Vormärz und Revolution: Die Tagebücher des Großherzogs Franz Friedrich II. von Mecklenburg-Schwerin 1841-1854 9783412216955, 9783412222710

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Vormärz und Revolution: Die Tagebücher des Großherzogs Franz Friedrich II. von Mecklenburg-Schwerin 1841-1854
 9783412216955, 9783412222710

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QUELLEN UND STUDIEN AUS DEN LANDESARCHIVEN ­M ECKLENBURG-VORPOMMERNS herausgegeben von Kathleen Jandausch, Matthias Manke, Martin Schoebel und René Wiese Band 16

VORMÄRZ UND REVOLUTION DIE TAGEBÜCHER DES GROSSHERZOGS FRIEDRICH FRANZ II. VON MECKLENBURG-SCHWERIN 1841–1854

Kommentiert, eingeleitet und herausgegeben von René Wiese

2014 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildungen Vorderseite: Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin mit Gefolge, Gemälde von Theodor Schloepcke 1852 (Ausschnitt), Staatliches Museum Schwerin. Rückseite: Tagebücher, Landeshauptarchiv Schwerin, 5.2-4-1-4, Nr. 12 und 12a.

© 2014 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Text Bild Recherche Rainer Borsdorf, M.A. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-22271-0

Ilona Buchsteiner (1948–2003) unvergessen

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Biographische Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Editorische Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einrichtung der Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Häufig genannte und nicht kommentierte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Tagebücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Tagebuch vom 1. Januar 1841 bis 19. März 1844 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Tagebuch vom 20. März 1844 bis 3. November 1849 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Aufzeichnungen 1850–1854 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Geographisches Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

Vorbemerkungen Biographische Einleitung Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin wurde am 28. Februar 1823 in eine Epoche hineingeboren, in der die Monarchie nach den napoleonischen Kriegen auf die Restauration alter Ordnungen setzte, ohne jedoch den angestoßenen gesellschaftlichen Wandel beherrschen zu können.1 Die Gewährung von Freiheitsrechten und die Emanzipation breiter Bevölkerungsschichten von obrigkeitlicher Bevormundung konnten Monarchen verzögernd mitgestalten, aber letztlich ebenso wenig aufhalten wie die Demokratisierung und Nationalisierung der europäischen Staaten. Mecklenburg lag dabei nicht im Abseits, auch wenn die Mächte des Beharrens weite Teile des politischen Feldes beherrschten. Die Erziehung Friedrich Franz II. am Hof seines Urgroßvaters Friedrich Franz I. in Ludwigslust fiel in den 1820er/30er Jahren in eine Zeit christlicher Glaubenserweckung, später Romantik und des aufkommenden Historismus.2 Gerade die neue, betont religiöse Lebensführung wurde im Haus Mecklenburg kultiviert. Das tat insbesondere Friedrich Franz‘ Großmutter, die 1819 verwitwete Erbgroßherzogin Auguste,3 die christlichen Erweckungsgedanken Eingang in die Familie verschaffte. Seine Mutter, die preußische Prinzessin Alexandrine,4 brachte die in den napoleonischen Kriegen unter ihrem Vater König Friedrich Wilhelm III. gewachsene Frömmigkeit der Hohenzollern nach Mecklenburg. Die 1822 geschlossene Verbindung Alexandrines mit dem mecklenburgischen Erbgroßherzog Paul Friedrich5 öffnete das Haus Mecklenburg dem Einfluss der Hohenzollern, die – vom hohen Mittelalter an mit den Mecklenburgern erbverbrüdert – seit 1708 auch die mecklenburgischen Herrschaftstitel führten. Nach der Geburt

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Die biographische Einordnung darf skizzenhaft bleiben. Verwiesen sei auf Wiese, René: Orientierung in der Moderne. Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg und seine Zeit, Bremen 2005; Ders.: Friedrich Franz II., in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 4, Rostock 2004, S. 57–65. Münch, Ernst: Friedrich Franz I., in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 6, Lübeck 2011, S. 108–116; Manke, Matthias: Der galante Fürst – Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin und die Frauen, in: Mecklenburgische Jahrbücher 127 (2012), S. 199– 189; Ders.: Der alternde Fürst – Großherzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin in den Jahren 1819–1822, in: Ders.; Münch, Ernst (Hg.): Alt werden in Mecklenburg im Wandel der Zeit. Lübeck 2012, S. 49–102. Wiese, René: Erbgroßherzogin Auguste von Mecklenburg (1776–1871) zwischen Homburg, Rudolstadt und Ludwigslust, in: Mecklenburgische Jahrbücher 123 (2008), S. 177–198. Wiese, René: Großherzogin Alexandrine, in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 5, Rostock 2009, S. 14–17. Wiese, René: Großherzog Paul Friedrich, in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 5, Rostock 2009, S. 236–239.



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des Thronfolgers Friedrich (Franz II.) bekam das erbgroßherzogliche Paar 1824 und 1827 mit Louise und Wilhelm noch zwei weitere Kinder.6 1837, im Jahr ihrer Thronbesteigung, schickten die Eltern ihren ältesten Sohn nach Dresden auf die Blochmannsche Erziehungsanstalt. Der Aufenthalt diente neben dem Schulunterricht in erster Linie der Einübung gesellschaftlichen Umgangs in der sächsischen Residenz. Der junge Theologe Theodor Kliefoth und der Gouverneur Adolph von Sell begleiteten Friedrich Franz.7 Drei Jahre später bezog der Erbgroßherzog in Begleitung seines Gouverneurs die Bonner Universität, vor allem um neben fremden Sprachen eine juristisch und historisch fundierte Bildung zu erwerben. Dass dabei den Vergnügungen der Bonner Gesellschaft ein hoher Stellenwert zukam, versteht sich für einen hochadligen Studenten von selbst. Selbstsicheres und gewandtes Auftreten war eine Grundvoraussetzung, um später als Herrscher zu bestehen. Die damals blühende Rheinromantik und die damit verbundene Präsenz vieler englischer Familien in Bonn und Umgebung haben im Tagebuch sichtbare Spuren hinterlassen. Ohne den Bildungsweg abgeschlossen und zum Thronfolger gereift zu sein, musste – in diesem Modus des Zwangs durchaus eine Belastung – Friedrich Franz als II. seines Namens im März 1842 nach dem plötzlichen Tod seines Vaters die Regierung in Mecklenburg-Schwerin antreten. Großherzog Paul Friedrich hinterließ seinem Sohn viele Sympathien, aber auch ungelöste politische Aufgaben wie die Integration der bürgerlichen Gutsbesitzer in die Ständeverfassung oder die Anpassung der Wirtschafts- und Sozialordnung an moderne Entwicklungen, die sich in der mecklenburgischen Landwirtschaft längst Bahn gebrochen hatten. In Anbetracht der Last, unerfahren und mit wenig Überblick über die Verwaltung schwierige Entscheidungen verantworten zu müssen, suchte Friedrich Franz II. in den 1840er Jahren die Unterstützung von Beratern, namentlich die seines Ersten Ministers Ludwig von Lützow8 und die des Theologen Theodor Kliefoth. Bei vorsichtigen Veränderungen, die die Stellung der Monarchie nicht gefährdeten, folgte Friedrich Franz II. in der Regel dem Rat seines Ministers von Lützow. Das Amt des Oberbischofs füllte der Großherzog von Anfang an energischer aus, u. a. indem er den tatkräftigen Kliefoth 1844 zum Superintendenten von Schwerin machte.

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Wiese, René: Herzog Wilhelm zu Mecklenburg (1827–1879) – preußischer Kavallerieoffizier, Bankrotteur und Weltreisender wider Willen, in: Mecklenburgische Jahrbücher 125 (2010), S. 225–250; Kasten, Bernd: Prinz Schnaps. Herzog Wilhelm zu Mecklenburg, in: Ders.: Prinz Schnaps. Schwarze Schafe im mecklenburgischen Fürstenhaus, Rostock 2009, S. 12–18. Wiese, René: Theodor Kliefoth und Großherzog Friedrich Franz II. Kirche und Monarchie im 19. Jahrhundert, in: Mecklenburgia sacra. Jahrbuch für Mecklenburgische Kirchengeschichte 13 (2010), S. 9–27. Wiese, René: Ludwig von Lützow, in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg, Bd. 4, Lübeck 2004, S. 155–161.

10 Vorbemerkungen Vom jugendlichen Großherzog allerdings die Initiative zu einer grundstürzenden Verfassungsreform zu erwarten, bei der auch die Strelitzer Linie des Hauses ein gewichtiges Wort mitzusprechen hatte, überspannte den ihm zugewiesenen Handlungsrahmen innerhalb der mecklenburgischen Ständemonarchie. Auf den jährlichen Landtagen in Malchin oder Sternberg war Friedrich Franz II. nur durch Kommissare vertreten. Die krisenhafte Zuspitzung der politischen Lage zwischen den landtagsfähigen adligen und bürgerlichen Großgrundbesitzern in den 1840er Jahren wurde zusätzlich durch den Pauperismus und die Versorgungskrise der Bevölkerung 1846/47 verschärft. Der Großherzog war gezwungen, eine erneute Reise ans Mittelmeer aufzuschieben: „Große Theuerung.“9 Es sollte ein Aufschub für Jahre werden, als die Märzrevolution Friedrich Franz II. 1848 zu demokratischen Zugeständnissen und ständiger Präsenz in Mecklenburg zwang. Der Großherzog machte sich, immer seinem Minister Ludwig von Lützow folgend und die preußischen Entwicklungen im Blick, die Forderung nach einer konstitutionellen Verfassung zu Eigen, wenn auch zunächst abwartend und hinhaltend. Zu bedenken ist dabei, dass der Großherzog zu einem politisch ganz ungünstigen Zeitpunkt einen bedeutenden Teil seiner Truppen in den Krieg gegen Dänemark nach Schleswig schicken musste. Den Lauf der Zeiten aber besser verstehend als sein Onkel, der preußische König, setzte Friedrich Franz II. schließlich unter Ludwig von Lützow eine Kommission zur Vereinbarung einer Verfassung mit der im Oktober 1848 gewählten Abgeordnetenversammlung ein. Nach langen, in der Nachbetrachtung zu langen, immer wieder gestörten Verhandlungen mit dem Parlament wurde im Oktober 1849 das konstitutionelle Staatsgrundgesetz zu einem Zeitpunkt wirksam, als im Gefolge der allgemeinen Reaktion die Verfassungsgegner die Oberhand gewannen. Friedrich Franz II. hatte wenige Unterstützer, dafür aber viele und mächtige Gegner: Den Strelitzer Großherzog Georg und dessen Söhne, seinen Großonkel und seinen Bruder (die Herzöge Gustav und Wilhelm) sowie den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. und nicht zuletzt die „Ultras“ im mecklenburgischen Adel. Sie setzten alles daran, die neue, vom Großherzog beschworene Verfassung zu beseitigen. Schwere Zeiten für einen entscheidungsscheuen Monarchen, der sein Verfassungsversprechen halten, aber auch nicht als Steigbügelhalter der Volksherrschaft in die Geschichte eingehen wollte.10 Als Friedrich Wilhelm IV. von Preußen dann allerdings ein durch Bundesrecht gedecktes militärisches Eingreifen in den mecklenburgischen Verfassungskonflikt in Betracht zog, ließ Friedrich Franz II. das Ministerium von Lützow fallen und legte im April 1850 das Schicksal seines Landes in die Hände eines von Preußen dominierten Schiedsgerichtes, das im September die alten Stände wieder in ihre Rechte einsetzte 9 10

Tagebucheintrag nach dem 14. März 1847. So im Todesjahr des Großherzogs 1883 mit Rückblick auf das Jahr 1849 Neuhaus, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln u. a. 2013, S. 249.



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und den Großherzog zu einem schmerzlichen Wortbruch verurteilte.11 Diese Ereignisse sind leider nur noch in knappem Rückblick in den Tagebüchern überliefert. Da für die folgenden Jahrzehnte keine Tagebuchaufzeichnungen mehr vorliegen, sei dieser Lebensabschnitt mit Verweis auf die oben genannte Literatur nur kurz dargelegt. Friedrich Franz II. überließ in den 1850er Jahren weitgehend der Reaktion das politische Feld, auch zur Verfolgung und Bestrafung von Demokraten. Von Preußen dann 1866 vor die Machtfrage gestellt, setzte der Großherzog durch ein Bündnis mit den Hohenzollern gegen Österreich und die mit ihm verbündeten deutschen Staaten einen machtpolitischen Kontrapunkt zur altadligen Elite Mecklenburgs. Den politisch tonangebenden Adelsfamilien waren der Deutsche Bund und die 1806 gewonnene Souveränität der mecklenburgischen Großherzogtümer als Schutzschild ihrer Privilegien lieb und teuer. Friedrich Franz II. dagegen war schon 1848/49 in der eng mit der Revolution verknüpften deutschen Frage bereit gewesen, Souveränitätsrechte aufzugeben und einen gesamtdeutschen Staat unter der Führung Preußens zu unterstützen. Höhepunkt seines Herrscherlebens war dann seine Beteiligung als Heerführer am deutsch-französischen Krieg 1870/71, die dem Haus Mecklenburg ein militärisch-politisches Charisma verlieh, mit dem es seine Herrschaft auch nach der Aufgabe wichtiger Souveränitätsrechte noch einmal befestigen konnte. Mit ihrem Eintritt in den Norddeutschen Bund 1867 entwickelten beide Mecklenburg schließlich ihr bis 1918 typisches Janusgesicht. Landwirtschaftlich seit den 1820er Jahren hochproduktiv, erreichte die Großherzogtümer auf der einen Seite die vom Norddeutschen Bund bzw. ab 1871 vom Reich durchgesetzte Moderne. Die andere Seite dieses Gesichts aber beherrschten die politischen Strukturen der vormodernen Ständegesellschaft.12 In diesen für Mecklenburg politisch außerordentlich bewegten Zeiten trug Friedrich Franz II. 1862 seine erste, ihm 1849 angetraute Frau Auguste von Reuß-Köstritz zu Grabe, drei Jahre später seine zweite Frau Anna von Hessen-Darmstadt, die er 1864 geheiratet hatte. 1868 heiratete er ein drittes Mal: Marie von SchwarzburgRudolstadt, die noch den Untergang der mecklenburgischen Monarchie erlebte und 1922 verstarb.13 Der Großherzog hatte seit den 1850er Jahren mit acht ihn überle11

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Wiese, René: Romantischer Historismus als politische Leitorientierung: König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und das Scheitern der mecklenburgischen Verfassungsreform 1850, in: John, Anke (Hg.): Reformen in der Geschichte. Festgabe für Wolf. D. Gruner zum 60. Geburtstag, Rostock 2005, S. 105–121. John, Anke: Die Entwicklung der beiden mecklenburgischen Staaten im Spannungsfeld von Landesgrundgesetzlichem Erbvergleich und Bundes- bzw. Reichsverfassung vom Norddeutschen Bund bis zur Weimarer Republik, Rostock 1997; Kasten, Bernd: Herren und Knechte. Gesellschaftlicher und politischer Wandel in Mecklenburg-Schwerin 1867–1945, Schwerin 2011. Siehe zum Haus Mecklenburg seit den 1880er Jahren die Arbeiten von Kasten, Bernd: Friedrich Franz III., in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 6, Rostock 2011, S.117– 120 sowie: Der letzte Großherzog. Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin (1882– 1945), in: Mecklenburgische Jahrbücher 122 (2007), S. 253–285.

12 Vorbemerkungen benden Nachkommen (darunter sechs Söhnen) sein Haus wieder auf eine breite dynastische Grundlage gestellt. Sein Urgroßvater, Großherzog Friedrich Franz I. hatte nur einen seiner Söhne, den Erbgroßherzog Friedrich Ludwig, verheiraten können. Das gleiche galt für dessen männliche Nachkommen. In den 1840er Jahren war die großherzogliche Familie daher sehr klein. Nach 1842 gehörten der Dynastie nur Friedrich Franz II. selbst, sein Bruder Wilhelm, der keine männlichen Nachkommen haben sollte, und sein unverheirateter Großonkel Gustav sowie als weibliche Mitglieder seine Mutter Alexandrine und bis 1849 seine Schwester Louise an. Die Geburt seines Enkels Friedrich Franz (IV.) 1882 unterstrich die neu gewonnene Stabilität der mecklenburgischen Erbmonarchie. Friedrich Franz II. starb am 15. April 1883 als ein über sein Land hinaus anerkannter und selbstbewusster Fürst, der auf Staatsporträts nichts mehr von dem jungen Herrscher erkennen ließ, der 1844 angesichts der hohen Anforderungen an den Herrscherberuf seinem Tagebuch anvertraut hatte: „Ich könnte abdiciren.“14 Aus den über vierzig Jahren seiner Herrschaft ging der Schweriner Zweig des Hauses Mecklenburg ungeachtet aller Krisen durchaus gestärkt hervor. Friedrich Franz II. hatte auf der Schweriner Burginsel ein gewaltiges, aufsehenerregendes Residenzschloss bauen lassen und als Oberbischof seiner Landeskirche dem neugotischen Kirchenbau eine große Blüte ermöglicht.15 Er engagierte sich vorbildhaft in der obrigkeitlichen Sozialfürsorge und zeigte sein Familienleben mit ihm als christlichem Hausvater an der Spitze öffentlichkeitswirksam und beispielgebend vor. Als Förderer von Wissenschaft und Künsten hat der Großherzog in der Universitätsstadt Rostock und in der Residenzstadt Schwerin bleibende Spuren hinterlassen. Ein Schatten allerdings fällt auf diese Bilanz: die in seiner Regierungszeit aufgekommene, im Kaiserreich schließlich sprichwörtlich gewordene politische Rückständigkeit Mecklenburgs, die sich, ins Allgemeine gewendet, inzwischen im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verfestigt hat.16

Editorische Einleitung Quellenwert Wie viele Editionen hat auch die der Tagebücher Friedrich Franz‘ II. von Mecklenburg-Schwerin eine eigene, bald zehn Jahre zurückreichende Geschichte. Die dem Großherzog damals gewidmeten biographischen Studien17 hatten Auswertungsmöglichkeiten aufgezeigt, die über die dominierenden politischen und religionsgeschicht14 Tagebucheintrag vom 18. November 1844. 15 Wiese, René: Denkmal einer Zeitenwende. Der Umbau des Schweriner Schlosses im 19. Jahrhundert, in: Mecklenburgische Jahrbücher 121 (2006), S. 141–166. 16 Bernd Kasten: Alles 50 Jahre später? Die Wahrheit über Bismarck und Mecklenburg, ­Rostock 2013. 17 Vgl. Anm. 1.



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lichen Fragestellungen der Dissertation hinauswiesen. Durch berufliche (Um-)Orientierung auf das Archivwesen musste die Transkription einige Jahre liegen bleiben und läge wohl noch, wenn nicht die Diskussion um das Schweriner Schloss-Ensemble als Weltkulturerbe mit einem Fachkolloquium im Herbst 2010 öffentlich wirksam geworden wäre. Der Antrag um Aufnahme in die deutsche Tentativliste beruft sich beim „outstanding universal value“ (OUV) auf die UNESCO-Kriterien Nr. III und IV: Schwerin stelle ein außergewöhnliches Zeugnis einer kulturellen Tradition oder untergegangenen Kultur dar und biete ein hervorragendes Beispiel eines landschaftlich eingebundenen Architekturensembles, das einen bedeutsamen Abschnitt der Geschichte der Menschheit versinnbildlicht.18 Wer wie die politischen Entscheidungsträger von Land und Stadt der Residenz Schwerin diesen globalen Stellenwert zugeschrieben sieht, sollte nicht nur prunkende Fassaden und glänzende Kuppeln in den Blick nehmen. Es gilt mehr noch, die Schweriner (und auch die Ludwigsluster) Hof- und Residenzkultur historisch angemessen zu charakterisieren und die Mitte des 19. Jahrhunderts als Epoche universeller Bedeutung aus mecklenburgischer Per­ spektive zu profilieren.19 Nur wenn das gelingt, wird sich der Anspruch Schwerins auf ein Weltkulturerbe neben den bayerischen Königsschlössern behaupten können – auch ohne einen geheimnisumwitterten Skandalherrscher wie König Ludwig II. von Bayern.20 Eine unverzichtbare Möglichkeit, hier belastbaren Erkenntnissen vorzuarbeiten, ist die Veröffentlichung grundlegender Geschichtsquellen. Die Tagebücher des Bauherrn des Schweriner Schlosses stehen dabei ganz oben an. Sie schweigen zwar über Details der Entwürfe und Planungen, lassen aber die romantisch-historische Gefühlslage und das dynastische Kalkül erkennen, denen sich der prestige-, aber auch kostenreiche Schlossumbau verdankte. Folgt man den Gründen, die die 1840er Jahre als Mecklenburgs große Zeit nahelegen, kommt ein weiterer, über das Schweriner Schlossensemble hinausweisender Anstoß für die Edition hinzu. Und der ist für die Identitätsstiftung von entscheidender Bedeutung. Die 1840er Jahre stellen eine Epoche dar, in der beide Mecklenburg als souveräne Staaten im Deutschen Bund nicht ausschließlich mit dem noch heute diskursbestimmenden Makel der Rückständigkeit

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Ottersbach, Christian: Aspekte des OUV, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Residenzensemble Schwerin – Kulturlandschaft des Romantischen Historismus, Schwerin 2012, S. 21–120. Das forderte auch Romano, Giulio: Der Antrag für das Welterbe – Anmerkungen zu einer verpflichtenden Aufgabe, in: Das Schweriner Schlossensemble – Auf dem Weg zum UNESCO-Welterbe. Tagungsdokumentation, Schwerin 2011, S. 85–95, hier S. 92. Obermeier, Ludwig (Hg.): Das geheime Tagebuch König Ludwigs II. von Bayern 1869– 1886, München 1986. Siehe auch die große bayerische Landesausstellung bei Wolf, Peter (Hg.): Götterdämmerung. König Ludwig II. und seine Zeit, Darmstadt 2011.

14 Vorbemerkungen behaftet waren,21 sondern durchaus entwicklungfähige Keime der Modernisierung in sich trugen.22 Neben krisenhaften Zuständen wie dem Pauperismus sind hier die rationell betriebene Landwirtschaft oder der Eisenbahnbau zu nennen.23 Auch wurde das Land noch nicht machtpolitisch durch das Königreich Preußen dominiert. Nimmt man die politischen Reformdebatten auf den Landtagen und die liberale Haltung der Staatsverwaltung oder gar die Verfassung von 1849 hinzu, lässt sich der für das architektonische Weltkulturerbe bedeutsame Geschichtsabschnitt konkreter herausarbeiten und mit der in den Tagebüchern dokumentierten mecklenburgischen Hof- und Herrschaftskultur verbinden. Bezeichnend für die zentrale Epochenstellung der Vormärzzeit ist auch, dass Fritz Reuters Roman „Ut mine Stromtid“, der Mecklenburg und die Mecklenburger in die Weltliteratur einführte, von den 1830er und 1840er Jahren handelt.24 Der 1862 veröffentlichte Roman endet in bezeichnender Weise wie auch die Tagebücher des Großherzogs mit der Revolution 1848/49.25 Die noch nicht eigens erforschte Reaktionszeit in Mecklenburg ist nicht mehr ihr Gegenstand. Die Tagebücher gehen dabei über die Notierung höfischer Etikette weit hinaus. Sie zeigen die mecklenburgische Erbmonarchie in der Auseinandersetzung mit den Anforderungen des 19. Jahrhunderts: öffentlich und populär für das zunehmend auf bürgerliche Werte orientierte Wohl des Landes zu wirken und doch die alte exklusive Stellung des Fürstenhauses und des Adels zu bewahren. Der daraus resultierende gesellschaftliche Umgang des Großherzogs lässt, wie bei Reuter auch, die spezifische 21

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Vgl. jüngst wieder die Rede von der „geschichtsnotorischen Mecklenburger Verspätung“ bei Staszak, Heinz-Jürgen: Evaluation und Transformation der DDR-Germanistik. Ein Erfahrungsbericht, in: Cölln, Jan; Holznagel, Franz-Josef (Hg.): Positionen der Gemanistik in der DDR. Personen – Forschungsfelder – Organisationsformen, Berlin 2013, S. 29–42, hier S. 33. Blum, Jerome: In the beginning. The advent of modern age. Europe in the 1840s, New York 1994, S. 335f. Wiese, René: Gebotene Humanität oder falsche Philanthropie? Sozialethische Kontroversen um die Einliegeransiedlung in Mecklenburg um 1840/50, in: Der Festungskurier. Beiträge zur Mecklenburgischen Landes- und Regionalgeschichte 3 (2003), S. 45–59; Buchsteiner, Ilona: Aspekte von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in Mecklenburg in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Dies. (Hg.): Die mecklenburgischen Großherzogtümer im deutschen und europäischen Zusammenhang 1815–1871, Rostock 2002, S. 63–74; Manke, Matthias: Reform, Revolution, Resignation. Das politische Wirken des bürgerlichen Gutsbesitzers Samuel Schnelle auf Buchholz (1803–1877), in: Thünen-Jahrbuch 8 (2013), S. 135– 192. Batt, Kurt: Reuter und die Folgen, in: Niederdeutsch heute. Materialien einer Arbeitstagung des Freundeskreises niederdeutsche Sprache und Literatur im Kulturbund der DDR, ­Rostock 1975, S. 20–36; Gernetz, Hans Joachim: Niederdeutsch – gestern und heute, Rostock 1980, S. 122f. Wiese, René: Die Großherzöge von Mecklenburg-Schwerin in den Reimschwänken Fritz Reuters und Rudolf Tarnows, in: Wagner, Wolfgang Eric; Niemann, Mario (Hg.): Von Drittfrauen und Ehebrüchen, uniformierten Fürsten und Pferdeeinberufungen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Ernst Münch, Hamburg 2014, S. 337–348.



Editorische Einleitung

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Zusammensetzung des mecklenburgischen Sozialmilieus gut erkennen: die „eingeborene“ adlige Elite und die um Gleichberechtigung mit ihr kämpfenden bürgerlichen Gutsbesitzer, die Gutspächter, Pastoren und landstädtischen Bürgermeister, die Seeleute und Gewerbetreibenden in den Küsten- und Landstädten, aber auch die angesichts der Güter oft vergessenen Bauern in den großherzoglichen Domanialämtern, die auf ihren Pferden bisweilen zu Hunderten den Herrscher eskortieren. Die Tagebücher des Großherzogs sind eines der wenigen edierten Selbstzeugnisse eines regierenden deutschen Bundesfürsten der Vormärz- und Revolutionszeit.26 Sie lassen sich weit über Fragestellungen zur mecklenburgischen Landesgeschichte hinaus auswerten. Neben der Analyse des Regierungsstils und des Zustandekommens von Entscheidungen in einer ständisch gebundenen Erbmonarchie27 gilt das vor allem für Grundfragen des 19. Jahrhunderts wie etwa die Gegenaufklärung. Friedrich Franz II. schrieb ein Bekenntnistagebuch, das sich aus der Neuerweckung des evangelischen Christentums in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts speiste. Namentlich die Mutter des Großherzogs, Alexandrine und seine (Stief-)Großmutter Auguste haben, aus Berlin/Potsdam und Homburg kommend, diese Komponente religiöser Hofkultur in Schwerin und Ludwigslust gestärkt. Der Erbgroßherzog wurde in einem ausgeprägten Sündenbewusstsein erzogen, das auch und gerade die soziale Elite als heilsgefährdet und erlösungsbedürftig ansprach. Auch ein Herrscher verfügte demnach nicht souverän über sich und sein Leben, sondern musste, an der Bibel und an Erbauungsbüchern orientiert, nach seelisch-geistlicher Erlösung und politisch-weltlichen Problemlösungen suchen. Das gilt auch für die religiöse Bindung der Sinnlichkeit, die keine außerehelichen Sexualkontakte zuließ und schon bei der Novalis-Lektüre die Erregung sinnlicher Leidenschaften dämpfen sollte.28 Geistliche Lektüre, Gebet und Kirchenbesuch nahmen einen ganz anderen Stellenwert ein als noch ein oder zwei Herrschergenerationen zuvor. Ein Beispiel dafür ist der gemeinsam mit den Hohenzollern betriebene Gebetskult um den 1840 verstorbenen König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, den Großvater Friedrich Franz‘ II.29 Überhaupt spielt die an Todestage und Regierungsjubiläen orientierte Memoria des Hochadels in den Tagebüchern eine herausragende Rolle. Das trifft auch auf die dem pietistischen Erbe geschuldete Persönlichkeitsteilung nach Innen und Außen zu. Da das Herrscherleben nur schwer mit den ethischen Konsequenzen eines im Sinne der Erweckungsbewegung „wahrhaftigen“ christlichen Glaubens in Einklang zu bringen war, wurde es als äußerlich abgespalten. Dazu stand im Gegensatz die bessere, innere 26 27

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Matzerath, Joseph (Hg.): Der sächsische König und der Dresdner Maiaufstand. Tagebücher und Aufzeichnungen aus der Revolutionszeit, Köln u. a. 1999. Vgl. die Diagnose zur monarchischen Regierungsform nach 1815: „in der Empfindung und Weise der Fürsten und Minister [hat] sich noch viel mehr geändert, und an Gehorchenden würde es nicht fehlen, wenn nur rechte Befehler da wären.“ Savigny an Jacob Grimm, ­8. ­August 1819, zit. bei Stoll, Adolf: Friedrich Karl von Savigny. Professorenjahre in Berlin 1810–1841, Berlin 1929, S. 261 f. Tagebucheintrag vom 4. Mai 1842. Tagebucheintrag vom 7. Juni 1842.

16 Vorbemerkungen Seite der Persönlichkeit, die ganz Christus gehörte und vor der Welt behütet werden musste. Nicht von ungefähr sah sich der Großherzog in der Veranwortung, „für 500.000 Erdenbewohner nach Gottes Willen zu sorgen, soweit es über ihren eigenen Standpunkt hinausgeht, sowohl in Beziehung auf ihr äußeres Leben als auf ihre eigentliche Bestimmung hinieden.“30 Diese als wesentlich bestimmte Lebensausrichtung aller Untertanen durch die theologische Neuausrichtung des Herrschens sicherzustellen, hat Geistlichen wie Theodor Kliefoth bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eine auch politisch erhebliche Bedeutung zugespielt und als besondere Formung des Neuluthertums in Mecklenburg große gesellschaftliche Wirkung entfaltet. Ob ihm als politische Ausprägung gegenrevolutionärer Staatsphilosophie neben anderen konservativen Ordnungsmodellen eigenes Gewicht zu kommt, bliebe zu prüfen.31 Das Herrscherleben zwischen Residenz und Reisen führte dem Großherzog reiche Beobachtungsmöglichkeiten zu, die er nicht nur auf den drei Bildungsreisen nach Italien 1841, 1844 und 1846 ausgiebig nutzte.32 Als reisender Fürst bewegte er sich im Rahmen des höfisch vergesellschafteten europäischen Hochadels, innerhalb dessen sich der mindermächtige, aber in seiner edlen Abkunft unbestrittene Stellenwert des Hauses Mecklenburg gut ablesen lässt.33 Aufschlussreich dafür sind die Reisen an die großen und glanzvollen Höfe der Romanows in und um St. Petersburg 1843 und der Habsburger in und um Wien 1844. Ihrem Stellenwert entsprechend wurden die Reisenotizen dann auch in der großherzoglichen Familie vorgetragen.34 1841 besuchte Friedrich Franz seine Tante Luise von Nassau-Oranien, geb. Prinzessin von Preußen, am Hof in den Niederlanden und 1845 das benachbarte dänische Königshaus. Während der Italienreisen verkehrte er an den Höfen der habsburgischen Nebenlinien und besuchte das bourbonische Königreich beider Sizilien sowie den vom Papst regierten Kirchenstaat und natürlich Rom selbst. Daran an schlossen sich Reisen durch das noch junge Griechenland und das Osmanische Reich, auf dessen kleinasiatischem Staatsgebiet dem mecklenburgischen Großherzog ein halbes Jahrhundert vor den Forschungen Heinrich Schliemanns Troja gezeigt wurde. Bezeichnend für die politisch-kulturelle Ausrichtung der Reisen ist, dass der Großherzog Frankreich nur im Elsaß am Rande berührte. Großbritannien spielte, ganz im Gegensatz zum Strelitzer Haus, auch nur in Plänen eine nachgeordnete Rolle. Wichtiger für die Schweriner Linie des Hauses Mecklenburg sind dagegen die Aufenthalte in der Schweiz, namentlich in Genf. Auf seinen Reisen hatte Friedrich Franz II. nicht nur auf der britischen Insel Malta „(ein Vortheil der Reisen großer Herren) in kurzer 30 31 32 33 34

Tagebucheintrag vom 17. April 1842. Schmitt, Carl: Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität. Berlin 2009, S. 59–70. U. a. in Begleitung des Grafen Adolf Friedrich von Schack: Ein halbes Jahrhundert. Erinnerungen und Aufzeichnungen, Bd. I, Stuttgart 1889, S. 197ff. Allg. dazu Matzerath, Josef: Adelsprobe an der Moderne: sächsischer Adel 1763 bis 1866. Entkonkretisierung einer traditionalen Sozialformation, Stuttgart 2006. Tagebucheintrag vom 8. März 1845.



Editorische Einleitung

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Zeit mehr gesehn, als ein anderer öfters in Monaten erlebt.“35 Das bedeutete freilich nicht, dass der Großherzog auf den anstrengenden Schiffs- und Landreisen immer besonderen Komfort genossen hätte. Alltägliche Beschwerlichkeiten wie Nässe, Schmutz und Flöhe begleiteten die Reisegesellschaft nicht nur in Italien. Die Forschung zur Geschichte des Reisens kann hier reiches Material für den beginnenden Übergang vom Pferde- zum Eisenbahnzeitalter gewinnen. Das gilt auch für die Geschichte der Kommunikation. An Gerüchten und Falschmeldungen über Todesfälle ist die mehr oder weniger zuverlässige Informationsversorgung der Gesellschaftsspitze abzulesen.36 Es brauchte im Jahr 1849 noch Tage, bis der Großherzog über die Verwundeten und Gefallenen seiner Truppen in Baden korrekt unterrichtet war. Die Tagebücher gewähren darüber hinaus Einblicke in unterschiedlichste Aspekte der Kulturgeschichte der 1840er Jahre und der Revolutionszeit 1848/49. Sie belegen nicht nur die zeitgenössische Unterhaltungskultur in Schwerin und Doberan, sondern auch die gesellschaftlichen Umgangsformen in anderen mittel- und südeuropäischen Städten. Sie erschließen durch die Besuche des Großherzogs das Repertoire des Schweriner Hoftheaters und anderer Bühnen sowie den Umgang mit den Künstlern, namentlich den Schauspielerinnen. Fast eine Vorwegnahme der ihrem Idol nachreisenden Anhänger ist das Verhalten der großherzoglichen Familie bei der Gastspielreise der Opernsängerin Jenny Lind 1845. Gut nachzeichnen lassen sich kulturelle Ereignisse wie die Lesungen von Ludwig Tieck und August Wilhelm Schlegel, die in den gesellschaftlichen Kreisen und an den Höfen der Zeit zum guten Ton gehörten. Großen Stellenwert hatte die höfische Tanzkultur mit ihren vom Großherzog festgehaltenen Engagements. Dass Friedrich Franz II. in der Revolutionszeit auch Handwerkertöchtern seine Hand zum Tanz bot, ist mehr als nur eine Randbemerkung wert. Auch abseits des gesellschaftlichen Verkehrs belegen die Tagebücher eine Welt, deren Alltag auf den Gassen und Straßen erfüllt war von Musik und Gesang. Breiten Raum nimmt auch bei einem kurzsichtigen Jäger wie Friedrich Franz II. das Waidwerk ein. Mit Jagdeinladungen zeichneten sich der großherzogliche Hof und die Adligen auf den großen Gütern namentlich im östlichen Mecklenburg gegenseitig aus. Damit in Verbindung standen die Zucht englischer Vollblutpferde und die Pferderennen, vor allem das damals unter den Dragoneroffizieren beliebte Querfeldein-Pferderennen (Steeple Chace). Dass der Großherzog als Oberbefehlshaber seiner Truppen mitunter täglich bei der Rekrutenausbildung erschien, oft Paraden und Manöver die Tage beherrschten, unterstreicht auch für Mecklenburg die besondere Prägung der Monarchie durch das Militär. Nicht zuletzt erhellen die Tagebücher den Studienalltag des Hochadels zu einer Zeit, in der sich alle Häuser dieser Schicht zum Universitätsstudium selbst verpflichteten, ohne auf eine Gebildetenkarriere ihrer An35 36

Das berichtete mit Bezug auf den gleichzeitigen Malta-Aufenthalt Arnim, Pitt: Reise nach Neapel, Sicilien, Malta und Sardninien zu Anfang des Jahres 1844, zweiter Theil, Leipzig 1845, S. 157 f. Marburg, Silke: Europäischer Hochadel. König Johann von Sachsen (1801–1873) und die Binnenkommunikation einer Sozialformation, Berlin 2008.

18 Vorbemerkungen gehörigen angewiesen zu sein. Friedrich Franz II. bewegte sich 1841/42 in Bonn zwischen Privatvorlesung und Auditorium, zwischen studentischer Verbindungskultur und den Festen der höheren Gesellschaft. Die jahrelange Brautschau des Großherzogs nach der Regierungsübernahme zeigt die Schwierigkeiten des exklusiven hochadligen Konnubiums mit den Möglichkeiten, eine Zarentochter und russische Großfürstin oder eine Prinzessin aus der apanagierten Seitenlinie eines nachrangigen deutschen Fürstenhauses zu heiraten. Nicht zufällig beendete der Großherzog sein sündenprotokollierendes Tagebuch 1849 am Tag seiner Hochzeit mit Auguste von Reuß-Köstritz. Einrichtung der Edition Die beiden in schwarzes Leder gebundenen Tagebuchalben tragen ein rankendes Golddekor und metallene Schließen. Das erste, kleinere Tagebuch beginnt am 1. Januar 1841 und wird während der zweiten Italienreise am 19. März 1844 geschlossen. Der Großherzog eröffnete das zweite Tagebuch unmittelbar am Tag danach. Es reicht, obwohl noch reichlich Schreibfläche bietend, nur bis zum 3. November 1849. Zuvor unterbrach Friedrich Franz II. das Tagebuch im Mai 1846 und im März 1847. Danach nahm er das Schreiben nicht mehr zum Jahresbeginn, sondern erst wieder an seinem Geburtstag, dem 18. Februar 1848 auf, als die Nachrichten von der Pariser Februarrevolution eben in Schwerin eintrafen. Nach dem Abbruch durchgehender täglicher Aufzeichnungen im November 1849 sind noch drei zusammenfassende Einträge überliefert: am 13. September 1850, dem Tag nach Bekanntwerden des Freienwalder Schiedsspruches und der damit verbundenen gerichtlichen Auflage, die alte Ständeordnung in Mecklenburg wiederherzustellen. Schließlich hat der Großherzog 1852 und 1854 zum Jahrestag seiner Regierungsübernahme am 7. März die voraufgegangenen Lebensjahre reflektiert. Bei der Lektüre ist zu bedenken, dass Friedrich Franz II. das erste Tagebuch 1841 als noch nicht 18jähriger begann und 1849 als 26jähriger bzw. 1854 als 31jähriger junger Mann beendete. Während andere noch Jahre des Wartens auf den Thron vor sich hatten, regierte Friedrich Franz II. am Ende der Aufzeichnungen bereits mehr als zehn Jahre. Überliefert sind die Tagebücher im Nachlass seiner dritten Ehefrau Großherzogin Marie von Mecklenburg-Schwerin im Landeshauptarchiv Schwerin.37 Sie sind von der Forschung schon

37

Landeshauptarchiv Schwerin, 5.2–4 Hausarchiv Mecklenburg-Schwerin, Nachlass Großherzogin Marie, Nr. 12 und 12/1.



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Ende des 19. Jahrhunderts verwendet,38 danach allerdings fast nur noch mit punktuellen Bezügen auf die Revolutionszeit ausgewertet worden.39 Die Edition richtet sich nach folgenden Grundsätzen: Der Text ist vollständig und ungekürzt wiedergegeben. Um die originale Schreibweise weitestmöglich zu bewahren, sind orthographische, grammatische und syntaktische Eigenheiten beibehalten worden, soweit sie den Sinn nicht verdunkeln und die Lesbarkeit erschweren. An den wenigen Stellen, wo das der Fall war, ist stillschweigend ergänzt und dem heutigen Gebrauch angepasst worden. Streichungen und Korrekturen des Großherzogs sind im edierten Text auch gestrichen sichtbar gemacht worden. Eckige Klammern kennzeichnen tiefer eingreifende Ergänzungen des Herausgebers. Auf diese Weise sind auch, wo das möglich war, alle Abkürzungen aufgelöst worden. Das gilt gleichfalls für alle Anreden, Ränge und Titulaturen, von denen viele heute nicht mehr ohne weiteres geläufig sein dürften. Für die Anmerkungen und das Personenregister sind Vor- und Nachteile gegeneinander zu wägen, namentlich die Aufblähung der Fußnoten gegen den Lesekomfort. Bei ihrer jeweils ersten Erwähnung wird die Person in einer Fußnote biographisch kommentiert. Weitere Kommentierungen erfolgen nicht, es sei denn, dieses wäre zum Identifizieren und Auffinden im Personenregister notwendig. Dort verbirgt sich demnach hinter dem ersten Verweis die Seite mit der biographisch relevanten Fußnote. Nicht identifizierbare Personen sind unkommentiert geblieben, „mglw.“ und „verm.“ erscheint, wenn auf eine Person mit größerer Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann. Ohne erläuternde Anmerkung bleibt ein Kreis häufig genannter Personen aus dem engsten Lebensumfeld des Großherzogs, die dem edierten Text vorangestellt sind. Das Register verwendet, abgesehen vom regierenden Hochadel (gereiht nach den Vornamen!) und einigen außerhalb des Deutschen Bundes beheimateten Familien, keine Adelstitel. Für alle Mitglieder des Hauses Mecklenburg wird einheitlich das Prädikat „von“ verwendet. Ins Personenregister aufgenommen worden sind auch die Komponisten und Schriftsteller, deren Werke im Text, sie selbst aber nur in den Fußnoten vorkommen. Im Ortsregister fehlen die zu häufig vorkommenden Residenzen Ludwigslust und Schwerin sowie der Studienort Bonn. Einträge zum Schweriner Schloss sind allerdings aufgenommen. Die zeitgenössische Schreibung der Ortsnamen ist nur dann in den Fußnoten verbessert, wenn andernfalls eine Auffindung im Register gefährdet schiene. Ein Glossar erklärt häufig wiederkehrende Begriffe der höfischen und zeitgenössischen Kultur. 38 39

Hirschfeld, Ludwig von: Friedrich Franz II. Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und seine Vorgänger, 2 Bde., Leipzig 1891. Baudis, Klaus: Der Freienwalder Schiedsspruch vom 11./12. September 1850. – Wie kam er zustande? War das Schiedsgericht eine Institution des Deutschen Bundes?, in: Buchsteiner, Ilona (Hg.): Die mecklenburgischen Großherzogtümer im deutschen und europäischen Zusammenhang 1815 bis 1871, Rostock 2002, S. 119–126.

20 Vorbemerkungen Zur besseren Orientierung im Text sind die Tagesangaben abweichend von ihrer im Original nicht vorhandenen Kennzeichnung kursiv gesetzt. In den Kopfzeilen der ungeraden Seiten ist das jeweilige Jahr zu finden, auf den geraden eine zusammenfassende Ortsangabe. Reisestationen hat Friedrich Franz II. im Text erwähnt und selbst unterstrichen. Die Edition der Tagebücher des Großherzogs Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin darf dazu beitragen, den Quellenanteil der Publikationsreihe „Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns“ weiter zu erhöhen und zu profilieren. Dafür danke ich meinen Mitherausgebern, insbesondere Matthias Manke und Kathleen Jandausch als betreuende Reihenherausgeberin für Korrekturen und wichtige Hinweise. Bei den Recherchen hat mich Carolin Kühl nennenswert unterstützt. Ohne den von der Landesbibliothek M-V organisierten Fernleihverkehr wäre die Edition in dieser Form nicht möglich gewesen. Weiter danke ich: Maria Marten, Bernd Kasten, Rouven Pons, Klaus-Joachim LorenzenSchmidt, Karsten Schröder und Bernd Wollschläger sowie den Archiven und Institutionen, die Informationen für die Kommentierung beschafft haben. Das Buch ist dem Andenken meiner akademischen Lehrerin Ilona Buchsteiner gewidmet.

Häufig genannte und nicht kommentierte Personen Adini – Alexandra Nikolajewna von Rußland, Großfürstin und Cousine (1825– 1844) Fritz (Hessen) – Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel-Rumpenheim, Prinz und Kommilitone (1820–1884) Fritz (Strelitz) – Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Strelitz, Erbgroßherzog (1819–1904) Georg(e) (Strelitz) – Georg von Mecklenburg-Strelitz, Herzog (1824–1876) Großmama – Auguste von Mecklenburg-Schwerin, geb. Prinzessin von HessenHomburg, Erbgroßherzogin (1776–1871) Großpapa – Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog und Urgroßvater (1756–1837) Großpapa König – Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770–1840) König – Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Onkel (1795–1861) Leo (Lippe) – Leopold (III.) zur Lippe, Erbprinz (1821–1875) Mama – Alexandrine von Mecklenburg-Schwerin, geb. Prinzessin von Preußen, Großherzogin (1803–1892) Morni – Jagdhund Minister – Ludwig Friedrich Wilhelm von Lützow, Erster Minister und Präsident des Geheimen Rats sowie des Gesamtministeriums (1793–1872) Ministerin – Sophie Dorothee Luise Margarete von Lützow, geb. von Brandenstein (1796–1876) Olly – Olga Nikolajewna von Rußland, Großfürstin und Cousine (1822–1892) Onkel Karl – Carl von Preußen, Prinz (1801–1883) Onkel Albrecht – Albrecht von Preußen, Prinz (1809–1872) Onkel Gustav – Gustav von Mecklenburg-Schwerin, Herzog und Großonkel (1781–1851) Onkel Wilhelm – Wilhelm (I.), Prinz von Preußen (1797–1888) Papa – Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog (1800–1842) Prinzen – Christian (IX. von Dänemark) von Schleswig-Holstein-SonderburgGlücksburg (1818–1906) und Friedrich Wilhelm (II.) Georg Adolf von HessenKassel-Rumpenheim (1820–1884), Kommilitonen San(n)y – Alexandra von Sachsen-Altenburg, Herzogin und Cousine (1830–1911) Tante Helene – Helene von Orléans, geb. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin (1814–1858) Tante Marie – Marie von Sachsen-Altenburg, geb. Herzogin von MecklenburgSchwerin (1803–1862) Wiwi – Louise von Mecklenburg-Schwerin, Herzogin und Schwester (1824–1859) Wilhelm – Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, Herzog und Bruder (1827–1859)

Tagebücher Tagebuch vom 1. Januar 1841 bis 19. März 1844 /1/ Tagebuch Bonn (Düsseldorf )1 D[en] 1sten Januar 1841 Friedrich Er[bgroßherzog von] M[ecklenburg]-S[chwerin] /2/3/ Das Jahr 1840 war ein so wichtiges, so merkwürdiges, so trauriges, daß mir die Gewohnheit, auf solchen Blättern die Begebnisse und Eindrücke des Tages zu bewahren, mehr wie je früher, wichtig und nothwendig erschienen ist. Durch Herrn von Sell2 dazu angeregt und durch eigene Erfahrung darauf hingeführt, will ich eine frühere Gewohnheit, nach welcher ich in dem kleinen rothen Buch3 zerstreute Notizen niederlegte, auf ein regelmäßiges Tagebuch ausdehnen. Es soll eine kleine Chronik meines äußeren und inneren Lebens werden. Möge Gottes Segen über mir walten, daß der Inhalt dieses Buches in jeder Art ein erfreulicher werde. Obgleich ich dasselbe in Bonn beginne, so fange ich doch der Vollständigkeit wegen mit dem ersten Tage des neuen Jahres an, den ich in Düsseldorf bei meinem Onkel Fritz Louis4 erlebte. /4/5/

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Der Erbgroßherzog studierte seit dem Herbstsemester 1840 in Bonn. Adolph von Sell (1797–1891), preuß. Major und Gouverneur des Erbgroßherzogs. Dieses Buch ist in den Beständen des Landeshauptarchivs Schwerin nicht überliefert. Prinz Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen (Fritz Louis, 1794–1863) lebte auf Schloss Jägerhof bei Düsseldorf.



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1841 1 Januar. Um 12 Uhr war ich in Düsseldorf bei Fritz Louis mit Georg,5 Prinz Wilhelm Solms,6 H[errn] v[on] Pritzelwitz7 und H[errn] v[on] Sell. Wir gossen Blei: 4 Pantoffel.8 Dann trennten wir uns bald. Der Parade zugesehen. Ermüdender Spaziergang. Diner. Ball, der sehr animirt war. Ende um 3 ¼ Uhr. 2 Januar. Diner. Abend beim Onkel, wo auch Prinz und Prinzessin Solms,9 eine hübsche Frau, gleicht an Sany. 3 Januar. Rückreise nach Bonn, obgleich der bei Düsseldorf aufgegangene Rhein anfangs ein Hindernis werden zu wollen schien. Wir fuhren aber über Köln und da war noch kein Eisgang. Wind und Regenwetter. 4 Januar. M[ontag]. Anfang der Studien. Mein Gott! laß mich recht fleißig sein und gieb mir Ausdauer in der Arbeit. Es scheint ein ziemlich lebhafter Winter bevorzustehen. 5 Januar. Morgen sind wir zur Jagd zu Herr[n] von Karnap10 eingeladen. Erregung der sinnlichen Leidenschaften. Besänftigt zum großen Theil. Abend drüben. 6 Januar. Mama empfahl mir in einem Briefe sehr dringend das Lesen der Bibel an, ehe ich zur Arbeit ginge. Das will ich wahrhaftig thun und regelmäßiger wie bisher. Ein Stück aus Thomas a Kampis11 hat mich heute /6/ sehr angesprochen. Bis Ostern will ich dieses Buch beenden, indem es eine gute Vorbereitung darauf ist, und ich diese sehr ernst nehmen will. Um noch mehr Klarheit in mein Wissen in Religionssachen zu bringen, will ich dann mein Heft wieder lesen. Um 7 ¾ zur Jagd nach Bornheim. Frühstück im Hause. Sehr hübsche Jagd. 7 Hasen geschossen. Beim letzten Treiben fast ganz dunkel. Hübscher Anblick des Schießens. Rückmarsch über den gehakten Acker. Diner um 7 Uhr. Gespielt nachher. Spät nach Hause. 7 Januar. Erfahren, daß Reg[ierungs]r[at] Laffert gestorben.12 Geritten, gearbeitet. 8 Januar. Fleißig gewesen. Geritten, geturnt. Schneegestöber. Ich will die Flöte jetzt mehr nachsetzen und jeden Abend spielen. 9 Januar. Ball von den Klinikern13 im Stammschen Saal. Recht hübsch, obschon sehr gemischt. Fr[äu]l[ein] Kollix eine hübsche Erscheinung. Ich habe nicht viel getanzt. Thee von den Prinzen arangirt. Um 11 ½ Uhr nach Haus. 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Prinz Friedrich Wilhelm Georg Ernst von Preußen (1826–1902). Wilhelm von Solms-Braunfels (1801–1868), preuß. Oberstleutnant. Karl von Pritzelwitz (1794–1874), preuß. Offizier und Hofmarschall des Prinzen Friedrich (Fritz Louis) von Preußen. Das bedeutet, dass der Gießer bald heiraten wird. Maria, geb. Gräfin von Kinsky (1809–1892), verh. mit Prinz Wilhelm von Solms-Braunfels. Gerhard von Carnap (1799–1873), seit 1826 Besitzer des Gutes Bornheim. Thomas von Kempen (um 1380–1471) verfasste das mystische Erbauungsbuch „Nachfolge Christi“. August von Laffert (1790–1840), meckl. Regierungsrat, war am 13.12.1840 gestorben. In der Universitätsklinik tätige Ärzte und dort ausgebildete Studenten.

24 Bonn 10 Januar. Sonntag. Ich bin jetzt in einer sonntaglichen Stimmung. O, mein Gott, mache sie immer wahrer und innerlicher, und dauernder. Laß mich immer so viel vom Sonntag für die Woche mitnehmen, um in den 6 anderen Tagen nicht, wie immer noch, zu erschlaffen. /7/ Fleißig, wahr, fröhlich, zufrieden, liebevoll gegen andere, namentlich Herr von Sell, grade weil es bei ihm schwerer ist; laß mich sein. Laß mich nicht eitel werden. Großer Spaziergang über den Venusberg, durch Gräben und Hecken, im tiefsten Schnee bis nahe vor Godesberg, und die Chaussee zurück in 2 Stunden und noch Prinz Georg besucht. – Abend Gesellschaft bei mir. 11 Januar. Tauwetter. Soiree bei Gräfin Boist14 zum Geburtstage von Fr[äu]l[ein] v[on] Karlowitz,15 die recht hübsch war, als man zu tanzen anfing. Lustiges Souper. 12 Januar. Nichts außerordentliches. Interessante Kunstgeschichts-Vorlesung. Aha! Und so? Jener weiß, dieser nicht. Der Bräutigam von Fr[äu]l[ein von] K[arlowitz] ein netter Mensch. 13 Januar. Nix. 14 Januar. Fortdauerndes Tauwetter. Es regte sich wieder meine Sünde, wurde aber nach kurzem Kampf besiegt. O, mein Gott laß dies immer der Ausgang meiner Versuchungen sein. 15 Januar. Fackelzug für Rector Arndt.16 Redner S. der Westph[alia],17 Bülow18 u[nd] Schütz.19 16 Januar. Mosel-Eis kam herunter. Die Prinzen bei uns zu Mittag und auch den Abend sowie auch Georg. /8/ 17 Januar. Abend bei Smith,20 wo courage aufgeführt und getanzt wurde. Der Rhein steigt sehr. 18 Januar. Sonntag: Pastor Wichelhausen21 über den Glauben. Lauf nach Godesberg. Abend bei Georg. Eingang: Schüsse. 19 Januar. Um 6 ½ Uhr enormer Eisgang. Wasser über den Kopf. Casinoball. Fr[äu] l[ein] Rummel22 ein angenehmes Mädchen. Schöner Saal. 20 Januar. Sehr viel zu thun. Unglaubliche Geschichte von Wiwi23 gehört, die ich zwar noch nicht ganz kenne, aber nur ihrem Leichtsinn zuschreiben kann. Unter14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Josepha, geb. Gräfin von Carlowitz (geb. 1803), verh. mit Ernst August Graf von Beust (1783–1856), Berghauptmann des Oberbergamtes Bonn. Von Carlowitz, sächs. Adelsfamilie. Ernst Moritz Arndt (1769–1860), seit 1840 Prof. für Geschichte in Bonn und 1841 Rektor. Studentenkorps Guestphalia in Bonn. Bernhard von Bülow (1820–1864) aus Schwerin studierte Jura. Verm. Ernst Albrecht Adolf Carl von Schütz aus Mainz, der Jura und Kameralistik studierte. Eine der englischen Familien, die sich im Zuge der Rheinromantik in Bonn niedergelassen hatten. Johannes Wichelhausen (1794–1874), seit 1834 ev. Prediger in Bonn. Tochter des Generals von Rummel, vgl. Eintrag vom 11. Februar 1841. Offenbar eine Liebesbeziehung seiner Schwester Herzogin Louise (1824–1859).



Januar 1841

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redung. Nun Klarheit über meine Sünde, die Gottes Gnade nun ganz beseitigt zu haben scheint. 21 Januar. Prinz Hohenlohes Vater wahrscheinlich tod.24 Exzellenz Dorn gestorben am 9ten Januar, wie ich auf dem Ball war! Ich fuhr die Prinzen spazieren. 22 Januar. Ball bei Flotows,25 der allerliebst war. 23 Januar. Abend bei den Prinzen. 24 Januar. Sehr angenehmer Abend bei Smith, wo wir jeden Sonnabend hinkommen dürfen. Einige Lieder, die L[eutnan]t Künzer sang, und die ich in Dresden von der Devrient26 gehört hatte, erinnerten mich sehr an jene Zeit. 25 Januar. Sonntag: mein Gott, nicht genug kann ich Dir danken, [daß] Du meine Sünde von mir genommen hast. Hilf mir, o thue es, auch so die anderen zu bezwingen. Laß mich wachsam und unwandelbar werden /9/ im Guten! Gieb mir auch ausdauernden Fleiß und laß mich in der Erkenntnis und Liebe zu Dir immer wachsen, dann muß es ja gut mit mir gehen. Daß die Kleinigkeit mit Prinz Friedrich27 mich immer noch ängstigt ist nicht gut. Abend im Theater: Werner,28 was mich von neuem sehr interessiert hat. Diese Art Stücke sprechen mich sehr an, wenn ich auch etwas Ueberspannung darin sehe, und die Gesinnung, der sie ihren Ursprung verdanken, nicht theile. Ich möchte sagen: christlich=menschliche Romantik liegt darin. 26 Januar. Am Abend musizirte ich mit Sukow;29 Blücher30 und Bülow31 waren auch da. 27 Januar. Die Versuchungen erneuern sich, doch ich hoffe sie mit Gottes Hülfe zu bestehen. Viel zu thun. Hübscher Abend bei M[iste]r Alleyn,32 wo getanzt wurde. Fr[äu]l[ein] Rummel scharmant, sehr ruhig, viel inneres Leben, liebenswürdig, nicht auffallend hübsch, aber von sehr angenehmen Äußeren, klug in gewisser Art, ausgezeichnete Tänzerin. Die älteste Karnap33 sehr freundlich gegen mich. d[en] 28 Januar. Nix. Doch: Prinz Christian hat sich verletzt. d[en] 29 Januar. Abend bei den Prinzen.

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Franz Joseph Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst (geb. 1787) war am 14. Januar verstorben. Karl Friedrich Theodor von Flotow (1791–1871), preuß. Oberst und Kommandeur des 7. Ulanenregiments. Wilhelmine Schröder-Devrient (1804–1860), Opernsängerin. Prinz Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel-Rumpenheim. Werner oder Herz und Welt, Schauspiel von Karl Gutzkow (1811–1878). Hermann von Suckow aus Grabow (1820–1895) studierte Jura. Adolph Ludwig Graf von Blücher aus Finken studierte Jura. Bernhard von Bülow. Eine der englischen Familien, die sich im Zuge der Rheinromantik in Bonn niedergelassen hatten. Eine Tochter des Gutsbesitzers Gerhard von Carnap auf Bornheim.

26 Bonn d[en] 30 Januar. Lauter Trauernachrichten! Der arme Lieutenant Ranzau34 ist gestorben und, ich kann es /10/ mir gar nicht denken, die gute Generalin Fabrice,35 die schon so lange an der Rückenmarks=Auszehrung litt. Sonnabend d[en] 30 Casinoball. d[en] 31 Januar. Sonntag. Dank Dir, Gott für Deine Gnade! Bewahre mich auch ferner! Predigt von Wichelhausen über die Stürme des menschlichen Lebens und wie man da einen Christus im Herzen tragen muß. – Spazierlauf nach dem Meilenzeiger nach Cöln zu. Offiziersdiner bei mir. Abend: die Prinzen und Georg bei mir. d[en] 1ten Februar. Abend deliciöser Ball bei Karnaps, zu dem wir um 5 Uhr hinfuhren und um 6 Uhr am Dienstag wieder kamen. Es wurde von 7–4 ½ lebhaft getanzt, nur unterbrochen durch ein sehr langes Souper. Der Ball war der hübsch[es] te, den wir bisher gehabt haben, verschönt auch durch die Fräulein Wolf aus Cöln.36 Folgendes meine Engagements:371 Gallopp: Fr[äu]l[ein] v[on] Karnap I; 2 Gallopp: Fr[äu]l[ein] v[on] Rummel; 3 Gallopp: M[is]s Leek38 II; 4 Gallopp: Gräfin Kalnein;39 1 Walzer : Fr[äu]l[ein] Kollix; 1 Francaise: Fr[äu]l[ein] v[on] Flotow;40 2 Francaise: M[is]s Leek (nicht getanzt); 1 Schottisch: Fr[äu]l[ein] Schultz; 1 Cottillon: Fr[äu]l[ein] Nögeradt:41 2 Cottillon: Gräfin Lippe;42 Masurka: M[is]s Alleyn; Großvater: Fr[äu]l[ein] Karnap II. Das Local und die Freude, und Lust, mit der man tanzte, begünstigte alles sehr. Nun sind die Hauptfreuden des Winters wohl vorüber. d[en] 2 Februar. Münster besehen, von byzantinischen Style dem ältesten Theile aus dem 10ten Jahrhundert nach; dem neueren Theile nach aus der Uebergangsperiode zur gothischen Bauart. Von den Thürmen hübsche Aussicht (auch auf der R[ummels] Haus). Abend im Theater Norma, wo die Adalgisa43 nicht schlecht war, aber welcher Abstand gegen Dresden! 3 Februar. Viel zu thun, da ich morgen zur Jagd in Bornheim. Bis 11 Uhr Abends gearbeitet.

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Der 1803 geb. Heinrich Ernst von Rantzau war am 22. Januar gestorben. Gemeint ist Charlotte Luise, geb. von Weißenbach (1798–1855). Es handelte sich um einen Irrtum, vgl. den Eintrag von 26.2.1841. Verm. eine Tochter des preuß. Generalmajors von Wolff. Es war üblich, seine Partnerinnen auf Tanzkarten zu vermerken. Eine der englischen Familien, die sich im Zuge der Rheinromantik in Bonn niedergelassen hatten. Helene, geb. von Coopmann, verh. mit Graf Weidewut von Kalnein (1794–1843), aggr. Major beim preuß. 7. Ulanenregiment. Verm. eine Tochter des Obersts Karl Friedrich Theodor von Flotow. Eine Tochter des Geologen Johann Jacob Nöggerath (1788–1877), seit 1818 Prof. in Bonn. Adelheid zur Lippe-Biesterfeld, geb. Gräfin von Castell-Castell (1818–1900). Oper von Vincenzo Bellini (1801–1835), Adalgisa ist Novizin im Tempel der Irminsul.



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4 Februar. Sehr amüsante, aber unerhört kalte Jagdpartie nach Bornheim. 6 3/244 Hasen geschossen. 5 Februar. Viel zu thun. Ich muß mich noch mehr zusammennehmen, gegen H[errn] v[on] Sell nicht empfindlich zu werden. 6 Februar. Um 2 Uhr Morgens totale Mondfinsternis gesehen. Abend bei Smith. 7 Februar. Sonntag. Die Zerstreuungen der Woche haben doch Einfluß auf mich in Bezug auf meine Wachsamkeit und meine Arbeitslust gehabt. Aber mit Deiner Hülfe, o Gott, sollen sie für die nächste Woche wiederkehren. Predigt von Nitsche:45 alle größeren Anregungen, sei es zur Freude oder zum Leid, müssen in uns ihrer ganzen Bestimmung und ihrem Wesen nach Gebet hervorbringen. Brief von H[errn] Charliers, vor einigen Tagen von Karlo- /12/ witz wegen einer Unterstützung für Starke!46 Beide studiren in Leipzig. – Armgard Könneritz mit einem Herrn von Wadsdorf verlobt.47 – Mittag Offiziersdiner. – Abend Theater: Der Vater der Debütantin.48 Thee bei den Prinzen. 8 Februar. H[err] v[on] Schlegel49 las bei mir. Größere Gesellschaft. 9 Februar. Nix. D[as] h[eißt] aufzubewahrendes. 10 Februar. Amüsante Voltigierstunde. Ich bin faul, es muß anders werden. Mein Aussehen raubt mir alle Freudigkeit und Ruhe, und ich lebe in steter Angst. 11 Februar. Sehr hübscher Ball bei General Rummel50 in Godesberg. Souper mit Engagement, wodurch ich die Fr[äu]l[ein] Rummel erhielt. Sie ist charmant, unstreitig die angenehmste Dame in der Gesellschaft. 12 Februar. Mir ist sehr wohl zu muth; nun will ich auch tüchtig arbeiten. Dies verkehrte sich aber schnell in Unwohlsein. Jener Entschluß soll aber nicht umkehren. 13 Februar. Viel zu thun. Amüsanter Abend bei Smith. Tableaux 4. Etwas getanzt. Viel mit der R[ummel] gesprochen. Gegen die Reuß51 kommt sie aber nicht. 14 Februar. Sonntag. Es steht eine sehr geräuschvolle Woche bevor. O, mein Gott, laß mich einmal recht fromm und fleißig sein, recht fest meine Entschlüsse durchführen. – Die Predigt von Wichelhausen über /13/ „Taborstunden“52 sprach 44 So! 45 Karl Immanuel Nitzsch (1778–1868), seit 1822 Prof. für Theologie und Universitätsprediger in Bonn. 46 Der Erbgroßherzog kannte den Jurastudenten Julius von Carlowitz von seiner Schulzeit im Blochmannschen Institut in Dresden. Unterstützt werden sollte der dem Erbgroßherzog ebenfalls aus Dresden bekannte Jurastudent Gustav Heinrich Starcke. 47 Armgard von Könneritz (1820–1870), verh. mit Bernhard Christian von Watzdorf (1804– 1870). 48 Der Vater der Debütantin, Posse in vier Aufzügen von Bernhard Anton Herrmann (1806– 1876). 49 August Wilhelm Schlegel (1767–1845), seit 1818 Prof. für Literatur in Bonn. 50 Friedrich August von Rummel (1772–1856), preuß. General und seit 1837 im Ruhestand. 51 Prinzessin Auguste von Reuß-Köstritz (1822–1862), spätere Ehefrau des Erbgroßherzogs. 52 Berg Tabor in Nordisrael, mit dem die Verklärung Christi verbunden wird. Übertragen für Sternstunden im Leben.

28 Bonn mich außer dem Ende vor dem Schluß nicht sehr an; auch fand ich dieselbe nicht so lebendig und eins, wie manche frühere. – Den Mittag die Prinzen und Hohenlohe53 bei mir zu Tisch. Nachmittag zu Carnaps, wo wir Lotterie spielten und tanzend Pfänder einlösten. – Der Rhein steigt, viel Eis. 15 Februar. Der Fleiß kommt wider. Sehr hüb[sch]er Ball vom Graf Solms54 im Stammschen Saal. Um 3 Uhr zu Bett. Cottillon mit Fr[äu]l[ein] Karnap I. Fr[äu] l[ein] Kluth gefallen. 16 Februar. Tüchtig gearbeitet. Armenconcert in der Erhohlung. Bis um 11 Uhr gearbeitet. Dank Dir, o Gott, daß alles nun besser zu werden scheint. Das schöne Frühja[h]r, wie der Direktor55 es so recht mir empfinden machte, wird den Segen gewiß noch erhöhen. Durch Arbeit muß ich meine Sünden überwinden! Und durch Gebet. 17 Februar. Tüchtig gearbeitet bis um 11 Uhr Abends. Nicht zu Leeks. 18 Februar. Ein schöner erhebender Morgen! Abend: Ball in der Lesegesellschaft, der jedoch nicht so hübsch wie die früheren. Die Prinzen nicht da. 4 Gallop mit Fr[äu]l[ein] R[ummel]. 19 Februar. Spazieren geritten. Tanzende Gesellschaft bei der Gräfin Boist. Geburtstag des Direktors. Mit Sukow und Blücher angestoßen auf seine Gesundheit und auf die Erinnerung an die schöne Dresdener Zeit. O, wie rasch ging sie dahin! /14/ 20 Februar. Im Gig56 mit Prinz Christian gefahren. Nachtisch mit Bülow Spazieren gegangen. D[er] R[ummel] begegnet. Gespräch mit Herrn von Sell. Ich muß mich hier noch recht befestigen, und darum zu allen Dingen recht auf alle seine Erinnerungen achten. – Ich muß meinen Widerspruchsgeist unterdrücken. 21 Februar. Sonntag. Mit dem Dampfschiff: Großh[erzog] v[on] Hessen nach Cöln, wo wir sogleich in die Narrencommiten gingen, wo ich den Onkel fand.57 Ein einziger Anblick, an den man sich anfangs gar nicht gewöhnen kann. Hübsche Lieder gesungen. Oper Robert.58 22 Februar. Hauptcarnevalstag.59 Visite beim Onkel. Mit ihm nach dem Platz, wo alles sich versammelte. Alles einzelne besehen. Gefangen genommen in der Befestigung von Paris; auf die Tribüne des gordischen Knotens, den der vom Thurme herabstürzende Pajatz60 unter Kanonenschlägen zerstörte, aus dem ein Genius erstand, den auffliegende Tauben begrüßten. Dann in das Haus des Bauinspek53 54 55 56 57 58 59 60

Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901). Verm. Reinhard Graf zu Solms-Laubach (1801–1870), aggr. Major beim preuß. 7. Ulanenregiment. Karl Justus Blochmann (1786–1855), Direktor des vom Erbgroßherzog besuchten Blochmannschen Instituts in Dresden. Zweirädriger offener einspänniger Wagen. Prinz Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen. Robert der Teufel, Oper von Giacomo Meyerbeer (1791–1864). Rosenmontag nach Sonntag Estomihi. Bajass, rheinische Narrenfigur nach der ital. Clownsfigur des Bajazzo.



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tors Pircher, wo auch die Gräfin Boist mit Fr[äu]l[ein] v[on] Karlowitz und Gräfin Lippe, von dessen Balcon ich den Zug mit ansah. Der Präsident auf einem Schimmel, die Funken, Trompeter, Hochzeit, Festung, Kanone in einer Bettung; Spritze; Französische Kabinet, Thiers61 mit seinem Adjudanten; /15/ Expedition nach St. Helena; Rattenfänger; Hanschen;62 endlich der Sonnenwagen mit Prinz Carneval und dem Genius, von 8 Pferden gezogen. Darauf zu Frau Seidlitz63 zu einem copieusen Dejeneur,64 wo wir den Zug noch einmal vorbeikommen sahen. Abend ins Theater: Parodie auf Aschenbrödel, und dann auf den Gürznich,65 der wirklich etwas ganz merkwürdiges ist. – Die Kurfürstin von Hessen † 19 Feb.66 23 Februar. Mama ihr Geburtstag. Um 11 Uhr ins Theater, wo von Cölnern 2 ungeheuer amüsante Stücke gespielt wurden. An table d´hôte gegessen. Nach Ankunft der Prinzen, mit ihnen masquirt auf den Gürznich Picknick, wo es aber sehr gemein schon war und nach dem Thee auf die charmante Schauspielhausredoute;67 Fr[äu]l[ein] Wolf besucht; Mädchen von Graf Asseburg;68 Heymann69 gesprochen. Um 11 ¾ Uhr nach Bonn abgereist. 24 Februar. Studien fortgesetzt, doch in Gedanken noch ziemlich in Cöln. Amüsante Voltigierstunde. 25 Februar. Desgleichen zu melden. 26 [Februar] Generalin von Fabrice nicht tod!70 Gott sei Dank. 27 [Februar] Abend bei Smith. – Ständchen von Bachs grausig. Bande. 28 [Februar] Mein Geburtstag. Während im vorigen Jahre die Musik des Blochmannschen Instituts mich erweckte, geschah es diesmal durch die Trompeter des hiesigen Regiments.71 Aber das ist zu viel, das verdie- /16/ ne ich nicht, das bläst mich auf. O, mein Gott erhöre mein Flehen, bewahre mir Bescheidenheit, Dank dafür, was meiner Erkenntnis als dazu gesandt erschien. Laß mich dann das beherzigen: liebe Gott über alles und Deinen nächsten wie dich selbst. Laß mich liebevoll gegen andere, namentlich gegen H[errn] v[on] Sell, sein, was ich immer noch nicht kann. – Dann ging ich in die Kirche. Wo Wichelhausen predigte, zog mich bei Smith‘s um, und nahm (das erste mal in meinem Leben) die Parade des 61

Adolphe Thiers (1797–1877), als franz. Ministerpräsident mitverantwortlich für die noch nachwirkende Rheinkrise von 1840. 62 Hänneschen-Puppentheater. 63 Von Seydlitz, schles. Adelsfamilie. 64 Reichliches Mittagsmahl. 65 Festsaal in Köln aus dem 15. Jahrhundert. 66 Auguste von Hessen-Kassel, geb. Prinzessin von Preußen (1780–1841). 67 Spätklassizistisches Ballhaus in Bonn-Bad Godesberg. 68 Maximilian Graf von der Asseburg (1779–1851). 69 Kölner Großkaufmannsfamilie. 70 Charlotte Luise, geb. von Weißenbach (1798–1855), verh. mit dem sächs. Generalleutnant und Oberstallmeister Friedrich von Fabrice (1786–1850). Siehe auch Eintrag vom 30. Januar 1841. 71 Das preuß. 7. Ulanenregiment.

30 Bonn hiesigen Regiments ab. Dann fuhr ich zur Gräfin Beust, wie sonst wohl zur alten Ministerin Nostiz,72 um mich für den Dresdener Stollen zu bedanken, und hernach zu Hause, wo eine Menge Gratulanten sich einstellten. Ich konnte ihnen wieder sehr hübsche Sachen zeigen; namentlich florirte die Kunst und eine ovale Büchse. Um 2 Uhr machten wir, d. h. die Prinzen, die mir jeder eine Tasse mit ihrem Wappen gegeben hatten, Bülow, Graf Stolberg,73 Prinz Hohenlohe,74 Blücher, Sukow, Scheve75 eine Tour über die Berge nach Godesberg, von der wir, obgleich wir noch den Paukplatz besuchten, schon um 3 ¾ Uhr in Godesberg anlangten. Diner und den Abend vingt-un76 gespielt. Nach 11 Uhr zu Bett. /17/ 1 März. Briefe von Papa, Mama, Wiwi, Hessenstein77 und Bülow von Camin.78 – Die Generalin Fabrice nicht tod, aber, was wie ein Donnerschlag aus blauer Luft, die gute Herzogin von Altenburg gestorben.79 Ich kann es mir gar nicht denken! Diesen Sommer in Ronneburg80 noch so wohl! – Und die armen Cousinen! – Die Borussen sind heute mit den Sachsen los.81 2 März. Gesündigt! Unwohl den ganzen Tag, wahrscheinlich von der furchtbaren Anstrengung und den Kuchen des Sonntags. 3 März. Die Herzogin wahrscheinlich nicht todt, sondern eine Verwechselung! Dank! Dank! 4 März. Viel zu schreiben. O, mein Gott, laß mich nicht der Sünde erliegen! Couvert von Mad[mois]elle Mulder. Unwohl bei d[en] Prinzen. 5 März. Mein Husten so stark, daß Wutzer82 mich einsperrt. 6 März. Zu Hause. Zu ungeduldig. 7 März. Die Sonntagsmorgende scheinen eo ipso privilegirt zu sein, mich zu erheben, und das sehe ich für ein großes Gnadengeschenk Gottes an. Ueberhaupt aber macht die Natur einen großen Eindruck auf mich und ganz besonders die Morgende. Daher hoffe ich, daß der hiesige Aufenthalt segensreich für mich sein wird! Gewiß, wenn Du mein Gott, mir hilfst.

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Henriette Sophie, geb. von Bose (1769–1848), Witwe des sächs. Konferenzministers und Dichters Gottlob Adolph Ernst von Nostitz und Jänckendorf (1765–1836). Carl Graf zu Stolberg-Roßla (1822–1870). Prinz Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Hermann von Scheve, (geb. 1819) studierte Jura. „Einundzwanzig“, Kartenspiel. Wilhelm Graf von Hessenstein (1790–1867), meckl. Gesandter in Berlin. Verm. Hartwig von Bülow auf Camin (1823–1892). Es handelte sich um einen Irrtum. Vgl. den Eintrag vom 3.3.1841. Amalie von Sachsen-Altenburg (1799–1848), geb. Prinzessin von Württemberg, war verh. mit Joseph von SachsenAltenburg. Die Tante des Erbgroßherzogs, Marie, geb. Herzogin zu Mecklenburg (1803– 1862), war mit dessen Bruder und Nachfolger Georg (reg. 1848–1853) verh. Kurort im Herzogtum Sachsen-Altenburg. Gemeint sind die Bonner Studentenkorps Borussia und Saxonia. Carl Wilhelm Wutzer (1789–1863), Prof. und seit 1830 Leiter der chirurgischen Klinik in Bonn.



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8 März. Gesündigt! Im ersten Augenblicke wollte ich verzweifeln, ein gewisser dumpfer Trotz bemächtigte sich mei- /18/ [ner], aber bei dem furchtbarsten Schmerz über meine Sünde, der dann eintrat, blieb dann doch die feste Zuversicht an der Rettung durch Gott. Zum ersten Male an die Luft. 9 März. Nix. 10 März. Im Gig spazieren gefahren. 11 März. Ebenfalls mit Prinz Friedrich. 12 März. Wunderschöner Tag. Hübsche Partie nach Godesberg. Mit Miss Smith hingeritten. Smiths u[nd] Rummels zu Wagen. Frau v[on] Laroche, Flotows, Solms. Kaffe. Ueber die Ruine, von wo die Aussicht köstlich war, nach der Chausee, von wo nach Hause. 13 März. Die Borussen und Pfälzer83 auf einem Dampfschiff zum Commerce.84 Die Prinzen am Abend hin. Smith. 14 März. Sonntag. Predigt von Wichelhausen. Die B[orussen] auf dem Drachenfels. Einziges Diner bei Schlegel. 15 März. Oberst Thümen85 ist gestorben. Nein. 16 März. Von Sonntag an für Honeck gesessen.86 17 März. Mama und Papa nach Berlin. Flotowscher Ball. 18 März. Mit Warnstedt87 um den Preis geschlagen. 19 März. Diner bei Geheimrat Harleß.88 4 ½ Uhr Abend mit den Borussen in Godesberg bei den Prinzen. Sehr amüsant. Gesungen. Soupirt. 20 März. Zum 2ten Mal mit Warnstedt geschlagen. 58 Gänge, ich 28, er 26 bekommen. Abend bei Smiths. /19/ 21 März. Sonntag. Predigt von Wichelhausen. Parade mit angesehen: Lanken89 kommandirte zum ersten Male. Meine Lithographie bei Cohen besehen.90 Partie nach Godesberg; auf dem Gig hingefahren. Diner an table d’hôte. Nachmittags Spaziergang. Stolberg betrunken, reitet wie verrückt, fällt runter, besinnungslos, weint, schreit nach seinen Pferden. Die Gesellschaft zu Fuß nach Bonn zurück, ich nach Oberkassel, 91 wo ich zum Souper blieb.

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Corps Palatia Bonn, gegr. 1838 durch die Tischgesellschaft der „Treveraner“ (Trierer). Kommers, offizielle Feier einer Studentenverbindung. Verm. gemeint ist der 1808 geb. Oberst Albert von Thümen, Flügeladjutant des preuß. Königs und Kommandeur des Kaiser Alexander Grenadierregiments, der bis 1871 lebte. Adolf Hohneck (1812–1879), Maler und Lithograph. Ferdinand von Warnstedt aus Traventhal studierte Jura. Christian Friedrich Harleß (1773–1853), seit 1818 Prof. für Medizin in Bonn. Verm. Ferdinand von der Lancken (1795–1878), Major im preuß. 7. Ulanenregiment. 1828 in Bonn gegründeter „Verlag von Henry und Cohen“. Vgl. den Eintrag vom 16.3.1841. Die Grafen und Fürsten zur Lippe besaßen dort ein Palais.

32 Bonn 22 März. H[err] v[on] Sell und Oxholm92 nach Köln. Ich mit Bülow bei d[en] Prinzen gegessen. 23 März. Zum dritten Mal mit Warnstedt geschlagen und gesiegt, in 68 Gängen. Tanzgesellschaft in Bornheim. Ich durch Schwindel unwohl. Professorendiner. 24 März. Geritten. Die Prinzen gaben ein großes Abschiedsdiner in Godesberg. Sukow: Senior; Gaffron: Consenior. Münster: Secretär am 20ten gewählt. Bülow ausgetreten.93 25 März. Spazierritt über die Dörfer nach Godesberg. Mit Miss Smith. Tanzgesellschaft bei Leeks. 26 März. Partie mit den Prinzen, Leeks, M[iss]s Smith, Kollix auf den Petersberg. Abend noch 2 Stunden Kunstgeschichte geschrieben. 27 März. Kleiner Ball bei mir zum Abschied für die Prinzen. Die Musik auf dem Balcon, Büfets in den Lorchschen / 20/ Zimmern. Anfang um 7 Uhr, des Tanzes um 8 Uhr. 1 Gallop: Fr[äu]l[ein] v[on] Kluth, 1 Walzer: Gräfin Solms,94 2 Gallop: Fräul[ein] von Karlowitz, Francaise: M[is]s Alleyn, Schottisch: nicht getanzt, 2 Walzer: auch nicht. Lange Masurka mit M[is]s Smith. Hierauf Souper. Dann Polonaise mit Gräfin Beust. Kurzer Gallop mit d[er] 1[ten] Miss Leek. Langer Cotillon mit Fräul[ein] Flotow. 3 Walzer nicht getanzt. Um 3 Uhr zu Bett. Recht amüsant im Ganzen. – Mein erster Ball, den ich gab. 28 März. Lange geschlafen. Spaziergang. Um 2 ½ Uhr gegessen, um nach Muffendorf zu fahren. Im Gig dorthin mit Prinz Christian. Angenommen. Ueber Keßnich95 gefahren. – Oxholm sehr unwohl, zur Ader gelassen. 29ten März. Nach Oberkassel auf einem Abschiedsdiner für die Prinzen. Nach Tisch im Garten gespielt. Petrazzi, ein ungeschlachter Mecklenburger. 30te März. I do’nt know. Oxholm besser. Fritz Louis angekommen. Den Abend bei ihm zum Thee. Gefochten. 31 März. Abreise mit ihm und den Prinzen, welche leider Bonn ganz verlassen und die ich nach Frankfurth begleite. Wegen des Wetters nicht nach dem Laager See,96

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Waldemar von Oxholm (1805–1876), Gouverneuer der Prinzen Christian (IX.) von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel-Rumpenheim. 93 „Vorstand“ einer Studentenverbindung mit von Suckow als Vorsitzendem, den Jurastudenten Ernst Rudolph Maximilian von Gaffron (1821–1901) aus Kauen als Stellvertreter und Georg Hubert Graf von Münster (1820–1902) aus Derneburg als Sekretär. 94 Verm. Ida Gräfin zu Solms-Laubach (1817–1900), geb. Prinzessin von Isenburg-BüdingenBüdingen. 95 Kessenich. 96 Laacher See bei Koblenz.



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sondern direct nach Coblenz, wo wir bei Bodelschwing,97 General Thiele98 und / 21/ Müffling99 Besuche machten und Stolzenfels100 besahen. (Im Riesen).101 1 April. Um 7 Uhr die Festungswerke von Coblenz und Ehrenbreitstein besehen,102 die uns General Müffling selbst zeigte, ein erfreulicher, artiger, rüstiger alter Mann. – Um 11 Uhr die schöne Rheinreise angetreten, die wirklich herrlich ist. Rheinstein besehen.103 In Mainz im Holländischen Hofe übernachtet. 2 April. Den Dom, die Bildergallerie, das Guttenbergsdenkmal104 besehen. Mit der Eisenbahn nach Frankfurth. Die Prinzen wohnen bei der Prinzessin von Nassau,105 der ich um 6 Uhr meine Visite machte. H[err] v[on] Schack u[nd] Sohn zum Essen bei mir.106 Abends Ball bei ihm, der sehr leer und ziemlich langweilig war. Vorher noch Besuch bei Nostizens,107 der jetzt hier Gesandter ist. 3 April. Den Dom, den Römer besehen. Diner bei H[err] v[on] Schack. Soiree beim russischen Gesandten v[on] Oubril, die Fr[äu]l[ein] v[on] Oubril charmant. Kleine Spiele. 4 April. Sonntag. Partie nach Rumpenheim, das als Familienvereinigungspunkt sehr hübsch ist, sehr freundlich am Main gelegen. Einen großen Eindruck machte mir die Gruft.108 In Hanau zu Mittag gegessen. Den Wagenkasten zerfahren. Den Abend ins Theater. Soiree bei H[err] v[on] Oubril.109 Kleine Spiele. 5 April. An Table d’hôte gegessen. Partie nach Bibrich. Amüsante Fahrt auf der Eisenbahn. Den /22/ berühmten Damm110 und das Schloss111 besehen. Soiree beim dänischen Gesandten v[on] Pechlin.112 Scharaden aufgeführt: Schwerin, Rumpenheim, Glücksburg. Fr[äu]l[ein] Oubril113 wieder sehr hübsch.

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Ernst von Bodelschwingh (1794–1854), Oberpräsident der Rheinprovinz in Koblenz. Adolf Eduard von Thile (1784–1861), Kommandeur des VIII. preuß. Armeekorps in Koblenz. Wilhelm von Müffling (1778–1858), Gouverneur von Koblenz. Von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen restaurierte Burg bei Koblenz. Gasthof in Koblenz. Zwischen 1815–1834 von Preußen angelegte Festungswerke. Von Prinz Friedrich von Preußen ab 1821 restaurierte Burgruine. 1837 von Bertel Thorvaldsen geschaffen. Luise Henriette von Nassau-Usingen (1763–1845). Christoph Graf von Schack (1780–1852), meckl. Bundestagsgesandter, und sein Sohn Adolf Friedrich (1815–1894). Julius Gottlob von Nostiz und Jänckendorf (1797–1870). Grablege der Familie von Hessen-Kassel-Rumpenheim, einer Linie des Hauses Hessen. Peter von Oubril (1774–1848), seit 1835 russ. Gesandter beim Deutschen Bund. In der Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 1841 ließen Mainzer Kaufleute den Hafen von Bibrich im sog. Nebeljungenstreich durch einen Steindamm sperren, um ihre Einkünfte zu sichern. Residenz der Herzöge von Nassau. Friedrich Christian Ferdinand von Pechlin (1789–1863). Tochter des russ. Gesandten Peter von Oubril.

34 Bonn 6 April. Trauriger Abschied von den Prinzen, die mich bis zur Eisenbahn begleiteten. Auf dem Dampfschiff Leopold von Mainz nach Bonn. So lösen sich Bekanntschaften ebenso schnell wie sie sich knüpften. Diese gehörte zu den angenehmsten meines Lebens und die Freundschaft wird dauern. 7 April. Briefe geschrieben, geritten, im Wandsbecker Bothen114 gelesen. Tasso‘s befreites Jerusalem zieht mich sehr an.115 8 April. Vorbereitung zum morgenden 3ten Abendmahl meines Lebens. Schöne Rede von Wichelhausen. 9 April. Charfreitag. Ich habe das Abendmahl genommen und es hat mir einen herrlichen Eindruck gemacht. Ich habe für Glauben und Willen neue, unendliche Kraft gewonnen, und die leisen Zweifel, sie sich in meinem nach Erkenntnis strebenden Geiste erhoben, sind gänzlich getilgt. Ich habe erkannt, daß nun meine Erkenntnis zu mehren, ich nicht den wissenschaftlichen Weg einschlagen muß, sondern den, auf dem Grunde eines unerforschlichen Glaubens in /23/ der Bibel zu lesen und durch Ausüben, durch Folgeleisten dem Gebot der Bibel, von selbst in den Geist und dadurch in das Verständnis des Werkes Christi einzudringen. Zweifel will ich immer durch den Glauben besiegen und durch jenes Verfahren werden sie auch von selbst immer mehr wegbleiben. Mein Gott! hilf Du mir dazu die Absicht auszuführen, nur durch Dich kann es gelingen. Dank aber, daß Du mich gesegnet hast bisher! Die Bibel, die 4 Evangelien sollen mein Schatz sein. 10 April. Der gewonnene Segen bleibt. 11 April. Sonntag: Ostern. Ich habe mich den Morgen vorbereitet und habe dann von Wichelhausen eine herrliche Osterpedigt: „Jesus mußte auferweckt werden“ [gehört]. Mein Ostergelübde sei nun mit allen Kräften dem Bösen entgegen zu arbeiten, Liebe zu üben und mich dazu durch häufiges Lesen in der Bibel zu stärken. 12 April. Ostermontag. 12 April. Briefe geschrieben, geritten. Bella Rosa will ich behalten.116 Miss Smith bleibt den Sommer hier. Visite bei Leeks. M[iss] Smith hat mich gebeten, ihr 2 Blätter von Körners Eiche zu verschaffen.117 Morgen Beginn der Reise nach Holland. /24/ 13 April. Von Bonn nach Achen. Um 5 ½ Uhr mit meinen Pferden nach Cöln, um 1 ½ in Achen. Durch die Festung Jülich. An table d’hôte. Darauf in der Stadt umhergegangen, deren H[err] v[on] Sell sich von der Zeit des Kongresses 1818118 114 115 116 117

Von Matthias Claudius (1740–1815) 1771–1775 redigierte Zeitung. “La Gerusalemme liberata”, Epos des ital. Dichters Torquato Tasso (1544–1595). Reitpferd des Erbgroßherzogs. Der im Kampf gegen Napoleon gefallene Dichter Theodor Körner (1791–1813) liegt im zwischen Schwerin und Ludwigslust gelegenen Dorf Wöbbelin unter einer Eiche begraben. 118 Aachener Monarchenkongress, auf dem die restaurative Staats- und Gesellschaftsordnung festgeschrieben wurde.



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noch sehr lebhaft erinnert. Während er seinen Wirth aufsuchte, das Innere einer sehr schönen Kirche und den Viaduct besehen. Dann auf den Louisberg gefahren, von dessen mit Anlagen geschmückten Gipfel man ganz Achen und die Umgegend übersieht. Die Stadt liegt in einem Kessel und hat eine freundliche Lage. Die Gegend ist hüglich, fruchtbar und sehr angebaut. 14 April. In Achen. Rathhaus, das sehr merkwürdig ist und schön, den Dom mit d[en] Reliquien, den Gräbern Karls des Großen und Ottos II.119 besehen, die Jesuitenkirche, Redoutensaal, Kaiserbad. Burtscheid mit seiner heißen Quelle. Der Platz, wo die Feier des 18ten October während des Congresses war, den H[err] v[on] Sell wiedererkannte. Es wird dort ein Monument errichtet. Nachmittags das Schloß Frankenberg,120 ehemaliges Jagdschloß Karls des Großen, und die schöne Besitzung des Canonicus besucht. In dem neuen schönen Theater. Postillon von Lonjumeau.121 15 April. Von Achen nach Lüttich, ein reizender Weg über Verviers, indem man immer dem Laufe der Wesder122 folgt, während das neue Planum der Eisenbahn in gerader Richtung fortgehend /25/ unaufhörlich den Fluß passirt und die Berge durchschneidet. Lüttich ist eine hübsche Stadt, halb auf dem Berge, mit 2 Forts und belgischer Besatzung. Besehen haben wir die beiden herrlichen Kirchen, den Dom und St. Jacob, dann das palais de justice123 und Rathhaus. Den Abend waren wir im Theater, einem recht hübschen Gebäude, wo wir 2 französische Stücke und den Taschenspieler Weiß sahen. 16 April. Von Lüttich nach Brüssel. Im dicken Nebel verließen wir die sich langhin erstreckende Stadt zu Wagen, um in Ans die Eisenbahn zu erreichen. Man durchfliegt in rasender Eile ein hübsches Land. Löwen, Mecheln berührt man, in welchem letzteren enormen Bahnhof 4 Bahnen zusammenlaufen. Mecheln hat einen sehr schönen Thurm.124 Brüssel erreichten wir um 1 Uhr und stiegen im Hotel de Flandre ab. Die Stadt ist groß und hübsch, in jeder Art ein kleines Paris. Ein außerordentliches Leben und viel Eleganz herrscht hier. Place royale mit seinem Garten ist der Hauptplatz Brüssels, an welchem das Palais des Königs, des Prinzen von Oranien125 und der Stände liegen. Als der Hauptschauplatz der Revolution tragen die Bäume und manche Häuser häufige und starke Spuren der Gefechte.126 Die Stadt liegt zum Theil auf einem Berge, zum Theil im Thal. Auf dem 119 Gemeint ist Kaiser Otto III. (980–1002). 120 Der Aachener Landrat Friedrich Josef Antonius von Coels von der Brügghen (1774–1856) renovierte in den 1830er Jahren die verfallene Burg. Der Bezug zu Kaiser Karl dem Großen ist sagenhaft. 121 Der Postillon von Lonjumeau, Oper von Adolphe Adam (1803–1856). 122 Ndl. Vesder, frz. Vesdre, Zufluss der Ourthe. 123 Prinzbischöflicher Palast aus dem 16. Jahrhundert. 124 Belfried der St. Romualds Kathedrale in Mechelen. 125 1828 errichtet, später Palais des Académies. 126 Belgien war 1830 nach einem von Brüssel ausgehenden Aufstand gegen die Niederlande unabhängig geworden.

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Reise in die Niederlande

Abhang liegt die herrliche Kathedrale. Sehr merkwürdig ist der Marktplatz mit dem hotel de ville,127 auf welchem /26/ Egmont und Horn128 hingerichtet wurden. Am Abend, da wir der enormen table d’hôte am Mittag wegen nicht noch soupiren konnten, besuchten wir den berühmten caffée au mille colonnes.129 17 April. Heute machten wir unsere höchst fatiguante130 Tournee um Brüssels Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Wir besahen das magnifique Palais des Prinzen von Oranien, dessen Gemälde jedoch in Haag sind, das hospice des viellards,131 das ehemalige Palais Karls von Lothringen,132 welches eine sehr reiche Modellkammer, eine recht gute Gemäldegallerie (mehreres von Rubens) und ein zoologisches Museum enthält. Dann besuchten wir die herrliche Cathedrale, konnten das Rathaus aber nicht sehen, wohl aber eine Spitzenfabrique, auch von außen das Palais des Herzogs von Arenberg.133 Sein zukünftiger Schwiegersohn ist heute angekommen. Dann fuhren wir nach dem Schlosse Laeken,134 das wir aber wegen Anwesenheit des Königs135 nicht besuchen konnten. Auf dem Rückwege begegnete uns die Königin136 mit dem Herzog von Jouinville.137 Auch fuhren wir an dem ehemaligen Palais des Onkel Fritz138 vorüber. Nach der gehörigen Table d’hôte gingen wir in das théater royal du park,139 wo das Stück: les cabinets particulier140 auf eine merkwürdige Art die sonstigen Bühnenregeln überschritt. /28/ 18 April. Sonntag. Bis 4 Uhr Nachmittags benutzten wir den Tag, um das Schlachtfeld von Belle Alliance141 von M[on]t S[ain]t Jean aus zu Fuß zu besehen. Wir fuhren bis M[on]t S[ain]t Jean, wo am Ausgang des Dorfes da, wo die englischen Linien ihre Stellung hatten, das Denkmal der deutschen Legion,142 die sich bei der Vertheidigung von La haie sainte143 unsterblichen Ruhm erwarb, und das des 127 Rathaus. 128 Die Enthauptung von Lamoral Graf von Egmond (geb. 1522) und Philippe II. von Montmorency-Nivelle, Graf von Hoorn (geb. 1518) am 5. Juni 1568 in Brüssel markiert den Beginn des offenen Aufstands der Niederlande gegen die Spanier. 129 Café des milles colonnes, Café der tausend Säulen. 130 Anstrengend, ermüdend. 131 Hospice des vieillards, Greisen-Hospital. 132 Karl Alexander von Lothringen (1712–1780), Hochmeister des Deutschen Ordens und Gouverneur der Österr. Niederlande. 133 Herzog Prosper Ludwig von Arenberg (1785–1861) residierte u. a. in Brüssel. 134 1781–1785 vom Statthalter der Österr. Niederlande erbaut und nach 1830 Sommerresidenz der belgischen Könige. 135 Seit 1831 Leopold I., Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (1790–1865). 136 Louise Marie, geb. von Orléans (1812–1850). 137 Verm. Ferdinand Philippe Herzog von Orléans (1810–1842), der auch Herr und Fürst von Joinville war. 138 Wilhelm Friedrich Karl von Oranien-Nassau (1797–1881). 139 Théâtre Royal du Parc. 140 Les cabinets particuliers, heiteres Liedspiel von M. Xavier und M. Duvert. 141 Schlacht von Waterloo am 18.6.1815. 142 King‘s German Legion der brit. Armee. 143 La Haye Sainte.



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General Gordon steht.144 La haie sainte ist wieder hergestellt, trägt aber noch deutliche Spuren des Kampfes. Wir nahmen nun unseren Weg über Belle Alliance, von wo wir links nach dem schönen preußischen Monument bei Plancenois abbogen, dann das Dorf und die Kirche besuchten, den Schauplatz des furchtbarsten Gefechts, um zur Chaussee zurückzukehren, und sie überschreitend uns nach dem Schlosse Hugomant145 wandten. Dies ist der merkwürdigste Punkt in Hinsicht auf Anschaulichkeit, indem die ganze Besitzung noch ganz in dem Zustande ist, in welchem es durch die Schlacht versetzt worden. Das Schloß niedergebrannt bis auf die Kapelle, die Mauern mit Schießscharten versehen und fürchterlich durch Gewehrfeuer zerschossen. Von hier gingen wir nach dem Niederländischen Löwen, der auf seiner ungeheuren, kegelförmigen Erdsubstruction das ganze Schlachtfeld überragt. Nachdem wir nun noch die Kirche von M[on]t S[ain]t Jean mit ihren vielen englischen Denkmalen und das Grab des Beines des General Ouxbridge146 hinter /29/ dem Hause, in welchem es ihm abgenommen, besehen hatten, fuhren wir nach Brüssel zurück. Am Abend waren wir im theatre royal, das sehr schön ist. Bei Kaymanns. 19 April. Der Vormittag wurde noch zu einigen Besichtigungen, als des palais des chambres, welches schöne Räume und drei große Gemälde: die Schlacht bei Waterloo mit der Verwundung des Prinzen von Oranien, die Revolution und die Schlacht bei Vooringen,147 enthält, der Eglise S[ain]t Jacques neben unseren Hotel, und der Naturhistorischen Sammlung verwendet. Um 4 Uhr fuhren wir mit der Eisenbahn ab und waren um 5 ½ hier, wo wir in unserem Gasthofe S[ain]t Antoine ein großes Offizierdiner von der leichten Infanterie mit einer schönen Musik fanden. Wir gingen noch etwas in der Stadt umher, die Quais entlang und nach der Citadelle, tranken dann Thee, et allions nous coucher.148 20 April. In Antwerpen. Die herrlichen Kirchen S[ain]t Jacques und die Kathedrale besehen, wovon erstere, reicher verziert, einige Gemälde von Van Dyk,149 letztere, einfach und groß, 3 große Werke von Rubens enthält, worunter namentlich sein Meisterwerk: Die Kreuzabnahme. Das Museum enthält in seinen großen Räumen viel ausgezeichnetes. Die Börse hat einen schönen Kreuzgang. Durch nasse Füße habe ich mir einen enormen Schnupfen geholt, /30/ sodaß ich um Mittag etwas unwohl war. Nachtisch besahen wir die Citadelle von der man jedoch nur wenig sehen durfte. Einige Eleves hatten dort ein Preisturnen. Der uns führende Junge war einzig komisch. Die Citadelle ist ganz wieder aufgebaut, einige Forts armirt, der Gebäude jedoch nur wenige vorhanden, während es früher einer kleinen Stadt ähnlich sah. Von dort gingen wir den Quai entlang nach dem großen 144 145 146 147 148 149

Alexander Gordon (1786–1815). Château d’Hougoumont. Henry Paget, 1st Marquess of Anglesey, Earl of Uxbridge (1768–1854). Schlacht bei Worringen 1288 im Limburger Erbfolgestreit. Und wir gingen schlafen. Anthonis van Dyck (1599–1641), ndl. Maler.

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von Napoleon erbauten Bassin, wo ich zum erstenmale Dreimaster liegen sah, und an dem das neue Entrepot150 liegt. Mit einigen Umwegen, um noch Bilder zu kaufen, schleppten wir dann unsere müden Körper nach Hause. 21 April. Von Antwerpen nach Rotterdam. H[err] v[on] Sell und ich haben einen entsetzlichen Schnupfen. Bülow und ich bestiegen den ungeheuren Dom Thurm, von dem man ganz Antwerpen und die Schilde151 weithin übersieht. Um 10 ½ Uhr bestiegen wir das Dampfschiff: Prinz Friedrich von Preußen, und langten nach 11 Uhr erst damit in Rotterdam an. Wir hatten sehr schlechtes Wetter, Regen, wiedrigen Wind, was unsere Fahrt sehr aufhielt. Von dem Lande sahen wir wenig, indem alles unten blieb. Die Gesellschaft: eine russische Familie, der Vater mit der Tochter und ihrem Courmacher, der dicke Holländer, der alte Franzose, die englischen Schreibälger, ein sehr an- /31/ ständiger Herr und Dame. Fahrt ging immer durch die Inseln hin, bei Bergen op Zum,152 Zircksen, Dordrecht vorbei, durch verschiedene Canäle und Scheldearme, die manchmal so breit waren, daß man kaum das Ufer noch bemerkte. Entsetzlich ermüdet kamen wir an. 22 April. Von Rotterdam nach dem Haag. Wir schliefen sehr lange. Nach 12 Uhr sehen wir uns in der großen, reinlichen, von Canälen ganz durchschnittenen Stadt etwas um, sahen die großen Schiffe, die Statur des Erasmus,153 die Lorenzkirche, die in jeder Hinsicht verunstaltet ist. Nach dem Genusse der langersehnten Table d‘hôte fuhren wir über Delft sehr rasch nach dem Haag, wo das Land den ächt holländischen Charakter trägt. Wiesen, Canäle, Schiffe, Windmühlen. Bald nach der Ankunft kam Onkel Friedrich154 und lud mich zum Thee bei ihm ein, wo ich denn die Tante155 und Putchen,156 beide sehr wohl und blühend fand. Außerdem war noch die Vautiers und 1 Hofdame da. Putchen, die sehr groß und hübsch geworden ist, ging um 10 Uhr zu Bett und wir trennten uns dann auch bald. 23 April. H[err] v[on] Sell fuhr zum Adjudanten des Königs, um uns anzumelden. Um 10 Uhr kam der Onkel und nahm mich mit zur Tante, wo ich frühstückte. Nachdem ich mich angezogen, nahm die mich mit zur Königin,157 wohin der König158 auch kam, die /32/ beide sehr freundlich für mich waren. Nach noch

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Entrepôt, Lagerhalle. Gemeint ist der Fluss Schelde. Bergen op Zoom. 1622 vor der Rotterdamer Laurenskerk errichtetes Bronzedenkmal. Wilhelm Friedrich Karl von Oranien-Nassau. Luise Auguste Wilhelmine Amalie (1808–1870), Tochter König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Tante des Erbgroßherzogs. 156 Verm. Wilhelmine Friederike Alexandra Anna Luise von Oranien-Nassau (1828–1871). 157 Anna Pawlowna (1795–1865), geb. Großfürstin von Rußland. 158 Wilhelm II., König der Niederlande (1792–1849).



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einigen Visiten bei den Prinzen Alexander159und Heinrich, 160 Maltiz161 u[nd] s[o] w[eiter] zeigte mir der die Marinemodellkammer. Dann aß ich bei ihm und ging um 8 ½ zur Soiree bei der Königin. Hier wurde ich der Prinzessin Sophie162 vorgestellt, die recht hübsch ist und sehr etwas angenehmes hat. Dann wurden kleine Spiele gespielt und nachher nach dem Clavier getanzt, was recht amüsant war. 24 April. Um 10 Uhr brachte mich der Onkel nach dem Haus des Grafen Moritz,163 was unten eine sehr vollständige Sammlung Javanesischer Sachen [hat], oben die Gemäldegallerie ist, namentlich ausgezeichnet in der niederländischen Schule. Der Stier von Potter, die Section van Dyk von Rembrandt.164 Dann frühstückten wir bei der Tante und fuhren mit ihr aus, den alten Weg nach Scheveningen nach ihrem Pavillon, von wo ich die Nordsee zum erstenmale erblickte. Ein herrlicher Anblick! Dann ging es den neuen Weg nach Hause im Bosche, wo ein süperber Saal mit großen Gemälden aus der Geschichte Moritzens sich befindet.165 Dort fand ich Fr[äu]l[ein] Marie Nöggerath166 mit ihrem Bruder, im Begriff nach Amerika abzugehen, und Förster. Von dort ging ich mit dem Onkel zu Fuß nach Hause. Um 5 Uhr war großes Diner von den Generalstaaten von 2 Provinzen, das sehr lange dauerte. Um 8 ½ Uhr /33/ begann ein kleiner Ball, der recht amüsant war. Den ersten Walzer tanzte ich mit der Prinzessin Sophie, den zweiten mit Putchen. Hier sah ich auch unsere Reisegefährtin vom Dampfschiff wieder, eine Fr[au] v[on] Barr, was mich sehr amüsirte. 25 April. Heute Morgen war Förster hier. Um 12 Uhr holte mich Tante Luise ab, um zum Frühstück nach ihrem Gut zu fahren. Es hat ein allerliebstes Wohnhaus und ist aus 3 Gütern zusammengesetzt: hois de Pau, Ter-Horst, Honthorst.167 Nach dem Frühstück wurde dort etwas spazieren gegangen und gefahren. Um 5 Uhr war Familiendiner im Ueberrock beim König, im Gewächshaus. Die Königin war unwohl und nicht da. Nachtisch zeigte mir der König einige von seinen Bildern und überraschte mich plötzlich mit dem Orden zum Niederländischen Löwen,168 was mir eine unmenschliche Freude machte. Den Abend war ich allein, zum Thee beim Onkel. 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168

Wilhelm Alexander Friedrich von Oranien-Nassau, Prinz der Niederlande (1818–1848). Wilhelm Friedrich Heinrich von Oranien Nassau, Prinz der Niederlande (1820–1879). Franz Baron von Maltitz (1794–1854), russ. Gesandter in den Niederlanden. Wilhelmine Marie Sophie Luise (1824–1897) von Oranien-Nassau, Prinzessin der Niederlande. Moritz von Oranien, Graf von Nassau-Dillenburg (1567–1625). Die Gemälde „Der junge Stier“ von Paulus Potter (1625–1654) und „Die Anatomie des Dr. Tulp“ von Rembrandt (1606–1669) waren im seit 1822 als Königliche Gemäldegalerie genutzten „Mauritshuis“ ausgestellt. Der Oranjesaal in „Huis ten Bosch“. Kinder des Geologen und Bonner Universitätsprofessors Johann Jacob Nöggerath. Mit einigen Verschreibungen. Die Landgüter Huize de Paauw, De Horsten und Ter Horst liegen zwischen Den Haag und Wassenaar. Höchster ziviler Verdienstorden der Niederlande, gestiftet 1815 von König Wilhelm I.

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26 April. Die Pferde zur Parade probirt. Um 12 Uhr zum Onkel hingeritten und von dort aus mit dem König nach dem Paradeplatz: im Gallop die Fronten herunter von dem Regiment Grenadiere, einem Bataillon leichte Infanterie und 2 Schwadronen Lanciers,169 die im Ganzen recht gut aussahen. Es wurde etwas maneuvrirt, die Cavallerie chargir- /34/ te etwas wild. Zuletzt wurde vorbei marschirt. Ich ritt einen Schimmel vom Onkel. Nach dem Frühstück besahen wir die Bibliothek, die eine sehr ausgezeichnete Sammlung geschnittener Steine, Münzen und Manuscripte mit Miniatüren besitzt. Sie zeigte ein kleines Original, Baron Vestreen. Hier befindet sich der eine von den existirenden 3 größten Kameen.170 Den Mittag war Diner beim Onkel, den Abend Ball bei Maltitz, der recht hübsch war. 27 April. Mit Bülow und einem Adjudanten vom Onkel fuhr ich nach Delft. Wir besahen in einer jetzigen Artillerie Kaserne die Stelle, wo Wilhelm durch Balthasar Gerard171 erschossen wurde, dann in 2 Kirchen172 die Grabmäler Wilhelms I. und der königlichen Familie, Ruyters,173 Hugo Grotius174 u[nd] a[ndere]. Hernach vor der Stadt geführt von einem sehr ausgezeichneten Artillerieoffizier, die Kugelgießerei, die Werkstätten, die Modellkammer und das Zeughaus, wo auch die beiden Fahnen von Antwerpen aufbewahrt werden. Ein Offizier von Antwerpen war auch zugegen. Es ist ein herrliches, warmes Wetter. Den Mittag war Diner beim König, wo ich mich bei der Königin empfahl. Den Abend war Ball beim Onkel, wo aber Tante Louise wegen ihres Kopfwehs leider nicht erschien. Bülow war auch /35/ da. Ich tanzte den ersten Walzer mit der Prinzessin Sophie, den zweiten mit Putchen. Ich besuchte die Tante Luise, nahm vor dem Souper vom König und Putchen Abschied, führte die Prinzessin zum Souper und saß neben ihr. Sie ist charmant, sehr liebenswürdig, recht hübsch, sehr talent- und gefühlvoll, munter, tanzt ganz ausgezeichnet und graziös. Dann tanzte ich noch den Cotillon mit ihr, empfahl mich ihr und den beiden Prinzen. 28 April. Vom Haag nach Harlem. Nachdem ich vom Ball ausgeschlafen, empfahl ich mich bei der Tante, die noch immer Kopfweh hatte, und fuhr mit dem Onkel in seinem Wagen nach Leiden fort. Ein sehr hübscher Weg führt dorthin. Wir besahen dort die Sammlungen der Universität, die in jeder Richtung, in der Zoologie u[nd] Mineralogie die reichste mir bekannte ist, und dann die höchst interessanten ägyptischen, karthagischen, griechischen und javanesischen Alterthümer. Namentlich scheinen einige der ägyptischen Documente von der höchsten 169 Ulanen, Lanzenreiter. 170 Sog. Großer Haager Kameo, ein geschnittener Schmuckstein. 171 Wilhelm I. von Oranien (1533–1584) wurde 1584 vom Katholiken Balthasar Gérard ermordet. 172 Die „Nieuwe Kerk“ ist die Grablege des Hauses Oranien, in der „Oude Kerk“ liegen Bürgerliche. 173 Der Admiral Michiel de Ruyter liegt in Amsterdam begraben. Vgl. Eintrag vom 1. Mai. 174 Hugo Grotius (1583–1654), ndl. Jurist und Philosoph, Begründer des Völkerrechts.



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Wichtigkeit für die Entzifferung der Hyroglyphen zu sein.175 Von hier brachte mich der Onkel noch eine Station weiter, wo wir Abschied nahmen und uns trennten. In Harlem, einer hübschen, freundlichen Stadt, im goldenen Löwen abgestiegen, trafen /36/ wir einen uns aus Brüssel bekannten Engländer, mit dem wir um 8 ¾ Uhr in die schöne, schon ganz dunkle Kirche gingen, um die berühmte Orgel spielen zu hören. Sie ist herrlich, gefiel mir aber, da sie auch schlechter gespielt wurde, nicht so gut wie die Freiburger. Das spärlich erleuchtete Gewölbe machte einen eigenen Eindruck: „edler Geist des Ernstes soll sich in Jünglingsseelen senken.“176 29 April. Von Harlem nach dem Helder,177 zurück nach Alkmaar. In einem fremden Wagen fuhren wir auf einer herrlichen Chaussee von Backsteinen ziemlich rasch fort. Man durchreist ein flaches, freundliches, wiesen- und mühlenreiches Land, stets Kanäle und Häuser antreffend. Schwimmende Brücken. Durchschnittlich hübsche Mädchen, hübsche ächt holländische Tracht. Je näher wir dem Helder kamen, desto windiger und kälter. In Nieuwdieg, dem Hafenort, der erst durch Bau eines Dammes 1823 entstanden ist, stiegen wir ab, wo sich alsbald der Director des Marine-Etablissements nebst dem Constructeur der Waffen und der Commandant des Wachschiffes einstellten. Von diesen begleitet besahen wir zuerst das Wachschiff, eine alte, nicht armirte Fregatte von 34 Kanonen, die eine Wache und Aspiranten zur Erlernung des practischen Dienstes an Bord hatte. Dann noch eine andere Fregatte und /37/ ein Kanonenbo[o]t. Nach einer kurzen Visite bei dem Director und einem Frühstück besahen wir nun das Marine-Etablissement; die Magazine, die Dogs mit der Fregatte Pernambuco, welche in einigen Wochen nach Surinam gehen sollte, die Schleusen, die großen abgetakelten, unter Holzdächern befindlichen Kriegsschiffe, von denen wir den Seü178 bestiegen, der mit Prinz Heinrich nach Petersburg gewesen war. Von dort fuhren wir durch den eigentlichen Helder nach dem Fort Kykdun179 mit dem Leuchtturm, an dessen Fuß alle Schiffe vorbei müssen und dem gegenüber Texel liegt. Hier liegt ein Strafbataillon und etwas Artillerie. Der Commandant führte uns auch in den Kasematten und in der Conterescarpe180 umher und fuhr dann mit uns die Befestigungslinie entlang. Nach dem Essen, während welches wir einen Dreimaster, der nach Surinam ging, durch ein Dampfschiff heraus bugsiren sahen, fuhren wir in dem furchtbarsten Winde wieder fort, und kamen ziemlich spät in Alkmaar an. 175 Die altägyptischen Schriftzeichen waren schon 1822 durch Jean-François Champollion entziffert worden. 176 Aus dem Gedicht „Heilig ist die Jugendzeit!“ von Ludwig Uhland (1787–1862): „Treten wir in Tempelhallen, / Wo in düsterer Einsamkeit / Dumpf die Tritte widerschallen! / Edler Geist des Ernstes / Soll sich in Jünglingsseelen senken, / Jede still und andachtsvoll / Ihrer heilgen Kraft gedenken.“ 177 Den Helder. 178 So! 179 Kijkduin. 180 Äußere Mauer oder Böschung des Festungsgrabens.

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30 April. Von Alkmaar nach Amsterdam. Früh ging es wieder fort nach Harlem und von dort auf der Eisenbahn, die neben einem Canal und einer /38/ Chaussee hinläuft, nach Amsterdam. H[err] v[on] Sell etwas unwohl. Bülow und ich besahen daher allein das Schloß, das ehemalige Rathaus mit dem süperben 100 Fuß hohen, 140 Fuß langen und 120 Fuß breiten Saal und einem Thurm von dem man Amsterdam sehr gut übersehen kann. Nachmittags fuhren wir in der Stadt umher, deren schöne Straße (Herrenkracht, Kaiserkracht etc.) die äußerste Reinlichkeit und Nettigkeit zeigen. Meistens haben sie breite Canäle mit Baumalleen besetzt, schöne Brücken, backsteinernes Pflaster. Bei dem Museum der lebendigen Thiere stiegen wir aus,181 und wurden dort von 2 Mitgliedern der Gesellschaft herumgeführt: Elephant, Büffel, Salamander u[nd] s[o] w[eiter]. Dann besuchten wir noch die portugisische Synagoge, wo gerade Gottesdienst war.182 Zahnweh. 1 Mai. Schönes Wetter. Dicke Backe mit Zahnweh. Das Museum besehen, wo einige recht schöne Sachen, die alte Kirche mit den schönen Glasmalereien, die neue Kirche mit dem schönen Begräbnis des Admirals Ruyter.183 Um 2 ½ Uhr nach der Admiralität, wo der alte Admiral … herumführte. Die Kadettencorvette, die Brigg und die 3 großen, im Bau begriffenen Kriegsschiffe besehen. Dann noch etwas in der Stadt umhergefahren und dann ins Theater, wo auch H[err] v[on] Tümmel war, /39/ der mich schon am Mittag besucht hatte. Die Nacht furchtbare Zahnschmerzen und immer dickere Backe. 2 Mai. Den ganzen Tag zu Hause, Bülow nach Zandam. Um 5 Uhr der Zahn vom Dentisten Dentz abgebrochen. 3 Mai. Von Amsterdam über Utrecht nach Arnheim, welches sehr hübsch liegt. 4 Mai. Von Arnheim nach Düsseldorf. Die Tante nach Berlin, der Onkel nach Reinstein. 5 Mai. Nach Bonn. Ende der Reise. Angenehme Erinnerung, namentlich an den Haag. 6 Mai. Umänderung in der Wohnung vorgefunden, die noch einige Arrangements nach sich zog. Spazierritt in dem schönen, warmen Wetter. Alles grün. Die Aussicht hier herrlich. Abend bei Prinz Georg, wo auch Solms.184 Brief von Klockmann durch Adolph Brückner,185 von Tante Marie. Behr186 und Kalkreuth187 angekommen. 7 Mai. An Tante Marie geschrieben nebst den Bildern. Behr, Storch und Wickede188 bei mir, der mir einen Brief und Westen aus Schwerin mitbrachte. Schönes Wet181 182 183 184 185 186 187 188

Natura Artis Magistra, 1838 gegründeter Tierpark. Esnoga, stilbildender Synagogenbau der sephardischen Amsterdamer Juden aus dem 17. Jhd. Der Admiral Michiel de Ruyter (1607–1676) liegt in der Nieuwe Kerk begraben. Verm. Reinhard Graf zu Solms-Laubach. Adolph Friedrich Brückner aus Ludwigslust studierte Medizin. Friedrich von Behr (1821–1892) aus Stralsund studierte Jura und Kameralwissenschaften. Grafen von Kalckreuth, schles. Adelsfamilie. Heinrich von Wickede aus Schwerin studierte Jura.



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ter. An Wilhelm den Atlas geschickt. An Papa geschrieben. Loebell189 hat wieder angefangen. Lieber Gott laß mich nur mit rechtem Fleiß das Sommer- /40/ halbjahr beginnen und durchführen. Die Reise hat mir einen sehr guten Eindruck gemacht. Angenehm war der Haag, interessant das Uebrige. 8 Mai. Das Colleg bei Walther190 wieder begonnen, das mir einen förmlich schmerzlichen Eindruck machte, ohne die guten Prinzen191 zu beginnen. Ich empfinde ihre Entfernung jetzt namentlich sehr tief. – Heute Nachmittag las ich angesichts der herrlich beleuchteten, schönen Gegend in Ulands192 einzigen, tiefen, lieblichen, frommen Liedern und das machte mir einen schönen, erhebenden Eindruck. – Bella Rosa geritten. Leeks wohnen in Nonnenwerth. – Schönes Wetter mit abwechselnden Regenschauern. 9 Mai. Zu spät zur Kirche gekommen, da sie früher anfängt. Mit Georg Partie nach Nonnenwerth. Dort Leeks getroffen und an Table d’hôte gegessen, seinen Säbel besehen. Auf den Drachenfels; trotz des Regens schöne Aussicht. Beim Hinabgehen so schmutzig geworden, daß wir nicht mehr nach Oberkassel, sondern auf einem Boot direct nach Hause fuhren von Königswinter. Den ganzen Weg gerudert, furchtbarer Regen. In Uhland gelesen, an Wiwi geschrieben. 10 Mai. Deutsche Rechtgeschichte bei Perthes,193 Flöte begonnen. Der Erbprinz von Lippe194 angekommen um 7 ½ Uhr. Georg /41/ zum Thee bei mir. 11 Mai. Zum Exerciren der Schwadronen vor dem General Thiele hinausgeritten. General Colomb195 u[nd] Wolff.196 Besuch des Prinzen von Lippe bei mir. Es scheint ein sehr netter Mensch zu sein, sowie auch H[err] v[on] Alvensleben,197 doch kann ich mir ein so nahes Verhältnis mit ihm, wie mit den Prinzen noch gar nicht denken. 12 Mai. Heinrich198 ist wieder da mit vielen Grüßen von Papa, Mama und Wilhelm. Ich besuchte den Prinzen von Lippe und ritt nachher mit ihm spaziren. Am Abend Turnstunde bei Georg, wo wir auch zum Thee blieben. 13 Mai. Musik von Uhlanenregiment bei ihm. Den Abend Theater, Georg bei mir zum Thee. Die Hagen sehr hübsch als Christine im zweiten Costüm.199

189 Johann Wilhelm Loebell (1786–1863), Prof. für Geschichte in Bonn. 190 Ferdinand Walter (1794–1879), Prof. für Jura in Bonn. 191 Christian (IX.) von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel-Rumpenheim hatten die Universität Bonn verlassen. 192 Ludwig Uhland, Dichter. 193 Clemens Theodor Perthes (1809–1867), Prof. für Staatsrecht in Bonn. 194 Leopold (III.) zur Lippe (1821–1875). 195 Peter von Colomb (1775–1854), preuß. Generalleutnant und Kommandant von Köln. 196 Generalmajor von Wolff kommandierte die preuß. 15. Kavalleriebrigade in Köln. 197 Gustav von Alvensleben (1803–1881), seit 1840 Gouverneuer des Prinzen Leopold zur Lippe. Er hatte zuvor schon Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz (1824–1876) begleitet. 198 Verm. Heinrich von Wickede. 199 Charlotte von Hagn (1809–1891), Hofschauspielerin in Berlin.

44 Bonn 14 Mai. Kalt. Geritten. Um 6 Uhr nach Oberkassel, wohin auch der Prinz. Auf dem Rhein zurück. 15 Mai. Mit dem Prinzen und Georg über den Kreuzberg und das Vorgebirge geritten. Nach der Turnstunde noch auf den Erholungsball bei Ermekeil200 gegangen. Gallop mit Fr[äu]l[ein] Rummel, die Zahnweh gehabt. Todestag des Oberstallmeisters Bülow.201 16 Mai. Ein prächtiger Sonntag. Um 5 Uhr mit dem Prinzen und Georg spaziren auf das Vorgebirge. In die Kirche. Nicht recht aufgepaßt. Um 12 ½ zu Wagen nach Oberkassel. Diner. Charman- /42/ te Partie nach Heisterbach,202 das reizend ist. Ruine, Gruft, Denkmal des Generals.203 Spiele gespielt. Außerordentlich amüsant. Souper in Oberkassel. Auf dem Wasser zurück. 2 j’y pense verloren, 2 Vielliebchen mit der jungen Gräfin gegessen.204 Ich muß mich hüten nicht eitel zu werden, sondern, meiner Sünden gedenkend, demüthig bleiben. 17 Mai. Wiwis Geburtstag. Partie mit dem Prinzen und Bülow nach Godesberg, wie im vorigen Jahre nach Kuhstall und Bastei205 mit Fr[au] v[on] Burkersroda.206 Abend zu Fuß zurück. Zeichen nach Oberkassel. Georg zum Thee bei mir. 18 Mai. Erregung der sinnlichen Leidenschaft d[urch] l. H. Kampf, endlicher Sieg. Danke, o Gott. Bewahre mich davor; verzeih mir diese Sünde! Spazierritt im Regen. – Die Borussen gestern los gewesen. Gaffron einen Hieb unter das Auge. – Im Theater: Donna Diana.207 Die Hagen gefiel mir in ihrem Spiel mehr, in ihrer Schönheit nicht so sehr, wie neulich. – Die Fürstin von Solms-Lich208 angekommen, Schwester der Gräfin Solms. 19 Mai. Brief von Brokmann. Gebadet. Geritten. Voltigirstunde. Miss Smith u[nd] Fr[äu]l[ein] v[on] Kluth am Ufer. /43/ 20 Mai. Himmelfahrt. Einst 1835 der Todestag des kleinen Albert!209 Ich las in der Biebel und wunderbar wurde mein Herz erregt. Liebe und Glauben, völlig sich in 200 Bonner Gastwirtsfamilie. 201 Vollrath Joachim Helmuth von Bülow (1771–1840), Vater des in Bonn studierenden Bernhard von Bülow. 202 Ruine eines Zisterzienserklosters mit Parkanlage im Besitz der Grafen von Lippe-Biesterfeld. 203 Friedrich Curt von Hobe (1765–1822), preuß. Generalleutnant und geb. in Jürgenstorf bei Malchin. 204 „Ich denke daran.“ Losungswort im Vielliebchen-Brauchtum, bei dem eine doppelkernige Frucht geteilt wird und der oder die andere dem Partner mit einem Losungswort zuvorkommen muss und dafür ein Geschenk erhält. 205 Zwei Felsen der Sächs. Schweiz. 206 Luise von Burkersroda, geb. von Sell (1796–1878). 207 Donna Diana oder Stolz und Liebe, Lustspiel von Joseph Schreyvogel (1768–1832). 208 Marie zu Solms-Hohensolms-Lich (1808–1872), geb. Prinzessin von Isenburg-BüdingenBüdingen und deren Schwester Ida Gräfin zu Solms-Laubach. 209 Der 1827 geborene Sohn der Herzogin Marie von Sachsen-Altenburg, geb. Herzogin zu Mecklenburg, starb am 28.5.1835 in Ludwigslust an einer Gehirnentzündung und wurde dort auch beigesetzt. Die Herzogin nahm am 50jährigen Thronjubiläum ihres Großvaters Friedrich Franz I. teil.



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Liebe hingeben, fest, unerschütterlich im Glauben stehen; an Christum. Das ist die Hauptsache, um das Ziel zu erreichen: Heiligung. In die Kirche: Nitsche. Visiten gemacht. Geritten. Diner bei mir für den Prinzen von Lippe. Abends nach Bornheim. 21 Mai. Gebadet, geritten. Abend beim Prinzen. 22 Mai. Nachmittag Partie nach Godesberg für die Fürstin Solms-Lich. Spaziergang nach Marienhorst. Geritten. 23 Mai. Sonntag. Um 5 Uhr mit Georg und Prinz von Lippe und d[em] Grafen Lippe210 nach Heisterbach geritten, dort gefrühstückt, Billet mit der Hutschnur bekommen, Ritt zurück über die Berge nach der Abtei Langenburg, hübsche Gegend. Um 11 ½ Uhr zurück. – Gebadet. Diner beim Prinzen. Abend Spaziergang. 24 Mai. Heißes Wetter. Den Fuchshengst vom Prinzen geritten. 25 Mai. Hochzeitstag von Mama. Frau, wie sie, rein, wie sie, laß mich sein! Ritt nach Rolandseck. 26 Mai. Nix. Gebadet. 27 Mai. Partie nach Nonnenwerth, zu Wasser zurück. Ich muß mehr über mich wachen. 28 Mai. Abendritt nach der Alaunhütte.211 Fingal läuft jetzt immer mit, und ist sehr amüsant. Nach Ob[er]Kassel gewinkt. /44/ 29 Mai. Ferien. Nach Heisterbach zum Scheibenschießen. Ich schlecht geschossen, aber doch amüsant. Am Nachmittag kamen die Damen. 30 Mai. Pfingst-Sonntag. Schöne Stimmung. Predigt von Wichelhaus. Mein Gott laß mich demüthig und wachsam sein. Nimm die Eitelkeit von mir, namentlich das kleinstädtische coquettiren, was bei mir anfängt, und jene mir nährt. Bewahr mich vor Schmeichelei, daß ich mich nicht bethören lasse, was man nur zu gern thut. – In der Wissenschaft strebe ich nach einer allgemeinen, systematischen und doch gründlichen Kenntniß. – Ich werde oft betrübt, wenn ich bedenke, daß die schöne Kindheit vorbei ist, die schönen Ludwigsluster Zeiten und die in Dresden, und genieße dann der schönen Gegenwart nur theilweise. Das müßte ich doch thun, und für deren Herrlichkeit dem Schöpfer mehr danken und erkenntlich sein. Recht fleißig, fromm und fröhlich sein: frisch, fromm, fröhlich, frei, des Mannes steter Wahlspruch sei. Geschwommen mit den beiden Gröbens.212 Nachmittag nach Bornheim, wo große Gesellschaft. Fr[äu]l[ein] v[on] Brenken sehr hübsch.213 Auch getanzt. /45/

210 Julius Graf zu Lippe-Biesterfeld (1812–1884). 211 In Holzlar bei Bonn wurde in der größten preuß. Hütte aus Braunkohle Alaun (KaliumAluminiumsulfat) für Papiere, Farben und Gerbereien gewonnen. 212 Zwei der fünf Söhne des Generals Karl von der Gröben. 213 Freiherren von und zu Brenken, westf. Adelsfamilie.

46 Bonn 31 Mai. Gebadet. Um 10 ½ zum Musikfest nach Köln. Lindor bekam einen Schwindel. Im kaiserlichen Hof auch Lippes,214 mit denen wir an table d’hote speisten. General Aster.215 Nun zum großen Conzert in dem süperbe neu decorirten Gürzenich, wo wir vorne saßen. Hübscher Anblick des Orchesters. Mancius bei mir vorher. In der großen Pause ich der Generalin Colomb vorgestellt.216 Sehr schönes Concert. Die Nacht nach Bonn zurück. H[err] v[on] Sell dageblieben, wegen s[einer] Frau. 1 Juni. Nach dem Kreuzberg geritten. Pferde weggelaufen, Georg seins gefangen, der Fuchs ein Kind geschlagen und dann nach Bonn, meine Shery in Poppelsdorf gestürzt und stark blessirt. Das Kind bis jetzt nicht gefährlich nach Wutzers und Dr. Kalts Aussage. Schreckliche Gerüchte: Professor Loebell da. Schrecklicher Eindruck. – Gebadet. Nachmittag Spazirgang. Ankunft von Frau v[on] Sell.217 Geschenke von Mama und Wiwi. 2 Juni. Mit dem Kind geht es gut. 3 Juni. Partie nach der Löwenburg mit Flotows. Sehr hübsch. Fr[äu]l[ein] Uechtritz218 auch da. Schöne Aussicht. 4 Juni. 5 Juni. Frau v[on] Sell mit ihm nach Ems. Wir zum Schießen nach Oberkassel, Glas. 6 Juni. Sonntag. Abführung. Arbeiten. Es naht die Trauerzeit vom vorigen Jahre, so traurig u[nd] doch so schön. /46/ 7 Juni. Todestag von Großpapa,219 ewig traurig!!! Vor einem Jahr Spazierritt mit Bülow nach dem Schooner Grund, in diesem Jahr mit dem Prinz von Lippe nach Cöln. Georg von Benrad zurück. Der 7te soll im Andenken an den Unvergeßlichen ein Tag des Seegens für mich werden: ich will meinen Fleiß verdoppeln und durch strenge Nutzung meiner Zeit den möglichsten Gewinn aus meinen Studien ziehen. Der Anfang heute war gut. – Dann, o lieber Gott, laß mich immer reiner und frommer und wahrer werden. Der Gedanke an Großpapa regt von selbst dazu an und soll mich, seinen Neffen Enkel, immer treiben. Er hat sich öfter zufrieden über mich ausgesprochen, o laß mich das immer mehr verdienen. 8 Juni. Vor einem Jahr nach Berlin. Meine Eltern heute nach Strelitz zur Hochzeit.220 – Mein Arbeitsplan ins Leben getreten. Spazirritt mit Georg. – Abend mit Prinz Lippe in Peter Simple221 gelesen. 9 Juni. Schlecht Wetter. 2te Tag meiner Molkenkur. Nicht so fleißig, wie gestern. Spazirgang. Abend zum Fechten bei Georg. 214 215 216 217 218 219 220

Verm. die Familie des Grafen Julius zu Lippe-Biesterfeld. Ernst Ludwig von Aster (1778–1855), Generalinspektor der preuß. Festungen. Maria Henriette, geb. von Stosch (1791–1857). Sophie, geb. von Massenbach (1804–1842). Von Uechtritz, sächs. Adelsfamilie. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770–1840). Herzogin Caroline Marianne (1821–1876) von Mecklenburg-Strelitz heiratete den dän. Kronprinzen Friedrich (VII., 1808–1863). 221 Roman von Frederick Marryat (1792–1848).



Juni 1841

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10 Juni. Frohnleichnam. Hochzeitstag in Strelitz, d[en] ganzen Tag gearbeitet. Diner von Studenten. Abend mit Pr[inz] Lippe ausgefahren. Oxholm angekommen. /47/ 11 Juni. Brief von Tante Helene. H[er]r v[on] Oxholm brachte seine Frau, 222 die sehr hübsch und liebenswürdig ist. Abend im Theater. 12 Juni. Um 9 ½ zu Pferde zum Besuch bei Oxholms nach Godesberg. Um 11 ins Colleg. H[err] v[on] Sell zum Essen bei Flotows, wo auch Oxholm. Ich mit dem Prinz von Lippe geritten und sehr naß geworden. Abend bei Georg, wo auch Oxholms. 13 Juni. Sonntag. Die neue, strengere Ordnung ist sehr gut und ich habe sie diese erste Woche gut durchgeführt, außer daß ich gestern hätte fleißiger sein können. Die Bedeutung des 7ten Junis garantiert mir, dem gehorsamen und dankbaren Enkel, die Dauer. Mein inneres Leben war aber nicht gut; heftig währte der Kampf, aber gestern verzogen sich die Stürme und heute strahlt Freude und Friede am wolkenlosen Himmel. Wie immer äußere Umstände mit einwirken, so hat der gute Erfolg meiner Molkenkur, namentlich wegen des damit verbundenen Gehens, auch seinen guten Einfluß gehabt. Gott lenkt alles zu seinem Zweck, der unser Heil ist. Danke Dir, bewahre mich auch inwendig die nächste Woche. Sehr lange aber ausgezeichnete Predigt von Nitsche über den Werth und den Gebrauch der Biebel, weshalb ich immer mehr darin lesen werde. /48/ Abend zum Ball nach Oberkassel, der bis 3 Uhr dauerte, sodaß wir bei Tage zu Hause kamen. Sehr hübsch. Cotillon mit Fr[äu]l[ein] v[on] Rummel, die vorher Zahnweh hatte. Von der Gräfin Adelheid223 eine süperbe Mütze bekommen. Blaues Band von der leider abwesenden Fr[äu]l[ein] Modestchen,224 da ihr Vater gestorben ist, was übrigens durch ihre Erziehung in der Lippschen Familie nicht so schmerzlich ist. Tag der Rückkehr nach Dresden. 14 Juni. Bei Tage um 4 ½ kamen wir hier wieder an, entsetzlich durchgeschwitzt. Um 6 ¼ stand ich wieder auf, um meine Ordnung beizubehalten. Die Müdigkeit war auch nicht bedeutend nachher. – Spazirritt auf Cyndrella. – Nur die laufenden Arbeiten gemacht. – Ziemlich gutes Wetter. 15 Juni. Regen. Mit dem inneren Leben geht es durch Gottes Gnade etwas besser, obgleich ich mich vor Eitelkeit in jeder Art in Acht nehmen muß. 16 Juni. Gutes Wetter. 17 Juni. Abend in Oberkassel. Der Schwägerin der M[is]s Smith begegnet. 18 Juni. Nach Bornheim geritten. Mit meinen Arbeiten im Rückstand. Comte Picté225 angekom[men] aus Berlin. 222 Oxholm war seit dem 29.5.1841 verh. mit Anna, geb. von Rudloff (1821–1841). 223 Graf Julius zu Lippe-Biesterfeld, verh. mit Adelheid, geb. von Castell-Castell (1818–1900). 224 Graf Ernst zu Lippe-Biesterfeld (1777–1840), verh. mit Modeste, geb. von Unruh (1781– 1854). Gemeint ist mglw. die 1809 geb. Tochter Pauline Luise Modeste. 225 Charles-René Comte Picté de Rochemont (1789–1856) stammte aus einer Genfer Patrizierfamilie.

48 Bonn 19 Juni. Auszug der Borussen nach Linz. Regen. Faul. H[err] v[on] Sell den Abend nach Ems. Diner für Comte Picté in Godesberg und dann nach Rolandseck. Regen. 20 Sonntag. Schön Wetter. Predigt von Wichelhausen über die verschiedenen Leiden und ihre Bedeutung für uns. /49/ Fußtour über Mehlem und Königswinter nach dem Drachenfels. Schönes Wetter. Die beiden Damen, die da durch krochen. Zurück über Röhndorf auf dem Wasser. 21 Juni. Regen. 22 Juni. Dienstag. 23 Juni. Mittwoch. Spazirritt über Godesberg und Muffendorf. 24 Juni. Donnerstag. 25 Juni. Freitag. Fritz L[ouis]226 angekommen. Thee bei ihm. 26 Juni. Sonnabend. Zum Schießen in Heisterbach. Die Damen auch da. M[is]s Smith auf 1 Pony, Fr[äu]l[ein] Kluth auf 1 Esel. Abend nach Königswinter, wo Souper mit Fritz Louis und auf dem Wasser zurück. 27 Juni. Sonntag. Predigt von Sack.227 Ziemlich gefallen. Auf dem Dampfschiff mit Fritz Louis nach Nonnenwerth, von wo er nach dem Essen, nach dem Rheinstein abreiste. Remontre228 mit Gefr[eitem] Teulen Grunings. Unangenehm. Lippe, Alvensl[eben] u[nd] ich zu Fuß zurück. Gutes Wetter. 28 Juni. Schönes Wetter. Nicht fleißig genug, nicht fromm genug. Noch mehr muß ich mich zusammennehmen. Graf und Gräfin Hahn hier,229 bis morgen früh, um über Ems, Paris, England nach den südlichen Seebädern zu gehen. 29 Juni. Mir fehlt jemand, wie in Dresden230 und Prinz Christian, mit dem ich mich einmal ganz aussprechen kann. Heute kath[olischer] Festtag.231 /50/ 30 Juni. Mittwoch. Nachdem wir in Muffendorf niemand gefunden, fuhren wir nach Plittersdorf und blieben den Abend in Oberkassel. Zurückgerudert. 1 Juli. Voltigirt bei George.232 Mein Streben in beiden Richtungen nicht lebhaft genug. 2 Juli. Die Königin von Hannover233 gestorben d[en] 29sten. Dienstag. 3 Juli. Nachmittags nach Rolandseck, ich zu Pferde, in dem Rolandshotel abgestiegen. Schöner Rückritt. 4 Juli. Sonntag, eine schöner Tag. Von 7 ¼-8 ½ Molkengang. Fromme Gefühle. Italienischer Blick vom Weinberg aus. Nichts spricht auch mehr zum Herzen, 226 227 228 229 230 231 232 233

Prinz Friedrich Ludwig von Preußen. Karl Heinrich Sack (1789–1875), seit 1818 Prof. für Theologie in Bonn. Grundausbildung von Reitpferden. Mglw. Erblandmarschall Friedrich III. Graf von Hahn (1804–1859) und Agnes Gräfin von Hahn, geb. Gräfin von Schlippenbach (1812–1857). Gemeint ist Theodor Kliefoth (1810–1895), inzwischen Pastor in Ludwigslust. St. Peter und St. Paul. Prinz Georg von Preußen. Friederike (1778–1841), geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, jüngste Schwester der Königin Luise von Preußen.



Juli 1841

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wie, o Gott, Deine herrliche Natur! Predigt von Wichelhaus über die wahre christliche Sanftmuth. – Zum Baden nachmittags nach Mehlem gefahren, und von Königswinter auf den Petersberg. Herrlicher Blick auf den Rhein und das Siebengebirge. Erinnerung an die Partie mit Leeks vom 26sten März. In K[önigs] winter soupirt, zu Wasser bei Mondschein zurück. 5 Juli. Schöner Tag. Es geht besser, auch die Flöte. Aufstehen zu langsam. Abends bei Georg. 6 Juli. Concert „das Weltgericht“234 für die Münsterkirche. O, Gott, erhalte das Streben recht wach nach Dir und lasse mich so von Deiner Liebe entflammt werden, wie wohl früher. Fürst Reuß soll einen Schlagfluß bekommen haben. Das wäre schrecklich. 7 Juli. Onkel Wilhelm durch den Schirm beschädigt. 8 Juli. Georg zur goldenen Hochzeit von Graf Gröben235 nach Godesberg. /51/ 9 Juli. Viel gearbeitet. Tante Louise hat im Hous de Pow eine kl[eine] Tochter bekommen.236 H[err] v[on] Sell nach Ems. 10 Juli. Um 2 Uhr nach Coblenz mit Pr[inz] Lippe u[nd] Bülow, Promenade auf die Pfaffendorfer Höhe. 11 Juli. Stolzenfels besehen. (Reinecke) Nach Ems. Besuch beim Prinz von Oranien237 und der noch sehr hübschen Prinzessin Vasa.238 Im Kursaal mit Frau von Sell u[nd] a[nderen] gegessen. Verregnete und verschlafene Fahrt nach dem interessant belegenen Stammschlosse „Nassau“, an dessen Fuße eine Kettenbrücke über die Lahn geht. Bei der Zurückkunft H[errn] v[on] Schack239 und Graf Blücher240 gefunden. Um 6 Uhr auf die Promenade, wo aller beau monde.241 Die Prinzessin von Oranien242 und den Prinzen Vasa243 gesprochen. Durch die Prinzessin Vasa der Erbgroßherzogin von Hessen244 und durch d[en] Pr[inz] v[on] Oranien der Königin von Griechenland245 vorgestellt, deren Schönheit und freundliches Wesen einen großen Eindruck auf mich machte. Die Lozaris ihre schöne Hofdame, nicht ganz genau gesehen. Soupirt. Nach Coblenz.

234 Oratorium von Friedrich Schneider (1786–1853). 235 Karl von der Gröben (1788–1876), preuß. Generalmajor und Kommandant der 14. Division in Düsseldorf. 236 Prinzessin Marie (1841–1910) wurde auf dem Landgut Huize de Paauw in Wassenaar geboren. 237 Wilhelm (1817–1890), als III. seines Namens späterer König der Niederlande. 238 Prinzessin Luise von Wasa, geb. Prinzessin von Baden (1811–1854). 239 Verm. der meckl. Bundestagsgesandte Christoph von Schack. 240 Verm. Graf Ludwig Alexander von Blücher-Fincken (1814–1877). 241 Prominenz. 242 Sophie, geb. Prinzessin von Würtemberg (1818–1877). 243 Gustav von Holstein-Gottorp (1799–1877), seit 1829 Prinz von Wasa. 244 Mathilde Karoline, geb. Prinzessin von Bayern (1813–1862). 245 Amalie, geb. Herzogin von Oldenburg (1818–1875).

50 Bonn 12 Juli. Um 8 ¾ zu Haus. Etwas zerstreut von dem ungewohnten Eindruck der Schönheit jener beiden Prinzessinnen. Furcht vor Eitelkeit. 13 Juli. Viel zu thun. Der rechte Standpunkt gefunden, von welchem aus die gemachte Aussicht von wahrem Nutzen sein kann, den man überhaupt /52/ aus jetwedem Erlebnis heraussuchen muß. Der angenehme Eindruck nehmlich muß mich zur Dankbarkeit gegen Gott und so mein ganzes Streben, sowohl in Bezug auf das sittliche als auch auf die tägliche Pflicht aufs neue kräftigen. – Streit mit Bülow über die Natur des Dienstrechts. 14 Juli. Durchreitegeschwür. Eine angenehme Spazierfahrt, wo die Pferde recht gut gehen, thut auch meinem Inneren wohl. 15 Juli. Diner von Studenten bei mir. Abend bei Georg. Gr. St. amüsant. 16 Juli. D[urch]reitegeschwür-Schmerzen. Schönes Wetter. Spazierfahrt nach Godesberg. 17 Juli. Nach Heisterbach, wo auch die Damen. Abend zum Souper nach Oberkassel. 18 Juli. Sonntag. M[iste]r Major predigte.246 Gute Predigt, lächerliche Sprache und Deklamation. Schlechtes Wetter. Trotzdem Nachtisch zu einer Partie nach dem Pfaffenörtchen nach Oberkassel. Unmöglich. Windiger Spaziergang nach der Commende, dann Spiele im Saal. Souper. Einiger Wind auf dem Rhein. 19 Juli. Frau von Sell angekommen. Turnen bei Georg, wo zum Thee Rector Arndt, der das Thema auf Gespenster brachte und, namentlich aus Schweden, interessant erzählte.247 – Morgen soll in Köln einer hingerichtet werden, das mir einen schrecklichen Eindruck macht. /53/ 20 Juli. Die Hinrichtung, an die ich den ganzen Tag denken mußte, ist gewesen. – Frau von Sell aß mit uns. Frau von Spitzenberg (von Monheim) angekommen, wohnt hier.248 – Spaziergang im Regen. 21 Juli. Am Abend nach Godesberg, auf die Ruine: Gräfin Brüssel. Verjagt vom Thee durch den Regen, ins Hotel. Englische Damen. 22 Juli. Die Damen aßen bei mir. Spazierfahrt nach dem Theater: der Talismann.249 Abend. Thee. – Nicht fleißig genug. Die Deiters schön.250 Kammerrath Plessen251 mit einer Reise nach Italien bei mir. Sehr lange von Mecklenburg gesprochen. 23 Juli. Viel zu thun. Kramon252 bei mir, der wegen seines Fußes nach Kreuznach geht und dann nach Schweiz u[nd] s[o] w[eiter] reist. Mittags nicht fleißig. Abends besser. Visite bei Frau von Kramon,253 von wo zu Georg. 246 Carl Forsyth Major (1802–1852), Universitätsprediger in Bonn. 247 Ernst Moritz Arndt wurde auf Rügen geboren, einem bis 1815 schwedischen Teil Vorpommerns. 248 Elisabeth von Spitzemberg, geb. Freiin von Massenbach (1803–1857). 249 Posse von Johann Nestroy (1801–1862). 250 Die Ehefrau des Juraprofessors und Prodekans Peter Franz Ignaz Deiters (1804–1861). 251 Hans Leopold Bernhard von Plessen (1790–1871). 252 Friedrich von Cramon auf Kussow (1789–1880). 253 Karoline, geb. von Meyenn (1794–1880).



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24 Juli. Regen und immer Regen. Auf dem englischen Boot spaziren gefahren. Den Mittag mit den Damen die Aula besehen. 25 Juli. Sonntag. Trauer um die Königin abgelegt.254 Wie kurz verschwinden doch die Zeiten! Wenn nur diese jetzt überhand nehmende Kürze nicht auch der Dauer des inneren Andenkens Abbruch thut. Danach streben muß man wenigstens, daß es nicht geschehe. Mit den Damen nach Rolandseck. Dem Tage nach der Jahrestag meiner Abreise von Dresden. Schon 1 Jahr weg! Bülow hat vorige Nacht bei Pölcher gewacht. 26 Juli. Jahrestag meiner Abreise. – Frau v[on] Spitzenberg fort nach Stuttgart und Gräfin Brüssel. Wie traurig war ich vor einem Jahr, namentlich, wie ich mit Herr[n] Müller /54/ zu Bezzenberger hinging,255 um Abschied zu nehmen, wie ich endlich aus dem Garten herausfuhr und die Damen vom Institute alle an der kleinen Pforte standen! Wie betrübt! 27 Juli. Im vorigen Jahre nach Ronneburg. – Sehr hübscher Spazierritt über das Vorgebirge, das Fennhaus, Schweinheim und Godesberg. Abend Concert des kl[einen] Rubinstein.256 Gräfin Solms wieder da. 28 Juli. In Ronneburg: Orden, Stechvogel. – Nach Cöln, um die Ausstellung und das Panorama zu sehen, das aber gegen den Dom ganz verschwand. 29 Juli. Halle. Magdeburg. – Besuch bei Röschen Hufland im Hause von Professor Bischoff.257 Den Abend mit Lanken zur Felddienstübung vom Kreuzberg nach dem Rhein. Regen. 30 Juli. Nachmittags amüsanter Ritt über Röttgen, Kottenforst, Fennhaus und Godesberg. Karl Bunsen.258 1 August. Sonntag: Predigt von Wichelhaus über die wahre Gerechtigkeit. Starkes Zahnweh. Zähne nachgesehen. Visite bei Gräfin Solms. Prinz von Lippe zu Mittag bei mir. Pistolenschießen. Nach Oberkassel den Abend. 2 August. Zahnweh. Pr[inz] Lippe den Abend bei mir. 3 August. Bis 12 Uhr zu Bett, wo die Schmerzen nachließen, deswegen nicht zur Trauerfeierlichkeit der Aula. Wieder Schmerzen. Spazirfahrt. Durch Fliederthee beim Zu Bett gehen Schmerz weg. Georg den Abend bei mir, Pr[inz] Lippe 2mal. Gelesen. 4 August. Dicke Backe aber kein Geschwür. Schmerzen. Spaziergang nach dem Hochkreuz.259 /55/

254 Gemeint ist die verstorbene Königin Friederike von Hannover. Vgl. Eintrag vom 2. Juli 1841. 255 Gemeint sind die Lehrer Adolph Müller und Georg Bezzenberger (1805–1882) vom Blochmannschen Institut in Dresden. 256 Anton Grigorjewitsch Rubinstein (1829–1894) war damals als Wunderkind am Klavier auf europäischer Konzertreise. 257 Karl Gustav Bischof (1792–1870), Prof. für Chemie in Bonn. 258 Mglw. Karl von Bunsen (1791–1860), preuß. Diplomat und Kirchenpolitiker. 259 Wegekreuz aus dem 14. Jahrhundert.

52 Bonn 5 August. Der erste schöne Sommertag. Gegangen. Faul gearbeitet. Spazierfahrt. Stunden wieder angefangen. 6 August. Abwechselndes Wetter. Zahngeschwür. 7 August. Schönes Wetter. Ausgegangen. 8 August. Sonntag. Wunderschöner Tag. Vormittag wegen des Geschwürs zu Hause. Nachmittag durch Trimborn aufgeschnitten. Spazirgang in dem herrlichen Wetter auf dem Leinpfad mit Pr[inz] Lippe. Der Nöggerath begegnet.260 Das Siebengebirge lag wunderschön da. – Brief von Mama aus Doberan. 9 August. Regen. Gefahren bis Mehlem. 10 August. Schön. Zum ersten Mal wieder geritten. Blücher geht über Dresden nach Mecklenburg. (Brief von Wiwi) † 10te August. 11 August. Concert von Lißt,261 seine Bekanntschaft gemacht. Frau von Schulenburg262 gesehen. General Zetwitz.263 12 August. Nicht so fleißig. Trimborn erschreckte mich. Man genießt den Sommer gar nicht. 13 August. V[on] d[er] Lanken hier um Abschied zu nehmen, so auch das Offizierscorps. Flotows nach Plittersdorf, wir nach Godesberg. 14 August. Graf Alvensleben, der nach Doberan geht. Die Damen aßen mit uns. Nachmittags nach Rolandseck, wohin auch Pr[inz] Lippe. – Wenig zu thun. 15 August. H[err] v[on] Sells Geburtstag. Morgenspazirritt. /56/ Ohne ihn mit d[em] Pr[inzen] v[on] Lippe nach Reineck zu Bethmann-Hollweg 264 zum Essen, wohin Georg von Ems (wo er sich seinem Charakter nach sehr gut amüsirt hatte) aus auch kam. Das Schloß, im Geschmack des Mittelalters gebaut und auf einem alleinstehenden Berge in eine herrlichen Rheingegend belegen, ist, namentlich mit den Erkern und dem parquetirten oberen runden Zimmer, reizend. Frau v[on] Hollweg ist eine sehr angenehme Frau und scheint in ihrer Jugend sehr en vogue gewesen zu sein. Erst gesprochen, dann Diner, worauf das runde Zimmer besehen und im Garten Caffee getrunken. Dann Spazirgang auf die Reutersleih265 gemacht, von wo die Burg als Vordergrund dieser herrlichen Gegend, einen neuen schönen Effect macht. Dann im Garten Thee getrunken und fortgefahren.

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Tochter des Prof. Johann Jacob Nöggerath. Franz Liszt (1811–1886) war um 1840 auf ausgedehnten Konzertreisen durch Europa. Von der Schulenburg, preuß. Adelsfamilie. Von Zedtwitz, fränkisch-böhmische Adelsfamilie, mglw. verwechselt mit einem General von Zedlitz. 264 Moritz August von Bethmann-Hollweg (1795–1877), seit 1829 Juraprofessor in Bonn und verh. mit Auguste, geb. von Gebser (1794–1882), kaufte 1832 die Burg Rheineck und ließ sie restaurieren. 265 Reutersley, Aussichtspunkt am Rhein.



