Vorlesungen über die Philosophie des subjektiven Geistes II: Nachschriften zu dem Kolleg des Wintersemesters 1827/28 und Zusätze 9783787334124, 9783787318636

Der 2008 erschienene erste Teilband (GW 25,1) umfasst die Nachschriften zu den Vorlesungen 1822 und 1825, die Hegel auf

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Vorlesungen über die Philosophie des subjektiven Geistes II: Nachschriften zu dem Kolleg des Wintersemesters 1827/28 und Zusätze
 9783787334124, 9783787318636

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H EGE L · GE S A M M E LT E W E RK E 2 5, 2

GEORG W I L H E L M F RI E DRICH H EGE L

GE SA M M E LT E W E RK E

I N V E RBI N DU NG M I T DE R

DEU T SCH E N FORSCH U NG SGE M E I N SCH A F T H E RAU S G E G E BE N VON DE R

NORDRH E I N -W E ST FÄ LISCH E N A K A DE M I E DE R W IS SE N SCH A F T E N U N D DE R K Ü N ST E

BA N D 2 5 I N DRE I T E I L BÄ N DE N

F E LI X M E I N E R V E RL AG H A M BU RG

GEORG W I L H E L M F RI E DRICH H EGE L

VORL E SU NGE N Ü BE R DI E PH I L OSOPH I E DE S SU BJ E K T I V E N GEIST E S

H E RAU S G E G E BE N VON

CH RISTOPH JOH A N N E S BAU E R

BA N D 2 5 , 2 N AC H S C H RI F T E N Z U DE M KOL L E G DE S W I N T E RS E M E S T E RS 18 2 7/ 2 8 UND S E K U N DÄ RE Ü BE RL I E F E RU NG

F E LI X M E I N E R V E RL AG H A M BU RG

In Verbindung mit der Hegel-Kommission der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und dem Hegel-Archiv der Ruhr-Universität Bochum Diese Publikation wird als Vorhaben der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste im Rahmen des Akademieprogramms von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie ; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über 〈 http ://dnb.ddb.de 〉 abrufbar . ISBN 978-3-7873-1863-6 ISBN eBook: 978-3-7873-3412-4

© Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste , Düsseldorf 2011 Alle Rechte , auch die des auszugsweisen Nachdrucks , der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung , vorbehalten . Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung ein zelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier , Film , Bänder , Platten und andere Medien , soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten . Satz : post scriptum , www. post-scriptum .biz . Druck : Strauss , Mörlenbach . Bindung : Litges + Dopf , Heppenheim . Werkdruckpapier : alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp . DIN-ISO 9706 , hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff . Printed in Germany . www.meiner.de

INHALTSV ERZ EICH N IS

W IN TERSEM ESTER 1827/28 . NACHSCH RIFT STOLZ EN BERG mit Varianten aus den Nachschriften Johann Eduard Erdmann und Ferdinand Walter . . . . . . . . . . Psychologie oder Philosophie des Geistes nach Hegel

551

. . . . . . . . . . 553

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Anthropologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Seele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die unmittelbare Individualität . (die natürliche Seele überhaupt 392–95) . . . . . . . . . . . . 2 . die Seele als Totalität der Empfindung : die Träumende Seele 3 . Die wirkliche Seele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II . Die Phänomenologie des Geistes . Das bewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . Das bewußtsein als solches . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Das Selbstbewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . die Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III . Psychologie der Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . , Der theoretische Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Der praktische Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . 555 . . . . 593 . . . . 596 . . . . 597 . . . . 671 . . . . 736 . . . .

. . . .

. . . .

. 746 . 761 . 776 . 797

. . . . 798 . . . . 807 . . . . 886

SEKU N DÄ RE Ü BERLI EF ERU NG ›ZUSÄTZ E‹ AUS Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse . Dritter Teil . Die Philosophie des Geistes . Herausgegeben von Dr . Ludwig Boumann . Berlin , 1845 . . . . . . . . . 919 A N H A NG Zeichen , Siglen , Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1119

W INTERSEM ESTER 1827/28 NACHSCH RIFT

STOLZEN BERG MIT VA RI A NTEN AUS DEN NACHSCH RIFTEN

JOH A N N EDUA RD ERDM A N N UND

FERDINA N D WA LTER

einleitung

553

Psychologie oder Philosophie des Geistes

1r Sg

nach Hegel |

5

1–555,2 Psychologie oder … betrachten] Er : Hegel / Vorlesungen über die / Philosophie des Geistes / Berlin im Wintersemester 1827/28 / Joh . Eduard Erdmann | Unser Gegenstand ist Wl : Hegels / Vorlesungen über die / Philosophie des Geistes . / Berlin 1827/28 / F . Walter | Unser Gegenstand ist 10 8 1827/28 aus XI . / 27

1Er – 3Wl

einleitung

555

Einleitung

5

Wir betrachten die Philosophie des Geistes als den Gegenstand dieser Vorlesung . die Namen Anthropologie und Psychologie sind die gemeinen dafür . A nt h ro p o l o g ie betrachtet den Geist in seinem Naturleben , wie er noch in die Natur versenkt ist ; wo der Geist noch in Confl ikt mit seiner Leiblichkeit ist . Die P s ychol o g ie dagegen hat den Geist für sich zum Gegenstand wie er sich selbst bestimmt und aus dieser bestimmung sich entwickelt . Zwischen diesen beiden steht ein 3ter Theil die Ph ä no m e n o l o g ie des Geistes , der Geist als bewußtsein . Insofern umfaßt der Ausdruck Psychologie und Anthropologie den Gegenstand nicht ganz .

10

Über den Geist im Allgemeinen

15

Es ist der Geist , der endliche den wir betrachten ; aber er hat mit dem unendlichen das gemein : Geist zu sein ; und das ist auch die Weise des unendlichen Geistes ; seine Unendlichkeit ist bloß eine nähre bestimmung des Geist seins . Dem Geist setzen wir entgegen die Natur ; wir wollen nun die Würdigkeit des Geistes betrachten . Wenn wir von der Wirklichkeit des Geistes sprechen , so sind wir

2–3 als den … Namen] ErWl : oder die 3 Psychologie sind … dafür .] ErWl : Psychologie . Die 4 betrachtet] ErWl : als solche betrachtet 5 wo der … noch] ErWl : und erscheint als Geist mit seiner … ist .] ErWl : und Beziehung auf das L e i b l i c h e . 6 dagegen hat] ErWl : hat 6–7 selbst bestimmt … sich] ErWl : auf sich selbst bezieht und aus sich selbst 7 ein 3ter … die] ErWl : die 20 8–10 Insofern umfaßt … Über] ErWl : In der Anthropologie ist der Geist in seine natürliche L e i b l i c h k e i t versenkt , in der Psychologie der Geist in seiner Freiheit sich bildend , der freie Geist ; zwischen beiden ists , daß der Geist aus der Natur [ herauszutreten beginnt] Wl : herausgetreten ,] aber noch bezüglich ist auf die Natur , in Verhältniß zu ihr steht Das 2t e ist der Geist als Bewußtseyn oder seine E r s c h e i n u n g e n . Da sind wir und wissen von Etwas , haben einen Gegenstand äußerlich , und 25 w i s s e n zugleich von uns selbst . Ich bin auf mich bezogen und zugleich beziehe ich mich auf etwas anderes was nicht Ich ist , auf einen Gegenstand der auf sich selbst bezogen ist . Wir fangen damit an daß wir 11 Es ist … endliche] ErWl : betrachten Es ist dies ein würdiger Gegenstand . Es ist nur der endliche Geist 11–12 er hat … gemein :] ErWl : in ihm ist die wesentliche Substanz , 12–15 sein ; und … betrachten .] Er : seyn . Er hat das mit dem unendlichen Geist gemein , Geist zu seyn . 15 Wirklichkeit] ErWl : Würdigkeit 15–556,1 sind wir … gegenüberstellen .] 30 Wl : seyn . – ErWl : kann uns das einfallen was wir von dem Geist unterscheiden und ihm gegenübersetzen ; die 12 die Weise] Lesart : das Wesen

2r Sg

§ 387–481 Hegels Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften . Erste Abtheilung die Philosophie des Geistes Der subjective Geist ist a . unmittelbar – Seele oder Naturgeist . Gegenstand der Anthropologie b . für sich noch als identische Reflexion in sich und anderes der Geist in Verhältniß oder besonderung – bewußtsein – Gegenstand der Phänomenologie des Geistes c . der sich in sich bestimmende Geist , als Subject für sich , Gegenstand der Psychologie .Sg

556

2v Sg – 2Wl

2 Er

nachschrift stolzenberg · 1827/28

es die den Geist der Natur gegenüberstellen . Man hört oft den Ausdruck (darum wird dieses gesagt von uns) daß der Mensch , das Menschliche als ein geringeres geachtet wird als das Natürliche . Wenn ich sage Mensch , so ist auch das Natürliche darin enthalten neben dem Geistigen ; dieses Natürliche ist oft das Göttliche ; menschliche Kunst steht weit zurück gegen das natürliche Produkt ; – wenn wir nun das wahre Verhältniß festsetzen wollen , so ist es gerade das entgegengesetzte ; es gewinnt auch leicht die Oberhand über die erste Vorstellung und das bewußtsein des Menschen . Durch die Freiheit fühlt der Mensch sich höher als alle Natur , und in so fern erhebt er seinen Geist als ein göttliches über alles Natürliche ; in allem Menschlichen ist der Character der Freiheit ; er mag etwas Schlechtes oder Gutes thun es steht höher als das Werk der Natur . Es ist nun ungeschickt : Gott bloß auf der Seite der Natur sehn zu wollen und die Werke der Natur als abstractes Werk des Gotts | zu betrachten : Gott selbst ist wesentlich | Geist ; als solcher muß er gewußt werden , wenn er gewußt wird ; dem freien , seiner Freiheit sich bewußten Menschen offenbart sich auch Gott als Geist .

Natur – [was] Wl : und es fragt sich : Was] ist nun das Höhere , Würdigere ? – Bei der wahrhaften Betrachtung des Geistes sehn wir , daß der Geist sich selbst mit der Natur vergleicht , wesentlich auf sie gerichtet ist , seine Natur und die Natur überhaupt zum Gegenstand seiner Thätigkeit hat . 1–6 oft den … nun] ErWl : [oft , es ist eine] Wl : oft die] allgemeine Ansicht daß die Werke der Menschen geringer geachtet werden als die Natur . Der Mensch [ist] Wl : ist zwar] natürlich aber als Mensch ist er [dies , nicht ein natürliches] Wl : nicht , im Natürlichen] zu seyn sondern auch Geistiges . Da fi nden wir denn das Verhältniß häufig so gestellt , daß menschliches Wirken und Thun ein weit Zurückstehendes sei gegen die natürlichen Begebenheiten , gegen das Eintreten der Natur in [meine] Wl : die menschlichen] Anordnungen und Werke und das Natürliche kann man oft gegen das Menschliche als das Göttliche genannt fi nden . Ueberschwemmungen pp werden als das Werk Gottes angesehn , als größere Werke , als die der Mensch vollbringt , – die Kunst- und andre Producte sollen zurückstehn gegen die natürlichen . Der Gang der Natur wird vorgestellt als etwas Ewiges Unveränderliches , Göttliches , das Menschliche aber als dem Zufall , der Willkür angehörig , das weniger Achtung verdiene als das Natürliche . Sollen wir aber 6 wollen , so] ErWl : so 6–9 entgegengesetzte ; es … Geist] ErWl : umgekehrte . Wenn der Mensch selbst denkt , in seinen Geist zurückgeht , so weiß er daß seine Freiheit ein weit Höhe|res ist als alle Gebilde und Producte der Natur , er weiß durch seine Freiheit daß er erhabner ist . der Mensch weiß seine Freiheit , seinen Geist mit Recht 9 über] ErWl : in viel höhern Sinne als in] ErWl : Wenn der Mensch geistig ist und der Geist frei , so ist in allem auch was als das Schlechteste erscheint der Geist , die Freiheit . In 10–11 Character der … nun] ErWl : unendliche Stempel des Geistes die Freiheit enthalten Bringt man die Vorstellung Gottes dazu , so ist es 12–13 die Werke … selbst] ErWl : nicht auf der Seite des Menschlichen . Gott 13–14 als solcher … werden ,] ErWl : muß 14 wird ; dem … sich] ErWl : wird als geistig gewußt werden , seine Thaten , sind wesentlich geistige Thaten . / Wenn es heißt , Gott donnert und wird darin erkannt , so wird für den seiner Freiheit und Geistigkeit 15 offenbart sich … Geist .] ErWl : etwas Höheres erfodert als donner , ihm offenbart sich Gott als Geist wesentlich nicht in solchen Natur erscheinungen . – 4 Göttliche] folgt gestr : im M . ws

12 abstractes] Lesart unsicher

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Der Gegenstand des Geistes ist also ein würdiger . Nun ist noch zu merken , daß dieser Gegenstand als der bekannteste der leichteste für die betrachtung angesehn werden kann , denn der Geist liegt uns näher , denn wir sind es selbst , worin wir sind : es ist das unmittelbarste bei sich sein . d e r G e i s t i s t a b e r n icht d e r f r ü h s t e G e g e n s t a n d , d e r s ich d e r b e t r a c ht u n g d e s Me n s che n d a r bie t e t . Der e nd l i c h e G e i s t s t eht z wi s c h e n 2 We l t e n z wi s c h e n d e r N a t u r , no c h i n d i e N a t u r ve r s e n k t , u n d z wi sc h e n d e m Un e n d l i c h e n A b s olut e n : G o t t , in seiner beziehung und in seinem Zusammenhang mit Gott ; diese beiden Seiten sind früher sein Gegenstand als es sein Geist als es er selbst ist . In diesen Anfängen unseres Lebens sind es zuerst endliche Dinge , worauf wir unsre Zwecke richten ; außer uns ist immer die erste Richtung . Später erst kehrt der Mensch in sich selbst zurück . das soll nur eine kurze bemerkung sein in Ansicht der welthistorischen Stellung der Wissenschaft über den Geist , daß jenes griechische Gebot : e r ke n ne d i c h s e l b s t schon das Gebot des wissenden Gottes Apollos war . Es ist aber nicht in dem Sinn zu nehmen : daß man sich mit seinen besondren

1–2 also ein … daß] ErWl : nach dieser Seite also als ein würdiger zu achten . – Es kann 2 der 3–4 werden kann , … a b e r ] ErWl : werden . Geist sind wir selbst und so sind wir wenn wir vom Geist wissen , nur bei uns selbst . Scheint aber auch der Geist das Nächste zu seyn weil gar keine Trennung von uns da ist , so ist er aber [doch wenigstens] Wl : doch] 5–6 d e s M e n s c h e n d a r b i e t e t .] ErWl : darbietet . 6–8 z w i s c h e n d e r … G o t t ,] ErWl : eine auf Seiten der Natur ist das Leibliche , ungetrennt von jener , – auf der andren Seite ist das Unendliche , Absolute . – Zwischen beiden befindet er sich . Geist , geistig ist der Mensch 8 und in … Gott ;] ErWl : auf Gott , endlich im Zusammenhange mit der Natur . 9 Seiten] ErWl : Gegen stände 9 sein Gegenstand … es1] ErWl : Gegenstände seiner Betrachtung als 9–10 als2 es … Lebens] ErWl : selbst . In unserem anfänglichen Leben 10 endliche] ErWl : die äußerlichen 10–11 worauf wir … kehrt] ErWl : die wir betrachten , und von denen wir uns dann als vom Endlichen zu dem an und für sich seyenden erheben . Der Mensch ist zuerst nach A u ß e n gerichtet und außer ihm ist sowohl das Zeitliche , Endliche als das Unendliche , Absolute , es ist s p ä t e r daß 12–13 zurück . das … Stellung] ErWl : zurückkehrt , seine Betrachtung , Interesse auf sich selbst richtet . Es ist zu bemerken in Ansehung 13–14 den Geist , … das] ErWl : diesen Gegenstand daß erst den Griechen das Gebot des delphischen Apollo geworden und zwar als ihr höchstes : [ Erkenne dich selbst .] Wl : »γνῶθι σεαυτόν«] Das ist nicht zu nehmen als ein Gebot unter vielen anderen Geboten sondern als 14–558,2 Apollos war . … Weise] Wl : gegen das alles Andere nur untergeordnet und abhängig ist . Erkenne dich selbst , dieß absolute Gebot der concretesten und darum höchsten und schwersten Erkenntniß , »hat weder an sich , noch da , wo es geschichtlich als ausgesprochen vorkommt , die Bedeutung bloß einer S e l b s t e r k e n n t n i ß , nach den p a r t i k u l ä r e n Fähigkeiten , Character , Neigungen und Schwächen des Individuums , sondern es ist Gebot des wissenden Gottes , allgemeines Gebot mit der Bedeutung der Erkenntniß des Wahrhaften des Menschen , wie des Wahrhaften

20 leichteste] ErWl : faßlichste und leichteste

20

25 25

30 30

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21 ist 2 ] folgt bei Er gestr : diese unendliche Absonderung 40 zeichen am linken Rande

37–38 es ist … Bedeutung mit Einfügungs-

§ 377 Wl

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3r Sg

– 1Wl

3Er

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Neigungen , Zwecken u . s . w . bekannt machen soll , mit seiner besondren Partikularität ; sondern es ist das allgemeine Gebot des wissenden Gottes . diese Weise des Selbstbewußtseins hat erst bei den Griechen angefangen : die Chinesen und Inder haben auch Wissenschaft und sehr ausgebildete über mancherlei Gegenstände , aber keine über den Geist : denn dazu gehört , daß dieser Gegenstand Werth , unendlichen Werth für ein Volk habe . Nur als freier hat der Geist Wichtigkeit und Werth für sich ; und dieses Gefühl der Freiheit ging zuerst den Griechen auf ; der griechische Geist ist aus der or ie nt a l i s c h e n Au s g e l a s s e n h e i t in sich gegangen ; diese Ausgelassenheit hat 2 Seiten , innerlich daß der Geist gerichtet ist auf ein absolutes Subject . das ist die Religion , d e r r e l ig iöse D e s p o t i s m u s , womit der politische noch zusammenhängt ; die andre Ausgelassenheit ist : maaßlose Willkühr in sich selbst , bloßer Genuß sinnlicher Dinge . das Gegentheil von dieser Willkühr ist die Freiheit als Maaß , Recht und Sittlichkeit . | Mit diesem bewußtsein der Freiheit ist

an und für sich , – des We s e n s selbst als Geistes . Daß der Geist dieß Gebot den Griechen gegeben , dazu sind besondere Bedingungen , Weisen 557,14–1 Apollos war . … u . s . w .] Er : gegen das alles andere nur abhängig und untergeordnet ist . Auch ist es nicht so zu nehmen daß das Individuum sich 1–2 soll , mit … Partikularität ;] Er : solle mit seinen particularen Zwecken Neigungen , Schwächen , 2 das allgemeine Gebot] Er : Gebot Gottes . diese Weise] Er : Gottes , allgemeines Gebot daß der Mensch sein Wesen d . h . den Geist erkenne . Daß der Geist dieses Gebot den Griechen gegeben , dazu sind besondre Bedingungen , Weisen 3 hat] ErWl : erforderlich gewesen und diese sind 3–4 angefangen : die … ausgebildete] ErWl : eingetreten . die Völker haben ihre ausgebildeten Wissenschaften 4 mancherlei] Wl : manche 4–6 aber keine … Werth1] ErWl : über andre nicht , so hatten die Griechen keine Physik in unsrem Sinn . Wenn ein Volk wie [ Inder] Wl : die | Juden] und Chinesen sich auf Wissenschaft legt , versteht sichs von selbst daß [es nicht diesen Gegenstand hatte] Wl : sie unsern Gegenstand nicht hatten . Denn ,] daß Geisteswissenschaft 6–7 habe . Nur … auf ;] ErWl : habe dazu gehört daß der Geist unendlichen Werth , Wichtigkeit fürs Wissen habe . diese hat er nur als freier Geist , wenn er zum Bewußtseyn seiner Freiheit gekommen ist . dies Bewußtseyn ist den Griechen aufgegangen , daher ist es geschehn daß der Geist zu sich selbst gekommen ist , sich selbst | zu erkennen . 8 aus] ErWl : von 8–10 in sich … r e l i g i ö s e ] ErWl : ausgegangen . Hier ist [die eine Seite] Wl : nun einerseits] Sklaverei gegen das absolute Seyn . die Religion ist hier selbst 10–11 politische noch] ErWl : politische despotism 11 die andre … ist :] ErWl : einerseits despotism , andrerseits Unterwürfigkeit gegen das absolute Seyn ; [denn] Wl : und dann] 11–13 in sich … Sittlichkeit .] ErWl : [pp dieser] Wl : Dieser] Ausgelassenheit entgegengesetzt ist daß der Mensch Freude habe an sich selbst , diese findet er erst in der Freiheit , die Maaß , Grenze des Sittlichen ist . 13 der Freiheit ist] Er : ist

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14 Geistes .] folgt gestr : »Daß der Gott dieß Gebot den (Eben so wenig hat die Filosophie des Geistes die Bedeutung der sogenannten M e n s c h e n k e n n t n i ß , welche von anderen Menschen gleichfalls die B e s o n d e r h e i t e n , Leidenschaften , Schwächen diese sogenannten Falten des menschlichen Herzens zu erforschen bemüht ist – eine Kenntniß , die theils nur unter Voraussetzung der Kenntniß des A l l g e m e i n e n , d e s Menschen und damit wesentlich des Geistes Sinn hat , theils sich mit den 40 zufälligen , unbedeutenden , u n wa h r e n Existenzen des Geistes beschäftigt , aber zum S u b s t a n z i e l l e n , dem Geiste selbst , nicht dringt . –)«

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zugleich mit der Würdigkeit auch die Aufgabe sich zu erkennen verbunden , eine Nothwendigkeit dazu . der Mensch findet nämlich in sich einen chaotischen Reichthum , Mannigfaltiges ; eins darin ist nur das Wahre und das Höchste , welchem er die Mannigfaltigkeit seines begehrens und wollens unterzuordnen . dieses Eine von dem Allen , was ihn umherwirft auszusondern ; die wahrhafte bestimmung herauszufi nden ist das Interesse . Durch dies bewußtsein der Freiheit ist der Mensch sich ein Räthsel geworden , weil widersprechende bestimmungen sich in ihm finden , deren Auflösung die einfache Verbindung derselben ist , die alles erklärt und an seinen gehörigen Ort stellt . Was ist der Geist ? der Sinn dieser Frage ist : was ist das wahrhafte des Geistes , oder die bestimmung des Geistes ; darauf läßt sich nur eins antworten ; auf jene : was ist der Geist : verschiedenes . Es ist aber ein Unt e r s c h i e d z wi s c h e n b e s t i m mu n g und z wi s c h e n d e m u r s pr ü n g l i c h e n S e i n ; bestimmung drückt ein Ziel einen Zweck aus ; was ist die bestimmung des Menschen ? d . h . was soll er sein ? er soll sich zu dem machen wie er an und für sich bestimmt ist . der Unterschied scheint dem Wert nach unbedeutend , aber er ist sehr bedeutend und das Interesse der Geschichte was ist der Geist an und für sich ; und was weiß er , daß er ist . Die a b s olut e A n l a g e im Geist ist was man s e i n e F r e i h e i t 1 mit der … die] Er : die

0Wl

1–2 sich zu … sich] ErWl : verbunden sich zu erkennen . dies Bewußt-

20 seyn der Freiheit gibt dem Menschen das allgemeine Interesse für sein Innres aber in diesem sei20 nem Innern findet er einen Reichthum von Interessen , zwischen ihnen mehrfache Widersprüche ,

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35 40

3 Mannigfaltiges ; eins … nur] ErWl : zwischen dem er hin und hergeworfen wird . In dieser Mehrheit ist Eines 3–4 und das … Mannigfaltigkeit] ErWl : Höchste , dem er die Mehrfachheit 4 unterzuordnen .] ErWl : untergeordnet hat : 4–5 von dem … bestimmung] ErWl : auszusondern , das Wahre in diesem Reichthum , die wahre Bestimmung unter diesen vielen widersprechenden 6 Durch dies … sich] ErWl : Mit dieser Richtung auf sich selbst ist die Sache noch nicht abgemacht . der Geist ist sich durch das Bewußtseyn seiner Freiheit 7 weil] ErWl : sofern ihm] ErWl : Einem 8 deren Auflösung] ErWl : die Auflösung dieses Räthsels ist Verbindung derselben … erklärt] ErWl : Bedeutung wo allem Widerspruch scheinenden ein Sinn gegeben , es [erklärt] Wl : wirklich] 9 stellt . Was … ist :] ErWl : gestellt wird . – Wenn gefragt wird was der Geist ist , so ist der eigentliche Sinn dieser Frage : 10 oder] ErWl : und das ist gleichbedeutend damit : was ist 10–13 Geistes ; darauf … drückt] ErWl : Menschen ? – Bestimmung [sagt] Wl : setzt] einen Unterschied [aus] Wl : voraus] , 13–14 aus ; was … d . h .] ErWl : der erreicht werden soll , zu was soll der Mensch sich machen , 14–16 sein ? er … das] ErWl : seyn , was in sich durch seine Freiheit hervorbringen ? Bestimmung heißt aber auch auf der andern [Seite eben so] Wl : Seite ,] das Ursprüngliche was der Mensch an sich ist . Der Mensch soll sich hervorbringen aber er kann sich zu nichts anderm machen , kann keinen anderen Zweck haben , als was er ursprünglich an sich ist . das was er an sich ist ist was man Anlage heißt ; die Natur des Geistes ist was er ist hervorzubringen zur Manifestation , Offenbarung , zum Bewußtseyn zu bringen . So ist seine Bestimmung sich zu dem zu machen was er an sich ist . – Ein ungeheurer Unterschied ist , was der Geist an sich ist und was er hervorbringen soll ; es ist ein und derselbe Inhalt , nur ein Unterschied der Form , daß er sich zu dem m a c h t was er ursprünglich ist . Alles 16–17 was ist … ist .] ErWl : des Weltgeistes dreht sich um diesen Unterschied , – zum Bewußtseyn zu bringen was an sich ist , dies Innre , daß es auch für sich werde . – | 17 im Geist … man] ErWl : ist das worauf sich alles reducirt , der Ursprung . diese absolute Anlage oder Substanz

§ 377 Wl

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nennt , seine Substanz . Die T h a t , d a s We r k , d i e b e s t i m mu n g des Geistes ist dann : s ich z u b e f r e ie n , und die Art und Weise wie wir dem Geiste zuschaun in seiner Thätigkeit durch sich selbst zu seiner bestimmung , nämlich zu seiner Freiheit zu gelangen . Das ist der Inhalt dessen , was wir betrachten wollen ; also die Stufenfolge der Thätigkeit wodurch der Mensch sich befreit , ist , was wir betrachten werden , ist er frei geworden , so beginnt der objective Geist , der Begriff des Rechts , der Sittlich keit ; was wir hier nicht abhandeln . Selbstkenntniß , Menschenkenntniß was aber noch nicht Veranlassung eine Wissenschaft daraus zu formieren (§ 370) . Selbstkenntniß soll der Mensch haben in beziehung auf seine bestimmung , seinen Endzweck ; sie ist eine Aufmerksamkeit eine besonnenheit für sich selbst und nicht bloß für das äußre Leben wichtig sondern auch für das sittliche . Insofern sich die Selbstkenntniß bezieht auf gewisse besonderheiten des Individuums , so kann sie nicht zum Grunde einer Wissenschaft dienen . Menschenkenntniß hat besonders den Zweck andre Menschen gebrauchen und beurtheilen zu können für seine eigenen Interessen ; das bezieht sich nun auch ebenso auf die Particularitäten , gute und schlechte der einzelnen Menschen . | Das Partikuläre im Menschen ist eigentlich bloß das Unrechte und Ungehörige in ihm ; das Wahre in ihm ist nicht das besondre , sondern das Allgemeine . Es ist aber ein traurig Ding auf Menschenkenntniß pfi ffiger Weise auszugehn , vor 30 , 40 Jahren empfahl man das als

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des Geistes ist 1–2 nennt , seine … dann :] ErWl : und die Bestimmung seines Thuns , die That des Geistes ist 2 b e f r e i e n , und … wie] ErWl : befrein . dies , daß der Geist an sich frei ist und dies sein Wirken seine Thätigkeit ist , sich zu befrein , diese Geschichte seiner Befreiung ist der ganze Inhalt unsrer Wissenschaft , daß 2–3 in seiner Thätigkeit] ErWl : wie er 3 durch sich … zu1] Wl : zu 3–4 bestimmung , nämlich … ist] ErWl : Bestimmung gelangt nämlich zur Freiheit . Damit ist zugleich 4 dessen , was wir] ErWl : und der Gesichtspunkt angegeben aus dem wir diese Wissenschaft 4–5 also die … Mensch] ErWl : Wir betrachten die Stufenfolge , wodurch er 5–13 ist , was … Grunde] ErWl : und das Ziel ist daß er frei geworden ist , [als] Wl : ein] freier Geist , – damit beginnt die Wissenschaft des objectiven Geistes , der Geist der sich objectiv ist und damit beginnt das R e c h t . Was die Behandlungsweise unsres Gegenstands betrifft so kann zunächst erinnert werden an die Formen | Selbstkenntniß und Menschenkenntniß Bei Menschenkenntniß hat man im Sinn nur die [ Particularitäten] Wl : Particularität] des Menschen . Bei der Selbstkenntniß die der Mensch haben soll nimmt man besonders Rücksicht auf die Mangelhaftigkeit der Neigungen pp der Mensch soll wissen mit welchen Schwächen er behaftet [ist . die] Wl : ist , – um] Besonnenheit [im] Wl : im (Leben)] Benehmen pp [ist wichtig kann] Wl : zu erlangen , – was allerdings von Wichtigkeit seyn mag ,] aber nicht Gegenstand 13–561,5 dienen . Menschenkenntniß … man] ErWl : [seyn . »Man soll die Menschen kennen lernen um sie zu gebrauchen , sich vor ihnen in Acht nehmen zu können pp das alles bezieht sich] Wl : ist ; denn es bezieht sich das alles] auf die Particularität des Menschen die entweder gleichgültig [oder unwahr ist . Das] Wl : theils unwahr ist , – weil er nicht unter »Voraussetzung des A l l g e m e i n e n , d e s Menschen und damit des Geistes Sinn hat , t h e i l s und sich mit den zufälligen , unbedeutenden , u n w a h r e n Existenzen des Geistigen beschäftigt , 31–32 die der … soll bei Wl mit Einfügungszeichen am linken Rande

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etwas sehr Nützliches , theils um andren nicht mißfällig zu werden , theils auch um sie gebrauchen zu können ; es gehört zu dem honnetten Benehmen der Menschen unter einander ; aber ein wahrhaft gebildeter Mann weiß sich doch ohne solch Menschenkenntniß zu benehmen . diese sogenannte Menschenkenntniß ist eine Seite , die man besonders in der pragmatischen Geschichte angebracht hat . In der Geschichte sind immer 2 Momente die eintreten , 1 . , die Sache , der Gehalt 2 . , daß dieser durch den Menschen bethätigt wird , das ist dann das subjective das Gute , die Idee , oder wie man’s sonst nennen will . In diese subjective Seite fällt dann das besondre der Individuen , und diese behandelt man dann auch besonders in der sogenannten pragmatischen Geschichte um die Handlungsweise der Menschen zu erklären , wie man sagt ; so ist die pragmatische Geschichte dann oft dazu gekommen daß große begebenheiten und Charactere aus ganz particulären Absichten hergeflossen seien , mit einem Wort sie klein zu machen ; die subjective befriedigung sagen sie sei das Motiv zu dem Großen gewesen . Aber es sind nicht die Particularitäten , die das große hervorbringen ; meistens gelten die für sehr pfi ffig , die das Große so ins kleine herabziehn können mit ihrer Menschenkennerei . Aber der Geist das Allgemeine ist nie der Gegenstand dieser Menschenkenntniß , sondern der e m pi r i s ch e n P s ych o l o g ie u n d P ne u m a t olo g ie .

§ 378Sg

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aber zum Substanziellen , dem Geiste selbst nicht dringt ;« – und das] Wahrhafte im Menschen ist 20 daß er der Natur seines Geistes entspreche . Jene Besonnenheit führt leicht zu einem Belauschen

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der Menschen einer Art von Hinterlist . Diese Art Menschenkenntniß ist besonders [empfohlen] Wl : zu empfehlen ,] als nützlich , die Menschen zu seinen Zwecken zu gebrauchen , sich vor ihnen zu wehren . [ Diese Menschenkenntniß] Wl : Sie] mit Psychologie verbunden macht auch eine Seite aus die 5–6 angebracht hat … 1 . ,] ErWl : geltend gemacht ist . die Geschichte hat zwei [Seiten ,] Wl : Seiten : 1 .)] 6–8 der Gehalt … In] ErWl : den Zweck , Gehalt und [das andre ist ,] Wl : 2 .)] daß dieser bethätigt werde durch das Subjective . Auf die Bethätigung kommt es an und auf 8–10 dann das … sogenannten] ErWl : die Besonderheit pp des Individuums die man bei der 10 um die … Menschen] ErWl : besonders hervorhebt . Um eine Sache 11–18 wie man … P n e u m a t o l o g i e .] ErWl : den Grund herauszufi nden ging man auf die Absichten zurück . So hat man große Sachen klein gemacht indem man sie aus subjectiver Befriedigung pp ableitete , während doch am handelnden Subjecte die Particularität nur nebenbei mitspielt die große Sache aber nicht daraus abzuleiten ist ; der Held ist nicht für den Kammerdiener obgleich [dieser »jenen beobachten kann ,] Wl : ihn dieser beobachtet ,] wie er sich nicht genirt und ihn also am besten kennen müßte« – So bezieht sich also diese Menschenkenntniß auf [das Particuläre] Wl : die Particularität] und nicht auf das Allgemeine , [den Geist . – / Der Geist ist dann Gegenstand der Wissenschaft geworden und da gab es vormals deren zwei : Empirische Psychologie und Pneumatologie .] Wl : – ohne dessen Voraussetzung sie mit den unwahren Existenzen des Geistes beschäftigt , z u m Geiste selbst nicht dringt . – / Der Geist ist der Gegenstand der Wissenschaft ; – und da gab | »es vormals deren zwei : Pneumatologie , oder sogenannte rationale Psychologie , als abstracte Verstandesmetaphysik , und empirische Psychologie , die den concreten Geist zu ihrem Gegenstande hat .« –] 3 Mann] Mann aber

13 hergeflossen] Lesart unsicher

§ 378Wl 1Wl

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Die empirische Psychologie gibt eine Erkenntniß wie der Geist beobachtet , erfahren wird ; die Pneumatologie ist die Metaphysik über den Geist , und hat zu ihrem Gegenstand nur ganz abstracte bestimmungen , aber nur um vom Geist als von einem concreten zu wissen , so hat man sich an die Erfahrung wenden müssen und so ist die empirische Psychologie entstanden , die die apriorische metaphysische betrachtung des Geistes ergänzen soll . Es ist sonst wohl gesagt : daß die Philosophie die Erfahrung heruntersetzt ; im Gegentheil : Erfahrung , Anschauung von einem Gegenstand muß der Mensch zuerst haben ; die Erfahrung ist nicht überflüssig , sondern unerläßlich ; dann aber muß die Erfahrung gedacht werden ; denn schon die Erfahrung ist nicht bloß sinnliches , äußres Wahrnehmen | sondern es enthält schon eine innre Allgemeinheit in sich ; die einzelne Wahrnehmung wird durch das Denken zu einem Gesetz und dann erst heißt sie Erfahrung ; auf dieses denken kommt es nun an , ob das Wahrgenommene richtig aufgefaßt ist , d . h . richtig nach der Seite hin , daß es ein Allgemeines sein soll . Ein andres ist nun aber wenn die empirische Form des Wahrnehmens zur Grundlage des Philosophischen gemacht werde ; dann müssen wir widersprechen : zur Philosophie gehört Nothwendigkeit ; was empirisch gegeben ist , das i s t nur ; Philosophie muß mit der Wirklichkeit übereinstimmen ; denn sie betrachtet nur Wirkliches ; aber sie zeigt dann die Noth-

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1 wie der Geist] ErWl : des Geistes wie derselbe 1–2 erfahren] ErWl : erforscht 2–4 ist die … man] ErWl : gab [solche] Wl : solche abstracte] Bestimmungen des Geistes wie z . b . Immaterialität worauf man die Unsterblichkeit gründete . Aber damit weiß man von dem Geist als concretem sehr wenig . Um nun von diesem zu wissen , da in der Metaphysik wenig zu holen [ist] Wl : ist , hat man] 4–5 wenden müssen … metaphysische] ErWl : zu wenden und | aus dieser das Concrete zu nehmen . Sie hat zu ergänzen die Armuth der metaphysischen apriorischen 6 ergänzen soll . … daß] ErWl : und gründet sich also diese Psychologie auf die Erfahrung . Es ist oft ein Mißverstand [da] Wl : im Gange ,] als ob 7 heruntersetzt ; im … Erfahrung ,] ErWl : gering schätze und herabsetze . Zu allem was der Mensch weiß gehört Erfahrung , er muß innere oder äußere 7–8 Anschauung von … Gegenstand] Wl : Anschauungen von Gegenständen 8–9 muß der … muß] ErWl : haben und diese hat er [aus] Wl : nur aus] der Erfahrung , sie ist etwas Unerläßliches Unentbehrliches . Das Weitere ist 9–10 gedacht werden ; … es] ErWl : zu denken . Schon was Erfahrung heißt ist nicht bloß sinnliches Auffassen , bloße Wahrnehmung sondern 11 eine innre] ErWl : eine 11–12 die einzelne … denken] ErWl : Soll etwas als Erfahrung gelten so muß es ein Gesetz etwas Allgemeines seyn , nicht bloß eine einzelne Wahrnehmung , muß durch das Denken zur Allgemeinheit erhoben seyn . die Allgemeinheit gehört dem Denken an . Die einzelnen Beobachtungen sind durch das Denken zur Allgemeinheit erhoben und heißen dann erst Erfahrungen . Auf [diese Allgemeinheit , diese Kategorie] Wl : dieß Allgemeine , diese Kategorien] 13 Wahrgenommene] ErWl : was in der Wahrnehmung ist 13–14 d . h . richtig … ein] ErWl : so daß es 15–16 des Philosophischen … wir] ErWl : der Philosophie gemacht werden soll . da muß die Philosophie 16–17 Nothwendig keit ; was … nur ;] ErWl : es , die Nothwendigkeit einzusehn d . h . zu begreifen aber bei der Erfahrung heißt es bloß daß etwas i s t . die 17 der Wirklichkeit] ErWl : dem Wirklichen 18 denn sie … 3 bestimmungen ,] folgt gestr : wozu r s . Matrialität , s . U

4 sich] sich müssen

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wendigkeit desselben auf . So ist also z . b . empirische Seelenlehre und Philosophie sich nicht so entgegengesetzt , als es den falschen Anschein hat . Nur dem widerspricht die Philosophie , daß : weil etwas ist , es so gelten müsse , und worin sie sonst mit den empirischen Wissenschaften in Widerspruch ist , ist dies : daß die Erfahrung denkbestimmungen in sich enthält ; es ist die Seite der denkbestimmungen eben , denen sich der begriff entgegensetzt . So ist empirische Psychologie in jenem Sinn nichts , worüber man Vorlesungen zu halten brauchte ; man hat von Campe eine Psychologie für Kinder etc ; da wird dargestellt daß der Mensch höheres und niedres begehrungsvermögen Gedächtniß etc habe , was jeder Mensch selbst wissen kann . In dieser vermißt die Philosophie das doppelte nämlich : daß die unterschiedenen Thätigkeiten ohne Nothwendigkeit zusammengestellt sind : der Mensch hat d ie Kraft , und die hat er auch und die auch etc . Kraft stellt man vor als etwas selbstständiges , die diese einzelne Wirkungsweise hat und sich dahin äußert ; wie diese einzelnen Kräfte verbunden sind , wird gar nicht gefragt . Das ist eben die schlechte Kategorie des auch , was man Verbindung nennt ; man sagt zwar die eine Kraft fl ießt in die andre über und man spinnt wohl von der einen in die andre hinein , aber man unterscheidet sie doch als einzelne selbstständige Dinge . Das ist der wesentliche Wirkliches ;] ErWl : sie betrachtet was in der That ist und was ist muß sich nachweisen lassen , 1 … z . b .] ErWl : und zu dieser Erkenntniß bringt es die Erfahrung nicht . – Um zu erfahren muß man Gedanken , Vernunft mitbringen . So ist Erfahrung , 1–2 Philosophie sich … so] ErWl : Philosophie , begreifendes Denken einander nicht 3–4 daß : weil … Erfahrung] ErWl : daß dies , d a ß etwas i s t soll der Grund seyn w a r u m man es gelten läßt , [man soll auch die Nothwendig keit einsehn .] Wl : und fordert , daß man auch die Nothwendigkeit einsehe .] Das andre worin die Philosophie mit [der Empirie] Wl : dem Empirischen] im Widerspruch liegt ist daß diese gar nicht ohne Metaphysik ist . die Erfahrung enthält sogleich allgemeine 5 in sich enthält ;] ErWl : und nun kommt es darauf an ob die Denkbestimmungen der Empirie wahrhafter Art sind und 5–6 eben , denen … begriff ] ErWl : in der Empirie der sich die Philosophie 6 entgegensetzt] Wl : widersetzt 6–10 So ist … vermißt] ErWl : In der | Psychologie werden die Vorstellungen vom Willen , Einbildungskraft pp angegeben ; – diese hat man schon bei geringer Bildung . Da ist dies Gedoppelte was 10–11 das doppelte … sind :] ErWl : vermißt : In Rücksicht auf die Kategorien , daß keine Nothwendigkeit aufgezeigt wird . Es wird gesagt 11–17 d i e Kraft , … Dinge .] ErWl : Einbildungskraft pp diese Vermögen werden neben einander gestellt , man fi ndet unterschiedne Weisen der Thätigkeiten und diese werden so neben einander gestellt daß ihre einzige Verbindung das a u c h ist , [sie] Wl : daß sie] sind wie die dinge im Raum gleichgültig neben einander jedes an seinem Platz . die Kategorie der Kraft ist eine mangelhafte , da stellt man sich vor diese Kraft habe diese und die Wirkungsweise . | Jede dieser Kräfte wird als selbstständig angenommen wenn man auch sagt der Geist h a b e sie , sie sind nicht zu der Einheit verbunden , die sie sind . Wie sie so vorgestellt werden , erhellt ihre Einheit nicht und das ist das Mangelhafte in Ansehung der Kategorien . das verbindende a u c h läßt immer die Selbstständigkeit jeder Thätigkeit und ihre Gleichgültigkeit gegen die andre , die Seele erscheint als das ä u ß e r e Band aller dieser verschiednen Arten der Wirksamkeit . 17–564,2 wesentliche Mangel … der1] ErWl : Mangel in Ansehung der Form und

20 desselben auf . 20

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10 nämlich] nämrl

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Mangel in der Form . Der Geist ist nicht eine solche Sammlung von allerlei Kräften , sondern er ist wesentlich eines , der Mangel der Einheit erhellt nun noch auf andre Weise : ich bin nur und all diese Thätigkeiten sind in mir schlechthin vereint ; wie ich das e i ne Substrat oder Subject bin , so ist meine wesentliche Thätigkeit auch auf e i n e n Zweck gerichtet . Nach jenen Kategorien scheint aber jede einen besondren Zweck zu haben , dies und das hervorzubringen , zu diesem und diesem Nutzen im Leben . | Wie aber der Geist an sich nur e i n e r ist , so hat er auch nur e i n e n Zweck . Einbildungs k ra f t u . s . w . hat man in neurer Zeit verbessert in T h ä t i g k e i t ; es ist aber eine Verbessrung von keinem großen Werth ; der Irr thum der äußerlichen Nebeneinanderbetrachtung bleibt doch stehn . Die Pneumatologie macht also einen Theil der Metaphysik aus , wie wir gesehen haben ; diese metaphysischen bestimmungen sind nur Verstandesbestimmungen , selbst einseitige bestimmungen , sie sind einseitig einfach , ihre bestimmung ist : überzugehn ; sie sind nicht unveränderlich , nicht ewig . Ein Für sich seiendes ist auch ein einfaches , aber es kann ein einseitiges sein und als solches ist es ein bezogensein auf ein andres , ein Relatives und in so fern ist es ein Übergehendes ;

man hat ein Gefühl gegen diese Art den Geist zu behandeln und zu zer splittern [weil man] Wl : das Selbstgefühl von der l e b e n d i g e n Einheit des Geistes , welcher] weiß daß er eine Einheit ist und [so widerspricht diese Zersplitterung dem Selbstbewußtseyn , der Geist ist schlechthin Einer .] Wl : nicht in verschiedene , gegeneinander selbstständig gestellte Ve r m ö g e n , K r ä f t e , zersplittert ist . –] die philosophische Betrachtung , der Begriff diese concrete Einheit muß an die Stelle der Kategorie des A u c h treten , dieser abstracten Verknüpfung dadurch wird dieser Zersplitterung abgeholfen . Dieser 2 nun noch auf] ErWl : auch auf eine 3 ich bin nur] ErWl : Diese Einheit hat sogleich eine andere Form . Ich bin Einer 4 ich das … oder] ErWl : ich , der Eine , nicht nur Substrat sondern 4–5 meine wesentliche … auch] ErWl : mein Zweck auch wesentlich nur Einer , meine Thätigkeit ist 5–7 jenen Kategorien … Leben .] ErWl : der empirischen Psychologie aber erscheinen diese Kräfte als jede einen andern Zweck habend , und es sind besondre Zwecke vorausgesetzt denen diese Vermögen dienen . 8 an sich nur] ErWl : nur 8–10 Zweck . Einbildungs k ra f t … aber] ErWl : Zweck und jene vielen Zwecke sind dem untergeordnet . Diese Unterordnung erscheint als Zersplitterung . Man sagt zwar statt Kräfte auch Thätigkeiten und dies ist etwa 10–565,1 von keinem … bestimmung] ErWl : aber keine große , denn da diese ganz ver|schiedenen Inhalt haben , sich äußerlich und von einander gesondert bleiben , so bleibt auch derselbe Mangel . – Es gehört zu dieser Betrachtungsweise auch noch die P n e u m a t o l o g i e oder rationale Psychologie , die Seele soll nicht betrachtet werden nach [den] Wl : ihren] Erscheinungen sondern danach was sie ihrem Wesen nach ist . die Pneumatologie ist die metaphysische Betrachtung der Seele nach ganz allgemeinen Bestimmungen . die Materie wird betrachtet als das zusammengesetzte Mannigfaltige in sich als ein Zusammen von [ Vielem] Wl : Vielen] . In dem Einfachen liegt nicht die Bestimmung des Anderen , es soll nicht das Andersseyn in sich haben . Wenn etwas verändert werden soll muß die Möglichkeit 21 K r ä f t e , ] folgt gestr : oder was auf dasselbe herauskommt T h ä t i g k e i t e n

32 diese] Er : dieser

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die bestimmung der Veränderung liegt nicht in ihm . die Pneumatologie hat auch das Verhältniß der Seele zum Körper behandelt ; die Seele ist für sich ; ihr gegen über ist der Körper , das Vielfache ; sie ist das einfache ; sie hat aber beziehung auf die Materie , beziehung aber setzt Gemeinschaft voraus ; wie kann nun das Einfache in Gemeinschaft stehn mit dem Vielfachen , dadurch hört es ja auf einfach zu sein . die Auflösung dieses Widerspruchs ist schwierig ; wir werden sie später betrachten . diese Pneumatologie hat die Seele nur metaphysisch bestimmt als ens , was ist . Nun hat man aber auch bestimmt daß die Seele nicht bloß ein Seiendes , ein Abstractes ist , sondern ein Thätiges , ein bewußtsein . So stehn sich 2 Wissenschaften gegen über : die empirische Psychologie hat nur das Vielfache , die rationelle nur das abstracte vor sich ; die erste stellt zwar auch den Geist vor in seinem Reichthum , aber in seinem aufgelösten , diese aber in seiner abstracten Einfachheit ; darin besteht die Einseitigkeit von beiden . Jede für sich ist einseitig ; obgleich in beiden zusammen die Vollständigkeit enthalten ist . Was nun noch zu bemerken wäre , wäre die Litteratur aber mit der will ich mich nicht aufhalten . § 378 sind die bücher des Aristoteles über die Seele empfohlen , das Einzige was darüber noch gelesen zu werden verdient . Aristoteles hat , wie Alles , 1 liegt nicht … ihm .] ErWl : im Etwas selbst liegen . In Platons Phädon sind diese metaphysischen

20 Bestimmungen zu fi nden . diese Bestimmungen sind selbst einseitig , das Wahrhafte muß concret 20 seyn , das Abstracte hat keine Wahrheit . – Im Einfachen ist nicht die Bestimmung des Andern da ist

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[nun] Wl : nur] das Interesse gewesen die Einfachheit der Seele zu behaupten . | das Einfache hat aber die Bestimmung überzugehn . Das Für sich seyn ist eine Einfachheit aber auch [wesentlich] Wl : zugleich] ein Intensives , hat einen Grad , das hat auch Kant dagegen eingewandt : wenn die Seele auch qualitativ einfach sei , könne sie doch quantitativ das Gegentheil seyn . die Einfachheit schloß so die Intensität nicht aus , rettete [nicht] Wl : lacuna Hk : nicht] vor ihr . die Seele ist Bewußtseyn und wenn dieses unter der Bestimmung der Intensität vorgestellt wird , so kann es in höhern oder niedern Grade seyn . Vollkommne Schwäche des Bewußtseyns hebt die Einfachheit der Seele nicht auf . 2 der Seele] Wl : des Geistes 2–3 ihr gegen … aber] ErWl : [einfach ,] Wl : ein Einfaches ;] dem ist die Materie das Vielfache gegenüber , die Seele hat 4 beziehung aber … Gemeinschaft] ErWl : und Beziehung setzt Gemeinschaft , Einheit 5 Gemeinschaft stehn] ErWl : Einheit seyn dadurch hört … sein .] ErWl : hört es nicht auf das Einfache zu seyn wenn es von der Materie berührt [wird .] Wl : wird ?] 6–7 schwierig ; wir … hat] ErWl : es was die Schwierigkeit ausmacht . die Pneumatologie bestimmt 7–8 nur metaphysisch … bloß] ErWl : nach dem was sie ist , die Seele ist aber nicht 8–9 ein Abstractes … ein1] ErWl : sondern ein wesentlich 9–13 ein bewußtsein . … sich] ErWl : Reiches , muß als Geist gefaßt werden und solche Abstractionen wie Einfachheit reichen nicht hin den Reichthum des Geistes zu bestimmen , denn er ist mehr als ein Einfaches und Seyendes . Zum Begriff der Seele gehört beides die Einfachheit der rationalen Psychologie und die Vielfachheit , der reiche Inhalt der empirischen . diese b e i d e n Betrachtungsweisen enthalten die vollständige Betrachtung , j e d e 13–17 obgleich in … Aristoteles] ErWl : Zur Idee gehört die Einheit beider aber nicht abstracte Einheit . die empirische Psychologie stellt die Seele dar als [aufgelöst und was Aristoteles darüber geschrieben ist noch als das Philosophischste zu emp25 nicht 3 nachträglich über der Zeile

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so auch die Seele | wesentlich nach dem begriff speculativ gedacht . In der neuren Zeit sind viele Werke über den Geist erschienen , die das Ganze systematisiren wollen ; aber dieses herein nehmen des Mathematischen | in die Philosophie ist unstatthaft . Einige enthalten gute Sachen und beobachtungen ; alles das zu kritisiren soll uns nicht aufhalten ; was eine Psychologie erfaßt hat , kann sie selbst kritisiren .

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B e g r i f f , E i n t he i lu n g und Ü b e r s icht d e s G a n z e n . der darstellung in der Encyclopädie können wir hier nicht in dieser Ordnung folgen ; da ist sie als ein Theil der Wissenschaft der Philosophie abgehandelt . der Geist macht einen Theil der Existenz in der Idee . Wir aber f a n g e n an mit dem Geist ; das ist aber nicht ein absoluter Anfang in der That , sondern es ist eine Voraussetzung daran hängend . Wir haben den Geist zunächst aus der Vorstellung aufzunehmen . Im ganzen Zusammenhang der Wissenschaft ist der Geist ein Resultat in dem Sinn , daß er die Wahrheit des Vorhergehenden ist . Das ist die Natur ; daß diese sich auflöst in diese bestimmungen der Idee , welche der Geist ist . Ein Resultat ist in diesem Sinn nur das daß es das erste ist gegen dieses Vorhergehende . das wird

§ 378Wl

8Er § 381 .Wl

fehlen .] Wl : unaufgelöst , »hat den concreten Geist zu ihrem Gegenstande , und wurde , seitdem nach dem Wiederaufleben der Wissenschaften die Beobachtung und Erfahrung zur vornehmlichsten Grundlage der Erkenntniß des Concreten geworden , auf dieselbe Weise getrieben , so daß theils jenes Metaphysische außerhalb dieser Wissenschaft gehalten wurde und keine Anwendung darin fand , theils diese sich an die gewöhnliche Verstandesmetaphysik von Kräften , verschiednen Thätigkeiten u . s . f . hielt , und die speculative Betrachtung daraus verbannt blieb . Die Bücher des Aristoteles ü b e r d i e S e e l e mit seinen Abhandlungen über besondere Seiten und Zustände derselben sind deswegen immer noch das vorzüglichste oder einzige Werk von speculativem Intresse über diesen Gegenstand .«] Er 1 wesentlich nach … gedacht .] ErWl : | speculativ , im Begriff betrachtet und es ist Bedürfniß der Philosophie zu dieser Betrachtung zurück zu kehren . 2–8 Werke über … abgehandelt .] ErWl : Versuche gemacht diesen Gegenstand zu systematisiren , die allerdings schätzbare Materialien enthalten . Im Anfang ist der Begriff des Geistes vorauszuschicken und die Einthei lung zu machen . Wir können aber nicht der Anordnung der §§ folgen , denn der Geist ist [das] Wl : da] im Zusammenhange [abgehandelte] Wl : des g a n z e n Werkes abgehandelt] als e i n e r In der Wissenschaft ist nicht anzufangen mit dem Geist sondern 9 einen Theil] ErWl : eine Form in der Idee .] ErWl : der Idee aus . 10 das ist … eine] ErWl : und so ist es eigentlich kein erster Anfang , ist mit einer 11 daran hängend . … haben] ErWl : behaftet und wir nehmen 11–12 aufzunehmen . Im … Zusammenhang] ErWl : auf . Im Fortgange 12 ein Resultat] ErWl : Resultat und zwar 13–567,1 ist . Das … ist 2 ] ErWl : d . h . der Natur ist , daß die Natur sich zusammennimmt , zurückgeht in die bestimmte Form der Idee . Wenn der Geist die Wahrheit des Vorhergehnden ist , so ist er in der That das Erste gegen dies vorhergehende und die Stellung ist als einseitig aufgezeigt daß 16 unaufgelöst ,] folgt gestr : u was Aristoteles darüber

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sich später klarer zeigen . Was der Geist ist , das ist ein lemma , das wir aufnehmen ; worin aber der Beweis liegt , wird im Verfolge angegeben werden . Der Zusammenhang mit der Natur , das ist der Punkt , wo sich das zeigen wird . Geist ist unser Gegenstand . Nun fragt sich : was ist der Geist ? Der begriff darüber kann nur unvollständig sein ; wir werden ihn erst in der Philosophie selbst kennen lernen ; hier kann es nur formell und allgemein gesagt werden ; könnten wir es hier schon definiren , so hätten wir alles andre nicht mehr nöthig . das Wesen des Geistes ist das einfach substantielle , die Freiheit , das liegt in unsrem bewußtsein ; wir behaupten es hier nach diesem bewußtsein . Ich bin Person : so kann nur der Mensch sagen ; dieses Ich ist eine ganz einfache Vorstellung und ist nicht abstract einfach , unmittelbar einfach , sondern in so fern und dadurch daß ich von allem abstrahiren von meiner Vorstellung , und überhaupt abstrahiren kann von Allem . Abstrahiren heißt überhaupt negiren , es weg schaffen , bei Seite liegen lassen . | Wenn ich nun ein reines Ich habe , so bin ich selbst allein , habe alles andre , Kenntnisse , Interessen , Zwecke etc . weggeschaft , – ich lasse alles das besondre dabei weg . dieses ganz einfache , das nur einfach ist . Durch die Thätigkeit des Negirens von allem besondren . So bin ich dann schlechthin nur bei mir selbst . Wenn ich anschaue so bin ich bei irgend einem Gegenstande und nicht bei mir . Ich ist das ganz farbenlose Licht ; alles besondre ist entfernt . Dies nun , daß ich bei mir selbst bin , nennen wir

§ 382 Sg

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20 er Resultat sei , eine Umkehrung vom Resultat zum Anfang . daß der Geist , die Idee das Wahrhafte

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ist , wird hier nicht bewiesen | ist hier 1–2 das wir … Der] ErWl : der Punkt wo dieser Beweis zu führen ist ist der 3–4 das ist … sich :] ErWl : daß der Geist die Wahrheit derselben ist . das ganze vorhergehende ist der Beweis dafür . – 4–7 Der begriff … nöthig .] ErWl : dieses haben wir als Lemma aufzunehmen und an die Vorstellung dabei zu appelliren . [ Was der Geist ist , der] Wl : Der] Begriff des Geistes kann zunächst nur etwas ganz formelles seyn , denn was er ist ist eben Gegenstand unserer Wissenschaft . Es kann h i e r nur enthalten seyn das formelle allgemeine Wesen , die Substanz des Geistes und diese ist die F r e i h e i t . Wie diese Bestimmung mit der Natur zusammenhängt , haben wir nachher zu sehn . 8 ist das … substantielle ,] ErWl : ist 8–10 das liegt … dieses] ErWl : diese Behauptung hat ihren Beweis im Vorhergehenden und das ganze Folgende wird die Erläuterung und der Erweis dieses Satzes seyn . der Mensch ist Geist und was ist das innerste concentrirte Wesen die Wurzel des Geistes ? – die Freiheit , Ich , denken . Ich bin Geist bin das Concrete und wenn ich alles dies mir vorschwebende zusammen nehme so sage ich Ic h und das kann nur der Mensch . 10–13 nicht abstract … lassen .] ErWl : insofern einfach als Ich von allem abstrahiren kann , d . h . es negiren . 14–15 ein reines … weg .] ErWl : sage reines Ich , so habe ich alles , allen Inhalt weggelassen , da ist nichts von Besondrem darin , Ich ist 16 einfache , das … Durch] ErWl : einfache Allgemeine das es nur ist durch 16–17 Negirens von … So] ErWl : Negirens , Abstrahirens . Indem ich alles Besondre entferne , 17–18 selbst . Wenn … das] ErWl : selber bei nichts anderm , wie ich es bin wenn ich z . b . etwas anschaue . Wenn ich einen Zweck habe ist dieser immer ein bestimmter [ Inhalt] Wl : Inhalt ,] überhaupt gegen diese Allgemeinheit , die Ich bin . das 19 Licht ; alles … ich] ErWl : Licht stellt das Ich in der Natur vor und dieses daß ich nur 19–568,2 selbst bin , … nur] ErWl : selbst , 14 habe] davor ein unleserliches Zeichen

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Freiheit : er kann von allem äußerlichen abstrahiren . der Mensch kann sich das Leben nehmen das kann das Thier nicht . Das ist aber nur formelle Freiheit ; | die concrete ist das in sich selbst weiter Bestimmen . – Die Freiheit ist die Grundlage , von der alle andren Thätigkeiten ausgehen ; der alle andren untergeordnet sind . Der Mensch heißt es (382) kann den unendlichen Schmerz ertragen , das ist seine Freiheit in concreter bestimmung ; des Schmerzes ist überhaupt schon das lebendige fähig , nicht bloß der Geist ; Schmerz ist etwas negatives in uns ; es ist ein Nichtbefriedigtsein ; in diesem Negativen aber erhalten wir uns doch : ich bin , ein Selbstgefühl ist ein affi rmatives ; wenn das nun negirt wird so meint man verschwindet die Affi rma-

bei nichts anderm bin , von nichts anderem abhänge , das ist die F r e i h e i t des Menschen , daß er von allem abstrahiren kann , selbst vom Leben und vom ganzen Umfang des Bewußtseyns . Ich kann in der Vorstellung von allem abstrahiren und [auch] Wl : selbst] in der Wirklichkeit [selbst] Wl : auch] von allem innerlichen daseyn . dieses selbst , alle meine Zwecke Interessen sind mir äußerlich sofern sie von mir von meinem Ich verschieden sind . dieses n u r bei sich seyn ist die Freiheit , zunächst die 2–5 die concrete … kann] Er : | aus der Freiheit gehn alle Bestimmtheiten und Thätigkeiten hervor , sind ihr untergeordnet . der Mensch kann Wl : – »die absolute Negativität des Begriffs als Identität mit sich . Von der Freiheit sind alle andern Bestimmungen des Wesens des Geistes und Thätigkeiten , nur Momente , Modificationen . Nach dieser formellen Bestimmung k a n n er von allem Äußerlichen und seiner eigenen Äußerlichkeit , seinem Dasein selbst abstrahieren ; er kann die Negation seiner individuellen Unmittelbarkeit , 5–7 das ist … Nichtbefriedigtsein ;] Er : [darin] Wl : d . i . in dieser Negativität affi rmativ sich verhalten und identisch für sich seyn . Diese Möglichkeit ist seine abstracte für sich seiende Allgemeinheit .« / | Von der F r e i h e i t sind alle andren Bestimmungen und Thätigkeiten des Wesens des Geistes nur Momente , Modificationen . – / S c h m e r z e r t r a g e n hierin] liegt , was [zur Weise] Wl : zum Wesen] der Freiheit [gehört und diese ist gefaßt als concrete Freiheit .] Wl : in concreter Bestimmung gehört] Schmerz hat nur das Lebendige . [ Er ist ein Negatives und ] Wl : S c h m e r z ist : e t w a s N e g a t i ve s , d a s i n u n s i s t (– wir haben einen Mangel , sind unbefriedigt p = Schmerz Negatives .) – S c h m e r z e r t r a g e n ist :] 8 aber] Wl : das in uns ist ich bin … ist] Wl : Es ist ein Widerspruch hierin . Ich bin einfach ist nämlich ich bin , ein] Er : das i s t der Widerspruch . das 8–569,6 ein affi rmatives ; … ertragen .] Er : das Affi rmative , das , wenn es negirt wird , nicht verschwindet wie das beim Natürlichen der Fall ist , sondern hier kommt der Widerspruch als solcher zum Vorschein . In der Verletzung , Aufhebung meines Selbstgefühls ist doch mein Selbstgefühl noch darin . Im Geist ist die Negation seiner , untergeordnet seiner Affi rmation , der Einheit mit sich selbst . 9 wenn das nun] Wl : und : m i c h h u n g e r t ein Negatives . Wenn nun das Affi rmative 9– 569,6 verschwindet die … ertragen .] Wl : daß es verschwinde . Bei dem Natürlichen gilt das wohl , wie z . B . roth die Negation seiner nicht roth – Licht die seine (Finsterniß) nicht aushält . – Hingegen im Lebendigen und mehr im Geistigen nicht so . – Mich hungert , ein Negatives , ist Widerspruch meines affi rmativen Selbstgefühls , und doch fühle ich’s . – Die Negation seiner selbst ist zwar in ihm ; aber untergeordnet seiner Affi rmation , seiner Einheit . –

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17–18 Von der … Modificationen . am linken Rande mit Verweiszeichen 25 Schmerz hat … Lebendige . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 28 nämlich] folgt am rechten Rande (vermutlich 40 von anderer Hand) nachträglich mit Bleistift : best allg gegen A affi rm 35 Licht] folgt am rechten Rande (vermutlich von anderer Hand) nachträglich mit Bleistift : allg neg gegen allg affi rm / best allg gegen best affi rm / ich bin – ich bin nicht / würde sich auch aufheben . / roth – nicht dunkelroth / blbt roth

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tion . bei den Nicht organischen Dingen ist es freilich so : wenn etwas roth gefärbt , und man bringt blau hinein , so verschwindet das roth : das roth kann die Negation seiner nicht aushalten ; ebenso in die Finsterniß Licht gebracht . So überhaupt im Natürlichen : eine affi rmative Existenz bleibt nicht , wenn ihr Widerspruch gesetzt ist ; aber nicht so bei den Lebendigen ; da hebt der Widerspruch das Selbstgefühl nicht auf . Der Geist , überhaupt das Lebendige kann seine Negation ertragen . das ist die bestimmung der Freiheit überhaupt ; das abstracte oder formelle derselben ist dieses Aufheben aller bestimmung ; das concrete derselben ist in der bestimmung (der Schranke , der Negation) meiner , in welchem anderen meiner ich doch in mir selbst bin . Wenn man sagt die Freiheit macht die wesentliche bestimmung des Geistes aus , so kann man sagen , sie macht den Begriff des Geistes aus , d . h . die wesentliche bestimmtheit ; was man gewöhnlich eine Definition zu nennen pflegt . Aber begriff in unsrem Sinn ist freilich auch das Einfache , aber eine Identität mit sich , die zugleich das Unterscheiden in ihr hat , das in der Einheit bleibt , d . h . ein Unterschied , der zugleich kein Unterschied ist . Darum ist eben unser Begriff nicht ein abstractes ; | ich bin das Einfache , habe doch viele bestimmungen in mir , die für mich so als

20 7–10 Freiheit überhaupt … bin .] Wl : formellen oder abstracten Freiheit ; daß ich vermag alle Bestim-

mung in mir aufzuheben ; und der concreten : daß ich in der Bestimmung meiner bin , ich annihilire 20 sie und beharre bei mir selbst . Dies ist der abstracte Begriff der Freiheit , der die Grundbestimmung

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unseres Geistes ist . – / NB . 7–11 das abstracte … die1] Er : die abstracte Freiheit ist , daß ich vermag allen Inhalt , alle Bestimmtheit in mir aufzuheben , – die concrete Freiheit ist daß ich in der Bestimmtheit meiner – Schranke , Negation – nur bei mir selbst bin , das andere annihilire . – Die 11 bestimmung] Er : Bestimmtheit 12 macht den] Er : ist der 12–570,1 Geistes aus , … sie] Er : Geistes . Unter Begriff versteht man zunächst die einfache Bestimmtheit , die die Eigenthüm lich keit von etwas ausmacht . der philosophische Begriff aber ist eine einfache Bestimmtheit , die aber den Unterschied als aufgehoben enthält , so daß das Subject bestimmt ist , den Unterschied enthält , aber so daß es zugleich aus diesem in sich zurückgekehrt ist . Der Begriff hat den Unterschied aber dieser ist zugleich durchsichtig . Ich habe viele Bestimmungen , die 12–13 d . h . die … pflegt .] Wl : da man unter Begriff zunächst versteht , die einfache Bestimmtheit , die die Eigenthüm lich keit von Etwas ausmacht . 13–14 in unsrem] Wl : im philosophischen 14 freilich auch … sich ,] Wl : auch diese einfache Bestimmtheit , 15 in ihr hat ,] Wl : hat , bleibt , d . h . ein] Wl : mit ihr bleibt , den Unterschied als aufgehoben enthält , so daß das Subject bestimmt ist , den Unterschied enthält , aber zugleich aus diesem in sich zurück gekehrt ist , – einen 16–17 ist . Darum … viele] Wl : i s t , unmittelbar auch als aufgehobener Unterschied . – (Ich bin einfach , habe 17–570,4 für mich … überhaupt] Wl : ein anderes als ich sind . (Anschauungen , Wahrnehmungen) die auch für ein Andres , selbst unerträglich sind (Schmerz) ; aber aus diesem Unterschiedenen bin ich doch zum Ich zurückgekehrt . Es ist nur m e i n e Anschauung , und darum ist sie kein Andres , – in m i r , m e i n . Das Endliche fest 18 oder abstracten mit Verweiszeichen am rechten Rande 21 NB .] bei Hk gestr . 30–31 die die … 32–34 den Unterschied … ist , – mit Verweiszeichen am rechten Rande

40 ausmacht . mit Verweiszeichen am rechten Rande

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ein anderes sind , daß sie unverträglich mit mir sind ; z . b . irgend eine Vorstellung über etwas hebt wieder den Inhalt des Gegenstandes für mich auf ein äußerliches zu sein . Die Freiheit ist zugleich das , was wir Idealität nennen ; das Ideale ist überhaupt irgend ein bestimmtes , ein Unterschiedenes . Ich in meinem bewußtsein verhalte mich idealistisch ; ich schaue ein Haus an , das ist die Realität ; dies nennen wir selbstständig , für sich ; aber der ganze Inhalt des Hauses ist meine Vorstellung , ich bin der Träger des Inhaltes , ich bin dann allein das Selbstständige . Die Grundbestimmung des Geistes ist also die Freiheit . das lassen wir gelten ; aber die gewöhnliche Vorstellung ist , daß dem Geist dies zukomme , nur auf einer Seite , daß aber die Natur auf der andren Seite der Freiheit gegen über ist . Aber wir stellen uns auf

zu fassen in seinem Unterschiede z u w i s s e n , und seine Einheit z u e r k e n n e n , – haben wir in der Wissenschaft vor allem . / »Un t e r s c h i e d d e r k e i n Un t e r s c h i e d i s t« , u . s . f . sind Hegelsche Terminologie , die in Ausdrücken der gewöhnlichen Sprache besteht ; nur eigenthüm liche Verbindung dieser hat . – So noch : F r e i h e i t ist Begriff als solcher in seiner Existenz , B e g r i f f d e r z u r E x i s t e n z g e ko m m e n i s t . – / In jeder sinnlichen Anschauung ist noch vorhanden ein äußerlicher Gegenstand , sofern es m e i n e Vorstellung ist , bin ich bei mir , indem ich bei diesem Inhalte bin , es ist ein Unterschied den ich aber negirt habe . Filosophie ist daß wir alles in diesem medio der Freiheit betrachten , sub specie aeterni nach Spinoza : die Bestimmung der Freiheit = I d e a l i t ä t . Das Ideelle ist 1–3 sind ; z . b . … Die] Er : sind und i n diesem Unterschiede bin ich doch bei mir selbst , in mich zurückgekehrt . Wir haben in der Wissenschaft das Endliche fest zu fassen in seinem Unterschiede und seiner Einheit . – / die Freiheit ist der Begriff selbst der zur Existenz gekommen ist In jeder sinnlichen Anschauung ist vorhanden ein äußerlicher Gegenstand , in sofern es m e i n e Vorstellung ist bin ich bei mir indem ich bei diesem Inhalte bin , es ist ein Unterschied den ich aber negirt habe . Philosophie ist daß wir alles in diesem medium der Freiheit betrachten sub specie aeterni . die Bestimmung der 3 zugleich das ,] Er : auch 3–4 das Ideale … bewußtsein] Er : ein Unter schied ist gesetzt , aber seine Selbstständigkeit zugleich aufgehoben . Ich 4 Unterschiedenes . Ich … bewußtsein] Wl : Unterschiedenes ; aber so , daß (der Unterschied) seine Selbstständigkeit zugleich aufgehoben ist . – (Ich 5–6 ein Haus … Vorstellung ,] Er : etwas an und das ist selbstständig gegen mich , aber diese ganze Vorstellung ist m e i n e , 5 ein] Wl : das 5–6 ist die … sich ;] Wl : Haus ist Realität , Selbstständigkeit 6–8 des Hauses … das] Wl : meiner Vorstellung ist nicht mehr selbstständig , sondern nur ich , der Träger dieses Inhalts , bin es) . Indem im Geiste alles als ideell gesetzt ist oder indem die Grundbestimmung des Geistes die Freiheit ist , so 7–8 des Inhaltes , … das] Er : derselben , das Selbstständige , der Gegenstand ist ideell . Indem die Grundbestimmung des Geistes die Freiheit ist , oder daß in ihm alles als ideell gesetzt ist , 8–10 gelten ; aber … Natur] Er : dies gelten aber wir nehmen eine andre Seite auf : die Natur sei 8 gelten] Wl : es gelten 9 ist , daß … nur] Wl : läßt den Geist das 9–10 Seite , daß … Natur] Wl : Seite seyn , die Natur aber neben ihm 10–571,1 Seite der … Freiheit] Wl : Seite . – So nicht hier ! Hier haben wir nicht Freiheit und Realität (Natur) nebeneinander , sondern wir haben die Freiheit , oder die Idealität des Äußerlichen , 10 Seite der … stellen] Er : Seite , dem Geiste gegenüber , neben demselben . Hier aber stellen wir 12–15 »Un t e r s c h i e d d e r … i s t . – mit runder Klammer am linken Rande hervorgehoben 15–18 In jeder … der mit Verweiszeichen am rechten Rande 32 oder indem … ist , mit Einfügungszeichen am rechten Rande 38–39 oder die … Äußerlichen , mit Verweisszeichen am rechten Rande

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einen andren höhern Standpunkt , wo wir die Freiheit in ihrem ganzen Umfang zu nehmen haben , so daß sie das Allumfassende und die Wahrheit der Natur ist . Darüber sind 2 bemerkungen zu machen : nämlich : daß dies unser speculativer Standpunkt ist , und dann in der Art die Weise anzudeuten , wie wir auf diesen Standpunkt kommen , also den Ü|bergang von der Natur zum Geist ; dieser Übergang hat eben diesen Inhalt , diesen Sinn : daß die Natur nicht das Wahrhafte ist , sondern , daß sie ewig sich idealisirt , ewig der Hervorgang des Geistes ist . dieser Standpunkt wird bewiesen durch den Zusammenhang des Geistes mit der Natur im begriff , wovon unterschieden werden muß : im bewußtsein . Zuerst also wie dies ein speculativer Standpunkt ist , und wie dieses bedürfniß danach sich immer gezeigt hat . Speculativ ist auch so ein Kunstausdruck ; es ist aber wesentlich dies : eine Einheit zu fassen von Unterschieden , was wir im gewöhnlichen bewußtsein

1 andren höhern … Freiheit] Er : Standpunkt wo wir nicht diese zwei neben einander sondern die Idealität des Aeußerlichen 2 nehmen haben , … und ] Er : betrachten haben , das ist der speculative Standpunkt von dem wir den Geist gleich zu fassen haben . Der Geist ist höher zu achten als die Natur , dieser Standpunkt erfodert aber die Idealität als nehmen haben ,] Wl : nehmen ; 2–4 und die … die] Wl : ist . Dieß ist der s p e c u l a t i ve S t a n d p u n c t , in dem wir den Geist gleich aufzunehmen haben . Der Geist ist höher zu achten , als die Natur ; dieser Standpunct erfodert aber die Idealität als die Wahrheit der Natur selbst zu betrachten , die Freiheit des Geistes als das Eine und Einzige Wirkliche zu nehmen , – nicht bloß als das Höhere . Hierüber 2 Bemerkungen : 1 .) Dieß ist der speculative Standpunct – und 2 .) die Art und 2 ist .] Er : selbst zu betrachten , diese Freiheit des Geistes als das Eine und Einzige zu nehmen was wahrhaft wirklich ist , nicht bloß als das Höhere . 3 nämlich : daß … speculativer] Er : 1 . daß dies der speculative 4 dann in … Weise] Er : 2 . ist die Art wir] Er : dies bewiesen wird und wir 5 kommen , also den] ErWl : kommen . das zweite ist der von der] Wl : der 5–6 Natur zum … Sinn :] Er : Na|tur , der den Sinn hat , dieser Übergang … Sinn :] Wl : der d e n Sinn hat , 6–7 nicht das … ewig 2 ] Er : dies ist , sich ewig zu idealisiren , ewig nur 7 daß sie … idealisirt ,] Wl : sich ewig nur zu idealisieren hat , ist .] ErWl : zu seyn . die Natur , die den Begriff enthält als Gesetz ist dies , an ihr selbst den Begriff [zur] Wl : zu seiner] Existenz zu bringen und der existirende Begriff ist der Begriff in seiner Freiheit d . i . der Geist . 8 bewiesen durch den] Wl : erhellen aus dem des Geistes mit] Er : mit mit] Wl : und 9–11 begriff , wovon … dies :] ErWl : Begriff . Der Standpunkt daß ich die Natur gegenüber behalte , wird aus dieser Einzigkeit selbst heraustreten bei der Form des Bewußtseyns . [ Wir stehn auf dem Standpunkt des Speculativen und es ist zu zeigen in welcher Form sich das Bedürfniß des Speculativen gezeigt hat . das Speculative im eigentlichen Sinn ist ,] Wl : 1 .) a l s o : d i e ß i s t d e r s p e c u l a t i ve S t a n d p u n c t ; – u n d i n w i e f e r n d a s S p e c u l a t i ve B e d ü r f n i ß i s t , u n d i n we l c h e n F o r m e n s i c h d i e ß B e d ü r f n i ß g e z e i g t h a t ? / S p e k u l a t i o n ist :] 12 von] Er : von solchen 12–572,1 was wir … auseinanderhalten .] Er : die das gewöhnliche Bewußtseyn und der Verstand ganz auseinander hält . 12 was wir … bewußtsein] Wl : u n d s o l c h e n Un t e r s c h i e d e n , d i e w i r i m g e w ö h n l i c h e n Ve r s t a n d e

40 18–19 Der Geist … betrachten , mit Verweiszeichen am rechten Rande

mit Verweiszeichen am linken Rande zeichen am linken Rande

28 die Natur , … selbst bei Wl 31–32 Der Standpunkt … Bewußtseyns . bei Wl mit Verweis-

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ganz absondern und auseinanderhalten . der Verstand ist das bestimmte das Endliche zu befestigen ; der begriff der über den Verstand hinausgeht , hebt das Endliche auf und erfährt den Widerspruch , für ihn ist nur das Unendliche . Wir haben Geist und Materie , 2erlei , im dualismus , beides selbstständig , das ist ein Grundunterschied in unsrem gewöhnlichen bewußtsein nicht so sehr als im denkenden , im Verstande ; da tritt dieser | Unterschied klar auf . Aber das Ewige und Wahrhafte kann nur eins sein ; man kann nun den Gegensatz gegen die Einheit der Vernunft so aufheben , daß man sagt : nur die Materie ist das Wahrhafte , und der Geist ist nicht wahrhaft real : er ist nur Erscheinung , Modification , Form etc . Das ist der Standpunkt d e s M a t e r i a l i s m u s es ist ihm bedürfniß den Dualismus aufzuheben . dieser Dualismus kommt allenthalben zur Sprache , e r macht die Schwierigkeit in allem aus . Der Materialismus ist dann ungefähr dasselbe , was man N a t u r a l i s mu s

1–3 der Verstand … haben] ErWl : Der Verstand ist die Bestimmtheit , das Endliche zu fi xiren , [festzuhalten , die] Wl : die] Vernunft hebt das Endliche auf , negirt es . [ Wir haben Natur im metaphysischen abstracten Sinne genommen als Materie .] Wl : Der Unterschied der sich bei unserem Stoffe gleich ergibt , ist :] 4–8 2erlei , im … aufheben ,] Wl : (Natur in metaphysischer Abstraction) . das ist d u a l i s m u s : ein Unterschied , der als schlechthin selbstständig gilt ; Geist einer- und Materie andrerseits s e l b s t s t ä n d i g . – Im beginnenden Denken , der nur Verstand noch waltet , gilt dieser Unterschied und entsteht er und zwar kommt dieser Dualismus zur Sprache überall (Gut und Böse e . t . c .) und macht überall das Schwierigste aus . So lange der Mensch bei Verstandesbildung nur bleibt , gilt er ; – wo aber sich im Menschen das Bedürfniß der Vernunft auf thut , dringt der Geist auf Einheit , – die Unterschiede in Eins zu fassen , in irgend einem Verhältnisse . D a g e g e n ist die E i n h e i t des Geistes . E i n e s n u r i s t d a s E w i g e u n d Wa h r h a f t e . Jetzt hat man die Wahl . Man kann diesen Widerspruch nämlich auflösen , 4–7 im dualismus , … die] Er : das ist ein dualism , ein Unterschied der als etwas schlechthin selbstständiges gilt , aber die Einheit des Geistes ist selbst dagegen . diesen Widerspruch gegen die Forderung der 8 so aufheben ,] Er : kann man auflösen dadurch 1 . nur die … Wahrhafte ,] Wl : A .) N u r M a t e r i e i s t w a h r h a f t s e l b s t ständ ig , Wahrhafte ,] Er : Wesen , 8–573,1 ist nicht … ist] Wl : n i c h t , s o n d e r n n u r P r o ducte der M ater ie , und ei n i n a nderen Combi nat ionen der M ater ie F lücht iges . – M a t e r i a l i s m u s , der aus dem speculativen Bedürfniß kommt , diesen Dualismus des Verstandes aufzuheben , und d a r u m erfreulich . Dieser Materialismus oder Naturalismus , der vor nicht gar langem herrschend war , 8–9 ist nicht … etc .] Er : nur ein Schein , eine Form , Modification – 10 es ist … Dualismus] Er : der aus dem speculativen Bedürfniß kommt , den dualism des Verstandes 11 e r macht] Er : bei Gott und Welt , Gutem und Bösen , er ist es der 12–573,1 aus . Der … lange] Er : ausmacht . der Mensch der nicht zur Vernunft gekommen ist , läßt das ruhig neben einander stehn , thut sich das Bedürfniß der Vernunft auf , so dringt der Geist auf Einheit . diese Einheit ist nun aber so gefaßt worden , daß die Materie das Wahrhafte , der Geist ihr Product sei wenn die Materie so sich verbände , so komme der Geist heraus als etwas Flüchtiges , Vorübergehendes . dieser Standpunkt des Materialism ist ungefähr der des Naturalism , der

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17 ein Unterschied , … gilt ; 40 13–14 Der Verstand … es . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande mit Verweiszeichen am linken Rande 19–22 und zwar … Verhältnisse . mit Verweiszeichen am linken Rande

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nennt ; der lange eine beliebte Denkweise gewesen ist besonders in Frankreich . das andre Gegenüberstehende ist : daß d e r G e i s t das Selbstständige , und Wahrhafte ist , und das Materielle nur erscheinend , nicht an und für sich . Das ist der Standpunkt des S pi r it u a l i s mu s oder Id e a l i s mu s . diese Vorstellung hat gleich die Ungunst gegen sich , daß das Sinnliche in unsrem bewußtsein ein wesentlich Reales ist ; wir sehen , wir berühren etwas , das uns Widerstand leistet ; es ist also eine Verrücktheit , es nicht für selbstständig halten zu wollen , der Materialismus hat viel Gunst für sich , weil es sehr wider den Sinn geht den sinnlichen Gegenständen die Realität absprechen zu wollen , und dann die : daß die Materie als gesetzlich angenommen wird , die Natur als etwas , was in Ordnung geregelt ist . In beziehung auf den Geist kann man das nicht so sinnlich und anschaulich darthun ; der Geist

1–2 Frankreich . das … G e i s t ] Er : Frankreich . Man muß darin nicht verkennen sondern vielmehr ehren das Bedürfniß der Einheit / 2 Der Geist ist Wl : Frankreich , – ist noch jetzt eine sehr beliebte denkweise . Dieser Materialismus hat viel Gunst für sich , denn er befriedigt die Forderungen der Einheit ; und die Menschen sind gar zu sehr geneigt die Materie dem Geiste vorzuziehen , und es hat daran zu halten das gewöhnliche Bewußtsein , ganz recht . den Standpunct des gewöhnlichen Bewußtseins nimmt man aber gar zu leicht für den des absoluten Bewußtseins , und daher kann der Mensch leicht an der Realität der Materie eher zweifeln , als an der des Geistes . das leistet dem Materialismus Vorschub . 2) Ferner wird die Materie in ihrer mannigfaltigen Beziehung auf einander als allgemeingültige Beziehung , als gesetzlich angenommen in ihrer Wirkungsweise , und die Natur als ein System , wo alles in Ordnung , nach Gesetzen vor sich geht . In Rücksicht auf den Geist können viele Erfahrungen vorgebracht werden , daß er abhängig , Resultat von der Natur ist (körperliche Krankheit zerrüttet den Geist , der Körper macht ihn fröhlich p) – . Oder man sagt : / B) D e r G e i s t i s t 3 ist , und … erscheinend ,] Er : die Natur nur eine Erscheinung desselben , Wl : und die Materie 3–5 sich . Das … die] Er : sich , nicht wahrhaft real . der Materialism hat viel Gunst für sich gegen diesen Idealism , Spiritualism , indem auf dem Standpunkt des ersten die Materie als selbstständig , der Geist als nicht selbstständig gedacht wird ; – der 2t e Standpunkt hat hingegen viel Wl : s i c h w a h r h a f t , n u r E r s c h e i n u n g . Dieser (Idealismus =) Spiritualismus hat zunächst d i e 5–9 gegen sich , … daß] Er : weil man die Materie nur zu berühren braucht um Widerstand zu erfahren und es also Thorheit ist ihre Realität zu läugnen . / | Der Materialism befriedigt die Foderung der Einheit , und die Men schen sind leicht geneigt die Realität des Geistigen fahren zu lassen gegen die des Sinnlichen . An diesem hält unser gewöhnliches Bewußtseyn fest und hat ganz recht aber sein Standpunkt ist nicht der absolute Standpunkt . Man meint aber leicht daß es keinen andren Standpunkt der Betrachtung gäbe . Daher , ehe wir zweifeln daß die äußerlichen dinge Realität haben kann es seyn daß wir an der Selbstständigkeit der Seele zweifeln und das leistet dem Materialism Vorschub . Ferner wird 5 gegen sich , daß] Wl : daß ein] Wl : als 6–574,3 ist ; wir … sich .] Wl : ist ist daher schwer , den Menschen diese Vorstellung glauben zu machen . – 9–10 als gesetzlich … wird ,] Er : angenommen als gesetzlich und 10 etwas , was … beziehung] Er : ein System wo alles nach Gesetzen vor sich geht . In Rücksicht 11–574,2 kann man … Vorstellung ,] Er : können viele Erfahrungen vorgebracht werden daß er abhängig , Resultat von der Natur ist Krankheit pp , – diese Wesentlichkeit des Materiellen wird so hervorgehoben und die Un selbst8 Sinn] statt eines unleserlichen Wortes zeichen am linken Rande

den] die

14–23 Dieser Materialismus … p) – . mit Verweis-

11Er ; den 5. NovemberEr Philosophie des Geistes .Er

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scheint hier abhängig vom Körper , wenn der Körper krankt , krankt auch der Geist häufig mit . Dagegen die andre Vorstellung , daß der Geist allein das Wahrhafte sei , hat nicht so viel Gunst für sich . In Deutschland ist man mehr bei der Vorstellung stehn geblieben . Das Materielle hat Wesen , aber der Geist ist auch für sich ; in Frankreich dagegen ist der Materialismus mehr herrschend . Der Franzose in seinem Verstand , in seiner Consequenz verlangt Einheit , er wirft sich auf die Seite der Materie . Unser Kopf aber sieht mehr aus wie das vormalige deutsche Reich : Geist und Materie sind beide , sie schließen eine Art von bundestag mit einander bei uns . beim Geist fällt uns gleich ein : w i r i n u n s r e r W i l l k ü h r . Die Macht über das Natürliche sei : wenn man diese nun auch nicht jedem Geist zuschreibt , so schreiben wir sie doch einigen zu , und so sind wir beim Wu nd e r g l a u b e n ; der darin besteht , daß | das Vorhandene nicht bestehen könne gegen den Willen des Geistes ; | um nun den Wundern zu entgehen , dieser Wildheit , dieser Auflösung des ruhigen Ganges der Natur nothwendigkeit , so bleiben wir lieber stehen beim Materialismus , wo alles in Ordnung ist , oder wir bleiben bei diesem consequenzlosen Zusammenhang einer souveränen Materie und eines souveränen Geistes , beim Dualismus bleiben wir lieber stehen . – Der animalische Magnetismus ist so eine Erscheinung , wo man sieht daß man mit dieser Selbstständigkeit der Materie

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ständig keit des Geistigen . – Die ent gegengesetzte Vorstellung ist 2–3 das Wahrhafte … sich .] Er : das wahrhaft Reale ist . Es ist schwer dies annehmbar zu machen . 3–5 ist man … in 2 ] Er : hat der Materialism weniger Eingang gefunden . dem Franzosen mit Wl : war der Materialismus weniger am Brett als in Frankreich , und es sprach sich auch hierin , wie in ihren Verfassungen p der Unterschied dieser Völker aus . – / Dem Franzosen mit 6–9 verlangt Einheit , … Geist] ErWl : mußte alles Eines seyn , – in Deutschland war die Materie [selbstständig ,] Wl : selbstständig angenommen , doch] der Geist [auch .] Wl : auch , und zwar so , daß er , obwohl abhängig , ihrer auch Meister werden könnte .] – Wenn man den Geist als [die] Wl : das absolut Reale ansieht und als] wahre Macht des [ Materiellen ansieht] Wl : Materiellen , so daß sich das Natürliche dem Willen des Geistes unterwerfen muß , –] so hat diese Vorstellung Glauben gefunden , aber [es] Wl : diese Seite scheint uns gefährlich : denn es] 9 gleich] Wl : dann bei G e i s t gleich ein :] Er : ein , wenn wir sagen der Geist ist das allein Wahrhafte gegen die Natur , so fällt uns bei Geist ein : 9–11 W i l l k ü h r . Die … und ] Er : Willkühr , und wenn wir da auch nicht an alle denken , so doch an einige – Wl : Willkühr ; und wenn man diese Willkühr auch nicht als jedem Geiste zukommend annimmt , so doch einigen , – und 11–12 der darin … Vorhandene] ErWl : daß das Materielle 12–13 den Willen … Geistes ;] ErWl : die geistige Macht . – | 14 Natur nothwendig keit] Er : Naturgesetze stehen] Er : stehn entweder 15 wo alles … bleiben] ErWl : oder 16–17 Zusammenhang einer … animalische] ErWl : [ Dualismus .] Wl : Zusammenhang von souverainer Matherie und souverainem Geiste , diesem dualismus .] – die Wunder hängen mit der Religion zusammen und diese Seite können wir übergehen . [ Beim animalischen] Wl : die Form aber des Wunders , wie auch hier von ihr die Rede seyn kann , ist nichts andres als die Erscheinung des animalischen] 17–575,3 ist so … diese] ErWl : [sieht man] Wl : wo man sieht] daß man nicht auskommt mit [der] Wl : diesem dualismus , wie nicht 7 deutsche] deutschs

13 entgehen] entgegen

36 Dualismus] Dualismus stehn

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und dieser Selbstständigkeit des Geistes nicht auskommt . Es erscheint hier die Seele mächtig über das Leibliche , ja selbst über die Naturgesetze ; es widerspricht diese Erscheinung dem Gesetzlichen in der Natur , d . h . diese Reihe von Vermittelungen (nämlich um etwas zu sehen , muß man die Augen auf machen : diese Vermittlungen machen überhaupt den gesetzlichen Gang des Natürlichen aus) Im animalischen Magnetismus geschieht es aber oft , daß eine Person mit zugeschlossenen Augen sieht , mit dem Magen , mit dem Finger , oder daß sie etwas schmeckt , was ein Andrer , und nicht sie im Munde hat . Gegen dieses sträubt man sich , man will es nicht glauben ; man kann es auch nur ausmachen auf dem Wege der Erfahrung . Es liegt nun in dieser Unzulänglichkeit das bedürfniß unserer Natur den Zusammenhang des Geistes mit der Materie zu begreifen ; aber diese Erscheinungen sind unbegreiflich auf dem Standpunkt des unbegreifenden bewußtseins . Als Grundwesen des Geistes behaupteten wir die Freiheit , die Freiheit vom Natürlichen und im Natürlichen ; (aber nicht Willkühr und Zufälligkeit) es ist das Reich der gesetzmäßigen Wunder . Über dieses Verhältniß mußten wir uns näher erklären , in so fern das bedürfniß speculativer betrachtung erklärt werden mußte . diese b e z i e h u n g d e s G e i s t e s a u f d i e N a t u r ist nun der Hauptgegenstand unsrer betrachtung ; das Grundverhältniß , Verhältniß des begriffs .

(den Gang der natürlichen Gesetze = die Nothwendigkeit) Sg

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mit der] Selbstständigkeit des einen oder andern . [Affectionen] Wl : Schmerz und andre Affectionen] 20 des Geistes können den Menschen [tödten . Beim] Wl : tödten , wie Krankheit den Geist zerrütten

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kann . Im] Magnetism erscheint das Geistige als Macht über Naturgesetze , seine [ Erscheinungen widersprechen dem] Wl : Erscheinung widerspricht dem , was wir gesetzlich zu nennen pflegen im] natürlichen [ Zusammenhang . Die] Wl : Zusammenhange , der] 4–10 (nämlich um … das] ErWl : [ bei] Wl : (als Ursache , Mittel p) bei] den natürlichen [dingen macht das Gesetzliche aus , – was ist muß seine Ursache haben – diese fehlt beim Magnetism . Da sind wir auf dem Felde] Wl : dingen , – und führt uns so auf’s Feld] der Wunder . Man sträubt sich daher gegen solche [ Erfahrungen , weil man sich dadurch] Wl : Erscheinungen (ungeachtet aller Erfahrung) so sehr , die einen] dem Wunderglauben in die Arme [werfe , das] Wl : werfen , eben aus dem Grunde der Reflexion . – / Das] sind die beiden entgegengesetzten Vorstellungen wo die Seite [des] Wl : (des dualismus gefährlich und) des] Spiritualism diese Ungunst hat . | [ Eben in solchen Erscheinungen liegt auch das] Wl : Gerade solche Erfahrung ist’s worin auch das nähere] 10–11 Natur den … der] Er : Zeit das Verhältniß des Geistes und der Wl : Zeit liegt , das Verhältniß von Geist und 11–13 aber diese … Als] Er : Es ist gesagt daß wir als 11 aber] Wl : denn alle 12–13 unbegreifenden bewußtseins . Als] Wl : nicht begreifenden denkens , des gewöhnlichen Bewußtseins . – / Es ist gesagt worden , daß wir als 13 behaupteten wir … Freiheit ,] Er : die F r e i h e i t behaupten , Wl : behaupten 14–16 (aber nicht … mußte .] ErWl : die aber nicht aufgefaßt werden muß als Willkühr sondern als gesetzmäßige Freiheit . – 17–576,1 diese b e z i e h u n g … b e s t i m m t e r e ] Wl : Dieß Verhältniß das auf angegebne Weise zur Sprache kommt , von Geist und Natur , diese ihre Beziehung ist unser Hauptgegenstand , – und das Grundverhältniß des Begriffs ist das erste was wir z u b e t r a c h t e n haben . – / Zuvor die 17 a u f d i e … der] Er : ist unser 18–576,1 unsrer betrachtung ; … Ü b e r s i c h t ] Er : und das Grundverhältniß des Begriffs ist das erste was wir zu betrachten haben . / Vorher will ich die Uebersicht geben

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§ 387Sg

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Ehe wir aber daran gehen , geben wir vorher d i e b e s t i m m t e re Ü b e r s i c ht dessen , was wir abhandeln wollen . Die Wissenschaft des Geistes stellt den Gang der befreiung des Geistes dar . der Geist ist zuerst an sich , aber noch nicht frei ; sich zu befrein sich von der Natur los zu machen ist seine Aufgabe ; wir haben also 3erlei beziehung des Geistes auf die Natur zu betrachten , zuerst die Einheit des Geistes an sich , für uns , eine Einheit die jenseits unsres gewöhnlichen bewußtseins ist , und nur in Philosophie entsteht . Einheit des Geistes und der Natur ist aber eigentlich ein schlechter | oberflächlicher Ausdruck , der Kürze wegen wollen wir ihn aber gebrauchen , die die Philosophie zu verunglimpfen die Absicht haben , halten sich meist an solchen Ausdruck ; das factum ist wichtig ; aber es macht nicht die Einheit überhaupt aus , sondern die Einheit , wie sie bestimmt ist . Freilich wenn man die Einheit an sich auffaßt , so verstümmelt man die Darstellung , wie sie ausdrücklich gegeben wird ; in so fern hat man das factum verfälscht . Da s 2 t e i s t dann die natürliche unmittelbare Einheit nicht an sich mehr , sondern die unmittelbare Einheit des Geistes in der Natur ; in so fern existirt der Mensch als n a t ü r l i c h e Seele und ist nicht nur Geist . Da s 3 t e ist daß diese Einheit für den Geist sei , daß die beziehung auf die Natur für i h n werde , für ihn hervorgebracht werde . Das Nähere ist dann aber in § 387 gegeben , nämlich :

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2–4 abhandeln wollen . … ist] Er : zu behandeln haben . Unsere Wissenschaft zeigt den Weg der Befreiung , er ist frei , ist es aber 2 abhandeln wollen .] Wl : zu behandeln haben . 4 zuerst] Wl : frei , ist es aber erst 4–5 aber noch … 3erlei] ErWl : [dies] Wl : i m We s e n . dieß ,] was er an sich ist hervorzubringen , [dieser] Wl : muß er sich befrein , frei – producirt er seine Welt aus sich . Sich zu befrein von der Natur , dieser] Gang ist der Inhalt unsrer [ Wissenschaft . Sich befreien d . h . von der Natur] Wl : Wissenschaft , – in der es darum zu thun ist , ihn] zu befreien . Da haben wir diese 3erlei Beziehung : / 1 . die 6 zu betrachten , … sich ,] ErWl : [oder ihre] Wl : a n s i c h , o d e r E i n h e i t d e s G e i s t e s u n d d e r N a t u r a n s i c h , – eine] Einheit wie sie nur an sich ist oder 7 jenseits unsres] Wl : gegen die Gesetze des unsres gewöhnlichen] Er : des 7–8 ist , und … aber] Er : ist . Ich habe gesagt E i n h e i t , das ist in Philosophie … eigentlich] Wl : durch die Philosophie in unser Bewußtseyn tritt – Einheit ist im Grunde 9 der] Wl : der aber der wollen wir … gebrauchen ,] Wl : bleiben mag . 9–11 die die … wichtig ;] ErWl : es ist aber in der Philosophie nur um die Bestimmtheit der Einheit zu thun , und ohne diese Bestimmtheit ist die Einheit abstract , [einseitig .] Wl : einseitig , falsch .] An solche Ausdrücke halten sich die , die die Philosophie verunglimpfen . 11 aber es macht] Wl : nicht berücksichtiged , daß aus ,] Wl : es ausmacht , 12–14 ist . Freilich … natürliche] Wl : ist , zwar nicht unwahr , doch falsch das Factum aussprechend . – / | 2 .) Die 12–14 Freilich wenn … factum] Er : Wenn man so spricht so ist das nur das Halbe , das Factum wird so 14 Da s 2 t e … natürliche] Er : 2 . die 14–16 nicht an … Geist .] ErWl : [(nicht mehr] Wl : des Geistes und der Natur , – (nicht mehr die Einheit] wie sie an sich ist) . Bei unmittelbarer Einheit ist der Geist nur noch als natürliches Wesen , [dies ist die] Wl : daher] n a t ü r l i c h e Einheit . 17 Einheit] Er : Beziehung für 1] Wl : (beym) für daß die … werde ,] Wl : werde , daß die … für] Er : für 18–577,5 Das Nähere … a l s ] ErWl : das [ Erste] Wl : Nähere] gehört nicht mehr in die Abhandlung 23 dieser] dieses

34 ist ,] folgt gestr : Wenn man so spricht so

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daß Natur und Geist betrachtet werden in ihrer an sich seienden Einheit , was wir zuerst vorausschicken , was aber eigentlich in unsre Abhandlung nicht gehört , sondern was bloß zur vorstellung gemacht werden muß , das , womit wir anfangen , ist die unmittelbare Einheit der Natur und des Geistes : der Gegenstand ist da der Geist als bestimmt , a l s i n d i e N a t u r versenkt ; er ist Naturgeist , und in so fern nennen w i r ihn S e ele . Eine solche Seele hat das Thier gewisser Maaßen auch : das gemeinschaftliche des Menschen mit dem Thier ist der Mensch als Naturgeist . Man kann den Ausdruck Seele auch aus der vormaligen Metaphysik aufnehmen . Man hat da gefragt : ist die Seele einfach im Sinn der abstracten Einheit , wie ein Atom ; man hat sie ens , Ding genannt . Man hat auch nach dem Sitz der Seele gefragt , und also von ihr als von einem Räumlichen gesprochen , in so fern ist sie ein Ding ; die Thierseele betrachten wir eben so als ein Ding , als Sache . In so fern können wir auch den Ausdruck Seele auf den Geist einschränken in so fern er seiend , oder in der Natur ist . Innerhalb dieses ersten Theils , d e r A n t h ro p o l o g ie , wird es zum bruch kommen | zwischen der Natur und ihrem Natursein . Der magnetische Schlaf ist ein herabfallen des Geistes in seine Natürlichkeit[.] Da beginnt schon der Widerspruch der Seelenhaftigkeit und der Leiblichkeit . Es hört also da das auf ,

5–6 versenkt ; er … ihn] Er : versenkt ist das Erste . Da existirt der Geist noch nicht als für sich , ist als Naturgeist , – so ist er Wl : versenkt , ist Naturgeist . Da ist der Geist nur an sich , noch nicht für sich , – ist 6–8 Eine solche … aus] Wl : Auch das Thier hat eine Seele . Es ist empfi ndend , doch nicht als allgemeines für sich . – In 6–7 Eine solche … Naturgeist .] Er : Auch das Thier hat eine Seele . – Es ist empfi ndend aber nicht als allgemeines , für sich . – der Mensch als Naturgeist als Seele . 8 den Ausdruck … Metaphysik] Er : diesen Ausdruck 8–9 aufnehmen . Man … einfach] Wl : hat man gesagt , daß die Seele einfach sei , 8–10 Man hat … ens ,] Er : In der vormaligen Metaphysik hat man gefragt ob sie einfach sei , hat sie ein 9–10 Einheit , wie … man] Wl : Einfachheit ; 11–14 und also … A n t h ro p o l o g i e , ] Er : da meint man also eine räumliche Existenz . Indem man so gesprochen hat , sind wir in sofern berechtigt diesen Ausdruck zu brauchen für den Geist sofern er nur seyend ist – das ist der erste Theil Anthropologie . Schon hier 11 und ] Wl : und sprach 11–13 einem Räumlichen … auch] Wl : einer räumlichen Existenz . das Räumliche ist aber ein Materielles , wenn auch immerhin einfach . der Geist als ding ist allerdings Seele , wie wir auch die Thierseele als ding behandeln . Drum sind wir auch berechtigt hier 13–578,4 auf den … die] Wl : in dieser Einschränkung zu brauchen vom Geist , sofern er also seiend ist . – Das ist der 1te Theil der Anthropologie . – die Verrücktheit des Menschen , der Zustand des animalischen Magnetismus p gehören hierher , – wo der Geist von seiner Besonnenheit und Freiheit herabfällt in seine Natürlichkeit , sein Verwickeltseyn in die Natur . Aber es beginnt hier schon der Widerspruch zwischen der Seelenhaftigkeit und Materie , und der Bruch zwischen der Seele und ihrem Seyn ; – / Die 15–578,3 Natur und … ist] Er : Seele und ihrem Seyn . Der Geist ist noch in seiner Leiblichkeit befangen . (Im magnetischen Schlaf fällt der Geist herab in sein Verwickeltseyn mit der Natur) . / Das 2t e ist dann

20 als solche , – der Geist 20

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40 15 kommen] folgt gestr : v . d . Natur in welcher

33 Anthropologie .] folgt gestr : (Schon hier wird es zum Bruch kommen , zwischen der Seele und ihrem Seyn .)

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Anthropologie : 1 .)Wl

Phänomenologie Bewußtseyn . 2 .)Wl

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was wir unmittelbare Einheit nannten . dieser bruch in der Seele geht nun fort bis dahin , daß das Empfindende das subjective ist (das geht bis zu dem Thierischen der Empfi ndung) , die sich reinigende Empfi ndung für sich wird und Ich wird . Das ist die Ph ä nome n o l o g ie d e s G e i s t e s . Mit dem hervorbrechen des Ich fängt diese Stufe an . Ich bin das freie , aber ich bin zuerst noch ab|stract frei ; im 1t e n Theil der Anthropologie bin ich noch versenkt in die Natur ; in dem 2t e n Theil aber wird nur der Geist Erscheinung , Gegenstand ; die beziehung der äußerlichen Gegenstände auf mich und meiner auf sie ; das ist der Standpunkt des Verhältnisses , oder des Widerspruchs . Ich bin selbst ständig und die äußren Dinge sind auch selbst ständig , und dennoch haben sie Macht über mich , und ich über sie . D a s 3 t e i s t d i e P s ycho l o g ie . der Geist in ihm selbst und aus ihm , der Geist der sich nur zu sich verhält , der auch bestimmt ist , aber er findet | sich bestimmt in ihm selbst ; diese bestimmung setzt er als das Seinige , und bestimmt sich aus sich selbst , das erste ist Intelligenz , wo der Geist sich in sich bestimmt findet , dann : begirde , wille , wo sich der Geist aus sich bestimmt . – dies sind die 3 Stufen des Geistes , die wir zu betrachten haben . Das erste also ist das Verhältniß des Geistes zur Natur im begriff . Dadurch bestimmt sich dann näher die Art und Weise wie wir den Geist sogleich aufnehmen ; der Geist kommt aus der

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den 6ten 9brEr Die Intelligenz. 3.)Wl 9Wl

4–8 G e i s t e s . Mit … ist] ErWl : Geistes , dieser Bruch treibt sich fort bis [dazu , daß die Seelenhaftig keit sich reinigt] Wl : zum Thierischen der Empfi ndung . Die Seelenhaftigkeit reinigt sich in der Empfi ndung ,] so daß die Subjectivität für sich seyend wird , das ist dann das Ich und damit [fängt die zweite Stufe an , – die Betrachtung des Standpunkts des Bewußtseyns . das ist der gewöhnliche Standpunkt . Im ersten Theil bin ich ganz in der Natur , im 2ten habe ich mich ihr entgegengestellt , was ich da w a r , wird mir hier G e g e n s t a n d das ist der Standpunkt der Erscheinung des Geistes ,] Wl : beginnt die 2t e Stufe . dieß Ic h ist frei , aber ganz abstract , und wesentlich auf äußerliche Gegenstände bezogen . – / Wie im ersten Theil ich ganz in der Natur versenkt bin , habe ich mich ihr in der 2t e n entgegengestellt als dem Gegenstande , der äußerlich ist , als objectiv äußerlicher Natur . Was ich da w a r , wird mir hier G e g e n s t a n d . das ist der Standpunkt des B e w u ß t s e i n s , der Erscheinung des Geistes , – der Standpunct der uns immer gegenwärtig ist ,] 8 oder des] ErWl : des Widerspruchs [d . h . des] Wl : des] gesetzten , vorhandenen 10–11 D a s 3 t e … P s yc h o l o g i e . ] ErWl : Dies ist der Standpunkt der [formalen] Wl : formellen] Freiheit die [aber] Wl : eben] darum die Freiheit in ihrem Widerspruche ist . / Das dritte ist 11 und aus ihm ,] Er : der Gegenstand der Psychologie ihm] Wl : ihm (Gegenstand der Psychologie .) 12 der auch … ist ,] Wl : sich zunächst auch bestimmt in sich , wie die Seele und Bewußtseyn durch einen Gegenstand bestimmt werden ; der] Er : zunächst sich bestimmt] ErWl : [seine] Wl : | jede] Bestimmung selbst ;] ErWl : und sein Fortgang ist 13–16 setzt er … haben .] ErWl : die er in sich fi ndet , als seine eigne zu setzen [und ] Wl : als die er in seiner Gewalt hat , und dann] sich aus sich selbst zu bestimmen . (Begierde . Willen .) [damit] Wl : Der Geist als Wille , existirt als freier Wille , – und damit] ent lassen wir den Geist der nun auch für sich frei ist . / 16 erste also] Wl : Erste , das uns Gegenstand zu seyn hat , 17 im begriff . Dadurch] ErWl : wie es [an] Wl : an und für] sich im Begriff ist und damit 18–579,2 den Geist … Um] Er : ihn zu fassen haben . der Geist überhaupt ist zu fassen : Es ist gesagt um 18 sogleich aufnehmen ;] Wl : zu fassen haben . dieß hängt mit dem früheren zusammen , wo wir sagten

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Natur her , er ist die Wahrheit der Natur . Als solchen Geist haben wir den Geist aufzufassen , als Geist überhaupt . Um den abstracten begriff des Geistes zu geben , so sagten wir der Geist ist frei ; d . h . die bestimmung seines bewußtseins nach welcher er von Außendingen weiß , vermag der Geist als etwas nur Ideelles zu setzen , als etwas , das er negirt , so daß er das reine sich auf sich beziehende Licht ist . Diese Idealität ist das , was seine Freiheit ausmacht . Ideell ist ein aufgehobenes ; ich beziehe mich dabei nicht auf etwas das ist ; dann bin ich abhängig . Nun ist gesagt worden , daß wir zunächst nur den begriff des Geistes überhaupt haben geben wollen , ohne Rücksicht darauf ob der Geist in der That damit negirt ist . das ist auf dem Standpunkt unsres concreten bewußtseins allerdings der Fall . Aber es ist hier nicht bloß um diese Weisen des Geistes zu thun , sondern um das Verhältniß des Geistes zur Natur ; ob diese Natur ein selbst ständiges sei , woraus der Geist sich zurückziehen kann . Es ist also die Frage um die Wahrheit dessen , was wir so Welt so Natur genannt haben ; oder es ist darum zu thun , diesen Gegensatz aufzulösen . Von diesem Standpunkt gilt also , daß dies der Standpunkt des bewußtseins ist , den wir später selbst betrachten werden . die Grundlage muß sein : die Auflösung , Entfernung dieses Widerspruchs , dieses Gegensatzes ; es ist nur geschichtlich anzugeben , wie in

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1 Als solchen Geist] Wl : So 1–2 den Geist … Um] Wl : ihn zunächst zu fassen . Es ist ferner gesagt , um 2–3 geben , so … wir] ErWl : geben : 3–4 frei ; d . h . … Geist] Er : frei und Freiheit ist so bestimmt daß alle Bestimmungen die der Geist zu setzen vermag Wl : frei . Freiheit ist das Substantielle des Geistes , und zwar so bestimmt daß der Geist alle Bestimmungen 4 Ideelles zu setzen ,] Er : Ideales , 5 negirt] Wl : bloß negirt sich auf sich] Wl : einfache , sich auf sich selbst nur ist] Wl : nur ist 6–11 ist das , … Weisen] ErWl : [alles Andern] Wl : aller anderen Bestimmung] ist was Freiheit genannt ist . [ Bei] Wl : (Ideell ist ein Aufgehobnes , daß ich mich nicht beziehe auf ein Selbstständiges , wobei ich nicht frei wäre . –) Hiebei ist gesagt worden , daß zunächst bei] diesem Begriff ist noch nicht Rücksicht darauf genommen ob was der Geist negirt , [wirklich] Wl : wovon er in seiner Freiheit abstrahirt , ob es in der That] negirt oder [ bloß bei Seite gestellt ist , er der Welt pp nicht nur bloß] Wl : ob er diese Welt seines Empfi ndens nur hätte neben seiner Abstraction stehen lassen , sie bei Seite geschoben , – er derselben] entflohen sey . Es ist hier nicht [um] Wl : bloß um diese Erscheinung ,] diese Weise 11–14 sondern um … thun ,] Er : ob diese Welt etwas sei was an und für sich seye , sondern es ist die Frage um die Wahrheit der Natur und darum 11 um] Wl : es ist die Frage um des Geistes] Wl : dieser Freiheit 12–13 diese Natur … also] Wl : sie selbstständig sei und außerhalb seiner bleibe , es ist 13–14 dessen , was … thun ,] Wl : der Natur , und darum , 14–17 aufzulösen . Von … nur] Er : aufzuheben , um die speculative Betrachtung dieses Gegensatzes . Es ist gleichsam 14–15 aufzulösen . Von … dies] Wl : aufzuheben . Wenn wir diesen Standpunct betrachten , so geht daraus hervor daß er 15–17 ist , den … Widerspruchs ,] Wl : sei . Es ist zu thun um das Verhältniß des Geistes zur Natur an und für sich , um die speculative Betrachtung 17 es ist] Wl : der Gegensatz ist speculativ zu betrachten , oder vielmehr es ist gleichsam anzugeben ,] ErWl : nachzuweisen

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35 aufzuheben] folgt gestr : um die speculative Betrachtung dieses Gegen satzes

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dem , was der Philosophie des Geistes vorangeht , wie sich darin schon die Stellung des Natürlichen zu Geistigem gemacht hat . Die Philosophie des Geistes sagten wir , ist eine besondre Philosophie , um ihre Stellung bemerkbar zu machen , so ist ein Rückblick auf das Ganze zu thun auf das | Ganze des göttlichen Lebens , und da ist die Stellung der Natur zum Geist diese : die Idee , das , was an und für sich ist , ist zunächst reine logische Idee bei sich selbst , sie bestimmt sich dann aber zur Natur , was ans Ende der Logik und in den Anfang der Naturwissenschaft fällt ; es ist nämlich das : daß Gottes ewiges Wesen sich entschließt eine Natur zu schaffen , seinen Inhalt zu produciren in der Form der Natur , es ist der Übergang von der Einheit in die Mannigfaltigkeit . Die N a t u r nun ist dies : daß sie der absolute begriff ist , in seiner Realität Existenz , Dasein , aber begriff so genommen , daß diese Realität das Außer sich sein zu ihrer bestimmung hat . Die Natur ist die Idee , Vernunft , sie ist vernünftig in ihr ; wenn nun der begriff in der Natur zur Idee wird , das ist eine Weise , die dem Begriff unangemessen ist , die Natur ist der Abfall der göttlichen Idee darum eben weil die Realität nicht in der gleichen Weise ist , wie er selbst ist , sondern seine Form ist die des Außereinander , des Außersichseins . Dies in seinem abstracten Sinn ist , was wir R a u m und Z e it nennen ; Raum das ruhige Außereinander , Zeit das unruhige Außereinander ; im Raum hat alles Platz ; in der Zeit

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1 Philosophie] ErWl : Wissenschaft wie sich … schon] ErWl : sich 2 des Natürlichen … hat .] Er : zum Geist macht . zu Geistigem] Wl : zum Geistigen schon selbst Die] Wl : Es ist bemerkt worden , daß die 2–4 sagten wir , … Ganze] Er : ist ein besondrer Theil der Philosophie , es ist ein | Rückblick 2–3 sagten wir , … ihre] Wl : (ein besondrer Theil der Philosophie) eine besondre Wissenschaft ist . Um also die 3 so] Wl : worin wir eingehen , 4 auf das … Ganze] Wl : zu thun auf die ganze Idee das Ganze] Er : die ganze Idee 5 zum Geist] Wl : im Ganzen des göttlichen Lebens (in der absoluten Idee) 6 reine] Er : die reine Wl : als reine bei sich selbst ,] Er : in ihrer Klarheit , Wl : in ihrer reinen Klarheit , bei sich selbst ; 6–8 dann aber … daß] Wl : aber zum Uebergang zur Natur . Dieß ist die Er schaffung der Welt , darin die Idee , d . i . Natur , was … daß] Er : Natur . – 8–9 sich entschließt … Inhalt] ErWl : das bei sich selbst ist , [entschließt sich seinen Inhalt] Wl : sich bestimmt sein Wesen (seinen Inhalt)] 9–10 der Form … Mannigfaltigkeit .] Er : einer Natur . Natur , es … Mannigfaltigkeit .] Wl : Natur . 11 Existenz , Dasein , … genommen ,] Er : aber so aber begriff … genommen ,] Wl : aber so , 12 Außer sich sein] ErWl : Außereinander , das Außer sich seyn 12–14 Die Natur … ist 2 ] Er : die Vernünftigkeit der Natur heißt eben daß der Begriff die Seele der Natur ist , daß diese Verwirklichung aber die unwahre Existenz der Idee ist , 12 sie] Wl : (Gott hat ihr die Vernunft beigegeben) , sie 13 ihr ; wenn … wird ,] Wl : ihr selbst , d . h . der Begriff ist die | Seele der Natur . Aber was er verwirklicht ist in der Natur , 14–15 ist , die … Realität] Wl : ist : Daher diese Verwirklichung die unwahre Existenz der Idee ist , oder ihr Abfall ; denn in der Natur ist der Begriff göttlichen Idee … Realität] Er : Idee , denn der Begriff ist da 15–16 gleichen Weise … die] Wl : Weise , wie er bei sich selbst ist , bei sich seiend sondern in der Form ist , wie … Außereinander ,] Er : wie er selbst ist bei sich seyend sondern in der Form 16–17 Dies in … Sinn] ErWl : diese Form in ganz abstracter Weise 17 Raum das] ErWl : (das 18 Zeit] ErWl : und hat alles Platz ;] Er : i s t alles , Wl : besteht alles ,

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verschwindet das bestehende , aber nur so , daß es sich immer wieder producirte . Das ist die bestimmtheit der Natur überhaupt . die Natur ist deswegen der Widerspruch , das dem begriff unangemessene , das in sich Unwahre ; denn wahr ist das was seinem begriff in seiner Realität entspricht . So ist also die Natur Raum und Zeit , und Erfüllung von beiden das ist : M a t e r ie . die Materie macht das Außereinandersein zu dieser Sprödigkeit die Widerstand leistet . Es ist die Weise , wie Idee als Natur ist ; ein unwahrhaftes Dasein . Die Unwahrheit besteht eben darin daß der begriff seiner Realität nicht entspricht . Im Geist aber ist die Wahrheit , er selbst ist sie ; er ist das , daß er bei sich selbst ist , daß ich für mich bin ; ich bin mein Gegenstand , denn das wozu ich mich verhalte ist auch ich ; das ist dasselbe was dasein Existenz überhaupt heißt , hier ist nun der Fall : wenn ich mein Gegenstand bin so bin ich für mich , also bis zum Selbstbewußtsein . In der Freiheit des Geistes habe ich den begriff , das Subject das bin ich und Gegenständlichkeit Dasein , das bin ich , ein Etwas , von dem ich weiß , ein Gegenstand . In diesem Selbstbewußtsein ist der Gegenstand von dem ich weiß identisch mit dem Subject , welches weiß ; ich und das

1 verschwindet das bestehende ,] Wl : vergeht alles , verschwindet dieß Bestehen , 1–2 das bestehende , … überhaupt .] Er : alles erfüllt aber nicht seine Bestimmung des Negirens , die Zeit ist das perennirende Wiedererwachen . 1 immer wieder producirte .] Wl : unmittelbar wieder erzeugt , erfüllt also nicht so die Bestimmung des Negirens , die Zeitform ist das perennirende Wiedererwecken . 2 Natur überhaupt .] Wl : Natur . Der Begriff ist subjectiv bei sich , aber hinausgeworfen in die Weise des Außereinanderseins . 3–6 das dem … Es] Er : ist das insich Unwahre dem Begriff nicht adäquate . Die Natur ist so diese Äußerlichkeit . dies 3 das1] Wl : das an sich Unwahre , 3–5 das in … M a t e r i e .] Wl : Unadäquate . – die Unwahrheit besteht eben darin , daß die Realität dem Begriffe nicht entspricht . – 5–6 macht das … dieser] Wl : überhaupt , das räumliche Außereinandersein , ist ein Punct der einem andern Widerstand leistet , für sich ist gegen anderes . diese 6–7 leistet . Es … Unwahrheit] Wl : leistet , ist die Bestimmung der Natur . Das Unwahre 7 ein] Er : und wie gesagt ein 7–8 darin daß … aber] Er : im Nichtentsprechen des Begriffs und der Realität . Der Geist , kann hier erläutert werden , 8 Realität] Wl : Existenz Im Geist … ist] Wl : der Geist , – kann hier näher erläutert werden , ist selbst 8–10 er selbst … wozu] Er : denn er ist bei sich , daß das andre zu dem 8–9 er selbst … ist 2 ] Wl : Der Geist nämlich hat zu seinem Wesen 9 ist , daß … bin ;] Wl : ist . Ich bin für mich . 9–10 mein Gegenstand , … das1] Wl : ich , und das andre , 10–14 ist auch … ist] Er : das selbe ist was ich bin . das Subjective bin ich und habe Objectivität das ist das Ich das sich von mir unterscheidet , 10–11 das ist … mein] Wl : Dieser mein Gegenstand zu dem ich mich verhalte ist dasselbe , was ich bin . – Wenn ich mir 12 mich , also … Selbstbewußtsein .] Wl : mich . Das Selbstbewußtsein , für ein andres Seyn , ist das , was Dasein überhaupt ist . – 12–13 habe ich … begriff ,] Wl : (abstracte Freiheit als Beispiel ; oder reines Selbstbewußtseyn) in diesem Verhältniß habe ich Begriffe , – 13 das bin … ich ,] Wl : bin ich ; das Object das Ich , das ich von mir unterscheide , Ich als 14 weiß , ein Gegenstand .] Wl : weiß . 15 von dem … weiß1] Er : aber ist 15–582,1 Subject , welches … ist] Er : ersten Ich , hier ist also weiß ; ich … dasselbe .] Wl : weiß , mit dem ersten Ich . 19 Wiedererwecken .] folgt gestr : Die Natur ist deswegen der Widerspruch , ist das in sich Unwahre , dem Begriff nicht adäquate

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Gegenständliche sind ein und dasselbe . Hier ist Wahrheit ; denn hier entspricht das Subjective vollkommen dem Objectiven und umgekehrt . die Freiheit ist also die Idealität | allen andren Seins , ist Wahrheit . diese Wahrheit ist also erst im Geist , und existirend , so daß wir von ihr wissen , ist erst im Selbstbewußtsein enthalten . – Das ist also die bestimmtheit der Natur überhaupt . Die Natur kann , weil sie an ihr selbst das Unwahre ist , nicht so bleiben sondern sie will sie aufheben ; der begriff , der ihr innres ist , treibt in ihr dazu , sich wahrhaft zu machen , sich mit sich auszugleichen , sie selbst sich gleich zu machen . der begriff ist das Centrum , das sich treibt an die Peripherie zu kommen , sich hinauszusetzen und das Außereinander aufzuheben . Oder umgekehrt : die Natur ist das , aus ihrem Außer sich sein zu sich zu gehen , zu ihrem Centrum zu gelangen , sich nun zu vernichten , so daß der begriff sich herausbringt in seine Existenz ; sich so aufzuopfern ist die Aufgabe der Naturphilosophie , welche die befreiung des begriffs zu sich selbst darstellt . Das ist nun die speculative bestimmung der Natur , wie die Natur im denkenden begreifen überhaupt gesetzt ist . Z . b . wir wissen , daß alle Körper schwer sind , d . h . sie suchen einen Mittelpunkt . die Körper der Erde fallen auf den Mittelpunkt der Erde , die Erdkörper bleiben in beziehung auf den Mittelpunkt Sonne ; aber sie kommen nicht hinein , sie

2 Objectiven und umgekehrt .] Er : Objectiven . die Freiheit … die] Wl : Meine Realität ist kein andres als Ich . Freiheit ist 2–3 ist also … ist1] Er : – Idealität alles andern ist eben so 3 ist Wahrheit . … also] Wl : die Wahrheit (daß Realität (Existenz) entspricht dem Subjectiven , dem Begriffe) ist also erst] Er : erst 3–4 und existirend , … enthalten . –] ErWl : [darum] Wl : im Selbstbewußtsein . Darum] ist eben die Natur die unwahre Existenz des [ Begriffs ,] Wl : Begriffs , der Idee ,] weil er zwar das Centrum , das Immanente ist , die Realität [ihm aber] Wl : aber (Existenz) ihm] nicht entspricht sondern [sie das | Materielle] Wl : weil sie die Realität des Materiellen , des Außereinanderseyns] ist . 4–7 Das ist … dazu ,] Er : Wir können ohne weiteres einsehen daß weil die Natur das Unwahre , das Widersprechende ist , sie so nicht bleiben kann sondern daß der Begriff in ihr sich dazu treibt 5 Die Natur … selbst] Wl : Davon ausgegangen , können wir leicht einsehen und zugeben , daß , weil die Natur 6–7 nicht so … dazu ,] Wl : dieser Widerspruch nicht bleiben kann , sondern daß der Begriff in ihm sich dazu treibt , 7–8 sich mit … das] Er : der Begriff ist ein 7 sich 2 ] Wl : d . h . seine Existenz (Realität) 8–9 treibt an … Peripherie] Wl : treibt , sich zu expliciren , an die Oberfl äche 9 Peripherie] Er : Oberfl äche sich hinauszusetzen … das] ErWl : das 9–10 aufzuheben . Oder umgekehrt :] Wl : aufzuheben und sich identisch mit sich zu machen ; oder 10 aus ihrem … zu1] ErWl : in 11–13 gelangen , sich … die] ErWl : gelangen . | der Gang [des Begriffs] Wl : der Natur , oder des Begriffs vielmehr ,] diese Unwahrheit [aufzuheben ,] Wl : (außer einander ist der NaturBegriff , das ewige Leben der Natur) aufzuheben ,] das ist was [die Naturphilosophie aufzeigt ,] Wl : der speculativen Philosophie (der Naturphilosophie , obliegt] sie gibt die Stufen dieser 13–15 begriffs zu … einen] Wl : Begriffs . Es kann dieß ganz abstract durch Beispiele der Vorstellung näher gebracht werden . Alle Körper sind z . B . schwer , d . h . sie streben nach einem begriffs zu … ist .] Er : Begriffs . 15 suchen einen] Er : streben nach einem 16–583,2 die Körper … um] Er : dies Suchen des Centrums ist aber daß alles sucht 16 fallen auf den] Wl : streben nach dem 16–583,1 Erdkörper bleiben … dieses :] Wl : Planeten nach der Sonne hin , wenn das Centrum gleich nicht erreichend , sondern draußen bleibend . Dieß ist eben das ,

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bleiben draußen . dieses Suchen ist dieses : daß alles Materielle , das Außereinander sein Centrum sucht , um zur Einheit mit sich selbst zu gelangen . dies was sie suchen ist vorzustellen als ein Punkt : indem die Materie so strebt sich in einem Punkt zu idealisiren und ihr Außereinander aufzulösen , so ist das nichts andres , als sich selbst ihre Realität zu vernichten . Aber diesen Mittelpunkt erreicht die Materie nicht ; sie wäre vernichtet , wenn sie diesen Punkt , diese Einheit erreichte . Das ist das Unglück der Materie ; dies ewige Streben der Materie und es nicht zu erreichen . der Geist in seiner Freiheit ist im Gegensatz sein Centrum erreichend , in ihm ist das Centrum zur Existenz gekommen in ihm ; Ich bin das vollkommen einfache , ich bin für mich selbst , und das ist i c h : für mich selbst zu sein ; ich bin beim Ich . So kommt also Ich , das freie zum Centrum ; es selbst ist diese Einheit : die Materie hingegen ist das Außereinander , der begriff in der Natur ist nun eben : dies Außereinander zu überwinden und zu einem bei sich selbst zu kommen ; das ist das , was man das L e b e n , die L e b e n d i g k e i t heißt . Da hat der begriff also innerhalb der Natur das Centrum erreicht . Von dem Leben macht dann der begriff den Übergang zum Geist . das Leben selbst ist noch nicht die Freiheit , aber in dem Leben ist wenigstens die höchste Weise vorhanden , wie dies Auseinander der Natur aufgehoben ist . Wir | können uns das so vorstellen : Der Leib ist ein Vielfältiges , dessen materielle Glieder das an sich

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3–4 sich in … selbst] ErWl : ihr Außereinander aufzuheben sich ganz zu idealisieren strebt eben 5–6 zu vernichten . … Punkt ,] ErWl : ganz zu vernichten , denn das [geschähe] Wl : geschieht] , wenn sie 7 der Materie2 … erreichen .] ErWl : nach Einheit , die sie nicht erreicht . 8 ist im … Centrum] ErWl : hingegen ist es der sein Centrum erreicht , in dem das [ Erreichen] Wl : Erreichen dieses Centrums realisirt ,] 9 in ihm ; … ich] Er : ist , (denn ich Wl : ist . Ich 9–11 mich selbst , … Einheit :] Er : mich , ich bin das ganz Allgemeine und mein Gegenstand ist auch Ich .) 10 das ist … Ich .] Wl : nur insofern ich für mich selbst bin , [lacuna] Ich bin die Einfachheit . – Diese Allgemeinheit Ich ist ganz allgemein drum ist der Gegenstand , der mir gegenübersteht auch Ich , die Allgemeinheit . 10–11 also Ich , … freie] Wl : das Ich 11 es selbst … die] Wl : Die 12–16 überwinden und … selbst] Er : überwinden . der höchste Punkt wozu es die Natur bringt in diesem Ueberwinden ist das Leben , das ist Gefühl . da ist ein Erreichen das noch in die Natur fällt . Leben 13–15 und zu … dem] Wl : wobei es beim Streben bloß bleibt . der höchste Punct , dahin es das Leben der Natur bringt , ist die Lebendigkeit . das Lebendige hat Selbstgefühl , fühlt sich . das ist das Erreichen noch innerhalb der Natur . das Leben ist , was unmittelbar am nächsten beim Geiste steht , und vom 17 Auseinander der Natur] Er : Außereinander 17–584,2 Wir können … sich] Er : das Lebendige ist e i n Subject das aber der Einheit nicht geachtet noch ein Vielfaches ist , diese materiellen Glieder sind ein Außereinander haben aber zugleich dies an ihnen daß ihr Außereinander zugleich ideal ist . Ihre Idealität ist daß keines von ihnen 17–584,1 Wir können … haben ,] Wl : Man könnte dieß auch so sagen : das Lebendige ist e i n Subject , aber ein Subject das , seiner Einheit ungeachtet , noch in der Leiblichkeit ein Vielfältiges ist . Aber diese materiellen Glieder , die ein vielfaches Außereinander sind , haben zugleich noch dieß an ihnen , sofern es noch lebendig ist , –

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9 vollkommen] Lesart unsicher

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haben , daß ihr Außer sich sein ideell ist ; die Idealität der Glieder ist diese : daß kein Glied für sich selbstständig ist ; sondern das Eins , das lebendige Subject ist eben der Träger aller dieser Unterschiede . Vom Stein kann man ein Stück abhauen und der Stein bleibt Stein ; aber das Glied ist das , was es ist nur in seiner Einheit mit dem Körper . da hört also die Selbstständigkeit auf . die Materie zeigt die Existenz als unwahr und hebt die scheinende Selbstständigkeit auf . In der Empfindung haben wir das noch in der äußersten bestimmung der Räumlichkeit näher ; die empfi ndende Seele ist allgegenwärtig im Körper sie ist überall im Körper , sie ist ein und dieselbe ; ich bin ein untheilbares Atom ; wenn ich in meiner Fußzehe empfinde , so ist es die empfindende Seele ; an diesem Punkt ist das Empfinden , und nur die Seele empfi ndet ; die Seele ist allgegenwärtig und auch nur eins – dies , daß das materielle Außereinander und das abstracte Außereinander in der Natur keine Wahrheit hat , das existirt hier in diesem Fall ; die empfindende Seele glaubt nicht daran an dieses Außereinander ; wenn es für sie etwas wäre , so wäre sie nur an einem Ort , was sich aber auch selbst widerspricht ; sie wäre also empfindend an

16Er ; den 8ten November .Er

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1 Außer sich sein] Wl : Außereinander zugleich 2 das Eins , … lebendige] Er : das Eins ,] Wl : E i n e ist Subject ist eben] Wl : Subject , 3–7 Unterschiede . Vom … die] Er : einzelnen Glieder . Wegen dieses Aufhörens der Selbstständigkeit ist aber das Leben die höchste Weise wie die Einheit des Begriffs existirt in der Natur . | Die Theile werden beim Lebendigen Glieder . die 3–4 Vom Stein … nur] Wl : das Glied ist , nur was es ist 5–6 da hört … auf .] Wl : Wegen dieses Aufhörens der Selbstständigkeit ist eben das lebendige Subject die höchste Weise wie (die Einheit des Begriffs existirt in der Natur) der Begriff zur Einheit mit sich selbst kommt im Lebendigen . – / der Begriff ist das Innre . Im Lebendigen fängt er an in’s Äußerliche zu kommen , in Erscheinung zu treten . – der Leib zerlegt , auseinander gelegt (wie in Osteologie) ist nicht lebendig mehr . Was man im Unorganischen Theile , im Organischen Glieder nennt , ist nur , so fern es durchdrungen ist von der subjectiven Einheit der Lebendigkeit . – 6–7 haben wir … in] Wl : ist’s noch auf nähere | Weise , besonders in Ansehung 7 näher ; die] Wl : – Ich als empfi ndende Seele . die 8 allgegenwärtig] Wl : überall 8–11 sie1 ist … dies ,] Er : und sie ist nur eine . dies Wl : (allgegenwärtig) und ist nur e i n e . dessen bin ich mir stets bewußt . (wenn ich eine Fingerspitze empfi nde , empfi nde ich da . da ist die empfi ndende Seele , die Empfi ndung , das Empfi nden . Ich in meinem Bewußtsein kann mich unterscheiden von meiner Empfi ndung ; aber sofern das Thier nur empfi ndet , ist die empfi ndende Seele da , und überall , und doch nur e i n e . – 12 und das … Natur] Er : der Natur so 13 das existirt … Fall ;] Er : ist in dieser Allgegenwart gezeigt , Wl : – diese Wahrheit ist in dieser Allgegenwart gezeigt , – sie ist für die empfi ndende Seele . 14 Außereinander wenn … wäre ,] ErWl : Außereinander , ist idealistisch , ist in sofern [speculativ] Wl : speculativ (denkend , wissend) . Was unserm sinnlichen Bewußtsein schlechterdings wahr erscheint , ist nichts Wahres , – wie es auch der empfi ndenden Seele als nicht wahr erscheint] . Wäre dies für die empfi ndende Seele etwas , 15–585,3 Ort , was … nur] Er : Orte . Sie ist das Subject und das Materielle ihr 15–585,1 Ort , was … sie1] Wl : Orte . Sie

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1 ist ;] ist ; keins die] davor am linken Rande gestr : davon ist selbststädig , d lebdige Subject ist d Trä- 40 ger allr disr Utrshied . 19 die] davor gestr : Ich als 30–31 Ich in … aber mit Verweiszeichen am linken Rande

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einem Ort nicht am andren ; sie ist aber allgegenwärtig und daß sie eine ist , das ist nur so , daß das Außereinander in ihr ein Ideelles , ein Aufgehobenes ist , das Materielle ist ihr nur unterworfen . Darauf also kommt es an , daß die Materie das μη ὄν ist , das nicht Seiende . Das Thier ist die höchste Weise zu der es der begriff in der Natur bringt ; das Thier ist aber noch nicht der Geist , es ist der begriff der erscheinende begriff , das substantielle , worin das Selbstständige nur ein moment ist , aber diese Subjectivität ist im Thier noch auf unmittelbare einzelne Weise vorhanden . Was nicht vorhanden ist , ist daß diese Substantialität nicht für sich , daß sie nicht auch die Seite der Realität ausmacht , daß sie nicht die Gegenständlichkeit dieser Subjectivität ausmacht . das Thier ist dieser Widerspruch , der Gattung und der Einzel heit , sein Proceß ist , diesen Widerspruch aufzulösen , daß die substantielle Gattung vorhanden sei . der Widerspruch ist der Trieb (die Gattung) die Negation seiner Allgemeinheit ; diese soll vernichtet werden , dies ist vorhanden in der begattung ; da ist die Gattung das wirksame , welches die unmittelbare Einzelheit des Thiers aufhebt , in dem sie dies empfinden : Gattung zu sein , haben die Thiere das Gefühl das Verlangen , daß sie als für sich seiende Individuen nicht befriedigt sind , und sie geben die Sprödigkeit ihrer Particularität auf . Im Proceß der Gattung 1–2 daß sie … das1] Wl : e i n e , das Subject , so daß das materielle 2–3 ein Ideelles , … nur] Wl : 3–4 Darauf also … Seiende .] Wl : Auf diese Vorstellung der Idealität , τὸ μὴ ὄν der Alten , daß die materielle nicht das Wahrhafte ist , kommt es an . – In dem Thiere kommt der Begriff dazu , sich das Materielle so unterworfen zu haben . 3 Darauf also] Er : Auf diese Idealität 3–7 die Materie … diese] Er : dies Materielle nicht das Wahrhafte sei . In dem Thier kommt der Begriff zu dieser Macht über die Materie , es ist die höchste Weise des Begriffs in der Natur , er hat das Außereinander aufgehoben , ist das Substanzielle und das Materielle nur Moment . diese 5 bringt] Wl : bringt , – das Außereinander aufgehoben zu haben . 5–6 der Geist , … aber] Wl : Geist . Es ist nämlich dieser existirende , erscheinende Begriff des Substanziellen , dazu das Materielle nur Accidenz ist , Moment . Aber 7–10 einzelne Weise … ausmacht .] Er : Weise vorhanden , die Substanzialität hat noch nicht die Seite des für sich seyns . 8–10 nicht für … Subjectivität] Wl : des Außereinanderseins nicht für sich ist , nicht die Seite der Realität , Existenz 10–11 dieser Widerspruch , … Einzelheit ,] Wl : darum Widerspruch . Es ist Subjectivität (die einfache Beziehung auf sich , die zugleich concret in sich ist = Gattung) ; aber auch unmittelbare Einzelheit (Individuum) . Das Thier ist darum Widerspruch , und der Gattung … Proceß] Er : die Subjectivität , einfache Beziehung auf sich , die concret ist und der Proceß des Thiers 11–14 aufzulösen , daß … Gattung] ErWl : [aufzuheben] Wl : aufzulösen] , so daß das Substanzielle Allgemeine (Gattung) als solches zur Existenz komme . die Gattung ist deswegen Trieb , [die] Wl : diese Negation ihrer Allgemeinheit , die unmittelbar] individuelle Existenz zu [vernichten .] Wl : vernichten durch den Prozeß der Gattung , das Begatten , das diese unmittelbare Einzelheit des Thiers aufhebt . Es hat das Gefühl , daß es als für sich seiendes Individuum nicht befriedigt ist , und gibt das für = sich = Seyn als Individuum auf . – In der Begattung realisirt sich die Gattung daher :] die Gattung selbst ist 14 welches] ErWl : und hebt 15–17 aufhebt , in … geben] ErWl : auf , und das Thier hebt 17 ihrer] ErWl : seiner Im] Wl : das Individuum ist sonst selbstsüchtig ; aber im

20 als ideell aufgehoben ist , ihr 20

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41 das] davor gestr : Im Prozeß der

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17Er § 389 .Er

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ist nicht die Selbstsucht des Thiers , wie in seiner Ernährung , sondern es ist das Verlangen aus seiner Einzelheit herauszutreten . In der Natur kommt die Gattung , in die die Subjectivität sich gesetzt hat , aus der Einzelheit heraus , die Gattung fällt immer wieder in sich zurück ; es ist der Wechsel der Generationen ; die Individuen sind vorzüglich ; die Gattung kommt nicht zu einer ihr angemessenen Existenz . | der begriff des Geistes ist nun eben diese Einheit der Allgemeinheit mit sich selbst , so daß in dieser Allgemeinheit , die concret ist insofern , daß sie subjectiv in sich ist ; aber das ist die Negirung der unmittelbaren Einzelheit , das haben wir als Freiheit schon kennengelernt . § 389 heißt es : | die Seele ist die allgemeine Immaterialität der Natur , ihr einfaches individuelles Leben ; das haben wir eben untersucht . die Entwicklung des begriffs in der Natur ist : außer sich zu sein und es dann zu vernichten und in das einfache in sich sein zurückzugehn . bei »S e e le « ist hier an die allgemeine , an die Naturseele zu denken ; daß diese nicht wahrhafte Wirklichkeit ist , darauf werden wir nachher kommen , dies : allgemeine Seele ist die bestimmung , die wir hier durchaus zu Grunde legen . – die Seele ist die erste Weise des Geistes ; – die Seele ist zu fassen als die Substanz , die allein das bestehende ist , so daß alle andren besonderheiten und Vereinzelun1–2 ist nicht … herauszutreten .] ErWl : will es nicht sich erhalten als Individuum sondern [in Identität mit einem] Wl : es ist getrieben , da zu seyn in Identität durch einen] andern . Da ist der Widerspruch aufgehoben . 3–5 in die … Existenz .] ErWl : diese Allgemeinheit nicht zur dauernden Existenz , fällt wieder herab zu einem nur Einzelnen [ Erzeugten .] Wl : Erzeugten) zur unmittelbaren Einzelnheit und damit zur Vergänglichkeit ; – und so geht dieser Widerspruch wieder an . – / |] 6 nun eben] ErWl : eben dies , 6–7 sich selbst , … Allgemeinheit ,] Er : sich , 7–8 so daß … haben] Wl : die so concret ist , daß die Subjectivität darin durch die Negation der Einzelnheit , ausgeglichen ist mit der Allgemeinheit . Diese Substanzialität ist der Begriff des Geistes , – dieß , was ist insofern , … haben] Er : ist , die Subjectivität in sich hat die aber durch Negation der Einzelheit sich ihr ausgeglichen hat . Dies ist was 9 schon kennengelernt . … es :] ErWl : gehabt haben . / | ist] Wl : i s t n i c h t n u r f ü r s i c h i m m a t e r i e l l , s o n d e r n 10–14 Natur , ihr … Seele] ErWl : Natur das einfache ideelle Leben der Natur , daß das Außereinander [zusammengegangen ist in dies einfache In sich seyn . Hier ist noch] Wl : in diese Form der Einfachheit zusammengegangen ist als in ihre Wahrheit . – Wenn es hier Seele heißt , so ist] nicht die individuelle Seele sondern die Seele [im allgemeinen] Wl : ganz Allgemein] zu denken , was man [ Naturseele genannt hat . Dies] Wl : Naturgeist , Naturseele in diesem Sinne nennen kann . – Diese allgemeine Seele , allgemeine Wahrheit der Natur ,] 15 legen . –] ErWl : legen und mit der wir anfangen , so daß aber in aller [ Fortbestimmung] Wl : Fortbestimmung (– die individuelle Seele gehört auch zu weitrer Bestimmung der allgemeinen Seele)] diese allgemeine Substanzialität bleibt , diese Allgegenwart wie wir es vorher genannt [ haben .] Wl : haben , und das sich Fortbestimmende nicht heraustritt aus dieser einen allgemeinen substanziellen Seele . – So muß dieser Standpunct vorausgeschickt werden , den Uebergang bezeichnend vom Natürlichen in die Sphäre des Geistes .] – 16 Weise] ErWl : zu Grunde liegende Weise 16–17 – die Seele … die] Wl : S i e i s t S u b s t a n z , das Allgemeine , welches 17 die allein … ist ,] Er : das Allgemeine als das allein bestehende , 17–587,2 andren 3 aus der … heraus über gestr . nun zu einem Ziel

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gen nicht heraustreten aus dieser substantiellen Einheit , die zugleich als wesentliche Subjectivität selbst zu fassen ist , wie wir nachher sehn werden ; S u b j e c t i v it ä t ist die negative Einheit die sich subjectivirende Einheit , in der das besondre ein Aufgehobenes ist . die Seele ist noch der schlafende Geist , oder der passive νοῦς des Aristoteles , das ist das tiefste was das Alterthum gesagt hat ; der begriff denkt sich selbst , eins der begreifende νοῦς und der begriffen werdende , der passiv ist , das objective , das der Möglichkeit nach alles ist ; dieser pathetische νοῦς ist die allgemeine Substanz ; er erkennt aber , daß diese substantielle Einheit nur die Möglichkeit , nicht die Wirklichkeit der Substanz ist , er war über die Idee des Spinoza erhoben . Sich nun zu überzeugen , daß die Materie nur endlich ist , daß die Natur nichts darstellt als das System dies Außereinander aufzuheben , das kann nur durch das Studium der Naturphilosophie erlangt werden , oder durch das Studium der logischen Idee . Hier setzen wir es voraus . Und können nur angeben , wovon es sich handelt . Es handelt sich darum : daß diese scheinbare Selbstständigkeit des Materiellen nichts

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15 besonderheiten … werden ;] Er : Besonderheit nicht heraustritt aus dieser Substantialität .

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586,17–1 andren besonderheiten … heraustreten] Wl : Besonderung nicht heraustritt 1–3 die zugleich … die] Wl : – so die absolute Grundlage aller Besonderung und Vereinzelung des Geistes , daß er in ihr allen Stoff seiner Bestimmung hat , und sie die durchdringende , identische Idealität derselben bleibt . – (diese Substanz ist auch zugleich als Subjectivität in sich selbst zu fassen . Subjectivität im Allgemeinen ist 3–4 sich subjectivirende … oder] Wl : das Besondre , die subjective Einheit negirt , idealisirt) – / A b e r i n d i e s e r n o c h a b s t r a c t e n B e s t i m m u n g i s t d i e S e e l e n u r d e r S c h l a f d e s G e i s t e s ; – sich subjectivirende … ist .] Er : das besondre idealisirt , negirt . 4 noch der … Geist ,] Er : so der Geist in seinem Schlaf 5–7 das ist … das] ErWl : der der Möglichkeit nach alles ist . [ Er sagt : der Begriff ist das sich selbst begreifende , da sind 2 der νοῦς als denkend und als Gegenstand . der νοῦς nun als Gegenstand ist der νοῦς παθητικόν ist] Wl : In dieser Hauptstelle sagt Aristoteles : der νοῦς , mens Denken Begriff , ist das sich selbst Begreifende , was sich selbst zum Gegenstande macht , νοῦς , Begriff , der sich selbst zum Gegenstande macht , sich selbst denkt . Da sind 2 . 1 .) der begreifende νοῦς , subjectiv , der νοῦς als denken und 2 .) der νοῦς als Gegenstand , passiv . dieser ist der νοῦς παθητικόν , welcher (δυνάμει)] 7–8 nach alles … diese] Er : (δυνάμει) nach Alles . Diese 7 dieser pathetische] Wl : aber nur der Möglichkeit nach , wirklich nur in Thätigkeit , indem gedacht wird . dieser 8 Substanz ; er … aber ,] Wl : Substanz , von der Aristoteles erkennt , nur] Er : ist nur noch 8–10 nicht die … überzeugen ,] Wl : noch nicht Wirklichkeit . – / Die Ueberzeugung , 9–588,3 die Wirklichkeit … die 2 ] Er : Wirklichkeit . – / Daß die Natur so das Streben pp ist muß hier aus Logik und Naturphilosophie vorausgesetzt werden , hier ist nur vorstellig zu machen daß die Wahrheit des Materiellen ihre Idealität ist . Von dieser Idealität als substanzieller Grundlage gehn wir also aus . – die Frage nach der 10–588,3 ist , daß … die1] Wl : sei , daß dieß Materielle Realität , diese Realität nicht wahrhafte Realität , scheinbare Selbständigkeit der Materie sei , und daß nur ideell Wahrheit sei pp (was hier aus Logik und Metaphysik vorausgesetzt werden muß) – kann nur nach Endigung des Studiums vollständig erlangt werden . – Hier ist nur vorstellig zu machen , daß die Wahrheit des Materiellen ihre Idealität ist . – denn von dieser Idealität als substanzieller Grundlage gehen wir aus . / | »A n m . Die 5 hat ;] folgt gestr : d . νοησις

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Wahres ist , keine Idealität Realität hat , bis die Idealität eintritt : wie das Meer durchsichtig bleibt trotz des Sandes etc . woraus es besteht , der die Durchsichtigkeit nicht trübt , so ist das Materielle in seiner Idealität . Nun ist noch die Frage über die Immaterialität der Seele übrig . Die Seele ist nicht ein aus Theilen zusammengesetztes ; die Seele ist nicht nur immateriell im Unterschied gegen materiell ; sondern sie ist nur so fern immateriell , daß das Immaterielle überhaupt die Wahrheit ist , und das Materielle durchaus das Unwahre , also es gibt nicht Immaterialität der Materie gegenüber ; sondern das Immaterielle ist allein das Selbstständige , Reale . Dann ist in der Anmerkung gesagt : | das Außer sich sein hat sich aus der Subjectivität des begriffs zur Allgemeinheit verflüchtigt . der Geist ist die existirende Wahrheit der Materie , daß nämlich die Materie selbst keine Wahrheit hat . Dann bringt man noch hierher die Frage über den Zusammenhang Gemeinschaft zwischen

4–6 übrig . Die … daß] Er : hat viel Interesse gehabt . Aus dem bisherigen geht hervor daß die Seele nicht ein materielles Außereinander ist , nicht nur ein immaterielles dem materiellen gegenüber sondern in dem Sinn daß nur 4 übrig . Die] Wl : hat vormals großes Intresse gehabt , und hat sie noch oft . Sie kann indeß nur Intresse haben , wenn die Materie als ein Wa h r e s einerseits ; und der Geist als ein D i n g andrerseits vorgestellt wird ; – und hat demnach in dem Bisherigen schon ihre Antwort . – »Doch sogar die Physiker sind in neueren Zeiten auf imponderable Stoffe , als Wärme , Licht u . s . f . gekommen , wozu sie leicht auch Raum und Zeit rechnen könnten . Diese Imponderabilien haben jedoch noch sonst ein sinnliches Dasein , ein Außersichseyn ; der L e b e n s m a t e r i e aber , die man auch drunter gezählt fi nden kann , fehlt nicht nur die Schwere , sondern auch jedes andre Dasein , wonach sie sich auch zum M a t e r i e l l e n rechnen ließe . In der That ist in der Idee des Lebens schon an sich das Außersichseyn der Natur aufgehoben , und der Begriff seine Substanz jedoch nur so als Subjectivität , daß die Existenz oder Objectivität noch an jenes Außersichseyn verfallen ist –« Die 4–6 aus Theilen … daß] Wl : materielles Außereinander ; nicht nur ein Immaterielles neben und gegenüber der Materie ; sondern in dem Sinn , daß nur 6–7 überhaupt die … Immaterialität] Er : das Wahre ist , das Materielle das Unwahre ist . Es wird hier also nicht Immaterialität der Seele behauptet Wl : das Wahre , Selbstständige , die Materie das Unwahre ist . (die natürlichen dinge sind materiell im Raum ; aber diese Selbstständigkeit verliert schon in der Natur dieß Erlangte) – Es wird hier also nicht Immaterialität der Seele behauptet 8–10 das Immaterielle …begriffs] Wl : daß jene allein das wahrhaft Reale , und Selbstständige ist . – »Im Geiste , als dem Begriffe , dessen Existenz nicht die unmittelbare Einzelnheit , sondern die absolute Negativität , die Freiheit ist , so daß das Object oder die Realität des Begriffs der Begriff selbst ist , – ist das Außersichseyn , welches die Grundbestimmung der Materie ausmacht , ganz zur subjectiven Idealität des Begriffs , 8–9 das Immaterielle … gesagt :] Er : daß jene allein das wahrhaft Reale und Selbstständige ist . / | 9–10 hat sich … begriffs] Er : der Natur hat sich 10–589,1 der Geist … ist] Er : die Frage nach der Gemeinschaft der Seele mit dem Körper hat hier keine Schwierigkeit weil 11–589,1 Dann bringt … auf] Wl : »Eine damit zusammenhängende Frage ist die nach der G e m e i n s c h a f t d e r S e e l e u n d d e s K ö r p e r s . – diese Gemeinschaft war als Factum angenommen , und es handelte sich daher allein darum , wie sie zu b e g r e i f e n sei . Für die gewöhnliche Antwort kann angesehen werden , daß sie ein u n b e g r e i f l i c h e s Geheimniß sei . denn in der That , wenn beide als absolut Selbstständige gegen einander vorausgesetzt werden , so sind sie einander eben so undurchdringlich , als jede Ma1 Idealität Realität] Realität über Idealität

20 haben jedoch] haben jedoch haben jedoch

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Leib und Seele ; aber auf unsrem Standpunkt ist die Materie nichts Selbstständiges ; diese Frage lehnen wir also hier ganz ab . Es ist das nur eine Categorie der Chemie die von der Gemeinschaft zwischen Seele und Leib . | es ist keine Gemeinschaft mit Seele und Leib ; der Geist ist an und für sich ohne die Materie ; sind aber beide selbstständig , da sind sie abgeschlossen , beide für sich ; man macht sich hier die Schwierigkeit nur , indem man eine falsche Voraussetzung macht . Wir gehen nun an die b e s t i m mu n g d i e s e r a l l g e m e i n e n G r u nd l a g e : diese geht innerhalb dieser Grundlage vor sich und bleibt in einer subjectiven Einheit eingeschlossen , geht nicht heraus . darauf bezieht sich § 380 – Also die Seele entwickelt sich als allgemeine Substanz und ihre Fortentwicklung gibt nicht ein außereinander von be standthei len ; sondern sie bestimmt sich in sich behalten zu

terie gegen eine andere undurchdringlich , und nur in ihrem gegenseitigen Nichtsein , ihren Poren befi ndlich angenommen wird ; wie Epikur den Göttern ihren Aufenthalt in den Poren angewiesen , aber consequent ihnen keine Gemeinschaft mit der Welt aufgebürdet hat . – Für gleichbedeutend mit dieser Antwort kann die nicht angesehen werden , welche alle Philosophen gegeben haben , seitdem dieses Verhältniß zur Frage gekommen . Descartes , Malebranche , Spinoza , Leibnitz haben sämtlich Gott als diese Beziehung angegeben , und zwar in dem Sinne , daß die Endlichkeit der Seele und die Materie keine Wahrheit haben , so daß Gott bei ihnen nicht nur ein anderes Wort für jene Unbegreiflichkeit , sondern vielmehr die wahrhafte Id e n t i t ä t derselben ist . – diese Id e n t i t ä t ist jedoch bald zu abstract , | wie die Spinozistische , bald zwar auch s c h a f f e n d , aber zugleich nur als u r t h e i l e n d , so daß es zum Unterschiede der Seele und des Leiblichen , Materiellen kommt , die Identität aber nur als C o p u l a des Ur theils ist , nicht zum absoluten Schlusse fortgeht .« – Auf 1–3 Selbstständiges ; diese … Leib .] Er : selbstständiges ist . Man verfällt leicht auf eine chemische Neutralisation , das ist aber eine untergeordnete Kategorie . 1–2 Selbstständiges ; diese … nur] Wl : selbstständiges mehr : – Das Verhältniß der Seele zum Körper , diese Einheit muß darum nicht vorgestellt werden als Zusammensetzung . Eben so wenig als Neutralisation , worauf man leicht verfallen könnte : denn solches Zusammengegangenseyn des Leibes mit der Seele wäre 2–3 Chemie die … Leib .] Wl : Chemie ; aber eine chemische Existenz ist noch nicht eine wahrhafte Existenz . – 4 mit Seele … ist] Er : sondern die Seele Wl : hier ; sondern die Seele ist absolut 4–7 ohne die … Wir] ErWl : [gegen] Wl : lacuna] das Körperliche , so daß sie keine Schwierigkeit [im Körper] Wl : mit dem Körperlichen] hat . Nur wenn [ beide selbstständig sind ist] Wl : man beide als selbstständig annimmt wird] die Frage schwierig , [sie wirds also durch diese stillschweigende Voraussetzung .] Wl : – denn da kann keine Gemeinschaft Statt fi nden . –] / Wir 7–8 G r u n d l a g e : diese geht] Wl : Grundlage , und schicken die Bemerkung nur voraus , daß die Bestimmung 8 geht innerhalb … und ] Er : Entwicklung ist kein Heraustreten sondern 8–10 und bleibt … sich] Wl : gehen wird , und daß die Entwicklung kein Heraustreten ist , sondern alle Bestimmungen gehören an und bleiben in einer subjectiven Einheit , in der alle Gestaltungen bleiben . – / Vor’s erste im Allgemeinen dieß : die c o n c r e t e Natur bringt für die Betrachtung die eigenthüm liche Schwierigkeit mit sich , – daß , während die Seele Einheit eingeschlossen , … sich] Er : Einheit , in der alle Gestaltungen bleiben . die Seele 10 und ihre … ein] Er : bestimmt sich fort und diese Fortbestimmung ist kein Wl : sich fortbestimmt , diese Fortbestimmung kein 11–590,4 bestandtheilen ; sondern … diese] Er : Gestaltungen sondern diese Allgemeinheit wird sich bestimmen zum Subject , zur Einzelnheit und alle Gestaltungen bleiben in dieser Subjectivität . In der Natur zeigen sich diese verschiednen Stufen als außer einander bleibende Gestaltungen . die Schwere 11–590,1 bestandthei len ; sondern

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e i n e r Subjectivität , um der Individualität aller bestimmungen willen . Ebenso in der Natur derselbe Gang der Entwicklung ; aber hier sind die unterschiedenen Stufen der bestimmung besondre außer den andren zurück bleibende Gestalten . So die S chwe r e die erste substantielle Einheit in der Natur ; diese als Totalität ist das , was wir das Sonnensystem nennen ; das materielle Außereinander unterschiedner Körperlichkeit ; – ihre bewegung ist die erste Stufe ihrer Entwicklung , dieser absolute Mechanismus der Mechanismus in seiner Freiheit , diese Idee bestimmt sich weiter im Physikalischen[ .] Wir haben Luft Wasser , Feuer , Erde ; dieser Kreis der Elemente der an einem dieser Körper an der Erde ist , ist eine andre Weise des Existirens , als jenes System der himmlischen Körper ; diese Elemente sind allerdings auch der Schwere unterworfen aber sie sind nur besondre Individualität gegen das , was wir Himmelskörper nennen ; diese physikalisch individualisirten Körper bilden sich dann in dem Mineralreich , von diesem zum | Pflanzenreich , von diesem zum Thier reich , das sind Reihen , Entwicklungsstufen nur in derselben Idee . Es ist eine Reihe von Systemen , die außer einander sind und zu ihrer Wirklichkeit besondre

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… in] Wl : Gestaltungen gibt , daß die besonderen Stufen und Bestimmungen der Ent wikkelung des Begriff des Geistes nicht zugleich als besondre Existenzen zurück und seinen tieferen Gestaltungen gegenüber bleiben , wie dieß in der äußern Natur der Fall ist ; sondern diese Allgemeinheit wird sich bestimmen zum Subject , zur Einzelnheit , und alle Gestaltungen bleiben in dieser einen Subjectivität . – Unterschieden ist es wie die Idee in der Natur sich darstellt . In 2 hier sind] Wl : da ist dieß der Fall , daß 3–4 besondre außer … diese] Wl : sich als (außer den anderen Gestaltungen zurückbleibende) außereinander bleibende Gestaltungen verhalten . (die Materie und Bewegung haben ihre freie Existenz als Sonnensystem ; die Schwere 4 ist das ,] Wl : entwickelt ist 4–5 das , was … nennen ;] Er : das Sonnensystem , 5–7 unterschiedner Körperlichkeit ; … diese] ErWl : [und ein Herausgehn daraus ,] Wl : und zugleich herausgehend aus diesem Außereinander ,] das In-sich gehn , (Attraction und Repulsion) . da ist die Idee [als] Wl : des] Mechanismus [ Die] Wl : das ist die erste Stufe der Entwicklung der sich bestimmenden Materie . Diese] materielle 8 im] ErWl : zum 8–9 Wir haben … ist 2 ] ErWl : Das ist dann ein besondrer Kreis , 9–11 Existirens , als … auch] ErWl : Existirens . [ Die Elemente pp] Wl : »die Bestimmungen der S i n n e existiren auch rückwärts als Eigenschaften der K ö r p e r , und noch freier als E l e m e n t e . p . Wir haben die Elemente Wasser , Luft , Feuer und dgl . das ist wieder ein besondrer Kreis , der eine besondre Existenz hat . diese Elemente] bleiben ihrer Substanz 11–14 sie sind … ist] Er : bilden eine besondre Existenz . Die Naturreiche sind Entwicklungen einer und derselben materiellen Idee , aber das Thier reich hat seine eigenen Individualitäten pp – 11 sie sind … besondre] Wl : erscheinen in besonderer 12–13 nennen ; diese … dem] Wl : heißen . Jede neue Sphäre macht ein System aus , das sich als besondre Existenz gleich zeigt . – die physikalische Individualität bildet sich ins 14 Thierreich , das … ist] Wl : Thierreich aus . Wir nennen es Natur r e i c h e , das sind weitre Entwickelungen ein und derselben materiellen Idee . Das Thierreich hat besondre Individualität p . Es ist dieß 15 außer einander … zu] Wl : zu 22 und Bewegung] u Bewegung u Bewegung

26 da ist … Mechanismus bei Er am linken Rande

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Individualitäten haben , worin sie existiren . Di e S e e l e durchläuft nun auch solche Systeme der bestimmungen ; aber diese Systeme fallen nicht so außereinander zu Existenzen von besondren , sondern sie bleiben in der Seele eingeschlossen , so ist der Geist das reine Concrete in sich , was alle bestimmungen in einer subjectiven Einheit behält . Die Schwierigkeit , die hier gemacht worden ist , bezieht sich darauf . Wir haben bei der Entwicklung des Geistes in den einzelnen Stufen nicht eine abgesonderte Existenz ; z . b . wir sprechen von der Empfindung , wir haben religiöse , sittliche , rechtliche Empfindungen ; dazu müssen wir aber erst wissen , was Recht und Sittlichkeit ist etc . Das ist noch weit entfernt von der Empfindung . Wollen wir also von diesen niedrigen Stufen bestimmter concreter sprechen , so haben wir

1–3 haben , worin … Seele] Er : Existenzen haben . Im Geist ist das anders , er bildet sich auch zu solchen Systemen fort , sie fallen aber nicht außereinander , sondern bleiben in dem einen Subject 1 worin] Wl : an denen 1–2 D i e S e e l e … bestimmungen ;] Wl : Im Geiste ist es anders . An der Seele sind andre Verhältnisse . die Seele bildet sich auch zu solchen Stufen , Systemen fort , 3 besondren , sondern … Seele] Wl : besondren Individualitäten ; sondern alle diese Reiche bleiben , – »wesentlich nur als Momente , Zustände , Bestimmungen an den höheren Entwicklungsstufen« – in dem e i n e n Subjecte der Seele enthalten und 3–9 so ist … noch] ErWl : [in] Wl : deswegen sind eben diese Systeme in] einer subjectiven [ Einheit] Wl : Einheit von der Seele behalten] . Die Schwierigkeit [§ 380 bezieht sich darauf . Wenn wir so eine Stufe zu betrachten haben , so ist das | nicht eine besondre Gestaltung .] Wl : einer solchen Darstellung ergibt sich daraus also , daß wenn wir die besondren Stufen betrachten , solche Stufe für sich , so ist dieß drum nicht eine abgesonderte Gestaltung . (– In der Natur ist auch diese Absonderung nicht ganz abstract vorhanden) –] Die Himmelskörper in ihrem absoluten Mechanism sonderten die [physicalischen bestimmungen] Wl : physikalische Bestimmung] ab zu [eigenen] Wl : besondren] Existenzen . [ Wenn der Geist] Wl : Im Geiste aber haben seine unterschiednen Stufen nicht solche abgesonderte Existenz ; sondern , wenn wir ihn] in seinen verschiedenen Stufen concret [ betrachtet wird , so müssen wir weitere Stufen schon dazu nehmen . Wenn wir Empfi ndung betrachten müssen wir auch die religiösen , sittlichen] Wl : betrachten wollen , geschieht es : / 1 .) »einestheils , daß an einer niedrigern , abstractern Bestimmung das Höhere sich schon empirisch vorhanden zeigt , wie z . B . in der Empfi ndung alles Höhere , Geistige , als Inhalt oder Bestimmung . Oberfl ächlicherweise kann daher in der Empfi ndung , welche nur eine abstracte Form ist , jener Inhalt , das Religiöse , Sittliche u . s . f . wesentlich seine Stelle und sogar Wurzel haben , und seine Bestimmungen als besondre Arten der Empfi ndung zu betrachten nothwendig scheinen .« – / 2 .) »Anderentheils , wenn niedre Stufen betrachtet werden , wird nöthig , um sie nach ihrer empirischen Existenz zu zeigen , an höhre zu erinnern , an welchen sie nur als Formen vorhanden sind , und auf diese Weise einen weitren Inhalt zu anticipiren , der bei dieser Stufe noch nicht vorkommt und erst später in der Entwicklung sich darbietet . Wenn wir z . B . Empfi ndungen betrachten , und wissen daß sittliche , rechtliche , religiöse] Empfi ndungen [dazunehmen , diese Sphären sind übrigens] Wl : sind , – müssen wir , um zu wissen , was sie sind , schon wissen , was Recht , Sittlichkeit , Gott ist , – welche Sphären übrigens doch] 9–10 von der … so] ErWl : [von] Wl : sind von] der Empfi ndung als solcher . Näher kommt das weiterhin vor . das Erwachen der Seele gehört der Anthropologie als solcher an , zugleich wissen wir daß [das Erwachen weit concreter] Wl : ein concretes] ist , das Bewußtseyn [enthält . Bei diesen niederen Stufen] Wl : enthält , und wir anticipiren 10 sprechen] sprh woll

§ 383Sg

§ 380Er 19Er

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zu anticipiren einen Inhalt der diesen Stufen noch nicht zukommt , sondern der erst bestimmt wird durch weitere Fortbestimmung . In unserer Darstellung haben wir nun jede dieser Stufen an sich zu betrachten . Dann aber auch concreter , wobei wir einen Inhalt aufnehmen , der erst in die | weitre bestimmung des Geistes fällt , und da werden wir auch auf die niedren Stufen kommen , in welchen das höhre dasein wieder hinabgefallen ist in das allgemeine Seelendasein , wie in der Verrücktheit . Also jede Form für sich ist zu machen , oder auch die kranken niedrigeren Stufen concreter Weise zu betrachten . Nun gehen wir mehr auf unsren Gegenstand .

bei Erwachen Bewußtseyn . / So] 1–7 zu anticipiren … Also] ErWl : [so zu anticipiren einen Inhalt der diesen Stufen als solchen nicht zukommt , so haben wir in unserer] Wl : denn vors erste in der] Darstellung die Stufen [von] Wl : rein von] ein ander abzusondern , [wenn wir sie aber concreter betrachten wollen solche weitren] Wl : und zugleich auch (dazu genöthigt durch das Intresse , sie concreter zu betrachten) die Kenntniß weitrer] Stufen zu anticipiren ; – [dies thun wir um so mehr als] Wl : Mehr Aufforderung h i e r zu ist , weil] der Geist krank [seyn , in einen niedern Zustand herabsinken kann , der] Wl : sein kann , und aus der Stufe seiner Freiheit herabfallen kann in den Zustand , die Form einer niederen Entwicklungsstufe . z . B . animalischer Magnetismus , Verrücktheit . Der] gebildete Geist kann [in die Weise des Seelendaseyns zurück sinken , in sofern haben wir bei dieser niedrigern Stufe] Wl : auf eine Stufe des anthropologischen | Seelendaseins herabsinken . diese Stufe des Seelendaseyns und ihrer Bestimmtheit werden wir betrachten , aber weil der Mensch dahin herabfällt , haben wir] zu anticipiren was schon dem verständigen Bewußtseyn zukommt . In der Entwicklung der [ Reiche der Seelen] Wl : Systeme , der Reiche der Seelenhaftigkeit ,] fallen diese Stufen nicht auseinander , zweitens haben wir 7–8 ist zu … Gegenstand .] ErWl : zu betrachten , drittens [ bei wesentlicher] Wl : wenn] Veranlassung [solche] Wl : da ist , solche] niedrigern Stufen auf concretere Weise zu fassen . / [ Wir haben] Wl : Nachdem wir nun also , das was wir diese Idealität geheißen haben , auch von dieser Seite betrachtet , – haben wir] nun näher an unsern Gegenstand zu gehn und die erste Wissenschaft ist die

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anthropologie

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I. A nt h r o p olo g ie

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In dieser ist der Geist in seiner Naturbestimmtheit – das ist die Grundlage im Ganzen , aber zugleich tritt auch ihre Umbildung und Veränderung ein . Das Ziel der natürlichen Seele ist dann die Freiheit von dieser Natürlichkeit ; hat sie die Freiheit gewonnen , so hört sie auf ein Sinnliches zu sein , sie ist Ich , der Geist bei sich . Seele ist der Geist so fern er überhaupt ist , also noch nicht als Geist ist . Der Geist ist wesentlich : daß er sich als das setzt was er ist , daß er die Natürlichkeit , die Unmittelbarkeit aufhebt und sie idealisirt , und in sich zurückkehrt , als Vermittelung seiner selbst , die das ist , daß er sich selbst vermittelt . Denn in so fern sich etwas mit sich selbst vermittelt , so ist das andre , vermittelst dessen etwas ist dabei verschwunden . Das also ist die Vermittelung selbst . Wir fangen also mit der natürlichen Seele an , weil sie das Unmittelbare ist ; denn das nicht unmittelbare , worin schon Concretes ist , da ist schon Unterschiedenes überhaupt , da muß man von einem zum andren fortgegangen sein , man ist

3–4 In dieser … ein .] ErWl : [die] Wl : wie man es zu nennen pflegt , – die Wissenschaft , die] die Seele in ihrer Natürlichkeit zum Gegenstande [ hat . Bei jeder solcher Bestimmung ist es aber] Wl : h a t , o d e r d e n N a t u r g e i s t , den unmittelbaren subjectiven Geist , – die natürliche Seele , Seele in Naturbestimmung . Bei jeder solchen allgemeinen Kategorie ( jeder solchen Bestimmung)] der Fall daß sie zwar Grundlage [ist ,] Wl : ist , aber nicht in dieser Allgemeinheit bleibt , sondern zugleich in ihre Verändrung eintritt ,] ihre dialectik aber weiter eintritt ; – 5 ist dann] ErWl : ist 5–7 Natürlich keit ; hat … Der] Er : Natürlichkeit und da ist sie Ich , das freie bei sich seyn des Geistes . Seele nenne ich den Geist als seyend , als unmittelbar , noch nicht als Geist , denn der 6 so hört … sich .] Wl : ist sie Ich , und hört auf Seele zu seyn , ist das freie Bei sich seyn des Geistes . Denn 7–10 so fern … in] Wl : in der Natürlichkeit , Geist als Seyn , Geist als unmittelbar , Geist der nur i s t , noch nicht als G e i s t ; der G e i s t aber hat wesentlich den Sinn , daß er seine Unmittelbarkeit , das Sein , die Natürlichkeit aufhebt , negirt , idealisirt , und die Unmittelbarkeit zur seinigen macht . Die Einheit des Geistes mit sich vermittelst des Aufhebens der Unmittelbarkeit . Seine Vermittlung ist , sich mit sich selbst zu vermitteln . Vermittlung macht endlich , sofern etwas vermittelt wird mit einem Andern . In 8–10 sich als … in] Er : seine Unmittelbarkeit , das Seyn , die Natürlichkeit negirt , idealisirt , zu der seinigen macht – Einheit | mit sich durch Aufhebung der Unmittelbarkeit . In 11 etwas ist dabei] ErWl : es vermittelt ist und damit die Vermittlung selbst 12–594,1 Das also … Unmittelbaren .] ErWl : [ Wir fangen mit dem Unmittelbaren an , denn] Wl : S e e l e . Beim Unmittelbaren muß man anfangen : denn das Mittelbare ist schon Unterschiedenes , schon Concretes ;] ein Concretes ist nicht mehr das Erste , wo unterschiedne Bestimmungen sind , ist eine vermittelst der [andern] Wl : andern . Das Unmittelbare ist nur einfach . – Also ist es mit der Unmittelbarkeit des Geistes , daß wir anfangen müssen] .

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a .Er ; § 390 .Wl

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da nicht mehr beim Unmittelbaren . Dieser Anfang ist aber nur der Anfang , etwas Unvollkommenes , es ist die unwahrste Existenz des Geistes , die unwahrste Weise seines Seins ; das Unmittelbare ist bloß eine Abstraction , sie ist ein Gesetztes , die andre Seite ist das Gesetztsein des Unmittelbaren , so sind die Eltern in bezug auf die Kinder die Unmittelbaren , die Ersten ; sie sind der Anfang , der Ursprung ; aber ebenso sind die Eltern auch erzeugte , vermittelt durch ein andres , durch i h re Eltern . Wenn wir also mit dem natürlichen , unmittelbaren Geist anfangen , so ist das einseitig – die andre bestimmung ist : daß diese unmittelbare Seele gesetzt ist , ver mittelst eines anderen . das ist eine weitere logische und metaphysische betrachtung . der Geist ist es der sich voraussetzt ; das Unmittelbare ist was sich voraussetzt ; – ist bewußtlos , daß dies sein andres ist , sein Selbst , das sich als andres ihm gegenüberstellt . | das bewußtsein erkennt sich dann als das Seinige und setzt es als sein an und für sich . – Diese Unmittelbarkeit also ist es mit der wir nothwendig anfangen , obgleich sie eine Einseitigkeit ist – es ist ein Spiel des absoluten Geistes mit sich selbst , sich als andres vorauszusetzen , um zu sich selbst zu kommen . Di e n ä he r e E i n t h e i lu n g u n d Ue b e r s i c h t der Anthropologie ist die :

1 aber nur] Wl : n u r 2 es ist … Geistes ,] ErWl : denn der Geist ist nicht [unmittelbar . Dieser] Wl : das Unmittelbare . Der] Anfang [ist] Wl : ist die unwahrste Existenz des Geistes ,] 3 das Unmittelbare … die] Wl : Ferner muß man wissen , daß die Unmittelbarkeit überhaupt nur eine Abstraction ist und sich wesentlich als ein Gesetztes bestimmt . die das Unmittelbare … bloß] Er : auch ist die Unmittelbarkeit 3–8 sie ist … das] Er : und bestimmt sich wesentlich als ein Gesetztes . (die Eltern sind eben so durch ein Andres vermittelt wie die Kinder obgleich wir sie als unmittelbar betrachten können) die Bestimmung der Unmittelbarkeit ist 4 das] Wl : ein 4–8 so sind … die] Wl : (Eltern das Unmittelbare , Kind das Erzeugte ; die Eltern als erstes unmittelbar ; Kind als Andres mittelbar ; aber im gemeinen Leben bleiben wir nicht bei die|ser Unmittelbarkeit der Eltern stehen , sondern wir wissen , daß die Eltern auch erzeugt sind , auch vermittelt von der einen Seite . die Bestimmung der Unmittelbarkeit ist einseitige Bestimmung . die 8–14 gesetzt ist , … ist 2 ] ErWl : gesetzt , vermittelt ist . [das] Wl : – Es ist dieß eine weitre Betrachtung . Dieß] Gesetzt seyn des Unmittelbaren ist das des Geistes [selbst , es] Wl : der sich selbst voraussetzt . Es] ist ein Vorausgesetztes aber der Geist ist selbst das Setzen dieses voraus . Er [selbst ist es der sich als andres vor sich hat , – das Bewußtseyn fi ndet es] Wl : setzt sich als Andres bewußtlos daß dieß sein Andres er selbst ist , und nur] als anderes sich [gegenüber , weiter entwickelt ist es dies sich jenes Andere anzueignen .] Wl : gegensteht . Der Geist als solcher ist es , der dieß so Vorgefundene sich aneignet , wie es an sich ist .] – Wir fangen also mit [dem Unmittelbaren an , wir wissen aber auch daß] Wl : dieser Un mittelbarkeit an ; und haben das Bewußtsein , daß es so nothwendig ist . Wir wissen aber voraus , daß sie eine einseitige Bestimmung ist , und daß die Seele so genommen wird , weil] der Geist als Seele sich selbst voraussetzt , 14–15 absoluten Geistes … vorauszusetzen ,] Er : Geistes 15 sich als … um] Wl : – um so 16 D i e ] Er : Was nun die Wl : Es ist ohne weitre Bestimmung die Seele (natürlicher Geist) in der Anthropologie unser Gegenstand . / Was nun die u n d Ue b e r s i c h t der] ErWl : der 16–595,1 ist die : I . D i e ] ErWl : betrifft so haben wir z u e r s t / [die] Wl : 1 .) »die S e e l e i n i h r e r u n m i t t e l b a r e n N a t u r b e s t i m m t h e i t ,« die] 33 an] folgt gestr : (und für)

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anthropologie

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I . Di e n a t ü r l i c h b e s t i m m t e S e e l e a l s s ol c h e – das geht jenseits des bewußtseins vor ; die Seele i s t bestimmt ; es ist das , was jenseits des bewußtseins in sie eingeschrieben ist . diese natürliche Seele b e s t i m m t s ich for t z u r Subje c t iv it ä t , z u r e m p f i nd e nd e n S e e l e . Das ist d e r I T h e i l der Anthropologie . Die Seele in ihrem Fortgang bis zur Subjectivität . die näheren Abthei lungen hierin sind : daß das Natürliche bestimmt wird 1 . z u e i n e m I nd i v id uu m d e r n a t ü r l i c h e n S e e l e , zu der n a t ü r l i c h e n , u n m it t e l b a r e n I nd i v id u a l it ä t , was noch nicht Empfindend ist ; das 2 t e i s t d a n n : d i e Ve r ä n d e r u n g a n d i e s e m I n d iv id uu m ; sie wird sie gegen sich selbst , darin besteht ihre Veränderung . § 396–97 , 98 . diese Veränderungen sind die unterschiedenen Lebensalter , d a n n der Gegensatz nach dem Geschlechtsverhältniß und 3 . das Erwachen der Seele , die beziehung gegen sich als Naturzustand – Dann d a s 3 t e ist d i e e m p f i n d e n d e S e e l e , die Individualität als sich mit sich identificirend , subjectiv mit sich seiend[ .] II Di e t r ä u m e n d e S e e le , die Differenz der empfindenden Seele gegen sich selbst . Das ist ein schweres Capitel – 1 . , die empfindende Seele zu sich selbst als Totalität , sich zugleich verhaltend zu sich selbst als Totalität ; eine trennungslose Trennung , | 2 . , das empfindende sich nicht mehr in ihrer Allgemeinheit empfindend ,

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1 das] Er : dieses Bestimmtseyn Wl : dieses Bestimmtseyn der Seele als natürliche 2 die Seele … es ist … was] Wl : was 3 eingeschrieben] ErWl : eingepfl anzt natürliche Seele b e s t i m m t ] ErWl : natürlich bestimmte Seele bildet 4–6 T h e i l der … die] Er : Theil . die 5–6 Die Seele … die] Wl : die 6 hierin sind :] Wl : darin sind : / a .) 6–12 bestimmt wird … beziehung] ErWl : [ bestimmt] Wl : zunächst bestimmt] wird zur [ Individualität , diese noch unmittelbar ist noch nicht empfi ndend , denn dazu als zum Beziehn auf sich selbst] Wl : I n d i v i d u a l i t ä t . Natürliche Individualität ist noch nicht Empfi ndung (ein Verhalten der Individualität zu sich selbst) : denn dazu] gehört ein Unterscheiden [seiner , – das zweite ist die Veränderung an diesem Individuum , und ihre] Wl : der Individualität von sich selbst , um identisch mit sich selbst seyn zu können . b .) Ve r ä n d r u n g a n d i e s e m I n d i v i d u o . Diese] Veränderung ist wesentlich daß sie wird gegen | sich selbst . diese Veränderungen sind [§ [lacuna] seq .] Wl : (§ 396 , 97 und 98)] dreierlei , Lebensalter , [Geschlechtsverhältniß und das Erwachen ,] Wl : 2 .) Gegensatz der veränderten Individualität nach Geschlechtsverhältnissen und 3 .) das natürliche Erwachen der Individualität ,] das sich entgegensetzen 12–13 Dann d a s 3 t e ist] ErWl : als Schlaf . [ Zu diesen Veränderungen ist das dritte] Wl : c .)] 13 die Individualität als] Er : als Wl : Seele an sich . Individualität , als 14–15 subjectiv mit … D i e ] ErWl : subjectiv . / Das z we i t e ist die 15 S e e l e , die] Wl : s i c h e i n g e wö h n e n d e Seele , die als i n d i v i d u e l l in das Verhältniß zu diesem ihrem unmittelbaren Seyn tritt . die Seele] Wl : Seele , von ihr selbst , 16 ist ein …die] Er : e r s t e ist die ein] Wl : ein besonders 1 . , die] Wl : die 16–17 zu sich … Totalität ;] Er : als Totalität zu sich sich verhaltend , Wl : in differenz des Verhältnisses zu sich selbst . – / a .) d i e e m p f i n d e n d e S e e l e a l s To t a l i t ä t zu sich sich verhaltend , – 18 2 . , das empfindende] ErWl : [das z we i t e ist dann] Wl : | b .)] daß die empfi ndende Seele mehr] Wl : mehr unmittelbar 18–596,1 empfindend , sondern … ihrer]

20 was] Er : was

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10 396] 196

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Krankhafter Zustand : animalischer Magnetismus :Wl 19Wl krankhafter Zustand . Verrücktheit .Wl

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sondern sich in ihrer besonderheit empfindend , als krankhafter Zustand gehört in den ersten : der rheumatische Magnetismus wo die Seele sich in das besondre versenkt , wohin die Verrücktheit gehört . – 3 . , d i e empfindende Seele sich als Subject und ihr Versenktsein in die besonderheit des Empfindens sich unterwerfend , das ist die Gewohnheit . I I I Di e W i r k l i c h k e it d e r S e ele |

12r Sg

1 . Natürliche Seele 2 . träumende Seele 3 . empfi ndende Seele . Sg

Gewohnheit .Wl

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I D ie S e e le Zum E m p f i n d e n gehören 3 Momente : 1 . I nd i v id u a l it ä t , S u b j e c t i v it ä t als solche 2 . daß diese gegen sich als ein andres ist , d a s Un t e r s c h e i d e n d e r s el b e n vo n i h r s el b s t – und 3 . Di e Rü c k keh r au s d ie s e m a n d e r s s e i n z u s ich s e l b s t . Das Empfinden , die Selbstischkeit , Verhältniß der Individualität zu sich selbst ; dann die Veränderung derselben und dann ihr Zurückgehn zu sich selbst ; diese 3 Momente haben wir zu betrachten 1 . d ie n a t ü r l i c h e S e ele oder

ErWl : empfi ndet [sondern] Wl : sondern sich ,] in ihre 1–6 empfindend , als … III] Wl : ve r s e n k t empfi ndet . – / c .) daß die empfi ndende Seele als S u b j e c t sich ihr E m p f i n d e n , ihre L e i b l i c h k e i t u n t e r w i r f t . / 3 .) 1 empfindend] Er : versenkt 1–6 in den … S e e l e ] Er : zum erstern der Zustand des animalischen Magnetismus , zum zweiten der der Verrückung . das d r i t t e dazu ist dann die Gewöhnung , daß die Seele die Leiblichkeit sich ganz unterwirft , sie ideell setzt , diese gegen ihre Empfi ndung gleichgültige Seele . / Das dritte was wir zu betrachten haben ist die natürliche empfi ndende Seele . 7–8 I D i e S e e l e ] Wl : – g e s t a l t e t e u n d e m p f i n d e n d e Seele , die in ihrem unmittelbaren Seyn als ihrer Leiblichkeit w i r k l i c h ist . Seele die als Subject frei ist in ihrer Leiblichkeit . – sofern sie Herr ist , und die Leiblichkeit herabsetzt zu bloßer Weise ihrer Aeußrung , zu bloßem Zeichen ihrer selbst . / 1 .) E m p f i n d e n d e S e e l e . 9 gehören 3 Momente : 1 .] Wl : gehört 3erlei . a) 9–10 1 . I n d i v i d u a l i t ä t , S u b j e c t i v i t ä t … diese] Er : Individualität und dann daß diese Individualität 10 als solche … diese] Wl : die nur Individualität überhaupt ist . / b .) daß diese Individualität 10–11 ein andres … d e r s e l b e n ] Wl : zu einem andern ist , – Unterschied der Individualität d a s Un t e r s c h e i d e n … D i e ] Er : und das dritte ist die 11 und 3 . D i e ] Wl : Anderssein der Individualität . / c .) 12–14 s e l b s t . Das … diese] Wl : selbst ; mit sich selbst zusammengehend . (die Individualität hat sich , die Individualität zum Gegenstande . – Empfi nden , Selbstigkeit , Verhalten zu sich selbst .) / diese 13–597,1 Das Empfinden , … D i e ] Er : daß dies Verhalten der Individualität , was eben die Empfi ndung ist , heraus komme , dazu müssen es zwei seyn , also muß sie sich unterscheiden / Das erste ist die 15 haben wir] Wl : sind bei der Empfi ndung 15–597,2 1 . d i e n a t ü r l i c h e … (die] Wl : Daß dieß Verhalten der Individualität , was eben die Empfi ndung ist , herauskomme , dazu müssen es 2 . seyn ; also muß sie sich unterscheiden . – / a) die erste B e s t i m m u n g ist unmittelbare I n d i v i d u a l i t ä t ,

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8 S e e l e ] folgt darunter gestr : I D i e e m p f i d e n d S e e l e .

anthropologie

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Di e u n m it t e l b a r e I nd iv id u a l it ä t . (die natürliche Seele überhaupt 392–95)

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Zur Individualität der Seele a b e r g e h ö r e n 3 Mom e n t e , daß sie nur als solche ist , sie ist eine Einheit von Dreien 1 . d i e n a t ü r l i c h e S e e l e i n i h re m g a n z a l l g e m e i n e n N a t u r le b e n (als Naturbestimmtheit der Seele) wie uns diese Naturbestimmtheiten im bewußtsein erscheinen , so sind sie als natürliche äußre Gegenstände vorhanden ; der Mensch ist der Mikrokosmus . Leibnitz sagt das ist eine Mon a d e , d . h . nicht das Eins des Atoms . ( Dies Zusammenfassen von allen bestimmungen , das Arrangement derselben) sondern das Ganze ; sie ist vorstellend nicht was wir so heißen : sondern vorstellend überhaupt das Universum eine Totalität die ideell ist , aber nur dunkel vorstellend ; so ist also die Seele zu fassen als monade des Universums . a b e r e s e n t f a l t e n s ich d i e s e Un t e r s ch ie d e i n

2–3 überhaupt 392–95) / Zur] Wl : also solche , oder abstracte Seele , natürliche Seele überhaupt , natürliche Bestimmtheit der Seele . (§ 391-95) . Zur Seele überhaupt , oder mehr zur 2 392–95)] Er : (392–95 .) , die natürliche Bestimmtheit der Seele . 3–4 M o m e n t e , daß … S e e l e ] Er : Momente . Das Erste ist die Seele daß sie … S e e l e ] Wl : daß die Individualität als solche sei , zum C o n c r e t e n ko m m e . Die a l l g e m e i n e S e e l e muß nicht »als Weltseele fi xirt werden : denn sie ist nur die allgemeine S u b s t a n z , welche ihre wirkliche Wahrheit nur als E i n z e l n h e i t , Subjectivität , hat . Sie ist also nichts Reelles , nichts das irgend wahrhafter Weise betrachtet wird , obgleich sie ganz abstract ist . – Als sich besondernd tritt sie , vorher nur innre Idee , in das Dasein . In diesen Bestimmungen zeigt sie sich als seiende Seele« , 5 (als Naturbestimmtheit … wie] Er : als Naturbestimmtheit der Seele Wie 5–6 wie uns … Naturbestimmtheiten] Wl : diese Naturbestimmtheiten sind an der seienden Seele , und haben zweierlei an sich , Idealität , und hinter der Idealität freie Existenz , d . h . wie sie uns 6 Naturbestimmtheiten im … erscheinen ,] Er : erscheinen müssen im Bewußtseyn , 6–7 äußre Gegenstände vorhanden ;] ErWl : [ Veränderungen natürlicher Gegenstände] Wl : Gegenstände] vorhanden , [ haben eine] Wl : die ihre] eigne von der Seele abgesonderte [ Existenz , und dies] Wl : Existenz haben , zu denen aber die Seele als solche sich nicht als zu äußerlichen verhält ; sie hat vielmehr an sich selbst diese Bestimmungen als n a t ü r l i c h e Q u a l i t ä t e n . – Dieß] ist die eigne immanente Bestimmtheit der [Seele ,] Wl : Seele .] 7–10 Leibnitz sagt … heißen :] ErWl : d . h . die eigenthüm lichen Bestimmtheiten der Seele sind | vorhanden als äußere Existenzen . Es kann hier [also] Wl : ebenso] erinnert werden an die Leibnizsche Monade . [ Jede] Wl : (Alles Individuelle , alles Atome ist eine Monade . Atom im alten Sinne ist in sich selbst vollkommen bestimmungslos , alle Bestimmungen sind nur durch Zusammenfassen von Atomen . Das Atom ist in ihm selbst das ganze Universum . – ) Jede Monade] ist in ihr selbst das ganze Universum , die Monade ist vorstellend (diese Idealität) nicht mit Bewußtseyn 10–11 überhaupt das … ist ,] ErWl : überhaupt , ist das Universum wie im Keim der Baum , sie unterscheiden sich bloß dadurch daß ihre Vorstellungen dunkel oder [deutlich] Wl : hell (Bewußtsein)] sind . [ Die] Wl : die Seele also als Monade ist Totalität des Universums . die] Totalität ist ideal , die Monade stellt sie vor 11–598,1 vorstellend ; so … a u c h ] ErWl : oder deutlicher . – [ Das] Wl : b .) das] andre ist aber [daß] Wl : a) daß]

40 7–12 der Mensch … Universums . am rechten Rande

am rechten Rande

16–17 daß die … ko m m e . mit Verweiszeichen 19–20 Sie ist … ist . – mit Verweiszeichen am rechten Rande

A natürliche Qualitäten .Sg

§ 391 . a Natürliche SeeleEr

§ 391 .Wl

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i h r a u c h – dann sind sie aber auch als eine äußerliche Natur . Wir sprechen also von diesen Naturbestimmtheiten am deutlichsten , wenn wir sie auffassen nach ihrer äußerlichen Existenz . Das ist aber damit ausgeschlossen : das Verhältniß von Einwirkung , Einfluß und dergleichen – wird dieses als das wahrhafte angesehn , so macht das natürliche sich äußerlich geltend in der Seele – diese bestimmung ist also das ganz allgemeine der Natur . – Die Seele lebt dies Naturleben mit , das sogenannte kosmische , tellurische Leben der Menschen , das allgemeinste Naturleben ist das des Sonnensystems in seiner bewegung . Das ist das Leben der Schwere . dieses ist so zu fassen , daß es nur ganz die abstracte Grundlage ist , gegen welche sich sogleich der Anfang des natürlichen Seelenlebens sogleich individualisirt hat . Das ist was man in der Astrologie lehrt , daß diese Stellung der Himmelskörper zu einander und ihre bewegung Einfluß haben auf das Schicksal der Völker der Individuen . die Veränderung welche die Materie in Raum und Zeit hier hervorbringt ist die freie Mechanik ; die Momente dieser bewegung sind Raum und Zeit ; die Maaße derselben sind durch die Kategorien des Raums und der Zeit bestimmt . Das ist , was man das Gesetz der Himmelsbewegung nennt .

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§ 392 .Wl

an der [Seele , in ihr diese Unterschiede] Wl : Seele diese Unterscheidungen] sich entfalten , [gewußt werden , bewußt . Zweitens aber sind diese Bestimmungen so] Wl : sich bewußt werden , und so , daß sie , die Bestimmungen des idealen Universums sind , verhalten sich auf die Weise ,] daß sie sind 1–2 also von … deutlichsten ,] Er : so am deutlichsten von jenen Bestimmtheiten also von diesen] Wl : von | den 2 am] Wl : der Seele am 2–6 sie auffassen … Natur . –] ErWl : von ihnen sprechen in dieser Weise [wie] Wl : ihrer natürlichen Realität , in der sie Verhältniß der Körperlichkeit haben , in der Weise , wie] sie als körperliche Bestimmtheiten [in der] Wl : der] Natur sind . [der Einfluß , die Einwirkung ist aber] Wl : Aber das Verhältniß von Einfluß , Wirkung p ist] ausgeschlossen , denn da ist die Unselbstständigkeit der Seele gegen die Natur vorausgesetzt . – / Diese Bestimmungen sind die ganz allgemeinen in der [ Natur .] Wl : Natur , die wir die 1 .) N a t ü r l i c h e n Q u a l i t ä t e n nennen . / »Der Geist lebt in seiner Substanz , der natürlichen Seele , das allgemeine planetarische Leben mit , den Unterschied der Klimate , den Wechsel der Jahreszeiten , der Tageszeiten und dergleichen – ein Naturleben , das in ihm zum Theil zu Bestimmungen und Zuständen , zum Theil nur zu trüben Stimmungen kommt .« – ] 6–7 das sogenannte kosmische ,] Er : und da werden wir an das kosmische , siderische pp Wl : und das erinnert dann im Allgemeinen an das , was das kosmische , siderische , 7 der Menschen , das] Er : der Menschen erinnert . Die Wl : des Menschen genannt worden . – Die 7–8 Naturleben ist … Sonnensystems] ErWl : Naturbestimmung ist das Sonnensystem 8 dieses] Wl : dieß Leben der Schwere (Bewegung und Stellung der Himmelskörper) 9–10 sogleich der … hat .] Er : gleich das natürliche Seelenleben individualisirt . 10 des] Wl : des Seelenlebens , des 10– 599,4 Das ist … zukommt ,] ErWl : Hieher [gehörten] Wl : gehören] die astrologischen Vorstellungen , [die] Wl : daß die Stellung der Himmelskörper Zusammenhang habe mit den Schicksalen der Staaten und Individuen , also von] einer Harmonie zwischen dem Äußerlichen und [ Innerlichen . In] Wl : Innerlichem , sofern dieß selbst auch durch ein Schicksal bestimmt sei (das Allgemeine liegt zu Grunde , ist aber auf trübe Weise gefaßt worden . – Aber in] Ansehung dieses Verhältnisses muß man diese bestimmte Vorstellung des Verhältnisses fassen , daß dies Leben der [freien] Wl : freien großen] 7 das] die

35 gleich] folgt gestr : der Anfang

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In diesem System ist die Erde der Planet des Individualisirten ; sie ist höher als die Sonne , die bloß ein abstractum von Licht – der Planet ist das wahrhafte das Concrete , das höchste im System , mit Monden etc . sind auch Abstractionen . Was der Erde nun zukommt , hat sie als Glied dieses Systems . Sie ist individualisirt in demselben ; sie ist nicht in Confl ikt dagegen , sondern was sie ist , ist sie in der Ordnung des ganzen Systems . | Wenn die Natur fertig ist , dann tritt erst die Seele , der Mensch auf , und diese Grund Individualität ist das letzte auf demselben . Man hat die Entwicklung des Menschengeschlechts , die Menschengeschichte zu Theilen zusammengebracht mit Epochen , die im System der Natur vorkommen ; wie man die religiösen Ideen und Feste so angesehn hat , daß sie ihre Wurzel haben in Naturveränderungen und ihren beziehungen – so hat man die ganze Menschengeschichte auf allgemeine Naturveränderungen in der bewegung des Sonnensystems bezogen .

Mechanik [nur] Wl : wie im Sonnensystem , in der Natur nur] bestimmt ist [durch das Verhältniß von Raum z u Zeit , diese bedingen das] Wl : von Raum und Zeit (Materie) . Das] Leben das die Materie hier [ lebt . die Schwere] Wl : lebt , ist allein bedingt durch das Verhältniß von Raum und Zeit , – freie Mechanik , Bewegung der Materie . – Materie , Schwere in ihrer Lebendigkeit ,] in ihren Momenten | entwickelt [gibt Raum und Zeit als ihre Momente . das was] Wl : stellt sich als Bewegung dar , – und Momente der Bewegung sind Raum und Zeit . – Was] man die Gesetze der himmlischen Bewegung nennt hängt bloß von Raum und Zeit ab und dem [was sie] Wl : wie sie sich] ihrem Begriff nach [sind und wie sie sich darnach] Wl : zu ein ander] verhalten . – [die Erde ist Lebendiges , Individualisirung ist] Wl : In diesem System ist die Erde , oder Planet überhaupt , das Individualisirte] das Concrete [gegen das Abstracte , die Sonne . Was] Wl : (Höheres ,) gegen die Sonne , die abstract ist : denn die Erde ist lebendig , – concret , wahrhaft , das Höchste im System . Was] die Erde für eine Stellung [ hat ,] Wl : hat , und was ihr in dieser Rücksicht zukommt] , 4–5 Systems . Sie … sondern] Er : Systems , ist als solches nicht entgegengesetzt , in differentem Verhältniß gegen das Uebrige , ist individualisirt in diesem ist 4 Systems . Sie] Wl : Systems , oder , sie ist als Glied dieses Systems nicht im Gegensatz gegen das übrige System , sondern 5–6 ist sie … Ordnung] Er : als Glied 6–7 Wenn die … Mensch] ErWl : Die Stellungen [der] Wl : der übrigen] Planeten haben in sofern kein Verhältniß gegen die Seele , diese höhere In|dividualisirung . [ In diesem Verhältniß sind diese Bestimmungen zu fassen , nicht daß sie] Wl : So ist also dieß Verhältniß zu fassen , nicht so , daß sie in der Seele] einen Widerschein [eine Bezüglichkeit hatten auf die Seele .] Wl : hätte , oder daß die Verändrungen in der Geschichte Bezüglichkeit hätten auf Verändrungen im ganzen System .] Wenn die [ Erde fertig ist ,] Wl : Natur fertig ist und ihre Stelle hat und die Erde fertig ist und ihre Stelle hat ,] dann tritt die [Seele , der Mensch] Wl : Seele des Menschen] 7 das letzte … demselben .] Er : das Letzte . Wl : insofern das letzte . 8–12 Entwicklung des … bezogen .] ErWl : [ Weltgeschichte] Wl : Entwickelung des menschlichen Geschlechts zum Theil zusammengebracht mit den Epochen , die in der Bewegung des Sonnensystems vorkommen – besonders in der Zeit , da man die Religion in Beziehung auf Naturveränderungen betrachtete , und religiöse Begeistrung p z . B . ansah als ihre Wurzel in Naturveränderungen habend . So hat man die Weltgeschichte überhaupt] nach Epochen der Naturveränderungen betrachtet , hat sie bezogen auf Naturveränderungen , wie sie [im Sonnensystem Statt fi nden . Z . B . [lacuna] hat alle Ideen] Wl : in der Bewegung des Sonnensystems 12M D u B u y s .] siehe Anm .

21 das] daß

22 (Höheres ,) mit Verweiszeichen am linken Rande

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Du Buys .Sg

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21Wl § 392 .Wl

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§ 392Wl 24Er

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An der Erde sind nun auch Veränderungen , die als Unterschiede an ihr selbst zur Existenz kommen , die zusammenhängen mit der Stellung im Sonnensystem ; es scheinen in so fern auch Veränderungen der natürlichen Seele zu sein ; das ist die Neigung der Erdachse auf der bahn , Unterschied der Jahres Tageszeit , etc . die natürliche Seele lebt nun diese Veränderungen überhaupt mit ; aber es kommt nur zu trüben Stimmungen | – dadurch hat sie aber zugleich den Character der Allgemeinheit , die in der Seele Gewohnheit Gleichgültigkeit gegen sein Naturleben werden , so ist auch das animalische leben sympathetisch an die Natur geknüpft . Die Natur des Menschen hat auch diese Veränderungen an ihr aber auf untergeordnete Weise ; es bleibt bloß bei Stimmungen , und der abgehärtete gebildete erhebt sich auch über

vorkommen . (So ein Franzose ? hat alle Verändrungen] der Religion , des Cultus auf [ Naturbestimmungen] Wl : Naturverändrungen] bezogen ; [so] Wl : und diesen Gedanken in größter Ausdehnung ausgeführt z . B .] hat er die sogenannte Verrückung der Tag und Nachtgleichen bezogen auf Veränderungen in der Religion und damit parallelisirt die Verehrung des Stiers bei den Aegyptern und die Verehrung des [ Lamms] Wl : Lammes (Widder)] bei den [Christen] Wl : Christen . –] Es ist aber festzuhalten daß die Erde sofern sie ihre Stelle im System hat , im ruhigen Zusammenhange mit ihm steht , [ Bestimmungen im] Wl : und dieß System ihr nicht gegenübergerückt ist , und daß die Bestimmungen an diesem] System nicht Veränderungen an [ihm] Wl : ihr] sind , noch weniger am Geist und an der Seele . 1 sind nun … Veränderungen ,] Er : diesem Körper der Individualität sind Veränderungen Wl : dieser Individualität , sind Verändrungen an ihr selbst , 1–3 ihr selbst … Veränderungen] Er : ihm zum Vorschein kommen , Klimate pp – diese Veränderungen erscheinen so als solche die 1–2 selbst zur … kommen ,] Wl : zum Vorschein kommen , als Unterschiede ihrer existiren . (Klimate , Wechsel der Tag- und Jahreszeiten p) , Verändrungen , 2–3 es scheinen … Veränderungen] Wl : – und als Verändrungen erscheinen , die 3–5 zu sein ; … kommt] ErWl : zu kommen , [der Unterschied der Jahres pp Zeiten gehören hierher . die Seele lebt diese auch mit aber wie es im § heißt : Es kommt dabei] Wl : weil sie ihre natürlichen Bestimmungen haben . der natürliche Mensch lebt diese Verändrungen auch mit , als ein Naturleben , das in ihm zum Theil zu Bestimmungen und Zuständen , zum Theil] 6 – dadurch hat … zugleich] Er : | die Seele hat Wl : kommt .« / Die Seele des Menschen hat überhaupt eben 6–8 Allgemeinheit , die … geknüpft .] ErWl : Allgemeinheit [an] Wl : in] sich der [zur Gleichgültigkeit wird] Wl : am Empfi nden , natürlichen Leben , zur Gewohnheit wird und zu Gleichgültigkeit] gegen diese Naturbestimmtheiten . die [ Thiere sind ganz an sie gefesselt ,] Wl : untergeordneten Orga nisationen (die vegetabilische und animalische Welt) sind ganz in das Naturleben versenkt , und der Verlauf ihres Lebens , ihrer Zustände u . s . f . hängen ganz zusammen , sind hauptsächlich begründet in dieser Sympathie mit der Natur , – | und] erheben sich nicht über [diese] Wl : ihre allgemeinen] Veränderungen , die Pfl anzen [sind an die Jahreszeiten gebunden ,] Wl : hängen ganz von den Jahres- und Tageszeiten ab ,] mehr oder weniger auch die [ Thiere .] Wl : Thiere , in Begattung u . s . f . »Ihr ganzer specifi scher Character , so wie ihre besondren Entwicklungen hängen bei Vielen ganz , immer mehr oder weniger davon ab .«] 9 Menschen] ErWl : Menschen , der Seele 9–601,1 Weise ; es … allerdings] Er : Weise , theils bleibt es nur bei Stimmungen über die sich der gebildete Mensch erhebt . die äußerlichen Empfi ndungen , Kälte pp bringen 10 bleibt] Wl : bleibt im Menschen theils 10–601,2 der abgehärtete … hervor ;] Wl : selbst 13–14 auf Veränderungen … Religion bei Er über der Zeile und am rechten Rande er se

16 sie ihre] Er :

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diese Stimmungen . die Jahreszeiten bringen allerdings Veränderungen in unsren Geschäften hervor ; der Mensch hat übrigens ein bedürfniß nach diesen Veränderungen der Jahreszeiten , und je ungebildeter die Menschen sind , desto mehr sind diese natürlichen bestimmungen in ihnen mächtig ; so sind auch die Stimmungen des Menschen in den Tageszeiten sehr verschieden . der Geist ist morgens noch eingehüllt und man ist erst zu ruhig gewohnten Arbeiten geneigt – der Tag gehört den Geschäften – abends ist die Phantasie geschäftig , der Mensch stellt Spiel etc . an etc . Mitternacht ist der Geist am liebsten einsam bei sich . bei den Griechen waren die Volksversammlungen früh Morgens ; in England sind die Parlamentsversammlungen abends bis nach Mitternacht ; das sind Unterschiede die in der alten und neuen Zeit überhaupt ihren Grund haben . Einen Zusammenhang des Mondes von der Erde gibt es auch , aber man muß es nur nicht Einfluß des Mondes nennen , es ist kein äußerliches Verhältniß , auch keine Phantasie , sondern ein Zusammengehn des seelenhaften Lebens – , hierdurch entstehn Veränderungen der Zustände von Menschen Kranken , Thieren etc . Aber diese Zusammenstellung zeigt , daß das keinen Zusammenhang hat . Indeß bei einzelnen Individuen zeigt sich doch das , was man

über die erhebt sich der abgehärtete , mehr der gebildete Mensch , »je mehr sein ganzer Zustand auf 20 freie geistige Grundlagen gestellt ist . Die Jahreszeiten und äußeren Empfi ndungen als Kälte u . s . f .

bringen Bestimmungen in unseren Geschäften zu Wege .

2–4 diesen Veränderungen … auch] Wl :

20 solchen Verändrungen (ertrüge ungern ewigen Frühling p) . In den verschiedenen äußeren Ver-

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ändrungen fi nden wir uns verschieden disponirt , je mehr der Mensch ungebildet ist , desto mehr . – Ebenso sind 2–3 diesen Veränderungen … Jahreszeiten ,] Er : solchen Veränderungen 4–6 Stimmungen des … geneigt –] Er : Tageszeiten verschieden , und bei manchem Geschäfte kann man sich nicht vorstellen daß man sie am Morgen machen könne . 5–6 in den … der] Wl : zu gewissen Tageszeiten verschieden und bringen so gewisse Beschäftigungen zutage . (Der 6–8 den Geschäften … die] Wl : mehr dem Gegensatz , der Arbeit an , der Abend der Rückkehr in die subjective Reflexion (Spiel der Vorstellungen p die Mitternacht der Einsamkeit mit sich , der Betrachtung mit sich . – ) Viele historische Unterschiede haben darauf Beziehung . So waren die römischen und griechischen 6–7 den Geschäften … etc .] Er : dem Gegensatz , der Arbeit an , der Abend ist die Zeit der Rückkehr pp , in der 8 am liebsten … die] Er : geneigt einsam betrachtend zu seyn . So sind die römischen 9–602,1 früh Morgens ; … daß] ErWl : [am Morgen , die englischen am Abend und Mitternacht gehalten .] Wl : morgens ; die englischen Parlamentsversammlungen sind Abends und in der Nacht , – nach der verschiedenen disposition älterer und neurer Zeit .] – Eine Veränderung [ist viel besprochen , das] Wl : noch , die zum System unsrer Erde gehört und viel besprochen worden ist ,] sind die Phasen des Monds , [da hat man einen Zusammenhang früher noch mehr behauptet , einen Einfluß muß man es nicht nennen , weil] Wl : hat man nemlich vormals von einem Einfluß der Mondfasen gesprochen ; doch Einfluß ist statt Zusammenhang falsch gebraucht , da] von einem äußerlichen Verhältniß nicht die Rede ist sondern von einem [ Zusammengehn . Vielfache] Wl : Zusammengehen des psychischen Lebens mit solchen Verändrungen . Man hat in Ansehung der körperlichen Dispositionen Zusammenhang mit den Mondverändrungen behauptet , und vielfache] Beobachtungen [sind da gemacht . Besonders hat man Veränderungen bei Geisteskranken mit jenen Phasen behauptet . Bei einzelnen Individuen sind] Wl : drüber angestellt ; – vornehmlich hat man

den 13 . November . 1827 .Er

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Mondsüchtigkeit nennt , daß die Paroxismen stärker sind bei gewissen Phasen des Mondes , daß dergleichen sich in der seelenhaften und organischen Disposition des Menschen zeigt , ist klar ; indeß ist der Mensch freier von diesem Zusammenhang als das Thier ; wenn es beim Menschen vorkommt , so | ist es nur dann , wenn die Freiheit seiner Natur nachgelassen hat , wenn er krank ist ; da kommt das Mitleiden mit den Veränderungen der Natur leichter zum Vorschein . – So in physikalischer beziehung liegt ein Theil desjenigen , was zum Aberglauben gehört ; es ist der Glaube von einem Zusammenhang , der nicht Statt fi ndet , nicht der gesetzte Zusammenhang der Natur ist . Was wir uns aus solchem Zusammenhang in Gesetzen bilden , beruht nur auf Erfahrung , was dann zuletzt einen großen Kreis bildet , der immer von neuem durchlaufen wird und sich immer weiter ausdehnt . Wider diese Erfahrung ist der Aberglaube . Andre Arten des Zusammenhangs fallen mehr in das Geistige ; wenn der Mensch einen Entschluß fassen will , so fragt er ob damit auch der Erfolg verbunden sei ; es ist ihm , wenn er handelt um den Zusammenhang seines Entschlußes und des Erfolges zu thun . Da hat der Aberglaube sein Spiel ; so faßt der Mensch seinen Entschluß nach der größeren oder geringeren Wahrscheinlichkeit des

Verändrungen der dispositionen in Geisteskrankheiten zusammengestellt mit jenen Mondfasen . Auch hierüber viele Erfahrungen , die günstig und nicht günstig sind . Doch sagt die Erfahrung , daß bei einzelnen Individuen] 1–2 sind bei … Mondes ,] Er : bei gewissen Mondständen . 2–7 seelenhaften und … zum] ErWl : [menschlichen Disposition] Wl : menschlichen Organisation zeigt , und noch mehr in seelenhafter Disposition , und sich] zeigen kann ist [festgestellt aber auch bemerklich gemacht daß der menschliche Organism auch als thierischer mehr davon frei ist , und es ist auch nur wenn seine Energie gesunken , er] Wl : gezeigt worden ; aber zugelich ist festgestellt worden , daß , wenn solches bei menschlicher Organisation eintritt , der Mensch schwächer wor|den ist , seine Freiheit nachgelassen hat und er anheim fällt] der Natürlichkeit [mehr anheim gefallen ist wo] Wl : wo] jenes Mitleben [sich mehr zeigt . In] Wl : mit der Natur zum Vorschein kommt . – / Noch eine Bemerkung ist gemacht worden ; daß nehmlich in] physicalischen Bestimmungen [ liegt zum Theil das was] Wl : ein Theil desjenigen liegt , das im Allgemeinen] dem 7–12 gehört ; es … mehr] ErWl : anheimfällt , [der Glaube eines Zusammenhangs der] Wl : d . h . dem Glauben an einen Zusammenhang , der in der That nicht Statt fi ndet im Gange der Natur , nicht nothwendiger Zusammenhang ist , oder von uns] nicht als gesetzlich kann gelten gelassen werden . [daß Mittel helfen pp beruht auf Erfahrung , andre fi n|den dies nicht bestätigt , aber die ersten Erfahrungen werden] Wl : Man hat einen großen Kreis von Mitteln durchlaufen , die bei einigen bestimmte Wirkungen äußerten , die bei anderen sich aber so nicht erwährten , woher diese zu anderen Mitteln griffen . Jene Beobachtungen werden aber dadurch] nicht umgestoßen , wenn sie [auch] Wl : gleich] sich als beschränkt [zeigen] Wl : erweisen] . Zusammenhänge aber anderer Art fallen vornehmlich 13–15 einen Entschluß … thun .] Er : sich zu etwas entschließt , da ist die Frage nach dem Erfolg und auf den Zusammenhange dieses mit dem Entschluß kommt es an . 13 einen Entschluß … damit] Wl : für seinen Willen eine Bestimmung zu fassen hat , so entsteht in ihm die Frage , ob mit seinem Willen und Entschluß 14–16 sei ; es … seinen] Wl : seyn werde ; denn darauf kommt es dabei an . 36 zeigen] zeigt

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Erfolges . der Hauptaberglaube in dieser Rücksicht bei den Alten war , daß sie sich an das Orakel wandten den Flug der Vögel , an das Fressen der Thiere etc . Wenn die Menschen noch Zuflucht nehmen zu solch äußren Umständen um des sicheren Erfolges gewiß zu sein , und dann den Entschluß zu fassen , so haben sie noch nicht den Muth sich aus sich selbst zu entschliessen , und für sich zu stehn für den Erfolg – es steckt da oft politischer betrug dahinter – indeß sind auch Anfänge darin , die einen Zusammenhang andeuten zwischen dem , was ein Zeichen war und zwischen dem , was das Wirkende und Vollbringende eines Erfolges gewesen . Einen Anfang davon sehn wir in der beobachtung der Eingeweide der Opfer thiere , und des Fraßes der Thiere . So Xenophon hat sich viel mit den Opfern zu schaffen gemacht als er zurückzog – so in der Schlacht bei Platäe wo Pausanius sich bis gegen Mittag herumgeplagt hat mit Opfern . Bei den Alten beruht aber der Krieg auf dem persönlichen Muth ; bei uns ist die Tapferkeit anders , sie besteht mehr in der Festigkeit des Zutrauens auf die Gemeinsamkeit ; das ist ein Hauptmoment in der modernen Tapferkeit ; einer verläßt sich immer auf den andren und auf das Ganze : bei den Alten war jeder für sich allein tapfer ; dieser Muth ist nun zugleich eine gewisse körperliche Stimmung ; man sagt ein Mensch hat Herz , d . h . er ist tapfer , darin

20 Hierher ist es , daß eine große Menge von Aberglauben fällt . – Will der Mensch sich zu Etwas ent-

schließen , möchte er vergewissert seyn in Ansehung des Erfolgs , und faßt den

1–2 in dieser …

20 Wenn] ErWl : [zur Vergewisserung war bei den Alten Orakel , Vogelflug , Thiere und dergleichen]

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Wl : der Alten in dieser Rücksicht war , daß sie sich gerichtet haben nach dem Fluge der Vögel , Orakeln , dem Inneren der Opferthiere p .] Es ist wenn 3 solch äußren] Er : solchen dingen , äußerlichen Wl : solchen Mitteln , äußerlichen 3–4 des sicheren … den] ErWl : einen 4–6 so haben … die] ErWl : noch nicht die [ Festigkeit da , für sich sich zu entschließen .] Wl : innre Festigkeit vorhanden , die sich aus sich selbst für sich entschließt , sich aus sich zu entschließen und für sich zu stehen , für das , was geschieht .] das meiste in dieser Rücksicht ist reiner Aberglaube , politischer Betrug pp aber es ist dann auch Einiges darin , [Anfänge , die allerdings] Wl : das in der That] 7–8 andeuten zwischen … was] Wl : zwischen dem , was für ein Zeichen gegolten , und dem was in der That 7 andeuten zwischen … ein] Er : zwischen dem was das 7–604,4 zwischen 2 dem … die] Er : dem Wirkenden und Vollbringenden haben . Mit dem Beobachten der Opfer thiere und dem Fressen besonders bei verschiedenen Umständen haben sie sich oft und viel zu schaffen gemacht . Es hing da die Schlacht besonders vom persönlichen Muth ab , ihre Tapferkeit war verschieden von der modernen , welche Tapferkeit seyn muß , die Disciplin ist , sich auf das Ganze verläßt . der Muth des Einzelnen als solches ist zugleich ein Leibliches , eine bestimmte körperliche Bestimmtheit , eine Stimmung die noch nicht Krankheit ist kann deprimirt seyn . diese hängt nun zusammen mit physicalischen Umständen . In so fern nun 8–9 eines Erfolges … Eingeweide] Wl : gewesen , hat . Es gehört hierher das Beobachten 10–16 Thiere . So … gewisse] Wl : Thiere , besonders unter gewissen Umständen , – womit sich die Alten vornehmlich viel zu schaffen machten , insbesondre vor Schlachten . (Siehe Xenophon) – Die Schlachten der Alten hingen vom persönlichen Muthe ab und ihre Tapferkeit war mehr eine persönliche als die moderne , die Disciplin ist und sich auf das Ganze verläßt . der Muth aber des Einzelnen , als solches , ist zugleich ein Leibliches , eine gewisse körperliche Bestimmtheit , eine 17–604,3 man sagt … Gegend] Wl : wie wir’s im gemeinen Leben schon

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liegt das Körperliche , diese mehr oder weniger deprimirte Stimmung hängt nun zusammen mit der physikalischen be schaffenheit mit der Infection und der Spannung der Atmosphäre ; z . b . in sumpfiger Gegend findet sich der Mensch abgespannt , und das ist dem Muth nicht günstig . Insofern also bei den Alten die körperliche Disposition ein wesentliches Element des Muths war , so hängt das also zusammen , daß diese körperliche Disposition gemeinsam war mit den Thieren . | beim Thier zeigt sich die physikalische bestimmung auffallender ; daran lernt der Mensch dann seine eignen kennen ; man konnte also aus der beobachtung der Stimmungen der Thiere schließen auf die größere oder geringere Aufgelegtheit des Heeres für die Schlacht ; hierin ist also doch eine Art von vernünftigem Zusammenhang nicht zu verkennen . bei mehr geistig gebildeten Völkern ist der Zusammenhang mit diesen physikalischen Stimmungen nicht so bedeutend , w i r können aus Tag Nacht machen und umgekehrt[ .]

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24 Wl ; § 392 . Anm .Wl

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andeuten , wenn wir den Muth eines Menschen leiblich andeuten und sagen : er hat Herz . Es gibt keinen Tapferen , der nicht zu Zeiten kälter seyn kann , durch deprimirte Stimmung , die zusammenhängt mit physikalischen Be schaffen heiten , der Gegend überhaupt . So z . B . in Sümpfen 3–6 abgespannt , und … diese] Wl : leiblich abgespannt und nicht in geistiger Disposition für Muth) . Sofern also im Muthe der Alten die körperliche Spannung wesentlich war , und die 5 Element des … also] Er : Moment war , hängt damit 6 diese körperliche Disposition] Er : diese gemeinsam] Wl : bei ihnen gemeinsam 6–10 Thieren . beim … doch] Wl : Thieren , bei letzten aber sie erkannt werden kann , aus der Art wie sie fressen und verdaut haben , – so konnte das Beobachten des letztern allerdings zum Zeichen dienen von größerem oder geringerem Aufgelegtsein der Krieger zu einer Schlacht . So ist hier also in Beziehung auf diesen mannigfaltigen Aberglauben 6–9 Thieren . beim … Schlacht ;] Er : Thieren , und die Abspannung dieser läßt sich erkennen nach der Art des Futteressens oder der Verdauung . dergleichen konnte so ein Zeichen seyn der bestimmten physicalischen Stimmung . 10 von vernünftigem] ErWl : von 11–12 bei mehr … können] ErWl : [die] Wl : »Wie der Unterschied also der Klimate eine festere , gewaltigere Bestimmtheit enthält , so entsprechen den Jahres- und Tageszeiten und Witterungen nur schwächere Stim|mungen , die in Krankheitszuständen , wozu auch Verrücktheit gehört , in der Depression des selbstbewußten Lebens , sich vornehmlich hervorthun . – Unter dem Aberglauben der Völker und den Verwirrungen des schwachen Verstandes fi nden sich bei Völkern , die weniger in der geistigen Freiheit fortgeschritten , und darum noch mehr in der Einigkeit mit der Natur leben , auch e i n i g e wirkliche Zusammenhänge und darauf sich gründende wunderbar scheinende Voraussetzungen von Zuständen und daran sich knüpfenden Ereignissen . Aber mit der tiefer sich verfassenden Freiheit des Geistes verschwinden auch diese wenigen und geringen Dispositionen , die sich auf das Mitleben mit der Natur gründen . das Thier wie die Pfl anze bleibt dagegen darunter gebunden .« – / Die] Einigkeit mit der Natur [ist gerade das Thierische .] Wl : demnach , die man oft als den wahrhaften Zustand , das Ziel des Menschen nennt , – ist eigentlich das Thierische an ihm .] Bei denen die mehr darin sind fi nden sich mehr solche Zusammenhänge , als bei gebildeteren Völkern , die freier sind . Wir [ können] Wl : können drum leicht] 12–13 machen und umgekehrt[ .]] Er : machen . das ist also das Erste dieser natürlichen Bestimmungen / Wl : und aus Nacht Tag machen : da die Stimmungen bei uns nicht die Gewalt haben , wie bei weniger Gebildeten . Das ist also die ganz allgemeine Bestimmung im Seelenhaften . – /

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Das allgemeine planetarische Leben des Naturgeistes sondert sich in die concreten Unterschiede der Erde – Es können hier nur die Gesichtspunkte angedeutet werden die hierher fallen . Zu e r s t die allgemeine Stellung der Erde . 2 . die besonderung dieses allgemeinen Naturlebens : das gibt die besondren Naturgeister der Erde . die besonderung unsrer Erde ist nun in dem bekannten : | daß die Erde ge theilt ist in die 4 Welttheile , enthalten – ; der 5t e ist mehr ein Aggregat zerstreuter Inseln , die in bezug ihrer physiologischen be schaffenheit und bevölkerung eine große Unreifheit bezeugen . diese terrestrischen Unterschiede hängen zusammen mit Unterschieden der natürlichen be schaffenheit des Menschen . Im Allgemeinen sind hier einige Hauptgesichtspunkte anzugeben . Amerika kann man mit Recht die Neue Welt nennen ; die alte Welt wird nun in 3 Theile getheilt , das scheint willkührlich zu sein und durch Zufälligkeit so entstanden zu sein . Aber das Wahre ist : daß die physikalische be schaffenheit als solche ebenso mit der seelenhaften be schaffenheit in diesen unterschiedenen Theilen bestimmt ist , und daß also auch diese geographische Unterscheidung eine physische und natürliche ist . diese geographische Unterscheidung hängt zusammen mit der Verschiedenheit der Racen , welche im Allgemeinen durchaus auffallend ist ; in Ansehung der Gränzen lassen sich freilich Abweichungen finden , aber im Ganzen ist es etwas Festes . Es sind nun 4 R a c e n angenommen . Amerika macht einen

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… die1] Er : pp – ausmachen . das erste betrifft die ganz 1 sondert] Wl : 2 .) besondert 2 Erde – ] Wl : Erde , und zerfällt in die b e s o n d e r e n N a t u r g e i s t e r , die im Ganzen die Natur der geografi schen Welt theile ausdrücken , und die Racenverschiedenheit ausmachen . – / hier] Wl : hier , indem es die ganze Filosofie des Geistes ist , die wir zu betrachten haben , 3 fallen . Z u e r s t … allgemeine] Wl : gehören . – / Das Erste betrifft ganz allgemein die 4 dieses] Er : des ganz Wl : des Naturlebens : das] Er : Naturlebens und Wl : Naturlebens Naturgeister der Erde .] Er : Naturgeister . Erde .] Wl : Erde , Besondrungen dieser allgemeinen Individualität , besondre Individualitäten , die aber selbst noch allgemein ist . 5 unsrer Erde] ErWl : unsres Erdkörpers 5–6 in die … enthalten] Er : und im Allgemeinen sind es 4 Welttheile , Wl : im Allgemeinen in 4 Welttheilen 6 mehr ein] Er : ein Wl : eine Sammlung , ein 7–8 in bezug … diese] ErWl : [eine große Unreife zeigen :] Wl : sowohl in Ansehung der physischen Beschaffen heit als auch der Menschen Unreife zeigt .] Auf diese Unterschiede kommt es [an und diese] Wl : an . diese fysikalischen] 9–11 Im Allgemeinen … nun] ErWl : [ Wir] Wl : Nur allgemeine Hauptgesichtspuncte hier : Wir] geben wohl zu [daß] Wl : daß die sogenannte neue Welt ,] Amerika eine [andre] Wl : getrennte eigne] Welt gegen die alte [ bildet . diese Alte ist aber] Wl : bildet , die] 12–17 getheilt , das … welche] ErWl : [getheilt und es scheint das erst zufällig zu seyn .] Wl : getheilt ist . Diese Eintheilung scheint willkührlich zu seyn und sich durch Zufälligkeit gemacht zu | haben .] die Vorstellung dieser Eintheilung mag [nun in die Menschen] Wl : aber] gekommen seyn wie sie will , so ist gewiß daß die Verschiedenheit der Theile auch in der verschiedenen [Seelenhaftigkeit der Bewohner] Wl : Seelenhaftigkeit] bestätigt ist . die geographische Eintheilung hängt [auch mit den Racen zusammen ,] Wl : mit dem zusammen , was man Racen nennt ,] eine Verschiedenheit [die] Wl : die im Particulären wohl in vielem unbedeutend ist ,] 17–19 in Ansehung … einen] ErWl : Es ist nun angenommen daß 4 solche Racen sind die amerikanische überhaupt , die obgleich unter [sich verschieden den]

20 1–3 des Naturgeistes

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Gegensatz gegen die alte Welt aus . der amerikanische Character ist ein ganz andrer als der der alten Welt . – so der asiatische ein andrer als der europäische . Afrika steht in Zusammenhang mit Europa durch das Mittelmeer , das sie eigentlich trennt , aber sie doch enger verbindet als das Land . So hängt eigentlich Afrika noch mit Europa zusammen , und das eigentliche Afrika fängt erst an mit der Wüste Sahara , der boden eines ungeheuren Meeres . Man hat umgekehrt die Spanier die Afrikaner von Europa genannt ; aber das ganz nördliche Afrika hat mehr Zusammenhang mit Europa , als mit dem übrigen Afrika . Ebenso Vorderasien hat mehr Ähnlichkeit mit Europa als das übrige Asien . So wie man den Indus überschreite erzählt ein Engländer finde man erst einen andren Welttheil als Europa . Der höchste Unterschied in Ansehung der physischen beschaffenheit der Erde ist der Unterschied von Norden und Süden . diese Differenz ist aber mehr ein quan-

Wl : ein ander im höchsten Grade verschieden , doch gesammt , einen gemeinsamen] 1–3 alte Welt … Europa] Wl : Bevölkerung der alten Welt ausmacht . In dieser ist nun der afrikanische Character sehr verschieden , und dann ferner der asiatische gegen den europäischen , – und eben so wesentlich unterschieden der afrikanische vom asiatischen . Asien , Afrika und Europa sind wieder verbunden 1–6 aus . der … Meeres .] Er : mache . In dieser ist erst der africanische Character sehr verschieden , dann ferner der asiatische gegen den europäischen . das mittelländische Meer verbindet die drei Erdtheile . In dieser Rücksicht gehört das nördliche Africa viel mehr zu Europa als zum eigentlichen Africa von dem es durch die Wüste getrennt ist . 3–11 das sie … höchste] Wl : diesen großen Mittelpunct der alten lebendigen Welt , – das so wenig diese drei Welttheile von einander trennt , daß mit weit mehr Recht , als die Franzosen Spanien das Afrika in Europa nennen , man Nordafrika (das die Sahara , dieser ungeheuer hindernde trockne Meeresboden mehr von SüdAfrika als das Mittelmeer es von Europa , trennt) und Vorder-Asien (gar zu sehr von Asien jenseits des Indus verschieden , und weniger von Europa) zu Europa rechnet , auf große Uebereinstimmung in vegetabilischer , geognostischer p Rüksicht , wie in Sitten etc der Menschen , mit denen Europa’s basirend . / Dieser Unterschied der Racen beweist sich als ein Unterschied geistiger oder wenigstens seelen hafter Beschaffen heit des Menschengeschlechts . Was diese Unterschiede (Verschiedenheit der Stämme , etc . betrifft , so ist’s theils physiologischer , theils hängt’s mit geistiger disposition zusammen .) – / Der nächste 7–9 aber das … Asien .] Er : Nordafrica hat aber vielmehr europäischen Character . Ebenso ist es mit Vorderasien . 9 überschreite erzählt … Engländer] Er : überschreitet 10–11 erst einen … höchste] Er : einen so verschiedenen Character von Europa wie vorher gar nicht pp Hier empfi nde man erst daß man in einem andren Welttheil sei / dieser Unterschied zeigt sich auch als ein seelenhafter des Menschengeschlechts . der nächste 11–12 ist der Unterschied] Wl : und des fysischen Zustandes , den die Menschen besitzen , ist der 12–607,2 diese Differenz … der] Er : dieser ist ein mehr quantitativer der Kälte und Wärme und deren Wirkungen sind wie wir wissen sehr verschieden . Diese 12 diese Differenz … aber] Wl : »diesen Gegensatz der terrestrischen Polarität , durch welchen das Land gegen Norden zusammengedrängt ist und das Uebergewicht gegen das Meer hat , gegen die südliche Hemisphäre aber getrennt in Zuspitzungen aus einander läuft , bringt in den Unterschied der Welttheile Modificationen , die Treviranus (Biolog II Thl) in Ansehung der Pfl anzen und Thiere aufgezeigt hat .« – Diese Verschiedenheit ist 15 asiatische] asiatischen

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titativer Unterschied der Wärme und Kälte . Das leuchtet ein , daß die Kälte den Menschen ganz ohnmächtig macht , | sowohl an Geist als an Körper . Von der Nord und Südpolarität ist zu unterscheiden Ost und Westpolarität . die Unterschiede der verschiedenen Welttheile sind aus beiden Polaritäten zusammengesetzt ; diese scheinen relativ zu sein , allein dies ist nicht blos Schein sondern ein constituirter fi xer Unterschied . Der Unterschied der Racen ist theils etwas Physiologisches ; dahin gehört die Farbe , die schwarze und die gelbe der Ostasiaten , die Kupferfarbe der Amerikaner , die weiße Farbe der Europäer , welche die vollkommenste ist an und für sich , nicht bloß aus Gewohnheit . diese Hautfarbe ist das Resultat des Spiels , der freien Thätigkeit des blutes – die Leidenschaften und Empfindungen hängen mit den blutbewegungen zusammen – der Zorn macht roth ( ? ) die Furcht blaß , die Haut ist so gestaltet , daß das Spiel der Empfi ndungen sich darin ausdrückt . Die Farbe der Europäer ist nicht bloß weiß , sondern auch röthlich , bläulich , gelblich , worin eben die Vollkommenheit besteht ; es ist darin das Spiel der Vereinigung aller

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… der] Wl : Kälte , deren Wirkungen , wie wir wissen , sehr verschieden sind . (In heißer Zone haben die Menschen andre Gestaltung , als da , wo die Kälte die äußerliche Bethätigung verhindert . – Diese 3 ist zu unterscheiden] Er : muß unterschieden werden von der Wl : ist unterschieden von der 3–4 Unterschiede der … Welttheile] Wl : bekannten Unterschiede von den verschiedenen Welttheilen Unterschiede der verschiedenen] Er : Verschiedenheiten der 4–6 Polaritäten zusammengesetzt ; … Unterschied 2 ] Er : zusammen gebildet . | diese Unterschiede der Polarität sind nicht nur scheinbar ; die Unterschiede 4–5 diese scheinen] Wl : Ost und West scheint zunächst zwar bloß 5–6 allein dies … Physiologisches ;] Wl : da jeder Punct gegen den einen ein östlicher , gegen den andern ein westlicher ist ; aber daß dieser Schein bloß Schein sei , erweist sich bei näherer Betrachtung , wo man in Ost und West wirklich ein Constituirendes von fi xen Unterschieden fi ndet . die Hauptsache | betrifft die Verschiedenheit der Racen . diese ist theils rein fysiologisch . 6 ist theils … Physiologisches ;] Er : sind also theils bloß physiologisch , 7 die Farbe , … und ] Wl : der Unterschied der Farbe , die schwarz ist beim Afrikaner , 7–8 die schwarze … ist] Er : die weiße Farbe ist für die vollkommenste zu achten 8 Europäer , welche … ist] Wl : Europäer . Die weiße Farbe ist nothwendig die vollkommenste , 9 Gewohnheit . diese … Spiels ,] Er : Gewohnheit , sondern diese Hautfarbe ist Resultat diese Hautfarbe ist] Wl : der Grund hiervon ist , daß die weiße Farbe 9–10 des Spiels , der] Wl : der 10–13 – die Leidenschaften … Europäer] Er : und die Empfi ndungen mit denen die Blutbewegung zusammenhängt können sich durch diese Haut darstellen , es ist die Möglichkeit vorhanden , daß die innern Empfi ndungen aus ihr ein Zeichen ihrer machen können , das Spiel derselben sich auf ihr darstelle . Die europäische Haut 10 – die] Wl : ist , daß die 10–12 hängen mit … gestaltet ,] Wl : mit denen die Blutbewegung zusammenhängt , sich frei sichtbar machen in dieser Hautfarbe (Angst , Furcht , Schaam , sieht man auf dieser Hautfarbe) ; daß diese Farbe nicht fest ist , sondern es ist eine Möglichkeit vorhanden , 12–14 darin ausdrückt . … Vereinigung] Wl : daran ausdrücke , sie zum Zeichen ihrer mache . – Hierin liegt der Grund , die europäische Hautfarbe für die vollkommenste zu erklären . Sie ist indeß nicht , wie man sie gewöhnlich nennt , weiß . auch blau , roth , gelblich ; und zwar ist die gelbliche die eigenthüm liche Farbe der Haut als solche , Spiel 13–608,1 weiß , sondern … merken] Er : weiß . – Ferner gehört zu den physiologischen Unterschieden

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Farben vorhanden . Dann ist zu merken der Unterschied der Haare , die Schädelbildung , des festen baues der Knochen . Zusammengestellt ist dies in Blumenbach : De varietate generis humani naturae . Göttingen 1795 . Die Hauptsache dabei macht die bildung des Schädels aus . Es ist diese bestimmung nicht so leicht , da sie nicht regelmäßig ist in der Krystallisation . Für die bestimmung der Schädelbildung hat Kemper gewisse Punkte angenommen , und auf die Linien aufmerksam gemacht , welche diese untereinander bilden . Er stellt diese Linien auf in bezug auf die Schönheit , die er nach griechischen Kunstwerken bestimmt hat . Kemper hat eine Horizontallinie durch den äußern Gehörgang nach der Nasenwurzel zu und eine Linie von da aus über den hervorragenden Theil des Stirnbandes bestimmt : diese beiden Linien machen einen Winkel mit einander , und dieser Winkel zeigt sich bei den griechischen Statuen theils als ein rechter , theils nicht ganz als ein rechter ; je mehr er recht ist , desto schöner ist der Kopf ; bei den Thieren ist dieser Winkel ein spitzer ; bei den Menschen geht er in den rechten über . Blumenbach bemerkt aber , daß dadurch noch Vieles unbestimmt bleibe , und daß die Schädel nach dem Unterschied dieses Winkels auch noch sehr unterschieden seien ; daher hat er noch d e n Unterschied gemacht : ob man die Schädel von oben hinunter betrachtet oder

1 vorhanden . Dann … merken] Wl : darin . – Ferner gehört zum fysiologischen Unterschiede 1–2 die Schädelbildung , … in] ErWl : [dann auch der] Wl : der] verschiedne Bau der Schädel cf . 3–5 naturae . Göttingen … Krystallisation .] ErWl : naturae . die unterschiedne Bildung der Schädel ist nicht so leicht zu bestimmen weil [sie nicht so fest steht wie z . b . die Cristallisationen .] Wl : da nicht die feste Regelmäßigkeit ist , wie bei der Krystallisation .] 5–9 Für die … den] Er : Es ist nun durch Linien und Winkel ein gewisses Maaß angenommen von Camper . die Linien die er bestimmt hat ist eine horizontale vom 6 Kemper] Wl : Kamper 6–8 und auf … hat 2 ] Wl : diese durch Linien mit einander verbunden , und die Aufmerksamkeit gerichtet auf den Winkel , den diese Linien mit einander bilden , – zunächst um die Schönheit wie griechische Kunstwerke die Norm dazu geben , zu bestimmen , sofern sie auf dem Bau der Schädel beruht . Die Linien die er zog waren : 9 durch den] Wl : vom 9–11 und eine … beiden] Wl : die andre von da aus , durch das Stirnbein und dem Puncte der Nasenwurzel , wo die Höhlungen der Zähne des oberen Kinnbackens hinausgehen nach der Stirn . Diese 10 aus über … bestimmt :] Er : zur Stirn , 12–13 theils als … Kopf ;] Er : fast als rechter . 12 nicht ganz] Wl : beinahe 13 je mehr … Winkel] Wl : das ist das griechische Profi l . Bei Thieren , wenn man diese Linien zieht , fi ndet sich dieser Winkel als 13–14 ist dieser … spitzer ;] Er : wenn man diesen Winkel zieht , ist er sehr spitz , 14 geht er … über .] ErWl : weniger [spitz . Bei] Wl : spitz zum Rechten fortgehend . Unter den Menschen in den verschiedenen Racen ist dieser Unterschied : daß dieser Winkel bei] den Negern [nun ist dieser Winkel mehr spitz] Wl : mehr spitz ist] als bei den Europäern . 15 aber , daß … noch] ErWl : [dazu mit] Wl : mit] Recht [daß] Wl : daß hiernach noch] 15–17 daß die … ob] Er : gibt an daß 15–16 daß die … noch1] Wl : Schädel gar leicht nicht 16–17 daher hat … man] Wl : – warum er vorschlägt , 17–609,1 hinunter betrachtet … sich] Er : betrachten müsse . da zeige sich vorzüglich Wl : nach unten zu betrachten . 6 Kemper] siehe Anm . Nasenhöhle

8 Kemper] siehe Anm .

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9 nach der … zu] bei Hk darüber : zum Boden der 40

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horizontal – bei der betrachtung von oben herunter zeigt sich das Hervortreten der Zähne , des Kiefers , bei den Negern treten die Kieferknochen hervor und sind sichtbar . Der Unterschied des Schädelknochens selbst macht sich bemerklich durch das Hervortreten der backenknochen . Ein Schädel von der kaukasischen , mongolischen und tungusischen Race und ein otaheitischer Schädel sind alle verschieden | ebenso das Spitzige des Winkels und das Hervortreten des Kiefers und dabei auch dies , ob die Zähne vertikal sind , und ob sie unten im Winkel hervortreten und die Jochknochen sind hier die Hauptmomente des physiologischen und anatomischen . | Was uns näher angeht ist dies : inwiefern dieser osteologische bau zusammenhängt mit dem psychischen . dieser Zusammenhang überhaupt ist nicht zu verkennen . Stellen wir uns den Winkel vor von der Öffnung des Ohrs bis zur Nase der nach der Stirn führt , als einen spitzen und damit das Hervortreten des Mundes , so werden wir an thierische Physiognomie erinnert (Affen) , weil der practische Theil des Gesichts hervortritt , der das bedürfniß des Essens und Trinkens befriedigt . Wenn dieser Winkel mehr dem rechten sich nähert , da treten diese Organe zurück , das Auge tritt hervor , der ideelle Sinn , noch mehr die Stirn , die sinnende . Einem Menschenantlitz sieht man dies sogleich an ; das ist der Zusammenhang des Physiologischen mit

1–2 der Zähne , … die] Wl : theils der Joch(Backen) Knochen . Bei den | Negerschädeln zeigt sich z . B . daß die [(digitiv =)] Hk : (Maxillar =)] der Zähne , … Negern] Er : theils der Zähne , theils der Jochknochen . Beim Negerschädel z . b . 2–8 hervor und … hier] Er : sehr hervor pp das nähere ist physiologisch zu bestimmen , das Characteristische ist so der spitzere Camperische Winkel , dann Hervortreten der Kiefer pp das sind 2–4 hervor und … von] Wl : sehr hervortreten aus dem Oval des Schädels . – Unterschiedene Form der Schädel selbst (rundlicher , länglicher) zeigt sich auch bei aufmerksamer Betrachtung , wo besonders das Hervortreten der Backenknochen auffällt . Da nach bestimmt Blumenbach die Schädel 5–6 und tungusischen … und1] Wl : tungusischen p Race . Das Nähere ist anatomisch fysiologisch zu bestimmen . Das Spitzersein jenes Winkels also , und 2 .) 6 Kiefers und … dies ,] Wl : Kieferknochens , und 7–8 sind , und … hier] Wl : inserirt sind , oder ob die Insertion unter einem Winkel hervortritt , – und 3 .) der Jochknochen , – sind 8–10 des physiologischen … psychischen .] Wl : zum Unterschiede der osteologischen (fysiologischen) Structur . / Ein andres ist die Frage , inwiefern diese osteologische Structur zusammenhängt mit der psychischen (Bildung) Be schaffen heit ? 8 des physiologischen … anatomischen .] Er : der osteologischen Structur . | 9–10 dies : inwiefern … überhaupt] Er : wiefern diese zusammenhängt mit der Beziehung aufs Geistige ; diese 10 überhaupt ist] Wl : ist nehmlich 10–12 Stellen wir … an] ErWl : Wenn wir uns nämlich den Camperschen Winkel sehr spitz vorstellen , [so] Wl : und so auch damit das Hervortreten des Mundes , so] werden wir sogleich an eine 13 erinnert (Affen)] ErWl : erinnert 13–15 des Gesichts … Winkel] Er : der zum Essen bestimmt ist so hervortritt . Wohingegen er 14 hervortritt , der … bedürfniß] Wl : so hervortritt , (practisch , weil er auf Befriedigung befriedigt . Wenn] Wl : geht ,) sich das thierische Maul und die thierische Nase mehr hervorstreckt . Wohingegen 15–610,1 treten diese … Seelenhaften .] Er : tritt das Auge , dieser ideelle Sinn mehr hervor und noch mehr macht die sinnende Stirn sich geltend gegen die Organe des Bedürfnisses . 15 diese] Wl : diese practischen 16–17 noch mehr … des] Wl : und die Stirn (des Gehirns Behälter) macht , sinnend hervortretend , sich geltend

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20 In dieser Stellung zeigt sich nun vornehmlich 20

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dem Seelenhaften . Was das hervortreten der Jochknochen betrifft , so hat dies diesen Zusammenhang : die Kaumuskeln sind inserirt unter den Jochknochen . Es ist hier zwar nicht die Richtung auf den Mund unmittelbar , aber die Jochknochen stehn doch in beziehung darauf ; es zeigt sich auch hier das Hervortreten des bedürfnisses . Es hat also das Osteologische eine beziehung auf das Geistige . Die Kreolen die Nachkommen der Europäer in Amerika gehören nicht hieher . Die eigentlich amerikanische Race hat sich als eine Race gezeigt , die nach ihrer Art eine hohe bildung hatte , aber in schwächlicher Natur , diese Unterschiede sind physisch und hängen mit dem moralischen Zustand zusammen . In Amerika ist die beschäftigung des Menschen einseitig ; es gibt hier keine Hirtenvölker ; die patriarchalische lebensweise der Asiaten fehlt ganz . Jetzt ist es freilich anders ; es wird auch Ackerbau getrieben , aber er ist durch europäische Kultur erst zu ihnen gekommen . Der Ackerbau beruht darauf , daß solche Völker ihre Kultur knüpfen an die Grundpflanzen . Diese Gräser bringen das ackerbautreibende Leben hervor ; aber solche gibt es in

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gegen die Organe des Bedürfnisses . das ist ein menschliches Antlitz . – das ist der Zusammenhang d ieses 1–4 Was das … Hervortreten] ErWl : – das Andre ist das Hervortreten [der Jochknochen .] Wl : des Jochknochens , das besonders bei Mogolen p sehr auffallend ist .] dies Hervortreten hat denselben [ Zusammenhang , nämlich die Muskeln des Kauens , die] Wl : Zusammenhang , die] unter dem Jochknochen [ befestigt sind] Wl : inserirt sind und da oben ihre Befestigung haben ,] zeigen durch ihr Hervortreten [dies] Wl : wenngleich nicht so stark und mittelbar nur , das] Her vordringen 5–6 Es hat … hieher .] ErWl : So [ hat dies Physiologische eine] Wl : ist einerseits die Schädelbildung osteologisch , aber dieß Osteologische hat zugleich auch] geistige Bedeutung . Wenn so die Racenverschiedenheiten betrachtet werden , so sind sie nicht nur [äußerlich] Wl : körperlich] sondern wesentlich mit dem Geistigen im Zusammenhange . Was den näheren Unterschied im [Geist] Wl : geistigen Character] der Racen betrifft , so ist Amerika ein höchst interessanter Welttheil [aber bloß dadurch daß E u r o p ä e r sich dort angesiedelt haben , nicht die Amerikaner als solche sind es die die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben] Wl : doch interessant vornehmlich den Europäern , sofern die Einwohner Europäer sind , und nicht in Rücksicht auf die eigentlichen Amerikaner (Indianer) ; wie auch in neuerer Zeit Europas | Aufmerksamkeit anzogen ,] dadurch daß sie sich unabhängig [gemacht und vernünftige Gesetze sich gegeben haben , sondern es sind Creolen .] Wl : machten , sich menschliche Rechte ver schafften und vernünftige Gesetze , – nicht die Indianer , sondern Kreolen etc . Gemisch aus Europäern . –] 7–12 als eine … gekommen .] ErWl : [als eine zu einer hohen] Wl : gleich beim Kennenlernen , den Europäern , als eine zwar zu einer hohen Stufe der] Bildung ihrer Art gereifte gezeigt aber als doch [schwache . In] Wl : ein Geschlecht von schwacher Bildung . Die Unterschiede zwischen ihnen und den Europäern sind weit reichend , von fysischem und moralischem Zustande herkommend . – In Amerika hat es , – was 1 .) die Beschaffenheit der Völker betrifft (die ist in] der Geschichte der Staaten [sind die Beschäftigungen der Völker wichtig , in Amerika hat es] Wl : wichtig) – a)] keine Hirtenvölker gegeben , keine patriarchalische Lebensart , [dann auch keine ackerbauenden Völker .] Wl : (wie in Arkadien und vielen asiatischen Völkern) und wenn es deren jetzt giebt , so ist’s durch den Einfluß der Europäer ; b) dann auch keine Ackerbauer .] 13–611,2 darauf , daß … also] ErWl : [aber darauf daß die Völker] Wl : 18–19 die2 unter … sind bei Er am linken Rande mit Verweiszeichen

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Amerika nicht . Die Amerikaner hatten vorher nicht das Instrument des Pfluges , des Eisens ; sie sind also nicht cultivirt worden , sondern zu Grunde gegangen durch die Übermacht einer mächtigen physicalischen und intellectuellen Kultur , die sie sich zu eigen machen kann . Der amerikanische Freistaat beabsichtigt in neuerer Zeit eine Freilassung der Eingebornen , aber auch dadurch sind sie in den traurigsten Zustand gekommen . Im südlichen Amerika sind sie zwar stark und frei und haben Pferde aber zu einem Staat haben sie sich nicht erhoben . der Character des Afrikanischen in physiologischer Hinsicht und in beziehung auf das Geistige ist sehr von dem europäischen verschieden ; er enthält das gediegene Insichbleiben und Nichtannehmen andrer Formen . Die Afrikaner sind noch was sie vor 2000 Jahren gewesen ; sie sind nie nach außen gegangen , sondern immer in ihrem eigenen Zustand geblieben ; sie sind nicht zur Entzweiung vorgeschritten , zu Verstand , zum Denken , zu Wissenschaft zum Gesetzlichen – sie sind immer in der gediegenen Natureinheit und begierde geblieben . Sanftmuth auf der einen Seite , aber auch die furchtbarste Wildheit und Rohheit auf der andren . Daher ist bei ihnen die Sclaverei zu Hause ; Freiheit ist nur da , wo das bewußtsein hervortritt der

bei uns darauf , daß die Menschen] ihre Subsistenz [ bauen auf diese Grundpfl anzen , dies Leben ist bei ihnen nicht gewesen , und es steht damit Eigenthum , Recht in Verbindung .] Wl : knüpfen an diesen Boden , und ihn mit Gräsern bepfl anzen , womit Eigenthums-Recht in Verbindung steht , was bei Amerikanern so auch nicht war . –] Pferde – Eisen haben sie erst durch die Europäer kennen gelernt [und durch diese | sind sie] Wl : Sie sind überhaupt in ihrer Berührung mit den Europäern] 2–9 zu Grunde … enthält] ErWl : [zu Grunde gegangen , das] Wl : mehr oder weniger umgekommen und zu Grunde gegangen in dieser Berührung mit einer mächtigern fysikalischen und intellectuellen Kultur . – das] höhere der Europäer hat sie , die es nicht aufnehmen konnten , als sie in deren Athmosphäre gerathen waren , erdrückt , [wo sie auch gelind behandelt sind .] Wl : und so sind sie , in Süd Amerika im traurigsten Zustande , der Sclaverei , und selbst in Nord Amerika , wo man mehr Gerechtigkeit gegen sie übte und sie minder unterdrückte , bis zur Unbedeutenheit verkommen . – Selbst in neuerer Zeit haben sie sich höchstens zum Gebrauch des Pferdes , – nie zu Verfassung p , einem Zustande , der bei uns allein respectabel ist , – erhoben . –/] In der alten Welt haben wir Africaner , Asiaten und Europäer , deren Character wie physiologisch so auch geistig sich unterscheidet . der A f r i c a n e r behält 10–11 und Nichtannehmen … sind] Wl : das nicht zu Entwicklung fortgegangen ist . Er ist heut noch , was er vor tausenden von Jahren war , ist 10 und Nichtannehmen … Die] Er : das nicht zur Entwicklung fortgeht , die 11 2000] Er : tausend 11–12 in ihrem … nicht] ErWl : auf kindliche Weise [ bei] Wl : einerseits in seinem Zustande bei] sich geblieben , [sind] Wl : ist] in der Bestimmung der Einzelheit , der Begierde geblieben , [nicht] Wl : und ist nicht fortgegangen] bis 12–16 vorgeschritten , zu … Sclaverei] ErWl : des Verstandes , des [Gesetzes und der Einzelheit gerathen . Sie sind so einerseits sanftmüthig andrerseits fürchterlich grausam .] Wl : denkens , des Gesetzlichen p . – So sanftmüthig der Afrikaner einerseits ist , hat er auf der andern Seite die fürchterlichste und grausamste Wild = , Rauh = und Rohheit .] Die Sclaverei ist [ bei ihnen] Wl : drum vorzüglich | bei ihm] 16–612,3 Freiheit ist … bei] Er : denn Freiheit kann nur seyn wo der Mensch sich seiner als an und für sich seyender Allgemeinheit bewußt , sich als denkender weiß . – In 16–612,2 das bewußtsein … Gott ,] Wl : der Mensch denkt : denn das Bewußtsein der Freiheit ist das Bewußtsein der an und für sich seienden Allgemeinheit . dahin ist der Afrikaner in seiner ge-

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a l l g e m e i n e n Freiheit ; Zustand von Religion und Sittlichkeit sind bei ihnen nicht ; sie haben eigentlich keinen Gott , keinen objectiven Gott . – | bei den Asiaten aber bricht das bewußtsein des Allgemeinen auf ; es ist ein objectiver Gott , es ist Gesetz , Religion , Staat , aber zugleich mit der bestimmung , daß das Subjective hingegeben , versenkt ist in diese allgemeine Freiheit und daß dabei die individuelle Freiheit untergeht daher der ewige Despotismus . In dem mehr westlichen Asien , zum Theil auch im nördlichen tritt die subjective Freiheit mehr auf , aber eine subjective Freiheit , die auf einen allgemeinen Zweck im Ganzen gerichtet ist , so aber daß es bloß ein Schweifen in etwas Allgemeines hinein wird , wobei es zu keinem ordentlichen Resultat kommt . Wenn die individuelle Freiheit gewesen ist , bleibt immer noch die subjective in der Phantasie .

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Da s 3 t e d ie k a u k a s i s ch e e u ro p ä i s che o d e r g e r m a n i s che R a c e – Da macht sich beides geltend , das Wahre substantielle , gegenüber der Individualität das Princip der subjectiven Freiheit , des Gewissens und das Princip der concreten Freiheit – die Harmonie von diesen beiden ist das Princip beider .

