 145, 147. OLG Karlsruhe 4.7.1996 VersR 1997 104; LG Nürnberg-Fürth 17.11.1977 VersR 1978 73.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
§ 47
1. Fehlverhalten des Versicherten Obliegenheitsverletzungen und die Verwirklichung subjektiver Risikoausschlüsse durch 32 den Versicherten schaden nach dem Trennungsgrundsatz (dazu oben Rn. 31) grundsätzlich nur ihm selbst.83 Der Versicherungsanspruch des VN bleibt unberührt – gerade auch dann, wenn in der Person des Versicherten ein personenbezogener Haftungsausschluss vorliegt.84 Etwas anderes gilt nach den allgemeinen Regeln nur, wenn der Mitversicherte Repräsentant des VN ist.85 Zu beachten ist dabei, dass die Grundsätze der Repräsentantenhaftung in der Kfz-Haftpflichtversicherung keine Anwendung finden. Eine weitere Ausnahme gilt hinsichtlich der Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten, und zwar für den Fall, dass der Versicherte eine ihm obliegende vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt und der VR deshalb den Versicherungsvertrag anficht. Zwar erstreckt sich die Obliegenheit des Versicherten nur auf die Fremdversicherung. Da Eigen- und Fremdversicherung jedoch Bestandteil ein und desselben Versicherungsvertrags sind, entfällt gemäß § 142 BGB auch der Eigenversicherungsschutz, soweit nicht der VR die Anfechtung auf die Fremdversicherung beschränkt.86 Eine derartige Teilanfechtung ist grundsätzlich möglich, da die Eigenversicherung nach Wegfall des angefochtenen Teils bei objektiver und vom Parteiwillen unabhängiger Betrachtungsweise als selbständiges und unabhängig von dem angefochtenen Teil bestehendes Rechtsgeschäft denkbar ist. Ob der restliche Teil – die Eigenversicherung – wirksam bleibt, beurteilt sich nach § 139 BGB.87 Es kommt darauf an, ob die Parteien den Versicherungsvertrag nur als Eigenversicherung, d.h. ohne Mitversicherung fremder Risiken, abgeschlossen hätten. 2. Fehlverhalten des VN a) Auswirkungen auf den Eigenversicherungsschutz. Was den Eigenversicherungs- 33 schutz des VN anbelangt, unterscheidet sich die Rechtslage bei der kombinierten Eigenund Fremdversicherung nicht von derjenigen bei reiner Eigenversicherung: Verstößt der VN gegen Obliegenheiten oder verwirklicht er einen subjektiven Risikoausschluss, wird der VR hinsichtlich der Eigenversicherung ganz oder teilweise (§ 81 Abs. 2) leistungsfrei. b) Auswirkungen auf den Fremdversicherungsschutz. Schwieriger ist die Frage zu be- 34 antworten, ob der VN, der durch Obliegenheitsverletzung oder Herbeiführung des Versicherungsfalls durch ihn oder einen Repräsentanten den eigenen Schutz verwirkt hat, damit bei der kombinierten Eigen- und Fremdversicherung auch den Versicherten um seine Ansprüche bringt. Früher ging man ausnahmslos von der Akzessorietät der Deckung des Versicherten aus, d.h. er verlor den Versicherungsschutz immer dann, wenn ihn auch der VN nicht beanspruchen konnte (Akzessorietätsregel). Das entspricht dem Normzweck des § 47 sowie dem Rechtsgedanken des § 334 und ist nach der Rechtsprechung
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84 85
Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 15; HK-VVG/Muschner § 47 Rn. 6; Langheid/ Wandt/Dageförde § 47 Rn. 5; Prölss/Martin/ Prölss § 79 Rn. 2; Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1168. BGH 10.3.1966 VersR 1966 674. BGH 29.1.2003 RuS 2003 186; BGH 13.7.1971 VersR 1971 1119, 1121; zur Kfz-Kasko-Versicherung: OLG Nürnberg NJW-RR 1992 360; OLG Hamm NJW-RR
86 87
1998 821; OLG Saarbrücken 9.7.1997 VersR 1998 883; Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 15; Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 5; Prölss/Martin/Prölss § 79 Rn. 2 mwN; a.M. LG Mannheim 14.2.1962 VersR 1962 317 f. HK-VVG/Muschner § 47 Rn. 11; Römer/ Langheid/Römer § 79 Rn. 1. Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 15.
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grundsätzlich auch heute noch so.88 Die Akzessorietätsregel hat entsprechend Eingang in einige AVB gefunden, so z.B. in F.3 S. 1 AKB 2008. Bei der Verwirklichung subjektiver Risikoausschlüsse gilt die Akzessorietätsregel ausnahmslos: Verwirklicht der VN einen subjektiven Risikoausschluss, ist der VR auch gegenüber dem Versicherten (teilweise, vgl. § 81 Abs. 2) leistungsfrei,89 und zwar unabhängig von einer etwaigen Repräsentanteneigenschaft des VN.90 So verliert etwa der Leasinggeber seinen Anspruch auf die Kaskoentschädigung auf Grundlage von § 47, wenn der Leasingnehmer als VN den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt, § 81.91 Demgegenüber wirken sich Obliegenheitsverletzungen des VN nicht stets zu Lasten des Versicherten aus. Schon der Wortlaut des § 47 Abs. 1 („auch … die Kenntnis und das Verhalten des Versicherten“) lässt erkennen, dass Obliegenheitsverletzungen des VN dem Versicherten zugerechnet werde können, nicht aber dass eine solche Zurechnung schlechthin bei allen, insbesondere auch vertraglichen, Obliegenheiten stattfinden soll. Für die Frage, ob Obliegenheitsverletzungen des VN sich nachteilig auf den Versicherungsanspruch des Versicherten auswirken, ist vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen (oben Rn. 11) auf den Zweck der Obliegenheit und das Gewicht der durch sie geschützten Interessen des VR abzustellen. Soweit es sich also um Obliegenheiten handelt, die ausschließlich die Sphäre des VN betreffen, bleibt die Rechtsstellung des Versicherten dadurch unberührt.92 Anders ist dies, wenn zumindest auch die Sphäre des Versicherten betroffen ist; dann bleibt der VR auch dem Versicherten gegenüber leistungsfrei.93 Der VR bleibt aber – abgesehen von den Fällen der Arglist – zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist (vgl. §§ 21 Abs. 2, 26 Abs. 3 Nr. 1, 28 Abs. 3, 82 Abs. 4). Hinsichtlich der Auswirkungen von Obliegenheitsverletzungen des VN auf den Fremdversicherungsschutz des Versicherten bedeutet dies, dass der Fremdversicherungsschutz unberührt bleibt, wenn die Obliegenheitsverletzung des VN, z.B. wegen Erfüllung der Obliegenheit durch den Versicherten, für den VR folgenlos geblieben ist.94 So betrifft es den mitversicherten Fahrer in der Kfz-Haftpflichtversicherung nicht, wenn der VN dem VR keine Auskunft über den Versicherungsfall gibt, solange der Versicherte selbst für den Schadensbericht sorgt. Damit ist dem Informationsinteresse des VR Genüge getan.95 Die Akzessorietätsregel kann auch durch vertragliche Vereinbarung durchbrochen werden. So können die Parteien vereinbaren, dass der VR dem Versicherten in höherem Maße verantwortlich ist als dem VN, also seine Leistungspflicht dem Versicherten
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BGH 12.3.1959 VersR 1959 329; BGH 8.2.1965 VersR 1965 425; BGH 6.5.1965 BGHZ 44 1 = VersR 1965 701; BGH 22.4.1971 VersR 1971 558. BGH 8.2.1965 VersR 1965 425, 428; Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 17. Zutreffend OLG Hamm 2.11.1994 VersR 1995 1348; Rischar NZV 1998 59, 60; § 47 (bzw. § 79 a.F.) übersieht OLG Nürnberg NJW-RR 1992 360; missverständlich Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 5. OLG Hamm 2.11.1994 VersR 1995 1348.
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OLG Saarbrücken 17.7.1968 VersR 1968 1133; OLG Hamm 19.4.1996 NZV 1996 412; Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 18; Langheid/Wandt/Dageförde § 47 Rn. 5. Vgl. auch Schirmer ZVersWiss 1981 121, 126. Looschelders/Pohlmann/Koch § 47, Rn. 20. BGH 14.12.1967 BGHZ 49 130 134; Bruck/ Möller/Baumann § 89 Rn. 139 ff.; Koch GmbHR 2004 160, 161; zu weitreichend die Interpretation dieser Ausnahme durch Staudinger/Jagmann § 334 Rn. 2.
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Kenntnis und Verhalten des Versicherten
§ 47
gegenüber (vollständig) bestehen bleibt, während sie dem VN gegenüber (teilweise) erlischt. Hauptbeispiele sind die Kautionsversicherung, die Kfz-Kaskoversicherung mit Sicherungsschein,96 die sonstige Sachversicherung mit Warensicherungsschein und die Kundenversicherung. Soweit hier die Akzessorietätsregel zugunsten des Versicherten durchbrochen wird, ist aber streng darauf zu achten, inwieweit der Vertrag Ausnahmen vorsieht. In der Pflicht-Haftpflichtversicherung durchbricht § 123 faktisch die Akzessorietäts- 39 regel.97 Formell bleibt es zwar dabei, dass der Versicherte wegen des Fehlverhaltens des VN keine Deckung genießt. Die Vorschrift ordnet aber an, dass der VR wegen Leistungen, die er gewährt hat, beim Versicherten nur insoweit Rückgriff nehmen kann, als dieser die Umstände, die zur Leistungsfreiheit gegenüber dem VN geführt haben, selbst zu vertreten hat bzw. diese ihm bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt sind. Diese faktische Aufhebung der Akzessorietätsregel spiegelt sich in F.3 S. 2 AKB 2008 wider.
E. Sonderregeln Dadurch dass § 47 nunmehr eine Bestimmung des Allgemeinen Teils ist, die für sämt- 40 liche im VVG geregelten Versicherungszweige gilt, konnten die Verweisungen, kraft derer zuvor die Regeln über die Versicherung für fremde Rechnung auf die Unfall- (§ 179 Abs. 2 S. 2 a.F.) und die Krankenversicherung Anwendung fanden, ersatzlos gestrichen werden. Es sind aber weiterhin Besonderheiten zu beachten. So schadet in der Krankenversicherung nur vorsätzliches Verhalten, was die Herbeiführung des Versicherungsfalls anbelangt (§ 201). In der Unfallversicherung gelten hingegen die allgemeinen Grundsätze, da § 183 Abs. 1 an § 179 Abs. 2 anknüpft und nicht auch an § 179 Abs. 1 S. 2.98 Ist der vertragsfremde Dritte nicht Versicherter sondern bloße Gefahrsperson, bedarf es der Anwendung von § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1, S. 2 bei der Unfall- und Krankenversicherung nicht; auf Kenntnis und Verhalten der Gefahrsperson kommt es nach Maßgabe des § 179 Abs. 3 bzw. des § 193 Abs. 2 an, die vorrangige leges speciales sind. Das bedeutet insbesondere, dass der VR jeweils auch bei einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch die Gefahrsperson leistungsfrei wird, und dass die Gefahrsperson eine Obliegenheitsverletzung begehen kann. Hat etwa in der Krankenversicherung der Familienangehörige als Gefahrsperson von Vorerkrankungen gewusst, der VN aber nicht, und hat letzterer sie dementsprechend auf Nachfrage des VR hin nicht angegeben, so ist das dem VN dennoch zuzurechnen.99 Der Unterschied zu § 47 besteht darin, dass Kenntnis und Verhalten der Gefahrsperson nach §§ 179 Abs. 3, 193 Abs. 2 dem Anspruch des VN schaden und nicht dem Anspruch des Versicherten, wie dies nach § 47 der Fall ist. Zum alten Recht wurde zu Recht vertreten, die Entlastungsvorschrift des heutigen 41 § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 sei entsprechend auf die Obliegenheit des Bezugsberechtigten in der Unfallversicherung nach § 182 a.F. anzuwenden, da er insoweit wie ein Versicherter
96
97 98
BGH 19.1.1967 VersR 1967 343; BGH VersR 1979 176, 178; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 47 Rn. 10. OLG Stuttgart 24.7.1974 VersR 1975 705; Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 19. Zu § 183 und der Versicherung für fremde
99
Rechnung Looschelders/Pohlmann/Looschelders/Götz § 183 Rn. 3; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Brömmelmeyer § 183 Rn. 4. Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 23; Gruneke 116, 126, 128.
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§ 47
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
stand.100 Dieses Anwendungsgebiet für die Regel aus § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 ist mit der Neukodifikation von 2008 weggefallen, da der Reformgesetzgeber § 182 a.F. ersatzlos gestrichen hat.