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16 August. H[err] v[on] Burkersroda mit Fr[äu]l[ein] Anna und Thekla angekommen (sehr hübsch).266 Alle bei mir gegessen. Nachmittags Partie in 2 Wagen nach Godesberg. Thee getrunken. Schöner Blick von der Ruine. 17 August. Wallfahrt kam singend zu Wasser um 5 ½ an, machte mir heiligenden Eindruck. O mein Gott, mein Gott, laß mich recht gut werden! Die Reise kann in Deiner Hand dazu auch 1 Mittel werden. 18 August. Burkersrodas nach Köln. Wir zum Diner nach Oberkassel, wo die Gräfin ihre Schwester Gräfin /57/ Castell267 und Gräfin Lippe mitgebracht hatte. Sehr amüsanter Nachmittag und Abend. Rummels auch da. Fr[äu]l[ein] so gelitten. Zurück mit Gräfin Solms, Hohenthals, 268 Solms und Stollberg. – Mein Gott, laß mich demüthig, bewußt und fromm bleiben u[nd] immer mehr werden. Burkersrodas von Köln zurück, zum Essen bei mir. Spazirfahrt nach der Kreuzkirche (Mönche 25, 100jähriger Mann), dann ins Theater, Thee. 19. August. Burkersrodas aufs Dampfschiff Nr. 14 begleitet. 21. Reise nach Italien angetreten. 21. Von Bonn nach Mainz Ein herrliches Wetter nahm uns, die wir die geistige Anschauung mit phisischer vertauschen wollten, auf, um uns den schönsten Theil des reizenden Rheinthals hinaus nach Mainz, unserem ersten Nachtquartier auf dem Wege nach Italien, zu führen. Die Reise wird, dem ersten Tage analog, eine sehr schöne, belehrende, auf das Gemüth belebend wirkende werden. H[err] v[on] Sell zu Burkersrodas.269 22. Von Mainz nach Heidelberg Um 6 Uhr verließen wir Mainz und passirten bei Coßheim270 den Main, kamen durch das regelmäßige, großartig angelegte Darmstadt, mit seinem großen Schloß und neuer Kirche, und betraten dann die schöne Bergstraße nach Heidelberg, die anfangs auf den Melibocus271 zu, dann an ihm vorbei den Odenwald ent- /58/ lang bis ins schöne Neckarthal führt, wo Heidelberg mit den großartigen Ruinen seines Schlosses sich zeigt. Wir fuhren über den Wolfsbrunnen, der ein sehr belebter Vergnügungsort der Heidelberger ist, nach dem alten Schlosse, dessen herrliche Trümmer (Tilly272, Franzosen, Blitz) auf seine ehemalige Pracht schließen lassen. Sein Keller enthält das Heidelberger Faß, durch Eingehn des Weinzehnten nutzlos geworden.273 Vom Altane und von der

266 Anna (1819–1847) und Thekla von Burkersroda (1822–1863), Töchter von Friedrich Adolf von Burkersroda. 267 Ida Amalie Luise Gräfin von Castell (1817–1882). 268 Grafen von Hohenthal, sächs. Adelsfamilie. 269 Adolph von Sells Schwester Luise (1796–1878), verh. mit Friedrich Adolf Freiherrn von Burkersroda (1792–1884). 270 Kostheim. 271 Höchster Berg der südhessischen Bergstraße. 272 Johann t‘Serclaes Graf von Tilly (1559–1632), Feldherr der kathol. Liga. 273 Das Große Fass im Heidelberger Schloss mit einem Fassungsvermögen von ca. 220000 Litern.

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Reise nach Italien

Terrasse herrliche Aussicht, die erhabene Gefühle erweckt (Wunsch). Unterdessen waren Burkersrodas angekommen, mit denen wir soupirten. 23. Von Heidelberg nach Studtgard Der Weg führt zuerst das reizende Neckarthal hinauf, das er bei Neckargemünd verläßt. Sehr hübsch erschien bei dem herrlichen Wetter und der die ganze Gegend belebenden Heuernte das Thal mit dem Schlosse vor Sußenhausen.274 In einer furchtbaren Hitze erreichten wir (Ludwigsburg) Stuttgard, u[nd] waren den Abend zum Thee bei Frau von Spitzenberg275 auf ihrem Garten, von wo man eine weite Aussicht auf die Stadt hat. Dort waren Gräfin Brüssel, H[err] u[nd] Frau von Reischach276 (Fr[äu]l[ein] Röder), Fräulein von Seckendorf277 und Karl Massenbach,278 der uns abgeholt hatte und auch zurückbegleitete. Um 11 Uhr reisten wir wieder ab beim Schein häufiger Blitze, denen auch bald ein tüchtiges Gewitter folgte. /59/ 24 August. Die Nacht durch nach Ueberlingen Es regnete den ganzen Tag. Um 10 Uhr frühstückten wir in Sigmaringen, das ein schönes Schloß besitzt. Vom Bodensee, den wir um 6 Uhr erreichten, sah man fast nichts. Im Bade logirten wir. 25 August. Von Ueberlingen nach Lindau Bedecktes Wetter. Auf der Concordia (I[nsel] Mainau) nach dem geschichtlich so merkwürdigen und seiner Lage nach so anmutigen Constanz. Dicht am Hafen liegt der große Conzilsaal, der noch manche interessante Andenken an das Conzil279 enthält (Stühle von Martin V.280 und Sigismund281 samt dem Thronhimmel, die Gefängnisthüre Hussens282 u[nd] a[anderes]). Dort acquirirten wir auch einige Rheinkiesel. Mit dem Ludwig fuhren wir dann in Begleitung des Comte Beaumont,283 eines alten Militärs, der in Friedrichshafen ausstieg, nach dem auf einer Insel belegenen Lindau, das bei schönem Wetter eine herrliche Lage haben muß. Die Spitzen des Appenzeller Gebirges und der Sentis284 lagen in Wolken gehüllt und die zuletzt noch auf einen Augenblick hervorbrechenden Sonnenstrahlen ließen nur den Zauber ahnen, der auf dieser Gegend des Bodensees ruhen muß. 26 August. Von Lindau nach Chur Um 4 Uhr M[orgens] verließen wir Lindau, passirten Bregenz und wandten uns nun das Rheinthal hinauf. /60/ Lange kämpfte 274 Schloss Agnesthal vor Zuzenhausen. 275 Elisabeth von Spitzemberg. 276 Carl Franz Ludwig Wilhelm, Graf von Reischach (1788–1844), verh. mit Caroline Aloysia Marianna, geb. Schenk von Geyern (1789–1853). 277 Mglw. eine Tochter des Juristen August Heinrich Eduard Friedrich von Seckendorff (1807– 1885). 278 Karl Friedrich Leo Freiherr von Massenbach (1797–1880), preuß. Oberregierungsrat in Koblenz. 279 Konstanzer Konzil, 1414–1418. 280 Martin V. (1368–1431), Papst seit 1417. 281 Sigismund von Luxemburg (1368–1437), römisch-deutscher König seit 1411. 282 Jan Hus (1369–1415), in Konstanz verbrannter böhmischer Theologe. 283 Mglw. der Herzog von Beaumont, Anne Albertine Josèphe Marie (1789–1863). 284 Säntis, höchster Berg im Alpstein.



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die Sonne mit den auf den Thalwänden ruhenden Nebeln, bis sie endlich siegreich durchbrach, wiewohl noch öfter durch neue Nebel verdunkelt. Das Thal ist weit, von immer bedeutender werdenden Felsen eingefaßt. Die Straße gewährt nur selten einen Blick auf den uns Bonnern so wohl bekannten Strom und ist auch häufig von ihm durch mehr oder weniger bedeutende, zuweilen mit Burgruinen gekrönte Zwischenberge getrennt. Auf den hoch bewachsenen, massigen, freundlichen Bergen der Schweizer (rechten) Seite sowohl mit ihrem abwechselnden Grün, als auf den schrofferen, rauheren, schichtigen Tyroler Bergen zeigten sich bald die so anlockenden Sommerhütten auf den herrlich grünen Matten und einzelne jäh herabstürzende Gießbäche schienen von dem oben bestehenden glücklichen Leben Kunde geben zu wollen. Wie schade so ein Land im Wagen auf der unfruchtbaren Landstraße durchfliegen zu müssen, doch Italien ruft, also auf ein andermal! Bei Unterhochsteg an der Leibelau285 betraten wir die kaiserl[ich] königl[lichen] Staaten.286 Vor Feldkirch trafen wir ganz unerwartet auf den durch das Berner Oberland nach Bonn zurückkehrenden Lorch287 mit seiner Equipage, was mich sehr freute. Nach langem Warten in Feldkirch erhielten wir endlich mit vieler Mühe drei Pferde, welche bei einiger Ungewohnheit /61/ und Ungeschicklichkeit des Fuhrmanns einige beängstigende Verwicklungen veranlaßten. Bei Galmist erreichten wir das Fürstentum Lichtenstein, fuhren ohne Ahnung davon durch seine, übrigens vom Fürsten288 bewohnte, Hauptstadt (d[as] h[eißt] Dorf ) Lichtenstein, in dessen auf dem Berge belegenen Schloße die L[ichtensteinische] Armee (52 Mann und 2 Offiziere) liegt, und frühstückten auf der Station Balzers. Nahe dabei hat man von der Burgruine einen hübschen Blick in das sich hier rechtswendende Rheinthal und linkshin nach der Steige von S[ank]t Luziensteig, über der sich mächtig der Falknis (7005 Fuß) erhebt. Der S[ank]t Luziensteig, der durch eine neuerdings wiederhergestellte Feldverschanzung vertheidigt ist, macht die Gränze nach Graubünden, und von dort aus senkt sich die Straße wieder ins Rheinthal hinab, das immer denselben Charakter behält, nur mehr Schneehäupter und auch wohl einige Gletscher zeigt. Wir übernachten in Chur, das schon ganz den schweizer Charakter hat. Die Postbeförderung war durchgehend sehr schlecht. 27 August. Von Chur nach Bellinzona Um 4 Uhr wurde aufgebrochen, und wir erreichten zuerst Reichenau, bei welchem auf einer Landzunge belegene freundliche Orte Vorder- u[nd] Hinter-Rhein sich vereinigen, das kastelförmige Thal hat besonders im Rückblick darauf einen romantischen u[nd] großartigen Charakter, wenn man das sich /63/ verengende Thal hinansteigt: Hochjuvalta im Vordergrunde, Reichenau mit seinen weißglänzenden Häusern im Grunde, in der Tiefe 285 Leiblach, Zufluss des Bodensees. 286 Österreich. 287 Verm. der Premierleutnant von Lorch vom 7. Ulanenregiment in Bonn. 288 Alois II. Fürst von und zu Liechtenstein (1796–1858) lebte in Wien und besuchte 1842 das erste Mal sein Fürstentum.

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rauschend der graue Hinterrhein, umher die grünen und im Hintergrund schneebedeckten Gebirge. Die nun im engen Domletschker289 Thal hoch emporsteigende und in dem allmählich gegen Tusis290 hin sich erweiternden auch mehr abfallenden Straße bietet einen herrlichen Blick auf den tosenden Fluß und das gegenseitige Ufer dar, auf welchem sich fast gleichzeitig, jedoch von verschiedener Lage, die alle interessant belegenen Orte: Rothenbrunn, die Ruine Niederjuvalta, Ortenstein und die Burgen Paspels und Sinz291 zeigen. Tusis, bei dem der Rhein die Albula aufnimmt, schließt das Domletschkerthal und man betritt nun in schauernder Erwartung den Eingang zur via mala. Hoch von jähen Felsen läuft die Straße hin, während unten der Rhein schäumend sich durch die engen Felsen drängt. Bald stürzt er gewaltig über Steinmassen hinweg, in seinem weißen Staube die Regenbogenfarben zeigend, bald saust er, in der Tiefe verloren, durch fast sich berührende Bergwände hindurch, bis denn die Natur, ähnlich wie im Reußthal, alle Wildheit entfesselt, wo die (ehemals mit Recht so genannte) Via mala, den Fluß öfters überschreitend, einhergeht. Ungeheure, meist nackte Felswände, von denen häufig Gießbäche herabstürzen, der unten tobende Rhein u[nd] die zwischen beiden schwebende Straße bilden die Elemente /62/ des ungeheuren Bildes. Allmählich verliert sich die Rauheit der Scene wieder und das Schamsthal zeigt bei dem Bade Andeer einen reizenden, echt schweizerischen Punkt (1834 Ueberschwemmung des Thals, Onkel Karls Name u[nd] der seines Adjudanten Rudolph im Fremdenbuch). Nun windet sich die Straße durch den, der via mala charaktergleichen Roflapass und gelangt dann an das Dorf Splügen (4450 Fuß hoch), von dem die Splügenstraße links abgeht, während wir das Rheinwaldthal durchfuhren, und nach der Station Hinterrhein den Fuß des Bernhard erreichten. Die schöne Straße windet sich bis zu einer Höhe von 6513 Fuß hinan, die wir ganz zu Fuß, meist grade ansteigend, erstiegen. Oben kamen wir auf dem alten Saumwege am Hospiz292 (casa di refugia) und dem See vorbei, der auf der Höhe liegt, und fuhren nun mit unglaublicher und fast tollkühner Schnelligkeit den weit steileren Abhang nach der italienischen Seite, das Misocco293 Thal, hinab. Nach einer enormen Station, während welcher wir schon einen Vor[ge]schmack von einem italienischen Abendhimmel bekamen, langten wir spät in Bellinzona, einem wenigstens im Sternenschein schön gelegenen Orte an und schliefen dort zwei Stunden. 28 August. Von Bellinzona über den lago maggiore nach Luvino294 Um 2 ½ Uhr fuhren wir nach Magadino am See, um von dort mit dem Dampfschiff zu gehen und trafen /65/ dort Loebell und die beiden Grafen von Schack, die wir mit dem Dampf289 Domleschg, Tal im Kanton Graubünden. 290 Thusis. 291 Sünz. 292 Hospiz der Augustiner-Chorherren auf dem Alpenpass des Grossen Sankt Bernhard. 293 Mesocco, ital. sprechende Gemeinde im Kanton Graubünden. 294 Luino.



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schiff nachher wieder verließen. Reizend sind die dunklen Ufer des schönen Sees mit den weißen Ortschaften, das Wasser, alles in einer südlichen Beleuchtung und es wird wahrhaft feenhaft, wenn, nachdem man Locarno, Canobio, den Garten des ermordeten französischen Gouverneurs u[nd] a[nderes] gesehen, der Busen sich zeigt, in welchem die einzig wunderschönen, gar nicht zu schildernden Borromäischen Inseln liegen und das schöne Palanza. Der Blick richtet sich nothwendig nach oben zu dem, der, um seine Menschen zu beglücken, sich ihnen in solcher Weise offenbarte! Bei Stresa ließen wir uns aussetzen, fuhren der sard[inischen] Duane295 wegen ans Land, und nun nach der Isola Bella.296 Nur die Feder eines Jean Paul (in dem Anfange seines Titan)297 war in ihrer Beschreibung dieser Aufgabe gewachsen. Mein Urtheil ist, daß das Ganze, die Insel mit ihrer entzückenden Aussicht, unbeschreiblich reizend ist, und dies mit jugendlichem Gemüthe aufgenommene Bild nie wieder von mir weichen wird. In anderer Weise ist ebenso schön die Isola madre, von wo aus Palanza namentlich einen ungemein herrlichen Anblick gewährt. Dort aßen wir und schifften uns dann auf einer Barca auf dem etwas unruhig gewordenen See ein. Trüben Herzens nahm ich Abschied von dem Blick auf Isola Bella und ihren Gefährtinnen, /66/ der Himmel umzog sich mit bald sich entladenden Wolken und ein heftiger entgegenwehender Wind holte die Fläche des Sees zu einem für zwei Gemüther sehr beunruhigen Grade auf. Mit Mühe und sehr spät erreichten wir Luvino298, wo wir nach Visitation des Passes in einem ziemlichen Gasthof übernachteten. 29 August. Von Luvino nach Como über den Lugano See Um 8 Uhr brachen wir zu Fuß nach Lugano auf, und legten bei einer bedeutenden Hitze und mit einer Rast in Ponte Tresa (hübsches Mädchen) den Weg, der durch eine herrliche fruchtbare südlich beleuchtete Landschaft führt, in 5 Stunden zurück. Vereinzelt trafen wir dort ein (Kirchenvorhang in der Straße,299 die bekannte Gesellschaft) und fanden uns endlich in der Corona, wo Tesch300 mit dem Wagen war, zusammen. Die Stadt liegt sehr schön am See, und seine Ufer, die wir zu Wasser bis Capo di Lago entlang fuhren sind sehr lieblich, ähnlich denen der Schweizer und Tyroler Seen, nur mit italienischer Staffage. Das herrliche Wasser lockte uns zu einem herrlichen Bade, worauf wir an einem schönen Abend nach dem reizenden Como fuhren. Dort in dem Angelo unsere Tagebücher schreibend, hörten wir bis spät in die Nacht das eigenthümlich rege Treiben auf dem Hafenplatze, Musik in den Häusern, lautes Sprechen und zum Theil schönes Singen auf der Straße. Bezaubert begab ich mich zur Ruhe. Alles dies fremdartige wirkt eigenthümlich auf das Innere. /67/ 295 Zollgrenze zum Königreich Sardinien-Piemont. 296 Zweitgrößte der Borromäischen Inseln. 297 Roman in vier Bänden (1800–1803). 298 Luino. 299 Vorhang, der einen Kircheneingang vom Kirchenraum trennt. 300 Johann Tesch, Kammerdiener des Erbgroßherzogs.

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30 August. Fahrt auf dem Como See Loebell und Schack kamen von Mailand und mit ihnen bestiegen wir um 8 Uhr das Dampfschiff, um den See zu befahren. Der bewölkte Himmel und die Erinnerung an den Lago Maggiore ließen uns zuerst nicht in sein so verbreitetes Lob einstimmen, bis nach und nach mit den prachtvollen, die reichste Phantasie befriedigenden Villen besetzten Ufer, seine Buchten und immer wechselnden Ansichten sich durch sich selbst und eine volle Sonnenbeleuchtung ihr Recht verschafften. Der Comosee ist schöner als der Lago Maggiore, aber um nicht so außerordentlich viel, aber er ist schöner. Bei Cadenabbio stiegen wir in eine barca,301 die uns zuerst des Prof[essor]s Loebell wegen nach Villa Trotti302 führte und nun nach der von Bethmann-Hollweg sehr empfohlenen Villa Melzi,303 die in ihrem ensemble, in einem süperb eingerichteten Schlosse, einen hübschen Garten und einer entzückenden Aussicht alles gewährt, was man sich nur als reizenden Aufenthalt denken kann. Nun ging es nach dem Dorf Bellagio, über dem die alte Villa Serbellone304 liegt, von dessen Garten auf der Höhe des Berges sich die berühmte Ansicht auf alle 3 Arme des Sees zeigt, die doch alles von Lago maggiore gesehene übertrifft. In einer furchtbaren Hitze stiegen wir wieder hinab, und fanden im Gasthofe zu unserem nicht geringen Erstaunen Schweriner Ansichten /68/ bis uns dann kund ward, daß einem älteren Genazini dasselbe gehörte. Auch sollte unser „alter Genazini“ in Como sein.305 Nach dem Essen schifften wir über die herrlichen Fluthen des Sees nach der an Kunstschätzen so reichen Villa Somariva306, die einen hübschen Treppenaufgang im Garten hat vom See aus. Sie hat sehr schöne Räume, in denen sich nun namentlich befinden: in Sculptur: der Alexanderzug v[on] Thorwalden,307 Mars und Venus von Canova,308 Amor und Psyche v[on] C[anova]; Palamedes von C[anova]; in Fresko: von Luini,309 ich glaube sposalitio;310 in Staffeleibildern: Tod des Atlas, 3 Grazien, Graf Somariva, Thelemach und Calypso, Joconda von Leonardo da Vinci311 u[nd] eine Menge anderer. – Die Rückfahrt und der Abend in Como waren sehr schön. Kleine Illumination. Abendmusik im Dom, der recht schön ist.

301 Barke. 302 In Bellagio. 303 Neuklassizistische Villa des Francesco Melzi d’Eril, erbaut 1808–1810. 304 Villa Serbelloni der gleichnamigen Herzöge. 305 Verlegerfamilie, die u. a. Kupferstichansichten von Schwerin auflegte. 306 Villa Carlotta des Politikers und Kunstsammlers Gian Battista Sommariva (1760–1827). 307 Bertel Thorvaldsen (1770–1844), dän. Bildhauer. 308 Antonio Canova (1757–1822), Bildhauer und einer der Hauptvertreter des ital. Klassizismus. 309 Bernardino Luini (um 1480–1532), ital. Maler. 310 Sposalizio: Vermählung Mariä. 311 Leonardo da Vinci (1452–1519). La Gioconda, „Die Heitere“, verm. eine der vielen Kopien der „Mona Lisa“.



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31 August. Sehr früh verließen wir Como und kamen, die erste Station von einem Gens d’armes escortirt, um 10 Uhr nach Mailand, wobei ich heftige Zahnschmerzen bekam. Sogleich gings nach dem Dom, dessen erster Anblick gleich einen unendlich mächtigen Eindruck macht: eine Marmormasse, die mit tausend schneeweißen Spitzen gen Himmel weist. Schade ist an der so großartig breiten und oben gotisch gewaltigen Facade die häßlichen Reste der Neuerungen Pellegrinis,312 als Thurm und Fenster, wogegen die linke Seite, vom Pallast des Vicekönigs gesehen, den ganzen imposanten Eindruck gewährt. Das Innere herrlich weite Schiff, das große Kreuzschiff und der durch die wunderschönen Glasfenster rötlich beleuchtete Chor machen einen wunderbaren Effect, den jedoch der auf dem Dache und dem Turme /69/ noch bei weitem übertrifft. Die Schätze des Domes sind sehr bedeutend und namentlich die unterirdische Grabkapelle der dort in einem christallenen Sarge aufbewahrten Gebeine des heiligen Borromaeus von unschätzbarem Werthe.313 Nachdem Loebell u[nd] Schacks bei mir gegeßen, gingen wir auf den corso u[nd] dann in die immense Scala, wo die Vestalin v[on] Marcadante314 und das Schloß v[on] Kenniworth315 gegeben wurde (Königin Tochter des Castellans im Pallast des Vicekönigs). (Furchtbare Zahnschmerzen.) Die Nacht gar nicht geschlafen. 1 September. In Mailand (Dicke Backe, k[eine] Schmerzen) Wir besuchten die Brera:316 mir sind merkwürdig erschienen: die Fresken Luinis im Eingang, der Carton des Christuskopf von Leonardo da Vinci zu seinem Abendmahl, die sposalitio, Raphaels berühmtes Jugendwerk, Madonna von Luini, Abraham u[nd] Hagar von Guerchino.317 Dort trafen wir Oertzen v[on] d[er] G[arde] du Corps318 mit H[err] v[on] Schmeling.319 Vortisch mußte ich mir 8 Blutigel setzen lassen, so daß ich nachher, wo Justizrath Bülow320 bei mir aß, sehr gestört war. 2 September. In Mailand Da meine Backe sich gebessert, besahen wir alle noch übrigen Hauptsehenswürdigkeiten: Die Ambrosiana,321 zuerst ihre Gemälde, im Cabinet: Clemens VII. v[on] Raphael Mengs;322 Christus am Kreuz v[on] Guido Rheni;323 Portraits v[on] Titian,324 v[an] Dyk325 und 1 andern Carton zur Schule 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325

Pellegrino Tibaldi (1527/32–1592/96), 1570 erster Architekt am Mailänder Dom. Karl Borromäus (1538–1584), heilig gesprochener Kardinal und Erzbischof von Mailand. La vestale, Oper von Saverio Mercadante (1795–1870). Il castello di Kenilworth, Oper von Gaetano Donizetti (1797–1848). Pinacoteca di Brera. Giovanni Francesco Barbieri, genannt Il Guercino (1591–1666). Kürassier-Leibregiment des Königs von Preußen. Von Schmeling, pomm. Adelsfamilie. Verm. Carl Christoph von Bülow (1799–1872), Kammerherr und Justizrat bei der Justizkanzlei Güstrow. Bibliotheca Ambrosiana mit der Pinacoteca. Gemeint ist das Porträt Clemens VIII. (1693–1769) von Raphael Mengs (1728–1779). Guido Reni (1575–1642), ital. Maler und Radierer. Tiziano Vecelli (1488–1576), venez. Maler. Anthonis van Dyk (1599–1641), fläm. Maler.

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von Athen v[on] Raphael; schönes von Luini, Breughel326 u[nd] a[nderen], dann ihre Bibliothek, unter deren seltenen Handschriften mir besonders ein Samaritanischer Penta- /70/ teuch; Virgil mit Anmerk[ungen] v[on] Petrarca und viele Palimsesten.327 Wenig merkwürdig ist die Kirche S[ank]t Victor, sehr dagegen der Speisesaal des Klosters Maria delle Gratia, wegen seines unendlichen Schatzes: das Abendmahl v[on] L[eonardo] da Vinci: Namentlich strahlt der Kopf Christi den inneren Werth aus den verwischten Zügen am meisten aus. Darauf fuhren wir nach der in weißem Marmor errichteten porta del pace, über die place d’armes nach dem süperben Amphitheater. Nachdem wir am Nachmittag noch vom Dom Abschied genommen, fuhren wir mit Loebell auf den Corso und gingen dann in das theatro de re (due padre).328 3 September. Von Mailand nach Desenzano Die Straße führt längs dem Fuße der Alpen über Oglio, Adda,329 durch Breschia. Die Hitze wurde so furchtbar, daß ich ganz unwohl ankam, und die eigentlich göttliche Fahrt über den Gardasee, den azurblauen, wenig genoß. Auf der Halbinsel Serbione besahen wir die ungeheuren Reste der einzig gelegenen Villa von Catull.330 4 September. Von Desenzano nach Padua Nur zuweilen hübsch. Festung Peschiera, Verona ist eine alte sehr verfallene Stadt, die düster über frühere Größe trauert, woran sie die Denkmale aus derselben stets erinnern: der Pallast und die Gräber der Scaligieri.331 Außerdem merkwürdig, das alte Amphitheater, der Bogen des Trajan an der Straße, und das Kloster332 mit dem Kirchhofe, wo Romeo und Julia /71/ gestorben und begraben, jetzt ein Küchengarten. Durch Caldiera, Vicenza spät nach Padua. 5 September. Von Padua nach Venedig In Fusine, vor dem wir schon den Seegeruch gespürt hatten, bestiegen wir die Postgondel (ich bald trotz des Regens ihr Dach). Wunderbar hebt sich das mächtige Venedig auf den Wellen und steigert immer mehr die Erwartung, bis man durch ein[en] kleineren Canal in den canale grande einläuft. Von unserem schön gelegenen Hotel de l’Europe hat man einen charakteristischen Blick auf einen schönen Theil des Canals, mit seinen Kirchen, Palästen und Gondeln. Wie erfaßt einen aber der erste Blick auf den Marcusplatz! Vor einem die nach dem Morgenlande weisende Marcuskirche, der (eigentl[ich] häßl[iche]) Campanile333 u[nd] der Ehrfurcht gebietende Dogenpalast, links die

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Jan Breughel der Ältere (1568–1625), fläm. Maler Palimpsest, gereinigtes und neu beschriebenes Manuskript. Verm. die Komödie „Servitore di due padroni“ von Carlo Goldoni (1707–1793). Nebenflüsse des Po. Die „Grotte di Catullo“ in Sirmione ist erst nach dem Tod des römischen Dichters entstanden. 331 Gemeint sind das Castelvecchio und die um die Kirche Santa Maria Antica liegenden Grabmale der Scaliger, die als Adelsfamilie von 1260–1387 Verona beherrschten. 332 Abtei San Francesco. 333 Campanile, frei stehender Glockenturm.



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Procuratien334 und die Uhr, rechts das königliche Schloß. Man denkt sich in eine andere Welt versetzt. Sehr hübsch ist dann rechts die Piazetta mit den beiden Säulen. Durch die Riesentreppe tritt man ein in den Dogenpallast, von dem aus Venedig mit so furchtbarer Gewalt frei gehalten wurde, und in dessen Innern so ungeheuer viel geschehen. Angebelöcher für den Rat der Zehn;335 ihr Zimmer; die furchtbaren Gefängnisse mit den Hinrichtungsstellen für die durch d[ie] 10er u[nd] die drei Verurtheilten;336 Seufzerbrücke; Zimmer der drei, von wo man nur zum sichren Tode d[en] Schranck die geheime Windeltreppe hinabging; die Bleidächer nicht so sehr schrecklich, aber doch sehr hart gewesen; der Empfangs/72/ saal für fremde Gesandte; der Versammlungssaal der 1610,337 immens, mit großen Oelgemälden: Alexanders III., des von Friedrich Barbarossa verfolgten u[nd] von Venedig aufgenommenen Papstes; Leben, Schlacht bei …,338 Versöhnung beider in der Marcuskirche;339 Schlacht bei Lepanto;340 Bilder aller Dogen, an Marino Falieris Stelle ein schwarzer Vorhang: hic est locus Marini Falieri decaptitate crimine!341 Einnahme Saras342 u[nd] a[nderes]. Versammlungssaal der Candidaten zur Dogenwahl. Scala d’oro, die in den Hof hineingehende Treppe, auf der Faliero gerichtet existirt nicht mehr. – Wir gingen dann in S[ank]t Marco, vor der die drei Bäume stehen und in der man fortwährend auf Spolien aus der alten byzantinischen Sophia stößt. Was sich daran für Erinnerungen knüpfen! Daneben stehen zwei Säulen aus Acre!343 – Nachmittags machten wir auf einer Gondel eine Fahrt durch die Stadt auf dem canal grande. Welche alte Pracht und Größe tritt einem da entgegen, welche Namen, zum Theil weltbekannt klingen da wider! (Schle[chtes] Theater)

334 Die sog. Alten Prokuratien, Gebäude der venezianischen Baubehörde aus dem 16. Jahrhundert. 335 Gemeint ist verm. der Briefkasten, durch den anonyme Anzeigen dem Rat der Zehn (höchstes Gericht und oberste Polizeibehörde) zugespielt werden konnten. 336 Die drei Vorsitzenden des Rats der Vierzig, des obersten Gerichtshofes Venedigs. 337 Sala dello Scrutinio. 338 Verm. ist das Gemälde „Seeschlacht bei Punta Salvore“ von Tintoretto gemeint. 339 Die für die Privilegierung Venedigs wichtigen Ereignisse um den zwischen Papst Alexander III. (1105–1181) und Friedrich Barbarossa (1122–1190) 1177 geschlossenen Frieden von Venedig sind Gegenstand dieses Bilderzyklus in der Sala di Maggior Consiglio. 340 Sieg der christlichen Seemächte unter der Führung Spaniens gegen die Osmanen am 7.10.1571. 341 “Hic est locus Marini Faletri decapitati pro criminibus”; der Doge Marino Faliero wurde 1355 wegen eines Staatsstreichs enthauptet. 342 Gemeint ist das Gemälde „Die Vertreibung der Ungarn aus Zara“ von Tintoretto. 343 Pfeiler der aufgegebenen Polyeuktosbasilika in Konstantinopel, die nach dem Vierten Kreuzzug 1204 nach Venedig gebracht wurden.

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6 September. In Venedig Auf einer Gondel fuhren wir nach mehreren Kirchen: St. Giorgione;344 de Redentore; S[an]ta Maria della Saluta.345 In einem Antiquitätenladen schöne Stühle. Die Gallerie Manfrini enthält schöne Sachen, namentlich Ariost,346 Borgia. 347 Del Carmine(?).348 Fabrik der venezianischen Ketten. Über die Rialtobrücke durch den Mittelpunkt des industriellen Venedig nach d[em] Marcusplatz. An table d’hôte. /73/ Nachmittags fuhren wir nach dem von den Zöglingen damals so gepriesenen Lido, der durch das Fort Lido u[nd] das Fort … die Einfahrten aus dem Meere in die Lagunen deckt. Das Bachanale war sehr mangelhaft. Dafür war ich aber selig wieder am Meeresstrand zu stehen und meine Gedanken schwärmten nach Doberan, wo alles was mir lieb, vielleicht auch am Strande stand. Auf der Rückfahrt der Blick durchs Dunkel auf das erleuchtete Venedig war herrlich, sodaß wir an der piazetta landeten und nun den Glanzpunkt Venedigs sahen, wie man ihn sehen muß. Wir erlebten, im Kaffee Florian uns erquickend, einen herrlichen Abend. 7 September. In Venedig Den Anfang unserer Fahrt machte das Arsenal, ein immenses Erbtheil aus den blühendsten Zeiten der Republik, hauptsächlich für die Marine, nur durch Den Helder349 übertroffen. Dann besahen wir die Patriarchalkirche S[ank]t Peter,350 S[ank]t Francesco de Vigna,351 S[ank]t Jiovanni e Paulo352, ai Jesuiti.353 Nachmittags fuhren wir nach dem von Napoleon angelegten Jardino publico,354 wo eine Reitbahn sich befindet. Aus dem Theater, in das wir nach Anhörung der Musik auf dem Marcusplatze gegangen waren, vertrieb uns heftiges Bauchweh. 8 September. In Venedig Zuerst besuchten wir den Pallast Barbarigo,355 den Aufenthaltsort des großen Titian, wo er auch an der Pest gestorben, mit einer unschätzbaren Sammlung von seinen Werken, nament- /74/ lich die heilige Helene. Dann führte uns unsere Gondel nach der gothischen Kirche S[ant]a Maria e frari mit einem herrlichen Chor und den Gräbern von Canova und Titian.356 Dicht daneben befindet sich die Kirche S[ank]t Rocho mit einer schön gebauten Chola, in der eine sehr schöne Treppe und große Säle voll Gemälden von Tintoretto nebst 344 San Giorgio Maggiore, ehemaliges Benediktinerkloster auf der gleichnamigen Insel. 345 Il Redentore und Santa Maria della Salute, zwei Votivkirchen zur Beendigung der Pest aus dem 16. bzw. 17. Jhd. 346 Ludovico Ariosto (1474–1533), ital. Humanist und Literat. 347 Gemeint sind die Portraitgemälde „Ariost“ und wohl auch „Lucretia Borgia“ von Titian im Palazzo Manfrini. 348 Gemeint ist wohl die Kirche Santa Maria del Carmini. 349 Marinestützpunkt in den Niederlanden, vgl. Eintrag vom 29.4.1841. 350 San Pietro di Castello. 351 San Francesco della Vigna. 352 Santi Giovanni e Paolo. 353 Santa Maria Assunta (Chiesa dei Gesuiti). 354 Giardini Pubblici. 355 Palazzo Barbarigo della Terrazza. 356 In Santa Maria Gloriosa dei Frari existiert für Canova nur ein Denkmal.



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seinem Meisterwerk: die Kreuzigung sich befinden.357 In der kleinen Kirche S[ank]t Sebastiano358 ist ein schöner Titian und das einfache Grab v[on] Paolo Veronese.359 Die Academie de belle arti am Canal Grande enthält besonders: Abendmahl von …, Prozession auf dem Marcusplatze von Bellini, Mariä Himmelfahrt; Meisterwerk von Tizian, einige neuere Sachen, Gypsabgüsse, Altarbilder u[nd] s[o] w[eiter].360 Seiner inneren Einrichtung wegen ist der Pallast TrevisEmo361 bemerkenswerth. An dem schönen Nachmittag bestiegen wir den Campanile, von dessen bequem zu ersteigender u[nd] viel besuchter Höhe man einen herrlichen Rundblick auf ganz Venedig hat. Besonders hübsch macht sich die piazetta. Hernach warfen wir noch einen Blick in das Innere von S[ank]t Marco, das, in ein mysteriöses Halbdunkel gehüllt, einen immer von neuem tief ergreift. An der bunt belebten piazetta erwartete uns unsere Gondel, auf der wir noch eine letzte herrliche Abendfahrt auf dem Canal grande machten. 9 September. Von Venedig nach Padua Nach Besichtigung zweier Antiquarischer Sammlungen gingen wir noch einmal auf den Marcusplatz, besahen das Innere der Seufzerbrücke, nahmen Abschied vom Dogenpalst, /75/ von der piazetta und der Marcuskirche, deren Sacristei mit den wunderbaren Mosaiken wir noch besuchten, und fuhren dann nach einem Frühstück von dem alten prachtvollen Venedig ab, voll von dem wunderbaren Eindruck, den die ungeheuren und unzähligen Denkmale seiner vergangenen Größe auf das Gemüth der Beschauer machen. Allmählich zieht sich der Wald von Häusern bei wachsender Entfernung immer mehr zusammen, und als Merkmale, die mir einst bei einem erneuten Besuch als Erkennungszeichen dienen sollen, nahm ich mir: die Kirchen Jesuati; Madonna della Salute; del Redemtore; S[an]t Giorgio maggiore; die Guidecca, die Inseln San Spireto362; San Clemente; Povilla;363 Malamocco; S[an]t Giorgio;364 Fort Fusine. – Um 6 Uhr langten wir in Padua an und besahen noch im Fluge

357 Gemeint ist das 1566 fertiggestellte Kreuzigungsgemälde von Jacopo Tintoretto (1518– 1594) in der Scuola Grande di San Rocco. 358 San Sebastiano, Eremiten-Klosterkirche. 359 Paolo Veronese (1528–1588), ital. Maler. 360 Accademia di belle arti di Venezia, 1750 gegründete Kunsthochschule. Das 1882 verselbständigte Museum Gallerie dell‘Accademia besitzt das „Gastmahl im Hause des Levi“ von Paolo Veronese, die „Prozession auf dem Markusplatz“ von Gentile Bellini (1429–1507) und bis 1919 „Mariä Himmelfahrt“ (Assunta) von Tizian aus der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari. 361 Villa Emo in der Provinz Treviso. 362 Santo Spirito. 363 Poveglia. 364 San Giorgio in Alga.

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u[nd] im Dunkeln das große Rathaus, Kaffee von Pedrochi;365 Basilica di San Antonio;366 den Dom; Palazzo di Capitano an der piazza di signori.367 10 September. Von Padua nach Bologna Um 4 Uhr gings fort. In Rovigo betete ich in der Kirche.368 Vorher kam man an den Euganeischen Bergen vorbei, in denen Abano, des Livius Geburtsort,369 und an denen das Stammschloß Este liegt. Dann passierten wir auf Fähren die Etsch u[nd] den Po, u[nd] blieben einige Stunden in Ferrara, dessen Schloß einst den glänzenden Hof der Herzöge von Este umfing, an dem Ariost, Tasso und eine Reihe anderer bedeutender Männer /76/ eine freundliche Aufnahme fanden. 370 Der alte Dom ist aus dem 12ten Jahrhundert. Der neu erbaute Justizhof ist rein gothisch. Nach einer furchtbaren Hitze kamen wir um 9 Uhr in dem ehrwürdigen Bologna, das unter den Hohenstaufen so berühmt war, an. 11 September. Von Bologna nach Florenz Man übersteigt den Kamm der Appeninen, ein unfruchtbares kuppenförmiges Waldgebirge, welches einen in seiner immer fruchtbarer werdenden Absenkung bis vor die Thore des in dem schönen Arnothal gelegenen alten Florenz führt. Kurz vorher kommt man durch Fiesule. 12 September. In Florenz Da am Sonntage keine der Sammlungen offen, wandten wir uns von unsrem Hotel Sneidert über den ponte Carragia nach der schönen piazza del Granduca, an dem der ehrfurchtsgebietende pallazzo vechio mit seinem sonderbaren Thurm u[nd] dem Neptun v[on] Ammanato u[nd] Hercules u[nd] Cacus v[on] Bachio Bandinelli371 u[nd] dann die berühmte loggia di Lanzi liegt mit dem Perseus v[on] B[envenuto] Cellini, der Judith v[on] Onercia, dem Sabinerraub v[on] Giovanni di Bologna u[nd] a[nderes].372 Ueberall wird man an die mächtige Herrschaft der Medici erinnert,373 hier durch die Reiterstatue Cosimus I.374 Zwischen beiden Gebäuden beginnen die Uffizien. Einen ungeheuren Eindruck macht der Dom mit seiner Kuppel u[nd] dem schlanken Campanile,

365 Café Pedrocchi. 366 Chiesa di Sant’Antonio. 367 Vom Palazzo del Capitano an der Piazza dei Signori aus nahm der sog. Kapitän die militärischen Interessen Venedigs in Padua wahr. 368 Mglw. ist der barocke Dom Santo Stefano Papa gemeint. 369 Der römische Geschichtsschreiber Titus Livius wurde wohl 59 v. Chr. in Patavia (Padua) geboren. 370 Die Adelsfamilie der Este regierte Ferrara von 1240–1597. Die Dichter Torquato Tasso und der Humanist Ludovico Ariosto standen in ihren Diensten. 371 Bartolomeo di Antonio Ammanati (1511–1592) schuf den Neptunbrunnen 1563–1575, Baccio Bandinelli (1493–1560) 1534 die Marmorstatue Hercules und Cacus. 372 Im Arkadenbau Loggia dei Lanzi aus dem 14. Jhd. ist die Bronzeplastik des Perseus von Benvenuto Cellini (1500–1571) und der Raub der Sabinerinnen von Giovanni da Bologna (1529–1608) aufgestellt. Die Bronzeplastik Judith und Holofernes stammt von Donatello (1386–1466). 373 Ital. Renaissance-Dynastie, die Florenz und die Toskana beherrschte. 374 Cosimo I. (1519–1574), Herzog der Toskana.



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namentlich auch vom Stein des Dante aus,375 in dem seine /77/ gothische Masse von solcher Wirkung ist. Sein flüchtig gesehenes Inneres sprach mich nicht so an. Dagegen stimme ich vollkommen in Raphaels Urtheil über die Thüren des Baptisterium[s] von Lorenzo Ghiberti ein,376 wovon ich namentlich die mit der Erschaffung des Weibes überaus bewundere, die Mosaiken im Inneren sah ich nicht recht. Von eigenthümlicher Wirkung ist das mit guten Statuen geschmückte Äußere der ursprünglich zum Kor[n]magazin der Republik erbauten Kirche Or san Michele. Ungemein großartig u[nd] mich durch seine Aenlichkeit mit dem Königsbau erfreuend, ist der Pallast Pitti, (gegenüber das alte Privathaus Pitti), die Residenz des ungemein verehrten Großherzogs,377 mit dem grandiosen im französischen Geschmack angelegten Gardino Boboli,378 von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Stadt, Fiesole, Pratolino u[nd] alle gegenüberliegende Berge hat. Die eine junge Prinzessin ist lebensgefährlich krank.379 – So umfängt mich also Florenz, laß auch dies mir zum Segen werden. Die Natur ist herrlich! – Den Tag beschlossen wir mit einer Fahrt nach den ungemein belebten Cascine und in der Pergola,380 wo il Figaro nuovo u[nd] das Ballet Blaubart. 381 13 September. In Florenz Der heutige Tag führte uns in die Kunstwelt, u[nd] zwar in ihr Heiligthum ein, indem wir Urlichs382 Rathe zufolge schnell zur Tribüne der Uffizien hindurch drangen. Da empfing uns dann die Medicäische Venus, v[on] Cleomenes, der Schleifer; Appolino, Satyr /78/ u[nd] die Ringer, Wunderwerke des Alterthums.383 Von Gemälden interessierten mich Madonna del Cardelino384 v[on] Raphael, Sibylle v[on] Guerchino; Herodias v[on] Luini, Anbetung v[on] Dürer, Venus v[on] Tizian, Madonna v[on] del Sarto,385 Johannes in d[er] Wüste, Julius II.,386 Fornarina 3 Raphael (?),387 Madonna das Kind anbetend, Flucht in Aegypten v[on] Correggio,388 alles herrliche Bilder! Cabinet der florentinischen Schule: Medusenhaupt v[on] Leonardo. Im Gemach der Künstlerportraits: Ra-

375 Sasso di Dante, von dem aus der Dichter dem Dombau zugesehen haben soll. 376 Michelangelo sagte über die Tür des Baptisteriums des Doms Santa Maria del Fiore von Lorenzo Ghiberti (1378v1455), sie sei würdig, die Pforte des Paradieses zu schmücken. 377 Leopold II. (1797–1870), Großherzog der Toskana. 378 Park aus dem 16. Jhd. hinter dem Palazzo Pitti. 379 Mglw. die 1840 geborene Maria Anna, die 1841 gestorben ist. 380 Gemeint sind die Parkanlage Le Cascine und das Teatro della Pergola. 381 Il nuovo figaro, Oper der Gebrüder Ricci. Blaubart ist die Titelfigur eines französischen Märchens von Charles Perrault (1628–1703). 382 Ludwig Urlichs (1813–1889), Archäologe und Philologe in Bonn. 383 Die Marmorstatuen Schleifer, Appolino, Satyr und Ringer werden wie auch die Medicäische Venus dem griechischen Bildhauer Kleomenes zugeschrieben. 384 Madonna del Cardellino (mit dem Stieglitz). 385 Andrea del Sarto (1496–1530). 386 Julius II. (1443–1513), Papst seit 1503. 387 La Fornarina (Die kleine Bäckerin), Portät, das Raffaels Geliebte Margeritha Luti darstellt. 388 Antonio da Correggio (1489–1539).

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phael, Cimabue,389 Albrecht Dürer u[nd] a[ndere], Vase Medicis mit dem Opfer der Iphigenia;390 Flora v[on] Tizian. Dann erfreuten wir uns an den herrlichen Niobiden,391 wovon mir namentlich eine Tochter sehr gefiel u[nd] gingen durch den großen Corridor über ponte vechio nach dem Pallast Pitti, des[sen] Inneres sich uns morgen erschließen wird. Vorher thaten wir einen Blick in den palazzo vechio, der eine schöne Halle hat. In der Kirche San Lorenzo besahen wir die herrliche, reich mit kostbaren Steinen392 getäfelte Kapelle der Medicäer mit ihren Denkmalen u[nd] die kleine Sakristei v[on] Michel Angelo mit dem provisorischen Grabe des vorigen Großherzogs.393 Nach ihrer Restauration wird man im Souterain die (60) Särge der Medicäer aufstellen. Zu dem Hauptaltar der Kapelle sahen wir die unglaublich schönen Mosaiken in der königl[ichen] Fabrik. Nachmittags, nachdem Herr v[on] Schack noch bei mir gewesen, fuhren wir nach der 1771 nach dem Brande wiederhergestellten Del Carmine, welche in einer unversehrt gebliebenen Kapelle Brancacci Fresken von Masaccio u[nd] Masolino enhält.394 Einen seltsamen Eindruck machte mir die im /79/ modern corinthischen Style erbaute S[an] Spirito.395 Mit Ehrfurcht betrat ich die gothische, durch die Madonna v[on] Cimabue so berühmte, v[on] M[ichel] Angelo seine Braut genannte, S[anta] Maria Novello mit dem Kruzifix v[on] Giotto (?), den Gemälden v[on] Buffalmacco, der Kapelle Strozzi mit den enormen Fresken von Andrea di Cione,396 dem Kreuzgang mit der Kapelle der Spanier, wo Fresken v[on] Schülern des Giotto,397 mit der Apotheke, wo vorzüglicher Alkermes v[on] den Dominikanern gemacht wird.398 Leider bieten aber alle diese Fresken durch das Zusammenwirken vieler Umstände dem Laienauge wenig Genuß. Um nach der Kunst auch die Natur wieder auf uns einwirken zu lassen, machten wir noch eine Fahrt auf dem Caccine399 u[nd] gaben dann unseren Enthusiasmus zu Papier. 14 September. In Florenz Nach einem flüchtigen Blick auf das Tabernakel v[on] Orgagna in Or san Michele400 bestiegen wir die Kuppel des Doms bis zur Laterne, 389 Cimabue (1240–1320), Maler und Mosaikkünstler. 390 Die Medicivase ist ein athenischer Marmorkrater. 391 Figurengruppe der hellenistischen Bildhauerei, die flüchtende Niobe und ihre Kinder darstellend. 392 Marmorintarsien. 393 Ferdinand III. (1769–1824). 394 Santa Maria del Carmine. Kapelle des Petro Brancacci mit Fresken der Genesis und der Petrus-Geschichte von Masaccio (1401–1428) und Masolino di Panicale (1383–1440). 395 Santo Spirito, dreischiffige Renaissance-Basilika mit 35 korinthischen Säulen. 396 Andrea di Cione (Orcagna, 1320–1368). 397 Dominikanerkloster Santa Maria Novella, ausgestaltet von Filippo Strozzi dem Älteren (1428–1491), Orcagna, Buonamico Buffalmacco (1262–1314) und Andrea di Firenze (gest. 1379). Das Kruzifix ist eine Arbeit Giottos. 398 Die von den Dominikanern gegründete Farmacia di Santa Maria Novella ist die älteste Apotheke Europas. Dort wurde auch Likör für Süßspeisen hergestellt. 399 Parco delle Cascine, Parkanlage. 400 Gotischer Tabernakel von Orcagna in Orsanmichele.



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v[on] Brunneleschi,401 379 Fuß hoch, die M[ichel] Angelo zur Kuppel der Peterskirche begeisterte. Die Aussicht ist herrlich auf die reiche, mit Landhäusern übersäte Umgegend; auch erblickt man den Thurm des Gallilei.402 Man staunt auf dieser Höhe über das Werk jener Ameisen, die man in fernster Tiefe unter sich wimmeln sieht, es dünkt einen fast eine Vermessenheit; doch das ist eben ein Werk einer Gottesbegeisterung. – Nun eilten wir, nachdem wir in einem Alabasterladen gewesen, unseren Bekannten in den /80/ Uffizien zu, um unsere Bekanntschaft noch recht fest zu begründen, und von neuem ergriffen mich mächtig die obgenannten Bilder, Erzeugnisse einer hehren Empfindung. Dazu kamen noch der schlafende Endymion v[on] Guerchino, Christus v[on] Joh. v[on] Leiden, beide in der Tribüne, dann das Christuskind auf dem Kreuze schlafend v[on] Allori,403 die Madonna v[on] Sassoferato,404 die Mad[onna] v[on] Carlo Dolce405 (Elisabeth v[on] Altenburg),406 2 Bilder v[on] Phillippo Lippi,407 in d[er] Trib[üne] Madonna mit langem Hals v[on] Parmiganino, 408 ferner im Bronzecabinet: der Merkur, ein wahrer Götterbothe!, die Chimera, der Redner, einige Mysticä u[nd] Dreifüße, endlich das Kabinet der Kostbarkeiten. Vorher hatten wir die Gallerie Corsini409 besucht, in deren schönen Räumen mir besonders gefielen: die Lucretia v[on] Guido Rheni, die Poesie, Musik u[nd] Mathematik v[on] Carlo Dolce, die Ermordung des Priamus v[on] Benvenuti, manches v[on] Salvato Rosa,410 die Portraits v[on] Petrarka u[nd] Dante, das Glück v[on] Raphael. Den Nachmittag machten wir einen Ausflug nach dem herrlichen Fiesule, wo wir vor dem Franziskaner Bettelmönch-Kloster die Sonne über der äußerst lieblichen, ganz italienischen Gegend untergehen sahen. Man findet hier Reste des alten Amphitheaters, einen Dom u[nd] in einer Kirche Säulen u[nd] Altar aus einem Tempel des Bachus. Den Abend kam H[err] v[on] Reumont,411 preußischer Attaché, zu uns, ein sehr netter Mann u[nd] Freund Urlichs, der uns sagte, daß die arme Prinzessin hoffnungslos wäre!412 Schrecklich! /81/ 15 September. In Florenz Geburtstag von Papa. – Naturforscherfest. – Brief an ihn. – Wir besahen S[antissima] Annuntiata, in deren Vorhof Fresken v[on] Andrea del Sarto u[nd] Pontormo413 sich befinden, welche das wunderthätige, nur selten 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413

Filippo Brunelleschi (1377–1446), ital. Architekt und Bildhauer. Galilei lebte seit 1610 als Hofmathematiker in Florenz. Cristofano Allori (1577–1621), ital. Maler. Sassoferrato (1609–1685), ital. Maler. Carlo Dolci (1616–1686), ital. Maler. Verm. Herzogin Elisabeth von Sachsen-Altenburg (1826–1896). Filippino Lippi (1457–1504). Madonna mit dem langen Hals von Parmigianino (1503–1540) Im Palazzo Corsini al Parione. Salvator Rosa (1615–1673), ital. Maler. Alfred von Reumont (1808–1887), Historiker und preuß. Diplomat. Verm. Maria Anna von Toskana. Jacopo Carucci, gen. Pontormo (1494–1557), ital. Maler.

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gezeigte Annunciationsbild u[nd] im Klosterhof über der Sakristeithüre die Madonna del Sacco enthält. In S[anta] Maria Magdalena de Pazzi414 konnten wir das Refectorium des Nonnenklosters mit den Peruginos415 nicht sehen. Nach einem Blick in S[anta] Croce, welche aber nach Beendigung der großen Messe für die Naturforscher von der wogenden Menschenmenge verlassen wurde, besahen wir den süperben Pallast Capone u[nd] den nunmehr großherzoglichen P[allast] Ricardi,416 den Nachmittag bestiegen wir die von M[ichel] Angelo befestigte Höhe San Miniato mit einer alten Kirche, Basilica, in denen ein Krucifix v[on] Cimabue u[nd] einige Fresken, und die eine entzückende Aussicht auf das nahe Florenz bietet. Eine Fahrt nach den Caccine u[nd] die Oper il guramento417 im Theater in Burgo Ognisanti418 beschlossen den Abend. 16 September. In Florenz Zuerst nahmen wir die gothische, nicht ganz vollendete S[anta] Croce in Augenschein, die d[urch] den lichten Bau und die Fresken v[on] Giottos Schule, die Kapelle Napoleon u[nd] die Gräber so bekannter Männer als Michel Angelo, Alfieri,419 Machiavelli,420 Gallilei,421 Denkmal Dantes sehr interessant ist. Nun ging es nach der Gallerie Pitti, mit deren Werken uns H[err] Reumont bekannt machte. Da eigentlich alles Meisterwerke, so beschränke ich mich auf das mir gefallen habende: S[ank]t Petrus auf d[em] Meere v[on] Cigoli,422 Julius II., Leo X., Paul III., Madonna del /82/ Sedia, Mad[onna] Del Baldacino, Mad[onna] Del Granduca, der sixtinisch[en] Mad[onna] ähnliches Portrait, Mad[onna] Doni, e imposanto – v[on] Raphael. Cleopatra von Guido Rheni; Judith v[on] Chr[istofano] Allori; Jungfrau mit dem Kinde v[on] Morilo;423 Verschwörung des Catilina v[on] Salvato Rosa, Vision des Ezechiel v[on] Raphael; dort steht auch die Venus von Canova. Man führte uns dann durch einige prächtige Fremdenzimmer, in denen auch Pr[inzessin] Amelie von Sachsen424 gewohnt hat, u[nd] durch die Gemächer des Erdgeschosses, in denen ein großes Bild v[on] Benvenuti: der Einzug Karls IX. in Florenz sich befindet.425 In der Silberkammer ist einiges werthvolle v[on] Benvenuto Cellini u[nd] eine Arbeit in Silber, die zuerst zum Abdrücken der Kupferstiche Anlaß gegeben hat. 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424

Santa Maria Maddalena dei Pazzi. Perugino (1445/48–1523), ital. Maler. Palazzo Medici Riccardi. Il Giuramento (Der Eid), Oper von Saverio Mercadante (1795–1870). Teatro dell‘Accademia dei Solleciti in der Straße Borgo Ognissanti. Vittorio Alfieri (1749–1803), ital. Dichter. Niccolò Machiavelli (1469–1527), Politiker und Philosoph. Galileo Galilei (1564–1642). Ludovico Cigoli (1559–1613), ital. Maler. Bartolomé Esteban Murillo (1618–1682), span. Maler. Amalie von Sachsen (1794–1870) war unter dem Pseudonym „Amalie Heiter“ in den 1830er/40er Jahren eine der erfolgreichsten deutschen Komödienautorinnen. 425 Einzug Karls VIII. in Florenz, von Giuseppe Bezzuoli (1784–1855). Der französische König hatte 1494 Florenz erobert.



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Eine Besichtigung des noch jetzt von der Familie Buonarotti bewohnten Hauses von M[ichel] Angelo bot einiges Interessante dar. Am Nachmittag fuhren wir nach Bellosguardo, eine Besitzung der Familie [Caracciolo], von deren Höhe man eine reizende Ansicht auf Florenz und die ganze Gegend hat; dort trafen wir einen H[errn] v[on] Schierstedt,426 mir schon aus Dresden durch Fritz bekannt. Morgen um 2 Uhr sind wir zum Großherzog befohlen. 17 September. In Florenz Wir besahen die wenig interessante Kirche S[an] Marco, in deren Kloster aber im Refectorium, in den Corridors und Zellen sich die Hauptfresken des seligen Fra Angelico da Fiesule befinden. Ebenfalls Bruder dieses Klosters war der bekannte Mönch Savanarola.427 Sehr großartig ist die Kirche S[an] Lorenzo, noch nicht vollendet wegen der Grabkapelle der Medicäer, in welcher der /83/ Hochaltar stehen wird. An den Stufen der Emporkirche liest man über der Grabstelle Cosimus I.: decreto publico pater patriae.428 Zum letzten Male erfreuten wir uns nun an dem Schönen in den Uffizien, das auf mein Gemüth einen lebhaften Eindruck gemacht hatte. H[err] v[on] Schierstedt zeigte mir noch die reizende Madonna del rosario v[on] Titian. Im Pallast Pitti ordnete u[nd] befestigte ich das, was ich dort gesehen, was mich aber, vielleicht wegen des schon gesehenen, nicht so lebhaft berührt hatte u[nd] begab mich zum Anziehen nach Hause. Um 1 ¾ Uhr fuhren wir mit Reumont zur Audienz im ersten Geschoß des Pallast Pitti, wo uns der Kammerherr v[om] Dienst und der Oberkammerherr v[on] Ginori empfing.429 Der Großherzog, ein ziemlich alt aussehender, verständiger, sehr herzlicher u[nd] freundlicher Herr, befragte mich über die ihm gänzlich unbekannten Verhältnisse unserer Familie u[nd] Mecklenburgs, sprach mit großer Liebe von der sächsischen Familie, ziemlich ruhig über den Zustand seiner Tochter und entließ mich nach einem ziemlich langen Gespräch. Den Abend gingen wir ins Theater Leopoldo, wo man französisch: le mariage sous Louis XV.430 charmant gab. Während der Zeit hatte er die große Gnade einen Gegenbesuch zu machen. 18 September. Von Florenz nach Pisa Den letzten Morgen unseres leider schon abgelaufenen Aufenthalts in dem schönen Florenz theilten wir zwischen der Gewerbeund Kunstausstellung im Museum de belle arti u[nd] /84/ den Uffizien, die ich noch einmal durchlief. Um 1 Uhr verließen wir Florenz, dem Laufe des anschwellenden Arno folgend u[nd] waren um 8 Uhr in Pisa, indem wir theilweise ein schönes Land, aber ein Heer von wohleingeübten Bettlern fanden. 19 September. Von Pisa nach Lucca Der Domplatz in Pisa mit seinem vierfachen Schatze gewährt einen süperben Anblick bei der freien Lage u[nd] übereinstim-

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Sächs. Adelsfamilie. Girolamo Savonarola (1452–1498), Dominikaner und seit 1494 Herrscher über Florenz. Durch öffentlichen Beschluss Vater des Vaterlands. Giovanni Ginori (1788–1858). Un mariage sous Louis XV., Komödie von Alexandre Dumas (1802–1870).

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menden Bauart der Gebäude.431 Höchst interessant ist der schiefe Thurm, allem Anschein nach bei der Erbauung der ersten Stockwerke gesunken und dann mit wunderbarer Kühnheit dennoch beendet. Von seiner wankend zu ersteigenden Plattform übersieht man eine reiche Ebene, das Meer und die Appenninen, dann den herrlichen gewaltigen Dom aus der 2ten Periode des Rundbogenstils und die mit vielen Gärten durchzogenen, von einer großen Mauer eingefaßte Stadt. Im Dom, der wirklich wunderschön ist, sahen wir eine Prozession. Das Baptisterium, von dem eine Thüre v[on] Pisano432 in das Florentiner Baptisterium geraubt worden ist, enthält antike Säulen, eine wunderschöne Kanzel u[nd] ein merkwürdiges Taufbecken. Nach einer Fahrt nach einem Caccine433 (wo aber nur ein Kameel zu Hause war, das ich bestieg) verließen wir Pisa und fuhren in zwei Stunden nach Lucca, u[nd] begegneten, glaube ich, dem Prinz v[on] Rudolstadt.434 Nachdem H[err] v[on] Sell im Theater den Oberstallmeister v[on] Löwenberg435 gesprochen u[nd] dieser mich dem Herzog436 gemeldet hatte, kam er selbst nach seiner gewohnten Freund-/85/ lichkeit noch ins Theater. Ich fand ihn wenig gealtert. (Gang auf die sehr besuchten remparts.)437 20 September. In Lucca In einem herzoglichen Wagen besahen wir die Kirche S[ank] t Romano mit der Madonna della Misericordia v[on] A[ndrea] del Sarto, den Dom: S[ank]t Martino im byzantinisch-germanischen Styl, ein schönes großartiges Bauwerk mit einigen guten Gemälden u[nd] Skulpturen, dann den ganzen Umfang der remparts, u[nd] fuhren dann nach Marliar,438 dem Herzog unseren Besuch zu machen, der aber auf halben Weg uns wieder entgegenkam, u[nd] nach dem wirklich schön eingerichteten Schloß fuhren, das er uns ganz zeigte. Um 2 ½ fuhr er mit uns erst nach der Villa der Marquise Bochella,439 einer Wittwe, von wo es mit mehreren Herren u[nd] einer Baronin Hequart einen herrlichen Weg hinauf nach einer campagne Forgi ging, wo dinirt wurde, gehörend einer Gräfin Heredia,440 die es aber nie benutzt. Das Land und der Blick darauf von den Bergen ist überraschend und ganz italienisch, besonders schön noch, indem man ganz deutlich Pisa, das Meer u[nd] einige Inseln sieht. Das Land ist wirklich, was die Natur betrifft, ein kleines Paradies u[nd] scheint auch sehr glücklich zu sein. Nach dem Essen ging man zu Fuß, die Damen führend, 431 Gemeint sind der Dom Santa Maria Assunta, das Baptisterium, der Camposanto Monumentale und der als Schiefer Turm bekannte Campanile von Pisa. 432 Andrea Pisano (1290–1346), ital. Bildhauer und Architekt. 433 Parco delle Cascine, Parkanlage. 434 Verm. Günther von Schwarzburg-Rudolstadt (1821–1845). 435 Baron von Löwenberg. 436 Karl II., Herzog von Parma (1799–1883), regierte bis 1847 das Herzogtum Lucca. 437 Ringmauern. 438 Villa Marlia. 439 Villa Boccella. 440 Mglw. die Ehefrau von Narciso Heredia Begines (1775–1847), bis 1838 spanischer Ministerpräsident.



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nach einer ebenfalls hübsch gelegenen villa des Herzogs, von wo es zu Wagen nach der Villa der Marquise zurück u[nd] dann nach Hause ging. Beim Thee überraschte uns der Herzog, um uns seine Disposition zu Morgen mitzutheilen. /86/ 21 September. In Lucca Um 11 ¾ Uhr fuhr ich zum Herzog nach Marliar hinaus, wo es möglich wurde, daß ich auch die Herzogin,441 eine früher sehr hübsche, aber jetzt fast immer kranke Frau u[nd] die Prinzessin Luise (Rossi)442 sehen konnte, die seit Dresden sehr stark geworden ist. Nachdem er mir den hübschen Garten gezeigt, in welchem er einige Mutterstuten hat, fuhren wir nach der route des bains,443 wo die beiden Damen u[nd] M[onsieur] Hoguert schon waren u[nd] dann nach den Bädern, die sehr freundlich gelegen sind. Man ließ sich hinüber tragen, wobei sich eine charmante Aussicht in 3 Thäler darbot, nach dem Palais des Herzogs, wo dinirt wurde. Gegen Abend wurden die Damen wieder zu Haus gebracht, u[nd] wir fuhren nach Lucca zurück, eine Partie, die wegen der näheren Bekanntschaft mit der Gesellschaft u[nd] der fortdauernden Güte des Herzogs außerordentlich hübsch war. In seiner Loge im Theater nahm ich von ihm Abschied (er gab mir einen Brief an Papa mit), begleitete ihn noch nach dem Schloß u[nd] ging dann, die Damen H[err] v[on] Sell im Stiche lassend, in den Gasthof, wo wir soupirten. 22 September. Von Lucca nach Chiavari Darauf ging es um 12 ½ Uhr fort, über Pietrasanta, Massa, wo es schon Tag war, leider an den Marmorbrüchen von Carrara vorbei, die Appenninen hinan, dort breitete sich plötzlich das Meer vor uns aus, ein Anblick, der durch seine Großartigkeit, seine eigenthümlichen Reize unter diesem südlichen Himmel /87/ u[nd] die Erinnerungen u[nd] Gefühle, die er anregte, mir einen unglaublichen Eindruck machte. Gleich zeigte sich darauf der herrliche Golf von Spezia de Levante in seiner außerordentlichen Lieblichkeit u[nd] dort begrüßte ich zuerst wieder die sich brandenden Wogen. Am Ufer des Meeres hin zwischen Schilf und Aloen fahrend erreichten wir Chiavari, unser Nachtquartier, wo ich noch an den Strand ging, zwei Kirchen besuchte, die mich zur Andacht stimmten, und die an den Berg sich lehnende Stadt durchlief. 23 September. Von Chiavari nach Genua Heute entfalteten sich alle Reize der vielgepriesenen Riviera di Levante, ihren Ruf übertreffend, vor unseren Augen und hielten uns in fast fortwährender, zuweilen durch einen kurzen Schlummer unterbrochenen, Bewunderung. Zuerst fährt man dicht am Meere über der Brandung auf der aufgemauerten Straße und windet sich dann mit ihr durch die zahllosen, unbeschreiblich malerischen Buchten an den mit blassen Oliven, dunklen Cypressen, leuchtend grünen Feigenbäumen u[nd] riesigen Aloen bewachsenen Appenninabhängen allmälich bis zu ihren kahlen Kuppen hinauf, durch welche 441 Maria Theresia, geb. Prinzessin von Savoyen (1803–1879). 442 Maria Luisa Carlotta, geb. Prinzessin von Bourbon-Parma (1802–1857), Witwe des Prinzen Maximilian von Sachsen (1759–1838). 443 Bäderstraße.

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die Straße einige male hindurchgesprengt ist. Alles dies, von einem warmen Clima übergossen, vereinigt sich zu einem Bilde, das alles bisher gesehene bei weitem übertraf. Besonders reizend sind gegen den Golf von Genua hin die Orangenhaine in den Schluchten. Herrlich ist nun der Anblick des amphitheatralischen Genua mit seinem /88/ Ring von hellen Häusermassen, die sich an die Felsen lehnen, seinem Mastenwald und großartigen Hafen mit dem auf einem Felsen ruhenden Leuchtthurm u[nd] der ungeheuren blauen Wasserfläche. Von unserem Hotel Croce di Malta übersieht man den ganzen Hafen. Nach der nachgerade einförmigen Besichtigung von Kirchen, als der recht schönen Kathedrale444 u[nd] S[ank]t Etienne445 mit einem Altargemälde von Raphael speisten wir an table d‘hôte u[nd] fuhren dann aus dem Hafen ins Meer hinaus, das sehr breite Wellen u[nd] ein wundervolles Blau hat. Von hier nimmt sich Genua am schönsten aus, in einem weiten Bogen die schäumende Brandung umspannend, vor der sie die Schiffe sicher hinter den gewaltigen Hafendämmen birgt, u[nd] an die ringsum befestigten Höhen sich lehnenden, an denen sie terrassenförmig hinansteigt. Einen eigenen Effect machen am Abend die stets sich drehenden Flammen der 3 Leuchtthürme. Das Theater ist sehr schön u[nd] groß, Oper und Ballet aber schlecht. 24 September. In Genua Um 6 ½ begannen wir auf kleinen ponys einen Ritt um die Stadt über die befestigten Höhen zu machen, der sehr amüsant war und uns einige reizende Blicke auf die Stadt u[nd] das Meer vor Augen führte, die idealisch schön waren. Wir brauchten 3 ½ Stunden u[nd] kamen bei der Lanterne446 wieder herunter, während welcher Zeit sich aber leider das Wetter geändert hatte. Dann sahen wir in der Kathedrale den alten berühmten, viel besungenen heiligen Gral, der von der Königin von Saba an Salomo /89/ geschenkt worden, in welchem Joseph von Arimathia447 das Blut Christi aufgefangen, der dann verloren ging u[nd] der Gegenstand vieler Ritterunternehmungen wurde, namentlich durch den ganzen Sagen- und Liederkreis v[on] Arthus u[nd] die Tafelrunde hindurchgeht u[nd] an Wolfram von Eschenbach seinen Sänger gefunden hat, endlich in Cäsarea 1171 wiedergefunden und durch die Genueser im Siege nach Genua gebracht wurde.448 Um 2 ½ Uhr kam der Gouverneur der Provinz Genua, der ehemalige russische u[nd] in Riga stationirte, daher meiner Familie sehr bekannte General Paulucci,449 ein sehr freundlicher rüstiger alter Mann, der mir auch die Construction des bald fertigen städtischen Kauflädengebäudes zeigte, das auf Steinkisten im Meere ruht, u[nd] auf seinem bombenfesten Gewölbe eine 444 San Lorenzo. 445 Gemeint ist Santo Stefano. 446 Leuchtturm. 447 Josef von Arimathäa, legendäre Bibelgestalt. 448 Der „Sacro Catino“ in Genua ist eine von vielen Schalen, die als Heiliger Gral ausgegeben werden. 449 Philip Osipovich Paulucci (1779–1849).



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herrliche Promenade darbietet. Darauf badeten H[err] v[on] Sell und Bülow, u[nd] ich fuhr etwas in die mäßig bewegte See hinaus, dem Elemente, dem ich gerne mich länger anvertrauen möchte. Den Abend waren wir bei Frau von Hopfgarten, wo außer Fr[äu]l[ein] v[on] Heuer noch der preußische Consul Schmidt450 war, ein Abend, wo es durch H[errn] v[on] Schacks Veranstaltung (sogar beide in Uniform) etwas steif herging. Fr[au] v[on] H[euer] scheint es viel besser zu gehen. 25 September. In Genua. Die Nacht durch Von Genuas Sehenswürdigkeiten nahmen wir den Pallast des Königs, der namentlich eine schöne Terrasse nach dem Meere zu hat, die P[alazzi] Durazzo u[nd] Serra in Augenschein, der ein sehr schönes Spiegelgemach enthält. Dann fuhr ich, während /90/ die anderen badeten, nach dem Leuchtthurm, unter dem die Quarantäneanstalt für die Levante ist, u[nd] erstieg ihn, um die interessante Einrichtung des stets sich drehenden Fanals451 u[nd] die imposante Aussicht auf Genua, das Meer, die Berge u[nd] die Riviera di Ponente zu sehen. Von beiden sehr befriedigt, verspätete ich mich sehr zum Essen, zu dem auch der diplomatisch wohlredende H[err] v[on] Schack eingeladen war. Gleich Nachtisch reisten wir ab, sahen noch Fr[au] v[on] Hopfgarten auf ihrer Terrasse, u[nd] vertieften uns bald in die Seealpen, Nacht u[nd] Schlummer. 26 September. Nach Mailand Gegen 10 Uhr, nach Passierung des Po, des Ticino, der österreichischen Grenze, kamen wir in dem alten Pavia an. Aus Mangel an Zeit ging es aber nach einem prandium452 weiter der berühmten Chartreuse zu, einem ehemaligen immens reichen Karthäuser-Kloster,453 bestehend aus einem Klosterhof mit den ungeheuersten Schätzen an Mosaiken, Gemälden, Sculpturen u[nd] Edelsteinen ausgeschmückten Kirche, einem kleinen Kreuzgang, von wo man eine schöne Seitenansicht der Kirche hat, u[nd] einem sehr großen, dem Begräbnisplatze, an dem jeder Mönch ein kleines kapellenähnliches Häuschen u[nd] ein Gärtchen hatte. Um 3 Uhr erreichten wir, durch die porta Ticinese, an dem Herculestempel vorbei fahrend das schon bekannte Mailand, ich unter glücklichsten Umständen, wie damals, u[nd] bezogen unser altes Quartier, jedoch leider mit einer anderen Aussicht. Bald eilten wir dem herrlichen Dome zu, um uns den ungeheuren Eindruck, den sowohl sein glänzendes /91/ schimmernde[s] Äußere[s]454 als sein geheimnisvolles Innere[s] machen, recht fest einzuprägen. Nach einigem Schlendern in den sonntäglich belebten Straßen gingen wir noch einmal in die ungeheure Scala, wo wiederum die Kastellanstochter im Schloß v[on] Kennilworth raste.455 450 Carl Schmitz. 451 Leuchtfeuer. 452 Zweites Frühstück. 453 Kartause zu Garegnano. 454 Aus hellem Marmor. 455 Il castello di Kenilworth, Oper von Gaetano Donizetti.

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Reise nach Italien

27 September. Von Mailand nach Baveno Aus der Porta del Pace heraus verfolgten wir durch ein reiches, angebautes Land hin die schöne Simplonstraße bis Arona am Lago Maggiore (Legnano?) u[nd] fuhren von dort mit unserem alten Dampfschiff denselben bezaubernden Anblick entgegen, wie an de[m] herrlichen Morgen des 28sten August, der mir unvergeßlich bleiben wird. Es war mir wunderbar zu Muthe, als wir uns von Stresa aus auf einem Nachen der von mir so enthusiastisch bewunderten Isola bella wieder näherten u[nd] ich wurde wehmüthig bewegt, als sich dieselben reizenden Punkte mit dieser zauberischen Aussicht mir wieder zeigten, um mich von neuem u[nd] nur noch tiefer zu entzücken. Es liegt ein unbeschreiblicher Zauber für mich in diesem Punkte, der sich an etwas tief in meinem Inneren liegenden anknüpfen muß. Nachdem wir jene drei Hauptpunkte der Insel, die Terrasse, die Baumhalle u[nd] den runden Altan noch einmal besucht, fuhren wir nach Baveno hinüber, wo wir in dem hübschen Gasthofe unser Essen fanden. Diesen schönen Tag beschloß ich mit einem etwas schwärmenden Spaziergang an den Ufern des stillen, mondbeglänzten Sees u[nd] mit diesem Federstrich. /92/ 28 September. Von Baveno nach Brieg Um 5 Uhr verließen wir Baveno u[nd] fuhren noch einige Zeit in der Dämmerung an den schönen Ufern des Sees hin, worauf die Straße in das Thal der Toce,456 das noch einen herrlich südlichen Charakter hat u[nd] bei der klaren Morgenbeleuchtung die schönsten Farben an Berg u[nd] Thal zeigte. Man passiert die Toccia in einer Fähre, da die große Brücke seit 1834, der ersten großen Verwüstung der Straße, noch nicht wieder hergestellt ist. Allmählich schwindet mit dem Steigen der Straße bei der Brücke in Crevola,457 wo sich der Vedro458 in die Tosa ergießt, der Blick auf die italienische Landschaft, u[nd] man wendet sich links in das rauhe finstere Val vedro,459 von wo man noch einmal durch die Schlucht des schäumenden Vedro u[nd] über die Brücke hinaus ein Abschiedsblick auf die italienischen Gefilde wirft. Nun kommt man in ein wildes ziemlich weites Thal, des[sen] Boden durch das Wasser 1839 gänzlich verschwand, ein Zeichen, wie ohnmächtig des Menschen Kraft gegen die der Elemente ist. Mit Mühe windet sich man sich an solchen Stellen durch die Trümmer der gewaltigen Straße hindurch, nur durch einige Fuß von einem drohenden Abhanggrund getrennt, in welchem aus den tobenden Fluthen noch einige zusammengefügte Steine hervorragen, während an anderen Stellen ungeheure Felsblöcke das schöne Bauwerk zerschmettert haben. Allmälich entzieht sich durch ihr Steigen die Straße diesen feindlichen Mächten, u[nd] führt nach dem 4548 Fuß hoch gelegenen Dorfe Simpeln,460 das ich zu Fuß erreichte /93/ u[nd] wo wir aßen. Nun erstiegen Bülow und ich, dem Wagen voran, im lebhaften Gespräch 456 Der Fluß Tosa. 457 Crevola d’Ossola. 458 Die Doveria. 459 Val Divedro. 460 Simplon.



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bei immer zunehmender Dunkelheit, die äußerst wilde Höhe der Straße, wo das von Bernhardinern bewohnte Hospiz steht.461 Rings sah man sich von kahlen Felsen umgeben, über welche hinter u[nd] vor und die beeisten Gipfel der Hochalpen hervorragten, einen scharfen Wind uns einsamen Wanderern nachsendend. Staunend blieben wir plötzlich stehen, als plötzlich der in nie gesehener Klarheit plötzlich hervortretende Mond diese gewaltige Naturscene erhellte, u[nd] durch sein silbernes Licht den Anblick zu einem zauberhaften Effecte steigerte, der sich bis zu unsrer Rückkunft in dem weiter unten gelegenen Brieg erhielt. Vorher passirten wir drei gemauerte Gallerien über deren eine hin sich ein Gebirgsbach ergießt. Bei Gondo hatten wir die berühmte 270 Schritt lange Gondogallerie, welche durch den Fels gehauen ist, passirt, ein gewaltiges Werk u[nd] unnehmbarer Vertheidigungspaß. 29 September. Von Brieg nach St. Maurice462 Von Brieg in das Rhonethal eingetreten, folgten wir seinem immer fruchtbarer und freundlicher werdenden Zuge in mäßigem Absteigen. Da ward mir ganz unerwartet eine Freude, wie ich sie selten größer empfunden habe; indem mir nehmlich der uns begegnende H[err] v[on] Dachröden,463 der seiner kränklichen Frau wegen nach Italien reist, die Nachricht brachte, daß ich meine Eltern in Genf finden würde. Ich konnte mich kaum fassen über dies unbeschreibliche Glück, und alles an diesem Tage erschien mir /94/ in einem ganz verklärten Lichte. Sion zeichnet sich aus durch die zwei Felsen, wovon den einen eine Burgruine, den anderen eine Klosterkirche krönt (ein bezeichnendes Bild.) Bei … kamen wir auf die schnurgerade Straße nach Martigniy, uns wohl bekannt von der Forclas her, u[nd] erreichten endlich diesen Ort, den wir einst vor zwei Jahren, sehr ermüdet von der schönen Fußtour über den Col de Balme erreichten, betreten hatten. Natürlich regten sich ein Heer von Erinnerungen an jene Zeit, u[nd] was dann stets folgt, ein großentheils wehmüthiges Überdenken der Veränderungen, die in u[nd] außer einem der Zeit stattgefunden. Den Ort, den Eßsaal, den Weg, den wir damals gekommen, erkannte ich gleich wieder u[nd] ging, dem Drange meines Inneren folgend, umher, um alles mir noch einmal recht ins Gedächtniß zurückzurufen. Nach dem Essen ging es an der bekannten Pisvache464 vorbei noch bis S[ank]t Maurice, wo ich in demselben salon, wie damals, dies Tagebuch schrieb. 30 September. Von S[ank]t Maurice nach Genf Wie vor zwei Jahren führte uns wieder die dame du lac465 durch das reizende Rhonethal nach Villeneuve, wo uns auch wiederum der aigle466 in Empfang nahm. Doch trotz seiner großen Schnelligkeit 461 Hospiz der Augustiner-Chorherren des großen Hospizes auf dem St. Bernhard am Simplonpass. 462 St. Moritz. 463 Von Dacheröden, thür. Adelsfamilie. 464 Pissevache, Wasserfall. 465 La dame du lac. 466 L’Aigle, auf dem Genfer See verkehrendes Dampfboot.

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Reise durch die Schweiz

erschien er meinem ungeduldigen Herzen eine Schnecke u[nd] die schönen Punkte an den reichbebauten Ufern interessierten mich besonders, insofern Ihr erscheinen unser Weiterkommen bezeichnete. Uebrigens war das Wetter u[nd] somit die Aussicht sehr schön. Mit klopfendem Herzen fuhr ich in den Hafen von Genf ein, von den unendlichen Gefühlen der Freude fast überwältigt, als plötzlich Bülows schärferes Auge, Mama und Wilhelm auf dem Balcon erblickte. In der höchsten Aufregung eilte ich über den pont des bergues, wo mich am Schnauben Mama erkannte u[nd] mir mit Wilhelm schon entgegengestürzt kam. Oben umhalste ich Wiwi, die größer und hübscher geworden ist. Nach einigen Augenblicken kam auch Papa von einem dejeuner entre anciens amis467 zurück, der überhaupt in Genf ganz in seiner Jugenderinnerung schwebt lebt, weit mehr noch wie ich von Genf Dresden, da sie auch ganz anderer Art sind. Doch die meinen sind auch schön, nur auf einem anderen Felde. Beim Diner sah ich außer der Schreeb468 alle wieder, die ich erst im Theater sah, wo erst ein ungeheuer unanständiges Stück u[nd] dann die weiße Dame sehr mittelmäßig gegeben wurde.469 Nach einer sehr späten Abendmusik kam ich sehr ermüdet zu Bett. 1 October. In Genf Um 8 ½ trank ich nach einem kleinen Morgengang mit Bülow bei Mama Kaffee. Nach dem zweiten Frühstück führte uns Papa durch alle seine alten Erinnerungen hindurch nach Fernac, mir schon bekannt, u[nd] machten dann einen Besuch bei Bontemps,470 während wir M[onsieur] Saladin Casenove471 nicht gefunden hatten. Den Mittag aß M[onsieur] Rigot472 premier syndic bei uns, und den Abend gab M[onsieur] Revillod473 eine große soiree, auf der ich mehrere Bekannte wiedersah, u[nd] neue kennen lernte. /96/ 2 October. In Genf Um 8 ½ Uhr gingen wir nach der Helvetie,474 wo wir den C[om] te Turtin u[nd] noch einige Herren trafen, welche mit uns die Partie nach Beaulieu zu M[onsieur] Ennart475 machten. Nach 2 Stunden debarkirten wir in Rolles u[nd] fuhren von da in schönen Equipagen mit einem Umweg über den deliciösen Pavillon fleur d’eau476 nach der campagne,477 die das reizendste in dieser Art ist, was man sich denken kann, dasselbe unter den campagnes, was die Villa Melzi 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476 477

Mittagstafel unter alten Freunden. Bertha von Schreeb (1814–1883), Hofdame der Großherzogin Alexandrine. Die weiße Dame, Oper von François-Adrien Boïeldieu (1755–1834). Die ehemalige Gouvernante seiner Tante Helene von Mecklenburg-Schwerin, Anne-Marie (Nancy) Salomon aus Genf, hatte den Oberst Auguste François de Bontemps (1782–1864) geheiratet. Auguste Saladin, Baron de Lubières (1786–1857) war Mitglied des Rates und verh. mit Hélène Quirina Mary de Cazenove. Jean-Jacques Rigaud (1786–1854), Erster Syndikus seit 1825. Philippe Léonard Revilliod (1786–1864), Mitglied des Rates. Mglw. ist die 1832 gegründete Studentenverbindung Helevetia gemeint. Jean-Gabriel Eynard (1775–1863), Bankier und Philhellene. Petite fleur d’Eau. Neoklassizistisches Palais Eynard.



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unter den Villen. In einem deliciösen kleinen Ravin, nan,478 genannt, stiegen wir nach der äußerst elegant u[nd] gut eingerichteten Villa hinauf, die mit einem schönen grünen, sehr soignirten479 Vordergrund eine unbeschreiblich schöne Aussicht auf den See u[nd] die Berge hat. In dem weiten Garten hat M[onsieur] Ennart allen seinen verheiratheten Kindern kleine hübsche Sommeretablissements gegeben, die das Ganze vom See aus sehr beleben. Es wurde gefrühstückt, Dagerotype480 besehen u[nd] man amüsirte sich sehr gut. Die Scene [hatte] recht was angenehmes. Den Abend waren wir bei M[ada]me Binet, die ein recht hübsch eingerichtetes Haus mit einem großen Garten besitzt, aus dem uns ein heftiges Gewitter vertrieb. Er scheint ein gebildeter Mann zu sein.481 Die Binet war etwas verlegen. Die Nichte spielte charmant. 3 October. In Genf Da es Sonntag war und schlechtes Wetter war, besahen wir blos die Ausstellung im Musee Roth, die Bibliothek u[nd] machten einen Besuch bei Papa seinen ehemaligen Wirthen, M[onsieur] et M[ada]me Baisse. Zum Essen war die Familie Binet da u[nd] um 6 ½ ging es ins Theater, wo les /97/ calomnies482 u[nd] le chalet483 gegeben wurde. 4 October. In Genf Bei dem schlechten Wetter wurden nur einige Einkäufe gemacht. Um 2 Uhr war Diner bei M[onsieur] Naville-Saladin,484 wo nachher noch etwas getanzt wurde, was sehr amüsant war. Den Abend, nachdem wir den armen an Zahnweh leidenden Bülow gepflegt hatten, tranken wir Thee bei Mama. 5 October. In Genf Den Morgen zeigte uns M[onsieur] Achard485 das Arsenal. Den Mittag machten wir einen sehr amüsanten Spazierritt, dessen Ende durch den plötzlichen Tod des alten Moré getrübt wurde. Um 5 Uhr war das große Diner bei der Stadt im Casino, wo Papa u[nd] M[onsieur] Rigaud, premier syndicé, sehr gut sprachen. Den Abend war bei ihm eine sehr heiße soiree, wo auch getanzt wurde. 6 October. In Genf Den Morgen benutzten wir zu Abschiedsvisiten u[nd] waren den Abend bei Bontemps, wo sehr lebhaft getanzt wurde, u[nd] wo ich mich sehr amüsirte. 7 October. In Genf Den Abend war Ball bei C[om]te Riancourt,486 der recht amüsant war.

478 Nant de la Rebatière, kleiner Wasserlauf. 479 Gepflegt. 480 Eynard gehörte zu den Pionieren der Daguerrotypie in der Schweiz. 481 Genfer Notarsfamilie, mglw. Jean Louis Binet (1810–1897) und dessen Frau Ernestine Binet, geb. Hentsch (1815–1872). 482 La Calomnie, Theaterstück von Eugene Scribe. 483 Le Chalet, komische Oper von Adolphe Adam. 484 Jules Naville (1790–1863), Mitglied des Rates, verh. mit Isaline Caroline Saladin. 485 Louis Achard (1793–1864), Mitglied des Rates und Inspektor der Milizen. 486 Verm. Roger Comte de Riencourt (1782–1865).

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Reise durch die Schweiz

8 October. Von Genf nach Freiburg Nach vielem Abschiednehmen u[nd] in Begleitung von Revilliod u[nd] Binets fuhren wir auf der Helvetie von Genf in einem furchtbaren Wetter ab u[nd] erreichten Vevay ziemlich schnell, wo die /98/ Wagen standen. Ich fuhr mit Wiwi, der Gräfin487 u[nd] Fr[äu]l[ein] Schreeb, was sehr angenehm war. Trotz des Regens war der Rückblick auf Vevay u[nd] den See äußerst schön, bis die erreichte Höhe uns denselben verbarg, uns dafür aber bei einer klaren Abendbeleuchtung die frisch mit Schnee bedeckten Vorberge des Berner Oberlandes zeigte. Das Land ist hügelig u[nd] angebaut. Um 9 Uhr erreichte unsere Caravane Freiburg,488 wo wir in meinem alten Zähringer Hof wohnen. 9 October. Von Freiburg nach Bern Den schönen Morgen benutzend ging ich über die erste Kettenbrücke, nach der zweiten neuen, von wo aus sich das am Anhange des Saneufers489 malerisch gelegene Freiburg in der Morgenbeleuchtung herrlich ausnahm. Nach dem Frühstück ging die ganze Gesellschaft denselben Weg nach dem Kapuzinerinnenkloster, wo im parloir490 Blumen gekauft wurden, dann in die Stadt, in die Kirche u[nd] das Refectorium eines Cordeliterklosters,491 wo Papa den Gerard wiedersah, ins uninteressante Rathhaus u[nd] dann in den Dom,492 um die Orgel zu hören.493 Sie machte mir von neuem wieder einen erstaunlichen Eindruck, obgleich das Erstaunen vor zwei Jahren bei mir weit größer war. Darauf reisten wir gleich fort, ich noch mit Wiwi, u[nd] erblickten bald die Schneeberge des Berner Oberlandes, die uns jedoch häufig durch Wolken u[nd] selbst Regenschauer entrissen wurden. Um 3 Uhr langten wir in Bern an, nachdem wir schon den Uebergang in Bauart, Kleidung, Religion u[nd] Sprache bemerkt,494 /99/ u[nd] besahen gleich die berühmte Plattform, den Dom, die Bären im Stadtgraben, fuhren nach der Engi, von wo man eine schöne Aussicht auf das Oberland haben soll, u[nd] entdeckten auch wirklich die Spitze der Jungfrau, sahen das Haus von der Wildermet nicht, jedoch die kleine Schanze mit dem Dammwild u[nd] den Hirschen im Graben, u[nd] besahen dann den grandiosen Brückenbau, der über das Thal u[nd] die Unterstadt hinweggeht. Ich freue mich mein altes Bern wiedergesehen zu haben. 10 October. Von Bern nach Basel Früh ging es fort bei bedecktem Wetter, durch ein bergisches Hochland, als plötzlich die Kette der Berner Hochalpen in ziemlicher Klarheit sich zeigte, das Wellhorn, Wetterhorn, Schreckhorn, Finsterahorn, die 487 Verm. Gräfin Marianne von Bassewitz, geb. von Lützow, Oberhofmeisterin der Großherzogin Alexandrine, geschieden vom Grafen Karl Christoph von Bassewitz auf Reetz (1784– 1837) 488 Freiburg im Üechtland. 489 Die Stadt liegt auf einem Felssporn über dem Tal des Flusses Saane. 490 Sprechzimmer des Kapuzinerinnenklosters auf dem Bisemberg. 491 Gemeint könnte der Karmeliterorden sein. Einen Konvent gab es in Fribourg aber nicht. 492 Kathedrale St. Nikolaus. 493 Erbaut 1824–1834 von Aloys Mooser (1770–1839). 494 Freiburg war die wichtigste schweizerische Stadt der katholischen Gegenreformation. Dort wurde vor allem französisch gesprochen.



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beiden Eiger, Mönch, Jungfrau, Blümlisalp. Wiwi fuhr mit uns, und war ganz entzückt. Ich war froh, in der Erinnerung früherer Zeit. In Solothurn war eine große Menschenmasse auf den Straßen. Die Kirche und unseren alten Gasthof erkannte ich wieder. Bald darauf erreichten wir das schöne Austhal, das etwas an die sächsischen Schweiz erinnert, und namentlich bei der Burg Clus u[nd] bei Falkenstein einen sehr schönen Blick gewährt. Dann ist auch der Hauenstein, den man hinabfährt u[nd] die Burg Waldenburg interessant. Kurz vor Basel kommt man an unsern alten Rhein. Dort angekommen, machten wir noch einen Spaziergang über die Brücke nach der Eisenbahn zu. /100/ 11 October. Von Basel nach Carlsruhe Mit dem anbrechenden Morgen fuhren wir nach S[ank]t Louis,495 dem Eisenbahnhofe, in unseren Wagen, und bestiegen dort die Eisenbahn, die uns durch den schönen, fruchtbaren, fabrikreichen Elsaß sehr schnell nach Straßburg brachte. Unendlich traurig machte es mich, dies schöne städtereiche Land mit seinem deutschsprechenden Volke unter französischer Herrschaft zu sehen. In Straßburg besahen wir den von rothem Sandstein erbauten Münster, dessen Mittellängenschiff u[nd] unvollendetes Chor sowie sein Äußeres sehr schön ist, mir jedoch nicht den mächtigen Eindruck machte, den ich erwartete. Bei dem Passiren des Rheins auf der Schiffbrücke nach Kehl trennte das grade ankommende Baseler Dampfschiff, auf dem H[err] v[on] Lützow von Tessin war,496 unseren Wagenzug. Lange noch waren die Vogesen u[nd] der Münster sichtbar, während der Schwarzwald uns durch das schöne, aber leider katholische Schwabenland geleitete. In Straßburg sahen wir Chasseurs d’Afrique,497 die sehr zweckmäßig equipirt waren. Rastadt erreichten wir erst im Dunkeln, Karlsruhe daher vollends, von wo H[err] v[on] Sell u[nd] Bülow in meinem Wagen sogleich nach Mannheim fortgingen, um früher in Bonn einzutreffen. 12 October. Von Karlsruhe nach Mannheim Es war ein wenig interessanter Reisetag. 13 October. Von Mannheim nach Bonn Auf dem Dampfschiff N[ummer]o 15 machten wir die schöne /101/ Tour bei windigem, doch abwechselnd gutem Wetter. Trotz meiner dicken Backe und meines Zahnwehs erfreute mich doch der Gedanke mit meinen Eltern diese mir zur zweiten Heimat gewordene Gegend zu durchreisen. Den Abend wurde bei mir soupirt. 14 October. In Bonn Papa u[nd] Mama waren mit der ganzen Einrichtung zufrieden. Um 9 Uhr frühstückten wir u[nd] alsbald erschienen einige Besuche, deren Ungewohnheit einige Lustigkeit in der hohen Familie hervorrief. Dann besahen wir die Aula u[nd] die Sammlungen des Poppelsdorfer Schlosses u[nd] fuhren nun nach Rolandseck, beritten mit dem jüngeren Theile der Gesellschaft die Burg u[nd] begaben uns dann nach Godesberg zum Diner. Um 8 Uhr verlies alles leider Bonn schon wieder, u[nd] ich blieb noch die Nacht. 495 Saint-Louis (Haut-Rhin). 496 August Ulrich Friedrich von Lützow auf Groß Salitz und Tessin (1795–1872). 497 In Nordafrika eingesetzte leichte Kavallerie der französischen Armee.

80 Bonn 15 October. Von Bonn nach Achen Um 5 Uhr fuhr ich mit Bülow u[nd] Rostock498 nach Köln, um sogleich höchst eilig nach der Eisenbahn gebracht zu werden. Mit rasender Eile durchflogen wir das mir schon bekannte freundliche Land bis Achen, das Vorgebirge, hier Ville genannt, u[nd] noch zwei andere Höhenzüge in prachtvollen Tunneln durchschneidend. Kurz vor Achen sah ich das schöne Jagdschloß Frankenberg;499 mir schon bekannt u[nd] passirte den damals von mir so angestaunten Viaduct, von dem es sogleich in den nun vollendeten Bahnhof ging. Beim Hineinfahren in die Stadt sahen wir /102/ den Vorbeimarsch des dort garnisonirenden 35ten (pommerschen) Regiments.500 Nach dem Frühstück fuhr man zuerst auf den Lousberg, den wir von dem Hause damals zu Fuß bestiegen hatten, besahen dann das merkwürdige Rathhaus, den Dom mit den Reliquien u[nd] dem Krönungsstuhl, das Kaiserbad. An allen diesen Orten erkannte ich meine alten Führer. Nach dem Essen, welches durch die Besuche des Oberpräsidenten, des Polizeidirectors, des Oberbürgermeisters u[nd] des Regimentscommandeurs unterbrochen wurde,501 gings ins Theater, aus dem uns die Müdigkeit jedoch bald wieder vertrieb. Königs Geburtstag. 16 October. Von Achen nach Elberfeldt Um 8 ¼ Uhr verließen wir Achen wieder mit der Eisenbahn. In Cöln frühstückten General Colomb u[nd] H[err] v[on] Gerlach502 mit. In dem furchtbarsten Regen fuhren wir meist schlafend nach Elberfeldt. 17 October. Von Elberfeldt nach Paterborn Um 7 Uhr fuhren wir bei ziemlich klarem Wetter aus, das schöne Wupperthal, das einer einzigen Stadt gleicht, hinauf. Den übrigen Theil des Weges hindurch regnete es unaufhörlich, u[nd] im Gasthof zur Post war wegen Nichtbestellung große Confusion. 18 October. Von Paterborn nach Braunschweig 19 October. Von Braunschweig nach Lüneburg Der General Normann503 zeigte uns die süperbe Villa des Herzogs: Richmond504 u[nd] dann das magnifike /103/ Schloß, 505 das wohl Schwerin zieren könnte. Dann ging es nach Lüneburg, durch die Haide, die mir einen eigenthümlichen Eindruck macht. 498 So! Der Sinn ist dunkel. 499 Vgl. den Eintrag vom 14.4.1841. 500 Es handelt sich um das Füsilier-Regiment „Königin Viktoria von Schweden“ Nr. 34, das seit 1833 in Aachen stationiert war. 501 In Aachen gab es keinen Oberpräsidenten. Der Regierungspräsident des dortigen Regierungsbezirkes war Jacob Christoph von Cuny (1779–1848). Desweiteren: Georg Wilhelm von Lüdemann (1796–1863), Edmund Emundts (1792–1871) und Wilhelm von Cölln (1788–1866). 502 Karl Johann Heinrich Eduard von Gerlach (1792–1863), Regierungspräsident in Köln. 503 Johann Heinrich Ernst Gustav von Normann (1790–1855). 504 Schloss und Park Richmond wurden ab 1768 für die Herzogin Augusta von BraunschweigWolfenbüttel, geb. Prinzessin von Hannover (1737–1813) errichtet. 505 Gerade fertiggestellter Neubau des während der Revolution 1830 abgebrannten Braunschweiger Residenzschlosses.



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20 October. Von Lüneburg nach Schwerin Der mir ganz bekannte Weg erregte mich doch mannigfach. In Boitzenburg sah ich den alten Sell,506 in Toddin Bülow von Wamkow.507 Endlich erreichte ich Schwerin nach fast jähriger Abwesenheit, ungemein froh. Fr[äu]l[ein] v[on] Levzow508 sieht schrecklich aus. Den Abend beim Thee sah ich die meisten Bekannten wieder, auch die jungen Offizire. 21 October. In Schwerin Den Morgen exerciren. Dann Visiten, Diner, Thee. 22 October. Feldmaneuvre bei Müs.509 Auf Colonel geritten. Diner. Durch Behrens exercirt.510 Thee. Ich beschäftige mich viel mit dem Zollverein aus durch Lützow511 mir gesandten Materialien: 1, ein Aufsatz von ihm zu Gunsten des Anschlusses; 2, eine vergleichende Uebersicht der wegfallenden Steuern; 3, Vota der Glieder des Ministeriums. 23 October. Gelesen. Parade. Röder besucht.512 Das Stadtkrankenhaus besehen, das sehr zweckmäßig u[nd] hübsch ist.513 Geritten. Diner. Thee. 24 October. Sonntag. Ein Rückblick auf die verflossene Zeit bis zu dem Sonntag, wo ich zum letzten Male einem protestantischen Gottesdienste beiwohnte, fällt auf eine an Eindrücken reiche Zeit, die jedoch bis Genf alle /104/ zum höchsten Zwecke dienten u[nd] das Gemüth erhoben. Von dort an zogen die Umgebungen, die alles enthielten, was mir lieb auf Erden ist, mich mehr ab u[nd] nur selten kamen und gelangen Bestrebungen, um die Eindrücke auf mein Herz wirken zu lassen. Heute nun betrete ich zum ersten Male seit mehr als zwei Monat[e] meine Kirche, obwohl mich oft mit Andacht andere Tempel erfüllt hatten, u[nd] hoffe durch Deine Gnade, o Gott, daß mir Dein Wort heute einen recht großen Eindruck machen werde. – Dieser Wunsch ist mir in Wahrheit gewährt worden. Walthers514 schön durchgeführtes Thema „Danket Gott für Alles“, aus welchem er die 3 Punkte zog: dies soll den Schlafenden erwecken, den Erweckten auf das Gebiet seines Lebens führen, u[nd] dem so über sich selbst erleuchteten Gottes Segen auch in den entferntesten Punkten erlernen lassen, passte ganz in mein Streben u[nd] meine Auffassungsweise hinein, wie es namentlich auf der italienischen Reise sich noch fester begründet u[nd] ausgebildet hat. Mein Wahlspruch ist: alles anzuschauen in Beziehung auf meine höhere Bestimmung, u[nd] was dem gleich ist, in Beziehung auf Gott. Möge mir dies nur immer klar bleiben. 25 October. Großes Diner. 506 Ludwig Freiherr von Sell (1760–1849), Oberst, Kammerherr und Elbzolldirektor in Boizenburg, Vater des Gouverneurs des Erbgroßherzogs. 507 Gottlieb von Bülow (1801–1871), Forstbeamter in Toddin. 508 Dorothea von Levetzow (1818–1841), Hofdame der Großherzogin. 509 Muess, Dorf südlich von Schwerin. 510 Unteroffizier. 511 Ludwig Friedrich Wilhelm von Lützow (1793–1872), Erster Minister und Präsident des Geheimen Rats. 512 Verm. Eberhard Christian Reinhard von Röder, Hofmarschall. 513 1841 eröffneter Neubau in der Schweriner Werderstraße. 514 Friedrich Karl Ernst Walter (1789–1854), Konsistorialrat und Oberhofprediger.

82 Ludwigslust 26 Oktober. Auf die Jagd, Ball. /105/ 27 October. Mit v[on] d[er] Lühe515 spazieren geritten. Landräthe fort. 28 October. General Donah, General Preen als Bundesinspection angekommen.516 29 October. Großes Diner. Theater. 30 October. Nach Ludwigslust. Unbeschreiblich war meine Freude diesen mir sehr lieben Ort und die alten Räume des Schlosses wieder zu sehen, in denen ich eine so glückliche Kindheit verlebt habe, und an denen ich noch mit großer Liebe hänge. Einem unwiderstehlichen Zuge folgend ging ich mit Wilhelm etwas hinter dem Schlosse durch die Lindenallee nach dem großen Canal bis zum Springbrunnen, dann ihm folgend nach dem Stall. Trotz des schlechtesten Wetters ritten wir dann, nachdem die Generäle die Ställe besehen hatten zu der formirten Dragonerschwadron hinaus (ich auf dem sehr unruhigen Colonel), deren Exerziren sehr gut ging. Den Mittag war Diner im Goldenen Saal, der auch recht viele Erinnerungen erweckte u[nd] dann ging es wieder, nachdem ich noch Fr[äu] l[ein] v[on] Klein517 u[nd] Fr[au] v[on] Sell besucht, nach Schwerin zurück. 31 October. Sonntag: Reformationsfest. Walther im Dom. Parade in Schärpen. Großes Diner. Theater. Herzogin v[on] Guise v[on] Flotow.518 1 November. Ein stets merkwürdiger Tag für mich. Jetzt la veille de mon départ,519 1840 Ankunft in Bonn, 1839 /106/ Abreise nach Mecklenburg zur Konfirmation, 1838 nichts, 1837 nach Dresden, alles um den 1st[en] Novemb[er] herum. Exerziren der drei Truppentheile im Regen, Papa schlechter Laune. Graf Finkenstein angekommen.520 2 November. Feldmaneuvre bei Müß. Militairdiner. Theater. Souper u[nd] Abschied. Um 11 ½ Uhr reiste ich ab, v[on] d[er] Lühe mit mir; es war sehr traurig. 3 November. Bis Braunschweig 4 November. Bis Paterborn Die alten Wohnungen u[nd] die auf der Hinreise grade durch das Zusammenfahren mir bemerkenswerth gewordenen Gegenstände regten mich freudig und wehmüthig auf, der beste Beweis für das Angenehme der Reise. 5 November. Nach Bonn. 3 ½ Uhr bis 12. 6 November. Nun bin ich wieder da nach einer herrlich verbrachten Ferienzeit, die ein wahrer Segen für mich war. Die Reise in Italien ist in ihrer Erinnerung einem goldenen Traum vergleichbar, aus dem ich in die Arme meiner Eltern u[nd] Geschwister sank, u[nd] von denen ich dann der Heimath zugeführt wurde, wo ich 515 Verm. August Adolf von der Lühe (1815–1862), Adjutant beim Leichten Infanterie Bataillon. 516 Karl Friederich Emil Graf zu Dohna-Schlobitten (1784–1859), preuß. Generalleutnant und Friedrich Christian Theodor von Preen (1787–1856), nassauischer General. 517 Emilie von Klein, Hofdame der Großherzogin Alexandrine. 518 La duchesse de Guise, Oper von Friedrich von Flotow (1812–1883). 519 Am Vorabend meiner Abreise. 520 Karl Graf Fink von Finkenstein (1793–1866), preuß. Oberstleutnant und Gouverneur des Herzogs Wilhelm von Mecklenburg.



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sogar den Aufenthalt meiner Jugend, meinen Geburtsort wiedersah. Dieser Traum war aber eine schöne Wirklichkeit u[nd] ein köstliches Geschenk des Höchsten, wofür ich ihm unendlichen Dank schuldig bin. Deshalb will ich nun auch nach Kräften fleißig, gehorsam, /107/ u[nd] fromm sein, u[nd] auf alle Weise meinen Eltern u[nd] H[errn] v[on] Sell Freude zu machen suchen. Spazirgang mit Georg u[nd] Lippe. Nachmittag Ritt auf Johanna. Abend Thee bei mir. 7 November. Sonntag. Predigt von Wichelhaus über: „die gute Zuversicht“, die auf dem Werke Gottes ruhe. Auf diese vertraue ich auch. Geritten. Ossian521 gelesen; bei Lippe gegessen, nach Tisch nach Oberkassel, wo es sehr langweilig war. 8 November. Die Arbeit begonnen mit fröhlichem Muthe, doch nur das Staatsrecht bei Perthes. Geritten. Nachmittag gegangen. Den Abend 2 sündliche u[nd] 1 faule Regung. 9 November. Dicke Backe. Brief von Mama, der mich überglücklich machte. Abend weg. H[err] v[on] Woida.522 Thee beim Pr[inz] Lippe. Den Abend schwärmten meine Gedanken auf dem Gebiete der angenehmen Erinnerungen umher, so daß ich gar nicht einschlafen konnte. 10 November. Martinstag,523 im vorigen Jahre mein Debüt in Godesberg, sehr angenehm. Diesmal eine Tanzgesellschaft von uns arrangirt, auf der ich mich aber, zum Theil wohl wegen einer schmerzhaften dicken Backe, u[nd] da das Neue fehlte, nicht so sehr amüsirte. 11 November. Zahngeschwür und Schmerzen, den ganzen Tag zu Haus. Den Abend ging es auf. 12 November. Italienisch bei Urlichs angefangen. Angenehme Reiseerinnerungen dadurch. /108/ 13 November. Geburtstag der Königin.524 Ueberraschende Ankunft von Elschen bei Rhein und ihrem Gemahl.525 Er kam zu mir; ich fuhr dann zu George, wo sie waren und freute mich sehr, Elschen wiederzusehn, die ich von Kindheit auf gerne mochte. Dann fuhr ich noch auf den Ball in der Erholung zu Ehren des Geburtstages, und tanzte noch zwei Tänze mit zwei neu angekommenen, sehr gut tanzenden Engländerinnen. Im Cottilon, dem ich anfangs noch zusah, holte mich Fr[äu]l[ein] Rummel. 14 November. Sonntag. Brief an Mama und gearbeitet. Diner in Endenich.526 Abend zu Haus: in Schiller gelesen.

521 Figur der gälischen Mythologie. Die Gesänge des Ossian schrieb James Macpherson (1736– 1796). 522 Gemeint ist verm. ein Mitglied der Adelsfamilie von Woyna. 523 Der Tag des heiligen Bischofs Martin von Tour ist der 11. November. 524 Elisabeth von Preußen, geb. Prinzessin von Bayern (1801–1873). 525 Prinzessin Elisabeth von Preußen (1815–1885) war seit 1836 verh. mit Karl von Hessen(Darmstadt) und bei Rhein (1809–1877). 526 Seit 1830 im Besitz von Eberhard von Hymmen (1784–1854), Landrat des preuß. Landkreises Bonn.

84 Bonn 15 November.527 Die Zahnwurzeln durch Trimborn ausgezogen. Dank Dir, o Gott, daß alles so gut gelang. Gewiß war es auch zu meinem Besten mir von Dir gesandt. Auf den Fechtboden. Den Abend las Loebell beim Prinzen von Lippe. 16 November. Nur recht fleißig! Gestern Abend verspürte ich einige Faulheit, die auch heute nicht abgenommen hat, aber ich muß mich wieder herrausreißen. Drum frisch drann. – Abend im Theater. Lange Träume bei Nacht. 17 November. Die verwittwete Königin von Baiern am 13ten November,528 dem Geburtstage der Königin, gestorben, während wir auf d[em] Ball waren. Auf den Fechtboden. Abend unwohl; Schmerzen in meiner Backe. 18 November. Der erste Schnee. Visiten gemacht. 19 November. Ins Colleg bei Loebell. Fechtboden. 20 November. Loebell nahm ein ander[es] Auditorium. Geritten. /109/ Abend Ball beim Oberst.529 Graf Schulenburg. 21 Sonntag. Wichelhaus. Pr[inz] Lippe zu Mittag bei mir. Nachmittag nach Bornheim, wohin auch Smyth. 22 November. 2 Briefe, die mir eine ungeheure Freude machten. Johanna in der Bahn geritten. Abend bei Pr[inz] Lippe, Loebell vorgelesen. Fechtstunde bei einem Studenten. 23 November. Mit Pr[inz] Lippe geritten. 24 November. Mein Fleiß ist noch immer nicht der sommerliche. 25 November. H[err] v[on] Sell nach Cöln. Brief von Mama u[nd] Fr[äu]l[ein] v[on] Gallenfeldt,530 die mich sehr erfreuten. Spazierritt im Kottenforst.531 26 November. Gräfin Lippe sehr krank, doch etwas besser.532 27 November. Abend, satturday evening bei Smyth. Offizirsdiner. 28 November. 14jährige Tochter von Nitsche gestorben.533 Sack.534 Abend Thee bei mir. 29 November. Heute P[apa] u[nd] Mama nach Ludwigslust. Br[ie]f v[on] Mama, Brief an Wilhelm u[nd] Fr[äu]l[ein] Gallenfeldt. Beim Thee: Lootse535 gelesen. 30 November. Ergreifender Sonnenaufgang. Tüchtig gearbeitet. Abend: Lootse gelesen. Sehr warm draußen.

527 Am 14. und 15. 11. Verschreibung in September. 528 Karoline Friederike Wilhelmine (1776–1841), geb. Prinzessin von Baden, seit 1797 verh. mit dem späteren König Maximilian I. von Bayern (1765–1825). 529 Oberst von Flotow, Kommandeur des 7. Ulanenregiments in Bonn. 530 Susette von Gallenfeldt, Hofdame der Großherzogin Alexandrine und verm. eine Tochter des Barons Friedrich von Gallenfeldt. 531 Waldgebiet südwestlich von Bonn. 532 Vgl. den Eintrag vom 3.12.1841. 533 Tochter des Bonner Universitätspredigers Karl Immanuel Nitzsch. 534 Karl Heinrich Sack (1789–1875), ev. Theologe und Prof. in Bonn. 535 Mglw. der 1824 erschienene und ins Deutsche übersetzte Roman „The Pilot“ von James Fenimore Cooper (1789–1851).



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1 Dezember. Heute zu Hause Ball im Goldenen Saal.536 2 Dezember. Jahrestag der Schlacht von Austerlitz.537 3 Dezember. Quartett; mit Mad[moiselle] Kollix gesprochen. D[ie] Richter ein hübsches Mädchen. – Schlechte Nachrichten v[on] Gräfin Emma.538 4 Dezember. Noch schlechtere. Regenwetter. Abend bei Smyth’s, wo auch Flotows wieder, large party. 12 ½ zu Bett. /110/ 5 Dezember. Sonntag. Um 5 ¾ aufgestanden, gearbeitet. Wichelhaus. Diner bei mir. Abend bei Lippe. 6 Dezember. Geritten, gefochten. Später in Mecklenburg will ich am Vormittag wissenschaftlich mich beschäftigen mit juristischem, Geschichte u[nd] d[e] rgl[eichen], am Nachmittag belletristisches treiben. – Ich bin jetzt nicht so innig begeistert für das Höchste, ich muß darnach streben mir die Sommer- u[nd] Herbststimmung wiederzugewinnen. Lieber Gott, o hilf mir dazu. 7 Dezember. Im Regen geritten. 8 Dezember. Mariä Empfängnis. Brandis539 führte mich heute auf einen sehr interessanten Punkt in der Philosophie, der, wie alles was mich in der Wissenschaft jetzt lebhaft interessirt, fernere Wünsche in mir rege macht. – Zu Mittag nach Bornheim. Abend (französischer) bei Georg. 9 Dezember. Das Lesen in der Bibel erhebt unglaublich; je länger man es treibt. Einen Brief v[on] Sukow erhalten, der zu meiner ungeheuersten Freude in Rostock angenommen ist.540 Darüber, das ich zufällig dazu etwas gewirkt habe, erhob sich in mir neben der Freude auch Eitelkeit. Mein Gott, hilf mir die gleich anfangs völlig unterdrücken; dafür aber, daß mein Wort dazu gewirkt hat, nimm den Dir allein gebürenden Dank! – Abend beim Prinz Lippe in Hoffmanns Serapionsbrüder541 gelesen. Antonie542 hat einen eigenthümlichen Reiz, ich mußte an Fr[äu]l[ein] Rummel /111/ denken. 10 Dezember. Großpapas Geburtstag! O, welche Erinnerungen, die mit meiner schönen Kindheit dahin sind! Welch ein Jubeltag früher! Und dann mein Konfirmationstag! Mein Gott: dieser doppelte Erinnerung grabe den Tag tief in meine Seele ein und lasse ihn mir ewig heilig bleiben. Ich will immer an diesem Tage mein

536 Goldener Saal des Schlosses Ludwigslust, wichtiger Repräsentations- und Zeremonialraum des Hauses Mecklenburg. 537 Napoleon besiegte 1805 die österr. und russ. Truppen in der „Dreikaiserschlacht“ bei Austerlitz. 538 Gräfin Emma zur Lippe-Biesterfeld (1815–1842). 539 Christian August Brandis (1790–1867), Prof. für Philosophie in Bonn. 540 Hermann von Suckow, später Kammerherr und Intendant des Seebades Heiligendamm. 541 1819–21 erschienene Sammlung von Erzählungen und Aufsätzen E.T.A. Hoffmanns (1776– 1822). 542 Figur aus dem 1. Abschnitt des 1. Bandes der Serapionsbrüder (Rat Krespel).

86 Bonn Glaubensbekenntnis lesen. – Abend: Aufführung des Messias,543 der wunderbar an die Seele klingt. Mit Pr[o]f[essor] Kilian544 gespr[ochen]. 11 Dezember. In der Bibel will ich nach Beendigung des Ev[angeliums] Johannis die Apostelgeschichte lesen, dann noch vor Ostern und im Laufe des nächsten Sommers in den Briefen der Apostel; im nächsten Winter nach Anleitung meiner Übersicht des Lebens Jesu, mit der Karte; u[nd] vielleicht mit Hülfe von Gerlachs545 neuem Testament das Leben Christi nach der Bibel einmal in seiner Totalität erfassen. – An Festtagen will ich die Festevangelien lesen; überhaupt alle die Feste recht ernst nehmen, da auch ihr Verständniß bei mir jetzt mehr gereift ist. – Saturday evening, mit Lesen. M[i]ss Smyth dreist. 12 Dezember. Sonntag. Nitsche. Ritt nach Oberkassel. Mit Gr[ä]f[i]n Emma geht es besser, augenblicklich alle Gefahr vorüber. Die ganze Familie gesehen. Die alte Gräfin sehr angegriffen. – Furchtbarer Schmutz und Regen. – Georg und Charpentier546 zu Mittag hier. /112/ 13 Dezember. Abend bei Hollwegs, wo es recht hübsch war. Die Mendelsohn eine hübsche Frau.547 14 Dezember. Den Abend las Loebell bei Lippe. 15 Dezember. Das Lügen überrascht mich noch oft. O Gott, hilf der Wahrheitsliebe in mir recht auf. Das Italienische nimmt mir alle Arbeitsruhe. Aber man muß hindurch. Schöner Tag. Geritten. Abend bei Prinz Georg. 17 Dezember. Nix. 18 Dezember. 2 Pferde geritten, nach Friesdorf, wo Feuer war. Schnee. Abend large party and lottery548 bei Smyth. Die neue englische Familie da. Die Gräfin Emma wird, wenns Gott nicht anders fügt, in 14 Tagen sterben. Es ist schrecklich einen so gewissen Tod voraus zu sehen, und betrübt mich immer bis ins tiefste. Ueberhaupt geht man doch schrecklich leichtsinnig an einem solchen Tode vorüber, man muß nur bedenken, was es ist. Gräfin Emma z. B. beschließt nun ihr ganzes Leben auf unserer Erde, für die Welt ist alles aus, und sie erreicht nun das, wohin ihr ganzes Leben seit 1815 gegangen ist, sie scheidet aus aus unserem Verbande, und sieht den goldenen Frühling nicht wieder sich über das Rheinthal breiten. Wenn mir das nun innerhalb 14 Tagen bevorstände! Und so sollte man doch denken. – O Gott, in solchem Augenblick sieht man /113/ dann wieder, was eigentlich noth thut u[nd] was nicht. Da blitzt die Wahrheit unseres Daseins einmal durch alle die Vorhänge, durch welche wir sie unseren Anblicke zu verbergen 543 Der erste Teil „Verheißung und Geburt des Heilands“ aus dem dreiteiligen Oratorium „Der Messias“ von Georg Friedrich Händel (1685–1759) wurde in der Adventszeit aufgeführt. 544 Hermann Friedrich Kilian (1800–1863), seit 1828 Prof. für Gynäkologie in Bonn. 545 Gerlach, Otto von (Hg.): Die Heilige Schrift: nach Martin Luthers Uebersetzung mit Einleitungen und erklärenden Anmerkungen, Berlin 1840. Gerlach lebte von 1801–1849. 546 Rudolf von Charpentier aus Dresden studierte Jura. 547 Mglw. Rosamunde, geb. Gräfin Haugwitz (1804–1883), Frau von Benjamin Mendelssohn (1794–1874), seit 1835 Prof. für Geographie und Statistik in Bonn, 548 Großes Fest und Lotterie.



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suchen hindurch. Und jeder von uns stirbt doch einmal! Warum denn das nicht immer vor Augen haben und dadurch für alles irdische Streben u[nd] d[ie] Objecte desselben stets den rechten Maaßstab zu bewahren. O mein Gott, halte mir die Augen immer auf! 19 Dezember. Sonntag, d[er] 4te Advent. Schneelandschaft. Abend bei Schlegel. Erinnerungen an den Abend im vorigen Jahre, wo Fr[äu]l[ein] v[on] Karlowitz auch war und Schlegel über den Rhein sprach; nachher das amüsante Souper folgte. 20 Dezember. Nix. (Der Todestag von Dorothe Levzow!)549 Der Gegensatz!!! 21 Dezember. Loebells Vorlesen Heinrichs IV. auch Goblet u[nd] Charpentier zugegen. Fr[äu]l[ein] Levzow soll so krank sein! O Gott, lasse sie nicht sterben. Mama schreibt ganz traurig. 22 Dezember. Abend français bei Georg, der Morgen nach Düsseldorf. Krosek auch da.550 23 Dezember. Ich reite alle Tage, meine beiden Pferde ruhig für mich, was mich sehr amüsirt. Die Johanna wird schon besser, die Thalia geht süperb. V[on] d[er] Lühe551 besucht mich dabei öfters. Ferien begonnen. /114/ 24 Dezember. Weihnachstabend. Meine Sachen aus Mecklenburg nicht angekommen; dennoch schönes erhalten. Dem Prinzen von Lippe und den Mecklenburgern beschert: v[on] d[er] Lühe, Wickede, Malzahn (Sommersdorf ),552 Brückner, Storch;553 Bülow, Charpentier. Es war amüsant. 25 Dezember. 1. Weihnachtstag. Schöne Predigt v[on] Nitsche. O Gott, lasse die Erscheinung dieses Tages meinen Glauben felsenfest machen, wenn er durch die Sünde und Philosophie sollte angefressen werden. – Am Nachmittag erhielt ich meine anderen schönen Geschenke. 26 Dezember. 2. Weihnachtstag. 3 Briefe geschrieben. Geritten. Gegangen. Zum Geburtstag der Frau v[on] Karnap554 nach Bornheim, wo große Versammlung, und sehr gerast wurde. Um 11 ¾ Uhr zu Haus. Sehr amüsant. 27 Dezember. Eine schrecklich traurige Nachricht. Als ich am 21ten das schrieb, war Dorothe Levetzow schon nicht mehr auf Erden. Sie starb in der Nacht vom Sonntag auf den Montag, den 20ten Dezember um 1 ¼ Uhr an einer Verknörpelung des Herzens. Ihr Tod geht mir schrecklich zu Herzen. Ein so junges, liebenswürdiges Mädchen, dessen ganzes Leben so fast vor mir liegt; wie sie früher mit Marie Bülow555 so scheu ging, /115/ wie sie als angehende Hofdame mit ihrer Mutter zu den Malstunden in Schwerin kam, wie ich sie, wenn ich von Dresden kam, ganz eingewohnt fand; wie sie mit nach Dresden kam, dort so lustig tanzte 549 550 551 552 553 554 555

Dorothea von Levetzow, Hofdame der Großherzogin Alexandrine. Anton von Krosigk (1820–1892) aus Gröna studierte Jura. Friedrich von der Lühe aus Zarnewanz (1822–1859) studierte Jura. Albrecht von Maltzan aus Sommersdorf studierte Jura. Gustav von Storch aus Rubow studierte Jura. Isabella von Carnap, geb. von Bourscheidt. Verm. Marie Charlotte von Bülow (1819–1906), Tochter des Oberstallmeisters Vollrath von Bülow, lebte unverh. in Ludwigslust.

88 Bonn beim Prinz Johann556 und so gefiel; wie ich nach meiner Confirmation viel mit ihr tanzte, sie viel mit Bülow von Neustadt;557 wie sie im Sommer in Dob[e]ran [18]40 so bös war, das ich das Rennen reiten wollte. – Wie sie so elend aussah, als ich jetzt aus der Schweiz mit nach Hause kam, und doch so schön. Nun tod! – Bülow v[on] Kammin (Möschen) † 21ten um 1 ¼ Uhr Nachts.558 Ich bin ganz außer, nein nicht außer mir, sondern tief betrübt! und darin den weisen Willen Gottes für sie, für mich, für alle. 28 Dezember. Zur Aufführung des Messias nach Köln. Die Chöre besser, die Solos schlechter, wie in Bonn. Der Messias ist ein wundervolles Tonwerk, ein rechter Preis Gottes in Christo. Mir erschien es als ein Requiem für Dorothee. Dieser Ausflug nach Köln hat mich etwas zerstreut, doch vergesse ich diesen Tod nicht so leicht, und will es auch nicht. Wie schön war sie, als sie mit dem liebenswürdigen Blick, einem weißen Kranz im Haar, in einem weißen Kleid, auf einem Thee dansant bei uns zu mir kam, mir für die ihr besorgten Dresdener Ansichten zu danken! /116/ 29 Dezember. Die Wehmut um Dorothee verläßt mich nicht, wenn sie sich auch mehr in den Hintergrund der Seele zurückzieht. – Hagel und Regen. 30 Dezember. Es ist mir schrecklich heute Abend zu tanzen, und mit jungen Damen vergnügt zu sein, wenn eine der liebenswürdigsten, mit der ich oft und gern getanzt habe, todeskalt im Sarge liegt. Es scheint mir eine Art Frevel gegen ihr Andenken. Doch sie schwebt in seeligen Höhen, und nur insofern irdische Vergnügungen ihr zu himmlischen geworden sind, lebt eine Erinnerung an vergangene Tage und Menschen in ihr fort. – Ball beim Rector Bischof im Poppelsdorfer Schloß. Schlechtes Local, Arrangement, Beleuchtung, aber doch amüsant. Fr[äu] l[ein] v[on] Flotow, die kleine Goldfuß,559 die Stral sehr hübsch. – Nach 12 zu Haus. 31 Dezember. Das Jahr 1841 ist vorüber. Seinen Eintritt erlebte ich in Düsseldorf. Es war in den meisten Beziehungen ein sehr glückliches, und mein Dank gegen Dich, mein Gott, ist ein sehr großer. Von den beiden Hauptbitten auf dem Gebiete meines inneren Lebens hast Du mir die Bekämpfung meiner Sünde der Hauptsache nach gelingen lassen. Hilf mir nur auch im folgenden Jahre die völlige Besiegung der aufkeimenden Sinnlichkeit erreichen. In Betreff meiner Eitelkeit bedarf /117/ ich jedoch der besonderen Kräftigung durch Dich noch sehr. Die Besiegung derselben ist wahrlich noth. Insbesondere aber flehe ich Dich an: Segne und erhalte mich fördere und erhalte mich in mir den Glauben und die Liebe zu Deinem Sohne Jesu Christo, und erhalte mich dabei, daß ich (nicht auf dem wissenschaftlichen) auf dem Wege zu immer festerem Glauben, Verständniß 556 557 558 559

Der spätere König Johann von Sachsen (1801–1873). Dethloff Christian Georg von Bülow, Landdrost im Amt Neustadt. Bernhard von Bülow-Camin (1818–1841), Sekondleutnant beim Grenadier-Gardebataillon. Verm. eine Tochter von Georg August Goldfuß (1782–1848), seit 1818 Prof. für Zoologie und Mineralogie in Bonn.



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seines Werkes und Liebe zu Dir in ihm komme, daß ich die Bibel täglich lese und Liebe zu üben suche. (Dies gelingt aber noch nicht.) In Bezug auf mein äußeres Leben hast Du mich unendlich glücklich geführt, und zu meinem Segen. Der Schmerz der letzten Tage dieses Jahres, ist auch dazu gesandt! – Also für alles, alles Dank! Und nun flehe ich Dich an, lasse es um 1 Jahr, wenn Du mich bis dahin noch nicht abberufen hast, besser mit mir stehen. – Wenn es möglich ist, errette Gräfin Emma! Doch was Du thust, das ist wohlgethan. Nun gewinne ich erst den Aufblick zu Dir völlig wieder, den der Tod von Dorothee mir verdunkelt hatte. Lebewohl Du Jahr 1841 Reise nach Holland. Molkenspaziergänge. (Zahnschmerzen) Reise nach Italien, Genf, Bonn, Mecklenburg. Dorothe Levetzow † 20 Dezember.560 /118/119/

560 Dorothea von Levetzow, Hofdame der Großherzogin Alexandrine.

90 Bonn 1842 1 Januar. Um 12 Uhr war ich auf dem Ball der Lesegesellschaft, und tanzte den Cottillon mit Fr[äu]l[ein] Rummel. Es war recht hübsch, obgleich die traurigen Eindrücke am Ende des vorigen Jahres nicht eine wahre Lustigkeit nicht aufkommen ließen in mir. Wir hatten mit unserer Gesellschaft zusammen soupirt, wobei ich zwischen Frau von Flotow1 und Generalin Rummel saß. Um 12 Uhr wurde der Tanz durch ein allgemeines, ungestümes, originelles Glückwünschen unterbrochen. Das verflossene Jahr, der größte Theil meines 19ten, war ein schönes, zuletzt aber sehr trauriges. – O Gott, lasse mich alles im neuen Jahr mit festem und starken Willen angreifen, sowohl meine innere als meine äußere Aufgabe. – Der Tanz endete aus allgemeiner Ermüdung bald darauf, was in Schwerin wohl nicht der Fall war. Wenn Papa nur Mama u[nd] Wiwi nicht hat auf den Ball gehen lassen. – Nach einem ziemlichen Schlummer ging ich in die Kirche, wo Wichelhaus predigte. Dann kamen Visiten (das Offizierscorps, Graf Fürstenberg von Stammheim),2 deren größeren Theile ich beim Prinz von Lippe und Lorchs entfloh. Nach einem Spazirgang /120/ aß der Prinz und v[on] d[er] Lühe bei mir. Bülow kam gestern wieder an. 2 Januar. Sonntag. Visitentourneen – P[rinz] Lippe d[en] Abend bei mir. Um 9 Uhr noch zum Prinz Georg, der wieder da ist. 3 Januar. Um 9 Uhr Jagd in Bornheim bei der Wolfsburg,3 ziemlich kalt und sehr ergiebig: 238 Hasen, ich 3. Den Abend Diner, wo ich bei Gräfin Solms saß, die charmant ist. Um 9 nach Haus. 4 Januar. Rendezvous in Bornheim, wo Frühstück. Dann um Sechdem, d[em] Gut der Fr[au] v[on] Geier4 herum, 162 Hasen geschossen. Trotz dem, daß Tesch mit war, nur 4 Hasen geschossen. Beim Diner neben Fr[au] v[on] Fürstenberg,5 neben der Münster.6 Gesprochen, getanzt, um 9 nach Haus. 5 Januar. Vorgestern 4 Briefe bekommen. Zülow auch tod, und die Oberjägermeisterin, auch eine Jugendbekannte.7 6 Januar. Drei Könige. Es ist viel leichter: andächtig schwärmen als gut handeln. Dies habe ich sehr zu beachten. Ueberhaupt muß mein äußeres Leben viel unmittelbarer influirt werden durch das Gute, das ich in meinem Inneren anzubauen suche, durch mein Wissen von Gottes Werk in seiner Erlösung, durch das Bewußtsein: das will Gott, u[nd] die Erlösungsfreudigk[ei]t. Mittag Diner beim 1 2 3 4 5 6 7

Auguste, geb. von Cramm (1793–1854). Franz Egon von Fürstenberg-Stammheim (1797–1859). Wasserburg in Roisdorf. Sechtem, Gut der Clementine Geyr von Schweppenburg, geb. von Strauch (1809–1893). Verm. Pauline von Fürstenberg-Stammheim, geb. Freiin von Romberg (1805–1891). Grafen zu Münster, westf. Adelsfamilie. Henriette Maria Anna Alicia von der Lühe, geb. Gräfin Brühl (1770–1841), verh. mit dem Oberjägermeister Adolf Hans von der Lühe (1760–1814).



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Lippe v[on] Engländern. Vorher Visiten gemacht, auch bei Hussey-Burgh,8 wo es mir gefiel. Abend beim Lippe Ho[f ]fmann gelesen. Flöte Friedrichs II. 7 Januar. Fechten. Dann im schönen Frostwetter spaziren. H[err] v[on] Woyna ein angenehmer Mensch, kräftig, jugendlich, gebildet, aufgeweckt innerlich, Poesie und Litteratur überhaupt liebend.9 – Wegen Unwohlseins nicht ins Quartet. – Wie man sich bei jedem in einem Roman geschilderten Charakter meist eine bekannte Person denkt, so erscheint mir als Rosa im Meister Martin Fr[äu]l[ein] Richter bei Collix.10 Der Künzer soll es sehr gut gehen. 8 Januar. Saturday evening, der recht hübsch. Die eine M[i]ss Sneed11 eine interessante Erscheinung. Mit Gräfin Emma geht es schlecht. 9 Januar. Sonntag. Gearbeitet. Predigt von Wichelhaus: Der Mensch soll seinen Leib Gott zum Opfer begeben. Diner von Studenten bei mir. Abendgesellschaft bei Pr[o]f[essor] Brandes, wo ich sehr viel interessantes von Griechenland hörte, wodurch der starke Zug meines Herzens dorthin nur noch größer geworden ist. Seine beiden Knaben in griechischem Kostüm. Karl Bunsen und sein Bruder da.12 10 Januar. Soiree bei Hollwegs, die scharmant war. 4 Tableaux, worin sehr hübsche junge Damen. Dann getanzt. Amüsantes Souper in kleinen Kreisen, wir mit Gräfin Solms (d[ie] kle[ine] Bank). Aber die arme Gräfin Emma Lippe heute Morgen um 10 Uhr gestorben. Der Todeskampf dauerte von 4 Uhr an, und /122/ sie litt sehr bis zuletzt. Ihr Leiden ist aus, sie schwebt nun in höheren Sphären! Sie war die gescheuteste und angenehmste von der ganzen Familie. Am 10. November in Godesberg war sie noch so ungewöhnl[ich] lustig. 11 Januar. Charmante Soiree bei Hussey-Burgh. Eine Menge neue englische Damen. Getanzt. Amüsantes vis-a-vis souper. 12 Januar. Abend bei Georg, der auf sehr hübsche Weise ein Venetianisches Gondellied vortrug. 13 Januar. Zum Begräbnis der Gräfin Emma mit Pr[in]z Lippe und den beiden Grafen Solms nach Oberkassel. Die Leiche war ganz gelb und nichts als Knochen und Haut, hatte einen sehr schmerzhaften, aber sehr ruhigen Ausdruck und machte mir einen großen Eindruck. Ein eigenes Räthsel in dem Gesichte eines Todten. Nach einigem Warten setzte sich der Zug zu Fuß, der Sarg in der Chaise nach Heisterbach13 in Bewegung. Ein Glöckchen läutete in Oberkassel. Sonst trat an der wenigen Theilnahme der, namentlich Dollendorfer Einwohner, der Confessionsunter8 9 10 11 12 13

Hussey de Burgh, irische Adelsfamilie. Mglw. der beim 17. Infanterieregiment in Düsseldorf dienende Wilhelm von Woyna (1819– 1896). Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Erzählung aus E. T. A. Hoffmanns „Die Serapionsbrüder“. Eine der englischen Familien, die sich im Zuge der Rheinromantik in Bonn niedergelassen hatten. Carl Bunsen aus Berlin studierte Jura. Mausoleum der Grafen von Lippe-Biesterfeld im dortigen englischen Landschaftsgarten.

92 Bonn schied deutlich hervor.14 Beim Scheibenhaus in Heisterbach wurde der Sarg abgehoben und nach der Familiengruft getragen, wo nach einem sehr mäßigen Kindergesang der Prediger eine ziemlich gewöhn-/123/ liche Rede hielt. Unterwegs hin und zurück sprach man allerlei theils darauf bezügliches, theils nicht. Um 1 Uhr waren wir wieder zu Hause. Es ist sehr gut, durch ein solche Handlung den Todesgedanken, also an das Wahre im Leben, wieder aufzufrischen. Beim Thee den Abend lange Diskussion über alle Hauptfragen, die mich erfüllen, namentlich über meinen an sich gewiß richtigen, im Extrem vielleicht falschen Satz: man muß alles, was einem im Leben aufstößt, was man thut, irgendwie in Beziehung setzen mit seiner menschlichen höheren Bestimmung, d[as] i[st] Christenthum, Selbstheiligung. Man will und darf in dem Verständnis des Christenthums weiter kommen. Man kann ich glaube nicht nur am besten, sondern allein, indem man Glauben hält und Liebe übt, das Erreichen. Das Verständnis der Geheimnisse schließt sich uns von selbst auf, je mehr wir wahre Christen werden, denn der Standpunkt eines Jünger Christi gehört dazu. Auf dem Verstandeswege, weil er uns vom Glauben an die Offenbarung, also vom Jüngersein entfernt, schließt sie uns leicht zu. Wenn einer aber wahrer Christusjünger geworden ist, dann wird sein Verstand darüber auch so erleuchtet werden, daß er nachfolgen kann, wenn hier nicht, so doch drüben. – Ich muß mich in Acht nehmen, eine tüchtige positive /124/ practische Bildung nicht zu gering anzuschlagen, denn sie ist das Hauptmittel aus der inneren Quelle heraus dem Willen Gottes gemäß zu wirken, denn der Mensch soll wirken, was ihm wie anderen zum Segen gereicht. 14 Januar. Scharf gefochten. Die eigentliche Energie, sowohl beim Aufstehen, wie beim Arbeiten fehlt. Pr[inz] Lippe den Abend bei mir: Reiseerinnerungen. 15 Januar. Niente. 16 Januar. Sonntag. Nitsche über die christliche Gewissenhaftigkeit, ein von mir wohl zu beachtender Punkt. Die fehlt meinem ganzen gemeinen Leben noch sehr. Nachmittags nach Bornheim, wo es recht amüsant war. Aussicht dort eine Masurca zu tanzen in Kostüm; köstliche Gelegenheit die Eitelkeit, die stark heraufdrängt, zu demüthigen. 17 Januar. Mein Gott, lasse mich nun recht fromm, fleißig, rein und liebevoll, dann lustig sein. Nachmittag mit Pr[inz] Lippe Spazirlauf. English evening. Peters an Gerlach mit einem Briefe geschickt. 18 Januar. Der König wird morgen zwischen 11 u[nd] 12 Uhr in Cöln eintreffen. Hübscher Erholungsball: Nöggerath, Richter, Koch. Amüsantes Souper zwischen Fr[äu]l[ein] Flotow und Fr[äu]l[ein] Rummel. Interessant zu beobachten die Art, wie die jungen Damen über andere und über Herren /125/ urtheilen. Der Schützenoffizier Tannenberg aus Wetzlar machte Eindruck. Eine scharfe Beobachtungsgabe ist ihnen eigen. Ich habe auch einen Namen. Fr[äu]l[ein] 19 Januar Flotow sehr satyrisch, Fr[äu]l[ein] Rummeln sich gerne huldigen lassend; aber doch etwas angenehmes. 14

Die Gegend ist katholisch, die Lipper Grafen evangelisch.



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19 Januar. Um 7 Uhr nach Cöln, wohin auch Georg. Im kaiserl[ichen] Hof trafen wir den Gesandten Bülow;15 mit ihm durch die mit Wimpeln geschmückten Straßen nach dem Strande: Trankgasse, wo die Stadt Straßburg lag, in der sich schon alles zum Empfang des Königs versammelt hatte. Dort stand auch der Beckersche Becher, in dem dem König der Rheintrank gereicht werden sollte.16 Zurück nach dem Gasthof, Uniform angezogen und hin nach dem Regierungsgebäude, wo auch Bülow, Iven,17 Narrendeputation, Restues, Ironchin18 u[nd] viele andere. Endlich kommt der König: Hurrah, hinausgestürzt. Er besah die Ehrenwache von den Füsilieren und, nachdem er uns umhalst, sprach er unter der Thüre mit einigen. Dann stieg er die Treppe hinauf, wo ihm die Dame zu Füßen fiel. Nachdem er sich umgezogen, trat er hinaus und sprach mit den 50 Tischgästen. Er sah sehr wohl aus, war etwas eschauffirt, aber nicht angegriffen, und sehr guter Laune, doch ernster, wie sonst. Bei Tisch saß General Pfuel19 neben mir, ein sehr /126/ lebendiger, amüsanter Mann. Nachdem der König alles entlassen und sich umgezogen, proponirte er uns plötzlich mit nach Achen zu fahren. Also Hals über Kopf zu Hause, umgezogen, eingepackt und in der Carriere20 nach dem Bahnhofe, wo der König aber doch schon lange wartete. Nun auf der wohlbekannten Agrippina eine sowohl durch die Reisegesellschaft als durch die Außengegenstände höchst merkwürdige Fahrt nach Achen. Fast fortwährendes Hurrah sämtlicher an der Bahn zusammengeströmter Bewohner dieser reichen Gegend. In den Tunnels rothes und davor gelbes bengalisches Feuer, Fackeln, Illuminationen, die die Scharen der rufenden Bevölkerung erleuchtete. Zauberhaft war die Entree in das im Kessel liegende festlich illuminirte Achen, rechts die Frankenburg,21 links das roth und blau glänzende Casino von Burtscheid. In dem jetzt roth decorirten Eisenbahnsaal empfingen den König die Behörden. Wir waren, wie auch in Düren, nur mit Lebensgefahr hineingedrungen. Auf Ansuchen der Achner fuhr der König gleich ins Theater, wir, da unsere Sachen nach dem Gasthof geschickt waren, eilig zu Brömmel hin, Uniform angezogen, und auch ins Theater, wo der Empfang schon gewesen war. Es war erleuchtet, mit geputzten Damen /127/ angefüllt und sah recht gut aus. Man gab die Eroberung von Corinth.22 Der König blieb nur noch einen Augenblick und nahm uns dann mit nach der Präsidialwohnung, wo eine Ehrenwache vom 35ten R[e]

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Heinrich von Bülow (1792–1846), preuß. Gesandter in London. Nikolaus Becker (1809–1845), Dichter des Liedes „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“, erhielt von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen ein Geldgeschenk und vom bayerischen König einen Ehrenpokal, um den es sich hier mglw. handelte. Johann Jacob Iven (1775–1853), Generalvikar des Kölner Erzbischofs. Lesung unsicher. Ernst von Pfuel (1779–1866), preuß. General und Kommandeur des VII. Armeekorps. Gemeint ist wohl die Karriol, ein einachsiges Fuhrwerk. Jagdschloss Frankenberg, vgl. Eintrag vom 14.4.1841. Die Belagerung von Korinth, Oper von Gioachino Antonio Rossini (1792–1868).

94 Bonn g[imen]t war. Nach einigen Geschäften ging es zum Souper von 25 Person[en], wobei die Achner Liedertafel sehr schön sang.23 20 Januar. Mit General Pfuel, Thiele, Bodelschwing u[nd] a[nderen] in der Agrippina nach Cöln zurück, ein höchst amüsante und interessante Fahrt, und dann nach Besichtigung von St. Gereon mit meinen Pferden nach Bonn zurück. Den Abend bei Lippe. 21 Januar. Schöne Erinnerunng an gestern. Sehr hübscher aber sehr voller Ball bei Flotows. Little lovely ist der Name.24 Fr[äu]l[ein] Flotow seit einem Jahre sehr hübsch geworden. Um 2 ½ zu Haus. 22 Januar. Nun aber unter so vielen Vergnügungen auch seine Pflicht gethan und fleißig mit Gott! Den Abend bei Smyth, wo die rivals25 gelesen wurden. 23 Januar. Sonntag. In dem gestrigen Colleg von Loebell stellte er als das Problem des göthischen Faust hin: Die Nichtbefriedigung des Wissenstriebes, die dem Menschen zur Versuchung wird. Faust fällt von Gott ab, weil er die Lösung dieses Zwiespaltes nicht finden kann. Dies ist ein allgemein menschliches und kann auch für mich bedeutend werden, da auch in mir das Streben nach Allheit des /128/ Wissens und Erkennens liegt. In Bezug auf das Christentum habe ich mich durch den gläubigen Bibelweg davor gesichert, in Bezug auf die Objectenwelt, auf die Gegenstände des Wissens und Erkennens, muß ich es durch bestimmteres Ergreifen der einzelnen vorliegend[en] Zweige der Wissenschaft. Doch selbst, daß ich dies niederschreibe zeigt, daß ich diesen Conflict zwischen der menschlichen Beschränktheit und dem Trieb nach universellem Wissen fürchte, was aber möglichst bald zurückgewiesen werden muß. – Erster Besuch in Oberkassel wieder nach dem Ausscheiden der Gräfin Emma. Es ist eigentlich ein Todtenopfer, das man der Abgeschiedenen bringt, und könnten solche uns nahe sein, sie müßten es sehen. Die Familie sehr gefaßt, die alte Gräfin und die Gräfin Castell sehen elend aus, auch Fr[äu]l[ein] Kluth. Schöner Mondschein auf dem Rhein. – Den Morgen die Antrittspredigt von Kliefoth26 gelesen, die ausgezeichnet ist durch Wahrheit, Innigkeit und wissenschaftliche Konsequenz und Klarheit. 24 Januar. Geburtstag von Tante Helene. An sie geschrieb[en]. Durch früh aufstehen, arbeiten und tanzen immer müde. Ich träumte die Nacht von Dorothe;27 sie sah sehr elend aus, hatte verweinte Augen und war in schwarz[em] Atlas Kleide. Wunderschön war sie aber. Ferner mußte ich Miss Smyth den Kopf halten, der 23 24 25 26

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1832 gegründete bürgerliche Gesangsgesellschaft. Von den Damen der Bonner Gesellschaft vergebener Kosename. Vgl. Eintrag vom 18.1.1842. The Rivals, Komödie von Richard Brinsley Sheridan (1751–1816). Theodor Kliefoth predigte bei seinem Antritt als zweiter Pastor in Ludwigslust am 3.5.1840 über Jesaja 40, 6–8: Es spricht eine Stimme: Predige! Und er sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Geist bläst darein. Ja, das Volk ist das Gras. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; aber das Wort unsres Gottes bleibt ewiglich. Vgl. Das Zeugnis der Seele. Zwanzig Predigten in Ludwigslust gehalten. Parchim Ludwigslust 1841. Dorothea von Levetzow, verstorbene Hofdame der Großherzogin Alexandrine.



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ein /129/ Zahn ausgezogen werden sollte. Ferner landete an meinem Geburtstage ein Schiff mit Mecklenburgischer Flagge an der Vinea.28 25 Januar. Recht hübscher Ball bei Rummels. Mit Fr[äu]l[ein] v[on] Rummel den Cottillon getanzt. Sehr hübsch, nur etwas schwer zum tanzen war es. In Gunsten bei Fr[äu]l[ein] v[on] Flotow. 26 Januar. Um 5 ¾ Uhr aufgestanden. Gefochten, gegangen; den Abend bei Georg, wo es durch Roisins Unterhaltungsgabe und decklamatorisches Talent (Sulla)29 sehr interessant war. Doch etwas müde und deshalb früh zu Bette. 27 Januar. Um 6 ¼ Uhr erst aufgestanden. Sehr hübscher Ball bei M[iste]r Becher, wo es außerordentlich amüsant war. Masurca mit Fr[äu]l[ein] Rummel. Bis 2 Uhr getanzt. Gute Musik. 28 Januar. Auf Sonnenschein folgt Regen; daher bedeutender Katzenjammer, der nach einem Mittagsspazirgang zu einem förmlichen Schwindel wurde. Unter furchtbarem Kopfweh und gräßlicher Uebelkeit, die 2 mal sogar zu Explosionen führen um 5 ½ mit Bülow und v[on] d[er] Lühe nach Bornheim. Der Ball recht hübsch, doch nicht so animirt und für mich nicht so angenehm, wie der vorigjährige. Je später, desto wohler wurde mir. Beim Souper wenig gegessen, aber angenehmes Gespräch im Saal mit Rummels, die fort wollten. Fr[äu]l[ein] Niemeier embellirt au possible.30 Meine Engagements: /130/ 1 Gallopp: Fr[äu]l[ein] Karnap I, 2 Gallopp: M[is]s. Sneed, 3 Gallopp: Miss Smyth, 4 Gallopp: Fr[au] v[on] Fürstenberg, 1 Walzer: Fr[au] v[on] Lilien, 1 Francaise: Fr[äu]l[ein] Flotow, Masurka: Fr[äu]l[ein] Rummel, 1 Schottisch: Fr[äu]l[ein] Schultz, 1 Cotillon: Gräfin Solms, 2 Cottillon: Fr[äu]l[ein] Nöggerath. Da ich nicht alles getanzt hatte, nicht unmäßig müde. Um 5 ¾ Uhr wieder zu Hause. Am 29 Januar. Um 8 ½ wieder aufgestanden. Draußen geritten. Nur um 4 Uhr etwas Müdigkeit. Früh zu Bett. 30 Januar. Sonntag. Bis um 9 Uhr geschlafen. Geritten. Visiten gefahren. Diner beim Lippe. Abend bei mir, wo auch v[on] d[er] Lühe und Charpentier. 31 Januar. Ich muß angestrengter arbeiten. Mein Gott, gieb mir durch den Glauben an Jesum Christum die Kraft trotz der nun bevorstehenden Zerstreuungen mich recht in Bezug auf mein Inneres und meinen Fleiß zu beachten, from[m] und fleißig zu sein. Behüte mich auch vor Eitelkeit und lasse das durch Dich besiegte Böse nicht wieder aufkommen. – Ball bei Hussey-Burgh, der recht hübsch, doch nicht so amüsant war, wie der vorige. Sehr müde. 1 Februar. Todestag von Großpapa. Ball bei der alten Frau von Karnap. Bei mir scheint die Tanzpassion etwas abgenommen zu haben. Der Gründe wenigstens bin ich mir nicht recht bewußt. Ich fühle mich heimathlos auf einem Balle. /131/ Ob ich mich mehr zusammen nehmen muß, höflicher gegen die älteren Damen 28 29 30

Das ehemals kurfürstliche, am Rhein gelegene Lustschlösschen Vinea Domini wurde für den Erbgroßherzog während der Bonner Studienzeit gemietet. Lucius Cornelius Sulla Felix (138–70 v. Chr.), röm. Feldherr und Politiker. Sehr viel schöner geworden.

96 Bonn zu sein? Bis um 3 Uhr getanzt. Schorlemer31 ging wieder fort. Fr[äu]l[ein] Rummel angelt nach Reck.32 2 Februar. Maria Lichtmeß. Die Logik, der sich Brandis heute 1 ½ Stunden bei mir überließ, interessiert mich sehr. Trotz des Schmutzes nach Mehlem geritten, wo mich selbst im Schneekleide der Mittelpunkt aller rheinischer Empfindungen, der Drachenfels, zauberisch ansprach. Ueberhaupt liegt im Rhein etwas wunderbar anziehendes. Den Abend soiree française bei Georg, wo ich ein ungeheuer interessantes Gespräch mit Alvensleben über den wahren Geschmack an Kunst, und den falschen unserer Zeit darüber hatte. Mir gefällt z. B. in der Musik, sowohl die deutsche Kirchenmusik als vieles in italienischen Opern, beides (scheint wenigstens) mich zu erheben, und da mir das der Prüfstein für wahre Musik scheint, so kann ich über die italienische neuere Musik nicht so unbedingt den Stab brechen. Das liegt aber daran, daß ich die deutsche klassische Musik noch nicht verstanden habe, mein Geschmack noch nicht so gebildet ist. 3 Februar. Ich muß suchen, mich beim Reiten nicht so sehr über Johanna zu ärgern. Letzter Erholungsball. 2 Gallopp mit Fr[äu]l[ein] Rummel, 4 G[allopp] mit Fr[äu]l[ein] Flotow. Souper, nicht so /132/ hübsch wie das letzte Mal. Ueberhaupt war, für mich wenigstens, dieser Winter bei weitem nicht so hübsch, wie der vorige; sowohl in Bezug auf die Bälle, als auf meinen Umgang mit den Prinzen und Studenten, als in Bezug auf die Gegenstände des Studiums. Auch war ich frommer, zufriedener, fleißiger, froher. O mein Gott, mein Gott, gieb mir die Kraft mit Fastnacht einen Abschnitt zu machen, und nun in allen diesen Beziehungen neu mit Glauben, Treue, Fleiß und Liebe anzufangen, und wie damals am 7ten Juni einen Aufschwung zu nehmen, durch den ich dies Semester noch pflichttreu zu beendigen vermag. 4 Februar. Ball bei M[isse]s Haller33 und M[isse]s Sneed, der trotz des schlechten Bodens, namentlich durch Roisin, recht hübsch war. Amüsantes Souper. Cottillon mit Fr[äu]l[ein] Flotow. Ein sehr amüsantes, geistvolles, lebhaftes Mädchen, recht hübsch, tanzt sehr gut. Fr[äu]l[ein] R[ummel] sagt mir aber doch mehr zu, wäre sie nur nicht so inconstant, oder sollte sie es nur weniger verbergen? Sie ist eigentlich charmant. Sehr etwas sanftes und interessantes hat die älteste M[is]s Sneed. So muß M[is]s Ellen in Pelham aussehen. Recht angenehm ist auch M[is]s Luise Hussei-Burgh, nur ihre irländische Sprache nicht hübsch. S. Smyth u[nd] M[is]s Reed; Ruppel u[nd] M[isse]s Smyth. Sehr amüsanter langer Cotillon bis um 3 ½ Uhr. /133/ 5 Februar. Um 7 ½ Uhr aufgestanden. Spazirritt im schönen Wetter. Einladung vom Narrencomittee. 31 32 33

Friedrich (1815–1885) oder Wilhelm (1821–1884) Freiherr von Schorlemer, beide Sekondleutnant beim preuß. 7. Ulanenregiment in Bonn. Wilhelm Matthias Freiherr von der Reck (geb. 1819) aus Doben studierte Jura. Eine der englischen Familien, die sich im Zuge der Rheinromantik in Bonn niedergelassen hatten.