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ten

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drungenen gediegenen Einzelnheit , die nicht aus der Einzelnheit (Begierde) in’s Allgemeine übergeht , nicht gekommen , – daher er auch nicht Recht , Gesetz , Staaten , Wissenschaften , 2–3 Gott . – bei] Wl : Gott – hat . – / Von 3–4 aber bricht … Staat ,] ErWl : [aber bricht das Allgemeine aus , sie] Wl : ist die allgemeine Grundbestimmung : daß bei ihnen das Allgemeine überhaupt ausbricht . – Sie] haben einen objectiven Gott , das alles umfassende , alles beherrschende , Gesetz , Recht , [Staat , das] Wl : Staat p . diese substantielle ,] an und für sich seyende [Allgemeine tritt da] Wl : Allgemeinheit , diese reine Allgemeinheit tritt da also] hervor 5 Subjective hingegeben ,] Er : Subject 5–9 ist in … bloß] ErWl : [ist in es , und die Individualität damit vernichtet ist .] Wl : in diese Allgemeinheit , – und damit ist die individuelle Freiheit vernichtet , nicht vorhanden .] dieses Allgemeine kann vernünftig seyn und doch ist der Zustand [ein unvernünftiger , unfreier] Wl : Unvernunft , unfrei ,] weil das Moment der Moralität [fehlt , wenn auch die Inhaltsbestimmungen der Gesetze pp vernünftig sind .] Wl : fehlt . davon zeugen die Kraft , dauer , Lässigkeit dieser Reiche , worin der Mensch zugleich unfrei ist , wie in Religion , so in Regierungsform ; und ihre Gesetze , die despotisch sind , – wenn gleich die Inhaltsbestimmung vernünftig ist .] – Es tritt [zwar] Wl : wohl , wenn man herausgeht in das Asien] nach Europa [ hin auch die Subjectivität hervor , aber so daß diese nur] Wl : zu , die Subjective Freiheit auch auf , doch so daß ihr Heraustreten der Subjectivität in’s Allgemeine nur ein Schweifen in etwas Allgemeinen ist ohne Resultat , wobei es zu keiner wahrhaften That kommt . Es kann dieser Character mit einem kometarischen Zustande im Fysischen verglichen werden ; ist eine Freiheit in der Vorstellung nur , die] 9–14 etwas Allgemeines … Da] ErWl : [dem Allgemeinen ist ohne wirkliches Resultat , – ein kometarischer Zustand – vollkommene Ausgelassenheit in der Phantasie und absolute] Wl : der Fantasie ist , ein fantastisches ungebundnes Ausgelassensein , – bei absoluter] Gebundenheit in der Wirklichkeit . [die kaukasische ,] Wl : 3 .) Die k a u k a s i s c h e R a ß e , oder näher] europäische , germanische [ Race , da] Wl : R a ß e ins Besondre . da] 14–16 Wahre

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Das sind also die allgemeinen Verschiedenheiten , nach denen sich die psychische Natur in dieser Rücksicht überhaupt bestimmt . Sie sind schon bemerklich gemacht worden , nach ihren geistigen bestimmungen : sittlich , religiös , moralisch . diese gehören eigentlich nicht hieher , wo wir es nur mit Naturbestimmungen zu thun haben ; aber um sich concret auszudrücken , müssen diese Ausdrücke schon anticipirt werden . die Anlagen sind ganz abstracter Art – sie entwickeln sich dann und werden concret in den angegebenen Weisen . diese Racen particularisiren sich in das Unendliche , in die äußerliche Lebensart sowohl als in die innre Tendenz und befähigung der Völker . – So weit die Geschichte reicht so sind sie überall an gewisse Völker an gewisse Charactere gebunden : Gallien z . b . hat das Römische Princip beherbergt und ist nachher durch die christliche Religion wieder ganz umgestaltet worden ; die alten Gallier und die heutigen Franzosen haben aber doch viel Überein-

substantielle , … beider .] Er : Substan|zielle zugleich aber auch die Seite der Subjectivität , das Princip der Moral , des Gewissens ; da ist dann concrete Freiheit , Harmonie der Freiheit im Inhalt und der formalen Freiheit , das Princip . / Wl : Allgemeine , Wahre , Substantielle (in Ansehung der Religion Gott als substantielle Wahrheit gegenüber der Subjectivität) , aber auch zugleich auf der andern Seite die subjective Freiheit , moralisches Prinzip , Prinzip des Gewissens . da ist also concrete Freiheit , vernünftige Freiheit , nicht nur dem Inhalte , sondern auch der Form nach ; Harmonie von diesen beiden , das Prinzip . – 1 also die] Er : die Wl : die geistigen Prinzipien , die sich im Unterschiedenen geltend machen . Das sind die 1–2 psychische Natur … überhaupt] Er : Natur Wl : psychische Natur 2–3 schon bemerklich … moralisch .] Er : nach tiefern geistigen Bestimmungen gemacht . 3 ihren geistigen … moralisch .] Wl : tieferen , geistigeren Bestimmungen (religiösen , sittlichen p) 4 nicht] ErWl : noch nicht 4–5 wo wir … concret] ErWl : aber um sich [concreter] Wl : concreter (bestimmter)] 5 diese Ausdrücke schon] ErWl : sie 6 abstracter Art –] Wl : allgemeiner , abstracter Art ; aber sie beziehen sich auf die Verhältnisse des abstracten Gesetzes , / | der Allgemeinheit und Einzelnheit ; 6–9 dann und … Völker .] ErWl : [aber und ] Wl : und] gewinnen einen concreten Inhalt wie oben angeführt . – / [dieser Unterschied particularisirt sich immer mehr . / diese ferneren Particularisationen lassen sich nicht so dem] Wl : diese ganz allgemeinen Unterschiede particularisiren sich immerfort weiter , – in Particularitäten , die man »L o c a l g e i s t e r nennen kann , und die sich in der äußerlichen Lebensart , Beschäftigung , körperlicher Bildung und disposition , aber noch mehr in innerer Tendenz und Befähigung des intelligenten und sittlichen Characters der Völker zeigen . – Soweit die Geschichte der Völker zurückreicht , zeigt sie das Beharrliche dieses Typus der besonderen Nationen .« – / diese Particularisationen sind mehr oder weniger ; da treten Zufälligkeiten p ein , und spielt Mehreres ein , so daß sie sich nicht so dem Unterschiede des allgemeinen] Begriffs gemäß angeben [weil vieles Zufällige mit einspielt .] Wl : lassen . –] 9–12 reicht so … die 2 ] Wl : zurückreicht , sind mit gewissen Völkern auch besondre Volkcharactere verbunden gewesen ; wie die Deutschen z . B . und die Gallier immer denselben Character behauptet haben . – (So haben die Gallier , obgleich von vielen fremden Völkern heimgesucht , von den Römern zur Provinz gemacht , und als solche Jahrhunderte behalten , obgleich sie eine andre Religion im Christenthum bekommen p – doch mit den so sind … worden ;] Er : sind solche verschiedenen Volkscharactere vorhanden , 12–614,8 haben aber … die1] ErWl : [stimmen darin 25 aber] aber ; aber

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stimmung , bei Italienern ist das schwerer herauszusehn ; da haben wir das bild der römischen Herrschaft , wo die Individualität dem e i n e n Staatszweck gehorchte und unterworfen war ; jetzt aber sehn wir lauter kleine Herrschaft particulären Interessen fröhnend ; dennoch ist doch das sich Erhalten vieler abgesonderter Staaten in allem zu erkennen obgleich sie nicht ganz wieder zusammengegangen sind trotz der einerlei Sprache . – da scheinen römischer Character und italienischer sehr verschieden von einander ; indeß näher betrachtet wird man auch hier das zusammenstimmende nicht verkennen . die römische Einheit zeigt sich als ein gewaltsames , welchem die verschiedenen Individualitäten Italiens einverleibt worden sind durch das Schwert ; und mußte , als die Gewalt verschwunden war , die Losgebundenheit wieder hervortreten . So bei den Griechen ; bei ihnen sind die Unterschiede bedingt durch das Klima ; die Untersuchung darüber ist sehr interessant . die Griechen im Culminationspunkt ihrer bildung zerfallen in Lacedämonier Athener und Thebaner – im Süden die ersten zu dorischen Stämmen gehörig bei denen die gediegne Sittlichkeit ,

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überein ,] Wl : noch das Uebereinstimmende des allgemeinen Nationalcharacters .] – bei anderen Nationen ist es allerdings schwerer [das zu fi nden , z . b . wenn wir Italien ansehen , wo Ro m so geherrscht hat , die Individualität E i n e m Zweck unterworfen war , so ist da itzt ein Zerfallen in lauter einzelne Stücke , das gerade entgegen ist] Wl : herauszusehen . So , zum Beispiel , in Italien : haben wir das Bild des alten Roma vor uns , der römischen Herrscher , des römischen Staats , dieses Patriotisms , wo das Vaterland so herrschte , wo jede Individualität so den allgemeinen Zwecken unterworfen war , – und sehen dann auf Italien wie es vollkommen zerfallen ist in eine Menge einzelner Städte und Staaten , und wie selbst , wo mehrere von ihnen verbunden worden zu größeren Staaten , der Hauptcharacter der Mannigfaltigkeit und abgesonderter Staaten , auch der noch geblieben ist , – wie , ist auch die Sprache im Ganzen dieselbe , es doch nie zu einem politischen Ganzen hat werden wollen ; – und erkennen dieß Zerfallen ganz entgegengesetzt] der Starrheit der römischen Einheit , [indeß wenn man in eine nähere Betrachtung sich einläßt so kann man den Zusammenhang nicht verkennen , denn jene] Wl : – so erscheint wohl der römische Nationalcharacter ganz entgegengesetzt dem italienischen . Und doch , wenn man weiter in die nähere Würdigung dieses Unterschiedes eingeht , so kann man auch das Zusammenstimmende in beiden Characteren nicht verkennen . Denn die] 8–12 ein gewalt sames , … im] ErWl : eine gewaltsame , [und ] Wl : (mit Gewalt ward das alte Italien zu Eins , gegen die Individualität des Einzelnen unterworfen) – und] gegen diesen widernatürlichen Zustand hat das Losge|bunden seyn eintreten müssen . Wir sehen [so also die verschiednen VolksCharactere ; trotz] Wl : also die Nationalcharactere Europas , innerhalb der Allgemeinheit Europa’s gegen Asien stehen . Ungeachtet des gemeinsamen , daß germanische Nationen die herrschenden in allen diesen Ländern sind , ungeachtet] der Einheit der Religion , der [ Bildung und der Wissenschaften pp] Wl : Bildung p , ungeachtet dessen] hat sich diese Unterschiedenheit von Localgeistern herausgearbeitet . Solche [ Particularisationen gehn so immer weiter . z . b .] Wl : Unterschiede , Particularisationen gehen innerhalb Eines Prinzips hervor , und innerhalb der Particularisationen geht es eben so weiter . So z . B .] wenn wir die Griechen betrachten so sehn wir [in] Wl : bei] ihnen solche Unterschiede die [mit] Wl : unmittelbar mit] dem Klima zusam|men hängen . [die] Wl : Griechenland ist ursprünglich in viele Stämme getheilt . Diese] Stammesverschiedendheit hat immer eine Wichtigkeit [erhalten , die] Wl : behalten , aber sie zeigt sich auch weiter als etwas , nur für gelehrte Untersuchungen Intressantes . Die] Griechen im höchsten 13–615,1 zerfallen in …

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das substantielle Staatsleben das herrschende ist , so daß die Individualität gegen die substantielle Einheit zurück tritt . | wir können die Lacedämonier in ihrer Vaterlands liebe bewundern ; aber sie ziehen unser Gemüth nicht an ; die freie Individualität ist bei ihnen nicht zu ihrem Recht gekommen ; Privateigenthum , und die Schönheit des Familienverhältnisses ist zurückgeblieben , darum auch schöne Kunst und Wissenschaft – das andre Extrem zu ihnen sind die B ö o t ie r etwas nördlicher ; bei ihnen ist die Subjectivität überwiegend , der Freundschaftsbund von Jünglingen , die auf Tod und Leben mit einander verbunden waren ; es war freie Verbindung des Gemüths cf . Polybius , wodurch sie endlich in ein Schlemmen und Verdorbenheit übergegangen ist . Zwischen beiden stehn die A t h e n ie n s e r , bei denen Vaterland , Gesetzlichkeit , subjective Freiheit beide zu ihrem Recht gekommen sind . So haben wir in der Geschichte der Philosophie denselben Gegensatz ; gegen Osten ionische

das] Er : da sehn wir L a c e d a m o n i e r im Süden , diese sehn wir so daß das gediegene , 614,13–14 zerfallen in … denen] Wl : angesehen , sind Athener , Lacedämonier und Thebaner die dann unser Intresse vornehmlich an sich ziehen . / 1) die L a c e d ä m o n i e r (dorisch) im Süden . Sie sehen wir so , daß 1 das] Wl : das gediegene 1–3 das herrschende … liebe] Er : vorherrschend ist gegen welches die Individualität zurücktritt , das vollkommne Versenktseyn in dies allgemeine Interesse können wir 1 so daß … die 2 ] Wl : – und die subjective Freiheit gegen diese 2–3 in ihrer … liebe] Wl : wegen ihrer Tugend und ihrer Bereitwilligkeit , dem Vaterlande bloß zu leben , wohl 3–7 an ; die … ist] Er : an , weil die subjective Freiheit zurücktritt . Familienleben , Kunst , Wissenschaft hat bei ihnen nicht zu einer solchen Blüthe gelangen können als in Athen . Bei den T h e b a n e r n sehn wir 3 an ;] Wl : an : denn 4 zu ihrem … gekommen ;] Wl : aufgekommen ; 5–6 Fa milienver hältnisses ist … Wissenschaft] Wl : Familienlebens p sind zurückgeblieben , – und eben so haben schöne Kunst und Wissenschaften bei ihnen nicht geblüht , wie bei den Athenern . 6–7 die B ö o t i e r … ist] Wl : 2 .) die Thebaner (böotisch) mehr nach Norden . Bei ihnen sehen wir 7–10 überwiegend , der … ist .] Er : überwiegen , den Freundschaftsbund der Jünglinge . diese Subjectivität der Thebaner ist dann späterhin in dies Schlemmen , diese Verdorbenheit übergegangen . 7 überwiegend , der … Jünglingen ,] Wl : überwiegen , – wie im Freundschaftsbunde der Jünglinge , 8 mit einander … war] Wl : sich verbinden . Was bei den Lacedämoniern Versenktsein ins Vaterland war , war hier 9–10 cf . Polybius , … ist .] Wl : Das subjective Leben der Thebaner ist dann später in dieß Schlemmen , diese Verdorbenheit übergegangen , über das Entbehren eines allgemeinen sittlichen Intresses . – / 3 .) 10 A t h e n i e n s e r , bei denen] Wl : A t h e n e r , die 11 subjective Freiheit beide] Wl : Sitte und dabei auch die subjective Freiheit , beide auf gleiche Weise subjective] Er : Sitte und dabei subjective 11–12 gekommen sind . … Gegensatz ;] Wl : kommen ließen ; also auch die subjective Freiheit sich in Wissenschaft und Kunst frei ergehen ließen . / Von einer andren Seite betrachtet , bietet dasselbe sich : 11–616,8 sind . So … kommt 3 . ,] Er : sind , daher auch die Künste , Wissenschaften . / So auch hat die ionische Philosophie zu ihrem Princip das Natürliche gehabt , so die westliche eleatische Philosophie den abstracten Gedanken , die athenische Philosophie in der Mitte den concreten Gedanken , den νοῦς . – / Die Particularisationen sind determinirt durch die Bestimmtheiten des Begriffs . – / Wir haben nördliches und südliches Deutschland , die Philosophien der Subjectivität Böhme , Kant Fichte sind im nördlichen Deutschland entstanden . – / Bei gebildeten Menschen fallen diese Unterschiede mehr weg weil sie nach allgemeinen Bestimmungen 6 nördlicher] folgen einige unleserliche Zeichen ; ev . Ausrufungszeichen

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Philosophie , die ein natürliches materielles Princip zu Grunde hatte ; die eleatische Philosophie hat überhaupt das Princip des Gedankens ; in der Mitte die athenische Philosophie : Socrates Plato – Ebenso in deutschland im nördlichen deutschland die Philosophie der Subjectivität die kantische , fichtische die worin die Subjectivität als Princip zu Grunde liegt – die gebildeten Menschen erheben sich über die Nationalität , eines gebildeten Menschen Auszeichnung ist : nach a l l g e m e i n e r Denkweise zu handeln . Nun kommt 3 . , die I n d iv id u a l it ä t , daß die Seele individuelle bestimmungen hat ; die Seele vereinzelt sich ; die Subjectivität kommt nicht in ihrer Tiefe als subjectiver Geist hier in betracht , sondern als Vereinzelung der Naturbestim mungen – Modi des verschiedenen Temperaments , Characters , Physiognomie . Außer diesem gemeinsamen also ist jedes Individuum von dem andren verschieden , was in die unendliche zufällige Mannigfaltigkeit hinausgeht . Hier sind besonders die Unterschiede wirklich sind . das ist was die Particularisation der natürlichen Seele betrifft . das dritte ist 1 die ein … hatte ;] Wl : hat zu ihrem Prinzipe gehabt ein natürliches , man kann sagen , materielles Prinzip ; – 2–6 Philosophie hat … ist :] Wl : (gegen Westen) den abstracten Gedanken (Pythagoras p) die a t h e n i s c h e in der Mitte , den concreten Gedanken , den νοῦς des Socrates . | So particularisiren sich die Nationalcharactere oft innerhalb eines gegebnen Umfanges wieder in sich , und diese Particularisationen richten sich , determinirt nach ihren Unterschieden durch die Bestimmtheiten des Begriffs im Allgemeinen . – Das ist auch in andrer Rücksicht der Fall , wie in Griechenland . z . B Deutschland zerfällt in ein nördliches und südliches deutschland . – In Nord Deutschland entstand die Filosofie der Subjectivität ( Jacob Böhme , Fichte , Kant) in Süd Deutschland dagegen : – ? Hegel sagt’s nicht . Weiter dieß auszuführen führte zu weit . / Die gebildeten Menschen erheben sich über diese Unterschiede mehr , und erkennt man an ihnen schwerer den Nationalcharacter , eben weil die Auszeichnung des gebildeten Menschen darin liegt , 7–8 handeln . Nun kommt] Wl : handeln , zu existiren , wirklich zu seyn . – / Das ist also die Sphäre dessen , was particuläre Bestimmungen , Besonderung der allgemeinen Seele betrifft . – 8–12 individuelle bestimmungen … jedes] Er : individuell bestimmt wird . / | Hier tritt das Mannigfaltige ein wodurch ein Individuum sich gegen die andern abschließt . Jedes 9 die Seele … sich ;] Wl : sich vereinzelt zum i n d i v i d u e l l e n S u b ject . nicht] Wl : hier nicht 10 Geist hier … sondern] Wl : Geist , sondern nur 10–11 Naturbestimmungen – Modi … Physiognomie .] Wl : Naturbestimmtheit in Betracht . In dieser Vereinzelung tritt eine Mannigfaltigkeit von Unterschieden ein , wodurch sich der eine vom andern durch Eigenthüm lich keit auszeichnet . »Sie ist als modus des verschiedenen Temperaments , Talents , Characters , Fysiognomie , und andrer dispositionen und Idiosyncrasien von Familien oder den singulären Individuen .« – 12 von dem] Er : ist vom verschieden , was] Wl : unterschieden durch besondre dispositionen p – und das geht was] Er : hat besondres Talent pp – das geht 13–617,10 hinausgeht . Hier … d a s ] ErWl : hinaus . Unterschiede die man [ besonders gemacht hat sind die] Wl : in dieser Rücksicht gemacht , sind vornehmlich die : / 1 .)] des Temperaments . [ Bei größerer Bildung verschwindet dieser immer mehr , man kann heutigen Tags nicht leicht sagen daß einer dies Temperament hat , denn es vereinigen sich in ihm mehrere , keiner ist] Wl : das Temperament betrifft eine gewisse Particularität , die bei den Menschen , die zu mehr Bildung kommen sind , mehr oder weniger verschwindet . Heutigen Tages käme man schwerlich auf diese Unterschiede , wären sie nicht früher festgesetzt : denn »er ist von diesem oder jenem Temperamente« , kann man heute schwerlich sagen , da in jedem mehr oder weniger Temperamente zugleich sind , und keiner] so das Abstractum

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des Te m p e r a m e n t s bemerkbar zu machen . Te m p e r a m e n t ist ein unbestimmter Namen ; wenn die Lehre vom Temperament nicht in ungebildeten Zuständen aufgekommen wäre , so würde man heutiges Tags schwer auf diesen Unterschied gekommen sein ; es ist keins ein abstractum von e i n e m Temperament ; man kommt nie zu etwas bestimmtem ; Kant gibt eine besondre Beschreibung davon in seiner Anthropologie ; aber seine bestimmungen sind wie natürliche durchaus un sicher . Soll darüber etwas gesagt werden , so muß sich das Temperament auch auf den begriff gründen : Allgemeinheit Zweck , Substantielles und subjective besonderheit stehen sich gegen über . die Temperamente können sich nur beziehen auf beide Seiten zugleich . Man kann sagen : d a s ph le g m a t i s c h e Te m p e r a m e n t ist gerichtet auf die Substanz auf die Sache , aber mit weniger bethätigung ; wenn es aber dann seine Subjectivität nach und nach mit dem Inhalt vereinigt hat so ist es selbst substantiell geworden und beharrt darin ; das s a n g u i n i s che Temperament gilt als sein Gegentheil insofern es auch die subjective Seite dieser beweglichkeit hat aber zugleich auf die Sache gerichtet ist und leichter sich mit ihr vereinigt , aber auch leichter sie wieder verläßt . Sanguinisch und cholerisch gehen fast nur auf die Subjectivität ; das Melancholische ist das sich in sich herumdrehen . |

20 von [einem . –] Wl : einem ist . Kant in seiner sogenannten Anthropologie giebt eine ausführliche

Beschreibung der besonderen Temperamente . Es giebt da aber nur sehr äußerliche Bestimmungen , 20 die mehr oder weniger auch bei anderen Temperamenten Statt fi nden können . – Aber] diese Un-

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terschiede des Temperaments müssen sich auch auf den Bestimmungen des Begriffs gründen , es ist [da Sache Zweck] Wl : die Sache (Zweck) Substantielles ,] und gegenüber die subjective Besonderheit , diese Unterschiede nun des Temperaments können [also nur das Verhältniß jener beiden ausdrücken . So können wir sagen daß das] Wl : sich nur beziehen auf unterschiedliche Verhältnisse jener beiden . – So können wir sagen , daß das : / a)] 10–11 ist gerichtet … Sache ,] Er : gerichtet ist auf die Sache , Wl : gerichtet seyn muß auf Sache , Substanz 11–13 bethätigung ; wenn … darin ;] Er : Thätigkeit der Subjectivität , hat es aber mit der Substanz sich vereinigt so kann es dabei beharren . / 11 bethätigung ; wenn … dann] Wl : Bethätigung der Subjectivität , Lebendigkeit der Thätigkeit . Wenn aber das flegmatische Temperament 12 Inhalt] Wl : Inhalt , der Sache , dem Zwecke (der Substanz) 12–14 ist es … dieser] Wl : beharrt es darin , ist selbst Substanz worden . Es kann wohl langsam scheinen , aber thätig seyn , sich mit dem Rechten zu | einen und darin zu verharren ; – / b) daß das s a n g u i n i s c h e , das Gegentheil vom flegmatischen sei , sofern nehmlich das sanguinische Temperament nach subjectiver Seite die 13–15 gilt als … vereinigt ,] Er : hat diese Beweglichkeit der Subjectivität daß es die Sache leichter ergreift 14–15 zugleich auf … vereinigt ,] Wl : auch für die Sache Intresse hat ; die Sache leichter ergreift , 16–618,2 Sanguinisch und … Kunst 2 ] Er : das melancholische und das cholerische Temperament sind mehr nur auf seine eigne Subjectivität gerichtet / Diese particulare Individualität bringt nun unzählige Verschiedenheiten hervor . Talent , Genie ist auch eine solche individuelle Verschiedenheit . Kunst ist nicht nur das Vernünftige sondern es 16 Sanguinisch und … nur] Wl : Das melancholische und cholerische Temperament beziehen sich mehr 16–618,4 das Melancholische … enthalten .] Wl : die in sich geht , die Sache beachtend , 36–37 gerichtet / ] es folgen mehrere Leerzeilen

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den 19ten November .Er

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Baco kann den Mond nicht sehn , ein andrer nicht einen bloßen Degen – Genie Kunst etc . ist auch individuell ; in der Kunst ist das geistige auf sinnliche Weise vorgestellt . Im Künstler ist eben darum auch das Moment der Natürlichkeit enthalten . Genie bezieht sich mehr auf eine Anlage die Totalität be trifft , Talent mehr auf einzelne Seiten auf einzelne Zweige der Wissenschaften und Künste . So Talent zu Musik , was sich schon früh äußert ; aber ein so frühreifes Kind hat es am Ende doch nicht weiter gebracht als ein andres bei dem sich das Talent erst später geäußert . So hat es auch besondre Talente für das Rechnen gegeben ; einen besondren Zahlensinn ; man hat davon ganz merkwürdige beispiele von ganz ununterrichteten Menschen . – Schäfer Kinder etc . haben ungeheure Zahlen im Kopf multipliciren können . Es ist noch kein allgemeines Gesetz gefunden , wodurch man erkennen kann , ob eine Zahl Primzahl ist oder nicht – Eine Zahl von 1112 Stellen Decimalstellen hat ein Franzose entdeckt , daß sie eine Primzahl sei ; diese Zahl hat man einem solchen ungebildeten Menschen vorgelegt und er hat es angegeben , daß sie aus 2 Factoren besteht , eine Aufgabe , die die Mathematik nicht gefunden hat . Das sind also besondre Idiosynkrasien . In Aristokratien , Familien sieht man auch solche Talente sich forterbend ; in einem größren freien Zustand der Gesellschaft vermischen sich diese Eigenthümlichkeiten mehr ; je gebildeter ein Volk ist desto weniger Absonderlichkeiten hat es ; denn die bildung ist eine allgemeine Benehmungsweise nach einer allgemeinen Norm . diese Absonderlichkeiten be treffen

aber in Rücksicht auf die Subjectivität : das Melancholische . / das cholerische , in dem es auch beharrt bei der Particularität , aber mehr polemisch sich in seiner Subjectivität verhält . – Diese natürliche Individualität enthält noch unendlich viele Particularisationen . Es kommen darin vor ganz besondre Sonderbarkeiten ( Jacob I konnte keinen bloßen degen sehn) . Das sind Besonderheiten . Talent , Genie p sind auch natürliche Bestimmtheiten . Kunstproducte p sind geistig , aber zugleich das Talent anschaulich vorgestellt . Im Producirten ist Geistiges , aber auch Natürlichkeit ein Moment . – 3–4 vorgestellt . Im … enthalten .] Er : anschaulich gemacht , da ist die Natürlichkeit des Künstlers auch ein Moment . | Talente sind auch so verschieden – 4 eine Anlage … be trifft ,] Er : die Totalität , eine Anlage] Wl : Anlage 5–20 einzelne Seiten … Benehmungsweise] Er : eine einzelne Sphäre – die Unterschiedenheit des Talents zeigt sich oft auf eine ganz wunderbare Weise ; so haben manche ein entschiednes Talent fürs Rechnen pp Idiosynkrasien . – Es kann sich auch bei Familien manche solche eigenthüm liche Richtung , eigenthüm licher Character erhalten , wie sich das namentlich in Aristokratien zeigt wo auch Umstände pp das Ihrige thun . Dies vermischt sich mit größrer Bildung , d . h . Benehmen 5–18 Seiten auf … mehr ;] Wl : Seiten . Da gibt’s auch ganz subjective Besonderheiten , Musik , ein Talent das sich sehr früh in der Jugend zeigt . Unterschiedenheit des Talents ist oft auf ganz eigenthüm liche Weise . z . B . ganz wunderbare Beispiele von Rechentalenten . Das sind so Idiosynkrasien von Talenten . – / In Familien kann sich erhalten eine besondre Richtung p wie z . B . oft in den Aristokratien das auffiel . – Solche Eigenthüm lich keiten vermischen sich mehr in größeren Zuständen der Gesellschaften , wo Familien nicht so große Privilegien p haben . 19–20 weniger Absonderlichkeiten … Norm .] Wl : mehr vermischen sich solche Absonderlichkeiten der Familien und Individuen .

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auch nie das Wesentliche in der Religion , in der Vernunft , in der vernünftigen Wissenschaft , Recht und Sittlichkeit . – Das alles steht über dem besondren Talent ; es gibt nicht besondres Talent für Religion , kein besondres Genie für Sittlichkeit etc . – Man kann also der Natur keinen Vorwurf über die ungerechte Ver thei lung der Talente machen ; denn das Gerechte zeigt sich darin , daß der Mensch Mensch ist ; an dem wesentlichsten im Menschen haben alle Menschen gleiches Recht . Das ist nun der Kreis der Bestimmtheiten – die Seele ist natürlich bestimmt . – Es ist allgemeine , besondre und bestimmtheit der Individualität .

D ie n a t ü r l i c h e n Ve r ä n d e r u n g e n a n d i e s e n I nd iv id ue n . 10

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§ 396–399 . Sg

Wir sind bei der Individualität als solcher , und die ist sich an ihr entwickelnd ; es ist also hier Unterschied an ein und demselben Individuum . Sofern die Seele als Individuum bestimmt ist , so sind die Veränderungen an ihm Entwicklungsmomente

1 auch nie] ErWl : nicht 1–3 in der 1 … Man] Wl : in Menschen , Religion , Vernunft , Wissenschaft . – diese haben für den Menschen allgemeine Gültigkeit , – stehen über dem , was besonders Talent , Genie ist , für sie giebt’s keine Talente und Genie’s – / Die Individuen sind bestimmte , haben natürliche Besonderheit , weil sie zugleich wesentlich Naturwesen sind , die Bestimmtheit der Natürlichkeit an sich haben . Aber , wie gesagt , das Wahrhafte im Menschen , ist darüber erhaben , – es 1–2 in der 1 … alles] Er : im Menschen , Religion , Vernunft , Wissenschaft pp werden davon nicht afficirt 2–4 Talent ; es … also] Er : Talent , dem besondren Genie , das ist die höhere Sphäre als diese Besonderheiten und man kann 4–5 keinen Vorwurf … machen ;] Wl : kein Vorwurf gemacht werden über Ungerechtigkeit : die ungerechte … darin ,] Er : ihre Ungerechtigkeit , denn das Wesentliche ist 5 zeigt sich darin ,] Wl : ist , 5–6 ist ; an … Recht .] Wl : sei , Theil habe an Religion , Sittlichkeit p , und das hat jeder , und hängt das nicht an Talenten p . – ist ; an … Menschen] Er : sei und an das was ihn dazu macht 7–8 Das ist … bestimmtheit] Er : dies sind dann die natürlichen Bestimmtheiten der Seele , sie sind Allgemeine , Besondre und endliche Bestimmtheiten 7–11 – die Seele … Unterschied] Wl : der Seele , allgemeine , besondre individuelle / b .) das zweite sind die n a t ü r l i c h e n Ve r ä n d r u n g e n . Die Seele zuerst unbestimmt und dann individuell . die Individualität ist die für sich seiende Bestimmtheit und die fernern Unterschiede sind a n d i e s e r I n d i v i d u a l i t ä t . Jetzt sind wir bei Individualität als solcher . Sie ist eben so ein sich an ihr entwickeln , an ihr Unterschiede haben . – | Diese sind 9–620,3 D i e n a t ü r l i c h e n … sahen .] Er : 396 . sind die natürlichen Veränderungen angegeben . Die Seele ist wesentlich individuell . die Individualität ist die für sich seyende Bestimmtheit , und die andern Bestimmungen fallen an diese eine Individualität , – während z . b . verschiedene Volkscharactere auseinander fielen – Hier sind es also die Unterschiede immanent an einer Individualität durch welche sie verbunden werden . – das Subject beharrt als ein und dasselbe in seinen Entwicklungsmomenten . hier muß , um concret zu sprechen , die Kenntniß des concreten gebildeten Geistes anticipirt werden . dieser Unterschied ist natürlich aber er kommt zur Existenz als eine gewisse Weise im Geistigen , und diese Weise nehmen wir hier so auch mit . 11 Sofern die] Wl : »An der 12 bestimmt ist , so] Wl : bestimmt , 12–620,1 ihm Entwicklungsmomente … desselben] Wl : ihm , als in ihnen beharrendere Subjecte und als – Entwicklungsmomente des

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eines und desselben Individuums . Man muß hier anticipiren zu den concreteren bestimmungen und beschreibungen der geistigen Unterschiede , wie wir das schon beim ersten Theil sahen . Man muß darum auf diesem Standpunkt nicht fragen : wenn dies Individuum so und so gebaut ist , welche Naturanlagen wird dasselbe haben ? Man muß das Physische nicht als die Grundlage ansehn aus welcher als physischer sich die geistige bestimmtheit erkennen lasse . das Geistige und Physische verhält sich hier nicht nach solchen Verhältnissen der Differenz , nach Ursache und Wirkung etc . ; sondern es ist hier von vorn herein die höchste Einheit enthalten . | Also die Unterschiede sind a n einem Individuum und zwar als Veränderungen einer Totalität die Individuum ist . diese Unterschiede schließen einander aus sofern sie natürliche sind , so fern sie aber e i n e m Individuum zukommen so können sie nur der Zeit nach außer einander sein . Das ist der Verlauf der lebenszeit . D a s 2 t e i s t d a s G e s ch le c ht s ve r h ä lt n iß : Das Individuum ist natürlich in ihm selbst unterschieden gegen ein andres , so daß die Totalität die Gattung ist . Das 3t e ist : daß dem Individuum an ihm selbst der Unterschied in einem In sich entgegensteht – die Totalität ist das Ur theil daß es sich in sich sich entgegensteht , in dieser Verschiedenheit also nicht außer einander fällt wie im 2t e n Verhältniß aber auch daß sie nicht auf 1–4 Man muß … haben ? ] Wl : Soll bestimmter davon geredet werden , oder sollen sie concreter bestimmt oder beschrieben werden , muß , da sie in Einem fysische und geistige Unterschiede sind , – die Kenntniß des gebildeten Geistes anticipiert werden . Es kann nicht von diesem Unterschiede gesprochen werden ohne dieß . Er ist Naturbestimmtheit , und dieß ist eine Weise des Geistigen . Wenn das Physische so und so ist , welche Naturanlage wird das Individuum haben ? , darf man nicht fragen . 3–4 darum auf … haben ? ] Er : hier sich solche Fragen versagen : wie wenn die | physische Beschaffen heit so ist , wie ist die Geistige . 5–11 das Physische … so2 ] Er : nicht hier so trennen daß dies Physische Ursache werde , in der Seele ist vielmehr diese Einheit vorhanden . / Das Nähere dieser Unterschiede ist dann daß sie als Veränderungen an diesem Individuum und es Totalität dieser ist . Indem sie unterschieden sind schließen sie sich aus , einem Individuum aber angehörend 5–13 aus welcher … G e s c h l e c h t s ve r h ä l t n i ß :] Wl : daraus (erkannt werden kann) abhängt das Geistige , wie Grund und Folge , Ursache und Wirkung . Auf Standpunct der Seele ist Einheit vorhanden . – / Was nunmehr unsern Standpunct (Grundlage) ausmacht , ist das / 1 .) Individuum und daß die Unterschiede am Individuum sind , als Veränderungen so daß das Individuum die Totalität dieser Unterschiede ist . / 2 .) Geschlechtsverhältniß . Individuum als solches , an sich selbst unterschieden . Totalität ist Gattung . / 12–13 außer einander … i s t ] Er : aus ein ander fallend seyn . Es sind diese Veränderungen : / 1 . der Verlauf der Lebensalter , dann 2 . 13–621,2 Das Individuum … ist] ErWl : [daß das Individuum selbst der Gegensatz ist , sich im andren sich entgegen stellt , 3 . daß] Wl : 3 .) daß] das Individuum an ihm selbst ein Ur theil ist , [so daß sich die Individualität als für sich seyend von sich selbst als nur seyender unterscheidet . Es ist also] Wl : in einem sich den Unterschied entgegenstellt . /] 1 . Totalität der Veränderungen die aber auf einander folgen . 2 . die differenz , [das Individuum als einseitig / 3 . die Totalität ,] Wl : Individuum einseitig / 3 .) da ist Totalität ,] aber das Ur theil ist daß es selbst [sich] Wl : in sich] sich entgegenstellt , diese Entgegenstellung nicht in zwei auseinanderfällt , [sondern sie in einem Individuum sich entgegenstehen . Das Ur theil ist dann] Wl : – 28 abhängt über (erkannt werden kann)

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einander folgen , sondern in e i n e m Moment einander gegen über gestellt werden . Dies ist das Erwachen der Seele . diese 3 Formen haben wir durch zu gehen[ .]

a . De r n a t ü r l i c h e Ve r l a u f d e r l e b e n s z e it .

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Das natürliche Individuum ist Totalität ; aber als Individuum ist es als Einzelheit äußerlich existirend , sterblich ; diese sinnliche Existenz ist unangemessen seiner Gattung , seiner allgemeinheit . Seine Gattung ist sein leben , seine Geistigkeit ; sein leben als Individuum aber ist : der Confl ikt dieser 2 extremen Momente der Verlauf dieses Widerspruchs , daß das Individuum sterblich ist , daß der Kampf aufhört mit der substantiellen Allgemeinheit im Natürlichen . der Mensch ist also von Natur sterblich , er stirbt aus sich ; es ist eine Nothwendigkeit eine r e a le Möglichkeit ; der Mensch tödet sich selbst – es ist die Gattung die ihn tödet ; diese seine Allgemeinheit steht in Widerspruch mit seiner unmittelbaren Existenz mit seiner Individualität . dieser Proceß ist also , was wir als | natürlichen Verlauf der lebensalter wissen .

in einem Individuum ein ander entgegensteht . Das ist] 2–3 der Seele . … a .] Wl : – / 1 .) diese 3 … a . D e r ] Er : Das E r s t e ist also der 3–5 l e b e n s z e i t . Das … unangemessen] Er : Lebensalter . Als natürliches Individuum ist es Totalität aber es ist als nur natürliches Individuum sterblich , es ist als unmittelbares Einzelnes , Naturding entgegengesetzt 3 l e b e n s z e i t .] Wl : L e b e n s a l t e r . 4–5 als Individuum … diese] Wl : sterblich . Einzelnes als Individuum unmittelbar , sinnliche Einzelnheit . Schon als Lebendiges , und als Geist , ist die 5 ist unangemessen] Wl : unangemessen 6 allgemeinheit . Seine … Geistigkeit ;] Wl : Totalität . Widerspruch seiner unmittelbaren Einzelnheit und seiner Allgemeinheit (Gattung .) – 6–7 Seine Gattung … ist :] Er : es ist dieser Widerspruch und sein Leben ist eben 7 2 extremen] Wl : 2 7–9 der Verlauf … Natürlichen .] Er : ein Widerspruch der damit aufgelöst wird daß die Gattung s i e g t , als die Substanzielle Allgemeinheit , das Einzelne aber s t i r b t . das Individuum stellt sich so als dieser natürliche Verlauf , Prozeß dar . 8–9 daß das … Natürlichen .] Wl : der sich damit auflöst , daß die Gattung den Sieg davon trägt über die Einzelnheit . das Individuum stirbt und die substantielle Allgemeinheit , Gattung bleibt . Das Individuum stellt sich dar , als dieser Prozeß . 10–11 er stirbt … Mensch] Er : es ist eine r e a l e Möglichkeit d . h . Nothwendig keit daß er stirbt . Er 10–13 es ist … Individualität .] Wl : sterblich ; nicht nur möglich , sondern nothwendig ist die Sterblichkeit . – Er ist selbst die Gattung und auch die Individualität . diese seine Gattung (Allgemeinheit) hat den Widerspruch an dieser unmittelbaren Existenz . – 11–13 es ist … Individualität .] Er : er selbst ist die Gattung , sie nichts ihm fremdes , und zugleich das unmittelbar Existirende und dies ist der Widerspruch in ihm . 13–622,8 also , was … nur] Wl : der natürliche Verlauf der Lebensalter . – / Das Individuelle überhaupt hat diesen Prozeß . Organisches hat ihn nicht . Berge p , Steine p dauern , sind abstracte Naturen . – / Kindesalter und Greisenalter sind Endpuncte . Begriffsbestimmtheit beider dieser ist gegensatzlose Totalität . – Das Kind ist noch der in sich eingehüllte Geist (physiologische Betrachtung überlassen wir der Fisiologie) . Hier sind

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glogie

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36 Fisiologie] Fisio-

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Das Natürliche hat diesen Proceß an ihm selber ; berge , Steine etc . dauern ; das ist aber kein Vorzug , sie sind abstracter Natur . Es sind in dem § (N . 1) angegeben die Formen : Das K i nd e s a l t e r und das Greisenalter , das sind die Extreme . Das Greisenalter geht darauf aus , eine 2t e Kindheit zu sein ; die begriffsbestimmtheit ist dagegen die gegensatzlose Totalität oder Einheit , bei dem Kind ist der Geist noch in sich eingehüllt , ist noch nicht zur Entzweiung mit sich gekommen . die Entwicklung desselben muß der Physiologie überlassen werden . Wir haben nur die Formen des Geistigen zu nennen , die diesen Momenten entsprechen . Da sind keine Hauptmomente im Kindesalter in der gegensatzlosen Einheit der friedlichen Unschuld gegen sich und gegen die We l t . Das Kind tritt aus dem Mutter Leib aus einer Art von vegetativem Leben , und dieser Heraustritt ins Leben ist nun ein ungeheurer Sprung . Man sagt zwar trivial genug : in der Natur gäbe es keinen Sprung , aber das ist solch abstracte Verstandeskategorie . das Kind ist nun noch auf vegetative Weise eingehüllt in sich ; es zeigt sich aber gleich als ein Menschliches . Das Kindesalter ist dann die erste Stufe ; im Jüng lingsalter ist der Gegensatz seiner Zwecke , seiner Ideale , Allgemeinheit | überhaupt gegen die Wirklichkeit . Im Mann ist derselbe Gegensatz aber umgewendet in ein andres Verhältniß . In der 4t e n Stufe kehrt der Mensch wieder zu der Einzelheit

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Philosophie des Geistes .Er

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1–3 Das Natürliche … Formen :] Er : Es ist ein Vorzug der organischen Natur sterblich zu seyn , die unorganische Natur dauert weil sie untergeordnet , d . h . abstract ist . – / 4–5 geht darauf … sein ;] Er : welches letztre auf die 2t e Kindheit losgeht , und 5 ist dagegen] Er : ist 5–14 Totalität oder … Verstandeskategorie .] Er : Totalität . Im K i n d e ist es noch nicht zu diesem Widerspruch zwischen seiner Einzelheit und Allgemeinheit gekommen . – Von der geistigen Bedeutung dieses Verlaufs werden hier die Hauptmomente angegeben werden . das physiologische gehört nicht hier her . Es ist im Kinde diese gegensatzlose Einheit , die kindliche Unschuld , friedliches Verhältniß zu sich und zur Welt . Das Heraustreten des Kindes an das Licht ist ein gewaltiger Sprung , die Geburt ist ein saltus , keine bloß allmähliche Veränderung , – die physiologischen Veränderungen sind noch nicht so bedeutend . 8–10 diesen Momenten … die] Wl : diesem Prozeß entsprechen . – Vom Geistigen sind Hauptmomente . – 1 .) K i n d e s a l t e r , diese | gegensatzlose Einheit , friedliche Unschuld mit sich und der 11 aus dem … Leib] Wl : in die Welt vegetativem] Wl : individualitätslosem 12–14 Heraustritt ins … Verstandeskategorie .] Wl : Austritt in die Welt ist ein S p r u n g . Der Mensch der geboren wird , macht einen Sprung . – 14 nun noch] ErWl : noch ganz 14–15 es zeigt … ein] Er : gleich nach der Geburt zeigt es sich als 15–16 Das Kindesalter … Jünglingsalter] Er : Beim J ü n g l i n g 16–623,1 seiner Zwecke , … ist] Wl : des Menschen in sich , der Gegensatz seiner Zwecke , des Allgemeinen gegen seine Einzelnheit und die Einzelnheit der Welt ; – / i m M a n n e ist auch Gegensatz , in andrer Weise nur ; i m G r e i s e n a l t e r kehrt der Mensch wieder zurück zum Frieden , von dem er ausging . Dieser ist aber 16–17 seiner Zwecke , … derselbe] Er : das Einzelne gegen das Allgemeine , (es s o l l so und so seyn , z . B . das Ideale , des Sollens pp) / Im Mannesalter ist auch der 17–623,1 umgewendet in … ein] Er : ein ganz andrer . / Im Greisenalter ist der

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12 ungeheurer] ugheurs 24 das physiologische … her . nachträglich am rechten Rande mit Einfügungs- 40 zeichen 34 J ü n g l i n g ] Unterstreichung nachträglich

anthropologie

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zurück mit der er angefangen hat . Das ist ein Frieden der Rückkehr so wie der erste einer ist der gebrochen werden muß und einen Trieb zur Entzweiung hat ; das letzte aber kommt aus dem Verlust dieses Gegensatzes . 1 . , d a s K i nd e s a l t e r . das menschliche Kind zeigt sich gleich als Mensch ; es ist ein Unterschied ein junger Hund oder ein junger Mensch ; man kennt sie gleich ; die Hand eines Kindes ist so zierlich wie bei keinem Thier irgend ein Glied . das Kind kündet sich nun gleich gebieterisch an , berechtigt und tobend gegen die Aussenwelt ; es schreit gleich nach der Geburt es ist ganz anders berechtigt zur befriedigung seines bedürfnisses , als das Thier ; es zeigt dies die absolute Gewißheit an , daß es seine bedürfnisse befriedigen kann . Nun lernt das Kind ; in keinem Alter lernt der Mensch soviel , als im Kindesalter . Seine nächste Entwicklungsstufe ist , daß es zum practischen übergeht , zum Gefühl seiner Wirklichkeit gegen die Außenwelt ; dies zeigt sich in der physischen Entwicklung der Zähne der Sprache , des Gehens und des Stehens auf den beinen ; zuerst lernt es aufrecht stehn ; der Mensch steht nur weil er will ; er wird nicht aufgerichtet von der Natur ; er steht selbst auf seinen Hinterbeinen ; wenn

1–2 Rückkehr so … ist] Wl : rückkehrt , jener so wie … der] Er : während der des Kindes 2–5 … menschliche] Er : soll . / Im Kindesalter sind wieder mehrere Perioden zu unterscheiden . das 2–4 muß und … K i n d e s a l t e r .] Wl : sollte . – das K i n d e s a l t e r hat mehrere Perioden : Entwicklungsstufen , – bis zum Jünglingsalter . – 5–7 Mensch ; es … Kind] ErWl : [ Mensch , als] Wl : Mensch , – in seiner äußerlichen Organisation] bestimmt zu [den vielfachen] Wl : vielfältigen] Geschicklichkeiten des [ Lebens schon in der Organisation .] Wl : Lebens . (Hand so zierlich .)] Es 7–8 nun gleich … tobend] Er : sogleich an nicht als bedürftig , sondern als berechtigt und ungebehrdig nun gleich … an ,] Wl : gleich mit seinen Rechten auf befriedigung gebieterisch an , wenn Bedürfnisse erwachen , 8–10 es schreit … dies] Wl : Der Schrei zeigt 8–9 schreit gleich … ist] Er : ist 9–10 seines bedürfnisses , … dies] Er : als Thier , im Schrei zeigt sich 10–12 an , daß … Seine] Wl : in ihm an , daß Befriedigung für es vorhanden seyn muß . – diese erste kindliche Periode hat es vornehmlich mit sinnlichen Formen zu thun : Entwicklung der sinnlichen Bestimmung und Lernen der sinnlichen Unterschiede , – sinnlichen Bestimmtheiten überhaupt . – Es ist das sehr Vieles , was gelernt wird . z . B . von Blindgeborenen weiß man , daß wenn ihnen das Vermögen zu sehen wiedergegeben wird , so haben sie keine Vorstellung von Entfernung p da sind nicht nur sinnliche Unterschiede des Sehens , der Farbe festzumachen , sondern auch der Entfernungen , der Stärke der Beleuchtung , sich auf Entfernung beziehend p . – die 10–11 an , daß … Alter] Er : der Befriedigung . – die erste Periode hat es besonders mit den sinnlichen Formen zu thun , in keiner 11–12 soviel , als … Entwicklungsstufe] Er : so viel . / | Es ist sehr vieles was gelernt wird . z . b . Blindgeborne , wenn sie sehend geworden sind , haben keine Vorstellung von der Entfernung pp . Es ist so ein großer Inhalt den das Kind in dieser Periode lernt . Das nächste 13 zum Gefühl … Wirklichkeit] Er : zu seiner Würde dies] Wl : dieser Übergang 13–14 in der … Entwicklung] Er : bei der Ausbildung in der physischen] Wl : bei fysischer 14–15 des Stehens … stehn ;] ErWl : Stehens . 15–624,2 will ; er … selbst] ErWl : [ w i l l , wenn wir nicht wollen , das Wollen uns schwindet , so sinken wir zusammen . die Zähne sind die] Wl : will , richtet sich selbst auf auf seine Hinterbeine . daß wir stehen , ist nur fortdauerndes Wollen . Zähne und Füsse sind] nach Außen

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dem Menschen dieser Wille schwindet , so sinkt er zusammen ; hierin liegen die Unterschiede der Thiere gegen einander , wodurch sie sich selbst als Unterschiedenes setzen gegen Anderes , gegen die Aussenwelt überhaupt . Die Sprache ist das Verhältniß des Menschen zum Menschen – diese Geschichten geschehn zu gleicher Zeit so ziemlich . Das Hervorbrechen der Zähne , das Gehen , Sprache etc . – In dem Thun des Kindes ist aber noch kein Zweck , es ist ein Spiel – das Kind gibt sich sein Selbstgefühl gegen die Außendinge , sie zerschlagen Alles , werfen Steine ins Wasser , denn das haben sie dann hervorgebracht . Man klagt oft , daß die Kinder alles zerbrechen , – das ist gerade das Vernünftigste , was sie thun . Nun kommt aber der Ernst , d . h . es entsteht eine Entzweiung in ihnen ; es kommt Fremdartiges andres als sie sind , in sie hinein ; weil sie nun aber ahnden daß dies doch auch für sie ist , so beschäftigen sie sich damit . Sie müssen lesen und schreiben lernen , müssen sich mit Elementen abgeben und Zeichen lernen von Tönen , die sind nicht concret , sondern ganz einzelne abstracte Töne . Das ist ganz etwas Geistloses , womit man anfängt und mit Recht . diese Entzweiung hat nun diese bestimmung , daß die Kinder Vorstellungen erhalten : daß in den Erwachsenen noch etwas andres ist , als in ihnen ; sie

[ gerichteten Organe , daher sie auch] Wl : gerichtete Organe . Sie werden] bei den Thieren [als Unterscheidung angenommen werden , denn durch sie setzt und behauptet sich das Thier] Wl : vornehmlich als die Seite genommen , nach welcher die verschiednen Klassen bestimmt werden : denn sie sind es durch die die Thiere sich unterscheiden von anderen , sich widersetzen gegen andere , sich] 3–10 setzen gegen … eine] ErWl : [gegen die Außenwelt . durch die Sprache erhält es Beziehung zum Menschen als Mensch . – das Kind macht sich so] Wl : behaupten gegen Außenwelt . – Dort tritt das Kind in practisches Leben , gleichzeitig mit der Sprache , dem Verhalten zum Menschen . Es hat] mit der Außenwelt zu thun , zunächst spielend , [ohne Ernst und ohne Consequenz . Im Spiel zeigt sich daß die Kinder sich das Selbstgefühl geben gegen die Außenwelt , Spielzeug zerschlagen pp – Später da wird es ernst und dieser Ernst besteht darin daß die] Wl : ohne Ernst , ohne consequent verfolgten Zweck . dieß Spielen zeigt sich vornehmlich darin , daß die Kinder dinge zerschlagen , Steine in’s Wasser werfen , dessen Bewegung zu beobachten , – ihre K r a f t z u ve r s u c h e n . – Bald wird’s E r n s t . Dieser entsteht daraus , daß die] 10–16 ihnen ; es … ist ,] ErWl : [sie gebracht wird ,] Wl : ihnen hervorgebracht wird , indem] ein Fremdartiges in sie [gebracht wird , und wo sie als Menschen die Ahndung haben daß es in sie muß gebracht werden . dies Fremdartige ist der erste Unterricht , das Lesen und Schreiben , die abstracten Töne und Zeichen , das elementarische , an sich ganz geistloses und dieses ganz äußerliche ist es womit sie sich] Wl : hineingelegt wird , sie ein Bewußtsein von Fremdartigem bekommen und wissen , daß dieß ihnen angeeignet werden soll . Das geschieht durch ersten Unterricht . Sie müssen Lesen und Schreiben lernen . Lesen lernen , abstracte Töne , ganz geistloses ist es , etwas Fremdartiges ist , womit die Kinder sich so] beschäftigen müssen . [ Näher hat] Wl : – innerlich mit etwas ganz Äußerlichem . – Näher ist] diese Entzweiung [den Sinn daß sie die Vorstellung erhalten in den Eltern pp sei] Wl : bestimmt , darin daß sie Vorstellungen erhalten . In älteren erwachsenen Menschen ist] etwas ganz anderes 16–625,2 sie sind … ist] Er : es beginnt das Bewußtseyn des Fremdartigen und daß die Erwachsenen ein Anderes sind und dies Fremdartige 13 lernen] folgt ein unleserliches Wort

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sind darum | eigentlich nicht zu frieden , was man sonst an den Kindern rühmet . dieses Fremdartige nun , was die Kinder da ahnden , ist für sie etwas höhres und ist es auch wirklich . Sie leben in der Familieneinheit , die Eltern sind der Wille des Kindes ; die Kinder sind in dieser Totalität , sie ahnden , daß etwas Höhres in den Eltern ist , und das ist der Re s p e c t ; was sie thun thun sie aus Autorität , weil es ihnen aufgegeben ist ; dies ist eben das Princip , das die Kinder groß zieht ; an dieser Ahndung von etwas Höhrem werden sie hinaufgezogen groß gehoben . die Ansicht der spielenden Pädagogik ist zwar , daß die Erwachsenen sich zu den Kindern hinablassen sollen , nämlich so , daß sie sich kindisch machen sollen , als ob das Kindische an ihnen das Wahrhafte wäre . Aber dadurch geht die Autorität die Ahndung eines Höhren im Kinde verloren , und die Folge zeigt dann , daß solche Kinder , die in der Jugend keinen Respect gelernt haben , später alles verächtlich ansehen . Man hat auch gesagt : man müsse den Kindern nichts von Gott , nichts vom Recht sagen , weil sie das nicht verstehen ; aber sie haben woh l eine Ahndung davon , daß es etwas höheres , Mächtiges gibt . Man hat nun auch von Seiten dieser Pädagogik gesagt : man soll den Verstand der Kinder bilden , das ist allerdings wahr ; aber man soll sie nicht zum Räsonniren anreizen als ob ihr Verständchen etwas wäre ; sie werden

1–4 sind darum … ahnden ,] Wl : waren zufrieden , oder vielmehr bewußtlos einig . – Nun haben sie sich entzweit , Fremdartiges aufgenommen , und wissen , daß in ihren Eltern viel Andres ist , als in Kindern , – und dieß Fremdartige ist etwas Höheres . da entsteht Respect gegen Eltern , erstes Verhältniß dieser Entzweiung ; – und woraus sie nun thun , ist Gegebnes , Auferlegtes , aus Autorität . Diese Ahndung , 2–3 höhres und … die] Er : Höheres . die 3–5 des Kindes ; … R e s p e c t ;] Er : der Kinder . das ist der Respect , das erste Verhältniß der Entzweiung und 5–9 und das … nämlich] Wl : ist das Prinzip , woran die Kinder groß gezogen werden , das die Kinder hinaufzieht zum Höhern in Eltern . | daher Thorheit der Lehrer , die sich herablassen zu Kindern im Erziehen , – 5 aus] Er : nach 5–6 weil es … das] Er : und dies Gefühl daß in den Erwachsenen etwas Höheres ist , ist was 6–9 an dieser … sollen ,2 ] Er : hieran müssen sie heraufgezogen | werden . die spielenden Pädagogen haben sich heruntergelassen zum Kindischen , 9–13 machen sollen , … müsse] Wl : machen , – so werden die Kinder diesen Respect , Ahndung für Höhres , verlieren , und davon die Folge kann nun seyn , daß die Kinder später Alles für Recht halten . Man meinte , man solle 10 Aber dadurch … die 2 ] Er : Wenn die Kinder das merken so verlieren sie diese 11–12 im Kinde … später] Er : und leicht werden solche Kinder 12–14 ansehen . Man … wo h l ] Er : behandeln weil sie in der ersten Zeit keine Achtung empfunden haben . Hierher gehört auch daß man den Kindern nicht Gott nennen solle , – sie haben allerdings 13–17 Gott , nichts … ob] Wl : Gott sagen , aber Ahndung haben sie . – Man hat gemeint , man müsse der Kinder Verstand ausbilden , – sie zum Raisoniren bringen , dazu daß 14–15 davon , daß … Pädagogik] Er : von einem Höhern . – Ferner hat man 16–626,1 das ist … es] Er : und dies Bilden des Verständchens hat Naseweisheit zur Frucht gehabt . die Bildung des Knabens ist eben dies daß er weiß von andern zu lernen und 17–626,1 etwas wäre ; … es] Wl : sich laut mache , was man sonst naseweise seyn nennt . Die Stellung des Knaben ist , daß er weiß , in Eltern p ist Höhres als er , und daß er

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naseweis die Kinder . Das Wahre des Kindes ist , daß es das Verlangen hat ein großer Mensch zu werden , so , wie die Erwachsenen , in denen sie etwas Höheres ahnden . die Welt des Wissens , die Kenntniß und Geschicklichkeit ist außer ihnen ; der Weg zur befriedigung ihres Verlangens ist dann daß sie sich dieses Äußerliche zu eigen machen müssen . Darum ist die Zeit des Knaben die des Lernens , des Aneignens . Durch dieses suchen sie an einen objectiven Werth in sich zu erlangen . In der Familie sind sie , wie sie sind geliebt , und die Eltern sollen ihre Kinder lieben , sie seien gut oder böse . Es tritt aber noch ein andres Reich ein , das Schulreich , worin der Knabe sich bewegt . Da gelten die Kinder nicht mehr als Kinder ; sie müssen lernen und sich nach einer bestimmten Ordnung und Gesetz fügen ; dieses Schulleben ist der Durchgang vom Familienleben zum bürgerleben . Der Knabe der den Umfang des auf das Knabenalter Passenden die studia humaniora gefaßt hat , tritt nun in die 2t e Periode in : 2 . Da s Jü n g l i n g s a l t e r über . Der Jüngling hat ein bewußtsein von Recht und Sittlichkeit , fühlt die Religion , ist begeistert für die Geschichte , – so tritt er in die Selbstständigkeit ist so weit fertig . Es kommt dazu auch der Wille zum Vorschein die bestimmung aus sich . Als 1–3 ein großer … ihnen ;] Er : groß zu werden . dies Verlangen ist es was ihn heraufzieht . ein großer … Geschicklichkeit] Wl : a u c h groß zu werden , – und das ist das Prinzip , die Möglichkeit überhaupt der Erziehung . – Eine Welt der Kenntniß p 3–5 der Weg … Aneignens .] Wl : – sie erhalten das Bewußtsein , daß sie außer ihnen sei , – und es entsteht das Verlangen , sich sie anzueignen , – was durchs Lernen geschieht , in dieser Zeit des Lernens im K n a b e n a l t e r . 4–5 ihres Verlangens … Aneignens .] Er : ist eben daß sie sich alles jenes Äußerliche aneignen und so ist die Zeit des Lernens das Knabenalter . 6 suchen sie … einen] Er : aneignen beginnen sie einen Wl : Aneignen suchen sie 6–11 in sich … bürgerleben .] Er : zu haben . Als Kinder sind sie immer geliebt , aber durch diesen erhaltenen Werth tritt ein andres Verhältniß ein , das Verhältniß der Schulwelt . diese ist das Mittelglied zwischen Familie und bürgerlicher Welt , hier beginnt schon eine andre Schätzung ein andres Gelten als in der Familie . 6 in sich … erlangen .] Wl : zu erhalten . 7–9 sind sie , … Kinder ;] Wl : werden die Kinder geliebt , w i e sie auch seien . Andres Verhältniß tritt ein , beim Lernen in der S c h ü l e r we l t . Hier gelten sie wegen dessen , was sie lernen . 9–10 lernen und ] Wl : lernen , 10 einer bestimmten … Gesetz] Wl : Regeln benehmen , sich äußerlicher Ordnung 11 vom Familienleben … bürgerleben .] Wl : von der Familie in die bürgerliche Welt . 11–14 den Umfang … Da s ] Er : gelernt hat den Umfang des seinem Alter anpassenden , tritt in das / 11–12 den Umfang … Passenden] Wl : gelernt hat , Umfang also des für das Knabenalter zunächst angemessenen hat , was man 12–14 gefaßt hat , … 2 . ] Wl : nennt , tritt in 15–17 Der Jüngling … auch] Er : Er kennt die Religion , hat eine allgemeine Vorstellung von Recht und Sittlichkeit und dann die äußern Kenntnisse . Ist alles dies sein geworden , so hat er Selbstständigkeit erhalten , es tritt 15–16 Der Jüngling … in] Wl : Wenn er das , was mehr ist , Religion , kennt , weiß was Recht , Sittlichkeit ist , in Geschäften bewandert ist , und dieß sein eigen worden ist , tritt 16–627,2 ist so … Leidenschaft] Wl : des Jünglings ein , der Wille , die Bestimmung aus sich Begirde , Trieb , Neigung , 17 zum Vorschein] Er : ein , 34 angemessenen] angmssenden

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Knabe ist er im theoretischen Verhältniß | gewesen , jetzt tritt Wille , Neigung , Leidenschaft Entschluß auf sich zu beruhen ein . Ein andrer Gegensatz wird nun im Jüngling . Es ist in ihm die Kenntniß dessen , was das Rechte ist im Allgemeinen ; er hat seine Selbstbestimmung . Er hat den Trieb den Zweck für das Wahrhafte und Wesentliche , das ist das Ideale . Die Jugend ist die Zeit der Ideale . Da ist also das Verhältniß der innren idealen Welt zur äußerlichen wirklichen Welt , die dem Ideale immer nicht angemessen ist ; so daß also der Jüngling in seinem Dasein noch nicht die befriedigung hat , die er in seinem Ideal fordert . So tritt der Jüngling mit seinen allgemeinen Vorstellungen Principien , Idealen der wirklichen Welt gegen über . Nun hat er aber zu lernen , wie es in dieser Welt zugeht , bereitet sich zu dieser äußerlichen Wirklichkeit vor . diese ist aber so be schaffen , daß das Individuum nur von einer Seite daran theil nehmen kann . Da bereitet sich der Jüngling also zu einer dieser Seiten zu einem S t a nd e vor . Wenn er damit fertig ist , so tritt er ins practische Leben . Und das macht den Übergang zum 3 . M a n n e s a l t e r z u m Ph i l i s t e r le b e n aus . D e r Übergang kann ihm oft schmerzlich vorkommen . Es tritt ein ganz andres Verhältniß ein . der Jüngling hat alles zu beurthei len gewußt , er ist uneigennützig , zu großen Entschlüssen fähig , 1 ist er im] Er : im

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1–8 gewesen , jetzt … Jüngling] Er : tritt bei ihm itzt das auf sich beruhen ein .

20 der Mensch wird frei . da tritt nun der Gegensatz in andrer Weise im Jüngling hervor , er hat Zwecke 20 und Triebe , andrerseits haben diese zum Zweck erhalten das Wahr|hafte , Wesentliche und der damit

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erfüllte Trieb ist was man das Ideale nennt . da fi ndet sich denn daß die äußerliche Welt diesem Ideal nicht entspricht , der Jüngling tritt so 2–3 beruhen ein . … ist 2 ] Wl : beruhen , tritt denn ein , das ist denn also , daß der Mensch f r e i ist . – / Nun tritt der Gegensatz in anderer Weise im Jüngling hervor . In ihm ist vorhanden Selbstbestimmung und Kenntniß von Recht p 4–5 er hat … Ideale .2 ] Wl : und dieß ist sein Eignes und Inneres . Einerseits ist Zweck überhaupt , der hervortritt , und Anderseits Trieb nach Wahrhaftem p was man das Ideal nennt . Die Jugendzeit ist die ideale Welt . 6 innren idealen] Wl : idealen innern 6–9 wirklichen Welt , … Idealen] Wl : Wirklichkeit . Die äußerliche Wirklichkeit ist dem Ideale nicht angemessen , und der Jüngling erlangt nicht Befriedigung in seinem dasein des Verlangens nach dem Idealen . der Jüngling tritt mit seinen allgemeinen Prinzipien der Ideale 9–12 Principien , Idealen … Da] Er : seinen Idealen der Welt gegenüber , und weil sein Verhältniß wesentlich ist muß er sie kennen lernen . Nun aber kann er nur an einer einzigen Seite der Wirklichkeit theil nehmen , er 9–10 gegen über . … aber] Wl : entgegen und hat zugleich 10–11 äußer lichen Wirklichkeit vor .] Wl : Wirklichkeit zu . 11 das] Wl : es das 12 daran theil … Da] Wl : einnehmen kann . Er 12–13 der Jüngling … zu] Er : zu Wl : zu einer Seite , 13–16 Wenn er … tritt] ErWl : Nun tritt er über dazu , diese Kenntnisse [zu vollführen und dies ist der Uebergang zum Mannesalter , der oft schmerzlich scheinen kann , da die Welt den Idealen nicht entspricht .] Wl : der wirklichen Welt zu vollführen . Dieser Uebergang ins M a n n e s a l t e r , ins Filisterleben aus idealem Leben , kann einem schmerzlich vorkommen .] Dieser Uebergang [gibt ihm] Wl : giebt] 16 Verhältniß ein .] Er : Verhältniß , ein . der] Wl : als vorher vor . 17–628,1 er ist … beengende] Wl : uneigennützig schien er größerer Entschlüsse fähig p . Im Verhältniß zur wirklichen Welt tritt die Noth , das Bedingende uneigennützig , zu … Welt] Er : uneigen nütziger – nun im Verhältniß 19 hat] folgt gestr : als sein Eignes

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zu Aufopferung ; aber in der wirklichen Welt tritt das bedingende das beengende ein , die beschränkung der Thätigkeiten auf | besondre particuläre Geschäfte . D e r Ju g e n d E n t hu s i a s mu s ve r g e ht d a ! – dieser Übergang zeigt sich besonders in einer Art Hypochondrie , einer Periode des An sich Haltens in seiner Innerlichkeit , das beharren an sich , das nicht heraus will , nur Ekel hat an der Äußerlichkeit . Das Verhältniß des Mannes ist nun , daß er es mit der wirklichen Welt zu thun hat , die fertig ist . Der Jüngling hat die Vorstellung , wenn er anfange zu wirken , da müsse es ganz anders gehn . Aber der Mann findet die Wirklichkeit als eine große Macht , der er nichts an haben kann , der an deren e i n e n Seite er seine Thätigkeit nur anknüpfen und diesseitig wirken kann . der Mann verschafft sich ein sinnliches , subjectives Ganzes , nämlich eine Familie ; das objective Ganze aber ist der Staat , die Welt , die für sich besteht . So hat der Mensch sich dann in die Welt hineingehaust ; als solcher hat er einen Stand , einen Kreis seines Wirkens auf das Ganze . Er ist etwas , in so fern er einen bestimmten Antheil hat , und sich würdig dessen beweist ; er identificirt sich mit der vorhandenen Wirklichkeit und tritt so nach und nach in | 4 . Da s A l t e r . die Subjectivirung bringt eine Einheit seiner Thätigkeit und der

2–3 ein , die … d a ! ] Er : das Beschränken auf ganz particulare Zwecke ein , besondre particuläre … d a ! ] Wl : | ganz besonderen Zweck . 3–4 besonders in … in] Er : auch oft physisch als Hypochondrie , als ein An sich halten bei Wl : oft als ein fysischer Durchgang , als Hypochondrie Periode , des An sich halten in 5 das beharren an] Wl : des Beharrens bei beharren an … nur] Er : einen an der] Wl : am Verhältniß zur der] Er : den Verhältnissen zur 6 es mit … hat ,] Er : zu thun hat mit einer Welt , der wirklichen Welt] Wl : Welt , Wirklichkeit 7–8 fertig ist . … eine] Wl : ein Fertiges ist , die an und für sich gemacht hat , nicht den Idealen gemäß . der Mensch fi ndet die Welt fertig , und als so ist . Der … als] Er : ist , an und für sich , so 9–11 kann , der … eine] Er : könne , sondern worin er nur eine beschränkte Sphäre suchen kann um mit seiner Thätigkeit daran Antheil zu nehmen . der Zweck den er erreicht ist einerseits der Zweck der Welt die selbst weiter geht , andrerseits ein subjectiver Zweck , denn daß er ein subjectives Ganzes sich ver schafft , die 9 der an … er] Wl : und worin er suchen muß ein Verhältniß , an dem er durch 9–10 nur anknüpfen … sinnliches ,] Wl : Antheil nehmen kann . der Mensch richtet die Welt nicht mehr nach seinen Idealen , fi ndet sie fertig , und hat nur beschränktes Geschäft an ihr . – Einerseits ist für ihn da die Welt Zweck der Welt , die für sich fortgeht , – und andrerseits subjectiver Zweck , – den er sich setzt , – und dann daß er zugleich ein 11–12 nämlich eine … Mensch] Wl : (Familie) wird . Der Mensch der 11 Ganze aber ist] Er : Ganze , 11–16 die Welt , … Subjectivirung] Er : geht selbst fort . der Mann hat seinen Werth , seine Würde durch den Antheil an einem Geschäft , worin sich das große Ganze , das Werk der Welt specificirt , das sich selbst ausführt . – die Objectivirung | die er sich gegeben 12–629,2 hineingehaust ; als … die] Wl : hineingehaust hat , hat Werth , Würde in seinem Stand , in Angemessenheit zu den Geschäften des Werkes der Welt . – Von da tritt er in das A l t e r ein . diese Objectivirung der er sich ergeben hat , bringt Einheit zu Wege zwischen dem Gegensatz seines Intresses und dem , was vorhanden ist . Gegensatz hört auf , – er geht zu 16–629,2 seiner Thätigkeit … die] Er : hervor zwischen seinem Interesse und dem Allgemeinen . Er geht zur 15 vorhandenen] vorhanded

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Objectivität , was vorhanden ist , hervor . Der Gegensatz zwischen seiner Thätigkeit und der Welt geht in die Gewohnheit über ; das Verhältniß wird ihm Natürlich . Der Greis lebt meist in der Erinnerung , wie Kind und Jüngling in der Hoffnung ; und er lebt ohne lebendiges kräftiges Interesse ; das Gedächtniß verschwindet ; die Einzelheiten interissiren ihn nicht mehr ; die Allgemeinheit des Substantiellen ist ihm wesentlich . Das Alter predigt daher gern , gibt gute Lehren und moralisirt . Die lebendigkeit ist weg , weil diese eben darin bestand , daß der Mensch nicht befriedigt war . Haben nun seine Zwecke die befriedigung erlangt , oder hat er sie aufgegeben , so ist der Gegensatz von Interesse und Objectivirung des Interesses verschwunden und die Einheit der beschränkung der Gewohnheit ist eingetreten , und das ist die Unlebendigkeit in der der Greis zum Tode fortgeht . dieser Proceß ist ein Ganzes des Verlaufs . Dann sprechen wir vom

b . Ve r h ä lt n iß d e r G e s ch l e cht s d i f fe r e n z . – –

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§ 397 .Sg

Es ist an dem Menschen eine specifische bestimmtheit , die Spannung der Gattung an sich selbst , bestimmtheit als Differenz der Gattung an sich selbst . die Gattung ist besondert , gespannt in sich selbst als Gattung und so daß jede Seite des Gegen-

2 über ; das … Natürlich .] Er : über und so tritt er ins Greisenalter über . Wl : über und damit ins Greisenalter . 3 der Erinnerung , … Hoffnung ;] Er : Erinnerungen 4 Interesse ;] Er : Interesse zu haben . 4–6 verschwindet ; die … wesentlich .] Er : schwindet weil die Einzelheiten den Greis nicht mehr interessiren , sondern das Allgemeine ; 5 die Allgemeinheit … Substantiellen] Wl : das Allgemeine überhaupt 6–9 predigt daher … der] Er : moralisirt gern , und diese Interesselosigkeit ist das Verschwinden des Lebens , welches eben die Entgegensetzung ist der einzelnen Zwecke und des Allgemeinen , dieser 6 gibt gute … und ] Wl : und 6–7 Die lebendigkeit … bestand ,] Wl : – diese Intresselosigkeit und Gewohnheit ist grade Verschwinden der Lebendigkeit . Diese Lebendigkeit bestand gerade im Gegensatz , 8 war . Haben nun] Wl : war in seinen Zwecken . – Wenn erlangt , oder … sie] Wl : erlangt haben , oder er sie in Unzufriedenheit 9–10 Objectivirung des … ist 2 ] Er : Vollführung desselben ist verschwunden , es ist die Einheit , Gewohnheit eingetreten , 9–10 des Interesses … die 2 ] Wl : verschwunden , in Einheit , 12–14 dieser Proceß … Spannung] Wl : Dieß sind die Zustände des Individuums , die ein Gegebenes im Verlauf der Lebensalter sind . – / 2 .) Differenz , Bestimmtheit als Differenz dieser Proceß … die] Er : dies sind die Grundzüge des Verlaufs der Lebensalter . / Wir gehn itzt über zum Geschlechtsverhältniß / Das erste war die Totalität von Veränderungen am Subjecte , das 2te ist daß diese Bestimmtheit Veränderung , diremtion wird , Bestimmtheit der Gattung an ihr selbst , 15 an sich … die] Wl : in ihr selbst . dieß ist Spannung der Gattung in sich , als einer Individualität . – sich selbst , … selbst .] Er : einer Individualität . 16 besondert , gespannt … und ] Er : so besondert , gespannt in … und ] Wl : natürliche Weise , 10 beschränkung] Lesart unsicher 12 vom] statt eines unleserlichen Zeichens Gattung d Gschl ist eine 29 sind .] sind . sind .

15 selbst .] folgt gestr : d .

den 22ten November 1827 . – § 397 Er

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satzes die bestimmtheit eines eignen Individuums ausmacht , aber in seiner Individualität ist jedes entzweit gegen die Gattung und hat den Trieb seine Einseitigkeit aufzuheben und die Gattung hervorzubringen , sich zur Gattung zu machen , sich zu gatten . Das animalische des Gattungsverhältnisses gehört in die Naturphilosophie . Das Allgemeine ist dies in Ansehung des Physiologischen , daß die Individuen den Trieb haben ihre Einseitigkeit aufzuheben sich aufzuopfern ihre besonderheit , damit das Allgemeine zu Existenz komme , es ist die Hingabe des einen in das andre . Das ist Liebe überhaupt in ihrer animalischen natürlichen Seite ; wie im geistigen : sein bewußtsein zu sein in der Gewißheit , daß der andre sein Selbstbewußtsein nicht in sich hat , sondern in der Einheit , sich bewußtsein in einem andren , sich selbst zu gewinnen aber nicht sich selbst sondern als eines der Einigkeit sich bewußtes selbst . | Das Geschlechtsverhältniß ist ein Naturunterschied der Individuen ; es ist wie ein organischer , so auch ein Unterschied der geistigen Weise . Der Unterschied ist ganz abstract der ; daß das eine des Geschlechts mit sich identisch bleibt , das andre aber fortgeht zu dem Gegensatz objectiver Interessen zur Thätigkeit , sich spannend in sich und gegen seine eigne vorhandene Existenz und durch seine Thätigkeit erst die

1–2 die bestimmtheit … jedes] Er : selbstständiges Individuum ist , aber in ihrer Individualität seiner Individualität … jedes] Wl : ihrer Individualität sind diese eben so 2 und hat] Er : so daß sie aber Wl : so daß die Gattung das Mächtigere ist , und sie 2–4 seine Einseitigkeit … gatten .] Er : haben , die Gattung zu setzen . 2–3 seine Einseitigkeit … die] Wl : haben , sich als 3–4 zur Gattung … Das] Wl : zu Gatten zu machen – das fisiologische 4 Gattungsverhältnisses] Er : Gattungsprocesses Naturphilosophie .] ErWl : Betrachtung des Lebens als [solchen also in die Naturphilosophie .] Wl : solcher . –] 5–6 Das Allgemeine … haben] Er : Die Individuen haben den Trieb 5 dies in … Physiologischen ,] Wl : dieß , 6–8 aufzuheben sich … ist] Wl : auszufüllen , und in dieser natürlichen Vereinigung die Gattung zu Stande zu bringen . In dem Aufgeben der besonderen Subjectivität kommt das Allgemeine zu Stande . Was 6–7 sich aufzuopfern … andre .] Er : diese Aufgabe der Besonderheit wodurch das Allgemeine gesetzt wird . 8–9 in ihrer … Selbstbewußtsein] Er : die ihre animalische Seite hat . Auch in der Liebe des Geistigen wird diese Einheit gesetzt , so daß man sein Bewußtseyn Seite ; wie … bewußtsein] Wl : Seite , gehört hierher . In der Liebe des Geistigen , wird diese Einheit zu einer geistigen Einheit verkehrt , zum Bewußtsein im anderen seiner selbst bewußt zu seyn oder näher : seiner bewußt 9–10 nicht in … sich 3] Wl : in dieser Einheit , Einigkeit hat . Verlust meiner Individualität um mich 10–11 hat , sondern … selbst .] Er : sondern im anderen hat , seiner bewußt ist in der Gewißheit daß der andre sein Bewußtseyn in der Einheit hat . 11 aber nicht … selbst .] Wl : als dieser Einheit bewußt . 12 Das Geschlechtsverhältniß … ein1] ErWl : | Es ist näher angegeben das Geschlechtsverhältniß . Es ist dies 12–13 es ist … ein] ErWl : aber eben so ist er auch bestimmend einen 13–14 ganz abstract … daß] Er : daß ganz abstract der ;] Wl : so angegeben , 14 eine des Geschlechts] Wl : eine des Geschlechts] Er : der Geschlechter 14–631,1 das andre … von 2 ] Er : nicht fortgeht zu diesem Gegensatz des Allgemeinen und Einzelnen , das andre erst durch Thätigkeit diese Einheit hervorbringt . 14–15 das andre … fortgeht] Wl : nicht fortgeht zu diesem Gegensatz des Allgemeinen und Einzelnen , das andere geht fort 15 Interessen zur Thätigkeit ,] Wl : Intressen , durch Thätigkeit 16 und gegen … erst] Wl : gegen ? / und durch Thätigkeit 39–40 nicht fortgeht … Einzelnen , am linken Rande mit Verweiszeichen

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Einheit von beiden hervorzubringen ; das ist der Character von M a n n u n d F r a u – das eine daß die Individualität in der Totalität bleibt , die andre die , die sich in der Totalität entzweit und sich hervorbringt , dies letztere ist der Mann . | Der M a n n ist die Thätigkeit überhaupt gegen ein Vorhandenes , Entgegengesetztes , das ausgeglichen werden soll , bearbeitet für seinen Zweck und Interesse . dem Mann kommt also Entzweiung bedürfniß , begirde und Thätigkeit zu um die Entzweiung aufzuheben . Dem Mann kommt das Joch des bedürfnisses des sich schlagens mit der Außenwelt zu . Es ist eine Thätigkeit für ein allgemeines . Damit hängt zusammen , daß dem Mann Stärke , Gewalt , Macht zukommen ; das ist das Allgemeine was gewollt wird , wogegen die andre Individualität sich nur subsumirt . Der Mann hat Character , das ist etwas Festes ein Zweck , den er durch seine Thätigkeit realisiren will . Die andren wollen das auch , aber ihre Thätigkeit ist nicht gelegt in dies allgemeine Interesse . Das objective Geschäft , was dem Mann zugehört , ist die vernünftige

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1 von beiden] Wl : in sich beide

das ist … Character] Wl : Character

2–3 daß die … der 2 ] Er :

15 Individuum bleibt in dieser Totalität , im anderen entzweit sie sich und die Einheit wird erst her-

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vorgebracht . Diese Entzweiung ist im 2 daß die … der] Wl : ist , Individualität die in ihrer 2–3 die andre … Totalität] Wl : das andre , in welcher sich die Totalität auch 3–5 sich hervorbringt , … Interesse .] Wl : Einigung wieder hervorbringt . dieß ist Character des Mannes – Thätigkeit ist im Gegensatz . Ich mit Bestimmungen die in mir anfangen , gegen ein anderes mir vorhandenes , und das Bedürfniß diesen Gegensatz auszugleichen , indem diese nur subjectiven Zwecke objectivirt , realisirt werden , die Außenwelt angemessen gemacht werde meinem Zwecke . 4–5 die Thätigkeit … Interesse .] Er : das Thätige überhaupt . Ich setze Bestimmung in mir gegen ein vorhandnes , und meine Thätigkeit ist eben diesen Gegensatz auszugleichen indem diese zunächst nur subjectiven Zwecke objectiv werden . 6–8 also Entzweiung … eine] Wl : zu Bedürfniß , Thätigkeit zu um diese Entzweiung aufzulösen , – das Bearbeiten der Außenwelt . Thätigkeit hat einen Zweck , Zweck des Allgemeinen gegen das Einzelne , 6 also Entzweiung … Entzweiung] Er : diese Entzweiung , Begierde , und das Bedürfniß zu diese 7 Dem Mann … schlagens] Er : die Bedürfnisse , der Kampf 8–9 zu . Es … daß] Er : kommt dem Manne zu . Der Zweck unterscheidet sich näher als ein Allgemeines gegen das Einzelne . So kommt ein allgemeines . … daß] Wl : das Allgemeine , damit das Allgemeine als das Einzelne behauptet wird . Dann kommen 9 Gewalt , Macht … was] Wl : Macht p zu , ein Allgemeines , das zukommen ; das … was] Er : zu , ein Allgemeines das 10–12 die andre … will .] Er : andre Individualitäten sich verhalten als nur besondere . Zum Character gehört ein allgemeiner Zweck und die Festigkeit diesen zu realisiren . 10 die andre … subsumirt .] Wl : andere Individualitäten sich ins Besondere verhalten . 11–12 Character , das … andren] Wl : Character . Zu Character gehört ein festes , ein Allgemeines , einen allgemeinen Zweck zu wollen und zu realisiren . Andere 12 ihre] Wl : ihr Wille , ihre 12–13 gelegt in … Interesse .] Er : identisch mit dem Allgemeinen , dem wesentlichen Zweck . 12 gelegt in dies] Wl : mit allgemeinem Intresse identisch , nicht gelegt in das 13–632,1 Geschäft , was … Wirklichkeit] Er : Geschäft kommt dem Mann zu . dazu gehört die höhere Allgemeinheit , die Arbeit des Geistes zu wissen , was das Vernünftige ist und dies in der Au|ßenwelt 13 Geschäft ,] Wl : Geschäft kann es genannt werden , zugehört , ist] Wl : zugehört . Zu diesem Geschäfte des Objectiven gehört 7 das Joch] Lesart unsicher

40 Au|ßenwelt] Auß|ßenwelt

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höhere Allgemeinheit zu bewußtsein zu bringen , und es dann in der Wirklichkeit auszuführen . Das Staatsgeschäft ist daher das Geschäft des Mannes . Die Frauen sehn mehr auf das Persönliche besondre , nicht so sehr auf die Sache ; Frauen machen daher gern Intriguen , wenn sie im Staat zu Gewalt kommen , und die Intrigue ist Interesse für etwas besondres , für Personen . die Jugend schließt sich gerne daran und will das Allgemeine hervorbringen gemeinschaftlich mit den Frauen ; dabei eilt der Staat seinem Verderben entgegen . Der Staat will mit Nach denken regirt sein nicht durch Intriguen und durchs junge Gemüth . Die Wissenschaften sind auch nicht Sache der Fraun , auch nicht die Philologie , weil das Wissenschaften des angestrengten Gedankens sind . Das sind nur Sachen für Männer ; fähig sind die Frauen allerdings wissenschaftlicher Erkenntniß . In Bologna hat es viele Frauen gegeben , die Professoren des Rechts waren , d . h . des positiven Rechts , das ist etwas besonderes . Staat Wissenschaft hohes Kunstwerk zu dem Allen gehört eine Idee , ein Allgemeines in der Phantasie zu bilden , das kann die Frau nicht – Homer , Sophocles , Raphael ,

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1 Allgemeinheit] Wl : Allgemeinheit , die Arbeit des Geistes die höhere Allgemeinheit es dann … Wirklichkeit] Wl : im Wirklichen im Dasein 2 ist daher das] Er : ist Die] Er : Es ist die Arbeit des Geistes die das Vernünftige , den allgemeinen Zweck erst zum Bewußtseyn bringt . Die Wl : Zweck des Staates ist das Vernünftige des Willens . Was aber Vernünftiges des Willens ist weiß man erst durch die Arbeit des Geistes , dieß erst nur innerlich Vernünftige zu Bewußtseyn zu bringen . – Wesentlich Staatsgeschäft , allgemeiner Zweck , ist Geschäft des Mannes . – 3 Persönliche besondre , … machen] Er : Persönliche , Besondere , sie machen im Staat Persönliche besondre ,] Wl : Persönliche , 3–4 Frauen machen … im] Wl : Wo Frauen in einem 4–8 wenn sie … sind] Er : eben so hat wieder die Jugend zwar ein Allgemeines aber nur ein Allgemeines des Gemüths ; mit Enthusiasm will sie das Allgemeine direct ausführen , statt der verständigen Vertheilung pp – die Wissenschaften , Producte des Allgemeinen sind so 4–6 und die … dabei] Wl : kommt Krieg , schlägt sich die Jugend hinzu , wo das Allgemeine des Gemüths hervorgebracht werden soll . Bei objectiver Arbeit wird jedem ein Theil der Arbeit zugewiesen , und das Individuum muß verzichten und dem Ganzen sich unterwerfen . Wo Jugend mit Frauen zu Antritt kommt , 7–8 entgegen . Der … auch] Wl : zu . Eben so wie Staatssachen nicht Sache der Frau sind , so sind auch Wissenschaften , Allgemeinheit des Gedankens , 8–633,2 auch nicht … als] Er : Mathematik pp und besonders Philosophie sind nothwendig von Männern hervorgebracht . Es hat Frauen gegeben mit großer Gelehrsamkeit , aber die hat positive , VerstandesGegenstände betroffen . Eben so um große Kunstwerke hervorzubringen da muß die Idee gefaßt und durch Arbeit hervorgebracht werden . – die großen Kunstwerke sind Werke der Männer . Zum Zweck des Allgemeinen , zum Wollen des Allgemeinen gehört diese Entzweiung , diese Vertiefung in sich und die Thätigkeit der Arbeit . Es ist eine 9–633,1 auch nicht … Männer . –] Wl : diese sind nothwendig und besonders nur von Männern hervorgebracht . Frauen können auch wissenschaftlicher Kenntnisse fähig seyn (In Italien zum Beispiel gab’s Fraun Professoren z . B . des Rechts , einer Wissenschaft des Positiven , des Einzelnen , des Verstandes , nicht der Vernunft –) Eben so wie Staat , Wissenschaft gehört höheres Kunstwerk nicht den Fraun zu : denn auch dazu gehört eine allgemeine Idee zu , eine Idee der Fantasie vorgestellt , und sie durch Arbeit hervorzubringen . Größre Kunstwerke sind darum von Männern hervorgebracht . Sofocles , Homer , Rafael , Mozart . – Die Entzweiung des Geistes in 9 Philologie] Philogogi

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Mozart Gluck waren Männer . – die Vertiefung in sich das Nachdenken und die Arbeit gehört dazu das Allgemeine zur Existenz zu bringen als hervorgebrachte Einigkeit des Allgemeinen und des Einzelnen . | D ie F r a u ist die andre Seite und bleibt die Unentzweitheit ; sie hat bildung große bildung , aber sie kommt nicht ins Extrem des Schmerzes , der zur Production treibt . Die Objectivität der Frau wird daher erreicht in der Familie , die das andre zum Staat ist . die Familie ist ein sittliches , weil eine vernünftige Einheit das substantielle Band der Individuen ausmacht . Die Liebe der Familie ist die Constitution dieser Einheit der verschiedenen Geschlechter zu sein . die Vernünftigkeit , das Objective ist eben das Sittliche . Dann ist das Sittliche auch in Weise der Empfindung (pietas) in der Familie vorhanden – diese Familienpietät ist dann die höchste Form der Sittlichkeit für die Frau . Im Staat herrscht das Gesetz das Recht ; es sind objective Pfl ichten zu thun ; die Pfl ichten in der Familie | gehn von der Empfindung aus , von der Neigung , von der Liebe – die Frau bleibt also hier in der Form der Subjectivität ; sie zeigt eine Entfaltung die aber in der schönen Einheit in dem Frieden und der

sich gehört dazu und 1–3 das Nachdenken … Einzelnen .] Wl : und die Thätigkeit der Arbeit in Productionen zur Darstellung des Innern , einer hervorgebrachten Einigkeit . | 4–5 ist die … ins] Er : bleibt in dieser Unentzweitheit des Gemüths . die Bildung der Frauen tritt nie in dies Seite und … ins] Wl : Seite . Sie bleibt in dieser Unentzweitheit des Geistes und Gemüths . Ihre Bildung tritt nie in das Extreme der Allgemeinheit und Einzelnheit wie beim Mann , in das 7 die Familie … eine] Wl : Sie ist das Sittliche weil die Familie] Er : Sie 7–8 das substantielle … Liebe] Wl : das band der Familie ausmacht . Bei 8–12 substantielle Band … Frau .] Er : Band aus macht und diese Einheit ist die Vernünftigkeit dieses Verhältnisses . das ist dann das Sittliche und zugleich ist diese Sittlichkeit vorhanden in der Familie als eine Empfi ndung als natürliche unmittelbare Sittlichkeit – Pietät , Liebe . 9–10 dieser Einheit … Dann] Wl : der Einheit der Glieder verschiedenen Geschlechts . diese Einigkeit ist die Vernünftigkeit dieses Verhältnisses . die Vernünftigkeit ist dann das Sittliche , und zugleich 10–11 auch in … der] Wl : in 11 diese Familienpietät … dann] Wl : in Weise des Gefühl , – von alten Familien pietas genannt . das ist 12 Sittlichkeit für … herrscht] Wl : Frauensittlichkeit . Hier herrscht die Liebe ; – im Staate 12–14 es sind … Liebe] Er : objective Pfl ichten . In der Familie gehn diese | von der Liebe aus . Wl : Pfl ichten in Familien gehn von Liebe aus , nicht abstracte Pfl ichten , sondern von Liebe , Neigung ausgehend . 14 also hier] Er : auch in ihrer Objectivität Wl : in ihrer Entwicklung (zur Objectivität kommend) 15–634,13 sie zeigt … darin ;] Er : die Frau indem sie nicht zu den Reflexionen des Verstandes fortgeht , ist nicht zu solcher Einseitigkeit geneigt als der Mann , bei ihnen macht sich das Gehörige und Schickliche durch Empfi ndung , sie ist früher gebildet . die Religiosität ist stärker bei ihr und bleibt mehr in Form der Empfi ndung , da der Mann auch hierin zum Gedanken fortgeht . dem Mann gehört mehr das weltliche an , der Frau die Pietät , das Innere und wenn das weltliche noch gemeiner Art ist , erscheint die Frau als das Höhere , Bevorrechtete . Wo kein Staat , kein Gemeinwesen ist ist für den Mann nichts übrig als niedrige Geschäfte wie sie sie in Italien treiben . Im Mann Entzweiung , in der Frau diese pfl anzenhafte Einigkeit im Geist . – die Frau herrscht in der Familie und 15–634,1 sie zeigt … bleibt .] Wl : Sie stellt in ihrem Wesen eine Entfaltung dar , aber in dieser schönen inneren Ruhe , Einigkeit , Festigkeit . 20 das] dß

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innren Ruhe bleibt . die Frau ist daher auch nicht dieser Einseitigkeit unterworfen , der der Mann unterworfen ist ; bei ihr macht sich das Schickliche das Rechte durch den Takt . Der Mann dagegen hat durch die Einseitigkeit zur bildung durchzugehn ; er hat Meinungen , die er für Recht und Wahrheit hält ; die Frau ist früher gebildet als der Mann . Der Mann gehört mehr dem weltlichen Reich an , die Frau mehr dem Innerlichen der Pietät ; wo in einem Staat die Idee desselben geschwächt ist – die Particularitäten die Oberhand gewinnen , da stehn die Fraun hoch und haben viel Einfluß . Im alten Ägypten wo die Männer die Geschäfte der Particularität im häuslichen Leben hatten , die Frau putzte sich nur : da ist der Mann heruntergesetzt in einen niedrigeren Rang . So ists zum Theil auch in Italien . Der Mann ist mehr das Thier , die Frau die Pflanze[ .] In der Familie ist die natürliche sittliche Totalität des Mannes und der Frau . Die Frau ist die Herrscherin darin ; ihre höchste bestimmung ist Familienmutter zu sein ; dagegen der Mann nicht in der Familie seine befriedigung findet . Das 3t e innerhalb dieses Kreises die Indifferenzirung der Individualität ist .

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1 daher auch] Wl : auch 2–3 bei ihr … Takt .] Wl : Durch Empfindung Tact , macht sich das was Schicklichkeit heißt , 3 dagegen hat … die] Wl : muß durch Unschicklichkeit , allerhand Meinungen durch 3–12 durchzugehn ; er … Frau .] Wl : fortgehn . – die Religiosität ist stärker auf Seite der Frau , oder bleibt mehr in gläubiger Empfindung bei ihr , da der Mann mehr in Gedanken , Reflexion in Rücksicht auf Religion auch fortgeht . – / Das sind die Grundbestimmungen des Unterschieds beider . dem Mann gehört das Weltliche der Frau die Idee . Wenn daher das Weltliche nicht viel werth ist , erscheinen die Frauen in größerem Werthe und Vorzügen . Wenn ein Staat geschwächt ist in seinen Zwecken , und zu Particularitäten kommt , dann sind die Fraun es , die hoch stehn . / So in Italien sind Männer niedrig , haben häusliche Geschäfte zu besorgen , Frauen haben sich zu putzen und in Kirchen zu gehn . Dem Manne bleibt nichts übrig , wo kein Staat , kein Gemeinwesen ist . – / die Sache des Verstandes ist die Domaine des Mannes und damit der Zwiespalt , der Frauen die pflanzenhafte Einig keit . – das Geschlechtsverhältniß erlangt in der F a m i l i e seine geistige und sittliche Bedeutung und Bestimmung . 13 ist die … darin ;] Wl : herrscht in Familie , und 14 nicht in … findet .] Er : noch andre objective Bestimmungen hat . / So ist dieser natürliche Unterschied auch ein geistiges . 14–635,1 der Familie … D a s ] Wl : Familie befriedigt ist , sondern Staats- Gewerbs- Geschäfte hat , Wissenschaften p / 3 .) differenzirung der Individualität . das 14–15 innerhalb dieses … Indifferenzirung] Er : in dieser differenzierung 15–635,1 ist . c . , D a s ] Er : ist dann das 2 der] die

sich] folgt ein unleserliches Wort

9 nur :] folgen einige unleserliche Zeichen

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c . , D a s Ur t he i l d e s I nd iv id u u m s a n i h m s e l b s t ( d a s E r wa ch e n d e r S e e l e )

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Es ist der Unterschied der Individualität als für sich seiend ; sie tritt für sich seiend gegen über ihrem Naturleben . dieses die Naturbestimmung als solche in so fern wir von der sittlichen bedeutung abstrahiren , hat das : daß das Individuum in diesen sich abschneidet in ein für sich sein , so daß ihm sein Naturleben als ein Zustand gegen über tritt . Es ist e i n Individuum , welches Naturleben ist , welches schläft und wacht . | Es ist dies der Punkt der Ablösung der Individualität von seinem Naturleben , aber noch schwach im Zustand . (Dann bestimmt es sich zu Selbstgefühl , zu Empfindung als solcher) dieses Erwachen ist nun zu unterscheiden von dem Verhältniß der Lebensalter und von dem Verhältniß der Geschlechter , d . h . von Zuständen , die in dem Individuum vorübergehn als Veränderungen ; aber der Zustand 2–3 ( d a s E r wa c h e n … Unterschied] Wl : welches das Erwachen der Seele genannt wurde ; das 3–5 Es ist … das :] Er : die Individualität als Für sich seyn tritt entgegen ihrem Naturleben und zwar so daß dies Entgegentreten erst Zustand ist und einem Zustand entgegentritt . Es ist hier gesetzt 3–8 seiend ; sie … wacht .] Wl : seiender gegen sich als nur s e i e n d e r Individualität welches Für-sich-seyn selbst für sich die Einheit von beiden Bestimmungen ist , als unmittelbares U r t h e i l , das E r w a c h e n der Seele , welches ihrem in sich verschlossnen Naturleben zunächst als Naturbestimmtheit und Z u s t a n d gegenübertritt , einem Zustande , dem Schlafe . / Halten wir uns daran , daß diese Unterschiede unmittelbar durch Natur gesetzt sind , nennen wir’s Naturleben , so ist Erwachen , daß Individuum für sich sein Naturleben abstreift . – das eine Individuum im Naturleben schlafender Zustand / | 5–6 in diesen … daß] Er : für sich sein Naturleben von sich abwirft , so daß dies sein Für sich seyn auch nur Naturzustand ist und 7 gegen über tritt .] Er : entgegensteht . 7–8 welches Naturleben … Individualität] Er : an welchem beide Zustände sind . Es ist dies also die Ablösung des Individuums 8 der Individualität von] Wl : des Individuums in 9–10 Naturleben , aber … zu] Wl : Naturleben . Das nächste ist also , sich zum Selbstgefühl , zur 9–10 noch schwach … nun] Er : so daß diese noch nicht f r e i , für sich ist . das nächste ist daß es sich zum Empfi nden bestimmt . / dies Ablösen ist zuerst 10 solcher) dieses … nun] Wl : solcher zu bestimmen . Dieß Ablösen also ist zuerst 10–12 dem Verhältniß … der] Wl : den beiden vorhergehenden Verhältnissen der Lebensalter und Geschlecht . Verhältniß der Lebensalter ist ein Vorübergehendes , so daß wir ur thei len , es ist nicht Ur theil des Individuums , in sich selbst . der dem Verhältniß … in] Er : den | vorhergehnden Zuständen , die nur an 12–636,7 als Veränderungen ; … ist] Er : so daß w i r ur thei len , denn jene sind nur Veränderungen a m Individuum . diese Zustände sind zwar auch am Individuum , aber so daß der eine Zustand , das Wachen selbst ein Urteil ist , der das Naturleben seinem Für sich seyn entgegenstellt . Ferner ist das Wachseyn zu unter scheiden vom Geschlechtsverhältniß , denn dies ist ein Trieb , eine Begierde in Beziehung auf seine Gattung , hier aber ist das Wachseyn dies , ruhig sich gegenüber zu haben sein Naturleben als einen Zustand . / das e r s t e war also die unmittelbare Individualität , die natürlich bestimmte Individualität ,

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15 Unterscheiden 15

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17–19 welches Für-sich-seyn … zunächst mit Verweiszeichen am rechten Rande ; folgt im Text gestr : dß 19 Z u s t a n d ] folgt gestr : ist – ls ein 21 abstreift . –] folgt gestr : so dß dieß f . sich seyn 27 daß] ds 30 Verhältnissen bei Hk über Ve r s c h i e den heiten

40 die Indiv gegen sich übertritt ls Nturleben , so daß

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des Erwachens ist zugleich s e l b s t ein Ur theil ; es ist in einem dies Unterscheiden . Denn vom Geschlechtsverhältniß ist es verschieden in so fern das Geschlechtsverhältniß begirde ist , nicht theoretisches sondern practisches Verhältniß der Individualität gegen die Gattung . In dem Wachsein aber wird der Mensch theoretisch und stellt sich sich selbst gegen über . Die natürliche Individualität ist als identisches mit sich . – die an sich seiende Individualität ist das Naturleben ; die für sich seiende ist von ihr nur verschieden an sich als an sich seiende Individualität . Ihr Verhältniß ist das Oberflächliche der Veränderung . Die ganze Anthropologie und Psychologie geht nur darauf dies Verhältniß concreter zu bestimmen . Ich und äußerliches Object ist dasselbe Verhältniß : für sich seiende Seele gegen die an sich seiende . Geist ist eine Anschauung eine Vorstellung , beide sind bestimmungen e i n e s Individuums | und sind zunächst nur andre gegen einander . Es sind eigentlich nur Zustände , die wir

/ 2 . die Bestimmungen die zum Für sich seyn gehören sind a . die natürliche Individualität und b . Anders seyn derselben , Spannung dieser Individualität gegen sich selbst im Tr i e b e und wesentlich im Geschlechtstrieb . Hier ist das Gegeneinandergesetzt seyn , die Unterscheidung , Entzweiung , welche Trieb ist Hierin hat das Individuum kein ruhiges Bestehn in sich , denn dieses hat zu seiner Bedingung die Spannung des Individuums gegen ein andres , die Entzweiung und die Negation der Entzweiung d . h . die Befriedigung des Triebes ; das Getrenntseyn ist negirt , aufgehoben und so ist das natürliche Individuum , das entzweit war itzt als identisch mit sich , aber als gesetzte Individualität , Individualität als solche für sich . das sind abstracte Bestimmungen , auf die es ankommt um den Unterschied in seinem Wesen zu fassen . – / die für sich seyende Individualität ist der an sich seyenden gegenüber , zunächst nur unterschieden und dies Verhältniß ist das oberfl ächliche der Veränderung . die für sich seyende Individualität und die an sich seyende sind e i n Individuum in welchem dies Ur theil , diese Unterscheidung ist und das Verhältniß 1–7 zugleich s e l b s t … ist] Wl : neben jenen Veränderungen zugleich selbst ein Ur thei len , ein in Einem dieß zu unterscheiden . Zweitens ist dieß Wachsein vom Geschlechtsverhältniß unterschieden . Dieß ist Begirde , practisches Verhältniß , Entzweiung des Individuums in sich , wo Individuum als Krieg ist ; – hier fängt das Individuum an für sich zu seyn , und sein Naturleben ruhig sich gegenüberzuhaben . – / 1 . Zuerst unmittelbare Individualität , natürlich bestimmtes Individuum . / 2 . Empfindende Individualität / Bestimmungen die zum für sich sein gehören : Natürliches Individuum , und b . , Anderssein dieser Individualität , Spannung derselben gegen sich selbst , im Triebe und wesentlich im Geschlechtstriebe . Hier ist die Objectivität das gegen ein ander Gesetztsein der unterschiedenen Bestimmungen – , Entzweiung die Trieb ist . Hat nicht ruhiges Bestehn in sich . das ruhige Bestehn in sich hat zu seiner Bedingung Spannung der Individuen gegen ein ander , Entzweiung und Negation dieser Entzweiung , Befriedigung des Triebs . Das Getrenntsein ist negirt , aufgehoben , – und so ist natürliches Individuum das entzweit war , itzt als identisch mit sich ; aber als gesetzte Individualität , Individualität als solche für sich . das sind abstracte Bestimmungen auf die es ankommt . Unterschied im Wesen zu fassen – . / Die für sich seiende Individualität ist der an sich seienden Individualität gegenüber . Zunächst nur unterschiedenes Verhältniß zunächst 8–9 Die ganze … nur] Wl : diese für sich seiende Individualität und die an sich seiende sind ein Individuum in dem dieß Ur theil , Unterschied ist , und das Verhältniß des Oberflächlichen der Verändrung . Ganze Anthropologie geht und Psychologie … nur] Er : geht 9 concreter] ErWl : weiter 9–12 Ich und … nur2 ] ErWl : In dieser Weise sind es Veränderungen , 9 Ich] Lesart unsicher

27 Krieg] Lesart unsicher ; Hk : Krieg

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Wa che n und S ch l a fe n nennen . Das schlafende Naturleben hat die Seele gegen sich über ; die objective Welt . Sie sind als natürliche Zustände auch gebunden an die natürliche Zeit ; die Nacht ist für den Schlaf , der Tag für das Wachen ; der Mensch kann das Verhältniß freilich umkehren ; Raubthiere kehren es um , und wachen bei Nacht ; die begierde ist das über wiegende in ihnen ; der Singvogel ist in der heitren Fröhlichkeit seines Daseins , läßt die Außenwelt bestehn ; der Raubvogel nicht ; er hat kein theoretisches Verhältniß | zur Außenwelt d . h . eine Gleichgültigkeit gegen die Außenwelt , die dem Sein sein bestehn läßt ; die begirde aber negirt das Sein der Außenwelt , ist feindlich gegen dasselbe , ist so gegen dasselbe bestimmt , daß sie es nicht bestehn lassen will . Das Wachsein ist dann also überhaupt das für sich sein des Individuums , das zugleich nach Außen gerichtet ist . Da ist zugleich ein Verhältniß in diesem Wachsein gesetzt : ruhige beziehung auf sich , und zugleich ruhiges Verhältniß auf ein andres , das aber in seinem Sein belassen werden soll . Physiologisch ist auch dieser Unterschied am Individuum überhaupt vorhanden ; nämlich der Unterschied ist der : das organische , und das animalische Leben . Das erste ist das Leben der einfachen be-

1 Wa c h e n ] ErWl : Erwachen 1–7 Das schlafende … hat] ErWl : [ Unsre Bestimmung war daß das für sich seyende Individuum das Naturleben ausgeschlossen von sich hat , (das an sich seyn der Individualität) , es hat das (schlafende)] Wl : Nähere Bestimmung daß die Individualität für sich das Naturleben ausgeschlossen von sich hat , das an sich sein der Individualität ; es hat das schlafende] Naturleben sich gegenüber . Indem dies natürliche Zustände sind , sind sie eben so an [die Form der Äußerlichkeit ,] Wl : Formen der äußerlichen] Natürlichkeit gebunden , an Tag und [ Nacht . Man] Wl : Nacht , Zeit des Wachens und Schlafens . Man] kann nach seinem Willen Tag [in Nacht verwandeln . Auch Thiere verändern so] Wl : und Nacht machen . – Thiere gehen auch diese Verändrung durch ,] aber nur partiell , die [meisten schlafen nur Nachts . der Raubvogel] Wl : größtentheils nachts schlafen . Denn Raubthier , =vogel] ist in Begirde versunken [und in dieser Begierde hat er] Wl : – nicht so der Singvogel . Raubvogel hat in dieser Begierde] 7 d . h . eine] Wl : (d . h . daß noch die Außenwelt ein für sich bestehendes ist , – die 7–8 eine Gleichgültigkeit … läßt ;] Er : daß ihm die Außenwelt als ein Bestehendes als ein Geltendes ist , daß er gleichgültig gegen sie ist . 8 die dem … läßt ;] Wl : die Außenwelt noch als ein seiendes seyn läßt .) 8 aber negirt … Sein] ErWl : hingegen ist feindlich gegen das [ Bestehen] Wl : Bestehen , Seyn] 9–11 ist feindlich … Das] ErWl : negirt sie , macht sie nichtig . Für die Begierde ist also diese Manifestation [eines] Wl : des] Äu ßerlichen als eines [gleichgültigen] Wl : gleichgültig Seienden] und ruhig bestehn sollenden nicht , das bei Nacht auf Raub ausgehn , ist im Zusammenhang mit dieser Erscheinung . / 11 dann also … das] ErWl : das 12–16 Da ist … organische ,] ErWl : die Beziehung darauf ist die auf ein Seyendes , nicht mehr Entzweiung des Individuums in sich und seiner Ruhe gegen das andere . da ist also gleich ein Verhältniß im Wachseyn gesetzt : Ruhige Beziehung auf sich , und Beziehung auf die Außenwelt , die als ein Seyendes soll gelassen seyn , – ausgeschlossen zu haben sein [schlafendes Naturleben , das] Wl : Schlafendes , Naturleben ,] Äußerliche überhaupt . [das für sich seynde Individuum hat sich getheilt , hat] Wl : fysiologisch daran zu erinnern , der Unterschied , Ur theil , für sich das Individuum hat ge theilt] sein An sich seyn [von] Wl : (Naturleben) von] sich ausgeschlossen und 30 die] dß

15M Büchar] siehe Anm .

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Büchar sur la vie et la mort macht darauf aufmerksam . Sg

§ 398 .Wl

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ziehung des Individuums auf sich selbst ; der Reproductionsproceß und die Organe der Reproduction ; dahin gehören die Functionen , die im Schlaf wie im Wachen fortdauern ; blutumlauf , Verdauung etc . auch das System des Herzens ; dies organische Leben hängt nur durch den Lungenproceß durch das Athmen mit dem Leben nach Außen zusammen ; das Leben nach Außen ist das Verhältniß zur Luft . Wie auch Heraclit sagt : im Schlaf bleiben die Wurzeln des Lebens , indem er das Athmen als die Wurzel der Lebendigkeit betrachtet , hört dies auf , so ist der Mensch tot . Das andre ist das System der Animalität , des Gerichtetseins nach Außen ; es fällt in dieses die 2heit des Zustands , der Wechsel von Thätigkeit und Ruhe ; in diesem System treten auch außereinander die Systeme der I r r it a bi l it ä t S e n s i bi l it ä t ; hier kommen sie zu ihrer Wirklichkeit . In dies Leben gehören die Sinneswerk zeuge , Muskelbewegung etc . Im Schlaf hört dieses animalische Leben auf , thätig zu sein ; im Tode auch das andre ; darum sind beide Schlaf und Tod brüder . Dann bemerkt Biechare noch : die Organe die nach außen gerichtet sind , gehören dem Ur theil dem Princip der 2heit : einfach sind die Organe die zum organischen Leben gehören ; doppelt die nach außen gerichtet sind . Die Augen die Ohren sind gedoppelt ; 2 Arme , 2 Hände , 2 Füße ; dieses nach außen gekehrte der menschlichen Gestalt ist daher besonders Gegenstand der Kunst . – –

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bezieht sich darauf . Eben [dies Getheilte] Wl : ein solches Getheiltes] ist das Individuum [selbst . –] Wl : an sich selbst . |] die physiologische Theilung ist es worauf Bichat aufmerksam macht : sur la vie et la mort . Er nennt die zwei Seiten das organische Leben 1–3 der Reproductionsproceß … dies] ErWl : – Reproductionsprozeß , was auch [in] Wl : im System] der Irritabilität wieder zur Reproduction gehört ; Blutumlauf pp dauern wie im Wachen so auch im Schlaf [fort] Wl : fort .] Nur dieses 4–5 nur durch … zusammen ;] ErWl : [also] Wl : nur] zusammen mit der Außenwelt durch Athmen [pp .] Wl : Lungenprozeß .] 6–7 Wie auch … so] ErWl : [ Diese Wurzel des Lebens bleibt auch im Schlaf .] Wl : Im Schlafe bleibt diese Wurzel des Lebens , Luft , Athmen .] Wenn dies System aufhört lebendig zu seyn , 8 Das andre … das] Er : 2 . das Wl : 2 .) 8–9 Animalität , des … Ruhe ;] Er : Animalität ist abwechselnd bald ruhig bald thätig . des Gerichtetseins … dieses] Wl : abwechselnd thätig und ruhig , – das nach außen gerichtet seyn . Auch in dieses fällt 9 Wechsel von Thätigkeit] Wl : Thätigkeit 10 auch außereinander] Er : außer ein ander Systeme] Wl : Bestimmungen 11 hier] ErWl : In diesem [System] Wl : Zustande] 11–12 Wirklichkeit . In … etc .] ErWl : Wirksamkeit . Dahin gehören Sinne , Muskelbewegung . Die Sensibilität [ist theoretisch in den] Wl : hält sich theoretisch in] Sinnesorganen , die Irritabilität praktisch gegen die Außenwelt . 13 im Tode … beide] Er : in sofern sind 13–14 Dann bemerkt … die] ErWl : die 14–15 dem Ur theil … sind] ErWl : deshalb dem Ur theil der Zweiheit der doppelheit an , sind deshalb selbst gedoppelt . Hingegen 15–17 die zum … gekehrte] ErWl : [des organischen Lebens] Wl : die zum organischen Leben gehören] sind nur [einzeln] Wl : eins ,] und unregelmäßig . Jene [sind innerlich 2 und da kein Grund der Verschiedenheit vorhanden ,] Wl : 2 , und da kein Grund vorhanden ist der Verschiedenheit , so] sind sie symmetrisch . Augen Ohren [pp sind gedoppelt . das nach Außen gekehrtseyn] Wl : Arme , Hände , Füsse gedoppelt . Dieß nach außengekehrte] 18 daher besonders] ErWl : das was wesentlich 18–639,1 Kunst . – – Der] ErWl : Kunst ist , der geistige Ausdruck in 14 Biechare] siehe Anm .

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Der Unterschied zwischen Schlafen und Wachen ist nun also abstract bestimmt worden . Aber menschliches Schlafen und Wachen in ihrer concreteren bestimmung sind noch etwas verschieden : es sind Vorstellungen sowohl im Wachen als im Schlaf . Vornehmlich an den Vorstellungen sucht man diese Unterschiede darzuthun ; es ist eine Vexierfrage die an die Philosophen gemacht wurde über das Schlafen und Wachen . | Man nimmt beides da nicht für sich , sondern in bezug auf die darin enthaltenen Vorstellungen . Napoleon ist in Paris in die Klasse der Ideologie getreten und hat gefragt : wie schlafen und wachen sich unterscheidet : Eine Frage die die Schüler und Professoren in Verlegenheit gesetzt hat ; wie große Herrn gern zu thun pflegen ; die Vorstellungen im Schlafe sind die Träume . Man hat gefragt , ob die Seele im Traum wach sei , oder ruhe ? die Seele ist immer thätig , das ist ihr Wachen ; die Ruhe ist tot ; wenn man fragt , so kann man sich immer erinnern an das , was man geträumt , oder man vergißts gleich wieder und das muß man auch ; es ist nicht erlaubt einem andren seine Träume zu erzählen ; man soll sie nicht behalten . – Nun hat man im Wachen auch Vorstellungen ; man weiß von äußren Gegenständen ; aber da sagt man das weiß ich im Traum auch ; ich habe da Gegenstände so und so bestimmt , wie im Wachen . Die Vexierfrage enthält nämlich immer dieses : daß man die Vorstellungen im Wachen mit denen im Schlaf gleich stellt ; das sei das Gemein-

20v Sg

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Form und Gebehrde . / | Was nun den weitern 1 ist nun … abstract] ErWl : betrifft , so ist er ab2 Aber menschliches] ErWl : [ d a s i s t ] Wl : das ist der Standpunct , das ist] Schlafen und Wachen , aber wenn wir das menschliche in ihrer] ErWl : nehmen , sofern diese Zustände in einer 3–10 sind noch … pflegen ;] ErWl : gefaßt werden müssen , [so will man den Unterschied] Wl : will man weiter über diesen Unterschied wissen ,] nach der concretern [ Bestimmung nehmen , daß im Schlaf auch Vorstellungen sind . Man will da nicht den abstracten Unterschied zwischen Schlafen und Wachen ,] Wl : Bestimmung , daß Vorstellungen sind im Schlafen und Wachen . – Man sucht nicht auf diese abstracte Weise Wachen und Schlafen zu unterscheiden ,] sondern sofern in beiden Vorstellungen das Concretere , die weitre Thätigkeit des Geistes vorkommt in Beziehung auf die Form dieser [ Vorstellung . So ist dieser Unterschied zu einer Vexirfrage gemacht ;] Wl : Vorstellung ; der Unterschied von Schlaf und Wachen pflegt zu einer der Vexirfragen , wie man sie nennen könnte , an die Filosofie gemacht zu werden . (auch Napoleon richtete bei einem Besuch der Universität zu Pavia diese Frage an die Klasse der Ideologie .)] 10 im Schlafe] ErWl : die wir im Schlafe haben , 11–14 Traum wach … einem] ErWl : Schlaf auch thätig sei . der Geist die Seele ist wesentlich Thätigkeit , [nicht] Wl : (und nicht] ein ding , ein abstract sich auf sich beziehendes , reflectirtes , ruhendes , todtes [Seyn , ist ewige] Wl : Seyn) Ruhe in ewiger] Bewegung . das bei sich seyn macht die Seite der Ruhe aus , aber [es ist ein] Wl : ein solches] bei sich seyn das [ein zu sich kommen ist .] Wl : zu sich kommt . –] (Es ist nicht der Mühe werth Träume zu behalten und man müßte sich nicht erlauben 14–15 man soll … weiß] ErWl : Vorstellungen hat man [im] Wl : auch im] Wachen und auch im Traum weiß ich 16–640,1 aber da … Zuständen .] ErWl : Traum ist auch Bewußtseyn , Beschäftigung mit Vorstellungen . [dies enthält jene Vexir frage . –] Wl : Die Vexierfrage enthält eine

20 stract

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… pflegen am linken Rande 19 und ] folgt bei Wl am rechten Rande mit Bleistift : Mund , Nase nicht ? 29–31 von Schlaf … Ideologie .) nachträglich im Freiraum zwischen den Zeilen

40 7–10 Napoleon ist

45Er § 398 Anm .Wl

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schaftliche zwischen beiden Zuständen . In dieser concreten Rücksicht kommt es aber darauf an , w i e d i e Vo r s t e l lu n g e n d e s wa ch e n Zu s t a n d e s vo n d e ne n d e s S ch l a f s ve r s c h i e d e n s i n d ? Der Unterschied ist der : daß ich im Wachen für mich bin gegen die Außenwelt ; dies Für mich sein enthält daß ich da Subject bin mit der Totalität als Totalität , als bestimmtes Subject welches zusammen hält alle bestimmungen . Im Schlaf hingegen bin ich das Kraftlose , bin nicht für mich ; was ich sonst im Wachen zusammenhalte , fällt hier auseinander . diese Maßlosigkeit in dem Zusammenhang der Vorstellungen kann man merken , wenn man einschläft und wieder aufwacht und zu sich kommt . Man hat Vorstellungen , aber sie entschwinden einem ; man kann sich nicht des Hergangs mehr erinnern ; der wache Mensch aber ist mächtig über den Complex seiner Vorstellungen . Träumende Zustände sind zweckloses sich Fortgehn lassen . Der berühmte Jean Paul hat es oft exercirt und in seinen Schriften exponirt ; er hat eine Methode sich selbst in Schlaf zu bringen : er hat sich einen faselhaften Roman vorgemacht , ohne Zusammenhang ; diese will-

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42 Wl

Schwierigkeit die dadurch entsteht , daß man das Träumen im Schlafe herzunimmt , und dann die Vorstellungen des wachen besonnenen Bewußtseyns , auch nur als Vorstellungen was die Träume auch seien , bestimmt . In dieser oberfl ächlichen Bestimmung von Vo r s t e l l u n g kommen freilich beide über ein ; d . h . es wird dabei über den Unterschied derselben hinweggesehen , und bei jeder angegebenen Unterscheidung läßt sich zu der trivialen Bemerkung , daß dieß doch auch nur Vorstellungen seien , zurückkehren .] das Gemeinschaftliche sind die Vorstellungen . 1–2 kommt es … an ,] Er : soll angegeben werden Wl : (in Beziehung auf Vorstellung) anzugeben 3 Der] ErWl : [der] Wl : darauf kommt es an . – der] allgemeine nächste 4–5 enthält daß … der] Wl : ist in seiner concreten Bedeutung ist B e w u ß t s e y n und Ve r s t a n d , und die Welt des verständigen Bewußtseyns ist ganz etwas Andres als ein Gemälde von bloßen Vorstellungen und Bildern . Diese letzteren als solche hängen vornehmlich ä u ß e r l i c h – nach den sogenannten Gesetzen der sogenannten I d e e n - A s s o c i a t i o n zusammen auf unverständige Weise , [wobei] Hk : wo aber] sich freilich auch hie und da Kategorien [vermischen] Hk : einmischen] können . Im Wachen aber verhält sich wesentlich der Mensch als concretes Ich , als Verstand , – das Subject mit 4 enthält] Er : enthält in seiner concreten Bedeutung 5 als Totalität , … alle] Er : aller 5–6 als bestimmtes … ich] Wl : äußerlicher zusammenhalt als Totalität der Bestimmungen . Im Schlafen bin ich nicht für mich , 6 hingegen bin ich] Er : bin ich nicht für mich , bin bin nicht … mich ;] ErWl : daß 7 im Wachen] ErWl : in meiner | Subjectivität 7–11 fällt hier … seiner] ErWl : [itzt auseinanderfällt Im Einschlafen] Wl : aus ein ander fällt . (Wenn man im einschlafen z . b .] entschwinden einem die Vorstellungen und der Zusammenhang derselben . [das besonnene Wachen] Wl : der besonnene Wache] hat Macht über den ganzen Complex [von] Wl : seiner] 11–13 Träumende Zustände … Methode] ErWl : Im träumenden Zustand läßt man sich alles ohne Zusammenhang durch den Kopf gehn ohne Zweck und ohne Verstand . Jean Paul hat ein Mittel gehabt die Kinder [und ] Wl : zum Schlafen zu bringen , und] 13–14 er hat] ErWl : dadurch daß er 14–641,2 vorgemacht , ohne … eingeschlafen .] ErWl : vorgemacht hat . diese Auflösung , dies Zusammenhangslose , [wo wenigstens der Zusammenhang nur äußerlich

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15 Schwierigkeit die dadurch am rechten Rande 15–20 entsteht , daß … zurückkehren . nachträglich 40 im Freiraum zwischen den Zeilen und mit Einfügungszeichen am rechten Rande 23–28 ist B e w u ß t s e y n … das mit Verweiszeichen am unteren Rande

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kührliche Depression des Bewußtseins hat er vorgenommen ; das hat er Kindern so vorgemacht und die sind auch davon eingeschlafen . Der Schwindel ist damit verwandt , der darin besteht daß eine Menge von bildern in der Seele vorübergehn , die man nicht zusammenfassen kann . z . b . auf einem hohen Thurm ist man nicht gewohnt das Entfernte zusammenzufassen und sich damit zusammenzukriegen ; es geht einem dabei ebenso drehend herum , wie wenn man einschlafen will ; man hat den Willen des Mittelpunktes verloren ; daß man steht ist das , daß man stehn will daß man seinem physischen Schwerpunkt diese Richtung geben will ; ist dieser nun geschwächt so verläßt die Seele auch diesen Mittelpunkt und der Körper richtet sich auf seine äußerliche Schwere und er fällt um . die andre Seite ist in der Gleichgültigkeit , der Einerleiheit im Sinn , wodurch man einschläft ; es ist die Langeweile . Man sitzt bei einem bach und hört sein Murmeln ; da tritt das Gegentheil von der bunten Faselei ein , nämlich die Einerleiheit und dadurch wird man ebenso zum Schlaf eingeladen . | Der Traum hat Vorstellungen wie das Wachen ist das oberflächliche , aber dieser Unterschied bezog sich auf die bestimmung des Für sich seins im Wachen . diese Totalität des Für sich seins ist dann so aufzufassen : Ich als Waches bin jetzt zu dieser Zeit , an diesem Ort mit den Particularitäten meiner ganzen Existenz ; von diesem

21r Sg ; MontagSg

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ist , und diese] Wl : im äußerlichen Zusammenhange wenigstens nur , und diese willkührliche] depres20 sion der Macht des Bewußtseyns über die Vorstellungen in einem zusammenhangenden Complex

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– ist was [einen] Wl : sie] in Schlaf bringt . 3 verwandt , der … Menge] ErWl : verwandt . Er entsteht wenn man sich schnell [ bewegt , denn da gehn eine Menge] Wl : bewegt . Es gehen schnell eine Reihe] 3–4 in der … z . b .] ErWl : vor dem Auge vorüber , [so daß wir sie] Wl : die wir] nicht zusammenfassen können . Im Schwindel 4 Thurm ist man] Wl : Thurm : Man ist es man 2 ] Er : das Auge 5–11 zusammenzufassen und … der] ErWl : zusammenzufassen , das Ferne in ein Verhältniß [zusam|men zu fassen .] Wl : zusammenzukriegen .] Es ist ein Schwindel [wenn] Wl : wie wenn] man im Schlaf ist . Ist man [im Schlaf so] Wl : schläfrig ,] steht man wie im Schwindel , im Begriff , zu fallen . Man hat das Bewußtseyn des Mittelpunkts des Schwerpunkts verloren , [wenn] Wl : was ist , wenn] der Wille , der Grund des Stehens geschwächt ist . – / Eben damit [entsteht] Wl : zugleich entsteht] die Gleichgültigkeit gegen alle besondern Vorstellungen , die ohne Zusammenhang auf ein ander folgen und das ist die [Seite] Wl : andere Seite ,] die bemerklich zu machen ist . [durch] Wl : diese] 11 Sinn ,] ErWl : Sinne tritt ein was die Langeweile ausmacht , ist [die] Wl : die andere] Seite 11–15 es ist … dieser] ErWl : diese Auflösung daß sich die Einheit der Seele ablöst von der Mannigfaltigkeit , ist in abstracto der Character der Vorstellung wie sie im Schlaf ist . / [die] Wl : Ich bin im Schlafe nicht die Macht und nicht im Sinne der Verständigkeit . / Die] oberfl ächliche Betrachtung [ist daß in beiden Zuständen wir Vorstellungen haben , der] Wl : war daß der Traum Vorstellungen habe , der nähre] 16 die bestimmung … Wachen .] Wl : das für sich sein des Wachens . bestimmung] Er : Form im Wachen . diese] Er : und die 17–642,1 dann so … ich1] ErWl : [näher zu betrachten : Ich] Wl : bestimmter aufgenommen : daß ich] mit aller dieser Existenz [ bin] Wl : und , / da bin ich] 13 der bunten] Lesart unsicher

39 und ,] folgt eine Leerzeile mit Fragezeichen

46Er

den 26 . NovemberEr

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Ganzen bin ich der Mittelpunkt , und alles , was vor mir ist , was ich anschaue ist auch ein solcher objectiver Complexus von bestimmungen . diese hängen auf eine uns bekannte und verständige Weise zusammen . Erscheint mir nun etwas im Wachen so bringe ich es in seine bestimmte Stelle in diesem Complexus . dieser Zusammenhang ist die Verständigkeit ; ich als waches bin verständig , bin ein bewußtsein dieses Zusammenhangs , nicht ein detaillirtes bewußtsein dieses Zusammenhangs ; aber es ist concret auf eingehüllte Weise in mir ; ich bin selbst der einfache Complex dieses Zusammenhangs ; und dieser Zusammenhang ist der Maaßstab für das , was wir erkannt . Ich z . b . bin it z t und hier auf diesem Stuhl ; dies Itzt ist ein bestimmtes Resultat der bestimmten Zeit ; das Hier ebenso das Resultat eines bestimmten Orts ; ich habe dies Ganze nicht präsent in einem bewußtsein vor mir ; aber ich bin das präsente Gefühl , die präsente Einheit von diesem Ganzen . Wenn mir im Wachen nun etwas ganz Unerwartetes begegnet , was gar keinen Zusammenhang mit meiner Präsenz hat , so kann ich fragen wach ich oder träum ich ? Das heißt ist das , was mir eben vorkommt , in den Zusammenhang meiner Existenz gehörig ; wie geht das dahin ein ? Freilich nachher wenn ich den Zusammenhang (begreifen) fassen lerne , dann seh ich ein , daß ich wache ; ich halte es für ein Wirkliches ; diese Gegenwart also ist der Maaßstab nach dem ich etwas schätze , was mir begegnet .

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1–2 vor mir … solcher] Er : ich vor mir habe ist ein 1 auch] Wl : eben 2–4 von bestimmungen . … diesem] Er : der verständig geordnet ist , was mir erscheint , reihe ich in diesen objectiven 2 uns] Wl : mir 4–5 bringe ich … ein] Wl : reihe ich es in den Complex meiner Vorstellungen und es nimmt seine Stelle ein unter objectiven Gegenständen . – Ich bin im 5–7 ist die … ist] Er : ist 6 ein detaillirtes … es] Wl : des ausführlichen Zusammenhangs ; aber dieser Zusammenhang 7 Weise] ErWl : Weise präsent bin selbst] Wl : bin 7–8 selbst der … Zusammenhangs ;] Er : er selbst 8–9 der Maaßstab … bestimmtes] Wl : Maaß meiner Vorstellungen . Ich sitze itzt hier . Itzt ist der Maaßstab … Stuhl ;] Er : das Maaß des Erscheinenden . Itzt sitze ich hier . 9–10 bestimmtes Resultat … Orts ;] Er : Resultat von vorhergehnden Zuständen , dieser Ort ist eben so im Zusammenhang mir concreter Zustände . 10 bestimmten Zeit ; … Orts ;] Wl : Ordnung , zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte zu seyn . Dieser Ort ist hier , Zusammenhang von [einem besonderen concreten] Hk : mir bestimmtes concretes] Verhältniß in mir . 11 dies Ganze … bewußtsein] Er : das nicht ganz präsent dies Ganze nicht] Wl : das nicht alles einem bewußtsein … mir ;] Wl : meinem Bewußtsein in seiner Entwicklung , 11–14 das präsente … hat ,] Er : die präsente Einheit , – so verhalte ich mich im Wachen . Wenn mir etwas ganz unerwartetes erscheint was in jenen Complex nicht hineinpaßt 12 die präsente … Wenn] Wl : Einheit dieses Complexes . Kommt 13–14 nun etwas … fragen] Wl : plötzlich etwas außer diesem Zusammenhang , so frage ich : 14–17 Das heißt … es] Er : – erst wenn ich nach und nach fassen lerne diesen Zusammenhang , erst dann halte ichs 14–15 ist das , … vorkommt ,] Wl : dieß was mir so vorkommt , davon weiß ich nicht , wie es 15–17 gehörig ; wie … wache ;] Wl : gekommen ist – und nun lerne ich Zusammenhang einsehen , und 17–18 für ein … begegnet .] Wl : dann für wirklich , wenn es tritt in Zusammenhang mit übrigem . – dieß concrete Bewußtseyn des Zusammenhangs ist auf eine eingehüllte Weise mir Gegenwärtig , und diese Gegenwart , Totalität ist Maaßstab , woran ich alles messe , das mir vorkommt . | So bin ich im Wachen . 17–643,1 diese Gegenwart … Traum] Er : dies concrete Bewußtseyn ist nicht entwickelt ,

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Im Traum aber ist dies alles ausgelassen ; die Einheit der Complex der Vorstellungen ist mir dennoch da nicht gegenwärtig , es fl ießt alles willkührlich aus einander ; ich bin nicht der concrete Mittelpunkt . Also auf die verschiedene be schaffenheit des Vorstellens kommt es an , wenn man die Unterschiede zwischen dem Wachen und Träumen feststellen will . Der Zusammenhang zwischen den Vorstellungen macht die Objectivität überhaupt aus , wie wir später beim Verstande sehn werden . Auch im Inhalt des Traumes ist ein Zusammenhang , nämlich ein Zusammenhang mit den Empfindungen des Wirklichen ; es können wirkliche Empfindungen Veranlassung zu bestimmtem Inhalt des Träumens werden , was uns beschäftigt hat oder interissirt , das setzt sich oft im Traume fort ; aber es kann auch irgend eine andre Empfindung im Körper sein ; es kommt darauf an , wie man diese Empfindung erklärt . Ich halte hier meinen Finger hin , da fühle ich etwas Hartes , da habe ich gleich eine Empfindung dabei ; nun komme ich mit einer Erklärung dazu und sage es ist e t wa s eine Sache da , die hart ist . So hab ich auch , wenn ich schlafe körperliche Empfindungen und es ist dann die Phantasie die diese Empfindungen auffaßt und erklärt , nicht das besonnene bewußtsein , nicht der Verstand , | sie macht aus solchen Vorstellungen gleich eine beliebige Erklärung – z . b . man hört einen Knall und wacht damit auf ;

21v Sg

20 aber auf mir eingehüllte Weise in mir und ist der Maaßstab des Subsumirens . Im Träumen 20

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1–5 aber ist … macht] ErWl : [ist dies nicht vorhanden , da verhalte] Wl : verhalte] ich mich nicht als dieser concrete Mittelpunkt , [da rangirt sich alles] Wl : sondern da fl ießt alles durch ein ander ;] ohne diesen | concreten Mittelpunkt , [der die Wirklichkeit ausmacht , die] Wl : ohne Wirklichkeit . – das ist also der wahrhafte Unterschied . diese verschiedne Be schaffenheit des Vorstellens . Die] Verständigkeit [meines Vorstellens ,] Wl : des Vorstellens im Wachen ist] das Concentrirt seyn des [ Zusammenhangs , der] Wl : Zusammenhangs in mir , welcher Zusammenhang] 6–10 überhaupt aus , … Traume] Er : ausmacht . Es kann noch hin zu gefügt werden daß auch im Traume es einen Zusammenhang gibt mit dem Wirklichen . die Träume gehn ohne wirklichen objectiven Zusammenhang . da können auch Empfi ndungen Inhalt seyn , Vorstellungen am Abend setzen sich 6 überhaupt aus , … Auch] Wl : ausmacht . – Kann noch hinzugefügt werden über dieß Verhältniß , daß auch 7–10 den Empfindungen … oft] Wl : Empfindung , mit dem was wirklich ist . Träume gehn vom 100 s t e n ins 1000 s t e ohne Verstand fort . Da können auch Empfindungen Veranlassung seyn von bestimmtem Inhalt des Traums . Wenn uns Abends ein Inhalt sehr intressirt hat , so setzt sich es 10–11 es kann … es] Wl : auch besondre Empfindung , im Körper kann’s machen . Es 10 irgend eine] Er : eine 11 es kommt] Er : Itzt kommt es 11–14 Ich halte … ist .] Er : ich empfi nde eine Härte und sage nun es ist e t w a s Hartes . Wl : Das Empfinden ist das unmittelbare . Ich erkläre Empfindung eines Fingers , indem ich sage : da ist etwas Hartes , dadurch ich empfinde . 14 auch , wenn … körperliche] Er : auch im Schlaf Wl : auch im Schlafe körperliche 15 die] Wl : (zufällige Einbildungskraft) die diese Empfindungen … und ] Er : da sie 15–16 auffaßt und … sie] Wl : erklärt , d . h . die das besonnene … der] Er : der besonnnene wache 16–644,12 solchen Vorstellungen … ist .] Er : diesen Empfi ndungen uns eine Vorstellung und die Empfi ndung ist so Veranlassung zu diesem bestimmten Traum . Im Schlaf kann der Mensch Gefühl von Krankheiten pp haben die nachher wirklich hervortreten . Ein System ist da wirklich schon krankhaft afficirt , im wachen Zustand verhindern aber Geschäfte und dergleichen daß es zum Gefühl wird . – Im Wachen wird so eine Empfi ndung objectiv erklärt d . h .

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es ist vielleicht eine Thür zugeschlagen worden ; die Phantasie macht aber gleich ein Gewölk herum , besonders gegen Morgen hat man sehr lebhafte Träume , weil da die Seele sich dem Äußerlichen wieder öffnet – man kann z . b . vom Floh gebissen werden und die Phantasie malt das gleich aus in einen schwarzen Geist etc . Die Phantasie legt das gleich aus , und dichtet viel dazu . Der Mensch kann auch im Schlaf krank sein ; und wenn er aufwacht ist er gesund , nicht lang tritt aber diese Krankheit wirklich hervor ; so daß Prophezeiungen aus Träumen oft ihren guten Grund haben . Insofern hat also das Träumen einen Zusammenhang mit wirklichen Empfindungen , die im Traum von der Phantasie , in wachem Zustand aber vom Verstand ergriffen werden . Über diese Totalität , die in diesem Selbstgefühl präsent ist , werden wir bei der Empfindung mehr sprechen . Es kommt dabei darauf an , sich bestimmte Rechenschaft darüber zu geben , was Objectivität ist . In der Anmerkung die im § selbst ist noch die Rede von der Stärkung , die der Schlaf ist , sowohl physisch als des Gemüths und des Geistes . Man sagt : man ruht aus und wird dadurch kräftiger . Was heißt diese Ruhe ; das bloße Nichtsthun kann keine Stärkung sein ; die Ruhe ist vielmehr , in so fern sie unthätig ist , erschlaffend ; durch das Nichtsthun wird man nicht stark , sondern durch Übung . Die Stärkung des Schlafs besteht eben darin : im Wachen bin ich für mich in der Thätigkeit entgegengesetzt

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§ 398 EndeWl

im übrigen Complex Ueber diesen Complex des Objectiven der concentrirt ist werden wir noch näher zu sprechen haben . / 643,16–644,2 Vorstellungen gleich … besonders] Wl : Eindrücken mir Vorstellungen , die mir gegenständlich erscheinen , und insofern ist Empfindung oft Veranlassung des Traumes . – Besonders 2 hat man … Träume ,] Wl : wo man die lebhaften Träume hat , 3 Äußerlichen] Wl : äußerlichen Eindruck 3–5 – man kann … dazu .] Wl : So also haben Träume oft solche äußerlichen Veranlassungen , außer dem , daß der Geist Tag über besonders intressante Beschäftigung gehabt hat . – Floh , Essen . 5–8 auch im … einen] Wl : im Schlaf auch das Gefühl von Krankheiten haben , die , fühlt er sich gleich ganz gesund im Erwachen , nachher hervortritt : so daß Weissagungen oft wesentlichen Grund haben . Der Körper ist schon krankhaft affi zirt , das Wachen läßt das Krankhafte noch nicht ungehindert hervortreten , wie im Schlafe es geschehn kann , wo die Spannung des Wachens nicht ist . – So haben Träume auch 9–10 die im … werden .] Wl : Zuständen . – / 10 in diesem] Wl : im Selbstgefühl ist , Totalität seiner ganzen Existenz , die im 11 der] Wl : Direction der 12 geben] Wl : haben 12–15 In der … Nichtsthun] Wl : (das ist im Complex , Zusammenhang von Bestimmung gesetzt ist , welcher Complex Ich bin .) I n A n m e r k u n g der Schlaf ist Bekräftigung dieser Thätigkeit , nicht als das bloß negative der Ruhe von derselben , sondern als Rückkehr aus der Welt der B e s t i m m t h e i t e n , der Zerstreuung , und aus dem Festwerden in den Einzelnheiten , in der allgemeinen Weise der Subjectivität , welches die Substanz jener Bestimmtheiten , und deren absolute Macht ist . / Der Schlaf ist Stärkung , des fysischen und geistigen , des ganzen concreten Bewußtseyns . – Man ruht aus . Ruhe , als bloßes nichts thun genommen , 13 die im … ist1] Er : ist auch 13–15 ist , sowohl … bloße] Er : gewährt . Es ist bemerkt wies die Nothwendigkeit sich durch den Schlaf zu stärken ist . das »Ausruhen« als bloßes 16–17 die Ruhe … Stärkung] Er : denn die Ruhe ist als Nichtsthun eher Er schlaffung . das Stärken durch das … Stärkung] Wl : – das Stärken 18 darin : im … Thätigkeit] Er : darin daß im Wachen ich im Für mich seyn darin : im … in] Wl :

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der Außenwelt ; es sind 2erlei foci im Menschen (organisches und animalisches leben) Arme und beine etc . ist alles nach außen gerichtet und von dem einfachen Natur leben unterschieden . Thätigkeit enthält Entzweiung , Trennung ; der Schlaf aber ist die Einhüllung von sich selbst ; hier wird die Trennung aufgehoben ; ich gehe in mich aber nicht um für mich zu sein gegen dies Allgemeine sondern ich verlasse mich und senke mich zurück in diese Substantialität , in die Allgemeinheit ; dieses ist die wahrhafte Macht und Kraft über die Einzelheit . die besondere bestimmte beschäftigung fällt in die Kategorien des Seins herunter ; die kraft hat da ein gewisses Maaß , das sich erschöpft . Diese Macht ist es also in die wir uns tauchen in diese Einheit und Ungetrenntheit des Schlafes . Wir gehn nun zu dem 3t e n der Empfindung über § 39 9 . |

C . D ie E m pf i n d u n g

22r Sg ; § 399 .Sg

die Empfindung ist das 3t e zu den natürlichen Qualitäten , zur Naturbestimmtheit der Seele überhaupt ; deren bestimmtheiten freilich mannigfaltig sind , aber nur für

15 darin , daß ich mich versenke in das allgemeine Wesen der Subjectivität , – von dem ich mich getrennt

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im Wachen ; ich für mich und 1 der Außenwelt ; es] Wl : also dann der Außenwelt (ich kann sagen , da der] Er : bin der 1–3 im Menschen … Trennung ;] Er : da , es ist gleichsam vom einfachen Naturleben , der einfachen Substanzialität unterschieden . 1–2 Menschen (organisches … alles] Wl : Menschen . Alles ist 2 und von dem] Wl : in seinem 4–8 die Einhüllung … beschäftigung] Er : diese Einhüllung in sich selbst , im Wachen trenne ich mich von mir selbst , | im Schlaf ziehe ich mich zurück , versenke ich mich in mich selbst aber nicht indem ich mich gegen meine Allgemeinheit stelle , sondern indem ich mich in die Substantialität versenke , die die Macht des Einzelnen ist . die Beschäftigung des Besondern 4 hier wird … gehe] Wl : Im Wachen isolire ich mich von meiner Substanzialität . Ich bin auf besondere Weise in Vereinzlung gegen mich als Gattung , allgemeines Wesen Im Schlafe hebe ich diese Trennung auf . da gehe ich 5 sondern ich] Wl : ich 6 diese Substantialität , … Allgemeinheit ;] Wl : meine Substanzialität . Wie [lacuna] Hk : Geryon] von Herkules nicht überwunden werden konnte , so lange er immer wieder seine Mutter Erde berühren und daraus Leben ziehen konnte : so kehren wir im Schlafe immer ins substanzielle Leben zurück , und 7–12 besondere bestimmte … E m p f i n d u n g ] Wl : Richtung nach außen gehört unter die | Kategorie einer bestimmten Größe . Diese Richtung nach außen hebt sich auf , und versinkt ins ganz Allgemeine , das ist die Macht . Wir tauchen uns in die Einheit , die wir im Schlafe uns geben . – / E m p f i n d u n g / 8 herunter ;] Er : und zwar der Quantität – 8–10 da ein … Schlafes .] Er : ein Maaß – dieser Richtung nach Außen ist entgegengesetzt das sich tauchen in die Allgemeinheit . / 11–13 zu dem … Empfindung] Er : über zur / Empfi ndung . Sie 13 zu] Er : zu 1 . Qualitäten , zur] Wl : Qualitäten . Die ersten zwei 1 .) 13–14 zur Natur bestimmtheit … nur] Er : die verschieden sind 14–646,1 deren bestimmtheiten … nicht] Wl : die Naturbestimmtheiten sind nur für uns verschieden nicht 15 ich mich … getrennt mit Verweiszeichen am rechten Rande 26 Wie] folgt gestr : Herkules Wie [lacuna … kehren zwischen den Zeilen und mit Einfügungszeichen am rechten Rande

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44 Wl § 399Wl

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uns nicht für das Individuum . Die Veränderungen sind 2t e n s das an ihm selbst von sich unterscheiden ; das 3t e ist die Rückkehr in sich , also das in der Veränderung in der Entzweiung identisch mit sich Sein . Das erste ist die natürliche Quantität das 2t e die Veränderung ein in sich verschieden sein ; das 3t e die beziehung dieser Verschiedenheit auf sich ; das ist die logische Seite , die Empfindung als solche . Schlafen und Wachen sind nicht bloße Veränderungen , sondern es sind wechselnde Zustände , der Progreß ins Unendliche , das ist der Wechsel , wo es aber noch nicht kommt zu Wahrheit zu Untrennbarkeit ; denn diese Einheit Zusammenhang ist ihre Identität . dieser Progreß ist sehr langweilig , wenn man geschlafen hat , wacht man wieder und dann schläft man wieder und so fort ; immer Ursache und Wirkung und Wirkung und Ursache und so ewig fort . Es ist ein bloß negatives Verhältniß , das Wachen wird negirt vom Schlaf und der Schlaf vom Wachen . der logische Übergang von dieser schlechten Unendlichkeit in die wahrhafte ist hier nicht zu erörtern . Die wahrhafte Unendlichkeit ist nämlich die in der von einem zum andren fortgegangen wird , daß die Ursache , womit sie zum anderen ihrer selbst fortgeht sie darin zu ihrer eigenen bestimmung kommt ; und Ursache ist erst in | der Wirkung Ursache ; die

1 Die] Wl : 2 .) die sind 2t e n s das] Wl : am Individuum . Es ist 1–2 das an … unterscheiden ;] Er : dies am Subject selbst , als von sich selbst verschieden . 2–3 das 3t e … Entzweiung] Wl : Nun 3 .) R ü c k k e h r . Das logische Dritte . In der Entzweiung , in der Bestimmtheit 2 die Rückkehr … das] Er : nun die Rückkehr , dies 3–5 Sein . Das … die 2 ] Wl : zu seyn . dieß ist die Kategorie dessen das natürliche Qualität genannt ist . 1 .) Seyn , 2 .) In sich verschieden seyn und 3t e Kategorie ist nun Ve r s c h i e d e n h e i t i n s i c h d i e s i c h a u f h e b t ; – die 3 Sein . Das … Quantität] Er : zu seyn . Identisch mit sich-seyn ist die Kategorie des ersten . / 4–5 die beziehung … Seite ,] Er : ein Verschiedenseyn aber das in Beziehung auf sich . – das ist 6 nicht bloße … wechselnde] Er : wechselnde bloße Verändrungen] Wl : bloß Verändrungen (der Lebensalter) 7 Zustände ,] Wl : Zustände . Wechsel 2er Bestimmungen , die untrennbar sind . Ihr Zusammenhang , Untrennbarkeit ist die Einheit . das ist 7–13 Unendliche , das … Die] Wl : Unendliche . Schlaf und Wachen , Schlaf Wachen p . – Ursache die selbst Wirkung ist , und eine andere zur Ursache hat , die selbst Wirkung ist p . Langweilige Abwechselung zwischen ein und demselben . – Das Wahrhafte ist wahrhafte Unendlichkeit gegen diese schlechte Unendlichkeit (im Progreß des Unendlichen) . Aber in diesem ihrem natürlichen negativen Verhältniß ist ebenso das affi rmative vorhanden . Diese 7–11 das ist … fort .] Er : sie können nicht von einander kommen , dieser Progreß ist eben daß sie nicht in ihrer Wahrheit sind d . h . in ihrer Einheit . 11–13 das Wachen … erörtern .] Er : das Wahrhafte ist die wahrhafte Unendlichkeit gegen diese schlechte . diese wahrhafte Unendlichkeit – (Gegenstand der Logik) – die schlechte Unendlichkeit ists was man gewöhnlich so nennt . 14 nämlich die … der] Er : daß indem Wl : eben diese , daß indem 14–16 fortgegangen wird , … und ] Er : übergegangen wird dies eine indem es zum andern kommt in diesem nur zu sich selber kommt . die 15–647,2 daß die … Ursache .] Wl : das eine zu sich selbst kommt . – daß Ursache , indem sie zu Anderer Wirkung fortgeht , sie eben zu sich selbst kommt . In diesem schlechthin von sich verschiedenen ist sie erst , was sie ist , bei sich selbst . – / So ist das Wachsein eben in (Schlaf) diesem Anders seyn ihrer selbst bei sich zu seyn , die wahrhafte Bestimmung des Wachseins . – / 16–647,2 Ursache ; die … Ursache .] Er : und erst in dieser kommt sie 30–31 Aber in … vorhanden . mit Verweiszeichen am linken Rande

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Wirkung ist schlechthin von ihr verschieden , und doch ist die Ursache erst i n i h r Ursache . Die einzelne Seele findet so die bestimmtheit ihrer schlafenden Natur ; ich bin s o bestimmt ; ich bin nur so ; denn das , was das besonnene bewußtsein für Erklärungen hineinbringt , ist erst nachher hinter der Empfindung . Also es i s t eine bestimmtheit in mir ; und diese ist ein schlafendes , natürliches ; es i s t , darum weil es ist . Aber die einzelne Seele ist nun dies , daß sie dies , was so i s t , und was zugleich das Andre ist gegen mein Für mich sein , als identisch mit sich setzt ; sie setzt es in sich selbst . Das Erwachen haben wir nun nicht mit dem concreten Inhalt des Wachens selbst zu verwechseln , das Wachsein ist ein Für mich sein und ein Unterscheiden meines Naturlebens . die Gegenständlichkeit des natürlichen Seins für mich , das ist abstract ; aber das Concrete ist : daß ich für mich und Andres mir gegen über ausschließe . Dies andre ist bezogen auf mich[ .] Das conc r e t e Wa ch s e i n aber ist so zu nehmen : daß dies : daß ich für mich bin , aber auf bestimmte Weise , d . h . daß das andre natürlich | sein für mich ist ; daß ich einfach in mich zurückgekehrt bin ,

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15 dazu was sie ist . Im Andersseyn ihrer selbst (dem Schlaf) bei sich zu seyn ist erst die wahrhafte Be-

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stimmung des Wachseyns . 2 Natur ; ich] Wl : Natur welche als in ihrer Substanz an sich in derselben sind , i n s i c h s e l b s t f ü r sich . Als Bestimmtheit ist dieß Besondre von der Identität des Für sich seyns mit sich , unterscheiden , und zugleich in dessen Einfachheit einfach enthalten – Empfi ndung . – Bestimmtheit der schlafenden Natur überhaupt . Seyn . Ich ich] Er : diese Bestimmtheit ist im Seyn , ich 3–4 ich bin … es] Er : es 3 ich bin … was] Wl : Es ist nun der Fall , daß ich so b i n . Es ist wegzulassen was nun hier 4 hineinbringt , ist … es] Wl : einbringt : denn die Erklärung gehört nicht der Empfindung selbst p . Es 5 bestimmtheit in … darum] Wl : Bestimmtheit . Es ist eine natürl iche , 5–6 i s t , darum … ist .] Er : i s t so . 6 ist . Aber] Wl : ist . diese Bestimmtheit ist also ; aber 6–7 und was zugleich] Er : was was zugleich] Wl : so ausgedrückt ist , daß es 7 mein Für mich] Er : ihr für sich 7–9 als identisch … Wachsein] Wl : – setzt die Seele als identisch mit sich ; sie negirt das andre seyn , setzt es ideell und setzt es in sich selbst ; sie ist in diesem Andersseyn einfach bei sich . – Wir haben vom Erwachen gesprochen , vom Bewußtseyn , Verstande p das be trifft concreten Inhalt . Aber das Erwachen (ganz abstract zu nehmen) sie setzt … verwechseln ,] Er : ideell setzt , es in sich selbst setzt , in diesem Andersseyn einfach bei sich ist . 9–14 sein und … sein] Er : seyn , Ausschließen der Natürlichkeit , das ist die abstracte Bestimmung . die concrete Bestimmung des Wachseyns ist daß dies andre was mir gegenüber ist , wesentlich bezogen ist auf mich , daß das Andre , das natürliche Seyn 9–11 ein Unterscheiden … Concrete] Wl : unterscheidet damit es von einem Naturleben . Bei dieser abstracten Vorstellung blieben wir bisher . Die concrete 11–12 Andres mir … bezogen] Wl : ein andres für mich vorhanden ist als mir gegenüber . daß dieß andre aber bezogen ist auch 12–13 aber ist … dies :] Wl : also ist 13 aber auf] Wl : auf eine 13–14 d . h . daß … sein] Wl : daß das Andre 14 daß ich einfach] Er : oder daß ich im Wachseyn bestimmt bin , daß dies andre kein andres ist sondern daß ich darin daß] Wl : daß ich in meinem Wachsein bestimmt bin , – daß 14–648,2 bin , und … bestimmtem] Er : bin . So ist das Wachseyn – Empfi nden . / Empfi nden ist für sich seyn der einzelnen Seele , so daß sie zugleich aufgelöst ist in ihrer Allgemeinheit . Es ist kein großer Unterschied zu machen zwischen Empfi ndung und Gefühl . Empfi ndung drückt 2 Ursache .] folgt gestr : Also das Wahsein , d . Adrs sein ihrs seins selbst . d . whrhft Undlihkt ist d . wahr bstimmung d . wah seins . 16–18 welche als … Empfi ndung . – mit Verweiszeichen am linken Rande

den 27 November 1827 Er

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und in so fern ist Wachsein : E m pf i nd u n g , o d e r G e f ü h l , das ist so ziemlich einerlei ; Empfindung ist mehr die subjective Seite , das Gefühl mehr mit bestimmtem Inhalt . Empfindung heißt i n s ich e t wa s f i n d e n . Die Empfindung ist die F o r m des dumpfen Webens des Geistes in sich ; der Dumpfheit entgegen steht die Entwicklung klarer bestimmter besonnenheit . Alle bestimmtheit ist in der Empfindung noch unmittelbar ; die Seele ist in sich aufgenommen , in sich zurückgekehrt aber noch auf einfache Weise . die Empfindung gehört der besondersten Eigenheit des Individuums an ; was in meinem Herzen ist , das habe ich unmittelbar . Es ist am Ende alles in der Empfindung ; d . h . bei allem bin ich dabei auch als seiend nicht denkend . Wenn ich sonst etwas thue , etwas

dasselbe mehr nach der subjectiven Seite aus , Gefühl mehr dies in seiner Bestimmtheit , nach seinem 1–2 in so … subjective] Wl : das ist E m p f i n d u n g . – | Empfindung also für sich seyn der einfachen Seele in ihrer Bestimmtheit . – die Natur des Allgemeinen ist bestimmt und d . h . ideell gesetzt im für sich seyn . Kein großer Unterschied zwischen Empfindung und Gefühl . Rache Gefühl , Gefühl des Rechts p Empfindung der Rache , des Rechts p moralisches Gefühl und moralische Empfindung . Empfindung mehr nach subjectiver 3 Empfindung heißt … f i n d e n .] Wl : Gefühl für Schönes . Empfindung auch bestimmt , aber mehr doch nach seinem in sich seyn . – das Fehlerhafte der Empfindung empfindsam , empfindlich (der Richtung , Form des Gefühls nachhangend) Empfindung das in sich etwas fi nden , sich in sich selbst fi nden . Hauptsache ist die Einfachheit des In sich seyns in der Bestimmtheit . / Diese Einfachheit näher zu betrachten . / 3–4 heißt i n … sich ;] Er : = In sich f i n d e n , das die Weise der Unmittelbarkeit hat aber zugleich i n s i c h ist . die Form der Einfachheit ist näher zu betrachten . 4–5 sich ; der … besonnenheit .] Wl : seiner bewußt- und verstandeslosen Individualität . dumpfheit entgegen steht klare bestimmte Besonnenheit ; aber das erfordert eben bestimmte Unterscheidung . Entwicklung der Gründe p Vergleichung eines Inhalts mit Allgemeinem , – diese Entwicklung ist nicht in Empfindung . 5 entgegen steht … besonnenheit .] Er : steht die klare Besonnenheit gegenüber , diese erfodert die Besonderung daß jedes in seiner Bestimmtheit vor dem Bewußtseyn steht . 6–9 in der … das] Wl : noch unmittelbar in Empfindung . Aber diese Unmittelbarkeit ist zugleich ideell , in sich zurückgenommen . Aber diese Rückkehr in sich selbst ist noch die unmittelbare einfache Weise der Rückkehr in sich – dem Inhalte nach wie nach dem Gegensatze eines Objectiven gegen das Subjective ist es unentwickelt gesetzt , als seiner b e s o n d e r s t e n natürlichen Eigenheit gehörig . Was in meinem Gefühle ist , 6–7 in der … Weise .] Er : noch unmittelbar darin aber diese Unmittelbarkeit ist zugleich ideell , in sich zurück genommen . diese Rückkehr ist aber noch die unmittelbare einfache Weise der R ü c k k e h r . – 8 Individuums] Er : Subjects Herzen] Er : Herzen pp 9 unmittelbar .] Er : unmittelbar , es ist die unmittelbare Weise meines Seyns , die Seele in ih|rer Einfachheit in sich seyend . 9–649,2 Es ist … ich] Wl : Ich , wenn ich von mir als empfindend spreche , spreche von unmittelbarer Weise meines Seins , als das in sich seyn . – / deswegen ist Alles in der Empfindung , d . h . bei Allem bin i c h dabei . Ich bin Subject , bin empfindend , sofern ich als s e i e n d dabei bin . Ich b i n , sofern ich diese meine Bestimmtheit ein S e y n ist , bin ich empfindend . – In meiner unmittelbarsten Eigenthüm lich keit bin ich empfindend . – Wenn ich spreche von Allgemeinen Prinzipien p so ist das seinem Inhalte nach objectiv , für Alle ; das ist nicht die Seite der Empfindung ; sondern diese ist der Inhalt , sofern er 9 am Ende alles] Er : alles 9–10 d . h . bei … denkend .] Er : ich bin Subject , bin als seyend dabei , ich bin bestimmt , sofern mein Bestimmtseyn ein Seyn ist , ist diese Bestimmtheit Empfi ndung . 10–649,1 sonst etwas … etc] Er : von etwas Gegen ständ lichem spreche oder von allgemeinen Grundsätzen ,

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erkläre etc so ist das für alle ; das Sehn , das Verstehn ist nicht bloß für mich ; das ist das Gemeinschaftliche meiner mit den andren . Aber die Empfindung ist , daß ich in meiner unmittelbaren Einzelheit darin bin . Was ich einsehe ist meine Einsicht , aber es ist auch die Einsicht aller andren ; dies ist Verstand . die Empfindung ist also in den Herzen , in dem Complex der Empfindung ; es genügt nicht daß die Grundsätze der Religion im Kopf sind , sondern sie müssen im Herzen sein ; sie müssen mein eigen sein . – Das ist also die Form der Empfindung . Wir haben dies auch in unsrer Vorstellung : Grundsätze unterscheiden wir vom Gefühl – der Richter z . b . weil er einen Zweck für sich hat , muß das Gefühl zurückstellen , der Verstand muß es von sich abhalten ; da schreiben wir dem Gefühl das besondre zu ; und der Richter heißt gefühllos aber er handelt im Verstand des Rechtes ; er hat dabei auch Gefühle nämlich , das Gefühl seines Rechts seiner Pfl icht . – Nun noch ein Unter-

1 für alle ; … mich ;] Er : etwas Allgemeines , etwas was für alle ist , es ist für andre , 2–3 Aber die … in] Er : Gründe , Grundsätze sind auch das Gemeinschaftliche , das ist nicht die Seite der Empfi ndung sondern diese ist daß ich nach 3–5 Einzelheit darin … es] Wl : besondersten Einzelnheit ist , mir als dieser gehört . Das ist die natürliche Eigenheit darin , der Standpunct der unmittelbaren Einzelnheit , unmittelbaren Zurückgekehrtseins in sich . – So ist alles in Empfindung , sofern ich als s e i e n d e r (nicht als Denkender) dabei bin . – Empfindung ist also in meinem Herz . das ist der Ganze Complex der Empfindung . So heiße ich mich das Allgemeine des Empfi ndens . – / Es 3–6 darin bin . … sie] Er : da bin , der Inhalt m i r als dieser angehört , es ist angehörig der natürlichen Eigenheit , das Empfi nden obgleich ein Zurückgekehrtseyn ist noch ein unmittelbares Zurückgekehrtseyn in sich . – So ist a l l e s in der Empfi ndung . Es ist in meinem Herzen der Complex des Empfi ndens , in mir als diesem Besonderen . Grundsätze pp 5–6 daß die … Religion] Wl : sagt man , daß Grundsätze , Religion u . s . f . nur 6–7 sein ; sie … also] Wl : in der E m p f i n d u n g seyn . – / Sie müssen ein Seyn ausmachen , so daß ich ungetrennt bin von diesem Inhalte . Ich kann überzeugt seyn , und doch handle ich nicht danach ; da ist es nicht identisch mit meinem Seyn (daher hat man Recht zu sagen : Religion Sittlichkeit muß im Herzen seyn .) Dieß Ungetrennseyn bestimmten Inhalts mit mir ist sie müssen … Empfindung .] Er : d . h . zu meinem Seyn gehören , so daß ich ungetrennt bin von diesem Inhalte , wenn ich bloß davon weiß ist er nicht identisch mit meinem Seyn mit meiner Unmittelbarkeit , – i c h muß es s e y n . dies Ungetrenntseyn ist nöthig . 8 Grundsätze] Er : Grundsätze pp Wl : Grundsätze und dergleichen 9–650,1 weil er … Gefühl] Wl : ist ein gefühlloser Mensch , ein Mensch ohne Gefühl . Ein Mensch der große Zwecke auszuführen hat , Fürst , General , muß Gefühl auf die Seite lassen . Großer Zweck ist da , für den gehandelt werden muß . Character , Verstand , Vernunft halten das Gefühl in Zaum . Richter kann gefühllos seyn ; – und doch kann er als Individuum , als Familienvater p Gefühl haben . – da ist , daß der Mensch recht handelt viel mehr , als jene Besonderheiten alle . – das Gefühl seines Rechts seiner Pfl icht ist höher als andre Gefühle , nicht Gefühl der Besonderheit von Subjectivität . – / 1 .) Näher zu bemerken über Form des Gefühls . 1 .) Hier 9–12 weil er … nämlich ,] Er : sagen wir hat kein Gefühl . Es ist da ein großer Zweck für den gehandelt werden muß , Character pp hält das Gefühl zurück . da stellen wir selbst dem Gefühl das Allgemeine entgegen , und dies ist weit höher als alles Besondere . der Richter , der nach dieser Seite gefühllos scheint kann immer 12–650,3 seines Rechts … verdoppelt] Er : seiner Pfl icht haben und 10 und ] folgt gestr : das uß man auch thun

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schied . Beim Gefühl ist nicht die Unterscheidung von Subject und Object überhaupt . Wenn wir eine Empfindung haben , so tritt das bewußtsein der Anschauung ein ; und man verdoppelt den Inhalt ; ich habe die Empfindung hart und habe sie auch außer mir : das Harte . Im Gefühl an sich ist diese Unterscheidung noch nicht ; ein andrer Unterschied ist noch : daß im Gefühl der Inhalt noch unentwickelt ist ; das ist eine bemerkenswerthe Seite , die man jetzt besonders beachten muß , weil man jetzt behauptet die Religion bestehe im Gefühl . S i e h e d i e A n m e r k u n g ; es scheint daß es nicht nöthig sein sollte daß dies eine durch und durch falsche Vorstellung sei und daß wenn man einen Inhalt habe , er gerechtfertigt sei dadurch , daß er im Gefühl sei , nicht im Denken . So weit sind die Menschen in ihrer Vorstellung noch nie heruntergekommen . Wenn sich einer auf sein Gefühl beruft , so – kann man

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dies ist höher als das der Besonderheit . Näher ist dieser Unterschied zu bemerken . 1 . der Form nach daß beim Gefühl noch nicht der Un|ter schied vorhanden ist vom Subjectiven und Objectiven . Bei jeder Empfi ndung verdopple ich 2 der] Wl : oder 3–7 und man … A n m e r k u n g ] Wl : Ich verdopple als Bewußtsein die einfache Empfindung , hart ist als Object und hart subjectiv meine Empfindung . diese Verdopplung ist noch nicht Gefühl als solchem . – Nachher sagen wir , diese Empfindung kommt her von diesem Gegenstand p . | aber Empfindung als s o l c h e hat Inhalt in Form der einfachen ungetheilten Einheit meines Seyns und dieser Bestimmtheit selbst . / 2 .) Im Gefühl ist Inhalt unentwickelt , auf unbestimmte Weise . – dieß eine Seite die besonders zu bemerken ist . / Zunächst 3–5 ich habe … daß] Er : die Bestimmtheit hart ist ganz einfach , ich verdopple sie ; einmal sage ich Härte in meinem Finger , das andremal : ein harter Gegenstand . diese Verdopplung ist noch nicht vorhanden im Gefühl als solchen . N a c h h e r sagen wir diese Empfi ndung kommt her davon und davon . die Empfi ndung als solche aber ist die Einheit meines Seyns und dieses Eindrucks . 2t e n s ist 5–7 unentwickelt ist ; … bestehe] Er : unentwickelt , auf eine unbestimmte Weise ist , und darüber muß man Bewußtseyn haben da behauptet wird , das Wahrhafte sei nur 7–10 S i e h e d i e … Denken .] Er : Zunächst (siehe Anmerkung) wäre nicht zu erinnern nötig daß dies eine falsche Vorstellung , nämlich was darin liegt ist daß ein Inhalt d a d u r c h gerechtfertigt sei daß er im Herzen sei . 8–651,6 dies eine … er] Wl : es ein ganz falscher Satz ist , die Empfindung und das Herz nicht die Form sei , wodurch etwas religiöses , sittliches , wahr , gerecht p g e r e c h t f e r t i g t sei , und die Berufung auf Herz und Empfindung etwas uns nichtssagendes oder vielmehr schlechtes sagendes sei . – / Gegen etwas Plattes kann man auch nur trivial seyn . 1 .) darauf zu berufen . Wenn Menschen zusammen sprechen , beruft sich er auf sein Gefühl : da kann man ihn nur stehn lassen . das fühlst du – gut – und das fühle ich . da ist kein gemeinschaftlicher Boden , kein Gemeinsames , Menschliches . – Verständige Menschen machen verständig mit ein ander etwas aus , durch Gründe , d . h . durch ein solches , das auch für den anderen in seinem Verstande ist . Im Gefühl nehme ich zu meiner Besonderheit gegen andere Zuflucht . / 2 .) Empfindung ist eine einzelne , bestimmte , um ihrer [Sinnlichkeit] Hk : Sittlichkeit] Willen , und da wissen wir daß die Empfindung allen möglichen Inhalt haben kann ; und dieser Inhalt 10–11 in ihrer … einer] Er : noch nie herunter gewesen als in dieser Vorstellung . Zuerst ist sich darauf zu berufen daß jeder wenn bei verschiedener Meinung einer sich 11–651,7 so – kann … denn] Er : ihn muß stehn lassen . Es ist das ein Letztes aber eben darum weil er entflohen ist der 28 es über nicht gestr . diß tigt sei

ist ,] folgt gestr : so was drin ligt , ist , dß wodurch irgde Inhlt grechtfer-

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nichts weiter thun , als ihn stehen lassen und ihm zu sagen : das fühle ich ; denn da hat man den boden der Gemeinschaftlichkeit verlassen und sich | in sein besondres zurückgezogen ; er ist der Gemeinschaftlichkeit der Vernunft geflohen , freilich bleiben die Menschen auch bei ihren Vorstellungen , wenn sie sich Gründe gesagt haben ; aber sie haben sich d o c h G r ü n d e g e s a g t . die Empfindung ist eine beschränkte einzelne Empfindung und kann einen sehr verschiedenen Inhalt haben ; er kann gut und böse sein ; denn die Empfindung hat keine Criterien von dem rechten und Wahren in sich ; was Menschlich ist muß einen Grundsatz haben ; dieser ist der Maaßstab dessen , was gut , wahr zweckmäßig und klug ist . Wir werden dies nachher bei der i n ne r e n E m p f i n d u n g besonders sehn ; es kommt alles erst durch den Geist in die Empfindung . Das Thier hält sich an seine Empfindung , an seinen Instinct , seine Lebendigkeit enthält den Maaßstab für das , was ihm gut und nicht gut ist ; durch die Empfindung ur theilt es nicht ; aber es subsumirt dadurch , findet das eine passend , gleichgültig unschicklich für sich . Bei den Menschen ist kein Instinct , sondern die Vernunft , das Allgemeine , das ist gar nichts Philosophisches , das ist eine Thorheit ; die Menschen wissen daß stehlen ein Laster ist ; sie haben das bewußtsein dieses allgemeinen Grundsatzes , sie wissen es aber nicht philosophisch ; diese Wissenschaft kommt aus dem Geist nicht aus dem Gefühl . Das Wahre muß die Form der

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Gemeinsamkeit die das Menschliche ausmacht , dem was auch im andern ist . Das weitre ist daß die 20 Empfi ndung eine bestimmte ist , eine beschränkte , einzelne . Da wissen wir daß die Empfi ndung

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allen möglichen Inhalt haben kann , der gut oder böse seyn kann . 7–11 hat keine … die] Wl : kein Criterium in sich hat , dessen was wahr recht p ist , – weil sie ist Empfindung des Menschen . Was für Menschen gilt , muß Grund haben , seyn , er muß davon wissen und dieß ist für Menschen Maaßstab dessen was recht p ist . In Empfindung als solcher aber ist Form der Einzelnheit . Es kann Gutes darin seyn ; aber auch Böses . – Religion hat Ursprung im Geist , im denken : Gott soll als Geist verehrt werden . – das Sittliche ist die allgemeine , vernünftige Weise des Wollens , die im denken Quell , Ursprung hat . dieß was im Geiste ursprung hat kann auch empfunden werden und das meinige werden . Aber es kommt erst vom Geiste zur 7–18 keine Criterien … Gefühl .] Er : kein Criterium in sich weil sie E m p f i n d u n g des Menschen ist , was das Allgemeine ist das ist dem Menschen Maaß für etwas , die Empfi ndung aber ist das bloß Einzelne , und kann so das Gute wie das Böse in sich haben . das Allgemeine hat im Denken seinen Grund ; dies kann auch empfunden werden , ist m e i n und so mein unmittelbar empfundnes , aber es kommt aus dem Geist . – | Im Thier ist was es braucht , ihm gut ist , auf diese empfundne Weise vorhanden – Instinct – der Mensch hat keinen Instinct , sein Instinct ist seine Vernunft . Unter Denken ist hier gar nicht zu verstehn das philosophische denken das denken im reinen Element des denkens , das ist eine Thorheit das zu verlangen . – Man we i ß einen Grundsatz und der kommt aus dem Geiste . Es kann im Gefühl das Gute seyn , der Maaßstab ist aber nur die Vernünftigkeit . 11 an seine] Wl : an 13–16 durch die … Thorheit ;] Wl : Der Mensch aber hat nicht Instinkt , hat Vernunft ; bei ihm muß Form der Allgemeinheit seyn . Vernunft und denken ist aber noch nicht das fi losophische denken , wissen im Elemente des reinen Gedankens . – 16–17 sie haben … sie] Wl : sie 17–18 diese Wissenschaft] Wl : Es 18 nicht aus … die] Wl : her und man weiß es , hat Bewußtsein davon , – ohne fi losophisches Denken . – / Im Gefühle kann beider Inhalt seyn , da der Maßstab nur im Vernünftigen ist . – das ist eine Sache für sich , daß das Wahre im

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Allgemeinheit haben ; das Gefühl aber ist das besondre . Was die Erfahrung betrifft so haben die Thiere keine Religion , kein Recht keine Sittlichkeit ; aber sie haben doch Empfindung ; das Menschliche des Menschen ist nicht seine Empfindung , sondern sein Geist . der Aberglauben gründet sich auch auf Empfindung ; daß die Ägypter die Kuh anbeten , und die Inder den Affen das ist alles Empfindung ; und doch ist es nicht das Rechte . Aus dem Herz kommen steht in der bibel , arge Gedanken , Ehebruch etc . alles böse ; und das Herz ist der Sitz der Empfindung . Man wird auch schlecht fahren in der Welt , wenn man immer nach seiner Empfindung ginge ; es ist nur ein Schulgeschwätz das darüber geführt wird . der Richter richtet nicht nach seiner Empfindung , sondern nach der Nothwendigkeit der Umstände ; sonst kann er ja eine Abneigung gegen einen Menschen haben , daß der Kerl gerade so oder so aussieht ; das wäre seine Empfindung ; darauf kann er nicht richten . – Ebenso kann auch der Arzt nicht die Krankheit empfinden und so ist es mit allen Ständen , überall herrscht der Verstand der Ordnung ; nur in der Theologie beruft man sich aufs Gefühl . Eine gebildete gereinigte Empfindung ist aber nur die , deren Inhalt gereinigt ist , und das ist nichts andres als die Vorstellung , das Gefühl ist bloß reine

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Menschen gewußt werden muß , und daß das Wahre 1 haben ; das … besondre .] Er : haben . Wl : hat . – Das ist der Maaßstab . – 2–15 haben die … Eine] Er : weiß man daß Thiere nicht Religion pp haben doch aber Empfi ndung , wodurch die Empfi ndung menschlich wird ist das denken . – Eine ganz triviale Erfahrung ist daß es schlechte Empfi ndungen , schlechte Herzen geben kann , – es ist eine vollkommene religiöse Empfi ndung bei den Aegyptern daß ein Ochs Gott ist – Es ist mit dieser Empfi ndung , diesem Gefühl auch nur ein Gerede , ein Schulgeschwätz , in der Wirklichkeit läßt man es nirgends gelten , – der Richter untersucht die Objectivität der Sache , den Zusammenhang , die Nothwendigkeit , die Umstände pp das ist das Objective und das ist der Verstand in dem Richten . / Der Dienst des Apis pp ist im Gefühl und doch ist es eine den Menschen degradirende Empfi ndung . Ob die Empfi ndung rechter Art ist , kommt auf den Inhalt an , eine 2 haben die] Wl : weiß man , daß 2 kein Recht … Sittlichkeit ;] Wl : Sittlichkeit p haben ; 3–15 des Menschen … Eine] Wl : ist das Denken . – / Es kann keine trivialere Erfahrung geben , daß es wie gute auch gottlose niederträchtige Herzen und Empfindungen hat . Es heißt in der Bibel : aus dem Herzen kommen hervor arge Gedanken , Mord , Ehebruch , Hurerei , Lästerung u . s . f . – daß der Ochs , Affe ein Gott ist , ist volle religiöse Empfi ndung , aber n u r Empfi ndung und doch ist’s den Geist erniedrigend – Es ist auch nur so ein Gerede mit dieser Empfi ndung . In Wirklichkeit ist nirgend davon die Rede . Nirgend gilt es in Wirklichkeit als Wahrhaftes , daß nach Empfindung entschieden werde . – Richter handelt nicht nach Empfindung , untersucht Objectivität der Sache . – / In Familien p Empfindung da kommt’s auf Inhalt an . Sie kann gut und schlecht seyn . 15 aber nur die ,] Er : eben eine solche , Wl : die , 16– 653,1 ist , und … der 1] Wl : ist . | Man muß sich Rechenschaft zu geben wissen , was es mit diesem Sprechen von Gefühlen für Bewandtniß habe . Gefühl ist nur Form , der Inhalt kann wahr oder falsch seyn ; der das ist … der 1] Er : dieser Inhalt ist das Vernünftige , der Gedanke . die fromme Empfi n4 Geist .] folgt gestr : M . darf dahr nicht sag Verweiszeichen am linken Rande

15 nur die] nur , die

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31 und doch … erniedrigend mit 40

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Form , der Inhalt muß für sich selbst der richtige sein , damit das Gefühl ein richtiges wird . Daß man so eigensinnig für Gefühl ist , zeigt weiter nichts als daß man mit seinen Sitten zufrieden ist , und sich an diese halten wolle | ohne über diesen Inhalt nach zu denken . Das ist der Standpunkt wo man ungeduldig gegen die betrachtung wird . – Im Gefühl also kann sowohl der wunderbarste als der schlechteste Inhalt sein . diese Form des Gefühls ist nun näher zu betrachten ; was in § 401 enthalten ist . Es heißt in dem vorhergehenden § daß in der Empfindung noch nicht der Unterschied von Object und Subject ist ; dies gehört dem bewußtsein an . Es sind aber die bestimmungen vom unmittelbaren Sein darin und dem Insichsein der Identität mit mir ; die Seele ist ihr in sich sein . Da ist die Empfindung das Concrete . Wir können uns also an diese 2 Momente der Empfindung halten . Die Empfindung muß sich nun fortbestimmen ; wenn wir auf diese beiden Momente Rücksicht nehmen , die u n m it t e l ba r e b e s t i m m t h e i t und d a s I n s i c h s e i n , so können wir dies als besonderen Inhalt der Empfindung betrachten daß ihr Inhalt sei die natürliche

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15 dung entsteht wenn was vor die Vorstellung , die Einsicht gebracht wird , wahrhafter Art ist . der

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1 der richtige] Er : richtig 1–6 ein richtiges … Gefühls] Er : richtig sei . Dieser Inhalt indem er der m e i n i g e ist , indem ich in meiner Unmittelbarkeit identisch mit ihm bin , – so fühle ich ihn . – Man sagt das daß man | sich bloß daran halten wolle daß jedes Volk seine Religion pp im Gefühl habe , und den Inhalt ganz bei Seite lassen . das ist ein besondrer individueller Standpunkt , den die Philosophie zu berücksichtigen hat wenn das Gefühl zum Criterium gemacht wird . / das Gefühl ist wie gezeigt nur Form für jeden Inhalt . – Diese Form 1–2 ein richtiges … ist ,] Wl : das richtige sei . dieser Inhalt indem er mein ist , fühle ich denselben . – Wer sagt , religiöses Gefühl ist’s worauf es ankommt , 3 seinen Sitten] Wl : den Sitten p , 4 nach zu denken .] Wl : nach zu denken . Wir sind zufrieden und wollen dabei stehn bleiben , daß dieser Inhalt der unsre ist . 5–6 Im Gefühl … sein .] Wl : die Religion überhaupt ist’s in der wir uns am Gefühl halten . da hat dann die Filosophie nur das zu nehmen , sofern dieß behauptet wird als fi losophischer Standpunct , daß Empfindung Criterium der Wahrheit sei . Ueber diesen Punct sind die Puncte angegeben , worauf es ankommt . Gefühl ist nur Form , Inhalt kann verschieden seyn 6 Form des Gefühls] Wl : Form 6–7 was in … vorhergehenden §] Er : Es ist bemerkt worden Wl : Es ist bemerkt worden in Ansehung der Empfindung , 7 in der Empfindung] Wl : darin als solcher 8–10 dies gehört … Wir] Wl : (dieser Unterschied der Form gehört dem Bewußtsein) . Wir haben deswegen auch keine Objectivität in Empfindung . Es ist aber in Empfindung vorhanden diese Bestimmung von Unmittelbar seyn und von In sich seyn . Empfindung ist abstract ausgedrückt , unmittelbare Bestimmtheit , und in sich seyn in dieser Bestimmtheit . Die Empfindung ist concret , – und wir 8 dem bewußtsein an .] Er : erst dem Bewußtseyn . 8–10 aber die … Wir] Er : in der Empfi ndung sogleich vorhanden der Unterschied von unmittelbarem Seyn und In sich seyn . – die Empfi ndung ist dies Concrete und wir 12 sich nun fortbestimmen ;] Wl : ich bestimmen . Ihr in sich seyn ist die Form , und Entwicklung der Form ist das sich bestimmen der Empfindung . nun fortbestimmen ;] Er : bestimmen . 13–14 dies als … natürliche] Wl : gleich dieß als unterschiedenen Inhalt betrachten , daß Empfi ndung sei unmittelbare 14 Inhalt der Empfindung] Er : Inhalt 1 damit] statt eines unleserlichen Zeichens

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§ 401 .Wl

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bestimmtheit , oder daß die andre Seite : das Insichsein ist . Das nähre Verhältniß von Form und Inhalt ist ein logisches , ein schweres Capitel , die Empfindung als natürliche bestimmtheit ist äußre , das andre ist die innre , die innre bestimmtheit das Insich sein des Subjects . Wenn dies In sich sein concret genommen wird als in sich vertieft so ist es das Ich des bewußtseins , f r e i e r G e i s t , und in ihr unmittelbar bestimmtheit : die L e i bl i c h ke it ; es ist also ein Unterschied zwischen einer leiblichen und innren Empfindung . I Di e ä u ß e r l i c h e b e s t i m m t h e i t . (äußerliche Sinneseindrücke) w i r d i n ne r l i c h g e m a cht d . h . e s w i r d e r i n ne r t . II die im Geist entsprungne bestimmtheit muß um als Empfindung zu sein , um empfunden zu werden , verleiblicht werden .

§ 401 .Er

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1–4 daß die … wird ] Wl : das In sich sein , sey der Inhalt . – Unmittelbare Bestimmtheit ist zunächst Inhalt der Empfindung , – aber andre Seite ist auch Inhalt . – / Wenn wir diesen Unterschied so aufnehmen , haben wir 2erlei Empfindungen – 1 .) äußere , wo unmittelbare Bestimmtheit Inhalt ist ; und 2 .) innre Empfindung , wo Inhalt ist Bestimmtheit des In sich seienden Subjects . / Stoff der inneren Empfindung ist aller Inhalt des Geistes . Es heißt im § in dieser Rücksicht . Wird auf die aus der Einheit , welche Empfindung ist , nachher sich entwickelnden Unterschiede vo m u n m i t t e l b a r e n S e y n der Seele und ihrem F ü r s i c h s e y n Rücksicht genommen , so wird letzteres ist . Das … dies] Er : der Inhalt der Empfindung sei , diese Seite die eigentlich Formbestimmung ist . – Wir haben nun wenn wir die unmittelbare Bestimmtheit als solche zum Inhalt machen – äußere Empfi ndungen und bei dem anderen Inhalt – innere Empfi ndungen . / Es heißt daher im § Wenn dies Für sich seyn oder 5 so ist … Ich] Wl : Ich 5–8 das Ich … w i r d 1] Er : Ich , und die unmittelbare Bestimmtheit so Leiblichkeit . – die Empfindung ist so zuerst Empfi ndung der Leiblichkeit . – die Empfindung – erinnert § 401 . – Es ist ferner zu bemerken daß die äußerliche Empfi ndung erinnert wird , f r e i e r G e i s t , … w i r d 1] Wl : und freier Geist , hingegen das erstere zu natürlicher L e i b l i c h k e i t bestimmt . Hiernach unterscheidet sich eine ä u ß e r l i c h e oder vielmehr leibliche Empfindung , welche zuerst eine Bestimmung der Leiblichkeit (des Auges u . s . f . aber überhaupt jedes körperlichen Theils) ist ; die Empfi ndung wird darin , daß sie im Fürsichseyn der Seele 8–655,2 d . h . e s … (daß] Er : und das ist das erste was zu bemerken . das 2t e ist daß die im Geistigen entsprungne verleiblicht werden muß um empfunden zu werden . / das Erste was zu betrachten sind die äußerlichen Empfi ndungen . das ist im Allgemeinen etwas Bekanntes , – eine leibliche Bestimmtheit . Es ist nicht nur eine Bestimmtheit sondern auch ein Gefühl , Empfi ndung so daß 8–9 d . h . e s … sein ,] Wl : ist , e r i n n e r t wird . (daß der Inhalt ferner im geistigen Bewußtseyn zur Anschauung einer objectiven Welt u . s . f . wird , gehört noch nicht hierher .) Die äußerliche Bestimmtheit , äußerliche Sinneseindrücke muß erinnert , innerlich gemacht werden , – und das ist was zuerst zu betrachten ist . – Das 2te daß die im Geiste entsprungene ihm zuerst angehörige Bestimmtheit , 10–655,2 werden . I d i e … (daß] Wl : wird . Im Geiste , was da Bestimmtheit ist , muß verleiblicht werden , äußerlich werden . / 1 .) Äußerliche Empfindung – . Das ist im allgemeinen etwas Bekanntes . Seine leibliche Bestimmtheit . das Auge oder Finger p ist so und so bestimmt . das ist nicht nur Bestimmtheit , ist auch ein Gefühl , Empfindung , daß

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9 um als … sein , vor der Zeile

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15 Wird] folgt gestr : diß f . sich seyn

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I d ie ä u ß e r l i ch e n E m pf i n d u n g e n .

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Die leibliche bestimmtheit ist zugleich im Gefühl ein Empfinden , (daß wir es in uns finden) Es gibt einen Kreis dieses Empfindens ; wir kennen nun die Arten unsres äußeren Empfindens wohl ; aber in wiefern sie eine Totalität ausmachen darauf kommt es an , in wiefern der begriff darin das bestimmende ist , das begreifen der Sinne . Sinn ist eine Art des äußerlichen Empfindens (oder innerlichen)[ .] Wir wissen daß wir 5 Sinne haben ; wie kommt die Natur da zu 5 ? Sie kommt sonst meist nur zu 4 ; der Geist kommt immer zu 3 ; 3 ist von allem die Wurzel . Das 3 ist das unmittelbare überhaupt ; das unmittelbare ist aber concret das daß die concreten bestimmungen darin noch außer einander sind und nicht verknüpft zum Punkte der Subjectivität . Die Sache ist immer ganz dem Inhalt nach so auch in dem Unmittelbaren ; aber der Form nach nicht ; | das 2t e ist die bestimmtheit der Differenz , wo die bestimmungen auf einander bezogen sind ; das 3t e ist die Vereinigung beider ; das erste hat 2erlei das 2t e 2erlei und das 3t e ist die Vereinigung beider ; da haben wir die 5 . Nach diesem Schema haben wir also zuerst die S i n ne d e r e i n f a che n

3 finden) Es gibt] Er : fi nden . die unmittelbare Empfindung ist Empfindung eines Seyns , äußerliche Empfindung , weiter ist zu bemerken daß es fi nden)] Wl : fi nden . – | das ist unmittelbare Empfindung , äußerliche Empfindung . – 3–4 Empfindens ; wir … aber] Er : Empfi ndens gibt , diese Arten kennen wir wohl die 5 Sinne . Was ein Interesse hat ist zu betrachten 4 aber] Wl : Sehen , Schmecken , Fühlen p Tastsinn p . Das was Interesse hat , von uns betrachtet zu werden , ist 4–5 ausmachen darauf … darin] ErWl : [ausmachen] Wl : ausmachen . – daß eine Vernunft] , daß der Begriff da 5–7 das begreifen … haben ;] Er : die Seele , der Begriff sich diese Weisen macht , man soll diese begreifen | Sinn nennen wir hier Art eines äußerlichen Empfi ndens . Es ist also kurz der Begriff der Sinne zu geben . 5–6 das begreifen … Sinne .] Wl : daß die Seele als Begriff , Vernunft , sich einen solchen Inbegriff von Weisen des äußerlichen Fühlens macht . – / 6–8 Empfindens (oder … Das] Wl : Empfindens . (Sinn innerlich , ist geistige Bestimmtheit von etwas) . 5 Sinne . Woher 5 Sinne ? die Natur kommt häufig nur zu 4 , wie Geist zu 3 . Drei ist immer Wurzel , und es kommt nur darauf an daß von diesen 3 einige explicirt sind . – 8–9 der Geist … überhaupt ;] Er : die drei ist immer die Wurzel und es kommt drauf an ob eins davon explicirt ist . / Das erste ist das Unmittelbare , 9–12 aber concret … nicht ;] Wl : concret . der concrete Inhalt ist noch nicht in seiner Einheit , sind außer einander . Das erste ist wohl das Ganze aber noch nicht verknüpft zum Puncte der Einheit , noch nicht zurückgekehrt zur Identität . / 9 das] Er : nur so 10–12 bestimmungen darin … nicht ;] Er : Bestimmtheiten noch nicht geknüpft sind zu Punkten der Einheit . dem Inhalt nach ist die Sache nun erstens ganz , aber noch nicht so verknüpft . / 12–13 bestimmtheit der … sind ;] Er : Differenz die zwei sind nicht mehr so unmittelbar auseinander fallend , sondern bezogen . / 13 die bestimmungen … sind ;] Wl : 2 sind als bezogen , außer ein ander fallen , als relativ . / 13–15 Vereinigung beider ; … 5 .] Er : Einheit beider . Wo das nun vollständig entwickelt ist , sind es 5 , dies erste enthält 2 , das 2t e gleichfalls 2 , – der Geist kommt wesentlich zu 3 , die Natur oft zu 4 . beider ; das … 5 .] Wl : derselben . / Wo’s vollständig entwickelt ist , sind 5 . Das erste und 2t e haben jedes 2 . – /

40 4 ausmachen] ausmassen

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Id e a l it ä t : G e s i c ht und G e h ö r ; 2 . d ie S i n n e d e r D i f fe re n z R ie ch e n u n d S ch me ck e n ; 3 . der Sinn der Totalität das G e f ü h l . Indem nun diese Sinne zugleich empfindend sind so bestimmt sich in diesem Fortgang die Empfindung als solche fort . das 1t e ist das unmittelbar einfache abstracte Empfi nden ; das letzte ist die Rückkehr der Empfindung in sich , das Selbstgefühl ; darum heißt auch der 3t e Sinn : Gefühl (Selbstgefühl) denn er ist die Totalität . Im Sehen und Hören empfinden wir uns nicht selbst , nicht unsre Leiblichkeit[ .] Im Riechen und Schmecken beginnt es aber das Empfinden ; im Gefühl ist dieses Empfinden ganz Selbstgefühl , indem man hierin sich empfindet g e g e n einen Gegenstand . diese verschiedenen Seiten sind nun zu betrachten ; physiologisch können wir es nicht untersuchen . 1 . D a s G e s icht , d a s S e he n Wenn wir sehn , sehn wir einen Gegenstand ; aber wir empfinden das Auge nicht ; es ist nicht dabei ; außer wenn es matt , krank ist ; unsre Leiblichkeit ist irgendwie dabei bestimmt ; beim gesunden Sehn aber nicht . der Inhalt ist ein aus uns hinausgeworfner , was wir sehn ist das Sein , es ist im Raum , räumlich , außer einander

55Er

2 3 . der Sinn] Wl : Sinn der Sinn … G e f ü h l .] Er : Gefühl d e r Totalität – Fühlen . – 3 empfindend sind] Er : Empfi ndungen sind und wir es mit diesen zu thun haben , Wl : Empfinden sind , wenn wir’s nicht zu thun haben mit dem Naturgegenstand , nicht mit Inhalt dieser Empfindung sofern er Naturgegenstand ist , diesem Fortgang] Wl : ihm 4 unmittelbar einfache] Er : einfache unmittelbar] Wl : unmittelbare Empfinden , das 5–6 ist die … Totalität .] Wl : Rückkehr des Empfindens zu sich , in seine Subjectivität , das Selbstempfinden , Selbstgefühl . – 5 ist die … sich ,] Er : muß seyn die Rückkehr , wesentlich 5–6 darum heißt … Totalität .] Er : daher auch der letzte Sinn ausschließlich Fühlen heißt . 7 selbst , nicht … Im] Er : selbst , Im 8–11 beginnt es … S e h e n ] Er : fängt das an und im Fühlen als solchen ist die Rückkehr vollendet , wenn ich einen Gegenstand fühle fühle ich ihn mir Widerstand leistend . / Zunächst empfinden überhaupt , ohne Rückkehr zu sich , der Fortgang ist Empfi nden der Leiblichkeit , und endlich die Rückkehr zu sich , d . i . | Selbstgefühl . das Physiologische pp geht uns hier nichts an . / das erste ist wie gesagt das Sehen . 8–10 es aber … untersuchen .] Wl : das Selbstgefühl , die Leiblichkeit , da ist das Fühlen in sich zurückgegangen . Etwas anfühlend fühle ich etwas mir (fühlend) Widerstand leistend . Da fühle ich Gegenstand und mich gegen ihn . – Sinn des Selbstgefühls also – / Das ist das nähere dieses Fortgangs in Bestimmung dieses äußerlichen Empfindens . 1 .) Empfinden überhaupt . 2 .) Empfinden der Leiblichkeit . 3 .) Selbstgefühl , oder Empfinden der Leiblichkeit als für sich seiender Leiblichkeit gegen andere . – / Fisiologische pp gehört nicht hierher ; sondern nach Hauptinteresse haben wir’s zu betrachten , das angegeben ist . – / 12 einen Gegenstand ;] Wl : Gegenstände aber] Er : und 12–13 nicht ; es … ist ;] ErWl : [nicht dabei , der] Wl : nicht . der] Inhalt ist sogleich hinaus geworfen . [ Wir wissen wohl wenn wir drüber reflectiren ,] Wl : Beim Reflectiren wissen wir , daß eine Bestimmung im Auge seyn muß , fi siologisch ,] daß 13–15 ist irgendwie … was] Wl : auf eine bestimmte Weise afficirt ist ; – aber beim Sehn empfinden wir das Auge nicht ; beim Schmecken anders . – / Beim Sehn also ist der Inhalt ein für uns hinaus geworfnes . Was 13–14 ist irgendwie … nicht .] Er : auf eine gewisse Weise bestimmt ist , aber im gesunden Zustande empfi nden wir das Auge beim Sehn nicht (anders ist beim Schmecken pp) 14–15 aus uns hinausgeworfner ,] Er : für uns hinausgeworfnes , 15 es ist] Er : ist Wl : ist , Bestimmtheit , ist 15–657,1 räumlich , außer … fern] Er : – in sofern

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bestimmt ; | es ist in so fern der Sinn des Raums , aber nicht des abstracten , sondern des erfüllten des materialisirten , physikalischen Raums . dieses Manifestiren als physikalisch ist das Licht , es ist Materie , aber es ist zugleich dies immaterielle ; es kann nicht getheilt werden ; sonst kann man mit jenen Narren ein Haus ohne Fenster baun und das Licht in Säcken hineintragen . Das Licht ist das untheilbar Ganze , untrennbare Einheit auf materielle Weise . Es ist das reine Manifestirt sein der Gegenstände überhaupt für uns ; in so fern ist der Sinn des Gesichts ein ganz theoretischer , wobei wir uns nicht selbst empfinden . beim Sehen haben wir nur eine Fläche vor uns ; die andren Dimensionen eines Körpers sehen wir nicht sondern das lernen wir erst durch Vergleichung : auch Farbe , Größe und Gestalt beur thei len wir nachher durch Entfernung des Dings . Es ist in dem Sehn noch ein unvermitteltes Verhältniß , ein geistesfernes Verhältniß ; es ist darum der Sinn der Idealität , der andre Sinn der Idealität ist das Gehör . | 2 . Da s G e hör . dies ist der Sinn der physikalischen Zeit ; wir s e h n freilich auch Veränderungen in dem Tableau , das vor unsrem Gesicht ist ; aber In diesem Verändern ist die Zeit aber nur ein Moment ; im Gehör aber ist die Zeit physika-

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1 es ist … fern] Wl : | insofern

49Wl

1–3 abstracten , sondern … physikalisch] Er : abstracten Raumes

20 sondern so zu sagen der materialisirten Räumlichkeit , daß der Inhalt für uns ist uns sich manife-

1–2 abstracten , sondern … Raums .] Wl : abstracten 3 das Licht , es] Wl : was wir Licht nennen . Das Licht 3–6 es ist … Weise .] Wl : ebenso immateriell . Es besteht nicht aus Theilen , aus besondren Selbstständigen . Es ist das untheilbare , eine (Zusammenseyn) Einheit . Materie , aber … Weise .] Er : immaterielle Materie , es hat keine Schwere , besteht nicht aus Theilen , ist dieser untheilbare Zusammenhang , untrennbare Einheit . 7 überhaupt für … ist] Er : für uns und überhaupt für uns ;] Wl : überhaupt 7–8 ein ganz … beim] ErWl : [ist so ein ganz theoretischer .] Wl : ganz theoretisch . Kein manifestirt seyn , daß wir uns nicht empfinden .] die Gegenstände s i n d für uns , d . h . selbständig , wir empfinden unser Auge [nicht . das Sehn ist also Gefühl vom abstracten Seyn und so äußerlich bleiben .] Wl : nicht . –] Im 8–12 haben wir … der1] Wl : sind wir im Gegenstand versenkt ohne Reflexion in uns . die immaterielle Manifestation dessen was vor uns ist . Wir sehn nur eine Fläche : das ist abstract (die Dimension , Entfernung p gehört der Reflexion .) das Sehen ist eine geistesmäßige Manifestation , einfaches , unmittelbares , unvermitteltes Verhältniß . 9 uns ; die … das] Er : uns , das Abstracte . die drei Dimensionen 10–11 Vergleichung : auch … Dings .] Er : Gewohnheit , so wie auch die Entfernung – beurthei len . 11–12 in dem … Idealität ,] Er : diese Manifestation geistesmäßig ganz einfach , unmittelbar , unvermittelt . – 14 2 . Da s … physikalischen] Er : Wenn das Gesicht der Sinn der Räumlichkeit aber der physikalischen ist , so ist das Gehör der der physikalischen (nicht abstracten) dies ist] Wl : Wie der Sinn des Gesichts der Sinn der fysikalischen Räumlichkeit ist so ist der Sinn des Gehörs 15–16 Veränderungen in … Verändern] Er : Veränderungen , Bewegungen aber da in dem … Verändern] Wl : der räumlichen Beziehungen und Verhältnisse Bewegung , aber in dieser Veränderung 16–658,1 aber nur … Gehörte] ErWl : nur ein Moment in Beziehung auf den Raum . [ Beim Gehör ist die so zu sagen physikalisch gewordne Zeit . Was wir Hören nennen] Wl : Was wir hören nehmlich , was das Gehörte ist ,] stirt . dies sich als physicalisch manifestirende

20 Raums , der fysikalischen Räumlichkeit . Daß dieser Inhalt ist , für uns sich manifestirt .

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lisch . Das Gehörte ist das Erzittern der Körper in ihnen selbst ; die Körper sind mechanisch zusammenhängend aber außer einander bestehend . Ein Körper erzittert wenn er angeschlagen wird ; d . h . jeder Theil verrückt sich aus seiner Stelle und tritt in die Stelle des andren ; das andre aber behauptet sich dagegen . Das Zittern ist eben dieses ; daß , wo ein räumlicher Punkt ist und zugleich ein physikalischer , daß in demselben ein andrer materieller Punkt ist . Nach der gemeinen Mechanik läßt man das nicht gelten , daß 2 Punkte in einem sein können ; man nimmt seine Zuflucht da zu den Poren ; läßt man z . b . eine Kugel fallen so ist für einen Augenblick ihr Umfang verändert ; und da sagt man das gehe in die Poren hinein ; aber das ist nichts Empirisches ; das ist bloß Sache des Verstandes , der sich nicht anders zu helfen weiß als durch diese Erdichtung . dies Erzittern also ist das Aufheben des Mechanismus der Körper und das Herstellen derselben ; das ist das was wir vernehmen . Wird dies Schwingen fortgesetzt , so tritt die Zerstörung der Cohäsion ein , wenn man die Glocken lang läutet so entzünden sie sich und schmelzen . Die Punkte und Theile , die wir äußerlich unterscheiden werden zeitlich gesetzt , d . h . indem sie sind , sind sie nicht ; der Augenblick des Itzt ist , aber so wie ich sage it z t , so ist das itzt nicht mehr : das ist die Zeit . So ist das Materielle im Schwingen , im Tönen gesetzt . Die Innerlichkeit der Körper thut sich dadurch kund , ihre Subjectivität gewisser

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1–3 selbst ; die … wird ;] Wl : selbst , gehört in die Sfäre des Mechanismus . die Körper bestehn gegeneinander . Der Körper wird angeschlagen , so erzittert er ; 1–5 die Körper … wo] Er : der Körper erzittert und dies Erzittern ist näher dies , daß jeder Theil sich verrückt , in der Stelle des andern ist und unmittelbar wieder vom an|dern verdrängt wird , der sich behauptet . Wo 4–5 andren ; das … wo] Wl : anderen , und wird daraus wieder vertrieben . – Wo 5 und zugleich ein] Wl : und 5–7 daß in … das] Er : da ist zugleich auch ein andrer , dies ist das Schwingen des Körpers . dies läßt man 5–6 daß in demselben] Wl : in demselben Orte ist 6 Punkt ist . … Mechanik] Wl : Punct , – dieß ist das Schwingen , Zittern des Körpers . – Bei einer mechanischen Vorstellung 7 daß 2 … können ;] Er : es könne wo ein Punkt ist , nicht der andere sein . Wl : und sagt , wo ein materieller Punct ist kann kein anderer seyn ; 8–10 läßt man … ist] Wl : diese Poren aber sind eine Fiction , gar nichts Erfahrenes , nie Gesehenes ; 8–9 läßt man … ist] Er : diese sind eine bloße Fiction , 10–11 sich nicht … Erdichtung .] Wl : complett es erdichtet hat . – nicht anders … Erdichtung .] Er : so hilft . 11 also ist] ErWl : ist 12 Herstellen derselben ; … vernehmen .] Er : sich wieder Herstellen , und dies Hin und Hergehen vernehmen wir . Wl : sich Herstellen derselben . 13 die Zerstörung] ErWl : auch die reale Aufhebung 13–15 ein , wenn … werden] Er : ein , Wärme – Schmelzen . Was wir als materielle Punkte oder Theile unterscheiden , wird als Wl : ein . Durch Klingen ist Uebergang zur völligen negation der Cohaesion . Was wir als materielle Puncte ansehn können , ist continuirlich äußerlich , das wird 15–16 d . h . indem … wie] Wl : es ist und indem es ist , ist es nicht , das Eins seyn des Seyn und nicht seyn ; indem 15–18 indem sie … Die] Er : es ist und indem es ist , ist es nicht . / diese Untrennbarkeit des ist und des nicht ist ist die Zeit und so ist im Klingen Schwinden des Materiellen gesetzt . dies ist damit die 17–18 Schwingen , im … Die] Wl : Schwingen so zeitlich gesetzt . – Dieß ist damit die 18–659,1 Körper thut … Hören] Er : Körper , die sich kund thut , diese Subjectivität , Negativität . Das ist also das was wir hören . Im Gehör thut sich … nicht] Wl : die sich kundthut , diese Subjectivität , Negativität . Das ist also , das , was wir hören . – Im Gehör ist

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Maaßen . Im Hören haben wir also nicht das Gefühl des I s t , wie beim Gesicht , sondern des m a t e r ie l l e n We r d e n s , dieses physikalischen reinen sich Veränderns . Es ist aber doch ein ideeller Sinn das Gehör , weil es nur ist dies Mechanische , das uns ebenso unmittelbar äußerlich ist , als unmittelbar getrennt von uns ; es ist kein Selbstgefühl , kein Gefühl unsrer Leiblichkeit dabei . die andren Si n ne s i n d d i e d e s G e g e n s a t z e s , wo der Übergang gemacht wird zur Realität , (wo im Sinn das Practische beginnt) wo wir selbst im Gefühl dabei sind , unsere Leiblichkeit . Sehn und Hören ist , e m pf i n d u n g s lo s in diesem Sinn[ .] 3 . G e r uch . Wir empfinden darin die Verflüchtigung der Körper , ihre Resumtion in einfache Materialität , die Ausdünstung der Körper ; das Verzehrtwer|den der Körper , das aber unscheinbar ist . An der Luft wird alles flüchtig , luftig ; kann man es vor ihr bewahren | so bewahren wir es vor der Fäulniß – selbst die Metalle riechen und riechen ekelhaft , wie sie schmecken . Das Seiende ist dabei im Übergang zu seiner Auflösung damit hängt genau der 4t e Sinn 4 . , G e s c h m a c k zusammen . Hier sind wir es , welche diese Verzehrung vollbringen ; unsre Thätigkeit ist darin und daher Selbstgefühl ; beim Geruch beginnen

… des] Wl : des 1 I s t , wie … Gesicht ,] Er : i s t 3 doch ein … Gehör ,] ErWl : [ein] Wl : ideeller Sinn ,] Sinn der Idealität , Mechanische ,] ErWl : Werden rein des Mechanischen 4 unmittelbar äußerlich] ErWl : äußerlich getrennt von] Wl : ungetrennt mit 4–5 kein Selbstgefühl , kein] Er : kein 4–6 es ist … d i e ] Wl : es ist kein Gefühl der Leiblichkeit damit vorhanden . – Diese reine Bewegung des Materiellen ist ebenso unmittelbares Verhältniß , des Gehörs als des Gesichts . Das ist das erste Paar Sinne , Sinne der Idealität . (so , weil dieß das Verhältniß von Raum und Zeit ist .) 2 .) Sinn 5–6 dabei . die … S i n n e ] Er : damit vorhanden . Weil dies das Verhältniß von Raum und Zeit ist , ist es eben Sinn der Idealität . das ist das erste Sinnenpaar , das der Idealität . / die z we i t e n 6 G e g e n s a t z e s ] Er : Gegensatzes überhaupt 7–10 (wo im … darin] Er : das Praktische beginnt , unsre Leiblichkeit anfängt gefühlt zu werden , unser Selbstgefühl beginnt . Im Geruch empfi nden wir wir selbst … darin] Wl : unsre Leiblichkeit dabei beginnt gefühlt zu werden , und wo beginnt das Selbstgefühl . – So wenn wir’s subjectiv betrachten , – so empfinden wir im Geruch 10 ihre] Er : ihre reale Vernichtung oder reale Wl : ihr reelles Verluftigen , Verzehrtwerden , reelle 10–11 einfache Materialität , … das] ErWl : eine einfache Weise , daß die Körper in diese einfache Weise übergehn , die die Luft ist . | [dies unscheinbare] Wl : dieß] 12–14 das aber … dabei] Er : die Verflüchtigung ist es , die wir empfunden . Es ist dies also ein Seyendes aber zugleich 12 das] Wl : Auflösen derselben , das 12–14 An der … dabei] Wl : Diese Verflüchtigung des Körpers ist es , die wir riechend empfi nden . – Es ist dieß also ein Seyendes , aber das Seiende zugleich 14–16 zu seiner … G e s c h m a c k ] ErWl : [zur] Wl : zu seiner] Vernichtung , seiner Auflösung . / der Geschmack hängt unmittelbar damit 16 wir] ErWl : nur wir 17 daher Selbstgefühl ;] ErWl : [Selbstgefühl] Wl : eben ein Selbstgefühl] zugleich . 17–660,3 beginnen wir … Körperlichkeit .] Er : beginnt das schon , daß wir unsere Organe empfi nden , im Geschmack noch mehr . (In

57Er 25r Sg

20 1–2 I s t , wie 20

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40 21–22 es ist 2 … vorhanden . mit Verweiszeichen am rechten Rande

Rande

23–24 (so , weil … ist .) am rechten

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wir unser Organ , beim Geschmack schon unsre Leiblichkeit zu fühlen . In Schwaben unterscheidet man Riechen und Schmecken nicht ; das hat etwas Richtiges ; beides ist Auflösung der Körperlichkeit . Das sind also die Sinne der Differenz , wo das Seiende zugleich auf ein andres bezogen ist . Dem Geschmack gehört das Element des Wassers an , es ist das unbestimmt Neutrale ; ist es individualisirt , so ist es eine concrete Neutralität , und das sind die Salze . d e r 5 t e ( 3 t e ) Si n n ist das Gefühl , der Tastsinn ; da fühlen wir den Gegenstand als ein für sich seiendes und uns dagegen auch als ein für uns seiendes ; sie leisten uns , wir ihnen Gegenstand . Hier besteht der seiende Gegenstand als ein für sich seiendes . Alles was gefühlt wird , ist , das wahre Materielle , das ihr Centrum in einem andren Materiellen hat . Die nähre bestimmung dieses Fürsichseins gibt das Gewicht , das Streben nach der Einheit ; denn die Materie ist nicht in sich selbst , es strebt immer nach einander . die Arten des Widerstands sind verschieden , das Spröde , das Harte die Wärme etc . das letzte ist Auflösung der Cohäsion . – Das ist die nothwendige Totalität der äußerlichen Empfindungen und der Sinne über-

Schwaben riechen = schmecken) Wir sind dabei uns empfi ndend . 1 unser Organ , … fühlen .] Wl : unsre Organe schon mitzufühlen ; – noch mehr im Geschmack . 2 unterscheidet] Wl : z . B . unterscheidet 2–3 das hat … Körperlichkeit .] Wl : Unsre Thätigkeit ist gegen das Seiende gerichtet und empfindet sich dabei . – 3 wo] ErWl : daß 4 zugleich auf … ist .] ErWl : bezogen ist zugleich auf sein Anderes und damit auf seine Vernichtung . gehört] Er : entspricht Wl : entspricht , gehört an 5 Wassers an , … eine] ErWl : Wassers , dies [neutrale] Wl : neutrale . Dieß neutrale] individualisirt [gibt eine] Wl : gibt] 6–7 und das … das] Wl : Salze überhaupt , deren Basen p ihre Particularisation ausmachen . / 3 .) Salze . / d e r 5 t e ( 3 t e ) ] Er : Salze überhaupt . / Der d r i t t e 7–8 Gefühl , der … als1] Er : G e f ü h l . In diesem fi nden wir das Seyende als ein Widerstandleistendes , d. h. 7 da] Wl : Hier den Gegenstand] Wl : das Seiende 8–11 und uns … gibt] Wl : Widerstand leistend gegen uns , die wir für uns sind (ein Widerstand leistendes .) da fi nden wir unsre Leiblichkeit wieder . – Im Sehn ist Inhalt Seiendes , im Gefühl für sich seiendes . – Materialität , als Widerstand leistendes . Zu den unterschiedenen Weisen des materiellen für sich seyns gehört das für sich seyn , das Widerstand leistet : – Dahin gehört und uns … bestimmung] Er : gegen uns , die wir für uns sind . da ist beides bestimmt als für sich seyend . Im Sehen ist der Inhalt s e ye n d , im Fühlen bestimmt er sich als für sich seyend . Er leistet Widerstand . Zu den unterschiednen Weisen 11 gibt] Er : gehört 12–14 das Streben … ist] Er : daß die Materie nach dem Centrum strebt . Nach dieser Idealität ist sie das Gewicht . Ferner unterscheidet sich die A r t des Widerstandes , auch die Wärme gehört hierher d . h . der Einheit ; … Cohäsion . –] Wl : einem Centrum . Nach dieser Idealität ist sie das Gewicht . – Ferner gehört die Wärme auch dazu . d . i . die Erscheinung , daß die körperliche Cohaesion sich auflöst . – / 15–661,2 die nothwendige … Sinne] Er : nun die Totalität der Empfi ndungen die wir äußerliche nennen , die den Sinnen angehören . Es kann noch bemerkt werden , daß die Empfi ndung der Sinne ein gewisses Maaß hat (eine quantitative Bestimmung als seyend) Quantität und Maaß sind eben Kategorien des seyenden Unmittelbaren . – Sie 15–661,1 äußerlichen Empfindungen … äußerliche] Wl : Empfindung , die wir äußerlich nennen , die dem angehören , 28 für] folgt im Text und am linken Rande gestr : Gewicht , dß di Matrie zu e Centr . strbt

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haupt . Die Sinne haben als äußerliche ein gewisses M a a ß , eine gewisse S t ä r ke . (Quantität) . Die Sinne gehen also den Weg durch vom Sein als solchem zum Für sich sein . Im Gefühl ist die Materialität für sich ; wir sind uns empfindend und sind für uns . das Object und das Subject ist für sich ; das Unterscheiden des Gegenständlichen tritt erst hier ein . da tritt nun ein die Vergleichung zwischen beiden das Verhältniß beider zu einander . dies Verhältniß be trifft das A n g e neh me und Un a n g e n e h m e in Zustimmung des Äußerlichen – in unsrer Empfindung . dies A n g e n e h m e oder W id r i g e ist zunächst das ganz oberflächliche Vergleichen ; es kann auch gründlicher sein . Es kann uns vieles angenehm sein , was schädlich für die Gesundheit ist ; es ist manchen auch etwas unangenehm , was nützlich ist . dieser Instinkt ist darum auch etwas untergeordnetes , Menschen trügerisches ; darum sind wir nicht auf ihn beschränkt sondern wir sind an unseren Verstand

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was wir Sinne überhaupt nennen . / Kann noch bemerkt werden daß die Empfindung der Sinne 1–2 … Die] Wl : Stärke hat , (eine quantitative Bestimmung als seiend) . Quantität und Maaß sind Categorien des Seienden , des Unmittelbaren . 2 also] Wl : schon Sein als solchem] Er : Seyn 3 Im Gefühl … sind 2 ] ErWl : In ihrem für sich seyn sind auch wir [die Empfi ndenden] Wl : zu dem empfi ndende] 4–5 das Object … Gegenständlichen] Wl : Beide fallen aus ein ander wenn wir das Gegenständliche unterscheiden wollen , – das 4 das Object … sich ;] Er : Beide fallen aus ein ander und 6–7 da tritt … einander .] Er : Im Sehen ist nur das unmittelbare Verhältniß , wir sind im Gegenstand vertieft haben nur e i n e Empfi ndung . | Im Gefühl ist das Empfi ndende als für sich seiend bestimmt und dann tritt ein Verhältniß ein . Es tritt damit ein Vergleichen ein ein Verhältniß zwischen beiden . 6 da] Wl : Das Sehen ist das unmittelbare Verhältniß . Wir sind im Gegenstand versenkt , haben nur Eins in unsrer Empfindung , die Empfindung des Sichtbaren . – Indem man nun im Gefühlssinn Bestimmtheit der Empfindung des für sich seyns setzt , tritt ein 2faches Verhältniß ein : 1 .) d [lacuna] äußeren Sinne 2 .) das ein für sich seyn eingetreten ist und ein Ausschließen gegen anderes für sich seyn . Dann 7–9 be trifft das … W i d r i g e ] ErWl : enthält [das was wir] Wl : was wir zunächst] angenehm [und] Wl : oder] unangenehm nennen , ein Zustimmen des Seyenden [zu unserem Für sich seyn . Wir als für sich seyende sind bestimmt haben aber als solche eine inhaltsvolle Innerlichkeit und dieser kann der seyende Inhalt] Wl : in Empfi ndung zu unsrem Zustande : Wir sind für sich seiend , haben weitren concretern Inhalt , dem das Sein der Empfindung kann] angemessen seyn oder nicht . [das Angenehme und Widerliche tritt hier ein und dies] Wl : da tritt das Angenehme und Unangenehme ein . Unangenehmes , Widriges in Empfindung . – Dieß Angenehme oder Unangenehme] 9–10 Vergleichen] Wl : der Vergleichung 10–662,2 sein . Es … etc . –] Wl : seyn , daß diese Zustimmung noch weiter concreter bestimmt ist . Kann uns angenehm seyn in Empfi ndung ; was zuwider ist unsrer Gesundheit . – Kann aber beides auch verbunden seyn . [ Narcotisierende Farben] Hk : Narkotische Pflanze so in Farbe] in Geruch und Ansehen [und ] Hk : angenehm und doch] schädlich der Gesundheit . | Beim Menschen ist ohnehin der Instinct ganz untergeordnet . Wir sind vornehmlich an Verstand gewiesen , Thiere an unmittelbare Empfi ndung , Instinct , der jedoch auch trügen kann . – Dieß Angenehme oder Unangenehme drückt überhaupt das Oberfl ächliche der Zustimmung aus des Seienden in Empfindung mit unsrer innerlichen Eigenthümlich keit . – / 10–13 sein . Es … sondern] Er : seyn so daß dies Zustimmen noch weiter bestimmt ist . Es kann z . b . ein Angenehmes schädlich seyn .

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gewiesen ; die Thiere leben mehr in ihrem Instinct , der aber auch nicht untrüglich ist – man vergiftet Mäuse und Fliegen etc . – Eine weitre Zustimmung ist noch in der Anmerkung zum § in den 3 letzten Zeilen : das Symbolische der Empfindung ; das Symbolische ist eine äußerliche Gestalt und die bedeutung derselben , eine gewisse bestimmtheit , die mit der äußerlichen Gestalt zusammenhängt ; Löwe Adler sind Symbole | der Stärke ; dies ist das Gemeinsame ; der Löwe ist der Gegenstand des Symbolischen . So ist es auch mit den Empfindungen , die etwas gemein schaftliches haben mit inneren Empfindungen . Symbolisch sind besonders d i e F a r b e n , weil sie das Gegenständliche das Seiende sind . Man spricht von heiteren fröhlichen , ernsten und feierlichen Farben ; zur Trauer wählt man die Farbe schwarz , das Unterschiedslose ; oder weiß das Symbol der Negativität , die in der Empfindung der Trauer liegt ; weiß ist auch Symbol der Unschuld ; es ist das einfache , das reine Roth

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§ 403 Anm .Wl

Thiere wissen das durch Instinct Aber bei Menschen ist ohnehin der Instinct etwas ganz untergeordnetes , 1–2 gewiesen ; die … etc . –] Er : mehr gewiesen als an die Empfi ndung . Auch der Instinct der Thiere ist nicht untrüglich . dies Angenehm seyn nun drückt eine ganz oberfl ächliche Zustimmung aus der äußerlichen Bestimmtheit zu unserer innerlichen . 2–7 Zustimmung ist … die] Wl : bestimmte Zustimmung : die bestimmte Vergleichung im Symbolisiren der Empfi ndungen , z . B . von Farben , Tönen , Gerüchen . Symbolisches . Im Symbol ist äußerliche Gestalt und Bedeutung , d . h . gewisse Eigenschaft , Bestimmtheit , allgemeiner Character der mit äußerlicher Gestalt zusammenhängt . – (Adler Symbol der Stärke .) So haben Empfindungen einen Character der 2–3 ist noch … Zeilen :] Er : kann auch noch angeführt werden , 4–8 das Symbolische … Empfindungen .] Er : d . h . daß eine äußere Gestalt vorhanden ist und damit eine Bedeutung d . h . ein allgemeiner Character zusammenhängt . Sinnliche , unmittelbare Empfi ndungen haben so in sich einen Character der gemeinschaftlich ist mit Neigungen und Empfi ndungen des Innern , und sind so symbolisch . 8 haben mit … besonders] Wl : hat mit innerlichen Empfindungen , Neigungen des Inneren und in sofern sind sie symbolisch . Das sind vornehmlich 9–10 das Gegenständliche … zur] ErWl : diese Gegenständlichkeit haben , seyende [sind , denn zum Symbolischen gehört daß es seyend sei und e i n e n Character habe mit davon Verschiednem . Zur] Wl : sind . Gerüche werden nicht leicht als symbolisch genommen , dagegen Farbe . Man spricht von heitren , ernsten Farben , – z . B . in] 10–663,6 die Farbe … es] Wl : gewöhnlich Farben , die symbolisch sind . Schwarz das unterschiedslose ; weiß das der Unschuld . Man hat gefühlt daß weiß einfach ist (nicht Newton) . Roth dagegen Königliche Farbe . – Warum eine Farbe Symbol sei einer inneren Empfindung ist schwer zu sagen da es ganz äußere Bestimmtheit ist , der Empfindung , das andre das Innre ist . – Weiß ist das Einfache ; das reine Licht auf eine äußerliche Weise als Pigment aller Vorstellungen , p auf sichtbare Weise des Lichts Unschuld , Reinheit ist auch ein in sich unentzweites Gemüthe . – / Rosenroth – Farbe der Heiterkeit , Liebe . Warum roth königlich ? Da muß man die Natur des Rothen kennen . – Roth ist 10–11 die Farbe … das] Er : bestimmte Farben , schwarz , weiß . dies Unterschiedslose gilt als 11–12 die in … Symbol] Er : so entspricht weiß 12 es ist … das] Er : das

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13 Thiere wissen … Instinct am linken Rande 31 daß] ds 32–33 da es … ist . – mit Verweiszeichen am rechten Rande 34 Lichts] folgt gestr : Symblisch vrhlten sich slche Bsttht ds Menschen sofrn er in 40 dise Bsth

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ist von je für die königliche Farbe gehalten . Das Weiß ist das Licht , so fern es sichtbar ist . Das Licht kann man nie sehn , man sieht nur leuchtende Gegenstände ; – rosenroth ist die Farbe der Heiterkeit der Liebe , das gehört in die Theorie der Farben . Newton sagt roth ist auch ein Nichtunterschiednes ; das weiß sagt er ist die schwierigste und reinste Farbe , weil alle darin gemischt sind , die wahre bestimmtheit des Roths ist daß es eine Durchdringung von beiden Weisen der Trübung ist ; die Farbe ist ein getrübtes ein dunkles ; darum ists ungereimt Dunkelheit für das Weiße zu halten , so daß Helligkeit daraus entsteht . Das Roth ist die Durchdringung der entgegengesetzten Trübung von blau und gelb ; ein Gleichgewicht dieser Trübungen ist zur Subjectivität gestellt , das ist das Roth , das Individuelle , Kräftige Starke der Farben ; darum ist es die Farbe des Hervorstechenden des Mächtigen . Da s b l a u a b e r i s t d i e F a r b e d e r S a n f t mut h ; das D u n k le l i e g t z u G r u nd e u n d e s s ch e i n t e i n He l l e s h i ne i n ; liegt das Helle zu Grunde und es kommt ein getrübtes dazu , durch das wir es sehn , so ist es gelb . Der Himmel ist blau – es ist Nacht , Lichtlos ; aber unsre Atmosphäre ist ein getrübtes Medium , und diese Trü-

1 ist von … ist] Er : war von je Königin der Farben . | Zum Symbolischseyn gehört daß etwas eine wesentliche Bestimmung hat was übereinkommt mit einer innerlichen Bestimmung . Symbolisch verhalten sie sich als eine und dieselbe Bestimmung in Unterschiednen enthalten ist . Warum eine Farbe z . b . Symbol sei von einer innerlichen Bestimmtheit ist nur schwer zu sagen , da es eine ganz äußere Bestimmung der Empfi ndung ist , das andre ist das ganz Innere . Weiß ist nur 2–6 Das Licht … es] Er : Bei Unschuld stellen wir uns nun auch ein unentzweites Gemüth vor . Was Purpur in sich sei , da kommt es auf die Theorie an , warum es nun die königliche Farbe ist , da muß man die Natur der Farbe kennen . Nach Newton ist es freilich nicht von den andren Farben unterschieden . Roth ist nun 6–9 Weisen der … gelb ;] Er : Trübungen (blau und gelb) Trübung ist ; … gelb ;] Wl : Trübung . – (Blau und gelb entgegengesetzt .) – (das weiße das Ungetrübte , wird durch die 7 Trübungen das dunkle fi nster . Ist das Helle in 7 Farben überwiegend ist’s hellgrau , wo das Dunkle überwiegt dunkelgrau . –) 9–664,3 dieser Trübungen … d i e ] Er : das dann zur Subjectivität , Individualität gesteigert ist , eben damit das Kräftige , Starke . Wegen dieser Natur ist das Roth das Hervorstechende . – Beim Blau scheint in das Finstere etwas Helles , umgekehrt ist Gelb die Trübung eines Hellen durch ein Finsteres . deswegen ist Blau das Sanfte , auch das Kalte weil das dunkle die Grundlage dies Substanzielle ist . – 9–11 dieser Trübungen … Farbe] Wl : beider Trübungen zur Individualität , Subjectivität gestellt . das Kräftige , das Starke , das Individuelle [unter Fa r b e n ] Hk : übertrieben] . – das ist die individuelle Natur dieser Farbe , darum Symbol 11–664,2 Da s b l a u … a u s m a c h t . ] Wl : Blau sanft , kalt . Blau hat dunklen , fi nstren Grund , wo Helle einscheint . Wo das Helle Grund ist , und dunkles durchsichtiges Medium trübt es , Gelb . – Blau ist der Himmel darum , er ist ganz Nacht . Athmosfäre leistet keinen Widerstand ; Nacht , lichtlos des Himmels wird durch erhelltes Medium der Athmosfäre blau . – /

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11–14 Da s b l a u … blau – durch zwei senkrechte Striche am linken Rande hervorgehoben ; daneben nachträglich auf dem Rande : B l a u : Farbe der Sanftmuth und Milde , der Ruhe und Leidenschaftslosigkeit , 40 daher auch der Kälte . / G e l b ist die Farbe der Lebhaftigkeit des Muthes , der Leidenschaftlichkeit der Wärme – / Blau stimmt sehnsüchtig , verlangend und darum unruhig / Gelb stimmt zu rascher Thätigkeit 23 Farben] Farben nicht 33 übertrieben über gestr . unter Farben

59Er den 3ten december .Er

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bung ist eine Erhellung , da wird das Dunkle blau ; d a r u m i s t bl au d a s k a lt e , we i l d a s D u n k l e , d a s S u b s t a n t ie l le d a d i e G r u n d l a g e a u s m a c ht . d i e Töne sind auch symbolisch . Es gibt einen Ton der Stimme , der rein ist ohne Melodie , aber doch heiter , die Empfindung ansprechend . Seine bestimmtheit erhält der Ton durch die Unterschiede der Töne , die ein gewisses Verhältniß zu einander haben . Harmonie und Disharmonie wodurch Melodie . Der Ton entsteht durch das Zittern eines Körpers er ist die bewegung des Cohärenten , des Physikalischen ; das Verhältniß der Zahl dieser Schwingungen macht den Unterschied der Töne aus . Die | Harmonie ist etwas unsren innren Empfindungen entsprechendes ; es gibt Successionen von Tönen die traurig und solche die heiter sind . Die Harmonie hält man meist für zu vornehm , als daß die Verhältnisse der Zahlen den objectiven Grund derselben ausmachen . Aber das ist nichts andres als wahr ; die Natur der Empfindung ist jene eben : ein Mannigfaltiges überhaupt in Form der Einfachheit zu reduciren , das Concrete als Einfachheit der bestimmtheit | zu haben . Empfinde ich etwas hart , so ist da zuerst das bewußtsein , welches etwas hartes unterscheidet . Die Empfindung als solche hat das Concrete in der Form der Einfachheit z . b . bei der Gesichtsempfindung : blau ist ganz einfach , eine einfache bestimmtheit ,

3–5 Es gibt … Ton] Wl : Ton der Stimme kann auch ohne Melodie heiter seyn , das Gemüth ansprechen . Er enthält auf andere Weise noch Bestimmtheit in sich , so 3–7 Stimme , der … bewegung] Er : für sich – ohne Melodie – heiter pp seyn kann . Er enthält auf andre Weise Bestimmtheit durch das Verhältniß der Töne , die Melodie , Harmonie . Das Objective dieses Verhältnisses sind die Zahlen . Der Ton , das Erzittern 5 der] Wl : des Tons , durch unterschiedne 5–7 zu einander … das] Wl : haben , wird Harmonie und disharmonie bestimmt . Das Objective dieser Verhältnisse der Töne sind die Zahlen . – Töne sind 7–9 er ist … Töne] Wl : Bewegung des Cohaerenten . Unterschiede des Zitterns durch Anzahl von Schwingungen in einer gewissen Zeit bestimmt . Zahlen dieser Schwingungen machen darum bestimmte Unterschiede dieser Töne , Harmonie und disharmonie des Physikalischen ; … aus .] Er : bestimmt sich nach der Zahl der Schwingungen . 9–11 etwas unsren … der] Wl : symbolisch , unsrem Innern entsprechend . Es fällt besonders bei Tönen auf , daß Harmonie , Melodie Zahlenverhältnisse zum objectiven Grund haben . Man hält gleichsam Harmonie der Töne für zu geistig als daß lumpige 9–10 etwas unsren … sind .] Er : nun etwas Symbolisches , unserer Empfi ndung entsprechendes . 11–12 die Verhältnisse … wahr ;] Er : Zahlen den objectiven Grund davon ausmachen sollen . 12 Aber das … die] Wl : Hier müssen wir uns daran erinnern , was 13 ist jene eben :] Wl : ist : 13–16 jene eben : … z . b .] Er : das Mannigfaltige , Concrete als einfache Bestimmtheit zu haben . die Empfi ndung , die Form der Einfachheit , reducirt das was ein in | sich Concretes in eine einfache Bestimmtheit , so ist es schon 13 der Einfachheit] Wl : des Einfachen 14 das] Wl : oder das Einfachheit der] Wl : einfache 14–17 Empfinde ich … eine] Wl : Empfindung ist die Form dieser Einfachheit , – hat das concrete in dieser Form . Das war schon bei Gesichtsempfindungen der Fall . Blau ist ein Verhältniß , – so einfach es erscheint . diese ganz 17 ist ganz … eine] Er : z . b . ist eine ganz 18 auch ohne Melodie mit Einfügungszeichen über der Zeile und am rechten Rande rechten Rande

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21 Harmonie . am 40

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ein räumliches Verhältniß von Hellem und Dunklem , und ein trübes (hier ein helles) Medium , durch die wir die Finsterniß sehn . dies Verhältniß dies beides ist , was wir empfinden , wir reduciren es in die Form der Einfachheit . Ebenso bei den Tönen . Das Grüne steht dem roth gegen über ; es ist eine einfache Mischung von blau und gelb (Newton hält absurd das Grün für eine einfache Farbe) blaues und gelbes Pulver ganz mechanisch untereinander gemischt sieht grün aus ; da sieht man gleich die Weise des Empfindens welche das Unterschiedne in eines zusammenfaßt ; denn durch ein Vergrößerungsglas sieht man die Theile trotz der Mischung gesondert . So mit den Tönen : sie haben ein bestimmtes Zahlenverhältniß ; die einzelnen Töne verbunden geben die Harmonie ; die Terz , die Quinte sind besonderheiten ; aber was wir hören ist einfach . dies Vereinfachen muß man besonders bedenken , in so fern man die Empfindung vergleicht mit der Weise eines und desselben Inhalts , wie er objectiv ein Verhältniß ist .

1 ein räumliches] Er : und ist doch ein

ein1] Wl : b l a u ist dieß : ein

1–8 Hellem und … geson-

15 dert .] Er : Hell und dunkel , – in der Empfi ndung ist es in Form der Einfachheit reducirt , es ist da

nur Verbindung . 1–2 Hellem und … Finsterniß] Wl : Hell und dunkel , daß dunkle Grundlage ausmacht , und ein helles Medium ist , wodurch wir dieß Schwarz , Finstre 2 dies beides ist ,] Wl : ist’s , 3–9 wir reduciren … mit] Wl : Aber in Empfindung wird dieß in Form der Einfachheit reduzirt in b l a u . – Roth durchdringt das Gleichgewicht Grün einfache Mischung von blau und gelb . 9–11 sie haben … einfach .] Er : bestimmte Töne haben ein Zahlenverhältniß 20 – das ist ebenso bei und wenn dies von bestimmter Art ist , so hören wir es als ein ganz einfaches . 9 sie haben ein] Wl : Mehrere Töne zusammen haben 9–11 die einzelnen … einfach .] Wl : Sind diese Zahlenverhältnisse einfacher Natur 2 .3 so ist das den Ohren harmonisch . – die 3te , 4te , 5te sind einfache Zusammenstimmungen , obgleich der Sache nach ein Verhältniß von Zahlen einer bestimmten Anzahl von 11–666,1 besonders bedenken , … E m p f i n d u n g e n .] Er : 25 Schwingungen in einer gewissen Zeit . – vor sich haben wenn wir vergleichen den Inhalt des Empfundenen wie er sich verhält zu demselben Inhalt in seinem objectiven Verhältniß . / Das Andre ist die innere Empfi ndung . bedenken , in … E m p f i n d u n g e n .] Wl : vor sich haben , sofern man den Inhalt vergleicht des Empfundenen , als Empfindung , wie er sich verhält zu demselben Inhalt in seinem objectiven Verhältniß . – / 30 3 .) I n n r e E m p f i n d u n g . – Äußere Empfindung war , daß die unmittelbare Bestimmtheit in Leiblichkeit e r i n n e r t w i r d . 1 Dunklem] Dukles 19 Roth durchdringt … gelb . am linken Rande über der Zeile mit Einfügungszeichen

29 sich verhält … seinem

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nachschrift stolzenberg · 1827/28 I I Di e i n ne r l i c h e n E m pf i n d u n g e n .

die Empfindung enthält überhaupt das Moment der Unmittelbarkeit , Leiblichkeit ; darum muß auch die innre Empfindung verleiblicht werden . diese Verleiblichung bei der innren Empfindung ist ein wichtiger Umstand . (Anmerkung von der psychischen Physiologie) Über den Kreis der innren Empfindung ist dies zu bemerken . Wir haben Empfindung von Recht , Unrecht , Rache , Liebe etc ; das macht die I n h a l t e dieser Empfindungen aus ; spricht man von innrer Empfindung , so kann man verlangen daß man ein System von diesem Inhalt aufstellt . Der Inhalt der innren Empfindung aber kommt vom Geist her ; das Recht , die Religion , Sittlichkeit , Liebe ist im Geist , ist ein Product des Geistes . Neid , Haß Rache kommt von Vorstellungen her , die ich mir von den Verhältnissen eines Individuums mache . Das System des Inhalts der Empfindungen ist ein System des Geistigen . bei den Neigungen werden wir dasselbe wiederholen . Diesen Inhalt lassen wir noch auf der Seite liegen . Aber dieser Inhalt muß , um empfundener zu sein , verleiblicht werden .

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2 überhaupt] Er : wesentlich 2–3 Unmittelbarkeit , Leiblichkeit ; … Empfindung] Er : Natürlichkeit , die innerliche Empfi ndung muß so Leiblichkeit ; darum … werden .] Wl : Natürlichkeit , Leiblichkeit . Inneres muß ve r l e i b l i c h t werden zu i n n r e r E m p f i n d u n g . 3–6 diese Verleiblichung … bemerken .] Er : dies Verleiblichen ist nun zu beachten . Es ist in der Anmerkung von einer psychischen Physiologie die Rede welche die Form des Verleiblichen wodurch es erst Empfi ndung wird nachweise . 4–5 Umstand . (Anmerkung … Über] Wl : Umstand , ein Umstand der bei alle dem , was wir Empfindung heißen , zum Vorschein kommt ; – Es ist in Anmerkung von einer psychischen Fisiologie die Rede , die betrachtet 5–6 Empfindung ist … bemerken .] Wl : Empfindung , und die Form der Verleiblichung der innren Empfindung , wodurch sie erst solche wird , nachweise . da ist 1 .) Über Kreis der innren Empfindung . 6 Recht , Unrecht , … etc ;] Wl : Recht p Liebe . Recht , Unrecht , Rache ,] Er : Haß , 6–8 das macht … aufstellt .] Er : diese Bestimmtheiten machen den Inhalt . Man könnte nun das System der innern Empfi ndungen verlangen . 7–8 die I n h a l t e … Der] Wl : Inhalt der inneren Empfindung . Die Empfindungen müssen ihrem Inhalt nach durchgegangen werden , und man könnte ein System der innren Empfindung verlangen . Aber der 9 aber kommt] Wl : kommt 9–11 das Recht , … mache .] Er : Recht , Sittlichkeit , Liebe ist ein Geistiges . Neid Haß , kommt von der Vorstellung her . 9 das Recht , die] Wl : Recht hat Sitz nur im Geist , wie auch 10 ist im … Geistes .] Wl : nur Sitz im Geist . der 11 den Verhältnissen … Individuums] Wl : einem Individuum 12 Empfindungen] Wl : inneren Empfindung 12–14 bei den … Seite] Wl : Im weitren Verfolg wird dieselbe Bemerkung bei Neigungen wiederholt werden . | Gefühl des Rechts p ist seinem Inhalte nach im Recht , in Lehre vom Recht zu betrachten . wie der Inhalt wahrhaft ist , ist zu betrachten beim objectiven Geist System des Inhalts ist also System des Geistigen überhaupt . Das lassen wir hier zunächst 12–13 bei den … wiederholen .] Er : Im weiteren Verfolg wird sich dasselbe bei den Neigungen zeigen , wie der Inhalt wahrhaft ist ist zu betrachten beim objectiven Geist . 14 Aber] Wl : Das andere ist , daß

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13 wiederholen .] folgt gestr : d Gfühl d . Rchts etc ist in sofrn s . Ihalt whr ist , in 28 ein System … Aber am linken Rande mit Einfügungszeichen 34–35 wie der … Geist am rechten Rande mit Verweis- 40 zeichen ; folgt im Text gestr : Inhlt ist Obj .

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In der Empfindung haben wir noch unge theilt die Unmittelbarkeit der Seele ; eine Psychologie würde also das System der Verleiblichung der innren bestimmtheiten sein , wodurch sie Empfindungen sind . | Solches Verleiblichen der Empfindung kommt z . b . im Zorn , Schaam etc . vor ; ebenso im Lachen und Weinen . Von diesem unmittelbaren Verleiblichen ist eine andre Weise der Verleiblichung zu unterscheiden z . b . Gebärde ist auch eine Verleiblichung der Empfindung ; ebenso die Miene ; die den Übergang macht von dieser unmittelbaren Verleiblichung von der hier die Rede ist , zur Gebärde . (der beginn einer Thätigkeit) die Verleiblichung von der wir hier reden ist die ganz unmittelbare physiologische ; sie ist ein bewußtloses , Unwillkührliches ; sie hat in dieser Unfreiwilligkeit : in den Eingeweiden im lymphatischen System ihren Sitz . Die Extremitäten sind nach außen gerichtet , sind die Werkzeuge der Thätigkeiten ; aber diese Verleiblichung ist in den innren Organen ; und da müßte die psychologische Physiologie angeben : wie die Empfindungen mit diesen zusammenhängen . Der Zorn ist der Ausbruch meines Selbstgefühls gegen die Verletzung ; der Neid ist auch bewußtsein , einer vorgestellten Verletzung , einer eingebildeten , es ist bloß Wunsch , Verlangen . Den Muth verlegen wir in die brust ;

1–2 haben wir … Psychologie] Wl : ist noch Unmittelbarkeit , Leiblichkeit . Sofern etwas empfunden wird , ist es leibliche Weise . – Eine psychische Fisiologie 1–4 ungetheilt die … im 2 ] Er : die Unmittelbare Leiblichkeit , in sofern so etwas nur emp|funden wird muß es verleiblicht werden . Eine psychische Physiologie wäre so nun das System der Verleiblichung dieses innern Inhalts . Solche Verleiblichung kommt nun vor : Zorn , Schaam , 3 Solches] Wl : Hier kann denn also nur Einiges angeführt werden . – / Solches 5–8 ist eine … Thätigkeit)] Er : sind andre Weisen zu unterscheiden , Gebehrde , Miene sind auch solche Verleiblichung der innren Empfi ndung . Gebehrde ist ein Zeichen das den Beginn einer Thätigkeit ausdrückt . 6 ebenso] Wl : und 7 Miene ; die] Wl : Miene , die zu Gebährden schon gerechnet wird , oder , da sie 7–10 dieser unmittelbaren … Eingeweiden] Wl : unmittelbarer Verleiblichung zur Gebährde , die ein Zeichen ist , das den Beginn einer Thätigkeit ausdrückt , die mit Bewußtsein p vermischt ist . – Die unmittelbare Verleiblichung aber ist hier . Die Fisiologie kann da nicht große Fortschritte machen . Diese Verleiblichung ist ein bewußtloses Unwillkührliches ; ist nicht ein Thätiges (Thätigkeit tritt mehr in Gebährde) sie hat in ihrer Bewußtlosigkeit ihren Sitz . – Sie hat vornehmlich in dem , was Eingeweide genannt werden kann und 8–9 von der … physiologische ;] Er : die wir hier haben ist die ganz unmittelbare ; – 10 in dieser … Eingeweiden] Er : so vornehmlich in dem was Eingeweide genannt werden kann und 11 ihren] Er : seinen 11–14 Die Extremitäten … zusammenhängen .] ErWl : Früher ist [der Unterschied des animalischen und organischen Lebens angegeben .] Wl : diese Unterscheidung angegeben bei animalischem und organischem Leben . Sinneswerkzeuge nach außen gerichtet . Unmittelbare Verleiblichung ist im organischen Leben .] Hier hätte nun die Psychische Physiologie anzugeben die psychische Bedeutung der Organe z . B . der Leber . 15–668,1 der Neid … Herz .] Er : Neid ist der Wunsch daß das Hervorragende herabgesetzt werde , (die Nemesis) bewußtsein , einer … Schaam] Wl : Bewußtsein einer Verletzung , aber mehr einer vorgestellten , daß ein anderer Vorzüge hat . – Neid , νεμεσις der Alten , der Wille , daß das Hohe , Hervorragende herabgesetzt werde . – Bei Muth , – Zorn 35 und organischem mit Verweiszeichen am rechten Rande

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der Mensch hat Herz . beim Zorn und bei der Schaam wird der Mensch roth . Das Herz ist das Centrum der Irritabilität und das ist das Gehen nach Außen die Richtung auf die Außenwelt ; Zorn Muth ist aus dem Herzen hervorgehend , in welchem sich diese bestimmtheiten verleiblichen . Die Galle ist das innre Feuer der Zorn des Organismus gegen die Speise , der sich daraus nährt : das ist der physiologische Zorn , der mit der Ergießung der Galle verbunden ist und mit dem Hervortreten der Röthe bis auf die brust ; die Schaam ist auch solch ein Unwille über sich , so zu erscheinen in der Vorstellung andrer ; man wird oft schaam roth über einen falschen Verdacht ; das ist nichts als ein Unwille . Dagegen die Angst ist das Zurücktreten des bluts in die Extremitäten ; man schwitzt aber kalt und wird bleich und zittert ; vor Angst sind manchen Menschen die Haare grau geworden in einer Nacht , da sind die Lebenssäfte aus dem Haar zurück getreten . (Maria Antoinette von Frankreich) Die Haare richten sich auch in die Höhe , was ich aber noch nie gesehen . Über das We i ne n und L a che n weiß die Physiologie auch nicht viel zu sagen . beiden liegt die Empfindung eines Widerspruchs zu Grunde eine Verletzung des Lebensgefühls : man

den 4ten December .Er

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1 und bei … wird ] Er : wird roth . Das] ErWl : roth , denn die Brust , das 2–4 und das … verleiblichen .] ErWl : [und ] Wl : (wie Gehirn Centrum der Sensibilität) . –] diese ist eben das Getriebenseyn nach Außen , Richtung nach Außen , – da ist nun bei Zorn , Muth besonders das [ Herz , das Blut , was in Bewegung gebracht wird] Wl : Herz das das Blut in Bewegung bringt ,] worin sich diese innerlichen Empfi ndungen verleiblichen . 4–9 Die Galle … das] Wl : Zorn verleiblicht sich im Blut , das ins Gesicht steigt . – Galle ist fysiologischer Zorn , der aus der Leber sich ergießt , und Vertreiben des Bluts in Extremitäten . Schaam ist auch Hervortreten des Bluts in Gesicht und Brust ; – auch ein Beginn des Zorns im Unwillen über sich . Man schämt sich über Handlungen , über auch ganz falschen Verdacht . Unwillen in solchem Licht vor anderen zu erscheinen . Hingegen mit Angst ist verbunden 4–6 Die Galle … der1] Er : Zorn ist 6–9 ist und … ist 2 ] Er : und mit Hervortreten des Bluts in die Extremitäten . Schaam ist auch ein Zorn , – Unwillen über das Erscheinen in einer gewissen Art . Mit der Angst hingegen ist verbunden 9–13 in die … Über] Er : aus den Extremitäten . Schreck hat die Haare grau gemacht . Das Emporsträuben der Haare gehört auch hierher – dann 9–10 in die … Angst] Wl : aus Extremitäten , schwitzt kalt , Zähneklappern (Symptome des Frosts Fiebers) . Vor Angst , Schreck 11–13 geworden in … gesehen .] Wl : worden . Zurückziehen des Lebens aus Extremitäten . Das geschah z . B . Marie Antoinette . Emporsträuben der Haare beim Schreck , Verwundern p das sind besondre Weisen der Verleiblichung der innren Bestimmtheiten . 14 weiß] Er : worüber auch nicht viel] Wl : noch nichts sagen . beiden liegt] Er : sagen weiß . Es sind Äußerungen , denen beiden 15–669,6 Grunde eine … ist] Er : grunde liegt . Beim Weinen ist mein Selbst , Lebensgefühl verletzt ich empfi nde seine Negativität – das ist der Widerspruch . / | Verlust einer zu meiner Totalität gehörigen Person pp da sagt man mit Recht daß Thränen erleichtern , es ist eine Krisis wo die innere Bestimmtheit zur Empfi ndung wird und sich bis zu Thränen äußert . der Zusammenhang ist schwer anzugeben . Thränen sind 15–669,3 Grunde eine … Menschen] Wl : Grunde : Mein Lebensgefühl ist verletzt , ich empfi nde Negativität meiner Lebendigkeit , also Widerspruch , – Unglück p und weine . | Beim inneren Schmerz , Verlust von Personen , die zu meiner Totalität , meinem Selbstgefühl gehören , ist dem Menschen die Thräne von Natur 11 da] ds

17–20 diese ist … verleiblichen . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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empfindet die Negativität seiner Lebendigkeit im äußerlichen Schmerz ; dann aber auch im inneren Seelenschmerz über den Tod des Menschen , die zu einer Totalität zu einem Selbstgefühl gehören . Die Thränen sind dem Menschen zur Erleichterung | gegeben ; es ist eine kritische Äußrung der Empfindung , der physiologische Zusammenhang daß sich der Schmerz äußert im Auge , das voll Wasser wird , das ist schwer anzugeben . Man vergießt Thränen , das ist die eine Weise der Erscheinung ; es setzt sich dabei auch mehr Schleim in der Nase ab ; Menschen die gerührt werden wollen schneuzen oft , das ist ein beginn des Weinens . Zu dem System der Eingeweide , wodurch die Empfindungen kommen , gehört auch das Drüsen system in der Nase ; da ist der Zusammenhang im Allgemeinen zu suchen ; genau läßt er sich nicht angeben . Es ist mit dem Schmerz auch die bedrängung der brust verbunden , die wieder erleichtert wird durch den Fluß der Thränen ; ist der Schmerz inwendig concentrirt , daß er nicht zu Thränen kommen kann , so ist er noch stärker ; es können daraus heftige Krankheiten , und Tod erfolgen . Die Alten haben daher bei den Leichen Klage weiber angestellt , um den Leidtragenden diesen Schmerz äußerlich vorzustellen . In neuren Zeiten ist das Condoliren nicht mehr so äußerlich . Wir weinen den Leuten nichts vor ; indeß sprechen wir von dem Verlust und das bringt den Schmerz vor die Vorstellung und dadurch wird er schon erleichtert ; ebenso wenn einer Gedichte über

20 20 4 es ist eine] Wl : Eine Krisis , wodurch die innerliche Bestimmtheit des Widerspruchs leiblich wird ,

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Empfindung wird , bis zur Thräne fortgeht , – 4–6 der Empfindung , … eine] Wl : des fi siologischen Zusammenhangs , daß innrer Schmerz sich äußert mit Ergießen des Wassers , – ist schwer aufzufi nden . Es ist die Thräne die eine (nicht vollständige) 7 setzt sich … mehr] Wl : sondert sich setzt sich … auch] Er : sondert sich 7–9 ab ; Menschen … kommen ,] Er : ab der Schmerz wird da gleichsam zu Wasser . – diese Verleiblichung findet besonders in den Eingeweiden und zu diesen 7–8 ab ; Menschen … Weinens .] Wl : ab , und man schnaupt sich oft ohne gerade zu weinen beginnt zu weinen . – 9 Eingeweide , wodurch … kommen ,] Wl : Eingeweide 9–13 Drüsen system … Thränen ;] ErWl : [drüsensystem , da ist der Zusammenhang .] Wl : drüsensystem , das mit Nase und den Organen , die zum Thränenkanal die Thränen führen , in Zusammenhang sind .] die Thränen erleichtern , [indem die Empfi ndung diese Äußerlichkeit gewinnt , hört die Oppression der Brust auf .] Wl : es ist Krisis , es ist ein heraus , Empfindung gewinnt Äußerlichkeit und die Brust ist erleichtert , die beim Schmerz beengt wurde .] 14 zu Thränen … so] Wl : zur Thräne kommt , 14– 670,2 es können … erzählt[ .]] Er : kann Krankheiten , Tod hervorbringen , durch die Thränen ist der Schmerz heraus . damit hängen die Klageweiber der Alten zusammen , das Condoliren ist eine große Beschwerde gewesen , aber diese Wiederholung des Verlusts hat ihn so oft vor die äußerliche Vorstellung gebracht und schon dies ist eine Erleichterung . das Aussprechen des Schmerzes , daß man z . b . es im Gedicht ausspricht , ist eine Erleichterung . – 14–15 daraus heftige … und ] Wl : sonst gefährliche Symptome , Krankheit , 15–16 Die Alten … angestellt ,] Wl : Es hängt damit zusammen , daß die Alten bei Leichen Klage-weiber hatten , 16–19 vorzustellen . In … einer] Wl : vorzustellen , ein Bild des Schmerzes zu geben . – So auch das Condoliren . / Diese beständige Wiederholung , von Verlust zu sprechen , hat Innerlichkeit des Schmerzes vor Vorstellung gebracht , und das ist selbst schon Verleiblichung , Erleichterung , hat auch Thränen erregt und also mehr noch erleichtert . – So

27r Sg

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seinen Schmerz machen kann , so hat das mit dem Schmerz nicht mehr so viel zu sagen . So hat Göthe es immer gemacht , wie er in seinem Leben erzählt[ .] Das L a che n ist das Andre zum Weinen , das hat auch viele Gradationen vom rohen Lachen bis zum Lächeln mit einer Thräne im Auge . Das Lachen kann auch bis zu Thränen gehen ; es ist ein Ausdruck der Freude . Wie beim Schmerz die brust bewegt ist , so wird beim Lachen gerade die Luft ausgestoßen . Das Lachen wird auch veranlaßt durch einen Widerspruch ; eine Handlung die unmittelbar das Gegentheil von dem hervorbringt das sie beabsichtigt ist lächerlich ; aber der Widerspruch muß nicht innerlich interessiren , sonst macht er Schmerz – das Lachen ist mehr äußerlich ; es ist eine Sprache , aber die nicht zum artikuliren kommt , sondern sich das Articuliren selbst verdirbt . Der physiologische Anfang des Lachens | läßt sich nicht genau angeben ; so das Sich räuspern und das Kratzen hinterm Ohr , wenn man verlegen ist ; es kann sein , daß es einen da in der That beißt , dem man durch Kratzen abhelfen will . – Das sind also die Momente die bei der Empfindung in betracht kommen . |

1–2 seinen Schmerz … erzählt[ .]] Wl : Schmerz zu machen ist Erleichterung . – Göthe z . B . hat in Verlegenheiten des Lebens , im Kummer , sich einen Roman , Gedicht daraus zu machen , sich äußerlich vorzustellen und vom Herzen wegzubringen gesucht . 3 zum Weinen , … viele] Wl : vom Weinen . Characteristischer noch als Weinen . Viele 4 Auge .] ErWl : Auge , – [und der] Wl : in Fadheit und Frechheit und Schönheit kann sich das zeigen . –] Unterschied des Gemüths [zeigt sich in] Wl : überhaupt zeigt sich auch bei] diesen Modificationen . 5–6 gehen ; es … ausgestoßen .] Er : gehen , so wie man oft bei Freude weint . Wie man bei Weinen Luft gewinnen will , so ists beim Lachen das Umgekehrte . Wl : fortgehen , wie man bei großer Freude auch bis zur Thräne gerührt werden kann . Wie beim Schmerz die Brust beengt ist , und Luft zu gewinnen sucht , – so läßt Lachen Luft aus , stößt sie aus . 6 wird 2 ] Er : ist 7 einen] Er : den eine Handlung] Wl : In Verhältnissen , Vorstellungen ereignet sich etwas , wodurch sich Sache unmittelbar auflöst , Handlungen , 8 beabsichtigt ist] Wl : beabsichtigen , – sind aber der Widerspruch] Er : der Gegenstand der dabei ist Wl : Thoren z . B . bei Aristofanes haben große Absichten mit Staat und bringen Gegentheil hervor . Gegenstand der beim Lachen berührt wird , 9 interessiren , sonst … Schmerz –] Wl : interessiren . mehr äußerlich bloß in Vorstellung liegen . sonst macht … Schmerz –] Er : muß mehr äußerlich seyn . 10–11 äußerlich ; es … sondern] Wl : äußerlich als Schmerz , hängt mit Sprache zusammen , nicht articulirt , ein Schall , der 10 äußerlich ; es … die] Er : äußerlich als das Weinen ; es hängt mit der Sprache zusammen , ist ein Schallen das 11 sondern sich … Articuliren] Er : es sich 11–671,1 Der physiologische … gesehen ,] Er : die physiologische Unter su|chung ist nicht leicht , so wie auch beim Aechzen , Stöhnen und dergleichen . / dies ist also die Verleiblichung der inneren Bestimmtheit welche aber um Empfi ndung zu seyn , leiblich sich setzen muß . Bloße Leiblichkeit ist nicht Empfi ndung , muß sich erinnern und umgekehrt das bloß Innerliche sich verleiblichen . / Wir haben das Empfi nden betrachtet . der Empfi ndungen 12 läßt sich … so] Wl : | ist nicht so genau zu sagen ; 12–14 und das … will . –] Wl : ist zum Theil freiwillig , zum Theil nicht freiwillig . – / daß also innre Bestimmtheit Empfindung sei , muß so sich leiblich setzen . / 10–11 es ist … verdirbt .] nachträglich mit Bleistift unterstrichen .

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der Empfindungen , haben wir gesehen , sind vielerlei . Der Hauptunterschied ist : das ä u ß e r l i c h e und das i n n r e E m pf i n d e n . Die Empfindungen als solche sind eigentlich vorüber gehende bestimmungen , Veränderungen im unmittelbaren Sein aber auch gesetzt im Für sich sein der Seele . Aber die empfindende Seele ist wesentlich in s i c h r e f le c t i r t e To t a l it ä t . Und in dieser bestimmung :

2 . d i e S e ele a l s To t a l it ä t d e r E m pf i n d u n g : d i e Tr ä u m e n d e S e e l e

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27v Sg ; § 402 Sg

die Seele 1 . , Die natürliche 2 . die träumende 3 . die wirklich empfindende Sg

haben wir die Seele nun zu betrachten . Also die empfindende Seele das subject als empfindend – das Ziel ist : daß sie sich in besitz nimmt , ihrer selbst mächtig wird . Als empfindend ist die Seele zwar Totalität , aber ist noch nicht ihrer mächtig , noch nicht für sich . Sie geht auf das bewußtsein erst los ; ist noch eine leibnitzi-

1 der Empfindungen , … gesehen ,] Wl : Äußerliche Empfindung als solche , Empfindung die bei Äußerlichem anfängt und innerlich wird , innre Bestimmtheit die sich verleiblicht , innre Empfindung . – / Ue b e r g a n g z u m we i t r e n F o r t g e h e n : Wir haben das Empfinden überhaupt betrachtet . der Empfindungen 1–2 Der Hauptunterschied … E m p f i n d e n .] Er : Das Empfi nden ist ein Einzelnes . Wl : Hauptunterschiede hatten wir in äußre und innre . Jede von diesen hat viele Arten . 3–9 eigentlich vorüber … sie] Er : 1zeln , vorübergehend , sind Veränderungen der Unmittelbarkeit pp das Weitre ist daß die Seele ist empfi ndende Totalität , die Seele ist Subject des Empfi ndens , empfi ndende Totalität , Totalität des Empfi ndens . dies ist die träumende Seele , die Seele in ihr Empfi nden eingeschränkt aber dies Empfinden ist ihr Ganzes . – Zunächst ist zu bemerken der weitre Fortgang , das Ziel . dies ist daß die empfi ndende Totalität 3 eigentlich] Wl : zunächst e i n z e l n , 3–4 im unmittelbaren … im] Wl : in ihrer Substantialität gesetzt in dem mit derselben identischen 4–7 empfindende Seele … S e e l e ] Wl : Wahrheit des Einzelnen und Vorübergehenden ist das Allgemeine ; diese Verschiedenheit der Empfi ndung nimmt sich zusammen zur Totalität , ist Subject der Seele ; die empfindende Seele ist in sich reflectirte Totalität des Empfi ndens , – Empfi nden der totalen S u b s t a n t i a l i t ä t , die sie an sich ist . – So als Totalität des Empfindens 8–9 Also die … das] Wl : Das ist die t r ä u m e n d e S e e l e genannt : Seele in Empfindung eingeschränkt , aber das Empfinden ist ihr Ganzes . – / 1 .) Subject des Empfindens , Totalität des Empfindens , – einfache Idealität , Subjectivität des Empfindens . / 2 .) 9 sie] Wl : das Individuum als diese empfindende Subjectivität sich s e t z t , 10 wird . Als … zwar] Wl : wird , die Macht ihrer selbst für sich wird . – / Als Empfinden ist’s aber ist … mächtig ,] Er : ist aber noch zufällige Totalität , 10–672,4 mächtig , noch … unfreie ,] Wl : mächtig . Eine zufällige Totalität . Empfindende Totalität ist noch nicht für sich . – / Standpunct / Empfindende Totalität , das Ganze was ich bin ; leibliche Monade , – wo sich in mich dieß und jenes setzt , ich noch identisch bin mit diesen meinen Bestimmungen . – die Seele ist Spielball dieser Verändrungen – ; in ihr entwickeln sich diese Verändrungen nach Vorstellung der Monade , oder nach der Stellung , daß von außen dieses oder jenes darin gesetzt wird . / 11–672,1 Sie geht … nur] Er : der Standpunkt dem die empfi ndende Totalität zugeht ist das Bewußtseyn . – die Seele ist nur noch

35 28–29 einfache Idealität ,

… Empfindens . mit Einfügungszeichen über der Zeile und am rechten Rande

§ 402 .Wl

b . Die träumende Seele § 403 .Er

§ 403 .Wl

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sche Monade , eine Moluske , das Weiche , Aufgelöste in Empfindungen , nur der Spielball ihrer Veränderungen ; diese Veränderungen können sich in ihr entwickeln (auf dem Standpunkt der Monade) oder sie werden von außen in mich hineingesetzt ; kurz sie ist eine unfreie , zufällige Erfüllung . Aber von dieser Erfüllung soll sie frei werden , d . h . so daß sie erfüllt bleibt aber daß das Ich die Herrschaft darüber hat . Das Subject soll sich in der Totalität seiner Empfindungen in besitz nehmen ; daß es weiß , daß etwas in ihm ist , dadurch hat es sich noch nicht in besitz ; z . b . Kranke reden oft Sprachen , die sie gar nicht verstehen : so jener bauerknabe , der in seinem Alter hat lateinisch gesprochen , was er von des Pfarrers Sohn früher bloß gehört . Das Alles ist im Menschen , aber er weiß es nicht kann es sich nicht zur Vorstellung bringen . So erinnert man sich in Krankheitszuständen Dinge , die einem sonst gar nicht präsent sind aus früher Kindheit . Daß nun die Seele zu dieser | Macht über sich kommt , darum fängt sie an sich zu unterscheiden , sich zu differenziren sein Ich als das , was Ich bin , zu bestimmen ; denn das Ich ist das Ziel . Wenn wir sagen

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2–4 ihrer Veränderungen ; … unfreie ,] Er : der Veränderungen in ihr wie der Monade entwickeln sie sich , oder man mag sie als von außen kommend nehmen , kurz ich bin eine 4–6 Aber von … Empfindungen] Er : daß das Subject rein einfach für sich wird , unterschieden von der Erfüllung , die Herrschaft darüber , – das ist das Ziel , daß das Subject den Reichthum seiner Totalität 4–5 Aber von … bleibt] Wl : Um Freiheit ist es zu thun , daß dieß empfindende Subject frei wird , unterschieden von seiner Erfüllung . Es bleibt empfindend 6 soll] Wl : muß seiner Empfindungen] Wl : seines Empfindens 6–10 nehmen ; daß … zur] Er : nimmt . daß wir etwas sind , etwas in uns ist dadurch ist es noch nicht in unserm Besitz z . b . in Krankheiten weiß der Mensch fremde Sprachen zu sprechen pp die er längst vergessen . daß wir dessen mächtig sind müssen wir es aus diesem Schacht der wir sind , vor unser Bewußtseyn , unsre 6–8 daß es … oft] Wl : In Anmerkung davon die Rede : was ich bin und was ich in Besitz nehme . – In Krankheiten spricht ein Mensch fremde 8–9 sie gar … gehört .] Wl : er im gesunden Zustand nicht weiß ; und Dinge erzählen kann , wovon er im gesunden Bewußtsein gar nichts weiß . Sprache lernte er jung , hatte sie ganz vergessen . – Man weiß Umstände aus Kindheit . 10 im Menschen , … nicht 2 ] Wl : in uns , aber wir sind dessen nicht mächtig . Dazu müssen wir’s aus diesem innren Schacht , der wir sind , vor unser Bewußtsein , durch unsren Willen vor uns 11–12 So erinnert … Kindheit .] ErWl : [der Mensch ist] Wl : So Individuum Subject als] empfi ndende Totalität aber noch nicht die Macht [darüber .] Wl : über diese Totalität .] 12–13 über sich … darum] Er : komme dazu 13 darum fängt] Wl : fängt 13–14 unterscheiden , sich … bin ,] Er : differenziren , sich 13 unterscheiden ,] Wl : bestimmen , zu unterscheiden , 13–673,3 differenziren sein … die] Wl : differenziren . Ich , das was ich bin . | Ich , jedes Individuum ist eine Welt von Bestimmtheiten , über deren Einheit wir Macht haben ; und wenn wir’s vergessen Macht nicht haben . / 2e r lei 1 .) wir Substanzialität . 2 .) wir die mächtig über uns . / Ziel ist diese Macht , Freiheit über uns : Ist also ein Verhältniß eine Theilung darin enthalten und Fortgang dieser Totalität ist Weg dieses Theilens , dieser 14–673,3 sagen wir … Persönlichkeit .] Er : etwas vergessen haben , so sind wir zweierlei , das Eine was wir an uns sind , und das andre das Bewußtseyn diese Macht über uns . Es ist so eine Theilung vorhanden , und der Fortgang der Totalität ist eben dies sich theilen . die empfi ndende Totalität ist zunächst nur Eine . 40–41 die empfi ndende … Eine . am linken Rande

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wir haben etwas vergessen , so heißt das nicht wir haben es nicht in uns , sondern nur die Macht nicht darüber . Der Fortgang von dieser empfindenden Totalität ist nun der Weg der Theilung , die Verdoppelung der Persönlichkeit . Wir kommen also in das Feld der Ve r d o pp e lu n g d e r Pe r s ön l i c h k e i t , und der an sich seienden Person . die Seele ist an sich die Totalität der Natur ; als individuell ist sie Monade , ist ausschließend , den Unterschied in sich setzend . Was sie in sich unterscheidet ist das Ur theil | ihrer selbst über sich selbst ; sie ist Subject , und ihr Object ist ihre Substanz , das ist der individuelle Inhalt der Seele . – Also die Seele ist hier sich bestimmend , sich von sich selbst in sich unterscheidend . dies Kapitel der Anthropologie ist das schwerste , weil es hier sehr dunkel ist . Die Stufen der bestimmung haben wir nun zuerst ganz in ihrer unmittelbaren bedeutung zu betrachten ; aber dann können sie zugleich auch Zustände sein des besonnenen freien Geistes , so fern sie Zustände des besonnenen bewußten Geistes sind , sind es Krankheiten deren wir 2 haben :

Anmerkung (§ 404) Sg 28r Sg

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… der 1] Wl : Empfindende Totalität ist nur eine , sie bestimmt sich in 4–5 und der … Person .] Wl : der an sich seienden Person und des mächtig werdenden , freien Subjectes , – 4 und ] Er : dann 5 Person .] Er : Person und dann des freien Subjects . / cf . Anmerkung – 5–6 an sich … den] Er : den 5 die 2 ] Wl : Idee individuell] Wl : individuelle Seele 6 ist ausschließend ,] Wl : die gesetzte Totalität ihrer b e s o n d e r n Welt , so daß diese in sie eingeschlossen , ihre Erfüllung ist , gegen die sie sich nur zu sich selbst verhält . / Die Seele ist als i n d i v i d u e l l e a u s s c h l i e ß e n d überhaupt , setzend . Was … in] Er : setzend und das was sie von 6–7 Was sie … und ] Wl : das von ihr unterschieden werdende ist noch nicht ein äußeres Object wie im Bewußtsein , sondern es ist sie selbst als empfi ndende Totalität ihrem Für-sich-sein gegenüber . die Seele ist in diesem Ur theile Subject , 7 das Ur theil … selbst ;] Er : zunächst nicht Object sondern daß sie sich urtheilt , 8–9 das ist … unterscheidend .] Er : ihr ganzer Inhalt das i s t sie . Es ist also die empfi ndende Seele , als solche ist sie bestimmen daß die Seele in ihr selber sich von ihr unterscheidet . – Wl : welche zugleich ihr Prädikat ist . Diese Substanz ist nicht der Inhalt ihres Naturlebens , sondern als Inhalt der individuellen Seele , wie er in der Empfi ndung ist , da solche zugleich b e s o n d r e ist , ist er ihre besondere Welt , aber in so fern diese auf implicite Weise in der Idealität des Subjects eingeschlossen ist . Die empfindende Seele als Individuum ist bestimmmt , d . h . daß sich die Seele von sich unterscheidet . / 10 weil es … ist .] Wl : denn es ist Sfäre der empfindenden Seele , das Verhalten der empfindenden Seele in und zu sich selbst . – hier sehr … ist .] Er : das dunkelste ist . bestimmung] Wl : Bestimmtheit 11 nun zuerst ganz] Wl : nach ein ander zu betrachten . Zunächst zuerst ganz] Er : zunächst unbefangen 11–12 bedeutung zu … zugleich] Wl : Bedeutung , unbefangen ; aber das andere ist , daß diese Stufen 12 können sie … sein] Er : daß diese Stufen auch Zustände seyn können 12–14 des besonnenen … haben :] Wl : können , Form von Zuständen des besonnenen freien bewußten Geistes annehmen können . Als Zustände des freien bewußten Geistes sind sie Krankheiten . Hierher fallen also Krankheiten der Seele besonders die beiden Formen : Geistes , so … haben :] Er : bewußten Geistes . da ist er krank , ist zurückgesetzt auf die Stufe der empfi ndenden Seele . die eine dieser Krankheiten ist

15 3–4 Wir kommen

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13 bewußten] bewußts ist di Substz

24 Subject ,] davor am Rande gestr : Urthl = empfdde Ttltt S . ist Subj , Obj

§ 404 .Er

§ 404Wl

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A . § 405 die passive Totalität der Individualität B Das Selbst gefühl C . Die Gewohnheit. 3 . die wirkliche SeeleSg

§ 405 αEr

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d e r S o m n a m bu l i s mu s natürlich oder unmittelbar und das 2t e d ie Ve r r ü c k t h e i t . Mit dieser haben wir es hier zu thun[ .] § 4 0 5 A , d i e p a s s i v e To t a l it ä t , d i e e m p f i n d e n d e To t a l it ä t . diese empfindende Totalität ist z u g l e i c h u n m it t e l ba r : Wir können dies den G e n iu s eines Menschen nennen , der seine bewußtlos präsente Totalität in sich hat ; er selbst ist sein Genius aber er unterscheidet sich auch von diesem durch seine bewußten Zwecke und Vorsätze ; aber sein Genius bewacht und warnt ihn ; diese Form der Seele (empfindende Totalität) also = Genius . d ie I n d i v id u a l it ä t a l s To t a l it ä t ist zwar ein monadisches Individuum aber , 1 . u n m it t e l b a r , wie schon gesagt , noch nicht als e s s e l b s t , nicht in sich reflektirt und darum passiv . In dieser empfindenden Totalität ist alles was zum Sein des Individuums gehört enthalten[ .] Das Kind im Mutterleibe hat die Anlage des Menschen ; es ist schon ein Mensch aber nur ein Mensch an sich , noch nicht selbstständig , es ist noch ein Glied seiner Mutter ; diese geht psychisch durch dasselbe hindurch ; es ist selbst nur ein Moment

1 natürlich oder … d i e ] Wl : (unmittelbar durch natürliche oder durch animalischen Magnetismus hervorgebracht .) – und natürlich oder … das] Er : und die 2–11 Mit dieser … In] ErWl : die erste Weise der Bestimmtheit dieser Totalität [ist die] Wl : heißt /] passive Totalität der Individualität . / [ Die empfi ndende Totalität ist erst unmittelbar , scheint nicht bestimmt] Wl : Wir haben empfindende Totalität , die zunächst unmittelbar ist , empfindend überhaupt . Sie scheint zunächst unbestimmt ,] aber dies macht ihre Schwäche [aus ,] Wl : aus . Freiheit des Geistes ist für sich zu sein ; hingegen empfindende Totalität ist] durch diese bestimmungslosigkeit [ist sie aber in der] Wl : in höchster Bestimmtheit , in] Bestimmtheit der [ Unmittelbarkeit .] Wl : Unmittelbarkeit der Natürlichkeit .] das | ist die logische [ Bestimmtheit und wird der] Wl : Bestimmtheit . – Der] Vorstellung näher gebracht durch [den Ausdruck Genius . |] Wl : Ausdruck : Genius des Menschen .] Jeder Mensch [ist sein Genius unterscheidet sich aber von ihm dadurch daß er bewußt ist , sein Genius d . h . seine ganze bewußtlose Totalität in der Weise des Empfi ndens kann ihn warnen . So können wir hier sagen : die Seele als Genius des Menschen . / dieses] Wl : hat Genius , der bewußtlose Empfindung ist . Er unterscheidet sich von seinem Genius . Sein Genius kann ihn warnen , bewacht ihn . Was er will , widerspricht seiner ganzen bewußtlosen Totalität , die nicht unwirksam ist . – So können wir diese Form der Seele , empfindende Totalität Genius des Menschen nennen . – / Seele ist empfindend und alles ist in der Empfindung und das] Ganze was [die Seele ist , ist als empfi ndend .] Wl : sie ist ist als Empfindung . Das ist der Standpunct . –] diese Totalität ist zunächst [ Passivität , die Bestimmtheit . Das Wesentliche ist daß in] Wl : passiv . Passivität derselben überhaupt – Bestimmtheit . Die bestimmte Totalität oder Genius . das wesentliche : daß in] 11–13 ist alles … ein] Er : alle Bestimmtheiten enthalten , eingehüllt sind . die Hauptweisen die hier her gehören , sind : / das Erste ist das K i n d i m M u t t e r l e i b e . Es ist 11 ist alles] Wl : alles 12–13 enthalten[ .] Das] Wl : enthalten ist in dieser Totalität . – Bestimmter : die Hauptweisen , die hier auf diese Stufe gehören : / 1 .) das 13–14 schon ein … sich ,] Wl : Mensch an sich ; ist das 14 selbstständig , es … noch] Wl : selbstständige ; wie 14–15 es ist … diese] Er : sondern ist wie ein Glied der Mutter , die Mutter 15 diese geht] Wl : Mutter geht , so zu sagen , nur ein] Er : ein 4 u n m i t t e l b a r :] folgt gestr : ab . auch zugl . natürl

5 seine] in sich s .