F. Abdingbarkeit § 47 ist grundsätzlich abdingbar.101 Eine Ausnahme gilt aber für § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1.102 Diese Vorschrift dient – wie auch § 44 Abs. 1 – der Absicherung des Verbots von Wettversicherungen (Eigenversicherungen auf fremdes Risiko) und ist daher zwingendes Recht. Insoweit § 47 abdingbar ist, gilt im Einzelnen Folgendes: Die bei der Versicherung für fremde Rechnung vorhandene Gefährdung der Rechte des Versicherten durch ihre Abhängigkeit von dem Verhalten des VN kann durch besondere Vereinbarungen der Beteiligten ausgeschlossen werden.103 Eine Vereinbarung, wonach dem Versicherten von ihm nicht verschuldete Obliegenheitsverletzungen des VN entgegengehalten werden können, ist wirksam. Die Rechtsfolgen von Anzeigeobliegenheitsverletzungen des Versicherten können auf dessen Versicherungsanspruch beschränkt werden. Auch kann der VR gegenüber dem Versicherten (Kreditinstitut, Leasinggeber) auf bestimmte Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zum VN verzichten.104 In diesen Fällen bleibt er gegenüber dem Versicherten kraft vertraglicher Vereinbarung verpflichtet, auch wenn eine solche Verpflichtung gegenüber dem VN nicht besteht. Ist der VN Dritter i.S.v. § 86, ist ein Regress gegen den VN möglich.105 Häufig finden sich in AVB Vorschriften, dass gewisse näher aufgeführte Bestimmun43 gen der Vertragsregelung, die den VN betreffen, sinngemäß auf mitversicherte Personen Anwendung finden. Beispiele hierfür bieten Ziff. F.1 AKB 2008, Ziff. 27.1 S. 1 AHB 2008, B § 12 Nr. 3 lit. a) AFB 2008. Ihre Bedeutung ist angesichts des weitgefassten § 47 Abs. 1 gering.106
42
G. Auslandsrecht/PEICL 44
Was das ausländische Recht anbelangt, ist hinsichtlich Verantwortlichkeit für Wissen und Verhalten zu unterscheiden. Was das Wissen des Versicherten anbelangt, haben sich zwei verschiedene Regelungsmodelle herausgebildet, die aber praktisch zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Das eine, dem teilweise auch irrtümlich das deutsche und das österreichische Recht zugerechnet werden,107 stellt Zurechnungsregeln auf, die das Wissen des Versicherten als Wissen des VN behandeln (vgl. etwa Art. 5 Abs. 2 schw. VVG). Das andere Modell, das die meisten europäischen Versicherungsrechtsordnungen verwenden, sieht vor, dass den Versicherten eine eigene Verantwortlichkeit trifft (vgl. etwa § 79 Abs. 1 ö. VVG, Art. 9 Abs. 2 S. 2 griech. VGG; Art. 7 span. VVG; Art. 22 fin. VVG). 100 101
102 103
Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 24. Berliner Kommentar/Hübsch § 79 Rn. 26; Looschelders/Pohlmann/Koch § 47 Rn. 22; Prölss/Martin/Prölss, § 79 Rn. 4. Bruck/Möller/Sieg 8 Vor §§ 74–80 Anm. 14; Krause 23. BGH 14.12.1967 BGHZ 49 130, 134 = NJW 1968 447; Looschelders/Pohlmann/ Koch § 47 Rn. 22.
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104 105 106 107
BGH 15.11.1978 VersR 1979 176, 178. ÖOGH 21.4.1993 VersR 1994 459, 460. So schon Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 3. Basedow et al. PEICL Art. 11-102 N 2.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 48
Was die Verantwortlichkeit für Verhalten bei der Versicherung für fremde Rechnung anbelangt, ist die Rechtslage international uneinheitlich. Auf der einen Seite stehen Rechtsordnungen wie das französische, belgische und luxemburgische Recht sowie das Recht der nordischen Länder, die auf das Verhalten des Versicherten nicht abstellen wollen. Dem gegenüber kennen das österreichische, das schweizerische und das griechische Recht Bestimmungen, die der des § 47 Abs. 1 im Wesentlichen gleichen. Die Entscheidung der einzelnen Rechtsordnungen für einen der beiden Ansätze verläuft parallel zur jeweiligen Grundentscheidung, ob Obliegenheiten von Rechtspflichten unterschieden werden. Rechtsordnungen, die dies – anders als das deutsche Recht –, nicht tun, sehen in der Maßgeblichkeit des Verhaltens einen (unzulässigen) Vertrag zu Lasten Dritter, da der Versicherte zu einem Verhalten verpflichtet wird, zu dem er seine Zustimmung nicht gegeben hat.108 Die PEICL tragen den unterschiedlichen Ansätzen der Rechtsordnungen der Mitglied- 45 staaten zur Frage der Erheblichkeit des Verhaltens des Versicherten Rechnung und klammern diesen Bereich weitgehend aus den Bestimmungen über die Versicherung für fremde Rechnung aus. Eine Teilregelung, die im Wesentlichen der Bestimmung des § 123 Abs. 1 entspricht,109 findet sich allerdings in Art. 11-103 PEICL. Sie schreibt den Grundsatz der Einzelwirkung von Fehlverhalten fest und bestimmt, dass Kenntnis und Verhalten des Versicherten die Rechtsstellung anderer Versicherter nur im Rahmen einer Gruppenversicherung oder einer vergleichbaren Versicherung gemeinsamer Interessen beeinträchtigt. Das ist auch die Wertung des deutschen Rechts (vgl. oben Rn. 26) Art. 11-102 PEICL enthält eine weitere Teilregelung des Fragenkomplexes, den § 47 anspricht. Diese Regel beschränkt die Beachtlichkeit der Kenntnis des Versicherten auf den Fall, dass der VN verpflichtet ist, dem VR wesentliche Informationen zur Verfügung zu stellen (Äquivalent zu § 47 Abs. 1). Ebenfalls in den PEICL geregelt ist ein Äquivalent zu § 47 Abs. 2 S. 1 Alt. 1, wonach die Zurechnung nur erfolgt, wenn der Versicherte seinen Status kennt. Regelungstechnisch haben sich die PEICL – vielleicht auch in Verkennung der Rechtslage in Deutschland und Österreich – für ein Zurechnungsmodell entschieden.
§ 48 Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ Ist die Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ genommen oder ist dem Vertrag in sonstiger Weise zu entnehmen, dass unbestimmt bleiben soll, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert ist, sind die §§ 43 bis 47 anzuwenden, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass fremdes Interesse versichert ist. Schrifttum (vgl. auch Schrifttum Vor §§ 43–48) Cohn Das rechtsgeschäftliche Handeln für denjenigen, den es angeht, Diss. Marburg (1931); Dreischmeier Neue Allgemeine Maschinenversicherungs-Bedingungen (AMB) und Klauseln zu den AMB VA 1969 30; Embden Die Versicherung für Rechnung wen es angeht, Diss. Hamburg (1930); Glitza Die Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ und entsprechende Rechtsinstitute im englischen, französischen und italienischen Recht, Diss. Hamburg (1964); Langenbeck Anmerkungen
108 109
Dazu auch Basedow/Fock Europäisches Versicherungsrecht I 105. So auch Basedow et al. PEICL Art. 11-103
Note; ferner Armbrüster ZEuP 2008 775, 808.
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§ 48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
über das Hamburgische Schiff- und Seerecht (1724); Mitsdörffer Rechtsfragen der Insassenunfallversicherung bei Kraftfahrzeugen, Diss. Freiburg (1974); Möller Cif-Geschäft und Versicherung (1932); ders. Wer ist bei der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, unmittelbar aufgrund des Versicherungsvertrags Versicherter? JRPV 1928 337; Orlowski Rechtsfragen der Insassenversicherung VersR 1954 45; Schirmer Zur Versicherbarkeit des Sachersatzinteresses in der Sachversicherung ZVersWiss 1981 637; Sieg Die versicherungsrechtliche Stellung des Sacherwerbers nach Gefahrübergang auf ihn VersR 1995 125; Sieveking Von der Assekuranz für Rechnung eines ungenannten Versicherten (1791).
Übersicht Rn. A. I. II. B. C. I. II. III. IV. D. I. II. III.
Normgeschichte . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . . . . . Gesetzgebungsgeschichte . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . Interessegestaltungen . . . . . . . Versicherung alternativer Interessen Versicherung sukzessiver Interessen Versicherung kumulativer Interessen Geheimhaltungsinteresse des VN . Tatbestand . . . . . . . . . . . . Dogmatik und Rechtsnatur . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . Vereinbarung einer Versicherung für Rechnung wen es angeht . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
1 1 2 3 5 6 9 11 14 15 15 17
Rn. IV. Feststellung des versicherten Interesses 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand zu sukzessiven und kumulativen Interessen . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . E. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . I. Rechte gegen den VR . . . . . . . . . II. Pflichten und Obliegenheiten gegenüber dem VR . . . . . . . . . . . . . . . . F. Unanwendbare Vorschriften . . . . . . G. Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . H. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . I. Auslandsrecht/PEICL . . . . . . . . .
. . 24 . . 24 . . . .
. . . .
26 27 29 29
. . . . .
. . . . .
30 34 35 36 37
. . . . 20
A. Normgeschichte I. Entstehung 1
Die Entwicklungsgeschichte der Versicherung für Rechnung wen es angeht folgt eng den Entwicklungslinien der Versicherung für fremde Rechnung (dazu Vor §§ 43–48, Rn. 7 ff.).1 Auch die Versicherung für Rechnung wen es angeht stammt geographisch aus Italien und materiell aus der Seegüterversicherung. Eine erste Erwähnung findet sich im Versicherungsvertragsgesetz der Republik Florenz von 1523. Das Interesse der Kaufmannschaft an der Geheimhaltung ihrer Geschäfte verhalf dem Rechtsinstitut zum Durchbruch. Über Spanien und die (zunächst spanischen) Niederlande (Ordinantie van Assecurantie ofte Verseckering von 1563) gelangte die Versicherung für Rechnung wen es angeht in den deutschen Raum. Die Hansestädte waren das Einfallstor. In Hamburg findet sich eine Police aus dem Jahr 1590, die Deckung für „eigene oder fremde Rechnung“ gewährte. Die Hamburgische Assecuranz- und Haverey-Ordnung von 1731 nahm sich als erste deutsche Rechtsquelle dieses Instituts an (Titel I § 4, Titel II § 3). Sie diente wiederum als Vorbild für das preußische Recht, das seit 1766 die Versicherung für Rechnung wen es angeht anerkannte.2 Man legte die jeweiligen Bestimmungen bereits so aus, dass 1
2
Speziell zur Entwicklung der Versicherung für Rechnung wen es angeht: Glitza 23 ff. m.w.N.; Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 16; Sieveking 10 ff.; Langenbeck 378. Assecuranz- und Havarey-Ordnung für sämt-
240
liche preußischen Staaten von 1766; dazu Bruck PVR 6; nach dem preußischen ALR von 1794 (§ 2017 II 17) durften allerdings nur Kaufleute eine Versicherung für Rechnung wen es angeht nehmen.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 48
eigenes und fremdes Interesse gedeckt war, ohne dass die Versicherung ausdrücklich „für Rechnung wen es angeht“ genommen werden musste.3 Zwischenzeitlich musste diese Freizügigkeit gegenüber den Interessenten dem Verlangen der VR weichen, unterrichtet zu sein, ob sie Interessen ihrer VN oder von Dritten gedeckt hielten. Nach dem II. Weltkrieg kehrte die Normpraxis zu § 48 bzw. dessen Normvorgänger § 80 Abs. 2 a.F. und zu § 52 Abs. 3 ADS, der § 80 Abs. 2 a.F. nachgebildet ist, allerdings zur ursprünglichen, liberaleren Handhabung zurück (vgl. unten Rn. 21 f.). 2. Gesetzgebungsgeschichte § 48 entspricht § 80 Abs. 2 a.F. Die Regelung des § 80 Abs. 1 a.F. ist als § 43 Abs. 3 2 neu kodifiziert. Die Abtrennung von § 80 Abs. 1 a.F. erfolgte aufgrund des Sachzusammenhangs dieser Bestimmung mit den übrigen Regeln des § 43.4 Dass § 48 nunmehr im Allgemeinen Teil des VVG geregelt ist, ist eine glückliche Wahl des Reformgesetzgebers von 2007, da er dadurch die zuvor umstrittene Frage, ob es auch eine Versicherung für Rechnung wen es angeht in der Summenversicherung geben kann, von Rechtsunsicherheit befreit hat (dazu unten Rn. 18). Für die Seeversicherung trifft § 52 Abs. 3 ADS eine inhaltsgleiche Regelung. Regelungsvorbild ist jeweils der mittlerweile aufgehobene § 781 Abs. 2 S. 2 HGB.
B. Normzweck § 48 regelt einen eigenen Versicherungstypus, der zwischen der Versicherung eines 3 eigenen und der Versicherung eines fremden Interesses steht. Die Vorschrift ermöglicht es den Parteien, im Versicherungsvertrag zunächst offen zu lassen, ob ein eigenes oder ein fremdes Interesse versichert wird. Dadurch entsteht ein „Schattenkabinett, ein huschendes Durcheinander von Personen, Gefahren und Risiken“.5 Es können auf diesem Wege aber Interessen gedeckt werden, für die bei Abschluss des Versicherungsvertrages bzw. bei materiellem Versicherungsbeginn nicht feststeht oder sich nur schwer feststellen lässt, wer ihr Träger ist. Insoweit sind vier verschiedenen Formen der Interessegestaltung denkbar (unten Rn. 6 ff.). Wäre es in diesen Fällen nicht möglich, Versicherung für Rechnung wen es angeht zu nehmen, wäre der Abschluss mehrerer Versicherungsverträge notwendig. Dadurch käme es regelmäßig zu einer Überversicherung und zur Behandlung einheitlicher Sachen/Sachverhalte nach unterschiedlichen Versicherungsverträgen.6 Der Praxis dient § 48 darüber hinaus dazu, Härten des § 43 Abs. 3 abzufedern: Dieser 4 enthält eine – allerdings schwache – Vermutungsregel, nach der von einer Versicherung eigenen Interesses auszugehen ist, wenn die Umstände Zweifel daran lassen, dass ein fremdes Interesse versichert ist. Lässt sich auch kein Eigeninteresse des VN feststellen, liegt Interessemangel vor; der VR bleibt leistungsfrei. Kommt § 43 Abs. 3 zur Anwendung, geht es also darum, ob überhaupt Versicherungsschutz besteht. § 48 behandelt hingegen die Frage, wer einen unzweifelhaft zu gewährenden Versicherungsschutz beanspruchen kann. Die Vorschrift ermöglicht es der Rechtsprechung also, durch Annahme des Abschlusses einer konkludenten Versicherung für Rechnung wen es angeht die im Einzelfall unliebsame Annahme eines Interessemangels zu vermeiden.