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6 Februar. Sonntag. Wichelhaus: man soll über der Vergangenheit und Zukunft nicht vergessen, sich der Gegenwart dankbar zu freuen. Um 2 ½ Uhr nach Cöln zum Carneval. Zuerst in das Parlament, dann in den kleinen Rath, wo [auf ] unsere Gesundheit getrunken wurde. General Kanitz34 dort gesehen. Darauf ins Theater, wo Robert d[er] Teufel.35 An table d’hôte soupirt. 7 Februar. Um 9 Uhr nach dem Dom und dann nach dem Paradeplatze, wo der Zug sich versammelte, doch nicht so marquante Sachen, wie im vorigen Jahre. Bei der Frau Pircher dem Zuge zugesehen, wo auch die Autoritäten waren. Nach einigem Umherirren in den Straßen nach dem kaiserlichen Hof zurück. An table d’hôte mit allen Engländern gegessen. Dann in das Theater, wo der Feensee.36 In der Loge auch Smyths. Mit ihnen Thee getrunken und dann nach Bonn zurück, wo wir um 12 ½ ankamen. Brief von Mama, daß die Reichel gestorben.37 Das thut mir schrecklich leid und erinnert mich schrecklich an das Ende vom „Müller und sein Kind“.38 8 Februar. Tüchtig gearbeitet. O mein Gott, hilf mir nun auch meinen Vorsatz vom 3ten auszuführen! Es muß gelingen, denn du hilfst mir! /134/ Angenehmer sonnenlichter Tag. Auf Johanna nach Godesberg geritten, die sehr gut ging. Nachmittag mit Lippe spaziren gegangen, Fr[äu]l[eins] Rummel, Flotow, Uechtritz39 begegnet. Abend Vorlesung von Loebell beim Lippe. 9 Februar. Mit den Fasten soll mein Fleiß nun Hand in Hand gehen. Spazirritt. Ich will Diät halten und möglichst viel schlafen, denn ich fühle mich angegriffen. Der König, der im Haag unwohl geworden war, kommt erst übermorgen nach Cöln. 10 Februar. Mit dem Lippe nach Mehlem spaziren geritten. Das schöne Wetter heitert den Geist außerordentlich auf und das Streben nach Gott und dadurch der Fleiß erhalten neue Spannkraft. Mein Gott, lasse dies Frühjahr wie das vorige recht auf mein Gemüth wirken; vermehre mir die Empfängligkeit für die Eindrücke der Natur und die Reden der Bibel, denn das sind Deine beiden Offenbarungen. H[err] Willebrandt40 hat mir das so oft gesagt; nun habe ich es erkannt. – Wir gehen nicht nach Cöln.

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August Wilhelm Karl Graf von Canitz (1783–1852), preuß. Generalleutnant und Interimskommandeur in Köln. Oper von Giacomo Meyerbeer. Le lac des fées, Oper von Daniel-François-Esprit Auber (1782–1871) Die 1816 geborene Schauspielerin Minna Reichel war am 30.1.1842 gestorben. Sozialdrama von Ernst Raupach (1784–1852). Die Müllerstochter Marie stirbt, nachdem ihr vom Vater abgelehnter Bräutigam nicht nur für diesen, sondern auch für sie selbst durch abergläubische Friedhofsrituale den Tod vorhergesehen hat. Mglw. eine Tochter von Friedrich von Uechtritz (1800–1875), Jurist in Düsseldorf und Schriftsteller Adolf Wilhelm Heinrich Willebrand (1804–1867), ehemaliger Prinzenerzieher, seit 1840 Pastor in Parkentin.

98 Bonn 11 Februar. Schöner Morgen. Wir gehen doch nach Cöln. Um 1 Uhr hin. Unter den plebs am Theater gemengt, wo ich den König, 60 Bürger zu Pferde vorauf, mit Thiele41 im Wagen, ankommen sah. Dann fuhr ich hin und wurde mit dem Prinz von Neuwied42 zum König hineingerufen. Er war ziemlich ange- /135/ griffen und hustete etwas, sonst aber sehr erfreut über seine Aufnahme in England. Es folgte nun ein Diner von einigen 70 Personen, und nachdem sich der König noch lange unterhalten und den Fackelzug gesehen hatte, entließ er uns. Nach einem vergeblichen Versuch, bei dem Gedränge meinen Wagen zu erreichen, gelang endlich ein zweiter, worauf ich noch den Zapfenstreich mit anhörte. Die Stadt war ziemlich schön illuminirt und der sternklare Himmel schien sich der allgemeinen Freudenbezeugung anzuschließen. Um 12 Uhr war ich wieder in Bonn. 12 Februar. Mit dem Lippe im Gig gefahren. Fleißig. 13 Februar. Sonntag. Von 9–1 ½ bis gegen Rolandseck hin spaziren gegangen. Dann Diner bei mir und darauf nach Oberkassel, wo man schon ziemlich heiter wieder war. Fr[äu]l[ein] Kluth charmant. Um 11 Uhr auf dem Rhein zurück. 14 Februar. Aus der Augsb[urger] Allg[e]m[einen] Z[ei]t[un]g erfahren, daß Wieschen von Strelitz43 am 1sten Februar um 11 ½ Uhr nachts in Rom gestorben ist. Wieder ein Todesfall! Wie schrecklich soweit vom Vaterland sterben. Ihr Tod und der der jungen Erzherzogin von Toscana umgeben mir den Gedanken an Italien mit einem traurigen Schimmer. 15 Februar. H[err] v[on] Sell hat schlechte Nachrichten von [zu] /136/ Hause und ist heute noch nach Ludwigslust ab. O Gott gieb, das er nicht durch einen Todesfall betroffen werden möge. Mir aber gieb Festigkeit, Gewissenshaftigkeit, eisernen Fleiß aus Liebe und Furcht vor Dir, da ich mir zum ersten Male selbst überlassen bin. – H[err] v[on] Sell um 9 Uhr abgereist, ich zum Lippe, wo Loebell vorlas. 16 Februar. Brief von Mama, wonach ich wenig Hoffnung habe, daß H[err] v[on] Sell seine Frau noch am Leben findet. Wie gleicht diese Reise der vom 3ten November 1838;44 möge er nur nicht, wie damals, zu spät kommen. Es wäre ein furchtbarer Schlag für ihn! – Gearbeitet, geritten, im Gig gefahren. – Abend français bei Georg. Er hat seine mich zuerst frappirende Geschichts-Detail-Kenntnis aus Memoiren aufgesammelt. 17 Februar. Auf Thalia flott geritten. Sehr amüsantes Diner beim Lippe, wo Schlegel, der sehr guter Laune war. – Spazirgang. – Geburtstag von Direktor Blochmann:45 welche Erinnerungen. Ob es zufällig war, daß ich heute viel an die Reuß gedacht habe?46 – Er ist erst am 19ten.47 41 42 43 44 45 46 47

Verm. der preuß. Generalleutnant Adolf Eduard von Thile. Mglw. Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied (1782–1867). Herzogin Luise zu Mecklenburg-Strelitz (1818–1842), älteste Tochter Großherzog Georgs. Am 6. November 1838 starb von Sells Mutter Elisabeth, geb. von der Lühe-Barnekow. Karl Justus Blochmann (1786–1855), Direktor des Blochmannschen Instituts in Dresden, das der Erbgroßherzog von 1837–1840 besuchte. Auguste von Reuß-Köstritz, spätere Ehefrau des Erbgroßherzogs. Gemeint ist Blochmanns Geburtstag.



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18 Februar. Mit Sommer gefochten. Mit d[em] Lippe und Georg geritten, Alvensleben und Wagner auch. Brief v[on] H[err] v[on] Sell wegen des Dienstsiegels aus Paterborn. Spazir[en]gefahren mit meinen Pferden und Lippes Wagen. Den Abend Thee mit Streit bei mir. /137/ 19 Februar. Geburtstag des Directors. Diner beim Lippe. Saturday evening. Meine Eitelkeit muß ich bezwingen. Katze an Fr[äu]l[ein] Flotow. 20 Februar. Sonntag. Briefe geschrieben. Durch einen Brief von Hausmarschall von Bülow48 erfahren, daß Frau von Sell tod ist.49 Sie starb am 14ten, also als H[err] v[on] Sell noch hier war. Seine Ahnung damals hat ihn nicht getäuscht. Es ist schrecklich. – Nicht nach Bornheim, sondern ihm geschrieben und darauf ein herrlicher Mondscheinspazirgang mit Bülow, der an unsere Tour über den Simplon am 28ten September erinnerte. 21 Februar. Mit den Prinzen geritten. Briefe von Adolph50 und Mama, in deren Brief die Copie von dem der Großherzogin von Strelitz51 an den Großherzog52 mit der Todesnachricht war. Wieschen ist wundervoll gestorben.53 O mein Gott, gieb mir auch einst einen solchen Tod! English evening bei mir. 22 Februar. Etwas faul. Ich muß mich zusammennehmen, namentlich in Abwesenheit von H[err] v[on] Sell. Schöner Ritt auf der Johanna über die Dörfer auf die Anhöhe hinter Godesberg, wo bei dem warmen, duftigklaren Frühlingswetter eine herrliche Aussicht war. Nachtisch die Prinzen gefahren. Abend bei Georg, wo auch Charpentier. 23 Februar. Mamas Geburtstag. Brief an die alte Ministerin Nostiz.54 Im Thomas a Kempis meine Abendsmahlsvorberei- /138 tung begonnen. Ich muß liebevoller sein, weniger empfindlich, meine Eitelkeit ablegen und gegen den Prinzen von Lippe ein anderes Betragen annehmen, indem mir um mancher Äußerlichkeit wegen seine schönen, tiefen, wahren, mir weit überlegenen Charakterseiten entgehen. Er ist wahrer, reiner, liebevoller, offener, wie ich; mit einem Wort unschuldiger, und ihn gar zu kränken, wäre die schändlichste Sünde. – Fahrt mit Postpferden nach Cöln. Dort die bedeutendsten Kirchen besehen und herrlichen Dom bestiegen. Dann Diner mit Gesundheit im kaiserlichen Hof und darauf im Theater: Montecchi u[nd] Capuletti,55 was mich an Verona erinnerte. Dann bei ziemlicher Kälte zurück. Sehr lustig.

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Jaspar von Bülow (1794–1871), Hausmarschall. Sophie von Sell gebar am 3. Februar den Sohn Wilhelm und starb im Kindbett. Verm. Adolph von Stenglin (1822–1900). Marie Wilhelmine Friederike, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel (1796–1880). Georg von Mecklenburg-Strelitz (1779–1860). Gemeint ist der Tod der Herzogin Luise von Mecklenburg-Strelitz in Rom. Siehe Eintrag vom 14.2.1842. Henriette Sophie, geb. von Bose (1769–1848), Witwe des sächs. Konferenzministers und Dichters Gottlob Adolph Ernst von Nostitz und Jänckendorf (1765–1836). I Capuleti e i Montecchi, Oper von Vincenzo Bellini.

100 Bonn 24 Februar. Mit Georg einen wundervollen Ritt über das Vorgebirge nach dem Hügel über der Allaunhütte, den Abhang hinab, durch Frisdorf und auf der Chaussee zurück, ich auf Thalia mit Morni. Im Mond mit Lippe. 25 Februar. Gefochten, gegangen. Vorlesung von Schlegel über Kunstgeschichte, woran besonders die Behandlung des Stoffes in Bezug auf das gemischte Auditorium und die kurze Zeit bemerkenswerth war; sonst doch ausgezeichnet. Neben Frau v[on] Hymmen.56 26 Februar. Hübscher Ritt mit Georg bei Keßnich hinauf und durch die an der Schlucht wieder dort hinunter; das kleine Schloß entdeckt. Saturday evening. Neben Fr[äu]l[ein] Flotow gesessen, /139/ die mir etwas gewogen zu sein scheint. Die Richter sehr hübsch. 27 Februar. Sonntag. Predigt von Nitsche über die wahre Freiheit des Menschen. Spazirgang. Brief an Sell. Diner bei Dechen.57 Abendspazirgang. Während des Thees Abendmusik von Bachs sich sehr verbessert habender Bande. – O mein Gott, gieb, daß es heute um 1 Jahr besser mir mir stehe und nimm mich bis dahin in Deinen gnädigen Schutz! 28 Februar. Mein Geburtstag. Um 6 Uhr mit Georg geritten. Um 7 Uhr die Trompeter geblasen während des Frühstücks mit Georg und Bülow. Dann kam P[rinz] Lippe und nun ging ich hinein. Damascener Degenklinge, Tasse von den mecklenburger Studenten: Bülow, Lühe, Storch, Wickede, Vogelsang,58 Maltzahn (die um 10 Uhr kamen), Thalia v[on] Lorch.59 Um 11 Uhr mit P[rinz] Lippe und Alvensleben zur Parade auf dem kleinen Exerzierplatz, wo auch einige Damen: Flotow, Solms, Rummel, Meurs. Das Offizierscorps und Gratulanten. Dann über die Brücke nach Oberkassel. Diner, beschenkt. Alles sehr lustig. Partie nach Königswinter. Fr[äu]l[ein] Lützow besucht. Ich zurück geritten, deshalb Graf Julius60 umgeworfen. Amüsante Spiele. Contrast mit dem Begräbnistage. Rückfahrt zu Wasser. 1 März. Etwas faul. Mein Fleiß erlahmt etwas. Mit deiner Hülfe, mein Gott, kommt er wieder. Abend Stafette, drüber eingeschlafen. 2 März. Sie sollte mich der übrigens wenig gefährlichen Krankheit Papas wegen holen, daher mit Bülow um 12 Uhr abgereist, nachdem wir noch beim Oberst ausgestiegen. Schäußliches Wetter. /140/ Langsam gefahren. 2 Stunden des Wagens wegen in Lennep.61 3 März. Die Nacht durch. 2 St[unden] in Paterborn, wo Oheim.62

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Clara Henriette Wilhelmine Franziska, geb. von Ammon (geb. 1801). Ernst Heinrich Carl von Dechen (1800–1889), Oberberghauptmann in Bonn. Hermann Ludwig Carl Emil von Vogelsang aus Gutendorf studierte Jura. Verm. der Premierleutnant von Lorch vom 7. Ulanenregiment in Bonn. Graf Julius Peter zur Lippe-Biesterfeld (1812–1884). Ort bei Remscheid. Verm. Herzog Gustav von Mecklenburg, der Großonkel des Erbgroßherzogs.



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4 März. Um 9 Uhr in Dömitz Boitzenburg, wo mir ein Brief von Mama erst die ganze Gefahr Papas enthüllte. In Ludwigslust einen zweiten. H[err] v[on] Sell, den armen, gesprochen. Um 4 ½ in Schwerin. Mama gesehen. Papa sehr krank, aber besser. 5 März. Wilhelms Geburtstag. P[apa] gut. Parade. Diner. Abend Thee bei Wilhelm. 6 März. Sonntag. Ein furchtbarer Tag. P[apa] um 1 Uhr sehr schlecht; fast aufgegeben; doch im Vertrauen auf Gottes Vatergüte von mir nicht. Er ließ uns hineinkommen, sprach ergreifend zu mir und allen und segnete uns. Welch ein Mittel zu meiner Heiligung: Sinnlichkeit und Etikette sind verschwunden. P[apa] um 6 Uhr besser. Wie schnell bereit zur Hoffnung, dann bald schlechter. Mama sehr angegriffen. Um 12 z[u] Bett. Um 2 Uhr wieder auf. 7 März. † Immer schlimmer. Zunehmende Todesangst. Wir hinein, knieten am Bette. Bitte um 1 Aderlaß. Jedem von uns die Hand gedrückt. Röcheln. Blutsturz. † 5 Uhr 19 Minuten. Namenlos! Mama nach langem Knien zu Bett gebracht. Welche Schickung, mein Gott, von Dir. Wie furchtbar, unerforschlich, übermenschlich groß: Gieb der lieben Mama Gesundheit und Kraft, bewahre meinen inneren Menschen, gieb mir das zu meinem Beruf erforderliche, gieb mir treue Diener und Unterthanen, segne Mecklenburg. /141/ Laß mich in Papas Fußstapfen treten, den König mir zum theilweisen Vorbild dienen; auf dich vertrau ich allein! Mamas Rath laß mich befolgen und mir meine lieben Geschwister zur Stütze dienen. Lützow: der Großherzog, H[err] v[on] Sell: der Mensch, Mama: Beides, und alles: Gott!63 Schwur der Truppen. General Both64 und Elderhorst65 mit dem Offizierscorps zu mir. Vorher an den engeren Ausschuß66 und Regierung67 und Ministerium68 geschrieben und Befehle unterschrieben. Öfters zu Papa hinein, der am Nachmittage angezogen. Er sieht freundlich aus. Zum Onkel. Mit Adolph69 beim Thee. Kliefoth und Walther gesprochen. Hopfgarten70 nach Berlin abgegangen. Mein Wort sei das Großpapas: „Meine Zeit mit Unruhe, meine Hoffnung in Gott.“71 Wenn ich nur meinen Beruf werde erfüllen können, doch Gott wird es geben. Es erfordert eigentlich einen vollkommenen Menschen. Und was bin ich trotz aller guten Anlagen und trotz meines guten Willens!

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Darunter ist ein Kreuz gezeichnet. Generalleutnant Carl Wilhelm Ludwig Hartwig von Both (1778–1860), seit 1839 im Ruhestand und Gouverneur von Schwerin. Generalmajor Hartwig von Elderhorst (1789–1871), Brigadekommandeur. Führte die Geschäfte der Ritter- und Landschaft zwischen den jährlichen Landtagen. Regierung und Lehnkammer. Geheimes Staatsministerium, Beratungsgremium des Großherzogs. Verm. Adolph von Stenglin. Carl Anton Ulrich Ernst von Hopffgarten (1797–1862), Oberstleutnant und Flügeladjutant. Motto König Friedrich Wilhelms III. von Preußen.

102 Schwerin 8 März. Ordonanz Driwert. Gearbeitet. Herren von der Regierung und Kammer,72 u[nd] s[o] w[eiter] gesehen. An Großherzog v[on] Strelitz geschrieben. Um 11 ¼ Uhr Papa nach dem Schlosse gebracht, in den Alterthumssaal. 9 März. Ich will fortfahren in der Biebel zu lesen, /142/ um den Blick zu Gott offen zu halten. Mein Gott, segne und bewahre mich. Geschrieben. Herren gesehen (Demmler).73 Onkel Karl und Wilhelm Albrecht angekommen. An Fritz von Strelitz und T[ante] Marie. Abendspazirgang auf d[er] Wache. 10 März. Herren vom Amt u[nd] s[o] w[eiter] gesehen.74 Stallpersonal. Mit Mama aus. Levetzow zum ersten Male.75 An Tante Helene. Willebrandt.76 Onkel Karl lächerlich. Mein Gott bewahre mich! 11 März. Geistlichkeit, Schweriner Magistrat gesehen. Gearbeitet. Mit Mama ausgefahren. Brief vom Director.77 Abendgang. Sache des Advocaten Schultz.78 Mein Gott behüte mich! H[err] v[on] Seebach.79 12 März. Onkel Karl um 6 ½ Uhr fort. 13 März. Sonntag. Still zu Hause. Hopfgarten, Stenglin. 14 März. Gefahren, geritten. Onkel Albrecht fort. Major Brauchitsch aus Berlin.80 Großmama angekommen. 15 März. Landrat Oertz[en] von Vielen bei der Fähre umgeworfen,81 ich auf Colonel hin. Mein Gott erhalte mir Demuth und lasse die äußere Spannung meinem inneren Menschen nicht schaden. Wichtige Frage: Wie wirkt mein Regierungsantritt auf meine ganze Ausbildung, innerlich wie äußerlich? 16 März. Mit Oertzen geht es besser, nach Schwerin gebracht. /143/ 17 März. Dragoner und das Wismarsche Commando eingetroffen, am Abend Fritz von Strelitz und der Kronprinz82 angekommen. Auch Hähnlein.83 18 März. Um 7 Uhr Abends der König angekommen. Thee. 19 März. Tag der Beisetzung von Papa. Der König machte mich zum Chef des 24sten Regiments84 von dem eine Deputation da ist. Um 3 Uhr nach dem 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84

Verwaltung der ghzl. Domänen. Georg Adolph Demmler (1804–1886), Hofbaumeister. Gemeint ist wohl das die Umgegend der Residenzstadt verwaltende Domanialamt Schwerin. Verm. der Minister Theodor Diederich von Levetzow (1801–1869). Verm. Adolf Wilhelm Heinrich Willebrand, ehem. Prinzenerzieher und seit 1840 Pastor in Parkentin. Institutsdirektor Blochmann aus Dresden. Mglw. Johann Andreas Gustav Schulz aus Goldberg. Thür. Adelsfamilie. Eduard von Brauchitsch (1788–1869), Flügeladjutant des Königs von Preußen. Der Landrat Georg Heinrich Leopold von Oertzen (1778–1842) auf Groß Vielen hatte auf dem Weg zur Beerdigung von Großherzog Paul Friedrich bei der Plater Fähre einen Wagenunfall und starb am 3. April an seinen Verletzungen. Friedrich (VII.) von Dänemark. Johann Christoph Ferdinand Louis von Hänlein (1790–1841), preuß. Gesandter in Hamburg. Das in Neurupppin stationierte preuß. Infanterieregiment Nr. 24.



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Schloß, wo die Versammlung bei Onkel Karl. Dann hinunter in die Halle, in der der Sarg des lieben, unvergeßlichen Papa stand, unter einem Baldachin, mit dem Purpurmantel bedeckt. Walther sprach einige kurze ergreifende Worte. Während wir dann in das Nebenzimmer gingen, wurde der Sarg auf den Wagen gesetzt und unter einem das ganze alte Gebäude erschütternden Canonenschuß setzte sich der Zug bei eben aufhörendem Regen in Bewegung. Alles war still und feierlich und der von den Trompetern geblasene Choral: „Was Gott thut, das ist wohlgethan“ begleitet von den fernen Canonenschüssen hob den Eindruck unglaublich. Ergreifend waren die Momente, als wir beim Palais und an den auf dem Markte aufgestellten Truppen vorbei kamen. Erhebend wirkte der Choral der Trompeter beim Abnehmen des Sarges. Ruhig und tröstend war der Anblick des Inneren des /144/ Domes, weiß und schwarz! Nach Beendigung eines kurzen Gesanges, hielt Walther eine schöne, einfache, wahre Rede, und segnete dann die Leiche unter dem Läuten der Glocken und dem Donner der Kanonen ein, ein ungeheurer Moment! Darauf wurde der Sarg in die Blutcapelle gebracht, ich küßte und betete (im Gefühl: das wird mich stärken) am Sarge, der König umarmte mich, kein Auge blieb trocken. Während der Zeit ging das Geschützfeuer fort und ein Choral wurde gesungen. Dann gingen wir denselben Weg nach Hause zurück zu der armen Mama, die ganz aufgelöst war. Bald darauf übergab mir der König das wunderhübsch geschriebene Patent und stellte mir die Offizire einzeln vor. Um 6 Uhr reiste er ab, vorher meldete ich mich in preußischer Uniform. Die Fahnen stehen nun bei mir. Mein Gott, mache mir diesen Tag ewig unvergeßlich und helfe er mir zu ewigem Heile! Laß mich nicht verderben! Der König wieder abgereist. 20 März. Die 28 Einberufenen bei mir, denen ich einige Worte sagte. Dann sah ich die anderen Landstände und Deputationen und sonstigen Fremden. Darauf hübsche Spazirfahrt mit den On- /145/ kels. Onkel Wilhelm am Abend fort. 21 März. Onkel Albrecht um 5, Fritz Strelitz um 6 Uhr, Onkel Karl um 8 Uhr fort. Im Schloß mein Quartier besehen. Geritten. Ich sehe darnach, ob die Leute mir wohl nachsehen: Ein Theil der Eitelkeit. Mein Gott, ich erkenne Deine Hülfe in dieser Beziehung darin, daß Du mir in so früher Jugend alles giebst, woran sich sonst die Eitelkeit besonders hängt. Laß mich das nun auch erkennen und ihr kräftig entgegenwirken. Ueberhaupt für meine bisherigen Hauptsünden ist dieser Wechsel wohl ein Glück, wenn nur keine neuen auftauchen und mein Gemüth nicht leidet. 22 März. H[err] v[on] Sell fort. 23 März. Metella geritten, Schwindel, sehr heftiges Kopfweh. Ich blieb zu Bett. 24 März. Zum Abendmahl gegangen, das mich von neuem stark machen wird meinen Sinn zu Gott offen zu halten und meine Pflichten auf Erden zu erfüllen. Meine Zeit mit Unruhe, meine Hoffnung in Gott! Das ganze, was meine Stellung mit sich bringt, betäubt noch etwas meinen Umgang mit Dir mein Gott. Doch du wirst mir schon die ruhige Klarheit über mich selbst, über mein hohes Ziel und meinen inneren Zustand wiedergeben, wie ich sie hatte Angesichts des schö-

104 Schwerin nen Rhein! Das Abendmahl in Bonn am 9ten April 1841 hat mich, wahrscheinlich der ganzen Umgebung wegen /146/ damals augenblicklich mehr ergriffen. Vielleicht ist aber die Folge jetzt eine größere. 24 März. Charfreitag Grüner Donnerstag. In die Kirche gegangen. Den Mittag in der Stadt umher gegangen. Rogge,85 Schlöpke86 bei mir gewesen. Den Abend eine von Kliefoths Predigten gelesen. Die von Fritsche Sache gearbeitet.87 Brief vom König in der Sache von Tante Helene.88 25 März. Charfreitag. Die Ordnung fängt schon mehr an. In die Kirche. Gegangen. Levetzows Geburtstag.89 26 März. Großmama nach Ludwigslust. Dodo Levetzow bei mir. Ich sehr bewegt. Fürst Labanow angekommen.90 27 März. Ostersonntag. Der Glocken Laut stimmt zu heiligen Gefühlen. O mein Gott, segne Dein Kind! Im Dom, wo Papa steht, gewesen, wo Walther predigte: Jesus meine Zuversicht. Mein Gott, laß Jesus den Mittelpunkt und Grund meines Glaubens, meiner Liebe, meiner Hoffnung immer mehr werden! Du wirst mich aufrecht erhalten, daß ich nicht verderbe in meiner neuen Stellung. Sie bewegt mich unendlich. Fürst Labanoff, Flügeladjudant des Kaisers, brachte mir den Andreas mit der Kette91 und aß dann bei mir zugleich mit Hähnlein, der sein Creditiv übergeben hatte und heute noch abreist. 28 März. Ostermontag. Herrliche Predigt von Walther, /147/ die so recht den Mittelpunkt meines geistigen Problemenkampfes traf. Der Weg, den ich als den für mich einzig rechten zu meinem Lebensziel erkannt habe; nicht durch Wissenschaft, sondern durch Erfahrung zum Verständnisse Christi und seines Werkes zu kommen, der ist nach ihm auch der einzig rechte, der menschliche Verstandesweg Thorheit; das Gegenteil von Brandis Ansicht. – Advocat Schulz hier. – Gott gieb mir Festigkeit und Einsicht. – Labanoff den Abend zum Thee bei Mama. 29 März. Der erste Arbeitstag. In der Bahn geritten. Mit Hopfgarten umhergegangen. Project des Schloßbaues.92 Labanoff bei Mama, abgereist. Mein Gott gieb mir Kraft meine Seele wach zu halten über mich selbst, und Lust und Eitelkeit nun nicht wieder aufkommen zu lassen.

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Friedrich Wilhelm Rogge (1808–1889), Schriftsteller und Prinzenerzieher. Theodor Schlöpke (1812–1878), Hofmaler. Thür.-sächs. Adelsfamilie. Die von Preußen mitbetriebene Heirat der Herzogin Helene von Mecklenburg-Schwerin mit dem französischen Thronfolger Ferdinand von Orléans hatte zu erheblichen diplomatischen und familiären Verstimmungen geführt, die bezüglich der mit dem Tode Paul Friedrichs verbundenen Etikette wieder aufkamen. Joachim Otto Ulrich von Levetzow (1777–1843), Hofmarschall. Fürst Lobanow-Rostowski, General und Flügeladjutant von Kaiser Nikolaus I. Orden des Heiligen Andreas des Erstberufenen, Hausorden der Romanows. Erste Erwähnung der Umbauabsichten am Schweriner Schloss.



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30 März. Den Marstallbau besehen.93 Geritten. Diner und Audienz für den Lübecker Gesandten: Buchholz.94 Von der Lühe bei mir. Polenz ist in Leipzig im Duelle geblieben.95 Schrecklich! Gespräch mit Oyenhausen.96 – Die französische Geschichte durch General Both und Onkel Gustav wieder aufgerührt.97 Mein Gott, gieb mir darin den rechten Geist der Liebe; dies ist die erste Gelegenheit, wo Versuchung derart kommt. 31 März. Den Zeughausbau besehen,98 dann nach Friedrichsthal geritten,99 das einen eigenen Reiz für mich hat, und öfter besucht werden soll. Morni mit. /148/ Zülow meldete sich ab.100 Unterricht durch Hopfgarten und den Minister.101 Den Abend zusammen. H[err] v[on] Bielefeldt angekommen.102 1 April. H[err] v[on] Tümpling aus Weimar.103 Diner und Souper. 2 April. Nach Ludwigslust geritten, hinten durch, so den Empfang vermieden. Körners Grab besucht.104 Mama entsetzlich erregt, furchtbarer Krampf. Frese gerufen.105 Ich zu Großmama, mit welcher ein heftiges Gespräch. Mein Gott, gieb mir Ruhe, Liebe, Demuth. Onkel Gustav auch da. – Wie schrecklich so nach Ludwigslust zu kommen! Mein Gott, Deine Wege sind unerforschlich. 3 April. Sonntag. Herrliche Predigt von Kliefoth. Amüsante Fahrt nach Redefin.106 Neue französische Verwicklungen, die mich aber nicht sehr ärgern. Mein Gott, steuere nur meiner Sinnlichkeit und meiner Eitelkeit, denn das jetzige Leben erschwert es. Talenay107 in Schwerin angekommen. 4 April. Nach einem Spazirgange die Caserne und die Remonten gesehen. Nach Schwerin zurück geritten. Talenay, einen sehr angenehmen Mann, empfangen und Diner. Viel Gesuche. 5 April. Talenay fort. Schack geht nach Paris.108

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1838–1842 nach Plänen von Gustav Adolph Demmler errichtet. Dr. Karl August Buchholz (1785–1843), Syndikus. Von Polenz, sächs. Adelsfamilie. Verm. Graf Friedrich Georg Gustav Ludwig von Oeyenhausen auf Brahlstorf (1801–1875), Deputierter des ritterschaftlichen Amtes Wittenburg. Siehe Eintrag vom 24.3.1842. Arsenal am Pfaffenteich, 1840 nach Plänen von Georg Adolph Demmler errichtet. Nordwestlich von Schwerin gelegenes, 1797 von Friedrich Franz I. erworbenes Sommerhaus, das zu einem Jagdschloss umgebaut wurde. Hermann von Zülow (1806–1880), Major und Flügeladjutant. Gemeint sind der Flügeladjutant, Oberstleutnant von Hopffgarten und der Erste Minister Ludwig von Lützow. Kammerherr von Bielefeld aus Sachsen-Altenburg. Hauptmann von Tümpling aus Sachsen-Weimar. In Wöbbelin. Vgl. Eintrag vom 12.4.1841. Carl Frese (geb. 1793), Hofrat und Hofchirurg. Ghzl. Gestüt. Marquis Auguste de Tallenay (1795–1863), franz. Gesandter in Hamburg. Der meckl. Bundestagsgesandte Christoph Graf von Schack.

106 Schwerin 6 April. Spazirgang nach dem Saxenberge,109 auf /149/ dem ich mich ernsteren Gedanken überließ. Felix Stenglin und der Landrath Oertzen gestorben.110 7 April. Sell wiedergekommen. Zum Exerzieren draußen gewesen. 8 April. Nix. 9 April. Zum ersten Male mit Mama draußen gegessen. Onkel Gustav angekommen. Er reist nach Paris. 10 April. Sonntag: Walther über den guten Hirten, das Ende war sehr schön. Köster gesprochen, den Dichter.111 Spazirgang mit Mama; Nachmittags mit Wiwi und der Hochstetter,112 was bei einer schönen Nachmittagsbeleuchtung und angenehmem Gespräch sehr hübsch war. Fr[äu]l[ein] Klein zum ersten Male zum Dienst.113 11 April. Major Heintz aus Dresden.114 Diner. Meine neue Lage drückt schwer auf mich und ich fürchte für mein inneres Leben und für das Wohl Mecklenburgs. Ich muß mit Gebeth und Glauben fest an Gott halten, über mich selbst im Klaren bleiben, mit allen Kräften mich dem mir von Gott gegebenen Berufe widmen, mich den Eindrücken der schönen Natur zugänglich erhalten. 12 April. Mit Demmler umher. Der Minister hat ihm die Absicht eines Schloßbaues mitgetheilt. Mit Levetzow115 geht es schlecht. /150/ 13 April. Heintz Diner. Louis gestorben. Wieder ein Jugendbekannter das Opfer des Todes. 14 April. Eine schönere, echt mecklenburgische Zukunft scheint sich mir aufzuthun, während ich bisher nur trauernd einer schöneren Vergangenheit gedachte. O, sie war auch schön, verlebt in der Jugend erstem Erblühen, die Zeit am herrlichen Rhein! Anzeichen sind mir der Elephantenorden,116 das Hinaufziehen auf das Schloß. 15 April. Der niederländische Gesandte gekommen.117 Gespräch mit dem nach Einfluß strebenden Herren von Sell. Einen Dritten in Geschäften liebe ich nicht. 16 April. Mama nach Ludwigslust. Fr[äu]l[ein] Klein verlobt mit Könemann.118 17 April. Sonntag. Gedächtnispredigt für Papa, sehr schön durch Walther. Mein Beruf ist ein hoher, eigentlich doch der: für 500000 Erdenbewohner nach Gottes Willen zu sorgen, soweit es über ihren eigenen Standpunkt hinausgeht, sowohl in 109 Seit 1823 Heilanstalt für Geisteskranke mit Landschaftspark in malerischer Lage am Ziegelsee. 110 Siehe Eintrag vom 15.3.1842. 111 Hans Köster (1818–1900), geboren in Kritzow bei Parchim. 112 Charlotte von Hochstetter (1816–1908). 113 Emilie von Klein, Hofdame der Großherzogin Alexandrine. 114 Von Heintz, Major und Flügeladjudant des sächs. Königs. 115 Joachim Otto Ulrich von Levetzow, Hofmarschall in Ludwigslust. 116 Höchster dänischer Verdienstorden. 117 Ministerresident Jonkheer Willem Gerrit Dedel aus Hamburg. 118 Friedrich Franz von Könemann (1821–1889) heiratete Emilie von Klein (1824–1898) am 28.10.1843.



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Beziehung auf ihr äußeres Leben als auf ihre eigentliche Bestimmung hinieden. Diesem ernsten Rufe Gottes muß ich mich nun nach Kräften hingeben und muß ihn mir auch, wie alles, zu einem Mittel werden lassen, meine eigentliche, höhere Aufgabe, meine Heiligung, /151/ zu fördern. Noch wird mir nicht alles Mittel dazu, aber es muß es einst werden, denn das ist eben der große Seegen Gottes, daß denen, die ihn lieben, alle Dinge zum Besten dienen. 18 April. Huldigung. Sie war im Schloß. Nachdem wir zuvor am Sarge von Papa gewesen waren, fuhr mich der Leibkutscher119 nach dem Schloß, wo ich die Deputation der Stände empfing, angeführt vom Erblandmarschall von Lützow.120 Ich antwortete ihnen (Lützow121 hatte es fast ganz so vorher aufgesetzt): „M[eine] H[erren] ich danke ihnen herzlich, daß sie den Schmerz, den ganz Mecklenburg über den Hingang meines verewigten Vaters mit mir empfindet, so treu und innig ausgesprochen haben. Sein Leben und Wirken war Liebe zu seinem schönen Mecklenburg, seine Regierung war eine gesegnete, sein Andenken kann und wird in Mecklenburg nie erlöschen. Auch danke ich Ihnen für die Wünsche, die Sie mir für das Wohl des Landes und für das meinige dargebracht haben. Es wird das Ziel meines Lebens sein, das Band zwischen Fürst und Ständen, zwischen Landesherren und Unterthanen noch enger zu knüpfen, als bisher, das (ich sage es mit Stolz) enger und inniger ist als in anderen Ländern. Mit Gottes Hülfe will ich /152/ Ihnen sein, was mein Vater Ihnen war. Möge meine getreue Ritter- und Landschaft mir darin durch Vertrauen und rege Mitwirkung helfen. Dann wird der Seegen Gottes auch ferner mit unseren schönen Mecklenburg sein!“ Während die Deputation zum Onkel Gustav und dann zu Mama ins Palais ging, sah ich M[inister]r[esident] Dedell122 und ging dann hinaus. Es waren eine Menge (65) Landstände gekommen. Das Diner war im Kirchensaal. Die ganze Feierlichkeit hatte etwas schönes. 19 April. 20 April. 21 April. Frühlingsanfang. Nachdem ich auf dem Werder gewesen und spazieren geritten, hielt ich zu Pferde meinen Einzug in das Schloß Schwerin. Es ist wunderschön, die herrliche Aussicht wird belebend auf mein Gemüth wirken. Ueberhaupt glaube ich, wird der Aufenthalt hier meinen Verkehr mit Gott heben, für mein inneres und äußeres Leben ein fördersamer sein. Mein Gott, gieb Deinen Seegen dazu, dann wird es gut werden! 22 April. Schöner Morgen. Die Garde schoß auf dem Werder. 23 April. 24 April. Sonntag. In der Kirche mußte ich viel /153/ an Papa und Wilhelm, dadurch an meine schöne Zeit in Dresden denken.Wie gewaltig hat Gottes Hand in 119 120 121 122

Georg Herrmann. August Friedrich Ulrich von Lützow auf Eickhof. Gemeint ist der Minister Ludwig von Lützow. Ndl. Ministerresident.

108 Schwerin mein Leben eingegriffen. Und gewiß zu ernstem Zweck. Die weiteren mit Mecklenburg und dem wahren Heil seiner Bewohner sind mir verborgen; meine Kräfte aber sollten im Kampf mit größeren Hindernissen zur Seeligkeit erstarken. Jetzt flieht mich noch Sammlung und Ruhe, aber mit Deiner Hülfe, mein Gott, die Du mir jetzt um so weniger entziehen wirst, wird mein inneres Werk doch nicht zu Grunde gehen. 25 April. 26 April. Hübscher Ritt auf Homer. 27 April. Der schwedische Gesandte, Graf Wrangel123 zur Audienz und Tafel. Noch ist meine Lebensordnung keine ganze geregelte, und wird es auch wohl nie so wieder werden, wie früher. 28 April. Nach Ludwigslust. Spaziergang im Holz. Bei Großmama gegessen. 29 April. Recrutenvertheilung. Sehr amüsant. 2 Prinzen von Fürstenberg hier.124 Mit ihnen geritten. Diner. Comte Marchal empfahl sich. 30 April. Abführung. Zu Haus gegessen mit Mama und auch hier Thee getrunken. 1 Mai. Weiße Hosen. Sonntag. Walther hob /154/ in seiner Predigt über: das Bethen in Christi Namen wieder den christlichen Mittelpunkt so recht hervor. Man muß alles anschauen im Lichte der Heiligung. Dann hat man den rechten Maaßstab. Indem so nur wahrhaft in Christi Namen gebethet werden muß, kann ein solches Gebeth (um Heiligung) auch immer erhört werden. Dann sagte er auch: Die Bibel, das klare Bewusstsein über sich selbst; Wechselwirkung dann giebt Gott Gedeihen. 2 Mai. Recruten besehen, ihr Exeziren angefangen. Graf Bassewitz-Schlitz.125 Brief an Weltzien.126 3 Mai. Ich muß nun strenge fleißiger sein, dadurch wird auch meine Kraft wachsen, meine wiederaufkeimende Sinnlichkeit zu besiegen. Stärke mich, o mein Gott! Mecklenburgische Geschichte werde ich treiben und Staatsrecht und mich überhaupt nach den Verhältnissen des Landes recht genau erkundigen. Mein Gott, gieb mir Kraft, ein guter Fürst zu werden. Ich habe gefunden, jemehr von mir gefordert werde, desto mehr leistete ich, desto wohler wurde mir. Sollte es nun Dein Wille sein, so auch jetzt mit mir zu verfahren? 4 Mai. Wieder einmal gesündigt durch l. H., nachdem ich gestern in Novalis127 gelesen. Doch ich ver- /155/ zweifele noch nicht, durch Gott noch einst obzusiegen. Gestern zum ersten Male mit den Truppen hineinmarschiert. Graf H[einrich] Bassewitz bei mir zum Diner.

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Anton Reinhold Graf von Wrangel von Sausis (1800–1876). Verm. Karl Egon (1820–1892) und Maximilian Egon (1822–1873) von Fürstenberg. Heinrich von Bassewitz (1799–1861). Verm. Helmuth Ludwig Heinrich von Weltzien (1800–1867) auf Klein Tessin. Novalis (Friedrich Freiherr von Hardenberg, 1772–1801), Dichter der Frühromantik.



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5 Mai. Himmelfahrt. Schöne Predigt von Walther, wodurch die heiligen Gefühle und Vorsätze wieder Kraft in mir gewannen. Mein Gott, o mache mich immer reiner durch immer wachsenden Glauben an Jesum Christum, aber die Sünde zieht mich immer wieder ab. 6 Mai. Um 5 ½ aufgestanden. Tagebuch geschrieben, im Thürmchen Bibel gelesen. Von 6 ½ - 8 Cabinettssachen. Detmaring.128 Um 8 zu den Recruten, dann Frühstück bei Mama. Von 9 – 11 Uhr auf der Regierung. Um 11 Uhr nach Greenhaus,129 von wo aus um 12 ½ spaziren geritten auf Johanna. Um 3 Uhr kleines Diner bei mir auf dem Schloß. Um 5 Uhr nach Friedrichsthal, wo wir im Boote uns schaukelnd,130 saßen und lasen. Um 8 Uhr Thee, d[as] h[eißt] Milch. 7 Mai. In der Nacht vom 4ten auf den 5ten brach ein ungeheueres Feuer in Hamburg aus, das, obgleich das Centrum von Hamburg mit Nicolai u[nd] Petri in Asche liegt, noch ungelöscht ist.131 Vom Schelfthurme bemerkten wir einen röthlichen Schimmer. 8 Mai. Sonntag. Im Dom, wo Bartsch132 im allgemeinen für mich ansprechend predigte. Großdiner bei mir für den österreichischen Gesandten, /156/ Grafen Giulay.133 Sein Adjudant Aubin. Abendspazirgang im Schloßgarten im Regen mit Morni, wo mir Gott die Kraft wiedergab, meine Sinnlichkeit zu zügeln. Mein Gott laß diesen Sommer ebenso herrlich und segensreich für mich werden, wie der schöne, unvergeßliche von 1841 am Rhein! 9 Mai. Oberjägermeister Graf Hardenberg134 überbrachte mir mit einem Brief des Königs den Georgsorden.135 Wieder großes Diner. Was ich gleich anfangs fürchtete, der Kampf in meinem Innern ist unter den jetzigen Umständen ein viel schwierigerer als bei der einfachen, stillen Lebensweise in Bonn, wo mich nur einzelne Monate in den unthätigen Trubel des Hofes führten. Sinnlichkeit und Eitelkeit, meine beiden Hauptfehler, erhalten dort immer Nahrung, und nur eine ganz besondere Gnade Gottes wird mich als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen lassen. Ein Comité zur Verwendung der Hülfen für Hamburg gesorgt gebildet. 10 Mai. Diner der Gesandten bei mir. An Wilhelm und Georg geschrieben, durch dessen Brief ich mich etwas geschmeichelt fühlte. 11 Mai. Diner Talenays bei mir. /157/

128 Mglw. Ludwig Detmering, Stallmeister. 129 1835–1837 für die Erbgroßherzogin Alexandrine errichtetes Sommerhaus im Schweriner Schloßgarten. 130 Auf dem Neumühler See. 131 Durch den großen Stadtbrand wurden zwischen dem 5. und 8.5.1842 große Teile der Hamburger Altstadt und drei Kirchen zerstört. 132 Albrecht Bartsch (1802–1860), 3. Domprediger in Schwerin seit 1839. 133 Ferencz József Gyulay, Graf von Maros-Németh und Nádaska (1798–1868), österr. Generalmajor und Kämmerer. 134 Karl Graf von Hardenberg (1791–1865), hannov. Oberjägermeister. 135 St. Georgsorden, seit 1839 Hausorden der Könige von Hannover.

110 Schwerin 12 Mai. Diner des österreichischen Kaiserfeld.136 Felddienst des leichten Bataillons. Baustian137 mit dem Packwagen aus Bonn. (Rostock). 13 Mai. Außer den laufenden Sachen faulenze ich noch etwas. Hübscher Ritt durch das Holz. Frau v[on] d[er] Lühe, geb. H[enriette von] Hochstetter aus Berlin angekommen.138 14 Mai. Nix. 15 Mai. Sonntag. Walther im Dom. Fr[äu]l[ein] Hochstetter zum ersten Male bei Tisch. Nicht so hübsch, wie ihre Schwester. Mama zum Kaffee bei mir. 16 Mai. 2ter Pfingsttag. Nach Ludwigslust geritten, das letzte Stück mit dem Bräutigam Köneman neben dem Wagen. Herrliches Wetter. In der Kirche Kliefoth: „daß es auch Pfingsten in dir werde,“ und zwar „heute noch.“ Im großen Pirschwagen zum ersten Male seit 5 Jahren wieder gefahren. Den Abend zurück geritten. Viele Menschen im Schloßgarten. 17 Mai. Wiwis Geburtstag ganz still gefeiert. Werderfest. Wie wäre Papa bei dem wundervollen Wetter froh gewesen. Ankunft des Königs und der Königin.139 Ehrenwache. Soupirt zusammen. 18 Mai. Mit dem König den Stall besehen und die Säle des Collegiengebäudes. Spazirfahrt /158/ nach dem Sachsenberg und alten Schloß. Diner im Greenhouse, das deliciös. Die Rediger mit.140 Spazirfahrt durch das Holz nach Zippendorf. 19 Mai. Der König um 9 Uhr fort. Spazirfahrt nach dem Werder, nach einem Diner im Gr[een]h[ouse] nach Friedrichsthal, wo es sehr schön. 20 Mai. Nach Ludwigslust, das in seinem Frühlingsgewande reitzend war; ich mit Wiwi und der Hochstetter, die recht angenehm ist. Diner im Marmorsaal, dem alten bekannten. 21 Mai. Die Königin um 10 Uhr fort. Diner im Schweitzerhause. Den großen Pirschweg gefahren, an Buchs Galgen vorbei. Jugenderinnerungen. 22 Mai. Um 5 ½ Uhr geritten im schönen Holtze. Ich bin nicht so jugendfroh, sauge nicht so wonnetrunken den Frühlingsglanz der schönen Gottesnatur in mich, wie im vorigen herrlichen Jahre am Rhein. Der Grund ist, weil ich nicht so fromm, rein, thätig, aufmerksam auf mein inneres Leben bin, wie damals. Mein Gott, lasse mir diese Ludwigsluster Tage wieder zu Tagen des Heils und der Kräftigung werden! Sonntag: Selin.141 Dragonerparade. Thee in Großmamas Garten. Auf dem Kirchho- /159/ fe Dorotheens Sarg!!!142

136 Maximilian von Kaisersfeld (gest. 1849), österr. Gesandter in Hamburg. 137 Hoflakai. 138 Henriette von Hochstetter (1816–1908), Hofdame der Herzogin Louise von MecklenburgSchwerin, verh. mit August Wilhelm von der Lühe (1815–1862). 139 Friedrich Wilhelm IV. und Elisabeth von Preußen. 140 Von Rediger, Hofdame der Königin Elisabeth von Preußen. 141 Carl Wilhelm Sellin (1793–1850), 1. Pastor in Ludwigslust seit 1839. 142 Dorothea von Levetzow, Hofdame der Großherzogin Alexandrine.



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23 Mai. Gegangen. Mama um 7 Uhr nach Schwerin. Ich zur Kavallerie. Kliefoth bei mir. Zum Essen im Schweitzerhause. Spazirritt mit Rittmeister Bülow143 und Blücher hinter Wild her, das Morni sehr amüsirte. Um 10 Uhr nach Hamburg, wo 24 Mai. ich um 8 Uhr ankam, in Streits-Hotel. Furchtbarer Anblick dieser verbrannten und eingestürzten Häusermasse. Nicolai und Petrithurm. Darin umhergegangen, auf die neue Börse gestiegen, von wo ein schauderhafter Ueberblick. Zu Wasser durch den Hafen, wo das englische Dampfschiff nach dem Stintenfang. Hähnlein und Hinrichsen144 bei mir gegessen. Den Nachmittag durch Ottensen nach Niestädt,145 Rinville’s erinnert sehr an Findläters.146 Um 8 ½ Uhr wieder fort. Sehr rasch gefahren. Um 25 Mai. (Mamas Hochzeitsstag) 5 Uhr in Schwerin. Tüchtig zu thun. Mama wohnt im Greenhouse, wo es charmant. Dort gegessen und Thee getrunken. 26 Mai. Schönes Wetter. Zum Exerziren. Abend Partie nach Friedrichsthal, wo auf dem Wasser gefahren wurde. Lurlei.147 27 Mai. Nach dem Cabinet fahre ich um 8 Uhr nach dem Greenhouse, und bleibe frühstückend /160/ dort bis um 9 Uhr. Dann arbeite ich im Collegiengebäude oder reite erst zum Exerziren, worauf ich dort hingehe. Dann bleibe ich bis um 2 ½ im Schlosse, um mich zu beschäftigen. Die Droschke von Mama bringt mich nach dem Greenhouse, wo das Diner um 3 ist. Nachtisch treibe ich allgemeine Geschichte und Zeitungen, worauf gewöhnlich Partien gemacht werden. Heute nach Zippendorf, wo es wundervoll war. 28 Mai. Partie nach dem Werder. Gewohnt, nur einen vorübergehenden Aufenthalt in dem jetzigen Kreise zu machen und nicht übereinstimmend mit manchem, was sich darin zeigt, kann ich mich in manchen Beziehungen noch gar nicht recht stellen, und bin, namentlich gegen Fräulein von Schreeb, zu schroff, was keinen guten Eindruck machen kann. 29 Mai. Sonntag. Morgenspazirgang, deren ich jetzt mehrere machen will, indem sie mich unglaublich erheben. Ach, mein Gott, belebe recht meine Sehnsucht nach Dir, gieb mir Kraft zum Guten-thun, halte meinen Blick auf über meine Bestimmung hier auf Erden und erhalte mir dadurch Demuth. /161/ 30 Mai. Herrlicher Morgenspazirgang, wie ich sie im vorigen Jahre an den Ufern des herrlichen Rhein machte. Das war eine wundervolle Zeit! Die hat sich tief in mein Gemüth gegraben. – Mein neuer Beruf regt mich sehr auf, Pläne, Zweifel über meine Kräfte, der Wille, mein Amt nach Kräften zu verwalten, der Trieb, 143 144 145 146

Carl von Bülow (1798–1871), Rittmeister und Eskadronchef beim Dragonerregiment. Martin Rudolph Hinrichsen, Legationsrat und meckl. Geschäftsträger in Hamburg. Nienstedten, Dorf bei Altona. Bei Rainvilles handelte es sich um ein Restaurant mit Park und Terrassen am hohen Elbufer in Ottensen (gegr. 1789 vom Franzosen César Claude Rainville, 1767–1845). Findlaters war eine Ausflugsgaststätte am Hang des Elbufers in Loschwitz bei Dresden. 147 Mglw. für Loreley.

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Reise nach Neustrelitz

meine wissenschaftliche Ausbildung zu vervollständigen, die Angst, nicht genug zu thun, mein inneres Werk, das nicht so gut fortgeht, die schwärmende Erinnerung an den vorigen Sommer am Rhein, an meine freie, fröhliche Jugendzeit, alles das bewegt mein Inneres. Nur der klare Blick zu Gott kann mir wieder mehr Ruhe geben. – Daß übrigens meine Kräfte nach allen Seiten auf die mannigfachste Weise in Anspruch genommen und dadurch ausgebildet werden, sagt meiner Eigenthümlichkeit sehr zu. Tante Louise und der Onkel angekommen.148 31 Mai. Spazirfahrt nach Zippendorf und Werder. Die Stirum und van Bosh mit.149 1 Juni. Beurlaubte. Von 9–2 auf der Regierung. Vorher zu Wasser nach dem Greenhouse. Nachmittag gearbeitet. Nach Friedrichs- /162/ thal, wo es auf dem See eigenthümlich ruhig war. Den Abend bis 11 Uhr zu thu[n] – Mein Gott, ich ergebe mich Dir ganz! Nimm mich in Deinen Schutz! 2 Juni. Reise nach Strelitz Hübsche Gegend bis Güstrow. An der Stadtgrenze empfangen durch Bürger zu Pferde. Einzug in die festlich mit Laub geschmückten, von Menschen wogenden Straßen. Abgestiegen im Posthause. Dort die höheren Behörden gesehen. Dann zu Fuß Tournee durch die Straßen nach dem Amt,150 Gymnasium, Realschule, 151 Pfarrkirche, den schönen Dom,152 Justizkanzlei,153 Schloß, dessen Inneres einen traurigen Eindruck macht.154 Tretmühle, Armenschule, Wollmagazin, Judenkirche. Dieses Wogen von Menschen, dessen Gegenstand ich bin, bewegt mich eigenthümlich. Mein Gott, laß es mich stärken in meinen Beruf! Nach Tisch Spazirfahrt durch die Straßen. In der Eisengießerei mein Name gegossen im Beisein einer Menge Menschen. Ueber den Wall nach Haus. Illumination und Fackelzug. 3 Juni. Von Güstrow nach Strelitz Das schöne Vietgest besehen.155 In Tet[e]row, Malchin und Staffenhagen156 festlich empfangen. Die Straßen decorirt und ganz mit Menschen angefüllt. Sträuße be- /163/ kommen. Eine hübsche Gegend. In Staffenhagen bei H[errn] v[on] Lowtzow157 zu Mittag gegessen, wo auch Graf und Gräfin Plessen.158 Bei Brandenburg159 das reizende Belvedere160 und dann den 148 149 150 151 152 153 154 155

Friedrich von Oranien-Nassau und Luise, geb. Prinzessin von Preußen. Dän. Hofdamen. Domanialamt Güstrow-Rossewitz. Die Bürgerschule war mit der Domschule verbunden. Gemeint ist die Kollegiatsstiftskirche St. Maria, St. Johannes Evangelista und St. Cäcilia. 1818 an Stelle des Hof- und Landgerichts gegründet. Seit 1817 als Landarbeitshaus zur Unterbringung Obdachloser genutzt. Das Herrenhaus wurde 1792–1794 nach Plänen von Johann Joachim Busch erbaut und war seit 1841 im Besitz des Fürsten Georg Wilhelm zu Schaumburg-Lippe (1784–1860). 156 Stavenhagen. 157 Friedrich Wilhelm von Lowtzow, Landdrost. 158 Gustav Helmuth Theodor Diederich von Maltzahn, Graf von Plessen (1788–1862), verh. mit Cäcilie, geb. von Rauch (1795–1855). 159 Gemeint ist Neubrandenburg. 160 Tee- und Sommerhaus der Strelitzer Herzöge am Westufer des Tollensesees.



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herrlichen Dom161 besucht. Zum Thee nach Strelitz, wo auch Fritz und die dänischen Herrschaften. Lilli sehr hübsch, aber nerveus und nicht freundlich gegen den Kronprinzen.162 4 Juni. Gearbeitet. Zum zweiten Frühstück zur Großherzogin. Dann mit Fritz und dem Kronprinzen spaziren geritten. Um 3 Uhr große Cour, wo ich eine Menge Bekannte, auch die Verwandten von dem gestorbenen Zülow (die Schwestern weinten sehr) sah. Um 8 Uhr Thee. Ganz hübsch. 5 Juni. Sonntag. Die Zimmer im Schloß etwas besehen. Gegangen mit Fritz. Hübsche Holzungen und Gärten. Partie nach Hohenzieritz,163 einem großen Hause auf einer hübschen Höhe, umgeben von einem geschmackvollen Baumgarten. Welche schöne Erinnerungen, und welche trübe reihen sich daran. Das Sterbezimmer von Großmama164 gesehen. Ich dort gemessen.165 Um 3 kleines Diner, wo auch Graf Voß.166 Den Nachmittag noch mit Fritz spaziren. Um 7 ½ Thee, um 9 Uhr Souper, um 10 ½ abgereist. Die Nacht durch. An der Gren- /164/ ze und in Gransee im Dunkel die Monumente schimmern gesehen.167 6 Juni. Um 6 in Berlin. Mit der Eisenbahn nach Potsdam. Dort beim König gefrühstückt. Diner um 2 Uhr. Den Abend beim Thee Vorlesung von Tiek,168 die höchst interessant war. 7 Juni. † Todestag von Großpapa König! Ach, ich war nicht so fromm und begierig nach Gott, wie im vorigen Jahre. Die schweren Hindernisse, die ich bei meiner veränderten Lebenslage voraus fürchtete, haben sich in vollem Maße eingestellt. Meine sinnlichen Leidenschaften sind erwacht und, da mein Aufblick zu Gott dadurch getrübt, ja gehemmt worden, habe ich noch nicht die Kraft gehabt, sie zu unterdrücken. Doch der heilige Tag mit seiner Bedeutung und der herzerschütternden Begegnisse, die ich gestern erlebte, hat wie im vorigen Jahre ein neues Moment des Guten in mich gebracht, das hoffentlich meinem ringenden besseren Ich den Sieg verschaffen wird. Um 9 Uhr ging es mit der Eisenbahn nach Berlin, wo um 11 Uhr in der Kapelle im Palais, wie sonst, Gottesdienst war. Alles zerfloß in Thränen. Mich bewegte besonders das Andenken von Papa, na161 Gemeint ist verm. die St. Marienkirche. 162 Der dänische Kronprinz Friedrich (VII.) war seit 1841 mit Caroline Marianne (Lilli) von Mecklenburg-Strelitz (1821–1876) verh., von der er sich 1846 scheiden ließ. 163 Sommerresidenz der Strelitzer Großherzöge. 164 Königin Louise von Preußen war 1810 auf der Durchreise in Hohenzieritz gestorben. 165 Auf der Tür des Gartensaals wurden Name und Größe der Besucher vermerkt, bei Friedrich Franz II. waren es 1,71 m. Siehe Wagner, Annalise: Erinnerungen an Hohenzieritz, in: Carolinum 44 (1980/81), S. 20–39, hier S. 28. 166 Graf Felix von Voß (1801–1881). 167 1811 errichtetes Denkmal, das in der brandenburgischen Stadt Gransee an die öffentliche Aufbahrung der Königin Luise am 25./26.7.1810 erinnert. Auch in Dannenwalde an der meckl.-preuß. Grenze wurde für den Leichenzug ein kleines Denkmal errichtet. 168 Ludwig Tieck (1773–1853), 1841 von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen aus Dresden nach Berlin gerufener Schriftsteller der Romantik.

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Reise nach Potsdam

mentlich als man nachher in den Zimmern von Groß- /165/ papa sich aufhielt, wobei jedoch sogleich als die Fürstin169 auf mich zukam, einige Eitelkeit sich einmischte. Wir besahen die Zimmer und gingen dann zu Bakchen, wo wir uns umzogen. Darauf ging es nach Charlottenburg und ins Monument und knieten und beteten an Großpapas Sarge, das brachte mir Segen. In dem neu decorirten Treppenhause wurde gegessen und dann ging man im Schloß und Pavillon umher. Nach dem Thee ging es nach Berlin zurück, wo man mit den Majestäten bei Tante Luise170 soupirte. Ein denkwürdiger Familientrau[e]rtag! 8 Juni. Cabinet bis um 8. Tante Luise um 9 ½ nach Stettin abgereist. Ich Visiten. Die Haacks171 bei Mama. Behr bei mir. Bei Hessenstein Brandenstein172 die Vase übergeben, dann zur Eisenbahn, wo auch Sacken.173 Diner in Charlottenhof unter den Bäumen, wo ich neben der sehr angenehmen Gräfin Dönhoff saß.174 Durch einen Gewitterregen vertrieben. Mandarin. Fr[äu]l[ein] Marwitz175 zog einen chinesischen Schuh an. Tiek auch da. Partie nach dem Brauhausberge, wo eine wundervolle Abendbeleuchtung alle Gemüther entzückte. Feuerwerk in Potsdam. Tiek las „der 13te November.“176 Mama etwas unwohl. Souper in Sanssoucis. /166/ 9 Juni. Spazirritt mit dem Oberstallmeister177 durch die Anlagen und den neuen Garten über die Schwanen- und Gliniker-Brücke nach Glinike, wo Fritz Karl178 sich anschloß, und Pfaueninsel. Morni mit. Ueber Babelsberg und lange Brücke durch Potsdam nach Charlottenhof zum Frühstück. Gespräch mit Brühl,179 der wie alles, was den König näher kennt, für ihn begeistert ist. Rixa180 zwischen den Majestäten wegen des Diners. Dies in Sanssouci. Nachmittag Partie über Pfingstberg nach der Römerschanze zu Wasser. Wundervoll! Dort Bivuak. Meute von Onkel Karl zu Wasser nach dem Marmorpalais. In Sanssouci las Tiek noch. Um 11 Uhr nach Ruppin abgereist. 10 Juni. Um 5 ½ überraschend dort. Um 7 Uhr das Offizierscorps, um 8 Uhr ein Paradeexercieren des Regiments gesehen, auf Klebus Schimmel. Dejeuner. Um 169 Auguste Gräfin von Harrach (1800–1873), seit ihrer 1824 geschlossenen morganatischen Ehe mit König Friedrich Wilhelm III. von Preußen auch Fürstin von Liegnitz. 170 Luise von Oranien-Naussau, Prinzessin der Niederlande. 171 Verm. Mitglieder der Familie der Grafen von Hacke. 172 Joachim Gottfried Freiherr von Brandenstein (1790–1857), Oberstallmeister und Chef der Haupt- und Landgestüte. 173 Von der Osten-Sacken, balt. Adelsfamilie. 174 Amalie Gräfin Dönhoff (geb. 1808), Hofdame der Königin Elisabeth. 175 Bertha von der Marwitz (1817–1879), Hofdame der Königin Elisabeth. 176 Gemeint ist wohl die Novelle „Der 15. November“ aus dem Jahr 1827 von Ludwig Tieck. 177 Christoph von Knobelsdorff. 178 Prinz Friedrich Karl von Preußen (1828–1885). 179 Friedrich Wilhelm Graf von Brühl (1791–1859), preuß. Generalleutnant und Vertrauter des Königs. 180 Bedeutung unklar.



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1 Uhr fort. Durch abwechselnd fruchtbares Land über die Gränze. Eingeholt durch Bürger zu Pferde. Großer Tumult. Illumination. 11 Juni. Um 5 Uhr die Stadt, die sehr gewerbsthätig ist, besehen.181 Um 7 Uhr fort nach dem Eldecanal, wo wir ein Schiff „Aurora“ bestiegen. Hübsche Fahrt. Durch die Fahrenhorst nach Lübz. Parchim. Festlicher Empfang mit Reden und jungen Mäd- /167/ chen (Beckers Tochter). Alles besehen. Dejeuner. Nach Crivitz unter großer Cavalleriebegleitung. Hübsche Lage vom Weinberg aus gesehen. 12 Juni. Sonntag. In die Kirche. Gearbeitet. Nach Ludwigslust Mama entgegen. 14 Juni. Enorm viel zu thun. 15 Juni. Felddienst nach Neumühle zu. 16 Juni. Felddienst in Buchholz. Naß geworden. 17 Juni. Reise nach Rostock. Empfang in Sternberg, voraus die Förster und eine Ehrengarde. Ehrenpforten. Postmeister mit blasenden Postillons. Beim Oberförster Passow182 abgestiegen. Mit dem Bürgermeister Wulfleff183 (tüchtig, nur zu verbindlich heute) nach dem Rathaus, seiner Wohnung, der Kirche, wo der Superintendent Kleiminger.184 Landtagslocal.185 Gang um den Wall. Begleitung bei der Abfahrt nach Rühn, wo ich auf dem Kloster186 beim Amtshauptmann Barkow187 abstieg und alles besah (Anna Schack).188 In Bützow vom Bürgermeister hineingeführt, beim Postmeister Almer abgestiegen.189 Schützen und Bürger. Rathaus. Kirche, reformirte Kirche (Pastor Motz).190 Synagoge. Criminalgericht und Criminalgefängnis. Nach Dreibergen (Wick).191 Drei Sträflinge entlassen. Nach Schwaan /168/ escortirt von 200 Bauern. An der Stadtgrenze unter einer Ehrenpforte Rede des Bürgermeisters Ahrens.192 Rathaus, Kirche, Schule. Saffian Fabrik.193 Durch Bauernmädchen mit Blumen beworfen, namentlich an der Wohnung des Drost Plessen,194 die reizend am See liegt. Tienke dort Landreiter mit der Erina. An der Straße nach Rostock Biestoverin,195 die hübsche, und die nichts 181 Plau am See. Dort betrieb z. B. der Ingenieur Ernst Alban (1791–1856) eine Dampfmaschinenfabrik. 182 Adolf Passow, Oberförster in Sternberg. 183 Anton Wulfleff, Anwalt. 184 Johannes Heinrich Kleiminger (1777–1854), 1. Stadtpfarrer und Superintendent seit 1818. 185 Befand sich im Rathaus. 186 Ehemaliges Zisterzienserinnenkloser und bis 1756 evangelisches Damenstift, Sitz des Domanialamtes. 187 Carl Friedrich Barkow, Amtshauptmann des Amtes Bützow-Rühn. 188 Mglw. Anna Elisabeth von Schack (1816–1892). 189 Wilhelm Paschen war Bürgermeister, Ludwig Allmer Postmeister und Steuereinnehmer. 190 Werner Christian Motz (1798–1866), seit 1824 Pfarrer in Bützow. 191 Adolph von Wick, Kanzleirat bei der Justizkanzlei Güstrow, beschäftigte sich in landesherrlichem Auftrag mit Reformfragen des Strafvollzugs in Bützow-Dreibergen. 192 Wilhelm Friedrich Gabriel Ahrens, Gerichtsrat. 193 Produktion von feinem Ziegenleder im Verfahren der Lohgerberei. 194 Otto von Plessen (1793–1866). 195 Biestow, Dorf bei Rostock.

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Reise nach Rostock

wußte. Um 9 Uhr ein wahrer Einzug in Rostock, dessen illuminirte Straßen von Hurra rufenden Menschenmassen wogten. Der Wagen wurde fast geschoben, Soldaten schützten ihn. Fahrt mit Karsten196 durch die Straßen. 18 Juni. Hafen besehen. Rathaus, wo der Magistrat und die beiden Quartiere versammelt. Locale des Engeren Ausschusses und des Landkastens besehen. Oberappellationsgericht. Einweihung des neuen Gebäudes. Justizkanzlei. Universität, mit allen Professoren, Kloster zum heiligen Kreuz. Wollmagazin, wo Julius Jeppe, der ein hübscher Mensch geworden.197 Nach dem Diner Jacobi-, Marien-, Nicolai-, Petrikirche, Friedrichfranzstiftung,198 wozu ich etwas geben soll. Armenschule und Kleinkinder Bewahranstalt. Fackelzug der Studenten. Redner Bolle.199 /169/ 19 Juni. Zur Kirche in [Sankt] Jacobi (Kuhrt).200 Große Parade. Diner. Höchst eigenthümlich und erfreuliche Fahrt nach Warnemünde. Warnemünderinnen und Lootsen. Bei der Rückkehr Illumination der Landhäuser und der Stadt. Der Hafen mit Menschen übersät, Kanonendonner von den Wällen, die Liedertafel sang den Abend noch. 20 Juni. Große Parade. Frühstück bei Herren Schalberg auf seiner Villa.201 Militärlocale besehen.202 Steuerdirektorium. Tiedemannsche Steindruckerei.203 Armenstiftung in der Freimaurerloge. Doctorin Krull mit zwei jungen Damen, sprach ein paar Worte. Nettelbladt.204 Laden von Benke.205 Hutfabrik von Lansemann.206 Nach dem Essen Oehlfabrik von Brokelmann.207 Gerberei von Tribsees.208 Haaksche Eisengießerei und Kalkofen.209 Großer Fackelzug. 21 Juni. Exerciren. Recht gut. Hospital. Post. Accise. Tabacksfabrik von Meyen.210 Gymnasium und Realschule. Diner. Spiritus Hefen von Saniter und Weber.211 Am Abend leere Abschiedscour. 196 Detloff Karsten (1787–1879), Bürgermeister. 197 Carl Friedrich Wilhelm Johann Jeppe (1792–1852) war Geschäftsführer des Wollmagazins und Experte für Wollerzeugung. Sein Sohn Julius (1821–1893) übernahm später die Firma. 198 Gegr. 1835 durch die Professoren Becker und Elvers. 199 Mglw. Carl Friedrich Wilhelm Bolle aus Schwerin. 200 Adolph Kuhrt (1800–1848), Pastor seit 1833. 201 Albrecht Schalburg (geb. 1785), Kaufmann. 202 In Rostock lag das Zweite Musketierbataillon. 203 Johann Gottfried Tiedemann (1803–1850), Kaufmann und Steindrucker. 204 Christian von Nettelbladt (1779–1843), Rat am Oberappellationsgericht. 205 Verm. ist der Kaufmann Peter Johann Behnke (geb. 1774) gemeint, der am Neuen Markt eine „Porzellan-, Galanterie-, Spiegel- und Fortepiano-Handlung“ betrieb. 206 Daniel Lansemann (geb. 1797). 207 Ernst Brockelmann (1799–1878), Kaufmann, Reeder und Fabrikant. 208 Rostocker Gerberfamilie. 209 Johann Friedrich Peter Haack, Kaufmann und Fabrikant. 210 Ernst Ludwig Meyen (geb. 1768). 211 Hermann Friedrich Saniter (1791–1844) und Senator Christoph Joachim Weber (geb. 1786) betrieben eine Branntweinbrennerei und Essigfabrik.



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22 Juni. Nach Doberan. Bauern zu Pferde. In Borgeshagen Willebrandt.212 In Doberan große Ehrenpforte. Nach dem Damm. Kirche. Schule, Schuljugend. Cröpelin zeichnete sich aus durch /170/ die Herzlichkeit des Empfanges. Am Rathhaus junge Damen. In Neubukow beim Drost Seeler,213 der recht hübsche Töchter hat. Großartiger Einzug in das reich mit Fahnen geschmückte Wismar. Den Abend Illuminationen. 23 Juni. Große Parade.214 Die Stadt besehen. Fahrt auf dem Lübecker Dampfschiff über Ploen215 nach dem Wallfisch,216 wo am Abend Diner. Ploener Jugend. Schwedenköpfe.217 Das illuminirte Wismar ein schöner Anblick auf der nächtlichen Rückfahrt. 24 Juni. Exerciren schlecht. Fernere Besichtigungen. Den Abend nach Schwerin zurück, wo mich Mama einholte. 25 Juni. Exerciren der einzelnen Truppentheile. 26 Juni. Sonntag. 27 Juni. Große Parade. 28 Juni. Corpsmaneuvre nach Sülte zu. Bivuak. Amüsanter Abend. 29 Juni. Feldmaneuvre durch Boldela218 nach Schwerin zurück. Sehr fatiguant für die Truppen, jedoch als erster Anfang recht gut. /171/ Durch das bewegte Leben der letzten Wochen an der regelmäßigen Fortsetzung dieses Tagebuchs gehindert, kam ich damit völlig in Rückstand, als am 7. Juli die Masern an mir ausbrachen. Das Bivuak und ein Ritt in der Hitze nach Redefin, worauf ein Aufenthalt in Ludwigslust folgte, mogten die Krankheit wohl beschleunigt haben. Die beiden ersten Tage, und das Liegen in derselben Wäsche ausgenommen, war die Krankheit durchaus ohne Unannehmlichkeit. Dagegen gab sie mir, die erste meines Lebens, zu mannigfachen Betrachtungen Stoff und Zeit. Ich konnte mich wieder sammeln, wonach ich in mitten meines zerrissenen, unruhevollen Lebens eine rechte Sehnsucht gehabt hatte. Ueberhaupt war das bei der neuen Wendung meines Lebens ein erster fürchtender Gedanke, das mein neuer Lebensberuf mir die Klarheit über mich selbst und den sichernden Aufblick zu Gott verdunkeln werde, und er war nicht ungegründet. Die Muße war also ein Geschenk Gottes. Tante Marie war angekommen. Es erfolgte der fürchterliche Tod des Herzogs von Orleans, an demselben Tage, als in Petersburg die silberne Hoch-

212 Verm. Adolf Wilhelm Heinrich Willebrand, Pastor in Parkentin, wo auch Bartenshagen eingepfarrt war. 213 Johann Friedrich von Seeler. 214 Des Ersten Musketierbataillons. 215 Gemeint ist die Insel Poel. 216 Insel in der Wismarbucht. 217 Bunt bemalte Herkulesbüsten auf den Befestigungspfählen vor dem Wismarer Hafen. 218 Dorf südlich von Schwerin.

118 Doberan zeit im frohsten Kreise gefeiert wurde.219 Als ich /172/ besser wurde, erkrankte meine arme Schwester,220 und somit schien jegliche Hoffnung auf Doberan zu verschwinden. Doch die quasi Pflicht, Sächschens221 Flehen, mein gutes Befinden und auch ein gewisser Drang dazu führten mich dennoch am 4ten August nach dem guten alten Ort. Herrlich waren die letzten schönen Tage auf dem alten Schlosse gewesen, die ich dort mit Mama und Wiwi verlebte. Sehr wehmüthig war mir so allein an dem Orte, wo ich sonst nur umgeben von meiner lustigen Familie gelebt hatte. Dennoch wirkte der Aufenthalt hier belebend und aufheiternd auf mich und gab mir mehr Theilnahme an der gesellschaftlichen Unterhaltung wieder. Doberan ist sehr voll, George von Strelitz da.222 Reise nach Strelitz. In Laage große Bewegung. Hübsche Feier. Frühstück im Garten. Ankunft des Königs. Diner. Ich saß bei Lilli,223 die sehr hübsch, wenn auch etwas elend ist. Sie scheint sehr unglücklich. Den Abend Concert und Souper. Vorher die Doberaner Wettrennen, wo ich die Preise vertheilen mußte, die meist Dewitz von Miltzow224 gewann. Auf der Rückreise von Strelitz über Ivenack. Die Rauch und Herrzeel da.225 Gray fairy gekauft. Bei der nächtlichen /173/ Durchreise Malchin, Teterow und Laage illuminiert. Mama bekommt der schöne Aufenthalt an der See im Cottage prächtig; Wiwi ist auch da, bei dem schönen Wetter führen wir ein glückliches Leben. 21 August. Partie nach Rostock und Warnemünde. Letzteres both einen hübschen Anblick bei der Masse der Menschen. Mit dem Switjoth226 nach Doberan. 22 August. Sonntag. Bauerntanz und Illumination. Ein eigenes Gefühl als Landesherr dazwischen umher zu gehen. Um 12 Uhr Nachts Zapfenstreich. 23 August. Onkel George und Ernst angekommen.227 O wie selig war ich im vorigen Jahre um diese Zeit, vielleicht die schönste Zeit meiner Jugend! Gewöhnlich bin ich jetzt heiter, aber zuweilen bricht der Schmerz über den Tod von Papa ganz plötzlich heftig hervor, wenn ich daran denke, wie wenig ich meinen Platz ausfülle und wie ich die Eitelkeit, die mir dies gerne vorspiegeln mögte, dennoch nicht ganz unterdrücken kann, da sie soviel Nahrung von außen erhält. Meine Sinnlichkeit ist auch nicht besiegt. Ich bin im heftigsten Kampfe und unterliege oft. O mein Gott, laß mich Dir mich ganz wieder hinführen, wie wohl früher, dann werde ich dennoch obsiegen. /174/ Den Tag noch an der See. Abschied. Die Nacht nach Schwerin. 219 Ferdinand Philippe d’Orléans verunglückte am 13. Juli, als Kaiser Nikolaus I. und die Tante des Großherzogs, Alexandra Fjodorowna von Rußland, Silberne Hochzeit feierten. 220 Herzogin Louise erkrankte ebenfalls an den Masern. 221 Mglw. ein Kosename für die Herzogin Marie von Sachsen-Altenburg. 222 Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz. 223 Caroline Marianne von Dänemark. 224 Ulrich Otto von Dewitz auf Groß Miltzow (1814–1871). 225 Die Familie von Herzeele besaß bis Anfang der 1840er Jahre Güter in Mecklenburg. In Vietgest wurde 1821 der Naturwissenschaftler Albrecht von Herzeele geboren. 226 Schiff mit dem altnordischen Namen für Sverige (Schweden). 227 Herzog Georg von Sachsen-Altenburg und sein Sohn Ernst (1826–1908).



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24 August. Geschäfte abgemacht. In der Stadt mich umgesehen. Bei den Kadetten gegessen. Tallenay zum Diner. Nachmittags Bartning228 sein neues Haus besehen und im Schloßgarten gewesen. 25 August. Reise nach dem Rhein. Von Schwerin bis Zelle229 Um 7 Uhr trat ich meine Reise nach dem schönen Rhein an, um den Ort wiederzusehen, an dem ich die letzten glücklichen Jahre einer sorgenfreien Jugend verlebte. Der Austritt aus dem Lande, das nun das meine geworden war, wurde mir noch versüßt durch einen äußerst herzlichen Empfang in Hagenow und Boizenburg. Der Moment des Einzugs in letztere Stadt war wahrhaft erhebend, indem am Eingange der Magistrat und unter dem auf dem Markte errichteten Triumphbogen eine Schaar der schönsten jungen Damen, wovon ein Fräulein Crull230 das Wort führte, mich empfing. Am Eingange des Klepperschen Gasthofes richtete ein wunderschönes jüngeres Mädchen, Tochter des Kaufmanns Knaut,231 bei meinem Namenszuge einige Worte an mich. Nach Besichtigung /175/ der Stadt und einem Diner begab man sich auf das Dampfboot, indem wir, von einer großen Menge Volks begleitet, an dem neuen Hafen hinfuhren. Als das Schiff in der Nähe von Artlenburg stecken blieb, brachte uns ein Boot an das Land. Was hatte sich seit dem 4ten März alles zugetragen! Ewig denkwürdig wird mir jene nächtliche Ueberfahrt bleiben, wo ich noch ahnungslos dem Sterbebette meines Vaters mich näherte! Spät kamen wir nach Zelle. 26 August. Von Zelle nach Hannover Um 10 Uhr langten wir hier an, empfangen von Herrn von Könemann.232 Bis um 1 Uhr wartete ich auf den König, der sehr wohl aussah. Dann fuhren wir etwas umher, auch nach Herrenhausen. In Georgsgarten war Diner, wo ich zwischen dem Könige und der einen sehr liebenswürdigen Hofdame saß. Nach Tisch zeigte man mir das magnific eingerichtete Schloß. Den Abend brachte ich bei der Generalin Baring233 zu, wo Fräulein von Zesterfeld auch war.234 „Schöne Augen.“ 27 August. Von Hannover nach Paterborn und die Nacht durch Nach 14 Jahren habe ich endlich mein Pyrmont wieder gesehen,235 und meine Erinnerungen, die mich /176/ diese ganze Zeit nicht verlassen haben, trogen nicht. Vieles habe ich wieder erkannt, meine alte Wohnung und Madame Müller und Eugen wieder gesehen, den Brunnen, die Hauptpromenade, die Ecke, wo das Woddecksche Commmando einrückte. Was ist in der Zeit alles geschehen! Aber ich bin unendlich froh, daß ich den Ort wiedersah, der eine Hauptrolle in meiner Jugendgeschichte 228 Ludwig August Johann Gottlieb Bartning, Baurat. 229 Celle. 230 Verm. eine Tochter des Pastors Georg Crull (1792–1845), seit 1821 2. Pastor in Boizenburg. 231 Carl Knaudt (1794–1875), Tuchgroßhändler und Ratsherr in Boizenburg. 232 Verm. Otto von Könemann (gest. 1878), in hannov. Militärdiensten. 233 Ehefrau des Generalmajors und Stadtkommandanten Konrad Ludwig Georg Baring (1773– 1848). 234 Emmy von Zesterfleth (1813–1878). 235 Der Großherzog war mit seinen Eltern vom 10.-28.6.1828 nach Pyrmont gereist.

120 Bonn spielt. Durch Mißverständniß kamen wir auch durch Detmold, und passirten dann den Teutoburger Wald. 28 August. Nach einer kurzen Rast in Paterborn, reiste ich die Nacht durch. Von Iserlohn bis Schwelm sah man die festlichen Spuren vom Durchzug des Königs. Oberhalb Mühlheim erblickte ich zuerst wieder die ganz eigenthümlich fesselnden Formen des wohlbekannten Siebengebirges. Durch das herrliche Köln hindurch ging es nun Bonn zu, das eben so schön und schöner war wie jeh. Lippechen236 und die Mecklenburger soupirten bei mir. 29 August. Durch Visiten ein Theil der bekannten Familien widergesehen. Diner bei mir. Das Regiment den Morgen ausmarschirt. Den Abend nach Oberkassel, wo Prinz und die Prinzessin Byron.237 30 August. Ritt auf Homer über das Vorge- /177/ birge. Herrliche Aussicht, die einem das Herz bewegt. Diner beim Prinz Lippe. Den Abend nach Bornheim, wo große Gesellschaft. Mein Name illuminirt. Mit den jungen Damen etwas länger mich unterhalten. Die Nacht dageblieben. 31 August. Nach dem Frühstück zur Hühnerjagd, was mich sehr amüsirte. Durch die Güte des Prinzen Byron 1 Huhn und einen Hasen geschossen. Professorendiner in Godesberg. „Die universitas friderica guillelmia rhenana lebe hoch!“238 Den Abend eine Erinnerung an die Saturday evenings bei Smyth. Auch Reverens und die Kollix/Künzer da, ebenso hübsch und liebenswürdig wie damals, als ich am Martinstage zuerst mit ihr tanzte. 1 September. Lippe sein Geburtstag. Diner in Oberkassel. Hübsche Partie nach dem Pfaffenrötchen. Hopfgarten und Zülow angekommen. 2 September. Sehr hübscher Ritt mit Lippe über Vorgebirge und Fennhaus nach Godesberg, wo ich auf der Ruine Abschied nahm vom schönen 7 Gebirge. Diner bei mir, wo auch Graf Bothmer.239 Den Abend etwas längliche Gesellschaft in Godesberg bei Rummels. /178/ 3 September. Nach Cöln Zu Mittag im Kaiserlichen Hof beim Prinzen Lippe. Ankunft des Königs um 7 Uhr, die ich in dem mir so wohlbekannten Saal des Regierungsgebäudes mit dem Herzog von Aremberg240 und dem Fürsten von SalmDyk241 erwartete. Der Jubelruf bei der Ankunft war derselbe wie damals, die Versammlung der versammelten Behörden eine weit zahlreichere. Die Majestäten waren etwas fatiguirt, und hinkten beide. Um 9 Uhr soupirten wir bei Onkel

236 Erbprinz Leopold (III.) zur Lippe. 237 Verm. Carl Prinz Biron von Curland (1811–1848), verh. seit 1833 mit Agnes, geb. Gräfin zur Lippe-Biesterfeld (1810–1884). 238 Die Rheinische Friedrich Wilhelms Universität war eine Gründung von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. 239 Christian von Bothmer (1773–1848). 240 Prosper Ludwig von Arenberg (1785–1861), 1803–1810 regierender Herzog und seit 1815 Standesherr, engagierte sich stark beim Dombau. 241 Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773–1861), Botaniker.



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Wilhelm und machten dann eine Wanderung durch die Straßen, von der ich erst um 11 ½ Uhr zurückkehrte. 4 September. In Cöln. Das Dombaufest ist durch die Anwesenheit so vieler deutscher Fürsten und Herren und durch die Worte, die der König, wie aus ihrer Seele heraus, bei demselben vor 50000 Menschen sprach, zu einem unendlich wichtigen Ereignisse geworden. Der Eindruck dieser Rede und der Moment, wo der erste Stein zum Thurme durch den Chran hinaufgewunden wurde, war erhebend, weniger die lange Hochmesse, wenn nicht durch das Imposante des Orts (der Domchor ist wunderbar schön) und der Versammlung. Darauf folgte ein langes Diner unter dem eisernen Zelte und am Abend eine Fahrt auf dem Rhein. Der Anblick des illuminirten /179/ und [mit] feuerndem Geschütze besetzten Quais war unbeschreiblich schön, als ein Feuerwerk auf einem Thurme, eine mit Leuchtkugeln feuernde und durch Gewehrfeuer gedeckte Batterie darstellend, abgebrannt und das innere des Doms mit rothem Feuer erleuchtet wurde. Ein wichtiger, interessanter Tag! 5 September. Nach Brühl Große Parade des 8ten Armeecorps. 6 September. Feldmaneuvre bis gegen Euskirchen. Diner. 7 September. Fortsetzung desselben bis in die Eifel. 8 September. Ruhetag. Fahrt über Cöln nach Achen (welche Erinnerungen!) Wohnung beim Stadtrath Deuzner in der Neustraße. Illumination. Concert und herrliches Feuer auf dem Louisberg. Schlafendes Souper beim König. 8 September. Die große Wagenfabrik von Mengelbier besehen.242 Dann gebadet und um 12 Uhr nach dem Dom, wo auch der König der Belgier.243 Die großen Reliquien gesehen, alte Räume und alte Gesichter. Dann Diner im Kaisersaal zu Achen, wo der König und der Erzherzog Johann244 herrlich sprachen. Auf der Eisenbahn durch Düren und Cöln nach Brühl zurück in der Agrippina, der wohlbekannten! /180/ 9 September. Feldmaneuvre aus der Eifel heraus. Concert von Lizst. 10 September. Sehr interessantes Feldmaneuvre, dessen Ende bei Tolbiacum,245 so daß auch der Wunsch, dies Schlachtfeld zu sehen, nun erfüllt werden konnte. 11 September. Dombaufest, ein gewaltiges, allgemein deutsches! Hochamt im schönen Chor, Grundsteinlegung, Einschreiben der Namen, Rede des Königs, ungeheure Begeisterung! Aufwinden des Steins auf den Thurm. Diner im großen Zelt. Den Abend Sonntag. Kirche in Brühl, schon unpassende Predigt. Fahnenklopfen. Diner im Zelt. Abends Volksfest auf dem Neumarkt in Cöln; von der Tribüne aus: heiligen Mädchen und Weinkeltern. Auf der Ausstellung Frau von Fürsten-

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Josef Mengelbier (1786–1863), preuß. Hofwagenfabrikant. Leopold I. (1790–1865), Prinz von Sachsen-Coburg und seit 1831 König der Belgier. Johann von Österreich (1782–1859). Schlacht von Zülpich 496, nach dem Sieg über die Alemannen ließ sich der Frankenkönig Chlodwig I. taufen.

122 Bonn berg246 gesehen. Ball im reich decorirten Tempelsaal, beim Souper neben der Marchioness of Westmoreland,247 die sehr angenehm ist; sonst, da ich nicht tanzte, traurig für mich. Nach Brühl zurück. 12 September. Große Parade; vorher Fahnenweihe, die durch Regengüsse etwas gestört wurde. Militärdiner im Zelt, schöne Worte des /181/ Königs, des Erzherzogs und des Königs von Würtemberg.248 Den Abend multum in minimum,249 Souper. 13 September. Nach Bonn. Beim Lippe gegessen. 14 September. Um 9 Uhr versammelten sich sämtliche Honoratioren der Stadt, sowie die jungen Damen in der Vinea, die Offiziere und Bürger. Endlich erschien der gefürchtete, ersehnte Moment. Gedicht von Schlegel durch Fräulein von Hymmen.250 Cour. Entzücken der Herrschaften über die Aussicht. Besichtigung der Stadt und Abfahrt auf dem Dampfschiff. 15 September. Geburtstag von Papa. Die ganze Größe unseres Unglücks, die ganze Umgestaltung meines Schicksals Lebens trat mir Angesichts des Siebengebirges wieder vor die Seele! Mein Gott, es war Dein Wille, lasse es mich mit Kraft tragen und wende das Böse, was daraus für mich entstehen könnte, ab. Halte mir die Augen auf, vernichte Eitelkeit und Begier. – Einsamer Morgenspazirgang auf das Vorgebirge. Abschied vom Siebengebirge. Nachmittags Ritt nach Rolandseck. 16 September. Partie mit Flotows, Rummels, Karnaps, Künzers, Lippes und Smyth auf die Löwenburg.251 Loossouper in Königswinter; ich Fr[äu]l[ein] Flotow. /182/ Rückfahrt mit Gesang, Mondschein und Musik. Abschied. 17 September. Abreise von Bonn; nach der Aar.252 Wo sich nächst den schönen Weinbergen besonders die Lage von der Burg Altenaar253 auszeichnet. Um 10 Uhr in Coblenz. 18 September. Um 8 Uhr zum Kaffee nach dem reizenden Stolzenfels.254 Der Blick aus dem Zimmer der Königin ist wunderbar erhebend, die Luft weht einen so rein an! Zur Kirche nach Coblentz. Dann aufs Dampfschiff, wo auch die Groß-

246 Verm. Amalie, geb. Prinzessin von Baden (1795–1869). 247 Priscilla Fane, Countess of Westmorland (1793–1879). Ihr Mann, John Fane, 11th Earl of Westmorland (1784–1859) war 1841–1851 außerordentlicher Gesandter und bevollmächtiger Minister beim König von Preußen. 248 Wilhelm I. (1781–1864), König seit 1816. 249 Vieles in kurzer Zeit. 250 Eine Tochter des Bonner Landrats Eberhard von Hymmen (1784–1854). 251 Berg und Burgruine im Siebengebirge. 252 Ahr, Nebenfluss des Rheins. 253 Burgruine Are oberhalb der Gemeinde Altenahr. 254 Alte kurtrierische Zollburg, die bis 1842 als Sommerresidenz König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen im romantisch-neugotischen Stil wiederaufgebaut wurde.



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herzogin Stephanie von Baden mit ihrer charmanten Tochter Marie.255 Schöne Fahrt nach Rheinstein. Es Eine Stunde dort. Rückfahrt im Mondschein. 19 September. Kanonendonner von den Festungswerken zur Abfahrt des Königs. Dem verspäteten Lippe voran eilend, ließen wir uns beim Stolzenfels nach Lahnstein übersetzen und erstiegen im Platzregen Lahneck,256 von dessen die alte Gestalt der Burg noch deutlich zeigenden Trümmern man einen interessanten Blick auf den alten Rhein hat. An dem Königsstuhl zu Rhense vorbei ging es nach St. Goar, wo wir übersetzend, Lützows besuchten und mit ihnen die ziemlich wohl erhaltene Katz257 besuchten. Die Tochter von Helene Levetzow dort. Dann wurde noch die durch /183/ das Innere sehr interessante Pfalz besehen und nach mannigfachem Schwanken nach Mainz gefahren. Diesselben Zimmer wie am 12. October! 20 September. Von Mainz nach Manheim Am Morgen besahen wir die interessante Gewerbeausstellung, besuchten Herzog Bernhard von Weimar.258 Der einzig interessante Punkt, ausgenommen die bekannten Orte für Wein und das bekannte Oggersheim, war das alte Worms mit seinen geschichtlichen Erinnerungen. Der alte Dom kommt schon in den Niebelungen vor, hat zwei Chöre im byzantinischen Styl, ist jedoch sehr oft verwüstet und dann durch Restauration verdorben worden.Vor dem Südportale Streit der Chrimhilde. Daneben die Grundmauern des alten Pallastes. An der Stelle der evangelischen Kirche auf dem Markte sonst der Saal der Reichsversammlungen, wo Luther 1520 erschien. Manheim, das mit der Rheinschanze durch eine Schiffbrücke verbunden ist, hat gerade, rechtwinkliche Straßen und ein schönes, großes Schloß, worin die Großherzogin259 wohnt mit einer schönen Terrasse am Rhein. Abendspazirgang dort. 21 September. Auf der Eisenbahn nach Heidelberg, dessen Lage mich damals so entzückte. Jedoch war die geistige Erregung, die ich diesmal bei der Aussicht vom Altan empfand, nur ein Schein von der /184/ früheren. Ich war damals mehr gesammelt, reiner, empfänglicher für einfach schöne Genüsse! Auf der Eisenbahn zurück; im Theater Brandensteins gefunden. 22 September. Ausflucht nach Speier, wo der Krieg und zwar die Franzosen bis auf den Dom, und in seinem Inneren auch jede Spur von dem ehemaligen vertilgte. Byzantinischer Styl, erinnernd an den Dom zu Pisa. Promenade durch die offene Gallerie und bis in die Spitze des Thurms. Um 5 Uhr mit dem Dampfschiff nach Mainz, wo man um 10 Uhr ankam.

255 Stéphanie de Beauharnais (1789–1860), eine Adoptivtochter Napoleons Bonapartes war seit 1806 mit dem späteren Großherzog Karl von Baden (1786–1818) verh. Die 1817 geborene Tochter Marie Amelie, spätere Duchess of Hamilton, starb 1888. 256 Erst ab 1851 wieder aufgebaute kurmainzische Burg bei Lahnstein an der Lahnmündung. 257 Burg oberhalb von St. Goarshausen. 258 Karl Bernhard von Sachsen-Weimar-Eisenach (1792–1862). 259 Witwensitz der Großherzogin Stephanie.

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Reise nach Dresden

23 September. Nach Frankfurth. Briefe von Mama und Lützow. Gearbeitet. Mit ­Schack in der Stadt umher. Den Mittag dort zum Diner, dann zur Frau von Nostiz,260 wo Fräulein von Marschall, und zur Prinzessin von Nassau,261 wo Frau von Deken; in das Theater. 24 September. Nach einigen Einkäufen mit der Eisenbahn nach Wiesbaden nach der Platte. Dort auch die verwittwete Herzogin,262 die noch sehr schön. Nachmittags Pirschen gegangen, im entscheidenden Moment ging die Büchse los. Welch eine interessante Jagd aber. Nach dem Souper nach Frankfurth zurück. 25 September. Von Frankfurth nach Würzburg Wir durchreisten eine freundliche, meist gebirgige Gegend. Würzburg, das alte Fürstbistum, hat ein großes, gut eingerichtetes Schloß mit einem Schloßgarten und /185/ einen byzantinischen Dom, dessen schlechte in neuerem Geschmack geschehene Ausschmückung nur durch die kunstreiche und durch die Verhältnisse des Gebäudes gegebene großartige Durchführung gefällt. 26 September. Von Würzburg nach Meiningen Der Charakter des Weges ist dem des vorigen Tages gleich. Der neuere Theil des Ortes um den Park ist sehr einem freundlichen Badeorte ähnlich und hat einige schöne, große Gebäude. Das Schloß ist groß, aber etwas kasernenartig, die im Frühjahr bewohnten Gebäude nur klein. 27 September. Von Meiningen nach Weimar Von Eisenach besahen wir die jedem Prostestanten so bedeutungsvolle Wartburg, die vom Erbgroßherzog263 wieder hergestellt wird, jedoch aus einem ganz anderen, als dem sonst der Burg Werth gebenden Gesichtspunkte, auf dem kunstgeschichtlichen nehmlich, wo sie den[n] durch das enorme Alter einzelner Theile allerdings sehr bemerkenswerth ist. Dichte Wolken ließen jedoch nichts von der Aussicht sehen. Eisenach, Luthers Jugendaufenthalt, ist ein kleines Städtchen. In Gotha, einem freundlichen Orte mit hübschen Palais und Gärten, nahmen wir im Mohren ein durch die interessante Beredsamkeit des Herren von Scheffer264 gewürztes Mahl ein. Nachdem wir in Erfurth Toilette gemacht, wo Gen[eral]l[eutnan]t Hillmann,265 /186/ der dort die Division hat, zu mir kam, ging es nach Belvedere.266 Die Herrschaften empfingen mich sehr freundlich und theilnehmend, sind übrigens unverändert. Der Großherzog von Oldenburg267 ist da. Beim Thee die übrigen gesehen, wo nur

260 Luise, geb. von Rex-Thielau (1805–1884), Ehefrau des sächs. Gesandten Julius Gottlob von Nostiz und Jänckendorf. 261 Luise Henriette von Nassau-Usingen. 262 Pauline Friederike Marie (1810–1856), geb. Prinzessin von Württemberg. 263 Herzog Karl Alexander von Sachsen-Weimar (1818–1901). 264 Von Scheffer, halberstädtische Adelsfamilie. 265 Der in Plau geborene Generalleutnant August Georg von Hedemann (1785–1859) kommandierte die preuß. 8. Division. 266 Sommerresidenz des Großherzogs Karl Friedrich von Sachsen-Weimar (1783–1853). 267 Paul Friedrich August (1783–1853).



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Fr[äu]l[ein] v[on] Witzleben eine neue Erscheinung war, dagegen † Seebach und Mauderode fehlten.268 28 September. Frühstück. Jagd mit Regen und Frühstück in der Kegelbahn. Zurück mit einem Umweg durch die gemalten Zimmer im Schloß und die neuen englischen Anlagen um Belvedere. Diner. Theater. In der Loge daneben Fr[äu]l[ein] v[on] Buchwald.269 Souper. 29 September. Nach dem Frühstück abgereist bei gräßlicher Kälte. In Jena die Vettern gesehen. In Schmöln270 das Wirtshaus erkannt. Um 8 Uhr nach Altenburg, wie anders wie sonst. Die Cousinen von Sachsen-Altenburg, Herzogin271 gewachsen, Marie272 immer die liebenswürdigste. Sany hübsch, etwas schwarze Augen. Souper en petite comité. 30 September. Um 8 Uhr Kaffee bei der Herzogin.273 Dann geschwäzt, viel mit Sany. Die Stube arangirt. Diner in Galla. Ich immer noch verlegen, doch weniger wie sonst. Ich höre oft Schmeicheleien. Mein Gott, bewahre mich vor diesen mächtigen Bundesgenossen der Eitelkeit. Thee dansant. Dresdener Bekannte gefunden. Fr[au] v[on] Backhof, Metsch274, Globigs. /187/ 1 October. Mit einem Extrazuge nach Leipzig. Dort Müller gesehen.275 Nach Dresden. Was hatte sich alles seit damals für mich zugetragen! Universität. Waise. Regierungsantritt. Wilhelm wiedergesehen. Direktor. 2 October. Kleines Diner beim König.276 Theater. Zum Thee bei der alten Ministerin.277 3 October. Diner bei Prinzessin Amelie.278 Theater. 4 October – 8 October. Im Institut alles verändert, auch ich selbst, also ein Gefühl der Fremdheit, der Trauer. Mit Lippe ausgeritten nach Moreaus Denkmal279 und in den großen Garten, mein alter Ritt, die Gegend, die ich damals am häufigsten und gernsten besuchte. – Jagd in Moritzburg, die höchst amüsant war, wo ich drei Schweine schoß; dann Diner dort. Soiree bei Reitzenstein, 280 wo die bekannte Gesellschaft war. Den 6ten nach Leipzig, wo auch die Altenburger Herr268 269 270 271 272 273 274 275 276 277

Verm. Hofdamen aus den thür. Adelsfamilien von Seebach und von Mauderode. Holst.-meckl. Adelsfamilie. Schmölln, Stadt bei Altenburg. Therese (1823–1915) und Elisabeth (1826–1896) von Sachsen-Altenburg. Marie (1818–1907) von Sachsen-Altenburg. Amalie (1799–1848), geb. Prinzessin von Württemberg. Von Metzsch und von Globig, sächs. Adelsfamilien. Verm. ist der ehemalige Dresdener Lehrer des Großherzogs, Adolph Müller, gemeint. Friedrich August II. (1797–1854), König seit 1836. Henriette Sophie, geb. von Bose (1769–1848), Witwe des sächs. Konferenzministers und Dichters Gottlob Adolph Ernst von Nostitz und Jänckendorf (1765–1836). 278 Amalie von Sachsen (1794–1870). 279 Auf der Höhe von Räcknitz gelegenes Denkmal für den gegen Napoleon kämpfenden franz. General Jean-Victor Moreau (1763–1813). 280 Carl Leopold Christoph von Reitzenstein, Oberhofmarschall des sächs. Königs.

126 Schwerin schaften bei Mama. Mit ihr nach Dresden. Den 8ten Familiendiner beim König, d[en] 8ten Hosenbandübergabe,281 die höchst interssant war. Großes Diner. 9 October. Nach Mecklenburg über Magdeburg. 10 October. Einzug in Grabow. Diner bei Sukow.282 Diner in Ludwigslust. Nach Schwerin. 11 October. Exerciren der einzelnen Bataillons. Gearbeitet. Marstall Einweihung. /188/ 12 October. Nach dem Dom, wo 1., ein neuer gothischer Altar mit einem Altargemälde, die Kreuzigung, von Lenthe,283 2., eine halb unterirdische Grabcapelle für unsere ganze Familie, 3., drei, unter der Leitung und nach den Cartons von Cornelius,284 durch Gilmeister285 auszuführende Glasfenster, die Himmelfahrt, Maria und die Apostel hinkommen sollen. – In der Stadt umher. Nach Ludwigslust, wo Fakelzug und Illumination, die wir zu Wagen besahen. 13 October. Exerciren der Dragoner, das recht gut ging. Offizierdiner. Am Abend Mama angekommen. – Herzog von Nassau.286 – Onkel und Tante Albrecht.287 14 October. Leußower Jagd. – 1 Hase. Mecklenburgische Geschichte will ich jetzt treiben, und zwar ernstlich. 15 October. Geburtstag des Königs. Große Parade mit Rede. Großes Diner mit Gesundheit. Thee im Marmorsaal. Fr[äu]l[ein] Schreeb stellte mir die jungen Damen vor. Ein eigenthümlicher Moment. 16 October. Mein Gott, der Aufenthalt hier kann mir durch Deine Gnade von besonderem Nutzen und Seegen sein; meine Sinnlichkeit ist augenblicklich gedämpft, nur die Eitelkeit nicht. Sonntag. Kliefoth. Ich will mir Unterhaltungen mit ihm verschaffen, um zu größerer Klarheit über die Hauptideen zu kommen, die mich bewegen. – Ritt um die Steeple /189/ chace zu besehen. Homer ging süperbe. Grau gestickter Damenhof. Zu Frau von Kahlden.288 Thee, wo Kleins. 17 October. Glaisiner Jagd: 1 Rehbock, 2 Hasen. Gehetzt fehl. Graf Bernstorf. Offizire aus Schwerin. Amüsant. 18 October. Todestag von Onkel Albrecht, wir nach dem Monument.289 Steeple chace bei Warlow, wo Sukow290 auf dem Fuchs von Flotow siegte. Diner bei Bösch. Ich 281 Verleihung des 1348 gestifteten engl. Hosenbandordens an König Friedrich August II. von Sachsen. 282 August von Suckow, Landdrost. 283 Gaston Lenthe (1805–1860), meckl. Hofmaler seit 1838. 284 Peter von Cornelius (1783–1867), Maler der Nazarener-Schule. 285 Ernst Gillmeister (1817–1887), Glasmaler. 286 Adolf (1817–1905), Herzog seit 1839. 287 Albrecht von Preußen (1809–1872) und Marianne, geb. Prinzessin von Oranien-Nassau (1810–1883). 288 Wilhelmine, geb. von Massenbach (1801–1857), Witwe des Hofmarschalls Hans von Kahlden (1789–1835). 289 Gemeint ist Herzog Albrecht zu Mecklenburg (1812–1834). 290 Woldemar von Suckow.



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zum ersten Male in meinem Leben etwas angetrunken. In das Conzert, dann zu Bett. 19 October. Güritzer Jagd im Regen. Graf Bernstorf v[on] Wedendorf291 und M[ister] Parish. Thee bei Onkel Gustav. 20 October. Wiwi zum ersten Male ausgeritten. Visiten gemacht. Den Abend bei Frau von Klein. Thee. 21 October. Warlower Jagd. 2 Hasen geschossen. 3 gehetzt. Thee bei Onkel Gustav. 22 October. Partie nach Redefin, amüsant und kalt. Diner Barner, Rantzau.292 23 October. Sonntag. Nicht andächtig bei Sellin:293 wie schwach, den Erfolg einer Erbauungsstunde auf die Persönlichkeit eines Predigers mit Absicht ganz zu setzen! Diner. Thee. Grävenitz. 24 October. Techentiner Jagd: 5 Hasen. H[err] v[on] Restorf. Meine Sinnlichkeit fängt wieder an, sich zu regen und es nimmt der Fleiß ab, den ich vorgenommen hatte, der, getragen durch Pflichtgefühl und /190/ Vaterlandsliebe, den Kern bilden soll zu jener aufopfernden Thätigkeit in meinem Berufe, in der ich allein die ganze Erfüllung desselben erkenne. Dies ist die positive Thätigkeit, für mein Leben, wie jeder Mensch eine haben muß, um dem Streben nach seinem höheren Ziele als Unterlage zu dienen. Eitelkeit und Sinnlichkeit sind die beiden Elemente, die mich immer von allem Guten zu entfernen suchen. 25 October. Sehr hübscher Ritt auf Colonel nach dem weißen Ufer, wo ein hübscher Blick auf das Eldethal. Diner beim Onkel Gustav. Dann bald zu Bette. 26 October. Groß-Laascher294 Jagd: 2 H[asen], 1 F[uchs] u[nd] 7 H[asen] gehetzt. 27 October. Jasnitzer295 Jagd: 3 H[asen], 1 R[eh]b[oc]k. Amüsanter Rückritt im Dunkeln „durch Wald und Haide.“296 28 October. Ritt mit Wiwi und Fr[äu]l[ein] Schreeb, ich auf Metella. Die Eitelkeit braucht nur eine Nadelspitze, um sich dran zu hängen! Polterabend bei Buchs.297 Aufzüge: Franziska sehr hübsch. Um 10 ½ Uhr fort. 29 October. Einfangen von 8 Schweinen in den Jasnitzer Staketten, 2 gehetzt, die ich abfing. Amüsanter Rückritt. Ueberfall auf dem Forsthofe beim Hochzeitsdiner. Wie wirkt diese lustige Zeit auf mein an Ernst und Arbeit gewöhntes Gemüth. Jedenfalls zerstreut es; verflacht es dasselbe auch /191/ oder verdirbt es gar? Allemal läßt es den regen Eifer nach Jesu Christi Nachfolge sehr erkalten, wenn nicht Ge-

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Arthur Friedrich Carl Graf von Bernstorff (1808–1897). Mglw. Carl von Rantzau (1782–1851), Hofmarschall der Erbgroßherzogin Auguste. Carl Wilhelm Sellin (1793–1850), 1. Pastor in Ludwigslust seit 1839. Groß Laasch, Dorf bei Ludwigslust. Jasnitz, Forsthof bei Ludwigslust. Der Großherzog kannte vermutlich das 1835 in Bonn erschienene Buch „Wieland der Schmied. Deutsche Heldensage von Karl Simrock“ (1802–1876) mit der Stelle eines nächtlichen Ritts auf einem königlichen Hengst durch „Wald und Haide“, Sechzehntes Abenteuer, S. 133. 297 Otto von Buch (1792–1864), Oberforstmeister in Ludwigslust.

128 Ludwigslust beth, Selbstbeschauung und stete Wachsamkeit die Waage halten. Mein Gott, gieb mir dazu Kraft und laß dein heutiges Predigt-Wort recht mich durchdringen. 30 October. Sonntag. Kliefoth: gebt dem Heiland, was des Heilands ist. Großes Diner für das Roddesche Ehepaar.298 Unterredung mit Kliefoth über meine Besorgnisse. Er machte mir Muth: Gott will, daß keiner verloren gehen soll, und wenn ich nur nicht verloren gehen will, so werde ich es auch nicht. – Das hat mich unendlich getröstet! Mein Gott, o bewahre mich. 31 October. Reformationsfest. Bresegarder299 Jagd: 4 H[asen]. 1 November. Vor 5 Jahren verließ ich das elterliche Haus, mein Vater verlegte den Hof dahin, wo er den Mittelpunkt seines Wirkens haben wollte. Ich bezog die Schule in Dresden, die Universität in Bonn, in verschiedenen Zwischenräumen entferntere Länder bereisend und die Heimath wiedersehend. Ich bin herangewachsen; mein Vater hat thatkräftig und segnend 5 Jahre auf Mecklenburgs Thron gewirkt. 7 Tage nach meinem 19ten Geburtstag, meiner Majorennität,300 starb er; er segnete mich noch. Nun bin ich Großherzog. /192/ Das hat sich durch Gottes Willen in diesen 5 Jahren zugetragen! Möge er es zu meinem und Mecklenburgs Glück wenden. 2 November. Dadower301 Jagd: 2 H[asen]; 1 Schnepfe. Treuenfels, Thielau.302 Rückritt über Eldena, das eine freundliche Kirche hat, eine Schleuse und Zugbrücke. Morni mit. Thielaus fort. 3 November. Bei jedem Anlasse regt sich wieder meine Sinnlichkeit; doch durch Deine Hülfe, mein Gott, hoffe ich siegreich in dem Kampfe mit ihr, durch meine Jugendjahre hindurchzugehen. Taufe bei Zülows,303 die durch Kliefoths Beredsamkeit ungemein erhebend war. – Zur Feier des Hubertustages Hetzjagd von 19  Herren. Die eine Hetze einer Parforcejagd ähnlich. Lücken304 und Bülow Ka[a]rz gestürzt.305 4 November. Wabelsche306 Jagd: 5 H[asen]. Großes Frühstück. Den Abend bei Onkel Gustav. Ich Durchfall und die ganze Nacht. 5 November. Um 6 Uhr nach Schwerin. Kalt und Alles voll Schnee. Feldmaneuvre bei der Neu-Mühl, was recht gut ging. Regierungssitzung. Bauten besehen. Diner um 5 Uhr. 298 Franz Cuno von Rodde (1815–1860) und Anna von Buch (1823–1907) hatten am 29. Oktober geheiratet. 299 Bresegard, Dorf bei Ludwigslust. 300 Festgeschrieben im Hausgesetz von 1821. 301 Dadow, Dorf bei Grabow. 302 Mglw. Wilhelm Erdmann Florian von Thielau (1800–1865), Direktor der staatlichen Bergund Hüttenwerke im Herzogtum Braunschweig. 303 Getauft wurde Hans von Zülow (1842–1917), Sohn des Kammerjunkers August von Zülow (1809–1871) auf Zülow. 304 Von Lücken, meckl. Adelsfamilie. 305 Wilhelm von Bülow (1816–1889) vom Ludwigsluster Dragonerregiment. 306 Wabel, Forsthof zwischen Ludwigslust und Dömitz.



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6 November. Sonntag. Reformationsfest. Walther im Dom. Kirchenparade, die recht gut ging und sehr schön aussah. Bis Bollow307 gefahren. Von dort zu Pferde /193/ nach Neustadt; der Empfang durch Jahreszeit, Nähe von Ludwigslust (wie in Grabow) und durch mich selbst wohl auch nicht so hübsch, wie sonst in anderen Städten. Schloß, altes, Rathhaus (hübsche Bürgermeisterin),308 Kirche, Synagoge. Nach L[udwigs]lust, wo Onkel Wilhelm während des Diners ankam. 7 November. Göhlensche309 Jagd: 3 H[asen], 1 Katze. Sehr kalt, aber amüsant. Thee beim Onkel Gustav. Onkel Wilhelm von da fort. 8 November. Das Lesen der Bibel ist gleich einer Unterredung mit Gott. Muchower310 Jagd. Diner in Neustadt. Graf Blom. Friedrich Maltzahn.311 Nächtliche Rückfahrt in 6 Wagen, ich nach Verlust des meinigen auf dem zerbrochenen Sitze eines Kürwagens. Es stieß gewaltig. 9 November. Großes Abschiedsdiner. Zum Theater nach Neustadt, amüsant. Wegen meines kurzen Gesichts konnte ich die Schönheit der Schulze312 nicht erkennen. Souper beim Onkel Gustav. 10 November. Martinstag. Wie glücklich war ich vor zwei Jahren in Godesberg; auch im vorigen Jahre noch. Das war die frohe, sorgenlose Jugend! Abreise von Ludwigslust. Jagd bei Dreienkrögen.313 Meinen ersten Fuchs geschossen im Weselheider Tannenkamp.314 Heute Martinsfeuer und Ball in Godesberg, /194/ der kleine Ernst Burkersroda todt gefallen!315 11 November. Meine neue Wohnung bezogen; sehr hübsch. Brief an den König in der Eisenbahnsache.316 12 November. Nun ist meine Lebensordnung wieder hergestellt; mit Gottes Hülfe will ich nun das Werk dieses Winters beginnen. Ich will mit allen Kräften streben, die Sünde zu bekämpfen und in meiner neuen Stellung das fortzuführen, was durch Gottes Gnade in meiner Jugendzeit in mir aufgestiegen war. Dadurch will ich Kraft und Klarheit über mich selbst behalten und den mir anvertrauten Beruf nach Kräften ausfüllen. Lieutenant von Nettelblatt um 8 Uhr gestorben.317 13 November. Ich bin jetzt sehr zerstreut. Meine Eitelkeit ist sehr groß; sie ist so heimlich und lauert auf Attentionen und Schmeichelei. Ich bin in großer Gefahr, aus der mich nur Gott retten kann. Doch muß ich das meinige durch ernstes 307 308 309 310 311 312 313 314 315

Gemeint ist das Dorf Boldela südl. von Schwerin. Frau des Anwalts Carl Friedrich Heinrich Timm. Göhlen, Dorf bei Ludwigslust. Muchow, Dorf bei Grabow. Mglw. der Landrat Friedrich von Maltzan auf Rothenmoor (1783–1864). Schultze, Schauspielerin vom Oldenburger Hoftheater. Dreenkrögen, Dorf zwischen Schwerin und Ludwigslust. Waldflur bei Weselsdorf. Ernst von Burkersroda (1836–1842), der Neffe Adolf von Sells, starb in Schwerin am 9. ­November. 316 Bau der Eisenbahnlinie Hamburg-Berlin über meckl. Territorium. 317 Baron von Nettelbladt, Premierleutnant beim Leichten Infanteriebataillon.

130 Schwerin Streben, Fleiß und ein strenges regelmäßiges Leben dazu thun. Dazu gieb, Du mein Gott, Deinen Segen! 14 November. Zur Jagd nach Wedendorf.318 Am Beutlerschen Hause vorbei, wo die Beerdigung des kleinen Burkersroda. Welcher Contrast! Sehr fatiguante319 Partie. Angenehmes Diner. Ueber Rhena nach Haus. Gadebusch illuminirt. 15 November. Begräbnis von Nettelblatt. Es war /195/ sehr ergreifend, da es das erste nach Papas Tode, ein militärisches und nun ohne ihn war. – Mein Gott, lasse dies auch zu meinem Segen werden. – Rantzaus bei uns. 16 November. Ich suche jetzt meine Zeit möglichst einzutheilen, denn sie ist wahrlich kostbar. Mein Benehmen gegen die Hofdamen und die übrigen jungen Damen überhaupt, ist sonderbar und unnatürlich und fließt aus folgender Quelle. Ich weiß von mir, daß ich der Schönheit und Liebenswürdigkeit einer Dame gern huldige. Da ich aber dergleichen stets besprochen sehe und es in meiner Stellung noch mehr der Fall sein würde, so habe ich, nicht jedoch nach dieser Reflexion, sondern einem natürlichen Gefühle nach, mein Herz gleichsam gestählt, vielleicht in meiner Stellung eine nothwendige Wirkung von 19 Jahren. Dieser status erhält sich auch durch das ebenfalls durch meine Stellung hervorgerufene reservirte Wesen der Damen, wenn man dazu noch meine Gewöhnung an den freien rheinischen, angenehmen Umgang rechnet, die dadurch sich etwas verletzt fühlt. – Lange Träume die Nacht wie vorig Jahr. 17 November. Feuer beim Becker … Komisches Rennen und Laufen. Thee im Saal: Lotto. Die Nacht /196/ noch einmal in der Friedrichsstraße. 18 November. Meine Tageseintheilung ist im allgemeinen die: um 6 Uhr geweckt, 6 ½ -7 Tagebuch und Bibellesen, 7–8 mecklenburgische Geschichte, 8–8 ½ ­Finanzbericht, 8 ½ -9 Zeitungen durch H[err] v[on] Sell, 9–10 Cabinet, um 10 Audienz und dann auf die Regierung, um 11 Uhr Parade oder noch Regierung. Dann zu Mama. Nachmittags beschäftige ich mich in den Stunden 5 ½ - 6 dreimal wöchentlich mit Englisch mit meiner Schwester, zweimal mit der Flöte, dreimal mit deutscher Lektüre, die übrige Zeit mit Actenarbeit und Briefschreiben. 19 November. Nichts bemerkenswerthes. 20 November. Sonntag. Conzert der Steierschen Musik.320 Unwohl. 21 November. Brechmittel. Den ganzen Tag zu Haus. 22 November. Wieder gesund. Linnée da.321 Ich war sehr aufgeregt und konnte nicht einschlafen. Als ich mich, wie dann die Gedanken gewöhnlich zum ernsteren und wichtigsten sich wenden, prüfte, wie ich im Großen die verflossenen 9 Monate angewendet habe, so kam mir zum ersten Male der Gedanke (da ich z[um] 1ten Male über die Zeit frei hatte disponir[en] können) ich hätte sie, als Trauerzeit für Papa und als Frist, um mir eine möglichste Uebersicht der Mecklenburgischen 318 Gut der Grafen von Bernstorff bei Rehna. 319 Ermüdend. 320 Mglw. ist (Volks)Musik aus der Steiermark gemeint. 321 Peter Joseph Lenné (1789–1866), preuß. Gartenbaumeister.



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Verhältnisse zu verschaffen, angesehen, besser benutzen müssen. Dies trifft namentlich die Reisen nach Doberan und Bonn und die Jagden. /196/ Dagegen ist nur anzuführen die entsetzliche Verwirrung, die jenes entsetzliche Ereignis in mir hervorgebracht hat, meine Krankheit, die Lebensgewohnheit in Bezug auf Doberan, zu bemerken nur meine Liebe zum Rhein, und ob nicht jene Zerstreuungen wohlthätig gewesen. 23 November. Tante Marie hat mich über jene Zweifel beruhigt. Linné fort; sein Plan noch nicht ganz gut. Fahrt nach Wismar; Schiff von Stapel, die Stadt für Tante Marie besehen. Nach dem Diner in das charmante Theater, wo Zanetta.322 Die Schlegel323 recht hübsch. Abends zurück. 24 November. Faul, müde. 25 November. Bußtag. Unaufmerksam in der Kirche. 26 November. Mein Gott, gieb mir Kraft, daß ich das ernste thätige Leben durchführen möge, das ich mir vorgesetzt hatte, und wodurch ich mich äußerlich nur allein vor dem schädlichen Einflusse meiner neuen Lage schützen kann. Graf Baßwitz324 von Perlin mit seiner Familie zum Diner bei uns. Mit Herrn von Gutschner seinem Schwiegersohn viel von Dresden gesprochen. Es war doch eine schöne Zeit damals. 27 November. Sonntag. Nicht in die Kirche aus einer gewissen Faulheit. Diner auf dem Schlosse. Eigenthümliche Fahrt im dicken Nebel auf dem Omni- /198/ bus nach Redephin.325 Souper. 28 November. Saujagd in der Quaster326 Haide: 4 Schweine. Ich nur 1s gesehen. Sehr kalt, alles in Pelzen. Diner. Gespielt. Um 10 Uhr zur Ruhe. 29 November. Klapperjagd: 1 F[uchs], 1 H[ase]. Mit Otto Könemann327 zum Landrath nach Pretzier;328 er war beim Essen. Große Freude. Diner. Mit Prosch329 gearbeitet, gespielt. Nach 10 Uhr zu Bette. 30 November. Schlechte Klapperjagd, keinen Schuß gethan, aber doch amüsant durch die Gesellschaft. Nach einem Frühstück bei gleichem Wetter wie vorgestern nach Schwerin zurück. Souper mit dem Hofe auf dem Schloß. – Die Jagd, wenn sie nicht mit meine Sinnlichkeit aufregt, ist mir eine Erfrischung und Aufheiterung und eine treffliche Gelegenheit, die Oertlichkeiten und Sitten in Mecklenburg kennen zu lernen.

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Oper von Daniel-François-Esprit Auber. Luise Köster-Schlegel (1823–1905), 1841–43 in Schwerin gefeierte Opernsängerin. Friedrich Graf von Bassewitz, Kammerherr. Redefin, ghzl. Gestüt. Quast, Forsthof im Amt Dömitz. Otto von Könemann auf Warlitz. Georg Justus von Könemann auf Pritzier. Dr. Eduard Prosch (1804–1878), Kabinettsrat.

132 Schwerin 1 Dezember. Nun mit Deiner Hülfe, o mein lieber Gott, mit allen Kräften an die Erfüllung des Berufs. Kammerherr v[on] Weltzin.330 Tüchtig zu thun. 2 Dezember. Ritt auf dem neuen Weg nach dem Werder auf Metella, der sehr hübsch. Den Abend größerer Thee. 3 Dezember. Ritt nach Friedrichsthal; betrachtendes Gespräch mit meiner Schwester über unser jetziges Jugendleben. /199/ 4 Dezember. Sonntag. Walther zeigte die 3 Erfordernisse, um von Knechten Freunde Gottes zu werden. Nach einem dejeuner dinatoire nach Ludwigslust geritten in furchtbarem Nebel auf Colonel und Metella. Ankunft des Onkels Karl mit Fürst Carolath331 und Major Schöller.332 Souper. 5 Dezember. Saujagd bei Jasnitz. 19 Schweine. Ich 1 Sch[wein], 2 gehetzt. V[on] d[er] Lühe333 stark gestürzt; doch nichts beschädigt. 6 Dezember. Saujagd dort: 8 Schweine, sehr spannend. 7 Dezember. Onkel Karl um 6 Uhr abgereist, Valentine gekauft. Unverhoffte Ankunft der Großherzogin von Strelitz334 von Kopenhagen. 8 Dezember. Meiendorf335 hatte seine Audienz; großes Diner. Ich in meiner alten traurigen Stimmung, ich glaube, weil ich faul und unbeschäftigt. Thee bei Onkel Gustav. Souper im Marmorsaal. 9 Dezember. O, mein Gott, führe mich siegreich durch das Leben! Saujagd bei Balenhüschen336 in der Lewitz; vorher Friedrichsmoor besehen, wo die Oberförsterin Grohmann.337 Nicht geschossen, auf Metella ein Schwein im Holz abgehetzt. Nach Schwerin über Banskow338 und Plate geritten. Souper im Schloß. 10 Dezember. Geburtstag von Großpapa;339 Jahrestag meiner Confirmation; ich habe mein Dir damals abgelegtes Glaubensbekenntnis wieder gelesen. Was /200/ es enthält, glaube ich auch jetzt; nur noch viel fester, ernster, inniger. Daher erkenne ich aber auch immer deutlicher, daß, wenn auch ein Streben nach der Heiligung und nach den Mitteln dazu in mir vorhanden, ein Erfolg noch keineswegs da ist. Nur durch Deinen Beistand ist es möglich den dritten und vierten Absatz mir recht zu eigen zu machen, doch will ich auch meine ganzen Kräfte dazu anstrengen. Segne nur mein Streben! – Am Nachmittage Sell bei mir, der immer eine Menge kleiner Sachen vorzutragen hat, womit er sich nicht befassen soll. Ich muß mich hüthen, deswegen keine vorgefaßte schlechte Meinung von ihm zu fassen. 330 Helmuth Ludwig Heinrich von Weltzien auf Klein Tessin (1800–1867). 331 Heinrich Karl Wilhelm IV. Fürst zu Carolath-Beuthen (1783–1864), Standesherr und preuß. General. 332 Von Schoeler, preuß. Offiziersfamilie. 333 Verm. Otto Georg Conrad von der Lühe, Jagd- und Kammerjunker. 334 Marie, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel. 335 Peter von Meyendorff (1796–1863), russ. Gesandter in Berlin. 336 Bahlenhüschen, Forsthof bei Crivitz. 337 Friedrich Grohmann, Oberförster. 338 Banzkow, Dorf südl. von Schwerin. 339 Großherzog Friedrich Franz I. war der Urgroßvater.



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11 Dezember. Sonntag. Nicht in der Kirche. 12 Dezember. Ueber Hohen Viecheln, Ventschow und Warin nach Pennewitt340 zur Saujagd. Halb Warin draußen; sehr kalt. 1 Schw[ein] abgefangen. Nach Sternberg, das illuminirt. Diner. Gespielt. 13 Dezember. Saujagd bei Sagsdorf: Sagsdorfer Brücke.341 Zuletzt im Such gestanden, was, obgleich ich nicht geschossen, sehr amüsant. Zum ersten Male der Frage Rede gestanden ob die Jagd an sich und für mich etwas Erlaubtes sei. Doch noch kein Resultat. 14 Dezember. Ueber den Judenberg,342 von wo eine schöne Aussicht, zur Saujagd bei Fentschow,343 2 Schuß gethan. /201/ Amüsant durch die Spannung. Ende bei Gustävel.344 Durchs Holz nach Fentschow. Von dort mit Morni nach Schwerin geritten. Diner im Schloß, meine Zimmer besehen. 15 Dezember. Nun recht fleißig und treu und rein! Ich war heute zerstreut, faul; das muß sich ändern. Amüsant der Ritt auf Colonel neben Mamas Wagen. O Eitelkeit! Hessensteins345 zum Diner; die Tochter sehr embelliert. 16 Dezember. Viel zu thun. Regierungssitzung. Von Metella beinahe abgefallen. Beim Souper neben der v[on] d[er] Lühe, so daß ich glücklich war, einmal jemand angenehmes sprechen zu können. 17 Dezember. Das äußere Leben zerstreut mich sehr, so daß Betrachtungen über mich nicht so oft und tief kommen wie wohl sonst. Aber Gott wird das Schlimme abwenden. H[err] v[on] Sell bei mir, der mir immer größere Abgeschlossenheit prophezeite, wenn ich mich mit keinem Menschen über alles ausspräche. Das Bedürfnis hiezu hat sich mir allerdings auch schon aufgedrängt, und seine Nichtbefriedigung ist traurig, ja vielleicht schädlich für mich, doch in den Verhältnissen begründet. Keinenfalls ist Sell aber der dazu erwählende, so wie er sich jetzt zeigt, wenn auch sein Wunsch sehr natürlich ist. – Für Onkel George346 die 300 Th[a]l]e]r /202/ übernommen. 18 Dezember. Sonntag. Walther bereitet dem Herrn den Weg. In 1 ½ St[unden] nach Ludwigslust geritten, wohin wir die leider Abreisende Tante347 und Onkel George begleiteten. Diner. Thee beim Onkel.348 19 Dezember. Um 5 ½ Fr[äu]l[ein] Stenglin, Fr[äu]l[ein] Hochstetter und Seebach, um 6 Uhr die Tante abgereist. Wir nach Schwerin zurück. Nun sind wir wieder allein, der ganze verlebte Jammer taucht dann zuweilen wieder einmal auf. Der 340 Pennewitz, Bauerndorf. 341 Dort beschlossen die meckl. Stände 1549 die Einführung der Reformation. 342 Der Flurname nimmt Bezug auf die Verbrennung von Juden nach dem legendären Sternberger Hostienfrevel 1492. 343 Ventschow. 344 Gut zwischen Schwerin und Sternberg. 345 August Wilhelm Graf von Hessenstein auf Groß Bäbelin (1790–1867), Geheimrat. 346 Prinz Georg von Altenburg (1796–1853). 347 Marie von Sachsen-Altenburg, geb. Herzogin von Mecklenburg. 348 Herzog Gustav von Mecklenburg.

134 Schwerin einzige Trost ist dann wieder: Gottes weise, liebende Führung; stille, freudige ­Ergebung und strenge Pflichterfüllung. 20 Dezember. Reitstunde in der Bahn. 21 Dezember. Wilhelm angekommen als Ueberraschung für Mama. Größer und dicker geworden. Da ich in gleicher Lage gewesen, kann ich mich so ganz in seine Lage denken; ich betrachte die ganze Scene der Ankunft psychologisch, den durch seine Persönlichkeit hervorgerufenen Unterschied auch bemerkend. 22 Dezember. Generalin u[nd] Fr[äu]l[ein] v[on] Barner bei uns.349 Sell tadelte an mir den Mangel an Energie in meinem Handeln, und er hat ganz recht. Die Eintheilung meines Tages zum Zwecke der Besorgung meiner Geschäfte und meines Selbststudiums /203/ ist eine angemessene, aber theils die kraftvolle Durchführung derselben, theils die Energie, welche unterstützt durch jene Eintheilung, eine begonnene Sache rasch und gründlich zu Ende führt, fehlt mir. Gleichen Tadel trifft aber auch mein Streben nach Gott und meiner höheren Aufgabe, und zwar momentan auf eine unverantwortliche Weise, herbeigeführt durch das zerstreuende meiner jetzigen Lebensweise, und auch hier eine gewisse inertia.350 23 Dezember. Auf Metella ohne Bügel geritten; Wilhelm auch da. Es ist wohl ein natürlicher Ausfluß meines Alters, daß es mich immer wieder hinzieht zu den jungen Damen, und es förmlich auf meine Stimmung einwirken kann, ob eine mit mir freundlich gesprochen, oder mein scheues Wesen mich von ihnen entfernt gehalten hat. 24 Dezember. Weihnachtsabend. Es ist der erste Weihnachsabend, den wir ohne Papa erleben. Mein Gott, Du lenkst die Schicksale der Menschen, was du thust, das ist wohlgethan! Aufgeputzt bei mir im Saal. Mama weinte sehr, faßte sich jedoch bald wieder. Julklapps.351 25 Dezember. 1 Weihnachtstag. Der von Instrumentalmusik begleitete Gesang im Dom erschütterte Mama so, daß sie einen krampfigen Anfall von /204/ Weinen bekam, die Kirche noch vor der Predigt verlassen mußte und zu Frau von Vithinghof352 ging. Hieraus erkennt man wieder recht, wie der sonst anscheinend ruhige Zustand von Mama nur eine dünne Hülle ist, die ein in namenlosem Jammer gebrochenes Herz bedeckt. Unsere Kindespflicht ist es nun, doppelt Mama in dieser Hinsicht recht zu pflegen und an uns und außer uns alles zu entfernen, das sie schmerzlich berühren könnte. Den Mittag allein gegessen. Den Abend Thee. Mein scheues und coquettes Wesen gegen die Damen ist noch immer dasselbe, und es kann leicht schlechte Früchte tragen. Die Hauptursache ist immer die Eitelkeit, die noch immer ihr Haupt erhebt. 26 Dezember. 2. Weihnachtstag. Größeres Diner. Theater. Souper. 349 Ulrich von Barner (1786–1846), preuß. Generalleutnant, verh. mit Ida Heim (1796–1873). Ihre Tochter Ida von Barner lebte 1826–1890. 350 Trägheit. 351 Weihnachtsbrauch mit Scherzgeschenken. 352 Marie von Vietinghoff, geb. von Moltke, Hofdame der Großherzogin Alexandrine.



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27 Dezember. Unwohl. Mit Lieutenant Blücher353 nach dem Werder. Griseldis354 im Theater. Die Bröge355 recht gut. Wiwi als Bistower Bäuerin recht hübsch.356 28 Dezember. Saujagd für Wilhelm in der Wildbahn. 10 Schweine, ich 1 abgefangen. Tüchtig gelaufen. Sehr amüsant. Nun im Ganzen an 63 Schweine bekommen. 29 Dezember. Nix. 30 Dezember. Jagd bei Oynhausen357 und Mecklenburg.358 1 R[eh]b[oc]k, 4 R[ehe], 1 H[asen]. Die Lübsdorfer Forst am See schön. /205/ 31 Dezember. Mein Gott! Das Jahr 1842 ist wohl das wichtigste in dem bisher von mir zurückgelegten Lebensabschnitt. Du hast mich in demselben auf den Standpunkt geführt, für welchen ich nach Menschen Gedenken von meiner Geburt an bestimmt war, welchen zu erreichen, ich bisher nie oder erst sehr spät gedacht, gehofft hatte. Ich habe eine schöne, glückliche Kindheit, eine erste, eine zweite verlebt; ich war seelig in meiner goldenen Jugendzeit an den Ufern des herrlichen Rheins. Ich hatte als Gegenstand meines Handelns nur mich, ich suchte, den höheren Zweck meines Daseins, meine Heiligung, stets im Auge [zu haben], demgemäß mich zu bilden, und erblickte als meine äußere Aufgabe die Erfüllung der mir von Außen aufgelegten Pflichten aus diesem Grunde und zu diesem Zwecke. Dies war das Ideal, das mein Leben sein sollte, das zu erreichen nur Sünde und ihre Folgen: Schwäche mich abhielt, als der 7te März diesem sorgenlosen Jugendleben ein Ende machte! Der furchtbare Schmerz über den Tod unseres lieben, lieben, unvergeßlichen Papa ward nicht überwältigend durch den Gedanken, daß es Dein liebender, weiser Wille, und unter diesem Gesichtspunkt erfaßte ich nun alles, was daraus für mich folgte, eine Thronbesteigung, an die ich noch fast mit dem letzten Seufzer von Papa /206/ nicht hatte denken können, und zwar mit 19 Jahren, mitten in einer Bildungsperiode begriffen, in der alles in mir sich erst in der Entwicklung befand, weniges vollendet und befestigt, in Beziehung auf Kenntnis äußerer Verhältnisse fast noch nichts geschehen war. Während ich alles äußere große, erschreckende, räthselhafte dieser Schickung Gott ruhig anheim gab, der sie gesandt, folterte mich förmlich der quälende Gedanke, daß ich in dem Strudel meines neuen Berufslebens, das ja manchem starken und großen Charakter zum Falle gereicht, mich selbst und Gott verlieren würde. Denn während bisher ich unter sorgender Leutung nur mir selbst lebte, hast Du mir nun einen Lebensberuf, früh und schwer, angewiesen, und in der höchstmöglichen aufopfernden Erfüllung desselben sehe ich meine äußere Lebensaufgabe, so wiederum auch nur ein Mittel zur Erreichung meiner inneren höchsten Aufgabe: 353 Hans von Blücher (geb. 1823), Premierleutnant beim Dragonerregiment. 354 Drama von Friedrich Halm (1806–1871). 355 Die Schauspielerin war im Fach der jugendlichen Liebhaberin 1842/43 am Schweriner Hoftheater engagiert. 356 Herzogin Louise trug die Biestower Bauerntracht. 357 Lesung unsicher. 358 Dorf Mecklenburg bei Wismar. Mit Oyenhausen ist mglw. der Gutsbesitzer Friedrich Georg Gustav Ludwig Graf von Oeynhausen auf Brahlstorf gemeint.

136 Schwerin Heiligung. Ich flehe Dich nun an, mein alter, lieber Gott, gieb mir die Kraft, den Einflüssen eines Lebens, wie Du es für mich gewandt hast, nicht zu erliegen, den Kampf mit der unter tausend Gestalten sich darbietenden Sünde siegreich zu bestehen, namentlich gegen Sinnlichkeit und Eitelkeit, gieb mir durch den Gedanken an Dich Kraft und Einsicht für mein /207/ schweres Amt, segne mein Mecklenburg in innerer wie äußerer Beziehung, segne meine liebe, arme Mama und erhalten mir und meinen Geschwistern diese einzige Stütze noch recht, recht lange. Du hast mich im Jahre 1842 nach unerforschlichem, weisen, liebenden Rathschlusse geführt. Dir befehle ich mein ganzes noch vor mir liegendes Leben in der Zeit. Bleibe Du bei mir und hilf mir zu meinem wahren ewigen Heile. 2 Monate in Bonn; † Tod von Papa; Regierungsantritt; Wilhelm nach Dresden; Reise nach Sanssouci; Masern; Traurige Stimmung; Doberan; Maneuvre bei Brühl, Bonn, Weimar, Altenburg, Dresden; Jagden in Ludwigslust; Saujagden. /208, 209/



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1843 1 Januar. Große Reveille. Frühstück bei der armen Mama. Schöne Predigt von Walther. Visiten gemacht. Allein gegessen. Theater. Thee mit Mama. 2 Januar. Der erste Arbeitstag im neuen Jahre: mit aller Kraft nun an das Werk: fromm und fleißig, dann fröhlich. Brief von Kliefoth. Theater: Zweikampf.1 Das Theater durchschneidet sehr meine Zeit und mein Streben, sie pedantisch strenge einzutheilen; vielleicht recht gut, da es mich darauf hinweist mehr den Augenblick zu nützen, was ich bisher noch durchaus nicht kann. 3 Januar. Amüsante Reitstunde. Größeres Diner und Thee. Meine Blödigkeit ist ungeheuer. Neben Fr[äu]l[ein] Schack gesessen. Kammerräthin Plessen2 eine angenehme Frau. 4 Januar. Amüsante Reitstunde. Die Bröge für mich eine angenehme Erscheinung. Es scheint mir, als ob ich auch trotz des Theaters meine Beschäftigung der Hauptsache nach werde ungestört fortsetzen können. 5 Januar. L[eutnan]t Müller3 gestürzt in der Stunde. Den Abend die Erblandmarschälle mit dem don gratuit4 gekommen. Nicht im Theater, sondern Brief geschrieben und gearbeitet. /210/ 6 Januar. Heilige Drei Königsfest. Die Landmarschälle v[on] Maltzahn5 und Lützow6 hatten ihre Audienz. Cour und Diner im weißen Saale. Thee. 7 Januar. Wilhelm abgereist. Ich bin sehr trübe gestimmt, denn außer der Betrübnis des Augenblicks, drängen sich Erinnerungen an die Zeit, wo ich in gleicher Lage war und an das, was seitdem geschehen, was sich verändert, mächtig auf. Man beweint mehr sich selbst, als den Anderen. In alles mischt sich die Selbstliebe, die Eitelkeit. Was war es anders, was mich gestern in so schändlicher, sündhafter Stimmung an den Sarg von Papa hintreten ließ? O mein Gott, vergib mir die Sünde, und lasse mich nicht untergehen im Strudel des täglichen Lebens. Bohnengesellschaft7 bei Fräulein v[on] Kameke.8 Recht amüsant, neben Fr[äu] l[ein] Schreeb. 8 Januar. Sonntag. Wilhelm in Berlin. In der Kirche nicht aufgepaßt. Dies ist mir jetzt öfter geschehen und ich muß unter Deinem Schutze, mein Gott, ernstlich dagegen streben und mich des alten Worts erinnern: bewahre Deinen Fuß, wenn

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Der Zweikampf mit der Geliebten, Oper von Louis Spohr (1784–1859). Bernhardine Wilhelmine, geb. Freiin von Brandenstein (1799–1868), verh. mit dem Geheimen Kammerrat Hans Leopold Bernhard von Plessen (1790–1871). Hermann von Müller (1814–1892), Sekondleutnant und Adjutant beim Brigadestab. Die Landstände schenkten dem Großherzog zum Regierungsantritt 24000 Reichstaler in Gold. Ferdinand Baron von Maltzan auf Penzlin (1778–1849). August Friedrich Ulrich von Lützow auf Eickhof (1800–1879). Siehe Eintrag vom 5.1.1845. Pomm. Adelsfamilie.

138 Schwerin du zum Hause Gottes gehst.9 – Zöllner ist sehr unglücklich über die Ertheilung in der Peterschen Angelegenheit und schuldigt Prosch hart an.10 Dahinter mag allerdings etwas stecken. Bei einer solchen Gelegenheit erkenne ich recht meine eigene Unbe- /211/ deutenheit, ja Nichtigkeit, und die Nothwendigkeit mich selbst um die Sachen gründlich zu bekümmern, wenn auch in dieser Angelegenheit keine andere Entscheidung erfolgt wäre. 9 Januar. Mit allen, allen inneren und äußeren Kräften nun an das Streben nach Erfüllung meiner äußeren und inneren Aufgabe: mit Deiner Hülfe, mein Gott! Die Reitstunden amüsiren mich sehr. Müller wieder gestürzt.11 Da Mama unwohl, bei ihr gegessen und Thee getrunken, nicht in das Theater. 10 Januar. Gestern Abend Buch über Großpapa begonnen, 12 das mir einen großen Eindruck gemacht hat, und gewiß sehr segensreich für mich sein wird. – Zum ersten Male einer Ministerialsitzung beigewohnt.13 Mama wieder besser. Angefangen, die Quadrille zu reiten, was mich unendlich amüsirt und mir sehr den Kopf einnimmt, da es meine Passion für das feine Reiten und auch die Eitelkeit erregt. Auf dem Schlosse gegessen. Chronik von Westphalen im mecklenburgischen Staatsrecht kennen gelernt.14 11 Januar. Graf Bassewitz angekommen, die neuen Landräte Graf Eyben und Oertz[en] von Jürgensdorf.15 Diner. Peters im Doctor Wespe16 applaudirt, sehr unpassend. Feuer beim Reifer Rose am Mühlenthor. /212/ 12 Januar. Durch das Theater thue ich eigentlich doch zu wenig. Ich muß meinen Fleiß verdoppeln und dadurch Zeit zu gewinnen suchen, doch bin ich jetzt nicht fleißig und gründlich. Das Reiten macht mir viel Spaß. Landrath Maltzan17 zur Auslosung18 hier. 13 Januar. Mein Gott, gieb mir Energie, denn die fehlt meinem ganzen Wesen, nimm mich ganz in Deinen Schutz.

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Prediger 4, 17. Verm. ging es dabei zwischen dem Kabinettssekretär Eduard Prosch und dem Theaterintendanten Carl Zoellner, der auch Sekretär der Großherzogin Alexandrine war, um den Schauspieler Joseph Peters. Vgl. den Eintrag von 5.1.1843. Eylert, Rulemann Friedrich: Charakter-Züge und historische Fragmente aus dem Leben des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm III., Magdeburg 1842. Eylert (1770–1852) war als Hofprediger und Bischof Vertrauter des Königs. Sitzung des dreiköpfigen Geheimen Staatsministeriums. Ernst Joachim Westphalen (1700–1759) gab 1739–45 in 4 Bänden die „Monumenta inedita rerum Germanicarum“ heraus, eine Quellensammlung zur holst. und meckl. Geschichte. Friedrich Adolph Gottlieb Graf von Eyben auf Setzin (1805–1889) und Georg Ludwig von Oertzen auf Jürgenstorf (1801–1878). Lustspiel von Roderich Benedix (1811–1873). Friedrich von Maltzan auf Rothenmoor. Auslosung der Militärpflichtigen.



Januar 1843

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14 Januar. Zur Jagd bei Behr von Lützow:19 3 H[asen]. Furchtbares Wetter. Ungeheures Diner. Amüsant. Rückfahrt im Mondschein. 15 Januar. Sonntag. Walther predigte gut: thut nur erst nach dem Wort, so werdet ihr seiner Herrlichkeit inne werden. Bei Mama en famille gegessen. Theater: Stumme von Portici.20 Thee. L[eutnan]t Könemann.21 16 Januar. Erst 7 ¼ aufgestanden. Viele Gegenstände, die mir im Kopfe umhergingen, vorgenommen, was das Zerrissene meiner Lebensweise hervorbringt; doch der von Gott mir auferlegte Beruf bringt es so mit sich, und aus Liebe zu Gott will ich es mit Freuden tragen. So wird auch weniger Nachtheil daraus für mich entstehen. – Graf Bassewitz fort. Den Abend gearbeitet. 17 Januar. Quadrille geritten. Den Abend die Helme angekommen.22 Brief von Wilhelm. 18 Januar. Die beiden Blüchers angekommen. Ruhe /213/ und Zufriedenheit fliehen mich noch durchaus, und, obgleich ich den rechten Gesichtspunkt, unter welchem mein jetziges Leben zu erfassen, gefunden zu haben glaube, so empfinde ich doch die Folgen nicht, ein Beweis, daß jene Gedanken nicht Leben geworden. 19 Januar. H[err] v[on] Arnim und Fr[äu]l[ein] v[on] Meerheimb, Schwester von meinem Bekannten. Blücher amüsant durch Brodfiguren. Zum ersten Male auf dem englischen Sattel ohne Bügel geritten. 20 Januar. Seit einigen Wochen bin ich bedeutend faul. Drum will ich mit Energie wieder an mein Tagewerk gehen, und mit Gottes Hülfe die gefährliche Halbheit entfernen. – Metella so geritten. Zwei badische Offiziere zum Hengste-Ankauf hier, wovon ich den Obersten in Brüel kennen gelernt. Blücher amüsirt die Damen sehr, ist ziemlich in Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb verliebt. – Ich muß oft an Papa, an seinen Tod denken! 21 Januar. H[err] v[on] Mecklenburg hier.23 Quadrille. Thee 22 Januar. Sonntag. In der Kirche wieder nicht ordentlich aufgepaßt. Zerstreutheit, Schwäche, Eitelkeit trüben mir den Anblick zu Dir, mein Gott. Das rastlose Treiben läßt mich die Schwäche meines in mir angebauten Seegens fühlen, denn es ist nun meine Aufgabe, über den Strudel des Lebens mich zu erheben /214/ und dennoch nach Deiner Gemeinschaft zu streben. Doch dies sind alles mehr Worte; die That folgt dennoch nicht. 23 Januar. Damen in der Reitbahn. Sogleich die Eitelkeit geweckt. Theater: Herzog Ernst von Schwaben, das einzige, aber schöne Trauerspiel von Uhland. 24 Januar. Die Tage fliehen mit unendlicher Geschwindigkeit. Vor einem Jahre das Feuer der Ebelingschen Häuser,24 wo Papa sich so erkältete. Soiree beim Minister 19 20 21 22 23 24

Ernst Theodor Friedrich von Behr auf Lützow. La Muette de Portici, Oper von Daniel François Esprit Auber. Friedrich Franz von Könemann (1821–1889), Secondleutnant im Dragonerregiment. Für das Militär. Verm. Christian Ludwig Ernst von Mecklenburg (1803–1861) auf Wieschendorf. Großherzog Paul Friedrich überwachte dort die Löscharbeiten.

140 Schwerin Lützow, wo ich zum ersten Male die hiesige Gesellschaft beisammen sah. Gesellschaft macht mir seit Bonn doch Spaß, vielleicht, weil in der Regel die Eitelkeit dabei Nahrung findet. Nachher noch zu Mama, wo ich erzählen mußte. 25 Januar. Landrath Lehrs mit Frau.25 H[err] v[on] Weltzien aus Bonn zurück, Brief vom Lippe. 26 Januar. Colonel in der Quadrille sehr ungezogen. Diner beim Minister Levetzow. Thee bei Wiwi und Souper. 27 Januar. Das Buch von Eylert über Großpapa ist außerordentlich interessant durch die psychologische Haltung und die Art der Anwendung auf ihn. Großpapa war danach wahrhaft groß, ein nachahmungswerthes Vorbild. – 28 Januar. Von Fräulein v[on] Rummel geträumt, mit /215/ der ich vor einem Jahre bei Becher tanzte. Es ist sehr merkwürdig, daß ich häufig von Personen und Sachen träume, mit denen ich an dem Tage vor einem Jahre grade in Berührung gekommen war. 29 Januar. Schlechte Nachrichten von Levetzow.26 Kunstgeschichte bei Prosch.27 Thee bei Wiwi. 30 Januar. Ich fange jetzt an, des Sonntags wieder recht zu genießen, indem die Ruhe vom Tagewerk mir wahrhaft Bedürfnis ist und ich Mama einmal sprechen und genießen kann. Meine Aufmerksamkeit in der Kirche war etwas besser, doch weit entfernt von jener früheren Innbrunst, mit der ich das Wort einsog, und es klingt wohl tiefer aber nicht so voll an. – Stürmische Sitzung des Ministerii bei mir wegen des von H[errn] Block vorgeschlagenen Planes zur Erzielung unserer Eisenbahn, der eigentlich in Creirung von 3 Millionen Papiergeld besteht. M[inister] Lützow das fortschreitende, M[inister] Levetzow das stabile, mecklenburgische, vor allem neuen zurückschreckende Prinzip. Ich glaube, daß letzteres wohl zu berücksichtigen ist; wo die Gefahr am größten ist, weiß ich noch nicht. – Hofmarschall Levetzow gestern Abend um 6 Uhr gestorben. Geistig ist er mit seiner Familie, mit Dorothe nun wieder vereinigt. Gott hat ihn hart in seinem Leben geprüft, doch zu seinem wahren Heile. Er war auch noch so ein alter Bekannter aus der Kindheit. /216/ Meine jetzige Lage verhindert mich in eine große Selbstsucht zu verfallen, zu der ich zu gelangen, durch das frühere ausschließlich mir selbst leben auf dem besten Wege war, indem sowohl meine Gedanken von mir selbst abgewandt werden als auch ich täglich in die Lage komme, Verhältnisse zu behandeln, mit denen mein Ich nur entfernt zu thun hat. Uebrigens besitze ich einen bedeutenden Grad von Selbstsucht, soferne sie an Eitelkeit grenzt. Mein Gott, wie du mir meine Sünde hast doch zum großen Theil besiegen helfen, so tödte Du auch die schreckliche Eitelkeit in mir mit ihrem unabfehlbaren Schweif von Folgen! 25 26 27

Johann Jacob von Leers auf Schönfeld (1783–1855), verh. mit Luise, geb. von Bischoffshausen (1784–1862). Gemeint ist der Hofmarschall Joachim Otto Ulrich von Levetzow. Der Geheime Kabinettsrat Dr. Eduard Prosch hatte Jura und Kunstgeschichte studiert.



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31 Januar. Meine täglichen Gedanken wenden sich weit mehr äußerlichen Dingen zu, als früher; das Schwärmen, wo der Gedanken durch äußeres angeregt zum verwandten Höhren schnell hinüber schweift, verläßt mich. Vielleicht ist es das Wahrzeichen des entschwindenden Jugendtraums. – Alles, was ich jetzt hier niederschreibe, geht auch nicht mehr so unmittelbar aus der Tiefe meines inneren Lebens hervor, wie früher, sondern mehr aus einer flüchtigen Regung des Gefühls. – Zum ersten Male Damen in der Quadrille. Fräulein v[on] Langen recht hübsch. Beim B. dauphin neben Frau v[on] Oertzen. 1 Februar. Todestag von Großpapa. Nun schon der zweite Großherzog todt,28 wann wohl mein Todestag? – Theater: der Maskenball.29 /217/ 2 Februar. Muthloser, verwirrter Zustand in mir, indem ich glaube, daß sowohl mein Gemüth als die Ausbildung meiner geistigen Kräfte für jetzt wenigstens leidet. Ob ich nun zwar weiß, daß es meine Aufgabe ist, grade unter diesen erschwerenden Umständen meinem Ziele nachzustreben, und es also zum Theil wenigstens meine Schuld ist, so ängstigt und regt mich doch dies beständig auf. Das einzige Mittel dagegen ist festes Halten an Gott und ernstes Streben durch Wachsamkeit, Fleiß, durch Hingabe aller Kräfte die schädlichen Folgen auszugleichen. 3 Februar. Von Metella herunter gefallen bei den Selaren,30 sehr amüsant. Graf und Gräfin Bassewitz, Treuenfels31 hier. Ich werde wohl zur Hochzeit von Marie32 nach Hannover gehen und mich an ihrem Glücke freuen. 4 Februar. Wir gehen heute nach Ludwigslust zur Beerdigung von Levetzow. Doch wie ganz anders ist meine Stimmung dazu jetzt, als damals bei dem von Gräfin Emma.33 Das Leben ist im Begriff jenen Schleier vor die Wahrheit in demselben zu ziehen, den ich so sehr fürchte, und die Folge davon, Leichtsinn bei ernsten Dingen und Gefühllosigkeit für das Schicksal anderer kommen auch schon an mich. Die Eitelkeit verwandelt sich in Egoismus, und der Weltmensch ist da. /218/ Die Beerdigung machte mir doch Eindruck, namentlich das Worte von Kliefoth: wir alle, die wir dies Grab umstehen, gehen noch einmal wieder hinaus in das bunte, wildbewegte Leben; alle aber kommen wir einst, einer nach dem anderen hieher zurück, um dann nicht wieder fortzugehen. – Thee bei Onkel Gustav. 5 Februar. Sonntag. Kliefoth: der Weg ist Christus, der nach Gott führt. – Nach Schwerin auf Rosa und Gray-fairy geritten. – Theater: Waise und Mörder.34 6 Februar. Nichts. 28 29 30 31 32 33 34

Gemeint sind der 1815 Großherzog gewordene und 1837 gestorbene Friedrich Franz I. und sein 1842 gestorbener Enkel Paul Friedrich. Gustav oder der Maskenball, Oper von Daniel-François-Esprit Auber. Lesung unsicher. Carl Ludwig Jaspar von Treuenfels auf Neuhof, Kammerherr. Herzogin Marie von Sachsen-Altenburg (1818–1907). Gräfin Emma zur Lippe-Biesterfeld. Vgl. Eintrag vom 13.1.1842. Die Waise und der Mörder, Melodram von Frédéric Dupetit-Méré (1785–1827).