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seiner Mutter . dieses Kind ist freilich besondres in der Mutter , aber diese besonderheit und Selbstständigkeit hat hier noch keinen Sinn ; es ist das Kind nur ein Attribut der Mutter . Die Eltern überhaupt also constituiren schon diese Momente im Akt der Erzeugung , daß die Kinder den Eltern in körperlichen Dispositionen oft gleich werden , diese Mitthei lung der Eltern an die Kinder geschieht auf diese ganz unmittelbare Weise in dieser Sphäre der Totalität . der Nabelstrang und der Mutterkuchen ist die äußerliche Vermittlung zwischen beiden , aber wesentlicher ist die Einheit der Lebendigkeit mit der Mutter ; die Einheit des Wesens ist die Lebendigkeit ; diese substantielle Einheit ist also das Grundverhältniß . Auf dieses geht man immer los , wenn man auf das Erklären ausgeht durch solche Mittelglieder . Die bestimmungen die in der Mutter sind , sind auch im Kinde ; daher die Mutter mäler , die manche freilich auch läugnen , obgleich die Physiologen und Ärzte nichts läugnen sollten , was in der Erfahrung liegt , | denn sie verläugnen damit das

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1 seiner] Wl : in

1–5 dieses Kind … werden ,] ErWl : [ Es hat keine wahre Selbstständigkeit ,] Wl :

15 Seine Selbstständigkeit hat weder nach Lebendigkeit eine Wahrheit , Wirklichkeit noch nach seiner

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Bestimmung Geist zu sein , einen Sinn ; sondern] es ist nur so zu sagen ein [Attribut der Mutter .] Wl : Attribut .] dies unmittelbare Verhältniß ist vorhanden , daß die Mutter [empfi ndende Totalität und das Kind nur Moment in ihr ist . Dem Kinde sind so] Wl : sich als empfindende Totalität verhält , in der das Kind ein Moment ist . Dahin gehört daß von den Eltern den Kindern vielerlei mitgetheilt wird . Man weiß , daß den Kindern mitgetheilt sind] körperliche dispositionen der Eltern , [Aehnlichkeit pp mitgetheilt .] Wl : Stärke p Krankheit p wie Figur .] 5 der Eltern … geschieht] ErWl : geschieht 6 der 1] ErWl : [der] Wl : dieser] empfi ndenden 6–9 der Nabelstrang … Lebendigkeit ;] Wl : Bleibt man bei dem Räumlichen und Materiellen stehn , nach welchem das Kind als Embryo in seinen besonderen Häuten p existirt , und sein Zusammenhang mit der Mutter durch den Nabelstrang , Mutterkuchen p vermittelt ist , so kommt nur die äußerliche anatomische und fysiologische Existenz in sinnlichen und reflectirenden Betracht ; die wesentliche , das psychische Verhältniß wird übersehen , für welches alles jenes sinnliche und materielle außer ein ander und Vermitteltsein keine Wahrheit hat . – / Wesentlicher ist die unmittelbare Einheit der Lebendigkeit . Ich durchdringe das Alles , und doch schlechthin nur als eine Einheit . 6–7 der Nabelstrang … wesentlicher] Er : Wesentlicher als deren physiologische Verbindung 8–9 Lebendigkeit mit … Lebendigkeit ;] Er : Lebendigkeit . 9–11 also das … Mittelglieder .] ErWl : das Grundverhältniß oder vielmehr das verhältnißlose [d . h . Unmittelbare . (diese Einheit ist es die man beim E r k l ä r e n auf sucht .)] Wl : weil unmittelbare Einheit . Darauf sollte man immer ausgehen , wenn man anatomisch erklären will .] 11–676,6 auch im … liegt ,] Wl : im Kinde . Muttermäler (das Kürzeste ist , man leugnet solche Erscheinungen) . Es gibt viele Erscheinungen die außerhalb der Vermittlung sind , nur die Aerzte , die sind gebunden durch Bornirtsein , so leugnen sie . – Muttermälererfahrungen , die einen besonderen Zusammenhang aufzeigen . Kinder mit gebrochenen Armen , wenn Mutter Arm heftig verletzte . Schreck der Mutter hat dauernde Disposition im Kinde hervorgebracht . Kind an Mutterbrust 11 daher] Er : dahin gehören 12–676,1 manche freilich … basirt .] Er : man ganz ohne Grund läugnet . Damit wird das Fundament der Erfahrungswissenschaft geläugnet . 22–27 Bleibt man … hat . – nachträglich im Freiraum zwischen zwei Absätzen

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ganze Fundament ihrer Wissenschaft , die auf Erfahrung basirt . Freilich ist viel über Muttermäler gefabelt worden ; aber es sind auch constatirte Erfahrungen da , die den Zusammenhang ganz vollkommen aufzeigen ; z . b . sind Kinder mit gebrochnem Arm geboren worden , wenn die Mutter ihren gebrochen oder nur verletzt hat ; so drücken sich die Schrecken der Mütter den Kindern ebenfalls auf ; auch das Kind das an der Mutter brust liegt , wird durch den Ärger der Mutter , mit afficirt ; indeß ist dies etwas Vermitteltes denn die Galle geht in die Milch über und so trinkt das Kind ungesunde Milch . Aber das Kind im Mutterleib ist mit der Mutter in u n m it t e l ba r e m Zusammenhang | der Gefühlseinheit , die Mutter ist hier als der Genius , als die empfindende Selbstheit des Kindes anzusehen , in welcher das Kind nur eine empfindende bestimmtheit und eingewickelt ist in diese es umgebende Hülle , welche sich im Kinde nachher verleiblicht und realisirt[ .] Ein merkwürdig beispiel waren 2 Kakerlaken (weiblich) von denen das Mädchen noch lebt ; der bruder ist Dr . der Philosophie geworden zu Erlangen aber schon todt – (die Kakerlaken leben in besondrem physischen Zustand) dieser hat eine gute bildung gehabt ; in seiner Dissertation hat er einen besondren Umstand erwähnt ; sein Vater ist Prediger gewesen bei Erlangen ; seine Mutter ist da einmal , als sie mit ihm schwanger war in den Stall getreten im Winter im hellen Sonnenschein ; aus dieser Helle ist sie in den dunkeln Stall getreten ; in diesen schien durch eine Ritze ein Sonnenstrahl hinein in eine Ecke in der ein Haase saß , so daß in sein Auge gerade dieser Sonnenschein fiel ; im ganzen Stall also finster , nur das Auge des Haasen glänzt ; auf diesen Punkt fiel das Auge der Mutter ; der Sohn der nun geboren wurde , war ein Kakerlak ,

4–8 worden , wenn … das] Er : worden ; Schrecken der Mutter pp bringt dauernde Dispositionen am Kinde hervor . der Einfluß den Aerger der Amme auf das Kind hat ist schon ein vermittelter , durch den Gallenerguß . das 6–8 Mutter , mit … das] Wl : Mutter zu Schaden kommen . Da ist auch Vermittlung durch Verleiblichung des Aergers in Milch . – Unvermittelt ist viel andres . – 8–9 ist mit … Gefühlseinheit ,] Er : das so bestimmt wird durch eine Gemüthsbewegung der Mutter , wird so un mittel|bar afficirt . 8 ist mit … Mutter] Wl : selbst , das so bestimmt wird durch Ge müthsbewegung , körperliche Verletzung p ist 9 der1] Wl : | in 9–10 als der … als] ErWl : der Genius des Kindes , 10–677,4 des Kindes … noch] Er : worin das Kind nur Moment , eingehüllt ist . die Empfindung der Mutter verleiblicht sich in ihm auf unmittelbare Weise (Dr . Sachse .) / In dies Verhältniß gehört auch 10–17 des Kindes … war] Wl : empfindende Totalität , in welche empfindende Selbstheit des Kindes eingehüllt ist . Mutter empfindet , und das ist auch Empfindung im Kinde , die sich in ihm verleiblicht . – / So ein Beispiel 2 Kakerlaken . Bruder älter als Arzt und erzählt auf Veranlassung . Sein Vater Geistlicher früher in Steiermark , wo Mutter schwanger 18–19 getreten im … diesen] Wl : geht , der ganz finster ist . Es war Schnee und heller Sonnenschein aus dem sie in dunklen Stall trat . In diesen Stall 19–20 Sonnenstrahl hinein … so] Wl : Sonnenscheinpunct ein in eine Ecke . In diese hatte sich ein Hase gesetzt so , 21 fiel ; im … das] Wl : fiel und sie nur das glänzende 21–22 glänzt ; auf … Mutter ;] Wl : sah . Sie trat aus blendendem Weiß in Dunkelheit und ihr Auge fiel in 28 das] dß

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die früher waren ganz vernünftige Menschen ; die folgende Schwester ist auch ein Kakerlak geworden . Eine andre Erscheinung ist auch dies , daß wenn Frauen zum 2t e n Mal heirathen , die Kinder von ihnen noch dem ersten Mann ähnlich sehn . – Es gehört nun auch noch dies herein : daß Menschen an heftigem Schreck und an heftiger Freude gestorben sind (am Großen Loos z . b .) Hypochondrie , Milzsucht gehört hieher , in der der Kummer sich verleiblicht nicht einzeln , wie sonst , sondern in eine chronische Krankheit ausartet und eine bleibende Stimmung der ganzen Leiblichkeit wird . | bei diesen Wirkungen ist eben die empfindende Totalität festzuhalten . Wie das Kind ein accidens seiner Mutter ist , so kann auch in dieser empfindenden Totalität , in diesem Genius auch eine Einwirkung geschehen ; denn der Genius ist auch offen für die Vorstellung ; (im höheren Standpunkt ist er auch bewußtsein) er ist das Ungetrenntsein seiner Leiblichkeit der Gedrängtheit derselben . Wenn nun in diese ungetrennte Einheit ein Schreck oder dergleichen tritt , so kann dieser Inhalt nicht ertragen werden von diesem bewußtsein , und das Individuum kann überwältigt werden von dem , was ihm jetzt geschieht , was dem nicht angemessen ist , was es sonst ist . diese Unangemessenheit ist auch ein Widerspruch der empfindenden Totalität in ihr selbst . Der besonnene Mensch ist der , der nicht mehr so als Genius

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1 die früher … die] Wl : und 1–4 ist auch … herein :] Wl : 5 gestorben sind … z . b .)] ErWl : sterben , – 6 in der … Kummer] Er : daß Kummer pp Wl : daß Kummer Trübsinn , p 6–7 nicht einzeln , … in] Er : und Wl : so , daß diese Verleiblichung nicht einzeln ist , sondern 7 ausartet und eine] ErWl : wird , [eine] Wl : daß diese Verleiblichung eine] allgemeine und 7–9 ganzen Leiblichkeit … die] Wl : Leiblichkeit ist . / Bei solcher Wirkung wo plötzlich Schreck p tödtet , haben wir diese 9 ist] Er : haben wir 9–10 das Kind] Wl : beim Kind im Mutterleib das 10–15 ein accidens … und ] Er : im Mutterleib das Accidenz zur Substanz ist , – so ist dieser Genius , diese empfi ndende Totalität auch offen dem Bewußtseyn und doch bleibt das Individuum diese empfi ndende Totalität , Ungetrenntheit seines Inhalts von seiner Leiblichkeit , und doch ist er offen den Bestimmungen seines eignen Bewußtseyns . Wenn nun dieser Inhalt , Schmerz , in diese Einheit tritt , so kann 10 so kann auch] Wl : durchdringt sie durch und durch , so kann 11–12 auch eine … offen] Wl : (er ist auch offen für das Bewußtsein , 12–14 (im höheren … kann] Wl : Genius ist auch Bewußtsein aber doch bleibt er empfindende Totalität , Ungetrenntsein seines Inhalts und der Leiblichkeit . – Offen zugleich für andere Bestimmtheiten .) solcher Inhalt treten , und so kann es sein daß 15 werden] Wl : werden kann 15–17 und das … ist .] Wl : daß er unangemessen ist dem Sinn dieses Bewußtseins , daß dieses Individuum überwältigt wird durch Unangemessenheit dessen was es ist und was in es hineintritt . 16 dem , was … ist ,] Er : der Unangemessen heit dessen was ihm geschieht und dessen 17–18 ist auch … selbst .] Wl : zerreißt , zersprengt die empfindende Totalität . – 17 ein Widerspruch] Er : eine in 18–678,3 in ihr … ausmacht) .] Er : und sie kann so zersprengt werden . der gebildete Geist ist der sich über diesen Genius , und die Leiblichkeit erhoben hat , daß die Leiblichkeit ein unterworfnes ist (was wir bei der Gewohnheit sehn werden) . Wo dies nicht der Fall , der Mensch mehr auf der Stufe der empfi ndenden Totalität ist , kann das Gesagte erfolgen . Dunkelheit auf dieß glänzende Auge .

20 auch . – / In dieß Verhältniß gehört noch Andres . z . B .

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existirt , nicht in diesem ungetrennten Character seines Geistes mit seiner Leiblichkeit , sondern der sich durch die Stärke seines Geistes darüber erhoben hat der die Leiblichkeit zu einem unterworfnen macht (was die Gewohnheit ausmacht) . Der Selbstmord ist eine solche Unangemessenheit des bewußtseins in sich selbst aber eine solche , die der Leiblichkeit gefährlich wird durch Vermittlung des besonnenen Willens . Cato von Utica dieser starre Republikaner der berühmt geworden ist durch seinen Selbstmord , hat den Widerspruch der Unangemessenheit seines Lebens mit dem Leben der Römer , nicht ertragen können und ist seinem Leben gefährlich geworden durch seine besonnenheit diese Trennung g a n z durchzuführen . Hier führt sich also die Unangemessenheit direkt aus in die Lebendigkeit . diese empfindende Totalität des Genius ist die Einheit des Selbsts mit der Leiblichkeit und diese Totalität als unmittelbare Einheit ist eine seiende und dadurch fällt sie in die schlechten Kategorien des Seins herab und damit auch in die bestimmtheit der Quantität . dieser Genius Lebendigkeit hat ein Maaß , das , wenn überschritten , ihn zu Grunde richtet . (3) Sg

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das 3t e sind die Erscheinungen der Macht des Genius in seiner Leiblichkeit was man Wu n d e r nennt . Es gibt beispiele daß Menschen sind geheilt worden durch den Glauben ; was man auch wieder läugnen kann , aber es ist schwerer das zu be20

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1–2 nicht in … Geistes] Wl : sondern sich 2–3 hat der … ausmacht) .] Wl : hat . die Stärke des Geistes enthält dieß Moment . das Erhabensein über Leiblichkeit , daß Leiblichkeit unterworfen ist , was wir sehen werden bei Gewohnheit p . Wo aber dieß nicht der fall ist , und der Mensch mehr auf Stufe dieser empfindenden Totalität steht , so kann erfolgen , was gesagt worden ist . / 4–10 eine solche … Lebendigkeit .] Er : etwas Andres , ist auch eine Unangemessenheit im Bewußtseyn , die gefährlich wird der Leiblichkeit vermittelst des Willens . die vollkommne Unangemessenheit , dieser Widerspruch hat die Wirkung nicht direct sondern durch den Entschluß , nicht mehr zu leben . – / H i e r hingegen ist nicht diese Un angemessen|heit im Bewußtseyn durch Vermittelung zur Unangemessenheit in die Leiblichkeit über gehend sondern führt sich unmittelbar in die Leiblichkeit aus . 4 eine solche … selbst] Wl : anders . Auch Unangemessenheit , 6–10 von Utica … Unangemessenheit] Wl : der Jüngere . Absoluter Widerspruch . römischer Republikaner im Character und was war war nicht Republik , diesen Widerspruch hat er nicht aushalten können . Aber dieser Widerspruch hat die Wirkung , daß er sein Leben zersprengte , nicht indirect gehabt , – sondern durch Bewußtsein . | Hier hingegen ist nicht diese Unangemessenheit fortgehend durch Vermittlung zu Unangemessenheit des Lebens in sich selbst ; sondern sie führt sich 10–11 diese empfindende … ist] Wl : Genius ist also 11–13 des Genius … schlechten] Er : ist seyend und fällt so in die 11 mit der] Wl : (das allerdings Seele ist) mit 12 Totalität als] Wl : empfindende Totalität , als diese 13–14 Seins herab … Lebendigkeit] Er : Seyns , auch der Quantität , der Genius 14–15 das , wenn … richtet .] Er : und wenn das Maaß überschritten wird geht er zu Grunde . 14–16 das , wenn … der] Wl : das kann überschritten werden , wodurch er zu Grunde geht . / 3 .) Erscheinungen , die die 16–17 in seiner … beispiele] Er : über seine Leiblichkeit . Es gehören hierher eine Art von Wunder , was man … beispiele] Wl : ausdrücken . Es gehört dahin was eine Art von Wunder genannt ist . Z . B . 18–679,6 Glauben ; was … alles] Er : Glauben . Es kann bei jeder Art der Krankheit das der Fall seyn daß der Glaube nicht

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greifen . Man hat beispiele von contracten Personen , wo die Lebendigkeit nicht mehr flüssig durch die Organe ist , Nervenschwachheit , Paralysis der Nerven etc ; (Arme und beine freilich können nicht wieder hergestellt werden) solche Kranken sind durch den Glauben wiederhergestellt worden und der Strom der | Lebendigkeit ist wieder über den ganzen Leib geströmt ; viel Wunderthätiges was als factum constatirt ist , durch Handauflegen und dergleichen auch bloß durch Reden . Das gehört alles hieher . Wenn die Zeiten verständiger wurden und das bewußtsein auseinander geht , so kann diese Concentratio nicht mehr Statt finden ; aber wenn die Gewißheit da ist gesund zu werden , der innerste Glaube , so kann das besondre dieser Ganzheit nicht widerstehn . bei Gebildeten kommt es nicht mehr zu dieser Intensität der Gewißheit ; bei jenen aber ist das concentrirte Gefühl die substantielle Macht über das besondre , und dies besondere ist eben nur jene Unterbrechung der Lebendigkeit . Hier ist noch die Rede von der empfindenden Totalität in so fern sie ein 2 . Zu s t a nd d e r K r a n k h e i t ist , in der das Individuum sich unmittelbar seiner als Genius bewußt wird . Dahin gehört der animalische Magnetismus . – Also der Mensch

hilft . – Aber bei vielen namentlich bei Paralysen der Nerven , bei Contractionen ist das vegetative Leben noch da , aber die Flüssigkeit der Lebendigkeit ist unterbrochen . da sind die beispiele gar nicht selten daß Lähmungen geheilt sind durch das Feuer des Glaubens , durch Zauberei , oder durch die bloße Rede . Viele solche Wunderkuren gehören 678,18–679,1 Glauben ; was … contracten] Wl : Glauben als solchen . Das kann man auch leugnen . – Es gibt Krankheiten (nicht bei jeder Krankheit z . B . wo Organe zerstört sind p nicht .) z . B . contracte 2 durch die … ist ,] Wl : in Organen ist , z . B . 2–6 Paralysis der … ist ,] Wl : Lähmung p wo noch vegetative Lebendigkeit ist (Blutumlauf p) aber Zusammenhang , Flüssigkeit der Organe ist unterbrochen . Lebendigkeit Seele circulirt nicht frei im Leibe . – Solche Unterbrechungen sind geheilt worden durch das Feuer des Glaubens . Viel Wunderthä tiges als factum vorhanden , in dieser oder jener Gestalt , 6 und dergleichen … alles] Wl : oder Art von Zauberei , oder bloß durch Rede , Zurede , p gehören ganz 7–8 wurden und … so] Wl : werden , mehr Bewußtsein von Vermittlung haben , 7–10 und das … widerstehn .] Er : so kann dergleichen was sonst das Thätige ist nicht mehr so wirken . 8–9 finden ; aber … ist] Wl : finden , die in solchen Fällen das absolut Thätige ist . Diese Gewißheit , 9–11 der innerste … aber] Wl : dieser Glaube , diese absolute intensive Gewißheit , wo sie Statt finden kann , da 11 bei jenen aber] Er : wo sie aber ist da 11–13 über das … noch] Er : gegen das Besondre d . h . die Unterbrechung . In jener Sammlung ist die ganze Lebendigkeit concentrirt und das Accidentelle kann dieser Ganzheit keinen Widerstand leisten . / 406 . ist von etwas anderm 12–13 jene Unterbrechung … 2 .] Wl : diese Unterbrechung ; es ist Besonderes gegen das Allgemeine . Im Allgemeinen ist concentrirt die ganze Lebendigkeit . – die accidentelle Unterbrechung kann der Ganzheit keinen Widerstand leisten . Das sind also die Hauptweisen , die in diese Form der empfindenden Totalität gehören . / Die empfindende Totalität insofern es ein 13 in so … 2 .] Er : als 14–15 ist , in … der 2 ] Er : pp . die Hauptsache ist der Standpunkt der fest zu halten ist . der 14 ist ,] Wl : ist . – Diese passive Totalität als F o r m , Z u s t a n d des selbstbewußten , Gebildeten besonnenen Menschen , ist Krankheit , unmittelbar] Wl : u n ve r m i t t e l t zu dem concreten Inhalte seiner selbst , sozusagen , 15 wird . Dahin … der 2 ] Wl : ist ; a n i m a l i s c h e r M a g n e t i s m u s und mit ihm verwandte Zustände . Hauptsache ist der Standpunct , den man festhalten muß . Der

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ist empfindende Totalität . – Das Kind im Mutterleibe , ein Schacht worin das Ganze was er ist eingewickelt ist . Das andre dazu ist , das : wenn der Mensch als b e w u ßt e r ist ; der Mensch ist da ein besonnener bewußter seiner selbst und seine Wirklichkeit ist für ihn da als äußre Welt zu der er sich verhält ; | dann aber ist diese Totalität seiner äußren Welt selbst als äußre entfaltet . In dieser Entfaltung seiner äußren Welt steht alles in bestimmten objectiven Verhältnissen zu einander in dem Zusammenhang von Grund und Ursache , Ursache und Wirkung Folge etc . In der besonnenheit ist also die Hauptbestimmung , daß das , wovon ich weiß für mich ist als ein vermitteltes , daß ich mich auf vermittelte Weise dazu verhalte . Zu meiner Wirklichkeit gehört nun , was in der äußerlichen Welt mich interessirt . Für die Eltern sind das die Kinder ; diese sind in ihrer Empfindung , sie gehören zu ihrem Sein ; ebenso umgekehrt ; das ist aber ebenso auch i n n e r l i c h e Wirklichkeit der Kinder und der Eltern . dies Gekehrtsein des Menschen nach außen kann gehemmt werden ; eine solche Paralysis kann sein eine bloße S c hw ä c he der Subjectivität seines Selbstbewußtseins

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den 7 . December 1827 .Er

1 Totalität . – Das … Schacht] ErWl : Totalität und so ist er [e [lacuna]] Wl : (wie das Kind im Mutterleibe) das ,] 2 Das andre … wenn] ErWl : [ Nun müssen wir das Andre] Wl : Um diesen Standpunct gehörig zu fassen , müssen wir] vergleichen wie 3 da ein] ErWl : diese Totalität ; [als] Wl : kann aber als] 3–4 seiner selbst … ist1] Wl : Mensch seine Wirklichkeit 3 seiner selbst und ] Er : Mensch ist 4 ist für … da] Er : für ihn vorhanden da] Wl : vorhanden seyn 4–5 dann aber … entfaltet .] ErWl : | [das 2t e ist] Wl : empfindend wollend , betrachtend p . – 2 .)] daß diese [ Totalität , selber] Wl : Totalität selbst] als Äußerliches entfaltet ist . 5–7 seiner äußren … der] Er : steht alles in verständigem Zusammenhange auf eine dem Menschen bekannte Weise . Im Bewußtseyn , 5 steht] Wl : ist 6–7 bestimmten objectiven … Ursache ,] Wl : bestimmtem objectiven d . h . verständigem Zusammenhang mit ein ander , in Grund und Folge , 7–8 Wirkung Folge … die] Wl : Wirkung ; oder im Zusammenhang neben ein ander . | Im Bewußtsein ist 7 ist also] Er : ist 8–9 das , wovon … dazu] Er : ich mich zu allem auf vermittelte Weise 8 für mich] Wl : in mir 8–9 vermitteltes , daß … verhalte .] Wl : vermitteltes . 10–12 mich interessirt . … ist] Er : für mich ist . Es ist äußerlich , andrerseits bin ich es selbst . – das Verhältniß der Kinder zu den Eltern ist äußerlich 10–11 Für die … Empfindung ,] Wl : Einerseits ist’s äußerlich , andererseits bin ich dasselbe . Für Eltern sind die Kinder . Die Kinder sind in Empfindung der Eltern , 11–12 ihrem Sein ; … ebenso] Wl : ihrer Wirklichkeit . Liebe zu Eltern in Kindern ist 12–13 Kinder und … Menschen] Er : Kinder . / Der Mensch nun aus seinem bewußten besonnenem Leben herunter fallend in die bloße Empfi ndung so ist er krank . / Sein Bewußtseyn , sein Gekehrtseyn der Eltern . … Menschen] Wl : nicht äußerliche . – / Form des Menschen als nur empfindende Totalität , als Zustand beim Menschen , der besonnen bewußt ist , und in diesen Zustand herabfällt , – ist Krankheit . – Mensch ist diese Totalität seines Characters . Was er ist , das ist er ; was er so ist wendet er als bewußt nach außen , so daß dieser Inhalt ihm die äußerliche Welt ist . Er steht in Vermittlung mit diesem Inhalt . Dieser Inhalt ist vermittelte Welt . Sofern er sich so verhält , verhält er sich verständig zur Welt . dieß sein Bewußtsein 13–14 solche Paralysis] Er : Paralysis desselben eintreten . Diese Wl : παραλυσις kann eintreten . Sie 14–681,1 der Subjectivität … dieser] Er : seiner Subjectivität , der Kraft seines subjectiven Selbstgefühls . dies Selbstgefühl kann schwächer seyn , es kann aber auch die Hemmung Selbstbewußtseins Selbstgefühls , … die] Wl : Selbstgefühls . In Kraft seines selbstbewußten Selbstgefühls wirft er Inhalt nach außen , verhält sich

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Selbstgefühls , wodurch die Hemmung dieser seiner Leiblichkeit kann auch bestimmter paralysirt sein , welche Hemmung nicht in den Eingeweiden im System des bluts ist , sondern im Nervensystem ; besonders in Ansehung des Gesichts ; das Auge wird kataleptisch , starr , fest unbeweglich beraubt von allem Vermögen zu sehn ; das ist keine blindheit ; denn der blinde weiß , daß er nichts sieht ; in jenem Zustand aber weiß er nichts von seiner blindheit . In diesem Krankheitszustand ist der Mensch sozusagen in einem verständigen Träumen , wobei eine Thätigkeit nach außen sein kann aber gehemmt besonders in Ansehung des Sehens . | Das ist das allgemeine von diesem Krankheitszustand . Die einzelnen Haupterscheinungen sind nun folgende . Der Hauptzustand ist der a n i m a l i s che M a g n e t i s mu s . S om n a m bu l i s m u s . Das Nachtwandeln , Veitstanz etc gehören auch hieher , als natürlicher Somnambulismus , was besonders oft eintritt in der Schwangerschaft in der Entwicklung der Mädchen , kurz vor dem Tode , etc . – diese Hemmung nun im bewußtsein der nach außen gerichteten Thätigkeit , bringt den Menschen zurück in das G e f ü h l s le b e n ;

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15 dazu als zur Außenwelt . Dieß subjective Selbstgefühl kann schwächer sein . Aber es kann auch

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1–3 kann auch … Nervensystem ;] ErWl : [ b e s t i m m t e r seyn . diese Hemmung] Wl : und der Leiblichkeit als eines Organes als seines nach außen gekehrten Lebens , kann bestimmter paralesirt werden . Diese Paralesis] tritt ein in dem was zum Nervenleben überhaupt gehört und 3–5 Gesichts ; das … weiß ,] Er : Gesichts , daß das Auge kataleptisch wird – In der Blindheit weiß der Mensch 3–4 Gesichts ; das … kataleptisch ,] Wl : Gesichts , daß das Auge kataleptisch wird , 5 das ist … weiß ,] Wl : diese verschieden von Blindheit , und von zugebundenen Augen . Da weiß er davon , 5–6 in jenem … blindheit .] ErWl : hier aber ist er in der Bewußtlosigkeit dieses [ Mangels –] Wl : Mangels ; ein Träumen der Sinne . Wenn der Mensch schläft sind die Sinne überhaupt paralesirt .] 6–7 der Mensch sozusagen] Er : er Wl : Mensch 7 Träumen , wobei] Wl : Träumen . Auch Offen sein , 7–9 wobei eine … einzelnen] Er : hat auch Richtung nach Außen aber so daß darin eine Hemmung eingetreten ist . – die 7–8 außen sein … Ansehung] Wl : außen ; aber so daß zugleich in dieser Thätigkeit nach außen eine Hemmung eingetreten ist , und wesentlich diese Hemmung 8–10 das allgemeine … Der] Wl : die allgemeine Bestimmung des Krankheitszustandes . / Das nähere sind die Erscheinungen die in diesem eigenthümlichen wunderbaren Krank heitszustand vorkommen . Haupterscheinungen , deren Bestimmungen wir zu betrachten haben . – Haupterscheinungen : 9 folgende .] Er : zu berücksichtigen . 10–12 a n i m a l i s c h e M a g n e t i s m u s . … eintritt] ErWl : [ S o m n a m b u l i s m u s Es gibt auch einen natürlichen Somnambulismus pp diese] Wl : Zustand des animalischen Magnetism und Somnambulismus . – (Es gibt auch natürlichen Somnambulismus . Schlafwandern . Das gehört auch hierher : Kataleptischer Zustand , Veitstanz hat auch Verwandtschaft damit . Solche] Zustände treten ein 12 in der Entwicklung] Wl : und in Entwicklungsperioden Entwicklung] Er : Entwicklungsperiode 13 kurz] Er : einige Stunden Wl : und oft auch die letzte Stunde 13 diese Hemmung … bewußtsein] Er : die angegebne Hemmung im Bewußtseyn , 13–14 Hemmung nun … G e f ü h l s l e b e n ;] Wl : angegebne Hemmung , verständig und mit Bewußtsein nach außen gerichteter Thätigkeit . 14 bringt den … zurück] Er : ist das Zurückfallen 33 animalischen] anamilischen

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der Mensch weiß von diesem Inhalt in ihm selbst und auf eine unmittelbare Weise . Hieher gehörige Erscheinungen sind jene genannten ; das Sehen des Menschen ist vollkommen unterbrochen , bei offnem Auge in diesen Zuständen , und doch kann doch das Gemeingefühl wirksam sein ; der Mensch ist fühlend , für die Außenwelt zugänglich – da kann nun dies Gemeingefühl sich specificiren zum Sehen ohne das Auge ; wenn der gesunde Mensch etwas sehn soll , so muß sein Auge dabei thätig sein und auf die erleuchteten Gegenstände blicken , bei diesen Kranken aber ist das nicht ; sondern es ist hier der merkwürdige Fall , daß wenn man einen Gegenstand ihnen auf die Herzgrube auf den Magen hält , so sieht er ihn ; das Gemeingefühl wird Gesicht ohne die Vermittelung des Auges . Mit demselben Auge sehn wir grün , mit demselben blau etc . – so hier , die Sinnesthätigkeit nimmt sich zusammen in das Allgemeine des Fühlens und dies wird specifisch . Es gibt hier viele beispiele : man hat Menschen eine Uhr auf den Magen gehalten und sie haben angegeben , welche Zahl der Zeiger zeigt . Ein berühmter französischer Arzt hat beschreibungen von Zufällen seiner kataleptischen Frau gemacht noch ehe von dem animalischen Magnetismus etwas bekannt geworden ist . Manche verständigen Leute haben gemeint der Kranke blinze wohl doch mit dem Auge und sehe unten durch ; so klug sind diese Leute ; aber man hat das Auge untersucht und ganz starr gefunden und auch Gegen69Er

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1 der Mensch … und ] Er : da verhält | man sich zu dem Inhalt als zu einem der seinem Gefühl seinem Genius angehört , er weiß von ihm weiß] Wl : sich verständig nach äußerlicher Welt verhaltend gehemmt ist . Das bewußte Leben ist gehemmt und er ist doch wacher Zustand . dann ist er zurückgefallen zur Gefühlswelt : er verhält sich zu dem Inhalte , als einem Inhalt der in seinem Gefühl ist , seinem Genius an|gehört ; er weiß selbst und … eine] Wl : selbst , 2–3 gehörige Erscheinungen … Zuständen ,] Er : gehört die Erscheinung daß das Sehen vollkommen gehemmt ist , das Auge ist erstarrt . das Sehen ist vernichtet 2 jene genannten ;] Wl : dieß : 4 wirksam sein ;] Wl : überhaupt doch vorhanden , wirksam sein . Da tritt dieß Verhältniß ein : wirksam] Er : vorhanden , wirksam 4–5 fühlend , für … zugänglich –] Er : fühlend nicht nur durch das Gesicht . 5 – da] Wl : nicht durch Gesicht ; Gemeingefühl . da 5–9 das Auge ; … ihnen] Er : Auge . Es kann der Mensch in diesem Zustande mit den Fingern die Empfi ndung haben als wenn er sähe , besonders wenn Gegenstände 6–8 wenn der … merkwürdige] Wl : Er kann mit Fingern die Gegenstände berührt und das Bewußtsein haben als ob er sie sehe ; besonders aber ist’s der 8–9 man einen … ihnen] Wl : sichtbare Gegenstände 9–12 auf den … hier] Er : gelegt werden . Es ist also ein Fühlen überhaupt das diese Form annimmt so daß das Organ des Auges nicht nöthig ist . Wie wir nicht ein besondres Auge für blau , gelb pp haben , so nimmt sich das Gefühl überhaupt zusammen und zwar specifisch als Sehen . Man hat nun hiervon 9–11 auf den … die] Wl : gehalten werden , daß er die Empfindung des Sehens erhält . – Fühlen im allgemeinen ; aber dieß allgemeine Fühlen nimmt unmittelbar so eine bestimmte Empfindungsweise an ; und die Vermittlung des Auges ist dabei nicht nöthig . Er sieht mit allgemeinem Organ des Fühlens . – Die 12 Fühlens und … hier] Wl : Fühlens . – Von dieser Erscheinung gibt’s 12–683,3 man hat … gelesen .] Er : das Fühlen specificirt sich zu Sehen und das Organ dieser Species das Auge fällt hier weg . Ein Kreis der Gehirn thätigkeit ist gelähmt . 13–17 Menschen eine … so] Wl : die Einwendung gemacht , solche Kranke haben so unter sich gesehen p So 17–683,2 diese Leute ; … gelesen .] Wl : die Beobachter auch . Die Hauptsache ist , daß nicht bloß Augenlider geschlossen sind : die Augen sind vollkommen starr , im Krampf . – Hier specificirt sich das Fühlen zum Sehen . Das ganze Vermögen des

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stände zwischen das Auge und dem zu sehenden gebracht , eine Frau die H . gekannt hat , hat einen ganzen brief mit dem Magen gelesen . Man hat gesagt die Gehirnthätigkeit sei zerstört und seine Kraft vertrete dann der Magen ; die Gehirnthätigkeit ist das Organ der theoretischen Thätigkeit nach Außen ; daher hat man dem Unterleib keine Gehirnthätigkeit zugeschrieben ; was viel für sich hat . Helmond der berühmte Arzt hat einen Versuch an sich gemacht ; die Hexen haben bekanntlich ungeheure Einbildungen ausgesprochen und sind deshalb zu hunderten hingerichtet worden ; sie gebrauchen Zaubertränke und schmieren sich mit Salben ein , die von Bilsenkraut sind aconitum napellus . Van Helmond hat diese Tränke untersucht und als er davon gekostet , habe er deutlich gefühlt , daß die Vorstellung in die brust in den Magen herabgegangen sei , daß er in der Gegend der Mündung des Magens denke und viel schärfer und lebhafter als sonst ; diese Erhöhung der Vorstellungskraft sei dabei auch mit einem | unbeschreiblichen Wonnegefühl verbunden gewesen . Eine andre Erscheinung geht nun noch weiter und man weiß nicht wie weit[ .] Ein Wissen von seiner Wirklichkeit in so fern sie nur ein innerliches , die des Genius ist , also ein Wissen von einem Inhalt auf ganz unmittelbare Weise , von dem

Sehens ist gelähmt . 2–13 die Gehirnthätigkeit … unbeschreiblichen] Er : daß es ganz gelähmt und das Gangliensystem es ersetzend sey . das ist einerseits glaublich , indem die Gehirnthätigkeit nach Außen gelähmt ist ist der Geist in diese Hypochondrie in sich versunken . – / die Hexen haben Zaubertränke gebraucht oder auch mit Salben sich eingeschmiert . diese sind meist von Hyoscyamus niger , oder Digitalis gewesen Helmont hat nun da Versuche mit sich gemacht und beim Kosten der Aconitum napellus schien es ihm als wenn seine Vorstellungen pp in der Gegend des Magens sei und zwar weit schärfer als sonst , auch sei diese Erhöhung der Vorstellungen mit 2–4 die Gehirnthätigkeit … Thätigkeit] Wl : daß in diesem Zustande die Gehirnthätigkeit gelähmt ist , und daß die Ganglien des Unterleibs die Stelle der Gehirnthätigkeit vertreten . Es hat das viel für sich . Gehirnthätigkeit geht 4–9 daher hat … Van Helmond] Wl : Die plexus solaris p Ganglien des Unterleibs hat man Gehirn des Unterleibs genannt : und indem Gehirnthätigkeit gelähmt ist , ist Organismus gleichsam in Hypochondrie versunken in sich . Bei den Hexen kommt bekanntlich Geschichte vor , daß sie Zaubertränke brauhen die sie verschlucken oder als Salbe auftragen . Letztere vornehmlich von Hiosc . niger oder acon . lapellus , digitalis p Helmond 9–15 als er … Ein] Wl : die Erfahrung gemacht , daß , indem er ein wenig von acon . kostete , ihm es gewesen wäre , als ob seine Vorstellungskraft aus Kopf , Brust in Gegend des Magens übergegangen wäre . seine Vorstellungen wären am Magenmund , und zwar schärfer als sonst ; und diese Erfahrung der Vorstellungskraft wäre mit ungewöhnlichem Wonnegefühl verbunden . Man kann fysiologisch diese Vorstellung wohl haben , daß Gangliensystem hier Mittelpunct bilde die sonst Gehirn ausübt . – / Ein zweites ist weitgehend , und man kann nicht wissen , wie weit das seine Ausdehnung hat . sc . ein 14 andre] Er : zweite 14–15 nun noch … Ein] Er : so weit daß man eigentlich nicht die Ausdehnung weiß , nämlich ein 15–684,1 nur ein … Weise] Er : nicht vorhanden ist als äußerliche Welt , sondern sofern sie der Inhalt des Genius ist , ein nur innerliches Wissen , was man im Wachen nur durch Ver|mitt lungen 15–16 nur ein … also] Wl : nicht vorhanden ist als eine

40 7 Einbildungen ausgesprochen] Einbildungen , ausgesprochen

9 aconitum napellus] aeconitum napellum 13 unbeschreiblichen] ubshriblisch 20 Hyoscyamus niger] hydrocyan . nigr 21–22 Aconitum napellus] Aconit . Lab . 26 plexus solaris] flexus solare 27 Organismus] Organanism

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man sonst in wachem Zustand nur auf mittelbare Weise wissen kann . Der Mensch ist nämlich ein wirklicher , dazu gehört eine ihn umgebende Welt , und die macht zugleich den Inhalt seiner innerlichen Wirklichkeit aus , so die bande der Liebe der Freundschaft etc . machen die Wirklichkeit des Menschen aus ; steht ein Leben nun ganz in diesem bande , so kann es sein , daß wenn diese Gegenstände (Personen hier) sterben , ich selbst mit dazu zu Grunde gehe . | diese bande sind nämlich ein Leben , wenn sie gerissen so geht nicht bloß ein äußerliches für mich unter , sondern es stirbt dabei ein Zweig meiner ab und eine Wirklichkeit geht verloren . diese Erscheinungen kommen häufig vor , daß man den Verlust von geliebten Menschen nicht überleben kann . Nun ist aber noch ein andres das , daß 2 Menschen in ihrem Leben so zusammenhängen , daß der eine weiß , was in dem andren vorgeht , das ist , was als A h nd u n g vorkommt . Ein geliebter Mensch an dem das Herz hängt , kann weit entfernt sein ; er gehört zu meiner Wirklichkeit ; der Mensch von kräftigem Selbstäußerliche Welt , sondern insofern sie nur innerlich ist , oder Wirklichkeit des Genius ist , 1 auf mittelbare Weise] Wl : unter vielfachen Bedingungen 2–6 ist nämlich … dazu] Er : steht der äußerlichen Welt nicht nur als leer entgegen sondern der Inhalt derselben ist sein eigner innerlicher Inhalt . Bande an Familie pp machen meine Wirklichkeit aus und es kann seyn daß wenn mir solches Band reißt das als eine Person existirt , ich dadurch 2 nämlich ein … ihn] Wl : wirklich . Zur Wirklichkeit gehört eine 2–3 macht zugleich den] Wl : ist nicht nur äußerlich , sondern sie macht 4–5 Freundschaft etc . … es] Wl : Freundschaft , Familie , p machen meine Wirklichkeit aus : und es kann der Fall 5–6 Gegenstände (Personen … gehe .] Wl : Welt (sofern mein Leben ganz steht in diesem Bande) stirbt , meine innre Wirklichkeit damit eben so gut zu Grunde gegangen ist . / | 6–11 sind nämlich … ist ,] Er : ist Realität in mir , wenn so eine nun reißt , jene Person stirbt , so stirbt ein Zweig meines Lebens , und kann meine Wirklichkeit selbst verloren gehn . das ist nicht selten daß das Individuum bei einem solchen Verlust auch seine eigne Wirklichkeit verloren hat , aber das kommt auch auf andre Weise vor . Jener Inhalt macht auch m e i n e Wirklichkeit aus ; da kann es nun Menschen geben welche , wenn in dieser Äußerlichkeit eine Veränderung vorgeht , von dieser in ihrer Innerlichkeit ihrem Genius wissen . So ist nun zu fassen 6–9 sind nämlich … daß] Wl : ist Realität in mir . Wenn solche Bande zu Grunde geht , solche Menschen sterben , stirbt ein Zweig mit mir ab : und wenn diese Hauptzweige in denen mein Leben vornehmlich ist zu Grunde gehen , ist meine Wirklichkeit selbst verloren . – Davon viele Erscheinungen . Daß 9 geliebten Menschen] Wl : einem geliebten Gegenstand 10–12 Nun ist … weit] Wl : Noch auf andere Weise kommt dieß vor . Dieser Inhalt sc . als vorhandene Wirklichkeit macht auch meine Wirklichkeit aus : es ist absoluter Zusammenhang zwischen beiden , eine und dieselbe Wirklichkeit . Da kann es Menschen geben , die wenn mit diesem Inhalt , als äußerlicher Wirklichkeit , Verändrung vorgeht , daß sie von diesen Verändrungen wissen . Genius ist der ganze Umfang . Was im Umfang vorgeht , weiß auch der Genius . Dahin gehören die Ahndungen . Ein Verwandter kann 12–685,4 geliebter Mensch … Ahndung ;] Er : Mensch von kräftigem besonnenen Selbstgefühl ist gebunden an die gewöhnlichen Bedingungen des Wissens , aber man hat viele Beispiele daß in der Entfernung in dem Verlust erleidenden Subject unmittelbar die Empfi ndung desselben vor sich ging , daß es ein Geräusch oder dergleichen zu hören glaubte pp 13 er] Wl : seine Existenz 13–685,4 der Mensch … Ahndung ;] Wl : Man hat Beispiele in 41 Man] davor gestr : Als ein krftigr Gegenstd ist dieser Gegenstd all . Soll ich wissen ; darüber nicht gestr : Gliebtr S

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gefühl muß , soll er von ihr wissen , gebunden sein an den Raum und die Zeit , er muß sehn und sprechen . Aber andre haben unmittelbare Empfindungen von dem was dem Geliebten begegnet , Tod oder dergleichen , oder sie glaubten einen Knall etc . zu hören , das ging aber nur in ihnen selbst vor und ist die S t i m m e der Ahndung ; die Wurzel hiervon ist der Genius , der nicht an das Räumliche gebunden ist ; die Entfernung des Fingers von meinem Gehirn hindert den Genius nicht auf ihn einzuwirken . Ein andrer Zustand ist der , daß man Empfindung von Gegenständen haben kann , die man in gesundem Zustand nicht hat , sondern wo man die Vermittlungen des besonnenen bewußtseins durchgehen muß . Dahin gehört : daß es Menschen gegeben hat und noch geben kann , d ie e i n G e f ü h l h a b e n , we n n s i e s ich ü b e r Wa s s e r , M e t a l l o d e r S a l z s ich b e f i n d e n . Das hängt zusammen mit der Wünschel ruthe (Hasel ruthengerte) mit 2 Gabeln ; diese biegt sich so stark , wenn sie über Metall oder Wasser ist , daß man sie nicht halten kann . Nervenschwache Menschen werden durch die Nähe von jenen Gegenständen eine beschwerniß in ihrem Körper empfinden , besonders in den Beinen , so daß sie Mühe haben , weiter fortzugehen . Salis Oberst in der Schweiz (1730 und 40) hatte einen bedienten , der so nervenschwach war ; Campetti Mitglied der Akademie in München ein Italiener auch . | Es gibt aber auch eine allgemeine Schwäche des Organismus – bei der Un-

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[denen er] Hk : indem ein Geliebter] gestorben ist , unmittelbar im Subject das Verlust erlitt unmittelbare 20 Empfindung solchen Verlustes vor sich ging ; oder daß auch solch Individuum ein Geräusch p zu hören

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glaubte . Dieß Hören ist offenbar nichts Äußerliches , im Subject etwas . Facta lassen sich nicht leugnen . 5–9 hiervon ist … bewußtseins] Er : wie dies zu fassen ist das gesagte : der Genius ist nicht gebunden an die Vermittlungen des besonnenen Bewußtseyns . Ein weitres hier sich Anschließendes ist das daß solche Empfi ndungen von Gegenständen im Körper seyn können von denen man sonst auf ganz andre Weise Kenntniß und Notiz haben kann ; ein Nervenschwacher kann so Empfi ndungen haben , wo der besonnene viele Vermittlungen 5–7 hiervon ist … man] Wl : ist das Gesagte : der Genius ist nicht an Raum und Zeit gebunden , an Vermittlung die dem besonnenen Bewußtsein angehört . / Ein weitres 3t e s , ist : daß solche 7–8 haben kann , … die] Wl : im Körper sein können , von denen man sonst auf ganz andere Weise Kenntniß haben muß . Bei allgemeiner Schwäche (Nervenschwäche) kann man Empfindungen von Gegenständen haben , die Gesunder zu haben viel 9 Dahin] Wl : – Empfindungen von Gegenständen die nicht den Menschen äußerliche Gegenstände sind , nicht Zusammenhang von dem so eben geredet ist . dahin 9–10 gehört : daß … s i c h ] Er : gehören Menschen die ein Gefühl dafür haben | ob sie 9–10 gegeben hat … kann ,] Wl : gibt 11–686,5 o d e r S a l z … von] Er : pp sind . Es sind dies nervenschwache Menschen die dadurch in ihrem Körper eine Uebelkeit oder dergleichen empfi nden . Campetti . / diese Schwäche ist eine Hemmung des Zusammenhangs mit der Außenwelt . Sie zeigt sich nun wie gesagt in solcher Empfi ndlichkeit gegen allerlei . Ein weitres Verhältniß solcher 11–15 der Wünschelruthe … Beinen ,] Wl : Wün schelruthe . – Hauptsache ist , daß es Menschen gibt , die es fühlen , wenn sie sich über Wasser p befinden . Es sind das nervenschwache Menschen , die in Nähe solcher Gegenstände , in ihrem Körper Uebelkeit , Beschwerniß fühlen , oder : eine Schwere im Bein , 16–18 Salis Oberst … eine] Wl : – Campetti . / Die 18–686,5 Organismus – bei … von] Wl : Organismus ist verbunden mit Empfindlichkeit gegen Äußerlichkeit . Wenn Mensch krank ist so ist sein Zusammenhang mit der Außenwelt unterbrochen ,

71Er den 10ten December 1827 .Er

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terbrechung seines Zusammenhanges mit der Natur ist der Mensch da sehr empfindsam . der Physiker Ritter hat diesen Campetti nach München kommen lassen und Versuche mit ihm gemacht und diese haben es constatirt , daß wenn Metall unter der Erde vergraben wurde und man hieß ihn auf dem Felde herumspazieren er immer den Fleck richtig traf . Eine andre Art von Schwäche ist , daß Individuen eine solche Unselbständigkeit ihrer gehabt haben , daß sie in der Mitempfindung mit andren gelebt haben . Der gesunde kräftige Mensch ist individuelles Für sich sein und seine Zuneigung und Liebe gegen andre ist in ihm vorhanden nach einer unabhängigen Existenz ; bei dieser Schwäche aber ist der Fall daß in dem Individuum die Empfindungen eines andren sind auf eine unvermittelte Weise , so daß er in seinem Gefühlleben in seinem Genius die bestimmungen eines andren hat . Herr Professor Kluges Geschichte des Magnetismus hat dies zwar auf eine kurze trockne Weise darge than (mit Angabe einer großen Litteratur) ; einer seiner Freunde soll erzählt haben , daß ein junger Arzt mit seiner Schwester , die sehr entfernt war in solchem Mitgefühl gelebt habe , daß sie immer unruhig und ängstlich geworden , während er krank gewesen . Dr . Beccaurd soll 2 junge Frauen behandelt haben , von denen die eine um das Schicksal der andren wußte 3 , 4 Tage voraus , obgleich sie entfernt von einander waren . Mit diesem Vorausempfinden weiß man nicht was man anfangen soll ; das Vorausempfinden von Dingen und Krankheiten ist aber dadurch möglich , daß eine solche Krankheit , die nicht plötzlich entsteht , wenn sie sich entwickelt ,

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der mit Essen und Trinken zusammenhängt ; aber er ist selbst sensible für Luft , Wärme p dieser Art von Schwäche waren die Beispiele von jenem Wasserfühlen p – Campetti von Ritter nach München gebracht (Siderismus .) fand vergrabenes Erz . Bedienter des Grafen von Salis – / Ein weitres Verhältniß solcher 6 ihrer gehabt haben ,] Er : gehabt , der] Wl : Gemeinsamkeit mit anderen , in 7 gelebt] ErWl : gestanden 7–9 kräftige Mensch … Existenz ;] Er : Mensch ist abgesondertes Für sich seyn , die Empfi ndungen der Seele pp sind in ihm als Individuum . 7–8 individuelles Für … Liebe] Wl : für sich , und sein Zusammenhang , Zuneigung p 8–9 nach einer … dem] Wl : aber zugleich nach unabhängiger Existenz , sind Empfindungen die aus ihm als Individuum hervorgehen ; – derlei aber sind im 9–10 ist der … eine] Er : sind die Empfi ndungen , Zustände eines andern in dem Individuum und zwar auf 10 sind] Wl : und 10–11 er in … Professor] Er : sein Genius nicht selbstständig ist . Wl : hier | in seinem Gefühl seinem Genius lebend , zugleich hat daß diese empfindende Totalität ( Genius) nicht eine in ihm selbstständige ist . – 12–18 hat dies … Vorausempfinden] Er : enthält viele solche Beispiele . – Das Vorausempfi nden ist sehr merkwürdig , und oft 12–14 hat dies … Arzt] Wl : ein brauchbares Buch , worin zwar trocken die vielerlei Symptome des animalischen Magnetismus verständig zusammen sind . Hier : »ein Arzt stand 14–19 Schwester , die … Krankheiten] Wl : Schwester in Mitleidenschaft , daß ihn Unruhe befiel , sobald sie krank wurde p Vorausempfi nden auch in der Zeit , von eigenen Krankheiten oder von Krankheiten von andren mit denen man in solcher Sympathie steht 18 man 2 ] Er : man damit 19 von Dingen und ] Er : von 20 solche Krankheit , die] Wl : Krankheit in einem Individuum Krankheit , die] Er : Krankheit 20–687,12 wenn sie … hat] Er : sondern Zeit gebraucht sich zu entwickeln . da kann der Genius schon ein Gefühl der 16 Dr . Beccaurd] siehe Anm .

20 entwickelt] folgt ein unleserliches Zeichen

31 hier] hier in

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der Genius schon dies Gefühl der Individualität von dieser Krankheit hat , von der der besonnene wache Mensch noch nichts weiß . Nun haben wir noch die Erscheinungen des a n i m a l i s ch e n M a g n e t i s m u s zu betrachten . A l l e K r a n k e n i n e i n e r g e w i s s e n S chw ä c h e s ol l e n g a n z b e s o n d e r s vo n d e m Me t a l l a n g e g r i f fe n we r d e n . M e s m e r h a t z u e r s t M a g ne t e a n g e wa n d t b e i k ra n ke n O r g a n i s m e n u n d e s h a t g r o ß e M a cht u n d W i r k s a m k e i t h e r vo r g e b r a c ht , d a r u m we rd e n b e i K r a n ke n i m m a g n e t i s ch e n Zu s t a n d a l l e Me t a l le e n t fe r n t , u n d s e l b s t e i n R i n g a m F i n g e r i s t d e m K r a n k e n b e s c hwe r l i c h . 1760 hat Mesmer seine Kuren angefangen und man hat gezeigt , daß dieser Magnetismus schon älter ist und mit dem Handauflegen der alten Priester und Propheten zusammenhängt – Mesmer hat eine harte Geschichte in Wien durchzumachen gehabt cf . seine Geschichte (1781) wo er die empörende begebenheit erzählt . – – Mamsel Paradis ist in seine Kur gegeben worden , die vom 4t e n Jahr blind gewesen und convulsivischen Augen bewegungen ausgesetzt war und ganz melancholisch

Krankheit haben . die weiteren Erscheinungen sind die des animalischen Magnetismus . dieser Name kommt daher daß bei der ersten Kenntniß dieser Erscheinungen Metalle und namentlich Magnete gebraucht sind . Mesmer hat auf diese Erscheinungen zuerst aufmerksam gemacht . Er hat damit angefangen Magnete zu gebrauchen . Erst später hat man sich erinnert daß manche frühere Erscheinungen damit zusammenhängen . Bei seinem ersten Auftreten hat Mesmer 686,20–1 wenn sie … dieser] Wl : wobei also der Genius in sich schon (die Gefühle der Individuen in sich selbst) in sich schon Gefühl der 1 von der] Wl : die 2–3 noch nichts … des] Wl : nicht fühlt . / Weitre Erscheinungen die daher gehören , sind die des eigentlichen 3–5 zu betrachten . … z u e r s t ] Wl : oder Mesmerismus p . Animalischer Magnetismus daher , daß indem man die eine Kenntniß von diesem Zustande bekommen hat , vornehmlich Metall und Magnete zwar angewandt ist . – Empfi ndlichkeit gegen Metalle haben wir schon berührt . Mesmer , der diese Erscheinung zu1 . in dieser Ausdehnung gesehn und darauf aufmerksam gemacht , hat 5–12 b e i k ra n k e n … hat] Wl : (was noch heut zu Tage geschieht mit Magneten bei Kranken . Bei magnetischem Zustand ist überhaupt starke Empfindlichkeit gegen Metall .) animalisch weil Magnet auf animalischen Organismus angewandt ist . Mesmer fing seine Kuren in den 60e r n des vorigen Jahrhunderts an und nachher erinnerte man sich an frühere Kuren der Art : Heilen durch Handauflegen p . – Bei seinem 1 . Auftreten hatte Mesmer 12–688,1 in Wien … Mesmer] Wl : durchzumachen , wodurch er aufs Grausamste afficirt wurde (Histoire des affaires magnet . par Mesmer) Er hat mehrere Heilungen veranstaltet : da ist Demoiselle Paradis die seit 5t e n Jahre blind war am schwarzen Staar , so daß Augen hervorfielen und convulsivisch sich bewegten : – litt an vielen Obstructionen . Stark hatte sie 10 Jahre vergeblich behandelt . Er 12–13 in Wien … die] Er : durchzumachen gehabt , die ihn sehr afficirt hat . Er beschreibt selbst diese 13–688,16 erzählt . – – … unterworfen ,] Er : mit der Demoiselle Paradies . – der Magnetismus ist heutigen Tages in Mißcredit gekommen , und einerseits mit Recht wegen der Täuschungen und der Mißbräuche . Sie thun aber den constatirten Erscheinungen keinen Eintrag . – In einer hellsehenden Person kommen auch viele Täuschungen vor , 1 von statt eines unleserlichen Zeichens 15 convulsivischen] consulvisch 32 Histoire] Historieux 33 Paradis] Parahis 35 Stark] Lesart unsicher ; s . Anm . 39 Person] Personen

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war ; sie hat 3000 Stöße durch Elektricität bekommen – Mesmer gab ihr das Gesicht wieder unter Gegenwart einer ganzen Facultät – Jetzt ist er der Rohheit des Vaters ausgesetzt worden welcher befürchtete , das Mädchen mögte die Pension nun verlieren , welche die Kaiserin ihr bisher geben ließ . Mesmer ging nachher nach Paris Vorlesungen über seine Kurmethode gehalten ; Darneau erstes Mitglied der constituirenden Versammlung ist selbst sein Zuhörer gewesen und so mehrere Generale . diese haben nun die Sache noch weiter geführt – Mesmer hat sich da freilich etwas ungeschickt betragen und ein großes Krankenhaus verlangt , dessen bau | er auf mehrere Millionen angeschlagen hat , worauf sich die Regierung freilich nicht einlassen wollte , und sich einen bericht über ihn von der medizinischen Facultät hat geben lassen , der ungünstig ausgefallen ist . dieser Magnetismus ist nun sehr verschrien , und zum Theil mit Recht ; es hat sich viel Mißliebiges und Phantastisches angemischt , und die große Gewalt des Magnetiseurs über seine Kranken ist häufig sehr unehrlich gemißbraucht worden . die Menschen , die im Zustand des Hellsehens sind , sind auch vielen Täuschungen unterworfen , aber ihre Unbefangenheit ist diesen Menschen auch oft benommen worden damit daß man ihre Eitelkeit aufgeregt hat . – die Haupterscheinungen sind : das E i n s ch l a fe n (der magnetische Schlaf) obgleich nicht ein wesentliches Symptom , daß an einem Individuum der Magnetismus anwendbar sei und umgekehrt . |

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2 unter Gegenwart … der] Wl : vor 1000 Zeugen . Mißverhältnisse dadurch . 3 ausgesetzt worden welcher] Wl : (der 4 Mesmer] Wl : die Mutter stieß das Mädchen an Wand mit Kopf , daß Convulsionen etc . erfolgten , und das Mädchen wieder blind wurde . – So in Wien . Mesmer 5–19 Vorlesungen über … umgekehrt .] Wl : wo er seine Methode einer ganzen Gesellschaft vortrug . Diese haben zum Theil die Versuche und Kenntnisse dieses Zustandes weiter geführt als Mesmer , der sich zum Theil in mehrerer Rücksicht unpassend betrug (Wollte Krankenhaus im Großen haben für mehrere Millionen Livres) Vornehmlich diese Männer also haben diese Behandlungsart weiter ausgebildet und bekannt gemacht . – Heute zu Tage ist dieser animalische Magnetism in großen Miscredit gefallen , zum Theil mit Recht durch Mißbrauch . Dieser Mißbrauch aber und auch das Fantastische das man hineinbrachte , kann dem Aechten keinen Einbruch thun . – Eine Person die zum Hellsehn kommt , kann durch üble Behandlung und ungeschicktes Benehmen , in die Eitelkeit gebracht werden , in ihrem innern Sinn vollkommen verkehrt werden . Ueberhaupt kommen da viele Täuschungen vor bei ihren Aussagen . aber Unbefangenheit kann auch genommen werden durch Aufregen der Eitelkeit . – / Viele von den schon angegebenen Umständen kommen im Zustande des Somnambulismus auch vor . 1 .) die Haupterscheinung das Schlafen ; doch ist es nicht gerade nothwendig , zu beweisen , daß magnetische Behandlung wirksam sei in einem Individuum . Ein Individuum kann Monate lang ohne Schlaf behandelt werden und nicht ohne Wirkung . – / | 17 die Haupterscheinungen sind :] Er : Eine HauptErscheinung ist 18–19 (der magnetische … umgekehrt .] Er : doch ist das | Schlafen nicht allein Beweis daß die magnetische Cur wirke . Soll der Zustand entwickelt sich darstellen so muß die Person in Schlaf gerathen .

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4 ließ .] folgt gestr : Die Mutter

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5 Darneau] siehe Anm .

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dieser Schlaf hat dann zunächst Ähnlichkeit mit dem Zustand des gewöhnlichen Somnambulismus oder dem Zustand des Schlafwanderns , bei dem der Sinn des Gesichts paralysirt ist , und daß sie dabei ein waches thätiges bewußtsein haben ; in dem sie so nach außen thätig sind verhalten sie sich ganz richtig in beziehung auf alle äußern Umstände ; das Gefühl überhaupt vertritt bei ihnen den Sinn des Gesichts ; sie sehen mit dem ganzen Leibe . Es hat Schlafwanderer gegeben die sich ordentlich ankleiden die nach allem ganz richtig greifen wie in wachem Zustand . das Auge ist starr und kataleptisch – Briefe schreiben , lesen ohne mit Augen zu sehn siegeln , etc . sie hören auch Musik , die man ihnen macht , sie antworten auf Fragen , die man an sie macht , oft ganz richtig ; oft aber sehr verworren und täuschend . die aber magnetisch somnambül sind , verhalten sich nicht träumend ; es ist in ihren Vorstellungen nicht eine zufällige Verbindung (verstandeslose) sondern sie sind in sich und wissen von sich , von ihrem Gefühlsleben , von ihrem Genius , sie sind dabei nicht nach außen thätig , wie die Schlafwanderer ; die Sinne sind gar nicht wach bei ihnen und es ist kein Verhältniß derselben zu der sie umgebenden Welt . Mit diesem

1 hat dann zunächst] ErWl : hat dem Zustand … gewöhnlichen] Wl : gewöhnlichem 1–2 des gewöhnlichen … dem] Er : der Schlafwandrer . Es ist bei diesen 2 des Schlafwanderns , … dem] Wl : der Schlafwanderer . Bei ihnen ist es der Fall , daß 3–10 paralysirt ist , … täuschend .] Er : paralysirt , sie haben aber eine Richtung nach Außen und verhalten sich so zum Theil ganz richtig gegen die Außenwelt und das übrige Gefühl ersetzt das Gesicht , particularisirt sich zu diesem specifi schen was wir sehen nennen . – Vieles ist in diesem Schlafwandern ganz richtig , vieles aber voller Täuschung , und so ist oft Unglück entstanden . – Vieles thun sie aber ganz richtig . 3 und daß] Wl : daß 3–11 thätiges bewußtsein … sind ,] Wl : nach außen thätiges Bewußtsein , Bewußtsein das nach außen thätig ist . Das andere Gefühlsvermögen vertritt Stelle des Gesichts , oder sie fühlen und das Gefühl particularisirt sich zu specivischem Gefühl des Sehens . Oft hören Nachtwandler sprechen , oft nicht , hören Musik oft richtig oft nicht ; antworten auf Fragen , aber machen auch oft Verwechselungen . Vermischung also von Richtigkeit und Unrichtigkeiten . Sehen ist parallesirt . Die magnetischen Somnambulen aber 11–12 träumend ; es … nicht] Er : sowohl träumend , so daß es träumend ; es … Vorstellungen] Wl : sowohl träumend . Sie schlafen auch . Es ist in ihren Vorstellungen 12–13 (verstandeslose) sondern … und ] Er : von Vorstellungen ist , sondern sie 12 (verstandeslose)] Wl : die verstandeslos wäre wie im Träumen , 13 ihrem Gefühlsleben ,] Er : dem was sie sind , aber als Gefühlswesen , ihrem 2 ] Wl : dem was sie sind aber als Gefühlsleben in sich d . h . von ihrem 13–690,1 sie sind … nun] Er : es ist ein theoretisches Wissen von dem fühlenden Genius in sich selbst . Sie wissen von ihrem Genius d . h . dem wirklichen Menschen aber dieser wirkliche Mensch ist isolirt ist ohne verständiges Verhältniß zur äußern Welt . Indem der Mensch so ins Gefühlsleben versunken ist ist damit 14 thätig ,] Wl : gerichtet 14–15 die Sinne … sie] Wl : Sie haben ein theoretisches Wissen vom Fühlen , vom Genius in sich selbst . Da ist nun dieß unbegreifliche , 1 .) daß sie von ihrer innren Totalität in sich , dieser Wirklichkeit , diesem Genius in sich wissen . Er ist in sich isolirt der wirkliche Mensch ohne Bewußtsein der äußerlichen Welt , ohne Wachsein der Sinne und ohne wache Verhältnisse zu dieser seiner Wirklichkeit als einer äußerlichen ihn 15–690,1 Mit diesem … Mensch] Wl : Indem so der Mensch also in sich als Gefühlsleben versenkt ist , ist 2 .) damit verbunden , daß es 34 ist isolirt am linken Rande

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73Er den 11 . December . 1827 .Er

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Gefühlsleben ist nun verbunden , daß der Mensch ebendamit nicht die wahrhafte geistige Unabhängigkeit seines bewußtseins besitzt , sondern in einer Gemeinsamkeit mit einem andren ist ; wie das Kind im Mutterleib das accidens seiner Mutter ist , so haben s ie ihr Sein in einem andren . dieses In sich sein und zugleich in einem andern Sein sind die beiden Hauptzustände beim Magnetismus . – Das Nähre ist nun : daß eine Person in diesen magnetischen Zustand durch d i e M a n ipu l a t io n des Magnetiseurs versetzt wird . Um dies zu verstehen müssen wir bedenken , daß der schwache Kranke sich in einem Gefühlszustand befindet , der mit seiner Leiblichkeit identisch ist , und auch von dieser Seite leiblich gefaßt werden kann . – | die Subjecte werden beim Kopf angetastet und angestrichen bis zu den Zehen . | diese Manipulation soll nichts Unanständiges haben ; man soll ein Zoll entfernt vom Körper bleiben das ist die Regel . das Physiologische dabei läßt sich schwer aus einander setzen ; das Individuum ist ein Schweben im Lebensduft . Besonders wichtig ist das Angreifen seine Schwäche ist , daß er 1 der Mensch … wahrhafte] Er : er Zwe i t e n s nicht die 2 Unabhängigkeit seines … sondern] Wl : Freiheit , Bewußtsein besitzt , sondern in Abhängigkeit von einem Anderen , 2–3 seines bewußtseins … ist ;] Er : ist sondern abhängig vom andern , gleichsam das Accidens zu einem andern , 3–6 andren ist ; … nun :] Wl : anderen , zum Accidenz eines andren wird (wie Kind im Mutterleibe) so daß sie ihr Sein zugleich in einem anderen haben ; in diese Hypochondrie verfallend , sind sie zugleich in der Schwäche nicht sich selbst zugehörend , sondern zugleich in Macht eines anderen zu stehen . – / Näher : bekannt , Mutterleib das … nun :] Er : Mutterleibe , sie sind dies nicht sich selbst anzugehören sondern in der Macht eines andern zu seyn . dies sind dann die beiden Bestimmungen die hierin verbunden sind . – Was das Nähere betrifft so ist bekannt 6 diesen magnetischen] Wl : diesen 6–7 d i e M a n i p u l a t i o n … Magnetiseurs] ErWl : eine andre 7–9 Um dies … gefaßt] Er : – es gibt auch Fälle wo er sich auf natürliche Weise einstellt . das Gewöhnliche ist aber daß sie in diesen Zustand durch die Manipulation versetzt wird . / der Mensch ist in diesem Zustand ein Gefühlsleben das psychisch ist einerseits , aber als mit der Leiblichkeit identisch , an dieser gefaßt und durch sie in die Macht eines andern gebracht 7–8 Um dies … der] Wl : Es gibt auch Zustände des Somnambulismus , die auf natürliche Weise vorhanden sind . (Krankhafte Zustände besonders bei Weibern , in Jahren ihrer Entwicklung ; Frauen in Schwangerschaft ;) das gewöhnliche durch Manipulation des Magnetiseurs . Um dieß zu fassen , wie’s möglich ist , – muß man sich auf diesem Standpuncte ganz festhalten . Menschen in dieser Kränklichkeit ein Gefühlsleben das psychisch einerseits ist aber das zugleich 9–12 auch von … Regel .] Wl : das also von Seiten dieser seiner Leiblichkeit gefaßt werden kann und in Macht eines anderen Individuums steht : / Erste Weise diesen Zustand hervorzubringen ist Manipulation . – Sie hat und soll haben nichts Unanständiges . – Die Manipulation ist einleitend . 9–10 die Subjecte … Zehen .] Er : | das zu magnetisirende Subject wird mit den Händen manipulirt . 11–691,1 soll nichts … Augenbrauen .] Er : hat nichts Unanständiges , es ist eigentlich gar keine Berührung nöthig . diese Manipulation ist das Einleitende , das Einwirken ist physiologisch schwer zu bestimmen . die Erregung der Wärme , der Electricität pp sind hier nicht angemeßne Kategorien . die Herzgrube ist sehr wichtig . 12–691,1 dabei läßt … Augenbrauen .] Wl : ist schwer zu determinisiren . Ich enthalte mich des Näheren . Es ist Sfäre von Lebensduft . Sensibel besonders die Herzgrube . 13 Individuum] Ididium Absätzen

19 sind sie … sondern mit Einfügungszeichen im Leerraum zwischen zwei

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der Herzgrube der Stirnen und der Augenbrauen . Ist eine Person sehr sensibel oder ist der Magnetiseur in Rapport mit ihr , so kann die Wirkung schon statt finden in einer Entfernung von 1–6 Fuß ; das Verhalten der flachen Hand in dieser Entfernung kann schon den Schlaf hervorbringen . Eine Schule der französischen Magnetiseurs hatte den Grundsatz : gar keine Manipulation anzuwenden , sondern bloß zu Glauben und zu Wollen c r oye z et vou le z – anzureizen . Der Magnetiseur muß auch ernstlichen Willen haben ; entgegen darf man nicht streichen . Indeß jedes Subject kann man nicht magnetisiren ; nervenschwache Frauenzimmer sind besonders dazu geeignet ; man kann aber auch Wirkung hervorbringen , ohne Schlafen und Hellsehn zu bewirken . die Patienten fühlen da eine Wärme , wo der Magnetiseur mit der Hand hinfährt , die nicht von der Hand kommt – die allgemeine Wirkung ist eine Erregung , eine Erwärmung überhaupt , auch eine Erhöhung der Empfindlichkeit besonders in beziehung auf den Geschlechtstrieb , eine Rücksicht , die besonders ein sittlicher Mann zu beachten hat . Ist eine Person zu Magnetismus fähig so muß sie einschlafen auch wenn sie nicht will ; es ist etwas Unwillkührliches ; einige haben freilich gemeint , man schlafe da vor langer Weile ein . Dieser Schlaf kann nun an und für sich schon heilend wirken – den 3t e n Tag nachher muß die Person wieder in Schlaf gebracht werden sonst empfindet sie ein unruhiges ängstliches Gefühl das

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1–4 oder ist … hervorbringen .] Er : so braucht es sehr weniger Manipulationen , bloßes Entgegen20 halten der Hand kann sie da oft in Schlaf bringen , stärkere Manipulationen bringen da oft Con-

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vulsionen hervor . Wl : oder der Magnetiseur schon in Rapport , ist nahe Wirkung schon zu stark . Das Abarbeiten ist überflüssig . – 5–11 hatte den … allgemeine] Er : hat gar nicht manipulirt und gesagt es gehöre dazu nur das Wollen und Glauben . – Es muß vom Kopf herab manipulirt werden und mit dem ernstlichen Willen . Bei Manipuliren von unten herauf können auch Convulsionen sich einstellen . Es kann seyn daß man gar keine Wirkungen , oder kein Schlafen , oder kein Hellsehen hervorbringt . Es können die Magnetisirten die Empfi ndung einer Wärme an dem Theil empfi nden worüber die magnetisirende Hand sich befi ndet . – Die 5 hatte den … bloß] Wl : braucht keine Manipulation . Sie sagten es gehört nichts dazu als 6–7 Wollen c r o ye z … ernst lichen] Wl : wollen . Sie fi xirten mit Augen nur und sagten : croyez et reveillez . – Der Länge nach muß vom Kopf | herabgegangen werden . Fingerspitze und Daumen besonders stark . Magnetiseur muß 7–11 man nicht … die 2 ] Wl : nicht gestrichen werden , wenn nicht aufgehört werden soll und große Convulsionen eintreten sollen . – Es kann auch sein daß keine Wirkung hervorgebracht wird (weil nicht alle magnetisiren können .) Auch Wirkungen ohne Schlaf ; Schlaf ohne Hellsehen . – die Personen die magnetisirt werden , empfinden da Wärme , wo Magnetiseurs Hand sich befi ndet . 12–15 Erregung , eine … es] Er : Erhöhung , auch eine die sich auf den Geschlechtstrieb bezieht . / darauf kommt es dann zum Schlaf und wenn die Person nur empfänglich ist hängt dies gar nicht von ihrer Willkühr ab , 13–16 besonders in … ein .] Wl : (besonders der Empfi ndungen die sich auf Geschlechtstrieb beziehen) . darauf folgt Schlaf . Ist sie empfänglich steht das Wachbleiben nicht in ihrer Willkühr . Es ist das etwas unwillkührliches das Einschlafen . – 15–692,1 einige haben … kann .] Er : dieser Schlaf kann die ganze Wirkung seyn und für sich schon die Heilung vollenden . – Es gewöhnt sich auch der Kranke an die Zeit des Schlafs . 16–18 nun an … unruhiges] Wl : die ganze Wirkung sein und das Heilende für sich enthalten und Heilung vollenden . Es muß die Person den

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bis zu Convulsionen fortgehn kann . Die Hauptwirkung dieser Heilkraft ist eben dieses Schlafen . die Krankheit ist die Unterbrechung der Einheit der Gesundheit ; der Schlaf führt in diese Einheit überhaupt zurück . bei diesem Schlafen kann es nun bleiben ; aber es kann auch das Hellsehn werden ; was eben die bewunderung und den Unglauben erweckt hat ; es sind allerdings manche Ungehörigkeiten und betrügereien dabei vorgekommen . Es sind dies überhaupt Sachen die einer gesehn haben muß , um sie zu glauben . das Hellsehn hat Mesner noch nicht gekannt ; sondern der General Pisicur sein Schüler in Frankreich hat zuerst diese Entdeckung gemacht ; es tritt erst oft nach mehreren Tagen ein und besteht darin , daß die Personen bloß antworten wenn der Magnetiseur (kein andrer) sie frägt , oder wenn er andre Personen bei der Hand nimmt oder sich in Verbindung durch Metall mit ihnen setzt , so antworten sie diesem auch . Es gibt da mancherlei merkwürdige beispiele . Ein Magnetiseur hat etwas Geschriebenes in seine goldene Tabatiere gelegt und diese durch einen Draht mit der | Person in Verbindung gebracht und ihr ihn auf die Herzgrube gelegt und die Person hat nun die Schrift lesen können , als sie gefragt worden . Nun fragt sich : was sehn diese Personen in sich , wenn sie hell sehn ; sie sind in ihrer Individualität und empfinden was zu ihrer Wirklichkeit gehört . Man hat

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anderen Tag p in derselben Zeit in den Zustand gesetzt werden . Ist’s nicht , so fühlt sie in der Zeit unruhiges schmerzliches 1 fortgehn kann .] Wl : fortgeht . – 1–3 dieser Heilkraft … zurück .] ErWl : ist [nun dieser Schlaf . Es wird der Mensch im Schlaf in diese] Wl : dieß Schlafen überhaupt . In diesem Schlafen wird der Mensch auch in die] substanzielle Einheit mit sich [zurückgebracht .] Wl : selbst zurückgesetzt , in Einheit des durchdringenden Lebensproceßes geführt .] 3–4 es nun … bewunderung] Wl : auch Hellsehen erfolgen ; das was besondere Verwunderung es nun … kann] Er : nun 4–6 werden ; was … überhaupt] Er : hervorgebracht werden , der besondres Aufsehn gemacht hat , und es ist der Magnetismus eine von den 5–6 hat ; es … einer] Wl : hat , und wo auch viele Täuschungen und Irrungen vorfielen . Es ist mit Magnetism immer dunkles , und etwas das man 7 das Hellsehn … noch] ErWl : Es geschieht auch daß [aufgeklärte Leute die es sehn , es nicht glauben . / |] Wl : wenn man es sieht , man es doch nicht glaubt . –] das Hellsehen ist das Versenktseyn in diese [ Innerlichkeit . Mesmer hatte es noch] Wl : Innerlichkeit , in empfindende Individualität . Mesmer hat das Hellsehen] 8–16 sondern der … worden .] Wl : Gewöhnlich sprechen sie im Schlaf nicht ; oft nach mehreren Tagen erst tritt das Hellsehen ein , oft gleich . Sie fangen gewöhnlich nicht an zu sprechen , sondern antworten wenn Magnetiseur sie fragt , und hören nur Magnetiseur und die , die in Rapport mit ihnen gesetzt sind durch Hand des Magnetiseurs oder durch Verbindung mit Metall . Überhaupt das körperliche , materielle Moment tritt wesentlich ein . Seide dagegen isolirt . – 8 sondern der … Pisicur] Er : erst 8–16 in Frankreich … worden .] Er : hat es ganz zufällig entdeckt . Gewöhnlich tritt es erst nach mehrtägigem Magnetisiren ein , und da fangen sie nicht an zu sprechen sondern antworten nur und zwar nur dem Magnetiseur oder dem der mit diesem in Rapport steht . das Materielle tritt hier hervor und es kann durch Metall der Rapport hervorgebracht werden , Seide da gegen ist isolirend . – 17–693,1 sehn diese … gehabt :] ErWl : sie nun in sich sehen . [ Der Bereich 8 Pisicur] siehe Anm .

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die absurde Vorstellung gehabt : dieser Zustand sei ein höherer Zustand , eine Verbindung mit Gott , daß er Anschauung vom Wesen Gottes und der Geheimnisse der Natur erhalte . Aber es ist eher eine Depreßion des Menschen und nicht eine Erhebung . Religiöse Personen , die in ihrem Innren viel gearbeitet haben , sprechen ganz frei ihr Innres aus und da können sehr schöne tiefe Sachen von ihnen ausgesprochen werden . – die Anmerkung 3 enthält eine Stelle aus Plato – das Weissagen die μαντεια hat als ein Göttliches gegolten , ebenso ist es mit dem Genius des Socrates . Das ist dieselbe Erscheinung wie beim Zustand des magnetischen Hellsehens . Was sein Genius ihm gesagt hat sind alle particulären Dinge über ihn selbst oder seine Freunde , nicht über sein sittliches Verhalten . Deleuse ein französischer Arzt , ein verständiger Mann sagt auch : die Kenntniß die man in dem Hellsehn erlangt bezieht sich immer auf den Grad von bildung den die Person überhaupt hat ; man hat keine Wissenschaft als die welche man sich durch das Nachdenken durch Erfahrung erworben hat . Plato drückt das so aus : daß die Verrückten auch heilig

(Anmerkung § 406) Sg Anmerkung 3 .Sg

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15 von diesem] Wl : Was sie in sich sehen wissen sie aus sich und 2 .) sie wissen was im Magnetiseur vor-

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geht – der Bereich dessen , was sie in sich sehen ,] ist ihre Individualität überhaupt , sie sind diese [wirklichen Individuen und nur dies , weiter geht dieser Bereich nicht . Absurd ist die Vorstellung] Wl : wirkliche Individualität und weiter nichts . Was zu ihrer wirklichen Individualität gehört da haben sie Bild von und das können sie aussprechen ; aber weiter geht es nicht . – (Also absurd die Vorstellung daß] 1–3 eine Verbindung … eher] ErWl : [worin höhere Offenbarungen Statt fänden .] Wl : indem ihm das Innre der Natur und Gottes aufgeschlossen sei , innere Offenbarung bekommen .] Es ist 3–5 und nicht … frei] Wl : Krankhaftigkeit , nicht Erhöhung . des Höheren kann er sich nur denkend bewußt werden nicht fühlend . In sich edle Personen sprechen dann allerdings auch frei , ohne sich nach gewöhnlicher Weise der Conversation zu richten , 4–7 Erhebung . Religiöse … hat] Er : Erhöhung . des wahrhaften wird der Mensch sich nur in der denkenden Thätigkeit bewußt . In sich edle fein fühlende , religiöse Personen sprechen allerdings da frei , und können so höchst tiefe und vor treff liche dinge sagen aber über ihre Individualität geht es durchaus nicht hinaus . Plato drückt den rechten Standpunkt aus . die μαντεια hat bei den Alten 6–8 die Anmerkung … ist] Wl : dritte Anmerkung gibt rechten Standpunct an . – Bei Alten man hat Weissager (wie Pythia) für göttlich gehalten . Genius des Socrates ist dasselbe . Er hat so oft tagelang auf einem Fleck gestanden im Sonnenschein , und er ist öfter in solchem Zustand gewesen ; und sein Genius 7–12 ebenso ist … hat ;] Er : der Genius des Sokrates ist dasselbe , er hat sich öfter in solchem Zustande gefunden und sein Genius gehört hierher . Was ihm sein Genius offenbarte ist gar keine Weisheit sondern particulare Dinge , die ihn oder seine Freunde allein betrafen . De Leuze ( ? ) ein Arzt in Frankreich sagt die Kenntnisse im Hellsehn richten sich nach denen im wachen Zustande . 8 wie beim … magnetischen] Wl : des 9–11 sein Genius … auch :] Wl : Socrates sagt , daß sein Genius ihm offenbare , ist gar keine Weisheit , sondern nur particulare Dinge , Interesse an seinen Freunden , seiner selbst vor Reise p . Dieß sagt auch ein französischer Arzt Deleuse , der noch lebt : 12 den die … man] Wl : die man im Wachen hat . | »Man 13–14 als die … Erfahrung] Er : die man sich nicht durch Studium pp 13–14 das Nachdenken … hat .] Wl : Studium und Erfahrung erworben .« – 14–694,1 drückt das … er :] Er : sagt nun über die μαντεια das so … er :] Wl : sich so aus (Alte glaubten an Weissagung , nicht nur der Orakel , sondern 10 Deleuse] siehe Anm .

34 De Leuze] siehe Anm .

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seien und große Weissagungen sprächen , im Timäus sagt er : damit auch der unvernünftige Theil der Seele einigermaßen | theil haftig werde der Wahrheit , habe Gott die Leber geschaffen und ihr die μαντεια gegeben , das Vermögen : Gesicht zu haben ; daß Gott der menschlichen Unvernunft das Weissagen gegeben davon ist der beweis daß der besonnene Mensch eines solchen Gesichts nicht theil haftig wird . Richtig ist schon vor Alters gesagt worden : dies Seinige durch sich selbst zu kennen . Also das hat Plato schon eingesehn : daß Alles dies nicht auf die Vernünftigkeit zu beziehen ist . – Eine Hauptsache ist nun : daß die Hellsehenden ihre Krankheit angeben und die Mittel dagegen besonders Rheumatismus , Gicht etc . In diesen Krankheiten und so in mehreren andren innerlichen hat der Magnetismus großen Einfluß gehabt . Aber sie beschreiben ihren Krankheitszustand auf ganz ge wöhnliche Weise wie nach der gewöhnlichen Empfindung (nicht wie ein Arzt es angeben würde) dann geben sie auch wie gesagt Mittel gegen ihre Krankheit an . der Arzt jedes Menschen , der sich in solchem Zustande befinden kann , und auch der Verrückten und Schlafenden) sagt : 2 Theil der Seele] Er : Theil 3–4 das Vermögen : … der 2 ] Er : davon ist dies ein hinreichender 4 daß] Wl : Er schreibt es also der unvernünftigen Seite des Menschen zu : da 4–8 das Weissagen … Eine] Wl : dieß gab , so kann also kein besonnener Mensch theilhaft werden eines göttlichen oder wahrhaften Gesichts ; sondern es sei , daß im Schlafe der Verstand gefesselt oder durch Krankheit oder einen Enthusiasmus außer sich gebracht ist . Richtig ist schon von Alters her gesagt : zu thun und zu kennen das Seinige und sich selbst steht nur dem Besonnenen zu . / 5–8 der besonnene … ist . –] Er : kein besonnener Mensch eines göttlichen Gefühls theilhaft werde sondern nur im Schlaf , bei gefesseltem Verstande pp . – / Er hat so das Bewußtseyn gehabt daß dies ein Niedrigeres ist der unvernünftigen Seele zukomme . 8 die Hellsehenden] ErWl : sie 9–11 angeben und … Krankheitszustand] ErWl : angeben ; [ Nervenkrankheiten besonders ,] Wl : Auf welche Art von Krankheiten diese Zustände besondere Wirkung haben , ist nicht genau zu bestimmen . Doch besonders Nervenkrankheiten ,] chronische , die noch nicht [völlig ausgebildet sind , Rheumatismen , Zahnschmerzen weichen dem Magnetismus , ganz besonders wirkt er auch bei Uebeln der Menstruation ; pp –] Wl : ausgebildet , gichtiges , Zahnschmerzen , die gichtig sind ; besonders wenn Menstruation bei Weibern unterbrochen sind , sehr wirksam . Ueberhaupt unbestimmte Krankheiten der Innerlichkeit , Nervenzustände p .] diese Krankheiten wissen nun die Somnambulen [ besonders anzugeben und da ist es leicht zu zu geben daß sie diesen Fehler pp] Wl : anzugeben . Mensch in seiner Individualität concentrirt in seinem Gefühlsleben kann seiner Leiden , abnormen Zustände] gewahr werden . Sie beschreiben [nun diese Zustände] Wl : Krankheitszustand ;] aber 12–13 Weise wie … würde)] Er : Weise , nicht wie einer der Anatomie z . b . verstünde . Wl : Weise . druck im Gehirn p ganz wie nach gewöhnlichem Verständniß von Krankheiten gesprochen wird , nicht wie ein Arzt . Solches Schauen , wie es ein Mensch haben würde , der Anatomie versteht p . , muß man nicht bei ihnen suchen . 13 wie gesagt Mittel] ErWl : Mittel 13–695,2 der Arzt … an .] ErWl : [ Vorsichtige] Wl : diese – vorsichtige] Aerzte haben sich nicht sowohl die Mittel sagen lassen , als [vielmehr selbst verordnet und gefragt ob sie sie approbiren . die Mittel stehn mit der Krankheit in einem nothwendigen Zusammenhang] Wl : daß sie verordneten und fragten , ob die Mittel wohlgethan . Es ist zwischen Krankheits13 wie gesagt] wiegesagt 18–20 sondern es … selbst mit Verweiszeichen am linken Rande und im Leerraum zwischen zwei Absätzen ; folgt im Text gestr : sod nur wnn i Schlf Seele gfesselt od i Krkht od Entusiasmus außer sich gebracht ist zu thun

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fragt gewöhnlich : ob ihnen das Mittel wohl gethan habe , was er ihnen gegeben , und dann geben sie beßere an . diese Mittel können nun sehr verschieden sein und sind es nach den verschiedenen Ländern , wo andre Kurmethoden im Gange sind . Eine Hauptsache ist daß der Patient seine Empfindung , was er in sich sieht , ausspricht und dann daß er von dem weiß , was in der Vorstellung des Arztes ist . So hat in meiner Gegenwart ein Patient ein halbes dutzend geschmorter Schwalben sich verordnet ; ein andres Mal Menschenhirn – man hat das befolgt und es hat Wirkung gethan . Der Professor der Anatomie hat aber als er gehört zu welchem Zweck es sei , nichts mehr her geben wollen . besonders sprechen die Personen das aus ; wenn der Zustand der Gesundheit eintreten wird , doch täuschen sie sich auch oft darüber ; oft geben sie auch an , wenn sie auf wachen werden . der Magnetiseur kann sie aber auch selbst aus dem Schlaf bringen durch bestreichung . – | zustand und Mittel nothwendiges Verhältniß , –] und daß [sie dies Gefühl haben können der Ange-

15 messenheit ist leicht zuzugeben . – Beim Angeben der Mittel fi ndet nun ein andrer Umstand Statt .]

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Wl : in diesem Gefühlszustand auch angemessenes Verhältniß der Mittel zum Krankheitszustand Statt fi nden kann , kann man auch leicht zugeben . Gmelin in [ Heilbronn] Hk : Heidelberg] , Wienold in Bremen . – / Da findet der Umstand statt , der einerseits großes Mißtrauen in diese Angabe von Mitteln erwecken kann und auf andere betrachtungen führt . sc .] 2 nun sehr] Er : äußerst Wl : sehr 2–3 sein und … es] Er : seyn sind es … Ländern ,] Wl : nach verschiedenen Gegenden 3 Ländern , wo … sind .] Er : Ländern und Curmethoden . 3–4 im Gange … Empfindung ,] Wl : gebräuchlich sind , werden andere Mittel verordnet . – Da ist eine Hauptsache , daß einerseits der Somnambule seine Empfindungen und 4–5 der Patient … dem] Er : einerseits der Somnambule seine Empfi ndungen ausspricht , andrerseits aber und dann] Wl : andrerseits aber 5–12 ist . So … sie1] Wl : vorgeht und dieß ausspricht . – Diese Mittel sind meist bestimmt nach der Ansicht des Arztes , häufig auch nach dem , was die Person sonst (in ihrer Jugend) gehört und gebraucht hat . – Besonders sprechen sie dieß aus , wann der Zustand wieder eintreten wird , wie lange sie noch magnetisirt werden müssen , wie lange sie schlafen werden , 5–9 So hat … wollen .] Er : die Mittel sind nun meistens bestimmt nach der Curmethode des Arztes , oft auch was sie haben verordnen sehen , Hausmittel pp – 10–11 die Personen … eintreten] Er : sie auch dies aus wie lange die Krankheit währen 11– 696,1 oft darüber ; … Magnetismus] Er : hierin , auch wie lange sie schlafen werden . – / | Es wissen aber die Hellsehenden auch von entfernten Gegenständen . das Individuum ist ein wirkliches , zu seiner Wirklichkeit gehört alles was es angeht . Indem nun die Hellsehenden von ihrer Wirklichkeit wissen und ihre Wirklichkeit diese Concentration des Gefühls ist , wissen sie von dergleichen auf unmittelbare Weise . Besonders ist das bei Blutsfreunden der Fall . der Bereich aber der Wirklichkeit geht da auch auf Personen die einen interessiren , zu seinem Seyn gehören , ferner sich aber auch erstrecken auf solche Gegenstände die zu seinem Umkreis gehören , von dem sie so in ihrem Gefühlsleben wissen können . Solche Geschichten 12–696,1 der Magnetiseur … man] Wl : doch irren sie oft darüber . Gewöhnlich läßt man sie ausschlafen , oft aber werden sie vom Arzt auch geweckt . – / Sie wissen von entfernten Gegenständen . dieß ist ein großes weitreichendes Feld . Standpunct schon gewesen das Individuum ist ein wirkliches . Zu seiner Wirklichkeit gehört der ganze Bereich dessen was dasselbe angeht , – das gehört zu seiner Wirklichkeit selbst . – | Indem nun im Zustand des Hellsehens 6 verordnet] verordt ht

17 Heidelberg über Heilbron

76Er ; den 13 . December . 1827 .Er

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Geschichten dieser Art der Ahndungen außer dem Magnetismus findet man in Johannes Müllers Werken in seinen briefen im 6t e n Theil – er hat solche Geschichten aus den alten gesammelt und auch aus seiner eignen Erfahrung manche beigesellt – von Massilius ficinus dem Übersetzer Platons etc . dieser versprach sich mit seinem Freund Michael Mercator , sie wollten sich Kunde geben , wenn einer von ihnen gestorben wäre , ob es wahr sei , was sie geglaubt und dem Mercator erschien der Freund auf einem Schimmel und rief o Massilio es ist wahr , es ist wahr – und in derselben Stunde war Mercator gestorben . Ebenso von 2 Arkadiern erzählt Cicero eine ähnliche Geschichte von solchen Ahndungen ; das 2t e Gesicht der Hochschottländer ist auch eine merkwürdige Erscheinung – die Nachrichten darüber sind in Kiesers Journal über den Magnetismus zu suchen – In Heidelberg war etwa vor 20 Jahren der berühmte Prophet Müller , der über die Erfahrung des Krieges seine Ahndungen ausgesprochen hat und auch dem König von Preußen mitge theilt ; er ist bauer gewesen , aber nachher haben sie ihn durch allerlei Fragen und hohe Einladungen verdorben und stolz gemacht , wie das oft geschieht . Hegel hat ihn in Heidelberg selbst gesehn , als er wegen Holz Diebstahl bestraft worden ; die Veranlassung zu seinen Gesichten ist die : sein Vater ist gestorben und da hat er sich auf den Leichnam geworfen und mit der höchsten Anstrengung zu Gott gebetet , ihm seinen Vater nicht zu nehmen ; und der Vater der scheintot gewesen , ist wieder erwacht ; und da hat er sich für ein besondres Wesen gehalten . die Gefühlsstimmung

sie von ihrer Wirklichkeit wissen , so wissen sie davon ohne die Vermittlung durch die man sonst von solchen Gegenständen weiß als außer sich seiend . Sie wissen auf unmittelbare Weise . – Unter Blutsfreunden besonders ist das sehr leicht der Fall . Dasselbe Blut : Familie ist eine sittliche aber auch eine natürliche Einheit . Wirklichkeit des Einen ist in der des anderen substantiell enthalten . Der Bereich der Wirklichkeit eines Individuums geht auch weiter auf Personen die ihn im Innersten interessieren , zu seinem Sein gehören . Aber auch weiter auf Gegenstände , die in seinen äußerlichen Umfang überhaupt gehören . In dem sie in äußerlichen Umfang gehören , gehören sie zu seiner Wirklichkeit (seinem Gefühlsleben) und sie können wissen von diesem Bereich in ihnen selbst , in ihrem Gefühlsleben . Dahin gehören viele Geschichten . – Solche außerhalb des Somnambulismus 1 in] Er : z . b . in 2–9 Werken in … das] Wl : Briefen VI Theil . Arkadier . das 2–16 im 6t e n Theil … worden ;] Er : 6 t e r Bd . Es gehört hierher das second sight der Schottländer worüber zu vergleichen Kiesers Journal Es kann hier auch der Prophet Müller in Heidelberg angeführt werden . Nachher ist er verdorben worden durch viele Fragen und dergleichen . 9–10 Hochschottländer ist … in] Wl : Hochländer und auf Inseln westlich von Schottland . – Vom Tod , vom weit untergehenden Schiff siehe : 11–697,2 über den … allerlei] Wl : Magnetism be treffend hat Auszüge von diesen Nachrichten . – Profet Müller in Heidelberg vor 20 Jahren . Gebet um Vater der gestorben . Der lebt auf . Diese Anstrengung der Seele , außer sich seyn und in sich gehen scheint in ihm das Gefühlsleben fi xirt zu haben . Beim Somnambulismus ist auch das der Fall . – (Oft leider hat man damit 17 seinen Gesichten … die :] Er : dieser Fähigkeit ist merkwürdig . 18–19 ihm seinen … wieder] Er : – der Vater sei 20–697,2 da hat … allerlei] 4 Massilius ficinus] siehe Anm . zeichen am rechten Rande

14 hohe] hohen

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35–37 Profet Müller … haben . mit Einfügungs- 40

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hat sich in ihm seitdem fi xirt . – Mit diesen Hellsehenden hat man nun auch allerlei Unfug getrieben ; so hat man einen solchen sehr unrechter Weise gefragt : wie lang der vorige König noch leben werde ; Wiesecur erzählt , er habe auch einmal einen Grafen Bridel ? der in somnambulen Zustand gewesen aus Scherz gefragt , welche Zahl in der Lotterie gewinnen wird ; da hat er keine Zahl genannt ; aber es ist keine herausgekommen und damit ist Wiesecur auch sehr zufrieden gewesen . So weit darf man dies nicht ausdehnen und nicht glauben , daß das Wissen sich auf solche und alle Dinge erstrecke . Noch ist zu merken , daß die Hellsehenden oft von ihrem Schutzgeist sprechen , irgend ein Mensch , den sie verehren , ein Geistlicher oder älterer Freund , eine verstorbene Mutter und dergleichen als ihren Schutzgeist ausgeben . Ihre Stimmung ist meist sehr religiös und sittlich . Der Kranke muß das Krankhafte in seinem Körper wegkämpfen , durch dasselbe sich durch arbeiten ; dieser Kampf des Organismus ist zugleich aber auch ein Kampf | des Guten im Menschen mit dem bösen ; und es ist die Erfahrung daß Menschen , die diese Krisis durch gemacht haben , nachher milder ruhiger besser geworden sind . Ein andrer Umstand ist nun noch der Zusammenhang des Magnetisirten mit dem Magnetiseur ; wir haben schon vorläufig davon gesprochen und gesagt : es ist

20 Er : diese höchste Anstrengung , dies Außer sich setzen der Seele , hat dieses vorwiegende Gefühls-

leben in ihm fi xirt / Die Somnambulen haben nun diese Fähigkeit , und es ist allerdings oft damit … merken ,] Er : Eine Form ist noch zu erwähnen , 2–5 so hat … in] Wl : nach Leben des Stuttgarter Königs , nach Zahlen 5–8 gewinnen wird ; … Hellsehenden] Wl : gefragt , was nicht herausgekommen ist .) Umstand des Wissens vom Gegenstande wobei oft ins größte Erstaunen gerathen ist . – Hellsehende 9 ihrem] Er : einem 9–13 irgend ein … Kampf] Wl : einer Gestalt die Sie sehen , von einem ihnen bekannten , lebenden oder verstorbenen Wesen , von Eltern p die sie Schutzgeist nennen , weil die sie belehren , auffordern , ihnen zu reden . Ueberhaupt ist Stimmung der Hellsehenden eine ernste , sittliche , häufig sehr religiöse Stimmung . Als Zustand der Krankheit muß der Körper die Krise seiner Krankheit durcharbeiten : damit ist häufig verbunden oder parallel , ein Kampf der Seele , 9–12 irgend ein … arbeiten ;] Er : einem verstorbnen oder geachteten Freunde . Ueberhaupt ist die Stimmung der Hellsehenden eine ernste , sittliche , häufig sehr religiöse . der Körper muß die Krise seiner Krankheit durchkämpfen ; 13 des Organismus … ein] Er : ist denn auch vereinigt mit einem 13–14 im Menschen … bösen ;] Er : und Bösen , und daher oft daß der Mensch ins Innerste seines Moralischen hineingeht und diesen Kampf durchkämpft , 14 und es … Erfahrung] Wl : Häufig hat es die Gestalt angenommen , daß der Mensch innerst bewegt , auf’s tiefste in seinen moralischen Character eingeht und daß das Gute den Kampf mit dem Bösen durch kämpft . Erfahrung ist , 14–15 Menschen , die … nachher] Er : oft der Kranke aus dieser Krise 14 diese Krisis] Wl : diesen Kampf 15 besser geworden sind .] Wl : sittlicher daraus hervorgegangen sind . das sind Haupt um stände bei diesem Zustand . – Noch vieles andere in diesem weiten Felde . geworden sind] Er : zurückkehrt 17–698,2 wir haben … Zustand] Er : jener ist kein selbstständiges Individuum , ist als Gefühlsleben in der Gewalt eines andern , es ist ein Zustand schwächerer Persönlichkeit , 17– 698,1 wir haben … sondern] Wl : Sofern Mensch in diesem Zustand ist , ist er im Verhältniß ,

20 2–8 so hat

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2 solchen] solher

3 Wiesecur] siehe Anm .

4 Bridel] siehe Anm .

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das Individuum nicht selbstständig , sondern wie das Kind | im Mutterleibe , so ist sein Verhältniß gegen den Magnetiseur ; es ist in dem Zustand der Unfreiheit ; es ist im Verhältniß zu dem Magnetiseur , im Rapport mit demselben[ .] Wenn ein andrer es berührt , so kann es heftig bewegt werden und erschüttert ; auch wenn es nur ein Thier ist – (eine Katze : die Kranken empfinden oft den Magnetiseur auch in der Ferne von mehreren Stunden – Hegel magnetisirt auch !) Wiesecur erzählt von einem Mädchen , die er magnetisirt hat , die sich erst gar nicht hatte magnetisiren lassen wollen – die wußte es , daß er ins Haus gekommen war , ohne daß sie ihn gesehen . Wenn der Magnetiseur übel gestimmt ist , so haben sie eine ähnliche Empfindung – (die Geschichte mit dem Schnupftabak und den Pfeffer minzkügelchen – eigenthümlich ist auch : daß sie im Wachen nichts von dem wissen , was mit ihnen im Schlaf vorgegangen ist – sie haben auch Empfindung von Krankheiten anderer , mit denen sie in Rapport gesetzt werden – ja man braucht sie nur mit dem

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1–2 Mutterleibe , so … dem] Wl : Mutterleibe zu Mutter ; nicht ein selbstständiges Individuum . Nicht ein Freiwerden ; ist im allgemeinen in Gewalt eines anderen ; magischer Zusammenhang : Subject hat seine Persönlichkeit gegen Magnetiseur mehr oder weniger verloren ; 3–11 es ist … auch :] Wl : dieß Verhältniß mit Magnetiseur heißt Rapport . Sie hören nur ihn und nicht andere . Wenn sie von andren berührt werden , können sie diese häßlich affi ziren bis zu Lähmungen und Krämpfen . das kommt bei Berührung von andern Menschen und Thieren . Man muß Personen in diesem Zustande sehr in Acht nehmen vor Fremdartigem . Sie h ö r e n Magnetiseur nicht nur s p r e c h e n , sondern e m p f i n d e n ihn auch auf weite Entfernungen : von wo aus er durch bloße Richtung seines Willens sie in Schlaf setzen kann . Sie können von ihm eben so wissen , wie wir schon gesehen bei dem Bruder . – Sie empfinden auch (depression) Krankheit des Magnetiseurs . Ist er übel gestimmt ; auch sie . – Auch andre Zustände desselben empfinden sie . – Eigenthümlich 3–11 es ist … Pfeffer minzkügelchen –] Er : Der Magnetisirte ist im Rapport mit dem Magnetiseur , hört nur ihn , Berührung anderer kann den Kranken sehr unangenehm afficiren , bis zu Lähmungen . Sie hören den Magnetiseur nicht nur sondern empfi nden ihn auch auf Entfernungen Er kann Stunden weit seyn und sie durch Vorstellung , Richtung des Willens dahin in Schlaf bringen . Es kann (auf eben die Art) seyn daß sie auf eben solche Art ihn empfi nden , wie oben Beispiele angeführt sind . die Kranken haben eine Empfi ndung von den Zuständen , Krankheiten pp des Arztes . 11–699,2 von dem … Wiesecur] Wl : wissen vom Zustande ihres Hellsehens , und umgekehrt . – Ferner ist’s der Erfahrung gemäß , daß sie Krankheiten andrer empfinden , mit denen man sie in Rapport setzt . Graf Visseguure . Er Epileptische consultirt bei Somnambulismus und dieser wird dadurch ebenso . Man hat Hellsehende mit Kleidern einer Frau in Rapport gesetzt und sie hat Krankheit derselben bestimmt . davon hat man Beispiele . Hierher gehört auch das sogenannte paquet : d . h . daß viele theils , die magnetisirt werden , | mit ein ander in Verbindung gesetzt werden , oder in Verbindung gesetzt werden mit einem Kasten von Glas . – Viseguure 11–12 mit ihnen … von] Er : sie im Zustand des Hellsehens gethan gehört pp haben , – so ist es auch umgekehrt . – Ferner empfi nden sie 13–699,2 werden – ja … nämlich] Er : werden . diese Empfi ndung der Krankheiten andrer ist etwas sehr ausgezeichnetes und ist noch weiter getrieben , durch in Rapportsitzen mit Kleidungsstücken pp das sogenannte Baquett gehört auch hier her , theils daß mehrere 6 Wiesecur] siehe Anm . 24 Eigenthüm lich] folgt gestr : daß sie wissen 32 Visseguure] siehe Anm . 36 Viseguure] siehe Anm. 40 sogenannte] folgt gestr : Parlet Baquett aus Barquett am rechten Rande

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Kleidungsstück einer kranken Person in Rapport zu setzen , so bekommen sie diese Krankheit . Wiesecur hat nämlich einen Baum magnetisirt und darunter hatte er die Kranken gelegt und ihnen bindfäden in die Hände gegeben , die an seinen Zweigen befestigt gewesen und damit hat er viele kurirt . Die Kranken haben auch die Vorstellungen ihres Magnetiseurs , und geben die Mittel an , die er im Sinn hat ; sie wissen überdies von vielen Gegenständen , aber freilich nicht von allen , sondern sie lesen eigentlich nur die Vorstellungen die bilder ab , die ihr Magnetiseur im bewußtsein hat . Hr . v . Görtz in seinen Tagebüchern erzählt : daß er einen Freund mit einer Kranken in Rapport gesetzt , er hatte eine Freundin in einer entfernten Stadt – Diese beschrieb sie ihm und ihr Haus und ihr ganzes Leben und ihre Umgebungen . Sie sagt sie werde durch einen Strahl dahin geführt , daher weiß sie es ; diese Strahlen gehen von den Personen aus , die mit ihr in Rapport gesetzt seien und sie fragen – Meine eigne und eure Aufmerksamkeit , sagt sie weiter , thut sehr viel dazu – wenn einer zerstreut ist , der mich fragt dann komme ich in Verwirrung . Daher kommt

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15 Magnetisirte in Rapport gesetzt werden , theils indem sie in Zusammenhang gebracht werden mit

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einem Kasten pp Visigur ( ? ) hat so 2–6 magnetisirt und … überdies] Er : magnetisirt . Mesmer hat vor nehm|lich die Kranken in Rapport gesetzt . / Ferner haben sie auch die Empfi ndung von den Vorstellungen des Arztes . das Wissen der Hellsehenden und darunter … überdies] Wl : von dessen Aesten Bindfäden herabgelassen und daran sind Herbeiströmende geheilt worden . – Mesmer setzte Kranke mit ein ander in Verbindung . – Weitres , daß die Hellsehenden in Rapport vom Magnetiseur wissen , sind auch seine Vorstellungen seine Intentionen . Mittel gegen die Krankheiten . – Besonders hat das Wissen der Hellsehenden 6–700,1 Gegenständen , aber … es ,] Er : Gegenständen ist daß sie die Vorstellungen des Arztes gleichsam ablesen pp Es ist so daß sie in der Vorstellung des Andern lesen und diese aussprechen . Es ist der Umstand noch zu bemerken 6–12 aber freilich … fragen –] Wl : diesen Zusammenhang , daß sie es nicht indirect von sich wissen , sondern die Vorstellung des Magnetiseurs gleichsam ablesen ; aussprechen . – Er fragt nach einer Freundin , und sie sagt , wo sie wohnt , und wie und was ? – Wie könnt ihr so etwas sehn ? / Wenn ich nach solchem Hause sehe , nach dem gefragt wird , werde ich von einem Lichtstrahl hingeführt , der vom Fragenden ausgeht , durch den ich mit Fragendem vereint werde , und welcher Strahl mit ihm mich an den in Rede stehenden Platz bringt . 13–14 sagt sie … dann] Wl : trägt viel zu bei . Ohne Aufmerksamkeit sehe ich nur oberflächlich . Fragt ein andrer , so muß er mit Wichtigkeit fragen und Zutrauen dazu haben ; sonst 14– 700,2 Daher kommt … Kranken] Wl : Sie sehen nicht alle Mal gleich . – / Standpunct also fühlende Totalität , Genius . der Mensch ist fühlende Totalität ; im wachen Zustande die bewußte Totalität . – Was im Menschen oft in bewußtloser Weise vorgeht , gehört hierher . Genius ist gleichsam innres Schicksal des Menschen . Er wird oft abgehalten und angetrieben ohne sich Rechenschaft zu geben . Ur theilt über andere , sympatetisch (d . h . Totalität meiner fühlenden Individualität findet da ein gewisses Verhältniß , das unendliche Modificationen haben kann über die man sich keine bestimmte Rechenschaft geben kann . –) / Es ist in dem Zustande der eigentlichen Krankhaftigkeit ein eigentliches Unterschiedensein der fühlenden und selbstbewußten Individualität . – In die Gefühlsindividualität fällt meine ganze Wirklichkeit , kann wissen ohne die Weise in der meine bewußte Individualität etwas wissen 2 Wiesecur] siehe Anm . 3 gelegt] gkrigt 7 hat] sid 8 Hr . v . Görtz] siehe Anm . siehe Anm . 40 Wirklichkeit ,] folgt gestr : insofrn sie me bwußte Ind

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es , daß die Hellsehenden nicht zu jeder Zeit gleich scharf sehen . – Es sind also bei diesen Kranken viele Täuschungen möglich , weil sie ihre Kenntniß nicht in sich selbst haben sondern in ihrem Magnetiseur . Eine andre Quelle von Täuschungen ist , daß ein somnambules Subject in seiner Unbefangenheit gestört überreizt werden kann . das Subject ist religiös ernster gestimmt ; es ist ihr bessres Selbst , was als Gesundheit in ihm ist ; in jeder Krankheit ist noch Gesundheit ; der Kranke ist noch nicht durch und durch entzweit , die Gesundheit muß ihrer Wurzel nach noch in dem Menschen sein wenn er krank | ist , sonst könnte er nicht genesen . Es ist also der Zustand einer Erhebung der sittlichen Gesinnung in diesem somnambülen Zustand . Aber nun kann auch das Subject in seiner Reinheit getrübt , kann eitel

kann . das die Hauptmomente auf die es ankommt . – / Zuletzt errechnet daß überhaupt viele Täuschungen in diesem Felde Statt fi nden können . – Auch im Kreise der Möglichkeit die in diesen Zustand fällt , sind 1–3 zu jeder … andre] Er : allemal gut sehen , oft sehr scharf , oft gar nicht . / Der Mensch ist in diesem Zustande die fühlende Totalität , was im Menschen auf bewußtlose Weise geschieht , gehört in diese Sphäre , sein Genius ist sein innres Schicksal , worüber man sich nicht Rechenschaft gibt , der oft verschiedne Verhältnisse empfi nden läßt worüber man sich nicht rechtfertigen kann . Es tritt eine Verschiedenheit ein dieser Gefühls Individualität und der selbstbewußten . Es fällt aber in jene meine ganze Wirklichkeit und ich kann von dieser wissen auf eine der selbstbewußten Individualität widersprechende Weise . – / Auch in dem Kreise der Möglichkeit fi nden sich in diesem Zustande oft Täuschungen . Das Individuum kann auf unmittelbare Weise in sich sehn aber da ist schwer zu unterscheiden was es in sich und was es im Magnetiseur sieht und aus diesem ausspricht . Die zweite 2–3 möglich , weil … Quelle] Wl : möglich . Ein somnambules Individuum kann in sich wissen in sich sehen auf unmittelbare Weise ; aber durch seinen Rapport mit magnetiseur empfindet es den magnetiseur , und es ist schwer zu unterscheiden was das Individuum in der That in sich oder was in dem Magnetiseur empfindet . Vieles von manchen Erscheinungen fällt dann weg , die sonst sehr in Verwunderung setzen . / Ein 2t e r Quell 4 ein somnambules] Er : das somnambule 4–5 in seiner … ernster] Wl : überreizt werden kann in seinem Zustande . – Es ist sittlich , ernst , religiös 4–10 überreizt werden … das] Er : worden . Es ist wie gesagt das somnambule Subject in der Regel milder , sittlicher pp Ebenso in psychischer Rücksicht kann ein Kampf zu bestehn seyn seines bessern Selbst , der Zustand zeigt daher oft eine Erhebung dennoch kann das somnambule 5–10 ihr bessres … kann 2 ] Wl : sein Bestes , was sich als Gesundheit in ihm erhebt . Fysische Krankheit ist nur Kampf der Gesundheit im Körper gegen Krankheit . Ohne Gesundheit wäre Tod . Diese Harmonie der Gesundheit muß in Wurzel wenigstens vorhanden seyn . So auch auf psychischer Seite . Auch hier hat es Kampf zu bestehen seines besseren Selbst in ihm gegen Böses in ihm . Also ein Erheben der sittlichen religiösen Gesinnung ; aber dessen ungeachtet kann ein somnambules Subject auch (überreizt werden) 10–701,14 kann eitel … sagen ,] Er : eitel werden ; seine Verlangen pp können Ein|fälle pp werden . Es tritt aus dem Werthe den es hat nicht heraus , allerlei Einfälle können wenn sie erfüllt werden die Vorstellung bewirken , alle seine Einfälle würden erfüllt werden . Wie beim Verrückten sind hier verschiedne Maaßregeln zu nehmen , damit nicht durch Willkührlichkeiten die Umgebung geplagt und die Cur gestört werde . Wenn sie so Dinge wissen die man auf verständige Weise nicht wissen kann , und bewundert werden so ists oft daß sie daran Gefallen fi nden . Sie sehen nicht immer hell und da ist es oft nöthig daß man sie auffordern muß genau hinzusehn pp durch solches Auf reizen wird allerdings die Kraft des Sehens erhöht aber es kann auch leicht ihr Zustand überreizt werden , und hin zu kommende Eitelkeit kann sie dahin bringen daß sie sogar aussagen

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gemacht werden . Es hat gewisse Wünsche und Verlangen ; diese können aber mehr Einfälle und Willkührlichkeiten werden , indem das Subject in seiner Individualität beschlossen ist ; indem man nun seine Wünsche erfüllt , so kann es auf den Gedanken kommen , daß man alles thut , was es verlangt , und dann überläßt es sich seinen kühnen Wünschen . Es ist da wie mit den Verrückten , denen man auch oft nicht widersprechen soll , oft aber auch ihren Willen in die Zucht nehmen . Durch die Gelüste , in die sie verfallen , werden die Umgebungen oft sehr in Verlegenheit gesetzt – Hr . von Strombec in Zelle im Hannöverschen ein sehr verständiger und sogar prosaischer Mensch hatte eine Person bei sich , mit der sich dergleichen zugetragen (cf . sein Tagebuch) Man muß auch das Wissen solcher Personen nicht bewundern , sonst werden sie leicht stolz , und das hindert die Kur . Sie müssen auch nicht zu sehr aufgereizt werden , wenn sie sagen : sie sehn dies oder jenes nicht recht , sie würden es morgen besser sehen – sonst geben sie sich Mühe zu sehen und werden überreizt und sie können dann leicht so eitel werden , daß sie etwas sagen , was sie gar nicht sehen , was die Eitelkeit vor sie hinstellt – So hat eine Person einmal heimlich einen brief aufgeschnitten und ihn so gelesen , ein brief von einem Staatsmann , der gesagt : wenn

1–4 gewisse Wünsche … kommen ,] Wl : gewisses Verlangen ; es kann sich Zufälligkeit darin mischen , daß dieses sein Verlangen mehr Einfälle , | sind . Es tritt im Ganzen aus seiner wirklichen Individualität nicht heraus . Es geht viele Interessen darin durch , und kann da viele Wünsche p haben . So wie man die alle erfüllt , kann es leicht meinen 4–702,6 seinen kühnen … war ,] Wl : seiner Willkührlichkeit . Wie bei Verrückten muß man dem Verlangen entsprechen , aber Willkührlichkeit p nicht erfüllen ; durch diese wird Umgebung geplagt , und die Kur sehr erschwert . – / Es ist auch geschehen , daß sie in diesem Zustande von dingen wissen , von denen sie sonst nicht wissen können . Bewundert man ihr Wissen , haben sie ihren Gefallen daran . das Hellsehen kann mehr oder weniger unvollkommen seyn ; und oft muß man die Person auffordern , die Gegenstände , worauf man ihre Aufmerksamkeit gerichtet hat , diese näher zu betrachten , sich anzustrengen und genau hin zusehen . Dadurch , daß man sie so aufreizt , wird allerdings die Kraft ihres Hell sehens erhöht , aber es kann auch geschehen , daß dieß ihr Sehen , der ganze Zustand , überreizt wird ; – und indem zugleich jene Bewunderung eintritt , geben sie sich Mühe zu sehen und sie verderben sich durch Eitelkeit ihre Unbefangenheit , – werden auch verführt , andres zu sagen , als sie sehen , oft wegen Vortheilen zu betrügen – : und das ist dann ein schlimmer Zustand . Zustand des Hellsehens und des Betrügens vermischt sich so , daß es schwer zu entscheiden ist , was ächt und was unächt ist . – dieß Ueber rei zen auch ohne alles andere , dieß Ueber rei zen der Richtung einer Somnambulen auf das Sehen , hat dann überhaupt auch den Nachtheil daß die Kur verzögert wird . Sie legen sich auf’s Grübeln . Wenn die Krankheit der Heilung zugeht , nimmt die Trennung des empfindenden Lebens und verständigen bewußten Lebens ab , die Isolirung wird schwächer , und damit mindert sich auch dieß Vermögen deutlich zu sehen . Wenn also in diesem Uebergange zur Genesung das Sehen immer wieder aufgereizt wird , wird die Kur verzögert . – / So Hauptumstände dieser Zustände . der Zustand selbst sehr vielförmig . Indessen ihre Kenntniß erschöpft , so daß man nicht bedeutend Neues darüber erwarten kann . So nichts Neues in Kiesers Journal . / Uebergang zu einer anderen Form . Zu vergessen , dieß Concrete , und diese Form als bloßen Zustand ; sondern die Form zunächst die unser Gegenstand ist . Die Form 15–702,4 was die 4 daß] das

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sie das lesen kann , so wolle er auch daran glauben ; sie hats allerdings gelesen aber mit betrug ; als das entdeckt worden – war alles vorbei . Das kam alles aber daher , daß man mit ihr hat Parade machen wollen . – Übrigens ist der ganze Zustand des Magnetismus erschöpft ; man braucht nichts Nähers darüber zu erwarten . Wir gehn (nun endlich) zu einem andren über . Die Form , die hier unser Gegenstand war , ist überhaupt totale Individualität als fühlend ; das Fühlen ist Fühlendes , Gefühlsindividualität ü b e r h a u p t . Das ist der Standpunkt . – Von dieser Gefühlsindividualität üb e r h a u pt unterscheidet sich die Gefühlsindividualität a l s S el b s t g e f ü h l . Empfinden und etwas Empfinden war das erste – nun die Individualität als sich selbst empfindend . Sein Selbst wird wesentlich Inhalt des Empfindens . die Individualität ist f ü r s i c h s e i n und d a s i s t S e l b s t ge f ü h l . – a d a s S e l b s t g e f ü h l a l s s ol c h e s ; das I n d iv id uu m fühlt sich ; dazu gehört daß es sich fühlt mit ausschließen der besondrung und bei sich ist ; es befreit sich in seinem Inhalt zugleich vom Gefühl und kehrt zu sich selbst zurück . – und nur in dieser befreiung fühlt es sich ; dies Selbst ist der abstracte Einheitspunkt der Individualität . |

… zu] Er : ja sogar daß sie in Betrügereien verfallen . Das bloße Ueber reizen in einer Richtung hat den Nachtheil daß die Cur verzögert wird , sie legen sich aufs Grübeln ; die Gefühlsisolirung wird beim Uebergange zur Genesung schwächer daher auch da das Aufreizen die Cur verzögert . Die Kenntniß des Zustandes ist indeß erschöpft etwas Neues läßt sich nicht mehr 5 (nun endlich)] Er : nun Die] Er : Wir haben das Concrete zu vergessen und die 6 war , ist … Fühlendes ,] Er : nun zu betrachten als Gefühlsindividualität und zwar ist diese Fühlendes ,] Wl : Fühlendes , und das Fühlende ist die ganze Individualität . die ganze Individualität ist Gefühlsindividualität . – 7–9 Das ist … nun] Er : Von dieser die es überhaupt ist unterscheidet sich , sie wie sie Selbstgefühl ist , daß das Indivi|duum s i c h fühlt , ganz in diesem Abstractum des Selbst . / Wir sehen 7–8 Von dieser … die] Wl : Davon unterscheidet sich / β . d i e 8–9 S e l b s t g e f ü h l . Empfinden … die] Wl : S e l b s t g e f ü h l / oder daß das Individuum sich selbst fühlt , das Selbst zu fühlen . – Empfi nden und etwas empfinden . – Empfi ndung Bestimmtheit überhaupt die äußere erinnert wird p . – 10–12 Sein selbst … d a s ] Er : Sie ist wesentlich selbst und dies Selbst wird Gegenstand des Empfi ndens , die Individualität ist für sich seyn und dieser Punkt wird Inhalt . das ist nun das Selbstgefühl . Hier haben wir diese zwei Seiten zu betrachten , das 10 Sein Selbst wird] Wl : Individualität ist als Individualität wesentlich ein Selbst , und dieß Selbst ist wieder 10–12 die Individualität … d a s ] Wl : Individualität das Für sich seyn ; ist Für sich seyn . Das Für sich seyn = Subjectivität überhaupt , dieser Punct der Einheit der Individualität muß Inhalt werden . – | Das zweite ist Selbstgefühl also . / 12 sich ; dazu gehört] Wl : sich . diese Form überhaupt dazu daß es sich fühlt gehört , 13–15 daß es … Individualität .] Er : die Ausschließung der Besonderheit , daß es die Empfi ndung in sich zurücknimmt , die Bestimmtheit ist ein Ideelles ein solches von dem sich das fühlende Subject indem es es fühlt zugleich befreit . In diesem Befreien ist es nicht von der Bestimmtheit befangen sondern ist in sich . Es setzt den Inhalt der Bestimmtheit als negativ abstrahirt von ihm . 13 besondrung und ] Wl : Besonderheit , oder daß es 13–14 es befreit … kehrt] Wl : in sich zurückgekehrt ist ; – die Bestimmtheit , Besonderheit ist ein aufgehobenes , ein solches , von dem sich das fühlende Subject in seinem Fühlen zugleich befreit , – und so kehrt es 15 dies] Wl : Sein 15 fühlt] führt

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diese Form des Selbstgefühls kann aber auch in Krankheit umschlagen – der Fühlende ist hier zugleich der concrete Mensch und da kann es dann geschehn , daß er in der Form des Selbstgefühls stecken bleibt und nicht über sich Meister wird und zu seinem Selbst zurückkehrt , und in seinem Selbstgefühl bleibt im Gegensatz gegen seine verständige Wirklichkeit – dann fällt er i n Ve r r ü c k t h e i t und das ist das 2t e a . Da s S e l b s t g e f ü h l a l s s ol c h e s Es ist die fühlende Individualität als ihr Für sich sein fühlend ; dazu gehört , daß es in dem bestimmten Inhalt der Empfindung sich in sich reflektirt . diese Reflexion in sich ist eine Vergewisserung seiner Individualität . Wenn man fragt wie kann einer etwas behalten ? Nur in so fern er den Inhalt seinem qualitativen Sinn

1 diese] Wl : Und daß dieser Punct ein Selbst sei , dazu gehört die abstraction . / Diese 1–2 der Fühlende … da] Er : indem das (schon selbstbewußte) Individuum hier betrachtet wird der Fühlende … Mensch] Wl : indem das Individuum als concretes selbstständiges Bewußtsein genommen wird (wie wir’s auch im vorigen anticipirt haben .) und in diesem Zustand betrachtet wird , – 2–3 er in der] Er : er , der concrete Mensch , in der einen 3–4 stecken bleibt … Gegensatz] Er : stehn bleibt , nur im Selbstgefühl bleibt und nicht … seinem 2 ] Wl : in der einen Form des Selbstgefühls , die eine besondere bestimmung ist ; nicht Meister wird und zurückgeht ; im 5–6 verständige Wirklichkeit … a .] Wl : verständige , vernünftige Wirklichkeit . Dieser Zustand heißt der Zustand der Verrücktheit , und dieser Zustand hier zu betrachten . / 1 .) 5–7 dann fällt … die] Er : und dieser Zustand ist der der Verrücktheit . / Das Selbstgefühl ist 7 Es ist die] Wl : = dazu] Wl : Der Inhalt , Bestimmtheit des Fühlens ist ihr für sich seyn . Dazu 8 es in … sich1] Er : in der bestimmten Empfi ndung sie sich aus dieser Besonderheit der Empfindung] Wl : des Empfindens 9–704,1 ist eine … setzt .] Wl : im besonderen ist eine Gewährung , Vergewisserung ihrer selbst . / Selbstständige Individualität ist allgemein , daß es existire dazu gehört diese Idealität des bestimmten und besonderen . – (Nicht zu fühlen ihrer selbst , bei sich selbst zu seyn .) Dieser bestimmte Inhalt wird nicht ausgestoßen , sondern in das Seyn der Seele gesetzt , behalten . – / In einer gegebenen Bestimmtheit zu uns selbst zurückkehrend sind wir selbst . / Das nähere das Moment des Selbstischen zu bemerken das zum Empfinden überhaupt zukommt . – daß wir zu uns selbst zurückgekehrt sind in besonderer Bestimmtheit hat die nähere Bestimmung , daß so etwas von uns behalten wird . Es wird eine nähere Bestimmung in unser Selbst gesetzt , und so in uns als seiend gesetzt . – Kenntnisse , besonderer Inhalt sind Endlichkeiten . Diese sind seiende . Dieser Inhalt bleibt nur in uns , sofern er in unser Sein gesetzt ist . Im Selbstgefühl sind wir dieß : im Selbstgefühl als identisch mit Leiblichkeit . – Sofern wir im Besitz solches qualitativen Inhalts sind , muß es seyn in unsrem qualitativen Seyn . Solches kommt uns zu , sofern wir selbst seiende sind – die abstracte Geläufigkeit haben . Empfindung , p gehen vorüber , verlöschen aus dem Strome der Allgemeinheit 9 eine] Er : die Bewährung , 9–704,1 Individualität . Wenn … setzt .] Er : selbst , dazu daß es wirklich seie dazu gehört diese Idealität der Besonderheiten . / | Es ist hier das Moment des Selbstischen zu bemerken was zur Empfi ndung hinzukommt und dies hat die nähere Bestimmung daß es von uns behalten wird . Es wird der Inhalt in uns als seyender gesetzt , Kenntnisse pp sind Endlichkeiten , dieser Inhalt bleibt in uns wir behalten ihn wenn er in uns gesetzt wird als seyend . Als Selbstgefühl sind wir identisch mit unsrer Leiblichkeit . Jener qualitative Inhalt kann in uns nur seyn sofern wir Selbstgefühl dieses Qualitativen , seyende sind . 13 selbstständiges] Lesart unsicher ; Hk : verständiges gestr : Dieses Innerlich mach

34 Geläufigkeit] Lesart unsicher

36 Es] davor

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nach in sich setzt . Im Alter behält man nicht mehr so das Erscheinende wie in der Jugend , weil die Leiblichkeit schon schwächer geworden ist . bei der Kräftigkeit des Selbstgefühls wird aber solcher Inhalt in die eherne Tafel unsres Seins eingeschrieben – und so behalten wir den Inhalt in der abstracten einfachen Leiblichkeit . die bestimmungen werden in uns erinnert , sie sind dem Vorübergehenden entnommen und festgemacht durch das Angehören unsrem Sein ; und dies Sein kommt uns nur zu als fühlenden . daß dies behalten der Leiblichkeit unsrem Selbst angehört erscheint auf mannigfaltige Weise . z . b . in Krankheit tritt Vieles wieder hervor , was nicht in der Gewalt unsrer bewußten Lebendigkeit ist . – Nervenkrankheiten können das sogenannte Gedächtniß (das physiologische Sein desselben) auslöschen , das wieder herkommen kann . Umgekehrt können andre Krankheiten Vieles wieder hervor rufen , was uns sonst nicht gegenwärtig ist . Krankheiten sind bewegungen und Veränderungen unsres Seins . Was wir in diesem Sein besitzen , das können wir nicht wissen . Man sagt in diesem Sinn ganz richtig : man vergißt viel mehr von dem | was man lernt als was man behält – Aber es ist doch Alles , was er gelernt hat in

1 das Erscheinende wie] Er : als Wl : wie 2 der] Er : der größeren Wl : großer 3 Seins] Er : Selbstgefühls 4–6 den Inhalt … festgemacht] Er : ihn . diese Leiblichkeit ist als allgemeines zu nehmen nicht als punctuelles , als Seelenorgan . das ist dies Moment am Selbstgefühl , daß die Bestimmungen in unser Seyn erinnert , Eigenthum unser selbst werden und so dem Verschwinden entnommen festgemacht werden 4–5 den Inhalt … entnommen] Wl : solchen Inhalt in der einfachen Leiblichkeit , | Leiblichkeit selbst als allgemeine Bestimmtheit . / Das ist also dieß Moment im Selbstgefühl , daß die Bestimmtheiten in unsrem Seyn erinnert werden , Eigenthum unsres Selbst sind , und als solches dem Verschwinden entnommen sind 7 fühlenden] Wl : fühlend 8 Weise . z . b . … Krankheit] Wl : Weise bei uns . In Krankheiten z . b . in] Er : In Vieles wieder hervor] Er : hervor 9–11 Lebendigkeit ist . … kann .] Er : Wirklichkeit heißt . Diese Seite – die auch eine am Gedächtniß ist – kann durch Schlag pp ausgelöscht werden . ist . – Nervenkrankheiten … kann .] Wl : ist (wir vergessen haben .) oder Nervenkrankheiten können diese Seite , die auch eine Seite am Gedächtniß ist , die fysische , leibliche – können das Gedächtniß auslöschen : 11–13 andre Krankheiten … Seins .] Er : Krankheiten manches was außer unsrer Gewalt getreten , wieder hervor rufen , was sonst mit unserm Willen nicht hervorgebracht werden kann . 11 andre Krankheiten … wieder] Wl : Krankheiten vieles 12–13 uns sonst … besitzen ,] Wl : im selbstbewußten Leben ganz außer unsrer Gewalt getreten ist . Solche Krankheiten sind Verändrungen , Bewegungen des Seins , die unabhängig ist von unserm Bewußtsein . – Was wir so besitzen in diesem unsren Sein , 13 diesem] Er : unserm 14–705,7 Man sagt … hervorgeht .] Wl : Wir haben viel mehr Kenntnisse als wir glauben . Man vergißt mehr als man lernt ; aber dessen ungeachtet ist dieß in seinem Seyn gesetzt , und in solchem Zustande kann dergleichen wieder hervortreten , erweckt werden . – / Das Selbstgefühl , diese Rückkehr des Selbst in sich hat diese Bestimmtheiten in sich . – Dies die theoretische Seite , was man die practische Seite nennen kann geht hervor aus Befriedigung dessen , was wir überhaupt wollen . 14 sagt in … dem] Er : vergißt | 15–705,7 als was … hervorgeht .] Er : dennoch ist dies in das Seyn gesetzt und kann unter besonderen Zuständen wieder erweckt werden . das Zusammenhängen mit der Leiblichkeit zeigen 12 ist] sind 36 werden . –] folgt gestr : Diß , was so mit Lblichkt ds Seins zusfällt verhält die … Seite , am rechten Rande 38 kann] folgt gestr : ist eigtlich ds Formelle

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sein Sein gesetzt . Aber man muß sich dies Sein nicht in materieller Ausdehnung vorstellen . Die Menschen haben ganze Büschel vom Gehirn verloren und damit zugleich vom Gedächtniß ; indeß kommt wie gesagt auch vor : daß die Erinnrung sich vollkommen wieder hergestellt hat , nicht weil das Gehirn wieder gewachsen ist ; denn das thut es nicht wieder , sondern weil die Zerrüttung aufgehört . das practische Selbstgefühl ist das Formelle gegen das theoretische ; es ist das , was aus befriedigung unsrer Neigungen und bedürfnisse hervorgeht . Nach dieser Seite fängt die bestimmung von innen an . Erlangen wir das bedürftige nicht , so entsteht ein Widerspruch in uns , eine Negation . Aber auch im Selbstgefühl selbst ist eine Entzweiung eine Negation gegen die Totalität des Selbstgefühls . diese Entzweiung ist nun überhaupt auch als | eine Leiblichkeit . In der Leidenschaft sagen wir : wir sind außer uns d . h . mein Ich versenkt sich in e i n e Seite seiner Totalität und da ist es allerdings nicht bei sich ; denn es ist eine besondere bestimmtheit , eine beschränkung . dieses außer sich Sein ist auch eine in sich entzweite Leiblichkeit . bei be friedigung des Triebes wird nun diese Particularisation meiner überwunden | und ich kehre zu meiner Totalität zurück aus der besondren bestimmtheit , in die

solche Beispiele , aber wie gesagt muß man sich das Seyn der Seele nicht als materielle Ausdehnung sich vorstellen . dies Selbstgefühl ist also diese Rückkehr des Selbst in sich hat diese Bestimmung in sich . diese Bestimmung kann die theoretische Seite genannt werden , die praktische ist das Selbstgefühl das herausgeht aus der Befriedigung dessen was wir wollen . 7 Seite] ErWl : praktischen Seite 8 von] Wl : nach 8–9 an . Erlangen … ist] Er : aus an , thut sich in uns auf und es ist der Widerspruch dadurch in uns gesetzt , wir und diese Bestimmung aber sie zugleich mit der Negation behaftet daß sie noch nicht in uns zurückgekehrt ist . das Nächste ist daß im Selbstgefühl selbst 8 Erlangen wir … entsteht] Wl : sie thut sich in uns selbst auf , und es ist dann 9–11 uns , eine … auch] Wl : uns gesetzt , sofern wir nicht erlangt haben , wessen wir bedürftig sind . Bestimmung in uns , zugleich mit einer negation behaftet , daß wir aus derselben noch nicht zu uns zurückgekommen sind . Im Bewußtsein entwickelt sich diese Negation beim Bedürfniß in Gegensatz gegen ein äußerliches Object . Das nächste aber ist , daß im Selbstgefühl selbst eine Entzweiung ist . / Dieß ist bei solchem Wollen , Begehren , da ist aus gedrückt worden also Entzweiung unsrer selbst . Diese Entzweiung ist auch überhaupt 10 eine Negation] Er : ist , eine Bestimmung Selbstgefühls .] Er : Selbstgefühls selbst . Solches Begehren pp ist eine Entzweiung in uns . 11 der] Wl : einer 11–12 sagen wir : … Ich] Er : bin ich außer mir d . h . meine ganze Totalität 12–13 d . h . mein … ist 2 ] Wl : nicht mächtig unser : d . h . ich , die ganze Totalität , versenke mich in 12–14 Seite seiner … eine] Er : einseitige Besonderheit , obgleich diese Besonderheit m e i n e ist . Ich bin in eine beschränktheit herabgesun ken . diese Entzweiung ist auch Leiblichkeit , 13–14 bestimmtheit , eine beschränkung .] Wl : Bestimmtheit meiner ; in eine Beschränktheit herabgesunken . 14 in] Wl : Leiblichkeit überhaupt , in 15 des Triebes … nun] Er : wird Triebes wird nun] Wl : Triebes , dessen was ich wünsche , wird 15–16 überwunden und ] Wl : überwunden , fällt weg ; 16–706,1 ich kehre … die] Er : diese Ueberwindung ist aber Ueber windung meiner Particularisation sowohl geistig als auch leiblich . In der 16 zurück aus] Wl : zurück . Und diese Ueberwindung ist Ueber windung 4 das] folgt gestr : Gdähtniß linken Rande hervorgehoben

16–706,2 besondren bestimmtheit … bin .] durch senkrechten Strich am

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ich mich versenkt habe . Durch die befriedigung mache ich mich leiblich gesund insofern ich als Geist zu mir zurückgekehrt bin . Also ich selbst bin überwundenes in meiner Particularität und stelle das besondre in meine Totalität . | das ist das Selbstgefühl überhaupt . Nun haben wir zu betrachten 2 . d i e K ra n k h e i t d i e s e r S e it e d e s S e l b s t g e f ü h l s , d i e Ve r r ü c k t h e i t Die Verrücktheit ist Krankheit des Selbstgefühls , so fern es ur theilt und das Für sich sein der Seele gegen eine Particularität ist . Sie ist aber auch eine leibliche Krankheit ; obgleich eigentlich der Geist verrückt ist – aber nicht bloß der Geist muß sie empfi nden denn dann wäre jedes Irren , jeder Irr thum jede Thorheit Verrücktheit . Obgleich da die Gränzen itzt genau anzugeben sind . die Plattheit und die beschränkung in kleinen Kreisen mit all seinen Leidenschaften – hält ein andrer oft für Narrheit . der Mensch bleibt in der Verrücktheit in einem ungesunden Zustand der Entzweiung fi xirt . Der Verrückte will Besondres in dieser Neigung , kehrt nicht zurück in die Totalität seines Selbstgefühls . Aller Inhalt seiner Neigung und Empfindung oder was ihm äußerlich begegnet , geht dem Verrückten nicht bloß

1 versenkt habe .] Wl : versetzt hatte , sowohl so fern sie leiblich als geistig ist . 1–3 leiblich gesund … ist] Er : eben so leiblich gesund als ich geistig zu mir gekommen bin . das ist nun das Selbstgefühl als solches daß ich meine Totalität wieder herstelle . Ich bin entzweit , ich als Totalität und ich auch als Besonderheit , und das gesättigte Selbstgefühl ist zurückgekehrt aus dieser seiner Particularität . das ist nun 1–2 leiblich gesund … Geist] Wl : eben so leiblich gesund , als ich als Geistiger 2–3 Also ich … Totalität .] Wl : Befriedigung ist : mich , meine Totalität wiederherstellen ; mein Selbstgefühl ist gesättigt , zurückgekehrt aus der Particularität . | 4–5 überhaupt . Nun … d i e 1] Er : daß ich durch Ueberwindung der Particularität , die Totalität erhalte , so daß jene idealisirt , ich bei mir selbst bin . – / die Nun haben … d i e ] Wl : Ich selbst bin in dieser meiner Totalität erhalten : Ich bin darin und aus der Particularisation heraus bei mir selbst – das ist das Selbstgefühl . / Die 5 Selbstg e f ü h l s , ] Wl : Selbstgefühls ist 6 Die Verrücktheit ist] Wl : In der Verrücktheit ist ein Zustand , und ein Zustand der dem Selbstgefühl zukommt , Krankheit des … das] Er : ein Zustand der dem Selbstgefühl zukommt , Krankheit des Selbstgefühls und zwar sofern es Ur theil , sofern es Selbstgefühls ,] Wl : Selbstgefühls , und zwar des Selbstgefühls (nicht überhaupt) , sondern 7–14 Sie ist … die] ErWl : die Verrücktheit ist geistig [aber auch eine leibliche Krankheit und das ist eben ihr Character diese Unzertrennlichkeit ,] Wl : und leiblich ungetrennt zusammen . Character der Verrücktheit ist diese Ungetrenntheit :] wäre sie bloß geistig [wäre sie] Wl : so wäre es eine Verirrung ; –] Thorheit , Plattheit [pp Es ist da schwer die Grenze zu bestimmen , und einer kann leicht in Narrheit übergehen aus kleinlichen Interessen pp .] Wl : = (Menschen die in die Besonderheiten der Interessen , des Leibes versenkt sind , Geist nie daraus erheben , und diese Interessen nicht verstehen können , weil sie nicht die seinigen sind , können leicht im Zustande der Narrheit wahr scheinen .) –] die Verrücktheit gehört [also jenem Ur theil] Wl : der Bewegung] des Selbstgefühls an und ist näher [diese] Wl : der] Ungesundheit [daß] Wl : sofern] der Mensch stehn bleibt in dieser Entzweiung . [Seine besondre Neigung pp] Wl : Er ist Totalität und hat besondere Neigungen ; und diese besondere Neigung] ist nicht beherrscht [von der] Wl : überwunden , kehrt nicht zurück in] 14–15 Aller Inhalt … bloß] Er : Jede besondre Empfi ndung ordnet der besonnene Mensch in seine Totalität , es geht einem etwas 35 Leibes] Lesart : Lebens

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durch den Kopf , sondern setzt sich das in den Kopf , und bringt es in seine ganze Totalität und rangirt diesen ganzen Inhalt unmittelbar hinein als subjective Vorstellung . Der Mensch hat eine Selbstschätzung , ein Selbstgefühl , eine Ehre : dieses oscillirt leicht zu einer Demuth , daß der Mensch zu wenig auf sich hält und sich auch äußerlich verächtlich hält und sich gehn läßt und thut was ihm vorkommt . Auf der andren Seite kann es auch umschlagen in Hochmuth in Neid etc . das spielt in dem Menschen so umher ohne daß er das rechte Maaß der Selbstschätzung bereithält . Diese Neigungen sind in dem Menschen überhaupt – Aber er wird die Äußrungen derselben bis auf einen gewissen Grad beherrschen ; er weiß , was geht und steht in der Welt ; der Mensch läßt sichs nicht merken , weil er ein bewußtsein hat von dem , was man gelten läßt und was nicht weil er weiß wie das oder jenes

Wl : Diese haben wir uns nun eben so concret vorzustellen wie in voriger Stufe . dieß zu anticipierende ausgebildete und verständige Bewußtsein ist zugleich natürliches Selbst des Selbstgefühls . – das Subject hat als gesund und besonnen das praesente Bewußtsein der geordneten Totalität seiner individuellen Welt , in deren System es jeden vorkommenden besonderen Inhalt der Empfindung p subsumirt , und an die verständige Stelle desselben einordnet ; es ist der herrschende Genius für diese Besonderheiten . – Es ist der Unterschied wie beim Wachen und Träumen , aber hier fällt der Traum innerhalb des Wachens selbst , und gehört dem Selbstgefühl . Es geht einem 1–3 sondern setzt … Mensch] Wl : wenn man ein reifer Mann werde p . Aber indem man zugleich ein Bewußtsein hat von seiner Totalität , seiner ganzen Wirklichkeit hat , rangirt sich solcher Inhalt gleich dazu , daß dieß spanische Schlösser sind : und solcher Inhalt hat unmittelbar die Bestimmtheit für ihn , daß sie unmittelbare Vorstellungen sind . Man sondern setzt … Vorstellung .] Er : indem man aber das Selbstgefühl in seiner Totalität , das Gefühl | seiner Wirklichkeit hat , rangirt er in sie jenes hinein . 3 Selbstschätzung , ein … dieses] Er : Selbstschätzung in sich , diese Selbstschätzung ein Selbstgefühl , … dieses] Wl : Ehre in sich selbst (und muß sie haben) diese Selbstschätzung 4–6 daß der … Auf] Er : einem zu wenig von sich halten , auf 4 daß der Mensch] Wl : (daß er 4–6 und sich … Auf] Wl : was leicht dahin geht , daß er 5–6 hält und … Auf] Wl : macht , ein Anfang zu schlechten Handlungen wird .) und auf 6–7 kann es … er] ErWl : [ kann sie leicht zu Hochmuth hinübergehn , sie] Wl : zu Hochmuth , Hoffart , Neid . (hält sich für werth auch dergleichen zu genießen , und verdiene es eher als der andere . Das Selbstgefühl des Menschen] ist so in oscillirendem [ Zustand begriffen] Wl : Zustande] ohne daß der Mensch in jedem Augenblick 7–9 der Selbstschätzung … beherrschen ;] Er : hielte . der Mensch kann ferner bestimmtere Neigungen solcher Art in sich haben , wirklichen Stolz , pp aber auch da wird er ihre Aeußerungen beherrschen auf irgend eine Weise , 8 bereithält . Diese] Wl : behalte . dergleichen Aber] Wl : der Mensch kann ferner bestimmtere Empfindungen dieser Art haben : wirklicher Hochmuth , Neid p . Hochmuth sich für diesen werth zu achten , aber 9 derselben bis … Grad] Wl : doch weiß ,] Wl : weiß ohngefähr was] Er : wie es 10–708,1 Welt ; der … würde .] Er : Welt , wird dergleichen in sich zurückhalten . 10 der Mensch … merken ,] Wl : aber es läßt einer sich überhaupt nichts merken von seinen Anmaßungen – , 11 von dem , … man] Wl : was | man 11–708,2 und was … das] Wl : wie man ihn behandeln würde ; hält es bloß aus Klugheit in sich selbst zurück , äußerlich ganz klug , in sich verkehrt . das 4 der] d . d . 13 ausgebildete und verständige am linken Rande mit Verweiszeichen 14–15 hat als … vorkommenden am linken Rande mit Verweiszeichen ; folgt im Text gestr : ist itzt Totalitt Indv 15–18 subsumirt , und … Selbstgefühl . nachträglich zwischen den Zeilen 21 Bestimmtheit] Best hat

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an ihn zurück kommen würde . Es kann ein Mensch ganz verkehrt in sich sein ; aber äußerlich ganz verträglich , | das ist die Totalität seines bewußtseins die über die Verhältnisse Herr ist , und der Mensch lebt immer noch in einer gewissen besonnenheit von dem , was sittlich ist (w a s d e r Sit t e g e m ä ß i s t doch ? ) Nun kann es aber geschehen , daß er krank wird , d . h . daß diese Ansprüche und Regungen in ihm eine fest bleibende Leiblichkeit gewinnen . Das Verlangen ist nicht rein geistig sondern gehört dem Selbst an und hat eine seiende Seite . Von dem gesunden Körper wird dies particuläre Sein zurückgenommen in die allgemeine Gesundheit : die befriedigung ist dies : sich gesund zu machen , und die Seite der Leiblichkeit zu überwinden – In der Krankheit aber wird dies Particuläre fest auf eine seiende leibliche Weise . Körperliche Krankheit | als solche heißt nichts andres , als daß ein besondres System der Organe eine Thätigkeit gewinnt , wodurch der ganze Lauf der Organisation gehemmt ; so kann nun im Selbstgefühl in seiner Leiblichkeit ein Knoten entstehen , und der ist auch zugleich ein Knoten in der Totalität der Vorstellung

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1–3 in sich … Mensch] Er : und äußerlich erträglich seyn . Es hält sein verständiges Bewußtseyn dergleichen zurück , 2 seines] Wl : des 2–3 die über … der] Wl : daß er , wenn er für seine Leidenschaften keine Aussichten hat zur Befriedigung , sie zurückhält . der 3–4 noch in … doch ? )] ErWl : in dieser Besonnenheit [fort , sein Bewußtseyn hält] Wl : in sich . Es gehn in ihm leicht Regungen p vor . Er hält durch sein sittliches , religiöses Bewußtsein oder das Bewußtsein , was für ihn in Welt zu erlangen ist ,] dergleichen in sich zurück . [das ist seine Totalität ,] Wl : Dieser Zustand ,] dies Bewußtseyn seiner [ Wirklichkeit , er] Wl : Wirklichkeit ist seine Totalität . Er] hat ein Gefühl dieser Wirklichkeit . 5–6 d . h . daß … ihm] ErWl : nicht nur daß er dergleichen [ Vorstellungen h a t und ] Wl : Ansprüche in sich hat , die er auf solche Weise in sich] zurückhält , sondern daß diese Ansprüche pp [die er hat] Wl : in sich eine Leiblichkeit und] 6–7 Das Verlangen … hat] Er : Es ist schon früher vom Verleiblichen die Rede gewesen . – Es hat dergleichen da es d i e s e m Individuum angehört und hat so 6 Das Verlangen … nicht] Wl : Es ist früher schon von Verleiblichung die Rede gewesen , und daß der Mensch Verlangen p hat , ist nicht nur 7 an und hat] Wl : als diesem Selbst an , und so hat es 7–8 Von dem … particuläre] Wl : Indem nun also dergleichen eine seiende Seite hat , so wird in gesunder Seele dieses Von dem … Körper] Er : Im besonnenen Bewußtseyn 8–9 zurückgenommen in … und ] Er : zurückgenommen , 9 sich] Wl : sich zugleich 9–10 machen , und … wird] Wl : machen ; nicht nur seinen Willen überhaupt zu erreichen , sondern auch seine Leiblichkeit zu erringen . – Wenn die / Die Krankheit ist nun daß zu überwinden –] Er : überwunden ; 10 auf] Wl : wird auf 11 Körperliche Krankheit] Er : die Krankheit die körperlich ist | Wl : Die Krankheit ist körperlich 11–12 heißt nichts … Organe] Wl : d . h . ein einzelnes , besonderes Organ oder System in Organisation nichts andres , … Organe] Er : daß ein Organ oder System 12 gewinnt , wodurch … der 3] Er : erhält wodurch der Verlauf der ganzen 12–13 ganze Lauf … nun] Wl : Verlauf des ganzen Organismus gehemmt wird , so ist denn 13–14 in seiner … zugleich] Wl : überhaupt , weil es leiblich ist , noch möglich , daß so eine Krankheit entsteht , und dieser Knoten in Leiblichkeit des Selbstgefühls ist auch 13 in seiner Leiblichkeit] Er : so 14–709,1 in der … vermag .] Er : gegen den die Ganzheit des Selbstgefühls nichts vermag und zwar darum nicht , weil dieser Knoten leiblich geworden ist . / Die Totalität des besonnenen Selbstbewußtseyns ist unterbrochen und eine Leiden32 die Satz bricht ab

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wogegen die Herrschaft des besonnenen bewußtseins nichts vermag . Das Hellsehn des Somnambulismus ist von der Verrücktheit verschieden ; in ihm ist die Totalität für sich ; das objective bewußtsein der Totalität ist nur der Form nach unterschieden von jener Totalität des Selbstgefühls so fern es sich unterscheidet von der Totalität des besonnenen objectiven bewußtseins . Das Selbstgefühl des Hellsehens ist die objective Wirklichkeit selbst . Dagegen in der Verrücktheit ist das Selbstgefühl dem Inhalt nach entzweit gegen sein allgemeines Selbstgefühl , gegen seine Wirklichkeit . Der Unterschied kann aber auch der sein , daß sich das Subject in ein dumpfes inhaltsloses Selbstgefühl in eine innre Träumerei versenkt , und nicht fortgeht zur bethätigung des bewußtseins nicht in Verhältniß tritt mit der Außenwelt und bloß interessirt ist in sich . Indeß kann auch das bewußtsein nach außen sehr lebendig agiren aber ohne daß die Totalität des verständigen Selbstbewußtseins diese Unruhe dirigirt . das ist Zerstreutheit , Faselei . Aber die Totalität des Selbstgefühls ist nicht darin ; das ist die Hohlheit des Selbstgefühls .

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15 schaft , Richtung steht fest gegen den objectiven Zusammenhang .

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1 wogegen die Herrschaft] Wl : gegen den Ganzheit 1–3 vermag . Das … nur] Wl : vermag , darum weil dieß zugleich leiblich ist . – / Die Totalität des bei sich seienden verständigen Selbstbewußtseins oder das subjective Bewußtsein ist gehemmt indem das Subject sich in irgend eine Neigung wirft und in einer falschen Vorstellung dieser Neigung zusammenhängt gegen den objectiven Zusammenhang seiner Wirklichkeit , – und dieß Festwerden ist zugleich wesentlich etwas seiendes , leibliches . Das Hellsehen des Somnambulen ist von Verrücktheit verschieden : in jenem ist Selbstgefühl eine Totalität für sich : diese ganze Wirklichkeit ist in diesem sich selbst fühlen in diesem Innerlichseyn . diese Totalität des besonnenen objectiven Bewußtseins ist uns 2 des Somnambulismus ist] Er : ist 2–3 in ihm … Totalität] Er : d a ist die ganze Wirklichkeit in dieser Innerlichkeit , das wache Bewußtseyn 3 unterschieden] ErWl : verschieden 4–6 des Selbstgefühls … Verrücktheit] Er : in ihrer Innerlichkeit . H i e r Selbstgefühls so … Verrücktheit] Wl : Selbstgefühls . Das Hellsehen ist objective Wirklichkeit selbst ; hingegen hier 7 entzweit gegen … Wirklichkeit .] Er : entzweit , das Selbstgefühl in seiner Einseitigkeit gegen seine Totalität . entzweit gegen … allgemeines] Wl : entzweit , das Subject dem Inhalt nach fest gegen das allgemeine 7–8 Wirklichkeit . Der … sein ,] Wl : Wirklichkeit , gegen Totalität seiner Wirklichkeit . – Unterschied auch so : 8–9 aber auch … und ] Er : auch so seyn daß das Selbstgefühl inhaltslose Träumerei ist , 9 in eine … Träumerei] Wl : Träumerei und ] Wl : die 9–12 bethätigung des … daß] Er : Thätigkeit – diese Interesselosigkeit , und Mangel an Reaction gegen die Außenwelt , – 9–11 bethätigung des … agiren] Wl : Thätigkeit . | Diese Interesselosigkeit des Selbst und Unempfindlichkeit , Mangel an Reaction gegen und in der Welt . Bewußtsein kann sehr thätig sein und lebendig nach außen agiren , mit einer Menge von Handlungen herumschreiten , 12 diese Unruhe dirigirt .] Er : dirigirt nicht die Thätigkeit , das unruhige Bewegen , diese Unruhe] Wl : dieses Thätigsein des Bewußtseins 12–13 das ist … Faselei .] Wl : Zerstreutheit , Faselei nach außen sehr thätig ; 13–14 Aber die … die] Er : die vollkommne Gleichgültigkeit gegen die Thätigkeit also , oder auch Action und dennoch darin ; das … die] Wl : darin vorhanden : ein loses zerfahrenes Vorstellen und Thun . – Diese Ein seitig keit ist mehr Einseitigkeit der Form nach , Hohlheit des Selbstgefühls , Trägheit gegen Wirklichkeit , ohne Action und daher 1 vermag .] folgt gestr : Das Festwerden

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Das ist also eine Hauptbestimmung , daß dieser Zustand ebensowohl leiblich ist als geistig ; welches von beiden den Anfang gemacht , ist oft nicht zu sagen . Die Krankhaftigkeit der Leiblichkeit ist vorhanden im abstracten Selbstgefühl als solchem ; z . b . wenn man Verrückte anatomirt so findet man bei manchen gar nichts Abnormes , bei andren dagegen viel Abnormes , Wasser im Gehirn etc . Nervenkrankheiten Gicht etc . sind oft mit Verrücktheit verbunden . (der König von England hat seine Verrücktheit seiner Gicht zu verdanken) E s s i n d nu n no c h 2 Pu n k t e z u b e t ra cht e n : a d i e ve r s ch i ed e n e n F o r m e n d e s Ve r r ü c k t s e i n s b . d i e He i lu n g d e s Ve r r ü c k t s e i n s . |

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a D ie ve r s ch i ed e n e n S or t e n d e s Ve r r ü c k t s e i n s . die verschiedenen Vorstellungen und Neigungen , welche dieser Verrücktheit zu Grunde liegen können wir hier nicht betrachten ; einer hält sich für Gott Vater , andre für Mohamed andre für Christus , für große Gelehrte , für Friedrich II etc andre halten sich für ein Gerstenkorn und haben große Angst vor Hühnern ; andre haben einen Heuwagen im Magen etc . das ist das Gleichgültige . An den allgemeinen Sorten wollen wir 3 unterscheiden .

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1 also eine] Wl : der Allgemeine Standpunct des Verrücktseyns überhaupt . Das ist also die eine] Er : die 1–2 ebensowohl leiblich … beiden] ErWl : [eben so] Wl : hierher gehört , daß dieser Zustand eben so] geistig als leiblich ist [daß die Leiblichkeit wesentliches] Wl : die Leiblichkeit wesentlich ein] Moment ist . Ob aber das Leibliche oder das Geistige 2 oft] ErWl : schwer [oder gar] Wl : oder] 2–4 Die Krankhaftigkeit … manchen] Er : Oft fi ndet man bei anatomirten Verrückten 2 Die] Wl : denn eben zum Verrücktsein gehört 3 Leiblichkeit] Wl : Leiblichkeit . Diese 3–5 solchem ; z . b . … Abnormes ,1] Wl : solchem , sofern das Selbstgefühl eine allgemeine Leiblichkeit hat . Man hat bei anatomirten Verrückten nichts Abnormes gefunden , 5–8 dagegen viel … n o c h ] Wl : viel Abnormes am Schädel (dicker Knochen p) und anderes . z . B . Eierstöcke verhärtet bei einer Melancholischen . Häufig auch gichtische Knoten . Eben diese Krankheit das Innerste be treffend , – liegt in Nerven . Gicht kann auch diese Krankhaftigkeit seyn . Eben in diesem System der Nerven p ist das Leibliche Krankhafte vorhanden . – / die 5–7 viel Abnormes , … verdanken)] Er : viele Abnormitäten | Häufig fi nden sich auch gichtische Knoten . Es ist da die ganz abstracte Leiblichkeit im Spiele daher auch oft Nervenkrankheit . In dem dumpfen System der Nerven , im lymphatischen und Knochen system ist oft die leibliche Krankheit enthalten oft aber auch in diesem nur vegetativen System nicht bemerkbar . 8–9 z u b e t ra c h t e n : a ] Wl : die wir nur noch dabei betrachten wollen , sind : / 1 .) 9–10 d e s Ve r r ü c k t s e i n s b .] Wl : der Verrücktheit / 2 .) 10–711,3 d e s Ve r r ü c k t s e i n s . … zuerst] ErWl : [der Verrücktheit .] Wl : des Verrücktseins . – / 1 .)] / Was die verschiedenen [ Formen] Wl : Gestaltungen der Verrücktheit] betrifft [so] Wl : Verrücktheit , Wahnsinn , Unsinn , Tollheit p] ist dieser Zustand unendlich mannigfaltig [aber weil] Wl : eben weil da] eine Partikularität [sich] Wl : den Menschen] fest macht und nicht unterworfen ist der Totalität des

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1 . blö d s i n n überhaupt , 2 . d i e Na r r h e i t a l s s ol c h e 3 . d i e Tol l he it 1 . , blö d s i n n . dahin gehört zuerst blö d s i n n a l s s ol c h e r : die letzte Form der Tollheit ist daß das Subject in eine völlige Stumpfheit verfällt , ohne Neigung , ohne Verlangen ohne Thätigkeit nur ein vegetatives Leben führt . Dieser Zustand ist etwas Trostloses und Unheilbares . Hieher gehört das , was man Cr e t i n i s mu s nennt ; in der Schweiz in brittannien etc . fi ndet man diese Krankheit häufig . Herr v . Bug hat eine Schrift über das Hagelwetter geschrieben und fängt gleich so an : wo es Creten gibt , da gibt es kein Hagelwetter . Dieser Cretinismus ist meist mit Kröpfen und stupidem Gesicht verbunden ; die Verrückten stoßen nur unartikulirte Töne aus , und werden gefüttert , sind ganz ohne Verlangen , meist verzerrt und verrenkt . Pinell ein

verständigen Selbstbewußtseyns . die Form [nun der fi xen] Wl : der nähren besonderen] Vorstellung ist [da zufällig , und stehn oft gar nicht in] Wl : dann eben das gleich gültige daran , und ist Folge und kann also auf dieß und auf jenes folgen . Wenn’s Empfindung des Stolzes ist , die überwiegt , so gibt’s unendliche Menge von Vorstellungen , die die Verrückten haben : cf . Mah , X , Fr II , Gott . – Ist Hypochondrie überwiegend : – Aengstlichkeit , sich für Gerstenkorn haltend in Furcht vor Hühnern . Gefühl leiblicher Beschwerden herrschend : Heuwagen mit 4 Pferden im Magen . – Gefühl in Füssen : Füsse von Glas . – Diese besonderen Formen sind mehr oder weniger gleichgültig , | und haben nicht] Zusammenhang mit [der] Wl : nährer unmittelbarer] Veranlassung der Verrücktheit . Was die verschiednen Arten betrifft [so sind diese : Blödsinn , Narrheit und Tollheit . / der] Wl : gibts 3 . 1 .) Blödsinn , 2 .) Narrheit 3 .) Tollheit . Allgemeiner Zustand ist Bösartigkeit und Bosheit , aber auch des Unglücks . / 1 .)] Blödsinn überhaupt . darunter gehört [nun zuerst] Wl : a .)] 3 die] ErWl : Er ist sehr häufig die 3–4 ist daß] Wl : daß 4–8 daß das … an :] Er : die nur vegetative Existenz ohne Interesse und dieser Zustand ist trostlos und unheilbar , dazu gehört der Cretinismus der an eine besondre Localität geknüpft zu seyn scheint (Herr von Buch sagt : 4 eine völlige Stumpfheit] Wl : diese gänzliche Stumpfheit , nur vegetative Existenz 4–5 Neigung , ohne … führt .] Wl : Thätigkeit , Neigung , Verlangen . 5–8 ist etwas … an :] Wl : trostlos und unheilbar . Dazu gehören Kretinismus . Schweiz , Steier , Tyrol , Pyrenäen , Bretagne . Häufig mit Kropf verbunden . Auch an besondere Localität scheint diese Krankheit verknüpft zu seyn . – Buch über Hagelwetter : 8 Creten] Er : Cretins Wl : Kretins 9–712,1M Hagelwetter . Dieser … (seine] Er : Hagelwetter) . Es sind damit oft Kröpfe , Verrenkungen der Glieder verbunden , stupide Gesichter , unarticulirte Töne pp Das sind von dieser äußersten Stumpfheit Beispiele . Es gibt da viele Stufen . Pinnel hat wohl die beste 9–712,11M Dieser Cretinismus … von] Wl : Da sind die Stufen des Cretinismus sehr verschiedene . Erscheinung von Kropf das wenigste bei diesen scheußlichste Verzerrung und Verrenkung der Gliedmaaßen . Gesicht stupid , stoßen unarticulirte Töne von sich aus ; lassen sich füttern . Von dieser äußerlichen Stumpfheit bis bloßer körperlicher Abnormität des Kopfes sind die Stufen sehr mannigfaltig . – Pinel erzählt von einer Kretine ; – Reil über Wahnsinnige hat auch Verdienste . – das Beste in erstem , wenngleich oberflächlich ; Reil aber oberflächlich formelle fi losofi sch . – Besonders die psychische Methode ist’s die durch Pinnel ausgebildet worden ist . Ueberhaupt ein verständiges besonnenes Bewußtsein und edlen Character zeigt er . Die Psychische Methode ist dann vom hiesigen Medicinalrath 7 Herr v . Bug] siehe Anm .

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712 (seine Schrift über die Verrücktheit ist wohl die beste) auch Reils Schrift ist recht gut , er macht sich über die oberflächlichen formellen Vorstellungen Pinels lustig ; aber sein philosophischer Formalismus ist auch nicht viel besser , als diese oberflächlichen Vorstellungen . Seine psychologische Methode ist von Langermann zuerst in deutschland in Anregung gebracht worden .Sg

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Arzt in der Charité während der französischen Revolution erzählt von einem blödsinnigen Mädchen von 28 Jahren mit blondem Haar ohne allen Ausdruck der Physiognomie ; ihr Wahnsinn ist hergekommen von einem Schrecken ihrer Mutter in ihrer Schwangerschaft ; sie blieb wie ein Automat immer auf demselben Platz , sprach nicht , obgleich sie ganz vollständiges Sprachorgan gehabt ; endlich habe sie a und o sprechen gelernt ; Neigungen und begirden hat sie keine gehabt ; indeß alle Morgen hat sie Anfälle von Wuth gehabt – wenn man sie angefaßt so hat sie abgelassen und Reue gezeigt und alles mit sich vornehmen lassen . Der 4t e Theil derer in den Irrenhäusern ist gewöhnlich blödsinnig . Es gibt auch einen blödsinn der vollkommene Starrheit und Unvollkommenheit ist sich nach außen zu bewegen ; er ist oft vorübergehend . Einen Engländer hat es gegeben , der nach und nach in diese Stumpfheit gefallen ist , daß ihm alles gleichgültig geworden ; er hat von Nichts gesprochen , kein Verlangen zu etwas bezeugt und blieb den ganzen Tag in seinem Sessel sitzen und zeigte nicht einmal Verlangen auf Speise und Trank . Man hat ihn aber so curirt . Man hat einen Menschen bestellt , der einige Ähnlichkeit mit ihm hatte ;

2M–7M ist wohl … philosophischer] Er : gegeben , Reils naturphilosophischer 8M–11M auch nicht … psychologische] Er : um nichts besser das beste was er hat fi ndet sich bei Pinnel . die psychische Methode ist besonders von Pinnel begründet . diese 13M–1 in Anregung … erzählt] Wl : zur Sprache gebracht . – Pinnel erzählt die interessantesten Beispiele . Erzählung 1 erzählt] Er : Pinnel enthält | die interessantesten Beispiele . Er erzählt 1–3 blödsinnigen Mädchen … Physiognomie ;] Er : 28jährigen blödsinnigen Mädchen . 2–3 ohne allen … einem] Wl : p , macht Zusammenstellung aus Erfahrung über Lebensalter , Unterschied der Jahreszeiten , Perioden des Wahnsinns . der Wahnsinn dieses Mädchens hergeleitet vom 3 ist hergekommen] Er : sei hergeleitet 4–6 blieb wie … indeß] Er : bewegte sich nicht , sprach gar nicht , schien fast ganz ohne Gefühl und Begehrungsvermögen , 4–10 sprach nicht , … ist1] Wl : konnte nicht sprechen , wenngleich die Organe dazu waren . Gefühls- und Begehrungsvermögen schien zu fehlen ; und doch 2 oder 3 Handlungen die von Ueberlegung zeugten . Jeden Morgen Wuth ohne Willen (automatische Wuth) das erste beste erfassend , zerkratzend p . bemächtigt , zeigt sie Reue und läßt nach . Von diesem leidenden Gefühl der Wahnsinnigen über Recht und nicht Recht nachher . – Diese 1 . Form ist also Blödsinn überhaupt . Man hat angenommen daß ¼ der in Irrenhäusern befindlichen blödsinnig sind . Bei guten Anstalten scheidet man die für unheilbar gehalten ab , besonders gehören die Blöd sinnigen dazu . – Dann noch ein Blödsinn der eigentlich eine vollkommene Starrsucht ist , vollkommene Unfähigkeit 7–9 Wuth gehabt … blödsinnig .] Er : automatischer Wuth gezeigt , doch habe sie nach dieser ein Gefühl von Reue gezeigt pp . / Das Erste ist also Blödsinn überhaupt . Man hat angenommen daß ungefähr der 4t e Theil der in Irrenhäusern seyenden blödsinnig seyen . 9–713,7 vollkommene Starrheit … blödsinn] Er : eine Art von Starrsucht ist , dann auch vorübergehenden Blödsinn , vollkommne Unfähigkeit afficirt zu werden , vollkommne Unthätigkeit . Ein Engländer in diesem Zustand ist dadurch geheilt daß man ihm ein Gegenbild entgegen setzte pp Zu dieser Form 10–713,7 er ist … blödsinn] Wl : Auch vorübergehender Blödsinn vollkommene Unfähigkeit Aufmerksamkeit auf etwas zu wenden , | vollkommene Unfähigkeit . Da muß man Aufmerksamkeit nach außen zu erwecken suchen . – zu dieser Form 1 Revolution] folgt ein Einfügungszeichen , ein Spatium und ein Fragezeichen

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den hat man in eben einen solchen Schlafrock gekleidet auf eben solchen Sessel und ihm bestellt sich ebenso zu gebehrden , wie der andre . Nach ein zwei Stunden sieht er ganz zerstreut um sich herum ; der andre macht es auch so ; am Ende sieht er ihn an , der andre sieht ihn auch an , steht auf der andre auch , faßt ihn endlich an , der andre auch , wird wüthend , der andre auch ; es ist ihm schlimm dabei gegangen aber er ist so kurirt worden dadurch daß man eben seine Aufmerksamkeit | nach außen gerichtet hat . Zu diesem blödsinn gehört auch die Z e r s t re ut h e i t (Archimed) die oft großartig sein kann bei solchen die tief versenkt sind in irgend eine beschäftigung oder Gedanken . Aber die Zerstreutheit ist schon im begriff Narrheit zu werden ; sie ist eine Hohlheit ein Versenktsein in sich ; eine Unaufmerksamkeit auf die äußerliche Umgebung , eine Träumerei in sich , welche die Mutter von der Verrücktheit ist . das Gegentheil der Zerstreutheit ist d i e F a s e le i eine unendlich bewegliche Thätigkeit auf alle vorkommenden Gegenstände aber ohne Zweck ; es ist ein fortdauerndes Getriebensein nach außen , nicht ein Versenktsein in sich ; also eine Thätigkeit die nicht von dem Selbst beherrscht wird ; ein faselhafter Mensch ist oft nicht mehr für einen vernünftigen Menschen anzusehn , sondern eigentlich schon zu den verrückten zu zählen .

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7–10 (Archimed) die … ein] ErWl : [sie] Wl : Zerstreutheit] ist oft der Anfang des Wahnsinns . [(Es gibt eine großartige Zerstreutheit bei tiefen Meditationen , die nichts außer sich wahrnimmt – Archimedes –)] Wl : Versenktheit in ein Interessirendes , daß man durch nichts auf Anderes geleitet werden kann . Admet .] die Zerstreutheit aber die [in Narrheit übergeht ist ein] Wl : eine Art von Krankheit ist , oder noch darin überzugehen , ist das] 11–14 eine Träumerei … fortdauerndes] Er : diese Träumerei geht oft in Verrücktheit über . die Faselei ist das Gegentheil von der Zerstreutheit und dem Blödsinn . / Die Faselei ist diese Richtung nach Außen ein 11–13 welche die … bewegliche] Wl : die oft in Verrücktheit ausgeht . – da gibt’s eine ganze Menge Geschichten solcher Zerstreutheiten . – Faselei ist Gegentheil von Zerstreutheit und Blödsinn ; – aber fällt in dieselbe Kategorie . Richtung nach außen , unendliche Beweglichkeit der 13–14 Zweck ; es … ein1] Wl : allen Zusammenhang , ohne wahrhaften Zweck . Ein 14–714,2 außen , nicht … Zerstreutsein] Er : äußerlicher Thätigkeit ohne allen Zusammenhang und ohne daß sie vom selbst beherrscht wird . Es gibt viele Stufen von Faselei und die Grenze schwer anzugeben , weil so einer oft noch seine Geschäfte besorgt Die zweite Form ist die eigentliche Narrheit , eine Zerstreutheit 14–15 nicht ein … Thätigkeit] Wl : nach äußerlicher Thätigkeit , bei der nichts herauskommt , 15–714,1 wird ; ein … d i e ] Wl : wird , von einem concrete Zwecke habenden Selbstgefühl . Auffallendstes Bild des Chaos ist es gewesen : alle seine Vorstellungen und Reden hatten keinen Zusammenhang p Seine Aufwallungen schränken sich auf kindische Ausbrüche ein , weil er sich selbst zu Zorn nicht kann sammeln . – Faselei also in ihrer höchsten Ausbildung . Es gibt viele Stufen der Faselei , so daß es schwer ist zu sagen , ob ein Faseler noch vernünftig ist oder schon zu Verrücktheit übergeht . – Oft können sie noch Geschäfte verrichten , aber sonst . Erste Form dieß . – / Zweite Form : 38 sonst . Satz bricht ab ; bei Hk folgt : sind sie zusammenhängendem Denken unfähig

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2 . d ie e i g e nt l i c h e N a r r h e i t Sie ist auch ein Zerstreutsein aber mit einem bestimmten Inhalt . Sie ist ein sich Versenken in das leere Selbstgefühl , in das sich ein Inhalt festsetzt der ein Irr thum ist ; es ist ein Selbstgefühl nach einer besondren Seite das sich isolirt und so fi xirt . Sie ist auch aber mit Thätigkeit und Erregsamkeit des verrückten und verständigen bewußtseins . Im Herzen sind die Anfänge aller Leidenschaften : Der sittliche Mensch hält diesen bösen Genius deprimirt und läßt nicht merken was er für Empfindungen etc . hat ; er ist Meister über sie und läßt ihnen keinen Raum . Aber in der Narrheit wird dieser böse Genius frei und tritt in irgend einer Leidenschaft heraus unbeherrscht von der Totalität . Die Vorstellungen sind dieser festen Leidenschaft entsprechend ; sie sind Irr thümer über sich , über seinen Werth , über die Verhältnisse zur Welt etc . – aber gesetzt durch das festwerden besondrer Empfindung , Trieb etc – diese Formen von Vorstellungen sind sehr mannigfaltig ; jeder stellt sich vor etwas andres zu sein . Hoch muth , Eitelkeit , Überschätzung seiner selbst kommt am häufigsten vor ; die Leute wollen etwas besondres sein und dieses setzt sich fest und wird

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2 Sie ist1 … sich] Wl : Auch eine Zerstreutheit ; aber Zerstreutheit mit besonderem Inhalt ; auch 2–4 bestimmten Inhalt . … ist 2 ] Er : besondern Inhalt , dieser ist ein Irr thum , eine Vorstellung die der Wirklichkeit des Subjects widerspricht , 3 Selbstgefühl , in … ein1] Wl : Selbstgefühl ; aber so daß sich ein besonderer 4 ist ; es … ein] Wl : über sich selbst ist , eine Vorstellung von sich über seine Eigenschaften die mit wirklichem Subject ganz widersprechend ist . 4–6 nach einer … Leidenschaften :] Er : das sich nach | einer Seite fi xirt und so daß diese fi xirte Seite seiner Wirklichkeit widerspricht . 4–5 das sich … des] Wl : so daß dieses besondere Selbstgefühl nicht gehörige Stelle in Totalität hat . – Narrheit ist verbunden mit Regsamkeit eines 6 Herzen sind … aller] Wl : menschlichen Herz sind Anfänge aller bösen 6–7 sittliche Mensch hält] Wl : vernünftige , sittliche Mensch ist , der 7–10 hält diesen … Totalität .] Er : ist Meister über den bösen Genius der in der Narrheit frei wird , es setzt sich fest eine solche Leidenschaft pp – 7–8 deprimirt und … in] Wl : deprimirt , es verschließt . Aber die Hauptsache ist daß der sittliche Mensch Meister darüber ist , ihm keinen Raum läßt . Im Zustande 9–10 frei und … Totalität .] Wl : frei . Es isolirt sich irgend eine solche Neigung , Leidenschaft ; und solche üble Neigung ist Verrücktheit sofern sie von Totalität nicht beherrscht ist . – 10 sind] Er : sind dort Wl : dann sind Leidenschaft] Er : Leidenschaft , Neigung Wl : Empfindung 11 sie sind] Wl : wenigstens im allgemeinen sind sie 11–715,1 sich , über … Liebe] Er : eignen Werth pp , welche aber gesetzt werden durch die festgewordne besondre Empfi ndung . die Formen dieser Vorstellungen sind zufällig . die Leidenschaften die hier besonders vorkommen sind Hoch muth , Eitelkeit . diese setzen sich fest und sind sie der Verständigkeit nicht unterworfen so ist die Verrücktheit da . die Leidenschaft der Liebe , die mit physischer Krankhaftigkeit , Schwäche des Körpers verbunden ist , 11–13 sich , über … von] Wl : Verhalten äußerlich und innerlich (Werth) , – Irr thümer die veranlaßt werden durch die festgewordene besondere Empfindung , innre Leidenschaft . – Die Form solcher 13–14 sehr mannigfaltig ; … sein .] Wl : dann von unendlicher Mannigfaltigkeit und Zufälligkeit , 100e und 1000e hochmüthige und Eitle und keiner macht sich dieselben Vorstellungen . | die Leidenschaften die vorzüglich da vorkommen sind 14–15 selbst kommt … wollen] Wl : selbst . Eitelkeit 15 sein und dieses] Wl : zu sein , 15–715,1 wird Verrücktheit … und ] Wl : ist’s nicht der Vernünftigkeit unterworfen so ist Verrücktheit da . – Fysische Schwäche des Körpers ist oft Veranlassung .

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Verrücktheit in der Eitelkeit . Auch die Leidenschaft und Liebe ist häufig Quelle von Narrheit und Verrücktheit , aber auch physische Überreizung . diese Narrheiten sind oft nichts als Reactionen gegen einen Verlust , gegen ein Unglück , wenn ihnen das nicht gewährt worden ist , dessen sie sich würdig geachtet haben ; sie können über diesen Verlust nicht Meister werden und das nicht selbst aus sich ausschließen , was sie verloren haben ; es bleibt fest in ihnen und widerspricht dem , was sie in ihrem Verhältniß wirklich sind . So in der französischen Revolution sind mehrere durch dergleichen Verlust durch den Anblick der Gräuel verrückt geworden . (der Uhrenmacher aus Frankreich der einen fremden Kopf bekommen zu haben glaubt , nach dem er seinen auf dem Schaffot verloren habe) das Glück kann den Menschen auch oft verrückt machen ; wenn man das zum Glück nehmen will , daß ein Mensch seinen Willen haben kann und alles erreicht was er will ; ein solcher ge räth leicht über Widerstand | der ihm ungewohnt ist , in Wuth oder Narrheit zuletzt . Da ist dann die schlechte Erziehung Schuld . – Es gibt aber auch Narren bei vollkommener

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… als] Wl : der Narrheit und Verrücktheit , Liebe mit fysischer Krankhaftigkeit verbunden ist , mit Ueberreiztheit , verknüpft mit Schwächung des Körpers durch Ausschweifung . – Diese Vorstellung von Eitelkeit , Träume von Glückseligkeit , Liebe , sind oft nur 1–2 von Narrheit … Narrheiten] Er : der Narrheit . Träume von Glückseligkeit pp 3–7 wenn ihnen … So] Er : oder indem ihnen nicht gewährt ist was sie gewollt , geschieht es indem sie diesen Verlust nicht aus ihrer innern Wirklichkeit auszuschließen vermögen , daß dies ihnen und ihren wirklichen Umständen widerspricht . Da kommen dann die Vorstellungen , zufällige Phantasien . das Unglück hat sehr oft die Menschen in den Zustand der Verrücktheit versetzt , so 3 wenn ihnen das] Wl : das die Menschen erlitten haben oder auch indem ihnen wenigstens 4–7 geachtet haben ; … in] Wl : gehalten , worauf sie Ansprüche machen , so geschieht es , daß , indem sie diesen Verlust nicht ertragen können , nicht ausschließen können auch aus innrem Selbstgefühl , Wirklichkeit , – er fest bleibt , widerspricht dem Wirklichen ihrer Verhältnisse , – und indem sie so fest bleibt gegen ihre Wirklichkeit , so fi ndet sich die Vorstellung ein , daß sie wirklich sind , was sie nicht wurden , – haben , was sie nicht erlangten : dann mischt sich Fantasie ein und läßt sie sich für noch andres halten p . – das Unglück hat sehr oft Menschen verrückt gemacht . – So wurden bei 7–10 sind mehrere … habe)] Wl : v i e l e verrückt . – 7–8 mehrere durch … Gräuel] Er : sehr viele 8–10 (der Uhrenmacher … das] Er : das 10 den Menschen] Wl : ihn 11–14 wenn man … Schuld . –] Er : Man nennt das Glück wenn einem alles geschieht wie er es will und wo das von Jugend auf geschieht kann es zur Verrücktheit führen . | Sehr häufig gibt sich die Phantasie einen Ersatz für verfehlte Hoffnungen . 12 haben kann … solcher] Wl : hat , erreichen kann , was er will . Wenn das von Jugend auf der Fall gewesen ist , ist’s geschehn , daß Menschen dadurch verrückt worden sind . – Mensch der von Jugend auf seinen Willen gehabt hat , 13–14 der ihm … Schuld . –] Wl : in Wuth und dieß kann später , indem er sich überall verletzt glaubt , dahin kommen , daß er in Narrheit verfällt . – Schlechte Erziehung ! die Narrheiten , Einbildungen die der Mensch von sich hat , sind sehr häufig ein Ersatz , den sich die Einbildungskraft gibt , über Verluste der Wirklichkeit . und als Unglückliche erscheinen sie nur , sofern dem , was sie sich einbilden , – keine Gewährung , Folge geleistet wird . – / 14–716,1 bei vollkommener … und ] Er : der vollkommnen Depression , von einer vollkommnen Trostlosigkeit die nur die Empfi ndung der Negativität haben , Wl : vollkommner depression . Verlust und Unglück , das den Menschen zurückwirft in Trostlosigkeit , nur in die eine Empfindung des Unglücks , die negativität ; die dann

15 1–3 von Narrheit

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Depression , die in vollkommene Trostlosigkeit zurückgeworfen werden und in beständiger Angst leben . Die r e l ig iöse S chw ä r me r e i ist auch hierher zurechnen ; man hat berechnet daß der 4t e oder 5t e Theil durch religiöse Schwärmerei in die Irrenhäuser gebracht werden . die Schilderung | der Qualen der Hölle hat viele verrückt gemacht , und die Lehre von der Prädestination ; diese Schwärmer begehen oft Mordthaten , um Menschen in den Himmel oder auch sich dahin zu fördern ; sie wollen ein Versöhnungswerk stiften . Eine andre Weise der Depression ist die Hy p o c hond r ie Mel a n c hol ie , ein Versenken des Menschen in sich , aber mit der Vorstellung , daß er selbst etwa keinen Werth hat , oder daß die äußerliche Wirklichkeit diesem Werth nicht angemessen sei und alles was sie thun können , doch nichts hervorbringe ; es ist ein Unglaube an die Liebe und Rechtlichkeit der Menschen . Es ist eine Empfindung der eignen Schwäche , womit sich auch die religiöse Vorstellung wohl verbindet , daß er vollkommen sündhaft sei , und nicht mehr zu corrigiren und für die Hölle bestimmt . Sie äußert sich in Ve r d r i e ßl i c h k e i t Tr a u r i g k e i t , Unt h ä t i g k e i t . dies hängt zusammen mit dem Triebe zum S e l b s t mor d . Wenn

2 leben .] ErWl : [und Furcht leben . Sie scheinen sich] Wl : leben . Das gesellt sich auch bei anderen Zuständen leicht bei Vorstellungen der Narrheit zu , daß sie sich immer] von Feinden umgeben [die ihnen Schaden zufügen .] Wl : meinen , die immer ihnen Schaden theils zu fügen , theils darauf ausgehen . –] 2–4 auch hierher … werden .] ErWl : [auch] Wl : besonders] eine häufige Quelle der Verrücktheit [(¼–¹⁄₅ aller in den Irrenhäusern , sagt man)] Wl : ¼ von den Irren ist’s geworden aus religiöser Schwärmerei .] 5–7 verrückt gemacht , … Depression] Er : ins Irrenhaus gebracht . – der Hochmuth nimmt sehr häufig auch diese religiöse Form an , wird so der Vorsatz die Welt zu reformiren pp Eine andre Form 5–6 verrückt gemacht , … oft] Wl : ins Irrenhaus gebracht . Oft begehen sie aus religiösem Wahnsinn 6–8 Menschen in … ein] Wl : die andere Seele zu retten ; oder um hingerichtet zu werden : Zeit zu gewinnen , während Verhör sich zum Tode vorzubereiten . Hoch muth nimmt dann häufig die Richtung : den Geist zu haben und den Beruf , die Welt zu reformiren . / Andere : Hypochondrie und Melancholie / 8 des Menschen … aber] Er : in sich selbst 8–9 sich , aber … etwa] Wl : sich selbst , verbunden mit Vorstellung entweder , daß sie 9 er selbst etwa] Er : was sie sind 9–11 hat , oder … ein] Er : habe , und eben so 9–10 hat , oder … diesem] Wl : haben , oder bei ihrem Werthe doch die äußeren Umstände ihrem 10–11 sei und … ein] Wl : seien . 11–12 Es ist … Schwäche ,] Wl : Empfindung der äußersten negativität , der Schwäche , der nicht abzuhelfen sei ; 12–15 Schwäche , womit … zusammen] Er : Negativität , der eignen Schwäche , die oft sich auch mit Religiösem mischt und so sich zeigt , – ferner Unglaube an Wirkungen die man durch Thätigkeit hervorbringen könne ; – die Traurigkeit ist verbunden mit Unthätigkeit . diese Melancholie ist oft verbunden 13–15 wohl verbindet , … dies] Wl : oft verbindet des Bestimmtseins zu ewiger Verdammniß . Oder auch eine Hypochondrie die Unglauben hat an Thätigkeit nach außen . Unglauben an Wirkungen , die man durch Thätigkeit hervorbringen könnte . Diese Melancholie ist Verdrießlichkeit und Traurigkeit über sich und Welt , verbunden mit Unthätigkeit . Diese Melancholie 15–717,1 S e l b s t m o r d . Wenn … Wille] Er : Selbstmord , so daß der Wille dem Trieb Selbstm o r d . Wenn der] Wl : Selbstmorde , der vorhanden sein kann , indem der Mensch vollkommen seiner bewußt ist ; aber eben diesen Trieb gegen sich selbst auf eine Weise in sich hat , daß sein 5 Prädestination] folgt ein in Klammern gesetztes unleserliches Wort

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der Wille nicht widerstehn kann , und der oft nur durch das Dazwischen kommen und die Verhindrung andrer gehemmt wird . 3 . Di e Tol l he it Sie ist oft andauernder Zustand , oft aber auch momentan . Die eigentliche Tollheit ist theils physisch in periodischen Wuth anfällen z . b . die von tollen Hunden gebissenen . Glühende Augen , Hitze im Gesicht , Schaum und Geifer im Munde sind die Vorboten davon . Innerliche Empfindungen sind aber meist der Anlaß zu dieser Tollheit . das Verhältniß dieser Tollen gegen andre ist : daß sie bösartig sind gegen andre , ihre Wärter , Ärzte , Verwandte . diese bösartigkeit der Narren ist ein Umstand , worauf man besonders Acht haben muß ; es kann leicht in das Extrem der Mor d lu s t ausarten , was sehr gefährlich ist . Dabei kann in den Tollen immer 1–718,2 der oft … große] Er : daß wenn er die That nicht verübt , es nur geschieht weil er von andern verhindert wird . / die dritte Form ist die Tollheit die zum Theil dauernder Zustand zum Theil Symptom in der Narrheit ist ; sie kann von physischen Ursachen herkommen . diese Wuth ist ein Symptom bei vielen bloßen Narrheiten , | tritt nur zu Zeiten ein . Es ist hier zu sehen auf das Verhalten der Narren gegen andre . da sind sie dann oft bösartig und auf diesen Umstand ist bei der Behandlung besonders Achtung zu geben . Es kann dieser Trieb andern zu schaden förmliche Mordlust werden mit der sowohl Bewußtseyn des Unrechts , als auch 1–4 der oft … momentan .] Wl : daß wenn er die That nicht verübt , es nur ist , weil er von anderen daran verhindert wird . / Es kann eine 3t e Form noch zugefügt werden – To l l h e i t , die zum Theil dauernder förmlicher Zustand ist , zum Theil Symptom bei Narren überhaupt . 5–8 physisch in … sind] Wl : fysisch ; Krankheit , wo Wuthanfälle zum Theil periodisch folgen . Nach tollem Hundsbiß . Wuthanfall , Gewaltthätigkeit , Verletzung gegen andere . Diese Wuth ist bei vielen bloßen Narrheiten auch Symptom , nicht perennirend , nur zuweilen eintretend , theils auch als fysischer krankhafter Zustand , theils besonders von innerlichen Empfindungen veranlaßt . – Verhältniß zu merken von Narren gegen andere überhaupt . Häufig ist’s ein Zug ihrer Narrheit , bösartig zu seyn 9 der Narren ist] Wl : ist 10–719,2 leicht in … alle] Wl : eine eigne Form der Narrheit , Trieb andren zu schaden , zu dem Extrem werden , daß es förmliche Mordlust wird . – Auch bei ihnen kann Bewußtsein seyn des Unrechts solcher Handlungen , ja eine Liebe zu denselben , die zu morden sie sich durch Instinkt getrieben fühlen ; und mit tiefem Abscheu vor solchen Verbrechen unterliegen sie diesem Triebe oft . Die Boshaftigkeit der Narren vornehmlich veranlaßt dadurch , daß sie sich gekränkt , gemißhandelt fühlen , und in vormaligen Behandlungen der Narren ist es das Gewöhnliche gewesen , | daß durch die Behandlung die Narren zu Wuth gebracht wurden . Es erschwert das wieder ihr Zutrauen zu gewinnen . / Noch die Bemerkung , daß die Narren , wenn sie nicht Blödsinnige sind , außerhalb ihrer Tollheit ganz verständig und consequent sprechen können . Es ist darum schwierig zu entscheiden über vollkommene reconvalescenz ; – und nur Entscheidung möglich nach langer Erprobung . – / die Narren haben auch außer ihrer Narrheit ganz moralische Empfi ndungen . Ein Mann von Empfindung , sagt Pinel , wird im Irrenhause viel bewegt werden ; denn ich habe nirgend zärtlichere Väter , bessre Freunde p gesehen als in Irrenhäusern . / Bei englischen Gerichten eine besondere Art von Narrheit . In so fern bei Gericht entschieden wird ob er fähig sei , sein Vermögen zu verwalten . Nein , wenn er Blödsinn Narrheit hat und S c h w ä c h e d e s G e i s t e s . Wenn er läppische kindische Dinge thut . diese Geistesschwäche kann zu Faselei gerechnet werden . Zerstreutheit in der das Individuum thut , was sich zu seinen Verhältnissen nicht schickt . – / Eine Hauptseite der Betrachtung der Narrheit ist die H e i l u n g . / Heilung geht vor’s 1 . nach rein medicinischer , fysischer Seite hin . Bestimmte 37 Pinel] Hillel

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das bewußtsein sein , daß er etwas Böses thut , ja die tiefste Abscheu davor , er kann große Liebe zu dem Menschen haben , den er umbringt ; er wird aber getrieben von dieser unwiderstehlichen Mordlust . diese Wuth der Narren wird meist durch Kränkung und Mißhandlung derselben hervorgebracht ; früher hat man sie sehr hart behandelt und dadurch ihre Krankheit zu etwas unheilbarem gesteigert . Sie sind ohne dies empfindlich und leiden sie obendrein Unrecht , so werden sie fürchterlich mißtrauisch und wüthend . Außerhalb der Anfälle ihrer | Tollheit können sie ganz vernünftig sein ; darum ist die Entscheidung über die Reconvalescenz sehr unsicher und muß abhängig gemacht werden von langer scharfer beobachtung . ( Jener wüthende in der Revolution der aus dem Irrenhaus befreit seine befreier plötzlich anfällt ; dann jener , der die Fremden herumführt und sich am Ende für Gott den Vater ausgibt) – In den englischen Gerichten kommen häufig Processe von solchen Verrückten vor , die eigentlich nur aus Schwäche des Geistes etwas läppisch sind und im einzelnen ihr Verhalten nicht beobachten (Graf von Portsmouth zog z . b . gerne die Glocken ; er war Pier , Mitglied des Oberhauses ; wenn er irgendwohin kam , so machte er sich überall wo geläutet wurde an die Leute und läutete mit – solch unnütze Streiche machen solche Narren öfter .

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b . Di e He i lu n g d e r Ve r r ü c k t e n . Sie ist 1 . me d ic i n i s ch – Das bestimmte Purgiren kommt am häufigsten vor . Im großen Hospital in London hat man vor 10 Jahren Untersuchungen angestellt ; ein sonst berühmter Arzt , der dies als ein Gut für seine Einnahmen ansah und von

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Krankheit , Gicht p muß gehoben werden auf gewöhnlichem medicinischem Wege . (Aderlaß , Purgiren p . gegen Kopfaffection , Unterleibsbeschwerden .) Heslarn ließ im Frühling und 2–8 Menschen haben , … Entscheidung] Er : Individuum selbst das sie zu morden sich getrieben fühlen verbunden seyn kann , so wie Abscheu vor solchen Handlungen pp . die Boshaftigkeit der Narren die zur Wuth fortgeht kommt nun oft daher daß sie sich gekränkt , gemißhandelt fühlen , so daß ihre Empörung zu vollkommner Bösartigkeit steigt wo es schwer ist ihr Zutraun wieder zu gewinnen . dabei ist zu bemerken daß die Narren außer ihren Anfällen ganz consequent und richtig sprechen können und das Ur theil 8–12 sehr unsicher … In] Er : kann erst nach langer Beobachtung gefällt werden . Außer ihrer Narrheit haben sie ganz moralische Empfi ndungen Pinnel sagt man könne in einem Irrenhause täglich rührende Scenen sehn . Bei 12–719,3 kommen häufig … Mittel] Er : kommt noch eine andre Narrheit vor ; Schwäche des Geistes , die noch nicht Narrheit ist kommt da bei Vermögensverwaltungen oft vor . Sie kann zur Faselei gerechnet werden . Die andre Hauptseite ist die H e i l u n g . Sie ist fürs erste rein physisch medicinisch , die Krankheit muß auf rein | medicinischem Wege gehoben werden . / In neueren Zeiten hat man besonders Tropfbäder angewandt , plötzliches Werfen ins Wasser . In einzelnen Fällen kann es gut thun in andern Apoplexie hervorzubringen .

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11 Fremden] Lesart unsicher

13 läppisch] läppisch d läppisch

23 Heslarn] siehe Anm .

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oben keine Controlle erhielt – Handslah gebraucht weiter keine Kur , als daß er alle Herbst das ganze Irrenhaus purgiren ließ – dafür hatte er nun gute Einnahmen ; Tropfbäder , Hitze Werfen ins Wasser sind neuere Mittel – Haar abschneiden hat auch oft gute Wirkung ; so hat eine Frau einmal gesagt : sie werde nicht mehr besser , wenn man ihr nicht den Kopf abschnitte – Man schnitt ihr der Reinlichkeit wegen das Haar und als das letzte abgeschnitten war war sie geheilt von ihrer fi xen Idee . Die Krankheit scheint auch wie das Fieber einen gewissen Verlauf zu haben ; sie fängt an mit Stumpfheit , blödheit , dann geht es in Narrheit über ; der Narr ist schon heilbarer als der blödsinnige ; geht es aber von der Narrheit zur Wuth und von da zum blödsinn so ist da oft die Heilung nicht mehr möglich . – Man hat auch andre äußre Mittel , um die Wuthanfälle momentan niederzuschlagen : die Zwa n g s we s t e , die Schaukel hat der Engländer Cock aufgebracht ; durch die Schaukel wird der Narr schwindlig und ihm wird der Gang seiner verrückten Vorstellung unterbrochen . beim vorigen König von England hat man das angewandt : daß man ihn auf einem Stuhl in die Höhe hob (man behandelte ihn übrigens sehr delikat , 2 Pagen mußten sich immer sehr respektvoll begegnen) wenn er in Wuth kam ; in der Höhe oben wurd ihm bang und da wurde er ruhig und kam wieder herunter . 2 . d i e p s ych i s ch e S e it e Die kommt jetzt viel häufiger vor . Früher hatte man die behandlung der Wahnsinnigen rohen Menschen überlassen , | die in den

2–3 purgiren ließ … Hitze] Wl : durchpurgiren . In neuern Zeiten hat man Tropfbäder genutzt (Wirkung auf Kopf .) 3 sind neuere Mittel –] Wl : (wo Schreck eine revolution im Körper hervorbringen soll .) In einzelnen Fällen kann so Heftiges Gewaltsames gut sein ; aber in andern Fällen Lähmung p bewirken . 4–8 hat auch … Die] Wl : wie Tropfbäder . – diese oft gute … Die] Er : geholfen . Diese 8 wie das … gewissen] Er : oft ihren bestimmten Wl : häufig wenigstens , ihren bestimmten 8–12 haben ; sie … um] Er : haben , und gewisse schnelle Heilungen sind da meist in das letzte Stadium gefallen wo die Narrheit an sich gehoben war . der Blödsinn geht in Narrheit und durch diese in die Vernunft . der umgekehrte Weg ist der gefährlichere . / Viele Mittel , die angewandt werden sind nicht sowohl dazu da , die Krankheit als solche als vielmehr 8–9 haben ; sie fängt] Wl : haben , wie ein Fieber ; und vornehmlich zu betrachten , daß gewisse schnelle Heilungen in das letzte stadium gefallen sind , wo das Ganze fast schon gehoben war . – Narrheit fängt oft 9 blödheit ,] Wl : Blödsinn , Tollheit und der Narr … schon] Wl : (Narren 10 blödsinnige] Wl : Blödsinnige) und von da Heilung eher möglich 11–12 so ist … um] Wl : dann ist’s der gefährlichere Weg . – / Viele Mittel sind nicht sowohl die Krankheit als solche zu heben , sondern 12–19 momentan niederzuschlagen : … vor .] Er : zu hemmen , Zwangsweste , Schaukel . – die Hauptseite aber der Heilung ist die psychische . 12–14 die Schaukel … der] Wl : Schaukel , die Schwindel hervorbringt und indem dem Narren den 14–20 Vorstellung unterbrochen . … den] Wl : Vorstellungen nimmt ; und so Ruhe hervorbringt . – / Hauptseite der Heilung in neuren Zeiten allgemeiner geworden ist die psychische Seite . – Vormals behandelte man die Krankheiten mehr nach einer rohen Weise . der rohe Mensch sieht in 20 Wahnsinnigen rohen] Er : Krankheit mehr der Rohheit barbarischer 1 Handslah] siehe Anm .

13 Cock] siehe Anm .

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Ausbrüchen des Wahnsinns Feindseligkeit gegen sich sahen und sich gegen die armen Wahnsinnigen durch Schläge rächten . Pinnel hat das zuerst aufgebracht , daß man auf den Geist Rücksicht nehmen soll um auf diesen zu würken , wobei das Medicinische nicht ausgeschlossen wird . bei dieser behandlung ist die Voraussetzung daß der Verrückte ein Mensch ist , und noch Vernunft besitzt und daß man bedenkt , daß man von einem Narren nicht beleidigt werden kann ; ebenso wie wenn man einen Körper medicinisch behandelt ; man wird ihn nicht behandeln , wenn man nicht voraussetzt : er habe noch Gesundheit in sich . Ebenso hat der Verrückte auch Ve r n u n f t , und kann Recht und Unrecht das er thut und das ihm ge than wird oft unterscheiden , auf dem ganzen Feld seines Betragens , in so fern dies nicht gerade seine direkte Narrheit ist . Man wendet sich ab von seiner Narrheit und an seine übrige Handlungsweise , die freilich als Folge seiner Krankheit abnorm ist , aber so fern sie nicht direkt darin ist , so hat er bewußtsein und Zurechnungsfähigkeit ; und so muß man dann gerecht und wohlwollend gegen ihn sein . Pinnel erzählt einen Fall :

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1–3 des Wahnsinns … man] Er : der Narrheit Bosheit und dergleichen sehn und so behandeln . In neueren Zeiten hat man angefangen wesentlich Feindseligkeit gegen … man] Wl : leicht boshafte Herausforderungen gegen ihn , – und erwidert solche Ausbrüche durch Härte , Schläge . So früher gewöhnlich . | In neuren Zeiten hat man angefangen wesentlich 3–4 nehmen soll … Voraussetzung] Wl : zu nehmen , indem das Fysische dabei nicht versäumt wird . Man hat sich darauf gelegt den Menschen vom Geist aus zu heilen , – von der Voraussetzung aus , 3–4 nehmen soll … ist] Er : zu nehmen , den Menschen vom Geist aus gesund zu machen . Es wird dabei 5 daß1] Er : gemacht daß 5–6 ein Mensch … man1] Er : noch Mensch und vernünftig ist . Man kann ferner auch 5 Mensch ist , und ] Wl : vernünftiger Mensch ist , 5–6 und daß … man1] Wl : daß man 6–11 werden kann ; … ab] Er : werden . Jene Voraussetzung ist das selbe wie daß man bei jeder Krankheit noch Gesundheit hat woran man anfaßt . Man | setzt also voraus daß er noch weiß was Recht und Unrecht ist , und vollkommne Zurechnungsfähigkeit außer dem eigentlichen Kreise seiner Narrheit selbst . Man abstrahirt 6 ebenso wie] Wl : Eben so gut als man voraussetzt 7–8 behandelt ; man … habe] Wl : behandelt , daß er 8–9 in sich . … kann] Wl : (d . i . Lebenskraft hat) und darum ihn zu heilen hofft , – ebenso setzt man beim Verrückten noch Vernunft voraus , daß er Gefühl hat von 9–11 er thut … ist .] Wl : ihm geschieht und das e r thut ; daß er vollkommen zurechnungsfähig ist außer dem Kreise seiner Narrheit , auf dem weiten Felde seines übrigen Betragens . – Bei dieser Behandlung läßt man ihm also seine Narrheit gehen , und geht nicht directe gegen Narrheit . das hat gar keine Wirkung dieß directe Entgegengehn (wie Widerspruch .) – 11 ab von … an] Wl : an 11–14 und an … dann] Er : selbst und wendet sich an das Uebrige . Indem darin nicht direct die Narrheit enthalten ist , hat er darin Bewußtseyn von Recht und Unrecht und von dieser Seite muß man ihn fassen , muß h i e r i n sich 12 Handlungsweise , die … fern] Wl : Handlungsweise . Diese ist allerdings abnorm , Folge seiner Krankheit ; aber indem 13 darin ist , … er] Wl : Narrheit ist , hat der Kranke darin 13–14 und so … dann] Wl : Von dieser Seite muß man ihn angreifen und 14–721,20 sein . Pinnel … werden .] Er : sich benehmen . Man muß so den Narren Respect beibringen gegen ihre Aufseher . / Was die Heilung betrifft so ist das ein sehr interessantes Kapitel . das Erste ist daß man die Narren zu beschäftigen sucht außerhalb ihrer Narrheit , durch ein andres Interesse sie arbeiten macht . 25 man] Lesart unsicher

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es sei ein Mensch ins Haus gebracht worden der sich für Gott den Vater gehalten und immer dabei geblieben . Nach mehreren Tagen beging er Ungeschicklichkeiten und Unreinlichkeiten ; darüber wurde er bestraft ; und er empfand darin daß man eine Gewalt über ihn hatte ; man muß da den Narren Respect gegen ihre Aufseher beibringen . Das Nähre über die Heilung ist ein sehr weitläuftiges und interessantes Kapitel : Ich will Einiges darüber versuchen zu sagen . Zuerst b e s c h ä f t i g t man den Narren und sucht andre Interessen in ihm zu wecken , an denen man sie fassen kann ; man sucht sie zu Ordnung und Reinlichkeit zu gewöhnen . Man lobt oder straft ihn und das kann der Narr recht gut einsehen . Arbeiten heißt aber : mit einer S a c he , mit einem Object sich beschäftigen aus sich herausgehn , sich ganz vergessen und in der Sache sein . Die äußerliche Arbeit dient dann auch den Körper in bewegung zu erhalten und dergleichen . – Ein Richter in Schottland hatte einige dutzend Narren an den Pflug gespannt und hatte sie da ackern lassen 6 Stunden nach einander und vielen ist das sehr gesund gewesen . Ein Irrenhaus im Neapolitanischen zeichnet sich besonders durch diese Art der Heilung aus ; es ist sehr interessant zu lesen ; sie führen da auch Comödien auf und allerlei ; es soll eine wahre Lust sein ; das Leben ist ihnen leicht ; sie sind fröhlich bei ihrer Arbeit . – die gewohnte Umgebung des Narren gehört zur Totalität seines Selbstgefühls ; in dieser findet die Verrücktheit nur ihre Nahrung . Aus dieser gewöhnlichen Umgebung müssen sie darum entfernt werden . Die Neuheit andrer Gegenstände unterbricht sie wenigstens in dem ungehemmten Lauf der verrückten

25 dies Arbeiten heißt aber für eine Sache sich interessiren , aus der Subjectivität heraus zu einer Sache

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kommen . diese Arbeit , zunächst eine mechanische dient dann auch zur Bewegung zur Gesundheit / Zu diesem Herausreißen gehört specieller auch daß so ein Mensch aus seiner gewohnten Welt zu entfernen ist . Diese gehört zu seinem verstimmten Selbstgefühl das sich sie zurecht gemacht hat und aus ihr Nahrung erhält . 720,14–721,4 Pinnel erzählt … man 2 ] Wl : (Größten Verdienst in dieser Behandlungsweise hat Pinnel) . Man 4–5 gegen ihre … beibringen .] Wl : bei bringen , aber s o nur , gegen ihre Aufseher . – / 5–8 über die … an] Wl : ist wie interessant auch weitläuftig : – 1 .) daß man die Narren überhaupt zu beschäftigen sucht außerhalb ihrer Narrheit : daß von ihrer Narrheit abstrahirt wird : daß man andere Seiten auf sucht an ihnen , von 8–20 kann ; man … werden .] Wl : kann und sie zu Ordnung bringen . – Arbeiten machen lassen , ist Hauptmittel und zwar jeder nach seiner Weise . – z . B . abschreiben . Gut : lobt ; schlecht – Tadel . Er sieht das Recht ein : (erkennt Gewalt über sich bei Strafe in Gelegenheiten außer seiner Narrheit .) dieses Arbeiten ist Beschäftigtsein , vergißt sich selbst , ist in der Sache . Sie kann zunächst äußerlich mechanisch sein , und dient so zugleich als Bewegung dem Körper . – Irrenhaus in Neapel intressant durch die Ordnung in diesen Rücksichten . – / Zu diesem Herausreißen gehört specieller auch , daß so ein Mensch aus seiner gewohnten Welt zu entfernen ist . diese gehört zu seinem verstimmten Selbstgefühl , das sich so zurecht gemacht hat und aus ihr Nahrung erhält . 20 andrer] ErWl : der 21 sie wenigstens] ErWl : sie 7 beschäftigt] bshäfftigt

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Vorstellungen . | So ist es z . b . gut den religiösen Verrückten ihre Andachtsbücher zu nehmen auch die bibel . Dann ist wichtig , daß die Ärzte und Aufwärter das Zut r au n der verrückten zu erwerben suchen müssen ; denn dies Zutrauen ist schon ein beginnen einer Objectivität , ein Herausgehen aus sich in das Glauben an das Wohlwollen andrer . Durch ungeschickte harte behandlung sind schon viele noch verrückter geworden . Dann aber muß dem Verrückten auch Acht u n g Re s p ek t eingeflößt werden , beinah F u rc ht denn eine Hauptsache ist eine Einbildung von sich ; und der Respekt enthält das Anerkennen von etwas Höherem als der particularen Subjectivität . bei Wuthausbrüchen muß unmittelbar physisches bändigen eintreten . besonders ist nun hier nöthig , in den Verrückten die F u rc ht zu er wecken . Furcht enthält nur die Vorstellung von dieser Gewalt , und diese Vorstellung soll das wichtige werden , wodurch der Wahnsinnige sich in sich selbst beherrscht . Wäre diese Furcht nicht in ihnen zu wecken , so könnte viel Unglück geschehn ; sie wollen oft gar nicht essen ; da müssen sie gezwungen werden , so daß sie sich selbst innerlich gewöhnen Speise zu sich zu nehmen oder was man verlangt . die Vorstellung der Furcht oder das bewußtsein darin , daß sie wenn die Anfälle nur periodisch sind , andre durch ihre närrischen Zufälle geniren hält sie oft zurück , sich mit ihrer Narrheit so auszulassen (die englisch redende Frau , und der bellende Graf , der in Gegenwart des Königs den Kopf zum Fenster hinaussteckte , die Mädchen im

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1–2 So ist … Aufwärter] ErWl : Eine weitere Bestimmung ist , daß 3–4 der verrückten … beginnen] ErWl : erworben werden muß . Es enthält schon dies Hinausgehn aus sich , und den Beginn 4–6 ein Herausgehen … auch] ErWl : in dem man dabei das Interesse | [an] Wl : in] einem andern erweckt . | Besonders ist dies bei denen nöthig die durch harte Behandlung zur Tollheit gebracht sind . Auch bei diesen ist es möglich das Zutrauen zu erwecken da sie Menschen sind . Ein Weitres ist dann 7–8 eingeflößt werden , … Höherem] ErWl : bis zur Furcht in weitern Gradationen , es ist oft nöthig das Bewußtseyn einer Uebermacht hervorzubringen , es liegt daran ihre Einbildung [von sich zu] Wl : zu] brechen und Respect vor Höherm hervorzubringen 9–13 bei Wuthausbrüchen … geschehn ;] ErWl : Sehr häufig ist förmliche Gewalt anzuwenden um zu zeigen daß ihre Meinung , ihr Wille nicht ein Objectives ist . das Weitere schon geistigere in dieser Hinsicht ist die Erweckung der Furcht , daß die Vo r s t e l l u n g dieser Gewalt ihm selbst Gewalt anthut , so daß er darauf geführt wird sich selbst Gewalt anzuthun . Sehr häufig ist dies nöthig um Andres , [Schlimmere] Wl : Schlimmres] zu verhindern . 14–723,10 müssen sie… getäuscht] ErWl : ist Furcht [in ihnen zu erwecken ,] Wl : vor fysischer Gewalt nöthig ,] daß sie sich innerlich selbst zwingen . / Eine Hauptwirkung der Furcht ist so diese [ Herrschaft] Wl : innerliche Herrschaft] über sich selbst , die man auch schon bei Wahnsinnigen [fi ndet .] Wl : fi ndet . (Histerische , die englisch loszieht p) –] diese Gewalt der Vorstellung ist z . b . auch in solchen Fällen wo die Krankheit mehr epileptischer Art ist , [angewandt wie in der bekannten Erzählung von Boerhave .] Wl : angewandt . Bei Narren , schwachen Personen kann die Ansteckung in solchen Uebeln durch’s Sehen , durch den Weg der Vorstellung geschehen . So drohte Börhawe so angesteckten Mädchen , durch Zangen die glühend waren , sie zwicken zu lassen , und – die Anfälle hörten auf . Reil erzählt , daß ein ganzes 35–36 (Histerische , die … p)] Lesart unsicher

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Kloster , die sich für Katzen hielten und zu gewissen Zeiten miauten . Die Furcht vor der Auspeitschung durch Soldaten brachte sie endlich dahin , daß sie sich nicht mehr so hören ließen . bei der Androhung der Strafen und dergleichen muß immer gerecht entschieden werden , und es muß die Furcht erregt werden und die Form der Strafe . Die Verrückten sind verrückt , sind einfältig und leicht zu täuschen ; aber daß sie getäuscht werden , dürfen sie nicht erfahren ; sie sind sehr mißtrauisch . Die Möglichkeit zu täuschen gewährt oft das Mittel auf sie einzuwirken , besonders wenn große Gefahr in Aufschub ist . Es gehört aber dazu wohlwollendes Wesen , besonnenheit , Geistesgegenwart und unmittelbare Entschlossenheit . Häufig werden die Narren auch dadurch getäuscht indem man in ihre Einfälle eingeht , wodurch ihre Narrheit oft so gar gehoben wird . Davon gibt es viele merkwürdige beispiele . Ein Mann glaubte er habe Hörner am Kopfe , wirkliche physische Hörner (lautes Gelächter) ; man gab das zu und that so als ob man ihm die Hörner abschnitte . Ein andrer glaubte er sei todt ; man behandelte ihn ganz so , legte ihn in einen Sarg , setzte ihn bei ; und daneben einen offenen Sarg mit einem andren verstellten Todten ; nach einiger Zeit fing dieser an , sich zu erheben und zu essen ; der andre wundert sich , daß die Todten auch essen (er hatte nämlich nicht essen wollen) sie kommen in Gespräch mit einander , und der andre versichert ihm , die Todten hätten auch den Gebrauch zu essen ; er sei wohl noch nicht lange unter den Todten . Da

20 20 Mädchenkloster sich für Katzen gehalten . – Man heilte sie durch die Drohung , die erste , die es thäte ,

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durch Soldaten auspeitschen zu lassen . –] Bei der Gewalt oder der drohung muß immer Gerechtigkeit seyn , und sie muß die Gestalt der Bestrafung erhalten , so daß er weiß etwas Ungehöriges gethan zu haben . – [ Ein Weiteres was zu bemerken ist daß die Verrückten sich sehr leicht täuschen lassen , dies gewährt] Wl : Der wiederholte Kampf zwischen automatischen Wuthanfällen und Furcht stärkt nach und nach , und die Symptome des Wahnsinns gehen verloren . – die Verrückten haben über Vieles Verstand ; doch lassen sie sich leicht täuschen , und sind einfältig . Dieß gewährt wieder] ein Mittel sie zu beherrschen muß aber fein angewandt werden , da sie sehr mißtrau|isch [ist . Solche Täuschungen sind oft , namentlich] Wl : sind . diese Möglichkeit der Täuschung gibt Mittel in die Hand zu augenblicklichen Wirkungen auf sie ,] wo der Verzug Gefahr [ bringt sehr wichtig , dazu gehört aber Geistesgegenwart und Wohlwollen der Aufseher .] Wl : bringen könnte ; – doch gehört dazu , wie überhaupt zu Tollhausaufsehern , Geistesgegenwart , Verständigkeit , Entschlossenheit und eine wohlwollende Natur . |] Sehr oft können Narren getäuscht werden 10–724,18 wodurch ihre … Narren] ErWl : ja s o daß [ihre Krankheit gehoben wird ; Man kann solches momentan heben , um aber völlig gesund zu seyn müssen sie wissen daß das] Wl : die ganze Narrheit gehoben wird , und nicht bloß momentane Anfälle . Oft ist die Heilung nur momentan ; – um aber völlig gesund zu seyn , müssen sie wissen , daß ihr Uebel p gar nichts Wirkliches , nur] eine Narrheit gewesen ist , sonst ist die Cur nur halb beendigt und [ Recidive sind möglich . Auch das muß] Wl : Rückfälle sind möglich , unheilbare Rückfälle oft . – Die bloße Erinnerung an eine ungerechte Behandlung kann Rückfälle erzeugen , daher] bei der Genesung nicht [nachbleiben] Wl : nach bleiben darf] , daß die Behandlung ihnen eben so erscheint wie sie ihnen während der Narrheit erschien , so daß kein Haß , keine Empörung pp zurückbleibt . / Es ist gesagt daß man durch Eingehn in die Vorstellung [ heilt , da kann es nun leicht seyn] Wl : heilt . Das kann leicht oft geschehen ,] indem man ihn

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aß er , und wurde so am Leben erhalten . Ein andrer | glaubt er hätte einen Heuwagen mit Pferd und Fuhrmann im Leibe ; der Arzt befühlt ihn und sagt : ja ; er kann den Wagen deutlich spüren ; nachher ließ er ihn denselben aus einem Fenster ausbrechen , und ließ einen Wagen mit Heu aus dem Thor darunter fahren – so wurde er geheilt von seiner Grille . Man muß aber , wenn die Narren geheilt sind , sie ja nicht weiter so behandeln , als wenn sie noch Narren wären ; indeß wenn sie völlig geheilt sind , müssen sie auch einsehn , daß die behandlung eine nothwendige und rechte gewesen ; daß ihnen gar kein Unrecht widerfahren sei ; wenn sie das noch nicht einsehn , sind sie noch nicht geheilt . Ein Candidat der Theologie der schon geheilt war , wurde von seinem Vater besucht , der das Fest seiner Genesung mit ihm feierte . Als sie spazieren gingen , kommen sie beim Tollhause vorbei ; er erkannte es , erinnerte sich an Alles , an die Stube , die Aussicht etc . , verfiel dann in die Erzählung , wie jammervoll es ihm da gewesen sei , wie verlassen er ge wesen , und wie er als ein Missethäter sei behandelt worden ; dies hält er seinem Vater vor , daß er das habe zugeben können ; Du , sagt er , hattest dich auch gegen mich verschworen , du hattest keine Thränen für mich , so sollst du nun blut haben , und nahm ein Gefäß und schlug ihm vor den Kopf und tötete ihn so . der war also noch nicht geheilt . – Es ist auch gut den Narren in einen Widerspruch mit seiner Narrheit zu verwickeln ; ist dieser stark genug , so kann ihn der Contrast selbst frappiren und ihn wieder zurecht bringen . Es hält sich z . b . einer für den heiligen Geist ; dagegen sagt ihm ein andrer : wie kannst du es sein ; ich bin es ja ; das frappirt ihn so , daß er von seiner Grille los wurde . Man kann die Narren auch oft bei gewissen Gefühlen und Empfindungen , die noch in ihnen sind , ergreifen , und sie so zu Handlungen veranlassen die mit ihrer Narrheit in Widerspruch stehen , z . b . der Tote der die Lästerungen nicht vertragen kann , die man ihm nach sagt und aus dem Sarge springt ; und Hallers Pazient in Göttingen mit den gläsernen beinen , der noch gut zu Fuße ist und recht gut laufen kann , als Räuber den Wagen anfallen . – Es ist indeß

19 zu verwickeln ; … ihn] ErWl : bringt , dem oft die Narrheit weicht weil 19–23 selbst frappiren … so] ErWl : ihm [selbst] Wl : selbst zu sehr] auffällt . / [An] Wl : Doch muß der Widerspruch immer stark frappiren . So hat oft ein kräftiger Witz die Narrheit zurecht gebracht . (Wie kannst du der heilige Geist seyn , – da ich’s bin ? ) An] Empfi ndungen , Gefühlen [ kann] Wl : Neigungen anknüpfend , kann] man den Narren [auch fassen und ] Wl : auch] 23–27 Handlungen veranlassen … anfallen .] Wl : seiner Narrheit entgegengesetzten Handlungen bringen . (Einen sich todt Glaubenden brachte man zum Grabe . Straßenjungen verhöhnten ihn unterwegs und er sprang von der Bahre , um sie zu prügeln . – Haller und das gläserne Bein . 24 ihrer Narrheit] Er : seiner Grille 24–27 stehen , z . b . … anfallen .] Er : stehn . / 27 Es ist indeß] ErWl : In solchen Fällen geht also die Heilung ganz von der geistigen Seite aus wie [andremal von der leiblichen .] Wl : sonst von der körperlichen . –] In der Regel müssen beide [vereinigt] Wl : Seiten verbunden] werden , [eine kann überwiegen ,] Wl : wenngleich eine überwiegen kann ; –] und bei solchen Fällen wie die letzterwähnten kann die körperliche Heilung vorausgegangen seyn , es kann aber ebenso auch die Heilung von dem Geistigen aus-

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schwer zu beur thei len , ob der Wahnsinnige wirklich wieder hergestellt ist , und auch das selbst , ob ein sonst gesund geglaubter nicht vielleicht wahnsinnig ist , was besonders bei gerichtlichen Vorfällen von Wichtigkeit ist . – | Wir gehen nun im Gange unserer Wissenschaft weiter ! – |

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Das Selbstgefühl als solches ist formell , und setzt die bestimmungen der Empfindung überhaupt zwar in seine Subjectivität , allein in deren abstracter Einzelheit nur so , daß sie darin zufällig überhaupt und vorübergehend wären . Das selbst aber ist als einfache beziehung der Identität auf seine formelle Allgemeinheit . An der in ihm gesetzten besondren Empfindung wird deren Unmittelbarkeit d . i . die Leiblichkeit der Seele aufgehoben und erhält die Form der Allgemeinheit . diese ist aber in beziehung auf die natürliche Einzelheit nur Reflexionsallgemeinheit (§ 175) und die Einbildung dieser Empfindungen nach dieser ihrer Leiblichkeit (das Selbst ist schon an sich die Gattung derselben) erscheint daher als eine W i e d e r holu n g , wodurch das Selbst sich dieselben zu eigen macht . Das Selbstgefühl hebt eben darin sein formelles subjectives Für sich sein auf , erfüllt sich und macht sich an ihm selbst zum Objectiven , so daß dieses in sich bestimmte Sein der Seele ebenso schlecht-

gehen , und damit auch [die] Wl : das] körperliche zu recht gebracht [werden .] Wl : werden . Immer 20 muß die Krankheit ihre Krisis gehabt haben , ehe das körperliche Uebel kann für gehoben geachtet 20 werden . dann aber kann oft ein ganz kleiner psychischer Anstoß (freundlicher Blick p) die Heilung

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vollenden ; besonders , wenn das Uebel in den Narren lag . – ] / Das sind die Gesichtspunkte die bei diesem Zustande vorkommen [und es ist] Wl : bei dem es eben so] 1–3 der Wahnsinnige … ist . –] ErWl : [er unheilbar , ob geheilt ist und so auch ob wirklich] Wl : geheilt ist , – als ob wirkliche] Verrücktheit da ist . / | 5–6 C . d i e … Das] ErWl : [ Es ist] Wl : G e wo h n h e i t / Es ist zunächst] an den Standpunkt zu [erinnern . Dieser] Wl : erinnern , wo wir die Verrückheit aufnahmen . Es] war die fühlende Individualität , die Individualität die ein Ganzes ist , eine , [dies Selbstgefühl in Beziehung zu seinen Bestimmungen . Wir haben gehabt das Selbstgefühl als Genius wie es] Wl : dabei Selbstgefühl , das Gefühl des einfach bei sich seienden Selbst im Verhältniß zu seinen besonderen Bestimmtheiten . – der allgemeine Standpunct war das Selbstgefühl das als unmittelbarer Genius] noch nicht die Macht war über [sich] Wl : sich selbst ; –] und es ist darum zu thun daß es [ herrsche . das ist dann] Wl : befreit werde und herrsche . – Auf diesem Standpunct ist also] das zweite das 6–726,3 solches ist … G e wo h n h e i t ] ErWl : solches , eben im Verhältniß zu seinen Besonderheiten so daß es [seine] Wl : die] einzelnen Bestimmtheiten [zu Momenten herabsetzt , sie] Wl : seines Selbstgefühls in Besitz nimmt , so daß es darin für sich ist und für sich bleibt , daß die einzelnen Bestimmtheiten nur zu Momenten herabgesetzt ,] ideell gesetzt werden im [Ganzen , das Selbstgefühl in ihnen für sich ist . der Mensch in] Wl : Ganzen . In] der Leidenschaft [ist in einer] Wl : hat der Mensch Selbst gefühl ;

35 6–726,3 Das Selbstgefühl … G e wo h n h e i t nachträglich zwischen der Kapitelüberschrift und dem Haupt-

text (bis Unmittelbarkeit) sowie am linken Rande

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hin ideelles , das i h r i g e ist . So ist das Selbst allgemeine durchdringende Seele in ihrem Empfinden und in ihrem Leibe für sich , Subject in dem selben als dem Prädicate – G e woh n h e it [ .] In der | Gewohnheit ist die bestimmung gesetzt , daß die befriedigung als mir zu eigen gemacht mir selbst unterworfen ist , das ist der abstracte begriff von der Gewohnheit . Nehmen wir dies in die sonstige Vorstellung von Gewohnheit auf , so wird uns das deutlicher werden . Meine Gewohnheit ist nicht ein Momentanes , Einzelnes sondern ist meine Weise , meine allgemeine Art zu sein . Was ich als Individuum im concreten Sinn bin , das ist die Totalität meiner Gewohnheit , daß ich diese oder jene Heimat etc . habe , macht noch nicht mein Sein aus . Die Gewohnheit habe ich aber nicht von Hause aus , sondern ich habe sie

es ist aber in eine] Besonderheit versenkt und so nicht bei sich . dies Selbstgefühl [das für sich wird] Wl : wird für sich] durch Idealisirung seines Besondern , welches Idealisiren den Sinn hat daß [sie] Wl : das Besondre] in es gesetzt [werden] Wl : wird] , in diesen Schacht , aber als aufgehoben . die Krankheit ist nun daß für das [concretere Selbst] Wl : concrete Selbstgefühl] solche Einzelheit fest wird so daß sie nicht idealisirt , unterworfen ist der einfachen Totalität des Ganzen . / [Also fühlende Totalität .] Wl : Also 1 .) fühlende Totalität ist das Allgemeine , die unmittelbare Bestimmung . –] / das zweite ist das Selbstgefühl mit Negiren der Einzelheit , es sich bestimmend aber so daß [jene] Wl : jenes] negirt ist . / das dritte ist das Selbstgefühl sich erfüllend , so daß es sich bestimmt aber zugleich [aus der Bestimmtheit heraus , diese ihm gleichgültig ist . / | Das dritte ist] Wl : in seiner Bestimmtheit , besonderen Empfi ndung , sich gleichgültig dagegen verhält . – Sfäre der Gewohnheit . Es ist] die präsente Erfüllung des Selbstgefühls , die Totalität als [das] Wl : das sich] in den besondren Empfi ndungen [pp] Wl : und Thätigkeiten] sich präsente so daß sie in ihnen zugleich gegen sie gleichgültig ist . Diese Stufe ist es nun die wir G e wo h n h e i t heißen . / [ Die Individualität hat Bestimmungen Empfi ndungen , diese sind zunächst einzelne . Ich bin da in einen Inhalt versenkt , ich] Wl : Das Individuum hat Bestimmtheiten , Empfi ndungen , Triebe , die zunächst einzelne sind und in deren Befriedigung es interessirt ist . Dieser ganze Inhalt hat mich in sich , ich bin in ihm versenkt , und] erhalte mich [nicht als Allgemeines darin .] Wl : in der Präsenz dieses Inhalts nicht als allgemeines , als auf mich beziehendes Selbst . –] 3–8 ist die … ist] ErWl : dagegen ist gesetzt , daß [diese Befriedigungen zugleich] Wl : sie mir] dem Allgemeinen [unterworfen ,] Wl : zu eigen gemacht , ihm unterworfen sind , – so daß] dies zugleich aus ihnen heraus , [sich in] Wl : in] seiner einfachen Beziehung auf sich [erhält] Wl : selbst , sich erhält] . Diesen abstracten Begriff machen wir durch die Vorstellung der Gewohnheit vorstellig . [ Es ist da] Wl : Was ich gewohnt bin , bin ich ; es ist] nicht ein Einzelnes , eine momentane Befriedigung pp sondern ich bin dies , es ist [meine] Wl : eine] allgemeine [ Weise ,] Wl : Weise , ich zu seyn ;] – was ich [ bin ist] Wl : als Individuum überhaupt bin , ist insofern] 9–727,2 Gewohnheit , daß … sich] ErWl : Gewohnheiten , ich kann nicht anders , ich bin eben [so . In meinen einzelnen] Wl : so , bin so Individualität . In meinen einzelnen Verlangen ,] Empfi ndungen pp mache ich es einmal so ein andermal so , da sage ich aber nicht ich bin so [sondern bei einem Empfi nden überhaupt welches] Wl : oder das bin ich ; sondern ich unterscheide es von mir , als eine Empfi ndung welche] meinem Selbst als [solchem ,] Wl : solchem angehört ,] als einfach sich auf sich [ beziehender Einheit gehört .] Wl : beziehende Einheit .] Solche Gewohnheit ist zunächst [ein] Wl : etwas mir Angeeignetes , sie ist mir nicht von Haus aus eigen , sie ist ein] durch mich gesetztes . dadurch unterscheiden sich | die Gewohnheiten 9 Heimat] Lesart unsicher

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mir erst durch mich angeeignet ; sie ist durch mich gesetzt ; eine Qualität meiner selbst ; dadurch unterscheidet sie sich von den natürlichen Qualitäten : daß ich ein Europäer bin , so durch sich constituirt , daß ich dies und jenes Temprament habe etc . daß ich schlafe und wache etc . das ist eine natürliche Qualität . die Gewohnheit ist eine allgemeine Weise meines Thuns , meines Empfindens , die ich selbst in mir hervorgebracht habe . Allgemein werden diese Weisen eben dadurch daß ich sie meinem selbst aneigne ; dieses selbst ist nämlich das Einfache in mir , worin mein Eigenthümliches liegt , und a l s a l l g e m e i n , was i m m e r die F o r m der Einfachheit ist . diese Allgemeinheit erscheint nun als Reflexionsallgemeinheit , d . h . Allheit , d . h . die Einheit die vieles Einzelne unter sich begreift , dies Viele zusammenhält , die Gleichheit in dem Vielen . Hierin liegt die bestimmung , daß , was sich in uns zur Gewohnheit in uns macht , ein Wiederholtwerden der Empfindung , Thätigkeit werden muß . Die Ge|wohnheit zieht man sich durch häufiges W i e d e r hole n zu , und ist es beabsichtigt , so heißt es Ü bu n g . Die andre Seite der Gewohnheit ist gegen den Geist gegen den Willen

2–4 Qualitäten : daß … Qualität .] ErWl : Qualitäten zu denen ich nichts zu gethan [ habe ,] Wl : habe : z . B . daß ich ein Europäer bin , das] Schlafen Wachen pp [geht in mir vor ,] Wl : ist in mir] ohne mein Zuthun . 5–6 ist eine … daß] ErWl : [ist auch eine solche] Wl : dagegen ist auch] allgemeine Qualität , [ Weisen] Wl : Weise (des Thuns)] die sich in allem Einzelnen [zeigen] Wl : zeigt] , aber gesetzte durch mich , [angeeignete , die ich in mir als Einfachem gesetzt habe .] Wl : angeeigenet ; es ist mein Selbst , welches solche Bestimmtheiten in sich als dem Einfachen gesetzt hat . –] das zweite ist daß [es] Wl : sie] eine allgemeine Weise [ist meines Thun , das Einzelne wird unter sie subsumirt .] Wl : meines Empfindens , Thuns , ist , eine Regel für jeden einzelnen Fall , unter die das Einzelne subsumirt wird ; – nach welcher allgemeinen Weise das einzelne Verlangen sich richtet .] Allgemein wird sie indem 7–8 dieses selbst … i m m e r ] ErWl : Diese Empfi ndung meinem Selbst angeeignet wird in die Einfachheit meines Selbsts gesetzt , und so einfach geworden ist sie das Allgemeine , dies [eben] Wl : eben ist] 8–9 Einfachheit ist . … als] ErWl : Einfachheit . [ Es ist] Wl : die Einfachheit also ist’s , worauf die Allgemeinheit solcher Qualität beruht ; sie ist gesetzt durch mich ,] gesetzte Allgemeinheit . Sie ist 9–10 d . h . Allheit , … die] ErWl : d . i . Allheit , eine [Allgemeinheit] Wl : Allgemeinheit (eine allgemeine Einheit) ,] indem sie 10–12 unter sich … liegt] ErWl : [in sich enthält ,] Wl : unter sich begreift ,] ein Allgemeines bezogen auf das Viele , [(die] Wl : – das Viele als Eines . | die] höhere Allgemeinheit [Gattung ist keine] Wl : die Gattung , ist nicht] Reflexionsallgemeinheit [ist] Wl : denn Allgemeinheit des Denkens ist] einfache Beziehung auf [sich) Hier] Wl : sich , ohne die Reflexion auf Vieles . Hier hingegen] ist die Allgemeinheit hervorgebracht , geht hervor [vom einzelnen Fall . dies enthält] Wl : von einzelnen Fällen , und erhebt sich hernach . Darin liegt] 12 sich in uns] ErWl : uns 12–13 in uns … Die] ErWl : werden soll ein Wiederholtseyn von [ Empfi ndungen ist ,] Wl : Empfi ndungen , Thätigkeiten seyn muß . die] 14–15 häufiges W i e d e r h o l e n … Geist] ErWl : Wiederholung [zu ,] Wl : Uebung zu . Die Wiederholung ist] daß das Einzelne [meiner Allgemeinheit angeeignet ist . So ist es] Wl : meines Empfindens p . meiner Allgemeinheit , meinem Selbstgefühl angeeignet wird . So kommt die Gewohnheit aus der Einzelnheit her , als] Allgemeinheit aus [vielen] Wl : vielem] Einzelnen , die wiederholte sind . das ist die Bestimmung der Gewohnheit zum Unter30 (eine allgemeine Einheit) mit Verweiszeichen am linken Rande

38 ist über nicht gestr . macht

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als solchen gerichtet und hier erscheint die Gewohnheit als eine Nothwendigkeit gegen die Freiheit und Willkühr . Nach der ersten Seite gegen das einzelne Empfinden überhaupt ist die Gewohnheit eine befreiung ; man sagt dann : die Gewohnheit ist die andre Natur , ein ganz richtiger Ausdruck ; ein andres als die Natur das ist eben das Freie . Das 2t e ist dann daß die Gewohnheit auch Natur ist ; Die besonderen Arten der Gewohnheiten sind diese : 1 . A bh ä r t u n g 2 G e s ch i c k l i c h ke it . | Wir haben gehabt die Empfindung und haben gesehn es gehört dazu Affection , bestimmtheit , diese haben wir unterschieden in äußerliche (äußerliche Sensation) die innerlich gemacht werde , und in innerliche die leiblich gemacht werde . Die innre bestimmung verleiblicht sich ; beides gehört übrigens zum Gefühl , das die

schied von natürlichen Bestimmtheiten , sie ist wie eine natürliche Qualität aber gesetzt . dies ist die Seite zu den natürlichen Qualitäten . die Gewohnheit hat dann [auch] Wl : noch] eine Seite 1 gerichtet und … eine] Wl : und nach dieser Seite ist’s , daß sie erscheint , als gerichtet und hier] Er : und nach dieser 2 Freiheit und Willkühr .] Er : Freiheit . und ] Wl : der Intelligenz , gegen die 2–3 einzelne Empfinden … Gewohnheit] Wl : Natürliche überhaupt , gegen das einzelne Empfi nden , ist sie einzelne Empfinden überhaupt] Er : Natürliche , gegen die einzelnen Empfi ndungen 3–4 befreiung ; man … Ausdruck ;] Er : Befreiung , gegen den Willen eine Nothwendigkeit . der Ausdruck eine a n d r e N a t u r ist ganz richtig , einerseits man sagt … Ausdruck ;] Wl : nach der anderen Seite , gegen den Willen , – eine Nothwendigkeit . Man sagt so ganz richtig : die Gewohnheit sei die a n d e r e N a t u r . Einerseits 4–7 Natur das … G e s c h i c k l i c h ke i t .] ErWl : Natur , also [ Befreiung ,] Wl : Befreiung von der Einzelnheit der Triebe ,] eine zweite Natur gegen die unmittelbare [ Natürlichkeit ,] Wl : Natürlichkeit ; – eine von der Seele gesetzte Natürlichkeit eine Ein- und Durchbildung der Leiblichkeit auf die Vorstellungs und Willens Bestimmtheiten .] andrerseits ist sie [ N a t u r ist ein Seyn , ich] Wl : N a t u r , ein unmittelbares Seyn , – ich] bin so , das ist meine Gewohnheit , diese Qualität hat noch diese Seite der Natürlichkeit in ihr . / [ Wenn wir die Gewohnheit in ihren besondren Arten betrachten , – so ist gesagt das Selbstbewußtseyn] Wl : Das sind also die näheren Bestimmtheiten der Gewohnheit : das Selbstgefühl] ist nicht mehr leeres für sich seyn , es [macht | sich] Wl : hebt sein formelles subjectives Für sich seyn auf , erfüllt sich , und macht sich an ihm selbst] zum Objectiven , es ist das in sich bestimmte Seyn der Seele und als durch ihre Thätigkeit bestimmte . In dieser Bestimmtheit ist das [Seyn das ihrige . Sie ist das Subject und dieses die Prädicate die] Wl : S e y n der Seele eben so schlechthin ideelles ; das i h r i g e . So ist das Selbst allgemein durchdringende Seele in ihrem Empfi nden und in ihrem Leben für sich , Subject in demselben , als dem Prädikate , | das] an ihr ihren Halt [ haben , so daß das Subject] Wl : hat (so daß das Subjective] nicht mehr einem Triebe pp [angehört .] Wl : angehört) – G e wo h n h e i t . –] / Was die nähern Arten [ betrifft] Wl : der Gewohnheit betrifft ,] so kann die eine Seite Abhärtung , die andre Geschicklichkeit genannt werden . / 8–10 die Empfindung … die1] ErWl : daß zur Empfi ndung gehört Affection , diese haben wir unterschieden [daß] Wl : und gesagt , daß] die äußerliche 10 gemacht1] Wl : gemacht (erinnert) in innerliche die] ErWl : eben so die innerliche Bestimmtheit werde . Die] ErWl : werde , (die Weise der Unmittelbarkeit) die 11–729,1 übrigens zum … ist .] ErWl : zur Empfi ndung sie ist das [ In eins setzen] Wl : in Einheit dieser Äußerlichkeit und Innerlichkeit , das In1setzen] des Äußer5 ist ;] folgt gestr : d . Gwohnht ist ein Sein 23–24 eine von … Bestimmtheiten . am rechten Rande mit Einfügungszeichen 41 dieser Äußerlichkeit … das vor der Zeile

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Äußerlichkeit und Innerlichkeit dieses ist . Die Gewohnheit ist nun dies : daß diese Empfindung innerlich gesetzt werde in das selbst gesetzt sei , so daß dem selbst eigen sei dies sein Empfinden . Erst in so fern es dies sein Empfinden sich angeeignet hat , ist es bei sich selbst , sich auf sich selbst sich beziehend . Diese erste Einheit in der Empfindung ist immer ein itzt , eine Einzelheit . Was man unter Abhärten versteht ist nach dieser Seite hin dies : daß in dem Empfinden das selbst bei sich selbst ist , und nicht in seinem Empfinden versenkt , und frei bei sich ist . Das ist eben die Seite der befreiung in der Gewohnheit . Zu dieser Seite gehört verschiedenes ; z . b . das Denken ist uns auch zur Gewohnheit geworden ; dies reine bei sich selbst sein muß auch der Gewohnheit angehören . der Geist ermüdet nicht wenn man sagt : der Geist wird matt , der Kopf will einem springen : der Geist ermüdet nie , sondern der Leib ermüdet . die Gewohnheit hebt nun dies Kopfweh beim Denken auf . Die Übung durch die Gewohnheit des Denkens macht , daß die Leiblichkeit nicht mehr selbstständig ist , sondern daß die Einfachheit des Selbstdenkens als das meinige gesetzt wird . Es sind dieses schwierige abstracte Punkte ; aber man muß sich wohl hinein

lichen und Innerlichen . 2 Empfindung] ErWl : Einheit selbst 2–3 in das … sei] ErWl : [in dem] Wl : diese Empfi ndung innerlich in das] Selbst gesetzt werde so daß [es im] Wl : das Selbst in] Besitz habe 3 sich angeeignet] ErWl : in Besitz [genommen] Wl : genommen , sich angeeignet] 4 es] Wl : es darin sich selbst , … selbst] Er : sich , einfach sich auf sich auf … beziehend .] Wl : einfach sich auf sich beziehend ; nicht mehr ein Uebergehen vom Inneren zum Äußeren p , sondern die Einheit selbst ist dieß Eine . 4–5 in der Empfindung] ErWl : – Empfi ndung – 5 ein itzt … Einzelheit .] ErWl : eine einzelne , ein Itzt , | nun aber ist diese Einzelheit aufgehoben . 6 nach dieser … selbst1] ErWl : nun dies überhaupt was bei dem Empfi nden 7 in seinem] Er : im Wl : ins 7–8 und frei … Gewohnheit .] Er : sondern frei darin . Wl : sondern bei sich selbst , insofern frei darin ist . Das ist die Seite der Freiheit in der Gewohnheit , – »die darin besteht , daß die Naturbestimmtheit der Empfindung durch die Gewohnheit zu m e i n e m Seyn herabgesetzt , ich nicht mehr in differenz und damit in Abhängigkeit gegen dieselbe bin . – d i e Un f r e i h e i t in der Gewohnheit ist aber theils nur f o r m e l l , theils nur r e l a t i v , und fi ndet eigentlich nur Statt bei ü b l e n Gewohnheiten , oder insofern einer Gewohnheit überhaupt ein anderer Zweck entgegengesetzt ist . Die wesentliche Bestimmung ist die Befreiung , die der Mensch von den Empfi ndungen , indem er von ihnen afficirt wird , durch die Gewohn heit gewinnt .« 8–9 das Denken … auch] ErWl : daß uns das denken 9 geworden ;] ErWl : wird , das denken 10 der Gewohnheit] ErWl : dem Selbst 10–12 der Geist … ermüdet .] ErWl : das denken ermüdet (den Körper) und was man nennt , der Geist ermüdet ist nur diese verleiblichte Empfi ndung . 12 hebt nun … auf .] ErWl : ist nun daß man so bald nicht ermüdet , die Ermüdung wird hinausgeschoben . 13 durch die … daß] ErWl : [ bringt] Wl : in dieser Hinsicht bringt] eben dies hervor es ist in ihr dies vorhanden daß so zu sagen 14–730,1 Einfachheit des … Denken .] ErWl : Einheit des [ Leib-] Wl : Leiblichen] und Innerlichseyns die m e i n i g e ist , das Selbstständigseyn des Seyns ist [gemildert ,] Wl : gemildert und dadurch] unterworfen . / So ist auch das Moment der Leiblichkeit in mich [gesetzt] Wl : gesetzt , dem Selbst vindizirt] und ihm damit das Äußerlichseyn , die Materialität [genommen , –] Wl : genommen . dieß sind selbst schwierige Puncte , 10 angehören] anghört mit Einfügungszeichen

11 matt] Lesart unsicher

25–31 »die darin … gewinnt .« am linken Rande

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den 11 Januar . 1828 .Er

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Denken . | Dann gehört hieher die Gewohnheit der befriedigung der bedürfnisse ; befriedigung ist Empfindung ; sie gibt mir einen Genuß ; meine Leiblichkeit ist angemessen der Empfindung , der mein Dasein nicht entspricht . diese Angemessenheit ist es , daß ich mir in dieser Erfüllung des Selbstgefühls mir zur Gewohnheit mache . Die befriedigung ist so eine G e woh n h e i t ; der Genuß woh n t schon bei mir , ist bei mir zu Hause . die befriedigung der begierden ist die Abstumpfung derselben , sie befreit von ihnen ; sie ist ein satt werden ; zur Gewohnheit geworden ist es eine Sättigung des Sattseins , und wir sind gleichgültig gegen die befriedigung selbst . Aber diese befriedigung hilft nicht viel ; nach einiger Zeit fängt der Hunger wieder an . Die Gewohnheit aber ist dies daß die Empfindung die befriedigung ist , ein meinem Selbstgefühl angeeignetes ist , so daß ich die befriedigung schon besitze . Ein neuer Genuß ist dann immer nur ein Genuß von einem solchen , was ich schon besitze , was mir schon bekannt ist . Die Gewohnheit ist daher wesentlich keine Reproduction des Genusses aus mir als eine Empfindung überhaupt . Interesse habe ich nicht daran ; das habe ich nur so lang als ich das nicht besitze was ich verlange ; der Unterschied

der Standpunct , wo der Begriff selbst eintritt . Es ist also die selbstständige Leiblichkeit aufgehoben d . h . G e wo h n h e i t . |] 2–6 befriedigung ist … Hause .] ErWl : da ist meine Leiblichkeit , mein daseyn angemessen gemacht dem [wie] Wl : was] mein daseyn seyn soll , dem Triebe . [ diese] Wl : – Befriedigung gibt mir Genuß . Trieb ist ein Wollen , dem mein Dasein zunächst nicht entspricht , die Leiblichkeit als nicht angemessen dem Bedürfnisse .] Befriedigung ist ein Genuß ist eine Empfi ndung . dieses daß eben ich | [mir in] Wl : in] dieser Befriedigung bei mir bin , ist die Gewohnheit , [indem die Befriedigung] Wl : in der die Befriedigung schon in mir wohnt ,] meinem Selbst angehört . 7 begierden ist] Wl : Bedürfnisse ist in sofern 7–8 derselben , sie … werden ;] Wl : des Triebes , und so enthält die Befriedigung die Befreiung vom Getriebenseyn , das Sattwerden . »dieß ist die vernünftige Befreiung von denselben (– die mönchische Entsagung und Gewaltsamkeit befreit nicht von ihnen) es versteht sich dabei , daß die Triebe , nach ihrer Natur als endliche Bestimmtheiten gehalten ; und sie wie ihre Befriedigung als momente in der Vernünftigkeit des Willens untergeordnet sind . –« Aber sie befreit … werden ;] Er : und enthält die Befreiung von ihr , satt werden – Aber 8–9 ist es … sind] ErWl : sind wir satt [des Sattwerdens] Wl : das Sattwerden] , 9 Aber diese] ErWl : die 10–12 nicht viel ; … Ein] ErWl : bloß gegen eine Äu ßerung des Triebes , [die] Wl : er selbst bleibt und kehrt wieder . die] Gewohnheit enthält dies daß die Befriedigung bereits meine , ein meinem Selbstgefühl angeeignetes ist , [ein] Wl : so daß ich in mir schon die Befriedigung habe . Ein] 12–13 ist dann … ein] Wl : neue Befriedigung ist dann der 13 immer nur ein] Er : der 13–14 was mir … ist .] Wl : es ist mir schon etwas Bekanntes , interessirt mich weiter nicht mehr s o , als wenn es mir noch unbekannt wäre . 14 daher wesentlich keine] ErWl : [wesentlich] Wl : also] eben so eine 15–16 eine Empfindung … ich1] ErWl : dieser eine Empfi ndung [ist .] Wl : ist (das ist die wesentliche Bestimmung der Gewohnheit . –)] diese Empfi ndung ist nur ein solches was ich schon habe , was mir nichts Neues ist . Interesse habe ich [an] Wl : für] etwas 16 das2 ] ErWl : dagegen im Gegensatze bin , so lange ich 16–731,2 ich verlange ; … will .] ErWl : mein Trieb [verlangt .] Wl : verlangt . Interesse hat eben den Unterschied und Gegensatz in sich ; das schließt in sich Thätigkeit : 25–29 »dieß ist … sind . –« am rechten Rande mit Verweiszeichen

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der Gegensatz ist darin , die Thätigkeit ist selbst schließlich ein Drängen , worin die Subjectivität ihrer los werden will . In der Gewohnheit aber ist der Trieb schon nicht mehr ich bin schon in dem Besitz der Befriedigung . Ich bin darin nicht versenkt in den Genuß , sondern ich verhalte mich darin nur zu mir selbst ; wenn ich bloß etwas | genieße , bin ich darin versenkt , bin in dieser Schranke bestimmt , in so fern ich dies aber gewohnt bin , bin ich nicht darin versenkt , sondern ich bin ich . Diese Bestimmungen sind schwer und abstract aber wichtig . Man hat viel von der befreiung von seinen Trieben gesprochen , was man eher im concreten Fall so überhaupt sehr hoch stellen kann ; die befreiung soll nur erreicht werden durch Nicht befriedigung der Triebe . Dadurch geräth der Mensch in einen großen Kampf mit sich . Die Triebe aber sind natürliche bedürfnisse , sind nothwendig , sind bestimmungen unsres lebendigen Organismus . Das Selbstgefühl nach seiner lebendigkeit ist selbst ein System von bestimmungen , und dies macht aber die Triebe aus . Die Lebendigkeit ist nur lebendig in so fern sie ein Proceß ist , sich zu andren verhält , und indem sie sich befriedigt und die Leiblichkeit verwirklicht . Ebenso wesentlich ist aber auch sich von diesen bedürfnissen zu befreien ; die befriedigung derselben aber

die Subjectivität will sich los seyn , will objectiv werden .]