3 4
Bruck/Möller/Sieg 8 § 79 Anm. 10; Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 16. Begr. RegE., BTDrucks. 16/3945, 73.
5 6
Imseng 20. Näher Anli 40.
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§ 48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
C. Interessegestaltungen 5
Im deutschen Recht werden nach Kisch 7 drei verschiedene Interessegestaltungen unterschieden, die Grundlage einer Versicherung für Rechnung wen es angeht sein können. Eine vierte – heute allerdings praktisch weniger relevante – kommt hinzu. Die Grenzen zwischen den vier Gestaltungsformen sind fließend; rechtliche Bedeutung hat die Einteilung nicht. Sie dient nur dazu, das komplexe Institut der Versicherung für Rechnung wen es angeht zu veranschaulichen.
I. Versicherung alternativer Interessen 6
Bei der Versicherung alternativer Interessen ist bei Vertragsschluss bzw. materiellem Versicherungsbeginn noch nicht bekannt, wem das zu versichernde Interesse zusteht. Zu dieser Gruppe zählt in der Aktivenversicherung der Fall, dass die Berechtigung an einer versicherten Sache – etwa aufgrund konfligierender Kreditsicherungsrechte (z.B. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung) oder einer zweifelhaften Erbfolge – unklar ist, oder Streit über sie besteht. Der Prozessausgang entscheidet im letzteren Fall darüber, ob eigenes Interesse des VN oder fremdes Interesse des Dritten gedeckt ist. Auch der Inhaber des Sachwertinteresses kann ungewiss sein, z.B. wenn die Identität des Treugebers unklar ist.8 Eigenversicherung oder Versicherung für fremde Rechnung genügen in den genannten Fällen nicht, wenn das Interesse auf jeden Fall versichert sein soll. Die Berechtigung an der versicherten Sache kann auch in der Kaskoversicherung unklar sein. Nach den Sonderbedingungen für den Kfz-Handel und Handwerk liegt eine Versicherung alternativer Interessen etwa bei Verwendung eines roten Kfz-Kennzeichens vor. Versichert nach den Grundsätzen der Versicherung für Rechnung wen es angeht sind hier auch Schäden an einem betriebsfremden Fahrzeug, an dem das rote Kennzeichen angebracht ist.9 Auch jenseits der Sachversicherung kann der Träger des versicherten Risikos bei Vertragsschluss noch nicht feststehen. In der Insassenunfallversicherung des Halters liegt regelmäßig eine Versicherung für Rechnung wen es angeht zugunsten der bei Vertragsschluss noch unbekannten zukünftigen Insassen des Fahrzeugs.10 Ähnlich ist die Sachlage, wenn ein zukünftiges Interesse versichert werden soll, von 7 dem man nicht weiß, ob oder inwieweit es in der Person des VN oder in der eines Dritten entstehen wird (z.B. Abschluss einer Wohngebäudeversicherung durch den Alleineigentümer als künftiger Verwalter zugunsten einer noch nicht bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft 11). In der Passivenversicherung liegt eine Versicherung alternativer Interessen vor, wenn 8 Haftpflichtschäden aus einer Verkehrspflicht zu versichern sind, die mit einem Grundstück zusammenhängt, dessen Eigentumsverhältnisse unklar sind.
7 8
9
Kisch PVR III 586. Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 145; Deutsch Versicherungsvertragsrecht Rn. 101. BGH 11.3.1987 NJW-RR 1987 856; OLG Köln 18.10.1989 VersR 1990 847, 848.
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10 11
ÖOGH 30.5.1973 VersR 1974 455. Brandenburgisches OLG 13 U 85/06 v. 20.12.2006 (juris); OLG Koblenz 31.5.1996 RuS 1996, 450, 451; Anli 41.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 48
II. Versicherung sukzessiver Interessen Von sukzessiven Interessen spricht man, wenn ein versichertes Interesse bestimmungs- 9 gemäß auf einen anderen Inhaber oder eine Reihe anderer Inhaber übertragen werden soll. Bei einer solchen Interessenlage kann sich die Versicherung für Rechnung wen es angeht in einem Sonderfall 12 anbieten, der sich durch zwei Merkmale auszeichnet. Einmal muss es sich bei dem versicherten Interesse, das übertragen werden soll, um eines des VN handeln. Weiterhin muss der VN auch nach der Übertragung VN bleiben wollen. Nähme er in einem solchen Fall nur eine Versicherung für das künftige Interesse des Dritten (Erwerbers), bliebe dieser bis zur Wirksamkeit der Übertragung versicherungsrechtlich ungeschützt und auf den bürgerlich-rechtlichen Schutz durch § 285 BGB 13 verwiesen. Scheitert der Veräußerungsvorgang, wäre die Versicherung gar gegenstandslos. Eine Eigenversicherung entspricht ebenfalls nicht der Interessenlage des VN. Zwar wäre der Erwerber vor der Übertragung zumindest nach § 285 BGB und nach der Übertragung aufgrund der §§ 95 ff. geschützt. Der VN würde aber nach der Übertragung entgegen seinem Willen seine Stellung als VN verlieren. Anwendungsfälle der Versicherung für Rechnung wen es angeht bei sukzessiven Inter- 10 essen sind die Versicherung von Nachlasssachen durch den Vorerben in seinem und des Nacherben Namen oder die Versicherung des Interesses an einem Gut, das durch verschiedene Hände und Interessensphären geht (z.B. in der Transport- oder Seeversicherung zu versendende Ware, welche die Rechtssphären des Absenders, des Spediteurs, des Frachtführers, des Lagerhalters und des Adressaten durchwandert).14 Ist das Interesse, dessen Träger wechseln soll, von vornherein ein fremdes, genügt allerdings Versicherung für fremde Rechnung mit unbenanntem Interesseträger nach § 43 Abs. 1. Umstritten ist, ob eine Versicherung für Rechnung wen es angeht hinsichtlich des Interesses eines potentiellen Käufers zwischen Gefahrübergang und Eigentumswechsel möglich ist.15 Dies ist zu bejahen, wenngleich es sich um einen Grenzfall handelt. Es ist nämlich nicht gesagt, dass Veräußerer und Erwerber ein identisches Interesse haben, wie die Versicherung für Rechnung wen es angeht dies voraussetzt. Nähme man im Zweifel jedoch keine Versicherung für Rechnung wen es angeht an, müsste der Erwerber für den Zeitraum zwischen Gefahrübergang und Eigentumswechsel eine eigene Versicherung abschließen, da er ansonsten in der Insolvenz des Veräußerers nur nach Maßgabe des § 285 BGB geschützt ist. Dem Erwerber den Abschluss einer eigenen Versicherung zuzumuten, wäre aber nicht gerechtfertigt, da der VR für die Prämie nur die Gegenleistung bietet, die er auch ohne den Verkauf hätte bieten müssen.
12
13 14
Vom Regelfall gehen zu Unrecht aus Ehrenzweig 213 f.; Lenné 96, 98 f.; wie hier Anli 41. Dazu Sieg VersR 1995 125, 126. BGH 11.3.1987 NJW-RR 1987 856; BGH 5.12.1966 VersR 1967 151, 152; BGH 16.11.1967 VersR 1968 42, 43; Prölss/Martin/Prölss § 80 Rn. 45.
15
Dafür OLG Jena 24.2004 RuS 2004 331, 333; OLG Düsseldorf 16.11.1993 RuS 1995 425; OLG Hamburg 22.6.1978 VersR 1978 1138; Langheid/Wandt/Dageförde § 48 Rn. 4; Martin VersR 1974 821, 825; dagegen R. Schmidt BB 1955 399; Schirmer ZVersWiss 1981 637, 651; Sieg VersR 1995 125 f.
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§ 48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
III. Versicherung kumulativer Interessen 11
Eine Versicherung kumulativer Interessen liegt vor, wenn jemand nebeneinander stehende Interessen verschiedener Personen mit einem einheitlichen Vertrag versichern möchte. Sind die Beteiligungsverhältnisse veränderlich, handelt es sich um einen Sonderfall der Versicherung sukzessiver Interessen. Ist einer der beteiligten Interessenträger der VN selbst und sollen Träger und Maß der einzelnen beteiligten Interessen nicht angegeben werden, etwa weil die Beteiligungsverhältnisse unklar sind, empfiehlt es sich, Versicherung für Rechnung wen es angeht zu nehmen.16 Dadurch lässt sich sicherstellen, dass die Versicherung nicht unwirksam wird, wenn sich herausstellt, dass die Interessenlage eine andere ist, als bei Vertragsschluss angenommen wurde. Anwendungsfälle der Versicherung kumulativer Interessen für Rechnung wen es an12 geht sind z.B. die Versicherung eines Lagers, in dem sich in unklarem Mengenverhältnis eigene Sachen des VN befinden und Sachen, die ihm kommissionsweise überlassen worden sind (etwa Brennstoff oder Goldwaren eines Goldschmieds), oder die Versicherung von Sachen durch Pächter oder Nießbraucher, die das eigene Nutzungs- und das Eigentümerinteresse versichern wollen. Im Schrifttum wird vertreten, Versicherung für Rechnung wen es angeht solle immer 13 dann genommen werden, wenn der VN als Miteigentümer eine Sachversicherung abschließt, die hinsichtlich seines Anteils Eigenversicherung ist, hinsichtlich des Anteils der Miteigentümer aber Fremdversicherung.17 Hier handelt es sich zwar um einen Fall der Versicherung kumulativer Interessen. Eine Versicherung für Rechnung wen es angeht empfiehlt sich aber nur dann, wenn der VN selbst zwingend die Kontrolle über die Versicherung behalten will.18 Ansonsten genügt es, wenn er für das Gesamtinteresse Eigenversicherung nimmt und mit dem VR vereinbart, dass sich die Versicherung auch auf fremde Interessen erstreckt und insoweit als Versicherung für fremde Rechnung genommen werden soll, vgl. auch § 89 Abs. 2. Ebenso ist in der Passivenversicherung die KfzHaftpflichtversicherung nicht als Versicherung für Rechnung wen es angeht anzusehen.19 Zwar bleiben die Person des Halters und des Fahrers im Versicherungsvertrag unbestimmt. Unsicherheit besteht dennoch nicht, da die Deckung des VN unabhängig von der Deckung der mitversicherten Personen besteht.
IV. Geheimhaltungsinteresse des VN 14
Die Versicherung für Rechnung wen es angeht bietet sich schließlich in den Fallgestaltungen an, die zu ihrer Entstehung geführt haben: Fälle, in denen der VN aufgrund irgendeines Motives im Dunklen halten will, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert ist.
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17 18
ÖOGH 26.5.1993 VersR 1993 1303, 1304; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 48 Rn. 3. Möller 137; Kisch PVR III 588; Glitza 19. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 17; Anli, S. 43.