142 Schwerin 7 Februar. Quadrille. Den Abend Thee. Dort sitzend dachte ich: was für eine schöne Zeit vergeude ich jetzt bei Dingen, die weder Herz noch den Verstand auffrischen, bilden, nur berühren. Wenn ich da auf das Universitätsleben zurückschaue! 8 Februar. Die Nacht viel geträumt und zwar Bilder der Sinnlichkeit. Vor einem Jahr Carneval. – Die Quadrille zum ersten male mit Musik geritten, was mir eine große Freude machte, wie ich in allen Sachen derart doch sehr jung bin. Graf Hahn hier. Gespräch mit Mama über das Klatschen von Fr[äu]l[ein] Gallenfeldt.35 Bei der Gelegenheit erfahren, daß es mit der Krankheit von der Schreeb etwas besonderes auf sich haben muß. 9 Februar. Im Theater die Schule des Lebens.36 Die Bröge /219/ recht gut darin. Das Zischen der Offiziere. Dem General Both mein Bonner Bild nicht gegeben, obwohl ich es ihm in Ludwigslust versprochen hatte. Ich hatte es vergessen und muß es wieder gut machen. 10 Februar. Nach einiger Selbstüberwindung ihm geschrieben und das Bild geschickt. Obwohl dies nur die einfache Erfüllung eines Versprechen, das ich der mir unangenehmen Persönlichkeit des Generals wegen, in Versuchung gekommen war, nicht erfüllen zu wollen, so erhob sich doch alsbald meine Eitelkeit, um mir dies als eine edle Handlung und mich mir selbst als deshalb preiswürdig dazustellen. Nun besteht in mir der seltsame, schädliche Zustand, daß dies meine eigentliche Meinung ist, dennoch aber ich mich von jener Eingebung der Eitelkeit nicht ganz frei machen kann, ja wohl selbst meine, daß das haben jener ersten Meinung verdienstlich sei. 11 Februar. Quadrille mit Musik. Landrat Blücher von Sukow37 und die Herren von Oertzen auf Marin38 und Kittendorf39 hier. 12 Februar. Kirche. Diner. Lucretia Borgia.40 13 Februar. Pirschjagd im Buchholz, dessen ganzen Umkreis wir durchzogen, wir sahen sehr viel Wild, erlegten einen Spießer,41 ließen die Säue aber in Ruhe. Abend Theater: die Kunst zu gefallen.42 /220/ 14 Februar. Die Reise spukt mir sehr im Kopfe. Bei der Quadrille sehr viele Damen, es ging recht gut. Beim Thee Vorstellung des H[errn] Christeinike mit dem Electro-magnetischen Apparate, die Schläge schütteln gewaltig den Körper und ziehen krumm zusammen.43 15 Februar. Nach Ludwigslust. Unwohl. 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Susette von Gallenfeldt, Hofdame der Großherzogin Alexandrine. Die Schule des Lebens, Schauspiel von Ernst Raupach. Hans Dietrich Wilhelm von Blücher (1789–1861). Carl Nicolaus von Oertzen (1799–1865), Kammerherr. Hans Friedrich von Oertzen (1816–1902). Lucrezia Borgia, Oper von Gaetano Donizetti. Einjähriger Rehbock. Vicomte von Létorières oder: Die Kunst zu gefallen, Lustspiel von Carl Blum (1786–1844). Der Lübecker Optiker Christeinicke stellte seinen elektromagnetischen Kreisel vor.



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16 Februar. Um 2 Uhr Nachts nach Hannover abgereist,44 wo Ankunft nach 8 Uhr. Gleich zum König,45 der mir wieder sehr imponirte. 17 Februar. Visiten beim Kronprinzen und den übrigen Herrschaften. Tante von Rudolstadt46 hat eine sehr angenehme Erscheinung. Agnes ist sehr, sehr hübsch geworden, aber ihr Auge, das Zeugnis inwohnenden Geistes, ist ausdruckslos.47 Die Figur und das Benehmen ist charmant. Auch die Wilhelm Solms wieder gesehen.48 Visiten bei den Oberchargen und Ministern. Versammlung um 2 ½ Uhr zum Empfang von Marie. Endlich kam sie an, escortirt von Bürgern und Offiziren, unter ungeheurem Jubelruf, der Wagen bis oben hinauf besprützt. Sie hatte ein hellgelbes Kleid mit weiß besetzt an, und sah sehr gut aus. Furchtbar ward das Gedränge, als sie sich am Fenster zeigte. Endlich folgte für uns fast Verhungerte das Diner, nachdem die Damen der Prinzessin vorgestellt. Nach /221/ kurzer Rast versammelte man sich wieder im Treibhaus, um dem nun beginnenden imposanten Feuerwerk beizuwohnen, das ununterbrochen die überraschendsten Bilder zeigte. Leicht und keck war der Parademarsch der Fackeln. Diesen Tag beschloß ein sehr langes Souper. Tante von Rudolstadt nennt mich Du. 18 Februar. Besuch bei den Altenburger Herrschaften, wo Marie ganz die alte war. Um 2 Uhr dejeuner beim König. Um 7 Uhr Beginn der Vermählungsfeier. Im Zuge nach der Kapelle, die einen herrlichen Eindruck machte. Schöne Rede von Consistorialrath Leopold.49 Der Anblick des Brautpaars und des alten Königs war rührend. Nachher Cour und Spiel mit Therese,50 Agnes und Onkel Karl, dann Souper und Fackeltanz. Ein für Hannover wichtiger Tag. 19 Februar. Kirchgang (gelacht). Die Kirche schön. Diner beim König. Abend endlose Cour bei den Neu-Vermählten und heißes Conzert, wo ich zwischen den beiden Schwestern saß. Dann Souper. 2 Uhr zu Bett. 20 Februar. Reitbahn und Garde du Corps. Kaserne besehen. Diner. Theater paré.51 Souper. 21 Februar. Familiendiner. Ball, nicht getanzt, eine Menge Menschen kennen gelernt, auch die andere Conteß Hardenberg,52 die ebenfalls sehr hübsch. Beim /222/ Souper zwischen Agnes und Therese. Bald darauf abgereist. 22 Februar. Die Nacht durch, über Wittenburg nach Schwerin. Mama noch gesehen.

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Zur Hochzeit des Kronprinzenpaares Georg (V.) und Marie von Sachsen-Altenburg am 18.2. Ernst August I. von Hannover (1771–1851). Verm. Karoline von Schwarzburg-Rudolstadt (1771–1854), geb. von Hessen-Homburg, de facto seit 1807 Regentin, eine Schwester der Erbgroßherzogin Auguste von Mecklenburg. Friederike Amalie Agnes von Anhalt-Dessau (1824–1897). Fürst Wilhelm zu Solms-Braunfels, verh. mit Anna Maria, geb. Gräfin Kinsky. Friedrich Leopold (1795–1875), Konsistorialrat und Generalsuperintendent. Henriette Friederike Therese Elisabeth von Sachsen-Altenburg (1823–1915). Geschmücktes Theater, Festvorstellung. Eine der 1824 geborenen Zwillingstöchter des Grafen Carl Ludwig August von Hardenberg (1791–1865), Anna oder Adelheid.

144 Schwerin 23 Februar. Geburtstag von Mama; sie sehr traurig. Ich schenkte ihr mein Bild von Boddin. 24 Februar. Die Hannöversche Zeit geht mir noch sehr im Kopf umher. Es wird viel von Agnes gesprochen. Briefe vom König und der Königin, daß ich sie evitirt,53 was mir wirklich nicht eingefallen. Es wäre übrigens doch merkwürdig und unnatürlich, wenn ich, was man aber allgemein vorauszusetzen scheint, mich nun gleich in Agnes bis über die Ohren verliebt hätte, da ich doch manches hübschere Mädchen gesehen habe als sie, und ich dann doch schon einige hundert mal hätte verliebt gewesen sein müssen. Einige male war es allerdings wohl schon der Fall. 25 Februar. Noch nicht wieder mit aller Kraft das Tagewerk begonnen. 26 Februar. Sonntag. Walther im Dom: Begeisterung für Christum. Die Sinnlichkeit regt sich wieder in mir, und die Energie mangelt, sie zurückzuweisen. Ich leistete ihr sogar Vorschub. Es ist ganz schändlich! 27 Februar. Morgen 20 Jahre alt und Großherzog! 28 Februar. Mein Geburtstag. Daß ich den Tag als Großherzog feierte, ließ keine Freude darüber bei mir aufkommen. Ueberdem konnte ich mich zu keiner hohen, frommen Stimmung erheben, wenn auch Versuche dazu und gute Entschlüsse da waren. Frühstück bei mir auf dem Schlosse, hübsche Geschenke. Dann um allen Gratulationen zu entgehen in das Buchholz, wo ich einen Spießer schoß, mein Sinn in der freien Natur freier wurde. Um 4 Uhr aßen wir auf dem Schlosse und brachten dann den Abend zusammen im Palais zu. Ein trauriger Tag! 1 März. Vor einem Jahr so ahnungslos! Sündliche Stimmung. Gebet und Arbeit thuen Noth. Zum letzten Male die Quadrille geritten. 2 März. Ich stehe jetzt noch um 7 Uhr auf, was mir recht gut bekommt, bis Löbell da ist. Faust angefang[en]. 3 März. Schönes Wetter. Loebell angekommen, wohnt im Schloß. Im Faust weiter gelesen, sehr interessant. 4 März. Mit Loebell begonnen. 5 März. Sonntag. Walther erinnerte an Papa. Mama den ganzen Tag sehr bewegt. Um 12 Uhr Wilhelm angekommen, vor einem Jahre kam ich an, unter wie anderen Verhältnissen! 6 März. Schönes, herrliches Wetter, das den Frühling ahnen läßt. O möchte mit dem Frühjahre reineres, /224/ frommeres Streben mich erfüllen und die Kraft mir dazu wachsen aus der rechten Quelle, aus der Liebe Gottes in Jesu Christo! Das Frühjahr hatte sonst eine solche Wirkung auf mein Gemüth, daß es mich stärkte in meinem Streben, mich erheiterte und erfrischte im ganzen Sinne des Wortes. 7 März. Todestag von Papa! Ein Jahr ist nun verflossen, seit Papa durch Gott von hier abgerufen, seit jener große Schlag mein Leben traf, mich auf den Thron Mecklenburgs berief, mir mit 19 Jahren, der ich noch das mir vorgesetzte Bildungsziel nicht erreicht, einen verantwortungsvollen Wirkungskreis gab, aus dem ich nur 53

Jmd. meiden.



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erst mit meinem zeitlichen Tode scheiden soll. Es war ein schweres Jahr der Schule, indem ich mit meinem ganz auf die Wissenschaft gerichteten Streben für mich auf das Leben hingewiesen wurde, anscheinend ohne Rücksicht auf meine Entwicklung. Während mir das Abthun der täglichen Geschäfte, insoweit das regieren heißt, leichter wurde, quälte mich trotz der Ueberzeugung von der liebenden Weisheit Gottes die Furcht, an meinem Innern Schaden zu nehmen, und allerdings bin ich weniger begeistert für Religion und Natur und die Eitelkeit und Begierde sind nicht geringer geworden. Die Thatkraft dagegen ist im Steigen, aber auch Miß- /225/ trauen, durch die Klugheit hervorgebracht. Mein Gott, ich bin jetzt in der Umgestaltung begriffen, die der 7. März offenbar in Bezug auf vieles in mir bewirkt, und kann den ganzen Erfolg noch nicht übersehen. Auf Dich vertraue ich aber ganz, bewahre mir nur den Aufblick zu Dir und Deinem lieben Sohn. Dann wird es auch nicht schlechter, sondern besser in mir werden! Um 8 Uhr im Dom, die Sonne schien hinein; es war herrlich, erhebend. – Großer Spazirgang mit Wilhelm. 8 März. Mit Wilhelm und v[on] d[er] Lühe geritten. Den Nachmittag nach Ludwigslust, wo Thee beim Onkel. 10 März. Wilhelm nach Dresden wieder abgereist. Wir zur Kirche nach Schwerin zurück, da Bettag. 11 März. Recht gewissenhaft bei meinem Berufsleben. 12 März. Sonntag, im Dom Pomerenken:54 eine einfache, begeisterte, ächt christliche Predigt; unangenehmes Organ. Die Persönlichkeit des Predigers und Beschaffenheit der Predigt muß weniger den keinen Einfluß auf das Vorhanden oder nicht Vorhandensein der Andacht, sondern nur einen secundären haben, indem der Mensch diese mitbringen soll, wodann jede noch so schwa- /226/ frommeres Strebenche Predigt ihren Zweck an ihm erfüllen wird. 13 März. Gestern wurde meine Reise nach Rußland beschlossen, die mich sehr zerstreut, da ich mich davor fürchte und doch mich darauf freue. 14 März. Nix. 15 März. Melancholische Stimmung. 16 März. Der Neuenkirchensche Besetzungsfall mir zur Entscheidung vorgelegt. Quadrille geritten; von der Lühes und Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb da. Zuletzt gesprungen. 17 März. Pastor Düring55 soll versetzt werden. Quadrille mit Musik geritten. 18 März. Amüsanter Ritt mit v[on] d[er] Lühe56 und einigen Offizieren nach Zippendorf. 54 Verm. der Predigtamtskandidat Gustav Pommerencke (1806–1876), ab 1846 Pastor in Zehna. 55 Ludwig Johann Gotthard Dühring (1805–1879) wurde 1843 von Wustrow nach Neuenkirchen versetzt. Er war am Aufbau der Inneren Mission beteiligt und Mitbegründer des Meckl. Gotteskastens. 56 Verm. Adjutant beim Grenadier-Gardebataillon.

146 Schwerin 19 März. Sonntag. Tag der Beisetzung von Papa. Schöne Fastenpredigt von Walther über die Verleugnung Petri.57 20 März. Ausharrend fromm und fleißig! Feuer im Schloß im Schornstein bei der Martenskammer. Onkel Gustav hier. Zum ersten Male mit dem Hofe wieder gegessen. Vorlesung von Loebell im Schauspielhause. Lucretia Borgia.58 Souper. 21 März. Frühlingsanfang. Mama in der Quadrille. Thee beim Minister. 22 März. Vorlesung bei Loebell besucht. Merkwürdiger /227/ Brief von Wilhelm, der etwas melancholisch scheint. 23 März. Generalprobe der Quadrille. Der Säuseler da. 24 März. Sehr aufgeregt und unfähig zum allein arbeiten wegen der bevorstehenden Quadrille. – Gut gegangen, trotz aller Angst vorher. Hübsch der Moment des Hereinkommens und des Grüßens. General Barner,59 Bernstorf, 60 Behr hier. 25 März. Nun wieder recht fleißig und treu! Bei uns zum Thee Schreibspiele gespielt, ganz amüsant. 26 März. Sonntag. Nicht in die Kirche, eigentlich aus Faulheit. Theater: Vestalin.61 27 März. Ich bin so wehmüthig und ahnungsvoll, wie immer sonst im Frühjahre, aber nicht so heiter und lebensfroh, mich drückt die Sorge! Regierungsrat Bernstorf62 und die ritterschaftlichen Deputirten63 angekommen. Wenkstern auch hier. Wichtiger Moment. 28 März. Mein Gott, lenke die Angelegenheit nach Deinem Ermessen! Großes Diner, wo auch die Deputation. Soiree beim Oberlandforstmeister,64 wo zum ersten Mal seit dem Tode von Papa wieder getanzt wurde, ich zum ersten male seit dem Ball bei M[ist]r[es]s Hallet65 am 4. Februar 1842. Etwas unwohl. 29 März. Rescript wegen unserer Finanzlage an das Ministerium. 30 März. Meine Sinnlichkeit regte sich wieder heute /228/ morgen, ein Beweis, daß ich grade bei dem jetzigen Stande des Kampfes mit ihr sehr wachsam sein muß. Überhaupt muß ich mir stets das Wort vergegenwärtigen: wer da meint, daß er stehe, sehe wohl zu, daß er nicht falle; indem mich oft eine gewisse Sicherheit

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Markus 14, 62–72. Lucrezia Borgia, Oper von Gaetano Donizetti. Ulrich Friedrich Johann Gottlieb von Barner (1786–1846), preuß. Generalmajor. Graf Bernstorff auf Wedendorf. La vestale, Oper von Giuseppe Saverio Raffaele Mercadante (1795–1870). Wilhelm von Bernstorff, Regierungsrat aus Mecklenburg-Strelitz. Die Gutsbesitzer von Bassewitz-Schimm, von Bernstorff-Wedendorf, von Lowtzow-Klaber, von Oertzen-Leppin sowie Dencker-Knegendorf, Schlettwein-Bandelstorf, Manecke-Vogelsang und Stever-Wustrow verhandelten mit den meckl. Regierungen vom 28.3. bis 4.4. über die Verteilung ständischer Privilegien zwischen adligen und bürgerlichen Gutsbesitzern. Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow. Eine der englischen Familien, die sich im Zuge der Rheinromantik in Bonn niedergelassen hatten.



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erfassen will. – Treibjagen auf Schnepfen im Buchholz. Den Abend spielte die Stich66 im Kaufmann von Venedig67 zum letzten Male. 31 März. D[ie] Verhandlungen stehen noch nicht ganz günstig, doch ist Hoffnung da. Gitana zum ersten Male geritten. Ständchen für die Schlegel.68 1 April. Mein lieber Gott, segne mein Streben im Christenthum durch Thuen des Wortes in der Liebe. Bis hieher hast Du meine Bitte vom 7. März erfüllt, hast mich nicht untergehen lassen durch den Strudel des Lebens; danken kann ich Dir dafür nicht: ich will mich Dir ganz geben. Deshalb nimm mich gerade jetzt noch in Deinen besonderen Schutz, indem die Gewohnheit schon die innere große, mich schützende Aufregung, zu verdrängen beginnt, und ich, los von Dir, ganz blos dastehen würde. Doch ich vertrau fest auf Dich! 2 April. Sonntag. Schöne Predigt. Conzert. Die Schlegel gesprochen. Sie ist weit hübscher als auf dem Theater. Auch die Scott;69 angenehm in der Unterhaltung. 2 April. Sontag. Schöne Predigt von Walther. Spazirgang /229/ mit Ulrich Klein.70 Größeres Diner, wo auch die Bürgerlichen. 3 April. Auf Schnepfenjagd; 1 S[chnepfe] geschossen. Den Abend Walther bei mir. Ich sprach ihm von meinen inneren Zuständen, frug ihn besonders nach der Erlösung und nach dem Abendmahl. Die Erlösung bestehe besonders darin, daß wir durch den festen, starken Glauben Christi vorbildlichem Leben nicht bloß nachstreben sollen und wollen, sondern auch könne. 4 April. Dienstag. Die Deputirten fort, die Bürgerlichen noch bei mir auf der Regierung. Stever71 sprach von dem Prinzipe, von welchem allein sie Conzessionen machen könnten. Baron Biel nebst Frau hier.72 H[err] v[on] Borke fort. 73 5 April. Vorlesung von Loebell. Ich muß fleißiger sein, mit mehr Freundlichkeit an meinen Beruf gehen, Walther den Abend bei mir. Das Gespräch mit ihm wohlthuend, indem meinen ringenden, schwankenden, die verschiedenen Stimmungen hervorbringenden Streben seine klare, freudige, glaubensfeste Seelenruhe gegenübertrat, er mich beruhigte und zu freudiger Hoffnung erhob. 6 April. Reitstunde von Wiwi; mit der Schreeb gesprochen. Die Zickermann ein hübsches Mädchen.74 Mit Demmler die Bauten besehen. Landrat Blücher75 hier.

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Clara Stich (1820–1862). Komödie von William Shakespeare. Luise Köster-Schlegel (1823–1905). Opernsängerin vom Nationaltheater Pest in Ungarn. Ulrich von Klein. Theodor Ernst Stever auf Wustrow (1815–1857). Wilhelm Freiherr von Biel auf Weitendorf und Zierow (1789–1876), verh. mit Mary Blake (1799–1873). Von Borcke, pomm. Adelsfamilie. Mglw. die Tochter des Oberauditeurs Joachim Friedrich Zickermann aus Schwerin. Ernst Anton Wilhelm von Blücher auf Kuppentin.

148 Schwerin 7 April. 8 April. /230/ 9 April. Palmsonntag. Confirmation erhebend; Erinnerung an die eigene. Sie ist doch ein wichtiger Augenblick im Menschenleben, wo der junge Mensch bewußt und feierlich Gott verspricht, sich ihm ganz hinzugeben, Gottes sein zu wollen, zeitlich und ewig! Mein Gott, lasse diesen Tag mir stets gegenwärtig sein! 10 April. 11 April. Ritt auf Gray-Fairy um den unteren Theil des Schweriner Sees. 12 April. 13 April. Grüner Donnerstag. Wir gehen heute zum Abendmahl. Ich hoffe durch Deinen Beistand, mein lieber Gott, viel Seegen davon für mich, neue siegreiche Kraft für mein Streben nach Dir, nach allen Seiten hin. Ich habe mich dazu vorbereitet; nun will ich noch hinaus in Deine herrliche Natur, um Dir näher zu sein vor dem heiligen Male. – Ich habe es genommen, doch nicht in der Sammlung, in der ich hätte sein müssen, in der stillen, heiligen, begeisterten. Doch der Wille war und ist da, mich Dir fortan ganz, ganz zu weihen. Die Kraft für denselben aber suchte ich darin, und ich habe sie neu gefunden. Ich habe auch einen Blick gethan in das Wesen der Vergebung der Sünde, an die ich nicht klar und freudig glaubte, sondern der ich zweifelnd gegenüber stand: Gott sieht den Menschen, /231/ der im Bewußtsein seiner Schuld sich ganz an Christum hingiebt, ihm gleich zu werden strebt für gerechtfertigt an, er behält ihm seine Sünden nicht. 14 April. Char-Freitag. Schöne Predigt von Walther. 15 April. Mein Gott, mein Gott, segne mich und mein Streben nach Dir, schenke mir vor allem Kraft. 16 April. Ostersonntag. Ein herrlicher, lichter, rechter Ostertag. Ostern ist für mich das schönste Fest, erhebt mich immer am meisten. Die Frühlingsahnung kommt hinzu, man ist so begeistert, so feierlich gestimmt. Morgenspazirgang durch die Gärten nach Zippendorf auf den Tannenberg. Dort war es schön! Walther schön im Dom. Kirchenparade. Spaziren mit Mama. Großes Diner. Nachmittagsspazirgang mit v[on] d[er] Lühe. Abendgesellschaft beim Minister, wo auch Fr[äu] l[ein] v[on] Plessen und v[on] Bülow, die hübsch und, die erstere mit mehr Liebenswürdigkeit, die zweite mit mehr Verstand. Amüsanter Abend. 17 April. Ostermontag. Während der Kirche Loebell bei mir. Großes Diner. Norma: Mad[ame] Walker. 76 18 April. Ein herrliches Osterfest habe ich gefeiert! O, möchte das Abendmahl und dies ganze Fest von rechtem neuem Segen für mich sein, und mir die Kraft geben alle meine Kräfte meinem Beruf so zu weihen, wie Gott es will. Nach Peckatel ge- /232/ ritten und gefahren, um der Ausgrabung eines Kegelgrabes durch

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Opernsängerin vom Stadttheater Hamburg in der Oper von Bellini.



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Lisch77 beizuwohnen. Pastor Beust, der Sohn des alten,78 den ich in Consrade sah. – Minister Lützow nach Berlin in der Eisenbahnfrage mit einem Brief von mir an den König. 19 April. Feuer in der Gegend von Sternberg; ich auf Rosa bis Crefeld79 geritten, was hübsch liegt. Dort traf ich H[errn] v[on] Schack von Retgendorf80 mit Wickede, die selbst noch nicht wußten, wo es brannte und meinte, es seien die Jülgensdorfer81 Tannen. Nachmittags noch bei dem herrlichen Wetter spaziren gefahren. 20 April. Schönes Wetter. Ich bin faul, lasse mein Selbststudium ganz liegen, ich will mich ermannen und die inertia besiegen. 21 April. Hübsche Excursion nach Steinfeld.82 Wundervolle Aussicht. Ritt durch einen Theil des Steinfelder Holzes mit dem alten Oberjägermeister,83 der noch wie ein junger Mann reitet. Diner, wo Fräulein von Bülow und von Plessen vorgestellt wurden. 22 April. 23 April. Sonntag. Der Minister erhält das Lehn Boddin.84 24 April. Ritt nach Redefin auf Colonel und Metella. Dort die Rocktingham Füllen85 besehen. Der kleine Behrens86 heruntergefallen. Auf dem Gig nach Lud/233/ wigslust. Dort in die Ställe und zum Onkel hinaus. Gesellschaft bei Stenglins,87 wo H[err] Friedrichs aus Dresden und M[adame] Flor sich hören ließen. Amüsantes Souper. Jahrestag des Jubiläums. 25 April. Gearbeitet. General Both mischt sich [in] die Belowsche Angelegenheit.88 Mir wurde ganz wirr im Kopfe und ich wurde schlechter Laune. Hiervor, als dem unrechtesten und unerträglichsten an jedem Menschen, besonders aber am Fürsten, muß ich mich sehr hüten, und zwar durch den Aufblick zu Dir mein Gott. Die Unteroffiziere und Offiziere reiten gesehen. Spaziren im Holz. Beim Diner 77

Georg Christian Friedrich Lisch (1801–1883) als Archivar und Regierungsbibliothekar auch Aufseher der Altertümersammlung. Er grub in Peckatel bei Schwerin den berühmten Kesselwagen aus. Vgl. dazu seinen Aufsatz unter Erwähnung der Anwesenheit der ghzl. Familie: Kegelgrab von Peccatel bei Schwerin, in: Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Althertumskunde 9 (1844), S. 369–378. 78 Carl Christian Beust (1805–1854) folgte seinem Vater Ernst Christian (1760–1836) nach dessen Tod als Pastor in Plate mit Banzkow und Consrade. 79 Gemeint ist wohl Kleefeld. 80 Ernst Carl Christoph von Schack. 81 Jülchendorf. 82 Raben Steinfeld, spätere Sommerresidenz des Großherzogs am Südufer des Schweriner Sees. 83 Diedrich Carl Friedrich von Pressentin (1775–1847). 84 Ludwig von Lützow erhielt das Lehngut Boddin bei Gnoien. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit mit der Witwe des letzten Eigentümers Peter Kremer. 85 Deckhengst des Haupt- und Landgestütes in Neustadt/Dosse. 86 Gestütsknecht. 87 Kammerherr Otto Henning Baron von Stenglin. 88 Es ging verm. um die Verabschiedung und Wiedereinstellung des Rittmeisters Wilhelm von Below (1801–1876) beim Dragonerregiment.

150 Schwerin Frau v[on] Stenglin, geborene Lehrs,89 wiedergesehen, die noch hübscher wie damals. Ball beim Onkel Gustav, der charmant war. 1ster Walzer: Fr[äu]l[ein] v[on] Langen, 2ter Walzer: Fr[äu]l[ein]v[on] Lützow, 3ter Walzer Marie Bülow,90 4ter Walzer: Fr[äu]l[ein] v[on] Jasmund. Schottisch: Fr[äu]l[ein] v[on] Levetzow, 1ste Francaise: Fr[au] v[on] Maltzan, 2te Francaise: Fr[au] v[on] Flotow, 3te Francaise: Fr[au] v[on] Maltzan (Peutsch?), Masurka: Fr[au] v[on] d[er] Lühe, Cottillon: Ina Bülow.91 Ende um 3 Uhr. Der erste ordentliche Ball seit Bonn wieder. Ich habe mich sehr gut amüsirt. 26 April. Um 7 Uhr wieder auf, Prosch bis um 9 Uhr. Zu Gig und zu Pferde nach Schwerin: Vorlesung. 27 April. Nix. Schlechte Nachrichten wegen der Eisenbahn.92 28 April. Letzte Vorlesung von Loebell. Graf u[nd] Grä- /234/ fin Eyben93 und Behrs hier. Stimmung für den Convocationstag. Abendspazierritt am See, wo die Sonne eben unterging. Es war ein herrlicher Anblick von dem Platz am Zippendorfer Holz. Die Natur feierte, die Vögel sangen und Frühlingslüfte umwehten mich. Ich war voll Sehnsucht, ganz wie früher an den Ufern des Rheins! 29 April. Recruten vertheilt. Concert. Mit den Sängerinnen gesp[rochen]. 30 April. Sonntag. Viel zu thun, nicht in die Kirche. Parade. Spazirgang nach dem Greenhaus; dort gegessen. Es war sehr angenehm. Zum Ball nach Steinfeld,94 wo es sehr hübsch war, von 8 – 3 ½ getanzt wurde. Bei Zippendorf sah ich die Sonne aufgehen. 1 Mai. Am Nachmittage sah ich die Recruten. Loebell mit Sell abgereist. Neid erzählt eine Menge übler Nachreden von ihm. Herrliches Frühlingswetter; mit Mama nach dem Werder gefahren. 2 Mai. Fahrt nach Boitzenburg und auf der Elbe auf dem neuen Dampfschiff Friedrich Franz mit einer großen Gesellschaft, auch Frau v[on] Zöllner95 und Fr[äu] l[ein] Giffnich,96 nach Ludwigslust. Dort wurde ich unwohl, dies Buch wurde unterbrochen; Trägheit und Zerstreutheit verhinderten mich an dem Wiederanfang. Beim Minister wurde noch einmal getanzt. Am 14ten ging es nach Berlin, oder eigentlich nach Potsdam, wo der Aufenthalt ziemlich langweilig war. Schön waren aber die Umgebungen, besonders Sanssoucis und der Garten vom neuen Palais. Ueberhaupt erfreute ich mich wieder an der schönen Natur, wenn im Zimmer Sinnenlust und Sünde mich quälten, überwältigten. Mein inneres Leben war nicht gut. Ich durchritt die ganze Umgegend 89 90 91 92 93 94 95 96

Ottilie von Leers (1823–1893), seit 1841 verh. mit Detlof Barthold Freiherr von Stenglin (1807–1884). Marie Charlotte von Bülow. Caroline (Ina) von Bülow (1827–1900). Gemeint sind die Verhandlungen über den Bau der Berlin-Hamburger-Eisenbahn. Friedrich Adolph Gottlieb Graf von Eyben auf Setzin, Landrat. Beim Oberjägermeister Dietrich von Pressentin. Mglw. die Frau des Schweriner Theaterintendanten Carl Zoellner, geb. Thym. Karl Friedrich Giffenig, Kommissionsrat in Boizenburg.



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von Potsdam auf meinem kleinen Fuchshengst, die wirklich schön ist. Mehr noch wurde die Eisenbahn benutzt, um sich in Berlin umzusehen. An beiden Orten waren große Paraden, gut nach gewohnter Weise, zum letzten male im alten Anzuge.97 Die Bildergallerie zeigte mir Wagen, der große Kunsthistoriker.98 Den 19. Mai machte ich eine Ausflucht nach Dresden, wo ich 2 sehr angenehme Tage verlebte. Am Sonntage waren wir nach Pillnitz, von wo nach dem Diner eine charmante Partie in den Liebethaler Grund gemacht wurde. Einmal wurde für meine Schwester im Bronzezimmer getanzt. Auf Wunsch der Großfürstin Helene99 begleitete ich Mama über Dessau und Altenburg nach Dresden, um die Großfürstinnen100 zu sehen. Beim Diner in Pillnitz saß ich neben der ältesten, die mir wohl gefallen hat. Ihr Auge hat etwas schwärmerisches, das Eindruck /236/ machen kann. Den anderen bin ich auf der übrigens charmanten Partie nach der Bastei nicht näher gekommen, doch scheint die zweite die vollkommenste. Sonnabend d[en] 3 Juni war ich wieder in Schwerin. 4 Juni. Walther im Dom. Pfingsten. Schwerin ist wunderschön jetzt. Kirchenparade, die mittelmäßig ging. Diner. Den Morgen Musik im Schloßgarten. Den Nachmittag besah ich den Garten vom General.101 Den Abend hübscher Thee bei Bülow. 5 Juni. 2ter Pfingsttag. Im Theater applaudirt. 6 Juni. Werderfest, sehr besucht und hübsch. Einkommen der Landstände. 7 Juni. Eröffnung des Convocationstages um 11 Uhr im weißen Saal.102 Rhede vom Thron herab (Angst). Verlesung der Proposition.103 Antwort des Landmarschalls. Großes Diner im Kirchensaal. Cour aller anwesenden Landstände. Die anfangs dagegen gestimmte Mehrzahl verminderte sich im Laufe der Verhandlungen und das Resultat der Abstimmung am 12ten war ein Ja von 135 – 17.104 Ich habe den größten Theil meiner Gutsbesitzer kennen gelernt und auf gute Weise, ein guter Anknüpfungspunkt für spätere Zeiten. Die Eisenbahn ist gesichert. Das Dampfschiff in Wismar besucht. /137/ 14 Juni. Abreise von Wismar auf der Kamptschatka,105 Capitain Schanz, Kapit[än] L]eu]t[nant] Nordmann. Stürmische See. Meckl[enburgische] Küste, Rügen, Mön. Unwohl. 97 98 99 100 101 102 103 104 105

1843 wurden in Preußen Waffenrock und Pickelhaube eingeführt. Gustav Friedrich Waagen (1794–1868), seit 1830 Direktor der Berliner Gemäldegalerie. Helena Pawlowna von Russland (1807–1873), geb. Prinzessin von Württemberg. Maria Michailowna (1825–1846) starb unvermählt, Elisabeth Michailowna (1826–1845) heiratete später den Herzog Adolf von Nassau (1817–1905) und Katharina Michailowna (1827–1894) den Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz. Carl Wilhelm Ludwig Hartwig von Both, Generalleutnant und Gouverneur von Schwerin. Der Großherzog hatte den Landtag anders als üblich nach Schwerin einberufen. Forderungen und Vorschläge, die vom Landtag zu beraten waren. Es ging um den Finanzierungsbeitrag zur Hamburg-Berliner-Eisenbahn über eine Anleihe. Russ. Kriegsdampfschiff, das den Großherzog an den Kaiserhof nach St. Petersburg brachte.

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Reise nach Russland

15 Juni. Bornholm, Schweden. Luft und Wasser. Klares, ruhiges Wetter. Gesang der Matrosen. 2te Flottendivision. 16 Juni. Gothland. 2te Flottendivision. Dagerort.106 17 Juni. Rewal, das hübsch liegt und Katharinenthal,107 dort Costy108 mit seiner Escardre. Gegenseitige Besuche. Einfahrt in den finnischen Meerbusen. Hochland. Kleiner Kutter, der mich bis um 12 Uhr Nachts auf dem Verdeck hielt. 18 Juni. Kronstadt im Angesicht. Oranienbaum.109 Angezogen. Salut und Empfang in Kronstadt. Fest der Grenadiers a cheval.110 Messe. Besuche. Diner. Ball. Die Fürstin Wasilitschikof,111 Nelidof.112 19 Juni. Beide Frühstücke in Alexandrie.113 Besuche. Geritten. Mit Sache114 nach Monpleisir115 gefahren. Souper. 20 Juni. Parade vom finnischen Regiment und Reserve-Jäger-Bataillon. Den Nachmittag Exerciren der Leuchtenbergischen Brigade. 21 Juni. Lazareth, Strelna, wo Orloff,116 besucht, Grenadiers u[nd] Lanciersreiten117 gesehen. Das Leben in Alexandrie ist einzig hübsch. Thee, wo die Fredericis118 u[nd] Krüdner,119 amüsante Spiele. 22 Juni. Mit dem Kaiser120 zu Wasser nach Petersburg; Kronstadt, imposanter Anblick. Durch die Stadt gefahren. Auf der /238/ Eisenbahn nach Szarsko-Selo.121 Große Parade der 2ten Grenadier Division; das Regiment von Papa erhalten.122 Ungeheure Freude. Nach Petersburg zurück, in das französische Theater. Schneider.

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Insel vor Estland. Sommerresidenz der russ. Kaiser in Tallinn. Großfürst Konstantin Nikolajewitsch (1827–1892). Sommerresidenz der russ. Kaiser. Schwere Kavallerie. Verm. die Frau von Illarion Wassiljewitsch Wassiltschikow, Flügeladjutant von Kaiser Nikolaus I. Warwara Nelidowa (1814–1897), Hofdame der Kaiserin und Geliebte von Kaiser Nikolaus I. Alexandria, Landhaus bei Peterhof und Lieblingsaufenthalt der Kaiserin Alexandra. Der spätere Kaiser Alexander II. (1818–1881). Monplaisir, Lustschloss bei Peterhof. Fürst Alexei Fjodorowitsch Orlow (1786–1861), General und Diplomat, baute in Strelna 1839 das Orlow-Palais mit Park. Lanzenreiter, Ulanen. Die in St. Petersburg verh. Cäcilie Frederiks (1794–1851), geb. Gräfin Gurowska, war mit der Kaiserin eng befreundet. Der russ. Diplomat Paul Alexander von Krüdener (1784–1852), verh. mit Amalie Stargard (1808–1888), einer unehelichen Tochter der Herzogin Therese zu Mecklenburg-Strelitz (1773–1839). Nikolaus I. (1796–1855), Kaiser seit 1825. Zarskoje Selo, Residenzensemble der russ. Kaiser. Verm. ein Karabinierregiment.



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23 Juni. Ingenieurschule, Institut von Smolna, Arsenal, Taurische Palais und Garten, Lazareth Isaakkirche (herrlich) besehen. Nach dem Essen Winterpalais, Eremitage, Ballet. Um 2 Uhr Nachts in Peterhof zurück. 24 Juni. Geburtstag von Adini.123 Messe im Schloß. Dejeneur. Diner in Alexandrie. Ball in Zergiefsk, der sehr amüsant. Fr[äu]l[ein] v[on] Bode,124 Fr[au] v[on] Apatschin.125 25 Juni. Sonntag. Frühstück. Messe, Excursion nach Oranienbaum: Aussicht auf das Meer. Abendpartie nach Marli und Snamensky,126 das charmant ist, wo kleine Spiele gespielt und soupirt wurde. Neben Olga127 gesessen. 26 Juni. Frühstück in der Eremitage. Abreise nach Scarskoselo. Maneuvre. Angriff der Detachements von Psko auf Grafscaja Slavanca. Vereinigung bei Pawlowsk mit der Nowgorodschen Avantgarde. Ende bei Scarsko. Die Biwaks mit dem Kaiser besucht. Nacht in Scarsko. 27 Juni. Die Liefländische Avantgarde bis auf die Höhen von Witolowo128 zurückgedrängt. Biwak um 2 Uhr bezogen. Wir unter Zelten in dem dortigen kleinen Gehölz mit einem Bataillon von Preobrojensky.129 Um 7 Uhr neuer Angriff bis an die Höhen vor Crasnoselo.130 /239/ Mit dem Kaiser noch die Biwaks besucht und die Lager. Nacht. Etwas Regen. 28 Juni. Umgehung des rechten Flügels des Liefländischen Corps an den Duderhoffschen Bergen131 mit den Reserven und Angriff auf der Straße mit der Cavallerie und der Avantgarde. Allgemeines Gefecht. Concentrirte Cavallerie und Artillerie. Ende beim Poligon. Sammeln des Ganzen beim Zelt vom Kaiser. Präsentiren, die Treffen durchschritten. Einmarsch in das Lager. Grandioser Moment. Gegessen in Crasno, nach Peterhof zurück. 29 Juni. Ruhig in Alexandrie, wo es mit den Cousinen132 wieder reitzend war. Beide sind einzig liebenswürdig, schön und gut, aber bei mir siegt Olly. Abendspazirfahrt, wobei auch die Stalepin,133 eine anziehende Erscheinung. 30 Juni. Zu Wasser nach Petersburg: Kasansche Kirche, Cabinet Peter des Großen, Academie der Künste: der letzte Tag von Pompeji,134 Ateliers von … die Bronze123 Großfürstin Alexandra Nikolajewna (1825–1844), heiratete 1844 Friedrich Wilhelm (II.) von Hessen-Kassel. 124 Verm. eine Tochter von Leo Louis Charles Baron Bode (1787–1859), russ. Offizier und Hofmarschall. 125 Verm. die Frau des Generaladjutanten Stepan F. Apraxin (1792–1866). 126 Marly und Snamenka, Schlösser der Romanows bei Peterhof. 127 Olga Nikolajewna Romanowa (1822–1892), 1846 verh. mit Karl (I.) von Württemberg. 128 Lesung unsicher. 129 Preobraschenski Regiment, Leibgarde. 130 Krasnoje Selo. 131 Hügelzug bei St. Petersburg. 132 Die Großfürstinnen Alexandra und Olga Nikolajewna von Rußland. 133 Wera Stolypina. 134 Gemälde von Karl Pawlowitsch Brjullow (1799–1852).

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Reise nach Russland

pferde. Cadettencorps N[ummer]o 2, Corps noble, corps des Mine. Jelagin,135 Haus Peters des Großen, Festung. – Lucretia Borgia von der Walker. 1 Juli. Ruhig in Peterhof. Besuch bei der Frederics136 in Snamensky. Scharmanter Abend im Schloß, wo die Barthenief137 sang und kleine Spiele gespielt wurden. Fr[äu]l[ein] Bode allerliebst. 2 Juli. Nach Krasnoselo zur Messe im Lager. Im Regen /240/ die Fronte hinunter geritten. Zum Diner nach Peterhof zurück. Fritz Hessen in Strelna gesehen; hübscher geworden. Wir wohnen zusammen. Diner im Palais. Zum Ausmarsch der Cadetten nach dem Thore von Petersburg. Hübscher Anblick. Ball in Snamensky. Masurka mit der Bode, die allerliebst ist, „Nesabutka.“138 „Unerwartet.“ 3 Juli. Hübscher Spaziergang nach dem Frühstück in Alexandrie in dem kleinen Thal. Parade von der Garde à cheval. Fahrt nach Kronstadt, wo auch die Kaiserin und die Cousinen. Die Nelidof sehr hübsch.139 Besichtigung des Forts Alexander in Hufeisenform, mit dem Kaiser durch Kronstadt gefahren. Standbild Peter des Großen. Arsenal. Defensionskaserne. Doggs von Granit. Herrlicher Abend in Szergiefsk, allein spaziren mit unruhigem Herzen; entrevue mit den Cousinen am Clavier. 4 Juli. Parade der chevaliers gardes. 5 Juli. Nach Petersburg: Baucher,140 Etat major, Bibliotheque. Magasin anglais, magasin de meubles. Diner mit dem dänischen Gesandten, Grafen Rantzau.141 Theater: die Jüdin.142 Spazirritt auf den Inseln um 9 ½ Uhr Abends. 6 Juli. Zu Wasser nach Peterhof. Frühstück im Palais. Unglück mit den Epaullets.143 Ich fange an launisch zu werden und muß mich enorm in Acht nehmen; überhaupt sehr über mich wachen, denn die Zerstreu- /241/ ungen des täglichen Lebens, die vielen Umstände, die man hier mit mir macht, die Gnade der Herrschaften, der Umgang mit den liebenswürdigen Cousinen, Fr[äu]l[ein] Bode verwirren und betäuben mich, und lassen mich nicht auf mich wachen. 7 Juli. Fest des Kaisers. Um 8 Uhr in der großen Generalsuniform zu ihm, dann zum Frühstück, Parade, Messe, Frühstück und baisemain.144 Den Abend kleine Spiele und getanzt in Szergiefsk, sehr amüsant. Fritz neigt schon mehr zu Adini hin, indem ihre Charaktere sich mehr gleichen. Dasselbe ist es, was mich so unendlich zu Olly hinzieht.

135 Klassizistischer Palast mit Park in St. Petersburg. 136 Siehe Eintrag vom 21. Juni 1843. 137 Bartenew. 138 Vergissmeinnicht. 139 Warwara Nelidowa. 140 Lesung unsicher. 141 Otto Karl Josias Graf von Rantzau (1809–1864). 142 La juive, Oper von Jacques Fromental Halévy (1799–1862). 143 Epauletten, Schulterstücke der Uniform. 144 Handkuss.



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8 Juli. Den Abend nach Crasnoselo zur Retraite,145 die wundervoll war, die erhebend wirkte. Abendspazirgang. 9 Juli. Sonntag. Messe und Parade und mit dem Kaiser nach Peterhof zurück. Ball in Monplaisir. Masurka mit der Bode, ihr Geburtstag im Dezember. 10 Juli. Exerciren der Chevaliers Garde und Garde à Cheval; ich auf dem kleinen unruhigen Braunen. Thee in Nicolskoi, wo Damengesellschaft. Thee von der Bode bekommen. Ich muß mich, glaube ich, etwas in Acht nehmen. 11 Juli. Exerciren der Cadetten, das allerliebst war. Sie mögen mich gerne. Thee in der Fasanerie. Durch das Lager gefahren. Den Morgen nach Szarsko selo und Paulowsk,146 wovon das erstere kaiserlich, das andere /242/ heimlich, ein wahrer Familienaufenthalt ist, und mir durch die Erinnerungen an Großmama147 unendlich wichtig war. Zeichnung von ihr vom Ludwigsluster Schloß, ihre Zimmer im entresol.148 Arsenal und Meierei in S[arskoe] selo. Das Struwesche Observatorium in Pulkowa besehen.149 12 Juli. 4 schöne Schimmel vom Kaiser erhalten. Mit eigener Equipage nach Kreut150 zum Kaffee gefahren. Parade von der Garde a cheval. Gebadet mit den Cadetten. Besuch bei Sache, Bekanntschaft seiner Frau gemacht, die etwas angenehmes hat.151 Ball im großen Palais in Galla. Declaration von Fritz und Adini während der Masurka, die ich mit der Bode tanzte. Souper. Nachdem man sich zurückgezogen, sprach Fritz mit dem Kaiser und die Verlobung wurde vollzogen, noch nicht declarirt. Noch lange mit Fritz zusammen, der wie in einem himmlischen Traum schwebt. Oxholm auch da. Eine eigenthümliche Erfahrung für mich. 13 Juli. Fest der Kaiserin. Fritz um 9, ich um 10 Uhr nach Alexandrie in Galla. Dort die beiden Glücklichen zusammen. Parade von der chevaliers garde. Messe. Baisemain. Den ganzen Tag in Galla. Diner en famille. Den Vormittag im Garten vor unserem Haus (Orgellied). Ball von 3500 Personen, wo in einer furchtbaren Luft Polonaisen getanzt wurden. Ich ging bald hinaus, eigentlich /243/ aus Angst vor der Bode, wegen der ich mich etwas schäme, und die ganz ahnungslos an mir hängt. Souper. Auf dem Balcon im Augenblick, wo Apotschinin152 das Zeichen zur Illumination gab. Souper. Promenade durch den illuminirten Park, der von einer Unzahl Menschen wogte. Feenhafter Anblick von Marli. Die Verlobten schwebten in einem Wonnemeer. Es muß auch einzig sein. 145 Zapfenstreich der Kavallerie. 146 Sommerresidenz des Kaisers. 147 Helena Pawlowna (1784–1803), Tochter Kaiser Pauls I., 1799 verh. mit Erbprinz Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin. 148 Zwischengeschoss. 149 Polkowo-Observatorium, 1839 erbaut und geleitet vom deutschen Astronomen Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793–1864). 150 Lesung unsicher. 151 Der spätere Kaiser Alexander II. war seit 1841 mit Marie, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1824–1880) verh. 152 Verm. Opotschinin, Präsident des Hof-Intendanten-Comptoirs.

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Reise nach Russland

14 Juli. Frühstück und Parade in Peterhof. Ich lerne und beobachte viel. Da es regnete den Abend kleine musikalische Soiree in Alexandrie. Olly ist doch ein wahrer Engel. 15 Juli. Die Flotte einzeln gesehen. Imposant! 16 Juli. Sonntag. Messe. Parade. Gestütspferde vertheilt. Diner in Monplaisir. Die Bode mit einem Bouquet von Nesabutka. Auf dem Stuhlwagen neben Olly nach Strelna,153 dort bei Orloff Thee getrunken: Parnassus, Labyrinth. Mit dem Kaiser nach Krasnoselo. Die Aussicht hinten vom Garten aus mir ewig unvergeßlich! 17 Juli. Scheibeschießen der Artillerie, das Sausen der Kugel eigenthümlich. BergGeschütz-Train. Fahrt nach Gatschina,154 das mir Gavelin155 und General Lütze156 zeigten. Das Zimmer der Kaiserin Mutter:157 Portrait von Großmama158 mit der blauen Schärpe, N[ummer]o 107, von Papa in Preobrajensky,159 von ihm als Kind mit Tante /244/ Marie160 zusammen. Hübscher Garten und Park. Morni immer mit. Den Abend noch zum Schießen der finnischen Jäger und zur Retraite nach dem Lager. Rührend und erhebend die Musik zum Gebeth. 18 Juli. Corpsmaneuvre, höchst interessant. Versammlung der Truppen vor dem Zelte: herrlicher Anblick, 2 Frontveränderungen. Einrücken ins Lager. Zum Diner nach Peterhof zurück. Thee in Szergiefsk. 19 Juli. Bis um 12 Uhr in Alexandrie, Olly; die Verlobten. Abschiedsvisiten gemacht. Mit Fritz seinen Pferden pasckol161 nach dem englischen Palais, wo er sich von Steubel malen lassen muß. Ich zu Pferde nach Szergiefsk. Mary162 nicht zu Haus; daher Szacharjefsky; schnell nach dem Palais zurück; mit Fritz geritten; die Leuchtenberg163 begleitet; ich nach Monplaisir, wo ich von meinem Lieblingsort und von dem ganzen glücklichen Aufenthalt in Peterhof Abschied nahm. Ich war wieder jung geworden, hatte die Sorgen vergessen, ich hatte mich glücklich (d. h. nicht in höherem Sinne allerdings) gefühlt. So werde ich Petersburg wohl nicht wiedersehen! Diner in Alexandrie. Den Nachmittag four in hands164 mit Fritz, der Thiessenhausen,165 den Bartheniefs166 und der Sacharjefsky nach Szergiefsk 153 Petersburger Vorstadtresidenz der Zaren. 154 Gattschina, Palastanlage bei St. Petersburg. 155 Kawelin, Generalkriegsgouverneur von St. Petersburg und Generaldjutant. 156 Mglw. ist der Generaladjutant Fjodor Petrowitsch Litke (1797–1882) gemeint. 157 Maria Fjodorowna, geb. Prinzessin Sophie Dorothee von Württemberg (1759–1828). 158 Helene Pawlowna, Erbprinzessin von Mecklenburg-Schwerin. 159 Garde-Regiment. 160 Herzogin Marie von Sachsen-Altenburg, geb. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin. 161 Verm. „Poschjol“, wörtl.: Er ging fort. Gemeint ist: „Geh!“, im Sinne von schnell. 162 Herzogin Maria von Leuchtenberg, geb. Großfürstin von Russland (1819–1876). 163 Maximilian de Beauharnais, Herzog von Leuchtenberg (1817–1852), 1839 verh. mit der Großfürstin Maria Nikolajewna, lebte mit seiner Frau am Kaiserhof. 164 Vierspänner. 165 Katharina von Tiesenhausen, Hofdame. 166 Verm. Bartenew.



Juli 1843

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gefahren. Dort Abschied genommen. Zum Thee nach der Insel. Trauriges Souper in Alexandrie. Max167 auch da. /245/ Viel mit Olly und der Tante gesprochen. Um 11 Uhr Abschied! Olly hatte ein gestreiftes braun-violettes Kleid an. Mit Fritz und Max zu Haus. S. nach 12 Uhr fort; bis Strelna mit Fritz; wir weinten beide; wir waren uns beide näher gekommen. 20 Juli. Nowgorod; traurig gestimmt. Kremmel mit der alten Metropolitankirche des Reichs und dem Bilde: notre dame de Kasan. Militaircolonien, doch nach dem Aufstande168 umgeformt. Chaussee – Kasernen. Gefängnisse für Verbrechertransporte. 21 Juli. Waldai-Gebirge. Schelle gekauft; die Nacht Torschok,169 Lederwaren und Bänder für Mama und die Damen. Immenses Fahren mit 4 Pferden breit; Meiendorf170 mit mir im Wagen. Furchtbare Hitze und Staub. Schlechte Chaussee. 22 Juli. Twer. Den Abend an Petrowsky, wo man mich eigentlich erwartete, vorbei, in das große Moskau hinein auf den alten Kremmel, den ehrwürdigen Zaarensitz, hinauf, wo ich in den Zimmern der Kaiserin logire, empfangen durch den Vater von Fräulein Bode.171 23 Juli. Blick über ganz Moskau mit seinen Tausenden von grün bekuppelten Kirchen, deren Hunderttausende von Glocken im feierlichen Einklange den Tag des Herrn verkündigten! Dies war /246/ ein erhebender Eindruck! Zunächst in die Messe des Patriarchen in der Metropolitan Kirche,172 dann in die protestantische Kirche, wo auch zwei junge Mädchen confirmirt wurden. Patron ist der König von Preußen. Die 3 berühmten Kirchen auf dem Cremmel, in denen die Zaare getauft, getraut und begraben wurden, sind das Heiligthum Rußlands, zu dem man, nachdem man den großen Vorplatz des Cremmels durch das Thor von Woskressensk173 erreicht hat, durch das heilige Thor gelangt. Alles athmet altslavische und morgenländische Pracht mit der der griechischen Kirche gepaart. So stehen denn auch neben diesen Kirchen mit dem berühmten Glockenthurm, dem Iwan Wiliki, den wir auch erstiegen, die Paläste der Zaaren und des Patriarchen, deren letzterer jedoch, ein Wahrzeichen der Begebenheiten, in ein kaiserliches Palais umgewandelt ist. Der alte Pallast mit der alten Kirche, la vierge des bois,174 in seinem Hofe, mit der rothen Treppe und dem Vorplatze, seinen dicken Mauern, engen Treppen, niedrigen und dunkelen, bunten, reich meublirten Zimmern versetzt in jene rohe, fanatische Zeit. Das Arsenal giebt den Beleg dazu. Das 167 Herzog Maximilian von Leuchtenberg. 168 Dekabristen-Aufstand, bei dem adlige Offiziere 1825 Unklarheiten in der Thronfolge nutzten, bevor Kaiser Nikolaus I. den Aufstand niederschlug. 169 Stadt nordwestlich von Moskau. 170 Georg Baron von Meyendorf (1794–1879), Hofstallmeister und Generaladjutant. 171 Leo Louis Charles Baron Bode. 172 Das Patriarchenamt war 1721 abgeschafft worden. Metropolitan von Moskau war Philaret Drosdow (1783–1867). 173 Dorf bei Moskau. 174 Vierge en bois, Holzmadonna.

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Reise nach Russland

neue Schloß mit seinen riesigen Räumen wird ein Denkmal der /247/ modernen Größe des Reichs. Ein Nachmittagsausflug in die Stadt führte uns nach der jetzigen Wasserkunst, der ehemaligen Strelitzenkaserne, wo P[eter] d[er] G[roße] durch seinen persönlichen Muth ihren Aufstand im Entstehen erstickte,175 und nach dem Hospital Schrementieff.176 Illuminiation wegen Olgas Namenstag. 24 Juli. Die neue Kirche,177 von wo ganz Moskau, der Cremmel und die Umgegend (Kloster Troitzko178) ausgebreitet liegt (Sperlingsberg);179 Exercierhaus, embarassante, aber interessante Gewerbeausstellung im Adelssaale (Nichte von Meiendorf ) Petrowsky; Rennbahn der Traber; Corso und Ball im Voxhalles;180 Feuerwerk. Zigeunergesang. 25 Juli. Parade in Petrowsky von der 17ten Infanterie-Division, mein Pferd krank. Nach der Pompiers-Caserne,181 die in 2 ½ Minuten fertig war. Hinaus nach dem reizend an der Moskwa gelegenen Schloß und Garten Alexandrii (sonst Orloff ).182 Diner in einer russischen Restauration (cochon de lait),183 Gang durch die Kaufhallen (Gochnoi-dwor).184 Nachmittags das große Findelhaus besehen, wo auch Fürst Dmitri Serge Gallizin.185 Theater. 26 Juli. Den Iwan Wiliky bestiegen, an dessen Fuß die große Glocke liegt. Das 2te Carabinier R[e]g[imen]t im Lager besucht, auch die Fabrik des Herrn Lutchkoff von Zeugen186 und Schawls. Frühstück im Treib- /248/ haus. Zum Diner nach Melnitza zum Fürsten Serge Gallizin. Gärtner Koch aus Teterow. Musik. Promenade. Gondelfahrt. Gouté in der ferme.187 Theater. Rückfahrt mit dem Abentheuer der Verrückten. Nachts 12 Uhr Abfahrt von Moskau. Gewitter. Erleuchtete Pontonsbrücke. Abschied von Meiendorf. (prachcheiti)188 27 Juli. Kaffe in Mosaisk.189 In Borodino das Haus des Großfürsten Thronfolger; die von den Franzosen gestürmte Brücke, der rechte Flügel der Russen; die große, in der das Monument190 steht, gestürmt von den Kürassiren, das Centrum; Kloster Semanensky in den 3 Flechen, eine Nonnenstiftung der Wittwe des dort gefalle175 Hinrichtung der revoltierenden altrussischen Palastgarde 1698. 176 Scheremtjewo. 177 Verm. die 1839 begonnene Christ-Erlöser-Kathedrale. 178 Verm. das Troiza-Kloster, Kloster der Dreifaltigkeit und des Heiligen Sergius in Sergijew Possad. 179 Sperlingsberge am Ufer der Moskwa. 180 Bahnhofs-Empfangsgebäude. 181 Feuerwache. 182 Alexandergarten an der Kremlmauer. 183 Spanferkel. 184 Gostiny Dwor, klassizistisches Kaufhausgebäude. 185 Fürst Sergei Michailowitsch Golizyn (1774–1859). 186 Gemeint ist Textilgewebe. 187 Goûter für schmecken, genießen. Ferme ist ein Bauernhof. 188 Proschaitje: Leben Sie wohl! 189 Mozhaysk. 190 1839 errichtetes Denkmal für die Schlacht bei Borodino gegen Napoleon I. im Jahr 1812.



August 1843

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nen General Tutschkoff;191 ziemlich der linke Flügel. Vorwärts dieser Flechen an dem ravin stand zu ihrer Deckung Onkel Karl192 mit seiner Grenadier-Division, und wurde dort blessirt. Im Centrum der Franzosen die am Tage vorher von ihnen gewonnene große Redoute, der Aufenthalt Napoleons während der Schlacht. – Thee in Giatch. 28 Juli. Frühstück in Wiasma;193 großes Haus auf dem Platze noch in Trümmern. Ueber den Dnepr. Zu Mittag in Dorogobusch, wo Bilguer lange Commandant.194 Flache, ziemlich bebaute Gegend. Tiefe Wege, rasendes Gefahre. Vor Smolensk wieder in / 249/ das Dnepr-Thal hinein, an dessen anderem steilen Ufer mit seinem malerisch auf und absteigenden Mauern das alte Smolensk liegt. Das Schlachtfeld, auf dem nur noch die Reste einiger Schanzen, auf der nordwestlichen Seite die Stadt durchfahren, in dem Privathause bis um 2 Uhr die Nacht. 29 Juli. Von Leadi195 Beginn der Juden, heute im Feiertagscostüm: die Mädchen mit rothen Turbanen, edle Züge, ein rechter Unterschied mit den Russen. Alle sprechen deutsch. Orscha196 noch von dem Feldzuge her sehr zerstört, hat starke Mauern und Thürme (Bötticher Evers aus Mecklenburg). In der Nacht bei Borisow über die Beresina. Vorher Grupka.197 Pferdestall und Schweine. Civilgouverneuer der Provinz Minsk: v[on] Doppelmeier.198 20 Juli. Nach Minsk. Ueber den Niemen. 31 Juli. In Brest-Litofsky polnische Gränze (Briefe aus Mecklenburg. Hennemann todt.199) Starke Festung. 1 August. 11 Uhr Morgens in Warschau, Wohnung im bekannten Belvedere, in den Zimmern der Fürstin Lowitch.200 Fürst Gotschakow.201 Besichtung der Citadelle und die Stadt durchfahren. Schloß Lasienky.202 Vola203 und den Schauplatz des Sturmes besehen. 2 August. Präsentation. Fürst Curnatowsky,204 der Vater von der armen, himmlischen, verstorbenen. Er hat in ihren Papieren meiner erwähnt gefunden. /250/ 191 Das Erlöserkloster wurde von der Witwe Margarita des in Borodino gefallenen Generals Alexander Tutschkow gegründet. 192 Herzog Karl August Christian von Mecklenburg (1782–1833), General in russ. Diensten. 193 Wjasma. 194 Mglw. August Louis von Bilguer (1777–1858), Oberst und Kommandant in Güstrow. 195 Ljadi, Grenzort zwischen Rußland und Weißrußland mit bedeutender jüdisch-chassidischer Tradition und Bevölkerung. 196 Dort fanden im November 1812 während Napoleons Rußlandfeldzug Kämpfe statt. 197 Krupki. 198 Von Doppelmayer, russ. Staatsrat. 199 Wilhelm Hennemann (1786–1843), Geheimer Medizinalrat und Leibarzt des Großherzogs. 200 Fürstin Shaneta Antonowna Lowitsch, morganatische Ehefrau des Großfürsten Konstantin. 201 Alexander Gortschakow, Diplomat und Kanzler. 202 Łazienki, barocker Palast im Park der Bäder. 203 Wola, Stadtteil von Warschau und alter Wahlort der polnischen Könige. 204 Zygmunt Kurnatowski (1778–1858).

160 Doberan 2 Eskadron Muselmänner gesehen, auch Türken, die den Derschid warfen. Fahrt nach Novo-Gregoriewsk,205 dem alten Modlin, ein schönes Werk. Theater: Tänzerin: corsage rouge; cheveux noirs; ruban rouge.206 3 August. In der Nacht Slupce. Trennung von Opotchinin. 4 August. Um 10 ½ in Posen. Preußische Uniform. Besichtigung des Kernwerks der Festung. Grollmann sehr krank.207 Herr von Schreeb.208 Thee in Schwerin.209 5 August. Kaffee in Küstrin. In Schwedt das interessante alte Schloß besehen, eine Erinnerung an frühere dortige Zeiten.210 Mama und Papas Zimmer. (L[eutnant] t Maltzahn).211 In Stettin durch den freundlichen General Wrangel212 nach der Eisenbahn, in der Festung umher geführt, das Schloß besehen. Große Retraite. 6 August. 2 Uhr Morgens von Stettin. Anclam, Greifswalde (Sonntag), Stralsund. Einzug in Ribnitz. Kloster; Rathaus; Kirche. Rostock. Doberan. Eine interessante, schöne Reise: Alexandrij, Moscau. 7 August. Ich war sehr froh, wieder im Vaterlande zu sein, froher als ich es früher oft gewesen, trotz eines Stückchen Herzens, das ich bei Olly gelassen. /251/ Sie ist ein Ideal weiblicher Schönheit und weiblichen Gemüths, eine herrliche, edle, fromme Erscheinung. Möge Gott ihre Zukunft segnen! 6. – 28. August. In Doberan. Ein angenehmer Aufenthalt durch das Zusammenfinden einer charmanten Gesellschaft (Hochstetter, Bassewitz, Rauch)213. Bälle. Partien. Geritten, mit der Principessa gestürzt. Tüchtig zu thun, doch faul. Morni übergefahren, mein einziger steter Begleiter! 10 August. Grundsteinlegung zum Stein am Tage des 1. 50jährigen Bestehens.214 Rennen. Bauernfest. Schwanenjagd für Onkel Karl am Tage der steeple chace. Partie nach Rostock, um die Ausstellung zu sehen, dann nach Warnemünde. In Rostock das Bataillon exerciren gesehen. Dann auch in Wismar und die Garnison von Schwerin gesehen, wo am 4ten September die ganze mecklenburgische Brigade, auch das Strelitzer Bataillon,215 einrückte. 5 September. Ruhetag. 6 September. Brigadeexerciren. 205 Nowogeorgiewsk, Festungsanlage am Zusammenfluss von Weichsel und Bug. 206 Rotes Mieder, schwarze Haare, rote Schleife. 207 General Karl von Grolmann (geb. 1777), komandierte das V. Armee-Korps in Posen und starb am 15. September. 208 Mglw. Eberhard Kolbe von Schreeb, preuß. Regierungsrat. 209 Gemeint ist die preuß. Stadt Schwerin an der Warthe. 210 Residenz des Markgrafen Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt (1669–1711), eines Halbbruders des preuß. Königs Friedrich I. Das Schloss stand damals leer. 211 Von Maltzahn diente beim in Schwedt stationierten 2. Dragonerregiment. 212 Friedrich Graf von Wrangel (1784–1877), kommand. General des II. Armeekorps. 213 Die Oberhofmeisterin Gräfin Bassewitz, die Hofdame von Hochstetter sowie der Generalmajor und Adjutant des preuß. Königs, Albert von Rauch, mit seinen Töchtern Blanca und Elise. 214 Heiligendamm wurde 1793 gegründet. 215 Mecklenburg-Strelitz stellte für das Bundeskontingent nur ein Bataillon Infanterie.



Oktober 1843

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7 September. Brigadeexerciren. 8 September. Oeftere Partien in die Umgegend, auch zu Wasser. Gesang: adio Theresa. Schwölken.216 9 [September]. Brigadeexerciren. 10 [September]. Nach Berlin; um den Kaiser217 zu sehen u[nd] Maneuvre. Wohnen in den neuen Kammern. 11 September. Sonntag. Wilhelm auch da. Diner /252/ in russischer Uniform; Erinnerungen aus Rußland, Adjudanten. Nach Schwerin abgereist. 12 September. Brigadeexerciren. 13 September. D[e]sgl[eichen]. 13 September. Ruhe. 16 September. Corpsmaneuvres bei Friedrichsthal und Pampow. Neumühle. 17 September. Große Parade. 18 September. Feldmaneuvre bei Pampow der Fähre. 19 [September]. Ruhe. 20 September. Abmarsch der Brigade nach Lüneburg. 21 September. 22 September. 23 September. Nach Boitzenburg, wo ich, nach einem Frühstück bei Schmarsow,218 den Durchmarsch und Uebergang des 1ten Bataillons über die Elbe sah. Dann nach Artlenburg, wo der General Lützow,219 der mich übersetzen ließ. Wohnung in Lüneburg im Kloster S[ank]t Michael bei H[err] v[on] Hodenberg.220 Diner beim König; viele fremde Prinzen. 24 September. Ins Lager. Einrücken der Truppen. Der König auch da. Diner. 25 September. Sonntag. Eintreffen aller Herrschaft[en]. /253/ 26 September. Corpsmaneuvre. Position vom Landgraben. L[eichtes] I[nfanterie] B[a]t[aillon] die Spitze. Das Dragoner R[e]g[imen]t durch Nutzfelde Reppenstedt, die hannoversche reitende Batterie. 27 September. Corpsmaneuvre. Nutzfelde. Uebergang über die Ilmenau. Erstürmung der Höhen rechts durch die M[ecklenburgische] Brigade. 28 September. Ruhetag. 29 September. Corpsmaneuvre. Nutzfelde. 30 September. Corpsmanuevre. Kaltenmoor durch die M[ecklenburgische] Brigade als Art[illerie] Garde, die den Bach passirt hatte, genommen. 1 October. Sonntag. Gottesdienst abbestellt. Probe zum Zapfenstreich. 2 October. Feldmaneuvre. 216 217 218 219

Ndt. für Schwalben. Nikolaus I. von Rußland. Carl Friedrich Schmarsow, Amtshauptmann. Leopold von Lützow (1786–1844), preuß. Generalleutnant und Kommandeur der 9. Division. 220 Wilhelm von Hodenberg (1786–1861), Landschaftsdirektor des Fürstentums Lüneburg.

162 Ludwigslust 3 October. D[e]sgl[eichen]. Umgehung der den rechten feindlichen Flügel bildenden Oldenburger durch die M[ecklenburgische] Brigade. 4 October. Ruhetag. Nach dem Lager. Ankunft des Königs. Großer Zapfenstreich auf dem Markte, auch das Vaterlandslied. 5 October. Feldmaneuvre. Unglück des Artilleristen Ende beim lustigen Hause; mit Onkel Fritz221 nach dem Lager. Den Abend bei Adalbert.222 6 October. Feldmaneuvre. Der König v[on] Pr[eußen] bei der Garde. /254/ 7 October. Ruhetag. 8 October. Sonntag. Große Parade. Fritz überschlagen. Bassewitz durchgegangen. Den Mittag noch nach dem Lager hinaus. Wenkstern sehr schlimm. 9 October. Allgemeine Abreise. In Artlenburg die Holsteins223 noch getroffen. Nach Ludwigslust. 10 October – 10 November. Aufenthalt zur Jagd in Ludwigslust. Zum 15 October nach Berlin Potsdam. Dampfschiffahrt nach Paretz.224 Albrecht von Oesterreich.225 16 October. Die Jagd bei Kunersdorf auf Sauen auf der Valentine geritten. Ein Halalli. Sehr amüsant. Jagddiner. Den Abend musikalische Soiree beim König in Sans Soucis. Die Herzogin von Tayllerand.226 17 October. Nach Ludwigslust zurück. Fortgang der Jagden. Bälle. Steeple Chace durch Kahlden227 gewonnen. Nicht recht fleißig gewesen. 10 November. Nach Pritzier zum Landrath.228 Zu Pferde mit Boddin Zülow229 nach Schwerin im Dunkeln. Sonntage bei Lützows. Ball im Palais. Besuch von Tante Luise.230 Landtag in Sternberg. Concession des Adels.231 Saujagden bei Sternberg und in der Lewitz. Nacht in Friedrichsmoor. Um 9 Uhr /255/ wieder in Schwerin. – Pensionierungen. 27 Nov[em]b[e]r. Wilhelm angekommen zu seiner Confirmation, die am 10 Dezember in der Schloßkirche geschah, ergreifend besonders durch das Andenken an Papa. Gräfin Bassewitz. 11 Dezember. Mit Wilhelm zum Abendmahl.

221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231

Prinz Friedrich von Preußen (1794–1863). Prinz Adalbert von Preußen (1811–1873). Gemeint ist das Herzogshaus Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Schloss bei Potsdam, Sommerresidenz König Friedrich Wilhelms III. von Preußen. Verm. Albrecht von Österreich-Teschen, Erzherzog. Dorothea, Herzogin de Talleyrand-Périgord (1793–1862), seit 1842 Besitzerin des Herzogtums Sagan. Paul August von Kahlden (1823–1894), Sekondeleutnant beim Dragonerregiment. Georg Justus von Könemann. Hermann von Zülow, Major und Flügeladjutant. Prinzessin der Niederlande, geb. Prinzessin von Preußen. Verzicht des eingeborenen und rezipirten Adels auf das Vorrecht der ausschließlichen, passiven Wahlfähigkeit zu den Deputiertenstellen im Engeren Ausschuß.



Dezember 1843

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15 Dezember. Zu Pferde mit Wilhelm von Wismar bis Doberan über Müggenburg, Gagzow, Lischow. 16 Dezember. Umsargung Großpapas;232 viele Herren dazu da; vorher nach dem Damm, um den Stein zu sehen. Schöner war aber die See. Zu Pferde bei schlechtem Wetter nach Wismar zurück. 17 Dezember. Sonntag. 18 Dezember. Jagd im Stahlberg.233 Ankunft der Strelitzer Herrschaften. Die Erbgroßherzogin234 hat eine sehr angenehme Persönlichkeit. 19 Dezember. Cour und großes Diner. Theater. 20 Dezember. Cour und großes Diner. 21 Dezember. Jagd im Buchholz, eingestellt. Ball beim Minister. 22 Dezember. Abreise der Strelitzer um 7 Uhr. Jagd im Buchholz, die eigentlich jämmerlich war. Mama beide Tage auf meinem Posten. 23 Dezember. /256/ 24 Dezember. Sonntag. Weihnachtsabend. Hübsche Geschenke. Zu Viethinghofs,235 das mir eine unendliche Freude machte, eine Jugenderinnerung, zu Lützows. 25 Dezember. 1. Weihnachtstag. Walther im Dom. Keine Erregung, kein ernster Wille in mir. Kirchenparade, die nicht besonders ging. Diner auf dem Schloß. Thee dansant. 26 Dezember. 2. Weihnachtstag. Don Juan.236 Trübe, schlaffe, unrechte Stimmung in mir. 27 Dezember. Nach Ludwigslust geritten, um Großmama zu besuchen, die schwach ist. Nach dem Essen nach Schwerin zurück. 28 Dezember. Viel zu thun. Regierungssitzung. Großmama bei uns. Ball im Schauspielhause, der recht hübsch; bis um 2 Uhr getanzt. Cottilon mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen. 29 Dezember. Viel zu thun. Ministerialsitzung. Es werden Schulden gemacht werden. Besprechung wegen des geh[eimen] Legationsrath[s] Prosch.237 Hähnleins hier. Meier bei mir. 30 Dezember. Ball in Ludwigslust, bei Großmama gegessen. 31 Dezember. Sylvester. Um 8 Uhr nach Schwerin mit Mama zurück. Gearbeitet. Cour der Damen. /257/ Gesellschaft beim Minister. Masurka mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen. Heute wieder der Schluß eines wichtigen erinnerungsreichen Jahrs, des Jahres, in dem ich 20 Jahr geworden. Die zweite Jugend entschwindet, die practische Einsicht führt das männliche Alter herbei. 232 Umbettung des Großherzogs Friedrich Franz I. in einen Granitsarkophag in der Doberaner Klosterkirche. 233 Waldflur bei Gädebehn östlich von Schwerin. 234 Augusta Karoline, geb. Herzogin von Cambridge (1822–1916). 235 Verm. Wilhelm von Vietinghoff (1801–1867), Kapitän beim Grenadier-Gardebataillon. 236 Don Giovanni, Oper von Wolfgang Amadeus Mozart. 237 Dr. Carl Prosch.

164 Schwerin Die Hauptrichtung meines Inneren ist dieselbe geblieben: „durch gläubige Hingebung an Jesum Christum zu Gott.“ Einen wesentlichen Schritt im Glauben, vielleicht den für den jungen Christen entscheidenden hast Du, mein lieber Gott, mich thun lassen: ich glaube, daß mir meine Sünden um Deines Sohnes willen von Dir vergeben sind. Die schwärmende Begeisterung hat aber abgenommen, das äußere Leben unterdrückt sie. Ich war oft unlustig; ja ich hatte ganz schlechte Zeiten, wo ich der Sünde gar nicht widerstand. Doch jetzt ist es durch deine Gnade besser. O, lasse durch die Reise jene alte Stimmung wieder in mir auftauchen. Die Eitelkeit ist noch größer geworden, ich muß ordentlich dagegen kämpfen, meine Sinnlichkeit etwas mehr, doch nur leicht im Zaume. Meine Pflicht als Regent habe ich nur mittelmäßig gethan, dies muß nach meiner Rückkehr /258/ viel ernster geschehen, und müssen dann störende Reisen soviel als möglich unterbleiben. Das äußere Leben war übrigens wunderschön, das Frühjahr in Schwerin, die russische Reise, Olga, vorher die Hochzeit in Hannover, die zweimalige Excursion nach Dresden; dann das Maneuvre in Berlin, wo der Kaiser war,238 das Lüneburger Maneuvre durch den jugendlichen Umgang; der schöne Herbst in Schwerin. Der Convocationstag war mein erstes öffentliches Auftreten. So war das Jahr 1843 ein vielbewegtes, wichtiges, wenn auch in anderer Weise als die früheren; es nahm wieder ein Stück des Jugendtraumes dahin. Es wird mir noch gar zu schwer, das Leben vom practischen Standpunkte anzusehen. Hoffnungsvoll blicke ich auf das neue Jahr! Quadrille. Reise nach Rußland. Hochzeit in Hannover. Lüneburger Maneuvre. Convocationstag. Confirmation von Wilhelm. /259, 260/

238 Nikolaus I. von Rußland.



Januar 1844

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1844 1 Januar. Cour und Diner. Große Parade. 2 Januar. Reise nach Italien Vom Schloß um 8 Uhr abgereist. In Ludwigslust bei Großmama. Die Nacht durch nach Berlin. 3 Januar. In Berlin Diner en famille beim König. Theater. Thee. Demmler. 4 Januar. Von Berlin nach Dresden Bis Jüterbock1 auf der Eisenbahn, dann auf der bekannten Straße nach Dresden. 5 Januar. In Dresden Ins Blochmannsche Institut, wo ich viele Mecklenburger sah; nach meinem alten Hause, zu Herr Peters hinaus; zur Ministerin Nostiz, wo ich allenthalben viel Liebe erfuhr. Visite bei Hof. Diner und Theater: Cola di Rienzi.2 Auch Endes besucht. 6 Januar. Von Dresden nach Prag Dieselbe Straße, die ich vor 6 Jahren gezogen, unter welch anderen Verhältnissen! Damals 15 Jahr, jetzt 21, damals Blochmannscher Zögling, jetzt Großherzog. Froher damals! Auf der Nollendorfer Höhe dichter Nebel. In Töplitz3 gegessen. Am Millischauer4 vorbei über Dupan und Weltheus nach Prag. Im schwarz[en] Roß. 7 Januar. In Prag Am Rathaus vorbei über die Brücke auf den Rhad- /261/ schin. Die Schloßkirche. Die Burg mit dem schönen spanischen Saal. In Loretto ist jener Mord geschehen.5 Ueber die Kettenbrücke zurück, die über die Schützeninsel geht; alles Erinnerungen an damals. Visite bei den Erzherzögen. Hübsche freundliche Frauengesichter. Im ständischen Theater stank es sehr. 8 Januar. Von Prag nach Neuhaus Sehr kalt. Originelle Wirtsstube in Neuhaus. 9 Januar. Von Neuhaus nach Wien Nach dem baldigen Eintritt in Oestreich wird das Land, wenngleich noch immer hügelreich, freundlicher und das böhmische weicht dem gemüthlichen Oestreichischen. Eine Station vor Wien erwartete uns H[err] v[on] Philippsborn6 und ein kaiserliches Relie,7 das uns mit Windeseile nach Wien über die Donaubrücken durch die Leopoldstadt, am Stephan vorbei in unser Casino brachte. Hier fand ich Graf Sitchi,8 den Bruder der Fürstin Metternich, der bei mir zur Dienstleistung commandirt ist, ein angenehmer, eleganter Mann.

1 Jüterbog. 2 Rienzi, der letzte der Tribunen, Oper von Richard Wagner. 3 Teplitz. 4 Milleschauer, Berg des böhmischen Mittelgebirges. 5 1626–1750 errichtetes Prager Loreto-Heiligtum auf dem Hradschin. 6 Adolph von Philippsborn (1793–1850), meckl. Ministerresident in Wien. 7 Relaispferde. 8 Victor Graf Zichy-Ferraris (1806–1846).

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Reise nach Italien

10 Januar. In Wien Visite beim Fürsten Metternich,9 der mir durch seine klare Ruhe imponierte. Spaziergang auf die Bastei und am Stephan vorbei. Am Kärnthner Thor: la part du diable.10 11 Januar. Besuche bei den kaiserlichen Herrschaften. Die Erscheinung des Kaisers frappierte mich sehr, doch /262/ glaubte ich ihn geistig unentwickelter.11 Einen sehr angenehmen Eindruck machten mir der Erzherzog Rainer und Karl;12 höchst interessant ist die Prinzessin von Schweden.13 Den Abend brachte ich beim Fürsten Metternich zu. Sie hat etwas interessantes, doch ein großes laisser aller. Kanitz,14 Binder,15 Rechberg,16 Lichnowsky.17 12 Januar. Besichtigung der Eugenischen Bibliothek,18 deren größte Schätze: das Gebethbuch der Gemahlin Karls des Großen, Karls des Kühnen von Burgund; einige ausgezeichnete Miniatüren; die erste Guttenbergische Bibel, der P[eter] Schöffersche Psalter19 sind; dann die sehr vollständige naturhistorische Sammlung: isländischer Falke. Spazirgang im Prater. Den Abend: Eisenbahnheirathen an der Wien.20 13 Jänner. Den Stephan bestiegen bis an die Rosette, der oben ganz eng war, daß man kaum hindurch konnte; doch leider war die Klappe verschlossen. Dann Visite bei der Herzogin von Köthen21 und Frau v[on] Philippsborn, einer Französin,22 im Burgtheater.

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Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich-Winneburg zu Beilstein (1773–1859), seit 1821 Haus-, Hof- und Staatskanzler. Im Theater am Kärntnertor wurde die komische Oper „La part du diable“ von Daniel-François-Esprit Auber gegeben. Für Ferdinand I. (1793–1875) regierte von 1835–1848 faktisch eine Staatskonferenz, aber der Kaiser war keineswegs ungebildet oder „geistesschwach“. Die Erzherzöge Rainer (1783–1853) und Karl von Österreich (1771–1847). Luise Amelie Stephanie, geb. Prinzessin von Baden (1811–1854), hatte 1830 den ehemaligen schwedischen Kronprinzen geheiratet. Da ihr Mann in österreichischen Militärdiensten stand, lebte das 1844 geschiedene Paar in Wien. Karl Ernst Wilhelm Freiherr von Canitz und Dallwitz (1787–1850), preuß. Gesandter in Wien. Franz Freiherr Binder von Krieglstein (1774–1855), österr. Diplomat. Johann Bernhard Graf von Rechberg und Rothenlöwen (1806–1899), österr. Diplomat. Verm. Wilhelm Graf von Lichnowsky (1793–1864), österr. Generalmajor. Bibliothek des Prinzen Eugen von Savoyen (1663–1736). Das in Wien vorhandene Exemplar des Mainzer Psalters aus der Werkstatt des Druckers und Verlegers Peter Schöffer (1425–1503) gilt als herausragende Inkunabel. Eisenbahnheiraten oder Wien, Neustadt, Brünn. Volkstheaterstück von Johann Nestroy, das im Theater an der Wien gegeben wurde. Herzogin Sophie Julie, geb. Gräfin von Brandenburg (1793–1848), eine illegitime Tochter von König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, war 1825 zum katholischen Glauben konvertiert. Seit dem Tod ihres Mannes Ferdinand Friedrich von Anhalt-Köthen 1830 lebte sie in Wien. Olympia von Philippsborn, geb. Menager (1796–1869).



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14 Jänner. Sonntag. Im verrathenen incognito23 den Zug des Kaisers nach der Kirche gesehen. Dann großer Besuch bei mir. Um 2 Uhr beim Kaiser. Die Kaiserin24 eine angenehme Frau. Die Tochter vom Erzherzog Carl niedlich.25 Monaldeschi /263/ im Burgtheater.26 Ball beim Graf Klamm Taff,27 getanzt mit Contess Taff; Landgräfin Fürstenberg;28 Gräfin Chartoriska;29 Contess Belgarde, deren Mutter früher in Doberan gewesen.30 15 Jänner. Das Arsenal und die Caserne der ungarischen Garde besehen. 6 Offiziere davon ritten, einer war in der Paradeuniform. Ball beim Graf Kanitz; hübsches Local. Klamm; Kanitz; Fürstenberg; Chartoriska; Belgarde; Strachwitz; Luposcheck (?), Kanitz. Souper neben der jüngern Gräfin Ketcheni.31 16 Jänner. Das Belvedere,32 das sehr hübsch liegt und die Gemäldegalerie enthält, mit dem Director … besehen. Schnorr auch da.33 Madonna im Grünen v[on] Raphael. Im unteren Belvedere Amrasser34 und aegyptische Sammlung. Diner beim Fürst Metternich. Den Graf und meine Tante Esterhazy35 kennen gelernt; auch die Fürstin Klary36 und F[ürstin] Sarah Esterhazy;37 G[raf ] Schandau u[nd] Frau.38 17 Jänner. Die Caserne von Coburg-Uhlanen u[nd] von den Grenadire[n]; die schöne altgotische Augustinerkirche, Maria Stiegen und Peterskirche; die Reitschule gesehen. Schnorr und v[on] d[er] Lühe bei mir. Ball im kleinen Redouten-

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Der Großherzog benutzte häufig das Inkognito „Graf von Grabow“. Maria Anna von Österreich, geb. Prinzessin von Savoyen (1803–1884). Verm. Maria Karolina (1825–1915). Monaldeschi, Trauerspiel von Heinrich Laube (1806–1884). Ludwig Graf von Taaffe, Geheimer Rat und Präsident der obersten Justizstelle (1791–1855) und seine 1825 geborene Tochter Clementine. Theresia (geb. 1780), Obersthofmeisterin der Kaiserin Maria Anna, verh. mit Oberhofzeremonienmeister Friedrich Landgraf von Fürstenberg (1774–1856). Czartoryski, poln. Adelsfamilie. Verm. Julie Constance Gräfin von Bellegarde (geb. 1822), Tochter des Obersthofmeisters August Graf von Bellegarde (1795–1873) und der Freiin Julie von Gudenus (1795–1865). Széchenyi, ungar. Adelsfamilie. Für Prinz Eugen von Savoyen erbaute Schlossanlage. Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld (1788–1853), Maler. Aus Schloß Ambras in Innsbruck nach Wien verbrachte Sammlung des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol (1529–1595). Wenn überhaupt, kann nur Marie Therese Fürstin Esterházy (1794–1874), eine Tochter der Fürstin Therese Mathilde Amalie Thurn und Taxis, geb. Herzogin zu Mecklenburg-Strelitz (1773–1839) gemeint sein, seit 1812 verh. mit Paul Anton Fürst Esterházy zu Galantha (1786–1866). Clary und Aldringen, böhm. Fürstenfamilie. Fürstin Sarah Esterházy (1822–1853), geb. Child-Villiers. Verm. Graf Moritz Sándor (1805–1878), verh. mit Leontine von Metternich-Winneburg (1811–1861).

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saal, der recht animirt. Die Patiany39 hübsch, Collowradt; Gräfin Arco;40 Fürstin Esterhazy.41 Bis um 4 Uhr getanzt. /264/ 18 Januar. Um 9 Uhr wurde bei der Spinnerin am Kreuz42 ein Soldat gehenkt, ein schrecklicher Contrast zum Tanzen. Das Alterthumscabinet bei H[errn] v[on] Arnet43 besehen; der eine der 3 großen Cameen, die Apotheke des Augustus; die große Apatschale;44 die römisch-orientalischen Goldgefäße; Münzen; griechische Vasen. Sehr müde. Um 7 Uhr großer Hofball. Im Zuge aus dem Versammlungszimmer nach dem feenartig erscheinenden Saal, die Erzherzogin Sophie45 rührend. Den ersten Walzer mit der Erzherzogin Marie; Fürstenberg; Lützow; Belgarde; Cotillon mit der jüngsten Kanitz.46 Fürstin Zetscheny,47 Gräfin Stadion kennen gelernt, die sehr schön. Um 11 Uhr aus, jeder nach Haus. 19 Jänner. Nach Laxenburg. Selbst in dem reizend angelegten Garten herumgefahren: die Ritterburg; das Sophienthal; die Marianneninsel; die Ferme.48 In 4 Stunden wieder in Wien. Kanitz und Müng bei mir zum Diner. Den Abend beim Fürst Metternich. 20 Jänner. Selbst durch Schönbrunn nach Hitzingen gefahren zum Baron Hügel,49 der von seinen Reisen das Interessanteste aller von ihm bereisten Gegenden gesammelt und geschmackvoll aufgestellt hat. Dann in den Garten von Schönbrunn, wo uns in der Menagerie ein solches Schneegestöber überfiel, daß /265/ ich kaum vor den Pferden etwas sehen konnte. 21 Jänner. Die Nationalbank, wo das Papier gemacht wird, besehen. Diner bei der Kaiserin Mutter,50 wo Kanitz und Graf Arco.51 Ball beim Schweizerischen Gesandten Effinger.52 Sie eine angenehme Frau. Den 2ten Cottillon mit der Batiani,53 die allerliebst; 2 starke Blitze, die alles alarmirte[n]. 23 Jänner. Die arme Erzherzogin Marie (Rainer)54 um 1 Uhr, während wir so lustig tanzten, gestorben; schrecklich so jung! Erinnerung an Florenz!55 Stallparade, 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Batthyány, ungar. Adelsfamilie. Mglw. Sophia Gräfin von Arco, geb. Gräfin von Thun und Hohenstein (1802–1861). Mglw. Fürstin Sarah Esterházy. Gotische Steinsäule in Wien-Favoriten. Josef Arneth (1791–1863), Direktor des Münz- und Antikenkabinetts. Achatschale (Gralsschale) der kaiserlichen Schatzkammer. Erzherzogin Sophie, geb. Prinzessin von Bayern (1805–1872). Christiane von Canitz und Dallwitz (1824–1880). Széchenyi, ungar. Adelsfamilie. Sommerresidenz der Habsburger mit englischem Landschaftsgarten. Carl von Hügel (1796–1870), Diplomat, Naturforscher und Bauherr der Villa Hügel in Hietzing. Karoline Auguste von Österreich, geb. Prinzessin von Bayern (1792–1873). Leopold Graf Arco (1786–1847), österr. Kämmerer. Albrecht Effinger von Wildegg. Batthyány, ungar. Adelsfamilie Maria, die 1821 geborene Tochter des Erzherzogs Rainer von Österreich. Vgl. Eintrag vom 14.9.1841.



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die sehr interessant. Kaserne der Italienischen Garde. Promenade im Prater bis an das Lusthaus. Diner bei Kanitz; neben der ältesten Tochter gesessen, die höchst liebenswürdig.56 Den Abend bei Metternich. 24 Jänner. Den Schatz der Bank gesehen, in dem 68 Millionen: 120 Papier. 1/3 baarer Vorrath soll immer, beim Staat sogar 1/5 genug sein. Die Münze sehr gründlich besehen; selbst geprägt. Verfertigung des Golddrahtes. Den Stephansorden erhalten. Diner bei Metternich; neben der Huniady.57 Reisedebatten. Leopoldstadt. 25 Jänner. Die Akademie der bildenden Künste /266/ die Elginschen Abgüsse. Unwichtige Bilder. Schönheit von Rubens. Schön ist aber die Esterhasische Gallerie: Madonna von Leonardo, einige Titians; Claude; dann Morillo: die Madonna, welche die hübsche C[om]tesse Tenoborska copirte,58 viele andere tüchtige Spanier. Das schöne Mädchen, die Leiche der armen Erzherzogin gesehen, dann ihre Beisetzung, anfangs auf der Straße und dann in der Capuzinerkirche; eine schrecklich traurige Feierlichkeit. Am Dienstag die Kaisergruft besehen, worin Kaiser Matthias der erste,59 Kaiser Franz der letzte.60 26 Jänner. Nun liegt die arme Erzherzogin hier und gegenüber, Friede ihrer Seele! Abschiedsvisiten beim Kaiser, den Herrschaften, der Herzogin von Köthen61 und der lieben Amelie von Schweden. Den Vigilien zugesehen. Bei Metternich zum Essen und zum Thee. Baumann: „ich geh so gerne bei der Nacht“, der Gondoliere.62 Größere Gesellschaft. Um 1 Uhr abgereist, mit Sichi bis Burkersdorf. 27 Januar. Nach Linz Das alte Kaiserschloß Mölk,63 ein jetziges Kloster, hat eine sehr schöne, im Sommer mehr zu würdigende, Lage über der Donau; die Lichter des Hochaltars glänzen auf den Fluß. Die Straße windet sich im Donauthal fort, bis sie uns um 7 Uhr nach meinem freundlichen Linz brachte, /267/ das ich, mich der früheren Zeit erinnernd, noch im Mondschein besah. Der Mond stand über der Brücke. 28 Januar. Von Linz nach Salzburg Schnee und Nebel raubten dem freundlichen Traunthal jeden Reiz, obgleich ich mich in der Erinnerung freute. Bei dem freundlichen Lambach,64 dessen Schloß und Kirche sich auszeichnen, verließen wir die Straße nach Gemünd, fanden aber auf dem Gebirge einen solchen Schnee, daß man kaum hindurch konnte. Spät in Salzburg angelangt, zog mich die Erin56 57 58 59 60 61 62

Auguste von Canitz und Dallwitz (1822–1878). Hunyadi, ungar. Adelsfamilie. Bartolomé Esteban Murillo (1618–1682), auf Marienbildnisse spezialisierter span. Maler. Matthias (1557–1619), Kaiser 1612–1619. Franz II. (1768–1835), ab 1804 Kaiser von Österreich. Sophie Julie, Herzogin von Anhalt-Köthen. Alexander Baumann (1814–1857), Singspieldichter. Gemeint ist: Der Gondolier. Barcarole für eine oder zwei Singstimmen mit Begleitung des Pianoforte. 63 Benediktinerkloster Stift Melk war eine Gründung der Babenberger Markgrafen Ende des 11. Jahrhunderts. 64 Benediktinerstift.

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nerung noch im Mondschein nach dem Felsenthor und wir stiegen an der Felswand etwas empor, um in die Reitbahn und in den Kirchhof hineinzusehen. Auch sahen wir das inzwischen errichtete Mozartdenkmal,65 jedoch sehr undeutlich. 29 Jänner. Von Salzburg nach München Schneegestöber; Gebirgsthäler; hübscher Blick auf Wasserburg am Inn, wo wir wegen einer zerbrochenen Feder einige Stunden blieben. 30 Januar. Glyptothek, Ludwigskirche, Festbau. Kleines Diner. Theater. 1 Februar. Pynakothek; Basilika. Diner bei der Herzogin von Leuchtenberg.66 Die Herzogin von Braganza schön.67 /268/ Hofconcert, souper mit loosen. 2 Februar. Sonntag. Leuchtenbergische Gallerie; schöne Italiener, Morillos; Gefechte des Vizekönigs von Adam.68 Atelier von Stieler.69 Diner beim Prinzen Karl.70 Zum Thee zur Königin.71 Prinzessin Hildegarde,72 die sehr hübsch ist, gesehen. Lotto. Albrecht73 nahm zum letzten Mal vor der Hochzeit Abschied von ihr. 3 Februar. Von München nach Mittenwalde Der Packwagen ist im Schnee umgeworfen. Die Gegend ist gebirgig, doch namentlich das Thal hinter Weilheim sehr freundlich. In Pagenkirchen mußten die Wagen auf Schlitten gesetzt werden, und so erreichten wir, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten, Mittenwalde. 4 Februar. Von Mittenwalde nach Steinach Der Schnee lag im Scharnitzpaß74 sehr hoch und da fast gar keine Bahn in Baiern; so ging es bis zur Gränze sehr langsam. Dort sah man die Spuren der Lawine, die die Straße gesperrt hatte. Nun ging es gut von Statten und bald waren Schloßberg und Zirl überwunden, von denen sich eine herrliche Einsicht in das schneebedeckte Innthal und seine Berge darbot. Der Gasthof, in welchem wir 1838 übernachtet, liegt dem Posthaus schräg gegenüber, und die hübsche Kellnerin zeigte mir ihre Schwester, die nunmehrige Postmeisterin, die damals dort Kellnerin gewesen. Nachdem wir die Martinswand mit dem gegen- /269/ überliegenden kleinen Jagdschloß Maximilians I. passirt,75 zeigten sich die wohlbekannten Wahrzeichen von Innsbruck: Frau Hütt und der Waldraster. 76 Dort in unserer Sonne eingekehrt, besuchte ich 65 Das Denkmal wurde 1842 enthüllt. 66 Herzogin Auguste von Leuchtenberg, geb. Prinzessin von Bayern (1788–1851). 67 Herzogin Amélie von Braganza, geb. de Beauharnais (1812–1873). 68 Albrecht Adam (1786–1862), Schlachtenmaler. 69 Joseph Karl Stieler (1781–1858), bayr. Hofmaler. 70 Prinz Karl von Bayern (1795–1875). 71 Therese, geb. Herzogin von Sachsen-Hildburghausen (1792–1854). 72 Prinzessin Hildegard von Bayern (1825–1864). 73 Erzherzog Albrecht von Österreich-Teschen (1817–1895). 74 Engstelle des oberen Isartals. 75 Martinsberg. 76 Frau Hitt, sagenumwobener Gipfel der Innsbrucker Nordkette, und Maria Waldrast mit Waldraster Jöchl, Pilgerstätte.



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wieder Maximilians Grab in der Franziskanerkirche, das Haus mit dem goldenen Dach und die Brücke mit der herrlichen Aussicht auf die Felsenwände. Eigenthümlich großartig aber war der Rückblick auf das im Thale liegende Innsbruck, wie die Sonne es mit seinem Hintergrunde von Felsen, alles im schimmerndsten Winterschmucke, beleuchtete, während man sich, auf der neuen Straße immer höher steigend, im Sillthale verliert. Nach Uebersteigung des Schönberges erreichten wir im Dunkeln Steinach, unser damaliges Nachtquartier. 5 Februar. Von Steinach nach Bozen Bei empfindlicher Kälte erstiegen wir den 3400 Fuß hohen Brennerpaß, an dem Sill und Eisack entspringen, die eine dem schwarzen, die andere dem adriatischen Meere zuströmend. Immer größer und reißender werdend, schäumt die Eisack durch ihr enges Felsenthal hin, über dem man rückwärts den Brennerspitz gewahrt. In Sterzing, wo Hofer den Franzosen siegend in den Rücken fiel,77 war Markt. Bei Mittenwalde (Kugeln in der Post) und an der Klus, die hinter der nun vollendeten Franzensfeste liegt, hatten die Sachsen blutige Gefechte. Nun wird das Thal enger /270/ und steiler, doch zeigen sich Spuren von südlicherem Clima. Die Straße führt an mehreren Schlössern vorbei, durch das Schloß Groll.78 Zuletzt von Azwang fuhren wir im Dunkel an den tiefen Abgründen hin, in denen der Fluß hinabtost, während der dämmernde Himmel ein mattes Licht auf die immer mehr schwindenden Felsen warf, die sich nach dem nahen Etschthal hin erweiterten. Ich fühlte wieder eine Mahnung an alte begeisterte Stunden. 6 Februar. Von Botzen nach Verona Das Etschthal, dem man immer folgt, zeigt schon trotz des Winters einen unverkennbar südlichen Charakter und bei deutsch Metz, das mit seinem italienischen Namensvetter am Eingang des Roquetta-Passes Wache hält,79 nimmt man Abschied vom Vaterlande. In Trient ist der schöne Dom merkwürdiger als die Kirche, in der das Conzil gehalten worden, das übrigens so wichtig ist.80 Durch die Veroneser Klause rollten wir über die raulischen81 Gefilde dem alten Verona zu. 7 Februar. Von Verona nach Venedig Padua Den Vormittag in Verona benutzten wir zu einer Besichtigung der interessanten Erinnerungen aus der alten und neueren Zeit, die Verona in so reichem Maaße besitzt. Natürlich wurden die bekannten Stellen /271/ Platz und Pallast der Skaliger, das Amphitheater, das Grab von Julie, der römische Bogen besehen, dann aber noch der auf dem Platze von Theoderichs82 Burg erbaute palazzo vecchio mit der Brücke, in deren Nähe die alte Basilica San Zeno, ferner den an der Etsch belegenen Pallast Canosta, wo die zweite 77 78 79 80 81 82

Der Tiroler Nationalheld Andreas Hofer (1767–1810) kämpfte hier 1809 gegen bayer. und franz. Truppen. Schloss Grohl. Deutsch-Metz und Welsh-Metz am Rocchetta-Pass. Konzil von Trient 1545–1563. Gemeint ist verm. das Siedlungsgebiet der antiken Räter. Theoderich (gest. 526), König der Ostgoten.

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Frau vom Kaiser Franz gestorben;83 S[ank]t Anastasia, den Dom; ponte romano über die man nach San Giorgio gelangt; dann den zur Herberge herabgewürdigten Pallast Capelli. Die Straße nach Vicenza war freundlich und äußerst belebt. Die Stadt zeigt herrliche Bauwerke an Pallästen. Nun verschwinden links die Alpen ganz, an deren Abhange noch Montebello liegt, während rechts, einzeln in der Ebene, die Euganeischen Berge sich zeigen. Nachdem wir in Padua im Theater eine arme Sängerin von den Studenten hatten auspfeifen sehen, besahen wir noch wie damals,84 den merkwürdigen Dom im Dunkeln. 8 Februar. Von Padua nach Venedig Um 7 ½ Uhr flogen wir mit der Eisenbahn nach Mestre, über welches hinaus die Bahn glücklicherweise noch nicht fertig war, sodaß wir noch zu Schiff uns der herrlichen Königin der Meere nahen konnten. Vieles bekannte sah ich wieder, doch ich fühlte in der Erregung, die sich in mir hob, daß sie nicht mehr so tief, so rein! Das Leben hat sein Eis über mein Gemüth gezogen. Möge /272/ es unter der Sonne des Südens wieder schmelzen. Durch den ganzen Canal grande ging es an dem Kleinod von Venedig vorbei nach dem Gasthof Albergo reale an der riva dei schiavoni.85 Schack86 und ich stürzten gleich, von innerer Sehnsucht getrieben, nach dem Marcusplatze und begeistert betraten wir den heiligen Raum von S[an] Marco. Was hatte sich alles in und außer mir verändert, seit ich damals dort gestanden! Hier dasselbe heilige, ahnungsvolle Schweigen, dasselbe Mahnen an den Orient; und wie war jener Saame in mir gekeimt; der ich jetzt vielleicht jenes Land, wohin man dem Kreuze gefolgt, sehen soll! Dann suchte ich meine Stelle im Hofe des Dogenpallastes auf, welch schöne, einzige Formen! Den übrigen Tag streiften wir allenthalben umher, uns ergötzend an dem eigenthümlichen Wesen und den Erinnerungen von früher. Der Dogenpallast mit seiner ponte di sospiri und seinen Gefängnissen wurde nicht vergessen. Den Abend brachten wir in S[an] Felice zu. 9 Februar. In Venedig Wieder ging es zuerst nach S[an] Marco, dann nach der Gallerie delle belle arte, wo die Himmelfahrt von Tizian, Trevis-Emo,87 dem Arsenal und Maria i frari88 mit dem Denkmal Canovas und Tizians, und /273/ auf den Campanile. Der Abend fand uns im Theater. 10 Februar. Von Venedig nach Ferrara Im Regen verließen wir Venedig, um es wohl nicht in diesem Leben wieder zu sehen, und dennoch [war] ich ruhiger als damals, ich war 2 Jahre älter geworden. Die Dammarbeit für la strada ferrata ist großartig und schön. In Padua fand ich außer dem Chor das Innere von S[an] Antonio dem interessanten Äußeren nicht entsprechend. Während leider die Eu83 84 85 86 87 88

Wenn die zweite der vier Frauen von Kaiser Franz I. von Österreich gemeint ist, liegt ein Fehler vor. Maria Theresia, geb. Prinzessin von Neapel und beider Sizilien (1772–1807), starb in Wien. Vgl. den Eintrag vom 9.9.1841. Riva degli Schiavoni. Adolph Friedrich Graf von Schack, Legationsrat und Kammerherr. Mglw. der Palazzo Trevisan a Murano. Santa Maria Gloriosa dei Frari.



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ganeischen Berge zum Theil mit Nebel bedeckt waren und so auch Este verborgen blieb, fiel mir die Lage des Schlosses von M[on]t Felice auf. Nicht weit davon im Gebirge starb Petrarka in Arqua.89 In Rovigo, wo ich damals so inbrünstig betete, besuchte ich jene Kirche wieder.90 Ich war nicht so gestimmt, aber ich nahm mir vor, ich wollte wieder so werden. O hilf mir dazu, mein Gott! So kann die Reise unendlich segensreich für mich werden! Die Etsch und der Po wurden wieder auf Fähren überschritten; wir betraten das Päpstliche Gebiet. Beim Hineinfahren erkannte ich das Schloß und den Platz wieder. 11 Februar. Von Ferrara nach Covigliajo91 Leider war in Bologna nicht die Zeit in der Akademie die heilige Cäcilie von Raphael zu sehen, doch beschauten wir uns die beiden schiefen Thürme. Im Appenin erreichten wir das Toskanische Gebiet und schon um /274/ 7 Uhr das gute Gasthaus von Covigliajo. 12 Februar. Von Covigliajo nach Florenz Bei ziemlich hellem Wetter ging es dem schönen Florenz zu, das sich uns mit seiner Kuppel und seinen beiden Thürmen von der Höhe bei Fiesule in seinem reizenden Arnothale zeigte. Nach einem Frühstück in Grande Bretagne ging es nach dem Heiligthum der Uffizien, wo mich jene herrlichen Werke wieder mächtig ergriffen, namentlich die Madonna del Cardelino92 und die von Correggio. Im Pallast Pitti war dies die Madonna della seggiola,93 die mich mit ihrem einzig milden Blick tief rührte. Dann besah man wieder Or san Michele; den Dom mit dem Baptisterium; S[an]ta Croce; S[an]ta Maria Novella, und von S[an] Miniato aus Firenze la bella. In der Pergola tanzte die berühmte Zeritta unter ungeheurem Applaus. 13 Februar. Von Florenz nach Camuschia94 Bis Arezzo, eine 10stündige Hungertour, ging es in dem anfangs reizenden, dann aber unfruchtbar werdenden Arnothale fort, wo es aber entsetzlich regnete. In der Nacht hatte es schon stark gedonnert. Dann wurde es dunkel und mit Mühe erreichten wir das höchst mäßige Gasthaus von Camuschia. 14 Februar. Von Camuschia nach Spoleto Nach einer gut verbrachten Nacht brachen wir um 5 Uhr bei ziemlich klarem Wetter auf. Mit Sonnenaufgang fuhren wir /275/ an dem berühmten Ufer des schönen Trasimenischen Sees,95 wo Hannibal das dritte römische Heer vernichtete. Lange konnten wir uns an dem herrlichen Anblick weiden, bis die Straße über das Gebirge und in ein anderes herrliches Thal, das des alten flavus tiber führte, in dessen südlichem reizendem Umkreis Perugia, Assisi, Foligno liegen. Jetzt fühlte ich mich in Italien, ich verstand den Geist Himmel, der den Römer gebildet, der die deutschen Kaiser dort das edelste 89 Arquà Petrarca. 90 Vgl. den Eintrag vom 10.9.1841. 91 Covigliaio. 92 Gemälde von Raffael. 93 Gemälde von Raffael. 94 Camucia. 95 Lago Trasimeno.

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Blut ihres Reiches vergießen ließ, der den Raphael befähigte, solche begeisterte Werke zu schaffen. Alle in der ersten Jugend empfangene Eindrücke und Bilder des Alterthums stiegen in mir auf; ich empfand den Zauber Italiens. Reizend liegt Perugia, auf einem steilen Felsen malerisch emporstrebend mit seinem Wahrzeichen: S[an] Pietro fuori le mura, in deren Sakristei Christus und Johannes von Raphael. Die Kathedrale, deren Chor ein schönes Glasfenster hat, bewahrt eine Madonna von Sassoferato; in S[an] Severo ist der obere Theil eines Frescogemäldes in einer Kapelle von Raphael, so auch (?) Gottvater in dem übrigens von Pietro Perugino gemalten Cambio.96 Im Pallast dieses Namens ist die herrliche Madonna Connestabile von Raphael. Vom Belvedere und aus den Fenstern von S[an] Severo hat man eine schöne Aussicht. Wir erstiegen den Berg, auf dem die Stadt mit ihrer: ad coercendam Perusinorum audaciam von Paul III. erbauten Burg, zu Fuß.97 /276/ Nun ging es in das Thal hinab, und hinüber nach der Madonna degli Angioli, die über der alten, ein Bild aus Palästina enthaltenden, Kapelle und der Celle des heiligen Franciscus, gegenüber von dem äußerst malerisch gelegenen Assisi, erbaut ist. Die Straße führt längst der Straße Berge hin, an einer schönen Villa Pierre Marine vorbei, durch das vom Erdbeben sehr zerstörte, interessante Spello, durch Foligno, am Tempel des Clythumnus vorbei, nach Spoleto. 15 Februar. Von Spoleto nach Civita Castellana Ein herrlicher Tag! Die Somma98 wurde erstiegen. Eine enge Schlucht führte in das herrliche Thal der Nera hinein, in der Termi und auf jedem Hügel eine Stadt liegt. Ein schöner Felsenweg, von dem die ganze reiche Gegend sich uns erschloß, führt zum Fall des Velino, der alles von mir gesehene an Höhe und malerischer Form überstrahlt. Von dem 300 Fuß hohen Fall stäubt sein Wasser entsetzt empor, um mit neuer Gewalt noch tiefer zu stürzen in das Bett der Nera, wohin ihn der Römer Curius Dentatus99 1000 Fuß tief hinabgeleitet. Der Ternifall verdient seinen Ruhm.100Auf einem schroffen Felsen im tiefen Thal liegt Papignano und auf der Höhe das Schloß Mirandola. Nachdem der Berg der Madonna scoperta und das hochgelegene von /277/ Narni erstiegen, von dem man einen herrlichen Rückblick auf die ganze Gegend von Terni hat, zeigte sich auf der Höhe der Madonna scoperta der vom Horaz so gefeierte Soracte,101 das Wahrzeichen der Campagne, die uns an der alten augustinischen Tiberbrücke in Empfang nahm. Von Borghetto sind nur

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Collegio del cambio, Teil des Palazzo dei Priori. Rocca Paolina. Nach dem Ende des Salzkrieges gegen Perugia ließ Papst Paul III. (1468– 1549) 1540 eine Festung erbauen: „zur Zügelung der frechen Kühnheit der Peruginer“. 98 Passo della Somma. 99 Manius Curius Dentatus (gest. 270), röm. Konsul und Heerführer, ließ einen Kanal zur Ableitung des Velino anlegen. 100 Cascata delle Marmore. 101 Monte Soratte (mons soracte), alleinstehender Berg im Tibertal, vgl. Horaz (65–8), Carmen 1,9.



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noch malerische Trümmer. Ueber eine tiefe Schlucht ging es in das Felsennest, das uns beherbergt. 16 Februar. Von Civita Castellana nach Rom Durch die hügelige, unbebaute Campagna ging es Rom zu. In La Sterta erwartete mich Prinz Lippe,102 mit dem ich zusammen am Grabe des Nero, am ponte chole vorbei meinen Einzug in das alte Rom hielt. Bei S[ank]t Peter stiegen wir aus, und gesegnet vom eben vorbeifahrenden Papste,103 trat ich in diese Kathedrale der Christenheit. Ich staunte; es [schien] mir ein Traum, in Rom zu sein. Wäre S[ank]t Peter gothisch, so wäre es die erste Kirche auf Erden! Hier fand ich Golowin, den Adjudanten von Sache.104 An der Engelsburg vorbei, über die Brücke und den Corso führte mich Leo[pold] nach Meloni, meiner Wohnung an der piazza del populo unter dem M[onte] Pincio. Nach einiger Säuberung ging Leo[pold] mit mir auf das Capitol und auf das forum, diese denkwürdige Stelle! Dann zeigte /278/ sich die Basilika des Constantin, der Bogen des Titus, die domus aurea, der Bogen des Constantin, das Collosseum; auf dem Rückweg das Forum Trajani mit der Säule. Zu Mittag aßen wir bei Moliere.105 – Ich bin also in Rom! 17 Februar. In Rom Um 10 Uhr fuhren wir auf den M[onte] Pincio hinaus, von dem man rechts Rom, links die Villa Borghese und den M[onte] Mario hat, ein schöner Punkt! Dann über den Janiculus nach dem M[onte] Cavallo, wo die Dioskuren von Phidias und Praxiteles, vorher an Villa Medicis vorbei, durch die via pia am forum des Nerva vorbei auf den Thurm des Capitols. Ganz Rom, die 7 Hügelstadt, liegt vor dem Beschauer; das forum zu den Füßen; rechts von diesem der Palatin, der Aventin, gradeaus der Celio, links der Esquilin, Viminal, Quirinal dicht am forum, der Pincio, ein schöner, erinnerungsreicher Blick! Auf dem Palatin schweift der Blick über die Trümmer nach den Albaner und Sabiner Bergen. Um 2 Uhr begann der Corso.106 Zuerst eine Parade der päpstlichen Truppen, dann der Kampf mit den Bouquets und Confettis. Ein eigenthümlicher, interessanter Anblick, diese bunt geschmückten Balcons voll Damen, in der Straße die harmlos wogende Menge und die Wagen, im Kampfe mit den Balcons. Das Leben ist so kurz; /279/ warum können wir bei uns den Sorgen nicht einen solchen Tag abgewinnen? Das Pferderennen beschloß dies Fest, das mich unendlich amüsirt hat. Thee bei Leo[pold]. 18 Februar. In Rom Sonntag. In unsere Kirche auf dem Kapitol, die mich an Bonn erinnerte! Auf das Collosseum, ein großes Werk, eine schöne Aussicht. Welch ein Blick auf Rom, die Campagna und die Gebirge, aber erst von S[an] Pietro in montorio, wo Petrus gekreuzigt worden! Reitzend ist die Villa Doria Pamphili

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Erbprinz Leopold (III.) zur Lippe. Gregor XVI. (1765–1846), Papst seit 1831. Der spätere Kaiser Alexander II. von Rußland. A. von Moliere, Major und Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen. Römischer Karneval.

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durch ihren immergrünen Garten und ihre Laage. Nach dem Theater waren wir noch auf einem festino, dem Gürznich107 ganz ähnlich. 19 Februar. In Rom Die Villa Milz liegt in den Trümmern der alten Kaiserpalläste und gewährt reitzende Durchblicke auf Rom und die Umgegend. S[an] Clemente ist die älteste vollständige Basilika mit Chor und Ambonen.108 Schön durch seine Größe und Helle ist der Lateran mit dem Baptisterium, wo Constantin getauft worden und mit seinem höchst interessanten Kreuzgang, in dem Säulen aus dem Tempel von Jerusalem (Capelle Corsini). Das Maaß Christi. S[an]ta Maria Maggiore eine schöne Basilika, wo ich Hahns aus Curland wiederfand.109 Davor eine Säule, dahinter ein Obelisk. Corso, den wir, Bouquets und Confetto versendend, auf einem Wagen durchzogen.110 Diner beim Kronprinzen /280/ von Würtemberg.111 Ball beim Graf Lützow:112 3 Fr[äu]l[ein] Lützows; Torlonia;113 Ludolf; d’Outren; St. Maison; St. Leger, denen mich Leo[pold] vorgestellt. 20 Februar. In Rom H[err] v[on] Schröter, der übergetretene, zum crassen Katholiken gewordene Protestant;114 Hahns; Burg; Wachenhusen bei mir. Um 10 Uhr: Lombardi,115 in denen die Fretzolini und Potschi mit Beifall überschüttet wurden; 116 auf den Corso; das Ablaufen der Pferde gesehen; Moccolis;117 furchtbarer Kampf; auf den Balcon. Ein eigenes Schaupiel; diese Tausende von Lichter[n] und die tobende Menge. 21 Februar. In Rom Auch für mich soll die nun beginnende stille Zeit eine Zeit der Sammlung vor Gott werden, dem ich mich mit seiner Hülfe ganz ergeben mögte, und immer noch nicht kann. Zuerst zeigte mir Moliere die Peterskirche, die doch ungeheuer, deren Details ich noch genauer sehen muß. Die [Villa] Farnesina mit der Geschichte von Amor und Psyche von Raphael; die Galatea von ihm; Visitenkarte von M. Angelo; oben Alexander und Roxana. Gallerie Corsini mit Madonna v[on] Morillo, ecce homo v[on] Guerchino u[nd] Guido Rheni; Susanne v[on] Domenichino. Kloster S[an] Onefrio mit dem Grabe und der Eiche Tassos und einer wundervollen Aussicht, deren sich Tasso in seinen letzten Jahren freute. Ponte retto, an dem das Haus des Crescentius, der Tem- /281/ pel der pudicitia 107 Festsaal in Köln aus dem 15. Jahrhundert. 108 Erhöhter Ort, von dem aus biblische Lesungen erfolgen. 109 Verm. Peter Theodor Baron von Hahn (1788–1868), verh. mit Henriette, geb. Gräfin von der Pahlen. 110 Am Montag nach dem Sonntag Estomihi wurde der römische Karneval gefeiert. 111 Kronprinz Karl (I.) von Württemberg. 112 Rudolf Graf von Lützow (1788–1858), österr. Botschafter. 113 Teresa Doria Colonna (1822–1875), seit 1840 verh. mit Alessandro Torlonia (1800–1886), dem Oberhaupt einer röm. Gelddynastie. 114 Verm. Bruno von Schrötter (1816–1888). 115 I Lombardi alla prima crociata, Oper von Guiseppe Verdi. 116 Erminia Frezzolini (1814–1884), ital. Opernsängerin und ihr Ehemann, der Tenor Antonio Poggi (1806–1875). 117 Kerzenstummel.



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viriles,118 der Vesta, die Pfeiler des von Horatius Cocles119 vertheidigten pons sublicius, die cloaca maxima und die Kirche S[an]ta Maria in Cosmedin mit den Catacomben. Villa Wolkonsky120 in dem alten Rom auf der Wasserleitung des Nero, mit einer entzückenden Aussicht. S[an]ta Maria in rotondo mit den Marterabbildungen,121 S[ant]a Cecilia mit ihrem Bade, darin sie gesotten.122 22 Februar. In Rom Mit Dr. Braun123 stiegen wir in das Innere des Kapitols, in das Tabularium124 hinab, das noch aus der Königszeit übrig ist, das vermittelst einer später durch den Tempel des Saturn verbauten Treppe mit den neben diesem Tempel gelegenen Satariatsstuben in Verbindung stand. Es diente im Mittelalter als Gefängnis. Das Gefängnis des Jugurtha125 zeigt sein Alter durch die nicht gewölbte, sondern über einandergeschobene Decke. Hier soll auch Petrus gesessen haben. Er schaute hoch und ernst über das forum Cäsaris herab. Dicht an der Mauer des Concordientempels, der des Saturn, des Vespasian, die Notariatsschulen, grade aus das forum, links davon das forum des Cäsar; dahinter das des Augustus, von dessen Tempel des Mars ultor noch 3 schöne korinthische Säulen, die schließende große Mauer und der Ansatz zu der Curia sichtbar; rechts daneben das des Nerva,126 auch palladium, auch transitorium genannt mit 2 korinthischen /282/ Säulen, deren Fries schön127 verziert und zwischen denen die Minerva. Links seitwärts vom Kapitol das in der Höhe der Säule ausgegrabene forum Trajani, das prächtigste von allen, das das Grab der Kaiser, die Säule, eine noch sichtbare Basilika, einen Tempel und große halbrunde Flügel hatte, erbaut durch Appolodorus.128 Außerdem gehörten noch dazu 2 Bibliotheken, und 2 Tempel und ein großes Treppenhaus. Im Pallast Spada, der durch die Raumbenutzung interessant ist, die Statue des Pompejus, an deren Fuß Cäsar ermordet worden. Im Pallast … der Discuswerfer. S[an]ta Maria sopra Minerva: Grab des Fiesole; Fresken von Lippi.129 Nach einer Wanderung durch den Vatican aßen wir bei Buch;130 ich neben der schönen Gräfin Schauer. Den Abend bei Leo[pold].

118 Tempel der personifizierten Schamhaftigkeit. Warum der Großherzog dahinter „viriles“ schreibt, ist unklar. 119 Volksheld der röm. Mythologie, der die Brücke gegen die Etrusker verteidigt haben soll. 120 Von der Diplomatentochter Zenaide Alexandrovna Wolkonsky (1789–1862) ab 1830 erbaute Villa. 121 Gemeint ist das antike Pantheon, seit 609 als Kirche dem Gedenken aller Märtyrer geweiht. 122 Santa Cecilia in Trastevere. 123 Emil August Braun (1809–1856), Archäologe. 124 Archiv des röm. Reiches. 125 Numidischer König (160–104). 126 Marcus Cocceius Nerva, röm. Kaiser. 127 Darüber geschrieben: das capitolinische Museum. 128 Apollodorus von Damaskus (65–130), röm. Architekt. 129 Filippino Lippi schuf die Fresken in der Carafa-Kapelle der Kirche Santa Maria sopra ­Minerva. 130 Ludwig August Baron von Buch (1801–1845), preuß. Gesandter.

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23 Februar. In Rom Geburtstag von Mama. Brief an Mama. Der Vatican: Apoll, Laokoon, Antinous, Perseus; Torso; Capelle des Fiesole; die Loggien des Raphael; Besteigung der Peterskuppel bis in die Kugel; Blick auf das Meer. Conzert bei Landsberg:131 unbekannte Nachbarin; Miss Smith. 24 Februar. In Rom Visite beim Papst mit Lippe und Buch zusammen; großer Mathematiker und Astronom, gleicht Elderhorst. Kammerherr Alberghetti. Zu Fuß mit Leo[pold] in schöner Frühlingsstimmung über das forum nach dem Lateran, S[an]ta Croce, nach dem sehr belebten Pincio. /283/ Den Abend bei Gräfin Schauer. 25 Februar. In Rom Sonntag. Morgenspazirgang in dem herrlichen Frühlingswetter über den Pincio nach Trinita de Monti. In der Syxtinischen Kapelle Messe. Der Papst da. Nach dem M[onte] Mario, wo ein herrlicher Blick auf Rom und ponte molee132 (inglorius). Diner bei mir. 26 Februar. In Rom Auf dem Kapitol besahen wir den anderen Theil der Sammlung (Dornauszieher in Bronze) und stiegen nun in das Heiligthum Roms, das forum hinab, das nach Brauns Ansichten etwa so bebaut war: An das tabularium lehnten sich der zu den Sitzungen des Senats benutzte Concordientempel; rechts daneben der später erbaute Tempel des Vespasian; dann die chola santa, die einen im stumpfen Winkel gebrochenen Portikus hatte, dessen rechter Schenkel parallel mit dem darüber gelegenen Jupiter tonans Tempel liegt. Vor dem Vorplatze des Concordientempels steht der Bogen des Sept[imius] Sever[us];133 daneben die Basis des orbillarium, die hier am clivus ausmündende sacra via, die an der Phocasäule vorbei nach dem Titusbogen führte; das milliarium aureum zu Füßen des Tempel des Saturn. Parallel mit dessen Front und neben der s[acra] via sieht man die Stufen, die zu comitium, dem Versammlungsort der Patrizier hinaufführten, wo Cäsar die basilica Julia hinbaute. Die s[acra] via mündete durch den Bogen des Tiberius, neben dem sich nach /284/ dem Sept[imus] Severbogen134 die alten rostrae des Duilius135 hinzogen, die erhaben auf das forum hinabblickten. Neben der Basilika Julia befand sich der Tempel des Kastor und Pollux, die Vorhalle zum Hause des Kaligula,136 der sich ihr Bruder wähnte und hier wurde das Forum durch die curia Julia hostilia abgeschlossen, von der die 3 sogenannten Säulen des Minervatempels noch übrig. Rechts am Palatin lag der Tempel der Vesta, auf dessen Grundbau ein mittelalterliches Rundgebäude steht. Links vom forum lag die Basilika Aemilia. Hinter dem Tempel des Antonin und der Faustina sieht man die Umfangsmauer des forum pacis, auf dem auch der Penatentempel, jetziger 131 132 133 134 135

Ludwig Landsberg (1807–1858), Kapellmeister. Ponte Molle, die Milvische Brücke. Septimius Severus (146–211), röm. Kaiser. Triumphbogen des Kaisers Septimius Severus. Columna rostrata, mit Rammspornen eroberter Schiffe geschmückte Ehrensäule für den Konsul Gaius Duilius. 136 Caligula (12–41), röm. Kaiser.



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Vorhof der durch ein großes altchristliches Mosaik aus dem 8ten Jahrhundert bemerkenswerthen S[an] Cosmo e Damiano, lag. Auf seinem alten Boden liegt auch zum Theil die ungeheure Basilika des Maxentius, der Constantin eine andere Richtung gab.137 Uebertroffen sind ihre Dimensionen aber durch den großen Doppeltempel der Roma und Venus, erbaut von Hadrian138, neben dem der schöne Titusbogen und vor dem der Coloß des Nero und die meta sudans.139 Auf dem Caelius, auf denen die Häuser des Macenas,140 Horaz, Sallust141 befand sich in alten Steinbrüchen das vivarium142 für das Colosseum, damit unterirdisch verbunden. Darüber stand die domus aurea des Nero, von der noch schöne Reste, erhalten als Substructionen der Termen des Titus.143 – In S[an] Pietro in vinculis steht der Moses von M[ichel] Angelo. – Den Abend englische Gesellschaft bei Lady Wale. 27 Februar. In Rom Es wurde der noch nicht gesehene Theil der Antiken im Vatican vorgenommen, wo mich besonders der Olympische Zeus des Phidias144 begeisterte. Ariadne; Amor (Genius des Todes); die Rotonde; Urne des Augustus. Dann ging es nach dem Lateran, der schöne Räume enthält: Statue des Sophokles; antike Mosaiken. In der Villa Massimi145 Fresken von Overbeck146 (befreites Jerusalem), Veit,147 Schnorr148 (aus Ariost), Koch149 (aus Dante). – Tanzgesellschaft bei Lady Chaterlaine. 28 Februar. In Rom Mein Geburtstag. Ich bin in Rom und die Entfernung von den Geschäften wirkt wohlthätig auf Geist und Körper: doch ist einmal mein Beruf die Regierung und nicht die selbstbetrachtende Ruhe, und ich will mit festem Willen und demüthiger Ergebung in die Wege Gottes mich meinem Beruf von neuem weihen. Oft war ich zaghaft, weil das Leben schädlich auf mich eingewirkt hat, oft auch faul zur Arbeit, oft und lange schwach gegen das Böse, launisch gegen Menschen. Dann ist die Eitelkeit schrecklich gewachsen in mir. Nirgends sehe ich Besserung! Mein Aufblick zu dir ist getrübt, mein Vertrauen nicht lebendig! O mein Gott, ich lege mich ganz in Deine Hand. Du hast / 286/ meine Kindheit, meine Jugend beschützt, Du hast mir Erkenntnis in allen Dingen, auch 137 Die Basilika des Kaisers Maxentius (278–312) wurde nach dessen Tod in der Schlacht an der Milvischen Brücke dem Sieger Konstantin (270/288–337) geweiht. 138 Hadrian (76–138), röm. Kaiser. 139 Brunnen. 140 Gaius Maecenas (70–8), röm. Politiker und Kunstförderer. 141 Sallust (86–34), röm. Historiker. 142 Tiergehege. 143 Titus (39–81), röm. Kaiser. 144 Phidias (500–432), griech. Bildhauer. 145 1817–1828 wurde die Villa Massimo von den nazarenischen Künstlern mit Fresken ausgestaltet. 146 Friedrich Overbeck (1789–1869), einer der bedeutendsten Maler der Nazarener. 147 Philipp Veit (1793–1877). 148 Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872). 149 Joseph Anton Koch (1768–1839).

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Erkenntnis Deiner Liebe gegeben, Du wirst mich nicht untergehen lassen in dem betäubenden Strudel des Lebens. Erhalte mir nur den gläubigen Aufblick zu Dir und die Klarheit über mich selbst. Dann gehe ich mit froher Hoffnung, wenn auch zagend in mein 22tes Jahr. Es wird entscheidend für die Richtung meines zeitlichen und ewigen Lebens. Ich bin jetzt schon mitten im Leben drinn; die Vorbereitung dazu ist beendet; die Zeit die mir zum Wirken auf Erden gegeben, ist da. Ich bin mir dessen bewußt, o segne Gott mein Handeln! Laß mich aber im Glauben stets ein Kind bleiben. Möge ich heute über 1 Jahr in Schwerin in stiller Morgensammlung beim Rückblick auf dies dann vollendete Jahr von einem frohen Gefühle erfüllt werden können! – Im Vatican enthüllten sich wieder eine Menge Antiken, das ägyptische Museum, die Aldobrandinische Hochzeit,150 christliche Dinge, die Räume der Bibliothek, die Sale Borgia. In S[an]ta Maria del populo: Hauptort für Pintiriccio:151 Altarbild und Fresken im Chor; Denkmäler von Sansevino;152 Joas von Raphael in der Kapelle Chigi. Hier wohnte Luther. In S[anta] Maria della pace: Sybillen von Raphael, herrlich! In S[an]ta Andrea della Valle die Fresken der Tribune von Dominich[in]o, besonders die 4 Apostel. In dem schönen, dem Könige von Neapel153 gehörigen Pallast Farnese: im Hof Sarkophag der Cäzilia Metella;154 auf der Treppe früher Hercules; Fresken von A[nnibale] Carracci155; im Garten Rospoli die Aurora von Guido Rheni. Garten Colonna auf dem Platze des Tempels des Sonnengottes, von dem die Treppe S[an]ta Celi. – Diner bei Leo[pold]. – Musikalische Geburtstagssoiree bei Moliere: deutsche Sänger. 29 Februar. Schalttag. Pallazzo Borghese: Jagd der Dioma v[on] Domenichino; Grablegung von Raphael; Grablegung v[on] v[an] Dyk; die Cunäische Sybille v[on] Domenichino; die himmlische und die irdische Liebe von Tizian; Guerchino: verlorener Sohn, Danae v[on] Correggio; Venus und die Bachantin; Verkündigung v[on] Leonardo da Vinci; die Spieler von Caravaggio; Magdalena v[on] Guido; Violinspieler v[on] Raphael. Palazzo Colonna: 2 Portraits v[on] Tizian; Triumph Davids v[on] Guerchino; im Garten Trümmer des Tempels und die größte Pinie Roms. Pallazzo Doria: (die junge Fürstin, geb[orene] Shrewsbury)156 2 Rechtsgelehrte von Raphael; Machiavell v[on] Bronzino;157 Endymion v[on] Guerchino; Madonna v[on] Sassoferrato; der Tempel v[on] Ephesus und die

150 Es handelt sich um ein römisches Fresko, das sich zunächst im Besitz des Kardinals Aldobrandini und ab 1818 im Vatikan befand. 151 Pinturiccio (1454–1513), ital. Maler. 152 Jacopo Sansovino (1486–1570), ital. Architekt und Bildhauer. 153 Ferdinand II. (1810–1859), König beider Sizilien. 154 Grabmahl für Caecilia Metella, die Tochter eines röm. Konsuls. 155 Annibale Caracci (1560–1609), ital. Maler. 156 Filippo Andrea Doria-Pamphilj-Landi (1813–1876) hatte 1839 Maria Talbot (gest. 1858), die Tochter des Earls of Shrewsbury geheiratet. 157 Agnolo Bronzino (1503–1572), ital. Maler.



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Mühle von Claude,158 schön! Johanna v[on] Aragonien v[on] Leonardo; die Villa Albani, in der Winkelmann159 gelebt, und die die dritte Sammlung in Rom enthält, ist das Ideal eines italienischen Landsitzes. Meta eines Circus; Agrippina; Statue des Pallas im Tempelstyl; große Schaale mit den Thaten des Hercules; kleiner Apoll Sauroctenas160 in Erz; Deckengemälde: Apollo und /288/ die Musen v[on] Raphael Mengs; weiblicher Pan; Aesop; Atelier v[on] Steinhäuser:161 Hero und Leander, herrlich schön; Atelier v[on] Immenhof: Rebecca. Den Abend Leo bei mir. 1 März. In Rom Im Vatican das Etruskische Museum, das ein vollständiges Grab, die schönen Spolien in Gold aus einem Königsgrabe, und eine herrliche Vasensammlung enthält. In der Sacristei v[on] St. Peter ein Bild: Mad(onna) v[on] Giotto. Fahrt bei herrlichem Wetter an dem Circus des Maxentius vorbei nach dem Grabe der Cecilia Metella,162 der fons egeria163 und dem Tempel des Mars rediculus. Auch befindet sich dort ein heiliger Eichenhain. Bei der porta maggiore ist das Grab des Beckers.164 Dann besahen wir noch die Ateliers von dem Bildhauer Wolf,165 Fabrice166 …, des Malers Meier.167 Den Abend Conzert bei Landsberg. 2 März. In Rom Zuerst Campana,168 der eine ausgezeichnete Terracottensammlung, Etruskische Goldsachen und Münzen hat. Besuch bei Kestner,169 bei dem ein sehr schöner Raphael und viele schlechte eigene Sachen. Atelier v[on] H[errn] v[on] Heuer; Landhaus v[on] Campana; höchst interessant die beiden Columbarien, in denen besonders Freigelassene sich beisetzen ließen. Grab der Scipionen von republicanischer Einfachheit. Herrlich die Therme des Caracalla,170 noch schöner der Blick auf die Campagna und das Gebirge, worauf die Abendsonne durch Wolken hindurch ihre goldenen Strahlen sandte. 3 März. In Rom /289/ Sonntag. Morgengang über den Pincio nach S[an]ta Trinita, herrlich. Ich gedachte meiner früheren Jugend, ich betete. In die Kirche. Schöne Predigt: Hoffnung und treu ausharren, wenn auch die Träume, die jungen Hoffnungen, die Jugendbegeisterung entschwindet; ja, wenn das Leben nagt an der warmen Begeisterung für das Gute. Besuch beim Tarpejischen Felsen und bei 158 Gemeint ist der frz. Landschaftsmaler Claude Lorrain (1600–1682). 159 Johann Joachim Winkelmann (1717–1768), Archäologe und Mitbegründer des Klassizismus. 160 Apoll Sauroktonos: Apoll als Echsentöter. 161 Karl Steinhäuser (1813–1879), Bildhauer. 162 Vgl. Eintrag vom 28.2.1844. 163 Nach der Nymphe Egeria benannte Quelle. 164 Grabmal des Großbäckers Eurysaces um 30 v. Chr. 165 Emil Wolff (1802–1879). 166 Guiseppe de Fabris (1790–1860), Bildhauer. 167 Ernst Meier (1797–1861). 168 Giampietro Campana (1808–1880), Kunstsammler. 169 August Kestner (1777–1853), Mitbegründer des Dt. Archäologischen Instituts in Rom. 170 Caracalla (188–217), röm. Kaiser.

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Fr[au] v[on] Moliere. Spaziergang mit Leo[pold] nach S[an] Pietro, S[an] Onofrio; mit Lebensgefahr nach P[onte] Molle und zurück. Diner bei Graf Lützow. Soiree bei P[rincipe] Borghese.171 4 März. In Rom Auf die Kuppel und in den Knopf v[on] S[ank]t Peter. Die dalmatica, die Krypta in der Otto II. begraben:172 In der Villa Ludovisi außer Aria und Peathus173 (eigentlich ein gallischer Heerführer) der herrliche Junokopf, anbetungswürdig! Atelier von Thorwaldsen.174 Stets erinnerungsreich bleibt die Besichtigung des Vaticans bei Fackelbeleuchtung, namentlich auch die einzelnen Lichteffecte in den Räumen: Beleuchtung des Torso. Darauf das Collosseum im Mondschein. Ernste Gedanken erfüllen die Seele über die Flüchtigkeit des Lebens, über die Vergänglichkeit; man fühlt eine Mahnung an die Ewigkeit. 5 März. In Rom Geburtstag von Wilhelm. Wieder eine Wanderung durch das alte Rom: der targesische Fels; das Theater des Marcellus mit dem porticus der Livina, seiner Mutter, die Tiber- /290/ insel, an der man noch Reste der alten schiffähnlichen Bekleidung wahrnimmt. Geschmückt mit Tempeln und Obelisken muß sie, so anscheinend in der Tiber schwimmend, einen prächtigen Anblick gewährt haben. S[an Nicola] in carcere (der von seiner Tochter im Gefängnis gehängt wird) merkwürdig, indem man in dieser Kirche 3 in einer Fronte gelegene Tempel wahrnimmt. Wanderung auf dem Palatin, bei den farnesischen Gärten hinein, unter denen man noch die Deckengewölbe früherer Thermen findet. Lage des Pallastes des Nero, des Augustus und des Calligula, unter dem sein Haus gelegen. Diner bei mir: Buch, Kanitz,175 Fabrice, Cornelius,176 Danina, Alborghetti, Braun, der Prediger … 6 März. In Rom Aus porta Metronia ging es nach S[an] Lorenzo fuori le mura, einer erhaltenen Basilika, deren Chor jedoch, seltsam erweitert, in einem Tempel zu liegen scheint. Dabei ist ein ganz hübscher Kreuzgang. Auch soll hier Otto Heinrich VI.177 gekrönt worden sein. Der Chor soll die alte von Constantin 330 erbaute Basilika sein. Die Säulen sind von einem alten Tempel. An der Mauer entlang, an der porta asinaria vorbei, auf die Straße nach Tivoli ging es nach S[ant] Agnesa,178 wobei in einem Rundbau das Grab der Constanzia.179 Durch porta pia nach dem Lager der Prätorianer, das ein großes Viereck bildete, und nach allen Regeln des römischen Lagers eingerichtet war. /291/ In der dem Könige

171 Röm. Adelsfamilie. 172 Otto II. (955–983), Kaiser seit 973. 173 Arria (gest. 42 n. Chr.) wurde durch ihren von Plinius dem Jüngeren berichteten Selbstmord berühmt, ihr Mann Caecina Paetus war Konsul. 174 Bertel Thorvaldsen (1770–1844), dän. Bildhauer. 175 Carl Friedrich Graf von Canitz (geb. 1812), preuß. Gesandtschaftssekretär. 176 Peter Cornelius (1783–1867), Maler. 177 Heinrich VI. wurde 1191 gekrönt. 178 Sant‘Agnese fuori le mura. 179 Constantina (320–354), röm. Kaiserin, beigesetzt in Santa Constanza.



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v[on] Baiern gehörigen Villa Malta das Atelier des originellen Wagner:180 Fries zur Wallhalla, Zeichnungen zum Homer. Andere Ateliers: Natorp:181 Skyzzen zu Dantes Hölle; Pokal. Westphälischer Bildhauer: religiös. Der Wall des Servius.182 – Soiree bei der Fürstin Lanzilotti. 7 März. In Rom † Todestag von Papa! – Pallazzo Barberini: Fornarina von Raphael; Sciara von Tizian; Cenci von Guido (Cenci von Simon da Pesaro183 bei Adducci).184 In S[an]ta Maria della Concezione zu den Kapuzinern: Carton von Beretta nach der Navicella185 des Giotto in der alten Peterskirche; S[ank]t Michael von Guido Rh[eni]; Tod des heiligen Franciscus von Domenichino. Im Collegio romano das ausgezeichnete museum Kirchernianum:186 Cysta; Münzen; Spangen. Capitolinische Gemäldesammlung: Lupa von Rubens; Sybille v[on] Guerchino; unten im verbotenen Zimmer: Vanitas v[on] Tizian; Bellerophon v[on] Guido Rh[eni]. Gallerie Tesch, die verkauft wird: jüngstes Gericht von Fiesole; Himmelfahrt Mariä v[on] Guido Rheni (in München Duplik); heilige Familie v[on] Murillo; Kreuzigung v[on] Raphael; Kirchenväter v[on] Moretto; schöne Niederländer; Mad[onna] v[on] Leonardo; v[on] Luini; Danae v[on] Tizian; Ateliers: v[on] Thorwaldsen: 3 Grazien; v[on] Riedel:187 schöne Farbe: Medea; v[on] Overbeck: Karton zur religiösen Kunst in Frankfurth; Zeichnungen. Noch einige Bildhauer. /292/ 8 März. In Rom Syxtinische Kapele, schönes Werk des M[ichel] Angelo, Bild von Perugino. Die Paulinische. Fahrt nach der verlassenen Villa Madama am M[onte] Mario wegen der Loggia v[on] Giulioromano.188 S[an]ta Maria in spiorato hat eine reizende Lage über der Tiber. S[an]ta Sabina, in der spanische Mönche, enthält einen schönen Sassoferato. S[ank]t Paolo,189 zu der die ganze katholische Christenheit steuert, ist ungeheuer. Pyramide des Cestius,190 dabei der protestantische Kirchhof. (Briefe von Mama). Conzert bei Landsberg und Soiree bei Rospillosi.191

180 Johann Martin Wagner (1777–1858), Maler, Bildhauer und Kustos des bayer. Königs in Rom. 181 Franz Nadorp (1794–1876), Maler. 182 Servius Tullius (578–534), röm. König. 183 Simone Cantarini (Il Pesarese, 1612–1648), ital. Maler. 184 Gemälde der Vatermörderin Beatrice Cenci (1577–1599). 185 Darstellung des Schiffleins Petri von Francesco Baretta. 186 Museum Kircherianum, 1651 eingerichtete barocke Wunderkammer im Collegium Romanum, benannt nach Athanasius Kircher (1602–1680). 187 August Riedel (1802–1883), Maler. 188 Giulio Romano (1499–1546), ital. Maler. 189 San Paolo fuori le Mura. 190 Grabmal des röm. Prätors und Volkstribuns Cestius aus dem 1. Jhd. v. Chr. 191 Rospigliosi, röm. Adelsfamilie.

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9 März. In Rom S[an] Martino, freundlich, mit Bädern aus den Thermen des Titus. Die sette sale: Wasserreservoir.192 Künstler: der alte Reinhardt,193 Callé,194 Woltreck.195 Zum Rennen nach Roma vechia hinaus, auf Pferden von Cap[i] t[ain] Langford. Viele Menschen. Zelt der Fürstin Doria. Herrliche Gegend bei den Aquaducten. Sieger: de Burgh gegen Romana; der Fuchs; der Schimmel bei den Bauern. Alborghetto mit der Craspy (?), Molieres. Diner beim Lippe. Thee bei Moliers. 10 März. In Tivoli Sonntag. Bei herrlichem Wetter mit Moliers über ponte Lucano nach tivoli. Zu Fuß den Berg hinauf, dann links auf das alte forum. Nun zu Esel in lustigem Zuge auf der alten Straße in das Thal des … hinab. Jemehr man in demselben vordringt, desto mehr Wasserbäche sieht man den Berg hinabstürzen, /293/ erst die cascatellinette, dann die cascatelline, die cascatelle. An den Villen des Varus und des Horaz vorbei windet sich der Pfad unter alten Oelbäumen die Thalwand hinauf, nachdem man gegenüber der Cascatellen einen belohnenden Halt gemacht hatte, und gewährt einen reitzenden Rückblick auf das Thal, das darüber sich erhebende Tibur und die Campagna in der Ferne, bis sich die cascada zeigt, die hierher vermöge eines großen Emissars durch den Felsen von dem bedrohten Tivoli abgeleitet worden ist. Bei Berg196 seiner Wohnung liegt der Tempel der Vesta und ein Tempel des Saturn (?). Nach einem copieusen197 Diner ging es in sehr heiterer Stimmung nach der schön gelegenen Villa d’Este, vor deren Terasse sich die Montcelli, der M[onte] S[an] Angel[o], dazwischen der Soracte, die Campagna mit S[ank]t Peters Kuppel und das Thal freundlich ausbreiten. Im Pallast des Hadrian wurde es schon dunkel, die Lustigkeit war aber noch sehr groß. Um 10 ½ waren wir a casa. 11 März. In Rom Beim Onkel.198 Im Vatican und in der Gallerie Borghese. Soiree bei Lützow und Doria. 12 März. Von Rom nach Velletri Abreise mit Leo[pold]. Albano. Partie am See nach dem Emissar, der Grotte der Diana und Castel Guandolfo, zurück zu Pferde (Albalonga). In Aricia Urwald von Ghigi.199 In Genzano der See von Nemi, der Spiegel der Diana.200 /294/ 13 März. Von Velletri nach Molo di Gaeta Bei Cisterna fuhren wir in die grüne Ebene der Pontinischen Sümpfe hinab, an deren Rande in reizender Färbung das Casso Circello,201 links die Abruzzen aufsteigen. Schnell durcheilten wir diesen 192 Cisterna delle Sette Sale. 193 Johann Christian Reinhart (1761–1847). 194 Verm. Franz Ludwig Catel (1778–1856). 195 Franz Woltreck (1800–1847), Bildhauer. 196 Albert Berg (1825–1884), Landschaftsmaler und Radierer. 197 Reichlich. 198 Prinz Heinrich von Preußen (1781–1846) lebte seit 1819 in Rom. 199 Palazzo Chigi in Ariccia mit Landschaftspark. 200 Hauptheiligtum der Göttin Diana. 201 San Felice Circeo.



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einst so berüchtigten, aber äußerst freundlichen Landstrich, das Cay der Circe blieb rechts, die Abruzzen mit der alten via appia sprang vor, und da lag das blaue Meer mit den schimmernden Ponzainseln am Gestade Terraniar202 und hoch auf dem Felsen der Pallast des Theoderich auf den Trümmern des Jupiter anscurus. Der Blick von diesem üppig bewachsenen, völlig südlichen, antiken Geist athmenden Felsen ist zauberisch. Das Meer mit den Inseln, rechts die Pontinische Ebene, unterbrochen durch das so malerisch im Vordergrunde liegende Cay der Circe, links das vorspringende Land, in der Ferne der alte Vesuv und das Wahrzeichen von Neapel: Ischia, Procida und Capri. Hier fühlte ich den Süden, hier hob sich das Herz, dankend zu ihm, dies traf in den Mittelpunkt meiner Seele! Die Straße entfernt sich jetzt vom Meer. Fondi und das wild auf einem Felsen horstende Itri, das Räubernest, erschien; nun wieder das Meer mit Molo di Gaeta; ein herrlicher Busen. Unter dem Gasthof Villa Cicerone liegt in einem Orangenhain, bespült vom Meere die Villa des Cicero, der auch hier in der Nähe seinen Tod fand. Links zeigt sich der Busen von Neapel, drüber /295/ die weiße Rauchsäule des Vesuv, den Posilippo, die 3 Inseln, rechts stolz auf einer Landzunge Gaeta mit dem Leuchtthurm. Eine Fahrt auf dem Meere zeigte diesen reitzenden Busen im Abendglanze und ich verstand, daß schon die Alten hier ein Paradies zu sehen glaubten! Ein wunderschöner Tag! – Consul Klenze203 und Herr Nolte. 14 März. Von Molo di Gaeta nach Neapel Nach alter Gewohnheit ging ich früh hinaus in den herrlichen Frühlingsmorgen an den herrlichen Strand und wandelte unter den Orangen. Es war herrlich! Nach 7 Uhr ging es fort, abwärts vom Meere durch ein blühendes Land. Campaniens berühmte Fluren entbehrten nur des Sommergrüns, um ganz ihrem Ruhme zu entsprechen. Capua liegt freundlich. Immer näher rückt der Vesuv; endlich ist man am Thore von Neapel. Im Wagen von Herren … fuhren wir über die strada nuova. Da lag der Vesuv, das Meer, Capri und Neapel, ein entzückender Anblick! Weit erhaben über jede Erwartung! Nach einigen conventionellen Höflichkeiten gingen wir hinaus nach S[an]ta Lucia, dann zurück nach der Promenade an der Chiaja. Es ist ein schöner Fleck auf der Erde, wo Neapolis liegt, der schönste Punkt auf Erden, den ich bisher erblickt. Wie rein und groß die Natur, wie sündhaft und klein der Mensch. O, mein Gott, laß mir diesen Ein- /296/ druck zum Segen gereichen. Ich bin also in Neapel, am Fuße des Vesuv. Eben sah ich im Dunkeln das Feuer aus dem Vesuv leuchten. 15 März. In Neapel Früh ging ich auf die Villa reale, wohl der schönste Morgengang, den ich je gemacht, dem Vesuv entstieg eine helle Rauchsäule, Capri lag im Morgenduft. Um 9 Uhr stiegen wir nach der Chertosa S[an] Martino hinauf, von der aus Neapel sich in seiner ganzen eigenthümlichen Schönheit zeigt: die Stadt im Halbkreis den himmelblauen Busen umkränzend und darüber der qualmende Vesuv mit dem Sopa, alles von blauem Duft umflossen. Hier erkennt man Neapel 202 Gemeint ist das Thyrrhenische Meer. 203 Friedrich Hermann Carl Klentz, meckl. Konsul in Neapel.

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den Preis zu, hier versteht man das Wort: vedi Napoli e poi mori.204 Eine zweite Aussicht öffnet sich nach dem Golf von Bajä. Un pezzo del paradiso, caduto dal cielo.205 Den Mittag gingen wir nach Camaldoli hinauf, „dem schönsten Ort auf Erden.“ 16 März. In Neapel Spazirgang nach S[an]ta Lucia und dem Molo, wo grade das französische Dampfschiff angekommen war.206 Zu Wasser nach der piazza del marcato; ein schöner Blick auf das Amphitheater von Neapel und den Vesuv. Die p[iazza] del marcato der Schauplatz von Massaniellos Revolution207 und des unglücklichen Conradin und seines Freundes Friedrich v[on] Schwaben.208 Hinrichtung. Ihr Leichenstein in S[an]ta Maria del Carmine. Das zweite Jägerbataillon /297/ marschirte in die Festung ein. Den Nachmittag Fahrt am Posilippo hin. Von hier tritt das Bild von Neapel in seiner ganzen Schönheit und Harmonie hervor; dem kommt nichts gleich, was ich bisher gesehen und ich vermag mir auch nichts schöneres zu denken. Der violett schimmernde, rauchende Vesuv läuft in zarter Absenkung nach Neapel und Sorrent aus, das blaue Meer mit den weißen Streifen von Portici, Resina, Torre del Greco umschließend. Rechts hin schwimmt in bläulichem Schimmer Capri, der Ausläufer der malerischen Hügelkette von Sorrent. Der Vordergrund zeigt ein steil abfallendes, mit weißen Villen und Gartenthürmchen besetztes und, üppig dunkel wucherndes Ufer, das sich nach dem glänzenden Neapel hinzieht. Ueber der Grotte zeigt man Virgils Grab, eine schöne Stelle, um begraben zu sein.209 – Theater. 17 März. Ausflug nach Bajä Durch die Grotte des Posilippo nach Puzzuoli, am Averner See nach der lieblichen Bucht von Bajä; vorher die Ruinen von Cunä. Im Tempel des Merkur die Tarantella,210 am Strande Tempel und Wohnung der Göttin. Im See von Fasaro, über den Charons Nachen die Verdammten dem Orkus zuführte, die napolitanische Austerfabrik. Frühstück. An den Gefilden der Seligen vorbei ging es nach dem Cay Misenum mit seiner reizenden Sicht auf Ischia, Capri, Sorrent und den Vesuv, wieder eine antike Gegend. Auf dem Rückwege besucht /298/ man die piscina mirabilis bei …,211 die cento camerelle, das erhaltene Amphitheater von Puzzuoli mit seiner schönen Aussicht, schwizt in den stufe di Merone212 und fährt dann längst der Küste über den Posilippo zurück, an der herrlichen Aussicht auf Neapel vorbei, die immer eine der schönsten der Welt bleibt. 204 205 206 207 208 209 210 211 212

Vedi Napoli e poi muori: Neapel sehen und sterben. Un pezzo del paradiso, caduto dal cielo: Ein Stück vom Paradies, vom Himmel gefallen. Franz. Dampfschiffe liefen von Marseille aus regelmäßig ital. Häfen an. Tommaso Masaniello (1620–1647) führte einen Aufstand gegen die Spanier. Der letzte legitime männliche Erbe aus der Dynastie der Staufer, Konradin (geb. 1252) wurde dort 1268 zusammen mit Friedrich von Baden-Österreich (geb. 1249) hingerichtet. Vergil (70–19), in Brindisi gestorbener röm. Dichter. Das Grab ist legendär. Südital. Volkstanz. Trinkwasserzisterne bei Misenum. Terme Stufe di Nerone.



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18 März. In Neapel Museum bourbonicum: Mad[adonna] del velo v[on] Raphael; Bild aus Leonardos Schule; Mad[onna] v[on] Sassoferato; Luni, S[alvator] Rosa;213 Fiesole; il Zingaro (Mad[onna] im alt[en] Styl), Revolution v[on] Massaniello. Besuch beim König und der Königin;214 Schwester Erzh[erzogs] Albrecht;215 beim Infant D[on] Sebastian und dicker Frau,216 regina madre mit hübscher Tochter;217 Prinz v[on] Salerno mit Wiener Frau und unbedeutender Tochter;218 Gegenbesuche, das diplomatische Corps, Fahrt nach dem hübschen Palais der regina madre mit seiner Aussicht nach Casso di monte. Dort die größten existirenden Catacomben. 19 März. In Neapel Nach der hübschen Villa der regina madre mit ihrer Aussicht von der Terasse und von der Palma aus. Capodimonte mit schönem Palais. Incoronata219 mit Deckenfresken v[on] Giotto. Besuch beim Graf v[on] Syrakus.220 Empfang des diplomatischen Corps; Oestreich: Lebzelten;221 Rußland: Ptoki;222 Frankreich: Montebello;223 Sardinien: Brasilien; England (mit Grave); Nuntius.224 Giro durch die Stadt nach dem molo: Improvisator; Vorleser /299/ aus Ariost; Theater S[an] Carlo: somnambula.225 20 März. Ausflucht nach Pompeji Durch die zusammenhängenden Orte Portici; Resina, Torre del Greco u[nd] Annunciata, am Vesuv vorbei nach Pompeji. Gräberstraße mit dem Haus des Diomedes. Thor. Häuser: vestibulum mit Seitenkammern für Fremde und Sclaven; impluvium; Empfangszimmer; triclinium mit Säulenhof u[nd] Schlafkammern für die Frauen. Forum: Bogen, links Porticus und Pantheon; rechts Tempel des Jupiter; davor der Markt, rechts Tempel der Venus und Basilika. Draußen Tempel des Saturn, daneben die beiden Theater.