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2–3 aber ist … bin 2 ] ErWl : ist nicht nur

20 der Trieb befriedigt sondern ich besitze diese Befriedigung schon so daß ich bei der neuen Befrie-

3 nicht] Wl : nicht (in Genuß) 4 in den … sondern] ErWl : bin , sondern daraus hinaus darin] ErWl : zu ihr als zu einem was ich schon habe , [und ] Wl : als zu dem Meinigen , ich] verhalte mich darin 4–7 wenn ich … hat] ErWl : Ich bin da nicht in dieser Schranke , sondern mein Ich ist bei mir selbst , diese Bestimmtheit ist ein mir [Angeeignetes .] Wl : Angeeignetes . | das ist eine sehr wichtige Bestimmung , sie ist aber sehr schwierig , abstract .] Es ist 8–11 von seinen … sich .] ErWl : der Triebe die Rede gewesen und man kann das als etwas sehr hohes [ansehn , über|haupt] Wl : für sich ansehen ,] (denn im concreten Fall ist die Nichtbefriedigung allerdings sehr wichtig) / [der Mensch indem er sich ohne Befriedigung von den Trieben befreit kann in einen Kampf kommen .] Wl : Die Befreiung wird nur erreicht durch Nichtbefriedigung von denselben . Dabei geräth der Mensch in großen Kampf mit sich . –] 11–14 aber sind … sie] Er : sind nothwendig , das System der Bestimmungen der Lebendigkeit . Es ist wesentlich die Lebendigkeit 11 natürliche bedürfnisse , … sind 2 ] Wl : zunächst natürliche Bedürfnisse , nothwendige 12 Das] Wl : Unser 13 ist selbst] Wl : ist 13–15 dies macht … und1] Wl : das macht die natürlichen Bedürfnisse aus . Es ist wesentlich die Lebendigkeit ein Prozeß ; und ist erst wirklich , 14–15 ist , sich … und1] Er : und ist erst wirklich 15–732,4 befriedigt und … Empfindung] ErWl : [ befriedigt .] Wl : befriedigt , sich zum Andersseyn verhält und dann zu sich zurückkehrt .] Die natürlichen Triebe [sind] Wl : sind also] wesentlich . Nun ist eben so wesentlich [sich] Wl : und nothwendig sich] davon zu befreien und die Befreiung ist nicht die einzelne Befriedigung , [sondern in dieser Befriedigung] Wl : nicht die Befreiung vom Momentanen des Triebes , sondern von ihnen als Trieben , – in ihrer Befriedigung zugleich unabhängig von ihnen , frei von ihnen zu seyn ,] sich auf sich selbst zu [ beziehn . dies ist eben indem die Befriedigung] Wl : beziehn , nur bei sich selbst zu seyn . Die Befreiung ist in der Befriedigung , als einer die] in meinem Besitz ist , [ist] Wl : als einer in meinem Selbstgefühl gesetzten . So ist] die Befriedigung nur Reproduction meines [ Besitzes und in ihr] Wl : Besitzes , nur in der Empfi ndung die ich von ihr habe ,] digung

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ist die befreiung davon ; in ihrer befriedigung müssen die Triebe selbst unabhängig von der befriedigung sein . die befreiung ist nun auch darin : die befriedigung ist ein in meinem Selbstgefühl vorhandenes und in so fern ist sie Reproduction dieser meiner innerlichen bestimmtheit , meines besitzes ; und in dieser Empfindung kehre ich zu mir selbst zurück ; die befriedigung ist eine erworbene bestimmung meines Selbstgefühls . Die Gewohnheit enthält also das wichtige : befreit zu sein von dem , woran man gewohnt ; z . b . wir essen aus bedürfniß , wie Thiere und Kinder , aber wir sind es eben auch gewohnt ohne bedürfniß ; man ißt weil es Essenszeit ist ; ein Erwachsener hat selten Hunger er ißt und trinkt weil er es gewohnt ist ; er ist ganz gleichgültig dabei , ist nicht darin , sondern unterhält sich dabei und spricht etc . – Hieher gehört die A bh ä r t u n g gegen die bedürfnisse die auch die Gewohnheit ist . Gegen die Negation in mir nämlich in dem bedürfniß erhalte ich mich ganz unabhängig in meinem Selbstgefühl . Hart ist eben das feste Zusammenhalten in sich ; z . b . die Negation die Hunger ist , entzweit mich nicht in mir , sondern mein Selbstgefühl hält sich stark in seiner Einheit sicher . Man schließt die bedürfnisse aus aus seinem Selbstgefühl , wenn man abgehärtet ist . Z . b . der Soldat den hungerts

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5–6 zurück ; die … Selbstgefühls .] ErWl : zurück , [ bin in dieser Empfi ndung] Wl : bin] nur in meinem Selbstgefühl , bin aus [der Schranke] Wl : den Schranken] heraus , bei mir . 6 also das wichtige :] ErWl : [dies] Wl : also dieß] Große 7–11 z . b . wir … A b h ä r t u n g ] ErWl : [(Man ißt und trinkt und ] Wl : Wir essen und trinken aus Bedürfnissen , sind aber gewohnt zu essen und essen aus Gewohnheit . Man thut’s so mit mehr oder weniger Gleichgültigkeit , thut etwas andres dabei ,] ist in der Sache nicht zugleich darin) . / [ A b h ä r t u n g ist] Wl : Noch eine Form der Gewohnheit , die hierher gehört , ist die A b h ä r t u n g ] 11 die bedürfnisse] Wl : das Bedürfniß , 11–13 die auch … Selbstgefühl .] ErWl : [selbst , gegen dieses ohne daß es befriedigt ist .] Wl : so daß es nicht befriedigt wird , Abhärtung gegen das Bedürfniß selbst .] Auch diese Abhärtung ist Gewohnheit d . i . daß ich [gegen diese Negation in mir mich] Wl : in dieser Negation , dessen , welches Bedürfniß ist , mich bei mir selbst] in meinem Selbstgefühl [erhalte .] Wl : erhalte . »A b h ä r t u n g gegen äußerliche Empfindungen (Frost , Hitze p Wohlgeschmack p Müdigkeit der Glieder p) sowie die Abhärtung des Gemüths gegen Unglück , ist eine Stärke , daß indem jenes allerdings von Menschen empfunden wird , solche Affection zu einer Äußerlichkeit und Unmittelbarkeit (– es i s t ) herabgesetzt , und sein Bewußtsein , Reflexion , und sonstiger Zweck und Thätigkeit nicht mehr damit verwickelt ist .« –] 14 sich ; z . b . … mir ,] ErWl : sich selbst , daß ich nicht entzweit in mir werde 15–733,5 hält sich … sterben .] ErWl : in seiner Gleichheit sich erhält , die Negationen zwar in sich zu haben aber sie auszuschließen aus sich . | Man denkt nicht an diese Negationen sondern etwas andres ist das Stärkere , das | Zusammenhalten seines Selbstgefühls . / Die [Abhärtung besteht also] Wl : Empfi ndung bleibt dabei bestehen , – nur ist sie nicht erscheinend . – Der Unterliegende aber läßt sich versinken in die Negation und Entzweiung . Der Tod kann dem Menschen oft gleichgültig seyn in dieser Versenkung , welche eine Verzweiflung ist . – Also] der Entzweiung nicht nachzugeben [sondern an der] Wl : und an dieser] Abstraction seines Selbstes [anzuhalten , bei sich selbst zu verharren , –] Wl : fest zu halten , das ist die Seite , die zur Gewohnheit gehört , sofern sie Abhärtung kann genannt werden . –] 27–31 »A b h ä r t u n g gegen … ist .« – mit Verweiszeichen am linken Rande terliegenden

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und dürstets auch , es ist ihm heiß etc , aber diese Empfindungen sind aus seinem Zusammenhalten mit sich selbst ausgeschlossen , er läßt sich nicht in sie versenken ; er hat andre bestimmungen und Pfl ichten und die siegen über das bedürfniß – andre dagegen erliegen , thun nicht was für die Rettung gehört (Cap . Fraan am Nordpol) und lassen sich sterben . Die andre Seite der Gewohnheit ist G e s ch ick l i c h ke it . diese bezieht sich auf Thätigkeit . Thätigkeit ist eine Verleiblichung einer innren bestimmung . (Die Empfindung hat Sensationen und Affectionen die sie innerlich macht) die Geschicklichkeit besteht aber darin daß solche Verleiblichung mir a n g e e i g n e t ist , so daß bei einer neuen Thätigkeit diese auch nur ein reproducirtes , wiederholtes ist ; wiederholen heißt etwas noch einmal thun ; aber näher heißt es etwas holen , was man schon hat , es wieder holen , wieder hervorbringen . | die Verleiblichung hat den tiefren Grund , daß das Sinnliche auseinander , dies Materielle im Geiste keine Wahrheit hat ; daß es ist , ist nur daß es ein Ideelles ist ; das Leibliche gehört mir an , ich bemächtige mich meiner Leiblichkeit ; aber diese muß in mich gesetzt sein , angeeignet sein , auf die ich keine Aufmerksamkeit mehr zu wenden habe ; sie ist schon die meinige . Die erste unmittelbare Thätigkeit wird in mich gesetzt , sie ist wirklich , wird sie mir ange-

20 6–7 Thätigkeit . Thätigkeit … Verleiblichung] ErWl : Thätigkeiten das heißt das Verleiblichen 20

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7–8 bestimmung . (Die … macht)] Er : Bestimmtheit . Wl : Bestimmtheit , die E i n b i l d u n g der Vorstellungsbestimmtheiten in die Leiblichkeit , so daß diese keine Eigenthüm lich keit mehr für sich hat , sondern jenen vollkommen durchgängig ist , – als ein unterworfnes ideelles Seyn nur ist , so wie umgekehrt die Vorstellungen unmittelbares leibliches Dasein haben , – wie sie als Vorstellungen in mir vorhanden , unmittelbar auch auf äußerliche Weise vollbracht sind .« – 9 solche Verleiblichung] ErWl : [solches Verleiblichen ,] Wl : solche Verleiblichung ,] solches Thun 9–12 ist , so … den] Wl : ist . Es sind nicht Empfi ndungen als solche , die ich mir aneigne , und sie reproduzire , sondern es sind Verleiblichungen die ich mir aneigne , und das neue Thun ist wieder ein Reproduzirtes , ein wiederholtes (d . h . etwas holen , das man schon hat : ich hole wieder hervor diese Thätigkeit , die schon die meinige ist) . die Geschicklichkeit ist also zu1 . eine gewisse Weise der Thätigkeit , Verleiblichung . Diese Thätigkeiten (Verleiblichungen) , haben ihren 9 einer neuen … diese] Er : einem neuen Thun das 10–12 reproducirtes , wiederholtes … den] Er : reproducirtes ist – w i e d e r h o l e n – Ich hole wieder hervor diese Thätigkeit die schon die meinige ist . diese Thätigkeiten , Verleiblichungen haben ihren 12–15 daß das … diese] ErWl : wie wir [gesehn] Wl : gesehen haben , darin ,] daß das sinnliche Auseinander ein Ideelles [ist ,] Wl : ist , im Geist keine Wahrheit hat ,] keinen Widerstand leistet . Ich verleibliche es unmittelbar , diese Macht gehört an sich mir [an , und soll] Wl : an ; sie muß] aber auch für mich seyn , 15–734,2 auf die … nun] ErWl : so daß wenn ich wieder diese Thätigkeit vor habe [ich sie bloß ohne besondren Willen oder Aufmerksamkeit zu vollbringen brauche .] Wl : sie nur eine wiederholte , eine reproduzirte ist , welche keine besondre Aufmerksamkeit (und Willen) mehr erfordert , sie zu vollbringen .] Sie gehört mir an , und [wird so eine Möglichkeit , so wird diese Thätigkeit ein Ve r m ö g e n , es] Wl : ist schon die meinige , und ich vollbringe sie unmittelbar . die existirende Thätigkeit ist in mich gesetzt und wird so zur Möglichkeit herabgesetzt , 4 Fraan] Lesart unsicher ; siehe Anm .

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eignet so ist sie eine Möglichkeit , was wir Ve r mö g e n nennen . Wenn ich diese Thätigkeit nun wieder thue so ist das nur eine Reproduction , ich hebe es wieder aus mir heraus . die Form der Gewohnheit umfaßt alle Thätigkeiten ; z . b . das allgemeine Verhalten ist daß der Mensch s t eht ; der Mensch will stehen ; wenn er das nicht will , so fällt er um ; aber dieser Wille ist eine bestimmung des Selbstgefühls , welches sich so erhält , so fortdauert . Die Kinder wollen aber eigentlich stehen , und haben lange damit zu thun eh sies dahin bringen , und noch länger dauerts eh sie gehen , d . h . in der Stellung sich bewegen . So ists auch mit dem Schreiben , mit der Musik etc . Die verschiedenen Reihen von bestimmungen die dazu gehören werden in der Geschicklichkeit vereinfacht , und wenn diese Reihe von Vermittelungen angesehn werden von dem fertigen Musiker , so hat er sie schon executirt ; dazu gehört aber eine lange Übung , d . h . eine große Aufmerksamkeit der einzelnen Vermittlungen . Das Selbst ist das einfache band aller dieser Vermittlungen ; das Geistige

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d . h . sie ist ein Ve r m ö g e n . Es] ist wenn ich sie 2–10 so ist … Geschicklichkeit] ErWl : ein [ Reproduciren] Wl : Reproduzirtes ,] ich bin vollkommen die Macht darüber . | [dieses in Besitznehmen] Wl : Diese Geschicklichkeit , dieß in Besitz nehmen] meiner Leiblichkeit ist etwas was sich sehr weit [erstreckt . daß der Mensch steht ist durch seinen Willen] Wl : erstreckt , und alle Arten und Stufen der Thätigkeiten des Geistes umfaßt . Der Mensch steht , (die äußerlichste räumliche Bestimmung) – das ist eine Gewohnheit , – ich muß stehn wo l l e n ; aber dieß Wollen ist vollkommen] zur Gewohnheit geworden . | [ Es] Wl : Kinder haben lange zu thun , ehe sie stehen können , über ihren Schwerpunct Meister sind . Es] ist ein fortwährendes Wollen [daß ich stehe] Wl : das Stehen ;] aber ich bedarf kein Wollen als solches mehr sondern es ist eine [fortdauernde Bestimmung meines Selbstgefühls .] Wl : Bestimmung meines Selbstgefühls , welches so fortdauert . Schreiben , nach Noten geläufig spielen , p eben so . – das macht sich im Selbstgefühl dann ohne Wollen , unmittelbar . –] Ich habe diese Verleiblichung in mein Selbstgefühl gesetzt , und jede Wiederholung ist nur ein Reproduciren . die Reihen von Bewegungen pp sind in meinem Selbstgefühl 10–13 wenn diese … Vermittlungen .] ErWl : die Geschicklichkeit im Executiren ist ein ganz Unmittelbares , trotz der großen Reihen von Vermittlungen . (z . b . Spielen nach [ Noten)] Wl : Noten .) / »Das Stehen ist eine unmittelbare bewußtlose Stellung , die aber immer Sache seines fortdauernden Willens bleibt ; der Mensch steht nur , weil und sofern er will , und nur so lange er bewußtlos will . – Eben so Sehen , und so fort ist die concrete Gewohnheit , welche u n m i t t e l b a r die vielen Bestimmtheiten der Empfi ndung , des Bewußtseins , der Anschauung , des Verstandes , u . s . f . in einem einfachen Act vereint . – das ganz freie , in dem reinen Elemente seiner selbst t h ä t i g e D e n k e n bedarf ebenfalls der Gewohnheit und der Geläufigkeit , dieser Form der Un m i t t e l b a r k e i t , wodurch es ungehindertes , durchgedrungenes Eigenthum meines e i n z e l n e n S e l b s t ist . Erst durch die Gewohnheit e x i s t i r e ich als denkendes für mich . Selbst diese Unmittelbarkeit des denkenden Bei sich seins enthält Leiblichkeit (Ungewohntheit und lange Fort setzung des Denkens macht Kopfweh) ; die Gewohnheit vermindert diese Empfi ndung , indem sie die natürliche Bestimmung zu einer Unmittelbarkeit der Seele macht . – die entwickelte und im Geistigen als solchem bethätigte Gewohnheit , ist aber die E r i n n e r u n g und das G e d ä c h t n i ß , und weiter unten zu betrachten .« –] 13 dieser Vermittlungen ;] Wl : Vermittlungen der gewohnten Thätigkeiten ; – 13–735,1 das Geistige … stößt] ErWl : der Wille stößt gleichsam nur 11 gehört] gehörn zum Raum

18 (die äußerlichste … Bestimmung am linken Rande ; folgt im Text gestr : Verh

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der Wille stößt an das Selbstgefühl an und dann | executirt sich das alles , ohne daß mein Wille dazu nöthig ist ; es ist nur die abstracte Form der Äußrung , was ich w i l l . Das andre will ich nicht mehr , sondern das geht so fort . Von der Gewohnheit wird immer sehr verächtlich gesprochen ; man läßt sie oft ganz aus ; weil sie eine so schwere bestimmung ist ; man weiß nicht recht , wohin man sie bringen soll . Meine Herren wir sind nach unsrer Gewohnheit – s t e h n g e bl i e b e n bei der Gewohnheit . Was man so in der Gewohnheit thut , thut man mechanisch , in Gedanken , eigentlich ohne Gedanken ; es ist ein Thun unsres Selbst ; die Gewohnheit ist die größte Macht des Individuums ; denn die Totalität seiner Gewohnheit i s t der Mensch . Der Mensch ist erst fertig insofern das , was er ist seine Gewohnheit ist , seine Sitte ; die Jugend ist die Zeit der Triebe , der Vorsätze , der Interessen ; der Mann ist damit aber fertig er hat es schon erworben , besitzt es ; der Mensch stirbt an der Gewohnheit des Lebens . Süße Gewohnheit des lebens sagt Egmont . die Lebendigkeit bekommt einen immer beschränkteren Raum ; das Verhalten wird immer einfacher , gegensatzloser , je älter der Mensch wird ; das Interesse verschwindet da und das leben geht in die Einfachheit in sich über in das Leblose . – Es kann noch eine bemerkung gemacht werden über die Thiere , die auch Gewohnheit haben in so

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1 dann] ErWl : in d e m | das alles ,] Wl : das , 2 mein] ErWl : der ausdrückliche 2–7 es ist … der] ErWl : Das ist dann die Natur der Gewohnheit und ihrer besondren Bestimmungen . / [die Gewohnheit kann allerdings ganz particularen Inhalt enthalten , aber es ist eine der schwersten Bestimmungen . –] Wl : Von der Gewohnheit ins Besondere pflegt herabsetzend gesprochen zu werden , und sie als Unlebendiges , Zufälliges , Particuläres genommen zu werden . – In der That ist die Gewohnheit als Form ganz zufälligen Inhalts fähig , und es ist die Gewohnheit des Lebens , welche den Tod herbeiführt , oder , wenn ganz abstract , der Tod selbst ist . – Aber zugleich ist sie der Existenz aller Geistigkeit im individuellen Subjecte das Wesentlichste , damit diese c o n c r e t e Unmittelbarkeit , seelische Idealität sei , – damit der Inhalt , religiöser , moralischer u . s . f . ihm als d i e s e m S e l b s t , ihm als d i e s e r Seele a n g e h ö r e , weder in ihm bloß an sich (als Anlage) noch als vorüber gehende Empfi ndung oder Vorstellung ; sondern in seinem freien allgemeinen S e y n sei . – In gewöhnlicher Betrachtung der Seele und des Geistes pflegt die Gewohnheit etwa als etwas verächtliches übergangen zu werden , – oder vielmehr auch , weil sie zu den schwersten Bestimmtheiten gehört . –] / Was man aus 7–8 mechanisch , in … Selbst ;] ErWl : ohne Gedanken , mechanisch , es geht für sich fort gegen unsern bewußten Willen wie eine Nothwendigkeit . Dies Thun gehört dem Seyn an , dem Seyn meines Selbsts . 9–11 des Individuums ; … Sitte ;] ErWl : im Individuum , [ist das Individuum selbst = Ich] Wl : sie ist selbst das Individuum , Ich ,] als Nothwendigkeit . Dann ist sie auch diese Befreiung , wie oben gesagt wurde . die Geschicklichkeit bedarf nicht mehr der [Aufmerksamkeit] Wl : Furchtsamkeit] in der Ausübung der einzelnen Thätigkeiten , sondern ich bin damit fertig , es ist mir angehörig , ich bin Meister darüber . das ist die Natur der [Gewohnheit] Wl : Gewohnheit überhaupt ,] und der Mensch ist fertig sofern er gewohnt ist was er ist – [dann ist erst Ruhiger] Wl : Ruhiger] Genuß des Seyns . 11–12 der Triebe , … es ;] ErWl : des [ Interesses das noch nicht erreicht ist , erst |] Wl : Interesses : da ist noch nicht erreicht , was] erreicht werden soll , der alte Mann ist fertig , er besitzt alles ruhig als eine Gewohnheit . 13–14 lebens sagt … Raum ;] ErWl : [daseyns sagt Egmont vom Leben ,] Wl : Lebens , – sagt Göthes Egmont ;] aber sie ist auch der ruhige Tod . 15–736,2 je älter … werden] ErWl : [aber] Wl : und] gerade in diesem Prozeß besteht die Lebendigkeit des Lebens .

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fern sie Geschicklichkeit ist ; wir sagen von den Thieren nicht , sie werden daran gewöhnt , sondern | sie werden zu etwas abgerichtet , d . h . man knüpft an irgend eine Empfindung eine Thätigkeit ; aber das Thier selbst macht diese Verbindung nicht ; es wird dazu gezwungen , es wird seinem Sein angeeignet ; es übt sich nicht aus sich . Das Abrichten | der Thiere kann sehr weit gehen , daß es wie etwas Menschliches erscheint , Fido savant , der buchstabiren und rechnen kann[ .]

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Wir müssen uns den Zusammenhang des Ganzen noch einmal reproduciren[ .] das erste ist die n a t ü r l i c h e S e e l e ; das an sich , in die eingeschrieben ist von der Natur diese Totalität , die für uns als bewußtsein als äußerliche Natur ist das i s t die Seele – Das 2t e war die e m pf i nd e n d e Seele , die Seele in der Natürlichkeit überhaupt für sich seiend , als selbst überhaupt ; die empfindende Seele ist thätig sich als empfindende Seele zu erfüllen , sich seiend zu machen . dies enthält die doppelte bestimmung : die einzelne unmittelbare bestimmtheit , | Sensation , Affection zu

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C . die wirkliche SeeleEr

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Indem das Leben immer mehr so mit der Gewohnheit zusammengeht verschwindet es auch weil sein Interesse verschwindet und die Leblosigkeit tritt ein . – das ist die Sphäre der Gewohnheit ; auch von den Thieren sprechen wir und schreiben ihnen Gewohnheiten zu , oder vielmehr Geschicklichkeiten . Es wird 2–4 d . h . man … sich .] ErWl : und das besteht darin daß irgend eine Affection in ihm hervorgebracht wird und an diese irgend eine Thätigkeit geknüpft . dieser Verbindung ist es fähig weil es ein Selbst ist . die Einfachheit des Thiers ist das Band zwischen Empfi ndung und Thätigkeit in ihm . Aber es macht diese Verbindung nicht außerhalb seines Instincts . Gewöhnlich aber geschieht die Erregung der Verbindung mittelst der Empfi ndung von Außen her (Abrichten) 5–11 daß es … war] ErWl : ans Wunderbare und Menschliche grenzen . [ Ihre Kunststücke geschehen] Wl : (Man legt Thieren schriftlich und mündlich Worte vor , und sie setzen sie aus einem Alfabete zusammen , auch aus ungleichen Lettern . Ferner hat man rechnende Hunde . Es geschieht] nicht durch Zeichen des Eigenthü mers , davon kann man sich leicht überzeugen . [ Wenn man so einem Thier ein] Wl : Es ist weiter nichts : wenn man den Thieren das] Wort vor spricht , so muß [es] Wl : es allerdings] die Töne unterscheiden [– buchstabiren – können . das dauert] Wl : können , (Alexander s statt x gewöhnlich .) buchstabiren können . Dazu gehören] viele Jahre [es ist aber] Wl : indeß ist immer dieselbe Operation ,] obs etwas Schweres oder Leichtes [ist ,] Wl : ist . – Das Rechnen ist das schwierigste , gründet sich aber auf] dieselbe Operation . / die / wirkliche Seele / ist das dritte zur natürlichen und träumenden oder empfi ndenden Seele . die erste ist die Totalität für unser Bewußtseyn vorhanden als äußerliche Natur , entfaltet als an sich [seyend . diese Natürlichkeit war das Erste .] Wl : seiend . – /] das zweite ist 11–12 Seele in … überhaupt1] ErWl : natürliche Seele 12 die empfindende … ist] ErWl : dies entwickelt sich und [ist] Wl : wird] 13–14 die doppelte … einzelne] ErWl : doppelte Bestimmungen . Zunächst enthält [die Empfi ndung] Wl : das Empfinden] schon die 14 Sensation , Affection] ErWl : | Affection , [diese ist] Wl : diese]

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erinnern und dieses Innerliche , dies Selbst , an ihm bestimmte muß dann geäußert , verleiblicht werden . So haben wir ein Empfinden und das Verleiblichen seiner bestimmungen Einheit des Äußren mit dem Innren . Die Totalität des empfindenden Subjects ist der Genius überhaupt . Das 2t e war dann : daß diese Totalität sich zum Selbstgefühl macht , d . h . daß es sich äußert , das existirende Gefühl negirt und so es in sich bewahrt . diese Reproduktion und dieses Negiren des existirenden Gefühls ist ein Negiren (nach der Unmittelbarkeit) und ein Reproduciren der Einheit selbst des Innren und Äußren ; diese Verbindung selbst hat es mit sich zu verbinden und eben diese zu reproduciren ; und so ist es die ve r w i r k l i c ht e S e ele Einheit des Inneren und Äußren (aber nicht so oberflächlich genommen) es kommt darauf an , wie diese Einheit näher bestimmt ist . die Empfi ndung ist auch Einheit des Innren und Äußren aber in dem Selbst in dem Einfachen , wie es nicht in der Natur ist . diese Einheit ist auch beschränkt in sich und das ist die Gewohnheit . die Seele ist wie gesagt , an sich , sie ist die Idealität aller der Unterschiede und Äußerlichkeiten , die im äußerlichen Leben sind und im gewöhnlichen bewußtsein als Außereinander vorkommen . Im begriff hat nun dies Auseinander keine Wahrheit ; es ist nicht so unterschieden , daß die Unterschiedenen selbstständig wären ; im Raum ist jedes für sich selbstständig ; diese Selbstständigkeit ist aber was keine Wahrheit hat ; die Seele ist eben diese Idealität dieser Unterschiede , denn : daß die Unterschiede keine Selbst-

20 20 1–2 und dieses … werden .] ErWl : als Empfi ndung zu setzen , und u m g e k e h r t : das Innerliche , an

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ihm bestimmt ist unmittelbare Affection , das andre dazu ist daß die innerliche Bestimmtheit verleiblicht [werde] Wl : wird] . 2–3 ein Empfinden … Innren .] ErWl : Einheit des Innern und Äußern , d . h . Empfi nden . 4 der Genius überhaupt .] ErWl : was wir Genius überhaupt nannten . war dann :] ErWl : in dieser Hinsicht war 5–7 es sich … Gefühls] ErWl : [sie] Wl : es] sich äußerte , existirende Empfi ndung , daß der Genius sich [äußert ,] Wl : äußert , das existirende Gefühl negirt ,] sich zum Selbst macht , [seine Beschränktheit negirt .] Wl : negirt seine Beschränktheit .] die Reproduction [war] Wl : war dazu] das Weitere . Dies ist wesentlich zu [merken . Es] Wl : merken , dieß] 7 (nach der Unmittelbarkeit)] ErWl : nach der Unmittelbarkeit 9 und eben … es] ErWl : [nämlich] Wl : sc] das Selbst , so daß es in seinem Empfi nden und Verleiblichen sich itzt zu sich selbst verhält . Im Empfi nden ist es auch für sich , aber diese ersten Empfi ndungen können als unvollkommen wohl mit chemischen verglichen werden . So ist nun Einheit] ErWl : auch Einheit 10–13 (aber nicht … ist .] ErWl : aber das ist [nur] Wl : sehr] oberflächlich gesagt . die Natur ist auch eine solche Einheit . [Solche Bestimmungen] Wl : Bei solchen Bestimmtheiten ist zu merken , daß sie] sind einseitig und oberfl ächlich , es fehlt die nähere Bestimmung selbst . 13 auch beschränkt … Gewohnheit .] ErWl : selbst nur [ein Aeußerliches] Wl : eine äußerliche] , ein Beschränktseyn des Selbsts welches allgemein ist in sich . diese Einheiten sind selbst als [innerlich] Wl : innerliche] zu setzen und das ist es was wir in der Gewohnheit sahen . 14 ist wie … die] ErWl : hinsichtlich der Wirklichkeit ist nun an sich eben diese 14–16 Unterschiede und … vorkommen .] ErWl : Mannigfaltigkeiten die im Äußerlichen , Natürlichen überhaupt sind . 16 Auseinander] Wl : Außer ein ander 16–738,1 es ist … Seele] ErWl : diese Idealität ist die [Seele ,] Wl : Seele] dieser Unterschiede als unselbstständiger . diese Idealität , dieser Grund|begriff ist nun in der Wirklichkeit der Seele gesetzt , | das Für sich seyn der Seele ist [ hier] Wl : hier so]

93Wl 107Er ; § 411Wl

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In meiner Rechtsphilosophie habe ich gesagt : Das Vernünftige ist wirklich und das Wirkliche ist vernünftig . – cf Krug . Sg

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ständigen sind , diese Idealität ist in der wirklichen Seele zur Existenz gekommen , daß das , was wir als Gewohnheit gesehen haben , eine Möglichkeit geworden , herabgesetzt ist zu meinem Vermögen ; wenn ich etwas will so ists ausgeführt , indem | ich es will . Es ist das : daß es ein einfaches Sein meiner ist , wie es dem begriff nach an sich ist . – So ist also die Seele für sich seiendes Subject so daß die Leiblichkeit ein für die Seele Durchgängiges ist , eine Leiblichkeit die nur ein accidens ist so daß die für sich seiende Seele die Substanz ist . Die für sich seiende Seele , d i e i s t . diese Idealität , die sie an sich ist , hat durchdrungen die Unmittelbarkeit , die Leiblichkeit und diese bestimmung ist nun an ihr als ideell gesetzt . diese Äußerlichkeit stellt nun nicht sich vor , sondern nur die Seele und ist das Zeichen der Seele , ist die Gestalt der Seele in der die Seele sich fühlt und sich zu fühlen gibt ; die Seele ist dazu nur wirklich geworden . Wirklichkeit ist ganz etwas andres als Dasein ; das Existirende ist nicht vernünftig ; es ist in sich entzweit und stellt nicht die Idee vor , sondern etwas andres , als die Idee : die Erscheinung ist da erst auf dem Wege zu der Wahrheit , und um dazu zu gelangen , muß die Leiblichkeit der Erscheinung aufgeopfert werden . Wirklich ist aber die Seele die ihre Unmittelbarkeit sich zu eigen

1–4 gekommen , daß … ist ,] ErWl : gekommen . die Gewohnheit ist so herabgesetzt zur Möglichkeit , vorher stand es höher als selbstständige Unterschiede enthaltend , itzt ist [es] Wl : sie als] einfach gesetzt und indem ich es will auch ausgeführt . die ganze Reihe von Thätigkeiten erlangt ganz einfache [ Bestimmtheit . Es ist] Wl : Bestimmungen] kein Außereinander sondern in der Einfachheit meines Innern [ist es gesetzt so] Wl : so gesetzt ,] 5 an sich ist . –] ErWl : ist . das ist der Gang des speculativen Begriffs . So ist die wirkliche Seele als Ganzes der Gewohnheit , als eingewohnt . 5–7 die Leiblichkeit … ist .] ErWl : sie Substanz ist , der Leiblichkeit kein Seyn mehr zu kommt , sondern diese nur als Moment in ihr ist . 7 Seele , d i e i s t .] ErWl : Seele ist 8–9 die sie … nun] ErWl : welche die Leiblichkeit Unmittelbarkeit durchdrungen hat , diese Leiblichkeit ist 9 ideell] ErWl : Moment diese] Wl : Oder § 411 die Seele ist in ihrer durchgebildeten und sich zu eigen gemachten Leiblichkeit als e i n z e l n e s Subject für sich , und diese die Ä u ß e r l i c h k e i t als praedicat , in welchem , als unselbstständigen das Subject sich nur auf sich bezieht . – diese 9–11 stellt nun … gibt ;] ErWl : ist nur das Zeichen der Seele , stellt [nur die Seele vor .] Wl : so nicht sich vor , sondern nur die Seele .] 12 dazu nur … ganz] ErWl : wirklich als diese Art der Identität von Innern und Aeußern . die Leiblichkeit ist somit [nur ein] Wl : ein] Kunstwerk der Seele , welches die [Gestalt] Wl : freie Gestalt] der Seele ausmacht worin sie sich selbst [fühlte .] Wl : fühlt , und worin sie sich zu fühlen giebt .] Sie ist [wirksam , wirklich ,] Wl : wirksam wirkt ,] das ist 12–13 Dasein ; das … und ] ErWl : bloße Existenz (Was vernünftig ist ist wirklich und [umgekehrt . Schlechtes hat wohl auch] Wl : umgekehrt . cf Rechtsfi losophie nur das Vernünftige ist wirklich . Wirklichkeit ist hier unterschieden von Existenz ; Schlechtes hat] d a s e y n aber nicht Wirklichkeit , es ist nicht dieser Ausdruck , dies Gebilde der Idee , es ist nicht , das Innerliche als Substanz an ihm zu [zeigen ,] Wl : zeigen ; es] 14 als die … erst] ErWl : die NichtIdee , die Erscheinung 15–16 Wahrheit , und … werden .] ErWl : Wahrheit .) 16 Wirklich] Wl : Wirklichkeit 16–739,2 aber die … Seele] ErWl :

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18 sie] davor gestr : es 26–28 Oder § 411 … bezieht . mit Verweiszeichen und geschweifter Klammer am 40 rechten Rande 26 411] 441 29 so nicht … sondern über der Zeile mit Einfügungszeichen

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gemacht hat und das Mächtige , Wirksame darin ist : Die Äußerlichkeit , die sie hat ist eine solche , die ein Spiegel der Seele ist . Die S e e le zeigt sich in dem Wirklichen . Die Seele hat also in ihrer Äußerlichkeit ihr Selbst und nicht bloß ihr Afficirtsein . So ist sie also zu dieser Einheit der Idealität mit sich selbst gelangt ; die wirkliche Seele ist demnach : Das Selbst , das zu sich , zu Ruhe gekommen ist und darin zeigt es dann seine Unmittelbarkeit auch noch , aber als ein solches Natürliches , das nur Zeichen der Seele ist . Der menschliche Ausdruck der Seele ist es . die Seele ist hier das totale Individuum dem wir es aber gleich ansehn , daß es ein Mensch . Wodurch der Mensch vom Thier sich unterscheidet , das hat man lange ergrübelt ; aber der Unterschied ist in dem anatomischen Sinn gar nicht bedeutend ; man hat sich viel damit gequält : und hat unter anderm gefunden : Der Mensch hat ein Ohrläppchen , kein Thier hat ein Ohrläppchen ! ! – Aber man sieht daß das nicht ein wesentliches sein kann , und daß es nicht mit dem Innren mit dem Wahrhaften zusammenhängt . Auch hat man gefunden : nur die Thiere haben os intermaxillare den Knochen der oberen Lippe : Göthe der nach seinem Großen Sinn die Naturgegenstände scharf faßt , hat dies untersucht und gefunden daß der Mensch allerdings auch diesen Knochen habe ; auf einem Kirchhof in Venedig hat er solche Schädel ge funden . Aber das

20 also , wie gesagt , die für sich seyende Seele , die ihre Leiblichkeit idealisirt hat , das Mächtige darin ist ,

nur solche Aeu|ßerlich keit hat welche der Spiegel ihrer Innerlichkeit 2 zeigt sich … Wirklichen .] 3 also in ihrer] ErWl : so in der 3–4 Afficirtsein . So … dieser] ErWl : Afficirtseyn sondern sie ist bei sich selbst ; zur 4–5 die wirkliche … Das] ErWl : Es ist also die Idealität der Seele , was sie ihrem Begriff nach ist , diese Idealität ist bei sich selbst . So ist denn die wirkliche Seele dieses 5 sich , zu … darin] ErWl : sich gekommen ist , zur [ Ruhe . In dieser] Wl : Ruhe ; so] 6–8 es dann … Wodurch] ErWl : sich [die Unmittelbarkeit] Wl : auch seine Unmittelbarkeit in der Ruhe ,] als ein Natürliches [es] Wl : dieß] ist aber nur Ausdruck der Seele . / die wirkliche Seele ist also das bei sich festgewordne Individuum , der fertige Genius , der daseyn hat äußerlich , schlechthin präsent ist , wo dies aber nur Ausdruck der Seele ist . Es ist die Seele in dieser ruhigen Gestalt , welche in dieser Aeußerlichkeit nur sich zeigt , sie hat menschlichen Ausdruck , patho- und physiognomischen Ausdruck , – der Mensch als totales Individuum aber so daß man ihm das Menschseyn ansieht . dadurch unterscheidet sich 9–740,4 Thier sich … das ,] ErWl : Thier . Man hat sich sonst viel Mühe gegeben diesen Unterschied zu bestimmen . So [ hat man anatomisch dies] Wl : anatomisch hat man] viel versucht aber der menschliche Organism [unterscheidet sich] Wl : ist] nicht wesentlich [vom thierischen (– »der Mensch hat Ohrläppchen«) .] Wl : von dem des Thieres unterschieden (z . B . der Mensch unterscheidet sich vom | Thier durchs Ohrläppchen p«) .] Man hat da gleich die dunkle Vorstellung daß die wesentliche Bestimmtheit [nicht angegeben sei .] Wl : hier nicht angegeben ist . –] Man hat auch gesagt [das Thier habe das os intermaxillare . Göthe fand es auch bei Menschen .] Wl : »Nur die Thiere haben das os intermaxillare (Knochen in Oberlippe) . – Göthe nach seinem großen Sinn , ist nicht bei Nebeleien p stehen geblieben ; hat diesen Umstand untersucht , parallelisirt und gefunden , daß diese Knochen auch beim Menschen vorhanden sind) . dieß fand er namentlich auf dem Kirchhof in Genf .] das Wahre daran ist daß allerdings beim Menschen die Freßorgane [mehr zurücktreten .] Wl : überhaupt zurücktreten , wie früher schon gesagt . –] diese anatomischen Unterschiede sind nicht schlagend , was das Menschliche ausmacht , ist

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20 ErWl : ist das darin wirken könnende .

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gehört zum Wesentlichen des Menschen , daß der Mund des Menschen zurücktritt , worin sich beim Thier sein Character so genau ausspricht : das ist der Grund , warum dieser Knochen zurücktritt . der Mund ist beim Thier ganz etwas andres als beim Menschen . Aber diese Unterschiede wollen nichts sagen : das Wahrhafte ist das , was die Seele in | den Körper hineinlegt : die aufrechte Stellung sein Verhältniß seine Richtung im Raum ist , was sich der Mensch selbst gibt ; er stellt sich selbst auf seine Hinterbeine ; er will stehen , dies ist seine absolute Stellung im Raum ; so seine Hand ist nur menschlich | und ein vielfach bewegliches und bildendes , ein Werkzeug zu allem , was der Mensch bildet . Von dieser seiner absoluten Gebärde des Menschen sind seine übrigen Ausdrücke in der bewegung (Gebärden) verschieden ; der physiognomische Ausdruck ist der Ausdruck der Ruhe . Die G e b ä r d e ist verschieden von der Verleiblichung der Empfindungen ; sie sollen Zeichen sein ; da ist das leibliche nur als Zeichen . Doch die zornige Miene ist keine Gebärde ; es ist für andre wohl ein Zeichen , woran sie den Zorn sehen ; aber es ist für mich kein Zeichen , über das ich mächtig bin ; es ist von mir nicht als Zeichen gesetzt – sondern ein psychologischer Ausdruck . die Gebärden sind ganz symbolisch ; sie zeigen eine Handlung an , die aber noch nicht vollbracht ist ; sondern die Seele gibt nur an welche Handlung sie im begriff sei zu thun . das Thier geht gleich in die Handlung über . Der Mensch aber hemmt das wirkliche Hinausgehn der Handlung und gibt nur ein Zeichen . Das Symbolische besteht dann in der Ähnlichkeit mit der Handlung z . b . Drohung ; das ist der Anfang von einem wirklichen Angriff ; die Positur , das Zeichen desselben aber noch nicht der Angriff selbst . Viele dergleichen Gebärden , die uns ganz geläu-

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5 hineinlegt :] ErWl : legt , z . b . sein Verhältniß] ErWl : ist die erste absolute Gebährde des Menschen , 6–16 er stellt … ganz] ErWl : es ist die Sache seines Willens . dies stehn wollen wird dann Gewohnheit , beruht aber immer auf dem [ Wollen , zu stehn .] Wl : Wollen .] / die menschliche Hand dann , das absolute Werkzeug ist ganz etwas andres als die thierische Pfote , ist das woran man wesentlich das Menschliche erkennt , die menschliche Thätigkeit offenbart sich in ihr leiblich . die Gebährden können vom ruhenden Ausdruck unterschieden werden , sie sind der Ausdruck in der Bewegung , durch [sie] Wl : die Gebärde] drückt die Seele irgend eine Affection , Reflexion pp aus . die Gebährde ist verschieden von der Verleiblichung der Empfi ndung . Sie soll ein Zeichen [seyn das Leibliche ist hier nur ein Zeichen ;] Wl : seyn ,] ich selbst stelle mich [darin vor . der] Wl : in diesem Leiblichen , das hier ein Zeichen ist , vor . Die Gebärde des Zorns ist nur ein Zeichen ;] Ausdruck des Zornes [z . b . ist nur] Wl : ist eine] unmittelbare anthropologische Verleiblichung , die Gebährde als solche ist etwas andres . Sie [sind] Wl : ist] 16 sie zeigen] Wl : zeigt 17 sondern die] Wl : die 17–18 welche Handlung … thun .] ErWl : was sie für eine Handlung begehen will ; es ist die gehemmte Handlung . 18 gleich] ErWl : unmittelbar 18–20 Der Mensch … der 1] ErWl : die Symbolik der [Gebehrden] Wl : Gebärde] besteht in einer 20–22 z . b . Drohung ; … selbst .] ErWl : [– drohende] Wl : Stellung die ein Beginnen der wirklichen Handlung anzeigt , – drohende] Stellung pp – 22–741,1 Gebärden , die … gar] ErWl : Gebehrden sind zum Theil

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7 so] Lesart unsicher

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fig sind , sind oft gar nicht besonders gut zu fassen ; z . b . wenn man bejaht und verneint so nickt oder schüttelt man mit dem Kopf das erste ist ein Unterwerfen unter die Meinung des andren ; das Schütteln ist , daß man der Meinung des andren nicht Stand hält , sondern ihr aus dem Wege geht . Das Lachen ist auch solch eine Gebärde . Nase aufwerfen und rümpfen , von oben hinabsehn ; ein langes Gesicht machen , wenn einem etwas abgeschlagen , eine Hoffnung getäuscht das Gesicht geht auseinander ; man ist ausgelassen ; die Hände über dem Kopf zusammen schlagen ein Zeichen davon , daß das über einen hinaus geht ; das Handeinschlagen bei Verträgen das geschieht beim Handeln , aber das Drücken und mit dem Daumen unterfassen das ist erst der Vertrag selbst , die Einigung . Weniger gebildete Menschen haben ein lebhaftes Gebärdenspiel ; auch manche Nationen mehr als andre . | Der gebildete Mensch unterwirft sich aber diese Gebärden und ist ruhiger darin und der Ausdruck zieht sich mehr in das Gesicht und in die Stellung zurück . Das absolute Zeichen der gebildeten ist die Sprache . Bei den alten hatten sie Masken auf der bühne , da ging das Mienenspiel verloren ; aber die Rede ist eben das Geistigste die abstracteste Weise der Äußerlichkeit ; und in dieser ist die größte Fähigkeit , daß das Innre sich bestimmt ausdrückt . Der ruhige Ausdruck ist dann in der Physiognomie und in der Stellung . In dem Gesicht ist der Sitz der Sinne und der Sprechwerkzeuge Auge Mund . Durch den Mund wird der untre Theil des Gesichts beherrscht ; bei den Alten ist der untre Theil durch den Bart bedeckt ; bei uns sieht man da das Verarbeiten des Geistes , das beginnen der Sprache , das Drängen beim Lachen und Weinen . Das

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1 besonders gut] ErWl : so leicht 1–4 z . b . wenn … geht .] ErWl : wir verstehen sie aber unmittelbar z . b . Bejahen und Verneinen [mit dem Kopf] Wl : des Kopfes] . 4–7 auch solch … ausgelassen ;] ErWl : [ein Menschliches] Wl : dieß Menschliche ,] das sich vielfach modificirt . – [das] Wl : spöttisch , freundlich . – Nasenrümpfen , – langes Gesicht machen , Kopf aufwerfen . – Das] »lange Gesicht« geht auseinander es ist vorbei damit . 7–11 dem Kopf … andre .] Wl : den Kopf geschlagen : – »das geht über mich hinaus !« – Finger auf dem Mund = Stillschweigen . – Handschlag (denn druck unter ist dabei wesentlich) . Größte Mannigfaltigkeit der Gebärden . – Ihr Zusammenhang mit dem , was sie bedeuten , ist nicht immer leicht zu sagen ; besonders bei der Nase , wo feinere Organe sind und herrschen . – Weniger Gebärden und größere Bildung hängen zusammen . Italiener machen viel Faxen . Auf Gesicht und Stellung beziehen sich besonders die Gebärden . | 8–11 das Handeinschlagen … andre .] Er : Handschlag pp Es ist da eine große Mannigfaltigkeit und | ihr Zusammenhang mit dem was sie bedeuten ist nicht immer leicht zu sagen , besonders , wo feinere Organe herrschen . / Weniger Gebehrden und mehr Bildung hängen zusammen . die Italiener haben viele Faxen . Auf Gesicht und Stellung beziehn sich die Gebehrden besonders . 12–14 unterwirft sich … ist] ErWl : hat zu seiner absoluten Gebehrde 14–17 Bei den … ausdrückt .] ErWl : die Alten hatten [auf dem] Wl : für das] Theater Masken . Bei uns legt man viel [auf] Wl : in] das sogenannte Minenspiel 17–20 ist dann … bedeckt ;] ErWl : in Gesicht und Stellung ist gebildet . Auge und Mund , besonders der Mund ist Sitz der Gebehrde des Gesichts . Er beherrscht die untere Gesichtshälfte . die Orientalen bedecken sie mit dem Bart , 20–742,11 da das … Verfassung .] ErWl : ihr die vielfache Ausarbeitung und Muskelbildung an . der Geist der sich viel treibt hat auch eine ausgearbeitetere untre Gesichtshälfte .

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untergeordnete ist nun die Stellung an dem übrigen Körper ; nackt sollen die Figuren nicht sein denn für den geistigen Ausdruck gehört das Nackte nicht , nackt ist nur das Gesicht ; die Stellung ist das , was in den übrigen Gliedmaßen der Ausdruck des Geistigen ist und wird auch sichtbar d u rc h das Gewand hindurch ; nur das Gesicht ist nackt , weil hier der Ausdruck des Geistigsten ist : hier wohnen die edelsten Sinne und die Sprache – alles übrige am Körper ist mehr thierisch als menschlich kann man sagen ; es ist nirgends so das reine Gepräge des Geists sichtbar ; darum verhüllen wir mit Recht die schwächsten Theile des Leibes , um nicht zu sehr an das Thierische erinnert zu werden – der übrige Leib kann sein Geistiges nur verrathen durch d ie S t e l lu n g . | In der Physiognomie spricht sich stumm das innere Reden aus ; man erkennt daran die innre Verfassung . Jeder Mensch hat von Natur einen gewissen physiognomischen Instinct , worauf er sein Ur theil über einen Menschen fällt , es kommt dies unmittelbar aus der Individualität , wie sich ein anderer gerade äußerlich zeigt . Dies Ur theil kann mehr oder weniger richtig sein ; nicht als ob die Unrichtigkeit an dem physiognomischen blick läge , sondern in dem beur theilungsver mögen überhaupt . Schon wenn man das äußerliche Wesen und Rahmen eines Menschen beur theilt , so können da die größten Differenzen Statt finden ; die Anforderungen der Moral sind schon sehr verschieden – noch particulärer aber ist das , wie mir ein Mensch gerade zusagt . Menschen die ganz gleich sind in bezug auf ihre Rechtlichkeit , machen doch einen ganz verschiedenen Eindruck in bezug auf genaure Freundschaft etc . Die Unrichtigkeit liegt meist in der beurthei lungsweise eines Menschen ; nicht gerade in dem physiognomischen Ur theil . Die Physiognomik betrachtet den ruhigen Ausdruck des Inneren auf dem Gesicht und im Geberdenspiel . Lavater hat sie zur Wissenschaft erhoben und 4 bände voll geschrieben und feste bestimmungen zu fassen gesucht . Aber es lassen sich solche nicht geben . bewußtlos läßt sich jeder leiten durch die Gestalt eines Menschen und fällt hiernach

Man rühmt die Statuen der Alten weil sie nackt waren , aber nur der zehnte Theil derselben w a r nackt , die Schaam haftig keit bedeckte bei ihnen dies Nackte weil es [nicht] Wl : kein] Ausdruck des Geistes [war] Wl : ist] , deswegen bedeckt es der Mensch [und] Wl : mit Recht , und] schämt sich des rein Animalischen auf eine schöne Weise . die Stellung geht eben so wenig wie der geistige Ausdruck bei der Kleidung verloren , im Gegentheil [gewinnen beide dabei sehr .] Wl : gewinnt dadurch die Stellung wie der geistige Ausdruck sehr viel . –] 12 einen gewissen] ErWl : oder durch Bildung einen 12–14 worauf er … Ur theil] ErWl : und fällt danach sein Ur theil . dies 14–22 nicht als … Ur theil .] ErWl : und die Unrichtigkeit kann fallen in das Beurthei lungsver mögen oder in das | Physiognomische als solches . die Pathognomik bezieht sich mehr auf den Ausdruck in der Bewegung der Leidenschaft , 23–24 des Inneren … Geberdenspiel .] ErWl : sofern er sich besonders bezieht aufs Intellectuelle . 24 sie zur … geschrieben] ErWl : dies besonders in Anregung gebracht 25–26 Aber es … bewußtlos] ErWl : Bewußt oder bewußtlos 7–10 Geists sichtbar ; … S t e l l u n g .] am linken Rande

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ein Ur theil , wodurch es immer nur subjectiv sein kann , da hier die Particularität besonders hervortritt . Man kann es einem Menschen ansehen , ob Leidenschaften in ihm gewühlt haben , aber auf dieses allgemeine beschränkt sich auch die Richtigkeit des Ur theils . Sonst kann man einem Menschen auch seinen Stand wohl ansehen , besonders solche Stände , die den Geist nicht so durcharbeiten wo eine ruhige Lebensart stetig ist . Man sagt , wenn der Mensch todt kehrt er wieder zur Physiognomie des Kindes zurück . Das enthält die bestätigung dafür : daß die Physiognomie begeistigt ist von der inneren bethätigung des Characters , so fern er sich durchs Leben formirt und gebildet hat . Aber das alles sind unsichre beurthei lungen , die man mit der Physiognomie vornimmt ; wodurch sich der Mensch zu erkennen gibt , das sind seine Handlungen , er ist nicht inwendig ein andrer , als seine Thaten . Was seine Thaten sind , das ist er wirklich (Ein Diplomatiker hat gesagt : Gott habe dem Menschen die Sprache gegeben , damit sie ihre Absichten verbergen könnten ; so unsicher ist das Wort , so sehr ists im Credit gefallen .) Die Physiognomie gehört überhaupt zu der Leiblichkeit , zum äußerlichen des Menschen und der Geist ist wesentlich für sich sowohl in seiner Leiblichkeit , als auch gegen seine Leiblichkeit . Der Character kann ganz verschieden sein von dem , was das Äußere verspricht . Innres und Äußres entsprechen sich , das ist wahr , aber oberflächlich , das mehr äußre des Characters sind seine Handlungen . Der Geist ist also in diesen seinen Zeichen

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… hervortritt .] ErWl : sein erstes Ur theil , das der Particularität angehört . 2 es einem Menschen] ErWl : einer Physiognomie 2–3 ob Leidenschaften … ihm] ErWl : daß alle Leidenschaften in einem solchen Menschen 3–6 auf dieses … ist .] ErWl : die Richtigkeit beschränkt sich aufs Allgemeine , ob Eines Geist gearbeitet hat , ob seine Neigungen lebendig waren oder träge . 6 wenn der … wieder] ErWl : [die] Wl : »die] Menschen kehrten im Tode 7 zurück . Das … daß] ErWl : [zurück] Wl : zurück« –] das heißt : 7–8 begeistigt ist … inneren] ErWl : des Menschen ist begeistet dirigirt von der inwohnenden 8–10 durchs Leben … vornimmt ;] ErWl : für das Leben bestimmt oder formirt hat . 10 zu erkennen gibt ,] ErWl : kenntlich macht , 11–14 er ist … gefallen .)] ErWl : was der Mensch ist , zeigt die Reihe seiner Thaten , das i s t er : da ist nicht etwas Andres in ihm als seine Thaten , was er ist , zeigt er d a d u r c h . 15 überhaupt zu … und ] ErWl : zum Aeußerlichen überhaupt , zum Leiblichen , das Menschliche , 16–19 sowohl in … sind] ErWl : i n seinem Leiblichen aber eben so auch gegen sein Leibliches . »Das Innre und Äußere entspricht sich« ist auch ein a b s t r a c t e r Satz . das Innere ist der Character , sein Aeußeres ist nicht [seine] Wl : die] Gestalt sondern 19–746,4 Der Geist … hier] ErWl : Hier ist der Schluß der Anthropologie , bei der Gestalt . die Totalität ist daß die Seele zu ihrer Unmittelbarkeit , Leiblichkeit sich verhält , daß sie empfi ndend ist , die Bestimmtheit hat ihrer Unmittelbarkeit , | in dieser als empfi ndend bei sich | ist , daß sie aber diese Empfi ndung so ideell gemacht hat daß sie die einfache sich darin zum Unmittelbaren als einem ideell gesetzten , aufgehobnen , negirten – nur zu sich selbst verhält . die Anthropologie betrachtet die S e e l e , den Geist in seiner Unmittelbarkeit und die Bewegung des Geistes , dessen Ziel ist , – (die Seele ist a n s i c h der Begriff , das Allgemeine einfach sich auf sich beziehnde) – daß dies Einfache sich in den Affectionen zum Unmittelbaren so verhält , daß sie selbst

20 1–2 ein Ur theil ,

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19–744,6 Der Geist … sollte . am rechten Rande

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schlechthin endlicher und einzelner ; es ist zwar s e i ne Existenz , aber sie ist zugleich in ihrer physiognomischen und pathognomischen bestimmtheit Zu f ä l l i g e s für ihn , und die Physiognomie , vollends aber die Kranioskopie (Schädelbestimmung) zu W i s s e n s c h a f t e n erheben zu wollen , ist einer der leersten Einfälle , die es geben konnte , noch leerer als eine signatura rerum , wenn aus der Gestalt der Pflanzen ihre Heilkraft erkannt werden sollte .

§ 412Wl

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verwandelt sind in das Einfache , daß die Seele sich zu den Affectionen als zu einer Vereinfachung , nicht mehr unmittelbaren sondern aufgehobnen verhält . / die Anthropologie betrachtet die unmittelbare , natürliche Bestimmtheit , Leiblichkeit (nach der Erscheinung gesprochen) Wir haben es aber nicht mit dem Leiblichen als Materiellen zu thun gehabt , dieses hat in der Sphäre des Geistes seine Wahrheit verloren . Wir hatten es zu thun mit einfachen Bestimmtheiten der Seele , einfachen unmittelbaren die aber nicht materiell sind . Erst in der Gestalt kommen wir auf etwas das daseyn hat für Andres , für Aeußerliches , und damit selbst [Aeußerliches .] Wl : äußerlich ist .] die Seele ist im Unmittelbaren so daß sie sich darin z e i g t , das gibt die Bestimmtheit daß sie sich hier äußert und dieses Aeußerliche ist als ein an ihm selbst Aeußerliches zu fassen , das in die Bestimmtheit der Materialität überhaupt fällt . die Totalität als Gestalt ist diese Einfachheit mit sich selbst in der Unmittelbarkeit , daß diese als aufgehoben ist , nicht sich selbst vorstellt sondern ein Zeichen ist . die Seele ist gleichgültig gegen diese Unmittelbarkeit , weil sie idealisirt ist . das Moment der Unmittelbarkeit verschwindet nicht , ist aber als gleich|gültig gesetzt . dadurch daß die Seele gleichgültig dagegen [gesetzt ist ,] Wl : ist ,] ist es gesetzt selbst als äußerliches daseyn . In der Gestalt hat die Seele äußerliches daseyn , ist es die Seele , die erscheint , so daß sie gleichgültig dagegen ist . Um der Gleichgültigkeit willen ist die Seele äußerliches daseyn . – der unfreie Mensch hat und macht andere zu Knechten , der in sich freie Mensch läßt die Andern frei . die Seele die in sich frei ist , läßt auch das Unmittelbare frei als äußerlich . die Seele ist gleichgültig , (sich auf sich beziehend) , sich beziehend auf ein Andres , daß aber dies ideell gesetzt ist , s i e gesetzt ist als sich darin auf sich beziehend . der Punkt des Uebergangs ist die ein fache Bestimmung , daß die Seele sich auf sich bezieht durch die Negation ihrer Unmittelbarkeit an ihr , daß sie so nicht bloß ein Seyn ist , eine affi rmative Beziehung , sondern sie ist Beziehung auf sich durch die Negation , Idealität des Unmittelbaren . Sie ist also negative Beziehung auf sich selbst (sie ist unendlich) , sich auf sich beziehende einfache Negativität ; dadurch daß die Seele diese negative Beziehung auf sich ist , ist sie ausschließend . das Aeußerliche gegen das sie gleichgültig ist , ist eben damit ein Solches , gegen das sie sich nicht bloß gleichgültig verhält , sondern das von ihr aus geschlossen , ihr gegenüber gestellt wird . das Aeußerliche kommt auch vor als idealisirt . die Seele ist das [ Für sich seyn des Allgemeinen ,] Wl : Fürsichseyn , das Allgemeine ,] das Allgemeine was für das Allgemeine ist , die andre Bestimmung des Unmittelbaren ist daß es als äußerlich gesetzt ist . Sofern sie durch Aufhebung des Unmittelbaren sich frei gemacht hat , läßt sie die Unmittelbarkeit | frei aus sich , aber als unendliche Negativität so daß sie das Unmittelbare a u s s c h l i e ß t , nicht bloß gleichgültig dagegen ist . Sie ist als Subject der Begriff der für sich ist , der zum daseyn sich selbst hat ; was für ihn ist darin hat der Begriff sein daseyn ; dies Allgemeine das für das Allgemeine ist , ist – Ic h , dieses schließt das Aeußerliche aus sich aus und dieses ausgeschloßne Aeußerliche in seiner Totalität ist die We l t , die Totalität der natürlichen Seele . die natürliche Seele an sich – das Universum . die natürliche Seele als Aeußerliches vorgestellt , ist die Natur , die Welt . Hier ist 8 verhält .] folgt bei Wl gestr : dß s selbst vrwandelt sid i das Efache 18 Unmittelbarkeit ,] folgt bei Wl gestr : dß dise ls aufgehoben ist , nicht sich selbst vorstellt , sond e Zeichen ist . 20 daseyn ,] folgt bei Wl gestr : in der Gestalt ha

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Von hier machen wir nun den Übergang zum bewußtsein . Wir haben die Seele in 3 Abstufungen kennen gelernt als n a t ü r l i c h e , t r ä u m e n d e und w i r k l i c h e S e e le , d . h . z u e r s t als allgemeines , sich besonderndes Naturleben , dessen natürliche Veränderungen wir in dem Verlauf der Lebensalter verfolgt haben , und das sich dann auch als Empfindung als dumpfes Weben des Geistes in seiner bewußt und verstandlosen Individualität offenbarte . 2 . D i e Tr ä u m e n d e S e e l e d . h . das Individuum als die einfache Individualität , die als Totalität zunächst zwar ein monadisches Individuum ist , aber als unmittelbar noch nicht als Es selbst , nicht in sich reflectirt , und darum p a s s i v noch zusammenhängend mit seinem Genius , und dann diese passive Totalität als Form , Zustand in der das Individuum sich zu seinem Selbstischen (das ein andres , und eben sein Genius ist) zu dem concreteren Inhalt seiner selbst , so zu sagen seiner als Genius bewußt ist – animalischer Magnetismus etc ; weiter ist sie S e l bst g e f ü h l , wo sie sich in sich selbst unterscheidet und zum Ur theil in sich erwacht (die Krankheit in diesem Zustand ist Verrücktheit) und endlich ist sie G e woh n h e it das Selbst als allgemeine durchdringende Seele in ihrem Empfi nden und in ihrem Leibe für sich , Subject in demselben als dem Prädikat . 3 . w i r k l i c h e S e ele . Die Seele ist nämlich in ihrer durchgebildeten und sich zu eigen gemachten Leiblichkeit als einzelnes Subject | für sich , und diese die Äu ße r l ich k e it als Prädikat , in welchem als unselbstständigem das Subject sich nur auf sich bezieht . Diese Äußerlichkeit stellt so nicht sich vor , sondern die Seele und ist deren Z e i ch e n . Die Seele ist als diese Identität des Inneren und Äußren w i r k l i c h , und hat an ihrer Leiblichkeit ihre freie Gestalt in der sie sich fühlt und zu fühlen gibt , und damit m e n s ch l i c h e n p a t ho g nom i s ch e n und phy s io g nom i s ch e n Au s d r u c k hat . – Als solche haben wir die Seele bereits kennen gelernt . Nun hat aber die Materie keine Wahrheit im Geiste als der allgemeinen Seele ; die Leiblichkeit , welche zwar seiner Individualität angehört , aber dieselbe zunächst in der Form der Unmittelbarkeit ist , kann ebenso seinem Einbilden in sie keinen Widerstand leisten . Durch die Einbildung des Seins in sich hat der Geist , da er es sich entgegensetzt , es aufgehoben und als das Seinige bestimmt hat , die bedeutung der S e e le , s e i ne Un m it t e l b a r ke it verloren . Die wirkliche Seele , in der Gewohnheit des Empfindens und ihres concreten Selbstgefühls ist gesetzt als die für sich seiende Id e a l it ä t ihrer bestimmtheiten , in ihrer Äußerlichkeit e r i n ne r t in sich und unendliche beziehung auf sich . Dies für sich sein ihrer freien Allgemeinheit ist das höhere Erwachen des noch an sich seienden Geistes zum Ich , welches so D e n ke nd e s und Subje c t für sich und zwar bestimmt seines Urtheilens ist , in welchem es die Totalität seiner bestimmungen als ein Object , eine i h m äu ßr e Welt von sich ausschließt , sich darauf bezieht , aber so daß es in derselben unmittelbar in sich reflectirt ist – D a s b e w u ßt s e i n .

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II Phänomenologie des Geistes . D a s b e w u ßt s e i n .

Es ist also hier das Erwachen der Seele zum bewußtsein . Wir kommen zum Ich . (die Stufenfolge ist : S e ele , Ich , G e i s t . ) Ich ist nur erst der abstracte Geist und zu diesem Ich ist die Seele nun gekommen , und das heißen wir b e w u ßt s e i n . Die Seele empfindet nur ; im bewußtsein geht erst die Freiheit an ; da ist : Ich und eine Welt die von mir ausgeschlossen ist , die mir gegenüber steht – ich finde die Welt vorhanden , vor mir . Das gehört der Erscheinung an . Den Begriff aber oder den Schöpfungsact haben wir exponirt . Es ist das Zurückziehen der Seele in ihre Einfachheit durch die Stufen des Aufhebens der Unmittelbarkeit die wir gesehen haben . dieser Gang ist aber zugleich einseitig das Ich scheint hier aus der natürlichen Seele hervorzugehn und ist doch und Wahrheit erst von dieser . Aber das Resultat ist dies : daß die Existenz des Geistes als Seele seine unwahre Existenz ist , die dann sich selbst aufhebt ; ihre nächste Wahrheit ist nun das Ich ; die höhere Thätigkeit ist dann , daß der Geist es ist , der sich entschließt einer Seits zum Ich , andrerseits zur N a t u r dieser Übergang von der Nothwendigkeit zur Freiheit ist eben der aufgezeigte , daß die Natürlichkeit zur Freiheit als ihrer Wahrheit gekommen ist .

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4–6 Wir kommen … b e w u ß t s e i n .] ErWl : Hier geben wir den Namen Seele auf und haben es zwar noch nicht mit dem Geist zu thun sondern dem Ich , dem abstracten Geist . Seele – Ich – Geist . 7 empfindet nur ; … die] ErWl : haben auch die Thiere , kein Bewußtseyn , mit diesem geht die existirende 8–10 von mir … exponirt .] ErWl : drüben gegen mich steht , von der ich zunächst sage , ich fi nde sie vor mir – der Schöpfungsact nach dieser Seite . der Begriff ist das was explicirt worden . 10 Zurückziehen] ErWl : Zurückgehn 11 Stufen] ErWl : Stufe 11–13 die wir … Aber] ErWl : wie wir sahen . Wir wissen daß unser Gang einseitig ist . Ich geht aus der natürlichen Seele hervor , Ich ist die Wahrheit der natürlichen Seele , 14 dies : daß … seine] ErWl : immer dies daß e s das Wahre ist . die natürliche Seele ist eine 14–16 ist , die … dann ,] ErWl : die sich aufhebt um zu ihrer Wahrheit zu kommen . das Höhere ist 17 N a t u r dieser] ErWl : Natur . / | F ä n o m e n o l o g i e d e s G e i s t e s / Der 17–18 ist eben … Natürlichkeit] ErWl : hat diesen Sinn , das das Natürliche 18–747,2 ihrer Wahrheit … das] ErWl : seiner Wahrheit reducirt worden ist . Beim Bewußtseyn haben wir nicht die nothwendige Idee zu betrachten sondern was wir zunächst vom Bewußtseyn wissen . Beim Bewußtseyn haben wir zuerst :

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9–19 Den Begriff … ist . mit Verweiszeichen am linken Rande ; teilweise mit Längsstrich vom Haupttext abgetrennt 35

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Wir haben nun das bewußtsein zu betrachten , wie wir es finden , nicht nach der ewigen Idee . Wir haben in unsrem gewöhnlichen bewußtsein auch das Ich ; w a s s t e l l e n w i r u n s d a r u n t e r vor ? Das muß mit dem übereinstimmen , was dem Begriff nach sich bestimmt hat ; d . h . jene bestimmung ist reine nothwendige ; Es fragt sich , ob jener bestimmung wirklich das Ich zukommt . Wir wollen nun den Inhalt unsrer gewöhnlichen Vorstellung vom Ich mit unseren wenigen Ergebnissen aus dem begriff vergleichen . | Ich ist das vollkommen leere , einfache , das ganz bestimmungslose ; erst wenn ich sage : ich will , ich gehe etc , so ist damit erst der Inhalt gegeben . Das Ich ist das Allgemeine ; das Allgemeine ist aber das abstracte sich selbst gleiche . (nicht eine Einheit von vielem) Ich bin also das Allgemeine , aber auch zugleich S e l b s t b e w u ßt s e i n ; ich habe m ich zum Gegenstand , wenn ich ich habe , ohne etwas von mir Unterschiedenes ; ich weiß , und was ich weiß bin ich ; ich verhält sich zu seinem Ich (zu sich) es verhält sich zu sich selbst ; das allgemeine bezieht sich auf das allgemeine ; es ist nicht unterschieden und doch ; es ist ein Unterschied zwischen ihnen der keiner ist . Dies fi nden wir in unsrer Vorstellung ; diese bringt also dasselbe Resultat , als der Gang unsrer betrachtung . Im Ich ist e i n e u n t e r s ch ie d e n e b e s t i m mu n g ; nämlich die : Ich bin das vollkommen a l l g e m e i n e , aber auch zugleich dieses Ich mit ausschluß alles andren , ich und nur ich dieser , dieser spröde Punkt mit ausschließung aller Übrigen außer Ich , absolute E i n z e l he it . diese beiden Unterschiedenen A l l g e m e i n h e i t und E i n z e l h e i t finden sich in 4 d . h . jene … Es] ErWl : Es ist das eine nothwendige Bestimmung und es 5–7 jener bestimmung … vergleichen .] ErWl : dieser Stufe mit Recht der Name Ich beigelegt [wird] Wl : wird ? –] / 8 vollkommen leere , einfache ,] ErWl : Allgemeine , Einfache , was unter scheidet und eben so den Unterschied aufhebt und nur das Allgemeine Einfache selbst hat zum Gegenstand . Ich ist das ganz reine und leere , vollkommen einfache sich selbst gleiche , 8–11 erst wenn … also] ErWl : (Allgemeinheit ist nicht die Gemeinschaftlichkeit von Vielen denn das ist nur die Reflexionsallgemeinheit , sondern diese abstracte sich selbst gleichheit) Ich bin 11–12 auch zugleich … habe] ErWl : wenn ich sage Ich , da habe ich 12–14 wenn ich … sich 3] ErWl : da bin ich diese Bewegung in mir selbst , das Für sich seyn , ich verhalte mich zu mir 14–16 bezieht sich … ihnen] ErWl : zum Allgemeinen , es ist diese vollkommne Unterschiedslosigkeit , und doch ein Unterschied , ein Unterschied 16–17 ist . Dies … ist] ErWl : ist , der aufgehobne Unterschied . So haben wir die Bestimmung zu der wir kamen mit Recht Ich genannt . Ich , und | wozu ich mich verhalte ist auch Ich . Näher ist aber 18 b e s t i m m u n g ; nämlich … bin] ErWl : Bestimmung im Ich gesetzt , diese : daß Ich 18–748,6 a l l g e m e i n e , aber … begriff ,] ErWl : Allgemeine bin und zugleich wenn ich sage Ich , so meine ich schlechthin nur d i e s e n mit Ausschließung aller andern . Ich ist das Allgemeine in der unendlichen Einzelheit . Ich ist das Einfache , aber zugleich bin Ich das absolut Einzelne . das ist der Unterschied in ihm . Im Verstand haben wir , daß Allgemeinheit und Einzelheit sich opponirt sind , aber Ich ist das absolute Beispiel , daß diese beiden als identisch gesetzt sind in Einer Bestimmung vereint . das Unendliche ist das Allgemeine . Ich ist das Unendliche und zugleich dies punctuelle Endliche , die 21 finden] fidt

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dem Verstand als entgegengesetzt ; in der Vernunft im Begriff aber sind beide in sich vereinigt , in dem Ich ist beides : Une n d l i c h k e it und E n d l i c h k e i t diese beiden bestimmungen bin ich ; es ist eine einfache Einheit ; es ist ein Unterscheiden und das höchste abstracte Unterscheiden das es gibt ; es ist aber ausgelöscht und in eine Einheit gebracht . In dem begriff , daß das Einfache , die Seele sich zur Unmittelbarkeit verhält haben wir gesehn wird sie ein Selbst mit Aufhebung der Unmittelbarkeit ; sind auch diese beiden bestimmungen : Allgemeinheit und Einzelheit enthalten . das Verhältniß der Einfachheit ist entstanden : daß es das Einfache nur geworden ist durch die Negation der Unmittelbarkeit und der Unterschiede die sich daran ergeben . Das Unmittelbare ist nämlich ein andres als die Seele nach ihrem Grundbegriff als einfache Einheit in dem alles aufgelöst ist . (Natur) es ist also nicht mehr , daß die Seele an sich unmittelbar ist ; das ist ihre Wahrheit nicht . Wie sie an sich ist das ist die Wahrheit ; Seele und unmittelbar ist ein ungeheurer Widerspruch ; sie hebt die Negation auf , sie negirt die Negation ; das ist die absolute Negation oder die Einzelheit als Subject . das Verhältniß | des einfachen zum einfachen durch das Verhältniß des Allgemeinen zum allgemeinen enthält also ebenso die Negativität in sich (wie das Ich ? ) es enthält den Widerspruch ; den hat jeder speculative begriff in sich ; aber er ist auch die Aufhebung des Widerspruchs , das ist die entwickelte Negation ; Ich ist der Widerspruch . Alles ist der Widerspruch ; aber der Widerspruch wird aufgelöst . Ich bin das Einfache , das allgemeine und doch ich dieser ; und doch bin I c h wieder die Auflösung des Widerspruchs . | Wäre ich nicht Widerspruch , so wäre Unterschiede sind ausgelöscht , so sehr es die höchsten sind . diese Rückkehr zu sich , 6–9 Einfache , die … ist 2 ] ErWl : Einfache sich zum Einfachen verhält ist nun so zu Stande gekommen . das Resultat ist , dieses zu enthalten daß es das Einfache geworden ist durch Negation des Unmittelbaren und der Unterschiede die sich an diesem Unmittelbaren ergaben . dies Verhalten des Einfachen ist entstanden 10–16 der Unmittelbarkeit … Subject .] ErWl : des Unmittelbaren – Selbstischkeit , Verhältniß der Selbstischkeit . Es war darin enthalten das Negiren des Unmittelbaren , das ein andres ist als das Einfache . die Seele wie sie natürlich ist ist nicht wahr , daher ist sie dies sich zu setzen wie sie an sich ist . »die Seele ist unmittelbar« das ist der ungeheuerste Widerspruch , diesen hebt die Seele auf , sie ist Negiren der Negation das heißt absolute Negativität , oder was wir Einzelheit nennen , nicht ein unmittelbares sinnliches Einzelne sondern das Einzelne was Subject ist , was wir im Für sich seyn haben . 16–18 einfachen zum … Widerspruch ;] ErWl : Allgemeinen zum Allgemeinen , des Einfachen zum Einfachen enthält vielmehr die Negation der Negation . der Widerspruch ist nicht dem Begriff nachthei lig . 18–20 sich ; aber … Widerspruch .] ErWl : sich , die entwickelte Negation , den Unterschied der in Beziehung gebracht ist . 20–21 Widerspruch wird aufgelöst .] ErWl : aufgelöste . 21 Einfache , das] ErWl : ganz Reine , Einfache , 21–22 doch i c h … wieder] ErWl : unmittelbar damit das Gegentheil , Einzelheit , d i e s e r . Ich bin 22–749,4 Wäre ich … existirt ,] ErWl : die einfache abstracte Identität des Verstandes ist der Tod , das ewig aufgelöst werden des Widerspruchs der sich in diesem Auflösen ewig hervor thut um wieder aufgelöst 8–9 das Verhältniß … enstanden über gestr . d bez beidr zeinandr ist

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Ich Todt ; das leben ist nur Widerspruch und dies Auflösen und Aufgelöstwerden des Widerspruchs ; diese bewegung ist die Lebendigkeit . Das scheint nun sehr einfach und nichts besondres zu sein : daß das Einfache sich zum Einfachen , oder das allgemeine sich zum Allgemeinen verhält (oder daß das Allgemeine existirt , in der Form der allgemeinheit ist) das allgemeine ist für ein andres . Das ist D a sein ; d . h . Sein in der bestimmtheit dieser bestimmung , wodurch es Dasein hat ist selbst das allgemeine ; das allgemeine ist nur für das allgemeine . Dies scheint nun gar nicht von großer Wichtigkeit zu sein und auch allem andren zuzukommen . In der That aber , sehn wir uns in der Natur um und sehn ob es ein Allgemeines gibt für das Allgemeine , so finden wir nichts . Allgemeines finden wir : R a u m , Z e it , das ist das sich selbst gleiche Werden (Zeit) oder : blau oder sonst was ; aber alles dies existirt nicht in der Form der Allgemeinheit | und existirt nicht für sich , also für das allgemeine . z . b . Raum kann mir keiner auf dem Teller bringen ; ich kann ihn nicht sehn ; der Raum existirt aber in meiner bestimmten besonderheit . der Raum ist erst unsre Abstraction ; erst im Ich kommt der Raum zu der Existenz , die er als allgemeines hat . Ebenso Thier , baum existirt nur als einzelnes ; im Thiere ist das nicht , daß seine substantielle Einheit , das allgemeine : Thier zu sein selbst sich das Thier für das Allgemeine wäre[ .] Es gibt Thiere , aber es gibt nicht : daß das Thier für sich wäre ; das Thier ist für ein andres Thier aber als einzelnes , nicht als allgemeines . Kommt die Allgemeinheit zur Existenz , so kommt sie nur in uns in dem Ich zur Existenz . Das also : daß das Allgemeine für das Allgemeine ist , das hat nichts Natürliches als ihm entsprechend , es ist über alles Erhaben hoch .

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25 zu werden ist die Lebendigkeit des Geistes , der Begriff , – daß das Allgemeine zu seiner Existenz

zur freien Existenz gekommen ist , das Allgemeine 5 ist)] ErWl : ist – Ich hat das Allgemeine zu 5–6 andres . Das … dieser] ErWl : Andres , ist so daseyn und die 6–7 das allgemeine ; … Dies] ErWl : [Allgemeines –] Wl : allgemein] daß das Allgemeine in [der] Wl : dieser] Bestimmtheit selbst das Allgemeine ist , das Einfache in Form des Einfachen , das 7 nun gar] Wl : die einfache Abstraction zu seyn , die auch sonst überall sei , – das scheint 8–9 sein und … in] ErWl : seyn , [es scheint daß nicht] Wl : daß] mit Ich , der einfachen Wurzel unsres Selbstbewußtseyns etwas so wichtiges ausgesagt sei . – In 9–10 um und … wir :] ErWl : fi nden wir Allgemeines genug , 10 ist das sich] ErWl : sich 11 Werden (Zeit) … was ;] ErWl : Werden , das Werden als dies Allgemeine , so ist auch | z . B . blau auch ein Allgemeines , 12–15 und existirt … Abstraction ;] ErWl : | es sind Allgemeine die nicht f ü r s i c h existiren . den Raum , dies Allgemeine kann man nicht präsentiren . 15 zu der] ErWl : selbst zu dieser die er … allgemeines] ErWl : in der er die Form [der Allgemeinheit] Wl : des Allgemeinen] 16 Thier , baum] ErWl : das Thier 16–17 im Thiere … allgemeine :] ErWl : dem Thier ist nicht vorhanden , daß seine Gattung , substanzielle Allgemeinheit , 17–18 das Thier … Allgemeine] ErWl : diese Allgemeinheit 18–20 Es gibt … die] ErWl : [ Es gibt Blau , Thiere pp aber die Form ihrer Existenz ist nur die Einzelheit , nicht die Allgemeinheit selbst . Thiere] Wl : Thiere] sind sich einander empfi ndend , aber sie sind nur als Einzelne für einander . Sofern Thier , eine solche 20 Existenz , so] ErWl : Existenz kommt , 21–22 das hat … hoch .] ErWl : darin liegt das Hohe des Ich , es ist eben das daß dies Unendliche Einfache

25 seinem Gegenstand ,

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Das bewußtsein enthält also dies Ich ; aber es enthält nicht nur dies : Ich zu sein , sondern auch : sich auf einen Gegenstand zu beziehn : Selbst ; es ist das Unterscheiden in sich , daß das Allgemeine sich verhält zu dem Allgemeinen überhaupt , daß die Allgemeinheit und Einzelheit darin ist zu einander sich verhaltend ; das scheint ganz etwas andres zu sein Verhältniß des Allgemeinen zum allgemeinen und das Verhältniß der Allgemeinheit zur Einzelheit . aber diese Einzelheit oder Endlichkeit ist selbst die ganz abstracte Einzelheit und eben damit die allgemeine Einzelheit , die unendliche Endlichkeit ; darin ist sie ganz gleich dem Allgemeinen . daß ich jetzt und hier bin das ist die Explication | meiner besonderheit ; aber als Ich ist dies die ganz allgemeine Einzelheit meiner selbst ; wenn ich sage dieses so ist das ein einzelnes aber auch ein allgemeines Diese ( ? ) Die Allgemeinheit die die Allgemeinheit hervorbringt zu der sie sich verhält ist das Negiren des Negativen Für mich sein , Subjectivität , Einzelheit ; die Einzelheit ist also durch beziehung ihrer auf sich als Negation der Negation ; Negation ist das andre und verhält sich zum andren , d . h . verhält sich zu sich ist selbst Allgemeinheit , a l s o selbst diese E i n z e l h e i t ist beziehung auf sich selbst , selbst allgemeinheit ; ein Unterschied , der keiner ist . Dieses Untrennbare ist der reine begriff . I c h allein ist der existirende begriff sonst existirt er nirgends auf der Welt . Andre begriffe von verschiedenen Dingen gibt es auch , aber nicht in sich , sondern sie existiren in der Weise der Äußerlichkeit , im Raum oder in der Zeit ; es ist nicht der frei existirende begriff , der bei | sich selbst ist , sondern in eine Äußer-

für sich selbst ist , mag man es sonst [ausdrücken] Wl : nennen] wie man will . 1–3 es enthält … sich ,] ErWl : Ich zunächst auf einen Gegenstand überhaupt bezogen . Ich ist dieser Unterschied in sich , dies Repelliren , 3 Allgemeinen überhaupt ,] ErWl : Allgemeinen , überhaupt 4–6 die Allgemeinheit … der] ErWl : Ich sich [verhält] Wl : verhalte] als das Allgemeine zur Einzelheit , das Unendliche zum Endlichen und daß diese einfach , Eins sind . / das Verhältniß von Unendlichkeit zur Endlichkeit scheint ein ganz andres zu seyn als von 6 Einzelheit . aber … Endlichkeit] ErWl : Einzelheit , aber | diese Einzelheit 7 Einzelheit1] ErWl : Endlichkeit , Einzelheit 8–9 darin ist … bin] ErWl : das Endliche explicirt sich , da bin ich endlich nach sehr vielen Seiten , 9–13 besonderheit ; aber … Einzelheit ;] ErWl : Einzelheit , aber als Einzelheit ist diese Explication selbst ein ganz Allgemeines . Jeder ist ein dieser . die Einzelheit , Subjectivität ist selbst diese absolute Negativität , Negation der Negation die Rückkehr der Allgemeinheit zu sich , das sich Gleichmachen mit sich der Allgemeinheit , die diese Bestimmtheit in der sie ist zum Unbestimmten Allgemeinen macht . 13 also durch … ihrer] ErWl : selbst Beziehung 14 Negation ; Negation … und ] ErWl : Negation , negative Beziehung , Beziehung der Negation aber der Negation auf sich selbst . das Andre 14–15 d . h . verhält … ist 2 ] ErWl : beide sind dasselbe ; diese Negation ist also 15–16 sich selbst ,] ErWl : sich , 16 ein Unterschied , der] ErWl : also ist selbst diese Einzelheit Beziehung auf sich = Allgemeinheit , ein Unterschied , der , so gut als er ist , 16–17 Dieses Untrennbare … allein] ErWl : Ich 17–19 nirgends auf … existiren] ErWl : nirgends , als Ich existirt er als freier Begriff . Alle Dinge s i n d Begriff aber nur a n s i c h , sie existiren nicht a l s Begriff als freier Begriff . der Begriff existirt in der Natur 19 im Raum … Zeit ;] ErWl : diese Realität ist im Raum , in diesem Holz pp , 20 bei] ErWl : frei bei | 20–751,1 ist , sondern … eben] ErWl : ist . das ist

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lichkeit verfallen ; das ist eben das Unglück der Natur , daß sie begriff ist aber nicht freier begriff . Im bewußtsein aber haben wir weiter : Ich in beziehung zu einem Gegenstand und das heißen wir erst b e w u ßt s e i n ü b e r h a up t . Ich ist wesentlich Verhältniß zu einem Gegenstand ; das haben wir eigentlich schon gesagt als wir sagten : I c h i s t a u s s ch l ie ß e n d ist auf sich sich beziehende Negativität ; diese ist aber auch Negativität auf sich selbst , das Repelliren seiner von sich selbst . Das Ausschließen seiner von sich selbst , als Ausschließen von einem andren . Das Es ist , aber es heißt dann nicht Ich , sondern : a nd r e s . Was das Ich zu seinem Gegenstand hat ist die S e e le , der Inhalt seines Objects , Gegenstand (es steht gegenüber , ist negativ gegen das Ich was Fichte das Nicht-Ich genannt hat , non-moi , worüber man un nöthiger Weise viel gespottet hat .) Ich bin also für mich , das ist die Seele ; ich bin[ .]

1–2 sie begriff … begriff .] ErWl : der Begriff [nicht frei bei sich selbst ist sondern der Aeußerlichkeit verfallen .] Wl : s o in ihr ist .] 3 weiter : Ich] ErWl : Ich , in beziehung … einem] ErWl : und Beziehung auf einen 4–5 ü b e r h a u p t . Ich … sagten :] ErWl : überhaupt . 6 ist1] ErWl : diese Beziehung des Einfachen auf sich selbst , die wir im Selbst der Gestalt hatten ist aus schließend . Ich ist die 6–7 Negativität ; diese … Negativität] ErWl : Negativität , das Für sich seyn . diese Negativität ist negativ gegen sich selbst , die Negativität ist [ Beziehung auf sich selbst , negative Beziehung] Wl : Beziehung] 7 das] ErWl : damit selbst . Das] ErWl : selbst , damit ist das 8–752,7 von sich … oder] ErWl : selbst als des Negativen seiner gesetzt , das ist damit ein Andres . Ich bezieht sich auf sich selbst aber so daß dieses die [ Bestimmung] Wl : Bestimmtheit] hat eines Andren , so heißt es G e g e n s t a n d , was ihm gegenüber steht . / Was wir vorfi nden ist das Unmittelbare Ich in seiner Unmittelbarkeit umfaßt alles was wir in der Anthropologie von der [Seele] Wl : wirklichen Seele] gehabt haben . Ich ist für sich , frei dadurch daß es diese Unmittelbarkeit von sich ausschließt . die Freiheit des G e i s t e s ist , daß er weiß , er habe in sich diese Totalität , er erwirbt sich das , macht es zu s e i n e m Eigenthum , daß es s e i n e Vorstellungen , Gedanken , Bestimmungen pp sind . [Aber zunächst ist Ich das Abstracte , ist ausschließend und hat sein Ausgeschloßnes als Negatives seiner .] Wl : Ich ist hier Beziehung auf Andres . – die nächste Stufe ist , daß es das Abstracte ist , ausschließend , und sein Ausgeschlossnes als Negatives seiner hat . –] das ist [ Bewußtseyn , ein Andres i s t und hat | die Bedeutung eines Vorgefundenseyns ,] Wl : das | Bewußtsein . Ich , und ein Andres , das i s t , und hat die Form die Bedeutung , ein Vorgefundnes zu seyn ;] in dem bestimmten Seyn ist die S e l b s t s t ä n d i g k e i t enthalten , das von mir ausgeschloßne , und ich b e z i e h e mich auf das Seyende . [dieses ,] Wl : dieß Seiende ,] sein Inhalt sind die Bestimmungen die dem Empfi nden überhaupt angehören . Roth , indem wir es nur in empfi ndender Form betrachten ist Bestimmtheit der Seele , daß aber das Roth Etwas Rothes ist , ist die Objectivität des Bewußtseyns . [die höhere Stufe ist , daß sie die vorhergehende zum Gegenstande hat , hier die Bestimmtheit der Seele , das Negative des Ich , das NichtIch . diese Totalität – Seele – ist der Inhalt überhaupt dessen] Wl : Was das Ich zu seinem Gegenstande hat , ist die Seele ; die niedrigere Stufe wird immer der höhern zum Gegenstande .

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22 seiner] folgt bei Wl gestr : Ich ist , das ist e 24–26 Ich ist … sind . bei Wl mit Verweiszeichen am linken 28 das Abstracte ist , unter der Zeile mit Einfügungszeichen 29 und sein … als unter der Zeile mit Einfügungszeichen 31 die Bedeutung über der Zeile mit Einfügungszeichen 32 das von … ausgeschloßne , bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 33 Seiende ,] folgt gestr : ist di Welt 33–35 sein Inhalt … Bewußtseyns . bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande und zwischen den Zeilen

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§ 414 ist nun gesagt : daß das bewußtsein der Standpunkt des gesetzten Widerspruchs ist . das bewußtsein ist der erscheinende Geist , daher aber habe ich dies die Phänomenologie genannt . daß aber das bewußtsein der Standpunkt des Widerspruchs oder des Erscheinens ist , ist klar . Ich bin bei mir nicht bei einem andren ; aber ich habe mir ein Seiendes gegen über , das selbstständig ist , nicht ein Selbstständiges andres ist , sondern überhaupt ein Gegenstand auf den ich mich beziehe ; beziehung ist aber Identität oder Gemeinschaft ; dieser Gegenstand ist aber für mich er ist vor mir , ist meine Vorstellung das Meinige , i c h weiß davon , es ist in m i r ; dann ist es nicht mehr ein Selbstständiges und der Gegenstand ist nur in mir an mir in meiner Vorstellung . Das ist nun der Widerspruch ; das Ich ist für sich und sein Gegenstand ist nur | Gegenstand selbstständiger Gegenstand , nicht für sich und dann ist er doch nicht selbstständig für sich sondern in beziehung auf mich .

der Gegenstand ist das Negative des Ich , daher bei Fichte : Nicht = Ich (non = moi) das ist also diese Totalität – Seele – die jetzt der Inhalt dessen ist ,] was im Bewußtseyn des Ich ist , und Ich bin zugleich die Beziehung auf diesen Gegenstand , er ist für mich . Ich als Bewußtseyn habe daseyn , Ic h habe d a s e y n d . h . daß ich für Andres [und Andres] Wl : bin , und das Andere zunächst] für mich ist . / das S e y n des Geists ist die Seele , [es i s t etwas für mich .] Wl : sie ist da ; es i s t für mich , für dieselbe etwas – so ist’s das Bewußtsein . D . h . nun § 414 daß das Bewußtsein der Standpunct des gesetzten Widerspruchs ist . Daher habe ich diesen Theil die Fänomänologie des Geistes genannt . –] / die Phänomenologie ist der e r s c h e i n e n d e Geist , der Geist in seinem daseyn , das im Widerspruch zu fassen ist und s o ist dies daseyn nur der erscheinende Geist . Ich bin dies F r e i e , schlechthin als Freies [nur bei mir selber seyend] Wl : das nur mit mir einige , nur bei mir selbst] und nicht bei einem [Andern . das Andre aber] Wl : Anderen seiende ; das Andre] ist : Ich habe einen G e g e n s t a n d mir gegenüber , das Andre meiner , das Ausgeschloßne i s t , das Seyende ist [und Ich] Wl : das ist Widerspruch ; aber ich] beziehe mich auf diesen Gegenstand auf dieses Negative meiner selbst . Beziehung heißt aber Identität , in der schlechtesten Form 7–8 aber für … es] Er : m e i n e Bestimmung , Wl : in mir , ist m e i n e Bestimmung . Ich weiß von ihm , d . h . er ist m e i n , es ist m e i n e Vorstellung , wenn dieser Ausdruck schon hier gebraucht werden dürfte . Da 8–753,1 m i r ; dann … theils] ErWl : [ m i r , meine Vorstellung , wenn dieser Ausdruck schon hier gebraucht werden dürfte , Er ist ein Ideales ,] Wl : mir ein vollkommen Ideelles , kein Selbstständiges ; sondern] ich bin das Subject , [dieser] Wl : und der] Gegen|stand gehört nicht sich selbst , sondern m i r an , ist in m i r . das ist der [ Widerspruch auf gedoppelte Weise ] Wl : Widerspruch , daß der Gegenstand auf diese gedoppelte Weise ist . Er ist für sich , und er ist für mich .] a . der Gegenstand i s t und ist hier als Gegenstand nicht selbstständig sondern sich auf mich beziehend und wesentlich sich auf mich beziehend , im B e w u ß t s e y n hat er keinen andern Sinn , ob er sonst noch etwas ist gehört dem Geist an . b . [diese

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15–16 Ich als … und 2 bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 16–17 das S e y n … die bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 19–20 die Phänomenologie … seinem bei Wl mit Einfü- 35 gungszeichen über der Zeile 21 zu fassen … daseyn bei Wl am rechten Rande 22–23 selbst und … Anderen bei Wl am rechten Rande 24 gegenüber , das … Seyende bei Wl am rechten Rande 26 in der … Form bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile und am rechten Rande 28 wenn dieser … 40 dürfte . am rechten Rande 31 sondern m i r … das bei Wl am rechten Rande 33–35 a . der … b . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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Ich aber bin theils dies Freie , bin aber auch in beziehung auf einen Gegenstand auf den Negativen meiner ; indem ich ich bin in beziehung auf mich , stehe ich doch wieder in beziehung auf die andren . Ebendeswegen ist das bewußtsein nur der erscheinende Geist , der entzweite nicht harmonische Geist . Wir sind in unsrem gewöhnlichen bewußtsein im Verhältniß ; zum Verhältniß gehören 2 Seiten jede für sich selbstständig , jede aber in beziehung auf die andre also nicht selbstständig ; ebenso Ursache und Wirkung ; Ursache ist nur in so fern sie Wirkung wird und sich auf diese bezieht , und so umgekehrt . Ich bin Ich nur als bewußtsein aber darin daß ich selbstständig bin und mir bewußtsein bin ich nicht mich auf mich selbst beziehend . dieser Widerspruch ist also da . Das 2t e zur Seele ist eben das Ich , das 2t e ist immer der Widerspruch . Das Ziel des bewußtseins ist , zu seinem Frieden zu kommen , das

opponirten] Wl : Dieselben entgegengesetzten] Bestimmungen sind in m i r , Ich bin 1 bin aber auch] Er : und bin Wl : darin Alles nur ideell ist ; und doch bin ich 1–9 einen Gegenstand … ich] ErWl : das Negative meiner , so bin ich außer mir . Es ist das Meinige und nicht das Meinige , ich stehe in Beziehung auf mich selbst und indem ich in Beziehung auf mich selbst stehe , stehe ich nicht in Beziehung auf [mich .– / So ist es der entzweite , nicht versöhnte Geist , der erscheinende eben darum , der gesetzte Widerspruch ,] Wl : mich selbst . bin nicht frei , stehe nicht in B e z i e h u n g auf mich selbst . Deswegen bin ich als Bewußtsein nur Erscheinung ; es ist nicht der in sich harmonische versöhnte Geist , sondern der in sich zerrissene , entzweite Geist , – entzweit hinsichtlich seiner selbst und des Seienden . Im Bewußtsein sind wir also im gesetzten Widerspruch , im] Verhältniß . / Jedes Verhältniß ist : Zwei [Selbstständige und jede von beiden Seiten hat] Wl : Selbstständige , zweifache Seiten , die selbstständig sind , und nicht selbstständig , daran jede Seite] nur in ihrer Beziehung [Sinn . Die Ursache ist nur Ursache indem sie nicht bei sich , in ihrer Beziehung auf sich selbst bleibt , sondern sich auf das Negative ihrer , die Wirkung bezieht .] Wl : Sinn hat . Ursache und Wirkung sind beide selbstständig , und daher ist Ur sache nur in so fern sie wirkt , sofern sie nicht bei sich , in ihrer Beziehung auf sich selbst bleibt , sondern sich auf das Negative ihrer , die Wirkung bezieht , nicht Ursache bleibt , sondern Wirkung wird . eben so die Wirkung : wenn die Bestimmung der Ursache nicht in der Bestimmung der Wirkung wäre , so wäre sie keine Wirkung . Das ist der Widerspruch .] das Bewußtseyn was die Philosophie gibt ist daß solche Verhältnisse wo wir kein Arges haben , der Widerspruch in sich sind . So [ hier :] Wl : ist also unser Bewußtsein ein Widerspruch ,] Ich bin frei , mich auf mich beziehend , darin aber daß ich selbstständig bin , bin ich es als bewußtes , d . h . [als] Wl : bin ich zugleich] 9–11 beziehend . dieser … Widerspruch .] ErWl : [ beziehend . Die] Wl : beziehend d . h . unfrei , – dieß ist das zweite zur Seele , die] Seele ist dies Unmittelbare wo der Widerspruch nicht gesetzt ist , das zweite ist immer der gesetzte Widerspruch , die Differenz in Beziehung . 11 des bewußtseins … kommen ,] Er : ist , ist , zu … kommen ,] Wl : ist ,

14–17 Es ist … selbst . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 20 im gesetzten Wider spruch , über der Zeile mit Einfügungszeichen 20–21 Jedes Verhältniß … Selbstständige , bei Wl mit Einfügungs35 zeichen über der Zeile 22–24 daran jede … hat . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 25–26 bei sich , … bezieht , am rechten Rande 28–30 das Bewußtseyn … sind . bei Wl mit Einfügungszeichen 30–31 mich auf … beziehend , bei Wl über der Zeile mit Ein40 und Verweiszeichen am rechten Rande fügungszeichen 31 daß ich … d . h . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 33 die Seele … Unmittelbare bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 34 das zweite … Beziehung . bei Wl am rechten Rande

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Problem aufzulösen , und das ist der Geist , die Versöhnung des Widerspruchs . Der Weg dazu bestimmt sich dann so : daß (§ 414) das Object , der Gegenstand sich an ihm verändert und daß diese Veränderung vorzugehen scheint . Der Gegenstand verändert sich so : daß e r s e l b s t z u m Ich w i r d , das ist das Übergehn des bewußtseins in das Selbstbewußtsein : Ich beziehe mich auf etwas das nicht das Negative meiner ist , sondern ich selbst , ich bin bewußt meiner selbst . Das S e l b s t b e w u ßt s e i n ist aber noch abstract , ist noch mit der Differenz behaftet . Das Ich muß sich erst bestimmen als a l l g e me i n e s S e l b s t b e w u ßt s e i n , u n d d a s i s t Ve r nu n f t ; das ist ein bewußtsein , ein Wissen aber von allem Inhalt , daß er der meinige ist , und zwar als mein Selbst , das als allgemeines ist und nicht mehr als besondres .

123Er

2 .Er 102 Wl

3 .Er

1 aufzulösen , und … Widerspruchs .] Wl : des Widerspruchs aufzulösen , und die Auflösung , der aufgelöste Widerspruch , er als versöhnt ist dann der Geist . – aufzulösen , und ] Er : des Bewußtseyns zu lösen , die Versöhnung … Widerspruchs .] Er : der aufgelöste Widerspruch , er als versöhnt . 2 dazu bestimmt … (§ 414)] ErWl : [daher zur | Versöhnung , daß Ich] Wl : zur Versöhnung , dazu , daß das Ich sich frei macht] von dieser seiner Beziehung auf sein Anderes , seiner [ Unfreiheit sich losmacht] Wl : Unfreiheit ,] bestimmt sich so daß 3 daß diese] Er : an ihm die Wl : daß an ihm diese scheint . Der] ErWl : scheint [(§ 415)] Wl : (Gleich folgt die Erläuterung !) –] dieser 4 s e l b s t ] ErWl : bestimmt , selbst 5–6 Ich beziehe … selbst .] ErWl : ich verhalte mich zu einem Gegenstande , Negativen meiner aber dieses [ist] Wl : wird] selbst [ Ich .] Wl : Ich ; – so bin ich Selbstbewußtsein –] da ist der | Widerspruch wenigstens auf einer Seite aufgehoben , [ Ich] Wl : das Ich] bezieht sich auf ein Negatives seiner das aber selbst Ich ist . 7 aber] Er : dann noch abstract , … noch] Wl : dann selbst zunächst als solches noch abstract , als Selbstbewußtsein noch 8–9 Das Ich … bewußtsein ,] ErWl : [drittens . Ich bestimmt sich] Wl : das 3t e ist dann , daß ich allgemeines Selbstbewußtsein bin , daß das Ich sich bestimmt] als allgemei nes Selbstbewußtseyn . Z u n ä c h s t war es Ich , Seyendes überhaupt , abstractes Seyendes . Zwe i t e n s Ich das zum Gegenstand hat Ich , abstractes Selbstbewußtseyn , ein Ich das auch ein Selbstständiges das Ich [ist hat] Wl : ist , hat :] ich habe in diesem Gegenstande mich selbst aber zugleich als Persönliches als Negatives meiner , daß diese Negativität nur ein Moment ist , ich darauf habe die affi rmative Beziehung als ein Ich . Sofern es das Negative meiner ist , sind es Einzelne , indem sich aber die Wahrheit meines Selbstbewußtseyns bestimmt als Allgemeines bin Ich d r i t t e n s : [ Ve r n u n f t ,] Wl : Ve r n u n f t , ve r n ü n f t i g e s S e l b s t b e w u ß t s e i n . Es ist] 9–10 aber von … er] Wl : daß aller Inhalt 10–755,3 und zwar … dieser] ErWl : zu gleich der Meine als d i e s e s Ich , und 2t e n s [daß] Wl : so , daß] die Besonderheit meines Selbst [verschwindet ,] Wl : verschwunden ist , daß] ich nicht bin als dies einzelne Ich sondern als

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15 15

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2 der Gegenstand sich bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 4–5 daß e r … Selbstbewußtsein : 35 durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben 12–13 der aufgelöste … versöhnt über der Zeile mit Einfügungszeichen 15 zur Versöhnung , über der Zeile mit Einfügungszeichen 16 dieser seiner … Anderes , bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 19 bestimmt , selbst bei Wl mit Einfügungs- 35 zeichen über der Zeile ich verhalte … einem bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 21–22 das Ich … ist . bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 23 als solches noch über der Zeile mit Ein- 40 fügungszeichen als Selbstbewußtsein noch über der Zeile mit Einfügungszeichen 25–31 Z u n ä c h s t war … d r i t t e n s : bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande ; folgt im Text gestr : So bin ich 33 der tens Meine … 2 bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile

phänomenologie des geistes

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1 . b e w u ßt s e i n a l s s olche s 2 . S e l b s t b e w u ßt s e i n 3 . Ve r n u n f t

5

10

dieser Gang des bewußtseins ist die Realisirung des begriffs des Ichs , so , daß was hier nur als abstracte Momente gesetzt ist Id e n t it ä t , Id e a l it ä t des a n d r e n u n d d i e E i n h e i t beider selbst die volle bedeutung des begriffs bekommt und selbst der ganze begriff wird , concret . Die Identität ist also das Ich das nicht selbstständig für sich ist , z . b . Freundschaft , Liebe , in der bin ich nicht frei , nicht selbstständig , ich bin in dem andren , und bin doch in mir ; jedes ist so Ich daß es sich aufgegeben hat und sich selbst negirt d . h . beziehung auf sich hat in dem bewußtsein des andren . Und das ist das allgemeine Selbstbewußtsein . (Liebe der Empfindung nach ausgedrückt) es ist das realisirte bewußtsein , | jeder ist der ganze begriff . Das ist also die Realität des Ich , das Ziel in der bewegung des Ich ; der begriff muß sich zur Idee machen kann man es auch nennen ; Idee ist nämlich begriff , der sich bezieht auf seine Realität , die der begriff selbst ist , und die Idee ist

45r Sg

15 15 [allgemeines] Wl : das allgemeine] Ich . das [Selbstbewußtseyn] Wl : ist die abstracte Bestimmung und

20 20

25 25

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das Selbstbewußtsein] als ein in sich allgemeines ist Vernunft . Es ist dies die Realisirung sowohl | des Ich als das Aufheben seiner einseitigen Bestimmung sich auf ein Seyendes , Negatives seiner zu beziehn . Im Fortgang hebt sich diese Einseitigkeit auf . diese Abstraction negirt [sich , diese Negation . Dieses] Wl : sich in diese Negazion . diese Aufhebung] ist aber eben so Realisirung des Begriffs . / das [ Ich =] Wl : Ich = ist das] Ich als solches für sich d . i . dieses Freie , diese Identität seiner mit sich selbst in der Idealität seines Anders seyns , daß das Andre [nur ist als Aufgehobnes ,] Wl : ist als aufgehoben ,] – so ist es bei sich selbst . Wir haben im Ich einfache Idealität , Idealität des Anders seyns und die Identität dieser beiden . das ist der Begriff des Ich . der 3 ist die] ErWl : den wir betrachten [ist] Wl : ist so] 3–4 begriffs des … I d e n t i t ä t ,] ErWl : Begriffs , das was im Begriff in dieser Einfachheit gesetzt ist , – die 5–6 beider selbst … und] ErWl : der beiden , – [ist das Abstracte . die Realität ist daß jedes der Momente concrete Bedeutung erhält , daß jedes dieser Momente] Wl : daß , was hier als abstractes Moment gesetzt ist , jedes derselben selbst die volle Bedeutung des Begriffs bekommt , concret wird ,] 6–8 wird , concret . … ist] ErWl : ist . So [in der Freundschaft sind die beiden Seiten selbst dieses Ganze . Jedes ist] Wl : haben wir das gesehn . In der Freundschaft , Liebe , existire ich nicht für mich , sondern bin nur im Anderen selbstständig . Hier sind also 2 , so daß beide Seiten nicht mehr die abstracten Momente des ganzen Begriffs sind , sondern jedes dieser 2 ist] Ich und 8–9 daß es … d . h .] ErWl : daß es nicht bloß Einzelnes , Sprödes ist sondern sich selbst aufgehoben , [negirt hat und sein Bewußtseyn ,] Wl : daß es sich aufgehoben hat , sich selbst negirt , und sein Bewußtsein seine] 10 bewußtsein] ErWl : Selbstbewußtseyn 10–11 Und das … ist 2 ] Er : Jedes ist also das Ganze , Wl : Jeder ist so also 12–756,2 begriff . Das … der] ErWl : Begriff des Ich . [das] Wl : jedes ein Ich und jedes die Beziehung seiner auf das andre Ich . So zeigt sich das in der

6 concret] davor ein unleserliches Zeichen 16 das Selbstbewußtsein … Vernunft . bei Wl am linken Rande 17–19 sich auf … Aufhebung bei Wl mit Einfügungszeichen am linken Rande sowie unter und über der Zeile 21–22 daß das … selbst . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 23–24 32–33 daß es … aufgehoben , bei Wl 40 den wir betrachten bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen mit Verweiszeichen am linken Rande 35 4 ist] sund

124Er

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125Er § 415

125Er

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Einheit des begriffs und der Realität und der Unterschied zwischen beiden ist dann nur einer , der keiner ist ; | so wird Ich Ve r n u n f t [ .] § 415 ists näher angegeben : Ich bestimmt sich weiter , es bezieht sich auf ein Object . Hier ist nun die Form angegeben , wie die b e s t i m mu n g g e s c h ie ht u n d e r s ch e i n t . Sie erscheint nämlich als Veränderung des Objects . Wenn das Object sich verändert so ist mein bewußtsein auch andres ; denn das bewußtsein ist abhängig von seinem Gegenstand , von dem es weiß . Ich bin numerisch , abstract identisch derselbe ; aber die Art und Weise der bestimmung des bewußtseins fällt in die Art des Gegenstandes . bliebe nun der Gegenstand derselbe , so bliebe ich ein bestimmtes bewußtsein ; bliebe der Gegenstand sinnlich , bliebe die Welt ewig sinnlich , so bliebe mein bewußtsein auch nur sinnlich ; aber das Sein der Welt ist nicht bloß sinnlich sondern verständig , das ist ihre Wahrheit . Es ist also der Gegenstand der unterschiedene bestimmungen Empfindung , Liebe , Freundschaft . Das ist die Realität des Ich das] ist das realisirte Bewußtseyn ; das sind alle Momente , das ganze Ich und das Ganze dieser Ganzen ist , daß die Beziehung dieser beiden Ich auf einander selbst Ich ist . Ich bin Bewußtseyn als das Bewußtseyn der Identität , Einheit dieser beiden . Diese Realität [des] Wl : des Ich , des] Begriffs ist das Ziel , daß Ich der Begriff , sich zur Idee [macht .] Wl : macht , Vernunft . – (der realisirte Begriff selbst ist die Idee . Ich soll allgemeines Selbstbewußtsein , Vernunft werden .)] dieses allgemeine Selbstbewußtseyn die Vernunft ist dann die Idee , der Begriff der sich bezieht auf seine Realität , daß dieser die Idee selbst ist und das Ganze die Einheit des Begriffs und der Realität , daß dieser Unterschied keiner ist . 2–4 so wird … nun] Er : | Ich (§ 415) bestimmt sich , Wl : Im § 415 ist dieß näher angegeben . (Selbstbewußtsein bestimmt sich weiter) . Was im § gesagt ist , betrifft 5 angegeben , wie … Sie] ErWl : dieser [ Bestimmung] Wl : Bestimmung . Sie] 6–8 Wenn das … aber] ErWl : Ich bin [ Bewußtseyn ,] Wl : Bewußtsein überhaupt] die Art wie mein Bewußtseyn bestimmt ist , hängt davon ab , welches Object ich [ habe . Ich bin verständiges] Wl : habe , und hänge vom Object ab ; ich bin erst] Bewußtseyn sofern ich von etwas Verständigem [weiß , Ich sofern ich zum Gegenstande habe Ich selbst ,] Wl : weiß p . Insofern ich vom Ich selbst weiß] bin ich Selbstbewußt seyn . die Bestimmung des [ Ich] Wl : Bewußtseins ,] ob es Selbstbewußtseyn pp ist erscheint am [Object ,] Wl : Object ; ich bin numerisch derselbe , aber es handelt sich um] 9–10 bestimmung des … Gegenstand] Wl : Bestimmung , und diese ist bedingt durch den Gegenstand . Bliebe dieser die Art … Gegenstand] Er : den Gegenstand . / Bliebe dieser 10 ein] ErWl : auf [ Eine] Wl : dieselbe] Weise 10–11 bliebe der … sinnlich ,2 ] ErWl : wäre die Wahrheit der Welt , [sinnlich] Wl : Sinnliches] zu seyn 11–757,1 mein bewußtsein … der selben] ErWl : ich sinnliches Bewußtseyn , aber die Wahrheit der Welt ist daß das Sinnliche ein Inneres hat , seine Substanz , die Gesetze , das Allgemeine die Gattung sind das Wahre des sinnlichen [Seyns .] Wl : Seyns . (Es ist also der Gegenstand des Bewußtseins bestimmt)] der Gegenstand hat unter schiedne Bestimmungen aber nicht neben einander , [sondern die Verschiedenheit dieser Bestimmungen] Wl :

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8–9 Art und … der bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 14–21 das ist … ist . bei Wl mit 35 Verweiszeichen am linken Rande ; folgt im Haupttext gestr : diß ist ds Ziel dr Bewung dß dr Bgr sich zur Idee macht , Vern 18–19 (der realisirte … werden .) durch Verweiszeichen aus dem Haupttext in den 40 Text auf dem Rande eingefügt 25–26 die Art … habe , bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 34 Bewußtseyn ,] folgt bei Wl gestr : ab di Wlt ist auch vrstndig 34–37 aber die … einander , bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 36 (Es ist … bestimmt) mit Verweiszeichen aus dem Haupttext in den Text

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an ihm hat , aber nicht nebeneinander , sondern die Verschiedenheit derselben ist eine Nothwendigkeit , ein nothwendiger Zusammenhang zwischen ihnen , der fortgeht zu seiner wahrhaften bestimmung . diese Veränderung ist also ein nothwendiger Fortgang und das ist d i a lek t i s ch e b e we g u n g , das ist die des Gegenstandes ; das Sinnliche hält nicht aus ; es verändert sich zu einem andren . Indem nun also so der Gegenstand an ihm selbst nothwendig sich verändert , so ist das bewußtsein auch diese dialektische bewegung . Dieser Gang also ist es , den wir gehen : z u e r s t Aufheben des Widerspruchs , Realisirung des Begriffs ; d a n n : es erscheint das Fortgehn an dem O bj e c t [ .] § 416 . Das Ziel des Geists als bewußtsein ist die Erscheinung mit dem Wesen identisch zu machen , die Gewißheit seiner selbst zur Wahrheit zu erheben . Ich weiß etwas , was ich sehe , denn ich habe es gesehen : das ist auch ein Wissen ; das erste ist , daß etwas in meinem unmittelbaren bewußtsein ist . Gewißheit ist : daß das Wissen in meinem bewußtsein ist und nicht so überhaupt in meiner Vorstellung :

§ 416

15 15 und diese Unterschiedenheit der Bestimmungen]

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2 Nothwendig keit , ein nothwendiger] ErWl : [nothwendige , es ist] Wl : Nothwendig keit ; es ist ein] wesentlicher 2–5 der fortgeht … andren .] ErWl : [dieser] Wl : so] daß der Gegenstand sich an ihm selbst verändert von [seinen] Wl : seiner] unmittelbaren (unwahren) [ Bestimmungen] Wl : Bestimmung] fortgeht zu [seinen wahrhaften . / das Bewußtseyn zeigt sich] Wl : seiner wahrhaften Bestimmung . – So zeigt sich die Bestimmung des Bewußtseins an der Art und Weise] wie der Gegenstand bestimmt [ist] Wl : ist . dieß nothwendige Verändern des Gegenstands ist die dialektische Bewegung . das Sinnliche verändert sich und nicht in’s Sinnliche , sondern zu einem Andern] und dieser verändert seine Bestimmungen und dieses Verändern ist ein nothwendiger Fortgang , nothwendiges Verändern , [ist dialektische Bewegung . Das Sinnliche verändert sich , diese] Wl : und diese] Nothwendig keit der Veränderung ist es die dialektik heißt . 6 an ihm … nothwendig] Er : nothwendig nothwendig sich] Wl : die dialektische Bewegung ist , an ihm selbst nothwendig sich 6–13 so ist … ist .] ErWl : [die dialektische Bewegung an ihm selbst | hat , verändert sich auch das Bewußtseyn , bewegt sich dies dialektische ,] Wl : ist auch das Bewußtsein nach seiner Bestimmtheit diese dialektische Bewegung ,] denn die Formen des Bewußtseyns fallen in das Object . Der Fortgang ist daß Ich in seinem Gegenstande sich real wird , sich selbst in seinem Gegenstande hat (Realität des Begriffs) und so ist Ich – Idee . – / Das Ziel des Geistes als Bewußtseyn ist , seine Erscheinung mit dem Wesen identisch zu machen , die Gewißheit seiner selbst zur Wahrheit zu erheben . Gewißheit seiner selbst ist was Bewußtseyn überhaupt [ist , mit der Reflexion , daß etwas in unserem unmittelbaren Bewußtseyn ist .] Wl : ist .] Ich weiß etwas , habe etwas gesehn , es mag dieser Inhalt ein äußrer oder innrer Gegenstand seyn . Bewußtseyn ist Wissen von etwas überhaupt und 13–14 das Wissen] ErWl : es 14–758,13 und nicht … nicht .] ErWl : daß dieser Inhalt zusammenhängt mit mir . Ich sehe dies da ist mir gewiß daß es so ist . Bewußtseyn ist daß ich mich beziehe auf einen Gegenstand , diese Beziehung ist eben Gewißheit , daß ich so darauf bezogen bin , da ist es in dieser Einheit gesetzt mit meinem Ich , identisch mit mir , das weiß ich so gewiß als ich selbst bin . das ist [die] Wl : diese unmittelbare Einheit des Gegenstandes mit meinem Ich . Das ist]

40 auf dem linken Rande eingefügt

22–24 und dieser … heißt . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 28–35 denn die … und bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande ; folgt im Text gestr : disr Gegen lso ist es , den wir i Bw zu betrchten hben . – Ich weiß , ws ich sehe . Ds 1 . Wissen ist , ds etw i mir u als Bw ist , es mag nun äußrlicher od innerlicher Gegenstd seyn , 36–39 Bewußtseyn ist … bin .

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Ich bin die beziehung auf etwas außer mir ; und dieses weiß ich so gewiß als ich selbst bin , ich seh es ; diese Gewißheit meiner selbst und dessen , was ich vor mir sehe ist eins , und sie sprechen eben aus , daß dies die Einheit ist . Die Gewißheit soll nun zur Wahrheit erhoben werden . Gewißheit ist noch nicht Wahrheit . Der begriff ist Ich , das bewußtsein überhaupt , der begriff des Gegenstandes ; aber Realität ist etwas andres . | die Realität daran daß der Gegenstand der begriff selbst ist , das ist erst die Wahrheit ; dieses kommt zum Vorschein im Selbstbewußtsein , das ist die Realisirung des begriffs ; aber noch nicht das höhre ; die ist Vernunft . Die Ü b e r z e u g u n g hat man auch bald ; ich weiß z . b . daß es soviel Uhr ist , daß hier Lichter brennen , daß wir hier sind ; in solcher Gewißheit befinden wir uns durch ganzes Leben ; aber ein solcher Inhalt verdient nicht den Namen Wahrheit ; diese Dinge verdienen den Namen Wahrheit nicht . Die Existenz des Geistes im bewußtsein ist endlich , weil sie noch formell ist ; der begriff ist erst von meinem bewußtsein vorhanden ; der Gegenstand den ich habe ist Papier , Etwas , ein Ding ; aber das ist der begriff noch nicht wirklich ; das ist eben das Formelle .

Gewißheit seiner [selbst] Wl : selbst überhaupt] . diese ist zur Wahrheit zu erheben . [ Was gewußt ist ist darum noch nicht wahr .] Wl : es ist darum nicht wahr , weil es wohl g e w i ß ist .] das ist der Unterschied von Begriff und Realität . das Bewußtseyn in seinem Begriff , Ich ist der Begriff selbst in seiner freien aber noch abstracten Existenz . die Wahrheit ist die Idee , daß die Realität entsprechend , [adäquat , identisch] Wl : identisch] sei dem Begriff , daß was im Begriff ist , auch so i s t . der Gegenstand ist der Begriff , die nächste Realisirung des [ Begriffs] Wl : Begriffs (– die schon explicirt worden)] ist das Selbstbewußtseyn , daß Ich Ich zu seinem Gegen|stand hat , die höhere Wahrheit , die [ Vernunft . Wenn wir dergleichen wissen im Leben z . b . daß Lichte brennen pp so] Wl : Vernunft . das Gewisse (gehört zur Fortbewegung) ist noch kein wahres Wissen . Gegenwärtig ist’s 20' über 5 ; das ist gewiß ; in solchem Wissen und Gewißheit sind wir immer im Leben] wissen wir zugleich daß solche Wahrheiten gleichgültig sind für den Geist , den Namen Wahrheit nicht [verdienen .] Wl : verdienen . der Geist beschäftigt sich nicht mit ihnen , aber Gewißheiten sind sie .] 14–15 endlich , weil … Papier ,] ErWl : zunächst eine endliche und die Endlichkeit liegt im Formellen . Das Formelle ist daß nur der Begriff erst vorhanden ist von meinem Bewußtseyn . Etwas , ein ding ist noch nicht der Begriff . das was ich weiß in meinem [ Bewußtseyn] Wl : Bewußtsein , die Bestimmtheit meines Bewußtseins] ist nur ein 16–759,2 aber das … der] ErWl : [noch nicht] Wl : nicht] der Begriff . [ Die] Wl : Was ich vor mir sehe , ist mein Gegenstand , die] Gegenständlichkeit sofern sie die meinige ist , denn ich weiß davon , es ist bestimmung meines Bewußtseyns , ist noch ganz abstract [die] Wl : das]

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bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 13 nicht] ist 19–20 das Bewußtseyn … Existenz . 35 bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 20–24 entsprechend , identisch … Vernunft . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande ; folgt im Text gestr : ist den Begr , Diese witre Realisirung ist explizirt 35 worden , ds Selbstbw ist diese Realis des Bw . Höhr ist’s di Vern 26–28 im Leben … verdienen . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande ; folgt im Text gestr : aber es verdient noch nicht d Namen d Wahrht 29–31 Das Formelle … die bei Wl mit Verweiszeichen am unteren Rande ; folgt im Text gestr : 40 diß ligt drin , dß d Begr noch nicht vorhanden ist , di 33–34 die Gegenständlichkeit … ist 2 bei Wl mit Verweiszeichen am unteren Rande

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das Object ist nur als abstract als das Seinige bestimmt . Dies was ich vor mir sehe ist ein Gegenstand , im bewußtsein ; es ist aber nur abstract der Meinige ; sein andrer Inhalt ist ; daß es ein Ding ist , weiß aus sieht etc . Nach dieser Seite ist das Gegenständliche bloß abstract ; ich habe darin nur die Abstraction des Meinigen . § 417 wird gesagt : die Stufen dieser Erhebung der Gewißheit zur Wahrheit sind nun jene 3 oben angegebenen : 1 b e w u ßt s e i n , welches noch mangelhaft ist ; worin mein bewußtsein ein Negatives meiner ist ; es hat zu viel Objectivität[ .] 2 S e l b s t b e w u ßt s e i n . Hier ist der Gegenstand i c h s e l b s t ; und das ist zu wenig Objectivität ; der Gegenstand ist ganz der meinige ; der Unterschied ist da also nicht vorhanden ; es ist die Identität das Überwiegende ; sie ist zu groß . diese Einheit des Selbstbewußtseins und des bewußtseins , in der der Unterschied doch vorhanden ist , – ist 3 . Di e Ve r n u n f t das Princip des Geistes , seine Freiheit , Anschauung seiner selbst ; die Vernunft weiß daß alles vernünftig ist ; sie hat in allem Gegenständlichen sich selbst und weiß von Allem doch , daß es ist . In meinem ausführlichen Werk Phänomenologie , in der aber mehr vorkommt , als hier . Es gehört aber nichts

§ 417

2–9 sein andrer … Hier] Er : ich habe noch nicht den Begriff davon . / die Mangel haftigkeit des 20 Bewußtseyns ist daß mein Gegenstand ist ein Negatives von mir , daß es so zu sagen zu viel Objec-

2–4 sein andrer … darin] Wl : der weitre Gehalt des dinges ist noch nicht der Begriff , ich habe noch nicht den Begriff , noch nicht mich als Bewußtsein concret darin , sondern 4–5 Abstraction des … gesagt :] Wl : abstraction , daß es m e i n Gegenstand ist . – 6–10 nun jene … meinige ;] Wl : § 415 angegeben . – das 2t e ist das S e l b s t b e w u ß t s e i n der Gegenstand ist Ich . das Mangelhafte des ersten , des B e w u ß t s e i n s ist , dieß mein Gegenstand ist ein Negatives von mir , daß es so zu sagen zu viel Objectivität hat (hingegen im Selbstbewußtsein ist der Gegenstand Ich selbst , das ist wieder zu wenig Objectivität .) Im Selbstbewußtsein ist der Inhalt ganz der meinige ; – 9 das] Er : da 10 der Gegenstand ist] Er : Im Selbstbewußtseyn ist der Inhalt 10–11 da also … ist1] Wl : insofern nicht vorhanden , die Negativität fehlt , 11 das Überwiegende ; … groß .] Wl : ist zu groß . Das Ich muß Ich und Gegenstand seyn . – Zur Wahrheit gehört beides , diese Einheit des Bewußtseins (Selbstbewußtsein) worin der Begriff Ich ist , und der Unterschied des Be wußtseins . – sie ist … groß .] Er : Zu der Wahrheit gehört beides : 12–14 des Selbstbewußtseins … Ve r n u n f t ] ErWl : [des Bewußtseyns (Selbstbewußtseyns) worin der Begriff Ich ist und] Wl : worin auch] der Unterschied des Bewußtseyns [– das ist das dritte ,] Wl : vorhanden ist , ist dann das 3 t e und dieß ist] 14–760,2 seine Freiheit , … aber] ErWl : Freiheit des Geistes , Anschauung seiner selbst , Vernunft . [ In] Wl : In der Welt , in] jedem Gegenstand wie er ist hat die Vernunft s i c h und weiß zugleich , daß es G e g e n s t a n d i s t , daß er ist . [der Gang des Bewußtseyns ist in der Phänomenologie des Geists dargestellt . /] Wl : das sind die 3 Stufen die wir in der Kürze durchzumachen haben . – In

20 tivität hat . Im Selbstbewußtseyn

25 25

30 30

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35

24 ist ,] folgt gestr : dß es zu vil Objektivitt hat 24–27 dieß mein … meinige ; – mit Verweiszeichen am unteren Rande 25–26 (hingegen im … Objectivität .) durch Verweiszeichen aus dem Haupttext in 29–31 Zur Wahrheit … Bewußtseins . – mit Verweiszeichen am 40 den Text am unteren Rande eingefügt unteren Rande 35–36 In der … ist . bei Wl mit Verweiszeichen am unteren Rande ; im Haupttext folgt gestr : S hat sich in dr Wlt u weiß s zugleich als anderes

§ 417 .Wl

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weiter dahin als das abstracte Ich ; Recht und Sittlichkeit , Religion etc . gehören dem weiter sich bestimmenden Geist an ; das bewußtsein ist aber eine Form des Geistes ; d . h . auch in der Religion etc . ist der Geist bewußtsein ; es ist das bewußtsein allenthalben . Sittlichkeit z . b . ist der Inhalt des vernünftigen Wollens ; mein Geist ist es , der dieser vernünftige Wille ist ; und wenn ich auch unsittlich lebe , so bleibt doch die Sittlichkeit in mir , mein Gesetz , das mich bestraft ; aber von dieser meiner innren Substanz weiß ich , daß es auch an und für sich ist und ewig , ohne mein Zuthun . bewußtsein ist nur Verhältniß ; im Geist aber ist der Widerspruch im bewußtsein aufgehoben . In meinem größren Werk ist nun aber auch | der weitre Gehalt des Geistes etwa in dem Verhältniß in welchem er ist wenn er ins bewußtsein kommt .

der Fänomenologie habe ich diesen Gang des Bewußtseins vollständig gezeigt . –] Hierher gehört nur dies Verhältniß was wir Bewußtseyn nennen und drüber | weiter nichts als die logische Bestimmung , die Bestimmung des abstracten Ich . Indem der Geist über dies Verhältniß , Bewußtseyn zu seyn hinausgeht , und Geist wird , werden seine Bestimmungen ganz andrer Art . Recht , Sittlichkeit pp gehören dem weiter bestimmten Geist an , aber auch darin ist der Geist bewußt , Bewußtseyn [ist allenthalben aber nur] Wl : aber ist] 3–4 Geistes ; d . h . … Wollens ;] ErWl : [Geists und eine gegen die höhern Bestimmungen untergeordnete .] Wl : Geistes ; auch dort ist es Bewußtsein . Bewußtsein ist überall , aber untergeordnet : jener höheren Region und ihr Boden die] Sittlichkeit ist Inhalt , Gesetz der wollenden Vernunft , 5–7 wenn ich … auch] ErWl : [wenn ich persönlich unsittlich handle] Wl : bin ich auch persönlich unsittlich] und bestraft werde vom Gesetz , werde ich von meinem Gesetz bestraft . Von dieser sittlichen Substanz aber so wie sie die meinige ist , weiß ich daß sie i s t , daß [sie] Wl : es ist mein Gesetz aber] 7–9 sich ist … auch] ErWl : [sich ist . Das ist] Wl : sich , ohne mein Zuthun , ewig an und für sich ist . Das ist der] Character des Geistigen daß es die Bestimmung hat subjectiv zu seyn – Ich , das Meinige – und [eben so objectiv – es i s t . In dem Verhältniß welches das Bewußtseyn ist , ist dies Gesetz] Wl : auch Objektivität , daß es i s t . Bewußtsein ist dieß Verhältniß , daß es m e i n ist und ist , daß es ist] das Negative meiner . [ In der Sittlichkeit pp ist dieser Widerspruch der Character des Bewußtseyns aufgehoben aber in diese höhere Region fällt auch daß ich davon we i ß . In der Phänomenologie ist nicht nur abgehandelt das Bewußtseyn , sondern] Wl : dadurch unterscheidet sich] 10–761,5 etwa in … u n m i t t e l b a r e ] ErWl : [sofern er in das Bewußtseyn fällt . / Zuerst haben wir] Wl : daß der im Bewußtsein vorhandne Widerpruch da z . B . in der Sittlichkeit aufgelöst ist . aber in diese höhere Region fällt auch , daß ich davon weiß . – Aber all dieser Inhalt fällt auch in die Form des Bewußtseins . – Jenes , Sittlichkeit p kommt in mein Bewußtsein ; ich habe es dann zu dem Meinigen zu machen , es in mein dasein zu setzen . – In der Fänomenologie ist nicht nur das Bewußtsein abgehandelt , sondern auch der weitre Gehalt des Geistes , insofern er ins Bewußtsein kommt . – / | a) D a s B e w u ß t s e i n , a l s s o l c h e s . / Das Erste , was wir zu betrachten haben , ist] das Bewußtseyn als [solches zu betrachten .] Wl : solches . –] der Begriff ist das Ganze , das [Allgemeine] Wl :

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3 d . h .] Lesart unsicher 14–16 Indem der … bewußt , bei Wl mit Verweiszeichen am unteren Rande ; 35 folgt im Text gestr : d Gist indem er über diß Verhältniß des Bewußtseins hinausgeht hat di Bestht von Recht , Relig p zu geben 21 unsittlich] folgt gestr : straft das Gesetz , doch es ist 21–23 und 40 bestraft … ist1 bei Wl mit Verweiszeichen am unteren Rande 23 Das] daß 27 daß es … meiner . bei Wl mit Verweiszeichen am unteren Rande 32 aber in … weiß . – mit Verweiszeichen am unteren Rande 30M Bamberg 1807Er von anderer Hand

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1 . , Da s b e w u ßt s e i n a l s s olche s .

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der begriff ist das Einfache , mit dem fangen wir an ; in der Methode setzt sich das Allgemeine selbst dazu herab , Eins , das Erste zu sein . Es ist unmittelbar und damit sinnliches bewußtsein , das das erste in seinem begriff ist . 1 . , d a s s i n n l i c h e u n m it t e l ba r e b e w u ßt s e i n 2 . Da s w a h r n e h m e n d e b e w u ßt s e i n 3 . Das B e w u ßt s e i n a l s Ve r s t a n d a . d a s s i n n l i c h e u n m it t e l ba r e b e w u ßt s e i n das Allgemeine abstract ist Unmittelbarkeit , einfache beziehung auf sich selbst ; das concrete Allgemeine ist das Sichzusammenschließen durch die besonderheit mit sich selbst . Das ist die Weise des Anfangs in der Wissenschaft ; ein wichtiger Punkt , den man nicht so gleich faßt . Die Unmittelbarkeit ist nun : Den Gegenstand unmittelbar d . h . als seienden Gegenstand vor sich zu haben ; das Sein ist ein Ding ein Einzelnes für sich Seiendes , das ist das sinnliche bewußtsein , das Wissen von einem Gegenstand , so daß ich unmittelbar auf diesen Gegenstand bezogen bin ; das ist die Gewißheit des Wissens . Nun fragt sich welche bestimmungen enthält das bewußtsein als solches in sich : Allgemeine , welches überall durchgeht . Es ist das Allgemeine ,] und dieses setzt sich selbst dazu herab nur eine der beiden Seiten zu seyn , selbst ein Abstractum , nur ein Besonderes . [das Bewußtseyn im Allgemeinen ist 1 . das unmittelbare | sinnliche] Wl : Es ist ein Allgemeines , – durch Unmittelbares , somit Sinnliches . – Daher 3 Stufen : 1 .) sinnliches] 7–12 a . d a s s i n n l i c h e … Den] Wl : 1 .) Das Bewußtsein ist zunächst das u n m i t t e l b a r e , seine Beziehung auf den Gegenstand daher die einfache , unmittelbare Gewißheit desselben . das Bewußtsein ist das Allgemeine in seiner nur einfachen Beziehung auf sich selbst , unmittelbar . – das konkrete Allgemeine ist dieß , durch die Besonderheit in der Einzelnheit sich mit sich selbst zu vermitteln . Die Allgemeinheit ganz abstrakt , ist Unmittelbarkeit . so ist das Bewußtsein unmittelbares , sinnliches Bewußtseyn . Das ist die Weise des Anfangs in der Wissenschaft überhaupt , – ein schwerer Punkt . – das unmittelbare Bewußtsein ist dieß : den 7–8 a . d a s s i n n l i c h e … einfache] Er : Bewußtseyn ist das Allgemeine aber noch ganz abstract , das Allgemeine in seiner einfachen 8 selbst ;] Er : selbst , unmittelbar . 9–12 das Sich zusammenschließen … Den] Er : dies durch die Besonderheit in der Einzelheit sich mit sich selbst zu vermitteln , die Allgemeinheit abstract ist Unmittelbarkeit , so ist das Bewußtseyn unmittelbares , sinnliches Bewußtseyn . Dies unmittelbare Bewußtseyn ist dies , den 12–14 unmittelbar d . h . … ist] ErWl : vor sich zu [ haben selbst unmittelbar , als seyenden Gegenstand ,] Wl : haben , als unmittelbaren , als s e i e n d e n und in sich reflektirten , – näher : als ein] ding , als für sich seyenden [einzelnen Gegenstand und dies ists was wir] Wl : un mittelbar e i n z e l n e n Gegenstand überhaupt . – Das ist] 14 bewußtsein , das] ErWl : [ Bewußtseyn heißen] Wl : Bewußtsein] , das unmittelbare 15–762,3 das ist … reflectirt ;] ErWl : er [ist] Wl : ist so gewiß als ich bin ,] identisch in mir , sein Inhalt in mich gesetzt . [ Das] Wl : Diese Unmittelbarkeit ist es . (»Das Bewußtseyn als Verhältniß enthält nur

12 seienden] seiendr 14–15 daß ich … bin ; bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 17–19 und dieses … Allgemeines, – bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 22–24 das Bewußtsein 35 … vermitteln . mit Einfügungszeichen am rechten Rande 25 so ist … Bewußtseyn . mit Verweiszeichen 40 am rechten Rande

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es enthält die bestimmung ; daß der Gegenstand da ist und das Ich das abstracte , und weil es so abstract ist , ist auch sein Gegenstand so und ist einzeln – und in sich selbst reflectirt ; er ist ein andres als ich bin , ist für sich selbst , ein unmittelbar einzelner . dies : Ich und die beziehung meiner auf das andre ist die bestimmung dieses unmittelbaren bewußtseins . Aber das sinn liche bewußtsein was wir so in der Vorstellung haben , sieht ganz anders aus . Danach ist das sinnliche bewußtsein das aller reichste ; wir sind mit allen äußern und innern Sinnen offen ; es ist darin so viel Reichthum als die äußre Welt ; wir haben ein großes Gemälde vor uns von Sehn Fühlen etc . dieser Reichthum und diese Ar muth contrastiren so gegen einander . Wir haben es aber schon gesagt : dieser Reichthum ist nichts andres als das , daß die Seele in dem sie Ich ist , sich selbst ausschließt . Zur Seele gehört die Totalität des Empfindens ; Ich bin es nun , der die Seele von mir abscheidet , nämlich alles was zur Empfindung gehört . Ein Inhalt des Empfindens , den wir so ausgeschlossen haben ist ein solcher , von dem wir sagen : e r i s t . Wir haben von dem Allen in der

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die dem abstrakten Ich oder formellen denken angehörigen Kategorien , die ihm Bestimmungen des Objekts sind .«) das] Bewußtseyn enthält nur diese Bestimmung daß der Gegenstand ist das Negative meiner [selbst . das Bewußtseyn ist dies Ur theil . Ich , das Subject ist dieses Abstractum und darum ist auch sein Gegenstand so abstract , einzeln als in sich reflectirt ;] Wl : selbst , – ist dieß absolute Ur theil , Ich und ein Andres . das Subjekt Ich ist dieß Abstraktum , – daher weiß es auch von seinem Objekt , seinem Gegenstande nur als von einem S e i e n d e n , E t w a s , e x i s t i r e n d e m D i n g e , E i n z e l n e m , A b s t r a k t u m , der i n s i c h r e f l e k t i r t , der f ü r s i c h ist ;] 3–6 ein andres … ist] ErWl : d . h . er ist nicht nur in Beziehung auf mich sondern auch auf sich selbst , er ist nicht nur für Andres , ist für sich oder ist ein Einzelnes . der Gegenstand hat keine andre Bestimmung als daß er i s t . [die] Wl : Einzelnheit ist zwar Moment des Begriffs , aber auch die Unmittelbarkeit . die] Einzelheit ist dasselbe was Ich bin , die Subjectivität aber als das Negative [meiner .] Wl : meiner . Ich und diese Beziehung meiner auf den Gegenstand , das enthält das Bewußtsein . – dieß haben wir das s i n n l i c h e B e w u ß t s e i n genannt . Was man gewöhnlich so nennt , sieht ganz anders aus . Unsres ist das allerärmste , ein bloß negatives Meinen ;] 6 sinnliche bewußtsein] Wl : andere 6–9 das aller … etc .] ErWl : ist das Allerreichste , [mit allen Sinnen sind wir offen , in jedem Augenblicke] Wl : in jedem Augenblick sind wir mit allen Sinnen offen :] haben wir ein ganzes großes Gemälde vor [uns .] Wl : uns , es ist also reich , wie die äußerliche Welt .] 9–10 contrastiren so … gesagt :] ErWl : der Bestimmtheit , die | das Bewußtseyn ist , contrastiren mit [einander .] Wl : einander so sehr . – Näher ist das Verhältniß zwischen beiden schon gesagt :] 10 nichts andres … das ,] Wl : das , 11 ist] ErWl : wird 12–763,2 des Empfindens ; … werden .] ErWl : aller der Bestimmungen die dem Empfi nden der Seele angehören . [ Dieser Inhalt ist ausgeschlossen , wir haben ihn hinausgeworfen , diesen ganzen Inhalt der Empfi ndung ;] Wl : Ich bin es jetzt , der die Seele von mir abscheidet , das , was dem Empfi nden angehört . – Es ist der Inhalt des Empfi ndens , den wir jetzt

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16–18 enthält nur … selbst , – bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 22–24 ist nicht … i s t . bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 25–26 die Einzelheit … meiner . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 30–31 haben wir … uns , bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 32 40 der Bestimmtheit , … ist , bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 34–35 aller der … dem bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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Anthropologie gesprochen von Sehen , Fühlen etc . Im Sehen liegt das schon : daß die Gegenstände draußen sind die gesehen werden . die Kantische Kritik der reinen Vernunft hat den Geist als bewußtsein aufgefaßt und hat es nur eigentlich mit der Phänomenologie zu thun , nicht mit der Philosophie des Geistes . das Kantische fängt gleich damit an : In unsrem bewußtsein finden wir 2erlei Stoff : E m p f i n d u n g , d a s Subj e c t ive | und e i n O bje c t ive s . daraus hat man gemacht : Ph ä no m e n a und No ou me n a . – Dieser Reichthum gehört nun also der Seele an ; der andre Inhalt ist aber andrer Art ; der hat die bestimmung daß es i s t : das ist reine Abstraction ; dann die Kategorien von Ursache und Wirkung etc . und das sind die objectiven bestimmungen .

ausschlossen , wir sind und haben jenen ganzen Inhalt hinausgeworfen .] Ich ist dieses Reine freie und hat diesen Inhalt abgeschieden von [sich .] Wl : sich . – Seele ist dieß Empfi ndungslose , wo die subjektive Affektion ausgeschlossen ist . Die Gegenstände sind hinausverlegt .] Ich ist aus schließend und was es aus schließt ist seine unmittelbare Natürlichkeit , seine Seele und die Bestimmungen dieser unmittelbaren Natürlichkeit . 2–3 der reinen … aufgefaßt] ErWl : [ hat] Wl : fängt damit an , hat] den Geist als Bewußtseyn aufgefaßt , 3–4 eigentlich mit … Phänomenologie] ErWl : mit [den Phänomenen] Wl : Bestimmungen der Fänomenologie] 4–8 Geistes . das … andre] ErWl : [ G e i s t e s ,] Wl : Geistes selbst ;] nur mit Betrachtung des erscheinenden Geistes . Kant fängt damit an : in unserm [ Bewußtseyn haben wir 2erlei das der Empfindung angehörige (Subjective) und das Objective – Unterschied] Wl : Bewußtsein , – »In der Seele ist 2erlei Stoff , der der Empfindung angehörige und subjektiver , und objektiver ;« – daher der Unterschied auch] von ϕαινομενα und νουμενα . Meine Empfindung [z . B . der Härte ist] Wl : ist] subjective Affection aber der Beginn der Befreiung ist daß ich , dieses hinausgeworfen , [sage :] Wl : von der Härte z .B . sage] das i s t hart etwas Hartes . [der] Wl : Sehen p ist Gefühlsbestimmung , und diese Bestimmungen machen den Gefühlsinhalt aus . – davon haben wir uns befreit . Härte z . B . ist hinausgeworfen , ist zu einem Seienden gemacht als Hartes , – das ist der erste Theil des Inhalts des sinnlichen Bewußtseins . Der] eine Inhalt dieses Reichthums gehört der Seele an , der andre 8–765,3 ist aber … Logik . –] ErWl : [sind] Wl : aber sind] Bestimmungen andrer Art ; dahin gehören die Bestimmungen [Seyn ,] Wl : der reinen Abstraktzion : Seyn ,] Einzelheit , Ursache und Wirkung pp [diese] Wl : das sind weitre Bestimmungen dieses Gegenstandes , und diese] Bestimmungen heißen die objectiven Bestimmungen . [der] Wl : (»das sinnliche Bewußtsein als das reichste an Inhalt erscheinend , ist das ärmste an Gedanken : jene reiche Erfüllung machen die Empfi ndungsbestimmungen aus .«) der] Reichthum des sinnlichen [ Bewußtseyns] Wl : Empfi ndens und Bewußtseyns] ist Reichthum der Empfi ndung ist aber [am ärmsten] Wl : das Ärmste] an Gedankenbestimmungen , weil Ich in seinem unmittelbaren Bewußtseyn eben noch abstract ist . [das] Wl : die Armuth unsres sinnlichen Bewußtseins ist der Reichthum an

11–12 Ich ist … sich . – bei Wl am rechten Rande 16 hat den … aufgefaßt , bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 18–20 nur mit … Bewußtsein , – bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 35 20–21 der der … angehörige mit Einfügungszeichen über der Zeile 22–23 Meine Empfindung … Hartes . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 22 z . B . der Härte mit Verweiszeichen am linken 25–26 als Hartes über der Zeile mit Einfügungszeichen 26–27 Inhalt dieses … andre bei Wl 40 Rande am rechten Rande 30 und diese … Bestimmungen . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 33 Reichthum der … aber bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 34–35 weil Ich … ist . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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131Er Philosophie des GeistesEr 104 Wl

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Eine nähere bestimmung des Seienden ist , daß das Seiende da ist , ein Ding in sich reflectirt , ein für sich Seiendes , ein Etwas , ein Einzelnes . Im logischen ist Sein , Dasein Ding Einzelheit auseinanderzuhalten ; hier nicht ; hier ist es so dieser ganze Knoten dieser bestimmungen . der Gegenstand ist also ein e i n z e l n e r : Das ist der erste Verstand des Gegenständlichen , des Nooumen , daß es ein ding für sich selber ist . Alles Übrige (Reichthum) gehört der Empfindung an .

Gedankenbestimmungen . Das] Bewußtseyn weiß nicht daß der Gegenstand die Bestimmungen die er hat , als Noumen hat , nur hat durch | mich , in Beziehung auf mich , das gewöhnliche Bewußtseyn weiß nicht davon daß Ich das Bestimmende bin . [der Gegenstand des gewöhnlichen Bewußtseyns ist] Wl : Im gewöhnlichen Bewußtseyn haben wir nur den Gegenstand überhaupt vor uns , |] nicht das Bewußtseyn selbst , [die] Wl : d . h . nicht die] Beziehung des Ich auf den [Gegenstand , sondern nur] Wl : Gegenstand . Er bezieht sich darauf ; aber Gegenstand ist nicht die Beziehung , sondern] der Gegenstand als [solcher .] Wl : solcher ; unser Gegenstand wiederum dieser nicht . –] / die erste Stufe [ist das Bewußtseyn überhaupt . dieses enthält zu Stufen 1 . das unmittelbare] Wl : des Bewußtseyns überhaupt , enthält das s i n n l i c h e ] Bewußtseyn , da beziehe ich mich auf Seyendes , [ Ich weiß vom Seyenden ,] Wl : weiß davon ,] Ich bin das Wissen , das i s t und dieses Wissen ist noch umgeben mit [diesen] Wl : der Mannigfaltigkeit der Empfi ndung , mit diesen] äußerlichen oder innerlichen Bestimmungen des Empfi ndens . [der Gegenstand ist ein Unmittelbares Seyendes ,] Wl : Ich ist die einfache Bestimmung dieses Inhalts . Denn nur dieß ist meine Beziehung auf den Gegenstand . Der Gegenstand ist ein Seiendes , unmittelbares ,] er ist in seiner ersten Bestimmung noch nicht das Ganze sondern nur [das einfache] Wl : zunächst das Einfache ,] Unmittelbare , nur eine Seite [des Bewußtseyns , das] Wl : im Bewußtsein . Das] Ganze ist das Bewußtseyn , Ich in Beziehung auf den Gegenstand . Näher ist [dann dieser ein Seyendes , daseyendes , ein ding , einzeln .] Wl : dieser Seiende , ein daseiender , einzelner – aber selbständig , außer mir .] der Gegenstand [enthält] Wl : erhält] die Bestimmung daß er ein für sich seyender , in sich reflectirter ist , das Seyn als in sich reflectirt ist Etwas , ding oder Einzelnes . Hier ist das was uns gegenübersteht dieser ganze Knoten der logisch unterschiednen Bestimmungen [ Es ist] Wl : Im logischen haben wir diese Formen auseinanderzuhalten ; hier nicht so . Der Gegenstand ist so ein] Etwas , Für sich seyendes , ding , Einzelnes . [Aller andre] Wl : Das ist der erste Verstand des Gegenständlichen , daß es ist ; – aller andrer] Reichthum [gehört theils an unsern weitern Bestimmungen des Gedankens ,] Wl : im Inhalt des Bewußtseins gehört theils weiteren Gedankenbestimmungen an ,] theils der Mannigfaltigkeit der Empfi ndung . Was wir hier zu betrachten haben ist aber diese [Grundbestimmung und die] Wl : Gedankenbestimmungen und deren] weitere Fortbewegung . [die] Wl : Darüber sind wir kurz : (die] Fortbewegung dieser [ Kategorie haben wir kurz durchzugehn .] Wl : Kategorien etc . gehört der Logik als solcher an) .]

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7–9 Das Bewußtseyn … bin . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 13 nicht . –] folgt gestr : »Die räumliche u zeitliche Einzelnheit , H i e r u J e t z t , wie ich in der Fänomenologie des Geistes S . 25 p den Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins bestimmt habe , gehört eigentlich dem Anschauen an . – 17–18 mit diesen … Empfi ndens . bei Wl am linken Rande 20 un mittelbares , er 35 … nicht bei Wl am linken Rande 22–23 Das Ganze … Gegenstand . bei Wl mit Verweiszeichen am 40 linken Rande 24–25 der Gegenstand … ist , bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 26–27 Hier ist … Bestimmungen bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 28 Etwas , Für … ding , bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 31 der Mannigfaltigkeit bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen

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Wir haben es also mit den G e d a n ke n b e s t i m mu n g e n u n d d e r e n we it e re r F or t b e we g u n g zu thun . Damit können wir kurz sein ; es gehört sonst in die Logik . – Der Gegenstand ist also ein e i n z e l n e r überhaupt ; in unserer Anschauung heißt er auch h ie r und it z t . (die sinnlichen Gegenstände nennt man gewöhnlich die , welche durch die Sinne für uns Sinn) da fragt sich nun nicht nach dem Sittlichen sondern es fragt sich welche bestimmung haben die Gegenstände , die wir sinnlich nennen ; und diese ist unmittelbare Einzelheit ; die Formen dieser Einzelheit sind die des R a u m s und d e r Z e it , die wir aber erst bei der A n s c h a uu n g zu betrachten haben . c f . E n d e d e r A n m e r k u n g : Das Object ist hier nämlich nur in beziehung auf das Ich zu nehmen , als ein dem Ich äußerliches . Wenn der Gegenstand aber schon gefaßt wurde als im Raum ausgedehnter und in der Zeit fortdauernder , so wird er genommen als etwas , was an ihm selber räumlich zeitlich ist ; es hat hier aber immer noch die bestimmung , daß er i s t . d a s R ä u m l i c h e i s t n ä m l i c h d a s daß e s e i n a n i h m s e l b s t ä u ß e r l i c h e s ist – Raum ist das außer sich sein des Gegenstandes selbst ; roth z . b . i s t , im Raum , es ist an ihm selbst ein außer einander – ebenso mit der Zeit , es ist auch ein Außereinander ; aber nicht neben sich ; das Sein ist hier immer gebunden an die bestimmung des 3 also ein … überhaupt ;] ErWl : ein [ Einzelner .] Wl : E i n z e l n e s überhaupt ; – (»die räumliche und

20 zeitliche Einzelheit , H i e r und J e t z t , (wie ich in der Fänomenologie des Geistes pag 25p den 20 Gegen stand bezeichnet habe ,) gehört eigentlich dem Anschauen an .«)]

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4 er] Er : dies Einzelne Wl : es 4–6 (die sinnlichen … welche] ErWl : Sinnliche Gegenstände sind solche die durch [unsre] Wl : die] Sinne für uns sind . Welche 6–7 die Gegenstände , … ist] ErWl : [solche Gegenstände ? ] Wl : diese Gegenstände , was sind sie ? –] die Bestimmung des Sinnlichen ist über|haupt 7 Einzelheit ;] Wl : Einzelnheit , Vielheit . 8–10 die wir … Ich] ErWl : [das] Wl : Diese gehören aber dem Anschaun an (wo sie vorkommen) . – Bei Jetzt und Hier ist das] Object , der [Gegenstand ist hier] Wl : Gegenstand] nur 10–12 Ich äußerliches . … wird ] Wl : Ich , dem Bewußtsein ä u ß e r l i c h e r . Er i s t , das ist die nächste Bestimmung . Wird der Gegenstand aber als in Raum und Zeit vorhanden genommen , so ist 10–13 äußerliches . Wenn … bestimmung ,] Er : Aeußerliches , der Gegenstand ist auch ein sich selbst Aeußerlicher . die nächste Bestimmung des Gegenstandes ist 12–14 etwas , was … ist –] Wl : Objekt , welches an sich äußerlich ist . – diese Freiheit des Gegenstandes an ihm selbst die Totalität zu seyn , für sich zu seyn , gewinnt er erst , indem er sich zum Geiste selbst verhält , sich zur höhern Freiheit des Geistes selbst erhebt . – Hier ist er nun ein an ihm selbst Äußerliches : denn der 13–14 d a s R ä u m l i c h e … ist –] Er : diese Freiheit des Gegenstandes , für sich zu seyn an ihm selbst diese Totalität zu seyn , gewinnt er erst indem er sich zum Geiste verhält . 15–766,9 außer sich … selbst ;] ErWl : [Außersichseyn] Wl : sich selbst äußerliche Seyn , das Außersichseyn] des Gegenstandes an ihm [selber .] Wl : selbst , so daß eine unendliche Mannigfaltigkeit , und jede davon als selbständig gesetzt ist . –] Was in der Zeit ist , ist [das] Wl : außereinander , das] Außersichseyn , aber nicht ruhig , sondern sein Seyn ist wesentlich verknüpft mit der Bestimmung des Nichtseyns . 6 Sittlichen] vermutlich zu lesen : Sinnlichen 13–14 d a s R ä u m l i c h e … ist 2 ] durch senkrechten Strich 30–31 an ihm … zu1 am linken Rande 31–32 Geiste selbst … zur am linken Rande 35–36 das Äußerlichseyn … selbst , bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 37–38 das Außersichseyn , … Nichtseyns . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande

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Nichtseins ; die Zeit ist das außer sich kommen ; der Augenblick der itzt ist , ist dadurch , daß der vorhergehende Augenblick vergangen ist ; aber er ist itzt auch nicht mehr . – § 419 ) Das Ding , das Etwas ist nun das vorhanden seiende , aber ein sich Veränderndes ; es hat e i n e Negation an ihm , d . h . seine Negation an ihm , das ist seine Endlichkeit . Die beschränktheit omnis determinatio est negatio S pi no z a . Wir erfahren dies es ist für unser bewußtsein , daß sich alles verändert ; aber das Logische daran , die Thätigkeit des Ich ist nicht für unser bewußtsein . Also | das Etwas als Ding genommen hat Eigenschaften , diese sind verschieden vom Ding selbst ; das Ding ist das Einfache in sich Seiende und ist verschieden von den Verschiedenheiten , die wir Eigenschaften nennen . So hat das Einzelne in der Sphäre des begriffs : Prädikate z . b . die Rose ist roth aber Rose ist verschieden von roth . diese Eigenschaften oder Prädikate , was sich verändert , ist der sinnliche Stoff , was der Empfindung angehört , welche in diesen Formen gesetzt wird . – dieses Einzelne der Sinnlichkeit ist nun so ein b r e it e s , was Qualitäten , Eigenschaften etc . hat ; der sinnliche Stoff ist diesen Kategorien , diesem Denken unterworfen ; dieser Empfindungsinhalt ist aufgehoben , (die Unmittelbarkeit der Seele hat nämlich noch die

[diese Form des Sinn lichen gehört] Wl : Das Seyn beginnt durch das Nichtseyn des Andern , und dieses Seyn ist gleichfalls gebunden an die Bestimmung des Nichtseins . z . B . dieser Augenblick ist nur durch die Vergangenheit des vorigen . – diese Formen der Sinnlichkeit gehören] näher der Anschauung an . [ Was] Wl : aber darum ist das Sinnliche nicht haltbarer . – / Alles , was] vorhanden ist in der Welt das i s t aber es ist nicht ein Bleibendes , sondern [verändert sich , wird ein Anderes . das] Wl : wird ein andres , verändert sich . Diese Überzeugung haben wir überhaupt . Wie das logisch zusammenhängt , gehört nicht hieher . – | (Omnis determinatio negatio est .) – Dann sagen wir , wir erfahren , daß alle dinge sich verändern , es ist für unser Bewußtsein ; (aber das Logische daran ist nicht für das Bewußtsein) . – (das S i n n l i c h e , als Etwas , wird ein A n d r e s ; die Reflexion des E t w a s in sich , das] ding hat viele Eigenschaften , [das Anders seyn an ihm selbst erscheint so als seine Eigenschaft .] Wl : (diese sind eben sein Andersseyn , obschon sie dem dinge angehören .) – und das Einzelne in seiner Unmittelbarkeit hat m a n n i g f a l t i g e P r ä d i k a t e . –] 9 ist das Einfache] Wl : aber ist das einfach 9–10 und ist … nennen .] Wl : verschieden von seinen Prädikaten . (Prädikate sind eben Eigenschaften , aber in der Sfäre des Begriffs .) – diesen Eigenschaften , 10–12 So hat … ist] ErWl : das unmittelbare Einzelne (nicht als Subject) hat seine Unterschiede an ihm selbst , diese Unterschiede , Eigenschaften , [ Inhalt –] Wl : Inhalt davon] sind 12–13 was der … Formen] ErWl : der der Empfi ndung angehört , der Inhalt der Empfi ndung der in diese [ Form] Wl : Formen] 13 wird ] Wl : ist 13–767,5 dieses Einzelne … im] ErWl : denn die Empfi ndungen [sind] Wl : sind nur Beziehungsweisen für die Kategorie , für das Seyn , sind] nichts Anderes als die Beziehungen des sinnlichen Stoffs aufs Ich . die Empfi ndungsbestimmungen sind nun im Ich selbst gesetzt . [denn das] Wl : »das v i e l e E i n z e l n e der Sinnlichkeit wird daher ein B r e i t e s , – eine Mannigfaltigkeit von B e z i e h u n g e n , R e f l e x i o n s b e s t i m m u n g e n und A l l g e m e i n h e i t e n . – dieß sind logische Bestimmungen , durch das denkende , d . i . hier durch das Ich gesetzt .« Es sind

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20–22 vorhanden ist … andres , bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 31–32 unmittelbare 40 Einzelne … Eigenschaften , bei Wl am rechten Rande 33 der der … Empfi ndung 2 bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 35–37 sind nichts … gesetzt . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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Empfindung) dadurch daß Ich sich bestimmt hat ; so erscheint dieser Inhalt in den Explicationen des Sinnlichen , das etwas , ein Ding ist ; diese bestimmungen sind ; die Eigenschaften und Prädicate werden aber in das Verhältniß gesetzt : abhängig von dem Ding zu sein . Die Dingheit ist nur das selbst bestehende ; die Eigenschaften sind nur an ihm . In dieser bestimmung liegt nun , daß wir im sinnlichen bewußtsein gleich über die bloße Unmittelbarkeit hinausgehn . Denn z . b . ein Ding kann man gar nicht sinnlich betrachten , man kann es ihm nicht in die Hand geben ; seine Qualität roth seine Eigenschaften ; aber das Ding selbst ist Kategorie des Gedankens ; darum gibts auch für das Thier kein Etwas , kein Ding . Das Hinausgehn über diese Unmittelbarkeit , die Reflexion ist dann auch sogleich der Inhalt dessen , was wir vor uns haben ; es sind immer nur die Empfindungsbestimmungen , die wir vor uns haben ; sagen wir , wir haben einen Gegenstand , ein Ding vor uns , so ist das schon hinaus über das Sinnliche ; das Harte , die Farbe

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dinge , sie haben Eigenschaften , es ist ein sinnlicher Stoff dabei , und er ist unterworfen dem denken ;] 15 Ich hat sich [von seiner Unmittelbarkeit , seinem Empfi ndungsprädicat befreit . Im] Wl : befreit von

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dieser Unmittelbarkeit des Empfi ndungsinhalts von seinen Empfi ndungsprädikaten . Die Seele , wie sie sich zum Ich bestimmt hat , hat den Stoff g e s e t z t als aufgehobenen , gegen Ich nicht geltenden . So erscheint er in der Explikazion des Sinnlichen . – Die Prädikate kommen in das Verhältniß , Eigen schaften a n dem ding zu seyn ; das Selbständige ist das ding . So bestimmt sich der Gegenstand des Bewußtseyns auf diese nothwendige Weise . In dieser Bestimmung liegt dieß , daß wir sogleich über die bloße Unmittelbarkeit , über das Sinnliche , im] 5–9 gleich über … Thier] ErWl : [sind wir sogleich auch schon über das Sinnliche hinaus , denn wenn wir sagen , wir haben] Wl : hinausgehen . – Dann haben wir] ein ding vor uns , [ Etwas ,] Wl : ein Etwas , so ist es nicht mehr ein Sinnliches ,] so sind das Gedankenbestimmungen , die Qualitäten des Etwas kann man vor Augen bringen aber das Etwas [selbst nicht . Für die Thiere gibt es] Wl : selbst , das ding kann man nicht z e i g e n . Insofern giebt’s für’s Thier kein ding ,] 9 kein Ding .] ErWl : [ding , Einzelnes .] Wl : Einzelnes denn das sind Bestimmungen des denkens .] die Empfi ndungsbestimmung ist für mich d . h . daß ich | dem Sinnlichen dieses anthue , [meine Bestimmungen in es hineinzusetzen , die Bestimmungen des abstracten Ich .] Wl : die Gedankenbestimmungen , meine Bestimmungen , die Bestimmungen des abstrakten Ich in es hineinzusetzen .] 10–11 Das Hinausgehn … haben ;] Wl : So ist das Sinnliche in mich gesetzt , mir zurecht gemacht , erhält die Natur von mir . – So sind wir im Sinnlichen unmittelbar über das Sinnliche , das Unmittelbare , hinaus , weil wir Ich sind , und diese Reflexion , dieß Hinausgehen ist zugleich auch der Inhalt dessen , was wir vor uns haben . die Bestimmung der Reflexion ist dann als Bestimmung des Gegenstandes des Bewußtseins für uns . – (die Empfi ndungsbestimmungen sind sinnlich vor uns ; sage ich davon : es ist ding , Etwas p so bin ich schon drüber hinaus .) 10 diese Unmittelbarkeit ,] Er : das Unmittelbare , 11–768,3 es sind … sein] ErWl : wir sind so reflectirt und der Gegenstand des Bewußtseyns ist eben so ein reflectirtes – ein Breites . das ist nicht mehr Unmittelbarkeit sondern Beziehung Vermittlung , die sinnliche 16 von seinen Empfi ndungsprädikaten . über der Zeile mit Einfügungszeichen 21 über das Sinnliche , 24–25 so sind … das2 bei Wl am rechten Rande mit Einfügungszeichen 29–30 meine Bestimmungen , … es am rechten Rande mit Einfügungszeichen 32 das Unmittelbare , am rechten Rande

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§ 420Er § 420Wl

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ist eine Eigenschaft ist aber nicht sich selbst eigen , sondern nur dem Ding das sind nicht mehr Unmittelbarkeiten , sondern beziehungen Vermittelungen ; das Sinnliche ist gesetzt : zu sein vermittelst des Dings , das Ding zu seinem Träger zu haben , also nicht mehr selbst unmittelbar , das Ding ist es dann auch nicht mehr , sondern eigentlich die Seele . Also die bestimmungen sind : 1 , s e i e n d e t w a s , 2 . Ve r m it t lu n g b e z i e hu n g , daß nämlich die sinnlichen bestimmungen ihren Halt haben an den Dingen ; so haben wir nun die erste Unmittelbarkeit nicht mehr , mit der das unmittelbare bewußtsein anfängt , sondern nun haben wir die Verhältnisse , worin 2 Seiten sind , die aber von ungleichem Werth sind . das bewußtsein hat nun einen andren Gegenstand und dies bewußtsein heißen wir : b . Wa h r ne h me n . Es fragt sich , ob die Vorstellung die wir im gewöhnlichen Leben vom Wahrnehmen haben diesem begriff entspricht . Es heißt : Den Gegenstand nach seiner Wahrheit nehmen , nicht bloß rein unmittelbares sinnliches Wissen ; das entspricht allerdings unserer bestimmung | Wir gehn hier von der Erfahrung aus ; daß wenn man wissen will , wie die Dinge wirklich sind , man sie nicht in ihrer Unmittelbarkeit nehmen muß , sondern in so fern , als sie vermittelte sind reflectirte , d . h . daß sie u n t e r s c h i e d e n e bestimmungen haben und daß diese e i n Ve r h ä lt n i ß z u einander haben ; dadurch ist die eine bestimmung schon ver mittelst der andern ; und daß dann die eine bestimmung ist : die bestimmung

Bestimmtheit ist gesetzt , nicht für sich selbst zu seyn sondern dem ding angehörig zu seyn , 3 Dings ,] ErWl : dings Halt , 4–7 also nicht … nämlich] ErWl : das ding ist eben so kein Unmittelbares sondern vermittelt durch Ich , daß Ich mich darauf beziehe / die erste Bestimmung ist Seyendes , Etwas , aber dieses | Seyende als Verhältniß , da ist was durchs Andre , da haben wir Vermittlung , Beziehung , daß 7 ihren Halt … Dingen ;] ErWl : nicht für sich selbst sind , sondern vermittelst eines Anderen , am Ding ihr Subject haben . 8–9 nun die … Verhältnisse ,] ErWl : Verhältniß vor uns , Vermittlung , (nicht mehr das Unmittelbare) 10 aber von … sind .] ErWl : eine ist die wesentliche und die andere hat ihr Seyn nur vermittelst der Anderen , diese letztere gehört der Empfi ndung an . 10–15 hat nun … hier] ErWl : in dem es diesen Gegenstand hat ist hier Wahrnehmen genannt . das Bewußtseyn hat sich verändert die Frage ist ob das Gewordene Wahrnehmung heiße . [dieses heißt : sich mit einem Gegenstande bemühen ,] Wl : Wahrnehmen heißt das Bewußtseyn , das über die Sinnlichkeit hinausgegangen ist , und sich um einen Gegenstand bemüht ,] das Wa h r e [desselben] Wl : desselben , ihn in seiner Wa h r h e i t zu] n e h m e n , nicht bloß ihn als ein Sinnliches Unmittelbares [wissen .] Wl : zu wissen , sondern als in sich vermittelten und in sich reflektirten . ] / § 420 .21 . Bei der Wahrnehmung gehn wir 16–18 wissen will , … sie] ErWl : den Gegenstand im Bewußtseyn haben will wie er in der That ist , man nicht | bei dem Unmittelbaren des Bewußtseyns stehn bleiben müsse , sondern die Gegenstände nehmen wie sie vermittelt sind und reflectirt in sich . Der Gegenstand als reflectirt in sich ist , daß 1 . 18–19 haben und … e i n ] ErWl : sind , die 2 . in Beziehung stehn , 19–769,1 dadurch ist … d e r ] ErWl : dann ist die Unmittelbarkeit verschwunden , indem sie in Beziehung stehn bedarf eins des andern , die e i n e Bestimmung ist 5 Seele] Lesart unsicher

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d e r R e f le x ion i n s ich s e l b e r , und dann die bestimmung d a s Re f le c t i r t s e i n i n A nd re s ; das Subject ist in sich reflectirt , das Ding hat aber seine Reflexion in sich an einem andren . Die Wahrnehmung ist nun so eine Verbindung von 2erlei Arten von bestimmungen , von s i n n l i c h e n Empfindungen , Stoff und vo n G e d a n ke n b e s t i m mu n g e n . das bewußtsein ist nicht mehr das , daß etwas ist , sondern daß es gewiß ist , so und so . – Ich habe eine bemerkung über diese Stufen zur Kantischen Philosophie gemacht . die Kantische Philosophie hat bestimmt die Thätigkeit im bewußtsein zum Gegenstand , nicht den Geist an und für sich ; sie sucht in Objecten zuerst das abzuscheiden , was sinnlich ist , und da sind dann übrig die Kategorien , deren Grundbestimmungen wir gesehen haben : diese bestimmungen sagt sie gehören dem Ich dem Denken an , in sofern heißt sie Idealismus und ist als solche der lockischen Philosophie entgegen gesetzt ; über diesen Idealismus walten aber viele Mißverständnisse ob . Man sagt die Kantische Philosophie oder die Philosophie überhaupt behauptet : daß die Gegenstände nicht selber seien , sondern daß ich die Gegenstände mache , sie mir erzeuge ; das sieht wie Narrheit aus und mit Recht ; denn wir sind es nicht , die es machen , was sich um uns findet , wir sind ja unfrei in diesem Verhältniß zu diesen Gegenständen . Aber das behauptet der Idealismus nicht ; d e r e i ne T h e i l dieses Inhalts (von dem Object) gehört der Empfindung an , | ist in so fern etwas subjectives , aber nur in dem Sinn : daß dies Empfindungsbestimmtheit überhaupt ist ; diese ist in uns , aber indem wir nur als

1–2 s i c h s e l b e r , … ist] ErWl : sich , die z we i t e [in] Wl : ein] Anderes . das ding ist für sich , 2 das Ding … seine] ErWl : aber die Eigenschaft ist eine solche Bestimmtheit die ihre 3–7 andren . Die … gemacht .] ErWl : Andern hat . die Farbe z . b . ist nicht in sich reflectirte sondern in einem andern , dem ding vermittelt durch das ding , und das ding hat Selbstständigkeit . / der Inhalt der Wahrnehmung ist auf diese Weise eine Verbindung von Bestimmungen der Unmittelbarkeit , [ Empfi ndung] Wl : von sinnlichen Bestimmungen , Empfi ndung] und Gedankenbestimmungen – Etwas und die Art und Weise des Verhältnisses dieser Bestimmungen . Wir wissen daß Etwas bestimmt ist so und [so .] Wl : so . – und das Bewußtsein ist in seinem sinnlichen Verhalten hier zugleich thätige Reflexion in sich . – damit ist seine Identität mit dem Gegenstand nicht mehr die abstrakte der G e w i ß h e i t , sondern die b e s t i m m t e , ein W i s s e n . /] 7–8 bestimmt die Thätigkeit] ErWl : besonders die Thätigkeit des Ich 8–10 den Geist … haben :] ErWl : was der Geist an und für sich ist . die Kategorien bleiben dem Bewußtseyn von allem andern nur übrig . 11 sagt sie … an ,] ErWl : sollen nun dem denken , dem Ich angehören . 11 sie] ErWl : seine Philosophie 12–18 über diesen … nicht ;] ErWl : Hier walten Mißverständnisse ob . »den Gegenstand setze ich und es hängt von meinem Willen ab was ich vor mir habe« – das ist der gewöhnliche Mißverstand über den Idealimus . Jenes gibt man mit | Recht für Narrheit aus . Die Dinge fi nden sich von selbst so wie wir sie fi nden und wir sind darin unfrei . 18 dieses Inhalts … Object)] ErWl : der Objecte 19 etwas subjectives ,] ErWl : subjectiv , 20 ist 2 ] ErWl : sind 20–770,1 nur als fühlende] ErWl : nur

1–3 dann die … in durch Längsstrich am rechten Rande hervorgehoben und mit Fragezeichen versehen 40 26–28 – Etwas und … so . – bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande

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fühlende als Seele sind , sind diese bestimmungen unmittelbar , gegeben ; sie sind so ; die Formen der Subjectivität und Objectivität haben nichts damit zu thun . In der Empfindung also s i n d wir überhaupt so – und dieses , daß wir so auf natürliche Weise bestimmt sind , das ist diese Seite der Äußerlichkeit im Verhältniß zu unsrer Freiheit , das Feld der Unfreiheit , der äußerlichen Nothwendigkeit . d i e a n d r e S e it e i s t nun die der Kategorien , nach welcher der Gegenstand ein Nooumen ist . Gedankenverhältnisse , diese gehören allerdings uns auch an ; denn wir sind denkende ; wir beziehen uns auf den Gegenstand (wir , ich) dieses ist zugleich eine beziehung des Gegenstandes auf uns ; dieses Nichtunsere ist in uns und durch uns bestimmt ; wir sind dabei als thätig , die Thätigkeit bestimmt aber . Nun sind aber | diese bestimmungen nicht willkührlich : sondern gehören den Gegenständen des Denkens an ; es sind ebenso nothwendige bestimmungen . Diese Nothwendigkeit ist dann aber das , was wir das Objective nennen . Das a n s i c h Objective (wie Kant es auch nennt) ohne den Gegensatz zwischen Subject und Objekt . Aber diese gegebenen Dinge nun zu finden ist nicht anders möglich , als daß wir das bestimmende sind ; obgleich wie gesagt wir nicht willkührlich dabei setzen . Ich setze dieses nicht willkührlich , sondern bestimme es nothwendig . Ich bin frei bei meinen bestimmungen und es ist nothwendig . Dies ist eine wichtige Einsicht , die von der Kantischen Philosophie ausgegangen ist im Gegensatz gegen die Lockische Philosophie oder gegen die französische Idiologie ; diese hat diese Ansicht : daß wir von Außen her erst alle Gedanken bekom1 diese bestimmungen … so ;] ErWl : es unmittelbare Bestimmtheiten , wir s i n d so das ist so , das ist nicht von uns gemacht . 2 nichts damit] ErWl : da ganz und gar nichts 3–4 und dieses , … sind ,] ErWl : das ist die Seite unsres Bestimmtseyns . daß wir so bestimmt sind auf unmittelbare Weise 5 Unfreiheit , der … Nothwendigkeit .] ErWl : äußerlichen Nothwendig keit , Unfreiheit . Hier ist kein Setzen von uns 6 Kategorien] ErWl : Kategorie 7 ist . Gedankenverhältnisse , … allerdings] ErWl : ist , d . h . ein System von Gedankenbestimmungen . das sind Gedankenverhältnisse somit gehen sie 8 (wir , ich) … eine] ErWl : und dies ist 9 uns ;] ErWl : uns d . h . und ] ErWl : damit 10–11 thätig , die … diese] ErWl : [ Thätige] Wl : Thätige ;] also das sind allerdings unsre 11 nicht] ErWl : aber nicht den Gegenständen] ErWl : der Nothwendig keit 12 es sind … Diese] ErWl : Aber diese 13–14 aber das , … nennt)] ErWl : die objective wie auch Kant es nennt , die an sich objective , jedoch 14–15 zwischen Subject … als] ErWl : von Subjectivem . das Noumen zu fi nden geschieht so 16–18 sind ; obgleich … nothwendig .] ErWl : sind , anders ists nicht möglich . diese nothwendige Thätigkeit und das Setzen als Willkühr verwechselt man gewöhnlich . Das ist also ein Objectives . 19–771,6 von der … ist 2 ] ErWl : Kant der Lockeschen Philosophie und der sogenannten Ideologie entgegensetzt , daß wir im Gedanken eben so wie in der Empfi ndung nur äußerlich sollen afficirt seyn . das ist also das Verhältniß auch bei Kant . Seine Philoso|phie faßt diese Gedankenbestimmungen in der Kategorie der Allgemeinheit und Nothwendigkeit und hat beide das Objective , das der Empfi ndung angehörige das Subjective genannt . das ist richtig , das Zufällige ist das Subjective . die Allgemeinheit ist zunächst 13 ist] dies

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men ; wir verhalten uns ganz passiv , werden afficirt , wie bei der Empfindung ; (aber so ist es bei dem Ich nicht mehr , dieses ist der erste Punkt des Frei seins) die Kantische Philosophie hat nun also jene Gedankenbestimmungen in 2 bestimmungen , Kategorien zusammengefaßt die Nothwendigkeit und Allgemeinheit . (das Objective und Subjective) (das zufällige nennen wir auch das subjective) Das wahrhaft Objective ist die Allgemeinheit und Nothwendigkeit ; Allgemeinheit ist Gleichheit mit sich selbst aber zugleich Einheit ; es ist nicht in der Empfindung ; also auch nicht in den äußerlichen Dingen , in welchen nur Einzelheiten sind ; die Form der Allgemeinheit ist nicht die in der äußerlichen unmittelbaren Existenz ; das Allgemeine ist nur i n uns . Ebenso die Nothwendigkeit , die enthält ein Ur theil ein Unterscheiden in der Allgemeinheit ; sie ist aber auch beziehung auf sich , Untrennbarkeit aber von solchen , die unterschieden sind ; z . b . auf Verbrechen folgt Strafe , das ist nothwendig , sie sind untrennbar mit einander verbunden , und doch 2 verschiedene Weisen der Existenz (Untrennbarkeit ist Einheit , Identität) so ist also die Nothwendigkeit auch nicht im sinnlichen des Wahrnehmens . In der Empfindung ist aber noch nicht Allgemeinheit und Nothwendigkeit , sondern erst beim Ich . Das ist also die Stufe des Wahrnehmens . Durch Wahrnehmen machen wir E r f a h r u n g . | Wahrnehmung ist eine Verbindung von Sinnlichem und reinen G e d a n ke n bestimmungen . Erfahrung muß unterschieden werden von bloß sinnlichem Wahrnehmen ; ich habe die Sonne etc . gesehen dafür wird man nicht sagen : ich habe es erfahren , aber wohl ich habe es wahrgenommen . Etwas in seiner Einzelheit auffassen ist nicht Erfahrung ; die Erfahrung muß constant sein , allgemeines muß Nothwendigkeit in sich enthalten , es sollen 2 darin sein die verbunden sind , die aber i m m e r sich verbunden zu einander verhalten sollen | Es gibt diese und diese Thiere , d . h . diese Gattung , das ist eine Erfahrung ; aber nicht das , daß man irgendeinmal e i n solches Thier gesehen hat . die Physik z . b . ist eine Erfahrungswissen schaft ; sie werfen sich oft vor , sie seien bloße Wahrnehmungen ; damit thun

7 selbst aber … nicht1] ErWl : selbst . das ist nicht so 7–10 also auch … enthält] ErWl : die Nothwendigkeit vielmehr ist 10–14 ein Unterscheiden … auch] ErWl : einen Unterschied in der Allgemeinheit enthaltend , wesentlich Untrennbarkeit von Unterschieden . Verbrechen und Strafe sind so untrennbar verknüpft , Raum und Zeit sind [untrennbar] Wl : untrennbar . –] die Nothwendigkeit ist 15–17 Wahrnehmens . In … also] ErWl : Wahrnehmens , hier ist nur gesetzt Verknüpfung des Neben und Nacheinanders und das ist etwas ganz Andres als Nothwendigkeit . Sie sind erst auf der ersten Stufe des Bewußtseyns . – das , womit wir es gegenwärtig zu thun haben , ist 17 Wahrneh men] ErWl : sie 17–18 E r f a h r u n g .] ErWl : Erfahrungen . 18–27 reinen G e d a n k e n bestimmungen . … damit] ErWl : Gedankenbestimmungen , das ist nun Erfahrung überhaupt . Wahrnehmung ist noch nicht Erfahrung , h i e r fodern wir , es soll eine Wahrnehmung seyn die zugleich allgemein ist und diese Erfahrung soll Nothwendigkeit haben , beide Bestimmungen (in ihr) sollen sich immer als verbunden zeigen , das erst macht die Erfahrung . das ist wesentlich , diese Einsicht zu haben , daß die Erfahrung nicht nur sinnlich ist . Eine Erzählung von einzelnen sinn-

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sie sich aber großen Schaden . Die Wissenschaft ist nicht eine Sammlung von einzelnen Wahrnehmungen ; sondern sie ist dies : daß sie sie zusammengefaßt hat in etwas allgemeinem , d . h . über diese Wahrnehmungen gedacht zu haben . Da wo aber Gedanken sind , da fängt die Domäne der Philosophie an ; so fern die Er|fahrungswissen schaften Gedanken enthalten , so laden sie die Philosophie ein auch dabei zu sein . Wenn es einen Streit darüber gibt , so ist es der , daß man fragt w ie g e d a c ht wird ; ob die Gedankenbestimmungen berechtigter Art seien ; das kritische ist dann , diese bestimmungen selbst zu untersuchen . Wenn sie also in der Er fahrungswissenschaft reden von Ursache und Wirkung , Gattung , Zusammenhang so fragt sich ob sie das Alles recht anwenden . Man sagt freilich die Denkbestimmungen habe jeder Vernünftige ; er gebrauche sie ganz recht ; aber dahin ist noch sehr weit . Die Erfahrungswissenschaften enthalten oft mehr Metaphysik als sie wissen[ .] § 421 . ist nun der Übergang von diesem Wahrnehmen in den eigentlichen c . Ve r s t a nd bemerklich gemacht . Die Wahrnehmung ist also Verknüpfung von Einzelnem und Allgemeinem , eine Vermischung überhaupt . Das sind heterogene Elemente , und da bleibt es nicht bloß bei der Vermischung , sondern es kommt zum Widerspruch , worüber die Erfahrungswissenschaften keine Kunde haben ; sie gebrauchen sie ganz unbefangen . die Entwicklung dieses Widerspruchs ist nun eine Sache , deren Ausführung der Logik angehört ; hier ist nur der Widerspruch des Mittelpunktes angegeben . Wenn wir sagen : die Dinge sind einzeln ; ein Ding ist eins ; aber dies Ding , das eins ist , hat viele Eigenschaften ; das ist eine Mannigfaltigkeit an den Dingen die eins sind . Die

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lichen Wahrnehmungen z . b . ist nie Physik , sondern dazu gehört noch das Allgemeine . Wenn die Erfahrungswissenschaften nur Wahrnehmungen seyn wollen , so 1–3 aber großen … Wahrnehmungen] ErWl : darin Unrecht : Auf Sehen Hören pp erbaut sich keine Wissenschaft , sie ist das über die sinnlichen Einzelheiten 3–4 Da wo … da] ErWl : da 4 an ; so … die] ErWl : aber an wo Gedanken sind . Dadurch daß nun in allen 5 enthalten , so … ein] ErWl : sind , dadurch berechtigen sie die Philosophie , 6–8 daß man … zu] ErWl : ob dieses und jenes denken was gebraucht wird auch richtiger Art ist und die Philosophie muß diese Gedankenbestimmungen dann 8–11 also in … Die] ErWl : von Ursache p Einfachheit p sprechen so kritisirt die Philosophie diesen Gebrauch . der ganze Unterschied zwischen beiden dreht sich also um der Kategorien Anwendung . der naturalistische Gebrauch derselben muß streng und kurz gehalten werden , die 12 enthalten oft] ErWl : aber enthalten 12–13 wissen[ .] § 421 . … nun] ErWl : meinen . / das ist also überhaupt die Natur des Wahrnehmens . / § 421 . ist 13–15 diesem Wahrnehmen … Verknüpfung] ErWl : der Wahrnehmung zum Verstand enthalten . Wahrnehmung ist Verknüpfung des Sinnlichen und Geistigen , 17 da bleibt … es2 ] ErWl : es Widerspruch ,] ErWl : Widerspruch unter diesen Kategorien selbst , Widersprüche 18–19 keine Kunde … unbefangen .] ErWl : in ihrer Unbefangenheit kein Bewußtseyn haben . 20–21 ist nun … angehört ;] ErWl : in den Kategorien gehört der Logik an . 21–22 des Mittelpunktes … sagen :] ErWl : der anzugeben ist : daß wir also sagen 1 . 22–23 einzeln ; ein … sind .] ErWl : einzelne , sind Objecte und 2 . das ding hat Eigenschaften . diese

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Eigenschaften sind nun aber nichts Selbstständiges ; diese Unterschiedenheiten sind nichts für sich sondern nur a m Dinge . Da kommt aber gleich der Widerspruch : das Ding ist selbstständig , die Eigenschaften häriren nur ; nun sind aber doch die Eigenschaften die , die in die sinnliche Wahrnehmung fallen , das Ding selbst nicht ; was man wahrnimmt ist nun der Grund der Erfahrung ; dieser Grund muß nun bestehen und dieses ist die Substanz eines Dings ; also die Eigenschaften sind die Substanz selbst ; also sagt man ein baum ist ein O bj e c t Ding , ein Gegenstand | ich kann ihn in viele Theile zerlegen und sie sind alle Dinge , unendlich viele selbstständige Theile ; die Eigenschaften machen wir nun so zu Materien ; dieser Gegenstand ist warm , die Wärme ist also Materie ; so geht das durch ; alle Eigenschaften machen wir wieder zu solchen , die selbstständig sind ; die Eigenschaften sind die Materie , aus d i e s e r besteht das Ding . Die Einheit des Mannigfaltigen ist aber nur das ganz oberflächliche Auffassen und Denken ; die Einheit ist selbst sehr mannigfaltig bestimmt . Dagegen Philosophie enthält eigentlich weiter nichts als die verschiedenen bestimmungen der Einheit aufzufinden . Die Materie ist nichts was ich aus der Wahrnehmung aufnehme ; die Wärme finde ich nur als selbstständige Materie ; ich finde sie immer nur an Gegenständen ; die Materie ist nichts Empirisches ; daß ein Ding warm ist , erfahre ich freilich , aber daß ein Ding Wärme ist kann ich nicht erfahren ; ich treffe es nur an in einem Complex mit anderen . Die Materien sind also durchs Denken zubereitete bestimmungen , die der Verstand isolirt . Man sagt

Vielen sind das Mannigfaltige an dem dinge welches eines ist . 1–4 nichts Selbstständiges ; … die1] ErWl : nicht selbstständig sondern nur das ding . So werden die Qualitäten zu Accidenzen . doch fallen diese nur 4–5 fallen , das … der 1] ErWl : nicht in das ding selbst . das aber was in die sinnliche Wahrnehmung fällt , soll den 5–9 Erfahrung ; dieser … Theile ;] ErWl : Erfahrung ausmachen , und die Substanz des dinges seyn . die Eigenschaften müssen also als fest ausge|sagt werden und 9–13 machen wir … Denken ;] ErWl : kommen dann zu der Ehre , Materien zu seyn , einzelne Stoffe . Alle Eigenschaften werden so fest . das ist der Widerspruch denn nun sind die Eigen schaften das Bestehende und nicht das Ding . Das Wahrnehmen indem es einerseits sinnliche Wahrnehmung , andrerseits Denkbestimmungen ent|hält zeigt in sich Gegensatz und Widerspruch zu haben – Ding und Mannigfaltigkeit , Unterschied . die Eigenschaft unterschieden von der einfachen Einheit der Dingheit , wird für sich genommen als unterschiednes , Selbstständiges und heißt so Materie . Es handelt sich darum wie dies Mannigfaltige sich verhält zur Einheit , wie dies sich bezieht auf anderes (denn darin liegt die Einheit) 13–14 selbst sehr … Dagegen] ErWl : noch das ganz ober fl äch liche , sie ist selbst von sehr mannigfachen Bestimmungen , die ganze 14 eigentlich weiter nichts] ErWl : nichts andres 15 bestimmungen] ErWl : Arten 15 aufzufinden . Die … ich] ErWl : aufzuzeigen . – Man muß wissen daß die Materien nichts sind was man 16–18 aufnehme ; die … ist 2 ] ErWl : hat . d a habe ich wohl Helles , Kaltes Warmes pp aber Licht Wärme habe ich da nicht als etwas Selbstständiges vor mir sondern nur als Wärme dieser Körper . Daß Wärme etwas für sich bestehendes ist , 19 in] ErWl : schlechthin in mit] Er : von vielem Wl : mit vielen 20 der Verstand] ErWl : die Vorstellung 3 häriren] Lesart unsicher

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in der Physik : man kanns sich nicht anders erklären ; man kann dies und das nicht annehmen . Das ist beides aus der Reflexion entstandenes und nichts aus der Erfahrung . Die Materie schließt nun ein andres aus ; im Gold selbst ist auch das Gold nicht , – es hat Poren , da ist es leer von Gold ; da steckt die warme Materie drin ; und die ist auch porös und da steckt wieder andre Materie drin . Das ist auch Reflection ; Poren kann man einem nicht äußerlich zeigen ; im Holz gibts Poren allerdings ; aber allgemeine Poren (Negation) sind nur Gedankenbestimmungen , Werke der Reflexion – D a s ist der Hauptwiderspruch in der Erfahrungswissenschaft , dass man das alles der Erfahrung zuschreibt . Die unmittelbare Folge im begriff ist : daß d i e s e s S i n n l i c h e wenn die Reflexion so darauf angewendet wird , ausgesprochen wird als nicht an sich seiend , a l s E r s c he i n u n g . Diese verschiedenen Erscheinungen sind also nicht für sich selbst bestehend ; das Fürsichselbstbestehen kann man aber nicht aufgeben . Ich habe gegen mich ein Sein ; wenn dieses Sein nur Erscheinung ist so liegt ihm doch etwas Wahres sagt man , zu Grunde ; also einmal der Stoff als Erscheinung und dann als Erscheinung , die aber verschieden ist von dem unmittelbaren sinnlichen . Dieses wahre Sein nennt man das I n n r e der Dinge , und die Erscheinung das Äu ß e r e . Also 1 . , der sinnliche Stoff an sich 2 . Verflechtung der Reflexion in diesen sinnlichen Stoff . 3 . das Abtrennen des Seienden von diesem Stoff , das Innre der Dinge ( d e r Ve r s t a n d ) De r Ve r s t a nd geht also auf das Innre der Dinge , das nicht aufgenommen wird , aber doch wesentlich mit der Erscheinung zusammenhängt . Dieses Innere der

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1–9 kanns sich … zuschreibt .] ErWl : muß dergleichen annehmen , sonst ist es nicht zu erklären , es ist das Annehmen von Innen , von der Reflexion . In der Wahrnehmung hat man z . b . Gold , wo eine Materie ist kann die andre nicht seyn und so steckt der Wärmestoff in den Poren . dieser Stoff oder Materie ist wieder porös , [so] Wl : und es] steckt in ihr die electrische . Indem sie verbunden sind muß das Eine nicht seyn , wo eine Materie ist , die andre nicht . Poren sind nur Gedankendinge , Reflexionen die nicht existiren . | das ist dieser Widerspruch . 10 im begriff ist :] ErWl : ist 11 nicht an … seiend ,] ErWl : solches das nicht an sich ist , 12–13 Diese verschiedenen … Fürsichselbstbestehen] ErWl : Das nächste Resultat ist so daß das Wahrgenommene nur ein sich widersprechendes sich aufhebendes ist , nichts für sich selbst bestehendes – [ Erscheinung] Wl : Erscheinung . –] das für sich selbst bestimmtseyn 14–16 wenn dieses … aber] ErWl : ich mache mich gegenständlich , setze das hinaus , es ist der Gedanke der sich als NichtIch , Negatives seiner voraussetzt . diese Erscheinung ist nicht das Wahre , aber das Wahre ist doch , das Wahre ist verschieden davon aber es i s t doch . da hat man diese Verdopplung 1 . diesen Stoff als nichtSeyn , als Erscheinung 2 . ihn als Seyn , das 17 wahre Sein] ErWl : Wahre 17–18 die Erscheinung … 2 .] ErWl : das Äußere dagegen heißt die Erscheinung . das ist die dritte Bestimmung 1 . das Bewußtseyn 2 . die 19–22 das Abtrennen … Dieses] ErWl : die Abtrennung des Innern von diesem Stoff . / das Bewußtseyn [ist] Wl : dieses Gegenstandes , das Bewußtseyn ist] so was man gewöhnlich den Verstand nennt . dieses Innere , die einfache ruhige Substanz aber wesentlich zusam|men hängend mit dieser Erscheinung . der Gang war , daß der logische Inhalt sich von der Bestimmung der Erscheinung getrennt zu diesem

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Dinge ist nun auch ein bestimmter Inhalt . | Es kommt besonders vor in der Form der K r a f t und der bestimmtheit derselben : G e s e t z . die Erscheinung ist reflektirt in dieses Innre ist mannigfaltig aber so mannigfaltig als der Widerspruch im Innren ist ; im Innren ist die Einheit , die beruhigung des Widerspruchs , der innre Zusammenhang , die Nothwendigkeit ; die Gesetze liegen nicht oben auf der Erscheinung , es hat viel Nachdenken und Anstrengung gekostet sie zu finden ; sie sind gegenwärtig in der Erscheinung , die Gegenwart muß ihr entsprechen ; sie sind regierend in der Erscheinung . Aber sie sind nicht nach der Weise der Erscheinung , denn diese hat wesentlich den Widerspruch ; das Gesetz ist aber einfache Nothwendigkeit ; es gehören 2 bestimmungen dazu , die eine und die andre , die beide untrennbar sein müssen . Und diese Untrennbarkeit ist die Nothwendigkeit . Solches Gesetz ist der Magnetismus , in dem das Unterschiedene absolut verknüpft ist ; wo ein Nordpol ist muß auch ein Südpol sein ; das Sein des Nordpols ist ebenso unmittelbar sein Nichtsein , nämlich das des Südpols . So ist das Gesetz gegen wärtig in der Erscheinung ; es ist nicht dahinter ; das Wesen und Gesetz hinter der Erscheinung wäre gar keins . Was in der Erscheinung sich zeigt , ist das Gesetz ; Erscheinung ist die Manifestation des Gesetzes ; das Gesetz kommt zur Erscheinung . So hat sich der Gegenstand dem bewußtsein bestimmt was in der Logik weitläuftiger entwickelt ist ; so bestimmt sich das Subject an ihm selbst ; das ist die Vernünftigkeit des Objects .

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1 ist nun … ein] ErWl : ein Es] ErWl : dieses Innre der 2 ] ErWl : von 2 der bestimmtheit … G e s e t z .] ErWl : Gesetz . 2–4 reflektirt in … ist ;] ErWl : wesentlich ein Mannigfaltiges oder reflectirt in das Innre , ein Unterschied im Innern . dieser Widerspruch ist 4–5 ist die … auf] ErWl : beruhigter Widerspruch , ist Zusammenhang der Nothwendigkeit ist = Gesetz . das Gesetz selbst liegt nicht auf der Oberfl äche 6 es hat … sie2 ] ErWl : sondern es kostet viel Mühe es zu fi nden . diese Gesetze 7–8 Gegenwart muß … Aber] ErWl : Erscheinung muß ihnen widersprechen . Sie haben 1t e n s die einfache Existenz als Gesetz aber 8 nach der Weise] ErWl : hinter 8–9 denn diese … wesentlich] ErWl : sondern sie dirigiren die Erscheinung , es kann in dieser nichts geschehen , | was nicht im Gesetz ist . Die Wahrnehmung enthält nur 9–10 aber einfache … gehören] ErWl : der 1t e Widerspruch , 10–11 dazu , die … Nothwendigkeit .] ErWl : die von einander untrennbar sind , das ist Nothwendigkeit , diese Untrennbarkeit von Unterschiedenen . 11–12 der Magnetismus , … ist ;] ErWl : im Magnetismus , 13 muß auch … sein ;] ErWl : ist Südpol , das Seyn des Einen ist Seyn des anderen , wenn das eine ist , hat man unmittelbar das Andre damit . unmittelbar] ErWl : sehr 14–15 nämlich das … dahinter ;] ErWl : [sondern Seyn] Wl : Seyn] des Südpols , das Seyn der positiven Electricität eben so ihr Nichtseyn , Seyn der negativen Electricität . 15–16 hinter der … Was] ErWl : das nicht in der Erscheinung wäre , würde gar nicht Gesetz , Wesen seyn , was 16 Erscheinung 2 ] ErWl : sie 17 Gesetz kommt … Erscheinung .] ErWl : sinnliche daseyn ist nichts Andres als daß das Gesetz sich äußerlich macht . 18 dem bewußtsein … ist ;] ErWl : des Bewußtseyns bestimmt , es ist der logische Fortgang der Nothwendigkeit , der logische Gang ist vom [abstracten] Wl : Abstrakten ,] Unmittelbaren zur Nothwendigkeit , 19–776,3 Subject an … Übergang] ErWl : Object selbst . das

20 Resultat , welches das Innre ist . Sofern es Resultat ist , ist dieses

25 25

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1 besonders] folgen einige unleserliche Zeichen

30M Wir setzen … Gesetz Er] vermutlich von anderer Hand

140Er Wir setzen den Widerspruch , Gesetz Er

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Das bewußtsein das nun solchen Gegenstand hat ist Ve r s t a n d W i s s e n bewußtsein d e s G e s e t z e s , die No t h w e n d i g k e it . Von dieser 3t e n Stufe ist nun der Übergang zum S e l b s t b e w u ßt s e i n gemacht ; dieser ist in uns . 2 . D a s S e l b s t b e w u ßt s e i n .

50r Sg

111Wl 141Er

Wir haben Unterschiedenes , die aber Einheit sind , koncrete Einheit , in der der Widerspruch auch ist , aber als aufgehoben , und nicht mehr die Einheit des Mannigfaltigen , eine Einheit welche in ihrer bestimmung das Unterschiedene . So haben wir also diesen Unterschied , der unmittelbar aufgehoben ist , der einer ist der keiner , und dessen aufgehoben sein nicht Null ist , sondern das Affi rmative . Das gehört zum Innersten des begriffs ; es ist schwer dahin zu gelangen ; wenn man aber weiß , daß die Wahrheit hierin ist , so hat man den Schlüssel zu aller Erkenntniß . – Also wir hatten I c h und N i c ht I c h das Negative meiner ; jetzt ist der Unterschied keiner mehr ; | das Sinnliche enthält den Unterschied , wenn er nur im Verstand ist , wonach jedes Unterschiedene ein Selbstständiges ist ; hieraus ist eben der Verstand so schwer hinaus zu bringen . Die Erfahrung recht aufgefaßt , zeigt aber auch dasselbe , was im begriff ist . Das bewußtsein beruht nun auf dieser ersten Annahme daß ich

Object ist Vernünftiges , ein Bestimmen und Bewegung seines Bestimmens . das Gesetz ist ein besonderes Gesetz , hat sich gegenüber ein anderes Gesetz zu seiner Bedingung . die Welt der Erscheinung wird versucht gefaßt zu werden als Reich , Systematisirung somit der Gesetze . das ist die dritte Stufe . Von dieser ist der Uebergang § 423 gemacht 3–7 gemacht ; dieser … die] ErWl : im Begriff , für uns , an sich daß das Bewußtseyn wesentlich Selbstbewußtseyn ist . Wenn wir betrachten was wir in der Nothwendigkeit , im Gesetz haben , so haben wir zwei Unterschiedne untrennbar [verbunden] Wl : verbunden .] die Einheit dieser Unterschiednen ist keine abstracte leere , sondern bestimmte Einheit . Bestimmtheit ist Unterschied . Einheit von Unterschiednen ist der Begriff überhaupt . – | da ist der Widerspruch auch darin aber zugleich als aufgehoben . das ist | eine ganz andre Einheit als die vorige 8 eine Einheit] ErWl : hier ist Einheit , die nur ist , dies Unterscheiden unmittelbar selbst zu seyn , 8–13 das Unterschiedene . … I c h ] ErWl : hat diesen Unterschied selbst , nur ist dies dirimiren , in dem der Unterschied i s t und keiner ist , aufgehoben ist , daß das Resultat diese Untrennbarkeit ist , – Unterschied aufgehoben in der Einheit und Einheit Unterschiedener , die gehören zur Einheit . / Betrachten wir den Standpunkt auf dem wir waren so hat das Bewußtseyn nur darauf beruht – Ich und ein Andres , 13–16 ist der … bringen .] ErWl : fi nden wir daß der innere Unterschied d . h . der wahre Unterschied , kein Unterschied ist . darüber ist der Verstand so schwer hinauszubringen daß der Unterschied nichts Selbständiges ist , man sagt wohl positive Electricität beziehe sich auf negative , aber die Erfahrung gibt immer die Untrennbarkeit beider 16 recht] ErWl : wahrhaft 16–17 aber auch … ist .] ErWl : was der Begriff ist . Es ist auch eine Stufe der Reflexion des Unterschieds als solchen , diese zeigt sich auch im Raum , Unterschiedne neben einander aber es kommt auch hier zu dieser Form wahrhafter Existenz . 17–777,1 beruht nun … (Ich)] 10–12 gehört zum … Erkenntniß durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

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(Ich) bin und der Gegenstand auch ist ; indem nun aber dies Ansich die bestimmung des Objectiven , des Gegenstandes und des bewußtseins ist , so ist auch der Gegensatz von bewußtsein , der Gegensatz verschwunden . Indem nun aber 2 . das bewußtsein bleibt das Ich als dieses thätige Ausschließen , so hat es noch einen Gegenstand , das Ausschließen durch sich ; aber dieser Gegenstand ist ein mit ihm selbst Identisches , wodurch kein Unterschiedenes mehr ist ; es scheint ihm eine andre A r t des b e w u ßt s e i n s z u sein , wo es einen Gegenstand hat , in welchem das Unterschiedene nicht ein Unterschiedenes ist , das ist das S e l b s t b e w u ßt s e i n : ich weiß von mir , ich unterscheide mich von mir , ich bin mir der Gegenstand , ein andres ; aber ich nehme unmittelbar diesen Unterschied wieder zurück . Es gibt kein bewußtsein ohne Selbstbewußtsein ; das Selbstbewußtsein ist die Wahrheit des bewußtseins . das Kind weiß von allen Dingen um sich , endlich kommts dazu : Ich zu sagen ; das ist eine besondre Stufe des Kindes . Fichte hat als sein Sohn zuerst ich gesagt , ein großes Fest angestellt . das Selbstbewußtsein kommt keinem Thiere zu , sondern nur einem denkenden Wesen . An jedem Gegenstand scheiden wir nun das Sub s t a n t ie l le in demselben (etwa Eigenschaften) z . b . der Körper ist : s c hwe r ; das ist aber eigentlich keine Eigenschaft , es ist seine substantielle Natur selbst ; ebenso beim Selbstbewußtsein : die beziehung des Ich auf das Ich in ihm nennen wir F r e i he it : in welcher

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ErWl : beharrt darauf daß Ich 1 auch ist ; … Ansich] ErWl : auch , beide selbstständig sind . Indem 2 und ] ErWl : wie 2–3 so ist … Gegensatz2 ] ErWl : daß der Unterschied keiner ist , ist der Unterschied von Bewußtseyn und Gegenstand 4 bleibt das] ErWl : bleibt , ist das Ich ausschließend , thätige Ausschließen , so] ErWl : Thätige [ausschließende] Wl : ausschließend] , 4–5 Gegenstand , das … sich ;] Er : Gegenstand Wl : Gegenstand , 5–8 ein mit … ist ,] ErWl : ihm anders bestimmt , als ein unmittelbar mit ihm Identischer , daß es wohl ein Andres ist aber so daß dieser | Unterschied kein Unterschied ist . Für uns ist diese Form daß der Unterschied keiner ist , die Wahrheit . Sie kommt als besondre Art neben den andren Arten vor des Bewußtseyns (wenn wirs Art nennen können) 8–9 ich weiß … der] ErWl : daß ich mich von mir unterscheide , ich habe einen 10–12 ich nehme … ist] ErWl : unmittelbar ist dies zurückgenommen , daß dies ein Andres sei , der Gegenstand von dem ich weiß ist nicht unterschieden von dem das um sich weiß . / die Wahrheit des Bewußtseyns ist das [Selbstbewußtseyn .] Wl : S e l b s t b e w u ß t s e i n . / b .) D a s S e l b s t b e w u ß t s e y n / die Wahrheit des Bewußtseyns ist das Selbstbewußtsein , – »und dieses der Grund von jenem , so daß in der Existenz auch alles Bewußtsein eines andern Gegenstandes zugleich Selbstbewußtseyn ist . Der Ausdruck von diesem ist Ich = Ich ; – a b s t r a k t e F r e i h e i t , reine Idealität .«] Im Menschen kommt empirischer Weise diese Gradation vor . Kinder sprechen oft in der dritten Person von sich , fassen sie sich als Ich so ist das 13 zuerst] ErWl : zum erstenmale 14–15 das Selbstbewußtsein … Wesen .] ErWl : denken als | denkendes ist Ich . darin liegt unmittelbar , daß es für sich selbst ist . 15–16 scheiden wir … der] ErWl : unterscheiden wir die Substanz an demselben . Eigenschaft ist dafür ein unpassender Ausdruck . der 16–17 das ist … es] ErWl : das 17 Natur selbst ; ebenso] ErWl : Natur . Unter Eigenschaft stellt man sich etwa vor etwas Trüberes . Eben so 18 beziehung des Ich] ErWl : Beziehung 18–778,2 das Ich … entferne] ErWl : sich selbst ist Freiheit . Selbstbewußtseyn ist [[lacuna] der] Wl : abstrakte] Freiheit im Menschen Ich habe Bewußtseyn , im Selbstbewußtseyn bin ich nicht mehr bezogen auf anderes . Ich kann

20 itzt an sich

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142 Er

b . Selbstbewußtseyn 424 .Er b .Wl ; § 424Wl

112 Wl

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143Er

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die Unabhängigkeit von einem andren liegt ; in der Freiheit beziehe ich mich bloß auf mich , ich abstrahire mich , entferne mein Ich aus allen Schranken und mache es mir selbst zum Object . Ich bin ich das ist der Ausdruck der Freiheit ; es ist ein rein tautologischer Satz ; es ist nichts damit gesagt ; wenn von einem Gegenstand e t wa s gesagt werden soll , so muß etwas bestimmtes gesagt sein und nicht eine Wiederholung . dieser Satz : ich bin ich ist noch ganz abstract ; diese Freiheit ist noch abstract . Ich bin nicht befriedigt mit mir ; die bestimmung eines Unterschiedes muß noch hineingelegt werden ; es muß ein Unterschied da sein , das ist das Abstracte dieses Satzes ; die näheren bestimmungen sind die weiteren der Form des Selbstbewußtseins | Fichte geht vom Ich aus , = Ich = Ich ; wie dies sich nun zu einer Negation seiner bestimmt das ist eine logische Entwicklung der wir auch schon durch unsern Gang überhoben sind ; w i r sind nämlich zum Selbstbewußtsein gekommen durch Negation des bewußtseins ; es ist eine Abstraction , eine Freiheit , aber nur eine formelle so sehr sie als das absolute Unbedingtsein sich ausspricht , so ist sie doch bedingt ; sie ist ein Herkommen aus dem bewußtsein ; sie ist also wesentlich bezogen auf etwas andres . Wir haben also an diesem Selbstbewußtsein selbst schon diese beziehung auf ein andres . Es ist eine große Einsicht , daß man weiß alles Abstracte ist ein Abstractes von irgend e t wa s ; dies , wovon sie abstrahirt negirt wird , gehört selbst zu ihr , sonst kann sie nicht sein ; es ist erst die concrete Idee die dieses Etwas in ihr selbst hat , der diese bestimmtheit nicht mehr gegen 2–3 aus allen … es1] ErWl : entfernen aus allem Gegenständlichen und mich 3 Object . Ich … Freiheit ;] ErWl : Object machen . die Substanz des Selbstbewußtseyns ist die Freiheit Ich = Ich . Ich weiß von mir selbst , 4–6 rein tautologischer … ich 2 ] ErWl : tautologisches Seyn , keine Bestimmtheit gesetzt . diese Substanz 6–7 abstract ; … abstract .] Wl : abstrakt . 7–8 befriedigt mit … werden ;] ErWl : damit zufrieden nur Ich zu seyn , die menschliche Wirklichkeit ist über diese Substanz hinaus zu gehn , sie zu realisiren . | Der Unterschied des Bewußtseyns ist in dieser Substanz nicht befriedigt , 8–9 das Abstracte … Form] ErWl : die Abstraction , Mangelhaftigkeit der Substanz . die nähere Entwicklung wie dieser Unterschied gesetzt wird ist die weitre Explication der Stufen 10–11 Fichte geht … Entwicklung] ErWl : Das Selbstbewußtseyn ist zunächst nur Identität , wie kann aus dieser Bestimmung die Welt sich erzeugen ? Es ist in der Philosophie darum zu thun von etwas Gewissem auszugehn , we n n etwas gewiß ist so ist es die Gewißheit meiner selbst Wie Ich = Ich sich bestimmt zu einem Negativen wäre eine logische Bestimmung 11 auch schon] ErWl : zugleich 12–13 w i r sind … gekommen] ErWl : Wir kommen zum Selbstbewußtseyn 13–14 es ist … formelle] ErWl : das Selbstbewußtseyn ist diese Abstraction , die Freiheit aber die Freiheit noch ganz formal weil sie , 14 das absolute] ErWl : absolutes 14–15 so ist … Herkommen] ErWl : doch selbst herkommt 15–18 bewußtsein ; sie … Abstracte] ErWl : bewußtseyn nur durch dies Herkommen aus einem Andern , was Bedingung ist , wird . Alles Abstracte 18–19 ein Abstractes … sein ;] ErWl : eine Abstraction von Etwas und dieses Etwas [selbst nothwendig] Wl : selbst ,] zum Abstracten , es kann nicht seyn ohne das wovon abstrahirt wird 19–779,1 concrete Idee … auch] ErWl : in sich concrete Idee , wo das Etwas selbst enthalten ist in diesem Allgemeinen . die Idee hat dies Etwas , die Bestimmtheit in ihrer Beziehung auf sich selbst , die Bestimmtheit des Etwas steht ihr nicht mehr 18 Abstracte] Abstracts

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über steht . Darin liegt auch die Einseitigkeit eines solchen Anfangs mit Ich = Ich . Obgleich im logischen Gange man es wohl zuerst machen kann in dieser Form , in dieser Schranke des Ichs . Wir haben nun das Selbstbewußtsein hier in beziehung auf das bewußtsein . 425 . Das Selbstbewußtsein ist nun so zunächst der Widerspruch seiner ; es ist frei und doch abhängig : denn das bewußtsein bezieht sich auf etwas . Aber das Selbstbewußtsein ist selbst das bewußtsein über den Widerspruch seines bewußtseins . Das weitere ist , daß das Selbstbewußtsein selbst als welches es den Widerspruch in sich enthält , auch Gewißheit seiner selbst gegen die andre Seite gegen das bewußtsein ; das bewußtsein ist dies : zurückzugehn in das Selbstbewußtsein ; und es ist nicht bloß bewußtsein für das Selbstbewußtsein sondern auch dies , daß das , worauf das Selbstbewußtsein sich bezieht (sein bewußtsein) eine nichtige Seite ist , die es eben aufheben soll ; es soll seinen Widerspruch auflösen . dies unsrer Vorstellung näher gebracht ist : daß das Selbstbewußtsein d e r Tr ie b i s t s ich a l s d a s z u s e t z e n , was es an sich ist , wovon es schon die Gewißheit , bewußtsein ist , beziehung auf einen Gegenstand ; das ist auch Selbstbewußtsein ; es ist Trieb , begierde ; d i e b e g i e r d e hat einen Gegenstand , was ihr mangelt ist außer ihr ; die begirde ist das bewußtsein von einem Gegenstand , aber sie ist zugleich Gewißheit daß das , was für das bewußtsein ein Seiendes ist , ein an sich Nichtiges ist ; und das bewußtsein ist dann eben der Trieb diesen Schein aufzuheben und dies Andre identisch mit

gegenüber . In dem Aufgezeigten ist 1 eines solchen … mit] ErWl : des Standpunkts enthalten : 2–3 Obgleich im … Ichs .] ErWl : Ich = Ich indem es abstract , ist eine Form Bestimmtheit Schranke , es ist daher nicht Freiheit . die Freiheit ist nicht etwas Beschränktes . 3 nun] ErWl : daher hier] ErWl : aufzunehmen 5 so zunächst] ErWl : so 5–6 seiner ; es … Aber] ErWl : seiner als Freiheit und [seiner als Bewußtseyn |] Wl : seines Bewußtseins] dieses ist nicht frei , bezieht sich auf einen Gegenstand ist abhängig und | das Selbstbewußtseyn ist selbst Bewußtseyn des Widerspruches seines Bewußtseyns . das Selbstbewußtseyn ist frei in sich selbst und zugleich Bewußtseyn , verwickelt in diesen Widerspruch und 7 ist selbst das] ErWl : ist 8–9 weitere ist , … auch] ErWl : Selbstbewußtseyn ist aber weiter die 9–10 die andre … dies :] ErWl : das Bewußtseyn . Wir sehen daß das Bewußtseyn ist , sich aufzuheben , 10 es] ErWl : das Bewußtseyn 11 bewußtsein für] ErWl : für auch dies ,] ErWl : im Begriff des Selbstbewußtseyns liegt auch 12–13 ist , die … unsrer] ErWl : ist . Es ist also nur noch der Schein dieses Widerspruchs vorhanden und die Bewegung des Selbstbewußtseyns ist , diesen Widerspruch aufzuheben wie der Gang des Bewußtseyns dies war . Näher hat der Gang des Selbstbewußtseyns diese Bedeutung : Aufhebung des Scheins des Widerspruchs zu seyn . der 14 ist : daß] ErWl : ist 14–15 i s t s i c h … s e t z e n ,] ErWl : das zu seyn 15 ist ,1] ErWl : ist , sich als das zu setzen Gewißheit , bewußtsein ist ,] ErWl : Gewißheit ist . Bewußtseyn ist 16–17 das ist … ihr ;] ErWl : das Selbstbewußt seyn – in der Begierde verhalten wir uns zu einem Gegenstand , das ist die Seite des Bewußtseyns , aber 18 das] ErWl : zugleich nicht theoretisch , Ruhe , 19 ein 2 ] ErWl : zugleich ein 20 ist dann eben] ErWl : ist aufzuheben] ErWl : seiner Beziehung auf anderes aufzuheben

40 5–7 es ist … bewußtseins . durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

12 worauf] worauf sich

17 d i e ] gegen d i e

25 seiner] seines

11 nicht] nicht nicht Bewußtseyn] Bewußtseyns

§ 425

144Er 113Wl

780 145Er

51r Sg 114 Wl

114 Wl

146Er

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sich zu setzen | und sich so zu wissen als das , gegen welches das andre kein andres mehr für ihn ist , sondern vereint mit ihm . der Trieb ist eine innre Unruhe , er hat , sucht einen Gegenstand ; er ist sich seiner selbst bewußtsein aber mit einem Mangel ; diese Negation in mir scheint mir auch zugleich als Gegenstand außer mir , und ist ein Widerspruch gegen mein Selbstgefühl . (hier gegen mein Selbstbewußtsein) Ich habe auch die Gewißheit eines unendlichen für mich seins ; dies Verhältniß zu mir ist mir die Wahrheit ; nicht das äußre , von dem ich so abhänge , und welches nicht wahrhaft ein Selbstständiges ist , nicht ein Sein in dem Sinn als ich , es ist ein S che i n . Gegen diesen Schein , daß ich von einem andren abhängig bin , habe ich die Wahrheit meiner bei mir | selbst , und durch diesen hebe ich den Mangel , der in mir ist , auf und befriedige mich so . | Das Selbstbewußtsein ist also wesentlich ein Proceß . Das ist zugleich die Realisirung des Selbstbewußtseins welches als solches noch die leere Freiheit ist ; durch diesen Proceß gibt es sich erst Inhalt , erfüllt sich , gibt sich selbst Objectivität ; benimmt sich die Einseitigkeit , Subjectivität zu sein gegen über der Objectivität , macht sich selbst zur Objectivität ; sein Formalismus , sein begriff ist bloß das Ich = Ich , sein Realismus geht erst aus diesem Proceß hervor . Das ist Trieb des Selbstbewußtseins , Trieb ist die Lebendigkeit ; die Lebendigkeit der

1–2 welches das … sondern] ErWl : was dieser Gegenstand nicht mehr ein Andres ist , sondern aufgehoben im Selbstbewußtseyn , 2–4 er hat , … auch] ErWl : Ich bin Gewißheit meiner selbst , in dieser ist zugleich ein Negatives , der Mangel , Bedürfnisse . diese Mangelhaftigkeit ist in mir und 4 als] ErWl : ein mir , und ] ErWl : mir . diese Negation 5 Selbstgefühl . (hier … Selbstbewußtsein)] ErWl : Selbstbewußtseyn , 6 auch] ErWl : aber 6–8 eines unendlichen … wahrhaft] ErWl : meiner Freiheit meines unendlichen Bei mir selbst seyns , daß dies die Wahrheit ist , mein Verhältniß zu mir . In dieser Weise ist es für mich daß dieser Gegenstand der noch äußerlich für mich ist , nicht mehr 8–9 ein Sein … Gegen] ErWl : mehr ein Seyn mir gegenüber . Ich habe die Gewißheit der Wahrheit meiner Identität mit mir gegen 9–11 von einem … mir] ErWl : abhängig bin , [ich] Wl : und] realisire daher meine Wahrheit , ich hebe die Differenz die in meinem Bewußtseyn 11 so .] ErWl : in mir selbst . das ist das Selbstbewußtseyn wie wir es auch in unserer Vorstellung haben . | ist also] ErWl : ist 12 Proceß .] ErWl : Proceß eingeleitet durch den Widerspruch des Bewußtseyns , das befangen ist mit einer Negation , einem Andern . 13 noch die leere] ErWl : leere 13–17 erfüllt sich , … ist1] ErWl : schließt sich mit sich selbst zusammen , gibt sich Objectivität macht sich wirklich . das Selbstbewußtseyn bewährt seine Freiheit gegen seyn Bewußtseyn und dies ist zugleich Realisirung indem es sich zugleich Objectivität gibt , die mit der Subjectivität identisch | ist . das Selbstbewußtseyn realisirt den Formalismus seiner Freiheit Ich = Ich und nimmt die Objectivität an sich , macht sich diese zu eigen . das ist der Proceß , 17–781,4 Trieb ist … Es] ErWl : sich zu realisiren und die Entzweiung aufzuheben die im Bewußtseyn ist . Trieb ist Gewißheit seiner unendlichen Identität mit sich und daß doch zugleich Entzweiung im Bewußtseyn ist , gegen welche es diese seine Wahrheit , identisch mit sich zu seyn vollbringt . das Seyende zeigt sich , nicht ein Unterschiednes zu seyn wie wir sahen , das weiß das Bewußtseyn , es ist ein Gegenstand aber zugleich ist dieser nur ein an sich nichtiger , es 2 für ihn] Lesart unsicher

5 hier] Lesart unsicher

14 benimmt] bennimmt

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Freiheit beginnt in der Entzweiung , gegen welche es diese seine Wahrheit : »identisch mit sich zu sein« vollbringt . Freiheit des Selbstbewußtseins ist dann dies , was für das bewußtsein war , daß der Gegensatz des Dualismus das Ding aufgehoben ist . Es hat im Gegenstand schon sich selbst , dessen bestimmung ist , für das Selbstbewußtsein zu sein . Wir haben nämlich 3 F o r m e n f ü r d a s Selbstbewußtsein : 1 . , b e g ie r d e 2 . , Ve r h ä lt n iß d e r He r r s ch a f t u n d K n e c ht s c h a f t 3 . , das Selbstbewußtsein mit der bestimmung als Allgemeines .

1 . Da s S e l b s t b e w u ß t s e i n a l s B e g ie r d e .

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Das erste ist , daß ihm ein Gegenstand überhaupt gegen über ist ; das 2t e daß dieser Gegenstand auch bestimmt ist als ein Selbstbewußtsein ; also ein Verhältniß zwischen Selbstbewußtsein und Selbstbewußtsein , die aber beide sich noch nicht einander anerkannt haben , und die das andre noch nicht als sich wissend gesetzt haben ; das 3t e ist dies , daß die Anerkennung vollbracht ist , aber so daß jedes (für sich seiend) auch das andre anerkennt als ein freies Selbstbewußtsein . – Der begriff des Selbstbewußtseins ist zunächst F o r m d e r Un m it t e l b a r k e it . So haben wir also das Selbstbewußtsein als Unmittelbares , als einzelnes und so ist es B e g ie r d e . Mit der Freiheit im bewußtsein ist die äußre Negation ein Nichtiges ; in mir ist es eine Entzweiung , eine Negation in mir , ebenso auch äußerlich ist es ein nichtiges

§ 426 .Sg

§ 426 1 .)Wl

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4 schon] ErWl : nur 4–5 dessen bestimmung … Selbstbewußtsein :] ErWl : es weiß daß die Bestimmung des Gegenstandes ist nur für es selbst zu seyn . / das Selbstbewußtseyn hat 3 Formen – 6–11 das Selbstbewußtsein … sich] ErWl : Bestimmung des Selbstbewußtseyns als allgemeinen . Zunächst ist ein Gegenstand unmittelbar für das Selbstbewußtseyn , es ist einzeln und ein Gegenstand überhaupt ihm gegenüber . das zweite ist daß der Gegenstand auch ein Selbstbewußtseyn ist . Es sind zwei Selbstbewußtseyn , beide frei , auch für einander frei , aber so daß sie 12–13 und die … haben ;] ErWl : noch nicht in seinem eignen daseyn das Andre wissen als sich selbst . 13 die Anerkennung] ErWl : dies Anerkennen 13–14 aber so … ein] ErWl : jedes in seiner Persönlichkeit für sich ist aber daß in seinem Benehmen es zugleich zeigt , daß ihm das Andre gilt eben so als 15 zunächst] ErWl : zuerst als unmittelbar . | die Allgemeinheit des Begriffs ist zuerst in 15–16 So haben … also] ErWl : die Allgemeinheit des Begriffs ist selbst nur noch Form – so ist es unmittelbares , so ist es 16 als Unmittelbares , … und ] ErWl : in seiner Einzelheit , Unmittelbarkeit , 16–782,3 B e g i e r d e . Mit … der] ErWl : Begierde , weil es dieser Widerspruch ist seiner als unendliche Gewißheit seiner selbst , und seiner als Bewußtseyn , das vermittelt ist in [etwas Andrem .] Wl : einem Andern .] Ich bin frei , Selbstbewußtseyn gegen dies mein Bewußtseyn . damit ist diese Entzweiung , Negation , die als äußeres Object erscheint ein Nichtiges . der Mangel in mir erscheint als ein äußerliches Object und dieses ist nur ein solches , das nicht selbst Zweck ist , kein absolutes Bestehen für sich hat . das Object | im Bewußtseyn hat sich als solches erwiesen . das ist der Standpunkt der Begierde . da ist Trieb und dieser erscheint noch in der Form des Bewußtseyns als Object das wir uns zu eigen machen , so daß es nichts mehr ist , nichts mehr für sich ist . der

147Er

115Wl

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51v Sg

§ 427

(cf .Er

148Er

§ 427 .Wl

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in sich dieses object , das nicht selbstständig ist . Die begierde will befriedigung ; dies kann nicht anders geschehn , als durch die Negation des Gegenstandes , an dem sich die begierde befriedigen will ; so im physischen der Gegenstand wird mit uns amalgamirt , aber nicht daß ein 3t e s entsteht , sondern dies 3t e ist ein erstes , der Gegenstand dient zu der Erhaltung des ersten ; das freie Selbst das erhält sich ; das andre muß sich unterwerfen und verliert seine Selbstständigkeit . In der thierischen begierde ist : das Thier hat das Gefühl daß die Dinge außer ihm keine selbstständigen Dinge sind (nicht das bewußtsein der Überzeugung davon) es glaubt nicht an das Sein dieser äußren Dinge , daß sie die bestimmung für s ie haben , welche sie brauchen sollen , abnützen , negiren . Es gibt philosophische Vorstellungen , die sagen : das müssen wir annehmen , daß die äußerlichen | Dinge sind ; darüber kann die Philosophie nicht hinaus . Dies ist ganz richtig ; aber das gehört ins Sinnliche ; schon das Thier hat das Gefühl daß die Dinge außer ihm nichts sind , nämlich nichts Selbstständiges . Die begierde geht nun aber von der Überzeugung aus , sie sind nichtiger als ich ; ginge ich an ihre Zerstörung mit dem bewußtsein daß sie auch wären , wie ich , ein ebenso starkes Sein hätten als ich , so wäre es thöricht mich an sie zu machen . § 42 7 . Der Gegenstand kann dieser Thätigkeit keinen Widerstand leisten , weil er an und für sich das Selbstlose ist . Die Dialektik , die negative Natur der äußren Gegenstände , die dort existirt hat als unser begriff ; dieser unser begriff existirt in der Thätigkeit der begierde als dem Selbst der Dinge und dem bewußtsein . Ich vollziehe an ihnen , was ihr Gericht ist ; ich bin diese Dialektik ; was ich an ihnen thue ist ihre bestimmung , ist , was sie an sich sind . Diese begierde muß nicht ganz allgemein

4 amalgamirt ,] ErWl : als eins gesetzt , 4–5 daß ein … sich ;] ErWl : auf chem ische Weise , wir sind das Bestehende , Bleibende das uns erhaltende , er aber wird nicht erhalten . Hier ist das dritte das Erste . die Säure im Salz ist nicht mehr da , hat nicht mehr die Qualität als Säure , hier aber ist das Eine das freie Selbst das sich erhält , in seiner Identität mit sich bleibt ; 6 muß] ErWl : verliert seine Selbstständigkeit , muß und verliert … In] ErWl : geht mit uns zusammen . das ist selbst in 7 begierde ist :] ErWl : Begierde , 7–8 die Dinge … davon)] ErWl : es über die äußern dinge Meister werden kann , 9 Sein dieser] ErWl : Seyn , die Selbstständigkeit der 9–12 daß sie … Sinnliche ;] ErWl : sondern daß sie | ihr Seyn haben für es . der Begriff der dinge ist , gebraucht , negirt , abgenutzt zu werden . Die Dinge sind , das ist im Bewußtseyn , aber 12–13 das Thier hat] ErWl : die Thiere haben 13–14 außer ihm … Selbstständiges .] ErWl : keine Seyenden sind , keine absolut selbstständigen . 14–16 sie sind … ich ,1] ErWl : die Dinge sind nichtig an sich . Wenn ich glaubte , die Dinge hätten 16 hätten als ich ,] ErWl : als ich in meinem Selbstgefühl mich an sie] ErWl : sich an die dinge 17–18 leisten , weil … Dialektik ,] ErWl : leisten . Ich bin selbst , ich bin frei das ist ein ganz andres Seyn als das Seyn der äußerlichen dinge . die Fortbestimmung des Bewußtseyns ist , daß sich der Gegenstand zur Erscheinung herabsetzt und zu einem Innern , worin sich das Bewußtseyn sich selbst fi ndet , das ist 18–20 äußren Gegenstände , … vollziehe] ErWl : dinge . dieser Begriff der unser Begriff war , existirt in der Begierde . An sich sind die dinge dieses , sich zu Erscheinungen zu machen , itzt vollziehe ich 21–22 i c h bin … bestimmung ,] ErWl : dieses Negative dieses was sich auf sich beziehende Negativität , die Freiheit ist . die Bestimmung der Dinge 22–783,5

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genommen werden , als ob man Sonne und Mond etc . auch verzehren kann ; es ist nur eine eingeschränkte Sphäre der begierde . Der begriff einzelnes Selbstbewußtsein zu sein ist vorhanden auf die Weise welche wir begierde nennen ; es ist also hier das beschränkte Selbstbewußtsein . § 42 8 ist gesagt das Produkt dieses Proceßes ist nämlich : daß es sich erhalten will ; das Subject hat die | Einseitigkeit in sich (nach der Seite hin , wo es Mangel war) aufgehoben , und das Object ist zerstört ; dieses sich Erhalten ist ein fortdauerndes sich selbst hervorbringen ; zunächst nur als einzelnes als unmittelbares Selbstbewußtsein und wird wieder begierde . Die befriedigte begierde wird wieder begierde ; denn das Einzelwesen bleibt dadurch daß es sich befriedigt , doch ein einzelnes und dieses einzelsein ist w i e d e r begierde ; die Negation des Objects ist also ein Selbstloses . Die begierde zerstört es ; sie ist zerstörend und selbstsüchtig und geht nur auf die Erhaltung des Einzelwesens als eines einzelnen . Aber es ist auch ein Übergang des begriffs . § 42 9 : Ich sahen wir schließt sich mit sich selbst zusammen ist für sich wirkliches Selbstbewußtsein ; für uns war es zunächst diese Gewißheit , und ist sie es für sich selbst : nämlich die Einheit seiner und der Objectivität als einer bestimmten , (nicht mehr als der Gegenständlichkeit in der abstracten Objectivität , wo ich ich bin ; und also nicht Object , weil kein Unterschied darin gesetzt ist) Das Selbstbewußt-

31 .Sg § 428 116Wl

§ 429

20 20 sind . Diese … das] ErWl : sind , ihr Zweck , ihr Begriff ihre Wahrheit ist . An den äußerlichen dingen

25 25

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wird exequirt ihr Recht . die Begierde ist der erste und untergeordnetste Standpunkt des Selbstbewußt seyns (Ich bin darin beschränkt , die Sonne kann ich nicht verzehren) / Die Bewegung , der Proceß des unmittelbaren Selbstbewußtseyns . durch Aufhebung des äußerlichen Gegenstandes ist das Selbstbewußtseyn bei sich selbst , auf sich selbst bezogen , es hat das Bewußtseyn seiner so durch Aufheben [des unmittelbaren Gegenstandes] Wl : das unmittelbare Gegenständliche] gesetzt zu haben als mit sich identisch . das 5 nämlich : daß es] ErWl : [daß] Wl : (»daß Ich sich mit sich selbst zusammenschließt , und hierdurch f ü r s i c h Wirkliches ist , –«) daß] das Subject 6 will ; das … hat] ErWl : hat , das Object ist aufgehoben und vom Subject nur in sich … wo] ErWl : seiner Subjectivität nach welcher 7–12 war) aufgehoben , … Selbstloses .] ErWl : war . das Selbstbewußtseyn hat sich erhalten . | Erhalten , das heißt Hervorbringung seiner vermittelt durch Aufhebung der Negation . Es hat sich erhalten nur als Einzelnes , sofern fällt es [zurück] Wl : zuerst] in die Bestimmung die wir sahen , die Begierde . diese Bestimmung einzelnes Selbstbewußtseyn zu seyn ist Begierde und die Begierde in diesem Verhältniß zum Object , nach Seiten des Objects betrachtet ist Negation des Objects , Negation eines Selbstlosen , Nichtigen , nur Scheinenden . das Seyn des Objects gilt daher wie im Begriff nur als Schein , es bleibt vom Object nichts , es wird aufgezehrt . 12 zerstört es ; … ist] ErWl : ist in Beziehung auf das Object 13 des Einzelwesens] ErWl : seiner 13–15 Aber es … wir] ErWl : Es ist aber auch ein weitrer Uebergang . Ich , das Selbstbewußtseyn 15 sich 3] ErWl : sich selbst 16–17 Gewißheit , und … die] ErWl : [Gewißheit] Wl : Gewißheit .] das Selbstbewußtseyn geht mit dieser Gewißheit an das [Object] Wl : Objekt ;] nun ist es für sich selbst diese Gewißheit der 18 (nicht mehr] ErWl : nicht nur 18–19 in der … ist)] ErWl : 6 will] versehentlich gestr .

11 einzelsein] einzlseins über gestr . einzl sei

149Er

§ 429 .Wl

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52r Sg

§ 430 Verhältniß von Herrschaft und Knechtschaft . Sg

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sein ist also jetzt für sich , Einheit seiner , die auch Objectivität ist an ihm selbst ; es ist für sich das Concrete ; und in so fern wieder ein Unterschied zum Vorschein kommt , so ist dies Objective nunmehr auch als Selbstbewußtsein bestimmt . Inhalt dieser bestimmung ist das Selbstbewußtsein nun 2 . , b e w u ßt s e i n , das Unterscheiden ; das von ihm unterschieden werdende ist ein Object , aber die bestimmung dieser Stufe ist , daß das Objective identisch ist mit dem subjectiven ; es ist also in so fern es bewußtsein ist , wieder ein Gegenstand da , aber das Object | hat auch schon die bestimmung im Subject zu sein . Wir haben das Objective ungetrennt gesetzt mit dem Subjectiven ; der Gegenstand ist freilich immer ein Sein ihm (dem bewußtsein) gegen über , aber dieser Gegenstand ist selbst subjectiv geworden , das heißt : ein Selbstbewußtsein . Das ist die 2t e Stufe des Selbstbewußtseins , Ur theil ; das Selbstbewußtsein eines freien Objectes , und so schließt seine Diremtion sich von sich selbst aus , aber es ist – ich we i ß n icht w a s ? In diesem freien Object hat das Ich sich selbst zum Gegenstand[ .] § 430 2 . D a s S e l b s t b e w u ßt s e i n a l s e i n a nd e r e s f ü r e i n a nd e re s Die Stufe ist also : S e l b s t b e w u ßt s e i n f ü r e i n S e l b s t b e w u ßt s e i n . – Ich habe mich in einem Object , habe mich affi rmativ darin ; der Inhalt ist die bestimmung des Gegenstandes jetzt ; der Gegenstand ist ein Ich .

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117 Wl § 430Wl

wie es in der abstracten Gewißheit war . In A = A ist der Unterschied nicht zu seinem Recht gekommen , der Unterschied , unmittelbar wie er gesetzt seyn sollte , verschwand . 1 also jetzt … selbst ;] ErWl : für sich Einheit seiner welche auch objectiv ist . die Objectivität ist für dasselbe an ihm selbst gesetzt . 2–3 das Concrete ; … Objective] ErWl : d[lacuna] und indem itzt die Bestimmung des Bewußtseyns eintritt ist dies Object 3–5 bestimmt . Inhalt … Unterscheiden ;] ErWl : gesetzt ; das Selbstbewußtseyn ist befriedigt , es ist für sich selbst diese Einheit der Subjectivität und Objectivität ; in dieser Bestimmung ist es zwei Bewußtseyn , der Unterschied . 5 unterschieden werdende … die] ErWl : Unterschiedne ist ein Gegenstand , Object , aber die Grundlage , 6 Objective] ErWl : Object 6–7 subjectiven ; es … es] ErWl : Subject , es ist Identität aber nicht mehr abstracte wie A = A . Sofern das Selbstbewußtseyn 7 wieder ein … da ,] ErWl : ist ein Gegenstand für dasselbe vor|handen , ein Object 7–8 auch schon] ErWl : itzt 8–9 im Subject … Subjectiven ;] ErWl : identisch mit dem Subject , davon ungetrennt , damit vereint zu seyn , Objectivität verknüpft mit der Subjectivität . 9–10 freilich immer … geworden ,] ErWl : itzt so bestimmt , daß es ein andrer Gegenstand ist , auch ein Seyn ihm gegenüber – Form des Bewußtseyns – dies Object hat sich aber so bestimmt daß es an ihm selbst sei subjectiv 12–14 Das ist … w a s ? ] ErWl : das Selbst ist befriedigt in der Objectivität frei , der Friede hergestellt , es schließt von sich selbst seinen eignen Begriff , seine eigne Bestimmtheit aus , bezieht sich also auf ein f r e i e s Object . (§ 429) 14 das Ich] ErWl : Ich 15–18 Gegenstand[ .] § 430 … Inhalt] ErWl : Gegenstande und dieses Ich ist zugleich ein freies Subject , eine Person . / | Auf dieser zweiten Stufe des Selbstbewußtseyns habe ich mich affi rmativ im Object , im Zustand der Begierde 19–785,3 Gegenstandes jetzt ; … mich 2 ] ErWl : Gegenstandes , negativ gegen mich zu seyn , ein Andres , itzt ist die Bestimmung des Inhalts : ein 3 Inhalt] Lesart unsicher

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Dies Verhältniß aber ist zuerst noch e i n u n m it t e l b a re s Ich ist nämlich für mich ; ich habe mich zum Gegenstand , ich bin einem Menschen gegenüber , aber das ist Ich ; dies ist die absolute Idee des Menschen : diese Ununterscheidbarkeit des Ich und Ich . (der andre ist auch ich , und es ist das Ich also ganz allgemein) hat aber auch die vollkommene Unterschiedenheit in sich ; denn der andre ist ebenso das sich ausschließende , sich auf sich beziehende , das Persönliche ; das Sein der Persönlichkeit ist ein viel spröderes härteres Sein als irgend ein Gegenstand in der Natur ; es ist das Härteste und leistet Widerstand , wie kein andres ; es ist selbstständig für sich und kann sich für sich unterhalten . in dieser Unterscheidbarkeit sind beide schlechthin selbstständig für sich ; und doch sind sie da unmittelbar für einander seiend ; der andre ist also so ebenso wie ein Ding , ein vollkommen äußerliches für mich . dies ist nun ein vollkommener Wider|spruch , dies Eins sein als allgemeines und diese Sprödigkeit und Gleichgültigkeit gegen einander , dieses Identischsein und dieses Verschieden sein . Das Aufheben dieses Widerspruchs ist das , was der P r o c e ß d e r A ne r ke n nu n g genannt wird . E r ke n n e n heißt mehr als wissen ; ich bin für mich und das andre ist auch für sich ; das ist Gewißheit ; ich weiß es aber ich anerkenne es noch . Dies Erkennen ist erst das bestimmte Wissen ; und die bestimmtheit von etwas ist die Entwicklung seiner , daß es als Concretes ist . Es ist f r e i , das weiß ich ; aber zu erkennen heißt , daß es seine Freiheit auf concrete Weise sei (Freiheit ist immer nur auf concrete Weise) | daß es in seiner Entwicklung sei . Das Für mich sein in der Unmittelbarkeit , diese beziehung auf mich das ist die

25 Freies , Ich – so habe ich mich affi rmativ darin . der Begriff des Selbstbewußtseyns ist itzt realisirt .

Es sind zwei Reale , Selbstständige gegen einander , seyende , Ich habe Ich

3–7 ich bin … aus-

25 schließende ,] ErWl : es ist dieses unendliche sich auf sich beziehn was Ich ist , mein Gegenstand , aber

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diese vollkommne [ Ununterscheidbarkeit] Wl : Unterscheidbarkeit] ist eben so der vollkommenste Unterschied . dieses Ich ist ein daseyendes , Andres , selbst Person , eben so wie es das Allgemeine ist ist es das Ausschließende , Negative 7 das Persönliche ;] ErWl : ein Persönliches , 8–11 ein viel … Unterscheidbarkeit] ErWl : das Härteste , Ich das Undurchdringbare dem kein Widerstand gleich ist . In dieser Identität , [ Ununterscheidbarkeit] Wl : Unterscheidbarkeit] 11–12 selbstständig für … so] ErWl : von einander unterschieden , persönlich schlechthin , selbstständig und zunächst sind sie für einander . So weiß ich daß das Andre ein Ich ist , aber wie es erscheint ist es mir gegenüber 13 nun ein vollkommener] ErWl : der höchste 13–15 dies Eins … sein .] ErWl : die vollkommenste Gleichgültigkeit gegen einander und die vollkommne Identität . 15–17 ist das , … wissen ;] ErWl : – er kann nicht so bleiben – ist der Proceß des Anerkennens . – 17–19 für sich ; … die 2 ] ErWl : frei , Ich , das we i ß ich , das ist Gewißheit , aber ich e r k e n n e es noch nicht als frei , und erkenne es nicht a n . Erkennen ist etwas wissen in seiner Bestimmtheit , der 20 f r e i , das … heißt ,] ErWl : frei (an sich) aber zum Erkennen gehört , 21–786,5 sei (Freiheit … also] ErWl : zeigt , daß seine Freiheit entwickelt sei . diese Entwicklung , das Concrete der Freiheit , wodurch die Freiheit erst wirklich ist ,

40 13 Widerspruch] Widrspruhs

15 sein] seins

151Er

52v Sg

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118Wl

§ 431

152 Er

§ 431ErWl

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Entwicklung ; ich hebe das unmittelbare Sein des andren auf und bin so für mich . Ich muß also den andren als einen solchen vor mir haben , als ich selbst sein muß i h m gegen über ; dann erkenne ich es als frei ; und anerkenne es , so daß ich ausspreche : e s i s t f r e i ; aber daß ich ihn anerkenne , damit ist zugleich gesetzt , daß er mich anerkennt ; es ist d a s s e l b e auf beiden Seiten . dies ist also das Aufheben des Widerspruchs , der eben darin lag daß der andre als das unmittelbare Sein mir gegen über ist mir als einem sinnlichen erscheint , wie ein andres Ding , und doch weiß , daß es eins mit mir ist – . Diese Unmittelbarkeit wird negirt , die Leiblichkeit , mein Leben wird negirt und dadurch wird der Widerspruch gelöst ; meine Freiheit wird darin unterschieden von meinem Leben , | von meiner besonderheit , von meinem Versenktsein in die Begierde , in die Selbstsucht . In diesem Verhältniß zweier Selbstbewußtsein zu einander ist das Ich schon das allgemeine , eine Identität die an sich ist ; diese Allgemeinheit ist verschieden von meiner besonderheit meiner begirde etc . – und sie soll aufheben den Mangel an ihr , (der als Sinnlichkeit , besonderheit ist) und dieses Aufheben soll ein allgemeines sein . Dies ist also die allgemeine bestimmung . dies ist in seiner ganzen bestimmtheit aufgenommen darin : daß ein Selbstbewußtsein ist für ein Selbstbewußtsein – und so ist der Proceß die Unmittelbarkeit . die Vermittlung ist ein Proceß des Verhältnisses zweier selbstständiger Selbstbewußtsein , die für einander da sind als unmittelbar , sich noch nicht anerkennen . § 431 . dieser Proceß ist ein Kampf . Ich kann nicht den andren nicht als mich selbst wissen ; ich weiß mich unmittelbar in dem andren , aber nicht als mich selbst , ist Fürmichseyn durch Negation der Unmittelbarkeit , das ist diese Entwicklung die Vermittlung ist durch Beziehung auf mich , daß ich das unmittelbare Seyn aufhebe und durch Negation dieses unmittelbaren Seyns für mich sei . daß ich das andre erkenne als frei , muß ich es in seiner Entwicklung vor mir haben in seinem Proceß was die Freiheit selbst ist . dann lasse ich es gelten als frei , spreche es meinerseits aus : das ist frei . Aber das Andre ist eben so ein [ Ich] Wl : Ich ;] von mir gilt nicht etwas Andres als vom Andern . das Anerkennen ist also gegenseitig . dies ist die Realisirung und 6 der eben … unmittelbare] ErWl : daß der andre als unmittelbares 7 ist mir … erscheint ,] ErWl : ist , daß ich eben so dem Andern als Unmittelbares erscheine und es mir , da erscheine ich als Sinnliches nicht als Freies , 7–10 Ding , und … unterschieden] ErWl : ding . dieser Widerspruch hebt sich auf durch Negation der Unmittelbarkeit , es tritt damit die Unterscheidung ein meiner Freiheit 10 meiner besonderheit , … meinem] ErWl : der Besonderheit die überhaupt an mir ist , 11–12 die Begierde , … ist ;] ErWl : das Sinnliche , Selbstsucht . Indem sich zwei Ich verhalten ist Ich an sich dasselbe Allgemeine , 13–15 besonderheit meiner … also] ErWl : unmittelbaren Besonderheit , und worin alle diese Besonderheiten Leiblichkeiten zusammengefaßt sind , ist | das Leben . diese Allgemeinheit die ich habe , soll aufheben diesen Widerspruch , der als Besonderheit ist Versenktseyn in die Begierde , durch Negation dieser Unmittelbarkeit . das ist 16 dies ist … ein] ErWl : Ein 17–18 und so … ist] ErWl : (Allgemeinheit) und jedes ist versenkt in die Leiblichkeit , ist ein Sinnliches , dadurch unterscheiden sie sich von einander und so ist die Vermittlung 18 selbstständiger Selbstbewußtsein ,] ErWl : Selbstbewußtseyn 20 dieser Proceß] ErWl : dieses Verhältniß zweier Selbstbewußtseyn 20–21 kann nicht … weiß] ErWl : weiß 21–787,1 aber nicht … ist ;] ErWl : und kann mich im Andern nicht unmittelbar als mich selbst wissen , [sofern , sofern] Wl : sofern] es ein

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so fern das andre ein Leibliches mir gegen über ist ; ich bin daher auf die Aufhebung dieser seiner Unmittelbarkeit gerichtet . diese Unmittelbarkeit ist nun die von mir verschiedene des andren ; denn meine Unmittelbarkeit hängt mit mir zusammen ; ich halte an meiner Unmittelbarkeit ; ich bin meinem Leben unmittelbar verbunden ; es ist also die Unmittelbarkeit eines anderen , auf die ich gerichtet bin ; ebenso kann ich auch nicht anerkannt werden anders als ein Unmittelbares . dies muß also gegenseitig sein ; indeß Un m it t e l ba r k e i t i s t Un m it t e l ba r k e i t ; ich muß also , i n d i r ek t auch auf m e i n e Unmittelbarkeit gerichtet sein ; ich setze also mein Leben in Gefahr um den andren zu tödten ; ich kann freilich mein Leben nicht aufgeben wollen , aber sie ist | bedroht ; ich bin also g e z w u n g e n : sie zu negiren ; diese Negation ist etwas fremdes , ein dagegen Andres ; es ist ein Gezwungen werden : | ich bin also zwingend und auch Zwang leidend . Dieser Zwang muß aber auch ebenso freiwillig sein ; das liegt darin , daß ich mein Leben in Gefahr bringe . Es tritt , ist gesagt , der Unterschied ein zwischen meinem Leben und meiner Freiheit . Die Gewißheit meiner selbst ist meine Freiheit und daß ich ankämpfe und angegriffen werde wird sie ungewiß , das ist mein Leben . diese Ungewißheit meines Lebens kommt mir aber nicht von dem andren her ; sondern in so fern ich frei bin vor mir selber[ .] 432 . Der Kampf des Anerkennens geht also auf Leben und Tod ; jedes Selbstbewußtsein gibt sich in Gefahr ; aber doch ist es gerichtet auf die Erhaltung seines

Leibliches ist , das damit versenkt ist in seine Begierden , das von den meinigen verschiedne Interessen , Willen hat . 1–3 daher auf … meine] ErWl : gerichtet auf das Aufheben dieses Unmittelbaren dieses von mir unterschiednen Unmittelbaren . Meine 3 zusammen ;] ErWl : zusammen , in die bin ich versenkt , 4 ich bin … Leben] ErWl : dieser bin ich 5 es ist … ich] ErWl : Sofern ich gegen ein Unmittelbares 5–6 bin ; ebenso … Unmittelbares .] ErWl : bin , bin ich auf die Unmittelbarkeit des Andern gerichtet , aber zum Anerkennen gehe ich durch Negation meiner Unmittelbarkeit , ich muß auch anerkannt werden . 7–8 indeß Un m i t t e l b a r k e i t … mein] ErWl : in der Unmittelbarkeit liegt daß ich gerichtet bin auf das Aufheben meiner Unmittelbarkeit aber nicht direct sondern indirect , daß ich auf den Tod des andern gehe aber mein eignes 9 um den … freilich] ErWl : setze . E i n e r s e i t s kann ich 10–11 aber sie … ist1] ErWl : denn es ist mein Leben meine Leiblichkeit , es ist die Negation der Unmittelbarkeit 11–12 dagegen Andres ; … werden :] ErWl : gegen mich anderes ein gezwungen werdendes , | 12 und auch … leidend .] ErWl : einerseits , aber e b e n s o ist Zwang gegen mich gerichtet . 13 das liegt darin ,] ErWl : d . i . 13–15 bringe . Es … Die] ErWl : setze . die 15–16 selbst ist … diese] ErWl : selbst , mein Selbstbewußtseyn , meine Freiheit – und daß sich hier mein Leben unterscheidet , zeugt von meiner Freiheit , – wird so das Ungewisse wie ich das | Leben des Andern zu etwas Ungewissem mache . Indem ich mich aber als freies weiß ist die 17–788,8 kommt mir … gestorben .] ErWl : in mir selbst gesetzt . Wenn beide sich nun vernichteten so wäre das Anerkennen nicht zu Stande gekommen , der Todte erhält die Freiheit , wer im Kampfe fällt , stirbt als freier Mann . Es wäre bewiesen die Gleichgültigkeit gegen die Lebendigkeit , die Erhebung der Freiheit über das Leben wäre realisirt , aber die Grundbestimmung die auf 3 andren] adrs

6 als] folgt mit Einfügungszeichen über der Zeile : im

13 das] d . das

bringe] sein

53r Sg 153Er

§ 432

153Er

119Wl

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1 Febr .Sg § 433

53v Sg

154Er

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Lebens , und setzt das Leben des andren in Gefahr . Ich bin aber wie gesagt dennoch im Zusammenhang mit meiner Leiblichkeit indem ich mein Leben aussetze ; es ist noch der alte Widerspruch , der sich nun in Thätigkeit , in beziehung gesetzt hat . Wenn nun der Tod auf diesen Kampf folgte , so wäre der Widerspruch nach e i n e r Seite aufgelöst und die abstracte Freiheit wäre hervorgebracht ; die Unmittelbarkeit des Daseins wäre verschwunden aber auf der einen Seite der größre Widerspruch entstanden ; aber das Anerkennen wäre nicht zu Stande gekommen , im Tod ist die Freiheit ; der am Leben bleibt ist eigentlich besiegt ; der getödtete ist frei gestorben . § 433 ist nun eine Ve r m it t e lu n g angegeben , welche die am nächsten auf den Widerspruch folgende ist , die aber auch noch einseitig ist . (der freie Wille ist der , der sich als frei beweisen soll , sich in seinem Dasein so zeigen ; erst dann kann man so anerkannt werden . dieser beweis aber enthält die bestimmung in sich des in Gefahr setzens des unmittelbaren Lebens , die abstract vollendet der Tod ist . Der Tod schließt aber das Leben aus , in welchem sich die Freiheit zeigen soll ; es muß also das Dasein , das Leben da sein) Die Ve r m it t lu n g wo r i n nun diesen beiden bestimmungen ihr Recht widerfährt ist dies . der Kampf beginnt damit , daß sich der einzelne aufgibt anerkannt zu werden als freier Wille , sich als solcher zu beweisen und als solcher zu existiren , und daß er doch hält an dieser beziehung auf sich selbst , an seinem freien Selbstbewußtsein , dies wird anerkannt von dem andren , welches das Un t e r wo r fe ne ist . Da ist das Anerkanntsein eines Willens , der sein Leben in Gefahr gesetzt hat , sich gezeigt hat als gleichgültig gegen sein Leben ; er ist also erkannt von dem andren als ein freies ; der andre | ist aber ein affi rmatives Moment , Selbständigkeit der Freiheit . beides nun ist nur so unvollständig vereinigt , daß nicht auf jeder Seite Totalität ist , das gibt das Verhältniß der H e r r s c h a f t und K n e c ht s c h a f t .

das Anerkennen geht , ginge verloren . 9 Ve r m i t t e l u n g ] ErWl : Auflösung 9–11 am nächsten … sich 2 ] ErWl : nächste Auflösung dieses Widerspruchs ist . der freie Wille soll das 11–12 so zeigen ; … so] ErWl : zeigen , sich beweisen als freier Wille , so kann er erst 12 dieser] ErWl : die Freiheit des Willens ist zu beweisen , dieser 13 Lebens , die abstract] ErWl : daseyns , die Negation die im Gefahr setzen ist , aber 13–14 Der Tod … welchem] ErWl : Aber das Leben worin 14–15 soll ; es … sein)] ErWl : soll gehört selbst zum Anerkennen . die Freiheit soll daseyn haben , anerkannt seyn , dazu gehört selbst Lebendigkeit , ein Moment ist eben so wesentlich als das Andere . 16–17 dies . der … werden] ErWl : im § angegeben . das Eine der Kämpfenden zieht das Leben vor , aber gibt auf , da zu seyn , sich zu beweisen 17–18 sich als … selbst ,] ErWl : und für sich in seinem Bewußtseyn das zu seyn . das andre Selbstbewußtseyn hält | aber an seiner Freiheit 20 Da ist das] ErWl : So ists 21 gleichgültig] ErWl : gleichgültig zu seyn Leben ;] ErWl : Leben , seine Unmittelbarkeit , 22–24 aber ein … daß] ErWl : worin die andre Bestimmung als Erhaltung des Lebens nicht auf negative Weise gesetzt ist , sondern wie es auch wesentliches Moment ist , affi rmativ . In diesem Verhältniß ist so beides gesetzt , aber daß die beiden Momente an die beiden Selbstbewußtseyn ver theilt sind ,

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der Kampf des Anerkennens und der Unterwerfung unter einen Herrn ist die Weise , wie die Staaten geworden sind . Eine Familie ist auch eine Person (moralisch) sie verhält sich zu andren Familien , wie ein einzelnes Selbstbewußtsein zu einzelnen ; diese sollen in Gemeinsamkeit mit einander kommen ; die ursprüngliche Weise , wie sie zusammenkommen ist die Gewalt (der Krieg) d i e G e w a l t ist der Grund d e r S t a a t e n bi ld u n g ; ihr Gang ist nothwendig ; sie ist berechtigt ; in dem Über gehen vom Zustand des bewußtseins das in die begierde versenkt ist , in dem Selbstbewußtsein liegt dieser Kampf nothwendig ; es muß beziehung da sein . Wir nennen das den Tr ie b d e r G e s e l l i g ke it ; es ist aber nicht ein besonderer Trieb , sondern die Einheit der Vernunft , des Selbstbewußtseins , daß diese Einheit sich realisirt . Sie kann sich aber nur realisiren im Selbstbewußt|sein des andren . In so fern dies d i e e r s t e beziehung des Selbstbewußtseins auf Selbstbewußtsein , findet dies statt : daß beide zwar freie und für sich sind ; daß sie aber sich auch in ihrer beziehung auf einander erkennen das müssen sie beide gegenseitig gezeigt haben , d . h . sie müssen ihre Freiheit darstellen als etwas Concretes , Wirkliches , und dies geschieht eben durch den Kampf , sie müssen ihr Leben in Gefahr setzen , sich gleichgültig zeigen gegen ihr unmittelbares Dasein . In diesem Kampf aber gilt die Gewalt ; es ist der N a t u r z u s t a n d ; sie sind äußerlich gegen einander , selbstsüchtig und einzeln und fremd gegen einander . Die Gewalt ist nämlich dieses : daß dies Nothwendige

cf . Schl . Ethik .Sg

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… die] ErWl : Das ist die äußerliche 2–5 sind . Eine … zusammenkommen] ErWl : sind , die eine sittliche Weise zugleich ursprünglich natürliche ist die Familie , das patriarchalische Zusammenleben , aber obgleich moralische Person , ist sie doch bloß eine Person gegen die andren , denn ob es eine Person ist oder ein einzelnes Selbstbewußtseyn , das ist gleichgültig . – das Ursprüngliche ist daß sie in Gemeinsamkeit kommen und die nächste Weise wie sie in Gemeinschaft kommen 5–9 (der Krieg) … nennen] ErWl : (Unsere Einsichten haben wir erlangt aus den Staaten heraus , wir würden uns anders vereinen .) Alle Staaten sind aus der Gewalt hervorgegangen und diese Unterwerfung , Herrschaft deren Gang wir sehn , ist durchaus nothwendig , berechtigt , gerecht . dieser Kampf muß eintreten denn das Selbstbewußtseyn muß für das Selbstbewußtseyn seyn , das einzelne Individuum muß in Beziehung kommen auf Anderes . Man nennt 9–10 nicht ein … Vernunft ,] ErWl : die Vernunft , die Einheit 10 daß] ErWl : die Grundlage ist daß 11–13 des andren . … aber] ErWl : andrer Individuen . | das Material worin Ich , Freiheit , sich realisiren kann , ist durchaus nur andres Selbstbewußtseyn , dies ihre Realität , Objectivität , Aeußerlichkeit . die Selbstbewußtseyn wie sie zuerst an sich kommen , sind zuerst frei aber nur an sich , daß sie 14 auf einander … sie2 ] ErWl : frei erhalten für frei gelten dazu müssen sie es beide bewiesen haben 15–16 Wirkliches , und … eben] ErWl : Wirkliches 16–17 sie müssen … es] ErWl : daß sie ihre Gleichgültigkeit beweisen , ihre Fähigkeit , ihre Unmittelbarkeit , (Daseyn) aufzuopfern . Das 18–19 sie sind … dies] ErWl : sofern die Selbstbewußtseyn als unmittelbar gegen einander , so gilt Gewalt . An sich sind sie frei aber sie sind äußerlich noch gegen einander weil sie noch nicht anerkannt sind . Ihr Verhältniß zu einander ist , daß sie nur Unmittelbare , Einzelne gegen einander

20 1 der Kampf

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40 1–8 der Kampf … nothwendig ; durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

mutlich zu lesen : Schleiermachers ; siehe Anm .