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So aber Keller Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, 2. Aufl. (1968) 284; Ruscher 15; Glitza 19 f.; unklar Kisch PVR III 589.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 48
D. Tatbestand I. Dogmatik und Rechtsnatur Dogmatisch gehört die Versicherung für Rechnung wen es angeht zu den Rechts- 15 geschäften, bei denen ein Inhaltselement (und zwar das subjektive) zunächst unbestimmt bleibt und erst später ausgefüllt werden soll. Sie steht damit in einer Reihe mit der Blankovollmacht, dem Blankowechsel und dem Blankoindossament.20 Es besteht auch eine lose Verwandtschaft mit der sachenrechtlichen Übereignung an wen es angeht. Bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht beschränkt sich die Unbestimmtheit des Vertrags indes darauf, dass zunächst unklar bleibt, ob die Vorteile daraus unmittelbar dem VN zufließen oder einem Dritten. Bei der Übereignung an wen es angeht ist darüber hinaus unbestimmt, ob der Erklärende im eigenen oder im fremden Namen handelt, ob also auch die Pflichten aus dem Rechtsgeschäft den Vertragsschließenden oder einen Dritten treffen.21 Von der Versicherung für Rechnung eines unbekannten Dritten, die nach § 43 Abs. 1 16 zulässig ist, unterscheidet sich die Versicherung für Rechnung wen es angeht dadurch, dass bei ihr nicht feststeht, dass ein (unbekannter) Dritter Versicherter ist, sondern dass auch der VN Versicherter sein kann. Keine Versicherung für Rechnung wen es angeht, sondern eine Versicherung für Rechnung eines unbekannten Dritten liegt in der Kaskoversicherung vor, was Schäden an Fahrzeugen anbelangt, die der Eigentümer in die Obhut des VN gegeben hat.22
II. Anwendungsbereich Schon die systematische Stellung des § 48 im Allgemeinen Teil des VVG verdeutlicht, 17 dass eine Versicherung für Rechnung wen es angeht für sämtliche Versicherungsarten genommen werden kann, also neben der Aktivenversicherung auch für die Passivenversicherung23 und für die Summenversicherung. Am gebräuchlichsten ist die Versicherung für Rechnung wen es angeht in der Aktivenversicherung – und zwar in der Schadensversicherung, die zugleich Sachversicherung ist. Das Anwendungsgebiet der Versicherung für Rechnung wen es angeht wächst hier in dem gleichen Maße, wie die Versicherung wirtschaftlicher Einheiten zunimmt, d.h. die Versicherung von Objekten ohne Rücksicht darauf, ob sie dem VN oder einem Dritten gehören, sofern sie nur zu einem bestimmten Zweck zusammengefasst sind. Letzteres geschieht häufig in den technischen Versicherungszweigen. Die Musterbedingungen in § 3 Nr. 3–5 AFB 2008, § 3 Nr. 1 AMB 2008 oder § 3 Nr. 1 ABE 2008 bezeugen dies. In der Passivenversicherung kann etwa der Grundstückseigentümer, der sich mit Veräußerungsgedanken trägt und seinen etwaigen Rechtsnachfolger gegen die Haftpflichtgefahr des Grundstücks gedeckt sehen möchte, eine Versicherung für Rechnung wen es angeht nehmen. Hierfür besteht eigentlich sogar ein stärkeres Bedürfnis als in der Aktivenversicherung, weil die §§ 95 ff. nicht auf die Haftpflichtversicherung angewendet werden können.24
20 21 22
Cohn 21; dem folgend Looschelders/Pohlmann/Koch § 48 Rn. 1. Glitza 4. BGH 20.3.1974 VersR 1974 535, 536; BGH 30.4.1959 BGHZ 30 40, 42 = NJW 1959 1221.
23 24
So schon Amtl. Begr. RTDrucks. 364/12 66; dazu Glitza 15. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 21.
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§ 48
Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
18
Die herrschende Lehre nahm schon vor Verschieben der Regel des § 48 von den Allgemeinen Bestimmungen für die Schadensversicherung (§ 80 Abs. 2 a.F.) in den Allgemeinen Teil des VVG an, dass – systematischen Bedenken wegen der Stellung des § 80 Abs. 2 a.F. zum Trotz – auch die Summenversicherung als Versicherung für Rechnung wen es angeht abgeschlossen werden könne.25 Dem lag die Erwägung zugrunde, dass die Unfallsummenversicherung unstreitig sowohl für eigene als auch für fremde Rechnung genommen werden konnte. Dann musste es logisch auch das zwischen diesen beiden Gestaltungen liegende Institut der Versicherung für Rechnung wen es angeht in der Summenversicherung geben. Auch in anderen Konstellationen der Summenversicherung besteht Bedarf für die Möglichkeit, eine Versicherung für Rechnung wen es angeht abschließen zu können: Ein Unternehmer schließt eine Kranken-Tagegeldversicherung auf die Beschäftigten ab; die Gefahrspersonen haben zugestimmt. Es schweben zugleich Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung, nach welcher der Unternehmer auch nach Ablauf der ersten sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit zur Entgeltfortzahlung verpflichtet bleibt. Kommt die Betriebsvereinbarung zustande, ist der Unternehmer Interesseträger, zerschlagen sich die Verhandlungen, sind es die Arbeitnehmer. Hier lassen sich angemessene Lösungen erreichen, wenn man eine Versicherung für Rechnung wen es angeht in Gestalt der Gruppenversicherung annimmt. Die systematische Neuordnung der Versicherung für Rechnung wen es angeht im Rahmen der Neukodifikation des VVG von 2008 ermöglicht dies auf Grundlage eines dogmatisch saubereren und sichereren Fundaments, als es dies vor der Reform gab. Der CIF-Verkäufer ist kraft Handelsbrauchs verpflichtet, die von ihm zu besorgende 19 Versicherung für Rechnung wen es angeht zu nehmen.26 Häufig wird die Versicherung für Rechnung wen es angeht in laufender Versicherung genommen,27 so etwa wenn ein Überseespediteur alle von ihm besorgten Transporte unter Versicherungsschutz bringt, sei es kraft Auftrages, sei es kraft Handelsbrauchs.
III. Vereinbarung einer Versicherung für Rechnung wen es angeht 20
§ 48 ist anwendbar, wenn die Parteien sich darüber einig sind, dass sie unbestimmt lassen wollen, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert ist. Ob tatsächlich Unklarheit über den Interesseträger herrscht, ist unerheblich.28 Der Träger des Interesses muss bei Vertragsabschluss vielmehr überhaupt noch nicht feststehen.29 In der Praxis entspricht es der Regel, dass bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht die eventuell Versicherten namentlich nicht benannt werden.30 Diese müssen aber im Rahmen des Vertrages so konkret bezeichnet sein, dass ihre Identität im Versicherungsfall festgestellt werden kann. Dazu ist auch erforderlich, dass sich die Parteien über die Art des Interesses (z.B. Inhaber- oder Nutzungsinteresse oder sämtliche Interessen an einer Sache, ggf. auch die Sache, an die das Interesse geknüpft ist) und die versicherte Gefahr geeinigt
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26 27
Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 21; Trautmann 5, 61; Ruscher 198; Orlowski VersR 1954 45; a.M. Glitza 14. BGH 5.12.1966 LM ADS Nr. 6 = VersR 1967 151. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 11; Glitza 17; Lenné 2, 108.
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RG 21.10.1916 RGZ 89 21, 25; Bruck/ Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 13; Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 17; Anli 44. Bereits RG 11.12.1884 RGZ 13 99. Ein Wesensmerkmal ist dies aber nicht: Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 13; Ehrenzweig 60; a.M. Glitza 28.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 48
haben.31 Ist die Art des Interesses nicht bestimmt, wird bei einer Sachversicherung das Eigentümerinteresse versichert; liegt ein solches nicht vor, ist die Versicherung aufgrund von Interessemangel unwirksam. Die Parteien können Versicherung für Rechnung wen es angeht ausdrücklich verein- 21 baren. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn sie die Bezeichnung „für Rechnung wen es angeht“ oder „Versicherung für eigene oder fremde Versicherung“ verwenden. Eine solche Klausel kann nicht nur zum Ausdruck bringen, dass entweder Eigen- oder Fremdinteresse versichert werden soll, sondern auch dass teils eigenes, teils fremdes Interesse gedeckt sein soll. § 48 Halbs. 2 ist entsprechend zu lesen: ,,… dass unbestimmt gelassen werden soll, ob und inwieweit eigenes oder fremdes Interesse versichert ist.“ Versicherung für Rechnung wen es angeht kann selbst dann vorliegen, wenn eine entsprechende, vorgedruckte Klausel im Versicherungsvertrag gestrichen worden ist. Das soll nach dem BGH dann belanglos sein, wenn die Streichung aus außerversicherungsrechtlichen Gründen erfolgte, etwa um die Aufnahme der Dokumente durch die Bank des Käufers zu erleichtern.32 Vereinbaren die Parteien jedoch eine Versicherung für Rechnung wen es angeht, obwohl von vornherein feststeht, dass Interessen des VN nicht entstehen können (z.B. weil sich die Parteien im klaren darüber sind, dass der Spediteur keine eigene Ware zur Beförderung gibt), dann liegt tatsächlich eine Versicherung für fremde Rechnung mit unbenannten Versicherten nach § 43 Abs. 1 vor, mag auch der erste Interessent als Versicherter benannt sein. Für eine Versicherung für Rechnung wen es angeht genügt es auch, wenn sich das ver- 22 sicherte Interesse konkludent anhand objektiver Umstände ergibt, die im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stehen und zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles klar bestimmbar sind.33 Hauptbeispiele hierfür sind Fremdeigentumsklauseln bei der Versicherung eines Inbegriffs und die Kaskoversicherung bei erteiltem Sicherungsschein.34 Ergibt sich auf Grund solcher Auslegung, dass der VR auch fremdes Interesse zu 23 decken hat, obwohl er nachweislich nur das Eigentum des VN versichern wollte, so kann er nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB anfechten (Inhaltsirrtum in Gestalt des error in objecto).35 Im Gegensatz dazu ist der Irrtum des VN über die Person des Interessenten aufgrund der Natur der Versicherung für Rechnung wen es angeht ein Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt.36 Ob der Vertrag nach Anfechtung insoweit aufrecht erhalten werden kann, als eigene Sachen versichert sind, entscheidet § 139 BGB: Im Mittelpunkt steht eine Abwägung der beteiligten Interessen (objektives Kriterium), wobei von den Bewertungsmaßstäben der Parteien bei Vertragsschluss (subjektives Kriterium) auszugehen ist. Allerdings ist hier nur darüber zu entscheiden, ob das Rechtsgeschäft nichtig ist oder wirksam bleibt bei gleicher Prämie, denn eine Anpassung der Gegenleistung an den restlichen Teil des Rechtsgeschäfts ist nicht zulässig.
31
32
RG 9.1.1934 RGZ 145 384, 386 f.; Looschelders/Pohlmann/Koch § 48 Rn. 3; Prölss/Martin/Prölss § 80 Rn. 45; Embden 16. OLG Frankfurt 30.3.1977 VersR 1978 169, 170; vgl. aber die gegenteilige Entscheidung, die der BGH zum zweiten Mal mit der Sache befasst in seinem Urteil vom 16.12.1968 in der Sache II ZR 220/67 gefällt hat.
33
34 35
36
RG 9.11.1934 RGZ 145 384, 387; Langheid/Wandt/Dageförde § 48 Rn. 2; Anli 44; Kisch PVR III 586. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 14. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 14; Kisch PVR III 591; a.A. RG 15.3.1932 JRPV 1932 134. Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 17.
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Abschnitt 4. Versicherung für fremde Rechnung
IV. Feststellung des versicherten Interesses 1. Grundlagen Ist Versicherung für Rechnung wen es angeht genommen worden, gilt es zunächst festzustellen, ob eigenes oder fremdes Interesse – oder beides – versichert ist.37 Steht das versicherte Interesse zum maßgeblichen Zeitpunkt dem VN zu, liegt eine Eigenversicherung vor. Ist hingegen ein fremdes Interesse versichert, so sind die Regeln über die Versicherung für fremde Rechnung in den §§ 43–47 anzuwenden. Die zentrale Frage ist, auf welchen Zeitpunkt man abzustellen hat, um festzustellen, 25 inwieweit Eigen- und inwieweit Fremdversicherung vorliegt. Diese Frage ist vor allem für die Versicherung sukzessiver Interessen von Bedeutung, spielt aber auch bei kumulativen Interessen eine Rolle, etwa wenn Stücke aus einem versicherten Inbegriff übereignet werden. Lediglich bei alternativen Interessen folgt aus der Natur der Sache, welcher Zeitpunkt maßgeblich ist. Fällt die Entscheidung über das Eigentum zugunsten des VN aus, hat von Anfang an Eigenversicherung vorgelegen, im anderen Fall von vornherein Fremdversicherung. Hier tritt also vom Entscheidungszeitpunkt aus notwendigerweise eine Rückwirkung ein, da etwa ein Urteil im Eigentumsprozess nicht erst das Recht schafft, sondern nur feststellt, wem es schon vorher zustand.38
24
2. Meinungsstand zu sukzessiven und kumulativen Interessen
26
Schwieriger ist es, den maßgeblichen Zeitpunkt bei der Versicherung sukzessiver und kumulativer Interessen zu bestimmen. Insoweit werden drei verschiedene Ansichten vertreten: Teilweise wird angenommen, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei entscheidend.39 Sei hier ein eigenes Interesse des VN gegeben, liege von Anfang an eine Eigen-, handele es sich um ein fremdes Interesse, liege von Anfang an eine Fremdversicherung vor. Sukzessive Interesseträger erwürben abgeleitete Rechte aus dem Versicherungsvertrag nach §§ 95 ff. Die Gegenauffassung nimmt an, erst der Versicherungsfall entscheide – rückwirkend – darüber, ob die Versicherung als Eigen- oder Fremdversicherung zu behandeln sei. Jeder Interesseerwerber erhalte die Versicherungsansprüche originär aus dem Vertrag. Er leite seine Rechte weder vom VN noch vom versicherten Vormann ab.40 Eine vermittelnde Ansicht stellt weder auf den Abschluss des Vertrages noch auf den Versicherungsfall ab, sondern lässt den Zeitpunkt des Wechsels des Interesseträgers entscheiden.41 3. Stellungnahme
27
Die beiden erstgenannten Auffassungen vermögen nicht zu überzeugen. Stellt man auf den Vertragsschluss als maßgeblichen Zeitpunkt ab, lässt sich die Versicherung sukzessiver Interessen als Anwendungsfall der Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht
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Römer/Langheid/Römer § 80 Rn. 8. Glitza 140. Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 18, 21; Bruck PVR 607; Embden 14; Dreischmeier VA 1969 30, 31. Looschelders/Pohlmann/Koch § 48 Rn. 6; Kisch PVR III 590 ff.; Möller 137.