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Salvator Rosa, (1615–1673), ital. Maler. Ferdinand II., verh. mit Maria Theresia, geb. von Österreich (1816–1867). Erzherzog Albrecht Friedrich Rudolf von Österreich-Teschen (1817–1895). Sebastian Gabriel von Bourbon und Braganza (1811–1875), verh. mit Maria Amalia von Bourbon (1818–1857). Die verwitwete Mutter des Königs, Maria Isabel geb. Prinzessin von Bourbon (1789–1848), hatte zwei unverh. Töchter Maria Amelia (1818–1857) und Maria Carolina (1820–1861). Leopold, Prinz von Spanien und beider Sizilien, Herzog von Salerno (1790–1851), verh. mit Maria Klementine, geb. Erzherzogin von Österreich (1798–1881). Die Tochter Maria Karolina Augusta (1822–1869) heiratete 1844 Henri von Orléans, Herzog von Aumale (1822– 1897). Santa Maria Incoronata. Leopold, Graf von Syrakus (1813–1860). Ludwig Graf von Lebzelten. Graf Leo Potocki. Louis Napoléon Auguste Lannes, Herzog von Montebello (1801–1874). Folgende Diplomaten sind gemeint: Hermolas Graf Asinari di S. Marzano (Sardinien), Paolino da Silva Barboza (Brasilien), Hon. William Temple (Großbritannien), Camillo di Pietro, Erzbischof von Berytus (päpstl. Nuntius). La Somnambula, Oper von Vincenzo Bellini.

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Ende dieses Buches, das Aufzeichnungen aus dem wichtigsten Theile meines bisher verlebten Daseins enthält. Es enthält den letzten und schönsten Theil meiner Vorbereitung zum irdischen und ewigen Leben, es umschließt den traurigen, wichtigen Augenblick, der mich dorthin berief, wo ich während meiner irdischen Wanderung stehen und wirken soll. Und den Gang meiner inneren Entwicklung während dieser drei entscheidenden Jahre. Ich schließe dieses Tagebuch in Neapel, angesichts des brandenden Meeres! Mein Gott, Dein auf ewig! 1841. 1842† 1843. 1844 bis März. – Bonn. – 7 März †.



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Tagebuch vom 20. März 1844 bis 3. November 1849 /9/ Tagebuch Neapel, d[en] 20. März 1844 Friedrich Franz Großh[erzog] v[on] M[ecklenburg]S[chwerin] /10/ Dies Buch beginnt unter Italiens schönem Himmel, den ich zur Erholung und Vollendung meiner unterbrochenen Bildung aufgesucht habe. Zwei Regierungsjahre liegen rückwärts, eine Probe von dem, was ich im Leben, dem ich entgegengehe, leisten werde, was nicht. Ich bin noch sehr jung und mein Lebensweg nach innen und Außen wird nicht leicht sein. Doch ich will festhalten, an Dir, mein Gott, der du mich bis hieher geführt hast, und an Jesum Christum, Deinem Sohn; dann wird es mir auch fernerhin wohl gehen. Der Jugendtraum entschwindet früh; doch das Leben will Ernst. Lasse mich stets in allem Strudel desselben seinen wahren Zweck im Auge behalten. Wie wird es mit mir stehen, wenn dies zweite Tagebuch sich wieder schließt? Doch wozu diese oft vom Menschen aufgeworfenen Fragen! Die Zeit durchlebt im rechten Sinn, im festen Vertrauen auf Gott; so muß es zum Guten führen, durch Sonnenschein oder Gewitternacht!

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„Per aspera ad astra“226 „Esperance“227 „Meine Zeit mit Unruhe, meine Hoffnung mit Gott.“228

20 März. Ausflucht nach Pompeji Fortsetzung: Tempel der Isis und des Serapis, die schola, das Amphitheater, fast ganz erhalten und mit einer herrlichen Aussicht auf den Vesuv. Bei den Ausgrabungen in dem jetzt nach mir benannten Hause fand sich nichts erhebliches. Von Herculaneum sieht man nur wenig. Diner und Soiree bei Brockhausen:229 Damen: Lebzelter, Potocka, Lottum,230 Botschella, Hoquert,231 Breh, Pappenheim, Einsiedel.232 21 März. In Neapel Schlechtes Wetter. Reisedebatten; in das Museum, Statuen: farnesischer Hercules, mir nach der Albanischen Juno das bedeutendste Sculpturwerk. Der f[arnesische] Stier; Venus von Kuydos. Gemälde: zwei Madonnen 226 Im engeren Wortsinn: Auf rauen (Pfaden) zu den Sternen. Auch: Durch Nacht zum Licht, Wahlspruch des Großherzogs. 227 Hoffnung. 228 Wahlspruch König Friedrich Wilhelms III. von Preußen. 229 Adolf Ludwig Freiherr von Brockhausen (1801–1855), preuß. Gesandter. 230 Von Wylich und Lottum, klevische Adelsfamilie. 231 Mglw. ist die frz. Adelsfamilie Hocquart gemeint. 232 Von Pappenheim, frank.-schwäb. Adelsfamilie und von Einsiedel, sächs. Adelsfamilie.

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v[on] Raphael; Bachantin v[on] Caracci;233 Mad[onna] v[on] Perugino. Nachmittags mit Leo[pold] auf die Villa reale in heiterer Stimmung. Diner und Soiree beim Grafen Potocki:234 Wienerin, deren Schwester ich in Wien kennen gelernt; junge Russin, die sehr hübsch, und viel mit der Breh; Fürstin Gallizin; Hoquert; angenehme Soiree. 22 März. In Neapel Museum: Pompejische Töpfe, Kessel, Waffen. Venus v[on] Tizian; Venus Charton v[on] M[ichel] Angelo; berühmte Vasen. Pompejanische Wandgemälde und Fußböden. Mosaik der Alexanderschlacht. – Bilder und Corallen erstanden. 23 März. Besteigung des Vesuv Um 8 ½ fort. In Resina zu Pferde bis zum Eremiten.235 Dort gefrühstückt und noch über Lavaströme bis an den Fuß des Kegels. Diese zu Fuß, an der /12/ Lava emporklimmend, hinan. Viel Schnee. Ueber warme Asche zum Rand des Kraters. In seinem großen Trichter erhebt sich, aus zum Theil noch dampfender, innerlich kochender Lava hervor, der letzte feuerspeiende Kegel, dessen drei Löcher Feuer, Dampf, Steine, Lava, alles glühend roth, unter Kanonendonner ähnlichem Getöse entsendet. Zugleich hat man einen herrlichen Blick auf den Golf, Ischia, Capua. Wir wandten uns links, um Stola Pompeji, zwei kleine Seitenkrater, zu sehen und rutschten dann in warmer Asche in den Krater hinab, eine wahre Höllenscene mit Pech und Schwefel, glühender Lava und kleinen Schlünden, wo die Funken herausstoben. Jetzt ging es den Kegel hinan, dicht an den Schlund hinan, der wüthend über unsere Kühnheit, einen Regen von glühenden Steinen umherstreute. Dessen ungeachtet erstiegen wir noch die kleine Spitze, von wo aus man das Benehmen des kleinen tobenden Kraters genau beobachten konnte, der unter großem Getöse seine Steine über 300 Fuß hinaufschleuderte. Den Rand des großen Kraters erstiegen wir, in Schwefeldampf gehüllt, an seiner sehr steilen Stelle und ruhten uns dann, auf die Steine gelagert oben aus, das Toben des Vulcans beobachtend. Die 1500 Fuß hohe Aschenwand setzten wir in großen Sprüngen in 8 Minuten hinab, doch zugleich den schönen Blick auf Neapel genießend, bestiegen weiter unten die Rosse und waren um 6 Uhr in Neapel. Ein eigenthümlicher Eindruck. 24 März. Sonntag. Nach Caserta zum Dejeuner. Frühstück; Besichtigung des Schlosses, das ungeheuer groß.236 Spazirfahrt im Garten, französischer mit der Caskade, /13/ englischer mit schönen Bäumen. Gräfin v[on] Syracus: schöne Augen.237 25 März. Von Neapel nach Sorrent Von Castellamare an beginnt die reizende Küste, deren Ruhm weltbekannt! Hohe Felsenufer, mit Oel und Orangen bewachsen, senken sich steil in die blaue Fluth ab, sie in liebliche, üppig grünende Buchten 233 234 235 236

Annibale Carracci (1560–1609), ital. Maler. Graf Leo Potocki, russ. Gesandter. Einsiedelei auf einem vor dem Ascheregen geschützten Hügel am Fuß des Vesuvs. Palast der bourbonischen Könige von Neapel und Sizilien in Caserta, eine der größten Schlossanlagen Europas. 237 Marie, geb. Prinzessin von Savoyen-Carignan (1814–1874).



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hineinbadend. Gegenüber entsteigt der Vesuv dem Meere, seiner malerischen Form immer treu, und keck tritt Cay Misen mit seinen Inseln hervor. Hier wohnen wie in Tassos Hause, das das Meer bespült, der schönste Punkt in Sorrent und verlebten mit Musik und Biliard einen sehr hübschen Abend. 26 März. Ausflucht nach Capri Das Wetter war hell, das Meer blau, doch etwas bewegt, sodaß alsbald Leo[pold], Alvensleben sehr, wie andere etwas unwohl wurden. Die Küste von Sorrent läuft in kahle Felsen aus, an denen das Meer hoch hinauf spritzt, und auf denen Saracenenthürme stehen. Bald erschien Massa, dann das Cay Campanella und vor uns lag das reizende Capri. Die Ueberfahrt wurde lang, da nur gerudert werden konnte und wir näherten uns der Insel unter dem Felsen des Tiberius. Diesen erstiegen wir und immer schöner wurde der Blick auf die Insel. Ueberraschend ist er aber von oben auf das Cay Campanella, die Syreneninseln, und den Busen von Salerno. Beim Eremiten frühstückten wir und dann wurde in einer Stube des Pallastes des Tiberius die Tarantella238 getanzt: Raphaella, Rosa. In die blaue Grotte konnten wir leider nicht hinein und segelten also mit gutem Wind wieder nach Sorrent. Hier erstiegen wir, links über der Stadt einen herrlichen Punkt mit dem Blick auf Sorrent, und /14/ hier las Schack aus dem Tasso. Dann stiegen wir in ein schroffes Thal hinter der Stadt hinab und kamen in das andere Thor wieder hinein. Diese Schlucht umgiebt die Stadt und leiht ihr eine natürliche Befestigung. Billard. 27 März. Von Sorrent nach Salerno Ein starkes Gewitter ließ unseren Plan, über das Gebirge nach Amalfi zu gehen, nicht zur Ausführung kommen und wir mußten deshalb in Wagen über Castellamare nach Salerno fahren, wobei wir das schöne Thal der Cava passirten. Salerno liegt reitzend an dem Busen in ganz südlicher Vegetation. Berg kam ganz naß auch an. 28 März. Nach Amalfi und zurück Bei herrlichem Wetter machten wir uns zu Fuß auf, um diese herrlichste Küste der Erde recht zu genießen. Und sie verdient wirklich diesen Namen, denn nirgends vereinigen sich Wasser, Felsen, südliche Sonne zu einem so reitzenden Bilde, wie hier. Wir wandelten immer an den steilen, üppig bewachsenen Felswänden hin, das azurblaue Meer zu den Füßen, das schäumend die Ufer unterhölt. Abwechselnd schweift der Blick auf die mit Saracenenthürme[n] besetzten Felsenvorsprünge und fängt sich dann wieder enge Buchten, wo in schattiger Ruhe kleine Bäche niederrauschen. Eigenthümliche Wirk[un]g machen in diesen glühenden Farben die weißen Fischerorte in den Schluchten wie Vietri, Maggiore, Minora u[nd] s[o] w[eiter], deren Krone dann Amalfi. Die Tour war sehr lang, indem wir 5 Stunden guten Schrittes brauchten, aber auch sehr lohnend, namentlich die Rückblicke auf Salerno, und nachher die Schluchten nach der Ecke. Nach einem Frühstück /15/ bestiegen wir mit einiger Anstrengung freilich den Höhepunkt über Amalfi, von wo aus der Blick reitzend; noch schöner aber vielleicht von der Grotte und dem Garten des Franziskanerklosters aus, wo man erst aus vollem Herzen Amalfi den ersten Rang an dieser 238 Südital. Volkstanz.

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Küste Unteritaliens zugesteht. Doch sind die einzelnen Fischerörter oft noch schöner. Zurück ging es in 2 Stunden zu Wasser, wo auch die Küste in eigenthümlicher Schönheit hervortritt: le due fratelli.239 Alles sehr lustig. 29 März. Ausflucht nach Pestum Längs des Meeres ging es in einer fruchtbaren Ufer­ ebene nach dem alten griechischen Polydonia240 hin, von dem die 3 Tempel die Spur griechischen Schönheitsgefühls zeigen. Niemals hat noch eine Ruine einen solchen Eindruck auf mich gemacht, wie dieser Tempel des Poseidon in dieser herrlichen Beleuchtung und an dieser schönen Küste, wo die Harmonie der Griechen in ihrer ganzen Gewalt uns entgegentritt. Mit bewußter Freude sog ich diesen Eindruck in mich und lies die Schönheit auf mich wirken. Der erhaltendste ist dieser, dann die sogenannte Basilica, drittens der Tempel der Ceres, viertens die Basis eines ausgegrabenen Tempels; dann kommt noch ein Amphitheater und die Ruine der Mauern. Berg war bei uns. Alvensleben und Schack stritten sich über Glauben und verstehen wollen. 30 März. Von Salerno nach Neapel Heute im Sonnenglanze erschien das Thal von Vietri noch glänzen- /16/ der als neulich, la Cava noch lieblicher. Merkwürdig ist die Sage von der Teufelsbrücke. Die Eisenbahn brachte uns von Castellamare durch diesen reizenden Landstrich schnell nach Neapel: Diese Ausflucht erschloß mir das schönste, das mir noch bisher der Süden gebothen. 31 März. In Neapel Palmsonntag: schöne Predigt in der Gesandtschaftscapelle. Spazirgang auf der Villa reale. Ostern möge auch diesmal, in diesem schönen Lande, mir zu einem wahren Feste werden! Brokhausen und Schulenburg zum Essen bei uns. 1 April. In Neapel Zum Abschied an das uns nun bekannt und lieb gewordene Neapel stiegen Leo[pold] und ich um 7 Uhr nach S[an] Martino hinaus, zur Erinnerung auch an jenes erste Mal, wo uns Neapel von dort einen so unvergeßlichen Eindruck gemacht hatte. Und heute war es ebenso schön. Sehr erfreute uns das deutsche Gespräch mit den Schweitzern. Fragend gelangten wir dann nach der gothisch restaurirten Basilica S[an] Genajo,241 von wo uns ein kleiner Troschkenkutscher über den Toledo nach dem Schlosse brachte. Um 11 Uhr holte uns der General Filangeri ab,242 um die Militairetablissements zu zeigen. Wir besahen die Kanonenbohr- u[nd] Gießerei, das topographische Bureau, die Marinekaserne mit dem Hafen, wo wir eine Dampffregatte nach Art der Kamptschatka bestiegen, die Granitj, in denen 13 Infanterie-Bataillons und 3 Cavallerie-Regimenter, und das Artillerie-Depot liegen, zuletzt das Kastello des Uovo, 243 armirt mit Paisehans.244 Ein Gang über die uns sehr werth gewordene /17/ Villa reale nach dem Poselippo beschloß diesen schönen letzten Tag in Neapel. 239 I due fratelli (Die zwei Brüder), Felseninseln vor Syrakus. 240 Poseidonia. 241 San Gennaro, Kathedrale von Neapel. 242 Carlo Filangieri, Fürst von Satriano und Herzog von Taormina (1784–1867). 243 Castel dell’Ovo, spätma. Festung Neapels mit Geschützen. 244 So!



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2 April. Von Neapel nach Terracina In sehr froher Stimmung durchreisten wir den bekannten Landstrich. 3 April. Von Terracina nach Rom Trotz der Schönheiten von Neapel machte mir Rom dennoch einen großen Eindruck, und ich freute mich, es wieder zu sehen. Prosch war angekommen, brachte Briefe und Nachrichten, und wurde tüchtig ausgefragt. Der Erbprinz von Rudolstadt245 wohnt auch bei Meloni. 4 April. In Rom Grüner Donnerstag. Gearbeitet mit Prosch. Messe in der Sixtina. Prozession zum Grabe nach der Paulina. Gedränge. Der Segen auf dem Petersplatz war großartig, wenn der Platz auch zu leer. Fußwaschung in S[ank]t Peter: interessanter Anblick der Menge. Fürst Gallizin, Adlerberg.246 Speisung im Vatican. Gedränge und Arrettirung des Engländers. Am Nachmittag hörten wir erst die Lamentation von Palesterina,247 dann in einer Seitencapelle von S[ank]t Peter die tenebrae248 und ein herrliches miserere.249 Waschung des Altars. Prinz Hohenlohe, der Bruder vom Chlodwig,250 bei uns zu Tische. 5 April. Charfreitag Gearbeitet. Messe in der Syxtina, zu der die Hostie in Prozession aus der Apulina geholt wurde. Abschiedsaudienz beim Papst mit Leo[pold] und dem Rudolstadt zusammen. Papa war sehr freundlich. Erfahren, daß /18/ mein armer Rittberg gestorben,251 was mir schrecklich leid gethan. Zum Onkel Heinrich, Promenade nach dem forum. Im Fiacker zu Frau von Moliere. Nachmittags miserere in der Syxtina und Anbetung der Reliquien in S[ank]t Peter durch den Papst, ein schöner Anblick. Gemeinsames Diner. 6 April. Sonnabend Partie nach Fraskati mit Moliers; zu Pferde; mein Schimmel; reitzender Blick auf die Campagna, Rom, Meer, die Vorberge, den Soracte im Hintergrunde. Bei der von Moliers bewohnten und der Villa Mondragone vorbei ging es nach dem alten Tuskulum hinauf, wo sich noch die Stelle der Arx,252 das Theater und die Ruine der Villa des Cicero mit der entzückenden Aussicht in die Albaner Berge und auf das Meer findet. In der Ferne sieht man Präneste. Nun ritt man durch das reitzende Thal nach dem campi di Annibale mit Rocca di papa hinauf und erklomm den Gipfel des Monte cavo, dessen alten Scheitel anstatt des Jupitertempels jetzt ein Passionistenkloster253 krönt. Wie 2 Augen liegen zu den Füßen die Spiegel der Seen von Albano und Nemi, links die pontinische, rechts die Campag245 Günther von Schwarzburg-Rudolstadt (1821–1845). 246 Verm. Nikolai Wladimirowitsch Adlerberg (1819–1892). 247 Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525–1594) schrieb die Lamentationes Jeremiae (Klagelieder des Propheten Jeremias). 248 Dunkelheit, Teil des Stundengebetes am Gründonnerstag in der dunklen Kirche. 249 Vertonung des 51. Psalms. 250 Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1819–1901), Standesherr und preuß. Beamter, hatte vier Brüder, der hier verm. gemeinte Gustav Adolf (1823–1896) wurde später Kardinal. 251 Grafen von Rittberg, preuß. Beamten- und Offiziersfamilie. Der meckl.-pomm. Zweig besaß das Gut Beselin. 252 Burg. 253 Katholischer Orden, der das Leiden Christi verehrt.

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naebene, im Hintergrunde das Meer, nach Osten die Höhen der Abruzzen; rechts in der Campagna die alma mater Roma! Nach einem frugalen Frühstück stiegen wir zum Albandersee hinab, an dessen dunklen, üppigen Felsenufern das unglückliche Albalonga lag, wo jetzt Palazzuolo, die bekannte Allee über castell guandolfo und Nemi ging es in sausendem Galopp nach Fraskati, ein 7stündiger Ritt, und sahen dort noch die /19/ Sonne in das Meer sich tauchen; ein Meer von Gluth! Nach einigen nächtlichen Gefahren kamen wir glücklich in Rom wieder an. 7 April. Ostersonntag Morgengang auf den Pincio nach Trinita de monti. Ostererinnerungen und Osterbegeisterung, Ostergelübde. Um 8 Uhr Kirche auf dem Kapitol, die wahrhaft erhebend. Die Hochmesse des Papstes in S[ank]t Peter großartig und würdig; so der Segen auf dem Platze. – Kuppelbeleuchtung; cambiamento;254 Fahrt auf den Pincio, schön! Soiree bei Moliers; Frau v[on] Maltzahn; Graf Schwerin; Alborghetti zu Hause gebracht. 8 April. Ostermontag Kirche. Conzert v[on] Landsberg; neben Gräf[in] Schauer. Diner bei Moliere. Dagereotyp. Girandola bei Tarbonia gesehen. Walzer mit der Soria. Briefe geschrieben. Gundlach entlassen. 9 April. Von Rom nach Molo di Gaeta Abschied von Rom. Schönes Wetter. Sümpfe ähnlich der Lewitz. Büffel. Jungen in Albano und Velletri. Molo schön! 12 ½ St[unden] gefahren. 10 April. Von Molo nach Neapel Freude, Neapel wieder zu sehen. Gang auf villa reale. 11 April. An Bord des Peloro Um 1 ½ Uhr dampfte der Peloro bei herrlich klarem Wetter aus dem Hafen. Der Rückblick auf den immer mehr entschwindenden Golf von Neapel war wunderschön. Capri erfreute uns noch lange mit seinen reitzenden Formen. Dann verschwand auch dies und die untergehende Sonne /20/ verließ uns zwischen Luft und Wasser. Als es dunkel geworden wählten sich zwei müde Schwölken255 das Schiff als Nachruhepunkt, und schliefen auch bald unter unserem Schutze ein. Prächtig glänzten die Sterne am Nachthimmel und leuchtende Strudel bezeichneten den Weg des Schiffes. Trotz starker Hitze und Unruhe schlief ich die Nacht sehr gut. 12 April. Am Bord des Peloro. Palermo Die Sonne stieg glänzend um 5 Uhr im Osten auf. Ihre Strahlen fielen schon auf Siziliens Küste und auf eine der Liparen. Der Aetna schneebedeckt, rauchte im Osten. Aeußerst malerisch hebt sich die Küste immer höher empor, der M[onte] Pelegrino mit Palermo am Fuße, bis man endlich (10 Uhr) den Hafen erreichte. Albions Hotel umfing uns. Das Aueßere des Doms, gothisch, mit arabischem Schmuck, ragt herrlich in die blaue Luft hinaus. Das ganz verdorbene Innere zieht den deutschen Reisenden nur durch die Gräber seiner beiden Kaiser Heinrich VI. u[nd] Friedrich II. mit Constanza an, 256 neben denen 254 Veränderung, Wandel. 255 Ndt. für Schwalben. 256 Heinrich VI. (1165–1197), Kaiser seit 1191, Friedrich II. (1194–1250), Kaiser seit 1220 und dessen Ehefrau Konstanze, geb. Prinzessin von Aragón (1184–1222).



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auch König Roger liegt.257 Ganz erhalten ist aber und von maurischem Geiste angehaucht ist im Schloß die Rogercapelle, eine kleine Marcuskirche. Das Thal von Palermo in seiner ganzen südlichen Pracht entfaltet sich dem Auge von den Zinnen des kleinen maurischen Pallastes Ziza, vor dem sich Palermo mit seinem von Pellegrino und Capo di Zafarno eingefaßten alles an Schönheit übersteigenden Busen ausbreitet, während nach der entgegengesetzten Seite der Blick mit Lust auf diesen malerischen Bergspitzen und auf dieser üppig mit Korn, Orangen und anderen den wirklichen Süden verkündenden Früchten besetzten Ebene ruht. Erst hier ist Süden und mehr, als jede nordische Phantasie /21/ sich zu denken vermag! Den Ruhm der sizilianischen Gärten bewährt der Garten Serra di falco258 mit seinen Orangen und seiner Aussicht auf das Meer. Die Hitze war furchtbar. 13 April. In Palermo Wie verschwand villa reale gegen die Villa mit dem ruhigen, abgeschlossenen, wundervollen Blick auf den Busen von Palermo. Und dieser Zauber wuchs noch in dem schönen Garten: die flora, der mit seinem Blumenund Orangenduft die ganze Pracht des Südens entwickelt. Denselben Blick hat die passegiata259 Butera, eine Terrasse über der villa.260 Interessant ist das Aeußere von S[an]ta Maria nuova, erinnernd an die Rogercapelle die Martorana.261 Am Nachmittage fuhren wir noch im Platzregen nach der von Göthe so verwunderten V[illa] Palagonia in der Baggaria,262 die durch Eigenthümlichkeit und Lage reitzend sein muß. 14 April. In Palermo Sonntag. Besteigung des Pelegrino. Rückblick auf Palermo mit seinem reitzenden Busen und dem üppigen pieno di Palermo. Ebenso schön ist der Blick von dem chinesischen Landhause des Königs,263 der Favorita, auf die im Hintergrunde liegenden Berge, das Meer, das hindurchschimmert und das goldene Thal. Mittags war Musik in der Flora. Ich wandelte mit Leo[pold] entzückt umher. Das Meer war blauer wie je. Den Nachmittag fuhren wir nach Monreale, dessen herrliche Kirche, im normannisch-maurischen Styl erbaut, mit alten Mosaiken geschmückt, die Gräber der /22/ normannischen Könige bewahrt.264 Auf der Ziza265 nahmen wir Abschied von dem göttlichen Palermo! Principe Terra di Falco.266

257 Roger II. (1095–1154), König von Sizilien. 258 Villa des Herzogs von Serra di Falco. 259 Promenade. 260 Villa des Fürsten Butera. 261 Santa Maria dell’Ammiraglio. 262 Die exzentrische Villa Palagonia in Bagheria beschreibt Goethe in “Italienische Reise“ unter dem 9. April 1787 und nennt sie allerdings ein Tollhaus. 263 Palazzina Cinese, von Ferdinand I., König beider Sizilien (1751–1825), 1798/99 erbaute Exilresidenz. 264 Stadt bei Palermo mit der Kathedrale Santa Maria Nuova. 265 Palazzo della Ziza. 266 Die Stadt Serradifalco wurde von der Familie Lo Faso Pietrasanta als Herzöge beherrscht.

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Reise nach Italien

15 April. Von Palermo nach Calatafini267 Promenade nach der Marina und der Flora, wo wir von dem reitzenden Busen von Palermo Abschied nahmen. In Monreale wurde noch die schöne Kirche wieder gesehen: noch einmal blickte man auf die goldene Ebene von Palermo und auf das Meer zurück, und es ging das wilder werdende Thal hinauf. An der Wasserscheide ist das sonst so berüchtigte Buco di pallo,268 doch störten uns die brigantes nicht, sondern eine reizende vista auf das Meer, die namentlich auf die Ebene oberhalb Castellamare prächtig ist, entzückte uns. Borghetto wurde passirt und in einem schmutzig-einfachen Albergo in la Sala wurde gefrühstückt. Nach einigen Felsen kamen jetzt die reichen Kornfelder, die Sizilien den Namen der Kornkammer Roms verschafften. Das Ansehen des Landes erinnert durch seine großen Felder an Mecklenburg, nur daß die ganze Fülle des Südens auf dieser gesegneten Gegend ruht. Bei Alcamo lag das Meer wieder in seinem ganzen Glanze vor uns. Das Gasthaus ist von Calatafini muß man dem hôtel des bergues an die Seite setzen, um die Extreme kennen zu lernen. Doch ist dies grade amüsant, wenn die Maulthiere unter uns wohnen und die kalen Wände nicht allzu reinlich auf uns herabblicken. Charakteristisch war die Abendpromenade mit Berg zu einem gewissen Zweck. Noch charakteristischer vielleicht die nächtlichen Besuche, die den Schlaf beträchtlich störten. /23/ 16 April. Nach Segeste. Von Calatafine nach Castell Vetrano Sehr zerstochen wankten wir aus unserem Zimmer heraus. Köstlich war der Weg nach Segeste, dessen Tempel noch in seinen Burgmauern steht; namentlich schön der von Aloen, indianischen Feigen, Acanthus, Wermuth und anderen Gesträuchen überwölbte Fußsteig. Schack eröffnete die Reihe der sich von ihren Mäulern269 trennenden Reiter. Nach einem Frühstück begannen wir um 10 Uhr den Ritt nach Castelvetrano. Berge und herrliche Saatfelder wechselten ab. Romantisch liegt Calatafine auf seinem Felsen. Vor Salemi bockte Bergs dreijähriger Schimmel ihn, der als Dame reiten wollte, herunter. Bei diesem Städtchen steigt man, das Thier am Arm, in eine reiche Ebene hinab, in der sie sich gemüßigt sahen, sich hinzuwerfen. Am Morgen hatten wir den Erye, nicht aber Karthagos Flotte auslaufen gesehen. In der Nähe der Niederung, welche die Ebene durchschneidet, entwickelte sich eine an Don Xuixote lebhaft erinnernde, höchst amüsante Scene.270 Bergs jugendlicher Grauer, von unwiderstehlichem Gelüste hingerissen, wagte einen Angriff auf eine Herde Stuten, von denen sich jedoch seine Auserwählte, noch mit einem Füllen begabt, nach Möglichkeit wehrte. Durch die Gefahr dieses Kampfes seines Reiters entledigt und durch seinen Zügel mit der Stute verwickelt, jagte er sich mit der Herde Stuten umher, wie einst Rosinante, und verführte auch den Mul von H[errn] v[on] Sell, der ihn alsbald verließ, um nicht von seinen Stuten, als 267 Calatafimi. 268 Ital. Pfostenloch, mglw. Unterschlupf sizilianischer Wegelagerer (Briganten). 269 Gemeint sind die Maultiere. 270 Cervantes, Don Quijchote, 15. Kapitel.



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/24/ einer gleich böslichen Absicht verdächtigt, geglaubt gleichfalls schlecht behandelt zu werden. Unter tollem Lachen ging es weiter, und der Zug wurde ziemlich still, da die schlechten Sättel mannigfache Beschwerden verursachten. Endlich von der letzten Höhe, lag die Ebene von Selinunt vor uns, Castellvetrano im Angesicht. Flöhe können auch den dortigen Gasthof anständig bewohnen. 17 April. Von Castell-Vetrano nach Sciacea271 Das Nachtquartier war ziemlich gut. Nach 2 Stunden erreichten wir die colossalen Trümmerhaufen von Selinunt, die eine schöne Lage auf 2 Hügeln am Meer haben. Besonders der erste Tempel auf dem östlichen Hügel ist ungeheuer, und gelagert auf seinen Trümmern, zollten wir ihm und der Aussicht von dort unsere Bewunderung. Berg zeichnete. Am besten übersieht man die Lage dieser drei neben einander liegenden Tempel von dem südlichen, auf dem wir lange weilten. Nach der collation272 machten wir einen mühseligen meabis273 nach dem westlichen Hügel, der von diesem durch ein Wasser getrennt ist, und die Trümmer eines ähnlichen Tempels enthält. Diese Ruinen sind auch ein Bild der Vergänglichkeit menschlicher Größe. Der fast 6stündige Ritt, meist am Meerestrande hin, in nicht besonders ausgezeichneter Gegend, ging ohne Störung von dannen, außer daß Bergs Grauer sich im Sande wälzte. Nur der Blick auf Sciacea ist hübsch, welche Stadt auf einem Hügel am Meere liegt. Albergo ist ziemlich, doch auch hier Flöhe. Santi274 wurde beim Herausgehen in der Nacht angefallen. /25/ 18 April. Von Sciacea nach Girgenti275 Wir ritten in freundlicher Gegend meist am Meere entlang. Der Fluß Platani wurde überschritten und nach 6stündigem Ritt in einem Garten des auf dem Felsen zerstörten und unten wieder aufgebauten Oertchen Montallegro die Mittagsruhe gehalten. Im Schatten zweier Orangenbäume auf Bohnen gelagert, genossen wir in der heitersten Stimmung unser Frühstück. Um Mittag wurde es sehr heiß. Die Meeresluft kühlte etwas. Sculiano276 und Monreale277 wurden passirt, als sich endlich an dem weißen Kreideufer der Molo von Girgenti278 zeigte. Nach der Stadt führt eine neue Straße, auf der wir plötzlich, auf einem Berge herrlicher Vegetation thronend, beschienen von den Strahlen der untergehenden Sonne, Agrigentum erblickten. Es schien zu uns von jener alten Zeit reden zu wollen, der Eindruck war ungemein mächtig. Wunderschön war der Blick auf das Meer, von dem ein Orangendurft heraufwehte!

271 Sciacci. 272 Leichte Mittagsmahlzeit. 273 Gang, von lat. meare: gehen, wandern. 274 Lesung unsicher. 275 Agrigento. 276 Siculiana. 277 Realmonte. 278 Mole von Girgenti, heute Porto Empedocle.

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19 April. In Girgenti Nachdem die Reise über Catanisetta279 festgesetzt, gingen wir durch das sonst vom alten Agrigent bedeckte, jetzt reiche Früchte tragende Thal nach dem Tempel der Juno Lucina, der durch Verhältnis und Lage gleich schön ist. Besonders eigenthümlich sind die Durchblicke durch seine Säulen auf das Meer und die jetzige Stadt. Oestlich davon war auch dem gegenüber liegenden Felsen das karthagische Lager. Eine natürliche Mauer zog sich rund um die ganze Stadt und an ihr liegen auch die übrigen Tempel: der Concordia, fast ganz erhalten; des Her- /26/ cules, an dem noch sehr deutlich die Grundform des Innren kenntlich; des Jupiter Olympus, ungeheuer in seinen Verhältnissen, mit der großen Chariatide; der Leda, des Kastor und Pollux u[nd] a[ndere]. Später kehrte ich, nachdem ich mich schon in jenem Mandelbaume an der Concordia meinen Gedanken überlassen, nach der Lucina zurück, wo Berg zeichnete. Hier nach Osten auf Werkstücken gelagert, den Tempel, das Meer, die Stadt im Angesicht, ließ ich das Schicksal dieser mächtigen Colonie an mir vorüber ziehen, und hierdurch angeregt, schweiften die Gedanken nach allen Seiten. Gott über alles und ihm mich ganz zu weihen, dem liebenden Schöpfer dieser herrlichen Natur, war das Resultat. Agrigent wird mir immer unvergeßlich bleiben. In seiner heren Stille war mir unendlich wohl. Nach einem Blick in die Kathedrale bestieg ich noch den Berg, auf dem der Tempel des Jupiter atabirios stand. Während des Essens plagten uns die Flöhe ganz entsetzlich. Dies ist gräßlich. 20 April. Von Girgenti nach Caltanisetta Das Wetter empfindlich kalt; die Gegend rauh und unfreundlich. Orangen wurden in ungeheurer Menge vertilgt. Unverhoffter Weise lösten sich in Caltanisetta die Schwierigkeiten wegen des weiteren Fortkommens auf sehr glückliche Weise. Nach einem recht guten Essen entflohen wir aus dem schmutzigen Hause, um ein besseres Nachtquartier zu beziehen, geriethen aber beim Suchen eines Kaffees in eine geschlossene Gesellschaft, was bei dem allgemein verbreiteten Glauben, der re di Baviero, un uomo di gran merito,280 sei da, höchst komisch, wenn auch unangenehm war. Das Nachquartier war mäßig an Flöhen. 21 April. Von Caltanisetta nach Leonforte Wind und Regen ließen das unwirthbare Gebirge nur noch öder erscheinen, und wir hatten es nur unterhaltendem Gespräch zu verdanken, daß die Zeit ziemlich schnell verwich. Unterhalb Castro Jiovanni beim Futtern gab es für uns arme poveri, morti di fame,281 nur Brod und Käs, weil die Leute uns alles aufgegessen hatten. Jetzt wird bei offener Thüre, während es draußen regnet, in einem etwas tragischen Gemach, in Erwartung des frugalen Mahles, das uns der Koch der besoffenen Prinzessin bereitet,282 Tagebuch geschrieben und gezeichnet. 279 Caltanissetta. 280 Der König von Bayern, ein Mann großer Verdienste. König Ludwig I. von Bayern war 1817/18 als Kronprinz durch Sizilien gereist. 281 Sterbenshungrig. 282 Die Lesung ist eindeutig, der Zusammenhang unklar.



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22 April. Von Leonforte nach Nicolosi Einige Bewegung in dem Nebelmeere, das den Aetna uns verhüllte, hielt uns zwischen Furcht und Hoffnung, ob der Gibello wohl morgen zu besteigen wäre. Es war trübe und empfindlich kalt. Trotz dem setzten wir uns doch in Aderno283 zu Pferde, um nach Nicolosi am Fuße des Berges zu reiten, von wo aus er bestiegen wird. ... Beim dunkel werden regnete und stürmte es, und wie wir so über Stock und Stein durch den Nebel hintrabten, konnte man sich denken, daß man an einem schaurigen Novemberabende durch unsere Haiden ritte. Ganz durchnäßt kamen wir in Nicolosi an und kampirten alle in einem Zimmer, doch sind mit heute die Leiden Siziliens zuende. /28/ 23 April. Von Nicolosi nach Catania Leider regnete es am Morgen und die Ersteigung mußte auf die Rückreise von Constantinopel verschoben werden. Doch oft ist aufgeschoben aufgehoben. Die Form des mächtigen Berges trat später schön hervor. Eigenthümlich ist auf dem Wege nach Catania der schnelle Uebergang von Winter zum Sommer, von dem primitiven Zustande zur Civilisation. Der Eindruck des bevölkerten, freundlichen Catania war uns sehr wohlthuend. Es liegt auf dem Lavastrome, der das alte Catania verschüttete, an dessen Gestade Ulysses seine Schiffe anknüpfte und dem Polyphem nur so wunderbar entging.284 Reitzend ist der Blick von der duftenden Flora, dem Benedictinergarten, auf den Hafen und den Aetna mit seinem Schnee. Dieselbe hat man von der Villa Cartuiu. Das Hotel Abbate ist ausgezeichnet. 24 April. Von Catania nach Syracus285 Die Ueberfahrt wurde auf einem kleinen Einmaster, der Schnee an Bord hatte, bei sehr schönem Wetter gemacht: Der Wind blies gut und alles war guten Muthes. Berg und ich, am Hintertheil auf einem Schrank gelagert, genossen des herrlichen Blicks auf Catania mit dem immer majestätischer hervortretenden Aetna. Da ging der Wind aus und die hierdurch erfolgenden Schwankungen des Schiffes machten bald alles mehr oder weniger unwohl. Nach 8 Stunden langen Harrens erschien endlich das berühmte alte Syracus, jetzt auf der Insel Ortygia nur im Schatten seiner alten Größe. Wir umkreisten die Stadt und liefen in den Hafen ein, in /29/ welchem sich die Athener und Spartaner einst geschlagen.286 In der Stadt, wo wir unsere Leute und Briefe fanden, besahen wir die jetzt sehr entweihte Quelle der Arethusa287 und die Kathedrale, die in einem Tempel der Pallas erbaut und auch zur Moschee umgewandelt worden ist.288 Von ihrem Dache übersieht man beide Häfen, die 283 Adrano. 284 Homer, Odyssee, IX. Gesang. 285 Siracusa. 286 Gemeint ist die Belagerung des von Sparta unterstützen Syrakus durch die Athener im Peloponnesischen Krieg von 415–413 v. Chr. 287 Nach einer Sage verwandelte sich die Nymphe Arethusa in eine Quelle, um den Nachstellungen eines Jägers zu entgehen und floh nach Ortigia. Der dicht am Meer liegende Brunnen sicherte die Süßwasserversorgung von Syracus. 288 Der Dom Santa Maria delle colonne wurde im 7. Jhd. als Umbau des Athena-Tempels errichtet.

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Insel Orthygia, das alte Stadtgebiet, den Hylla und das Vorgebirge, auf dem das Lager der Athener gestanden. 25 April. In Syracus. An Bord der Marie-Christine Eigenthümlich und recht südlich ist die Fahrt den Anapus und die darin einmündende Cyane hinauf, um die Papyrosstauden zu sehen, die außer in Egypten hier allein wachsen. Der schmale Fluß ist durch die üppigen Pflanzenwuchs fast zur Laube umgewandelt, über dem sich zuweilen am wolkenlosen Himmel eine Palme wölbt, sodaß man sich in ferne Länder versetzt glaubt. Hierauf wurden die berühmten Latomien mit dem Ohr des Dyonis,289 das Theater mit schöner Aussicht auf die Stadt und das Meer, das Amphitheater, die Catacomben, die recht eigenthümliche unterirdische erste christliche Kirche in Sizilien, das Grab des Archimedes, des armen Grafen Platen in Landolinas Garten; 290 die schönen Steinbrüche bei den Capucini, in Augenschein genommen. Um 7 Uhr waren wir an Bord des schönen Dampfschiffes. Die Nacht wurde hell, das Meer ruhig. Lebhaft wurde ich an die Reise nach Petersburg erinnert. Der Schlaf wurde durch das Rütteln der Maschine sehr beeinträchtigt. /30/ 26 April. In Malta Um 4 ½ Uhr waren wir im Hafen dieser interessanten Insel. M[iste]r Johnston bewillkommnete uns. Ich ging etwas in der reinlichen Stadt umher. Dann folgten die Besuche des Gouverneurs Sir Parker Stuart291 und des Admirals Sir Ount.292 Nach den Gegenbesuchen zeigte uns der Admiral die schönen Linienschiffe Queen Victoria und the Formidable, die Arbeiten zu einem Bassin, was mir als erste Probe der englischen Marine besonders interessant war. Der geborene Seemann geht dem Russen ab. – Interessant ist das Gemisch der englischen und italienischen Sprache, worin man ganz confus wird. Pitt Arnim.293 Um 7 Uhr zu Bett. 27 April. In Malta Um 8 ½ Uhr Besichtigung des Felsengrundes im Bassin und des im Bau begriffenen Backhauses. Fahrt mit einem Adjudanten294 des Gouverneurs nach Civita vechia und S[an] Antonio, seinem reitzenden Sommerhause, dessen Garten ganz etwas fremdartiges hat. Chinesische Aepfel, Bambusrohr. Das europäisch bekannte ist ganz verschwunden. Am nachmittag Parade des 42ten Hochländer Regiments.295 Diner mit Soiree beim Gouverneuer, wo auch getanzt wurde. Recht angenehm.

289 In den Steinbrüchen gelegene Höhle mit beachtlicher Akustik. 290 Der Dichter August von Platen (1796–1835) wurde im Garten der Villa des Marchese Landolina begraben, da es auf Sizilien keine protestantischen Friedhöfe gab. 291 Patrick Stuart, brit. Generalleutnant. 292 Edward Owen (1771–1849), Kommandeur der brit. Mittelmeerflotte. 293 Der Schriftsteller Karl Otto Ludwig von Arnim (Pitt Arnim, 1779–1861) veröffentlichte ein Jahr später in Leipzig das Buch „Reise nach Neapel, Sicilien, Malta und Sardinien zu Anfang des Jahres 1844.“ 294 Tidy, brit. Hauptmann. 295 42nd (Royal Highland) Regiment of Foot.



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28 April. An Bord des Perikles Abfahrt um 7 Uhr. Salut der englischen Schiffe. Madame Fourchon. Angenehme Gesellschaft. Delphin. Aetna noch am Horizont. Schach gespielt. Frühstück um 10 Uhr, Diner um 5 1/2 , Thee um 8 Uhr. Gut geschlafen. /31/ 29 April. An Bord des Perikles Um 7 Uhr auf. Mehr bekannt mit der Gesellschaft. Im Süden unter dem Horizont ein Dreimaster nach Westen steuernd. Ein Sperber geschossen. Im Nordost vermeintlich Land, vielleicht der Tayghetes, gesehen. 30 April. An Bord des Perikles Um 6 ½ kam ich auf das Verdeck. Da lag die Küste von Griechenland vor mir, ein interessanter Moment: Es war die westliche Spitze Messene, das Cap Matapan, die südlichste Spitze von Europa! Links lag Cap Modon, uns zunächst die malerischen Felsen des Cap Gros und Cap Matapan mit ihren Mainotten Thürmen und Ortschaften,296 weiter rechts Cap Malio.297 Nach Südost zeigte sich Cerigo,298 vielleicht Candia. Ueber dieser Küste glänzte im Schein des jungen Tages der schneebedeckte Taygethes. Später fuhren wir zwischen Cap Malio, auf dem die Hütte des Einsiedlers steht, und der Insel Cerigo hindurch. 1 Mai. An Bord des Perikles. Syra In der Nacht im Hafen von Syra eingelaufen, hatten wir beim Aufstehen den Anblick der Bucht mit der zwischen öden Felsen auf einem spitzigen Bergkegel gelegenen Stadt. Ein eignes Gefühl war es, den Fuß auf griechischen Boden zu setzen, plötzlich in dies Land hineinversetzt. Die Costüme frappirten uns sehr. Trotz des Regens stiegen wir in die obere Stadt nach dem Kloster hinauf, von wo man eine interessante Aussicht auf die untere Stadt mit dem lebhaften Hafen und auf einige Inseln hat. /32/ Ein ägyptischer Bey299 mit Tribut nach Constantinopel geht mit uns und das ganze Verdeck wimmelt von den seltsamsten Trachten des Orients. Sehr ansprechend ist das Costüm des Albanesers des M[iste]r Vernon. Die See wurde etwas unruhig, sodaß viele krank wurden. Ich hielt mich, und schoß Möwen mit dem Gewehr von M[iste]r Salvy. Erst um Mitternacht wurde es ruhiger. Die Segel halsen tüchtig. 2 Mai. An Bord des Perikles. Smyrna300 Schön ist die Einfahrt in den Busen von Smyrna. Am Fort war der Rhamses gestrandet, was in der schönen Landschaft neben dem türkischen Fort ein interessantes Seegemälde machte. Während der vergeblichen Versuche das Schiff los zu machen, hatten wir Zeit genug, die herrliche Gegend zu betrachten, die uns umgab. Längs der mit ganz bewaldeten Höhen umgebenen Küste zog sich ein üppiger Baumwuchs hin, aus dem zum ersten Male in größerer Menge die schönsten Palmen hervorragten, die über dem Rauche einzelner Hütten sich wölbend an Vorstellungen aus der Kinderzeit erin296 Die von Blutrache geprägte Kultur der Mani in Südgriechenland hinterließ Häuser mit Wehrtürmen. 297 Kap Malea. 298 Kythera. 299 Statthalter einer Unterprovinz. 300 Izmir.

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Reise nach Italien

nerten. In der Tiefe des Thals lag Smyrna hinter einem Mastenwald. Auf der kleinen Jölle301 durchmaßen wir diesen Raum und landeten nach einigen Umwegen in der Quarantaine, wo wir gleich mit der Pfeife und dem Kaffee empfangen wurden. Nachdem der Doctor mit dem großen Boot angekommen war, erhielten wir die pratique302 und fuhren nach dem französischen Consulat. Von M[onsieur] et M[ada]me Segur303 sehr freundlich empfan- /33/ gen, durchgingen wir mit ihm die engen Straßen und Bazars der Stadt, wo wir uns ganz in den Orient versetzt sahen. Mit Mühe drängt man sich mit Hilfe der Janitscharen304 und des Dragoman305 durch die Esel und Lastträger hindurch, während der Blick stets durch die schönen Gestalten und Costüme der in ihren Läden rauchenden bärtigen Türken ruht abgezogen wird. Man glaubt sich in einer Mährchenwelt. Wir erstiegen den berühmten Kirchhof mit seinen Cypressen und Muselmännischen Grabsteinen, der die Stadt dominirt und an dem ältesten und daher interessantesten Theile liegt. In der neuen Kaserne machten wir Visite bei dem Pascha, erhielten die Pfeife und Confitüre und besahen dann noch zwei Moscheen. Nach 5 Uhr gingen wir wieder an Bord, erhielten den Salut von der türkischen Küstenbatterie und dem französischen Linienschiff l’Alger, das den Rhamses endlich los gemacht hatte, und sind jetzt wieder in See. Die Bewegung ist mäßig, sodaß ich dies schreiben kann. 3 Mai. An Bord des Perikles Mein erster Blick fiel auf Trojas Gestade und auf Tenedos, die grünende, des Ossa Höhen mit dem Ida begränzten den Horizont und zwei Grabeshügel reden von den Thaten, die dort geschehen. Die here Troas lag zwei Stunden ins Land hinein, darüber, wo der Simois in den Skamander sich ergießt, dessen Mündung hinter dem Schloß von Asien sich zeigt. Tenedos ist jetzt sehr unfruchtbar. Die Stelle, wo die Flotte der Griechen gelegen, glaubten wir zu erkennen.306 An keinen Ort auf Erden knüpfte /34/ sich wohl ein so alter Ruhm, nie übertroffen, wenn nicht in Jerusalem307 ein Kind geboren. Es zeigte sich der Eingang zum Hellespont, die Schlösser von Asien und Europa, endlich die berühmten Dardanellen selbst, wo wir anhalten mußten. Außer einigen neuen von preußischen Offizieren angelegten Batterien a fleur d’eau308 scheint das übrige nicht sehr wirksam, wenn sich nicht ungünstiger Wind und die Strömung aus dem Schwarzen Meer mit ihnen verbündet. Die Küsten sind nicht fruchtbar. Sestos und Abydos verpaßten wir beim Frühstück. Galata, Gallipoli und Lampsakus zeigten sich, die Marmarainseln bezeichneten den Eintritt in das Marmarameer und wir fuhren langsam, da das östreichische Dampfschiff doch 301 302 303 304 305 306 307 308

Jolle, Schwertboot. Med. Einlaufgenehmigung in einen Hafen. De Ségur. Das Jantischaren-Korps war bereits 1826 aufgelöst worden. Dolmetscher und diplomatischer Betreuer. In der Ilias. Der Großherzog meint Bethlehem. „à fleur d’eau“: an der Wasseroberfläche.



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nicht eingeholt und Constantinopel nicht bei Nacht gesehen werden konnte. Mondschein und Mondgedanken. Prinz Gallizin aus Georgien.309 4 Mai. An Bord des Perikles. Constantinopel Vom Schein der aufgehenden Sonne beleuchtet, lag es vor uns, das alte berühmte Byzanz, und weitleuchtend uns Christen ein Wahrzeichen, die alte heilige Sophia,310 doch neben ihr auch der Wald der Minarets, das Zeichen der heidnischen Herrschaft. Und allerdings, da ihr christlicher Glanz verschwunden, ist es jetzt eben der Anstrich des morgenländischen, dieses fremdartige, was, verbunden mit dem Reiz der Lage, das jetzige Stambul zur schönsten der Städte des Occident macht. Man glaubt in eine Zauberwelt zu blicken, wenn man, der Spitze des Serails sich nähernd, jenes /35/ Häusermeer zu unterscheiden anfängt, das, in den lebhaftesten Farben prangend, terrassenartig sich den Formen dieser schönen Küste anschmiegt, und wenn hunderte von Moscheen sich mit ihren tausenden von schlanken, weißen Minarets aus diesem Gewühl erheben. Sie preisen auch Gott, aber sie drückt das Gesetz. Nur die Erlöseten können mit der schlanken Pyramide des gothischen Thurmes den Himmel anstreben. O, alte Sophia, wann wird der Tag erscheinen, daß auf dir der Halbmond wieder dem Kreuze weichen wird! An den Prinzeninseln vorbei und dem Bosporus, liefen wir in das goldene Horn ein, ein noch überraschenderer Anblick und über alle Beschreibung schön. Herr v[on] Lecoque311 holte uns mit seinem brillanten Kaik312 ab und an der Artilleriecaserne glänzend beritten gemacht, hielten wir, unter Vorgang einer Menge Kavas313 unseren Einzug in Pera314 und bei Mad[ame] Giuseppe. Um Mittag ritten wir hinab nach Tapana, wurden in dem blendenden Kaik nach Constantinopel übergesetzt und ritten nach dem Platz des Seraskiers,315 von dessen Thurm sich uns die berühmte Aussicht auf die ganze Stadt darthat. Am schönsten war der Blick auf die Spitze des Serails, die Sophia und Achmed und die Prinzeninseln im Meer von Marmara. Hierauf ging es nach dem At Meidan,316 dem berühmten Hippodrom, wo jetzt von allen Schätzen des Alterthums nur noch die eherne Schlange von Delphi, ein Obelisk und die Meta übrig sind. Hier liegt die berühmte Moschee Achmed,317 wegen welcher der Erbauer der Mecka ein 7tes Minaret /36/ hinzufügen ließ. Auf dem Rückwege bemerkten wir in den Straßen diese an das maurische erinnern-

309 Gallitzin, russ. Adelsfamilie. 310 Hagia Sophia. 311 Gustav von Le Coq (1799–1880), preuß. Gesandter in Konstantinopel. 312 Schiffsfähre zwischen den Bosporusufern. 313 Polizeidiener der europäischen Gesandtschaften. 314 Europäischer Stadtteil von Istanbul, Sitz vieler Gesandtschaften. 315 Sitz des osmanischen Kriegsministers. 316 Sultanahmet-Platz. 317 Die blaue oder Sultan Achmed Moschee mit sechs Minaretten, ein Hauptwerk der osmanischen Architektur.

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Reise ins Osmanische Reich

den Brunnen und Grabmäler, das großartige Denkmal des Sultan Mamud,318 die verbrannte Säule und besuchten dann die große Caserne zu den 1000 Säulen. 5 Mai. In Constantinopel Schöne Predigt des Gesandtschaftspredigers Major (aus Bonn).319 Visite von Achmed Feti Pascha,320 Schwager des Sultans, und Risat Pascha, Minister des Auswärtigen.321 Auf dem Ritt nach den süßen Gewässern zeigten sich einige reitzende Blicke auf die Stadt und den Bosporus, denn das blumige, buntbelebte Thal des Flusses, an dem die Promenade hingeht. Hier die freudige Ueberraschung, die mecklenburger Flagge und zwei Schiffer mit ihren Leuten zu finden, eine merkwürdige, wohl nie wieder kehrende Begegnung. Nach einem Ritt fuhren wir zu Wasser durch das schöne goldene Horn nach Hause, das Boot mit der Flagge hinter her. Unter den Gebäuden leuchteten die berühmte Ejub Moschee, die Moschee Memed und Selim und die Admiralität hervor. Der Anblick des goldenen Horns ist ein wahrhaft feenhafter. 6 Mai. In Constantinopel Brief geschrieben. Diplomatisches Corps. Visite beim Sultan322 in seinem Palais in der Beglerbey323 am Bosporus. Unter dem Klange einer schönen Musik wurden wir in den freundlichen Sommerpallast hineingeführt, wo uns der Sultan, ein freundlicher, wohlwollender junger Mann von angenehmem Äußeren empfing. Die Unterhaltung mit Hülfe des Dolmetschers war /37/ etwas ängstlich. Hierauf wurden wir in den Gärten umher geführt, die uns nicht durch den Pflanzenwuchs, sondern durch die mit Bassins und Kiosk324 verzierten Terrassen und durch die wundervolle Aussicht bezauberten. Der Eindruck erinnerte an die Mährchen der Jugend. Später machten wir eine Fahrt im goldenen Horn, wo ich an Bord der Doris, Cap[i]t[än] Zepelin, ging.325 Wir tranken auf Mecklenburgs Wohl! Mir war eigen ums Herz. 7 Mai. In Constantinopel Besichtigung der Caserne in Skutari,326 dann des Serails. Der Harem mit herrlicher Aussicht auf Galata, Skutaria, das goldene Horn und den Bosporus. Die Bäder, die ächt orientalisch sind. Gemächer des Sultan. Griechische Säule. Bibliothek. Thor der Glückseligkeit und großer Hof, in welchem der frühere Thronsaal, die Gesandtenhalle, die Münze, in welchem viele Hinrichtungen geschehen. Eunuchen. In den Gärten eine Menge Kiosk. Von hier mit sehr lästigem, großen Gefolge nach der Aja Sophia, die mir durch ihre Schönheit und durch die Erinnerungen, die sie erweckt, einen unvergeßlichen Eindruck gemacht hat. Wann wird einst das Kreuz wieder auf ihr blinken? Exerziren der 4 in den schönen Kasernen des Seraskeriats liegenden Bataillons, das mäßig ging. Diner bei Lecoque. 318 Mausoleum Mahmuds II. (1785–1839). 319 Carl Forsyth Major, Gesandtschaftsprediger 1843–1845. 320 Achmed Fethi Pascha war Inhaber hoher militärischer Ämter. 321 Mustafa Reshid Pascha (1800–1858). 322 Abdülmecid I. (1823–1861), Sultan seit 1839. 323 Beylerbey, osmanischer Provinzstatthalter. 324 Gartenpavillon. 325 Schiffer der 1840 gebauten Bark Doris war P. N. Zepelin. 326 Asiatischer Stadtteil von Istanbul.



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8 Mai. In Constantinopel Achmed Moschee. Solimanje;327 Sclavenmarkt. Grabmahl Mamuds. Nurosmanje.328 Pferdemarkt. Ritt um die denkwürdigen Mauern, die 24 Stürmen widerstanden. Unendlich ergreifend ist die Stelle, die /38/ man durch neues Gemäuer deutlich unterscheidet, wo der letzte Kaiser in der Bresche fiel.329 Interessant sind die 7 Thürme als Gefängnis der Gesandten, schön die Aussicht auf Constantinopel. Zu Wasser ging es längs der alten Mauern zurück. Fürst Gallizin bei uns zum Essen. 9 Mai. Von Constantinopel nach Brussa330 Auf dem guten russischen Dampfschiff, die Krimm, fuhren wir mit der russischen und preußischen Gesandtschaft nach der Bucht von Gemlik. Hier empfing uns der Metropolit,331 und führte uns in sein Haus und in die Kirche. Von hier aus ritten wir durch ein sehr fruchtbares, baumbewachsendes, gebirgiges, wiesenreiches Land, und kamen trotz eines Sturzes und Schlages glücklich hier an. Der Prinz und ich bewohnen ein ganz orientalisch eingerichtetes griechisches Haus mit einem lieblichen Springbrunnen auf der Treppe. Alles deutet auf Asien hin. Das Souper war ganz türkisch. 10 Mai. In Brussa Schlechtes Wetter. Nachdem mich der Pascha besucht, ein ehrwürdiger freundlicher Türke, machten wir uns auf, um die Stadt zu sehen, die terrassenförmig am Abhange des Olymp liegt. In den Ringmauern eines wahrscheinlich griechischen Castells liegen die beiden Grabcapellen Archans332 (eine christliche Kirche) und Osmans,333 beide in oder neben griechischen Klostergebäuden. Auch zeigen sich Spuren antiker Mauern. Echt orientalisch ist die Hauptmoschee mit einer offenen Kuppel und einem plätschernden Springbrunnen, den die malerischen Costüme der Imans und alten Türken belebten. Besonders eigenthümlich ist der maurisch geformte Michrab334 und der in Nußholz ausgearbeitete /39/ Memberg;335 zauberisch der Blick von der Höhe des Minaret auf Brussa und das fruchtbare Flußthal. Der Anblick ist zugleich fremdartig und schön. Nach Besichtigung von noch einigen anderen Moscheen ritten wir am wildigen Abhange des Olymp hin, unter riesenhaften Platanen hin, nach den warmen Bädern hin, deren innere Einrichtung, vielleicht mit Spolien aus Kirchen bewerkstelligt, sehr schon und ganz orientalisch ist. Zurück ging es einen reitzenden Fußsteig durch Niederwald, auf dem sich ein herrlicher Blick auf die Landschaft öffente. Nach einer durch Frühstück ausgefüllten Pause, begann die Ascen-

327 Süleymaniye-Moschee. 328 Nuruosmaniye-Moschee. 329 Die Todesumstände des Byzanz gegen die Osmanen verteidigenden Kaisers Konstantinos XI. Palaiologos (1404–1453) sind nicht gesichert überliefert. 330 Bursa, alte Hauptstadt des Osmanischen Reiches. 331 Griechisch-Orthodoxer Oberbischof. 332 Sultan Orhan I. (1281–1358/62). 333 Osman I. (gest. 1326), Begründer des Osman. Reiches. 334 Gebetsnische. 335 Verm. Minbar, Predigtkanzel.

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sion des Olympos,336 die uns durch einen herrlichen Baumwuchs führte, jedoch der Pferde und Wolken wegen nur bis in diese Region gedieh. Belohnt wurden wir aber reichlich durch das schöne Frühjahrsgrün der Buchen und Maulbeerbäume, die in dieser reichen Vegetation den ersten Platz einnehmen, und durch den köstlichen Blick auf die Moscheen und Minarets von Brussa und auf die reichen Gefilde Kleinasiens; ein unvergeßlicher Eindruck. Um 6 Uhr vereinigte das Essen einen Theil unserer Gesellschaft in unserem Hause, in einem Zimmer, wo Divan und Springbrunnen nicht fehlten. Im Dunkeln saßen Leo[pold] und ich noch lange auf dem Divan vor dem plätschernden Wasser auf unserer Terrasse und ließen alte Zeiten an uns vorübergehen. O mein Gott, gieb, daß was Du in meiner jungen Brust gutes geweckt, in der alternden nicht untergehe! /40/ 11 Mai. Von Brussa nach Constantinopel Früh am Morgen durchliefen wir die Bazars, in deren Halbdunkel manches schöner scheint, was näher gesehen es nicht ist. Um 10 Uhr setzte sich die Caravane in Bewegung und es ging in sehr aufgeweichten Wegen, zuerst im Flußthal, dann über Berg und Thal in ziemlichem Tempo nach Mudania. Der Blick von den letzten Höhen auf den Busen von Gemlik und der Weg längs der Küste hin ist besonders schön. Da das Dampfschiff uns noch 3 Stunden warten ließ, so zogen wir uns in einem eleganten türkischen Hause trocken an und frühstückten auf türkische Weise. Endlich, endlich kam das Schiff, und die dennoch hungrige Gesellschaft ließ es sich an Bord nach dem 4stündigen Ritt recht gut schmecken. Um 12 Uhr lagen wir im Hafen, und stiegen mit 2 Fackeln und unter großem Hundegebell von Topana nach unserem Hause hinauf. 12 Mai. In Constantinopel Sonntag. Herrliche Predigt von Major. Im Schluß der Predigt, in welcher er das Hindurchschauen in das vollkommene Gesetz behandelt hatte, sprach er so ungefähr über den Wandel eines Christen: aus dankbarer Liebe gegen Gott, der ihn durch Christi Tod erlöset, geht er, als wenn es sich so von selbst, dem Vorbild Christi nach, weder durch Lob noch durch Tadel der Welt sich bestimmen lassend, mit der einzigen Richtschnur, daß es dem Willen Gottes entspreche. Auch eine andere Stelle war mir merkwürdig, indem sie die Mei- /41/ nung von der Werthlosigkeit und daher von der Nutzlosigkeit des positiven Wirkens in einem bestimmten Kreise bekämpft, die sich meiner sehr bemächtigt hatte, und zum Egoismus führt. Das ist nicht die rechte christliche Bruderliebe, abgeschlossen und in sich selbst concentrirt durch das Leben zu gehen, nur mit sich beschäftigt und auf sich bedacht, ohne sich von der Noth oder der Freude der Brüder bewegen und auch bestimmen zu lassen; sondern mit gänzlicher Selbstverläugnung nach allen seinen Kräften nach Gottes Willen und Christi vollkommenen und rührenden Beispiel in seinem Kreise lindernd und tröstend unter seinen Mitmenschen zu wirken. Dies paßt recht für mich, denn Gott, Du hast mich vor vielen so gestellt, daß ich so wirklich leben und handeln möge! – Fahrt auf dem goldenen Horn nach der heiligen Ejub-Moschee und den schönen 336 Besteigung des Olympos Misios im Westen der heutigen Türkei.



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türkischen Grabstätten. Modell der heiligen Kaba in Mecka und der Moschee in Medina. Beim Serail das Kaik des Sultans. Die preußische Gesandtschaft zum Diner bei mir. 13 Mai. In Constantinopel Unsere kleine Cavalcade337 dirigirte sich dem freundlichen Gehölz von Belgrad zu, das im ersten Grün prangte, um den großartigen Aquaduct und die schönen Wasserbehälter für Galata und Pera zu sehen. Sie sind dauerhaft und schön, der Blick durch die Bogen des Aquaduct auf den Bosporus reitzend. Von hier ritt man das freundliche Thal von Buju- /42/ tere hinab und fuhr in dem Bassin von Teragia schräge über den Bosporus hinüber, um die Höhe des Riesengrabes zu gewinnen, wo nach der Meinung der Türken Josuas Füße begraben sind. Der Blick von oben auf den blauen breiten Meeresstrom mit seinen schönen Ufern und auf der einen Seite das Schwarze Meer im Hintergrunde, auf der anderen Seite Constantinopel und das Marmormeer, ist einer der schönsten, die man sich denken kann. Ebenso zauberhaft ist die Fahrt den Bosporus hinab, an Anatolihissar und Rumilihissar,338 und an Beglerbey und Ischiragan vorbei. Soiree beim österreichischen Gesandten v[on] Stürmer;339 englische Ambassadire;340 sardinische Gesandtin;341 Bauchredner. 14 Mai. In Constantinopel Fahrt den Bosporus hinab ins Schwarze Meer. Eigenthümliches Frühstück auf einer der Cyaneischen Symplegaden342 im Schwarzen Meer mit dem Blick auf die Mündung des Bosporus. In Bujuctere das Haus des H[errn] v[on] Lecoque besehen. Hübsche partie. Bis spät abends geschrieben. 15 Mai. In Constantinopel Zum zweiten Male in der Sophienkirche, die wir recht genau besahen; ein ehrwürdiges Gebäude! Während des Gebetes oben auf der Gallerie, dann in dem Bazar umher. Sarg des Constantin bei der Nurosmanje. Zum Diner beim Sultan im Palais der Beglerbey. Großwesir,343 Ahmed Feti, Halil Pascha,344 der Finanzminister,345 Risat,346 der Commandeur v[on] Constantinopel.347 Schöne Musik und Tafel-Aufsatz. Am Schluß erschien der Sultan und sprach einige allgemeine Redensarten, die der sehr verlegene Dolmetscher stammelnd übersetzte. Darauf empfahl er sich und wir rauchten und kaffeeten im /43/ Nebenzimmer. Bei Fackelschein und Musik zu den Kaiks geführt, fuhren wir bei herrlichem Sternenhimmel und Phosphor nach Haus, wo uns unsere Rosse in Topana erwarteten. 337 Reiterzug. 338 Anatoli Hisari und Rumeli Hisari, Festungsanlagen. 339 Graf Bartholomäus von Stürmer (1787v1863). 340 Sir Stratford Canning (1786–1880). 341 Ehefrau des Gesandten Chevalier Romuald Tecco. 342 Felseninseln der griech. Mythologie. 343 Mehmed Emin Rauf Pascha (1780–1859). 344 Mehmed Halil Pascha (gest. 1856), Staatsrat und Generalinspektor der Artillerie. 345 Safeti Pascha. 346 Riza Pascha (1809–1859), General und Kriegsminister. 347 Mustafa Reschid Pascha (1800–1858).

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16 Mai. In Constantinopel Himmelfahrt. Herrliche erschütternde Festpredigt von Major über das Festevangelium, am Schluß des Evangeliums Marci. – Reiseverhandlungen. Geschenk des Sultan Abdul Medgid, bestehend aus einem mit Diamanten besetzten Säbel. 17 Mai. In Constantinopel. An Bord des Dante Geburtstag von Wiwi. Frühritt auf den Pferden unseres Abdi-Pascha348 auf die Höhe von Bugurlu, von wo ganz Constantinopel mit seinem Hafen und Bosporus und das Marmormeer mit seinen Prinzeninseln sich in der Morgensonne zeigte. Darauf erwarteten wir am Bosporus den Moment, wo der Sultan auf seinen Parade-Kaiks unter dem Kanonendonner sämtlicher Batterien und Schiffe, die es passirt, sich nach der Moschee von Scutari349 begab. Er erkannte und grüßte uns. Dann nahmen wir von der Gallerie des Leanderthurm350 Abschied von diesem unübertrefflichen schönen Blick auf die Spitze des Serails und die beiden großen Moscheen. Um 6 Uhr fuhr der Dante351 ab. Theodor und Doris flaggten.352 Außerhalb der Spitze kam eben das erwartete mecklenburgische Schiff an. Allmälig verschwand diese zauberische Naturscene und es war, als wäre es nur ein schöner Traum gewesen. /44/ 18 Mai. An Bord des Dante. Troja Der Eingang in den Hellespont war nahe, doch regnete es stark. Strömung und günstiger Wind führten uns schnell an Gallipoli und Lampsakus, Sestos und Alydos vorbei nach den Dardanellen. In unruhiger Stimmung sah ich bei dem Regen die Schlösser von Asien und Europa herankommen, indem es sich entscheiden mußte, ob ich Trojas Ebene sehen oder nie erblicken sollte. Aber der Regen hörte auf, wir gingen beim Schloß von Asien bei Kukaleh vor Anker und landeten. Vom dortigen Pascha freundlich empfangen, mit Kaffee und militairischen Werken bewirtet und ziemlich gut beritten gemacht, machten wir uns mit unsrem als Dolmetscher dienenden Loothsen und zwei Führern auf den Weg. Zunächst ging es rechts hin an den Höhen entlang, die das Thal des Scamander von dem Meere trennen und mit zwei Dörfern besetzt sind. Hier kommt man an 2 tumuli vorbei und durchreitet die Gewässer des kleinen Mendris, der anscheinend dem Skamander zufließt. Bald zeigte sich dieser selbst in der fruchtbaren Ebene sich windend, hinter welcher die Hügelkette sich erhebt, an deren Abhang das here Ilium353 gelegen haben soll. Das Dorf Burnabaschi soll die denkwürdige Stelle bezeichnen. Dann wandten wir uns von den Höhen scharf links und stiegen in die wiesen- und wasserreiche Ebene hinab, einen Bach überschreitend und durch nasse Wiesen trabend. Wir ritten scharf, Leo[pold] blieb zurück. Nun ging es längs den mit Weiden bewachsenen Ufern 348 Mglw. Abdülkerim Nadir Pascha (1807–1883), osman. Offizier. 349 Stadtteil von Istanbul (Üsküdar). 350 Leuchtturm. 351 Franz. Dampfboot. 352 Die 1842 gebaute Brigg Theodor unter Schiffer Fr. Niejahr. Zur Doris vgl. den Eintrag vom 6. Mai 1844. 353 Troja.



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des wasserreichen, tiefen Skamander hin und noch abwärts so nahe an die Berge heran, daß man deutlich den abgetrennten Hügel /45/ über Burnabaschi unterscheiden, um den der Simois herumfließt und so Trojas Stelle bezeichnen soll. Ueber seinen Lauf konnten wir nur unsichere Auskunft erhalten. Rechts hin zeigte sich des Ida zackiger Kamm und nach des Seite des Meeres hin ein bedeutender tumulus. Wir saßen ab, um uns unserer Begeisterung hinzugeben, die noch durch das freundliche, lachende der Umgebung bedeutend gehoben wurde! Ich war am Ziel eines lebhaften Wunsches! Eilig ging es durch das schöne kornreiche Thal und an den sonnigen Höhen hin, durchs Wasser hin, nach Kukaleh zurück, wo uns der Aga354 im Kaffeehaus mit 2 unserer Offiziere empfing. Um 4 Uhr waren wir wieder an Bord, den wir um 12 Uhr verlassen hatten. – Die Abendsonne beleuchtete Tenedos und Trojas Küste wundervoll. Ein unvergeß­ licher Tag! 19 Mai. An Bord des Dante. Smyrna Als ich aufstand, befanden wir uns schon in dem schönen Golf von Smyrna. Das Fort, an der Rhamses gestrandet, mit der schönen Palmenküste leuchtete uns entgegen. Es erschien die freundliche Stadt, wir warfen Anker und der Herr von Segür entführte mich in sein hübsches Haus, während der Prinz auf Alvenslebens Rath an Bord blieb. Von Frau von Segür sehr freundlich empfangen, gingen wir durch die Straßen, wo die hübschesten griechischen Gesichter aus den Fenstern sahen, und durch die Bazars nach der berühmten Caravanenbrücke, die durch die mit großen Platanen und hohen dichten Cypressen eines äußerst belebten Kirchhofs besetzten Ufer des ehrwürdigen Meles ein höchst anziehendes Bild giebt. Hier sang der /46/ unsterbliche Homer. Der Blick von dem über dem Flusse errichteten Kiosk war ächt morgenländisch. Von hier ritten wir an den Ufern dieses reitzenden St. Annenthals hinauf, wo sich uns ein sehr hübscher Rückblick auf den Hafen von Smyrna öffente, und überschritten die Wasserscheide eines anderen Thals, das uns jedoch wieder zum Meles zurückführte, wo ihn ein schöner antiker Aquaduct überschreitet. Wir umritten den Berg des Schlosses und kamen so in die Stadt zurück, daß wir vorher den herrlichen Blick auf die ganze Bucht von Smyrna und auf die Stadt hatten. Nach einigem Ausruhen folgte ein Diner und dann eine Gesellschaft, in der ich beim Tanze einige Landsmänninnen als eine Achenbach, eine Wirth aus der Schweiz, dann auch mehrere östreichische Offiziere kennen lernte. Bei herrlichem Sternenhimmel und Leuchten des Meeres begab ich mich wieder an Bord, während die Musik noch lange in die Stille der südlichen Nacht hineinschallte. 20 Mai. An Bord des Dante Um 9 Uhr lichteten wir die Anker. Indem wir aus dem Golfe herausfuhren, lag noch Mytilene vor uns. Nach Süden uns wendend lag westlich Chios, das ehemals so reiche Eiland vor uns, das auch wirklich jetzt noch, als wir uns ihm ganz näherten, durch eine reiche Küstenvegetation und die schöne Lage seiner Stadt, unsere ganze Bewunderung auf sich zog. Gegenüber zeigte sich später die bekannte Bey von Tschesme mit seinem weißen Fort. Die 354 Titel für zivile und militärische Würdenträger im Osmanischen Reich.

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Sonne senkte sich hinter der malerischen Küste von Chios hinab, die Insel mit Purpur umgürtend. Allen entfuhr ein Laut der Bewunderung als sie plötzlich hinter der /47/ entschwindenden Insel noch einmal golden hervortrat. Dann sank sie in das Meer hinab, und ihre Strahlen zeigten uns zum letzten Male das Festland von Asien, Samos, Euböa, Andros, Tinos, Miconia, wohinter Delos lag. Die Nacht war sternenhell und glänzte in südlicher Pracht. Der Polarstern stand tief am Himmel. Der große Bär mahnte mich an andere Zeiten und andere Länder. Schachpartie mit Berg in der Cajüte des Capitains Monlouis. 21 Mai. An Bord des Dante. Syra Ich erwachte im Hafen von Syra, der im hellen Sonnenschein sehr freundlich erschien. Ein mecklenburger Schiff: Martin, Cap[i]t[ain] Hoogt,355 liegt im Hafen; ich besuchte es. Unsere Gesellschaft ist angenehm. Schöne Griechin. Französischer Consul aus Beyrut mit Frau und Kind: Albert. Abfahrt Nachmittags. Viele Inseln; auch die Südspitze von Attika: Cap Sunium.356 22 Mai. An Bord des Dante Im Bett vor dem Aufstehen gelesen. Ziemliche Bewegung. Cap Matagan, Cap Gros und der herrliche Taigetos, mit Schnee bedeckt. Bei von Navarin.357 Entschwinden des Landes gegen Abend. Stärkere Bewegung der See. Starkes Wetterleuchten nach Süden. Rasche Fahrt mit gutem Wind. 23 Mai. An Bord des Dante Schwalbe in meiner Cajüte. Starkes Schaukeln und Krachen. Trotz einiges Speiens aufgestanden. Die Meisten krank in den Betten. Ein englisches Schiff nach Westen vor dem Winde segelnd. Mit dem /48/ französischen Consul M[onsieur] Bourret und den Offizieren näher bekannt. Albert. 24 Mai. An Bord des Dante. Malta Hohe See. Etwas gespien, dann wohl. Der Wind entgegen, die Fahrt langsam. Verzweifelnde Ungeduld nach dem Lande. Endlich das Land durch den Doctor entdeckt. Allgemeiner Jubel und allmäliges Erscheinen der Kranken auf dem Verdeck. Einfahrt in den Quarantainehafen, der uns wie ein Paradies erschien. Alle Schiffe, formidable, auch der Perikles und Rhamses flaggten wegen des Geburtstags der Königin Victoria.358 25 Mai. Im Fort Manuel359 Um 9 Uhr ausgeschifft und in das Fort eingesperrt, das übrigens sehr freundlich ist und gute, natürlich schmucklose Wohnungen enthält. Visiten des Admirals, des Gouverneurs, von M[onsieur] et Mad[adame] Fourchon. Nachmittags auf der Terrasse. Abends dort im Mondschein. 26 Mai. Pfingsten Geläute aller Glocken. In der Bibel gelesen: fester Vorsatz, mich Gott ganz zu ergeben. In den Werken360 umhergegangen. Nachmittags mit unserer Gesellschaft. Es ist ganz angenehm in der Quarantaine, außer, daß man der Freiheit entbehrt. Den Morgen gebadet. 355 356 357 358

Kapitän der Brigg Martin war Wilhelm Koop. Kap Sounion. 1827 verlor das Osmanische Reich in der Seeschlacht von Navarino seine Flotte. Victoria (1819–1901), Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland seit 1837. 359 Fort Manoel, vom Malterserorden angelegte Inselfestung. 360 Gemeint sind die Festungswerke.



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27 Mai. 2 Pfingsttag Seebad. Briefe. Fahrt am Hafen nach dem Lazarett der Hatschies hin. 28 Mai. Fort Manuel Gebadet. Geschrieben. Ball gespielt. 29 Mai. Fort Manuel Gebadet. Ankunft des Schiffs von Alexandria. Unwohl. Gespien. /49/ 30 Mai. Im Fort Manuel Nicht gebadet. Briefe geschrieben. 31 Mai. Im Fort Manuel Nach La Valletta hinüber geschwommen. 1 Juni. In Malta In pratica. Ritt nach den phönizischen Ausgrabungen bei Crandy und originelle Collationen in dem sarazenischen Garten Machluba mit den 3 Frauen.361 Toller Rückritt. Zum Diner nach S[an] Antonio, an das sich eine kleine Soiree anschloß. Lady Longwould mit ihrer hübschen Tochter, Schwester der Herzogin von Inverness,362 mit Onkel Gustav viel bei Lady Aberkon zusammengetroffen. Eigenthümlicher Anblick des Gartens im Mondschein. 2 Juni. Von Malta nach Catania an Bord des Mongibello Unruhige See. Die Nacht auf der Reede von Catania. Eigenthümlicher Contrast des Feuerwerks und des aufgehenden Mondes über der Meeresfläche. 3 Juni. In Catania. Besteigung des Aetna Um 5 Uhr ausgeschifft. Um 8 Uhr nach Nicolosi. Um 12 Uhr ritten wir, obgleich der Himmel mit starkem Westwinde Wolken heraufjagte, von hier ab, und wurden schon bis zur casa del bosco, einem Art Heuschober, tüchtig naß. Nachdem man sich hier um ein schnell angezündetes Feuer etwas geruht hatte, begann die eigentliche Besteigung, die bald auf den Schnee führte. Je höher wir kamen, desto stärker wurde der Wind und desto dichter der Regen. Die Kälte nahm zu, dem Regen mischte sich scharfer Hagel bei, der Abhang wurde steiler und glatter, und /50/ die ohnehin schon müden Maultiere gehorchten nur mit Widerstreben, die Colonne kam sehr auseinander. Endlich gestalte[te] sich dieses Unwetter zu einem völligen Schneesturme und der Wind trieb uns den Schnee und den Hagel mit einer furchtbaren Heftigkeit ins Gesicht. Die Maultiere kehrten um, fielen hin oder liefen weg; im Augenblick war die ganze Gesellschaft zu Fuß und allenfalls sah man die Einzelnen, meist noch durch ihre Mäntel behindert, sich die glatte Eiswand gegen den Sturm hinaufarbeiten. Doch die meist durch die Seefahrt schon geschwächten Kräfte rieben sich zusamt dem Muthe bei der Ungewißheit, ob man nicht den Weg verfehlt habe, bald auf, und ein Augenblick banger Empfindungen erfaßte die Gemüther. Doch der entschlossene Führer Matther trieb uns vordersten immer wieder zum muthigen Ausharren an. Wir sammelten das Häufchen wieder, unterstützten die zu Boden Sinkenden, und so erreichten wir grade im entscheidenden Augenblicke die casa inglesa, als auch unsere Kräfte zu schwinden begannen. Doch die meisten Sachen und der ganze Mundvorrath war nicht gefolgt; die Matrazen naß, der Camin nicht in Ordnung, wir durch und durch naß und nur wenige vermö361 Maqluba, karstige Vertiefung in Qrendi mit kleiner Kapelle. 362 Lady Cecilia Underwood, 1. Duchess of Inverness (1785–1873), Tochter von Arthur Gore, 2. Earl of Arran (1734–1809).

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gend sich umzuziehen, eine traurige Aussicht für die Nacht, die auch wirklich traurig war. Nachdem man sich das einzige vorhandene Brod und einen Krug Wein getheilt, legten sich einige auf die am Boden und auf einer Pritsche ausgebreiteten Matrazen hin, während die anderen das dampfende Kohlenfeuer umlagerten. So ging die lange kalte Nacht unter Frieren, Stöhnen, Seufzen und einigem spärlichen Schlaf hin. Ich lag bei Berg. Sell litt sehr. Alvensleben hütete das Feuer und öffnete oder schloß die Thüre, jenachdem der Rauch dichter oder /51/ dünner wurde, der fortwährend das Zimmer erfüllte. Der Sturm heulte stark. Eine denkwürdige Nacht, 9100 Fuß über dem Meer zugebracht. 4 Juni. Vom Aetna nach Catania Schlaflosigkeit, Kälte und Kohlendunst trieben uns schon früh um 5 Uhr ins Freie. Der Wind blies noch eisig, aber das Wetter war klar, doch die Spitze bedeckt. Die Aussicht an der valle de bovi beim Hinabsteigen war sehr schön. Bis zur casa del bosco ging es zu Fuß, nach Nicolosi zu Maulthier, und alle sind herzlich froh, wieder unten zu sein. Angenehmer Abend in Catania. 5 Juni. Von Catania nach Jardini363 Die Küste, meist durch die Lava gebildet, reich an schönen Formen und reicher Vegetation, ist sehr malerisch, namentlich am Castell von Aci, nach dem beglückten Liebhaber der …364 benannt, und an den Felsen, die Poliphem dem Ulysses nachgeschleudert.365 Doch war der Berg stets in Wolken. In Aci reale wurde Eis gegessen. In Jardini wurde gebadet, gegessen und darauf die Wanderung nach dem auf dem Felsen gelegenen Theater von Taormina angetreten. Es ist noch ziemlich erhalten und kann sich der schönsten Aussicht rühmen, die irgend ein Theater in Sizilien hat. Das alte Naxon lag auf der Landzunge zu seinen Füßen. Nach einem etwas beschwerlichen Marsche durch Taormina selbst, gelangten wir wieder hinab, und gingen müde zu Bett. 6 Juni. Von Jardini nach Messina Beim Anfang des Tages zeigte uns der ungastliche Aetna sein schneeiges Haupt, vielleicht um uns zu sagen: wie seid ihr Men- /52/ [schen] doch so wunderlich und schimpft auf mich, während ihr das Abentheuer an meinem Gipfel doch lediglich Euch selbst zuzuschreiben habt. Die Straße bleibt am Seeufer und führt an einer Menge hoch auf Felsen gelegenen, meist normannischen Dörfern vorbei, wie S[an] Alessio, Aforca.366 Das von den Engländern ausgebaute Castell von S[an] Alessio liegt steil über dem Meere, indem es Küste und Straße beherrscht. Gegenüber steigen die malerischen Berge von Calabrien mit Reggio zu ihren Füßen empor. Sehr freundlich und in reicher Umgegend ist das berühmte Messina, prangend im südlichen sizilischen Glanze, und heute besonders am Feste corpus domini.367 Die schönen Straßen wimmelten 363 Giradini. 364 Galatea. Ihr in der griech. Mythologie aus Eifersucht von Polyphem erschlagener Liebhaber hieß Akis. 365 Vor Aci Castello liegen die Zyklopeninseln. 366 Sant’alessio Siculo und Forza d’agrò. 367 Fronleichnam.



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von Menschen, von schönen weiblichen Augen, doch war die große Prozession nur mäßig. Wir fuhren am nachmittage nach einer der Höhen, die die ganze Gegend dominiren. Man sah den befestigten Hafen von Messina, die Meerenge mit Scilla und Charibdis, das Cap Mylae, Stromboli und die Formation des Inneren der Insel. 7 Juni. An Bord des Mon Gibello368 Herrlich ist der Anblick auf Messina mit seinem Bergrahmen vom Meere aus. Wir passirten die Enge und hielten uns anfänglich an der schönen Küste von Calabrien, indem um bei Tropea und Pizzo Personen einzunehmen. Hier ging ich ans Land, um das Gefängnis und den Ort der Hinrichtung des unglücklichen Murat369 zu sehen, der einen mit Schauer erfüllt. Sein Sarg ist jetzt unter der Menge der Cholerasärge in dem Gewölbe der Hauptkirche /53/ vergraben. Von hier nahmen wir den Curs auf Capri. 8 Juni. An Bord des M[on] Gibello Mit Jubel wurde Capri und das Cap Campanella begrüßt, das Thor vom Festlande von Europa. Nach 3 Stunden waren wir in unserem Gasthofe, herzlich froh, die See hinter uns zu haben. Am Nachmittag machten Leo[pold] und ich einen schwärmenden Spaziergang über unsere villa reale nach dem Posilipp und besuchten den Garten des M[iste]r Grave, um Onkel Gustav davon erzählen zu hören. 9 Juni. In Neapel Sonntag. Französischer Gottesdienst. Briefe geschrieben. Fahrt durch die Grotte um den Posilippo herum, nach der Villa von Craven.370 Schönste Aussicht in Europa: Grab des Hundes.371 10 Juni. In Neapel Morgens nach S[an] Martino; Abends Capo di Monte, wo die Aussicht wundervoll und villa reale. 11 Juni. Von Neapel nach Velletri Um 3 Uhr abgereist. Campanien, Molo, die Sümpfe schön. Junge. 12 Juni. Von Velletri nach Viterbo Albander Berge schön. Ueber forum, Pantheon nach S[ank]t Peter. Onkel Heinrich und Moliers besucht. Frühstück bei Buch. 13 Juni. Von Viterbo nach Siena Von Montefiascone nach Orvieto, das herrlich liegt und einen Dom hat, der durch seinen gothischen Schmuck merkwürdig ist. Auf Postpferden ritten wir nach Bolsena hinab. Hübsches Mädchen. Der See ist /54/ ächt italienisch, die Gegend nachher sehr gebirgig und rauh, nur von einigen Seen und hochgelegenen Ortschaften belebt. In der Nacht um 2 Uhr in S[iena]. 14 Juni. Von Siena nach Florenz Siena, die Mutter von Florenz, hat sehr den mittelalterlichen Charakter bewahrt. Der Dom ist weit schöner als der von Orvieto, weil das gothische Element, wenn auch nicht ganz, doch mehr in den wirklichen Bau eingedrungen ist, was Erhabenheit und Leichtigkeit hervorbringt. Weit schöner noch sind die Anfänge zu dem Umbau, der aber des unsicheren Grundes 368 Schiff mit dem ital. Namen des Ätna. 369 Joachim Murat, König von Neapel, wurde am 13.10.1815 in Pizzo erschossen. 370 Von der Reiseschriftstellerin und verwitweten Markgräfin von Ansbach-Bayreuth, Lady ­Elizabeth Craven (1750–1828), erbaute Villa. 371 Grotta del cane.

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wegen aufgegeben wurde; daneben die Libreria mit Fresken von und nach Raphael.372 Unter dem Chor das Baptisterium. In S[an] Domenico die Geschichte der heiligen Catharina von Siena von Sodoma,373 sehr schön; in S[an] Francesco Kreuzabnahme von ihm. Merkwürdig der palazzo publico374 mit Gemälden von Sodoma und anderen Sienesen. Um 8 Uhr in Florenz. H[err] v[on] Schafgotsch.375 15 Juni. In Florenz Mit Leo[pold] nach den Uffizien, Läden und Pitti,376 wo diesmal die Madonna de Granduca.377 Den Abend in die Caccines.378 16 Juni. In Florenz Sonntag. Leo[pold] nach Bologna abgereist. Ich über S[an] Miniato, die Drahtbrücke nach S[an]ta Croce, den Dom, das Baptisterium und Or S[an] Michele. Der Morgen war so sommerlich und feierlich, die Kirchen alle voll andächtiger Menschen, ein schöner Morgen. Geschrieben. In den Garten Boboli. 17 Juni Caccines und Lombardi in der pergola. /55/ 17 Juni. In Florenz Morgengang nach Poggio Imperiale. Uffizien, Pitti: vor der Madonna gesessen. Academie. Nach Fiesole. 18 Juni. In Florenz Ausgeschlafen. Besuch beim Großherzog, der ein sehr unterrichteter, ein Mann von großem Gemüth ist. Pitti: Madonna. Fahrt nach Bellosguardo und nach den Caccine. 19 Juni. In Florenz Diner beim Großherzog. Seine Schwester sehr gescheut.379 Da die Abreise sich durch den Packwagen etwas verzögerte, ging ich in der strahlenden Nacht am Arno auf und ab und lauschte nächtlichem Gesange. Um 11 ½ Uhr abgereist. 20 Juni. Pisa. Lucca Den Domplatz in Pisa besehen mit seinen Spatzen. Dom und Camposanto sind doch schön. Der Herzog nicht in Lucca; seinen Jäger aus Berlin gesehen. S[an] Martino und S[an] Ferdiano besehen, die Wälle besucht. Die Nacht durch. 21 Juni. Nach Genua Nach 5 Uhr waren wir in La Spezia. Reitzend selbst nach dem piano di Palermo380 ist der Rückblick, wenn man die Appenninen hinansteigt, die sehr freundliche Küste nachher macht nicht mehr Erstaunen, überrascht zuweilen, wie bei S[an] Jiovanni, durch das Liebliche ihrer Buchten. In Chiavari, wo wir zu Mittag aßen, besuchte ich die Kirche wieder, in der ich damals so voll Inbrunst war, und /56/ setzte mich dort, mein Schicksal überdenkend. Wie wunderbar hatte Gott mein Leben geführt, wie unerforschlich. Was Gott thut, das ist 372 Piccolomini-Bibliothek. 373 Il Sodoma, eigentl. Giovanni Antonio Bazzi (1477–1549), ital. Maler. 374 Palazzo Pubblico, Rathaus. 375 Karl Graf von Schaffgotsch (1794–1865), Legationsrat und Geschäftsträger der preuß. Regierung in Florenz. 376 Palazzo Pitti. 377 Madonna del Granduca, Gemälde von Raffael. 378 Parco delle Cascine, Parkanlage. 379 Verm. ist die unverheiratete Maria Luisa (1799–1857) gemeint. 380 Ebene von Palermo, das Goldene Becken.



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wohlgethan; doch traurig mußte ich gestimmt werden, denn schweres hatte er verhängt. Und wie hatte es sich verändert in mir? Die Hauptrichtung auf Gott und Heiligung war dieselbe geblieben, doch das bewegte Leben hatte den Traum der Jugend, die Harmonie der Seele schon stark verletzt, und die Hauptsünde war noch unbesiegt. Zugleich aber fühlte ich, daß die Reise meinem Inneren sehr wohl gethan hat, ein merklicher Unterschied mit meiner Stimmung in der Kirche von Rovigo. Gottes Segen war mit mir! Meine Empfindlichkeit und Reizbarkeit muß ich sehr im Zaume halten. Um 8 ½ erreichten wir nach einem sehr heißen Tage Genua. 22. Juni. In Genua Ausgeschlafen. In den Dom und Annunciata.381 Abends Fahrt aufs Meer, das uns jetzt so gut bekannt. Im Theater S[an] Carlo Felici: Oper Ernani,382 worin die Löwe sang. Ballet: piccolo marinaro,383 ausgepfiffen. 23 Juni. In Genua Sonntag. Ritt um die Stadt. Am Abend Regatta vor dem Hafen, der von Menschen und Fahrzeugen wimmelte und ein charakteristisches Bild gab. Als wir Genua verließen, war der ganze Umkreis des Hafens illuminirt, zu Ehre des morgenden Johannistages. Die Nacht durch. 24 Juni. Nach Mailand Pavia. Certosa. Mailand: hotel della Ville. Dom herrlich. Corso. Theater Canobiana.384 Eis vorher. /57/ 25 Juni. In Mailand Dom. Brera:385 Hagar386 und sposalitio. In den Straßen umher. Kunstreiter. Corso. Eis. 26 Juni. In Mailand Exerciren von 4 Schwadronen. König v[on] Baiern Dragoner387 und 3 Battrien auf der place d’armes. Dom bestiegen. Der Erzherzog Rainer bei mir. Besuch bei ihm und Erzherzogin. S[an] Ambrogio sehr alt. Abendmahl in S[an]ta M[aria] delle gratie. Corso. Theater del Re. 27 Juni. In Mailand Exerciren der Brigade Fersen mit ihrer Artillerie, einem italienischen Schützenbataillon und einem Bat[aillon], commandirt von Erzherzog … General Engelhardt388 sein Gouverneur. In Abwesenheit des Generals Gr[a]f Wallmoden389 der Graf Woyna.390 Parademarsch. Fahrt auf der Eisenbahn nach Monza, Damen. Dom äußerlich schön, italienisch gothisch; gleich zurück. Im Dom lange gesessen. Um 5 Uhr nach Como abgereist, wo wir wieder im Angelo am Hafen wohnten. 381 382 383 384 385 386 387

San Lorenzo und L’Annunziata. Oper von Giuseppe Verdi. Mglw. Piccolo marinaio, kleiner Seemann. Teatro della canobiana. Pinacoteca di Brera. Gemeint ist das Gemälde „Abraham verbannt Hagar und Ismael“ von Guerchino. König Ludwig I. von Bayern war Chef des in Mailand stationierten österreichischen Husarenregiments Nr. 15. 388 Alexander Freiherr Engelhardt von Schnellenstein (1791–1863), österr. General. 389 Ludwig von Wallmoden-Gimborn (1769–1862), österr. General und Militärkommandant von Mailand. 390 Graf Felix von Woyna (1788–1850), österr. General.

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Reise nach Italien

28 Juni. In Como Fahrt auf dem Veloce. Der See auch nach Neapel anziehend, nicht mehr entzückend. Genazins Haus in Bellagio verschönert, von Antonio ein neues gebaut. Der Garten Serbelloni sehr verschönert. In der Villa Melzi die junge Duchessa, die mit mir sprach, Tochter des sardinischen Gesandten … in Paris,391 ziemlich hübsch. Villa Sommariva sehr schön, jetzt V[illa] Charlotte genannt. In Cadenabbio Loebells Schreckensort, eingeschifft. Abendpromenade. Retraite beim Dom.392 /58/ 29 Juni. Von Como nach Magadino Nach Lugano. Der See schon mehr deutsch und frisch, mit schönen Bergufern. In Capo di Lago den Badeplatz wieder erkannt. Uebergesetzt. Lugano, mir sehr erinnerlich, sehr freundlich. In der Stadt umher. Fresken von Luini. Hübsche Mädchengestalten. Briefe von Mama recapitulirt. Ueber das Gebirge ins Ticinothal hinab, nach Magadino. Schöner Abend, doch bedeckt. Spazirgang am See. 30 Juni. Lago maggiore. Nach Bellinzona Fahrt auf dem … Der Maschinenmeister Brees ein Strelitzer. Bedeckter Himmel. Der Eindruck durch Italien getrübt, besonders beim Anblick der damals von mir so enthusiastisch bewunderten Inseln. Palanza. Isola madre, isola bella: die 3 Hauptpunkte. Wie schrecklich ist die Täuschung gewichen! Fahrt mit den Italienerinnen nach dem Dampfschiff. Noch nach Bellinzona, wo wir an derselben Terrasse wohnen. 1 Juli. Von Bellinzona nach Hospital Um 3 Uhr beim Aufstehen hörte ich das Jammern der armen Wirthsleute, deren 15jährige Tochter, eben erst aus dem Kloster heimgekehrt, gestorben war. Die junge Deutsche sagte es mir. Das Thal des Ticino ist anfangs sehr freundlich, bewachsen, und verbindet italienischen Farbenglanz mit der Frische der Schweizer Matten und den Tausenden von malerischen Wasserfällen. Mösa393 und Blegno394 ergießen sich in den Ticino. Giornico und Faido liegen noch niedrich; die Straße wird bald öder, bald freundlicher. Oberhalb S[ank]t Veit jedoch schäumt der Fluß heftiger und hat die Straße zu verschiedenen malen, zuletzt 1839, gänzlich zerstört. Vorher drängt sie sich mit großer Gewalt durch ausgehölte Wände /59/ hindurch und bildet kleine Stürze. Nachdem wir bei ziemlicher Gluth in Airolo (hübsche Wirthstochter) lange hatten auf Pferde warten müssen, ging es, die meisten zu Fuß, ich mit Trolsen, den S[ank]t Gotthard hinan. Am Hospiz lag nur in den Spalten Schnee, die Luft war frisch, nicht kalt, die Umgebungen rauh, doch nicht wild. Ich labte mich an frischer Kuhmilch, und ging noch ein starkes Stück hinab, sodaß wir, nachdem uns die Wagen eingeholt, schnell im wohlbekannten Hospenthal waren.

391 Antonio Graf Brignole-Sale (1786–1863) hatte eine seit 1828 verh. Tochter, Maria Brignole Sale De Ferrari (1811–1888). 392 Zapfenstreich der Kavallerie. 393 Moesa. 394 Im Valle di Blenio mündet der Brenno in den Ticino (Tessin).



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2 Juli. Von Hospital395 nach Grimselhospiz396 Um 7 ½ Uhr brachen wir bei ziemlichem Regen, etwas kleinmüthig, auf, waren nach einer guten Stunde in Realy. Zunächst erstiegen wir die Fuchseck, dann den Rufi, und wanderten, Schack und ich zu Fuß, die anderen zu Pferde, am Furkabach entlang und ruhten am Fuße der Furka, etwas ermüdet vom schlechten naßen Wege. Hierdurch wurde die Ersteigung uns durch ziemlichen Schnee ziemlich beschwerlich. ¾ Stunden brauchte man. Um 1 Uhr waren wir am Rhonegletscher, der sehr schön ist, bald am Wirthshaus. Nach einem Mittagessen ging es die steile Maienwand hinan. Auf der Grimsel lag viel Schnee, der Todtensee hatte noch Ufereis; eine winterliche Scene! Hinab nach dem Hospiz mußten wir auch viel über Schnee, obgleich es stark thaute; auch rutschten wir einige Schneewände hinab. Schon um 4 ½ waren wir unten, doch machte der auch hier noch liegende Schnee die Scene viel unfreundlicher, als vor 5 Jahren. Ich bewohne dasselbe Zimmer. Ein junger Berner unterhält sich mit uns, auch ein Engländer. /60/ 3 Juli. Auf dem Grimselhospiz Das Wetter tobte so furchtbar, daß wir gezwungen wurden, dort zu bleiben, wo wir uns die Zeit möglichst zu vertreiben suchten. Plötzlich, als das Wetter grade am stärksten tobte, erscholl der Hülferuf von Reisenden, die, von Sturm und Hagel fast überwältigt, nicht die Grimsel hinab kommen konnten. Man ging ihnen entgegen und endlich kam ihr Zug den Felsenpfad herab, Herr und Mad[ame] Heimann (Militairarzt, holländischer) aus Java, sie ohnmächtig, und H[err[ u[nd] M[adame] Segers aus Würtenberg, er Arzt, sie recht hübsch, mit denen wir sehr gut bekannt wurden. Dann kam noch ein Kurländer, Baron Stakelberg397 und Andere an, sodaß man sich gut unterhielt. Gegen Abend wurde es heller und H[err] Zybacher zeigte uns seine Milchwirtschaft. Seine Tochter ziemlich hübsch. 4 Juli. Vom Grimselhospiz nach Mairingen Der Morgen war hell und der größte Theil unserer Gesellschaft brach um 7 Uhr auf. Vor dem Felsen am Hospiz sah man das Finsterarhorn, die Strahleck, das Oberarhorn und den Gletscher. Am Eingang des Oberhaslithals lag noch Schnee, das Thal war herrlich! Am Reichenbach verweilten wir 1 ¼ Stunde, aßen in Guttannen im bekannten Hause, und waren, nachdem wir vor und hinter dem freundlichen Imhof unbedeutende Höhen überstiegen, um 4 Uhr im Hotel zum Reichenbach. Nachdem die übrige Gesellschaft auch angekommen und ich mich gebadet, aßen wir an table d’hôte, sprachen mit den Damen auf dem Balcon, und -: jetzt gießt es draußen!!! /61/ 5 Juli. Von Mairingen nach Lauterbrunn Regen. Mit Schack nach dem Reichenbach hinauf. Zu Wagen nach Brienz, im weißen Kreuz: zwei hübsche Kellnerinnen. Mit dem Dampfschiff nach Interlaken, und in 2 kleinen Einspännern das freundliche frische Lauterbrunnerthal hinauf nach diesem Gasthofe. Spazirgang nach dem sehr wasserreichen Staubbach: 2 Berliner. Abendgang das Thal hinauf, um den Drimmelbach zu suchen, doch vergebens. 395 Hospental leitet seinen Namen von einer Herberge der Benediktinerabtei Disentis ab. 396 Grimsel-Alpenpass. 397 Verm. Reinhold Andreas von Stackelberg (1797–1869), livländ. Landrat.

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Reise durch die Schweiz

6 Juli. Von Lauterbrunn auf die Wengernalp, zurück bis Brienz Um 6 Uhr auf die Wengernalp, um 8 ¼ Uhr oben. Anfangs die Aussicht ziemlich klar, sodaß nach und nach, doch sich immer wieder verhüllend, das Silberhorn, die Jungfrau, der Münch und Eiger sich in ihrer mächtigen Größe zeigten, auch hörten wir zwei Lawinen. In 1 ½ Stunde hinab, zu Wagen nach dem freundlich von der Sonne beleuchteten Interlaken: hotel d’Interlaken. Hier möchte ich wohl im Sommer einige ruhige Wochen zubringen. Zu Dampfschiff nach dem Gießbach, in den ich fast hinabgestürzt wäre. Er ist nicht großartig, aber von hübscher Form. Im Regen langten wir in einem Boote wieder im weißen Kreuz in Brienz an, empfangen von den beiden Schwestern. 7 Juli. Von Brienz auf den Righi Um 5 Uhr brachen wir bei ziemlichem Wetter auf und überstiegen den Brünig in 2 ½ Stunde[n]. Die Höhe des Passes ist bewachsen und frisches Laub beschattet den Spiegel eines kleinen Teiches. Ueberraschend freundlich ist der Blick auf das plötzlich tief im Hochthal erscheinende Lungern mit seinem /62/ See, der durch einen Stollen in den Sarnersee abgeleitet ist. Nach einem Frühstück fuhren wir dies freundliche frische Thal hinab, durch Sarnen nach Alpnach. Es war Sonntag. Ein Boot führte uns in 3 Stunden nach Weggis. In Sarnen das Schloß Landenbergs.398 Nach dem Mittagessen hier ging es den Righi hinan, was uns nach dem Brünig, der Hitze und dem Essen sehr schwer wurde. An der Kapelle Bier getrunken. Felsenthor, kalte Bad.399 Hier regnete es schon. Righistaffeln. Oben dicker Nebel. Ich wohne in meinem alten Zimmer, habe alles wiedererkannt, bis auf den französischen Spruch. Im alten Zimmer Thee getrunken. Dann zu Bett. 8 Juli. Vom Righi nach Zürich Nebel und Regen. In 1 ¼ Stunde nach Art hinab. Da die Sachen nicht da, zu Bett. Im Omnibus über Zug, wo Schulz Bucher sah, die neue Straße nach Zürich. Hotel Bauer. 9 Juli. Von Zürich nach Schaffhausen Das Wirthshaus zum weißen Kreuz besucht, wo ich den Sohn des alten Wirths traf, der damals gut davon gekommen war. Die Mutter war vor drei Wochen gestorben, die Schwester verheirathet. In der Stadt umher, nach der kleinen Insel, von wo die Stadt sich sehr hübsch macht. Um 1  Uhr nach Schaffhausen, wo ich im Hotel Maler gegenüber dem Rheinfall wohne. Doch erscheint er von dort sehr niedrig. Wenn man sich ihm nähert, zeigt er sich aber doch als der mächtige Fall. Schloß Laufen, Eigenthum des H[errn] Bläuler,400 wird restaurirt. 10 Juli. Von Schaffhausen nach Stuttgard Um 7 Uhr fort. Hohenwyl. Endlich Deutschlands Gränze! Baden, Würtem- /63/ berg. Hohenzollern. Unsere Stamburg glänzte im Abendschein. In Hechingen Thee getrunken, Kirche besehen. Nacht.

398 Burgruine. 399 Rigi Kaltbad. 400 Das Schloß gehörte dem Maler und Verleger Johann Ludwig Bleuler (1792–1850).



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11 Juli. In Stuttgard Um 3 Uhr angekommen. Der Kronprinz und Pr[in]z Friedrich401 bei mir. Um 12 Uhr zum König und zur Königin, wo auch die beiden Prinzessinnen. Pr[in]z[essin] Katharina ziemlich hübsch.402 Mit dem Kronprinzen spaziren gefahren. Diner auf dem Rosenstein. Conzert. Mit den Prinzessinnen gesprochen. Die Aelteste liebenswürdig. – Viele Briefe. 12 Juli. In Stuttgard Die im Würtenbergschen Dienste stehenden Mecklenburger bei mir: General Lützow,403 Oberstlieutenant Raben,404 Major Sukow,405 Rittmeister Forstner406 und Grävenitz,407 Rantzau.408 Mit dem Kronprinzen die Ställe besehen; arabische Hengste; Scham (Damascus). Der König fuhr mich in seiner Troschke mit sehr schönen Pferden nach Klein Hohenheim, seinem Privatgestüt, wo die Pfolen und Mutterstuten; nach Scharnhausen und Weil, wo im Pavillon gegessen wurde. Gespräch Nachtisch. Die Pr[inze]ss[in] Auguste auch sehr etwas angenehmes.409 Herzogin Louis.410 Schnell zurück. Noch zu Spitzenberg hinaus auf den Weinberg, wo auch die junge Frau v[on] Massenbach.411 13 Juli. In Stuttgard Mit dem Kronprinzen das Museum, das Schloß mit Fresken aus der Würtenberger Geschichte, die beiden Pferde gesehen. Mit dem König nach Ludwigsburg, wo Diner. P[rinzessin] A[uguste] recht angenehm. Das Schloß und den Garten besehen. Abschied ge- /64/ nommen in dem Seitenpavillon. 14 Juli. Von Stuttgard nach Carlsruhe Zu Mittag dort. Besuch bei den Herrschaften. Großes Diner. Thee en petite comité.412 15 Juli. In Carlsruhe Mit dem Großherzoge413 die Stadt besehen. Fr[au] v[on] Radowitz besucht.414 Conzert. 16 Juli. Von Carlsruhe nach Darmstadt Diner. Thee bei Elschen.415

401 Friedrich von Württemberg (1808–1870), Neffe des Königs. 402 Katharina Friedrike Charlotte (1821–1898) und Auguste Wilhelmine Henriette (1826– 1898). 403 Friedrich Ludwig Eduard Karl Freiherr von Lützow, Generalmajor. 404 Von Raben, Oberstleutnant. 405 Verm. der in Goldberg geborene Karl von Suckow (1787–1863). 406 Freiherr Friedrich Karl von Forstner. 407 Gustav von Grävenitz (1794–1873). 408 Friedrich von Rantzau. 409 Auguste Wilhelmine Henriette (1826–1898). 410 Henriette, geb. Prinzessin von Nassau-Weilburg (1780–1857), verh. seit 1797 mit Herzog Ludwig (Louis) von Württemberg (1756–1817). 411 Franz Xaver von Spitzemberg (1781–1864), württ. Generalleutnant und Oberstkammerherr, verh. mit Elisabeth, geb. Freiin von Massenbach. 412 In kleiner Runde. 413 Leopold von Baden (1790–1852), Großherzog seit 1830. 414 Joseph von Radowitz (1797–1853), preuß. Gesandter in Karlsruhe, verh. mit Maria, geb. Gräfin von Voß (1807–1889). 415 Elisabeth von Hessen und bei Rhein.

220 Schwerin 17 Juli. In Darmstadt Die Stadt und Casernen besehen. Partie nach Seeheim. Hübsche Gegend; Landhaus. Blick auf den Rhein. Fahrt nach dem Gut v[on] Alexander.416 18 Juli. Von Darmstadt nach Frankfurth Heidelberg! H[err] v[on] Schack.417 Diner bei ihm. Onkel und Tante Wilhelm durchgereist. Theater. Gräfin Dönhof.418 19 Juli. Von Frankfurth nach Cöln Mainz, Coblenz, Bonn. Rheinberg. Dom. Graf Beust. Die Nacht durch. 20 Juli. Nach Detmold Leo[pold] an der Gränze; nach Detmold hinein. Hübsches Schloß. Diner. 21 Juli. In Detmold Ritt auf das Herrmannsdenkmal.419 Stall besehen. Großes Diner. Fahrt nach Lobshorn.420 Souper. Gesang am Clavier. 22 Juli. In Detmold /65/ Sonntag, ein sehr angenehmer Tag. Morgengang mit Leo[pold]. Brief an Mama. Parade. Auf den Wällen umher. Verschiedene Sendungen der Prinzessinnen. Im Stall. Fahrt nach den Extersteinen.421 Diner. Souper mit Musik. Abreise mit Leo[pold], vom Fürsten selbst gefahren.422 23 Juli. Braunschweig Ankunft. Frühstück. Die Stadt besehen: Museum, Richmond, Diner; Stall besehen. Abreise. 24 Juli. Nach Schwerin! Einige Stunden Schlaf in Lüneburg. Artlenburg. Gränze. Laffert †; schrecklich.423 Boitzenburg. Wittenburg. Festlicher Empfang in Schwerin. Feuerwerk am Abend. 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31 in Schwerin, einen Tag Ludwigslust. 1 August. Von Schwerin nach Doberan Mittag im Saal. Thee auf dem Kamp. Fackelzug. 2.-18. August. Wäre Mama hier, eine charmante Saison. Frau von Gumpenberg allerliebst.424 Fr[au] v[on] Brandenstein,425 Seckendorf;426 Fr[äu]l[ein] v[on] Meyen,427 v[on] Bornstedt.428 Partie nach Redwisch und Warnemünde, Thee dansants; Thee am Damm. Rennen; steeple chace. Heute die Nachricht

416 Alexander von Hessen und bei Rhein (1823–1888). 417 Adam Reimar Christoph von Schack, meckl. Bundestagsgesandter. 418 Graf August Heinrich Hermann von Dönhoff-Friedrichstein (1797–1874), preuß. Bundestagsgesandter, verh. mit Pauline, geb. Gräfin Lehndorff. 419 Der 1838 begonnene Bau des Denkmals war über den Sockel noch nicht hinaus. 420 Lopshorn, Jagdschloss. 421 Externsteine, Sandsteinfelsen im Teutoburger Wald. 422 Leopold II. (1796–1851), Fürst zur Lippe. 423 Ernst von Laffert (1805–1844), Kammerjunker und Elbzollinspektor, starb in Horst neben dem Wagen des Großherzogs reitend an einem Schlaganfall. 424 Freiherr Adolph von Gumppenberg-Pöttmes (1804–1877), verh. mit Freiin Karoline von Bayrstorff (1816–1889), einer Tochter des Prinzen Carl von Bayern (1795–1875) aus seiner morganatischen Ehe mit Marie-Anne-Sophie Petin (Gräfin von Bayrstorff, 1796–1838). 425 Freiherr von Brandenstein, bayer. Kämmerer aus München. 426 Baroness Emilie von Seckendorf, geb. von Gentzkow, auf Kraase. 427 Eine Tochter des Kammerherrn von Meyenn aus Ludwigslust. 428 M. von Bornstedt, Hofdame der Herzogin von Anhalt-Bernburg.



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vom Tode der armen Adini!429 Unerforschlich! Wäre nur Mama erst hier! ­19 ­August. Den Abend zu Hause. 19 August. Thee dansant im Stahlbade. Graf Bassewitz u[nd] Ina.430 20 August. Thee bei Fr[au] v[on] Brandenstein oben im Glashause. Veille /66/ du départ431 von Fr[au] v[on] Gumpenberg. 21 August. Abgereist. Gefischt mit Fr[au] v[on] Brandenstein. 22 August. Brief von Mama, daß sie am 28sten kommen würde. 23 August. Freudige Aufregung, daß Mama und Wilhelm kommen werden. Retwischer Holz besehen. Partie nach der Fregatte. Noch kein Ernst in meinem Arbeiten, in meinem Verkehr mit Gott. 24 August. Tag der Abreise von Mama aus Peterhof; der Ankunft von Wilhelm in Doberan. Thee dansant. Gewitter; eingeschl[agen]. 25 August. Sonntag. Mit Wilhelm nach dem Feuer und Parkentin. 26 August. Zum Exerciren nach Rostock. Unwohl. 27 August. Krank zu Bett. In Wismar. 28 August. Nach Wismar. Dort exercirt und krank zu Bett. 29 August. Ankunft des Bogatyr signalisirt. Wir auf einem Boot hinaus. Begegnung am Dampfschiff. Glasenap.432 Nach Doberan. 30 August. Glasenap. Mama im Saal. 31 August. Thee dansant. Die russischen Offiziere dort Highkings, Gallizien, Buttberg, Steuermann.433 1 September. Sonntag. In die Kirche. Saal, Kamp, Theater. 2 September. Frühstück der Offiziere im Cottage. Saal. Abreisen. 3 September. Thee dansant. 4 September. Ritt mit Mama. Gray phayry. 5 September. Ankunft des Bogatyr auf der Rhede von Doberan. Stürmische Hinfahrt. Dejeuner. Unfall von Mama. /67/ 6 September. 7 September. Ritt mit Wiwi. Thee dansant. 8 September. Sonntag. Wiwi im Gig ins Theater. In die Kirche gefahren. 9 September. Abschied genommen. 10 September. Frühstück in Gelbensande. Jagd. Fahrt nach dem Fischlande nach dem hohen Ufer bis an die Gränze bei Ahrensberg und nach Wustrow. Dort die Frau des Niejahr und die Braut des Zepelin gesehen und jede mit einem Becher be429 Alexandra, Tochter von Kaiser Nikolaus I. von Rußland. 430 Gemeint sind Graf Carl von Bassewitz und Gräfin Ina von Bassewitz, geb. von Bülow. Vgl. Eintrag vom 20.9.1844. 431 Tag vor der Abreise. 432 Gottlieb Friedrich Alexandrowitsch von Glasenapp (1811–1892), Oberst und Flügeladjutant des russ. Kaisers, Kommandeur des Dampschiffes Bogatyr aus St. Petersburg. 433 Leutnant Baron von Heicking, Leutnant Fürst von Galizin, Hauptmann Baron von Budberg.

222 Schwerin schenkt. Der Pastor.434 Zu Wasser, begleitet von 34 Böten, nach Ribnitz. Wohnung im Kloster. Diner. Besuch bei den Damen. Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb.435 Illumination und Fackelzug. 11 September. Die Gränze entlang nach Marlow (H[o]fr[a]th Lüders)436 nach Sülz. Wohnung beim Amtshauptmann Koch.437 Besichtigung der Saline. Wanderung durch die Stadt (B[ü]rg[er]m[ei]st[e]r Liß).438 Fahrt auf dem Canal nach dem Moor. Das alte Moorwärter-Ehepaar.439 Diner im Badehause. Illumination. Fackelzug. 12 September. Frühstück in Zarnewanz. Freundliche Einfahrt zum Schützenhause in Tessin (B[ü]rg[er]m[ei]st[e]r Wehner,440 nach Gnoyen. Hübscher Empfang (B[ü] rg[er]m[ei]st[e]r H[o]fr[a]th Bölkow).441 Hübsche Tochter. Nach Dargun. Renneke in Röknitz.442 Das Schloß sehr hübsch. Diner. Zum Thee zu Frau v[on] Wickede.443 Illumination. 13 September. Zu Pferde durch den Forst an die Ufer des Cummerower Sees. Frühstück auf dem Friedrichfranzberge. Köstliche Aussicht. Dazwischen die Stadt Neukahlden. Hof Niendorf. /68/ Teterow. Vietgest. Förmliche Einholung und Einzug in Güstrow. Diner. Großer Ball auf dem Wall bis 3 Uhr. Fr[au] v[on] Dorn, v[on] Brandt, 1 Walzer: Fr[äu]l[ein] Burmeister; Gallopp: Fr[äu]l[ein] v[on] Meding; 1 Francaise: Fr[au] v[on] Buch; v[on] …; Polka: Fr[äu]l[ein] Vermehren; Masurka: Fr[äu]l[ein] Vermehren; 2 Francaise: Fr[äu]l[ein] Trotsche; Cottilon: Fr[äu]l[ein] Sänger.444 14 September. Nach Schwerin. Um 11 Uhr Artillerie Exerciren beim Lager und Besichtigung der Arbeiten. Um 3 Uhr Ankunft von Mama, die noch lahm ist und im Greenhouse wohnt.

434 Friedrich Carl Christoph Walter (1810–1881), Pastor in Wustrow seit 1843. 435 Sophie von Schreeb, Kloster-Pensionistin zur halben Hebung. 436 Christian Johann Lüders, Mitarbeiter des Spezialdepartements für städtische und Polizeiangelegenheiten. 437 August Ludwig Koch, Geheimer Amtsrat im Saline-Amt. 438 Friedrich Joachim Liss. 439 Johann Christoph Riesenberg. 440 Friedrich Wehner. 441 Joachim Friedrich Wilhelm Bölckow. 442 Christoph Huldreich Daniel Rennecke (1797–1881), 1825–31 Instruktor der Herzogin Helene zu Mecklenburg in Ludwigslust und danach Pastor in Röcknitz und Dargun. 443 Verm. die Ehefrau des Darguner Oberforstmeisters Wilhelm von Wickede. 444 Bei den Tanzpartnerinnen handelte es sich verm. um die Frau des Oberpostamtsdirektors und Kammerherrn Ludwig von Dorne, die Frau des Justizkanzleidirektors Georg Bernhard Johann Brandt, eine Tochter des Bürgermeisters Philipp Friedrich Burmeister, eine Tochter des Hofrats und Justizkanzleisekretärs Wilhelm Friedrich Christian Ludwig von Meding, eine Tochter des Superintendenten Carl Christian Hermann Vermehren, eine Tochter des Pastors der Stadtpfarrkirche August Vermehren und eine Tochter des Hofrats und Kammerprokurators Johann August Theodor Sänger.



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15 September. Sonntag. Walther im Schloß. Parade. Nachtisch nach dem Lager hinaus. Steeple chace der Artilleristen. Ritt. 16 September. Erster ordentlicher Arbeitstag. Thee mit Schreibspiel. 17 September. Adeleine geritten. 18 September. Jetzt erst komme ich wieder zu der ruhigen Zeiteinteilung, in der ich, meiner Eigenthümlichkeit nach, am Besten meinen inneren und äußeren Beruf zu erfüllen versuchen kann. Mit Kraft und Ausdauer will ich, aber auch mit Freudigkeit, will ich ihm mich widmen. Generalin Both445 hier. Active. 19 September. Zum Hetzen geritten. Abschiedsmusik für Fr[äu]l[ein] v[on] Hochstetter: das russische Lied. 20 September. Verlobung von Ina Bülow.446 Hopfgarten, Sell und Zülow, die Commandeure avancirt.447 21 September. 22 September. Sonntag. Schelfkirche. Parade. Diner. Gesellschaft bei Lützows. /69/ 23 September. Hirschjagd. 12Ender geschossen in den Fridrichstannen. 24 September. Zur Jagd nach Lenschow.448 Rasche Fahrt von 3 Stunden. Regen. Brandensteins, Harlems, Storchs,449 Behr v[on] Passow,450 Lefort,451 Behr, Passow,452 Blüchers, Langen.453 1 Fuchs geschossen. Diner. Erndtefest. Getanzt. 25 September. Sehr hübsche Jagd. 17 Hetzen gemacht, 4 Hasen geschossen. Diner. Tolles Treiben nach Tisch. Getanzt. Ei, Hähne, zusammengenähte Laken. Spät zur Ruhe. 26 September. Um 5 Uhr fort, in 3 Stunden nach Schwerin, das im Morgenlichte prächtig aussah. Mama in die Stadt gezogen. Gearbeitet. Zum Exerciren geritten. 27 September. Ins Buchholz. Ein 16–18Ender geschossen dort. Nachmittags Wiwi und Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb hinausgefahren. Das Wild auf der Brunst gesehen; der 18Ender kämpfte; nach ihm vorbei geschossen. 28 September. Wieder nach dem Brunftplatz gefahren. 29 September. Sonntag. Diner. Bülow v[on] Rogetz.454 30 September. Nach Ludwigslust. Um 10 Uhr Parade, die des Windes wegen schlecht ging. Nachher Eisenbahn, Ställe, Schule, Garten von Großmama besucht. Diner. Gearbeitet. Abend bei Frau von Kahlden.

445 Johanna Christiane von Both, geb. von der Tann (1785–1863). 446 Caroline (Ina) von Bülow heiratete in Schwerin am 13.7.1845 Carl August Graf von Bassewitz-Levetzow (1821–1873). 447 Befördert. 448 Gut des Barons Friedrich Carl Albrecht von Maltzahn auf Herzberg (1807–1888). 449 Carl Friedrich Eugen von Storch auf Rubow. 450 August Gustav Hortatius von Behr-Negendanck. 451 August Peter David Baron LeFort auf Poppentin, Kammerherr. 452 Friedrich Christoph Wilhelm von Passow auf Grambow. 453 Kammerherr Ludwig Philipp Otto von Langen auf Neuhof. 454 Emil Georg von Bülow auf Rogeez (1789–1860).

224 Schwerin 1 October. Um 8 Uhr das Exerciren, das recht gut ging. Um 12 Uhr nach Redefin. Von dort im Dunkeln nach Schwerin. 2 October. Zum Diner in Brüsewitz. Gesellschaft bei der Gräfin.455 /70/ 3 October. Jagd im Buchholz mit Onkel Gustav. Wilhelm 1 Zehnender. 4 October. Schlechtes Wetter. 5 October. Wilhelm abgereist um 3 Uhr, von Mama bis zum Rundtheil, von mir bis zum Rundtheil Ortkrug begleitet. Scharfer Ritt auf Colonel durch das Buchholz. Mama nach. 6 October. Sonntag. Kirche, Parade. Diner. Unwohl, gearbeitet. Thee. Interessantes Gespräch mit der v[on] d[er] Lühe über die Zulässigkeit des Jagdvergnügens. 7 October. Um 9 ½ nach Warlow zur steeple chace456 geritten auf Electa und Hetmann. Langen457 gewonnen, Blücher (Hans)458 und Bassewitz459 gestürzt. Zurück zum Neukrug im Gig. Regen. Ein zu zerstreutes Leben, um tüchtig zu sein. 8 October. Nach Lützow zur Jagd. 3 Füchse auf einem Posten, und 1 Rehbock geschossen. Diner. Zurück nach Schwerin. 9 October. Regierungssitzung. 10 October. Nach Neukloster mit Brandenstein. Hübsche Lage. 2 Füchse, 1 Rehbock, 2 Rehe, 2 Hasen geschossen. Gutes Diner oben im Saal. Tochter. 11 October. 3 Füchse, 1 Hasen geschossen. Am Morgen mit dem alten Kliefoth460 die große schöne Kirche, den alten Klosterhof, seinen sehr hübschen Garten besucht. Zuletzt Regen. Diner. Abfahrt im Dunkeln mit denselben Pferden in 3 ¼ Stunden nach Schwerin. Warin und Brühl illuminirt, in Warin Hurrageschrei und Schießen. Noch zum Souper an Hof, wo Plessen aus Hagenow.461 12 October. Um 7 Uhr Abends selbst nach Ludwigslust gefahren. 13 October. Sonntag. Nach Sans souci. Thee. 14 October. Jagd bei Kunersdorf im Schmerfelder Revier. Tüchtig geritten auf Valentine, doch nichts gehört und gesehen. Fritz Karl462 machte Halalli bei Busendorf. Zum Diner nach Sans souci zurück. Nach Babel zum armen Onkel.463 Thee. 15 October. Geburtstag des Königs. Um 9 Uhr in Galla zum Frühstück beim König. Zu Dampfschiff nach Paretz. Fr[äu]l[ein] v[on] Hellwig. Großes Diner. Neben der Fürstin, die mir von Auguste464 erzählte! Es ist unglaublich, wie mich dies 455 Wilhelmine Katharina Henriette Gräfin von Schack, geb. von Kossel (1792–1869). 456 Das Offizierkorps des Dragonerregiments veranstaltete seit 1840 regelmäßig Pferderennen in freier Konkurrenz nach beendeter Exerzierzeit im Herbst. 457 Alfred von Langen (geb. 1821), Sekondleutnant im Dragonerregiment mit dem Pferd Dart. 458 Hans Wilhelm Helmuth von Blücher (1823–1906), Sekondleutnant im Dragonerregiment. 459 Barthold von Bassewitz (1823–1909), Sekondleutnant im Dragonerregiment. 460 Johann Christoph Kliefoth (1772–1869), Superintendent und Hofprediger, bevor er, 72jährig, 1844 die Pfarre Neukloster übernahm. Vater von Theodor Kliefoth. 461 Otto Theodor von Plessen (1804–1888), Amtsverwalter. 462 Prinz Friedrich Karl von Preußen. 463 Wilhelm Prinz von Preußen wohnte auf Schloß Babelsberg. 464 Auguste von Reuß-Köstritz, spätere Ehefrau des Großherzogs.



Oktober 1844

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eine Wort („sie ist ein liebes Mädchen“) wieder bewegte. Diese Neigung liegt doch tiefer, und ist die einzige, von der mir eine innere unbewußte Stimme sagte; sie wurde einst wenigstens erwidert. Ich bin bisher stets Herr dieser Liebe geblieben, indem ich sie doch nicht für so tief begründet hielt und jeden Augenblick bereit war, einer anderen Persönlichkeit mich hinzugeben. Doch hat nie eine weibliche Erscheinung mich so beseeligend, bessernd angezogen, trotz 6 Jahren im Jünglingsalter nicht, trotz weiter Reisen und ferner Länder Frauenschönheit nicht. Mein lieber, alter Gott, Dir befehle ich die Zukunft! Lasse mich im Strudel des Lebens nicht untergehen! Nach Sans souci zurück. 16 October. Nach Berlin. Gewerbeausstellung. Bellevue. Crollsche Etablissement.465 Lenthes Atelier.466 Zoologische Garten. Opernhaus. Theater: /72/ Sommernachtstraum. Illuminiation der Fresken am Museum. 17 October. Gewerbeausstellung. Kunstausstellung. Erinnerungen an Italien. Fr[äu] l[ein] v[on] Grabow. Diorama: Kuppelbeleuchtung. Museum. Nach Potsdam. Beim Diner neben Gräfin Dönhof. Thee. 18 October. Ueber Neustadt nach Schwerin. Rokingham. 467 19 October. Ernster Vorsatz, fromm und fleißig zu sein. 20 October. Sonntag. Ausgezeichnete Rede zum 18ten von Bartsch im Dom.468 Parade. Zu Lützows und Sell. Zum Theater nach Wismar. 21 October. Mit Lowtzow469 auf gray phayry einen Ritt gemacht. Flötestunde. Um 7 ½ Uhr Ankunft von Mama. 22 October. Kleines Corpsmaneuvre nach Neumühle zu. Um den Ostorfersee über Görries und Krebsförden geritten. Onkel Gustav unwohl von Putbus zurück. Thee. 23 October. Ball im Palais, die neuen Damen. Erster Walzer: Gräfin Bassewitz; Polca: Fr[au] v[on] Pressentin. Cottillon: Fr[äu]l[ein] v[on] Treuenfels. 24 October. Feldmaneuvre bei der Fähre. 25 October. Gehetzt bei Stück. Thee mit Laufspielen. 26 October. Ball beim Minister Lützow, recht hübsch. 27 October. Sonntag. Um 7 Uhr nach Ivenack abgereist, gegen 5 Uhr dort. Diner. Spiele gespielt: Rauchs,470 Gräfin Voß, Herrsel,471 Oertzen.

465 Am 15. Februar 1844 eingeweihtes und vom Unternehmer Joseph Kroll geführtes Großlokal für gesellschaftliche Vergnügungen. 466 Der Hofmaler Gaston Lenthe führte das neue Altarbild für den Schweriner Dom in Berlin aus. Vgl. Einträge vom 12.10.1842 und 15.12.1845. 467 Deckhengst des Haupt- und Landgestütes in Neustadt/Dosse. 468 Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig 1813. 469 Verm. Friedrich von Lowtzow (1815–1852), Premierleutnant im Leichten Infanteriebataillon. 470 Freiherr Gustav von Maltzan, Graf von Plessen (1788–1862) war mit Cäcilie, geb. von Rauch (1814–1855) verh. 471 Von Heerzele, ndl. Adelsfamilie.

226 Ivenack 28 October. Frühstück. Jagd: 1 Jagd Halalli in dem Holz nach der Gränze zu. 2 Jagd: Ausgehetzt beim Hofe, kurze Feldjagd, Holz; /73/ hübsche Feldjagd zwischen dem Gehöft und den Dannen durch nach Fuchshölten. Dort zu Baue. Ausgegraben und weiter. Wieder zu Holz und zu Bau. Ausgegraben. Cüree.472 Sehr hübsch. Hetmann und Homer geritten. Getanzt. 29 October. Im Thiergarten 2 Hirsche geschossen. Diner. Stall. Getanzt. 30 October. Frühstück: Fr[au] v[on] Maltzahn v[on] Lenschow,473 Gräfin Voß. 1 Jagd. Anjagd im Holze. Principessa heftig. Scharfe Feldjagd. Holz. Halalli auf dem Felde: Capt[ain] Carter. 2 Jagd: gleich aus. 3 Jagd: Anjagd im Fasanengarten. Feldjagd in Renn pace über den Weg in den Raps hinein, Durchritt, Feld, Damm, Feld, Foßhölten. Scharfes Reiten in Stangenholz und tiefen Wegen. Chaussee. Ich der 5te beim Halalli. Sehr hübsche Jagd. Diner. Animirt getanzt. 31 November October. Nach Strelitz. Diner in der Orangerie. Lilli noch sehr hübsch.474 Wenkstern besucht.475 Theater. Souper. 1 November. Nach Ivenack zurück. Frühstück. Jagd im Rehgartenwinkel. Feldjagd. Holz. Ausgegraben. ¾ Meile scharfe Jagd im Holz. Angraben. Zu Bau. Diner. Getanzt. Cott[illon] mit Amelie R[auch]. 2 November. Frost. Anjagd in Foßhölzern. Holz. Feld. Halalli bei Ivenack, 3ter ich. George auf der Chaussee gestürzt.476 2te Jagd dort. Zu Bau. Chocolade bei Elise Rauch.477 George besucht. Diner. Getanzt. Die Herseele. 3 November. Sonntag. In die Kirche. Gute Predigt. Bekannter Prediger.478 Nach dem Gestüt gefahren. Die Hengste in der Bahn gezeigt. Diner. Wehmüthiger Abschied. Nach Base- /74/ dow. Malchin illuminirt. Von der Hahnschen479 Gränze an Fackeln, Ehrenpforten mit bengalischem Feuer. Kanonendonner. Feuerwerk. Röthliche Beleuchtung des Schlosses. Große Gesellschaft. Taschenspieler. Souper. 4 November. Frühstück in der Halle. Auszug zum Hubertus mit Wagen und Reitern, die Gräfin und Conteß Schlippenbach480 auch zu Pferde, trotz Schnee und Tauwetter. Mäßige Jagd. Verloren. Frischling im Kasten. Zu Haus. Großes Diner in weiß und roth in der Orangerie. Toaste. Hubertusbecher. Ball. Maltzan Sarow,481 Herseel, Wenkstern. Bassewitz-Prebberede. Souper.

472 473 474 475 476 477 478 479 480 481

Anteil der Jagdhunde an der Beute. Amelie, geb. Gräfin von Moltke (1817–1902). Caroline von Mecklenburg-Strelitz. Friedrich Bernhard Harnasch von Wenckstern, Oberst und Kommandant des Strelitzer Infanteriebataillons (1786–1868), verh. mit Friederike von Kleinow (1794–1849), einer illegitimen Tochter von Großherzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin. Mglw. Herzog Georg von Mecklenburg-Strelitz. Elise von Rauch, Tochter des Generaldjutanten Friedrich Wilhelms IV., Alfred von Rauch. August Friedrich Hermann Carl Schmidt (1809–1882), seit 1844 Pastor in Ivenack. Erblandmarschall Graf Friedrich III. von Hahn (1804–1859). Gräfin Agnes von Hahn, geb. Gräfin von Schlippenbach (1812–1857). Gustav von Maltzan auf Sarow.



November 1844

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5 November. Saujagd. 7 Schweine u[nd] 1 Stück Dammwild geschossen. Im Ganzen 65 Sauen und über 20 St[ück] Dammwild. George vom Pferde geschlagen. Diner. Feuerwerk. Palmhaus. Getanzt. 6 November. Jagd geritten, die recht hübsch. Nach Faulenrost. Steeple chace: Rauch mit Rhas de fer gesiegt. Goldbec zweites Pferd. Dejeuner dansant. Cottillon mit Gräfin Bassewitz. Abgereist. Tet[e]row, Laage, Güstrow illuminirt. Um 5 Uhr in Schwerin. 7 November. Regierungssitzung wegen der Anträge der bürgerlichen Gutsbesitzer: Ruhe und Ernst. Rückerinnerung an Ivenack. 8 November. /75/ 9 November. Die 150 Anträge auf Bestellung eines Procurators kurz abschläglich beschieden mit dem Anfügen, sich des Ausdrucks „sogenannt“ zu enthalten. – Die Sache nimmt jetzt eine ernste Richtung und zwar gegen unsere Verfassung an, obgleich die bürgerlichen Gutsbesitzer noch die Form salviren.482 Steeple chace Terrain besehen. 10 November. Sonntag. Martinstag. Einführung Kliefoths durch Flörke.483 11 November. Mama zuerst bei Tafel erschienen. Soiree bei Sells. 12 November. Soiree bei Bülows. 13 November. Vorsatz zum Aufstehen und fleißigen Arbeiten, doch noch kein Durchführen. Steeple chace von Zippendorf über die Waslow nach dem Haselholz. Lowtzow Sieger, Hammerstein zweiter, 484 Boddin gestürzt, der sächsische Bülow letzter. Orgel-Conzert im Dom. Diner im Hotel du Nord. Thee bei Mama. 14 November. Ball; nicht sehr animirt. Eröffnung des Landtags. 15 November. Studium der mecklenburgischen Geschichte. – Fröhliche Stimmung, wie wohl früher, in der freien Natur. Thee bei Wiwi. 16 November. Ich fange jetzt nach fast 3 Jahren an, Herr des mich umgebenden Lebens, dieses geräuschvollen, beschäftigten, aufregenden, zerstreuenden, zehrenden zu werden, aber wie ich es gleich damals ahnte, derselbe begeisterte, hoffende, zufriedene, kindliche Mensch bin ich nicht geblieben. Meinen /76/ Glauben hat Gott mir bewahrt. Der ist hoffentlich für das Leben gerettet. Ihm fehlt aber Lebendigkeit, Wirkung auf mein Sein und Streben. Diesem fehlt Gewissenhaftigkeit und Kraft. Die Liebe und Treue im inneren und äußeren Lebensberuf mangelt, auch die Liebe zu den Gegenständen derselben, die Liebe, die sich mit ihm verwachsen fühlt. Ich könnte abdiciren. 18 November. Großes Diner. Theater. Souper. 482 Die bürgerlichen Gutsbesitzer benötigten für eine Klage bei der Schweriner Justizkanzlei wegen Beeinträchtigung landständischer Rechte einen Prokurator. Sie hatten zudem die Rechte des eingeborenen und rezipierten Adels als eines „sogenannten“ in Frage gestellt. 483 Theodor Kliefoth wurde durch den Parchimer Superintendenten Albrecht Friedrich Justus Floerke als Schweriner Superintendent eingeführt. 484 Magnus Ewald Christian Baron von Hammerstein (1820–1860), Premierleutnant im Leichten Infanteriebataillon.

228 Schwerin 19 November. Ball, der recht hübsch. 20 November. Saujagd bei Zapel. 4jähriger Keiler. 21 November. Jagd bei Zickhusen. Regen: 2 Rehe. Ich auf Principessa zurück nach Schwerin zur Session 1, wegen des Wiggerschen Falles, 2, wegen der Bitte des Directorii um Schutz, 485 3, wegen der Anzeige des bestehenden Vereins. George v[on] Strelitz angekommen. Diner. Theater. Souper. 22 November. Saujagd in der Lewitz. Der Kronprinz486 abgereist. Ritt nach Klinken. Ritt nach Schwerin zurück. Diner. Theater. Souper. Spät mit George noch nach dem Stalle. Abger[ei]st. 23 November. Session. 1, Wiggers: Erkundigung, 2, Schutz: gewährt. 3, Anzeige: Fragen an die Leute selbst. 24 November. Sonntag. Walther im Schloß. Wiwi unwohl. 25 November. Session: ob durch die Erklärung der Landschaft und /77/ wegen eines etwa erfolgenden mißbilligenden Beschluß des Pleni, ob das Schutzrescript aufgehalten werden soll: nein, nur den Commissarien den Zeitpunkt der Herausgabe überlassen.487 26 November. Saujagd im Buchholz: 1 Frischling. Diner. Theater. 27 November. Wenig zu thuen. Die Damen sind jetzt freundlicher für mich, da ich ihnen in den 3 Jahren genugsam bekannt geworden und mehr in den hiesigen nicht hübschen Ton eingegangen. Übrigens bin ich flacher, prosaischer, fauler wie damals, aber practischer. Ich möchte aber so gerne nicht ein so ganz practisch nüchterner Geschäftsmensch werden. Mein Verhältnis zu Gott muß wieder hergestellt werden. Nach Außen möchte ich gerne frischen Sinn für Natur, Wissenschaft und Kunst mir bewahren. Jetzt zerstört die Lauigkeit im Ersten den Trieb für das zweite, und mir fehlt das Supplement der Energie, eine ruhige, feste, äußere Lebensordnung, wonach ich mich immer sehne. 28 November. Saujagd in den Consrader Tannen. 29 November. Bettag. Schöne Predigt von Walther, die mich etwas aufgerüttelt hat. Doch nicht nur die Kraft im Handeln, auch die im Wollen fehlt mir. – Jasmund meldete sich.488 Mit ihm nach Ludwigslust gefahren. Diner. Spörken.489 Den Abend Fr[äu]l[ein] v[on] Spörken und Fr[äu]l[ein] v[on] Tann.490 Fr[äu]l[ein] v[on] Schöning angekommen.491 /78/ 485 Während der Landtagsverhandlungen gab es hitzige Debatten über die Einführung einer Geschäftsordnung, die das Landtagsdirektorium kaum zu beherrschen vermochte. U. a. waren bürgerliche Gutsbesitzer dem Landessekretär Friedrich Wiggers (1786–1849) bei der Ausübung seiner Geschäfte entgegengetreten. 486 Kronprinz Friedrich von Dänemark. 487 Im äußersten Fall sollte sich das Landtagsdirektorium schutzsuchend an die ghzl. Kommissare wenden. Vgl. den Eintrag vom 21.11.1844. 488 Viktor von Jasmund (1814–1875), Premierleutnant im Grenadier-Gardebataillon. 489 Verm. der hann. Landstallmeister Friedrich Freiherr von Spörcken aus Celle. 490 Von der Tann, fränk. Adelsfamilie. 491 Elisabeth von Schöning (geb. 1817), Hofdame der Herzogin Louise.



Dezember 1844

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30 November. Jagd bei Göhren und N[eu]-Krenzlin. 1 Dezember. Sonntag. Sellin. Diner. Ball im goldenen Saal. Treuenfels, Meyen, Schöning. 2 Dezember. Saujagd in der Wildbahn: 1 Frischling. 3 Dezember. Diner. Ball im Local. Cottillon mit Fr[äu]l[ein] Meyen. 4 Dezember. Saujagd in Jasnitz. 3 Schweine unterm Feuer. Eisenbahnplanum492 geritten. 5 Dezember. Jagd in Göhlen. Diner. 6 Dezember. Nach Charlottenburg und Berlin. Visite bei den Strelitzern, wo auch Auguste Hessen,493 die hübsch und lustig. 7 Dezember. Mit George Str[elitz] zu Fritz Hessen494 nach Potsdam. Gefrühstückt bei George. Familien-Diner beim König. Um 5 ½ Uhr Eröffnung des Opernhauses;495 neben Auguste; nicht so hübsch, wie ich anfangs glaubte. 8 Dezember. Sonntag. Mit Hessens zu Kroll; Auguste im Huth recht hübsch. Fritz H[essen] gesehen. Diner in Charlottenburg. Abreise nach Schwerin. 11 Grad Kälte. 9 Dezember. Um 8 Uhr in Schwerin. Gearbeitet. Sitzung. Schlittschuh gelaufen. Diner. Theater. 10 Dezember. Jahrestag des Geburtstages496 und meiner Confirmation. Gearbeitet. Sitzung; bei Demmler. Geritten und gestochen. Diner. Mein Glaubensbekenntnis gelesen und einiges aus der Religionslehre, das mich sehr beruhigte und in eine /79/ schöne, hoffnungsvolle Stimmung brachte. – Ball im h[otel] d[u] Nord, auf dem ich mich erkältete. Ankunft von Mama und von Fritz Hessen. 11 Dezember. Mit Fritz umher. Kleines Diner. Zusammen bis zum Thee bei Wiwi. 12 Dezember. Fritz auf Jagd, ich krank zu Bett. 13 Dezember. Noch zu Bett. Mama und Fritz bei mir. 14 Dezember. Aufgestanden. Fritz hier gegessen. Um 11 ½ Uhr A. fort. 15 Dezember. Sonntag. Noch Stubenarrest. 16 Dezember. Die regelmäßige Thätigkeit wieder begonnen. Ausgegangen. Gearbeitet. 17 Dezember. Gearbeitet. Bürgermeister Zech † d[er] 13te M[orgens] u[m] 9 Uhr.497 Ball bei Demmler.

492 Planierungsarbeiten für die Bahnstrecke Hamburg-Berlin. 493 Verm. die in Kopenhagen lebende Prinzessin Auguste von Hessen-Kassel (1823–1889). 494 Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel, nach dem Tod der Großfürstin Alexandra von Rußland Witwer. 495 Die Königliche Oper unter den Linden war nach einer Brandkatastrophe 1843 wiederaufgebaut worden. 496 Gemeint ist Großherzog Friedrich Franz I. 497 Der 1789 geborene, ehemalige Bürgermeister von Storkow, Heinrich Ludwig Tschech verübte am 26. Juli 1844 ein Attentat auf König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und wurde am 14. Dezember in Spandau hingerichtet. Es war das erste Attentat auf einen preuß. König.

230 Schwerin 18 Dezember. Fromm und fleißig, dann fröhlich! Bülow-Kelle498 und Gr[a]f Blücher499 als Deputation des Parforce-Jagd Vereins. M[ademoise]lle Ewers500 in Norma. 19 Dezember. Ausgefahren und Electa in der Bahn geritten. Bülow von Rogetz wegen seines Sohnes.501 Im Theater „neue Welt“. 20 Dezember. Ein Tag nach der gewöhnlichen Lebensordnung, innerhalb deren ich mein Streben ins Leben treten lassen muß, die aber auch den nöthigen Raum dazu bietet. Unterredung mit Kliefoth über die Todesstrafe, bei Gelegenheit des B[ürgermeister] Zech. 21 Dezember. Gearbeitet. In der Bahn Fr[au] v[on] Bülow und Plessen die Touren mit Lanze und Säbel vorgeritten. Den Abend /80/ Conzert von der Ewers, Ruffo und einem Braunschweiger Violinspieler; 502 der Saal als Salon arangirt. 22 Dezember. Sonntag. Gute Predigt von Walther: „bereitet dem Herren den Weg“, das er auf die Festzeit bezog. Wilhelm angekommen. Diner. Theater. Robert.503 23 Dezember. Großmama gestern Abend angekommen; wir daher heute nach Ludwigslust hinüber. Diner um 4 Uhr in Schwerin. Maria von Medicis.504 24 Dezember. Weihnacht! Erst zu Vitingshofs, dann zu Lützows, wo auch Ida Plessen und Sophie Lützow. Dann aufs Schloß, wo erst Mama, dann uns beschert wurde. Souper mit dem Hofe. Im nächsten Jahre sollen die Offiziere von mir Portepées als Julklapp erhalten. 25 Dezember. 1 Weihnachtstag. Walther schön im Schloß. Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb böse auf mich wegen einer Äußerung, die sie als eine Rüge angesehen, die ich aber nur im Scherz gemacht. Dennoch beunruhigte mich das sehr, weil ich Fr[äu] l[ein] v[on] S[chreeb] sehr gerne habe. – Thee dansant bei mir auf dem Schlosse, der mir dadurch sehr verbittert wurde. 26 Dezember. 2 Weihnachtstag. Herrliche Predigt von Kliefoth im Dom vor vielen Menschen: „es ist uns auch kein anderer Name gegeben, darinnen wir sollen selig werden, denn der Name Jesus Christus.“ Kampf in mir von Versönlichkeit, Trotz und Eitelkeit. Die Sirene. /81/ 27 Dezember. Wildjagd im Buchholz, die sehr hübsch. Diner im Palais. Kean.505

498 Hans Georg von Bülow (1803–1866) auf Groß Kelle, Kammerherr und 1845–51 Führer der Subskriptions-Parforcejagd auf Hasen in Röbel. 499 Ludwig Alexander Graf von Blücher auf Göhren (1814–1877). 500 Cathinka Evers, Opernsängerin in der Oper von Bellini. 501 Der Major a. D. Emil Georg von Bülow auf Rogeez sprach wegen Einstellung seines Sohnes Christian Friedrich Wilhelm (1826–1905) in das Dragonerregiment vor. 502 Der Pianist Angelo Ruffo aus Neapel und der Violinist Gustav Schultz. 503 Robert der Teufel, Oper. 504 Marie von Medicis, Lustspiel von Carl Philipp Berger. 505 Kean oder: Leidenschaft und Genie, nach dem Schauspiel von Alexandre Dumas von Anton Eduard Wollheim (1810–1884).



Dezember 1844

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28 Dezember. Saujagd im Saugarten. 5 Schweine geschossen. 15 erlegt. Abentheuer mit dem 6jährigen Keiler, der Wilhelm annahm, Winkler506 umwarf und Lisette von Ostorf todschlug. Diner auf dem Schloß. Der Himmel hat sich wieder erheitert. Das Adjutanten-Journal besehen. 29 Dezember. Sonntag. Schlittschuh auf dem Ziegelsee gelaufen. Großes Diner. Bei Lützows getanzt, Masurka mit Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb, in der ich sie mir zu vergeben bat, was sie auch aufrichtig that. Ich bin sehr froh darüber. Mir ist die ganze Sache eine heilsame Lehre und eine gute Uebung gewesen, denn Rücksichten nehmen und sich selbst überwinden verlernt man in meinem Stande sehr schnell. 30 Dezember. Reg[ierungs] Sitzung wegen des Vereins und wegen der Festhaltung des Landessecretairs.507 Spazirgang im Dunkeln im Schloßgarten. Getanzt bei Mama; Masurka mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen, Cottillon mit Fr[äu]l[ein] Sophie Lützow. 31 Dezember. Nach Ludwigslust, bei Großmama gegessen, zurück; den Abend Blei gegossen. Um 11 Uhr ging ich nach meinem alten Schlosse, dessen Thurmuhr wohl zum letzten Male von der jetzigen Stelle die Scheidestunde /82/ des Jahres verkünden wird. Noch einige Pendelschwünge, und das Jahr 1844 gehört der Vergangenheit an. In meinem Leben zählt es wieder zu den wichtigen und schönen. In solcher Anschauung hatte ich unsere schöne Erde noch nicht gesehen. Italien, die Meereswelt, die bunten Bilder des Orients haben sich mir erschlossen, der Boden des klassischen Alterthums. Und, Dank Dir, mein lieber Gott, die Stimmung meiner Seele in der Kirche von Chiavari war anders, war reiner, inbrünstiger als die beim Wiedersehen von Rovigo. Du hast die herrliche Reise zu meinem Segen gewandt. Die Sorge war gewichen, die wundervolle Natur des Süden[s] wirkte auf mein nach Dir ringendes, doch junges und noch gerne empfängliches Gemüth. Ich fühle mich wieder begeisterter, mehr einig mit mir, glücklicher. Zeugen davon meine Morgenwanderungen auf dem Pincio und nach Trinita de Monti, auf der Villa reale mit Leo[pold], die Stimmung in der flora von Palermo, auf der See, auf dem Altane in Brussa, mein Gang nach S[an] Miniato, meine Erregung im Dom von Mailand. In Wien war es lustig. Meine Sehnsucht nach Mecklenburg war unendlich, der Empfang herrlich, traurig der Tod von Laffert. Die Doberaner Zeit mit Fr[au] v[on] Gumpenberg war amüsant. Eine sehr traurige und ernste /83/ Episode war der Tod der armen Adini, Mamas Reise nach Petersburg. Der Bogatyr in Doberan. Wie steht es nun in meinem Innern? Das ernstere kräftigere Streben nach der Erfüllung meines inneren Berufes ist erst seit kurzem wieder eingetreten und soll mit Gottes Hülfe das kommende Jahr gewissenhaft durchgeführt werden. (Es schlägt 12 Uhr). Der Weg ist der rechte, aber alles ist nicht innig und eifrig 506 Julian Winkel, Hofjäger. 507 Siehe den Eintrag vom 21.11.1844.