7 dem] das

14 einander] eind sich

1M Schl .] ver-

120 Wl

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54r Sg §§ 434 ; 435

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als ein Fremdes an mich kommt . Der Ursprung der Staaten ist nichts Geschichtliches ; zur Geschichte gehört schon eine große bildung ; die Mnemosyne ist die Muse der Erinnerung ; aber daß das , was geschieht auch gewußt und behalten wird , dazu gehört Geschichte . – Der Ursprung der Staaten hat das patriarchalische Element aber ist zugleich mit Gewalt verknüpft ; denn der rohe Mensch ist gerichtet auf seine unmittelbare Einzelheit . berechtigt ist diese Gewalt weil die Vernunft ihn in diesem Zustand fordert ; denn diese fordert das Moment der gegen seitigen Anerkennung . dies ist aber nur der äußerlich erscheinende Anfang der Staaten , aber nicht das substantielle Princip derselben ; denn was noch immer Gegensatz der Willkühr und Gewalt (positiv) geworden ist , macht sich nach und nach überflüssig durch die Entwicklung der Allgemeinheit . Das Verhältniß von Herrschaft und Knechtschaft treffen | wir überall schon im patriarchalischen Zustand ; Abraham etc . so haben Sclaven , die wohl Kriegsgefangene waren . 43 4 u n d 35 ist nun gesagt : welche bestimmungen darin hervortreten im Verhältniß der Herrschaft und Knechtschaft . a d i e b e s t i m mu n g d e r G e me i n s a m k e it . der Sclave ist nicht sein eigen , sondern seines Herrn ; er hat seine Freiheit dem Leben nachgesetzt ; er hat den Willen des andren anerkannt ; er ist eine Sache und als solche gehört er dem Herrn . Es ist aber eine Gemeinsamkeit vorhanden für die befriedigung der bedürfnisse . Das bedürfniß des Sclaven muß auch befriedigt werden ; aber das ist nicht der Zweck ; er ist brauchbar ; er ist ein Mittel ; dies Mittel muß sind , Fremde nach ihrem Daseyn und Gewalt ist wenn das an sich 1 Der] ErWl : Innerlich sind sie frei aber noch nicht in ihrem Verhältniß . der 2–4 schon eine … Der] ErWl : Bildung die erst in die Fortentwicklung der Staaten fällt , aber so weit 4–5 hat das … ist 2 ] ErWl : vorhanden ist so fi ndet es sich daß er ein patriarchalisches Moment enthält und das andre dazu die Gewalt ist . das unmittelbare Selbstbewußtseyn ist selbstsüchtig in seiner Begierde 6–8 diese Gewalt … Anerkennung .] ErWl : dieser Kampf in diesem Zustand , denn es ist die Vernunft welche fodert daß die gegenseitige Anerkennung herauskommt . 8 äußerlich erscheinende] Er : erscheinende Wl : erscheinende äußerliche 9–10 Princip derselben ; … ist ,] ErWl : Princip . Im Gegentheil was in die Staaten hinein sich auf Festsetzung der Gewalt , Will|kür continuirt 11 Allgemeinheit .] ErWl : Vernunft . Man muß wohl unterscheiden was Princip des Anfangs ist und die Erscheinung im Anfang . 12 überall schon im] ErWl : im 12–17 Abraham etc . … ist] ErWl : In frühern Zeiten wurde der Unterworfne Knecht des Andern , es ist eine Gemeinsamkeit damit gesetzt – der Herr nur hat Eigenthum der Sklave nicht , dieser ist selbst nicht sein eigner Eigenthü mer , 17 sondern seines Herrn ;] ErWl : nicht frei für sich , 18–19 nachgesetzt ; er … Herrn .] ErWl : nachgesetzt , hat keinen Willen für sich hat den Willen des Andern anerkannt , ist Sache des Andern , so gehört er dem Andern – 19–791,1 für die … So] ErWl : des Bedürfnisses und der Befriedigung desselben . Das ist nicht A l l g e m e i n h e i t , die an und für sich anerkannt wäre , Recht pp sondern Gemeinsamkeit . Der Sklave ist Mittel , indirect zur Erhaltung des Mittels muß für den Sklaven gesorgt werden er zu einem relativen Zweck gemacht werden . Es 10 positiv] Lesart unsicher

12 Abraham] folgen einige unleserliche Zeichen , vermutlich zu lesen : Odysseus

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erhalten werden ; er wird also indirekt Zweck . So tritt das Interesse des Vermögens ein , die Möglichkeit die begierde zu befriedigen und des Formirens der Subjecte und dies ist das Vermittelnde zwischen Herr | und Knecht : Dem Knecht ist es Zweck sein Leben zu erhalten das ist auch wenn auch indirect Zweck des Herrn . In dieser Gemeinsamkeit liegt schon eine äußerliche Allgemeinheit im Verstand ; aber die begierde geht nur darauf zu verzehren ; der Wilde sorgt nur für den Augenblick , legt keine Vor rathshäuser an etc ; aber die Sorge für mehrere kommt auf dergleichen a l l g e m e i n e befriedigung , nicht für jetzt bloß , sondern auch für die Zukunft . das ist die Form , wie hier die Allgemeinheit eintritt in diese Sphäre des bedürfnisses und der begierde . Da s H a u pt mom e n t a b e r i s t d i e s e s : d e r He r r h a t s e i n S el b s t b e w u ßt s e i n i s t f r e i u n d h a t d i e A n s ch a uu n g davon in einem andren erreicht und weiß er ist gewußt von dem andren als ein freies Subject ; aber die Anschauung der Freiheit im andren ist unvollständig ; die Anerkennung ist nicht gegenseitig ; er wird nicht von einem für sich ebenso freien Selbstbewußtsein als frei anerkannt ; es ist nur das Formelle des Anerkanntseins erreicht . d a s H a u p t mom e n t a b e r i s t a u f Seiten des Knechts . Der Knecht arbeitet sich in Diensten des Herrn seinen einzelnen Willen ab , hebt seine innre Unmittelbarkeit auf und macht durch diese Entäußrung und durch die F u r cht des H e r r n d e n A n f a n g der Weisheit und den Übergang zum allgemeinen Selbstbewußtsein . Die begierde und ihre befriedigung ist in ihrem ganzen Umfang das Leben ; dieses ist aber 1–2 des Vermögens ein ,] ErWl : ein die Objecte zu formiren , 2 und ] Wl : nur 2–3 des Formirens … dies] ErWl : diese Sorge , die Thätigkeit zu erhalten 3–8 es Zweck … befriedigung ,] ErWl : seine Erhaltung Zweck , er hat sein Leben vorgezogen , und dem Herrn ist sie indirect Zweck . das ist Gemeinsamkeit – Unterwerfung des Willens des Knechts unter den Herrn , also e i n Wille – äußere Allgemeinheit . die Sorge für Mehreres bringt diesen Verstand hinein , die Möglichkeit zu haben , die Bedürfnisse zu befriedigen . diese Möglichkeit beruht auf Gegenständen , die allgemeine Befriedigung geben , 8 auch für … Zukunft .] ErWl : auf ausgedehntere Weise , Acker pp 9 hier die … eintritt] ErWl : die Allgemeinheit hier 10 begierde . Da s … d i e s e s :] ErWl : Begierde , des einzelnen Willens sich | schon hereindrängt , denn sie ist die Substanz des Ich . 11–12 i s t f r e i … weiß] ErWl : und hat sein Anerkanntwerden im andern , so daß er die Gewißheit hat , 12 von dem … ein] ErWl : als 13 die Anschauung der] ErWl : das Anschaun seiner 13–15 unvollständig ; die … anerkannt ;] ErWl : zugleich noch unvollständig es ist einseitige Anerkennung , er wird vom Andern nur gewußt als frei als selbstständiges Wollen , aber nur von einem formalen Selbstbewußtseyn , das nicht frei , selbstständiges Wollen in sich ist , 16–18 erreicht . d a s … ab ,] ErWl : erreicht aber nicht das Gehaltvolle des Anerkanntseyns von einem selbst freien Bewußtseyn als freien Selbstbewußtseyns . Der Knecht 19–20 und macht … und ] ErWl : des Wollens , der Selbstsucht die nur auf seine unmittelbare Einzelheit geht , er macht 20 Die] ErWl : das Wesentliche des Uebergangs fällt in die Seite des Knechts . die 21–792,2 dieses ist … Herrn] ErWl : aber die Begierde hat noch eine andre Seite wie sie im Wollen zugleich ist . der Wille als begehrender Wille ist nur sinnlicher , 20 Selbstbewußtsein] Selbstbußtseins

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die äußerliche natürliche Seite , in der die begierde ist ; der Wille ist die andre Seite , aber auch noch die sinnliche . Die Freiheit des Herrn war nur ein beweisen nach der Seite der natürlichen Unmittelbarkeit der begierde , aber nicht eine Negation der begierde nach dieser ihrer i n n e r l i c h e n Seite , nicht eine Negation seiner Selbstsucht . | diese Negation der Selbstsüchtigkeit des Willens geht im Knecht vor . Er hat die Furcht des Herrn ; und die ist der Anfang der Weisheit , wie es in der bibel heißt . Furcht ist sonst etwas verächtliches ; aber sie hat doch dies , sie hat das bewußtsein der Ohnmacht dessen , was meinem äußerlichen particulären Sinn angehört . dieses ist nun die Seite d e r A bh ä n g i g k e it ; Es kann mir alles entrissen werden , selbst das Leben ; ich muß nun auch das bewußtsein haben , daß es nichts wahrhaft selbstständiges ist ; und dies stellt sich ganz von selbst ein ; und dieses bewußtsein ist die Furcht ; das bewußtsein : daß ein Höhres ist und daß mir die besonderheit entrissen werden kann , das führt ins A l l g e m e i ne in die Weisheit ; der selbstsüchtige Wille arbeitet sich so zu sagen gründlich ab , der welcher Herr wurde . Der Tapfre setzt allerdings sein Leben in Gefahr und hält alle möglichen Entbehrungen aus ; aber diese Stärke bezieht sich nur auf das Momentane . Im Dienst arbeitet sich aber das innre Wollen der begierde ab . Dies haben alle Völker durchgemacht . Wer nicht gehorchen kann , der kann auch nicht befehlen ; durch diese Schule des Gehorsams muß jeder gehen , der frei sein will und befehlen ; welches heißt : d a s ve r l a n g e n , w a s r e c ht und ve r n ü n f t i g ist . Wenn man nur d i e s befiehlt , so verlangt man auch Gehorsam von Andren . Die Selbstsucht des Willens wird gehemmt durch eine Gewalt particulärer , selbstsüchtiger Wille . die Tapferkeit des Herrn , die Freiheit die er beweist 2–3 der Seite] ErWl : Seiten 3 aber nicht … Negation] ErWl : indem er sein Leben daran setzt , aber nicht ein Negiren 4–5 Selbstsucht . diese … Willens] ErWl : Selbstsucht , der Particularität des Willens . dieses Aufheben der Selbstsüchtigkeit der Particularität des Wollens 5 im] ErWl : am 6–7 und die … hat 2 ] ErWl : diese Furcht hat die innerliche Seite , daß sie 7 der] ErWl : ist der Unselbst|ständig keit , 8–9 Sinn angehört . … die] ErWl : Seyn angehört , alles was zum Umfang der natürlichen Begierde gehört , der 9–11 A b h ä n g i g k e i t ; Es … bewußtsein] ErWl : Abhängigkeit des Menschen . dieses ist zugleich ein solches das mir entrissen werden kann , mein Leben selbst kann mir genommen werden . Indem ich das will , darin versenkt bin , wird mir das Bewußtseyn gegeben daß das nicht meiner Selbstständigkeit angehört , nichts festes ist , sondern vielmehr gegen mich selbstständig gemacht werden kann . dieses Bewußtseyn der Negativität 12–15 das bewußtsein : … hält] ErWl : und die Furcht des Herrn als Höheres ist der Weisheit Anfang . So arbeitet sich der besondere Wille ab im dienst des Herrn . | Er kann 15 aus ;] ErWl : aushalten 16 Momentane . Im] ErWl : Momentane der unmittelbaren Einzelheit , im 16–19 aber das … ve r l a n g e n ,] ErWl : der unmittelbare Wille der Begierde und der Befriedigung ab , der Wille reinigt sich . dieses hat [der Knecht] Wl : d . [lacuna]] durchgemacht . durch Gehorchen lernt man erst Befehlen d . h . Stärke gegen die Zufälligkeit seiner Begierden erlangen , und das wahre Befehlen besteht darin , 20–21 Wenn man … gehemmt] ErWl : da erlangt man Gehorsam von andern , es ist die Negation der innerlichen Selbstsüchtigkeit gesetzt und mit dieser Negation der Particularität geht dann hervor der Wille als allgemeiner . / der selbstsüchtige Wille des Knechts wird gehemmt . diese Hemmung erscheint zuerst als bewirkt

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durch einen fremden Willen , der auch ein Selbstsüchtiges ist – das ist die Wirkung des Gehorsams ; eine bestimmung die besonders in der Geschichte der Völker vorkommt . Die Römer hatten zuerst Könige , auch die Griechen – Solon hatte allen bürgern gleiche Rechte gegeben ; dennoch warf sich Pisistratos auf und hielt doch die Gesetze und machte die Athenienser daran gewöhnt . Denn eben dadurch daß ein Herrscher sie an diese Gesetze gewöhnte , haben sich dieselben erhalten . So hat das Feudalsystem die Wirkung gehabt , den Eigenwillen zu brechen . – Es tritt nun aber gleich das A f f i r m a t ive ein 3 . d a s a l l g e me i ne S e l b s t b e w u ßt s e i n . § 436 . Das Affi rmative ist dies : daß das Selbstbewußtsein , Selbstbewußtsein bleibt . Verhalten zu sich selbst ; Wissen vom Ich ; aber der Gegenstand ist nun ein solcher , der nicht mehr die bestimmung der begierde , der Selbstsucht hat ; die Unmittelbarkeit ist ihr abgearbeitet ; es ist kein bloß natürliches Selbstbewußtsein mehr . So verhält es sich zu sich ; und indem es s o von sich weiß , so ist nun dies Höhere seinem begriff näher gekommen , seinem abstracten Ich . Itzt in der Realisirung des Selbstbewußtseins ist das gegenüberstehende Ich ein solches , an welchem die Particularität negirt ist , und welches d a ist als ein nicht einzelnes , als ein allgemeines als ein f r e i e s . Aus diesem Dienst und diesem Gehorsam geht erst die wahre | Freiheit hervor . In der Unterjochung erscheint zwar auch die Unfreiheit aber es ist die Unfreiheit eines an sich unfreien bewußtseins , eines bewußtseins das in sinnlicher Unmittelbarkeit versunken war . Die Freiheit ist auch in dieser Rücksicht die Unfreiheit , daß die Willkühr nicht freigelassen wird . Das ist eben der Irr thum , daß 1–7 durch einen … Es] ErWl : als Gehorsam gegen einen fremden Wil|len . die Hemmung des selbstsüchtigen Willens ist zunächst der Gehorsam . die Staaten haben angefangen mit despotismus , Tyrannei , dann ist erfolgt eine Zeit wo die Gewalt sich überflüssig gemacht . Nachdem Solon seine Gesetze gegeben , hat Pisistratus sich zum Tyrannen aufgeworfen ohne die Solonischen Gesetze umzuwerfen . Gerade daß die Athener unter ihm diesen Gesetzen g e h o r c h e n mußten , dadurch sind sie an sie gewöhnt . das Gehorchen ist zuerst negativ , dann 7–8 nun aber gleich] ErWl : aber 8–11 ein 3 . … der1] ErWl : ein , dieses ist das Wissen von sich aber dasjenige wovon es weiß ist itzt ein Unmittelbares , das 11–13 hat ; die … indem] ErWl : ist , sondern es weiß von einem solchen dem die Unmittelbarkeit der Begierde abgearbeitet ist , es weiß von sich als einem in welchem negirt ist die Bestimmung der sinnlichen Einzelheit der Selbstsucht . Indem 14 seinem begriff … in] ErWl : entsprechend dem Begriff , dem Ich = Ich . In 15 ist das gegenüberstehende] ErWl : ist das andre 15–16 an welchem … d a ] ErWl : dem die Selbstsucht abgethan ist , das also auch da 16 einzelnes ,] ErWl : particulares sondern 17–18 Aus diesem … ist] ErWl : Einerseits erscheint hier die Unterdrückung des Willens , die Unfreiheit . dieses ist aber 19–20 bewußtseins , eines … Die] ErWl : und so sich bewußten . die wahre 20–21 auch in … daß1] ErWl : daß 21– 794,12 Das ist … sind] ErWl : Der Wille in der Bestimmung der Allgemeinheit ist nun der andre Wille dem das Selbstbewußtseyn gehorcht . Das Selbstbewußtseyn gehorcht noch einem andern Willen , der andre ist als der freie Wille der von der Einzelheit befreite Wille . durch den Gehorsam , die Negation d e s Willens der ein einzelner , selbstsüchtiger ist , erlangt er die Bestimmung , a l l g e m e i n e r Wille zu seyn . | das Selbstbewußtseyn weiß sich itzt nicht mehr als einzelnes , hat die Bestimmung der Allgemeinheit an ihm . – Ein Individuum erziehn | heißt nichts andres als

§ 436

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man meint : mein subjectives Interesse , meine Willkühr sei Freiheit . Der allgemeine Wille , die Freiheit das ist dann der andre Wille , dem das bewußtsein gehorcht , als subjectiver Wille ; es gehorcht freilich auch einem andren Willen , aber dem von der Einzelheit befreiten Wollen , und indem dies sein eigner Wille ist , gehorcht es sich selbst und ist darin frei . Das ist also der Übergang : das Gehorchen erscheint zunächst als eine Gewalt ; es ist eine Negation der Selbstsucht , der besonderheit des Willens – dann wird es durch Abarbeitung dieser Selbstsucht ein A l l g e me i n e s . Durch das Gehorchen wird das Individuum erzogen , d . h . dahin gebracht , nicht mehr gehorchen zu brauchen . Die Erwachsenen haben vernünftigen Willen in Ansehung dessen , was recht und nützlich ist etc . das Kind hat nur den Willen der begierde , der durch den Gehorsam gehemmt wird . Dadurch wird es selbst dieser freie Wille ; die bestimmung ist also : sich selbst überflüssig zu machen . So sind die Völker auch erst frei , wenn sie die Selbstsucht in sich besiegt haben , das von sich wissen an sich frei zu sein ; das bewußtsein ihrer Allgemeinheit kann ihnen keiner nehmen , wenn sie es erst haben ; aber sie müssen sich erst dahin durch arbeiten . Das allgemeine Selbstbewußtsein also ist das positive Wissen seiner Selbst im andren Selbst , daran jedes als freie Einzelheit absolute S e l b s t s t ä n d i g k e i t hat , aber vermöge der Negation seiner Unmittelbarkeit oder begierde sich nicht von andren unterscheidet , allgemeines , und objektiv ist , und die reelle Allgemeinheit s o hat , als es im freien andren sich anerkannt weiß , und dies weiß , insofern es das andre anerkennt und es frei weiß[ .] Es ist zunächst : Wissen von einem Gegenstand , dann von einem andren Selbstbewußtsein : aber so : daß ich in mir frei bin , so daß ich in dem andren Selbstbewußtsein meine Freiheit erhalte , bewahre , so daß mir nöthig ist um Selbstbewußtsein zu sein , mich in einem a nd r e n zu wissen ; ich entäußere mich , verliere mein Selbstbewußtsein an ein andres ; aber darin habe ich auch die Affi rmation meines Selbstbewußtseins , denn die Schranke , die in der Selbstsucht lag , ist

durch Gehorsam es dazu bilden , nicht mehr zu gehorchen einem äußern Willen . Ein Kind hat noch den Willen der selbstsüchtigen Willkühr , Particularität , im Gehorsam wird diese Selbstsucht gehemmt und außer ihm ist noch der allgemeine rechte Wille und durch Gehorsam [wird sein Wille auch] Wl : auch] dieser allgemeine Wille , auch 12–13 auch erst … wissen] ErWl : müssen oft eine große Unterdrückung durchgehn bis sie so viel Kraft erlangt haben selbst frei seyn zu können . Sie wissen dann , daß sie 14–22 zu sein ; … so2 ] ErWl : sind . [ Dies] Wl : b .) dieß] ist die Bestimmung zu der wir gekommen sind . Zunächst ist diese Bestimmung wieder als B e w u ß t s e y n vorhanden d . h . daß ein Gegenstand , ein andres Selbstbewußtseyn ist , aber so daß ich im Bewußtseyn der Freiheit meines Selbstbewußtseyns frei bin , 23 erhalte , bewahre ,] ErWl : erhalte , 24–25 ich entäußere … verliere] ErWl : in so fern ve r l i e r e ich 25–26 darin habe … Selbstbewußtseins ,] ErWl : gerade in dem Andern weiß ich mich affi rmativ , 26 Selbstsucht] ErWl : Begierde , der Selbstsucht 7 Abarbeitung über Abthuung

18–21 andren unterscheidet , … weiß am rechten Rande

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aufgehoben ; es greift über sich über und continuirt sich in das andre hinein ; es sind nicht 2 Selbstsüchtige gegen einander sondern e i n Selbstbewußtsein und in so fern ist es a l l g e m e i n e s S e l b s t b e w u ßt s e i n . Diese abstracte bestimmung ist in vielen concreten Formen vorhanden . Die Substanz dieses Selbstbewußtseins ist die Allgemeinheit , hinauszugehen über seine Einzelheit . Die bestimmung der Liebe ist die Form des bewußtseins ; in der F a m i l ie , im Va t e r l a n d i m S t a a t bin ich , bin absolut selbstständig , schlechthin ausschließend alle anderen , und in so fern bin ich nicht mehr selbstsüchtige sondern freie Einzelheit , das freie mich in dem andren Wissen , und dann das Wissen meiner als mich selbst . | Alle Tugenden haben diese Grundlage ; die Liebe etc . »Ist Gehorsam im Gemüth wird nicht fern die Liebe sein« sagt Göthe irgendwo . der Mensch verliert sich auf diese Weise , kann es bei sich in seiner Einzelheit nicht aushalten ; er gibt sich auf , entäußert sich und gerade dieses Außer sich sein ist der Gewinn seiner als ein Selbstbewußtsein : Freundschaft , Ehre , Ruhm , etc . geht darauf . – Das ist auch der Zustand des Anerkanntseins , Zustand in einem sittlichen Ganzen ; der K a m pf des Anerkennens liegt jenseits dieses Zustandes ; in der Familie ist das Kind anerkannt , obgleich es sich nicht geltend machen kann , schwach und nichts wirkend ist ; so in der bürgerlichen Gesellschaft , – auch wer gar keine Achtung erwirbt , so ist er ein bürger , so gilt er ebenso viel als die andren bei den andren , weil er im Selbstbewußtsein der andren gilt . Es ist

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20 20 1 es1] ErWl : Das Selbstbewußtseyn

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andre] ErWl : andre Selbstbewußtseyn 2 Selbstsüchtige] ErWl : selbstsüchtig 3 Diese] ErWl : In sofern es ein besondres ist , ist es getrennt vom Andern . / | Diese 4 vielen concreten Formen] ErWl : viel concreterer Form 5–7 hinauszugehen über … fern] ErWl : – von sich dieses Wissen von sich hinaus zu gehn aus der Selbstsucht und sich in das andre hinein zu continuiren . In der Liebe ist diese Bestimmung . Ich bin ausschließend alles andere und indem ich diese Einzelheit bin , 8 selbstsüchtige sondern … freie] ErWl : selbstsüchtiges Ich sondern freies Selbstbewußtseyn , 9 Wissen , und … selbst .] ErWl : zu wissen und indem ich dieses weiß mich identisch mit mir zu wissen . 10 die Liebe etc .] ErWl : eben so die Liebe . 11–14 der Mensch … darauf .] ErWl : d . h . ist die Schranke , Besonderheit aufgehoben so ist das Selbstbewußt seyn in der Bestimmung der Allgemeinheit und als Einzelnes frei . Gehorsam ist diese negative Bestimmtheit gegen die Selbstsucht . Indem der Mensch sich zu verliren scheint , sich in seiner Einsamkeit nicht aushalten kann sondern ein andres Bewußtseyn braucht , so verliert er sich aber gerade dieses Außer sich seyn ist der Gewinn seines substanziellen Selbstbewußtseyns . 14–15 Anerkannt seins , Zustand in] ErWl : Anerkanntseyns . In 15 Ganzen ; der] ErWl : Ganzen , Familie , Staat sind alle anerkannt . | der 15–16 liegt jenseits … Zustandes ;] ErWl : ist so verschwunden . 16–796,2 anerkannt , obgleich … daß] ErWl : das so schwach ist , kein Verdienst hat anerkannt . In der Gesellschaft sind alle Bürger anerkannt , sie gelten sich als Freie . die Freiheit jedes Einzelnen ist nur sofern er als Freier von den andern anerkannt ist , daß die Andern in ihm das Bewußtseyn ihres Geltens haben . Im rechtlichen Zustand gilt jeder weil er sie gelten läßt als Freie . / Ich bin frei sofern es die andern [sind und lasse] Wl : sind : nun lasse ich] sie sofern für frei gelten , als

40 11–13 der Mensch

seins

… Freundschaft , durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

18 so1] Lesart unsicher

13 sein]

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§ 437

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gegenseitig : was ich bin , sind die andren auch ; ich muß sie gelten lassen in so fern daß sie mich als frei gelten lassen . Das ist das vollbrachte Anerkanntsein . In der bürgerlichen Gesellschaft ist dies Verhältniß reiner abstracter ; in der Freundschaft ist es mehr mit besonderheit gemischt , mit Empfindung und Gefühl . Es ist also ein allgemeines Wesen : frei zu sein ; ich bin es nicht in meiner besonderheit ; ich weiß auch von andren , daß sie frei sind ; ich schaue mich in ihnen an . § 437 . dieses allgemeine Selbstbewußtsein , die Wahrheit des bewußtseins ist nun das Selbstbewußtsein das objectiv ist . Die an und für sich seiende Allgemeinheit des bewußseins ; es ist freilich beziehung auf ein anderes durch Vermittlung aber dieses andre ist ebenso unmittelbar kein andres ; ich weiß es nur so fern ich mich in dem andren weiß[ .] Darin ist nun die bestimmung der Vernunft überhaupt ausgedrückt . Die bestimmung der Vernunft ist I c h Subject : aber so daß es einen Gegenstand hat , und nur Ich ist , so fern es einen Gegenstand hat ; dieser Gegenstand ist aber Ich selbst , aber so , daß er ein Inhalt ist , bestimmung , Gegenstand , Object , aber so , daß dieser die Entwicklung allen diesen Inhalts in sich enthält , und daß ich in dieser mich s e l b s t habe . die allgemeinheit der Vernunft hat ebenso sehr die bedeutung des mir nur vom bewußtsein nur gegebenen Objects ; es ist aber ein allgemeines Object ; ebenso enthält diese allgemeinheit das reine Ich meines Selbstbewußtseins . Oder : das subjective Ich bin die Gewißheit , daß die bestimmungen des Subjects (Ich in seiner Entwicklung in sich selbst) die Gewißheit hat : daß diese Entwicklung die bestimmung des Wesens der Dinge ist , ebenso als die eigenen Gedanken ; und diese sind wieder ebenso das Objective ; diese Gewißheit habe ich nicht als besonderes selbstsüchtiges Subject sondern als freies Subject das sich in sich zu seiner Gewißheit erhoben hat . |

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C . Vernunft § 438 .Er

2–3 Das ist … der] ErWl : In der Liebe , 4–7 mit besonderheit … nun] ErWl : in der Empfi ndung , im bürgerlichen Zustand gelte ich Abstractum , als Person ohne Besonderheit meiner Subjecti|vität / dies ist die Realisirung des Bewußtseyns zum Selbstbewußtseyn dann des unmittelbaren Selbstbewußtseyns zum allgemeinen Selbstbewußtseyn daß Ich als Ich schlechthin [als frei] Wl : frei] bin , nicht nach meiner Selbstsucht sondern nach meiner allgemeinen Natur . daß ich von meiner Allgemeinheit weiß ist realisirt da ich das Andere als frei weiß , nicht nur in der Vergleichung mein Selbstbewußtseyn im Anderen habe , sondern daß ich im Anderen von mir weiß , in ihm mein Selbstbewußtseyn concret habe . dies ist 8–12 Allgemeinheit des … Die] ErWl : Allgemeinheit , es ist eine Vermittlung die aber das was in der Vermittlung einseitig ist , aufgehoben hat , denn das andre Selbstbewußtseyn ist kein anderes , ich weiß m i c h darin , vermittelst des Anderen und dies ist aufgehoben denn ich weiß mich darin . / die 12 I c h ] ErWl : die : 13 und nur … dieser] ErWl : dieser 14–17 aber so , … Object ;] ErWl : so daß der Gegenstand ein Andres , Object ist aber so daß dies Object das Allgemeine ist , alle Bestimmungen in sich enthält , daß ich in [allen] Wl : allem] diesem Inhalt mich selbst habe , darin frei bin . Es ist allgemeines Object und 18–19 diese allgemeinheit … subjective] ErWl : es den Inhalt meines Selbstbewußtseyns , das Subject , 19 daß die … (Ich] ErWl : – das Subject 20 selbst) die … hat :] ErWl : selbst , 20–22 die bestimmung … Objective ;] ErWl : [seiner selbst] Wl : seines Selbst ,] objectiv ist und daß diese Bestimmungen die Bestimmungen meines Wesens , die dinge eben so meine Gedanken sind . 23 freies Subject …

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Der Geist ist also ich oder das Subject wo aber der Gegenstand ein Allgemeines an ihm selbst ist . Im bewußtsein weiß ich : der Gegenstand ist so gewiß als ich bin ; der Geist weiß dies ebenso aber er weiß auch : dieser | Gegenstand ist vernünftig , hier haben wir also 2 Seiten zu unterscheiden . Ich beziehe mich auf den Gegenstand Subject und Object getrennt ; es ist der Gegenstand vom Subject und auch von dem andren verschiedner Gegenstand . Diese besonderheit des Subjects gegen das object ist aber hier weggefallen ; der Inhalt des Subjects ist derselbe als der des Objects ; das Subject ist frei in dem Gegenstand ; d a s i s t d i e F r e i h e i t d e s G e i s t e s ü b e r h a u p t . Aber bestimmter : steht hier dem Inhalt nach der Gegenstand der besonderheit gegenüber . Indem das Selbstbewußtsein sich nun so zur allgemeinheit erhoben hat , ist es Denkendes rein , und hat sich auch zur Form der Allgemeinheit erhoben ; daher findet es nicht nur sich in dem Gegenstand , sondern den Inhalt überhaupt , der ebenso von allgemeiner Natur sei . Diese allgemeinheit der Natur des Gegenstandes ist dann die : daß es nicht abstracte Allgemeinheit ist ; sondern daß sie der begriff ist , daß dieser Inhalt also an sich allgemein ist , aber nicht abstract allgemein sondern concret in sich ; in seinem Unterschied schlechthin zusammen-

Gewißheit] ErWl : ein solches das sich in sich zur Allgemeinheit 1 also ich … aber] ErWl : nichts andres als die Vernunft unter der Form des Wissens . der Geist hat Gegenstände aber weiß gewiß daß diese Gegenstände sich erkennen lassen . das Seyn das die Dinge haben ist kein wahres , sondern ich kann ihre Oberfl äche durchbrechen , indem ich sie erkenne sind es meine Bestimmungen und meine Bestimmungen , Gedanken sind zugleich das Objective . diese Gewißheit hat der Geist indem er daran geht zu erkennen . / Der Geist ist zuerst Seele , dann Ich , die letzte Bestimmung [ist daß] Wl : ist : / c .) D i e Ve r n u n f t / daß] das Subject nicht nur dies Besondre ist , das Subject , sondern die Einheit der beiden Besondern , des Subjectiven und Objectiven . der Geist , Ich oder das Subject als Allgemeines | bestimmt ist so daß Gegenstand] Wl : Gedanke 2 ihm selbst … bin ;] ErWl : sich selbst ist , dies ist seine Wahrheit . 3–4 dies ebenso … also] ErWl : dieser Gegenstand ist nicht nur sondern ist vernünftig . diese Beziehung hat 4 zu unterscheiden .] ErWl : die aber in einander fallen : 4–5 Gegenstand Subject … es] ErWl : Gegenstand , da ist er als Object bestimmt gegen das Subject , dann 5–6 vom Subject … Diese] ErWl : ein von dem andern verschiedner . die substanzielle Allgemeinheit der Vernunft hat diese Bestimmung , diese Einheit zu seyn , daß im Verhältniß des Subjects zum Object diese 7–8 ist aber … Gegenstand ;] ErWl : wegfällt , so daß das Subject im Gegenstand frei ist . der Gegenstand hat denselben Inhalt den das Subject hat . 9 Aber bestimmter : … der] ErWl : Der Gegenstand ist bestimmt , und das Subject , Bewußtseyn , hat auch einen besondern Inhalt , dem Inhalt nach steht die 11 erhoben hat , … sich] ErWl : bestimmt so ist es denkendes überhaupt . Indem Ich sich [durch] Wl : zur] Negation seiner Besonderheit , Selbstsucht 12–13 erhoben ; daher … der1] ErWl : erhoben hat , so ist dieser Inhalt 13 Natur sei .] ErWl : Natur . 14–15 ist dann … sie] ErWl : und des Geistes ist es dann daß Allgemeinheit 15–16 an sich … sich ;] ErWl : diese Bestimmung in sich | enthält , welche die Vernunft , das Selbstbewußtseyn in sich enthielt : daß der Inhalt sei ein in sich unterschiedner aber 16–798,1 zusammenhangend] ErWl : zusammenhängender 12 nicht] sich 35 überhaupt .] folgt bei Wl gestr : Der Gegenstand ist bestimmt , u das Subjekt , Bewußtseyn hat auch einen besonderen Inhalt .

5 Febr .Sg ; 163Er 56r Sg 3 die Vernunft .Sg

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III Psychologie der Geist Sg § 440

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hangend , untrennbar . Das ist die Vernünftigkeit des Inhalts als eines solchen ; die No t h we n d i g k e it desselben . Wenn der Inhalt keine besonderungen an ihm hat , so ist er nur abstract ; aber doch ist diese besonderung aufgehoben . Die Vernünftigkeit des allgemeinen bewußtseins ist also : sich , seinen Inhalt in der Welt , im Object zu finden ; der Geist sagt zur Vernunft du bist Vernunft von meiner Vernunft , wie Adam sprach zu Eva : du bist bein von meinem bein – So geht der Geist an die Welt , mit diesem Glauben : daß der Inhalt der Welt ebenso vernünftig ist , als er selbst ist (Inhalt der Welt sind die bestimmungen der Vernunft)[ .] Der Geist bestimmt sich , das ist sein Inhalt , vernünftiger Inhalt und damit ist dieser Inhalt selbst vernünftig . Die Einzelnen sind nur Momente eines Zusammenhanges , nämlich der Nothwendigkeit ; alles besondre dieser Art hängt mit seinem anderen besondren zusammen ; hebt seine besonderheit in die andre auf . Das macht den begriff des Geists aus[ .] § 440 Der Geist hat sich als die Wahrheit der Seele und des bewußtseins gezeigt ; er ist selbst Seele (einfache Gleichheit mit sich selbst : daß er das ist , das ist als Geist für ihn –) dann ist er auch bewußtsein . Der Geist ist | das Wissen der Totalität : dass subject in ihm ist und object ; oder nichts von beiden , denn die Unterschiede von Subject und Object gehörn nur dem bewußtsein an , nicht dem Geist mehr ; sie gehören dem bewußtsein , das noch nicht triumpfi rt hat über diesen Widerspruch : der Geist ist , das ursprünglich in sich Versöhnte . – Ich das einzelne bewußtsein ist

1–3 solchen ; die … aufgehoben .] ErWl : solchen , daß die Besonderheiten , vorher Subject und Object itzt Besonderheiten überhaupt eben so keine sind daß die Unterschiednen eben so identisch sind , der Inhalt hat Besonderung an ihm so aber daß dieser Unterschied der Besonderung nur ein aufgehobner Unterschied ist . 4–5 allgemeinen bewußtseins … finden ;] ErWl : Geistes hat diese Gewißheit , in der Welt seinen Inhalt zu fi nden , nichts Fremdes ihm Undurchdringliches vor sich zu haben . 5 Vernunft1] ErWl : Welt : 5–8 Vernunft , wie … Vernunft)[ .]] ErWl : Vernunft . Er weiß daß er darin nichts antrifft als seine Vernunft seine Allgemeinheit , daß s e i n Inhalt der Gegenstand ist . Nach dieser Seite ist es das Verhältniß der Freiheit , der Inhalt ist eben so an sich vernünftig . Der Wille bestimmt sich , da gibt er sich einen Inhalt , dieser Inhalt ist eben die Bestimmtheit der [ Vernunft] Wl : Vernunft .] 9 sein Inhalt , … und ] ErWl : Inhalt des Vernünftigen , selbst] ErWl : auch 10 Einzelnen sind … Momente] ErWl : Vernünftigkeit des Inhalts ist daß dieser [ Inhalt] Wl : Inhalt auch] Begriff ist , daß dieses Inhalts Theile nur Momente sind 10–16 nämlich der … bewußtsein .] ErWl : Systems und dieses Systems und daß sie Momente eines Systems sind , heißt Nothwendigkeit , daß der Inhalt ein besondrer ist aber daß er durch diremtion der Einheit gesetzt ist . / Der Geist ist Seele , Bewußtseyn und daß er dies ist ist als Geist f ü r i h n daß er bei allen Unterschieden sich selbst im Gegenstande erhält , dieses Zutraun | ist daß er Bewußtseyn seiner Vernünftigkeit überhaupt ist . 16–18 Totalität : dass … Object] ErWl : Totalität welche subjectiv ist in ihm aber eben so objectiv . Solche Unterschiede 18–19 bewußtsein an , … das] ErWl : erscheinenden Geiste an , der 19 diesen Widerspruch :] ErWl : diese Gegensätze von denen das Bewußtseyn befangen ist . 20 ist , das ursprünglich] ErWl : als der vernünftige Geist ist der ursprünglich wesentlich 20–799,1 Ich das 11 besondre] bsondrs

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unmittelbar . Ich , ist Seele , ist als solche empfindend ; darin bin ich zugleich bewußtsein . | ich unterscheide den Gegenstand von mir ; im Geist aber erkenne ich in dem Gegenstand das Vernünftige , den Zusammenhang alles Vernünftigen mit ihm . beim Geist haben wir nun keine Unmittelbarkeit von der wir anfangen können , wie bei der Seele und beim bewußtsein – sondern der Geist ist E nt w i c ke lu n g , Evolution der Vernunft und diese ist er selbst , oder wenigstens die Gewißheit daß die Welt die ihm gegen über steht , vernünftig ist , daß , wenn er sich denkend an sie wendet , das System seiner Denkbestimmungen in derselben vorfi ndet[ .] § 4 41 ist gesagt : in wie fern der Geist endlich ist . Der Geist ist wesentlich unendlich : Das Object ist ihm keine Schranke mehr ; sein Wesen ist die Unendlichkeit . Aber doch ist er endlich in so fern er als wissend (bewußtsein) dieses , was er in sich ist , nicht erfaßt hat , in so fern er seine Vernunft nicht zum Gegenstande gemacht hat , oder in so fern er die Vernunft nicht zum Gegenstande ihrer Totalität entwickelt hat . Das macht die Endlichkeit des Geistes aus . – Die Ve r n u n f t ist die S u b s t a n z , das was Materie (nicht sinnlich) wird (der Inhalt seines Wissens) sie ist das Unterscheiden ist ewig an und für sich selbst , ruhige absolute Wesenheit ungetrübte Klarheit ; das Unterscheiden selbst aber die Thätigkeit des Unterscheidens ist das W i s s e n . Darin fällt eben die Endlichkeit des Geistes : daß die Vernunft die unendliche Form

56v Sg

§ 441

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… Ich ,] ErWl : Ich

1 darin] ErWl : indem ich empfi ndendes bin

1–5 bewußtsein . ich … E n t -

20 w i c k e l u n g ,] ErWl : Bewußtseyn mache diesen Gegenstand gegenständlich aber als Geist betrachte

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ich ihn als Moment der Totalität des ganzen Zusammenhanges der die Vernunft ist , die mein Wesen ist . Bei Geist fangen wir nicht an bei einer unmittelbaren Affection , wir haben nicht ein abstract Gegenständliches das ein Aeußerliches ist , auch nicht beim Selbstbewußtseyn , das nur das Abstracte ist Ich = Ich . der Geist ist 6–7 wenigstens die … steht ,] ErWl : indem ihm die Vernunft als draußen erscheint ist er das Bewußtseyn daß diese Welt 7–8 daß , wenn … Denkbestimmungen] ErWl : daß er seine Denkbestimmungen , das System seines Denkens 8–9 vorfi ndet[ .] § 4 41 … ist .] ErWl : vorfi ndet , es ist dies Zutraun , die Gewißheit der Vernünftigkeit mit der der Geist überhaupt anfängt / | [ Psychologie .] Wl : C .) / P s yc h o l o g i e / D e r G e i s t .] / 9–10 unendlich : Das … ihm] ErWl : unendlich , daß der Gegensatz aufgehoben ist , am Object hat er 10–11 sein Wesen … er1] ErWl : er weiß ihn als vernünftig , aber der Geist ist 11 wissend (bewußtsein)] ErWl : Bewußtseyn in 2 ] ErWl : an 12 nicht erfaßt … er] ErWl : seine Vernunft nicht erfaßt , diese nicht 2 ] ErWl : nicht sich Gegenstande] ErWl : Gegenstand , die Welt nicht zur Vernunft 13 zum Gegenstande] ErWl : zu seinem Gegenstand in 14 Das macht … aus . –] ErWl : die Endlichkeit des Geistes ist die Ungleichheit dessen was er an sich und was er für sich ist , was er sich bewußt ist , als was er sich Gegenstand ist . 14–16 S u b s t a n z , das … selbst ,] ErWl : Substanz desjenigen was Material wird , Inhalt seines Wissens Die Vernunft ist der Unterschied und das E i n e ist daß die Vernunft ist in der Form des Seyns ; die Vernunft ist ewig an sich 16 ungetrübte] ErWl : ruhige ungetrübte 17 Unterscheiden selbst … Unterscheidens] ErWl : A n d r e ist die Unterscheidung selbst und das Seyn dieses Unterschiedes , diese Thätigkeit 18–800,1 Darin fällt … und ] ErWl : Unter Wissen verstehn wir die reine Form die reine [ Thätigkeit] Wl : Thätig keit :] da unterscheidet sich das Wissen und der Inhalt und darin fällt die Endlichkeit des Geistes , die unendliche Form in der Vernunft ist dies daß beides an sich identisch ist . Die Vernunft ist

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(das Wissen) ist und das sich in sich unterscheiden zu einem System der Totalität zu einem Reichthum , der aber ein Reichthum bleibt , so daß alle Momente in der Einheit bl e i b e n . Aber abstract rein ist die Form sich auf sich beziehend , Wissen , und das ist die besonderheit der Unterscheidung durch welche die Totalität als Geist ist . Die Form selbst in ihrer Freiheit ist eben das Wissen . Der Geist selbst also ist unmittelbar , das wissen wir voraus ; das ist ein Lemma aus der Logik : der Geist in dieser seiner Hervorbringung ist f ü r sich . Die Affi rmation , die eine Hervorgebrachte ist ; so muß also der Geist sich zunächst als Seele sich gegen überstellen . Die Seele ist der Anfang haben wir gesehn ; aber der Geist ist doch eigentlich zuerst Geist : seine Seele zu negiren und sich zum Geist zu machen ist sein Wesen . Die E n t w i c k lu n g d e s G e i s t e s ist nun das was wir unmittelbar Geist nennen können . das Vernünftige ist draußen ; das Ziel des Geistes , der Proceß wodurch er sich verwirklicht , ist dies Vernünftige als sein eignes zu setzen . Sein Thun ist nun nichts andres als dies Vernünftige ; indem dies aber nur eine einseitige bewegung ist daß das Vernünftige ihm gegenüber ist ; das Vernünftige ist das seinige , das er sich für sich sich gegen über hervorbringt ; das ist allein das Thun des Geistes . Hierin ist sogleich | der Unterschied des | t he o r e t i s ch e n und pr a c t i s ch e n Geistes enthalten . Er ist für sich noch nicht die Vernunft , er weiß nicht daß sie für ihn ist . Sein Anfang ist also daß ihm die Vernunft gegen über ist , und daß er den Glauben und die Gewiß-

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1 unterscheiden] ErWl : unterscheiden , Besondern 2 der aber … alle] ErWl : wo die Unterschiede aber nicht frei werden sondern daß die 3 Aber abstract … ist] ErWl : An der Substanz ist dies Unterscheiden und das Zurückgeführt- und Gehaltenseyn in der Einheit ist die Form , aber sich1] Wl : ist 3–4 beziehend , Wissen , … das] ErWl : beziehend ist Wissen . Das 4–6 der Unterscheidung … Geist] ErWl : die im Geiste Totalität ist . Der Geist in seinem Unterschiede ist der absolute , höchste Unterschied , der Unterschied in der reinen , sich | auf sich beziehenden Form aber daß der Geist dies ist , diese Unterschiede [eben so ewig] Wl : ebenso] aufzuheben . Wir fassen den Geist zunächst als unmittelbaren , was wahr ist ists nur sofern es zu sich selbst zurückkehrt und 7 seiner] Wl : seine ist f ü r … Die] ErWl : für sich wird , die Negation das sich bestimmen , unterscheiden und Negation dieser Negation das ist die 8–12 gegen überstellen . … das1] ErWl : gegenüberstellen , das Letzte ist das wahre , erst daß er Geist ist – dies sich zu unterscheiden als Seele sich zu unterscheiden – der Geist ist das Wahrhafte nur als dieser Proceß der sich von sich selbst unterscheidet , sich gegenüber stellt und die Vernunft als die seinige setzt . Der Geist ist zunächst unmittelbarer Geist mit dem Gegensatz , daß das Wissen das Vernünftige sich gegenüber setzt , dies 12–15 Geistes , der … ist ;] ErWl : Geistes ist , dieses Vernünftige als das Seinige zu setzen , er hat den Glauben daß diese Vernunft seine Vernunft ist , sein Thun ist dieses zunächst von ihm unterschiedne Vernünftige als das Seynige zu setzen , daß 15 ist das … sich] ErWl : als das Seinige ist was er 16 das ist … sogleich] ErWl : In dem gesagten liegt | 17 Geistes enthalten . Er] ErWl : Geistes . / Der Geist fängt an , er 18 weiß nicht … Sein] ErWl : ist das Wissen nicht von Anfang , wahrer Geist ist er erst am Ende , sein 19–801,2 also daß … Getrenntes .] ErWl : daß er jenen Glauben nur hat , er hat das Vernünftige noch sich gegenüber , daß die Wahrheit noch ist als ein von ihm getrenntes , verschiednes . 6 Lemma] statt eines unleserlichen Wortes

34 setzen ,] folgt bei Wl gestr : daß das Vernünftige als das

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heit hat , aber nicht die Wahrheit ; er sucht sie und glaubt sie sich ihm gegen über , aber als ein von ihm Getrenntes . So fängt der theoretische Geist an ; was er will und thut , ist : die Vernunft kennen zu lernen ; der Geist ist sogleich Trieb ; das bewußtsein nicht ; das h a t Gegenstand ; das Treibende in ihm ist die Vernunft , die aber noch nicht die Form in ihm hat ; er ist wissend , aber nur abstract wissend ; er weiß aber er weiß noch nichts ; das ist ein Widerspruch in ihm und da hat er den Trieb : ihn aufzuheben ; dieser Widerspruch ist der : daß die Vernunft ihm gegen über ist ; diese will er kennen lernen ; und dann b e s it z t er die Wahrheit . Die wissende Vernunft also ist der Geist . Wir haben da 2 Seiten : an und für sich seiende Vernunft und dann Wissen , welches die Form ist . Die bewegung des Geistes ist , seinem begriff sich identisch zu setzen , sich zu erfüllen mit dem Substantiellen also will die Vernunft sich in Existenz setzen . ( ? ) diese substantielle Vernunft wird der begriff genannt ; das Wissen ist die Wirklichkeit die an und für sich seiende Vernunft , die Weise der Existenz , die wirkliche Existenz ; denn die Weise der Existenz in der Natur ist nur eine schlechte Form . Die Realität der Vernunft das ist also das Wissen , die Intelligenz ; so ist die Sittlichkeit des Staats sein Wesen ; die bürger sind das Material , worin sich dies an und für sich seiende seine Substantialität gibt . Durch diese substantialität wird die Gewißheit der Intelligenz erst zur Wahrheit[ .]

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2–3 was er … lernen ;] ErWl : er hat eine Welt sich gegenüber aber mit dem Glauben daß die Welt 3 der Geist] Wl : die Welt 3–5 sogleich Trieb ; … wissend ;] ErWl : Trieb , da ist Bestimmung Inhalt in ihm selbst . Dieser Inhalt ist die Vernunft aber die Vernunft hat noch nicht die Form für ihn , ist noch nicht identisch gesetzt mit ihm . Ein unwissender Mensch ist Wissen , 5–6 aber er … er2 ] ErWl : und weiß an sich nichts , er ist der | Widerspruch und er der der Eine in sich ist hat 6–8 ihn aufzuheben ; … Wahrheit .] ErWl : diesen Widerspruch auf zuheben – er ist theoretischer Geist , daß er die Vernunft will kennen lernen ; indem er sie kennen lernt besitzt er sie / der Geist ist die objective Vernunft , die Vernunft an und für sich , itzt ist die Vernunft als Bewußtseyn , Wissen , aber der Gegensatz ist verschwunden . 9–10 Wir haben … ist .] ErWl : Wissen ist die unendliche Form ; der Geist ist Intelligenz als Wissen . 11 sich] ErWl : das Wissen substanziell zu machen , sich 11–12 dem Substantiellen … genannt ;] ErWl : der Vernunft , oder umgekehrt das daseyn zu einem Gewußten zu machen , das Daseyn hat , existirt als Vernunft . die Vernunft die der Geist an und für sich ist und von der der Geist das Bewußtseyn hat , daß er es ist , ist der Begriff und 13 ist] ErWl : macht die 2 ] ErWl : jener seiende Vernunft , die] ErWl : seyenden Vernunft aus . das ist die höchste 14–15 die wirkliche … Form .] ErWl : die absolute Form , die reine Beziehung , unendliche Beziehung auf sich selbst , Für sich seyn des Allgemeinen , Verhältniß des Allgemeinen zu sich selbst . 15–16 also das … bürger] ErWl : das Wissen . die Gesetze pp das Sittliche an und für sich ist die Vernunft , daß sich diese realisirt , ist in den Bürgern . diese 17–802,1 dies an … F o r t s c h r e i t e n ] ErWl : die Vernunft ihre Existenz gibt . die Bürger sind erst wahrhaft indem sie sich mit dem Substanziellen erfüllen . das Gesetz ist ein Träges ohne das Subject worin es erst Wirklichkeit erhält . Die Intelligenz ist die unendliche Form worin sich die Vernunft ihre Existenz gibt und wodurch die Gewißheit zur Wahrheit wird / § 442 . Der Fortschritt

20 vernünftig ist geht er an sie .

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Seinige ist , was

13 Vernunft] Vft aus

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802 § 442

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442 . Da s F o r t s c h re it e n d e s G e i s t e s i s t E n t w i c k l u n g : Entwicklung ist der Veränderung entgegengesetzt ; bei der Veränderung wird etwas anders , es wird etwas andres an die Stelle des früheren gesetzt , aber der Geist verändert sich nicht , er entwickelt sich . Es ist nur oberflächlich wenn man sagt : der Geist verändert sich . Die beschränkten bestimmungen desselben : Anschauung , Vorstellung etc . verändern sich allerdings aber der Geist verändert sich nicht , indem er von einer Thätigkeit zur andern übergeht . Das Wissen ist die absolute Einheit mit sich selbst . Der Geist producirt sich für sich selbst in seinem Fortgehen , damit er sich gegenständlich sei , damit er sich wisse . Wenn man die Geschichte betrachtet so betrachtet man das willkührliche in dem Thun des Geistes . Das Zufällige das geht uns hier nichts an ; denn dies ist das Thun eines besondren in seiner Willkühr , hier wird nur das Nothwendige betrachtet , die Vernunft die sich in sich producirt , entwickelt ; der Geist producirt sich als an sich | dieser sein Inhalt ist von ihm gesetzt (der Inhalt nach seiner Wesentlichkeit) producirt erscheint ebenso als ein Herein nehmen ; das erscheint als eine einseitige Form . Mit diesem Hereinnehmen oder Bekommen ist noch vieles gesetzt , was wir schon bei der Empfindung gesehen haben . der Geist ist endlich ; er hat die Wahrheit der Vernünftigkeit noch nicht , sondern nur die Gewißheit davon ; (was an sich ist das ist das Innre ; die Thätigkeit ist dann dies Herauszusetzen , äußerlich zu machen ; aber es hat auch die Form der Unmittelbar-

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2 entgegengesetzt ; bei … es] ErWl : opponirt , d a b e i verschwindet etwas und 3–4 gesetzt , aber … Es] ErWl : gesetzt und beide sind Andere gegen einander . der Geist hingegen entwickelt sich , in ihn kommt nichts Anderes . denken ist Verändern der Vorstellung aber das 4–6 oberfl ächlich wenn … allerdings] ErWl : oberfl ächliche äußerliche Weise der Betrachtung . der Geist entwickelt sich , die Besonderheit , Be|schränktheit , Bestimmtheit desselben verändert sich 6–8 von einer … Fort gehen ,] ErWl : sich fortbildet , sondern erhält sich darin , er ist dies Producirende , es ist das Seinige was er setzt . Wenn wir ihn betrachten als Wissen , so ist das Wissen an sich identisch mit der Vernunft , der Geist in seinem Fortgange producirt nur sich selbst , 9–12 sich wisse . … producirt ,] ErWl : wisse und was er weiß ist seine Vernunft . dies Hervorbringen ist nicht das Thun des besondern Subjects , so daß es Sache seiner Willkühr , seines Talents wäre , sondern die Vorstellung der Willkür muß verschwinden . die Hervorbringung ist Hervorbringung dessen | was an sich nothwendig ist , sofern es die Vernunft selbst ist die sich 13–14 producirt sich … producirt] ErWl : hat die Gewißheit der Vernunft aber ist es erst an sich , dieses muß für ihn werden . dies was das Setzen Produciren ist 14–17 Herein nehmen ; … endlich ;] ErWl : Hereinnehmen , daß er sich damit erfüllt daß es für ihn vorhanden ist und es ist die erste , nächste Form daß er damit erfüllt werde , dies bekommt . Aber über den Gegensatz eines Gegenüberstehenden als Seyenden sind wir schon hinweg . Beide Bestimmungen sind ein und dasselbe . der Geist hat die Gewißheit der Vernunft , keins dieser Endlichen mit denen er anfängt hat er zu überwinden . Endlichkeit ist eben daß er nur an sich ist ; 18 (was an … Innre ;] ErWl : diese Vernünftigkeit ist an sich seine Vernünftigkeit , was an sich ist , ist einmal das Innere und 18–19 dann dies Herauszusetzen ,] ErWl : die Entwicklung herauszusetzen , 19 machen ; aber … auch] ErWl : machen , so daß er es wisse , es für ihn Gegenstand sei . / das An sich ist das 4 sich] nicht

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keit , es erscheint als äußerliches) so ist nun diese Vernünftigkeit auch das Innerliche , es ist ein Gegebenes , Vorhandenes ; und in so fern wir von der bestimmung des Seins anfangen so ist dies die andre bemerkte Seite des Erscheinens , daß die Thätigkeit der Entwicklung des Geistes so erscheint , daß der Geist ein Gefundenes in das Seinige verwandle , es sich aneigne ; aber ein Gefundenes Ve r n ü n f t i g e s : ist kann alle mögliche Erfüllung haben ; dies Sein muß das concrete , Vernünftige sein . Noch ist § 442 gesagt : was geschieht ist nur ein Übersetzen in ein Äußres – M a n i f e s t a t ion . So hat der Mensch den Glauben : die Vernunft ist vorhanden , indem er daran geht , sie kennen zu lernen , erlangt er dadurch Wahrheit diese braucht er dann nur in sich zu übersetzen . Was ist nun aber der Zweck in dieser Production . Der Zweck liegt darin : Wissen der Vernünftigkeit , daß das Vernünftige ein Gewußtes ist . der Geist ist dies frei zu sein ; das ist er aber nur , insofern er weiß , daß dies äußre ihm nicht fremd ist , sondern sein eigen . So ist die Welt dem Geist gegen über ; er will wissen , was dahinter ist ; es ist ein Fremdes für ihn und dies kann er nicht ertragen , daß ihm etwas fremd sei – er sucht sie zu erkennen und sich zu eigen zu machen , hierauf haben wir das Selbstbewußtsein zu betrachten in seiner Entwicklung . Alles was man Vermögen , Thätigkeit des Geistes nennt , ist nun hier diesem Zweck nach zu betrachten . Dadurch bekommt dies Vermögen des Geistes eine ganz andre Stellung , als sonst : wir haben Gedächtniß , Einbildung

20 20 Innere und so wird es für ihn gesetzt . das An sich seyn hat aber auch an sich

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1 es] ErWl : was an sich ist , so ist nun] ErWl : Also ist 1–2 auch das … es] ErWl : 1 . das Innere , dies aber | wird durch die entgegengesetzte Einseitigkeit supplirt , daß das Vernünftige 2 Seins] ErWl : Wissens 3 bemerkte Seite … der] ErWl : Seite daß die 4 so erscheint ,] ErWl : erscheint so , 4–5 in das … ist] ErWl : ist , verwandelt in das Seyende . Es ist ein Seyendes , aber nicht wie im Bewußtseyn sondern ein Seyendes mit der Gewißheit daß das Seyende nicht ein Seyn ist sondern mit der Bestimmung daß es vernünftig ist . das Seyn 6–7 haben ; dies … gesagt :] ErWl : haben weil es das Abstracte ist , nun ist es das erfüllte Concrete , die Vernunft . Das ist der Sinn dieser Entwicklung und der Form die dieses Fortschreiten hat . 7–8 ein Übersetzen … Mensch] ErWl : die Ueber setzung der formale Uebergang in die Manifestation , daß es für mich ist , daß ich davon weiß oder daß es ist und der Mensch hat 9–10 daran geht , … übersetzen .] ErWl : sie erkennt erlangt er Wahrheit , er hat nichts zu thun als daß er dies dazu übersetzt das seinige zu seyn , daß er in Besitz kommt der Wahrheit die vorhanden ist . 10 aber der … in] ErWl : der Zweck , das Ziel 11 Der Zweck … Wissen] ErWl : Wissen 11–12 das Vernünftige] ErWl : die Vernunft 12 ist . der … dies] ErWl : wird . darin liegt das allgemeine Ziel des Geistes 12–14 das ist … es] ErWl : indem er das Gegenständliche weiß als das Seinige , – sich nicht zu verhalten zu einem Fremden sondern zu dem Seinigen . die Welt ist ihm gegenüber , sie 14–804,8 für ihn … kann] ErWl : zunächst für ihn , des Geistes Höchstes ist es bei sich selbst zu seyn , er will die Welt erkennen , daß er sie durchdrungen habe . Nach diesem Zweck haben wir die Thätigkeit des Geistes zu betrachten , nur die Momente in diesem Gange der Befreiung . / | diese Thätigkeit ist Proceß , Entwicklung , Vermittlung . die Thätigkeiten des Geistes sind von uns nur als Momente dieses Zwecks zu betrachten , als Stufen . diese Bestimmung gibt 18 ist] sid

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etc . Das sind bekannte Vermögen , von denen werden wir zu sprechen haben . Wir haben z . b . ein Gedächtniß : was ist sein Zweck ? Da kann man sagen : daß wir die Kenntnisse , Geschicklichkeit , bilder etc . immer wieder in uns reproduciren können ; es ist befriedigung für den Geist , und es ist auch unendlich nützlich , daß wir tüchtige Menschen werden und in der Welt fortkommen ; das Gedächtniß ist uns zu allem unentbehrlich . Die Thätigkeit wird also so nach der bestimmung der Nützlichkeit etc . betrachtet . | Diese Nützlichkeit kann gar nicht geleugnet werden . Aber wir haben hier den Geist als Intelligenz für sich selbst zu betrachten ; andre Zwecke und Interessen würden sich in der betrachtung des objectiven Geistes ergeben . Wir haben es aber mit dem subjectiven Geist zu thun , mit dem Zweck , den der Geist als Geist hat , und hier sind die Vermögen nicht so zu betrachten , sondern eben als bestimmungen darin , daß der Geist vernünftiges Wissen werde . Als Momente dieses Zwecks sind sie also hier allein zu betrachten . Es kommt auch vor , daß wir dies bekannte kennen lernen , denn das ist eben der Zweck bei der Philosophie das bekannte kennen zu lernen . Wir gehen tiefer hinein und werden reden von dem Einbilden , insofern es auf die vorstellende Thätigkeit auf das Bild gerichtet ist ; ebenso Gedächtniß , wie dies ganz anders ist , als es gewöhnlich vorgestellt wird , wie das in ihm umgebildet wird , was in der Vorstellung gegeben wird . | All diese Thätigkeiten betrachten wir also nicht als nach außen gehende Thätigkeiten , sondern als Momente , die nur auf einander gerichtet sind . Das ist der Sinn dieses Fortgangs .

den Thätigkeiten des Geists ganz andre Verhältnisse . Wir wissen | daß wir Verstand , Einbildungskraft pp haben . Was ist der Zweck des [Gedächtnisses] Wl : Gedächtnisses z . B .] ? Es ist so nützlich , Kenntnisse , Erfahrungen zu behalten (Anmerkung zu 442) diese Nützlichkeit muß ganz und 8 werden .] ErWl : werden , der Gebrauch dieser Vermögen ist uns wesentlich . haben hier] ErWl : haben 9 als Intelligenz] ErWl : und zwar als Intelligenz zunächst 9–10 andre Zwecke … in] ErWl : weitre Interessen werden sich bei 10–11 es aber … der] ErWl : den Geist zu betrachten als Intelligenz überhaupt , den 11 hat , und ] ErWl : und 12 sondern eben] ErWl : daß sie darin und wie sie sich da äußerlich sind sondern wesentlich 13 darin ,] ErWl : in diesem Zweck werde .] ErWl : werde oder daß die Vernunft die er an sich ist , daß diese wissend werde . Zwecks] ErWl : Processes 14 allein zu] ErWl : zu 15 Es kommt … dies] ErWl : In der Philosophie ist es darum zu thun , das 15–17 lernen , denn … es] ErWl : zu lernen , hier sind sie nach dem angegebnen Zwecke zu betrachten . Zuerst sprechen wir von Anschauung , dann von Vorstellung sofern sie auf die Anschauung gerichtet ist , [der Einbildungskraft] Wl : die Einbildung] wo es gerichtet ist 17–19 auf das … ihm] ErWl : und diese von ihm verändert wird , dann [von] Wl : vom] Gedächtniß wo dieses auf die Vorstellung der Bilder gerichtet ist und vom Gedächtniß 19–20 in der … wird .] ErWl : im Vorstellen ist . Gedächtniß ist Umbilden des Vorstellens | 20–21 gehende Thätigkeiten , … nur] ErWl : gehend , daß sie dies oder jenes bewirken sondern daß sie nur Momente sind die 21–805,5 sind . Das … betrachtung :] ErWl : sind , daß die Entwicklung des Geistes von einer Thätigkeit zur andern übergeht und eine noch unmittelbare unfreie Thätigkeit auf eine höhere Stufe der Freiheit

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Man stellt gewöhnlich vor : der Geist hat diese Vermögen ; einige haben das Wort verworfen und wollen Thätigkeiten setzen : aber in beiden liegt die schlechte Vorstellung , daß jede derselben für sich isolirt sei , und der Geist also nichts wäre als eine Sammlung von solchen Kräften oder Thätigkeiten . Das ist die atomistische betrachtung : der Geist ist aber keine Sammlung ; Thätigkeiten sind es freilich , aber auch Vermögen beide kann man als isolirt betrachten , obgleich die Thätigkeiten mehr zusammenhängen . Aber sie sind nur Momente in dem System des Thuns des Geistes überhaupt . 443 Der Weg des Geistes ist : theoretisch zu sein , dann : practisch zu sein . Der Geist ist an sich die Vernunft und die Gewißheit derselben , und erste Form des Geistes ist also wie gesagt die Einseitigkeit die mit einem bedürfniß anfängt . Zuerst die Wahrheit für den Geist unmittelbar sie ist für ihn ; seine Wahrheit ist dann , sie zu sich hereinzunehmen[ .] So ist also dies die erste bestimmung : dieses Wahre erst zu dem seinigen zu machen ; der Geist weiß wenn er anfängt noch nicht daß die Wahrheit seine Vernunft ist , daß sie ihm gehört . Das ist eben der theoretische Geist in seinem Anfang : dies Vorgefundene zu dem Seinigen zu machen ; aber damit verbindet sich sogleich dies : dies Hereingenommene zu verarbeiten , so daß es vernünftig werde , | dessen Grundlage noch immer das scheinbar Hereingenommene ist , so daß der Inhalt nun zuletzt begriffen werde ; der pr a c t i s che Geist ist das Aufheben der andren Einseitigkeit . Der theoretische Geist der bis zum begriff fortgegangen ist , ist die freie Intelligenz , frei für sich (nicht an sich) die bei sich selbst ist , wird nun so W i l le . dieser ist auch der einseitige ; der Inhalt , die bestimmungen sind von Anfang die seinigen , und er ist dies : den Inhalt nicht mehr hereinzunehmen , sondern aus sich zu produciren . Diese Einseitigkeit nimmt der practische Geist ihnen und

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25 gehoben wird . das ist der Sinn dieses Fortgangs , der Zweck nach dem wir diese Thätigkeiten be-

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trachten Spricht man von Geistes k r ä f t e n so denkt man an ein Isolirtes Für sich seyendes – die electrische Kraft ist etwas ganz anderes als die magnetische – 5–7 Sammlung ; Thätigkeiten … sind] ErWl : Sammlung . Sagt man Thätigkeit so ist das richtiger aber die Thätigkeiten kann man auch wieder isoliren und auseinanderhalten ; dann werden sie nicht so betrachtet daß das Thun des Geistes ein System seines Thuns ist , sie 7–14 in dem … der] ErWl : sind in diesem System . d i e s ist unser Gesichtspunkt , aus dem wir den Geist betrachten . / Der 15 seine Vernunft … gehört .] ErWl : die seinige ist . eben] ErWl : dann 15–17 Geist in … Hereingenommene] ErWl : Geist , doch nur der Anfang des theoretischen Geistes ; aber es verbindet sich sogleich dieses damit , das abstracte zu dem seynigen Gemachte , das Aufgenommene 18–19 dessen Grundlage … zuletzt] ErWl : so daß es zuletzt Begriff werde . dieser Inhalt kommt nicht in Betracht sondern dies daß er 20 theoretische Geist] ErWl : Geist 21 die] ErWl : frei , die frei für … so] ErWl : die für sich , frei ist , die in dem Begriff sich selbst hat – und so ist | der Geist dann 22 auch der einseitige ;] ErWl : für sich , bei sich selbst d . h . bestimmungen] ErWl : Bestimmtheiten 23–806,1 seinigen , und … so] ErWl : seinigen . Er nimmt ihnen die Einseitigkeit | die S e i n i g e n zu seyn und sein Thun ist seinen Bestimmungen Objectivität zu geben . / § 443 So

§ 443Wl

173Er 133Wl § 443Er

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§ 444

Als Uebergang zum objectiven Geist .Er § 444ErWl

174 Er a . der theoretische Geist / § 445 .Er

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gibt diesen seinigen bestimmungen Objectivität . Und so ist er dann f r e i e r W i l le und obje c t ive r G e i s t ; er besteht also der Form nach darin : daß er die einseitige Form seiner Subjectivität verliert , aber auch daß er aufhört zufälliger Inhalt zu sein und anfängt wahrhafter Inhalt zu sein . Dieser wahrhafte Inhalt ist dann der begriff die Grundbestimmung des obj e c t i ve n G e i s t e s , bis zu dem gehen wir . Wir stehen im subjectiven Geiste und bleiben bei diesem . 4 4 4 . theoretisch und practisch sind nicht unterschieden wie passiv und activ , ebenso wenig ist das objective und subjective . Der theoretische Geist scheint freilich passiv zu sein ; aber er i s t es nicht ; er ist sogleich thätig , nämlich so : diese Unmittelbarkeit aufzuheben ; er ist selbst der Trieb , ist f ü r s i c h dies : das Andre zum seinigen zu machen . So hat der practische Geist auch die Passivität insofern er als practischer Geist mit in die Sphäre des subjectiven eingeschlossen ist – die Neigungen und Triebe darin haben wir dann auch erst im objectiven Geist , der den boden der Wahrheit des Geistes ausmacht . Insofern ist der practische Geist auch noch passiv . der s u bj e c t i ve G e i s t ist nun im Allgemeinen formell und enthält noch die Gleichgültigkeit gegen den Inhalt . Da fängt nun

1 dann] ErWl : denn als 2 er besteht … Form] ErWl : Indem der Geist das ist , sich Objectivität zu geben , so besteht dies der Form 2–4 er die … begriff ] ErWl : die Bestimmungen die Einseitigkeit als die seinigen verlieren , aber eben so wird auch dieses aufgehoben bloß zufällige Bestimmungen zu seyn , er erhält eine Form in der er wahrhafter Geist ist . dieses ist 5–7 bis zu … practisch] ErWl : doch wir bleiben beim subjectiven stehen . / § 444 . Der theoretische [und ] Wl : sowohl als] praktische Geist 7 nicht unterschieden … activ ,] Wl : noch in der Sfäre des s u b j e kt i ve n Geistes überhaupt . Sie sind nicht als passiv und aktiv zu unterscheiden . 8 ebenso wenig … subjective .] ErWl : dies ist ein formaler Unterschied . 8–9 scheint freilich … sein ;] ErWl : erscheint als passiv 9 er i s t … er] ErWl : er nämlich so : diese] ErWl : seine Thätigkeit ist diese Form der 10–807,11 er ist … Die] ErWl : u n d d i e s e B e s t i m m u n g e n zu den seinigen zu machen . der praktische Geist ist wiederum eben so auch passiv , er weiß seine Bestimmungen als die seinigen a b e r s i e s i n d z u n ä c h s t z u f ä l l i g , dieser und jener Trieb pp – der subjective Geist enthält noch die Gleichgültigkeit gegen den Inhalt und ist in sofern formell , er fängt beim Seyn an , welchen Inhalt diese Bestimmung habe , darauf kommt es nicht an , er ist gegeben . Erst der objective Geist gewinnt den Inhalt als wahrhaften . die Form selbst aber , werden wir weiter sehn , wird selbst zum Inhalt . Hier hat der theoretische Geist den Zweck den Inhalt zu begreifen und der praktische zu einem vernünftigen Inhalt zu kommen . das sind die Gegenströmungen so zu sagen , die eine daß | was der Geist weiß ein Vernünftiges sei , die andre daß er diesem [seinen] Wl : seinem] Wissen Unmittelbarkeit Objectivität überhaupt gebe . / [ Das erste ist nun der t h e o r e t i s c h e Geist .] Wl : / a .) d e r t h e o r e t i s c h e G e i s t .] die

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11 zu] folgt ein unleserliches Zeichen 18–20M Als Uebergang … Geist .Er] vermutlich von anderer Hand 35 21 theoretische] bei Er über gestr . subjective 22 praktische] bei Er über gestr . objective

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1 . , De r t he or e t i s che G e i s t

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an , der auch zuerst unmittelbar ist ; sein Inhalt ist gegeben . Er hat nur den Zweck zur Form der Vernünftigkeit zu kommen , zum begriff zum vernünftigen Erkennen ; wie der practische dann : zum vernünftigen I n h a l t zu kommen , und den Boden der Vernünftigkeit des Inhalts zu machen . beides sind die Entgegenströmungen des Außen nach Innen , und des Innren nach Außen , des Subjectiven nach dem Objectiven . A n m e r k u n g Die Psychologie gehört zu den Wissenschaften , die | von der neuren bildung des Geistes noch nicht durchaus durchdrungen ist , und noch nicht recht ausgebildet . – 4 45 Die Intelligenz findet sich also bestimmt ; das ist aber ein S che i n , nicht bloß für uns mehr , sondern auch für die Intelligenz selbst . Es ist ein Schein für sie , sich bestimmt zu fi nden ; sie geht mit der Gewißheit an die Welt , daß sie ist ; sie muß sie sich aneignen , sich in besitz der Wahrheit setzen . Zunächst ist dies nun abstract : die Wahrheit ist , das findet die Intelligenz ; aber sie muß das Gefundene verarbeiten ; man muß die Welt mit Vernunft anblicken ; die Anschauung muß verarbeitet , zu Vernünftigkeit producirt werden . Die Intelligenz ist sogleich der Trieb ; sie verändert sich nicht nur , sondern ist thätig den Gegensatz der in ihr ist von ihrer Gewißheit und von der Fülle des vernünftigen Inhalts aufzuheben ; sie weiß : an sich Vernunft zu sein , hat den Glauben : daß sie Wahrheit fi nden wird , die in der Welt ist . Die Gedanken der Intelligenz sind nun auch vernünftig , die aber nicht subjectiv sind , sondern | sie s i n d ebenso als sie die ihrigen sind . Es ist also nur ein Schein : daß die Vernunft vorhanden ist , daß sie selbst bestimmt ist : vernünftig zu sein daß es für sie noch ein unmittelbares ein an sich seiendes ist , diesen Schein hat sie weg zu arbeiten . |

11 sich also] ErWl : sich 12–14 Es ist … in] ErWl : [die] Wl : Der Inhalt , die] Welt ist an sich vernünftig , ich muß mir dies Vernünftige aneignen , und in den 14–15 setzen . Zunächst … muß] ErWl : kommen Zuerst erscheint es bloß als ein Hereinnehmen aber daß dieser Inhalt vernünftig sei 30 dazu muß die Intelligenz 16 verarbeiten ; man … Anschauung] ErWl : verarbeiten , thätig seyn . die 17–19 der Trieb ; … von] ErWl : Trieb , sie ist 30 Anschauung die man unmittelbar von der Welt hat , thätig und will den Trieb befriedigen , will den Widerspruch aufheben zwischen dem Inhalt der in ihr nur als Gewißheit ist und 19–22 des vernünftigen … sind ,] ErWl : der Vernünftigkeit . Sie weiß daß Wahrheit in der Welt ist und [das] Wl : die] muß gefunden werden . dies ist ihre Bestimmung und was sie vorfi ndet ist vernünftig . In sofern dieses das Ihrige ist , sind ihre Gedanken vernünftig und 22–24 also nur … sie2 ] ErWl : nur ein Schein vorhanden – (sie weiß 35 keine subjectiven Gedanken 35 daß die Welt an sich vernünftig ist , daß ihr Begriff ist vernünftig zu seyn) – daß die Vernünftigkeit erst ist ein draußenseyendes , nicht das Ihrige . dieser Schein ist 14 setzen] setzten

33 die aus das

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§ 445

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Von der Intelligenz unterscheidet sich der Wille ; sie hat einen Trieb , eine bestimmung in ihr , die sie realisiren will ; so ist also die Intelligenz als solche Wol le n überhaupt ; sie will die Vernünftigkeit die draußen ist , wissen , daß sie ihre eigne sei . Das Wissen ist die unendliche Form , die Gewißheit ; diese soll erfüllt werden und hat den Trieb dazu : Totalität zu werden . Insofern soll das Wissen sich realisiren ; sein Vormalismus soll verschwinden . Die Intelligenz ist also unmittelbar Wille . Sonst macht man die Unterscheidung so , daß man Intelligenz Verstand und Willen Herz nennt . In der Erfahrung ist das allerdings vorhanden ; es gibt Verstand ohne Gemüth und Herz ohne Intelligenz ; und ebenso umgekehrt . Das ist ganz richtig ; die empirische Welt ist eben in solchen Unterschieden befangen ; das ist das Wesen der Existenz . Aber andres ist , ob es etwas Wahrhaftes sei oder Unwahrheiten des Daseins sind , aber sie sind nicht das Wahre . Das Wahre ist : daß eine wahrhaft gebildete Intelligenz nicht ist | ohne sittlichen Willen und umgekehrt (was bei dem Willen weitläuftiger auseinander gesetzt sein soll , wo noch mehr Interesse dabei ist in beziehung darauf , daß man gewöhnlich die Intelligenz für überflüssig hält gegen den Willen) die wahrhafte Intelligenz ist Trieb nach Vernünftigkeit und der höchste Wille ist dies : daß das Vernünftige seie , daß f ü r den Geist das Vernünftige sei , und daß er wisse , daß dies für ihn sei . Dieser Trieb ist schlechthin guter Wille . dieser Wille muß Character sein , muß Dauer und Kraft haben . Im theoretischen Geist haben wir nun 3 Stufen zu betrachten a . A n s ch a uu n g . b . Vo r s t e l l u n g c . , D e n ke n (Gedächtniß)

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1 Von der … sie] ErWl : | Die Intelligenz 1–2 Trieb , eine … sie] ErWl : Trieb und es ist eine Bestimmung in ihr die sich 2–3 will ; so … sei .] ErWl : will ; der Mensch hat den Trieb zu wissen , zu erkennen . die Intelligenz ist sogleich wollend , daß die Vernünftigkeit für sie sei und als die ihrige sei . 5 dazu : Totalität] ErWl : erfüllt zu werden , Totalität , Vernünftigkeit Insofern soll … Wissen] ErWl : Umgekehrt dies Wissen soll 6–8 sein Vormalismus … Verstand] ErWl : die Realität der Vernunft ist vernünftiges Wissen zu seyn / Sonst unterscheiden wir Verstand und Herz , das ist eine abstraction des betrachtenden Verstandes . Wenn man sich da auf die Erfahrung beruft so hat man Recht . Es gibt z . b . Rechtliche 9 Herz ohne … richtig ;] ErWl : Gemüth ohne gebildete Intel ligenz . 10 ist eben … solchen] ErWl : und Individualität ist in diesen 10–12 ist das … Wahre .] ErWl : sind einseitige Existenzen . das Seyn kö n n e n ist wohl zuzugeben aber ein andres ist ob dies das Wahre ist . 12 eine wahrhaft] ErWl : keine w a h r h a f t höher 13–18 nicht ist … sei .] ErWl : ohne guten Willen ist , eben so kein gebildetes Herz ohne Geist . der Mensch handelt nicht aus Instinct , er ist gut indem er das w i l l was das Allgemeine ist , allgemeine Bestimmungen der Freiheit sind wohl subjective Einfälle ; das Allgemeine muß gewußt werden und dieses ist nur fürs denken vorhanden . In der schlechtesten Handlung ist Bewußtseyn , Wissen . 18 ist schlechthin] ErWl : die Vernunft zu erkennen ist Trieb zu ihr und ist so zugleich 19–809,1 dieser Wille … A n s c h a u u n g ] ErWl : die Stufen der Bewegung des theoretischen Geistes sind : 1 . Anschauung , der

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a A n s c h a uu n g Geist in Unmittelbarer bestimmtheit : G e f ü h l . d . h . Subjectivität , und dann Äußerung derselben : A n s c h a uu n g ; d . h . unmittelbares Verhalten des Geistes in seiner unmittelba|ren bestimmtheit . Das 2t e ist die Vo r s t e l lu n g in welcher der Inhalt der Anschauung zu einem Innren , zu einem Subjectiven gemacht wird ; da haben wir die E r i n n r u n g = Innerlichkeit des Inhalts , der aber noch von einer Anschauung bedingt ist . Dann die reproductive und producirende Vorstellung : E i n bi ld u n g s k ra f t wodurch der Geist bilder in sich verknüpft und zu den Seinigen macht , ihnen eine innerliche Seele gibt , so daß der Inhalt der Vorstellung nicht mehr ein gegebenes concretes ist , sondern daß es eine Grundbestimmung hat , die dem Geist angehört . Das ist die Vollendung der Eigenthümlichkeit des Vorstellens , von der Totalität desselben , die sich noch subjectiv ist . Dazu gehört nun aber daß diese Vorstellung geäußert werde . Das ist das Wor t , die Äußerung des Inhalts ; dann 3 . das G e d ä c ht n i ß wodurch der Geist die relative Einheit | wieder zu der seinigen macht , zur absoluten abstracten Einheit in sich , daß er sich diese Anschauung , oder dies Wort wieder unterwirft , so daß das bedeuten dabei selbst zum Wort wird . Im Gedächtniß macht das subject sich zur Sache ; es ist mechanisch ; dadurch ist dann der Übergang zum Denken gemacht , was schon in unsrer Sprache liegt : Gedächtniß bringt das Princip des D e n ke n s hervor , was wir nachher sehen werden . Dann

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… Verhalten] ErWl : Bestimmtheit zunächst wieder als Gefühl , das ist subjectiv und die Anschauung ist Entäußerung der Subjectivität ; der Geist macht das vorhandne subjectiv , was aber nicht abstracte Subjectivität sondern selbst ve r n ü n f t i g , o b j e c t i v ist . die Anschauung ist das unmittelbare Verhältniß 4 bestimmtheit . Das … welcher] ErWl : Bestimmtheit , daß das wesentlich ein Verhältniß des Geistes ist / 2 . In der Vorstellung wird 5–6 Innren , zu … E r i n n r u n g =] ErWl : Subjectiven Innerlichen gemacht , so daß der Geist das selbe in Besitze habe , dies aber zugleich von ihm geäußert wird . In dieser Stufe haben wir die 6–7 der aber … producirende] ErWl : die aber noch bedingt ist durch eine Anschauung , so daß eine Anschauung nöthig ist mich zu erinnern , das Unmittelbare zu subsumiren unter meine subjective Vorstellung . das Andre ist die reproducirende 8 wodurch] ErWl : daß 8–9 in sich … macht ,] ErWl : verknüpft , sie unter seine Bestimmungen bringt , 9–11 nicht mehr … angehört .] ErWl : das Concrete nicht mehr hat aus der Unmittelbarkeit der Anschauung sondern der Inhalt ihm angehört . pp 11–12 des Vorstellens , … noch] ErWl : der Vorstellung , eine Totalität der Vorstellungen die aber selbst nur 13–14 Vorstellung geäußert … 3 .] ErWl : Vorstellungen vom Geist geäußert werden . das Wort ist diese Einheit , das Zeichen , die Sprache gehören hier her . / 3 . das 3t e ist 14 wodurch der … die] ErWl : daß der Geist diese 14–15 wieder zu … abstracten] ErWl : | zur absoluten 15–16 sich , daß … Wort] ErWl : sich selbst macht , zur abstracten Einheit , daß er dieses Wort , diese Anschauung sich unmittelbar unterwirft , daß die Bedeutung selbst zur Sache 17–19 zur Sache ; … das] ErWl : an ihm selbst zur Sache zum Object von sich . So ist das Subject an ihm selbst objectiv , Sache . das ist der Uebergang zum denken – . Gedächtniß und denken sind schon in der Sprache verwandt . Was das Gedächtniß hervorbringt ist 19–810,3 hervor , was … Rede .] ErWl : das vernünftig zu werden hat . / |

20 2–3 bestimmtheit : G e f ü h l .

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a) Er ; β .)Wl αα .)Wl b) Er ; ββ .)Wl

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α .) die Anschauung .Wl § 446 . Anschauung Er 177Er 60r Sg

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kommt das vernünftige Denken (die Objectivität an und für sich , wo die Sache der Gedanke und der Gedanke die Sache ist .) § 4 4 6 ist nun von der Anschauung die Rede . | Das erste ist , daß der Geist wieder in der Weise der Un m it t e l b a r k e it ist , aber so daß dieses Unmittelbare zugleich das Seinige ist . Als Seele | ist der Geist natürlich bestimmt : im bewußtsein ist er im Verhältniß zu dieser bestimmtheit ; im Gefühl als Geist ist er unmittelbar bestimmt aber er ist das , daß dies Gefühl für ihn ein Mangel ist , etwas Subjectives . Wir haben dies Selbstgefühl schon gehabt ; nun ist aber der Geist für sich fühlend und diese Unmittelbarkeit ist so daß sie für ihn nur ein einseitiges ist . Er findet sich so bestimmt . Der Unterschied ist wohl festzuhalten . Der Geist ist allerdings fühlend , Selbstgefühl ; aber es fragt sich , ob er das für ihn selber ist , oder ob er sich davon abtrennt und ihm dies ein Gegenstand , eine Gränze , ein Einseitiges , Mangelhaftes ist . Sofern es für ihn subjectiv ist , ist damit der Trieb verbunden diesen Mangel aufzuheben . beim bewußtsein fi ngen wir bei der beschränktheit bei einem Gegenstand an ; da ist es Unmittelbarkeit eines Objects ; hier ist es aber die Unmittelbarkeit eines Subjects . Das Entzweite ist das Object , das Entäußerte , Ich als Object . Hier aber wiederum sind wir im Geist : hier ist der Geist als frei bei sich selbst seiend , sich nur auf sich beziehend ; also ist die beschränktheit eine s u bje c t ive für ihn . Das ist der Anfang , die Form des Gefühls überhaupt , das dumpfe Weben des Geistes

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1 .) GefühlWl

§ 447 Wl

4 aber so] ErWl : so 5 im1] Wl : als 6 bestimmtheit ;] Wl : Bestimmtheit , als zu einem äußern Objekte ; als Intelligenz aber f i n d e t der Geist 1 .) s i c h s e l b s t so bestimmt , im G e f ü h l , – (»das dumpfe Weben des Geistes in s i c h s e l b s t , worin er sich s t o f f a r t i g ist , und den ganzen S t o f f seines Wissens hat . Um der Un m i t t e l b a r k e i t willen , in welcher er noch als fühlend ist , ist er darin schlechthin nur als e i n z e l n e r , und g e m e i n - s u b j e k t i ve r . –«) Der Geist 6 als Geist … er] Er : als Geist ist er gleichfalls Wl : gleichfalls 7–10 aber er … festzuhalten .] ErWl : er fi ndet sich darin und es ist für ihn , daß es nur unmittelbare Bestimmtheit ist und daß diese ein Mangel ist . der Geist ist Bei sich seyn , so ist er unmittelbar subjectiv aber daß er dies ist , ist für ihn selbst ein Mangel . das Selbstgefühl ist der höchste Punkt der Seele aber nun ist es für den Geist , fühlend zu seyn und es ist für ihn daß diese unmittelbare Bestimmtheit nur unmittelbar nur subjectiv ist . 10 allerdings fühlend ,] ErWl : fühlend , ist 11 es fragt … er2 ] ErWl : eine weitre Bestimmung ist daß er dies für sich selbst ist , 12 und ihm … Gränze ,] ErWl : ihm die Grenze Bestimmtheit 13 Sofern es … verbunden] ErWl : Er hat sofern es für ihn ein Subjectives ist , den Trieb diese Beschränktheit , 13–14 aufzuheben .] ErWl : zu nehmen , es überhaupt objectiv zu machen . 14 bei der … bei ] ErWl : an mit 15–17 an ; da … wiederum] ErWl : bei der unmittelbaren Bestimmtheit eines Objectiven , auf u n s e r m Standpunkt ist die erste Bestimmung unmittelbare Bestimmtheit des Subjectiven . Ic h ist Beziehung auf sich selbst und im Ich ist die Bestimmtheit als Object . H i e r 17 frei bei … seiend ,] ErWl : Geist 18 beziehend ;] ErWl : beziehend abstract bei sich selbst seyend ihn . Das] ErWl : ihn , er fängt mit der subjectiven Beschränktheit an ; es 19–811,4 überhaupt , das … die] ErWl : überhaupt . [ Im] Wl : (»die F o r m des Gefühls ist , daß er zwar eine b e s t i m m t e Affexion , aber diese Bestimmtheit e i n f a c h , und darum als zufällige Partikularisazion ist . – Es ist im Gefühl 1 der] folgt gestr : also s . Unittlbarkt ist jene ggbene

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in sich selbst ; in diesem ist er sich stoffartig und es ist darin der ganze Stoff seines Wissens . In neurer Zeit hat man viel vom Gefühl gesprochen ; im Gefühl ist allerdings Alles , es enthält den Stoff von Allem , was Gedanke bewußtsein Entschluß u . s . w . in ihm wird . Aus Leidenschaft hat der Mensch die Götter gemacht . Aber es ist dies Alles nur der Stoff ; noch nicht die Form , dieses ist erst das Wissen , und das wahrhaftige ist das vernünftige Wissen . Dieser Stoff gehört der Vernunft an aber nur noch als Stoff nicht als Form ; die Vernunft ist seine Wurzel ; darum kann der Stoff auch böse , schlecht sein ; er ist es eben durch seine Einseitigkeit und beschränktheit , die er festhält . Der Geist hat also im Gefühl den Stoff seiner Vorstellungen ; aber so daß dieser Stoff eben der Natur des Geistes selbst angehört , daß der Geist sich sein eigener Stoff ist und im Gefühl sich seine bestimmtheit findet , und dieses macht seine Vernünftigkeit aus . Aber man kehrt dies aber gewöhnlich um , als ob dieser Stoff von außen her dem Geist gegeben sei : Was seiner Natur nach endlich ist , das ist die Äußerlichkeit des Geistes überhaupt in seiner Leiblichkeit und Natürlichkeit und das kann man immer ein Gegebenes heißen , wenn man will , meinetwegen . | Aber auf diesen Unterschied , auf den man so großes Gewicht legt , kommt es gar nicht an . So im f i c ht e s ch e n G e s prä c h wo einer auftritt der an die Realität der Dinge glaubt und nun von einem andren überführt wird , daß die sinnlichen Dinge nur Empfi ndungen i n i h m wären , so verliert er die Realität der Welt und ge räth in Verzweiflung ; aber das ist D u m m heit ; er hat nicht die Realität der Welt verloren , denn er hat sie ja in der Empfindung ; der Gehalt der Welt ist ihm ja geblieben , und er hat nur die äußre Form aufgegeben . die Unterscheidung sowohl des Inhalts gegen andern Inhalt , – als der Äußerlichkeit desselben gegen die Subjektivität und diese darum als frei noch nicht gesetzt .«) Im] Gefühl ist alles , alles was Vorstellung Begriff pp wird . »Aus deinen πάθεσι – [Gefühlen Empfi ndungen] Wl : Gefühlen] – o Mensch hast du dei|ne 4–6 Aber es … wahrhaftige] ErWl : der ganze Stoff ist darin er hat aber noch nicht die gehörige [ Form .] Wl : Form . »Daß der Geist in seinem Gefühle den S t o f f seiner Vorstellungen hat , ist eine sehr allgemeine Voraussetzung , aber gewöhnlicher im entgegengesetzten Sinne von dem , den dieser Satz hier hat . Gegen die Einfachheit des Gefühls pflegt vielmehr das Ur theil überhaupt , und die Unterscheidung des | Bewußtseins in ein Subjekt und Objekt als das Ursprüngliche vorausgesetzt zu werden ; so wird denn die Bestimmtheit der Empfi ndung von einem s e l b s t ä n d i g e n äußerlichen oder innerlichen G e g e n s t a n d e abgeleitet . Hier in der Wahrheit des Geistes ist dieser seinem Idealismus entgegenstehende Standpunkt des Bewußtseyns untergegangen . –«)] die unendliche Form ist das Wissen und das Wissen in seiner Wahrheit 6 gehört] ErWl : den der Geist in sich hat gehört an sich 7–8 aber nur … Stoff ] ErWl : hat sie zur Wurzel aber noch nicht die Form derselben . Darin liegt die Möglichkeit daß der Inhalt des Herzens 8 auch] Wl : oft 8–10 sein ; er … Vorstellungen ;] ErWl : ist . Dies wird er durch die Beschränktheit , durch irgend eine Einseitigkeit welche festgehalten wird . Im Gefühl ist aller Stoff des Geistes 11–812,1 ist und … daß] ErWl : ist . Gewöhnlich nimmt man es so daß der Stoff ein von außen gegebner sei . – / [ Es ist gewöhnlich zu sagen] Wl : Es ist in Betreff des Inhalts ein gewöhnliches Vor ur theil : d a ß ] 16 meinetwegen] Lesart unsicher

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Dann ist ein gewöhnlicher Einwurf , daß im Gefühl mehr sei als im Denken ; das ist allerdings wahr ; alles sinnliche Empfinden etc . ist im Gefühl ; das ist nicht in der Vernunft ; was das Gefühl mehr hat als die Vernunft ist ebenso nur das Zufällige , Schlechte ; insofern es das Religiöse , Sittliche etc . enthält so ist das ein wahrhafter Inhalt nur durch die Vernunft , welche ihn allein erst reinigt und auf das reducirt , was das wahrhafte an ihm ist . Der Geist ist also Gefühl ; er findet in sich diese bestimmtheiten ; diese Form ist gewiß wesentlich ; Ich bin in meinem Ich und finde es als etwas unmittelbares in mir seiendes (Gefühl)[ .] Wenn wir beim Gefühl die Anticipation machen , daß der Geist ein in sich gebildeter , kenntnißreicher ist , so hat sein Gefühl einen gebildeten Inhalt ; es ist bestimmt und gebildet durch das Nachdenken , durch Erfahrung und so fort . Insofern hat man Recht zu sagen : daß ein Mensch der vom Gefühl aus richtig ur theilt sinnig ist ; es ist eine | Vernünftigkeit im Gefühl , die an der Idee festhält , die nicht in philosophischer bestimmtheit etwas zu sein braucht . So ist Göthe z . b . in seiner Naturbetrachtung sehr sinnig . Das Vernünftige ist das Treibende und Regierende in seinem unmittelbaren Bewußt-

1 mehr sei] ErWl : sei mehr 2–3 das ist … was] ErWl : [Alle] Wl : (»ins Besondere wird dieß in Ansehung der moralischen und religiösen Gefühle statuirt . – Es hat sich ergeben , daß der Stoff , der sich der Geist als fühlend ist , das an und für sich Bestimmt= seyn der Vernunft ist . Es tritt darum aller vernünftige , und näher auch aller geistige Inhalt in das Gefühl ein , als in die eigenste , selbstische Einzelnheit des Geistes . Aber diese Form seiner Einzelnheit ist die unterste und schlechteste , in der er nicht als Geist , als Freies , als unendliche Allgemeinheit , was sein Wesen ist , seyn kann .«) Alle] Zufälligkeiten sind im Gefühl , alles dies äußerlich Sinnliche , dies gehört der unmittelbaren Natürlichkeit der Leiblichkeit dem unmittelbaren Bestimmtseyn des Geistes an , worin der Geist nicht auf seine wahrhafte Weise ist . Was also 3–5 hat als … Inhalt] ErWl : in sich hat ist das Zeitliche , Endliche Schlechte . [Sofern] Wl : (»Der Geist muß drum schlechthin über diese unwahrste Weise seines Seyns hinausgehen , weil in dieser Unmittelbarkeit er überhaupt und sein Gehalt und Inhalt ein Zufälliges , Subjektives , Partikulares , er noch nicht als Ve r n ü n f t i g e s w i r k l i c h ist .«) Sofern] das Gefühl das Rechte enthält hat es den wahrhaften Gehalt 5 welche ihn … reinigt] ErWl : und ist durch die vernünftige Bestimmung gereinigt vom Zufälligen 6 also Gefühl ; er] ErWl : fühlend und der Geist 7–8 diese Form … (Gefühl)[ .]] ErWl : Es ist für das Höchste wesentlich daß ich in mir , | ich als dieser es fi nde , es mir eben so sei als ein unmittelbar mit mir Seyendes , Eins . 8–9 beim Gefühl … machen ,] ErWl : anticipiren 9 ein in … ist ,] ErWl : in sich vernünftiger , kenntnißreicher gebildeter Geist [sei ,] Wl : sei , (»der sich das Bewußtseyn von bestimmten Unterschieden , wesentlichen Bestimmungen u . s . f . erworben , und bei dem dieser berichtigte Stoff es ist , der in sein Gefühl tritt , d . i . diese Form erhält ,«)] 10–11 es ist … fort .] ErWl : sein Gefühl ist gebildet ; unmittelbar im Fühlen tritt ein , was der Mensch dem Nachdenken der Erfahrung verdankt , dadurch erworben hat . 11–12 Recht zu … ist 2 ] ErWl : ganz [recht] Wl : Recht :] der Mensch der in seinem Gefühl die ganze Totalität vor sich hat, richtig sieht in seiner Anschauung ist ein [sinniger] Wl : sinniger Mensch] zu nennen . Es gibt 13–15 Gefühl , die … Vernünftige] ErWl : Gefühl . [ Diese] Wl : Dieses] muß aber durch Bildung , Nachdenken zum Bewußtseyn erhoben werden – doch braucht es nicht zum philosophischen Bewußtseyn gebildet zu seyn . – So gibt es keinen sinnigern Menschen als Göthe , die Idee die Vernunft 15 das] Wl : bei ihm das in] ErWl : und das ist in

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sein ; diese Sinnigkeit hat er sich aber durch bildung und Nachdenken erworben ; Zartheit des Gefühls und des Sinnes ist Unterscheiden durch Aufmerksamkeit hervorgebracht . Nur der gebildete Geist hat eine gebildete Empfi ndung ; die höchste Ausbildung des Geistes ist präsent in seinem Gefühl ; das Gefühl für sich aber als solches , wo der Stoff erst noch Gefühl wird , ist in all diesen Kategorien des unmittelbaren Seins befangen ; ganz in der Weise der äußerlichen Dinge , wo eine bestimmtheit so gut gilt als die andre ; erst das Nachdenken bestimmt den Sinn selbst und reinigt das Gefühl . Man spricht oft von der Unaussprechlichkeit des Gefühls und das hält man für das Höchste ; aber es ist das was bloß das Subjective ist . Die Sprache hat aber das Allgemeine , das beste zum Gegenstand | was die Sprache nicht ausdrücken kann , ist also vielmehr das Geringere ; das Wahrhafte ist vernünftig und das Vernünftige kann ich aussprechen[ .] der Geist findet sich also als fühlend bestimmt für sich und ist so unmittelbar heraus und ist ebenso unmittelbar noch gerichtet auf diese unmittelbare bestimmtheit : das ist die Au f m e r k s a m k e it . der Geist ist frei unendlich gegen diese End-

1 diese Sinnigkeit] ErWl : dieses Nachdenken erworben ;] ErWl : [ Nachdenken pp] Wl : Nachdenken] erworben . Ein sinniger Mensch wird auch in seinem Gefühl sich fein verhalten , richtig seine Unterschiede machen , die der Andere nicht macht . 2–3 Unterscheiden durch … hervorgebracht .] ErWl : eine Unterscheidung wozu Aufmerksamkeit gehört . 3 eine gebildete Empfi ndung ;] ErWl : ein gebildetes Gefühl . Alle Bildung , 4 ist präsent … seinem] ErWl : durch Kenntnisse Erfahrungen Wissenschaften ist präsent dem Subject , ist auch präsent [im] Wl : dem] 5–7 Stoff erst … andre ;] ErWl : Inhalt , Stoff , nur noch im Gefühl ist , noch nicht weitre Verarbeitung des Geistes durchgegangen hat , – da ist noch die Kategorie des unmittelbaren Seyns , der Stoff ist ein Endlicher beschränkter . 7–8 bestimmt den … Gefühl .] ErWl : ist es was den Sinn selbst bestimmt , daß für den Sinn , das Gefühl das | eine wesentlich ist , das Andre [unwesentlich .] Wl : unwesentlich . – (»Wenn aber ein Mensch sich über etwas nicht auf die Natur und den Begriff der Sache , oder wenigstens auf Gründe , die Verstandesallgemeinheit , sondern auf sein G e f ü h l beruft , so ist nichts Andres zu thun , als ihn stehn zu lassen , weil er sich dadurch der Gemeinschaft der Vernünftigkeit verweigert , und sich in seine isolirte Subjektivität , die Pa r t i k u l a r i t ä t abschließt . –«)] 9 und das … Subjective] ErWl : d . i . dessen was nur in der subjectiven Weise des Gefühls 10 aber das … Gegenstand] ErWl : zu ihrem Inhalt nur das Allgemeine Wahrhafte Concrete . 11 ausdrücken] ErWl : fassen 11 also vielmehr … Wahrhafte] ErWl : das Geringere Schlechtere , das bloß Subjective , das abstract Meinige . Was wahr daran ist 13 Geist] ErWl : Geist , die Intelligenz als fühlend also als … so] ErWl : bestimmt , indem f ü r s i e ist ihre unmittelbare Bestimmtheit , ist sie damit 14–814,2 bestimmtheit : das … nämlich] ErWl : Bestimmtheit und diese Richtung ist zunächst [die einfache] Wl : noch die einfache (abstrakt)] identische Richtung des Geistes [auf] Wl : in der Empfi ndung wie in allen anderen seiner weiteren Bestimmungen , auf] diese Bestimmtheit , es ist eine Erinnerung , der Geist in dieser unmittelbaren Bestimmtheit welche Empfi ndung ist ist als frei einfache unendliche Beziehung auf sich , ist in sich zurückgegangen gegen diese Endlichkeit , Beschränktheit . Er ist i n s i c h das heißt bei uns Erinnerung , ein In sich sein 34 Bestimmtheit ,] folgt bei Wl gestr : u diese Richtung ist zunächst die (abstrakt) einfach identische Richtung des Geistes

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lichkeit des bestimmtseins in sich zurückgegangen , das ist E r i n n r u n g (nicht an etwas Vergangenes) nämlich ein Innerlich sein des Geistes , ein sich erinnern sich innerlich machen des Geistes . Das nennen wir Aufmerksamkeit überhaupt , aber noch formelle Selbstbestimmung der Intelligenz überhaupt . die Fähigkeit aufzufassen , sich beschränken auf das Gegenwärtige gehört wesentlich auch zu einer gebildeten Intelligenz – sich auf diese Gegenwart zu richten . Kurzes Résumé : von der Anschauung ; der Geist , der als S e e le natürlich bestimmt , als b e w u ßt s e i n im Verhältniß zu dieser bestimmtheit als zu einem äußren Object ist , als Intelligenz aber 1 . , s i c h s el b s t s o bestimmt findet ist G e f ü h l , das dumpfe Weben des Geistes in sich selbst , unmittelbar , und darum einzelner und Gemein-subjectiv . 2 . Die abstract id e nt i s che Richtung des Geistes in der Empfi ndung , wie in allem andren seiner weiteren bestimmung , ist die A u f m e r k s a m k e i t , ohne welche nichts für ihn ist ; – die t h ä t i g e E r i n ne r u n g , aber als die noch formelle Selbstbestimmung der Intelligenz . diese Selbstbestimmung ist aber wesentlich nicht diese abstracte ; als unendliche ( § 4 49 ) dirimirt sie 3 . , die Einfachheit ihres bestimmtseins , und hebt damit dessen Unmittelbarkeit auf . So setzt sie dasselbe als ein Ne g a t ive s , als das abstracte Anderssein seiner selbst . Die Intelligenz bestimmt hiemit zunächst den Inhalt der Empfindung als a u ß e r s i c h s e ie nd e s , wirft ihn in Raum und Zeit hinaus , welches die F o r m e n sind , worin sie anschauend ist . Der Stoff ist jene bestimmtheit des Gefühls überhaupt , aber zugleich in dieser ersten abstracten Entäußerung desselben , noch in seiner gefundenen äußerlichen Einzelheit . Die Intelligenz ist als anschauend noch in diesen Stoff vertieft .

2–3 Geistes , ein … nennen] ErWl : Geistes . In der Empfi ndung macht sich der Geist sogleich innerlich und bezieht [eben so sich .] Wl : sich eben so . –] diese Bestimmtheit können 3–4 überhaupt , aber … formelle] ErWl : überhaupt nennen , [formale] Wl : aber allgemein die noch f o r m a l e ] 4–5 Intelligenz überhaupt . … sich] ErWl : Intelligenz . die erste abstracte Bestimmtheit des Gegenstandes im Bewußtseyn ist das Seyn , diese Identität die ich ist : sie ist was Seyn heißt , seine Aufmerksamkeit sein Erinnertseyn einfache nur erst ganz identische Richtung auf seine Bestimmtheit . diese Rich|tung ist abstract einfache Richtung der Intelligenz auf sich und ihre unmittelbare Bestimmtheit , Richtung auf dieses Identische , Aufmerksamkeit zugleich , und dieses | In sich seyn , ihre Richtung zu 5 Gegenwärtige] ErWl : was in ihr ist , auf das Gegenwärtige , Vorseyende zu beschränken 6–22 sich auf … vertieft .] ErWl : daß man die Sache worauf es ankommt gewähren läßt , diese Intensität in sich hat . der ruhigen Intelligenz die präsent ist in dem was vor ihr ist und dies ist das substanzielle Verhalten , sich an die Sache zu halten – ist entgegengesetzt das Herausseyn aus der Sache , Einfälle pp zu haben . / diese Richtung auf das Bestimmtseyn ist Selbstbestimmung der Intelligenz aber noch abstracte formale , Andres abzuhalten und sich zu beschäftigen mit dem Gegenwärtigen , dem

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4 Selbstbestimmung über gestr . bstimmtht Intelligenz über versehentlich nicht gestr . Gistes 6–22 Kurzes Résumé … vertieft . nachträglich mit kleinerem Schriftgrad zwischen zu richten . und dieses Anschauen (815,1) sowie am rechten Rande neben den elf Zeilen von die bestimmtheit (815,1) bis Z e i t . (815,10) 25 aber allgemein … noch über der Zeile mit Einfügungszeichen 40

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dieses Anschauen schließt nun ein gedoppeltes in sich : die bestimmtheit des äußerlichen Sinns haben wir schon oben gehabt ; dieser natürliche Inhalt ist in seiner freien Natur vorhanden und wird erkannt in der Natur betrachtung ; dann gehört auch die Totalität der Sinne dahin , die wir auch schon in ihrem System betrachtet haben . Was aber der Anschauung als solcher gehört ist : § 449 gesagt . die Aufmerksamkeit ist also das Richten auf das unmittelbare ; in dieser Richtung unterscheidet sie diese unmittelbare bestimmtheit von sich ; das davon unterschiedne ist also das Negative der Intelligenz , das Anderssein nicht mehr im bewußtsein sondern das abstracte Anderssein seiner selbst ; die Äußerlichkeit an ihr selbst , R a u m und Z e it . das bewußtsein ist eben dieses Dirimiren in bewußtsein und Object ; der Gegenstand ist nur als seiend bestimmt , als seiend und für das bewußtsein Einzelheit und Mannigfaltigkeit . Im bewußtsein ist dieses : daß der Gegenstand zwar die Momente des begriffs in ihm hat , nur auf ganz allgemeine Bestimmten . dieses Bestimmte macht das aus was die Anschauung in sich enthält . 1 schließt nun] 1–5 sich : die … haben .] ErWl : sich nämlich dieses Bestimmtseyn was wir schon bei der Empfi ndung als Stoff hatten und die verschiedne Weise dieses bestimmtseyns macht die Verschiedenheit des äußern und des innern Sinnes aus . Als unmittelbares Bestimmtseyn ist dieser Inhalt in seiner ganzen Explication vorhanden als Natur . In sofern der Geist selbst als Seele in natürlicher Weise ist , sind an ihm die Sinne , diese Totalität die das Bestimmtseyn ausmacht . die Sinne in ihrem System haben wir betrachtet 5–6 als solcher … gesagt .] ErWl : eigenthümlich gehört dieser Bestimmtheit ist § 449 angegeben . 6 also das Richten] ErWl : diese Erinnerung und diese Richtung 6–7 unmittelbare ; in … Richtung] ErWl : Unmittelbare , dieses Selbst|bestim men . [ Indem] Wl : (»Diese Selbstbestimmung ist aber wesentlich nicht diese abstrakte ; »als unend liche 3 .) d i r i m i r t sie diese Einfachheit ihres Bestimmtseyns , und hebt damit dessen Unmittelbarkeit auf .«) Indem] sie sich auf dieses Selbstbestimmen richtet 7–8 das davon … Negative] Wl : Im Gefühl ist dieser Unterschied als solcher nicht vorhanden : da tritt Ich und Bestimmtheit desselben nicht auseinander . Erst die Erinnerung , ein Insichgehen , das zugleich ein dirimiren ist , unterscheidet . So setzt sie dasselbe als e i n N e g a t i ve s als das das davon] Er : Im Gefühl ist dieser Unterschied als solcher nicht vorhanden da tritt Ich und Bestimmtheit desselben nicht auseinander , erst die Erinnerung , ein Insichgehn das zugleich ein dirimiren ist unterscheidet . dieses 8–9 der Intelligenz , … mehr] ErWl : Andersseyende aber nicht mehr wie 9–11 seiner selbst ; … bestimmt ,] ErWl : [an] Wl : (seiner selbst .) an] ihm selbst das Aeußerliche an ihm [selbst (Raum und Zeit näher)] Wl : selbst . (»die Intelligenz bestimmt hiemit zunächst den Inhalt der Empfi ndung als A u ß e r s i c h s e i e n d e s , wirft ihn in R a u m u n d Z e i t hinaus , welches die F o r m e n sind , worin sie a n s c h a u e n d ist . –] Anschauung ist das In sich gehn der Intelligenz , Richten auf diese Bestimmtheit und damit sich abtrennen von dieser Bestimmtheit , sie hinauswerfen in Raum und Zeit außer ihr Innerlichseyn . Beim Bewußtseyn hatten wir dieses Dirimiren in Ich und Gegenstand , im Bewußtseyn hatte der Gegenstand nur die abstracte Bestimmtheit des Seyns , der Geist ist da nur der erscheinende , das Bewußtseyn ist nur relatives , die Beziehung des Bewußtseyns auf den Gegenstand nur Verhältniß , Relativität , eben des wegen ist der Gegenstand nur bestimmt 12 bewußtsein Einzelheit] ErWl : Bewußtseyn , näher als einzelner Gegenstand , Vielheit und Mannigfaltigkeit . das gehört allerdings zum Begriff aber es kommt darauf an wie die Einheit bestimmt [ist dieser] Wl : ist , diese] Einheit 12–816,1 dieses : daß … hingegen] ErWl : dies nur auf ganz allgemeine relative Weise überhaupt , einzelner Inhalt und mannigfache Bestimmtheiten des Gegenständlichen zunächst im unmittelbaren Bewußtseyn . In der Anschauung

§ 449

15 ErWl : hat

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Weise , hier hingegen ist das Sein des Gegenstandes nicht nur relativ gegen das bewußtsein gegen Ich , sondern die Intelligenz als Anschauung setzt ihn auch so , daß er an ihm selbst das andre ist ; die Intelli|genz ist Vernunft , was für sie ist , ist | auch vernünftig bestimmt ; nicht mehr relativ ; die Intelligenz entnimmt ihn dieser Relativität und setzt den Gegenstand als Totalität an ihm selbst . Das ist eine Hauptbestimmung , daß in der Anschauung die Totalität des Inhalts gesetzt ist , so daß der Inhalt selbst die Totalität . In der Anschauung ist nun 2erlei Inhalt zu unterscheiden 1 . , der reale Inhalt , was den sinnlichen Stoff etc . überhaupt ausmacht | die unmittelbare Materiatur . dieser Stoff ist das Gegebene und hat in der Anschauung nur die bestimmung an sich vernünftig zu sein ; er ist es aber nicht ; sondern hat nur den Glauben für sich ; er ist nur die abstracte Vernünftigkeit ; von diesem Reellen ist das Id e e l l e : R a u m u n d Z e it unterschieden , der Form entgegengesetzt dem Inhalt als solches . Das Reelle also und das Ideelle ist in der Anschauung zu unterscheiden , daß diese Unterscheidung da ist , eine ideelle und reelle Individualität liegt darin , daß die Intelligenz als anschauend sich nur zuerst sich verhält – Darum ist diese Vernünftigkeit , die ihr zukommt , nur noch ein Abstractes und das ist die Räumlichkeit und Zeitlichkeit , abstract , formelle Totalität , womit freilich auch das Sinnliche in Gegenständen (der eigentliche Inhalt) da ist , aber nur als Glauben an die Zeitlichkeit und Räumlichkeit , daß sie auch eine erfüllte ist . Aber die Intelligenz ist auch in ihr erst Action auf ihr bestimmtsein , bestimmend , sie formirt zugleich diesen Inhalt und das ist wie gesagt die Räumlichkeit und Zeitlichkeit . 1–2 relativ gegen … so ,] ErWl : ein relatives , der Gegenstand nicht nur Gegenstand . die Intelligenz als anschauend setzt ihn sich entgegen , 3 ihm selbst … andre] ErWl : sich selbst ein Andrer was] ErWl : Gewißheit der Vernunft , was 4–5 auch vernünftig … Gegenstand] ErWl : | sogleich als Vernünftiges – An und für sich seyendes nicht bloß mehr als Relatives bestimmt (im Bewußtseyn ist der Inhalt nur gegen mich hat Relativität) – itzt setzt die Intelligenz den Inhalt 5–6 selbst . Das … so] ErWl : selbst , entnimmt ihn dieser Relativität , 7 Totalität . In] ErWl : Totalität ist . An 8–9 der reale … Materiatur .] ErWl : reeller Inhalt , bestimmtheit des Empfundnen als [solchen ,] Wl : solchen , (»jene Totalität der Bestimmtheit des Gefühls überhaupt ; aber zugleich in dieser ersten abstrakten Entäußrung desselben , noch in seiner gefundenen , äußerlichen Einzelnheit , –] die sinnliche Materiatur , Stoff , – diese mag auch vom Geistigen kommen . 9 das Gegebene … hat] ErWl : zunächst dies Gegebne 9–10 nur die bestimmung] ErWl : enthält er nur die Bestimmtheit überhaupt 10–11 er ist … Vernünftigkeit ;] ErWl : es ist nur der Glaube , die Ahndung daß er vernünftig , Totalität ist , es ist nur die abstracte Vernünftigkeit , noch nicht als vernünftig [gesetzt .] Wl : gesetzt . – (»die Intelligenz ist als anschauend noch in diesen Stoff versenkt .«) / ] 2 . 12–14 Id e e l l e : R a u m … Individualität] ErWl : Ideelle verschieden , Raum und Zeit . das Reelle scheint Vorzug zu haben gegen das Ideelle , der Inhalt als solcher gegen die Form : Raum und Zeit . dies beides unterscheiden wir in der Anschauung , den mannigfachen Inhalt und der i n Raum und Zeit ist . Daß dieser Unterschied vorhanden , reelle und ideelle Totalität , 15 anschauend sich … diese] ErWl : anschauende sich erst abstract unmittelbar verhält , weil das so ist ihre 16–817,1 ihr zukommt , … an] ErWl : ihrer Bestimmung zukommt selbst noch das Abstracte – Räumliche und Zeitliche , – diese ist selbst nur noch abstracte Totalität und deswegen formale Totalität und indem die wahrhafte Totalität immer vorhanden ist , ist das auch

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Solchen Gehalt also an sich zu haben , der Gegenstand für die Intelligenz ist , nicht mehr für das bewußtsein bloß , das nennen wir A n s c h a uu n g . dieses Anschauen ist die erste Weise der Intelligenz ; es hängt dieser Ausdruck zusammen mit dem sinnlichen Sehen , Schauen . dieser Inhalt ist also ein an sich selbst äußerlicher (nicht bloß für Ich) und dann kommen ihm auch durch Ich die Kategorien von Einheit und Mannigfaltigkeit zu . Wir haben also nur zu betrachten , was der Intelligenz zukommt R a u m u n d Z e it . Man hat in neurer Zeit gesagt , man müsse von der Idee etc von Gott eine unmittelbare Anschauung haben , ehe man darüber philosophiren kann ; aber diese Unmittelbarkeit ist nur eine Form – man setzt diese Anschauung der Reflexion , dem Verstande gegen über ; man spricht von Weltanschauung etc ; in der Geschichte muß man die einzelnen bilder anschauen eh man darüber sprechen kann : man nimmt so die Anschauung im Gemüth , Herz etc . Das hat den andren Sinn , als daß in ihr die Totalität enthalten sei . Das Richtige was darin gesagt ist , ist dieses : ein gesunder Menschengeist hat das Ganze vor sich ; der eitle Verstand hebt nur Einzelheiten heraus ; das Ganze aber vor sich habend im Sinn mit Gewißheit das ist Anschauung ; und diese Anschauung muß freilich immer oben anstehen ;

vorhanden aber nur erst so daß der Glaube daran da ist daß es vernünftig , To|ta lität in sich sei . / der Inhalt der Anschauung ist zunächst Gefühlsinhalt , Inhalt in seiner Zufälligkeit nur so daß er an sich vernünftig seyn soll , aber die Intelligenz ist in ihr [Action] Wl : Axiom] , auch für dieses Bestimmtseyn bestimmend , in diesem was für sie ist , ist auch ihr Bestimmen vorhanden , daß sie diesen Inhalt formirt hat und diese Formation ist das Räumliche und Zeitliche , – diese Formation ist noch abstracte , formale Production der Vernünftigkeit eben weil sie die erste ist . das nennen wir (äußere oder innere) Anschauung , solchen Gehalt vor 1–4 Gegenstand für … Schauen .] ErWl : nicht mehr gegen das Bewußtseyn ist sondern die Totalität seyn soll , bei dem der Glaube ist daß dieser Inhalt Totalität [sei] Wl : ist ,] und der in der Berührung von der Intelligenz zugleich eine ideelle Seite enthält , Zeit und Raum . das ist die Form und die Form ist eben Thätigkeit der Intelligenz . das Sehen ist der Uebergang in diese Idealität selbst , der ideelle Sinn , – und Anschauung kommt von schauen sehen her . 4–6 also ein … zu .] ErWl : ein äußerlicher nicht nur gegen mich sondern er ist auch als ein an ihm selbst äußerlicher gesetzt , die Intelligenz ist frei , so ist auch ihr Inhalt gesetzt als frei , damit als Totalität 6 nur] ErWl : näher 7–9 von der … Anschauung] ErWl : die philosophische Anschauung | haben daß die Intelligenz als Totalität versteht . | Was darin liegt daß man die Anschauung fodert die man 10 gegen über ; … etc ;] ErWl : gegenübersetzt ist dies : Vom Lebendigen muß ich Anschauung des Lebens haben , 11–13 man die … als] ErWl : ich die Anschauung , das Bild von einer Zeit Begebenheit haben . Bei der Anschauung hat man dies vor sich 13 sei .] ErWl : ist , die Anschauung Totalität sei . darin] ErWl : damit 14 ein gesunder Menschengeist] ErWl : der gesunde Geist eitle Verstand] ErWl : Verstand in der Eitel keit seiner Gesichtspunkte 15–818,5 heraus ; das … kennen ,] ErWl : [ hervor gegen] Wl : hervor . Gegen] diese Einzelheiten heißt man das Ganze , indem man das Ganze vor sich hat , die Anschauung . das Ganze , die Gewißheit des Ganzen muß immer regieren . die Betrachtung [des] Wl : der] einzelnen Menschen kann die Seiten an einem natürlichen Gegenstande kennen lernen , eben so in Geschicklichkeiten eine ganze Menge von Einzelheiten die ganz richtig und nothwendig sind , aber dieses alles muß sich beziehen auf das Ganze indem man den Sinn dieses 11 anschauen] anshauun

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14 Febr .Sg Donnerstag nach j . Sonnabend ! ! Sg

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man kann sich aber auch die Einzelheiten expliciren | z . b . bei einem Dichterwerk , Metrum , Reim etc . oder bei einem Gegenstand überhaupt ins Detail gehen – dieses kann indeß nur den rechten Sinn haben , wenn es auf die Totalität geht und die Anschauung des Ganzen dabei nicht verrückt wird . Das Detail freilich muß man auch kennen , aber die besonderen Züge müssen in e i n bild zusammengefaßt sein , sonst sind jene nur geistlose Kenntnisse ; der Geist ist nur dabei , so fern Anschauung darin ist ; denn diese regirt eben der Geist . Also z . b . poetische , philosophische Anschauung ist die Weise , wie das besondre zusammengefaßt ist . Wenn man von der Anschauung also auf diese hohe Weise spricht so ist das ganz richtig , wenn es gegen die Vereinzelung des Verstandes gerichtet ist . Sofern nun diese Totalität der Anschauung den Begriff be trifft gehört hier nicht her ; was hieher gehört ist nur , daß der Inhalt die Äußerlichkeit in ihrer Totalität selbst ist . – R a u m u n d Z e i t und diese Formen haben wir nun zu betrachten . Die Intelligenz wirft also diesen Inhalt heraus ; er ist das selbst außer sich sein , an sich , an ihm selbst – das ist zunächst d e r R a u m . Was im Raum ist , ist neben einander ; keines nimmt die Stelle des andern ein ; ebenso in der Zeit ist alles nacheinander , beide sind das Außereinandersein ; ihr begriff ist , daß beide schlechthin diskret , unterschieden , ganz auseinander sind : hier , hier , hier , hier sind alle dieselben und doch unterschieden , aber nur abstract verschieden . Ebenso itzt itzt itzt ist immer itzt , immer dasselbe , und auch nur abstract verschieden – es sind unendlich

Ganzen , dieser Totalität hat . Geistlose Betrachtung nennen wir die sich z . b . an einem dichterwerke nur auf diese Einzelheiten einläßt man muß alle besondern Schönheiten und Züge auch fühlen und man kann sie nicht in der Anschauung fühlen wenn man keine Kenntniß davon hat , 6–7 sonst sind … z . b .] ErWl : das Ganze . Geistvoll werden die Kenntnisse sofern der Geist dabei ist d . h . sofern die Anschauung regirt die Kenntniß dieser Einzelheiten , daß sie dieser Totalität unterworfen | sind , 8–13 die Weise , … betrachten .] ErWl : wenn alles Besondre ein Ganzes ausmacht so daß das Substanzielle regirt , unter sich hält die Besonderheiten . dieser Sinn der Totalität , dies Festhalten des Gegenstandes im Allgemeinen , die Gewißheit zu haben vom Gegenstande in seiner Totalität – dies , hat man Recht so hoch zu stellen gegen das bloß kritische Auseinanderlegen . der Sinn heißt gesund sofern er die Kraft hat die Besonderheiten zu unterscheiden , aber am Substanziellen festhält und alle Einzelheiten nur unterordnet dem Ganzen . die Anschauung überhaupt enthält diese Totalität . diese Totalität sofern sie Totalität des Inhalts ist ist sie noch nicht entwickelt , gehört nur dem Sinn der Anschauung an . das Andre ist daß dieser Inhalt das Aeußerliche nicht nur relativ gegen die Intelligenz , sondern an ihm selbst ist , gleichfalls ist Totalität ideelle , damit formelle weil sie von der Intelligenz herkommt . So ist sie gesetzt als Raum und Zeit . 14 wirft also] ErWl : wirft 14–15 das selbst … R a u m .] ErWl : für sie als der außer sich seyende nicht nur außer ihr . 16 einander ; keines … ebenso] ErWl : einander was 16–20 ist alles … es] ErWl : nacheinander , oder wenn gleichzeitig , dem Raum nach verschieden . Beide sind schlechthin [discret] Wl : diskret ;] das Außereinander ist noch ein abstracter Unterschied , ist kein objectiver [ Unterschied alle] Wl : Unterschied . Alle] Hier , Itzt sind einander gleich , der Unterschied geht von mir aus . Itzt ist sofern das Unbewegliche immer 6 jene] jens

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viele Eins , | das absolute Getrenntsein , ideelle Atome : Raum und Zeit Pu n k t e . Sie machen indeß nur e i n e Identität aus ; das nennt man dann C ont i nu it ä t der Zeit ; hier ist nur hier , schließt alle andren aus ; aber es hat keinen Abgrund um sich herum , sondern lauter hiers ; dieses hier ist also , so sehr ich es auch herausnehme und abschneide , in sich doch immer der Zusammenhang : eins und die Continuität davon . Darum streiten die Mathematiker ganz recht gegen die Raumpunkte , die man der bequemlichkeit zu liebe angenommen hat ; es s i n d Punkte und doch keine . Raum und Zeit sind ein Widerspruch , sind der begriff , den wir zu Grunde unsrer Philosophie gelegt haben ; gegen den man unnöthiger Weise so streitet ; man darf nur Raum und Zeit betrachten , welche denselben Widerspruch enthalten , der wieder keiner ist . Der Raum wird durch nichts unterbrochen . Die Zeit ebenso wenig , wir unterscheiden wohl Jahr , Monat Tag etc . und bringen da einen Maaßstab hinein , die nennen wenn eine gewisse Anzahl von bewegungen vorbei sind , das , ein Jahr , Tag etc . | Es geschieht kein bruch , wenn ein neues Jahr oder Jahrhundert anfängt ; es geht ununterbrochen so fort , man merkts nicht . Die Dimension des Raums und der Zeit gehört nicht hieher . Es kann etwa dies davon bemerkt werden : Man hat gesagt : der Raum kann in’s Unendliche getheilt werden ? Andre haben das Gegentheil behauptet . Ist er theilbar so sagt man : er sei nicht ins Unendliche getheilt , d . h . der Raum bestehe nicht aus Raumpunkten , (oder Zeitpunkten) man komme da auf kein letztes , sagt man , das Entgegengesetzte ist : daß die Raum und Zeitpunkte den Raum und die Zeit ausmachen : dann ist der Raum und die Zeit allerdings ins unendliche getheilt ; da hat man ein letztes . In diesem Widerspruch ist nichts anderes enthalten , als die beiden Momente der Discretion und der Continuität , deren Einheit sie sind . Die Momente sind aber unterschieden ; bleibt man nun bei dem einen dieser Momente stehn so hat man die eine behauptung : hebt man die Discretion heraus , so ist das die Ansicht : daß der Raum und die Zeit aus Punkten bestehn daß diese ihr Anfang , ihr Substantielles wäre ; behauptet man nur die Continuität so hat man die andre Ansicht , wonach man annimmt daß jeder

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1–2 das absolute … indeß] ErWl : | absolutes Getrenntseyn , aber eben 2–3 aus ; das … es] ErWl : aus . Es sind vereinigt auf ganz un|mittelbare Weise die schlechthin entgegengesetzten , die abstract opponierten , das Hier 4–820,4 herum , sondern … sie . –] ErWl : herum hängt zusammen mit Andern , ist Identität , Ununterscheidbarkeit , es sind Punkte und eben so sehr als es Punkte sind , sind es keine . dieser Zeitpunkt schließt alle andern aus und indem er ausschließend ist ist er nicht ausschließend hängt mit allen andern zusammen . Ich 35 kann überall eine Grenze setzen und eben so ist es keine , das sind Unterschiede aber Unterschiede die keinen Bruch machen , keine Unterbrechung an ihnen selbst . / das ist die Thätigkeit der Intelligenz , das Ganze des Begriffs diesem Inhalt mitzugeben . die Natur des Begriffs , die abstracte Vernünftigkeit ist von der Intelligenz unmittelbar mit getheilt , sie in ihrer Bestimmtheit sind so gesetzt als äußerliche . die zwei Momente der discretion und Continuität sind in Raum und Zeit in untrenn40 barer Einheit , die discretion die übergeht in Continuität und umgekehrt . Hier hat man ein Beispiel

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Itzt der Gegenwart ist . Es

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Raum und Zeittheil etwas theilbares ist , d . h . noch Continuität (Zusammensetzung) hat , in dem noch ein Eins und andres darin ist , an dem von neuem unterschieden werden kann . beide behauptungen sind einseitig . Der Verstand hält solche einseitigen bestimmungen fest ; die Vernunft überwindet sie . – Raum und Zeit sind nun gegen einander unterschieden , sind 2erlei Formen des begriffs , in so fern dieser in seiner Äußerlichkeit gesetzt ist . Er vereinigt das , was ihm der Form nach angehört , nicht in sich , und ist gesetzt unter seine eigenen bestimmungen so daß die Formen seiner auseinander fallen als verschieden , sich äußerlich . De r R a u m ist | also dieser begriff der Einheit der Discretion und Continuität aber unter der F o r m d e r C ont i nu it ä t , der Ruhe , aber zugleich Übergehn von einem zum a nd r e n (Discretion) Es besteht alles im Raum so , wie es ist ; es ist eine täuschende Form ; die Zeit wird darüber kommen als seiend ; räumlich sein und bestehend ist eins . d i e Z e it ist diese selbe Einheit der Continuität und Discretion aber in d e r F o r m d e r D i s c re t ion und näher in der Form der Negation ; discret ist das negative Sein des einen gegen das andre . Das Eine ist nur dadurch , daß es das andre ausschließt wie in dem Raume . die Gegenwart ist das Sein eines andren , des Vergangenen (ein Seiendes als negativ gesetzt) diese Negation ist selbst seiend | und in so fern ist sie Gegenwart ; es hat so aber die bestimmung : negirt zu werden . Das ist seine Zukunft . Die Gegenwart ist die einfache Vereinigung von beiden des Seins und des Nichts ; wo die Gegenwart i s t – das Vergangene ist nicht m e h r , das Künftige ist no c h n i c ht . In dem Sein und dem Nichts liegt der gewisse Wider-

des Begriffs , daß die Einseitigkeiten überwunden sind . 4 nun] ErWl : selbst 5 in so … dieser] ErWl : – das kommt daher daß es der Begriff 6–7 gesetzt ist . … und ] ErWl : ist also sich selbst äußerlich also in gedoppelter Weise . der ganze Begriff 7 bestimmungen so … seiner] ErWl : Bestimmtheiten daß aber die bestimmten Formen seiner in denen er gesetzt ist 8 verschieden , sich äußerlich .] ErWl : verschieden . 9–13 also dieser … eins .] ErWl : | der Begriff in Form der Ruhe , der abstracten Identität der Continuität . das Ganze von discretion und Continuität ist unter der Form der einen Bestimmtheit gesetzt , der Continuität . Räumlich seyn und bestehn ist in Ansehung der sinnlichen Gegenstände dasselbe . das Räumliche ist Bestimmung des identischen sich auf sich Beziehens , Stehens . 14–15 ist diese … der 2 ] ErWl : wird aber darüber kommen die dieselbe Einheit ist in 15 discret ist] ErWl : discretion , 16–17 Das Eine … Raume .] ErWl : In der Zeit ist das Ganze unter der Bestimmtheit der Negation gesetzt , es ist ausschließend aber so daß es ist Negation seines Andern , sein Seyn ist so daß sein Seyn eben so übergeht in das Negative . 17–18 eines andren , … Seiendes] ErWl : und das Seyn eines Andern , das Seyende 18–19 gesetzt) diese … fern] ErWl : gesetzt ist das Vergangne und das Negative ist selbst seyend . Unter der Form als seyend 19 es hat … aber] ErWl : aber in dieser Form hat es 19–20 Das ist seine] ErWl : d . h . 20–21 beiden des … Vergangene] ErWl : Seyn und Nichts . Man kann nur von der Gegenwart sagen sie ist , denn was vergangen ist 22–821,2 n i c h t . In … hier .] ErWl : nicht . 10 C o n t i n u i t ä t ] C o n t i n u t v i t t

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20–21 des Seins … Nichts über der Zeile mit Einfügungszeichen 40

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spruch ; das Sein hat die Natur : nichts zu sein . Diesen Widerspruch findet man also schon hier . Zeit und Raum sind also Formen des Sinnlichen , der Anschauung , wie Kant sie mit Recht nennt ; sie sind nicht das Materiale der Anschauung , die Gefühlsbestimmung , sondern das Ideale , Intelligente ; wir fühlen den Raum und die Zeit eigentlich nicht ; sie sind in so fern das Sinnliche , das zugleich unsinnlich ist , nicht der Ge fühlsbe|stimmtheit als solcher angehören . Das ist also die Aufmerksamkeit der Anschauung , die Thätigkeit der Intelligenz auf diese unmittelbare bestimmtheit des Gefühls . – Ebenso als nun dieses Unterscheiden , dieses hinaussetzen des Inhalts aus sich i s t , ist die Intelligenz i n s i c h ; dies ist die andre S e it e d e s Ur t h e i l s . In der Anschauung ist die Intelligenz versenkt in diesen Stoff , der angeschaut wird . Diese Versenktheit ist noch die Trennung der Intelligenz von dem Gegenständlichen ; sie ist selbst noch in dieser äußerlichkeit . diese unmittelbare Einheit mit dem Stoff gehört zu allem wahrhaften Ernst und Fleiß ; man muß drin sein in seinem Gegenstand , in der objectiven Entwicklung desselben ganz drin sein , und sich nichts andres vorstellen , als dieser Gegenstand ist . die Thätigkeit ist identisch mit ihrem Stoff , ist wirksam in ihm , und kein besondrer Inhalt gegen ihn . – Hier ist also die Intelligenz als Anschauung die unmittelbare Einheit mit der äußerlichkeit . aber die Intelligenz ist wesentlich Diremtion , Wissen , Unterscheiden[ .] § 45 0 . Die Intelligenz ist nicht bloß anschauend , sondern w i s s e n d ist Reflexion in sich , Verschiedenheit von ihrem Inhalt ; es ist das Erwachen der Intelligenz zu sich selbst in diesem Stoff ; indem die Intelligenz sich nun gegen diesen Stoff

2–5 Anschauung , wie … Sinnliche ,] ErWl : Anschauung . Sie sind nicht was man an der Anschauung das Reale nennt d . h . die Gefühlsbestimmungen sondern sind das Intelligente als Form . Sie sind das sinnliche Außereinander 6 ist ,] ErWl : ist d . h . ideelle Formen , 6–7 angehören . Das … Anschauung ,] ErWl : angehörig . das ist 7–8 Intelligenz auf … dieses] ErWl : Intelligenz , der Aufmerksamkeit auf sich das ist 8–12 dieses hinaussetzen … diese] ErWl : diesen Inhalt hinauszusetzen aus sich sich frei zu machen , das ist die erste Form des Befreiens daß sie es abtrennt von sich . Aber eben so als sie es hinausgesetzt | ist die Intelligenz in [sich] Wl : sich , –] das ist das Andere . Im Anschaun sind wir versenkt in den Inhalt und dieses Versenktseyn ist daß die Intelligenz außer sich ist , selbst so in ihrer Aeußerlichkeit . dieses Versenktseyn , die 13–14 gehört zu … Gegenstand ,] ErWl : ist was man Anschauung überhaupt nennt , den Gegenstand walten zu lassen 14–16 desselben ganz … Stoff ,] ErWl : des Gegenstandes sich zu befi nden , nichts andres sich vorzustellen als er ist . Die Begeisterung des Dichters ist dieses Versenktseyn , die Thätigkeit der producirenden Phantasie 16–17 ihm , und … die 2 ] ErWl : diesem Stoff . die Intelligenz als anschauend ist diese 17 der äußerlichkeit .] ErWl : ihrem Stoffe , Inhalt , Erfülltseyn damit . 18–20 wesentlich Diremtion , … ist] ErWl : die Form des Bewußtseyns in ihr dieses von sich zu unterscheiden und für sich darin zu seyn so daß dieses für sie ist . / die andere [ Seite] Wl : Seite der diremzion] ist daß die Intelligenz wissend ist daß [sie als] Wl : sie] die Form als unendliche Reflexion in sich [ist] Wl : setzt] in diesem Stoff [erinnert ,] Wl : sich erinnert ,] 21 Stoff ; indem] ErWl : Stoffe und indem so 21–822,1 nun gegen … dieser] ErWl :

40 38 sie] folgt gestr : als

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in sich erinnert , ist dieser als der ihrige gesetzt und dann heißt der Gegenstand : Vor s t e l lu n g . b . die Vorstellung 1 . , Erinnrung 2 . Einbildungskraft 3 GedächtnißSg

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β .)Wl ; 190 Er ; § 451 . Vorstellung Er ; § 451.Wl

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b . Di e Vor s t e l lu n g Die Vorstellung ist als die erinnerte Anschauung die Mitte zwischen dem unmittelbaren bestimmt – sich fi nden der Intelligenz und zwischen derselben in ihrer F r e i h e i t , dem Denken . Die Intelligenz als solche ist gleich inficirt mit der Allgemeinheit , mit dem Denken . Ich weiß in der Vorstellung zunächst , daß es me i ne Vorstellung ist ; aber daß sie mir angehört und ich sie mir angehörig gemacht habe , außerdem ist dieser Inhalt kein | bestimmter , ich habe den Inhalt nicht gemacht , der ist unmittelbar , ist gegeben , und nicht durch meine Freiheit gesetzt ; dieser gegebene Inhalt ist das Objective überhaupt , in Natur oder im Geist ; das hilft für die Freiheit nichts , ob ich nach meiner Natur mich richte ; denn diese ist ein Gegebenes , Unmittelbares , ist nicht ein Gesetz meiner Freiheit . Vorstellung ist so von der Anschauung Empfindung unterschieden . Aber sie ist auch ganz wesentlich vom begriff verschieden , was man wohl merken muß . Man heißt häufig philosophiren : in jeder Rücksicht recht gute Sachen zu sagen ; aber das begreifen und beweisen solchen Inhalts ist etwas ganz andres . Bei der Vorstellung ist die Grundlage immer ein Gege-

erinnert in diesem Stoffe , ist dieser Inhalt 1–3 gesetzt und … Vo r s t e l l u n g ] ErWl : [gesetzt .] Wl : gesetzt , und sie hat dessen Unmittelbarkeit und Finden nicht mehr nöthig . –] das ist Vorstellen , aus der Anschauung zugleich heraus in sich erinnert seyn , nach dieser Bestimmung ist [sie (die Intelligenz) Vorstellung .] Wl : die Intelligenz / β . ) D i e Vo r s t e l l u n g .] / | die Intelligenz die Anschauung als die ihrige setzend so daß die Anschauung , dieser Inhalt , für sie , der Ihrige sei , das ist die Vorstellung überhaupt . 4 die erinnerte … die] Er : diese 4–6 dem unmittelbaren … Denken .] ErWl : der Unmittelbarkeit des Wissens [zwischen dem unmittelbar] Wl : dem unmittelbaren] bestimmt sich fi nden [des Denkens] Wl : der Intelligenz ,] und zwischen [ihrer Freiheit ,] Wl : derselben in ihrer Freiheit , dem Denken , –] die Synthesis von beiden . der Inhalt der Vorstellung ist gegeben , er ist ein unmittelbar vorgefundenes , der Form nach aber ist der Inhalt [der ihrige (der Intelligenz) –] Wl : die Vorstellung , das Ihrige der Intelligenz .] 6–7 Die Intelligenz … in] Wl : In 6 ist] Er : gesetzt ist 6–7 Allgemeinheit , mit … in] Er : Allgemeinheit . In 7 zunächst , daß es] ErWl : ist das sinnliche unmittelbare Gegebenseyn und das Element der Freiheit , daß dieser Inhalt 8–10 aber daß … und ] ErWl : diese Vorstellung gehört mir an ich habe sie in Besitz und bin thätig dazu diese Vorstellung zu haben aber diesen Inhalt habe ich zugleich doch nicht gemacht , es ist ein Element darin des Unmittelbaren , Gegebnen , 10–13 gesetzt ; dieser … Gesetz] ErWl : Gesetzten . Dieses Element ist das äußerlich oder innerlich Objective , [wenn] Wl : denn , wenn] es auch in der Natur meines Geistes wäre so wäre es doch ein Gegebnes noch nicht aus meiner Freiheit erzeugtes noch nicht ein Gesetztes 13 ist so] ErWl : ist 14–16 begriff verschieden , … gute] ErWl : Begriff , Gedanken verschieden . Bei philosophischer speculativer Betrachtung ist wesentlich dieser Unterschied zu machen . das meiste Philosophiren heißt recht gute und recht zweckmäßige 17–823,2 Bei der … sind] ErWl : Was nach der Vorstellung gesprochen wird , | dabei ist

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benes ; wie man über Recht , Sittlichkeit Religion , Gott spricht so kann man darüber recht gut nach der Vorstellung räsonniren . Diese Vorstellungen : Recht etc . sind so in mir , in diesen consequent benehme ich mich ; ich analysire sie , und entwickele sie nach den Denkbestimmungen ganz richtig ; aber die Grundlage ist etwas vorausgesetztes ; darüber , wie diese begründet ist , kriegt man dabei nichts zu hören . Die D e f i n it ion ist schon mehr als eine Vorstellung , es ist die verständige Weise des Begriffs ; die wesentlichen bestimmtheiten gibt die Defi nition an , (was man Merkmal nennt , die aber nur äußerlich sind und nicht so richtig gebraucht werden , als : bestimmtheit) Vorstellung ist noch ein Convolut ; in der Defi nition habe ich diese auseinandergewickelt und den Ver standesbegriff ausgesprochen , der Maaßstab , ob die Defi nition richtig ist , ist dann selbst wieder eine Vorstellung , eine Voraussetzung , das ist der Mangel ; der Grund ist noch das Gegebene . Der begriff aber gehört den freien bestimmungen des Denkens an . bei der gewöhnlichen Vorstellung kommt die Voraussetzung gleich zum Vorschein ; wenn ich sage : Gott ist dieses ; so habe ich Gott schon vorausgesetzt ; nun soll aber erst kommen w a s er ist ; damit ist sogleich ausgedrückt , daß ich es in der Vorstellung noch nicht genügend habe ; das ist ein Widerspruch , denn ich habe es ja schon , wenn ich die Vorstellung davon habe . Aber die Vorstellung genügt nicht ; ich will ein Ur theil haben ; will ein Prädikat meiner Vorstellung ; und meine Vorstellung ist der Maaßstab für das was ich mir unter Gott vorstelle (oder unter einem Dreieck) Das Prädikat muß sich richten nach meiner Vorstellung[ .] der Inhalt immer ein [Gegebner ,] Wl : Gegebnes ;] räsonirt man über Gott , Recht , Sitt|lich keit pp . so kann es recht wohl seyn daß doch nur in der Weise der Vorstellung gesprochen wird . diese Bestimmungen von Gott pp sind eben 3 in diesen consequent] ErWl : und diesen Vorstellungen gemäß 3–4 ich analysire … richtig ;] ErWl : bringe sie zusammen , gehe weiter pp – 4–13 ist etwas … bestimmungen] ErWl : worauf alles basirt ist sind Vorausgesetzte die vorgestellt sind . Ich habe Vorstellung von Etwas d . h . ich kenne den Gegenstand noch nicht in seiner Bestimmtheit . Zur defi nition wird erfodert daß ich die Gattung , das Allgemeine angebe und auch das Bestimmte , die wesentliche Bestimmtheit . da bin ich über die Form der Vorstellung hinausgegangen zu den Bestimmtheiten des Begriffs . die Begriffsbestimmungen gehören dem freien Bestimmen 13–14 an . bei … sage :] ErWl : selbst an , in der Vorstellung ist immer das Moment des Gegebnen . In der Vorstellung ist eine Grundlage die mir vorhanden ist , es ist mir beigebracht worden diese Vorstellung von Gott , sie sagt meinem Innern zu , es ist aber immer eine Vorstellung sofern es für mich in meiner Intelligenz ein Vorausgesetztes Vorhandnes ist . / Es kommt sogleich bei den Vorstellungen dieser Unterschied vor : 14–15 so habe … vorausgesetzt ;] ErWl : das ist ganz nach der Vorstellung Gott ist – 16–18 es in … die] ErWl : die Vorstellung von Gott nicht habe . Ich widerspreche dem daß ich dies weiß und mache itzt erst eine defi nition um zu wissen was dies ist . die 18–19 ich will … ist] ErWl : Für dies was ich mir itzt vorstelle bei dem Prädicat ist doch die Vorstellung 19 für das] ErWl : und die Regel , 20–21 (oder unter … Vorstellung[ .]] ErWl : – Vorstellung – ein für mich äußerlich oder inner|lich Gegebnes . Alles tritt in meine Vorstellung zunächst so als ein Ganzes , als ein Convolut . da hat es den Character der Autorität , daß es ist . die Vorstellung haben wir nun näher zu betrachten .

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Vorstellung ist also zunächst der Inhalt , der in der Anschauung war , als der meinige , als in mir ; in so fern ist er | in einer andren Form der Einseitigkeit ; er ist der meinige ; in der Anschauung war ich in dem Unmittelbaren , in dem Seienden ; jetzt bin ich subjectiv gegen ein andres , relativ für dieses Seiende . Die Vorstellung selbst ist wesentlich relativ . Wir haben also die Vorstellung zu betrachten i m Ve r h ä lt n iß z u m A n s ch a ue n überhaupt ; denn dieses Anschauen ist ihr Andres , Unmittelbares . Da s e r s t e u n m it t e l ba r e Ve r h ä lt n i ß m e i n e r Vo r s t e l lu n g z u d e r A n s c h a uu n g a l s solcher ist was wir in näherem Sinn 1 . , E r i n n e r u n g 2 . E i n bi ld u n g s k ra f t 3 . G e d ä cht n i ß nennen . Da s 2 t e i s t daß die Vorstellung ein Ve r h ä lt n iß a n i h r s e l b s t g e s e t z t s e i ; das ist das innre Verarbeiten der Vorstellung durch mich ; und in so fern ist die Vorstellung : pr o d u k t ive E i n bi ld u n g s k r a f t , Ph a nt a s ie . Das objective Verhältniß der Vorstellung an ihr selbst , durch mich hervorgebracht , Produkt der Phantasie . diese Vorstellung muß aber geäußert werden , das Moment der förmlichen Unmittelbarkeit muß ihr | gegeben werden ; das ist aber ein von mir gegebnes Anschauen , nicht die Unmittelbarkeit eines vorgefundenen Seins , das ist das Wor t , die Wu r z e l d e r S pra ch e . Das 3t e ist dann , daß ich dieses Anschauen selbst , dieses Ganze innerlich mache , und das ist das G e d ä c ht n i ß : ich mache mich darin

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144 Wl ; ββ .)Wl

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γγ .)Wl

1 ist also zunächst] ErWl : ist als] Wl : (»als der I h r i g e der Intelligenz , aber noch mit einseitiger Subjektivität , indem dieß Ihrige noch bedingt , formell , damit in differenz gegen die Anschauung ist , und nicht an ihr selbst das Seyn ist .«) – als 2 in so … einer] ErWl : so ist [er] Wl : der Inhalt] in der 3–4 der meinige ; … Seienden ;] ErWl : subjectives Verhalten ; in dem Anschauen war ich ins Seyende Unmittelbare versenkt , 4–5 subjectiv gegen … relativ .] ErWl : in der Disjunction daß dieser Inhalt der meinige ist . Sie ist die meinige und hat einen bestimmten Inhalt , damit gehört ihr die Relativität Differenz überhaupt an . 6–7 z u m A n s c h a u e n … Unmittelbares .] ErWl : zu ihrem Andern , der Anschauung , das ist ihre [ Unmittelbarkeit .] Wl : Unmittelbarkeit . (»der Weg der Intelligenz in der Vorstellung ist , – die Unmittelbarkeit eben so innerlich zu machen , – als die Subjektivität der Innerlichkeit aufzuheben , – und sich in ihr selbst ihrer zu entäußern .«)] 7–10 u n m i t t e l b a r e Ve r h ä l t n i ß … daß] ErWl : Verhältniß ist das unmittelbare Verhältniß einer Vorstellung zur äußerlichen Anschauung , das ist im nähern Sinne Erinnerung , es tritt mir etwas vor und ich weiß daß ich das schon gesehn pp . | [2 . Daß] Wl : daß] 10 ein] ErWl : als 11 das] ErWl : Sie ist das meinige und muß als das [[lacuna]] Wl : Meinige] von mir gesetzt seyn , das 11–13 mich ; und … hervorgebracht ,] ErWl : mich . die von mir verarbeitete Vorstellung als ein Verhältniß und näher als Totalität gesetzt ist reproducirende Einbildungskraft , daß ich die Vorstellungen in ein Verhältniß bringe das ich hineinlege . dies ist das 14–15 muß aber … ihr] ErWl : als Verhältniß in ihr selbst muß eben so zur Anschauung gebracht [werden] Wl : werden ;] sie muß geäußert , förmliche Unmittelbarkeit dieser meiner Vorstellung | 15 das ist aber] ErWl : Aber diese Anschauung ist 16 Anschauen , nicht … Wo r t ,] ErWl : Wesen , nicht ein Unmittelbares als ein Vorgefundenseyn , das ist das Z e i c h e n , 17 Das] ErWl : Im Wort gebe ich meiner Vorstellung Anschaubarkeit . diese Form der Unmittelbarkeit ist Einheit einer Vorstellung und einer Unmittelbarkeit , eine Anschauung die aber von mir hervorgebracht ist . / Das dieses Anschauen] ErWl : diese Anschauung 18 innerlich] ErWl : meiner Vorstellung und der von mir hervorgebrachten Anschauung innerlich 18–825,1 ich mache

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innerlich zur Sache ; ich habe nur an mir selbst diese Objectivität . In der Sprache ist die bedeutung und das Wort das Anschaubare getrennt ; im Gedächtniß ist beides vollkommen eins : daß das , was bedeutung hat , ist , und was ist , bedeutung hat : bedeutung und Sache zugleich ist die höchste Spitze hierin , die dann das Übergehen in das Denken ist . dieses Übergehen ist ein schwerer Punkt . Das Denken bin ich und ist auch die Sache ; dies muß in der existirenden Intelligenz selbst hervorgebracht werden , daß nun in ihr dieser begriff realisirt wird und sie selbst gesetzt wird als die bestimmung ihrer selbst das ist diese Fortbildung in der Vorstellung . 1 . , Di e E r i n ne r u n g § 452 . Die Intelligenz als die Anschauung erinnernd setzt den Inhalt des Gefühls | in sich , zunächst in ihren eignen Raum und ihre eigne Zeit , und in so fern ist dieser Inhalt : bi ld (oder Vorstellung , was wir promiscue gebrauchen) bi ld ist mehr das , was einen sinnlichen Inhalt hat ; | bild ist eine Vorstellung aber Vor stellung ist nicht immer Bild mit sinnlichem Inhalt – Wir haben schon früher bemerkt jede Stufe der Entwicklung ist eine besondere Form und trägt bei zum Concreten des Geistes ; man anticipirt auf dieser Stufe einen Inhalt des Geistes , der für ihn noch nicht hervorgebracht ist , aber nachher hervorgebracht in einer bestimmten Form erscheint . | a i s t d i e Vo r s t e l lu n g u n m it t e l ba r a l s bi ld . Das bild ist will-

§ 452 194 Er 151Wl

64v Sg

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… nur] ErWl : daß ich mir 1 Objectivität . In] ErWl : Objectivität gebe . Im Wort , in 2 be… Anschaubare] ErWl : Bedeutung , die Vorstellung und die Anschauung , die Objectivität vollkommen 2–4 ist beides … bedeutung] ErWl : wird dies eins , die Intelligenz in der Bestimmung daß ihre Bestimmung Inhalt 4–6 ist die … und ] ErWl : sind , ist der Uebergang

20 deutung und

25 zum denken , daß das Objective an und für sich seyende eben so Bestimmtheit der Intelligenz ist

und umgekehrt . das denken ist das Subjective – ich bin frei – aber das denken 6 Sache ;] ErWl : 7–10 werden , daß … Die] ErWl : werden . Der Gedanke nach der Nothwendigkeit der Sache ist das Objective , daß auch in der existirenden Intelligenz dieser Begriff realisirt werde , das ist die Fortentwicklung . / das Schwere und [einzig] Wl : eigentlich] Interessante ist die Selbstreproduction der Intelligenz zu dem was der Begriff des denkens ist . / [1 .] Wl : αα .)] Erinnerung [2 .] Wl : ββ .)] Einbildungskraft [3 .] Wl : γγ .)] Gedächtniß . Jedes an ihm selbst ist Verhältniß , Totalität des Begriffs . [die] Wl : / αα .) D i e E r i n n r u n g . – / die] 10 erinnernd] ErWl : innerlich [setzend] Wl : setzend , erinnernd ,] 11 zunächst] Wl : in ihre Innerlichkeit , zunächst 11–13 in so … was] ErWl : so ist es denn [ Bild . Bild =] Wl : 1 .) B i l d (»von seiner ersten Unmittelbarkeit und abstrakten Einzelnheit gegen Andres befreit , als in die Allgemeinheit des Ich überhaupt , aufgenommen .«) Bild ist ,] wenn das Gegebne was in Form der Unmittelbarkeit ist , 13–15 bild ist … eine] ErWl : | Vorstellung von Gott , Recht pp ist kein Bild , aber Gott in Form eines Menschen vorgestellt ist Bild , sinnliche Anschauung / Jede Stufe des Geistes ist eine einzelne 15 trägt] ErWl : jede trägt 16 man anticipirt … ihn] ErWl : Will man vom Concreten bestimmter sprechen so anticipirt man eine Form die 17 nachher hervorgebracht … bestimmten] ErWl : hervorgebracht auch in dieser 18–826,1 a i s t … es1] ErWl : Wir haben Vorstellungen von Gott , vom Sinnlichen , obgleich dies kein Inhalt ist der in dieser Folge als solcher producirt ist . das Bild

25 Sache . daß der Begriff auch die Sache sei

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αα .) ; § 452 .Wl 1 .)Wl

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kührlich und gefällig ; es ist in einer Zeit an einem Ort aber es ist nun davon herausgeschnitten und ist in me i n e r Zeit und in me i n e m Raum ; d . h . ich kann es mir it z t vorstellen , obgleich sie in i h r e r Zeit vergangen ist ; so ist der Inhalt in me i n e m Raum und nicht in seinem eignen , den er erinnert . Die Intelligenz ist es , die vergänglich macht , sie macht eine Mumie von dem , was vorbei ist ; die Geschichte ist Vergangenheit und hat nur Gegenwart in den Menschen , in welchen es unvergänglich gemacht ist . Was die Geschichte die Erinnrung nicht aufnimmt , das ist dahin , das ist gar nicht mehr . Indem das bild nun so aus s e i n e m Raum und seiner Zeit hinausgenommen ist , ist es abstract gemacht ; es ist in seiner Zeit und seinem Raum , d . h . es steht in Verbindung mit andren im Raum , mit Folgen und Ursachen – und all diesen bedingungen daß es existirt in dem großen Weltzusammenhang – nun wird es aber aus diesem Zusammenhang in die Erinnrung hineingenommen und wird für sich gehalten und getragen . Zugleich hat das Bild auch nicht mehr die vollkommene bestimmung als die Anschauung hat ; schon daß die bestimmung in mich gesetzt wird ist ein Auswischen desselben des Einzelnen und ein Ausfl ießen ins Allgemeine . Indem so nun der Inhalt des bildes von seiner Zeit etc . abgetrennt wird , so können wir auch darauf eine Reflexion machen , daß der Inhalt in uns sich von der Zeit unterscheidet – man sagt dann man hat L a n g e we i le –

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1 an] Er : in 1–2 es ist … herausgeschnitten] ErWl : indem diese Anschauung als Bild ist , ist sie herausgeschnitten aus diesem Raum und dieser Zeit in der sie war 2–4 d . h . ich … erinnert .] ErWl : die Intelligenz ist in der Anschauung bei ihr selbst , es ist für sie ihr Inhalt , das Bild ist so das ihrige in dem eignen Raum und Zeit [gesetzt] Wl : gesetzt ;] ich kann dieses Bild mir vorstellen in jeder [ Zeit] Wl : Zeit ;] es ist vergangen und ich kann es mir itzt vorstellen . der Inhalt ist an einem Ort vorgefallen , itzt ist er in meinem Raum . 4–5 ist es , … sie] ErWl : macht das Vergängliche unvergänglich , 5–7 von dem , … nicht] ErWl : daraus und erhält es . dies Geschehene ist in der Intelligenz unvergänglich in der Zeit der Intelligenz erhalten . der Inhalt in die allgemeine Zeit gesetzt wird dadurch ein Bleibendes , was die Mnemo|syne nicht in sich 8–9 dahin , das … es1] ErWl : dahin . das Bild so herausgenommen aus seinem Raum , seiner Zeit ist 9–13 es ist … wird ] ErWl : sein Raum und seine Zeit sind sein Zusammenhang mit andern dingen . Es ist ein Bestimmtes , steht in vielfachem [ Zusammenhange] Wl : Zusammenhange mit anderen dingen ,] ist relativ . – Von allen diesen Bedingungen , von diesem großen Weltzusammenhang , daß es darin eine Stelle hat , ein Glied dieses Netzes ist wird es indem es zu einem Bild gemacht wird , herausgenommen und 13 und ] ErWl : für sich das Bild] ErWl : es dann 14 bestimmung als] ErWl : Bestimmtheit , nicht die durch alle Punkte hindurch bestimmte Eigenthümlichkeit , die 14–15 schon daß … bestimmung] ErWl : Indem der Inhalt 15–18 ein Auswischen … unterscheidet –] ErWl : es eine Verdunklung , ein Auswischen der Einzelheiten , denn die Intelligenz ist das Allgemeine und hebt über die unendlich vielen Einzelheiten und Bestimmtheiten den Inhalt herauf . der Inhalt unterscheidet sich in uns von der Zeit in [der] Wl : die] Intelligenz gesetzt . Wir wissen von Zeit , Raum überhaupt und von Erfüllung derselben . diese Trennung des Bildes in sich selbst , Trennung des Inhalts von der Zeit – sie kann in mir seyn ganz ohne Inhalt und 16 Zeit über gestr . Raum

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d . h . man ist sich der Zeit bewußt , als einer nicht erfüllten wenigstens nicht für uns ; sie ist immer mit etwas erfüllt aber nicht mit etwas , was Interesse für uns hat . Die Zeit ist vorhanden ; ich ein Subject bin zugleich ein leibliches ; dieser Seite der Leiblichkeit gehört die Veränderung an , ist immer in der Zeit ist Proceß in der Zeit , ist nicht eine ruhige Dauer , also schlechthin ein Sein , ein bleiben , das ein sich Verändern ist . Ich bin in der Zeit und habe das bewußtsein von der Zeit ; wenn ich nun bloß von dieser abstracten Zeit , von diesem abstracten sich verändern weiß , so ist die Zeit nicht erfüllt , ich habe Langeweile ; die Zeit will nicht vergehen ; aber das hat keine Noth ; sie | vergeht immer ; aber das bewußtsein der abstracten Zeit will nicht vorbeigehen . Wenn aber mein Geist mit irgend etwas lebhaft beschäftigt ist , so weiß ich von dem Inhalt als solchem , nicht von der abstracten Succession , nicht von dem leeren sich Verändern . Das Ur theil | über die Dauer der Zeit ist verschieden in der Gegenwart und in der Erinnrung ; in der Gegenwart kommt mir oft eine Zeit sehr lang vor ; allein in der Erinnerung ist das anders ; ein Tag , an dem mir viel begegnet ist , wird mir in der Erinnrung viel länger erscheinen weil er viel mehr Inhalt im Gemälde hat ; dagegen ein Tag der mir lang war , wo mich nichts interessantes beschäftigt hat ; kommt mir ganz kurz vor . Der Raum hängt so mit der Zeit zusammen – der Raum ist auch so in meiner Vorstellung in einem objectiven Boden ; sie sind beide ein Trieb in mir ; sie wollen erfüllt sein ; wenn sie für die Intelligenz als solche abstracte sind , so ist mein Geist damit nicht zufrieden .

1–5 d . h . man … Zeit ,] ErWl : d . i . Bewußtseyn der Zeit , wenn das womit die Zeit erfüllt ist uns nicht interessirt , wenn man das Bewußtseyn dieser so leeren Zeit hat . Ich als Subject bin auch Leiblichkeit und dieser gehören die Veränderungen an . das Leben 5 also schlechthin … ein 3] ErWl : sondern ein Nichtbleiben das in 6 ist .] ErWl : ist , Proceß . in der] ErWl : auf natürliche Weise in dieser 6–7 das bewußtsein … Zeit ,] ErWl : Gefühl , Bewußtseyn , Anschauung dieser Zeit . Weiß ich bloß 7–9 verändern weiß , … sie] ErWl : verändern , fortgehn , so weiß | ich von der abstracten Zeit – denn die Zeit | 9 aber das … Zeit] ErWl : Bewußtseyn der Zeit ist für mich vorhanden und dies 10 aber mein … ist ,] ErWl : ich dagegen ernstlich beschäftigt bin , 11 solchem ,] ErWl : solchen und d e s s e n Succession 11–12 Succession , nicht … Verändern .] ErWl : Succession . 12–14 die Dauer … anders ;] ErWl : lange oder kurze Zeit ist in der Erinnerung entgegengesetzt dem Ur theil darüber in der Anschauung . 15 mir viel … mir] ErWl : ich viel Wichtiges gethan , [viele Interessen] Wl : viel Interessantes] an mir vorübergegangen , erscheint 15–17 erscheinen weil … mir] ErWl : weil er ein reiches Gemählde von Inhalt ist . Die Zeit die mir lang geworden ist , ist in der Erinnerung 17–18 vor . Der … in1] ErWl : und eine ganz ohne Interesse ist in der Erinnerung = 0 . In 18–19 in einem … beide] ErWl : habe ich einen räumlichen objectiven Boden , wenn dieser leer ist so habe ich lange Weile . Zeit und Raum sind 19–828,5 wenn sie … lassen ;] ErWl : die Intelligenz weiß daß Zeit und Raum nur abstract sind und wenn sie dies sind ist die Intelligenz damit nicht befriedigt , sondern sie will einen Inhalt , eine Erfüllung . Bild ist , daß die Anschauung die meinige ist . [die Intelligenz ist] Wl : Das Bild ist vorübergehend , und die Intelligenz selbst ist als Aufmerksamkeit] die thätige Zeit [des Bildes ,] Wl : desselben ;] sie läßt es vorübergehn verschwinden oder kann es erhalten .

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§ 453 2 .)Wl

828 § 453

§ 454 .Sg

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453 . b Da s bi ld f ü r s ich i s t a n i h m s e l b s t vo r ü b e r g e h e n d , und die Intelligenz selbst ist als Aufmerksamkeit die Z e it des bildes ; die Intelligenz ist aber für sich das Subject das an sich ihrer besonderheiten ; so in ihr e r i n ne r t , ist das Bild (nicht mehr existirend) (bewußtlos) , a u f b e w a h r t ; sie kann es in ihrer Gegenwart behalten , oder es verschwinden lassen ; die Aufmerksamkeit ist die Zeit selbst für den Inhalt der Intelligenz . Die Intelligenz ist das an sich ihrer Besonderheit ; sie ist das Allgemeine , bleibende , und damit ist zugleich ihre besonderheit (ihr bild) in ihr fi xirt . Die Intelligenz ist das concrete Allgemeine , das Allgemeine das besondert ist ; das besondre in das Allgemeine gesetzt , ist so bleibend , ist aufbewahrt . In der Gewöhnung haben wir schon dies behalten der Bilder kennen gelernt ; das war die Seite des Seins ; das Sein ist das natürliche Moment – hier ist dasselbe , das bleiben der bilder ; nur daß dies bewußtlose Bleiben jetzt anders bestimmt ist als im Anthropologischen . Es ist das innerlich gemachte bild ; es ist in die Zeit hinein verschwunden . Das 3t e ist in der Verknüpfung beider , des bildes als eines solchen und des erinnerten , a u f b e w a h r t e n . Das ist , was wir eigentlich Erinnrung nennen . b . d i e E r i n n r u n g i s t e i g e n t l i c h , sie ist so die beziehung des bildes auf eine Anschauung und zwar als Subsumtion der unmittelbaren einzelnen Anschau-

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153Wl § 454 3 .)Wl

6 Die] ErWl : Aber die das an sich] Wl : für sich das Subjekt , das A n s i c h 6–8 Besonderheit ; sie … fi xirt .] ErWl : Besonderheiten , [der allgemeine Raum . Indem sie die ihrigen sind und die Intelligenz das Allgemeine Bleibende ist , so sind diese ihre Besonderheiten , die Bilder] Wl : so in ihr e r i n n e r t , ist das Bild nicht mehr existirend (bewußtlos) a u f b e w a h r t , – ist] ein Bleibendes , [sind fi xirt .] Wl : ist fi xirt . (»Die Intelligenz , als diesen nächtlichen Schacht , in welchem eine Welt unendlich vieler Bilder und Vorstellungen aufbewahrt ist , ohne daß sie im Bewußtseyn wären , – zu fassen , ist dieselbe allgemeine Forderung überhaupt , den Begriff als konkret , wie den Keim z . b . so zu fassen , daß er alle Bestimmtheiten , welche in der Entwicklung des Baumes erst zur Existenz kommen , in virtueller Möglichkeit , a f f i r m a t i v enthält . Aber der Keim kommt aus den existirenden Bestimmtheiten nur in einem Andern , dem Keime der Frucht , zur R ü c k k e h r in seine Einfachheit , wieder zur Existenz des Ansichseyns . Aber die Intelligenz ist als solche die Existenz des in seiner Entwicklung sich in sich erinnernden Ansichseyns«) .] 9 das2 ] ErWl : dieses 9–11 so bleibend , … gelernt ;] ErWl : dem Allgemeinen angehörig und ist bleibend . das Behal|ten der Bilder hängt zusammen mit [ Krankheitszuständen pp] Wl : Krankheitszuständen .] 11 das Sein] ErWl : die Intelligenz ist auch seyend , das 11–13 hier ist … ist1] ErWl : Indem die Intelligenz ihre Bilder in sich hat sind sie eben so in ihr enthalten als seyende . dies ist die anthropologische Seite . dies Bleiben Aufbewahren Re|produciren ist aber itzt anders bestimmt 13–829,2 Es ist … ist 2 ] ErWl : das Innerlichmachen des Bildes in die Intelligenz , das Verschwinden nicht heraus sondern in die Intelligenz hinein und die Verknüpfung des Bildes das mir angehört mit einer Anschauung das ist die eigentliche [ Erinnerung . Das Bild ist] Wl : Erinnerung , – die Beziehung des Bildes auf eine Anschauung , und zwar als S u b s u m p z i o n der unmittelbaren einzelnen Anschauung , des unmittel-

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2 selbst ist … Aufmerksamkeit am rechten Rande angeschlossen 2–4 die Intelligenz … a u f b e w a h r t 40 mit Verweiszeichen am rechten Rande 18–829,2 eine Anschauung … ist . am rechten Rande

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ung unter das , der Form nach Allgemeine – die Vo r s t e l lu n g die derselbe Inhalt ist . das bild ist im Schacht meines bewußtseins vergraben ; es ist das allgemeine gegen ein unmittelbares Bild – dies so unmittelbar gegebene bild ist ein einzelnes zu dieser Zeit in diesem Raum ; aber das mir angehörige bild hat die bestimmtheit eines Allgemeinen erhalten ; mein Zusammenbringen beider und dessen , in dessen besitz ich schon bin , ist also eine Subsumtion eines einzelnen bildes unter ein allgemeines , ein Ur t he i l , in welchem ich mein bild anwende auf das Gegenwärtige ; ich erinnre mich , ich habe es schon gesehen – ich habe drückt eine Vergangenheit aus aber auch eine Gegenwart ; ich habe es noch , ich | meine Intelligenz besitzt es noch ( h a b e n ist nicht bloß Flexion und in keiner andren Sprache ist ein so richtiges Wort hierfür – habe bedeutet hier , was es eigentlich als haben heißt : ich besitze ; es ist ein Gesehenes und ich habe es als ein Gesehenes) diese Anschauung sage ich , ist schon die meine ; ich bin schon innerlich in ihr in mir ; ich erinnre mich , ich erkenne es , es ist schon das meinige , ich bin schon darin in mir . Gebildete Menschen haben daher in allen Anschauungen nur Erinnrungen ; Kindern dagegen ist alles neu ; der Gebildete kennt alles schon so ziemlich ; es ist nur so und so verbunden ; sonst besitzt er es schon (auch nur in der Vorstellung) Umgekehrt ist meine innerliche Vorstellung , welche durch diese Anschauung die bestimmtheit erhält , daß sie gemäß ist , dieser Anschauung . Die innerliche Vorstellung wird um diese äußren Anschauungen

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2–3 vergraben ; es … gegebene] Wl : vergraben , das dagegen das Allgemeine ist , – unter das der Form nach Allgemeine , – die Vo r s t e l l u n g , die derselbe Inhalt ist . – das so unmittelbare 2 vergraben ; es] Er : vergraben 3 ein unmittelbares … gegebene] Er : das unmittelbare Bild , die Anschauung als solche . das so unmittelbare 3–4 ein einzelnes … aber] ErWl : zu einer Zeit an einem [Ort] Wl : Ort ;] hingegen 4 bestimmtheit eines] ErWl : Bestimmung des 5–6 und dessen , … eine] ErWl : ist die 6–7 ein allgemeines ,] ErWl : denselben Inhalt in sofern er ein Allgemeines ist , 7 in welchem … bild] ErWl : daß ich m e i n Bild itzt 7–13 Gegenwärtige ; ich … meine ;] ErWl : gegenwärtige . da sage ich ich h a b e es gesehn d . h . Vergangenheit in der Intelligenz das ist Gegenwart . Haben bedeutet hier das was haben eigenthüm lich heißt : in Besitz haben . Ich h a b e das als ein [Gesehenes ,] Wl : Geschehenes ,] es ist ein Geschehenes und ich h a b e [es] Wl : es . – / (»Die Intelligenz ist so in der bestimmten Empfi ndung und deren Anschauung sich innerlich , und e r k e n n t sie als d a s b e r e i t s I h r i g e , – so wie sie zugleich diese ihre zunächst innre Vorstellung auch als unmittelbaren Inhalt der Anschauung , und als s o l c h e r als b e w ä h r t weiß . –«)] / Die Anschauung ist bereits die meinige , 13–16 in ihr … ziemlich ;] ErWl : darin . Anschauung als unmittelbar da bin ich außer mir , bei einem solchen das nicht bezeichnet ist als das Allgemeine . d a bin ich in mir , es ist mir innerlich . Der gebildete Mensch fi ndet nichts | Neues , es ist nur eine Erinnerung , die Gesichtspunkte kennt , hat , besitzt er schon , 16–17 und so … ist] ErWl : oder so verbunden , in einem neuen Verhältniß . Die Anschauung ist mir schon ein Innerliches , umgekehrt erhält 17–18 Vorstellung , welche] ErWl : Vorstellung 18–19 bestimmtheit erhält , … Die] ErWl : Bestimmung daß meine innerliche Vorstellung gemäß ist dieser Anschauung , oder meine 19–830,2 um diese … gebe ,] ErWl : an dieser

20 baren Bildes , der Anschauung als solcher , – unter das Bild ,]

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11 habe bedeutet … ich durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

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bereichert ; sie ist also wahr und wichtig . Ich habe also in der Erinnrung zugleich das , daß ich meine Vorstellung bestätige und ihr das Prädikat gebe , daß sie nicht bloß ein subjectives in mir ist , sondern auch wirklich in der Anschauung . Damit ist nun in der innren Vorstellung diese bestimmung gesetzt daß sie der Anschauung gemäß ist , daß sie für die innre Vorstellung selbst ein überflüssiges ist . In meiner Vorstellung habe ich Alles , | was ich brauche ; die Anschauung ist also der Intelligenz in so fern entbehrlich . Der gebildete Mensch hat in seiner bewährten Vorstellung genug ; Kinder laufen dem alten längst gesehenen immer von neuem nach ; und auch andre müßige neugierige Leute . Die Vorstellung ist also so unterscheidbar , trennbar von der Anschauung ; in der Erinnrung als solcher ist noch die Vorstellung bedingt durch die Anschauung ; sie muß Einheit zu Anschauung und Vorstellung selbst sein . Insofern nun die Vorstellung die bestimmung der Unmittelbarkeit hat , so hat sie die Äußerlichkeit an ihr selbst ; sie kann also von mir geäußert werden , frei , ohne eine äußerliche Anschauung nöthig zu haben . Man weiß sehr gut , daß wenn man eine Sache wieder vergißt , daß man das bild derselben nicht wieder vor sich bringen kann – man gibt ihm nun die bestimmung ein Seiendes Äußerliches zu sein ; man braucht nicht ein Ding 2 oder 3 mal zu sehen , um es nicht wieder zu vergessen ; man kann das bild wieder bewähren in der Anschauung , das ist die bewegung in der Anschauung – die pr o d uc t ive E i n bildungskraft . – |

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unmittelbaren Anschauung bewährt . Diese äußerliche Anschauung ist bereits die meinige und meine innere Vorstellung ist gemäß der Anschauung . Das nennt man Wahrheit . Ist meine Vorstellung so beschaffen wie die Anschauung so ist meine Vorstellung richtig , in der Erinnerung bestätige ich meine Vorstellung 3–5 ein subjectives … sie] ErWl : subjectiv ist sondern denselben Inhalt hat den die Anschauung . Meine Vorstellung ist so als eine wahre gesetzt , ist bewährt . damit ist gesetzt daß 5–6 selbst ein … Vorstellung] ErWl : die Anschauung selbst ein Ueberflüssiges ist , was mir die Anschauung geben kann , habe ich schon in meiner Vorstellung , an dieser 7 in seiner] ErWl : an der 8–9 genug ; Kinder … Leute .] ErWl : genug , nicht mehr Neugierde wie die Kinder , die Alles noch einmal sehen . 9–10 Vorstellung ist … trennbar] Wl : innre Vorstellung , die nun zugleich mit der Bestimmung der Äußerlichkeit im Besitze der Intelligenz ist , – ist damit zugleich als unterscheidbar also so … trennbar] Er : itzt getrennt gesetzt , unterscheidbar 10 Anschauung ; in] ErWl : Anschauung , [die] Wl : und trennbar von der einfachen Nacht , in der sie zunächst versenkt ist , gesetzt . die] Anschauung fällt itzt hinweg , die Intelligenz verläßt die Anschauung . Bei 11–12 sie muß … nun] ErWl : die Vorstellung muß die Bestimmung erhalten daß sie [sei] Wl : sei .] Einheit der Vorstellung selbst und Anschauung . Indem 12–13 Unmittelbarkeit hat , … die] ErWl : Anschauung an ihr selbst hat , das Aeußerliche Unmittelbare Gegeb|ne , hat die Intelligenz die Bestimmung der 13–14 sie kann … werden ,] ErWl : [sie] Wl : (»ist die Gewalt sie äußern zu können , und für die Existenz solcher Vorstellung in ihr nicht mehr der äußern Anschauung zu bedürfen ;«) Sie] ist in mir eine solche die geäußert werden kann , 14–831,3 haben . Man … derselben] ErWl : haben , von mir vor mich gebracht werden kann . Man vergißt aber etwas wieder wenn man seine innere Vorstellung nicht bewährt hat durch die Anschauung . daß die Vorstellung in mir ein Aeußer18–19 bewähren in … E i n bildungskraft . – am linken Rande .

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2 . I n d e r E i n bi ld u n g s k ra f t sind nun 3 Stufen : 1 T h ä t igk e it ü b e r h a u pt a l s Re pr o d uc i r en der bilder , Zusammenhang derselben 2 . , d a ß d i e s e r Zu s a m m e n h a n g e i n s e l b s t s t ä n d i g vo n i h r g e s e t z t e r i s t , die symbolisirende Ph a n t a s ie ein Vollenden in ihren bildern 3 . , we rd e n d i e s e s o i n s ich Vol l e n d e t e n Äu ß e r l i c h ke it e n g e g e b e n ; e s wi rd a l s a n s ch a u b a r g e s e t z t ; d a s ist die z e i c he n m a c he n d e Ph a n t a s ie 455 1 . , d i e I nt e l l i g e n z i s t t h ä t ig , r e pr o d u k t ive E i n bi ld u n g s k r a f t , d a s h e r vo r r u f e n d e r bi ld e r aus ihrem Innern , so daß sie die Macht über diese bilder ist . die bilder sind das Material dessen was hervorgerufen wird ; die Intelligenz ist das subjective dieser bilder , die Einheit ihr Band , ihre beziehung . Ihr hervorrufen ist also nicht bloß ein abstractes , sondern auch ein verknüpfendes ; sie wird sich objectiv in diesem Hervorrufen . Ein Ding ist ein Individuum ein Eins in ihm selbst ; das ist seine wesentliche Natur , es ist eins . Dies eine Individuum hat mannigfaltige bestimmungen in ihm , es ist ein concretes . Insofern nun dieser Inhalt der

liches Un mittelbares sei , mit dieser Bestimmtheit ist itzt die Vorstellung versehen . Man kann aber gleich das erstemal gleichsam die Anschauung wiederholen . das ist Aufmerksamkeit . – / damit ist die Vorstellung gesetzt mit der Bestimmung geäußert werden zu können und das ist die [reproductive E i n b i l d u n g s k r a f t .] Wl : / die r e p r o d u z i r e n d e E i n b i l d u n g s k r a f t . – / ββ .) D i e E i n b i l d u n g s k r a f t . / Die E i n b i l d u n g s k r a f t . ] / die Intelligenz thätig im Bilde in diesem Besitz ist Einbildungskraft . In derselben sind 3 Bestimmungen 1 . das Reproduciren der Bilder 3–8 s e l b s t s t ä n d i g vo n … r e p r o d u k t i ve ] ErWl : von ihr selbst gesetzter Zusammenhang ist , daß sie den Inhalt der ihr zunächst gegeben ist verarbeitet zur eigenthüm lichen Idee , Vorstellung . das ist Phantasie überhaupt | 3 . Sie gibt diesem Inhalt Anschaubarkeit , daß sie diese Vollendung als Anschaubar setzt macht sie zur Zeichen erfi ndenden Intelligenz / 1 . Die Intelligenz thätig in diesem Besitz ist reproducirende 9 so daß sie] Wl : aus der eignen Innerlichkeit des Ich , welches nunmehr 9–10 über diese … wird ;] ErWl : dieser Bilder ist , selbstständiges Hervorrufen durch sich selbst , ohne Veranlassung äußerlicher Anschauung d . h . die Veranlassung ist hier nur Veranlassung , selbstständig wird durch diese Veranlassung ein andrer Inhalt [ hervorgerufen .] Wl : hervorgerufen (»die nächste Beziehung der Bilder ist die ihres mit aufbewahrten , äußerlichen unmittelbaren Raums und Zeit . –] das Material | ist das Bild , aber [2 .] Wl : b .)] 11 das subjective … beziehung .] ErWl : der Zusammenhalt dieser Bilder , die Einheit , das Subject [derselben und ihr Verknüpfendes , die Beziehung derselben] Wl : derselben] das worin diese mannigfachen Bilder ihr Bestehn haben , ihr Band . 12 also nicht … verknüpfendes ;] ErWl : ein verknüpfendes Hervorrufen 13 sich] ErWl : sich als die verknüpfende 13–15 Ding ist … nun] ErWl : Gegenstand , Bild , Anschauung ist ein Concretes , es ist vorhanden , es ist Eines , bezieht sich auf sich und dadurch hat es Individualität , der Stein wie das Lebendige ist ein Individuum ein concretes Subject . [ Indem aber] Wl : (»Aber , indem das Bild im Subjekte , worin es aufbewahrt ist , allein die Individualität hat , in der die Bestimmungen 8 r e p r o d u k t i ve E i n b i l d u n g s k r a f t über gestr . in dies . Sitz

20 Die] davor gestr : Intelligenz .

40 § 455 1 .) die in diesem Besitz , im Bilde , thätige Einbildungskraft ist . ; folgt gestr : E r e p r o d u z i -

rende E i n b i l d u n g s k r a f t .2 ] folgt gestr : » D a s H e r vo r r u f e n der Bilder aus der eignen Innerlichkeit des Ich , welches nunmehr deren Macht ist . – In derselben /

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Intelligenz angehört so ist diese Subjectivität des bildes zerstört ; die Intelligenz ist dieses subjective dieses Inhalts ; die eigne Seele des Gegenstandes ist getödtet und die Intelligenz ist die Seele dieses Inhalts . Darin liegt es , daß die Intelligenz das subjective dieses Inhalts ist , das verknüpfende und in so fern werden ihr die reproducirten bilder der Gegenstände gegenständlich , s o weiß sie überhaupt von ihnen , dieses beziehen ist nun das A s s o c i i r e n der Ideen ; von diesen A s s o c i a t ion e n d e r Id e e n hat man viel gesprochen . Es ist aber auf ganz empirische Weise entstanden ; es sind aber keine Ideen die associirt werden ; es sind nur bilder ; es sind aber auch keine Gesetze diese beziehungsweisen , weil es ebenso v ie l Gesetze der Verbindungen sind , dieses beziehen und die Intelligenz dieses beziehens , die beziehungsweisen sind nun mannigfaltig ; das nächste ist : daß das von ihr reproducirt wird was im Raum neben einander ist oder im Raum auf einander folgt in der Anschauung . Wir haben also einen Menschen gesehen , an einem Ort , und indem wir an den Menschen erinnert werden so werden wir zugleich erinnert an das ganze Tableau ; das ist ein gewöhnliches bewußtsein ; bei dem einen fällt uns das andre auch ein ; es fällt so herein ; aus unsrem Schacht reproduciren wirs . Das ist nun ein Associiren , wo sich die Einbil-

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seines Inhalts zusammengeknüpft sind , – so ist seine unmittelbare Konkrezion , welche es als Eines im Anschaun hat , dagegen aufgelöst .«) Indem] 1 zerstört] ErWl : vertilgt 1–2 die Intelligenz … subjective] ErWl : der zusammenhaltende Punkt ist nicht mehr objectiv , sondern die Intelligenz ist das Subject 2 die1] ErWl : dieser Inhalt wird getragen vom Subject , die des Gegenstandes] ErWl : dieses Inhalts 3 die Seele … Inhalts .] ErWl : seine Seele . 3–5 die Intelligenz … Gegenstände] ErWl : das Subject das tragende und verknüpfende Band dieses Inhalts ist . dadurch wird die von ihr reproducirte Vorstellung (Bild) ihr 5–10 ihnen , dieses … beziehens ,] Wl : ihr . – / (»der reproduzirte Inhalt , als der mit sich identischen Einheit der Intelligenz angehörend , und aus deren Innern in die Vorstellung hervortretend , hat daher eine a l l g e m e i n e Vorstellung zur a s s o z i i r e n d e n B e z i e h u n g der Bilder der nach sonstigen Umständen mehr abstrakten , oder mehr konkreten Vorstellungen . –«) Dieses Bestimmen , und die Beziehung der Bestimmungen der Anschauung hat man A s s o z i a z i o n d e r I d e e n genannt . – Die sogenannten G e s e t z e d e r I d e e n a s s o z i a z i o n haben besonders | in der mit dem Verfall der Filosofie gleichzeitigen Blühte der empirischen Psychologie ein großes Interesse gehabt . – Für’s Erste , sind es keine Id e e n , welche assoziirt werden . Für’s Andre sind diese Beziehungsweisen keine G e s e t z e ; eben darum schon , weil so v i e l e Gesetze über die selbe Sache sind , und ich es so machen kann oder so , wodurch Willkühr und Zufälligkeit , das Gegentheil eines Gesetzes , vielmehr Statt hat , – verdient es nicht den Namen G e s e t z . 5–8 ihnen , dieses … bilder ;] Er : ihr . / dieses Bestimmen und die Beziehung der Bestimmungen der Anschauung hat man Association der Ideen genannt . Ideen werden nicht associirt , 9–10 weil es … beziehens ,] Er : obwohl man viel von Ideenassociationsgesetzen gesprochen hat Wo so v i e l e Gesetze sind und ich es so machen kann oder so verdient das nicht den Namen Gesetz . 10–11 sind nun … ihr] ErWl : die die Intelligenz anwendet sind von mannigfacher [Art .] Wl : Art , und es ist zufällig , ob das Verknüpfende ein Bildliches , oder eine Verstandeskategorie , Gleichheit und Ungleichheit , Grund und Folge p ist .] die nächste Weise der Beziehung ist daß | von mir nebeneinander 12–16 im Raum … wirs .] ErWl : in der Zeit nach einander erfolgte . Wenn etwas auch keinen objectiven Zusammenhang hat als bloß nach der Zeit , fehlt beim Reproduciren auch das Andre nicht .

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dungskraft daran hält , wie die Dinge schon in der Anschauung verbunden waren . Außerdem gibt es noch andre Weisen ; da treten die allgemeinen K a t e g or ie n ein , von G le i c h h e i t und Un g le i c h he it ; wir verknüpfen eins mit einem ähnlichen andren . | Ursache und Wirkung etc . dies sind andre Verhältnisse als die , welche in der bloßen Anschauung entstehen . diese beziehungsweisen sind willkührlich ; ich kann so oder so verfahren nach einem bestimmten zu Grunde liegenden Zweck . Wenn man sich an eine Unterhaltung z . b . erinnern kann ; so wird man dann davon Rechenschaft geben können , wie das so fortgegangen ist so überläßt man sich dabei so der Zufälligkeit der Einbildungskraft ; hat man einen ernsthaften Zweck , ein Colleg etc . so überläßt man sich nicht dem Zufall , sondern behandelt nur , was zu dem Zweck gehört (Hegel springt aber auch oft ab !) Heitres Gemüth wird leicht bei den Vorstellungen seine heitern Vorstellungen kennen ; ein trauriges wird dabei auf den Mangel aufmerksam machen auf das Unglück , Unrecht , Schlimme etc . ; ein ernsthafter Mensch wird bei allem gründlich zu werke gehn , und das kann oft sehr pedantisch werden . Die Menschen unterscheiden sich vornehmlich in Rücksicht der Art und Weise vorstellungen zu verknüpfen ; es fällt hieher auch , was w it z i g heißt , d . h . man kommt auf ganz heterogene Vorstellungen durch eine bloße bedeutung des Worts , durch die Ähnlichkeit des Klanges . Geist reicher Witz bringt so Entferntes in beziehung , das aber wesentlich zusammenhängt ; ist der Zusammenhang nur ein oberflächlicher , so ist der Witz auch nur oberflächlich . Es liegt aber besonders in

1–2 daran hält , … Außerdem] ErWl : mehr daran hält wie dieser Inhalt schon verbunden sich fi ndet . die Intelligenz verhält sich hier gleichsam passiv . Aber außer dieser Art zu verbinden 2 andre] ErWl : viele andre 2–3 da treten … von] ErWl : die Kategorien (allgemeinen Bestimmungen) treten als weitre Bestimmungen da ein z . b . 3–4 wir verknüpfen … sind] ErWl : Wir können aufmerksam seyn auf diese oder jene Seite des Inhalts , wir nehmen einen Gesichtspunkt , und ein gleicher ähnlicher Fall fällt uns dabei ein , oder wir gehn von diesem Fall auf Grund , Ursache Bedingung über . das sind ganz 4–15 die , welche … werden .] ErWl : die bloß dem Zusammenhang der Anschauung gemäß sind , die vom Zusammenhang verschieden sind wie er sich in der Anschauung ergab . diese Associirungs- , BeziehungsWeise ist willkührlich nach einem zufälligen Zwecke bestimmt Es sind die Leidenschaften Empfi ndungen , überhaupt das Interesse das den Zusammenhang der Vorstellungen bestimmt . die Gemüthsstimmung ist vornehmlich ein Bestimmendes in der Art Vorstellungen zusammenzubringen . Ein ernsthafter Mann geht den Ursachen Gründen Folgen pp nach . 15–18 Rücksicht der … Klanges .] ErWl : der Art und Weise , Vorstellungen zusammenzubringen . Ein heitres Gemüth wird leicht allen Gegenständen Heitres abzugewinnen wissen , ein trübes wird bei Gegenständen die vorschweben aufmerksam machen auf Mangel pp / | Hierher fällt besonders der Witz , daß mit dem Vorliegenden etwas verbunden wird , was seinem Inhalt nach ganz heterogen , sehr weit entfernt zu seyn scheint . die Calembours gehören hierher , eine ganz andre Vorstellung , die durch Aehn lich keit des Klangs oder des Worts zusammenhängt . 19 wesentlich] ErWl : innerlich wesentlich 19–834,6 nur ein … herein .] ErWl : oberfl ächlich so ist es auch der Witz . die Leichtigkeit daß dies einem präsent ist , | die Schnelligkeit mit der es einem einfällt das ist 37 Calembours] Culambeurs ; siehe Anm .

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der Lebhaftigkeit des Geists , dem Alles gleich präsent ist , was ein andrer auch weiß , aber es nicht gleich auf der Stelle h a t . Darin unterscheiden sich die Leute oft sehr von einander . – Die Leidenschaften sind da ein wesentliches Moment ; einem leidenschaftlichen fallen allenthalben beziehungen auf seine Leidenschaften ein ; er entfernt nicht das , was seiner Empfindung und Leidenschaft fremd ist , sondern er bringt alles in seine Leidenschaft herein . Das ist also das Associiren von Vorstellungen überhaupt . Was hieran nun näher zu merken ist , das ist : daß andre Vorstellungen sind die aber durch eine bestimmung , die in beiden enthalten war in Zusammenhang mit einander sind . bei concreten Gegenständen kann von einem bild übergegangen werden zu unzählbaren andren ; es hat unzählige Gesichtspunkte an ihm , die herausgehoben werden können . Die Intelligenz hebt so eine besondre Sache heraus und ergreift sie ; sie ist aufmerksam auf die bilder , die sie vor sich hat , aber indem s ie das Subject dieses Inhalts ist so hängt dieser Inhalt nicht mehr in sich zusammen ; sondern sie ist es , die diesen Inhalt ebenso auseinander fallen lassen kann ; indem sie diese concreten bilder so auflöst , so hat sie | bestimmungen derselben einzeln vor sich , und durch eine solche heraushebung eines einzelnen macht sie den Zusammenhang mit einer andren Vorstellung . dieses Herausheben etc . ist das Abstrahiren , die vorstellende Intelligenz als A b s t r a h i r e n d , oder allgemeine Vorstellungen zu formiren . Dies allgemeine erscheint zunächst als das Verknüpfende , das beiden gemeinschaft-

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es wodurch sich vornehmlich die Menschen unterscheiden , ein sehr weites Feld von Unterschieden die im ganzen Zufälligkeiten sind . Leidenschaften , tieferes Interesse sind wesentliche Momente in diesem Zusammenhang . Ein Mensch der von einer Leidenschaft occupirt ist , fi ndet überall , in jedem Inhalt nur Beziehung auf sie . 6–7 überhaupt . Was … daß] Wl : überhaupt (»das Fortgehen an Bildern und Vorstellungen nach der assoziirenden Einbildung ist überhaupt das Spiel eines gedankenlosen Vorstellens , in welchem die Bestimmung der Intelligenz noch formelle Allgemeinheit überhaupt , der Inhalt aber der in den Bildern gegebene ist . –«) 7 andre Vorstellungen … aber] ErWl : [eine] Wl : Eine] andre Vorstellung ein anderes Bild ist , das verbunden wird 8–9 in beiden … sind .] ErWl : den Zusammenhang der beiden ausmacht , ein gemeinsames Band . der Zusammenhang ist die Einheit der Seiten , überhaupt Allgemeinheit . 9–12 einem bild … sie1] ErWl : ihnen zu unzähligen übergegangen werden , ein concreter Gegenstand (das Bild) hat eine Menge Seiten von denen übergegangen werden kann . Uns geht hier | nur an das B a n d , das Zusammenhängende der Gegenstände . In diesem Verknüpfen ist es daß die Intelligenz eine einzelne Seite heraushebt und ergreift . die Intelligenz 13–14 sondern sie … kann ;] ErWl : sie hält ihn zusammen , kann ihn also eben so auch auseinanderfallen lassen , sie kann zerzupfen das Concrete des Bildes und 15 bestimmungen derselben] ErWl : die Bestimmungen 16 durch eine … Zusammenhang] ErWl : so eine einzelne Vorstellung wird herausgehoben , die sie zum Zusammenhang macht 17 Herausheben etc .] ErWl : Aufmerken auf E i n e Bestimmtheit 17–18 die vorstellende … oder] ErWl : oder die Art , 19 erscheint] ErWl : indem wir es das Associirende nannten erscheint es Verknüpfende ,] ErWl : Verknüpfende , das Allgemeine

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lich sei ; mit diesen Zusammenhängen also hängt nothwendig zusammen dies bilden von abstracten Vorstellungen . Die Intelligenz zieht ab , abstrahirt hebt ein einzelnes heraus ; dies Vereinzeln ist abstrahiren ; ist allgemein machen ; solch vereinzelte bestimmung : Gold ist nicht fertig damit , daß es gelb ist , sondern es ist glänzend etc . dieses vereinzelte ist gesetzt als sich auf sich beziehend . – Das Gelb ist aber mit der specifischen Schwere mit diesem Glanz u . s . w . , die das Gold ausmachen , ohne die das Gold nicht Gold wäre . Im Gold ist die bestimmung gelb ungetrennt von dieser specifischen Schwere ; indem die Intelligenz diese bestimmung aber vereinzelt so macht sie sie als auf sich beziehend , so wird diese Vereinzelung allgemeinheit . das ist was A n a l y s i r e n heißt ; das heißt : die concrete Einheit von einem Gegenstand aufheben , die bestimmungen vereinzeln und für sich machen sie als auf sich beziehend nehmen und so abstract . Was also im Associiren das Zusammenhängende ist , das sind abstracte Vorstellungen . Das Associiren der Vorstellungen ist also

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1 sei ; mit … bilden] ErWl : ist . Mit diesem Associiren hängt unmittelbar zusammen die Bildung 15 2–3 Die Intelligenz … heraus ;] ErWl : damit hängt unmittelbar zusammen die Auflösung , Tödtung

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des Bildes der Anschauung und die Aufmerksamkeit der Intelligenz auf ein Vereinzeltes . die Intelligenz vereinzelt , hebt ein Einzelnes heraus d . h . abstrahirt . 3–5 abstrahiren ; ist … ist1] ErWl : eben abstract machen . dieses Vereinzelte (z . B . das Gelb des Goldes) ist eben damit 5–8 ist aber … Schwere ;] ErWl : des Goldes ist verbunden mit der bestimmten Schwere pp 8 diese] ErWl : dies Gelb das nur ist bezogen auf andre Be|stim mungen , herausnimmt , diese 9–13 sie als … also] ErWl : (das Gelb nur als Gelb) , daß es sich | auf sich bezieht , so wird die Bestimmung allgemein , wird abstracte Vorstellung . Der Inhalt ist genommen aus dem [Gegebnen ,] Wl : Gegebenen (in den Bildern)] aber die Form ist Analysiren , die Bestimmung ist vereinzelt , (die concrete Einheit aufgehoben) sich auf sich beziehend , damit abstract . Das Zusammenhängende sind also abstracte Vorstellungen überhaupt . Insofern fällt hierher das Abstrahiren und das [Associiren . Dies] Wl : Assoziiren . – / »Bild und Vorstellung ist so nur dadurch unterschieden , daß jenes die sinnlich-konkretere Vorstellung ist ; Vorstellung , der Inhalt mag ein Bildliches oder Begriff und Idee seyn , hat überhaupt den Charakter , obzwar ein der Intelligenz Angehöriges , doch ihrem Inhalte nach für sie Gegebnes , Unmittelbares zu seyn . – Das S e y n , das S i c h - b e s t i m m t - f i n d e n der Intelligenz klebt der Vorstellung noch an , und die Allgemeinheit , welche jener Stoff durch die Vorstellung erhält , ist selbst die abstrakte Form der Beziehung auf sich , welche das Seyn ist . Die Vorstellung ist daher die Mitte in dem Schlusse der Erhebung der Intelligenz ; die Verknüpfung der beiden Bedeutungen der Beziehung-auf-sich , nämlich des Seyns und der Allgemeinheit , die im Bewußtseyn als Objekt und Subjekt bestimmt sind . – Ueber den Unterschied von Vorstellungen und Gedanken cf Einleitung § 20 Anmerkung . – Diese Abstraxion , welche in der vorstellenden Thätigkeit ist , wodurch allgemeine Vorstellungen produzirt werden , wird gewöhnlich als ein A u f e i n a n d e r f a l l e n vieler ä h n l i c h e r Bilder ausgedrückt , und soll auf diese Weise begreiflich werden . Damit dieß A u f e i n a n d e r f a l l e n nicht ganz der Z u f a l l , das Begriff lose sey , müßte eine A t t r a x i o n s k r a f t der ähnlichen Bilder , oder desgleichen angenommen werden , welche zugleich die negative Macht wäre , das noch Ungleiche derselben aneinander abzureiben . – Diese Kraft ist in der That die Intelligenz selbst , das mit sich identische Ich , welches durch seine Erinnerung ihnen unmittelbar Allgemeinheit giebt , und die einzelne Anschauung unter das bereits innerlich gemachte Bild s u b s u m i r t (§ 453 .) . / Die Assoziazion der Vorstellungen] ist in sofern

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ein Subsumiren mehrerer Vorstellungen unter e i ne die das band ist . Es ist also re pr o d uc i re n d e Einbildungskraft wesentlich a s s o c i i re n d , und diese ist a b s t r a h i re n d und zugleich s u b s u m i re n d . Diese Art von Subsumtion ist nun noch ein oberflächliches Verknüpfen ; der Inhalt von mir in andre Verbindung gebracht ; das , wodurch er zusammenhängt sind die einzelnen bilder . § 45 6 . 2 . f r e i e s Ve r k nüpfe n u n d S u b s u m i re n d e r bi ld e r u nt e r d e n e i g e n t l i c h e n Inhalt was man Ph a n t a s ie nennt , a l le g or i s i re n d e d icht e n d e E i n bi l d u n gs k ra f t . Die Intelligenz ist nämlich als Einbildungskraft überhaupt die Macht über diesen Vor rath von Vorstellungen , über ihren Stoff ; sie hat ihn in Besitz und kann ihn verwenden für ihre eigenthümlichen Vorstellungen und begriffe und ihn gebrauchen , um sich erkennbar zu machen , um ihre eignen Vorstellungen durch dies Material vorstellig zu machen . Die Allgemeinheit der Vorstellung ist der Intelligenz jetzt in höherem Sinn angehörig als es in seiner Einzelheit als bild war . Es ist also 2erlei das Innre der Intelligenz und das Äußre ; diese Unterschiedenheit

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1 ein Subsumiren mehrerer] Wl : S u b s u m p z i o n der einzelnen e i n e die] Wl : e i n e , eine A l l g e m e i n e , welche 1–4 das band … ein] ErWl : als das Band derselben [erscheint .] Wl : erscheint , ihren Zusammenhang ausmacht .] das Subsumiren ist Ur theilsthätig keit , die vom Allgemeinen ausgeht und darin Besonderes setzt . das ist die | Einbildungskraft und diese Reproduction ist wesentlich zusammenhängende , associirende Einbildungskraft und in diesem Verknüpfen Associiren selbst ist sie Abstrahiren Subsumiren . dieses Subsumiren ist nur 4 Verknüpfen ;] Wl : Ve r k n ü p f e n ; (»die Allgemeinheit ist zunächst F o r m der Intelligenz , und der Inhalt der subsumirenden Vorstellung dem Vorgefundenen angehörig ;«) von mir in] ErWl : erscheint als derselbe , er wird nur in eine 5 das ,] ErWl : die Bestimmung die ich heraushebe ist s e i n e , das 5–8 sind die … E i n b i l d u n g s k ra f t .] ErWl : ist eigne Bestimmtheit des Inhalts [ Die g r ü n d l i c h e Verknüpfung] Wl : 2 .) Das g r ü n d l i c h e Ve r k n ü p f e n ] ist Phantasie , die [symbolisirend , oder allegorisirend oder dichtend] Wl : s y m b o l i s i r e n d e , a l l e g o r i s i r e n d e u n d d i c h t e n d e E i n b i l d u n g s k r a f t ] ist . 8 ist nämlich … überhaupt] Er : als Einbildungskraft ist Wl : (antizipirt genommen) als i n s i c h b e s t i m m t e , ko n k r e t e Subjektivität , hat ihren eignen Inhalt , der ein Gedanke , Begriff oder Idee seyn kann ; sie ist 9–11 Vorrath von … machen ,] ErWl : Stoff dies Material , den Vorrath [von] Wl : der ihr angehörigen] Vorstellungen und [ Bildern und ] Wl : Bilder , (»und ist so f r e i e s Verknüpfen und Subsumiren der Bilder unter den eigenthüm lichen Inhalt ,«) kann] diesen Besitz [ kann sie verwenden] Wl : anwenden] nach ihrer eigenthüm lichen Bestimmung und 12–14 vorstellig zu … Äußre ;] ErWl : erkennbar , vorstellig machen . – Bildung der Vorstellung als solcher in und aus den Bildern . Vorstellung ist der allgemeine Name | dafür daß der Gegenstand der meinige , in meinem Besitz , ich das Subject desselben bin . Bild ist auch Vorstellung aber die Vorstellung ist ein abstracter Inhalt , ein Inhalt in Form der Allgemeinheit . das Bild dagegen ist die concrete äußere Realität , wenn Bild und Vorstellung unterschieden werden soll . Was haben nun die beiden für ein Verhältniß gegen einander , das Herausheben besondrer Bilder gegen die Totalität des Bildes . die Bestimmung ist : das Bild ist ein Aeußerliches gegen das Eigenthümliche der Intelligenz , damit das Unwesentliche gegen das Gebilde der Intelligenz . dieses der Intelligenz angehörige von ihr Producirte ist gegen die Einzelheiten des Bildes das Substanzielle , wozu dies gegebne Mannigfache nur Material ist , das 1 mehrerer versehentl . gestr .

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aufzuheben ist die Thätigkeit der Intelligenz , und ihrem abstracten Inhalt diese Darstellung , diese Äußerlichkeit zu geben , | die dem bild zukommt . Insofern ist die Einbildungskraft Ph a n t a s ie [ .] § 456 . Sie ist ein freies Verknüpfen und Subsumiren der bilder unter ihren eignen Inhalt . Sie gebraucht die bilder , um ihren Inhalt äußerlich zu machen . Also 2erlei : Vorstellung als solche allgemeine und Vorstellung als einzelne bildliche , diese im Verhältniß zu einander sind also das Innre , Substantielle das Wesentliche , der S i n n oder die b e d e ut u n g und dann das , was nur bedeutet und keinen Sinn für sich selbst hat . Das ist Phantasie dichtende symbolisirende allegorisirende Einbildungskraft ; die Phantasie bildet sich selbst ein , nicht einen andren gefundenen Inhalt ; dieser ist zwar im Bilde erhalten , aber indem die Phantasie eigenthümlichen Inhalt hat so bildet sie dies ihr Eigenthum in dies Vorhandene , Gegebene ein . Das ist also pr o d uc t ive Einbildungskraft . Oben haben wir die reproductive Einbildungskraft gesehen . Sie verbildlicht also das Allgemeine welches so eine Seele einen Sinn , eine bedeutung von der Intelligenz bekommt ; symbolisirende Einbildungskraft , allegorisirende ist auch nichts andres – Symbol ist ’n bild , nicht bloß eine Anschauung des Unmittelbaren , sondern auch des Sinnes darin . Im Symbol als solchem ist die Anschauung als solche ihrem eigenen wesentlichen Inhalt nach dasselbe , was der Sinn ist , oder es ist dies : daß das Allgemeine der Intelligenz das Substantielle her-

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20 20 gebraucht werden kann von der Intelligenz . das ist das Verhältniß des substanziellen Products der

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Intelligenz gegen diesen Stoff selbst . 1 aufzuheben] ErWl : auch aufzuheben und ihrem abstracten] ErWl : sie als identisch zu setzen ; ihrem abstracten innern eigenthümlichen 2 Insofern] ErWl : So 3–4 Ph a n t a s i e [ .] § 456 . … ist] ErWl : Ph a n t a s i e , 4–8 und Subsumiren … und 2 ] ErWl : der Vorstellungen , die darstellung , das Bild zu verknüpfen zur Explication ihres eignen Sinnes – ihr eigner Sinn ist das Allgemeine – als verarbeitete Vorstellung . / Was der eigenthümliche Inhalt ist , ist das Wesent|liche , zu dessen Aeußerung , Explication , sie die Bilder verwendet , was sie getrieben ist dadurch vorstellig zu machen daß sie gegebnen Stoff dazu verwendet . Wir haben [zweierlei] Wl : zweierlei :] das eigne Gebilde der Intelligenz , das Allgemeine und das Gegebne , Besondre , Bildliche . Jenes ist das Innere Substanzielle Wesentliche , | und dieses ist der Sinn . Es ist 2erlei Inhalt 1 . die Bedeutung , der Sinn , das Wesentliche Substantielle und 2 . was 9–12 hat . Das … also] ErWl : [ hat] Wl : hat ,] nur die Bedeutung geben soll , nur gebraucht wird zur Explication der Bedeutung – symbolisirende Einbildungskraft . die Intelligenz bildet sich den vorhandnen gegebnen Stoff an = reproductive Einbildungskraft . die Intelligenz bildet ihr Eigenthümliches in dies zunächst nur Gefundene ein , in diesen Bildern erhält sie ihre Innerlichkeit . So ist sie 13–14 Oben haben … Sie] ErWl : das vorhergehende war reproductive Einbildungskraft , Hervorrufen von Bildern aus mir . die productive 14–15 Allgemeine welches … bedeutung] ErWl : Allgemeine , das Bildliche erhält 15–16 bekommt ; symbolisirende … andres –] ErWl : [eine] Wl : als] Seele , [die] Wl : eine s e l b s t ä n d i g e Vorstellung der Intelligenz in sich , – seine] Bedeutung , den Sinn , das Bild gilt nichts mehr für sich . 16–17 nicht bloß … Sinnes] ErWl : der Inhalt irgend einer Anschauung aber so daß er nicht mehr einfach , unbefangen ist sondern ein Zweifaches darin ist . das eine ist das Unmittelbare der Anschauung , das zweite der Sinn 18 eigenen] ErWl : eigentlichen was] ErWl : was die Bedeutung , 19 oder es … das] ErWl : es ist im Symbol dies , daß die Intelligenz darin das Wesentliche

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aushebt und dies vorstellig macht . Symbolisiren gehört also zur Kunst überhaupt ; zum Sprechen ist wesentlich ein Symbolisieren nothwendig – Adler ist ein bild der Stärke ; es ist aber nur ein beispiel (ein beiher spielendes , ein sinnvoller ausdrukk ; bei dem deutschen tiefen blick ist die Anschauung nur ein bei her spielendes und das worum es zu thun ist , ist nicht ein solches beispielen) ein Material , was so bei her spielt , das Gehäuse für das Seelenhafte des Adlers , welches die Stärke ist . In der Sprache ist das Symbolisiren ganz allgemein : begreifen (äußerlich befassen) vernehmen (Vernunft) die äsopische Fabel ist auch so ein Symbolisiren , d . h . in der alten naiven Gestalt ; es ist irgend eine Naturerscheinung eine Anschauung wirklich vorhanden , ein unnatürliches Thun oder Verhältniß der Thiere – In dieses ist nun ein geistiger moralischer Sinn hineingelegt . So die Geschichte von den Fledermäusen , die des Abends herum fl iegen werden von den vierfüßigen Thieren und von den Vögeln ausgestoßen – das ist so ganz aus der Natur genommen um ihre doppelte Natur anzudeuten , der Rabe läßt sich betrügen vom Fuchs – wie die Raben immer schreien , wenn sich in ihrer Nähe etwas bewegt . Es ist also auch hier ein naturgeschichtliches oder ein zufälliges Ereigniß , das in seinem allgemeinen Sinn genommen wird . | Es sind nicht erdichtete , sondern geschehene Zufälligkeiten ; so der Adler mit der feurigen Kohle . – die A l l e g o r ie ist ein ausführlicheres Symbol , die Explikation einer allgemeinen Vorstellung durch allerhand Attribute – die Allegorie ist im ganzen etwas Prosaisches – die Attribute werden so auf äußerliche Weise einer erdichteten Persönlichkeit (von irgend einem Abstracten) angehängt ; es ist hier keine solche Innigkeit mit dem Gegenstande , wie beim Symbol .

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1 dies vorstellig macht .] ErWl : dieses Allgemeine eine Anschauung braucht sich vorzustellen . 1–2 Kunst überhaupt ; … Sprechen] ErWl : dichtenden Phantasie , Kunst überhaupt . Sprechen schon 2 Symbolisieren nothwendig … bild] ErWl : Symbolisieren . – Adler z . b . Symbol 3–5 es ist … worum] ErWl : die Seele dieser Anschauung ist die Stärke , der Adler nur ein Beispiel , | ein Beiherspielendes (dieser Ausdruck hängt zusammen mit der Richtung der deutschen Sprache aufs denken . das Concrete gilt als ein Beiherspielendes , um was 5–6 nicht ein … spielt ,] ErWl : das Allgemeine) die unmittelbare Anschauung wird nur gebraucht als Material . die Anschauung ist nur 6–18 das Seelenhafte … ist] ErWl : dieses Seelenhafte , das Innere . Bei der äsopischen Fabel ist irgend eine Naturanschauung vorhanden , eine Geschichte daß der Rabe oder Fuchs nach seinem Instinct oder Weise Etwas thut , das zufällig geschehn kann nach den Verhältnissen der Thiere – z . b . daß der Adler Kohlen ins Nest trägt – darin ist ein Allgemeines hineingelegt , ein allgemeiner Sinn (die Raben pp schreien wenn sie etwas sehn , darauf beruht die bekannte Fabel) Solche Natur Erscheinungen , Naturgeschichtliches das sich zufälliger Weise ereignen kann ist in der äsopischen Fabel in solch allgemeinem Sinn genommen , – nicht so wie in den neuern Fabeln . / Allegorie ist gleichsam 19 die Explikation … Vorstellung] ErWl : sie ist etwas Prosaisches . Eine allgemeine Vorstellung Gerechtigkeit z . b . , und die Explication derselben wird bewerkstelligt – die] ErWl : und Symbole . Die 20–22 – die Attribute … Symbol .] ErWl : auf | äußerliche Weise sind solche

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4 bei] (bei

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9 naiven] Lesart unsicher

ist] liegt

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Also wenn der Geist gedrängt ist den Stoff seiner Phantasie zu expliciren , so greift er zu seinen bildern . Das sind die Grundbestimmungen der Phantasie , so fern sie hier zu berühren sind[ .] § 457 . Die Intelligenz , die nun zu dieser Erinnerung gekommen in welcher sie ihren eigentlichen Gehalt und Inhalt hat , und der Trieb ist , diesen Inhalt zu äußern (als bildende Einbildungskraft) geht nun weiter fort in der Entfaltung ihres Innern ; sie ist an sich Vernunft und der Trieb der Vernunft , Trieb der Erinnrung , sie hat das bedürfniß der Vernünftigkeit , das Objective als Subjectives zu setzen und umgekehrt ; sie ist die Thätigkeit welche sich vernünftig macht und für welche das Vernünftige sein soll . In den allgemeinen Vorstellungen hat sie auf dieser Stufe ihr Erinnern vollendet ; allgemeine Vorstellung ist die höchste Weise dies Gegebene zu formiren zur Form des Denkenden zu machen . Ebenso hat wie sie der Trieb der Erinnrung ist die Vernunft auch den Trieb der Ä u ß e r u n g : diese ist zunächst ein Einbilden , Formiren ; aber diese Äußrung durch Einbilden ist noch nicht vollständig ; die vollständige Totalität ihrer selbst ist noch nicht heraus ; sie muß ihre Phantasiegebilde noch zuspitzen zur Unmittelbarkeit des Anschauens , daß es freie in der Form eines unmittelbar vor|handenen ; das ist die Intelligenz 3 . a l s pr o d uc t ive Ph a n t a s ie die zu dem Formellen übergeht , sich äußernd , die Z e ichen m a c he nd e Ph a nt a s ie .

§ 457

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20 20 Attribute angehängt der Persönlichkeit , keine wahrhafte Individualisirung , keine dichtung . dich-

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tende Einbildungskraft ist innerer Inhalt Gehalt . 1 den Stoff … Phantasie] ErWl : sich 1–4 so greift … dieser] ErWl : gebraucht das sinnliche Material , seine Bilder um diesen Stoff vorstellig zu machen , indem dieser Stoff seiner Natur nach ein Aeußerliches ist . / | die Intelligenz ist [so] Wl : so (»in der bestimmten Erinnerung der Fantasie in soweit vollendet , als ihr aus ihr selbst genommener Inhalt eine bildliche Existenz hat .«) , ist so] zu dieser innern Vollendung , zur 5 eigentlichen Gehalt … ist ,] ErWl : eigenthümlichen Gehalt hat und sie ist der Trieb 5–6 äußern (als … der] ErWl : äußern . die erste Stufe ist ein Aeußern was Bilden ist , Phantasie . die Intelligenz geht aber weiter in der Explication , 7 sie1] ErWl : die Intelligenz 7–8 Trieb der 2 … Vernünftigkeit ,] ErWl : (Einheit des Subjectiven und Objectiven) sie ist sofern Trieb der Erinnerung 8 Subjectives] ErWl : subjectiv 9 umgekehrt ; sie ist] ErWl : sie ist eben als 9–10 das Vernünftige] ErWl : die Vernunft 10–11 soll . In … vollendet ;] ErWl : soll , so ist sie der Trieb der Erinnerung , das Unmittelbare , Aeußerliche Gegebene als innerlich zu setzen . In der allgemeinen Vorstellung hat sie gleichsam auf dieser Stufe die Innerlichkeit Erinnerung des Aeußerlichen vollendet , die 12 formiren zur … wie] ErWl : formiren . Eben so sehr als 13 ist die … den] ErWl : ist , ist sie der 13–14 Ä u ß e r u n g : diese … diese] ErWl : Entäußerung , daß das Innere als ein Aeußeres gesetzt werde , daß sie integrire ihre Subjectivität durch die Objectivität . die Entäußerung ist zunächst ein Formiren der Einbildung , 14–15 ist noch … ihre] ErWl : aber es ist damit ihr Innres noch nicht als vollständige Totalität der Innerlichkeit und Aeußerlichkeit gesetzt . dazu gehört daß sie dieses 16 zuspitzen] ErWl : zuspitze 16–17 Anschauens , daß … Form] ErWl : daseyns der Anschauung , in Weise , Form , 18 3 . a l s ] ErWl : als 18–840,1 zu dem … hängt] ErWl : aber fortgeht zu diesem 16 freie] vielleicht zu lesen : seie

208 Er ; § 457 .Er § 457 .Wl

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3 .)Wl § 458 Anm . Ende .Wl

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§ 458Wl

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Z e ich e n und mit denen hängt die S pra che zusammen . Man hat viel über den Ursprung der Sprachen geschrieben ; in der Psychologie weiß man nicht , wohin man mit ihr soll ; es ist dies noch am wenigsten erkannt und untersucht : die Nothwendigkeit des Zusammenhangs des Zeichen machenden mit dem Innern . Es ist die Sprache ein productives Gedächtniß (in so fern das Gedächtniß es nur mit Zeichen zu thun hat) was wir später auch betrachten werden . | Diese Zeichen müssen ebenso als Anschauungen wieder innerlich gemacht werden , wie die erste sinnliche Anschauung ; dies ist eben das Gedächtniß Mnemosyne ist die Mutter der Musen ; sie ist die Production der Bilder in Zeichen . Der Trieb also der Intelligenz , was sie in sich concipirt hat , anschaubar zu machen , ihnen die Einseitigkeit einer subjectiven Innerlichkeit zu nehmen – ist S pra che in ihrem Keim . Es ist 2erlei ; das eine ist die bedeutung des Zeichens , das was vorgestellt wird , und das , was vorstellt . In Ansehung des Zeichens ist dies zu merken . Zeichen ist eine Anschauung , ein Laut Formellen , dieser Innerlichkeit daseyn zu geben daß dies ihr Gebilde die Form unmittelbaren daseyns habe . Hier sind wir zum Zeichen gekommen und damit hängt dann 1–6 zusammen . Man … werden .] ErWl : zusammen , die Intelligenz als sich [äußernd . Diese] Wl : ä u ß e r n d , A n s c h a u u n g produzirend . Diese] z e i c h e n m a c h e n d e Phantasie kann μνημοσύνη genannt werden , das productive [Gedächtniß . Gedächtniß braucht] Wl : Gedächtniß indem das Gedächtniß , das] man auch im gemeinen Leben [für] Wl : oft für] Erinnerung von [ Zeichen .] Wl : Zeichen braucht , das man oft mit Erinnerung , auch Vorstellung und Einbildungskraft verwechselt , es überhaupt nur zu thun hat mit Zeichen . dieser Ausdruck wird jedoch in seiner nähern Bestimmung gewöhnlich für diejenige Thätigkeit gebraucht , welches zum Unterschied von dem Zeichen-Machen , r e p r o d u kt i ve s G e d ä c h t n i ß zu nennen wäre . –«] 7 ebenso als … wieder] ErWl : weil sie Anschauungen sind eben so gut auch 7–8 sinnliche Anschauung ; … Gedächtniß] ErWl : unmittelbare Anschauung und die Innerlichmachung der Zeichen in Zusammenhang mit ihrer Bedeutung ist Gedächtniß | als solches . 9 sie ist die] ErWl : Gedächtniß ist in Zeichen . Der] ErWl : und Zeichen , Erinnerung der Zeichen , der 10 concipirt] ErWl : gebildet 10–11 ihnen die … 2erlei ;] ErWl : ist hier noch formelle Objectivität , | Aeußerlich keit überhaupt . die höhere Objectivität ist im Denken und Begriff . Hier haben wir [ Einheit] Wl : der Intelligenz angehörige Einheit] vom innern Gebilde und von Aeußerlichem , das [itzt] Wl : ist] ein Anschaubares [ist .] Wl : ist , – s e l b s t ä n d i g e r Vo r s t e l l u n g und der A n s c h a u u n g , zu welcher jene als freie Fantasie sich äußert .] 12 des] ErWl : der Sinn des 12–13 und das , … merken .] ErWl : das andre das was vorstellt , das Zeichen ist selbst eine bestimmte Weise der Anschauung , bestimmte Vorstellung , das Andre ist die wesentliche [ Vorstellung] Wl : Vorstellung . – (»Der Inhalt dieser Anschauung als solcher ist hier zunächst ein Aufgenommenes , etwas Unmittelbares , oder Gegebnes (z . B . die Farbe der Kokarde p .) Aber die Anschauung gilt in dieser Identität nicht als positiv , und sich selbst , sondern Andres vorstellend . Sie ist ein Bild , das eine s e l b s t ä n d i g e Vorstellung der Intelligenz als Seele in sich empfangen hat seine B e d e u t u n g . Diese Anschauung ist Zeichen . –] / Das 13 eine] Wl : irgend eine unmittelbare 13–841,1 ein Laut … etwas] ErWl : [ Laute , Töne , Farbe pp dies] Wl : (Laute , Töne , Farben pp) die aber einen ganz andern Inhalt vorstellt , als den sie für sich hat ; – die Pyramide , in welche eine fremde Seele versetzt und aufbewahrt ist ; – es] ist etwas Aeußerliches 18 indem das mit Verweiszeichen am rechten Rande Einfügungszeichen am rechten und unteren Rande

19–23 Erinnerung von … wäre . –« bei Wl mit

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etc die Farbe einer Cocarde ist ein Zeichen , etwas sinnliches und ist von der Intelligenz verknüpft mit ihrer Vorstellung im Ganzen auf will|kührliche Weise ; es kann ein Symbol sein , aber es ist auch weniger als ein Symbol , es ist ein ganz Zufälliges ; schwarz und weiß hat mit Preußen nichts zu thun ; es ist eine ganz will kührliche Verknüpfung . Das Zeichen ist also , wie gesagt , etwas Zufälliges , denn es ist ein äußerliches als solches . Das Verhältniß des Innerlichen zum äußerlichen ist , daß die Vorstellung das Wesentliche ist : das äußerliche stellt nicht sich selbst vor ; sondern die Vorstellung . Ebenso die Schriftzeichen sind Zeichen der Töne , aber ganz zufällig ; sie haben mit den Tönen an sich nichts zu thun . Das Zeichen kann nun sein entweder ein r ä u m l i c h e s oder z e it l i c h e s (denn es gibt keine andre Äußerlichkeit als die Zeit und den Raum) § 459 Der Ton d e r S pr a c he – Die Intelligenz äußert sich ; dieses Äußerliche stellt aber nichts für sich selbst vor ; es ist nur ein gebrauchtes ist selbst kein Sein ; es hat nicht seine Seele an ihm selbst , sondern an der Vorstellung (Anmerkung zu § 458) sein Eigen sein ist negirt ; diese Negativität ist so an ihm vorhanden , indem

2 ihrer Vorstellung … Ganzen] ErWl : einer Vorstellung 2–5 Weise ; es … Verknüpfung .] ErWl : Weise . Die blaue Kokarde hat nichts zu thun mit Bayern , seiner [ Natur pp nach . das Zeichen als Zeichen ist kein Symbol .] Wl : Natur nach . –] 6–10 also , wie … thun .] ErWl : eine äußerliche Weise indem diese von der Intelligenz gesetzt ist . Die Intelligenz gebraucht ein Aeußerliches Unmittelbares dazu : sofern sie Aeußerliches gebraucht ist dieses ding ein Vorgefundenes das sie dazu verwendet , oder sie bethätigt ihre Leiblichkeit etwas Anschaubares zu setzen . die Vorstellung ist das Wesentliche und das Aeußerliche wird als Material gebraucht . 11 kann] Wl : als Zeichen , ist vom Sy m b o l verschieden , einer Anschauung , deren e i g n e Bestimmtheit ihrem Wesen und Begriffe nach mehr oder weniger der Inhalt ist , den sie als Symbol ausdrückt ; – beim Zeichen als solchen hingegen geht der eigene Inhalt der Anschauung , und der dessen Zeichen sie ist , einander nichts an . – Als B e z e i c h n e n d beweist daher die Intelligenz eine freiere Willkühr und Herrschaft im Gebrauch der Anschauung , denn als symbolisirend . – / Gewöhnlich wird das Z e i c h e n und die S p r a c h e , irgendwo als A n h a n g in der Psychologie oder auch in die Logik eingeschoben , ohne daß an die Nothwendig keit und Zusammenhang in dem System der Thätigkeit der Intelligenz gedacht würde . – die wahrhafte Stelle | des Zeichens ist die aufgezeigte , daß die Intelligenz , welche als anschauend Zeit und Raum erzeugt , nun ihren selbständigen Vorstellungen ein bestimmtes Daseyn giebt , den erfüllten Raum und Zeit , die Anschauung a l s d i e i h r i g e g e b r a u c h t , deren unmittelbare und eigenthüm liche Vorstellung tilgt , und ihr eine Andre zur Bedeutung und Seele giebt . – / Das Zeichen kann 11–842,2 nun sein … Intelligenz .] ErWl : räumlich oder zeitlich seyn , beide Formen der Aeußerlichkeit haben / [ Das] Wl : Die Anschauung , die zu einem Zeichen gebraucht wird , und als unmittelbare zunächst ein Gegebnes und Räumliches ist , hat die wesentliche Bestimmung , nur als aufgehobene zu seyn , hat kein Seyn , hat an der Vorstellung ihre Seele . Indem die Intelligenz diese ihre Negativität ist , so ist die wahrhaftere Form des daseyns des Zeichens , die Zeit , – (das] Zeichen dessen Aeußerlichkeit die Zeit ist ist das der Intelligenz viel mehr angemessene [ Zeichen der Ton , die Sprache . dieses Aeußerliche hat nicht ein Seyn , es ist wesentlich als ein 15 selbst] selbst hat

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es ein Verschwindendes ist , nur in der Zeit . So ist der Ton die angemessene Äußerlichkeit für das Zeichen der Intelligenz . Der Ton ist im Ganzen zufällig , will kührlich ; dieser bestimmte articulirte Ton hat dann eine bedeutung , stellt etwas vor , gilt aber für sich selbst nichts , weil er unmittelbar verschwindet . Der sich articulirende Ton , die Rede oder die Sprache gibt dem Vorstellen eine Existenz , die im Reich des Vorstellens gilt (außer der unmittelbaren Existenz) Die Töne sind an sich äußerlich unmittelbar ; das ist die eine Seite ; der Name ist seine andre Existenz ; es ist eine Existenz desselben Inhalts , der die Sache selbst ist ; das ist die Widergeburt des äußerlichen unmittelbaren . – Diese | 2t e Existenz ist die , wie der Inhalt im Reich des Vorstellens ist . Im Vorstellen , und dem Verkehren der Vorstellungen mit einander (im Empirischen) hat dieser Inhalt eine Existenz und das ist dann der N a m e . So bekommt das Ding ein höheres Dasein als ihr natürliches , ungeistiges (wenn auch nicht unvernünftiges) der Mensch gibt den Dingen einen Namen , d . h . er nimmt sie in besitz , sie sind angenommen bei ihm im Reich des Vorstellens , sie sind bei ihm eingebürgert . Gott führte dem Adam die Thiere vor und er gab ihnen Namen . Das ist die Grundlage der Sprache . Das Nähere über die Formirung der besondren Sprachen ist eine Wissenschaft für sich wie das besondre in den Sprachen entstanden sei . In der Anmerkung ist einiges darüber gesagt : die Grundbestimmung der Sprache ist , daß die Intelligenz sich in einem äußerlichen Element manifestirt . In

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Aufgehobnes , hat an der Vorstellung seine Seele . diese Negation] Wl : Zeichen , –) – ein Verschwinden des daseyns , indem es ist , und ebenso ist dessen angemessene Äußerlichkeit und Bestimmtheit ein von der Intelligenz aus ihrer (anthropologischen) eignen Natürlichkeit hervorgehendes G e s e t z t s e y n , – der To n , die erfüllte Äußerung der sich kund gebenden Innerlichkeit . – das Negative] ist auch realiter vorhanden , daß der Ton verschwindet . 2 im] Er : bestimmt articulirt im 3 dieser bestimmte … vor ,] Wl : der für die bestimmten Vorstellungen sich weiter artikulirende Ton , die R e d e und ihr System , die S p r a c h e , – der bestimmte Ton , stellt Etwas vor , hat eine Bedeutung , articulirte Ton] Er : Ton 3–8 gilt aber … ist ;] ErWl : und das ist seine [ Vorstellung .] Wl : Vorstellung , – giebt den Empfi ndungen , Anschauungen , ein zweites höheres als ihr unmittelbares daseyn , und den Vorstellungen überhaupt eine Existenz , die i m R e i c h e d e s Vo r s t e l l e n s gilt . –] / das ist die 2t e Existenz welche die unmittelbaren dinge erhalten , daß sie durch die Sprache sind . das ist auch ein daseyn dieses Inhalts . diese Existenz erhält die Sache von mir – der Name – 9–13 äußerlichen unmittelbaren . … unvernünftiges)] ErWl : Inhalts aus der Intelligenz . durch die Sprache erhält der Inhalt ein höheres daseyn , aus der bewußten Intelligenz geboren ; das andre daseyn ist ihr nicht unvernünftiges aber ungeistiges daseyn . 13–14 einen Namen , … besitz ,] ErWl : Namen , 14–16 bei ihm … die1] ErWl : von der Intelligenz ins Reich der Vorstellung , sind da eingebürgert . der Inhalt | hat für das Vorstellende eine Existenz , das ist der Ursprung , die Vernünftig keit , 16 Das] Wl : Die Sprache kommt hier nur nach der eigenthüm lichen Bestimmtheit als Produkt der Intelligenz , ihre Vorstellungen in einem äußerlichen Elemente zu manifestiren , in Betracht . – das 16–17 die Formirung … sich] ErWl : Formirung der besondern [Sprache] Wl : Sprachen] kann behandelt werden als eine Wissenschaft , 18–843,3 In der … sonst] ErWl : [das Material der Sprachen , der lexicalische Grund stoff ist der zu berücksichtigende Gegenstand . die Gegenstände die tönender Art sind werden in der Sprache nachgeahmt , ein ähnlicher Ton wird

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beziehung auf diese Ur stoffe können 2 Elemente herausgehoben werden : Das erste ist : daß indem die Sprache tönende ist , sie ähnliche Töne aus dem natürlichen Gebiet nachahmt – man nennt das das Malerische der Sprache – indeß ist sonst kein großer Vorzug darauf zu setzen . Die deutsche Sprache (besonders die platte) ist besonders reich an solchen malenden Ausdrükken ; man hat Sammlung von solchen Wörtern : gegen 100 , es ist aber immer nur ein sinnlicher Inhalt , der in seinem Detail nicht so gewürdigt werden sollte . Es gibt sehr viel Töne , die man so momentan hervorbringt , und die wieder verloren gehen – auch mit Recht . Das andre Element ist die G e b ä r d e des Tons . (das bestimmende partikularisirende) Wir haben schon von der Gebehrde gesprochen . Wie die Intelligenz als Selbstgefühl , indem sie als fühlend zugleich leiblich ist , diese bestimmungen auch verleiblicht ; die nähre bestimmung dieser Verleiblichung ist in der Articulation des Tones : dieser Unterschied ist bekannt : Lippenbuchstaben , Gaumenbuchstaben etc . – das sind Gebährden . Es liegt da allerdings eine anthropologische bestimmung zu Grunde , ob irgend eine Empfindung durch die Lippen , durch die Zunge ausgedrükkt werden soll . Etwas beschwerliches Gewaltsames drükkt man im allgemeinen auch durch gewaltsame gezwungene Articulation aus . Man kann so diese Urelemente verfolgen als Gebehrden und kann es plausibel machen , welcher Art von innren Empfindungen sie

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hervorgebracht . Man nennt das das Malerische] Wl : Wenn von | der Sprache so auf konkrete Weise 20 gehandelt werden sollte , so wäre für das M a t e r i a l (das Lexikalische) derselben der anthropologi-

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sche , näher der psychisch fysiologische (§ 401) Standpunkt zurückzurufen , – für die F o r m (die Grammatik) der Gesichtspunkt des Verstandes zu antizipiren . – Für das elementarische Material der Sprache hat sich einerseits die Vorstellung bloßer Zufälligkeit verloren , andrerseits das Prinzip der Nachahmung auf seinen geringen Umfang , tönende Gegenstände beschränkt . doch kann man noch die deutsche Sprache über ihren Reichthum wegen der vielen besonderen Ausdrücke rühmen hören , die sie für besondre Töne (Rauschen , Sausen , Knarren u . s . f . , man hat deren vielleicht mehr als hundert gesammelt ; die augenblickliche Laune macht deren , wenn es ihr beliebt , neue) besitzt , über ihren Reichthum am Malerischen] der Sprache , [die] Wl : wie man diese] unmittelbare Beziehung auf das [ Natürliche , es] Wl : Natürliche nennt . Es] ist 4–844,6 Vorzug darauf … haben .] Wl : Werth zu setzen in dieß elementarisch natürliche , und ein Überfluß daran , ein solcher Überfluß im Sinnlichen und Unbedeutenden ist nicht zu dem zu rechnen , was den Reichthum einer gebildeten Sprache ausmachen soll . – das eigenthümlich Elementarische selbst , welches nicht sowohl auf einer auf äußre Objekte sich beziehenden , als auf innrer Symbolik , der anthropologischen Artikulazion gleichsam als einer Gebehrde der leiblichen Sprach-Äußerung beruhen muß , wird durch weitre natürliche Momente und Bildungsbedürfnisse zur Unscheinbarkeit und Unbedeutenheit modifi zirt . – Das F o r m e l l e der Sprache aber ist Werk des Verstandes , der seine Kategorien in sie einbildet . – dieser logische Instinkt bringt das Grammatische derselben hervor . 4–8 darauf zu … ist] Er : darin zu setzen in dies elementarisch Natürliche . – die andern Elemente können genannt werden ; daß 9–844,5 Tons . (das … Gebehrde .] Er : Tons das Bestimmende Particularisirende ist . die Intelligenz als in sich bestimmt , indem sie für sich auch leiblich ist , verleiblicht sie diese 29 nennt .] folgt gestr : Die anderen Elemente können genannt werden

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entsprechen : indeß sind nur | Andeutungen möglich ; etwas bestimmtes läßt sich nicht aufstellen . Interjectionen bloße Schreie sind auch Ausdrückungen , aber rohe die auch dem Thiere zukommen , auch wenn es sonst stumm sein sollte . Diese rohen Schreie bestimmen sich durch die Articulation und werden so zur besonnenen Gebehrde . Ein weitres , nur geistiges Mittel der Erfindung der Namen , ist das Sy m b ol wovon wir schon gesprochen haben . Die F o r m der Sprache aber ist die Hauptsache (bisher haben wir nur das Material betrachtet) und dies enthält das , was dem Geist , dem Denken überhaupt angehört , dem Ausdrukk der Gedanken . Unterschiede von Substantiv , Adjectiv , Verb etc das sind Unterschiede die dem Denken angehören ; dann besonders die Syn t a x die We i s e d e s Zu s a m m e n s t e l l e n s der Vorstellungen . Eine Sprache die gebildet ist , zeigt sich gebildet besonders nach diesen Seiten hin . In der Bearbeitung des Verstandes wird dies nun als ein Material gebraucht und die beste Sprache ist nicht die , welche viel Naturausdrükke hat , sondern die vom Verstande ausgebildet ist . Das macht dann das logische der Sprache aus ; und dies ist um so mehr ausgebildet , je mehr Gleichförmigkeit darin ist , und je freier es umgeht mit dem bloß Materiellen . In der deutschen Sprache geniren wir uns sehr in Ansehung des Materiellen ; es giebt bei uns viele Wörter , die wir nur im Singular gebrauchen ; der Verstand fodert , daß ein Inhalt auch im Plural ausgedrükkt wird ; ist der Verstand überwiegend so kehrt er sich an dem Material nicht – aber wir geniren uns ; z . B . von F le i s ch , blut , Mund macht man keinen

Bestimmungen , Töne überhaupt und diese articulirt kann die Gebehrde heißen . Man hat Lippen , Gaum- und Zungenbuch staben . 6 Sy m b o l wovon … haben .] Er : Symbolisiren , daß Ausdrücke für sinnlichen Inhalt gebraucht werden als Symbole für Geistiges . 7 (bisher haben … dies] ErWl : diese 8–14 dem Denken … ausgebildet] ErWl : Vorstellen , Denken angehört in den Ausdrücken der Gedanken und Gedankenverhältnisse . decliniren , Conjugiren , Syntax , Zusammenstellung pp dieses Verknüpfen zur Einheit ist das Vernünftige und eine gebildete Sprache beweist sich gebildet , vernünftig nach dieser Seite hin . die vorzüglichere Sprache ist die in Vorstellungen , Ausdrücken des Geistigen ausgebildeter 16 es] ErWl : der Verständige darin 16–845,8 bloß Materiellen . … Mund] ErWl : bloßen Material . Es ist das pedantische Gêne , Mund , Brust pp nicht im Plural zu brauchen pp | [Schriftsprache , Zeichen im Raum . diese kann gedoppelter Art seyn , Buchstaben oder Hieroglyphenschrift .] Wl : (»Das Studium von ursprünglich gebliebenen Sprachen , die man in neueren Zeiten erst gründlich kennen zu lernen angefangen hat , hat hierüber gezeigt , daß sie eine sehr in’s Einzelne ausgebildete Grammatik enthalten und Unterschiede ausdrücken , die in Sprachen gebildeter Völker mangeln , oder vermischt worden sind ; es kann sogar scheinen , daß vergleichungsweise die Sprachen der gebildetsten Völker die unvollkommnere Grammatik haben .«) / »Es ist für sich nicht nothwendig , daß hier bei der Tonsprache , als der ursprünglichen , auch der S c h r i f t s p r a c h e | erwähnt werde : denn diese ist eine weitre Fortbildung im besondern Gebiete der Sprache , welche eine äußerlich praktische Thätigkeit zu Hilfe nimmt . – Es kann dieß im Allgemeinen bemerkt werden , daß die Schriftsprache zum Felde des unmittelbaren Anschauens fortgeht , und in diesem die Zeichen (§ 454) nimmt und hervorbringt . Näher bezeichnet die H i e r o g l y f e n s c h r i f t 6 haben .] folgt ein spatium

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Plural , warum ? weil es ein Materielles ist – In der Verschiedenheit des Casus kommt viel Unbequemes vor d a s ist gar vielerlei ; wenn man aufmerksam im Lesen ist so fi ndet man häufig , daß Übelstände auch in den beßten Schriftstellern dadurch entstehen – man weiß nicht gleich was z . b . der Frau für ein Casus ist , welcher oft dem Verb erst am Ende folgt . Das ist ein Mangel[ .] A n m e r k u n g über Ton u n d S ch r i f t s pra che . Tonsprache ist Sprache in der Zeit – Schriftsprache ist Sprache im Raum . Ton s pr a c he ist die durch den Mund gebildete Gebehrde . Die Schriftsprache ist ein Doppeltes : Hieroglyphenschrift und buch s t a b e n s c h r i f t . Die letztere bezeichnet die Töne , sie ist ein Zeichen des Zeichens ; es liegt also weiter ab von der Vorstellung als der Ton ; die Hieroglyphe dagegen bezeichnet ebenso direkt als | der Ton die Vorstellung unmittelbar . Man hat viel darüber geschrieben Leibnitz hat den Wunsch geäußert , daß man eine vollständige Schriftsprache für hieroglyphische Zeichen erfände . Aber hieroglyphische Zeichen , obgleich sie allerdings eine große bequemlichkeit haben (z . b . + und − sind hieroglyphische Zeichen , sie bedeuten nicht einen Ton , sondern eine bestimmung – die Hieroglyphen sind nicht gerade gemalte Gegenstände) so sind sie doch sehr langweilig : man hat freilich die Gemälde von Gegenständen abgekürzt ; z . b . ein Paar Striche bedeutet einen Menschen ; und hat so Gegenstände des Geschmacks , des Gehörs und auch innre Gegenstände abgebildet ganz kurz ; so unsre Zahlzeichen , Ziffern sind auch Hieroglyphen , wo nach der bequemlichkeit die Stellung im Raum zu merken ist 555 ;

die Vo r s t e l l u n g e n durch räumliche Figuren , die Buchstabenschrift hingegen Töne , welche selbst schon Zeichen sind ; diese besteht daher aus Zeichen der Zeichen , und so , daß sie die konkreten Zeichen der Tonsprache , die Worte , in ihre einfachen Elemente auflöst , und diese bezeichnet . –«)] Das Nächste ist die Tonsprache , diese durch den Ton 8–9 Die Schriftsprache … letztere] ErWl : Dann ist es Bedürfniß , den Ton bleibend zu machen , das [ist] Wl : thut] die Schriftsprache , [Sprache] Wl : Zeichen im Raume , Sprache] in räumlichen Figuren . die Buchstabenschrift 10–14 sie ist … sie] ErWl : der Ton ist das Zeichen einer Vorstellung ; – das Zeichen dieses Zeichens ist der Buchstabe , in so fern liegt das Zeichen für den Ton weiter ab von der Vorstellung selbst . Hingegen die Hieroglyphenschrift bezeichnet die Vorstellung näher . dies präsentirt sich als vor theil haft , die Vorstellung gleich als solche zu bezeichnen . Hieroglyphische Zeichen haben 15–16 haben (z . b . … nicht1] ErWl : und deswegen bedienen wir uns auch solcher z . b . + − = die nicht nur 16–20 bestimmung – die … Zahlzeichen ,] ErWl : gewisse Bestimmung bezeichnen . Wenn auch nachgewiesen ist daß die Buchstaben aus Gemählden entstanden sind , so sind diese abgekürzt aufs Neue gleichsam hieroglyphisch gemacht . Aber auch innere Gegenstände , Verhältnisse des Gedankens selbst werden hieroglyphisch dargestellt , das geht dann zum Symbolisiren fort . die 21 wo nach … die] ErWl : und bei diesen geht die räumliche Bestimmtheit noch weiter fort , ob eine Ziffer noch eine andre hinter sich habe oder nicht . Bloß durch diese verschiedne 21–846,2 zu merken … die1] ErWl :

1 weil es … ist – mit Verweiszeichen ohne Entsprechung am linken Rande 40 auf hieroglyfi sche Weise gebildet

24 Tonsprache ,] folgt gestr :

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ebenso die Zeichen der Planeten sind Hieroglyphen ; wir haben also auch Hieroglyphen – Aber doch ist die tönende Sprache die erste , und wenn man dann die Gedanken im Raum ausdrükken will , so muß diese Schriftsprache mit der schon so seienden Tonsprache in Zusammenhang stehen ; das ist ganz natürlich . Es zeigt sich bei der tönenden Sprache wenn sie Schriftsprache wird , wie die einzelnen Artikulationen und Modulationen des Tons auseinandergelegt werden können und so abstrahirt ; wodurch sich aber die Vereinfachung der Mannigfaltigkeit der tönenden Sprache ergibt . Es sind etliche 20 geschriebene Zeichen , und die Töne reduciren sich auf eine geringe Anzahl . Obgleich es im Volksdialekt viele Töne gibt , die wir in unsrem Alphabet gar nicht haben und ausdrükken können ; die Sprache aber die geschrieben wird wird als Tonsprache viel einfacher und dadurch gebildeter . Den gemeinen Dialekten geschieht kein Unrecht daß sie nicht geschrieben werden , sie sind nicht einfach , nicht abstract , sondern Bewegung mehrerer Töne , wo jeder Ton durch eine besondre Gebehrde hervorgebracht wird . Die Töne der Thiere lassen sich gar nicht schreiben , wenigstens nicht genau ; man soll schreiben wie man spricht aber man soll auch sprechen , wie man schreibt . Das Widrige im Volksdialekt liegt in der Vermischung der verschiedenen Töne , eine Vermengung verschiedener Gebehrden ; daß die Kinder lesen und schreiben lernen , ist ein ungeheures bildungsmittel – es ist allerdings nützlich für das spätere Leben aber besonders deshalb , daß die Kinder sich hier auf das Abstracte richten lernen , auf die einzelnen Töne und ihre Unterschiedenheit und auf ihre Zeichen . In Ansehung dieser bemerkung , wie die Tönende | Sprache durch die Schriftsprache gebildet wird , sind die Chinesen anzuführen[ .] Sie haben eine Hieroglyphensprache und auch eine tönende ;

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sind Einheit pp bezeichnet . – Hier her gehören auch die Zeichen für die Metalle und die Apothekerzeichen . Aber das ist ein beschränkter Gebrauch . die 2–8 die erste , … sind] ErWl : ist die erste und will man sie fi xiren , so ist natürlich daß die geschriebne Sprache nur Beziehung habe auf die (tönende) Grundsprache . Für die tönende Sprache ist es ein großer Vor theil wenn sie geschrieben wird , sie gewinnt an Bestimmtheit , Reinheit . die Sprache kann in sehr wenig Töne zerlegt werden , die einzelnen Articulationen , Beugungen des Mundes . das ist eine | höchst wichtige Aufmerksamkeit , Abstraction die da gemacht wird . durch diese Abstraction ergibt sich die ungeheure Vereinfachung , die ganze | Mannigfaltigkeit reducirt sich auf 8 geschriebene Zeichen , … Töne] ErWl : und die Töne die wir bei der Sprache selbst hervorbringen 9–10 eine geringe … können ;] ErWl : eben so wenige . Es treten allerdings Modificationen ein z . b . das E , A im Ganzen reduciren sich auch die Töne der Sprache selbst auf eine geringe Anzahl , auch gibt es eigenthümliche Zeichen für deren Tönung unsere Zeichen nicht hinreichen . 11–23 als Tonsprache … Sie] ErWl : eben dadurch viel einfacher und gebildeter . das Verständige , die Abstraction ist eben was der Intelligenz angehört . die Thiere haben auch viele Stimmen die wir nicht bezeichnen können z . b . das Krähen des Hahns . / Lesen und Schreiben ist unmittelbar für sich das Bildende . die Kinder werden daran gehalten , die Töne zu Gegenständen ihrer Aufmerksamkeit zu machen in ihrer Absonderung und eben so die besondern Zeichen für jeden Ton zu merken , die unterschiednen abstracten Momente selbst festzuhalten . / Die Chinesen

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welche beide aber gar nicht mit einander in beziehung stehen , so ist die tönende Sprache auch sehr wenig ausgebildet . Es gibt in ihr Töne , die , wenn man sie schreiben will , 10 und 20erlei bedeutung haben , wo der Unterschied nur durch ein größres Schreien oder ein langsamres leiseres ausgedrükkt wird . – (Schere und Mädchen –) die Chinesen müssen darum auch 2 Sprachen lernen , wir lernen nur e i ne , denn unsre Schrift und Tonsprache sind dieselben ; wir sind durch das System der Sprache bekannt ; für die wenigen Töne haben wir Zeichen , mit denen man sich leicht bekannt machen kann . bei der hieroglyphischen Sprache muß man aber gleichsam eine 2t e Grammatik lernen – Völker die nur eine hieroglyphische Sprache haben , bleiben darum auch weit zurükk hinter andren . In Aegypten war die hieroglyphische Sprache auf die Priester beschränkt , wie bei den Chinesen auf die beamten . Ein Hauptumstand , den man für die Hieroglyphenschrift anführt ist , daß dadurch die verschiedenen Nationen leichter in Verbindung kommen können , als wenn sie ihre Schriftsprache für ihre eigne Tonsprache behalten ; ein Haus können

1–2 welche beide … auch] ErWl : die letztre ist aber weil sie keine directe Beziehung auf die Schriftsprache hat , 2–6 Es gibt … auch] ErWl : Unsere gebildete Sprache macht als tönende alle Unterschiede durch die verschiedne Articulation der Worte . Freilich wird für wahrhaft verschiedne Bedeutung oft ein Ton gebraucht wo aus dem Zusammenhang sich ergeben muß was gemeint ist , aber im Ganzen ist der Unterschied in das Objective des Particularisirens und Articulirens gesetzt . Im Chinesischen fällt der Unterschied nicht bloß auf die Töne sondern geschieht auf eine für den Europäer sehr schwierige Weise , durch lauteres [Schreien pp] Wl : Schreien . –] das ist diese Unvollkommenheit die der tönenden Sprache selbst anklebt , wenn sie sich | nicht bildet durch Buch stabenschrift . Wenn eine Hieroglyphenschrift vorhanden ist so ist der Fall vorhanden daß man 6–11 lernen , wir … andren .] ErWl : lernen muß . das System unserer tönenden Sprache ist fertig mit dem System der Sprache sind wir bekannt ; wenn es geschrieben wird , wird die tönende Sprache auf sehr wenig Zeichen reducirt und alles Lexicalische der tönenden Sprache sind nur Elemente der [ Buchstaben schrift sprache ,] Wl : Buch staben sprache ,] nur Combinationen dieser einfachen Elemente . der Uebergang der sehr leicht ist von der tönenden Sprache zur [ Buch staben schrift sprache] Wl : Buch staben sprache ,] ist sehr schwer | zur Hieroglyphen schrift . die Folge ist daß Völker die diese haben , hinter den andern zurück bleiben . 11–12 hieroglyphische Sprache] ErWl : Hieroglyphenschrift 13–848,2 Ein Hauptumstand , … Nation] ErWl : die einfachere tönende Sprache umfaßt nur wenige Gegenstände . dagegen bei uns hat man das Mittel sich mit dem ganzen Gedanken reichthum eines Volkes bekannt zu machen . [ Ein Hauptumstand ferner den man anführt als Vor theil der Hieroglyphen schrift , den auch Leibnitz im Auge hat , ist daß die Nationen leichter in Verbindung kommen können .] Wl : (»Leibnitz hat sich durch seinen Verstand verführen lassen , eine voll ständige Schriftsprache auf hieroglyfi sche Weise gebildet , was wohl parziell auch bei Buchstabenschrift (wie in unseren Zeichen der Zahlen , der Planeten , der chemischen Stoffe p .) Statt fi ndet , als eine allgemeine Schriftsprache für den Verkehr der Völker und ins Besondre der Gelehrten für sehr wünschenswerth zu halten .«) – was auch Andre als einen Vor theil der Hieroglyfen schrift anführen . –] die Worte von Nationen verschiedner Sprachen sind verschieden , jede 11–12 hieroglyphische] hierobyph

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alle Völker gleich abbilden , wenn auch die Töne dafür verschieden lauten . Aber jede Nation macht sich doch eine eigne tönende Sprache , – und von dieser gehen die Völker aus , und darum schreiben sie auch diese ihre eignen Töne auf ihre eigne Weise ; jedes Volk sorgt dabei zuerst für sich . Davon zeugt auch die Erfahrung das Gegentheil , daß , wenn eine Nation in berührung mit einer anderen gekommen , so hat die eine nicht die Hieroglyphensprache der andren gelernt , sondern sie haben sich eine eigne Schriftsprache gebildet und so sind die Alphabete entstanden , aus diesem Verkehr der Völker . So ist man in China jetzt auch auf eine buchstabenschrift gekommen zur Verständigung mit den Europäern ; die Chinesen selbst sind dazu gekommen , um den Verkehr mit den Europäern zu bethätigen . Von den phönizischen buchstaben (hebräisch) wissen wir , daß sie Zeichen sind , welche einen Gegenstand bedeuten , aber auch zugleich ein Ton mit dem das gesprochene Wort anfängt z . B . ‫ ב‬heißt ein Haus ; ‫ ג‬Kameel bedeutet den Ton G . dieser Übergang macht sich jetzt in China in Canton ; ebenso war es auch bei den Aegyptern ; man ist seit einigen Jahrzehnten dahinter gekommen , die Hieroglyphen in Aegypten lesen zu können , wenigstens viele Nomina propria ; das Schwierige ist , daß ihre Tonsprache nicht bekannt ist . Der Engländer Young ist zuerst darauf gekommen daß die Nomina propria | in den griechischen Exemplaren , die man gefunden hat und die mit Hieroglyphen am Rande commentirt waren und daß , was hier Hieroglyphe ist , hier einen Ton bedeutet ; und so hat er Berenice , Ptolemaius und Cleopatra herausgebracht . Andre haben das noch weiter ausgedehnt ; man liest jetzt viele

2 doch eine eigne] ErWl : ihre eigenthüm liche 2–6 und von … andren] ErWl : jedes Volk bildet sich das Gemeinschaftliche auf eigenthümliche Weise . die Nationen sorgen dann natürlich für sich zuerst , die tönende Sprache schriftlich zu bezeichnen . Es zeigt die Erfahrung wenn eine Nation die Hieroglyphenschrift hatte , mit einer andern in Berührung kam , diese nicht jene 6–7 sich eine eigne] ErWl : eine 7–8 gebildet und … auch] ErWl : [gemacht . In Macartneys Reisen nach China wird erzählt] Wl : gemacht ; – was vielleicht in Fönizien der Fall war , und gegenwärtig in Kanton geschieht . cf Macartneys Reise von Staunton , wo erzählt wird ,] daß in Canton wo die Europäer mit den Chinesen zusammenkommen wollten , sie 9–17 zur Verständigung … Ton sprache] ErWl : [sind] Wl : sind .] da gebrauchen die Chinesen die Zeichen ihrer | tönenden Sprache aber so daß die Worte mit den Zeichen anfangen womit die Hieroglyphenschrift jene Gegenstände bezeichnet . das ging von den Chinesen aus und kann überhaupt als ein Uebergang von der Hieroglyphen schrift zur Buch staben schrift betrachtet werden . Eben so wars bei den Phöniziern . ‫ ג‬ist die Hieroglyphe für Kameel weil die Hieroglyphe anfängt mit G , so bezeichneten sie so den Buch staben . dasselbe Verhältniß ist in China . Bei den Aegyptern ist es schwer die Hieroglyphen schrift zu entziffern weil uns ihre tönende Sprache 17 Der Engländer … gekommen] ErWl : Man fand bei den Hieroglyphen griechische Uebersetzungen . da kam [ Yung] Wl : Hume] darauf 18–20 in den … ist ,] ErWl : auf der an|dern Seite ausgedrückt seyn müßten und daß das hieroglyphische Zeichen 21 Andre haben 1 dafür verschieden lauten . am linken Rande rechten Rande 33 ‫ ]ג‬siehe Anm .

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100 Namen . Durch die Kenntniß des Koptischen (gemeine Volkssprache in Aegypten , die Tochter wahrscheinlich der alten ägyptischen Sprachen) ist man jetzt noch weiter gekommen . Man hat diese Hieroglyphen phonetische genannt ; ein und derselbe Ton wird durch verschiedene Hieroglyphen ausgedrükkt – A ist ein Vogel , 5 5

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… ausgedehnt ;] ErWl : das [fl Wl : fl] kam vor in Ptolemäus und Cleopatra .

1 Durch die] ErWl : die nomina propria sind gewöhnlich eingeschlossen in ein längliches Viereck oder Oval . durch 1–850,12 (gemeine Volkssprache … ist 2 ] ErWl : der gemeinen Volkssprache der Aegypter , dessen Mutter das Alt-Aegyptische ist , ist man viel weiter gekommen weil man die tönenden Worte hat kennen gelernt . die eigentliche hieroglyphische Schriftsprache zu entziffern dazu ist man noch nicht gekommen aber es ist schon dies ein Fortschritt , zu fi nden daß die Hieroglyphen selbst gebraucht sind zur Bezeichnung von Tönen . diese phonetischen Hieroglyphen hat man ent ziffert und gelesen . Es ist der Fall daß mehrere Töne mit [denselben] Wl : demselben] Hieroglyphen anfangen können weil mehrere Worte mit demselben Buchstaben , für einen Ton fi ndet man dann auch wieder sechs bis acht Zeichen . / | [ G e d ä c h t n i ß . da wird noch eine Seite erwähnt werden von der Beziehung der Art des Zeichens auf das Behalten , Gedächtniß als solches . Zuvor noch dies : wenn wir eine Fertigkeit im Lesen haben , haben wir bei diesen Buchstaben unmittelbar den Sinn , wir werden nicht an die Töne dabei erinnert sondern bei Buchstaben werden wir unmittelbar erinnert an den Inhalt selbst so daß die Buchstabenschrift für uns eine Bezeichnung im Raum nicht des Tönens sondern des Inhalts also so zu sagen hieroglyphisch für uns wird durch die lange Gewohnheit des Lesens .] Wl : (»Ohnehin ist nicht an eine umfassende f e r t i g e Hieroglyfen schrift zu denken ; sinnliche Gegen stände scheinen zwar festbleibender Zeichen fähig seyn zu können , aber für Zeichen von Geistigem führt der Fortgang der Gedankenbildung , die fortschreitende logische Entwicklung , veränderte Ansichten über ihre inneren Verhältnisse und damit über ihre Natur herbei , so daß damit auch eine andre hieroglyfi sche Bestimmung einträte . Geschieht dasselbe doch schon bei den N a m e n sinnlicher Gegenstände in der Tonsprache , wie z . B . bei den chemischen und mineralogischen ; seitdem man vergessen hat , was Namen als solche sind , nämlich für sich sinnlose Äußerlichkeiten , die erst als Zeichen eine Bedeutung haben , – seit man statt eigentlicher Namen den Ausdruck einer Art von Defi nizion fordert , und – übrigens nach Zufall bei einigen Gegenständen , bei anderen nicht , – formirt , ändert sich die Benennung ; d . i . nur die Zusammensetzung aus Zeichen ihrer Gattungsbestimmung , oder andrer charakteristisch seyn sollender Eigenschaften , nach der Verschiedenheit der Ansicht , die man von der Gattung , | oder sonst einer spezifi sch seyn sollenden Eigenschaft faßt . – Nur dem Statarischen der chinesischen Geistesbildung ist die hieroglyfi sche Schriftsprache dieses Volks angemessen ; diese Art von Schriftsprache kann ohnehin nur der Antheil des geringern Theils eines Volks seyn . – die Ausbildung der Tonsprache hängt zugleich auf’s genauste mit der Gewohnheit der Buchstabenschrift zusammen , durch welche die Tonsprache allein die Bestimmtheit und Reinheit ihrer Artikulazion gewinnt . – die Unvollkommenheit der chinesischen Tonsprache ist bekannt ; eine Menge ihrer Worte hat mehrere ganz verschiedene Bedeutungen , selbst bis auf 10 ja 20 , so daß im Sprechen der Unterschied bloß durch Betonung , Intensität , leiseres Sprechen oder Schreien bemerklich gemacht wird . Europäer , welche anfangen Chinesisch zu sprechen , ehe sie sich diese absurden Feinheiten der Axentuazion zu eigen gemacht haben , fallen in die lächerlichsten Mißverständnisse . – die Vollkommenheit besteht hier in dem Gegentheil von dem parler sans accent , was mit Recht in Europa für ein gebildetes Sprechen erfordert wird . Es fehlt um der hieroglyfi schen Schriftsprache Willen , der chinesischen Tonsprache an der objektiven Bestimmtheit , welche in der Artikulazion durch die Buchstabenschrift gewonnen wird . – Lesen und Schreibenlernen einer Buchstabenschrift ist für ein nicht genug geschätztes , unendliches Bildungsmittel zu achten , indem es den Geist von dem Sinnlich-Konkreten zu der Aufmerksamkeit auf das Formelle ,

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eine Gans , ein Auge , ein Arm der horizontal liegt – Gamma heißt auch Auge und der 4t e Theil eines Kreises . Wir gehen nun endlich über zum Gedächtniß – § 454 heißt es noch in der Anmerkung – Schluß , daß noch darauf aufmerksam gemacht werden kann , daß wir auch viele Hieroglyphen haben , daß uns nämlich durch das viele Lesen durch Gewohnheit die buchstabenschrift zur Hieroglyphenschrift wird ; wir haben unmittelbar in den buchstaben den Sinn ; wir erinnern uns dabei nicht , daß sie Töne bezeichnen und diese Töne die Vorstellung , sondern wir werden bei buchstaben unmittelbar erinnert an den Inhalt selbst . So ist der buchstabe auch ein bezeichnen im Raum der Vorstellung unmittelbar . bei gemeinen Leuten fi nden wir oft , daß sie sich das vorlesen , was sie lesen damit sie es hören und wenn sie es hören verstehen sie erst die Sache . § 460 heißt es nun : die Production durch das Wort ist verschwindend , ist eine ideelle Äußerung aber ist unmittelbar verschwunden und ist noch nicht das , was wir einen Namen heißen . Sie ist ein Wort aber noch nicht ein Name . Namen sind ausdrükklich die Wörter , in so fern sie bleibend verknüpft sind mit einer bestimmten Vorstellung . Das Wort ist äußerlich und vorübergehend . Das nächste Thun der Intelligenz ist nun , daß diese Verbindung bleibend werde ; nur ein und dieselbe Vorstellung i s t , also muß auch die Weise des Daseins , der Äußrung ein und dieselbe sein . Die Intelligenz ist also erinnernd jene Äußerlichkeit – sie hat die Anschauung (2) einer Vorstellung und die (1) Vorstellung ; diese verknüpft und erinnert sie in

den Ton und dessen abstrakte Elemente bringt , und den Boden der Innerlichkeit im Subjekt zu begründen , und rein zu machen ein Wesentliches thut . – / Die erlangte Gewohnheit tilgt auch später den Umweg und die Eigenthümlichkeit der Buchstabenschrift , und macht sie für uns zur Hieroglyfen schrift , so daß wir beim Gebrauch derselben die Vermittlung der Töne , wodurch die Schriftzeichen mit den Vorstellungen verknüpft werden , nicht im Bewußtseyn vor uns zu haben bedürfen ; – Leute dagegen , welche eine geringe Gewohnheit des Lesens haben , sprechen sich das Gelesene laut vor , um es in seinem Tönen zu ver|stehen . – Außerdem , daß die durch jene erste Einübung gewonnene Abstra xionsfähig keit bleibt , so ist das hieroglyfi sche Lesen für sich selbst ein taubes Lesen , und ein stummes Schreiben , und die Vermittlung der Vorstellungen durch das Unsinnlichere der Töne ist für den folgenden Übergang von dem Vorstellen zum Denken , – das Gedächtniß – an und für sich von Wesentlichkeit . –«) /] die Production die ein Wort heißt , ist ein unmittelbares Product , ein einzelnes und vorübergehendes 13–14 ist unmittelbar … Name .] ErWl : sie ist nur eine Aeußerung , noch nicht was wir Namen nennen . Alle Wörter sind auch Namen von Etwas , aber 16 Vorstellung .] ErWl : Vorstellung , die bestimmte Vorstellung nur ihr daseyn hat in dieser specificirten Weise der Aeußerung . äußerlich] ErWl : einzeln 17 diese Verbindung] ErWl : dieses Wort nur ein] ErWl : Es ist eine 17–18 Vorstellung i s t ,] ErWl : Vorstellung . dieser gibt die Intelligenz darstellung . Es ist nur e i n e Vorstellung 19–851,1 Die Intelligenz … Objectiven)] ErWl : dies thut die Intelligenz indem sie Erinnerung dieser Aeußerlichkeit [ist .] Wl : ist , ein G e d ä c h t n i ß .] die Intelligenz hat eine Vorstellung und hat die Anschauung [derselben .] Wl : derselben . (»Der Name , als Verknüpfung der von der Intelligenz produzirten Anschauung und seiner Bedeutung ist zunächst eine e i n z e l n e , vorübergehende Produ xion , die Verknüpfung beider eine ä u ß e r l i c h e , so wie jene Anschauung selbst . –«)] diese Verknüpfung macht sie zu ihrer eignen , setzt

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sich (Einheit des Subjectiven und Objectiven) die Intelligenz hat die Einheit dieser beiden zu der ihrigen zu machen ; sonst ist die Verknüpfung nicht bleibend , nicht allgemein . Man muß nicht davon sprechen , daß unter den Menschen eine Übereinkunft Statt gefunden , für diese Vorstellung wollten | sie immer ein und dasselbe Wort gebrauchen ; aber eine Übereinkunft setzt ja wieder eine Sprache schon voraus . Dieses Fixe ist vielmehr allmählich aus jener Nothwendigkeit entstanden , daß die Intelligenz das Objective und Subjective verknüpft und so eine bleibende Einheit beider hervorbringt – (Auf den Freundschaftsinseln werden nach dem Tod eines Fürsten die hauptsächlichsten Namen geändert ; da haben die Engländer nach 10 Jahren , als sie wieder hingekommen ein ganz andres Vocabularium gefunden – es ist also ganz willkührlich dieses Namen geben ; aber das Nothwendige ist daß die Intelligenz die Verbindungen zu den ihrigen macht und so sie zu einer Dauernden macht – Das ist also nun das Gedächtniß (461)[ .]