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RG 27.2.1884 RGZ 13, 89, 103; Bruck/ Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 26; Anli 52 ff.; Glitza 46 mit allerdings unglücklicher Annahme einer Rückwirkung auf S. 143.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
§ 48
überzeugend lösen. Es muss immer zur Anwendung der §§ 95 ff. kommen. Das widerspricht einmal dem erklärten Willen des VN, Prämienschuldner sein und bleiben zu wollen. Nach § 95 würde dies zwingend der Erwerber. Weiterhin ließen sich sukzessive Haftpflichtinteressen nicht decken. Denn in der Passivenversicherung finden §§ 95 ff. keine Anwendung. Auch auf den Versicherungsfall lässt sich aber mit der zweiten Auffassung nur schlecht abstellen. Beunruhigend ist schon, dass nach dieser Ansicht bis zum Eintritt des Versicherungsfalls niemand vorhanden ist, der über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nach § 45 Abs. 1, 2 verfügen, insb. den Versicherungsvertrag bei Bedarf verlängern könnte. Weiterhin ist unklar, wie diese Ansicht mit einer Mehrzahl von Versicherungsfällen bei sukzessiv versicherten Interessen umgehen will. Wird ein versichertes Gut beim VN (Versicherter Nr. 1) zunächst beschädigt, geht es aber bei Übertragung auf einen Dritten (Versicherter Nr. 2) dann bei diesem unter, ist unklar, welcher der beiden Versicherungsfälle die Rückwirkung auslösen soll. Schließlich ist der VR nach der Rückwirkungslösung schutzlos gestellt, wenn der Versicherungsfall bei einem Dritten eintritt, der VN zuvor aber schädigende Handlungen begangen hat. Zu folgen ist daher der vermittelnden Ansicht, die bei der Versicherung sukzessiver Interessen auf den Interessewechsel abstellt. Solange der VN Interesseträger ist, ist die betreffende Versicherung Eigenversicherung. Ist ein anderer Interesseträger, liegt hingegen Fremdversicherung vor, und zwar jeweils ohne Rückwirkung. Allein auf dieser Grundlage lässt sich auch die Versicherung beim CIF-Geschäft sinnvoll erklären.42 Wann die Interesseträgerschaft wechselt, hängt mit dem Begriff der Veräußerung i.S.d. 28 § 95 zusammen. Hier kommt es in der Binnenversicherung auf den formellen Eigentumswechsel, in der Seeversicherung auf die wirtschaftliche Eigentümerstellung an. Die Universalsukzession bedeutet hingegen keinen Interessewechsel in diesem Sinn. Der Erbe des VN bleibt auch bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht VN – er wird nicht Versicherter; der Erbe des Versicherten bleibt Versicherter.
E. Rechtsfolgen I. Rechte gegen den VR Erklärungsbedürftig ist nur die Rechtslage, wenn VN und Versicherter nicht identisch 29 sind. Die Verteilung der Rechte gegen den VR richtet sich dann aufgrund des Verweises in § 48 nach § 44 Abs. 1 S. 1. Danach kommen dem Versicherten das Recht auf Leistung bei Eintritt des Versicherungsfalls, der Anspruch auf Vergütung zuviel gezahlter Prämien und auch das Recht auf Ersatz von Aufwendungen zu, selbst wenn der VN diese Aufwendungen getätigt hat.43 Die Verfügungsbefugnis richtet sich nach §§ 44 Abs. 2, 45. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht,44 gilt auch § 45 Abs. 3 bei Versicherung für Rechnung wen es angeht.45 Die Gefahren des Missbrauchs in Form von Wettgeschäften und der ungerechtfertigten Bereicherung des VN, denen § 45 Abs. 3 vorbeugen soll, bestehen genau so wie bei Versicherung für fremde Rechnung. Zustimmung i.S.d.
42
43
Zu Problemen der anderen Ansichten mit der Versicherung beim CIF-Geschäft: Glitza 52 ff. Glitza 92 f.; a.M., was den Aufwendungsersatz anbelangt, im Widerspruch zu § 44 Abs. 1 S. 1 Kisch PVR III 464.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn 147; Ehrenzweig 214 Fn. 6; Möller JRPV 1928 337, 341; zweifelnd Kisch PVR III 599 f. Ritter/Abraham § 54 Anm. 16; Glitza 94; Lenné 117.
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§ 45 Abs. 3 kann der VN zwar regelmäßig nicht in Form der vorherigen Einwilligung, wohl aber in Form der nachträglichen Genehmigung beim Versicherten einholen. Der Versicherte ist auch zur Zurückweisung berechtigt, etwa wenn er das betreffende Interesse bereits selbst versichert hat. Die Rechtsfolgen der Zurückweisung richten sich nach § 333 BGB. Der VR wird – auch außerhalb der Lebensversicherung (§ 160 Abs. 3) – aber nur dann von der Leistung frei, wenn der zurückweisende Versicherte der letzte verbliebene Interesseträger ist. Das ist etwa bei Ablösung des Zurückweisenden durch einen Dritten nicht der Fall.
II. Pflichten und Obliegenheiten gegenüber dem VR 30
Die Pflichten und Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag treffen bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht in erster Linie den VN. Er haftet nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 33 ff. für die Prämie – anderenfalls wäre die Versicherung für Rechnung wen es angeht ein Vertrag zu Lasten Dritter, wenn sich herausstellt, dass jemand anderes als der VN Interesseträger ist.46 Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Versicherte den VN beauftragt hat, Versicherung zu nehmen. Dann kann der VN seinen Anspruch auf Befreiung von der Prämienschuld als Ausnahme zu § 399 BGB47 nach §§ 670, 257 S. 1 BGB an den VR abtreten, so dass dieser gegen den Versicherten vorgehen kann. Auch die gesetzlichen und vertraglichen Obliegenheiten treffen grundsätzlich den VN. Dementsprechend haftet auch ein Dritter für die Verletzung etwaiger Obliegenheiten durch den VN, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Dritte ganz oder teilweise Träger des versicherten Interesses ist.48 Bei der Versicherung alternativer Interessen schadet dem tatsächlich Versicherten 31 weiterhin eigenes Fehlverhalten während der gesamten Versicherungsdauer. Stellt sich heraus, dass der VN und kein Dritter Versicherter ist, schadet ein Fehlverhalten des Dritten nicht, da dieser ein Außenstehender ist, der nicht am Vertrag beteiligt ist. Sind gleichartige kumulative Interessen versichert (z.B. Interessen von Miteigen32 tümern), kann das Verhalten eines Mitinteressenten allen Mitinteressenten entgegen gehalten werden. Das gilt erst recht bei der Versicherung von Gesamthandsinteressen, da es sonst zu einer unterschiedlichen Behandlung der Beteiligten der Gemeinschaft käme. Sind die versicherten Interessen hingegen verschieden (z.B. das Interesse des Nießbrauchers einer Sache und das Interesse ihres Eigentümers), wird das Verhalten eines Versicherten den anderen Versicherten nicht zugerechnet, da im Grunde zwei verschiedene Versicherungen vorliegen.49 Bei der Versicherung sukzessiver Interessen muss sich der Letztversicherte hinsichtlich 33 einer Herbeiführung des Versicherungsfalles nicht nur das Verhalten des VN und sein eigenes Verhalten anrechnen lassen, sondern auch das Verhalten anderer Personen, die vor ihm Träger des versicherten Interesses waren.50 Das folgt aus § 334 BGB und gilt daher unabhängig davon, ob der Zwischenversicherte Repräsentant des Letztversicherten ist. Hat der Letztversicherte selbst ein Verhalten am dem Tag gelegt, das dem Anspruch auf
46
47
Vgl. insoweit die Aufhebung des § 812 Abs. 3 HGB durch Gesetz v. 30.5.1908 (RGBl. 1908 307). RG 8.12.1908 RGZ 80 183; BGH 22.1.1954 BGZ 12 136, 141.
250
48 49 50
Kisch PVR III 594 f. Glitza 141 f.; Kisch PVR III 571. Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 27; Glitza 144 f.; a.M. Ehrenzweig 214.
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Versicherung für Rechnung „wen es angeht“
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Leistung schadet, muss er sich dieses auch dann entgegenhalten lassen, wenn dieses Verhalten zu einer Zeit stattgefunden hat, als er noch nicht Interesseträger war. Dieses Verhalten nicht gegen sich gelten lassen zu wollen, wäre ein venire contra factum proprium.51 Für das Verhalten Vorversicherter haftet der Letztversicherte nicht, wenn dieses außerhalb des Zeitraums stattgefunden hat, in dem diese Interesseträger waren.52 Der Letztversicherte muss sich das Verhalten Vorversicherter nach § 47 Abs. 2 S. 1 nicht entgegenhalten lassen, wenn dieser vom Abschluss eines Versicherungsvertrags nichts wusste. Das wird praktisch bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht auch nicht häufiger der Fall sein als bei der gewöhnlichen Versicherung für fremde Rechnung.53 Das liegt daran, dass der Auftrag zur Versicherungsnahme der Kenntnis vom Vertrag gleichsteht. Aus § 334 BGB folgt weiter, dass der Letztversicherte insoweit keine Versicherungsansprüche erwirbt, als ein Vorversicherter sie während des Zeitraums, in dem er Interesseträger ist, erlassen oder sich mit dem VR darüber verglichen hat. Anders liegt es dann, wenn der betreffende Vorversicherte den Anspruch nach § 333 BGB zurückgewiesen hat. Daraus gewinnt der VR nur dem Ablehnenden gegenüber eine Einwendung.
F. Unanwendbare Vorschriften Auf eine Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht anzuwenden sind die Vor- 34 schriften, nach denen der Träger des versicherten Interesses bereits bei Vertragsschluss bezeichnet sein muss. Auch die Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 greift nicht, da bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht unklar ist, für wen der VN abgeschlossen hat. Unanwendbar sind weiterhin grundsätzlich die Vorschriften über die versicherungsvertragsrechtlichen Folgen einer Veräußerung der versicherten Sache (§§ 95 ff.). Das liegt daran, dass der Erwerber seine Rechtsstellung als Versicherter nicht aus der Person des Veräußerers, sondern unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag herleitet.54 Etwas anders muss aber dann gelten, wenn der VN selbst die Sache veräußert.55 Dann hat er – für den VR erkennbar – kein Interesse mehr daran, VN und (alleiniger) Prämienschuldner zu bleiben. Bei Veräußerung durch den VN finden entsprechend die Vorschriften der §§ 95 ff. und nicht die Regeln für Versicherung für Rechnung wen es angeht, Anwendung.
G. Auflösung Die Versicherung für Rechnung wen es angeht wird zur Eigenversicherung, wenn aus- 35 nahmsweise ein bestimmter Versicherter benannt war und Universalsukzession im Verhältnis von VN und Versicherten eintritt, also der VN den Versicherten beerbt oder
51
52 53 54
Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 27; einschränkend (nur, wenn er im Bewusstsein des künftigen Erwerbs der Stellung als Versicherter gehandelt hat) Kisch PVR III 596; Glitza 143; Möller JRPV 1928 337, 341. Ehrenzweig 213; a.M. Schneider ZVersWiss 1905 230, 247. A.M. Glitza 120. OLG Koblenz 31.5.1996 RuS 1996 450, 451;
55
Looschelders/Pohlmann/Koch § 48 Rn. 4; Prölss/Martin/Prölss § 80 Rn. 45; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hübsch § 48 Rn. 5; a.M. Ritter/Abraham § 52 ADS Anm. 21. Wie hier Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster § 6 Rn. 148; Dreischmeier, VA 1969, 30; a.M. Prölss/Martin/Prölss § 80 Rn. 45.
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umgekehrt. Sind alternative Interessen versichert, führt die Beendigung des Streits um das Interesse die Klärung herbei, ob die Versicherung als eigene oder als gewöhnliche Fremdversicherung zu gelten hat. Anders verhält es sich jedoch bei der Versicherung sukzessiver und kumulativer Interessen. Hier führt der Wechsel der Trägerschaft des Interesses vom VN auf den Erstversicherten nicht zu einer gewöhnlichen Versicherung für fremde Rechnung. Es bleibt vielmehr bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht, was vor allem Bedeutung hat, wenn der Erstversicherte weiter veräußert: Der weitere Versicherte gewinnt die Versicherungsansprüche nicht als Rechtsnachfolger, sondern originär. Vereinbarungen über die Umwandlung einer Versicherung für fremde Rechnung in eine Eigen- oder gewöhnliche Fremdversicherung sind bei Einverständnis des VR und des VN möglich, solange der Versicherte noch keine konkreten Ansprüche erworben hat.56 Praktisch wird es jedoch kaum zu einer solchen Vereinbarung kommen.