232 Schwerin genug, nicht lebendig. Die Sinnlichkeit ist sehr stark, die äußere Eitelkeit nimmt ab, die innere eher zu. Die Liebe ist von Klugheit und Mangel an Herrschaft über sich selbst sehr getrübt. Die Erfüllung meiner äußeren Pflicht ist auch nicht gewissenhaft genug, doch wird das besser werden. Beiden Pflichten will ich mich aber jetzt mit Aufopferung hingeben; dazu erflehe ich mir Deinen Beistand durch Jesum Christum! Nun fromm, fleißig und fröhlich ins neue Jahr. – Reise nach Wien, Italien, Malta, Constantinopel. /84/



Januar 1845

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1845 1 Januar. Reveille. Frühstück. Kirche. Visiten. Cour und Diner auf dem Schloß. Theater: schwarze Domino.1 Einige Herren vom Lande hier. 2 Januar. Mit neuer Glauben Liebe zum alten Gott, mit neuer Kraft das alte Werk, mit neuem Muth den alten Kampf und wenn der Tod uns ruft, ein selig Ende. Ich will versuchen, von heute an meine Pflicht in jeder Beziehung nach Kräften aus Liebe zu Jesum Christum, der sein Leben aus Liebe für mich gelassen hat, [zu erfüllen]. Gespräch mit Kliefoth wie leicht ein Tagebuch zu einem Roman werden, zur Täuschung über sich selbst führen könne. Etwas mag dies auch schon mit dem meinigen der Fall sein, daher Wahrhaftigkeit vor allen Dingen. Cour und Diner. Soiree bei der Gräfin, zwischen Fr[äu]l[ein] Pritzbuer und Fr[au von] Plessen. 3 Januar. Wildjagd im Buchholz, nichts bekommen. 4 Januar. Um 5 Uhr Feuer in der Vorstadt beim Gastwirth Dahl; bald gelöscht; keine Energie in der Anwendung der Anstalten. Ich über das Eis gegangen. 5 Januar. Sonntag. Soiree bei Lützows. Kronprinz angekommen.2 Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen Bohnenkönigin; ich durch ihre Wahl König.3 /84/ 6 Januar. Wildjagd im Buchholz. Quadrille angefangen. Diner. Bei mir auf dem Schlosse. Theater. Souper. 7 Januar. Parade. Zeughaus und Stall mit dem Kronprinzen besehen. Diner en famille. Großer Hofball in Galla. Sehr hübsch. Gräfin Udi, Fr[äu]l[ein] v[on] Leers. Bis 3 Uhr getanzt. 8 Januar. Kr[on]prinz um 9 Uhr abgereist. Bohnenfrühstück im Schloß. Lanzenstechen geübt. Diner um 4 Uhr. Theater. Dies Leben unter Damen sagt mir nicht zu. 9 Januar. Die Schiffer Niejahr (Doris) und Zepelin (2. Theodor) aus Constantinopel zurück, waren bei mir, dankbar für die Becher und ziemlich zufrieden von ihrer Reise.4 9 Januar. Großmama hier. Quadrillenprobe. 10 Januar. Quadrillenprobe, Damen da, doch nicht mehr, wenn auch etwas noch, die frühere Gemüthsbewegung dadurch. Theater. Mutter und Sohn;5 interessant. Die Stelle, wo beim ersten Besuch im Garten von der Schuld gesprochen wird, hat mich tief aufgeregt; das darauf folgende Wiedersehen Selmas und des Bruders ist ergreifend. – H[err] v[on] Flotow von Teutendorf6 nebst eigenthümlicher Familie zum Souper. 1 2 3 4 5 6

Der Schwarze Domino, Oper von Daniel-François-Esprit Auber. Kronprinz Friedrich von Dänemark. Gemeint ist der Brauch, am oder vor dem Dreikönigstag am 6. Januar einen König und einen Königin durch Los (eine in einem Kuchen versteckte Bohne) zu bestimmen. Vgl. die Einträge vom 6. und 17. Mai 1844. Schauspiel von Charlotte Birch-Pfeiffer (1800–1868). Johann Adam Wilhelm von Flotow.

234 Schwerin 11 Januar. Ball im Schauspielhause, der sehr hübsch war. 1 Walzer: Fr[äu]l[ein] v[on] Lützow, Francaise: Zöllner,7 2 Walzer: Meta Schröder. Masurka: v[on] Plessen, Schottisch: Wachenhusen, 8 Gallopp: Masius; Walzer: Frese,9 Cottillon: S[ophie] v[on] Lützow. Polka nicht. Beide Steinhofs kennen gelernt. /86/ 12 Januar. Sonntag. Diner. 13 Januar. Quadrille. Trauerspiel: das Bild.10 Die Mutter von Fr[äu]l[ein] v[on] Gallenfeldt11 gestern Abend gestorben. Nun steht sie ganz allein. 14 Januar. Wenig zu thun. Hofball. Masurka mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen. Cottillon mit Fr[äu]l[ein] Plessen (Kammer).12 Recht animirt; bis 2 Uhr. 15 Januar. Quadrille in Gegenwart von Mama. Diner. Souper bei Wiwi. Furchtbares Geklatsche. 16 Januar. Wildjagd: 1 Stück Wild geschossen. 17 Januar. Quadrille. Ball beim Minister Lützow. Masurka mit S[ophie] Lützow, Cottillon mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen. 18 Januar. Eingenommen. Thee bei Wiwi. 19 Januar. Sonntag. Walther; ich nicht aufmerksam. Soiree beim Minister. 20 Januar. Ich muß Ernst machen, sonst gehe ich äußerlich und innerlich rückwärts: fromm und fleißig. Quadrille. K[liefoth] wegen der Agende.13 Gesellschaft bei Sells, in der Endreime gemacht wurden, was animirt ging. Ich neben Fr[äu]l[ein] v[on] Bülow: („des Herzens meine Gebieterin“; „Mad. Kalbe“) 21 Januar. Hofball. Masurka: Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen. Cottillon: Fr[äu]l[ein] S[ophie] v[on] Lützow; Franc[aise]: mit Fr[äu]l[ein] v[on] Gutschmidt. 22 Januar. Quadrille. Plessen und Schreeb da. Oper: Belmonte und Constanze v[on] Mozart.14 Seine erhebende, einfache Musik./ 87/ 23 Januar. Bohnenfest. Morgens Probe. – Im feierlichen Zuge unter Vortritt des Hofes (Ob[erhof ]marschall: Grävenitz.15 Ob[er]stallmeister: Lanken.16 Ob[er] kammerh[er]r: Buch,17 Verfasser der Gedichte. Gouvern[eur] d[e]r überseeischen Provinzen: Lodrus.18 Int[en]d[an]t der könig[lichen] Gärten: Pritzbuer. Ob[er]jägermeister: Adj[u]d[an]t Blücher19 und Nachtritt der Damen (Ob[er] 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Mglw. die Frau des Hofrates Carl Zoellner. Verm. die Tochter von Johann Anton Wachenhusen, Direktor der Schweriner Justizkanzlei. Verm. Ida Frese (1824–1897), Tochter von Carl Frese, Hofrat und Arzt. Tragödie von Ernst Christoph Freiherr von Houwald (1778–1845). Susette von Gallenfeldt, Hofdame der Großherzogin Alexandrine. Lilla (1826–1850), Tochter des Kammerrates Hans Leopold Bernhard von Plessen. Der Schweriner Superintendent refomierte die lutherische Liturgie durch eine forschungsbasierte Gottesdienstordnung (Agende). Die Entführung aus dem Serail, Oper von Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791). Mglw. Ludwig Carl Bernhard von Grävenitz, Kammer- und Jagdjunker aus Doberan. Mglw. Heinrich von der Lancken (1815–1899), Rittmeister beim Dragonerregiment. Mglw. der Schweriner Hauptmann der Artillerie Helmuth von Buch. Lesung unsicher. Hans von Blücher, Premierleutnant und Regimentsadjutant im Dragonerregiment.



Februar 1845

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hofmeisterin: v[on] d[er] Lühe. Hofdamen: v[on] Schöning, v[on] Plessen (Kammer).20 Gouvernante: v[on] Pritzbuer) und der Pagen (Laffert, die Pfeife, kl[eine] Pritzbuer u[nd] Lützow) nach dem Thron. Eintritt des Hofstaates der Königin Mutter. Rede der Königin, des Königs. Ankunft der Deputation: Rede des Bürgermeisters (Luise Lützow)21 an der Spitze einer Deputation des Adels, des Militairs, der Bürger und Bauern. Griechenquadrille. Türkische Deputation (Lowtzow) Carneval. Italienische Quadrille. Rede des Königs, von der Rolle abgelesen. Ernennungen. Ordensvertheilungen. Ball. Souper. Im Zuge wieder hinaus. Sehr hübsch. 24 Januar. Wildjagd. 1 Schmalthier und 1 Altthier erlegt. 1 angeschossenes Stück nicht bekommen. 25 Januar. Carousel geritten. Ball im Schauspielhaus. 1 Walzer: Fr[äu]l[ein] S[ophie] v[on] Lützow, Schottisch: Meta Schröder, Francaise: Masius, Masurka: Fr[äu] l[ein] v[on] Bülow, Cottillon: Fr[äu]l[ein] Plessen, 2 Walzer: Frese, 3 Walzer: Fr[au] v[on] Maltzan-Lenschow. /88/ 26 Januar. Sonntag: Kliefoth im Dom über das Gleichnis vom Säemann. Diner, wo auch Bassewitzens-Schlitz. Theater. Soiree bei Lützows. Getanzt und gespielt. 27 Januar. Quadrille und Caroussel mit Musik geritten vor vielen Zuschauern. Gräfin Bassewitz-Prebberede auch da.22 Diner neben ihr. Theater. – Kraft und Ernst zur Arbeit fehlen mir jetzt ganz. Die guten Vorsätze helfen zu nichts, weil im Augenblicke der Versuchung zur Faulheit der ernste Wille mir fehlt. 28 Januar. Caroussel. Großer Gallaball: 2 Walzer mit Gr[ä]fin Bassewitz; Polka mit Fr[äu]l[ein] v[on] Treuenfels, Masurka mit Fr[au] v[on] Maltzahn; Cottilon mit Fr[äu]l[ein] Lilla v[on] Lützow.23 29 Januar. Quadrille und Caroussel. Bassewitzens auch da. Diner. Ich werde mit Amalie geneckt. Kammerrath Plessen wegen der Lewitz-Berieselung bei mir.24 Theater. 30 Januar. Wildjagd mit Graf Bassewitz v[on] Prebberede25 u[nd] Neu-Heine.26 31 Januar. Ball beim Minister Lützow. 1 W[alzer] Maltzan, Mas[urka] S[ophie] Lützow, Polka: Plessen, Cottillon: Bass[ewitz]-Pr[ebberede]. Souper neb[en] Gräfin Eyben u[nd] Fr[au] v[on] Malzan. Alles bald sehr müde. Da den Morgen auch schon geritten. 1 Februar. Klockmann wird Oberjäger.27 2 Februar. Sonntag. 20 21 22 23 24 25 26 27

Siehe den Eintrag vom 14.1.1845. Luise von Lützow (geb. 1824). Bertha von Bassewitz, geb. von Werder (geb. 1819). Karoline von Lützow. Bewässerungprojekt der Wiesen in der Lewitz südlich von Schwerin im Zuge der Einführung rationell betriebener Landwirtschaft. Graf Adolf von Bassewitz (1813–1878). Bernhard Friedrich Alexander von Bassewitz auf Neu Heinde. Carl Ludwig Klockmann, Forstkommissar.

236 Schwerin 3 Februar. Quadrille und Caroussel. Viel Damen da, die Reiter und Pferde unruhig. Diner neben Gr[ä]f[i]n Bass[ewitz]-Pr[ebberede]. /89/ 4 Februar. Redoute im Schauspielhaus, die sehr amüsant. Mit Gräfin BassewitzSchlitz28 Visite bei G[raf ] B[assewitz]-Prebberede. „Mein armer Kopf“; „blaue Augen!, wer hat denn blaue Augen!“ Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen und Schönig geführt. Souper. Nach 12 Uhr fort. 5 Februar. Aufführung der Quadrille, die gut ging. Diner. 6 Februar. Nach Ludwigslust. Reiten der Offiziere. Diner beim Onkel in der Villa Gustava. Ball im Local. Unfall von Fr[äu]l[ein] v[on] Schöning mit dem schönen Sukow.29 7 Februar. Früh nach Schwerin. Gearbeitet. Geritten. Kronprinz angekommen.30 8 Februar. Quadrille dem Kr[on] Prinzen vorgeritten. Diner. Ball beim Oberlandforstmeister.31 Masurka mit Fr[äu]l[ein] S[ophie] Lützow, Cottillon mit Fr[äu] l[ein] v[on] Plessen. 9 Februar. Sonntag. Der Kr[on] Prinz nach Ludwigslust, ich unwohl. Diner. Wilhelm Tell. 10 Februar. Wildjagd; Klockmann als Oberjäger. Der Oberlandforstmeister schoß 2 Stück auf 1 Schuß, der Minister dublirte, Behr und Bülow schossen an, auch ich traf, doch kein Schweiß zu finden: 5 Stück. Die Spatzer32 in den Hugenotten.33 11 Februar. Concert, worin die Spatzer und ein Grabower Violonchellist sich hören ließen. Sie sehr hübsch und liebenswürdig. Beim Souper zwischen Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen und v[on] Bülow. 12 Februar. Den abreisenden Kronprinzen bis Lützow beglei- /90/ tet. Furchtbares Frühstück. Abschied. Rückfahrt. Die Spatzer in der Tochter des Regiments.34 13 Februar. Ruhig zu Hause. Das Buch von Wichelhaus35 wieder hervorgeholt, zunächst für die Fastenzeit, zur Wiedereinkehr in mich selbst und in das Leben, Leiden und Sterben Christi, denn das thut sehr noth. 14 Februar. Bettag. Bußtag, Fasten. Bet- und Buß-Tag: Kliefoth herrlich im Dom. Gesellschaft bei Zülows.36 Wismar-Eisenbahn. 15 Februar. Ernst ans höhere und niedere Tageswerk. 16 Februar. Sonntag. Walther im Schloß; ich nicht recht aufmerksam. Ich bin auf dem Wege die Klarheit über mein Leben und seinen Zweck hier auf der Erde in 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Gräfin Johanna von Bassewitz, geb. von Schlitz (geb. 1801). Mglw. Woldemar von Suckow. Friedrich von Dänemark. Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow. Luise Spatzer-Gentiluomo, Opernsängerin. Oper von Giacomo Meyerbeer. Die Regimentstochter, Oper von Gaetano Donizetti. Gemeint ist mglw. die 1826 in Elberfeld erschienene Predigtsammlung „Weg zur Ruhe“ des Bonner Pastors Johannes Wichelhaus. Hermann von Zülow, Major und Flügeladjutant.



März 1845

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dem Strudel des Lebens zu verlieren. Faulheit und Entmuthigung sind schon da. – Diner. – Trauerspiel von Reibisch: Heinrich der Löwe;37 ich glaube: werthvoll. Letzter sonday evening bei Lützows. Jahrestag meines Einzugs in S[ank]t Peters Stadt! 17 Februar. Nach Ludwigslust zum Ball bei Rantzaus,38 wo die Spörkesche Angelegenheit fortglimmte.39 18 Februar. Um 10 Uhr wieder in Schwerin. Klatschereien. 19 Februar. Ball beim Regierungsdirector v[on] Oertzen,40 der letzte in diesem Winter; recht animirt. 20 Februar. Brief des Generals v[on] Both. 21 Februar. Gespräch mit Rantzau wegen Hingehen oder nicht. Bruchstücke, die Petrarka über sich selbst geschrieben.41 /91/ 22 Februar. Wildjagd: 1 Spießer. Erst um 5 Uhr zu Haus. Nach dem Essen Mama die Geschenke gegeben. 23 Februar. Sonntag. Geburtstag von Mama. Frühstück. Kirche. Spaziren gegangen mit Mama. Bülow besucht. Onkel Gustav bei Plessens gefallen und die Hand gebrochen. Bei Wiwi gegessen. Klavier gespielt. Schreebchen da. Thee. 24 Februar. Willebrandt42 des Abends bei mir. 25 Februar. Sell bei mir. Schloßpläne besehen. 26 Februar. Sitzung wegen Wismarschen und Rostocker Eisenbahn.43 Schlitten gefahren. 27 Februar. Zahnarzt. 28 Februar. Wieder 1 Jahr meines Lebens dahin, und wie verlebt? Mein Herr und mein Gott. Ich rücke jetzt in die Mitte des Lebens und soll wirken. Das Zeug dazu hast Du mir gegeben und warum halten mich Faulheit, Begierde, Eitelkeit ab von der ordentlichen Erfüllung meiner Pflicht? Weil die Liebe zu Dir und Jesum nicht lebendig in mir ist. O gieb mir diese Lebendigkeit der Liebe, heilige mich in deiner Wahrheit. – Jagd. Theater. 1 März. Großes Diner auf dem Schlosse. 2 März. Stradella zum zweiten Male.44 Sonntag. 3 März. Formation des leicht[en] I[nfanterie] B[ataillons] befohlen. 4 März. Schluß-Conferenz des Schloßbaues. /92/

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Trauerspiel von Rudolf von Reibisch. Carl von Rantzau, Hofmarschall der Erbgroßherzogin Auguste. Verm. gemeint ist der Besuch des hann. Landstallmeisters von Spörcken. Vgl. Eintrag vom 29.11.1844. Friedrich Albrecht von Oertzen (1797–1873). Der epochemachende Dialog „Secretum meum“. Verm. Hermann Willebrand (1816–1899), Baukondukteur. Hintergrund ist der Anschluss Wismars und Rostocks an das Berlin-Hamburger-Eisenbahnnetz über Schwerin. Alessandro Stradella, Oper von Friedrich von Flotow.

238 Schwerin 5 März. Wilhelms Geburtstag. Palais auf der Schelfe besehen.45 6 März. Wismarsche und Rostocker Eisenbahnverhandlungen. 7 März. † Todestag des lieben unvergeßlichen Papa! Wenn er doch noch lebte! Dieser Gedanke lebt immer noch in mir, hadernd mit Gottes Willen, denn ich fülle die Stelle nicht aus, ich gehe dabei zu Grunde, wenigstens muthlos bin ich oft. Und doch, was Gott thut, das ist wohlgethan! So muß es doch für alle Theile am besten sein. Ich will auch auf Dich vertrauen, mein lieber Gott, und in Jesum Christum mir die Liebe zu Dir und meinen Mitmenschen zu erwerben suchen, die den Schlüssel bildet, um Deinen Willen zu erfüllen. 3 Jahre sind jetzt verflossen, seitdem Du mich an die Spitze Mecklenburgs gestellt hast. Wenn ich zuerst mein äußeres Leben in diesem Zeitraume betrachte, weil leider dies es war, was dem inneren vielfach die Gestalt gegeben, so strebte ich anfangs nach gewissenhafter Geschäftserfüllung, nach näherer Kenntnis des Landes, namentlich im staatsrechtlicher und geschichtlicher Beziehung, was aber schwache Versuche blieben, und mich selbst noch in der Litteratur auszubilden. Das erste ist mir mehr, das zweite in dieser Weise wenig, sondern durch das Leben mehr, das letzte so gut wie gar nicht gelungen. Die Zeit meiner theo- /93/ retischen Ausbildung, nur mir zugewendet, ist verstrichen. Ich muß also da, wo ich nach meiner Einsicht, durch den Rath Anderer zu läutern, ein Feld finde[n], zu wirken anfangen, und energisch, nie blind eingenommen jedoch; zweitens mich von dem eigentlichen Zustande des Landes gründlich zu unterrichten suchen durch Eindringen in die einzelnen Zweige der Verwaltung und Fortsetzung der geschichtlichen Studium[s], der Mittel, die das Leben zuführt, nicht zu gedenken. In Bezug auf mein inneres Leben, dessen Grundton damals ein Schwärmendes, aber schönes Ideal von Hingebung an Christum war, unterstützt durch ein ruhiges, arbeitsames, sorgenloses Leben, in dem Begeisterung für Natur, Kunst und Wissenschaft bei 19 Jahren erblühen mußte. (Die Sünde hat mich schon früh tief gefaßt. Ein furchtbarer Kampf, unentschiedenen Ausgangs, zieht sich durch meine Jugend hin und hat jene Richtung mit geformt. Ich wähnte damals oft zu siegen und von der Zukunft hoffte ich es gewiß.) Fürchtete ich gleich sehr jene Umwälzung, die ein Regierungsantritt, mehr noch das Herrscherleben bei 19 Jahren nothwendig herbeiführen muß. Diese Stellung, sehr frei und angenehm an sich, getragen durch eine wohlwollende Volksgesinnung, umgeben von vielfach eigennützigen Leuten, die schmeicheln, dann wohl bethören. /94/ Auch ist sie nicht ohne Wirkung geblieben. Eitelkeit und Mangel an Selbstbeherrschung sind gestiegen, jene schwärmende Hingebung und Begeisterung für Religion ist sehr vermindert. Ueberhaupt, das klare Bewußtsein über mich ist getrübt. Ein Schleier ist schon darüber gezogen und manche Fehler erkenne ich schon nicht mehr. Dagegen ist mein Streben nach Dir noch dasselbe an Richtung, nur an Zuversicht des Sieges nicht, denn ich erkenne die Sünde genauer und habe nicht die Kraft mich von ihr 45

Barockpalais in der Schweriner Neustadt, in dem der Großherzog während des Umbaus des Schlosses residierte.



März 1845

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los zu machen. Dazu helfe mir, du mein Herr, durch dein Abendmahl. – Auf diesem Gebiete will ich die Bibel als mein Lese- und Lebensbuch gebrauchen, und Erkenntnis Christi und Glauben, lebendigen, von ihr suchen. Dann muß es anders werden! – Dazu segne mich, mein alter, treuer Vater im Himmel und hier du mich, lieber Papa, auch Du, der geliebt ward, wie nie ein Fürst in Mecklenburg!!! Um 8 ¾ mit Mama in den Dom. Den Abend las Wiwi aus dem ersten Tagebuch die Petersburger Zeit. Concession zur Rostocker Eisenbahn. 8 März. Sonntag Judica. Schöne Predigt von Walther, besonders schön im zweiten Theil, der mit der Erklärung der Worte: „mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ begann. Diner: Syndicus Dr. Elder46 in Eisenbahn-Angelegenheiten. Stradella von Flotow dirigirt.47 9 März. Gewöhnliche Lebensweise. Mit Bilguer48 im Cadett[en]-Corps. /95/ 10 März. Palais und Dom besucht. Cromwells Ende.49 11 März. Nichts. Handbillet Friedrichs II.50 Sehr kalt. 12 März. Erinnerungen an Italien. 13 März. Sehr kalt. 14 März. 15 März. In 1367 des Abendblattes ein characterisierender Ruf von W[ilhelm] Raabe an Ronge, der den nichtchristlichen Kern der Rongeschen Sache gut bezeichnet.51 16 März. Palmsonntag. Confirmation in der Schloßkirche. 17 März. Eisenbahnverhandlungen wegen Güstrow und Hannover. Gespräch mit Walther. Wilhelm angekommen. 18 März. Ich lese viel in dem Charfreitag der Christen. Die Schrift geht merkwürdig einem auf. 19 März. In der Bahn mit Hetmann gestürzt. Die Schulter thut weh. 20 März. Abendmahlsvorbereitung durch jenes Gespräch mit Walther und durch den Verlauf der Zeit zwischen jenem Abendmahl vor meiner Reise und jetzt bin ich viel klarer über die Erlösung, die Vergebung der Sünden, das Abendmahl geworden. Doch eine dadurch erzeugte falsche Ruhe, leichtsinnige Sicherheit, ließ mich beim Genuß selbst nicht erregt genug sein. Obgleich völlig bewußt und klar im Augenblick ist dadurch die nachhältige kräftigende Wirkung für den nachfolgenden Zeitabschnitt geschwächt. /96/ 46 47 48 49 50 51

Peter Ludwig Elder (1789–1881), Syndikus und Senator in Lübeck. Vgl. Eintrag vom 2.3.1845. August Louis Ernst von Bilguer (1812–1894), Stabskapitän und Generalstabsoffizier. Schauspiel von Ernst Raupach. Ein Handbillet Friedrichs II. oder Incognitos Verlegenheiten, Lustspiel von Wilhelm Vogel (1772–1843). Mein Dank an Johannes Ronge, erschienen im Freimüthigen Abendblatt Nr. 1367 vom 14. März 1845, S. 216. Ronge (1813–1887) war freireligiöser Begründer der deutschkatholischen Reformbewegung. Heinrich Friedrich Wilhelm Raabe (1808–1858) war Anwalt und reformerischer Publizist der Vormärzzeit.

240 Schwerin 21 März. Charfreitag. Kliefoth im Dom. 22 März. Langfeldt nach Güstrow abgereist.52 23 März. Ostersonntag. Nicht Osterwetter, daher nicht Osterstimmung, aber Eintritt des Tauwetters. Gesellschaft bei Plessens. 24 März. Ostermontag. Kliefoth im Dom, eine Osterpredigt des erstehenden Glaubens, einer neuen Zeit der Kirche. 25 März. Zur Taufe von Alexander Könemann53 nach Ludwigslust und zurück. Theater: die beiden Forster. Thee bei Fr[äu]l[ein] von Gallenfeldt. Fr[äu]l[ein] v[on] Schöning nach Neustadt. 26 März. Examen der Cadetten-Aspiranten. 27 März. Der artesische Brunnen.54 28 März. Starker Sturm. Gesellschaft beim Oberlandforstmeister.55 29 März. Mein Beschäftigungsplan für Frühjahr und Sommer hat sich dahin festgestellt, daß ich bei meiner Absicht, nähere Kenntnis von der Verwaltung mir anzueignen, mit dem Finanzetat beginne, daneben als wissenschaftliche Beschäftigung zunächst Lützows M[eklenburgische] G[eschichte]56 beenden will, dann mein Studium der neueren Geschichte beginnen will. An Loebell geschrieben. 30 März. Sonntag. 31 März. Das Abreißen des Schlosses begonnen, nachdem schon /97/ 1843 mit der Bleikammer begonnen. 1 April. Reise nach Hamburg um die Lind57 zu hören. Im Omnibus alle sehr lustig. In Ratzeburg Graf Rantzau. Die Lind wohnt unter uns und sang. Norma:58 schön. 2 April. Gang auf dem Jungfernstieg: pseudo Lind, Postmeister Krügers Tochter. Fahrt nach Nienstäden.59 Eisgang. Napoleon60 durch das Dampfschiff Henriette aus dem Eise bugsirt. Frühstück in London tavern. Besteigung des MichaelisThurm: Uebersicht des Brandes. In den Straßen und auf dem Jungfernstieg umher. Wagenfabrik. Abend im Thalia-Theater. 3 April. Abreise. Frühstück bei Schröders in Ratzeburg. 4 April. 5 April. 6 April. Sonntag. 7 April. 52 53 54 55 56

Ernst Langfeld, Bürgermeister der Vorderstadt Güstrow. Alexander von Könemann. Zauberposse von Gustav Raeder (1811–1868). Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow. Lützow, Carl von: Versuch einer pragmatischen Geschichte von Mecklenburg, 3 Bde., Berlin 1827–35. Er war Schlosshauptmann am Schweriner Hof. 57 Jenny Lind (1820–1887), gefeierte schwed. Opernsängerin. 58 Oper von Vicenzo Bellini. 59 Nienstedten, Gemeinde an der Elbe bei Altona. 60 Segelschiff.



April 1845

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8 April. 9 April. 10 April. 11 April. 12 April. 2 Skelette südlich von der Damentreppe ausgegraben, wovon das tiefer liegende in eine Kiste lag und ein Loch am linken Hinterkopf hatte. Conjecturen.61 Gesellschaft bei der Gräfin.62 /98/ 13 April. Steigendes Interesse für das alte Schloß. 14 April. Eingang zum Burgverließ offen gelegt. 15 April. Reges Leben allenthalben, das mich eigentlich zum ersten Male selbst anspricht. Auch ich selbst treibe Mecklenburgische Geschichte und Finanzetat mit Lust. 16 April. 6 Kugeln und einige Münzen gefunden. – Das Frühjahr erregt mich; es erklingt in mir ein altes Lied. 17 April. 18 April. Um 5 Uhr von Schwerin weg, über Ludwigslust, Eldena mit seiner wiederhergestellten Kirche (Timmermann)63 nach der Findenwirunshierschen Mühle. Markut.64 Auf dem Deich nach Dömitz. Rede des Bürgermeisters.65 Eldenschleuse. Amt, Festung (Bülow und Töchter.)66 Alles unter Waffen. Nach Kaltenhof hinüber. Pächter Krüger.67 Zollamt. Frühstück im Amtshause. Nach Ludwigslust. Souper bei Großmama. 19 April. Um 5 Uhr weg über Redefin nach Zahrensdorf. Dejeuner. Pferde. Fr[äu]l[ein] v[on] Lücken.68 Nach Gülze. Dort zu Kahn (Prediger Scharf von Blücher).69 Die Sude aufwärts bei Timkenberg vorbei bis gegen Besitz, zurück am Sudendeig entlang nach der Brake bei Teldau selbst. Hier in die Teldau hinein bis zum Schulhause, wo wir ausstiegen. Zurück nach dem Durchbruch, die Sude abwärts, an Landeken vorüber, nach dem /99/ Deichvogt Krüger,70 wo die Gefahr sehr groß gewesen war.71 Zwischen Mankenwerder und Gothmann hindurch über die Elbe nach dem Chausseehause. Dort auf Locomotive nach Horst und zurück nach Boizenburg. Gegessen. Unter Hurrah fort; so auch in Wittenburg. Um 10 ½ dort. 61 Vermutungen. 62 Marianne von Bassewitz, Oberhofmeisterin der Großherzogin Alexandrine. 63 Johann Heinrich Timmermann, (1803–1866), seit 1844 Pastor in Eldena. 64 Erbmüller Friedrich Markuth in Findenwirunshier. 65 Carl Vogel. 66 Christian Dietrich Carl von Bülow (1767–1850), Oberstleutnant und Festungskommandant mit den Töchtern Louise, Helmine, Frieda, Emma und Anna. 67 Der Pächter war Friedrich Ohsten. 68 Tochter des Gutsbesitzers Leopold von Lücken (1798–1853). 69 Carl Heinrich Ludwig Scharff (1803–1877), seit 1837 Pastor in Blücher. 70 Car Leopold Krüger, Deichvogt in Teldau. 71 Im März 1845 hatte es ein „Jahrhunderthochwasser“ gegeben, das auch in Mecklenburg Deiche brach.

242 Schwerin 20 April. Sonntag. Frühlingswetter. Gesellschaft bei Lützows. 21 April. Um 9 Uhr mit Mama nach den Partien am Stall; herrlicher Morgen. Gegen 12 Uhr Großmama angekommen. Fahrt. Schloß besehen. Diner bei mir. 22 April. Mit Wiwi geritten. Morgenritt im Buchholz. 23 April. Die Lind angekommen. Ständchen. 24 April. Morgenritt mit Wiwi, Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb und Fräulein v[on] Schöning über den Exerzierplatz, Haselholz, Fußsteig durch das Müßer Holz, Zippendorfer Weg, Artillerie-Exerzierplatz, Schleifmühle. Sehr amüsant. Probe. Die Lind kennen gelernt. Diner. Ball bei uns. Cottillon mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen. 25 April. Wilhelm seine Pferde bis Friedrichsthal begleitet. Diner auf dem Schlosse. Landrath Blücher. Die Lind in Norma: „Friede!“72 Ungeheuer voll. 26 April. Conzert bei uns, von Lind und Nusch.73 Wilhelm beim Souper neben ihr. 27 April. Sonntag. Parade. Probe von der Nachtwandlerin.74 /100/ 28 April. Die Lind in der Nachtwandlerin. 29 April. Abgereist. Wilhelm ihr bei Friedrichsthal begegnet. Die Waffenröcke der Garde im Arsenal besehen. Geritten mit Wiwi. 30 April. Nach Ludwigslust. Abschied von Großmama. 1 Mai. Himmelfahrt. Nicht gesammelt. Regen. Ball in Litefken75 bei uns. 2 Mai. Nach Hamburg. Die Lind in Norma. Ständchen auf der Alster. 3 Mai. Nach Olde und Croissan; in den Läden umher. Die Lind bei Mama. Dejeuner bei Hähnleins. Die Lind zum Abschied bei uns. Wilhelm bringt ihr das Etui. Abreise. 4 Mai. Sonntag. Regen. Diner. (Duell von Schöpfer und Bassewitz).76 5 Mai. Wilhelm um 5 Uhr abgereist. Ich begleitete ihn bis Friedrichsthal. Abschied. Geritten. 6 Mai. Zu Markt nach Ludwigslust. Regen. Die Offiziere ritten. Diner. Getanzt bei uns. 7 Mai. Reiten der 2ten Schwadron und der Offiziere. Auf der Elmerice von Langen77 nach Ortkrug, auf Electa nach Schwerin. Gearbeitet. 8 Mai. Geritten mit Wiwi.

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„Friede gebiet‘ ich, während die Mistel ich breche!“ Zeile einer Arie der Norma aus der gleichnamigen Oper von Vincenzo Bellini (1801–1835). Jenny Lind und Albert Nusch, Opernsänger. Oper von Vincenzo Bellini. Litewka, leichter Uniformrock in Blusenform. Mglw. die in Rostock Jura studierenden Adolph von Schoepffer und Friedrich Joachim Adolph von Bassewitz. Alfred von Langen (1821–1888), Sekondleutnant im Dragonerregiment.



Mai 1845

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9 Mai. Gemlik.78 General Boddien79 um 7 Uhr heute Morgen gestorben. In der Nacht von Mittwoch nach Donnerstag Schlag, gestern Nacht Lungenlähmung. /101/ 10 Mai. Gesellschaft bei Sells. 11 Mai. Pfingstsonntag. Musik im Schloßgarten. Kliefoth im Dom. Parade. Es ist schrecklich dürre in mir, ein inniges, mich und mein Leben durchströmendes Verhältnis zum Herrn habe ich nicht. Drum bin ich traurig, bin in der Kirche nicht erregt, im Werk nicht fleißig. O mein Gott, lasse mich Deine Nähe erkennen. – Großes Diner im Schlosse zum letzten Male. – Musik im Schloßgarten. Gesellschaft bei Bülows. 12 Mai. Pfingstmontag. Zum letzten Male Gottesdienst im Schloß. Kirchen-Parade in Waffenröcken. Großes Abschieds-Diner im Schloß. 13 Mai. Werdertag. Um 8 ½ Uhr halb zu Pferde, halb zu Wagen nach Ludwigslust. 14 Mai. Beisetzung des Generals von Boddin mit 2 Escad[rons] rechts an der Mauer in der Erde. Zu Pferde nach Ludwigslust zurück. Moliere auf dem Wege nach Albano †. 15 Mai. Um 5 Uhr nach Güstrow zur Thierschau abgereist. Von 8 Uhr bis 9 ½ über Rühn nach Bützow auf Electa. Dreibergen besehen: 3 Sträflinge begnadigt, einem die Hiebe erlassen. 7 Strelitzer kamen an. Um 11 Uhr auf Principessa durch Bützow in 1 ¼ Stunde nach Güstrow. Fr[au] v[on] Dorne besucht.80 Diner des Patriotischen Vereins auf dem Walle.81 Schaaf-Schweine-Rindvieh-Schau. Nach dem /102/ Brunnen hinaus. Theater. Illumination auf dem Walle. 16 Mai. Rennen. Gr[a]f Hahns Talismann Hauptsieger.82 Steeple chace-Terrain besehen. Preisvertheilung für Producte. Das Zuchthaus besehen. DamensachenAusstellung. Table d’hôte in der Stadt. Auction und Pferdeschau. Theater. (Fr[ei] w[illiger] Jäger Praetorius begraben.) 17 Mai. Geburtstag meiner Schwester. Steeple chace. Wakerows Colonel Sieger.83 In 3 ½ Stunden nach Schwerin gefahren. Nach Friedrichsthal. Bäuerinnen. Diner und getanzt. Um 12 Uhr zu Hause. 18 Mai. Sonntag. Im Palais zum ersten Mal geschlafen. Mein Herr, wache über mich in dem Zeitraum, den ich hier durchleben soll! Diner bei mir. 19 Mai. Mit Gott an mein Lebenswerk.

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Türkische Hafenstadt am Marmarameer, Zusammenhang unklar. Johann Caspar von Boddin (1772–1845), Generalmajor und Generaladjutant Verm. die Ehefrau des Oberpostamtsdirektors Ludwig Dethloff Adolph von Dorne. Der Mecklenburgische Patriotische Verein, 1798 als Mecklenburgische LandwirthschaftsGesellschaft gegründet, war, u. a. auch in Güstrow, in Distrikte untergliedert. Für den Sieger des Rennens „Produce-Stakes“ in Rahmen der Tierschau des Mecklenburgischen Patriotischen Vereins in Güstrow gab es eine ghzl. Prämie von 120 Goldtalern. Bei diesem Jagdrennen gewann der Fuchshengst des Gutsbesitzers Wilhelm Wackerow auf Lübchin den Ehrenpokal.

244 Schwerin 20 Mai. Schlegel todt;84 Fürst von Waldeck.85 21 Mai. Ritt um den Neu-Mühler See nach Wandrum. Schönes Frühlingsgrün, Frühlingssehnsucht. Zum letzten Mal Theater. Herr von Levetzow. Diner bei mir: Steiermärker. 22 Mai. Jagd mit dem Ob[er] Forstmeister v[on] d[er] Lühe86 im Buchholz. 23 Mai. Ball im Palais bei mir. 24 Mai. Wiwi spaziren gefahren. 25 Mai. Sonntag. Partie nach Friedrichsthal. Fr[äu]l[ein] P[lessen] sehr hübsch. Schewe Amtsauditor in Doberan geworden.87 26 Mai. Fabricens bei mir zu Tisch. Wiwi geritten, Thee im Greenh[ou]s[e]. /103/ 27 Mai. Zickhuser Forst besehen auf Gray phairy. Lübsdorfer Holz. Hof Gallentin, hübscher Garten am See. Nach der Lieps88 hinüber. Die Frau vor 14 Tagen gestorben. Kleinensche, Rambower Holz, wo die Drisbether schändlichen Holzfrevel begangen haben.89 Nach Zickhusen; von dort nach Schwerin zu Wagen zurück. Partie nach Zippendorf. 28 Mai. Zum Geburtstage des Oberjägermeisters90 nach Steinfeld geritten. In 20 Minuten mit Amsberg91 zur Kammersitzung zurück. Diner und Wasserfahrt bei mir. Fr[au] v[on] Maltzan. Mit Wiwi nach dem Werder geritten. Thee. 29 Mai. Es steht sehr schlecht mit mir. Misteres92 v[on] Berlin. Die Landräthe bei mir zum Essen. 30 Mai. Mein Gott helfe mir aus meiner Schwäche! Es muß anders werden. – Modell des künftigen Schlosses gesehen, das sehr hübsch wird. Wie lange wird das für mich sein?! Aber für die Nachkommen. – Der Tod des Gerechten von Schicht im Dom.93 Menagerie.94 31 Mai. Ritt und Partie nach Friedrichsthal mit Wiwi. 1 Juni. Sonntag. L[eutnant]t Bülow zum Dienst. Böcklers Antrittpredigt.95 Bei mir gegessen. Wasserfahrt. Kaffee im Pavillon. Ball im Saal: Masurka mit Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen, Cottillon mit Fr[äu]l[ein] v[on] Bülow. 2 Juni. Nach Ludwigslust. Thee im Gartensalon.

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August Wilhelm von Schlegel war am 12. Mai in Bonn gestorben. Fürst Georg von Waldeck-Pyrmont (geb. 1789) war am 15. Mai gestorben. Adolf von der Lühe, Oberforstmeister in Jasnitz. Hermann von Scheve. Die Insel Lieps im Schweriner See bewirtschaftete August Schubart. Gemeint sind die Waldungen bei den Dörfern Kleinen und Rambow sowie die Einwohner des Dorfes Drispeth bei Dambeck. Diedrich Carl Friedrich von Pressentin. Verm. Sekondleutnant von Amsberg vom 1. Musketierbataillon. Lesung unsicher. Das Ende des Gerechten, Oratorium von Johann Gottfried Schicht (1753–1823). Menagerie des Herrn Sentenac. Heinrich Otto Böcler (1805–1882), 3. Domprediger.



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3 Juni. Mama nach Berlin abgereist. Zum Reiten /104/ nach dem Exerzierplatz. Nach Schwerin zurück. Regierung. Kabinet. Abend bei Plessens. 4 Juni. Partie nach Friedrichsthal sehr amüsant. Noch einmal wieder vorgefahren. Gang durch den Garten. Eremit von Gaudi.96 5 Juni. Ritt mit Bülow O. über Consrade durch das Buchholz. Thee bei Zülow. 6 Juni. Fleißig gewesen. Gutsbesitzer Sache. Ritt durch das Steinfelder Holz. Hübsche Partie nach dem Werder auf Omnibus. Thee und gespielt auf dem Zeltenberge. Zu Wasser zurück. „Geistvoll und Geistreich.“ Fr[äu]l[ein] P[lessen] schlechter Laune. Beim Stall gelandet. 7 Juni. Nach Ludwigslust zum caffee dansant im Schweizerhause. Bei Bollow97 umgezogen. Mit der Gesellschaft zu Fuß zu Hause. 8 Juni. Um 10 Uhr wieder hier. Kliefoth im Dom. Schloßgarten. Thee bei der Ministerin. 9 Juni. Tour nach der Lewitz, um die Entwässerungen zu sehen. Durchs Buchholz nach Banskow geritten. Dort den Stoercanal hinunter durch die Mittel- und Eldenschleuse (Stargard) in den Friedrich-Franz-Canal bis zur 2ten Schleuse (Ramy an der 1ten) zurück durch beide Schleusen nach Friedrichsmoor, wo es sehr schön war. Gegessen. Im Holz spaziren: Eiche, Birke. Im Ludwigsluster Canal bis zur Thurmschleuse hinunter. Hemmnisse bei der Absperrungsschleuse bei der Tükhude („zieh den Hut“) 98 /105/ Böckler.99 Den Banskower Graben hinauf. Wild. Von Banskow über Jameln, Mirow (Kirche),100 Plate zurück, um 10 ¼ zu Hause. 10 Juni. Auf dem Schornstein in der Ecke über der Thür zu Onkel Karl gewesen: herrliche Aussicht. Umher gekrochen. Abends mit B[ernhard] Bülow im Buchholz gefahren. Interessantes Gespräch. 11 Juni. Partie nach Friedrichsthal. Gräfin Westphal.101 Wasserfahrt. Getanzt. Souper. Sehr amüsant. Um 1 Uhr zu Haus. 12 Juni. Examen der Cadetts. Fahrt nach dem Buchholz mit Raven. 13 Juni. Mit Schreeb, Bassewitz, Witzendorf102 und 2 Bülows nach Bülow zu Barner.103 Schönes Haus, Park, Wiesen. Fahrt nach Barnekow.104 Schaafe, Schweine,

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Mglw. Theodor Freiherr von Hallberg zu Broich (Eremit von Gauting, 1768–1862), veröffentlichte Reiseberichte. Mglw. der Beireiter Heinrich Bollow. Tuckhude, der zweite Teil des Wortes leitet sich allerdings nicht von niederdt. Hut (Haut), sondern von Hude bzw. Haud für Weide ab. Mglw. der Schweriner Amtsverwalter Heinrich Ludwig Böcler. Dort wurde ab 1842 unter dem Patronat des Großherzogs eine der ersten neugotischen Dorfkirchen in Mecklenburg gebaut. Grafen von Westphalen zu Fürstenberg, westf. Adelsfamilie. Peter Friedrich Ludwig von Witzendorf auf Kritzow. Heinrich Franz von Barner auf Bülow. Gemeint ist das zu Bülow gehörende Gut Badegow.

246 Schwerin Milchhaus. Kirche. Maltzan,105 von Soden,106 v[on] Pressentin.107 Kindler von Kladrum.108 Geruht. Gegessen. Im Garten umher. Um 6 ½ Uhr fort. Mädchen in Crivitz. 14 Juni. Parade. Im Buchholz zu Pferde und zu Fuß gepirscht. 15 Juni. Sonntag. Gedicht für Fr[äu]l[ein] v[on] Plessen zur Hochzeit von Ina Bülow gemacht. Parade. Spazirgang um den Werder mit Jasmund und Raven. Im Garten gegessen. Nach dem Schloßgarten: Lützower. Zum Thee beim Minister. Hopfgarten angekommen. 16 Juni. Ueber Mühleneichsen, wo ich die Kirche mit dem Grabe des alten Predigers besah, der damals Papa bewillkommnete!!!109 Alles schwindet dahin; was jetzt schön, glänzende Gegenwart, wie bald ists modernde Vergangenheit. Einzug in Grevismühlen sehr hübsch; im Gasthof abgestiegen. Rath-/106/ haus, Urkunden, Medaille. Kirche. Schlechtes Schullokal. Gang über den Wall. Amt, Garten. Frühstück mit den Gutsbesitzern. Abfahrt über Prieschendorf nach Lütgenhof.110 Empfang. Schwiegertochter, geb. Canning, Nichte vom Gesandten in Constantinopel;111 Fr[äu]l[ein] Grimm aus Riga, die mich in Peterhof gesehen. H[err] v[on] Böhl v[on] Farber,112 geb[orener] Spanier, Eckermann von Johannstorf,113 Rettig von Harkensee,114 Both,115 Mecklenburg.116 Diner. Belustigung im Garten. Thürme von Lübeck und Travemünde. Thee. Parkentinsche Urkunde von 1356 v[on] H[erzog] Heinrich.117 Briefe von Dassower Auswanderern aus Neuseeland. Musik im Garten. 17 Juni. Gang im Garten. Dassow. Schöne Kirche. Schlechtes Schullocal. Brücke über die Stepenitz. Nach Wieschendorf. Fr[au] v[on] Müller, geb. Bennigsen, junge Fr[au] v[on] Müller von Rankendorf,118 geb. [von] Wedemeyer; Mad[ame] Eckermann;119 Fr[au] v[on] Päpke. Aussicht aufs Meer, Lübeck u[nd] Travemünde. Holz. Dejeuner. Zu Pferde auf die Höhen, den Burgwall, wo Fr[au] 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119

Friedrich Carl Albrecht von Maltzahn auf Herzberg. Friedrich von der Sode auf Frauenmark und Schönberg. Adolph Barthold Georg von Pressentin auf Prestin. Albert Wilhelm Kindler (1804–1882), Pastor in Kladrum seit 1835. Ludwig Claus Helmut Albrecht Seger (1769–1842), Pastor in Mühlen Eichsen seit 1803. Gut des Justizrates Moritz Christian Edler von Paepke. Der Sohn des Justizrates, Heinrich Friedrich Ludwig von Paepke, war seit 1837 mit Mary Therese, der Tochter des brit. Gesandten und Generalkonsuls in Hamburg, Henry Canning verh. Johann Jacob Böhl von Faber auf Schmachthagen. Sein Vater Johann Nikolaus war Konsul in Cadiz. Gottfried Christian Eckermann (1792–1852). Meno Dietrich Rettich (1781–1857). Die Brüder Caspar und Ludwig von Both besaßen das Gut Kalkhorst. Verm. Christian Ludwig Ernst von Mecklenburg auf Wieschendorf (1803–1861). Heinrich III. Herzog zu Mecklenburg (1337–1383). Rankendorf besaß Adolph Ernst Friedrich Ludwig von Müller. Catherine Henriette, geb. Mentze (1789–1877).



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v[on] Mecklenburg,120 hinab nach Potenitz zu Eckermann,121 nach dem Gränzwall auf dem Priwall. Ueber Rosenhagen zu H[errn] Rettig nach Harkensee, nach Kalkhorst; Haus, Kirche, Garten; von dort mit Graf Rantzau nach Brok, 100 Fuß über Meer, auf den Hohenschönberg: Rundblick. Von dort zu Wagen, begleitet von 7 Bothmerschen Pächtern und 72 Bauern nach Klüz. Schöne Kirche. Nach Bothmer.122 Tanz. Lischen Buck. /107/ Diner. Illumination. Grandiose Besitzung. 18 Juni. Gang durch den Garten. Fahrt nach Elmenhorst, nach dem Ufer, wo der Nicolai 123 gestrandet, nach Ha[n]shagen, Rethwisch (H[err] Lüder (Hannover))124 und Boltenhagen, nach Bothmer zurück. Frühstück. Mit Gr[af ] Rantzau bis Plessens Damshagen,125 Neddershagen, Bössow (Prediger …126 mit der Rede, Klingelbeutel) nach Thorsdorf. Thorsdorfer Revier. Zu Pferde nach Warnow (Schule, 1ter Grenadier), Hamberge mit köstlicher Aussicht.127 Everstorfer Revier, Hungersdorfer mit Chaussee und beiden Hühnengräbern. Einzug in Plüschow.128 Diner. Im Garten. Getanzt: aus Testorf, Overhagen, Barendorf. 19 Juni. Im Garten und um den See gegangen, den Hof besehen. Zu Pferde das Feld besehen, das Hospitalholz, Hilgendorfer, Pravtshägener Bauernfeldt berührt, in den Plüschower Wicken mit Hetman gestürzt. Frühstück im Garten unter der Silberpappel. Abreise nach dem Steinfurther Revier. Der alte Hofjäger, Förster Schröder.129 Schöne Eichen. Um 3 Uhr in Schwerin. 20 Juni. Exerciren. Abends mit Lowtzow um den See herumgeritten. Thee beim Minister Lützow. Fr[au von] Arnim. Brief von Finkenstein. 21 Juni. Zum Kaffee dansant nach Ludwigslust. Bei Schwehr130 umgezogen. Bis 1 ½ Uhr getanzt. 22 Juni. Sonntag. Saalsfeld:131 Der Mensch soll sein irdisches Berufs- /108/ werk im Namen Gottes thun. Die einzig richtige Auffassung unseres Berufs, die mir früher so ganz eigen war, und jetzt fern liegt! Ach, es steht schlecht mit mir. Ich leiste der Sünde fast gar keinen Widerstand, verschiebe die Rückkehr zu Gott. Wie schändlich undankbar gegen Gott, der mir alles giebt, außer meiner furchtbaren Sünde gegen Christum. Frühling, Morgen wirken nicht mehr begeisternd auf 120 Gustave von Mecklenburg, geb. von Stegmann. 121 Gottfried Christian Eckermann auf Johannstorf und Pötenitz. 122 Christian Ludwig Graf von Bothmer auf Bothmer. 123 Schiff. 124 Carl Wilhelm Lueder, Regierungsrat und Oberamtmann in Weende bei Göttingen. 125 Hans Leopold Bernhard von Plessen, Geheimer Kammerrat. 126 Gemeint ist verm. Johann Joachim Friedrich Steding (1806–1884), Pastor in Bössow seit 1829. 127 Vom Iserberg. 128 Das ehemalige Gut des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig verwaltete die ghzl. Kammer. 129 Ludwig Schröder, Förster in Seefeld. 130 Carl Schweer, Hofgärtner in Ludwigslust. 131 Ernst Christoph Salfeld (1802–1873), 2. Pastor in Ludwigslust seit 1844.

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Reise nach Dänemark

mich. Was soll daraus werden? Eine dumpfe Last in mir trübt meinen Sinn. Nur bei Gott ist Hülfe! – Kirchenparade. Diner im Schweizerhause. Ritt mit einigen Offizieren. Bülow und Gamm132 bei mir. 23 Juni. Exerciren. Staub und Regen. Rantzau zurück. Nach Redefin. Könemanns. Fahrt nach Pätow.133 Gegessen. Mit Bülow auf Electa und Brunow nach Schwerin. 24 Juni. Gearbeitet. Geritten. General Fabrice.134 Spaziren mit Hammerstein nach dem Krügerschen Garten. 25 Juni. Regen. Fany More und Hetman in der Bahn geritten. Gegangen. Stahls „monarchisches Prinzip“.135 Sell. Thee beim Minister. 26 Juni. 30 Mann sind nach Neukahlden abgegangen. Nachmittags geritten über großen und kleinen Trebbow. Abschied von Fr[äu]l[ein] Bülow. Thee bei Sells. Um 11 ½ durch die öden Straßen nach Hause. 27 Juni. Exerziren. Partie nach Lankow. Spazirgang. 28 Juni. Probeparade. Civildiner. 29 Juni. Sonntag. Große Parade. Militairdiner. General /109/ Fabrice mit der zweiten Tochter und Fr[äu]l[ein] Zedlitz. Erinnerungen der ersten Jugend und Wehmuth um ihr Vergangensein erfüllten mich. 30 Juni. Nach Lübeck Empfang in Rhena. Hübsche Kirche. Kloster: Rittersaal mit Gang nach der Kirche. Amt und Amtforstgericht im alten Kloster. Schule neu. Hübsche Trachten und Mädchen. Synagoge. Schöneberg. Orte aus der Campagne. Schlutup. Schwarze Mühle. Lübeck. Freundliches Grüßen. Syndicus von der Uden.136 Besichtigung des Rathhauses mit dem imposanten Sessionssaale. Marienkirche mit Gemählden und Bronzearbeiten. Fr[äu]l[ein] Schreeb (Todtentag). Fahrt über den Wall nach Bastion Belle vue am Burgthor. Eingang zum Hafen. Gemäldeausstellung und Bibliothek in der (chrypta) Johanniskirche, Heilige Geist Hospital in einer nach Sienesischem Muster erbauten Kirche, Jacobikirche mit der weißen Rose und dem klopfenden Chorherren. Schiffer- und Kaufmannshaus. Fahrt nach Travemünde. Leuchtthurm. Eckermann. Lützerde.137 Gegessen. Blick auf Mecklenburg. Zurück. Jubelnder Empfang am Thor und im Theater. Furchtbares Geschrei, Gedränge und Illumination beim Zuhausegehen. Liedertafel. Fackelzug. 1 Juli. Von Lübeck nach Kiel Eutin, Plön: Postmeister Loive, Kiel. Italienische Oper. Soiree beim H[erzog].138 /110/ 132 Karl von Gamm (1821–1877), Sekondleutenant im Dragonerregiment. 133 Der Hof Pätow gehörte dem ghzl. Gestütamt. 134 Friedrich Joseph Anton von Fabrice (1786–1850), sächs. Generalleutnant und Oberstallmeister. 135 Stahl, Friedrich Julius: Das monarchische Princip, Heidelberg 1845. 136 Heinrich von der Hude (1798–1853), 3. Syndikus seit 1844. 137 Lesung unsicher. 138 Christian August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1798–1869).



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2 Juli. In Kiel. An Bord des Aegir Warnstedt. Fahrt nach Knoog am Canal mit Ferdinands139 und dem Herzog. Frühstück Tivoli. Diner. Statthalter mit seiner Frau.140 Eingeschifft um 7 Uhr. Rückblick auf das Schloß von Kiel. Schöne Nacht. 3 Juli. An Bord des Aegir. Kopenhagen Salutiren der Alexandrine und der Batterien. An den Zollbuden vom Kronprinzen,141 Fritz142 und Christian empfangen, nach Amalienburg, der König.143 Angezogen. En cortige zur Königin;144 die Waltersdorf, Krog und Zütsen, Fr[äu]l[ein] Rosen.145 Augenblick bei Fritz; zur Königin Wittwe146 und Pr[inzessin] Juliane.147 Großes Diner; zwischen der Königin und Fr[äu]l[ein] Zütsen. Theater. Thee bei Fritz. Nachher mit Christian noch lange bei ihm. Spazirgang. 4 Juli. In Kopenhagen Rosenburg. Alterthümer in Christiansburg durch Ch[ristian] Jür[gensen] Thomson.148 Rittersaal und Frühstück beim Kronprinzen. Ritt auf dem Norderfeld auf Sapernic. Diner beim Kronprinzen. Gefahren mit Fritz seinen Schimmeln auf den langen Linien. Mit Cortage149 nach Tivoli. Feuerwerk. 5 Juli. In Kopenhagen Thorwaldsensches Museum, Frauenkirche u[nd] s[o] w[eiter]. Zum Diner nach Sorgenfrei.150 Nachmittagsfahrt durchs Holz. Thee mit Fritz noch. 6 Juli. Sonntag. In Sorgenfrei Spazirgang mit dem König. Ritt mit Fr[äu]l[ein] Krog; mit dem König nach dem Strande zum Gr[a]f Daneschiold;151 durch den Thier/111/ garten zurück. Frühstück im Norwegischen Hause. Geruht. Diner. Fahrt nach dem Thiergarten zum Fest, belle vue, nach dem Strande. Thee in Bernstorf. Zimmer der Damen wegen der Aussicht besehen. Runder salon unten. Park halb französisch, halb englisch. Soiree in Sorgenfrei; mit den 3 Damen gesprochen. 7 Juli. In belle vue auf Aegir eingeschifft. Fahrt im Sunde längs Schonen mit der Insel und dem Kriegshafen. Kronenburg und Helsingöhr; ins Kattergat hinein bis man 139 Prinz Friedrich Ferdinand von Dänemark (1792–1863), Mitglied des Staatsrates und General. 140 Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1800–1865), verh. mit Gräfin Henriette von Danneskjold-Samsøe (1806–1858). 141 Friedrich VII. von Dänemark. 142 Friedrich Wilhelm (II.) von Hessen-Kassel-Rumpenheim (1820–1884). 143 Christian VIII. von Dänemark (1786–1848). 144 Caroline Amalie, geb. Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1796– 1881). 145 Die Hofdamen der Königin: verm. eine der Töchter des Hofjägermeisters Carl Adolph von Walterstorff (1800–1868), Siegfriede Victorine von Krogh (1823–1898), Anna Lovisa Amalie von Zytphen (geb. 1818) und von Rose[n]. 146 Marie, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel (1767–1852). 147 Prinzessin Juliane von Dänemark (1788–1850). 148 Christian Jürgensen Thomsen (1788–1865), dän. Altertumsforscher. 149 Gefolge. 150 Schloss Sorgenfri vor Kopenhagen. 151 Verm. Christian Graf Danneskiold-Samsøe (1800–1886), Geheimer Konferenzrat.

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den Kullen152 in Schweden sah. Ins Schloß hinein. Ehrenwache. Thurm bestiegen. Diner zwischen den beiden Damen, der Belgierin und der kleinen Nichte. Abfahrt nach Fredensburg, wo König und Königin. Diner. Vorher Spazirgang im schönen Park. Wasser. Uniformsunglück mit dem Kronprinzen. Fritz, Christian und sein Bruder153 lange bei mir. Fahrt nach Friedrichsburg. Interessantes, befestigtes Renaissance Schloß. Graulich. Lisch und Demmler.154 Todtenhalle. Im Hof umher. Königsgallerie. Souper. 8 Juli. Von Friedrichsburg nach Kopenhagen Das Schloß besehen. Fensterscheiben mit Schrift der Königin Mathilde,155 der jetzigen Königin. Maaße der ganzen Familie. Rittersaal mit der Decke, Todtengallerie mit Papas Wappenschild!†! Herrliche Kapelle mit den Wappen der lebenden Ritter.156 Souterains mit dem Todtenkopf des Münzmeisters. Fahrt nach dem Gestüt. Burgplatz. Tanzplatz. Fahrt nach Roeskilde. Halt in Wettermühlenbrücke. Waldemar: Schloß-Ruine. /112/ Kathedrale von Roeskilde (Rosenquelle). Königsgräber. Königin Margarethe;157 Orgel; Kapelle Christians IV.158 Styl: Rundbogen mit Anfang des Spitzbogens. Nach Kopenhagen zurück. 9 Juli. In Kopenhagen Königin die Nacht unwohl. Besichtigung des Holm: Christian VIII.159 Admiral Steffens; Admiral …; Brigg Mercurius, nach Island bestimmt, um den Commissarius Bardenfeldt zu holen.160 Naturhistorische Sammlung. Diner bei Fritz. Ballet: Tänzerin. Nach Tivoli. Geschlagen und gerutscht. Beim Nachhausefahren Fritz und Christian fort. 10 Juli. In Kopenhagen Besichtigungen. Diner beim Kronprinzen. Scudebahn.161 Geschossen. Dejeuner. Gesundheiten. Als Bruder aufgenommen; Papageienorden. Fast betrunken. Visiten bei Baron Schulse162 und Graf Reventklow.163 Geschlafen. Die Jugend bei mir gegessen. Ausgefahren nach den Thieren. Ich mit den Schweden weiter in der Friedrichsberger Allee. Fr[äu]l[ein] Kroog. Nach Tivoli. Hopfgarten. Pr[in]z Ferdinand.164 11 Juli. Exerziren der Husaren. Voltigiren. Zu Mittag beim Kronprinzen. Ball beim Prinzen Ferdinand: 1 Walzer: Fr[äu]l[ein] Kroog, 2 Walzer: Fr[äu]l[ein] Zütsen, 152 Felsformation am Öresund. 153 Herzog Karl von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1813–1878). 154 Der Historiker Friedrich Lisch und der Architekt Georg Adolph Demmler begleiteten den Großherzog. 155 Caroline Mathilde (1751–1777), Königin seit 1766. 156 Gemeint sind die Ritter des dän. Elefanten-Ordens. 157 Sarkophag der Königin Margarethe I. (1353–1412). 158 König Christian IV. (1577–1648). 159 Dän. Kriegsschiff. 160 Im Frieden von Kiel 1814 war Dänemark die Oberhoheit und das Handelsmonopol über Island bestätigt worden. 161 Ital. scuderia, Gestüt oder Marstall. 162 August Ludwig Freiherr Schoultz von Ascheraden (1793–1859), preuß. Botschafter. 163 Heinrich Graf von Reventlow-Criminil (1798–1868), Außenminister. 164 Prinz Friedrich Ferdinand von Dänemark (1792–1863).



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1  Francaise: Fr[äu]l[ein] Rosen, 2 Francaise: Gräfin Billing, Cottillon: Fr[äu] l[ein] v[on] der Maaß.165 /113/ 12 Juli. Bildergallerie und ethnographische, auch Münzsammlung. Visiten in Friedrichsberg, bei den übrigen Herrschaften. Familiendiner beim König. Mit Fritz und Christian nach den langen Linien.166 Soiree beim König mit dem ganzen Hof. Gegen 11 Uhr aufs Dampfschiff. Illumination. Abfahrt. Salut. Zu Bett. 13 Juli. An Bord des Aegir. Odense Um 8 Uhr aufgestanden. Windig. Zwischen den Inseln. Bewegung auf dem Beldt von Seeland nach Fünen. Landung in Swendburg.167 Fahrt nach Odense. Empfang mit Escorte und Cour. Diner. 14 Juli. Odense S[ank]t Kanutskirche und schlechte Kasernen und Ställe besehen. Regen. Diner, Billard. 15 Juli. Nach Assen. Ritt. Schlechtes Exerciren der Dragoner. Mehrere Ruhepunkte, Friedrichsgabe freundlich. Gegessen. Ritt auf den Isländern durch die Anlagen. Merkwürdiger Anblick des stürmischen Meeres mit dem dunklen Hintergrunde. Badehaus. Ritt nach Assen. An Bord des Aegir. 16 Juli. An Bord des Aegir. Doberan Unruhig geschlafen; daher die Abfahrt wachend erlebt. Im kleinen Belt aufgestanden, einige Bewegung im Schiff. Zweifelhaftes Befinden. Die See bei Heiligenhafen ruhiger. Loothsen. Fehmersund. Mecklenburgische Küste. Ditrichshagen. Damm. Anker geworfen. Schaluppe in Gefahr mit Minister Lützow. /114/ Ans Land. Dammgesellschaft. Mit dem Kronprinzen nach Doberan gefahren. Gegessen. Theater. Saal. Nach dem Damm hinaus, an Bord des Aegir. Als Bülow168 und Hopfgarten angekommen, Abschied und nach der Alexandrine.169 Salute. Leuchtfeuer und Raketen. Zu Hause. 17 Juli. Gearbeitet, gebadet. Saal. In 4 Stunden 35 Minuten nach Schwerin. Polterabend. Getanzt. 18 Juli. Kliefoth gesprochen, Schloß besehen, nach Doberan zurück: Mecklenburg und Neuburg. Nach der See. Meiendorf. 19 Juli. Getanzt am Bade. 21 Juli. 22 Juli. Nach Strelitz. Ueberraschung. Diner in der Orangerie. Musik im Schloßgarten. Soiree in der Orangerie. Souper. 23 Juli. Frühstück und Aufenthalt in Ivenack. 24 Juli. Ritt mit Wiwi und den Damen. Rückfahrt auf dem Omnibus. 25 Juli. Fr[äu] l[ein] S[chöning] erzählte vom Erzherzog Stephan.170 Ambition.

165 Verm. eine Tochter des Kammerherrn Frederik Herman Rostgaard von der Maase (1800– 1866). 166 Langelinie, Parkpromenade in Kopenhagen. 167 Svendborg. 168 Hofmarschall Jaspar von Bülow. 169 Alexandrinen-Cottage. 170 Erzherzog Stefan von Österreich (1817–1867).

252 Doberan 25 Juli. Fleißig, fleißig! Den Mittag am Damm. Wohltuende Ruhe an der See. Theater: Kerner aus Berlin;171 sehr hübsch. 26 Juli. Thee dansant. Fr[au] v[on] Bernstorf, geb. Dewitz.172 Fr[au] v[on] Turville aus Italien kommend.173 27 Juli. Sonntag. Kirche. 28 Juli. Ritt mit Bülow. Pistolen geschossen. Nach dem /114/ Damm zurückgeritten. Die Turville zum Essen draußen. Ritt mit Wiwi nach der Larenforst und zurück. Ich noch ins Theater.174 29 Juli. Fr[au] v[on] Engel175 bei Mama. Thee mit Seefahrt am Damm. Gewitter. 30 Juli. Ritt mit B[ernhard] Bülow nach Parkentin. Nach Tisch mit Wiwi über Rethwisch und Althof. Theater: Die Heine.176 31 Juli. Partie nach dem murmelnden Quell bei Althof. 1 August. Ritt mit Bülow nach Rethwisch. Gespräch über die Differenzen. Nachmittags Ritt mit Wiwi am Strande. Perponcher angekommen.177 „Zurücksetzungen“ von der Kerner und Heine. 2 August. Ball: Fr[äu]l[ein] Broken.178 Fr[au] v[on] Jasmund.179 3 August. Sonntag. Nach Parkentin zur Kirche. Unerregtheit. Abends Thee am Damm und Wasserfahrt. Zum Souper hinein. 4 August. Auf Belisar180 nach dem Buchenberg und der Kirche. 5 August. Die Gesellschaft mehrt sich. Gräfin Bassewitz-Prebberede und Fr[au] v[on] Maltzan v[on] Lenschow. Getanzt am Damm. 6 August. 7 August. Auf der Jagd bei Retschow. 8 August. Ich bin nicht zufrieden mit mir, nicht fromm und nicht fleißig, aus Schwäche. 9 August. Morgen kommt Leo[pold]. 10 August. Leo[pold] bis Neu-Bukow entgegen, als Erwiderung auf /116/ La Sterta.181 Wir verlebten eine ruhige und doch bewegte hübsche Zeit in Doberan, die Leo[pold] etwas angriff und den gesellschaftlichen Seiten nach nicht sehr ansprach, dagegen so viel andere ihm zusagende Augenblicke hatte, auch seine 171 Schauspielerin am Berliner Hoftheater. 172 Augusta, geb. von Dewitz (1812–1886), verh. mit dem Strelitzer Regierungsrat August Ludwig Wilhelm von Bernstorff (1806–1861). 173 Henrietta von der Lanken, seit 1826 verh. mit George Fortescue-Turville (1782–1859). 174 Das Hoftheater spielte im Juli und August eine Sommersaison in Doberan. 175 Ehefrau des Kammerherrn Adolph von Engel auf Breesen. 176 Hofschauspielerin in Neustrelitz. 177 Heinrich Georg Graf von Perponcher (1771–1856), ndl. General und Diplomat. 178 Tochter des Domänenrates Georg Philipp von Brocken auf Hohen Lukow. 179 Ehefrau von Carl August Ludwig von Jasmund auf Dobbin. 180 Reitpferd des Großherzogs. 181 Erbprinz Leopold zur Lippe war dem nach Rom reisenden Großherzog bis dorthin entgegengekommen. Vgl. Eintrag vom 16.2.1844.



September 1845

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3 Brüder ihm zuführte, daß er einen angenehmen Eindruck mit nahm. (Rennen: Coquette: M[ichel] Ney,182 Brokens. Partie nach Hohenburg183 und Katelbogen.184 Prillwitzens; Brassier; Flotow) 1 September. Nach Schwerin. Artillerie-Exerziren. Mama nach Berlin wegen der Kaiserin.185 Leo[pold] über Güstrow nach Schwerin. Ruhige Tage bei mir. Jagd. Ludwigslust. Mit ihm nach Berlin. Oxholm vorbeigefahren. Dies geschah am 11 September. Reise über Neustadt und Schwedt. Erst am 12 September. Ankunft in Klebow186 und auf dem champs de bat[aille].187 13 September. Ankunft der Kaiserin. Nach Sans Souci. 14 September. Den Morgen ruhig in Sans Souci. Agnes.188 Charlottenhof. Gräfin Brandenburg.189 Den Mittag nach Gaarz. Ueberfahrt. Auf Hetmann von Greiffenhagen nach Chlebow. 15 September. Papas Geburtstag! Corps-Maneuvre. Diner. Abend beim König in Wittstock. 16 September. Große Parade. Cavallerie gut. Abgereist nach Neu-Brandenburg. Voß und Schewe. 17 September. Frühstück bei der Erbgroßherzogin, in Mallin.190 Penzlin: Burg. Nach Waaren. Tobias. /117/ 18 September. Von Waaren nach Kloster Malchow Eldenburg. Schlößchen Poppentin. Röbel: mäßig. Vipperower Damm. Wredenhagen sehr hübsch. Töchter. Wirtschafterin. Durch die Flotowschen Güter (Langermann,191 Ruine in Dambeck,192 Minzow,193 Wolzegarten,194 Walow195) nach dem Kloster. Souper. Domina v[on] Pressentin.196 Bork.197 19 September. Von Malchow nach Dobbertin Besuch bei der Domina. 198 Stadt Malchow. Nach Goldberg. Dobbertin. Diner. Lefort.199 Domina mit Gens d’armes nach Haus. 182 Rennpferde. 183 Hohe Burg, Berg nordwestlich von Bützow. 184 Gut von Carl Friedrich Wilhelm Christoph von Arnim. 185 Alexandra Fjodorowna von Rußland. 186 Klebow in Hinterpommern. 187 Manöverschlachtfeld. 188 Prinzessin Agnes von Anhalt-Dessau (1824–1897). 189 Mathilde Aurora, geb. Gräfin von Massenbach (1795–1885). 190 Das Gut gehörte Baron Friedrich Wilhelm von Maltzan. 191 Das Gut gehörte Adolph Friedrich Baron von Langermann-Erlenkamp auf Dambeck. 192 Ruine einer spätromanischen Feldsteinkirche. 193 Bauerndorf mit 12 Hüfnern. 194 Das Gut gehörte August Adam Philipp Mathias von Flotow. 195 Das Gut gehörte Ernst Heinrich Wilhelm von Flotow. 196 Charlotte von Pressentin. 197 Klosterhauptmann Carl August von Borck auf Möllenbeck. 198 Elisabeth Hedwig von Quitzow-Severin. 199 Carl Peter Baron von Le Fort auf Boek, Klosterhauptmann.

254 Ludwigslust 20 September. Von Dobbertin nach Rostock Garten. Kirche und Damen besucht.200 Krakow. Charlottenthal, Tessin, Marienhof, Bellin, nach Rostock. 21 September. In Rostock. Parade. Amt Toitenwinkel. Ball bei Schleuder.201 22 September. Exerciren. Petrithurm. Abend nach Doberan. 23 September. Nach dem Damm. Besichtigung von Poel. Oberschulze.202 Essen in Kaltenhof. Wälle in Kirchdorf. Zu Wasser nach Wismar mit Anlegen am Wallfisch. 24 September. Parade. Ball (Süßeroth,203 Dahlmann,204 v[on] Raven205). 25 September. Exerciren. Nach Schwerin. 26 September. Exerciren der 3 Corps. 27 September. Feldmaneuvre bei Plate. /118/ 28 September. Sonntag. Ball. 29 September. Große Parade. Nach Friedrichsmoor. 30 September. Hirschjagd. 1 October. Gleichfalls. Nach Ludwigslust. 2 Hirsche. 2 October. Klapperjagd. 3 October. Ritt mit Lowtzow im Dunkeln nach Lewitz. 4 October. Unwohl. Nicht mit auf Jagd. 5 October. Sonntag. 6 October. Exercieren Parade des Dragonerregiments. Herz[og] v[on] Glücksb[ur]g u[nd] Brud[er].206 7 October. Mit zum Exerciren hinaus. Nach Schwerin. Leichtes Bataillon. Stadt besehen. 8 October. Nach der Lewitz. Klapperjagd.207 9 October. Steeple chace. Langen mit Lilli. Kahldens Schimmel todt.208 Ball im Goldenen Saal. 10 October. Nach der Lewitz. Abgereist. 11 October. Jagd. 12 October. Sonntag. 13 October – 23ten. Jagden. Ball. Krank. Wiwi an der Gelbsucht. Ich viel bei ihr. 23 October. Nach Burg-Schlitz. Hübsche Gesellschaft. 200 201 202 203 204 205 206

Gemeint sind die im Kloster zum heiligen Kreuz lebenden Konventualinnen. Mglw. das Schleudersche Gasthaus. Auf der Insel Poel gab es einen Oberschulzen für alle Bauerndörfer. Dr. Wilhelm Christian Süßeroth, Ratsherr. Albert Joachim Friedrich Dahlmann (1783–1848), Syndikus und Hofrat. Otto von Raven (1793–1862), Kommandeur des 1. Musketierbataillons. Herzog Karl (1813–1878) und Prinz Friedrich (1814–1885) von Holstein-SonderburgGlücksburg. 207 Treibjagd mit Klappern. 208 Das Pferderennen fand am 8.10. statt. Otto von Langens Stute Lilly siegte, der Wallach Favorit von Sekondleutnant Paul August von Kahlden brach sich an einem Kegelgraben das Genick.



November 1845

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24 October. Jagd. Ball. Mad[ame] Erbrecht (Schwedin). 25 October. Jagd. Diner. Getanzt. 26 October. Sonntag. Spazirgang. Wenksterns. Nach Bristow und Ivenack. Getanzt. A. Rauch. /119/ 27 October. Mäßige Jagd. Getanzt. Quinze.209 Principessa. 28 October. Nach Dargun. Jagd. Diner. Thee. 29 October. Nach Ivenack. Hübsche Jagd (Hetmann) nach dem Kuhwinkel, ohne Halalli. 30 October. Nach Strelitz. Spazirgang. Herzogin von Cambridge mit ihrer charmanten Tochter.210 Diner. Thee mit Souper. 31 October. Mit George nach Ivenack. Er Bras de fou; ich Principessa. Scharfe Jagd durch Rehgarten und Kuhwinkel nach Turpin, wo im Schweinekoben Halalli gemacht wurde. 1 November. Merkwürdige Jagd über den Hof von Ivenack durch den See mit Wasserhalalli. Kaffee in der hinteren Stube. Diner. Getanzt. 2 November. Sonntag. Ueber Kummerow nach Dargun. Franzenshöhe besehen. Auf Loretta nach Dargun. Diner. Besuch bei Fr[au] v[on] Wickede.211 Soiree. 3 November. Saujagd. Hinausritt neben dem Wagen auf dem Gelben von Wickede. 2 Schweine, Diner zum Hubertus. Ball von 9 Paaren bis 3 Uhr. 4 November. Klapperjagd. Mama reist schon früher nach Italien. Getanzt, aber sehr müde. 5 November. Um 5 Uhr abgereist. Zu Tisch in Schwerin. 6 November. Ball. /120/ 7 November. 8 November. Nach Berlin. Sans Souci. Hübsches Souper bei der Königin. L[eutnan]t Haak. 9 November. Sonntag. In der Garnisonkirche. Kirchenparade. Lippe am Morgen besucht. Nach Berlin. Diner beim König. Die Lind in Norma. Souper. 10 November. Nach Leipzig, Altenburg und Zwickau. 11 November. Abschied um 6 Uhr! Nun ganz allein. In der Stadt mit dem Postmeister umher. Nach Altenburg. Sany im Hübschwerden begriffen. Mit einem Extrazuge nach Leipzig. Dort umher. Nach Magdeburg. Prinz v[on] Hessen. Die Nacht durch. 12 November. Nach Schwerin. Eröffnung des Landtages.

209 Kartenspiel. 210 Auguste, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel (1797–1889) und ihre Tochter Mary (1833– 1897). 211 Ehefrau des Darguner Oberforstmeisters Wilhelm von Wickede.

256 Ludwigslust 13 November. Nun fromm und fleißig! In den Bauten umher. Abend Souper bei mir. Langfeldt und Brückner zu Protokollführern erwählt.212 Schlimm! Mama in Augsburg. 14 November. Mama nach Papenkirchen.213 Die Comitten214 meist von den Bürgerlichen besetzt. 15 November. Mama nach Inspruck. Oertzen und V[ice] D[irektor] Bülow von Sternberg sehr aufgeregt zurück.215 Umschwung des ständischen Prinzips auf diesem Landtag. 16 November. Sonntag. Mama nach Brixen. Bökler sehr gut im Dom über das jüngste Gericht. Viele Landstände. Zopf und Schwerdt.216 Souper. /121/ 17 November. Eingenommen. In die staatsrechtliche Comitte auch Landrath Blücher217 und Oertzen.218 Roveredo.219 18 November. Fuchs geritten. Zum Thee bei Sell. Breschia. 19 November. Mama nach Mailand. Mit Boddin220 und Lowtzow auf Gr[ey] phayry und Electa im Dunkeln nach Redefin. 20 November. Keine Schweine bei Ramm. Verwahrung. 21 November. Bresegardner Jagd. 22 November. Jagd beim Saugarten. 8 Schweine. Zu Pferde bis Ortkrug. 23 November. Sonntag. Deputationen von Rostock und Wismar. Diner. Gundlach, Bülow-Rogetz, Oertzen-Vorwerk.221 Mama auf dem Meere. Die Falschmünzer;222 die Kern[er] hübsch. 24 November. Mit Ernst und Kraft an meine innere und äußere Lebensaufgabe. Gewerbe-Ausstellung.223 Bayonnetfechten. Erste Vorlesung von Dr. Vierek,224 es erinnerte mich sehr an die Universitätszeit. Briefe aus Inspruck. Zum Minister. 25 November. Fuchs geritten und gehetzt. Bernhard Bülow bei den Vorlesungen zugegen. Humoristische Studien.

212 Die Bürgermeister Ernst Langfeldt aus Güstrow und Dr. Friedrich Gustav Brückner aus Neubrandenburg hatten sich mit jeweils 218 zu 209 Stimmen gegen ihre adligen Konkurrenten durchgesetzt. 213 Partenkirchen. 214 Ausschüsse des Landtags. 215 Friedrich Albrecht von Oertzen, Regierungsdirektor, und Carl von Bülow (1799–1872), Vizedirektor der Justizkanzlei Schwerin und Kammerherr. 216 Lustspiel von Karl Gutzkow. 217 Ernst Anton Wilhelm von Blücher-Kuppentin. 218 Im Ausschuß für staatsrechtliche Fragen und Landtags-Ordnung saß der Geheime Justizrat Jasper von Oertzen auf Leppin (1801–1874). 219 Gemeinde im Kanton Graubünden, Reisestation der Großherzogin Alexandrine. 220 August von Boddin, Vizeoberstallmeister und Kammerherr. 221 Alt und Neu Vorwerk gehörte den Gebrüdern von Oertzen. 222 Die Falschmünzer, Oper von Daniel-François-Esprit Auber. 223 Erste Schweriner Gewerbeausstellung, eröffnet am 23.11. 224 Mglw. Johann Heinrich Viereck, Oberappellationsrat in Rostock.



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26 November. Geritten. Medings zu Tisch.225 Wir nähern uns in der Strafrechtstheorie immer mehr dem Wahren. 27 November. Meine jetzige Lebensordnung gefällt mir, der versteckte Grund davon, glaube ich, ist Egoismus. Ich beschaffe etwas und es greift mich nicht an. /122/ 28 November. Bettag. Kliefoth im Dom; er predigte gewaltig. Er traf auch den Punkt, warum ich Christo mich nicht nähern kann, obgleich ich mir dessen wohl bewußt war: man muß Alles verlassen, um ihm nachzufolgen. Und ich kann, ja ich will es gar nicht ernstlich. Und was ist die Seligkeit gegen die ganze Welt! – Spaziergang. Diner. Beim Lesen schon wieder Freude an der Sinnlichkeit. Hübsche Gesellschaft beim O[ber] L[and] F[orstmeister] Bülow.226 Briefe nach Palermo. 29 November. Ges[ündigt]. Strafe der gestrigen Mahnung nicht gefolgt zu sein. Gesellschaft bei Sells. 30 November. Sonntag. Aus Faulheit nicht in die Kirche. Parade. Zum Probiren der Pferde nach der Waslow. Diner. Bülow-Kaarz227 gekommen. Stradella.228 1 Dezember. Lowtzow ausgetreten. Zur Saujagd nach Zapel, rechts vom Stahlberg hin auf Fanny More. 8 Schweine. Zurück auf Master. Theater. 2 Dezember. Agitation vor dem Rennen. Lowtzow: Principessa; v[on] d[er] Lühe: Bruno; Klein: Gray soldier; ich: Gray phayry; Bassewitz: Rothschimmel. Scharfe Gangart; ich konnte nicht halten, und hatte daher zuletzt nichts mehr drinn. Jagdritt, der über die Waslow, 2 mal durch Müßer Holz, über den Zaun bei Zippendorf und ins Haselholz ging. Große Gesellschaft. Ich ritt Electa. Ge-/123/ sellschaft beim Oberlandforstmeister. Fr[au] v[on] Schulenburg zwischen Frau v[on] Gumpenberg und Fr[au] v[on] Könemann. Lange Briefe von Mama und Wiwi. 3 Dezember. Entdeckt, daß Gustav Adolph von Güstrow Tochter zuletzt in Dargun gelebt und gestorben.229 4 Dezember. Jagd im Buchholz. Gestern und heute stürmische Debatte in Sternberg bei Gelegenheit der Intimation von Receptionen. Stever gebraucht das Wort Gewalt.230 5 Dezember. Fahrt auf dem Omnibus nach Ludwigslust, zum Ball. Fr[äu]l[ein] Prollius,231 Fr[äu]l[ein] Lehsten, Fr[äu]l[ein] Rantzau. Souper. 225 Mglw. Wilhelm Friedrich Christian Ludwig von Meding, Justizkanzleisekretär und Hofrat aus Güstrow. 226 Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow auf Kühren (1793–1882). 227 Dr. Burchard Hartwig von Bülow auf Kaarz (1770–1847). 228 Oper von Friedrich von Flotow. 229 Die mit dem Amt Dargun versorgte Herzogin Auguste zu Mecklenburg (1674–1756) war eine bedeutende Förderin des Pietismus. 230 Die bürgerlichen Gutsbesitzer wehrten sich gegen Privilegien, die die adligen durch die Aufnahme (Rezeption) und Anzeige (Intimation) in den eingeborenen, bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden mecklenburgischen Adel erhielten. Im Zusammenhang mit der Protokollund Beschlussfassung unter dem dirigierenden Landrat von Blücher-Kuppentin gebrauchte der Gutsbesitzer Theodor Ernst Stever auf Wustrow das Wort „Gewalt“, worüber eine hitzige Diskussion entstand. 231 Tochter des Geheimen Kammerrates Ludwig von Prollius.

258 Schwerin 6 Dezember. Um 8 Uhr kam Niclot, die erste Locomotive in Mecklenburg, die ich gesehen, an. Nach Schwerin zurück. Abends beim Minister. 7 Dezember. Sonntag. Gewerbeausstellung: Anzeige des Landrathes von Blücher wegen Stever. Nicht gut. Sitzung. In der Zollsache noch ein Versuch.232 „Die beiden jungen Frauen“.233 8 Dezember. Mein Glaube wankt in der Möglichkeit, die Sünde durch Hingabe an Jesum zu besiegen, wenn ich mich nicht bessern werde und alternde Menschen nicht gebessert umher gehen sehe. Dies liegt wohl in meinem nicht hingeben, aber auch außer mir sehe ich so selten Sieg. Das ist Thomasglaube, der erst sehen, dann glauben will. Interessante Criminalbesprechung, beiläufig auch über das Verhält- /124/ nis der Kirche zum Staat. Gesellschaft bei Bülows. 9 Dezember. Ich schwanke, ob ich zum Frühjahr reisen soll, oder bleiben, weil ich mich hier wohl fühle und der Kosten wegen. Unentschiedenheit ist überhaupt mein Fehler. 10 Dezember. Erinnerungen. Onkel Gustav angekommen. 11 Dezember. Zur Jagd nach Pennewitt. 3 Jahre schon verflossen. Frühstück in dem Gehöft. 4 Schweine. Furchtbares Wetter. 12 Dezember. 13 Dezember. Jagd in den Sagsdorfer Tannen. Frühstück im Weitendorfer Zoll.234 6 Schweine, ich eine 2jährige Bache. 14 Dezember. Sonntag. Bökler. Talenay. Hessenstein. Bei der Ministerin. Araberschlacht.235 Souper bei mir. Brief von Mama. 15 Dezember. Schnee. Talenay noch hier. Proteste der Landschaft gegen die Receptionsveränderungen. Onkel Gustav abgereist. 16 Dezember. Ball beim Minister Lützow. Masurka: Plessen, Cott[illon] Laffert. 17 Dezember. Verlosung abgeschlagen. Neue Zeitung wieder erlaubt.236 Nach der Gewerbeausstellung, gekauft, F. P. 18 Dezember. Ueber Warnow und Lenzer Fähre nach Gartow.237 Diner. Billard. Thee. 19 Dezember. Saujagd bei Ruxmoor. Regen. Billard. Emma. Tannenbäume. 20 Dezember. Treibjagd. 4 Hasen. Hinausgeritten auf Baronet. Diner. Musik. /125/ 21 Dezember. Sonntag. Auf Giantess und Miss Jenny geritten. Schöner Wintertag. Hübscher Moment im Sonnenschein auf der Elbe, dann beim Hinabreiten in das Thal. Um 3 Uhr in Schwerin. Robert.238 Bornstedt gestorben.239 232 Es ging um die Modernisierung des meckl. Binnenzollsystems. 233 Schauspiel nach Amable Saint Hilaire (1785–1870) von Joseph Friedrich Lentner (1814– 1852). 234 Landzollstation in Weitendorf . 235 Mglw. ist der Sieg der Franken in der Schlacht von Tours und Poitiers 732 gemeint. 236 Es handelte sich um die Hamburger Neue Zeitung, die auch meckl. Korrespondenznachrichten druckte. 237 Gut der Grafen von Bernstorff. 238 Robert der Teufel, Oper von Giacomo Meyerbeer. 239 Georg von Bornstedt auf Jessenitz (geb. 1767) war am 21.12. gestorben.



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22 Dezember. Nichts. 23 Dezember. Zur Jagd nach Lützow, 3 H[asen] Lehsten, Gundlach. Die Kerner tanzte. 24 Dezember. Weihnachtsabend beim Minister Lützow. Zu Vitinghoffs und Sells. Fr[au] v[on] d[er] Lühe einzig. 25 Dezember. 1 Weihnachtstag. Um 7 ½ Uhr Papa in die neue Gruft geleitet.240 General;241 Sell, Bülow, Zülow; Bülow (Oertz[en]), Prosch, Demmler. Bartsch sprach einige Worte. Kliefoth im Dom: Thema: Die Inschrift an dem neuen Altar:242 dem bekannten Gott, dem Gott, der uns bekannt, den wir erkannt, den wir bekennen. Einweihung des Altars durch Walther: will deuten das vollendete Werk, und was wir hinzuthun sollen. Dann stellten Bartsch, Böckler … die Patena, Kelch, Bibel und Agende auf den Altar. Parade. Fr[au] v[on] Sell ihr Geburtstag.243 Diner. Abendgesellschaft bei Vitinghofs. 26 Dezember. 2 Weihnachtstag. Kirchenparade. Das Urbild des Tartüffe.244 27 Dezember. Geritten. Abends bei Sell. 28 Dezember. Sonntag. Damen bei mir. Tochter des Regiments.245 /126/ 29 Dezember. Faulheit und daher Unzufriedenheit mit mir selbst, beunruhigen mich. Baron Bille mit Graf Holk bei mir.246 Diner. Theater. Souper. Immer noch keine Briefe. 30 Dezember. Zum Besehen der Recruten und Remonten. Diner beim Onkel und Ball nach Ludwigslust. Fr[äu]l[ein] Rantzau charmant. 31 Dezember. Zur Jagd ins Buchholz. 1 St[ück] W[ild] geschossen. Wieder ein Jahr zu Ende und morgen beginnt ein neues. Wie hast du Hausgehalten mit den 365 Tagen? Wieder kehren sie nicht. Avis au lecteur247 für die kommenden 365. Es sieht schwach mit der Rechenschaft aus. – Was wird aus Mecklenburg werden? Werde ich eingehen durch die schmale Pforte? Das steht jetzt im Vordergrunde meines Lebens. Abend beim Oberlandforstmeister.248 Um 12 Uhr an Palermo gedacht. Reisen in Mecklenburg, nach Dänemark, Mama nach Italien. /127/

240 241 242 243 244 245 246

Gruft unter der Heiligen Blutskapelle im Schweriner Dom. Verm. der Gouverneur von Schwerin Generalleutnant von Both. Kreuzigung von Gaston Lenthe. Adolf von Sell hatte 1844 die Hofdame Charlotte von Hochstetter (geb. 1819) geheiratet. Lustspiel von Karl Gutzkow. Die Regimentstochter, Oper von Gaetano Donizetti. Christian Hoyer von Bille (1799–1853), dänischer Ministerresident bei den Hansestädten, und Graf Julius von Holck (1789–1857), Chef des dänischen Postwesens in Hamburg. Am 25.11.1845 war dort ein Handelsvertrag mit Dänemark abgeschlossen worden. 247 Nachricht an den Leser. 248 Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow.

260 Schwerin 1846 1 Januar. Reveille. Gratulanten. Nicht in die Kirche, keine Parade. Visiten und Diner. Theater: Die 4 Haimonskinder.1 Souper. 2 Januar. Beginn der Arbeit: mit Gott!! In der Bahn geritten. Das Urbild des Tartüffe.2 Die Satyre passt in die Gegenwart, wo es sich regt, und säubert die Reihen. Christus aber steht fest und ist in keinem anderen Heil. 3 Januar. Fromm und fleißig! Schöner Morgen, hinaus zum Sonnenaufgang nach der Werderallee. Abend beim Minister. 4 Januar. Sonntag. Bartsch im Dom sehr gut über die Taufe. Parade. Mit Plessen und Sprewitz3 nach der Eisenbahn hinaus. Erstes Stück der Adelszeitung4 heraus, ein bedenklicher Schritt zur Erweiterung der Tagespresse. 5 Januar. 1ste Bayonettfechtstunde. Gray phayry in der Bahn geritten. Gespräch mit Sell, der kleine Abende will, hat recht, doch meinem wenig gesellschaftlichen Sinn nicht zusagend, in Bezug auf das Umändern alter Verhältnisse. 6 Januar. H[eilige] d[rei] Könige. Galla-Ball: Kleins, Kahldens, Schacks, Brandensteins, Fr[äu]l[ein] Arnim. Masurka: Fr[äu]l[ein] Sophie Lützow, Cottillon: Fr[äu]l[ein] Plessen. Souper mit Gräfin Bassewitz- /128/ Perlin.5 Bis um 3 Uhr getanzt. Orangen durch Onkel Albrecht aus Palermo nebst Zettel. 7 Januar. Electa in der Bahn geritten. 8 Januar. Ball beim Minister. Briefe von Mama, 4 Pakete mit Geschenken auf einmal. Freude. 9 Januar. Ins Buchholz. 1 Spießer durch Klockmann. Geschrieben. Preciosa.6 10 Januar. Gefochten. Ball im Schauspielhause; nicht voll, aber animirt. Erste Walzer: Fr[au] v[on] Wetzendorf, zweiter Walzer: Flügge, geb. Steinhof, dritter Walzer: Zöllner, Francaise: Luise Klockmann, Polca: Fr[äu]l[ein] Plessen, Schottisch: Masius, geb. Steinhof, Masurka: Fr[äu]l[ein] S[ophie] Lützow, Cottillon: Fr[äu] l[ein] L[uise] Lützow. Ende um 1 Uhr. Recht hübsch. 11 Januar. Sonntag. Bökler im Dom. Nach Tisch Affe bei mir. Brauer von Preston:7 Kartenspiel im Hause. 12 Januar. Hinko der Freiknecht.8 Aufgeregt und weh um das Herz. Nicht klagen, sondern fröhliche Kraft im schweren Menschen- und Herrscherberuf, auf Gott und seinen rettenden Sohn gebaut!

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Die vier Haimons-Kinder, Oper von Michael William Balfe (1800–1870). Lustspiel von Kark Gutzkow. Verm. der beim Leichten Infanteriebataillon dienende Sekondleutnant. Verm. das von Iwan von Gloeden (1815–1850) herausgegebene „Politisch-practische Wochenblatt für Mecklenburg“. 5 Auguste von Bassewitz, geb. Gräfin Schlippenbach (geb. 1796). 6 Reitpferd. 7 Der Brauer von Preston, Oper von Adolphe Charles Adam. 8 Schauspiel von Charlotte Birch-Pfeiffer.



Januar 1846

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13 Januar. Ball im Palais, dessen Saal mit Blumen aran- /129/ girt. Schacks, Langens, Beers da. F[räulein] P[lessen] in einem sonderbaren Zustande. Vorher auf Hetmann im Buchholz gepirscht. 14 Januar. Auf Gray phayry durch das Holz gerast. Thee bei Fr[äu]l[ein] Gallenfeldt. 15 Januar. Soiree bei Ministers. 16 Januar. Jagd im Buchholz. Auf dem Ortkrug mit dem Omnibus gegessen. Zum Ball nach Ludwigslust. Masurka. Fr[äu]l[ein] Helene v[on] Rantzau.9 17 Januar. Zurück; durch das Buchholz gefahren. Gearbeitet, Gefochten, geritten. Soiree, die etwas langweilig, bei der Gräfin. 18 Januar. Sonntag. Probe bei Buchs. Briefe von Mama. Windischgrätz. Alexander kommt vielleicht. 19 Januar. Fechten sehr angreifend. Geritten. Den Abend an Mama geschrieben. 10000. 20 Januar. Ball im Palais, sehr brillant durch eine Menge fremder Damen, worunter namentlich Fr[äu]l[ein] Koppelow und die beiden Fr[äu]l[ein] Behrs von Hintenberg.10 Souper um 10 ½, Ende nach 1 Uhr. Den Mittag Stück und Quadrillenprobe bei Buchs. 21 Januar. Parade. Fr[äu]l[ein] Behrs unten bei Kahldens am Fenster. Probe bei Ministers. Fr[äu]l[ein] L[illa] P[lessen] allerliebst. 22 Januar. Polterabend. Unser Stück amüsant. Quadrille. Tableaux. Getanzt. Die Braut sehr hübsch; rosa Schleife im Haar.11 Voll und heiß. /129/ 23 Januar. Hochzeitstag. Um 7 Uhr Trauung. Handverwechselung beim Ringeaufstecken bei Zülow. Das Paar zu Plessens. Souper zwischen beiden Fr[auen] v[on] Zülows. Kranz abgetanzt: Fr[äu]l[ein] Plessens; Bouquet: ich. Abfahrt heimlich. Ständchen. Oertzen besoffen. 24 Januar. Ball im Schauspielhause: Knaudt, Grimm, Daniel, Schröder. Die Kerner, Parrod12 und Schröder auch da. Langen u[nd] Fr[äu]l[ein] Plessen, Boddin u[nd] C[a]p[i]t[ain] Bassewitz,13 Meerheimb u[nd] Fr[au] Langen, Wachenhusen und die Zöllner. 25 Januar. Sonntag. Bökler im Dom: Christus ist der Mittelpunkt. Ball beim Minister: heiß, 38 Paar. 26 Januar. 27 Januar. Hofball. Zu kalt. Ministerin zornig. Fr[äu]l[ein] P[lessen] sehr angegriffen. 28 Januar. 29 Januar. Diner beim Minister Levetzow. 9 10 11 12 13

Helene von Rantzau (1829–1893). Johann Heinrich Carl von Behr auf Hindenberg. Die Tochter des Staatsministers Ludwig von Lützow, Sophie (geb. 1828), heiratete Heinrich von Zülow. Karoline Parrod, geb. Beutler (1819–1855), Schaupielerin. Verm. der Hauptmann von Bassewitz vom 2. Musketierbataillon aus Rostock.

262 Schwerin 30 Januar. Jagd. Dammspießer, ein Schmalthier. Faust. 31 Januar. Gesellschaft bei Bülows. 1 Februar. Sonntag. Sterbetag von Großpapa. Nicht in die Kirche. Theater. 2 Februar. Brief von Mama. Kronprinz in Palermo angekommen, in der Zeitung schon die Verlobungsnachricht. Man kann angst für sich sein, wenn man sieht, wie die Sachen sich machen. Wäre es in Wien gelungen, wäre /131/ er schlecht empfangen, nun in 7 Tagen mit der himmlischen Olga verlobt.14 Wenn ich an [18]43 denke! Diese Veränderung! Das Gefühl war richtig; so sehe ich Rußland nicht wieder! Wie ähnlich jenes Gefühl beim Abschied von Dresden. 3 Februar. Ball bei mir. Fr[äu]l[ein] Behrs. Langen da. Briefe. 4 Februar. Ritt am Störthal in Frühlingslüften, nachher Hagelschauer. 5 Februar. Bald bin ich 23 Jahr auf dieser Erde, eine lange Vorbereitungszeit, um den kurzen Weg durchs irdische Leben nach einem jenseitigen Ziel richtig zu wandeln. Jetzt ist es Zeit zum Handeln, den von Gott gegebenen Beruf nach Kräften zu erfüllen, wenn auch der Zustand, der das Product des 23jährigen activen und passiven Strebens an mir ist und aus welchem heraus gehandelt werden soll, ein gewaltig mangelhafter ist: etwas Erkenntnis, wenig Kenntnisse, viel Wollen, wenig Kraft, noch weniger Erfolg. Aber nicht muthlos, sondern im freiwilligen Pflichterfüllungstrieb rastlos gestrebt, mehr kann man nicht thun, und selbst dies immer redlich zu thun, ist sehr schwer. 6 Februar – 24 Februar. Viel getanzt. 7. Subscriptionsball; 10. Gallaball am Hof, 19. und 20. Polterabend von Fr[äu]l[ein] Meyen; 16. Großer Ball im Schauspielhause; 23. Ball bei Meyens; 24. Redoute: amüsant. Fr[äu]l[ein] Wickede, Bernadi. /132/ 25 März [Februar]. 25 März Februar. 26 [Februar]. Ball in Ludwigslust. Fr[äu]l[ein] H[elene] Rantzau. 27 [Februar]. Reiten der Offizieren und Leute. Zu Omnibus nach dem Ortkrug. Jagd im Buchholz. Onkel Gustav. 28 Februar. Reveille. Kanonenschüsse. Gratulation. Große Parade mit Hurra! Auf gray phairy vergnügt durch die Straßen nach Friedrichsthal in die Einsamkeit. Zum großen Diner in der neuen Kutsche nach dem Palais gefahren. Empfang im Theater: Merope.15 Angst und doch Freude über das Ganze gefunden. 1 März. 5 März. Wilhelms Geburtstag. Diner. Abend beim Minister. 6 März. Bettag. Lorette geritten.

14 15

Großfürstin Olga hatte sich am 18. Januar in Palermo mit dem Kronprinzen Karl (I.) von Württemberg (1803–1893) verlobt, nachdem eine Heiratsverbindung der Romanows mit den Habsburgern an Metternich gescheitert war. Oper des Schweriner Musikdirektors Heinrich Mühlenbruch (1803–1887).



März 1846

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7 März. † Todestag.16 In den Dom. Bayonetfechten vor dem General. Sitzung wegen der Regierungsräthe. 3 Stunden auf Jessica im Buchholz. 8 März. Sonntag. Ritt auf Brunow mit Buch,17 v[on] d[er] Lühe, Lowtzow nach Grambow. Hengst Power, über Gottesgabe und Brütz zurück. Parade. 9 März – 23 März. In Berlin Amüsante lustige Zeit; viel mit Georg, auch mit Lippe. Um 8 Uhr aufgestanden. Mit Prosch wenig gearbeitet. Dann Interessantes besehen: Museum, Kirche, Cöpeniker Feld, Bahnhof, /133/ Rauch,18 Lepsius,19 Sammlung in Monbijou,20 Schinkelsche Museum,21 Dombau,22 Hero und Leander von Steinhäuser (!),23 Herrenhausen.24 Um 12 ½ mit Georg nach dem Thiergarten zu Pferde: Sein Sturz, Mad[ame] Léjars,25 Bekannte aus Ivenak, Fr[au] v[on] Rauch unter den Linden.26 Sonntag sehr voll (gray phairy): Rauchs. Ritt nach Charlottenburg, Léjars, zum Mausoleum. 2 Pferde gekauft, Clara und Miss Milly. Um 3 oder 4 Uhr Diners beim König, Onkels, u[nd] andere. Theater: Catharina Cornaro,27 die Willys (d[ie] kle[ine] Koch) oder Circus: Pauline,28 Mad[ame] Léjars; Laure. Dann gewöhnlich grüner Schirm, Soiree bei Werther29 und Canitz,30 Soiree bei der Fürstin:31 Marie Reuß,32 […] Stolberg;33 Maxe und Armgard Arnim!!!34 Beim Wittgenstein.35 Bälle bei Onkel Wilhelm und Karl. Amelie Rauch; Fr[äu]l[ein] Prittwitz;36 Fr[au] v[on] Patow;37 die Hofda-

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Großherzog Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin war am 7.3.1842 gestorben. Mglw. Helmuth von Buch (1813–1878), Premierleutnant bei der Artillerie. Christian Daniel Rauch (1777–1857), Bildhauer. Karl Richard Lepsius (1810–1884), Ägyptologe und Bibliothekar. Dort befand sich das „Museum für vaterländische Altertümer“, das spätere Hohenzollernmuseum. Zeigte ab 1844 den künstlerischen Nachlass Friedrich Schinkels. Von König Friedrich Wilhelm IV. betriebener Neubau des Berliner Domes an der Spree. Der Bildhauer Karl Steinhäuser fertigte Plastiken für das Schweriner Schloß. Der verm. Bezug zum Schloss Herrenhausen bei Hannover ist unklar. Kunstreiterin des in Berlin gastierenden „Cirque de Paris“. Rosalie von Rauch, geb. von Holtzendorff (1790–1862). Caterina Cornaro, Oper von Gaetano Donizetti. Pauline Cuznet, Kunstreiterin des in Berlin gastierenden „Cirque de Paris“. Freiherr Wilhelm von Werther (1772–1859). Karl Ernst Wilhelm, Freiherr von Canitz und Dallwitz (1787–1850), preuß. Außenminister. Auguste Fürstin Liegnitz. Marie zu Stolberg-Wernigerode, geb. Prinzessin zu Reuß-Köstritz (1822–1903). Verm. Graf Anton zu Stolberg-Wernigerode (1785–1854), Oberstkämmerer. Maximiliane (1818–1894) und Armgart von Arnim (1820–1880), Töchter von Achim und Bettina von Arnim. Graf Wilhelm Ludwig Georg zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (1770–1851), Minister des kgl. Hauses. Verm. eine Tochter des Generalleutnants Karl von Prittwitz (1790–1871). Amalie von Patow, geb. von Endell, verh. mit Robert von Patow (1804–1890), hoher preuß. Beamter und Mitglied des Staatsrates.

264 Schwerin men u[nd] so w[eiter]. Frontün,38 Gr[a]f Hardenberg; Knyphausen,39 C[on] t[e]ß Kanitz (!) Einen Tag in Potsdam, d. 12ten zu Lippe; mit Barby40 und Unger geritten, in der Messe gesessen, Stolberg und Reuß, nach Glinecke im Platzregen spaziren gefahren, nach Berlin. 23 März. Diner im Pavillon von Bellevue. Spazirgang im Garten; Sprung über den Graben, O[nkel] Karl hinein. In der Nacht abgereist. 24 März. In Schwerin. Leben; Eisenbahnunruhen,41 Frühling. /134/ 5 April. Palmsonntag. 6 April. Einführung der drei neuen Regierungsräthe.42 Sehr ergreifend. 7 April. 8 April. Wegen dicker Backe zu Haus. 9 April. Grüner Donnerstag. Abendmahl im Dom mit der Schloßgemeinde. Mein Glaube ist fest geworden. 10 April. Charfreitag. Bökler im Dom. 11 April. Gewitter, eingeschlagen in der Bruchmühle. Abend bei Sell. 12 April. Ostersonntag. Vorbereitet. Gewaltige Osterpredigt von Kliefoth. Magdalena am leeren Grabe. 13 April. Ostermontag. Ritt nach Steinfeldt auf Hetmann, mit dem Oberjäger­ meister,43 um 11 ½ zurück. Kirchenparade. Sehr heiß. Jessonda.44 Verlobung von Fr[äu]l[ein] Plessen. 14 April. Durch die Festzeit bin ich Christo wieder näher getreten. M[ein] G[ott], lasse mich nicht wieder gleichgültig werden, sondern aus Liebe zu ihm mich ihm ganz hinzugeben trachten; laß mich fromm und fleißig sein, nicht so träge zu Allem. Frisch, fromm, fröhlich, frei, des Mannes steter Wahlspruch sei.45 15 April. Faul im Aufstehen, die Reserven entlassen. Auf Bruno spaziren. 16 April. Auf Fany More um das Buchholz, über Boldela /135/ und Buchholz. Figaros Hochzeit: die Limbach.46 Onkel Gustav angekommen. Tante Wilhelm47 in der Nacht vom 14. auf den 15. gestorben. Der arme Waldemar!48 17 April. Briefe von und nach Neapel. Onkel Gustav da. 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48

Lesung unsicher. Carl Wilhelm Georg Graf zu Inn- und Knyphausen (1784–1860), bevollmächtigter hann. Minister in Berlin. Verm. Adalbert von Barby (1820–1905), Premierleutnant beim Regiment Garde du Corps. Die Regierung gab am 30. März den Streckenverlauf der Hagenow-Schweriner Eisenbahn bekannt. August Christian von Witzendorf, Dethloff Ludwig Eobald Karsten (1787–1879) und Carl Prosch. Diedrich Carl Friedrich von Pressentin. Oper von Louis Spohr (1784–1859). Wahlspruch der Turner nach Friedrich Ludwig Jahn. Opernsängerin in Mozarts Oper Figaros Hochzeit. Prinzessin Marianne von Preußen, geb. von Hessen-Homburg (1785–1846), verh. mit Prinz Wilhelm von Preußen (1783–1851). Prinz Friedrich Wilhelm Waldemar von Preußen (1817–1849).



April 1846

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18 April. 19 April. Sonntag. 20 April. Stever dennoch angesagt. 21 April. Angezapft wegen Brandenstein;49 Zwiespalt in mir. Abend bei der Ministerin. 22 April. Mit Boddin, Buch und v[on] d[er] Lühe nach Redefin geritten. Regen. Schöner Fuchshengst, Goldfuchsstute von Rokingham. Nach Ludwigslust mit Baljis50 Pferden. Kummersche Allee. Diner beim Onkel. Abends zurück. 23 April. 24 April. Mehr Ruhe in mein äußeres Leben, mehr Sammlung im inneren. Streit zwischen Stever und Major Nußbaum.51 25 April. 26 April. Sonntag. Briefe aus Rom. 27 April. Reisegedanken. Brief an Lippe. Sell geht mit. 28 April. Dies an Zülow gesagt, der sich gut dabei nahm. Tagebücher und Kunstgeschichte hervorgesucht. Ritt nach dem Werder, wo mich ein Aetnaähnliches Ungewitter mit Principessa in einen Ziegelofen trieb. Hamburger Vergleich52 stachelt mich, ich muß ihn noch einmal gründlich studiren. /136/ 29 April. Mein Inneres ist voll Jubel; Reisen, und zwar nach Süden ist meine ganze Wonne, die meine Vernunft bekämpfen muß. – Ablieferung der Recruten stud[iosus] art[is] pingendi, Kunze, der Prediger Sohn aus Zahrensdorf bei Warin,53 Genschow Bildhauer,54 Schmidt Maler aus Wismar. Mecklenburgische Geschichte für jetzt beendet, doch soll das Studium im Herbst von 1701 an gründlich wieder beginnen. Dann soll auch Kirchenrecht heran, Reversalen und Erbvergleich möglichst in Doberan.55 30 April. Schneefall und Hagelschauer. Langen meldete sich ab. Tiecks schöne Magelone56 gelesen, deren Lieder mich wundersam an mich selbst gemahnt, mir 49 50 51 52 53 54 55

56

Mglw. Joachim Gottfried von Brandenstein, Oberstallmeister und Kammerherr. Lesung unsicher. Theodor Ernst Stever auf Wustrow war Mitglied der Militärrekrutierungsbehörde für den Schwerinschen Distrikt, Ehrenreich Karl Adolf Nußbaum (1796–1874) kommandierte das Leichte Infanteriebataillon. Der Vertrag von 1701 über die Schaffung zweier Teilherzogtümer war eine der wichtigsten staatsrechtlichen Grundlagen der Beziehungen zwischen Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Friedrich Wilhelm Heinrich Bauch (1786–1866), Pastor seit 1823, später, seinem Sohn folgend, nach Amerika ausgewandert. Christian Genschow (1814–1891), Bildhauer. Kirchenrechtlich ging es um die Rolle des Großherzogs als Oberbischof. In den Sternberger Reversalen von 1572 gewährten die Herzöge den Ständen gegen Schuldenübernahme weitreichende Privilegien, die im Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755 schließlich Verfassungsrang erreichten. Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter von Provence, Erzählung von Ludwig Tieck.

266 Schwerin Sehnsucht nach Ferne und Liebe einflößten, mich an A[uguste] R[euß], O[lly] und P. erinnerten, mich traurig machten. La part du diable.57 1 Mai. Herrliches Wetter. Fromm, fleißig und fröhlich! Ein schönes Pferd von Herrn Stade in Hamburg gekauft, was mich sehr beschäftigt; Jagd und Pferde können zur Leidenschaft bei mir werden, letztere sind es fast schon, denn ich kann mich stundenlang mit ihnen in Gedanken beschäftigen. Lagerplatz und Schloß besehen. „Freundschaftsbündnis“58 im Theater. 2 Mai. Gesellschaft bei Sells. 3 Mai. Sonntag. Briefe an Fritz Hessen und den König. Onkel Gustav angekommen. Les enfants Flohrberg,59 gut gegeben bei Vithinghofs. Hof. /137/ 4 Mai. Wagenstall besehen. Bras de fér geritten. Onkel bei mir zu Tisch; ihn durch das Buchholz gefahren. 5 Mai. Mit Zülow und Buch auf Lorette und Fany More nach Ludwigslust geritten. Unteroffziere, Leute (1te Classe) Recruten, Offiziere reiten gesehen; Remonten. Sehr kalt. Gespräch mit Kleeburg.60 In den Schloßgarten und nach Neustadt mit Bülow. Diner beim Onkel. Abend zurück. 6 Mai. Apollo und die Reitpferde gesehen. Sitzung bis um 2 1/2 Uhr. Diner. Freundschaftsbündnisse. Amandus H.! Souper. 7 Mai. Reise nach Como. Von Schwerin nach Magdeburg Von Schwerin die Nacht durch nach … Um 12 ½ Uhr abgereist. Nachtreise. Quaken der Frösche. Genthin Eisenbahn. 8 Mai. Nach Magdeburg die Nacht durch Der Dom prächtig von der Morgensonne, besonders von dem Plätzchen am Chor, beleuchtet; der Kreuzgang erinnert an M[on] Reale.61 Eisenbahnfahrt. Das Vorderrad in Unordnung; die deshalb nöthigen 4 Stunden Intervalle zwischen den Zügen in Altenburg zugebracht; ich dachte an Graf Lippes Wagen bei Castell. Gespräch mit Therese am Fenster. Beim Hinausfahren aus dem Bahnhof Unglück des Fuhrmannes. Schöne Mondnacht. 9 Mai. Nach Nürnberg Hof frappirte durch seine freundliche Lage; gothisches Rathhaus. Vor und hinter Münchenberg gewinnt die heitere Gebirgs- /138/ gegend durch das Hervortreten des eigentlichen Kammes des Fichtelgebirges mit Kronenberg, Oxenkopf und Schneeberg. Die Eisenbahnfahrt folgt der Straße. Hoch auf einem Felsabhang liegt weit hin sichtbar das Schloß Kulmbach, zu seinen Füßen ein freundliches Thal. Steinhausen. Rückblick auf Kasendorf. Einzelne zu Tage tretende Sandsteinfelsen. Furchtbare Hitze. Strafanstalt. Thurnau auf dem Berge 2 Schlösser. – Schleßnitz.62 Das Schloß Seehof im Thal von Bamberg 57 58 59 60

Oper von Daniel-François-Esprit Auber. Ein Freundschaftsbündnis, Schauspiel von Leopold Feldmann (1802–1882). Drama von Ernst Christoph Freiherr von Houwald (1778–1845). Johann Friedrich Ernst Mecklenburg von Kleeburg (1790–1864), außerehelicher Sohn von Großherzog Friedrich Franz I. Er wurde als Oberst und Kommandeur des Dragonerregiments im November verabschiedet. 61 Kathedrale von Monreale auf Sizilien. 62 Scheßlitz.



Mai 1846

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trägt deutlich den Character einer Erzbischöflichen Residenz,63 wie Bamberg mit seinem schön gelegenen, im Rundbogen mit 2 Chören von Heinrich dem Heiligen64 erbauten Dom und seinem Schlosse. Zwischen beiden steht noch der Theil des alten Bamberger Schlosses, in welchem Philipp von Schwaben von Otto v[on] Wittelsbach ermordet, im Erker der dritten Etage.65 Aus einem Fenster des neuen stürzte sich Berthier beim Anmarsch der Russen.66 Eine der schönsten Aussichten von Deutschland hat man von S[ank]t Michelsberg, erinnernd an Heidelberg, in der Nachmittagsbeleuchtung, unvergeßlich. Die Eisenbahn brachte uns samt einigen lärmenden Erlanger Studenten schnell nach Nürnberg, dem alten Bekannten, das ich im Monschein nach 7 Jahren einmal wieder durchwanderte, auch auf die Burg stieg ich. Albrecht Dürers Denkmal und sein Haus. 10 Mai. Von Nürnberg die Nacht durch Während die Gegend anfangs öder [wird], wird sie bald sehr freundlich /139/ und es folgen rasch auf einander das Jagdschloß S[ank]t Zee und Schloß und Ort Ellingen, beides dem Fürsten Wrede67 gehörig, die Wülzburg ein Zuchthaus,68 das mit Thürmen, Mauern und Gräben eingefaßte alterthümliche Weißenburg, das große Kloster Kaisheim,69 endlich Donauwörth mit seiner liebenswürdigen Wirthin zum Krebs. Mit Dampf ging es nach Augsburg. Ein flüchtiger Blick auf den Domplatz brachte reiche Früchte, indem der Tournierplatz Kaiser Max[imilians] I., der 5schiffige und 2chörige Dom, die 3 Fenster des Reichssaals, von dessen Balcon die Augsburgische Confession (?) vorgelesen wurde und das churfürstliche Schloß,70 in dem Karl V. wohnte, gleich merkwürdig sind. Einen nur dem Amsterdammer Sall vergleichbaren enthält das Rathhaus. Bemerkenswerth sind auch das Fuggersche Haus, zu dem auch die 3 Mohren gehören und die 3 Brunnen. Der Abend war zur Weiterreise herrlich. Endlos breitete sich das Lechfeld im Mondschein aus; bedeutend mit seiner Kirche und seinen Ruinen erschien Landsberg. 11 Mai. Nach Inspruck Bei Murnau betraten wir die wohlbekannten, jetzt in das schönste Frühjahr gekleideten Alpen, die Zugspitze vor uns. Die dicke Wirthin in Partenkirchen war schon im Juli 44 gestorben, um einer hübschen, an C[on]t[es] s Kanitz in Wien, erinnernden Wirtschafterin Platz zu machen. In Mittewald zeigte uns dieselbe hübsche Kellnerin unsere alten Stuben und die von Mama; die ehemals schöne Wirthin kannte uns, /140/ hängt oben gemalt. Inspruck war 63 64 65 66 67 68 69 70

Sommerresidenz der Bamberger Fürstbischöfe. Kaiser Heinrich II. (973/78–1024), 1007 Gründer des Bistums Bamberg. Pfalzgraf Otto VIII. von Wittelsbach ermordete 1208 König Philipp von Schwaben in der sog. „Alten Hofhaltung“ in Bamberg. Louis Alexandre Berthier (1753–1815), Herzog von Neuchâtel und Marschall von Frankreich. Carl Theodor 2. Fürst von Wrede (1797–1871). Renaissancefestung der Ansbacher Markgrafen. 1802 zugunsten Bayerns säkularisierte reichsunmittelbare Zisterzienserabtei. Fürstbischöfliche Residenz.

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Reise nach Italien

wunderschön; lange saß ich jenseits der Innbrücke auf einer Bank, gegenüber der Franziskanerkirche und überdachte mein Leben und sein Ziel! Abends blies die Musik von Kaiser Jäger71 auf dem Markt. 12 Mai. Von Innspruck nach Botzen Alles bekannt, aber Frühlingsgrün und auch Botzen bei Tage von 3 ½ - 7 Uhr. Da wir beide frühere Male Botzen erst bei Nacht erreichten, so durchreisten wir den südlichen werdenden Theil des Eisakthales72 mit staunendem Entzücken, über das Großartige und üppige dieser südlichen Alpennatur. Schön liegt Kloster Seben73 und die Burg Russidan über Klausen,74 kühn am linken Ufershang Trostburg. Mächtig zeigt sich der Schlernkofel, gemüthlich die Kegelbahn von Azwang, der jetzigen Station. Botzen am Fuße bewachsener Bergwände in einer grünen Weinebene erinnert an Inspruck. Sein Dom scheint mir unrein gothisch; Bronzearbeiten sind daran angebracht. Interessant durch seine dunkle Felsenumgebung ist das campo santo mit der Inschrift resurrectueris75 (?) Merkwürdig war meine Einführung in Eisaktaverne, hübsch der Blick aus ihren Arcaden und von der Brücke. Abendmusik. Klavierspieler. Laue Luft! 13 Mai. Von Botzen nach Verona Am Roquetta Paß entlud sich ein sehr arges Gewölk, ein vollkommener Stahlstich, wenn der kleine Sonnenblick an der rechten Stelle gewesen. In Trient sah ich einmal S[ant]a Maria Maggiore, wo das Konzil /141/ gehalten. Der schöne Dom im Rundbogen frappirte beim Vorbeifahren. In Roveredo während des Frühstückens traf ich den Prinz v[on] Fürstenberg, der während meiner Masern in Schwerin war.76 Kurz vor der Veroneser Klause passirten wir das Schlachtfeld von Rivoli.77 Die Klause ist das Alpenthor, aus dem man in die lombardische Ebene tritt. Einige Vorberge begleiten noch bis zur Biegung der Etsch bei Parona und 2 rasende Postillone rollten unseren Wagen nach Verona hinein. Mama kommt morgen. Wirth, Lohnbediente. 14 Mai. In Verona Zuerst allein nach dem Amphitheater; Aussicht auf die Alpen. Nach S[an] Zeno, der alten Basilica Pipins, den Gräbern der Scaligieri; Romeo und Juletta. Auf die Bastionen hinauf, Blick auf die Stadt. Schuwaloff, unsere Damen angekommen, die sehr freundlich, Fr[äulein] Sch[reeb] embellirt, Sch[öning] blaß. Mit ihnen von den Scaligieri nach dem Amphitheater und S[an] Zeno. Souper. Gespräch mit Meiendorf: Bordeaux, Kati! 2 Stunden geschlafen. 15 Mai. Von Verona nach Venedig und zurück In 4 Stunden nach Vicenza. Theater besehen, umgezogen, nach Venedig, nach lione bianco, nach dem palazzo. Ueberraschung: Wilhelm, Mama, Wiwi, Kaiserin, Olly, Kronprinz. Nach S[an] Marci. 71 72 73 74 75 76 77

Jägerregiment der österr. Armee. Eisack, Fluss. Benediktinerinnenkloster auf dem Säbener Berg. Gemeint ist verm. die Friedburg in Barbian. Ressurecturis: dienjenigen, die auferstehen werden. Karl Egon III. von Fürstenberg (1820–1892). Sieg Napoleons über die Österreicher 1797.



Mai 1846

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Trotz der Unruhe und der Zerstreutheit machen sie doch den alten heiligen Eindruck. Frühstück. Abreise. Erzherzog Rainer, Leopold,78 Friedrich.79 Fahrt, Olly und Karl, Zustand von Wiwi. Im Wagen /142/ der Kaiserin nach Verona. Souper. Diner. Abend. Vorher Frühstück in Vizenza. Souper. Musik. […], Lichtenstein. 16 Mai. Von Verona nach Varenna Nach einem traurigen Abschiede, bei dem Ollys letzte Worte zu waren: „soit bon pour Wiwi“,80 fuhr man die Nacht durch. Bei Lecco öffnet sich das Gebirge dem schönen Comer See, doch ließ das regnigte Wetter die Schönheit kaum ahnen. Unser Gasthof hat einen reitzenden Garten mit Orangen. Promenade nach dem Wasserfall in Begleitung von 7 Mädchen. 17 Mai. Von Varenna nach Mailand Geburtstag von Wiwi. Fahrt nach Mailand. Im Dunkeln in den herrlichen Dom; mächtiger Eindruck. Scala: Vestalin.81 18 Mai. In Mailand Zuerst in den von der Morgensonne beleuchteten Dom; herrliche Beleuchtung. Wieder in den Dom, Ambrosiana, Brera: sposalitio, Verstoßung Hazars, Madonna von Sassoferrato, Carton, Frühstück. Spitze des Doms bestiegen, Villa Simonetta, arco della pace; Basar, Affen, Corso, 4 Erzherzöge, Souper, alles verrückt. 19 Mai. Von Mailand nach Varenna Um 4 Uhr fort. Weingelände mit Rosen; Burg ähnlich Hohenzollern. Regen. Frühstück. Fahrt nach Sommariva; Melzi; Bellagio, Genazini besucht. Regenwetter. /143/ 20 Mai. In Varenna Sonnenschein. Auf das Castell hinauf mit Giacomo, das den Serbelloni82 gehörig gewesen. Partie nach Como auf 2 Barken. Das sonnenbeleuchtete frühlingsgrüne Ufer von Bellagio mit beschneiten Bergen dahinter hatte ein recht glückliches Ansehen. Die Gesellschaft lustig: Mama, Wiwi, Schreeb, Wilhelm, Schöning und ich. Halt bei der mezza via: Cavagnola, hochgelegenes Haus, Spazirgang dahinter. Expedition von Fr[au] S[chreeb] und Wilhelm. Die villa Plincana, auf dem antiken Unterbau ruhend, neben dem reichen Wassersturz an den Felsen gelehnt, ist mit ihrer Durchsicht auf den lichten See wohl eine der schönsten, in denen Menschen sich der villegiatura83 ergeben. Geschmackvoll und gediegen ist auch die Einrichtung. In Como rasteten wir im bekannten Gasthof, besuchten die Kirche, aßen und [be]fuhren dann in 4 Stunden den abendlichen See, anfangs unter Gesprächen und Gesang, dann schlummernd zurück. Fr[äu]l[ein] Schöning, die überhaupt von der Reise sehr angegriffen ist, war sehr matt. Endlich nach 4stündigem Rudern glänzte uns unser Gasthof illuminirt entgegen und Musik quälte uns bis tief in die Nacht.

78 79 80 81 82 83

Verm. Erzherzog Leopold von Österreich (1823–1898). Mglw. Erzherzog Friedrich von Österreich (1821–1847). Es ist gut für Wiwi. Oper von Gaspare Spontini (1774–1851). Mailänder Patrizierfamilie. Sommerlicher Landaufenthalt.

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Reise nach Italien

21 Mai. Von Varenna über den Splügen nach Ander Anfangs läuft die Straße an den steilen, reich bewaldeten Ufern des Comer Sees hin, mehrmals den Felsen durchbohrend bis Colico, nachdem man vorher einen hübschen Blick auf das gegenüber liegende Gravedona gehabt. Hier zweigt sich rechts die /144/ Bormiostraße ab und man verfolgt die Adda in ein frisches, augenblicklich ganz von ihr überschwemmtes Hochthal, das nach und nach kahler wird, und dem sich die Straße bald durch einige kühne Windungen entzieht, um in die Schneeregion zu gelangen. Von Chiavenna bis zur Höhe des Passes stiegen wir 7 Stunden zu Fuß. Der Schnee begann bei dem Wirthshaus, von wo die Straße noch sehr steigt, durch mehrere wiedrige, sehr feste Gallerien führt, bis man endlich im tiefsten Winter die Dogana erreicht, ich immer hinter dem Kammerwagen her. Ein eisiges Plateau, nur von einem Bergwasser, vielleicht den Anfängen der Adda durch rauscht, umpfängt den Wanderer, nur von einigen umnebelten Schneegipfeln überragt. Das enge Geleise windet sich mühsam durch hohe Schneewände, zwischen denen Wilhelm und ich, geführt von einem Arbeiter, hindurchwateten, eine großartig schauerliche Scene, bis uns ein gastliches Dach dicht unter der Scheide aufnahm. Hier nach siebenstündigem Marsche ausruhend, verplauderten wir eine Stunde mit Wirth und Wirthin, bis uns die Wagen einholten, die uns die letzte Höhe hinaufbrachten. Finstere, halb mit Schnee gefüllte Gallerien nahmen die hinabfahrende Colonne auf, der durch die scharfen Rieden,84 in welchen ungeschickte Postillons die müden Pferde nicht zu nehmen wußten, mehrere Desasters erwuchsen. Unter stetem Laufen von einem gestrandeten Wagen zu anderen, Heben, /145/ Schelten, Ermahnen, kamen wir endlich im Dunkeln die steile Absenkung hinab nach Splügen, wo ich den Brief von Hopfgarten erhielt. Im bekannten Andeer, wo in dem großen Saal gegessen wurde, war Nachtlager. 22 Mai. Von Andeer nach Bregenz Freundlich erweitert sich das freundliche sonnige Hochthal, während hoch im Rücken, schneebedeckt und im Strahl der Morgensonne glänzend der Splügen schaut. Ein Gefühl gleich dem, das uns stets nachher beim Anschauen des Aetna befiel, erfüllte mein Inneres bei diesem Rückblick. Die …85 Doberan. Lager. Harz und Detmold, sehr lustig. Jagden in Burg Schlitz, Ivenack, Röbel und Basedow. Landtage mit vergeblicher Steuer- und Münzreform;86 Schuldentilgungssache günstig durch Minister Levetzow;87 Stimmung nicht gemäßigter, aber Benehmen gehaltener. Schluß am 22. Dezember. Barner Landrath.88 – Wilhelm nach Bonn. W. Smyth. 84 85 86 87 88

Lesung unsicher. Hier bricht das Tagebuch ab. Modernisierung des meckl. Steuersystems und des Münzwesens. Der Zweite Minister und Kammerpräsident Theodor Diederich von Lewetzow saß auch der Schuldentilgungskommission vor. Heinrich Franz von Barner auf Bülow (1777–1861).



Dezember 1846

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31 Dezember. Donnerstag. Wieder ein Jahr dahin; welchen Nutzen hat es mir als Mensch gebracht? Der Glaube war nicht lebendig, wirkte daher nicht unmittelbar genug auf das Leben; das Streben war im Winter und Frühjahr gestärkt durch die schöne Frühjahresreise, doch im Sommer und Herbst schwach, jetzt wieder lebendiger. Ernst, regelmäßige Beschäftigung, ein nützliches Wirken steht damit in enger Ver- /146/ bindung. Fest ist mein Glaube aber; erhalte ihn mir, mein Gott! und lasse mir meine Lebensaufgabe stets klar vor Augen bleiben. Meine Zukunftsträume sind immer noch jugendlich glühend, aber doch begränzter. Theilweise zeigt sich schon Resignation. Möge sie sich nur nie auf das Feld der inneren Aufgabe schleichen. Meine äußere erfasse ich noch objectiv, um mich auf den rechten Standpunkt zu erhalten: „daß mir das schwere Amt des Großherzogs von Gott gegeben ist, um mich darin zu dem zu bilden, was er mit mir durch mein Erdenleben will, und um sein Werkzeug in diesem Kreise zu sein.“ Doch verwachse ich schon mehr mit demselben durch Zeit, Gewohnheit und Leben, indem ich dessen Interesse schon als die meinen anzusehen beginne. Doch auch in Ausfüllung dieses Amtes bin ich oft lässig gewesen und muß ich gewissenhafter werden, mich vor Hochmuth, Launen, Sorglosigkeit hüten. Lähmend und entmuthigend wirkt auf alles die Folgen des früheren … So eben ist das alte Jahr 1846 geschieden, nicht umglänzt mit jenem jugendlichen Wehmuthsschimmer mancher früheren, mit denen Tage unendlichen Jugendglücks, auch nagender Trauer ins Grab gesunken, aber eine mahnende Zahl am Ziffernblatt des Lebens, nicht sehnsuchtsvoll rückwärts, sondern muthig und ernst vorwärts zu schauen, der klar erkannten Aufgabe mit der ganzen Kraft eines redlichen Menschen zu /147/ leben, das Andere aber Gott anheim zu stellen, um dessen Willen und durch den Alles ist. Per aspera ad astra. Mama in Palermo. Bravo. Reise im Frühjahr nach Venedig. Fr[au] Plessen verheiratet. Fritz Maltzan. Zippler gestorben. /148/

272 Schwerin 1847 1 Januar. Freitag. Reveille. Kliefoth im Dom, ausgezeichnet: der Mensch ist in dem Augenblick der Gegenwart stets die Summe aller vorangegangenen Augenblicke, und diese bilden den Grund, auf dem sich sein Leben dem Tode und der Ewigkeit zubaut. Herren-Cour und Diner. Theater. Souper. 2 Januar. Damencour. Gr[ä]fin Bernstorf-Wedendorf,1 die Bass[ewitz]-Bristow2 und Langen sehr hübsch. Ich unwohl. Souper recht angenehm. 3 Januar. Sonntag. Ball bei mir, wo Rose, Veilchen und Fuchsie wieder vereinigt waren, auch beim Souper. Ich wegen Unwohlsein nur mit diesen drei getanzt. Bassewitz-Schlitz3 noch da. Brief von Wilhelm. 4 Januar. Nun mit Ernst an meinen Beruf. An Wilhelm den entscheidenden Brief geschrieben.4 5 Januar. Apollo geritten. Sehr beschäftigt, daher zufrieden. 6 Januar. Heil[ige] drei Könige. Graf Sichi5 zwischen der Eisenbahn und Oedenburg vom Wagen erschlagen. Schrecklich. Nach Ludwigslust. Diner im Marmorsaal. Ball: Fr[au] v[on] Bernstorf. Nur 3 Francaisen mit Fr[au] v[on] Maltzan v[on] Lenschow, v[on] Langen, Fr[äu]l[ein] H[elene] v[on] Rantzau. Écarté6 mit Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb. 7 Januar. Recruten und Remonten gesehen. Frühstück bei Langens. Diner bei Onkel Gustav. Nach Schwerin zurück. /149/ 8 Januar. Die Cadetten. Aspiranten gewählt. Apollo unter Aufsicht von Boddin7 geritten. Wenig gearbeitet. Die Erinnerung[en] an A[uguste] treten immer wieder hervor. 9 Januar. 10 Januar. Sonntag. Parade. Rutschberg hinter dem Schlosse. Erinnerungen an Dresden. Gräfin Bassewitz. Diner. Sirene. 11 Januar. Quadrille angefangen auf Lorette. Rutschberg mit Passion gehandhabt: Damen: Fr[äu]l[ein] Schreeb, die zweite Knaudt, die Kirchberger. Im Theater. Wiwi und Fr[äu]l[ein] Schöning. 12 Januar. Caroussel. Rutschberg. Ball in Galla: Fr[au] v[on] Maltzan, Fr[äu]l[ein] Friedchen Klein, Prollius, Fr[au] v[on] d[er] Lühe, Cottill[on]: Gräfin Ina BassewitzIch fange an, aus der ersten Tanzperiode auszuscheiden. 13 Januar. Tüchtiger in der Arbeit, doch der fromme Sinn noch ferne. Mein Zustand ängstigt mich. Caroussel. Beim Rutschen die Frau des Unteroffizier Risch umge1 2 3 4

Auguste, geb. Freiin von Miltitz (geb. 1815). Ina von Bassewitz-Levetzow. Heinrich Graf von Bassewitz, gen. Schlitz. In der Frage, in wessen militärische Dienste der Herzog treten sollte, entschied sich der Großherzog gegen den russ. Kaiser und für den König von Preußen. 5 Graf Zichy. 6 Kartenspiel. 7 August von Boddin, Vizeoberstallmeister und Kammerherr.



Januar 1847

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fahren.8 Die kleine Tochter packte beim Wegschieben der Mutter meinen Aermel und schrie: min Mutter, m[in] Mutter!!9 Norma. Der Orion am sternenhellen Nachthimmel. 14 Januar. 15 Januar. 16 Januar. Ball im Schaupielhause, leer an Zuschauern, amüsant durch die Kirchberger. Fr[äu]l[ein] Dewitz. 15 Januar.10 Sonntag. Nicht in die Kirche. Gerutscht. Fr[äu]l[ein] Dewitz. 16 Januar.11 Quadrille. Viel gerutscht, Fr[äu]l[ein] Lehsten, Laffert; /150/ die Kirchberger auch da. Nach Tische beschäftige ich mich mit meiner Reise, erst Spanien, dann Frankreich und Engelland. Ob es wohl recht ist, daß ich bis Spanien gehe? 17 Januar.12 Sehr voller und animirter Hofball. Ich tanze weniger, der erste Schritt aus der ersten Jugend. E[rster] Walzer: Sophie Zülow, 3 W[alzer]: Helene Rantzau, 1 Franc[aise]: Fr[äu]l[ein] Lehsten, 2 Fr[ancaise]: Mode, Masurka: Ida Langen, Cottillon: Adine Klein. Doch nicht so hübsch für mich, wie im vorigen Jahr, aus zwei Gründen. 18 Januar.13 Geritten, gerutscht, mit Mode und Fr[äu]l[ein] Schöning bis ans andere Ufer. Diner. Sehr müde. Tschierpes14 Bearbeitung der Grenzen der ständischen Concurrenz sehr wichtig und für mich belehrend. 2 Februar. Galla-Ball zum Schluß. Masurka mit Gr[ä]f[i]n Bassewitz-Prebberede. Graf Blücher, Schlitz, Lenschower da. 3 Februar. Um 6 Uhr Abends die Quadrille in rothen Röcken, das Caroussel in Uniform geritten. Souper. 4 Februar. Sehr hübscher Ball in Ludwigslust, wenn auch der Ranzausche noch hübscher war. 5 Februar. Kammersession wegen der Stellung des Oberforstmeisters. Anna Burkersroda im ersten Kindbette gestorben,15 ein schrecklich trauriger Fall, ein liebenswürdiges, schönes Mädchen, eine Erinnerung aus meiner Jugend! Die Königin sehr krank. 6 Februar. Sonnabendball. Masurka mit der Grimm. 7 Februar. Sonntag. Kliefoth über das Gleichnis vom Säemann. /151/ Wie kommen wir denn in die Gemeinschaft mit Christum? Viel mit seinem Worte umgehen und dazu die Seele in der rechten Stimmung erhalten. Die Königin noch schwer krank. 8 9 10 11 12 13 14 15

Gemeint ist das Schlittenfahren auf einem Berg im Schlossgarten. Ndt.: Meine Mutter! Sonntag, der 17. Januar. 18. Januar. 19. Januar. 20. Januar. Verm. Heinrich Tschierpe, Hofrat aus Güstrow. Anna von Spangenberg, geb. von Burkersroda.

274 Schwerin 11 Januar. Sehr hübsche Schlittenfahrt nach Friedrichsthal. Getanzt. 13 Februar. Desgl[eichen] nach Friedrichsthal. Zum Essen geloost, zwischen Fr[äu] l[ein] Laffert und Fr[äu]l[ein] Prollius.16 Rückfahrt mit Fackeln. Windbänke. 14 Februar. Kliefoth im Dom: er zeigte aus der Weltgeschichte, wie Christi Leben der Mittelpunkt unserer ganzen Erlösungszuversicht, sein Tod und seine Auferstehung hierin wieder die Höhepunkte seien, und wir und besonders in der kommenden Passionszeit durch fleißiges Anschauen und Vertiefen in dieselbe das Heil aneignen müßten. Eine wundervolle Predigt, die jeden im Mittelpunkt seines Lebens erfaßt, aufweckt, auf das Heil hinweist, begeistert. – Dem Winke folgend, will ich das Lesen des Römerbriefes bis nach Ostern und Reise verschieben und die Leidensgeschichte allmorgendlich lesen, es wieder versuchen, mich Christi hinzugeben, seinen Willen wirklich in mir zu dem alleinigen Regulator des meinigen machen. Dazu helfe mit mein lieber alter Gott, schenke mir jugendliche Begeisterung und männliche Kraft und Ausdauer: per aspera ad astra! 14 März. Berlin.17 Die gestrige Soiree bei Meiendorf hat mich seltsam aufgeregt. Ich bin mir nicht klar, war es der ungewohnte Blick in eine Scene der großen Welt, war es das Wiedersehen so vieler Bekannter (Gr[ä]f[i]n Pappenheim,18 Fr[au] v[on] /152/ Uechtritz,19 Plessens und Gr[ä]f[i]n Golz),20 was schöne Erinnerungen weckte, auch wohl die etwas eingeschlummerte Eitelkeit, genug, ich kam gleichsam berauscht nach Hause, aber angenehm berauscht. Dies Gefühl gleicht dem, wenn ich in Altenburg am ersten Abend mich zur Ruhe legte.21 Große Theuerung,22 deshalb die Reise aufgegeben. Reise nach Schlesien von Sanssoucis aus mit Hopfgarten und Mecklenburg vom 14ten bis 18ten Juni. Kynaß23 im Abendlicht: Hoffnungen! Stohnsdorf.24 Heinrichsburg. 25 Doberan.26 Rennen, Inspectionsreise. Reise nach Marienbad, über Eger, Regensburg, Passau, Linz nach Wien, über Prag, Dresden (Elisabeth), Weimar, Rudolstadt, Hanover, Oldenburg, Zeller Jagd nach Ludwigslust.2728 Jagden, Jagden in Mal16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Eine Tochter des Geheimen Kammerrates Ludwig von Prollius. Vom 13. bis 25. März war der Großherzog wegen des Eintritts Herzog Wilhelms in das Regiment der Gardes du Corps in Berlin. Fränk.-schwäb. Adelsfamilie. Verm. die Ehefrau des sächs. Oberkammerherrn Emil von Uechtritz. Märkische Adelsfamilie. Hier bricht das Tagebuch erneut ab. Die meckl. Regierung kämpfte vor allem gegen den Preisanstieg beim Brotgetreide. Burgruine im Besitz der Grafen von Schaffgotsch. Sommerresidenz der Fürsten von Reuß-Köstritz. Der Großherzog hoffte, Auguste von ReußKöstritz heiraten zu können. Burgruine mit Aussichtsturm auf dem Stangenberg. Der Großherzog reiste am 14.7. nach Doberan. Verm. Prinzessin Elisabeth von Sachsen (1830–1912). Dort blieb der Großherzog vom 12.9. bis 10.10.



März 1847

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chin und Burg-Schlitz, in der Göhrde29 mit Onkel Wilhelm. Wilhelm nach Bonn mit Jasmund.30 Nach Schwerin. Landtag: Münz-, Hypotheken-, Eisenbahnsache. Poggescher Antrag das erste Anzeichen eines bevorstehenden Kampfes um unsere alte Verfassung!31 Umsicht, Klarheit, aber Kraft! Fleiß und Passion zur Kunde vom Vaterlande. Niedergeschlagenheit in meinem inneren Kampfe, ängstlich /153/ über die zukünftige Gestaltung meines äußeren Lebens. Per aspera ad astra Schlesien. Wien. Landtag (Pogge). /154/

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Waldgebiet bei Dannenberg. Premierleutnant Viktor von Jasmund vom Grenadier-Gardebataillon begleitete den Bruder des Großherzogs zum Studium. Johann Pogge (1793–1854) auf Roggow beantragte in Sternberg eine Verfassungsreform, durch die Städte und Ritterschaft und auch das Domanium gewählte Vertreter in einen kleineren Landtag entsenden sollten.

276 Schwerin 1848 28 Februar. Montag. Ungewöhnlich zahlreicher Besuch. Onkel Albrecht. Louis ­Philippe abdicirt zu Gunsten des Grafen von Paris,1 Tante Helene Regentin, Odilon Barrot2 Minister. – Revolution. Die Königliche Familie auf der Flucht. Republik. – Unerhört. Ein trauriger 25ter Geburtstag. Hähnlein, Meyendorf, Westmoreland3 hier. 29 Februar. Was ist zu thun? Beobachten des Ganzen der Ereignisse in Frankreich und in den anderen Ländern. Stille Rüstung. Zusammenhalten der Geldmittel. Ferner Beobachtung der Rückwirkung jener Bewegung auf die Stimmung bei uns. Wie lagert sich die Stimmung für die von uns beabsichtigten Reformen? Tante Helene findet mit ihren Kindern jederzeit hier eine gastliche Aufnahme. Das 4te, 7te und 8te Corps werden mobil gemacht.4 Scene in der Deputationskammer mit Tante Helene. /155/ Mama nach Berlin begleitet, die zu Tante Helene nach Ems will. Mit Kanitz, Bodelschwingh5 und dem Könige gesprochen. 11 März. Schweriner Petition durch den Magistrat überreicht. 12 März. Sonntag. Rostocker Petition durch Dr. Kippe,6 Pr[o]f[essor] Türk,7 Senat[or] Weber, K[au]f[mann] Ernst Brokelmann, Schiffer Alwardt,8 Hutm[acher] Lansemann, Adv[oka]t Moritz Wiggers9 überreicht. 13 März. Lehrjungen Krawall gegen 6 Uhr. Ich um 6 ¾ ins Theater, Generalmarsch, Bürger bewaffnet, um 9 Uhr zerstreut. Gute Stimmung der hiesigen Bürger. Versammlungen in Rostock, Wismar u[nd] a[nderen] Orten. Petitionsfluth mit den Punkten: Landesvertretung, Parlament, Volksbewaffnung, Geschworenengerichte, Associationsrecht, Preßfreiheit. Deputationen 2 von Rostock, 1 vom Rath in Wismar, 1 von Parchim, 1 vom Rath in Schwerin. Ich gab im Einzelnen nach Lage der Sache nach, suchte aber das monarchische Prinzip und das ständische zu retten, da das constitutionelle gegen meine Ueberzeugung ist, als in der Theorie falsch und in der Praxis nicht bewährt. Durch Gewalt gedrängt, war ich entschlossen, den Andringenden mich oder die Constitution zur Wahl zu stellen. Da kam die Proclamation des Königs vom 18ten, der Kampf in der Nacht auf den 19ten, die Erklärung des Königs zum constitutionellen König der Deutschen. 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Louis Philippe, König der Franzosen (1773–1850), dankte zugunsten seines Enkels, des Grafen von Paris, Louis Philippe Albert d’Orléans ab. Odilon Barrot (1791–1873). John Fane, 11. Earl of Westmorland, brit. bevollmächtigter Minister in Berlin. Gemeint sind das IV. preuß., das VII. bayer. sowie das VIII. Corps des Deutschen Bundesheeres (Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt). Ernst von Bodelschwingh, preuß. Innenminister. Dr. Gottlieb Christian Kippe, Anwalt und Notar aus Rostock, Mitglied der Rostocker Zentralkommitte der Reformvereine. Karl Türk (1800–1887), Rechtshistoriker und Prof. in Rostock. E. Alwardt, Schiffskapitän. Moritz Wiggers (1816–1894), Anwalt und Notar.



April 1848

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Das monarchische Prinzip war gefallen, das constitutionelle hatte gesiegt. Jetzt galt es nur Deutschland zu retten, auf die Idee des /156/ Königs einzugehen. Einen Landtag im Mai hatte ich verkündigt. Am 24ten März verließ ich die Proclamation wegen der Constitution.10 25 März. Deputation von Wismar und Parchim. 26 März. Sonntag. Festzug um 12 ½ nach meinem Palais hin. Rede. Guter Eindruck. Vereinte deutsche und mecklenburgische Farben. Abends Illumination. Im Theater vorher. 27 März. Aufstand in den Herzogtümern.11 Die Sache ist schlecht. Wenn aber der Bund befiehlt, marschiren das G[renadier] G[arde] Bataillon, das 2te Musquetier Bat[aillon], 4 Geschütze und 2 Schwadronen, 150 Jäger. 1 April. Hülferuf vom Herzog von Augustenburg.12 Antwort. L[eutnan]t v[on] Pressentin13 nach Berlin geschickt. 5 April. Nach Ludwigslust, um die Dragoner zu sehen. 6 April. Ausmarsch nach Hagenow. Ich mit einem Extrazuge auch dorthin; angenehmer Eindruck; freundliche Frau. – Entwurf zum Wahlgesetz erhalten. Onkel W[ilhelm] vielleicht an der Spitze der deutsch-holsteinischen Truppen. 7 April. Gefecht bei Flensburg.14 14 April. Ausmarsch der Artillerie und Jäger. Die Dragoner von Zarrentin weiter. 15 April. Ausmarsch der Infanterie. Ich auch nach Gadebusch und umliegende Dörfer. 16 April. Weiterer Bundesbeschluß, die Räumung von Schleswig zu erzwingen. Conzentrirung bei Itzehoe. /157/ 22 April. General Wrangel15 übernimmt das Commando. 23 April. Ostersonntag. Schleswig von den Preußen genommen: Danewirk,16 Bustorf,17 Gottorp-Schloß. 24 April. Energische Verfolgung durch Halket.18 Gefecht bei den Bilschauer Wirthshäusern. Die 4te Schwadron unter Rodde19 attaquirt durch einen Sumpf 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

An Meine Mecklenburger, veröffentlicht in: Raabe, H.F.W. (Hg.): Gesetzessammlung für die mecklenburg-schwerinschen Lande, 2. Folge, Wismar Ludwigslust 1852, S. 590f. Die Aufständischen in Schleswig und Holstein begannen den Krieg gegen Dänemark. Friedrich August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1800–1865). Carl Christian August von Pressentin (1820–1905), Premierleutnant im Leichten Infanteriebataillon und Ordonnanzoffizier. Schlacht von Bau bei Flensburg am 9. April, bei der die dänischen Truppen die Aufständischen in die Flucht schlugen. Der preuß. Generalleutnant Friedrich Graf von Wrangel war Oberbefehlshaber der Bundestruppen in Schleswig-Holstein. Danewerk, ma. Befestigungsanlage. Osterschlacht bei Busdorf in der Nähe von Schleswig. Hugh Halkett (1783–1863), hann. Generalleutnant und Oberbefehlshaber des X. Corps der Bundesarmee, zu dem die meckl. Truppen gehörten. Franz Cuno Baron von Rodde (1815–1860).

278 Schwerin dänische Jäger. Unteroffizier Riebe erschoßen,20 6 Dragoner, 12 Pferde blessirt; darunter die Pferde des R[it]tm[ei]st[e]r[s] v[on] Rodde und L[eutnan]t v[on] Bülow-Roge[e]tz.21 Die 3te Schwadron unter Bülow-Karz22 nimmt einen Bagagewagen, einige Gefangene und 15 Pferde. Die Jäger feuern stark und nehmen mit den Hannoverschen Jägern 100 Gefangene. Bivuak bei Oeversee. 25 April. Major v[on] Zülow als Parlementair reitet durch Flensburg bis Bommerlund, findet keinen Feind mehr. Hauptquartier Holtebüll. Die Dänen teils nach Alsen, theils nach Appenrade. 26 April. Eröffnung des Landtages im Dom.23 Ungeheuer voll. 27 April. Zweite vorbereitende Sitzung. 28 April. D[e]sgl[eichen]. 29 April. 1, die Stände wollen ihre Rechte aufgeben. 2, soll die Proposition angenommen werden? Dewitz24: nein, aber Comission. 30 April. Sonntag. Beinahe zur Abstimmung, indem die Ritterschaft zustimmen will, aber Landschaft will dann lieber in partes gehen.25 Oertzen-Jürgensdorf26 vermittelt, zu den Commissar[ien]. /158/ Die Dänen nach Alsen. Den Truppen am 25. und 26. Ruhetag. – Halket recognoscirt mit unseren Jägern und H[annoverschen] Husaren die Gegend von Gravenstein nach Sonderburg. – Bei Bilschau Dragoner Ladendorf v[on] d[er] 3ten E[skadron] an der Hand blessirt. Drag[oner] Bökenhauer, brav. 16 April Mai. Wahl nach Kopfzahl mit Zwischenwahlen ohne Census für die Wahlmänner. Die alte ehrwürdige Verfassung ist zu Grabe getragen durch die Revolution von 1848, zunächst durch den 17. März27 in Berlin. Das entschied den Sieg des constitutionellen Prinzips. – Aufenthalt im ruhigen Ludwigslust, ein bezaubertes stilles Schloß in der tobenden Wirklichkeit. 20 Mai. Das 2te M[usketier] Bataillon hat 2 Todte und 3 Blessirte vor Alsen. Die Dänen wurden durch das 2te Oldenburgische Bat[aillon] mit dem Bayonette geworfen. Reise nach Schleswig 22 Mai. Mit einem Extrazuge nach Hagenow, mit O[nkel] Gustav nach Hamburg; die Augustenburger besucht. Mit dem Herzog nach Rendsburg. Zu Wagen weiter 20 21 22 23 24 25 26 27

Johann Christian Heinrich Riebe (1816–1848) vom Dragonerregiment fiel am 24. April durch einen Kopfschuss. Friedrich von Bülow (1826–1905). Wilhelm von Bülow auf Kaarz (1816–1889) Der außerordentliche Landtag wurde nach der meckl. Ständeverfassung durchgeführt. Friedrich Adolph Diederich von Dewitz auf Kölpin (1813–1888), ritterschaftlicher Deputierter des Stargadischen Kreises im Engeren Ausschuss. Die Landstädte versuchten mit der „Itio in partes“, dem „Gehen in die Teile“, ein für sie ungünstiges neues Wahlrecht zu blockieren. Landrat Georg Ludwig von Oertzen-Jürgensdorf (1801–1878), vormals Drost im Domanialamt Doberan. Gemeint ist der 18. März.



Mai 1848

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(v[on] Koschenbar28 u[nd] Fr[au] v[on] Röder29). Kropp.30 12 Uhr Nachts in Schleswig; C[om]m[an]d[an]t v[on] Patschinsky-Braunschweig.31 23 Mai. Nach Flensburg, nach Gravenstein über die Krusauer Mühle. 2 Br[aunschweiger] Bataillon und Batterie. Meckl[enburgische] Fourire. Promenade im Holz: Herzensflügel. Aussicht. Um 9 ½ Uhr in Nübel, wo Halket mit seinem Stabe. Zu Pferde zu der 1sten und 3ten Musketier-Compagnie, bei Düppel vorbei, wo Plessen,32 nach den Vorposten bei der Windmühle. Blick auf Sonderburg u[nd] die /159/ dänischen Batterien und Vorposten. Mit Zülow33 in die Mühle hinein, dann links an der Steinmauer. Bei Düppel war inzwischen die Garde ausgerückt; mit den Offizieren gesprochen; die Batterie in Satrup gesehen. Von Buchs34 Quartier nach Feldstedt gefahren, wo die vierte Schwadron lag. Gutes Quartier bei Below.35 Die dritte, in Tombul36 nicht gesehen. Nach Appenrade. Ehrenwache v[on] 4 S[er]g[ean]t[en] [des] 2[ten] Bat[aillons]. Gemüthliches Diner. Dänisches Dampfschiff. Pfannkuchen,37 Com[man]d[eu]r der Artillerie. Oberst Maschall,38 Cap[i]t[ain] v[on] Platen;39 C[api]t[än] Leonhardt,40 Gr[a]f Lusi v[on] 2 Kürassier[regiment],41 Oyenhausen,42 C[o]mm[an]d[an]t des Hauptquartiers. Um 10 Uhr in Flensburg. Krusauer und Pulvermühle. Eisengießerei. 24 Mai. Schleswig. Kapit[ain] v[on] Lenz, 43 C[o]mm[an]d[an]t; Oberst v[on] Beguignolles,44 Maj[or] v[on] Falkenstein,45 Schloß Gottorp. Das Schlachtfeld über Bustorf, Danewirke, Erdbeerenberg. Anettenhöhe, Thiergarten nach dem 28 29 30 31

Von Koschembahr, schles. Adelsfamilie. Blanca von Röder, geb. von Wildenbruch (1804–1887). Gemeinde in Schleswig. Ernst von Paczinsky (1791–1860), braunschw. Oberstleutnant und Kommandeur des 2. Infanteriebataillons. 32 August Emil Leopold von Plessen (1797–1862), Oberstleutnant und Kommandeur des Garde-Grenadierbataillons. 33 Der Flügeladjutant des Großherzogs, Major Hermann von Zülow, war zum Stab des Generals Halkett kommandiert. 34 Helmuth von Buch (1813–1878), Hauptmann und Batteriechef der Artillerie. 35 Wilhelm von Below, Major und Kommandeur der meckl. Dragoner. 36 Tombüll. 37 Von Pfannkuche, Oberstleutnant und Kommandeur der Artilleriedirektion des X. Bundesarmeecorps. 38 Freiherr von Marschalk, hann. Oberst und Kommandeur der 1. Infanteriebrigade. 39 Von Plate, oldenbg. Capitain und Unterstabschef des X. Bundesarmeecorps. 40 Leonhardt, hann. Capitän und persönlicher Adjutant des Generals Halkett. 41 Graf von Lusi, aggregierter Sekondleutnant im Kürassierregiment „Königin“ (Pommersches) Nr. 2. 42 Wilhelm Georg Heinrich Graf von Oeynhausen, Kapitän im Leichten Infanteriebataillon und Kommandant der meckl. Jägerabteilung. 43 Vom preuß. Kaiser Franz Grenadierregiment. 44 Eduard Friedrich Leopold d‘Artis von Bequignolles (1793–1865), Kommandeur des preuß. Kaiser Franz Grenadierregiments. 45 Eduard Vogel von Falkenstein (1797–1885).