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dem Gedächtniß gehören die N a m e n an ; die Wörter sind in ihm Namen geworden . 1 . D a s N a m e n b e h a l t e n d e G e d ä c ht n i ß ist eben nichts andres als das Erinnern der Sachen in Namen .

sie innerlich , macht damit die Weise der Aeußerung allgemein für diese Vorstellung , so daß dieses 20 Wort nur ist ein Zeichen für diese bestimmte Vorstellung . das ist Einheit von Sub- und Objectivität

1–2 die Einheit … beiden] ErWl : sie 2–3 machen ; sonst … allgemein .] ErWl : machen , zu wissen ; so ist sie In|halt der Intelligenz so ist es bleibende allgemeine Verknüpfung . 4–14 immer ein … D a s ] ErWl : diese eine Aeußerung gebrauchen , das wäre überhaupt Willkühr , und dazu müßte auch die Sprache schon vorhanden seyn . daß sich die Sprache allmählig gebildet versteht sich von selbst . dies geht aber nicht die innere Nothwendigkeit im Fortgang der Intelligenz selbst an . Große Nationen können eine und dieselbe Sprache zur Grundlage haben , – in Amerika ist eine weit größere Menge von Sprachen als in | der alten Welt , jedes kleine Völkchen hat seine eigne Sprache und geht damit sehr willkührlich um . Man hält es da sogar für Hochverrath unter einer neuen Regierung denselben Namen beizubehalten für eine Vorstellung , den sie unter der frühern Regierung gehabt . die Intelligenz verknüpft ihre Anschauung mit ihrer Vorstellung , bewährt ihre Vorstellung an dieser Anschauung und macht diese Verbindung zu der ihrigen und indem sie diese Verbindung zu der ihrigen macht , die Gleichgültigkeit beider gegen einander aufhebt , hat sie den Character der Allgemeinheit , ist dauernde , allgemeine Verknüpfung . das [ist das] Wl : ist / γγ . D a s ] 15–852,6 an ; die … Der] ErWl : an daß die Anschauung diesem Wort gehöre , dieses Wort dieser einen und selben Vorstellung . die Intelligenz hat eben so diese Anschauung die von ihr gesetzt , producirt ist , zu erinnern , wie sie die unmittelbare Anschauung zu erinnern hat . Das ist [das] Wl : 1 .) das] Namen behaltende Gedächtniß . [die] Wl : (»die Intelligenz jene Verknüpfung , die das Zeichen ist , zu dem Ihrigen machend , macht durch diese Erinnerung (§ 453 cf .) die e i n z e l n e Verknüpfung zu einer a l l g e m e i n e n , d . i . bleibenden Verknüpfung , in welcher Namen und Bedeutung objektiv für sie verbunden sind , – und die Anschauung , welche der Name zunächst ist , zu einer Vo r s t e l l u n g , so

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Cyrus , Scipio Africanus , Hadrian Mittridates kannten die Namen aller ihrer Soldaten – Mittridates wußte 22 Sprachen ; Hugo Grotius Leibnitz und Lessing behielten was sie nur einmal mit bedacht durchlasen Leibnitz wußte noch in hohem Alter seinen Virgil auswendig[ .] Scaliger lernte in 3 Wochen den ganzen Homer auswendig und alle übrigen ihm bekannten griechischen Schriftsteller in 4 Monaten[ .] Der Name ist die Sache ; die Menschen stehn mit einander in geistiger beziehung . Das theoretische Dasein dieser intellectuellen Welt ist das , was für andre Intelligenz ist , der Name ist in so fern höher als die Sache , nämlich im Sinne der unmittelbaren Äußerlichkeit ; der Name ist dagegen das Dasein der Vorstellung , die Weise des Seins der Dinge in der intelligenten Welt . Das Gedächtniß hat im Namen die Sache und umgekehrt da ist das g e d o p p e l t e D a s e i n zu unterscheiden – der Gegen|stand wird in der Intelligenz als bi ld aufbewahrt , und dieses hat die sinnlichen Qualitäten , wie der Gegenstand sie hat ; aber der N a m e , obgleich er auch noch Sinnlichkeit hat , ist doch von der Intelligenz producirt und hat den Inhalt der Sache , ohne daß wir das bild gebrauchen . Wenn wir die Namen Lira , Cäsar lesen oder hören , so gehen wir gar nicht durch eine Reihe von bildern durch ; die bilder sind entfernt und doch sind wir erfüllt von dem ganzen Inhalt , durch den bloßen Namen , der mit der sinnlichen Sache als solcher nichts zu thun hat . In der Anmerkung ist von der Mnemonik gesprochen ; Cicero gibt in 3 Lib ad Herennium (wenn es von ihm ist) eine weitläuftige beschreibung davon . Auch bei Quintilian fi nden sich Spuren einer solchen Mnemonik ;

daß der Inhalt , die Bedeutung sowohl , als das Zeichen Eine Vorstellung ist , und das Vorstellen in seiner Innerlichkeit konkret , sowohl sein Inhalt , als dessen daseyn ist .« –) Die] Bedeutung des Namens ist die Vorstellung und sie hat die Beziehung daß sie das Wesentliche ist zu dem Wort und zum Daseyn . das ist der Name und dieser 6–8 Sache ; die … das ,] ErWl : Sache , wie | sie im Reich der Vorstellung Gültigkeit hat . die Weise der Beziehung der Menschen ist eine geistige , sollen ihre Vorstellungen daseyn für einander haben so ist dies weil es daseyn ist , 8–9 ist , der … Äußerlichkeit ;] ErWl : ist . das Reich der intellectuellen Welt hat dieses theoretische daseyn in Weise der Namen und der Verbindung derselben . 10 dagegen das] ErWl : das 10–12 die Weise … Das] ErWl : wie diese Sache nicht ist auf unmittelbare sinnliche Weise , sondern im Reiche der Intelligenz . die Namen sind so das daseyn der Vorstellung und das reproductive 12–13 und umgekehrt … unterscheiden –] ErWl : ohne Anschauung und Bild . Zunächst wird 13 wird in] ErWl : in 14 und dieses … Qualitäten ,] ErWl : das Bild hat die sinnliche unmittelbare Qualität 15–853,6 aber te der … wieder] ErWl : der Name ist eine 2 Weise des Sinnlichen wie es von der Intelligenz producirt ist . der Name ist das daseyn dieses Inhalts , daß wir das Bild gar nicht bedürfen , das Bild des Inhalts nicht vor uns zu bringen brauchen . Cäsar ist längst vorbei , als Name hat er sich erhalten . Ueber die Mnemonik spricht Cicero ad . Herenn . Lib III . Vor ungefähr 25 Jahren ist diese

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1–6 Cyrus , Scipio … Monaten (vermutlich nachträglich) am linken Rande 17 Lira] Lesart unsicher 21 ad Herrenium] aterennien ; siehe Anm . 22–853,5 Auch bei . . alle . (vermutlich nachträglich) am 40

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Simonides soll sie erfunden haben (sein Hymnus auf Scopas in Thessalien worin er Castor und Pollux so viel gelobt , daß Scopas ihn mit der Hälfte des Preises an diese wies – beim Gastmahl wird Simonides hinausgerufen , weil 2 Männer mit weißen Pferden da – er fi ndet sie nicht ; während dessen stürzt das Haus ein – die Plätze der Gäste wußte Simonides alle . Ein Hauptpunkt darin | aber ist nicht klar . Seit 20 Jahren etwa hat man in der neuren Zeit in Europa die Mnemonik wieder hervorgesucht ; die Alten haben sich viel damit beschäftigt , auch im Mittelalter hat man sie vorgenommen ; obgleich man es damals noch für eine geheime Wissenschaft hielt . Im 17 Jahrhundert trat Lamprecht Schencel Professor in Antwerpen mit dieser Kunst auf ; seine brevis delineatio de utilitatibus atque affectibus admirabilis artis memoriae 1619 . deutsch von Klüber Erlangen 1804[ .] Es sind bei uns Leute in Deutschland und Frankreich mit ihren mnemonischen Künsten herumgereist ; hat auch einer ein Werk darüber herausgeben wollen , hat aber wenig Subscribenten gefunden . Die Mnemonik ist nichts weiteres als die F e r t i g k e it w i e d e r i n bi ld e r z u ve r w a n d e l n u n d z u r ü c k z u g e h n vo n d e m G e d ä c ht n i ß i n d i e E i n bi ld u n g s k r a f t . Wir denken wesentlich in Namen und nicht in bildern ; das Gedächtniß hat die Kraft Namen zu behalten ; diese Kraft wird dadurch erhalten , daß in der Einbildungskraft ein Gemälde , eine Reihe von bildern befestigt wird . dies Gemälde ist bleibend ; soll ich nun etwas auswendig lernen so hefte ich die Namen in diese locis (in diese Fächer , diese bilder (locos wie Cicero es nennt) und mache sie so zu bildern . Der M ne moi s t , den Hegel gehört hat , der königlich baiersche Gehaimrath Chr . v . Aretin hat geschrieben : Systematische Anleitung zur Theorie und Praxis der Mnemonik nebst den Grundlinien zur Geschichte und Kritik dieser Wissenschaft von Freiherr von Aretin 1810 . (3rtl . 8gl) hatte sein Tableau von bildern angegeben ; er hatte 25 bilder nach dem Alphabet geordnet

7 die Alten … auch] ErWl : auch 8–14 sie vorgenommen ; … gefunden .] ErWl : sich damit beschäftigt . 14 w i e d e r ] ErWl : die Namen wieder 15 u n d z u r ü c k z u g e h n … d i e ] ErWl : ein Zurückgehn des Gedächtnisses zur 16–18 Wir denken … daß] ErWl : der Name ist das Höhere als daseyn , was producirt ist von der Intelligenz . der Unterschied der Hieroglyphen und Buchstabenschrift ist daß bei letzterer in Namen und nicht in Bildern gedacht wird . Man befestigt 18 in] Wl : an die Stelle der Kraft des Gedächtnisses in ein] Wl : ein bleibendes tableau , ein 18–25 bildern befestigt … bilder] ErWl : Bildern , an diese wird dann angeknüpft was ich auswendig lernen soll , ich muß es in | Bilder verwandeln und diese an die feste Ordnung der Bilder anknüpfen . die Folge dieser Bilder muß immer dieselbe seyn . Cicero nennt dies tableau von Bildern : Loci . Ein solcher Gedächtnißkünstler hatte 25 solche Bilder die linken und am unteren Rande 9–11 Im 17 Jahrhundert … 1804 (vermutlich nachträglich) am rechten Rande 13–14 wollen , hat … weiteres am rechten Rande 21–24 der königlich … (3rtl . 8gl) am rechten Rande 31 an die … Gedächtnisses über der Zeile mit Einfügungszeichen bleibendes tableau , am linken Rande

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a e i o u ; zu jedem Vocal hatte er 5 Namen und die waren so gewählt , daß der 2t e Vocal ebenso auf die andren folgte Aaron Aeneas , Ab-ımelech , Apollo Arbustum – da hatte er die bilder also vor sich ; der Aaron mit seinem langen bart und Stab , der Aeneas etc . Nun mußte der Aufsatz (die Folge seiner Vorstellungen) was er auswendig lernen sollte , an diese bilder geknüpft werden ; so mußte denn Aaron werden , was verlangt wurde ; das muß aber ganz schnell gehen und da geht es dann ganz absurd und ungereimt – ein englischer Admiral oder was gerade zuerst kommt – So hat er nun sein stehendes Tableau mit diesen Verknüpfungen vor sich und liest nun ab , was er an die feststehenden locos angeknüpft , was auch Cicero angibt ; es gehören aber viele Übungen dazu sagt er , diese imagines in die locos einzupassen | Es ist also die Identität des Subjectiven und Objectiven innerhalb der Intelligenz selbst vorhanden ; es ist eine solche Objectivität , worin zugleich ein Stoff ist , producirt

1 a e i o u ; zu … gewählt ,] ErWl : waren , 5 Vocale nach einander und zu jedem hatte er 5 Namen von der Beschaffen heit 2 auf die … folgte] ErWl : wieder von dieser Aufeinanderfolge war : 3–10 sich ; der … einzupassen] ErWl : sich . Itzt wurde ihm gegeben etwas auswendig zu lernen : das erste ist Aaron , da mußte Aaron so ausstaffirt werden mit Attributen daß er z . b . an einen Admiral erinnert . das wird durchaus etwas ungereimtes . Das ging er ein Paar Mal durch , daß er sich erinnere wie er das angeknüpft . die 2t e , diese Ausstaffirung , nennt Cicero die imaginatio aber von Verknüpfung dieser mit dem tableau spricht er nicht / [ Das] Wl : Bei der Heterogenität des Inhalts der auswendigzulernenden Vorstellungen und jener permanenten Bilder , wie auch wegen der Geschwindigkeit in der es geschehen soll , muß dieß nicht anders als durch schaale , alberne , ganz zufällige Zusammenhänge geschehen . Nicht nur wird der Geist auf die Folter gesetzt , sich mit verrücktem Zeuge zu plagen , sondern , das auf solche Weise auswendig gelernte ist eben deswegen schnell | wieder vergessen , indem ohnehin dasselbe tableau für das Auswendiglernen jeder andern Reihe von Vorstellungen gebraucht , und daher , die vorher daran geknüpften wieder weggewischt werden . Das mnemonisch Eingeprägte wird nicht , wie das im Gedächtniß Behaltene a u s we n d i g d . h . eigentlich von I n n e n heraus , aus dem tiefen Schachte des Ich hervorgebracht , und so hergesagt , sondern es wird von dem tableau der Einbildungskraft , so zu sagen , abgelesen . – die Mnemonik hängt überhaupt mit den gewöhnlichen Vor ur thei len zusammen , die man von dem Gedächtniß im Verhältniß zur Einbildungskraft hat , als ob diese eine höhere , geistigere Thätigkeit wäre , als das Gedächtniß . – Vielmehr hat es das Gedächtniß nicht mehr mit dem B i l d e zu thun , welches aus dem unmittelbaren , ungeistigen Bestimmtseyn der Intelligenz , aus der Anschauung hergenommen ist , sondern mit einem daseyn , welches das Produkt der Intelligenz selbst ist , – einem solchen A u s we n d i g e n , welches in das Inwendige der Intelligenz eingeschlossen bleibt , und nur innerhalb ihrer selbst deren auswendige , existirende Seite ist . –«) / | Das erste ist das Identifi ziren solcher Anschauungen , wodurch beides untrennbar wird . Das] 2t e ist das reproducirende Gedächtniß , eine Reproduction des Namens als eines Vorgestellten so daß dieses identisch ist mit der Bedeutung . das Wort heißen wir ein Zeichen , identisch mit dem Inhalt . 11 also die] Er : hier diese Wl : die 11–12 selbst vorhanden ; … ist1] ErWl : [selbst . es] Wl : selbst vorhanden . Es] ist hier 12 Objectivität ,] Wl : Objektivität innerhalb der Intelligenz , 37 des Namens bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile so daß dieses bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 37–38 Bedeutung . das … Inhalt . bei Wl am rechten Rande

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von der Intelligenz , aber in dem dieser Stoff ihrer Äußerung angehört , so ist darin selbst eine Gleichgültigkeit vorhanden gegen die bedeutung ; der Name hat so noch die Zufälligkeit in dem Inhalt an ihm . Es ist noch nicht wahrhaft vollständige Objectivität vorhanden des Inhalts , der Vorstellung . Wir haben schon früher von diesem Zusammenhang in Ansehung der Gestaltung des Materiellen (das Wort) mit der Vorstellung geredet ; indem wir aber überhaupt das Namen 2 . b e h a l t e nd e und pr o d uc i re n d e Gedächtniß vor uns haben , so erscheint hier der Name überhaupt als ein Zufälliges gegen die bedeutung ; der Name hat den Zusammenhang seines Ursprungs verloren , wodurch er als Anschauung producirt wurde ; es ist erst die weitere Reflexion die das Elementarische in diesem Zusammenhang wieder aufzeigt ; der Name ist nur so ein trokkenes Zeichen das erinnert wird . Dies Gebiet

1 aber in … Äußerung] ErWl : – das Wort kommt von der Thätigkeit der Intelligenz her – aber [indem das Wort zugleich auch einer A e u ß e r u n g der Thätigkeit] Wl : indem Stoff zugleich dem Äußerlichen] 1–2 darin selbst eine] ErWl : darin zugleich diese 2 vorhanden gegen … bedeutung ;] ErWl : [vorhanden dieses] Wl : dieses] Stoffes gegen die Bedeutung [gegen die Vorstellung .] Wl : vorhanden . Name = Äußerung als solche . Im N a m e n ist eine Selbstständigkeit vorhanden gegen Bedeutung , Vorstellung] 2–3 so noch … ist] ErWl : die|se Zufälligkeit gegen den Inhalt noch an [ihm , ist einerseits identisch ,] Wl : ihm . – Sinn und Name ist ungetrennt ,] wenn ich den Namen reproducire habe ich zugleich den Inhalt , den Sinn , aber es ist eine [ Identität zugleich behaftet mit dieser Unter scheidung der Gleichgültigkeit] Wl : Ungetrenntheit (Identität) die behaftet ist noch mit Gleichgültigkeit gegen das Allgemeine] des Materials gegen die Bedeutung , es ist also 3–8 wahrhaft vollständige … überhaupt] ErWl : [die wahrhafte] Wl : wahrhafte vollständige Identität ,] Objectivität des [ Inhalts] Wl : Inhalts der Vorstellung] darin enthalten . [der Name erscheint hier] Wl : Indem wir früher schon gesprochen vom Zusammenhang der Form mit Vorstellung , ist bemerklich gemacht über Zusammenhänge von beiden Seiten . Indem wir aber vor uns haben Namen behaltendes und produzirendes Gedächtniß , so erscheint uns hier Name] 8 bedeutung ;] ErWl : Bedeutung , den Sinn . 8–9 der Name … wodurch] ErWl : der Name hat gleichsam seinen Zusammenhang mit seinem Ursprung , der Anschauung , verloren , [indem] Wl : wodurch] 9 wurde ; es … erst] Wl : ist als Name , Zusammenhang der Anschauung und der Produktion . Als Name ist dieser Ursprung verschwunden . wurde ; es] Er : worden ist . Als Name ist dieser Ursprung verschwunden , es 10 die] ErWl : das weitere [ Nachdenken , was] Wl : Nachdenken ist es erst welches] in diesem Zusammenhang] Wl : dieses Zusammenhanges 10–11 aufzeigt ;] Wl : aufzeigt , nachweist ; 11 der Name … wird .] ErWl : aber [der Name ist in der Sprache] Wl : in Sprache ist Zusammenhang des Ursprungs verloren , in ihr ist der Name] trocknes Zeichen , so oder so . Dies] Wl : In diesem

35 2 der Name bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile

10 die weitere Reflexion bei Wl am rechten Rande 12 das Wort … aber bei Wl mit Verweiszeichen über der Zeile und am rechten Rande 14 darin zugleich diese bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 17–18 gegen den Inhalt bei Wl mit Ein35 fügungszeichen über der Zeile 18–19 wenn ich … Sinn , bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 21 des Materials … Bedeutung , bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 23 des Inhalts … Vor27–28 der Name … Zusammenhang bei Wl am 40 stellung bei Wl mit Einfügungszeichen unter der Zeile rechten Rande 28 der Anschauung , bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 29 Als Name über der Zeile mit Einfügungszeichen 34 in ihr … so . bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile und am rechten Rande

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ist es dann , wo die Zufälligkeit überhaupt einen größren Spielraum erhält ; da herein fällt die Zusammensetzung von Wörtern , – wenn hier die Reflexion wieder eintritt , daß der Name mehr einen Zusammenhang erhalte mit der Vorstellung , so verfällt man in einen Verstandeszusammenhang zwischen der Vorstellung und dem Zeichen . Man muß wissen was Name als solcher ist , ein allgemeines oder weniger allgemein ; der Name ist ein vorgestelltes Zeichen , das eine bedeutung hat – der Zusammenhang der hier hervorgebracht wird soll dann auch ein bewußter sein , ein Zusammenhang des Verstandes . Es ist leicht hier die bemerkung zu machen , daß die Namen etwas allgemeines ausdrükken ; sie drükken nämlich Vorstellungen aus , und die Vorstellung ist etwas allgemeines ; blau ist die Form von etwas allgemeinem , eine abstraction . Soll nun etwas Sinnliches , ein Individuum bezeichnet werden , so

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1 wo] ErWl : daß größren] Er : großen 1–2 da herein … die1] ErWl : [ Es fällt hierher] Wl : z . B .] die Zufälligkeit der 2–8 Wörtern , – wenn … hier] Er : Tönen . / Hier wo der Name seine Lebendig keit verloren hat , ein unlebendiges Zeichen geworden ist , ist es daß das Willkührliche eintritt . In der Reflexion sucht man den Verstandeszusammenhang zwischen Wort und Sinn . Name – vorgestelltes Zeichen , das keinen Zusammenhang mit der Vorstellung hat z . b . der Name Schmidt pp – In Rücksicht auf diese Stufe ist leicht 2–4 Wörtern , – wenn … einen] Wl : Worten , Tönen , tritt da ein , die bloß in d e m Sinn diese Verknüpfung haben , nicht im ursprung von Gebährde und Artikulation . – Hier wo der Name seine Lebendigkeit verloren hat , ein unlebendiges Zeichen geworden ist , ist es daß das Willkührliche eintritt . Wenn hier nun die Reflexion eintritt und die Fordrung , daß der Name wieder einen Zusammenhang erhalte mit Vorstellung , so verfällt man im Suchen von 4 zwischen der] Wl : zwischen Wort und Sinn , 5–6 ein allgemeines … ein] Wl : (nicht Name von einem Individuum Name als 6–7 eine bedeutung … auch] Wl : keine Bedeutung , keinen Sinn hat , wie der Name Schmidt , wo die Töne keinen Zusammenhang zu haben brauchen mit Vorstellung selbst) . der hervorzubringende Zusammenhang soll 7–8 sein , ein … machen ,] Wl : seyn . – Man macht in Rücksicht auf diese Stufe leicht eine Bemerkung : 8–9 die Namen] Er : der Name 9–11 ausdrükken ; sie … Sinnliches ,] Er : ist . der Name drückt eine Vorstellung , damit etwas Allgemeines aus , Blau , Roth ist sinnlicher Inhalt aber dieser für sich genommen , abstract als etwas Allgemeines , in Form der Allgemeinheit gesetzt . / | Wenn 9 sie drükken nämlich] Wl : der Inhalt als vorgestellt ist in Form der Allgemeinheit gesetzt . Namen drücken 10–11 und die … Soll] Wl : also etwas Allgemeines . – Blau , roth : sinnlicher Inhalt . Blau abstrakt , Form von etwas Allgemeinem . Wenn 11 Sinnliches ,] Wl : sinnlich 11–857,7 werden , so … Wissenschaft ,] Wl : werden soll , nomina propria erfunden werden sollen , so werden im Ganzen Ausdrücke Namen genommen , die etwas Allgemeines ausdrücken , von Allgemeinem ausgehen , Müller , Schmidt p So eine Menge Namen von Flüssen , von denen kann gezeigt werden , daß sie nicht nomina propria von Haus aus waren , – F l u ß hießen ein Volk nennt seinen Fluß schlechthin d e n Fluß p . So Berge und dergleichen . Mehrere Scheideck

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11 ein Individuum bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile werden] w . soll 19–20 Hier wo … nun mit Verweiszeichen am rechten Rande 22 zwischen Wort … Sinn , über der Zeile mit Einfügungs- 35 zeichen 23 Individuum] folgt gestr . der ursprünglich mit Einfügungszeichen über der Zeile dieser Stelle zugewiesene Text : vorgestelltes Zeichen , das keinen Zushg mit dr Vorst hat , z . B . der Name Schmidt ; 40 24 wie der … Schmidt , über der Zeile mit Einfügungszeichen 26 auf diese Stufe mit Einfügungszeichen über der Zeile 33 im Ganzen über der Zeile mit Einfügungszeichen 34 von Allgemeinem … p mit Einfügungszeichen über der Zeile und am rechten Rande 36 ein Volk … Fluß2 mit Verweiszeichen am

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geschieht es häufig , daß dazu Namen genommen werden , die ursprünglich etwas allgemeines bezeichnen , besonders die Flüsse haben solche Namen ; der Name heißt oft nichts andres als d e r F lu ß . bei allen Namen läßt es sich freilich nicht nach weisen , sonst z . b . die Namen Müller , Schmidt , Schneider , Schulz sind eigentlich Namen von einem gewissen Stande und zeigen sich hier gerade als ganz sinnlos , es heißt einer Müller , weil er kein Müller ist , la Place . In neuerer Zeit hat man diesen Character der Namen vergessen und will nun in der Wissenschaft , daß der Name nähre beziehung auf die Sache haben soll . | Man versteht darunter aber , daß der Name eine Defi nition des Gegenstandes sein soll ; es soll der Name der Gattung darin ausgesprochen werden mit hinzufügung einer specifischen bestimmung ; dies ist es , was der Nomenklatur in der chemischen Pharmakologie ihre Entstehung gegeben hat : man sagt nicht mehr Vitriol , sondern kohlensaures etc . S a l z . : jetzt sagt man salzsaures Natrium oder dergleichen . Der Name als Name

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(Gebirgspaß) p . Sie sind zunächst etwas Allgemeines diese nomina propria , und zeigen sich so als nicht

15 nomina propria . So Familiennamen , von Ständen hergenommen , die zu nomina propria werden ,

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etwas Allgemeines bezeichnend , – und sinnlos so werdend . | La place hieß er , weil er kein öffentlicher Platz war , Müller , weil er kein Müller war . – der Name für sich hat also sofern er eigentlich Name geworden ist , keine nähere Beziehung auf Natur der Sache , und es ist ein Verkennen der Sache , wenn man in neuer Zeit gefordert hat , 856,11 werden] Er : werden soll , 1–6 häufig , daß … la Place .] Er : daß im Ganzen Namen gemacht werden , die von Allgemeinem ausgehn . Müller pp Eine Menge Namen von Flüssen , Gebirgen pp sind nicht nomina propria z . b . ein Volk heißt seinen Fluß schlechthin d e n Fluß . der Name für sich sofern er eigentlicher Name geworden ist , hat er keine nähere Beziehung auf die Sache . 7 diesen Character … Wissenschaft ,] Er : gefodert 8 nähre beziehung … aber ,] Er : diese Beziehung habe auf die Sache , 8–9 Man versteht … Gegenstandes] Wl : d . h . daß der Name der Gattung ausgesprochen werden soll , mit Zusetzung des spezifischen Unterscheidens , der Name also eine Defi nizion 9 des Gegenstandes … soll 2 ] Er : seyn soll , 9–13 es soll … dergleichen .] Wl : So entsprangen die nomenklaturen . – defi nizion ist das , aber nicht mehr eigentlicher Namen . – Salz ist Name p . Man ist mit diesem Namen nicht zufrieden gewesen , und wollte , daß Name sollte Be schaffenheit der Sache ausdrücken . Statt Vitriol sagte man : daß , das Metallische Basis ist , und mit der Säure verbunden ein Neutrales gebildet ist . – Das ist Defi nition . Name als Name drückt das niemals aus . Es ist eine Verkennung , und dieser Trieb solche Nomenclatur zu erfi nden , kommt davon her , daß man verkennt , was ein Name ist . Vesuvian ist grade N a m e von diesem Produkt , weil es diesen Ausdruck eigentlich nicht verdient . Verdiente es ihn , den Ausdruck Vesuvianisch , so wäre es nicht Name , Prädikat . – Dieß gegen heutige Wichtigkeit , die auf Nomenclatur gelegt wird . – Schwefelsaures Kupfer ist eine defi nition aber kein Name ; / 10 darin ausgesprochen … hinzufügung] Er : gebraucht werden soll mit 11–13 dies ist … dergleichen .] Er : Statt Vitriol sagte man , daß das Metallische Basis ist und mit der Säure verbunden ein Neutrales gebildet ist . dieser Trieb eine solche Nomenclatur zu erfi nden kommt daher daß man die Natur dessen verkennt was ein Name ist . 13–858,9 als Name … sein[ .]] ErWl : ist gerade [dies] Wl : das Feste , und ein Sinnloses , und soll ein Sinnloses seyn , und soll rechten Rande 1 werden] hb 2 haben] hb bes 11 Pharmakologie] Pharmakgoi 19 in neuer Zeit über der Zeile mit Einfügungszeichen 26 der Name vor der Zeile 29–31 Statt Vitriol … ist . – mit Verweiszeichen am linken Rande 32–33 daß man … ist . über der Zeile mit Einfügungszeichen

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drükkt nie die be schaffenheit der Sache aus ; die Gattung allerdings soll ausgedrükkt werden und die nähere bestimmung dazu . Es ist eine Verkennung wenn man sich auf solche Nomenklatur legt ; man weiß nicht was ein Name eigentlich ist . Werner hat besonders in der Mineralogie diese Nomenklatur erfunden . Er hat z . b . ein Fossil auf dem Vesuv gefunden und das nennt er nun Vesuvian ; aber es sind auch andre Fossilien die auf dem Vesuv gefunden werden ; es kommt also nicht bloß diesem Fossil zu , ein vesuvianisches zu sein ; nennt man es Vesuvian so ist das ein Prädikat eines bestimmten Fossils etc . nicht der Name ; der Name ist ein sinnloses und soll ein sinnloses sein[ .] Wir denken nun wesentlich in Worten in Namen , Denken ist ein Wissen ; mir , der denkt ist der Inhalt , den ich jetzt denke präsent ; er ist nicht mehr im Innren in diesem Schacht , in dem unendlich viele bilder liegen ; ich weiß itzt von diesem Inhalt und von allem andren nichts ; das ist ein beweis , daß der Gegenstand heraus ist , daß er einen Namen hat , das ist eben die Weise seines Herausseins , seiner Äußrung . Diese Weise ist die höchste | Art der Innerlichkeit der Äußerlichkeit (des Anschauens) Mit dem Namen haben wir den ganzen Inhalt vor uns ohne das bild , ohne den Gegenstand . Man kann ohne Worte nicht denken . Man hat oft gesagt , das reine Denken sei das , daß man so in sich webe ohne Worte ; aber das Denken ist ein Wissen , ein Vorunshaben des Wortes[ .] Der Magnetiseur Mesmer spricht auch in seinen Memoiren von der Gewalt , die er gebraucht hat , ohne alle Worte zu

grade dieß seyn] daß dieses Zeichen keine Beziehung auf den Inhalt habe . [Schwefelsaures Kupfer ist eine defi nition , kein Name . Das] Wl : Das] reproducirende Gedächtniß ist daß in dem Namen die Intelligenz zugleich den Inhalt hat und in dem Inhalt [der Intelligenz zugleich vor ist] Wl : tritt Intelligenz hervor zugleich auf] diese äußerliche Weise der Existenz . 10 Denken] ErWl : denn denken 11 ich jetzt] ErWl : ich 11–15 ist nicht … Äußrung .] ErWl : hat Gegenständlichkeit , Aeußerlichkeit für mich , [von allem andern Inhalt] Wl : ist nicht in diesem Schacht worin unendlich viele dinge liegen . Er ist heraus aus diesem Innern , ich weiß von ihm , von allen andren dingen] weiß ich itzt nicht [und diese] Wl : er hat für mich Äußerlichkeit , und die] Weise der Aeußerlichkeit die er für mich hat , ist [daß] Wl : die , so er in seinem Namen hat daß] der Inhalt einen Namen hat . 15 ist] ErWl : der Aeußerlichkeit [ist] Wl : ist zugleich] 15–16 der Äußerlichkeit … Namen] ErWl : [des Anschauens , die Namen] Wl : der Äußerlichkeit , der Innerlichkeit des Anschauens , ein Bildloses (Namen] sind keine Bilder und doch 16–17 vor uns … denken .] ErWl : indem wir den Namen vor uns [ haben .] Wl : haben . Man kann ohne Worte nicht denken .] 17 hat oft gesagt ,] Wl : ist oft dazu gekommen , daß man sagte : 18 reine Denken … webe] ErWl : rechte wahre denken [sei] Wl : ist Denken] 18–859,3 aber das … meint] ErWl : – [ Mesmer] Wl : Aber es liegt in der Sache , daß denken Wissen ist , und in Worten liegt die Art und Weise des vor sich haben der

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10 Wir denken … Namen , bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 11 den ich … denke bei Wl am linken Rande 14 Herausseins] Heraus’s 21 grade dieß … Zeichen bei Wl mit Einfügungszeichen am linken Rande 23 die Intelligenz bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 27–28 von allen … nicht bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 28–29 die er … hat , bei Wl über der Zeile mit 40 Einfügungszeichen 29 daß der … hat . bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen

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Denken ; er hat es viele Monate fortgesetzt , und ist dadurch beinah zu Wahnsinn gebracht worden , bei Herder kann man auch viele Deklinationen dieser Art fi nden ; er meint das Philosophiren sei bloß ein Worte machen , womit man dann die Sache zu haben glaube ; es sei nur eine Täuschung dieses | Fortgehen durch Worte ; wir kommen nicht über die Worte hinaus . In seinen Ideen und in der Metakritik , wo er sich an die kantische Philosophie gemacht hat , so auf seine Weise , da hat er lange Tiraden darüber – daß […] Die Worte sind aber die bedingung des Denkens selbst ; der Inhalt , den wir bei dem Namen haben , das ist , was wir den Sinn nennen ; und den haben wir in uns ohne das bild zu gebrauchen . Das Dritte ist nun , was wir G e d ä c ht n i ß a l s s ol c h e s heißen .

Gegenstände des Wissens . – Meßmer] in seinen Memoiren über den Magnetism [erzählt daß er über dem Versuch ohne Worte zu denken fast verrückt geworden –] Wl : spricht von der Gewalt Zwang , so er sich angethan ganz ohne Worte zu denken . Er hat also versucht , sich so in die reine Kraft der Innerlichkeit zu versetzen , und es so versucht so ohne Worte zu denken und es fortgesetzt , bis zum Wahnsinn fast .] Aber das Wissen ist daß ich das Wort vor mir habe und an Worten denkend fortgehe . Herder hat viele Declamationen der Art daß 3–4 sei bloß … sei] ErWl : ein Wortmachen und Combiniren von Worten sei , [wobei] Wl : und daß es nicht höher bringen kann als Worte zu machen ; – wobei] man meint , man habe die Sache indem man so durch Worte fortgeht und daß [diese] Wl : dieser Fortgang ,] Bewegung durch Worte 4–6 dieses Fortgehen … an] ErWl : sei in der wir vermeinen [so die] Wl : die] Sache vor uns zu [ haben cf .] Wl : haben . Es seien nur Worte ; wo wir nicht drüber rauskommen . Er hat eine solche lange Tirade in seinen] Ideen zur Geschichte der Menschheit , dann in seinen Metakritiken | wo er 6–8 Philosophie gemacht … bedingung] Wl : Kritik angegriffen hat , (auf seine Weise) geht in der Hauptsache auf dieß Wort . – Darauf habe ich aufmerksam machen wollen , daß Worte , Namen Bedingung sind gemacht hat , … die] Er : angreift auf seine Weise . die Namen sind 8 selbst ; der] ErWl : selbst , daß das denken Bewußtseyn sein und so [ein Gegenständliches] Wl : eine Gegenständlichkeit] in sich selbst haben muß . der 9 bei dem] Wl : bei 9–10 nennen ; und … gebrauchen .] ErWl : nennen (dazu brauchen wir das Bild nicht) dessen wir uns bewußt sind , den wir ganz vor uns haben 10–860,1 Dritte te ist … G e d ä c h t n i ß ,] Wl : Das 2 das reproduzirende Gedächtniß hat im Namen die Sache und mit der Sache den Namen , ohne Anschauung und Bild . Bei dem Namen Löwe bedürfen wir weder der Anschauung eines solchen Thiers , noch auch selbst des Bildes , sondern der Name , indem wir ihn ve r s t e h n , ist die bildlose einfache Vorstellung . Es ist in Namen , daß wir d e n k e n . nun , was … G e d ä c h t n i ß ,] Er : das

12 Meß(mer in … Magnetism bei Wl 35 9 ist , was … den1 bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 35 am linken Rande) 14 Zwang so … ganz mit Einfügungszeichen unter der Zeile 16–17 Aber das … fort gehe . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 17 der Art bei Wl mit Einfügungszeichen am linken Rande 17–18 Wortmachen bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 19 wobei man … fortgeht bei Wl am linken Rande mit Einfügungszeichen 22–23 zur Geschichte … Menschheit , bei Wl 29 sind , den … haben bei Wl am rechten Rande 31–33 der 40 mit Einfügungszeichen unter der Zeile Sache … d e n k e n . zwischen den Zeilen und am rechten Rande

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nachschrift stolzenberg · 1827/28 § 463 D a s me ch a n i s che G e d ä cht n i ß , Gedächtniß als solches

Ich die Intelligenz ist überhaupt dieses Eine und in dem Vielen (Vorstellungen) ihrer selbst ist sie das Vereinigende derselben das beziehen derselben auf einander . Die Wahrheit der Namen (wie die alles Vielen und besondern) ist daß sie meiner Einheit angehört , einem Concreten , einem Subject an dem dies Viele nur ein Moment ist , so daß es in ihm zu einem concreten combinirt ist . (Dasselbe ist die Intelligenz als Gedächtniß) So ist dann die Intelligenz dies Verbindende der vielen Vorstellungen mit ihrem Namen ; wenn wir eine Periode aussprechen so ist das nur e i n Sinn ; wir legen ihn aber aus in diesem Complex von Wörtern ; indem die Intelligenz nun auch so einen Complex von Namen in sich zusammengebunden hat , so ist sie , was wir Gedächtniß als solches heißen ; sie ist aber auch das band der Namen als solches und das ist das mechanische Gedächtniß ; dieses behält Reihen dieser Namen die ohne alle Verhältnisse sind ; daher heißt es : mechanisch ; mechanisch heißen wir eben : wo mehrere in beziehung zu einander stehn , aber

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3 in dem … (Vorstellungen)] ErWl : damit in dem Vielen 4 ist] Wl : was ihre Vorstellungen sind , ist derselben das beziehen] ErWl : Beziehende 5 Die Wahrheit … die] ErWl : diese vielen Namen Vorstellungen sind viele , zerstreute . Ihre nächste [ Wahrheit] Wl : Wahrheit aber ,] wie die Wahrheit 5–6 und besondern) … Subject] ErWl : ist daß [sie gesetzt sind unter ein Subject , als angehörig einem Concreten] Wl : dasselbe angehört , unter eine Einheit , gesetzt ist unter ein Concretes , ein Subjekt ,] 7–8 so daß … dann] ErWl : so daß das Viele darin zu [etwas] Wl : einem] Concretem combinirt wird . Wie bei der [ Einbildungskraft] Wl : Einbildungskraft als solcher] die Intelligenz concrete Vorstellungen producirte , daß aber diese gebracht sind zur Einheit , [daß] Wl : so daß] sie an | [dem] Wl : diesem Konkreten viele besondere Vorstellungen sind an ihnen nur] Subject nur Momente [ausmachen ,] Wl : sind ; so ist es mit dem Gedächtniß ,] so ist 9–10 ihrem Namen ; … e i n ] ErWl : ihren Namen . [ Eine Periode ist] Wl : Wenn wir eine Periode aussprechen , so ist es] ein Complex von Worten ; es ist nur e i n 10 Wörtern ;] Wl : Worten , die jedes besonders genommen werden kann . 11 nun auch . . einen] Er : einen solchen Wl : den 11–12 Namen in … wir] ErWl : Vorstellungen hat , die mit ihren Namen verknüpft sind , [ist sie] Wl : die nun einen Complex von Namen hat , so ist sie , was das] 12–14 solches heißen ; … mechanisch ;] ErWl : [solches . Sie ist] Wl : s o l c h e s ist , und indem sie] das Band der [ Vorstellungen ,] Wl : Vorstellungen ist ,] die an diesen Namen geknüpft sind aber auch [das Band der] Wl : der] Namen als solcher , so ist sie mechanisches [Gedächtniß .] Wl : G e d ä c h t n i ß , ein Band von solchen , die ganz äußerlich neben einander stehen und gleichgültig .] 15–861,1 zu einander … doch] ErWl : [auf] Wl : mit] einander stehn , sich verhalten aber in dieser Beziehung zugleich

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11 Complex von bei Wl am rechten Rande 21 ein Subjekt , am rechten Rande 21–22 so daß … wird . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 23–24 aber diese … so bei Wl am rechten Rande 35 24 an ihnen über der Zeile mit Einfügungszeichen ; Lesart unsicher 27 Complex von … e i n bei Wl am rechten Rande 29 die mit … nun bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 29–30 einen Complex von zunächst gestr . und anschließend durch eine gepunktete Linie wieder in Geltung gesetzt 31–32 der 40 Vorstellungen … auch bei Wl am rechten Rande ; davor gestr : dsselben ist , u 34–35 mit einander

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darin doch äußerlich gegen einander bleiben . Die Einheit des geistigen ist von ganz andrer Art , als beim äußerlichen . Die H a n d außer der beziehung mit der andren gesetzt , ist keine Hand mehr , hat seine bestimmung verloren ; dagegen der Stein am Hause bleibt Stein , auch wenn er vom Hause getrennt ist ; es ist da eben nur eine äußerliche Einheit – mechanisch . So ist auch das Gedächtniß , welches Reihen von Zeichen behält , ein Mechanisches ; die Namen stehen in keiner Verbindung mit einander ; sie sind einander äußerlich , und in so fern ich sie auswendig weiß , habe ich auch keinen Sinn , keine bedeutung dabei . Die Intelligenz ist hier also der Raum , worin diese bestimmungen sind ; sie ist das sie zusammenhaltende und sie so wissende – Man weiß etwas auswendig , wenn man keinen Sinn dabei hat ; man hat es nur auswendig als etwas äußerliches ; das Hersagen geschieht gewöhnlich | in dem singenden Schulton , und das ist ganz der rechte Ton , mit dem etwas hergesagt werden muß . Die Periode ist so ein Strauß von Worten , von denen jedes einzelne mit einem besondren Accent ausgesprochen werden muß , so fern Sinn darin sein soll ; dieser Redeaccent gibt erst den Sinn ; sagt man aber etwas bloß so auswendig her , so ist , weil kein Sinn darin ist , auch natürlich der Redeaccent nicht

1–8 Die Einheit … auch] ErWl : die Intelligenz ist die Macht der Zeichen , als mechanisches Gedächtniß ist sie dieser Mittelpunkt , dies Subject was hält Zeichen [als] Wl : überhaupt als] nur Zeichen , [als] Wl : d . h . als] bedeutungslose [ Worte wie z . b . die Einheit des Hauses die Steine .] Wl : Worte . Gedächtniß ist insofern mechanisch , weil ein Ganzes wie andres Mechanische , darin die Beziehung auf’s Ganze etwas ganz äußerliches ist .] [der] Wl : z . B . die Einheit des Hauses , die Steine ; der] Zusammenhang der Steine mit dem Hause ist durch seine Natur durchaus nicht bestimmt , ist mechanisch . [ Ist] Wl : Die Einheit des Geistigen , Lebendigen ist von ganz anderer Art . Da sind die Glieder nicht nur Theile . das Glied außer Beziehung gesetzt mit den anderen ist nichts , kein Glied mehr , ein Todtes : Ist] der Zweck , [die Seele nicht mehr im Lebendigen , so hört jedes Glied] Wl : nicht mehr in ihm , so es hört] auf zu seyn [was es nur ist in Beziehung] Wl : wozu es ist ; es ist was es ist , nur in Beziehung auf das Ganze ,] aufs Leben . – / [diese Zeichen sind ein Sinnloses ;] Wl : Mechanisch ist also das Gedächtniß als eine Beziehung von Z e i c h e n b e h a l t e n d e s . ] daß ich eine Reihe Namen , Zahlen auswendig lernen [ kann , sofern das nur] Wl : kann . Diese Zeichen sind Sinnloses , ein ander äußerlich , und sofern es reine] Gedächtnißsache ist , habe ich 8 ist hier also] ErWl : ist 9–10 sie so] ErWl : das sie in diesem Zusammenhang 10–862,12 Man weiß … Hinangehen] ErWl : [der Anantapodoton beim Hersagen enthält ,] Wl : Es heißt in Anmerkung vom mechanischen Gedächtniß : man weiß etwas auswendig , wenn man keinen Sinn bei den Worten hat , das Hersagen von solchem auswendig gewußten wird daher von selbst accentlos . / Kinder , wenn sie auswendig hersagen sollen , haben diesen singenden Schulton , und das ist der rechte Ton zum

… zugleich bei Wl am rechten Rande

8–9 der Raum , … ist bei Wl mit Verweiszeichen am rechten 13 Die] Der 17 die Intelligenz … als bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 21–23 z . B . die … mechanisch . bei Wl am rechten Rande mit Einfügungszeichen 21–22 z . B . die … Steine ; zunächst gestr . ; anschließend durch eine gepunktete Linie wieder in Geltung gesetzt 27 was es ist , über der 28 Beziehung] Lesart unsicher 28–29 daß ich … kann . bei Wl mit 40 Zeile mit Einfügungszeichen Verweiszeichen am rechten Rande 33–34 man weiß … accentlos . am Rande und zwischen den Zeilen ; folgt gestr : auswendig lernen , – als etwas Äußerliches . – / 35 Rande

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§ 464

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§ 464Wl

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darin – und so lernt man denn das Auswendiggelernte so ohne Sinn hin ; bringt man den Accent herein , so verwirrt man das Gedächtniß . Das Gedächtniß erscheint danach als eine wunderbare Kraft der Intelligenz , weil der Geist wesentlich dies ist , b e i s i c h s el b s t zu sein ; hier aber derselbe als i n i h m s e l b s t entäußert , seine Thätigkeit als ein Mechanismus ist . Der Geist aber ist nur b e i s ich als Einheit der Subje c t iv it ä t und d e r Obje c t iv it ä t ; und hier im Gedächtniß , nachdem er in der Anschauung zunächst als ein Äußerliches , die bestimmungen f i nd e t , und in der Vorstellung sich in diesem Gefundenen erinnert und es zu dem Seinigen macht , macht er sich selbst in ihm zu einem Äußerlichen , so daß das Seinige als ein Gefundenwerdendes erscheint . Das eine Moment des Denkens , die O bje c t iv it ä t , ist hier als Qualität der Intelligenz selbst in ihr gesetzt . § 464 . Gedächtniß kommt von Gedanke her ; es ist ein Hinangehen an das Denken . Wir müssen erst wissen , was der G e d a n ke ist . – Das Vernünftige ist die Einheit des Subjects und Objects – Die Wahrheit ist nur dies , d a ß g e r a d e d a s S u b j e c t i ve , d a s D e n ke n , d a s b e i s ich s e i n d e r I nt e l l i g e n z a n i h m s e l b s t d a s Obje c t iv s t e i s t . Die Intelligenz haben wir gesehn , geht zunächst an die Welt , an die Dinge , um sie als die ihrigen zu setzen , und sie sich zum subjectiven auswendig hersagen . Soll man mit Accent hersagen , gehört dazu , ] daß man einen Sinn , eine Bedeutung hat , die [ bestimmt] Wl : einzelnen Bestimmungen] ordnet nach der Natur des Zusammenhanges . | [ Weiß] Wl : der Axent hängt vom Sinn ab ; – weiß] man es dagegen ganz rein | auswendig so sagt man es her in diesem ganz sinnlosen [ Ton . der Sinn] Wl : Tone . rein auswendig hergesagt , ist ohne Sinn gesagt . Sinnvoll sprechen = mit Axent sprechen . der Sinn kommt da herein und] unterbricht den bloßen Mechanismus des Gedächtnisses . [ Es erscheint als wunderbar daß] Wl : das Gedächtniß ist in sofern die wunderbarste Kraft , daß die Intelligenz diese Innerlichkeit , diese vollkommene Äußerlichkeit hat ;] der Geist , dieses wesentlich Freie , [ bei sich seyende in sich selbst ,] Wl : bei sich seiende , so ganz äußerlich , so ganz] in seiner Innerlichkeit [so äußerlich auf] Wl : auf so] ganz mechanische Weise sich [verhält .] Wl : verhalten kann .] Diese Bestimmung ist höchst wichtig in Beziehung aufs denken [ In unserm deutschen ist auch diese Beziehung ein Hinangehn] Wl : Im deutschen Sprechen ist das Bedeutungsvolle vorhanden . Indem » G e d ä c h t n i ß « von Denken ist das H i n a n g e h n ] 13–14 Denken . Wir … die] ErWl : denken tief und sinnvoll ausgedrückt . / [die Vernunft ist die] Wl : Im § 464 ist Beziehung des Gedächtnisses auf Gedanken angegeben . / Wir müssen wissen , was Gedanke ist , und wir müssen daran halten was die Vernunft bestimmt hat :] 14 Die] ErWl : Solche Einseitigkeit wie nur Subject , nur Object ist nicht wahr sondern die 14–15 nur dies , … D e n k e n ,] ErWl : [daß das reine Subject ,] Wl : nur dieß , daß das Subjektive , das rein Subjective ,] das innerlich Subjective , das denken diese Innerlichkeit , 16 haben wir … zunächst] ErWl : als Vernunft geht 17–863,3 an die … Objectiven .] ErWl : um [das] Wl : dieß Um sich

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18–19 einen Sinn , … hat , bei Wl mit Einfügungszeichen unter der Zeile 20–21 weiß man … Tone . 35 bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 26 bei] folgt ein Verweiszeichen auf einen gestr . Text am linken Rande : in sr Innerlichkt 29 Indem] Lesart unsicher 30 tief und … ausgedrückt . bei Wl mit Einfügungszeichen am linken Rande 31 Gedächtnisses] Gdchtniß 33 Solche Einseitigkeit … die 40 bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 35 das innerlich Subjective , bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 36 dieß] folgt am linken Rande gestr : ihr zunächst äußerliche subjectiv zu setzen ,

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zu machen . Der Mensch hat den Glauben , Herr darüber zu sein , sie zu wissen , und diesen hat er nur in so fern als er ahndet , daß er eins ist mit dem wahrhaft Objectiven . Der Gang der Intelligenz bis zu dieser Stufe war also : daß die Intelligenz zunächst das Äußerliche als das Ihre setzt . Aber sie ist starr auch die entgegengesetzte bewegung ; jenes ist nur die e i ne Seite ; das andre ist dieses , daß die Intelligenz sich selbst als objectiv | im Sinn der Äußerlichkeit setze , und dies sich setzen der Intelligenz als die Äußerlichkeit an sich selbst , in ihrer höchsten Innerlichkeit selbst mechanisch zu sein , sich in der Äußerlichkeit zu verhalten im Raum , in welchem nur eine Reihe von Äußerlichkeiten auf ganz sinnlose Weise ist – daß sie sich zu solchem m a c ht , darin ist die bestimmung der Äußerlichkeit der Intelligenz in ihr selbst enthalten . Es ist diese Organisation des Geistes bisher ein vollkommen unverstandenes , unbegriffnes gewesen . Im Logischen wird das erwiesen , daß das Subjective und Objective e i n s ist und das Wahre eben dieses E i n s s e i n . Die Intelligenz

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dessen zu bemächtigen , und dieß] ihr zunächst Aeußerliche [subjectiv zu setzen ,] Wl : als das ihrige 15 zu setzen als subjektives .] der Geist [traut] Wl : hat den Glauben , traut] sichs zu daß er fähig sei dies

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zu wissen [er ahndet daß er an ihm selbst identisch ist mit der Objectivität in ihrer Wahrheit d . i . eben in ihrer Allgemeinheit .] Wl : und zu erkennen , so fern er die Gewißheit hat , daß er an ihr selbst sei identisch mit der objektiven Welt in ihrer Allgemeinheit , Wahrheit . –] 3–4 bis zu … das1] ErWl : [war] Wl : bis zu dieser Stufe war] bisher , das Unmittelbare 4–5 Ihre setzt . … Intelligenz] ErWl : Ihrige zu setzen aber eben so ist sie die [umgekehrte] Wl : entgegen gesetzte Thätigkeit von dieser] Richtung . damit diese Einheit vollkommen zu Stande kommt ist die andre Seite , [daß sich] Wl : daß] die Intelligenz 6 sich] Wl : das unmittelbar gegebene als das ihrige setzt , – daß sie sich 6–7 im Sinn … selbst ,] ErWl : [setze , als das Aeußerliche] Wl : setzt , – und dieß Setzen der Intelligenz als Äußerlichkeit] an ihr selbst , 7–8 selbst mechanisch … sein ,] Wl : – mechanisch ganz äußerlich 8 in der … Raum] ErWl : zu verhalten als dieser Raum 8–10 in welchem … m a c h t ,] Wl : wo neben ein ander oder ganz sinnlos Reihen von Zeichen stehen ; daß sie sich dazu macht , 9–10 eine Reihe … m a c h t ,] Er : neben einander oder ganz sinnlos Reihen von Zeichen stehn ; 10–864,2 die bestimmung … ganz] ErWl : [eben] Wl : enthalten die Bestimmung der Äußerlichkeit des Geistes an ihm selbst . darin ist eben] der Uebergang zum denken ausgesprochen . [der Gang der Intelligenz ist ,] Wl : Dieß Moment des Gedächtnisses ist ein bisher ganz vollkommen unverstandenes . – Intelligenz ist Vernunft . Gang der Intelligenz :] daß sie die Einheit des Sub- und Objects | an sich , daß diese für sie ist , daß sie es wisse [und ] Wl : daß es für sie ist , das Innerliche , Subjektive zu seyn und] daß sie in dieser Innerlichkeit an ihr selbst schlechthin das Entgegengesetzte , das Objective sei und das Objective ganz zunächst

35 13 Wahre] folgt gestr : die Vereinigung beidr

14 ihr zunächst Aeußerliche bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 15 traut sichs zu bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 19 war bisher , … 35 Unmittelbare bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 20 aber eben … sie bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 20–22 dieser Richtung . … Intelligenz bei Wl mit Einfügungszeichen am linken Rande 25 als dieser Raum bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 29 darin ist … ausge31–32 Einheit des … es1 bei Wl mit Einfügungs40 sprochen . bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande zeichen am linken Rande 33 schlechthin das Entgegengesetzte , bei Wl mit Verweiszeichen am linken Rande 33–34 und das Objective bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile

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weiß , daß das Objective für sie ist : subjectiv zu sein . (dieses Objective nämlich noch ganz im Sinn der Äußerlichkeit genommen . Für uns oder an sich ist ganz dasselbe ; was an sich ist , ist nicht bloß an sich , sondern es offenbart sich , ist auch für uns , es kann nicht verborgen bleiben . Gerade hier ist die Stelle , wo für die Intelligenz dies in ihr Wissen tritt , daß dies Objective sie selbst ist , und sie selbst das Objective . Es ist nicht selbst dies : daß das Objective in der Intelligenz sei ; das weiß schon die gemeine Vorstellung , und es faßt sich leicht und ist allen bekannt , daß wir in der Vorstellung den Gegenstand zu dem unsrigen machen , ihn zu uns herein nehmen ; nein ! die Intelligenz setzt sich auch selbst als das Objective , und so ist sie im Gedächtniß , aber noch auf mechanische Weise , die zugleich aber die Kraft ist dieses Sinnlose zusammenzuhalten . Das ist die Stellung des Gedächtnisses überhaupt ; das Äußerliche ist nicht in der Intelligenz bloß , sondern die Intelligenz selbst existirt mit als d ie s e Äu ß e r l i c h k e i t . So kommen wir zum Gedanken : es ist in der Intelligenz diese Einheit ihrer Innerlichkeit und Äußerlichkeit ; es ist diese bestimmung des Objectiven : nicht ein von ihr ve r s c h ie d e n e s zu sein , sondern ihre eigne in ihr[ .] Es ist einer der schwersten Punkte in der Systematisirung der Intelligenz

177 Wl

2 Äußerlichkeit genommen .] ErWl : Aeußerlichkeit . ist ganz dasselbe ;] ErWl : [– es ist] Wl : (das ist dasselbe ,] noch nicht da am Gegenstande gesetzt , noch das Innere – ist die Intelligenz Vernunft . Aber 3 ist nicht … sich ,1] Er : kann nicht verborgen bleiben , nicht bloß … es1] Wl : überhaupt , 3–4 offenbart sich , … Gerade] Er : tritt alles in die Existenz und gerade 3 ist auch … es] Wl : manifestirt sich , 4–6 für die … Objective] Er : die Intelligenz das Wissen ist dieser Objectivität an ihr selbst . daß die Objectivität 5–6 in ihr … daß] Wl : Wissen eintritt , daß sie an ihr selbst das Objektive ist . – 1 .) dieß 6–9 sei ; das … selbst] ErWl : überhaupt sei [ist] Wl : – ist leicht angenommen , – ist] in der Anschauung , [daß] Wl : Wahrnehmung ; daß] ich das was unmittelbar , gegeben ist auch in mir setze . die andre Seite [ist] Wl : 2 .) ist ,] daß sich die Intelligenz [selbst] Wl : selbst setzt] 9 Objective , und ] Er : Objective setze , 10 aber noch auf] ErWl : auf 10–11 ist dieses … die] ErWl : dieser mechanischen Weise dieses Zusammenhalts , dieser Sinnlosigkeit selbst ist . | [die] Wl : Das Moment ist also die] 11–12 überhaupt ; das … nicht] ErWl : [ist das Moment daß] Wl : daß] die Einheit des Subjects und Objects nicht nur an [sich] Wl : sich sei] 12–865,8 bloß , sondern … Zwecke .] ErWl : sondern diese Einheit gesetzt werde an der [ Intelligenz ,] Wl : Intelligenz als solcher ,] daß sie diese Aeußerlichkeit sei . So existirt in der Intelligenz , daß das was in ihr ist auch ein Aeußerliches sei , die Objectivität ein nicht von ihr Verschiednes sondern identisch mit ihr [sei . –] Wl : sei. – Das ist Uebergang zum Denken . – / Itzt ist für die Intelligenz diese Einheit ihrer Innerlichkeit und Äußerlichkeit , – es ist ein Existirendes . Die Objektivität ist also ihr eigenes

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2–4 Für uns … bleiben . durch Längsstrich am linken Rande hervorgehoben . 6 nicht selbst dies :] Lesart 35 unsicher ; über gestr : darum nicht nöthig , 9–10 im Gedächtniß , … die1 bei Wl am linken Rande ; folgt im Text gestr : s . das mechan . Gdchtniß 18 noch das Innere – bei Wl über der Zeile mit Einfügungs- 35 zeichen 23 ist . –] folgt gestr : Es ist überhaupt sei bei Wl unter gestr : ist 24 ist in … Anschauung , bei Wl mit Einfügungszeichen über der Zeile 24–25 daß ich … Seite bei Wl nachträglich zwischen den Zeilen und am linken Rande 29 die Einheit bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 30 diese 40 Einheit … der bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 31–33 sei . So … sei. – bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande ; folgt im Haupttext gestr : existirt . –

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diese Stellung des Gedächtnisses zu fassen und dessen organischen Übergang in das Denken zu begreifen . Man hat sonst von dem Gedächtniß verächtlich geredet und nur etwa seine Nützlichkeit gekannt und gelobt ; das ist allerdings auch ganz recht – das Denken ist noch nützlicher , wenn man doch alles aus dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit betrachten will ; man hat allerdings das Recht dazu aber es ist nicht der wahrhafte Gesichtspunkt in der Organisation der Intelligenz . Der Zweck ist sehr vielfältig ; es gibt gar mancherlei | Zwecke ; so sind Sittlichkeit und Religion auch nützlich , sie sind auch besondre Zwecke . Aber der wahrhafte Zweck ist die Intel|ligenz selbst ; daß sie realiter ist , daß sie als Intelligenz zur Existenz komme , das ist der absolute Zwekk . Man setzt das Gedächtniß gewöhnlich unter die Einbildungskraft herunter , als ob es etwas Geringers wäre ; aber das Wort , der N a me ist die viel höhere Weise der Existenz , als wenn ein Inhalt bloß eine Existenz hat als bi ld ; das Wort ist von der Intelligenz selbst geschaffen , es ist ihr : he r a u s – Worte sind höher als Anschauung und bilder ; sie sind im Gedächtniß

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15 Moment . E n d e der Anm . Es ist einer der schwersten Punkte in der Lehre vom Geiste , in der Syste-

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matisirung der Intelligenz die Stellung des Gedächtnisses zu fassen , – und dessen organischen Uebergang in das Denken zu begreifen . – / Das Gedächtniß hat man verachtet , als n ü t z l i c h , allerlei zu behalten . Ganz richtig , das denken ist noch nützlicher .] / Nützlich heißt : es ist etwas für einen bestimmten Zweck und je höher , vortreff licher Etwas ist , desto mehr ist es allgemein , substantiell , [alle] Wl : werden alle] besondern Zwecke [ haben] Wl : damit gefordert , haben] darin ihren [ Halt .] Wl : Halt , desto nützlicher werden sie allerdings . –] der Zweck ist sehr vielfach und daß Recht Sittlichkeit pp darin , das ist in gewisser Betrachtung wahr . 8 Aber der … Zweck] Wl : Das ist aber , hat man gleich das Recht so zu betrachten , nicht der wahrhafte Gesichtspunkt . der absolut wahrhafte Zweck des Gedächtnisses (und danach ist das wesentlich fi losophische zu betrachten) das 8–9 wahrhafte Zweck ist] Er : absolute Zweck des Gedächtnisses ist , daß 9 selbst ; daß … Intelligenz] ErWl : [real] Wl : daß sie real] sei , daß die Einheit der Subjectivität und Objectivität 10 komme , das … setzt] Er : kommt . dann setzt man Man] Wl : In A n m . Man 10–12 gewöhnlich unter … viel] Wl : auch herunter unter Einbildungskraft , als wäre sie Höheres . darüber habe ich gesprochen bei Mnemonik , wo Worte (Gedächtnißsache) verwandelt wurden in Bilder . Im Worte hat Etwas 10–11 gewöhnlich unter … Geringers] Er : auch herunter als ob die Einbildungskraft vortreff licher 12–13 wenn ein … b i l d ;] Er : die des Bildes . Wl : im Bild . 13 von der] Wl : Etwas , was von 13–14 geschaffen , es … h e r a u s –] Wl : geschaffen ist , ein zweites dasein , eine Vorstellung auf eine Weise äußerlich gemacht , die von der Intelligenz selbst ge schaffen ist . – 13–866,1 es ist … so1] Er : eine Vorstellung auf eine Weise 14–866,3 Anschauung und … leere] Wl : Anschauung , als Bild , und so Gedächtniß nach seinem Inhalt , und als Thätigkeit , und dieser reine

15–17 Lehre vom … begreifen . – nachträglich zwischen den Zeilen und am rechten Rande 18–19 Nütz… und bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 19 ist es … substantiell , bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande 20–21 haben darin … Halt , bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 21–22 der Zweck … wahr . bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 23 absolut über 24 des Gedächtnisses über der Zeile mit Einfügungszeichen 26 daß 40 der Zeile mit Einfügungszeichen sie … Objectivität bei Wl mit Einfügungszeichen am rechten Rande 32–33 eine Vorstellung … ist . – mit Einfügungszeichen am rechten Rande ; folgt im Haupttext gestr : Anschauung 35 lich heißt :

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wieder zu bildern vorgestellt , sie sind der Inhalt , so äußerlich gemacht so , daß sie von der Intelligenz selbst producirt sind ; und so ist das Gedächtniß auch höher als die Einbildungskraft – Das Gedächtniß ist der leere Raum , in den man Alles neben einander stellen kann , aber es selbst ist dann die abstracte Kraft des Zusammenhaltens dieses Stoffs . In dem Mechanismus des Gedächtnisses hat also die Intelligenz sich selbst diese Objectivität gegeben ; sie ist selbst diese Äußerlich keit – der abstracte Raum . So hat die Intelligenz sich im Gedächtniß die bestimmungen gegeben , die dem D e n ke n angehören : Eine Innerlichkeit , die an ihr selbst die Äußerlichkeit ist , das ist das Denken ; es sind die Momente die zum Denken gehören . Es ist aber in diesem Übergang für uns noch ein weiteres vorhanden , wodurch das Gedächtniß Denken wird . Die bestimmungen , zu deren Vereinigung die Intelligenz jetzt gekommen ist (die Intelligenz , die existirt als diese Äußerlichkeit) sind noch nicht genug ; das weitere ist , daß zugleich der Gegensatz weggefallen ist , der zwischen der Unmittelbarkeit , dem Äußerlichen – und Innerlichen vorhanden ist , der ein Gegensatz ist , ein Unterschied der Einzelheit und Allgemeinheit . Ich die Intelligenz ist das rein einfache für sich sein ; das ist die Allgemeinheit ; das ihr so gegenüberstehende (ihr , als dem Allgemeinen) das Unmittelbare ist damit zugleich

das Denken Er

2 sie] Er : die Aeußerlichkeit 2–3 producirt sind ; … den] Er : geschaffen ist . Im Gedächtniß kann 4 kann , aber … die] ErWl : [aber] Wl : kann wie im Raum .) aber] es ist eben diese allgemeine 4–5 Zusammenhaltens dieses … Gedächtnisses] ErWl : Zusammenhaltens . [ Im] Wl : In diesem] Gedächtniß 6 selbst diese … diese] Er : Objectivität an ihr selbst gegeben und sie ist damit abstracte sie ist … diese] Wl : und sie ist die abstrakte 7 der abstracte … Gedächtniß] Wl : und abstrakter Raum . damit hat dem Gedächtniß die Intelligenz 7–8 im Gedächtniß … angehören :] Er : die Bestimmung gegeben die das d e n k e n ist , 8 Eine Innerlichkeit ,] Wl : Innerlichkeit 9 ist , das … die1] Wl : ist . – Damit ist es D e n k e n . – In diesem Uebergang sind nicht nur diese das ist … es] Er : Das 9–10 gehören . Es … aber] Wl : gehören , sondern 10–13 in diesem … zugleich] ErWl : noch eine weitre Bestimmung hinzuzufügen die in unsre Betrachtung fällt , daß diese vorhanden ist im Gedächtniß . die Intelligenz ist gekommen zur Innerlichkeit , die schlechthin [die] Wl : an ihr selbst die] Aeußerlichkeit ist , die Intelligenz ist schlechthin an ihr selbst die Aeußerlichkeit . Das weitre Verhältniß , [ Bestimmtheit , ist] Wl : Bestimmtheit ist ,] daß damit 14 der Unmittelbarkeit ,] Wl : dem Unmittelbaren , dem Äußerlichen … Innerlichen] ErWl : Aeußerlichkeit und der Innerlichkeit 15 der ein … ist ,] ErWl : [was] Wl : welcher] nicht nur ein Gegensatz ist [der] Wl : der Äußerlichkeit und Innerlichkeit , der] Unmittelbarkeit , des Gegebenseyns , und der Innerlichkeit , des Bei sich seyns , sondern [zugleich] Wl : welcher ein Gegensatz ,] Einzelheit] Wl : Einzelnheit zugleich Ich die] ErWl : die 16 rein einfache … die] ErWl : einfache reine Bei sich [seyn der] Wl : sein , ist die reine] 17–867,1 gegenüberstehende (ihr , … der 1] ErWl : [als dem] Wl : dem] Allgemeinen , gegenüber seyende , das Seyende überhaupt hat die

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4 neben einander bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 19–20 es ist … allgemeine bei Wl über der Zeile mit Einfügungszeichen 27 Bestimmung bei Wl folgt gestr : es ist was wir gesehen haben 27–30 hinzuzufügen die … daß bei Wl am rechten Rande 33–34 der Unmittelbarkeit , … sondern 40 bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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in der bestimmung der Einzelheit , der besonderheit . | Dieser Gegensatz hat sich hier nun aufgehoben , und dadurch ist die Intelligenz wesentlich als Denken bestimmt . Indem nun aber eben die Intelligenz an ihr selbst diese Äußerlichkeit , diese sinnliche Weise ist , so ist damit der Unterschied von ihr als des allgemeinen gegen das Einzelne weggefallen ; denn das Viele , oder der Unterschied | überhaupt i s t eben nur d a d u r ch . Die Intelligenz ist so das concret allgemeine (nicht ein abstract Allgemeines) sondern ein Allgemeines das das besondre , Einzelne (Unmittelbare) an ihm selbst gesetzt hat . Die Intelligenz ist das Übergreifen über das andre (das Eine und das andre) so ist sie das A l l g e me i n e . Sonst , wenn dem allgemeinen noch ein besondres gegenübersteht , ist es selbst nicht das Allgemeine , sondern selbst noch ein besondres . Der Sinn des Denkens ist dieser : w a s ich denke , das ist die Sache ; ich habe die Empfi ndung , die Anschauung erst , wenn ich darüber nachdenke ; ohne sind sie noch keine Sache , die Sache wird nur erst durch das Denken . Das ist e r s t d i e O bj e c t i v it ä t wenn die Sache durch die Intelligenz zur Sache geworden ist ; sonst ist noch kein Objectives , sondern bloß Äußerlichkeit . Das Denken ist erst das

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1 besonderheit .] ErWl : [ Mannigfaltigkeit überhaupt ,] Wl : Mannigfaltigkeit] des Besondern . | 1–2 sich hier nun] ErWl : sich 2 dadurch ist … Intelligenz] Wl : wodurch die Entwicklung bestimmt .] Wl : bestimmt ist . 3 Indem nun … eben] Er : die Intelligenz , das einfache Bei sich seyn und die Aeußerlichkeit , das ist der Gegensatz , indem aber diese Äußerlichkeit , diese] Er : diese diese2 ] Wl : Raum , 4 Weise ist , … damit] Wl : Weise , an ihr selbst ist , ist ist , so … damit] Er : der Aeußerlichkeit ist , ist 4–5 das Einzelne] Er : die Einzelheit Wl : das Besondere , Einzelne 5 denn das … der] Er : Sofern der Unterschied überhaupt noch vorhanden ist , ist dieser Wl : denn der 5–7 i s t eben … ein] Er : das Einzelne ; indem dieser Unterschied sich aufgehoben hat ist die Intel ligenz ein concretes 6 d a d u r c h . Die … so] Wl : dadurch aufgehoben , – und so ist die Intelligenz 6–8 ein abstract … hat .] Wl : bloß das abstrakt Allgemeine , das noch das Besondere sich gegenüber hat . Die Intelligenz hat unmittelbar sich als das Allgemeine darin gesetzt , – und damit das Denken . 7 besondre , Einzelne (Unmittelbare)] Er : Einzelne Besondre 8 ist] ErWl : als die Einheit von beiden ist 8–11 andre (das … dieser :] Er : Andere , die Einheit der vorhin verschiednen . / Gesetzt so , ist sie das Allgemeine . Vo r h e r i s t das Allgemeine s e l b s t n o c h n i c h t e i n wahrhaft Allgemeines , sondern in der That selbst nur Besondres , dem Besondern gegenüber . damit daß die Intelligenz als Innerlichkeit selbst diese Aeußerlichkeit an ihr selber ist , ist sie die Einheit von beiden , die wahre Allgemeinheit . das denken enthält diese Bestimmung , Wl : Andere ; indem sie das ist , ist sie das Allgemeine , | denn eben das Allgemeine ist das Uebergreifende : denn das Allgemeine , das einem Besonderen gegenübersteht , ist selbst nur ein besondres . – die Intelligenz ist so die Einheit von Subjekt und Objekt und so das wahrhafte Allgemeine – so ist die Intelligenz bestimmt als das Denken . – / Sinn des Denkens ist , daß , 11–15 ich habe … Das] Wl : und die Sache habe ich erst in seiner Wahrheit , (wenn ich darüber nachdenke) durch das Denken , – und sofern ich Gegenständlichkeit überhaupt gedacht habe , in sofern er ist ist es die Sache . – Erst im Denken hat Alles seine Objektivität und das 11–13 ich habe … Sache ,] Er : w a s d a r a n i s t , w a s d i e Sache ist , d a z u m u ß i c h d a r ü b e r nachdenken . 13 nur] Er : mir 13–15 Denken . Das … Das] Er : denken , und erst sofern es Gedanke , Noumen ist , ist es die Sache . das Andre ist nur Existenz , Meinung , nichts Objectives , erst im denken hat es seine Objectivität , das 15 erst] ErWl : also

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Objective . – Es kann noch bemerkt werden , was auch in der anmerkung steht , daß die Jugend nicht zufällig ein gutes Gedächtniß hat ; sie hat es nur darum , weil sie noch nicht nachdenkt ; im Alter wird das Allgemeine mächtiger ; der Mensch stirbt so zu sagen an der Allgemeinheit – Erfahrung . Weisheitsprüche werden nun das Interessante und in diesen verschwindet das besondre . Das Gedächtniß der Jugend wird absichtlich oder unabsichtlich geübt , um den boden ihrer Innerlichkeit zum reinen Sein , zum reinen Raum zu ebnen , in welchem die S a c he , der an sich seiende Inhalt ohne den Gegensatz gegen eine subjective Innerlichkeit , gewähren und sich expliciren könne . Ein gründliches Talent pflegt mit einem guten Gedächtniß in der Jugend verbunden zu sein . Wir gehen nun 3 , zum Denken über .

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C . D a s D e n ke n . § 465

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§ 465 . L ü k ke n bü ß e r) : Durch die E r i n ne r u n g des unmittelbaren bestimmtseins der Intelligenz und die Entäußerung ihres subjectiven bestimmens ist die Differenz , mit der das Vorstellen behaftet ist (§ 451) aufgehoben , und deren Einheit

1–3 Es kann … wird] Wl : A n m . : die Jugend hat nicht zufällig ein beßres Gedächtniß als das Alter , weil die Jugend sich noch nicht nachdenkend verhält . Kinder denken noch nicht nach ; haben gutes Gedächtniß ; alle Anschauung , Bilder , bleiben drin . Später behält man nicht so . das Behalten ist stärker , weil im Alter Es kann … nachdenkt ;] Er : die Jugend hat das gute Gedächtniß , weil sie sich noch nicht nachdenkend verhält , die Bilder sind noch lebhafter , das Behalten von Gegenständen ist in der Jugend stärker , 3 mächtiger ; der] Wl : mächtiger wird (der mächtiger ;] Er : mächtig , Sprüche der Weisheit , Erfahrungen sind das Interesse und deswegen be|hält man das Besondre nicht mehr so . 4–14 so zu … und ] ErWl : an dieser [Allgemeinheit , diesem Zusammengehn mit sich , diesem Aufhören der Differenz . die unmittelbare Existenz , Anschauung , Gefühl ist erinnert worden , die Intelligenz bestimmt das als das Ihrige ; das andre ist eben so wesentlich ,] Wl : Allgemeinheit) und deswegen behält man das Besondere nicht so . – / Durch die Erinnerung der unmitt / Sie ur theilt über das Unmittelbare , bestimmt es als das Ihrige . Aber dann ist die andere Seite eben so wesentlich :] 14–869,1 bestimmens ist … geworden ;] Wl : Bestimmens , daß das Ihrige eben so als ein nicht subjektives ist . – dadurch ist die Differenz aufgehoben , die in Vorstellung vorhanden war . Im Vorstellen als solchen ist das Unmittelbare vorhanden , das Ihrige gegeben . die Bestimmung das Ihrige zu seyn ist verschieden . Im Denken ist Einheit zu Stande gekommen , daß das Ihrige auch das Äußerliche ist . Daß Wahrheit , 14–15 bestimmens ist … deren] Er : Bestimmens , daß das Ihrige eben so als nicht subjectiv gesetzt werde , es in Weise der Unmittelbarkeit überhaupt sei . damit ist die differenz aufgehoben , die in der Vorstellung vorhanden war ; in der Vorstellung ist das Aeußerliche , Gegebne und die Bestimmtheit , das Ihrige zu seyn , verschieden . Im denken ist zu Stande gekommen , daß das Aeußerliche das Ihrige ist . dadurch ist die

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26 unmitt Satz bricht ab

32 Daß] Das

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und Wahrheit geworden ; der Gedanke . D e r G e d a n ke ist die Sache , einfache Identität des Subjectiven und Objectiven . – Was g e d a c ht ist , i s t , und was i s t , ist nur , insofern es Gedanke ist . | In der Vorstellung ist also noch der Gegenstand von dem Ihrigen der Intelligenz verschieden . Im Denken sind beide Eins . Der G e d a n ke i s t d i e S a c he ; was gedacht ist , i s t ; und was ist , i s t nur insofern es Gedanke ist . – das Gedächtniß ebnet erst den Boden der Innerlichkeit zum reinen Raum für das Denken – es ist ein mechanisches , ein an ihr sachliches allerdings ; aber diese Zubereitung des bodens ist die Form daß die Intelligenz als D e n k e n existirt[ .] § 465 Das Denken ist für sich , ist Gedanken habend . Die Intelligenz will Denken ; sie ist als Trieb zu Denken , zu ihrem Zweck . Das ist , was wir auch gewöhnlich Denken nennen . Das Denken als Thätigkeit ist die geistige reine Thätigkeit überhaupt . Die Intelligenz ist nichts als denkende Thätigkeit ; alle Thätigkeit der Intelligenz ist , jenachdem die Voraussetzung ist , verschieden ; immer aber ist sie dieses : das ihr Äußerliche zu dem ihrigen zu machen , zu dem ihr allgemeinen – da ist die

1–2 der Gedanke . … was] Er : Was die Sache , … Objectiven . –] Wl : das Gedachte . 2–3 was i s t , … nur ,] Wl : ist , 3–7 Gedanke ist . … der] Er : Gedanke , und was Gedanke ist , ist die Sache . das denken ist auch empirisch , die Uebung des Gedächtnisses enthält : die 4–7 In der … erst] Wl : Bestimmungen des Denkens . der Mensch durchläuft empirisch die verschiedenen Stufen Empfindung Anschauung p . Gedächtniß . Die Uebung des Gedächtnisses enthält 7–8 der Innerlichkeit … diese] Wl : zu ebnen zum reinen Seyn . die Nöthigung des auswendig lernens ist Tortur , aber es ist diese Tortur , sich zu dieser Abstraktion zu machen und sich zu ihr zu befestigen . Um dieser Abstraktion Willen ist das Innre zu einem an ihm selbst Mechanischen gemacht . – diese 7–9 für das … Form] Er : zu ebnen , sich in sich zum Abstracten zu machen wodurch diese Innerlichkeit um der Abstraction willen ein an ihm selbst Mechanisches , die Innerlichkeit zu einem an ihm Sachlichen gemacht wird . diese Innerlichkeit ist 9–10 ist die … Die] Wl : der Innerlichkeit ist daß das Denken als solches die Form der Intelligenz ausmacht . / das Denken / Gedanken haben . – Hier ist das Denken nicht als unmittelbare Thätigkeit , sondern es ist für sie daß sie denkend ist , die 10 § 465 Das Denken] Er : das denken der Intelligenz , es Die] Er : hier ist das Denken nicht als unmittelbare Thätigkeit . Die 11–12 sie ist … Thätigkeit1] Wl : das denken ist ihr Zweck . – Gedanken haben – der Inhalt ist Gedanken . – das zu ihrem … nennen .] Er : so daß Denken ihr Zweck ist . 12 Thätigkeit1] Er : Thätigkeit , wie es nicht als Zweck der Intelligenz ist , 12–15 überhaupt . Die … das] ErWl : überhaupt und das ist die [Ansicht] Wl : Einheit ,] die man durch [ Erkenntniß des Geistes] Wl : Erkennen] erhält , daß [sie sich als denkend verhält ,] Wl : die Intelligenz] denkende | Thätigkeit ist . [die Intelligenz ist immer dies] Wl : Alle Thätigkeit der Intelligenz ist dieß , eben] theils das Unmittelbare , 15 Äußerliche] Wl : Äußere zu dem … allgemeinen –] ErWl : [und damit zu bestimmen zur Allgemeinheit .] Wl : also zum Allgemeinen zu machen .] die Anschauung wird [ Bild , herausgeschnitten aus dem unendlichen Zusammenhang womit die Anschauung zusammenhängt ,] Wl : zum Bild , zu einem Allgemeineren , herausgenommen | aus dem Zusammenhange in dem sie ist ,] und die [ Bestimmtheiten derselben nur auf eine unbestimmte rein allgemeine Weise lassend .] Wl : Bestimmtheiten die sie als Anschauung enthält , auf unbestimmtere 14 immer] folgen einige unleserliche Zeichen

76r Sg ; 3 FebrSg

§ 465

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Intelligenz thätig als denkend überhaupt , aber auch als u r t he i l e n d , und das ist sie so fern sie ihre Vorstellung ausspricht und indem sie sie mit bildern bekleidet , und in so fern die That der Intelligenz das Wort ist . Die Thätigkeit der Intelligenz ist das Wo r t ; sie setzt darin das Ihrige als ein Äußeres ; sie bestimmt das Allgemeine zu einem Einzelnen , setzt es ins besondre hinaus , macht das Allgemeine zur Anschauung[ .] Das allgemeine zum einzelnen herauszusetzen ist es thei len : ur theilen ( ? ) Hier ist aber nicht bloß dies : daß die Intelligenz denkend ist , sondern daß sie den Trieb , den Zweck hat zu denken , es ist ihre bestimmung , Zweck oder begriff : zu denken : Zweck ist begriff , in so fern daß der begriff zur Existenz kommen soll ; die Intelligenz ist Zweck , in so fern es ihre bestimmung für sie ist – Diese Heraussetzung des Denkens in die Existenz daß sie sich gibt als denkend – das geschieht durch das bisherige . Der gesetzte Gedanke d . h . , daß das Thun der Intelligenz nicht mehr nur an sich ist , nicht mehr nur in der Form der Unmittelbarkeit ; in Anschauung und Vorstellung ist diese Unmittelbarkeit noch ; auch die Einseitigkeit

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Allgemeine Weise zu lassen .] 1 aber auch] Er : sie ist thätig Wl : Aber sie ist auch thätig 1–9 und das … fern] Wl : sofern sie dieß ausspricht , und sofern ihre That das Wort ist . da ist es umgekehrt , daß die Intelligenz ihr Allgemeines , das Ihrige , zur Einzelnheit bestimmt , das Allgemeine heraussetzt , zum Äußerlichen macht : das ist zunächst u r t h e i l e n . Das Allgemeine als Einzelnes bestimmt , wieder es theilen . / Die Intelligenz als thätig überhaupt i s t denkend . Vernünftige Thätigkeit p verschiedene Weise , aber immer dieselbe Thätigkeit . – Sie i s t aber nicht nur denkend , sie hat zum Zwe c k das Denken , hat den Trieb zum Denken . Das ist der absolute Zweck , Begriff , – (Zweck ist der Begriff so 1–3 und das … die] Er : sofern sie ihre Bestimmtheit verwendet , die Realität , darstellung zu seyn . die 3–7 das Wort … sondern] Er : ist das Wort . da ist es umgekehrt , das Allgemeine zur Einzelheit zu bestimmen ; es ist dies Erheben des Unmittelbaren zum Allgemeinen und das Allgemeine heraus zu setzen zu einem Aeußerlichen zu machen . – da ist Ur theil , an sich der Schluß . das Allgemeine als Einzeln bestimmen , wieder es theilen , die Thei lung wieder vornehmen ist Ur theil . die Intelligenz als thätig ist denkend . die verschiednen Weisen der Thätigkeit sind im denken aber hier ist es , 8–9 es ist … denken :] Er : daß sie für sich als denken bestimmt ist . der absolute innere Zweck der Intelligenz ist denkend zu seyn . 9 begriff , in … begriff ] Er : der Begriff so daß der Begriff realisirt werden , 9–10 soll ; die … ist –] ErWl : soll und [dieser Begriff ist in der Intelligenz] Wl : in der Intelligenz ist der Begriff Denken] zur Existenz gekommen ; sofern es für sie ist , daß [sie denkend ist , so ist es für sie ihre Bestimmung , für sie ihr Zweck .] Wl : das ihre Bestimmung ist .) der Intelligenz , daß sie Denken ist .] 11 Denkens in … Existenz] ErWl : denkens , sie sich … denkend –] Wl : die Intelligenz sich gilt als Denken , 11–12 das geschieht … Der] ErWl : ist [durchs Bisherige geschehn das denken , der] Wl : was bisher geschah , das Denken ist der] 12 Gedanke d . h . , … Intelligenz] Er : Gedanke ; es ist g e s e t z t ist f ü r die Intelligenz , daß das denken nicht mehr als unmittelbare Thätig keit ist , Thun der Intelligenz] Wl : Denken 13 sich ist ,] Er : sich , so ist es der innere Begriff ; die Intelligenz ist ist ,] Wl : ist (das ist der innre Begriff ) nur in der] Er : in 13–14 Unmittelbarkeit ; in … auch] Wl : Unmittelbarkeit (so Anschauung , Vorstellung) . diese Unmittelbarkeit und auch wieder in Anschauung … noch ;] Er : da ist es Anschauung , Gefühl , Vorstellung , und 3–6 Die Thätigkeit … Anschauung am rechten Rande ist

27 als] folgt gestr : denkend ist

37 ist 3] ist

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des Setzens . Das subjective hat sich aufgehoben ; so ist das Denken gesetzt als das Wesen der Intelligenz ; indeß auch das Denken ist noch subjectiv – was sich erst im W i l l e n aufhebt . – Also es ist für die Intelligenz denkend zu sein ; und nun will sie denken ; sie will , daß ihre Anschauungen Empfindungen , Vorstellungen : Gedanken werden , sie denkt nach ; sonst hat sie auch den Trieb Kenntnisse d . h . geltende Vorstellungen zu besitzen . | Die Intelligenz will also denken ; ihr begriff ist ihr Zweck ; und da hat sie denn diese Vorstellung vom denken : d a ß d e r G e d a n ke d i e S a c he i s t etc . Ich habe dies auch wohl gesagt : es ist das Vor ur theil des Menschen , das nun zu wissen , was wir so erkannt , was ich so mir empfinde etc . daß ich darüber nach denken muß ; sonst weiß ich die Sache nicht . Das hat man nicht so auf flacher Hand , was die Sache ist , dazu gehört angestrengtes Nachdenken . Diesen Sinn hat der Ausdruck : die Einheit des D e n ke n s und des S e i n s ; es ist allerdings ein schiefer Ausdruck ; man hat das Denken hier als Vorstellung genommen : ich habe nicht daran g e d a c ht oder so ; dann kann das Denken auch ganz formell sein ; die Vorstellung kann nun freilich nichts dazu thun ; die Sache selbst zu geben , ebenso ein formelles Denken ein Raisonniren kann mich am weitesten links führen . Ebenso S e i n ist eine voll1 Setzens . Das subjective] Er : Seyns , des Subjectiven Wl : Setzens ,

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1–3 gesetzt als … nun] Er : für

20 die Intelligenz gesetzt nicht nur als einseitig sondern als ihr Wesen . die Intelligenz hat sofern ihren

2–6 indeß auch … besitzen .] Wl : das Denken selbst ist subjektiv , – worüber beim Uebergang zum Willen . / Standpunct also ist , daß es für die Intelligenz ist , daß sie denkend ist , daß sie ihren Begriff erreicht hat . Sie will denken , d . h . daß d a s , was sie sich ist , Anschauung p , Gedanke werde . Kenntnisse (sind geltende Vorstellungen) daß sie das wisse als Gedanke , daß in Gedanken verwandle ; – das Unmittelbare Einzelne in Gedanken zu verwandeln . 4 Empfindungen , Vorstellungen :] Er : Vorstellungen 5 sie denkt … Trieb] Er : Ein andres ist daß die Intelligenz den Trieb hat 7 Die] Er : daß sie dies wisse als Gedanken , daß sie das in ihr in Gedanken verwandle , das ist h i e r , daß sie das Gegebne verwandle in ein Freies , der Gang der Intelligenz ist dann für sie , daß sie das ist das zu thun . die 7–8 also denken ; … diese] Wl : denken , der Begriff ist Zweck , sie will ihre Bestimmung erfüllen , – und da hat sie die 7 also denken ; … begriff ] Er : denken , das was sie ist 8–17 etc . Ich … eine] Wl : und daß das was ist , Gedanke ist . Das ist das ewige Vor ur theil der Menschen , daß , was in meine Anschauung p kommt , – was daran ist , zu wissen , die Wahrheit , muß ich nachdenken drüber . Das ist das Vor ur theil , wovon die Menschen überzeugt sind . das was die Sache i s t , hat man nicht so auf fl acher Hand , wie die Sache selbst . Diesen Sinn hat es : wenn man nun sagt : das Wahre ist die | Einheit und Denken . Schiefer Ausdruck : Denken und Seyn . Bei Denken meinen die Leute : Vorstellen . Aber auch als Denken selbst ist es noch formal zunächst . Das Vorstellen nun , kann ganz anders seyn als die Sache ; auch ein rein formelles denken , raisoniren , braucht auch nicht die Sache zu seyn . – / S e y n ist die 8–12 etc . Ich … gehört] Er : daß das was gedacht ist , i s t und was ist , nur ist als Gedanke . Um zu wissen was die Sache an etwas ist , muß ich nachdenken , das ist ein altes Vor ur theil wovon die Menschen überzeugt sind . Um die Sache zu wissen dazu gehört Nachdenken , 12–13 der Ausdruck : die] Er : es wenn wir sagen das Wahre ist 13–17 es ist … eine] Er : Zunächst ist das denken formale abstracte Allgemeinheit ,

20 Begriff erreicht , daß dies ih|re Bestimmung ist , so

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17 mich am … führen] Lesart unsicher

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kommene Abstraction ; der Sinn ist nicht sinnlich ; man kann es keinem auf sinnliche Weise zeigen ; so fern es existirt ist es in dem Subject und denkend . Nun ist das auch noch keine Sache[ .] Nun stellt man sich unter : Sein auch die seienden Dinge vor ; aber zu denen gehört alles Schlechte und Miserable auch : die zufälligen Sachen in der Welt – es ist aber kein substantielles , keine Sache . Das Denken und das Sein in seinem wahrhaften Sinn genommen , sind aber nicht so ; wenn man aber sagt i s t das ist die Sache , das Substantielle , das wahrhafte Ewige ; das ist nur für den Gedanken ; nicht für den formellen , sondern für den begreifenden . Man kann also genug Geschrei gegen diese Einheit des Seins und Denkens erheben , – mit gewissem Recht ; und wenn man auch Denken als Vernunft nähme , und Sein als Sache so ist es doch noch ein schiefer Ausdrukk – Denken ist aber der Proceß zu unterscheiden , und sich dann zusammenschließen mit sich selbst , das mehr Concrete ; habe ich das nicht erkannt so spreche ich mit jener Einheit nur als eine todte aus ; das sich mit sich zusammenschließen ist aber ganz etwas andres als die bloße Einheit . Der wahrhafte Sinn dessen aber daß das Denken die Sache ist , ist ganz das Alte ; es ist nichts Paradoxes oder Verrükktes ; | die Sache lernt man nur durch | Vorstellungen kennen . Die Intelligenz ist nun so , zu sich selbst gekommen , frei , bei sich ; sie ist die Objectivität an ihr selbst ; aber ihre Innerlichkeit und ihre Objectivität haben sich so bestimmt ,

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Reflexion ; das denken so überhaupt ist noch nicht die Sache . Seyn ist diese 1–7 der Sinn … Ewige ;] Wl : das Seyn ist nicht sinnlich rein abstrakt . Eben so das reine Denken : Indem das Subjekt denkt , geht es in dieser Vernunft vor . – Das aber als ganz abstraktes Seyn . – / Man stellt sich aber auch vor unter Seyn die seienden dinge . das ist das Begriffslose , die zufälligen Existenzen , – das Alles i s t , aber es ist keine Sache , Sache als substanziell . – Also im denken ist Seyn – da ist es nicht solches Seyn . – / Man sagt dann eben i s t , das soll s e y n , das Substanzielle . 1–3 der Sinn … Nun] Er : es ist sofern das Subject denkt , sich zu dieser reinen Leerheit emporhebt . da 3–5 unter : Sein … ist] Er : Seyn vor als die seyenden Dinge , das i s t alles 5–7 Denken und … Substantielle ,] Er : was wahrhaft ist , 8–11 nicht für … Proceß] Er : der begreifende Gedanke ist das denken in seiner Totalität , das denken in seiner totalen Bestimmtheit . Aber selbst wenn ich so Seyn und denken im wahren Sinn nehme , so sagt »Einheit des Seyns und des denkens« aus als ob sie nicht verschieden wären , aber das Denken ist sich zu ur thei len , sich 8 nicht] Wl : aber nicht nur 8–9 sondern für … Recht ;] Wl : abstrakten Gedanken , für den begreifenden Gedanken , für den Gedanken in seiner Totalität . – / 10–13 Vernunft nähme , … das] Wl : Vernunft , Begriff nimmt , und die Sache als das Substantielle , so ist auch noch nicht richtig : E i n h e i t des Denkens und des Seyns : weil in Einheit liegt , als ob der Unterschied von beiden aufgehoben wäre . Erst das Denken als Zusammenschließen mit sich selbst zum Schluß , ist das Wahre , concretes Denken . Das 11–13 sich dann … das] Er : erst das denken aus diesem Proceß des Unterscheidens 14 zusammenschließen] Er : zusammenschließend 14–16 aber ganz … kennen .] Wl : Anders , als bloß eine Einheit , die Abstraktion ist . – »die Sache« , also »ist Einheit des denkens und Seyns« , ist ganz etwas Altes und Allgemeines . 14 aber ganz … wahrhafte] Er : das wahre denken . der wahre 15 das Alte ; … nichts] Er : etwas Altes , nichts Excentrisches , 16 die Sache … kennen .] Er : | die Vernunft gibt sich nicht mit Imaginationen , Vorstellungen et cetera ab , sondern die Vernunft ist eben das Bewußtwerden des wahrhaften Seyenden . 17 ist nun so ,] ErWl : so als denken 17–873,1 frei , bei … und ] ErWl : ist f r e i , bei

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daß sie ihre Äußerlichkeit aufgehoben haben , und so ist das Denken zunächst als das Allgemeine bestimmt als das Eine beider , so das Allgemeine . Alles Unwahre in der Welt ist dies , daß seine Existenz mit dem begriff nicht übereinstimmt – Also die Intelligenz geht nun wissend mit diesem Zweck thätig , daß sie Gedanken haben will und thut , mit Absicht mit Wissen thut , was man bisher unbewußt gethan ; wenn sie dann den Gedanken hat , so weiß sie , was an der S a che ist . Sache und Sage hängt wohl mit einander zusammen : Sache ist ein gesagtes für den Menschen , ein für den Menschen gewußtes , ihm Gesagtes durch das Wort , durch die That der Intelligenz : Was nun den Inhalt der Gedanken ausmachen soll , erscheint zunächst als ein Gegebnes , das wovon die Intelligenz hergekommen ist , worauf sie zurücksieht als auf den Anfang , das Unrechte ; in so fern dem Denken so ein Stoff vor liegt , den es bearbeitet , so sagen wir daß das Denken a n g e wa n d t wird auf diesen Stoff , das ist das was wir überhaupt E r ke n ne n heißen (denkend Erkennen) sonst sagt

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sich . [diese Objectivität , die erst als Aeußerlichkeit] Wl : das Object , was als äußerliches] bestimmt 15 war ist sie an [sich] Wl : ihr] selbst . Aber [diese] Wl : näher diese] Innerlichkeit und [Objectivität , die

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sich gegen einander so bestimmt haben , daß sie ihre Einseitigkeit , Besonderheit , Endlichkeit aufhob : –] Wl : diese Objektivität haben sich eben dadurch so bestimmt , daß sie ihre Einseitigkeit gegen ein ander aufgehoben hat . die Besonderheit , Endlichkeit hat sich in ihr aufgehoben , und] 1–2 zunächst als … als] Er : als das Eine bestimmt , welches 2 bestimmt als … Allgemeine .] Wl : bestimmt , das eine von beiden . beider ,] Er : beider ist , 3 dies , daß … Existenz] ErWl : daß [die] Wl : eine] Objectivität 3–4 Also die … nun] Er : Ein schlechter Mensch kann wohl existiren und was existirt in der Welt , entspricht seinem Begriff zugleich nicht , und das ist die Endlichkeit , diese disharmonie . Aber was das Wahrhafte daran ist , ist daß seine Realität seiner Bestimmung gemäß ist . die Intelligenz Wl : Unwahrer , schlechter Mensch entspricht seiner Bestimmung , seinem Begriff nicht . – Also die Intelligenz ist nur 4 daß] Er : ist daß 4–9 sie Gedanken … Intelligenz :] Wl : sie , was wir bisher gesehen , daß geschehen ist , das wissentlich thut wissentlich reconstituirt Anschauungen p zum Gedanken . | Sache und Seyn . Seyn einerseits etwas Zufälliges , in der Meinung . Sache dem entgegen ; aber Sache muß wesentlich als Sage dem Menschen seyn , als ein Gesagtes , als in Worten gewußtes . Das ist die Sache der Intelligenz , daß sie in Worten weiß . – / das ist die Natur des denkens überhaupt , sofern die Intelligenz als denkend ist , daß sie Gedanken haben will . / 5 und thut , … Absicht] Er : daß sie das man bisher … gethan ;] Er : wir bisher sahen , Anschauungen pp reconstruiren als Gedanken , und 6–9 hat , so … nun] Er : davon hat , hat sie das Rechte , ist sie überzeugt daß sie die Sache habe . die Sache muß wesentlich als Seyn für den Menschen seyn als ein für ihn in Worten Gewußtes . das ist die That der Intelligenz daß sie was sie in sich weiß , in Worten weiß , sich ausdrücke , sich damit bestimme . die Intelligenz ist nun als denkend , daß sie Gedanken haben will . das was 9 ausmachen soll ,] Er : ausmacht 10–12 hergekommen ist , … bearbeitet ,] Wl : herkommt , daß sie zurück sieht als auf ein solches , das früher geschehen ist , – daß sie als denkend auf diesen Stoff zurücksieht , und dem denken diesen Stoff zu Bearbeiten bietet ; – 10–11 worauf sie … Unrechte ;] Er : daß sie zurücksieht auf solches was auch ihre Thätigkeit ist , die Anschauung was aber noch nicht das rechte Thun ist und 11 ein Stoff … liegt ,] Er : einen Stoff vorlegt , 13–874,2 das ist … betrachten] ErWl : [d . h . das Besondere wird den Regeln Gesetzen unterworfen . Das] Wl : und so das] 2 Unwahre] darüber erneut : Unwahre

18 hat1] ist

26 thut] folgt ein unleserliches Wort

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man auch wohl von Anschauung , daß sie Erkennen Kenntniß hervorbringt . Wir betrachten aber das Denken nicht als sich anwendent , sondern sich explicirend ganz allgemein in seinen Formen sich bestimmend , das besondre setzend , nicht ein besondres vorgefunden fi ndend , und da ist der Gang des Erkennens eben dieser : daß wir von Wahrnehmungen anfangen und diese zu etwas Allgemeinem machen , was wir dann Erfahrungen machen heißen . Diesen Weg heißt man besonders den a n a l y t i s ch e n Weg , d u r ch I n d uc t io n erfahren aus dem Einzelnen , in dem Einzelnen das Allgemeine überhaupt suchen ; das Allgemeine ist dann der Gedanke ; von diesen vielen Einzelnen lassen wir das nicht gemeinsame weg , und halten bloß das Gemeinsame das Allgemeine der Reflexion zusammen ; daß aber die einzelnen Gegenstände andren gleich sind , das geht diese Gegenstände selbst nichts an : das Prädikat der Gleichheit hat der eine nur in so fern der andre ist ; aber das höhere Allgemeine ist d i e G a t t u n g , die innre Natur , es ist z . b . der baum , wenn er aufhört eine Pflanze zu sein , so hört er auf zu sein , was er ist . |

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denken sich anwendend auf [die|sen Stoff , als äußerlich herzutretend zu ihm , ist , was wir denkende Erkenntniß nennen , wenn das denken als solches einen Stoff in Gedanken] Wl : den Stoff ist das denkende E r k e n n e n . Man sagt von Anschauungen auch , daß man Erkenntniß hat ; hier aber ist denkende Erkenntniß , wo denken sich auf einen Stoff anwendet und zu Gedanken diese] verwandelt . Wir haben 2 als sich] ErWl : zu betrachten [als] Wl : als sich] 2–3 sich explicirend … Formen] ErWl : [das denken als seine Form , im Allgemeinen sich] Wl : sich] explicirend , 3–4 das besondre … da] Er : besondernd , die Besonderheit setzend , ur thei lend und damit sich zusammenschließend . Aber denkende Erkenntniß heißt zunächst Anwendung des denkens und seiner Form auf seinen vorhandnen Stoff . So 3–7 nicht ein … erfahren] Wl : ur thei lend , – dasselbe zusammenschließend . Nicht ein Besonderes vorfi ndend und es sich gemäß machen . (d . h . sich Anwendendes denken . Bei diesem fangen wir von Wahrnehmungen an , und machen sie zu Allgemeinen , was wir Erfahrungen nennen , Gesetze fi ndend in der Verwandlung des Besonderen ins Allgemeine . das ist der analytische Weg : 4 des Erkennens eben] Er : der Erkenntniß 5 Wahrnehmungen] Er : Anschauung Wahrnehmung diese] Er : diese Wahrnehmung 6 was wir … heißen .] Er : Verwandeln des Besondern , Einzelnen in das Allgemeine . heißt man besonders] Er : heißen wir vornehmlich 7–9 erfahren aus … Einzelnen] Er : durch das Einzelne überhaupt suchen wir den Gedanken . da 8 Allgemeine überhaupt] Wl : Allgemeine 8–9 das Allgemeine … Einzelnen] Wl : Da 9 das] ErWl : von [diesem] Wl : dem vielen] Einzelnen das 9–10 weg , und … Gemeinsame] ErWl : [das Besondre wodurch es sich unterscheidet] Wl : Besondere ,] weg und halten [fest das Allgemeine . das Gemeinsame ist nur] Wl : das Gemeinsame fest , das dann] 10–11 Reflexion zusammen ; … selbst] ErWl : Reflexion , w i r bringen [dieses Verschiedne] Wl : das Allgemeine] zusammen unter diesen Gesichtspunkt [daß dieses gleich ist in Allem , aber dieses geht diesen Gegenstand selbst] Wl : des sich Gleichseyn , des Gemeinsamen . Daß aber diese einzelnen Gegenstände mit ein ander gleich sind , geht diese Gegenstände] 11–13 das Prädikat … er] Wl : Haus , Baum bleibt Haus und Baum , ob es nun anderen gleich ist , oder nicht . – Aber das höhere Allgemeine ist die Gattung des Allgemeinen was die Natur eines Gegenstandes ausmacht . Baum der das Prädikat … Allgemeine] Er : der Mensch bleibt was er ist , ob er größer oder kleiner , oder ob ein andrer gar nicht ist . Aber die höhere Allgemeinheit 13 es ist … er] Er : was die Natur eines Gegenstandes wesentlich ausmacht . Ein Baum der 14 so hört 35–37 unter diesen … Gemeinsamen . bei Wl mit Verweiszeichen am rechten Rande

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diese Genera müssen für etwas natürliches gehalten werden sagt auch Linné schon ; das allgemeine ist das Compendiarische – Das Allgemeine in den einzelnen vielen bestimmungen ist ein einfaches ; dieser Zweck des Compendiarischen , des behaltens ist aber nur für das Subject , aber dieser subjective Zwekk ist bloß der relative . Das Allgemeine ist objectiv , die Gattung ist die Natur der Gegenstände selbst . Man schleppt sich auch in dieser beziehung in der Logik mit dem Ausdruck : Merkmal , das heißt : etwas bestimmtes zu merken , wenn man den Gegenstand merken soll , damit man sich nicht irre . Das ist so’n Ausdrukk für das subjective Merken ; aber dadurch sich eine Gattung von andren Gattungen unterscheidet das muß das wesentliche Merkmal sein , d . h . die bestimmtheit , die in der That selbst wieder die Gattung ist und die Wurzel von den andren bestimmungen enthalten soll . Das ist aber schwer in der äußerlichen Welt die wesentlichen bestimmtheiten aufzufinden . Der umgekehrte

1–4 diese Genera … nur] Er : das Allgemeine ist nichts andres als was eben so in dem Gegenstand enthalten ist . das Allgemeine ist nur im Subject und man hat gefragt , ob die genera in der Natur sind oder nur im Subject . das Allgemeine hat die Bequemlichkeit fürs Subject daß man es eher behält , das Vielfache ist hier reducirt auf Eines , aber der Zweck des Behaltens , das Com|pendiarische 1 diese Genera müssen] Wl : der Zweck der Intelligenz ist also den Stoff zu Form der Allgemeinheit zu erheben . Einerseits subjektiv , sie macht daraus ein Allgemeines ; anderer Seits ist das Allgemeine nur das Objektive dieser Gegenstände , was in dem Gegenstande selbst ist . Bestimmungen herausheben an einem Gegenstande , aber so daß sie wesentlich sind für das Subjekt ; | Linnée in systema plantarum stritt auch dafür , daß die genera 1–2 gehalten werden … Compendiarische –] Wl : zu halten sind . 2–4 in den … aber 1] Wl : ist allerdings das Bequemere für das Subjekt , zu behalten ; es ist das Compendiarische , Einfache , das man also behält . aber dieser Zweck des Compendiarischen ist 4–5 bloß der … Das] Er : etwas nur Relatives . Aber das 4 der relative .] Wl : relativ . 5–9 objectiv , die … das] ErWl : [das Wahrhafte in den Gegenständen . »Merkmale anzugeben in einer Defi nition , sagt man , sei nothwendig aber nur fürs Subject« .] Wl : für sich auch objektiv . Die Gattung ist im Gegenstande selbst , das Wahrhafte . – Merkmale , ein Mal , etwas Bestimmtes zu merken , damit man sich an dieser Bestimmung eine Gattung , Art , oder Individuum , ein Allgemeines merken kann .] Aber das Merkmal wodurch [sich die Art einer Gattung von einer andern Art unterscheidet ,] Wl : sie die eine Art von anderen Arten unterscheidet , das] 10–11 d . h . die … und ] Er : welches 10 d . h .] Wl : die wesentliche Bestimmtheit , d . h . 10–11 wieder die … soll .] Wl : die Gattung ist ; so daß sie das Allgemeine ist , dem die andern nur folgen . 11–12 enthalten soll . … aufzufinden .] Er : ist . In der äußerlichen Welt wo die Bestimmungen gleichgültig sind , der unorganischen Natur sind die Bestimmungen außer einander . Bei der specifi schen Schwere eines Metalls merkt man wohl , daß es eine wesentliche Bestimmung ist . So : der Mensch ist vernünftig . das Unterscheidende ist daß er denkend ist , aus diesem denken folgt alles andre dessen er fähig ist ; Religion , Wissenschaft pp folgt alles aus dieser Einen Bestimmung , dem denken . das denken geht darauf das Allgemeine , Gattung , Gesetz pp zu fi nden , dieses ist der analytische Weg . 11 schwer] Wl : das Schwere , 12–876,1 Welt die … Er] Wl : Körperlichkeit , wo die Bestimmungen außer ein ander erscheinen . An einem Metall z . B . es hat diese spezifi sche Schwere . diese spezifi sche Schwere zieht man allerdings vor der Farbe , der Crystallisazion . Spezifi sche Schwere ist ein Imponirendes , dem man wohl anmerkt , daß es eine Bestimmtheit höherer Beziehung ist , als die anderen . Es müßte von der wesentlichen Bestimmtheit gezeigt werden , daß die anderen davon nur Folgen sind . – der Mensch ist vernünftig . der Charakter der Vernunft , des Denkens , aus dem folgt

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… sein ,] Er : da weiß man nicht mehr Wl : von dem ist schwer zu sagen ,

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§ 467

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Weg ist der s y n t he t i s che . Er fängt mit dem Allgemeinen an , mit Defi nitionen – und von da geht man dann zum besondren über ; hier läßt man das besondre gleichsam hinzutreten , wogegen das allgemeine gleichgültig ist – so beim Recht : erst wird eine Definition gegeben – und dann kommen die Arten : Vom Civilrecht etc . Das ist das synthetische . Man kann freilich auch analytisch verfahren , wo man auch vom allgemeinen zum einzelnen übergehn kann ; aber das eigentliche | Analysiren ist ein Abstrahiren , man läßt das besondre weg , um das allgemeine zu erhalten . Analysirt man aber etwas Allgemeines so unterscheidet man auch bestimmungen , aber so daß von ihnen keine weggelassen , nicht von ihnen abstrahirt wird , sondern sie gelten : daß sie zu diesem allgemeinen gehören . 4 67 Das Denken ist die freie Allgemeinheit ; im Denken ist der Geist in Gedanken ; in Gedanken ist der Geist bei sich . Das Denken entwickelt sich , es analysirt sich ; es ist an ihm selbst dies : das Concrete zu sein – es ist die Affi rmation die sich selbst in sich schon das Resultat ist von der Negation der Negation . Das Subjective

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alles Andere was menschlich ist . das ist eine Bestimmung , die nicht bloß zur äußerlichen Bequemlichkeit zu merken ist , sondern die innerste Bestimmtheit so ist , daß dieß die an sich allgemeine Bestimmtheit des Gegenstandes ist . – Es ist also so das Allgemeine , Gattung , Gesetz p zu fi nden : das nennt man dann analytischen Weg , aus dem Besonderen das Allgemeine zu finden . / Dagegen synthetischer Weg : 1–2 mit dem … Defi nitionen] Er : von der defi nition , (dem Allgemeinen) an Wl : vom Allgemeinen an : Im Recht was R e c h t ist , in Geometrie : was Punkt ist p – das ist das Allgemeine , 2 zum besondren] Er : zur Besonderheit das besondre] Er : denn die Besonderheit 3–5 wogegen das … synthetische .] Er : nimmt sie von außen auf . Wl : 3eck : allgemein ; das Besondere daß es spitz p ist . diese Bestimmtheiten treten von außen hinzu . Recht : – Civil- Staats- Kirchen-Recht p . – das ist im Ganzen das synthetische . 5–6 verfahren , wo … eigentliche] ErWl : [anfangen , daß man das Allgemeine analysire ,] Wl : verfahren , so daß man beim Allgemeinen anfängt und es analysirt , d . h . die] Bestimmungen die in ihm enthalten sind , setzt man dann heraus . [das] Wl : Aber das] erste | 7 ein Abstrahiren , … erhalten .] Wl : Reinmachen , daß man das Besondere wegläßt , abstrakt daran das Allgemeine zu bekommen . man läßt … weg ,] Er : wo man vom Einzelnen ausgeht , das besondre läßt man weg 8 aber etwas Allgemeines] Er : das Allgemeine Wl : Allgemeines , man auch] ErWl : man 9–10 von ihnen … gelten :] ErWl : [man diese nicht wegläßt] Wl : von ihnen keine weggelassen wird , davon abstrahirt wird ;] sondern sie gelten dafür 11 4 67 Das … im] Er : § 467 . Im im Denken] Wl : da 11–12 in Gedanken ; … Das] ErWl : bei sich selbst [und sein Wesen ist der Gedanke . Das] Wl : (da ist er bei Gedanken , Gedanke ist sein Wesen .) Er entwickelt sich und das] 13– 877,4 es ist … Formen .] Er : ist das Concrete , diese absolute Negativität die hervorgegangen ist durch Aufheben der Sub- und Objectivität . So ist es die sich selbst bestimmende Thätigkeit . das Unmittelbare das wir behandelt haben als Affi r ma|tives , und dann das Subjective sind beide einseitig und abstract . das Resultat ist das Negiren jenes Objectiven und des Subjectiven . So ist es in sich das Unendliche . 13 es ist die] Wl : diese absolute Negativität , – Thätigkeit des Negativen , 13–14 sich selbst … schon] Wl : in sich ewig 14–877,4 von der … Formen .] Wl : der Negazion . Was wir als affi rmativ zunächst behandelt haben , das Subjekt gegen das Objekt : beide sind einseitig , beide besondere , negative . – Durch die Thätigkeit der Intelligenz wird das Unmittelbare negirt , das Subjekt 4 Vom] statt eines unleserlichen Zeichens

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und Objective sind beides Einseitigkeiten , sie sind negativ . So ist das Denken in sich d i e t h ä t i g e u ne n d l i c h e E i n h e i t – ein großer begriff , wenn man den gefaßt hat , so hat man den Schlüssel zu allen Speculationen[ .] das Denken hat in sich 3 Formen . Das Denken als diese freie allgemeinheit , welche mit dem Sein identisch und als diese Einheit in sich concret und reine Negativität ist , entwickelt sich an dem I n h a lt und ist somit nicht nur 1 . , der formell identische Ve r s t a n d , sondern 2 . wesentlich D i r e m t ion und b e s t i m mu n g – Ur t he i l und 3 . die aus dieser besonderung sich selbst fi ndende Identität – begreifendes Denken , fo r m e l le Ve r n u n f t . |

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Ve r s t a nd , Ur t he i l , S ch l ie ß e n

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Ve r s t a nd u n d Ve r n u n f t sind die beiden ersten Weisen des Denkens , die einseitigen in der Form der allgemeinheit und in der Form des Unterscheidens ; der Unterschied von Verstand und Vernunft ist wichtig , die Form des Verstandes wendet sich auf irgend einen Inhalt an , so fern sie die Form der allgemeinheit ist , ist sie ein Abstractes – Dies formell Allgemeine ist Verständiges ; der Verstand ist : an einer bestimmtheit festzuhalten für sich , sich auf sich beziehend in der Form der Allgemeinheit , das nennt man auch begriff aber im nicht speculativen Sinn . Verstand

20 und Objekt , – so ist es an sich die thätige Einheit , das Denken . 20

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4–11 als diese … die1] ErWl : so als diese Thätigkeit , in sich ist sich dirimirend , [Setzen dessen was das denken in sich ist und das dritte ist] Wl : diese negation als negation , als einfache Beziehung auf sich ; Setzen des Unterschieds ; 3 .] sich zu setzen [als] Wl : als das was es ist , als] das was der Unterschied [an sich ist , Zurückführen auf die erste] Wl : ist , – sich zurückführen auf die] Einheit . das ist der Begriff des [denkens selbst .] Wl : Denkens .] das sind die drei Bestimmungen die wir als [ Verstehen , Ur thei len] Wl : Verstand , Ur theil] und Schließen von einander unterscheiden . [die] Wl : Zunächst Verstand und dann Vernunft . daß die] 11 Weisen] Wl : einseitigen Weisen 11–12 die einseitigen … Form1] Wl : (Form 12–14 einseitigen in … irgend] Er : einseitig sind , sind nun 1 . in der Unmittelbarkeit 2 . in der Unterscheidung . diese beiden zusammen sind der Verstand , (das 3t e ist die Vernunft) . das , was Ve r s t a n d ist , sich anwendend auf 12 und in der] Wl : Beziehung auf sich selbst , und 2 .) 12–14 Unterscheidens ; der … die] Wl : Unterschiedes und der Negation) im 3t e n der Vernunft geeint sind . Dieser Unterschied des Verstandes und der Vernunft wichtig . – Sofern Verstandes Inhalt zunächst 14 an , so … sie1] Er : in sofern diese Form zunächst 14–17 ist sie … das] Er : so ist dies Allgemeine ein Abstractum das nicht entwickelt ist . der Verstand ist dieses irgend eine Bestimmtheit für sich festzuhalten . dieses 14–15 ist sie … ist :] Wl : so ist solches Allgemeine abstraktes , Verständiges . Verstand ist dieß 16 festzuhalten für … der] Wl : für sich festzuhalten ; für sich , d . h . sie auf sich beziehen , in 17 nennt man … aber] Wl : ist Begriff im nicht] Er : nicht im Verstand] Wl : Verstand heißt bestimmen . Verstand

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1–3 So ist … Speculationen durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

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muß man allerdings haben ; man muß die Dinge in ihrer bestimmtheit auffassen ; im Handeln muß Verstand sein , ein bestimmter Zweck – das macht den C h a r a c t e r aus . das andre zum Verstand ist d a s Ur t h e i l ; E r k l ä r e n , begreifen , d . h . etwas in seinem Zusammenhang verstehen – man erklärt : dadurch daß man die beweggründe , die Kraft , den Zusammenhang etc . , das Allgemeine , wovon dies und jenes eine besondre Äußrung ist , zeigt . Den Gang der Planeten zu erkennen das erklärt man aus der allgemeinen Kraft und Gesetzen und daraus begreift man daß der Planet jetzt hier steht und jetzt hier etc . Die Abhängigkeit des besonderen von etwas besonderem erkennen ist das Erkennen seiner Nothwendigkeit . Diese Erklärung ist ein Ur theil ; man hat einzelne Fälle , und man erkennt die beziehung derselben auf ihr Gesetz oder auf ihre Gattung . Man versteht unter Ur theil auch dies : daß es nicht ein subjectives sei , z . b . der baum | ist eine Pflanze ; das ist ein Ur theil , das ich nicht allein habe , sondern daß der baum in sich selbst dies Ur theil ist ; er selbst ist eine Pflanze und das ist innig verbunden mit dem baum , daß er Pflanze ist . Wenn der baum umgehaun wird , so ist er Holz und keine Pflanze mehr ; das Endliche ist

1 die Dinge … bestimmtheit] Wl : bestimmt Dinge] Er : Gegenstände 1–3 auffassen ; im … aus .] Er : festhalten . Einen bestimmten Zweck muß der Mensch haben und ihn verfolgen . So hat er Character . 2–3 muß Verstand … aus .] Wl : Verstand haben , Charakter haben , einem Zweck treu bleiben . – / 4 zum Verstand … begreifen ,] Er : ist denn das Ur t h e i l e n Wenn wir dies in Bezug aufs Erkennen betrachten , so ist es das , was man auch Erklären Begreifen nennt E r k l ä r e n ,] Wl : Das Ur theil ist auch was Erklären , Begreifen heißt . Etwas 5–6 verstehen – man … Allgemeine ,] Er : mit Anderm . In der Natur zeigt man die Kraft , das Allgemeine auf man erklärt : … Kraft ,] Wl : Ich begreife das nicht , erklär’s mir | d . h . zeig mir 6 etc . , das Allgemeine ,] Wl : Kraft des Allgemeinen , 6–7 dies und … eine] Wl : dieß 7–9 besondre Äußrung … etc .] Er : Aeußerung ist . Man subsumirt einen besondren Fall unter ein Gesetz . 7 ist , zeigt .] Wl : ist . 8–9 aus der … etc .] Wl : sich aus diesen Kräften , und dann begreift man ihn . das , woraus man etwas begreift ist Gesetz , Kraft , allgemeine Bestimmtheit , oder aus einer Begebenheit die Motive , Ursachen . Dieser Zustand hat zur Ursache andere endliche Umstände . da sagt man auch Erklären . 9–11 des besonderen … Ur theil ;] Er : eines Besondern von anderm Besondern nennt man denn Begreifen . dieses Erklären ist dann da ein Ur thei len . von etwas … Ur theil ;] Wl : von ein ander , – das Besondere in seiner Nothwendigkeit sehn . Das ist Ur thei len . 11–12 die beziehung … Gattung .] Wl : ihre Beziehung auf ihr Gesetz . – Explikazion ist überhaupt Ur theil . die beziehung … ihre] Er : ihre Beziehung auf das Allgemeine oder die 12 Man versteht … auch] Er : Wir verstehn bei Ur theil unter Urtheil auch] Wl : bei Ur theil überhaupt 13 nicht ein] Wl : nichts nicht] Er : nicht nur sei , z . b . … ist2 ] Wl : sei . Wenn ich von einem Baum sage , es sei eine Pflanze , so ist das sei ,] Er : sondern auch ein Objectives ist , daß 13–15 ist eine … er] Er : | an ihm selbst so unterschieden ist . Er ist dieser Baum und hat auch eine Gattung in sich , daß er eine 13–14 das ich … daß] Wl : aber dieß Ur theil ist nicht nur in mir ; 14–15 in sich … ist .] Wl : ist an ihm selbst dieß Ur theil . Er ist dieser Baum , ist aber zugleich Pflanze , Gattung . 15–16 Wenn der … Endliche] Er : Im Endlichen ist ein Ur theil , es 16–879,3 wird , so … im] Wl : ist , bleibt die Pflanze , der Baum ist nicht mehr Baum , 3 aus .] folgt gestr : d . andre ist d . bstimmte zunähst f . sih

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ver ur theilt , es ist dies : seine Gattung zu sein und sein Individuum – es ist trennbar , wie alles Endliche , wie Seele und Leib[ .] Das Ur theil ist nicht ein so Formelles , wie man in der gewöhnlichen Logik bestimmt . Man unterscheidet auch schon im gemeinen Leben verschiedene Ur theile . Ein Ur theil kann das Unwesentliche an einem Ding angeben , aber auch das Wesentliche ; man nennt beides Ur theil . So geht man auch zum Schließen , obgleich nur zum äußerlichen formellen Schließen fort ; aber nicht zum eigentlichen Vernunftschluß . Der existirende Gegenstand ist das besondre ; es ist eine Art ; dieser kommt das besondre zu , dadurch unterscheidet es sich von seiner Gattung ; der Vernunftschluß wäre dies : daß das besondre in der Gattung selbst gegründet ist . | so geht die Gattung fort zur besondrung (Ur theil) aber als besondres ist es auch in der Gattung begründet ; es ist nur ein Erscheinen der Gattung . Z . b . das Gesetz der bewegung der himmlischen Körper ist das Allgemeine ; das besondre wäre aber : dieser Planet ist so weit entfernt von der Sonne , der andre so etc . Diese besonderheit der Distanzen muß auch durch die Gesetze ihrer

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15 nur Holz ; verbrennt nicht Baum , nicht Pfl anze . Im Endlichen ist dieß trennbar . – Seele und Leib ,

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sind trennbar ; sie sind das Ur theil , und so ein Ur theil , daß sie ver ur theilt sind . – In diesem Erkennen wird also zum Ur thei len fortgegangen , d . h . der Gegenstand wird betrachtet nach seiner Kraft , Gesetz , seinen allgemeinen Eigenschaften . / Im 1–7 dies : seine … eigentlichen] Er : in ihm Gattung und Individualität , Seele und Leib trennbar . die Seele ist die Gattung , der Leib die einzelne Individualität . Wenn ich von einem Gegenstand seine substanzielle Natur anzugeben weiß so ist das ganz etwas andres als wenn ich nur seine einzelnen Eigenschaften weiß . In diesem Erkennen geht man so zum S c h l u s s e fort aber eigentlich n i c h t z u m 4–7 verschiedene Ur theile . … eigentlichen] Wl : unterscheidet man Arten von Ur theilen . das Gemälde ist farbig , ist ein Ur theil , hat es gleich selbst keine Ur theilskraft . – Das Ur theil gilt für etwas formelles , aber genauer ist die Natur des Prädikats selbst Gedankenbestimmend . Gold ist gelb . – Gold ist von d e r spezifi schen Schwere . Das 2t e Ur theil ist eben so gedankenbestimmend , das worauf der Gedanke geht , die allgemeine Besonderheit dieses Gegenstandes , worin das andere Besondere seinen Grund hat . – / Vom Ur theilen geht man zum Schließen , dem Formellen über , aber eigentlich nicht zum 7 Der] Wl : Nicht so , daß die Gegenständliche Existenz sich in der Gattung mit sich selbst zusammenschließt . Der 8 besondre ; es … besondre] Er : Besondere , Art . dieser Art kommt die Besonderheit Einzelheit es] Wl : Gegenstand 8–9 zu , dadurch … der 1] Wl : zu . Das was man von diesem Gegenstand erkennt ist ein Ur theil . 9 es] Er : sie seiner] Er : ihrer der 2 ] Er : dem Allgemeinen der 10 selbst gegründet … fort] Wl : auf allgemeine Weise begründet ist . daß die Gattung fortgeht 10–13 ist . so … Allgemeine ;] Er : ist , daß das Besondere durch die Gattung selbst gesetzt ist . Als Besondres ist es in der Gattung begründet , ist selbst nur eine Erscheinung der Gattung , ein Bild derselben . die Planeten bewegen sich um die Sonne , dieses Gesetz ist ihre allgemeine Natur ; 10–13 (Ur theil) aber … ist] Wl : aber in dieser Besondrung schließt sie sich selbst zusammen mit sich selbst . | Bewegung der sinnlichen Körper . Planeten sind dieß , sich so zu bewegen um die Sonne . Wesentlich sind sie diese Bewegten . die besonderen Planeten : a , 13–880,1 aber : dieser … werden .] Er : der besondre Planet . der eine ist so , der andre so weit entfernt , diese Entfernung müßte noch entwickelt werden aus dem allgemeinen Gesetz der Bewegung . 13–14 von der … etc .] Wl : b so weit p . 14 Distanzen muß … die] Wl : 1 Individuum] Individion

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bewegung erkannt werden . – Das wäre der Vernunftschluß[ .] Abstract betrachtet (ohne anwendung) ist das Denken also das Denken in seiner allgemeinheit , als sich auf sich beziehende Thätigkeit . Das Ur theil ist die Diremtion das Denken in der Form seiner besonderheit . Das 3t e ist der Schluß , das Zusammenschließen des besondren in der Allgemeinheit . Das ist überhaupt der Begriff ; ur theilen und schließen ist nichts als dies Auseinanderlegen des begriffs ; im Schluß ist der begriff vorhanden als gesetzter begriff . Dies ist der echte , der concrete begriff , der sich in dieser bestimmung erhält . Das ist eben d a s Ve r n ü n f t i g e . So ist Alles , wie ein Ur theil , so auch ein Schluß . Di e D i n g e s e l b s t sind der Schluß , die Freiheit des Geistes ist , im besondren , im Anschaun (aber dies ist ein Ur theil) identisch mit sich selbst zu sein , darin bei sich zu sein , zusammengeschlossen mit sich selbst zu sein , das ist der Geist als e x i s t i re n d – Die Intelligenz an sich ist dies : sich in sich selbst zu dirimiren – Die Intelligenz ur theilt sich in sich – das Ur theil ist der Zusammenhang , die Copula ; sie die Intel-

Instanzen , daß auch sie etwas werde aus diesem Allgemeinen , aus dem 1 bewegung erkannt werden .] Wl : Bewegung . das Besondere wäre gesetzt nicht hinzukommend zum Allgemeinen , Gesetzes , sondern es offenbarend . 1–3 Abstract betrachtet … Thätigkeit .] Er : das Besondere wäre so selbst eine Offenbarung des Gesetzes , des Allgemeinen . – das denken ist also zuerst in der Form seiner Allgemeinheit . 1–2 Abstract betrachtet … anwendung)] Wl : 1 . Abstrakter betrachtet 2 also das … als] Wl : diese 3 Thätigkeit . Das … Denken] Wl : Thätigkeit , das Denken in der Form seiner Allgemeinheit . / 2 .) Ur theil = Diremption , 3–5 das Denken … Schluß ,] Er : das Allgemeine in seinen Besonderheiten und das dritte ist 5 Das 3t e … Schluß ,] Wl : 3 .) 5–6 besondren in … Allgemeinheit .] Wl : Besonderen . das Besondere zusammen nehmen in der Allgemeinheit , so daß die Besonder heit sich zeigt als gesetzt in das Allgemeine , als n u r Besonderheit des Allgemeinen . / 5 in] Er : mit dem Allgemeinen , Zusammennehmen des Besondern in 6 überhaupt der] Wl : der vernünftige ur thei len und schließen] ErWl : und Ur theil und [Schluß] Wl : Schließen] 6–7 Auseinanderlegen] ErWl : Auslegen 7–9 im Schluß … eben] Wl : der Begriff enthält eben dieß , daß er konkret ist , das Allgemeine mit sich selbst gleich , das sich mit sich bestimmt , so daß es in dieser Bestimmung sich erhält , – und das ist 7–8 vorhanden als … bestimmung] Er : als entwickelter Begriff , das Allgemeine , sich selbst gleiche , das sich bestimmt und in seiner Bestimmtheit sich 9–11 So ist … Ur theil)] Er : Alles ist an ihm selber ein Schluß und die wahre Existenz des Schlusses ist im Lebendigen , im Geiste . / Anschauung , Vorstellung , pp ist Ur theil , und in diesem Besondern 9 So ist … auch] Wl : Eben so wie alle Dinge an ihnen als Ur theil sind , so ist auch Alles an ihm selbst 10 s e l b s t sind … die] Wl : sind an ihnen selbst der Schluß . 11 im Anschaun … Ur theil)] Wl : oder im Anschauen , sich selbst] Er : sich 12 bei sich … sein ,] Er : sich erhalten zu haben , sein ,] Wl : seyn , darin sich erhalten zu haben , darin 12–14 Geist als … Die1] Er : Geist . | der Begriff ist zuerst in Form der Allgemeinheit , und wenn d a s d e n k e n b e i d i e s e r s t e h n b l e i b t , s o i s t e s d e r f o r m a l e Ve r s t a n d ; das denken ist aber wesentlich diremtion , Bestimmtheit , Ur theil , Negativität und die als e x i s t i r e n d – Die] Wl : existirend , wo die anderen Dinge nur an sich sind . – / 14 in sich selbst] Wl : selbst 14–15 Die Intelligenz … sie] ErWl : [dieser , an sich seyenden Diremtion kommt es] Wl : Diesem kommt] zu daß die Intelligenz [anschauend , fühlend ist , daß sie sich theilt in dieser Allgemeinheit , fühlend anschauend zu seyn . Wir gingen aus vom Unmittelbaren ,

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ligenz ist fühlend , anschauend . Diese Identität ist aber in dem Ur theil noch nicht gesetzt ; das Ur theil ist das Setzen der Verschiedenheit , der Intelligenz als einer von sich verschiedenen aber daß sie beide eins und dasselbe sind , das ist das i s t – das Identische ist hier noch an sich , ist noch nicht gesetzt als das Identische ; oder die beiden Seiten des Ur theils machen noch nicht die Erfüllung des Ist als Identität aus . Erst im Schluß ist diese concrete Identität gesetzt : daß ich , die Intelligenz als das Subject als ein besonderes ist anschauend , fühlend , vorstellend , und gesetzt wird als Ich selbst als das eigne Sein und Thun der Intelligenz . Diesen Gang haben wir gesehen : daß die Intelligenz ihr Gefühl etc . identisch mit sich setzt ; so ist sie in der Gleichheit mit sich selbst , in der Freiheit , aber nicht in einer unmittelbaren Gleichheit mit sich selbst , nicht in der unmittelbaren Freiheit . Die Intelligenz also als denkend und sie in ihrem Denken concret gefaßt (nicht in der Form der allgemeinheit) ist als d e r b e g r i f f ; das ist Vernunft überhaupt . Der Schluß ist die Thätigkeit des Vernünftigen überhaupt . Im gemeinen | Leben sagen wir oft : das ist vernünftig ; d . h . da ist an und für sich etwas Festes Selbstständiges , ein wesentlicher | an und für sich seiender Zwekk . Was so ein Festes ist ist es eben dadurch , daß es

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das nicht ein wahres Ursprüngliches sondern eben so ein Gesetztes ist , und das Ur theil ist , daß die 20 Intelligenz sei als seyende sich bestimmt fi ndende .] Wl : anschauend ist und fühlend . – Wir sind vom

Fühlen ausgegangen , dem Unmittelbaren ; aber das Unmittelbare ist ein Gesetztes , Ur theil eben 1 fühlend , anschauend .] Er : fühlend , anschauend , der Zusammenhang die copula ist Identität dieser beiden daß s i e es ist die fühlend , anschauend ist . anschauend .] Wl : anschauend , – Zusammenhang : so i s t es . 1–3 ist aber … beide] ErWl : die im Ur theil noch nicht g e s e t z t [ist , wohl Identität] Wl : ist a l s Identität ,] an sich [ist , ist der Schluß . daß die diremtion zugleich] Wl : ist es , – (daß es] 3 sind , das ist] ErWl : ist enthält 3–4 – das Identische … Identische ;] Wl : die copula) – das Identische … ist 2 ] Er : der copula , sie ist aber 4 das Identische ; oder] Er : Identität , 5 Ist als] ErWl : [ Ist] Wl : i s t ] , der 6–7 Identität gesetzt : … und ] ErWl : [ Identität gesetzt , diese] Wl : Identität . Diese] concrete Identität [daß bei der Intelligenz , – die nach dem Ur theil in einer] Wl : der Weg den Intelligenz geht , der nach Ur theil eine] Besonderheit ist , [anschauend , vorstellend , – daß] Wl : daß] diese Besonderheit 9 ihr Gefühl etc .] ErWl : ihre [Gefühle , Anschauungen , Vorstellungen sich assimilire ,] Wl : Anschaun p] 9–10 setzt ; so … aber] Wl : selbst setzt , darin bei sich selbst ist . So ist sie in Gleichheit mit sich selbst , in Freiheit ; aber nicht in unmittelbarer Freiheit , ist sie … aber] Er : daß sie in dieser Besonderung , Bestimmtheit bei sich selbst sei ; so ist sie 11–13 nicht in … ist 2 ] Wl : vermittelt , wodurch sie nicht nur abstract affi rmatives , sondern concret affi rmatives für sich seyn ist d . i . Schluß . | Die Intelligenz als Denken und im Denken concret gesetzt , so daß sie concretes Denken ist , so ist sie als der Begriff , Freiheit . Die … d e r ] Er : Freiheit , sondern nur dadurch ist sie frei , daß sie sich erschlossen in solchen Unterschied und diesen aufgehoben , identisch mit sich gesetzt hat . dies ist die Vermittlung wodurch sie concretes affi rmatives Für sich seyn ist , das ist der Schluß . die Intelligenz als denkend , daß sie concretes denken ist , so ist sie dann als 13 ist die] Er : ist Wl : – die 14–15 Im gemeinen … ist] Wl : Unter der Vernunft verstehen wir überhaupt im Leben , was 15–16 Selbstständiges , ein … ist1] Wl : ist , zu fest , selbstständig ist , wesentlich Zweck . Man sagt : das sind vernünftige Einrichtungen p , das ist etwas , das einen wesentlichen Zweck ausdrückt , und das 16 so ein] Er : Etwas

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nicht in Abstraction ist , sondern bewährt sich mit sich z u s a m m e n s ch l i e ß e n d , wodurch es ein unendliches ist . Vernünftigkeit Unendlichkeit sind eins und dasselbe – der formelle Verstandesschluß ist dies : daß irgend ein Subject mit etwas andrem zusammengeschlossen wird mit irgend einer besonderheit , da bleibt das Subject ein Endliches vor wie nach ; das bleibt an seinem Ende (Resultat) endlich ; der wahre Vernunftschluß aber ist dies , daß das Subject vermittelst des andren sich mit sich selbst zusammenschließt ; es ist darin auch die Negation , die im Verstandesschluß in diesem Sinn nicht ist : das ist dann das Denken als concret , Begriff oder Vernunft . Schluß ist der exponirte begriff , der Proceß und Unterschied des begriffs – und dann zusammengeschlossen mit sich . – Dies Denken als Vernunft ist unmittelbar W i l le [ .] Diesen Übergang haben wir hier zu betrachten : 468 . Das Denken als der freie begriff ist seinem Inhalt nach frei . Inhalt ist nichts andres , als die bestimmtheit , die das begreifende Denken aus sich entwickelt . Indem die Intelligenz nun so ist , daß ihre bestimmungen die besonderung dieses All-

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1 nicht in … bewährt] ErWl : [nicht ein Abstractes , Einseitiges sondern für sich bewährt] Wl : kein abstraktes ist , sondern ein solches , das sich selbst bewährt , fest] ist , indem es 1–8 z u s a m m e n s c h l i e ß e n d , wodurch … ist :] ErWl : [zusammenschließt , da ist es kein Endliches sondern ein Unendliches . / Was sich verhält zu einem Andern , einer Besonderheit , ist endlich , wenn aber die Besonderheit überwunden ist so ist es nicht ein solches an dem ein Andersseyn seiner Beziehung auf sich ist . Vernunft] Wl : selbst zusammenschließt , nicht vorübergehend , unendlich ist . – Die Intelligenz oder das Subjekt welches die Modifi kazion p überwunden zu dem Seynen gemacht hat , verhält sich dazu nicht als zu einem andersseyn seiner selbst . – Vernünftigkeit = Unendlichkeit . In sich zurückgekehrtes ; was so] ist , daß es sich mit sich vermittelt hat , [geur theilt , sich unterschieden , bestimmt] Wl : sich unterschieden] hat , und durch Negation [dieses Unterschiedes] Wl : dieser seiner Bestimmung] sich mit sich [selbst zusammengeschlossen , identisch gesetzt hat . der formale Schluß ist , daß etwas] Wl : zusammengeschlossen hat . Das ist der wahrhafte Schluß . Im formellen Schluß wird das Subjekt] mit einem Andern [zusammengeschlossen wird .] Wl : (einer Besonderheit p .) zusammengeschlossen : da sagt man vom Subjekt : es ist also dieß . da bleibt es an seinem Ende , endlich . –] Im Vernunftschluß ist [dieses Negative – das im gewöhnlichen Verstandesschluß] Wl : die Negazion darin , die in Verstandesform] nicht vorkommt – [daß es seine Modification als die seinige setzt , so ist es darin] Wl : Diese seine Modifi kazion hebt der Vernunftschluß auf , setzt sie als das Seinige , ist] bei sich selbst , hat sich [darin mit] Wl : mit] sich selbst zusammengeschlossen . 8–10 concret , Begriff … Vernunft] Wl : concretes . das denken als concretes ist Begriff , ist Vernunft , und Schluß ist der Begriff . – das ist das denken als Vernunft . Und dieß macht unmittelbar Uebergang in den Willen , 8 Begriff oder] Er : Begriff , die 9–10 ist der … Vernunft] Er : und Begriff ist dasselbe , der Begriff enthält an sich den Schluß , der Schluß ist der entwickelte Begriff . das ist das denken als Vernunft und dieses 11–13 Diesen Übergang … entwickelt .] ErWl : [§ 468 . das] Wl : Uebergang zum Willen . Daß das Denken als freier Begriff frei ist . / das] Ziel der Intelligenz [ist , das Unmittelbare ,] Wl : ist überhaupt das] Gegebne als ein durch die Intelligenz vermitteltes [zu setzen , als das Ihrige , darin] Wl : das Ihrige zu setzen , dadurch] bei sich selbst , [unendlich in sich reflectirt] Wl : unendlich] zu seyn . 14–883,1 ihre bestimmungen … Allgemeinen] ErWl : [es das] Wl : ihre Bestimmungen , Besondrung 2 Vernünftigkeit] folgt ein unleserliches Zeichen

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gemeinen – so ist sie bei sich , frei . Das Denken als Vernunft in seiner Vollendung ist frei ; so sagen wir auch vom Willen er ist f r e i . Aber der Wille ist noch weiter dieses : diese Freiheit zu realisiren : daß der Inhalt der ihrige ist , als in der Form des nicht Ihrigen zu setzen , in der Form des Unmittelbaren – die Intelligenz fängt von da an , daß sie sich findet in der Weise des Unmittelbaren ; ihr Thun ist , diese Unmittelbarkeit zu setzen als das ihrige überhaupt ; sie ist der Weg , das Unmittelbare zu verwandeln in das Ihrige , so daß das Ihrige auch die bedeutung habe des Objectiven . Das Umgekehrte ist der practische Geist , daß er diese wieder zum Sein bringt , daß eine vorhandene Welt sei . Der practische Geist ist das concrete Denken ; er ist dies : zur bestimmung des Unmittelbaren überzugehen und mit einem Zwekk . Diese Unmittelbarkeit von der das Denken frei geworden , ist doch das , in das es zurückkehrt[ .] Die Welt , ihr Gefühl hat die Intelligenz verdaut , und hat sie als das Ihrige und hat sich mit sich zusammengeschlossen , ist frei ; dieses Resultat : sich mit sich zusammengeschlossen zu haben ist eben das Zurückgekehrtsein zur einfachen Einheit mit sich selbst , und hat sich so als unmittelbar (zur Einzelheit) bestimmt . |

ins Allgemeine , daß das] Allgemeine selbst ist , das sich so besondert , 1 sie bei … Das] Er : sie frei . Das Wl : die Intelligenz frei . – Vollendete 1–2 in seiner … f r e i .] ErWl : ist frei und der Wille ist frei , vernünftiges denken und Wille hat dies [Gemeinschaftliche , die] Wl : Gemeinschaftliche der] Freiheit , 2–3 weiter dieses : … realisiren :] Er : weiter , diese Freiheit die die Intelligenz in sich ist , zu realisiren , diese Freiheit , – 3 daß] Wl : diese Freiheit , daß 3–4 der ihrige … der] Er : die Bestimmungen in der Intelligenz die ihrigen sind – zu setzen in Wl : die ihrigen sind , in der Form wieder des nicht Ihrigen , in 4–5 – die Intelligenz … an ,] Wl : zu setzen . – Intelligenz und Wille sind unterschieden , – einseitig . – Wille besteht darin 4 die] Er : Nicht ihrigen . | Theoretischer und praktischer Geist , Intelligenz und Wille , beide sind Einseitigkeiten . die 5–9 in der … sei .] Wl : und ihr Thun ist , etwas zum Ihrigen zu machen | daß dieß ihre eigene Bestimuung in sich sey . – Sie ist bei dem Ziele angekommen , indem sie alle Stufen durchlaufen ist , zu dem Ihrigen macht . / Praktischer Geist b r i n g t sie zum Geist , in die Form der Unmittelbarkeit . 5–6 in der … Weg ,] Er : und ihre Thätigkeit ist dies Unmittelbare zu machen zu einem Gesetzten , Ihrigen , daß es nicht ein Aeußerliches sondern ihre eigne Thätigkeit , ihre eigne Bestimmung in sich sei . die Intelligenz ist , 6–7 zu verwandeln … Ihrige ,] Er : als das Ihrige zu setzen und sie hat diesen Gang vollendet 7–8 auch die … diese] Er : habe die Bestimmung des Objectiven überhaupt . / der praktische Geist ist , daß er seine Bestimmungen 9 eine] Er : es eine 9–10 das concrete … zur] Er : daß das concrete denken das sich mit sich zusammenschließt , in die er ist … zur] Wl : dieß in die 10 überzugehen und … Zwekk .] Wl : überzugehen . – überzugehen und ] Er : übergeht , 11–13 Unmittelbarkeit von … hat] ErWl : [ Bestimmung] Wl : Bestimmungen] der Unmittelbarkeit von [der sich die] Wl : denen sich das Denken , die freie] Intelligenz befreit hat , [die itzt nun in ihrem reinen Aether sich entfaltet ist erreicht , so ist sie zugleich das unmittelbare Uebergehen in die Unmittelbarkeit . die Intelligenz , die die Welt verdaut hat , hat mittelst der Negation der seienden Besonderheiten] Wl : ist’s in das die Intelligenz unmittelbar mit jenem übergeht . – Indem die Intelligenz alles besondere sich assimilirt hat , hat sie vermittelst dieses Negirens der Äußerlichkeit ,] 13 zusammengeschlossen , ist frei ;] Wl : zusammengeschlossen . 13–14 sich mit … ist] ErWl : ist 15 und hat … bestimmt .] ErWl : [damit zum] Wl : zum] Seyn , [sie hat sich damit bestimmt als unmittelbar] Wl : und hat sich damit als unmittelbares bestimmt ,] oder zur Einzelheit . Im Begriff [sind 3 Bestimmungen ,]

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Der praktische Geist § 469 .Er

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So ist das Allgemeine erst so Su bj e c t oder die E i n z e l h e i t – Affi rmation , die das Negiren der Negation ist – Subject . Die Intelligenz geht also als Schluß im Denken durch diese Assimilation des besondren über in die Einzelheit in die bestimmung der Unmittelbarkeit . – Das ist der Übergang in das denkende Freie ist darum und mit sich selbst ein freies , einzelnes Subject einzelne Würdigkeit – es ist dies das Schwere , das ganz speculative – | die bestimmung der Unmittelbarkeit kommt da wieder herein , wo die Intelligenz sie überwunden hat . Aber – nu n h a t d i e I n t e l l i g e nz wesentlich e i n a n d re s Ve r h ä lt n iß zu dieser Unmittelbarkeit . Sie kommt selbst als Zwekk in diese Unmittelbarkeit ; sie ist thätig als Zwekk und so sie ist W i l le der thätige Zwekk das ist der Wille . Was vernünftig ist , ist ein Zwekk : die Vernunft ist nicht bloß Theorie ; sie ist in so fern einseitig ; die Theorie soll realisirt werden , soll die bestimmung der Unmittelbarkeit die bestimmung des Seins erhalten . Man hat den Zwekk in neurer Zeit schlecht behandelt und nicht gewußt , wohin Wl : zu unterscheiden :] das Allgemeine , Besondre , Einzelne . [das Einzelne] Wl : Einzelheit] ist daß das Allgemeine [vermittelst] Wl : durch die Besonderheit , vermittelst] der Besonderheit [wie sie zunächst ist ,] Wl : indem sie zunächst] erscheint als seyend [und durch Negation der Besonderheit , durch diesen medius terminus sich] Wl : sich] mit sich selbst zusammenschließt . 1–2 Affi rmation , die … ist –] ErWl : das Allgemeine ist durch die [ Besonderheit , den Unterschied , und Negation der Besonderheit] Wl : Negazion . durch die Besonderheit und durch die Negation derselben ,] bestimmt als Gleichheit mit sich selbst , als [Affi rmation die Negiren des Negativen ist , und das Allgemeine bestimmt als Negation des Negativen , ist als Einzelheit bestimmt ,] Wl : Affi rmation , als Einzelnheit ,] als 2 im] Er : ins 3 durch] Wl : zunächst nur im Allgemeinen , und die Alles Besondere dem Allgemeinen assimilirt , durch 3–4 Assimilation des … Unmittelbarkeit . –] Wl : Assimilazion , Negazion des Besonderen , – ist sie Einzelheit , in die Bestimmtheit der Unmittelbarkeit gesetzt . – 3 Assimilation des … Einzelheit] Er : Assimilation , Negation 4 Unmittelbarkeit . – Das … denkende] Er : Unmittelbarkeit , Einzelheit über . das denkende , 4–5 in das … freies ,] Wl : vom freien denken , das denken befreien , dadurch ist es 5 mit] Er : an 5–6 ein freies , … speculative –] Er : einzelnes Subject , einzelnes Wirkliches / | Würdigkeit – es … Schwere ,] Wl : Wirklichkeit . – Das ist der dialektische Uebergang , das Schwierige , 6–7 kommt da wieder] Er : die die Intelligenz überwunden hat , kommt aber da Wl : kommt also eben da in die Intelligenz 7 die Intelligenz] ErWl : sie 7–8 hat . Aber … wesentlich] Er : hat und auf diese Weise ist sie selbst darin enthalten . Aber 2 . die Intelligenz hat Wl : hat . / 2 .) Aber die Intelligenz hat nun 8 zu dieser] Er : zur 9 selbst] Wl : mit einem Zweck oder selbst thätig] ErWl : Zweck , [ist] Wl : oder] thätig 9–10 Zwekk und … Was] ErWl : Zweck . Der Wille [ heißt nichts andres als der] Wl : ist] Zweck , der thätig ist . Zweck und Vernunft hängt unmittelbar zusammen , was 10 ist ein] Wl : ist 10–11 die Vernunft … einseitig ;] ErWl : Vernünftig ist es [für die Intelligenz in der Theorie zunächst . Aber die Intelligenz als solche ist noch einseitig ,] Wl : in der Theorie . Vernunft ist aber nicht bloß Theorie .] 12 soll die] Wl : die 13–885,2 Man hat … ist1] ErWl : So ist der Begriff auf dieser Bestimmung , daß er [die Einseitigkeit seiner Subjectivität] Wl : seine Einseitigkeit] aufhebt und sich die Bestimmung [des Seyns , der Unmittelbarkeit , Objectivität] Wl : der Unmittelbarkeit] überhaupt gibt , so ist er Zweck . Man hat [den Begriff , Zweck schlecht behandelt . die Intelligenz ist Schluß in sich selbst . So ist sie zugleich , diesen Schluß der sie ist in sich , als Seyendes zu setzen , so ist die Vernunft Zweck . die Idee , das Wahre ,] Wl : in neurer Zeit den Begriff des Zwecks schlecht behandelt , hat nicht gewußt , wo mit ihm hin . Schluß ist indem sie in sich ist Schluß , ihn auch als seiend zu setzen . – | Idee ist]

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man mit ihm soll . Der Zwekk ist der Schluß der Intelligenz als ein seiendes . Die Idee ist die Einheit des begriffs und der Realität . Der begriff ist dies : sich zu realisiren , und das ist dann Zwekk – unmittelbare Existenz . Diese von dem begriff gesetzt , dem begriff gemäß , (der begriff hat sich darin) ist Id e e . Zwekk ist also nicht äußerlich , sondern die Grundbestimmung in Allem , ist als natürliche oder geistige Lebendigkeit . Das lebendige ist Subject – es realisirt sich ; die Mittel seiner Realität sind seine Glieder , und seine unorganische Welt ; seine Thätigkeit ist : sich zu realisiren ; seine Realisation ist nichts als seine Selbsterhaltung , seine mit sich selbst zusammenschließung . Das lebendige e r h ä lt sich nur , bringt nichts hervor , schließt sich nur immer vermittelst seiner Thätigkeit mit sich selbst zusammen . – Die Intelligenz als denkend weiß daß ihre bestimmungen objectiv sind , daß ihr wahres Denken die Sache , das Objective ist ; das Andre , was in der Anschauung und Empfindung auch noch an dem Ding ist , ist nicht das Ding , nicht das Objective selbst , sondern vorübergehend . – der practische Geist ist nun dies : seine bestimmungen auch f ü r ihn als objectiv zu machen ; sie sollen objectiv sein als von ihm gesetzt ; nicht bloß an und für sich .

2–3 ist dies : … dem] Er : der sich realisirt , ist Zweck , der sich in der Realität mit sich selbst zusammenschließt , so daß das , vermittelst dessen er sich mit sich zusammenschließt , unmittelbares Seyn , Existenz überhaupt ist . diese unmittelbare Existenz ist durch den 2–4 realisiren , und … darin)] Wl : realisiren . Begriff der sich in Realität mit sich selbst zusammenschließt , so daß Realität unmittelbares Seyn überhaupt ist : und dieß zum Begriff gemacht , daß sie des Begriffs Objektivität ist , – so 3–4 dem begriff … ist1] Er : daß der Begriff darin sich hat , dies seine Objectivität ist , die Realität gemäß ist dem Begriff – dies ist die 4–5 Zwekk ist … die] Er : der Begriff , Zweck ist diese Wl : Begriff ist Zweck : das ist 5–6 Allem , ist … es] Wl : Allem überhaupt . – Lebendiges Subjekt und als Subjekt ist es Begriff seiner selbst , seine Seele , eine einfache Lebendigkeit . das Lebendige 5 ist] Er : und wo er auf höhere freiere Weise in Weise der Einheit existirt , ist er 5–6 oder geistige Lebendigkeit .] Er : Lebendigkeit , oder als Geistigkeit . 6–7 es realisirt … Welt ;] Er : und als Subject ist es Begriff seiner selbst , das ist seine Seele , seine einfache Lebendigkeit und als Subject realisirt es sich , es ist thätig , Realität sind … ist :] Wl : Realisirung sind die Glieder . Es ist thätig 8–9 nichts als … zusammenschließung .] ErWl : [seine Selbsterhaltung mittelst Negation seines Bedürfnisses ,] Wl : Thätigkeit sich zu erhalten ,] vermittelst der Negation | [äußerlicher Umstände , seiner unorganischen Natur , durch diese Negation sich mit sich zusammen zu schließen ,] Wl : der äußerlichen organischen Natur , die er sich assimilirt durch diese Vermittlung] sich zu [erhalten . dieses sich Erhalten ist , daß der Zweck vermittelst seiner Thätigkeit sich mit sich selbst zusammenschließt .] Wl : erhalten .] 9–12 e r h ä l t sich … Andre ,] Er : bringt nichts Neues hervor , erhält sich nur . die Bestimmungen der Intelligenz im reinen wahren denken sind objectiv , das ist die Sache . 9–11 sich nur , … ihre] Wl : sich , d . i . daß der Zweck in seiner Thätigkeit sich mit sich selbst zusammenschließt . – / Im denken haben wir gesagt , weiß die Intelligenz daß die 11 ihr wahres Denken] Wl : das , was sie im Denken denkt , 12–13 was in … vorübergehend . –] Wl : in Anschauung Gefühl p ist vorübergehend . Bestimmtheiten des Denkens sind an sich die Sache , das Objektive . / auch noch … vorübergehend . –] Er : außer dem denken ist , ist Erscheinung , nicht das Wesentliche . 14 auch f ü r … objectiv] Wl : objektiv 15 machen ; sie … sein] ErWl : machen so daß [seine Bestimmungen nicht nur seyen] Wl : sie nicht] an sich [objectiv , sondern daß sie seyen] Wl : objektiv seien , sondern] objectiv 15–886,2 gesetzt ; nicht … In] ErWl : [gesetzt , durch seine Thätigkeit .] Wl : gesetzte . –]

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Er hat die Gewißheit : daß , was seine bestimmungen sind , er ausführen wird , daß er ihnen die bestimmung unmittelbaren Daseins geben werde . In der freien Intelligenz liegt die bestimmung der Unmittelbarkeit . Das ist für uns ; davon müssen wir unterscheiden , was die Intelligenz selbst ist ; sie findet sich auch unmittelbar aber das andre ist , daß indem die Intelligenz frei ist , das in sich mit sich selbst zusammengeschlossene ist , sie s o vo n i h re r Unmittelbarkeit | unterschieden , als das Freie ; und das Unmittelbare ist in so fern ein Anderes für sie ; sie ist dies : das Unterschiedensein der Unmittelbarkeit an ihr aufzuheben . Indem also einerseits die Intelligenz als freie unmittelbar selbst ist , so ist sie doch als freie in sich dies : die Unmittelbarkeit zu setzen durch sich selbst in so fern ist sie überhaupt pr a c t i s ch e r G e i s t [ .]

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2 . De r pr a k t i s che G e i s t . | 241Er

der practische Geist ist eigentlich erst der wirkliche Geist in so fern er damit als unmittelbare Weise ; hier tritt für ihn die Endlichkeit ein . Die Intelligenz ist darin frei ; gegen diese Freiheit ist die bestimmung der Unmittelbarkeit und so tritt sie 15

Wie die Intelligenz mit dem Glauben beginnt , daß sie die Welt [fassen , begreifen kann , sie darin fi nden werde ihre Vernunft ,] Wl : begreifen werde , –] so hat [die praktische Vernunft die Gewißheit daß sie] Wl : der praktische Geist solchen Glauben zum Ausgang , daß er was seine Bestimmtheiten sind , ausführen werde , daß er werde] im Stande [sei , den Bestimmungen unmittelbares daseyn zu geben , ihre Bestimmungen auszuführen . Es ist] Wl : seyn , ihm zu geben die Bestimmung unmittelbaren Daseyns , zu s e y n . – / Ich habe] gezeigt wie in 3 uns ; davon … wir] Wl : uns , spekulativ . davon zu 4 die Intelligenz] Wl : in freier Intelligenz Intelligenz] Er : freie Intelligenz 4–5 sie findet … daß] ErWl : Es ist nur an sich , [sofern die] Wl : daß freie] Intelligenz in Unmittelbarkeit übergegangen ist ; [nach der einen Seite f i n d e t sie sich so . Aber] Wl : das andre ist , daß] 5 frei ist , … selbst] ErWl : [frei , die] Wl : das in sich] mit sich 6 sie] Er : so ist sie Wl : sie ist 6–7 als das … ist1] Er : sie ist an sich die Unmittelbarkeit und ist von dieser Unmittelbarkeit als die freie unterschieden und die Unmittelbarkeit 7 sie ist] Wl : I n sofern das Unmittelbare ein Andres für sie ist , was sie doch an sich ist , so ist sie 7–8 das Unterschiedensein] Wl : die Unterschiedenheit 8–12 an ihr … practische] Wl : von ihr aufzuheben , daß die Unmittelbarkeit s e i e , als von ihr gesetzt . – So ist sie dann p r a k t i s c h e r G e i s t überhaupt . – Praktischer 8–11 an ihr … 2 . ] Er : von ihr , aufzuheben und die Unmittelbarkeit durch ihre Thätigkeit hervorzubringen , daß die Unmittelbarkeit ein von ihr Gesetztes sei , das aber zugleich die Weise der Unmittelbarkeit habe . Weil sie an sich die Unmittelbarkeit ist , so ist sie Zweck ; diese zu setzen , daß diese sei ein durch sie Hervorgebrachtes das ist 12 ist eigentlich] ErWl : ist 12–13 Geist in … hier] Wl : Geist . insofern der wirkliche Geist eben damit ein unmittelbares wird , 13 unmittelbare Weise ; … tritt] Er : wirklich in unmittelbarer Weise ist , so tritt hier ihn] Wl : ihn hier ist] ErWl : als sich [mit sich] Wl : in sich mit sich selbst] zusammenschließend ist 14 gegen diese … so] ErWl : [aber] Wl : Dagegen ist die Bestimmung der

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in die Endlichkeit ein . – Die Unmittelbarkeit ist nicht mehr die unmittelbare , sondern die einfache beziehung auf sich , ein Sein durch die Intelligenz , ein von ihr Hervorzubringendes . Der practische Geist ist frei in sich und steht doch in der Unmittelbarkeit für sich ; aber die Unmittelbarkeit ist nicht von ihm gefunden , sondern von ihm gesetzt ; er weiß sich in dieser Unmittelbarkeit ; sie ist von ihm gesetzt also ein Mittelbares und doch ein Unmittelbares . Der practische Geist ist nun sich selbst Zwekk , ist nicht befriedigt in dieser Freiheit in ihm selbst – seine Einzelheit , Unmittelbarkeit bezieht sich auf die Freiheit ; ist ihr entgegengesetzt ; aber die Freiheit hat nun die bedeutung : daß alle bestimmung die ihrige ist ; so soll auch die Unmittelbarkeit hervorgebracht werden gesetzt werden durch den Geist ; sie ist also ein Dasein , aber ein dasein durch Freiheit – der practische Geist enthält ein d o pp e l t e s S ol le n , einmal jenes bestimmten : daß das Dasein ein von der Freiheit gesetzt sein ; das höhre Sollen aber ist das Sollen des begriffs an sich . (Die Freiheit will dies oder jenes ausführen) ; aber es ist dies ;

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15 Unmittelbarkeit . | Aber eben] mit dieser Unmittelbarkeit [wodurch sie wirklich ist ,] Wl : durch die

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sie zum wirklichen Geist completirt wird ,] 1–2 Die Unmittelbarkeit … sich ,] Wl : So zur Unmittelbarkeit gekommen , ist sie zugleich ohne Freiheit . das ist geschieden von der Unmittelbarkeit , welche Unmittelbarkeit so bestimmt ist , daß sie sei ein durch die Intelligenz Gesetztes . – Seyn , welches sei 1–8 Unmittelbarkeit ist … Unmittelbarkeit] Er : Intelligenz ist da Beschränktseyn , Abhängigkeit . die Einzelheit 3 Der] Wl : Intelligenz hat angefangen von einem Vorausgesetzten , ein sich finden , Gefühl . der 3–5 frei in … sich] Wl : dieß , daß er frei ist , aber zugleich in Unmittelbarkeit ist , aber so , daß diese ein von ihr n u r gesetztes ist , daß er frei 5–6 Unmittelbarkeit ; sie … Unmittelbares .] Wl : Unmittelbarkeit , in ihr von sich selbst wisse . das ist ein Vermitteltes , nicht unmittelbares , und doch zugleich Unmittelbares , einfache Beziehung auf sich , nur die Weise der Unmittelbarkeit habe , die nichts Wahrhaftes an und für sich ist . – 6–7 ist nun … Zwekk ,] Wl : also so als frei in sich 7 in1] Wl : von 7–8 seine Einzelheit , Unmittelbarkeit] Wl : diese Freiheit ist der Begriff in sich . Die Bestimmungen sind ideell . Sie sollen aber nicht nur ideell seyn , sondern auch unmittelbare . das Moment der Unmittelbarkeit das hervorgeht zur Form der Einzelnheit . Diese Einzelnheit 8 auf die … entgegengesetzt ;] Wl : auch auf Freiheit und ist so zunächst entgegengesetzt der Freiheit ; ist ihr entgegengesetzt ;] Er : so ist sie zunächst der Freiheit opponirt , 9–10 nun die … werden 2 ] Wl : aber alle Bestimmung als die ihrige : also auch Unmittelbarkeit eine durch die Freiheit hervorgebrachte . – Die Freiheit hat sich so selbst darin , – und das nur sofern als die Unmittelbarkeit gesetzt ist 9 nun die bedeutung :] Er : itzt diese Bestimmung in sich , 9–10 die Unmittelbarkeit … werden 2 ] Er : in dieser Unmittelbarkeit die Freiheit sich selbst haben , sofern diese Unmittelbarkeit hervorgebracht , gesetzt ist 10–11 sie ist … Freiheit –] ErWl : – [ein daseyn das aber für sich nur Erscheinung ist und zur Seele ,] Wl : die Seele zur] Substanz nur hat das [ Freie .] Wl : Freie . – Das die Bestimmung des Willens /] 12–13 enthält ein … sein ;] Wl : einerseits das Sollen , das so eben erklärt ist : Seyn der Bestimmtheit gegen die Unmittelbarkeit , so fern diese frei ist . Dieß Sollen , daß dieß dasein Zustand sei der Freiheit . – ein d o p p e l t e s … sein ;] Er : das Sollen seiner Freiheit gegen die Unmittelbarkeit , daß das Daseyn , Zustand , sei ein von der Freiheit Gesetztes , das ist der Zweck . 14 (Die Freiheit] Wl : Freiheit dies oder jenes] Er : einen Inhalt ausführen) ; aber es] Wl : aus führen . das ist ein Inhalt . dieser hat noch keine weitre Bestimmung . das höhere Sollen 14–888,1 aber es …

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daß die Allgemeinheit des Denkens die Vernünftigkeit an dem , was die Intelligenz will , realisirt wird , das ist das innere Sollen der Idee . Das erste Sollen ist dies ; daß die Freiheit ihre bestimmungen vollbringe , ihnen die Weise der Unmittelbarkeit gebe . Es ist hier also das umgekehrte Verhältniß zu dem Standpunkt mit welchem die Intelligenz anfi ng ; da richtete sie sich auf das Vorgefundne , und es schien ihre Wahrheit , daß sie sich dies zu eigen machen müsse und daß sie darin aber die Wahrheit habe . Aber wir haben gesehen , daß dies aneignen wesentlich ein Umbilden dieses Gegebenen ist . Hier aber gilt das Vorgefundene nicht als die Regel , die die Intelligenz sich aneignen soll , sondern hier gelten ihre | eignen bestimmungen als ihr Zwekk und so , daß sie das Wesentliche sind in der Unmittelbarkeit überhaupt , daß das Dasein , die Unmittelbarkeit so gemacht werden müsse , als die Intelligenz will . | Was an diesem Ausführen der bestimmungen der Intelligenz durch sie das Wesentliche ist , ist , daß die bestimmungen zu allgemeinen ansichseienden erhoben werden , daß ihr Wille , das , was sie will , vernünftig werde . Das ist also der Standpunkt des practischen Geistes .

Denkens] Er : dieser ist zunächst zufällig , hat noch keine nähere Bestimmung , Bildung , erhalten . das höhere Sollen ist , daß die Allgemeinheit , 1 Denkens die] Wl : Denkens , Form des Denkens , 2 wird , das … Idee .] Wl : werde . – / erste] ErWl : nächste 3 die Freiheit ihre] ErWl : das Freie seine vollbringe ,] ErWl : vollbringe , realisire 3–7 ihnen die … wesentlich] Wl : sie in Weise der Unmittelbarkeit bringe , damit Unmittelbarkeit sei durch Intelligenz Gesetztes . – Intelligenz hat Glauben zur Wahrheit zu gelangen dadurch daß es sich das Vorhandne zu eigen macht , also sich nach dem Vorgefundenen richte , so daß Wahrheit ist , wenn sie in ihrem Gedanken habe , was vorhanden ist , so daß Vorhandne Regel sei für Wahrheit . – / Aber dieß sich zu eigen machen der Intelligenz ist selbst 4–7 gebe . Es … daß] Er : gebe , daß das Unmittelbare sei ein vom Freien Gesetztes . die Intelligenz hat zuerst den Glauben zum Unmittelbaren zu gelangen , daß sie das Vorhandne sich aneigne also dem Schein nach sich richte nach dem Vorgefundnen , so daß das Vorhandne zunächst als Regel erscheint für die rechte Weise der Intelligenz , daß sie zur Wahrheit komme , in der Wahrheit sei . Aber weil die I n t e l l i g e n z dies Aneignen ist , ist 8–9 dieses Gegebenen … ihre] Er : des Gegebnen . Hier ist der Standpunkt umgekehrt . die | 8 Gegebenen ist .] Wl : Gegebenen . – Dieser Standpunkt ist der entgegengesetzte . Vorgefundene] Wl : Vorgefundne Unmittelbare 8–9 die Regel , … soll ,] Wl : das Wesentliche danach sich Intelligenz zu richten hat p – 9 ihre] Wl : die 10–11 als ihr … überhaupt ,] Wl : der Intelligenz die sie sich macht , und die sind ihr Zweck , | und so 10 als] Er : der Intelligenz die sie aus sich setzt , ihr Zweck sind gelten als 10–11 in der … als] Er : gegen die Unmittelbarkeit die sie fi ndet und in der Unmittelbarkeit daß diese sich bequeme , gemacht werde wie es 11 Dasein , die … so] Wl : Dasein 13 Was an … der 1] Er : Hier sind es die eignen Wl : Die eigenen 13–14 durch sie … ist ,1] ErWl : [in ihrem Wissen ,] Wl : sind es ,] die sie ausführt . Was [in] Wl : bei] diesem Ausführen das Innere ist [was sich an] Wl : das] sich ausführt 15 Wille , das ,] ErWl : Wille dem Inhalt nach vernünftig werde , daß werde .] Er : sei . 8 Regel] Lesart unsicher

26 Glauben] folgt gestr : daß sie das Vorhandne sich aneignen

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Wir haben hier nun 3erlei zu betrachten : Zu e r s t bestimmt sich die Intelligenz in sich selbst ; dieser Inhalt soll die Weise der Unmittelbarkeit erhalten ; dieser Inhalt , den sie in ihr hat und fi ndet – ist i h r e Natur , ihr Eigenthum hat die Form , daß es ihr E i g ne s ist Das Gefüh l – Darin wird nun dieser Inhalt ausgeführt realisirt – die Gefühle werden Tr ie b e . In diesem Realisiren kommt es zugleich zu Collisionen dieser Triebe gegen einander – sie kommen in die Differenz der Ausführung gegen Dasein , das ihnen mangelt , das ihnen aus der Intelligenz gegeben werden soll . In diese Differenz , die sogleich überwunden wird kommt dann die andre Collision hervor : daß die Triebe selbst mit einander in Collision kommen in Entgegensetzung gegen die Wirklichkeit aber nicht gegen das äußre , sondern gegen die des Subjects selbst . Der practische Geist e i n Subject , die Triebe sind das , daß sie zur befriedigung kommen durch welche g e f ü h l t e bestimmtheit des Subjekts hervorgebracht wird . Mit dieser Einheit des Subjects kommen die Triebe in Collision , – sie einzeln kommen freilich auch in 1 Wir haben … nun] Er : da ist Wl : Im praktischen Geist Z u e r s t bestimmt … Intelligenz] ErWl : 1 . die Intelligenz als Wille bestimmt sich 2–6 dieser Inhalt … nun] Wl : und diese Bestimmtheit dieser Inhalt ist’s was gilt und realisirt werden soll . – dieser Inhalt , den die Intelligenz in ihr hat und in ihr wieder zuerst fi ndet , dieß ihr Eigen , was in ihr ist , mit der Form daß sie es will ist das 1 . Gebiet . / 2 .) daß 2 soll] Er : ist welcher das Wesentliche , Substanzielle ist , und der realisirt werden , 2–6 erhalten ; dieser … nun] Er : erhalten soll . der praktische Geist ist dann an ihm selbst wieder Unmittelbarkeit , aber so daß dies die Form hat des ihr Eignen ; wie das zunächst in der Intelligenz so ist mit der Form daß sie das will , so ist sie p r a k t i s c h e s G e f ü h l . / 2 . daß 6 realisirt] Er : realisirt werde . Wl : wird , realisirt . Tr i e b e .] Wl : Triebe . Was Gefühl war , wird Zweck , daß es ausgeführt werde , die Intelligenz befriedigt werde . 7 In diesem … zugleich] Er : Was zunächst am Gefühl ist , wird eigentlicher Zweck , daß die Intelligenz befriedigt werde . In dieser Realisation kommt es 7–8 Triebe gegen einander –] Wl : Triebe , dieser Bestimmungen gegen ein ander und das ist Hauptseite der Betrachtung . 7 Triebe] Er : Triebe , Bestimmungen , 8–9 Ausführung gegen … soll .] Wl : Ausführung . – 8 gegen] Er : gegen das 9 das ihnen aus] Er : von 10 wird kommt … hervor :] Er : wird , formell überwunden ist , der Wille kann sich ausführen , der an dem Daseyn das nur leere Hülle für ihn ist , sich ausführt . Die höhere Collision ist Wl : ist zunächst formell , es der Wille ist , der sich ausführen kann , der am Dasein Widerstand hat , kommt in Collision , 10–11 selbst mit … kommen] Er : kommen selbst mit einander] Wl : mit ein ander 11–12 in Entgegensetzung … die] Wl : daß sie in Gegensatz gegen Wirklichkeit kommen , als Wirklichkeit die Wirklichkeit … die] Er : das Wirkliche , a|ber nicht als äußerlich , sondern 12–14 Der practische … Mit] ErWl : [die] Wl : Subjekt = praktischer Geist .] Realisirung ist daß das Subject [zum Genuß , zur] Wl : zur] Befriedigung kommt , daß was in ihm [nur innerliche Bestimmtheit zunächst] Wl : innerlich bestimmt] ist , als seyende [ Bestimmtheit und zwar durch es gesetzt werde . das ist die eigne Wirklichkeit des Subjects , mit] Wl : damit gefühlte Bestimmtheit und durch dasselbe gesetzt werde . Mit] 14 Einheit] Wl : eigenen Wirklichkeit 15 Subjects kommen … Triebe] Er : Subjects , das alle Strahlen der Triebe in sich vereinigt , kommen diese gegen einander 15–890,2 sie einzeln … in] Er : die Triebe , wären sie für sich einzeln , so könnten sie sich wohl ausführen aber sie kommen in Collision weil sie in einem Subject sind . diese Collision löst sich auf indem die Triebe vereinigt werden unter sie einzeln … Vereinigung] Wl : aus diesem Widerspruche der Triebe gegen ein

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Collision aber immer in der Ausführung in einem Subject . Dieser Widerspruch löst sich dann auf durch Vereinigung derselben in e i n e n Zwekk – so ist dann der Zwekk ein allgemeiner und das ist die G lü k k s e l i g k e i t , die befriedigung der Triebe e i ne befriedigung des Subjects eine ungestörte (sonst wäre es eine unbefriedigte befriedigung) das ist als das 3t e [ .] Die allgemeine Glückseligkeit macht dann den Übergang zum obje c t iven G e i s t , unsre Gränze . Also diese 3 Stufen : 1 . , practisches Gefühl 2 . Di e Tr i e b e 3 . Di e G lü k k s e l i g k e i t |

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471 der Geist ist zunächst dies Freie , aber noch ganz formell ; er ist das Ur theilende sich Theilende , sich bestimmende ; das sind bestimmungen seiner Innerlichkeit überhaupt ; in so fern sie in ihm sind , sind es : practische Gefühle . Der Geist ist Subject , einzelnes concretes Subject ; er setzt selbst die bestimmungen seines Wesens . Diese bestimmungen sind also ganz unmittelbar d ie des Subjects – G e f ü h l , aber ander , und das in Beziehung auf das Subjekt , indem sie Triebe eines und desselben Subjekts sind , – löst sich auf durch Vereinigung derselben , durch Unterordnung 2–3 – so ist … ist] ErWl : [der] Wl : der ein Zweck des Individuums ist , der] der allgemeine [ist , und der] Wl : Zweck des Individuums ist gegen diese besonderen Triebe . Sein] Zweck innerhalb dieser Sphäre ist zunächst 4–6 e i n e befriedigung … den] ErWl : aber so daß [eine ungestörte Befriedigung herauskomme] Wl : e i n e Befriedigung hervorgeht ,] und die eine Befriedigung [des Subjects in diesem vielen Besondern ist die] Wl : ist] Glückseligkeit . [die Vereinigung der Triebe ist allgemein ; das höhere Allgemeine ,] Wl : Diese Glückseligkeit ist eine Allgemeinheit nur der Reflexion . Die Glückseligkeit und das höhere Allgemeinheit ,] die Substanz des Geistes selbst ist die F r e i h e i t , [seine concrete] Wl : concrete] immanente [Allgemeinheit , daß statt d i e s e r ] Wl : Allgemeinheit . Statt dieser] Allgemeinheit die [noch zum Inhalt hat Triebe überhaupt , die Freiheit zu seinem Zweck werde , das ist der allgemeine absolute Zweck und das ist der] Wl : Triebe zur Bedingung hat , – wird Freiheit des Geistes , und das ist] 6–12 Übergang zum … dies] Wl : Standpunkt des objektiven Geistes . – / | 1 .) das 6–11 unsre Gränze . … D a s ] Er : der unsre Grenze bildet . / Dies e r s t e ist das 12 zunächst] Er : in sich 12–13 noch ganz … Ur thei lende] Er : zunächst noch ganz formal das sich in formell ; er … Theilende ,] Wl : formelle , als in sich urtheilende , sich in sich einende , 13 das] ErWl : diese seine Bestimmungen 14 in so … Der] ErWl : diese indem sie in [ihm , für ihn sind , sind sie zunächst das praktische Gefühl . Der] Wl : ihm sind , sind zunächst praktische Gefühle . Es sind dieß also , der] 15 Subject , einzelnes] Er : einzeln als Subject und dieses Eine ist einzelnes] Wl : der ist einzeln ; einzeln als Subjekt ; dieß eine ist an sich er setzt selbst] ErWl : bestimmt sich d . h . er analysirt dies sein concretes Wesen , s e t z t seines Wesens .] ErWl : die darin sind und sie sind zunächst nur darin . 16–891,1 also ganz … auch] ErWl : [unmittelbar , sind so als dies das Subject ,] Wl : im Subjekt als

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auch der Wesenheit des Subjects | angehörig , nicht äußerlich vorgefunden sondern in seinem eigenen Wesen gegründet – pr a k t i s ch e s G e f ü h l , innerliche G e f ü h le . – Der Mensch hat ein Gefühl von Recht , Unrecht Schande , Haß , religiösem Gefühl ; das ist ein gewisser Inhalt ; sie sind nur in ihm als Subject , sie sind noch nicht gedacht ; Weise des Inhalts des Gefühls an ihm selber ; nicht wie bei Anschauungen , wo der Geist sich fi ndet als einen Seienden[ .] Das nennen wir nun die Natur des Geistes , des Willens – Gott die Natur hat dem Menschen diese Gefühle eingepflanzt – Gott hat sie in sein Herz gelegt – sie kommen nicht von außen , gehören dem Menschen von Hause aus an . Nun ist die Frage weiter : welcher Art sind diese Gefühle ? sie sind besondre ; aber w a s f ü r A r t e n des besonderen . Sie müssen eine Totalität zusammen ausmachen ein System ; nach diesem kann man fragen und hat das Recht dazu[ .] § 472 Anmerkung : an das Gefühl von Recht , von Moralität an das Herz der Menschen wird ganz recht apellirt gegen den Verstand . Man soll dem Herz folgen sagt man , nicht dem Verstand , der so hart ist ; sagt man ; das ist richtig und falsch ; ein reines richtiges , edles Herz empfindet instinctartig (zum Schein) empfindet

d i e des Subjekts ;] so werden sie gefühlt aber [auch als] Wl : sie werden auch gefühlt , als die] 1 angehörig ,] Er : selbst angehörig , aus ihr vortretend , | Wl : angehörig , daraus hervortretend , 1–2 äußerlich vorgefunden … innerliche] Wl : vorgefunden . So sind es die practischen Gefühle , d . h . also überhaupt die innerlichen 2 Wesen] Er : Wesen des Subjects G e f ü h l , innerliche] Er : Gefühl . / das sind überhaupt die innerlichen 3 Der Mensch … ein] Wl : Man hat Gefühl , 3–4 ein Gefühl … Inhalt ;] Er : Gefühl des Rechts pp , 3 Schande , Haß ,] Wl : Haß , Schaam , 4 das ist … Inhalt ;] Wl : Alle diese Gefühle sind gewisser Inhalt , gewisse Bestimmungen . Er fühlt sie , nur] ErWl : noch 4–5 Subject , sie … Inhalts] Er : einfachem Subject und der Inhalt wird gefühlt als einer der der Inhalt 4–6 sie sind … wo] Wl : und Inhalt wird gefühlt als solcher der Inhalt des Subjekts als solcher ist , in dem 5 selber ; nicht … Anschauungen ,] Er : selber ist . Es ist nicht wie beim Anschaun 6 Seienden[ .]] ErWl : Seyenden , [sondern das sind seine] Wl : als in seinen] eignen Modificationen . das ist diese erste Weise wie diese seine Bestimmungen [so in sich] Wl : in ihm] sind , nennen wir nun] Wl : ist 7–8 Geistes , des … gelegt –] Er : Willens . Gott sagt man hat sie in das Herz gepfl anzt , das Herz , das ist er (der Mensch) selbst und 7 Gott die … Menschen] Wl : die Natur (oder Gott) hat ihm 8–9 Gott hat … an .] Wl : in sein Herz d . i . er selbst . Sie werden gewußt als solche die von Haus aus die meinigen sind , nicht von außen kommen . / gehören dem … weiter :] Er : sondern dieser bestimmte Inhalt ist von Haus aus der meinige . das sind Bestimmungen , also ist es besondrer Inhalt . Die Frage ist , 9–10 Gefühle ? sie … Sie] Er : Gefühle , was ist das System derselben ? , denn sie 10–15 aber w a s … man ;] Wl : Was für Arten sind sie ? Besonderheit bestimmt ausgedrückt , da müssen mehrere geschieden werden . – Es fragt sich nach dem System der Gefühle . davon in Anm 472 die Rede , daß an das Gefühl von Recht p appellirt , so ist das richtig ; es sind s e i n e Bestimmungen . Der Mensch sagt man , soll an Herz appelliren , nicht an Verstand . 11–14 ausmachen ein … Verstand .] Er : ausmachen . 15 so hart … man ;] Er : sei einseitig , hart pp richtig und falsch ;] Wl : so richtig als falsch . Allerdings kann das Herz die Totalität der Empfindungen seyn . 16 richtiges , edles Herz] Wl : Herz richtiges , edles] Er : richtig in seinen Empfi ndungen bestelltes 16–892,1 (zum Schein) … fern] ErWl : wie es [ s c h e i n t , (denn das Herz muß dazu g e b i l d e t seyn) – etwa auf] Wl : scheint ,] unmittelbare Weise das Rechte und indem

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allerdings unmittelbar das Recht ; und in so fern ich selbst das Herz bin , thu ich das , was das Herz sagt , der Verstand aber spaltet im concreten Fall in seine einzelnen Seiten , und hält da e i ne von diesen fest ; er kann der einen den Vorzug geben , und da ist er einseitig , da kann das Herz eine große Superiorität über diese Einseitigkeit haben . | Aber das Gefühl kann ebenso einseitig , und schlecht sein ; es sind im Herzen auch allgemeine unterschiedene bestimmungen vorhanden , zu der sich | der Verstand bestimmt . Das Herz ist die Totalität der bestimmungen des practischen Geistes . Fragt man nun : welches sind diese bestimmungen , dieses Gefühl , welches Verhältniß haben sie zu einander , fragt welches sind die wesentlichen gegen die unwesentlichen etc . dann fragt man nicht mehr nach dem Gefühl als solchem , sondern nach ihrem Inhalt , nach ihrer bestimmtheit[ .] Auf diesen Inhalt des Herzens kommt es an ; wenn man das Herz auch noch so hoch anschlägt – auf seinen Inhalt kommt es an . Dieser Inhalt ist zuerst in einem Chaos , verworren noch nicht als System – dieser Inhalt muß aus seinem Subject heraustreten und in seiner Objectivität bestimmung des Willens werden . diese Form des Objectiven ist nun etwas ganz

1 Herz] Er : Rechte 2–3 das Herz … einen] Wl : ich im Herzen habe . Verstand spaltet den vorliegenden Fall in seine Unterschiede , – und er ist eben dieß , die einzelnen Seiten an einem Fall festzuhalten , und so kann er einer und der anderen Seite 2 das Herz … seine] Er : ich in meinem Herzen fi nde . der Verstand ists der spaltet die 3 und hält … einen] Er : an einem Fall festhält ; indem jede Seite einzeln ist gilt jede für sich und er kann dieser oder jener Seite 3–4 geben , und … da 2 ] ErWl : [geben als der wesentlichen .] Wl : geben .] da 4–5 über diese … haben .] Er : haben , Wl : haben über diese Einseitigkeit des Verstandes . – / | 5–7 ebenso einseitig , … Herz] Wl : eben so / Im Gefühl ist alles vorhanden und das Herz kann eben so sich bestimmen zu solcher Einseitigkeit . – Was man also Herz nennt einseitig , und … bestimmt .] Er : einseitig sich bestimmen , kann schlecht pp seyn . 7–8 des practischen Geistes .] Er : der praktischen Gefühle . 8 welches sind … Gefühl ,] Er : was sind diese besondern Gefühle und was ist ihr System , 8–9 bestimmungen , dieses … sind] Wl : besonderen Gefühle , welches ihr System , welche Unterordnung , welches 9 fragt welches] Er : welche Ordnung und Unterordnung , welche 10–11 unwesentlichen etc . … diesen] Er : unwesentlichen ? , – so fragt man nach dem Inhalt , den Bestimmt|heiten der Gefühle . Das ist der 10 etc . dann] Wl : oder schlechten ? Da 11–13 ihrem Inhalt , … an .] Wl : Inhalt der Gefühle , ihren Bestimmtheiten . diese Bestimmtheiten der Gefühle sind Inhalt des Herzens , und diesen Inhalt muß man hoch anschlagen : – 12–13 kommt es … an .] Er : und darauf kommt es an , welchen Inhalt dieses Gefühl hat , welche Bestimmtheit . 13–14 zuerst in … und ] ErWl : [in diesem Subject , Herzen , so in dieser Verworrenheit , Chaos in dieser subjectiven Einheit mit sich .] Wl : so eben in diesem Herzen in dieser Verworrenheit noch nicht ein System . Gefühl ist subjektive Einheit , Inhalt im Chaos .] daß dieser Inhalt in [sich wahre Gestalt , Wahrheit sei , dazu gehört daß er aus dieser Ver mischung herausgetreten sei , und in seiner Objectivität gewußt werde ,] Wl : seiner wahrhaften Gestalt , wahrhaft sei , dazu muß er aus dieser subjektiven Form herausgetreten seyn , und bewußt und bestimmt in seiner Objektivität ,] 15–893,1 Willens werden . … R e c h t e ] Wl : Willens . – diese Objektivität ist was wir die Rechte , die Pfl ichten überhaupt 15 werden .] Er : sei . 15–893,1 des Objectiven … 22 eben so Satz bricht ab

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andres ; es ist das , was wir P f l i c ht e n , Re cht e nennen . Das ist eine wichtige Einsicht , die man haben muß , so finden wir denselben Inhalt nachher als Trieb , als Tugend im moralischen , als Pfl ichten und Rechte im sittlichen Wesen (im Staat) Pfl ichten und Rechte sind correlate – Was Recht ist , muß auch als Pfl icht sein und umgekehrt – Die Pfl icht fällt nicht auf die eine und das Recht auf die andre Seite , sie sind beide auf gleicher Seite – Wer keine Pfl ichten hat , hat auch keine Rechte – der Sklave hat gar keine Pfl ichten – das also nur beiläufig – Sollen wir also hier schon ein System des Gefühls aufstellen – so kann das nicht hier geschehen – das Gefühl ist das Schlechteste – in ihrer Wahrheit sind sie erst : das System der objectiven bestimmungen der Freiheit – System der Sittlichkeit , und dieses w i r k l i c h : ist das L e b e n im Staat . | In der Form von Gefühl sind sie noch in der Form des Subjectiven .

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R e c h t e ] Er : der Objectivität ists dann die wir Recht , Pfl icht überhaupt 1–4 Das ist … correlate] Er : derselbe Inhalt der die Gefühle ist , ist dann als Tr i e b , daß diese Bestimmtheit die wir in uns haben auch in meinem Daseyn als ein durch mich erreichtes Unmittelbares in mir gesetzt sei . Denselben Inhalt haben wir in der Moral als Tugend , in der eigentlich sittlichen Wirklichkeit als Recht , Pfl icht des Individuums im Staat . eine wichtige … Was] Wl : sehr wichtig . – Wir haben hier Gefühl . derselbe Inhalt ist dann als Trieb , nur eine andere Form , daß das Gefühl realisirt seyn will , da sei , in mir erreicht Unmittelbarkeit . derselbe Inhalt in Moral als Tugend , und im eigentlichen sittlichen Leben derselbe Inhalt als die Pfl ichten , Rechte des Individuums im sittlichen Leben , d . h . im Staate . Was Pfl icht und Rechte ist , das sind correlata ; aber was 4 als Pfl icht] ErWl : Pfl icht 5–9 Die Pfl icht … das2 ] ErWl : [und Pfl icht und Recht sind in der sittlichen Sphäre nicht etwas Ein seitiges sondern Ein und dasselbe . Ein] Wl : sie sind also nicht unterscheidbar , nicht einseitiges , dasselbe . der] Mensch der [ kein Recht hat , hat auch keine Pfl icht , wie der Sklave .] Wl : keine Rechte hat , hat keine Pfl ichten . der Staat hat keine Rechte also hat er auch gar keine Pfl ichten . –] Die Gefühle wenn sie [wahrhafter Art] Wl : wahrhaft] sind , sind sie dasselbe was Tugenden und [ Pfl ichten] Wl : Pfl ichten und Rechte] sind . Als [diese sind sie in ihrer wahrhaften Art und Objectivität . Die Gefühle als System sind die Bestimmungen als] Wl : Pfl ichten Rechte sind dieselben Bestimmtheiten in ihrer wahrhaften Ordnung . die Form des Gefühls ist die schlechteste Form dieses Inhalts ; dieser Inhalt muß in wahrhaften Formen erkannt werden , und da ist es dann] 10 w i r k l i c h :] Er : realisirt , wirklich , Wl : realisirt 12–894,2 In der … bestimmt .] ErWl : [ Wenn man nach dem Inhalt der Gefühle fragt so heißt dieser Inhalt , wenn er explicirt wird , nichts andres als was in ganz objectiver Bestimmung die Pfl ichten sind , wesentliche Bestimmungen , Verhältnisse ; aber in der Form der Gefühle sind sie in der] Wl : | die praktischen Gefühle gehören also den Bestimmtheiten der Natur des Geistes an und zeigen sich zunächst als unsre Bestimmtheiten , die in uns vorhanden sind , die unsre Interessen sind . der Inhalt heißt nichts andres als was im objektiven Sinne die Pfl ichten , wesentliche Bestimmtheiten , Verhältnisse ; – wie sie aber noch in Form von Gefühlen sind , diese Bestimmtheiten , da sind sie noch in] Form dieser subjectiven [ Particularität .] Wl : Partikularität . – / A n m zu § 472 wird über Vor ur theile gesprochen daß man das Gefühl so hoch setzt , gegen den Willen der sich nach Vernünftigkeit , Recht bestimmt .] 25 Staat vermutlich zu lesen Sklave

36 Sinne] folgt ein unleserliches Wort

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472 A n m e r k u n g Man setzt das Gefühl so hoch gegen den Willen , der sich nach Pfl ichten , nach Vernünftigkeit bestimmt . Pflicht Recht erscheinen als etwas kaltes gegen das Gefühl . Die Menschen | fühlen lieber – aber das Herz kann ebensowenig einseitig , schlecht fühlen als umgekehrt – Es ist thöricht zu meinen , als ob im Übergang vom Gefühl zur Pfl icht ein Inhalt verloren ginge ; dieser Übergang bringt das wahre Recht erst hervor . In der Weise des Gefühls ist alles in meiner unmittelbaren Subjectivität ; in so fern es in mir ist , muß es mir angehören , in meiner Particularität sein ; aber das schließt nicht aus , daß ich nicht wissen sollte , was in meinem Gefühl ist und was darin sein soll – ich kann eine vernünftige Einsicht darüber | haben und muß sie haben ; sonst beruft sich jeder auf sein Gefühl und man kommt nicht zu Klarheit . Der Inhalt im Gefühl ist immer ungewiß ; man hat darin nicht mehr , man labt sich nur in sich und will nicht gleichgültig dagegen werden und es nicht aufgeben gegen die Pfl icht gegen das Recht , wie von jenen gesagt wird daß sie mit dem Ringe auch noch ein Stükkchen Haut mit geben – ein wenig Particularität . Das Wahre des Gefühls kann nur von der denkenden Intelli-

2–3 erscheinen als … Gefühl .] Wl : erscheint kalt todt ; 3–6 lieber – aber … der] ErWl : [ lieber , halten sich lieber in der Sphäre des Gefühls . das Herz] Wl : lieber . das Gefühl] kann allerdings eine Totalität seyn gegen [den einseitigen Verstand aber eben so auch einseitig . Aber ob ein Inhalt der Wesentliche , Rechte ist , entscheidet sich nicht in der Sphäre des Gefühls . Alles was im Willen , alles was in uns überhaupt ist , m u ß in] Wl : Pfl ichten Rechte , Richtung , die der Verstand einseitig hält , aber eben so kann das Gefühl einseitig seyn . Ob Gefühl gut oder schlecht ist , hängt vom Inhalt ab . – In Anmerkung heißt es auch , daß es thöricht ist zu meinen , als ob im Uebergang von Gefühl zu Recht und Pfl icht der Inhalt an Vor treff lich keit verliert . dieser Uebergang bringt die Gefühle erst zur Wahrheit . – Man hat Gefühle von Recht p das ist ganz richtig , alles was ist , muß auch in der] 6–8 ist alles … das] Wl : seyn ; mir als diesem partikularen Subjekt muß es angehören , daß ich es wolle ; – aber dieß Gefühl 6 ist alles … meiner] Er : seyn d . h . in meiner eigenthümlichen 7–8 in so … das] Er : muß mir als diesem angehören . Aber das Gefühl 8–9 aus , daß … meinem] Er : aus ein bestimmtes Bewußtseyn zu haben was mein wissen sollte , … meinem] Wl : ein bestimmtes Bewußtsein darüber habe , was ein 9–15 darin sein … von] ErWl : [es] Wl : in meinem Gefühl] seyn soll , und daß mein Wille [fest bestimmt , entschlossen] Wl : entschlossen] ist als einsichtiger Wille , der die E i n s i c h t hat [in das Rechte . Was m e h r im Herzen ist , als das Objective ist die besondre Subjectivität an der man sich laben will , in der man befriedigt seyn will .] Wl : über Natur dessen , was Recht und Unrecht ist . Was bloß im Gefühl ist kann so und so seyn . Es ist mehr als verdächtig , am Gefühl und Herz zu halten als an denkenden Vernünftigkeit : denn was in jenem mehr ist als in diesem , ist nur die besondere Subjektivität . An dieser labt man sich auch .] Zu Recht und Pfl icht gehört [diese Gleichgültigkeit gegen sich selbst . Was das Wahre in diesen Bestimmungen ist ,] Wl : dagegen Gleichgültigkeit , – und dieß ist’s was die Gefühlshalter nicht aufgeben wollen . – Engländer wenn sie einander einen Ring vom Finger geben , geben sie einem auch ein Stück Fleisch daran mit , d . h . von ihrer partikulären Subjektivität . – davon ist schon früher gesprochen daß Intelligenz im Gefühl nicht überflüssig ist . das wahre darin] kann allein [von] Wl : von und in] 8 nicht] statt eines unleserlichen Zeichens

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genz ausgemacht werden , denn wenn die Gefühle wahrhafter Art sind , so sind sie allgemein , haben den denkenden Geist zu ihrer Quelle . Der Mensch handelt nicht nach Instinct , er muß w i s s e n , was er will , muß ein bewußtsein davon haben , und nur so in dieser Form der Allgemeinheit ist das Herz ein reines . Man sagt in neuer Zeit das Herz ist von Natur gut , in der bibel steht es ist böse – beides ist wahr . Der wollende Geist an sich ist immer gut ; es ist die Vernunft überhaupt ; insofern das Herz aber noch natürlich ist , ist es böse ; Natur hat diesen Doppelsinn ; sie ist das ansich und ist das unentwikkelte , was noch nicht zu seiner Systematisirung gekommen ist ; in diesem letzten Fall ists Herz böse – ein solches soll der Geist nicht haben ; er soll an sich sein und so seine wahrhafte bestimmung erreichen . Es ist hier nur die Form zu betrachten ; objectiv ist es dann die Organisation , das System der Pfl ichten , das wir betrachten[ .] 473 . Das practische Gefühl enthält dies : daß eine immanente bestimmung in mir ist ; sie ist eine Selbstbestimmung . Nach dieser Seite des innerlichen Selbstbestimmtseins tritt das ein , daß dies zum Gegenstand hat mein Dasein , und es

1–5 werden , denn … das] Er : werden . der Mensch muß mit Bewußtseyn handeln und daß dieser Inhalt der wahre sei , dazu gehört daß er in der Form der Allgemeinheit gefaßt sei , nur so ist es ein gereinigter Inhalt d . i . der durch Denken , Reflexion gereinigt ist . das 2 allgemein , haben den] Wl : es durch Inhalt , dieser nur als allgemein ; allgemein ist er dadurch , daß er 2–3 zu ihrer … er1] Wl : zur Quelle hat . Mensch ist denkend ; das ist was ihn bestimmt . Er 3–6 er will , … Der] Wl : ihn bestimmt , wenn es nicht wie Instinkt seyn soll . daß dieser bestimmende Inhalt der wahrhafte sei , dazu gehört , daß er in Form seiner Allgemeinheit gefaßt wird , der gereinigte Inhalt , der durch Denken seine Wahrhaftigkeit erlangt habe . – das Herz des Menschen ist böse von Natur , darin wohnen die bösen Gedanken sagt [ Bibel Hk : Liebel] ; nun z . B . : es ist gut . – Beides richtig . das Herz , der 5–6 in der … überhaupt ;] Er : d . h . der wollende Mensch an sich , 6–10 an sich … so] Wl : ist a n s i c h gut . da ist a n s i c h Vernunft . das A n s i c h macht nichts aus , es muß für sich seyn , das vernünftige darin muß gewußt werden . das Herz so aber im natürlichen Zustand , ohne dieß , ist böse . Natur des Geistes , d . h . der Geist an sich ; natürlicher Zustand , | wo Vernunft noch nicht zu ihrer Systematisirung , Wahrhaftigkeit gekommen ist . – da ist Herz im natürlichen Zustand , böse . – der Wille soll denkend seyn . der Inhalt gedacht erhält Character der Allgemeinheit , 7 aber noch natürlich] Er : nur natürlich , in seinem natürlichen Zustand 7–10 Natur hat … erreichen .] Er : das Herz soll zur Form der Allgemeinheit kommen und zur Systematisirung derselben = zur Idee . 10 bestimmung erreichen . … hier] Wl : Bestimmung . die Bestimmtheit dessen , was das praktische Gefühl überhaupt sei , macht dieß also aus . – daß 11 objectiv ist … dann] Er : der Inhalt in seiner objectiven Entwicklung ist Wl : und Inhalt ist 12 Pfl ichten , das … betrachten[ .]] ErWl : Pfl ichten . 13 dies : daß … immanente] ErWl : ein Sollen [d . h . daß eine gewisse] Wl : i s t überhaupt daß eine immanente] 14 ist ; sie … eine] Er : ist , meine sie ist … Selbstbestimmung .] Wl : und nach dieser Form ist sie überhaupt in mir . 14–15 dieser Seite … Selbstbestimmtseins] Er : der Seite daß es innerliche Selbstbestimmung ist , des innerlichen Selbstbestimmtseins] Wl : daß eine innerliche Selbstbestimmtheit ist , 15–896,1 dies zum … innren] Wl : dieses innerliche Bestimmtseyn zum correlat hat Weise meines Daseins , und Vergleich zwischen dieser innerlichen 15 dies zum Gegenstand] 24 Beides richtig . mit Verweiszeichen am rechten Rande

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tritt damit die Vergleichung ein zwischen meiner innren bestimmung und meiner Unmittelbarkeit . Dies Gefühl , meine Empfindung , so fern sie meiner Existenz angehört vergleicht sich mit der Gefühlsbestimmtheit , die immanent in mir ist ; das ist das S ol l e n , das ist das Wesentliche wenn die bestimmtheit meines Daseins übereinstimmt mit meiner immanenten bestimmtheit , so sage ich , das ist a n g e n e h m ; ist diese Übereinstimmung nicht da , so sage ich : das ist unangenehm . Beides drükkt das ganz oberflächliche dieser Zustimmung meines Daseins aus , meiner Einzelheit mit meiner bestimmtheit in mir überhaupt ; bei großem Unglück wird man nicht sagen : das ist unangenehm etc . | Hiemit schließt sich eigentlich die ganze betrachtung des Gefühls – Es kann noch bemerkt werden daß der Inhalt des Gefühls zu einer andren Form umgebildet sein muß , wenn er allgemein hervortreten will ; und da hat er die Form der Pfl icht , des Sittlichen . Es bleibt aber in dieser Form noch Vieles unbestimmt und der Zufälligkeit überlassen und hier ist es dann besonders wo das Gefühl sein Geschäft hat und behält . Außerdem gibt es dann auch eine Seite der Unsittlichkeit , des bösen ; das böse ist dem Sittlichen entgegen d . h . dem Willen , der vernünftig ist – Was gegen den

Er : diese innerliche Bestimmung zum Correlat 1 meiner innren] Er : dieser innerlichen 1–2 meiner Unmittelbarkeit . … meine] ErWl : dem , | was [meine] Wl : ich bin , meiner] Unmittelbarkeit , [mein Zustand ist . diese] Wl : was meine Empfindung ist . Diese meine] 2–3 meiner Existenz angehört] Wl : als unmittelbar vorhanden ist , 3 der Gefühlsbestimmtheit ,] Wl : derselben Bestimmtheit , Gefühlsbestimmtheit ,] Er : Bestimmtheit , 3–5 ist ; das … ich ,] Er : ist , dem Sollen , dem Wesentlichen . Nach diesem soll die äußerliche Bestimmtheit seyn . Wenn beides zusammenstimmt so ist das eben so in meinem Gefühl und ich sage : Wl : ist . So habe ich 2 , und das immanente ist das Sollen . Wenn die Bestimmtheit meines Daseyns , die äußerliche Bestimmung übereinstimmt mit dem immanenten Gefühl , sage ich 6–10 ist diese … sich] Wl : und umgekehrt unangenehm . Jenes : Vergnügen , freudig ; dieß Schmerz p . In Beziehung auf Bedeutendes a n g e n e h m zu sagen , ist oberflächlich , weil angenehm Oberfl ächliches ist . – / In großen Gefahren nicht : unangenehm . die Fahlheit dieser Worte bietet sich gleich dar . – / Es beschließt sich damit 6–7 ist diese … aus ,] Er : das ist das ganz Oberfl ächliche – der Zusammenstimmung 8 meiner] Er : einer 8–11 bei großem … Gefühls] Er : Wo höhere objective Gesichtspunkte sind , da läßt man es nicht beim Verhältniß des Angenehmen und Unangenehmen bewenden . der Inhalt , damit er wahrer objectiver Art sei , muß er in andrer Form hervortreten , 10–11 Gefühls – Es … werden] Wl : Subjektiven . N o c h z u b e m e r k e n : 11–12 zu einer … da] Wl : muß daß er wahrhaft sei , zu anderer Form umgebildet seyn , und so sein muß , … da] Er : werden und so 13 Es bleibt … Form] ErWl : In Ansehung der Form [der Sittlichkeit] Wl : des Sittlichen] bleibt aber 13–15 unbestimmt und … dann] Er : unbestimmt , mehr oder weniger der Subjectivität überlassen , diese zufällige Seite hat und behält ihren Platz im Gefühl . Außer dieser Seite die dem Guten entspricht , ist darin Wl : unbestimmt , der individuellen Zufälligkeit überlassen , und an dieser zufälligen Seite an der Sittlichkeit deren Bestimmtheiten haben im Gefühle ihren Platz und behalten ihn darin mehr oder weniger . Außerdem ist 15–16 der Unsittlich keit , … ist –] Er : des nicht Sittlichen , bösen ; das böse] Wl : Bösen , des Übels . das was das Böse ist , 16–897,1 gegen den … ist ,] Wl : hingegen ist , gegen den wahrhaft freien Willen , das 2 Gefühl] statt eines unleserlichen Wortes

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Willen als freien ist , ist eben das Particuläre . Das böse ist wenn der Mensch auf seiner Particularität beharrt , so , daß sie dem Sittlichen entgegengesetzt ; dieses böse fällt dann dem Gefühl anheim , behält die Form des Gefühls ; z . b . Wohlwollen Freundschaft etc . bezieht sich auf die Pfl ichten gegen andre , aber so daß im Wohlwollen begriffen ist , was mehr der Willkühr der Individuen überlassen ist . Gesetze also fürs Wohlwollen lassen sich nicht geben ; so ist Freundschaft (Verhältniß von einzelnen Individuen zu einander) ganz frei gelassen von einem Gesetz : mit welchem Individuum ich eine Freundschaft habe – Die Freundschaft selbst ist also ganz etwas zufälliges . Es wird oft gefragt : warum unter den Tugenden , die Christus gelehrt nicht die Freundschaft genannt wird ? Die Antwort ist : daß Christus mit Menschen umgeben war die eine gleiche Richtung des Interesses auf eine objective göttliche Sache hatten ; da war also kein particulares Herz , Freundschaft . Bei den Griechen treffen wir einige berühmte Freundschaften an ; aber sie gelten als etwas ganz Seltenes ; sie sind ganz ausgezeichnet ; z . b . Pylades wird gar nicht durch einen allgemeinen

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1–2 auf seiner … beharrt ,] Er : sich eine Particularität fest macht , auf seiner Particularität] Wl : auf Partikularitäten 2 so , daß … entgegengesetzt ;] Wl : (seiner Subjektivität , Vor theil p) . 3 dann dem] Er : dem Wl : auch dem 3–4 z . b . Wohlwollen … etc .] Er : Wohlwollen Wl : Sie ist Wohlwollen , Freundschaft p . Wohlwollen 4 die] Er : rechtliche , sittliche 4–5 andre , aber … ist ,] Er : den Andern , bezieht sich aber auf dasjenige Wl : andere Menschen , aber so auf das Verhalten gegen andere Menschen , daß im Wohlwollen begriffen ist dasjenige , 5 Will kühr der Individuen] ErWl : Zufälligkeit , Willkühr des Individuums 5–8 ist . Gesetze … eine] Wl : ist ; – und Gesetze des Wohlwollens , und Bestimmtheiten des Wohlwollens läßt sich nicht geben . / | So Freundschaft einzelner Individuen . Ganz zufällig mit welcher Art von Individuum ich 5–7 Gesetze also … einander)] Er : Gesetze , Bestimmungen lassen sich dafür nicht angeben . Bei der Freundschaft , dem Verhältniß eines einzelnen Individuums zum andern ist es mir 7 von einem … mit] Er : mit 8–9 eine Freundschaft … gefragt :] Er : sie eingehn will . das betrifft die Particularität meines Characters , Wesens . Das ist etwas Zufälliges | und so die Freundschaft selbst etwas Zufälliges , denn jeder Bekannter von verständigem Sinn wird mir seinen Rath nicht entziehn . Die Freundschaft … gefragt :] Wl : Es betrifft die Partikularität meines Charakters , daß ich mit diesem Freundschaft habe . Freundschaft selbst sehr zufällig . Gebildete vernünftige Menschen achten ein ander , und theilen ein objektives Interesse , das sie mit ein ander thei len . Oder es ist partikuläres Interesse (Bedürfniß , Rath p) . so kann ich mich an einen bekannten Manne von recht schaffenem Charakter wenden , der mir helfen wird ohne ein besonderer Freund zu seyn . Man kann zuweilen diese Frage hören , 9–11 den Tugenden , … Richtung] Wl : christlichen Tugenden Freundschaft nicht enthalten sei : Christus selbst hat um sich gehabt selbst Kreis von Freunden , aber diese waren Freunde mit ihm in der Sache , so daß es nicht mehr Freundschaft des Herzens , sondern Gleichheit 10–11 Die Antwort … gleiche] Er : Er selbst hatte einen Kreis von Freunden um sich aber das war Freundschaft nicht dessen was man das Herz nennt , sondern Gleichheit der 11–12 göttliche Sache … Freundschaft .] Er : wahre , göttliche Sache . Wl : wahrhafte göttliche Sache , – die wahrhafte Freundschaft . – 13–898,1 berühmte Freundschaften … Zwekk] ErWl : ausgezeichnete [ Freundschaften , die eben weil sie dies selten sind so ausgezeichnet sind . Pylades ist nicht durch objective Interessen] Wl : Freundschaften an : Orest und Pylades p . aber diese Freundschaften gelten selbst als etwas Seltnes , und sind als Seltnes dieses Ausgezeichnete , daß z . B . Pylades]

15 1 freien] Er : wahrhaft freien

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Zwekk mit Orest verbunden , sondern hing bloß an seiner Person . Mitleid , Dankbarkeit etc . beziehen sich auch auf solche Verhältnisse , die nicht durch das Sittliche allgemein ausgemacht werden können ; sie haben ein Interesse für das Wohl andrer , aber die Art und der Anfang derselben bleibt mehr Sache der Persönlichkeit auch Sache der besonderen Umstände etc . Die Gefühle die mehr schlimmer Art sind haben einen Inhalt der dem Sittlichen ganz entgegengesetzt ist ; und diese sind es eben , die diesem Kreis eigenthümlich sind und wo der Inhalt dieses Gefühls nicht vorkommen kann in der weitren bestimmung dessen , was das Rechte am Herzen ist . | Das böse Herz ist eben das , was mir eigenthümlich ist in der Unterschiedenheit von der Objectivität des Willens . In beziehung auf diese Gefühle durchzukkt jedes Individuum solche Pulsation der subjectiven besonderheit , die dem allgemeinen gegen über stehen . Aber sie sind vorübergehend : man sagt : wenn man den Menschen ins Herz sehn könnte so würde sich da ganz etwas andres sehn , als auf dem Gesicht und

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1 verbunden , sondern … Mitleid ,] Wl : nicht verbunden war durch objektives Interesse , sondern das Interesse seiner Persönlichkeit sich zum Zweck gemacht hatte . Also dergleichen , was nicht sowohl Pfl ichten des sittlichen Verhältnisses unter Menschen be trifft , sondern auf diese Seite zwar fällt , aber mehr partikular ist , fällt dem Gefühl anheim und bleibt bei ihm . – Mitleid , Barmherzigkeit , hing bloß … Mitleid ,] Er : hat sich das Interesse seiner Person seiner Persönlichkeit zum Zweck gemacht . Mitleiden , Barmherzigkeit 2 sich auch] ErWl : sich 2–3 das Sittliche allgemein] Er : sittliche Bestimmungen Wl : das Sittliche bestimmt 3 können ; sie … Interesse] ErWl : [ können , sondern auf das Sittliche sich allgemein so] Wl : können : sich so allgemein darauf] beziehn daß sie ein Interesse enthalten 4–5 die Art … mehr] ErWl : [daß die Art , der Umfang des Interesses mehr Sache] Wl : so daß es Sache der Persönlichkeit und] der besondern Umstände , Gelegenheit bleibt . [ In alles dies tritt Particularität und diesem Mehr oder Weniger nach ist es der Zufälligkeit , der Particularität ,] Wl : daß ich mitleidig , hilfreich , barmherzig bin , dazu gehört Vermögen , Zeit , mich darum zu bekümmern . In alles dieses Gute tritt vielfache Partikularität ein , und es ist mehr der Zufälligkeit des Herzens und der] Willkühr überlassen . Ferner [ d i e Gefühle die] Wl : diese Gefühle , die mehr 6 dem Sittlichen … eben ,] ErWl : der Sittlichkeit nicht nur nicht angehört , sondern oder weniger] [opponirt ist . diese] Wl : ihr entgegen ist , und diese] Gefühle sind [es] Wl : es vornehmlich] 7–9 sind und … was] Er : sind . Ein unrechter Inhalt ist der der meiner Person in ihrer Particularität angehört , gegen mein Allgemeines , Vernünftiges . das ist dann das was das böse Herz ausmacht und dieses ist 7 sind und … Gefühls] Wl : ist , und wo der Inhalt , die Bestimmtheit dieser Gefühle , 8 weitren] Wl : weitren objektiven das Rechte … Herzen] Wl : am Herzen dem Gefühle , das Rechte und wahrhafte 9–11 Das böse … Pulsation] Wl : Gefühle der Persönlichkeit die zugleich gegen objektiven Willen sind , sind unsittliche . Jedes Individuum durchzucken solche Pulsazionen 9 ist in … Unterschiedenheit] Er : im Unterschied 10–12 In beziehung … wenn] Er : Wenn 11 besonderheit] Wl : Bestimmtheit 12 vorübergehend : man … wenn] Wl : vorübergehende Pulsazionen . Könnte 13–899,1 sehn könnte … Aber] Wl : sehen , sähe es ganz anders aus , als er sich zeigt . Ganz richtig , aber 13–899,6 sich da … nicht 3] Er : es da freilich ganz anders aussehen als wie er erscheint , aber wenn der Mensch rechtlich sittlich ist , so hat dies in ihm die Ober|hand . Allerdings aber können auch in ihm Empfi ndungen seyn , die Befriedigung seiner Allgemeinheit sind gegen 1 Orest] Pylades s . Anm .

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auf der Zunge[ .] Aber in dieser Rücksicht soll man ihm nicht ins Herz sehn und er selbst soll es auch nicht ; denn wenn das Herz rein ist , so hat das Sittliche die Obergewalt in ihm , obgleich auch solch Pulsationen im Einzelnen darin sind . Dieses sich ins Herz sehn macht verrükkt ; es sind nicht b e s o n d r e Leidenschaften , sondern ganz allgemein menschliche ; die der besonnene Mensch unterdrükkt ; er zeigt sie nicht vor andren und auch nicht vor sich selbst und er läßt sie nicht bestimmungen seines Willens werden . Es ist besonders die Reflexion , die zu solchen Empfindungen leitet , zu Empfindungen des Hasses , Feindschaft , Zorn Neid ; diese gelten unsren Vorstellungen gegen andre , z . b . der Neid ist solche Empfindung der Reflexion ; es ist die F o d e r u n g d e r G l e i c h h e i t der abstracten Gleichheit ; die alte Nemesis war eben ϕθονος der Neid ; sie sucht alles Hohe niedrig zu machen . Das ist auch die Foderung des Verstandes ; der Neid ist nichts , als daß man sich dadurch gedrükkt fühlt , daß ein andrer irgendwie höher ist als man selbst . Das 2t e sind die Triebe .

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15 das Allgemeine . die Verrückten zeigen Empfi ndung des Hochmuths , der Eitelkeit , da sagt man

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dann : diese Leidenschaft habe ihn verrückt gemacht , aber sie sind im Menschen überhaupt , nur vom besonnenen Menschen werden sie unterdrückt gehalten theils so daß er sie nicht in sich selbst aufkommen , 1 ihm] Wl : dem Menschen 2–6 denn wenn … läßt] Wl : Wenn das Recht in ihm ist , so hat es die Oberhand , und dennoch können solche Durchzuckungen kommen , die aber wieder verdrängt werden . – die Verrückten zeigen schlimme Leidenschaften . das , sagt man , hat ihm im Kopf gesteckt und ihn verrückt gemacht . Empfindungen dieser | Art sind in jedem mehr oder weniger , im besonnenen Menschen werden sie unterdrückt , theils dadurch daß er sie nicht zeigt vor Andern , theils sie nicht sich selbst zeigt , 7 Willens] Er : Willens werden läßt , theils so daß sie nicht äußerlich , augenfällig 7–10 werden . Es … ist] Wl : werden läßt . / diese Empfindungen sind mannigfach , besonders die Reflexionen . Empfi ndungen des Geistes , Rache , Mißgunst , Neid p sind Empfindungen die für u n s r e gelten , auch nur gegen die Vorstellung Andrer . der Neid z . B . ist solche Empfindung der Reflexion . Er hat das Verlangen oder 7 die] Er : das Vergleichen , die 8–10 zu Empfindungen … ist] Er : Mißgunst , Zorn , Neid sind dergleichen Empfi ndungen . Der Neid hat zu seinem Inhalt 10–13 G l e i c h h e i t der … selbst .] Er : Gleichheit . Wenn der abstracte Verstand daran hält daß alle Menschen gleich sind , so ist dieses eigentlich Neid , ϕθόνος , Nemesis , der die Alten zuschrieben daß sie alles gleich mache . 10 G l e i c h h e i t der abstracten] Wl : abstrakten 11 war eben … sucht] Wl : ist der ϕθόνος gewesen , indem sie 11 machen . Das … die] Wl : machen , Alles mit Gleichheit zu reduziren suchte . – die 12 ist nichts , … dadurch] Wl : der sich 13–900,2 irgendwie höher … Das] Wl : höher erscheint . – / das sind die allgemeinen Gesichtspuncte bei den Gefühlen . / 2 .) die Triebe , das 14–900,1 Triebe . / b . D i e Tr i e b e .] Er : Tr i e b e .

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Das Angenehme und Unangenehme zu erkennen ist ein Ur theil – der Trieb ist eben ein solches : Empfindung der bestimmtheit mit dem Gefühl einer Unangemessenheit meines Daseins mit dieser bestimmtheit . Das unangenehme Gefühl als solches ist daher immer practisch ; es ist verbunden mit einem Mangel , einer Negation ; und der Trieb ist dann , daß dieser Widerspruch der Negation mit einer positiven Natur aufgehoben werde . Das Unangenehme ist insofern nothwendig , schon in beziehung auf meine lebendige Natur ; so auch in beziehung auf die geistige . der Geist weiß nur was er ist indem er sich selbst gesetzt hat zu dem , was er ist . In diesem sich setzen sollen des Geistes liegt , daß die Empfindung zum Trieb übergehe . I n § 471 steht der Trieb soll sich befriedigen und für sich sein – daher soll die Angemessenheit seiner innren bestimmung und seines Daseins durch ihn gesetzt sein ; Trieb , Neigung , Leidenschaft hängen zusammen ; Leidenschaft ist ein Trieb , wie die Totalität des Individuums sich in diese besonderheit hineinlegt ; dies besondre | zu seinem Ganzen macht und hat ; dann le id e t das Individuum (παθος Leidenschaft .) | dem Ganzen geschieht Gewalt , weil der Trieb in dieser Gestalt nicht das

2–3 zu erkennen … solches :] ErWl : sind schon [ein Ur thei len ein Vergleichen der Bestimmtheit in der ich unmittelbar bin mit der Bestimmtheit die innerlich ist , einem Sollen .] Wl : beur theilt . Vergleichung eines Zustandes mit den Gefühlen meiner Bestimmtheit , das , was ich innerlich bin , soll .] der Trieb ist [auch ein Innerliches ,] Wl : eine Innerlichkeit ,] 3 der bestimmtheit … einer] Er : einer Bestimmtheit zugleich mit einem Gefühl der Wl : dieser Bestimmtheit , mit 4–6 mit dieser … Negation ;] Er : gegen dies Innere . Das Unangenehme ist verbunden mit einem Mangel 4 dieser bestimmtheit .] Wl : diesen Bestimmtheiten . 4–6 als solches … Negation ;] Wl : ist verbunden mit Mangel , 6–7 dann , daß … Natur] ErWl : die Foderung daß [dieses Negative der positiven Seite meiner Natur] Wl : dieser Widerspruch] 7–8 insofern nothwendig , … geistige .] ErWl : [in sofern nothwendig als ich geistige und lebendige Natur bin . Was ich bin soll ein Hervorgebrachtes meiner] Wl : nothwendig schon sofern ich lebendige , mehr noch geistige Natur bin , soll was ich hervorbringe , von mir Hervorgebrachtes] seyn . 9 weiß nur] ErWl : [muß] Wl : soll] wissen indem er … ist .] ErWl : und [er weiß es nur wenn er sich als solches gesetzt hat .] Wl : weiß nur , indem er , was er ist , gemacht .] 10 sich setzen … liegt ,] ErWl : Sollen daß der Geist [für sich sei darin liegt sogleich] Wl : sich setze als das was er ist , – liegt ,] 10–11 übergehe . I n … sein –] ErWl : übergeht , daß der Wille [für sich sei .] Wl : sich bestimme für sich zu seyn .] 12 seiner innren … ihn] Wl : des daseyns zur Innerlichkeit seiner innren … seines] Er : der innern Bestimmtheit und des unmittelbaren 13 Leidenschaft hängen zusammen ;] Wl : Leidenschaft . hängen zusammen ; … wie] Er : ist auch Trieb aber wird dann so genannt wenn 13–14 wie die … besonderheit] Wl : wenn das ganze Individuum in diesem besonderen Inhalte , der dem Triebe zu Grunde liegt , sich 14 diese besonderheit] Er : dieses Besondre 15–16 zu seinem … geschieht] Er : | zum Ganzen macht , das Individuum l e i d e t da , denn solcher Inhalt ist nur ein Besonderes und dadurch leidet das Ganze macht und … Leidenschaft .)] Wl : macht . παθος Leidenschaft ; – ein leidendes Individuuum , weil durch den besonderen Inhalte geschieht Gewalt ,] Wl : Gewalt geschieht , 16–901,2 der Trieb … ist] Er : das Besondere nicht ihm angemessen ist . der Ausdruck παθος hat eine umfassendere Bedeutung : in

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Ganze des Individuums ausmacht . Pa t ho s hat auch im Griechischen noch eine andre bedeutung als Leidenschaft ; es ist irgend ein Inhalt , den das Individuum zu dem Ganzen seiner Sache macht , ein Inhalt der vollkommen sittlich sein kann , so daß das Individuum vollkommen Recht hat , seine ganze Individualität da hineinzulegen . Wir verstehen unter Leidenschaft aber mehr einen unsittlichen Trieb , oder eine Übertreibung , etwas Unrechtes überhaupt[ .] 475 . Die Neigungen und Leidenschaften – (ihr Inhalt , was sie sind ,) ist dasselbe dem Inhalt nach , als die practischen Gefühle nur daß die Triebe das sind , das zur bestimmtheit meines Daseins zu machen , was mir fehlt . Der Trieb fängt von einem Vorangehenden an , was einen Mangel hat ; das kommt aber nicht aus dem Inhalt als solchen ; was ich verlange ist nur , daß meine Selbstbestimmung die bestimmung meines Daseins , meiner Unmittelbarkeit werde . Der Inhalt ist in so fern derselbe , als er im Gefühl liegt . Die Neigungen der Leidenschaft haben die natürliche Vernünftigkeit zur Grundlage ; sie sind ein Vernünftiges , schon weil sie ein lebendiges

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… es] Wl : nicht wahrhaft angemessen ist der ganzen Totalität . – παθος und Leidenschaft auch verschieden . – παθος ist umfassender . παθος 2 den das] Er : der dem 3–5 seiner Sache … hineinzulegen .] Er : zur Sache wird und dieser Inhalt kann ganz sittlich seyn . 4 seine ganze … da] Wl : und es ihm Pfl icht seyn kann , seine ganze Totalität in diese Bestimmung 5–6 aber mehr … überhaupt[ .]] ErWl : [das Unsittliche , eine Uebertreibung überhaupt was im] Wl : aber eine Uebertreibung eines Triebes , Unsittliches , mehr oder weniger Unrecht , was im griechischen] παθος nicht liegt . 7–8 – (ihr Inhalt , … Gefühle] Wl : was sie sind , d . h . was ihr Inhalt ist , dieß ist derselbe Inhalt , den praktische Gefühle haben , – (ihr Inhalt , … als] Er : sind ihrem Inhalt nach gleich – was ihr Inhalt ist ist derselbe den 8 nur daß … das2 ] Er : haben , nur daß der Trieb dieses die Triebe … das2 ] Wl : der Trieb das ist , daß das , was in mir Selbst bestimmt ist , 9 meines Daseins … fehlt .] Er : seines daseyns macht , sich darin befriedigt . 9–10 was mir … dem] Wl : mich in Form der Unmittelbarkeit , darin zu befriedigen . Genuß . Mir fehlt Etwas . Was mir fehlt kommt nicht auf fängt von … hat ;] Er : ist ein Mangel , das w a s mir fehlt 10 aus] Er : auf 11–902,4 solchen ; was … behaftet .] Wl : solchen , sondern Inhalt gehört zu meiner Selbstbestimmung , und die Forderung ist , daß er von Form der subjektiven Selbstbestimmung | übergesetzt werde in Form objektiver Selbstbestimmung . – Gefühle die mit einem Unangenehmen verbunden sind , werden zum Triebe . – Neigungen und Leidenschaften haben vernünftige Natur des Geistes zu Grunde . die ursprüngliche Selbstbestimmtheit ist ein Vernünftiges . Bestimmtheiten im Herzen sind im Allgemeinen Bestimmtheiten des Geistes , der Vernünftigkeit ; aber 1 .) sollen diese Bestimmtheiten nicht Naturbestimmtheiten bleiben 2 .) kann ich nach meiner Partikularität Bestimmtheiten in mir behalten , die gegen das Vernünftige , das Objektive sind . – / Andererseits gehören Triebe und Neigungen dem Subjektiven an und sind deswegen wenigstens mit Zufälligkeit behaftet . Trieb ist noch nicht gereinigt . Seine Reinigung ist , daß der Inhalt seine vernünftige Bestimmung erhält . 11–13 solchen ; was … liegt .] Er : solchen an , sondern liegt vielmehr in meiner Selbstbestimmung und diese subjective Bestimmung soll objectivirt werden . 13–902,4 natürliche Vernünftigkeit … behaftet .] Er : vernünftigen Bestimmungen des Geistes zum Inhalt . Schon das Lebendige ist vernünftig , vielmehr der Geist . diese Bestimmungen sollen nicht nur Naturbestimmungen seyn , und ferner kann ich Bestimmungen in mir behalten die

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wievielmehr , weil sie ein geistiges sind ; aber sie sollen nun nicht Naturbestimmungen bleiben ; denn von Natur allerdings ist die Willensbestimmung gut . Das Herz ist gut . Aber sie gehören anderseits auch dem Subjectiven dem Einzelwesen an und sind so mit Zufälligkeit behaftet . Die Leidenschaft für sich ist weder Gut noch böse – nur wenn der Inhalt mit der Individualität eins ist , so ist sie gut oder böse – Orest , der die Gerechtigkeit über seines Vaters Tod zu handhaben hat gegen seine Mutter ; dieser Trieb diese Gerechtigkeit auszuführen ist sein Pathos (nicht gute Leidenschaft) ebenso Antigone die den bruder gegen den befehl des Regenten begräbt nach der Pietät – er ist ihr bruder – in diese Pfl icht legt sie ihre ganze Individualität , ihr ganzes Schicksal – das ist ihr Pathos . Kreon dagegen handelt im Interesse des Staates er handelt auch aus einem berechtigten ; dieser Staat ist sein Pathos , und dem opfert er auf das Glükk seines Sohnes dessen braut Antigone . Der Mensch setzt sich in diesem Pathos ganz aufs Spiel – wir haben keinen rechten deutschen Ausdrukk dafür[ .] § 476 . ist von d e m I nt e re s s e gesprochen – das ist ein besserer Ausdruck als Leidenschaft ; aber wir verstehen auch gleich wieder etwas schiefes darunter , worin die Selbstsucht herrschend ist ; wer nach seinen Interessen handelt , dessen Handlung hat keinen sittlichen Werth , wenn man aber fodert , man soll ganz interesselos

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ganz das Objective Vernünftige des Willens sind , andrerseits gehören Triebe und Neigungen noch dem einzelnen subjectiven Willen an . In sofern der Inhalt noch Trieb ist , ist er noch nicht gereinigt , hat noch keine vernünftige Bestimmung erhalten . 5–18 nur wenn … hat] Er : sondern diese Form der Leidenschaft drückt nur aus daß das Subject alle seine Interessen des Geists in eine besondre Bestimmtheit legt und diese seine ganze Individualität in Anspruch nimmt . / diese Sache z . b . der Staat , oder die Pietät der Antigone , sofern es i h r e Sache ist , so ist es ihr Interesse . Wir verstehn aber auch unter Interesse etwas Unrechtes und Selbst|süchtiges . Wenn das Motiv nur eine besondre Befriedigung , Nutzen , Genuß ist , so hat allerdings die Handlung 5 nur wenn der] Wl : ihre Form drückt nur dieß aus / Dann ist es eine Leidenschaft παθος . Wenn 5–6 eins ist , … böse –] Wl : ganz identisch ist , so ist’s παθος , mit sittlichem Inhalt ist hohes παθος . Pathetisches in der Tragödie . 6–7 gegen seine … auszuführen] Wl : und Mutter ist Märtyrer . Diese Gerechtigkeit die er aus zu führen hat , 8–9 gute Leidenschaft) … Pfl icht] Wl : Leidenschaft) oder Antigone , daß Schwester dem Bruder die letzte Ehre erweist , ihn begräbt , gegen Befehl des Regenten . diese Bruderliebe (sie geht es nicht an was Bruder [ Mann] Hk : Bruderpaar] im Staat ist) in die 9–10 Individualität , ihr … Schicksal –] Wl : Individualität . 10 dagegen handelt im] Wl : hat zu thun , was Interesse des Staates ist , – daß dem Feind des Vaterlandes nicht die Ehre des Begräbnisses widerfahre , – er handelt aus 11 Staates er … Staat] Wl : Staates ; das 12–15 Sohnes dessen … Ausdruck] Wl : Sohnes , Verbindung mit Antigone . – Wir haben kein andres so unpassendes Wort , – als nur Leidenschaft , daß der Mensch das Ganze seines Interesses , Schicksals , Zustandes in eine Besonderheit hineinlegt . – / Beim Trieb , bei Leidenschaften ist diese Sache in meinem Interesse . der Staat bei Creon , bei Antigone die pietät , das ist ihre Sache , – ihr Interesse . Interesse drückt παθος besser aus 16–18 aber wir … hat] Wl : es hat aber zugleich das Schiefe , als ob es etwas Eigennütziges , Unrechtes wäre . Wenn er ein selbstsüchtiges Interesse gehabt hat , so hat allerdings die Handlung 18 man aber … interesselos] Er : aber gesagt wird , man soll ohne Interesse 18–903,1 man soll … handeln ,] Wl : die Handlungen

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handeln , so | ist das eine abstracte und unrechte Forderung . Es soll eine Sache vollbracht werden ; dabei ist ein Subject thätig ; in so fern das Subject es thut , gehört sie seinem Willen an , der Sache ist sein Interesse ganz nothwendig ; die Sache als solche vollbringt sich nicht ; sie ist eine Idee , ein gewisser Inhalt der noch nicht wirklich geworden ist . Die Individuen müssen die Sache zu der ihrigen machen interest mea causa es be trifft meine Sache – das ist das Handeln . Es kann nichts ohne Interesse gehandelt werden ; es kommt nur auf den Inhalt an , ob dieser ein schlechter ist oder nicht[ .] Es ist nichts Großes ohne Leidenschaft vollbracht worden , noch kann sie ohne Leidenschaft vollbracht werden ; wenn der Mensch irgend was Großes will , es sei , was es sei , so muß sein Wille sich in diese Sache hineinlegen und Alles Andre was ihm sonst wichtig sein könnte , muß er zurücksetzen und sich ganz daransetzen an diese Sache ; er handelt dann mit Interesse , mit Leidenschaft . Es ist nichts abgeschmackteres als wenn man den großen Männern vorwirft , sie hätten etwas aus Leidenschaft gethan ; ohne Leidenschaft hätten sie aber nichts thun können . Die formelle Vernünftigkeit des Triebes besteht nur darin , daß sein Inhalt nicht etwas

sollen allgemein ohne Interesse seyn , 1–3 ist das … nothwendig ;] Wl : ist’s abstrakt , ungerechte Forderung . Ich kann nicht handeln ohne Interesse . – der handeln soll , ist Subjekt , damit er es thue muß es s e i n e Sache seyn , die Sache muß seinem Willen angehören , die Sache muß sein Interesse seyn . da ist also die Bestimmung des Interesses immer dabei ; 1–9 und unrechte … Großes] Er : Foderung , ich kann niemals ohne Interesse handeln . damit der Mensch dies thue , muß es s e i n e Sache seyn , s e i n e m Willen angehören , wenn es auch die reinste Sache ist und sofern ist die Sache sein Interesse (für das Gute) . die Sache abstract genommen ist der Inhalt , sofern er wirklich werden soll muß er dies durch die Thätigkeit der Individuen ; sofern sind sie d a b e i – interest mea causa . / Insofern es meine Sache ist , ist Interesse daran und es ist ein Mißverstand wenn man sagt der Mensch soll ganz ohne Interesse handeln aber es kommt darauf an ob es ein schlechtes oder wahres Interesse ist . Nichts Großes kann 4 nicht ; sie] Wl : nicht selbst ; Sache 4–8 gewisser Inhalt … . nicht[ .]] Wl : Inhalt , | daß der Inhalt vollbracht werde , gehört Thätigkeit der Individualität dazu ; daß sie dabei thätig seyen , müssen sie dabei seyn , es muß ihre Sache seyn , es muß Interesse bei seyn . – Es ist also Mißverstand in der allgemeinen Forderung , daß der Mensch ohne Interesse solle handeln . / 9–10 worden , noch … werden ;] Er : werden . Wl : worden / 10–11 es sei , was] ErWl : von welcher Art 11 so] Wl : im Staat , Wissenschaft oder sonst , so 11–12 was ihm … muß] Er : muß 12–13 und sich … mit 2 ] Er : gegen dieses und sofern er sich ganz daran setzt , es s e i n e Sache ist , so ist dieses sein Interesse und er handelt aus Wl : muß er sich ganz an diese Sache setzen , so daß die Sache die Seine ist , – und so handelt er aus 13–15 Es ist … können .] Er : In Ansehung des nähern Inhalts der Triebe , Neigungen pp gilt dasselbe , was vom Gefühl gesagt ist . 13–14 nichts abgeschmackteres … man] Wl : in Geschichte nichts abgeschmackter , als 14–15 vorwirft , sie … gethan ;] Wl : vorzuwerfen , daß sie aus Leidenschaft handeln , 15 hätten sie … können .] Wl : können sie nicht handeln . – Andres opfern und eine Sache zu seyner machen , das heißt mit Leidenschaft die Sache zu Stande bringen . / In Ansehung des näheren Inhalts der Neigungen und Leidenschaften gilt dasselbe was bei Gefühlen gesagt ist . – 16 nur darin ,] ErWl : darin 16–904,1 sein Inhalt … Inhalt] Wl : 1 handeln] hadlt

9–10 Es ist … werden ;] durch senkrechten Strich am rechten Rande hervorgehoben

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Subjectives bleibe , sondern daß der Inhalt zu einer Unmittelbarkeit in mir gemacht werde , – indem ich das erreicht habe , was ich gewollt habe , so habe ich einen Genuß dabei , bin befriedigt ; wenn ich meine Pfl icht befriedige , so befriedige ich mich dabei , und zugleich die Sache – ich habe also auch meine befriedigung und meinen Genuß darin . Es ist eben eine große Thorheit , wenn in dem , was der Mensch hervorbringt kein Genuß sein soll ; ich mache ja in der Vollbringung einer Jeden Sache dieses Dasein angemessen der bestimmung meines Triebes . Der Mensch hat im Leben besonders darauf zu sehen , daß er sich selbst | befriedigt , daß er seinen wahrhaften Zwekk vollbringe , und sich befriedige in dem , was er thut ; wie andre das aufnehmen , das ist zufällig und daneben ; diese Eigensucht ist eine höhre bestimmung , als die andren zu befriedigen ; die Andren sind die mannigfaltigste Zufälligkeit . – Also Interesse , Leidenschaft , befriedigung , Genuß sind wesentliche bestimmungen die aber nur dem formellen angehören und ohne welche eine Thätigkeit | nicht ist und nicht sein kann ; sie kann verschiedenen Inhalt haben , allerdings , was aber dieser wa h r h a f t e Inhalt ist , gehört der betrachtung des o b j e c t i ve n G e i s t e s an . Plato z . b . als er sagen soll : was die G e re c ht i g k e i t ist betrachtete

That / und dieß 1 einer Unmittelbarkeit] Er : etwas Unmittelbarem 2–5 indem ich … darin .] Wl : d . h . daß ich ein Dasein übereinstimmend gemacht habe mit dem Inhalt meines Triebes . So habe ich es objektiv erreicht , was ich gewollt . Nun bin ich befriedigt und habe Genuß . Es kann keine Handlung zu Stande gebracht werden ohne Genuß : ich befriedige mich immer dabei , beim Vollbringen , und habe Genuß und Befriedigung meiner , indem ich die Befriedigung der Sache vollbracht . – 2 indem] Er : daß ich mein Daseyn übereinstimmend mache mit dem was Inhalt des Triebes ist . Indem 3 dabei , bin … ich 2 ] Er : dabei . das Gewußte , das was als das wahrhafte bestimmt ist , wird vollbracht und ich befriedige 4–5 und zugleich … Es] Er : befriedige die Sache und mich , es 5–6 eben eine … hervorbringt] Wl : daher Thorheit , zu meinen daß bei Vollbringung 6 kein] Er : keine Befriedigung , kein 6–7 ich mache … Triebes .] ErWl : Mein daseyn habe ich [angemessen] Wl : übereinstimmend] gemacht [der innern Bestimmung , meinem Triebe .] Wl : mit meiner Bestimmung .] 8–9 seinen wahrhaften] Er : einen w a h r e n Wl : seinen 9–10 befriedige in … aufnehmen ,] Wl : darin befriedige . Wie’s die Andren nehmen , und nutzen und sich’s recht machen , – 10–12 zu fällig und … Also] Wl : Zufälliges . Zu1 . muß er sich’s selbst recht machen . Erst also muß man die Einsicht haben , was das Rechte , der Zweck ist , und dann dieß befriedigt . / 10–11 zufällig und … bestimmung ,] Er : äußre Zufälligkeit . dieses ist eigentlich eine höhere Befriedigung , 11–13 befriedigen ; die … aber] Er : befriedigen von denen der eine es so , der andre es so nimmt , aber man muß selbst die Einsicht haben , daß was man thut das Rechte sei . – Trieb Genuß u . s . w . gehören 13–15 angehören und … ist ,] Er : an , das einen vernünftigen oder schlechten Inhalt haben kann , aber es sind Bestimmungen die vorhanden sind beim rechtlichsten , sittlichsten Inhalt . Was aber diesen Inhalt selbst betrifft und ohne … wa h r h a f t e ] Wl : die auch einen schlechten Inhalt haben können , aber auch vorhanden sind bei dem sittlichsten Inhalt der Thätigkeit überhaupt . Was 15 der] Er : in die 16–905,4 G e i s t e s an . … ist . –] Er : Geistes . / 16–905,1 G e i s t e s an . … Staates ;] Wl : Geistes | der Betrachtung der Realisirung der Freiheit sei . A n m e r k u n g sagt , daß Plato / er betrachtet Ge10–12 ist zufällig … Zufälligkeit .] durch senkrechten Strich am rechten Rande hervorgehoben Satz bricht ab 40 Plato Satz bricht ab

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sie nicht im subjectiven Sinn , sondern in der objectiven Gestalt des Staates ; was gerecht ist , läßt sich nur sagen in seiner bestimmten Entwicklung in dem Re cht des Geistes , seiner F r e i h e i t – wie diese im S t a a t in dem sittlichen Leben des Geistes ist . – Die Triebe sind hier zunächst nur ein mannigfaltiger besonderer Inhalt ; und dieser besondre ist es der auf seine befriedigung geht ; der Trieb als solcher schaut nicht um sich , er ist blind , nimmt auf nichts Rücksicht – geht nur auf die Ausführung der besonderheit ; aber die Intelligenz , das Subject dem dieser Trieb angehört ist nicht blind ; diese erscheinenden Triebe gehören nämlich (§ 47 7 . ) e i n e m Subject ; dieses ist als denkendes bestimmt so , daß es die Form der Allgemeinheit in

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2 seiner] Wl : der 2–4 in dem … ist . –] Wl : was das Rechte des Geistes ist ist in wahrhafter Organisazion , in der Organisazion des sittlichen Lebens , des Staates vorhanden . / 4 Die Triebe … besonderer] ErWl : Eine Seite des Triebes ist , sich zu objectiviren , [die Subjectivität , Innerlichkeit aufzuheben und sich zu einem] Wl : Dasein mit innerlicher Bestimmung identisch zu setzen , oder sich damit zum] Daseyenden zu [machen . der Trieb geht auf den Genuß . diese Seite daß der Trieb d i e Bestimmung ist , die einseitige Bestimmung] Wl : machen , und Gefühl dieser Uebereinstimmung ist Genuß überhaupt , Befriedigung . diese Seite des Triebes , daß er Thätigkeit ist , Einseitigkeit] der Subjectivität aufzuheben , geht [uns hier nur um der allgemeinen Bestimmung willen an . Bei dieser] Wl : als solcher uns nur in dieser Bestimmung an . – In weiterer] Verwirklichung des Triebes kommen [noch andre Bestimmungen vor als in dieser Bestimmung des unmittelbaren daseyns in welchem der Trieb realisirt werden soll , spaltend sich in die Subjectivität in sich und in die objective Welt . dieses ist aber] Wl : weitere Bestimmtheiten an . Das ist] der Standpunkt des [ Bewußtseyns und Selbstbewußtseyns . das Bewußtseyn ist bedingt durch eine äußerliche Welt , das Material das zum Mittel gebraucht wird und in welchem sich der Trieb befriedigt . Diese Seite] Wl : Selbstbewußtseins , über den wir hinaus sind . Verhältniß des Triebes zu einer äußerlichen Welt] gehört der Sphäre des Bewußtseyns als solchen an . [das Selbstgefühl daß es in diesem Fühlen seinen Zweck erreicht] Wl : davon unterschieden ist Zustand des Selbstgefühls , des Fühlens seiner selbst , daß es in diesem Fühlen seinen Zweck erreicht , – dieß] gehört allerdings unserm Standpunkt an , [aber dies ist] Wl : d . h .] nur das Formelle des Triebes [überhaupt , in allem was ich ausführe kann ich mich befriedigen , mich genießen . Aber das Nähere ist ,] Wl : überhaupt . – das Interesse ist , daß ich überhaupt was mir Zweck seyn soll , mir Trieb , Neigung seyn soll , bei Ausführung des Zwecks zur Befriedigung meiner , Genuß komme . Nähere :] daß die Triebe einen Inhalt haben [und so sind sie b e s o n d e r e gegen einander . Wo diese Besonderheit] Wl : wonach sie sind mannigfaltige , Bestimmungen gegen ein ander . die Besonderheit wo sie] herkommt davon ist schon früher die Rede gewesen , daß dies Bestimmungen des [denkenden wollenden Geistes sind . Zunächst sind die Triebe hier nur ein nichtiger , | besondrer] Wl : wollenden Geistes überhaupt sind , die sie noch nicht auf wahrhafte Weise haben . Hier sind Triebe in mannigfaltigem besonderen] 5 besondre ist … Trieb] Wl : Trieb 5–7 schaut nicht … Intelligenz ,] Wl : geht auf seine Befriedigung , nimmt nicht Rücksicht auf Andre , sondern geht direkt auf Genuß . Man sagt daher Trieb ist blind , noch mehr die Leidenschaft . Wenn nun der Trieb überhaupt blind ist , auf Besondres geht , so ist die Intelligenz nicht blind , 6–8 er ist … (§ 47 7 . )] Er : sondern geht auf die Befriedigung seiner , der Trieb ist blind , wie also die Leidenschaft . Wenn nun der Trieb blind ist , so ist die Intelligenz nicht blind , das Subject dem diese Triebe angehören , sondern die Triebe in ihrer unbestimmten Mannigfaltigkeit gehören der einfachen Subjectivität des Wollens an , 8 diese erscheinenden … (§ 47 7 . )] Wl : die mannigfaltigen Triebe gehören 9 ist] Er : ist hier Wl : ist hier für uns überhaupt bestimmt so , … es] ErWl : bestimmt , [es hat] Wl : und bestimmt daß es]

10 rechtigkeit in objektiver Gestalt der Gerechtigkeit –

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ihm habe und sich in dieser Form zu den besondren Trieben verhalte – so erscheint das Subject als W i l le überhaupt . Nach diesem Verhältniß des Subjects zu seinen Trieben haben die Triebe und ihr Inhalt die Form der besonderheit für dieses Subject , und der allgemeine Trieb des Individuums ist wesentlich der allgemeine sich zu befriedigen und die befriedigung seiner im Triebe ist ein Unterschied zwischen sich als einem allgemeinen und von dem Genuß seiner , nach dieser besonderheit . Mit dem Triebe ist unmittelbar in der Intelligenz diese besonderheit des Triebes mit der Allgemeinheit im Subject als eins gesetzt . | Im Thiere sind die Triebe blind , aber das Subject als Denkendes steht über seinen Trieben ; es will die befriedigung seines Triebes nach seiner besonderheit , aber auch die befriedigung seiner nach seiner Allgemeinheit , beide können in Collision mit einander kommen . Das Nähere hievon ist , daß der Wille als Denkender den mannigfaltigen Inhalt der Triebe vor sich hat und die Specification die aus dem besondren Trieb hervorkommt . Der Trieb ist ein besondrer aber er kann auf mannigfaltige Weise befriedigt werden ; denn das Dasein geht er doch an ; und dieses ist eben das Natürliche , das die unbestimmteste Mannig-

1 ihm habe … in] Er : sich und unter Wl : ihm habe , und mit zu den … verhalte –] Er : verhält es sich zu den besondern Trieben . Wl : sich zu den besonderen Trieben verhalte . 2 das Subject] ErWl : [es dann] Wl : es] zunächst 2–3 Nach diesem … die] Er : die Nach diesem … Trieben] Wl : Besonderer Inhalt seiner Triebe , mannigfaltige Triebe und Besonderheit des Inhalts und des einen sich auf sich beziehenden Subjekts , das Subjekt in seiner Allgemeinheit , das denkende Subjekt im Verhältniß zu diesen seinen besonderen Trieben . Nach diesem Verhältniß 3 ihr] Wl : der die] Er : haben die 4 wesentlich der … sich] ErWl : s i c h 5 und die … Triebe] Er : nicht nur den Trieb zu befriedigen sondern s i c h in dem Triebe . das und ] Wl : nicht nur den Trieb zu befriedigen , sondern sich im Triebe ; und 5–8 Unterschied zwischen … gesetzt .] Wl : verschiedenes vom Genusse seiner im Allgemeinen . – | 5–6 sich als … von] Er : dem Genuß seiner als dieses Allgemeinen und 6–8 nach dieser … gesetzt .] Er : als dieses Besondern . 8–9 aber das Subject] Wl : Triebe abstrakt , als solche sind blind . Subjekt 9 Denkendes steht] Er : Intelligenz steht sogleich über seinen Trieben ;] Wl : zugleich über seinem Trieb . 9–12 seines Triebes … hat] Er : s e i n e r . die Befriedigungen seiner aber in diesen Besonderheiten können einander widersprechen . der Wille weil er denkend ist hat den Inhalt des Triebes vor sich seines Triebes … Denkender] Wl : des Triebes , Besonderes , und seiner Allgemeinheit . – da kann Befriedigung des Besonderen und des Allgemeinen in Collision kommen . – das ist das Verhältniß überhaupt im Triebe , sofern sie Triebe sind des Willens , der denkende Intelligenz ist . / Der Wille , weil er denkend ist , hat 12 sich hat] Wl : sich , 13 die aus … hervorkommt .] Wl : überhaupt , das Hervorkommen mit Realisazion derselben . – 13–14 aus dem … Weise] Er : hier vorkommt mit der Realisation des Triebes . derselbe Trieb kann auf mehrfache Weise , und eben so unter den Trieben die besondere sind , einer oder der andre ein besondrer … Weise] Wl : Besonderes , kann verschieden 14–907,7 denn das … herauskommt –] Er : die Intelligenz ist so reflectirender Wille überhaupt und so ist der Wille als W i l l k ü h r , als wählend . Wollen und denken als abgesondert betrachten ist unverständig . In sofern der Wille Wille ist , so ist denken darin , wenn es auch nicht abstractes reines denken ist sondern sich auf die Besonderheit bezieht , 14–907,1 denn das … also] Wl : daseyn als solches , diese Natürlichkeit überhaupt , ein und derselbe Trieb kann 9 Trieben] Tribens

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faltigkeit ist ; ein und derselbe Trieb kann sich also auf die mannigfaltigste Weise befriedigen ; und unter seinen Trieben kann der eine befriedigt werden , wodurch aber der andre zurückgesetzt wird – Insofern sich nun die Intelligenz auf die besonderheit des Triebes richtet ist der W i l l e als w ä h le n d , auf dem Standpunkt des Wählens ; so ist der Wille : | W i l l k ü h r . Wille ist immer Denken , wenn auch nicht immer reines und keinen freien Zwekk hat , und aus der besonderheit noch nicht herauskommt – er ist doch reflektierender Wille und das ist eben das Denken , das sich auf das besondre bezieht und also über dem besondren steht – es ist die W i l l k ü h r . W ä h l e n setzt aber den Willen als allgemeinen voraus – die mannigfaltigen Dinge die Mittel dazu zu gelangen , die Folgen etc . – das sind eine Menge besonderheiten – da kann nun der Wille sich der einen besonderheit hingeben oder der anderen , er kann wählen ; er ist noch nicht entschlossen , hat sich noch nicht in eine dieser besonderheiten gelegt und sich darin noch nicht mit sich selbst zusammengeschlossen als ganzes Subject – es ist eben ein Schluß – Stufe der Unentschlossenheit des Willens ; vor diesem reflectirenden Willen sind diese Menge besonderheiten , von denen er nicht abhängt , er kann zu dem einen oder zu dem andren Triebe sich wenden – als solche besondren Triebe schließen sich dieselben einander aus ; wer also dann eines für das seinige erklärt , schließt in dieser besonderheit sich mit sich selbst zusammen , … Trieben] Wl : sich befriedigen , und eben so unter den Trieben , die besondere 2–4 befriedigt werden , … der] Wl : befriedigt und der andere zurückgesetzt werden . das ist der Wille einer Intelligenz , und indem sich die Intelligenz so auf Besonderes richtet , ist reflectirender , – wählt , 4–5 auf dem … Denken ,] Wl : als Willkühr . – / Wenn man also Wille und Denken absondern will , Unverstand . Wille ist Wille als denken . denken , 5–6 immer reines … hat ,] Wl : reines , dessen Inhalt freier reiner Zweck ist 6–8 herauskommt – er … W i l l k ü h r .] Wl : herauskann , auf die er sich bezieht , – ist doch ein Wille . das Denken das sich auf das Besondere bezieht , ist reflektirender Wille . – das ist der Standpunct , daß der Wille wählt und Willkühr ist . – 7–8 Wille und … W i l l k ü h r .] Er : Wille . 9–12 allgemeinen voraus – … entschlossen ,] Wl : Allgemeinheit , vor welchen besondere Mittel zur Befriedigung stehen . das Besondere die Bedingungen der Befriedigung , Folgen der Befriedigung und vieles dergleichen steht vor diesem Willen , wie die Mannigfaltigkeit der besonderen Triebe . Sofern ist die Möglichkeit zu wählen . der wählende Wille hat noch nicht beschlossen , die mannigfaltigen … entschlossen ,] Er : vor welchem stehn die besondern Triebe ; in sofern ist der Wille die Möglichkeit , | dem einen oder andern Triebe sich hinzugeben . der wählende Wille hat noch nicht b e s c h l o s s e n d . h . er 13 gelegt und … nicht] Er : gelegt , sie für die Seinige erklärt , er hat noch nicht sich gelegt und ] Wl : gelegt , für die seine noch keine erklärt , hat 13–18 sich selbst … erklärt ,] Wl : diesen Besonderheiten mit sich selbst zusammengeschlossen . – daß der Wille entschlossen sei , dazu gehört daß er eine Besonderheit herausgehoben die andere ausgeschlossen hat . die Triebe sind Besonderheiten , als besondere schließen sie die andren aus . Indem er sich für eine erklärt , erklärt er sich für die seine , 14–17 es ist … dann] Er : Daß der Wille sich e n t schlossen hat heißt dagegen daß er d i e s e Besonderheiten ausgehoben , die andern ausgeschlossen hat . Indem er 18 schließt] Er : schließt er

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20 2 befriedigen ; und 20 sind ,

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9 mannigfaltigen] dmannigfltig Wills

35 zusammengeschlossen . –] folgt gestr : Aber der Standpunkt ds

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oder : er macht diese besondre Art der befriedigung zu seinem Zwekk ; er gibt sich diesen Inhalt , den Inhalt seiner als dieser besondren Subjectivität . In diesem Schluß liegt aber die Wirklichkeit als Zusammenschließen des Innren und Äußerlichen ; das Innerliche ist das Subject , die Triebe sind gewissermaßen äußerlich . Wirklich ist der Wille nur , wenn er der entschlossene ist , sich so bestimmt . | Der Wille , der unentschlossen ist , ist nur ein möglicher Wille ; erst der Entschluß macht die Wirklichkeit – Die andre Form der Äußerlichkeit , was sich auf das Verhältniß des bewußtseins bezieht , ist daß er die andre Seite der Objectivität mit sich vereinigt . Die Schuld des Menschen wird also nicht von ihm abgewälzt , wenn er sagt , ich habe diesen Trieb , diese Leidenschaft einmal – ich kann nicht anders ; er ist Denkendes , Intelligenz , er hätte ja anders wählen können . Der Mensch ist überhaupt nicht unschuldig ; man ehrt den Menschen mehr , wenn man ihn unter der Kategorie der Schuld als der Unschuld betrachtet . Unschuld ist : das böse nicht ge than zu haben : wenn man aber sagt : er hat das böse gethan aber er ist unschuldig daran : seine Leiden schaft hat ihn dazu getrieben , die Umstände , die Gelegenheiten etc . – Damit |

1–4 oder : er … äußerlich .] Wl : macht sie zu seinem Zwecke , – macht sie zum Inhalt seiner als einer einzelnen Subjektivität , macht also die Besonderheit innerlich (die äußerlichen sind gegen die Identität des Subjektiven mit sich selbst) . – 1 er macht … seinem] Er : diese Art der Besonderung macht er sich zum 2 Inhalt , den … besondren] Er : Inhalt als Inhalt seiner 2–4 In diesem … äußerlich .] Er : das Ineinssetzen der Innerlich- und Aeußerlichkeit ist die Wirklichkeit . 5 Wille nur , … ist ,] Wl : Wille , wenn er entschlossen ist , eine Besonderheit zu der seinigen macht , der entschlossene ist ,] Er : ein solches Besondres zum Seinigen macht , 6 erst der … die] Wl : Beschluß macht die] Er : seine 7–909,6 Die andre … schlagen !] Er : dieses ist eine wichtige Seite indem der Mensch die Triebe zu seiner Entschuldigung braucht , es wälzt dies aber nicht die Schuld von ihm ab , denn dieser Trieb ist ein Besonderes und damit er befriedigt sei , muß er erst durch ihn zu dem Seinigen gemacht seyn . Er kann den Trieb befriedigen oder auch nicht denn er steht als Allgemeines darüber . Wenn der Mensch eine Handlung begangen und man sagt der Trieb habe ihn verführt so läßt man außer Acht seine Freiheit . das Besondre war nur das Seinige indem e r es dazu gemacht hat . Es ist dies der Standpunkt der alten Tragödie . die Individuen sind da für schuldig genommen , und ihre That nehmen sie auch für die ihrige . der Mensch hat es g e wo l l t , ist s c h u l d i g , oder aber er muß sich zu einem Thier bekennen und dann so behandelt werden . 7–8 Die andre … andre] Wl : der Wille ist da ein Beschlossenseyn . das Andere ist daß er die andere , die äußerliche 8–13 Die Schuld … ist :] Wl : Das ist das Wählen , daß der Wille ein besondres ist erst indem er sich dazu beschließt , es als die seinige setzt . Wichtige Seite , sofern die Menschen Triebe als Entschuldigungen nehmen . das wälzt die Schuld nicht ab ; er ist Intelligenz , und hätte als denkendes eben so sich dazu nicht entschließen können . – / d e r M e n s c h i s t n i c h t o h n e S c h u l d . Es ist eine höhere Ehre für den Menschen , wenn er sich als schuldig betrachtet , als unschuldig zu seyn . Unschuldig seyn , 13–14 zu haben : … aber 2 ] Wl : haben , bleibt außer der Frage . An einer Handlung die er begangen hat , sagt der Mensch , 14–909,1 daran : seine … ein] Wl : daran , erklärt er sich außer Besitz seiner Freiheit . – Schuldig daran ist , daß , was ihn trieb , reizte , für ihn alles dieß das Verhältniß hatte nur ins Besondere , und daß er dieß was er gethan hat , gewollt hat , daß es nur das Seinige war , indem er es dazu gemacht . 13 haben :] folgt gestr : Schuld

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spricht man ihm d i e F r e i h e i t ab , das Wählen – ein höherer Standpunkt dagegen ist : den Menschen für schuldig zu machen , wie die alten Tragiker ; die haben diese Commiseration nicht gekannt , er sei verführt worden – er könne nicht dafür – Es ist eben das Hohe , daß dem Menschen etwas zugerechnet werden kann – Dem Thier wird nichts zugerechnet – bei dem kann man von Schuld und Unschuld nicht reden ; oder Mensch macht sich zum Thier und läßt sich vor den Kopf schlagen ! dieser Standpunkt des Willens ist aber noch nicht an und für sich freier Wille ; er ist W i l l k ü h r . Sein Inhalt ist noch nicht absoluter Inhalt – Willkühr hat es immer mit particulärem Inhalt zu thun ; der freie Wille hat es mit dem absoluten Willen zu thun ; der intelligente Wille kann nur sich selbst wollen sein eignes Wesen ; und was er an sich ist , das ist seine Freiheit . Der wahrhaft | freie Wille will nichts als seine Freiheit . – Recht Sittlichkeit etc hat keinen Inhalt als die Objectivierung der Freiheit . Das ist ihr Zwekk . Die Willkühr hat noch zum Inhalt die Triebe ; indem er sich für den einen Trieb entschließt , so sind die andren nur andre Arten der befriedigung , sind noch nicht affi rmativ , sie sind nur mögliche Weisen der befriedigung . Der Wille hat aber nicht diesen oder jenen Inhalt , sondern er hat einen

/ deswegen in antiker Tragödie 1–2 dagegen ist : … Menschen] Wl : die Individuen 2 machen , wie … haben] Wl : nehmen , und nicht 3–6 nicht gekannt , … schlagen !] Wl : beim Verführtwerden , daß es nicht zuzurechnen sei . daß zugerechnet werden kann ist das Hohe der Intelligenz . / 7 des Willens … aber] Er : ist Wl : aber des reflectirenden Willens ist zugleich noch Willkühr 7–9 freier Wille ; … thun ;] Wl : Wille : denn dieser Wille hat es nur zu thun mit dem besonderen Inhalt der Triebe , noch nicht mit absolutem Inhalte , welcher Inhalt Pfl icht als solcher ist . / Willkühr vom freien Willen dadurch unterschieden , daß Willkühr es zu thun hat mit partikularem Inhalte , keinem absoluten ; 7–10 er ist … Wille] Er : denn womit er es hier zu thun hat ist nur ein besondrer Inhalt , nicht ein absoluter wie Pfl icht , Recht pp der Wille der Intelligenz 9 dem absoluten Willen] Wl : absolutem Inhalte 10 der intelligente Wille] Wl : Er 10–11 wollen sein … das] Wl : wollen , und sein Wesen eignes Wesen ; … wahrhaft] Er : innerstes Wesen , und sein , des Menschen Wesen ist die Freiheit . der wahre | 11–12 will nichts … die] Wl : ist , der nichts will , als das weitere . das Weitre ist , zu expliziren , daß Pfl icht , Recht , Sittlichkeit nichts als 12–910,6 Recht Sittlichkeit … aber] Er : die Willkühr als solche hat noch nicht den Zweck der Freiheit selbst , sondern ihr Inhalt sind erst die Triebe so daß sie unter ihnen wählen kann . Bloßes Aufgeben der Triebe ist bloße Negation , das Affi rmative aber sind nun die besondern Triebe . die Intelligenz ist in sofern das Hemmende der besondern Triebe , das Höhere , die Negation des Besondern ; das Besondere ist nicht ihr einziger Inhalt § 477 . Indem die Willkühr gegen die beschränkte Besonderheit der Triebe sich die Allgemeinheit der Triebe und ihre Befriedigung zum Zweck macht , so ist sie der Trieb nach der 3t e n s G l ü c k s e l i g k e i t , 12–13 Freiheit . Das … Zwekk .] Wl : Freiheit ist . 13 noch] Wl : nur 13–910,4 Triebe ; indem … nun] Wl : Triebe , so daß er zwar wählen darf , aber indem er diesen Trieb verwirft , ist der andere Inhalt nur ein anderer Trieb oder eine andere Art und Weise der Befriedigung eines Triebes . Bloß Aufgeben ist Negazion ; aber Affi rmation erfordert affi rmativen Inhalt . Hier ist aber kein anderer affi rmativer Inhalt , als das Besondere . Willkühr ist abstrakt frei ; der Inhalt ist ein endlicher ein besonderer Inhalt . der reflectirende Wille ist dann vergleichend , hemmend gegen besonderen 3 dafür] Lesart unsicher

16 Inhalt] Ihalt nicht

21M § 479 A .Wl] s . Anm .

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nothwendigen unendlichen absoluten . In der Willkühr aber ist die Intelligenz nun hemmend ; das Ich ist die Macht gegen das besondre Ich , die Intelligenz setzt sich gegen diesen besondren Inhalt . Von hier macht sich nun der Übergang zur G lü c k s e l i g k e it – § 477 am Ende |

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c . , d i e W i l l k ü h r u n d d i e G lü k k s e l i g k e it Im Triebe ist das Ur theil enthalten ; aber das eigentliche Ur theil ist der Wille gegen die besonderheit der Triebe . Für die Intelligenz resultirt dann aus der besonderheit d a s a l l g e m e i n e (das ist logisch : daß das besondre seine Wahrheit hat in der bestimmung des allgemeinen) eine befriedigung die den Character der Allgemeinheit hat . Dieser Zwekk steht über dem b e s on d re n G e nu ß und ist eben , was man G lü c k s e l i g k e i t Eud ä mon ie nennt . Da stehn wir also auf dem Standpunkt des eudaimonistischen Princips welches die Glückseligkeit als Zwekk hinstellt . Vor der Kantischen Philosophie war dies Princip das der Moral wie es auch das Princip des Socrates Platons und Aristoteles war , indeß mit höheren bestimmungen . Jetzt findet man die Glückseligkeit in keiner Moral mehr als Princip aufgeführt . Indeß wir haben es nicht als etwas Schlechtes ,

202 Wl § 477 Wl

Inhalt , das Allgemeine in Beziehung des Subjekts auf Sich , als Allgemeines | im Subjekt . – Es steht kein andrer Inhalt vor als besonderer Inhalt . Auf diesem Punct macht sich 4–5 zur G l ü c k s e l i g k e i t … G l ü k k s e l i g k e i t ] Wl : zu dem Zwecke , der Seligkeit heißt / zum Zweck macht , die Allgemeinheit der Befriedigung , so ist sie der Trieb nach Glückseligkeit . / 6 enthalten ; aber das] Wl : vorhanden , von Subjekt gegen Objekt . das Ur theil ist … Wille] Er : Ur theil , der Wille als Intelligenz Wille] Wl : Wille als Wille der Intelligenz 7 der Triebe . Für] Wl : und für 8–9 d a s a l l g e m e i n e … eine] Er : die Allheit der Triebe . das Besondre hat zur Wahrheit die Allgemeinheit ; der Wille geht über zu einer 8 d a s a l l g e m e i n e … logisch :] Wl : des Allgemeinen . – Rein logischer Uebergang , 9 in der] Wl : in , übergeht in seiner dialektik zur allgemeinen) eine] Wl : Allgemeinen . – dieser Uebergang ist also das Nothwendige überzugehen zu einer 10 hat . Dieser] ErWl : [ hat ,] Wl : habe ,] und dieser 10–12 dem b e s o n d r e n … Da] Er : der Befriedigung der besondern Triebe . Hier 10 G e n u ß und … eben ,] Wl : Genusse , über Befriedigung der besonderen Triebe , und dieser Zweck womit der Genuß die Allgemeinheit hat , ist 12–14 eudaimonistischen Princips … Moral] Er : Eudaimonism . Vor Kant war das eudaimonistische Princip in der Moral herrschend , 12–13 Princips welches … hinstellt .] Wl : Willens , daß die Glückseligkeit der Zweck ist . – 13–14 Princip das] Wl : Prinzip 14 Socrates] ErWl : Solon , 15–911,1 indeß mit … ist] Er : doch bei Letzterem mit einem höhern Zweck . die Glückseligkeit ist etwas Antiquirtes ; in keiner Moral , Rechtslehre wird sie als Zweck , letzte Bestimmung angegeben . Doch ists indeß mit … anzusehn ;] Wl : doch mit näheren Bestimmtheiten mit einem Zwecke , der Höheres war . – / die Glückseligkeitslehre ist in unsrer Zeit letzte Bestimmung in allem worden . So sehr der Standpunct der Glückseligkeit untergeordnet ist , so wenig haben wir’s auf der anderen Seite zu verwerfen .