H. Beweislast 36
Die Rechte eines Versicherten stehen demjenigen zu, der nachweisen kann, dass er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls Träger des versicherten Interesses war.57
I. Auslandsrecht/PEICL 37
Konstruktiv ähnliche Regelungen wie das deutsche Recht treffen auch das österreichische (§ 80 Abs. 2 VVG), das französische (§ 112-1 Abs. 2 CdA: assurance pour compte de qui il appartiendra) und das italienische (Art. 1891 CC: assicurazione per conto di chi spetta) Recht. Das schweizerische (Art. 16 Abs. 1 VVG) und das spanische Recht (Art. 7 Abs. 1 CdA) regeln entgegen anderslautender Annahmen im Schrifttum die Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht ausdrücklich (sondern nur das Recht der Parteien, einen versicherten Dritten unbenannt zu lassen), erkennen diesen Versicherungstypus aber an.58 Ganz anders aufgestellt ist das englische Recht: Dieses unterscheidet nicht, wie die zuvor genannten Rechtsordnungen, zwischen der Versicherung für fremde Rechnung und der Versicherung für eigene Rechnung, die durch einen Vertreter abgeschlossen wird. Beide Formen des Versicherungsvertrags werden mit Hilfe des als Einheit begriffenen Rechtsinstituts der „agency“ gelöst. In diesem Rahmen kann „insurance for account whom it may concern“ genommen werden.59 In den PEICL ist die Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht ausdrücklich 38 geregelt. Die Verfasser sind jedoch davon ausgegangen, dass dieser Versicherungstypus zulässig ist und in den Anwendungsbereich von Art. 11-101 PEICL fällt, wenn das versicherte Interesse ein fremdes ist.60
56 57
Bruck/Möller/Sieg 8 § 80 Anm. 41; Kisch PVR III 593. Looschelders/Pohlmann/Koch § 48 Rn. 6; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster § 6 Rn. 147.
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58 59 60
Dazu Honsell et. al./Hasenböhler Schweizerisches VVG Art. 16 Rn. 25. Glitza 10 ff. Basedow et al. PEICL Art. 11-101 N. 10.
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Abschnitt 5 Vorläufige Deckung Vorbemerkung zu §§ 49 bis 52 Schrifttum Gerathewohl Rückversicherung Grundlage und Praxis Band I, 1976; Gintzel Die Beendigung eines Vertrages über vorläufige Deckung bei Prämienzahlungsverzug nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts VersR 2007 322; Grebe Die vorläufige Deckungszusage unter besonderer Berücksichtigung ihrer Handhabung in der Lebensversicherung, 1987; Henzler Theorie und Praxis der vorläufigen Deckungszusage, 1997; Jabornegg Die vorläufige Deckung, 1992; Kerst Verbot des rückwirkenden Wegfalls der vorläufigen Deckung gemäß § 54 Absatz 2 Satz 1 VVG-E, ZfVw 2005 212 ff.; Maier Die vorläufige Deckung nach dem Regierungsentwurf zur VVG-Reform RuS 2006 485; Rixecker VVG 2008 – Eine Einführung ZfS 2007 314; Marlow/Spuhl Das neue VVG kompakt 2. Auflage (2007); Schimikowski/Höra Das neue Versicherungsvertragsgesetz (2007); Schirmer Neues VVG und die Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kaskoversicherung DAR 2008 181 und 319; Wiesemann Der Versicherungsschutz bei der vorläufigen Deckungszusage, 1940.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I. II.
Einleitung Wesen der vorläufigen Deckung . . . . Historische Entwicklung . . . . . . . . Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen Rechtsnatur des Vertrages . . . . . . . Unterschiede zu ähnlichen Verträgen 1. Rückwärtsversicherung . . . . . . . 2. „Sofort beginnender“ Versicherungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Nachträgliche Rückwärtsversicherung“ . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zustandekommen der vorläufigen Deckung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2. Auslegung des Antrags . . . . . . . a) Kraftfahrzeugversicherung . . . .
. . .
1 3 7
.
8
Rn.
IV.
.
9
V. VI. VII.
. 10 . 11 VIII. . 12 . 13 . 14
C.
b) Andere Versicherungssparten . . . c) Vorläufige Deckungszusage durch Vermittler . . . . . . . . . . . . 3. Beweisfragen . . . . . . . . . . . . Beginn und Ende des Versicherungsschutzes in der vorläufigen Deckung . . AVB der vorläufigen Deckung . . . . . Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . Vorvertragliche Anzeigepflicht . . . . . 1. Arglist . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorläufige Deckung ab Eingang bzw. Unterzeichnung des Antrags . . . . . Ausschlussklauseln . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2. Beanstandete Klauseln . . . . . . . . 3. Aktuelle Klauselfassungen . . . . . . Vorbemerkungen zu den §§ 49 bis 52 .
. 16 . 17 . 18 . . . . .
19 20 22 24 25
. . . . . .
26 27 28 29 30 31
A. Einleitung Versicherungsverträge über die vorläufige Deckung bestimmter Risiken sind weit verbreitet. Sie finden sich in nahezu allen Versicherungssparten, selbst in der Rückversicherung.1 Lediglich in der Krankenversicherung sind sie, zumindest bislang, nicht vertreten. 1
Gerathewohl, S. 451.
Knut Höra
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Vor §§ 49 ff.
Abschnitt 5. Vorläufige Deckung
An die Stelle der vorläufigen Deckung tritt dort der unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Verzicht des VR auf Wartezeiten. Die vorläufige Deckung in der Kraftfahrzeughaftpflicht-, Kasko- und Unfallversicherung wird in der nachfolgenden Darstellung nur in ihren Grundzügen erläutert. Zu Einzelheiten, insbesondere der Regelung in den AKB 2008, wird auf Band V Kraftfahrtversicherung verwiesen.
I. Wesen der vorläufigen Deckung 1
Die vorläufige Deckung soll den Zeitraum zwischen Stellung des Versicherungsantrags und dem tatsächlichen Beginn der gewünschten Versicherungsdeckung überbrücken. Dieser Zeitraum kann durch Verhandlungen über Einzelheiten des beabsichtigten Versicherungsvertrags, die Erfüllung der Informationspflichten, die Beibringung notwendiger Unterlagen und der Antragsprüfung durch den VR bis zur Tarifierung und Aushändigung des Versicherungsscheins beträchtlich sein. In vielen Fällen ist dies problematisch. Der Versicherungsinteressent hat ein anzuerkennendes Interesse, während dieser Zeit nicht ungeschützt zu sein, gelegentlich ist vorläufige Deckung unumgänglich.2 Wer ein Kfz zur Teilnahme am Straßenverkehr zulassen möchte, muss der Straßenverkehrsbehörde nachweisen, dass Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung besteht. Wer sein von einem Bauträger errichtetes Eigenheim übernimmt, benötigt sofort beginnenden Versicherungsschutz gegen Feuer, Wasser, Blitzschlag, Einbruchdiebstahl und ggf. Elementarereignisse. Dem berechtigten Versicherungsinteresse können die VR in der Regel nicht durch eine 2 sofortige Antragsannahme entsprechen. Sie müssen das ihnen angetragene Risiko anhand der Antworten des VN auf die Antragsfragen prüfen (§ 19, § 16 a.F.). Ein Verzicht auf die Antragsprüfung hätte zur Folge, dass der VR unabhängig davon, ob etwa die Antragsfragen wahrheitsgemäß beantwortet wurden, an den Vertrag gebunden wäre.3 Selbst für Massengeschäfte wie etwa die Reisegepäck-, Reisekranken- oder Kreditlebensversicherung, bei denen das Interesse des VN einen sofortigen endgültigen Vertragsabschluss erfordert, ist umstritten, inwieweit die Ersetzung von Antragsfragen durch spezifische Risikoausschlüsse mit dem VVG vereinbar ist.4 Bei dem erkannten Interesse vieler Versicherungsinteressenten an zumindest teilweisem sofortigen Schutz als auch dem Unvermögen, ohne hinreichende Antragsprüfung einen Versicherungsantrag anzunehmen, trägt der von der Versicherungswirtschaft entwickelte vorläufige Versicherungsschutz Rechnung.
II. Historische Entwicklung 3
Die ältesten Formen eines der heutigen vorläufigen Deckung vergleichbaren Versicherungsschutzes finden sich in der See- und Transportversicherung am Ende des 19. Jahrhunderts.5 Das Reichsgericht hatte sich erstmals 1897 mit einem derartigen Fall aus dem Jahr 1878 zu befassen.6 Etwa zeitgleich entwickelten sich vergleichbare Formen in der 2 3
4
Vgl. RegE, S. 125. Vgl. etwa BGH 20.9.2000 VersR 2000 1486 und OLG Hamm 23.7.1999 VersR 2000 878 (zur Risikoprüfungsobliegenheit). Vgl. zu der Ausschlussklausel in der Kredit-
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5 6
lebensversicherung etwa OLG Hamm 2.2.1993 VersR 1994 294. Näher Henzler S. 8 ff. RG 18.5.1887 RGZ 19, 216 ff.
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Vorbemerkungen
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Feuerversicherung.7 Bis zu Beginn und auch noch während des ersten Weltkriegs war die vorläufige Deckung mit dem kennzeichnenden Merkmal eines Versicherungsschutzes noch vor Zahlung der Erstprämie jedoch eine Seltenheit.8 Allmählich wurde vorläufige Deckung jedoch immer mehr nachgefragt und von den 4 VR auch gewährt. Folge war, dass sich das Reichsgericht im Jahre 1923 in einer Grundsatzentscheidung 9 mit dem Rechtsinstitut befassen musste. Es hat mangels einer gesetzlichen Regelung im VVG a.F. das Wesen des vorläufigen Versicherungsschutzes dahingehend definiert, dass der VR eine Deckungszusage erteilt, „wenn zwischen ihm und dem VN über den Abschluss oder die Abänderung eines bestehenden Versicherungsvertrages soweit Einigung erzielt ist, dass der künftige Abschluss in Aussicht genommen werden kann, während der endgültige Abschluss namentlich die Ausfertigung der Versicherungspapiere, vielleicht auch die Besprechung minder wesentlicher Einzelheiten, mutmaßlich noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden. Für diese Zwischenzeit bis zum endgültigen Abschluss will und soll der Versicherte nicht ohne den Versicherungsschutz bleiben. Zu diesem Zweck gewährt ihm der VR mittels der Deckungszusage vorläufigen Schutz, d.h. das Versprechen bei etwaigem Eintritt des Versicherunsfalles die vorgesehene Entschädigung in gleicher Weise auszubezahlen, wie wenn der Vertrag jetzt schon fertig geschlossen wäre. Der auf der Deckungszusage beruhende Schutz dauert wenn nicht die Zusage von vornherein befristet ist so lange bis entweder der Versicherungsvertrag durch Ausstellung der Papiere seinen endgültigen auch formellen Abschluss findet oder der VR zurücktritt oder die Verhandlungen endgültig scheitern.“
Eine Bindung in Bezug auf den Abschluss des beantragten Hauptvertrags geht der VR 5 mit der Gewährung vorläufiger Deckung danach nicht ein. Er stellt dem VN lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum Deckungsschutz und eine pflichtgemäße Antragsprüfung in Aussicht. Daran hat sich im Grundsatz seither nichts geändert. Wegen der im Zeitpunkt seines Inkrafttretens im Jahre 1908 noch fehlenden Verbrei- 6 tung des Rechtsinstitus hat die vorläufige Deckung im VVG a.F. keine Regelung gefunden. Erst in § 5a Abs. 3 a.F., der im Zuge der Deregulierung 10 1994 in das Gesetz eingefügt wurde, und in § 8 der zeitgleich in Kraft getretenen KfzPflVV vom 29.07.1994 finden sich rudimentäre Regelungsansätze. § 5a Abs. 3 a.F. beinhaltet lediglich die Zulassung eines Verzichts auf die Aushändigung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der vorgeschriebenen Verbraucherinformationen. Die Regelungen in § 8 KfzPlVV beschränken sich auf den Bereich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Nunmehr enthalten die §§ 49 bis 52 eine erste gesetzliche Regelung. Entsprechend der Intention des Gesetzgebers, nicht durch Vorgabe zwingender gesetzlicher Leitbilder Weiterentwicklungen des Versicherungsmarktes negativ zu beeinflussen, beschränken sie sich im Wesentlichen auf für unabdingbar erachtete Regelungen zum Schutz des VN.
III. Verbreitung In der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist vorläufiger Versicherungsschutz un- 7 umgänglich. Damit ein Kraftfahrzeug zum Straßenverkehr zugelassen werden kann, ist die Vorlage einer Versicherungsbestätigung durch §§ 3 Abs. 1, 23 FZV zwingend erforderlich. Sehr häufig finden sich Verträge über vorläufigen Deckungsschutz zudem in der 7 8 9
Vgl. Wiesemann S. 7. Näher Henzler S. 8 ff. RG 16.10.1923 RGZ 107 198, 200.
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Vgl. 3. Durchführungsgesetz/EWG vom 21.07.1994, BGBl. I S. 1630.
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Lebens-, Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherung, außerdem in allen Bereichen der gewerblichen Sach- und Haftpflichtversicherung. Die weite Verbreitung der vorläufigen Deckung auch außerhalb der Kraftfahrzeugversicherung hat mehrere Gründe. Wer eine Lebens-, Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung beantragt, möchte möglichst sofort geschützt sein. Wer die Zulassung als Rechtsanwalt beantragt, muss eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nachweisen. In der gewerblichen Sachversicherung ist vorläufige Deckung häufig im betrieblichen Interesse notwendig; sie wird nicht selten zudem benötigt, um die Fremdfinanzierung von Anschaffungsgütern sicher zu stellen. Abgesehen davon dient die Gewährung vorläufiger Deckung den Versicherungsunternehmen auch zur Kundenbindung.11 Die vorläufige Deckung wird aus Sicht eines durchschnittlichen VN in der Regel „kostenfrei“ gewährt. Tatsächlich trifft dies nur bedingt zu. Verbreitet sind Regelungen, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles aus der vorläufigen Deckung eine Prämie nacherhoben und mit der Versicherungsleistung verrechnet wird.12 Anderenfalls wird aus Vereinfachungsgründen das aus der vorläufigen Deckung resultierende Risiko in die Prämie des Hauptvertrages eingerechnet und nicht gesondert erhoben.13
B. Grundlagen Auf Grund ihrer weiten Verbreitung in den unterschiedlichen Versicherungssparten und der auch in den §§ 49 bis 52 nur punktuell erfolgten gesetzlichen Regelung unterscheiden sich die Verträge im Detail. In Bezug auf Rechtsnatur, Zustandekommen und Form des Vertrages sowie Beginn des Versicherungsschutzes ergeben sich jedoch keine grundlegenden Unterschiede.