280 Schwerin Schloß hinunter besichtigt. Blessirte Dragoner im Schloß und in der Danziegelei besucht. Nach dem Essen abgereist. Große Passage die 2te Compagnie von Franz,46 Cap[itai]n v[on] Plessen begegnet. Rendsburg. Mit den gefangenen dänischen Offizieren nach Hamburg. Abend bei den Augustenburgern. 28 Mai. Gefecht bei Düppel und Nübel. Plessen blessirt,47 Hirschfeldt †,48 Quitzow ausgezeichnet. Die Batterie that 165 Schuß. 5 Juni. Gefecht bei Nübel. Schütze Marthiensen †, Dragoner Als blessirt. – Plessen hier. – Torgelower Sache beendigt.49 Vicenza erobert;50 Aufstand in Prag.51 /160/ 23 Juni – 26sten. Emeute in Paris, faubourg St. Antoine capitulirt. 52 General Carvaignac53 mit dictatorischer Gewalt bekleidet, die Versammlung en permanence. 23 Juni. Reise nach Eisenach. Tante Helene und die allerliebsten Kinder Paris und Chartres. 54 Auf die Wartburg. 24 Juni. 25 Juni. Sonntag. Um 5 Uhr auf die Wartburg. Herrlicher Morgen. Mit der Tante in die Kirche, wo die Mädchen confirmirt wurden. Regnigte Fahrt nach Wilhelmsthal.55 Die Kinder allerliebst. 26 Juni. Nach Leipzig, wo Onkel George, Tante Marie und Moritz. 4 Stunden da. Nach Magdeburg. Mit rasender Eile die Nacht durch. 27 Juni. Um 8 ¼ in Schwerin. 30 Juni. Heute werden die dänischen Positionen bei Hadersleben angegriffen. Das Garde Bat[aillon] u[nd] L[eichte] I[fanterie] Bat[aillon] sind dabei, der General führt sie und 2 andere Bataillons. Kentzler56 und Klein57 zurück. Hochzeit von Fr[äu]l[ein] v[on] Prollius und Müller.58 1 Juli. Ein Commando geht nach Neubukow, noch nicht.

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Gemeint ist das preuß. Kaiser Franz Grenadierregiment. Von Plessen, Oberstleutnant und Kommandeur des Garde Grenadierbataillons. Alexander von Hirschfeld (1819–1848), Premierleutnant im Garde Grenadierbataillon. Gemeint ist der gewalttätige Aufstand der Tagelöhner in Torgelow gegen den Gutsbesitzer Jürge Heino von Behr-Negendanck im Mai. Aufstand in der Stadt gegen das Königreich Lombardo-Venezien, dessen König in Personalunion der Kaiser von Österreich war. Prager Pfingstaufstand gegen Österreich. Während des Juniaufstands der Pariser Arbeiterschaft wurden in der Vorstadt Saint-Antoine Barrikaden errichtet. Louis-Eugène Cavaignac (1802–1857). Louis Philippe Albert d’Orléans, Graf von Paris, und Robert Philippe d’Orléans, Herzog von Chartres. Sommerschloss der Herzöge von Sachsen-Weimar. Friedrich Franz Adolf Kentzler (1820–1856), Premierleutnant im 1. Musketierbataillon. Friedrich Karl von Klein (geb. 1806). Verm. Otto von Müller und Hedwig von Prollius.



Juli 1848

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3 Juli. Erzherzog Johann59 zum Reichsverweser mit 436 Stimmen ernannt; ist sehr gut! Ihm und dem Könige geschrieben. Die Dänen haben in der Position von Hadersleben nicht Stand gehalten, scheinen den Sundewitt bedrohen zu wollen. 4 Juli. Lazarethabtheilung nach Rendsburg und 12 Mann. /161/ 5 Juli. Die Stimmung in dem Lande im Ganzen ruhiger, doch ist schnelles Vorgehen nöthig. In der Bukower Gegend noch Auflehnung. Waffenstillstandsgerücht auf drei Monate. – Brief vom König in der Reichsverwesersache. Absicht in Berlin, die Ordnung herzustellen. Brief vom Oberst v[on] Rantzau,60 der das Commando meiner Truppen niederlegt. Fahrt von Steinfeldt zu Wasser zurück. Die Sch. angenehm. 6 Juli. Erzherzog Johann hat die Wahl angenommen. Esperance!61 10 Juli. Sonntag. Nach Steinfeldt geritten mit Boddien und Bernhard Bülow. Zu Wasser nach dem Kaninchenwerder und zuhause. Nach einem Hessensteinschen Bericht ist Graf Purtales62 mit den Waffenstillstandsbedingungen ins Hauptquartier von Wrangel gegangen. 11 Juli. Mama geht nach Potsdam. Mit ihr von Schlesien gesprochen.63 Brasch aus Lankow sprengt den democratischen Clubb.64 12 Juli. Der Waffenstillstand ist abgeschlossen. Dank Dir, mein Gott! Landsyndicus Groth65 hier. Das Wahlgesetz mit einem Vorwort soll publicirt werden.66 18 Juli. Der Waffenstillstand ist nur auf 3 Tage bis heute Abend geschlossen. Er ist wahrscheinlich an dem Wiederstande der Schl[eswig]-Holsteiner gescheitert. – Das Verfahren der Geschworenen Gerichte mit Viereck67 kurz durchgegangen. Mama von Sans- /162/ soucis zurück. – Affen bei Brasch in Lankow; schon in Mailand gesehen: Schreierische Gesellschaft.68 Die Ravensche69 Compagnie nach Wismar zurück, 50 Mann unter Bülow nach Doberan. Bassewitz-Schlitz gestern Abend bei uns. – Kanthak spielt im Schloßgarten. Große Gesellschaft, 59

Erzherzog Johann von Österreich (1782–1859) wurde am 29. Juni von der Frankfurter Nationalversammlung zum Reichsverweser und quasi Staatsoberhaupt ernannt. 60 Heinrich Graf von Rantzau (1795–1860), oldenbg. Oberst und Kommandeur der 2. Infanteriebrigade, zu der die meckl. Truppen als 1. Halbbrigade unter dem Kommando des Oberstleutnants von Raven gehörten. 61 Hoffnung. 62 Albert Graf von Pourtalès (1812–1861), preuß. Diplomat. 63 Wegen einer eventuellen Verlobung mit Prinzessin Auguste von Reuß-Köstritz. 64 Brasch betrieb als Erbpächter eine Gastwirtschaft in Lankow bei Schwerin und führte dort größere Veranstaltungen durch. 65 Adolf Ernst Friedrich Groth, Landsyndikus (Rechtsvertreter der Landstände) aus Rostock. 66 Provisorisches Wahlgesetz zwecks Bildung einer neuen Ständeversammlung vom 13.7.1848, veröffentlicht im Mecklenburg-Schwerinschen officiellen Wochenblatt Nr. 30 vom 15.7.1848. 67 Johann Heinrich Viereck, Vizepräsident des Oberappellationsgerichts. 68 Beim Gastwirt Brasch in Lankow gastierte die Witwe des Wiener Tierhändlers und Menageriebesitzers Heinrich Schreier (1793–1847) mit ihren berühmten dressierten Affen. 69 Otto von Raven (1793–1862), Kommandeur des 1. Musketierbataillons.

282 Schwerin Mama auch da. Angenehmer Eindruck, daß in dieser sturmbewegten Zeit man so ruhig und froh am öffentlichen Ort verkehren kann. /162/ 19 Juli. Graf Bernstorf und Frau bei uns. Zu den Affen nach Friedrichsthal. 2 pr[o] c[en]t der Bevölkerung soll aufgestellt werden.70 20 Juli. Anfang der Berathungen über den Entwurf einer Verfassung, bearbeitet von Groth. Mit Mama zu den Affen. 22 Juli. Zur Entenjagd nach Neukloster. 54 Enten. Nach Doberan über Neubukow. Thee am Damm. Schöner Abend. 23 Juli. Sonntag. Gebadet. Zur Kirche, mächtiger, aber flüchtiger Eindruck. Prebbereder Bassewitzens zu Tisch. Zum Theater hinein. Vorher Thee im Garten. Souper im Saal. 24 Juli. Zurück nach Schwerin über Wismar. Deputation der Reformvereine durch Dr. Ernst, Advocat Wedeke aus Fürstenberg und einem Drechsler aus Tet[e]row um Entlassung der Minister. 71 Schützenfest hieselbst. 25 Juli. Geburtstag des Ministers von Lützow. Jagd im Buchholz. Ferrara von den Oestreichern genommen. Was wird Frankreich thun? Es kann das Signal zum europäischen Kriege sein. /163/ 26 Juli. Waffenstillstandsunterhandlungen in Schleswig abgebrochen. Der Krieg fängt wieder an. In den Consrader Tannen einen ungraden Zwölfender geschossen. Mittags Diskussion der Verfassung. 27 Juli. Auf dem Ball im Schützenhause getanzt mit der Tochter des Aeltermann Verhein (Marienplatz 1170), mit der des Schuster[s] Brandt (Landreiterstraße 402 od[er] 9), mit der des Steinsetzer[s] Lanken, conditionirt beim Forstcomm[issar] Jeppelt (Schloßstr. 718).72 28 Juli. 29 Juli. Sonntag. An den Reichsverweser in der Huldigungssache geschrieben, an Mama. Kirchenparade. Abend in Ostorf. 30 Juli. Mittags Ankunft von Wilhelm mit einem Brief vom König über die Stellung zum Reichsverweser. Das Preußengefühl regt sich gewaltig. Wilhelm Abends nach Doberan weiter. Lowtzow73 aus Schleswig zurück. 31 Juli. Schlußsitzung und Ernennung der Commissionen. Jagd.

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Gemäß der neu beratenen Wehrverfassung der deutschen Staaten. Der Güstrower Reformtag am 21. und 22. Juli, auf dem sich die meckl. Reformvereine über ihre Forderungen verständigt hatten, sandte den Lehrer Dr. Ludwig Christian Heinrich Ernst aus Güstrow, den Notar Theodor Gedecke aus Fürstenberg und den Drechsler Beutler aus Teterow nach Schwerin. Der Uhrenhändler Anton Verhein war Ältermann der Schützenzunft. Es gab zwei Schustermeister Brandt in Schwerin, Samuel und Friedrich. Der Steinbrücker Jacob Heinrich Wilhelm Lancken ist seit 1843 nicht mehr in Schwerin nachweisbar. Forstkommissar Carl Jaeppelt war Berechner auf dem Schweriner Holzhof. Premierleutnant im Leichten Infanteriebataillon.



August 1848

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1 August. Ueber die Richenberger Mühle, Tempzin, Neukloster, Ilow nach Doberan. In Strelitz ein Enkel geboren.74 10 August. Sonntag. Huldigung des Reichsverwesers. Die Mecklenburgische Brigade nach Hamelev detachirt. Reichstruppen sollen nach Schleswig. Sieg der Östreicher am Mincio.75 /164/ Aufenthalt in Doberan. Ziemlich leer. Rennen. Wilhelm gewinnt den goldenen Becher. Nach Strelitz zur Taufe. Volksfest. Cour. Diner. Souper. Nach Schleswig 15 August. Ueber Hamburg, wo ich das Waisenhaushospital besuchte, nach Rendsburg mit H[au]pt[mann] Köhler76 und Buchs.77 16 August. Schleswig. Flensburg. Kanonade bei Holnis. Apenrade. Schlöpke.78 Aufs Schloß zu Wrangel. Garten. Ritt nach der Batterie und Fahrt im Hafen. Scharfer Schuß. Ueber Hadersleben nach Hamelev. Solms. H[au]pt[mann] Schöler.79 17 August. Artillerie in Kieding.80 An Quitzow und Spalding Orden.81 Zülowsche Jägercompagnie in Ringwedt. 3. Compagnie Garde in Mau[g]strup. An Plessen das Kreuz.82 Oertzensche Compagnie in Simmerstedt.83 Strelitzer in Sommerstedt, Reffon (du Trossel84) und Oxenwatt.85 Diner. Hübsche Pastorin. Solms, Pr[in]z Friedrich v[on] Holstein,86 Schöler u[nd] sein Pr[emier] L[eutnan]t. Nach Tisch zu Pferde nach Mau[g]strup, hübscher Garten und Musik. In Kieding Milch gegessen. 18 August. 2 Compagnien vom 2ten Bat[aillon] in Scudstrup, die 3te in Bek, wo Peters87 das Kreuz erhielt, eine in Grabüll, 3 Züge der 4ten Schwadron in …, 3 von der 3ten in großen Nustrup, den 4ten am Wege später. Nach Hadersleben

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Adolf Friedrich V. (gest. 1914) wurde am 22. Juli geboren. Fluß in Oberitalien. Gemeint ist die Schlacht bei Custozza am 25. Juli gegen König Karl Albert von Sardinien-Piemont (1798–1849). 76 Hugo Köhler (1812–1894), sächs. Offizier, seit 1848 als Kapitän in meckl. Diensten. 77 Helmut von Buch, Hauptmann und Batteriechef der Artillerie. 78 Der Hofmaler Theodor Schloepke begleitete den Großherzog und fertigte Gemäldeskizzen an. 79 Ernst von Schöler (1807–1894), Hauptmann beim preuß. Kaiser Franz Gardegrenadierregiment. 80 Kidding. 81 Theodor August Albrecht von Quitzow (geb. 1827), Sekondleutnant, und der Unteroffizier der Artillerie Spalding erhielten das neu gestiftete Verdienstkreuz für Auszeichnungen im Kriege. 82 Oberstleutnant von Plessen vom Garde Grenadierbataillon erhielt das Verdienstkreuz. 83 Friedrich von Oertzen (1801–1861), Kapitän und Chef der 2. Kompanie des Garde Grenadierbataillons. 84 Eugen Louis Leopold du Trossel, Sekondleutnant. 85 Gemeinde in Schleswig. 86 Friedrich Prinz von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (von Noer, 1800–1865). 87 Der Musketier erhielt das Verdienstkreuz. Vgl. Eintrag vom 17.8.1848.

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Reise nach Schleswig

zum Fürsten Radziwil,88 mit ihm zum Essen in /165/ Hamelev. Musik. Pastorin am Fenster. 19 August. Um 5 Uhr fort. Frühstück in Apenrade. Ueber Hollebül nach Hokerup zu Halket. Nassauscher General v[on] Ahlefeldt.89 Ritt nach der Batterie bei Eckernsund, über Grafenstein nach Nübelermühle. Rechts neben der Mühle stand unsere Batterie. 1 Artillerist im Wickenfelde begraben, die beiden Grenadiere weiterhin. Fackenbrock und Marthinsen mit mehreren Preußen, hannoverschen Jägern vom 3ten, und einem Oldenburger Artilleristen in Gravenstein. Bäckerin in Holnis. Diner. Abreise. Nacht in Flensburg. 20 August. Früh nach Schloß Glücksburg, wo das Zastrowsche Corps liegt.90 Das Frankfurther Bataillon aus Flensburg marschiren gesehen. Die Schwerblessirten besucht. Milhan Kugel durch den Kopf, Müller in der Kniescheibe, noch 2 durchs Becken und Oberschenkel. Nach Schleswig. Offizier von Alexander Füsilieren.91 Alvensleben. Mehrere Blessirte in Gottorf. 1 Artillerist schwer blessirt. Mit dem Herzog von Augustenburg nach Hamburg. 28 August. General Below in Wismar gelandet.92 Fritz von Strelitz und Lilli, auch Prinz von Hessen da. Angenehme Gesellschaft: Sch II. 1 September. Recruten bei den Schießständen gesehen. 2 September. Desgl[eichen] in Wismar. 3 Sept[ember]. Sonntag. In Doberan. Prinz Eugen.93 Baumeister fort. /166/ 4 September. Nach Schwerin. Doctorin Schiller. Schießen der Recruten auf dem Werder. 6 September. Exerciert in Ludwigslust. Um 3 Uhr Deputation von 50 Abgeordneten wegen Abänderung des Wahlgesetzes. Um 3 ½ nach dem Greenhouse hinausgefahren. – In Strelitz Sturmpetition.94 9 September. Sonntag. Mit Stever gesprochen,95 zurückgekehrt vom Diner in Steinfeldt. Volksversammlung. Gut abgelaufen. 10 September. Vorsichtsmaßregeln. Verstärkung nach Waaren: die Ravensche Compagnie und 30 Pferde. Candidat Lübbert in Malchow arrestirt.96 Deutsche und preußische Crisis, Mecklenburgische Crise. 88 89 90 91 92 93 94 95 96

Wilhelm Fürst von Radziwill (1797–1870), preuß. Generalleutnant. Alefeld, Generalmajor und Kommandeur der Nassauischen Brigade. Heinrich Adolf von Zastrow (1801–1875), preuß. Major, stand als Oberstleutnant in holsteinischen Diensten. Verm. das preuß. Kaiser Alexander Gardegrenadierregiment. Gustav von Below (1791–1852), preuß. Generalmajor, handelte den Waffenstillstand von Malmö aus. Prinz Eugen von Württemberg (1788–1857). In Neustrelitz forderten am 6. und 7.9. tausende Demonstranten Großherzog Georg zu Reformen auf und erreichten eine Regierungsumbildung. Verm. hat Theodor Ernst Stever hier das Angebot des Großherzogs, an die Spitze eines Reformministeriums zu treten, abgelehnt. Der Jurastudent Otto Lübbert spielte bei der „Malchower Lübberté“, den Aktivitäten des Reformvereins und den Unruhen im September eine zentrale Rolle.



September 1848

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12 September. Bekanntmachung der Uebertragung des Verfassungswerkes an Lützow, Stever, Kippe und Groth.97 Entlassungsgesuche von Levetzow und Oertzen.98 Das L[eichte] I[nfanterie] Bat[aillon] kommt morgen. Ordensvertheilung an Halket, Zülow, Sichart, Platen, Görz v[on] Wrisberg und an jedes der im Feuer gewesenen Truppentheile, per Compagnie 2 Kreuze. 99 13 September. Nach Eingang sicherer Nachrichten über eine am Sonntag beim Haselholze beabsichtigte Landesvolksversammlung ist ein Aufruf an Schwerin erfolgt, soll morgen einer an das Land ergehen, haben 2 Compagnien des 1sten Bat[aillons] und 90 Dragoner Marschbefehl zum Sonnabend erhalten, und kommt morgen das L[eichte] I[nfanterie] B[ataillon], Summa 1300 Mann. /167/ 14 September. Um 8 ¼ Uhr den Aufruf an Strempel100 übergeben. Benachrichtigt, daß Dr. Wenzlavs101 Vorstell[un]g, die gestern hier angelangten Wiggers und Willebrandt102 von ihrem Vorhaben abgestanden. Um 11 ¼ Uhr contre-ordre! 15 September. Papas Geburtstag! Welch eine Zeit, doch Vertrauen auf Gott, er wird es wohl machen! Schönes Wetter. Um 8 ¼ im Greenhouse gefrühstückt, nach dem Dome, freundlicher Anblick der Kapelle. Um 1 Uhr Einmarsch des L[eichten] I[nfanterie] Bataillons. Gedränge. Reden. Nach dem alten Garten. – Die Versammlung scheint aufgegeben. Leidenschaftliches Schreiben von … Zülow angekommen. 16 September. Die Versammlung ist definitiv aufgegeben, heute Morgen ist abgeschrieben worden. Besuch bei Frau von Plessen. Jägeroffiziere zum Diner. Oynhausen und Sprewitz.103 17 September. Sonntag. Volksversammlung auf dem Schützenhof. Alles ruhig. Ich danke Dir, mein Herr! Das war eine schwere Woche! Aber Dein Wille ist doch der richtige. 18 September. Die Augsburgische Confession gelesen. Auf ihren Buchstaben zu schwören ist schwer, auf ihren Geist braucht man nicht erst schwören. – Alex Solms angekommen. 104 L[eutnan]t v[on] Langen macht Quartier für Königin Cuirassier.105 Der General v[on] Elderhorst angekommen. 106 /168/ 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106

Die Verfassungsangelegenheiten wurden den Genannten kommissarisch außerhalb der Regierung übertragen. Bindeglied zur Regierung war Minister Ludwig von Lützow. Gemeint sind der Zweite Minister Theodor Diederich von Levetzow und der Regierungsdirektor Friedrich Albrecht von Oertzen. Das meckl. Militärverdienstkreuz bekamen neben dem General Halkett der hann. Major und Stabschef Louis von Sichart (1797–1882), der oldenbg. Capitain und Unterstabschef Plate, der braunschw. Capitain Graf von Wrisberg und der Major Hermann von Zülow. Friedrich Strempel, Ratsherr und ab 1849 Bürgermeister in Schwerin. Dr. Franz Wenzlaff, Lehrer an der Schweriner Realschule und Mitglied der Abgeordnetenversammlung. Christian Wilbrandt (1801–1867), Prof. für Germanistik in Rostock. Der Großherzog hat hinter die Namen ein kleines Verdienstkreuz gezeichnet. Alexander zu Solms-Braunfels (1807–1867), Major beim preuß. 3. Husarenregiment. Preuß. Kürassierregiment „Königin“. Hartwig von Elderhorst, Generalmajor.

286 Schwerin 19 September. Einmarsch von Königin Cuirassier, Major v[on] Schwemler Kommandeur,107 marschierte auf dem alten Garten auf, salutirte und marschirte in Zügen vorbei. Um 12 Uhr. Um 2 Uhr kam das Strelitzer Bataillon, das ich auch auf dem alten Garten sah. Die Offiziere und Major v[on] Schwemler zu Tisch im Greenhouse. Jägermusik. Reges Leben auf den Straßen. Heute früh Butterexzeß.108 Der Waffenstillstand in Frankfurth genehmigt. Dem General Wrangel das Commando der Truppen zwischen Elbe und Oder übertragen: 60000 Mann. Es steht jetzt am Scheidewege zwischen Ordnung und Umsturz in Preußen und damit bei uns. Graf Gröben mit einem Befehle an das Strelitzer Bataillon und das C[ürassier] Regiment hier durch. Spektakel. 20 September. Einmarsch des Gardebataillons, sehr festlich. Diner der Cürassieroffiziere bei uns. Voxhal in Ostorf.109 21 September. Ausmarsch der Cuirassiere, Einmarsch der Batterie; nach Ludwigslust, wo die Dragonerdivision sehr festlich empfangen wurde. Beim Onkel gegessen. Alexander Solms. Nach Schwerin zurück. 22 September. Bei Wismar das 2te Bataillon gesehen. Die Offiziere der Garde zum Diner im Greenhouse. Den 18ten Emeute in Frankfurth, energisch gedämpft; Lignowsky und Auerswald scheußlich ermordet.110 – Begegnung regelmäßig. 23 September. Artillerieoffiziere zum Diner. Pogge hier. /169/ 24 September. Sonntag. Gottesdienst im Freien. Sehr erhebend. Vorbeimarsch. 30 Rotten, 2 Batterien. 25 September. 26 September. Hirschjagd im Bucholz. Ministerium Pfuel umschifft die Prinzipienfrage.111 Aufstand im Seekreise.112 Messina genommen.113 Wahlen.114 27 September. Nach Wahlen. Ueber Feld beauty geritten. Behr, v[on] d[er] Lühe, Oberjägermeister,115 Hopfgarten, Onkel Gustav. 29 September. Pirschfahrt. Frühstück. Treiben. Schweißjagd. 2 Vierzehnender. Diner. Sehr ruhig und angenehm.

107 Carl von Schwemler. 108 Meckl. Soldaten hatten auf dem Schweriner Markt die ihnen teuer erscheinende Butter eines Händlers beschlagnahmt und für einen geringeren Preis verkauft. 109 Musikalische Veranstaltung in einem Empfangsgebäude. 110 Der preuß. Generalmajor Hans von Auerswald (geb. 1792) und der Abgeordnete Felix Fürst von Lichnowsky (geb. 1814) wurden während der Frankfurter Septemberunruhen von Aufständischen erschossen. 111 In seiner Regierungserklärung vom 22. September lavierte der preuß. Ministerpräsident Ernst von Pfuel zwischen Königstreue und konstitutioneller Reform. 112 In Baden. 113 Nach einem Aufstand gegen die Bourbonen ließ König Ferdinand II. im September Messina bombardieren und besetzen. 114 Zunächst wurden Wahlmänner gewählt. 115 Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow.



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30 September. Pirschfahrt. Zehnender im Kämpfe auf der Katthorst auf 20 Schritt erlegt, 1 Rehbock. Frühstück. Kunst getrieben. Zu Pferde nach Haus. Mit Prosch gearbeitet. Mama entgegengeritten. Frühstück für sie. Pirschfahrt in der Wulfshorst. 1 Schmalthier angeschossen. Sehr amüsant. Zweige zugesteckt. Diner. Mama fort. 1 October. Sonntag. Schöner Morgen. Zu Pferde nach Ludwigslust. Tückhude besehen. Pastor Grimm.116 Kirchenparade in Helenen.117 Diner der Offiziere. Ins Holz geritten, um Hirsche zu hören. Auf den Klubb. Nach Schwerin. /170/ 2 October. Struve gefangen, seine Schaar vernichtet.118 3 October. Wahlen:119 Wenzlav, Pole,120 Schnelle.121 Lützow in Kleefeld, Kippe, Groth. T. des Brauer Havemann. 4 October. Lippe angekommen, bleibt 14 Tage. Die Wahlen noch so ziemlich bis jetzt. Todestag von Frau von Schöning. 5 October. Die Wahlen doch schlecht.122 Den Stall besehen. Neben Frau von Oertzen beim Thee. Es ist sehr gut, mit Lippe über meine Lebensweise zu sprechen. Sonderbarer anonymer Brief aus Petersburg, vielleicht von der Bode?123 6 October. Nach Friedrichsmoor Pirschen gefahren. 7 October. Der Prinz schoß auf der Ganshorst einen 10Ender. Furchtbare Schweißhundsjagd. Graf Bernstorf schoß ihn vom Pferde todt. Abends wieder nach Schwerin. 8 October. Sonntag. Herrliches Wetter. Besuch bei der Ministerin von Levetzow.124 Mit Lippe in den Gärten. Diner. Musik in Ostorf. Thee. 9 October. Jagd in Lützow. 8 Hasen, furchtbares Essen. Ich noch zum Thee. Von der Schöning erfahren, daß die Fürstin Reuß-Carolat125gestorben. Auguste war allein bei ihr! 10 October. Lippe im Buchholz; Revolution in Wien am 6ten, Kriegsminister Latour ermordet,126 der Kaiser nach Linz. Brief vom Erzherzog Johann. Der belgische

116 Carl Albrecht Friedrich Grimm (1795–1883), Pastor in Groß Laasch seit 1831. 117 Kath. Kirche in Ludwigslust. 118 Der radikaldemokratische Revolutionär Gustav Struve (1805–1870) hatte in Lörrach am 21. September eine Deutsche Republik proklamiert, wurde mit seinen Freischärlern jedoch bei Staufen von badischen Truppen geschlagen und gefangengenommen. 119 Gemeint ist nun die Wahl der Abgeordneten durch die Wahlmänner. 120 Carl Ludwig Pohle (1817–1883), Senator aus Schwerin. 121 Samuel Schnelle (1803–1877), Jurist und Gutsbesitzer auf Buchholz. 122 Zur Linken zählten sich zunächst 56 von 103 Abgeodneten. Das änderte sich später durch die Ausdifferenzierung eines linken und eines rechten Zentrums. 123 Siehe Eintrag vom 19.10.1848. 124 Charlotte, geb. von Oertzen-Kittendorf (1803–1853). 125 Dorothea, geb. Prinzessin von Schoenaich-Carolath (geb. 1789), war mit dem Onkel der späteren Großherzogin Auguste, Heinrich LX. von Reuß-Köstritz verh. 126 Der österr. Kriegsminister Theodor Graf Baillet de Latour (geb. 1780) wurde am 6. Oktober von Aufständischen gelyncht.

288 Ludwigslust Gesandte du Jardin, der nach Madrid abberufen ist, mit der schönen Zesterfleth zum Diner bei uns.127 Stever, Kliefoth bei mir. Kippe schiebelt.128 /171/ 11 October. Musicalische Soiree im Greenhouse, Frau v[on] Schack. Misi129 übergefahren. Papa mochte sie gerne. 12 October. Zur Jagd nach Neukloster. 13 Füchse, 13 Hasen. Herletz. L[eichtes] I[nfanterie] Bat[aillon], 4 Geschütze, 100 Pferde nach Lübeck.130 13 October. Schlechte Jagd u[nd] schlechtes Wetter. Nach Wismar zur Martha.131 Augen. Hübsche Vorstellung. Nach Schwerin. 14 October. Sitzung mit der Commission. Mama in die Stadt. 15 October. Sonntag. Bökler im Dom. Lippe das Schloß gezeigt. Nach Ludwigslust. Diner. Thee. 16 October. Jagd bei Gr[oß] Laasch. Diner. Thee bei Rantzaus.132 Lippe. Singt. Nadeln. Die jüngste und Sch[öning] allerliebst. Viel gelacht. Diner. Großmama Schöning da. 17 October. Schlechtes Wetter. Geburtstag von der Oberstallmeisterin.133 Diner. Thee. Viel mit Lippe. 18 October. Nach Schwerin. Schlußberathung über die Verfassung. 19 October. Wilhelm angekommen. Der anonyme Brief ist von der Bode: Il y une personne, qui tremble pour Vos jours ... et vous supplie que tout en restant fidèle à Votre devoir et à l’honneur. Vous n’exposiez pas Votre vie pour rien! Cette personne, dont le nom Vous sera toujours inconnu vous demande au nom de tout ce que Vous avez de plus sacré au monde de ne montrer cette lettre à personne et de n’en point parler. Je me fie aveuglément à votre loyauté. Petersburg d[en] 16. ­September.134 /172/ 20 October. Dragoner Müller in Lübeck an der Cholera gestorben. Dorothee: „Kleine Engel“ „Der Sozialismus und Communimus in Frankreich von Professor Stein in

127 Emmy von Zesterfleth (1813–1878), verh. seit 1844 mit dem belg. Gesandten in Hannover Aldephonse du Jardin (1796–1870). 128 Verm. im Sinne von „rollen, kullern“ für schwanken. 129 Verm. ein Hund. 130 Am 9. Oktober war es in Lübeck zu einer gewalttätigen Demonstration gekommen. 131 Oper von Friedrich von Flotow. 132 Carl von Rantzau, Hofmarschall der Erbgroßherzogin Auguste in Ludwigslust. 133 Albertine Eleonore Helmine, geb. Freiin von Maltzan (1808–1881), verh. mit August von Boddien (1803–1876). 134 Gemeint ist eine Tochter von Leo Louis Charles Baron Bode, russ. Offizier und Hofmarschall in St. Petersburg: Es gibt jemanden, der um Eure Tage zittert ... und Euch bittet, dass Ihr Eurer Pflicht und der Ehre treu bleibt. Setzt Euer Leben nicht für Nichts aufs Spiel! Diese Person, deren Namen Euch heute unbekannt ist, bittet Euch im Namen all dessen, was Ihr am meisten auf der Welt heilig gehalten/geheiligt habt, diesen Brief niemandem zu zeigen und nicht darüber zu sprechen. Ich vertraue blind auf Eure Loyalität.



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Kiel“ jetzt interessant.135 Soltau136 und Reuter137 in Schwerin gewählt. Landtag am 31sten zu eröffnen. Olly kommt am 26sten durch Hamburg. 21 October. Wilhelms Pläne. 22 October. Sontag. Wilhelm fort. In der Schelfkirche. Democratenversammlung in Hagenow. Tagebuch von Onkel Wilhelm gelesen. 23 October. Wache über Mecklenburg! Ritt mit den Damen. Fr[äu]l[ein] Schöning von Bravo am Haselholz herunter gefallen. Die vendetta138 des Schäfers an der Waslow.139 Die Lectüre des Steinschen Buches unendlich interessant, aber sehr beunruhigend. Es wird eine Hauptaufgabe sein, bei der politischen Reform die soziale Seite fest im Auge zu behalten. Schönes Wetter. 24 October. Markt.140 25 October. Jagd in Dümmerhütte und Strahlendorf. 26 October. Nach Hamburg, um Olly zu sehen. Etwas verändert, aber noch wunderschön; in Baarths Garten zu mir gesprochen. Wilhelm und der Würtemberg angekommen. Nach Schwerin allein zurück. Nach Sans soucis, Meiendorf auch mit. Onkel Wilhelm bei Mama gesehen. Trostlos über die Schwäche, in der Preußens Krone zu Grunde geht. Gegessen /173/ in Gegenwart der Königin. Thee. 28 October. Zu Wilhelm. Incognito noch Berlin. Linden. Flugblätter-Verkauf beim Opernhause. Schloßgitter. Breite Straßen. Caffee de l‘heureuse, Kölnische Rathaus. Die Linden zurück zu Hessenstein. Nach Potsdam. Visiten in Babelsberg, Glineke, Marmorpalais, Meiendorf. Diner. Alphons Boddin.141 Majestäten sehr freundlich für mich. 29 October. Sonntag. Von Wittenberge nach Schwerin. Abend bei Vitingshofs. 30 October. Sitzung mit der Commission; sie sind jetzt fest und entschieden. Mögen sie es bleiben, wenn die Stürme kommen. Mama angekommen. 31 October. Um 11 Uhr Eröffnung der Abgeordnetenversammlung im Dom, dann erste Sitzung. Großes Abendfest im Schauspielhaus. Toaste, Gesang, Reden; ziemlich anständig. Soiree bei Gräfin Bassewitz. Ein schwerer Tag „vielleicht noch nicht der schwerste!“ Hurra vor meinem Palais von Seiten der Nach Hause kehrenden, etwas illuminirten Gesellschaft. Das war hübsch!

135 Stein, Lorenz: Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreich, Leipzig 1848 (1842). 136 Friedrich Soltau (1813–1893), Direktor des Eisenbahnbüros. 137 Theodor Reuter (1813–1864), Lehrer und Theologe. 138 Blutrache. 139 Waldflur südlich von Schwerin. 140 Jahrmarkt in der Schweriner Neustadt. 141 Alphonse von Boddin (1802–1857), Oberst und Flügeladjutant des preuß. Königs, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung.

290 Schwerin 1 November. Male hier. Zweite Sitzung. Antrag auf Nichtertheilung des Zuschlages bei Verpachtung der Höfe.142 Diner der Abgeordneten bei mir, eigenthümlicher Anblick. Die meisten sind mir bekannt durch irgendeine Gelegenheit. Die Linke ist sehr compact. Wien ist genommen. Großer /174/ Eindruck auf die Radicalen. Prof[essor] Türk. Müller Lehmann erzählt mir ganz gutmütig vom DemocratenCongress. 143 Begegnung zu Mittag. B. Jantzen. 2 November. Dritte Sitzung. Nach Neumühle geritten. C[on]t[e]ß Bassewitz zum Thee. Strelitzer Commando nach Schöneberg, L[eutnan]t v[on] Penz.144 3 November. Brandenburg Minister, Hoffnung auch für Berlin. 145 Moritz Wiggers Präsident, Willebrandt und Wenzlav Vizepräsident, Spangenberg,146 Krüger,147 Wenzlav Ernst148 Secretaire. Details über die Einnahme von Wien. Schwanken der Commissarien. 4 November. Die in der Minorität befindliche Rechte verläßt den Saal, wie der Polesche Entwurf angenommen werden soll, der die Kammer mit 52 Stimmen beschlußfähig erklärt.149 Die Commissarien mit. Ist das richtig? 5 November. Sonntag. Schöner Morgen, später Schnee. Reformationspredigt von Bartsch. 6. Sitzung. Pohlesche Entwurf angenommen; Ausschuß aus den Abtheilungen150 zur Entwerfung einer definitiven Geschäftsordnung. Abends bei Boddin, wo Kettenburg und Dewitz.151 Brief. Gott gib mir Kraft und Muth. 6 November. 7. Sitzung. Antrag auf gänzliche Sistierung der Verpachtungen. Die Dringlichkeit versagt. Dem Antrage wegen verantwortlicher Minister und Unvereinbarkeit des Amtes eines Commissarii mit der Eigenschaft eines Deputierten. Die Commissarien sind sich über die der Kammer /175/ gegenüber zu befolgenden Prinzipien einig, werden im einzelnen Fall danach handeln, mit den Prinzipien aber erst hervortreten, wenn sie von Seiten der Kammer bewußt herausgestellt werden sollten. – Ob sich dies durchführen läßt, ob dies auch vom 142 Meistbietende Verpachtung der domanialen Höfe, die nun landarmen Bewohnern als Siedlungsreservoir zur Verfügung stehen sollten. 143 Mühlenmeister Lehmann auf der Domjüch Mühle saß für das Herzogtum Strelitz in der Abgeordnetenversammlung und besuchte vom 26.–31. Oktober den zweiten Demokratenkongress in Berlin. 144 Mglw. Carl Wilhelm August von Penz, Premierleutnant im Strelitzer Infanteriebataillon. 145 Am 2. November ernannte der preuß. König den General Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg (1792–1850) zum Ministerpräsidenten. 146 Dr. Fedor Papinga Julius Georg Spangenberg (geb. 1816), Anwalt in Güstrow. 147 Karl Ernst Friedrich Julius Krüger, Anwalt aus Wittenburg. 148 Dr. Ludwig Christian Heinrich Ernst, Lehrer aus Güstrow. 149 Carl Ludwig Pohle, Abgeordneter und Senator aus Schwerin. Da die Abgeordnetenversammlung bis dahin keine Geschäftsordnung besaß, waren die Abstimmungs- und Mehrheitsverhältnisse noch ungeklärt. 150 Die Abgeordnetenversammlung war durch Los in sieben Abteilungen mit jeweils 14 bzw. 13 Abgeordneten geteilt worden. 151 Verm. die Abgeordneten Kuno August von der Kettenburg (1811–1882) auf Matgendorf und Otto Ulrich von Dewitz auf Miltzow beim Oberstallmeister August von Boddin.



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Regierungsstandpunkt, wenn man einen Unterschied mit dem Commissarienstandpunkte annehmen kann, richtig ist, kann ich noch nicht beurtheilen. Ein Gefühl läßt mich das Gegentheil fürchten. Gott segne Mecklenburg! 7 November. 8. Sitzung. Den Deiterschen Raberschen152 Antrag auf Amnestie politischer Verbrecher an den Ausschuß gewiesen, den Soltauschen153 auf Veränderung des Locals die Dringlichkeit versagt. Wahlen zum volkswirthschaftlichen, zum Prioritätsausschuß. Abendberathung über die Verpachtungsfrage. Hoffnung auf Spaltung in der Linken. Vielleicht wird die Sache doch gehen! Man hofft so gerne. Nur Vorsicht und Muth! Brief vom Nassau.154 Besuch bei Stenglins gemacht.155 8 November. 9. Sitzung. Die drei Präsidenten bei mir zu Tisch. Anna [von] ­Schack.156 Abendconferenz. Die Commissarien werden festhalten in der Verantwortlichkeitsfrage. Bravo! 9 November. 10. Sitzung. Spaltung der Linken, wovon 16 Glieder sich mit dem Rechten Zentrum verbunden haben. Antrag auf Niedersetzung einer Commission zur Ausarbeitung einer Verfassung verworfen; auf eine Verfassungscommission /176/ angenommen. Dank Dir mein Gott! lehre mich nur auf Dich bauen und alles als zu meinem Heile dienend ansehen, was aus Deiner Hand kommt. Ministerium Brandenburg zustande. Gerücht von beabsichtigter Verlegung der Versammlung nach Brandenburg. Wenn es nur geschehe. Wahlen zum Verfassungsausschuß schlecht. 10 November. Keine Sitzung. Graf Brandenburg erklärte gestern die Versammlung nach Brandenburg verlegt und bis zum 27ten vertagt. Die Versammlung unter Unruh will bleiben.157 – Oesterreichische Truppen ziehen gegen Pesth. – Eine inhaltsschwere Zeit steht uns bevor! 11 November.158 General Wrangel ist gestern Mittag um 2 Uhr mit 10000 Mann ohne Widerstand in Berlin eingerückt! Stürmische Sitzung, die 11te Adresse an die Berliner Versammlung. Beschluß wegen der Mecklenburgischen Zeitung,159 wegen der Klöster.160 Die Versammlung in Berlin durch Wrangel veranlaßt, das Schauspielhaus zu verlassen. Ruhe in Berlin. 12 November. Sonntag. Zu Bökler. Proclamation des Königs. Auflösung der Bürgerwehr befohlen. Wie wird sich die öffentliche Stimme über diesen Schritt ausspre152 153 154 155 156 157

Dr. Jacob Joachim Ernst Raber (1808–1852), Arzt aus Hagenow. Friedrich Soltau (1813–1893), Eisenbahnbürochef aus Schwerin. Herzog Adolf von Nassau (1817–1905). Otto Henning Baron von Stenglin, Kammerherr. Verm. Anna Elisabeth von Schack (1816–1892). Die Preuß. Nationalversammlung wurde unter ihrem Präsidenten Hans Victor von Unruh (1806–1886) nach Brandenburg an der Havel verlegt. 158 Bis zum 14. schreibt der Großherzog den Monat als September. 159 Es handelte sich um ihre Subventionierung seitens der Regierung durch Inserate und Tagungsprotokolle. 160 Es handelte sich um einen Antrag, die Verwaltung der drei Landesklöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz an die Regierung zu übertragen.

292 Schwerin chen! An seinem Gelingen hängt Preußens Krone! und auch unser Werk. – Brief von Fritz von Strelitz161 und Wilhelm. Geburtstag der Gräfin. Frau von Dorne besucht. /177/ 13 November. 12te Sitzung. Ratzeburger Abgeordneter und Dewitz-Grumbeck 162 angenommen. Antrag, daß die 1te Com[panie] [des] 1. M[usketier] B[ataillons] nicht nach Malchow komme.163 – Berlin Sonnabend um 5 Uhr in Belagerungszustand erklärt, da die Waffen der Bürgerwehr bis dahin nur theilweise abgegeben. Frau v[on] Dewitz bei Mama. Zum Thee beim Minister, neben Fr[äu]l[ein] v[on] Maltzan. 14 November. Blum und Messenhauser erschossen!164 Das wird Sturm geben. – 13. Sitzung. Vorstand soll sich nach einem anderen Locale umsehen; alle neue Anstellungen nur provisorisch; keine Pensionen mehr. Klinggräfsche Wahl acceptirt.165 Wie wird Blum und Unruh166 auf Frankfurth wirken? 15 November. Papas Gebu Keine Sitzung. Unbehagliche Stimmung in Berlin. Klubb Unruhe an die Luft gesetzt.167 – Wir befolgen jetzt unserer Versammlung gegenüber den angebenen Weg. Es ist aber nicht zu leugnen, daß sowohl durch das unaufhörliche sich Folgen der Anträge als durch die Bedeutung ihres Gegenstandes die blos sachliche Beantwortung nicht ganz genügt, sondern das Ansehen der Versammlung zu erhöhen, das endliche feste Auftreten der Regierung zu erschwehren, beitragen wird. Daher möchte wohl einmal die Gelegenheit genommen werden müssen, eine Petition einfach und ruhig abzuschlagen, und den /178/ Ton fest und bestimmt zu nehmen. Thee bei Storchs, recht amüsant: Linke: Fr[äu]l[ein] v[on] Lützow, Plessen, Maltzan. 16 November. 14te Sitzung. Petitionsberichte meist angenommen. Antrag von Julius Wiggers168 wegen Sistierung aller Einrichtungen an der Kirche.169 Seine Motivierung war der Art, daß die Commissarien meinen, hienach die Kirchenbehörde ins Leben treten lassen zu können. Sonnabend kommt der Antrag von wegen

161 Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Strelitz. 162 Otto Ernst Carl Hellmuth von Dewitz auf Krumbeck (1788–1858), Oberhauptmann. 163 Der Abgeordnete Raber stellte diesen Antrag aufgrund einer Petition des Malchower Reformvereins. 164 Der radikal demokratische Frankfurter Abgeordnete Robert Blum (geb. 1807) wurde am 9. November wegen Beteiligung am revolutionären Aufstand in Wien erschossen. Der Kommandant der Wiener Nationalgarde, Wenzel Messenhauser (geb. 1813), wurde erst am 16. November hingerichtet. 165 Friedrich von Klinggräff auf Chemnitz (1825–1887) war Nachfolgekandidat im Wahlbezirk Ivenack. 166 Hans Victor von Unruh (1806–1886), Präsident der Preuß. Nationalversammlung. 167 Gemeint ist die Preuß. Nationalversammlung. 168 Julius Wiggers (1811–1901), Prof. für Theologie in Rostock. 169 Vorbereitung der Trennung von Kirche und Staat durch die Gründung des Oberkirchenrates unter Wahrnehmung oberbischöflicher Befugnisse durch den Großherzog.



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verantwortlicher Minister.170 Durch Otto!171 Wohlan der Kampf beginne! Es mag gut sein, das Verhalten der Regierung in dieser Sache wird den Gang, den unscheinbaren aber bestimmten, den sie geht, in das rechte Licht setzen, ihr auch bei ihren Freunden mehr Vertrauen erwerben. Lützow ist erbittert, edel wie immer. Möge Gott das Werk segnen! Jetzt kommt der Kampf! - Vorlesung von Holtei zum Thee: Fr[äu]l[ein] v[on] Restorf, die Schöning beim schlesischen Dialect.172 17 November. Brief an Wilhelm; ich bezahle die russische Reise. Amelie Rauch sehr krank. Frankfurther Beschluß, daß die Versammlung nach Berlin zurückverlegt werden möge, sobald Ruhe und Ordnung in Berlin hergestellt, daß der König mit einem volksthümlicheren Ministerium sich umgeben möge. Der Bruch in Frankfurth ist vermieden und dem Könige sind mögliche Bedingungen gestellt. Der Beschluß scheint mir nur vermittelnd und besser als Schlimmeres. – Vorles[un]g v[on] Holtei. /179/ 18 November. 15te Sitzung. Otto zieht den Antrag auf verantwortliche Ministerien zurück. Lehstensche und Malchower Sache.173 – Abendconferenz: Finanzübersicht, Antrag wegen der Pensionen. 19 November. Sonntag. Mit Kliefoth die Kirchensache besprochen. In dieser Woche soll sie zur Welt. Holtei den Abend bei uns: 4. Act aus Heinrich V.174 20 November. Kirchenconferenz: es wird zunächst eine Antwort gegeben werden und dann nach Umständen mit der Commission vorgegangen werden. Ich dachte mir das gleich. Berlin ruhig. In Frankfurth bereitet sich etwas vor. Berlin und Blums Tod wirken zusammen. Messenhauser auch erschossen. 21 November. Der Malchower Commission wird eine Instruktion durch das Trotschesche175 Amentment mit Hülfe der Spangenbergschen Partei gegeben, daß sie zunächst aus den Acten den Stand der Sache referiren solle. Meyer vertheidigt sich sehr hübsch gegen Pohles Anzapfungen.176 Ausschußwahlen. Conzert der

170 Gemeint ist, ob die Minister dem Parlament oder dem Großherzog verantwortlich sein sollten. 171 Otto, Schmiedemeister aus Wredenhagen. 172 Karl von Holtei (1798–1880), schles. Schriftsteller, der in seinen Dichtungen verschiedene dt. Dialekte verwendete. 173 Es ging um die Präsenz des Militärs in den Landstädten Malchow und Waren sowie verm. um die Verpachtung des Hofes Lehsten bei Waren. In Lehsten, einem Domanialdorf bei Stavenhagen, war im August 1848 der Sohn des Landarbeiters Christoph Ahrendt versehentlich von Soldaten erschossen worden. 174 Holtei las in Schwerin auch aus Shakespeares Werken, hier das Drama über den engl. König. 175 Carl Heinrich Christoph Trotsche (1803–1879), Oberappellationsgerichtsrat in Rostock. 176 Friedrich Johann Georg Meyer, Hofrat aus Malchow, und Carl Ludwig Pohle aus Schwerin.

294 Schwerin Hautboisten im Schauspielhaussaal. Masia, die Daniel.177 Ich soll den Saal nicht geben.178 Ich will auch nicht. 22 November. 17te Sitzung. Boldsche Antrag wegen der Neustädter Untersuchung abgelehnt.179 Nach Friedrichsthal geritten. Zu Mittag Abgeordnete bei mir. Thee beim Oberjägermeister.180 Gespräch mit Fr[äu]l[ein] v[on] Pritzbuer und Fr[au] v[on] d[er] Lühe über Festhalten des höheren Gesichtspunktes für das Leben. /180/ 23 November. Montags-Abstimmung in Frankfurth 1) Ministerium Brandenburg zu ändern, 2) Steuerverweigerung sei ungesetzlich, 3) alle Freiheit werde dem preußischen Volke garantiert. – Preußen consolidiert sich. Wird Schmerling bleiben?181 Critischer Moment für die Einheitsidee. Ihre möglichste Vollendung ist richtige Politik, ihre Verletzung Keim zum Untergang der jetzigen Gestalt Deutschlands. – Bei der Garde gegessen. Zum ersten Male Theater. 24 November. Vorgestern ist die Geh[eim] Räthin v[on] Steinfeldt gestorben. 18te Sitzung. Petermanns182 Antrag auf den Conzertsaal abgelehnt. Gerichts- und Gemeindeausschuß gewählt. Die Zukunft des Landtages scheint sich günstiger zu gestalten. Aber ich will auf dem vorgezeichneten Wege ruhig und bestimmt fortgehen, unbeirrt um Unglück oder Glück. Preußen scheint momentan, Oesterreich ganz gerettet. Wie wird es mit Frankfurth? Nur die Hoffnungen der Völker nicht wieder täuschen! Sonst bricht alles! – Grenadiere im Reformverein; auch Bat[aillons] Schreiber Schultz v[on] d[er] Garde. 25 November. 19te Sitzung. Antwort in der Kirchensache vorgelesen. Wahlen. Um den See geritten auf Jim. 26 November. Sonntag. Schönes Wetter. Diese Woche war gut, wie wird es am nächsten Sonntag stehen? Böcler im Dom. Eugen Voß hat sich zu Windischgrätz durchgeschlichen.183 27 November. Saujagd bei Fenschow. 3 Schweine. Zu Pferde /181/ über Fenschow, Cölpin, Augustenhof, Steinfelder Holz zu Hause. Frida Bernstorf bei Mama zum Thee. Fritz von Strelitz und Schulenburg als Ueberraschung angekommen. Wir wollen morgen zusammen nach Berlin. Wie reactionär! 177 Verm. Ida Masius und und ein Fräulein Daniel. 178 Gemeint ist die Nutzung des Konzertsaales im Theater als Sitzungssaal für die Abgeordnetenversammlung, die bisher im Gebäude der Schweriner Kasinogesellschaft tagte. Ein vom Hofbaumeister Georg Adolph Demmler projektierter Neubau wurde nie ausgeführt. 179 Der Rechtsanwalt und Notar Carl Alexander Bolten (1805–1899) aus Rostock wollte eine Entscheidung über den Umgang mit „politischen“ Häftlingen herbeiführen, in diesem Fall der in Neustadt inhaftierten Tischlergesellen Thießen und Lorenz. 180 Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow. 181 Der Österreicher Anton Ritter von Schmerling (1805–1893) war Mitglied der Dt. Nationalversammlung und Innen- und Außenminister sowie Ministerpräsident der Reichsregierung. Er trat am 16.12.1848 zurück. 182 Dr. Carl Petermann (1807–1866), Stadt- und Amtsrichter in Strelitz. 183 Verm. sind Graf Eugen von Voß (1827–1890), der bei einem österr. Husarenregiment diente und der Feldmarschall Alfred I. zu Windisch-Grätz (1787–1862) gemeint.



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29 November. Um 11 ½ in Potsdam. Cour für die Majestäten. Mutter Lohrchen, Barby, Häkchen,184 Bakchen, die Redern,185 Fr[äu]l[ein] Carlowitz, Friesen, Fr[au] v[on] Beust, Meiendorf, Graf Brandenburg, Deputation vom 2ten Cuirassier-Reg[imen]t, Wrangel, Franzky.186 Wir wohnen bei Wilhelm, von wo mich der König nach Sans souci abholte. Familiendiner. Königin von Sachsen,187 Prinzeß Johann mit Tochter,188 Dessau mit Tochter und Sohn,189 Braunschweig,190 Fürstin Liegnitz. Nach Tisch Ruhe. Thee im Schloß, amüsanter Katzentisch. Schwarze Peter. Agnes und Gräfin Brüel. Lolo auch da. Die Nacht bei Wilhelm. 30 November. Nach Schwerin zurück. Fritz nach Ratzeburg. Zum Thee bei Sell. Leforts. 1 Dezember. Befürchtungen von der Volksversammlung am Sonntag. Vorsichtsmaßregeln. In Brandenburg scheint Beschlußfähigkeit erreicht zu werden. Preußen scheint gerettet; wenn man nur Frankfurths Wichtigkeit in Berlin gehörig würdigt! Eine Crisis haben wir noch /182/ zu bestehen; möchte es die letzte sein. Fritz aus Schöneberg zurück. 2 Dezember. Mama aus Potsdam zurück. Stürmische 22te Sitzung wegen des Verbots des Generals an die Truppen. 3 Dezember. Sonntag. Viele Landleute zuströmen. Vorbereitungen. Die Bahn ganz voll. Alles ruhig abgegangen. Von 2 ½ bis 4 Uhr. Viele Bauern sehr disgustirt.191 Weiße Dame,192 allerliebst gegeben, scharf im Auge. 4 Dezember. Der Papst nach Frankreich,193 Schmerling hält sich noch; in Preußen und Oestreich geht es gut. Auch hier scheint es zu gehen. Die Ausfälle des Ministers gegen die Reformvereine unpolitisch, gefährlich für ihn; die Militairsache eine unangenehme. Zülow nach Altenburg geschickt zur Thronbesteigung von Onkel George und Tante Marie.194 Die arme Herzogin am 28sten gestorben, der Herzog am 29sten der Regierung entsagt.195 Mit Fritz gefahren. Nach Tisch Sitzung für Fritz.

184 Mglw. Kosename der Hofdame Editha Gräfin von Hacke (1821–1889). 185 Der Generalintendant Friedrich Wilhelm von Redern (1802–1883) war mit Dorothea Sophia Bertha, geb. Jenisch (1811–1875) verh. 186 Eduard Friedrich Karl von Fransecky (1807–1890), preuß. Major beim Großen Generalstab und ehem. Adjutant des Generals von Wrangel. 187 Maria Anna, geb. Prinzessin von Bayern (1805–1877). 188 Amalie Auguste, geb. Prinzessin von Bayern (1801–1877) hatte zwei heiratsfähige Töchter. 189 Leopold IV. Friedrich von Anhalt-Dessau (1794–1871) mit Herzogin Agnes (1824–1897) und Herzog Friedrich (1831–1904). 190 Herzog Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg (1806–1884). 191 Disgustieren: anwidern, ekeln. 192 Die weiße Dame, Oper von François-Adrien Boïeldieu (1775–1834). 193 Papst Pius IX. (1792–1878) war nach der Ermordung seines Ministerpräsidenten vor der Revolution im Kirchenstaat geflohen. 194 Herzog Joseph (1789–1868) hatte 1848 zugunsten seines Bruders auf den Thron verzichtet. 195 Gemeint sind Herzog Joseph und Herzogin Amalie von Sachsen-Altenburg.

296 Schwerin 5 Dezember. Fritz abgereist. Der Kaiser von Österreich abdiciert zu Ollmütz am 2ten. Franz Joseph I., 18 Jahr alt, Kaiser! 23ste Sitzung. Pohles Antrag wegen neuer Wahlmänner abgelehnt.196 6 Dezember. 24. Sitzung. Ruhig. Brandenburger Versammlung aufgelöst; Verfassung octroyirt.197 Gespräch mit Wiggers nach Tisch. Man muß seiner Partei gegenüber sehr consequent und bestimmt sein, namentlich jetzt, wo sie be- /183/ hutsamer auftritt und momentan wenigstens gerne mit uns unterhandeln möchte. Nur treu und fest, und es muß gehen! 7 Dezember.198 Regen. Schule des Lebens von der Schwelle.199 8 Dezember. Brief von der Bode.200 Sitzung. Heftige Debatte und Durchgehen des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufhebung der Klöster. Amüsante Stücke im Theater. Das Offizierscorps der Garde bei mir, um ihnen die Wichtigkeit des Moments ans Herz zu legen und ihnen das Bild von Hirschfeldt201 zu geben, mit dem Kreuz geschmückt. 9 Dezember. 1ste u[nd] 2te Compagnie der Garde um 7 Uhr nach Lübeck abmarschirt;202 schönes Aussehen, halbdunkel. Sitzung: Kloster Gesetz durchgegangen.203 Abendconferenz ziemlich häklich: Militairsache, Kloster und Ständesache, Kirchensache. Kippe unzufrieden damit. Darüber nicht zu Storchs. 10 Dezember. Sonntag. Schöne Zeitpredigt von Kliefoth. Mit Bülows und Wiwi mit der Schöning spazieren. Der Minister fühlt jetzt, daß die Stellung der Commissarien nicht nach der Verwaltung hin abgegrenzt genug ist, was ich gleich Anfangs fühlte und sagte. 11 Dezember. Jagd in Zickhusen, 1 Reh u[nd] 2 Hasen geschossen. Herr von Bielefeld204 angekommen, auch mit freundlichen Briefen von Therese und Elisabeth. Abendconferenz über die Wiederansetzung von Verpachtungsterminen. Kippe immer für /184/ die Ansichten der Linken. Gräfin Blücher da. 12 Dezember. Das L[eichte] I[fanterie] B[ataillon] aus Lübeck zurück. Sitzung. Diner neben der Blücher. A[uguste] Reuß ist früher einmal prophezeit worden, sie

196 Es ging um die Wahl eines Abgeordneten zur Frankfurter Nationalversammlung im VI. Bezirk. 197 Am 5. Dezember wurde die konstitutionelle preuß. Verfassung von König eingeführt. 198 Der Großherzog datiert die Eintragungen bis zum 10.12. um 2 Tage zu früh. 199 Schauspielerin in einem Schauspiel von Raupach. 200 Tochter von Leo Louis Charles Baron Bode, russ. Offizier und Hofmarschall. 201 Alexander von Hirschfeld war am 28.5.1848 bei Düppel gefallen. 202 Sie lösten dort das Leichte Infanteriebataillon ab. 203 Es ging um provisorische Bestimmungen zur Verwaltung der drei Landesklöster, deren Voraussetzung jedoch ein Gesetz zur Aufhebung der Ständeverfassung war. 204 Der Oberstleutnant und Kammerherr Freiherr von Bielfeld überbrachte die Notifikation des Regierungswechsels in Sachsen-Altenburg.



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würde sehr spät heirathen und Landesmutter werden. Wie wunderbar! Mein Gott, darf es nicht sein? Abendconferenz. Witzleben hier.205 13 Dezember. Sitzung. 14 Dezember. Zur Saujagd nach Jasnitz. Den ersten Act von Martha.206 Abendconferenz in der unangenehmen Militärsache.207 15 Dezember. Unangenehmer Tag. An den König wegen Witzleben geschrieben; an Zülow jene Sache mitgetheilt; zum Minister, nicht zu Mama. Prosch. Um 11 Uhr zum Minister Conferenz mit dem General.208 Der nachher zu mir, will den Abschied nehmen. Auf die Regierung; Gespräche mit Plessen209 und Knaudt210 wegen der Stellung zur Kammer und Aufhebung von Ritter- und Landschaft.211 Zu Hause meine Gedanken aufgeschrieben. Bülow referirt über die Sitzung. Diner. Bis um 6 ½ im Theater. Dann Conferenz in Militärsachen; Groth212 bei mir bis um 11 Uhr wegen Ritter- und Landschaft und Klostersache, es wird durch dies Zurückgehen auf die Landtagsacten eine ganz andere Stellung dieser Kammer untergeschoben, die nur, der Kammer und dem Publicum entschwunden war. Es ist ein gefährlicher Moment jetzt, der Wendepunkt in unserem Werke der Hinüberführung. Blüchers noch da. Ein schwerer Tag! /185/ 16 Dezember. Die Sache wegen des Verbots noch ausgesetzt bis Dienstag. Auch die Aufhebungssache sehe ich ruhiger an. 17 Dezember. Sonntag. Recht ausgeschlafen. Bis um 12 bei Mama. Noch sehr unruhig; Gespräche mit Mama und Bülow. Lange im Schloßbau umher. Diner. Hugenotten,213 im vierten Act. 18 Dezember. Die Sachen gestalten sich besser. Wiwi ritt Charly in der Bahn, Schöning auf Jenny Lind. Vorigen Sonnabend hübscher Thee bei Mama, neben der Blücher, v[on] d[er] Lühe und Dewitz. Ich hatte in der schwierigen Militärsache in Rücksicht auf den General214 einen Ausweg gefunden, der aber an Kippes Ansicht von der Beantwortungsart des Verantwortlichkeitspunktes in der Marcusschen Interpellation zu scheitern drohte.215 Die Ast hübsch in der schönen Müllerin.216 205 Der preuß. Oberst Clamor August Ferdinand von Witzleben (1800–1859) hatte das Kommando über die meckl. Brigade übernommen. 206 Oper von Friedrich von Flotow. 207 Generalmajor Hartwig von Elderhorst hatte das Vereinsrecht der Soldaten aufgehoben. 208 Generalmajor von Elderhorst kommandierte die meckl. Brigade bis zur Übernahme des Kommandos durch den preuß. Oberst Clamor August Ferdinand von Witzleben. 209 Verm. Hans Leopold Bernhard von Plessen. 210 Dr. Johann Friedrich Knaudt (1792–1868), Regierungsrat. 211 Die uneingeschränkte Verfügung der ghzl. Kammerverwaltung über den Domanialbesitz und die ständische Neben- und Mitregierung bedingten einander vor allem fiskalisch. 212 Adolf Ernst Friedrich Groth aus Rostock, Landsyndikus (Rechtsvertreter der Landstände). 213 Die Hugenotten, Oper von Giacomo Meyerbeer (1791–1864). 214 Generalmajor Hartwig von Elderhorst. 215 Dr. Lewis Jacob Marcus (1809–1881), Anwalt aus Schwerin. 216 Liederzyklus von Franz Schubert (1797–1828).

298 Schwerin 19 Dezember. Die Sache hat sich gemacht, indem die Commissarien die Verantwortlichkeit übernehmen wollen. Sitzung ruhig abgegangen. Der Angriff auf Preßburg steht bevor. In Bernburg Verfassung octroyirt.217 Gagern Minister.218 20 Dezember. Sitzung. Wildschadensache mir überlassen.219 Geschäftsordnung. Diner von Abgeordneten des Rechten Centrum bei mir; ganz lustig. Ins Theater: Ast und Zizold.220 Etwas leichter und froher gestimmt. Vielleicht, wenn die Umstände günstig bleiben, wenn Du es willst, mein Gott, wird das Werk dieser Versammlung zu Stande gebracht werden können. /186/ 21 Dezember. Keine Sitzung, leicht ums Herz. Tochter des Regiments.221 Abendconferenz. Den General vorläufig von seinem Abgang avertirt, nachdem die Cabinets-Ordre vom König gekommen. An die Kronprinzessin geschrieben. Die Bode hat an Fr[äu]l[ein] Gallenfeldt geschrieben! 22 Dezember. Preßburg genommen. Letzte Sitzung: Geschäftsordnung angenommen. 23 Dezember. Ida Langen zum Thee bei uns, sehr hübsch. Wie eine Last vom Herzen wirkt die Vertagung der Kammer auf mich. 24 Dezember. Sonntag. Erlasse in der Brigade-Commandeur-Sache nebst Parade-Befehl. Wilhelm angekommen. Weihnachten bei mir. Abends Thee. 25 Dezember. 1. Weihnachtstag. Lange geschlafen. Ich bedarf überhaupt der Ruhe, und dennoch kann sie mir in diesem Jahr wohl schwerlich werden. Wie du willst, mein Herr! Eine solche Aufgabe, wie du mir zu lösen gegeben, verlangt auch Aufopferung aller Kräfte, und ich will durchzuhalten versuchen, was ich Dir in Jugendbegeisterung gelobte, meine Pflicht zu thun nach meinen Kräften, und sänke ich in ein frühes leibliches Grab! Was ja doch wohl geschieht. Denn, wenn man mit 25 Jahren so aussieht, wie ich! Das ist frühes Grab oder sieches Alter!222 O mein Gott, schütze mich geistig und leiblich. 26 Dezember. 2. Weihnachtstag. Mit Wilhelm nach Steinfeldt. Der Prätendent von Küken,223 Zizold u[nd] Lachenwitz. K. [sieht] elend aus. /187/ 27 Dezember. Nach Ludwigslust. Recruten reiten gesehen. Angenehmer Abendhof: Fr[äu]l[ein] v[on] Lützow aus Oldenburg von Dresden gesprochen. 28 Dezember. Frühstück bei dem recht krank gewesenen Onkel. Nach Schwerin zurück. Martha: neue Sängerin. Si. 29 Dezember.224 Auf Jagd mit Wilhelm. 217 Herzog Alexander Carl von Anhalt-Bernburg (1805–1863) hatte am 14.12. die Volksvertretung aufgelöst und einseitig eine konstitutionelle Verfassung in Kraft gesetzt. 218 Heinrich von Gagern (1799–1880) wurde am 17.12. Reichsministerpräsident sowie Innenund Außenminister. 219 Eingriff in das Jagdrecht des Großherzogs durch die Einzäunung des Wildes in den Domänen. 220 Opernsängerin aus Braunschweig. 221 Die Regimentstochter, Oper von Gaetano Donizetti. 222 Der Großherzog ist 1883 60jährig gestorben. 223 Oper von Friedrich Wilhelm Kücken (1810–1882). 224 Der Großherzog schreibt: September.



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30 Dezember. Schloß besehen. 31 Dezember. Sonntag. Helme für den Stab befohlen. Plessen dreimonatlicher Urlaub bewilligt.225 Brief vom Erzherzog Johann, sehr freundlich. Das verhängnisvolle, epochemachende Jahr 1848 entschwindet eben! Wie oft wird es noch genannt werden, wem wird es nicht als Geburtsjahr gelten. Europas äußere und innere Gestalt, mit Ausnahme zur Zeit Englands und Rußlands hat es umgestürzt; was noch steht, ist erschüttert, wie bald wird es nachstürzen? Was auf seinen Grundlagen erbaut werden soll, wird es halten; wird es zum Segen gereichen, daß man es wünschen soll? (12 Uhr schlägt es, 1848 ist dahin, 1849 sei dem Herrn empfohlen!) Mein Gott, segne Deutschland, segne Mecklenburg, lasse mich meine Pflicht thuen unverrückt nach seinem Willen, mit aller meiner Kraft, und sei es mit Dahingabe meines Lebens! Am Sylvesterabend that ich gerne einen rezensirenden Rückblick auf die Art, wie ich meiner äußeren und inne- /188/ [ren] Aufgabe nachgekommen. Ein Urtheil über das erstere habe ich noch nicht, und wird erst die Zukunft lehren, ob der Weg, den ich mit Mecklenburg gegangen, der richtige gewesen. Ich konnte keinen anderen gehen nach Lage der Umstände und meiner Überzeugung. Eine alte mit dem Lande erwachsene Verfassung, die aber theilweise nicht mehr paßte, ist begraben. Die Tablone des Tages ist angelegt. Sie ist Lüge und nicht das absolute Heil. Sollte aber Deutschland eins werden, so müßte Mecklenburg dies Opfer bringen; es ist aber ungeheuer. Ein unerschütterter Thron und Achtung vor dem Gesetz ist aber dem Lande erhalten, gesunder Sinn ist im Volke. Warum sollte es mit Gott nicht gehen? – Als Mensch bin ich schwer geprüft, und habe erfahren, daß Noth beten lehrt. D[as] h[eißt], meine Kraft, meinen Muth habe ich wieder bei Gott gesucht, und er hat mich nicht im Stich gelassen! Vertrauen auf seine Weisheit und Allmacht ließen mich den rechten Gesichtspunkt nicht verlieren. Die sich lebhaft zeigende Liebe des Mecklenburges für seinen Fürsten erfreute mich; das Richtige in dem Sturmesdrang der Zeit begeisterte mich. Entschieden hat mich die schwere Prüfung gefördert, und mögen auch Hochmuth, Gereiztheit, Mißtrauen, Verstellung gewachsen sein, Selbsterkenntnis meiner Schwächen, Entschlossenheit, Rheinheit des Willens, Hingebung, Pflichttreue sind nicht zurückgeblieben, Gott ist /189/ mir wieder näher getreten; mein Streben nach Heiligung ist erwärmt. Heiliger bin ich aber nicht geworden! Möge mir mein Heiland dazu helfen im Jahre 1849. Per aspera ad astra. Meine Zeit mit Unruhe, meine Hoffnung auf Gott! Mein Leben für mein Land und damit meine Seele Gott! 25jähriger Geburtstag. Französische Revolution. Wiener Revolution. Berliner März. Meine Märzproklamation. Schleswig-Holsteinischer Krieg. Außerordentlicher Landtag. Wien erobert. Vereinbarende Versammlung. Berlin besetzt. Die Ordnung befestigt sich. Louis Napoleon Präsident.226 Franz Joseph I. Kaiser. Herzogin von Altenburg †. /190/ 225 Gemeint ist der bei Düppel verwundete Oberstleutnant von Plessen. 226 Napoleon III. (1808–1873) wurde im Dezember 1848 zum Präsidenten der Republik gewählt.

300 Schwerin 1849 1 Januar. 12 ¾ Uhr Nachts zur Ruhe. Um 7 ½ aufgestanden; Oberjäger1 mir schon im Bette gratulirt. Frühstück bei Mama. Kliefoth erhaben im Dome. Gratulations-Tourneé mit Wilhelm in Helmen. Buntes Leben auf dem Pfaffenteich. L. Großes Diner im Sonntagsanzug. Wilhelm brachte meine Gesundheit aus. Oper von Elmenreich, schlechtes Süjet.2 Souper. 2 Januar. Wilhelm nach Berlin fort, Mama nach L[udwigs]lust mit. Abendconferenz mit Lützow und Stever. Mißtrauen gegen Kippe. Verbot für Soldaten zurückgenommen. Müller Flügeladjudant.3 Kriegministerium in der Bildung begriffen.4 Ritter- und Landschaftliche Auflösung beabsichtigt. 3 Januar. Raab5 genommen. Kammersitzung. Unangenehmes wegen des Generals, Interpellation Wenzlav wegen Aufheb[un]g v[on] R[itter-] u[nd] L[andschaft], und Klostersache. Abendsitzung beim Minister mit Hopfgarten und Zülow wegen des Militärdepartement[s], Aufstellung der 1 ½ Proc[en]t und Einstellung einer 1sten Classe Cadetts, auch etwaigen Anschluß an Preußen.6 4 Januar. Schlittschuh gelaufen auf dem Ziegelsee. Witzleben angekommen. Abendsitzung wegen Einführung der Grundrechte. /191/ Sie werden nebst dem Einführungsgesetze am Sonnabend im Wochenblatte erscheinen. Schwierig ist das Gesetzwerden der bezeichneten §§ in Bezug auf das unbeschränkte Schule-Anlegen, Ablösbarkeit jedes von nun an zu bestimmenden Canons.7 5 Januar. Kammersitzung; wollen die Beschränkung des Heirathen[s] der Offiziere aufheben und daß Leute auch Offizier werden können.8 Witzleben übernimmt das Commando. Auf d[em] Ziegelsee und Pfaffenteich gelaufen. An H[errn] Müller nach Dresden geschrieben. Theater. 6 Januar. Kammersitzung. Centralgewalt sei an die Krone Preußens zu übertragen. Gut. Vom Marstall aus über großen See, um den Werder, Heidensee, Ziegelsee

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Carl Ludwig Klockmann. Gundel oder die beiden Kaiser, komische Oper von Albert Ellmenreich (1816–1905). Herrmann von Müller, Hauptmann. Gemeint ist das Militärdepartement als Nachfolger des Militärkollegiums. Stadt im Westen Ungarns. Gemeint ist eine Militärkonvention. Es ging um das gesetzmäßige Anlegen von Schulen gerade auf ritterschaftlichen Gütern und die Ablösung von Naturalabgaben der Domanialbauern. Es ging um die Anwendung des Art. 4 (Beförderung zum Offizier nach Verdienst) und die Aufhebung des Art. 103 (Vermögensnachweis für Heirat) des Kriegsrechts vom 10.11.1810, in: Raabe, H.F.W. (Hg.): Gesetzessammlung für die mecklenburg-schwerinschen Lande, 2. Folge, Bd. II, Parchim Ludwigslust 1846, S. 591ff.



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und Pfaffenteich gelaufen mit Müller, Elderhorst,9 Sprewitz und Quitzow.10 Abendconferenz. Thee bei Mama. 7 Januar. Sonntag. Maßensche Schrift gelesen; eine gut durchgeführte Ansicht.11 Hugenotten, Zigeunerin.12 8 Januar. Installation des Militair-Departements. Witzleben sieht Jäger und Artillerie. Schöner, sonniger Wintertag. Bonin13 vom Könige zu mir geschickt 1) in der Auflösungsfrage, 2) in der Centralgewaltsangelegenheit. Kliefoth bei mir in der Synodenfrage, speziell Wahlgesetz: Kirchenregiment, Pfarramt, Presbyteren; will sich in Berlin nach den /192/ dortigen Ideen erkundigen. – Soiree bei Gräfin Bassewitz. Beim Diner neben Frau von Zülow;14 von früherer Zeit gesprochen; sie kommt gerne auf unsere Cottillons-Gespräche zurück. 9 Januar. Jägerball im Malersaale; sehr hübsch. 10 Januar. Kammersitzung. Dem Könige geschrieben. Bonin, Kettenburg bei mir. Später ins Theater: Ost.15 Ofen und Pesth genomm[en].16 Gagern bleibt bei seinem Programm, der sonderbaren Oestreichischen Note gegenüber.17 Wir wollen unseren festen, bestimmten Gang, vorgezeichnet durch den Verfassungsentwurf, gehen, und wird es lediglich von der Versammlung abhängen, ob das Werk mit ihr zu Ende geführt werden, oder nach Umständen später gehandelt werden soll. 11 Januar. Starker Schneefall; Eisenbahn eingeschnien. 1ste Sitzung des MilitärDepartement[s]. Bei v[on] d[er] Lühe gewesen. Freischütz.18 12 Januar. Conferenz beim Minister von 10–3 Uhr. Der Sturm beim Spazirgang begegnet. Sell aus Altenburg zurück. Mama im Saal etablirt, hübsch. 13 Januar. Früh gewacht, an Auguste gedacht. Wie kann sich das lösen. Das ist dauernde tiefe Neigung, aber ich habe sie nie erfahren! Aus dieser Ungewißheit muß ich heraus. Kammersitzung.

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Mglw. Heinrich Johann Wilhelm von Elderhorst (1808–1892), Hauptmann. Flügeladjutant und Stabskapitän von Müller, Hauptmann von Elderhorst und Sekondleutnant von Sprewitz vom Leichten Infanteriebataillon. Zwei Mitglieder der Familie von Quitzow dienten als Sekondleutnants bei der Schweriner Artillerie. Friedrich Maassen: Die alten Stände und die neue Versammlung der Abgeordneten, Schwerin Rostock 1849. Die Zigeunerin, romantische Oper von Michael William Balfe (1808–1870). Eduard von Bonin (1793–1865), Generalleutnant und preuß. Oberbefehlshaber in Schleswig-Holstein. Elisabeth von Zülow, geb. von Pentz (1802–1881), verh. mit Hermann von Zülow. Opernsängerin aus Bremen. Eroberung der ungar. (Haupt)Städte Buda (dt. Ofen) und Pest durch die Österreicher. Gemeint ist wohl die Depesche vom 28. Dezember 1848, in der es um die Stellung Österreichs in einem deutschen Einheitsstaat ging. Oper von Carl Maria von Weber.

302 Schwerin 14 Januar. Sonntag. In der Schelfkirche. Kreichelt19 gestorben. Zur Beerdigung von Mecklenburg nach Zickhusen.20 Die Frau gesehen.21 Hinten aus dem Hause nach der Kirche getragen, wo Pastor /193/ Wienke22 von Meteln unendlich ergreifend sprach, dann ins Grab gesenkt. Der Sohn rief ihm nach: Lebewohl Vater, ich will mich bestreben, Dir ähnlich zu werden! Um 4 ¼ zu Haus. Ins Theater, war das recht? Am Rhein hätte ich es nicht gethan. Onkel Gustav da. Viel Doberaner Augen. Morgen keine Saujagd. 15 Januar. Tauwetter. Ausgeritten. George mit Aufträgen vom Großherzog.23 Lange Diskussion mit ihm; Verschiedenheit in der Auffassung, deren Criterium ist, daß jene, wenn diese Ab[geordneten] V[ersammlungen] auseinandergehen, auch den Verfassungsentwurf zurücknehmen möchten, wir jedoch auf sein Zustandekommen dringen und in obgedachtem Falle nach einem anderen Mittel greifen wollen, was zu diesem Zweck tauglich ist. 16 Januar. Zwei Deputationen ritterschaftlicher Aemter gegen die Auflösung der alten Stände bei mir. General Gerlach24 vom Könige geschickt in dieser und der Oberhauptsfrage. Conferenz mit Witzleben, in der das preußische Wehrsystem zum Grunde gelegt wird. – Diner im Saal. George will mit dem Minister verhandeln! Bei der habeas corpus Acte fordere ich ausdrückliche Reservation des zeitweiligen Suspensionsrechtes für die Regierung.25 Soiree bei Boddins; mit Liebeherr,26 Fr[äu]l[ein] Pritzbuer, Schöning. Fr[au] v[on] Maltzahn-Lenschow gesprochen. 17 Januar. Gerlach bei mir, Grothe auch. George conferirt mit /194/ den Commissarien. An den König geschrieben. Mit George im Schlosse. Diner. Graf Plessen hier.27 Beim Minister. Ins Theater. Gerlach beim Minister, wo ich meinen Brief an den König vorlas. Wir bleiben fest und ehrlich bei unserem Wege; gestalten sich die Dinge anders in Deutschland, so wird es uns schon zu Nutze kommen. E[ngerer] A[usschuß] hat die 2 Edicte bewilligt;28 das ist viel werth. Gerlach Abends beim Minister mit mir. Schwadron nach Waaren.

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Stallmeister beim Gestüt in Redefin. Der Zickhusener Forstinspektor Friedrich Mecklenburg (geb. 1788) war ein illegitimer Sohn von Großherzog Friedrich Franz I. und Maria Christina Klockow (gest. 1837) Anna Mecklenburg, geb. von Ladiges. Christian Wiencke (1778–1854), Pastor seit 1822. Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz hatte seinen Sohn zu Verhandlungen nach Schwerin geschickt. Der preuß. General Leopold von Gerlach (1790–1861) gehörte zum reaktionären Kreis um König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Es ging um die Möglichkeit, den Grundrechtekatalog außer Kraft zu setzen. Otto Friedrich Maximilian von Liebeherr (1814–1896), Justizrat bei der Schweriner Justizkanzlei. Graf von Plessen auf Ivenack. Der Engere Ausschuß der Landstände wurde erst Ende 1849 aufgelöst.



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18 Januar. An den König geschrieben, den Brief an Gerlach gegeben. 2 Deputationen ritterschaftlicher Aemter. Lange Conferenz bei George. Er faßt Vertrauen zu Stever; denkt scharf, hat jedoch noch wenig Uebung im Verhandeln. Geritten. Größeres Diner. König Lear.29 Souper. Witzleben von Ludwigslust zurück. 19 Januar. George und Gerlach abgereist. Plessennoch hier. Nach Steinfeldt geritten. Theater. Wenig gethan, gestern sehr angegriffen. 20 Januar. Kammersitzung. Habeas Corpus Acte beendet. Ball im Schaupielhause. 2 Walzer: Daniel, Polka: Masius (Frehse),30 Franc[aise] Male; sonst zugesehen. Parrod, Zizold, Ost gesprochen; einige Deputirte tanzten: Lehman, Ladewig, Ernst.31 Ganz amüsant. 21 Januar. Sonntag. Mama heiser. Besuch bei Gräfin Bassewitz. Mit ihm im Bruham gefahren.32 Bökman soll nicht der Verräther sein. Artesische Brunnen.33 22 Januar. In Frankfurth einen regierenden zum Kaiser beschlossen, doch Rechnung ohne den Wirth gemacht. Bei Mama gegessen. Witz- /195/ leben in der Offizirsfrage bei mir. Preziosa,34 die allerliebste Ost. 23 Januar. Kirchen-Conferenz wegen der Grundrechte bei mir. Bahn, Klubb. Forstrath Wickede schlecht.35 Kriegerisch in Italien. 24 Januar. Geburtstag von Tante Helene. Gedanken an A[uguste[ R[euß]. 25 Januar. Sitzung im Militair-Depratement: Recrutirungs-Sache. In Detmold Befreiungsversuch der Demokraten energisch zurückgewiesen.36 1 Unteroff[izier] u[nd] 3 Jäger in Ref[orm] Verein gewesen. 26 Januar. 41ste Kammersitzung. Malchower Sache.37 Nach Steinfeldt, wo das erste Fohlen aus der Rosine von Guinze, Schimmelhengst. Fr[au] v[on] Könemann hier. Corona v[on] Saluzzo.38 Erblichkeit in Frankfurth abgelehnt. Wird der König nun hervortreten? Nach Eisenach geschickt. 27 Januar. Kammersitzung. Im Ganzen vernünftig. Geritten. Schönes Wetter. Von den Altenburger Cusinen eine roth maroquin39 gestickte Tasche aus dem Nachlass erhalten.40 29 30 31

Tragödie von William Shakespeare. Ida Masius, geb. Frese. Prof. Theodor Ladewig (1812–1878) aus Neustrelitz, Mühlenmeister Albert Lehmann aus Domjüch Mühle und der Lehrer Dr. Ludwig Christian Heinrich Ernst aus Güstrow. 32 Der Brougham ist eine einspännige, vierrädrige und geschlossene Kutsche. 33 Zauberposse von Gustav Raeder (1810–1868). 34 Preciosa, Musik von Carl Maria von Weber zum Schauspiel von Pius Alexander Wolff (1782–1828). 35 Friedrich von Wickede, Forstrat beim Forstkollegium. 36 Der Lemgoer Volksverein hatte am 21.1. in Detmold versucht, verhaftete Bürger frei zu bekommen. Fürst Leopold II. reagierte darauf mit verschärften politischen Verfolgungen. 37 Gemeint sind die politischen Unruhen in der Stadt. 38 Schauspiel von Ernst Raupach. 39 Aus Marokkoleder. 40 Herzogin Amalie war am 28.11.1848 gestorben.

304 Schwerin 28 Januar. Sonntag. Preußische Note in der Oberhauptfrage erhalten: Staatenbund mit Östreich, Niederlanden, Dänemark; Deutscher Bundesstaat mit Preußen an der Spitze.41 Dies ist eine Lösung, ob die richtige, wird die nächste französische Revolution zeigen. Wenn der Verfassungsausschuß nicht am Mitwoch ordentlich antwortet, wollen wir ernsthaft sprechen. Note von Strelitz in der Auflösungssache. Weltumsegler.42 29 Januar. Den Kammern in Paris ein Gesetz wegen Schließung der Clubbs vorgelegt! Die Ordnung im Lande soll energischer gehandhabt werden. Die Preußische Note in den Zeitungen. An Onkel /196/ Wilhelm geschrieben. „Deutschland am Vorabend s[eine]r Größe u[nd] s[o] w[eiter]“ v[on] Guzkow.43 30 Januar. Mama nach Ludwigslust. Deputirten-Diner bei mir. Witzleben von Rostock und Wismar zurück. Marine-Commission angemeldet. 31 Januar. Sitzung: Trotsche Präsident,44 Bolten, Wenzlav V[ize] Präsidenten, Roloff,45 …, Secretaire. Wiggers also abgesetzt; ob das gut ist? Antrag Rieman[n]46 wegen Bekleidung der Truppen mit Kittel abgelehnt; Beamte sollen alle Leute „Sie“ nennen! Conferenz: Auflösungssache nach Strelitz: erhalten die Abgeordneten ­dadurch erst das Bewilligungsrecht? Dabei zeigte sich wieder die Uneinigkeit in den Commissarien, sehr schlimm. Pohles Interpellation in der Preußischen Notensache. Aufforderung an die Kammer in der Verfassungssache beschlossen. – Unruhe in der Stavenhägener Gegend. Bülow mit einer mobilen Colonne dorthin. Sengebusch läßt die Artillerieoffiziere reiten.47 1 Februar. Todestag von Großpapa. Eingenommen. Das Frühjahr muß manche Entscheidung bringen, in Frankreich, Deutschland, Mecklenburg. Ständchen an Wiggers. Energie der Behörden thut noth. 2 Februar. Die Behörden sollen vermehrt werden. Trotsche bei uns zu Tisch. König Lear am Throne.48 3te Compagnie (H[au]pt[mann] Klein) von Güstrow.49 Soiree bei Bassewitz. Fr[au] v[on] Dewitz interessant. Helm. Retslag. 3 Februar. Die Entscheidung scheint sich vorzubereiten. Sitzung. Große Aufregung in der Kammer, daß die preußische Note schon beantwortet. Montag soll eine Abendsitzung stattfinden. Schauspielhaus- /197/ Ball: 2 Walzer: Daniel; Polka: 41 42 43 44 45 46 47 48 49

Gemeint ist die Note vom 23.1.1849 mit dem Angebot an Österreich, sich mit einem preuß. geprägten Kleindeutschland zu verbünden. Der Weltumsegler wider Willen, Posse von Gustav Raeder. Gutzkow, Karl: Deutschland am Vorabend seines Falles und seiner Größe, Frankfurt am Main 1848. Carl Trotsche (1803–1879) folgte als Präsident der Abgeordnetenversammlung auf den liberal-demokratischen Reformer Moritz Wiggers. Ludwig Roloff (1814–1905). Heinrich Herrmann Riemann (1793–1872), Mitbegünder der Jenaer Urburschenschaft und Pastor an St. Marien in Friedland seit 1835. Sengebusch, Stabsrittmeister Tragödie von William Shakespeare. Vgl. Eintrag vom 18. Januar 1849. Friedrich Karl von Klein.



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Fr[äu]l[ein] v[on] Both (Malens Nichte) v[on] Bülow, 1 Franc[aise]: Male, 2  Fr[ancaise]: Fr[äu]l[ein] v[on] Huth; Masurka: Grimm. Kennen gelernt: ­Plesmann 50 (Post, Braut von Bauconducteur Krüger 51), Dreves v[on] Hoikendorf,52 Schumacher, Peizner v[on] Kölpin.53 Im Ganzen amüsant. 4 Februar. Sontag. Böcler im Dom. Es soll nun im Lande mehr Energie entwickelt werden. Zauberflöte. Damen der C[ommandeure]. Nacht. Thee bei Gräfin Bassewitz-Schlitz. Mit der C[on]t[e]ß mich gut unterhalten. 5 Februar. Nach Redefin, um die Hengste zu sehen mit Oertzen, Bassewitz, Dewitz, Boddin, B[erns]dorff, Rieben, Müller. Die Kreichelt besucht.54 Abendsitzung; Pohlesche Antrag geht durch. Gallerien sehr unruhig. Vorsichtsmaßregeln. Später ins Theater. Schluß um 10 Uhr. Ich unwohl. 6 Februar. Krank. 7 Februar. Geschwitzt. Sitzung. Ermahnung an die Abgeordnetenkammer, an die Verfassung zu gehen. Scene zwischen Lützow und Schwarz.55 Sarower angekommen.56 8 Februar. Fackelzug an Pohle und Wöhler.57 Martha. Sturm zum letzten Male. Elend aus. 9 Februar. Diner bei mir: die Sarower, Miltzower.58 Adrienne.59 Ich fühle mich unzufrieden mit mir, auch sehe ich schwärzer über den Ausgang unseres Verfassungswerkes. Doch Gott wirds leiten. /198/ 10 Februar. Kammersitzung. Schwarz bittet den Minister um Verzeihung. Tanzgesellschaft bei Storchs. Traurig gestimmt zu Anfang. Die einzige Dame, die mich interessirt, ist die Sch[öning]. Hochstetter wünscht Zeitungen aus Mecklenburg für die Bode. Oestreichische Note.60 50 51 52 53 54 55

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August Plessmann, Oberpostamtsdirektor in Schwerin. Theodor Krüger (1818–1885). Der emeritierte Pastor und Kirchenrat Georg Johann Simon Dreves (1774–1833) hatte 1827 das Lehngut Hoikendorf erworben. Das Gut besaßen zwei seiner Söhne. Wilhelm Peizner auf Kölpin. Die Witwe des verstorbenen Stallmeisters. Dr. Adolph Schwarz aus Ludwigslust hatte auf der 46. Sitzung der Abgeordnetenversammlung der Regierung taktisch motivierte Untätigkeit in der landstädtischen „Bürgermeisterwirtschaft“ vorgehalten. Der Minister und Abgeordnete Ludwig von Lützow wies dies als unwürdig zurück. Schwarz beantragte darauf einen Ordnungsruf, der aber abgelehnt wurde. Gustav von Maltzan auf Sarow (1817–1871), Erblandmarschall von Altvorpommern, und seine Frau Cäcilie, geb. von Maltzan-Ivenack (1823–1863). Hellmuth Wöhler (1820–1899), Postrevisor aus Schwerin und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, und Dr. Döbereiner, Arzt aus Doberan. Gemeint sind die Familien von Maltzan-Sarow und von Dewitz-Miltzow. Hedwig von Dewitz (geb. 1819) und Gustav von Maltzan waren Geschwister. Historisches Drama von Johann Otto Prechtler (1813–1881). Felix Fürst zu Schwarzenberg hatte am 4.2.1849 Österreichs Haltung in der Deutschen Frage dahingehend präzisiert, dass das Kaiserreich sich nicht aus einem deutschen Staatsverband herausdrängen ließe.

306 Schwerin 11 Februar. Sonntag. Parade. Maltzans da zum Zusehen. Diner. Töchter Luzifers.61 Sieht seitwärts. 12 Februar. Nun frisch, fromm, fröhlich ans Lebens- und Tagewerk. Aushebung. Verlobung von Bassewitz und Lilla Plessen,62 Heiden-Bredenfelde und Fr[äu] l[ein] v[on] Brandenstein aus Stavenhagen.63 Hans Heiligen. Ungewiß. Zum Thee bei Bassewitz-Schlitz. 13 Februar. Soiree beim Oberjägermeister.64 Cottillon mit Fr[au] v[on] Dewitz. Die Verlobten da. 14 Februar. Sitzung. Ueber die Amnestiefrage zur motivirten Tagesordnung. Mittheilung, daß sie den Conzertsaal nicht erhalten können.65 Wilhelm hier, mit ihm nach Steinfeldt. Vorher die Dewitz bei Maltzans singen gehört. Erinnerungen an Ivenack. Amelie. 15 Februar. Wilhelm abgereist. Hamburg soll auch bestimmt sein von den Demokraten. Wöhlert nach Frankfurth gewählt, Döbereiner Ersatzmann! Diner der Verlobten bei uns. Oper. Zum Thee bei Maltzans. Verse auf die Rechte. Onkel Gustav hier. 16 Februar. Witzleben zufrieden mit der Remonte. Abendconferenz. Eisenbahnsache. Die Recrutirung geht ruhig. 17 Februar. Ball bei Storchs. Dewitz, Male, Schöning; ganz amüsant. 18 Februar. Kammersitzung. Eisenbahnsache. Union. 66 Strelitzer /199/ Note. Abendconferenz. Buchka nach Strelitz.67 Soiree bei Sells. Mit der Dewitz hierüber gesprochen. Male eifersüchtig! 19 Februar. Gestern Verlobung von Lilla Lützow mit Oertzen.68 Finkenstein angekommen. Stradella.69 An der Thüre. 20 Februar. Waldemar in Münster gestorben am 17ten Nachmittags 4 Uhr.70 Buchka aus Strelitz zurück. Man beharrt dort und werden wir am Sonnabend getrennte Antworten geben! Ball bei Plessens. Die Bode an Fr[äu]l[ein] Gallenfeldt geschrieben. Male, die Dewitz. Die Zülow warnte mich fragend. Sonderbar, 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70

Die Töchter Lucifers, Zauberspiel mit Gesang von Friedrich Wilhelm Riese (1805–1879). Lilla von Plessen (1826–1850) heiratete Rudolf von Bassewitz-Raguth (1822–1877). Ernst Hans Heinrich von Heyden auf Bredenfelde (1817–1859) heiratete Charlotte Bernhardine Sophie von Brandenstein (1831–1908), Tochter der Kammerherrn und Domanialbeamten Werner Friedrich von Brandenstein (1792–1864). Dethloff Ludwig Friedrich von Bülow. Der Großherzog verweigerte der Abgeordnetenversammlung das Tagungsrecht im Theater. Die Abgeordneten setzten ihre Tätigkeit im Lokal der Schweriner Casinogesellschaft fort. Gemeint sind die Verhandlungen um die Erfurter Union, dem Bündnis zwischen den Königreichen Preußen, Hannover und Sachsen. Hermann von Buchka (1821–1896), Justizrat und Kommissar der Strelitzer Regierung bei der Abgeordnetenversammlung. Die Tochter des Ministers Ludwig von Lützow, Karoline (1822–1866), verlobte sich mit Rudolf von Oertzen auf Pamitz (geb. 1819). Oper von Friedrich von Flotow. Prinz Waldemar von Preußen.



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wie jetzt, wo ich mich von dem Damen mehr zurückziehe, diese mehr Bedeutung in meinem Leben gewinnen. Fr[äu]l[ein] Lützow von Tessin sehr angenehm.71 5 Jahr jünger und ich wäre verliebt. 21 Februar. Holm, Lützow, Adolph angekommen. 4 Abschnitte des Verf[assungs] entwurfs des Ausschusses herausgekommen. Die sind darnach. K[ammer] Sitz[un]g. 22 Februar. Wilhelm angekommen. Verlobungsdiner beim Minister. Theater. 23 Februar. Mamas Geburtstag und Enthüllungsfeier des Monuments.72 Böllerschüsse und Reveille. Musik und Fahnen. Frühstück bei Wiwi, freundliches Wetter. Gratulanten. Alles sammelt sich auf dem alten Garten und in den Zimmern. Die Truppen sahen sehr gut aus. Um 12 Uhr von der Committe abgeholt. Spalier durch die Schloßersche Bürgerwehr-Compagnie. „Jesus meine Zuversicht“,73 gute Rede von Bartsch, bei dessen letzten Worten die Hülle fällt. Hurrah, Kanonendonner, /200/ Hoch für uns, Vaterlandslied. Mühsame Vorbereitungen zum Parademarsch: Infanterie, Artillerie, Schweriner, Wismarsche Bürgerwehr, Rostocker, Doberaner Bürgerwehr, Grabower, Schweriner Schützenzunft, Gewerke (Maler, Schneider, Ludwigsluster nicht!) Umhergegangen, Statue ist doch schön. Gegessen mit O[nkel] Gustav. Im Theater Johnston,74 die Ost schön. Abends politischen Zank mit Wilhelm beim Thee. Abwechselnd Sonne und Schnee. Ein wahrer Festtag. 24 Februar. Mit Witzleben das Arsenal besehen, zur Casernirung von vorläufig einer Compagnie. Ball im Schauspielhaus, nicht getanzt, viele bekannte Damen aus der anderen Gesellschaft gesprochen, die Satow, Pogge, deren Tochter, Müller von Warnkenhagen,75 auch die Brok-Viereck, Parrod, den Pächter v[on] Meteln.76 25 Februar. Sonntag. Mit dem Minister und Stever über das Verhalten der Commissarien gegenüber dem Verfassungsentwurf des Ausschusses: Festhalten des Prinzips, unter Umständen auf die Berathung unseres Entwurfes bestehen.77 Willebrandt bei mir. Parade. Großes Diner. Robert.78 Conferenz mit den Commissarien. Thee bei Tante Dine.79 Sch. 26 Februar. § 1 wird in der Kammer angenommen! In Friedrichs[thal] sehr lustig getanzt. Noch ins Theater. Erklärung der Commissarien. 71 Auguste Katharine von Lützow (geb. 1831). 72 Für das Denkmal Großherzog Paul Friedrichs auf dem Alten Garten hatten zahlreiche Schweriner Bürger gespendet. 73 Von der Kurfürstin Louise Henriette von Brandenburg 1649 gedichtetes und von Bach vertontes Trostlied. 74 Francis Johnston, Schauspiel von Charlotte Birch-Pfeiffer. 75 Ehefrau von Carl Bernhard Wilhelm Müller. 76 Georg Röper. 77 Die Abgeordnetenversammlung und die ghzl. Verfassungskommission traten mit zwei Verfassungsentwürfen gegeneinander an. 78 Oper von Giacomo Meyerbeer. 79 Verm. bezieht sich der Großherzog hier auf einen Kosenamen für seine Mutter Alexandrine.

308 Schwerin 27 Februar. Kammersitzung. Recrutirungsgesetz angenommen. 28 Februar. Geburtstag! Wie traurig! Reveille. Gratulanten. Zu Mama. Geschenke. Damen. Von 10 Uhr bis 11 ½ Cour. Depu- /201/ tationen der Kammer, hiesigen Magistrats, Wismarschen Bürgerwehr, Schweriner (d[as] h[eißt] Knudt80 allein), Stadt Rehna, Ludwigslust; dann eine Menge Landstände, Abgeordnete, Angestellte, Fremde. Um 12 Uhr Parade. Bürgerwehroffiziere mischen sich später ein. Besuch bei Fr[au] v[on] Behr, Fr[au] v[on] Dorn und Plessen gemacht. Mit Mama und Onkel Gustav gegessen. Hübscher Empfang im Theater. Oper: die Matrosen:81 hübsche Decorationen. Weinen, Blick. Behrs, Schuckmanns. Fr[au] v[on] Langen soll auf dem Ball bei Janitz82 die Königin des Festes gewesen sein. Soiree nach dem Theater. Alle gekommenen Fremden, einige bürgerlich hochgestellte Deputirte (Trotsche, Ackermann,83 Pogge, Meier,84 Brückner, einige adlige Deputirte, Voß u[nd] s[o] w[eiter]). Sehr müde. Brief von Sell, der meine Schwäche heftig tadelt, was mich doch traurig stimmt. 1 März. § 2 des Minoritäts-Erachten angenommen. Energische Erklärung der Commissarien, daß sie bei ihrem Prinzipe beharrten und der Regierung eine schließliche Erklärung vorbehaltend, nicht im einzelnen Falle bei den Folgerungen aus § 1 immer daraufhin deuten würden. Zum Souper beim Sarower.85 2 März. Bettag. 3 März. Amüsanter Abend beim Schlitzer; Langen. Gesellschaft. 4 März. Sontag. Parade. Conferenz im Pleno der Commissarien, Ministerio, Regierung, Dittmar86 in der Eisenbahn-Geldfrage: /202/ Resultat, daß die Kammer nicht beschließen kann, die Anleihe nur auf den Credit der Reluitions-Casse gemacht werden kann. 5 März. Wilhelms Geburtstag. Sitzung. § 3 vertragt, § 1 IV. Absch[nitt] angenommen, 2 und 3 vertagt. Ball in Friedrichsthal. Souper mit den Behrs. Male u[nd] Witzleben. 6 März. Sitzung. Recruten haben guten Geist. Kriegsspiel bei Wilhelm; ungeheuer interessant. 7 März. Vor 7 Jahren! Schon 7 Jahre! Gott segne M[ecklenburg]. Im Dom. 8 März. Sitzung. In dem neuen Wagen nach Ludwigslust. Wilhelm nach Berlin. Conferenz bis um 10 ¼ Uhr. Dann noch zu Maltzans v[on] Lenschow. 9 März. Landtag in Kremsier aufgelöst.87 Bei den Recruten. 10 März. Militairsitzung. Mit Witzleben geritten. Diner bei mir. 80 81 82 83 84 85 86 87

Verm. der Regierungsrat Johann Friedrich Knaudt. Oper von Friedrich von Flotow. Lesung unsicher. Friedrich Ackermann, Oberappellationsgerichtsrat aus Rostock. Friedrich Johann Georg Meyer, Hofrat aus Malchow. Gustav von Maltzan. Ludwig Peter Friedrich Ditmar, Syndikus des ritterschaftlichen Kreditvereins. Kaiser Franz Joseph löste am 7.3. den in Kremsier tagenden österr. Reichstag auf, um dessen Verfassungsberatungen zu verhindern.



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11 März. Sonntag. Parade. 12 März. Sitzung bei mir mit der Reluitions-Commission. Kammersitzung. Flottencommission: Kudriafsky, ein Hannoveraner, Trotschke, angekommen;88 bei uns zu Tische. Theater. 13 März. Fabricens,89 Bernstorf mit Frau hier. Kammersitzung. Volksversammlung. Jahrestag unseres Krawalls. Zu Mittag beim Schlitzer. Soiree bei uns, wo auch die Bernstorf mit ihren Brüdern. Sieht gut aus; ich besuchte sie im Gasthof. 14 März. Die Centren wollen unsere Ansichten vorher kennen. Ein gutes Zeichen! Gerücht, daß der König auf Welkers90 Antrag in Frankfurth zum Kaiser proclamirt worden. (?) /203/ 15 März. Die Deputation der vorgestrigen Volksversammlung nicht angenommen, da ihre Mitglieder zu gemein. Sitzung. Die erste Lesung wird schlecht. Recruten besucht. Soiree bei Dewitzens. Note von Preußen wegen Einverständnis mit Österreich über das Directorium. Morgen geht 1 Schwadron nach Waaren um Strelitz zum Sonntag zu schützen.91 16 März. Sitzung. Habeas Corpus Acte nicht nach unserem Wunsche umgeändert. Unruhige Nachrichten aus Malchow. Flotten. Commission zurück. Witzleben nach Waaren. 17 März. Witzleben zurück mit beruhigenden Nachrichten. 2 Escadrons von 2 Cuirassier-R[e]g[imen]t nach Strelitz marschirt, sehr unangenehm.92 Soiree, wo Rainer sang. 18 März. Jahrestag. Parade. Unbedeutende Volksversammlung. Democratisches Banquet. Alles ruhig. Möge Gott das Ende geben dieser verwickelten Zustände. 19 März. Beim veto das Minoritäs-Erachten durchgegangen. Die Verständigung wird sehr schwer werden, die Zeit mag zu Hilfe kommen. Hopfgarten aus Berlin zurück. Der Kammer Strelitzer Seits das Einrücken der Cuirassiere mitgetheilt. Dem heftigen Antrag Pohle die Dringlichkeit versagt. Soiree bei Storchs. 20 März. Kammersitzung. IV. Abschnitt beendigt. Bei B[assewitz] Schlitz. 21 März. Kammersitzung um 9 Uhr M[orgens] wegen des Tagelöhner-Gesetzes.93 Diner bei mir. Hammerstein geht nach Oestreich. Militair-Confe- /204/ renz wegen der Fortification und Gagensätze. Beim Sarower.94 88 89 90 91 92 93 94

Die Mitglieder der Reichsmarine-Kommission (für Österreich Oberst Ludwig von Kudriaffsky (1805–1894), für Hannover Oberstleutnant Glünder und für Preußen Major von Troschke) waren in Schwerin, um Verteidigungsmaßnahmen an der Ostseeküste zu planen. Verm. Friedrich Joseph Anton von Fabrice (1786–1850), sächs. Generalleutnant und Oberstallmeister. Carl Theodor Welcker (1790–1869), Mitglied des Verfassungsausschusses der Frankfurter Nationalversammlung. Vgl. Eintrag vom 17. März 1849. Vgl. Eintrag vom 15. März 1849. Es handelte sich um eine preuß. Machtdemonstration gegen die meckl. Reformpolitik durch das Kürassierregiment aus Pasewalk. Der Gesetzentwurf behandelte die Landverteilung an Tagelöhner und ländliche Handwerker. Gustav von Maltzan.

310 Schwerin 22 März. Volkswirthschaftliche Sitzung. Zum Exerziren. Onkel Wilhelms Geburtstag. L[ouise] v[on] Lignerolles.95 Traurig gestimmt, weil die Sünde in mir wächst. 23 März. Sitzung. 24 März. Eine Anleihe bis zu 700000 Thaler, mit Prolongation der 30000 bis Joh[annis] [18]50 der Eisenbahn in Aussicht gestellt. 25 März. Sonntag. Die Sachsen in Berlin angekommen. Prinz Albert auch nach Holstein.96 H[au]pt[mann] von Witzleben zu Besuch bei seinem Bruder.97 26 März. Basser Expedition nicht ganz glücklich.98 Avancement berathen. Kammersitzung. Waffenstillstands-Gerüchte. 27 März. Sitzung. Thee bei uns. 28 März. Auf der Parade das Avancement bekannt gemacht, auch die Solderhöhung der Unteroffiziere. Große Freude. Dänischer Kammerjunker Wedel in Postsachen hier.99 Scheffer aus Berlin zurück.100 29 März. Der König zum Kaiser der Deutschen ernannt! Bei Schlitz erfahren. 30 März. Nach Ludwigslust um das zum Familien-Fideicommiß gehörige zu bestimmen. Frühlingsluft. K. 3 B[ataillons], 5 Gesch[ütze] 4 Escadron Reserve. 31 März. Sieg der Östreicher bei Olengo am 24sten,101 Waffenstillstand, Karl Albrecht abdizirt, Emanuel Victor König,102 Alessandria besetzt.103 – Recruten besichtigt – recht gut. Die Wismar[er] Avancirten hier.104 /205/ 1 April. Sonntag. Ein wichtiger Monat. Confirmation. Parade. 2 April. Recruten besichtigt. 3 April. Stürmische, um 3 Uhr beginnende K[ammer]sitzung wegen der Hardratschen Sache: Beschluß: die Mitbenutzung zu erbitten.105 Um 12 Uhr Audienz der Frankfurther Deputation im Ritter-Saale. Sarower Sache sehr übel.106 Tod Jesu im Schauspielhause.107 K. 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107

Schauspiel von Theodor Hell (1775–1856). Albert von Sachsen (1828–1902). Gerhard August von Witzleben (1808–1880). Gemeint ist die Besetzung der vakanten Pfarrstelle Basse. Vgl. Eintrag vom 3.4.1849. Gemeint sind verm. die Verhandlungen um den zwei Jahre später geschlossenen Postvertrag mit Dänemark. Johann Andreas Scheffer (1796–1876), Oberstleutnant und Kommandeur der Artillerie. In der Schlacht bei Novara am 23.3. besiegte Radetzky die Truppen des Königreichs Sardinien-Piemont. Viktor Emanuel II. (1820–1878) folgte seinem Vater Karl Albert (1798–1849) als König von Sardinien-Piemont. Hauptstützpunkt der aufständischen Piemontesen. Gemeint sind die beförderten Offiziere des 1. Musketierbataillons. Ernst Hardrat versuchte sich unordiniert als freikirchlicher Prediger auf der vakanten Pfarrstelle Basse zu behaupten. Der verschuldete Gutsbesitzer Gustav von Maltzan stand vor dem Verkauf seines Gutes Sarow. Oratorium von Carl Heinrich Graun (1704–1759).



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4 April. Antwort des Königs sehr zurückhaltend. 5 April. Gr[üner] Donnerstag. Zum Abendmahl mit der Schloßgemeinde; erhebend. Mit ganzer Kraft mich Jesu hinzugeben und so meine Pflicht thun! – Weitere Erklärung der Pr[eußischen] Minister in der Kammer, die schon weiter geht und die Sache anfaßt. Mama spaziren gefahren. 6 April. Char-Freitag. Ich reise nach Berlin. Bökler im Dom. Sitzung in der MilitairAnschlußsache und Mobilmachungssache, die morgen befohlen wird. Besprechung über die preußische Note. Mit Prosch gearbeitet. Augenblick an die Luft, viele Menschen. Den Abend im neuen Wagen nach Wittenberge. Christian VIII. aufgeflogen, Gefion genommen. 108 7 April. Nach Berlin. Mit Brandenburg und Pr[inz] v[on] Preußen gesprochen. Sehr entschlossen. In den Straßen spazirt. Zum Diner nach Charlottenburg. Wrangel, Arnim. In die Stadt zu Onkel Karl und in die Königsstadt. Vorlesung von Schneider in Charlottenburg.109 Christian VIII. u[nd] Gefion. 8 April. Ostersonntag. Zu Pferde nach Berlin zu Arnim. Kirche in Charlottenburg. Bei Rauch und Elise (Bode, Rachow (Anna)). Zu Onkel Albrecht, Meiendorf, /206/ Hessenstein. Diner en famille in Charlottenburg. Lolo110 allerliebst. Der König mit mir gesprochen. Zu Manteuffel111 und in die Oper. Thal von Andorra.112 Souper in Ch[a]r[lo]tt[en]burg. 9 April. Ostermontag. Spazirgang im Garten: Kindererinnerungen. Mausoleum! Gespräch mit Bülow. Kirche: Gerlach predigte.113 Mit Wilhelm im Thiergarten spaziren geritten. Zu Hessenstein, wo Manteufel mir Nachricht über die Conferenz mit Camphausen114 brachte. Diner in Charlottenburg. Gräfin Purtalis.115 Ballet: Die Banditen-Königin: Grahn, Koch. Souper beim König. 10 April. Nach Spandau; nach Schwerin. Pr[eußische ] Offiziere nach Schleswig. Gefecht bei Alderup, bei Hadersleben. Theater. 12 April. Polterabend bei Lützows. 13 April. Nach Wismar zur Inspektion der Recruten. Recht gut. Fürstenhof, Arsenal geeignet zur Caserne, Hafen, Oberst Pressentin besucht.116 Mit den Offizieren

108 Im Gefecht bei Eckernförde am 5. April wurde das dän. Linienschiff Christian VIII. zerstört und die Segelfregatte Gefion erobert. 109 Louis Schneider (1805–1878), Schauspieler, Publizist und Vorleser des preuß. Königs. 110 Lesung unsicher. 111 Edwin von Manteuffel (1809–1885), Flügeladjutant König Friedrich Wilhelms IV. 112 Das Tal von Andorra, Oper von Jacques Fromental Halévy (1799–1862). 113 Otto von Gerlach. 114 Ludolf Camphausen (1803–1890), von März bis Juni preuß. Ministerpräsident, arbeitete als Mitglied des Zentralausschusses der 1. preuß. Kammer an der Verfassungsrevision mit. 115 Der preuß. Diplomat Albert Graf von Pourtalès (1812–1861), verh. mit Anna, geb. von Bethmann-Hollweg. 116 Bernhard von Pressentin (1777–1854), Oberst und Kommandant in Wismar.

312 Schwerin und einem deutschen Marineoffizier gegessen. Lustig. Benefiz von Peters. Alpenkönig und Menschenfeind.117 14 April. Besichtigung der Recruten der Landwehr in Bataillonen. Recht gut. Werfen mit Granaten von der 2ten Batterie. Mama und Wiwi unwohl. Lebende Bilder im Schauspielhaussaal. Parr[o]d. Ost. Oestreichische Note gegenüber Preußen. Marschordre kann bald kommen. /207/ 15 April. Sonntag. Spaziren. Kirche: Bökler sehr schön. Parade im Arsenalhofe. Die Düppeler Schanzen von den Sachsen und Baiern mit Sturm genommen. Brief vom Könige mit der Anschlußsache. Die Matrosen. Flotow (Stradella) mit Braut118 da. K. 16 April. Palermo genommen.119 Die Beurlaubten exerciren. Ritt über Pampow und Gr[oß] Rogahn. Zauberflöte. 17 April. Das Strelitzer, Anhalt-Dessauer und Bernburger Bataillon sollen zur Mecklenburgischen Brigade stoßen. Karsten120 hat sich gegen unsere Ansicht mit der Reichsverfassung einverstanden erklärt. Eine schlimme Lage. 18 April. Zum Regiments-Exerciren nach Ludwigslust. Remonten besehen. Zu Eisenbahn zurück. Schneegestöber. Sapho.121 19 April. An den König wegen Karsten geschrieben. Köhler aus Suhl zurück.122 20 April. Die Grundrechte in der Kammer diskutirt. Antwort des Königs: Garde. Es muß jetzt ein Entschluß in unserer Mecklenburgischen Sache gefaßt werden. Unterredung mit Stever hierüber. Abendconferenz wegen der Anleihe. 21 April. Mit dem Minister geprochen, der schwer zu entscheidenden Schritten zu bringen sein wird. Zum Exerciren. Gearbeitet. Mit Adolph123 spaziren: „Waterloo“, Epos von Scherenberg.124 Abendconferenz bis 10 Uhr. 22 April. Sonntag. Nicht zur Kirche. Durch die politische Verhältnisse /208/ sehr unruhig. Mit Bülow nach Zippendorf spazieren, alles durchgesprochen. Alles stößt sich an der Person des Ministers. Martha. Flotow herausgerufen. Gilbert. K. B. Brief von Karsten. 23 April. Jahrestag von Schleswig. Hurrah auf dem Exerzirplatz. Nach Steinfeldt geritten. Wilhelm angekommen. Abendconferenz.

117 Der Alpenkönig und der Menschenfeind, romantisches Zauberspiel von Ferdinand Raimund (1790–1836). Das Hoftheater spielte im September und Oktober eine Herbstsaison in Wismar. 118 Die Braut des Komponisten Friedrich von Flotow, Elisabeth, geb. von Zadow (1832–1851). 119 Gemeint ist die Eroberung von Palermo durch die bourbonischen Truppen. 120 Detloff Ludwig Eobald Karsten, Regierungsrat und Bevollmächtigter bei der provisorischen Zentralgewalt in Frankfurt/Main. 121 Sappho, Trauerspiel von Franz Grillparzer (1791–1872). 122 Hugo Köhler, Hauptmann und Lehrer an der Militärbildungsanstalt, besuchte verm. die Suhler Gewehrfabrik. 123 Von Stenglin. 124 Versepos von Christian Friedrich Scherenberg (1798–1881).



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24 April. Bilschau.125 Zum Probiren der jungen Pferde nach Steinfeldt. Sailors Check, Allegranti, Stute aus der Betty. Sieger. Den Acker besehen. Frühstück. Schönes Wetter. Kammersitzung. Conzert. Unruhig in Würtemberg, wenn Preußens Versuch mit den Königen nicht gelingt, so entsteht nichts als ein Bruch der Regierungen mit ihren Ländern daraus. 25 April. Unser Plan muß nun festgestellt werden. Gefecht bei Kolding am 23sten.126 26 April. Nach Ludwigslust zum Regimentsexerciren. Wilhelm Besprechung mit Lützow und Stever. Lützow prinzipienlos. 27 April. Besichtigung der beiden Bataillone durch den Obersten. Kammersitzung. Gesetz wegen Aufhebung der alten Stände in den §§ durchgegangen. Theater für das Militair: Alpenkönig.127 Der König von Würtemberg nach Ludwigsburg.128 Hier noch alles ruhig. 28 April. Brigade-Exerciren. Nach Ludwigslust. Nach Tisch mit Wilhelm geritten im Holz. Gesellschaft bei Könemann. 29 April. Sonntag. Mama sehr unwohl. Kirchenparade. Nach Schwerin mit Oberst Witzleben. Gestern an Ernst eine Katzenmusik gebracht. Deborah von Mosenthal.129 Schwelle. K. /209/ 30 April. Zum Exerciren nach Wismar, ging nicht besonders. Das Kind von Hofconditor Schäfer130 über die Taufe gehalten. Zu Wagen nach Schwerin zurück. Mama besser. Tessonda zum Schluß. Preußische Erklärung in der Kaiserfrage, bairische. Der König von Würtemberg nachgegeben. 1 Mai. Brigade-Exercieren im Feuer: Die älteste Classe will entlass[en] s[ein]. 2 Mai. Rendesvouz mit Wilhelm in Steinfeldt. 3 Mai. Preußische Note an die Regierungen, Bevollmächtigte nach Berlin zu senden. Unsere Stellung in der deutschen Sache muß nun bald klar werden. Die Russen nach Ungarn.131 4 Mai. Mit Mama, Wiwi und Fr[äu]l[ein] Schreeb nach Steinfeldt. Kammerbeschluß wegen der preußischen Note. 5 Mai. Am 3ten kleine Revolution in Dresden.132 Die Truppen halten sich gut. Der König nach Königstein. Regiment Kaiser Alexander hin. Große Parade mit Train hier. Noch alles ruhig. Den Abend zu Pferde im Mondschein nach Steinfeldt.

125 Jahrestag des Gefechts bei Bilschau in Schleswig. 126 Sieg der schleswig-holst. Truppen über die Dänen. 127 Der Alpenkönig und der Menschenfeind, romantisches Zauberspiel von Ferdinand Raimund. 128 Der König floh vor den Aufständischen aus Stuttgart nach Ludwigsburg. 129 Drama von Salomon Hermann Mosenthal (1821–1877). 130 F. W. Schäfer. 131 Russ. Truppen marschierten in Ungarn ein, um Österreich gegen die Aufständischen zu helfen. 132 Der Dresdener Maiaufstand vom 3. bis 9. 5. konnte nur gewaltsam, u. a. mit Hilfe des preuß. Kaiser Alexander Gardegrenadierregiments niedergeschlagen werden.

314 Schwerin 6 Mai. Sonntag. Schlechtes Wetter. Nach Schwerin zurück. Gute Nachrichten aus Dresden. Parade im Zeughofe. Kurze Volksversammlung. Auch in Rostock. Bülow zum Sondiren nach Dresden gesandt. Wir werden uns über unsere Stellung der Kammer gegenüber aussprechen. Mäßigung und Festigkeit führen allein zu Ziel. Fr[äu]l[ein] v[on] Lützow zum Thee bei uns. 7 Mai. Dies wird eine verhängnisvolle Woche. Keine Nachrichten aus Dresden. Recruten besehen. Zweites Hurra! Kammersitzung: /210/ am Donnerstag werden wir antworten. Die Strelitzer Räthe, welche fremde Truppen herbeigerufen für „strafbar“ erklärt.133 Recognoszirung auf dem Plater Felde mit dem Obersten.134 Abendconferenz in der deutschen Sache. Kippe will nicht mit, fügt sich aber meiner Entscheidung bis jetzt. 8 Mai. Der Kampf ist günstig für die Truppen in Dresden, doch heftig. In der Kammersitzung das „strafbar“ zurückgenommen; auch exzentrischen Anträge von Raber die Dringlichkeit versagt. Abendconferenz mit der Regierung, wo der Wortlaut einer Botschaft berathen wird. Heftige Debatte, aber Stever, von mir unterstützt, dringt durch. Den Brief des Großherzogs von Strelitz durch Staffette beantwortet. Briefe von Bülow. Schramm arretiert.135 An Hase das Schreiben im Land-Boten untersagt.136 Er wird wohl abgehen. 9 Mai. Hase fügt sich. Post und Gewandhaus von den Truppen genommen. L[eutnan]t v[on] Liebeherr an der Ecke der Frauengasse geblieben.137 Mittag und Abend Conferenzen. Alles zieht sich zurück, wir schicken nicht nach Berlin! Es ist gegen meine Überzeugung. Gott weiß, wie es sein soll. Schiebeln im entscheidenden Augenblick geht, glaube ich nicht. Es rührt sich etwas im Lande. Schramm nach Bützow abgeführt. 10 Mai. Die Stadt cernirt, die Insurgenten immer enger gegen die Kreuzkirche zusammengedrängt. An Bülow geschrieben. Morgen wird geantwortet. Mama sehr bös. Die Cavallerie angekommen. /211/ Mit Wilhelm einige Cantonnements besucht. Nach Tisch Kippe bei mir. Er geht ab in die linke Seite vom rechten Centrum. Nach Ostorf zu Wilhelm. Unser Weg ist ein halber, daher ein gefährlicher; Gott schütze das Land. 11 Mai. An den König geschrieben. Interessantes Exerciren der 3 Waffen mit Critik. Kammersitzung, in der die Bothschaft, die Beantwortung der Interpellation und der Austritt von Kippe verlesen ist. In den Ausschuß zur Prüfung ist von der Rechten der Krumbecker138 und Liebeherr, vom rechten Centrum Brandt139 133 Vgl. die Einträge vom 15. und 17.3.1849. 134 Gemeint ist der Brigadekommandeur Oberst von Witzleben. 135 Der auch in Mecklenburg aktive Revolutionär Conrad Schramm (1822–1858) wurde auf dem Weg nach Süddeutschland in Hannover verhaftet. 136 Wilhelm Hase, Revisionsrat. 137 Der Offizier war im Kampf gegen die Aufständischen in Dresden gefallen. 138 Otto Ernst Carl Hellmuth von Dewitz auf Krumbeck. 139 Dr. Friedrich Philipp Gottlieb Brandt, Senator aus Parchim.



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und Ebert,140 vom linken C[arl] Trotsche, von der Linken M[oritz] Wiggers und Nauwerk.141 Bei Wilhelm in Ostorf gegessen. Mit Stever wegen Liebeherr gesprochen. Sehr bewegt auf den Straßen. Dresden über. 12 Mai. Maneuver nach Plate hin. Interessant. Nachmittag mit Wilhelm gefahren; den Abend nach Ostorf. Kallies bei mir.142 13 Mai. Die Dragoner vom Stern abmarschiren gesehen. Basser Deputation bei mir, anscheinend ohne Erfolg. Parade am Fuß der Statue. Nach Ludwigslust gefahren. Diner. Geritten im Holz. Wiwi und Emilie. Thee. 14 Mai. Nach Schwerin. Günstige Sitzung. Mit Müller gefahren. Schramm arretirt. 15 Mai. Sitzung. Recruten besucht. Avertissment vom Reichs-Kriegsministerium. Förster Schulz,143 Hillmann,144 Driver145 bei mir zu Tische. Nach L[udwigs]lust gefahren. /212/ 16 Mai. Exerciren des Dragoner-R[e]g[imen]ts. Prinz v[on] Buchau146 dem OffizierCorps angekündigt. Frau v[on] Langen am Canal gesprochen; ich auf Flamingo. Diner bei Onkel Gustav. Thee: Fr[äu]l[ein] Gundlach. 17 Mai. Geburtstag. Reveille. Minister gestern Abend angekommen mit dem Avis.147 Zülow an den König geschickt. Kirche. Wachparade. Ungezogenes Benehmen des Off[iziers]corps geg[en] P[rinz] v[on] Buchau. Nicht zu Tafel gesehen.148 Großes Diner. Fr[au] v[on] Blücher, Helene Rantzau allerliebst. Geritten im Regen, Thee: zwischen Fr[äu]l[ein] v[on] Schreeb und v[on] Rantzau. Marschordre da.149 3te Comp[anie] v[on] d[er] Garde nach Hagenow. 19 Mai. Nach Schwerin zurück. Zülow um 2 Uhr mit Wilhelm aus Berlin zurück. Ja, doch mit Preußen. Es wird marschiert. Heftige lange Abendsitzung beim Minister. Um 1 Uhr in L[udwigs]lust. 20 Mai. Sonntag. Das Offizierscorps des Regiments gesprochen. Mama gesehen. Zur Parade nach Schwerin zurück. Offiziere gesprochen. Viele Besprechungen. Lange Abendconferenz. Offene Erklärung an das Reichsministerium und an die Kammer beschlossen. Güstrower Versammlung ruhig abgelaufen. 21 Mai. Zülow an Boddin, ich an den König geschrieben. Pohles Antrag auf Beeidigung der Truppen auf die Reichsverfassung mit 41- 41 Stimmen abgelehnt. Lie-

140 Heinrich Ebert, Hofrat und Bürgermeister aus Grevesmühlen. 141 Eduard Nauwerk (1809–1868), Bürgermeister in Strelitz. 142 Gemeint ist verm. die neu in Schwerin engagierte Opernsängerin. 143 Verm. Ernst Schulz, Förster in Volkshagen. 144 Friedrich Ludwig Ernst Hillmann, Gutsbesitzer auf Scharstorf und Abgeordneter. 145 Es gab einen Hofarzt und einen Amtsverwalter dieses Namens in Schwerin. 146 Herrmann Freiherr Printz von Buchau (1813–1884), Premierleutnant. 147 Mitteilung. 148 Die Offiziere gaben ihrem Unbehagen gegen den als landfremd geltenden Printz von Buchau durch dessen Nichtbeachtung Ausdruck und wurden von der ghzl. Tafel ausgeladen. 149 Ausmarsch der meckl. Truppen zur Niederschlagung des badischen Aufstandes.

316 Schwerin beherr zum Commissarius.150 Nach L[udwigs]lust gereist. Blücher Rittmeister;151 Langen nicht Pr[emier] L[eutnant].152 22 Mai. Ausmarsch des Dragoner-Regiments. Wilhelm holte die Standarte. Erschütternder Moment. Am Chausseehause /213/ bei Mama vorbeimarschirt, wo Wilhelm von ihr Abschied nahm. Ich vor Kummer. Hurrah. Die Ueberbleibsel unter Blücher besehen.153 Zu Eisenbahn nach Schwerin. Fr[au] v[on] Langen. Rostocker Versammlung ruhig abgegangen. Diner des Stabes und der Garde bei mir. Peuker Hülfscommandirender in Frankfurth.154 Antrag Welker-Kierulf155 zur Reichstatthalterwahl angenommen. 23 Mai. Um 6 ¼ das 1ste M[usketier] Bataillon durchpassirt. Um 10 Uhr Abfahrt des Garde-Bataillons in mustergültiger Ordnung und schönem Geiste trotz aller Wühlereien. Die Bewaffnung soll befohlen verboten werden, Wöhlert gekündigt, die habeas corpus Acte publiziert (!). Die Schöning zurück. 24 Mai. Um 6 Uhr die 1ste Jägercompagnie u[nd] ½ Batterie abgefahren. Um 9 ¾ die 4te und die andere halbe Batterie. In der Kammer nichts vorgekommen, es bleibt also ruhig und die Politik meiner Räthe war momentan wenigstens richtig. Die Infanterie heute nach Minden. Fr[au] v[on] Brandenstein jetzt hier. Die Truppensendung nach Frankfurth war auch richtig. Preußische Note wegen der Braunschweigschen, die unsere Lage richtig und freundlich würdigt. Mit Bülow und du Trossel nach Steinfeldt, wo es herrlich beim Frühjahrsabend. 25 Mai. Das Land ruhig. Aus Frankfurth nichts Neues. Nach Steinfeldt mit den Damen geritten. Zu Wasser zurück. Gerücht von der Ankunft russischer Dampfschiffe. Unbegründet. /214/ 26 Mai. 27 Mai. Pfingsten. Wundervolles Wetter. In meinem Garten mit Mama und Wiwi gefrühstückt. Bökler im Dom. Verfassungssitzung. Musik im Schloßgarten. Hinausströmen. Wir zu Wasser nach Görslow. Gräfin Bassewitz. Schöning. 28 Mai. Pfingstmontag. Die Nacht in Steinfeldt. Predigt von Kliefoth: gewaltig. Um 8 u[nd] 12 Uhr Sitzung. Brief von Diner im Greenhouse. Im Schloßgarten. Mit Mama nach Steinfeldt. Die Nacht dort. 29 Mai. Schöner Morgen. Ueber Görslow und Rampe nach Schwerin geritten. Sitzung von 10–2 Uhr. Brief von Witzleben. Die Truppen bleiben in Mainz. Werderfest verregnet. Starkes Gewitter. 150 Maximilian von Liebeherr (1814–1896), Justizrat bei der Justizkanzlei Schwerin, löste Gottlieb Christian Kippe ab. 151 Helmuth Carl Dietrich von Blücher (1818–1882). 152 Alfred von Langen, der nach Anciennität für eine Beförderung als erster in Frage kommende Sekondleutnant beim Dragonerregiment. 153 Gemeint sind jene meckl. Truppenteile, die nicht nach Baden verlegt wurden. 154 Eduard von Peucker (1791–1876), preuß. Generalleutnant, am 10.5. zurückgetretener Reichskriegsminister. 155 Johann Friedrich Martin Kierulff (1806–1894), Abgeordneter für Rostock in der Frankfurter Nationalversammlung.



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30 Mai. Kammersitzung, in welcher die Beanstandung der Wahl nach Frankfurth, die zeitweilige Nichtauflösung der alten Stände angezeigt; doch ohne großen Eindruck. Bericht von Müller156 aus Mainz. Mit Wiwi geritten. Auf dem Werder noch voll. Die preußische Reichsverfassung angekommen. Die Bombe ist geworfen. Wie und wann wird die platzen! 31 Mai. 1 Juni. Zur Thierschau nach Güstrow. Gute Stimmung. Zur Generalin v[on] Fabrice. Zum Rennen auf Charly. Hübsche Damen. Schönes Wetter. Schloß besucht. Diner. Pferdeschau. Duell von Vogelsang und Pogge.157 Schöne Rückreise im Mond- /215/ scheine. Berichte v[on] Witzleben wegen Mörstedt und Worms, woraus leider nichts geworden ist. Die Brigade ist in die Umgegend von Frankfurth verlegt. 2 Juni. Sitzung wegen des Ausschusses an Preußen. Worms genommen. Gefecht bei Heppenheim. Die M[ecklenburgische] Brigade nach Rheinheim. Das Duell beendet. Ball bei Klüver wegen Düppel. Prächtiger Geist. 3 Juni. Sonntag. Kirche, Parade. Sitzung. Reichsverfassungsfest; ein wahrer Frevel an den Menschen! Diner im Greenhouse. Sehr voll im Schloßgarten. Gute Stimmung der Soldaten, denen heute auf ihren Plätzen gesagt, daß ich die Sache mißbillige. Bäh! über die Blusen.158 4 Juni. Hübscher Ritt, auf dem mir die kleine Schöning von Auguste viel erzählte; auch sprach ich über W[indisch] Grätz.159 Auguste! Kynast. 5 Juni. Mama über Sanssouci und Altenburg nach Marienbad. Eröffnung an die Kammer über unseren Anschluß an Preußen. Die Crisis ist da. Die Brigade in Heppenheim. 6 Juni. Meier, Ebert, Brandt, Trotsche, Spangenberg, Wiggers, Pohle in den Ausschuß gewählt. Zum Exerciren. Besorgnis, wohl unbegründete, vor Unruhe. Im Schloßgarten mit den Offizieren. Arnim gekommen.160 7 Juni. Der Ausschuß will sich an die Formfrage hängen. Daher Mittheilung einer Erklärung, durch welche eine Erklärung in der Sache gefordert wird. Was nun? Mit einigen Offizie- /216/ ren nach Steinfeldt. Stever wieder da. Die Brigade marschirt durch den Odenwald nach Frankfurth zurück. 8 Juni. Der Ausschuß soll weiter arbeiten. Die Sache zieht sich in die Länge. Es scheint auch ruhig zu bleiben. Zum Thee bei Fr[au] v[on] Vithinghof. Brief von Wiwi. Mama nach Altenburg. 156 Hermann von Müller, Flügeladjutant des Großherzogs. 157 Gemeint sind August Pogge (1825–1884) und Karl Freiherr von Vogelsang (1818–1890) auf Alt und Neu Guthendorf. 158 Die Bluse, ein langes, gegürtetes Überhemd, übernahmen die deutschen Revolutionäre als Kleidungsstück aus Frankreich. 159 Prinz Hugo von Windisch-Grätz (1823–1904). 160 August Friedrich Adolf Wilhelm von Arnim (1822–1899), Sekondleutnant beim Garde Grenadierbataillon.

318 Schwerin 9 Juni. Mit L[eutnan]t Pritzbuer161 nach Zippendorf spaziren gegangen. Den Abend bei Zülows: Fr[au] v[on] Langen. 10 Juni. Sonntag. Bökler im Dom. Das eigentliche Ziel nicht über dem täglichen Leben vergessen. Parade. Sitzung. Musik und Affen im Schloßgarten. Mit Herzberg und Scheve spaziren. Auf dem Clubb. 11 Juni. Zum Rennen nach Steinfeldt. Kammersitzung. Strelitzer Erklärung. Man glaubt, es kommt zum Bruch. L[eutnan]t v[on] Arnim geht nach Frankfurth a[m] M[ain]. Die Brigade bleibt in Darmstadt. Lange Conferenz von 6–9 ½ Uhr wegen der Antwort in der Verfassungssache. Einen Augenblick bei Sell, der morgen nach Wiesbaden geht. 12 Juni. Regentschaft von Deutschland in Studtgart. 13 Juni. Meine übrigen Truppen von Frankfurth abmarschirt. Würtenberg tritt der Regentschaft entgegen. Der Majoritätsbeschluß des Ausschusses ziemlich zahm. Exerziren der beiden Musketier-Compagnien. 14 Juni. Kammersitzung von 9–2 Uhr. Sämtliche Anträge außer dem ersten abgelehnt: mons parturitur mus!162 /217/ 15 Juni. Schöner Abend in Steinfeldt. 16 Juni. 17 Juni. Die Recruten der Garde und Jäger besichtigt. Gefecht von Waldmichel­ bach:163 Garde-Bat[aillon], 2 Jäger-, 3 bairische Jägercompagnien, 2 Geschütze, 1ste Escadron. Johan Bartels †.164 Der Feind geschlagen. Brief von Mama. 18 Juni. Sonntag. Walther im Dom. Die Predigt wirkt wieder etwas auf mich, aber es ist gewaltig tod in mir. Meldung von Müller über das Gefecht. 1ste Jäger-Compagnie in Siedelsbrunn und 1ste Garde-Compagnie u[nd] eine bairische Jäger C[ompanie] bei Waldmichelbach im Feuer gewesen. Nußbaum brav, Klein Avantgarde. Die Dragoner bei einer Recognoszierung gegen Käferthal auch im Feuer gewesen und attackirt. 19 Juni. Commissarische Nachrichten über den Verfassungs-Entwurf. Genauere Nachrichten über die Gefechte.

161 Ludolf Heinrich Ludwig Bonaventura von Pritzbuer (1820–1883), Premierleutnant beim Leichten Infanteriebataillon. 162 Der Berg kreißt (und gebiert) eine Maus. Nach Horaz: parturiunt montes, nascetur ridiculus mus. 163 Im Odenwald. 164 Johann Bartels, Gefreiter im Leichten Infanteriebataillon und gefallen bei Siedelsbrunn am 13.6.1849.



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20 Juni. Abends 9 Uhr telegraphische Depesche: Schreeb,165 Klein,166 Huth II167 verwundet und in Heidelberg, Stenglin verwundet in Darmstadt zurückgeblieben,168 Garde 1 todt, 10 Vermißte, 9 verwundet; 1. L[eichtes Infanteriebataillon] 26 Verw[undet], 10 Vermißt; Jäger: 2 todt, 10 Verw[undet]; 10 Drag[oner] vermißt; Art[illerie] 2 todt, 3 ver[wundet]. Um 16000 Spitzkugelpatronen wird gebeten. Die Artillerie und Jäger sind ausgezeichnet. Weinheim d[en] 18ten Juni. Witzleb[en].169 21 Juni. Hauptm[ann] Klein leicht verwundet, Adolph Stenglin am Arm. Schreeb und Huth (†?). Schreckliche Unruhe. Ein Furier der Artillerie zum Holen von Munition hierher gesandt. Schreeb und Huth †. Brav gefochten alle Waffen. Rahe das Bein verloren. /218/ 22 Juni. Endlich offizielle Berichte. Die Offiziere anscheinend nicht tod. Jäger und Artillerie ausgezeichnet, Dragoner und Infanterie thaten ihre Schuldigkeit. Eine Feuerprobe! Mein Bruder auch dabei; hat mir geschrieben. 23 Juni. Die Verluste sind anscheinend nicht so bedeutend. Gestern Abmarsch der beiden Schützen-Compagnien und 6 Artillerie-Munitionswagen. Ernste Stimmung, viele Menschen. Brief vom L[eutnan]t Huth an seinen Vater, am Schienbein, Schenkel und Hüfte verwundet; Brief von H[au]ptm[ann] Klein an seine Frau aus Rastatt; oberhalb des Knies verwundet. Major Hindersin dort gefangen.170 Stever in Berlin.171 24 Juni. Sonntag. Morgengang nach dem Werder. Schöner Morgen. Philipper gelesen: ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christum!172 25 Juni. Zur Gänsejagd nach Dambeck zum Pächter Ehlers,173 3 Gänse, 2 Enten geschossen. Hof und Pfarre (Prediger Kliefoth) besehen.174 Die Frau ist eine Bosselmann von Stück.175 Naudin (Sick)176 am kleinen See belegen, durch einen Reitknecht die Nachricht vom Gefecht bei Waghäusel und der Einnahme von 165 Helmuth von Schreeb (1804–1849), Hauptmann im Garde Grenadierbataillon und gefallen bei Ladenburg. 166 Friedrich Karl von Klein, Hauptmann im Garde Grenadierbataillon, verwundet und gefangengenommen bei Ladenburg. 167 Karl von Huth (1821–1877), Sekondleutnant im Garde Grenadierbataillon und verwundet bei Ladenburg. 168 Adolf von Stenglin, Premierleutnant im Leichten Infanteriebataillon. 169 Ferdinand von Witzleben, Kommandeur der meckl. Brigade in Baden. 170 Der im Generalstab dienende preuß. Major Gustav Eduard von Hindersin (1804–1872) wurde bei Ladenburg gefangen genommen. 171 Theodor Ernst Stever führte als Landtagskommissar Verhandlungen mit dem Verwaltungsrat über den Anschluss an das gegen Österreich gerichtete Dreikönigsbündnis in der Erfurter Union. Am 27.6.1849 erfolgte die Erklärung des meckl. Beitritts. 172 Brief an die Philipper 4, 13. 173 Ludwig Ehlers, Pächter des dortigen ghzl. Hausgutes. 174 Gustav August Friedrich Kliefoth (1818–1882), Pastor in Dambeck seit 1848. 175 Tochter des Gutsbesitzers Bosselmann auf Kirch Stück. 176 Ludwig Christian Sick auf Naudin.

320 Schwerin Manheim und Heidelberg erhalten. Brief von Müller aus Eberbach und Tante Helene. Wöhlert hier. 26 Juni. Briefe geschrieben. Bruchsal besetzt. Wöhlert und Reinhardt gekündigt.177 Ritt über Lankow, Neu-Mühle, durch die Tannen über Görries und den Eisenbahndamm ins Lübecker Thor zurück. 27 Juni. Carlsruhe und Durlach besetzt, Rastatt eingeschlossen. /219/ Witzleben noch in Eberbach. Mein Bruder mit vorwärts. Brief von ihm, von K[ammer] h[err] v[on] Lützow und Stenglin. Nach Steinfeldt. 28 Juni. Schreeb wirklich tod, liegt in Ladenburg begraben †. 29 Juni. Nichts besonderes. 30 Juni. Mit Scheve nach Steinfeldt. Stever befriedigt aus Berlin zurück. 1 Juli. Sonntag. Im Garten. Stever dort bei mir. Angenehmer Morgen, obgleich nicht warm. Parade. Sitzung beim Minister. Diner. Im Schloßgarten bei der Musik und bei den Thieren. Thelegraph: der Prinz v[on] Preußen vor Rastatt, Gefechte am 29 u[nd] 30sten. 2 Juli. Brief von Mama wegen Windisch-Grätz178 und Haag. A[uguste]! 3 Juli. An Mama geantwortet. Telegraph: Gefecht bei Gernsbach. Haubitze vielleicht verloren. Jäger ausgezeichnet. […]179 und 20 Gefangene. Jäger Zabel †,180 6 ­verwundet. Pr[inz] v[on] Pr[eußen] in Bühl. Bülow wird wohl Redefin erhalten.181 Berichte vom Obersten und Müller. V[on] d[er] Lühe angekommen. Bei der Oberjägermeisterin.182 4 Juli. Karsten angekommen. Ein Jäger aus Baden zurück. Briefe von Mama und Wiwi, welche mir ihre Hoffnungen mittheilt. Theater. Thee bei Fr[au] v[on] Sell. 6 Juli. Nach Redefin. Bericht von Nußbaum über das Gefecht von Gernsbach. 1 ­Geschütz genommen, eine Haubitze (L[eutnan]t v[on] Arnim) verloren.183 Am 2ten marschirt die Brigade aus Carlsruhe. Nassauer und Hohenzollern-Lichtensteiner-Bataillon nach Carlsruhe /220/ gesandt. 7 Juli. Exerziren der Landwehr-Bataillons, die Elemente gut. Sitzung. Bei Fr[au] v[on] Langen. Landwehr-Offiziere im Garten bei mir zu Tisch. Mit Scheve, Sukow184 und Wickede geritten. Zum Thee bei Zülow im Garten, wo auch Köhler mit Frau. Musik auf dem Pfaffenteich.

177 Ludwig Reinhard (1805–1877), Rektor der Boizenburger Stadtschule und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. 178 Prinz Hugo von Windisch-Grätz hielt um die Hand von Herzogin Louise, der Schwester des Großherzogs, an. 179 Lesung unsicher. 180 Als Jäger im Leichten Infanteriebataillon gefallen am 19. Juni. 181 Carl von Bülow, Major a. D. und Gestütsinspektor. 182 Caroline von Pressentin, geb. von Dorne (1782–1849). 183 Nach dem Verlust der Haubitze bei Oos wurde der Sekondleutnant August von Arnim auf eigenen Wunsch aus dem Dienst verabschiedet. 184 Mglw. Woldemar von Suckow (1821–1860), Premierleutnant im Dragonerregiment.



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8 Juli. Sonntag. Bettag. Schönes Wetter. Bökler im Dom. Parade des combinirten Bataillons Schwerin. Furchtbar heiß. Im Marstall H[errn] Blok u[nd] die andere Gesellschaft gesprochen. Diner im Garten. Theater. Kallies, Blok, L. M. Gearbeitet. 9 Juli. Zum Exerziren nach Ludwigslust. Besuche. Eichenkoppel. Feuer in Fahrbinde. 10 Juli. Zu Eisenbahn nach Wismar. Fahrt auf dem Dampfschiff Fr[iedrich] Franz nach Travemünde. Dort die Batterie unter Hauptm[ann] Bültingslöwen besehen.185 Brief von Mama mit „ja“!186 11 Juli. An Mama geschrieben. Den ganzen Vormittag gearbeitet, Hausgut und Apanagen mit Stever. Nach Tisch den Stall durchgesehen. Zum Thee bei Fr[au] v[on] Sell. Lebhafte Diskussion bis 11 ½ Uhr. 12 Juli. Nach Stohnsdorf geschrieben! 187 Segne es, o mein Gott! Grade heute vor einem Jahre mit Mama gesprochen. Brandenstein nennt sie ausgezeichnet. 188 13 Juli.189 Jagd in Neukloster. 6 Enten. Herletz.190 Alte Fischers Tochter. /221/ Nach Doberan. Verirrt im Züsower Holz. Bürgerwehr. 14 Juli. Zum Exerciren nach Rostock. Besuche bei Jeppelt,191 Trossel, 192 Oberstl[eutnan]t v[on] Raven,193 Schalburg. Offizierdiner. Fahrt auf dem F[riedrich] F[ranz] nach Warnemünde. Geschossen. Nach Doberan. Nach dem Damm, wo einige Bekanntschaften gemacht wurden. Schlegel. 15 Juli. Sonntag. Heute erreicht mein Brief wohl Stohnsdorf! Gott leite die Herzen! Gebadet. Zur Kirche. Karsten dann bei mir. Im Saal gegessen, Köster, Hellwig, Alvensleben. Willebrandt. Nach der Kirche die Damen dort. Kallies bei ihrem Hause. Landreiter bei mir. Theater. Souper. 16 Juli. Nach Schwerin. Auf der Fahrt waren meine zitternden, jubelnden, hoffenden Gedanken in Stohnsdorf. Ob Auguste schon etwas weiß? Was dort wohl nun geschieht? Ob das Glück wohl möglich ist? – Berichte aus Fluorn.194 Bernstorf195 aus Strelitz angekommen. Lange Conferenz in seiner Gegenwart. Schack bei Zülows. Berichte aus Donaueschingen; Brigade vereinigt. 185 Ferdinand von Bültzingslöwen (1808–1882), Offizier im Lübecker Kontingent des Bundesheeres. 186 Zur Verlobung mit Prinzessin Auguste von Reuß-Köstritz. 187 Im schlesischen Stonsdorf besaß die Köstritzer Linie des Hauses Reuß ein Landschloss. 188 Mglw. eine Äußerung des preuß. Oberstallmeisters Joachim Gottfried von Brandenstein über Auguste von Reuß-Köstritz. 189 Vom 13.–15. Juli schreibt der Großherzog Juni. 190 Mglw. ist der Büdner und Uhrmacher Walter Herlitz aus Neukloster (geb. 1817) gemeint. 191 Verm. Carl Friedrich Wilhelm Johann Jeppe, Geschäftsführer des Wollmagazins. 192 Verm. der pensionierte Oberstleutnant du Trossel. 193 Friedrich Christian Ferdinand Ludwig von Raven (1794–1862), pensionierter Kommandeur des 2. Musketierbataillons. 194 Fluorn-Winzeln bei Rottweil. 195 August Ludwig Wilhelm von Bernstorff (1806–1861), Staatsminister von MecklenburgStrelitz.

322 Schwerin 17 Juli. Heute Nachmittag schreibt man vielleicht. Von Freitag an kann ich eine Antwort erhalten. Sehr unruhig. Wer weiß, ob A[uguste] noch an m[ich] denkt. Es wäre eine Gnade von Dir, mein alter lieber Gott, die mich irdisch selig machen würde. Dies schadet nicht zum wahren Heil! Lange Conferenz mit Bernstorf. Brief vom Großherzog von Darmstadt.196 18 Juli. Nachricht von der Ratifikation des Waffenstillstandes. 3 dänische Minister deswegen zurückgetreten. Jetzt kann der Brief /222/ abgegangen sein. Freitag könnte er hier sein! 19 Juli. Brief von Mama! Hauptmann v[on] Bülow geht zu seiner, der Schreebschen Compagnie, nach Baden. Aufregung in Holstein. Sämtliche Entwürfe zum Wahlgesetz verworfen. Auf die Hirschjagd. Telegraph: Klein ist frei! Die Frau krank. 20 Juli. Heute kann der Brief kommen! O mein Gott, leite es zum Guten! Nachmittag mit Lützow im Buchholz. Er [1] Eber. Kein Brief gekommen. Was dort wohl vorgeht? Wie Auguste wohl darüber denkt? Füge es zu ihrem Beßten, mein Gott! 21 Juli. Die 3te Compagnie des 2ten Bat[aillons] mit ihren Garde-Recruten abschmarschirt. Heute kann eine Entscheidung kommen. 22 Juli. Sonntag. Herrliche Predigt von Kliefoth über die Speisung der 4000 mit Bezug auf die Tageslehre.197 Um 3 Uhr war die Entscheidung da und macht mich zum Glücklichsten der Menschen! Gott, mein Herr, Dir danke ich dies namenlose Glück. Mache mich stark im Guten, dies wundervolle Wesen recht tragen zu können. Ich kann mich kaum beherrschen! Es hat ihr schwere Kämpfe gekostet. Es konnte nicht anders sein. Es war zu lange her und ihre schönsten Jahre liegen dazwischen. Bei mir war es ja auch ein rother Faden, aber er riß nicht und drohte lange alles ihn hemmende zu zerschneiden, bis Gottes sichtbare Fügung ihn ans Licht treten ließ! Ich fasse kaum mein Glück und doch muß es recht mit Fassung, Klarheit, Liebe zu Gott, Demuth ergriffen wer- /223/ den. Stärke mich, mein lieber alter Gott. Lasse es mir zum wahren Heil gedeihen, lasse Auguste glücklich werden. Sie ist ein wundervoller Schatz; selig, der ihn hebt und ihn zu tragen versteht und von Gott dazu stark gemacht wird. Der Brief der Mutter198 ist herrlich, fromm und wahr. Nach Stonsdorf, Potsdam und Norderney bis gegen Mitternacht geschrieben. Etwas ruhiger. 23 Juli. Um 4 Uhr schon wach, um 6 Uhr auf. Ist es Wahrheit? Wie wunderbar sind Gottes Wege! Ich wagte lange Jahre den Gedanken kaum zu fassen und nun ist er fast Wirklichkeit! Gott segne A[uguste]! Nach Wittenberge. Sehr bewegt. Blumen in Grabow. 24 Juli. Nach Nauen. An Zülow gesagt, freute sich. Mama, Wiwi gesehen. Bewegt. Den Einmarsch des 1sten Landwehr-R[e]g[imen]ts, 3ten Bat[aillons] gesehen.

196 Ludwig III. (1806–1877), Großherzog von Hessen-Darmstadt seit 1848. 197 Matth. 15, 32–39. 198 Gemeint ist die Stiefmutter Augustes, Karoline, geb. Gräfin zu Stolberg-Wernigerode (1806– 1896).



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Reuß199 gesprochen, zu mir bestellt. Der Schöning200 gesagt. Frühstück bei der Gallenfeldt. Mit Reuß lange gesprochen; entmuthigt. König und Königin durch Mama in Kenntniß gesetzt, auch wegen Wiwi. Diner. Die Landwehrleute mit Mohr und Chinesen auf der Terrasse. In meiner Angst mit der Schöning noch einmal gesprochen. Nach Berlin, Ballett, Paß. Zu Gröben. Am Durchgang Droschke genommen, Carrier nach dem Schles[ischen] Bahnhof. Grieche mit seiner Frau. Nachtfahrt. 25 Juli. Dank Dir, mein Gott, gieb mir Kraft. Unruhe. Bei Bunzlau abgefahren, Lewenberg, Schlicher, Hirschberg. Angst. /224/ Begräbnis, Sturm. Reuß voraus im Einspänner, ich in der gelben Postkutsche hinterher. Quälende Gedanken und Gebeth. Im Schritt bis zur Brauerei. Schreckliche 5 Minuten! Reuß kommt an, setzt sich zu mir. Sie ist entschlossen! Hinauf. Mit der Fürstin gesprochen, holt sie, Auguste kommt mit ihr zurück. Lange stumme Bewegung. Ausgesprochen. Unfaßliches Glück! Die Mutter segnete uns. Auf dem Sopha lange gesprochen. Reuß, die Schwestern. Zusammen noch. Geschrieben an Mama und Lützow, Thee getrunken. Marie Stollberg,201 die ganz mit thätig dabei war, angekommen. Gesessen am Fenster, nach dem Thee bis 11 ½ Uhr. Ein namenloses Glück! Welche wundervolle Erscheinung! So ruhig, edel, mild, schön im Ausdruck. 26 Juli. An Wilhelm, Großh[erzog] v[on] Strelitz, Großmama, dem Könige geschrieben. Morgen-Andacht. Psalm …; 111, 1 V[ers]: Nun danket alle Gott.202 Frühstück. Mit Auguste im Eckzimmer gesessen. Fahrt in der Droschke nach Buchwald.203 Freudiger Empfang. Schönings. Die Gräfin leidend.204 Zum Frühstück auf dem Sopha neben ihr, d[as] h[eißt] A[uguste]. Musik im Saal. Baron Riedesel eigenthümlich.205 Fahrt zurück. Geschrieben. Diner unten. Nach Tisch im Garten; mit Auguste unter Gartenlaube. Sie war tief bewegt. An ihrer Seite, ihre Hände in den meinigen, in dieser wundervollen Gegend, das herrliche beleuchtete Gebirge vor uns, Gott zum Zeugen, es war eine zauberische halbe Stunde! Verscheucht durch ein Gewitter. Sie unten, ich einen Augenblick oben; herunter, sie kam mir nach. So saßen wir wieder im /225/ Erkerchen. Fahrt nach der Heinrichsburg. Herrliche Beleuchtung. Neben A[uguste] auf dem Sopha; Regenbogen, der immer blieb. Oben hinauf. Namenszüge versucht FFA; eingeschrieben. Im Mondenschein zu Fuß zurück, sie am Arme. Ihr Ausdruck ist himmelsmild, ihre Augen wundervoll, ihre Sprache klangvoll. Musizirt beim Thee. Sie sang seelenvoll. In der Nische gesessen. Um 12 Uhr zu Ruhe! 199 Mglw. der Bruder Augustes, Heinrich IV. von Reuß-Köstritz (1821–1894), Sekondleutnant beim Regiment Gardes du Corps in Berlin. 200 Verm. Elisabeth von Schöning. 201 Marie Gräfin von Stolberg-Wernigerode, geb. Prinzessin von Reuß-Köstritz (1822–1903). 202 Halleluja! Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen im Rat der Frommen und in der Gemeinde. Der Choral „Nun danket alle Gott“ folgt Jesus Sirach 50, 22–24. 203 Gut der Gräfin von Reden. 204 Friederike Gräfin von Reden (1774–1854), geb. Riedesel zu Eisenbach. 205 Georg Riedesel zu Eisenbach (1785–1854).