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untergeordnetes anzusehn ; es ist immer ein intressanter Standpunkt der im Fortgang des Geistes von Wichtigkeit ist . Es ist dieser Standpunkt der zu Zeiten Solons besonders herrschend war ; Krösus wird es bedürfniß : glücklich genannt zu werden . Solon setzt ihm den Gesichtspunkt seiner Frage nicht herunter , sondern ging selbst in diesen Standpunkt ein und sagte : man kann niemand für glücklich preisen , als nach seinem Tode , d . h . zu sagen ob der ganze Verlauf seines Lebens glücklich und sein Tod nicht noch etwas unglückliches gewesen , zur Glückseligkeit gehört das ganze Leben . | Derselbe Standpunkt der also dies wahrhafte in sich hat : | die Totalität der befriedigung , war auch der des Plato und des Aristoteles – Eudaimonie ist ein schönes Wort : es ist dies : daß es dem ganzen Menschen , dem Daimon des Menschen wohl gehe . Um dieses Ganze , das befriedigt sein soll , um diesen Inhalt aber ist es , um das es sich handelt . Der Wille ist (§ 479) in dem allgemeinen Zwekk der Glückseligkeit von der Vereinzelung befreit , in der er befangen , als ein besondrer Trieb oder Leidenschaft ist . Eine solche besonderheit ist insofern nicht mehr unmittelbar , sondern erst die s e i n i g e , indem er sich mit ihr zusammenschließt , und sich dadurch bestimmte Einzelheit und Wirklichkeit gibt . Er ist so auf dem Standpunkt , zwischen Neigungen zu w ä h le n zu haben , und ist W i l l k ü h r . Die begirde der Triebe ist angewiesen vor seiner befriedigung auch auf das Andre zu sehen ,

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1–8 der im … hat :] Er : und ist im Fortgange , der Entwicklung , des Geistes nothwendig . dieser 20 Standpunkt ist auch der zu Solons Zeit . Bekannt ist die Geschichte mit Krösus , in dem das Bedürf-

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niß auch war , ein Glücklicher zu seyn . Solon antwortet ihm nicht von einem höhern Standpunkt , sondern geht ganz auf ihn ein , hat ihm innerhalb desselben geantwortet , sich nicht höher gestellt . Er antwortet : zur Glückseligkeit des Individuums gehöre sein ganzes Leben . dies ist Solons Standpunkt , das Wahre darin ist | 1–5 der im … sagte :] Wl : wesentlich im Fortgang der Entwicklung der Zeiten . der Standpunct zu Solons Zeiten . Als Crösus fragte : ob er ihn für Glücklich halte ? war also in Crösus : das Verlangen nach Glückseligkeit . Solon hat ihm geantwortet ganz in demselben Standpuncte (sich selbst nicht höher stellend über diesen Standpunct) : 6 zu sagen ob] Wl : ob 6–7 glücklich und … noch] Wl : ein glücklicher gewesen , und der Tod selbst nicht 7 gewesen , zur Glückseligkeit] Wl : gewesen ist . Er führt da mehrere an , die einen leichten , schnellen einfachen Tod gestorben sind , so daß also auch der letzte Augenblick ihnen keine widrige unglückliche Empfindung gemacht habe . / Zur Glückseligkeit also antwortete Solon 8 Derselbe Standpunkt der] Wl : | Dieser Standpunct hat sich hat ;] Wl : sich ; 9–11 befriedigung , war … gehe .] ErWl : [ Befriedigung . Bei Plato , Aristoteles ist die εύδαιμονία das Höchste ,] Wl : Befriedigung : Eudaimonie des Plato ,] daß es dem δαίμων des Menschen , [dem Menschen in seiner] Wl : seinem Genius , ihm in seiner ganzen] Totalität wohl [sei , wohl gehe , daß] Wl : ergehe . Nicht ein einzelner Zustand des Menschen sondern] das Ganze des [ Menschen in sich selbst] Wl : Menschen , daß es] befriedigt sei . 11 Ganze , das … um] Wl : Ganze aber , 12–18 Der Wille … Triebe] Er : Die Begirde ist gehemmt , der Trieb 12 Der Wille … dem] Wl : Im 13 von der … befreit ,] Wl : ist Wille Vereinzelung 13–18 befangen , als … Triebe] Wl : befangen ist . / die Begirde , die nur momentan ist , ist gehemmt , und 18 seiner] Wl : der befriedigung] Er : Begierde 15–17 und sich … W i l l k ü h r . am rechten Rande

256Er

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§ 479 Wl

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86v Sg § 480 Wl

§ 480 .Er

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und zwar auf das Ganze – zwischen das Gefühl der begirde und ihrer befriedigung tritt das Hemmende ein , welches der Gesichtspunkt des Allgemeinen ist . – In der Glückseligkeit ist also die allgemeine | befriedigung der Zwekk ; diese ist aber angewiesen , sofern sie wirklicher Genuß sein soll , auf ein besondres[ .] § 480 . Es ist also der Widerspruch da , daß die befriedigung nur gefunden wird in einer besonderheit ; und gegen die Allgemeinheit ist nun doch dies nicht etwas befriedigendes , weil es eben etwas besondres ist . Also schwindet diese befriedigung wieder hinweg , die auf diese besondre Weise gesucht oder gefunden wird . Es ist also ein Widerspruch in meiner besonderheit die befriedigung zu fi nden . Zunächst stellt sich dieser Widerspruch dar als der Proceß der befriedigung des einen besondren gegen das Andre . Dieses Unbefriedigende der Suche der Glückseligkeit i n den befriedigungen die gefunden werden finden wir häufig in der Erfahrung und auch dargestellt . Es gibt einen Kreis von Schriften bei der deutschen , französischen etc Littratur deren Inhalt : L e b e n s we i s h e i t ist ; in diesen ist dargestellt in der Weise der Romane etc daß Menschen ihre Glückseligkeit in diesem oder jenem gesucht haben ; es werden dann vorgestellt die Erfahrungen die sie gemacht haben : sie haben Ruhm und Ehre oder Kunst gesucht (Klinger hat eine ganze Reihe solcher 1 und zwar … Gefühl] Er : das Ganze , es ist zwischen den Entschluß das Gefühl] Wl : Beschluß 1–2 und ihrer … welches] Er : schon das hemmende Negative getreten , was eben und ihrer … ein ,] Wl : ist schon dieß Hemmende , Negative eingetreten , 2–3 In der] Wl : In 3–4 diese ist … soll ,] Wl : aber diese allgemeine Befriedigung ist insofern unbestimmt , und angewiesen angewiesen , sofern … besondres[ .]] Er : sofern unbestimmt und die Befriedigung , will sie wirklicher Genuß seyn , ist auf ein Besondres , Einzelnes , einen Inhalt angewiesen . 5 befriedigung] Er : Verwirklichung der Befriedigung Wl : Verwirklichung , Befriedigung 6 nun doch … etwas] ErWl : die Besonderheit etwas nicht 7 etwas besondres] ErWl : eine Besonderheit Also] Wl : Es 8 besondre] ErWl : [ besondre ,] Wl : besondere oder] einzelne 9 meiner besonderheit die] Er : einer Besonderheit Wl : Besonderheit fi nden .] Er : fi nden , wo doch dem Willen nur die allgemeine Befriedigung gilt , er hat seine Befriedigung an Etwas woraus er zugleich heraus ist . 10–13 der Proceß … Es] Er : Progreß ins Unendliche . dieser Standpunkt des Unbefriedigenden in der Befriedigung die gefunden wird ists den wir auch so häufig erfahren und dargestellt fi nden , es 10–11 Proceß der … Glückseligkeit] Wl : unendliche Progreß / Befriedigung befriedigt nicht , weist auf andere Befriedigung ; die andere befriedigt auch nicht , weil sie nur Besonderheit ist . – das Unbefriedigende 12 werden finden] Wl : werden , dieser Standpunct , den 12–13 in der … dargestellt .] Wl : erfahren und dargestellt fi nden . 13–14 von Schriften … Inhalt :] Er : deutscher , französischer pp Schriften aus einer gewissen Periode deren Inhalt und Zweck die 14 Inhalt : L e b e n s we i s h e i t ist ;] Wl : Inhalt und Zweck das ist , was Lebensweisheit genannt wird . 14–16 in der … Erfahrungen] Wl : im Roman , daß Menschen gesucht haben Befriedigung so und so , – es wird vorgestellt die Erfahrung , 15–16 etc daß … haben ;] Er : oder Geschichte – daß das Individuum Befriedigung sucht in diesem Stande pp auf | diese oder jene Weise , 16–17 haben : sie … (Klinger] Er : pp Klinger sie haben … (Klinger] Wl : Haben Befriedigung gesucht in Ruhm und Ehre . Gelangen dazu . Oder suchen Befriedigung in Kunstprodukten . Klinger z . B . 20 In] davor gestr : Darum ist sie

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Darstellungen geliefert , die von großer Lebenserfahrung und tiefer Empfindung zeugen – (Faust) wo diese Vergänglichkeit solcher befriedigung theils das bittere der Aufopferungen , die mit solchen befriedigungen verknüpft sind – dargestellt ist .) Das Resultat ist diese Lebensweisheit : daß der Geist seine befriedigung nur in der Ruhe und Stille fern von der Welt finde – das wird als Lehre für andre hingestellt und gesagt : dergleichen also vermöge nicht glücklich zu machen . Aber aus der Versicherung dieser Erfahrung geht noch nicht hervor , daß der Genuß nicht befriedigend ist ; der Genuß ist ein Gefühl ; und das Gefühl ist das ganz Subjective ; es kommt nicht auf Grundsätze hinaus . Jene Versichrung aus der Erfahrung ist also für die Individuen verloren insofern sie diese Erfahrung nicht gemacht haben ; haben sie sie gemacht , so ist es zu spät ; die Zeit und Kraft sind erschöpft – Ein besondrer Kreis vieler französischer Schriften sagt immer : alle Glückseligkeit beruhe auf Täuschung ; man könne nur glücklich sein | durch die Täuschung ; in der Zeit der Reflexion kommt dann ein Punkt wo das klar ist – die Zeit der Jugend ist die Zeit der Täuschung – was übrig bleibt ist eine ausgebrannte Reflexion , es bleibt nur eine Sehnsucht

1 Darstellungen geliefert ,] Er : Darstellungen gemacht Wl : Darstellungen , 1–2 und tiefer … (Faust)] Er : zeugen , 1 und tiefer] Wl : großer 2–3 (Faust) wo … Das] Wl : wo das Vorzügliche der Befriedigungen in den verschiedensten Situationen , als das Bittre zugleich diese Befriedigungen darstellen , so daß das theils das … sind –] Er : und das Bittre , Herbe der Aufopferung die mit dieser Befriedigung verbunden , 4 daß der … befriedigung] Wl : Solche Befriedigungen befriedigen nicht , und der Geist … befriedigung] Er : er 5–12 und Stille … immer :] Wl : mit sich selbst werde wahre Befriedigung gefunden . – / Einerseits kann das für die Vorstellung sehr gut herausgehoben werden . Auf der anderen Seite : Befriedigung ist Genuß . | Daß diese Befriedigung nicht wahrhafte sei , geht von Erfahrung nur aus , muß eine eigne Erfahrung seyn . Gefühle sind ganz subjektiv , es kommt nicht auf Gedankenbestimmtheiten , Grundsätze heraus auf diesem Standpunct , sondern man versichert aus Erfahrung , daß der Genuß nicht wahrhafte Befriedigung ist . Erfahrung muß man selbst machen , und hat man sie gemacht , dann ist die Zeit vorbei es anders zu machen . Ein Kreis von Schriften treibt sich auch in diesen Vorstellungen herum ; besonders französische Schriften : daß 5–8 fern von … Gefühl 2 ] Er : Einsamkeit des Lebens für sich die Befriedigung zu fi nden habe , Andres mache nicht glücklich . die Befriedigung ist ein Genuß und daß dieser nicht wahrhaft befriedigend sei , geht aus der Erfahrung hervor , nicht aus der Versicherung , und diese Erfahrung muß mein Eigenstes seyn . daß Ruhm , Ehre nicht befriedigend ist , geht aus der Erfahrung hervor , das muß g e f ü h l t werden , das Gefühl aber 8–9 es kommt … Erfahrung] Er : die Erfahrung andrer 11–12 spät ; die … Täuschung ;] Er : spät sich nach der von Anderen gemachten zu richten . Ein Kreis von Schriften – wesentlich französischen – treibt sich auch in diesen Vorstellungen herum , 12–13 man könne] Wl : Jugend sei Zeit der Täuschung . Man könne 13–15 in der … bleibt1] ErWl : es komme eine Zeit wo die [ Illusion verschwinde , und das , was man wohl ansah als Reelles , Affi rmatives , sich bestimme als Täuschung . Das] Wl : Täuschungen verschwunden seyen . – Dann kommt Zeit der Reflexion und das letzte was zurückbleibt ,] 15–914,2 es bleibt … nicht . –] ErWl : [ Leerheit des Geists , eine] Wl : und] Sehnsucht nach [ Täuschung um glücklich zu seyn , und weil man erfahren hat daß dieses eben nur Täuschung ist , schreckt man auch davor zurück .] Wl : 6–8 Aber aus … Gefühl ;] durch senkrechten Strich am linken Rande hervorgehoben

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§ 481 .Wl

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noch übrig nach Täuschung ; aber weil mans weiß , daß es auch Täuschungen nur sind , so befriedigt sie auch nicht . – Die Glückseligkeit fordert also befriedigung der Allgemeinheit , die keinen Inhalt fe s t e bestimmtheit hat über das besondre – befriedigung ist Genuß ; Genuß ist s u bj e c t i v – Die Glückseligkeit ist also nichts Festes . Plato im Philebus bringt das Vergnügen unter die bestimmung des απειρον Unendliche und zeigt , daß es deswegen das Nichtige ist , was nicht zum Zwekk gemacht werden könne und solle . Also das Allgemeine wollen ist Glückseligkeit , aber das Wollen , das wesentlich bestimmtheit haben soll ; aber der Inhalt der begierde ist nicht angemessen der Form des Allgemeinen . § 481 Der besondere Inhalt zeigt sich in diesem unendlichen Progreß daß er ein besondrer bestimmter ist – daraus resultirt eine bestimmtheit die negirt ist durch die Negation und in der Negation zugleich bleibt und nach dieser bestimmung die allgemeine bestimmtheit ist , die besonderheit in ihrer Allgemeinheit . Diese bestimmtheit aber die zugleich das Allgemeine bestimmend ist und zugleich das besondre – ist nur , was wir F re i h e i t | nennen ; es ist dies : daß der Wille , der als Willkühr

Glücklich seyn , und zugleich Bewußtseyn daß dies nur Täuschung ist . /] 2–4 also befriedigung … s u b j e c t i v –] ErWl : Befriedigung des Allgemeinen , [ist aber] Wl : und ist] zugleich eine Allgemeinheit [die noch] Wl : die] im Besondren steht , [ keinen Inhalt hat als das Besondre . da herrscht] Wl : es ist kein Inhalt als das Besondere , und über das Besondere herrscht noch] die Willkühr [»mir macht das keinen Genuß , andern mag es welchen machen« .] Wl : Befriedigung ist Genuß , Genuß ist Etwas Subjektives ; diesem macht das , jenem das Genuß .] 4–5 ist also … bringt] ErWl : hat [eine] Wl : so keine feste] B e s t i m m t h e i t in sich , | [über die die Allgemeinheit , Reflexion eben so hinaus ist , keine f e s t e Bestimmtheit . In diesem Sinn handelt Plato das Vergnügen , diesen Standpunkt der Befriedigung ab . da bringt Plato] Wl : Bestimmtheit wohl , aber eine die auch eben so keine ist ; nichts Festes . – So handelt Plato das Vergnügen ab (Filemon) Glückseligkeit = Vergnügen geht auf Genuß . Plato bringt] 6–8 Unendliche und … ist] Er : und weil es dies ist , zeigt er es könne nicht Zweck seyn , widerlegt diesen Standpunkt als einen nichtigen . / Was wir vor uns haben , ist das Wollen , dieses Allgemeine , das aber wesentlich eine Bestimmtheit , einen Inhalt haben soll in sich . diese Bestimmtheit , die Unmittelbarkeit des Triebes , ist aber ein Inhalt , 6 Unendliche und … was] Wl : Unendliches . Das Vergnügen sei durch die Kategorie des απειρον , das Unendliche , das nichtig , das 7–8 könne und … das1] Wl : soll . Das Allgemeine , 8 aber der … begierde] Wl : Diese Bestimmtheit (Besonderheit des Triebes) ist ein Inhalt , die 9 Form des] Wl : Kategorie , der Form eines Form] Er : Kategorie , Form , 10–11 zeigt sich … daraus] Er : ist als ein besondrer zugleich ein aufgehobner , ist negirt durch die Allgemeinheit , welche Zweck ist . So in diesem … resultirt] Wl : in / als ein besonderer , der zugleich negirt wird durch die Allgemeinheit welche Zweck ist . So resultirt daraus 11–13 ist durch … allgemeine] Wl : wird , durch die Negazion aufgehoben ist , – 11–12 ist durch … bestimmung] Er : ist . In der Negation bleibt 13 bestimmtheit ist , die] Er : Bestimmtheit , Bestimmtheit 14–15 zugleich das1 … dies :] Er : Bestimmung in sich läßt , enthält , und zugleich diese a l l g e m e i n e Bestimmtheit ist , ist die F r e i h e i t , zugleich das … nur ,] Wl : Bestimmung in sich enthält und zugleich das Allgemeine Bestimmen ist , diese Abstraxion , die es im Geiste ist , ist nur dieß , 15–915,2 nennen ; es … in] Wl : | heißen . – In 3 f e s t e bestimmtheit über der Zeile

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an sich frei ist , aber zu seinem Inhalt hat auch die eigene bestimmung des Willens , ist in diesem Resultat darauf gekommen die Freiheit , sich selbst zu seinem Inhalt zu machen und zu seinem Zwekk . So ist die Freiheit Id e e als f r e ie Id e e – Der begriff derselben ist die Freiheit , der Geist der nicht mehr Trieb , nicht Empfindung , nichts Unmittelbares zum besitz hat , nicht Kenntnisse etc . sondern sein eignes Wesen der Freiheit , die durch ihn selbst hervorgebracht wird , so daß aber dieses von ihm Gesetzte zugleich das Objective sei , das Substantielle – das ist die Freiheit – Es ist sowohl Object als Subject – der Zwekk ist d i e A l l g e m e i n h e i t (Reflexionsallgemeinheit – insofern haben wir sie schon gehabt) das Innerste der Geist i s t dieses , dies ist sein Sein , seine Substantialität sein B e g r i f f ist ihm der Zwe k k ; die Totalität ist es , die gesucht | wird , aber wie dieses die Glückseligkeit auch sucht , der begriff ist hier identisch mit der Realität – die Idee ist realisirt , freilich ist die ganze Natur auch Idee , aber da ist die Realität nicht für den begriff s e l b s t seine Realität ; die Natur ist nicht frei . Durch den Geist aber ist es nothwendig , daß der

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15 1 an] Er : zunächst an

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aber zu] Er : zu des Willens ,] Er : der Intelligenz , des Willens . Dieser 2 darauf gekommen … Freiheit ,] Wl : ist der Wille darauf gekommen , die Freiheit zu seinem Inhalte zu machen ; die Freiheit ist dahin gekommen , 2–3 Freiheit , sich … Zwekk .] Er : Freiheit zum Inhalt zu haben , sich selbst . die Freiheit ist dazu gekommen sich selbst zum Zweck zu haben ; seinem Inhalt … Zwekk .] Wl : ihrem Zweck zu machen . 3–6 I d e e als … wird ,] Wl : I d e e . / Nicht mehr Trieb ist der Inhalt , – Freiheit selbst , was des Begriffs eignes Wesen , welches hervorgebracht ist durch ihn , ist sein von ihm gesetztes Seyn , 3–7 als f r e i e … das2 ] Er : – Begriff des Geists der zu seiner Realität hat nicht mehr die Unmittelbarkeit , Trieb , einen Besitz in sich selbst , sondern die Freiheit selbst , sein eignes Wesen , seinen eignen Begriff ; daß was hervorgebracht werden soll durch ihn selbst , sein von ihm Gesetztes seyn soll , daß dieses zugleich sei das Objective , die Sache , das Substanzielle und die Substanz des Geistes 7–916,1 zugleich das … selbst ;] Wl : sei Begriff , Gedachtes , Substanzielles , Freiheit des Geistes . Eben so Objektives als Subjektives . Freiheit die Gegenstand ist in ihrer Allgemeinheit (Zweck soll sein das Allgemeine , es ist aber nur Reflexionsallgemeinheit , Inhalt ist nicht eigentlich Inhalt der Freiheit selbst) Freiheit ist bestimmt . – Sein eigner Begriff ist ihm der Zweck Das Ganze ist die Totalität , die bestimmte feste Totalität , die in der Glückseligkeit nur gesucht wird . Gesucht werden kann sie nur als wahrhaftes an und für sich . So ist der Geist zu wahrhafter Idee gediehen , wo Begriff identisch ist mit Realität , für ihn identisch ist . Prozeß des Gestaltens in Natur ist auch Idee , aber da ist Begriff nicht für sich selbst die Realität ; für den Geist selbst entspringt seine Realität dem Begriff und sie entspringt dem Begriff , sofern die Realität der Begriff selbst ist . 8–13 Es ist … Idee ,] Er : die subjective Freiheit ist formell , | als die des Subjects . aber die Freiheit die Gegenstand ist , ist in ihrer Allgemeinheit , es soll Zweck seyn die Allgemeinheit . In der Glückseligkeit war nur Reflexionsallgemeinheit , die Allgemeinheit ist da noch nicht diese Bestimmung in sich selbst , die Allgemeinheit , die in der Glückseligkeit nur gesucht , nur ein Sollen war , nicht erreicht werden kann weil sie nicht an und für sich das Wahrhafte ist . da ist der Geist zu seiner wahren Idee gelangt wo der Begriff identisch ist mit seiner Realität und f ü r i h n identisch ist . A n s i c h ist alles Idee d . h . in unserer denkenden Betrachtung 13–14 den begriff … ist1] Er : sich selbst sein Begriff , deswegen ist die Natur 14–916,1 Durch den … selbst ;] Er : die Realität aber entspricht itzt f ü r d e n 7 Gesetzte] Gsetzts

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begriff entspricht seiner Realität ; sie ist nämlich der begriff selbst ; alles Andre sind dann nur Formen der äußerlichen Realisation , Geist in seiner Wahrheit der o b je c t ive G e i s t , der ve r n ü n f t i g e . Freiheit und Objectivität oder Vernünftigkeit unterscheiden wir – Freiheit betrachten wir nur als das subjective oder formelle und die Willkühr , die noch nicht entschieden ist , die noch ihren Zwekk nicht in sich selbst gefunden hat . Der objective Geist aber ist diese Idee , daß er nur die Freiheit selbst zu seinem Zwekk und Inhalt hat – das ist dann die Vernünftigkeit – | Der Begriff des Geistes ist die Sache , das an und für sich seiende . Indem der Geist nun nichts will , als frei sein , so ist er nun nach dieser bestimmung zu erkennen und es muß dann erkennbar sein , daß , was er thut , nichts ist , als die Vollführung dessen , eine Welt hervorzubringen , die der Sache zugleich ist seine Freiheit – dieses ist der S t a a t in seiner Vollendung . Damit fi ngen wir an : daß der Geist das an sich freie ist , der von der Äußerlichkeit der Natur zu sich selbst gekommen ist , – davon gingen wir aus . Der Schluß kann nach einer Wissenschaft , die nach der philosophischen Methode exponirt wurde kein andrer sein , als daß der begriff (an sich) so weit sich realisirt hat , daß er sich itzt selbst gefaßt hat – das Subjective ist

G e i s t dem Begriff , sie entspricht aber nur dem Begriff sofern sie der Begriff selbst ist . 1–2 sind dann … Formen] Wl : Weitre ist nur Form 2–6 Realisation , Geist … hat .] ErWl : [ Realisation , daß sein Begriff (der Zweck des Geistes)] Wl : Realisazion . das ist der Geist in seiner Wahrheit , daß sein Begriff für ihn sein Zweck und] seine Realität ist , das ist der [ o b j e c t i ve G e i s t . die formelle Freiheit die das Vernünftige zum] Wl : objektive , der vernünftige Geist . / Freiheit des Subjektiven , das Formelle , – Vernünftiges des Objektiven , ein solches , das die Freiheit zu seinem] Inhalt machen [ kann oder auch nicht , ist die Willkühr , so hat sie noch nicht gefunden ihren Zweck ,] Wl : kann . Freiheit ist noch nicht entschieden , hat noch nicht gefunden den Zweck ,] nicht gefunden daß sie nur sich selbst zum Zweck haben kann . 6–7 aber ist … und ] Er : ist , daß der Begriff nur seine Freiheit zu seinem Gegenstande aber ist … selbst] Wl : ist , daß er nur hat den Begriff 7 Zwekk und … hat –] Wl : Zweck , Gegenstand und Inhalt , – 8 an und … seiende .] Er : Vernünftige , was an und für sich ist , das Substanzielle . Wl : Substanzielle , das An und für sich , das Vernünftige . / 8–9 nun nichts … als] Wl : dieß will , 9–13 so ist … der1] Er : und keinen andern Zweck hat als seine Freiheit , so ist Staat nur der Spiegel seiner Freiheit , worin er seine Freiheit als ein Wirkliches , als eine Welt vor sich hat . das ist der Begriff mit dem wir anfi ngen , die Allgemeinheit , die bei sich selbst ist 9 nun] Wl : fernerhin 10 thut ,] Wl : thut (rechtlich , sittlich p ist als Geist) – 10–11 die Vollführung … eine] Wl : eine 11–14 der Sache … aus .] Wl : ein Spiegel seiner Freiheit ist – das ist also d e r Begriff den wir vom Geiste angefangen haben . / Geist an sich frei , bei sich selbst , von Äußerlichkeit der Natur Zweck , Natur überwindend zu sich selbst gekommen ; / 13–15 zu sich … sein ,] Er : zurückgekommen , das Außereinander der Natur überwunden hat , und | zu sich selbst gekommen ist . Eine Wissenschaft kann keinen andern Schluß haben 14–15 nach einer … wurde] Wl : in einer Wissenschaft , die in fi losophischer Methode entstanden ist , 15–16 begriff (an … hat –] Wl : Begriff itzt sich selbst gefaßt hat , daß 16 so weit sich] Er : zunächst sich so weit geführt 16– 917,1 er sich … nun] Er : das Subjective verschwunden ist , der Begriff ist verschwunden] Wl : das in unsrer Betrachtung dem Gegenstande gegenüberlag , verschwunden ist , 4 und] folgt gestr : das Vftig als andres

39 zunächst] folgt gestr : selbst erfaßt hat

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ver schwunden und der begriff hat sich nun sich selbst erfaßt und sich selbst zum Gegenstand und Zwekk . Was wir Vermögen des Geistes nannten haben wir eben nach dieser bestimmung betrachtet – die Vermögen haben allerdings Nutzen und verschiedene Zwekke , sie haben auch befriedigung in sich selbst (z . b . Erinnerung Anschauung) aber ihr Nutzen , ihre bestimmung ist doch kein andres , als den Geist zu sich selbst zu bringen . die unmittelbaren Affectionen zu erkennen als die seinigen – | damit haben wir also diesen Cyclus durchlaufen von d e m n a t ü r l i c h e n Geist durch sein Für sich sein b e w u ßt s e i n , vernünftiges Selbstbewußtsein wo aber das Vernünftige nur für ihn ist , als ein an und für sich seiendes bis zu dem Geist , der der Begriff seiner selbst ist , das Wahrhafte und Ewige . Dies ist das Würdigste für den Geist , daß er sich selbst erkenne . Me n s ch e r ke n ne d ich s e l b s t ! ! Zum Streben nach diesem Erkennen , so viel an mir ist , Sie aufzumuntern , war der Zwekk dieser Vorlesung – ich wünsche daß es mir gelungen sein möge und danke Ihnen am Schlusse für Ihre fortgesetzte Aufmerksamkeit , mit der Sie diesen Vorlesungen beigewohnt haben und empfehle mich Ihrer ferneren Gewogenheit und wünsche Ihnen angenehme Feiertage ! geschlossen 18t e r März . 1828 .

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1 hat sich nun] Wl : am Ende

1–3 und sich … wir1] Wl : hat . / Damit haben wir den Kreis dessen

20 durchlaufen , wovon wir ausgingen , sind zum Schluß , Zusammenschluß mit sich selbst gekommen .

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Der Geist im Natürlichen bestimmt , außer seinem Begriff seiend , ist zu seinem Begriff gediehen . Die 2–3 Gegenstand und … wir1] Er : Inhalt , Gegenstand , Zweck hat . An diesem Schluß haben wir den Anfang erreicht , der Schluß ist Zusammenschluß des Geistes mit sich selbst . der natürliche Geist ist zu seinem Begriff auf diese Weise gediehen . die 3–6 nannten haben … andres ,] Er : kann man betrachten , daß sie dienen zu diesem und jenem . Anschauung , Erinnerung hat unmittelbare Befriedigung auch in sich selbst , aber die Bestimmung , die diese Vermögen haben , ist keine andere 3 nannten haben] Wl : haben 4–5 betrachtet – die … haben] Wl : zu betrachten gehabt . – daß wir Empfindung pp haben , dient zu diesem und jenem , hat 5–6 selbst (z . b . … Nutzen ,] Wl : selbst ; 6 doch kein andres ,] Wl : aber keine andere , 7–13 die unmittelbaren … war] Wl : 1 .) Geist an sich . / 2 .) Geist für sich abstrakt , Bewußtsein , vernünftiges Bewußtsein , wo aber das Vernünftige nur für ihn ist als seiendes ; / 3 .) Geist ist dieß , daß das Ewige , Wahrhafte der Begriff seiner selbst ist . – Der Geist in dieser Weise ist das Würdigste . Der Geist ist nur , indem er weiß zu wissen was er ist . / zu dieser Erkenntniß auf meine Weise beizutragen , ist 7–9 zu erkennen … b e w u ß t s e i n ,] Er : der Welt zu erkennen als das Seinige , daß das Seinige ist die Allgemeinheit überhaupt das Concrete des Zwecks . – / 1 . der natürliche Geist , der Geist in seinem Begriff nur an sich , so ist er unmittelbar auf natürliche Weise . / 2 . sein nur abstractes Für sich seyn ist das Bewußtseyn , wo er auch 9 wo aber … Vernünftige] Er : ist aber wo die Vernunft 10 an und … der] Er : Seyendes . / 3 . der Geist ist , daß das Ewige Wahrhaftige 11 ist , das … er] Er : ist . das Wichtigste ist daß der Geist 12–13 M e n s c h e r k e n n e … war] Er : Γνώθι σεαυτόν war der Ruf , der an die Griechen erging . Der Geist ist nur , zu wissen , was er ist . Zu dieser Erkenntniß beizutragen ist 14–18 – ich wünsche … 1828 .] ErWl : gewesen . 2 Zwekk] Zwekk hat

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zu § …

SEKU N DÄ RE Ü BERLI EFERU NG ZUSÄTZE AUS

Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s 5

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Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse .

Dritter Theil . Die Philosophie des Geistes .

Herausgegeben von Dr . Ludwig Boumann . Berlin , 1845 .

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zusätze

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zu § 377

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Die Schwierigkeit der philosophischen Erkenntniß des Geistes besteht darin , daß wir es dabei nicht mehr mit der vergleichungsweise abstracten , einfachen logischen Idee , sondern mit der concretesten , entwickeltsten Form zu thun haben , zu welcher die Idee in der Verwirklichung ihrer selbst gelangt . Auch der endliche oder subjective Geist , – nicht bloß der absolute – muß als eine Verwirklichung der Idee gefaßt werden . Die Betrach|tung des Geistes ist nur dann in Wahrheit philosophisch , wenn sie den Begriff desselben in seiner lebendigen Entwicklung und Verwirklichung erkennt , d . h . eben , wenn sie den Geist als ein Abbild der ewigen Idee begreift . Seinen Begriff zu erkennen gehört aber zur Natur des Geistes . Die vom delphischen Apollo an die Griechen ergangene Aufforderung zur Selbsterkenntniß hat daher nicht den Sinn eines von einer fremden Macht äußerlich an den menschlichen Geist gerichteten Gebots ; der zur Selbsterkenntniß treibende Gott ist vielmehr nichts Andres , als das eigene absolute Gesetz des Geistes . Alles Thun des Geistes ist deßhalb nur ein Erfassen seiner selbst , und der Zweck aller wahrhaften Wissenschaft ist nur der , daß der Geist in Allem , was im Himmel und auf Erden ist , sich selbst erkenne . Ein durchaus Andres ist für den Geist gar nicht vorhanden . Selbst der Orientale verliert sich nicht gänzlich in dem Gegenstande seiner Anbetung ; die Griechen aber haben zuerst Das , was sie sich als das Göttliche gegenüberstellten , ausdrücklich als Geist gefaßt , doch sind auch sie weder in der Philosophie noch in der Religion zur Erkenntniß der absoluten Unendlichkeit des Geistes gelangt ; das Verhältniß des menschlichen Geistes zum Göttlichen ist daher bei den Griechen noch kein absolut freies ; erst das Christenthum hat durch die Lehre von der Menschwerdung Gottes und von der Gegenwart des heiligen Geistes in der gläubigen Gemeine dem menschlichen Bewußtsein eine vollkommen freie Beziehung zum Unendlichen gegeben , und dadurch die begreifende Erkenntniß des Geistes in seiner absoluten Unendlichkeit möglich gemacht . Nur eine solche Erkenntniß verdient fortan den Namen einer philosophischen Betrachtung . Die S e l b s t e r ke n n t n i ß in dem gewöhnlichen trivialen Sinn einer Erforschung der eigenen Schwächen und Fehler des Individuums hat nur für den Einzelnen , – nicht für die Philosophie – Interesse und Wichtigkeit , selbst aber in Bezug auf den Einzelnen um so geringeren Werth , je weniger sie sich auf die Erkenntniß der allgemeinen intellectuellen und | moralischen

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zusätze

5–6

Natur des Menschen einläßt , und je mehr sie , von den Pfl ichten , dem wahrhaften Inhalt des Willens absehend , in ein selbstgefälliges Sichherumwenden des Individuums in seinen ihm theuren Absonderlichkeiten ausartet . – Dasselbe gilt von der gleichfalls auf die Eigenthüm lich keiten einzelner Geister gerichteten sogenannten Me n s che n ke n n t n i ß . Für das Leben ist diese Kenntniß allerdings nützlich und nöthig , besonders in schlechten politischen Zuständen , wo nicht das Recht und die Sittlichkeit , sondern der Eigensinn , die Laune und Willkür der Individuen herrschen , – im Felde der Intriguen , wo die Charactere nicht auf die Natur der Sache sich stützen , vielmehr durch die pfi ffig benutzte Eigenthüm lich keit Andrer sich halten und durch dieselben ihre zufälligen Zwecke erreichen wollen . Für die Philosophie aber bleibt diese Menschenkenntniß in eben dem Grade gleichgültig , wie dieselbe sich nicht von der Betrachtung zufälliger Einzeln heiten zur Auffassung großer menschlicher Charactere zu erheben vermag , durch welche die wahrhafte Natur des Menschen in unverkümmerter Reinheit zur Anschauung gebracht wird . – Sogar nachtheilig für die Wissenschaft wird jene Menschenkenntniß aber dann , wenn sie , – wie in der sogenannten pragmatischen Behandlung der Geschichte geschehen – den substantiellen Character weltgeschichtlicher Individuen verkennend , und daß Großes nur durch große Charactere vollbracht werden kann , nicht einsehend , aus der zufälligen Eigenthüm lich keit jener Heroen , aus deren vermeintlichen kleinen Absichten , Neigungen und Leidenschaften die größten Ereignisse der Geschichte abzu leiten den geistreich sein sollenden Versuch macht ; ein Verfahren , bei welchem die von der göttlichen Vorsehung beherrschte Geschichte zu einem Spiele gehaltloser Thätigkeit und zufälliger Begebenheiten herabsinkt . |

§ 378 Ebenso , wie die im vorigen § . besprochene , auf die unwesentlichen , einzelnen , empirischen Erscheinungen des Geistes gerichtete Betrachtungsweise , ist auch die im geraden Gegentheil nur mit abstract allgemeinen Bestimmungen , mit dem vermeintlich erscheinungslosen Wesen , dem Ansich des Geistes sich beschäftigende sogenannte r a t ione l le P s ycholo g ie oder Pneumatologie von der echt speculativen Philosophie ausgeschlossen , da diese die Gegenstände weder aus der Vorstellung als gegebene aufnehmen , noch dieselben durch bloße Verstandeskategorien bestimmen darf , wie jene Psychologie that , indem sie die Frage aufwarf , ob der Geist oder die Seele einfach , immateriell , Substanz sei . Bei diesen Fragen wurde der Geist als ein Ding betrachtet ; denn jene Kategorien wurden dabei , nach der allgemeinen Weise des Verstandes , als ruhende , feste angesehen ;

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so sind sie unfähig , die Natur des Geistes auszudrücken ; der Geist ist nicht ein Ruhendes , sondern vielmehr das absolut Unruhige , die reine Thä|tigkeit , das Negiren oder die Idealität aller festen Verstandesbestimmungen , – nicht abstract einfach , sondern in seiner Einfachheit zugleich ein Sich-von-sich-selbst-unterscheiden , – nicht ein vor seinem Erscheinen schon fertiges , mit sich selber hinter dem Berge der Erscheinungen haltendes Wesen , sondern nur durch die bestimmten Formen seines nothwendigen Sichoffenbarens in Wahrheit wirklich , – und nicht (wie jene Psychologie meinte) ein nur in äußerlicher Beziehung zum Körper stehendes Seelending , sondern mit dem Körper durch die Einheit des Begriffs innerlich verbunden . In der Mitte zwischen der auf die zufällige Einzelnheit des Geistes gerichteten Beobachtung und der sich nur mit dem erscheinungslosen Wesen desselben befassenden Pneumatologie steht die auf das Beobachten und Beschreiben der besonderen Geistesvermögen ausgehende e m pi r i s che P s ycholo g ie . Aber auch diese bringt es nicht zur wahrhaften Vereinigung des Einzelnen und Allgemeinen , zur Erkenntniß der concret allgemeinen Natur oder des Begriffs des Geistes , und hat daher gleichfalls keinen Anspruch auf den Namen echtspeculativer Philosophie . Wie den Geist überhaupt , so nimmt die empirische Psychologie auch die besonderen Vermögen , in welche sie denselben zerlegt , als gegebene aus der Vorstellung auf , ohne durch Ableitung dieser Besonderheiten aus dem Begriff des Geistes den Beweis der Nothwendig keit zu liefern , daß im Geiste gerade diese und keine anderen Vermögen sind . – Mit diesem Mangel der Form hängt nothwendig die Entgeistigung des Inhalts zusammen . Wenn in den bereits geschilderten beiden Betrachtungsweisen einerseits das Einzelne , andrerseits das Allgemeine als etwas für sich Festes genommen wurde , so gelten der empirischen Psychologie auch die Besonderungen , in welche ihr der Geist zerfällt , als in ihrer Beschränktheit starre ; so daß der Geist zu einem bloßen Aggregat von selbst ständigen Kräften wird , deren jede mit der anderen nur in Wechselwirkung , somit in äußerlicher Beziehung steht . Denn , obgleich | diese Psychologie auch die Forderung eines zwischen den verschiedenen Geisteskräften hervorzubringenden harmonischen Zusammenhangs macht – ein bei diesem Gegenstande häufig vorkommendes , aber ebenso unbestimmtes Schlagwort , wie sonst die Vollkommenheit war – so ist damit nur eine sein sollende , nicht die ursprüng liche Einheit des Geistes ausgesprochen , noch weniger aber die Besonderung , zu welcher der Begriff des Geistes , seine an sich seiende Einheit , fortgeht , als eine nothwendige und vernünftige erkannt ; jener harmonische Zusammenhang bleibt daher eine sich in nichtssagenden Redensarten breit machende leere Vorstellung , welche gegen die als selbstständig vorausgesetzten Geisteskräfte zu keiner Macht gelangt .

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zusätze

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§ 379 Alle jene , in den beiden vorhergehenden Paragraphen geschilderten end lichen Auffassungen des Geistes sind theils durch die ungeheure Umgestaltung , welche die Philosophie überhaupt in neurer Zeit erfahren hat , theils , von der empirischen | Seite selbst her , durch die das endliche Denken vor den Kopf stoßenden Erscheinungen des animalischen Magnetismus verdrängt worden . – Was das Erstere betrifft , so hat sich die Philosophie über die seit Wolf allgemein gewordene endliche Betrachtungsweise des nur reflectirenden Denkens – auch über das Fichtesche Stehenbleiben bei den sogenannten Thatsachen des Bewußtseyns – zur Auffassung des Geistes als der sichselbstwissenden wirklichen Idee , zum Begriff des sich auf nothwendige Weise insichselbstunterscheidenden und aus seinen Unterschieden zur Einheit mit sich zurückkehrenden lebendigen Geistes erhoben , damit aber nicht bloß die in jenen endlichen Auffassungen des Geistes herrschenden Abstractionen des nur Einzelnen , nur Besonderen und nur Allgemeinen überwunden und zu Momenten des Begriffs , der ihre Wahrheit ist , herabgesetzt , sondern auch , statt des äußerlichen Beschreibens vorgefundenen Stoffes , die strenge Form des sich selbst mit Nothwendigkeit entwickelnden Inhalts als die allein wissenschaftliche Methode geltend gemacht . Wenn in den empirischen Wissenschaften der Stoff als ein durch die Erfahrung gegebener von außen aufgenommen und nach einer bereits feststehenden allgemeinen Regel geordnet und in äußerlichen Zusammenhang gebracht wird ; so hat dagegen das speculative Denken jeden seiner Gegenstände und die Entwicklung derselben in ihrer absoluten Nothwendigkeit aufzuzeigen . Dieß geschieht , indem jeder besondere Begriff aus dem sich selbst hervorbringenden und verwirklichenden allgemeinen Begriff oder der logischen Idee abgeleitet wird . Die Philosophie muß daher den Geist als eine nothwendige Entwicklung der ewigen Idee begreifen , und Dasjenige , was die besonderen Theile der Wissenschaft vom Geiste ausmacht , rein aus dem Begriffe desselben sich entfalten lassen . Wie bei dem Lebendigen überhaupt , auf ideelle Weise , Alles schon im Keime enthalten ist , und von diesem selbst , nicht von einer fremden Macht hervorgebracht wird ; so müssen auch alle besonderen Formen des lebendigen Geistes aus seinem Begriffe als ihrem Keime sich hervor trei|ben . Unser vom Begriff bewegtes Denken bleibt dabei dem ebenfalls vom Begriff bewegten Gegenstande durchaus immanent ; wir sehen der eigenen Entwicklung des Gegenstandes gleichsam nur zu , verändern dieselbe nicht durch Einmischung unserer subjectiven Vorstellungen und Einfälle . Der Begriff bedarf zu seiner Verwirklichung keines äußeren Antriebs ; seine eigene , den Widerspruch der Einfachheit und des Unterschieds in sich schließende und deßwegen unruhige Natur treibt ihn , sich zu verwirklichen , den

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in ihm selbst nur auf ideelle Weise , das heißt , in der widersprechenden Form der Unter schiedslosigkeit vorhandenen Unterschied zu einem wirklichen zu entfalten , und sich durch diese Aufhebung seiner Einfachheit als eines Mangels , einer Einseitigkeit , wirklich zu dem Ganzen zu machen , von welchem er zunächst nur die Möglichkeit enthält . Nicht minder aber , wie im Beginn und Fortgang seiner Entwicklung , ist der Begriff im Abschließen derselben von unserer Willkür unabhängig . Bei bloß räsonnirender Betrachtungsweise erscheint der Abschluß allerdings mehr oder weniger willkürlich ; in der philosophischen Wissenschaft dagegen setzt der Begriff selber seinem Sichentwickeln dadurch eine Grenze , daß er sich eine ihm völlig entsprechende Wirklichkeit giebt . Schon am Lebendigen sehen wir diese Selbstbegrenzung des Begriffs . Der Keim der Pflanze – dieser sinnlich vorhandene Begriff – schließt seine Entfaltung mit einer ihm gleichen Wirklichkeit , mit Hervorbringung des Samens . Dasselbe gilt vom Geiste ; auch seine Entwicklung hat ihr Ziel erreicht , wenn der Begriff desselben sich vollkommen verwirklicht hat – oder was dasselbe ist – wenn der Geist zum vollkommenen Bewußtseyn seines Begriffs gelangt ist . Dieß Sich-in-Eins-Zusammenziehen des Anfangs mit dem Ende , – dieß in seiner Verwirklichung zu sich selber Kommen des Begriffs erscheint aber am Geiste in einer noch vollendeteren Gestalt als am bloß Lebendigen ; denn während bei diesem der hervorgebrachte Samen nicht derselbe ist mit dem , von welchem er hervorgebracht worden , ist | in dem sich selbst erkennenden Geiste das Hervorgebrachte Eins und Dasselbe mit dem Hervorbringenden . Nur wenn wir den Geist in dem geschilderten Proceß der Selbstverwirklichung seines Begriffs betrachten , erkennen wir ihn in seiner Wahrheit ; (denn Wahrheit heißt eben Uebereinstimmung des Begriffs mit seiner Wirklichkeit) . In seiner Unmittelbarkeit ist der Geist noch nicht wahr , hat seinen Begriff noch nicht sich gegenständlich gemacht , das in ihm auf unmittelbare Weise Vorhandene noch nicht zu einem von ihm Gesetzten umgestaltet , seine Wirklichkeit noch nicht zu einer seinem Begriff gemäßen umgebildet . Die ganze Entwicklung des Geistes ist nichts Anderes als sein Sichselbsterheben zu seiner Wahrheit , und die sogenannten Seelenkräfte haben keinen anderen Sinn als den , die Stufen dieser Erhebung zu sein . Durch diese Selbstunterscheidung , durch dieß Sichumgestalten und durch die Zurückführung seiner Unterschiede zur Einheit seines Begriffs ist der Geist , wie ein Wahres , so ein Lebendiges , Organisches , Systematisches , und nur durch das Erkennen dieser seiner Natur ist die Wissenschaft vom Geiste gleichfalls wahr , lebendig , organisch , systematisch ; – Prädicate , die weder der rationellen noch der empirischen Psychologie er theilt werden können , da jene den Geist zu einem von seiner Verwirklichung abgeschiedenen , todten Wesen

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zusätze

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macht , diese aber den lebendigen Geist dadurch abtödtet , daß sie denselben in eine vom Begriff nicht hervorgebrachte und zusammengehaltene Mannigfaltigkeit selbstständiger Kräfte auseinanderreißt . Wie schon bemerkt , hat der thierische Magnetismus dazu beigetragen , die unwahre , endliche , bloß verständige Auffassung des Geistes zu verdrängen . Diese Wirkung hat jener wunderbare Zustand besonders in Bezug auf die Betrachtung der Naturseite des Geistes gehabt . Wenn die sonstigen Zustände und natürlichen Bestimmungen des Geistes sowie die bewußten Thätigkeiten desselben wenigstens äußerlich vom Verstande aufgefaßt werden können , und dieser den in ihm selbst wie in den endlichen Dingen herrschen|den äußeren Zusammenhang von Ursach und Wirkung , – den sogenannten natürlichen Gang der Dinge – zu fassen vermag ; so zeigt sich der Verstand dagegen unfähig , an die Erscheinungen des thierischen Magnetismus auch nur zu glauben , weil in denselben das nach der Meinung des Verstandes durchaus feste Gebundensein des Geistes an Ort und Zeit , so wie an den verständigen Zusammenhang von Ursache und Wirkung seinen Sinn verliert , und innerhalb des sinnlichen Daseyns selbst die dem Verstande ein unglaubliches Wunder bleibende Erhabenheit des Geistes über das Außereinander und über dessen äußerliche Zusammenhänge zum Vorschein kommt . Obgleich es nun sehr thöricht wäre , in den Erscheinungen des thierischen Magnetismus eine Erhebung des Geistes sogar über seine begreifende Vernunft zu sehen , und von diesem Zustande über das Ewige höhere Aufschlüsse als die von der Philosophie er theilten zu erwarten , – obgleich der magnetische Zustand vielmehr für eine Krankheit und für ein Herabsinken des Geistes selbst unter das gewöhnliche Bewußtseyn insofern erklärt werden muß , als der Geist in jenem Zustande sein in bestimmten Unterscheidungen sich bewegendes , der Natur sich gegenüberstellendes Denken aufgiebt ; – so ist doch andererseits das in den Erscheinungen jenes Magnetismus sichtbare Sich losmachen des Geistes von den Schranken des Raums und der Zeit und von allen endlichen Zusammenhängen Etwas , was mit der Philosophie eine Verwandtschaft hat , und das , da es mit aller Brutalität einer ausgemachten That sache dem Skepticismus des Verstandes Trotz bietet , das Fortschreiten von der gewöhnlichen Psychologie zum begreifenden Erkennen der speculativen Philosophie nothwendig macht , für welche allein der thierische Magnetismus kein unbegreifliches Wunder ist . |

6–7 Betrachtung ] Betrachtnng

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§ 381

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Bereits im Zusatz zu § . 379 ist der Begriff des Geistes dahin angegeben worden , daß dieser die sich selbst wissende wirkliche Idee sey . Diesen Begriff hat die Philosophie , wie alle ihre sonstigen Begriffe , als nothwendig zu erweisen , das heißt , als Resultat der Entwicklung des allgemeinen Begriffs oder der logischen Idee zu erkennen . Dem Geiste geht aber in dieser Entwicklung nicht nur die logische Idee , sondern auch die äußere Natur vorher . Denn das schon in der einfachen lo g i s che n Idee enthaltene E r ke n ne n ist nur der von uns gedachte Begriff des Erkennens , nicht das für sich selbst vorhandene Erkennen , nicht der wirkliche Geist , sondern bloß dessen Möglichkeit . Der wirkliche Geist , welcher allein in der Wissenschaft vom Geiste unser Gegenstand ist , hat die äußere Natur zu seiner nächsten , wie die logische Idee zu seiner ersten Voraussetzung . Zu ihrem Endresultate muß daher die Naturphilosophie – und mittelbar die Logik – den Beweis der Nothwendigkeit des Begriffs des Geistes haben . Die Wissenschaft vom Geist ihrerseits hat diesen Begriff durch seine Entwicklung und Verwirklichung zu bewähren . Was wir daher hier zu Anfang unserer Betrachtung des Geistes versicherungsweise von demselben sagen , kann nur durch die ganze Philosophie wissenschaftlich bewiesen werden . Zunächst können wir hier nichts Anderes thun , als den Begriff des Geistes für die Vorstellung erläutern . Um diesen Begriff festzusetzen , ist nöthig , daß wir die Bestimmtheit angeben , durch welche die Idee als Geist ist . Alle Bestimmtheit ist aber Bestimmtheit nur gegen eine andere Bestimmtheit ; der des Geistes überhaupt , steht zunächst die der Natur gegenüber ; jene ist daher nur zugleich mit dieser zu fassen . Als die unterscheidende Bestimmtheit des Begriffs des Geistes muß die Id e a l it ä t , das heißt , das Aufheben des Andersseyns der Idee , das aus ihrem Anderen in sich Zurückkehren und Zurückgekehrtseyn | derselben bezeichnet werden , während dagegen für die logische Idee das unmittelbare , e i n f a che I n s ich s e y n , für die Natur aber das A u ß e r s ich s e y n der Idee das Unterscheidende ist . Eine ausführlichere Entwicklung des im Zusatz zu § . 379 über die logische Idee beiläufig Gesagten liegt uns hier zu fern ; nothwendiger ist an dieser Stelle eine Erläuterung Desjenigen , was als das Charakteristische der äußeren Natur angegeben worden ist , da zu dieser der Geist – wie schon bemerkt – seine nächste Beziehung hat . Auch die äußere Natur wie der Geist ist vernünftig , göttlich , eine Darstellung der Idee . Aber in der Natur erscheint die Idee im Elemente des Außereinander , ist nicht nur dem Geiste äußerlich , sondern , – weil diesem , weil der das Wesen des Geistes ausmachenden an und für sich seyenden Innerlichkeit , – eben deßhalb auch sich selber äußerlich . Dieser schon von den Griechen ausgesprochene und ihnen ganz geläufige Begriff der Natur stimmt vollkommen mit unserer

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zusätze

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gewöhnlichen Vorstellung von dieser überein . Wir wissen , daß das Natürliche räumlich und zeitlich ist – daß in der Natur Dieses neben Diesem besteht , – Dieses nach Diesem folgt , – kurz , daß alles Natürliche in’s Unendliche außereinander ist ; daß ferner die Materie , diese allgemeine Grundlage aller daseyenden Gestaltungen der Natur , nicht bloß uns Widerstand leistet , außer unserem Geiste besteht , sondern gegen sich selber sich auseinander hält , in concrete Punkte , in materielle Atome sich trennt , aus denen sie zusammengesetzt ist . Die Unterschiede , zu welchen der Begriff der Natur sich entfaltet , sind mehr oder weniger gegeneinander selbstständige Existenzen ; durch ihre ursprüngliche Einheit stehen sie zwar mit einander in Beziehung , so daß keine ohne die andre begriffen werden kann ; aber diese Beziehung ist eine ihnen in höherem oder geringerem Grade äußerliche . Wir sagen daher mit Recht , daß in der Natur nicht die Freiheit , sondern die Nothwendigkeit herrsche ; denn diese letztere ist eben , in ihrer eigentlichsten Bedeutung , die nur innerliche und deßhalb auch nur äußerliche Beziehung gegeneinander selbst|ständiger Existenzen . So erscheinen z . B . das Licht und die Elemente als gegeneinander selbstständig ; so haben die Planeten , obgleich von der Sonne angezogen , trotz dieses Verhältnisses zu ihrem Centrum , den Schein der Selbstständigkeit gegen dasselbe und gegeneinander , welcher Widerspruch durch die Bewegung des Planeten um die Sonne dargestellt wird . – Im Lebendigen kommt allerdings eine höhere Nothwendigkeit zu Stande als die im Leblosen herrschende ist . Schon in der Pflanze zeigt sich ein in die Peripherie ergossenes Centrum , eine Concentration der Unterschiede , ein Sich-von-innenHerausentwickeln , eine sich selbst unterscheidende und aus ihren Unterschieden in der Knospe sich selbst hervorbringende Einheit , somit Etwas , dem wir Trieb zuschreiben ; aber diese Einheit bleibt eine unvollständige , weil der Gliederungsproceß der Pflanze ein Außersichkommen des vegetabilischen Subjects , jeder Theil die ganze Pflanze , eine Wiederholung derselben ist , die Glieder mithin nicht in vollkommener Unterwürfigkeit unter die Einheit des Subjects gehalten werden . – Eine noch vollständigere Ueberwindung der Aeußerlichkeit stellt der thierische Organismus dar ; in diesem erzeugt nicht nur jedes Glied das andere , ist dessen Ursach und Wirkung , Mittel und Zweck , somit selbst zugleich sein Anderes , sondern das Ganze wird von seiner Einheit so durchdrungen , daß Nichts in ihm als selbstständig erscheint , jede Bestimmtheit zugleich eine ideelle ist , das Thier in jeder Bestimmtheit dasselbe Eine Allgemeine bleibt , daß somit am thierischen Körper das Außereinander sich in seiner ganzen Unwahrheit zeigt . Durch dieß Beisichseyn in der Bestimmtheit , durch dieß in- und aus seiner Aeußerlichkeit unmittelbar in sich Reflectirtseyn ist das Thier für sich seyende Subjectivität und hat es Empfi ndung ; die Empfi ndung ist eben diese Allgegenwart der Einheit des Thieres in allen seinen Gliedern , die jeden Eindruck unmittelbar dem Einen

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Ganzen mittheilen , welches im Thiere für sich zu werden beginnt . In dieser subjectiven Innerlichkeit liegt , daß das Thier durch sich selbst , von innen heraus , nicht | bloß von außen bestimmt ist , das heißt , daß es Trieb und Instinkt hat . Die Subjectivität des Thieres enthält einen Widerspruch und den Trieb , durch Auf hebung dieses Widerspruchs sich selbst zu erhalten ; welche Selbsterhaltung das Vorrecht des Lebendigen und in noch höherem Grade das des Geistes ist . Das Empfi ndende ist bestimmt , hat einen Inhalt und damit eine Unterscheidung in sich ; dieser Unterschied ist zunächst noch ein ganz ideeller , einfacher , in der Einheit des Empfi ndens aufgehobener ; der aufgehobene , in der Einheit bestehende Unterschied ist ein Widerspruch , der dadurch aufgehoben wird , daß der Unterschied sich a l s Unterschied setzt . Das Thier wird also aus seiner einfachen Beziehung auf sich in den Gegensatz gegen die äußerliche Natur hineingetrieben . Durch diesen Gegensatz verfällt das Thier in einen neuen Wider spruch ; denn nun ist der Unterschied auf eine , der Einheit des Begriffs wider sprechende Weise gesetzt ; er muß daher ebenso aufgehoben werden , wie zuerst die ununterschiedene Einheit . Diese Aufhebung des Unterschieds geschieht dadurch , daß das Thier das in der äußerlichen Natur für dasselbe Bestimmte verzehrt und durch das Verzehrte sich erhält . So ist durch Vernichtung des dem Thiere gegenüberstehenden Anderen die ursprüngliche einfache Beziehung auf sich und der darin enthaltene Widerspruch von Neuem gesetzt . Zur wahrhaften Lösung dieses Wider spruchs ist nöthig , daß das Andere , zu welchem das Thier sich verhält , diesem gleich sey . Dies fi ndet im G e s ch le cht s ve r h ä l t n i ß statt ; hier empfi ndet jedes der beiden Geschlechter im Anderen nicht eine fremde Aeußerlichkeit , sondern sich selbst oder die beiden gemeinsame Gattung . Das Geschlechtsverhältniß ist daher der höchste Punkt der lebenden Natur ; auf dieser Stufe ist sie der äußeren Nothwendigkeit im vollsten Maaße entnommen ; da die auf einander bezogenen unterschiedenen Existenzen nicht mehr einander äußerlich sind , sondern die Empfi ndung ihrer Einheit haben . Dennoch ist die thierische Seele noch nicht frei ; denn sie erscheint immer als Eins mit der Bestimmtheit der Empfi ndung oder Er|regung , als an Eine Bestimmtheit gebunden ; nur in der Form der Einzelnheit ist die Gattung für das Thier ; dieß empfi ndet nur die Gattung , weiß nicht von ihr ; im Thiere ist noch nicht die Seele für die Seele , das Allgemeine als solches für das Allgemeine . Durch das im Gattungsprozeß stattfindende Aufheben der Besonderheit der Geschlechter kommt das Thier nicht zum Erzeugen der Gattung ; das durch diesen Proceß Hervorgebrachte ist wieder nur ein Einzelnes . So fällt die Natur , selbst auf der höchsten Spitze ihrer Erhebung über die Endlichkeit , immer wieder in diese zurück und stellt auf diese Weise einen beständigen Kreislauf dar . Auch der durch den Widerspruch der Einzelnheit und der Gattung nothwendig herbeigeführte To d bringt , – da er nur die leere , selbst

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in der Form der unmittelbaren Einzelnheit erscheinende , vernichtende Negation der Einzelnheit , nicht deren erhaltende Aufhebung ist , – gleichfalls nicht die anund-für-sich-seyende Allgemeinheit oder die an-und-für-sich allgemeine Einzelnheit , die sich selbst zum Gegenstande habende Subjectivität hervor . Auch in der vollendetsten Gestalt also , zu welcher die Natur sich erhebt , – im thierischen Leben – gelangt der Begriff nicht zu einer seinem seelenhaften Wesen gleichen Wirklichkeit , zur völligen Ueberwindung der Aeußerlichkeit und Endlichkeit seines Daseyns . Dieß geschieht erst im G e i s t e , der eben durch diese in ihm zu Stande kommende Ueberwindung sich selber von der Natur unterscheidet , so daß diese Unterscheidung nicht bloß das Thun einer äußeren Reflexion über das Wesen des Geistes ist . Diese zum Begriff des Geistes gehörende Aufhebung der Aeußerlichkeit ist Das , was wir die Id e a l it ä t desselben genannt haben . Alle Thätigkeiten des Geistes sind nichts als verschiedene Weisen der Zurückführung des Aeußerlichen zu der Innerlichkeit , welche der Geist selbst ist , und nur durch diese Zurückführung , durch diese Idealisirung oder Assimilation des Aeußerlichen wird und ist er Geist . – Betrachten wir den Geist etwas näher , so fi nden wir als die erste und einfachste Bestimmung desselben die , | daß er Ich ist . Ich ist ein vollkommen Einfaches , Allgemeines . Wenn wir Ich sagen , meinen wir wohl ein Einzelnes ; da aber Jeder Ich ist , sagen wir damit nur etwas ganz Allgemeines . Die Allgemeinheit des Ich macht , daß es von Allem , selbst von seinem Leben abstrahiren kann . Der Geist ist aber nicht bloß dieß dem Lichte gleiche abstract Einfache , als welches er betrachtet wurde , wenn von der Einfachheit der Seele im Gegensatze gegen die Zusammengesetztheit des Körpers die Rede war ; vielmehr ist der Geist ein trotz seiner Einfachheit in sich Unterschiedenes ; denn Ich setzt sich selbst sich gegenüber , macht sich zu seinem Gegenstande und kehrt aus diesem , allerdings erst abstracten , noch nicht concreten Unterschiede zur Einheit mit sich zurück . Dieß Beisichselbstseyn des Ich in seiner Unterscheidung ist die Unendlichkeit oder Idealität desselben . Diese Idealität bewährt sich aber erst in der Beziehung des Ich auf den ihm gegenüberstehenden unendlich mannigfaltigen Stoff . Indem das Ich diesen Stoff erfaßt , wird derselbe von der Allgemeinheit des Ich zugleich vergiftet und verklärt , verliert sein vereinzeltes , selbstständiges Bestehen und erhält ein geistiges Dasein . Durch die unendliche Mannigfaltigkeit seiner Vorstellungen wird der Geist daher aus seiner Einfachheit , aus seinem Beisichseyn , so wenig in ein räumliches Außereinander hineingerissen , daß vielmehr sein einfaches Selbst sich in ungetrübter Klarheit durch jene Mannigfaltigkeit hindurchzieht und dieselbe zu keinem selbstständigen Bestehen kommen läßt . Der Geist begnügt sich aber nicht damit , als e nd l iche r Geist , durch seine vorstellende Thätigkeit die Dinge in den Raum seiner Innerlichkeit zu versetzen

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und ihnen somit auf eine selbst noch äußerliche Weise ihre Aeußerlichkeit zu nehmen ; sondern , als r e l i g iö s e s Bewußtseyn , dringt er durch die scheinbar absolute Selbstständigkeit der Dinge bis zu der in ihrem Inneren wirksamen , Alles zusammenhaltenden , Einen , unendlichen Macht Gottes hindurch ; und vollendet , als ph i lo s o ph i s che s Denken , jene Idealisirung | der Dinge dadurch , daß er die bestimmte Weise erkennt , wie die ihr gemeinsames Princip bildende ewige Idee sich in ihnen darstellt . Durch diese Erkenntniß kommt die schon im end lichen Geiste sich bethätigende idealistische Natur des Geistes zu ihrer vollendeten , concretesten Gestalt , macht sich der Geist zu der sich selbst vollkommen erfassenden wirklichen Idee und damit zum absoluten Geiste . Schon im endlichen Geiste hat die Idealität den Sinn einer in ihren Anfang zurückkehrenden Bewegung , durch welche der Geist aus seiner Ununterschiedenheit , – als der ersten Position – zu einem Anderen , – zur Negation jener Position – fortschreitend , und vermittelst der Negation jener Negation zu sich selber zurückkommend , sich als absolute Negativität , als die unendliche Affi rmation seiner selbst erweist ; und dieser seiner Natur gemäß , haben wir den endlichen Geist , erstens , in seiner unmittelbaren Einheit mit der Natur , dann , in seinem Gegensatze gegen dieselbe , und zuletzt , in seiner , jenen Gegensatz als einen aufgehobenen in sich enthaltenden , durch denselben vermittelten Einheit mit der Natur zu betrachten . So aufgefaßt wird der endliche Geist als Totalität , als Idee und zwar als die für sich seyende , aus jenem Gegensatze zu sich selbst zurückkehrende wirkliche Idee erkannt . Im endlichen Geiste aber hat diese Rückkehr nur ihren Beginn , erst im absoluten Geiste wird sie vollendet ; denn erst in diesem erfaßt die Idee sich , weder nur in der einseitigen Form des Begriffs oder der Subjectivität , noch auch nur in der ebenso einseitigen Form der Objectivität oder der Wirklichkeit , sondern in der vollkommenen Einheit dieser ihrer unterschiedenen Momente , das heißt , in ihrer absoluten Wahrheit . Was wir im Obigen über die Natur des Geistes gesagt haben , ist etwas allein durch die Philosophie zu Erweisendes und Erwiesenes , der Bestätigung durch unser gewöhnliches Bewußtseyn Nichtbedürftiges . Insofern aber unser nichtphilosophisches Denken seinerseits einer Vorstelligmachung des entwickelten Begriffs des Geistes bedarf , kann daran erinnert werden , daß auch | die christliche Theologie Gott , d . h . , die Wahrheit , als Geist auffaßt , und diesen nicht als ein Ruhendes , in leerer Einerleiheit Verbleibendes , sondern als ein Solches betrachtet , das nothwendig in den Proceß des Sich-von-sich-selbst-unterscheidens , des Setzens seines Anderen eingeht , und erst durch dieß Andere und durch die erhaltende Aufhebung – nicht durch Verlassung – desselben zu sich selber kommt . Die Theologie drückt , in der Weise der Vorstellung , diesen Proceß bekanntlich so aus , daß Gott der Vater (dieß einfach Allgemeine , Insichseyende) , seine

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zusätze

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Einsamkeit aufgebend , die Natur (das Sichselbstäußerliche , Außersichseyende) er schafft , einen Sohn (sein anderes Ich) erzeugt , in diesem Anderen aber , kraft seiner unendlichen Liebe , sich selbst anschaut , darin sein Ebenbild erkennt , und in demselben zur Einheit mit sich zurückkehrt ; welche nicht mehr abstracte , unmittelbare , sondern concrete , durch den Unterschied vermittelte Einheit der vom Vater und vom Sohne ausgehende , in der christlichen Gemeine zu seiner vollkommenen Wirklichkeit und Wahrheit gelangende heilige Geist ist , als welcher Gott erkannt werden muß , wenn er in seiner absoluten Wahrheit , – wenn er als an-und-für-sich-seyende wirkliche Idee , – und nicht – entweder nur in der Form des bloßen Begriffs , des abstracten Insichseyns – oder in der ebenso unwahren Form einer mit der Allgemeinheit seines Begriffs nicht übereinstimmenden einzelnen Wirklichkeit , – sondern in der vollen Uebereinstimmung seines Begriffs und seiner Wirklichkeit erfaßt werden soll . Soviel über die unterscheidenden Bestimmtheiten der äußeren Natur und des Geistes überhaupt . Durch den entwickelten Unterschied ist zugleich die Beziehung angedeutet worden , in welcher die Natur und der Geist zu einander stehen . Da diese Beziehung häufig mißverstanden wird , ist eine Erläuterung derselben hier an ihrer Stelle . Wir haben gesagt , der Geist negire die Aeußerlichkeit der Natur , assimilire sich die Natur und idealisire sie dadurch . Diese Idealisirung hat im endlichen , die Natur außer sich | setzenden Geiste eine einseitige Gestalt ; hier steht der Thätigkeit unseres Willens wie unseres Denkens ein äußerlicher Stoff gegenüber , der gegen die Veränderung , welche wir mit ihm vornehmen , gleichgültig , die ihm dadurch zu Theil werdende Idealisirung durchaus leidend erfährt . – Bei dem die Weltgeschichte hervorbringenden Geiste aber fi ndet ein anderes Verhältniß statt . Da steht nicht mehr auf der einen Seite eine dem Gegenstande äußerliche Thätigkeit , auf der anderen ein bloß leidender Gegenstand , sondern die geistige Thätigkeit richtet sich gegen einen in sich selber thätigen Gegenstand , – gegen einen solchen , der sich zu Dem , was durch jene Thätigkeit hervorgebracht werden soll , selbst heraufgearbeitet hat , so daß in der Thätigkeit und im Gegenstande ein und derselbe Inhalt vorhanden ist , So waren z . B . das Volk und die Zeit , auf welche die Thätigkeit Alexander’s und Cäsar’s als auf ihren Gegenstand wirkte , durch sich selber zu dem von jenen Individuen zu vollbringenden Werke fähig geworden ; die Zeit schaffte sich ebenso sehr jene Männer , wie sie von ihnen geschaffen wurde ; diese waren ebenso die Werkzeuge des Geistes ihrer Zeit und ihres Volkes , wie umgekehrt jenen Heroen ihr Volk zum Werkzeug für die Vollbringung ihrer Thaten diente . – Dem so eben geschilderten Verhältniß ähnlich ist die Weise , wie der philosophirende Geist sich zur äußeren Natur verhält . Das philosophische Denken erkennt nämlich , daß die Natur nicht bloß von uns idealisirt wird , – daß das Außereinander derselben

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nicht ein für sie selber , für ihren Begriff , durchaus Unüberwindliches ist , – sondern daß die der Natur inwohnende ewige Idee , oder – was das Nämliche ist – der in ihrem Inneren arbeitende an-sich-seyende Geist selber die Idealisirung , die Aufhebung des Außereinander bewirkt , weil diese Form seines Daseyns mit der Innerlichkeit seines Wesens in Widerspruch steht . Die Philosophie hat also gewisser maaßen nur zuzusehen , wie die Natur selber ihre Aeußerlichkeit aufhebt , das Sichselbstäußerliche in das Centrum der Idee zurücknimmt , oder dieß Centrum im Aeußerlichen | hervortreten läßt , den in ihr verborgenen Begriff von der Decke der Aeußerlichkeit befreit und damit die äußerliche Nothwendigkeit überwindet . Dieser Uebergang von der Nothwendigkeit zur Freiheit ist nicht ein einfacher , sondern ein Stufengang von vielen Momenten , deren Darstellung die Naturphilosophie ausmacht . Auf der höchsten Stufe dieser Aufhebung des Außereinander , – in der Empfi ndung – kommt der in der Natur gefangen gehaltene an sich seyende Geist zum Beginn des Fürsichseyns und damit der Freiheit . Durch dieß selbst noch mit der Form der Einzelnheit und Aeußerlich keit , folglich auch der Unfreiheit behaftete Fürsichseyn wird die Natur über sich hinaus zum Geiste als solchem , das heißt , zu dem , durch das Denken , in der Form der Allgemein heit für-sich-seyenden , wirklich freien Geiste fortgetrieben . Aus unserer bisherigen Auseinandersetzung erhellt aber schon , daß das Hervorgehen des Geistes aus der Natur nicht so gefaßt werden darf , als ob die Natur das absolut Unmittelbare , Erste , ursprünglich Setzende , – der Geist dagegen nur ein von ihr Gesetztes wäre ; vielmehr ist die Natur vom Geiste gesetzt , – und dieser das absolut Erste . Der an-und-für-sich-seyende Geist ist nicht das bloße Resultat der Natur , sondern in Wahrheit sein eigenes Resultat ; er bringt sich selber aus den Voraussetzungen , die er sich macht , – aus der logischen Idee und der äußeren Natur hervor , und ist die Wahrheit sowohl jener als dieser , d . h . , die wahre Gestalt des nur in sich und des nur außer sich seyenden Geistes . Der Schein , als ob der Geist durch ein Anderes vermittelt sey , wird vom Geiste selber aufgehoben , da dieser – so zu sagen – die souveräne Undankbarkeit hat , Dasjenige , durch welches er vermittelt scheint , aufzuheben , zu mediatisiren , zu einem nur durch ihn Bestehenden herabzusetzen und sich auf diese Weise vollkommen selbstständig zu machen . – In dem Gesagten liegt schon , daß der Uebergang der Natur zum Geiste nicht ein Uebergang zu etwas durchaus Anderem , sondern nur ein Zusichselberkommen des in der Natur außer sich seyenden Geistes ist . Ebenso | wenig wird aber durch diesen Uebergang der bestimmte Unterschied der Natur und des Geistes aufgehoben ; denn der Geist geht nicht auf natürliche Weise aus der Natur hervor . Wenn § . 222 gesagt wurde , der Tod der nur unmittelbaren einzelnen Lebendigkeit sey das Hervorgehen des Geistes , so ist dieß Hervorgehen nicht fleischlich , sondern geistig , – nicht als ein natürliches Hervorgehen , sondern als

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zusätze

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eine Entwicklung des Begriffs zu verstehen , welcher die Einseitigkeit der nicht zu adäquater Verwirklichung kommenden , vielmehr im Tode sich als negative Macht gegen jene Wirklichkeit erweisenden Gattung , und die jener gegenüberstehende Einseitigkeit des an die Einzelnheit gebundenen thierischen Daseyns , in der an-und-für-sich allgemeinen Einzelnheit , oder – was Dasselbe – in dem auf allgemeine Weise für sich seyenden Allgemeinen aufhebt , welches der Geist ist . Die Natur als solche kommt in ihrer Selbstverinnerlichung nicht zu diesem Fürsichseyn , zum Bewußtseyn ihrer selbst ; das Thier – die vollendetste Form dieser Verinnerlichung – stellt nur die geistlose Dialektik des Uebergehens von einer einzelnen , seine ganze Seele ausfüllenden Empfi ndung zu einer anderen , ebenso ausschließlich in ihm herrschenden einzelnen Empfi ndung dar ; erst der Mensch erhebt sich über die Einzelnheit der Empfi ndung zur Allgemeinheit des Gedankens , zum Wissen von sich selbst , zum Erfassen seiner Subjectivität , seines Ichs , – mit Einem Worte – erst der Mensch ist der denkende Geist und dadurch und zwar allein dadurch wesentlich von der Natur unterschieden . Was der Natur als solcher angehört , liegt hinter dem Geiste ; er hat zwar in sich selbst den ganzen Gehalt der Natur ; aber die Naturbestimmungen sind am Geiste auf eine durchaus andere Weise als in der äußeren Natur . |

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§ 382 Die Substanz des Geistes ist die Freiheit , d . h . das Nichtabhängigseyn von einem Anderen , das Sichaufsichselbstbeziehen . Der Geist ist der für-sich-seyende , sich selbst zum Gegenstand habende verwirklichte Begriff . In dieser in ihm vorhandenen Einheit des Begriffs und der Objectivität besteht zugleich seine Wahrheit und seine Freiheit . Die Wahrheit macht den Geist , – wie schon Christus gesagt hat – frei ; die Freiheit macht ihn wahr . Die Freiheit des Geistes ist aber nicht bloß eine außerhalb des Anderen , sondern eine im Anderen errungene Unabhängigkeit vom Anderen , – kommt nicht durch die Flucht vor dem Anderen , sondern durch dessen Ueberwindung zur Wirklichkeit . Der Geist kann aus seiner abstracten für-sich-seyenden Allgemeinheit , aus seiner einfachen Beziehung auf sich heraustreten , einen bestimmten , wirklichen Unterschied , ein Anderes , als das einfache Ich ist , somit ein Negatives in sich selbst setzen ; und diese Beziehung auf das Andere ist dem Geiste nicht bloß möglich , sondern nothwendig , weil er durch das Andere und durch Aufhebung desselben dahin kommt , sich als Dasjenige zu bewähren und in der That Dasjenige zu seyn , was er seinem Begriffe nach seyn soll , nämlich die Idealität des Aeußerlichen , die aus ihrem Andersseyn in sich zurückkehrende Idee , oder – abstracter ausgedrückt – das sich selbst unter-

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zu §§ 381–383

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scheidende und in seinem Unterschiede bei-und-für-sich-seyende Allgemeine . Das Andere , das Negative , der Widerspruch , die Entzweiung gehört also zur Natur des Geistes . In dieser Entzweiung liegt die Möglichkeit des S ch me r z e s . Der Schmerz ist daher nicht von außen an den Geist gekommen , wie man sich einbildete , wenn man die Frage aufwarf , auf welche Weise der Schmerz in die Welt gekommen sey . Ebenso wenig | wie der Schmerz kommt das B ö s e – das Negative des an-und-für-sich-seyenden unendlichen Geistes – von außen an den Geist ; es ist im Gegentheil nichts Anderes , als der sich auf die Spitze seiner Einzelnheit stellende Geist . Selbst in dieser seiner höchsten Entzweiung , in diesem Sichlosreißen von der Wurzel seiner an-sich-seyenden sittlichen Natur , in diesem vollsten Widerspruche mit sich selbst , bleibt daher der Geist doch mit sich identisch und daher frei . Das der äußeren Natur Angehörende geht durch den Widerspruch unter ; würde z . B . in das Gold eine andere specifische Schwere gesetzt , als es hat , so müßte es als Gold untergehen . Der Geist aber hat die Kraft sich im Widerspruche , folglich im Schmerz – sowohl über das Böse wie über das Uebele – zu erhalten . Die gewöhnliche Logik irrt daher , indem sie meint , der Geist sey ein den Widerspruch gänzlich von sich Ausschließendes . Alles Bewußtseyn enthält vielmehr eine Einheit und eine Getrenntheit , somit einen Widerspruch ; so ist z . B . die Vorstellung des Hauses ein meinem Ich völlig Widersprechendes und dennoch von diesem Ertragenes . Der Widerspruch wird aber vom Geiste ertragen , weil dieser keine Bestimmung in sich hat , die er nicht als eine von ihm gesetzte und folglich als eine solche wüßte , die er auch wieder aufheben kann . Diese Macht über allen in ihm vorhandenen Inhalt bildet die Grundlage der Freiheit des Geistes . In seiner Unmittelbarkeit ist der Geist aber nur an sich , dem Begriffe oder der Möglichkeit nach , noch nicht der Wirklichkeit nach frei ; die wirkliche Freiheit ist also nicht etwas unmittelbar im Geiste Seyendes , sondern etwas durch seine Thätigkeit Hervorzubringendes . So als den Hervorbringer seiner Freiheit haben wir in der Wissenschaft den Geist zu betrachten . Die ganze Entwicklung des Begriffs des Geistes stellt nur das Sichfreimachen des Geistes von allen , seinem Begriffe nicht entsprechenden Formen seines Daseyns dar ; eine Befreiung , welche dadurch zu Stande kommt , daß diese Formen zu einer dem Begriffe des Geistes vollkommen angemessenen Wirklichkeit umgebildet werden . |

§ 383

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Wir haben früher die unterscheidende Bestimmtheit des Geistes in die Id e a l i t ä t , in das Aufheben des Andersseyns der Idee gesetzt . Wenn nun in dem obenstehenden § . 383 »die Manifestation« als die Bestimmtheit des Geistes angegeben

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zusätze

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wird , so ist dieß keine neue , keine zweite Bestimmung desselben , sondern nur eine Entwicklung der früher besprochenen . Denn durch Aufhebung ihres Andersseyns wird die logische Idee , oder der an-sich-seyende Geist , für sich , das heißt , sich offenbar . Der für-sich-seyende Geist , oder der Geist als solcher , ist also , – im Unterschiede von dem sich selber unbekannten , nur uns offenbaren , in das Außereinander der Natur ergossenen , an-sich-seyenden Geiste , – das nicht bloß einem Anderen , sondern sich selber Sichoffenbarende , oder – was auf Dasselbe hinauskommt – das in seinem eigenen Elemente , nicht in einem fremden Stoffe seine Offenbarung Vollbringende . Diese Bestimmung kommt dem Geiste als solchem zu ; sie gilt daher von demselben , nicht nur , insofern er sich einfach auf sich bezieht , sich selbst zum Gegenstande habendes Ich ist , sondern auch insofern er aus seiner abstracten für-sich-seyenden Allgemeinheit heraustritt , eine bestimmte Unterscheidung , ein Anderes als er ist , in sich selbst setzt ; denn der Geist verliert sich nicht in diesem Anderen , erhält und verwirklicht sich vielmehr darin , prägt darin sein Inneres aus , macht das Andere zu einem ihm entsprechenden Daseyn , kommt also durch diese Aufhebung des Anderen , des bestimmten wirklichen Unterschiedes , zum concreten | Fürsichseyn , zum bestimmten Sichoffenbar werden . Der Geist offenbart daher im Anderen nur sich selber , seine eigene Natur ; diese besteht aber in der Selbstoffenbarung ; das Sichselbstoffenbaren ist daher selbst der Inhalt des Geistes und nicht etwa nur eine äußerlich zum Inhalt desselben hinzukommende Form ; durch seine Offenbarung offenbart folglich der Geist nicht einen von seiner Form verschiedenen Inhalt , sondern seine , den ganzen Inhalt des Geistes ausdrückende Form , nämlich seine Selbstoffenbarung . Form und Inhalt sind also im Geiste mit einander identisch . Gewöhnlich stellt man sich allerdings das Offenbaren als eine leere Form vor , zu welcher noch ein Inhalt von außen hinzukommen müsse ; und versteht dabei unter Inhalt ein Insichseyendes , ein Sich-in-sich-haltendes , unter der Form dagegen die äußerliche Weise der Beziehung des Inhalts auf Anderes . In der speculativen Logik wird aber bewiesen , daß in Wahrheit der Inhalt nicht bloß ein Insichseyendes , sondern ein durch sich selbst mit Anderem in Beziehung Tretendes ist , wie umgekehrt in Wahrheit die Form nicht bloß als ein Unselbstständiges , dem Inhalte Aeußerliches , sondern vielmehr als Dasjenige gefaßt werden muß , was den Inhalt zum Inhalt , zu einem Insichseyenden , zu einem von Anderem Unterschiedenen macht . Der wahrhafte Inhalt enthält also in sich selbst die Form , und die wahrhafte Form ist ihr eigener Inhalt . Den Geist aber haben wir als diesen wahrhaften Inhalt und als diese wahrhafte Form zu erkennen . – Um diese im Geiste vorhandene Einheit der Form und des Inhalts – der Offenbarung und des Geoffenbar ten – für die Vorstellung zu erläutern , kann an die Lehre der christlichen Religion erinnert werden . Das Christentum sagt : Gott habe

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zu §§ 383–384

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sich durch Christus , seinen eingebornen Sohn , geoffenbart . Diesen Satz faßt die Vorstellung zunächst so auf , als ob Christus nur das Organ dieser Offenbarung , – als ob das auf diese Weise Geoffenbarte ein Anderes als das Offenbarende sei . Jener Satz hat aber in Wahrheit vielmehr d e n Sinn , Gott habe geoffenbart , daß seine Natur darin besteht , | einen Sohn zu haben , d . h . sich zu unterscheiden , zu verendlichen , in seinem Unterschiede aber bei sich selbst zu bleiben , im Sohne sich selber anzuschauen und zu offenbaren , und durch diese Einheit mit dem Sohne , durch dieß Fürsichseyn im Anderen , absoluter Geist zu seyn ; so daß der Sohn nicht das bloße Organ der Offenbarung , sondern selbst der Inhalt der Offenbarung ist . Ebenso wie der Geist die Einheit der Form und des Inhalts darstellt , ist er auch die Einheit der Möglichkeit und Wirklichkeit . Wir verstehen unter dem Möglichen überhaupt das noch Innerliche , noch nicht zur Aeußerung , zur Offenbarung Gekommene . Nun haben wir aber gesehen , daß der Geist als solcher nur ist , insofern er sich selber sich offenbart . Die Wirklichkeit , die eben in seiner Offenbarung besteht , gehört daher zu seinem Begriffe . Im endlichen Geiste kommt allerdings der Begriff des Geistes noch nicht zu seiner absoluten Verwirklichung ; der absolute Geist aber ist die absolute Einheit der Wirklichkeit und des Begriffs oder der Möglichkeit des Geistes . |

§ 384 Das Sichoffenbaren ist eine dem Geiste überhaupt zukommende Bestimmung ; dasselbe hat aber d r e i unterschiedene Formen . Die e r s t e Weise , wie der ansich-seyende Geist oder die logische Idee sich offenbart , besteht in dem Umschlagen der Idee in die Unmittelbarkeit äußerlichen und vereinzelten Daseyns . Dieß Umschlagen ist das Werden der Natur . Auch die Natur ist ein Gesetztes ; aber ihr Gesetztseyn hat die Form der Unmittelbarkeit , des Seyns außer der Idee . Diese Form widerspricht der Innerlichkeit der sich selbst setzenden , aus ihren Voraussetzungen sich selber hervorbringenden Idee . Die Idee , oder der in der Natur schlafende ansichseyende Geist hebt deßhalb die Aeußerlichkeit , Vereinzelung und Unmittelbarkeit der Natur auf , schafft sich ein seiner Innerlichkeit und Allgemeinheit gemäßes Daseyn , und wird dadurch der in sich reflectirte , für-sich-seyende , selbstbewußte , erwachte Geist , oder der Geist als solcher . – Hiermit ist die z we it e Form der Offenbarung des Geistes gegeben . Auf dieser Stufe stellt der nicht mehr in das Außereinander der Natur ergossene Geist sich als das Fürsichseyende , Sichoffenbare , der bewußtlosen , ihn ebensosehr verhüllenden wie offenbarenden Natur gegenüber , macht dieselbe sich zum Gegenstande ,

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zusätze

30–32

reflectirt über sie , nimmt die Aeußerlichkeit der Natur in seine Innerlichkeit zurück , idealisirt die Natur , und wird so in seinem Gegenstande für sich . Aber dieß erste Fürsichseyn des Geistes ist selbst noch ein unmittelbares , abstractes , nicht absolutes ; durch dasselbe wird das Außersichselbstseyn des Geistes nicht absolut aufgehoben . Der erwachende Geist erkennt hier noch nicht seine Einheit mit dem in der Natur ver|borgenen an-sich-seyenden Geiste , steht daher zur Natur in äußerlicher Beziehung , erscheint nicht als Alles in Allem , sondern nur als die Eine Seite des Verhältnisses , ist zwar in seinem Verhältniß zu Anderem auch in sich reflectirt und somit Selbstbewußtseyn , läßt aber diese Einheit des Bewußtseyns und des Selbstbewußtseyns noch als eine so äußerliche , leere , oberflächliche bestehen , daß das Selbstbewußtseyn und das Bewußtseyn zugleich auch noch außereinanderfallen , und daß der Geist , trotz seines Beisichselbstseyns , zugleich nicht bei sich selber , sondern bei einem Anderen ist , und seine Einheit mit dem im Anderen wirksamen ansichseyenden Geiste noch nicht für ihn wird . Der Geist setzt hier die Natur als ein Insichreflectirtes , als seine Welt , nimmt der Natur die Form eines gegen ihn Anderen , macht das ihm gegenüberstehende Andere zu einem von ihm Gesetzten ; zugleich aber bleibt dies Andere noch ein von ihm Unabhängiges , ein unmittelbar Vorhandenes , vom Geiste nicht Gesetztes , sondern nur Vorausgesetztes , also ein Solches , dessen Gesetztwerden dem reflectirenden Denken vorhergeht . Das Gesetztseyn der Natur durch den Geist ist auf diesem Standpunkte somit noch kein absolutes , sondern nur ein im reflectirenden Bewußtseyn zu Stande kommendes ; die Natur wird daher noch nicht als nur durch den unendlichen Geist bestehend , als seine Schöpfung begriffen . Der Geist hat folglich hier noch eine Schranke an der Natur , und ist eben durch diese Schranke endlicher Geist . – Diese Schranke wird nun vom absoluten Wissen aufgehoben , welches die d r it t e und höchste Form der Offenbarung des Geistes ist . Auf dieser Stufe verschwindet der Dualismus einer selbstständigen Natur oder des in das Außereinander ergossenen Geistes einerseits , und des erst für sich zu werden beginnenden , aber seine Einheit mit jenem noch nicht begreifenden Geistes andererseits . Der absolute Geist erfaßt sich als selber das Seyn setzend , als selber sein Anderes , die Natur und den endlichen Geist hervorbringend , so daß dieß Andere jeden Schein der Selbstständigkeit gegen ihn verliert , vollkommen auf|hört , eine Schranke für ihn zu seyn , und nur als das Mittel erscheint , durch welches der Geist zum absoluten Fürsichseyn , zur absoluten Einheit seines Ansichseyns und seines Fürsichseyns , seines Begriffs und seiner Wirklichkeit gelangt . Die höchste Defi nition des Absoluten ist die , daß dasselbe nicht bloß überhaupt der Geist , sondern daß es der sich absolut offenbare , der selbstbewußte , unendlich schöpferische Geist ist , welchen wir so eben als die dritte Form des Offenbarens

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zu §§ 384–385

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bezeichnet haben . Wie wir in der Wissenschaft von den geschilderten unvollkommnen Formen der Offenbarung des Geistes zur höchsten Form derselben fortschreiten , so stellt auch die Weltgeschichte eine Reihe von Auffassungen des Ewigen dar , an deren Schluß erst der Begriff des absoluten Geistes hervortritt . Die orientalischen Religionen – auch die jüdische – bleiben noch beim abstracten Begriff Gottes und des Geistes stehen ; was sogar die nur von Gott dem Vater wissen wollende Aufklärung thut ; denn Gott der Vater für sich ist das in sich Verschloßne , Abstracte , also noch nicht der geistige , noch nicht der wahrhaftige Gott . In der griechischen Religion hat Gott allerdings angefangen , auf bestimmte Weise offenbar zu werden . Die Darstellung der Griechischen Götter hatte zum Gesetz die Schönheit , die zum Geistigen gesteigerte Natur . Das Schöne bleibt nicht ein abstract Ideelles , sondern in seiner Idealität ist es zugleich vollkommen bestimmt , individualisirt . Die griechischen Götter sind jedoch zunächst nur für die sinnliche Anschauung oder auch für die Vorstellung dargestellt , noch nicht im Gedanken aufgefaßt . Das sinnliche Element aber kann die Totalität des Geistes nur als ein Außereinander , als einen Kreis individueller geistiger Gestalten darstellen ; die alle diese Gestalten zusammenfassende Einheit bleibt daher eine den Göttern gegenüberstehende , ganz unbestimmte fremde Macht . Erst durch die christliche Religion ist die in sich selber unterschiedene Eine Natur Gottes , die Totalität des göttlichen Geistes in der Form der Einheit geoffenbart worden . Diesen in der Weise der Vorstellung | gegebenen Inhalt hat die Philosophie in die Form des Begriffs oder des absoluten Wissens zu erheben , welches , wie gesagt , die höchste Offenbarung jenes Inhalts ist .

§ 385 25

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Der Geist ist immer Idee ; zunächst aber ist er nur der B e g r i f f der Idee , oder die Idee in ihrer Unbestimmtheit , in der abstractesten Weise der Realität , das heißt , in der Weise des Seyns . Im Anfange haben wir nur die ganz allgemeine , unentwickelte Bestimmung des Geistes , nicht schon das Besondre desselben ; dieß bekommen wir erst , wenn wir von Einem zu Anderem übergehen ; – denn das Besondere enthält Eines und ein Anderes ; – diesen Uebergang haben wir aber eben zu Anfang noch nicht gemacht . Die Realität des Geistes ist also zunächst noch eine ganz allgemeine , nicht besonderte ; die Entwicklung dieser Realität wird erst durch die ganze Philosophie des Geistes vollendet . Die noch ganz abstracte , unmittelbare Realität ist aber die Natürlichkeit , die Ungeistigkeit . Aus diesem Grunde | ist das Kind noch in der Natürlichkeit befangen , hat nur natürliche Triebe , ist noch nicht der Wirklichkeit , sondern nur der Möglichkeit oder

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zusätze

34–35

dem Begriffe nach , geistiger Mensch . Die erste Realität des Begriffs des Geistes muß demnach , eben weil sie noch eine abstracte , unmittelbare , der Natürlichkeit angehörende ist , als die dem Geiste unangemessenste bezeichnet , die wahrhafte Realität aber als die Totalität der entwickelten Momente des Begriffs bestimmt werden , welcher die Seele , die Einheit dieser Momente bleibt . Zu dieser Entwicklung seiner Realität geht der Begriff des Geistes nothwendig fort ; denn die Form der Unmittelbarkeit , der Unbestimmtheit , welche seine Realität zunächst hat , ist eine ihm widersprechende ; das unmittelbar im Geist vorhanden zu seyn Scheinende ist nicht ein wahrhaft Unmittelbares , sondern an sich ein Gesetztes , Vermitteltes . Durch diesen Widerspruch wird der Geist getrieben , das Unmittelbare , das Andere , als welches er sich selber voraussetzt , aufzuheben . Durch diese Aufhebung kommt er erst zu sich selbst , tritt er a l s Geist hervor . Man kann daher nicht mit dem Geiste als solchem , – sondern muß von seiner unangemessensten Realität anfangen . Der Geist i s t zwar schon im Anfange der Geist , aber er weiß noch nicht , daß er dieß ist . Nicht er selber hat zu Anfange schon seinen Begriff erfaßt , sondern nur wir , die wir ihn betrachten , sind es , die seinen Begriff erkennen . Daß der Geist dazu kommt , zu wissen , was er ist , Dieß macht seine Realisation aus . Der Geist ist wesentlich nur Das , was er von sich selber weiß . Zunächst ist er nur an sich Geist ; sein Fürsichwerden bildet seine Verwirklichung . Für sich aber wird er nur dadurch , daß er sich besondert , sich bestimmt , oder sich zu seiner Voraussetzung , zu dem Anderen seiner selber macht , sich zunächst auf dieß Andere als auf seine Unmittelbarkeit bezieht , dasselbe aber als Anderes aufhebt . So lange der Geist in der Beziehung auf sich als auf ein Anderes steht , ist er nur der s u bje c t ive , der von der Natur herkommende Geist und zunächst selbst Naturgeist . Die ganze Thätigkeit des subjectiven | Geistes geht aber darauf aus , sich als sich selbst zu erfassen , sich als Idealität seiner unmittelbaren Realität zu erweisen . Hat er sich zum Fürsichseyn gebracht , so ist er nicht mehr bloß subjectiver , sondern o bje c t i ve r Geist . Während der subjective Geist wegen seiner Beziehung auf ein Anderes noch unfrei , oder – was dasselbe – nur a n s ich frei ist , kommt im objectiven Geiste die Freiheit , das Wissen des Geistes von sich als freiem zum Daseyn . Der objective Geist ist Person , und hat , als solche , im Eigenthum eine Realität seiner Freiheit ; denn im Eigenthum wird die Sache als Das , was sie ist , nämlich als ein Unselbstständiges , und als ein Solches gesetzt , das wesentlich nur die Bedeutung hat , die Realität des freien Willens einer Person und darum für jede andere Person ein Unantastbares zu seyn . Hier sehen wir ein Subjectives , das sich frei weiß , und zugleich eine äußerliche Realität dieser Freiheit ; der Geist kommt daher hier zum Fürsichsein , die Objectivität des Geistes zu ihrem Rechte . So ist der Geist aus der Form der bloßen Subjectivität herausgetreten . Die volle Verwirklichung jener im Eigenthum noch unvollkommenen ,

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zu §§ 385–386

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noch formellen Freiheit , die Vollendung der Realisation des Begriffs des objectiven Geistes wird aber erst im Staate erreicht , in welchem der Geist seine Freiheit zu einer von ihm gesetzten Welt , zur sittlichen Welt entwickelt . Doch auch diese Stufe muß der Geist überschreiten . Der Mangel dieser Objectivität des Geistes besteht darin , daß sie nur eine gesetzte ist . Die Welt muß vom Geiste wieder frei entlassen , das vom Geist Gesetzte zugleich als ein unmittelbar Seyendes gefaßt werden . Dieß geschieht auf der d r it t e n Stufe des Geistes , auf dem Standpunkt des a b s olut e n Geistes , d . h . der Kunst , der Religion und der Philosophie . |

§ 386 10

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Der subjective und der objective Geist sind noch endlich . Es ist aber nothwendig , zu wissen , welchen Sinn die Endlichkeit des Geistes hat . Gewöhnlich stellt man sich dieselbe als eine absolute Schranke vor , – als eine feste Qualität , nach deren Wegnahme der Geist aufhörte , Geist zu seyn ; wie das Wesen der natürlichen Dinge an eine bestimmte Qualität gebunden ist , – wie , zum Beispiel , das Gold nicht von seiner specifischen Schwere getrennt werden , dieß und jenes Thier nicht ohne Klauen , ohne Schneidezähne u . s . w . seyn kann . In Wahrheit aber darf die Endlichkeit des Geistes nicht als eine feste Bestimmung betrachtet , sondern muß als ein bloßes Moment erkannt werden ; denn der Geist ist , wie schon früher gesagt , wesentlich die Idee in der Form der Idealität , das heißt , des Negirtseyns des Endlichen . Das Endliche hat also im Geiste nur die Bedeutung eines Aufgehobenen , nicht die eines Seyenden . Die eigentliche Qualität des Geistes ist daher vielmehr die wahrhafte Unendlichkeit , das heißt , diejenige Unendlichkeit , welche dem Endlichen nicht einseitig gegenübersteht , sondern in sich selber das Endliche als ein Moment enthält . Es ist deßhalb ein leerer Ausdruck , wenn man sagt : Es gibt endliche Geister . Der Geist als Geist i s t nicht endlich , er h a t die Endlichkeit in sich , aber nur als eine aufzuhebende und aufgehobene . Die hier nicht genauer zu erörternde echte Bestimmung der Endlichkeit muß dahin angegeben werden , daß das Endliche eine ihrem Begriffe nicht gemäße Realität ist . So ist die Sonne ein Endliches , da sie nicht ohne Anderes ge|dacht werden kann , – da zur Realität ihres Begriffs nicht bloß sie selbst , sondern das ganze Sonnensystem gehört . Ja , das ganze Sonnensystem ist ein Endliches , weil jeder Himmelskörper in ihm gegen den anderen den Schein der Selbstständigkeit hat , folglich diese gesammte Realität ihrem Begriff noch nicht entspricht , noch nicht dieselbe Idealität darstellt , welche das Wesen des Begriffes ist . Erst die Realität des G e i s t e s ist selber Idealität , erst im Geiste fi ndet also absolute Einheit des Begriffs und der Realität , somit die wahrhafte Unendlichkeit

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zusätze

38–39

statt . Schon , daß wir von einer Schranke wissen , ist Beweis unseres Hinausseyns über dieselbe , unserer Unbeschränktheit . Die natürlichen Dinge sind eben darum endlich , weil ihre Schranke nicht für sie selber , sondern nur für uns vorhanden ist , die wir dieselben mit einander vergleichen . Zu einem Endlichen machen wir uns dadurch , daß wir ein Anderes in unser Bewußtseyn aufnehmen . Aber eben , indem wir von diesem Anderen wissen , sind wir über diese Schranke hinaus . Nur der Unwissende ist beschränkt ; denn er weiß nicht von seiner Schranke ; wer dagegen von der Schranke weiß , Der weiß von ihr nicht als von einer Schranke seines Wissens , sondern als von einem Gewußten , als von einem zu seinem Wissen Gehörenden ; nur das Ungewußte wäre eine Schranke des Wissens ; die gewußte Schranke dagegen ist keine Schranke desselben ; von seiner Schranke wissen , heißt daher , von seiner Unbeschränktheit wissen . Wenn aber der Geist für unbeschränkt , für wahrhaft unendlich erklärt wird , so soll damit nicht gesagt seyn , daß die Schranke ganz und gar nicht im Geiste sey ; vielmehr haben wir zu erkennen , daß der Geist sich bestimmen , somit verendlichen , beschränken muß . Aber der Verstand hat Unrecht , diese Endlichkeit als eine starre , – den Unterschied der Schranke und der Unendlichkeit als einen absolut festen zu betrachten , und demgemäß zu behaupten , der Geist sey e nt we d e r beschränkt o d e r unbeschränkt . Die Endlichkeit , wahrhaft aufgefaßt , ist , wie gesagt , in der Unendlichkeit , die Schranke | im Unbeschränkten enthalten . Der Geist ist daher s owoh l unendlich a l s endlich , und we d e r nur das Eine no ch nur das Andere ; er bleibt in seiner Verendlichung unendlich ; denn er hebt die Endlichkeit in sich auf ; Nichts ist in ihm ein Festes , ein Seyendes , Alles vielmehr nur ein Ideelles , ein nur Erscheinendes . So muß Gott , weil er Geist ist , sich bestimmen , Endlichkeit in sich setzen , (sonst wäre er nur eine todte , leere Abstraction) ; da aber die Realität , die er sich durch sein Sichbestimmen gibt , eine ihm vollkommen gemäße ist , wird Gott durch dieselbe nicht zu einem Endlichen . Die Schranke i s t also nicht in Gott und im Geiste , sondern sie wird vom Geiste nur gesetzt , um aufgehoben zu werden . Nur momentan kann der Geist in einer Endlichkeit zu bleiben scheinen ; durch seine Idealität ist er über dieselbe erhaben , weiß er von der Schranke , daß sie keine feste Schranke ist . Daher geht er über dieselbe hinaus , befreit sich von ihr ; und diese Befreiung ist nicht – wie der Verstand meint – eine niemals vollendete , eine in’s Unendliche immer nur erstrebte , sondern der Geist entreißt sich diesem Progreß in’s Unendliche , befreit sich absolut von der Schranke , von seinem Anderen , und kommt somit zum absoluten Fürsichseyn , macht sich wahrhaft unendlich . |

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zu §§ 386–387

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§ 387

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In § . 385 ist der Geist in seine drei Hauptformen , den subjectiven , den objectiven und den absoluten Geist unterschieden , und zugleich die Nothwendigkeit des Fortgangs von dem ersten zu dem zweiten und von diesem zum dritten angedeutet worden . Wir haben diejenige Form des Geistes , welche wir zuerst betrachten müssen , den s u bje c t ive n Geist genannt , weil der Geist hier noch in seinem unentwickelten Begriffe ist , sich seinen Begriff noch nicht gegenständlich gemacht hat . In dieser seiner Subjectivität ist der Geist aber zugleich objectiv , hat eine unmittelbare Realität , durch deren Aufhebung er erst für sich wird , zu | sich selbst , zum Erfassen seines Begriffs , seiner Subjectivität gelangt . Man könnte daher ebensowohl sagen , der Geist sey zunächst objectiv und solle subjectiv werden , wie umgekehrt , er sey erst subjectiv und habe sich objectiv zu machen . Der Unterschied des subjectiven und des objectiven Geistes ist folglich nicht als ein starrer anzusehen . Schon im Anfange haben wir den Geist nicht als bloßen Begriff , als ein bloß Subjectives , sondern als Idee , als eine Einheit des Subjectiven und Objectiven zu fassen , und jeder Fortgang von diesem Anfange ist ein Hinausgehen über die erste einfache Subjectivität des Geistes , ein Fortschritt in der Entwicklung der Realität oder Objectivität desselben . Diese Entwicklung bringt eine Reihe von Gestaltungen hervor , die zwar von der Empirie angegeben werden müssen , in der philosophischen Betrachtung aber nicht äußerlich neben einander gestellt bleiben dürfen , sondern als der entsprechende Ausdruck einer nothwendigen Reihe bestimmter Begriffe zu erkennen sind , und für das philosophische Denken nur insofern Interesse haben , als sie eine solche Reihe von Begriffen ausdrücken . – Zunächst können wir nun aber die unterschiedenen Gestaltungen des subjectiven Geistes nur versicherungsweise angeben ; erst durch die bestimmte Entwicklung desselben wird deren Nothwendigkeit hervortreten . Die drei Hauptformen des subjectiven Geistes sind 1) die S e e le , 2) das B e w u ßt s e y n und 3) der G e i s t a l s s olche r . Als Seele hat der Geist die Form der abstracten A l l g e m e i n he it , als Bewußtseyn die der B e s on d e r u n g , als für sich seyender Geist die der E i n z e l n he it . So stellt sich in seiner Entwicklung die Entwicklung des Begriffes dar . Warum die jenen drei Formen des subjectiven Geistes entsprechenden Theile der Wissenschaft in dem obenstehenden Paragraphen den Namen A nt h r opolog ie , Ph ä nomenolog ie und Ps ycho lo g ie erhalten haben , wird aus einer näheren vorläufigen Angabe des Inhalts der Wissenschaft vom subjectiven Geiste erhellen . Den Anfang unserer Betrachtung muß der unmittelbare Geist | bilden ; dieß aber ist der N a t u r g e i s t , die S e e le . Wenn gemeint würde , es sey mit dem bloßen Begriff des Geistes zu beginnen , so ist dieß ein Irrthum ; denn , wie bereits

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zusätze

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gesagt , ist der Geist immer Idee , also verwirklichter Begriff . Zu Anfang aber kann der Begriff des Geistes noch nicht die vermittelte Realität haben , welche er im abstracten Denken erhält ; seine Realität muß zu Anfang zwar auch schon eine abstracte seyn – nur dadurch entspricht sie der Idealität des Geistes – , sie ist aber nothwendig eine noch unvermittelte , noch nicht gesetzte , folglich eine seyende , ihm äußerliche , eine durch die Natur gegebene . Wir müssen also von dem noch in der Natur befangenen , auf seine Leiblichkeit bezogenen , noch nicht bei sich selbst seyenden , noch nicht freien Geiste anfangen . Diese – wenn wir so sagen dürfen – Grundlage des Menschen ist der Gegenstand der Anthropologie . In diesem Theile der Wissenschaft vom subjectiven Geiste ist der gedachte Begriff des Geistes nur in uns , den Betrachtenden , noch nicht im Gegenstande selber ; den Gegenstand unserer Betrachtung bildet hier der erst bloß seyende Begriff des Geistes , der seinen Begriff noch nicht erfaßt habende , noch außer-sich-seyende Geist . Das Erste in der A nt h r o p olo g ie ist die qualitativ bestimmte , an ihre Naturbestimmungen gebundene Seele (hierher gehören z . B . die Racenunterschiede) . Aus diesem unmittelbaren Einsseyns mit ihrer Natürlichkeit tritt die Seele in den Gegensatz und Kampf mit derselben (dahin gehören die Zustände der Verrücktheit und des Somnambulismus) . Diesem Kampfe folgt der Sieg der Seele über ihre Leiblichkeit , die Herabsetzung und das Herabgesetztseyn dieser Leiblichkeit zu einem Zeichen , zur Darstellung der Seele . So tritt die Idealität der Seele in ihrer Leiblichkeit hervor , wird diese Realität des Geistes auf eine , selbst aber noch leibliche Weise ideell gesetzt . In der Ph ä nome nolo g ie erhebt sich nun die Seele durch die Negation ihrer Leiblichkeit zur reinen ideellen Identität mit sich , wird Bewußtseyn , wird Ich , ist ihrem Anderen gegenüber | für sich . Aber dieß erste Fürsichseyn des Geistes ist noch bedingt durch das Andere , von welchem der Geist herkommt . Das Ich ist noch vollkommen leer , eine ganz abstracte Subjectivität , setzt allen Inhalt des unmittelbaren Geistes außer sich , und bezieht sich auf denselben als auf eine vorgefundene Welt . So wird Dasjenige , was zunächst nur unser Gegenstand war , zwar dem Geiste selber zum Gegenstande , das Ich weiß aber noch nicht , daß das ihm Gegenüberstehende der natürliche Geist selber ist . Das Ich ist daher trotz seines Fürsichseyns doch zugleich nicht für sich , da es nur in Beziehung auf Anderes , auf ein Gegebenes ist . Die Freiheit des Ich ist folglich nur eine abstracte , bedingte , relative . Der Geist ist hier zwar nicht mehr in die Natur versenkt , sondern in sich reflectirt und auf dieselbe bezogen , e r s che i nt aber nur , steht nur in Beziehung zur Wirklichkeit , ist noch nicht w i r k l iche r Geist . Daher nennen wir den Theil der Wissenschaft , in welchem diese Form des Geistes betrachtet wird , die Ph ä no meno lo g ie . Indem nun aber das Ich sich aus seiner Beziehung

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zu § 387

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auf Anderes in sich reflectirt , wird es Selbstbewußtseyn . In dieser Form weiß das Ich sich zunächst nur als das unerfüllte Ich , und allen concreten Inhalt als ein Anderes . Die Thätigkeit des Ich besteht hier darin , die Leere seiner abstracten Subjectivität zu erfüllen , das Objective in sich hinein zu bilden , das Subjective dagegen objectiv zu machen . Dadurch hebt das Selbstbewußtseyn die Einseitigkeit seiner Subjectivität auf , kommt es aus seiner Besonderheit , aus seinem Gegensatze gegen das Objective zu der beide Seiten umfassenden Allgemeinheit , und stellt in sich die Einheit seiner selbst mit dem Bewußtseyn dar ; denn der Inhalt des Geistes wird hier ein objectiver , wie im Bewußtseyn , und zugleich , wie im Selbstbewußtseyn , ein subjectiver . Dieß allgemeine Selbstbewußtseyn ist an sich oder für uns Ve r nu n f t ; aber erst im dritten Theil der Wissenschaft vom subjectiven Geiste wird die Vernunft sich selber gegenständlich . Dieser d r it t e Theil , die P s ycholo g ie , betrachtet den Geist | als solchen , den Geist , wie er im Gegenstande sich nur auf sich selber bezieht , darin nur mit seinen eigenen Bestimmungen zu thun hat , seinen eigenen Begriff erfaßt . So kommt der Geist zur Wahrheit ; denn nun ist die in der bloßen Seele noch unmittelbare , noch abstracte Einheit des Subjectiven und Objectiven durch Aufhebung des im Bewußtseyn entstehenden Gegensatzes dieser Bestimmungen als eine vermittelte wieder hergestellt , die Idee des Geistes also aus der ihr widersprechenden Form des einfachen Begriffs und aus der ihr ebenso sehr widersprechenden Trennung ihrer Momente zur vermittelten Einheit und somit zur wahren Wirklichkeit gelangt . In dieser Gestalt ist der Geist die f ü r s ich s e l b s t s e ye nd e Ve r nu n f t . Geist und Vernunft stehen zu einander in solchem Verhältniß , wie Körper und Schwere , wie Wille und Freiheit ; die Vernunft bildet die substantielle Natur des Geistes ; sie ist nur ein anderer Ausdruck für die Wahrheit oder die Idee , welche das Wesen des Geistes ausmacht ; aber erst der Geist als solcher weiß , daß seine Natur die Vernunft und die Wahrheit ist . Der beide Seiten , die Subjectivität und die Objectivität , befassende Geist setzt sich nun erstens in der Form der Subjectivität , – so ist er I n t e l l i g e n z , – zweitens in der Form der Objectivität , – so ist er W i l le . Die zunächst auch selbst noch unerfüllte Intelligenz hebt ihre dem Begriff des Geistes unangemessene Form der Subjectivität dadurch auf , daß sie den ihr gegenüberstehenden , noch mit der Form des Gegebenseyns und der Einzelnheit behafteten objectiven Inhalt nach dem absoluten Maaßstabe der Vernunft mißt , diesem Inhalt die Vernünftigkeit anthut , die Idee in ihn einbildet , ihn zu einem concret Allgemeinen verwandelt und so in sich aufnimmt . Dadurch kommt die Intelligenz dahin , daß das , was sie weiß , nicht eine Abstraction , sondern der objective Begriff ist , und daß andererseits der Gegenstand die Form eines Gegebenen verliert und die Gestalt eines dem Geiste selber angehörenden Inhalts bekommt . Indem die Intelligenz aber zu dem

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zusätze

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Bewußtseyn gelangt , daß sie den Inhalt | aus sich selbst nimmt , wird sie zu dem nur sich selber zum Zwecke setzenden praktischen Geiste , dem Willen , der nicht , wie die Intelligenz , mit einem von außenher gegebenen Einzelnen , sondern mit einem solchen Einzelnen anfängt , das er als das Seinige weiß , – dann aus diesem Inhalt , den Trieben , Neigungen , sich in sich reflectirend , denselben auf ein Allgemeines bezieht , – und endlich zum Wollen des an und für sich Allgemeinen , der Freiheit , seines Begriffes sich erhebt . Zu diesem Ziele gelangt , ist der Geist ebenso sehr zu seinem Anfange , zur Einheit mit sich zurückgekehrt , wie zur absoluten , zur wahrhaft in sich bestimmten Einheit mit sich fortgeschritten , einer Einheit , in welcher die Bestimmungen nicht Naturbestimmungen , sondern Begriffsbestim mungen sind . |

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§ 389 Wir haben in der Einleitung zur Philosophie des Geistes bemerklich gemacht , wie die Natur selber ihre Aeußerlichkeit und Vereinzelung , ihre Materialität als ein Unwahres , dem in ihr wohnenden Begriffe nicht Gemäßes aufhebt , und dadurch zur Immaterialität gelangend in den Geist übergeht . Deßhalb ist in dem obenstehenden Paragraphen der unmittelbare Geist , die Seele als nicht bloß für sich immateriell , sondern als die allge|meine Immaterialität der Natur und zugleich als Substanz , als Einheit des Denkens und des Seyns bestimmt worden . Diese Einheit macht schon die Grundanschauung des Orientalismus aus . Das Licht , das in der Persischen Religion als das Absolute betrachtet wurde , hatte ebenso sehr die Bedeutung eines Geistigen wie die eines Physischen . Bestimmter hat Spinoza jene Einheit als die absolute Grundlage von Allem gefaßt . Wie auch der Geist sich in sich zurückziehen , sich auf die äußerste Spitze seiner Subjectivität stellen mag , so ist er doch a n s ich in jener Einheit . Er kann aber bei derselben nicht stehen bleiben ; zum absoluten Fürsichseyn , zu der ihm vollkommen gemäßen Form gelangt er nur dadurch , daß er auf immanente Weise den in der Substanz noch einfachen Unterschied zu einem wirklichen Unterschiede entwickelt und diesen zur Einheit zurückführt ; nur dadurch entreißt er sich dem Zustande des Schlafes , in welchem er sich als Seele befi ndet ; denn in dieser ist der Unterschied noch in die Form der Ununterschiedenheit , folglich der Bewußtlosigkeit eingehüllt . Der Mangel der Spinozistischen Philosophie besteht daher eben darin , daß in derselben die Substanz nicht zu ihrer immanenten Entwicklung fortschreitet , – das Mannigfaltige nur auf äußerliche Weise zur Substanz hinzukommt . Dieselbe Einheit des Gedankens und des Seyns enthält der νοῦς des Anaxagoras ; dieser νοῦς ist aber noch weniger als die Spinozistische Substanz zu eigener Entwicklung gekommen . Der Pantheismus geht überhaupt nicht zu einer

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Gliederung und Systematisirung über . Wo er in der Form der Vorstellung erscheint , ist er ein taumelndes Leben , ein bacchanalisches Anschauen , das die einzelnen Gestalten des Universums nicht gegliedert heraustreten läßt , sondern dieselben immer wieder in das Allgemeine versenkt , in’s Erhabene und Ungeheure treibt . Dennoch bildet diese Anschauung für jede gesunde Brust einen natürlichen Ausgangspunkt . Besonders in der Jugend fühlen wir uns durch ein , Alles um uns her wie uns selber beseelendes Leben mit der ganzen Natur verbrüdert und in Sympathie , und haben | somit eine Empfi ndung von der Weltseele , von der Einheit des Geistes und der Natur , von der Immaterialität der Letzteren . Wenn wir uns aber vom G e f ü h l entfernen , und zur Re f le x ion fortgehen , wird uns der Gegensatz der Seele und der Materie , meines subjectiven Ich und der Leiblichkeit desselben zu einem festen Gegensatze und die gegenseitige Beziehung des Leibes und der Seele zu einer Einwirkung Selbstständiger auf einander . Die gewöhnliche physiologische und psychologische Betrachtung weiß die Starrheit dieses Gegensatzes nicht zu überwinden . Da wird dem Ich als dem durchaus Einfachen , Einen – diesem Abgrunde aller Vorstellungen , – die Materie als das Viele , Zusammengesetzte in absoluter Schroff heit gegenübergestellt , und die Beantwortung der Frage , wie dieß Viele mit jenem abstract Einen vereinigt sey , natürlicherweise für unmöglich erklärt . Die Immaterialität der einen Seite dieses Gegensatzes , nämlich der Seele gibt man leicht zu ; die andere Seite desselben aber , das Materielle , bleibt uns auf dem Standpunkt des bloß reflectirenden Denkens als ein Festes , als ein Solches stehen , das wir ebenso gelten lassen , wie die Immaterialität der Seele ; so daß wir dem Materiellen dasselbe Seyn wie dem Immateriellen zuschreiben , Beide für gleich substantiell und absolut halten . Diese Betrachtungsweise herrschte auch in der vormaligen Metaphysik . So sehr dieselbe indeß den Gegensatz des Materiellen und Immateriellen als einen unüberwindlichen festhielt , so hob sie denselben doch andererseits bewußtloser Weise dadurch wieder auf , daß sie die Seele zu einem D i n g e , folglich zu etwas zwar ganz Abstracten , aber gleichwohl sogleich nach sinnlichen Verhältnissen Bestimmten machte . Dieß that jene Metaphysik durch ihre Frage nach dem Sitz der Seele , – dadurch setzte sie diese in den R a u m , – ebenso durch ihre Frage nach dem Entstehen und Verschwinden der Seele , – dadurch wurde diese in die Z e it gesetzt , – und drittens durch die Frage nach den Eigenschaften der Seele ; – denn dabei wird die Seele als ein Ruhendes , Festes , als der | verknüpfende Punkt dieser Bestimmungen betrachtet . Auch Leibnitz hat die Seele als ein Ding betrachtet , indem er dieselbe , wie alles Uebrige , zur Monade machte ; die Monade ist ein ebenso Ruhendes , wie Ding , und der ganze Unterschied zwischen der Seele und dem Materiellen besteht nach Leibnitz nur darin , daß die Seele eine etwas klarere , entwickeltere Monade ist ,

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zusätze

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als die übrige Materie ; – eine Vorstellung , durch welche das Materielle zwar erhoben , die Seele aber mehr zu einem Materiellen heruntergesetzt als davon unterschieden wird . Ueber diese ganze bloß reflectirende Betrachtungsweise erhebt uns schon die s p e c u l a t i ve Logik , indem sie zeigt , daß alle jene auf die Seele angewandten Bestimmungen , – wie Ding , Einfachheit , Untheilbarkeit , Eins – in ihrer abstracten Auffassung nicht ein Wahres sind , sondern in ihr Gegentheil umschlagen . Die Philosophie des Geistes aber setzt diesen Beweis der Unwahrheit solcher Ver standeskategorien dadurch fort , daß sie darthut , wie durch die Idealität des Geistes alle festen Bestimmungen in demselben aufgehoben sind . Was nun die andere Seite des fraglichen Gegensatzes , nämlich die Materie betrifft , so wird , wie schon bemerkt , die Aeußerlichkeit , Vereinzelung , Vielheit als die feste Bestimmung derselben angesehen , die Einheit dieses Vielen daher nur für ein oberflächliches Band , für eine Zusammensetzung , demnach alles Materielle für trennbar erklärt . Allerdings muß zugegeben werden , daß , während beim Geiste die concrete Einheit das Wesentliche , und das Viele ein Schein ist , bei der Materie das Umgekehrte statt fi ndet ; – Etwas , wovon schon die alte Metaphysik eine Ahnung zeigte , indem sie fragte , ob das Eine oder das Viele beim Geiste das Erste sey . Daß aber die Aeußerlichkeit und Vielheit der Materie von der Natur nicht überwunden werden könne , ist eine Voraussetzung , die wir auf unserem Standpunkte , auf dem Standpunkt der speculativen Philosophie , hier längst als eine nichtige im Rücken haben . Die Naturphilosophie lehrt uns , wie | die Natur ihre Aeußerlichkeit stufenweise aufhebt , – wie die Materie schon durch die S chwe r e die Selbstständigkeit des Einzelnen , Vielen widerlegt , – und wie diese durch die Schwere und noch mehr durch das untrennbare , einfache L icht begonnene Widerlegung durch das thierische Leben , durch das Empfindende vollendet wird , da dieses uns die Allgegenwart der Einen Seele in allen Punkten ihrer Leiblichkeit , somit das Aufgehobenseyn des Außereinander der Materie offenbart . Indem so alles Materielle durch den in der Natur wirkenden an-sich-seyenden Geist aufgehoben wird , und diese Aufhebung in der Substanz der S e e le sich vollendet , tritt die Seele als die Idealität a l le s Materiellen , als a l le Immaterialität hervor , so daß Alles , was Materie heißt , – so sehr es der Vorstellung Selbstständigkeit vorspiegelt , – als ein gegen den Geist Unselbstständiges erkannt wird . Der Gegensatz von Seele und Körper muß freilich gemacht werden . Sowie die unbestimmte allgemeine Seele sich bestimmt , sich individualisirt , – sowie der Geist eben dadurch Bewußtseyn wird , – und dazu schreitet er nothwendig fort , – so stellt er sich auf den Standpunkt des Gegensatzes seiner selbst und seines Anderen , – erscheint ihm sein Anderes als ein Reales , als ein ihm und sich

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selber Aeußerliches , als ein Materielles . Auf diesem Standpunkte ist die Frage nach der Möglichkeit der Gemeinschaft der Seele und des Körpers eine ganz natürliche . Sind Seele und Körper , wie das verständige Bewußtseyn behauptet , einander absolut entgegengesetzt , so ist keine Gemeinschaft zwischen Beiden möglich . Nun anerkannte aber die alte Metaphysik diese Gemeinschaft als eine unleugbare Thatsache ; es fragte sich daher , wie der Widerspruch , daß absolut Selbstständige , Fürsichseyende doch in Einheit mit einander seyen , gelöst werden könne . Bei solcher Stellung der Frage war die Beantwortung derselben unmöglich . Aber eben diese Stellung muß als eine unstatthafte erkannt werden ; denn in Wahrheit verhält sich das Immaterielle zum Materiellen nicht wie Besonderes zu Besonderem , sondern | wie das über die Besonderheit übergreifende wahrhaft Allgemeine sich zu dem Besondern verhält ; das Materielle in seiner Besonderung hat keine Wahrheit , keine Selbstständigkeit gegen das Immaterielle . Jener Standpunkt der Trennung ist folglich nicht als ein letzter , absolut wahrer zu betrachten . Vielmehr kann die Trennung des Materiellen und Immateriellen nur aus der Grundlage der ursprünglichen Einheit Beider erklärt werden . In den Philosophien des Descartes , Malebranche und Spinoza wird deßhalb auf eine solche Einheit des Denkens und des Seyns , des Geistes und der Materie zurückgegangen und diese Einheit in Gott gesetzt . Malebranche sagte : »Wir sehen alles in Gott« . Diesen betrachtete er als die Vermittlung , als das positive Medium zwischen dem Denkenden und dem Nichtdenkenden , und zwar als das immanente , durchgehende Wesen , in welchem beide Seiten aufgehoben sind , – folglich nicht als ein Drittes gegen zwei Extreme , die selber eine Wirklichkeit hätten ; denn sonst entstünde wieder die Frage , wie jenes Dritte mit diesen beiden Extremen zusammen komme . Indem aber die Einheit des Materiellen und Immateriellen von den genannten Philosophen in Gott , der wesentlich als Geist zu fassen ist , gesetzt wird , haben dieselben zu erkennen geben wollen , daß jene Einheit nicht als ein Neutrales , in welches zwei Extreme von gleicher Bedeutung und Selbstständigkeit zusammengingen , betrachtet werden darf , da das Materielle durchaus nur den Sinn eines Negativen gegen den Geist und gegen sich selber hat , oder – wie Plato und andere alte Philosophen sich ausdrückten , – als das »Andere seiner selbst« bezeichnet werden muß , die Natur des Geistes dagegen als das Positive , als das Speculative zu erkennen ist , weil derselbe durch das gegen ihn unselbstständige Materielle frei hindurchgeht , über dieß sein Anderes übergreift , dasselbe nicht als ein wahrhaft Reales gelten läßt , sondern idealisirt und zu einem Vermittelten herabsetzt . Dieser speculativen Auffassung des Gegensatzes von Geist und Materie steht der M a t e r i a l i s mu s gegenüber , welcher das | Denken als ein Resultat des Materiellen darstellt , die Einfachheit des Denkens aus dem Vielfachen ableitet . Es

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gibt nichts Ungenügenderes , als die in den materialistischen Schriften gemachten Auseinandersetzungen der mancherlei Verhältnisse und Verbindungen , durch welche ein solches Resultat wie das Denken hervorgebracht werden soll . Dabei ist gänzlich übersehen , daß , wie die Ursache in der Wirkung , das Mittel im vollführten Zwecke sich aufhebt , – so Dasjenige , dessen Resultat das Denken seyn soll , in diesem vielmehr aufgehoben ist , und daß der Geist als solcher nicht durch ein Anderes hervorgebracht wird , sondern sich selber aus seinem Ansichseyn zum Fürsichseyn , aus seinem Begriff zur Wirklichkeit bringt , und Dasjenige , von welchem er gesetzt seyn soll , zu einem von ihm Gesetzten macht . Dennoch muß man in dem Materialismus das begeisterungsvolle Streben anerkennen , über den , zweierlei Welten als gleich substantiell und wahr annehmenden Dualismus hinauszugehen , diese Zerreißung des ursprünglich Einen aufzuheben .

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§ 390 Der in diesem Paragraphen angegebene , die nur seyende , natürliche Seele umfassende e r s t e T he i l der Anthropologie zerfällt seinerseits wiederum in d r e i A b s ch n it t e . – In dem e r s t e n Abschnitt haben wir es zunächst mit der noch ganz allgemeinen , unmittelbaren Substanz des Geistes , mit dem einfachen Pulsiren , dem bloßen Sich-in-sich-regen der Seele zu thun . In diesem ersten geistigen Leben ist noch kein Unterschied gesetzt , | weder von Individualität gegen Allgemeinheit , noch von Seele gegen das Natürliche . Dieß einfache Leben hat seine Explication an der Natur und am Geiste ; es selbst als solches i s t nur , hat noch kein Daseyn , kein bestimmtes Seyn , keine Besonderung , keine Wirklichkeit . Wie aber in der Logik das Seyn zum Daseyn übergehen muß , so geht auch die Seele nothwendig aus ihrer Unbestimmtheit zur Bestimmtheit fort . Diese Bestimmtheit hat , wie schon früher bemerkt , zunächst die Form der Natürlichkeit . Die Naturbestimmtheit der Seele ist aber als Totalität , als Abbild des Begriffs zu fassen . Das E r s t e sind daher hier die ganz a l l g e m e i ne n q u a l it a t i ve n Bestimmungen der Seele . Dahin gehören namentlich die ebenso physischen wie geistigen R a c e nve r s ch ie d e n he it e n des Menschengeschlechts , so wie die Unterschiede der Nationalgeister . Diese außereinanderliegenden a l l g e me i ne n Besonderungen oder Verschiedenheiten werden dann – und dieß bildet den Uebergang zum z we it e n Abschnitt – in die Einheit der Seele zurückgenommen , oder – was dasselbe ist – zur Vereinzelung fortgeführt . Wie das Licht in eine unendliche Menge von Sternen zerspringt , so zerspringt auch die allgemeine Naturseele in eine unendliche Menge von individuellen Seelen ; nur mit dem Unterschiede , daß , während das

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Licht den Schein eines , von den Sternen unabhängigen Bestehens hat , die allgemeine Naturseele bloß in den einzelnen Seelen zur Wirklichkeit kommt . Indem nun die im ersten Abschnitt betrachteten außereinanderfallenden allgemeinen Qualitäten , wie oben gesagt , in die Einheit der einzelnen Seele des Menschen zurückgenommen werden , bekommen sie , statt der Form der Aeußerlichkeit , die Gestalt natürlicher Ve r ä nd e r u n g e n des in ihnen beharrenden individuellen Subjects . Diese ebenfalls zugleich geistigen und physischen Veränderungen treten im Verlauf der L e b e n s a l t e r hervor . Hier hört der Unterschied auf , ein äußerlicher zu seyn . Zur w i r k l iche n B e s ond e r u n g , zum r e e l le n G e g e n s a t z e des Individuums | gegen sich selber wird der Unterschied aber im G e s ch le cht s ve r h ä l t n i ß . Von hier aus tritt die Seele überhaupt in den Gegensatz gegen ihre natürlichen Qualitäten , gegen ihr allgemeines Seyn , welches eben dadurch zu dem Anderen der Seele , zu einer bloßen Seite , zu einem vorübergehenden Zustande , nämlich zum Zu s t a nd e des S ch l a f s heruntergesetzt wird . So entsteht das n a t ü r l iche E r wa chen , das Sichaufgehen der Seele . Hier in der Anthropologie haben wir aber noch nicht die dem wachen Bewußtseyn zu Theil werdende Erfüllung , sondern das Wachseyn nur insofern zu betrachten , als dasselbe ein natürlicher Zustand ist . Aus diesem Verhältniß des G e g e n s a t z e s oder der r e e l l e n B e s on d e r u n g kehrt nun im d r it t e n Abschnitt die Seele zur Einheit mit sich dadurch zurück , daß sie ihrem Anderen auch die Festigkeit eines Zustandes nimmt , und dasselbe in ihrer Idealität auflöst . So ist die Seele von der bloß a l l g e me i ne n und nur a n s ich s e ye n d e n E i n z e l n he it zur f ü r s ich s e ye nd e n w i r k l iche n E i n z e l n he it , und eben damit zur E m p f i nd u n g fortgeschritten . Zunächst haben wir es dabei nur mit der F or m des Empfi ndens zu thun . Wa s die Seele empfi ndet , ist erst im z we it e n Theil der Anthropologie zu bestimmen . Den Ue b e r g a n g zu diesem Theile macht die Ausdehnung der Empfindung in sich selber zur a h ne nd e n Seele . | § 391

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Man kann , gegenüber dem Makrokosmus der gesammten Natur , die Seele als den Mikrokosmus bezeichnen , in welchen jener sich zusammendrängt und dadurch sein Außereinanderseyn aufhebt . Dieselben Bestimmungen , die in der äußeren Natur als frei entlassene Sphären , als eine Reihe selbstständiger Gestalten erscheinen , sind daher in der Seele zu bloßen Qualitäten herabgesetzt . Diese steht in der Mitte zwischen der hinter ihr liegenden Natur einerseits , und der aus dem Naturgeist sich herausarbeitenden Welt der sittlichen Freiheit andererseits . Wie die einfachen Bestimmungen des Seelenlebens in dem allgemeinen Naturleben

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ihr außereinander gerissenes Gegenbild haben , so entfaltet sich Dasjenige , was im einzelnen Menschen die Form eines Subjectiven , eines besonderen Triebes hat , und bewußtlos , als ein Seyn , in ihm ist , im Staate zu einem Systeme unterschiedener Sphären der Freiheit , – zu einer , von der selbstbewußten menschlichen Vernunft geschaffenen Welt . |

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§ 392 Aus dem vorhergehenden Paragraphen und aus dem Zusatze zu demselben erhellt , daß das allgemeine Naturleben auch das Leben der Seele ist , daß diese sympathetisch jenes allgemeine Leben mitlebt . Wenn man nun aber dieß Mit leben der Seele mit dem ganzen Universum zum höchsten Gegenstande der Wissenschaft vom Geiste machen will , so ist dieß ein vollkommner Irr thum . Denn die Thätigkeit des Geistes besteht gerade wesentlich darin , sich über das Befangenseyn in dem bloßen Naturleben zu erheben , sich in seiner Selbstständigkeit zu erfassen , die Welt seinem Denken zu unterwerfen , dieselbe aus dem Begriffe zu er schaffen . Im Geiste ist daher das allgemeine Naturleben nur ein ganz untergeordnetes Moment , die kosmischen und tellu|rischen Mächte werden von ihm beherrscht , sie können in ihm nur eine unbedeutende Stimmung hervorbringen . Das allgemeine Naturleben ist nun erstens das Leben des Sonnensystems überhaupt , und zweitens das Leben der Erde , in welchem jenes Leben eine individuellere Form erhält . Was die Beziehung der Seele zum Sonnensystem betrifft , so kann bemerkt werden , daß die Astrologie die Schicksale des Menschengeschlechts und der Einzelnen mit den Figurationen und Stellungen der Planeten in Verbindung setzt ; (wie man denn in neuerer Zeit die Welt überhaupt als einen Spiegel des Geistes in dem Sinne betrachtet hat , daß man aus der Welt den Geist erklären könne) . Der Inhalt der Astrologie ist als Aberglaube zu verwerfen ; es liegt jedoch der Wissenschaft ob , den bestimmten Grund dieser Verwerfung anzugeben . Dieser Grund muß nicht bloß darein gesetzt werden , daß die Planeten von uns fern und Körper seyen , sondern bestimmter darein , daß das planetarische Leben des Sonnensystems nur ein Leben der B e we g u n g , – mit anderen Worten – ein Leben ist , in welchem Raum und Zeit das Bestimmende ausmachen ; (denn Raum und Zeit sind die Momente der Bewegung) . Die Gesetze der Bewegung der Planeten sind allein durch den Begriff des Raumes und der Zeit bestimmt ; in den Planeten hat daher die absolut freie Bewegung ihre Wirklichkeit . Aber schon in dem physikalisch Individuellen ist jene abstracte Bewegung etwas durchaus Untergeordnetes ; das Individuelle überhaupt macht sich selber seinen Raum und seine Zeit ; seine Veränderung ist durch seine concrete Natur bestimmt . Der animalische Körper

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gelangt zu noch größerer Selbstständigkeit als das bloß physikalisch Individuelle ; er hat einen von der Bewegung der Planeten ganz unabhängigen Verlauf seiner Entwicklung , ein nicht von ihnen bestimmtes Maaß der Lebensdauer ; seine Gesundheit , wie der Gang seiner Krankheit , hängt nicht von den Planeten ab ; die periodischen Fieber , z . B . , haben ihr eigenes bestimmtes Maaß ; bei denselben ist nicht die Zeit als Zeit , | sondern der animalische Organismus das Bestimmende . Vollends für den Geist aber haben die abstracten Bestimmungen von Raum und Zeit , – hat der freie Mechanismus keine Bedeutung und keine Macht ; die Bestimmungen des selbstbewußten Geistes sind unendlich gediegener , concreter als die abstracten Bestimmungen des Neben- und des Nacheinander . Der Geist , als verkörpert , ist zwar an einem bestimmten Ort und in einer bestimmten Zeit ; dennoch aber über Raum und Zeit erhaben . Allerdings ist das Leben des Menschen bedingt durch ein bestimmtes Maaß der Entfernung der Erde von der Sonne ; in größerer Entfernung von der Sonne könnte er ebenso wenig leben , wie in geringerer ; weiter jedoch reicht der Einfluß der Stellung der Erde auf den Menschen nicht . Auch die eigentlich terrestrischen Verhältnisse , – die in einem Jahre sich vollendende Bewegung der Erde um die Sonne , – die tägliche Bewegung der Erde um sich selbst , – die Neigung der Erdaxe auf die Bahn der Bewegung um die Sonne , – alle diese zur Individualität der Erde gehörenden Bestimmungen sind zwar nicht ohne Einfluß auf den Menschen , für den Geist als solchen aber unbedeutend . Schon die Kirche hat daher den Glauben an eine , von jenen terrestrischen und von den kosmischen Verhältnissen über den menschlichen Geist ausgeübte Macht mit Recht als abergläubisch und unsittlich verworfen . Der Mensch soll sich als frei von den Naturverhältnissen ansehen ; in jenem Aberglauben betrachtet er sich aber als Naturwesen . Man muß demnach auch das Unternehmen Derjenigen für nichtig erklären , welche die Epochen in den Evolutionen der Erde mit den Epochen der menschlichen Geschichte in Zusammenhang zu bringen , – den Ursprung der Religionen und ihrer Bilder im astronomischen und dann auch im physikalischen Gebiet zu entdecken sich bemüht haben , und dabei auf den grund- und bodenlosen Einfall gerathen sind , zu meinen : so wie das Aequinoctium aus dem Stiere in den Widder vorgerückt sey , habe auf den Apisdienst das Christenthum , als | die Verehrung des Lammes , folgen müssen . – Was aber den von den terrestrischen Verhältnissen auf den Menschen wirklich ausgeübten Einfluß anbelangt , so kann dieser hier nur nach seinen Hauptmomenten zur Sprache kommen , da das Besondere davon in die Naturgeschichte des Menschen und der Erde gehört . Der Proceß der Bewegung der Erde erhält in den Jahresund Tageszeiten eine physikalische Bedeutung . Diese Wechsel berühren allerdings den Menschen ; der bloße Naturgeist , die Seele , durchlebt die Stimmung

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der Jahres- so wie der Tageszeiten mit . Während aber die Pflanzen ganz an den Wechsel der Jahreszeiten gebunden sind , und selbst die Thiere durch denselben bewußtlos beherrscht , durch ihn zur Begattung , einige zur Wanderung instinktmäßig getrieben werden ; bringt jener Wechsel in der Seele des Menschen keine Erregungen hervor , denen er willenlos unterworfen wäre . Die Disposition des Winters ist die Disposition des Insichzurückgehens , des Sichsammelns , des Familienlebens , des Verehrens der Penaten . Im Sommer dagegen ist man zu Reisen besonders aufgelegt , fühlt man sich hinausgerissen in’s Freie , drängt sich das gemeine Volk zu Wallfahrten . Doch weder jenes innigere Familienleben , noch diese Wallfahrten und Reisen haben etwas bloß Instinktartiges . Die christlichen Feste sind mit dem Wechsel der Jahreszeiten in Zusammenhang gebracht ; das Fest der Geburt Christi wird in derjenigen Zeit gefeiert , in welcher die Sonne von Neuem hervorzugehen scheint ; die Auferstehung Christi ist in den Anfang des Frühlings , in die Periode des Erwachens der Natur gesetzt . Aber diese Verbindung des Religiösen mit dem Natürlichen ist gleichfalls keine durch Instinkt , sondern eine mit Bewußtseyn gemachte . – Was die Mondveränderungen betrifft , so haben diese sogar auf die physische Natur des Menschen nur einen beschränkten Einfluß . Bei Wahnsinnigen hat sich solcher Einfluß gezeigt ; aber in diesen herrscht auch die Naturgewalt , nicht der freie Geist . – Die Tageszeiten ferner führen allerdings eine eigene Disposition der Seele mit sich . Die | Menschen sind des Morgens anders gestimmt als des Abends . Des Morgens herrscht Ernst , ist der Geist noch mehr in Identität mit sich und mit der Natur . Der Tag gehört dem Gegensatze , der Arbeit an . Abends ist die Reflexion und Phantasie vorherrschend . Um Mitternacht geht der Geist aus den Zerstreuungen des Tages in sich , ist mit sich einsam , neigt sich zu Betrachtungen . Nach Mitternacht sterben die meisten Menschen ; die menschliche Natur mag da nicht noch einen neuen Tag anfangen . Die Tageszeiten stehen auch in einer gewissen Beziehung zum öffentlichen Leben der Völker . Die Volksversammlungen der , mehr als wir , zur Natur hingezogenen Alten wurden des Morgens abgehalten ; die englischen Parlamentsverhandlungen werden dagegen , dem in sich gekehrten Charakter der Engländer gemäß , Abends begonnen und zuweilen bis in die tiefe Nacht fortgesetzt . Die angegebenen , durch die Tageszeiten hervorgebrachten Stimmungen werden aber durch das Klima modificirt ; in heißen Ländern , zum Beispiel , fühlt man sich um Mittag mehr zur Ruhe als zur Thätigkeit aufgelegt . – Rücksichtlich des Einflusses der meteorologischen Veränderungen kann Folgendes bemerkt werden . Bei Pflanzen und Thieren tritt das Mitempfi nden jener Erscheinungen deutlich hervor . So empfi nden die Thiere Gewitter und Erdbeben vorher , d . h . , sie fühlen Veränderungen der Atmosphäre , die noch nicht für uns zur Erscheinung gekommen sind . So empfi nden auch Menschen an Wunden Wetterveränderungen , von welchen

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das Barometer noch nichts zeigt ; die schwache Stelle , welche die Wunde bildet , läßt eine größere Merklichkeit der Naturgewalt zu . Was so für den Organismus bestimmend ist , hat auch für schwache Geister Bedeutung und wird als Wirkung empfunden . Ja , ganze Völker , die Griechen und Römer , machten ihre Entschlüsse von Naturerscheinungen abhängig , die ihnen mit meteorologischen Veränderungen zusammen zu hängen schienen . Sie fragten bekanntlich nicht bloß die Priester , sondern auch die Eingeweide und das Fressen der Thiere um Rath in Staatsangelegenheiten . Am Tage | der Schlacht bei Platää , z . B . , wo es sich um die Freiheit Griechenlands , vielleicht ganz Europa’s , um Abwehrung des orientalischen Despotismus handelte , quälte sich Pausanias den ganzen Morgen um gute Zeichen der Opferthiere . Dieß scheint in völligem Widerspruch mit der Geistigkeit der Griechen in Kunst , Religion und Wissenschaft zu stehen , kann aber sehr wohl aus dem Standpunkt des griechischen Geistes erklärt werden . Den Neueren ist eigenthüm lich , in Allem , was die Klugheit unter diesen und diesen Umständen als räthlich erscheinen läßt , sich aus sich selbst zu entschließen ; die Privatleute sowohl wie die Fürsten fassen ihre Entschlüsse aus sich selber ; der subjective Wille schneidet bei uns alle Gründe der Ueberlegung ab , und bestimmt sich zur That . Die Alten hingegen , welche noch nicht zu dieser Macht der Subjectivität , zu dieser Stärke der Gewißheit ihrer selbst gekommen waren , ließen sich in ihren Angelegenheiten durch Orakel , durch äußere Erscheinungen bestimmen , in denen sie eine Vergewisserung und Bewahrheitung ihrer Vorsätze und Absichten suchten . Was nun besonders den Fall der Schlacht betrifft , so kommt es dabei nicht bloß auf die sittliche Gesinnung , sondern auch auf die Stimmung der Munterkeit , auf das Gefühl physischer Kraft an . Diese Disposition war aber bei den Alten von noch weit größerer Wichtigkeit als bei den Neueren , bei welchen die Disciplin des Heeres und das Talent des Feldherrn die Hauptsache sind , während umgekehrt bei den mehr noch in der Einheit mit der Natur lebenden Alten die Tapferkeit der Einzelnen , der immer etwas Physisches zu seiner Quelle habende Muth das Meiste zur Entscheidung der Schlacht beitrug . Die Stimmung des Muthes hängt nun mit anderen physischen Dispositionen , zum Beispiel , mit der Disposition der Gegend , der Atmosphäre , der Jahreszeit , des Klima’s zusammen . Die sympathetischen Stimmungen des beseelten Lebens kommen aber bei den Thieren , da diese noch mehr mit der Natur in Einheit leben , sichtbarer zur Erscheinung , als beim Menschen . Aus diesem Grunde ging der Feldherr bei | den Griechen nur dann zur Schlacht , wenn er an den Thieren gesunde Dispositionen zu fi nden glaubte , welche einen Schluß auf gute Dispositionen der Menschen zu erlauben schienen . So opfert der in seinem berühmten Rückzug so klug sich benehmende Xenophon täglich , und bestimmt nach dem Ergebniß des Opfers seine militärischen Maaßregeln . Das Aufsuchen eines

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Zusammenhangs zwischen dem Natürlichen und Geistigen wurde aber von den Alten zu weit getrieben . Ihr Aberglaube sah in den Eingeweiden der Thiere mehr , als darin zu sehen ist . Das Ich gab seine Selbstständigkeit dabei auf , unterwarf sich den Umständen und Bestimmungen der Aeußerlichkeit , machte diese zu Bestimmungen des Geistes .

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§ 393 Rücksichtlich der Racenverschiedenheit der Menschen muß zuvörderst bemerkt werden , daß die bloß historische Frage , ob alle menschlichen Racen von Einem Paare oder von mehreren ausgegangen seyen , uns in der Philosophie gar nichts angeht . Man hat dieser Frage eine Wichtigkeit beigelegt , weil man durch die Annahme einer Abstammung von mehreren Paaren die geistige Ueberlegenheit der einen Menschengattung über die andere erklären zu können glaubte , ja zu beweisen hoffte , die Menschen seyen , ihren geistigen Fähigkeiten nach , von Natur so | verschieden , daß einige wie Thiere beherrscht werden dürften . Aus der Abstammung kann aber kein Grund für die Berechtigung oder Nichtberechtigung der Menschen zur Freiheit und zur Herrschaft geschöpft werden . Der Mensch ist an sich vernünftig ; darin liegt die Möglichkeit der Gleichheit des Rechtes aller Menschen , – die Nichtigkeit einer starren Unterscheidung in berechtigte und rechtlose Menschengattungen . – Der Unterschied der Menschenracen ist noch ein natürlicher , das heißt , ein zunächst die Naturseele betreffender Unterschied . Als solcher steht derselbe in Zusammenhang mit den geographischen Unterschieden des Bodens , auf welchem sich die Menschen zu großen Massen sammeln . Diese Unterschiede des Bodens sind Dasjenige , was wir die Welttheile nennen . In diesen Gliederungen des Erdindividuums herrscht etwas Nothwendiges , dessen nähere Auseinandersetzung in die Geographie gehört . – Die Hauptunterscheidung der Erde ist die in die a l t e und in die ne ue Welt . Zunächst bezieht sich dieser Unterschied auf das frühere oder spätere weltgeschichtliche Bekanntwerden der Erdtheile . Diese Bedeutung ist uns hier gleichgültig . Es kommt uns hier auf die den unterscheidenden Charakter der Welt theile ausmachende Bestimmtheit an . In dieser Rücksicht muß gesagt werden , daß A me r i k a ein jüngeres Ansehen , als die alte Welt , hat und in seiner historischen Bildung gegen diese zurücksteht . Amerika stellt nur den allgemeinen Unterschied des Norden und des Süden mit einer ganz schmalen Mitte beider Extreme dar . Die einheimischen Völker dieses Welt theils gehen unter ; die alte Welt gestaltet sich in demselben neu . Diese nun unterscheidet sich von Amerika dadurch , daß sie sich als ein in bestimmte Unterschiede Auseinandergehendes darstellt , in drei Welt theile zerfällt , von welchen der eine , nämlich A f r i k a , im Ganzen

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genommen , als eine der gediegenen Einheit angehörende Masse , als ein gegen die Küste abgeschlossenes Hochgebirge erscheint , – der andere , A s ie n , dem Gegensatze des Hochlandes und großer , von breiten Strömen bewässerter Thäler anheimfällt , – während der | dritte , E u r o p a , da hier Berg und Thal nicht , wie in Asien , als große Hälften des Welttheils aneinander gefügt sind , sondern sich beständig durchdringen , die Einheit jener unterschiedslosen Einheit Afrika’s und des unvermittelten Gegensatzes Asiens offenbart . Diese drei Welttheile sind durch das Mittelmeer , um welches sie herumliegen , nicht getrennt , sondern verbunden . Nordafrika , bis zum Ende der Sandwüste , gehört , seinem Charakter nach , schon zu Europa ; die Bewohner dieses Theiles von Afrika sind noch keine eigentlichen Afrikaner , das heißt , Neger , sondern mit den Europäern verwandt . So ist auch ganz Vorderasien , seinem Charakter nach , zu Europa gehörig ; die eigentlich asiatische Race , die mongolische , wohnt in Hinterasien . Nachdem wir so die Unterschiede der Welttheile als nicht zufällige , sondern nothwendige zu erweisen versucht haben , wollen wir die mit jenen Unterschieden zusammenhängenden Racenverschiedenheiten des Menschengeschlechts in physischer und geistiger Beziehung bestimmen . Die Physiologie unterscheidet in ersterer Beziehung die kaukasische , die äthiopische und die mongolische Race ; woran sich noch die malaiische und die amerikanische Race reiht , welche aber mehr ein Aggregat unendlich verschiedener Particularitäten als eine scharf unterschiedene Race bilden . Der physische Unterschied aller dieser Racen zeigt sich nun vorzüglich in der Bildung des Schädels und des Gesichts . Die Bildung des Schädels ist aber durch eine horizontale und eine verticale Linie zu bestimmen , von welchen die erstere vom äußeren Gehörgange nach der Wurzel der Nase , die letztere vom Stirnbein nach der oberen Kinnlade geht . Durch den von diesen beiden Linien gebildeten Winkel unterscheidet sich der thierische Kopf vom menschlichen ; bei den Thieren ist dieser Winkel äußerst spitz . Eine andere , bei Festsetzung der Racenverschiedenheiten wichtige , von Blumenbach gemachte Bestimmung betrifft das größere oder geringere Hervortreten der Backen knochen . Auch die Wölbung und die Breite der Stirn ist hierbei bestimmend . | Bei der k a u k a s i s che n Race ist nun jener Winkel fast oder ganz ein rechter . Besonders gilt dieß von der italienischen , georgischen und cirkassischen Physiognomie . Der Schädel ist bei dieser Race oben kugelicht , die Stirn sanft gewölbt , die Backenknochen sind zurückgedrängt , die Vorderzähne in beiden Kiefern perpendiculär , die Hautfarbe ist weiß , mit rothen Wangen , die Haare sind lang und weich . Das Eigenthüm liche der mon g ol i s che n Race zeigt sich in dem Hervorstehen der Backenknochen , in den enggeschlitzten , nicht runden Augen , in der

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zusammengedrückten Nase , in der gelben Farbe der Haut , in den kurzen , storren , schwarzen Haaren . Die Ne g e r haben schmälere Schädel als die Mongolen und Kaukasier , ihre Stirnen sind gewölbt , aber bucklicht , ihre Kiefer ragen hervor , ihre Zähne stehen schief , ihre untere Kinnlade ist sehr hervortretend , ihre Hautfarbe mehr oder weniger schwarz , ihre Haare sind wollig und schwarz . Die m a l a i i s ch e und die a m e r i k a n i s che Race sind in ihrer physischen Bildung weniger als die eben geschilderten Racen scharf ausgezeichnet ; die Haut der malaiischen ist braun , die der amerikanischen kupferfarbig . In g e i s t i g e r Beziehung unterscheiden sich die angegebenen Racen auf folgende Weise . Die Ne g e r sind als eine aus ihrer uninteressirten und interesselosen Unbefangenheit nicht heraustretende Kindernation zu fassen . Sie werden verkauft und lassen sich verkaufen , ohne alle Reflexion darüber , ob dieß recht ist oder nicht . Ihre Religion hat etwas Kinderhaftes . Das Höhere , welches sie empfi nden , halten sie nicht fest ; dasselbe geht ihnen nur flüchtig durch den Kopf . Sie übertragen dieß Höhere auf den ersten besten Stein , machen diesen dadurch zu ihrem Fetisch , und verwerfen diesen Fetisch , wenn er ihnen nicht geholfen hat . In ruhigem Zustande ganz gutmüthig und harmlos , begehen sie in der plötzlich entstehenden Aufregung die fürchterlichsten Grausamkeiten . Die Fähigkeit | zur Bildung ist ihnen nicht abzusprechen ; sie haben nicht nur hier und da das Christenthum mit der größten Dankbarkeit angenommen , und mit Rührung von ihrer durch dasselbe nach langer Geistesknechtschaft erlangten Freiheit gesprochen , sondern auch in Haiti einen Staat nach christlichen Principien gebildet . Aber einen inneren Trieb zur Kultur zeigen sie nicht . In ihrer Heimath herrscht der entsetzlichste Despotismus ; da kommen sie nicht zum Gefühl der Persön lichkeit des Menschen , – da ist ihr Geist ganz schlummernd , bleibt in sich versunken , macht keinen Fortschritt und entspricht so der compacten , u nt e r s ch ie d s lo s e n Masse des afrikanischen Landes . Die Mon g ole n dagegen erheben sich aus dieser kindischen Unbefangenheit ; in ihnen offenbart sich als das Charakteristische eine unruhige , zu keinem festen Resultate kommende Beweglichkeit , welche sie treibt , sich wie ungeheure Heuschreckenschwärme über andere Nationen auszubreiten , und die dann doch wieder der gedankenlosen Gleichgültigkeit und dumpfen Ruhe weicht , welche jenem Hervorbrechen vorangegangen war . Ebenso zeigen die Mongolen an sich den schneidenden Gegensatz des Erhabenen und Ungeheuren einerseits und des kleinlichsten Pedantismus andererseits . Ihre Religion enthält schon die Vorstellung eines Allgemeinen , das von ihnen als Gott verehrt wird . Aber dieser Gott wird noch nicht als ein unsichtbarer ertragen ; er ist in menschlicher Gestalt

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vorhanden , oder gibt sich wenigstens durch diesen oder jenen Menschen kund . So bei den Tibetanern , wo oft ein Kind zum gegenwärtigen Gott gewählt , und , wenn solcher Gott stirbt , von den Mönchen ein anderer Gott unter den Menschen gesucht wird , alle diese Götter aber nach einander die tiefste Verehrung genießen . Das Wesentliche dieser Religion erstreckt sich bis zu den Indiern , bei denen gleichfalls ein Mensch , der Bramine , als Gott angesehen , und das Sichzurückziehen des menschlichen Geistes in seine unbestimmte Allgemeinheit für das Göttliche , für die unmittelbare Identität mit Gott gehalten wird . In der asiatischen Race | beginnt also der Geist allerdings schon zu erwachen , sich von der Natürlichkeit zu trennen . Diese Trennung ist aber noch keine scharfe , noch nicht die absolute . Der Geist erfaßt sich noch nicht in seiner absoluten Freiheit , weiß sich noch nicht als das für-sich-seyende concret Allgemeine , hat sich seinen Begriff noch nicht in der Form des Gedankens zum Gegenstande gemacht . Deßhalb existirt er noch in der ihm widersprechenden Form der unmittelbaren Einzelnheit . Gott wird zwar gegenständlich , aber nicht in der Form des absolut freien Gedankens , sondern in der eines unmittelbar existirenden endlichen Geistes . Damit hängt die hier vorkommende Verehrung der Verstorbenen zusammen . In dieser liegt eine Erhebung über die Natürlichkeit ; denn in den Verstorbenen ist die Natürlichkeit untergegangen ; die Erinnerung an dieselben hält nur das in ihnen erschienene Allgemeine fest , und erhebt sich somit über die Einzelnheit der Erscheinung . Das Allgemeine wird aber immer nur , einerseits als ein ganz abstract Allgemeines festgehalten , andererseits in einer durchaus zufälligen unmittelbaren Existenz angeschaut . Bei den Indiern zum Beispiel wird der allgemeine Gott als in der ganzen Natur , in den Flüssen , Bergen , so wie in den Menschen gegenwärtig betrachtet . Asien stellt also , wie in physischer so auch in geistiger Beziehung , das Moment des G e g e n s a t z e s , den unvermittelten Gegensatz , das vermittlungslose Zusammenfallen der entgegengesetzten Bestimmungen dar . Der Geist trennt sich hier einerseits von der Natur , und fällt anderer seits doch wieder in die Natürlichkeit zurück , da er noch nicht in sich selber , sondern nur in dem Natürlichen zur Wirklichkeit gelangt . In dieser Identität des Geistes mit der Natur ist die wahre Freiheit nicht möglich . Der Mensch kann hier noch nicht zum Bewußtseyn seiner Persönlichkeit kommen , hat in seiner Individualität noch gar keinen Werth und keine Berechtigung , – weder bei den Indiern , noch bei den Chinesen ; diese setzen ihre Kinder ohne alles Bedenken aus , oder bringen dieselben geradezu um . | Erst in der k a u k a s i s che n Race kommt der Geist zur absoluten Einheit mit sich selber , – erst hier tritt der Geist in vollkommnen Gegensatz gegen die Natürlich keit , erfaßt er sich in seiner absoluten Selbstständigkeit , entreißt er sich dem Herüber- und Hinüberschwanken von Einem Extrem zum anderen , gelangt zur

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Selbstbestimmung , zur Entwicklung seiner selbst , und bringt dadurch die Weltgeschichte hervor . Die Mongolen haben , wie schon erwähnt , zu ihrem Charakter nur die nach außen stürmende Thätigkeit einer Ueberschwemmung , die sich so schnell , wie sie gekommen ist , wieder verläuft , bloß zerstörend wirkt , nichts erbaut , keinen Fortschritt der Weltgeschichte hervorbringt . Dieser kommt erst durch die kaukasische Race zu Stande . In derselben haben wir aber zwei Seiten , die Vo r d e r a s i a t e n und die E u r o p ä e r zu unterscheiden ; mit welchem Unterschiede jetzt der Unterschied von Mahomedanern und Christen zusammenfällt . Im M a home d a n i s mu s ist das bornirte Princip der Juden , durch Erweiterung zur Allgemeinheit , überwunden . Hier wird Gott nicht mehr , wie bei den Hinterasiaten , als auf unmittelbar sinnliche Weise existirend betrachtet , sondern als die über alle Vielheit der Welt erhabene Eine unendliche Macht aufgefaßt . Der Mahomedanismus ist daher im eigentlichsten Sinne des Wortes die Religion der Erhabenheit . Mit dieser Religion steht der Charakter der Vorderasiaten , besonders der Araber , in völligem Einklang . Dieß Volk ist , in seinem Aufschwunge zu dem Einen Gotte , gegen alles Endliche , gegen alles Elend gleichgültig , mit seinem Leben wie mit seinen Glücksgütern freigebig ; noch jetzt verdient seine Tapferkeit und seine Mildthätigkeit unsere Anerkennung . Aber der an dem abstract Einen festhaltende Geist der Vorderasiaten bringt es nicht zur Bestimmung , zur Besonderung des Allgemeinen , folglich nicht zu concreter Bildung . Durch diesen Geist ist zwar hier alles in Hinterasien herrschende Kastenwesen vernichtet , jedes Individuum unter den muhamedanischen Vorderasiaten frei ; eigentlicher Despotismus fi ndet unter denselben | nicht statt . Das politische Leben kommt jedoch hier noch nicht zu einem gegliederten Organismus , zur Unterscheidung in besondere Staatsgewalten . Und was die Individuen betrifft , so halten dieselben sich zwar einerseits in einer großartigen Erhabenheit über subjective , endliche Zwecke , stürzen sich aber andererseits auch wieder mit ungezügeltem Triebe in die Verfolgung solcher Zwecke , die bei ihnen dann alles Allgemeinen entbehren , weil es hier noch nicht zu einer immanenten Besonderung des Allgemeinen kommt . So entsteht hier , neben den erhabensten Gesinnungen , die größte Rachsucht und Arglist . Die E u r o p ä e r dagegen haben zu ihrem Princip und Charakter das concret Allgemeine , den sich selbst bestimmenden Gedanken . Der christliche Gott ist nicht bloß der unterschiedslose Eine , sondern der Dreieinige , der den Unterschied in sich enthaltende , der menschgewordene , der sich selbst offenbarende Gott . In dieser religiösen Vorstellung hat der Gegensatz des Allgemeinen und des Besonderen , – des Gedankens und des Daseyns – die höchste Schärfe , und ist gleichwohl zur Einheit zurückgeführt . So bleibt das Besondere hier nicht so

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ruhig in seiner Unmittelbarkeit belassen , wie im Mahomedanismus ; vielmehr ist dasselbe durch den Gedanken bestimmt , wie umgekehrt das Allgemeine sich hier zur Besonderung entwickelt . Das Princip des europäischen Geistes ist daher die selbstbewußte Vernunft , die zu sich das Zutrauen hat , daß Nichts gegen sie eine unüberwindliche Schranke seyn kann , und die daher Alles antastet , um sich selber darin gegenwärtig zu werden . Der europäische Geist setzt die Welt sich gegenüber , macht sich von ihr frei , hebt aber diesen Gegensatz wieder auf , nimmt sein Anderes , das Mannigfaltige , in sich , in seine Einfachheit zurück . Hier herrscht daher dieser unendliche Wissensdrang , der den anderen Racen fremd ist . Den Europäer interessirt die Welt , er will sie erkennen , sich das ihm gegenüberstehende Andere aneignen , in den Besonderungen der Welt die Gattung , das Gesetz , das Allgemeine , den Gedanken , | die innere Vernünftigkeit sich zur Anschauung bringen . – Ebenso wie im Theoretischen strebt der europäische Geist auch im Praktischen nach der zwischen ihm und der Außenwelt hervorzubringenden Einheit. Er unterwirft die Außenwelt seinen Zwecken mit einer Energie , welche ihm die Herrschaft der Welt gesichert hat . Das Individuum geht hier in seinen besonderen Handlungen von festen allgemeinen Grundsätzen aus ; und der Staat stellt in Europa mehr oder weniger die der Willkür eines Despoten entnommene Entfaltung und Verwirklichung der Freiheit durch vernünftige Institutionen dar . In Betreff aber endlich der ursprünglichen A me r i k a ne r haben wir zu bemerken , daß dieselben ein verschwindendes schwaches Geschlecht sind . In manchen Theilen Amerika’s fand sich zwar zur Zeit der Entdeckung desselben eine ziemliche Bildung ; diese war jedoch mit der europäischen Kultur nicht zu vergleichen , und ist mit den Ureinwohnern verschwunden . Außerdem gibt es dort die stumpfesten Wilden , z . B . die Pescherä’s und die Eskimo’s . Die ehemaligen Karaiben sind fast ganz ausgestorben . Mit Brant wein und Gewehr bekannt gemacht , sterben diese Wilden aus . In Südamerika sind es die Kreolen , welche sich von Spanien unabhängig gemacht haben ; die eigentlichen Indier wären dazu unfähig gewesen . In Paraguay waren dieselben wie ganz unmündige Kinder , und wurden wie solche auch von den Jesuiten behandelt . Die Amerikaner sind daher offenbar nicht im Stande , sich gegen die Europäer zu behaupten . Diese werden auf dem von ihnen dort eroberten Boden eine neue Kultur beginnen . |

§ 394

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Die im Zusatz zum Paragraph 393 geschilderten Racenverschiedenheiten sind die wesentlichen , – die durch den Begriff bestimmten Unterschiede des allgemeinen Naturgeistes . Bei dieser seiner allgemeinen Unterscheidung bleibt aber der

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Naturgeist nicht stehen ; die Natürlichkeit des Geistes hat nicht die Macht , sich als den reinen Abdruck der Bestimmungen des Begriffs zu behaupten ; sie geht zu weiterer Besonderung jener allgemeinen Unterschiede fort , und verfällt so in die Mannigfaltigkeit der Local- oder Nationalgeister . Die ausführliche Charakteristik dieser Geister gehört theils in die Naturgeschichte des Menschen , theils in die Philosophie der Weltgeschichte . Die erstere Wissenschaft schildert die durch die Natur mitbedingte Disposition des Nationalcharakters , die körperliche Bildung , die Lebensart , die Beschäftigung , sowie die besonderen Richtungen der Intelligenz und des Willens der Nationen . Die Philosophie der Geschichte dagegen hat zu ihrem Gegenstande die weltgeschichtliche Bedeutung der Völker , – das heißt , – wenn wir die Weltgeschichte im umfassendsten Sinne des Wortes nehmen , – die höchste Entwicklung , zu welcher die ursprüngliche Disposition des Nationalcharakters gelangt , – die geistigste Form , zu welcher der in den Nationen wohnende Naturgeist sich erhebt . Hier in der philosophischen Anthropologie können wir uns auf das Detail nicht einlassen , dessen Betrachtung den ebengenannten beiden Wissenschaften obliegt . Wir haben hier den Nationalcharakter nur in sofern zu betrachten , als derselbe den Keim enthält , aus welchem die Geschichte der Nationen sich entwickelt . Zuvörderst kann bemerkt werden , daß der Nationalunterschied ein eben so fester Unterschied ist , wie die Racenverschiedenheit der Menschen , – daß zum Beispiel die Araber sich noch jetzt überall eben so zeigen , wie sie in den ältesten Zeiten geschildert werden . Die Unveränderlichkeit des Klima’s , der ganzen Beschaffen heit des | Landes , in welchem eine Nation ihren bleibenden Wohnsitz hat , trägt zur Unveränderlichkeit des Charakters derselben bei . Eine Wüste , die Nachbarschaft des Meeres oder das Entferntseyn vom Meere , – alle diese Umstände können auf den Nationalcharakter Einfluß haben . Besonders ist hierbei der Zusammenhang mit dem Meere , wichtig . In dem von hohen Gebirgen dicht am Gestade umgebenen und auf diese Weise vom Meere , – diesem freien Elemente , – abgesperrten Inneren des eigentlichen Afrika bleibt der Geist der Eingebornen unaufgeschlossen , fühlt keinen Freiheitstrieb , erträgt ohne Widerstreben die allgemeine Sclaverei . Die Nähe des Meeres kann jedoch für sich allein den Geist nicht frei machen . Dieß beweisen die Indier , die sich dem seit frühester Zeit bei ihnen bestehenden Verbot der Beschiffung des von der Natur für sie geöffneten Meeres sclavisch unterworfen haben , und so durch den Despotismus von diesem weiten freien Element , – von diesem natürlichen Daseyn der Allgemeinheit , – geschieden , keine Kraft verrathen , sich von der die Freiheit tödtenden Verknöcherung der Standesabthei lungen zu befreien , welche in dem Kastenverhältniß statt fi ndet , und die einer aus eigenem Antriebe das Meer beschiffenden Nation unerträglich seyn würde .

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Was nun aber den bestimmten Unterschied der Nationalgeister betrifft , so ist derselbe bei der afrikanischen Menschenrace im höchsten Grade unbedeutend , und tritt selbst bei der eigentlich asiatischen Race viel weniger , als bei den Europäern hervor , in welchen der Geist erst aus seiner abstracten Allgemeinheit zur entfalteten Fülle der Besonderung gelangt . Wir wollen deßhalb hier nur von dem in sich verschiedenen Charakter der europäischen Nationen sprechen , und unter denselben auch diejenigen Völker , welche sich hauptsächlich durch ihre weltgeschichtliche Rolle von einander unterscheiden , – nämlich die Griechen , die Römer und die Germanen , – nicht in ihrer gegenseitigen Beziehung charakterisiren ; dieß Geschäft haben wir der Philosophie der Geschichte zu überlassen . Dagegen können hier die Unterschiede angegeben werden , | welche sich innerhalb der griechischen Nation , und unter den mehr oder weniger von germanischen Elementen durchdrungenen christlichen Völkern Europa’s hervorgethan haben . Was die G r ie che n anbelangt , so unterscheiden sich die in der Periode ihrer vollen weltgeschichtlichen Entwicklung unter ihnen besonders hervorragenden Völker , – die Lacedämonier , die Thebaner und die Athener , – auf folgende Weise von einander . – Bei den Lacedämoniern ist das gediegene , unterschiedslose Leben in der sittlichen Substanz vorherrschend : daher kommen bei ihnen das Eigenthum und das Familienverhältniß nicht zu ihrem Rechte . – Bei den Thebanern dagegen tritt das entgegengesetzte Princip hervor ; bei denselben hat das Subjective , das Gemüthliche , – so weit dieß überhaupt schon den Griechen zugesprochen werden kann , – das Uebergewicht . Der Haupt lyriker der Griechen , Pindar , gehört den Thebanern an . Auch der unter den Thebanern entstandene Freundschaftsbund von Jünglingen , die auf Leben und Tod mit einander verbunden waren , gibt einen Beweis von dem in diesem Volke vorherrschenden Sichzurückziehen in die Innerlichkeit der Empfi ndung . – Das atheniensische Volk aber stellt die Einheit dieser Gegensätze dar ; in ihm ist der Geist aus der thebanischen Subjectivität herausgetreten , ohne sich in die spartanische Objectivität des sittlichen Lebens zu verlieren ; die Rechte des Staats und des Individuums haben bei den Athenern eine so vollkommene Vereinigung gefunden , als auf dem griechischen Standpunkt überhaupt möglich war . Wie aber Athen durch diese Vermittlung des spartanischen und des thebanischen Geistes die Einheit des nördlichen und des südlichen Griechenlands bildet ; so sehen wir in jenem Staate auch die Vereinigung der östlichen und der westlichen Griechen , in sofern Plato in demselben das Absolute als die Idee bestimmt hat , in welcher sowohl das in der jonischen Philosophie zum Absoluten gemachte Natürliche , als der das Princip der italischen Philosophie bildende ganz abstracte Gedanke zu Momenten herabgesetzt sind . – Mit diesen | Andeutungen in Betreff des Charakters der Hauptvölker Griechenlands müssen wir uns hier begnügen ; durch eine weitere Entwicklung

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des Angedeuteten würden wir in das Gebiet der Weltgeschichte , und namentlich auch der Geschichte der Philosophie übergreifen . Eine noch weit größere Mannigfaltigkeit des Nationalcharacters erblicken wir bei den ch r i s t l iche n Völkern Europa’s . Die Grundbestimmung in der Natur dieser Völker ist die überwiegende Innerlichkeit , die in sich feste Subjectivität . Diese modificirt sich hauptsächlich nach der südlichen oder nördlichen Lage des von diesen Völkern bewohnten Landes . Im Süden tritt die Individualität unbefangen in ihrer Einzelnheit hervor . Dieß gilt besonders von den It a l ie ne r n ; da will der individuelle Charakter nicht anders seyn , als er eben ist ; allgemeine Zwecke stören seine Unbefangenheit nicht . Solcher Charakter ist der weiblichen Natur gemäßer , als der männlichen . Die italienische Individualität hat sich daher als weibliche Individualität zu ihrer höchsten Schönheit ausgebildet ; nicht selten sind italienische Frauen und Mädchen , die in der Liebe unglücklich waren , in Einem Augenblick vor Schmerz gestorben ; so sehr war ihre ganze Natur in das individuelle Verhältniß eingegangen , dessen Bruch sie vernichtete . – Mit dieser Unbefangenheit der Individualität hängt auch das starke Geberdenspiel der Italiener zusammen ; ihr Geist ergießt sich ohne Rückhalt in seine Leiblichkeit . Denselben Grund hat die Anmuth ihres Benehmens . – Auch im politischen Leben der Italiener zeigt sich das nämliche Vorherrschen der Einzelnheit , des Individuellen . Wie schon vor der römischen Herrschaft , so auch nach deren Verschwinden , stellt sich uns Italien als in eine Menge kleiner Staaten zerfallen dar . Im Mittelalter sehen wir dort die vielen einzelnen Gemeinwesen überall von Factionen so zerrissen , daß die Hälfte der Bürger solcher Staaten fast immer in der Verbannung lebte . Das allgemeine Interesse des Staats konnte vor dem überwiegenden Parteigeist nicht aufkommen . Die Indi|viduen , die sich zu alleinigen Vertretern des Gemeinwohls aufwarfen , verfolgten selber vorzugsweise ihr Privatinteresse , und zwar mitunter auf höchst tyrannische , grausame Weise . Weder in diesen Alleinherrschaften , noch in jenen vom Parteienkampf zerrissenen Republiken vermochte das politische Recht sich zu fester , vernünftiger Gestaltung auszubilden . Nur das römische Privatrecht wurde studirt , und der Tyrannei der Einzelnen wie der Vielen als ein nothdürftiger Damm entgegengestellt . Bei den S p a n ie r n fi nden wir gleichfalls das Vorherrschen der Individualität ; dieselbe hat aber nicht die italienische Unbefangenheit , sondern ist schon mehr mit Reflexion verknüpft . Der individuelle Inhalt , der hier geltend gemacht wird , trägt schon die Form der Allgemeinheit . Deßhalb sehen wir bei den Spaniern besonders die Ehre als treibendes Princip . Das Individuum verlangt hier Anerken nung , nicht in seiner unmittelbaren Einzelnheit , sondern wegen der Uebereinstim mung seiner Handlungen und seines Benehmens mit gewissen festen Grundsätzen , die nach der Vorstellung der Nation für jeden Ehrenmann

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Gesetz seyn müssen . Indem aber der Spanier sich in allem seinem Thun nach diesen über die Laune des Individuums erhabenen und von der Sophistik des Verstandes noch nicht erschütterten Grundsätzen richtet , kommt er zu größerer Beharrlichkeit , als der Italiener , welcher mehr den Eingebungen des Augenblicks gehorcht , und mehr in der Empfindung , als in festen Vorstellungen lebt . Dieser Unterschied beider Völker tritt besonders in Beziehung auf die Religion hervor . Der Italiener läßt sich durch religiöse Bedenklichkeiten nicht sonderlich in seinem heiteren Lebensgenuß stören . Der Spanier hingegen hat bisher mit fanatischem Eifer am Buchstaben der Lehren des Katholicismus festgehalten , und durch die Inquisition die von diesem Buchstaben abzuweichen Verdächtigen Jahrhunderte lang mit afrikanischer Unmenschlichkeit verfolgt . Auch in politischer Beziehung unterscheiden sich beide Völker auf eine ihrem angegebenen Charakter gemäße Weise . Die schon von | Petrarca sehnlich gewünschte staatliche Einheit Ita liens ist noch jetzt ein Traum ; dieß Land zerfällt noch immer in eine Menge von Staaten , die sich sehr wenig um einander bekümmern . In Spanien dagegen , wo , wie gesagt , das Allgemeine zu einiger Herrschaft über das Einzelne kommt , sind die einzelnen Staaten , die früher in diesem Lande bestanden , bereits zu Einem Staate zusammengeschmolzen , dessen Provinzen allerdings noch eine zu große Selbstständigkeit zu behaupten suchen . Während nun in den Italienern die Beweglichkeit der Empfi ndung , – in den Spaniern die Festigkeit des vorstellenden Denkens überwiegend ist , zeigen die F r a n z o s e n sowohl die Festigkeit des Verstandes als die Beweglichkeit des Witzes . Von jeher hat man den Franzosen Leichtsinn vorgeworfen ; ebenso Eitelkeit , Gefallsucht . Durch das Streben zu gefallen , haben sie es aber zur höchsten Feinheit der gesellschaftlichen Bildung gebracht , und eben dadurch sich auf eine ausgezeichnete Weise über die rohe Selbstsucht des Naturmenschen erhoben ; denn jene Bildung besteht gerade darin , daß man über sich selber den Anderen , mit welchem man zu thun hat , nicht vergißt , sondern denselben beachtet und sich gegen ihn wohlwollend bezeigt . Wie dem Einzelnen , so auch dem Publikum beweisen die Franzosen , – seyen sie Staatsmänner , Künstler oder Gelehrte , – in allen ihren Handlungen und Werken die achtungsvollste Aufmerksamkeit . Doch ist diese Beachtung der Meinung Anderer allerdings mitunter in das Streben ausgeartet , um jeden Preis , – selbst auf Kosten der Wahrheit , – zu gefallen . Auch Ideale von Schwätzern sind aus diesem Streben entstanden . Was aber die Franzosen für das sicherste Mittel , allgemein zu gefallen , ansehen , ist Dasjenige , was sie esprit nennen . Dieser esprit beschränkt sich in oberflächlichen Naturen auf das Combiniren einander fern liegender Vorstellungen , wird aber in geistreichen Männern , wie z . B . Montesquieu und Voltaire , durch das Zusammenfassen des vom Verstande Getrennten zu einer genialen Form des Vernünftigen ; denn das |

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Vernünftige hat eben dieß Zusammenfassen zu seiner wesentlichen Bestimmung . Aber diese Form des Vernünftigen ist noch nicht die des begreifenden Erkennens ; die tiefen , geistreichen Gedanken , die sich bei solchen Männern , wie die genannten , vielfältig fi nden , werden nicht aus Einem allgemeinen Gedanken , aus dem Begriff der Sache entwickelt , sondern nur wie Blitze hingeschleudert . Die Schärfe des Verstandes der Franzosen offenbart sich in der Klarheit und Bestimmtheit ihres mündlichen und schriftlichen Ausdrucks . Ihre den strengsten Regeln unterworfene Sprache entspricht der sicheren Ordnung und Bündigkeit ihrer Gedanken . Dadurch sind die Franzosen zu Mustern der politischen und juristischen Darstellung geworden . Aber auch in ihren politischen Handlungen läßt sich die Schärfe ihres Verstandes nicht verkennen . Mitten im Sturm der revolutionären Leidenschaft hat sich ihr Verstand in der Entschiedenheit gezeigt , mit welcher sie die Hervorbringung der neuen sittlichen Weltordnung gegen den mächtigen Bund der zahlreichen Anhänger des Alten durchgesetzt , – alle Momente des zu entwickelnden neuen politischen Lebens nach einander in deren extremster Bestimmtheit und Entgegengesetztheit verwirklicht haben . Gerade , indem sie jene Momente auf die Spitze der Einseitigkeit trieben , – jedes einseitige politische Princip bis zu seinen letzten Consequenzen verfolgten , – sind sie durch die Dialektik der weltgeschichtlichen Vernunft zu einem politischen Zustande geführt worden , in welchem alle früheren Einseitigkeiten des Staatslebens aufgehoben erscheinen . Die E n g l ä nd e r könnte man das Volk der intellectuellen Anschauung nennen . Sie erkennen das Vernünftige weniger in der Form der Allgemeinheit , als in der der Einzelnheit . Daher stehen ihre Dichter weit höher , als ihre Philosophen . Bei den Engländern tritt die Originalität der Persönlichkeit stark hervor . Ihre Originalität ist aber nicht unbefangen und natürlich , sondern entspringt aus dem Gedanken , aus dem Willen . Das Individuum will hier in jeder Beziehung auf sich beruhen , sich nur | durch seine Eigenthüm lich keit hindurch auf das Allgemeine beziehen . Aus diesem Grunde hat die politische Freiheit bei den Engländern vornehmlich die Gestalt von Privilegien , von hergebrachten , nicht aus allgemeinen Gedanken abgeleiteten Rechten . Daß die einzelnen englischen Gemeinen und Grafschaften Deputirte in’s Parlament schicken , beruht überall auf besonderen Privilegien , nicht auf allgemeinen , consequent durchgeführten Grundsätzen . Allerdings ist der Engländer auf die Ehre und die Freiheit seiner ganzen Nation stolz ; aber sein Nationalstolz hat vornehmlich das Bewußtseyn zur Grundlage , daß in England das Individuum seine Besonderheit festhalten und durchführen kann . Mit dieser Zähigkeit der zwar dem Allgemeinen zugetriebenen , aber in ihrer Beziehung auf das Allgemeine an sich selber festhaltenden Individualität hängt die hervorstechende Neigung der Engländer zum Handel zusammen .

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Der D e ut s che n gedenken die Deutschen gewöhnlich zuletzt , entweder aus Bescheidenheit , oder weil man das Beste für das Ende aufspart . Wir sind als tiefe , jedoch nicht selten unklare Denker bekannt ; wir wollen die innerste Natur der Dinge und ihren nothwendigen Zusammenhang begreifen ; daher gehen wir in der Wissenschaft äußerst systematisch zu Werke ; nur verfallen wir dabei mitunter in den Formalismus eines äußerlichen , willkürlichen Construirens . Unser Geist ist überhaupt mehr , als der irgend einer anderen europäischen Nation , nach innen gekehrt . Wir leben vorzugsweise in der Innerlichkeit des Gemüths und des Denkens . In diesem Stillleben , in dieser einsiedlerischen Einsamkeit des Geistes beschäftigen wir uns damit , bevor wir handeln , erst die Grundsätze , nach denen wir zu handeln gedenken , sorgfältigst zu bestimmen . Daher kommt es , daß wir etwas langsam zur That schreiten , – mitunter in Fällen , wo schneller Entschluß nothwendig ist , unentschlossen bleiben , – und , bei dem aufrichtigen Wunsche , die Sache recht gut zu machen , häufig gar Nichts zu Stande bringen . Man kann daher mit Recht das | französische Sprüchwort : le meilleur tue le bien , auf die Deutschen anwenden . Alles , was gethan werden soll , muß bei denselben durch Gründe legitimirt seyn . Da sich aber für Alles Gründe auffi nden lassen , wird dieß Legitimiren oft zum bloßen Formalismus , bei welchem der allgemeine Gedanke des Rechts nicht zu seiner immanenten Entwicklung kommt , sondern eine Abstraction bleibt , in die das Besondere von Außen sich willkürlich eindrängt . Dieser Formalismus hat sich bei den Deutschen auch darin gezeigt , daß sie zuweilen Jahrhunderte hindurch damit zufrieden gewesen sind , gewisse politische Rechte bloß durch Protestationen sich zu bewahren . Während aber auf diese Weise die Unterthanen sehr wenig für sich selbst thaten , haben sie andererseits oft auch äußerst wenig für die Regierung gethan . In der Innerlichkeit des Gemüthes lebend , haben die Deutschen zwar immer sehr gern von ihrer Treue und Redlichkeit gesprochen , sind aber oft nicht zur Bewährung dieser ihrer substantiellen Gesinnung zu bringen gewesen , sondern haben gegen Fürsten und Kaiser die allgemeinen staatsrechtlichen Normen nur zur Verhüllung ihrer Ungeneigtheit , etwas für den Staat zu thun , unbedenklich und unbeschadet ihrer vor trefflichen Meinung von ihrer Treue und Redlichkeit , gebraucht . Obgleich aber ihr politischer Geist , ihre Vaterlandsliebe meistentheils nicht sehr lebendig war , so sind sie doch seit früher Zeit von einem außerordentlichen Verlangen nach der Ehre einer amtlichen Stellung beseelt und der Meinung gewesen , das Amt und der Titel mache den Mann , nach dem Unterschied des Titels könne die Bedeutsamkeit der Personen und die denselben schuldige Achtung fast in jedem Fall mit vollkommener Sicherheit abgemessen werden ; wodurch die Deutschen in eine Lächerlichkeit verfallen sind , die in Europa nur an der Sucht der Spanier nach einer langen Liste von Namen eine Parallele fi ndet . |

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§ 395 Wie wir gesehen haben , geht der Naturgeist zuerst in die a l l g e me i ne n Unterschiede der Menschengattungen auseinander , und kommt in den Volksgeistern zu einem Unterschiede , welcher die Form der B e s ond e r u n g hat . Das Dritte ist , daß der Naturgeist zu seiner Ve r e i n z e lu n g fortschreitet , und als individuelle Seele sich selber sich entgegensetzt . Der hier entstehende Gegensatz ist aber noch nicht derjenige Gegensatz , welcher zum Wesen des Bewußtseyns gehört . Die Einzelnheit oder Individualität der Seele kommt hier in der Anthropologie nur als Naturbestimmtheit in Betracht . Zunächst muß nun über die individuelle Seele bemerkt werden , daß in derselben die Sphäre des Zufälligen beginnt , da nur das Allgemeine das Nothwendige ist . Die einzelnen Seelen unterscheiden sich von einander durch eine unendliche Menge von zufälligen Modificationen . Diese Unendlichkeit gehört aber zur schlechten Art des Unendlichen . Man darf daher die Eigenthüm lich keit der Menschen nicht zu hoch anschlagen . Vielmehr muß man für ein leeres , in’s Blaue gehendes Gerede die Behauptung erklären , daß der Lehrer sich sorgfältig nach der Individualität jedes seiner Schüler zu richten , dieselbe zu studiren und auszubilden habe . Dazu hat er gar keine Zeit . Die Eigenthüm lich keit der Kinder wird im Kreise der Familie geduldet ; aber mit der Schule beginnt ein Leben nach allgemeiner Ordnung , nach einer , Allen gemeinsamen Regel ; da muß der Geist zum Ablegen seiner Absonderlichkeiten , zum Wissen und Wollen des Allgemeinen , zur Aufnahme der vorhandenen allgemeinen Bildung gebracht werden . Dieß Umgestalten der Seele – nur Dieß heißt Erziehung . Je gebildeter ein Mensch ist , desto weniger tritt in seinem Betragen etwas nur ihm Eigenthüm liches , daher Zufälliges hervor . | Die Eigenthüm lich keit des Individuums hat nun aber verschiedene Seiten . Man unterscheidet dieselbe nach den Bestimmungen des N a t u r e l l s , des Te m p e r a m e n t s und des C h a r a k t e r s . Unter dem N a t u r e l l versteht man die natürlichen Anlagen im Gegensatze gegen Dasjenige , was der Mensch durch seine eigene Thätigkeit geworden ist . Zu diesen Anlagen gehört das Ta le nt und das G e n ie . Beide Worte drücken eine bestimmte Richtung aus , welche der individuelle Geist von Natur erhalten hat . Das Genie ist jedoch umfassender als das Talent ; das letztere bringt nur im Besonderen Neues hervor , wogegen das Genie eine neue Gattung erschafft . Talent und Genie müssen aber , da sie zunächst bloße Anlagen sind , – wenn sie nicht verkommen , sich verlüderlichen , oder in schlechte Originalität ausarten sollen , – nach allgemeingültigen Weisen ausgebildet werden . Nur durch diese Ausbildung bewähren jene Anlagen ihr Vorhandenseyn , ihre Macht und ihren

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Umfang . Vor dieser Ausbildung kann man sich über das Daseyn eines Talentes täuschen ; frühe Beschäftigung mit Mahlen , zum Beispiel , kann Talent zu dieser Kunst zu verrathen scheinen , und dennoch diese Liebhaberei Nichts zu Wege bringen . Das bloße Talent ist daher auch nicht höher zu schätzen , als die durch ihre eigene Thätigkeit zur Erkenntniß ihres Begriffs gekommene Vernunft , – als das absolut freie Denken und Wollen . In der Philosophie führt das bloße Genie nicht weit ; da muß sich dasselbe der strengen Zucht des logischen Denkens unterwerfen ; nur durch diese Unterwerfung gelangt dort das Genie zu seiner vollkommenen Freiheit . Was aber den Willen betrifft , so kann man nicht sagen , daß es ein Genie zur Tugend gebe ; denn die Tugend ist etwas Allgemeines , von allen Menschen zu Forderndes , und nichts Angebornes , sondern etwas in dem Individuum durch dessen eigene Thätigkeit Hervorzubringendes . Die Unterschiede des Naturells haben daher für die Tugendlehre gar keine Wichtigkeit ; dieselben würden nur – wenn wir uns so ausdrücken dürfen – in einer Naturgeschichte des Geistes zu betrachten seyn . | Die mannigfaltigen Arten des Talents und des Genies unterscheiden sich von einander durch die verschiedenen geistigen Sphären , in welchen sie sich bethätigen . Der Unterschied der Te m p e r a m e n t e dagegen hat keine solche Beziehung nach außen . Es ist schwer zu sagen , was man unter Temperament verstehe . Dasselbe bezieht sich nicht auf die sittliche Natur der Handlung , noch auf das in der Handlung sichtbar werdende Talent , noch endlich auf die immer einen bestimmten Inhalt habende Leidenschaft . Am besten wird man daher das Temperament als die ganz allgemeine Art und Weise bestimmen , wie das Individuum thätig ist , sich objectivirt , sich in der Wirklichkeit erhält . Aus dieser Bestimmung geht hervor , daß für den freien Geist das Temperament nicht so wichtig ist , wie man früherhin gemeint hat . In der Zeit größerer Bildung verlieren sich die mannigfaltigen , zufälligen Manieren des Benehmens und Handelns , und damit die Temperamentsverschiedenheiten , – gerade so , wie in solcher Zeit die bornirten Charaktere der in einer ungebildeteren Epoche entstandenen Lustspiele , – die vollkommen Leichtsinnigen , die lächerlich Zerstreuten , die fi lzig Geizigen , – viel seltener werden . Die versuchten Unterscheidungen des Temperaments haben etwas so Unbestimmtes , daß man von denselben wenig Anwendung auf die Individuen zu machen weiß , da in diesen die einzeln dargestellten Temperamente sich mehr oder weniger vereinigt fi nden . Bekanntlich hat man , – ebenso , wie man die Tugend in vier Haupttugenden unterschied , – vier Temperamente – das cho l e r i s che , das s a n g u i n i s ch e , das ph l e g m a t i s che und das m e l a n chol i s che – angenommen . Kant spricht über dieselben weitläuftig . Der Hauptunterschied dieser Temperamente beruht darauf , daß – entweder der Mensch sich in die Sache hineinbegibt , – oder es ihm mehr um seine Einzelnheit zu thun ist .

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Der erstere Fall fi ndet bei den Sanguinischen und Phlegmatischen , der letztere bei den Cholerischen und Melancholischen statt . Der Sanguinische vergißt sich über der Sache , und zwar bestimmter so , daß er vermöge seiner | oberflächlichen Beweglichkeit sich in einer Mannigfaltigkeit von Sachen herumwälzt ; wogegen der Phlegmatische sich beharrlich auf Eine Sache richtet . Bei den Cholerischen und Melancholischen aber ist , wie schon angedeutet , das Festhalten an der Subjectivität überwiegend ; diese beiden Temperamente unterscheiden sich jedoch von einander wieder dadurch , daß in dem Cholerischen die Beweglichkeit , in dem Melancholischen die Unbeweglichkeit das Uebergewicht hat ; so daß in dieser Beziehung das Cholerische dem Sanguinischen , das Melancholische dem Phlegmatischen entspricht . Wir haben bereits bemerkt , daß der Unterschied des Temperaments seine Wichtigkeit in einer Zeit verliert , wo die Art und Weise des Benehmens und der Thätigkeit der Individuen durch die allgemeine Bildung festgesetzt ist . Dagegen bleibt der C h a r a k t e r Etwas , das die Menschen immer unterscheidet . Durch ihn kommt das Individuum erst zu seiner festen Bestimmtheit . Zum Charakter gehört erstlich das Formelle der Energie , mit welcher der Mensch , ohne sich irre machen zu lassen , seine Zwecke und Interessen verfolgt , und in allen seinen Handlungen die Uebereinstimmung mit sich selber bewahrt . Ohne Charakter kommt der Mensch nicht aus seiner Unbestimmtheit heraus , oder fällt aus einer Richtung in die entgegengesetzte . An jeden Menschen ist daher die Forderung zu machen , daß er Charakter zeige . Der charaktervolle Mensch imponirt Anderen , weil sie wissen , was sie an ihm haben . Zum Charakter gehört aber , außer der formellen Energie , zweitens ein gehaltvoller , allgemeiner Inhalt des Willens . Nur durch Ausführung großer Zwecke offenbart der Mensch einen großen , ihn zum Leuchthurm für Andere machenden Charakter ; und seine Zwecke müssen innerlich berechtigte seyn , wenn sein Charakter die absolute Einheit des Inhalts und der formellen Thätig keit des Willens darstellen und somit vollkommene Wahrheit haben soll . Hält dagegen der Wille an lauter Einzelnheiten , an Gehaltlosem fest , so wird derselbe zum E i g e n s i n n . Dieser hat vom Charakter nur die Form , nicht den Inhalt . Durch den | Eigensinn , – diese Parodie des Charakters , – erhält die Individualität des Menschen eine die Gemeinschaft mit Anderen störende Zuspitzung . Noch individuellerer Art sind die sogenannten Id io s y n k r a s ie n , die sowohl in der physischen wie in der geistigen Natur des Menschen vorkommen . So wittern , zum Beispiel , manche Menschen in ihrer Nähe befi ndliche Katzen . Andere werden von gewissen Krankheiten ganz eigen afficirt . Jakob I . von England ward ohnmächtig , wenn er einen Degen sah . Die geistigen Idiosynkrasien zeigen sich besonders in der Jugend , z . B . , in der unglaublichen Schnelligkeit des

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Kopf rechnens einzelner Kinder . Uebrigens unterscheiden sich durch die oben besprochenen Formen der Naturbestimmtheit des Geistes nicht bloß die Individuen , sondern mehr oder weniger auch Familien von einander , besonders da , wo dieselben sich nicht mit Fremden , sondern nur unter einander verbunden haben , wie z . B . in Bern und in manchen deutschen Reichsstädten der Fall gewesen ist . Nachdem wir hiermit die drei Formen der qualitativen Naturbestimmtheit der individuellen Seele , – das Naturell , das Temperament und den Charakter , – geschildert haben , bleibt uns hierbei noch übrig , die vernünftige Nothwendigkeit anzudeuten , warum jene Naturbestimmtheit gerade diese drei und keine anderen Formen hat , und warum diese Formen in der von uns befolgten Ordnung zu betrachten sind . Wir haben mit dem Naturell , – und zwar bestimmter , mit dem Talent und dem Genie , – angefangen , weil in dem Naturell die qualitative Naturbestimmtheit der individuellen Seele überwiegend die Form eines bloß Seyenden , eines unmittelbar Festen und eines Solchen hat , dessen Unterscheidung in sich selber sich auf einen außer ihm vorhandenen Unterschied bezieht . – Im Temperament dagegen verliert jene Naturbestimmtheit die Gestalt eines so Festen ; denn während in dem Individuum entweder Ein Talent ausschließlich herrscht , oder in ihm mehrere Talente ihr ruhiges , übergangsloses Bestehen | neben einander haben , kann Ein und dasselbe Individuum von jeder Temperamentsstimmung in die andere übergehen , so daß keine in ihm ein festes Seyn hat . Zugleich wird in den Temperamenten der Unterschied der fraglichen Naturbestimmtheit aus der Beziehung auf etwas außer der individuellen Seele Vorhandenes in das Innere derselben reflectirt . – Im Charakter aber sehen wir die Festigkeit des Naturells mit der Veränderlichkeit der Temperamentsstimmungen , – die in dem Ersteren vorwaltende Beziehung nach außen mit dem in den Temperamentsstimmungen herrschenden Insichreflectirtseyn der Seele vereinigt . Die Festigkeit des Charakters ist keine so unmittelbare , so angeborene , wie die des Naturells , sondern eine durch den Willen zu entwickelnde . Der Charakter besteht in etwas Mehrerem , als in einem gleichmäßigen Gemischtseyn der verschiedenen Temperamente . Gleichwohl kann nicht geleugnet werden , daß derselbe eine n a t ü r l iche Grundlage hat , – daß einige Menschen zu einem starken Charakter von der Natur mehr disponirt sind , als Andere . Aus diesem Grunde haben wir das Recht gehabt , hier in der Anthropologie vom Charakter zu sprechen , obgleich derselbe seine volle Entfaltung erst in der Sphäre des freien Geistes erhält . |

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§ 396 Indem die zuerst vollkommen allgemeine Seele auf die von uns angegebene Weise sich besondert und zuletzt zur Einzelnheit , zur Individualität sich bestimmt , so tritt sie in den Gegensatz gegen ihre innere Allgemeinheit , gegen ihre Substanz . Dieser Widerspruch der unmittelbaren Einzelnheit und der in derselben an sich vorhandenen substantiellen Allgemeinheit begründet den Lebensproceß der individuellen Seele , – einen Proceß , durch welchen deren unmittelbare Einzelnheit dem Allgemeinen entsprechend gemacht , dieses in jener verwirklicht , und so die erste , einfache Einheit der Seele mit sich zu einer durch den Gegensatz vermittelten Einheit erhoben , die zuerst abstracte Allgemeinheit der Seele zur concreten Allgemeinheit entwickelt wird . Dieser Entwicklungsproceß ist die Bildung . Schon das bloß animalisch Lebendige stellt auf seine Weise jenen Proceß an sich dar . Aber , – wie wir früher gesehen haben , – hat dasselbe nicht die Macht , wahrhaft die Gattung in sich zu verwirklichen ; seine unmittelbare , seyende , abstracte Einzelnheit bleibt immer im Widerspruche mit seiner Gattung , schließt dieselbe nicht weniger von sich aus , als in sich ein . Durch diese seine Unfähigkeit zur vollkommenen Darstellung der | Gattung geht das nur Lebendige zu Grunde . Die Gattung erweist sich an ihm als eine Macht , vor welcher dasselbe verschwinden muß . Im Tode des Individuums kommt daher die Gattung nur zu einer Verwirklichung , die ebenso abstract , wie die Einzelnheit des bloß Lebendigen , ist , und dieselbe ebenso ausschließt , wie die Gattung von der lebendigen Einzelnheit ausgeschlossen bleibt . – Wahrhaft verwirklicht sich dagegen die Gattung im Geiste , im Denken , – diesem ihr homogenen Elemente . Im Anthropologischen aber hat diese Verwirklichung , – da dieselbe am natürlichen individuellen Geiste stattfi ndet , – noch die Weise der Natürlichkeit . Sie fällt deßhalb in die Zeit . So entsteht eine Reihe von unterschiedenen Zuständen , welche das Individuum als solches durchläuft , – eine Folge von Unterschieden , die nicht mehr die Festigkeit der in den verschiedenen Menschenracen und in den Nationalgeistern herrschenden unmittelbaren Unterschiede des allgemeinen Naturgeistes haben , sondern an Einem und demselben Individuum als fl ießende , als in einander übergehende Formen erscheinen . Diese Folge von unterschiedenen Zuständen ist die Reihe der L e b e n s a l t e r . Dieselbe beginnt mit der unmittelbaren , noch unterschiedslosen Einheit der Gattung und der Individualität , – mit dem abstracten Entstehen der unmittelbaren Einzelnheit , mit der Geburt des Individuums , und endigt mit der Einbildung der Gattung in die Einzelnheit , oder dieser in jene , – mit dem Siege der Gattung über die Einzelnheit , mit der abstracten Negation der letzteren , – mit dem Tode .

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Was am Lebendigen als solchem die G a t t u n g ist , das ist am Geistigen die Ve r nü n f t i g ke it ; denn die Gattung hat schon die dem Vernünftigen zukommende Bestimmung der inneren Allgemeinheit . In dieser Einheit der Gattung und des Vernünftigen liegt der Grund , daß die im Verlauf der Lebensalter hervortretenden geistigen Erscheinungen den in diesem Verlauf sich ent|wickelnden physischen Veränderungen des Individuums entsprechen . Die Uebereinstimmung des Geistigen und Physischen ist hier eine bestimmtere , als bei den Racenverschiedenheiten , wo wir es nur mit den allgemeinen festen Unterschieden des Naturgeistes und mit ebenso festen physischen Unterschieden der Menschen zu thun haben , während hier die bestimmten Veränderungen der individuellen Seele und ihrer Leiblichkeit zu betrachten sind . Man darf aber andererseits nicht so weit gehen , in der physiologischen Entwicklung des Individuums das markirte Gegenbild der geistigen Entfaltung desselben zu suchen ; denn in der letzteren hat der sich darin hervorthuende Gegensatz und die aus demselben zu erzeugende Einheit eine viel höhere Bedeutung , als im Physiologischen . Der Geist offenbart hier seine Unabhängigkeit von seiner Leiblichkeit dadurch , daß er sich früher , als diese , entwickeln kann . Häufig haben Kinder eine geistige Entwicklung gezeigt , welche ihrer körperlichen Ausbildung weit vorangeeilt war . Vornehmlich ist Dieß bei entschiedenen künstlerischen Talenten , namentlich bei musikalischen Genies , der Fall gewesen . Auch in Bezug auf leichtes Auffassen von mancherlei Kenntnissen , besonders im mathematischen Fache , so wie in Bezug auf ein verständiges Räsonnement , sogar über sittliche und religiöse Gegenstände , hat sich solche Frühreife nicht selten gezeigt . Im Allgemeinen muß jedoch zugestanden werden , daß der Verstand nicht vor den Jahren kommt . Fast nur bei den künstlerischen Talenten hat die Frühzeitigkeit ihrer Erscheinung eine Vorzüglichkeit angekündigt . Dagegen ist die bei manchen Kindern sich zeigende vorzeitige Entwicklung der Intelligenz überhaupt in der Regel nicht der Keim eines im Mannesalter zu großer Ausgezeichnetheit gelangenden Geistes gewesen . Der Entwicklungsproceß des natürlichen menschlichen Individuums zerfällt nun in eine Reihe von Processen , deren Verschiedenheit auf dem verschiedenen Verhältniß des Individuums zur Gattung beruht , und den Unterschied des K i nd e s , des M a n ne s und des G r e i s e s begründet . Diese Unterschiede sind Dar stel lun|gen der Unterschiede des Begriffs . Daher ist das K i nd e s a l t e r die Zeit der natürlichen Harmonie , des Friedens des Subjects mit sich und mit der Welt , – der ebenso gegensatzlose Anfang , wie das Greisenalter das gegensatzlose Ende ist . Die im Kindesalter etwa hervortretenden Gegensätze bleiben ohne tieferes Interesse . Das Kind lebt in Unschuld , ohne dauernden Schmerz , in Liebe zu den Eltern , und im Gefühl , von ihnen geliebt zu seyn . – Diese unmittelbare , daher ungeistige , bloß natürliche Einheit des Individuums mit seiner Gattung

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und mit der Welt überhaupt muß aufgehoben werden ; – das Individuum muß dazu fortschreiten , sich dem Allgemeinen , als der an-und-für-sich-seyenden , fertigen und bestehenden Sache , gegenüber zu stellen , sich in seiner Selbstständigkeit zu erfassen . – Zunächst aber tritt diese Selbstständigkeit , – dieser Gegensatz in einer ebenso einseitigen Gestalt auf , wie im Kinde die Einheit des Subjectiven und Objectiven . Der Jü n g l i n g löst die in der Welt verwirklichte Idee auf d ie Weise auf , daß er sich selber die zur Natur der Idee gehörende Bestimmung des Substantiellen , – das Wahre und Gute , – der Welt dagegen die Bestimmung des Zufälligen , Accidentellen zuschreibt . – Bei diesem unwahren Gegensatze darf nicht stehen geblieben werden ; der Jüngling hat sich vielmehr über denselben zu der Einsicht zu erheben , daß im Gegentheil die Welt als das Substantielle , das Individuum hingegen nur als ein Accidenz zu betrachten ist , – daß daher der Mensch nur in der fest ihm gegenüberstehenden , selbstständig ihren Lauf verfolgenden Welt seine wesentliche Bethätigung und Befriedigung fi nden kann , und daß er sich deßhalb die für die Sache nöthige Geschicklichkeit ver schaffen muß . – Auf diesen Standpunkt gelangt , ist der Jüngling zum M a n ne geworden . In sich selber fertig , betrachtet der Mann auch die sittliche Weltordnung als eine nicht erst von ihm hervorzubringende , sondern als eine im Wesentlichen fertige . So ist er für- , nicht gegen die Sache thätig , hat für- , nicht gegen die Sache ein Interesse , steht somit über die einseitige Subjectivität | des Jünglings erhaben , auf dem Standpunkt der objectiven Geistigkeit . – Das G r e i s e n a lt e r dagegen ist der Rückgang zur Interesselosigkeit an der Sache ; der Greis hat sich in die Sache hineingelebt , und gibt eben wegen dieser , den Gegensatz verlierenden Einheit mit der Sache die interessevolle Thätigkeit für die letztere auf . Den hiermit im Allgemeinen angegebenen Unterschied der Lebensalter wollen wir jetzt näher bestimmen . Das K i nd e s a l t e r können wir wieder in d r e i , oder , – wenn wir das ungeborne , mit der Mutter identische Kind in den Kreis unserer Betrachtung ziehen wollen , – in v ie r Stufen unterscheiden . Das ungeborne K i nd hat noch gar keine eigentliche Individualität , – keine Individualität , die sich auf particuläre Weise zu particulären Objecten verhielte , – die ein Aeußerliches an einem bestimmten Punkte ihres Organismus einzöge . Das Leben des ungebornen Kindes gleicht dem Leben der Pflanze . Wie diese keine sich unterbrechende Intussusception , sondern eine continuirlich strömende Ernährung hat , so ernährt sich auch das Kind zuerst durch ein fortdauerndes Saugen , und besitzt noch kein sich unterbrechendes Athmen . Indem das Kind aus diesem vegetativen Zustande , in welchem es sich im Mutterleibe befi ndet , zur Welt gebracht wird , geht dasselbe zur animalischen Weise des Lebens über . Die Geburt ist daher ein ungeheurer Sprung . Durch denselben

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kommt das Kind aus dem Zustande eines völlig gegensatzlosen Lebens in den Zustand der Absonderung , – in das Verhältniß zu Licht und Luft , und in ein immer mehr sich entwickelndes Verhältniß zu vereinzelter Gegenständlichkeit überhaupt , und namentlich zu vereinzelter Nahrung . Die erste Weise , wie das Kind sich zu einem Selbstständigen constituirt , ist das A t h me n , – das die elementarische Strömung unterbrechende Einziehen und Ausstoßen der Luft an einem einzelnen Punkte seines Leibes . Schon gleich nach der | Geburt des Kindes zeigt sich dessen Körper fast vollständig organisirt ; nur Einzelnes ändert sich an demselben ; so z . B . schließt sich erst später das sogenannte foramen ovale . Die Hauptveränderung des Körpers des Kindes besteht im Wa ch s e n . In Bezug auf diese Veränderung haben wir kaum nöthig , daran zu erinnern , daß beim animalischen Leben überhaupt , – im Gegensatze gegen das vegetabilische Leben , – das Wachsen kein Außersichkommen , kein über-sich-Hinausgerissenwerden , kein Hervorbringen neuer Gebilde , sondern nur eine Entwicklung des Organismus ist , und einen bloß quantitativen , formellen Unterschied hervorbringt , welcher sich sowohl auf den Grad der Stärke wie auf die Extension bezieht . Ebenso wenig brauchen wir hier , – was schon in der Naturphilosophie an gehöriger Stelle geschehen , – weitläuftig auseinander zu setzen , daß jenes der Pflanze fehlende , erst im thierischen Organismus zu Stande kommende Fertigseyn der Leiblichkeit , – diese Zurückführung aller Glieder zur negativen , einfachen Einheit des Lebens der Grund des im Thiere – also auch im Kinde – entstehenden Selbstgefühles ist . Dagegen haben wir hier hervorzuheben , daß im Menschen der thierische Organismus zu seiner vollkommensten Form gelangt . Selbst das vollendetste Thier vermag nicht , diesen fein organisirten , unendlich bildsamen Körper aufzuzeigen , den wir schon an dem eben geborenen Kinde erblicken . Zunächst erscheint indeß das Kind in einer weit größeren Abhängigkeit und Bedürftigkeit , als die Thiere . Doch offenbart sich seine höhere Natur auch bereits hierbei . Das Bedürfniß kündigt sich in ihm sogleich ungebehrdig , tobend , gebieterisch an . Während das Thier stumm ist , oder nur durch Stöhnen seinen Schmerz ausdrückt , äußert das Kind das Gefühl seiner Bedürfnisse durch S ch r e ie n . Durch diese ideelle Thätigkeit zeigt sich das Kind sogleich von der Gewißheit durchdrungen , daß es von der Außenwelt die Befriedigung seiner Bedürfnisse zu fordern ein Recht habe , – daß die Selbstständigkeit der Außenwelt gegen den Menschen eine nichtige sey . | Was nun die geistige Entwicklung des Kindes in diesem ersten Stadium seines Lebens betrifft , so kann man sagen , daß der Mensch nie mehr lerne , als in dieser Zeit . Das Kind macht sich hier mit allen Specificationen des Sinnlichen allmählich vertraut . Die Außenwelt wird ihm hier ein Wirkliches . Es schreitet von der Empfi ndung zur Anschauung fort . Zunächst hat das Kind nur eine Empfi ndung

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vom Lichte , durch welches ihm die Dinge manifestirt werden . Diese bloße Empfi ndung verleitet das Kind , nach dem Entfernten , als nach einem Nahen , zu greifen . Durch den Sinn des Gefühls orientirt sich aber das Kind über die Entfernungen . So gelangt es zum Augenmaaß , wirft es überhaupt das Aeußere aus sich hinaus . Auch daß die Außendinge Widerstand leisten , lernt das Kind in diesem Alter . Der Uebergang vom Kindes- zum K n a b e n a l t e r ist darin zu setzen , daß sich die Thätigkeit des Kindes gegen die Außenwelt entwickelt , – daß dasselbe , indem es zum Gefühl der Wirklichkeit der Außenwelt gelangt , selbst zu einem wirklichen Menschen zu werden und sich als solchen zu fühlen beginnt , damit aber in die praktische Tendenz , sich in jener Wirklichkeit zu versuchen , übergeht . Zu diesem praktischen Verhalten wird das Kind dadurch befähigt , daß es Z ä h ne bekommt , s t e he n , g e he n und s pr e che n lernt . Das Erste , was hier gelernt werden muß , ist das Aufrechtstehen . Dasselbe ist dem Menschen eigenthüm lich und kann nur durch seinen Willen hervorgebracht werden ; der Mensch steht nur , insofern er stehen will ; wir fallen zusammen , so wie wir nicht mehr stehen wollen ; das Stehen ist daher die Gewohnheit des Willens zum Stehen . Ein noch freieres Verhältniß zur Außenwelt erhält der Mensch durch das Gehen ; durch dasselbe hebt er das Außereinander des Raumes auf , und gibt sich selber seinen Ort . Die Sprache aber befähigt den Menschen , die Dinge als allgemeine aufzufassen , zum Bewußtseyn seiner eigenen Allgemeinheit , zum Aussprechen des Ich zu gelangen . Dieß Erfassen seiner Ichheit ist ein höchst wichtiger Punkt in der geistigen | Entwicklung des Kindes ; mit diesem Punkt beginnt dasselbe , aus seinem Versenktseyn in die Außenwelt sich in sich zu reflectiren . Zunächst äußert sich diese beginnende Selbstständigkeit dadurch , daß das Kind mit den sinnlichen Dingen s pie le n lernt . Das Vernünftigste aber , was die Kinder mit ihrem Spielzeug machen können , ist , daß sie dasselbe zerbrechen . Indem das Kind vom Spielen zum Ernst des L e r ne n s übergeht , wird es zum Knaben . In dieser Zeit fangen die Kinder an , neugierig zu werden , besonders nach Geschichten ; es ist ihnen um Vorstellungen zu thun , die sich ihnen nicht unmittelbar darbieten . Die Hauptsache aber ist hier das in ihnen erwachende Gefühl , daß sie noch nicht s i nd , was sie seyn s ol le n , – und der lebendige Wunsch , zu werden , wie die Erwachsenen sind , in deren Umgebung sie leben . Daraus entsteht die Nachahmungssucht der Kinder . Während das Gefühl der unmittelbaren Einheit mit den Eltern die geistige Muttermilch ist , durch deren Einsaugung die Kinder gedeihen , zieht das eigene Bedürfniß der letzteren , groß zu werden , dieselben groß . Dieß eigene Streben der Kinder nach Erziehung ist das immanente Moment aller Erziehung . Da aber der Knabe noch auf dem Standpunkt der Unmittelbarkeit steht , erscheint ihm das Höhere , zu welchem er sich

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erheben soll , nicht in der Form der Allgemeinheit oder der Sache , sondern in der Gestalt eines Gegebenen , eines Einzelnen , einer Autorität . Es ist dieser und jener Mann , welcher das Ideal bildet , das der Knabe zu erkennen und nachzuahmen strebt ; nur in dieser concreten Weise schaut auf diesem Standpunkt das Kind sein eigenes Wesen an . Was der Knabe lernen soll , muß ihm daher auf- und mit Autorität gegeben werden ; er hat das Gefühl , daß dieß Gegebene gegen ihn ein Höheres ist . Dieß Gefühl ist bei der Erziehung sorgfältig festzuhalten . Deshalb muß man für eine völlige Verkehrtheit die spielende Pädagogik erklären , die das Ernste als Spiel an die Kinder gebracht wissen will , und an die Erzieher die Forderung macht , sich zu dem kindischen Sinne | der Schüler herunterzulassen , anstatt diese zum Ernste der Sache heraufzuheben . Diese spielende Erziehung kann für das ganze Leben des Knaben die Folge haben , daß er Alles mit verächtlichem Sinne betrachtet . Solch trauriges Resultat kann auch durch ein von unverständigen Pädagogen empfohlenes beständiges Aufreizen der Kinder zum Räsonniren herbeigeführt werden ; dadurch erhalten diese leicht etwas Naseweises . Allerdings muß das eigene Denken der Kinder geweckt werden ; aber man darf die Würde der Sache ihrem unreifen , eitelen Verstande nicht Preis geben . Was näher die eine Seite der Erziehung – die Zucht – betrifft , so ist dem Knaben nicht zu gestatten , daß er sich seinem eigenen Belieben hingebe ; er muß gehorchen , um gebieten zu lernen . Der Gehorsam ist der Anfang aller Weisheit ; denn durch denselben läßt der das Wahre , das Objective noch nicht erkennende und zu seinem Zwecke machende , deßhalb noch nicht wahrhaft selbstständige und freie , vielmehr unfertige Wille den von außen an ihn kommenden vernünftigen Willen in sich gelten , und macht diesen nach und nach zu dem seinigen . Erlaubt man dagegen den Kindern zu thun , was ihnen beliebt , – begeht man noch obenein die Thorheit , ihnen Gründe für ihre Beliebigkeiten an die Hand zu geben ; so verfällt man in die schlechteste Weise der Erziehung , – so entsteht in den Kindern ein beklagenswerthes Sicheinhausen in besonderes Belieben , in absonderliche Gescheidtheit , in selbstsüchtiges Interesse , – die Wurzel alles Bösen . Von Natur ist das Kind weder böse noch gut , da es anfänglich weder vom Guten noch vom Bösen eine Erkenntniß hat . Diese unwissende Unschuld für ein Ideal zu halten und zu ihr sich zurückzusehnen würde läppisch seyn ; dieselbe ist ohne Werth und von kurzer Dauer . Bald thut sich im Kinde der Eigenwille und das Böse hervor . Dieser Eigenwille muß durch die Zucht gebrochen , – dieser Keim des Bösen durch dieselbe vernichtet werden . In Bezug auf die andere Seite der Erziehung – den Unt e r r icht , ist zu bemerken , daß derselbe vernünftigerweise mit dem | Abstractesten beginnt , das vom kindlichen Geiste gefaßt werden kann . Dieß sind die Buchstaben . Dieselben setzen eine Abstraction voraus , zu welcher ganze Völker , zum Beispiel , sogar die

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Chinesen nicht gekommen sind . Die Sprache überhaupt ist dieß luftige Element , dieß sinnlich-Unsinnliche , durch dessen sich erweiternde Kenntniß der Geist des Kindes immer mehr über das Sinnliche , Einzelne zum Allgemeinen , zum Denken erhoben wird . Dieß Befähigtwerden zum Denken ist der größte Nutzen des ersten Unterrichts . Der Knabe kommt jedoch nur zum vor s t e l le nd e n Denken ; die Welt ist nur für seine Vorstellung ; er lernt die Beschaffen heiten der Dinge , wird mit den Verhältnissen der natürlichen und geistigen Welt bekannt , interessirt sich für die Sachen , erkennt indeß die Welt noch nicht in ihrem inneren Zusammenhange . Zu dieser Erkenntniß kommt erst der Mann . Aber ein unvollkommenes Verständniß des Natürlichen und Geistigen kann dem Knaben nicht abgesprochen werden . Man muß daher als einen Irr thum die Behauptung bezeichnen : der Knabe verstehe noch gar nichts von Religion und von Recht , man habe ihn deßhalb mit diesen Gegenständen nicht zu behelligen , müsse ihm überhaupt nicht Vorstellungen aufdrängen , sondern ihm eigene Erfahrungen verschaffen , und sich damit begnügen , ihn von dem sinnlich Gegenwärtigen erregt werden zu lassen . Schon das Alterthum hat den Kindern nicht lange beim Sinnlichen zu verweilen gestattet . Der moderne Geist aber enthält eine noch ganz andere Erhebung über das Sinnliche , – eine viel größere Vertiefung in seine Innerlichkeit , als der antike Geist . Die übersinnliche Welt muß daher jetzt schon früh der Vorstellung des Knaben nahe gebracht werden . Dieß geschieht durch die S chu le in weit höherem Grade , als in der Familie . In der letzteren gilt das Kind in seiner unmittelbaren Einzelnheit , wird geliebt , sein Betragen mag gut oder schlecht seyn . In der Schule dagegen verliert die Unmittelbarkeit des Kindes ihre Geltung ; hier wird dasselbe nur insofern geachtet , als es Werth hat , als es | etwas leistet ; – hier wird es nicht mehr bloß geliebt , sondern nach allgemeinen Bestimmungen kritisirt und gerichtet , nach festen Regeln durch die Unterrichtsgegenstände gebildet , überhaupt einer allgemeinen Ordnung unterworfen , welche vieles an sich Unschuldige verbietet , weil nicht gestattet werden kann , daß Alle Dieß thun . So bildet die Schule den Uebergang aus der Familie in die bürgerliche Gesellschaft . Zu dieser hat jedoch der Knabe nur erst ein unbestimmtes Verhältniß ; sein Interesse theilt sich noch zwischen Lernen und Spielen . Zum Jü n g l i n g reift der Knabe , indem beim Eintritt der Pubertät das Leben der G a t t u n g in ihm sich zu regen und Befriedigung zu suchen beginnt . Der Jüngling wendet sich überhaupt dem substantiellen Allgemeinen zu ; sein Ideal erscheint ihm nicht mehr , wie dem Knaben , in der Person eines Mannes , sondern wird von ihm als ein von solcher Einzelnheit unabhängiges Allgemeines aufgefaßt . Dieß Ideal hat aber im Jüngling noch eine mehr oder weniger subjective Gestalt ; möge dasselbe als Ideal der Liebe und der Freundschaft , oder eines

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allgemeinen Weltzustandes in ihm leben . In dieser Subjectivität des substantiellen Inhalts solchen Ideals liegt nicht nur dessen Gegensatz gegen die vorhandene Welt , sondern auch der Trieb , durch Verwirklichung des Ideals diesen Gegensatz aufzuheben . Der Inhalt des Ideals flößt dem Jüngling das Gefühl der Thatkraft ein ; daher wähnt dieser sich berufen und befähigt , die Welt umzugestalten , oder wenigstens die ihm aus den Fugen gekommen scheinende Welt wieder einzurichten . Daß das in seinem Ideal enthaltene substantielle Allgemeine , seinem Wesen nach , in der Welt bereits zur Entwicklung und Verwirklichung gelangt ist , wird vom schwärmenden Geiste des Jünglings nicht eingesehen . Ihm scheint die Verwirklichung jenes Allgemeinen ein Abfall von demselben . Deßhalb fühlt er sowohl sein Ideal als seine eigene Persönlichkeit von der Welt nicht anerkannt . So wird der Friede , in welchem das Kind mit der Welt lebt , vom Jüngling gebrochen . Wegen | dieser Richtung auf das Ideale hat die Jugend den Schein eines edleren Sinnes und größerer Uneigennützigkeit , als sich in dem für seine besonderen , zeitlichen Interessen sorgenden Manne zeigt . Dagegen muß aber bemerklich gemacht werden , daß der Mann nicht mehr in seinen besonderen Trieben und subjectiven Ansichten befangen , und nur mit seiner persönlichen Ausbildung beschäftigt ist , sondern sich in die Vernunft der Wirklichkeit versenkt hat , und für die Welt thätig sich erweist . Zu diesem Ziele kommt der Jüngling nothwendig . Sein unmittelbarer Zweck ist d e r , sich zu bilden , um sich zur Verwirklichung seiner Ideale zu befähigen . In dem Versuch dieser Verwirklichung wird er zum M a n ne . Anfangs kann dem Jünglinge der Uebergang aus seinem idealen Leben in die bürgerliche Gesellschaft als ein schmerzhafter Uebergang in’s Philisterleben erscheinen . Bis dahin nur mit allgemeinen Gegenständen beschäftigt und bloß für sich selber arbeitend , soll der zum Manne werdende Jüngling , indem er in’s praktische Leben tritt , für Andere thätig seyn und sich mit Einzelnheiten befassen . So sehr Dieß nun in der Natur der Sache liegt , – da , wenn gehandelt werden soll , zum E i n z e l n e n fortgegangen werden muß , – so kann dem Menschen die beginnende Beschäftigung mit Einzelnheiten doch sehr peinlich seyn , und die Unmöglichkeit einer unmittelbaren Verwirklichung seiner Ideale ihn hypochondrisch machen . Dieser Hypochondrie , – wie unscheinbar sie auch bei Vielen seyn mag , – entgeht nicht leicht Jemand . Je später der Mensch von ihr befallen wird , um desto bedenklicher sind ihre Symptome . Bei schwachen Naturen kann sich dieselbe durch das ganze Leben hindurchziehen . In dieser krankhaften Stimmung will der Mensch seine Subjectivität nicht aufgeben , vermag den Widerwillen gegen die Wirklichkeit nicht zu überwinden , und befi ndet sich eben dadurch in dem Zustande relativer Unfähigkeit , die leicht zu einer wirklichen Unfähigkeit wird . Will daher der Mensch nicht untergehen , so muß er die Welt als eine

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selbstständige , im Wesentlichen fe r t i g e anerkennen , – die von der|selben ihm gestellten Bedingungen annehmen , und ihrer Sprödigkeit Dasjenige abringen , was er für sich selber haben will . Zu dieser Fügsamkeit glaubt sich der Mensch in der Regel nur aus No t h verstehen zu müssen . In Wahrheit aber muß diese Einheit mit der Welt nicht als ein Verhältniß der Noth , sondern als das vernünftige Verhältniß erkannt werden . Das Vernünftige , Göttliche besitzt die absolute Macht , sich zu verwirklichen , und hat sich von jeher vollbracht ; es ist nicht so ohn mächtig , daß es erst auf den Beginn seiner Verwirklichung warten müßte . Die Welt ist diese Verwirklichung der göttlichen Vernunft ; nur auf ihrer Oberfläche herrscht das Spiel vernunftloser Zufälle . Sie kann daher wenigstens mit ebensoviel und wohl noch mit größerem Rechte , als das zum Manne werdende Individuum , die Prätension machen , für fertig und selbstständig zu gelten ; und der M a n n handelt deßhalb ganz vernünftig , indem er den Plan einer gänzlichen Umgestaltung der Welt aufgibt , und seine persönlichen Zwecke , Leidenschaften und Interessen nur in seiner Anschließung an die Welt zu verwirklichen strebt . Auch so bleibt ihm Raum zu ehrenvoller , weitgreifender und schöpferischer Thätigkeit übrig . Denn , obgleich die Welt als im Wesentlichen fertig anerkannt werden muß , so ist sie doch kein Todtes , kein absolut Ruhendes , sondern , – wie der Lebensproceß , – ein sich immer von Neuem Hervorbringendes , ein , – indem es sich nur erhält , – zugleich Fortschreitendes . In dieser erhaltenden Hervorbringung und Weiterführung der Welt besteht die Arbeit des Mannes . Wir können daher einerseits sagen , daß der Mann nur Das hervorbringt , was schon da ist . Andererseits muß jedoch durch seine Thätigkeit auch ein Fortschritt bewirkt werden . Aber das Fortrücken der Welt geschieht nur in ungeheuren Massen und fällt erst in einer großen Summe des Hervorgebrachten auf . Wenn der Mann nach funfzigjähriger Arbeit auf seine Vergangenheit zurückblickt , wird er das Fortschreiten schon erkennen . Diese Erkenntniß , sowie die Einsicht in die Vernünftigkeit der Welt befreit ihn von der Trauer | über die Zerstörung seiner Ideale . Was in diesen Idealen w a h r ist , erhält sich in der praktischen Thätigkeit ; nur das Unwahre , die leeren Abstractionen muß sich der Mann abarbeiten . Der Umfang und die Art seines Geschäfts kann sehr verschieden seyn ; aber das Substantielle ist in allen menschlichen Geschäften Dasselbe , – nämlich das Rechtliche , das Sittliche und das Religiöse . Die Menschen können daher in allen Sphären ihrer praktischen Thätigkeit Befriedigung und Ehre fi nden , wenn sie überall Dasjenige leisten , was in der besonderen Sphäre , welcher sie durch Zufall , äußerliche Nothwendigkeit oder freie Wahl angehören , mit Recht von ihnen gefordert wird . Dazu ist vor allen Dingen nothwendig , daß die Bildung des zum Manne werdenden Jünglings vollendet sey , daß derselbe ausstudirt habe , und zweitens , daß er sich entschließe , selber für seine Subsistenz dadurch zu sorgen , daß er für

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Andere thätig zu werden beginnt . Die bloße Bildung macht ihn noch nicht zu einem vollkommen fertigen Menschen ; dieß wird er erst durch die eigene verständige Sorge für seine zeitlichen Interessen ; – gleichwie auch Völker erst dann als mündig erscheinen , wenn sie es dahin gebracht haben , von der Wahrnehmung ihrer materiellen und geistigen Interessen nicht durch eine sogenannte väterliche Regierung ausgeschlossen zu seyn . Indem nun der Mann in’s praktische Leben übergeht , kann er wohl über den Zustand der Welt verdrüßlich und grämlich seyn , und die Hoffnung auf ein Besser werden desselben verlieren ; trotz dessen haust er sich aber in die objectiven Verhältnisse ein , und lebt in der Gewohnheit an dieselben und an seine Geschäfte . Die Gegenstände , mit welchen er sich zu beschäftigen hat , sind zwar einzelne , wechselnde , in ihrer Eigenthüm lich keit mehr oder weniger neue . Zugleich aber haben diese Einzelnheiten ein Allgemeines , eine Regel , etwas Gesetzmäßiges in sich . Je länger der Mann nun in seinem Geschäfte thätig ist , desto mehr hebt sich ihm dieß Allgemeine aus allen Besonderheiten heraus . Dadurch kommt er dahin , in seinem Fache völlig zu Hause zu seyn , sich | in seine Bestimmung vollkommen einzuleben . Das Wesentliche in allen Gegenständen seines Geschäfts ist ihm dann ganz geläufig , und nur das Individuelle , Unwesentliche kann mitunter etwas für ihn Neues enthalten . Gerade dadurch aber , daß seine Thätigkeit seinem Geschäfte so vollkommen g e m ä ß geworden ist , – daß dieselbe an ihren Objecten keinen Widerstand mehr fi ndet , – gerade durch dieß vollendete Ausgebildetseyn seiner Thätigkeit e r l i s cht die Lebendigkeit derselben ; denn zugleich mit dem Gegensatze des Subjects und des Objects verschwindet das Interesse des Ersteren an dem Letzteren . So wird der Mann durch die Gewohnheit des geistigen Lebens ebenso , wie durch das Sichabstumpfen der Thätigkeit seines physischen Organismus , zum G r e i s e . Der G r e i s lebt ohne bestimmtes Interesse , da er die Hoffnung , früher gehegte Ideale verwirklichen zu können , aufgegeben hat , und ihm die Zukunft überhaupt nichts Neues zu versprechen scheint , er vielmehr von Allem , was ihm etwa noch begegnen mag , schon das Allgemeine , Wesentliche zu kennen glaubt . So ist der Sinn des Greises nur diesem Allgemeinen und der Vergangenheit zugewendet , welcher er die Erkenntniß dieses Allgemeinen verdankt . Indem er aber so in der Erinnerung an das Vergangene und an das Substantielle lebt , verliert er für das Einzelne der Gegenwart und für das Willkürliche , zum Beispiel für die Namen , das Gedächtniß ebenso sehr , wie er umgekehrt die weisen Lehren der Erfahrung in seinem Geiste festhält , und Jüngeren zu predigen sich für verpfl ichtet hält . Diese Weisheit aber , – dieß leblose vollkommene Zusammengegangenseyn der subjectiven Thätigkeit mit ihrer Welt , – führt zur gegensatzlosen Kindheit nicht weniger zurück , als die zur proceßlosen Gewohnheit gewordene Thätigkeit

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seines physischen Organismus zur abstracten Negation der lebendigen Einzelnheit , – zum To d e – fortgeht . So schließt sich der Verlauf der Lebensalter des Menschen zu einer durch den Begriff bestimmten Totalität von Veränderun|gen ab , die durch den Proceß der Gattung mit der Einzelnheit hervorgebracht werden . Wie bei der Schilderung der Racenverschiedenheiten der Menschen , und bei der Charakterisirung des Nationalgeistes , haben wir auch , um von dem Verlauf der Lebensalter des menschlichen Individuums auf eine bestimmte Weise sprechen zu können , die Kenntniß des in der Anthropologie noch nicht zu betrachtenden concreten Geistes , – da derselbe in jenen Entwicklungsproceß eingeht , – anticipiren , und von dieser Kenntniß für die Unterscheidung der verschiedenen Stufen jenes Processes Gebrauch machen müssen . |

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§ 398 Durch das E r w a che n tritt die natürliche Seele | des menschlichen Individuums zu ihrer Substanz in ein Verhältniß , das als die Wahrheit , – als die Einheit der beiden Beziehungen betrachtet werden muß , welche , einerseits in der den Verlauf der L e b e n s a l t e r hervorbringenden Entwicklung , andererseits im G e s ch le cht s ve r h ä l t n i ß , zwischen der Einzelnheit und der substantiellen Allgemeinheit oder der Gattung des Menschen statt fi nden . Denn während in jenem Verlauf die Seele als das beharrende Eine Subject erscheint , die an ihr hervortretenden Unterschiede aber nur Veränderungen , folglich nur f l ie ß e nd e , nicht bestehende Unterschiede sind , – und während dagegen im Geschlechtsverhältniß das Individuum zu einem fe s t e n Unterschiede , zum reellen Gegensatze gegen sich selber kommt , und die Beziehung des Individuums auf die an ihm selber thätige Gattung zu einer Beziehung auf ein Individuum entgegengesetzten Geschlechtes sich entwickelt , – während also dort die e i n f a che E i n he it , hier der fe s t e G e g e n s a t z vorherrscht , – sehen wir in der erwachenden Seele eine nicht bloß einfache , vielmehr eine durch den Gegensatz vermittelte Beziehung der Seele auf sich , in diesem Fürsichseyn der Seele aber den Unterschied weder als einen so fl ießenden , wie im Verlauf der Lebensalter , noch als einen so festen , wie im Geschlechtsverhältniß , sondern als den an Einem und demselben Individuum sich hervorbringenden d a ue r nd e n Wechsel der Zustände des Schlafens und Wachens . Die Nothwendigkeit des dialektischen Fortgangs vom Geschlechtsverhältniß zum Erwachen der Seele liegt aber näher darin , daß , indem jedes der zu einander in geschlechtlicher Beziehung stehenden Individuen , kraft ihrer an-sich-seyenden Einheit , in dem anderen sich selber wiederfi ndet , die Seele aus

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ihrem Ansichseyn zum Fürsichseyn , – das heißt eben , – aus ihrem Schlaf zum Erwachen gelangt . Was im Geschlechtsverhältniß an zwei Individuen ver theilt ist , – nämlich eine mit ihrer Substanz in unmittelbarer Einheit bleibende , und eine in den Gegensatz gegen diese Substanz eingehende Subjectivität , – Das ist in der erwachenden Seele vereinigt , hat somit | die Festigkeit seines Gegensatzes verloren , und jene Flüssigkeit des Unterschieds erhalten , durch welche Dasselbe zu bloßen Zu s t ä nd e n wird . Der S ch l a f ist der Zustand des Versunkenseyns der Seele in ihre unterschiedslose Einheit , – das Wa che n dagegen der Zustand des Eingegangenseyns der Seele in den Gegensatz gegen diese einfache Einheit . Das Naturleben des Geistes hat hier noch sein Bestehen ; denn obgleich die erste Unmittelbarkeit der Seele bereits aufgehoben und nun zu einem bloßen Zustande herabgesetzt ist , so erscheint doch das durch die Negation jener Unmittelbarkeit zu Stande gekommene Fürsichseyn der Seele gleichfalls noch in der Gestalt eines bloßen Zustandes . Das Fürsichseyn , die Subjectivität der Seele ist noch nicht mit ihrer an-sich-seyenden Substantialität zusammengefaßt ; beide Bestimmungen erscheinen noch als einander ausschließende , sich abwechselnde Zustände . Allerdings fällt in das Wachseyn die wahrhaft geistige Thätigkeit , – der Wille und die Intelligenz ; in dieser concreten Bedeutung haben wir jedoch das Wachseyn hier noch nicht zu betrachten , sondern nur als Zustand , folglich als etwas vom Willen und von der Intelligenz wesentlich Unterschiedenes . Daß aber der in seiner Wahrheit als reine Thätigkeit zu fassende Geist die Zustände des Schlafens und Wachens an sich hat , rührt davon her , daß derselbe auch Seele ist , und als S e e le sich zu der Form eines Natürlichen , eines Unmittelbaren , eines Leidenden herabsetzt . In dieser Gestalt e r le id e t der Geist nur sein Fürsichwerden . Man kann daher sagen , das Erwachen werde dadurch bewirkt , daß der Blitz der Subjectivität die Form der Unmittelbarkeit des Geistes durchschlage . Zwar kann sich der freie Geist auch zum Erwachen bestimmen ; hier in der Anthropologie betrachten wir aber das Erwachen nur in sofern , als es ein Geschehen , und zwar dieß noch ganz unbestimmte Geschehen ist , daß der Geist sich selber und eine ihm gegenüberstehende Welt überhaupt findet ; – ein Sich f i nd e n , das zunächst nur zur Empfi ndung fortschreitet , aber von der concreten Bestimmung der Intelligenz und des Willens | noch weit entfernt bleibt . Daß die Seele , indem sie erwacht , sich und die Welt , – diese Zweiheit , diesen Gegensatz , – bloß f i nd e t , darin besteht eben hier die Natürlichkeit des Geistes . Die im Erwachen erfolgende Unterscheidung der Seele von sich selbst und von der Welt hängt nun , wegen ihrer Natürlichkeit , mit einem physikalischen Unterschiede , nämlich mit dem Wechsel von Tag und Nacht zusammen . Es ist natürlich für den Menschen , bei Tage zu wachen , und bei Nacht zu schlafen ; denn wie der Schlaf der Zustand der Ununterschiedenheit der Seele ist , so verdunkelt die

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Nacht den Unterschied der Dinge ; und wie das Erwachen das Sichvonsichselberunter scheiden der Seele darstellt , so läßt das Licht des Tages die Unterschiede der Dinge hervortreten . Aber nicht nur in der physikalischen Natur , sondern auch im menschlichen Organismus findet sich ein Unterschied , welcher dem Unterschiede des Schlafens und Wachens der Seele entspricht . Am animalischen Organismus ist wesentlich die Seite seines Insichbleibens von der Seite seines Gerichtetseyns gegen Anderes zu unterscheiden . Bich a t hat die erstere Seite das or g a n i s che Leben , die letztere das a n i m a l i s che Leben genannt . Zum organischen Leben rechnet er das Reproductionssystem , – die Verdauung , den Blutumlauf , die Transpiration , das Athmen . Dieß Leben dauert im Schlafe fort ; es endigt nur mit dem Tode . Das animalische Leben dagegen , – zu welchem nach Bich a t das System der Sensibi lität und der Irritabilität , die Thätigkeit der Nerven und Muskeln gehört , – dieß theoretische und praktische nach außen Gerichtetseyn hört im Schlafe auf ; weßhalb schon die Alten den Schlaf und den Tod als Brüder dargestellt haben . Die einzige Weise , wie sich der animalische Organismus im Schlafe noch auf die Außenwelt bezieht , ist das Athmen , dieß ganz abstracte Verhältniß zum unterschiedslosen Elemente der Luft . Zur particularisirten Aeußerlichkeit hingegen steht der gesunde Organismus des Menschen im Schlafe in keiner Beziehung mehr . Wenn daher | der Mensch im Schlafe nach außen thätig wird , so ist er krank . Dieß fi ndet bei den Schlafwandlern statt . Dieselben bewegen sich mit der größten Sicherheit ; einige haben Briefe geschrieben und gesiegelt . Doch ist im Schlafwandeln der Sinn des Gesichts paralysirt , das Auge in einem kataleptischen Zustande . In Demjenigen , was Bich a t das a n i m a l i s che Leben nennt , herrscht also ein We ch s e l von Ruhe und Thätigkeit , – somit , – wie im Wachen , – ein G e g e n s a t z , während das in jenen Wechsel nicht eingehende or g a n i s che Leben der im Schlafe vorhandenen Unt e r s ch ie d s lo s i g ke it der Seele entspricht . Außer jenem Unterschied der Thätigkeit des Organismus ist aber auch in der G e s t a l t u n g der Organe des inneren und des nach außen gerichteten Lebens ein dem Unterschied des Schlafens und des Wachens gemäßer Unterschied zu bemerken . Die ä u ß e r e n Organe , – die Augen , die Ohren , – sowie die Extremitäten , die Hände und die Füße , sind symmetrisch ve r d o pp e l t , und – beiläufig gesagt – durch diese Symmetrie fähig , Gegenstand der Kunst zu werden . Die i n ne r e n Organe dagegen zeigen entweder gar keine , oder wenigstens nur eine unsymmetrische Verdoppelung . Wir haben nur Einen Magen . Unsere Lunge hat zwar zwei Flügel , wie das Herz zwei Kammern hat ; aber sowohl das Herz , wie die Lunge , enthalten auch schon die Beziehung des Organismus auf ein Entgegengesetztes , auf die Außenwelt . Zudem sind weder die Lungenflügel , noch die Herzkammern so symmetrisch , wie die äußeren Organe .

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zu § 398

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Was den g e i s t i g e n Unterschied des Wachens vom Schlafen betrifft , so kann außer dem in obigem Paragraphen darüber Gesagten noch Folgendes bemerkt werden . Wir haben den Schlaf als denjenigen Zustand bestimmt , in welchem die Seele sich weder in sich selbst noch von der Außenwelt unterscheidet . Diese an und für sich nothwendige Bestimmung wird durch die Erfahrung bestätigt . Denn wenn unsere Seele immer nur Ein und Dasselbe empfi ndet oder sich vorstellt , wird sie schläfrig . So kann | die einförmige Bewegung des Wiegens , eintöniges Singen , das Gemurmel eines Baches Schläfrigkeit in uns hervorbringen . Dieselbe Wirkung entsteht durch die Faselei , durch unzusammenhängende , gehaltlose Erzählungen . Unser Geist fühlt sich nur dann vollkommen wach , wenn ihm etwas Interessantes , etwas zugleich Neues und Gehaltvolles , etwas verständig in sich Unterschiedenes und Zusammenhängendes geboten wird ; denn in solchem Gegenstande findet er sich selber wieder . Zur Lebendigkeit des Wachseyns gehört also der Gegensatz und die Einheit des Geistes mit dem Gegenstande . Findet dagegen der Geist in dem Anderen die in sich unterschiedene Totalität , welche er selber ist , nicht wieder , so zieht er sich von dieser Gegenständlichkeit in seine unterschiedslose Einheit mit sich zurück , langweilt sich und schläft ein . – In dem eben Bemerkten ist aber schon enthalten , daß nicht der Geist ü b e r h a up t , sondern bestimmter das verständige und das vernünftige Denken durch den Gegenstand in Spannung gesetzt werden muß , wenn das Wachseyn in der ganzen Schärfe seiner Unterschiedenheit vom Schlafe und vom Träumen vorhanden seyn soll . Wir können uns im Wachen , – wenn wir das Wort im abstracten Sinne nehmen , – sehr langweilen ; und umgekehrt ist es möglich , daß wir uns im Traume lebhaft für Etwas interessiren . Aber im Traume ist es nur unser vorstellendes , nicht unser verständiges Denken , dessen Interesse erregt wird . Ebenso wenig aber , wie die unbestimmte Vorstellung des Sichinteressirens für die Gegenstände zur Unterscheidung des Wachens vom Träumen hinreicht , kann auch die Bestimmung der K l a r he it für jene Unterscheidung genügend erscheinen . Denn erstlich ist diese Bestimmung nur eine quantitative ; sie drückt nur die Unmittelbarkeit der Anschauung , folglich nicht das Wahrhafte aus ; Dieß haben wir erst vor uns , wenn wir uns überzeugen , daß das Angeschaute eine vernünftige Totalität in sich ist . Und zweitens wissen wir sehr wohl , daß das Träumen sich nicht einmal immer als das Unklarere vom Wachen unterscheidet , sondern im | Gegentheil oft , namentlich bei Krankheiten und bei Schwärmern , klarer ist , als das Wachen . Endlich würde auch dadurch keine genügende Unterscheidung gegeben werden , daß man ganz unbestimmt sagte , nur im Wachen d e n ke der Mensch . Denn das Denken ü b e r h a upt gehört so sehr zur Natur des Menschen , daß derselbe immer , auch im Schlafe , denkt . In allen Formen des Geistes , – im Gefühl ,

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in der Anschauung , wie in der Vorstellung , – bleibt das Denken die Grundlage . Dasselbe wird daher , in sofern es diese unbestimmte Grundlage ist , von dem Wechsel des Schlafens und des Wachens nicht berührt , macht hier nicht ausschließlich Eine Seite der Veränderung aus , sondern steht als die ganz allgemeine Thätigkeit über beiden Seiten dieses Wechsels . Anders verhält sich hingegen die Sache in Bezug auf das Denken , in sofern dasselbe als eine unterschiedene Form der geistigen Thätigkeit den anderen Formen des Geistes g e g e nü b e r t r it t . In diesem Sinne hört das Denken im Schlafe und im Traume auf . Verstand und Vernunft – die Weisen des e i g e nt l iche n Denkens – sind nur im Wachen thätig . Erst im Verstande hat die der erwachenden Seele zukommende abstracte Bestimmung des Sichselbstunterscheidens vom Natürlichen , von ihrer unterschiedslosen Substanz und von der Außenwelt , ihre i nt e n s ive , concrete Bedeutung , da der Verstand das unendliche Insichseyn ist , welches sich zur Totalität entwickelt und eben dadurch sich von der Einzelnheit der Außenwelt frei gemacht hat . Wenn aber das Ich in sich selber frei ist , macht es auch die Gegenstände von seiner Subjectivität unabhängig , betrachtet es dieselben gleichfalls als Totalitäten und als Glieder einer sie alle umfassenden Totalität . Am Aeußerlichen ist nun die Totalität nicht als freie Idee , sondern als Zusammenhang der No t h we nd i g ke it . Dieser objective Zusammenhang ist Dasjenige , wodurch sich die Vorstellungen , die wir im Wachen haben , wesentlich von denen unterscheiden , die im Traume entstehen . Begegnet mir daher im Wachen Etwas , dessen Zusammenhang mit dem übrigen | Zustande der Außenwelt ich noch nicht zu entdecken vermag , so kann ich fragen : wache ich oder träume ich ? Im Traume verhalten wir uns nur vorstellend ; da werden unsere Vorstellungen nicht von den Kategorien des Verstandes beherrscht . Das bloße Vorstellen reißt aber die Dinge aus ihrem concreten Zusammenhange völlig heraus , vereinzelt dieselben . Daher fl ießt im Traume Alles auseinander , durchkreuzt sich in wilder Unordnung , verlieren die Gegenstände allen nothwendigen , objectiven , verständigen , vernünftigen Zusammenhang , und kommen nur in eine ganz oberflächliche , zufällige , subjective Verbindung . So geschieht es , daß wir Etwas , das wir im Schlafe hören , in einen ganz anderen Zusammenhang bringen , als dasselbe in der Wirklichkeit hat . Man hört z . B . eine Thüre stark zuschlagen , glaubt , es sey ein Schuß gefallen , und mahlt sich nun eine Räubergeschichte aus . Oder man empfindet im Schlaf auf der Brust einen Druck , und erklärt sich denselben durch den Alp . Das Entstehen solcher falschen Vorstellungen im Schlafe ist deßhalb möglich , weil in diesem Zustande der Geist nicht die für-sich-seyende Totalität ist , mit welcher derselbe im Wachen alle seine Empfi ndungen , Anschauungen und Vorstellungen vergleicht , um aus der Uebereinstimmung oder Nichtübereinstimmung der einzelnen Empfindungen , Anschauungen und Vorstellungen mit seiner für-sich-seyenden Totalität

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die Objectivität oder Nichtobjectivität jenes Inhalts zu erkennen . Auch wachend kann zwar der Mensch sich in der Faselei ganz leeren , subjectiven Vorstellungen überlassen ; wenn er aber den Verstand nicht verloren hat , weiß er zugleich , daß diese Vorstellungen nu r Vorstellungen sind , weil sie mit seiner präsenten Totalität in Widerspruch stehen . Bloß hier und da fi ndet sich im Traume Einiges , das einen ziemlichen Zusammenhang mit der Wirklichkeit hat . Namentlich gilt Dieß von den Träumen vor Mitternacht ; in diesen können die Vorstellungen noch einigermaaßen von der Wirklichkeit , mit welcher wir uns am Tage beschäftigt haben , in Ordnung zusam|mengehalten werden . Um Mitternacht ist , wie die Diebe sehr gut wissen , der Schlaf am festesten ; da hat sich die Seele von aller Spannung gegen die Außenwelt in sich zurückgezogen . Nach Mitternacht werden die Träume noch willkürlicher , als vorher . Mitunter fühlen wir jedoch im Traume Etwas voraus , das wir in der Zerstreuung des wachenden Bewußtseyns nicht bemerken . So kann schweres Blut im Menschen das bestimmte Gefühl einer Krankheit erregen , von welcher er im Wachen noch gar nichts geahnt hat . Ebenso kann man durch den Geruch eines schwelenden Körpers im Schlafe zu Träumen von Feuersbrünsten angeregt werden , die erst einige Tage nachher zum Ausbruch kommen , und auf deren Vorzeichen wir im Wachen nicht geachtet haben . Schließlich ist noch zu bemerken , daß das Wachen , als natürlicher Zustand , als eine natürliche Spannung der individuellen Seele gegen die Außenwelt , eine G r e n z e , ein Maaß hat , – daß daher die Thätigkeit des wachenden Geistes ermüdet und so den Schlaf herbeiführt , der seinerseits gleichfalls eine Grenze hat und zu seinem Gegentheil fortgehen muß . Dieser doppelte Ue b e r g a n g ist die Weise , wie in dieser Sphäre die Einheit der an-sich-seyenden Substantialität der Seele mit deren für-sich-seyender Einzelnheit zur Erscheinung kommt . |

§ 399

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Was den dialektischen Fortgang von der e r w a che nd e n Seele zur E m p f i nd u n g betrifft , so haben wir darüber Folgendes zu bemerken . Der nach dem Wachen eintretende Schlaf ist die n a t ü r l iche Weise der Rückkehr der Seele aus der Differenz zur unterschiedslosen Einheit mit sich . In soweit der Geist in den Banden der Natürlichkeit befangen bleibt , stellt diese Rückkehr nichts dar , als die leere W ie d e r holu n g des Anfangs , – einen langweiligen Kreislauf . A n s ich , oder dem Begriffe nach , ist aber in jener Rückkehr zugleich ein F o r t s ch r it t enthalten . Denn der Uebergang des Schlafs in das Wachen und des Wachens in den Schlaf hat f ü r u n s das ebenso positive wie negative Resultat , daß sowohl

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zusätze

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das im Schlafe vorhandene ununterschiedene substantielle Seyn der Seele , wie das im Erwachen zu Stande kommende noch ganz abstracte , noch ganz leere Fürsichseyn derselben sich in ihrer Getrenntheit als einseitige , unwahre Bestimmungen erweisen , und ihre concrete E i n he it als ihre Wahrheit hervortreten lassen . In dem sich wiederholenden Wechsel von Schlaf und Wachen streben diese Bestimmungen immer nur nach ihrer concreten Einheit , ohne dieselbe jemals zu erreichen ; jede dieser Bestimmungen fällt da aus ihrer eigenen Einseitigkeit immer nur in die Einseitigkeit der entgegengesetzten Bestimmung . Zur W i r k l ich ke it aber kommt diese , in jenem Wechsel immer nur erstrebte Einheit in der e m pf i nd e nd e n Seele . Indem die Seele empfindet , hat sie es mit einer unmittelbaren , seyenden , noch nicht durch sie hervorgebrachten , sondern von ihr nur vorgefundenen , innerlich oder äußerlich gegebenen , also von ihr nicht abhängenden Bestimmung zu thun . Zu g le ich ist aber diese Bestimmung in die Allgemeinheit der Seele versenkt , wird dadurch in ihrer Unmittelbarkeit negirt , somit ideell gesetzt . Daher kehrt die empfindende Seele in diesem ihrem Anderen , als in dem Ihrigen , zu sich selber zurück , ist in dem Unmittelbaren , Seyenden , welches | sie empfindet , bei sich selber . So bekommt das im Erwachen vorhandene a b s t r a c t e Fürsichseyn durch die Bestimmungen , welche an sich in der schlafenden Natur der Seele , in deren substantiellem Seyn enthalten sind , seine erste Erfüllung . Durch diese Erfüllung verwirklicht , vergewissert , bewährt die Seele sich ihr Fürsichseyn , ihr Erwachtseyn , – i s t sie nicht bloß für sich , sondern s e t z t sie sich auch als für-sich-seyend , als Subjectivität , als Negativität ihrer unmittelbaren Bestimmungen . So erst hat die Seele ihre w a h r h a f t e Individualität erreicht . Dieser subjective Punkt der Seele steht jetzt nicht mehr abgesondert , gegenüber der Unmittelbarkeit derselben , sondern macht sich in dem Mannigfaltigen geltend , das in jener Unmittelbarkeit , der Möglichkeit nach , enthalten ist . Die empfi ndende Seele setzt das Mannigfaltige in ihre Innerlichkeit hinein , sie hebt also den Gegensatz ihres Fürsichseyns oder ihrer Subjectivität , und ihrer Unmittelbarkeit oder ihres substantiellen Ansichseyns auf , – jedoch nicht auf d ie Weise , daß , wie beim Rückgang des Erwachens in den Schlaf , ihr Fürsichseyn seinem Gegentheil , jenem bloßen Ansichseyn , Platz machte , sondern s o , daß ihr Fürsichseyn in der Veränderung , in dem Anderen sich erhält , sich entwickelt und bewährt , die Unmittelbarkeit der Seele aber von der Form eines ne b e n jenem Fürsichseyn vorhandenen Zustandes zu einer nur i n jenem Fürsichseyn bestehenden Bestimmung , folglich zu einem S che i n herabgesetzt wird . Durch das Empfinden ist somit die Seele dahin gekommen , daß das ihre Natur ausmachende Allgemeine in einer unmittelbaren Bestimmtheit für sie wird . Nur durch dieß Fürsichwerden ist die Seele empfindend . Das Nichtanimalische empfindet eben deßhalb nicht , weil in demselben das Allgemeine in die Bestimmtheit versenkt

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zu §§ 399–400

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bleibt , in dieser nicht für sich wird . Das gefärbte Wasser , zum Beispiel , ist nur f ü r u n s unterschieden von seinem Gefärbtseyn und von seiner Ungefärbtheit . Wäre Ein und dasselbe Wasser zugleich allgemeines und gefärbtes Wasser , so würde diese unterscheidende Bestimmtheit für das Wasser selber | seyn , dieses somit Empfi ndung haben ; denn Empfi ndung hat Etwas dadurch , daß dasselbe in seiner Bestimmtheit sich als ein Allgemeines erhält . In obiger Auseinandersetzung des Wesens der Empfindung ist schon enthalten , daß , wenn im Paragraph 398 das Erwachen ein Ur t he i l der individuellen Seele hat genannt werden dürfen , – weil dieser Zustand eine T he i lu n g der Seele in eine für-sich-seyende und in eine nur seyende Seele , und zugleich eine u n m it t el b a r e Beziehung ihrer Subje c t iv it ä t auf A nd e r e s hervorbringt , – wir in der Empfi ndung das Vorhandenseyn eines S ch lu s s e s behaupten , und daraus die vermittelst der Empfi ndung erfolgende Vergewisserung des Wachseyns ableiten können . Indem wir erwachen , fi nden wir uns zunächst in einem ganz unbestimmten Unterschiedenseyn von der Außenwelt überhaupt . Erst , wenn wir anfangen zu empfi nden , wird dieser Unterschied zu einem b e s t i m m t e n . Um daher zum völligen Wachseyn und zur Gewißheit desselben zu gelangen , öffnen wir die Augen , fassen wir uns an , untersuchen wir , mit Einem Wort , ob etwas bestimmtes Anderes , ein bestimmt von uns Unterschiedenes für uns ist . Bei dieser Untersuchung beziehen wir uns auf das Andere nicht mehr geradezu , sondern m it t e l b a r . So ist , z . B . , die B e r ü h r u n g die Vermittlung zwischen mir und dem Anderen , da sie , von diesen beiden Seiten des Gegensatzes verschieden , doch zugleich beide vereinigt . Hier also , wie bei der Empfi ndung überhaupt , schließt die Seele vermittelst eines zwischen ihr und dem Anderen Stehenden in dem empfundenen Inhalte sich mit sich selber zusammen , reflectirt sich aus dem Anderen in sich , scheidet sich von demselben ab , und bestätigt sich dadurch ihr Fürsichseyn . Diese Zusammenschließung der Seele mit sich selber ist der Fortschritt , welchen die im Erwachen sich thei lende Seele durch ihren Uebergang zur Empfi ndung macht . | § 400 Obgleich auch der dem freien Geiste angehörige , eigenthüm lich menschliche Inhalt die Form der Empfindung annimmt , so ist diese Form als solche doch eine der thierischen und der menschlichen Seele gemeinsame , daher jenem Inhalt nicht gemäße . Das Widersprechende zwischen dem g e i s t i g e n Inhalt und der Empfi ndung besteht darin , daß jener ein an-und-für-sich Allgemeines , Nothwendiges , wahrhaft Objectives , – die Empfindung dagegen etwas Vereinzeltes , Zufälliges , einseitig Subjectives ist . In wiefern die letztgenannten Bestimmungen von

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der Empfi ndung ausgesagt werden müssen , Das wollen wir hier kurz erläutern . Wie schon bemerkt , hat das Empfundene wesentlich die Form eines Unmittelbaren , eines Seyenden , – gleichviel , ob dasselbe aus dem freien Geiste , oder aus der Sinnenwelt herstamme . Die Idealisirung , welche das der ä u ß e r e n Natur Angehörende durch das Empfundenwerden erfährt , ist eine noch ganz oberflächliche , von dem vollkommenen Aufheben der Unmittelbarkeit dieses Inhalts fern bleibende . Der an sich diesem seyenden | Inhalt entgegengesetzte g e i s t i g e Stoff aber wird in der empfi ndenden Seele zu einem in der Weise der Unmittelbarkeit Existirenden . Da nun das Unvermittelte ein Vereinzeltes ist , so hat alles Empfundene die Form eines Ve r e i n z e lt e n . Dieß wird von den Empfi ndungen des Aeußerlichen leicht zugegeben , muß aber auch von den Empfi ndungen des Innerlichen behauptet werden . Indem das Geistige , das Vernünftige , das Rechtliche , Sittliche und Religiöse in die Form der Empfi ndung tritt , erhält es die Gestalt eines Sinnlichen , eines Außereinanderliegenden , eines Zusammenhangslosen , – bekommt es somit eine Aehnlichkeit mit dem äußerlich Empfundenen , das zwar nur in Einzelnheiten , z . B . in einzelnen Farben , empfunden wird , jedoch , wie das Geistige , a n s ich ein Allgemeines , z . B . Farbe überhaupt , enthält . Die umfassendere , höhere Natur des Geistigen tritt daher nicht in der Empfindung , sondern erst im begreifenden Denken hervor . In der Vereinzelung des empfundenen Inhalts ist aber zugleich seine Zu f ä l l i g ke it und seine einseitig subjective Form begründet . Die Su bje c t iv it ä t der Empfindung muß nicht unbestimmterweise darin gesucht werden , daß der Mensch durch das Empfi nden Etwas i n s ich setzt , – denn auch im Denken setzt er etwas in sich , – sondern bestimmter darin , daß er Etwas in seine natürliche , unmittelbare , einzelne , – nicht in seine freie , geistige , allgemeine Subjectivität setzt . Diese n a t ü r l iche Subjectivität ist eine sich noch nicht selbst bestimmende , ihrem eigenen Gesetze folgende , auf nothwendige Weise sich bethätigende , sondern eine von außen bestimmte , an d ie s e n Raum und an d ie s e Zeit gebundene , von zufälligen Umständen abhängige . Durch Versetzung in diese Subjectivität wird daher aller Inhalt zu einem zufälligen , und erhält Bestimmungen , die nur diesem einzelnen Subjecte angehören . Es ist deßhalb durchaus unstatthaft , sich auf seine bloßen Empfi ndungen zu berufen . Wer Dieß thut , der zieht sich von dem , Allen gemeinsamen Felde der Gründe , des Denkens und der Sache , in seine einzelne Subjectivität zurück , in welche , – da dieselbe | ein wesentlich Passives ist , – das Unverständigste und Schlechteste ebenso gut , wie das Verständige und Gute , sich einzudrängen vermag . Aus allem Diesem erhellt , daß die Empfindung die schlechteste Form des Geistigen ist , und daß dieselbe den besten Inhalt verderben kann . – Zugleich ist in dem Obigen schon enthalten , daß der bloßen Empfindung der Gegensatz eines Empfi ndenden und eines Empfundenen , eines Subjectiven und eines

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Objectiven noch fremd bleibt . Die Subjectivität der empfindenden Seele ist eine so unmittelbare , so unentwickelte , eine so wenig sich selbst bestimmende und unterscheidende , daß die Seele , in sofern sie nu r empfi ndet , sich noch nicht als ein einem Objectiven gegenüberstehendes Subjectives erfaßt . Dieser Unterschied gehört erst dem B e w u ßt s e y n an , tritt erst dann hervor , wenn die Seele zu dem abstracten Gedanken ihres Ichs , ihres unendlichen Fürsichseyns gekommen ist . Von diesem Unterschiede haben wir daher erst in der Phänomenologie zu sprechen . Hier in der Anthropologie haben wir nur den durch den I n h a l t der Empfi ndung gegebenen Unterschied zu betrachten . Dieß wird im folgenden Paragraphen geschehen . | § 401

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Der Inhalt der Empfi ndung ist entweder ein aus der Außenwelt stammender , oder ein dem Inneren der Seele angehöriger ; die Empfindung also entweder eine ä u ß e r l iche oder eine i n ne r l iche . Die letztere Art der Empfi ndungen haben wir hier nur in sofern zu betrachten , als dieselben sich ve r le i bl iche n ; nach der Seite ihrer Innerlichkeit fallen sie in das Gebiet der Psychologie . Dagegen sind die äußerlichen Empfi ndungen ausschließlich Gegenstand der Anthropologie . Das Nächste , was wir über die Empfi ndungen der letztgenannten Art zu sagen haben , – ist , daß wir dieselben durch die verschiedenen S i n ne erhalten . Das Empfi ndende ist hierbei von außen bestimmt , – das heißt , – seine Leiblichkeit wird von etwas Aeußerlichem bestimmt . Die verschiedenen Weisen dieses Bestimmtseyns machen die verschiedenen äußeren Empfi ndungen aus . Jede solche verschiedene Weise ist eine allgemeine Möglichkeit des Bestimmtwerdens , ein Kreis von einzelnen Empfindungen . So enthält , zum Beispiel , das Sehen die unbestimmte Möglichkeit vielfacher Gesichtsempfi ndungen . Die allgemeine Natur des beseelten Individuums zeigt sich auch darin , daß dasselbe in | den bestimmten Weisen des Empfindens nicht an etwas Einzelnes gebunden ist , sondern einen Kreis von Einzelnheiten umfaßt . Könnte ich hingegen nur Blaues sehen , so wäre diese Beschränkung eine Qualität von mir . Aber da ich , im Gegensatze gegen die natürlichen Dinge , das in der Bestimmtheit bei sich selber seyende Allgemeine bin , so sehe ich überhaupt Farbiges , oder vielmehr die sämmtlichen Verschiedenheiten des Farbigen . Die allgemeinen Weisen des Empfi ndens beziehen sich auf die in der Naturphilosophie als nothwendig zu erweisenden verschiedenen physikalischen und chemischen Bestimmtheiten des Natürlichen , und sind durch die verschiedenen Sinnesorgane vermittelt . Daß überhaupt die Empfindung des Aeußerlichen in solche verschiedene , gegen einander gleichgültige Weisen des Empfi ndens

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auseinander fällt , – Das liegt in der Natur ihres Inhalts , da dieser ein sinnlicher , das Sinnliche aber mit dem Sichselbstäußerlichen so synonym ist , daß selbst die innerlichen Empfi ndungen durch ihr einander Aeußerlichseyn zu etwas Sinnlichem werden . Warum wir nun aber gerade die bekannten f ü n f Sinne , – nicht mehr und nicht weniger , und eben diese so unterschiedenen – haben , davon muß in der philosophischen Betrachtung die vernünftige Nothwendigkeit nachgewiesen werden . Dieß geschieht , indem wir die Sinne als Darstellungen der Begriffsmomente fassen . Dieser Momente sind , wie wir wissen , nur d r e i . Aber die Fünfzahl der Sinne reducirt sich ganz natürlich auf drei Klassen von Sinnen . Die erste wird von den Sinnen der physischen Id e a l it ä t , – die z we it e von denen der r e a le n D i f fe r e n z gebildet ; in die d r it t e fällt der Sinn der i r d i s ch en To t a l it ä t . Als Darstellungen der Begriffsmomente müssen diese drei Klassen , jede in sich selber , eine To t a l it ä t bilden . Nun enthält aber die erste Klasse den Sinn des abstract Allgemeinen , des abstract Ideellen , also des nicht wahrhaft Totalen . Die Totalität kann daher hier nicht als eine concrete , sondern nur als eine außereinanderfallende , als eine in sich selber entzweite , an z we i | a b s t r a c t e Momente ver theilte vorhanden seyn . Deßwegen umfaßt die erste Klasse zwei Sinne , – das S e he n und das Hör e n . Für das Sehen ist das Ideelle als ein einfach sich auf sich Beziehendes , – für das Gehör als ein durch die Negation des Materiellen sich Hervorbringendes . – Die z we it e Klasse stellt , als die Klasse der Differenz , die Sphäre des P r o c e s s e s , der Scheidung und Auflösung der concreten Körperlichkeit dar . Aus der Bestimmung der Differenz folgt aber sogleich eine Doppelheit der Sinne dieser Klasse . Die zweite Klasse enthält daher den Sinn des G e r uch s und des G e s ch m a ck s . Jener ist der Sinn des abstracten , – dieser der Sinn des concreten Processes . Die dritte Klasse endlich begreift nur E i ne n Sinn , – das G e f ü h l , – weil das Gefühl der Sinn der conc r e t e n Totalität ist . Betrachten wir jetzt die einzelnen Sinne etwas näher . Das G e s icht ist der Sinn desjenigen physischen Ideellen , welches wir das L icht nennen . Von diesem können wir sagen , daß dasselbe gleichsam der physikalischgewordene R a u m sey . Denn das Licht ist , wie der Raum , ein Untrennbares , ein ungetrübt Ideelles , die absolut bestimmungslose Extension , ohne alle Reflexion in sich , – in sofern ohne Innerlichkeit . Das Licht manifestirt Anderes , – dieß Manifestiren macht sein Wesen aus ; – aber in sich selber ist es abstracte Identität mit sich , das innerhalb der Natur selber hervortretende Gegentheil des Außereinanderseyns der Natur , also die immaterielle Materie . Darum leistet das Licht keinen Widerstand , hat es keine Schranke in sich , dehnt es sich nach allen Seiten in’s Ungemessene aus , ist es absolut leicht , imponderabel . Nur mit diesem ideellen Elemente , und mit dessen Trübung durch das F i n s t e r e , – das heißt –

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mit der F a r b e , hat das Gesicht es zu thun . Die Farbe ist das Gesehene , das Licht das Mittel des Sehens . Das eigentlich Materielle der Körperlichkeit dagegen geht uns beim Sehen noch nichts an . Die Gegenstände , die wir sehen , können daher fern von uns seyn . Wir verhalten uns dabei zu den Dingen gleichsam | nur theoretisch , noch nicht praktisch ; denn wir lassen dieselben beim Sehen ruhig als ein Seyendes bestehen , und beziehen uns nur auf ihre ideelle Seite . Wegen dieser Unabhängigkeit des Gesichts von der eigentlichen Körperlichkeit kann man dasselbe den edelsten Sinn nennen . Andererseits ist das Gesicht ein sehr unvollkommener Sinn , weil durch denselben der Körper nicht als räumliche Totalität , nicht als Kör p e r , sondern immer nur als Fläche , nur nach den beiden Dimensionen der Breite und Höhe unmittelbar an uns kommt , und wir erst dadurch , daß wir uns gegen den Körper verschiedene Standpunkte geben , denselben nach einander in allen seinen Dimensionen , in seiner totalen Gestalt zu sehen bekommen . Ursprünglich erscheinen , – wie wir an den Kindern beobachten können , – dem Gesichte , eben weil es die Tie fe nicht unmittelbar sieht , die entferntesten Gegenstände mit den nächsten auf Einer und derselben Fläche . Erst , indem wir bemerken , daß der durch das Gefühl wahrgenommenen Tiefe ein Dunkeles , ein S ch a t t e n entspricht , kommen wir dahin , daß wir da , wo uns ein Schatten sichtbar wird , eine Tiefe zu sehen glauben . Damit hängt zusammen , daß wir das Maaß der Entfernung der Körper nicht unmittelbar durch das Gesicht wahrnehmen , sondern nur aus dem Kleiner- oder Größererscheinen der Gegenstände erschließen können . Dem Gesicht , als dem Sinne der innerlichkeitslosen Idealität , steht das G e hör als der Sinn der reinen Innerlichkeit des Körperlichen gegenüber . Wie sich das Gesicht auf den physikalisch gewordenen Raum , – auf das Licht , – bezieht , so bezieht sich das Gehör auf die physikalisch gewordene Z e it , – auf den Ton . Denn der Ton ist das Zeitlichgesetztwerden der Körperlichkeit , die Bewegung , das Schwingen des Körpers in sich selber , – ein Erzittern , eine mechanische Erschütterung , bei welcher der Körper , ohne seinen relativen Ort , als ganzer Körper , verändern zu müssen , nur seine Theile bewegt , seine innere Räumlichkeit zeitlich setzt , also sein gleichgültiges Außereinanderseyn | aufhebt , und durch diese Aufhebung seine reine Innerlichkeit hervortreten läßt , aus der ober flächlichen Veränderung , welche er durch die mechanische Erschütterung erlitten hat , sich jedoch unmittelbar wieder herstellt . Das Medium aber , durch welches der Ton an unser Gehör kommt , ist nicht bloß das Element der Luft , sondern , in noch höherem Maaße , die zwischen uns und dem tönenden Gegenstande befi ndliche concrete Körperlichkeit , zum Beispiel , die Erde , an welche gehalten , das Ohr mitunter Kanonaden vernommen hat , die durch die bloße Vermittlung der Luft nicht gehört werden konnten .