I. Rechtsnatur des Vertrages 8
Nach der noch in der Vorauflage vertretenen Einheitstheorie 14 ist der Wille des VN, der im Vorfeld des beabsichtigten endgültigen Versicherungsschutzes vorläufige Deckung beansprucht, auf ein einheitliches Vertragsverhältnis gerichtet, das in einem zusammenfassenden Versicherungsschein dokumentiert ist und eine gemeinsame Versicherungsdauer sowie eine darauf bezogene einheitliche Beitragskalkulation aufweist. Zum Zustandekommen der vorläufigen Deckung wird jedoch eine zusätzliche zweite Einigung der Vertragsparteien gefordert. Der Deckungsschutz aus der vorläufigen Deckung ist auch nach der Einheitstheorie nicht vom Zustandekommen des endgültigen Vertrages abhängig.15 Nach der herrschenden Trennungstheorie, ist die vorläufige Deckung ein von der Hauptversicherung zu unterscheidender eigenständiger Versicherungsvertrag.16 An der Eigenständigkeit des Vertrages ändert es nichts, dass der VR das Risiko des VN nur
11 12
13 14
Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 1. Vgl. etwa § 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den vorläufigen Versicherungsschutz in der Lebensversicherung, abgedruckt im Anhang zu diesem Abschnitt. Vgl. Martin-SVR K II Rn. 5. Ausführlich zum Theorienstreit Henzler S. 13 ff.
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15 16
Bruck-Möller/Möller 8 § 1 Anm. 94 ff.; Martin-SVR K II Rn. 10 ff. Vgl. etwa BGH 9.5.1951 BGHZ 2 87, 91 = VersR 1951 166, 167; BGH 25.1.1995 VersR 1995 409; Römer/Langheid vor § 1 Rn. 26 ff.
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Vorbemerkungen
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vorübergehend absichert. Für den Vertrag gelten grundsätzlich alle einschlägigen Vorschriften des Gesetzes. Soweit sie zwingend sind, können sie zu Lasten des VN nicht abbedungen werden. Dies ist sachgerecht, denn der Schutzzweck der einzelnen Vorschrift entfällt nicht schon deshalb, weil der Vertrag regelmäßig nur eine kurze Laufzeit hat und durch einen anderen längerfristigen Vertrag abgelöst werden soll.17 In der Rechtspraxis hatte der Theorienstreit nur für einige Sachfragen Bedeutung. Unterschiedliche Auffassungen bestanden etwa in Bezug auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Differenziert bewertet wurde ferner, ob bei Dokumentation der vorläufigen Deckung und des endgültigen Versicherungsvertrages in einem einheitlichen Versicherungsschein dann, wenn für die Zeitdauer des vorläufigen Versicherungsschutzes ein Prämienanteil in den Versicherungsbeitrag einbezogen war, es sich um eine Erstprämie im Sinne von § 38 a.F. handelt oder ob die für den Hauptvertrag geforderte Erstprämie eine Folgeprämie nach § 39 a.F. sei.18 Der Theorienstreit ist durch § 49 Abs. 1 S. 1 obsolet geworden. Das Gesetz sieht die Gewährung vorläufiger Deckung als selbständigen Versicherungsvertrag an. Von einer weiteren Darstellung des Theorienstreites wird deshalb abgesehen.
II. Unterschiede zu ähnlichen Verträgen 1. Rückwärtsversicherung Mit einer Rückwärtsversicherung lässt sich ein vergleichbarer Versicherungsschutz, 9 wie ihn die vorläufige Deckung bietet, nicht erreichen. § 2 erlaubt zwar eine Vertragsgestaltung dahin gehend, dass der Versicherungsschutz vor dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Versicherungsvertrages beginnt. Der materielle Haftungsbeginn geht dem formellen Vertragsbeginn voran.19 Der VN hat keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung, wenn er bei Schließung des Vertrages bereits Kenntnis vom Eintritt eines Versicherungsfalles besitzt. Weiß der VR, dass ein Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist, hat er keinen Anspruch auf die Prämie für die Vergangenheit. Die mit einer derartigen Vereinbarung verbundene Abdeckung des Risikos ab einem vor dem Vertragsabschluss liegenden Zeitpunkt setzt jedoch voraus, dass es tatsächlich zu dem beantragten Vertragsabschluss hinsichtlich der Hauptversicherung kommt. Lehnt der VR den Versicherungsantrag berechtigt ab, hilft die vorgesehene Rückverlagerung des Deckungsschutzes nicht. Darin zeigt sich der Unterschied zur vorläufigen Deckung. Als selbständiger Versicherungsvertrag ist der Versicherungsschutz aus der vorläufigen Deckung von dem Zustandekommen der beabsichtigten Hauptversicherung unabhängig. Auch wenn der endgültige Vertrag scheitert, lässt dies die Haftung des VR aus der vorläufigen Deckung unberührt.20 2. „Sofort beginnender“ Versicherungsschutz In einigen Bereichen, vorwiegend bei Reiseversicherungen und Kreditlebensversiche- 10 rungsverträgen, gewährt der VR ohne individuelle Antragsprüfung Versicherungsschutz ab einem bestimmten Ereignis, beispielsweise dem Antritt der Reise bzw. der Auszahlung 17 18 19
Vgl. KomE, S. 49. Eingehend dazu Henzler S. 69 ff. BGH 21.3.1990 BGHZ 111 29, 30.
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Vgl. BGH 25.6.1956 BGHZ 21 122, 129 = VersR 1956 482.
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des Darlehensbetrages durch die kreditgewährende Bank. Der VN muss lediglich den Versicherungsantrag unterzeichnen. Dieser enthält eine antizipierte Annahmeerklärung des VR, die den materiellen Versicherungsbeginn ab Eintritt des betreffenden Ereignisses vorsieht. Hintergrund derartiger Vertragsgestaltungen ist, dass ein Reisender, dem auf dem Flughafen einfällt, dass sein Reisegepäck nicht oder nur unzureichend versichert ist oder er im Zielland seiner Reise keinen Krankenversicherungsschutz genießt, auf sofort beginnende Versicherungsdeckung angewiesen ist. Bei dem Kreditnehmer, der dringenden Finanzierungsbedarf hat, hängt die Auszahlung des beantragten Ratenkreditdarlehens wegen unzureichender Sicherheiten möglicherweise von der Gewährung des Versicherungsschutzes für den Todes- und Arbeitsunfähigkeitsfall ab. Die besondere Vertragsgestaltung entspricht deshalb einem dringenden Verkehrsbedürfnis. Verträge mit solchermaßen „sofort beginnendem“ Versicherungsschutz haben gegenüber typischen Spartenverträgen in der Regel eine (relativ) kurze Laufzeit und sind in der Höhe der Versicherungssummen limitiert. Im Gegensatz zur vorläufigen Deckung, der ein Hauptvertrag folgen soll, handelt es sich um Hauptverträge, auf die die §§ 49 bis 52 keine Anwendung finden. 3. „Nachträgliche Rückwärtsversicherung“
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Gelegentlich sagen VR vorläufigen Versicherungsschutz mit der Maßgabe zu, dass dieser bei Zustandekommen der Hauptversicherung durch eine beitragsfreie Rückwärtsversicherung ab Antragsdatum ersetzt wird. Eine derartige Vertragsgestaltung ist zwar grundsätzlich zulässig. Sie wirft aber dann Probleme auf, wenn ein Versicherungsfall in der Zeit zwischen Antragstellung und Vertragsabschluss eintritt und der Deckungsschutz in der vorläufigen Deckung von dem der Hauptversicherung inhaltlich abweicht.21 Das kann auf Einschränkungen der Deckungshöhe in der Hauptversicherung beruhen, die der VR im Rahmen der Antragsprüfung vornimmt (§ 5) oder auf spezifischen Risikoausschlüssen, zu beachtenden Obliegenheiten etc., die in der Zusage vorläufiger Deckung fehlen. Denn die Abwicklung eines in der Zeit zwischen Antrag und Vertragsabschluss eingetretenen Versicherungsfalles richtet sich bei dieser Vertragsgestaltung ab Zustandekommen der Hauptversicherung nach dem Vertragsregime der Hauptversicherung. Für einen durchschnittlichen VN ist dies nicht transparent. Er erkennt nicht, dass sich sein Versicherungsschutz mit Zustandekommen der Hauptversicherung für den Zeitraum der Rückwärtsversicherung negativ verändert. Selbst wenn der VR hierauf gemäß § 5 ausdrücklich hinweist, erscheint die Vertragsgestaltung jedenfalls dann als unangemessen und unwirksam, sofern der Eintritt des Versicherungsfalles dem VN bei Zustandekommen der Hauptversicherung noch nicht bekannt ist, etwa weil er von dem Einbruch in seine Ferienwohnung bis dahin noch nichts weiß. Dasselbe gilt hinsichtlich der Folgen einer etwaigen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.22
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Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 7.
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Näher dazu Rn. 24 ff.
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Vorbemerkungen
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III. Zustandekommen der vorläufigen Deckung 1. Allgemeines Wie bei jedem zivilrechtlichen Vertrag sind auch bei der vorläufigen Deckung Antrag 12 und Annahme erforderlich. Typischerweise werden Verträge über die vorläufige Deckung auf entsprechend vorformulierten Antragsformularen beantragt.23 Sie können aber auch formlos und selbst durch mündliche Erklärung zustande kommen.24 Genügend für den Antrag ist beispielsweise, dass der Versicherungsagent den VR bittet, ein bestimmtes Risiko „sofort in Deckung“ zu nehmen oder einen sinngemäß vergleichbaren Wunsch äußert. Auf die Wortwahl kommt es nicht an, sofern nur der Wunsch nach sofort beginnendem, zumindest vorläufigem Versicherungsschutz hinreichend deutlich ist.25 Der VR muss den Antrag annehmen. Auch dies kann formlos erfolgen, etwa durch telefonische Bestätigung oder selbst durch konkludentes Verhalten. Allerdings wird man fordern müssen, dass dazu nicht jedwede Erklärung irgendeines Mitarbeiters des VR ausreicht. Wer mit der Telefonzentrale des VR spricht, kann ohne Weiterleitung an einen Sachbearbeiter redlicherweise nicht erwarten, dass ihm gegenüber verbindliche Erklärungen abgegeben werden. Ob der Sachbearbeiter, an den der Agent oder der VN weiter vermittelt wird, tatsächlich zu einer Sachentscheidung zuständig ist, kann dagegen keine Rolle spielen, da dies für den Anrufer nicht überprüfbar ist und allein die interne Organisation des VR betrifft. In der Praxis spielen diese Fragen keine entscheidende Rolle. In allen Fällen, in denen die Versicherungswirtschaft ein dringendes Bedürfnis nach vorläufiger Deckung erkannt hat, diese auf Grund gesetzlicher Vorgaben unumgänglich ist oder zum Zwecke der Kundenbindung dem künftigen VN angeboten werden soll, enthalten die Antragsformulare regelmäßig eine antizipierte Annahmeerklärung des VR, wonach die vorläufige Deckung mit Eingang des Versicherungsantrags bei dem VR beginnt, seltener auch schon mit Unterzeichnung des Antrags. Der vorläufige Versicherungsschutz kommt dann mit dem betreffenden Ereignis – Eingang des Antrags bei dem VR oder dessen Unterzeichnung durch den VN – zustande.26 2. Auslegung des Antrags Versicherungsanträge, bei denen als Versicherungsbeginn das Datum der Antragstel- 13 lung angegeben ist, ohne dass förmlich gleichzeitig ein Antrag auf vorläufige Deckung gestellt wird, sind nicht immer als Antrag auf eine Rückwärtsversicherung zu werten. Maßgebend ist, wie ein durchschnittlicher VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse das Antragsformular und die damit verbundene rechtliche Tragweite des von ihm gestellten Antrags bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht.27 Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein durchschnittlicher VN die rechtlichen Unterschiede zwischen einer Rückwärts-
23
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In der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist die in der Vergangenheit übliche Deckungskarte durch die elektronische Übermittlung an die Zulassungsstelle ersetzt. Vgl. dazu OLG Karlsruhe 3.3.1988 VersR 1990 889; Römer/Langheid vor § 1 Rn. 27.
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Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 9. Vgl. BGH 7.7.1999 NJW-RR 1996 856; VersR 1999 1266; OLG Saarbrücken 21.3.2001 NVerZ 2001 506. BGH 10.2.1999 BGHZ 123 83, 85.