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27 Juli. Andacht. Frühstück. Gesessen am Frühstückstisch. Heinrich abgereist. Mit Auguste spaziren gegangen. Frische Luft und heitere Stimmung. Reizender freundlicher Ausdruck. Auf die Laube, durch die Kastanien-Allee, über den Bergrücken nach der Bank gegen die Faltenberge und Erdmannsdorf zu. Lange gesessen, von innerem Leben, mecklenburgischer Zukunft gesprochen. Schöne, wechselnde Beleuchtung. Weiter unten durch den Grund nach ihrem Platze. Dort recht selig gesessen. Aussicht. Sie faßt Muth. Gräfin Reden angekommen mit H[errn] v[on] Riedesel. Wir herbei geholt. Anfangs in der Eckstube nachher am Sopha. Politisches Gespräch. Die Gräfin in den Wagen geholfen. Mit Marie wir nach dem Küchengarten. Bufet von meckl[enburgischen] Farben. Oben gegessen. – Zu Mittag gegessen. Nach Tisch unten gesessen. Marie abgereist. Auf Auguste ihr Zimmer. Gesessen dort. Nach Warmbrunn zum Graf Schaffgotsch.206 Gräfin sehr freundlich.207 Schön eingerichtet. Ich fühlte mich dort wohl und auch für die äußeren Verhältnisse beruhigt. Auf der Fahrt hatte sie einen sehr ruhigen, freudigen Ausdruck. Beim Kirchhof ausgestiegen. Gräber /226/ ihrer lieben beiden Eltern. Ich freue mich, daß er mich gekannt hat. Wir küßten uns und gelobten uns Treue fürs Leben. Immergrün gepflückt. Kirche besehen. Zu Fuß nach der Brauerei und zu Hause. Ich einen Augenblick nach ihrem Platz im Mondschein! Abendgeläute von Friesdorf. Schwärmende Begeisterung früherer Tage! Mit ihr im Fenster gesessen. Bouquet von mir 1838; also doch!208 Souper. Abend. Abschied. 28 Juli. Morgengang in seliger Stimmung nach dem Prudel.209 Heller Blick auf das Gebirge. Andacht, bei der Auguste sang und spielte; ein Ton, der mir unvergeßlich ist und jeden Gottesdienst mir durchwehen wird. Frühstück in der Laube. Koppenhaus und Kynast durchs Glaß gesehen, die Denkzeichen vor 2 Jahren! Spazirgang nach dem S[tangen]-Berge. Gesessen auf seinem höchsten Gipfel. Den eigentlichen Abschied genommen. Lange saßen und standen wir sprachlos. Zu Hause. Entdeckt, daß sie kornblau liebt. Buquet von Schulz. Geschrieben. Mit der Mutter gesprochen. Mit ihr unten in das Zimmer des Vaters gegangen. Schmerzliche schöne Abschiedsstunde. Die Gräfin kam zur Abfahrt herunter. Sie schenkte mir einen Ring mit forget me not.210 Abreise. Winken. Brauerei. Sehr schwer. Rückblicke. Wie anders sah der Platz vor der Post jetzt aus in Hirschberg als am 25sten. Spiller, Löwenberg, Bunzlau. Topf. Eisenbahn. 29 Juli. Um 5 Uhr in Berlin. Die beiden Brüder und Zülow da. Empfang in Grabow, Mama und Wiwi und alle Bekannte in Ludwigslust. Empfang in Schwerin, allge206 Leopold Graf Schaffgotsch (1793–1864). 207 Josephine von Schaffgotsch, geb. von Zieten (1799–1862). 208 Die Familie Heinrichs LXIII. von Reuß-Köstritz auf Klipphausen bei Dresden zog im Winter in die Stadt. Dort hatte der Großherzog 1838/39 als Schüler des Blochmannschen Instituts die Bekanntschaft der Prinzessin Auguste gemacht. 209 Prudelberg. 210 Vergiß mich nicht.



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meine Theilnahme. /227/ Im Greenhouse gegessen. Gearbeitet. Illumination. Mir ist alles wie im Traum. Meine liebe Auguste! 30 Juli. Deputation der Kammer und viel Besuch. An Auguste geschrieben zum ersten Male; ein sonderbares Gefühl. Zu Frau v[on] Langen, v[on] Zülow. 31 Juli. Die Schöning besucht. Auge von Auguste erhalten. Briefe von ihr und Marie Stolberg durch Heinrich. Mama nach Doberan abgereist. Erster Brief von Auguste! Tausendmal gelesen und geküßt. Das liebe Wesen! Ihr geschrieben. Nach dem Werder geritten in seliger Stimmung. Thee bei Pritzbuer.211 1 August. Ihren Brief immer wieder gelesen. Ich kann nicht arbeiten. Liebe und Pflicht haben noch nicht ihr Gleichgewicht gefunden, doch muß auch das kommen. Herrlicher Brief von O[nkel] Wilhelm aus Fischbach. Ich lasse mich für sie zeichnen von Schlöpke in meinem Verlobungsanzuge!!! 2 August. Kein Brief von Auguste, was auch eigentlich erst morgen möglich ist. Große Sehnsucht. Ihre Liebe wird zu meinem Seelenheil sein. Z[um] B[eispiel], was ich längst als richtig erkannt und nicht durchgeführt, weil sie es thut, thue ich es auch, das morgendliche Lesen in der Bibel. O, segne sie und mich, mein Gott! Deutsche Sache günstig entschieden. Gezeichnet von Schlöpke. Abendconferenz. Thee beim Minister. 3 August. Königs Geburtstag!212 Verfassung und Wahlgesetz angenommen. Brief von Auguste vom 1sten aus Kreppelhof,213 einzig lieb. /228/ Bernstorf aus Strelitz angekommen. Er und das Büreau der Kammer bei mir zu Tische. Abendconferenz. Vorher bei der Ministerin Levetzow, er auch angekommen. An Auguste geschrieben. Seliges Gefühl. 4 August. Bernstorf bei mir wegen der Absicht des Großherzogs. Ihm geschrieben. Conferenz auf der Regierung. Nach Wismar. Exerziren der Bürgerwehr. Nach Doberan. Choristinnen, Theater, große Versammlung. Mama angekommen. Hugo Windisch-Grätz. Verlobung in meinem Cabinet. 214 Während dessen Reunion im Kursaal. Fr[au] v[on] Wrechem aus Schlesien.215 Burchard. Großer Fackelzug. An Auguste geschrieben. 5 August. Sonntag. Mit Hugo hinaus. Gebadet. Zur Kirche. Predigt. Gebet für Auguste und mich, wundervoll. An A[uguste] gedacht. Geschrieben. 4 Gesundheiten bei Tisch. Kamy. Fr[au] v[on] Müller, Fr[äu]l[ein] Ziegler u[nd] Wrechem. Hugenotten mit der Köster.216 6 August. Nach Schwerin. Wundervoller dritter Brief von Auguste. Sie sagt es, daß sie mich liebt. Wenn ich an die Vergangenheit denke und nun ist dies Wahrheit! 211 212 213 214

Friedrich von Pritzbuer, Geheimer Postrat. Gemeint ist Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Schloss Kreppelhof gehörte den Grafen von Stolberg-Wernigerode. Hugo von Windisch-Grätz verlobte sich an diesem Tag mit Herzogin Louise, der Schwester des Großherzogs. 215 Von Wrochem, oberschles. Adelsfamilie. 216 Luise Köster-Schlegel.

326 Schwerin Gearbeitet. Fr[au] v[on] Klein besucht. An A[uguste] geschrieben. Der Schloßgarten sehr schön jetzt. Den Brief vollendet. Bild, Ring und Ansichten heute Morgen abgegangen. 7 August. Wilhelm und Müller aus Baden angekommen. Decorirt. Nach Doberan weiter. Conferenz. Briefe v[on] A[uguste] wider gelesen. Zu lieb. 8 August. Brief von A[uguste], worin sie sich ganz wahr über ihre werdende, jetzt vorhandene Liebe ausspricht. Mein lieber Gott, Dein Segen! Ge- /229/ antwortet. Antwort aus Strelitz; nur unter Umständen. Ende nächster Woche wohl das Ende des Landtages. Felddienstübung auf dem Werder. Conferenz mit Bökler über die Apanagegesetze.217 9 August. Die Verfassung bis auf das suspensive Veto angenommen. Nach Doberan. 10 August. Rennen. Gräfin Blücher angekommen.218 Wahre, völlige Freude. Diner. Gewitter. Während desselben bei Gräfin Blücher, um über Auguste zu sprechen. Thee, pensée. Theater. 11 August. Rennen. Scharfes Reiten zwischen meinem Bruder und Langen im goldenen Becher. Ball brillant. Brief von Auguste! Abschied von W[indisch] Grätz. Extratouren mit Fr[äu]l[ein] v[on] Wrechem, Elisabeth und Marie. In seltsamer Stimmung, an A[uguste] denkend, durch den dunklen Garten nach Hause. An A[uguste] geschrieben. Selig. 12 August. Sonntag. Gebadet. Kirche. Bei Gräfin Blücher wegen Hochzeit; weg[en] wann, wo und Marie. Diner. Mama an die Großfürstin Helene geschrieben.219 Wilhelm kennt den Theilrezeß und die Domainen-Vereinbarung.220 Robert.221 13 August. Am 23sten hoffe ich in Stonsdorf zu sein. Schlöpke geht hin. 14 August. Brief von Auguste aus Weisritz. Abschrift eines Briefes an T[ante] Marie aus Schlesien durch Mama erhalten. Reg[ierungs] Räthin v[on] Bassewitz.222 15 August. 16Ender in den Consrader Tannen geschossen. Talisman v[on] d[er] Bode! 16 August. Polterabend bei Plessens. Die Nacht krank. Brief v[on] Auguste. Frühe Liebe! /230/ 17 August. Krank zu Bette. Sehr schwach. An A[uguste] gedacht. Sämtliche Briefe durchgelesen. 18 August. Gesund. Hoffnung auf baldige Beendigung des Landestages. Bei Gräfin Bassewitz.223

217 Dr. Carl Ernst Christian Böcler, Syndikus aus Rostock. Es ging um Fragen der materiellen Versorgung der männlichen Angehörigen des ghzl. Hauses. 218 Verm. Marie Gräfin von Blücher, geb. von Larisch-Moennich (1801–1889). 219 Helena Pawlowna (1807–1873), geb. Prinzessin von Württemberg. 220 Gemeint ist Trennung des landesherrlichen vom staatlichen Vermögen, das auch die materielle Versorgung der männlichen Angehörigen des Hauses Mecklenburg betraf. 221 Robert der Teufel, Oper von Giacomo Meyerbeer. 222 Marie, geb. von Rantzau (1820–1895), verh. mit Friedrich von Bassewitz, Regierungsrat. 223 Gräfin Marianne von Bassewitz, Oberhofmeisterin der Großherzogin Alexandrine.



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19 August. Sonntag. Schöne Predigt von Bökler über die Bedeutung des Kirchenbesuchs. Parade der Artillerie. Nach Doberan. Wegen der Hochzeit gesprochen. 20 August. Schmuck gekauft. Nach Schwerin. Brief v[on] Auguste. Lange Abendconferenz, nachgegeben wegen der Grundrechte! Tief betrübt über meine Schwäche. Sämtliche Herren ebenso! Traurig an A[uguste] geschrieben. 21 August. Brigade-Exerciren im Feuer. Alles in der Kammer angenommen. Herzzerreißender Brief aus Snamensky.224 Ich habe sehr Unrecht gethan; es schmerzt und beunruhigt mich sehr, vergib mir mein Gott und führe es nach Deiner Liebe. Zu Auguste flüchtet sich mein bekümmertes Gemüth, segne sie, mein Herr! Ihr Bild erwarte ich. Angekommen. Garde-Reiter Off[iziere]. 22 August. Ihr Bild ähnlich, aber zu hart. Bekümmerte Stimmung wegen so viel auf mich einstürmendem. Vertrauen auf Gott und Muth, nicht kleinmüthig. An den Kaiser v[on] Oestreich wegen Wiwi und Hugo geschrieben. Heute ist ein entscheidender Tag! Die Verfassung vereinbart; Landtag geschlossen, Minister (Lützow, Stever, Liebeherr, Meier) designiert.225 Ich schweren Herzens. 23 August. Mit Knaudt und Prosch gesprochen.226 Verfassung unter- /231/ schrieben vor den Commissarien und 3 Kammer-Zeugen. Trotsche, Boldten, Marcus.227 Gelöbniß, woran ich mich von der erfolgten Publikation an, gebunden halte und in dem Sinn, wie die Commissarische Erklärung vom 22ten sagt, sonderlich was die Auffassung von der Behandlung der Grundrechte betrifft. Hopfgarten geht nach Baden. 24 August. Nach Nauen, Sanssouci: Majestäten sehr herzlich. Mit H[einrich] IV.228 und Georg nach Berlin: Ballet. Zu Marie zum Thee. Eisenbahn. 25 August. Sonnenschein. Auf der kleinen Droschke nach Stonsdorf. Buchwalden. Equipage an der Brauerei. Auguste unwohl gewesen. Wiedersehen in ihrem Zimmer; im schwarzen Kleide. Was für eine wunderbare Erscheinung, keine Spur von Schlöpkes Bild.229 Himmlischer Ausdruck. Lange zusammen gesessen. Seliger Ausdruck. Vor dem Essen Hopfgarten ihr vorgestellt. H[einrich] nach Tisch fort. Wir zusammen. Thee. Selig, fest! 26 August. Sonntag. Auf ihrem Platz. Frühstück. Zur Kirche. Predigt über das Gebet am Gleichniß vom ungerechten Richter.230 Bei ihr. An Mama geschrieben. Zu Tische im weißen Kleide, meine Perle, und ein M[ecklenburgisches] Bouquet an. Kaffee draußen. Mit ihr spaziren, in der Laube und auf dem Platz ihrer Cusine 224 Vermutlich ein Brief des Fräulein von Bode aus Snamenka, einem Schloß der Romanows bei Sankt Petersburg. 225 Lützow übernahm den Vorsitz des Gesamtministeriums und das Außenressort, Stever das Finanzministerium, Liebeherr das Justizministerium und Meyer das Innenressort. 226 Die Regierungsräte Johann Friedrich Knaudt und Carl Prosch. 227 Oberappellationsgerichtsrat Carl Trotsche, Dr. Carl Alexander Bolten (1805–1899) aus ­Rostock und Dr. Lewis Jacob Marcus aus Schwerin. 228 Prinz Heinrich IV. von Reuß-Köstritz. 229 Der Hofmaler Theodor Schlöpke hatte den Auftrag, ein Verlobungsbild anzufertigen. 230 Lukas 18, 1–8.

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Reise nach Schlesien

gesessen; wie anders wie damals. Freudiges Aussehen. Schöner Spazirgang. Nachher bei ihr. Mein Brief kam an. Ihre Briefe angesehen. Ihr Haar mir gegeben. Seliger Kuß. Mein Gott, welche Gnade! Thee. Schloßzeichnungen besehen. Zur Ruhe. Geibels Gedichte.231 Schwermüthige von ihr angestrichen. 27 August. Seliges Erwachen. Geibels Gedichte. Auf ihrem Platz. /232/ Eine Rose für sie gepflückt. Die Lieder von ihrer Hand gelesen. Frühstück. In ihrem Zimmer las sie mir aus den erhaltenen Briefen vor; auch aus Briefen an Marie aus der Dresdener Zeit. Kindlich hat sie sich viel mit dem „Prinzchen“ beschäftigt. Ein Anklang fand seinen Anknüpfungspunkt jetzt in ihrer Seele. Fahrt nach Fischbach232 meinerseits zum Onkel Wilhelm (Gröben233), dann nach Buchwald. Gegessen. Kaffee auf dem Pavillon. Gang nach dem Bauernhause. Dort lange gesessen; sie erzählte mir ihr letztes Erlebnis. Gott muß es nicht gwollt haben. Welch ein Glück hat er sich verscherzt! Sie ist ein Engel. Auf der Droschke mit ihr nach Stonsdorf zurück. Müde. Ihr Brief angekommen. Gott, dir danke ich für Deine Gnade. 28 August. Partie nach der Josephinenhütte. Mit A[uguste] in dem kl[einen] Wagen bis zum Vitriolwerk in Schreiberhau.234 Zu Fuß neben ihrem Stuhl nach dem Gasthof weg[en] Regen. Frühstück. Nach der Josephinenhütte. Regen. In der Giebelstube mit dem Balcon gegessen. Ueber das Mädchen und Tellerputzen gelacht. Glasmachen besehen. Hinauf mit ihr am Arm nach dem Zakenfall; mit ihr auf den Felsen. Zum Kochelfall. Mit ihr am Arm, die neue Chaussee nach Böhmen, zum Vitriolwerk zurück. Schöner Mondschein auf der Rückfahrt. Schwärmende Gedanken. 29 August. Lange geschlafen. Mit A[uguste] im Zimmer des Vaters gesessen; lange gesprochen! Gräfin Reden angekommen. 235 Diner. A[uguste] sehr hübsch. Nach Tische Schloßpläne besehen; Gr[äfin] Reden sehr freundlich für mich. Auguste zu liebenswürdig. Die Zeichnungen mit ihr hinaus getra- /233/ gen. Schöner Ausdruck, wie sie mir für den Huth dankte. Anmuthig, wie sie die alten Damen wegwünschte. Abfahrt. An der Thüre oben erwartete sie mich, um den Brief vom Onkel Henly236 zu empfangen. Spazirgang mit ihr auf ihrem Platz, durch den Busch auf die Laube. Auf dem Brett unter den Fichten gesessen; mein Arm ihre Lehne. Thee, Anna237 unwohl; daher viel mit ihr allein. Mir das blaue Käppchen gegeben. Gesungen. Wie eine Heilige kam sie mir vor! Ihre Stimme geht zum Herzen, unendlich weich! Ein schöner Tag der Liebe! 231 Möglicherweise der 1848 erschienene Gedichtband „Juniuslieder“ von Emanuel Geibel (1815–1884). 232 Sommerresidenz des Prinzen Wilhelm von Preußen (1783–1851). 233 Mglw. Julius Graf von der Gröben (1806–1877), preuß. Kammerherr. 234 Vitriol meint die Gewinnung von Schwefelsäure aus Mineralien. Die Reichsgrafen von Schaffgotsch produzierten in der Josephinenhütte in Schreiberhau Glas. 235 Friederike Gräfin von Reden. 236 Verm. Graf Henrich zu Stolberg-Wernigerode (1772–1854). 237 Anna von Reuß-Köstritz (1837–1907).



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30 August. Lange bei ihr. Spazirgang nach dem Kirchhofe. Nach Tische zu H[errn] v[on] Küstner, Fr[au] v[on] K[üstner], geb. Geimüller.238 Fr[au] v[on] Küstner: Verehrerin v[on] A[uguste]. Linchen Pückler mit Michen u[nd] Martha angekommen.239 31 August. Andacht, Frühstück; unruhig. Selig bei ihr gesessen. Schw[eriner] u[nd] B[er]l[iner] Gesellschaft durchgenommen. Spazirgang. H[err] v[on] Küstner z[u] Besuch. 1 September. Partie auf die Heinrichsburg. Onkel Henly angekommen am Mittag. Frühstück auf der Laube. Warm und Aussicht. Spaziren nach der grünen Bank, Am Abend Hopfgarten von Frankfurth zurück. Thee. Pückler angekommen.240 2 September. Sonntag. Zur Kirche gefahren. Bei ihr. Gräfin Rheden zum Diner, ißt oben. Im Garten Kaffee getrunken; A[uguste] unwohl. Mit ihr auf den Bänken gesessen. Zülow angekommen. Gearbeitet. A[uguste] sehr unwohl. Ich zu ihr; sie gepflegt. Wie schön war sie, als sie so lag. Ihre Augen gedrückt. Gr[äfin] Rheden fort. Thee. Gr[a]f Reuß-Köstritz. 3 September. Hopfgarten fort, nachdem er A[uguste] noch gesehen, die besser /234/ war. Nach Fischbach gefahren, nicht da. Erdmannsdorf besehen.241 Lange bei Auguste, die doch schwach. Pückler abgereist. Nachtisch bei Auguste. Thee. Traurig. Abschied in ihrer Stube. Abreise. Die Nacht durch. 4 September. Um 9 ½ in Dresden. Blochmannsche Anstalt, Dr. Peters. Nach Pillnitz mit Hofmarschall v[on] Watzdorf. König u[nd] Königin von Preußen. P[rin]z Wasa.242 Alles sehr freundlich. Nach dem Diner nach Dresden. A[uguste] nicht angekommen. Zu H[errn] Müller, den Abend bei Peters. 5 September. Nicht angekommen. Durch den Telegraphen ihre Abfahrt jedoch erfahren. Bildergallerie. Mit Dr. Peters, Müller, Schwiegervater und Frauen sie empfangen. Auf den Leipziger Bahnhof. Herzklopfende Ankunft im Blumenberg, wo die ganze Familie außer Wilhelm u[nd] O[nkel] Gustav versammelt. Guter Eindruck. Diner. Bei ihr. Thee. Müde. 6 September. Mama nach Pillnitz. Zusammen bis Halle. Abschied. Nach Eisenach mit Großmama u[nd] Tante Helene. Gegessen, die Cousinen gesehen. Weiter. Nacht. 7 September. Gellenhausen, Hanau. Truppen. Frankfurth. Onkel Wilhelm. Nach Carlsruhe mit Mr. Matsch (?). Wilhelm und Witzleben da. Im Schloß von den Prinzen und Gröben243 mit seinem Stabe empfangen. Zur Großherzogin.244 Thee. Zapfenstreich. 238 Carl Gustav von Küster (1797–1861) auf Lomnitz, preuß. Diplomat, verh. mit Maria Gertrudis, geb. Freiin von Geymüller. 239 Verm. Mitglieder der schles. Linie der Grafen von Pückler. 240 Mglw. Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871). 241 Sommerresidenz der preuß. Könige und der Fürstin Liegnitz. 242 Gustav von Holstein-Gottorp (1799–1877), seit 1829 Prinz von Wasa. 243 Karl von der Gröben, preuß. Generalleutnant, Generaladjutant und Oberbefehlshaber der Rheinarmee. 244 Sophie Wilhelmine, geb. Prinzessin von Holstein-Gottorp (1801–1865).

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Reise nach Baden

8 September. Darmstadt, Ladenburg, Heidelberg (Huth), Rastatt nach Freiburg. Dom. Stechow mit. Durchs Höllenthal245 nach Donaueschingen. Hurra der Jäger in Hüfingen. Offiziers-Corps u[nd] Ehrenwache. /235/ 9 September. Septu246 angekommen. Batterie und Dr[agoner] Regiment beim Schloß vorbeimarschirt. Um 10 Uhr Parade. General Haneken.247 Die Fronte hinunter. Quarree. Aufstellung. Die H[erren] Offiziere. Eintreten. Ordensverleihung.248 Parademarsch. Spaziren im Park. Im Schützen gegessen. Gesundheit meiner und meiner Braut. Musik beim Schloß: Präsidentin Dunois, Madame Kalliwoda249 u[nd] s[o] w[eiter] kennen gelernt. An A[uguste] geschrieben. Im Schützen soupirt. 10 September. Bei Phoren das Dragonerregiment und die Batterie exerziren gesehen. General Hanneken auch da, Tümpling,250 Rantzau. Tollheiten am Clavier. Diner im Schützen. Haneken sehr krank geworden. Musik und Gesang des 1 M[usketier] B[ataillons] beim Schloß. Ball im Museum: beide Dümont, Cusine, Unbekannte, kleine Braut. Recht amüsant. 11 September. Haneken um 10 ½ gestern Abend gestorben! Exerziren der 3 Bataillone. General Münchow251 als H[annekens] Nachfolger bei mir. Zur Jagd nach dem Thiergarten. Abends Barle252 im Schützen. 12 September. Um 2 Uhr früh nach Freiburg. Dom und Auktion. Rastatt. General v[on] Cölln253 u[nd] Major v[on] Weltzien.254 Fort A, die eine Caserne und das Schloß besehen. Unheimlicher Ort. Nach O[o]s; Brücke (Schloß Eberstein mit seiner reizenden Aussicht auf das Murgthal). Barke. Auf die Promenade. Harry zu Solms. Fürstenberg schon zu Bett. An A[uguste] geschrieben. 13 September. Eberstein. Gernsbach. Ort und Brücke besehen. Nach Loffenauer Seite hinaus. Zur schönen Frau … Jäger Michel. Orden. Dejeuner. Bürgermeister, Amtleute, Schwiegervater. Nach Muggen- /236/ sturm. Nach Carlsruhe. Großes Diner. Nach Tisch lustig mit Reußens. Großherzog255 mit Orden bei mir. Thee. 14 September. Heidelberg; das Kreuz an Huth; Ladenburg, Großsachsen; Dorf und Sammelort von Witzleben; Weinheim. Nach Darmstadt. Großh[erzog] bei mir.

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Im Schwarzwald. Lesung unsicher. Woldemar Karl Alexander von Hanneken (1789–1849), preuß. Generalmajor. Die Dekorierten waren durch Wahl der Soldaten hervorgegangen. Die Offiziere besaßen kein Wahlrecht. Therese, geb. Brunetti (1803–1892), seit 1822 verh. mit dem Komponisten Johann Wenzel Kalliwoda (1801–1866). Wilhelm von Tümpling (1809–1884). Ludwig Anton Bogislav Eduard von Münchow (1802–1882), preuß. Generalleutnant. Lesung unsicher. Wilhelm Heinrich Ernst von Cölln, preuß. Generalleutnant. Von Weltzien, Major und preuß. Kommandant von Rastatt. Leopold von Baden.



September 1849

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Zur Großherzogin, die charmant.256 Zu Elschen.257 Ihr von A[uguste] erzählt. Thee. Lange mit der Großh[erzogin] gesprochen. Pr[in]z George auch da.258 Angenehmer Abend. 15 September. Festliche Vorbereitungen zum Empfang der Truppen. Fr[au] v[on] Bernstorf gesprochen.259 Nach Frankfurth. Reichsverweser260 nicht zu Haus. Nach Mainz. Dort den Tag zugebracht. Mit Lützow und Adolph Anlagen. 16 September. Mit dem Dampfschiff hinter Biberich einige Stunden fest. Amüsante Scenen; gut bekannt mit der Gesellschaft. In Bingen Graf und Gräfin Schafgotsch zu uns. Die Schiffe mit meinen Truppen mir vorbei. In Coblenz zur 3ten und 4ten Compagnie u[nd] Witzleben. Bonner Gegend passirt; welche Gefühle; jetzt als Bräutigam. 17 September. Mit Stechow die Nacht durch nach Hannover. Beim Kronprinzen,261 wo die Herzogin von Nassau, und bei der Deken.262 Mit Kahlden auf die Waterloosäule. Diner beim König.263 Der langjährige niederländische Gesandte Dedell nimmt Abschied.264 Lord Strangford.265 Abend bei Marie. 18 September. Mama in Hamburg. Abends zu Hause. 19 September. Im alten Palais. Etwas orientirt. Verfass[ungs]sache. 20 September. Ankunft der Garde und Jäger. H[err] v[on] Kampz266 hier. 21 September. 1. M[usketier] Bat[aillon] durchgefahren. Fr[au] v[on] Maltzan z[um] Thee. /237/ 22 September. Diner der Garde-Offiziere. Sitzung. Conferenz. Brief v[on] A[uguste]. 23 September. Sonntag. An A[uguste] geschrieben. Gottesdienst für die Brigade. Schöne Predigt. Parademarsch. Diner der Jäger u[nd] Stab. In Ostorf. Thee. Fr[äu]l[ein] Stenglin. 24 September. An A[uguste] geschrieben. Einen herrlichen Brief von ihr erhalten. Reg[ierungs] Sitzung. Mit Wiwi geritten. M[adame] de Behr aus Constantinopel bei mir. 25 September. Hirschjagd. Brief v[on] u[nd] an A[uguste]. 26 September. Mit Wiwi geritten; schwer ums Herz wegen ihres Fortgehens. Abend im Buchholz. Abendconferenz. Brief v[on] A[uguste]. 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266

Mathilde Karoline, geb. Prinzessin von Bayern (1813–1862). Elisabeth von Hessen und bei Rhein. Prinz Georg von Hessen-Darmstadt (1780–1856). Wilhelmine Marie Natalie von Bernstorff, geb. von Günderode, Ehefrau des Oberstleutnants und Kommandeurs des meckl. Dragonerregiments August von Bernstorff. Erzherzog Johann von Österreich. Georg von Hannover. Friedrich von der Decken (1802–1881). Ernst August von Hannover. Jonkheer Willem Gerrit Dedel. Percy Smythe, 6. Viscount Strangford (1780–1855), brit. Diplomat. Der preuß. Gesandte in Hamburg, Legationsrat Karl Ludwig Georg von Kamptz (1808– 1870), sollte die Vereidigung der meckl. Truppen auf die Verfassung verhindern.

332 Ludwigslust 27 September. Mama nach Berlin, ich auf Electa nach Friedrichsmoor. 28 September. Gejagt. Schöner Sonnenaufgang. Jubel im Herzen. Auf Hühnerjagd. Nach der Wulfsforst. An A[uguste] geschrieben; angefangen. 29 September. Gejagt. Prosch. Wulfsforst. Einen Hirsch geschossen. Brief von A[uguste]; geantwortet. Onkel fort. 12Ender geschossen. 30 September. Sonntag. Schöner Morgen. Nach der Wulfsforst. Unrecht, am Sonntag zu jagen. Nach Schwerin geritten. Parade. Landwehr-Bataillon Abschied genommen. Conferenz beim Minister. Pro Memoria durchgenommen, zum entscheidenden Act. Offiziere versetzt. 1 October. Fromm und fleißig will ich sein. Brief v[on] A[uguste] aus Hannover und Saabor. Jubel. 2 October. Segne Auguste und mich, mein Gott! Conferenz. Die Deduction ist logisch, aber historisch nicht ganz wahr. Brief von Schilden. 3 October. Antwort v[on] Strelitz. Mit Bülow hierüber gesprochen. 4 October. Unruhig darüber. Morgen nach Berlin. Conferenz. /238/ 5 October. Nach L[udwigs]lust. Schloß besehen. Ueberraschung in Berlin, Leipz[iger] Str[aße] 104, bei Tisch. Zusammen am Ofen. Putzmacherin da. Ich mich umgezogen. Im Cabinet mit ihr;267 sie sehr beunruhigt über unsere politische Lage. Durchmarsch. Henry und Wilhelm angekommen. Bis zum Thee allein. Thee und nach dem Hôtel de Brandenbourg. 6 October. Zum Frühstück bei ihr. Abgereist. Ich mit Bonin und schlesw[igschem] Minister des Auswärtigen.268 Bürgermeister Bahlemann von Kiel.269 Mit Bülow gesprochen.270 7 October. Sonntag. Bei Magnus271 gesessen. Bassewitz, Rettich und Dewitz.272 8 October. Um 7 ½ beim Minister. Magnus. Sitzung. Die Deputation nicht angenommen, als von einem illegalen Convente kommend.273 Gestern Abend Bernstorf, heute Bassewitz bei mir. Die Herren sind sehr aufgeregt, was ihnen bei ihrer Anschauung auch nicht zu verdenken, denn verschieden kann die Sache sehr angesehen werden. Abendconferenz. Eine furchtbare Crisis, in der Gott mich erleuchten möge! Meine arme Auguste. 267 268 269 270 271

Gemeint ist die Braut des Großherzogs. Andreas Paul Adolph von Harbou (1809–1877). Georg Ludwig Balemann (1784–1866). Bernhard von Bülow, Ministerialassessor. Verm. ist der berühmte Berliner Porträtmaler Eduard Magnus (1799–1872) gemeint. Er fertigte einen Monat später auch ein Gemälde der Großherzogin Auguste an. 272 Henning Friedrich von Bassewitz auf Schwiessel, Meno Wilhelm Rettich auf Rosenhagen und Otto Ulrich von Dewitz auf Groß Miltzow waren auf Veranlassung des Engeren Ausschusses aus einer Gruppe reaktionärer Gutsbesitzer gewählt worden, um beim Großherzog gegen die Rechtsgültigkeit der vereinbarten Verfassung zu protestieren. 273 Der ritterschaftliche Konvent fand am 5. und 6.10. in Rostock statt und berief sich auf eine Patentverordnung vom 28.11.1817, die in Streitfällen einen rechtlich begründeten Kompromiß zwischen Landesherr und Ständen vorschrieb.



Oktober 1849

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9 October. Magnus. Lange Abendconferenz. (Prosch und Knaudt gespr[ochen]). Lange Zweifel. Thelegraphische Depesche, daß der Verwaltungsrath sich einmischen würde.274 Allgemeine Conferenz auf morgen früh angesetzt. 10 October 1849. In einer langen Conferenz von 8–12 Uhr im Beisein von Lützow, Stever, Liebeherr, Meier, Bassewitz,275 Knaudt, Karsten, Prosch habe ich den verhängnisvollen Entschluß gefaßt ohne Strelitz zu publicieren.276 Herr, in Deine Hände befehle ich den Ausgang. Von diesem Tage /239/ hängt es ab, ob ich meine mir von Gott gegebene Bestimmung in Bezug auf mein Fürstenamt erfüllt oder verfehlt habe, ob mein Land mein Andenken einst segnen oder ihm fluchen wird. Herr, mein Gott, segne Auguste. Ich habe den Schritt in der Überzeugung von seiner politischen Nothwendigkeit gethan. Ein furchtbarer Tag! 11 October. Nach Stonsdorf reise ich nun nicht. Verf[assung] erscheint im Wochenblatt. Hugo angekommen.277 Hoch der Schweriner Bürgerschaft. Schrecklicher Abend beim Thee. Es ist eine furchtbare Prüfung. 12 October. 13 October. Wilhelm angekommen. Vernünftig.278 Conferenz. Thee. 14 October. Nach Berlin. Zum König nach Sanssouci mit dem Meininger.279 Gespräch mit dem König. Mein Schritt war richtig, nachdem, was hier beabsichtigt worden. Tante Luise und Puttchen beim Thee. 15 October. Geburtstag. Kanonenschüsse. In Galla in Grau zum Caffee nach 9 Uhr. Gratulation. Zur Parade. Civil. Gratulationen Hessensteins, Reußens, Schack bei mir. Nach Charlottenhof zu Fuß. Familiendiner, George, mich ignorirend da; sehr angenehm neben Tante Luise und Puttchen. Schöne Musik vom 1 R[e]g[imen]t Garde. An A[uguste] gedacht. Thee: Fr[au] v[on] Massow280 u[nd] Gräfin Solms. Nach Berlin. Thee bei Hessensteins. Nach Schlesien mit dem Nachtzuge. Illumination. 16 October. Stonsdorf. Eigenes schönes Wiedersehen. Charlotte Stolberg. 17 October. Buchwald. 16 October. Nach Schwerin; mit Bonin und Minister v[on] Harbau.281 Ein- /240/ marsch der Artillerie. 17 October. Einmarsch des Dragonerregiments. 18 October. Windisch-Gräze angekommen. 274 Gemeint ist die Reaktion der Erfurter Union auf eine neue Verfassung in Mecklenburg. 275 Friedrich von Bassewitz, Regierungsrat. 276 Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz hatte am 11.8.1849 die Verfassungsverhandlungen abgebrochen. 277 Hugo von Windisch-Grätz. 278 Der Bruder des Großherzogs, Herzog Wilhelm, hatte wie auch sein Onkel Herzog Gustav Protest gegen das Staatsgrundgesetz beim Verwaltungsrat des Drei-Königs-Bündnisses in Berlin eingelegt. 279 Mglw. Erbprinz Georg von Sachsen-Meiningen (1826–1914), Major beim Garde-Kürassierregiment. 280 Verm. Auguste, geb. von Canitz und Dallwitz (1822–1878), verh. mit Ludwig von Massow (1794–1859), Mitglied des Staatsrates. 281 Andreas Paul Adolph von Harbou.

334 Ludwigslust 19 October. Geritten mit dem Fürsten.282 (20ste [October] Herrendiner in der Audienz v[on] Großpapa.) Geschütze angekommen. 20 October. Geritten. Diner der Prinzen. Katholische Trauung. Protestantische. Spiel. Wiwi sehr schön. Ich begleitete Hugo. 21 October. Sonntag. Kirchfahrt beim schönsten Wetter. Cour und Diner. 22 October. Ball. 23 October. Nach Schwerin. 24 October. Zu Wagen nach L[udwigs]lust. Abschied von Veriant. Nach Sanssouci Gespräch Berlin, Abend bei Hessensteins mit Reußens. Nachts nach Schles[ien]. 25 October. Nach Stonsdorf. Traurig und schön zugleich. Wiedersehen in Papas Stube. Charlotte Stolberg.283 26 October. 27 October. 28ste October. Vorbereitung zum Abendmahl; mit A[uguste] im Cabinet; Frühstück. Zur Kirche: A[uguste] in weiß mit dem Myrtenkranz. Abendmahl; nächst Bonn wohl das herrlichste in meinem Leben. Gottesdienst. Abkündigung. Beim Grabe der Eltern. Rückfahrt. Teppich. Abschied. Abreise nach Bunzlau. Nachtfahrt. /241/ 29 October. In Berlin von Müller, Carl Windischgräz284 und Reußens empfangen. Nach Ludwigslust. 30 October. Nach Schwerin. 31 October. In Schwerin. 1 November. Nach Ludwigslust. Exerziren der combinirten Bat[aillons] Batterie. Tante Marie angekommen. Thelegraphische Depesche beim Ankommen in Wittenberge. 2 November. Einzugstag. Um 10 Uhr mittelst schön geschmückten Extrazuges in Wittenberge. Marie auch da. Eigenes bewegtes Wiedersehen. Frühstück. Abreise. Empfang an der Grenze. Grabow sehr festlich. En cortege, die 3te Escadron escortirend, nach Ludwigslust. Freudiger, sonnenglänzender Eindruck. Großartiger Moment auf dem Schloßplatz, die Fronte der Truppen entlang. Balcon. Schöner Anblick. In ihre Zimmer. Bei Ihr! Thee bei Mama; in die hinteren Zimmer. 3 November. Unser seliger Hochzeitstag. Entrevue bei Tante Marie. Wilder Ritt im Holz auf Fanchon. Lustiges Diner bei mir. Spaziergang nach der großen Schleuse. Allein zur Sammlung. Angezogen. Herzklopfen. Um 7 Uhr von Onkel Gustav und Wilhelm abgeholt, zu Auguste ins Chinesische Zimmer. Im Zuge nach dem Goldenen Saale. Trauung durch Walter;285 Ringe-Wechseln, Kanonenschüsse; kniend den Segen empfangen. Zurück. Unbeschreibliche Gefühle. /242/ 282 Fürst Veriand von Windisch-Grätz (1790–1867). 283 Charlotte Gräfin von Stolberg-Wernigerode, geb. Gräfin von Hochberg-Fürstenstein (1806– 1882). 284 Prinz Karl von Windisch-Grätz (1821–1859), sein Bruder Hugo hatte am 20.10.1849 die Schwester des Großherzogs geheiratet. 285 Friedrich Karl Ernst Walter, Oberhofprediger.

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Aufzeichnungen 1850–1854 [1850] Glückseliges Leben mit meiner lieben lieben Auguste. Trübe politische Verhältnisse. Zu Ostern Abtreten des Ministerium Lützow und Beschreiten der Compromiß-Instanz. 1 Minist[erium] Bülow, 2 Schröter, 3 Brook. 4 Ruhe im Lande. Frühling in Ludwigslust. Reise nach Pyrmont.5 Auguste guter Hoffnung.6 Doberan im Cottage. Köthen, Henly, Sany. Inspection v[on] Wrangel. Maneuver. 13 September. Mit den Altenburgern nach Schwerin. Scheve7 mit dem gestern in Freienwalde publicierten Urtheil angekommen. Die Verfassung vom 10ten October v[origen] J[ahres] nicht rechtsgültig publiciert. In deine Hände, mein Gott, befehle ich alles. /243/ [1852] d[en] 7 März 1852 am 10jährigen Jahrestage meines Regierungsantritts Per aspera ad astra Joh[annes] 15,5. Wer in mir bleibet und ich in ihm, der bringet viele Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts thun. Dieser Spruch hat sich in dem jetzt zurückgelegten Abschnitt meines Lebens, 10 Regierungsjahre, bewahrheitet. Was mit Ihm begonnen, das ist emporgeblüht, was ohne Ihn, ist zerronnen. Du hast nicht zugegeben, daß ich von Jesum fort gerissen worden. Er ist mein Licht für und für, und wenn ich ihn auch oft verlassen, betrübt, wenn ich schwach in meiner Liebe zu Ihm gewesen; er hat mich doch nicht gelassen, und ich flehe Dich um Seinetwillen und meinem Seelenheil an, laß mich nicht verloren gehen, denn Du mußt helfen; mit unserer Macht ist es nicht gethan, wir sind gar bald verloren. Das habe ich erkannt und baue nicht mehr auf mich selbst, sondern allein auf Dich. Das selige Glück in meiner Fami1

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Anders als der Großherzog lehnten Ludwig von Lützow und seine Minister eine gerichtliche Überprüfung der Verfassung ab. Als das von auswärtigen Mächten dominierte Schiedsverfahren nicht mehr zu verhindern war, verkündete die Regierung Lützow am 3.4.1849 ihren Rücktritt unter gleichzeitiger Vertagung der im Februar verfassungsgemäß gewählten Abgeordnetenversammlung. Hans Graf von Bülow (1807–1869), preuß. Unterstaatssekretär und meckl. Staatsminister. August Wilhelm von Schröter (1799–1865), Justizminister. Heinrich Adolf Dietrich von Brock, Finanzminister. 12.-24. Juni. Der Thronfolger Friedrich Franz (III.) wurde am 19. März 1851 geboren. Verm. Hermann von Scheve, Assessor bei der Schweriner Justizkanzlei.

336 Schwerin lie, die Prüfungen und Demüthigungen in meinem öffentlichen Wirken sind deine weisen Wege mit mir und sind mir sehr heilsam gewesen. Glaube und Liebe sind gewachsen, Eitelkeit und Sinnlichkeit sind gedämpft. Mein Privatleben ist reich gesegnet. In meiner /244/ Auguste, meiner Jugendliebe, hast Du mir das Ideal einer Lebensgefährtin, wie ich mir es oft ersehnt, gegeben; auf gleichem Glaubensgrunde erbaut, deine Jüngerin in Leben und Tod, mich mit ganzer Liebe umfassend, von mir nächst dir über alles geliebt (ihr Wesen zieht mich mit einem wunderbaren Macht an sich), Mutter eines ungewöhnlich blühenden Knaben,8 eines Thronerben, wenn Du es willst, vielleicht die Begründerin eines blühenden Hauses (sie ist guter Hoffnung!).9 Ach Herr, erhalte Deinen Segen; doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst. Nach Außen hast Du mich schwer geführt, doch wird es so für mich und mein Land richtig gewesen sein. Den Zeitgedanken habe ich mich zum Theil gegen meine innere Überzeugung gebeugt (z. B. dem constitutionellen Prinzip) zum Theil mit ihnen übereingestimmt (z. B. die größere Einigung Deutschlands und freiere Bewegung auf manchen Gebieten des Staatslebens). Dem Aufruhr bin ich nicht gewichen und ich glaube, daß ich es mit Deiner Hülfe auch nie werde. Dem fortreißenden Gange der politischen Ereignisse Scyllen und Charybden bin ich aber nicht widerstanden, und habe falsch verstandener Treue folgend,10 des Irrthums Weg bis nahe an den Abgrund verfolgt. Du hast mein Wort durch das Recht gelöst, mich und mein Land vorm Verderben gerettet. Dank sei Dir dafür. Meine Seele hat schwer gerungen und sehr gelitten in diesen Kämpfen und nicht ohne tiefe Wunden ist der Sieg errungen, die erst jetzt zu heilen beginnen. Doch war diese gewaltsame Lösung vielleicht /245/ 1852. 1ste Januar. Mit meiner Auguste begonnen! nothwendig. Es ist in mir ein neuer Anfang sicherer Ueberzeugungen und größerer Selbstständigkeit und Energie gemacht worden und in meinem Lande auch. Segne dies Wirken, lenke die Herzen, öffne die Augen, mache meine Schritte sicher und gewiß! Dir sei die kommende Zeit empfohlen mit ihrem Sturm und Sonnenschein. Segne Deine Kirche, die im Aufblühen begriffen ist und halte sie in Deinem Geiste, lasse mich treu in meinem Berufe sein, ohne Menschenfurcht Deinen Willen und meine Pflicht thun, gib mir die Liebe derer meiner Unterthanen, die deine Wege wandeln und gieb mir Liebe zu denen, die mich hassen oder mich beleidigen wollen. Gib mir treue Räthe und mir klaren Blick und stetige Gesinnung gegen sie. Lege Segen auf mein Wirken und lasse mich nicht irren oder wanken, wenn die Zeit der Prüfung wiederkehren sollte. Segne Mecklenburg! /246/

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Friedrich Franz III. war lungenkrank und musste auch nach der Regierungsübernahme 1883 die meiste Zeit im südeuropäischen Ausland verbringen. Er starb 1897. Paul Friedrich, Herzog von Mecklenburg-Schwerin (1852–1923). Gemeint ist die Treue zum Staatsminister seines Vaters, Ludwig von Lützow. Vgl. den Eintrag vom 7.10.1849.



März 1854

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[1854] Der 7. März 1854 12 Jahre meines Regenten-Lebens sind nun verstrichen, Jahre der Entwicklung meines Körpers, meines inneren Menschen, meines äußeren Lebens, in der Familie, im Regenten Amte. Was ist ihr Verlauf, ihr Ergebnis? Wunderbar und schwer, gnädig und segnend hast Du mich geführt, mein lieber alter Gott! Bleibe bei mir, nimm mich in Deinen Schutz, hilf mir, segne mich, die Meinen und mein Volk! Ich bin 31 Jahre, sehr gesund, häßlicher geworden. Dennoch ist die Eitelkeit noch nicht geschwunden; bekämpfe Sie, mein Gott, denn sie bringt Unruhe in meine Ehe und zieht mich von der strengen, ernsten Pflichterfüllung ab, die mir als Ideal vorschwebt. Da mag noch eine Einseitigkeit liegen. Jesus Christus steht fest als Herz meines Lebens. Aber er müßte mir stetiger, lebendiger, beherrschender, mich gar nicht loslassender sein, mir in jedem /247/ Augenblick, auch der geselligen, des Geschäftslebens gegenwärtig sein; ich muß ihn stetiger fühlen als meinen Herrn, der in mir lebt, meine Gefühle, Ansichten, Handlungen leitet. Dann wäre reicher Segen! Lasse mich Dein erlöster Jünger sein und immer bleiben, und nicht schwach werden, auch nicht in einem Augenblick! Lasse die Frucht davon reich ausströmen auf die meinen und mein Berufsfeld. Mein äußeres Leben hast Du „durch Nacht zum Licht“ geführt, mein lieber Gott.

Glossar Aggr(egiert) – bei einem Regiment dienend, aber nicht auf dessen Etat stehend­ Caroussell – Figur zweier sich in entgegengesetzter Richtung im Kreis bewegender Reiter­ reihen Cottillon – Abschluss einer Tanzveranstaltung, Mischform aus Kontretanz und Quadrille Cour – höfische Aufwartung Déjeuner dinatoire – Frühmahl zwischen Gabelfrühstück und Diner Déjeuner – Mittagessen Diner – festliche Hauptmahlzeit Embelliert – verschönert En cortège – im Hofanzug En petit comité – in kleinem Kreis Entrevue – Zusammentreffen Française – Kontretanz mit französischen Tanzfiguren Fuß – als meckl. Längenmaß ca. 0,3 m Galopp – hin- und hergehender Schritttanz Großvater – Kehraustanz am Ende eines Balls Kirchenparade – Gottesdienst mit Militärparade Masurka – aus Polen stammender Paartanz Omnibus – große geschlossene Pferdekutschen für den allgemeinen Verkehr Quadrille – Formationsreiten mit einer durch vier teilbaren Anzahl von Teil­nehmern Redoute – Ballsaal Remonten – Militärpferde Réveille – Weckruf der Militärmusik Schottisch – Polkaähnlicher Tanz im Wechselschritt Steeple chace – Pferderennen querfeldein Soirée – Abendgesellschaft Souper – Abendessen Table d’hôte – feststehendes Menu-Angebot in einem Gasthaus im Gegensatz zum Essen „à la carte“ Tableaux (vivants) – durch Personen nachgestellte „lebende“ Bilder Thé dansant – Tanztee

Register Personenregister A Abdülkerim Nadir Pascha 208 Abdülmecid I., osman. Sultan 204, 207, 208 Achard, Louis 77 Achmed Fethi Pascha 204, 207 Ackermann, Friedrich 308 Adalbert von Preußen, Prinz 162 Adam, Adolphe 35, 77, 260 Adam, Albrecht 170 Adlerberg, Nikolai Wladimirowitsch 193 Adolf Friedrich (V.) von MecklenburgStrelitz, Herzog 283 Adolf von Nassau, Herzog 126, 291 Agnes von Anhalt-Dessau, Herzogin 143, 144, 253, 295 Ahrens, Wilhelm Friedrich Gabriel 115 Albert von Sachsen-Altenburg, Herzog 44 Albert von Sachsen, Prinz 310 Alborghetti, päpstl. Kammerherr 178, 182, 184, 194 Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, Herzog 126 Albrecht von Österreich-Teschen, Erzherzog 162, 170, 187 Albrecht von Preußen, Prinz 102, 103, 126, 260, 276, 311 Alefeld, nass. General 284 Alexander III., Papst 61 Alexander (II.) von Rußland, Zarewitsch 152, 155 Alexander von Hessen und bei Rhein, Prinz 220 Alexander von Oranien-Nassau, Prinz der Niederlande 39 Alexandra Fjodorowna von Rußland, geb. Prinzessin Charlotte von Preußen, Kaiserin 154, 155, 253, 268 Alexandra Nikolajewna von Rußland, Großfürstin 153, 154, 155, 221, 231

Alexandra von Sachsen-Altenburg, Herzogin 23, 125, 255, 335 Alexandrine von Mecklenburg-Schwerin, geb. Prinzessin von Preußen, Großherzogin 23, 29, 30, 31, 43, 45, 46, 52, 76, 77, 79, 83, 84, 87, 90, 97, 98, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 114, 115, 117, 118, 124, 126, 130, 134, 136, 137, 138, 139, 140, 142, 143, 144, 146, 148, 150, 151, 157, 160, 163, 178, 183, 216, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 227, 229, 230, 231, 234, 237, 239, 242, 245, 252, 253, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 267, 268, 269, 271, 276, 281, 282, 287, 288, 289, 292, 294, 295, 297, 300, 301, 303, 304, 307, 308, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 317, 318, 320, 321, 322, 323, 324, 325, 326, 327, 329, 331, 332, 334 Alfieri, Vittorio 68 Alleyn 25, 26, 32 Allmer, Ludwig 115 Allori, Cristofano 67, 68 Als, Dragoner 280 Alvensleben, Gustav von 43, 48, 52, 96, 99, 100, 191, 192, 209, 212 Alvensleben, von 284, 321 Alwardt, E. 276 Amalie Auguste von Sachsen, geb. Prinzessin von Bayern 295 Amalie von Fürstenberg, geb. Prinzessin von Baden 122 Amalie von Griechenland, geb. Herzogin von Oldenburg, Königin 49 Amalie von Sachsen-Altenburg, geb. Prinzessin von Württemberg, Herzogin 30, 125 Amalie von Sachsen, Prinzessin 68, 125 Amélie von Braganza, geb. de Beauharnais, Herzogin 170

340 Register Ammanato, Bartolomeo di Antonio 64 Anna Pawlowna, Königin der Niederlande, geb. Großfürstin von Rußland 38, 39, 40 Anna von Reuß-Köstritz, Prinzessin 328 Apollodorus von Damaskus 177 Apotschinin 160 Apraxin 153 Arco Graf 168 Gräfin 168 Arenberg, Prosper Ludwig von 36, 120 Ariost 64, 187 Arndt, Ernst Moritz 24, 50 Arneth, Joseph 168 Arnim Armgart von 263 August Friedrich Adolf Wilhelm von 317, 318, 320 Karl Otto Ludwig von 200 Maximiliane von 263 von 139, 247, 260, 311 Artis von Bequignolles, Eduard Friedrich Leopold d’ 279 Asinari di S. Marzano, Hermolas 187 Asseburg, Maximilian von der 29 Aster, Ernst Ludwig von 46 Ast, Schauspielerin 297, 298 Auber, Daniel-François-Esprit 97, 131, 139, 141, 166, 233, 256, 266 Auber, Daniel-François-Esprit 139, 141 Aubin 109 Auerswald, Hans von 286 Augusta Caroline von Mecklenburg-Strelitz, geb. Herzogin von Cambridge, Erbgroßherzogin 163, 253 Auguste von Cambridge, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel, Herzogin 255 Auguste von Hessen-Kassel, geb. Prinzessin von Preußen, Kurfürstin 29 Auguste von Hessen-Kassel, Prinzessin 229 Auguste von Leuchtenberg, geb. Prinzessin von Bayern 170 Auguste von Liegnitz, geb. von Harrach 295 Auguste von Mecklenburg-Güstrow, Herzogin 257

Auguste von Mecklenburg-Schwerin, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, Erbgroßherzogin 102, 104, 105, 108, 110, 163, 165, 230, 231, 233, 241, 242, 323, 329 Auguste von Reuß-Köstritz, Prinzessin 27, 98, 224, 266, 272, 287, 296, 301, 303, 317, 320, 321, 322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331, 332, 333, 334, 335, 336 Auguste von Württemberg, Prinzessin 219 Augustus, röm. Kaiser 182 B Backhof, von 125 Baillet de Latour, Theodor 287 Baisse 77 Balemann, Georg Ludwig 332 Balfe, Michael William 260, 301 Bandinelli, Baccio 64 Barby, Adalbert von 264 Bardenfeldt 250 Baretta, Francesco 183 Baring, Konrad Ludwig Georg 119 Barkow, Carl Friedrich 115 Barner Heinrich Franz von 245, 270 Ida von 134 Ida von, geb. Heim 134 Ulrich Friedrich Johann Gottlieb von 146 von 127 Barrot, Odilon 276 Barr, von 39 Bartels, Johann 318 Bartenew 156 Bartning, Ludwig August Johann Gottlieb 119 Bartsch, Albrecht 109, 225, 259, 260, 290, 307 Bassewitz Adolf von 226, 235, 236, 282 Auguste von, geb. von Schlippenbach 260 Barthold von 224 Bernhard Friedrich Alexander von 235 Bertha von, geb. von Werder 235, 236, 252, 273

Personenregister

Carl von 221 Friedrich Joachim Adolph von 242 Friedrich von 131, 333 Heinrich von 235 Henning Friedrich von 332 Ina von, geb. von Bülow 221, 223, 272 Johanna von, geb. von Schlitz 236, 305 Marianne von, geb. von Lützow 78, 241, 261, 272, 289, 292, 301, 303, 316, 326 Marie von, geb. von Rantzau 326 Rudolf von 306 von 138, 139, 141, 160, 162, 225, 227, 235, 245, 257, 261, 290, 304, 305, 332 Bassewitz-Schlitz Heinrich von 108, 272, 273, 281, 306, 308, 309, 310 Batthyány 168 Bauch, Friedrich Wilhelm Heinrich 265 Baumann, Alexander 169 Baumeister 284 Baustian 110 Beaumont, Comte 54 Becher 95 Becker 115 Nikolaus 93 Behnke, Peter Johann 116 Behr August Gustav Hortatius von 223 de 331 Ernst Theodor Friedrich von 139 Friedrich von 42 Johann Heinrich Carl von 261 Jürge Heino von 280 von 114, 146, 150, 223, 236, 261, 262, 286, 308 Behrens Gestütsknecht 149 Unteroffizier 81 Bellegarde Julie Constance von 167 von 167, 168 Bellini Gentile 63 Vincenzo 26, 99, 187, 240, 242

341

Below Gustav von 284 Wilhelm von 149, 279 Benedix, Roderich 138 Berg, Albert 184, 191, 192, 196, 197, 198, 210, 212 Berger, Carl Philipp 230 Bernadi 262 Bernstorff Arthur Friedrich Carl von 127 Augusta von, geb. von Dewitz 252 Auguste von, geb. von Miltitz 272 August Ludwig Wilhelm von 321, 322, 325 Frida von 294 von 126, 146, 272, 282, 287, 305, 309, 332 Wilhelmine Marie Natalie von, geb. von Günderode 331 Wilhelm von 146 Berthier, Louis Alexandre 267 Bethmann-Hollweg Auguste von, geb. Gebser 52 Moritz August von 52, 58, 86, 91 Beust Carl Christian 149 Ernst August von 220 Josepha von, geb. von Carlowitz 24, 28, 29, 30, 32 von 295 Beutler 130 Beutler, Drechsler 282 Bezzenberger, Georg 51 Bielfeld, von 105, 296 Biel, Wilhelm von 147 Bilguer August Louis Ernst von 239 von 159 Bille, Christian Hoyer von 259 Billing, Gräfin 251 Binder von Krieglstein, Franz 166 Binet 77, 78 Birch-Pfeiffer, Charlotte 233, 307 Biron von Curland Agnes, geb. Gräfin zur LippeBiesterfeld 120 Carl 120

342 Register Bischof, Karl Gustav 51, 88 Bleuler, Johann Ludwig 218 Blochmann, Karl Justus 28, 98, 99, 102, 125 Block 140 Blok 321 Bloom, Graf 129 Blücher Adolph Ludwig von 25, 28, 30, 52 Ernst Anton Wilhelm von 147, 242, 256, 258 Hans Dietrich Wilhelm von 142 Hans von 135 Hans Wilhelm Helmut von 224 Helmuth Carl Dietrich von 316 Karl Alexander von 49 Ludwig Alexander von 230 Marie von, geb. von LarischMoennich 326 von 111, 139, 223, 234, 273, 296, 297, 315 Blum, Robert 292, 293 Boccella, Marquise 70 Böcler Carl Ernst Christian 326 Heinrich Ludwig 245 Heinrich Otto 244, 256, 258, 260, 261, 264, 288, 291, 294, 305, 311, 312, 316, 318, 321, 327 Boddien Albertine Eleonore Helmine von, geb. von Maltzan 288 Alphonse von 289 August von 256, 272 Gustav von 332 Johann Caspar von 243 von 144, 227, 261, 265, 281, 290, 302, 305, 315 Bode Leo Louis Charles von, Baron 157 von 153, 154, 155, 156, 287, 288, 296, 298, 305, 306, 326 Bodelschwingh, Ernst von 33, 94, 276 Böhl von Faber, Johann Jacob 246 Boïeldieu, François-Adrien 76, 295 Bökenhauer, Dragoner 278 Bökman 303 Bölckow, Joachim Friedrich Wilhelm 222

Bolle, Carl Friedrich Wilhelm 116 Bollow, Heinrich 245 Bologna, Giovanni di 64 Bolten, Carl Alexander 294, 304, 327 Bonin, Eduard von 301, 332, 333 Bontemps Anne-Marie de, geb. Salomon 76 Auguste François de 76, 77 Borck, Carl August von 253 Borcke, von 147 Borghese 182 Bornstedt Georg von 258 M. von 220 Borromäus, Karl 59 Bösch 126 Bosch, van 112 Bosselmann 319 Both Carl Wilhelm Ludwig Hartwig von 101, 105, 142, 149, 151, 237, 259 Caspar von 246 Johanna Christiane von, geb. von der Tann 223 Ludwig von 246 von 246, 305 Bothmer, Christian von 120 Bourret, frz. Konsul 210 Brandenburg Friedrich Wilhelm von 290, 291, 294, 295, 311 Mathilde Aurora von, geb. von Massenbach 253 Brandenstein Joachim Gottfried von 114, 265 von 123, 220, 221, 223, 224, 260, 316, 321 Brandis, Christian August 85, 91, 96, 104 Brandt Friedrich Philipp Gottlieb 314, 317 Schustermeister 282 von 222 Brasch, Erbpächter 281 Brassier 253 Brauchitsch, Eduard von 102 Braun, Emil August 177, 178, 182 Brees 216 Breh 189, 190

Personenregister

Brenken, von 45 Breughel, Jan, der Ältere 60 Brignole-Sale, Antonio von 216 Brock 307 Brockelmann, Ernst 116, 276 Brocken, Georg Philipp von 252, 253 Brockhausen, Adolf Ludwig von 189, 192 Brock, Heinrich Adolf Dietrich von 335 Bröge, Schauspielerin 135, 137, 142 Brokmann 44 Bronzino, Agnolo 180 Brückner, Adolph 42, 87 Brückner, Friedrich Gustav 256, 308 Brühl Friedrich Wilhelm von 114 von 295 Brunelleschi, Filippo 67 Brüssel, Gräfin 50, 51, 54 Buch Helmuth von 266, 279, 283 Ludwig August von 177, 178, 182, 213 Otto von 127 von 222, 234, 261, 263, 265 Bucher 218 Buchholz, Karl August 105 Buchka, Hermann 306 Buchwald, von 125 Buck 247 Budberg, von 221 Buffalmacco, Buonamico 66 Bülow Bernhard von 24, 25, 30, 32, 38, 40, 42, 44, 46, 49, 50, 51, 73, 74, 76, 77, 79, 80, 87, 90, 93, 95, 99, 100, 245, 252, 256, 281, 297, 312, 314, 332 Burchard Hartwig von 257 Carl Christoph von 59, 256 Carl von 111, 320 Christian Dietrich Carl von 241 Dethloff Christian Georg von 88 Dethloff Ludwig Friedrich von 146, 236, 240, 257, 259, 286, 294, 306 Emil Georg von 223, 230, 256 Friedrich von 278 Gottlieb von 81 Hans Georg von 230 Hans von 335

343

Hartwig von 30 Heinrich von 93 Henriette von, geb. von Jasmund 230 Ina von 150, 246 Jaspar von 99, 151, 227, 236, 237, 243, 258, 259, 262, 266 Marie von 87, 150 Vollrath Joachim Helmuth von 44 von 148, 149, 227, 234, 235, 236, 244, 245, 248, 259, 281, 296, 304, 305, 311, 316, 322 Wilhelm von 128, 278 Bülow-Camin, Bernhard von 88 Bültzingslöwen, Ferdinand von 321 Bunsen Carl 91 Karl von 51 Burchard 325 Burg 176 Burkersroda Anna von 53 Ernst von 129, 130 Friedrich Adolf von 53, 54 Luise von 44 Thekla von 53 Burmeister 222 C Caligula, röm. Kaiser 178, 182 Cambridge, Mary von, Herzogin 255 Campana, Giampetro 181 Camphausen, Ludolf 311 Canitz August von 97 Carl Friedrich von 182 von 167, 168, 264 Canitz und Dallwitz Auguste von 169 Karl Ernst Wilhelm von 166, 167, 263, 276 von 168, 169, 267 Canning Henry 246 Stratford 207 Canova, Antonio 58, 62, 68, 172 Cantarini, Simone 183 Caracalla, röm. Kaiser 181 Caracci, Annibale 190

344 Register Caravaggio 180 Carlowitz Julius von 27 von 24, 29, 32, 87, 295 Carl von Preußen, Prinz 56, 102, 103, 114, 132, 143, 160, 263, 264, 311 Carnap Gerhard von 23, 26, 28 Isabella von, geb. von Bourscheidt 87 von 25, 26, 28, 95, 122 Carolath-Beuthen, Heinrich Karl Wilhelm IV. von 132 Caroline Amalie von Dänemark, geb. Prinzessin von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, Königin 249, 250 Caroline Marianne von Dänemark, geb. Herzogin von Mecklenburg-Strelitz, Kronprinzessin 113, 118, 226, 284 Caroline Mathilde von Dänemark, geb. Prinzessin von Hannover, Königin 250 Carracci, Annibale 180 Carter 226 Carucci, Jacopo (Pontormo) 67 Cäsar, Gaius Julius 177, 178 Casenove, Auguste 76 Castell-Castell Ida Amalie von 53 von 94 Catel, Franz Ludwig 184 Catull, röm. Dichter 60 Cavaignac, Louis-Eugène 280 Cellini, Benvenuto 64, 67, 68 Cestius, röm. Prätor 183 Charliers 27 Charpentier, Rudolf von 86, 87, 95, 99 Chaterlaine, Lady 179 Christeinicke, Optiker 142 Christian August von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, Herzog 248 Christian IV. von Dänemark, König 250 Christian (IX.) von Schleswig-HolsteinSonderburg-Glücksburg, Prinz 23, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 43, 48, 249, 250, 251 Christian VIII. von Dänemark, König 249, 250, 251

Cigoli, Ludovico 68 Cimabue 66, 68 Cione, Andrea di (Orcagna) 66 Clary und Aldringen, von 167 Claudius, Matthias 34 Cohen 31 Cölln, Wilhelm Heinrich Ernst von 80, 330 Colomb Maria Henriette von, geb. von Stosch 46 Peter von 43, 80 Constanze Kaiserin HRR 194 röm . Kaiserin 182 Cooper, James Fenimore 84 Cornelius, Peter von 126, 182 Correggio, Antonio da 65, 173, 180 Cosimus I. Medici 64, 69 Cramon Friedrich von 50 Karoline von, geb. von Meyenn 50 Craven, Elizabeth 213 Crull, Fräulein 119 Cuny, Jacob Christoph von 80 Cuznet, Pauline 263 Czartoryski, Gräfin 167 D Dachröden, von 75 Dahl, Gastwirt 233 Dahlmann, Albert Joachim Friedrich 254 Daniel 261, 294, 303, 304 Danneskiold-Samsøe, Christian, Graf 249 Dante Alighieri 65, 67, 183 Dechen, Ernst Heinrich Carl von 100 Decken, von der 124 Dedell, Willem Gerrit 106, 107, 331 Deiters, Peter Franz Ignaz 50 Demmler, Georg Adolph 102, 106, 147, 229, 250, 259 Dentatus, Manus Curius 174 Dentz, Zahnarzt 42 Detmering, Ludwig 109 Deuzner, Stadtrat 121 Dewitz 305 Friedrich Adolph Diederich von 278 Hedwig von, geb. von Maltzan 305

Personenregister

Otto Ernst Carl Hellmuth von 292, 314 Ulrich Otto von 118, 290, 305, 332 von 273, 292, 297, 304, 305, 306, 309 Ditmar, Ludwig Peter Friedrich 308 Döbereiner 306 Dolci, Carlo 67 Domenichino 176, 180, 183 Donah-Schlohbitten, Karl Friedrich Emil von 82 Donatello 64 Dönhoff Amalie von 114 von 225 Dönhoff-Friedrichstein, Pauline von, geb. von Lehndorff 220 Donizetti, Gaetano 59, 73, 142, 146, 236, 259, 263, 298 Doppelmayer, von, Staatsrat 159 Doria-Pamphilj-Landi Filippo Andrea 184 Maria, geb. Talbot 180, 184 Dorne Ludwig Dethloff Adolph von 243 von 222, 292, 308 Dorn, Exzellenz 25 Dorothea von Reuß-Köstritz, geb. Prinzessin von Schoenaich-Carolath 287 Dreves, Georg Johann Simon 305 Driver 315 Driwert 102 Dumas, Alexandre 69 Dunois 330 Dupetit-Méré, Frédéric 141 Dürer, Albrecht 65, 66, 267 Düring, Ludwig Johann Gotthard 145 Duvert, M. 36 Dyk, Anthonis van 37, 59, 180 E Ebert, Heinrich 315, 317 Eckermann Catherine Henriette, geb. Mentze 246 Gottfried Christian 246, 248 Effinger von Wildegg, Albrecht 168 Egmont, Lamoral von 36 Ehlers, Ludwig 319 Einsiedel, von 189

345

Elderhorst Hartwig von 101, 178, 285, 297, 300 Heinrich Johann Wilhelm von 301 Elder, Peter Ludwig 239 Elisabeth Michailowna von Rußland, Großfürstin 151 Elisabeth von Hessen und bei Rhein, geb. Prinzessin von Preußen 83, 219, 331 Elisabeth von Preußen, geb. Prinzessin von Bayern, Königin 83, 110, 255, 289, 323, 329 Elisabeth von Sachsen-Altenburg, Herzogin 67, 125, 296 Ellmenreich, Albert 300 Emundts, Edmund 80 Ende 165 Ende, Artillerist 162 Engel, Adolph von 252 Engelhardt von Schnellenstein, Alexander 215 Erasmus von Rotterdam 38 Erbrecht 255 Ernst August von Hannover, König 109, 119, 143, 331 Ernst, Ludwig Christian Heinrich 282, 290, 303, 313 Ernst von Sachsen-Altenburg, Herzog 118 Eschenbach, Wolfram von 72 Esterházy Fürstin 168 Marie Therese, Fürstin 167 Sarah, geb. Child-Villiers, Fürstin 167 Eugen von Württemberg, Prinz 284 Evers Böttcher 159 Cathinka 230 Eyben Friedrich Adolph Gottlieb von 138, 150 von 235 Eylert, Rulemann Friedrich 138, 140 Eynard, Jean-Gabriel 76, 77 F Fabrice Charlotte Luise von, geb. von Weißenbach 26, 29, 30, 317 Friedrich Joseph Anton von 248, 309

346 Register Guiseppe de 181, 182 von 244 Fackenbrock, meckl. Grenadier 284 Falieri, Marino 61 Fane John, 11. Earl of Westmorland 276 Priscilla, Countess of Westmorland 122 Feldmann, Leopold 266 Ferdinand III. von Toskana, Großherzog 66 Ferdinand II. von Sizilien, König 180, 187 Ferdinand I. von Österreich, Kaiser 166, 167, 169, 287, 296 Ferdinand I. von Sizilien, König 195 Ferdinand Philippe von Orléans, Herzog von Chartres 36, 117 Filangerie, Carlo, Herzog von Taormina 192 Fink von Finkenstein, Karl 82, 247, 306 Flor 149 Flörke, Albrecht Friedrich Justus 227 Flotow 253 August Adam Philipp Mathias von 253 Auguste von, geb. von Cramm 90 Ernst Heinrich Wilhelm von 253 Friedrich von 82, 239, 257, 288, 297, 298, 305, 306, 308, 312 Johann Adam Wilhelm von 233 Karl Friedrich Theodor von 25, 31, 46, 47, 52, 84, 85, 94, 100 von 26, 32, 88, 92, 94, 95, 96, 97, 99, 100, 122, 126, 150, 253 Flügge, geb. Steinhof 260 Förster 39 Forstner, Friedrich Karl von 219 Fourchon 201, 210 Fra Angelico 69 Fransecky, Eduard Friedrich Karl von 295 Franz I. von Österreich, Kaiser 169 Franz Joseph von Österreich, Kaiser 296, 299, 327 Frederiks, Cäcilie, geb. Gräfin Gurowska 152, 154 Frese Carl 105 Ida 234, 235 Fretzolini, Erminia 176 Friederike von Hannover, geb. Herzogin von Mecklenburg-Strelitz, Königin 48, 51

Friedrich August II. von Sachsen, König 125, 126, 313 Friedrich August von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, Herzog 249, 277, 278, 280, 284 Friedrich Barbarossa, Kaiser 61 Friedrich Ferdinand von Dänemark, Prinz 249, 250 Friedrich Franz (III.) von MecklenburgSchwerin, Erbgroßherzog 336 Friedrich Franz I. von MecklenburgSchwerin, Großherzog 85, 132, 141, 163, 229, 262, 304, 334 Friedrich II., Kaiser HRR 194 Friedrich Karl von Preußen, Prinz 114, 224 Friedrich Ludwig von MecklenburgSchwerin, Erbgroßherzog 247 Friedrichs 149 Friedrich (VII.) von Dänemark, Kronprinz 102, 113, 228, 233, 236, 249, 250, 251 Friedrich von Anhalt-Dessau, Herzog 295 Friedrich von Oranien-Nassau, Prinz der Niederlande 38, 39, 40, 41, 42, 112 Friedrich von Preußen, Prinz 162 Friedrich von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, Prinz von Noer 283 Friedrich von Schleswig-HolsteinSonderburg-Glücksburg, Prinz 254 Friedrich von Schwaben, Herzog 186 Friedrich von Württemberg, Prinz 219 Friedrich Wilhelm Georg Ernst von Preußen, Prinz 23, 24, 26, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 83, 85, 86, 87, 90, 91, 93, 95, 96, 98, 99, 100, 109 Friedrich Wilhelm III. von Preußen, König 46, 101, 113, 138, 140, 325 Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, König 92, 93, 97, 98, 101, 102, 103, 104, 110, 113, 120, 121, 122, 123, 126, 129, 149, 157, 161, 162, 165, 224, 229, 253, 255, 263, 266, 276, 281, 282, 291, 293, 295, 298, 301, 302, 303, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 323, 327, 329, 333 Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen, Prinz 22, 23, 28, 32, 48

Personenregister

Friedrich Wilhelm von Hessen-KasselRumpenheim, Prinz 21, 25, 31, 32, 43, 154, 155, 156, 157, 229, 249, 250, 251, 266 Friedrich Wilhelm von MecklenburgStrelitz, Erbgroßherzog 102, 103, 113, 284, 292, 294, 295, 296 Friesen 295 Fritsche, von 104 Fürstenberg Karl Egon von 108, 268, 330 Maximilian Egon von 108 Theresia von, geb. von Schwarzenberg 167 von 168 Fürstenberg-Stammheim Franz Egon von 90 Pauline von, geb. von Romberg 90, 95 G Gaffron, Maximilian von 32, 44 Gagern, Heinrich von 298, 301 Galilei, Galileo 68 Gallenfeldt, Susette von 84, 142, 234, 240, 261, 298, 306, 323 Gamm, Carl von 248 Gedecke, Theodor 282 Geibel, Emanuel 328 Geier von Schweppenburg, Clementine, geb. von Strauch 90 Genazini 58, 216, 269 Genschow, Christian 265 Georg von Hessen-Darmstadt, Prinz 331 Georg von Mecklenburg-Strelitz, Groß­ herzog 99, 102, 302, 314, 323, 325 Georg von Mecklenburg-Strelitz, Herzog 118, 226, 228, 229, 255, 263, 302, 303, 327, 333 Georg von Sachsen-Altenburg, Herzog 118, 133, 280, 295 Georg von Sachsen-Meiningen, Erbherzog 333 Georg von Waldeck-Pyrmont, Fürst 244 Georg (V.) von Hannover, Kronprinz 143, 331 Gerard 78 Gerard, Balthasar 40

347

Gerlach 92 Karl Johann Heinrich Eduard von 80 Leopold von 302, 303 Otto von 86, 311 Ghiberti, Lorenzo 65 Giffnich, Karl Friedrich 150 Gillmeister, Johannes 126 Ginori, Giovanni 69 Giotto 66, 181, 183, 187 Giuseppe 203 Glasenapp, Gottlieb Friedrich Alexandrowitsch von 221 Globig, von 125 Gloeden, Iwan von 260 Goblet 87 Goethe, Johann Wolfgang von 195 Goldfuß, Georg August 88 Goldoni, Carlo 60 Golizyn Fürst 193, 205, 221 Fürstin 190 Prinz 203 Golowin 175 Gordon, Alexander 37 Gortschakow, Alexander, Fürst 159 Grabow, von 225 Grahn 311 Graun, Carl Heinrich 310 Grave 213 Grävenitz Gustav von 219 von 127, 234 Gregor XVI., Papst 175, 178, 193, 194 Grillparzer, Franz 312 Grimm 261, 273, 305 Carl Albrecht Friedrich 287 Fräulein 246 Gröben Karl von der 49, 329 von der 45, 286, 323, 328 Grohmann, Friedrich 132 Grolmann, Karl von 160 Groth, Adolf Ernst Friedrich 281, 282, 285, 287, 297, 302 Grotius, Hugo 40 Grunings, Gefreiter 48 Guerchino 59, 65, 67, 176, 180

348 Register Gumppenberg-Pöttmes, Karoline von, geb. von Bayrstorff 220, 221, 231, 257 Gundlach von 194, 256, 259, 315 Günther von Schwarzburg-Rudolstadt, Erbprinz 70, 193 Gustav von Mecklenburg-Schwerin, Herzog 100, 101, 105, 106, 107, 127, 128, 129, 132, 133, 141, 145, 146, 149, 150, 211, 213, 224, 225, 236, 237, 258, 259, 262, 264, 265, 266, 272, 278, 286, 298, 302, 306, 307, 308, 315, 329, 334 Gustav von Wasa, Prinz 49, 329 Gutschmidt, von 234 Gutzkow, Karl 25, 256, 259, 260, 304 Gyulay, Ferencz József 109 H Haak Johann Friedrich Peter 116 preuß. Leutnant 255 Hacke, von 114 Hadrian, röm. Kaiser 179, 184 Hagn, Charlotte von 43, 44 Hahn Agnes von, geb. von Schlippenbach 48, 226 Friedrich III. von 48, 226 Peter Theodor von 176 von 142, 176, 243 Halévy, Jacques Fromental 154, 311 Halkett, Hugh 277, 278, 279, 284, 285 Hallberg zu Broich, Theodor von 245 Haller 96 Halm, Friedrich 135 Hammerstein, Magnus Ewald Christian von 227, 248, 309 Händel, Georg Friedrich 86 Hänlein, Johann Christoph Ferdinand von 102, 104, 111, 163, 242, 276 Hanneken, Woldemar Karl Alexander von 330 Hannibal 173 Harbou, Andreas Paul Adolph von 332, 333 Hardenberg Karl von 109 von 143, 264

Hardrat, Ernst 310 Harleß, Christian Friedrich 31 Hase, Wilhelm 314 Havemann 287 Hedemann, August Georg von 124 Heicking, von 221 Heimann 217 Heine, Schauspielerin 252 Heinrich II., Kaiser HRR 267 Heinrich IV. von Reuß-Köstritz, Prinz 323, 324, 325, 327 Heinrich LXIII. von Reuß-Köstritz, Fürst 324 Heinrich VI., Kaiser HRR 182, 194 Heinrich von Oranien-Nassau, Prinz der Niederlande 39, 41 Heinrich von Preußen, Prinz 184, 193, 213 Heintz, von 106 Helena Pawlowna von Rußland, geb. Prinzessin von Württemberg, Großfürstin 151, 326 Helene Pawlowna von MecklenburgSchwerin, geb. Großfürstin von Rußland, Erbprinzessin 155, 156 Helene von Orléans, geb. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin 47, 94, 102, 104, 276, 280, 303, 320, 329 Hell, Theodor 310 Hellwig 321 von 224 Henriette von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, geb. Gräfin von Danneskjold-Samsøe, Herzogin 249 Henriette von Württemberg, geb. Prinzessin von Nassau-Weilburg 219 Heredia, Gräfin 70 Herlitz, Walter 288, 321 Herrmann Bernhard Anton 27 Georg 107 Herzberg 318 Herzeele, von 118, 225, 226 Hessenstein, August Wilhelm von 30, 114, 133, 258, 289, 311, 333, 334 Heuer, von 73, 181

Personenregister

Heyden Charlotte Bernhardine Sophie von, geb. von Brandenstein 306 Ernst Hans Heinrich von 306 Heymann 29 Hildegard von Bayern, Prinzessin 170 Hillmann, Friedrich Ludwig Ernst 315 Hindersin, Gustav Eduard von 319 Hinrichsen, Martin Rudolph 111 Hirschfeld, Alexander von 280, 296 Hobe, Friedrich Curt von 44 Hochstetter Charlotte von 110, 133, 223, 305 von 160 Hocquart 190 Hodenberg, Wilhelm von 161 Hofer, Andreas 171 Hoffmann, E.T.A. 85, 91 Hoguert 71 Hohenlohe-Schillingsfürst Chlodwig von 28, 30, 193 Franz Joseph von 25 Gustav Adolf von 193 Hohenthal, von 53 Holk, Julius von 259 Holm 307 Holtei, Karl von 293 Homer 183 Honeck, Adolf 31 Hopffgarten Carl Anton Ulrich Ernst von 101, 102, 104, 105, 120, 223, 246, 251, 270, 274, 286, 300, 309, 327, 329 von 73 Horatius Cocles 177 Horaz, röm. Dichter 174, 179, 184 Horn, Philippe II. von 36 Houwald, Ernst Christoph von 234, 266 Huden, Heinrich von der 248 Hufland 51 Hügel, Carl von 168 Hunyadi 169 Hus, Jan 54 Hussey de Burgh 91, 95 Luise 96 Huth Karl von 319, 330 von 305

349

Hymmen Clara Henriette Wilhelmine Franziska, geb. von Ammon 100 Eberhard von 122 I Immenhof 181 Inn- und Knyphausen, Carl Wilhelm Georg zu 264 J Jaeppelt, Carl 282 Jantzen 290 Jardin, Aldephonse du 288 Jasmund Viktor von 228, 275 von 150, 246, 252 Jean Paul (Friedrich Richter) 57 Jeppe Carl Friedrich Wilhelm Johann 116, 321 Julius 116 Johann von Österreich, Erzherzog 121, 122, 281, 282, 283, 287, 299, 331 Johann von Sachsen, König 88 Johnston 200 Juliane von Dänemark, Prinzessin 249 Julius II., Papst 68 K Kahlden Paul August von 162, 254 von 260, 261, 331 Wilhelmine von, geb. von Massenbach 126, 223 Kaisersfeld, Maximilian von 110 Kalckreuth, von 42 Kallies 315, 321 Kalliwoda, Therese, geb. Brunetti 330 Kalnein, Helene von, geb. von Coopmann 26 Kalt, Dr. 46 Kameke, von 137 Kamptz, Karl Ludwig Georg von 331 Kanthak 281 Karl Alexander von Sachsen-Weimar, Erbgroßherzog 124

350 Register Karl Bernhard von Sachsen-Weimar, Herzog 123 Karl der Große, Kaiser 35, 166 Karl der Kühne, Herzog von Burgund 166 Karl II. von Parma, Herzog 70, 71 Karl V., Kaiser HRR 267 Karl von Bayern, Prinz 170 Karl von Hessen und bei Rhein, Prinz 83 Karl von Mecklenburg-Schwerin, Herzog 159 Karl von Österreich, Erzherzog 166 Karl von Schleswig-Holstein-SonderburgGlücksburg, Herzog 250, 254 Karl von Württemberg, Kronprinz 176, 219, 262, 268, 289 Karoline Auguste von Österreich, geb. Prinzessin von Bayern, Kaiserin 168 Karoline von Bayern, geb. Prinzessin von Baden 84 Karoline von Reuß-Köstritz, geb. von Stolberg-Wernigerode, Fürstin 322, 323, 324 Karoline von Schwarzburg-Rudolstadt, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, Fürstin 143 Karsten, Detloff Ludwig Eobald 116, 312, 320, 321, 333 Katharina Michailowna von Rußland, Großfürstin 151 Katharina von Württemberg, Prinzessin 219 Kawelin, russ. Generaladjutant 156 Kaymann 37 Kempen, Thomas von 23 Kentzler, Friedrich Franz Adolf 280 Kerner, Schauspielerin 252, 256, 259, 261 Kestner, August 181 Kettenburg, Cuno August von der 290, 301 Kierulf, Johann Friedrich Martin 316 Kilian, Hermann Friedrich 86 Kindler, Albert Wilhelm 246 Kippe, Gottlieb Christian 276, 285, 288, 296, 297, 300, 314 Kirchberger 272, 273 Kircher, Athanasius 183 Klamm 167 Kleiminger, Johannes Heinrich 115

Klein Emilie von 82, 106 Friedrich Karl von 280, 304, 318, 319, 322 Ulrich von 147 von 126, 127, 257, 260, 272, 273, 326 Klentz, Friedrich Hermann Carl 185 Kleomenes 65 Kliefoth Gustav August Friedrich 319 Johann Christoph 224 Theodor 94, 101, 104, 105, 110, 111, 126, 128, 137, 141, 227, 230, 233, 234, 235, 236, 240, 243, 245, 251, 257, 259, 264, 272, 273, 274, 288, 293, 296, 300, 301, 316, 322 Klinggräff, Friedrich von 292 Klockmann 42 Carl Ludwig 235, 236, 260, 300 Luise 260 Kluth, von 28, 32, 44, 48, 94, 98 Klüver 317 Knaudt 261, 272 Johann Friedrich 297, 308, 327, 333 Knaut, Carl 119 Knobelsdorff, Christoph von 114 Koch 92, 311 August Ludwig 222 Gärtner 158 Joseph Anton 179 Köhler, Hugo 283, 312, 320 Kollix 91 Fräulein 23, 26, 32, 120 Kolowrat, von 168 Könemann Alexander von 240 Friedrich Franz von 106, 110, 139 Georg Justus von 162 Otto von 119, 131, 248 von 257, 303, 313 Konradin von Staufen 186 Konstantin Nikolajewitsch von Rußland, Großfürst 152 Konstantin, röm. Kaiser 176, 182 Koop, Wilhelm 210 Koppelow, von 261 Körner, Theodor 34, 105

Personenregister

Koschembahr, von 279 Köster 321 Hans 106 Köster-Schlegel, Luise 131, 147, 325 Kreichelt, Stallmeister 302, 305 Krogh, Siegfriede Victorine von 249, 250 Krosigk, Anton von 87 Krüdner, Amalie von, geb. Stargard 152 Krüger 240, 241 Carl Leopold 241 Karl Ernst Friedrich Julius 290 Theodor 305 Krull 116 Kuhrt, Adolph 116 Küken, Friedrich Wilhelm 298 Kunze 265 Künzer 25, 91, 120, 122 Kurnatowski, Zygmunt, Fürst 159 Küster, Karl Gustav von 329 Küster, Maria Gertudis von, geb. von Geymüller 329 L Lachenwitz 298 Ladendorf, Dragoner 278 Ladewig, Theodor 303 Laffert August von 23 Ernst von 220, 231 von 235, 258, 273, 274 Lancken Ferdinand von der 31, 51, 52 Jacob Heinrich Wilhelm 282 von der 234 Landsberg, Ludwig 178, 181, 183, 194 Langen Alfred von 224, 242, 316 Ida von 273, 298 Ludwig Philipp Otto von 223 Otto von 254 von 141, 150, 261, 262, 272, 285, 308, 315, 316, 318, 320, 325, 326 Langermann-Erlenkamp, Adolph Friedrich von 253 Langfeld, Ernst 240, 256 Langford 184 Lansemann, Daniel 116, 276

351

Lanzilotti, Fürstin 183 Laroche, von 31 Laube, Heinrich 167 Lebzelten Ludwig von 187 von 189 Le Coque, Gustav von 203, 204, 207 Leek 26, 28, 32, 34, 43, 49 Leers Johann Jacob von 140 Luise von, geb. von Bischoffshausen 140 von 233 Le Fort August Peter David 223 Carl Peter von 253 von 295 Lehmann Albert 303 Müllermeister 290 Lehsten von 257, 259, 273 Leiden, Joh. von 67 Lenné, Peter Joseph 130, 131 Lenthe, Gaston 126, 225 Lenz, preuß. Hauptmann 279 Leonhardt, hann. Hauptmann 279 Leopold, Friedrich 143 Leopold (III.) zur Lippe, Erbprinz 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 51, 52, 83, 84, 85, 86, 87, 90, 91, 92, 94, 95, 97, 98, 99, 100, 120, 122, 123, 125, 140, 175, 176, 177, 178, 180, 181, 182, 184, 191, 193, 195, 205, 206, 208, 209, 213, 214, 220, 231, 252, 253, 255, 263, 264, 265, 287, 288 Leopold II. von Toskana, Großherzog 65, 69, 214 Leopold II. zur Lippe, Fürst 220 Leopold I., König der Belgier 36, 121 Leopold IV. Friedrich von Anhalt-Dessau, Herzog 295 Leopold von Baden, Großherzog 219, 330 Leopold von Österreich, Erzherzog 269 Leopold von Salerno, Herzog 187 Leopold von Syrakus, Graf 187 Leo X., Papst 68 Lepsius, Karl Richard 263

352 Register Leuchtenberg Maria von, geb. Großfürstin von Rußland 156 Maximilian de Beauharnais von 156, 157 Levetzow Charlotte von, geb. von Oertzen 287, 325 Dorothea von 81, 87, 88, 94, 110, 140 Helene von 123 Joachim Otto Ulrich von 104, 106, 140, 141 Theodor Diederich von 102, 140, 261, 270, 285 von 104, 150, 244 Lichnowsky Felix von 286 Wilhelm von 166 Liebeherr Maximilian von 302, 314, 315, 316, 327, 333 von 314 Liegnitz, Auguste von, geb. von Harrach 114, 224, 263 Lilien, von 95 Limbach, Opernsängerin 264 Lind, Jenny 240, 242, 255 Lippe-Biesterfeld Adelheid zur, geb. von CastellCastell 26, 47 Emma zur 85, 86, 91, 94, 141 Julius zur 45, 46, 100 Pauline Luise Modeste zur 47 zur 86, 94, 122 Lippe, zur, Gräfin 29, 53 Lippi, Filippo 67, 177 Lisch, Georg Christian Friedrich 149, 250 Liss, Friedrich Joachim 222 List, Franz 52, 121 Litke, Fjodor Petrowitsch 156 Lobanow-Rostowski, Fürst 104 Loebell, Johann Wilhelm 43, 46, 56, 58, 59, 60, 84, 86, 87, 94, 97, 98, 144, 146, 147, 148, 150, 216, 240 Loive, Postmeister 248 Lorch, von 55, 90, 100 Lorraine, Claude 181 Lothringen, Karl Alexander von 36

Louise Marie von Belgien, Königin 36 Louise von Mecklenburg-Schwerin, Herzogin 24, 30, 43, 44, 46, 52, 76, 78, 79, 90, 106, 110, 118, 127, 130, 132, 135, 140, 147, 151, 208, 221, 223, 227, 228, 229, 234, 237, 239, 242, 243, 244, 251, 252, 254, 257, 268, 269, 272, 296, 297, 307, 312, 313, 315, 316, 317, 320, 322, 323, 324, 327, 331, 334 Louis Philippe Albert von Orléans, Graf von Paris 280 Louis Philippe von Frankreich, König 276 Löwe 215 Löwenberg, von 70 Lowitsch, Shaneta Antonowa, Fürstin 159 Lowtzow Friedrich von 225 Friedrich Wilhelm von 112 von 227, 235, 247, 254, 256, 257, 263, 282 Lübbert, Otto 284 Lücken Leopold von 241 von 128, 241 Lüdemann, Georg Wilhelm von 80 Lüders, Christian Johann 222 Ludolf 176 Ludwig III. von Hessen-Darmstadt, Großherzog 322, 330 Ludwig I. von Bayern, König 183, 198 Lueder, Carl Wilhelm 247 Lühe Adolf von der 244 August Adolf von der 82 Friedrich von der 87, 90, 95, 100 Henriette Maria Anna Alicia von der, geb.Gräfin Brühl 90 Henriette von der, geb. von Hochstetter 106, 110 Otto Georg Conrad von der 132 von der 105, 133, 145, 148, 150, 167, 224, 235, 257, 259, 263, 265, 272, 286, 294, 297, 301, 320 Luini, Bernardino 58, 59, 60, 65, 216 Luisa von Sachsen, geb. Prinzessin von Parma 71 Luise Amelie Stephanie von Schweden, geb. Prinzessin von Baden 166, 169

Personenregister

Luise Henriette von Nassau-Usingen, Prinzessin 33, 124 Luise von Mecklenburg-Strelitz, Herzogin 98, 99 Luise von Oranien-Nassau, geb. Prinzessin von Preußen 38, 39, 40, 42, 49, 112, 114, 162, 333 Luise von Oranien-Nassau, Prinzessin der Niederlande 38, 39, 40, 333 Luise von Preußen, geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, Königin 113 Luise von Wasa, geb. Prinzessin von Baden 49 Luschkow 158 Lusi, von 279 Luther, Martin 123, 124, 180 Lützow Auguste Katharine von 307 August Friedrich Ulrich von 107, 137 August Ulrich Friedrich von 79 Carl von 240 Friedrich Ludwig Eduard Karl von 219 Karoline von 235, 306 Leopold von 161 Ludwig von 81, 101, 105, 106, 107, 124, 140, 146, 148, 149, 150, 162, 163, 223, 225, 230, 231, 233, 234, 235, 237, 242, 246, 247, 248, 251, 256, 258, 259, 260, 261, 262, 282, 285, 292, 293, 295, 296, 297, 300, 301, 302, 305, 307, 312, 313, 315, 320, 322, 323, 325, 327, 332, 333, 335, 336 Luise von 235, 260 Rudolf von 176, 182, 184 Sophie von 230, 231, 234, 235, 236, 260, 261 Sophie von, geb. von Brandenstein 245, 258, 261, 265 von 100, 123, 150, 168, 176, 234, 235, 292, 298, 307, 311, 314, 320, 331 M Maassen, Friedrich 301 Maaß, von der, Fräulein 251 Machiavelli, Niccolò 68 Maecenas, Gaius 179 Magnus, Eduard 332, 333

353

Major, Carl Forsyth 50, 204, 206, 208 Male 303, 305, 306, 308 Maltitz, Franz von 39, 40 Maltzahn Friedrich Carl Albrecht von 246, 273, 308 von 194 Maltzahn, Gustav Helmuth Theodor Diederich von, Graf von Plessen 302, 303 Maltzan Albrecht von 87, 100 Amelie von, geb. von Moltke 226, 235, 252, 272, 302 Cäcilie von, geb. von MaltzanIvenack 305 Ferdinand von 137 Friedrich von 129, 138 Friedrich Wilhelm von 253 Gustav von 226, 305, 306, 308, 309, 310 von 150, 235, 244, 271, 272, 292, 331 Manteuffel, Edwin von 311 Manzius 46 Marcellus, Neffe des röm. Kaisers Augustus 182 Marchal, Comte 108 Marcus, Lewis Jacob 297, 327 Margarethe I. von Dänemark, Königin 250 Maria Amalia von Bourbon und Braganza, geb. Herzogin von Braganza 187 Maria Anna von Österreich, geb. Prinzessin von Savoyen, Kaiserin 167 Maria Anna von Sachsen, geb. Prinzessin von Bayern, Königin 295 Maria Anna von Toskana, Prinzessin 65, 69 Maria Elisabeth von Österreich, geb. von Savoyen-Carignan, Erzherzogin 215 Maria Fjodorowna von Rußland, geb. Sophie Dorothee von Württemberg, Kaiserin 156 Maria Isabel von Sizilien, geb. Infantin von Spanien, Königin 187 Maria Karolina von Österreich, Erzherzogin 167 Maria Klementine von Salerno, geb. Erzherzogin von Österreich, Herzogin 187

354 Register Maria Luisa von Toskana 214 Maria Michailowna von Rußland, Großfürstin 151 Marianne von Preußen, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg 264 Marianne von Preußen, geb. Prinzessin von Oranien-Nassau 126 Maria Theresia von Parma, geb. Prinzessin von Savoyen, Herzogin 71 Maria Theresia von Sizilien, geb. Erz­ herzogin von Österreich, Königin 187 Maria von Österreich, Erzherzogin 168, 169 Marie Amelie von Baden, Prinzesssin 123 Marie von Dänemark, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel, Königin 249 Marie von Hannover, geb. Herzogin von Sachsen-Altenburg, Königin 141, 143 Marie von Mecklenburg-Strelitz, geb. Prinzessin von Hessen-Kassel, Großherzogin 99, 113, 132 Marie von Sachsen-Altenburg, geb. Herzogin von MecklenburgSchwerin 42, 102, 117, 125, 131, 133, 156, 280, 295, 326, 334 Marija Alexandrowna von Rußland, geb. Marie von Hessen-Darmstadt, Kaiserin 155 Markuth, Friedrich 241 Marryat, Frederick 46 Marschalk, von 279 Marschall, von 124 Marthinsen, meckl. Grenadier 284 Martin V., Papst 54 Marwitz, Bertha von der 114 Masaccio 66 Masaniello, Tommaso 186, 187 Masius geb. Steinhof 260 Ida 234, 235, 294, 303 Masolino di Panicale 66 Massenbach, Karl Friedrich Leo von 54 Massow, Auguste von, geb. von Canitz und Dallwitz 333 Mathilde Karoline von Hessen-Darmstadt, geb. Prinzessin von Bayern, Großherzogin 49, 331 Matthias von Österreich, Kaiser HRR 169

Mauderode, von 125 Maximilian I., Kaiser HRR 170, 267 Mecklenburg Anna, geb. von Ladiges 302 Christian Ludwig Ernst von 139, 246 Friedrich 302 Gustave von, geb. Stegmann 247 Mecklenburg von Kleeburg, Johann Friedrich Ernst 266 Meding, von 222 Meding, Wilhelm Friedrich Christian Ludwig von 257 Meerheimb von 139, 261 Mehmed Emin Rauf Pascha 207 Mehmed Halil Pascha 207 Meiendorff, Peter von 132, 251, 274, 276, 289, 295, 311 Meiendorf, Georg von 157, 158, 268 Meier 163 Ernst 181 Meloni 193 Mendelssohn, Rosamunde, geb. von Haugwitz 86 Mengelbier, Joseph 121 Mengs, Raphael 59, 181 Mercadante, Saverio 59, 68, 146 Messenhauser, Wenzel 292 Metternich, Klemens Wenzel Lothar von 166, 167, 168, 169 Metzsch, von 125 Meurs 100 Meyen, Ernst Ludwig 116 Meyenn, von 220, 229, 262 Meyerbeer, Giacomo 28, 97, 236, 258, 297, 307, 326 Meyer, Friedrich Johann Georg 293, 308, 317, 327, 333 Michelangelo 66, 67, 68, 69, 176, 179, 183, 190 Milhan 284 Mode 273 Moliere, A. von 175, 176, 180, 182, 184, 193, 194, 213, 243 Monlouis, Kapitän 210 Montebello, Louis Napoléon Auguste Lannes von 187 Moré 77

Personenregister

Moreau, Jean Victor 125 Moritz von Oranien-Nassau, Prinz 39 Moritz von Sachsen-Altenburg, Herzog 280 Mosenthal, Salomon Hermann 313 Motz, Werner Christian 115 Mozart, Wolfgang Amadeus 163, 234, 305, 312 Müffling, Wilhelm von 33 Mulder 30 Müller 119, 284 Adolph 51, 125, 300, 329 Adolph Ernst Friedrich Ludwig von 246 Carl Bernhard Wilhelm 307 Dragoner 288 Hermann von 137, 138, 300, 301, 317, 318, 320, 326, 334 Otto von 280 von 305, 315, 325 von, geb. Bennigsen 246 von, geb. von Wedemeyer 246 Münchow, Ludwig Anton Bogislav Eduard von 330 Müng 168 Münster Georg Hubert von 32 von 90 Murat, Joachim, König von Neapel 213 Murillo, Esteban 68, 169, 170, 176 Mustafa Reschid Pascha 204, 207 N Nadorp, Franz 183 Napoleon III., Kaiser der Franzosen 299 Napoleon I., Kaiser der Franzosen 38, 62 Nauwerk, Eduard 315 Naville, Jules 77 Nelidowa, Warwara 152, 154 Nero, röm. Kaiser 175, 179, 182 Nerva, röm. Kaiser 177 Nestroy, Johann 50 Nettelbladt Christian von 116 von, Premierleutnant 129, 130 Niejahr 221, 233 Niemeier, Fräulein 95 Nikolaus I. von Rußland, Kaiser 153, 154, 155, 156, 161, 164

355

Nitzsch, Karl Immanuel 27, 45, 47, 84, 86, 87, 92, 100 Nöggerath 26, 39, 52, 92, 95 Marie 39 Nolte 185 Nordmann, Kapitänleutnant 151 Normann, Johann Heinrich Ernst Gustav von 80 Nostiz und Jänckendorf Henriette Sophie von, geb. von Bose 30, 99, 125, 165 Julius Gottlob von 33 Luise, geb. von Rex-Thielau 124 Novalis 108 Nusch, Albert 242 Nußbaum, Ehrenreich Karl Adolf 265, 318, 320 O Oertzen Carl Nicolaus von 142 Friedrich Albrecht von 237, 256, 285 Friedrich von 283 Georg Heinrich Leopold von 102, 106 Georg Ludwig von 138, 278 Hans Friedrich von 142 Jasper von 256 Rudolf von 306 von 141, 225, 256, 259, 261, 287, 305 Oeynhausen Friedrich Georg Gustav Ludwig von 105 Wilhelm Georg Heinrich von 279, 285 Ohsten, Friedrich 241 Olga Nikolajewna von Rußland, Großfürstin 153, 154, 156, 157, 158, 160, 164, 262, 266, 268, 269, 289 Opotschinin, russ. Flügeladjutant 155 Orhan I., osman. Sultan 205 Orlow, Alexei Fjodorowitsch 152, 156 Osman I., osman. Sultan 205 Ossian 83 Osten-Sacken, von der 114 Ost, Opernsängerin 301, 303, 307, 312 Otto II., Kaiser HRR 35, 182 Otto, Schmiedemeister 293 Otto VIII. von Wittelsbach, Pfalzgraf 267

356 Register Oubril Peter von 33 von 33 Outren, d’ 176 Overbeck, Friedrich 179, 183 Owen, Edward 200, 210 Oxholm Anna von, geb. von Rudloff 47 Waldemar von 32, 47, 155, 253 P Paczinsky, Ernst von 279 Paepke Mary Therese von, geb. Canning 246 Moritz Christian von 246 Paget, Henry, Earl of Uxbridge 37 Palesterina, Giovanni Pierluigi da 193 Pappenheim, von 189, 274 Parish 127 Parmigianino 67 Parrod, Karoline 261, 303, 307, 312 Paschen, Wilhelm 115 Passow Adolf 115 Friedrich Christoph Wilhelm von 223 Patow, Amalie von, geb. von Endell 263 Paul Friedrich August von Oldenburg, Großherzog 124 Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog 30, 31, 43, 64, 67, 71, 75, 76, 77, 78, 79, 82, 90, 100, 101, 102, 103, 104, 106, 107, 110, 113, 118, 122, 130, 134, 135, 136, 137, 139, 144, 146, 152, 156, 160, 162, 183, 238, 239, 246, 250, 253, 259, 285, 288, 307 Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, Herzog 336 Pauline Friederike Marie von Nassau, geb. Prinzessin von Württemberg, Herzogin 124 Pauline von Württemberg, geb. von Württemberg, Königin 219 Paulucci, Philip Osipovich 72 Pechlin, Friedrich Christian Ferdinand von 33 Peizner, Wilhelm 305 Pellegrino 59 Pentz, Carl Wilhelm August von 290

Perponcher, Heinrich Georg von 252 Perthes, Clemens Theodor 43, 83 Perugino 68, 174, 183, 190 Peter I. von Rußland, Kaiser 154, 158 Peters 92, 165, 312, 329 Joseph 138 Musketier 283 Petrarka 60, 67, 237 Petrazzi 32 Peucker, Eduard von 316 Pfannkuche, von 279 Pfuel, Ernst von 93, 94, 286 Phidias 175, 179 Philippsborn Adolph von 165 Olympia von, geb. Menager 166 Philipp von Schwaben, König 267 Picté de Rochemont, Charles-René, Comte 47, 48 Pietro, Camillo di 187 Pinturiccio 180 Pircher 29, 97 Pius IX., Papst 295 Platen, August von 200 Plate, oldenbg. Hauptmann 285 Plate, von 279 Plessen August Emil Leopold von 279, 280, 283, 299 Bernhardine Wilhelmine von, geb. von Brandenstein 137 Cäcilie von, geb. von Rauch 112 Gustav von 112 Hans Leopold Bernhard von 50, 235, 247, 297 Ida von 230 Lilla von 234, 235, 261, 306 Otto Theodor von 224 Otto von 115 von 148, 149, 163, 230, 231, 233, 234, 235, 236, 237, 240, 244, 245, 246, 258, 260, 261, 264, 274, 280, 285, 292, 306, 308, 326 Plessmann, August 305 Pogge 307 August 317 Johann 275, 286, 308 Poggi, Antonio 176

Personenregister

Pohle, Carl Ludwig 287, 290, 293, 296, 304, 305, 309, 315, 317 Pölcher 51 Polenz, von 105 Pomerenken 145 Pommerencke, Gustav 145 Potocka 189 Potocki, Leo, Graf 187, 190 Pourtalès Albert von 281 Anna, von, geb. von BethmannHollweg 311 Praetorius 243 Praxiteles 175 Prechtler, Johann Otto 305 Preen, Friedrich Christian Theodor von 82 Pressentin Adolph Barthold Georg von 246 Bernhard von 311 Carl Christian August von 277 Caroline von, geb. von Dorne 320 Charlotte von 253 Diedrich Carl Friedrich von 149, 244, 264 von 225 Prillwitz, von 253 Printz von Buchau, Hermann, Freiherr 315 Prittwitz, von 263 Pritzbuer Friedrich von 325 Ludolf Heinrich Ludwig Bonaventura von 318 von 233, 234, 235, 294, 302 Pritzelwitz, Karl von 23 Prollius Hedwig von 280 von 257, 272, 274 Prosch Carl 163, 327, 333 Eduard 131, 138, 150, 193, 259, 263, 297, 311, 332 Pückler-Muskau, Hermann von 329 Pückler, von 329 Q Quitzow Theodor August Albrecht von 283 von 280, 301

357

R Raabe, Wilhelm 239 Raben, von 219 Raber, Jacob Joachim Ernst 291, 314 Rachow, von 311 Radowitz, Maria von, geb. von Voß 219 Radziwill, Wilhelm, Fürst 284 Raeder, Gustav 240, 303 Raffael 60, 65, 67, 68, 72, 167, 173, 176, 180, 183, 187, 190, 214 Rahe 319 Raimund, Ferdinand 312, 313 Rainer von Österreich, Erzherzog 166, 215, 269 Rantzau Carl von 127, 237, 288 Friedrich von 219 Heinrich von 281 Helene von 261, 262, 272, 273, 315 Otto Karl Josias von 154 von 130, 240, 247, 248, 257, 259, 273, 315, 330 von, Leutnant 26 Rauch Amelie von 226, 255, 263, 293, 306 Christian Daniel 263 Elise von 226 von 118, 160, 225, 227, 311 Raupach, Ernst 97, 239, 296, 303 Raven Friedrich Christian Ferdinand Ludwig von 321 Otto von 254, 281, 284 von 245, 246 Rechberg und Rothenlöwen, Johann Bernhard von 166 Reck, Wilhelm Matthias von der 96 Reden, Friederike von, geb. von Riedesel zu Eisenbach 323, 324, 328, 329 Redern Friedrich Wilhelm von 295 Redern, Dorothea Sophie von, geb. Jenisch 295 Rediger, von 110 Reed 96 Reibisch, Rudolf von 237 Reichel, Minna 97 Reinecke 49

358 Register Reinhard, Ludwig 320 Reinhart, Johann Christian 184 Reischach Carl Franz Ludwig Wilhelm von 54 Caroline Aloysia Marianna von, geb. Schenk von Geyern 54 Reitzenstein, Carl Leopold Christoph von 125 Rembrandt 39 Reni, Guido 59, 67, 68, 176, 180, 183 Rennecke, Christoph Huldreich Daniel 222 Restorff von 127, 293 Restues 93 Rettich Meno Dietrich 246, 247 Meno Wilhelm 332 Reumont, Alfred von 67, 68, 69 Reuß, von, Fürst 49 Reuter, Theodor 289 Reventlow-Criminil, Heinrich von 250 Reveren 120 Revilliod, Philippe Léonard 76, 78 Ricci, Gebrüder 65 Richter 92, 100 Riebe, meckl. Unteroffizier 278 Rieben, von 305 Riedel, August 183 Riedesel zu Eisenbach, Georg von 323, 324 Riemann, Heinrich Hermann 304 Riencourt, Roger Comte de 77 Riese, Friedrich Wilhelm 306 Rigaud, Jean-Jacques 76, 77 Risch, Unteroffizier 272 Rittberg, von 193 Riza Pascha 207 Robert Philippe von Orléans, Herzog von Chartres 280 Rodde Anna von, geb. von Buch 128 Franz Cuno von 128, 277 Röder Blanca von, geb. von Wildenbruch 279 Eberhard Christian Reinhard von 81 Roger von Sizilien, König 195 Rogge, Friedrich Wilhelm 104 Roisin 95, 96 Roloff, Ludwig 304

Romano, Giulio 183 Ronge, Johannes 239 Röper, Georg 307 Rosa, Salvator 67, 68, 187 Rosen, von 249, 251 Rose, Reifer 138 Rospigliosi 183 Rossini, Gioachino Antonio 93 Rubens, Peter Paul 36, 37, 169 Rubinstein, Arthur 51 Rudolph, preuß. Adjutant 56 Ruffo, Angelo 230 Rummel Friedrich August von 26, 27, 31, 53, 95, 120 von 24, 25, 26, 27, 28, 44, 47, 53, 83, 85, 90, 92, 95, 96, 97, 100, 122, 140 Ruppel 96 Ruyter, Michiel de 40, 42 S Sack, Karl Heinrich 48, 84 Safeti Pascha 207 Saint Hilaire, Amable 258 Salfeld, Ernst Christoph 247 Sallust, röm. Historiker 179 Salm-Reifferscheidt-Dyck, Joseph zu 120 Salvy 201 Sándor Leontine von, geb. von MetternichWinneburg 167 Moritz von 167 Sänger 222 Saniter, Hermann Friedrich 116 Sansovino, Jacopo 180 Sarto, Andrea del 65, 67 Sassoferrato 67, 174, 183, 187, 269 Satow 307 Savonarola, Girolamo 69 Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Wilhelm Ludwig Georg zu 263 Schack Adolf Friedrich von 33, 56, 58, 124, 172, 191, 192, 217 Anna Elisabeth von 291 Anna von 115 Christoph von 33, 49, 105, 220

Personenregister

Ernst Carl Christoph von 149 von 59, 66, 73, 137, 260, 261, 288, 321, 333 Wilhelmine Katharina Henriette von, geb. von Kossel 224 Schäfer, F. W. 313 Schaffgotsch Josephine von, geb. von Zieten 324 Karl von 214 Leopold von 324 von 331 Schalburg Albrecht 116 Friedrich 321 Schanz, russ. Oberst und Kapitän 151 Scharff, Carl Heinrich Ludwig 241 Schauer, Gräfin 177, 178, 194 Scheffer Johann Andreas 310 von 124 Scherenberg, Christian Friedrich 312 Scheve Hermann von 30, 244, 335 von 253, 318, 320 Schicht, Johann Gottfried 244 Schierstedt, von 69 Schilden 332 Schiller 284 Friedrich 83, 236 Schlegel 321 August Wilhelm von 27, 31, 87, 98, 100, 122, 244 Schloepke, Theodor 104, 283, 325, 326, 327 Schmarsow, Carl Friedrich 161 Schmeling, von 59 Schmerling, Anton Ritter von 294, 295 Schmidt 265 August Friedrich Hermann Carl 226 Schmitz, Carl 73 Schneider Friedrich 49 Louis 311 Schnelle, Samuel 287 Schnorr von Carolsfeld Julius 179 Ludwig Ferdinand 167 Schoeppfer, Adolph von 242

359

Schöffer, Peter 166 Schöler Ernst von 283 von, preuß. Major 132 Schöning Elisabeth von 228, 229, 235, 236, 240, 242, 251, 268, 269, 272, 273, 287, 288, 289, 293, 296, 297, 302, 305, 306, 316, 317, 323, 325 von 287, 288, 323 Schorlemer, von 96 Schoultz von Ascheraden, August Ludwig 250 Schramm, Conrad 314, 315 Schreeb Bertha von 76, 78, 111, 126, 127, 137, 139, 142, 145, 147, 223, 230, 231, 234, 237, 242, 268, 269, 272, 313, 315 Eberhard Kolbe von 160 Helmuth von 319, 320 Sophie von 222 von 245, 248 Schröder 240, 261 Ludwig 247 Meta 234, 235 Schröder-Devrient, Wilhelmine 25 Schröter, August Wilhelm von 335 Schrötter, Bruno von 176 Schubart, August 244 Schubert, Franz 297 Schuckmann, von 308 Schulenburg, von der 52, 84, 192, 257, 294 Schultz Anwalt 102, 104 Fräulein 26 Gustav 230 Schreiber 294 Schultze, Schauspielerin 129 Schulz 218, 324 Ernst 315 Schumacher 305 Schütz, Ernst Albrecht Adolf Carl von 24 Schuwalow 268 Schwartz, Adolph 305 Schweer, Carl 247 Schwemler, Carl von 286

360 Register Schwerin, von 194 Scott, Schauspielerin 147 Scribe, Eugene 77 Sebastian Gabriel von Bourbon und Braganza, Don Infant 187 Seckendorff Emilie von, geb. von Gentzkow 220 von 54 Seebach, von 102, 125, 133 Seeler 117 Johann Friedrich von 117 Seger, Ludwig Claus Helmut Albrecht 246 Segers 217 Ségur, de 202, 209 Sell Adolph von 22, 23, 24, 27, 28, 32, 34, 35, 38, 42, 46, 47, 48, 49, 52, 53, 70, 71, 73, 79, 83, 84, 98, 99, 100, 101, 103, 106, 130, 133, 134, 150, 196, 212, 223, 225, 227, 234, 237, 243, 248, 256, 257, 259, 260, 264, 265, 266, 295, 306, 308, 318 Charlotte von, geb. von Hochstetter 259, 320, 321 Ludwig von 81 Sophie von, geb. von Massenbach 46, 49, 50, 82, 99 Sellin, Carl Wilhelm 127, 229 Sengebusch, Stabsrittmeister 304 Septimius Severus, röm. Kaiser 178 Sergei Michailowitsch, Fürst 158 Servius Tullius, röm. König 183 Seydlitz, von 29 Shakespeare, William 147, 303, 304 Sheridan, Richard Brinsley 94 Sichart, Louis von 285 Sick, Ludwig Christian 319 Sigismund, Kaiser HRR 54 Silva Barboza, Paolino di 187 Simrock, Karl 127 Smith 24, 25, 27, 29, 31, 32, 34, 44, 47, 48, 84, 85, 86, 94, 95, 96, 97, 120, 122, 178, 270 Smyth, Percy, 6. Viscount Strangford 331 Sneed 91, 95, 96 Sode, Friedrich von der 246 Sodoma, Il 214

Solms-Braunfels Alexander zu 285, 286 Anna Maria zu, geb. von Kinsky 23, 143 Wilhelm zu 23 Solms-Hohensolms-Lich, Marie zu, geb. Prinzessin zu Isenburg-Büdingen 44, 45 Solms-Laubach Ida zu, geb. Prinzessin zu IsenburgBüdingen 32, 44 Reinhard zu 28, 42 Solms, zu 31, 51, 90, 91, 95, 100, 283, 333 Soltau, Friedrich 289, 291 Sommer 99 Sophie Dorothee von Württemberg, Kaiserin 156 Sophie Julie von Anhalt-Köthen, geb. von Brandenburg, Herzogin 166, 169 Sophie von Oranien-Nassau, geb. Prinzessin von Württemberg 49 Sophie von Oranien-Nassau, Prinzessin der Niederlande 39, 40 Sophie von Österreich, geb. Prinzessin von Bayern, Erzherzogin 168 Sophie Wilhelmine von Baden, geb. Prinzessin von Holstein-Gottorp, Großherzogin 329 Soria 194 Spalding, Unteroffizier 283 Spangenberg, Anna von, geb. von Burkersroda 273 Spangenberg, Fedor Papinga Julius Georg 290, 293, 317 Spatzer-Gentiluomo, Luise 236 Spitzemberg Elisabeth von, geb. von Massenbach 50, 51, 54 Franz Xaver von 219 Spohr, Louis 137, 264 Spörcken Friedrich von 228, 237 von 228 Sprewitz, von 260, 285, 301 Stackelberg, Reinhold Andreas von 217 Stade 266 Stadion, von 168 Stahl, Friedrich Julius 248

Personenregister

Starke, Gustav Heinrich 27 Stechow, von 330, 331 Steding, Johann Joachim Friedrich 247 Stefan von Österreich, Erzherzog 251 Steffens, dän. Admiral 250 Steinfeldt, von 294 Steinhäuser, Karl 181, 263 Steinhof 234 Stein, Lorenz 288, 289 Stenglin Adolph von 99, 101, 102, 307, 312, 319, 331 Detlof Barthold von 150 Felix von 106 Ottilie von, geb. von Leers 150 Otto Henning von 149, 291 von 133, 320, 331 Stephanie von Baden, geb. de Beauharnais, Großherzogin 123 Steubel 156 Stever, Theodor Ernst 147, 257, 258, 265, 284, 285, 288, 300, 303, 307, 312, 313, 314, 315, 317, 319, 320, 321, 327, 333 Stich, Clara 147 Stieler, Joseph Karl 170 Stirum 112 St. Leger 176 St. Maison 176 Stolberg-Roßla, Carl von 30, 31, 53 Stolberg-Wernigerode Anton von 263 Charlotte von, geb. von HochbergFürstenstein 334 Henrich von 328, 329, 335 Marie von, geb. Prinzessin von Reuß-Köstritz 263, 323, 324, 325, 327, 328, 334 Stolypina, Wera 153 Storch Carl Friedrich Eugen von 223 Gustav von 42, 87, 100 von 292, 296, 305, 306, 309 Strachwitz, von 167 Stral 88 Strempel, Friedrich 285 Struve Friedrich Georg Wilhelm 155 Gustav 287

361

Stuart, Patrik 200, 210 Stürmer, Bartholomäus von 207 Suckow August von 126 Hermann von 25, 28, 30, 32, 85 Karl von 219 Woldemar von 126, 236, 320 Süßeroth, Wilhelm Christian 254 Széchényi 167, 168 T Taaffe, Ludwig von 167 Tallenay, Auguste de 105, 109, 119, 258 Talleyrand-Périgord, Dorothea de, Herzogin 162 Tannenberg, Offizier 92 Tann, von der, Fräulein 228 Tarbonia 194 Tasso, Torquato 34, 64, 176, 191 Tecco, Romuald 207 Temple, William 187 Tesch, Johann 57, 90 Theoderich, König der Ostgoten 171, 185 Therese von Bayern, geb. Herzogin von Sachsen-Hildburghausen, Königin 170 Therese von Sachsen-Altenburg, Herzogin 125, 143, 266, 296 Thielau, Wilhelm Erdmann Florian von 128 Thiers, Adolphe 29 Thile, Adolf Eduard von 33, 43, 94, 98 Thomas von Kempen 99 Thomson, Christian Jürgensen 249 Thorvaldsen, Bertel 58, 182 Thümen, Albert von 31 Tiberius, röm. Kaiser 191 Tidy 200 Tieck, Ludwig 113, 114, 265 Tiedemann, Johann Gottfried 116 Tiesenhausen, Katharina von 156 Tilly, Johann ’t Serclaes von 53 Timm, Carl Friedrich Heinrich 129 Timmermann, Johann Heinrich 241 Tintoretto 62 Titus, röm. Kaiser 179, 184 Tizian 59, 62, 65, 66, 69, 169, 172, 183, 190 Torlonia, Teresia Doria, geb. Colonna 176

362 Register Treuenfels Carl Ludwig Jaspar von 141 von 128, 225, 229, 235 Tribsees 116 Trimborn 52 Troschke, von 309 Trossel du 316, 321 Eugen Louis Leopold du 283 Trotsche Carl 293, 304, 308, 315, 317, 327 Fräulein 222 Tschech, Heinrich Ludwig 229, 230 Tschierpe, Heinrich 273 Tümmel, von 42 Tümpling von 105 Wilhelm von 330 Türk, Karl 276, 290 Turtin, Comte 76 Turville, von 252 Tutschkow, Alexander 159 U Udi, Gräfin 233 Uechtritz von 46, 97, 274 Uhland, Ludwig 41, 43, 139 Unger 264 Urlich, Ludwig 65, 67, 83 V Varus, röm. Politiker 184 Vautiers 38 Veit, Philipp 179 Verdi, Guiseppe 176, 215 Verhein, Anton 282 Vermehren 222 Vernon 201 Veronese, Paolo 63 Vestreen 40 Victoria, Königin des Vereinigten Königsreichs von Großbritannien und Irland 210 Viereck 307 Johann Heinrich 256, 281

Vietinghoff Marie von, geb. von Moltke 134, 230, 259, 266, 289, 317 Wilhelm von 163 Vinci, Leonardo da 58, 59, 60, 65, 169, 180 Virgil 60 Vogel Carl 241 Wilhelm 239 Vogelsang Hermann Ludwig Carl Emil von 100 Karl von 317 Vogel von Falkenstein, Eduard 279 Voß Eugen von 294 Felix von 113 von 225, 226, 253, 308 W Waagen, Gustav Friedrich 151 Wachenhusen 176, 234, 261 Wagner 99 Johann Martin 183 Richard 165 Waldemar von Preußen, Prinz 264, 306 Wale 179 Walker, Opernsängerin 148, 154 Wallmoden-Gimborn, Ludwig von 215 Walter Ferdinand 43 Friedrich Carl Christoph 222 Friedrich Karl Ernst 81, 82, 101, 103, 104, 106, 108, 109, 110, 129, 132, 133, 137, 139, 144, 146, 147, 148, 151, 163, 223, 228, 230, 234, 236, 239, 259, 318, 334 Walterstorff, von 249 Warnstedt, Ferdinand von 31, 32 Wassiltschikow, Fürstin 152 Watzdorf Bernhard Christian von 27 von 329 Weber Carl Maria von 301, 303 Christoph Joachim 116, 276 Wedel 310

Personenregister

Wehner, Friedrich 222 Welcker, Carl Theodor 309, 316 Weltzien Helmuth Ludwig Heinrich von 108, 132 von 140, 330 Wenckstern Friedrich Bernhard Harnasch von 226 von 146, 162, 226, 255 Wenzlaff, Franz 285, 287, 290, 300, 304 Werther, Wilhelm von 263 Westphalen, Ernst Joachim 138 Westphalen zu Fürstenberg, von 245 Wetzendorf, von 260 Wichelhaus, Johannes 24, 26, 27, 29, 31, 34, 45, 48, 49, 51, 83, 84, 85, 90, 91, 97, 236 Wick, Adolph von 115 Wickede Friedrich von 303 Heinrich von 42, 43, 87, 100 von 149, 222, 262, 320 Wilhelm von 255 Wied-Neuwied, Maximilian zu 98 Wiencke, Christian 302 Wiggers 228 Julius 292 Moritz 276, 285, 290, 296, 304, 315, 317 Wilbrandt, Christian 285, 290 Wilhelm Friedrich Karl von OranienNassau, Prinz der Niederlande 36 Wilhelm II., König der Niederlande 38, 39, 40 Wilhelm (I.), Prinz von Preußen 49, 103, 121, 129, 220, 263, 275, 277, 289, 304, 310, 311, 320, 329 Wilhelm I. von Oranien 40 Wilhelm I. von Württemberg, König 122, 219, 313 Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg, Herzog 295 Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, Herzog 43, 76, 82, 84, 101, 107, 109, 125, 134, 135, 136, 137, 139, 145, 146, 162, 164, 182, 221, 224, 230, 231, 238, 242, 262, 268, 269, 270, 272, 275, 282,

363

283, 288, 289, 292, 293, 295, 298, 300, 306, 307, 308, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 319, 320, 323, 326, 329, 332, 333, 334 Wilhelm von Oranien-Nassau, Erbprinz 49 Wilhelm von Preußen, Prinz 325, 328 Willebrand Adolf Wilhelm Heinrich 97, 102, 117 Hermann 237 Willebrandt 307, 321 Windisch-Grätz Hugo von 317, 325, 326, 327, 333, 334 Karl von 334 von 261, 294 Windisch-Grätz, Veriand von 334 Winkelmann, Johann Joachim 181 Winkler, Julian 231 Witzendorf, Peter Friedrich Ludwig von 245 Witzleben Clamor August Ferdinand von 297, 300, 301, 302, 303, 304, 306, 307, 308, 309, 313, 314, 316, 317, 319, 320, 329, 330, 331 Gerhard August von 310 von 125 Wöhler, Hellmuth 305, 306, 316, 320 Wolf, Emil 181 Wolff von 26, 29 von, preuß. Generalmajor 43 Wolkonsky, Zenaide Alexandrovna 177 Wollheim, Anton Eduard 230 Woltreck, Franz 184 Woyna Felix von 215 von 83 Wilhelm von 91 Wrangel, Friedrich von 160, 277, 281, 283, 286, 291, 295, 311, 335 Wrangel von Sausis, Anton Reinhold von 108 Wrechem, von 325 Wrede, Carl Theodor von 267 Wrisberg, von 285 Wrochem, von 326

364 Register Wulfleff, Anton 115 Wutzer, Carl Wilhelm 30, 46 Wylich und Lottum, von 189 X Xavier, M. 36 Z Zabel 320 Zadow, Elisabeth von 312 Zastrow, Heinrich Adolf von 284 Zedlitz, von 248 Zedtwitz, von, General 52 Zepelin, P. N. 204, 221, 233 Zeritta 173 Zesterfleth, Emmy von 119, 288 Zichy-Ferraris, Viktor von 165, 169 Zichy, von 272 Zickermann 147

Ziegler 325 Zippler 271 Zizold, Schauspielerin 298, 303 Zoellner Carl 138, 234 geb. Thym 150 Zöllner 234, 260, 261 Zülow August von 128 Elisabeth von, geb. von Pentz 301 Heinrich von 261 Hermann von 105, 120, 162, 223, 236, 245, 259, 265, 266, 278, 279, 285, 295, 297, 300, 315, 318, 320, 321, 322, 324, 329 Sophie von 273 von 90, 261, 306 Zybacher 217 Zytphen, Anna Lovisa Amalie von 249, 250



Geographisches Register

365

Geographisches Register A Aachen 34, 35, 80, 93, 121 Abano 64 Acireale 212 Adrano 199 Aetna 194, 199, 201, 211, 212 Agnesthal 54 Agrigento 197, 198 Ahrensberg 221 Airolo 216 Alba Longa 184, 194 Albano 184, 193, 194 Alcamo 196 Alderup 311 Alexandria 152, 153, 154, 155, 156, 157, 160 Alkmaar 41 Alpnach 218 Alsen 278 Altenahr 122 Altenburg 125, 136, 151, 255, 266, 317 Althof 252 Alt Meteln 302 Amalfi 191 Amalienborg 249 Amsterdam 42 Andeer 56, 270 Anklam 160 Annunciata 187 Antwerpen 37 Appenrade 278, 279, 283, 284 Arezzo 173 Ariccia 184 Arnheim 42 Arona 74 Arquà Petrarca 173 Arth 218 Artlenburg 119, 161, 162, 220 Assen 251 Assisi 173 Augsburg 267 Augustenhof 294 Austerlitz 85 Azwang 268

B Babelsberg 114, 224, 289 Badegow 245 Bahlenhüschen 132 Bajä 186 Balzers 55 Bamberg 267 Banzkow 132, 245 Barbian 268 Barendorf 247 Bartenshagen 117 Basedow 226, 270 Basel 78, 79 Basse 310, 315 Bastei 44 Baveno 74 Beaulieu 76 Bek 283 Bellagio 58 Belle-Alliance 36, 37 Bellin 254 Bellinzona 55, 56, 216 Bellosguardo 69 Belvedere bei Weimar 124 Benrad 46 Bergen op Zoom 38 Berlin 101, 113, 114, 150, 161, 164, 165, 225, 229, 253, 255, 263, 264, 274, 276, 277, 278, 289, 291, 292, 293, 294, 299, 301, 308, 310, 311, 314, 315, 319, 320, 323, 324, 327, 332, 333, 334 Bern 78 Bernburg 298 Besitz 241 Biebrich 33, 331 Biestow 115 Bilschau 277, 278, 313 Bingen 331 Blücher 241 Boddin 149 Boizenburg 81, 101, 119, 150, 161, 220, 241 Boldela 117, 129, 264 Bologna 64, 173 Boltenhagen 247

366 Register Bommerlund 278 Borghetto 174, 196 Borissow 159 Bornheim 23, 26, 32, 45, 84, 85, 87, 90, 92, 95, 99, 120 Bornholm 152 Borodino 158 Borromäische Inseln 57 Bössow 247 Bothmer 247 Bozen 171, 268 Brandenburg an der Havel 295 Brauhausberg 114 Braunschweig 80, 82, 220 Bregenz 54, 270 Brennerpaß 171 Brescia 60 Bresegard 128, 256 Brest-Litowsk 159 Brienz 217, 218 Brig 75 Bristow 255 Brömmel 93 Brook 247 Bruchsal 320 Brüel 139, 224 Brühl 121, 122, 136 Brüsewitz 224 Brussa 231 Brüssel 35, 36, 37 Buchholz 115, 142, 147, 163, 223, 224, 228, 230, 233, 242, 244, 245, 246, 257, 259, 261, 262, 263, 264, 266, 282, 286, 287, 322, 331 Buchwald 323, 327, 328 Budapest 291, 301 Bühl 320 Bujuktere 207 Bülow 245 Bunarbaschi 208 Bunzlau 323, 324, 334 Burg Schlitz 254, 270, 275 Burkersdorf 169 Bursa 205 Burtscheid 93 Busdorf 277, 279 Busendorf 224 Bützow 115, 243, 314

C Cadenabbia 58, 216 Calatafimi 196 Caldiero 60 Caltanissetta 198 Camaldoli 186 Campi d’Annibale 193 Camucia 173 Cannobio 57 Cap Matapan 201 Capo di Lago 57, 216 Capodimonte 187, 213 Capri 185, 186, 191, 194, 213 Capua 185, 190 Castellamare 190, 191, 192, 196 Castelvetrano 196 Castrogiovanni (Enna) 198 Catania 199, 211, 212 Cay Misenum 186, 191 Celle 119, 274 Certosa 215 Charlottenburg 114, 229, 263, 311 Charlottenhof 114, 253, 333 Charlottenthal 254 Chiaja 185 Chiavari 71, 214, 231 Chiavenna 270 Chios 209 Chur 54, 55 Cisterna 184 Civita Castellana 175 Civitavecchia 200 Clus 79 Como 57, 58, 59, 215 Consrade 149, 228, 245, 282, 326 Covigliaio 173 Crevola d’Ossola 74 Crivitz 115, 246 Cunä 186 Custozza 283 D Dadow 128 Dagerort 152 Dambeck 253, 319 Danewerk 277, 279 Dardanellen 208 Dargun 222, 255, 257



Geographisches Register

Darmstadt 53, 219, 318, 319, 330 Dassow 246 De Horsten 39 Delft 38, 40 Den Haag 36, 38, 42, 43 Den Helder 41, 62 Desenzano 60 Dessau 151 Detmold 120, 220, 270, 303 Deutsch Metz 171 Diedrichshagen 251 Dobbertin 253 Doberan 62, 88, 117, 118, 131, 136, 160, 163, 167, 220, 221, 231, 244, 251, 252, 254, 265, 270, 274, 281, 282, 283, 284, 321, 325, 326, 327, 335 Dollendorf 91 Dömitz 241 Donaueschingen 321, 330 Donauwörth 267 Dordrecht 38 Dorogobusch 159 Drachenfels 43, 48 Dreenkrögen 129 Dreibergen 115, 243 Dresden 26, 45, 47, 48, 69, 71, 76, 82, 87, 107, 125, 126, 128, 136, 151, 164, 165, 262, 272, 274, 298, 300, 313, 314, 315, 328, 329 Drispeth 244 Dümmerhütte 289 Düppel 279, 280, 312, 317 Düren 121 Durlach 320 Düsseldorf 22, 23, 42, 87, 88 E Eberbach 320 Eberstein 330 Eger 274 Egernsund 284 Ehrenbreitstein 33 Eisenach 124, 280, 303, 329 Elberfeld 80 Eldena 128, 241 Eldenburg 253 Ellingen 267 Elmenhorst 247

367

Ems 49 Erdmannsdorf 324, 329 Erfurt 124 Ermekeil 44 Euskirchen 121 Eutin 248 Everstorf 247 Extersteine 220 F Fahrbinde 321 Faido 216 Falkenstein 79 Falknis 55 Fasaro 186 Faulenrost 227 Fehmarnsund 251 Feldkirch 55 Feldstedt 279 Fennhaus 51 Ferrara 64, 172, 282 Fiesole 64, 67, 173 Findenwirunshier 241 Fischbach 325, 328, 329 Flensburg 277, 278, 279, 283, 284 Florenz 64, 65, 69, 168, 173, 213, 214 Fluorn 321 Foligno 173 Fondi 185 Forclas 75 Fort Manoel 210, 211 Forza d’agrò 212 Frankenberg 35, 80 Frankenburg 93 Frankfurt am Main 32, 33, 124, 220, 286, 294, 295, 303, 309, 316, 317, 318, 329, 331 Frascati 193, 194 Frauenmark 246 Fredensborg 250 Frederiksborg 250, 251 Freiburg 330 Freiburg im Üechtland 78 Freienwalde 335 Friedrichfranzberg 222 Friedrichsmoor 132, 162, 245, 254, 287, 332

368 Register Friedrichstal 105, 109, 110, 111, 112, 132, 161, 242, 243, 244, 245, 274, 282, 294, 307, 308 Friesdorf 86, 100, 324 Fusina 60 G Gädebehn 163 Gadebusch 130, 277 Gagzow 163 Galata 202 Gallentin 244 Gallipoli 202 Galmist 55 Gandolfo 184 Gartow 258 Gartz 253 Gattschina 156 Gelbensande 221 Gelnhausen 329 Gemlik 205, 243 Genf 76, 77, 89 Genthin 266 Genua 71, 72, 73, 215 Genzano 184 Gernsbach 320, 330 Giatsch 159 Giornico 216 Giradini 212 Glaisin 126 Glienicke 114, 264, 289 Glücksburg 33, 284 Gnoien 222 Godesberg 30, 31, 32, 44, 45, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 79, 83, 91, 97, 99, 120, 129 Göhlen 129, 229 Göhren 229 Goldberg 253 Gondo 75 Görries 225, 320 Görslow 316 Gotha 124 Gothmann 241 Gotland 152 Gottesgabe 263 Gottorf 277, 279, 284 Grabow 126, 322, 324, 334 Grabüll 283

Grambow 263 Gransee 113 Gravedona 270 Gravenstein 278, 279, 284 Greenhouse 109, 110, 111, 112, 150, 222, 284, 286, 288, 316, 317, 325 Greifenhagen 253 Greifswald 160 Grevismühlen 246 Grimsel 217 Grohl 171 Groß Brütz 263 Groß Laasch 127, 288 Groß Rogahn 312 Großsachsen 330 Groß Trebbow 248 Gülze 241 Güritz 127 Gustävel 133 Güstrow 112, 222, 227, 239, 240, 243, 253, 304, 315, 317 Guttannen 217 H Haarlem 40, 42, 223 Hadersleben 280, 283, 311 Hagenow 119, 277, 278, 289, 315 Halle 329 Hamburg 109, 111, 240, 242, 278, 280, 283, 284, 289, 306 Hamelev 283, 284 Hanau 33, 329 Hannover 119, 143, 164, 239, 274, 331 Hanshagen 247 Harkensee 247 Haselholz 227, 257, 285, 289 Hechingen 218 Heidelberg 53, 123, 220, 319, 320, 330 Heiligendamm 163, 220, 252, 254, 282, 321 Heinrichsburg 274, 323, 329 Heisterbach 44, 45, 48, 50, 91 Helsingør 249 Heppenheim 317 Herculaneum 189 Herrenhausen 119 Herzberg 246 Hietzing 168



Geographisches Register

Hilgendorf 247 Hinterrhein 56 Hirschberg 323 Hochjuvalt 55 Hof 266 Hohe Burg 253 Hohenburg 253 Hohenheim 219 Hohenschönberg 247 Hohen Viecheln 133 Hohenwyl 218 Hohenzieritz 113 Hohenzollern 218, 269 Hoikendorf 305 Hokkerup 284 Hollebüll 278, 284 Holnis 283, 284 Holzlar 45 Horst 241 Hospental 216 Hougoumont 37 Hüfingen 330 Huis ten Bosch 39 Huize de Paauw 39, 49 Hungersdorf 247 I Ilow 283 Innsbruck 170, 267 Interlaken 217 Ischia 185, 186, 190 Iserlohn 120 Isola Bella 57 Isola Madre 57 Istanbul 201, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 232, 233 Itri 185 Itzehoe 277 Ivenack 118, 225, 226, 227, 251, 255, 270, 306 J Jamel 245 Jasnitz 127, 132, 297 Jena 125 Jerusalem 202 Josephinenhütte 328 Jülchendorf 149

369

Jülich 34 Jüterbog 165 K Käferthal 318 Kaisheim 267 Kalkhorst 247 Kaltenhof 241, 254 Kaltenmoor 161 Kaninchenwerder 281 Kap Malea 201 Kap Sounion 210 Karlsruhe 79, 219, 320, 329, 330 Kasendorf 266 Katelbogen 253 Katharinenthal 152 Katz 123 Kehl 79 Kessenich 32, 100 Kieding 283 Kiel 248, 249 Kijkduin 41 Kirchdorf 254 Kirch Stück 225 Kladrum 246 Klebow 253 Kleefeld 149, 287 Kleinen 244 Klein Trebbow 248 Klinken 228 Klütz 247 Koblenz 33, 49, 122, 220 Kolding 313 Köln 23, 26, 28, 29, 32, 34, 43, 46, 50, 51, 53, 80, 84, 88, 92, 93, 94, 97, 98, 99, 120, 121, 176, 220 Kölpin 294, 305 Königstein 313 Königswinter 48, 49, 122 Konstanz 54 Kopenhagen 249, 250 Koppenhaus 324 Kostheim 53 Köthen 335 Kottenforst 51, 84 Krakow 254 Krasnoje Selo 153, 154, 155, 156 Krebsförden 225

370 Register Kremsier 308 Kreppelhof 325 Kreuzberg 46, 51 Kronborg 249 Kronstadt 152, 154 Kröpelin 117 Kropp 279 Krupki 159 Krusau 279 Kulmbach 266 Kummer 265 Kummerow 255 Kunersdorf 162, 224 Küstrin 160 Kynast 274, 324 Kythera 201 L Laage 118, 227 La Cava 192 Ladenburg 320, 330 Laeken 36 Lago Maggiore 56, 58 La Haye Sainte 36 Lahneck 123 Lahnstein 123 Lambach 169 Lampsakus 202 Landeken 241 Landenberg 218 Landsberg am Lech 267 Langenburg 45 Lankow 248, 281, 320 La Spezia 71, 214 La Sterta 175, 252 La Valletta 211 Laxenburg 168 Lecco 269 Lehsten 293 Leipzig 125, 255, 280 Lennep 100 Lenschow 223 Leonforte 198 Leussow 126 Lewenberg 323 Lewitz 194, 235, 245, 254 Liechtenstein 55

Lieps 244 Lindau 54 Linz 169, 274, 287 Lischow 163 Ljadi 159 Locarno 57 Lopshorn 220 Loschwitz 111 Lousberg 80 Löwen 35 Löwenberg 324 Löwenburg 46, 122 Lübeck 246, 248, 288, 296 Lübstorf 135, 244 Lübz 115 Lucca 70, 214 Ludwigsburg 54, 219, 313 Lugano 57, 216 Luino 57 Lüneburg 80, 161, 162, 164, 220 Lungern 218 Lütgenhof 246 Lüttich 35 Lützow 224, 236, 259, 287 M Magadino 56, 216 Magdeburg 126, 255, 266, 280 Maggiori 191 Mailand 59, 73, 215, 231, 269, 281 Mainz 33, 34, 53, 123, 220, 316, 331 Mairingen 217 Malchin 112, 118, 226, 275 Malchow 253, 284, 292, 293, 303, 309 Mallin 253 Malta 200, 210, 232 Mankenwerder 241 Mannheim 79, 123, 320 Maqluba 211 Marienbad 274, 317 Marienhof 254 Marienhorst 45 Marlia 70, 71 Marlow 222 Marly 153, 155 Martigny 75 Massa 71, 191



Maugstrup 283 Mechelen 35 Mecklenburg, Dorf 135, 251 Mehlem 48, 49, 52, 97 Meiningen 124 Melibocus 53 Melk, Stift 169 Melnitsa 158 Mesocco 56 Messina 212, 213, 286 Mestre 172 Milleschauer 165 Minden 316 Minori 191 Minsk 159 Minzow 253 Mirandola 174 Mirow 245 Mittenwald 170, 171, 267 Molo di Gaeta 185, 194 Monbijou 263 Monplaisir 152, 156 Monreale 195, 196 Montallegro 197 Montebello 172 Montefiascone 213 Monte Soratte 174, 184, 193 Mont Felice 173 Monticello 184 Mont Saint Jean 36, 37 Monza 215 Moritzburg 125 Mörstedt 317 Moskau 157, 158, 160 Mozhaysk 158 Muchow 129 Mudanya 206 Muess 81, 82 Muffendorf 32, 48 Müggenburg 163 Muggensturm 330 Mühlen Eichsen 246 Mühlheim 120 München 170 Münchenberg 266 Murnau 267 Mytilene 209

Geographisches Register

371

N Narni 174 Nassau 49 Naudin 319 Nauen 322, 327 Neapel 185, 186, 187, 188, 189, 190, 192, 194, 213, 216 Neddershagen 247 Neubrandenburg 112, 253 Neubukow 117, 252, 280, 282 Neuburg 251 Neuenkirchen 145 Neuhaus 165 Neukalen 222, 248 Neukloster 224, 282, 283, 288, 321 Neu Krenzlin 229 Neukrug 224 Neumühle 115, 128, 225, 290, 320 Neuruppin 114 Neuseeland 246 Neustadt 129, 225, 240, 253, 294 Neustrelitz 113, 118, 226, 251, 255, 284, 309 Nicolosi 199, 211 Niederjuvalt 56 Niendorf 222 Nienstedten 111, 240 Nieuwdieg 41 Nikolskoje 155 Nollendorf 165 Nonnenwerth 43, 45, 48 Norderney 322 Nowgorod 157 Nowogeorgiewsk 160 Nübel 279, 280, 284 Nürnberg 267 Nustrup 283 Nutzfelde 161 O Oberkassel 31, 32, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 50, 51, 53, 86, 91, 94, 98, 100, 120 Odense 251 Oeversee 278 Ofen 301 Oggersheim 123 Oldenburg 274

372 Register Olympos Misios 206 Oos 330 Oranienbaum 152, 153 Orscha 159 Ortenstein 56 Ortkrug 224, 242, 256, 261, 262 Ortygia 199 Orvieto 213 Ostorf 282, 286, 287, 314, 315 Ottensen 111 Oxenwatt 283 P Paderborn 80, 82, 100, 120 Padua 60, 63, 172 Palazzuolo 194 Palermo 194, 195, 196, 231, 259, 312 Pallanza 57, 216 Pampow 161, 312 Papignano 174 Parchim 115, 276 Paretz 162, 224 Paris 35, 280 Parkentin 221, 252 Parona 268 Partenkirchen 170, 256, 267 Paspels 56 Passau 274 Pätow 248 Pavia 73, 215 Pawlowsk 153, 155 Peckatel 148 Pelham 96 Pellegrino 195 Pennewitz 133, 258 Penzlin 253 Perugia 173 Peschiera 60 Pestum 192 Peterhof 153, 154, 155, 156, 221 Petersberg 32, 49 Petrowski 157, 158 Pfaffendorf 49 Pfaffenrötchen 120 Pfaueninsel 114 Pfingstberg 114 Phoren 330 Pietrasanta 71

Pillnitz 151, 329 Pincio 231 Pisa 69, 70, 123, 214 Pizzo 213 Plancenois 37 Plate 102, 132, 245, 254, 314, 315 Plau am See 115 Plittersdorf 48, 52 Plön 248 Plüschow 247 Poel 117, 254 Polkowo 155 Pompeji 187, 189 Ponte Tresa 57 Poppelsdorf 46, 79, 88 Poppentin 253 Portici 186, 187 Porto Empedocle 197 Poseidonia 192 Posen 160 Posillipo 185, 186, 192 Pötenitz 247 Potsdam 113, 114, 136, 150, 162, 229, 289, 295, 322 Praeneste 193 Prag 165, 274, 280 Pravtshagen 247 Preßburg 298 Prestin 246 Prieschendorf 246 Pritzier 131, 162 Procida 185 Prudelberg 324 Pskow 153 Putbus 225 Puzzuoli 186 Pyrmont 119, 335 Q Quast 131 R Raab 300 Rambow 244 Ramm 256 Rampe 316 Rastatt 319, 320, 330 Ratzeburg 240, 295



Geographisches Register

Realmonte 197 Redefin 105, 117, 127, 131, 149, 224, 241, 248, 256, 265, 305, 320 Regensburg 274 Rehna 248, 308 Reichenau 55 Reichenbach 217 Rendsburg 278, 280, 281, 283 Reppenstedt 161 Resina 186, 187, 190 Retgendorf 149 Rethwisch 220, 247, 252 Retschow 252 Reutersleih 52 Reval 152 Rheinberg 220 Rheineck 52 Rheinheim 317 Rheinstein 33, 42, 123 Rhense 123 Ribnitz 160, 222 Richenberg 283 Richmond 80, 220 Rigi 218 Rigistaffeln 218 Ringwedt 283 Rivoli 268 Röbel 253, 270 Rocca di Papa 193 Rocchetta-Pass 171 Röcknitz 222 Rofflaschlucht 56 Röhndorf 48 Rolandseck 45, 48, 51, 52, 98, 122 Rolle 76 Rom 98, 175, 176, 177, 178, 179, 181, 182, 184, 193, 194, 237 Ronneburg 30, 51 Rosenhagen 247 Rosenstein 219 Roskilde 250 Rostock 85, 115, 116, 118, 160, 221, 238, 239, 254, 256, 276, 304, 316, 321 Rothenbrunnen 56 Rotterdam 38 Röttgen 51 Rovigo 64, 173, 215, 231 Rudolstadt 274

373

Rühn 115, 243 Rumpenheim 33 Ruxmoor 258 S Saabor 332 Saarow 310 Sacharjewski 156 Sachsenberg 106, 110 Sagsdorf 133 Saint Louis (Haut-Rhin) 79 Salemi 196 Salerno 191 Salzburg 169 San Antonio 200, 211 San Felice Circeo 184 San Ferdiano 214 San Martino 192, 213, 214 Sanssouci 114, 224, 225, 253, 255, 274, 289, 295, 317, 327, 333 Sant’alessio Siculo 212 Santa Lucia 185 Säntis 54 Sarnen 218 Satrup 279 Schaffhausen 218 Scharnhausen 219 Scheßlitz 266 Schleswig 277, 279, 283, 284, 312 Schleuder 254 Schlicher 323 Schloßberg 170 Schlutup 248 Schmölln 125 Schönberg 248, 295 Schönbrunn 168 Schöneberg 290 Schreiberhau 328 Schwaan 115 Schwedt 160, 253 Schweinheim 51 Schwelm 120 Schwerin an der Warthe 160 Schwerin, Schloss 80, 104, 106, 107, 110, 111, 118, 131, 133, 146, 163, 223, 228, 230, 231, 233, 237, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 251, 266, 297, 299, 302 Sciacci 197

374 Register Sechtem 90 Seeheim 220 Seehof bei Bamberg 266 Selinunt 197 Serradifalco 195 Siculiana 197 Siedelsbrunn 318 Siena 213 Sigmaringen 54 Simplon 74 Sion 75 Siracusa 199 Sirmione 60 Skudstrup 283 Słupca 160 Smolensk 159 Smyrna 201, 209 Snamenka 153, 154 Solothurn 79 Sommerstedt 283 Sonderburg 278 Sorrent 186, 191 Spandau 311 Spello 174 Speyer 123 Splügen 56, 270 Spoleto 173, 174 Stangenberg 324 Stavenhagen 112, 304 St. Bernhard 56 Steinach 170, 171 Steinfeld 149, 150, 245, 264, 281, 284, 294, 298, 303, 306, 312, 313, 316, 317, 318, 320 Steinhausen 266 Stepenitz 246 Sternberg 115, 133, 149, 162, 256, 257 Sterzing 171 Stettin 160 St. Goar 123 St. Gotthard 216 St. Luzisteig 55 St. Moritz 75 Stolzenfels 33, 49, 122, 123 Stonsdorf 274, 321, 322, 326, 327, 328, 333, 334 Stör 262

St. Petersburg 41, 152, 153, 154, 200, 231, 239, 287 Stralendorf 289 Stralsund 160 Straßburg 79 Strelna 156, 157 Stresa 57, 74 Stuttgart 54, 218, 219, 318 St. Veit 216 St. Zee 267 Suhl 312 Sülte 117 Sülze 222 Sundewitt 281 Sünz 56 Svendborg 251 Symplegaden 207 Syra 201, 210 T Taormina 212 Taygetos 201, 210 Techentin 127 Teldau 241 Tempzin 283 Tenedos 202, 209 Teplitz 165 Ter Horst 39 Terracina 193 Tessin 222, 254 Testorf 247 Teterow 112, 118, 158, 222, 227 Texel 41 Thorsdorf 247 Thurnau 266 Thusis 56 Timkenberg 241 Tivoli 184 Toddin 81 Toitenwinkel 254 Tombüll 279 Torgelow 280 Torre del Greco 186, 187 Torschok 157 Travemünde 246, 321 Trient 171, 268 Troja 202, 208 Tropea 213



Geographisches Register

Trostburg 268 Tuckhude 245, 287 Turpin 255 Twer 157 U Überlingen 54 Unterhochsteg 55 Utrecht 42 V Varenna 269 Velletri 184, 194, 213 Venedig 60, 62, 63, 172, 268, 271 Ventschow 133, 294 Verona 60, 99, 171, 268, 269 Verviers 35 Vesuv 185, 186, 187, 190 Vevay 78 Vicenza 60, 172, 268, 280 Vietgest 112, 222 Vietri 191, 192 Villeneuve 75 Vipperow 253 Viterbo 213 W Wabel 128 Waghäusel 319 Waldenburg 79 Waldmichelbach 318 Walfisch 117, 254 Walow 253 Wamckow 81 Wandrum 244 Waren 253, 284, 302, 309 Warin 133, 224 Warlow 126, 127, 224 Warmbrunn 324 Warnemünde 116, 118, 160, 220, 321 Warnow 247, 258 Warschau 159 Wartburg 280 Waslow 227, 257 Wasserburg am Inn 170 Wedendorf 130 Weil 219 Weilheim 170

375

Weimar 136, 274 Weinheim 319, 330 Weisritz 326 Weißenburg 267 Weitendorf 258 Wengernalp 218 Wetzlar 92 Wien 165, 166, 167, 168, 169, 231, 232, 274, 287, 290 Wiesbaden 124, 318 Wieschendorf 246 Wilhelmsthal 280 Wismar 117, 131, 151, 160, 163, 221, 225, 236, 238, 254, 256, 276, 282, 284, 286, 288, 304, 308, 310, 311, 313, 321, 325 Wittenberge 289, 311, 322, 334 Wittenburg 143, 220, 241 Wittstock 253 Wjasma 159 Woldzegarten 253 Wolfsbrunnen 53 Wolfsburg 90 Worms 123, 317 Wredenhagen 253 Wülzburg 267 Wuppertal 80 Würzburg 124 Wustrow 221 Z Zaandam 42 Zahrensdorf 241 Zapel 228, 257 Zarnewanz 222 Zarrentin 277 Zarskoje Selo 153, 155 Zickhusen 228, 244, 296, 302 Zippendorf 110, 111, 112, 145, 148, 150, 227, 242, 244, 257, 312, 318 Zircksen 38 Zirl 170 Zug 218 Zülpich 121 Zürich 218 Züssow 321 Zuzenhausen 54 Zwickau 255