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versicherung und vorläufiger Deckung regelmäßig nicht kennt. Abhängig von der Dringlichkeit seines konkreten Versicherungsbedürfnisses geht er davon aus, ab dem von ihm angegebenen Zeitpunkt an und nicht nur rückwirkend bei Zustandekommen des beantragten Versicherungsvertrages Versicherungsschutz zu erhalten. In der Regel wird deshalb von einem Wunsch nach vorläufiger Deckung und nicht von einem Antrag auf Rückwärtsversicherung auszugehen sein.28 Vorläufige Deckung setzt nicht einen bis dahin vertragslosen Zustand voraus.29 Denkbar ist auch, dass ein VN in einem bestehenden Vertragsverhältnis Veränderungen des Deckungsschutzes und/oder eine Prämienänderung beantragt und der VR ihm für die Dauer der Vertragsverhandlungen vorläufige Deckung zusagt. Tritt bis zur Änderung des bestehenden Versicherungsvertrages ein Versicherungsfall ein, ist fraglich, ob dieser aus dem bisherigen Versicherungsvertrag oder aus der „vorläufigen Deckungszusage“ zu regulieren ist. Haben die Vertragsverhandlungen ausschließlich Deckungserweiterungen zum Gegenstand, sind über den bisherigen Leistungsumfang hinausgehende Versicherungsleistungen zweifelsohne aus der vorläufigen Deckungszusage zu befriedigen, wenn ein Versicherungsfall im maßgebenden Zeitraum eintritt. Geht es um Einschränkungen des Versicherungsschutzes, kann die Auslegung dazu führen, dass hinter dem Begehren des VN das dringende Verlangen nach Prämienermäßigung steht. Da seine Beitragszahlungsverpflichtung aus dem bisherigen Vertragsstand bis zur Entscheidung über das Änderungsbegehren unberührt bleibt, kann die vorläufige Deckungszusage (zu verminderten Leistungen) allenfalls bei Hinzutritt weiterer Erklärungen (zur vorläufigen Prämienhöhe oder gegebenenfalls auch der Zusage einer rückwirkenden Prämienstundung) dazu führen, dass ein im Prüfungszeitraum eintretender Versicherungsfall nicht nach den bislang geltenden Vertragsregelungen entschädigt werden muss. Enthält das Änderungsverlangen sowohl Deckungs- und Prämieneinschränkungen als auch Deckungserweiterungen, wird die vorläufige Deckungszusage und der Vertragsstand, sofern keine weiteren Umstände hinzutreten, wohl aus Sicht eines durchschnittlichen VN dahingehend ausgelegt werden müssen, dass die vorläufige Deckung die beantragten Deckungserweiterungen umfasst, während es hinsichtlich des bisherigen Deckungsumfangs zunächst noch bei der versicherungsvertraglichen Vereinbarung verbleibt.30 a) Kraftfahrtversicherung31. Jedenfalls in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist selbst dann, wenn im Antragsformular der Wunsch nach vorläufiger Deckung in der entsprechenden Spalte des Antragsformulars nicht vermerkt sein sollte, in der Regel von einem zusätzlichen Antrag auf vorläufige Deckung als gewollt auszugehen. Denn der Antrag auf Neuabschluss einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung wird üblicherweise gestellt, um die Zulassung eines von dem VN erworbenen Kraftfahrzeugs zu ermöglichen.32 Für die Fälle des VRwechsels gilt nichts anderes; der VN muss nach Kündigung seines bisherigen Vertrages für unterbrechungsfreie Weiterversicherung sorgen. Auch wer für ein Neufahrzeug zusätzlich zu der zwingend erforderlichen Kraftfahr15 zeughaftpflichtversicherung Vollkasko- und/oder Kraftfahrtunfallversicherungsschutz beantragt, möchte in aller Regel vom Zeitpunkt der Ingebrauchnahme des Kraftfahrzeugs an geschützt sein, unabhängig von dem noch ausstehenden Zustandekommen des Haupt-
14
28 29 30
Teilweise abweichend HK-VVG/Kanczewski § 49 Rn. 5. Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 12. Ähnlich Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 12.
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Ergänzend und wegen Detailfragen wird auf Band V (Kraftfahrtversicherung) verwiesen. Vgl. dazu OLG Hamm 29.1.1993 NJW-RR 1993 995.
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Vorbemerkungen
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vertrages. Die höchstrichterliche Rechtsprechung 33 sieht deshalb die VR zu Recht für verpflichtet an, vorläufigen Versicherungsschutz auch in der Kasko- bzw. Kraftfahrzeugunfallversicherung zu gewähren, sofern sie nicht deutlich darauf hinweisen, dass die vorläufige Deckung nur in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung übernommen wird. Das gilt auch, wenn der Wunsch nach Kaskoversicherung nur telefonisch oder anderweitig mündlich mitgeteilt wird.34 Die bloße Einschränkung des Versicherungsschutzes für die vorläufige Deckung in den AKB 200835 (und deren früheren Fassungen) auf die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, sofern nicht eine ausdrückliche Zusage des VR für den mitbeantragten Kasko- und Unfallschutz erteilt wird, ist ungenügend.36 Von einem durchschnittlichen VN, der um Versicherungsschutz über die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hinaus bittet, kann redlicherweise nicht erwartet werden, dass er ohne gesonderten Hinweis bei Erhalt der Deckungskarte oder der elektronisch übermittelten Nachricht an die Zulassungsstelle erkennt, dass bei Ingebrauchnahme des Fahrzeugs nur eingeschränkter Versicherungsschutz besteht. Dasselbe gilt, wenn an Stelle eines bislang nicht lediglich in der Haftpflichtsparte versicherten Fahrzeugs ein neu erworbenes versichert werden soll. Ein durchschnittlicher VN geht im Regelfall davon aus, dass sich bei einem derartigen Antrag „nichts ändert“, sondern lediglich an Stelle des bisherigen Fahrzeugs das neue entsprechend versichert wird. Anders ist dies nur, wenn kommentarlos eine „Deckungskarte“ für ein bislang bei dem VR nicht versichertes Fahrzeug beantragt wird.37 Wenn für den VR nicht erkennbar ist, dass dieses anstatt eines bislang bei ihm versicherten Kraftfahrzeugs versichert werden soll und auch sonst keine Wünsche des VN bekannt sind, ist weder im Hinblick auf die aus § 6 Abs. 1 resultierenden Beratungspflichten noch in Bezug auf einen etwaigen Vorvertrag (§ 6 Abs. 4) in aller Regel ein Beratungsanlass erkennbar. b) Andere Versicherungssparten. Auch außerhalb der Kraftfahrtversicherung kann 16 die Auslegung eines Versicherungsantrags als (zusätzlichem) Antrag auf vorläufige Deckung geboten sein. Sie liegt immer nahe, wenn es dem VN erkennbar auf einen sofort einsetzenden und nicht nur auf einen von dem Zustandekommen des Hauptvertrages, gegebenenfalls rückwirkend einsetzenden Versicherungsschutz ankommt. Das kann etwa in der Feuer- und Wohngebäudeversicherung der Fall sein, ebenso bei industriellen Versicherungen, vor allem wenn die Finanzierung von Anlagen oder Maschinen vom Bestehen eines Versicherungsschutzes erkennbar abhängt. Falls die Auslegung des Antrags in solchen und vergleichbaren Fällen ergibt, dass für den VN sofortige Deckung vertragswesentlich ist und es ihm nicht nur auf einen auf den beantragten Zeitpunkt rückwirkenden, von der Policierung des Versicherungsvertrages abhängigen Versicherungsschutz angekommen ist, weicht der eine bloße Rückwärtsversicherung dokumentierende Versicherungsschein von dem Antrag ab. Sofern auf die Abweichung nicht ausdrücklich hingewiesen ist, gilt der Versicherungsvertrag nach § 5 als mit dem Inhalt des (ausgelegten) Antrags zustande gekommen. c) Vorläufige Deckungszusage durch Vermittler. Sofern Vermittler nicht ausnahms- 17 weise mit einer Abschlussvollmacht durch den VR ausgestattet sind (§ 71), fehlt ihnen
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seit BGH 9.10.1985 VersR 1986 54 bestätigt in BGH 14.07.1999 VersR 1999 1274. Vgl. BGH 19.3.1986 VersR 1986 541; BGH VersR 1999 1274; OLG Koblenz 25.7.1997 VersR 1998 311.
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Vgl. B 2.1. und B 2.2. AKB 2008. Vgl. BGH 14.7.1999 NJW 1999 3560; OLG Hamm 26.4.1989 VersR 1990 83. Vgl. Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 16.
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die erforderliche Vertretungsmacht zu einer den VR bindenden Zusage vorläufiger Deckung. Selbst wenn der Vermittler nur über die gesetzliche Vollmacht des § 69 verfügt, kommt vorläufige Deckung zu Lasten des VR rechtswirksam zustande, wenn dieser den Vermittler mit Antragsformularen ausgestattet hat, die vorläufige Deckung ab Antragstellung oder Antragseingang bei dem VR vorsehen. Denn die gesetzliche Vermittlungsvollmacht schließt ausdrücklich die Entgegennahme von Anträgen und den Auftrag zur Weiterleitung an den VR ein (§ 69 Abs. 1 Ziffer 1). Auf eine eigene gesonderte Annahmeentscheidung hat der VR in diesen Fällen durch seine in den Formulartext aufgenommene antizipierte Annahmeerklärung verzichtet. Entscheidend für den vorläufigen Versicherungsschutz ist bedingungsgemäß nur, dass der Antrag von dem VN unterzeichnet wird bzw. nach Unterzeichnung dem VR zugeht, d.h. zu der Posteingangsstelle des VR gelangt. Der Annahme einer konkludenten Vertretungsmacht 38 bedarf es deshalb in diesen Fällen nicht. Von einer konkludenten Vertretungsmacht muss dagegen ausgegangen werden, wenn ein Makler mit entsprechenden Formularsätzen ausgestattet worden ist und diese im Rahmen des ihm vom VR vorgegebenen Verwendungszwecks einsetzt, auch wenn ein Makler grundsätzlich im Lager des VN steht.39 Falls der Vermittler ohne eine derartige Antragsgestaltung Zusagen auf eine vorläufige Deckung macht oder den Anschein erweckt, zu einer solchen Zusage ermächtigt zu sein, ist eine differenziertere Betrachtung geboten. Handelt auf Seiten des VN ein Makler, kommt eine Zurechnung seines Handelns zu Lasten des VR allenfalls bei Hinzutreten weiterer Umstände in Betracht; fehlt es daran, bleiben dem VN nur Schadenersatzansprüche gegen seinen Makler. Wenn die Antragsverhandlungen von einem Versicherungsvermittler geführt worden sind und sich aus den Antragsdokumenten keine – wenn auch bedingte und von der Unterzeichung des Versicherungsantrags bzw. des Eingangs dieses Antrags bei dem VR abhängige – antizipierte Annahmeerklärung des VR in Bezug auf vorläufigen Deckungsschutz findet, kann von einer stillschweigend erklärten vorläufigen Deckungszusage zu Lasten des VR nur ausnahmsweise ausgegangen werden. Die Entscheidung des LG Hannover vom 26.07.1979,40 das eine „Art vorläufiger Deckungszusage“ mit der Begründung angenommen hat, ein VN dürfe bei einem über einen Versicherungsvertreter gestellten Antrag, der als gewünschten Versicherungsbeginn das Antragsdatum ausweist, erwarten, dass nunmehr alles in Ordnung gehe und er (sofort) Versicherungsschutz erhalten werde, lässt sich nicht verallgemeinern. Denn auch einem durchschnittlichen VN ist regelmäßig bewusst, dass die Entscheidung über einen Versicherungsantrag dem VR und nicht etwa dem Vermittler obliegt. Er weiss in der Regel auch, dass in der privaten Versicherungswirtschaft kein Annahmezwang besteht. Deshalb wird er – jedenfalls außerhalb der Kraftfahrtversicherung – nicht ohne besondere Umstände annehmen können, unabhängig von dem späteren Zustandekommen der beantragten (Haupt-)Versicherung sofort und unter allem Umständen bereits ab dem von ihm gewünschten Zeitpunkt an Versicherungsschutz aus einer vorläufigen Deckungszusage erlangt zu haben. Vorrangig muss durch Auslegung der wechselseitigen Erklärungen überprüft werden, ob der VN eine Rückwärtsversicherung oder vorläufigen Versicherungsschutz wollte. Wenn der Vermittler lediglich den Eindruck erweckt hat, der Annahme des Versicherungsantrags auf eine Rückwärtsversicherung stehe nichts entgegegen, bindet dies den VR möglicherweise
38
So BGH 13.11.1985 VersR 1986 131; OLG Koblenz 25.7.1997 VersR 1998 312; Langheid/Wandt/Rixecker § 49 Rn. 19.
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OLG Düsseldorf 31.10.2003 VersR 2004 1170. LG Hannover 26.7.1979 VersR 1980 350.
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nur hinsichtlich seiner Annahmeentscheidung und führt ggf. zu einem Schadenersatzanspruch, sofern die Erwartung des VN enttäuscht wird. Dann ist der VN jedoch nur so zu stellen, als wäre die beantragte Rückwärtsversicherung tatsächlich zustande gekommen.41 3. Beweisfragen Wer sich auf vorläufigen Deckungsschutz für einen Versicherungsfall außerhalb der 18 materiellen Deckungsdauer der angestrebten Hauptversicherung beruft, muss darlegen und gegebenenfalls nachweisen, dass 1. ein Vertrag über vorläufige Deckung zustande gekommen ist, 2. der Versicherungsfall während der Geltungsdauer der vorläufigen Deckung eintrat und 3. Versicherungsdeckung im Rahmen des – gegebenenfalls eingeschränkten – Versicherungsschutzes für den gelten