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Die Sinne der z we it e n Klasse treten in Beziehung zur r e e l l e n Körperlichkeit . Sie haben es aber mit dieser noch nicht in sofern zu thun , als dieselbe für sich ist , Widerstand leistet , sondern nur in sofern diese sich in ihrer Auflösung befi ndet , in ihren P r o c e ß eingeht . Dieser Proceß ist etwas Nothwendiges . Allerdings werden die Körper zum Theil durch äußerliche , zufällige Ursachen zerstört ; aber außer diesem zufälligen Untergange gehen die Körper durch ihre eigene Natur unter , verzehren sie sich selber , – jedoch so , daß ihr Verderben den Schein hat , von außen an sie heranzukommen . So ist es die Luft , durch deren Einwirkung der Proceß des stillen , unmerkbaren Sichverflüchtigens aller Körper , das Verduften der vegetabilischen und der animalischen Gebilde entsteht . Obgleich nun sowohl der G e r uch wie der G e s ch m a ck zu der sich auflösenden Körperlichkeit in Beziehung stehen , so unterscheiden sich diese beiden Sinne von einander doch dadurch , daß der Geruch den Körper in dem a b s t r a c t e n , einfachen , unbestimmten Processe der Verflüchtigung oder Verduftung empfängt , – der Geschmack hingegen auf den r e a le n concreten Proceß des Körpers und auf die in diesem Proceß hervortretenden chemischen Bestimmtheiten des Süßen , des Bitteren , des Kalichten , des Saueren und des Salzigen sich bezieht . Beim Geschmack wird ein unmittelbares Berühren des Gegenstandes nöthig , während selbst noch der Geruchssinn einer solchen Berührung nicht | bedarf , dieselbe aber beim Hören noch weniger nöthig ist , und beim Sehen gar nicht stattfindet . Die d r it t e Klasse enthält , wie schon bemerkt , nur den Einen Sinn des G e f ü h l s . In sofern dieses vornehmlich in den Fingern seinen Sitz hat , nennt man dasselbe auch den Tastsinn . Das Gefühl ist der concreteste aller Sinne . Denn seine unterschiedene Wesenheit besteht in der Beziehung , – weder auf das abstract allgemeine oder ideelle Physikalische , noch auf die sich scheidenden Bestimmtheiten des Körperlichen , – sondern auf die gediegene Realität des Letzteren . Erst für das Gefühl ist daher eigentlich ein für sich bestehendes Anderes , ein für sich seyendes Individuelles , gegenüber dem Empfi ndenden als einem gleichfalls für sich seyenden Individuellen . In das Gefühl fällt deßhalb die Affection der S chwe r e , – das heißt , – der gesuchten Einheit der für sich beharrenden , nicht in den Proceß der Auflösung eingehenden , sondern Widerstand leistenden Körper . Ueberhaupt ist für das Gefühl das materielle Fürsichseyn . Zu den verschiedenen Weisen dieses Fürsichseyns gehört aber nicht nur das Gewicht , sondern auch die Art der C oh ä s ion , – das Harte , das Weiche , das Steife , das Spröde , das Rauhe , das Glatte . Zugleich mit der beharrenden , festen Körperlichkeit ist jedoch für das Gefühl auch die Negativität des Materiellen als eines für sich Bestehenden , – nämlich die W ä r me . Durch diese wird die specifische Schwere und die Cohäsion der Körper verändert . Diese Veränderung betrifft somit Dasjenige , wodurch der Körper wesentlich Körper ist . In sofern kann man daher

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sagen , daß auch in der Affection der Wärme die g e d ie g e ne Körperlichkeit für das Gefühl sey . Endlich fällt noch die G e s t a l t nach ihren drei Dimensionen dem Gefühl anheim ; denn ihm gehört überhaupt die mechanische Bestimmtheit vollständig an . Außer den angegebenen q u a l it a t ive n Unterschieden haben die Sinne auch eine q u a n t it a t i ve Bestimmung des Empfindens , eine Stärke oder Schwäche desselben . Die Quantität erscheint hier | nothwendig als i nt e n s ive Größe , weil die Empfi ndung ein Einfaches ist . So ist , zum Beispiel , die Empfi ndung des von einer bestimmten Masse auf den Gefühlssinn ausgeübten Druckes etwas Intensives , obgleich dieß Intensive auch extensiv , – nach Maaßen , Pfunden u . s . w . – existirt . Die quantitative Seite der Empfi ndung bietet aber der philosophischen Betrachtung , selbst in sofern kein Interesse dar , als jene quantitative Bestimmung auch qualitativ wird , und dadurch ein M a a ß bildet , über welches hinaus die Empfindung zu stark und daher schmerzlich , – und unter welchem sie unmerkbar wird . Wichtig für die philosophische Anthropologie wird dagegen die Beziehung der äußeren Empfi ndungen auf das Innere des empfi ndenden Subjects . Dieß Innere ist nicht ein durchaus Unbestimmtes , Ununterschiedenes . Schon darin , daß die Größe der Empfindung eine intensive ist und ein gewisses Maaß haben muß , liegt eine Beziehung der Affection auf ein An-und-für-sich-Bestimmtseyn des Subjects , – eine gewisse Bestimmtheit der Empfindsamkeit desselben , – eine Reaction der Subjectivität gegen die Aeußerlichkeit , – somit der Keim oder Beginn der inneren Empfindung . Durch diese innerliche Bestimmtheit des Subjects unterscheidet sich bereits das äußere Empfi nden des Menschen mehr oder weniger von dem der Thiere . Diese können zum Theil in gewissen Verhältnissen Empfi ndungen von etwas Aeußerlichem haben , das für die menschliche Empfi ndung noch nicht vorhanden ist . So sollen , zum Beispiel , die Kameele schon meilenweit Quellen und Ströme riechen . Mehr aber , als durch jenes eigenthüm liche Maaß der Empfi ndsamkeit wird die äußere Empfi ndung durch ihre Beziehung auf das g e i s t i g e Innere zu etwas eigenthüm lich Anthropologischem . Diese Beziehung hat nun mannigfaltige Seiten , die jedoch noch nicht alle hier schon in unsere Betrachtung gehören . Ausgeschlossen von dieser bleibt hier namentlich die Bestimmung der Empfindung als einer angenehmen oder unangenehmen , – dieß mehr | oder weniger mit Reflexion durchflochtene Vergleichen der äußeren Empfi ndung mit unserer an und für sich bestimmten Natur , deren Befriedigung oder Nichtbefriedigung durch eine Affection diese im ersten Fall zu einer a n g e ne h me n , im zweiten zur u n a n g e ne h me n macht . – Ebenso wenig kann hier schon die Erweckung der Tr ie b e durch die Affectionen in den Kreis unserer Untersuchung gezogen

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werden . Diese Erweckung gehört in das , uns hier noch fern liegende Gebiet des praktischen Geistes . Was wir an dieser Stelle zu betrachten haben , – Das ist einzig und allein das b e w u ßt lo s e Bezogenwerden der äußeren Empfi ndung auf das geistige Innere . Durch diese Beziehung entsteht in uns Dasjenige , was wir S t i m mu n g nennen ; – eine Erscheinung des Geistes , von welcher sich zwar , (so wie von der Empfindung des Angenehmen oder Unangenehmen , und von der Erweckung der Triebe durch die Affectionen) , bei den Thieren ein Analogon fi ndet , – die jedoch , (wie die eben genannten anderen geistigen Erscheinungen) , zugleich einen eigenthüm lich menschlichen Charakter hat , – und die ferner , in dem von uns angegebenen engeren Sinne , zu etwas Anthropologischem dadurch wird , daß sie etwas vom Subject noch nicht mit vollem Bewußtseyn Gewußtes ist . Schon bei Betrachtung der noch nicht zur Individualität fortgeschrittenen natürlichen Seele haben wir von Stimmungen derselben zu reden gehabt , die einem Aeußerlichen entsprechen . Dieß Aeußerliche waren aber dort noch ganz allgemeine Umstände , von welchen man eben wegen ihrer unbestimmten Allgemeinheit eigentlich noch nicht sagen kann , daß sie empfunden werden . Auf dem Standpunkt hingegen , bis zu welchem wir bis jetzt die Entwicklung der Seele fortgeführt haben , ist die äußerliche Empfi ndung selber das die Stimmung Erregende . Diese Wirkung wird aber von der äußerlichen Empfi ndung in sofern hervorgebracht , als sich mit dieser unmittelbar , – das heißt , – ohne daß dabei die bewußte Intelligenz mitzuwirken brauchte , eine innere Bedeutung verknüpft . Durch diese Bedeutung wird die äußerliche Empfi ndung zu etwas | Sy m b ol i s che m . Dabei ist jedoch zu bemerken , daß hier noch nicht ein Symbol in der eigentlichen Bedeutung dieses Wortes vorhanden ist ; denn , streng genommen , gehört zum Symbol ein von uns unterschiedener äußerlicher Gegenstand , in welchem wir uns einer innerlichen Bestimmtheit bewußt werden , oder den wir überhaupt auf eine solche Bestimmtheit beziehen . Bei der durch eine äußerliche Empfi ndung erregten Stimmung verhalten wir uns aber noch nicht zu einem von uns unterschiedenen äußerlichen Gegenstande , sind wir noch nicht Bewußtseyn . Folglich erscheint , wie gesagt , hier das Symbolische noch nicht in seiner eigentlichen Gestalt . Die durch die symbolische Natur der Affectionen erregten geistigen Sympathieen sind nun etwas sehr wohl Bekanntes . Wir erhalten dergleichen von Farben , Tönen , Gerüchen , Geschmäcken , und auch von Demjenigen , was für den Gefühlssinn ist . – Was die F a r b e n betrifft , so gibt es ernste , fröhliche , feurige , kalte , traurige und sanfte Farben . Man wählt daher bestimmte Farben als Zeichen der in uns vorhandenen Stimmung . So nimmt man für den Ausdruck der Trauer , der inneren Verdüsterung , der Umnachtung des Geistes die Farbe der Nacht , des vom Licht nicht erhellten Finsteren , das farblose S chw a r z . Auch die

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Feierlichkeit und Würde wird durch Schwarz bezeichnet , weil in demselben das Spiel der Zufälligkeit , Mannigfaltigkeit und Veränderlichkeit keine Stelle findet . Das reine , lichtvolle , heitere We i ß entspricht dagegen der Einfachheit und Heiterkeit der Unschuld . Die eigentlichen Farben haben , so zu sagen , eine concretere Bedeutung als Schwarz und Weiß . So hat das P u r pu r r o t h von jeher für die königliche Farbe gegolten ; denn dasselbe ist die machtvollste , für das Auge angreifendste Farbe , – die Durchdringung des Hellen und des Dunkelen in der ganzen Stärke ihrer Einheit und ihres Gegensatzes . Das B l a u hingegen , als die dem passiven Dunkelen sich zuneigende einfache Einheit des Hellen und Dunkelen ist das Symbol der Sanftmuth , der Weiblichkeit , der Liebe und der Treue ; weßhalb denn auch die Mahler | die Himmelskönigin fast immer in blauem Gewande gemahlt haben . Das G e l b ist nicht bloß das Symbol einer gewöhnlichen Heiterkeit , sondern auch des gelbsüchtigen Neides . Allerdings kann bei der Wahl der Farbe für die Bekleidung viel Conventionelles herrschen ; zugleich offenbart sich jedoch , wie wir bemerklich gemacht haben , in jener Wahl ein vernünftiger Sinn . Auch der G l a n z und die Mattigkeit der Farbe haben etwas Symbolisches ; jener entspricht der in glänzenden Lagen gewöhnlich heiteren Stimmung des Menschen , – das M a t t e der Farbe hingegen der prunkverschmähenden Einfachheit und Ruhe des Charakters . Am Weißen selbst findet sich ein Unterschied des Glanzes und der Mattigkeit , je nachdem es , zum Beispiel , an Leinwand , an Baumwolle oder an Seide erscheint ; und für das Symbolische dieses Unterschiedes trifft man bei vielen Völkern ein bestimmtes Gefühl . Außer den Farben sind es besonders die Töne , welche eine entsprechende Stimmung in uns hervorbringen . Vornehmlich gilt Dieß von der menschlichen S t i m me ; denn diese ist die Hauptweise , wie der Mensch sein Inneres kund thut ; was er ist , Das legt er in seine Stimme . In dem Wohlklange derselben glauben wir daher die Schönheit der Seele des Sprechenden , – in der Rauhigkeit seiner Stimme ein rohes Gefühl mit Sicherheit zu erkennen . So wird durch den Ton in dem ersteren Falle unsere Sympathie , in dem letzteren unsere Antipathie erweckt . Besonders aufmerksam auf das Symbolische der menschlichen Stimme sind die Blinden . Es wird sogar versichert , daß dieselben die körperliche Schönheit des Menschen an dem Wohlklange seiner Stimme erkennen wollen , – daß sie selbst die Pockennarbigkeit an einem leisen Sprechen durch die Nase zu hören vermeinen . So viel über die Beziehung der ä u ß e r l iche n Empfi ndungen auf das geistige Innere . Schon bei Betrachtung dieser Beziehung haben wir gesehen , daß das Innere des Empfindenden kein durchaus Leeres , kein vollkommen Unbestimmtes , sondern vielmehr ein an und für sich Bestimmtes ist . Dieß gilt schon von der | thierischen Seele , in unvergleichlich höherem Maaße jedoch vom menschlichen Inneren . In diesem fi ndet sich daher ein Inhalt , der für sich nicht ein äußer-

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licher , sondern ein i n ne r l iche r ist . Zum Empfundenwerden dieses Inhalts ist aber einerseits eine äußerliche Veranlassung , andererseits eine Ve r le i b l ichu n g des innerlichen Inhalts , also eine Verwandlung oder Beziehung desselben nothwendig , die das Gegentheil von derjenigen Beziehung ausmacht , in welche der von den äußerlichen Sinnen gegebene Inhalt durch seine symbolische Natur gebracht wird . Wie die ä u ß e r e n Empfindungen sich symbolisiren , – das heißt , – auf das geistige I n ne r e bezogen werden , so e nt ä u ß e r e n , verleiblichen sich die i n n e r e n Empfi ndungen nothwendiger weise , weil sie der natürlichen Seele angehören , folglich seyende sind , – somit ein unmittelbares Daseyn gewinnen müssen , in welchem die Seele für sich wird . Wenn wir von der inneren Bestimmung des empfi ndenden Subjects , – ohne Beziehung auf deren Verleiblichung , – sprechen , so betrachten wir dieß Subject auf d ie Weise , wie dasselbe nur f ü r u n s , aber noch nicht für sich selber in seiner Bestimmung bei sich ist , sich in ihr empfindet . Erst durch die Verleiblichung der inneren Bestimmungen kommt das Subject dahin , dieselben zu empfinden ; denn zu ihrem Empfundenwerden ist nothwendig , daß sie sowohl von dem Subject unterschieden , als mit demselben identisch gesetzt werden ; Beides geschieht aber erst durch die Entäußerung , durch die Verleiblichung der inneren Bestimmungen des Empfi ndenden . Das Verleiblichen jener mannigfaltigen inneren Bestimmungen setzt einen Kreis von Leiblichkeit , in welchem dasselbe erfolgt , voraus . Dieser Kreis , diese beschränkte Sphäre ist mein Körper . Derselbe bestimmt sich so als Empfi ndungssphäre , sowohl für die inneren , wie für die äußeren Bestimmungen der Seele . Die Lebendigkeit dieses meines Körpers besteht darin , daß seine Materialität nicht für sich zu seyn vermag , mir keinen Widerstand leisten kann , sondern mir unterworfen , von meiner Seele überall durchdrungen und für dieselbe ein Ideelles ist . Durch | diese Natur meines Körpers wird die Verleiblichung meiner Empfi ndungen möglich und nothwendig , – werden die Bewegungen meiner Seele unmittelbar zu Bewegungen meiner Körperlichkeit . Die inneren Empfi ndungen sind nun von d o pp e l t e r Art : E r s t e n s solche , die meine , in irgend einem besonderen Verhältnisse oder Zustande befi ndliche unmittelbare E i n z e l n he it betreffen ; – dahin gehören , zum Beispiel , Z or n , R a che , Ne id , S ch a m , Re ue ; Zwe it e n s solche , die sich auf ein an und für sich A l l g e me i ne s , – auf Recht , Sittlichkeit , Religion , auf das Schöne und Wahre , – beziehen . Beide Arten der inneren Empfi ndungen haben , wie schon früher bemerkt , das Gemeinsame , daß sie Bestimmungen sind , welche mein unmittelbar einzelner , – mein natürlicher Geist in sich fi ndet . Einerseits können beide Arten sich einander nähern , indem entweder der empfundene rechtliche , sittliche und religiöse Inhalt immer mehr die Form der Vereinzelung erhält , oder umgekehrt die zunächst das

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einzelne Subject betreffenden Empfi ndungen einen stärkeren Zusatz von allgemeinem Inhalt bekommen . Andererseits tritt der Unterschied beider Arten der inneren Empfi ndungen immer stärker hervor , je mehr sich die rechtlichen , sittlichen und religiösen Gefühle von der Beimischung der zufälligen Besonderheit des Subjects befreien , und sich dadurch zu reinen Formen des an und für sich Allgemeinen erheben . In eben dem Maaße aber , wie in den inneren Empfi ndungen das Einzelne dem Allgemeinen weicht , vergeistigen sich dieselben , verliert somit ihre Aeußerung an Leiblichkeit der Erscheinung . Daß der n ä he r e Inhalt der innerlichen Empfi ndung hier in der Anthropologie noch nicht Gegenstand unserer Auseinandersetzung seyn kann , – Das haben wir bereits oben ausgesprochen . Wie wir den Inhalt der ä u ß e r e n Empfi ndungen aus der uns hier im Rücken liegenden Naturphilosophie als einen daselbst in seiner vernünftigen Nothwendigkeit erwiesenen aufge|nom men haben ; so müssen wir den Inhalt der i n ne r e n Empfi ndungen als einen erst im d r it t e n Theile der Lehre vom subjectiven Geiste seine eigentliche Stelle findenden hier , so weit es nöthig ist , anticipiren . Unser Gegenstand ist für jetzt nur die Ve r le i bl ichu n g der inneren Empfindungen , und zwar bestimmter , – die unwillkürlich er folgende , – nicht die von meinem Willen abhängende Verleiblichung meiner Empfi ndungen vermittelst der G e b e r d e . Die letztere Art der Verleiblichung gehört noch nicht hierher , weil dieselbe voraussetzt , daß der Geist schon über seine Leiblichkeit Herr geworden sei , – dieselbe mit Bewußtseyn zu einem Ausdrucke seiner innerlichen Empfi ndungen gemacht habe ; – Etwas , das hier noch nicht stattgefunden hat . An dieser Stelle haben wir , wie gesagt , nur den unmittelbaren Uebergang der innerlichen Empfi ndung in die leibliche Weise des Daseyns zu betrachten ; welche Verleiblichung zwar auch für A nd e r e sichtbar werden , sich zu einem Z e iche n der inneren Empfindung gestalten kann , aber nicht nothwendig , – und jedenfalls ohne den Willen des Empfi ndenden , – zu einem solchen Zeichen wird . Wie nun der Geist für die in Bezug auf Andere geschehende Darstellung seines Inneren vermittelst der G e b e r d e die Glieder seines nach a u ß e n gerichteten , seines – wie Bich a t sich ausdrückt – animalischen Lebens , – das Gesicht , die Hände und die Füße , – gebraucht ; so müssen dagegen die Glieder des nach i n ne n gekehrten Lebens , die sogenannten edlen Eingeweide , vorzugsweise als die Organe bezeichnet werden , in welchen für das empfi ndende Subject s e l b e r , aber nicht nothwendig für Andere , die inneren Empfindungen desselben auf unmittelbare , unwillkürliche Weise sich verleiblichen . Die Haupterscheinungen dieser Verleiblichung sind einem Jeden schon durch die Sprache bekannt , die darüber Manches enthält , das für tausendjährigen Irrthum nicht wohl erklärt werden kann . Im Allgemeinen mag bemerkt werden ,

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daß die inneren Empfindungen sowohl der Seele als dem ganzen Leibe , theils | zuträglich , theils schädlich und sogar verderblich seyn können . Heiterkeit des Gemüths erhält , Kummer untergräbt die Gesundheit . Die durch Kummer und Schmerz in der Seele entstehende , sich auf leibliche Weise zur Existenz bringende Hemmung kann , – wenn dieselbe plötzlich erfolgt und ein gewisses Ueber maaß erreicht , – den Tod , oder den Verlust des Verstandes herbeiführen . Ebenso gefährlich ist zu große plötzliche Freude ; durch dieselbe entsteht , wie durch übermächtigen Schmerz , für die Vorstellung ein so schneidender Widerspruch zwischen den bisherigen und den jetzigen Verhältnissen des empfi ndenden Subjects , – eine solche Entzweiung des Inneren , daß deren Verleiblichung die Zersprengung des Organismus , den Tod , – oder die Verrücktheit zur Folge zu haben vermag . Der charaktervolle Mensch ist jedoch solchen Einwirkungen viel weniger ausgesetzt , als Andere , da sein Geist sich von seiner Leiblichkeit weit freier gemacht , und in sich eine viel festere Haltung gewonnen hat , als ein an Vorstellungen und Gedanken armer , natürlicher Mensch , der nicht die Kraft besitzt , die Negativität eines plötzlich hereinbrechenden gewaltigen Schmerzes zu ertragen . Selbst aber , wenn diese Verleiblichung in keinem vernichtenden Grade excitirend oder deprimirend wirkt , wird sie doch mehr oder weniger unmittelbar den g a n z e n Organismus ergreifen , da in demselben alle Organe und alle Systeme in lebendiger Einheit mit einander sich befi nden . Gleichwohl ist nicht zu leugnen , daß die inneren Empfindungen , nach der Verschiedenheit ihres Inhalts , zugleich ein b e s ond e r e s Organ haben , in welchem sie sich zunächst und vorzugsweise verleiblichen . Dieser Zusammenhang der bestimmten Empfi ndung mit ihrer besonderen leiblichen Erscheinungsweise kann durch einzelne , wider die Regel laufende Fälle nicht widerlegt werden . Solche , der Ohnmacht der Natur zur Last fallende Ausnahmen berechtigen nicht , jenen Zusammenhang für einen rein zufälligen zu erklären , und etwa zu meinen , der Zorn könne ganz ebenso gut , wie im Herzen , auch im Un|terleibe oder im Kopfe gefühlt werden . Schon die Sprache hat so viel Verstand , daß sie He r z für Muth , Ko pf für Intelligenz , und nicht etwa Herz für Intelligenz gebraucht . Der Wissenschaft aber liegt es ob , die nothwendige Beziehung zu zeigen , welche zwischen einer bestimmten innerlichen Empfi ndung und der physiologischen Bedeutung des Organes herrscht , in welchem dieselbe sich verleiblicht . Wir wollen die allgemeinsten , diesen Punkt betreffenden Erscheinungen hier kurz berühren . – Es gehört zu den ausgemachtesten Erfahrungen , daß der K u m me r , – dieß ohnmächtige Sich-in-sich-Vergraben der Seele , – vornehmlich als Unterleibskrankheit , also im Reproductionssysteme , folglich in demjenigen Systeme sich verleiblicht , welches die negative Rückkehr des animalischen Subjectes zu sich selber darstellt . – Der Mut h und der Z o r n dagegen , – dieß negative Nach-außen-Gerichtet seyn

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gegen eine fremde Kraft , gegen eine uns empörende Verletzung , – hat seinen unmittelbaren Sitz in der Brust , im Herzen , dem Mittelpunkte der Irritabilität , des negativen Hinaustreibens . Im Zorne schlägt das Herz , wird das Blut heißer , steigt dieß in’s Gesicht , und spannen sich die Muskeln . Dabei , – besonders beim Aerger , wo der Zorn mehr innerlich bleibt , als kräftig sich austobt , – kann allerdings die schon dem Reproductionssysteme angehörende G a l le überlaufen , und zwar in dem Grade , daß Gelbsucht entsteht . Es muß aber darüber bemerkt werden , daß die Galle gleichsam das F e u r i g e ist , durch dessen Ergießung das Reproductionssystem , so zu sagen , seinen Zorn , seine Irritabilität an den Speisen ausläßt , dieselben , unter Mitwirkung des von der Pankreas ausgeschütteten animalischen Wa s s e r s auflöst und verzehrt . – Die mit dem Zorn nahverwandte S ch a m verleiblicht sich gleichfalls im Blutsystem . Sie ist ein beginnender , ein bescheidener Zorn des Menschen über sich selber ; denn sie enthält eine Reaction gegen den Widerspruch meiner Erscheinung mit Dem , was ich seyn soll und seyn will , – also eine Ver theidigung meines Inneren gegen meine unan|gemessene Erscheinung . Dieß geistige Nach-außen-Gerichtetseyn verleiblicht sich dadurch , daß das Blut in das Gesicht getrieben wird , daß somit der Mensch erröthet und auf diese Weise seine Erscheinung ändert . Im Gegensatz gegen die Scham äußert sich der S ch r e cke n , – dieß Insichzusammenfahren der Seele vor einem ihr unüberwindlich scheinenden Negativen , – durch ein Zurückweichen des Blutes aus den Wangen , durch Erblassen , sowie durch Erzittern . Wenn dagegen die Natur die Verkehrtheit begeht , einige Menschen zu schaffen , die vor Scham erbleichen , und vor Furcht erröthen ; so darf die Wissenschaft sich durch solche Inconsequenzen der Natur nicht verhindern lassen , das Gegentheil dieser Un regel mäßigkeiten als Gesetz anzuerkennen . – Auch das D e n ke n endlich , in sofern es ein Zeitliches ist und der unmittelbaren Individualität angehört , – hat eine leibliche Erscheinung , wird empfunden , und zwar besonders im Kopfe , im Gehirn , überhaupt im System der Sensibilität , des einfachen allgemeinen Insichseyns des empfi ndenden Subjects . In allen so eben betrachteten Verleiblichungen des Geistigen fi ndet nur dasjenige Aeußerlichwerden der Seelenbewegungen statt , welches zum Empfinden dieser letzteren nothwendig ist , oder zum Zeigen des Inneren dienen kann . Jenes Aeußerlichwerden vollendet sich aber erst dadurch , daß dasselbe zur E nt ä u ß e r u n g , zur Weg schaffung der innerlichen Empfi ndungen wird . Eine solche entäußernde Verleiblichung des Inneren zeigt sich im L a che n , noch mehr aber im We i ne n , im Aechzen und Schluchzen , überhaupt in der S t i m me , schon noch ehe diese articulirt ist , noch ehe sie zur S pr a che wird . 24 dieser] dieer

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zusätze

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Den Zusammenhang dieser physiologischen Erscheinungen mit den , ihnen entsprechenden Bewegungen der Seele zu begreifen , macht nicht geringe Schwierigkeit . Was die geistige Seite jener Erscheinungen betrifft , so wissen wir in Bezug auf das L a che n , daß dasselbe durch einen sich unmittelbar hervor thuenden Widerspruch , – durch etwas sich sofort | in sein Gegentheil Verkehrendes , – somit durch etwas unmittelbar sich selbst Vernichtendes erzeugt wird , – vorausgesetzt , daß wir in diesem nichtigen Inhalte nicht selbst stecken , ihn nicht als den unserigen betrachten ; denn fühlten wir durch die Zerstörung jenes Inhalts uns selber verletzt , so würden wir we i ne n . Wenn , zum Beispiel , ein stolz Einherschreitender fällt , so kann darüber Lachen entstehen , weil Jener an seiner Person die einfache Dialektik erfährt , daß mit ihm das Entgegengesetzte Dessen geschieht , was er bezweckte . Das Lachenerregende wahrhafter Komö d ie n liegt daher auch wesentlich in dem unmittelbaren Umschlagen eines an sich nichtigen Zweckes in sein Gegentheil ; wogegen in der Tr a g ö d ie es substantielle Zwecke sind , die sich in ihrem Gegensatze gegeneinander zerstören . Bei jener , dem komischen Gegenstande widerfahrenden Dialektik kommt die Subjectivität des Zuschauers oder Zuhörers zum ungestörten und ungetrübten Genuß ihrer selbst , da sie die absolute Idealität , – die unendliche Macht über jeden beschränkten Inhalt , – folglich die reine Dialektik ist , durch welche eben der komische Gegenstand vernichtet wird . Hierin ist der Grund der Heiterkeit enthalten , in die wir durch das Komische versetzt werden . – Mit diesem Grunde steht aber die phy s iolo g i s che Erscheinung jenes Heiterseyns , die uns hier besonders interessirt , im Einklange ; denn im L a che n verleiblicht sich die zum ungetrübten Genuß ihrer selbst gelangende Subjectivität , – dieß reine Selbst , – dieß geistige Licht , – als ein sich über das Antlitz verbreitender Glanz , und erhält zugleich der geistige Act , durch welchen die Seele das Lächerliche von sich stößt , in dem gewaltsam unterbrochenen Ausstoßen des Athems einen leiblichen Ausdruck . – Uebrigens ist das Lachen zwar etwas der natürlichen Seele Angehöriges , – somit Anthropologisches , – durchläuft aber von dem gemeinen , sich ausschüttenden , schallenden Gelächter eines leeren oder rohen Menschen bis zum sanften Lächeln der edelen Seele , – dem Lächeln in der Thräne , – eine Reihe vielfacher Abstufungen , in welchen es sich immer mehr von | seiner Natürlichkeit befreit , bis es im Lächeln zu einer G e b e r d e , also zu etwas vom freien Willen Ausgehenden wird . Die verschiedenen Weisen des Lachens drücken daher die Bildungsstufe der Individuen auf eine sehr charakteristische Art aus . Ein ausgelassenes , schallendes Lachen kommt einem Manne von Reflexion niemals , oder doch nur sehr selten an ; Pe r i k le s , zum Beispiel , soll , nachdem er sich den öffentlichen Geschäften gewidmet hatte , gar nicht mehr gelacht haben . Das viele Lachen hält

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man mit Recht für einen Beweis der Fadheit , eines thörichten Sinnes , welcher für alle großen , wahrhaft substantiellen Interessen stumpf ist , und dieselben als ihm äußerliche und fremde betrachtet . Dem Lachen ist bekanntlich das We i ne n entgegengesetzt . Wie in jenem die auf Kosten des lächerlichen Gegenstandes empfundene Zusammenstimmung des Subjects mit sich selber zu ihrer Verleiblichung kommt ; so äußert sich im Weinen die durch ein Negatives bewirkte innerliche Z e r r i s s e n he it des Empfindenden , – der S ch m e r z . Die Thränen sind der kritische Ausschlag , – also nicht bloß die Aeußerung , sondern zugleich die Entäußerung des Schmerzes ; sie wirken daher bei vorhandenem bedeutendem Seelenleiden auf die Gesundheit ebenso wohlthätig , wie der nicht in Thränen zerfl ießende Schmerz für die Gesundheit und das Leben verderblich werden kann . In der Thräne wird der Schmerz , – das Gefühl des in das Gemüth eingedrungenen zerreißenden Gegensatzes zu Wasser , zu einem Neutralen , zu einem Indifferenten ; und dieß neutrale Materielle selbst , in welches sich der Schmerz verwandelt , wird von der Seele aus ihrer Leiblichkeit ausgeschieden . In dieser Ausscheidung , wie in jener Verleiblichung liegt die Ursache der heilsamen Wirkung des Weinens . – Daß aber gerade die A u g e n dasjenige Organ sind , aus welchem der in Thränen sich ergießende Schmerz hervordringt , – Dieß liegt darin , daß das Auge die doppelte Bestimmung hat , einerseits das Organ des Sehens , also des Empfindens äußerlicher Gegenstände , und zweitens der Ort zu seyn , an welchem sich die Seele auf die | e i n f a ch s t e Weise offenbart , da der Ausdruck des Auges das flüchtige , gleichsam hingehauchte Gemälde der Seele darstellt ; – weßhalb eben die Menschen , um sich gegenseitig zu erkennen , einander zuerst in die Augen sehen . Indem nun der Mensch durch das im Schmerz empfundene Negative in seiner Thätigkeit gehemmt , zu einem Leidenden herabgesetzt , die Idealität , das L icht seiner Seele getrübt , die feste Einheit derselben mit sich mehr oder weniger aufgelöst wird ; so verleiblicht sich dieser Seelenzustand durch eine Trübung der Augen , und noch mehr durch ein Feuchtwerden derselben , welches auf die Function des Sehens , auf diese ideelle Thätigkeit des Auges so hemmend einwirken kann , daß dieses das Hinaussehen nicht mehr auszuhalten vermag . Eine noch vollkommnere Verleiblichung und zugleich Weg schaffung der innerlichen Empfindungen , als durch das Lachen und durch das Weinen erfolgt , wird durch die S t i m me hervorgebracht . Denn in dieser wird nicht , – wie beim Lachen , – ein vorhandenes Aeußerliches bloß formirt , oder wie beim We i ne n , – ein real Materielles hervorgetrieben , sondern eine ideelle , eine – so zu sagen – unkörperliche Leiblichkeit , also ein solches Materielles erzeugt , in welchem die Innerlichkeit des Subjects durchaus den Charakter der Innerlichkeit behält , – die für-sich-seyende Idealität der Seele eine ihr völlig entsprechende äußerliche

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Realität bekommt , – eine Realität , die unmittelbar in ihrem Entstehen aufgehoben wird , da das Sichverbreiten des Tones ebenso sehr sein Verschwinden ist . Durch die Stimme erhält daher die Empfindung eine Verleiblichung , in welcher sie nicht weniger schnell dahinstirbt , als sich äußert . Dieß ist der Grund der in der Stimme vorhandenen höheren Kraft der Entäußerung des innerlich Empfundenen . Die mit dieser Kraft wohlbekannten Röme r haben daher bei Leichenbegängnissen absichtlich von Weibern Klagegeschrei erheben lassen , um den in ihnen entstandenen Schmerz zu etwas ihnen Fremdem zu machen . Die abstracte Leiblichkeit der Stimme kann nun zwar zu | einem Zeichen für Andere werden , welche dieselbe als ein solches erkennen ; sie ist aber hier , auf dem Standpunkte der natürlichen Seele , noch nicht ein vom freien Willen hervorgebrachtes Zeichen , – noch nicht die durch die Energie der Intelligenz und des Willens articulirte Sprache , sondern nur ein von der Empfi ndung unmittelbar hervorgebrachtes Tönen , das , obgleich dasselbe der Articulation entbehrt , sich doch schon vielfacher Modificationen fähig zeigt . Die Thiere bringen es in der Aeußerung ihrer Empfindungen nicht weiter , als bis zur unarticulirten Stimme , bis zum Schrei des Schmerzes oder der Freude ; und manche Thiere gelangen auch nur in der höchsten Noth zu dieser ideellen Aeußerung ihrer Innerlichkeit . Der Mensch aber bleibt nicht bei dieser thierischen Weise des Sichäußerns stehen ; er schafft die a r t ic u l i r t e Sprache , durch welche die innerlichen Empfindungen zu Wor t e kommen , in ihrer ganzen Bestimmtheit sich äußern , dem Subjecte gegenständlich , und zugleich ihm äußerlich und fremd werden . Die articulirte Sprache ist daher die höchste Weise , wie der Mensch sich seiner innerlichen Empfi ndungen entäußert . Deßhalb werden bei Todesfällen mit gutem Grunde Leichenlieder gesungen , Condolationen gemacht , die , – so lästig dieselben auch mitunter scheinen oder seyn mögen , – doch das Vor theil hafte haben , daß sie durch das wiederholentliche Besprechen des stattgehabten Verlustes den darüber gehegten Schmerz aus der Gedrungenheit des Gemüthes in die Vorstellung herausheben , und somit zu einem Gegenständlichen , zu etwas dem schmerzerfüllten Subject Gegenübertretenden machen . Besonders aber hat das Dichten die Kraft , von bedrängenden Gefühlen zu befreien ; wie denn namentlich G ö t he seine geistige Freiheit mehrmals dadurch wieder hergestellt hat , daß er seinen Schmerz in ein Gedicht ergoß . Von der durch die articulirte Sprache erfolgenden Aeußerung und Entäußerung der innerlichen Empfi ndungen haben wir jedoch hier , in der Anthropologie , nur anticipirend sprechen können . Was an diesem Ort noch zu erwähnen bleibt , – Das ist | die physiologische Seite der Stimme . Rücksichtlich dieses Punktes wissen wir , daß die Stimme , – diese einfache Erzitterung des animalisch Lebendigen , – im Zwerchfell ihren

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Anfang nimmt , dann aber auch mit den Organen des Athmens in nahem Zusammenhange steht , und ihre letzte Bildung durch den Mund erhält , der die doppelte Function hat , einmal die unmittelbare Verwandlung der Speise in Gebilde des lebendigen animalischen Organismus zu beginnen , und andererseits , im Gegensatze gegen diese Verinnerlichung des Aeußerlichen , die in der Stimme geschehende Objectivirung der Subjectivität zu vollenden .

§ 402

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Durch Dasjenige , was im vorhergehenden Paragraphen gesagt worden ist , haben wir den e r s t e n Theil der Anthropologie vollendet . Wir hatten es in diesem Theile zuerst mit der ganz q u a l it a t iv bestimmten Seele , oder mit der Seele in ihrer unmittelbaren Bestimmtheit zu thun . Durch den immanen|ten Fortgang der Entwicklung unseres Gegenstandes sind wir zuletzt zu der , ihre Bestimmtheit id e e l l setzenden , darin zu sich selber zurückkehrenden und für sich werdenden , – das heißt , – zur e m pf i nd e nd e n individuellen Seele gekommen . Hiermit ist der Uebergang zu dem ebenso schwierigen wie interessanten z we it e n Theile der Anthropologie gegeben , in welchem die Seele sich ihrer Substantialität entgegenstellt , sich selber gegenübertritt , in ihren bestimmten Empfi ndungen zugleich zum Gefühl ihrer selbst , oder zu dem noch nicht objectiven , sondern nur subjectiven Bewußtseyn ihrer To t a l it ä t gelangt , und somit , – da die Empfi ndung als solche an das Einzelne gebunden ist , – bloß empfindend zu seyn aufhört . In diesem Theile werden wir die Seele , weil sie hier auf dem Standpunkt ihrer Entzweiung mit sich selber erscheint , im Zustande ihrer K r a n k he it zu betrachten haben . Es herrscht in dieser Sphäre ein Widerspruch der Freiheit und Unfreiheit der Seele ; denn die Seele ist einerseits noch an ihre Substantialität gefesselt , durch ihre Natürlichkeit bedingt , während sie andererseits schon sich von ihrer Substanz , von ihrer Natürlichkeit zu trennen beginnt , und sich somit auf die Mittelstufe zwischen ihrem unmittelbaren Naturleben und dem objectiven , freien Bewußtseyn erhebt . In wiefern die Seele jetzt diese M it t e l s t u fe betritt , wollen wir hier kurz erläutern . Die bloße E m pf i nd u n g hat es , wie eben bemerkt , nur mit E i n z e l ne m und Zu f ä l l i g e m , mit u n m it t el b a r G e g e b e ne m und G e g e nw ä r t i g e m zu thun ; und dieser Inhalt erscheint der empfi ndenden Seele als ihre e i g e ne concrete Wirklichkeit . – Indem ich mich dagegen auf den Standpunkt des B e w u ßt s e y n s erhebe , verhalte ich mich zu einer mir ä u ß e r e n Welt , zu einer o bje c t i ve n To t a l it ä t , zu einem in sich z u s a m m e n h ä n g e nd e n K r e i s e mannigfaltiger und verwickelter , mir gegenübertretender Gegenstände . Als ob-

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jectives Bewußtseyn habe ich wohl zunächst eine unmittelbare Empfindung , zugleich ist dieß Empfundene aber für mich ein Punkt in dem a l l g e me i|ne n Zu s a m me n h a n g e der Dinge , somit ein über seine s i n n l iche E i n z e l n he it und unmittelbare Gegenwart H i n a u s we i s e n d e s . An die sinnliche Gegenwart der Dinge ist das objective Bewußtseyn so wenig gebunden , daß ich auch von Demjenigen wissen kann , was mir nicht sinnlich gegenwärtig ist , wie , zum Beispiel , ein mir nur durch Schriften bekanntes fernes Land . Das Bewußtseyn bethätigt aber seine Unabhängigkeit von dem Stoffe der Empfi ndung dadurch , daß es ihn aus der Form der E i n z e l n he it in die Form der A l l g e me i n he it erhebt , an demselben , mit Weglassung des rein Zufälligen und Gleichgültigen , das We s e n t l iche festhält ; durch welche Verwandlung das Empfundene zu einem Vor g e s t e l lt e n wird . Diese vom abstracten Bewußtseyn vorgenommene Veränderung ist etwas Subje c t ive s , das bis zum W i l l k ü r l ichen und Un w i r k l iche n fortgehen , – Vorstellungen erzeugen kann , die ohne eine ihnen entsprechende Wirklichkeit sind . – Zwischen dem vor s t e l le nd e n B e w u ßt s e y n einerseits und der u n m it t e l b a r e n E m p f i nd u n g andererseits steht nun die im z we it e n T he i l e der A nt h r o p o l o g ie zu betrachtende , sich selber in ihrer To t a l it ä t und A l l g e m e i n he it f ü h lend e oder a h nend e S e ele in der M it t e . Daß das A l l g e m e i n e e m pf u nd e n werde , scheint ein Widerspruch ; denn die Empfi ndung , als solche , hat , wie wir wissen , nur das Einzelne zu ihrem Inhalte . Dieser Widerspruch trifft aber nicht Dasjenige , was wir die f ü h le nd e Seele nennen ; denn diese ist weder in der u n m it t e l b a r e n s i n n l iche n E m p f i nd u n g befangen und von der u n m it t e l b a r e n s i n n l iche n G e g e nw a r t abhängig , noch bezieht sie sich umgekehrt auf das nur durch die Vermittlung des reinen D e n ke n s zu erfassende g a n z A l l g e me i ne , sondern hat vielmehr einen Inhalt , der noch nicht zur Trennung des Allgemeinen und des Einzelnen , des Subjectiven und des Objectiven fortentwickelt ist . Was ich auf diesem Standpunkt empfi nde , Das bi n ich , und was ich bin , Das empfinde ich . Ich bin hier u n m it t e l b a r g e g e n| w ä r t i g in dem Inhalte , der mir erst nachher , wenn ich objectives B e w u ßt s e y n werde , als eine gegen mich s e l b s t s t ä nd i g e Welt erscheint . Zur fühlenden Seele verhält sich dieser Inhalt noch wie die Accidenzen zur Substanz ; jene erscheint noch als das Subject und der Mittelpunkt aller Inhaltsbestimmungen , – als die Macht , welche über die Welt des Fühlens auf unmittelbare Weise herrscht . Der Ue b e r g a n g zu dem z we it e n Theil der Anthropologie macht sich nun bestimmter auf die folgende Weise . Zuvörderst muß bemerkt werden , daß der von uns im vorigen Paragraphen betrachtete Unterschied von äußerlichen und innerlichen Empfindungen nur für u n s , das heißt , für das reflectirende Bewußtseyn , aber durchaus noch nicht für die Seele selber ist . Die e i n f a che E i n he it

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der Seele , ihre ungetrübte Idealität erfaßt sich noch nicht in ihrem Unterschiede von einem Aeußerlichen . Obgleich aber die Seele über diese ihre ideelle Natur noch kein Bewußtseyn hat ; so ist sie nichtsdestoweniger die Id e a l it ä t oder Ne g a t i v it ä t aller der mannigfaltigen Arten von Empfi ndungen , die in ihr jede für sich und gleichgiltig gegen einander zu sein scheinen . Wie die objective Welt sich für unsere A n s ch a uu n g nicht als ein in ve r s ch ie d e ne S e it e n G e t r e n nt e s , sondern als ein C onc r e t e s darstellt , das sich in unterschiedene Objecte theilt , welche wiederum , jedes für sich , ein C onc r e t e s , ein C on volut der verschiedensten Bestimmungen sind ; – so ist die Seele selber eine To t a l it ä t unendlich vieler unterschiedener Bestimmtheiten , die in ihr in E i n s zusammengehen ; so daß die Seele in ihnen , a n s ich , unendliches F ü r s ich s e y n bleibt . In dieser Totalität oder Idealität , – in dem zeitlosen indifferenten Inneren der Seele , – verschwinden jedoch die einander verdrängenden Empfi ndungen nicht absolut spurlos , sondern bleiben darin als a u f g e ho b e ne , – bekommen darin ihr Bestehen als ein zunächst nur mö g l iche r Inhalt , der erst dadurch , daß er f ü r die Seele , oder daß diese in ihm f ü r s ich | wird , von seiner Mö g l ich ke it zur W i r k l ich ke it gelangt . Die Seele behält also den Inhalt der Empfindung , wenn auch nicht f ü r s ich , – so doch i n s ich . Dieß nur auf einen f ü r s ich i n ne r l iche n Inhalt , auf eine Affection meiner , auf die bloße Empfindung sich beziehende Au f b e w a h r e n steht der e i g e n t l iche n E r i n ne r u n g noch fern , da diese von der Anschauung eines zu einem Innerlichen zu machenden ä u ß e r l ich gesetzten Gegenstandes ausgeht , welcher , – wie bereits bemerkt , – hier für die Seele noch nicht existirt . Die Seele hat aber noch eine a nd e r e Seite der Erfüllung , als den bereits in der Empfi ndung g e we s e ne n Inhalt , von welchem wir zunächst gesprochen haben . Außer diesem Stoffe sind wir , als wirkliche Individualität , a n s ich noch eine Welt von concretem Inhalt mit unendlicher Peripherie , – haben wir in uns eine zahllose Menge von Beziehungen und Zusammenhängen , die immer in uns ist , wenn dieselbe auch nicht in unsere Empfindung und Vorstellung kommt , und die , – wie sehr jene Beziehungen sich immerhin , selbst ohne unser Wissen , verändern können , – dennoch zum concreten Inhalt der menschlichen Seele gehört ; so daß die Letztere , wegen des unendlichen Reichthums ihres Inhalts , als Seele einer Welt , als i nd i v id u e l l bestimmte We l t s e e l e bezeichnet werden darf . Weil die Seele des Menschen eine e i n z e l ne , eine nach allen Seiten hin bestimmte und somit b e s ch r ä n k t e ist ; so verhält sich dieselbe auch zu einem nach ihrem i nd iv id ue l le n Standpunkt bestimmten Universum . Dieß der Seele Gegenüberstehende ist nicht ein derselben Aeußerliches . Die Totalität der Verhältnisse , in welchen die individuelle menschliche Seele sich befi ndet , macht vielmehr deren wirkliche Lebendigkeit und Subjectivität aus , und ist sonach mit

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derselben ebenso fest verwachsen , wie – um ein Bild zu gebrauchen – mit dem Baume die Blätter , die , obgleich sie einerseits ein von demselben Unterschiedenes sind , dennoch so wesentlich zu ihm gehören , daß er abstirbt , wenn jene ihm wiederholentlich abgerissen | werden . Allerdings vermögen die zu einem thatenund erfahrungsreichen Leben gelangten selbstständigeren menschlichen Naturen den Verlust eines Theiles Desjenigen , was ihre Welt ausmacht , bei Weitem besser zu ertragen , als Menschen , die in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und keines Weiterstrebens fähig sind ; das Lebensgefühl der Letzteren ist mitunter so fest an ihre Heimath gebunden , daß sie in der Fremde von der Krankheit des Heimweh’s befallen werden und einer Pflanze gleichen , die nur auf diesem bestimmten Boden gedeihen kann . Doch auch den stärksten Naturen ist zu ihrem concreten Selbstgefühl ein gewisser Umfang äußerer Verhältnisse , – so zu sagen , – ein hinreichendes Stück Universum nothwendig ; denn ohne eine solche individuelle Welt würde , wie gesagt , die menschliche Seele überhaupt keine Wirklichkeit haben , nicht zur bestimmt unterschiedenen Einzelnheit gelangen . Die Seele des Menschen hat aber nicht bloß N a t u r u nt e r s ch ie d e , sondern sie u nt e r s che id e t s ich i n s ich s e l b e r , trennt ihre s u b s t a n z ie l le To t a l it ä t , ihre individuelle Welt von sich ab , setzt dieselbe sich als dem Subjectiven gegenüber . Ihr Zweck ist dabei d e r , daß f ü r s ie , oder für den Geist werde , was derselbe a n s ich ist , – daß der a n s ich im Geiste enthaltene Kosmos in das B e w u ßt s e y n desselben trete[.] Auf dem Standpunkt der Seele , des noch nicht freien Geistes fi ndet aber , wie gleichfalls schon bemerkt , kein o bje c t ive s Bewußtseyn , kein Wissen von der Welt als einer wirklich a u s m i r he r a u s g e s e t z t e n statt . Die f ü h le nd e Seele verkehrt bloß mit ihren i n ne r l iche n Bestimmungen . Der Gegensatz ihrer selbst und Desjenigen , was für sie ist , bleibt noch in sie eingeschlossen . Erst wenn die Seele den mannigfaltigen , unmittelbaren Inhalt ihrer individuellen Welt negativ gesetzt , ihn zu einem Einfachen , zu einem a b s t r a c t A l l g e me i ne n gemacht hat , – wenn somit ein g a n z A l l g e me i ne s für die A l l g e me i n he it der Seele ist und diese sich eben dadurch zu dem f ü r s ich s e l b s t s e ye nd e n , s ich s e l b s t g e g e n s t ä nd l iche n Ich , diesem sich | auf sich beziehenden vollkommen Allgemeinen , entwickelt hat , – eine Entwicklung , welche der Seele als solcher noch fehlt , – erst also nach Erreichung dieses Zieles kommt die Seele aus ihrem s u bje c t ive n F ü h le n zum wahrhaft o b j e c t i ve n B e w u ß t s e y n ; denn erst das für-sich-selbst-seyende , von dem unmittelbaren Stoff zunächst wenigstens auf abstracte Weise befreite Ich läßt auch dem Stoffe die Freiheit des Bestehens a u ß e r dem Ich . Was wir daher bis zur Erreichung dieses Zieles zu betrachten haben , das ist der Befreiungskampf , welchen die Seele gegen die Unmittelbarkeit ihres substanziellen Inhalts durchzufechten hat , um ihrer selbst vollkommen mächtig und ihrem Begriff entspre-

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chend zu werden , – um sich zu Dem zu machen , was sie a n s ich oder ihrem B e g r i f fe nach ist , nämlich zu der im Ich existirenden sich auf sich beziehenden e i n f a chen Subje c t iv it ä t . Die Erhebung zu diesem Entwicklungspunkt stellt eine Folge von d r e i Stufen dar , die hier versicherungsweise im Voraus angegeben werden können . Auf der e r s t e n Stufe sehen wir die Seele in dem D u r cht r ä u m e n und A h n e n ihres c o n c r e t e n N a t u r le b e n s befangen . Um das Wunderbare dieser in neuerer Zeit allgemein beachteten Seelenform zu begreifen , müssen wir festhalten , daß die Seele hier noch in u n m it t e l b a r e r , u n t e r s ch ie d s l o s e r E i n he it mit ihrer Objectivität sich befi ndet . Die z we it e Stufe ist der Standpunkt der Ve r r ück t he it , das heißt , der m it s ich s e l b e r e nt z we it e n , einerseits ihrer schon mächtigen , andererseits ihrer noch nicht mächtigen , sondern in einer e i n z e l ne n B e s ond e r he it festgehaltenen , darin ihre Wirklichkeit habenden Seele . Auf der d r it t e n Stufe endlich wird die Seele über ihre N a t u r i nd iv id u a l it ä t , über ihre L e i bl ich ke it Meister , setzt sie diese zu einem ihr gehorchenden M it t e l herab , und wirft den n icht zu ihrer Leiblichkeit gehörigen Inhalt ihrer substanziellen Totalität als o bje c t ive Welt aus sich he r a u s . Zu diesem | Ziele gelangt , tritt die Seele in der abstracten Freiheit des Ich hervor und wird damit B e w u ßt s e y n . Ueber alle die ebenangeführten Stufen haben wir aber zu bemerken , was wir schon bei den früheren Entwicklungsstadien der Seele zu bemerken hatten , daß auch hier Thätigkeiten des Geistes , die erst später in ihrer freien Gestalt betrachtet werden können , vorweg erwähnt werden müssen , weil dieselben bereits durch die fühlende Seele hindurchwirken . |

§ 405

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Was wir im Zusatz zu § . 402 als die im D u r cht r ä u me n und A h ne n ihrer individuellen Welt befangene Seele bezeichnet haben , das ist in der Ueber schrift zu oben stehendem Paragraphen » d ie f ü h lend e S e ele i n i h r e r Un m it t e l b a r ke it« genannt worden . Diese Entwicklungsform der menschlichen Seele wollen wir hier noch bestimmter darstellen , als es in der obigen Anmerkung geschehen ist . Bereits in der Anmerkung zu § . 404 wurde gesagt , daß die Stufe des Träumens und Ahnens zugleich eine Form bildet , zu welcher , als zu einem Krankheitszustande , der schon zu Bewußtsein und Verstand entwickelte Geist wieder herabsinken kann . Beide Weisen des Geistes , – das gesunde , verständige Bewußtseyn einerseits , das Träumen und Ahnen andererseits , – können nun auf

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zusätze

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der hier in Rede stehenden e r s t e n Entwicklungsstufe der fühlenden Seele als mehr oder weniger s ich d u r che i n a nd e r z iehe nd existi|ren ; da das Eigenthüm liche dieser Stufe eben darin besteht , daß hier das dumpfe , subjective oder ahnende Bewußtseyn noch nicht , – wie auf der z we it e n Stufe der fühlenden Seele , auf dem Standpunkt der Ve r r ück t he it , – in d i r e c t e n G e g e n s a t z gegen das freie , objective oder verständige Bewußtseyn gesetzt ist , sondern vielmehr zu demselben nur das Verhältniß eines Ve r s ch ie d e ne n , also eines mit dem verständigen Bewußtseyn Ve r m i s ch b a r e n hat . Der Geist existirt somit auf dieser Stufe noch nicht als der W id e r s pr uch i n s ich s e l b e r ; die in der Verrücktheit miteinander in Widerspruch gerathenden beiden Seiten stehen hier noch in u n b e f a n g e ne r Beziehung zu einander . Dieser Standpunkt kann das m a g i s che Verhältniß der fühlenden Seele genannt werden ; denn mit diesem Ausdruck bezeichnet man ein der Vermittlung entbehrendes Verhältniß des Inneren zu einem Aeußeren oder Anderen überhaupt ; eine magische Gewalt ist diejenige , deren Wirkung nicht nach dem Zusammenhange , den Bedingungen und Vermittlungen der objectiven Verhältnisse bestimmt ist ; eine solche vermittlungslos wirkende Gewalt ist aber » d ie f ü h l e n d e S e e l e i n i h r e r Un m it t e l b a r ke it .« Zum Verständniß dieser Entwicklungsstufe der Seele wird es nicht überflüssig seyn , hier den Begriff der M a g ie näher zu erläutern . Die a b s olut e Magie wäre die Magie des G e i s t e s a l s s ol ch e n . Auch dieser übt an den Gegenständen eine magische Infection aus , wirkt magisch auf einen anderen Geist . Aber in diesem Verhältniß ist die Unmittelbarkeit nur ein Mome nt ; die durch das Denken und die Anschauung , wie durch die Sprache und die Gebehrde erfolgende Vermittlung bildet darin das andere Moment . Das Kind wird allerdings auf eine überwiegend u n m it t e l b a r e Weise von dem Geiste der Erwachsenen in ficirt , von welchen es sich umgeben sieht ; zugleich ist jedoch dieß Verhältniß durch Bewußtseyn und durch die beginnende Selbstständigkeit des Kindes ve r m it t e l t . Unter den Erwachsenen übt ein überlegener Geist eine magische Gewalt über den | schwächeren aus ; so , zum Beispiel , L e a r über Ke nt , der sich zu dem unglücklichen Könige unwiderstehlich hingezogen fühlt , weil dieser ihm in seinem Gesicht Etwas zu haben scheint , das er , wie er sich ausdrückt , »gern Herr nennen möchte .« So antwortete auch eine Königin von Frankreich , als sie an ihrem Gemahl Zauberei verübt zu haben angeklagt wurde , sie habe gegen denselben keine andere magische Gewalt gebraucht , als diejenige , welche dem stärkeren Geiste über den schwächeren von Natur verliehen sey . Wie in den angeführten Fällen die Magie in einer unmittelbaren Einwirkung des Geistes auf einen anderen Geist besteht , so hat überhaupt bei der Magie oder Zauberei , – selbst wenn diese sich auf bloß natürliche Gegenstände , wie Sonne

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zu § 405

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und Mond bezog , – immer die Vorstellung vorgeschwebt , daß die Zauberei wesentlich durch die unmittelbar wirkende Gewalt des Geistes geschehe , – und zwar nicht durch die Macht des g ö t t l iche n , sondern durch die des t e u f l i s che n Geistes ; so daß in eben demselben Maaße , wie Jemand Zauberkraft besitze , er dem Teufel unter thänig sey . Die ve r m it t lu n g s lo s e s t e Magie ist nun näher diejenige , welche der individuelle Geist über seine e i g e ne Leiblichkeit ausübt , indem er dieselbe zum unterwürfigen , widerstandslosen Vollstrecker seines Willens macht . Aber auch gegen die T h ie r e übt der Mensch eine höchst vermittlungslose magische Gewalt aus , da jene den Blick des Menschen nicht zu ertragen vermögen . Außer den so eben angeführten w i r k l ich stattfi ndenden magischen Bethätigungsweisen des Geistes hat man dagegen f ä l s ch l ich dem Menschengeschlecht einen pr i m it ive n m a g i s che n Zu s t a nd zugeschrieben , in welchem der Geist des Menschen , ohne entwickeltes Bewußtseyn , ganz unmittelbar , die Gesetze der äußeren Natur und sein eigenes wahrhaftes Wesen , so wie die Natur Gottes , auf eine viel vollkommnere Weise , als jetzt , erkannt habe . Diese ganze Vorstellung ist ebenso sehr der B i| b e l wie der Vernunft zuwider ; denn im Mythus vom Sündenfall spricht die Bibel ausdrücklich aus , daß das Erkennen des Wahren erst durch das Z e r r e i ß e n jener ursprünglichen paradiesischen Einheit des Menschen mit der Natur diesem zu Theil geworden sey . Was von großen astronomischen und sonstigen Kenntnissen der primitiven Menschen gefabelt wird , das schwindet bei näherer Betrachtung zu einem Nichts zusammen . Von den My s t e r ie n läßt sich allerdings sagen , daß sie Trümmer einer früheren Erkenntniß enthalten ; – Spuren der instinktartig wirkenden Vernunft fi nden sich in den frühesten und rohesten Zeiten . Aber solche der Form des Gedankens ermangelnde instinktartige Productionen der menschlichen Vernunft dürfen nicht für Beweise einer pr i m it i ve n w i s s e n s ch a f t l iche n Erkenntniß gelten ; sie sind vielmehr nothwendiger weise etwas durchaus Unw i s s e n s ch a f t l iche s , bloß der Empfi ndung und der Anschauung Angehöriges , da die Wissenschaft nicht das E r s t e , sondern nur das L e t z t e seyn kann . So viel über das We s e n des Magischen ü b e r h a u p t . Was aber näher die Weise betrifft , wie dasselbe in der Sphäre der A n t h r o p olo g ie erscheint , so haben wir hier z we ie r le i Formen des magischen Verhältnisses der Seele zu unterscheiden . Die e r s t e dieser Formen kann als die for mel le Subje c t iv it ä t des Lebens bezeichnet werden . F or me l l ist diese Subjectivität , weil sie sich Dasjenige , was dem objectiven Bewußtseyn angehört , so wenig anmaaßt , daß sie vielmehr selber ein Mome nt des objectiven Lebens ausmacht . Aus diesem Grunde ist sie ebenso wenig , wie , zum Beispiel , das Zähnebekommen , etwas N icht s e y n s ol le nd e s ,

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zusätze

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etwas K r a n k h a f t e s , sondern vielmehr etwas auch dem gesunden Menschen nothwendig Zukommendes . In der formellen Natur , in der unterschiedslosen Einfachheit dieser Subjectivität liegt aber zugleich , daß , abgesehen von dem hierbei noch gänzlich ausgeschlossenen , erst in der Verrücktheit herrschenden d i r e c t e n G e g e n s a t z e des | subjectiven Bewußtseyns gegen das objective Bewußtseyn , hierbei auch nicht einmal von einem Verhältnisse z we ie r s e l b s t s t ä nd i g e r Persönlichkeiten zu einander die Rede seyn kann ; – ein solches Verhältniß wird sich uns erst bei der z we it e n Form des magischen Zustandes der Seele darbieten . Die zunächst zu besprechende e r s t e Form dieses Zustandes enthält ihrerseits d r e ie r le i Zustände , 1 . d a s n a t ü r l iche Tr äu men , 2 . d a s L e b e n d e s K i nd e s i m Mut t er le ib e und 3 . d a s Ve r h a l t e n u n s e r e s b e w u ß t en L e b e n s z u u n s e r m g eh e i m en i n ne r e n L e b e n , zu unserer bestimmten geistigen Natur , oder zu Demjenigen , was man den G e n iu s des Menschen genannt hat . 1 . D a s Tr ä u me n . Schon bei dem im § . 398 abgehandelten E r w a che n der individuellen Seele , und zwar näher , bei Festsetzung des bestimmten Unterschieds zwischen S ch l a fe n und Wa che n , haben wir vorweggreifend vom n a t ü r l ichen Tr äu men sprechen müssen , weil dasselbe ein Moment des Schlafes ist und von einer oberflächlichen Ansicht als Beweis der Einerleiheit des Schlafens und des Wachens angesehen werden kann ; gegen welche Oberflächlichkeit der wesentliche Unterschied dieser beiden Zustände auch in Bezug auf das Träumen festgehalten werden mußte . Die eigentliche Stelle für die Betrachtung der letztgenannten Seelenthätigkeit fi ndet sich aber erst bei dem im § . 405 gemachten Beginn der Entwicklung der in dem Durchträumen und Ahnen ihres concreten Naturlebens befangenen Seele . Indem wir nun hier auf Dasjenige verweisen , was schon in der Anmerkung und im Zusatz zu § . 398 über die durchaus s u bje c t ive , der verständigen Objectivität entbehrende Natur der Träume gesagt worden ist ; haben wir nur noch hinzuzufügen , daß im Zustande des Träumens die menschliche Seele nicht bloß von ve r e i n z e l t e n | Affectionen erfüllt wird , sondern mehr , als in den Zerstreuungen der wachen Seele gewöhnlich der Fall ist , zu einem tiefen , mächtigen Gefühle ihrer g a n z e n i nd i v id u e l l e n Natur , des g e s a m m t e n Um k r e i s e s ihrer Vergangenheit , Gegenwart und Zukunft gelangt , und daß dieses Empfundenwerden der i nd i v id ue l le n To t a l it ä t der Seele eben der Grund ist , weßhalb das Träumen bei Betrachtung der sich selbst fühlenden Seele zur Sprache kommen muß .

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2 . D a s K i n d i m M u t t er l e i b e . Während im Tr ä u me n das zum Gefühl seiner selbst gelangende Individuum in e i n f a ch e r u n m it t e l b a r e r B e z ie hu n g a u f s ich befangen ist und dieses sein Fürsichseyn durchaus die Form der Subjectivität hat ; zeigt uns dagegen das K i nd im Mut t e r le i b e eine Seele , die noch nicht im Kinde , sondern nur erst in der Mutter wirklich für sich ist , sich noch nicht für sich tragen kann , vielmehr nur von der Seele der Mutter getragen wird ; so daß hier , statt jener im Träumen vorhandenen e i n f a ch e n B e z ie hu n g der Seele a u f s ich , eine ebenso einfache , unmittelbare Beziehung auf ein a nd e r e s Individuum existirt , in welchem die in ihr selber noch selbstlose Seele des Fötus ihr Selbst fi ndet . Dieß Verhältniß hat für den die Einheit des Unterschiedenen zu begreifen unfähigen Verstand etwas Wunderbares ; denn hier sehen wir ein unmittelbares Ineinanderleben , eine ungetrennte Seeleneinheit zweier Individuen , von welchen das eine ein w i r k l iche s , für-sich-selbst-seyendes Selbst ist , während das andere wenigstens ein fo r m e l le s Fürsichseyn hat und sich dem wirklichen Fürsichseyn immer mehr annähert . Für die philosophische Betrachtung enthält diese ungetrennte Seeleneinheit aber um so weniger etwas Unbegreifliches , als das Selbst des Kindes dem Selbst der Mutter noch gar keinen Widerstand entgegenzusetzen vermag , sondern dem unmittelbaren Einwirken der Seele der Mutter völlig geöffnet ist . Diese | Einwirkung offenbart sich in denjenigen Erscheinungen , welche man Mut t e r m a le nennt . Manches , was man dahin gerechnet hat , kann allerdings eine bloß o r g a n i s che Ursache haben . Rücksichtlich vieler physiologischer Erscheinungen darf aber nicht gezweifelt werden , daß dieselben durch die Empfi ndung der Mutter gesetzt sind , daß ihnen also eine p s ych i s che Ursache zu Grunde liegt . So wird , zum Beispiel , berichtet , daß Kinder mit beschädigtem Arm zur Welt gekommen sind , weil die Mutter sich entweder wirklich den Arm gebrochen , oder wenigstens denselben so stark gestoßen hatte , daß sie ihn gebrochen zu haben fürchtete , – oder endlich , – weil sie durch den Anblick des Armbruchs eines Anderen erschreckt worden war . Aehnliche Beispiele sind zu bekannt , als daß deren viele hier angeführt zu werden brauchten . Eine solche Verleiblichung der inneren Affectionen der Mutter wird einerseits durch die wider standslose Schwäche des Fötus , andererseits dadurch erklärbar , daß in der durch die Schwangerschaft geschwächten , nicht mehr ein vollkommen selbstständiges Leben für sich habenden , sondern ihr Leben auf das Kind verbreitenden Mutter die Empfindungen einen , diese selbst überwältigenden ungewöhnlichen Grad der Lebhaftigkeit und Stärke erhalten . Dieser Macht der Empfi ndung der Mutter ist selbst der Säugling noch sehr unterworfen ; unangenehme Gemüthsbewegungen der Mutter verderben bekanntlich die Milch derselben und wirken somit nachtheilig auf das von ihr gesäugte Kind . In dem Verhältniß der Eltern

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zu ihren erwachsenen Kindern dagegen hat sich zwar etwas Magisches in sofern gezeigt , als Kinder und Eltern , die lange getrennt waren und einander nicht kannten , unbewußt eine gegenseitige Anziehung fühlten ; man kann jedoch nicht sagen , daß dieß Gefühl etwas Allgemeines und Nothwendiges sey ; denn es giebt Beispiele , daß Väter ihre Söhne , und Söhne ihre Väter in der Schlacht unter Umständen getödtet haben , wo sie diese Tödtung zu vermeiden im Stande gewesen | wären , wenn sie von ihrem gegenseitigen natürlichen Zusammenhange etwas geahnt hätten . 3 . D a s Ve r h ä lt n i ß d e s I nd i v id u u m s z u s e i ne m G e n iu s . Die d r it t e Weise , wie die menschliche Seele zum Gefühl ihrer Totalität kommt , ist das Verhältniß des Individuums zu seinem G e n iu s . Unter dem Genius haben wir die , in allen Lagen und Verhältnissen des Menschen über dessen Thun und Schicksal entscheidende B e s ond e r he it desselben zu verstehen . Ich bin nämlich ein Zw ie f a che s in mir , – einerseits Das , als was ich mich nach meinem ä u ß e r l iche n Leben und nach meinen a l l g e m e i ne n Vorstellungen weiß , – und andererseits Das , was ich in meinem auf b e s ond e r e Weise bestimmten I n ne r e n bin . Diese Besonderheit meines Inneren macht mein Ve r h ä n g n i ß aus ; denn sie ist das Orakel , von dessen Ausspruch alle Entschließungen des Individuums abhangen ; sie bildet das Objective , welches sich , von dem I n ne r e n des Charakters heraus , geltend macht . Daß die Umstände und Verhältnisse , in denen das Individuum sich befi ndet , dem Schicksal desselben gerade d ie s e und keine andere Richtung geben , – dieß liegt nicht bloß in ihnen , in ihrer Eigenthüm lich keit , noch auch bloß in der a l l g e me i ne n Natur des Individuums , sondern zugleich in dessen Besonderheit . Zu den nämlichen Umständen verhält dieß bestimmte Individuum sich anders , als hundert andere Individuen ; auf den Einen können gewisse Umstände magisch wirken , während ein Anderer durch dieselben nicht aus seinem gewöhnlichen Geleise herausgerissen wird . Die Umstände vermischen sich also auf eine zufällige , besondere Weise mit dem Inneren der Individuen ; so daß diese , theils durch die Umstände und durch das Allgemeingültige , theils durch ihre eigene besondere innere Bestimmung zu Demjenigen werden , was aus ihnen wird . Allerdings bringt die Besonderheit des Individuums für dessen | Thun und Lassen auch G r ü nd e , also a l l g e me i n g ü l t i g e Bestimmungen herbei ; aber sie thut dieß , da sie sich dabei wesentlich als f ü h le nd verhält , immer nur auf eine b e s ond e r e Art . Selbst das wache verständige , in allgemeinen Bestimmungen sich bewegende Bewußtseyn wird folglich von seinem Genius auf eine so übermächtige Weise bestimmt , daß dabei das Individuum in einem Verhältniß der Unselbstständigkeit erscheint , welches mit der Abhängigkeit des Fötus von der Seele der Mutter , oder mit der

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passiven Art verglichen werden kann , wie im Träumen die Seele zur Vorstellung ihrer individuellen Welt gelangt . Das Verhältniß des Individuums zu seinem Genius unterscheidet sich aber andererseits von den beiden vorher betrachteten Verhältnissen der fühlenden Seele dadurch , daß es deren E i n he it ist , – daß es das im n a t ü r l ichen Tr äu men enthaltene Moment der e i n f a che n E i n he it der Seele mit sich selber , und das im Verhältniß des F ö t u s zur Mutter vorhandene Moment der Do pp e l he it des Seelenlebens in E i n s zusammenfaßt , da der Genius einerseits , – wie die Seele der Mutter gegen den Fötus , – ein s e l b s t i s che s A nd e r e s gegen das Individuum ist , und andererseits mit dem Individuum eine ebenso u nt r e n n b a r e E i n he it bildet , wie die Seele mit der Welt ihrer Träume . | § 406

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Im Zusatz zu § . 405 haben wir gesagt , daß z we ie r le i Formen des m a g i s che n Verhältnisses der f ü h le nd e n Seele zu unterscheiden seyen , und daß die e r s t e dieser Formen die fo r m e l le Subjectivität des Lebens genannt werden könne . Die Betrachtung dieser ersten Form ist in dem ebenerwähnten Zusatz zum Schluß gekommen . Jetzt haben wir daher die z we it e Form jenes magischen Verhältnisses zu betrachten , nämlich die r e a le Subjectivität der fühlenden Seele . Re a l nennen wir diese Subjectivität , weil hier , statt der im Träumen , so wie im Zustande des Fötus und im Verhältniß des Individuums zu seinem Genius herrschenden u n g e t r e n n t e n s u b s t a n t ie l le n S e e le ne i n he it , ein w i r k l ich z w ie f a che s , seine b e id en S e it en zu e i g e n t hü m l iche m D a s e y n entlassendes Seelenleben hervortritt . Die erste dieser beiden Seiten ist das unvermittelte Verhältniß der fühlenden Seele zu deren individueller Welt und substantieller Wirklichkeit ; die zweite Seite dagegen ist die vermittelte Beziehung der Seele zu ihrer in objectivem Zusammenhange stehenden Welt . Daß diese beiden Seiten a u s e i n a nd e r t r e t e n , zu g e g e n s e it i g e r S e l b s t s t ä nd i g ke it gelangen , – dieß muß als K r a n k he it bezeichnet werden , da dieß Außereinandertreten , im Gegensatze gegen die im Zusatz zu | § . 405 betrachteten Weisen der formellen Subjectivität , kein Moment des objectiven Lebens selbst ausmacht . Gleichwie die le i bl iche Krankheit in dem Festwerden eines Organes oder Systems gegen die allgemeine Harmonie des individuellen Lebens besteht , und solche Hemmung und Trennung mitunter so weit fortschreitet , daß die besondere Thätigkeit eines Systems sich zu einem , die übrige Thätigkeit des Organismus in sich concentrirenden Mittelpunkt , zu einem wuchernden Gewächse macht ; – so erfolgt auch im S e e le n le b e n Krankheit , wenn das bloß S e e le n h a f t e des Organismus , von der Gewalt des g e i s t i g e n Bewußtseyns unabhängig werdend , sich die

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zusätze

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Function des letzteren anmaaßt , und der Geist , indem er die Herrschaft über das zu ihm gehörige Seelenhafte verliert , seiner selbst nicht mächtig bleibt , sondern selber zur Form des Seelenhaften herabsinkt und damit das dem gesunden Geiste wesentliche objective , – das heißt , – durch Aufhebung des äußerlich Gesetzten vermittelte Verhältniß zur wirklichen Welt aufgiebt . Daß das Seelenhafte gegen den Geist selbstständig wird und sogar dessen Function an sich reißt , – davon liegt die Möglichkeit darin , daß dasselbe vom Geiste ebenso u nt e r s ch ie d e n , wie an sich mit ihm id e nt i s ch ist . Indem das Seelenhafte sich vom Geiste trennt , sich für sich setzt , giebt dasselbe sich den Schein , Das zu seyn , was der Geist in Wahrheit ist , – nämlich , die in der Form der A l l g e me i n he it für-sich-selbst-seyende Seele . Die durch jene Trennung entstehende S e e le n k r a n k he it ist aber mit le i bl iche r Krankheit nicht bloß zu ve r g le iche n , sondern mehr oder weniger mit derselben ve r k nüpf t , weil bei dem Sichlosreißen des Seelenhaften vom Geiste , die dem letzteren sowohl als dem ersteren zur empirischen Existenz nothwendige Leiblichkeit sich an diese zwei außereinandertretenden Seiten ver theilt , sonach selber zu etwas in sich Getrenntem , also Krankhaftem wird . Die Krankheitszustände , in welchen solche Trennung des Seelenhaften vom geistigen Bewußtseyn hervortritt , sind nun | sehr mannigfaltiger Art ; fast jede Krankheit kann bis zu dem Punkte jener Trennung fortgehen . Hier in der philosophischen Betrachtung unseres Gegenstandes haben wir aber nicht jene unbestimmte Mannigfaltigkeit von Krankheitsformen zu verfolgen , sondern nur das sich in ihnen auf verschiedene Weise gestaltende A l l g e m e i ne nach seinen H a up t fo r m e n festzusetzen . Zu den Krankheiten , in welchen dieß Allgemeine zur Erscheinung kommen kann , gehört das S ch l a f w a n d e l n , die K a t a le p s ie , die E nt w ick lu n g s p er io d e der we i bl iche n Jugend , der Zustand der S chw a n g e r s ch a f t , auch der Ve it s t a n z , ebenso der Augenblick des herannahenden To d e s , wenn derselbe die in Rede stehende Spaltung des Lebens in das schwächer werdende gesunde , vermittelte Bewußtseyn und in das immer mehr zur Alleinherrschaft kommende seelenhafte Wissen herbeiführt ; – namentlich aber muß hier derjenige Zustand , welchen man den a n i m a l i s che n M a g ne t i s mu s genannt hat , untersucht werden , sowohl in sofern derselbe sich von s e l b e r in einem Individuum entwickelt , als in sofern er in diesem durch ein a nd e r e s Individuum auf besondere Weise hervorgebracht wird . Auch durch g e i s t i g e Ursachen , besonders durch religiöse und politische Exaltation , kann der fragliche Zustand der Trennung des Seelenlebens herbeigeführt werden . So zeigte sich , zum Beispiel , im Sevennerkriege das frei hervortretende Seelenhafte als eine bei Kindern , Mädchen und zumal bei Greisen in hohem Grade vorhandene Sehergabe . Das merkwürdigste Beispiel solcher Exaltation ist aber die berühmte Je a n ne d ’A r c , in welcher einerseits die patriotische Begeisterung einer

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ganz reinen , einfachen Seele , andererseits eine Art von magnetischem Zustande sichtbar wird . Nach diesen vorläufigen Bemerkungen wollen wir hier die einzelnen Hauptformen betrachten , in denen ein Außereinandertreten des Seelenhaften und des objectiven Bewußtseyns sich zeigt . Wir haben hierbei kaum nöthig , an Dasjenige zu erinnern , was | schon früher über den Unterschied jener beiden Weisen des Verhaltens des Menschen zu seiner Welt gesagt worden ist , – daß nämlich das obje c t ive B e w u ßt s e y n die Welt als eine ihm äu ßer l iche , unendlich m a n n i g f a che , aber in allen ihren Punkten no t h we nd i g z u s a m me n h a n g e nd e , n icht s Unve r m it t e l t e s in sich enthaltende Objectivität weiß , und sich zu derselben auf eine ihr entsprechende , das heißt , ebenso m a n n i g f a che , b e s t i m m t e , ve r m it t e l t e und n o t h we nd i g e Weise verhält , daher zu einer b e s t i m m t e n Form der äußerlichen Objectivität nur durch ein b e s t i m m t e s Sinnesorgan in Beziehung zu treten , – zum Beispiel nur mit den A u g e n zu sehen vermag ; wohingegen das F ü h le n oder die s u bje c t ive Weise des Wissens die dem objectiven Wissen unentbehrlichen Vermittlungen und Bedingungen ganz oder wenigstens zum Theil entbehren , und unmittelbar , zum Beispiel ohne die Hülfe der Augen und ohne die Vermittlung des Lichtes , das Sehbare wahrnehmen kann . 1 . Dies unmittelbare Wissen kommt zuvörderst in den sogenannten Me t a l l u nd Wa s s e r f ü h le r n zur Erscheinung . Darunter versteht man Menschen , die in ganz wachem Zustande , ohne die Vermittlung des Gesichtssinnes , unter dem Erdboden befindliches Metall oder Wasser bemerken . Das nicht seltene Vorkommen solcher Menschen unterliegt keinem Zweifel . A mor e t t i hat , nach seiner Versicherung , an mehr als vierhundert , zum Theil ganz gesunden Individuen diese Eigenthüm lich keit des Fühlens entdeckt . Außer dem Metall und Wasser wird von manchen Menschen auch Salz auf ganz vermittlungslose Weise empfunden , indem das letztere , wenn es in großer Menge vorhanden ist , in ihnen Uebelbefi nden und Beängstigung erregt . Beim Aufsuchen verborgner Gewässer und Metalle , so wie des Salzes wenden Individuen gedachter Art auch die Wünschel ruthe an . Dieß ist eine , die Gestalt einer Gabel habende Haselgerte , | welche an der Gabel mit beiden Händen gehalten wird , und sich mit ihrer Spitze nach den eben erwähnten Gegenständen hinunterbiegt . Es versteht sich dabei von selbst , daß diese Bewegung des Holzes nicht in diesem selber irgendwie ihren Grund hat , sondern allein durch die Empfi ndung des Menschen bestimmt wird ; gleichwie auch bei dem sogenannten Penduliren , – obgleich dabei , im Fall der Anwendung mehrerer Metalle , zwischen diesen eine gewisse Wechselwirkung stattfi nden kann , – die Empfi ndung des Menschen immer das hauptsächlich Bestimmende ist ; denn hält man , zum Beispiel , einen goldenen Ring über einem

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Glas Wasser , und schlägt der Ring an den Rand des Glases so oft an , als die Uhr Stunden zeigt ; so rührt Dieß einzig daher , daß , wenn , zum Beispiel , der elfte Schlag kommt , und ich weiß , daß es elf Uhr ist , dieß mein Wissen hinreicht , den Pendel festzuhalten . – Das mit der Wünschelruthe bewaffnete Fühlen soll sich aber mitunter auch weiter , als auf das Entdecken todter Naturdinge erstreckt , und namentlich zur Auffi ndung von Dieben und Mördern gedient haben . So viel Charlanterie in den über diesen Punkt vorhandenen Erzählungen immerhin seyn mag , so scheinen einige hierbei erwähnte Fälle doch Glauben zu verdienen , – besonders , zum Beispiel , der Fall , wo ein im siebenzehnten Jahrhundert lebender , des Mordes verdächtiger französischer Bauer , in den Keller , in welchem der Mord verübt worden war , geführt und daselbst in Angstschweiß gerathend , von den Mördern ein Gefühl bekam , kraft dessen er die von denselben auf ihrer Flucht eingeschlagenen Wege und besuchten Aufenthaltsorte auffand , im südlichen Frankreich einen der Mörder in einem Gefängniß entdeckte und den zweiten bis nach der spanischen Grenze verfolgte , wo er umzukehren gezwungen wurde . Solch’ Individuum hat eine so scharfe Empfi ndung , wie ein die Spur seines Herren meilenweit verfolgender Hund . 2 . Die z we it e hier zu betrachtende Erscheinung des un|mittelbaren oder fühlenden Wissens hat mit der eben besprochenen ersten Dieß gemein , daß in beiden ein Gegenstand ohne die Vermittlung des s p e c i f i s che n Sinnes , auf welchen derselbe sich vornämlich bezieht , empfunden wird . Zugleich unterscheidet sich aber diese zweite Erscheinung von der ersten dadurch , daß bei ihr nicht ein so ganz vermittlungsloses Verhalten , wie bei jener ersten stattfi ndet , sondern der betreff liche specifische Sinn , entweder durch den vorzugsweise in der He r z g r u b e thätigen G e m e i n s i n n , oder durch den Ta s t s i n n , ersetzt wird . Solches Fühlen zeigt sich sowohl in der K a t a le p s ie überhaupt , – einem Zustande der Lähmung der Organe , – als namentlich beim S ch l a f w a n d e l n , einer Art von kataleptischem Zustande , in welchem das Träumen sich nicht bloß durch Sprechen , sondern auch durch Herumgehen äußert und sonstige Handlungen entstehen läßt , denen ein vielfach richtiges Gefühl von den Verhältnissen der umgebenden Gegenstände zu Grunde liegt . Was das Eintreten dieses Zustandes betrifft , so kann derselbe , bei einer bestimmten Disposition dazu , durch rein äußerliche Dinge , zum Beispiel , durch gewisse des Abends gegessene Speisen hervorgebracht werden . Ebenso bleibt die Seele , nach dem Eintritt dieses Zustandes , von den Außendingen abhängig ; so hat , zum Beispiel , in der Nähe der Schlafwandler ertönende Musik dieselben dazu veranlaßt , ganze Romane im Schlaf zu sprechen . Rücksichtlich der Thätigkeit der Sinne in diesem Zustande ist aber zu bemerken , daß die eigentlichen Schlafwandler wohl hö r e n und f ü h le n ; daß dagegen ihr Au g e , gleichviel , ob es geschlossen oder offen sey ,

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starr ist ; daß somit derjenige Sinn , für welchen vornämlich die Gegenstände in die zum wahrhaften Verhältniß des Bewußtseyns nöthige E n t fe r nu n g von mir treten , in diesem Zustande der n icht vo r h a nd e ne n Tr e n nu n g des Subjectiven und Objectiven thätig zu seyn aufhört . Wie schon bemerkt , wird im Schlafwandeln das erlöschende G e s icht durch den G e f ü h l s s i n n vertreten ; – eine Vertretung , die bei den eigentlichen Blinden nur in geringe|rem Umfange erfolgt , übrigens in beiden Fällen nicht s o verstanden werden darf , als ob durch Abstumpfung des einen Sinnes dem anderen Sinne auf rein physischem Wege eine Verschärfung zu Theil würde , da diese vielmehr bloß dadurch entsteht , daß die Seele sich mit ungetheilter Kraft in den Gefühlssinn hineinwirft . Dieser leitet die Schlafwandler jedoch ganz und gar nicht immer richtig ; die zusammengesetzten Handlungen derselben sind etwas Zufälliges ; solche Personen schreiben im Schlafwandeln wohl mitunter Briefe ; oft werden sie jedoch durch ihr Gefühl betrogen , indem sie , zum Beispiel , auf einem Pferde zu sitzen glauben , während sie in der That auf einem Dache sind . Außer der wunderbaren Verschärfung des Gefühlssinnes kommt aber , wie gleichfalls schon bemerkt , in den kataleptischen Zuständen auch der G e m e i n s i n n vorzüglich in der He r z g r u b e zu einer dermaaßen erhöhten Thätigkeit , daß er die Stelle des G e s icht s , des G e hör s , oder auch des G e s ch m a ck s vertritt . So behandelte ein französischer Arzt in Lyon , zu der Zeit , wo der thierische Magnetismus noch nicht bekannt war , eine kranke Person , welche nur an der Herzgrube hörte und las , und die in einem Buche lesen konnte , welches in einem anderen Zimmer Jemand hielt , der , mit dem an der Herzgrube der kranken Person stehenden Individuum , auf Veranstaltung des Arztes , durch eine Kette dazwischen befindlicher Personen in Verbindung gesetzt war . Solches Fernsehen ist übrigens von Denjenigen , in welchen es entstand , auf verschiedene Weise beschrieben worden . Häufig sagen Dieselben , daß sie die Gegenstände i n ne r l ich sehen ; oder sie behaupten , es scheine ihnen , als ob Strahlen von den Gegenständen ausgingen . Was aber die oben erwähnte Vertretung des G e s ch m a ck s durch den G e me i n s i n n anbelangt , so hat man Beispiele , daß Personen die Speisen geschmeckt haben , die man ihnen auf den Magen legte . 3 . Die d r it t e Erscheinung des unmittelbaren Wissens ist | die , daß , ohne die Mitwirkung irgend eines s p e c i f i s che n Sinnes , und ohne das an einem einzelnen Theile des Leibes erfolgende Thätig werden des G e m e i n s i n ne s , aus einer u n b e s t i m m t e n E m p f i nd u n g , ein A h n e n oder S ch a u e n , eine V i s io n von etwas nicht s i n n l ich N a h e m , sondern im R a u m e oder in der Z e it F e r ne m , von etwas Z u k ü n f t i g e m oder Ve r g a n g e ne m entsteht . Obgleich es nun oft schwierig ist , die bloß s u bje c t ive n , a u f n icht vor h a nd e ne Gegenstände bezüglichen Visionen von denjenigen Visionen zu unterscheiden , die

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etwas Wirkliches zu ihrem Inhalt haben ; so ist dieser Unterschied hier doch festzuhalten . Die e r s t e r e Art der Visionen kommt zwar auch im Somnambulismus , vornämlich aber in einem überwiegend physischen Krankheitszustande , zum Beispiel , in der Fieberhitze , selbst bei wachem Bewußtseyn , vor . Ein Beispiel solcher subjectiven Vision ist Fr . Nicolai , der , im wachen Zustande auf der Straße andere Häuser , als die wirklich daselbst vorhandenen mit vollkommner Deutlichkeit sah , und dennoch wußte , daß Dieß nur Täuschung war . Der vorherrschend physische Grund dieser poetischen Illusion jenes sonst stockprosaischen Individuums offenbarte sich dadurch , daß dieselbe durch das Ansetzen von Blut igeln an den Mastdarm beseitigt wurde . In unserer anthropologischen Betrachtung haben wir aber vorzugsweise die z we it e Art der Visionen , – diejenigen , welche sich auf w i r k l ich vorhandene Gegenstände beziehen , – in’s Auge zu fassen . Um das Wunderbare der hieher gehörigen Erscheinungen zu begreifen , kommt es darauf an , in Betreff der Seele folgende Gesichtspunkte festzuhalten . Die Seele ist das A l le s d u r chd r i n g e nd e , nicht bloß in einem besonderen Individuum Existirende ; denn , wie wir bereits früher gesagt haben , muß dieselbe als die Wahrheit , als die Idealität a l le s M a t e r ie l le n , als das g a n z A l l g e me i ne gefaßt werden , in welchem alle Unterschiede nur als id e e l le sind , und welches n icht e i n s e it i g d e m A nd e r e n g e g e nü b e r s t e ht , | sondern ü b e r d a s A nd e r e ü b e r g r e i f t . Zugleich aber ist die Seele i nd i v id u e l l e , b e s ond e r s bestimmte Seele ; sie hat daher mannigfache Bestimmungen oder Besonderungen in sich ; dieselben erscheinen , zum Beispiel , als Triebe und Neigungen . Diese Bestimmungen sind , obgleich von einander unterschieden , dennoch für sich nur etwas A l l g e me i ne s . In mir , als b e s t i m mt e m Individuum , erhalten dieselben erst einen b e s t i m m t e n Inhalt . So wird , zum Beispiel , die Liebe zu den Eltern , Verwandten , Freunden u . s . w . in mir individualisirt ; denn ich kann nicht Freund u . s . w . ü b e r h a upt seyn , sondern bin nothwendiger weise mit d ie s e n Freunden d ie s e r , an d ie s e m Ort , in d ie s e r Zeit und in d ie s e r Lage lebende Freund . Alle die in mir individualisirten und von mir durchlebten allgemeinen Seelenbestimmungen machen meine Wirklichkeit aus , sind daher nicht meinem Belieben überlassen , sondern bilden vielmehr die Mächte meines Lebens und gehören zu meinem wirklichen Seyn ebenso gut , wie mein Kopf oder meine Brust zu meinem lebendigen Daseyn gehört . Ich bi n dieser ganze Kreis von Bestimmungen : dieselben sind mit meiner Individualität verwachsen ; jeder einzelne Punkt in diesem Kreise , – zum Beispiel , der Umstand , daß ich jetzt hier sitze , – zeigt sich der Willkür meines Vorstellens dadurch entnommen , daß er in die Totalität meines Selbstgefühls als Glied einer Kette von Bestimmungen gestellt ist , oder – mit anderen Worten – von dem Gefühl der Totalität meiner

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Wirklichkeit umfaßt wird . Von dieser meiner Wirklichkeit , von dieser meiner Welt weiß ich aber , in sofern ich nur erst fühlende Seele , noch nicht waches , freies Selbstbewußtseyn bin , auf g a n z u n m it t e l b a r e , auf ganz a b s t r a c t p o s it ive Weise , da ich , wie schon bemerkt , auf diesem Standpunkt die Welt noch nicht von mir abgetrennt , noch nicht als ein Aeußerliches gesetzt habe , mein Wissen von derselben somit noch nicht durch den Gegensatz des Subjectiven und Objectiven und durch Aufhebung dieses Gegensatzes ve r m it t e l t ist . | Den I n h a l t dieses schauenden Wissens müssen wir nun näher bestimmen . (1) Zue r s t gibt es Zustände , wo die Seele von einem Inhalte weiß , den sie längst ve r g e s s e n hat , und den sie im Wachen sich nicht mehr in’s Bewußtseyn zu bringen vermag . Diese Erscheinung kommt in mancherlei Krankheiten vor . Die auffallendste Erscheinung dieser Art ist die , daß Menschen in Krankheiten eine Sprache reden , mit welcher sie sich zwar in früher Jugend beschäftigt haben , die sie aber im wachen Zustande zu sprechen nicht mehr fähig sind . Auch geschieht es , daß gemeine Leute , die sonst nur plattdeutsch mit Leichtigkeit zu sprechen gewohnt sind , im magnetischen Zustande ohne Mühe hochdeutsch sprechen . Nicht weniger unzweifelhaft ist der Fall , daß Menschen in solchem Zustande den niemals von ihnen auswendig gelernten , aus ihrem wachen Bewußtseyn entschwundenen Inhalt einer vor geraumer Zeit von ihnen durchgemachten Lectüre mit vollkommener Fertigkeit hersagen . So recitirte , zum Beispiel , Jemand aus Young’s Nachtgedanken eine lange Stelle , von welcher er wachend nichts mehr wußte . Ein besonders merkwürdiges Beispiel ist auch ein Knabe , der , in frühster Jugend durch Fallen am Gehirn verletzt und deßhalb operirt , nach und nach das Gedächtniß so sehr verlor , daß er nach Einer Stunde nicht mehr wußte , was er gethan hatte , – und der , in magnetischen Zustand versetzt , das Gedächtniß vollkommen wieder erhielt ; dergestalt , daß er die Ursache seiner Krankheit und die bei der erlittenen Operation gebrauchten Instrumente , sowie die dabei thätig gewesenen Personen angeben konnte . (2) Noch wunderbarer , als das eben betrachtete Wissen von einem schon in das I n ne r e der Seele niedergelegten Inhalt , kann das vermittlungslose Wissen von Begebenheiten erscheinen , die dem fühlenden Subject noch ä u ß e r l ich sind . Denn rücksichtlich dieses z we it e n Inhalts der schauenden Seele wissen wir , daß die Existenz des Aeußerlichen an R a u m und Z e it gebunden , | und unser g e wöh n l iche s B e w u ßt s e y n durch diese beiden Formen des Außereinander vermittelt ist . Was z ue r s t das r ä u m l ich uns Ferne betrifft , so können wir von demselben , in sofern wir waches Bewußtseyn sind , nur unter d e r Bedingung wissen , daß wir die Entfernung auf eine ve r m it t e l t e Weise aufheben . Diese Bedingung ist aber für die s ch a ue nd e S e e le nicht vorhanden . Der Raum gehört nicht der

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S e e le , sondern der ä u ß e r l iche n N a t u r an ; und indem dieß Aeußerliche von der Seele erfaßt wird , hört dasselbe auf , r ä u m l ich zu seyn , da es , durch die Idealität der Seele verwandelt , weder sich selber noch uns äußerlich bleibt . Wenn daher das freie , verständige Bewußtseyn zur Form der bloß fühlenden Seele herabsinkt , so ist das Subject nicht mehr an den Raum gebunden . Beispiele dieser Unabhängigkeit der Seele vom Raume sind in großer Menge vorgekommen . Wir müssen hierbei z we i Fälle unterscheiden . Entweder sind die Begebenheiten dem schauenden Subjecte a b s olut ä u ß e r l ich und werden ohne alle Vermittlung von ihm gewußt , – oder sie haben im Gegentheil für dasselbe schon die Form eines I n ner l ichen , also eines ihm Nicht f r e m d e n , eines Vermittelten dadurch zu erhalten angefangen , daß sie auf ganz o bje c t i ve Art von einem a nd e r e n Subjecte gewußt werden , zwischen welchem und dem schauenden Individuum eine so vollständige Seeleneinheit besteht , daß Dasjenige , was in dem objectiven Bewußtseyn des Ersteren ist , auch in die Seele des Letzteren eindringt . Die durch das Bewußtseyn eines a nd e r e n Subjects vermittelte Form des Schauens haben wir erst später , bei dem e i g e nt l iche n magnetischen Zustande , zu betrachten . Hier dagegen müssen wir uns mit dem e r s t e r w ä h n t e n Fall des durchaus ve r m it t lu n g s lo s e n Wissens von räumlich fernen äußerlichen Begebenheiten beschäftigen . Beispiele von dieser Weise des Schauens kommen in älteren Zeiten , – in Zeiten eines mehr seelenhaften Lebens , – viel häufiger vor , als in der neueren Zeit , wo die Selbstständigkeit des | verständigen Bewußtseyns sich weit mehr entwickelt hat . Die nicht frischweg des Irrthums oder der Lüge zu zeihenden alten Chroniken erzählen manchen hierher gehörigen Fall . Bei dem Ahnen des im Raum Entfernten kann übrigens , bald ein dunkleres , bald ein helleres Bewußtseyn stattfinden . Dieser Wechsel in der Klarheit des Schauens zeigte sich , zum Beispiel , an einem Mädchen , die , ohne daß sie im wachen Zustande Etwas davon wußte , einen Bruder in Spanien hatte , und die in ihrem Hellsehen , anfangs nur undeutlich , dann aber deutlich diesen Bruder in einem Spitale sah , – darauf denselben todt und geöffnet , – nachher jedoch wieder lebendig zu erblicken glaubte , – und – wie sich später ergab – darin richtig gesehen hatte , daß ihr Bruder wirklich zur Zeit jenes Schauens in einem Spital in Valladolid gewesen war ; – während sie sich dagegen darin , daß sie denselben todt zu sehen meinte , geirrt hatte , da nicht dieser Bruder , sondern eine andere Person neben demselben zu jener Zeit gestorben war . – In Spanien und Italien , wo das Naturleben des Menschen allgemeiner ist , als bei uns , sind solche Gesichte , wie das eben erwähnte , namentlich bei Frauen und Freunden , in Bezug auf entfernte Freunde und Gatten , etwas Nichtseltenes . Ebenso , wie über die Bedingung des R a u me s , erhebt sich aber die schauende Seele z we it e n s über die Bedingung der Z e it . Schon oben haben wir gesehen ,

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daß die Seele , im Zustande des Schauens , etwas durch die ve r f l o s s e ne Zeit aus ihrem wachen Bewußtseyn völlig Entferntes sich wieder gegenwärtig machen kann . Interessanter ist jedoch für die Vorstellung die Frage , ob der Mensch auch das durch die z u k ü n f t i g e Zeit von ihm Getrennte klar zu wissen vermöge . Auf diese Frage haben wir Folgendes zu erwiedern . Zuvörderst können wir sagen , daß , wie das vorstellende Bewußtseyn sich irrt , wenn dasselbe das vorher besprochene Schauen einer durch ihre r ä u m l iche Entfernung dem leiblichen Auge gänzlich entrückten Einzelnheit für etwas Besseres als das Wissen von Vernunftwahrheiten hält , – so die Vorstellung | in gleichem Irr thum befangen ist , indem sie meint , ein vollkommen sicheres und verständig bestimmtes Wissen des Zu k ü n f t i g e n würde etwas sehr Hohes seyn , und man habe sich für das Entbehren eines solchen Wissens nach Trostgründen umzusehen . Umgekehrt muß vielmehr gesagt werden , daß es zum Verzweifeln langweilig seyn würde , seine Schicksale mit völliger Bestimmtheit vorher zu wissen und dieselben dann , der Reihe nach , sammt und sonders durchzuleben . Ein Vorauswissen d ie s e r Art gehört aber zu den Unmöglichkeiten ; denn Dasjenige , was nur erst ein Zu k ü n f t i g e s , also ein bloß A n - s ich - s e ye nd e s ist , – Das kann gar nicht Gegenstand des w a h r n e h m e n d e n , ve r s t ä n d i g e n B e w u ß t s e y n s werden , da nur das E x i s t i r e n d e , das zur E i n z e l n he it eines s i n n l ich G e g e n w ä r t i g e n Gelangte wahrgenommen wird . Allerdings vermag der menschliche Geist sich über das ausschließlich mit der sinnlich gegenwärtigen Einzelnheit beschäftigte Wissen zu erheben ; die a b s olut e Erhebung darüber fi ndet aber nur in dem b e g r e i fe nd e n E r ke n ne n d e s Ew i g e n statt ; denn das Ewige wird nicht , wie das sinnlich Einzelne , von dem Wechsel des Entstehens und Vergehens ergriffen , ist daher weder ein Vergangenes noch ein Zukünftiges , sondern das über die Zeit erhabene , alle Unterschiede derselben als aufgehobene in sich enthaltende a b s olut Gegenwärtige . Im magnetischen Zustande dagegen kann bloß eine b e d i n g t e Erhebung über das Wissen des unmittelbar Gegenwärtigen erfolgen ; das in diesem Zustande sich offenbarende Vorauswissen bezieht sich immer nur auf den e i n z e l ne n Kreis der Existenz des Hellsehenden , besonders auf dessen individuelle Krankheitsdisposition , und hat , – was die Form betrifft , – nicht den no t h we n d i g e n Z u s a m m e n h a n g und die b e s t i m m t e G e w i ßhe it des objectiven , verständigen Bewußtseyns . Der Hellsehende ist in einem conc e nt r i r t e n Zustande und schaut dieß sein eingehülltes , prägnantes Leben auf c onc e n t r i r t e Weise an . In der B e s t i m m t he it dieses Concentrirten sind auch die Bestimmungen des R a u me s | und der Z e it als e i n g e hü l lt e enthalten . Für sich selber jedoch werden diese Formen des Außereinander von der in ihre Innerlichkeit versunkenen Seele des Hellsehenden nicht erfaßt ; Dieß geschieht nur von Seiten des seine Wirklichkeit sich als eine äußerliche

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Welt gegenüberstellenden objectiven Bewußtseyns . Da aber der Hellsehende z u g le ich ein Vor s t e l le nd e s ist , so muß er jene in sein concentrirtes Leben e i n g e hü l l t e n Bestimmungen auch he r a u s he b e n , oder – was Dasselbe ist – seinen Zustand in die Formen des R a u m e s und der Z e it h i n a u s s e t z e n , denselben überhaupt nach der Weise des wachen Bewußtseyns auslegen . Hieraus erhellt , in welchem Sinne das ahnende Schauen eine Vermittlung der Zeit in sich hat , während dasselbe andererseits dieser Vermittlung nicht bedarf und eben deßwegen fähig ist , in die Zukunft vorzudringen . Das Q u a nt u m der in dem angeschauten Zustande liegenden zukünftigen Zeit ist aber nicht etwas für sich Festes , sondern eine A r t und We i s e der Q u a l it ä t des geahnten Inhalts , – etwas zu dieser Qualität ebenso Gehöriges , wie , zum Beispiel , die Zeit von drei oder vier Tagen zur Bestimmtheit der Natur des F ie b e r s gehört . Das Herausheben jenes Zeitquantums besteht daher in einem entwickelnden Eingehen in das Intensive des Geschauten . Bei dieser Entwicklung ist nun unendliche Täuschung möglich . Niemals wird die Zeit von den Hellsehenden genau angegeben , meistentheils werden vielmehr die auf die Zukunft sich beziehenden Aussagen solcher Menschen zu Schanden ; zumal , wenn diese Schauungen zu ihrem Inhalt Ereignisse haben , die vom freien Willen anderer Personen abhängen . Daß die Hellsehenden in dem fraglichen Punkt sich so oft täuschen , ist ganz natürlich ; denn sie schauen ein Zukünftiges nur nach ihrer ganz unbestimmten , unter diesen Umständen s o , unter anderen Umständen anders bestimmten zufälligen Empfi ndung an , und legen dann den geschauten Inhalt auf ebenso unbestimmte und zufällige Weise aus . Andererseits kann allerdings jedoch das Vorkommen sich wirklich bestätigender | hieher gehöriger , höchst wunderbarer Ahnungen und Visionen durchaus nicht geleugnet werden . So sind Personen durch die Ahnung des nachher wirklich erfolgenden Einsturzes eines Hauses oder einer Decke aufgeweckt und zum Verlassen des Zimmers oder des Hauses getrieben worden . So sollen zuweilen auch Schiffer von dem nichttäuschenden Vorgefühl eines Sturmes befallen werden , von welchem das verständige Bewußtseyn noch gar kein Anzeichen bemerkt . Auch wird behauptet , daß viele Menschen die Stunde ihres Todes vorher gesagt haben . Vorzüglich in den schottischen Hochlanden , in Holland und in Westphalen finden sich häufige Beispiele von Ahnungen des Zukünftigen . Besonders bei den schottischen Gebirgsbewohnern ist das Vermögen des s o g e n a n nt e n z we it e n G e s icht s (second sight ) noch jetzt nichts Seltenes . Mit diesem Vermögen begabte Personen sehen sich d o pp e lt , erblicken sich in Verhältnissen und Zuständen , in denen sie erst später seyn werden . Zur Erklärung dieses wunderbaren Phänomens kann Folgendes gesagt werden . Wie man bemerkt hat , ist das second sight in Schottland früherhin viel häufiger gewesen , als jetzt . Für das Entstehen desselben scheint sonach ein eigenthüm licher

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Standpunkt der geistigen Entwicklung nothwendig zu seyn , – und zwar ein vom Zustande der Rohheit wie von dem Zustande großer Bildung gleichmäßig entfernter Standpunkt , auf welchem die Menschen keine a l l g e m e i ne n Zwecke verfolgen , sondern sich nur für ihre i nd iv id ue l le n Verhältnisse interessiren , – ihre z u f ä l l i g e n , b e s ond e r e n Zwecke , ohne gründliche Einsicht in die Natur der zu behandelnden Verhältnisse , in träger Nachahmung des Althergebrachten ausführen , – somit , um die Erkenntniß des Allgemeinen und Nothwendigen unbekümmert , sich nur mit E i n z e l ne m und Zu f ä l l i g e m beschäftigen . Gerade durch diese Versunkenheit des Geistes in das Einzelne und Zufällige scheinen die Menschen zum Schauen einer noch in der Zukunft verborgenen e i n z e l ne n Begebenheit , besonders , wenn diese ihnen nicht gleichgültig ist , oft befähigt zu | werden . – Es versteht sich indeß bei dieser , wie bei ähnlichen Erscheinungen , von selber , daß die Philosophie nicht darauf ausgehen kann , alle einzelnen , häufig nicht gehörig beglaubigten , im Gegentheil äußerst zweifelhaften Umstände erklären zu wollen ; wir müssen uns vielmehr in der philosophischen Betrachtung , wie wir im Obigen gethan haben , auf die Hervorhebung der bei den fraglichen Erscheinungen festzuhaltenden Hauptgesichtspunkte beschränken . (3) Während nun bei dem unter Nummer (1) betrachteten Schauen die in ihre Innerlichkeit verschlossene Seele nur einen ihr s chon a n g ehör i g e n Inhalt sich wieder gegenwärtig macht , – und während dagegen bei dem unter Nummer (2) besprochenen Stoffe die Seele in das Schauen eines einzelnen ä u ß e r l iche n Umstandes versenkt ist , – kehrt dieselbe d r it t e n s in dem schauenden Wissen von ihrem e i g e ne n I n ne r e n , von ihrem Seelen- und Körperzustande , aus jener Beziehung auf ein Aeußerliches , zu sich selber zurück . Diese Seite des Schauens hat einen sehr weiten Umfang und kann zugleich zu einer bedeutenden Klarheit und Bestimmtheit gelangen . Etwas vollkommen Bestimmtes und Richtiges werden jedoch die Hellsehenden über ihren körperlichen Zustand nur dann anzugeben vermögen , wenn dieselben medicinisch gebildet sind , somit in ihrem wachen Bewußtseyn eine genaue Kenntniß der Natur des menschlichen Organismus besitzen . Von den nicht medicinisch gebildeten Hellsehenden dagegen darf man keine anatomisch und physiologisch völlig richtigen Angaben erwarten ; solchen Personen wird es im Gegentheil äußerst schwer , die concentrirte Anschauung , die sie von ihrem Körperzustand haben , in die Form des verständigen Denkens zu übersetzen ; und sie können das von ihnen Geschaute doch immer nur in die Form i h r e s , – das heißt , – eines mehr oder weniger unklaren und unwissenden wachen Bewußtseyns erheben . – So wie aber bei den verschiedenen hellsehenden Individuen das unmittelbare Wissen von ihrem 1 nothwendig ] othwendig

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Kör p e r z u s t a nd ein sehr verschiedenes ist , so herrscht auch in dem schauenden Erkennen ihres | g e i s t i g e n Inneren , sowohl in Bezug auf die Form , als in Betreff des Inhalts , eine große Verschiedenheit . E d le n Naturen wird im Hellsehen , – da dieß ein Zustand des Hervortretens der Substantialität der Seele ist , – eine Fülle edlen Empfindens , ihr wahres Selbst , der bessere Geist des Menschen aufgeschlossen und erscheint ihnen oft als besonderer Schutzgeist . N ie d r i g e Menschen hingegen offenbaren in jenem Zustande ihre Niedrigkeit und überlassen sich derselben ohne Rückhalt . Individuen von m it t le r e m Werthe endlich bestehen während des Hellsehens häufig einen sittlichen Kampf mit sich selber , da in diesem neuen Leben , in diesem ungestörten inneren Schauen , das Bedeutendere und Edlere der Charaktere hervortritt und sich gegen das Fehlerhafte derselben vernichtend kehrt . 4 . Dem schauenden Wissen von dem e i g e ne n geistigen und körperlichen Zustande reiht sich als eine v ie r t e Erscheinung das hellsehende Erkennen eines fremden Seelen- und Körperzustandes an . Dieser Fall ereignet sich besonders im magnetischen Somnambulismus , wenn durch den Rapport , in welchen das in diesem Zustande befi ndliche Subject mit einem anderen Subjecte gesetzt worden ist , die beiderseitigen Lebenssphären derselben gleichsam zu einer einzigen geworden sind . 5 . Erreicht endlich dieser Rapport den höchsten Grad der Innigkeit und Stärke , so kommt f ü n f t e n s die Erscheinung vor , daß das schauende Subject nicht bloß von , sondern i n einem anderen Subjecte weiß , schaut und fühlt , ohne directe Aufmerksamkeit auf das andere Individuum alle Begegnisse desselben u n m it t e l b a r m it e m p f i nd e t , die Empfi ndungen der fremden Individualität als seine e i g e ne n in sich hat . Von dieser Erscheinung fi nden sich die auffallendsten Beispiele . So behandelte ein französischer Arzt zwei sich gegenseitig sehr liebende Frauen , die in bedeutender Entfernung die beiderseitigen Krankheitszustände in | einander empfanden . Hierher kann auch der Fall gerechnet werden , wo ein Soldat die Angst seiner von Räubern gebundenen Mutter , trotz einer ziemlichen Entfernung von ihr , in solcher Stärke unmittelbar mitempfand , daß er ohne Weiteres zu ihr zu eilen sich unwiderstehlich gedrungen fühlte . Die im Obigen besprochenen f ü n f Erscheinungen sind die H a upt mome nt e des schauenden Wissens . Dieselben haben sämmtlich d ie Bestimmung mit einander gemein , daß sie sich immer auf die i nd i v id ue l le Welt der fühlenden Seele beziehen . Diese Beziehung begründet jedoch unter ihnen keinen so untrennbaren Zusammenhang , daß sie immer alle in Einem und demselben Subjecte hervortreten müßten . Zweitens ist jenen Erscheinungen auch D ie ß gemeinsam , daß dieselben sowohl in Folge physischer Krankheit , als auch , bei sonst gesunden Personen , vermöge einer gewissen besonderen Disposition entstehen können . In

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beiden Fällen sind jene Erscheinungen u n m it t e l b a r e Naturzustände ; nur als solche haben wir sie bisher betrachtet . Sie können aber auch a b s icht l ich hervorgerufen werden . Wenn dieß geschieht , bilden sie d e n e i g e n t l iche n a n i m a l i s che n M a g ne t i s m u s , mit welchem wir uns jetzt zu beschäftigen haben . Was zunächst den Namen »a n i m a l i s che r M a g ne t i s mu s« betrifft , so ist derselbe ursprünglich daher entstanden , daß Me s m e r damit angefangen hat , mit M a g ne t e n den magnetischen Zustand zu erwecken . Nachher hat man jenen Namen beibehalten , weil auch im t h ie r i s che n M a g ne t i s mu s eine unmittelbare gegenseitige Beziehung zweier Existenzen , wie im u nor g a n i s che n Magnetismus , stattfi ndet . Außerdem ist der fragliche Zustand hie und da Me s m e r i s mu s , S ol a r i s mu s , Te l lu r i s mu s genannt worden . Unter diesen drei Benennungen hat jedoch die ersterwähnte für sich nichts Bezeichnendes ; und die beiden letzteren beziehen sich auf eine durchaus a nd e r e Sphäre , als auf die des thierischen Magnetismus ; die geistige Natur , welche bei diesem in Anspruch genommen wird , enthält noch ganz Anderes | in sich , als bloß s ol a r i s che und t e l lu r i s che Momente , – als diese g a n z a b s t r a c t e n Bestimmungen , die wir bereits § . 392 an der noch nicht zum individuellen Subject entwickelten natürlichen Seele betrachtet haben . Erst durch den e i g e nt l iche n animalischen Magnetismus ist das allgemeine Interesse auf die magnetischen Zustände gerichtet worden , da man durch denselben die Macht erhalten hat , alle möglichen Formen dieser Zustände herauszubilden und zu entwickeln . Die auf diesem Wege absichtlich hervorgebrachten Erscheinungen sind jedoch nicht verschieden von den schon besprochenen , auch ohne Concurrenz des eigentlichen animalischen Magnetismus erfolgenden Zuständen ; durch ihn wird nur g e s e t z t , was sonst als u n m it t e l b a r e r Naturzustand vorhanden ist . 1 . Um nun zuvörderst die Mö g l ich ke it einer absichtlichen Hervorbringung des magnetischen Zustandes zu begreifen , brauchen wir uns nur an Dasjenige zu erinnern , was wir als den Grundbegriff dieses ganzen Standpunkts der Seele angegeben haben . Der magnetische Zustand ist eine K r a n k he it ; denn , wenn ü b e r h a up t das Wesen der Krankheit in die Trennung eines besonderen Systems des Organismus von dem allgemeinen physiologischen Leben gesetzt werden muß , und wenn eben dadurch , daß sich ein besonderes System jenem allgemeinen Leben e n t f r e m d e t , der animalische Organismus sich in seiner Endlichkeit , Ohnmacht und Abhängigkeit von einer f r e m d e n Gewalt darstellt ; – so bestimmt sich jener a l l g e me i ne Begriff der Krankheit in Bezug auf den m a g ne t i s che n Zustand näher auf d ie Weise , daß in dieser eigenthüm lichen Krankheit zwischen meinem s e e le n h a f t e n und meinem w a che n Seyn , zwi-

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schen meiner f ü h le nd e n N a t u r le b e nd i g ke it und meinem ve r m it t e l t e n , ve r s t ä nd i g e n B e w u ßt s e y n ein B r uch entsteht , der , – da jeder Mensch die ebengenannten beiden Seiten in sich schließt , – auch in dem gesundesten Menschen allerdings der Mö g l ich ke it nach enthalten ist , aber nicht in allen Individuen , sondern nur in den|jenigen , welche dazu eine b e s ond e r e Anlage haben , zur Existenz kommt , und erst , in sofern er aus seiner Möglichkeit in die Wirklichkeit tritt , zu etwas Krankhaftem wird . Wenn sich aber mein seelenhaftes Leben von meinem verständigen Bewußtseyn trennt und dessen Geschäft übernimmt , büße ich meine , im verständigen Bewußtseyn wurzelnde Freiheit ein , verliere ich die Fähigkeit , mich einer f r e m d e n Gewalt zu verschließen , werde dieser vielmehr unterwürfig . Wie nun der von s e l b e r e nt s t e he nd e magnetische Zustand in die Abhängigkeit von einer fremden Gewalt a u s s ch l ä g t ; so kann auch umgekehrt von einer ä u ß e r l iche n G e w a l t d e r A n f a n g gemacht , und , – indem dieselbe mich bei der a n s ich in mir vorhandenen Trennung meines fühlenden Lebens und meines denkenden Bewußtseyns erfaßt , – dieser Bruch in mir zur E x i s t e n z gebracht , somit der magnetische Zustand k ü n s t l ich bewirkt werden . Jedoch können , wie bereits angedeutet , nur diejenigen Individuen , in welchen eine besondere Disposition zu diesem Zustande schon vorhanden ist , leicht und dauernd Epopten werden ; wogegen Menschen , die nur durch besondere Krankheit in jenen Zustand kommen , nie vollkommene Epopten sind . Die fremde Gewalt aber , welche den magnetischen Somnambulismus in einem Subjecte erzeugt , ist hauptsächlich ein a nd e r e s Su bje c t ; indeß sind auch A r z ne i m it t e l , vorzüglich B i l s e n k r a ut , – auch Wa s s e r oder Me t a l l , – im Stande , jene Gewalt auszuüben . Das zum magnetischen Somnambulismus disponirte Subject vermag daher sich in denselben zu versetzen , indem es sich in Abhängigkeit von solchem Unorganischen oder Vegetabilischem begibt *) . – Unter den Mitteln zur Hervorbringung des magne|tischen Zustandes ist besonders auch das B a q ue t zu erwähnen . Dasselbe besteht in einem Gefäße mit eisernen Stangen , welche von den zu magnetisirenden Personen berührt werden , und bildet das Mittelglied zwischen dem Magnetiseur und jenen Per-

Davon haben schon die S ch a m a n e n der M o n g o l e n Kenntniß ; sie bringen sich , wenn sie weissagen wollen , durch gewisse Getränke in magnetischen Zustand . Dasselbe geschieht zu dem nämlichen Zweck noch jetzt bei den Indiern . Etwas Aehnliches hat wahrscheinlich auch bei dem Orakel zu Delphi stattgefunden , wo die Priesterin , über eine Höhle auf einen Dreifuß gesetzt , in eine oft milde , zuweilen aber auch heftige Ekstase gerieth und in diesem Zustande mehr oder weniger articulirte Töne ausstieß , welche von | den , in der Anschauung der substantiellen Lebensverhältnisse des griechischen Volkes lebenden Priestern ausgelegt wurden .

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sonen . Während überhaupt Me t a l le zur E r höhu n g des magnetischen Zustandes dienen , bringt umgekehrt G l a s und S e id e eine i s ol i r end e Wirkung hervor . – Uebrigens wirkt die Kraft des Magnetiseurs nicht nur auf Menschen , sondern auch auf Thiere , zum Beispiel , auf Hunde , Katzen und Affen ; denn es ist g a n z a l l g e me i n das s e e l e n h a f t e , – und zwar nu r d a s s e e le n h a f t e , – Leben , welches in den magnetischen Zustand versetzt werden kann , gleichviel , ob dasselbe einem G e i s t e angehöre , oder nicht . 2 . Was z we it e n s die A r t und We i s e des Magnetisirens betrifft , so ist dieselbe verschieden . Gewöhnlich wirkt der Magnetiseur durch Berührung . Wie im Galvanismus die Metalle durch unmittelbaren Contact auf einander wirken , so auch der Magnetiseur auf die zu magnetisirende Person . Das in sich geschlossene , seinen Willen an sich zu halten fähige magnetisirende Subject kann jedoch mit Erfolg nur unter d e r Bedingung operiren , daß dasselbe den entschiedenen Willen hat , seine Kraft dem in den magnetischen Zustand zu bringenden Subjecte mitzutheilen , – die dabei gegen einander stehenden zwei animalischen Sphären durch den Act des Magnetisirens gleichsam in Eine zu setzen . Die nähere Weise , wie der Magnetiseur operirt , ist vornämlich ein B e s t r e i che n , das indeß kein wirkliches Berühren zu seyn braucht , sondern so geschehen kann , daß dabei die Hand des Magnetiseurs von dem Körper der magnetischen Person etwa einen Zoll entfernt bleibt . Die Hand wird vom Kopfe nach der Magengrube , und von da nach den Extremitäten hinbewegt ; wobei das Zurückstreichen sorgfältig zu vermeiden ist , weil durch dasselbe | sehr leicht Krampf entsteht . Zuweilen kann jene Handbewegung in viel größerer Entfernung , als in der angegebenen , – nämlich in der Entfernung von einigen Schritten , – mit Erfolg gemacht werden ; besonders , wenn der Rapport schon eingeleitet ist ; in welchem Falle die Kraft des Magnetiseurs in nächster Nähe oft zu groß seyn und deßhalb nachtheilige Wirkungen hervorbringen würde . Ob der Magnetiseur in einer bestimmten Entfernung noch wirksam ist , – das fühlt derselbe durch eine gewisse Wärme in seiner Hand . Nicht in allen Fällen ist aber das in größerer oder geringerer Nähe erfolgende Bestreichen nöthig ; vielmehr kann durch bloßes Auflegen der Hand , namentlich auf den Kopf , auf den Magen oder die Herzgrube , der magnetische Rapport eingeleitet werden ; oft bedarf es dazu nur eines Handdrucks ; (weßhalb man denn auch mit Recht jene wunderbaren Heilungen , die in den verschiedensten Zeiten von Priestern und von anderen Individuen durch Handauflegung zu Wege gebracht seyn sollen , auf den animalischen Magnetismus bezogen hat) . Mitunter ist auch ein einziger Blick und die Aufforderung des Magnetiseurs zum magnetischen Schlaf hinreichend , diesen zu bewirken . Ja , der bloße Glaube und Wille soll diese Wirkung zuweilen in großer Entfernung gehabt haben . Hauptsächlich kommt es bei diesem magischen Verhältniß darauf

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an , daß ein Subject auf ein ihm an Freiheit und Selbstständigkeit des Willens n a ch s t e he nd e s Individuum wirke . Sehr kräftige Organisationen üben daher über schwache Naturen die größte , – oft eine so unwiderstehliche Gewalt aus , daß die letzteren , sie mögen wollen oder nicht , durch die ersteren zum magnetischen Schlaf gebracht werden können . Aus dem eben angegebenen Grunde sind starke Männer zum Magnetisiren weiblicher Personen besonders geeignet . 3 . Der d r it t e hier zu besprechende Punkt betrifft die durch das Magnetisiren hervorgebrachten W i r k u n g e n . Rücksichtlich dieser ist man , nach den viel fachen hierüber gemachten Erfahrungen , jetzt so vollständig im Reinen , daß das Vorkommen wesentlich | neuer Erscheinungen dabei nicht mehr zu erwarten steht . Will man die Erscheinungen des thierischen Magnetismus in ihrer Naivität betrachten , so muß man sich vornämlich an die älteren Magnetiseure halten . Unter den Franzosen haben sich Männer von edelster Gesinnung und größter Bildung mit dem thierischen Magnetismus beschäftigt und denselben mit reinem Sinn betrachtet . Vorzüglich verdient unter diesen Männern der GeneralLieutenant P u y s e g u r e genannt zu werden . Wenn die Deutschen sich häufig über die mangelhaften Theorien der Franzosen lustig machen , so kann man wenigstens in Bezug auf den animalischen Magnetismus behaupten , daß die bei Betrachtung desselben von den Franzosen gebrauchte naive Metaphysik etwas viel Erfreulicheres ist , als das nicht seltene Geträume und das ebenso schiefe wie lahme Theoretisiren deutscher Gelehrten . Eine brauchbare äußerliche Classification der Erscheinungen des thierischen Magnetismus hat K lu g e gegeben . Von v a n G he r t , einem zuverlässigen und zugleich gedankenreichen , in der neuesten Philosophie gebildeten Manne , sind die magnetischen Kuren in Form eines Tagebuchs beschrieben worden . Auch K a r l S chel l i n g , ein Bruder des Philosophen , hat einen Theil seiner magnetischen Erfahrungen bekannt gemacht . – So viel über die auf den thierischen Magnetismus bezügliche Litteratur und über den Umfang unserer Kenntniß desselben . Nach diesen Vorläufigkeiten wenden wir uns jetzt zu einer kurzen Betrachtung der magnetischen Erscheinungen selber . Die nächste allgemeine W i r k u n g des Magnetisirens ist das Ve r s i n ke n der magnetischen Person in den Zustand ihres e i n g e hü l l t e n , u n t e r s ch ie d s lo s e n N a t u r le b e n s , – das heißt , – in den S ch l a f . Das Eintreten desselben bezeichnet den Beginn des magnetischen Zustandes . Jedoch ist der Schlaf hierbei nicht durchaus nothwendig ; auch ohne ihn können magnetische Kuren ausgeführt werden . Was hier nothwendig stattfi nden muß , – Das ist nur das S e l b s t s t ä nd i g we r d e n der empfi ndenden Seele , | die Tr e n nu n g derselben von dem vermittelten , verständigen Bewußtseyn . Das Zweite , was wir hier zu betrachten haben , betrifft die phy s iolo g i s che Seite oder Basis des magnetischen Zustandes . Hierüber muß gesagt werden , daß in

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jenem Zustande die Thätigkeit der n a ch a u ß e n gerichteten Organe an die i n ne r e n Organe übergeht , – daß die im Zustande des wachen und verständigen Bewußtseyns vom G e h i r n ausgeübte Thätigkeit während des magnetischen Somnambulismus dem Re pr o d uc t ion s s y s t e m anheimfällt , weil in diesem Zustande das Bewußtseyn zur e i n f a ch e n , i n s ich u nu n t e r s ch ie d e n e n N a t ü r l ich ke it d e s S e e le n le b e n s heruntergesetzt wird , – dieser e i n f a che n N a t ü r l i ch ke it , diesem e i n g e hü l l t e n Leben aber die n a ch a u ß e n g e he nd e S e n s i bi l it ä t widerspricht ; wogegen das nach i n ne n gekehrte , in den einfachsten animalischen Organisationen vorherrschende und die Animalität ü b e r h a u p t bildende Re p r o d u c t io n s s y s t e m von jenem eingehüllten Seelenleben durchaus untrennbar ist . Aus diesem Grunde fällt also während des magnetischen Somnambulismus die Wirksamkeit der Seele in das G e h i r n d e s r e pr o d uc t ive n Sy s t e m s , – nämlich in die G a n g l ien , diese vielfach verknoteten Unterleibsnerven . Daß Dem so sey , hat v a n He l mont empfunden , nachdem er sich mit Salbe von Bi l s e n k r a ut eingerieben und Saft von diesem Kraute eingenommen hatte . Seiner Beschreibung nach , war ihm zu Muthe , als gehe sein denkendes Bewußtseyn aus dem Kopfe in den Unterleib , namentlich in den Magen , und es schien ihm , als ob sein Denken bei dieser Versetzung an Schärfe gewinne und mit einem besonders angenehmen Gefühl verbunden sey . Diese Concentration des Seelenlebens im Unterleibe betrachtet ein berühmter französischer Magnetiseur als abhängig von dem Umstande , daß während des magnetischen Somnambulismus das Blut in der Gegend der Herzgrube sehr flüssig bleibe , auch wenn dasselbe in den übrigen Theilen äußerst verdickt sey . – Die im magnetischen Zustande erfolgende ungewöhnliche Erregung des Reproductionssystems zeigt | sich aber nicht nur in der g e i s t i g e n Form des S ch a uen s , sondern auch in der s i n n l iche r e n Gestalt des mit größerer oder geringerer Lebhaftigkeit , besonders bei weiblichen Personen , erwachenden G e s ch le cht s t r ie b e s . Nach dieser vornämlich phy s iolo g i s che n Betrachtung des animalischen Magnetismus haben wir näher zu bestimmen , wie dieser Zustand rücksichtlich der S e ele beschaffen ist . Wie in den früher betrachteten , von selber eintretenden magnetischen Zuständen , – so auch in dem absichtlich hervorgebrachten animalischen Magnetismus , – schaut die in ihre Innerlichkeit versunkene Seele ihre individuelle Welt nicht a u ß e r s ich , sondern i n s ich s e l b e r an . Dieß Versinken der Seele in ihre Innerlichkeit kann , wie schon bemerkt , – so zu sagen , – auf halbem Wege stehen bleiben ; – dann tritt kein S ch l a f ein . Das We it e r e ist aber , daß das Leben nach außen durch den Schlaf g ä n z l ich abgebrochen wird . Auch bei diesem Abbrechen kann der Verlauf der magnetischen Erscheinungen stillstehen . Ebenso möglich ist jedoch der Uebergang des magnetischen S ch l a fe s zum He l l s e h e n . Die meisten magnetischen Personen werden in

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diesem Schauen sich befi nden , ohne sich desselben zu erinnern . Ob Hellsehen vorhanden ist , hat sich oft nur durch Zufall gezeigt ; hauptsächlich kommt dasselbe zum Vorschein , wenn die magnetische Person vom Magnetiseur angeredet wird ; ohne seine Anrede würde diese vielleicht immer nur geschlafen haben . Obgleich nun die Antworten der Hellsehenden wie aus einer anderen Welt zu kommen scheinen , so können diese Individuen doch von Dem wissen , was sie als objectives Bewußtseyn sind . Oft sprechen sie indeß von ihrem verständigen Bewußtseyn auch wie von einer a nd e r e n Person . Wenn das Hellsehen sich bestimmter entwickelt , geben die magnetischen Personen Erklärungen über ihren leiblichen Zustand und über ihr geistiges Innere . Ihre Empfi ndungen sind aber so unklar , wie die Vorstellungen , welche der von dem Unterschied des Hellen und Dunkelen nichts wissende Blinde von den Außendingen | hat ; das im Hellsehen Geschaute wird oft erst nach einigen Tagen klarer , – ist jedoch nie so deutlich , daß dasselbe nicht erst der Auslegung bedürfte , die den magnetischen Personen aber zuweilen gänzlich mißglückt , oft wenigstens so symbolisch und so bizarr ausfällt , daß dieselbe ihrerseits wieder eine Auslegung durch das verständige Bewußtseyn des Magnetiseurs nöthig macht ; dergestalt , daß das Endresultat des magnetischen Schauens meistentheils aus einer mannigfachen Mischung von Falschem und Richtigem besteht . Doch läßt sich andererseits nicht läugnen , daß die Hellsehenden zuweilen die Natur und den Verlauf ihrer Krankheit sehr bestimmt angeben ; – daß sie gewöhnlich sehr genau wissen , wann ihre Paroxysmen eintreten werden , – wann und wie lange sie des magnetischen Schlafs bedürfen , – wie lange ihre Kur dauern wird ; – und daß dieselben endlich mitunter einen dem verständigen Bewußtseyn vielleicht noch unbekannten Zusammenhang zwischen einem Heilmittel und dem durch dieses zu beseitigenden Uebel entdecken , somit eine dem Arzt sonst schwierige Heilung leicht machen . In dieser Beziehung kann man die Hellsehenden mit den Thieren vergleichen , da diese durch ihren Instinkt über die ihnen heilsamen Dinge belehrt werden . Was aber den weiteren Inhalt des absichtlich erregten Hellsehens anbelangt , so brauchen wir kaum zu bemerken , daß in diesem , – wie im natürlichen Hellsehen , – die Seele mit der Magengrube zu lesen und zu hören vermag . Nur Zwe ie r le i wollen wir hierbei noch hervorheben ; nämlich e r s t e n s , daß Dasjenige , was außer dem Zusammenhange des s u b s t a n t ie l le n Lebens der magnetischen Person liegt , durch den somnambulen Zustand nicht berührt wird , – daß sich daher das Hellsehen , zum Beispiel , nicht auf das Ahnen der mit einem Gewinn herauskommenden Lotteriezahlen erstreckt , und überhaupt nicht zu eigensüchtigen Zwecken benutzt werden kann . Anders , als mit solchen zufälligen Dingen , verhält es sich dagegen mit großen Weltbegebenheiten . So wird , zum Beispiel , erzählt , eine Somnambule habe am Vorabend der Schlacht bei Belle Alliance

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in | großer Exaltation ausgerufen : »Morgen wird Derjenige , welcher uns so viel geschadet hat , entweder durch Blitz oder durch das Schwerdt untergehen .« – Der z we it e hier noch zu erwähnende Punkt ist der , daß , da die Seele im Hellsehen ein von ihrem verständigen Bewußtseyn a b g e s ch n it t e ne s Leben führt , die Hellsehenden beim Erwachen zunächst von Dem , was sie im magnetischen Somnambulismus geschaut haben , nichts mehr wissen , – daß sie jedoch auf einem Umwege davon ein Wissen bekommen können , indem sie nämlich von dem Geschauten träumen und sich dann im Wachen der Träume erinnern . Auch läßt sich durch Vorsatz zum Theil eine Erinnerung an das Geschaute bewirken , und zwar näher auf d ie Weise , daß der Arzt den Kranken während ihres wachen Zustandes aufgibt , sich das Behalten des im magnetischen Zustande von ihnen Empfundenen fest vorzunehmen . 4 . Was v ie r t e n s den e n g e n Z u s a m me n h a n g und die A bh ä n g i g ke it der m a g ne t i s che n Pe r s o n von dem M a g ne t i s e u r betrifft , so ist , außer dem in der Anmerkung zu § . 406 unter Nummer d in Betreff der le i bl iche n Seite jenes Zusammenhangs Gesagten , hier noch anzuführen , daß die hellsehende Person zunächst bloß den Magnetiseur , andere Individuen aber nur dann , wenn diese mit jenem in Rapport stehen , zu hören vermag , – zuweilen jedoch das Gehör wie das Gesicht gänzlich verliert , – und daß ferner bei diesem ausschließlichen Lebenszusammenhange der magnetischen Person mit dem Magnetiseur , der ersteren das Berührtwerden von einer d r it t e n Person höchst gefährlich werden , Convulsionen und Katalepsie erzeugen kann . – Rücksichtlich des zwischen dem Magnetiseur und den magnetischen Personen bestehenden g e i s t i g e n Zusammenhangs aber , können wir noch erwähnen , daß die Hellsehenden oft durch das zu dem ihrigen werdende Wissen des Magnetiseurs die Fähigkeit erhalten , Etwas zu erkennen , das nicht unmittelbar von ihnen selber innerlich geschaut wird ; – daß sie demnach , ohne eigene directe Em|pfi ndung , zum Beispiel , was die Uhr ist , anzugeben vermögen , wofern der Magnetiseur über diesen Punkt Gewißheit hat . Die Kenntniß der fraglichen innigen Gemeinsamkeit bewahrt uns vor der Thorheit des Erstaunens über die von den Hellsehenden mitunter ausgekramte Weisheit ; sehr häufig gehört diese Weisheit eigentlich nicht den magnetischen Personen , sondern dem mit ihnen in Rapport sich befindenden Individuum an . – Außer dieser Gemeinsamkeit des W i s s e n s kann , – besonders bei längerer Fortsetzung des Hellsehens , – die magnetische Person zu dem Magnetiseur auch in sonstige geistige Beziehungen kommen , – in Beziehungen , bei welchen es sich um Manier , Leidenschaft und Charakter handelt . Vorzüglich kann die E it el ke it der Hellsehenden leicht erregt werden , wenn man den Fehler begeht , sie glauben zu machen , daß man ihren Reden große Wichtigkeit beilege . Dann werden die Somnambulen von der Sucht befallen , über Alles und Jedes zu sprechen , auch

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wenn sie davon gar keine entsprechenden Anschauungen haben . In diesem Fall hat das Hellsehen durchaus keinen Nutzen , vielmehr wird dasselbe dann zu etwas Bedenklichem . Daher ist unter den Magnetiseuren vielfach die Frage besprochen worden , ob man das Hellsehen , – wenn es von selber entstanden ist , – ausbilden und erhalten , – entgegengesetzten Falls absichtlich herbeiführen , – oder ob man im Gegentheil dasselbe zu verhindern streben muß . Wie schon erwähnt , kommt das Hellsehen durch mehrfaches Gefragtwerden der magnetischen Person zum Vorschein und zur Entwicklung . Wird nun nach den verschiedensten Gegenständen gefragt , so kann die magnetische Person sich leicht zerstreuen , die Richtung auf sich selber mehr oder weniger verlieren , somit zur Bezeichnung ihrer Krankheit , sowie zur Angabe der dagegen zu gebrauchenden Mittel minder fähig werden , – eben dadurch aber die Heilung bedeutend verzögern . Deßhalb muß der Magnetiseur bei seinen Fragen das Erregen der Eitelkeit und der Zerstreuung der magnetischen Person mit der größten Vorsicht vermeiden . Vornämlich aber darf der | Magnetiseur sich nicht seinerseits in ein Verhältniß der Abhängigkeit von der magnetischen Person gerathen lassen . Dieser Uebelstand kam früherhin , wo die Magnetiseure ihre eigene Kraft mehr anstrengten , häufiger vor , als seit der Zeit , wo dieselben das Baquet zu Hülfe nehmen . Bei dem Gebrauch dieses Instruments ist der Magnetiseur weniger in den Zustand der magnetischen Person verwickelt . Doch auch so kommt noch sehr viel auf den Grad der Stärke des Gemüths , des Charakters und des Körpers der Magnetiseure an . Gehen diese , – was besonders bei Nichtärzten der Fall ist , – in die Launen der magnetischen Person ein , besitzen sie nicht den Muth des Widersprechens und des Entgegenhandelns gegen dieselbe , und erhält auf diese Weise die magnetische Person das Gefühl eines starken ihrerseitigen Einwirkens auf den Magnetiseur ; – so überläßt sie sich , wie ein verzogenes Kind , allen ihren Launen , bekommt die sonderbarsten Einfälle , hält den Magnetiseur bewußtlos zum Besten , und hemmt dadurch ihre Heilung . – Die magnetische Person kann jedoch nicht bloß in diesem schlechten Sinne zu einer gewissen Unabhängigkeit kommen , sondern sie behält , wenn sie sonst einen sittlichen Charakter besitzt , auch im magnetischen Zustande eine Festigkeit des sittlichen Gefühls , an welcher die etwanigen unreinen Absichten des Magnetiseurs scheitern . So erklärte , zum Beispiel , eine Magnetisirte , daß sie der Aufforderung des Magnetiseurs , sich vor ihm zu entkleiden , nicht zu gehorchen brauche . 5 . Der f ü n f t e und letzte Punkt , den wir beim animalischen Magnetismus zu berühren haben , betrifft den eigentlichen Zweck der magnetischen Behandlung , – die He i lu n g . Ohne Zweifel müssen viele , in älterer Zeit geschehene Heilungen , die man als Wunder betrachtete , für nichts Anderes angesehen werden , als für Wirkungen des animalischen Magnetismus . Wir haben aber nicht nöthig , uns auf solche in das Dunkel ferner Vergangenheit eingehüllte Wundergeschichten

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zu berufen ; denn in neuerer Zeit sind von den glaubwürdigsten Männern durch die | magnetische Behandlung so zahlreiche Heilungen vollbracht worden , daß , wer unbefangen darüber ur theilt , an der Thatsache der Heilkraft des animalischen Magnetismus nicht mehr zweifeln kann . Es handelt sich daher jetzt nur noch darum , die Art und Weise , wie der Magnetismus die Heilung vollbringt , aufzuzeigen . Zu diesem Ende können wir daran erinnern , daß schon die gewöhnliche medicinische Kur in dem Beseitigen der die Krankheit ausmachenden Hemmung der Identität des animalischen Lebens , in dem Wiederherstellen des In-sich-flüssig-seyns des Organismus besteht . Dieß Ziel wird nun bei der magnetischen Behandlung dadurch erreicht , daß entweder Schlaf und Hellsehen , oder nur überhaupt ein Versinken des individuellen Lebens in sich selber , ein Zurückkehren desselben zu seiner einfachen Allgemeinheit hervorgebracht wird . Wie der n a t ü r l iche Schlaf eine Stärkung des gesunden Lebens bewirkt , weil er den ganzen Menschen aus der schwächenden Zersplitterung der gegen die Außenwelt gerichteten Thätigkeit in die substantielle Totalität und Harmonie des Lebens zurücknimmt ; – so ist auch der s ch l a f h a f t e m a g ne t i s che Zustand , weil durch denselben der in sich entzweite Organismus zur Einheit mit sich gelangt , die Basis der wiederherzustellenden Gesundheit . Doch darf von der anderen Seite hierbei nicht außer Acht gelassen werden , wie jene im magnetischen Zustande vorhandene C on c e n t r a t ion des empfi ndenden Lebens ihrerseits selber zu etwas s o E i n s e it i g e m werden kann , daß sie sich gegen das ü b r i g e o r g a n i s che L e b e n und gegen das s on s t i g e B e w u ßt s e y n krankhaft b e fe s t i g t . In dieser Möglichkeit liegt das Bedenkliche einer absichtlichen Hervorrufung jener Concentration . Wird die Verdoppelung der Persönlichkeit zu sehr gesteigert , so handelt man auf eine dem Zwecke der Heilung widersprechende Art , da man eine Trennung hervorbringt , die größer ist , als diejenige , welche man durch die magnetische Kur beseitigen will . Bei so unvorsichtiger Behandlung ist die Gefahr vorhanden , daß schwere Krisen , fürchterliche Krämpfe eintreten , und | daß der diese Erscheinungen erzeugende Gegensatz nicht bloß körperlich bleibt , sondern auch auf vielfache Weise ein Gegensatz im somnambulen Bewußtseyn selber wird . Geht man dagegen so vorsichtig zu Werke , daß man die im magnetischen Zustande stattfi ndende Concentration des empfi ndenden Lebens nicht übertreibt ; so hat man an derselben , wie schon bemerkt , die Grundlage der Wiederherstellung der Gesundheit , und ist im Stande , die Heilung dadurch zu vollenden , daß man den noch in der Tr e n nu n g stehenden , aber gegen sein concentrirtes Leben m a cht lo s e n übrigen Organismus in diese seine substantielle Einheit , in diese seine einfache Harmonie mit sich selber , n a ch und n a ch , zurückführt und denselben dadurch befähigt , seiner i n n e r e n E i n he it u n b e s ch a d e t , sich wieder in die Tr e n nu n g und den G e g e n s a t z einzulassen . |

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§ 408 Zur Erläuterung des obenstehenden Paragraphen möge noch Folgendes dienen : Bereits im Zusatz zu § . 402 ist die Ve r r ück t he it als die z we it e unter den d r e i Entwicklungsstufen aufgefaßt worden , welche die f ü h l e n d e S e e l e in ihrem Kampfe mit der Unmittelbarkeit ihres substantiellen Inhalts durchläuft , um sich zu der im Ich vorhandenen s ich - a u f- s ich - b e z ie he nd e n e i n f a che n Su bje c t iv it ä t zu erheben und dadurch ihrer selbst vollkommen m ä cht i g und b e w u ßt zu werden . Diese unsere Auffassung der Verrücktheit als einer in der Entwicklung der Seele no t h we nd i g hervortretenden Form oder Stufe ist natürlicherweise nicht s o zu verstehen , als ob damit behauptet würde : je d e r Geist , je d e Seele müsse durch diesen Zustand äußerster Zerrissenheit hindurchgehen . Eine solche Behauptung wäre ebenso unsinnig , wie etwa die Annahme : Weil in der Re cht s ph i lo s o ph ie das Ve r b r e che n als eine n o t h we nd i g e Erscheinung des menschlichen Willens betrachtet wird , deßhalb solle das Begehen von Verbrechen zu einer unvermeidlichen Nothwendigkeit für je d e n E i n z e l ne n gemacht werden . Das Verbrechen und die Verrücktheit sind E x t r e me , welche der Menschengeist ü b e r h a u p t im Verlauf seiner Entwickelung zu überwinden hat , die jedoch nicht in je d e m Menschen als E x t r e me , sondern nur in der Gestalt von B e s ch r ä n k t he it e n , I r r t hü me r n , T ho r he it e n und von | n icht ve r b r e che r i s che r S chu ld erscheinen . Dieß ist hinreichend , um unsere Betrachtung der Verrücktheit als einer wesentlichen Entwicklungsstufe der Seele zu rechtfertigen . Was aber die Bestimmung des B e g r i f f s der Ve r r ück t he it betrifft , so ist schon im Zusatz zu § . 405 das Eigenthüm liche dieses Zustands , – im Unterschied von dem , auf der e r s t e n der drei Entwicklungsstufen der fühlenden Seele von uns betrachteten m a g ne t i s che n S o m n a m bu l i s mu s , – dahin angegeben worden , daß in der Ve r r ück t he it das S e e le n h a f t e zu dem o b j e c t i ve n Bewußtseyn nicht mehr das Verhältniß eines bloß Ve r s ch ie d e nen , sondern das eines d i r e c t E nt g e g e n g e s e t z t e n hat , und deßhalb sich mit jenem Bewußtseyn nicht mehr ve r m i s cht . Die Wahrheit dieser Angabe wollen wir hier durch eine weitere Auseinandersetzung darthun , und dadurch zugleich die ve r nü n f t i g e No t h we nd i g ke it des F o r t g a n g s unserer Betrachtung von den m a g net i s chen Zu s t ä nd e n z u r Ve r r ück t he it beweisen . Die Nothwendigkeit jenes Fortgangs liegt aber darin , daß die Seele schon a n s ich der W id e r s p r u ch ist , ein I n d i v id u e l l e s , E i n z e l n e s und doch zugleich mit der a l l g e me i nen Naturseele , mit ihrer Sub s t a n z unmittelbar id ent i s ch zu seyn . Diese in der ihr w id e r s pr e che nd e n Form der Id e nt it ä t existirende

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E nt g e g e n s e t z u n g muß a l s E nt g e g e n s e t z u n g , a l s W id e r s p r u ch g e s e t z t werden . Dieß geschieht erst in der Ve r r ück t he it ; denn erst in derselben t r e n n t sich die S u bje c t i v it ä t der Seele nicht bloß von ihrer , im S om n a m bu l i s mu s noch unmittelbar mit ihr identischen Su b s t a n z , sondern kommt in d i r e c t e n G e g e n s a t z gegen diese , – in völligen W id e r s pr uch mit dem O bje c t i ve n , – wird dadurch zur rein fo r m e l le n , le e r e n , a b s t r a c t e n Subjectivität , – und maaßt sich in dieser ihrer E i n s e it i g ke it die Bedeutung einer w a h r h a f t e n E i n he it d e s Subje c t ive n und Obje c t ive n an . Die in der Verrücktheit vorhandene Einheit und Trennung der eben genannten entgegengesetzten Seiten ist daher | noch eine u nvol l ko m m e ne . Zu ihrer vollkommenen Gestalt gelangt diese Einheit und diese Trennung nur im ve r nü n f t i g e n , im w i r k l ich o bje c t ive n Bewußtseyn . Wenn ich mich zum ve r nü n f t i g e n Denken erhoben habe , bin ich nicht nur f ü r m ich , m i r g e g e n s t ä nd l ich , also eine s u bje c t ive Identität des Subjectiven und Objectiven , sondern ich habe zweitens diese Identität von mir a b g e s ch ie d e n , als eine wirklich o bje c t ive mir gegenübergestellt . Um zu dieser vollkommenen Trennung zu gelangen , muß die f ü h l e n d e S e e l e ihre Un m it t e l b a r ke it , ihre N a t ü r l i ch ke it , die L e i b l ich ke it überwinden , ideell setzen , sich zueigen machen , dadurch in eine o bje c t ive Einheit des Subjectiven und Objectiven umbilden , und damit sowohl ihr Anderes aus dessen unmittelbarer Identität mit ihr entlassen , als zugleich sich selber von diesem Anderen befreien . Zu diesem Ziele ist aber die Seele auf dem Standpunkte , auf welchem wir sie jetzt betrachten , noch nicht gelangt . I n s ofe r n sie ve r r ück t ist , hält sie vielmehr an einer nu r s u bje c t i ve n Identität des Subjectiven und Objectiven a l s an einer o bje c t i ve n Einheit dieser beiden Seiten fest ; und nur , i n s ofe r n sie , ne b e n aller Narrheit und allem Wahnsinn , doch zugleich noch ve r nü n f t i g ist , also auf einem a nd e r e n , als dem jetzt zu betrachtenden Standpunkte steht , – gelangt sie zu einer o bje c t ive n Einheit des Subjectiven und Objectiven . Im Zustande der eigentlichen Verrücktheit sind nämlich b e id e Weisen des endlichen Geistes , – einerseits das in sich e nt w icke l t e , ve r nü n f t i g e B e w u ßt s e y n mit seiner o bje c t i ve n Welt , andererseits das an sich festhaltende , i n s ich s e l b e r s e i ne O bje c t iv it ä t habende i n ne r e E m pf i nd e n , – jede für sich zur To t a l it ä t , zu einer Pe r s ön l ich ke it ausgebildet . Das obje c t ive Bewußtseyn der Verrückten zeigt sich auf die mannigfaltigste Art ; sie wissen , z . B . , daß sie im Irrenhause sind ; – sie kennen ihre Aufwärter ; – wissen auch rücksichtlich Anderer , daß dieselben Narren sind ; – machen sich über ihre gegenseitige Narrheit lustig ; – werden zu allerlei Verrichtungen ge|braucht , mitunter sogar zu Aufsehern ernannt . Aber zugleich t r ä u me n sie w a che nd und sind an eine , mit ihrem objectiven Bewußtseyn nicht zu vereinigende b e s ond e r e

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zusätze

204–205

Vorstellung g e b a n n t . Dieß ihr waches Tr ä u m e n hat eine Verwandtschaft mit dem S o m n a m bu l i s mu s ; zugleich unterscheidet sich jedoch das Erstere von dem Letzteren . Während im S om n a m bu l i s mu s die b e id e n in E i ne m Individuum vorhandenen Pe r s ön l ich ke it e n e i n a nd e r n icht b e r ü h r e n , das s om n a m b u l e Bewußtseyn vielmehr von dem w a che n Bewußtseyn s o g e t r e n nt ist , daß ke i ne s derselben von dem a nd e r e n weiß , und die Zwe i he it d e r Pe r s ön l ich ke it e n auch als eine Zwe i he it d e r Zu s t ä nd e erscheint ; – sind dagegen in der e i g e nt l iche n Ve r r ück t he it die z we ie r le i Pe r s ö n l ich ke it e n n icht z we ie r l e i Z u s t ä nd e , sondern in E i n e m u nd d e m s e l b e n Zustande ; so daß diese gegen einander ne g a t ive n Persönlichkeiten , – das seelenhafte und das verständige Bewußtseyn , – s ich g e g e n s e it i g b e r ü h r e n und von e i n a nd e r wissen . Das verrückte Subject ist daher in dem Ne g a t ive n s e i ne r s e l b e r b e i s ich ; – das heißt , – in seinem Bewußtseyn ist unmittelbar das Negative desselben vorhanden . Dieß Negative wird vom Verrückten nicht überwunden , – das Zw ie f a che , in welches er zerfällt , nicht zur E i n he it gebracht . Obgleich a n s ich Ein und dasselbe Subject , hat folglich der Verrückte sich dennoch nicht als ein mit sich selber übereinstimmendes , in sich ungetrenntes , sondern als ein in z we ie r le i Pe r s ön l ich ke it e n auseinandergehendes Subject zum Gegenstande . Der b e s t i m m t e Sinn dieser Zerrissenheit , – dieses B e i s ich s e y n s des Geistes im Ne g a t i ve n seiner selber , – bedarf einer noch weiteren Entwicklung . Jenes Ne g a t ive bekommt in der Verrücktheit eine concretere Bedeutung , als das Negative der Seele in unserer bisherigen Betrachtung gehabt hat ; wie auch das B e i s ich s e y n des Geistes hier in einem erfüllteren Sinne , | als das bisher zu Stande gekommene Fürsichseyn der Seele genommen werden muß . Zunächst ist also jenes für die Verrücktheit charakteristische Ne g a t ive von anderartigem Negativen der Seele zu unterscheiden . Zu dem Ende können wir bemerken , daß , wenn wir , z . B . , B e s chwe r l ich ke it e n ertragen , wir auch in einem Negativen bei uns selber sind , deßwegen aber noch keine Narren zu seyn brauchen . Dieß werden wir erst dann , wenn wir beim Ertragen der Beschwerlichkeiten keinen nur durch dasselbe zu erreichenden vernünftigen Zweck haben . So wird man , z . B . , eine zur Seelenstärkung nach dem heiligen Grabe unternommene Reise für eine Narrheit ansehen dürfen , weil solche Reise für den dabei vorschwebenden Zweck ganz unnütz , also kein nothwendiges Mittel für dessen Erreichung ist . Aus gleichem Grunde kann das mit kriechendem Körper durch ganze Länder ausgeführte Reisen der I nd ie r für eine Verrücktheit erklärt werden . Das in der Verrücktheit ertragene Negative ist also ein solches , in welchem nur das e m p f i nd e nd e , nicht aber das ve r s t ä nd i g e und ve r nü n f t i g e Bewußtseyn sich wiederfi ndet .

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In dem verrückten Zustande macht aber , wie schon oben gesagt , das Ne g a t i ve eine Bestimmung aus , welche sowohl dem s e e le n h a f t e n , wie dem ve r s t ä nd i g e n Bewußtseyn in deren gegenseitiger Beziehung zukommt . Diese Beziehung jener beiden einander entgegengesetzten Weisen des B e i s ich s e y n s des Geistes bedarf gleichfalls einer näheren Charakterisirung , damit dieselbe nicht mit dem Verhältniß verwechselt werde , in welchem der bloß e I r r t hu m und die T hor he it zu dem obje c t iven , ve r nü n f t i g e n Bewußtseyn stehen . Um diesen Punkt zu erläutern , wollen wir daran erinnern , daß , indem die Seele B e w u ßt s e y n wird , für sie durch die Trennung des in der natürlichen Seele auf unmittelbare Weise Vereinigten der Gegensatz eines s u bje c t i ve n D e n ke n s und der A e u ß e r l ich ke it entsteht ; – z we i We l t e n , die in Wa h r -| he it zwar mit einander id e n t i s ch sind , (ordo rerum atque idearum idem est , sagt S pi no z a ) , die jedoch dem bloß r e f le c t i r e nd e n Bewußtseyn , dem e nd l iche n Denken , als we s e n t l ich ve r s ch ie d e ne und gegen einander s e l b s t s t ä nd i g e erscheinen . Somit tritt die Seele , als B e w u ßt s e y n , in die Sphäre der E nd l ich ke it und Zu f ä l l i g ke it , des Sich - s el b e r - ä u ß e r l iche n , somit Ve r e i n z e l t e n . Was ich auf diesem Standpunkt weiß , Das weiß ich z u n ä ch s t als ein Vereinzeltes , Unvermitteltes , folglich als ein Zufälliges , als ein Gegebenes , Gefundenes . Das Gefundene und Empfundene verwandele ich in Vor s t e l lu n g e n und mache dasselbe zugleich zu einem äu ßer l ichen G e g e n s t a nd e . Diesen Inhalt erkenne ich dann aber , – in sofern die Thätigkeit meines Ve r s t a nd e s und meiner Ve r nu n f t sich auf denselben richtet , – zugleich als ein nicht bloß Vereinzeltes und Zufälliges , sondern als Mome nt eines großen Zu s a m me n h a n g s , als ein mit anderem Inhalt in unendlicher Ve r m it t lu n g Stehendes und durch diese Vermittlung zu etwas No t h we nd i g e m Werdendes . Nur wenn ich auf die eben angegebene Art verfahre , bin ich bei Ve r s t a nd e und erhält der mich erfüllende Inhalt seinerseits die Form der O bje c t iv it ä t . Wie diese Objectivität das Ziel meines t he or e t i s che n Strebens ist ; so bildet dieselbe auch die Norm meines pr a k t i s che n Verhaltens . Will ich daher meine Zwe cke und I nt e r e s s e n , – also von m i r ausgehende Vorstellungen , – aus ihrer S u bje c t i v it ä t in die O bje c t i v it ä t versetzen ; so muß ich mir , wenn ich verständig seyn soll , das M a t e r i a l , das mir g e g e nü b e r s t e he nd e D a s e y n , in welchem ich jenen Inhalt zu verwirklichen beabsichtige , so vorstellen , wie dasselbe in Wahrheit ist . Ebenso aber , wie von der mir gegenüberstehenden Objectivität muß ich , um mich verständig zu benehmen , eine richtige Vorstellung von m i r s e l b e r haben , – das heißt , – eine solche Vorstellung , die mit der To t a l it ä t meiner Wirklichkeit , – mit | meiner unendlich bestimmten , von meinem substantiellen Seyn unterschiedenen Individualität übereinstimmt .

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zusätze

207–208

Sowohl über mich selbst , wie über die Außenwelt kann ich mich nun allerdings i r r e n . Unve r s t ä nd i g e Menschen haben le er e s u bje c t ive Vorstellungen , u n a u s f ü h r b a r e Wünsche , die sie gleichwohl in Zukunft zu realisiren hoffen . Sie borniren sich auf ganz ve r e i n z e l t e Zwecke und Interessen , halten an e i n s e it i g e n Grundsätzen fest , und kommen dadurch mit der Wirklichkeit in Zw ie s p a l t . Aber diese B o r n i r t he it , sowie jener I r r t hu m sind noch nichts Ve r r ück t e s , wenn die Unverständigen zugleich wissen , daß ihr Su bje c t ive s no ch n icht o bje c t iv existirt . Zur Ve r r ück t he it wird der Irr thum und die Thorheit erst in dem Fall , wo der Mensch seine nu r s u bje c t ive Vorstellung als o bje c t iv sich g e g e nw ä r t i g zu haben glaubt und g e g e n die mit derselben in W id e r s pr uch stehende w i r k l iche Obje c t iv it ä t fe s t h ä l t . Den Verrückten ist ihr bloß Subjectives ganz ebenso gewiß , wie das Objective ; an ihrer nur subjectiven Vorstellung , – zum Beispiel an der Einbildung , d ie s e r Mensch , der sie nicht sind , in der That zu seyn , – haben sie die G e w i ßhe it i h r e r s e l b s t , hängt ihr S e y n . Wenn daher Jemand Verrücktes spricht , so ist immer das Erste Dieß , daß man ihn an den g a n z e n Um f a n g s e i ne r Ve r h ä l t n i s s e , an seine conc r e t e W i r k l ich ke it erinnert . Hält er dann , – obgleich also jener objective Zusammenhang vor seine Vorstellung gebracht ist und von ihm gewußt wird , – nichtsdestoweniger an seiner falschen Vorstellung fest ; so unterliegt das Verrücktseyn eines solchen Menschen keinem Zweifel . Aus dem eben Gesagten folgt , daß man die ve r r ück t e Vorstellung eine vom Verrückten für etwas C on c r e t e s und W i r k l iche s angesehene l e e r e A b s t r a c t ion und bloß e Mö g l ich ke it nennen kann ; denn , wie wir gesehen haben , wird eben in jener Vorstellung von der conc r e t e n W i r k l ich ke it des Verrückten a b s t r a h i r t . Wenn , z . B . , ich , der ich ein König zu | seyn weit entfernt bin , dennoch mich für einen König halte ; so hat diese der Totalität meiner Wirklichkeit widersprechende und deßhalb verrückte Vorstellung durchaus keinen anderen Grund und Inhalt , als die u n b e s t i m m t e a l l g e me i ne Mö g l ich ke it , daß , – da überhaupt ein Mensch ein König seyn kann , – gerade ich , – dieser bestimmte Mensch , – ein König wäre . Daß aber ein solches Festhalten an einer mit meiner concreten Wirklichkeit unvereinbaren besonderen Vorstellung in mir entstehen k a n n , – davon liegt der G r u nd darin , daß ich zunächst g a n z a b s t r a c t e s , vollkommen u n b e s t i m m t e s , daher a l l e m b e l ie b i g e n Inhalte o f fe n s t e he nd e s Ich bin . In sofern ich Dieß bin , kann ich mir die leersten Vorstellungen machen , mich , z . B . , für einen Hu nd halten , (daß Menschen in Hunde verwandelt worden sind , kommt ja in Märchen vor) , – oder mir einbilden , daß ich zu f l ie g e n vermöge , weil Platz genug dazu vorhanden ist , und weil andere lebende Wesen zu fl iegen im Stande sind . Sowie ich dagegen conc r e t e s Ich werde , b e s t i m m t e

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208–209

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zu § 408

1041

Gedanken von der Wirklichkeit erhalte , – sowie ich , z . B . , in dem letzterwähnten Fall an meine S chwe r e denke , so sehe ich die Unmöglichkeit meines Fliegens ein . Nur der Me n s ch gelangt dazu , sich in jener vollkommenen A b s t r a c t ion d e s Ich zu erfassen . Dadurch hat er , so zu sagen , das Vo r r e cht der Narrheit und des Wahnsinns . Diese Krankheit entwickelt sich aber in dem conc r e t e n , b e s on nenen Selbstbewußtseyn nur in sofern , als dasselbe zu dem vorher besprochenen oh n m ä cht i g e n , p a s s i ve n , a b s t r a c t e n Ich he r u n t e r s i n k t . Durch dieß Heruntersinken verliert das concrete Ich die absolute Macht über das ganze System seiner Bestimmungen , – büßt die Fähigkeit ein , alles an die Seele Kommende an die rechte Stelle zu setzen , in jeder seiner Vorstellungen s ich s e l b e r vol l kom me n g e g e nw ä r t i g zu bleiben , – läßt sich von einer b e s ond e r e n nur subjectiven Vorstellung g e f a n g e n nehmen , wird durch dieselbe a u ß e r s ich g e b r a cht , aus dem M it t e l pu n k t seiner | W i r kl ich ke it he r a u s g e r ück t , und bekommt , – da es zugleich noch ein Bewußtseyn seiner Wirklichkeit behält , – z we i M it t e l pu n k t e , – den einen in dem Re s t seines ve r s t ä nd i g e n Bewußtseyns , – den anderen in seiner ve r r ück t e n Vorstellung . In dem verrückten Bewußtseyn steht die a b s t r a c t e A l l g e me i n he it des unmittelbaren , seyenden Ich mit einer von der Totalität der Wirklichkeit abgerissenen , somit ve r e i n z e lt e n Vorstellung in u n a u f g e lö s t e m Widerspruch . Jenes Bewußtseyn ist daher nicht wahrhaftes , sondern im Negativen des Ich steckenbleibendes Beisichseyn . Ein ebenso unaufgelöster Widerspruch herrscht hier zwischen jener ve r e i n z e l t e n Vorstellung und der a b s t r a c t e n A l l g e me i n he it d e s Ich einerseits , – und der in sich harmonischen t o t a le n W i r k l ich ke it andererseits . Hieraus erhellt , daß der von der b e g r e i fe nd e n Ve r nu n f t mit Recht verfochtene Satz : Wa s ich d e n ke , d a s i s t wa h r , in dem Ve r r ückt e n einen ve r r ück t e n Sinn erhält , und zu etwas gerade so Unw a h r e m wird , wie die vom Unve r s t a nd des Ve r s t a nd e s jenem Satze entgegengestellte Behauptung der a b s olut e n G e s ch ie d e n he it des Subjectiven und Objectiven . Vor diesem Unve r s t a nd e , wie vor der Ve r r ück t he it , hat schon die bloße E m pf i nd u n g der g e s u nd e n Seele den Vorzug der Vernünftigkeit , in sofern als in derselben die w i r k l iche Einheit des Subjectiven und Objectiven vorhanden ist . Wie bereits oben gesagt worden ist , erhält jedoch diese Einheit ihre vollkommene Form erst in der b e g r e i fe nd e n Ve r nu n f t ; denn nu r , was von d ie s e r gedacht wird , ist sowohl seiner F or m , wie seinem I n h a l t e nach ein Wahres , – eine vol l kom me ne Einheit des G e d a cht e n und des S e ye nd e n . In der Verrücktheit dagegen sind die Einheit und der Unterschied des Subjectiven und Objectiven noch etwas bloß F o r m e l le s , den concreten Inhalt der Wirklichkeit Ausschließendes .

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zusätze

209–211

Des Zusammenhangs wegen und zugleich zu noch größerer Verdeutlichung wollen wir an dieser Stelle Etwas , das schon in | obenstehendem Paragraphen und in der Anmerkung zu demselben mehrfach berührt worden ist , in zusammengedrängterer und – wo möglich – bestimmterer Form wiederholen , – wir meinen den Punkt , daß die Verrücktheit wesentlich als eine z u g le ich g e i s t i g e u nd l e i b l iche K r a n k he it um deßwillen gefaßt werden muß , weil in ihr eine noch ganz u n m it t e l b a r e , noch nicht durch die unendliche Vermittlung hindurchgegangene Einheit des Subjectiven und Objectiven herrscht , – das von der Verrücktheit betroffene Ich , – so scharf diese Spitze des Selbstgefühls auch seyn mag , – noch ein N a t ü r l iche s , Un m it t e l b a r e s , S e ye nd e s ist , – folglich in ihm das Unt e r s ch ie d e ne als ein S e ye nd e s fest werden kann ; oder , – noch bestimmter , – weil in der Verrücktheit ein dem objectiven Bewußtseyn des Verrückten widersprechendes besonderes Gefühl als etwas Objectives gegen jenes Bewußtseyn fe s t g eh a l t e n , n icht id e e l l gesetzt wird , – dieß Gefühl folglich die Gestalt eines S e ye nd e n , somit L e i bl iche n hat , – dadurch aber in dem Verrückten eine von seinem objectiven Bewußtseyn nicht überwundene Zwe i he it des S e y n s , ein s e ye nd er , für die verrückte Seele zur festen Schranke werdender Unterschied sich hervorbringt . Was ferner die gleichfalls bereits in obigem Paragraphen aufgeworfene Frage betrifft , wie der Geist dazu kommt , verrückt zu seyn ; so kann , außer der daselbst gegebenen Antwort , hier noch bemerkt werden , daß jene Frage schon das von der Seele auf deren jetziger Entwicklungsstufe noch nicht erreichte feste , objective Bewußtseyn voraussetzt ; und daß an der Stelle , wo unsere Betrachtung jetzt steht , vielmehr die u m g ekeh r t e Frage zu beantworten ist , – nämlich die Frage , wie die in ihre I n ne r l ich ke it e i n g e s ch lo s s e ne , mit ihrer individuellen Welt unmittelbar identische Seele aus dem bloß for me l le n , leeren Unterschiede des Subjectiven und Objectiven zum w i r k l iche n Unterschiede dieser beiden Seiten , und damit zum w a h r h a f t o b j e c t i ve n , verständigen und vernünftigen Bewußtseyn gelangt . Die Antwort | hierauf wird in den letzten vier Paragraphen des ersten Theiles der Lehre vom subjectiven Geiste gegeben werden . Aus Demjenigen , was über die Nothwendigkeit , mit dem n a t ü r l iche n Geiste die philosophische Betrachtung des subjectiven Geistes zu beginnen , zu Anfang dieser A nt h r o p olo g ie gesagt worden ist , und aus dem im Obigen nach allen Seiten hin entwickelten B e g r i f f d e r Ve r r ück t he it wird übrigens sattsam einleuchten , warum dieselbe vor dem g e s u n d e n , ve r s t ä n d i g e n Bewußtseyn abgehandelt werden muß , obgleich sie den Verstand zur Vor a u s s e t z u n g hat , und nichts Anderes ist , als das Ae u ß e r s t e d e s K r a n k he it s z u s t a nd e s , in welchen jener versinken kann . Wir hatten die Erörterung dieses Zustandes schon in der A nt h r o p o l o g ie abzumachen , weil in demselben das S e e l e n h a f t e , –

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zu § 408

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das n a t ü r l iche S el b s t , – die a b s t r a c t e for mel le Subje c t iv it ä t , – über das obje c t ive , ve r nü n f t i g e , conc r e t e Bewußtseyn die Herrschaft bekommt , – die Betrachtung des a b s t r a c t e n , n a t ü r l iche n Selbstes aber der Darstellung des conc r e t e n , f r e ie n Geistes vor a n g ehe n muß . Damit jedoch dieser Fortgang von etwas Abstractem zu dem dasselbe , der Möglichkeit nach , enthaltenden Concreten nicht das Ansehen einer vereinzelten und deßhalb bedenklichen Erscheinung habe , können wir daran erinnern , daß in der Re cht s ph i lo s o ph ie ein ähnlicher Fortgang statt fi nden muß . Auch in dieser Wissenschaft beginnen wir mit etwas A b s t r a c t e m , – nämlich mit dem B e g r i f f d e s W i l le n s ; – schreiten dann zu der in einem ä u ß e r l iche n Daseyn erfolgenden Verwirklichung des noch a b s t r a c t e n Willens , zur Sphäre des fo r m e l le n Re cht e s for t ; – gehen darauf zu dem aus dem äußeren Daseyn i n s ich r e f le c t i r t e n Willen , dem Gebiete der Mor a l it ä t über ; – und kommen endlich drittens zu dem d ie s e b e id e n a b s t r a c t e n Momente in sich ve r e i n i g e nd e n und darum conc r e t e n , s it t l iche n Willen . – In der Sphäre der Sit t l ich ke it selber fangen wir dann wieder von einem Un m it t e l b a r e n , von der n a| t ü r l iche n , u ne n t w icke l t e n Gestalt an , welche der sittliche Geist in der F a m i l ie hat ; – kommen darauf zu der in der bü r g e r l iche n G e s e l l s ch a f t erfolgenden E nt z we iu n g der sittlichen Substanz ; – und gelangen zuletzt zu der im S t a a t e vorhandenen E i n he it und Wa h r he it jener beiden einseitigen Formen des sittlichen Geistes . – Aus diesem Gange unserer Betrachtung folgt jedoch nicht im Mindesten , daß wir die Sit t l ich ke it zu etwas der Zeit nach S p ä t e r e m , als das Re cht und die M o r a l it ä t machen , – oder die F a m i l ie und die b ü r g e r l iche G e s el l s ch a f t für etwas dem S t a a t e in der W i r k l ich ke it Vor a n g e he nd e s erklären wollten . Vielmehr wissen wir sehr wohl , daß die S it t l ich ke it die G r u nd l a g e des Re cht e s und der Mor a l it ä t ist , – sowie , daß die F a m i l ie und die b ü r g e r l iche G e s e l l s ch a f t mit ihren wohlgeordneten Unterschieden schon das Vorhandenseyn des S t a a t e s vo r a u s s e t z e n . In der ph i lo s o ph i s che n E nt w ick lu n g des Sittlichen können wir jedoch nicht mit dem S t a a t e beginnen , da in diesem jenes sich zu seiner conc r e t e s t e n Form entfaltet , der A n f a n g dagegen nothwendiger weise etwas A b s t r a c t e s ist . Aus diesem Grunde muß auch das Mor a l i s che vor dem Sit t l ichen betrachtet werden , obgleich jenes gewissermaaßen nur als eine K r a n k he it an diesem sich hervorthut . Aus dem nämlichen Grunde haben wir aber auch in dem a nt h r o p olo g i s che n Gebiete die Ve r r ück t he it , da dieselbe , – wie wir gesehen , – in einer gegen das conc r e t e , objective Bewußtseyn des Verrückten festgehaltenen A b s t r a c t ion besteht , vor diesem Bewußtseyn zu erörtern gehabt . Hiermit wollen wir die Bemerkungen schließen , die wir über den Begriff der Verrücktheit überhaupt hier zu machen hatten .

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zusätze

212–214

Was aber die b e s ond e r e n A r t e n des verrückten Zustandes anbelangt , so unterscheidet man dieselben gewöhnlich nicht sowohl nach einer i n ne r e n Bestimmtheit , als vielmehr nach den Ae u ß e r u n g e n dieser Krankheit . Dieß ist für die philosophische | Betrachtung nicht genügend . Sogar die Verrücktheit haben wir als ein auf n o t h we nd i g e - und in sofern vernünftige Weise i n s ich Unt e r s ch ie d e ne s zu erkennen . Eine nothwendige Unterscheidung dieses Seelenzustandes läßt sich aber nicht von dem b e s ond e r e n I n h a l t der in der Verrücktheit vorhandenen formellen Einheit des Subjectiven und Objectiven herleiten ; denn jener Inhalt ist etwas unendlich M a n n i g f a l t i g e s und somit Zu f ä l l i g e s . Wir müssen daher im Gegentheil die an der Verrücktheit hervortretenden ganz a l l g e me i ne n F or mu nt e r s ch ie d e in’s Auge fassen . Zu dem Zwecke haben wir darauf zurück zu verweisen , daß die Verrücktheit im Obigen als eine Ve r s ch lo s s en he it d e s G e i s t e s , als ein I n - s ich -ve r s u n ke n s e y n bezeichnet worden ist , dessen E i g e n t hü m l ich ke it , – im Gegensatze gegen das im Somnambulismus vorhandene In-sich-seyn des Geistes , – d a r i n besteht , mit der Wirklichkeit nicht mehr in u n m it t e l b a r e m Zu s a m me n h a n g e sich zu befinden , sondern sich von derselben e nt s ch ie d e n a b g e t r e n nt zu haben . Dieß In-sich-versunkenseyn ist nun einerseits das A l l g e m e i ne in je d e r Art der Verrücktheit ; andererseits bildet dasselbe , – wenn es bei seiner Un b e s t i m m t he it , bei seiner L e e r he it bleibt , – eine b e s ond e r e Art des verrückten Zustandes . Mit dieser haben wir die Betrachtung der verschiedenen Arten von Verrücktheiten zu beginnen . Wenn aber jenes ganz unbestimmte In-sich-seyn einen b e s t i m m t e n Inhalt bekommt , sich an eine bloß subjective b e s ond e r e Vorstellung kettet und diese für etwas Objectives nimmt , – dann zeigt sich die z we it e Form des verrückten Zustandes . Die d r it t e und letzte H a up t fo r m dieser Krankheit tritt hervor , wenn D a s je n i g e , was dem Wahne der Seele e n t g e g e n s t e h t , g le ich f a l l s f ü r d ie s e l b e ist , – wenn der Verrückte seine bloß subjective Vorstellung mit seinem objectiven Bewußtseyn ve r g le icht , den zwischen beiden befi ndlichen s ch ne i d e nd e n G e g e n s a t z entdeckt , und somit zu dem unglücklichen | Gefühl seines Widerspruchs mit sich selber gelangt . Hier sehen wir die Seele in dem mehr oder weniger verzweiflungsvollen Streben , sich aus dem schon in der z we it e n Form der Verrücktheit vorhandenen , dort aber k a u m o d e r g a r n icht g e f ü h l t e n Zw ie s p a l t zur conc r e t e n Id ent it ä t mit sich , zur inneren H a r mon ie des in dem E i ne n Mittelpunkt seiner Wirklichkeit unerschütterlich beharrenden Selbstbewußtseyns wieder herzustellen . Betrachten wir jetzt die eben angegebenen d r e i H a up t fo r m e n der Verrücktheit etwas näher .

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zu § 408

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1 . D e r B lö d s i n n , d ie Z e r s t r eut he it , d ie F a s e l e i . Die e r s t e jener drei Hauptformen , – das ganz unbestimmte In-sich-versunkenseyn , – erscheint zunächst als d e r B lö d s i n n . Derselbe hat verschiedene Gestalten . Es gibt n a t ü r l iche n Blödsinn . Dieser ist unheilbar . Vornämlich gehört hierher Dasjenige , was man C r e t i n i s mu s nennt ; – ein Zustand , der theils sporadisch vorkommt , theils in gewissen Gegenden , besonders in engen Thälern und an sumpfigen Orten endemisch ist . Die C r e t i n s sind mißgestaltete , verkrüppelte , häufig mit Kröpfen behaftete , durch völlig stupiden Gesichtsausdruck auffallende Menschen , deren unaufgeschlossene Seele es oft nur zu ganz unarticulirten Tönen bringt . – Außer diesem natürlichen Blödsinn fi ndet sich aber auch solcher Blödsinn , in welchen der Mensch durch unverschuldetes Unglück oder durch eigene Schuld versinkt . Rücksichtlich des ersteren Falles führt P i ne l das Beispiel einer blödsinnig Gebornen an , deren Stumpfsinnigkeit , wie man glaubte , von einem äußerst heftigen Schreck herrührte , welchen ihre Mutter , während diese mit ihr schwanger war , gehabt hatte . Oft ist der Blödsinn eine Folge der R a s e r e i , – in welchem Falle die Heilung höchst unwahrscheinlich wird ; – oft endigt auch die E pi le p s ie mit dem Zustande des Blödsinns . Der nämliche | Zustand wird aber nicht weniger häufig durch das Uebermaaß der Ausschweifungen herbeigeführt . – In Betreff der Erscheinung des Blödsinns kann noch erwähnt werden , daß derselbe zuweilen als S t a r r s ucht , als eine vollkommene Lähmung der körperlichen wie der geistigen Thätigkeit sich offenbart . – Der Blödsinn kommt übrigens nicht bloß als ein dauernder , sondern auch als ein vorübergehender Zustand vor . So verfiel , z . B . , ein Engländer in eine Interesselosigkeit an allen Dingen , erst an der Politik , dann an seinen Geschäften und an seiner Familie , – saß , vor sich hinsehend , still , – sprach Jahre lang kein Wort und zeigte eine Abgestumpftheit , die es zweifelhaft machte , ob er seine Frau und Kinder kenne oder nicht . Derselbe wurde dadurch geheilt , daß ein Anderer , genau so , wie er , gekleidet , sich ihm gegenüber setzte und ihm Alles nachmachte . Dieß brachte den Kranken in eine gewaltige Auf regung , durch welche dessen Aufmerksamkeit auf Aeußeres heraus gezwungen , der In-sich-versunkene dauernd aus sich heraus getrieben wurde . D ie Z e r s t r eut he it . Eine weitere Modification der in Rede stehenden ersten Hauptform des verrückten Zustandes ist die Z e r s t r e ut he it . Dieselbe besteht in einem N icht w i s s e n von der u n m it t e l b a r e n G e g e nw a r t . Oft bildet dieß Nichtwissen den Anfang des Wahnsinns ; doch gibt es auch eine , vom Wahnsinn sehr entfernte , großartige Zerstreutheit . Diese kann eintreten , wenn der Geist durch

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zusätze

215–217

tiefe Meditationen von der Beachtung alles vergleichungsweise Unbedeutenden abgezogen wird . So hatte A r ch i m e d e s einst sich dermaaßen in eine geometrische Aufgabe vertieft , daß er während mehrerer Tage alle anderen Dinge vergessen zu haben schien , und aus dieser Concentration seines Geistes auf einen einzigen Punkt mit Gewalt heraus gerissen werden mußte . Die e i g e n t l iche Zerstreutheit aber ist ein Versinken in g a n z a b s t r a c t e s S e l b s t g e f ü h l , in eine Unthätigkeit des besonnenen , objectiven Bewußtseyns , in eine wissenlose Ungegenwart des | Geistes bei solchen Dingen , bei welchen derselbe gegenwärtig seyn sollte . Das in diesem Zustande befi ndliche Subject verwechselt im einzelnen Fall seine wahre Stellung mit einer falschen , und faßt die äußeren Umstände auf eine einseitige Weise , nicht nach der Totalität ihrer Beziehungen , auf . Ein ergötzliches Beispiel von diesem Seelenzustande ist , unter vielen anderen Beispielen , ein französischer Graf , der , als seine Perrücke am Kronleuchter hängen blieb , darüber mit den anderen Anwesenden herzlich lachte , und sich umschaute , um zu entdecken , wessen Perrücke fortgerissen sey , wer mit kahlem Kopfe dastehe . Ein anderes hierher gehöriges Beispiel liefert Ne w t on ; dieser Gelehrte soll einst den Finger einer Dame ergriffen haben , um denselben als Pfeifenstopfer zu gebrauchen . Solche Zerstreutheit kann Folge von vielem Studiren seyn ; sie findet sich bei Gelehrten , – zumal bei den einer früheren Zeit angehörenden , – nicht selten . Häufig entsteht die Zerstreutheit jedoch auch dann , wenn Menschen sich überall ein hohes Ansehen geben wollen , folglich ihre Subjectivität beständig vor Augen haben und darüber die Objectivität vergessen . D ie F a s e l e i . Der Zerstreutheit steht die an A l le m ein Interesse nehmende F a s ele i gegenüber . Dieselbe entspringt aus dem Unvermögen , die Aufmerksamkeit auf irgend etwas B e s t i m m t e s zu f i x i r e n , und besteht in der Krankheit des Ta u me l n s von einem Gegenstande zum anderen . Dieß Uebel ist meistentheils unheilbar . Narren dieser Art sind die allerbeschwerlichsten . P i ne l erzählt von einem solchen Subjecte , das ein vollkommenes Abbild des Chaos war . Er sagt : »Dieß Subject nähert sich mir und überschwemmt mich mit seinem Geschwätz . Gleich darauf macht dasselbe es mit einem Anderen ebenso . Kommt dieß Individuum in ein Zimmer , so kehrt es darin Alles um , schüttelt und versetzt Stühle und Tische , ohne dabei eine besondere Absicht zu verrathen . Kaum hat man das Auge weggewandt , so ist dieß Subject schon auf der benachbarten Promenade , und daselbst ebenso zweck|los beschäftigt , wie im Zimmer , plaudert , wirft Steine weg , rupft Kräuter aus , geht weiter , und kehrt um , ohne zu wissen , weßhalb .« – Immer entspringt die Faselei aus einer Schwäche der die Gesammtheit der Vorstellungen zusammenhaltenden Kraft des verständigen Bewußtseyns . Häufig leiden die Faselnden aber schon am Delirium , – also nicht bloß am N icht w i s s e n - , sondern

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zu § 408

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an der bewußtlosen Ve r ke h r u n g des unmittelbar Gegenwärtigen . So viel über die e r s t e H a u p t for m des verrückten Zustandes .

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2 . Die z we it e H a up t fo r m d e s s el b e n , d ie e i g e n t l iche N a r r he it entsteht , wenn das oben in seinen verschiedenen Modificationen betrachtete In-sich-verschlossenseyn des natürlichen Geistes einen b e s t i m m t e n Inhalt bekommt , und dieser Inhalt zur f i xe n Vo r s t e l lu n g dadurch wird , daß der seiner selbst noch nicht vollkommen mächtige Geist in denselben e b e n s o s e h r versinkt , wie er beim B lö d s i n n i n s ich s e l b e r , in den Abgrund seiner Un b e s t i m m t he it versunken ist . Wo die eigentliche Narrheit beginnt , ist schwer , mit Genauigkeit zu sagen . Man fi ndet , zum Beispiel , in kleinen Städten Leute , besonders Weiber , die in einen äußerst beschränkten Kreis von particulären Interessen dermaaßen versunken sind , und sich in dieser ihrer Bornirtheit so behaglich fühlen , daß wir dergleichen Individuen mit Recht n ä r r i s che Menschen nennen . Zur Narrheit im e n g e r e n Sinne des Wortes gehört aber , daß der Geist in einer e i n z el nen , bloß s u bje c t ive n Vorstellung stecken bleibt und dieselbe für ein O bje c t ive s hält . Dieser Seelenzustand rührt meistentheils davon her , daß der Mensch , aus Unzufriedenheit mit der Wirklichkeit , sich in seine Subjectivität verschließt . Vornämlich ist die Leidenschaft der E it e l ke it und des Ho ch mut h s die Ursache dieses Sich-in-sich-einspinnens der Seele . Der so in seine Innerlichkeit sich einnistende Geist verliert dann leicht das Verständniß der Wirk|lich keit und findet sich nur in seinen subjectiven Vorstellungen zurecht . Bei diesem Verhalten kann die völ l i g e N a r r he it bald entstehen . Denn , falls in diesem einsiedlerischen Bewußtseyn noch eine L e b e nd i g ke it vorhanden ist , kommt dasselbe leicht dahin , sich irgend einen Inhalt aus sich zu schaffen , und dieß bloß Subjective als etwas Objectives anzusehen und zu f i x i r e n . Während nämlich , wie wir gesehen haben , beim B lö d s i n n und auch bei der F a s e le i die Seele nicht die Kraft besitzt , etwas B e s t i m m t e s fe s t z u h a l t e n , zeigt dagegen die e i g e nt l iche N a r r he it dieß Vermögen , und beweist eben dadurch , daß sie noch B e w u ßt s e y n ist , – daß somit in ihr noch eine Unt e r s che id u n g der Seele von ihrem festgewordenen Inhalte stattfindet . Obgleich daher das Bewußtseyn der Narren einerseits mit jenem Inhalt verwachsen ist , so transcendirt dasselbe doch andererseits , vermöge seiner a l l g e me i ne n Natur , den b e s ond e r e n Inhalt der verrückten Vorstellung . Die Narren haben deßhalb , – ne b e n ihrer Verdrehtheit in Beziehung auf Einen Punkt , – zugleich ein gutes , consequentes Bewußtseyn , eine richtige Auffassung der Dinge und die Fähigkeit eines verständigen Handelns . Dadurch , und durch die mißtrauische Zurückhaltung der Narren wird es möglich , daß man mitunter einen Narren nicht sogleich als solchen

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erkennt , und daß man namentlich darüber Zweifel hat , ob die Heilung der Narrheit gelungen ist , die Loslassung des Geisteskranken daher erfolgen kann . Der Unt e r s ch ie d der Narren unter e i n a nd e r wird hauptsächlich durch die Mannigfaltigkeit der Vorstellungen bestimmt , die sich in ihnen fi xiren . Zur u n b e s t i m m t e s t e n Narrheit kann der L e b e n s ü b e r d r u ß gerechnet werden , wenn derselbe nicht durch den Verlust geliebter , achtungswerther Personen und sittlicher Verhältnisse veranlaßt wird . Der u n b e s t i m m t e , grundlose Ekel am Leben ist nicht G le ich g ü lt i g ke it gegen dasselbe , – denn bei dieser erträgt man das Leben , – sondern vielmehr die Un f ä h i g ke it , | es zu ertragen , – ein Hin- und Herschwanken zwischen der Neigung und der Abneigung gegen Alles , was der Wirklichkeit angehört , – ein Gebanntseyn an die fi xe Vorstellung von der Widerlichkeit des Lebens und zugleich ein Hinausstreben über diese Vorstellung . Von diesem , ohne allen vernünftigen Grund entstandenen Widerwillen gegen die Wirklichkeit , – wie auch von anderen Weisen der Narrheit , – werden vorzugsweise die E n g l ä nd e r befallen ; – vielleicht um deßwillen , weil bei dieser Nation das Verstocktseyn in die subjective Besonderheit so vorherrschend ist . Jener Lebensüberdruß erscheint bei den Engländern vornämlich als Mel a n chol ie , – als dieß nicht zur Lebendigkeit des Denkens und des Handelns kommende beständige Hinbrüten des Geistes über seiner unglücklichen Vorstellung . Aus diesem Seelenzustande entwickelt sich nicht selten ein unbezwingbarer Trieb zum Selbstmord ; zuweilen hat dieser Trieb nur dadurch vertilgt werden können , daß der Verzweiflungsvolle gewaltsam aus sich herausgerissen wurde . So erzählt man , zum Beispiel : ein Engländer sey , als er im Begriff war , sich in der Themse zu ersäufen , von Räubern angefallen worden , habe sich aufs Aeußerste gewehrt , und durch das plötzlich erwachende Gefühl von dem Werthe des Lebens alle selbstmörderischen Gedanken verloren . Ein anderer Engländer , der sich gehenkt hatte , bekam , als er von seinem Diener losgeschnitten war , nicht nur die Neigung zum Leben , sondern auch die Krankheit des Geizes wieder ; denn er zog jenem Diener bei dessen Verabschiedung zwei Pence ab , weil derselbe ohne den Befehl seines Herren den fraglichen Strick zerschnitten hatte . Der eben geschilderten , alle L e b e nd i g ke it a b t ö d t e nd e n u n b e s t i m m t e n Gestalt des verrückten Seelenzustandes steht eine mit le b e nd i g e n I nt e r e s s e n und sogar mit L e id e n s ch a f t verbundene unendliche Menge einen ve r e i n z e l t e n Inhalt habender Narrheiten gegenüber . Dieser Inhalt hängt theils von der b e s ond e r e n L e id e n s ch a f t ab , aus welcher die Narrheit her|vorgegangen ist ; er kann jedoch auch zufälligerweise durch etwas Anderes bestimmt seyn . Der erstere Fall wird , zum Beispiel , bei denjenigen Narren angenommen werden müssen , die sich für G o t t , für C h r i s t u s , oder für einen Kön i g gehalten haben . Der letztere Fall dagegen wird stattfi nden , wenn , zum Beispiel , Narren

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zu § 408

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ein G e r s t e n kor n oder ein Hu nd zu seyn , oder einen Wa g e n im Leibe zu haben vermeinen . In beiden Fällen aber hat der bloß e Narr kein b e s t i m m t e s B e w u ßt s e y n von dem zwischen seiner fi xen Vorstellung und der Objectivität obwaltenden W id e r s pr uche . Nur w i r wissen von diesem Widerspruch ; solcher Narr s e l b s t wird von dem Gefühl seiner inneren Zer rissen heit nicht gequält . Erst wenn 3 . die d r it t e Hauptform des verrückten Zustandes , – die Tol l he it oder der Wa h n s i n n vorhanden ist , haben wir die Erscheinung , daß das verrückte Subject s e l b e r von seinem Auseinandergerissenseyn in zwei sich gegenseitig widersprechende Weisen des Bewußtseyns weiß , – daß der Geisteskranke s e l b e r den Widerspruch zwischen seiner nur subjectiven Vorstellung und der Objectivität lebhaft fühlt , und dennoch von dieser Vorstellung nicht abzulassen vermag , sondern dieselbe durchaus zur Wirklichkeit machen , oder das Wirkliche vernichten will . In dem eben angegebenen Begriff der Tollheit liegt , daß dieselbe nicht aus einer le e r e n E i n bi ld u n g zu entspringen braucht , sondern besonders durch das Betroffenwerden von g r oß e m Un g lück , – durch eine Ve r r ück u n g der individuellen Welt eines Menschen , – oder durch die g e w a l t s a me Um ke h r u n g und das Aus-den-Fugen-Kommen des allgemeinen Weltzustandes bewirkt werden kann , falls das Individuum mit seinem Gemüthe ausschließlich in der Ve r g a n g e n he it lebt und dadurch unfähig wird , sich in die G e g e nw a r t zu fi nden , von welcher es sich zurückgestoßen und zugleich gebunden fühlt . So | sind , zum Beispiel , in der französischen Revolution durch den Umsturz fast aller bürgerlichen Verhältnisse viele Menschen wahnsinnig geworden . Dieselbe Wirkung wird oft in der fürchterlichsten Weise durch religiöse Ursachen bewirkt , wenn der Mensch in absolute Ungewißheit darüber , ob er von Gott zu Gnaden angenommen sey , versunken ist . Das in den Wahnsinnigen vorhandene Gefühl ihrer inneren Zerrissenheit kann aber sowohl ein r u h i g e r Schmerz seyn , als auch zur Wut h d e r Ve r nu n f t gegen die Unve r nu n f t und dieser gegen jene fortgehen , somit zur R a s e r e i werden . Denn mit jenem unglücklichen Gefühle verbindet sich in den Wahnsinnigen sehr leicht , – nicht bloß eine von E i n bi ld u n g e n und G r i l le n gefolterte hy p o chond r i s che Stimmung , – sondern auch eine m i ßt r a u i s che , f a l s che , ne id i s che , t ück i s che und b o s h a f t e Gesinnung , – eine E r g r i m m t he it über ihr Gehemmtseyn durch die sie umgebende Wirklichkeit , über Diejenigen , von welchen sie eine Beschränkung ihres Willens erfahren ; – wie denn auch umgekehrt ve r z o g e ne Menschen , Individuen , die Alles zu ertrotzen gewohnt sind , – aus ihrer f a s e l nd e n E i g e n s i n n i g ke it leicht in Wa h n s i n n gerathen ,

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zusätze

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wenn ihnen der das Allgemeine wollende vernünftige Wille einen Damm entgegenstellt , den ihre sich bäumende Subjectivität nicht zu überspringen oder zu durchbrechen im Stande ist . – In jedem Menschen kommen Anflüge von Bösartigkeit vor ; der sittliche oder wenigstens kluge Mensch weiß dieselben jedoch zu unterdrücken . Im Wahnsinn aber , wo eine b e s ond e r e Vor s t e l lu n g über den vernünftigen Geist die Herrschaft an sich reißt , – da tritt ü b e r h a up t die B e s ond e r he it des Subjects ungezügelt hervor , – da werfen somit die zu jener Besonderheit gehörenden n a t ü r l iche n und durch Reflexion entwickelten Tr ie b e das Joch der von dem w a h r h a f t a l l g e m e i n e n Willen ausgehenden s it t l iche n Gesetze ab , – da werden folglich die fi nsteren , unterirdischen Mächte des Herzens frei . Die Ergrimmtheit der Wahnsinnigen | wird oft zu einer förmlichen Sucht , Anderen zu s ch a d e n , – ja sogar zu einer plötzlich erwachenden Mor d lu s t , welche die davon Ergriffenen , – trotz des etwa in ihnen vorhandenen Abscheues vor dem Morde , – mit unwiderstehlicher Gewalt zwingt , selbst Diejenigen umzubringen , die von ihnen sonst zärtlich geliebt werden . – Wie so eben angedeutet , schließt jedoch die Bösartigkeit der Wahnsinnigen moralische und sittliche Gefühle nicht aus ; vielmehr können diese Gefühle , – eben wegen des Unglücks der Wahnsinnigen , wegen des in diesen herrschenden u nve r m it t e l t e n G e g e n s a t z e s , – eine erhöhte Spannung haben . P i ne l sagt ausdrücklich : er habe nirgends liebevollere Gatten und Väter gesehen , als im Tollhause . Was die phy s i s che Seite des Wahnsinns betrifft , so zeigt sich häufig ein Zusammenhang der Erscheinung desselben mit allgemeinen Naturveränderungen , namentlich mit dem Lauf der Sonne . Sehr heiße und sehr kalte Jahreszeit übt in dieser Beziehung besonderen Einfluß aus . Auch hat man wahrgenommen , daß bei Annäherungen von Stürmen und bei großen Witterungswechseln vorübergehende Beunruhigungen und Aufwallungen der Wahnsinnigen erfolgen . In Ansehung der Lebensperioden aber ist die Beobachtung gemacht worden , daß der Wahnsinn vor dem funfzehnten Jahre nicht einzutreten pflegt . Rücksichtlich der sonstigen körperlichen Verschiedenheiten weiß man , daß bei starken , muskulösen Menschen mit schwarzen Haaren die Anfälle von Raserei gewöhnlich heftiger sind , als bei blonden Personen . – In wiefern aber die Verrücktheit mit einer Ungesundheit des Nervensystems zusammenhängt , – Dieß ist ein Punkt , welcher dem Blick des von außen betrachtenden Arztes , wie des Anatomen , entgeht . D ie He i lu n g d e r Ve r r ück t he it . Der letzte Punkt , den wir in Betreff des Wahnsinns , wie der Verrücktheit , zu besprechen haben , bezieht sich auf das gegen beide Krankheitszustände anzuwendende He i l ve r f a h r e n . Dasselbe | ist theils phy s i s ch , theils p s ych i s ch . Die erstere Seite kann zuweilen für sich allein ausreichen ; meistens wird je-

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doch dabei die Zuhülfenahme der psychischen Behandlung nöthig , die ihrerseits gleichfalls mitunter für sich allein zu genügen vermag . Etwas ganz allgemein Anwendbares läßt sich für die phy s i s che Seite der Heilung nicht angeben . Das dabei zur Anwendung kommende Medicinische geht im Gegentheil sehr in’s Empirische , somit in’s Unsichere . So viel steht indessen fest , daß das früher in Bedlam gebrauchte Verfahren von allen das schlechteste ist , da dasselbe auf ein vierteljährlich veranstaltetes allgemeines Durchlaxirenlassen der Wahnsinnigen beschränkt war . – Auf physischem Wege sind übrigens Geisteskranke mitunter gerade durch Dasjenige geheilt worden , was im Stande ist , die Verrücktheit bei Denen , die sie nicht haben , hervorzubringen , – nämlich durch heftiges Fallen auf den Kopf . So soll , z . B . , der berühmte Mont f a ucon in seiner Jugend auf jene Weise von Stumpfsinnigkeit befreit worden seyn . Die H a up t s a che bleibt immer die p s ych i s che Behandlung . Während diese gegen den B lö d s i n n nichts auszurichten vermag , kann dieselbe gegen die eigentliche Na r r he it und den Wa h n s i n n häufig mit Erfolg wirken , weil bei diesen Seelenzuständen noch eine Lebendigkeit des Bewußtseyns stattfindet , und neben der auf eine b e s ond e r e Vorstellung sich beziehenden Verrücktheit noch ein in seinen ü b r i g e n Vorstellungen vernünftiges Bewußtseyn besteht , das ein geschickter Seelenarzt zu einer G e w a l t über jene Besonderheit zu entwickeln fähig ist . (Diesen in den Narren und in den Wahnsinnigen vorhandenen Rest von Vernunft als die Grundlage der Heilung aufgefaßt und nach dieser Auffassung die Behandlung jener Geisteskranken eingerichtet zu haben , ist besonders das Verdienst P i nel ’s , dessen Schrift über den fraglichen Gegenstand für das Beste erklärt werden muß , das in diesem Fache existirt .) Vor allen Dingen kommt es beim psychischen Heilverfahren | darauf an , daß man das Zut r a ue n der Irren gewinnt . Dasselbe kann erworben werden , weil die Verrückten noch sittliche Wesen sind . Am sichersten aber wird man in den Besitz ihres Vertrauens dann gelangen , wenn man gegen sie zwar ein offenes Benehmen beobachtet , jedoch diese Offen heit nicht in einen d i r e c t e n Angriff auf die verrückte Vorstellung ausarten läßt . Ein Beispiel von dieser Behandlungsweise und von deren glücklichem Erfolge erzählt P i n e l . Ein sonst gutmüthiger Mensch wurde verrückt , mußte , – da er tolles , Anderen möglicherweise schäd liches Zeug machte , – eingesperrt werden , gerieth darüber in Wuth , ward deßhalb gebunden , verfiel aber in einen noch höheren Grad von Raserei . Man brachte ihn daher nach einem Tollhause . Hier ließ sich der Aufseher mit dem Ankömmling in ein ruhiges Gespräch ein , gab dessen verkehrten Aeußerungen nach , besänftigte ihn dadurch , befahl dann das Lösen seiner Banden , führte selber ihn in seine neue Wohnung , und heilte diesen Geisteskranken durch Fortsetzung eines solchen Verfahrens in ganz kurzer Zeit . – Nachdem man das Vertrauen der Irren sich

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erworben hat , muß man über sie eine gerechte Aut or it ä t zu gewinnen und in ihnen das Gefühl zu erwecken suchen , daß es überhaupt etwas Wichtiges und Würdiges gibt . Die Verrückten fühlen ihre geistige Schwäche , ihre Abhängigkeit von den Vernünftigen . Dadurch ist es den Letzteren möglich , sich bei Jenen in Respect zu setzen . Indem der Verrückte den ihn Behandelnden achten lernt , bekommt er die Fähigkeit , seiner mit der Objectivität in Widerspruch befi ndlichen Subjectivität G e w a l t anzuthun . So lange er Dieß noch nicht vermag , haben Andere diese Gewalt gegen ihn auszuüben . Wenn daher Verrückte sich , zum Beispiel , weigern , irgend Etwas zu essen , oder wenn sie sogar die Dinge um sich her zerstören ; so versteht es sich , daß so Etwas nicht geduldet werden kann . Besonders muß man , – was bei vornehmen Personen , z . B . , bei Georg III . , oft sehr schwierig ist , – den Eigendünkel der Ho ch mut h s n a r r e n da|durch beugen , daß man diesen ihre Abhängigkeit fühlbar macht . Von diesem Fall und dem dabei zu beobachtenden Verfahren fi ndet sich bei P i nel folgendes mitthei lenswerthe Beispiel . Ein Mensch , der sich für Mahomed hielt , kam stolz und aufgeblasen nach dem Irrenhause , verlangte Huldigung , fällte täglich eine Menge Verbannungs- und Todesurtheile , und tobte auf eine souveraine Weise . Obgleich man nun seinem Wahne nicht widersprach , so untersagte man ihm doch das Toben als etwas Unschickliches , sperrte ihn , da er nicht gehorchte , ein und machte ihm über sein Betragen Vorstellungen . Er versprach sich zu bessern , wurde losgelassen , verfiel aber wieder in Tobsucht . Jetzt fuhr man diesen Mahomed heftig an , sperrte ihn von Neuem ein , und erklärte ihm , daß er kein Erbarmen mehr zu hoffen habe . Abgeredeter maaßen ließ sich jedoch die Frau des Aufsehers von ihm durch sein flehentliches Bitten um Freiheit erweichen , forderte von ihm das feste Versprechen , seine Freiheit nicht durch Toben zu mißbrauchen , weil er ihr dadurch Unannehmlichkeiten verursachen würde , und machte ihn los , nachdem er jenes Versprechen geleistet hatte . Von diesem Augenblick an betrug er sich gut . Bekam er noch einen Anfall von Wuth , so war ein Blick der Aufseherin hinreichend , ihn in seine Kammer zu treiben , um dort sein Toben zu verbergen . Diese seine Achtung vor jener Frau und sein Wille , über seine Tobsucht zu siegen , stellten ihn in sechs Monaten wieder her . Wie in dem eben erzählten Fall geschehen ist , muß man ü b e r h a up t , bei aller bisweilen gegen die Verrückten nothwendig werdenden Strenge , immer bedenken , daß dieselben wegen ihrer noch nicht gänzlich zerstörten Vernünftigkeit eine rücksichtsvolle Behandlung verdienen . Die gegen diese Unglücklichen anzuwendende Gewalt darf deßhalb niemals eine andere seyn , als eine solche , die zugleich die moralische Bedeutung einer g e r e cht e n Strafe hat . Die Irren haben noch ein Gefühl von Dem , was recht und gut ist ; sie wissen , z . B . , daß man Anderen nicht schaden | soll . Daher kann ihnen das Schlechte , das sie begangen

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haben , vorgestellt , z u g e r e ch ne t und an ihnen b e s t r a f t , die Gerechtigkeit der gegen sie verhängten Strafe ihnen faßlich gemacht werden . Dadurch erweitert man ihr besseres Selbst , und , indem Dieß geschieht , gewinnen sie Zutrauen zu ihrer e i g e n e n sittlichen Kraft . Zu diesem Punkt gelangt , werden sie fähig , durch den Umgang mit guten Menschen völlig zu genesen . Durch eine harte , hoch müthige , verächtliche Behandlung dagegen kann das moralische Selbstgefühl der Verrückten leicht so stark verletzt werden , daß sie in die höchste Wuth und Tobsucht gerathen . – Auch darf man nicht die Unvorsichtigkeit begehen , den Verrückten , – namentlich den religiösen Narren , – irgend Etwas , das ihrer Verdrehtheit zur Bestärkung dienen könnte , nahe kommen zu lassen . Im Gegentheil muß man sich bemühen , die Verrückten auf andere Gedanken zu bringen und sie darüber ihre Grille vergessen zu machen . Dieß Flüssigwerden der fi xen Vorstellung wird besonders dadurch erreicht , daß man die Irren nöthigt , sich geistig und vornämlich körperlich zu beschäftigen ; durch die A r b e it werden sie aus ihrer kranken Subjectivität heraus gerissen und zu dem Wirklichen hingetrieben . Daher ist der Fall vorgekommen , daß in Schottland ein Pächter wegen der Heilung der Narren berühmt wurde , obgleich sein Verfahren einzig und allein d a r i n bestand , daß er die Narren zu halben Dutzenden vor einen Pflug spannte und bis zur höchsten Ermüdung arbeiten ließ . – Unter den zunächst auf den L e i b wirkenden Mitteln hat sich vorzüglich die S ch a u ke l bei Verrückten , – namentlich bei Tobsüchtigen , – als heilsam erwiesen . Durch das Sich-Hin-undHerbewegen auf der Schaukel wird der Wahnsinnige schwindelig und seine fi xe Vorstellung schwankend . – Sehr viel kann aber auch durch plö t z l iche s und starkes Einwirken auf die Vor s t e l lu n g der Verrückten für deren Wiederherstellung geleistet werden . Zwar sind die Narren höchst mißtrauisch , wenn sie merken , daß man darnach trachtet , sie von ihrer fi xen Vorstellung abzubringen . Zugleich | sind sie jedoch dumm und lassen sich leicht überraschen . Man kann sie daher nicht selten dadurch heilen , daß man in ihre Verdrehtheit einzugehen sich den Schein gibt , und dann plötzlich Etwas thut , worin der Verrückte eine Befreiung von seinem eingebildeten Uebel erblickt . So wurde bekanntlich ein Engländer , der einen Heuwagen mit vier Pferden im Leibe zu haben glaubte , von diesem Wahne durch einen Arzt befreit , der durch die Versicherung , daß er jenen Wagen und jene Pferde fühle , das Zutrauen des Verrückten gewann , – ihm dann einredete , ein Mittel zur Verkleinerung jener vermeintlich im Magen sich befi ndenden Dinge zu besitzen , – zuletzt dem Geisteskranken ein Brechmittel gab und ihn zum Fenster hinausbrechen ließ , als , auf Veranstaltung des Arztes , unten zum Hause hinaus ein Heuwagen fuhr , welchen der Verrückte ausgebrochen zu haben meinte . – Eine andere Weise , auf die Verrücktheit heilend zu wirken , besteht darin , daß man die Narren bewegt , Handlungen zu vollbringen , die eine

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unmittelbare Widerlegung der e i g e n t hü m l iche n Narrheit sind , von welcher sie geplagt werden . So wurde , z . B . , Jemand , der sich einbildete , gläserne Füße zu haben , durch einen verstellten Raubanfall geheilt , da er bei demselben seine Füße zur Flucht höchst brauchbar fand . Ein Anderer , der sich für todt hielt , bewegungslos war und nichts essen wollte , erlangte seinen Verstand auf d ie Weise wieder , daß man , scheinbar in seine Narrheit eingehend , ihn in einen Sarg legte und in eine Gruft brachte , in welcher sich ein zweiter Sarg und in demselben ein anderer Mensch befand , der anfangs sich todt stellte , bald aber , nachdem er mit jenem Verrückten allein gelassen war , sich aufrichtete , diesem sein Behagen darüber ausdrückte , daß er jetzt Gesellschaft im Tode habe , – endlich aufstand , von vorhandenen Speisen aß , und dem sich darüber verwundernden Verrückten sagte : er sey schon lange todt und wisse daher , wie es die Todten machen . Der Verrückte beruhigte sich bei dieser Versicherung , aß und trank gleichfalls , und wurde geheilt . – Mitunter kann die Narrheit | auch durch das u n m it t e l b a r auf die Vorstellung wirkende Wo r t , – durch einen W it z , – geheilt werden . So genas , z . B . , ein sich für den heiligen Geist haltender Narr dadurch , daß ein anderer Narr zu ihm sagte : wie kannst denn Du der heilige Geist seyn ? der bin ja ich . Ein ebenso interessantes Beispiel ist ein Uhrmacher , der sich einbildete : er sey unschuldig guillotinirt worden , – der darüber Reue empfi ndende Richter habe befohlen , ihm seinen Kopf wieder zu geben , – durch eine unglückliche Verwechselung sey ihm aber ein fremder , viel schlechterer , äußerst unbrauchbarer Kopf aufgesetzt worden . Als dieser Narr einst die Legende ver theidigte , nach welcher der heilige Dionysius seinen eigenen abgeschlagenen Kopf geküßt hat , – da entgegnete ihm ein anderer Narr : Du Erznarr , – womit soll denn der heilige Dionysius geküßt haben , – etwa mit seiner Ferse ? Diese Frage erschütterte jenen verrückten Uhrmacher der maaßen , daß er von seiner Marotte völlig genas . Solcher Witz wird jedoch die Narrheit nur in d e m Fall gänzlich vernichten , wenn diese Krankheit bereits an Intensität verloren hat . |

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§ 410 Wir sind an die Vor s t e l lu n g d e r G e woh n he it gewöhnt ; dennoch ist die Bestimmung des B e g r i f f s derselben schwierig . Aus diesem Grunde wollen wir hier noch einige Erläuterungen jenes Begriffes geben . Zuvörderst muß die No t h we nd i g ke it des d i a le k t i s ch e n F o r t g a n g s von der (§ . 408 betrachteten) Ve r r ück t he it zu der (in den §§ . 409 u . 410 abgehandelten) G e woh n he it gezeigt werden . Zu dem Ende erinnern wir daran , daß im Wa h n s i n n die Seele das Bestreben hat , sich aus dem zwischen ihrem |

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objectiven Bewußtseyn und ihrer fi xen Vorstellung vorhandenen Widerspruch zur vollkommenen inneren Harmonie des Geistes wieder herzustellen . Diese Wiederherstellung kann ebenso wohl mißlingen wie erfolgen . Für die e i n z e l ne Seele erscheint somit das Gelangen zum freien , in sich harmonischen Selbstgefühl als etwas Zu f ä l l i g e s . A n s ich aber ist das absolute Freiwerden des Selbstgefühls , – das ungestörte Beisichseyn der Seele in aller Besonderheit ihres Inhalts , – etwas durchaus Nothwendiges ; denn a n s ich ist die Seele die absolute Idealität , das Uebergreifende über alle ihre Bestimmtheiten ; und in ihrem B e g r i f fe liegt es , daß sie sich durch Aufhebung der in ihr festgewordenen Besonderheiten als die unbeschränkte Macht über dieselben erweist , – daß sie das noch Un m it t e l b a r e , S e ye nd e in ihr zu einer bloßen E i g e n s ch a f t , zu einem bloßen Mome nt e herabsetzt , um durch diese absolute Negation als f r e ie I n d iv id u a l it ä t f ü r s ich s e l b e r zu werden . Nun haben wir zwar schon in dem Verhältniß der menschlichen Seele zu ihrem G e n iu s ein Fürsichseyn des Selbstes zu betrachten gehabt . Dort hatte jedoch dieß Fürsichseyn noch die Form der Ae u ß e r l ich ke it , der Trennung in zwei Individualitäten , in ein beherrschendes und ein beherrschtes Selbst ; und zwischen diesen beiden Seiten fand noch kein entschiedener G e g e n s a t z , kein W id e r s pr uch statt , so daß der Genius , diese bestimmte Innerlichkeit , u n g e h i nd e r t sich in dem menschlichen Individuum zur Erscheinung brachte . Auf d e r Stufe dagegen , bis zu welcher wir jetzt die Entwicklung des subjectiven Geistes fortgeführt haben , kommen wir zu einem Fürsichseyn der Seele , das vom Begriff derselben durch Ue b e r w i nd u n g des in der Verrücktheit vorhandenen inneren W id e r s pr uch s des Geistes , durch Au f he bu n g der g ä n z l iche n Z e r r i s s e n he it des Selbstes zu Stande gebracht ist . Dieß Bei-sich-selber-seyn nennen wir die G e woh n he it . In dieser hat die nicht mehr an eine nur subjective besondere Vorstellung gebannte und durch dieselbe aus dem Mittelpunkt ihrer concreten | Wirklichkeit herausgerückte Seele den an sie gekommenen unmittelbaren und vereinzelten Inhalt in ihre Idealität so vollständig aufgenommen und sich in ihn so völlig e i n g e woh nt , daß sie sich in ihm mit F r e i he it bewegt . Während nämlich bei der bloßen Empfi ndung mich zufällig bald Dieses , bald Jenes afficirt , und bei derselben , – wie auch bei anderen geistigen Thätigkeiten , so lange diese dem Subject noch etwas Ungewohntes sind , – die Seele in ihren Inhalt ve r s e n k t ist , sich in ihm ve r l ie r t , nicht ihr concretes Selbst empfindet ; – verhält sich dagegen in der Gewohnheit der Mensch nicht zu einer z u f ä l l i g e n e i n z e l n e n Empfi ndung , Vorstellung , Begierde u . s . f . , sondern z u s ich s e l b e r , zu einer seine Individualität ausmachenden , durch ihn selber gesetzten und ihm e i g e n gewordenen a l l g e m e i ne n We i s e des Thuns , und erscheint eben deßhalb als f r e i . Das Allgemeine , auf welches sich die Seele in der Gewohnheit bezieht , ist jedoch ,

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– im Unterschiede von dem erst für das reine Denken vorhandenen , sich selbst bestimmenden , c onc r e t A l l g e m e i ne n , – nur die aus der W ie d e r holu n g v ie l e r E i n z e l n he it e n durch Re f le x ion hervorgebrachte a b s t r a c t e A l l g e m e i n he it . Nur zu d ie s e r Form des Allgemeinen kann die mit dem Unmittelbaren , also dem Einzelnen , sich beschäftigende natürliche Seele gelangen . Das auf die einander äußerlichen Einzelnheiten bezogene Allgemeine ist aber das No t h we nd i g e . Obgleich daher der Mensch durch die Gewohnheit einerseits frei wird , so macht ihn dieselbe doch andererseits zu ihrem S c l ave n , und ist eine zwar nicht u n m it t e l b a r e , e r s t e , von der Einzelnheit der Empfindungen beherrschte , vielmehr von der Seele g e s e t z t e , z we it e N a t u r , – aber doch immer eine N a t u r , – ein die Gestalt eines Un m it t e l b a r e n annehmendes G e s e t z t e s , – eine selber noch mit der Form des S e y n s behaftete Id e a l it ä t des Seyenden , – folglich etwas dem freien Geiste Nichtentsprechendes , – etwas bloß A nt h r o polog i s che s . Indem die Seele auf die oben angegebene Art durch Ueber|windung ihrer Zerrissenheit , ihres inneren Widerspruchs zur sich auf sich beziehenden Idealität geworden ist , hat sie ihre vorher unmittelbar mit ihr identische Leiblichkeit von sich abgeschieden , und übt zugleich an dem so zur Unmittelbarkeit entlassenen Leiblichen die Kraft ihrer Idealität aus . Auf diesem Standpunkt haben wir daher nicht die unbestimmte Abtrennung eines Inneren überhaupt von einer vorgefundenen Welt , sondern das Unterworfenwerden jener Leiblichkeit unter die Herrschaft der Seele zu betrachten . Diese Bemächtigung der Leiblichkeit bildet die Bedingung des Freiwerdens der Seele , ihres Gelangens zum objectiven Bewußtseyn . Allerdings ist die individuelle Seele a n s ich schon körperlich abgeschlossen ; als lebendig habe ich einen organischen Körper ; und dieser ist mir nicht ein F r e m d e s ; er gehört vielmehr zu meiner Id e e , ist das unmittelbare , äußerliche Daseyn meines B e g r i f f s , macht mein einzelnes Naturleben aus . Man muß daher , – beiläufig gesagt , – für vollkommen leer die Vorstellung Derer erklären , welche meinen : eigentlich sollte der Mensch keinen organischen Leib haben , weil er durch denselben zur Sorge für die Befriedigung seiner physischen Bedürfnisse genöthigt , somit von seinem rein geistigen Leben abgezogen und zur wahren Freiheit unfähig werde . Von dieser hohlen Ansicht bleibt schon der unbefangene religiöse Mensch fern , indem er die Befriedigung seiner leiblichen Bedürfnisse für würdig hält , Gegenstand seiner an Gott , den e w i g e n G e i s t , gerichteten Bitte zu werden . Die Philosophie aber hat zu erkennen , wie der Geist nur dadurch f ü r s ich s e l b e r ist , daß er sich das M a t e r ie l le , – theils als seine e i g e ne Leiblichkeit , theils als eine Außenwelt überhaupt , – entgegensetzt , und dieß so Unterschiedene zu der durch den Gegensatz und durch Aufhebung desselben vermittelten Einheit mit sich zurückführt . Zwischen dem Geiste und

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dessen e i g e ne m Leibe findet natürlicherweise eine noch innigere Verbindung statt , als zwischen der sonstigen Außenwelt und dem Geiste . Eben wegen dieses nothwendigen Zusammenhangs meines Leibes mit | meiner Seele ist die von der letzteren gegen den ersteren unmittelbar ausgeübte Thätigkeit keine e nd l iche , keine bloß ne g a t ive . Zunächst habe ich mich daher in dieser u n m it t e l b a r e n Harmonie meiner Seele und meines Leibes zu behaupten , – brauche ihn zwar nicht , wie , z . B . , die Athleten und Seiltänzer thun , zum Selbstzweck zu machen , – muß aber meinem Leibe sein Recht widerfahren lassen , – muß ihn schonen , gesund und stark erhalten , – darf ihn also nicht verächtlich und feindlich behandeln . Gerade durch Nichtachtung oder gar Mißhandlung meines Körpers würde ich mich zu ihm in das Verhältniß der Abhängigkeit und der äußeren Nothwendigkeit des Zusammenhangs bringen ; denn auf diese Weise machte ich ihn zu etwas – trotz seiner Identität mit mir – gegen mich Ne g a t i ve m , folglich Fe i nd s e l i g e m , und zwänge ihn , sich gegen mich zu empören , an meinem Geiste Rache zu nehmen . Verhalte ich mich dagegen den Gesetzen meines leiblichen Organismus gemäß , so ist meine Seele in ihrem Körper frei . Dennoch kann die Seele bei dieser u n m it t e l b a r e n Einheit mit ihrem Leibe nicht stehen bleiben . Die Form der Un m it t e l b a r ke it jener Harmonie widerspricht dem Begriff der Seele , – ihrer Bestimmung , s ich a u f s ich s e l b e r b e z ie he nd e Id e a l it ä t zu seyn . Um diesem ihrem Begriffe entsprechend zu werden , muß die Seele , – was sie auf unsrem Standpunkt noch nicht gethan hat , – ihre Identität mit ihrem Leibe zu einer durch den Geist g e s e t z t e n oder vermittelten machen , ihren Leib in B e s it z nehmen , ihn zum g e f ü g i g e n und g e s ch ick t e n We r k z e u g ihrer Thätigkeit bilden , ihn so umgestalten , daß sie in ihm sich auf s ich s e l b e r bezieht , daß er zu einem mit ihrer Substanz , der Freiheit , in Einklang gebrachten Accidens wird . Der Leib ist die M it t e , durch welche ich mit der Außenwelt überhaupt zusammenkomme . Will ich daher meine Zwecke verwirklichen , so muß ich meinen Körper fähig machen , dieß Subjective in die äußere Objectivität überzuführen . Dazu ist mein Leib nicht von | Natur geschickt ; unmittelbar thut derselbe vielmehr nur das dem animalischen Leben Gemäße . Die bloß organischen Verrichtungen sind aber noch nicht auf Veranlassung meines Geistes vollbrachte Verrichtungen . Zu diesem Dienst muß mein Leib erst gebildet werden . Während bei den Thieren der Leib , ihrem Instinkte gehorchend , alles durch die Idee des Thieres Nöthig werdende unmittelbar vollbringt ; hat dagegen der Mensch sich durch seine eigene Thätigkeit zum Herren seines Leibes erst zu machen . Anfangs durchdringt die menschliche Seele ihren Körper nur auf ganz u n b e s t i m m t a l l g e m e i ne Weise . Damit 18 bleiben] bleibcn

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diese Durchdringung eine b e s t i m m t e werde , – dazu ist Bi ld u n g erforderlich . Zunächst zeigt sich hierbei der Körper gegen die Seele ungefügig , hat keine Sicherheit der Bewegungen , giebt ihnen eine für den auszuführenden bestimmten Zweck bald zu große , bald zu geringe Stärke . Das richtige Maaß dieser Kraft kann nur dadurch erreicht werden , daß der Mensch auf alle die mannigfaltigen Umstände des Aeußerlichen , in welchem er seine Zwecke verwirklichen will , eine besondere Reflexion richtet , und nach jenen Umständen alle einzelnen Bewegungen seines Körpers abmißt . Daher vermag selbst das entschiedene Talent , nur in sofern es technisch gebildet ist , sofort immer das Richtige zu treffen . Wenn die im Dienste des Geistes zu vollbringenden Thätigkeiten des Leibes oftmals w ie d e r hol t werden , erhalten sie einen immer höheren Grad der Angemessenheit , weil die Seele mit allen dabei zu beachtenden Umständen eine immer größere Vertrautheit erlangt , in ihren Ae u ß e r u n g e n somit immer he i m i s che r wird , folglich zu einer stets wachsenden Fähigkeit der unmittelbaren Verleiblichung ihrer innerlichen Bestimmungen gelangt , und sonach den Leib immer mehr zu ihrem Eigenthum , zu ihrem brauchbaren Werkzeuge umschafft ; so daß dadurch ein m a g i s che s Verhältniß , ein unmittelbares Einwirken des Geistes auf den Leib entsteht . Indem aber die einzelnen Thätigkeiten des Menschen durch | wiederholte Uebung den Charakter der G e woh n he it , die Form eines in die E r i n ne r u n g , in die A l l g e me i n he it des geistigen Inneren Aufgenommenen erhalten , bringt die Seele in ihre Aeußerungen eine auch Anderen zu überliefernde a l l g e me i ne Weise des Thuns , eine Re g e l . Dieß Allgemeine ist ein dermaaßen zur E i n f a ch he it in sich Zusammengefaßtes , daß ich mir in Demselben der b e s ond e r e n Unterschiede meiner einzelnen Thätigkeiten nicht mehr bewußt bin . Daß Dem so sey , sehen wir , zum Beispiel , am Schreiben . Wenn wir schreiben lernen , müssen wir dabei unsere Aufmerksamkeit auf alles Einzelne , auf eine ungeheure Menge von Vermittlungen richten . Ist uns dagegen die Thätigkeit des Schreibens zur Gewohnheit geworden , dann hat unser Selbst sich aller betreff lichen Einzelnheiten so vollständig bemeistert , sie so sehr mit seiner Allgemeinheit angesteckt , daß dieselben uns a l s E i n z e l n he it e n nicht mehr gegenwärtig sind , und wir nur deren A l l g e me i ne s im Auge behalten . So sehen wir folglich , daß in der G e woh n he it unser Bewußtseyn zu gleicher Zeit in der Sache g e g e nw ä r t i g , für dieselbe i nt e r e s s i r t , und umgekehrt doch von ihr a bwe s e nd , gegen sie g le ich g ü l t i g ist , – daß unser Selbst ebenso sehr die Sache sich a ne i g ne t , wie im Gegentheil sich aus ihr z u r ück z ie ht , – daß die Seele einerseits ganz in ihre Aeußerungen e i nd r i n g t , und andererseits dieselben ve r l ä ßt , ihnen somit die Gestalt eines Me ch a n i s che n , einer bloßen N a t u r w i r k u n g giebt . |

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Wie schon im Paragraph 390 versicherungsweise in Voraus angegeben worden ist , bildet die w i r k l iche Seele den d r it t e n und letzten Hauptabschnitt der Anthropologie . Wir haben die anthropologische Betrachtung mit der nur s e ye nd e n , von ihrer N a t u r b e s t i m m t he it noch u n g e t r e n n t e n Seele begonnen ; – sind dann im z we it e n Hauptabschnitt zu der ihr u n m it t e l b a r e s S e y n von sich a b s che id e nd e n und in | dessen Bestimmtheiten auf a b s t r a c t e Weise f ü r - s ich - s e ye nd e n , – das heißt , – f ü h le nd e n Seele übergegangen ; – und kommen jetzt im d r it t e n Hauptabschnitt , – wie schon angedeutet , – zu der aus jener Tr e n nu n g zur ve r m it t e l t e n E i n he it mit ihrer Natürlichkeit fortentwickelten , in ihrer Leiblichkeit auf conc r e t e Weise für-sich-seyenden , somit w i r k l ichen Seele . Den Ue b e r g a n g zu dieser Entwicklungsstufe macht der im vorigen Paragraphen betrachtete Begriff der G e woh n he it . Denn , wie wir gesehen haben , erhalten in der Gewohnheit die id e e l le n Bestimmungen der Seele die Form eines S e ye nd e n , eines Sich - s e l b e r - ä u ß e r l iche n , und wird umgekehrt die Leiblichkeit ihrerseits zu etwas von der Seele widerstandslos Durchdrungenem , zu einem der freiwerdenden Macht ihrer Idealität Unterworfenen . So entsteht eine durch die Trennung der Seele von ihrer Leiblichkeit und durch die Aufhebung dieser Trennung vermittelte Einheit jenes I n ne r e n und jenes Ae u ß e r e n . Diese aus einer hervorgebrachten zu einer unmittelbaren werdende Einheit nennen wir die W i r k l ich ke it der Seele . Auf dem hiermit erreichten Standpunkt kommt der Leib nicht mehr nach der Seite seines o r g a n i s ch e n P r o c e s s e s , sondern nur i n s o fe r n in Betracht , als er ein selbst in seinem Daseyn id e e l l gesetztes Aeußerliches ist , und sich in ihm die nicht mehr auf die u nw i l l k ü r l iche Verleiblichung ihrer inneren Empfi ndungen beschränkte Seele mit s ov ie l F r e i he it zur Erscheinung bringt , wie sie durch Ueberwindung des ihrer Idealität Widersprechenden bi s je t z t errungen hat . Die am Schluß des ersten Hauptabschnitts der Anthropologie § . 401 betrachtete u n f r e iw i l l i g e Verleiblichung der inneren Empfindungen ist zum Theil etwas dem Menschen mit den Thieren Gemeinsames . Die jetzt zu besprechenden , mit F r e i he it geschehenden Verleiblichungen dagegen er thei len dem menschlichen Leibe ein so eigenthüm liches geistiges Gepräge , daß er sich durch | dasselbe weit mehr , als durch irgend eine bloße Naturbestimmtheit , von den Thieren unterscheidet . Nach seiner rein leiblichen Seite ist der Mensch nicht sehr vom Affen unterschieden ; aber durch das geistdurchdrungene Ansehen seines Leibes unter12 Entwicklungsstufe] Eutwicklungsstufe

24 und] nnd

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zusätze

242–243

scheidet er sich von jenem Thiere dermaaßen , daß zwischen dessen Erscheinung und der eines Vogels eine geringere Verschiedenheit herrscht , als zwischen dem Leibe des Menschen und dem des Affen . Der geistige Ausdruck fällt aber vornämlich in das G e s icht , weil der Kopf der eigentliche Sitz des Geistigen ist . In dem mehr oder weniger der Natürlichkeit als solcher angehörenden und deßhalb bei den gesitteten Völkern aus Scham bekleideten ü b r i g e n Leibe offenbart sich das Geistige besonders durch die H a l t u n g des Körpers . Diese ist daher , – beiläufig gesagt , – von den Künstlern der Alten bei ihren Darstellungen ganz besonders beachtet worden , da sie den Geist vorzugsweise in seiner Ergossenheit in die Leiblichkeit zur Anschauung brachten . – Soweit der geistige Ausdruck von den Gesichtsmuskeln hervorgebracht wird , nennt man ihn bekanntlich das M ie ne n s pie l ; die G e b e h r d e n im e n g e r e n Sinne des Wortes gehen vom übrigen Körper aus . – Die a b s olut e Gebehrde des Menschen ist die a u f r e cht e S t e l lu n g ; nur e r zeigt sich derselben fähig ; wogegen selbst der Orang-Utang bloß an einem Stocke aufrecht zu stehen vermag . Der Mensch ist nicht von Natur , von Hause aus , aufgerichtet ; er selber richtet sich durch die Energie seines Willens auf ; und obgleich sein Stehen , nachdem es zur Gewohnheit geworden ist , keiner ferneren angestrengten Willensthätigkeit bedarf , so muß dasselbe doch immer von unserem Willen durchdrungen bleiben , wenn wir nicht augenblicklich zusammensinken sollen . – Der Arm und besonders die H a nd des Menschen sind gleichfalls etwas ihm Eigenthüm liches ; kein Thier hat ein so bewegliches Werkzeug der Thätigkeit nach außen . Die Hand des Menschen , – dieß We r k z e u g der We r k z e u g e , ist zu einer unendlichen Menge von Willensäußerungen zu dienen geeignet . In | der Regel machen wir die Gebehrden zunächst mit der Hand , dann mit dem ganzen Arm und dem übrigen Körper . Der Ausdruck durch die Mienen und Gebehrden bietet einen interessanten Gegenstand der Betrachtung dar . Es ist jedoch mitunter nicht ganz leicht , den Grund der b e s t i m m t e n s y m b ol i s che n Natur gewisser Mienen und Gebehrden , den Zusammenhang ihrer B e d e ut u n g mit Dem , was sie a n s ich sind , aufzufi nden . Wir wollen hier nicht alle , sondern nur die gewöhnlichsten hierher gehörenden Erscheinungen besprechen . – Das Ko p f n icke n , – um mit diesem anzufangen , – bedeutet eine B e j a hu n g , denn wir geben damit eine Art von Unterwerfung zu erkennen . – Die Acht u n g s b e z e u g u n g des Sich ve r b e u g e n s geschieht bei uns Europäern in allen Fällen nur mit dem oberen Körper , da wir dabei unsere Selbstständigkeit nicht aufgeben wollen . Die Orientalen dagegen drücken ihre Ehrfurcht vor dem Herrn dadurch aus , daß sie sich vor ihm auf die Erde werfen ; sie dürfen ihm nicht in’s Auge sehen , weil sie damit ihr Für-sich-seyn behaupten würden , aber nur der Herr frei über den Diener und

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zu § 411

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Sclaven hinwegzusehen das Recht hat . – Das Ko pf s chüt t e l n ist ein Ve r ne i ne n ; denn dadurch deuten wir ein Wankendmachen , ein Umstoßen an . – Das Ko p f a u f we r fe n drückt Ve r a cht u n g , ein Sicherheben über Jemand aus . – Das N a s e n r ü m p fe n bezeichnet einen E ke l wie vor etwas Uebel riechendem . – Das S t i r n r u n z e l n verkündigt ein B ö s e s e y n , ein Sich-in-sich-fi xiren gegen Anderes . – Ein l a n g e s G e s icht machen wir , wenn wir uns in unserer Erwartung getäuscht sehen ; denn in diesem Falle fühlen wir uns gleichsam aufgelöst . – Die ausdruckvollsten Gebehrden haben ihren Sitz im Munde und in der Umgebung desselben , da von ihm die Aeußerung des Sprechens ausgeht und sehr mannigfache Modificationen der Lippen mit sich führt . – Was die H ä nd e betrifft , so ist das ein E r s t a u ne n ausdrückende Zu s a m me n s ch l a g e n derselben ü b e r d e n Ko p f gewissermaaßen ein Ver|such , sich über sich selber zusammenzuhalten . – Das H ä nd e e i n s ch l a g e n beim Versprechen aber zeigt , wie man leicht einsieht , ein E i n i g g e wor d e n s e y n an . – Auch die Bewegung der u nt e r e n Extremitäten , der G a n g , ist sehr bezeichnend . Vor allen Dingen muß derselbe gebildet seyn , – die Seele in ihm ihre Herrschaft über den Körper ver rathen . Doch nicht bloß Bildung oder Ungebildetheit , sondern auch , – einerseits Nachlässigkeit , affectirtes Wesen , Eitelkeit , Heuchelei u . s . w . , – andererseits Ordentlichkeit , Bescheidenheit , Verständigkeit , Offen herzigkeit u . s . w . drücken sich in der eigenthüm lichen Art des Gehens aus ; so daß man die Menschen am Gange leicht von einander zu unterscheiden vermag . Uebrigens hat der Gebildete ein weniger lebhaftes Mienen- und Geberdenspiel , als der Ungebildete . Wie Jener dem inneren Sturme seiner Leidenschaften Ruhe gebietet , so beobachtet er auch äußerlich eine ruhige Haltung , und ertheilt der freiwilligen Verleiblichung seiner Empfindungen ein gewisses mittleres Maaß ; wogegen der Ungebildete , ohne Macht über sein Inneres , nicht anders , als durch einen Luxus von Mienen und Gebehrden sich verständlich machen zu können glaubt , – dadurch aber mitunter sogar zum Grimassenschneiden verleitet wird , und auf diese Weise ein komisches Ansehen bekommt , weil in der G r i m a s s e das Innere sich sogleich ganz äußerlich macht , und der Mensch dabei jede einzelne Empfindung in sein ganzes Daseyn übergehen läßt , folglich , – fast wie ein Thier , ausschließlich in diese bestimmte Empfi ndung versinkt . Der Gebildete hat nicht nöthig , mit Mienen und Gebehrden verschwenderisch zu seyn ; in der Re d e besitzt er das würdigste und geeignetste Mittel , sich auszudrücken ; denn die S pr a che vermag alle Modificationen der Vorstellung unmittelbar aufzunehmen und wiederzugeben , weßhalb die Alten sogar zu dem Extreme fortgegangen sind , ihre Schauspieler mit Masken vor dem Gesicht auftreten zu lassen , und so , – mit dieser unbeweglichen Charakterphysiognomie sich begnügend , – | auf das lebendige Mienenspiel der Darsteller gänzlich zu verzichten .

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zusätze

245–246

Wie nun die hier besprochenen f r e iw i l l i g e n Verleiblichungen des Geistigen durch Gewohnheit zu etwas Me ch a n i s che m , zu etwas keiner besonderen Willensanstrengung Bedürftigem werden ; so können auch umgekehrt einige der im § . 401 . betrachteten u nw i l l k ü r l iche n Verleiblichungen des von der Seele Empfundenen zugleich mit B e w u ßt s e y n und F r e i he it erfolgen . Dahin gehört vor Allem die menschliche S t i m m e ; – indem dieselbe zur S pr a che wird , hört sie auf , eine unwillkürliche Aeußerung der Seele zu sein . Ebenso wird das L a che n , in der Form des A u s l a ch e n s , zu etwas mit F r e i h e it Hervorgebrachtem . Auch das S e u f z e n ist weniger etwas Ununterlaßbares , als vielmehr etwas Willkürliches . – Hierin liegt die Rechtfertigung der Besprechung der ebenerwähnten Seelenäußerungen an z we ie n Orten , – sowohl bei der bloß e m p f i nd e nd e n , als bei der w i r k l iche n Seele . Schon im § . 401 . wurde deßhalb auch darauf hingedeutet , daß unter den unwillkürlichen Verleiblichungen des Geistigen manche sind , die »gegen das« im obenstehenden § . 411 wieder um zu behandelnde »Pathognomische und Physiognomische zu liegen« . Der Unterschied zwischen diesen beiden Bestimmungen ist d e r , daß der p a t ho g nom i s che Ausdruck sich mehr auf vor ü b e r g e he nd e Leidenschaften bezieht , – der phy s io g nom i s che Ausdruck hingegen den C h a r a k t e r , – also etwas B le i b e nd e s , – betrifft . Das Pathognomische wird jedoch zum Physiognomischen , wenn die Leidenschaften in einem Menschen nicht bloß vorübergehend , sondern dauernd herrschen . So gräbt sich zum Beispiel die bleibende Leidenschaft des Zornes fest in das Gesicht ein : – so prägt sich auch frömmlerisches Wesen allmälig auf unvertilgbare Weise im Gesicht und in der ganzen Haltung des Körpers aus . Jeder Mensch hat ein physiognomisches Ansehen , – erscheint auf den ersten Blick als eine angenehme oder unangenehme , starke | oder schwache Persönlichkeit . Nach diesem Scheine fällt man aus einem gewissen Instinkte ein erstes allgemeines Ur theil über Andere . Dabei ist indeß Irrthum leicht möglich , weil jenes überwiegend mit dem Charakter der Unmittelbarkeit behaftete Aeußerliche dem Geiste nicht vollkommen , sondern nur in einem höheren oder geringeren Grade entspricht , das ungünstige wie das günstige Aeußere daher etwas Anderes hinter sich haben kann , als dasselbe zunächst vermuthen läßt . Der biblische Ausspruch : Hüte Dich vor Dem , den Gott gezeichnet hat , wird deßhalb häufig gemißbraucht ; und das auf den physiognomischen Ausdruck begründete Urtheil hat sonach nur den Werth eines u n m it t e l b a r e n Ur theils , das eben sowohl unwahr , wie wahr seyn kann . Aus diesem Grunde ist man mit Recht von der übertriebenen Achtung zurückgekommen , die man für die Physiognomik früherhin hegte , wo L av a t e r mit derselben Spuk trieb , und wo man sich von ihr den allererkleck lichsten Gewinn für die hochgepriesene Menschen kennerei

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zu §§ 411–412

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versprach . Der Mensch wird viel weniger aus seiner äußeren Erscheinung , als vielmehr aus seinen H a nd lu n g e n erkannt . Selbst die S pr a che ist dem Schicksal ausgesetzt , so gut zur Verhüllung , wie zur Offenbarung der mensch lichen Gedanken zu dienen . | 5

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§ 412 Die in den beiden vorhergehenden Paragraphen betrachtete Hineinbildung der Seele in ihre Leiblichkeit ist keine a b s olut e , – keine den Unterschied der Seele und des Leibes völlig aufhebende . Die Natur der Alles aus sich entwickelnden logischen Idee fordert vielmehr , daß dieser Unterschied sein Recht behalte . Einiges in der Leiblichkeit bleibt daher rein organisch , folglich der Macht der Seele entzogen ; dergestalt , daß die Hineinbildung der Seele in ihren Leib nur die Eine Seite desselben ist . Indem die Seele zum Gefühl dieser Beschränktheit ihrer Macht gelangt , reflectirt sie sich in sich und wirft die Leiblichkeit als ein ihr F r e m d e s aus sich hinaus . Durch diese Re f le x ion - i n - s ich vollendet der Geist seine Befreiung von der Form des S e y n s , gibt er sich die Form des We s e n s , und wird z u m Ich . Zwar ist die Seele , insofern sie Subjectivität oder Selbstichkeit ist , schon a n s ich Ich . Zur W i r k l ich ke it des Ich gehört aber mehr , als die u n m it t e l b a r e , n a t ü r l iche Subjectivität der Seele ; denn das Ich ist dieß Allgemeine , dieß Einfache , das in Wahrheit erst dann existirt , wenn es sich selber zum Gegenstande hat , – wenn es zum F ü r - s ich - s e y n des E i n f a che n im E i n f a ch e n , zur B e z ie hu n g des A l l g e m e i n e n auf das A l l g e m e i ne geworden ist . Das sich auf sich beziehende Allgemeine existirt nirgends außer im Ich . In der ä u ß e r e n N a t u r kommt , – wie schon in der Einleitung zur Lehre vom subjectiven Geist gesagt wurde , – das Allgemeine nur durch Ve r n icht u n g des einzelnen Daseyns zur höchsten Bethätigung seiner Macht , sonach nicht zum w i r k l iche n F ü r - s ich - s e y n . Auch die n a t ü r l iche | Seele ist zunächst nur die r e a le Mö g l ich ke it dieses Für-sich-seyns . Erst im Ich wird diese Möglichkeit zur Wirklichkeit . In ihm erfolgt somit ein E r w a che n h öh e r e r A r t , als das auf das bloße E m pf i nd e n des E i n z e l n e n beschränkte n a t ü r l iche E r w a che n ; denn das Ich ist der durch die Naturseele schlagende und ihre Natürlichkeit verzehrende B l it z , im Ich wird daher die Id e a l it ä t der Natürlichkeit , also das We s e n der Seele f ü r die Seele . Zu diesem Ziele drängt die ganze anthropologische Entwicklung des Geistes hin . Indem wir auf dieselbe hier zurückblicken , erinnern wir uns , wie die Seele des Me n s che n , – im Unterschiede von der in die Einzelnheit und Beschränktheit der Empfi ndung versenkt bleibenden t h ie r i s che n Seele , – sich über den , ihrer an sich unendlichen Natur widersprechenden , beschränkten

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zusätze

248–250

Inhalt des Empfundenen erhoben , – denselben ideell gesetzt , – besonders in der G e woh n he it ihn zu etwas A l l g e m e i ne m , E r i n ner t e m , To t a le m , zu einem S e y n gemacht , – eben dadurch aber den zunächst leeren Raum ihrer Innerlichkeit mit einem durch seine Allgemeinheit ihr gemäßen Inhalt erfüllt , in sich selber das S e y n gesetzt , wie andererseits ihren Leib zum Abbild ihrer Idealität , ihrer Freiheit , umgestaltet hat , – und somit dahin gekommen ist , das im Ich vorhandene , s ich a u f s ich s e l b e r b e z ie h e n d e , i nd iv id u e l l b e s t i m m t e A l l g e me i ne , eine von der L e i bl ich ke it b e f r e it e f ü r - s ich - s e ye nd e a b s t r a c t e To t a l it ä t zu seyn . Während in der Sphäre der bloß e m pf i nd e nd e n Seele das Selbst in der Gestalt des G e n iu s als eine auf die daseyende Individualität wie nu r von a u ß e n und zugleich wie nu r von i n n e n wirkende Macht erscheint ; hat sich dagegen auf der jetzt erreichten Entwicklungsstufe der Seele , wie früher gezeigt , das Selbst in dem D a s e y n der Seele , in ihrer L e i b l ich ke it ve r w i r k l icht , und umgekehrt in sich selber das Seyn gesetzt ; so daß jetzt das Selbst oder das Ich in seinem A nd e r e n s ich s e l b e r a n s ch a ut und d ie ß Sich a n s ch a ue n ist .

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§ 413 Wie im Zusatz zum vorhergehenden Paragraphen bemerkt wurde , muß das Ich als das individuell bestimmte , in seiner Bestimmtheit , in seinem Unterschiede , sich nur auf sich selber beziehende Allgemeine gefaßt werden . Hierin liegt bereits , daß das Ich unmittelbar ne g a t i ve Beziehung auf sich selbst , – folglich das unvermittelte Gegentheil seiner von aller Bestimmtheit abstrahirten A l l g e me i n he it , – also die ebenso a b s t r a c t e , e i n f a che E i n z e l n he it ist . Nicht bloß w i r , – die Betrachtenden , – unterscheiden so das Ich in seine entgegengesetzten Momente , sondern , kraft seiner in sich allgemeinen , somit von sich selbst unterschiedenen | Einzelnheit , ist das Ich s e l b e r dieß Sich -von s ich - u nt e r s che id e n ; denn als sich auf sich beziehend schließt seine ausschließende Einzelnheit sich von sich selber , also von der Einzelnheit , aus , und setzt sich dadurch als das mit ihr unmittelbar zusammengeschlossene Gegentheil ihrer selbst , als Allgemeinheit . Die dem Ich wesentliche Bestimmung der abstract allgemeinen Einzelnheit macht aber dessen S e y n aus . Ich und mein Seyn sind daher untrennbar mit einander verbunden ; der Unterschied meines Seyns von mir ist ein Unterschied , der keiner ist . Einerseits muß zwar das Seyn als das a b s olut Un m it t el b a r e , Un b e s t i m mt e , Unu nt e r s ch ie d e ne von dem s ich s el b s t u nt e r s che id e nd e n und durch Aufhebung des Unterschiedes s ich m it s ich

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250–251

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zu §§ 412–413

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ve r m it t e l nd e n D e n ke n , vom Ich unterschieden werden ; andererseits ist jedoch das Seyn mit dem Denken identisch , weil dieses aus aller Vermittlung zur Unmittelbarkeit , aus aller seiner Selbstunterscheidung zur ungetrübten Einheit mit sich zurückkehrt . Das Ich ist daher Seyn , oder hat dasselbe als Moment in sich . Indem ich dieß Seyn als ein gegen mich A nd e r e s und zugleich mit mir Id e nt i s che s setze , bin ich W i s s e n und habe die absolute G e w i ßhe it meines Seyns . Diese Gewißheit darf nicht , – wie von Seiten der bloßen Vor s t e l lu n g geschieht , – als eine Art von E i g e n s ch a f t des Ich , als eine Bestimmung a n der Natur desselben betrachtet werden ; sondern ist als die N a t u r s e l b e r des Ich zu fassen ; denn dieses kann nicht existiren , ohne sich von sich zu unterscheiden und in dem von ihm Unterschiedenen bei sich selber zu seyn , – das heißt eben , – ohne von sich zu wissen , ohne die Gewißheit seiner selbst zu haben und zu seyn . Die G e w i ßhe it verhält sich deßhalb zum Ich , wie die F r e i he it zum W i l len . Wie jene die Natur des Ich ausmacht ; so diese die Natur des Willens . Zunächst ist jedoch die Gewißheit nur mit der s u bje c t ive n Freiheit , mit der W i l l k ü r , zu vergleichen ; erst die o bje c t ive Gewißheit , die Wa h r he it , entspricht der e cht e n Freiheit des Willens . | Das seiner selbst gewisse Ich ist sonach zu Anfang noch das g a n z e i n f a ch S u b j e c t i ve , das g a n z a b s t r a c t F r e ie , die vol l kom m e n u n b e s t i m m t e Id e a l it ä t oder Negativität aller Beschränktheit . Sich von sich selber abstoßend , kommt daher das Ich zuerst nur zu einem fo r m e l l - , nicht w i r k l ich von ihm Unterschiedenen . Wie in der Logik gezeigt wird , muß aber der a n - s ich s e ye n d e Unterschied auch g e s e t z t , zu einem w i r k l iche n Unterschiede entwickelt werden . Diese Entwicklung erfolgt in Betreff des Ich auf d ie Weise , daß dasselbe , – nicht in das A nt h r o p olo g i s che , in die bewußtlose Einheit des Geistigen und Natürlichen zurückfallend , sondern seiner selbst gewiß bleibend und in seiner Freiheit sich erhaltend , – sein Anderes zu einer der Totalität des Ich gleichen To t a l it ä t sich entfalten und eben dadurch aus einem der S e ele a n g e hör e nd e n Leiblichen zu etwas ihr s e l b s t s t ä nd i g G e g e nü b e r t r e t e nd e m , zu einem G e g e n s t a n d e , im eigentlichen Sinne dieses Wortes , werden läßt . Weil das Ich nur erst das ganz abstract Subjective , das bloß formelle , inhaltslose Sich-von-sich-unterscheiden ist ; so findet sich der w i r k l iche Unterschied , der b e s t i m m t e I n h a l t außerhalb des Ich , gehört allein den G e g e n s t ä nd e n an . Da aber a n s ich das Ich den Unterschied schon in sich selber hat , oder – mit anderen Worten – da es an sich die Einheit seiner und seines Anderen ist ; so ist es auf den in dem Gegenstande existirenden Unterschied nothwendig b e z o g e n und aus diesem seinem Anderen u n m it t e l b a r i n s ich r e f le c t i r t . Das Ich greift also über das wirklich von ihm Unterschiedene über , ist in diesem seinem Anderen bei sich selber , und bleibt , in aller Anschauung , seiner selbst gewiß . Nur

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zusätze

251–254

indem ich dahin komme , mich als Ich zu erfassen , wird das Andere mir gegenständlich , tritt mir gegenüber , und wird zugleich in mir ideell gesetzt , somit zur Einheit mit mir zurückgeführt . Deßhalb ist im obigen Paragraphen das Ich mit dem L icht verglichen worden . Wie das Licht die Manifestation seiner selbst und seines Anderen , des D u n ke| le n ist und sich nur dadurch offenbaren kann , daß es jenes Andere offenbart ; so ist auch das Ich nur insofern sich selber offenbar , als ihm sein Anderes in der Gestalt eines von ihm Unabhängigen offenbar wird . Aus dieser allgemeinen Auseinandersetzung der Natur des Ich erhellt schon zur Genüge , daß dasselbe , – weil es mit den äußeren Gegenständen in Kampf sich begiebt , – etwas Höheres ist , als die in – so zu sagen – kindhafter Einheit mit der Welt befangene , ohnmächtige natürliche Seele , in welche , eben wegen ihrer Ohnmacht , die früher von uns betrachteten geistigen Krankheitszustände fallen .

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§ 414 Die Negativität , welche das ganz a b s t r a c t e Ich , oder das bloß e B e w u ßt s e y n , an seinem Anderen ausübt , ist eine noch durchaus unbestimmte , oberflächliche , nicht absolute . Daher entsteht auf diesem Standpunkt der W id e r s pr uch , daß der Gegenstand einerseits i n m i r ist , und andererseits a u ß e r m i r ein ebenso selbstständiges Bestehen hat , wie das D u n ke le außer dem L icht . Dem Bewußtseyn erscheint der Gegenstand nicht als ein durch das Ich g e s e t z t e r , sondern als ein u n m it t e l b a r e r , s e ye n d e r , g e g e b e n e r ; denn dasselbe weiß noch nicht , daß der Gegenstand a n s ich mit dem Geiste identisch und | nur durch eine Selbsttheilung des Geistes zu scheinbar vollkommener Unabhängigkeit entlassen ist . Daß dem so ist , wissen nur w i r , die wir zur Id e e des Geistes vorgedrungen sind und somit über die abstracte , formelle Identität des Ich uns erhoben haben . |

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§ 415 1 . Obgleich die Fortbestimmung des Bewußtseyns aus dessen e i g e ne m Inneren hervorgeht und auch eine ne g a t i ve Richtung gegen das Object hat , dieses also vom Bewußtseyn ve r ä nd e r t wird ; so erscheint diese Veränderung dem Bewußtseyn doch als eine ohne seine subjective Thätigkeit zu Stande kommende , und gelten ihm die Bestimmungen , die es in den Gegenstand setzt , als nur diesem angehörige , als seyende . 2 . Bei F icht e herrscht immer die Noth , wie das Ich mit dem N icht - Ich fertig werden soll . Es kommt hier zu keiner w a h r h a f t e n Einheit dieser beiden

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zu §§ 413–417

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Seiten ; diese Einheit bleibt immer nur eine s e y n s ol le nd e , weil von Hause aus die falsche Voraussetzung gemacht ist , daß Ich und Nicht-Ich in ihrer G e t r en nt he it , in ihrer E nd l ich ke it , etwas A b s olut e s seyen . |

§ 416 5

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Die bloße Vo r s t e l lu n g unterscheidet nicht zwischen G e w i ßhe it und Wa h r he it . Was ihr g e w i ß ist , – was sie für ein mit dem Object übereinstimmendes Subjectives hält , – das nennt sie w a h r , – so geringfügig und schlecht auch der Inhalt dieses Subjectiven seyn mag . Die Philosophie dagegen muß den Begriff der Wa h r he it wesentlich von der bloßen G e w i ßhe it unter scheiden ; denn die Gewißheit , welche auf dem Standpunkt des bloßen Bewußtseyns der Geist von sich selber hat , ist noch etwas Unw a h r e s , S ich - s e l b e r -w id e r s pr e che nd e s , da der Geist hier , neben der abstracten Gewißheit , b e i s ich s e l b e r zu seyn , die geradezu entgegengesetzte Gewißheit hat , sich zu einem wesentlich gegen ihn A nd e r e n zu verhalten . Dieser Widerspruch muß aufgehoben werden ; in ihm selber liegt der Trieb , sich aufzulösen . Die subjective Gewißheit darf an dem Object keine Schranke behalten ; sie muß wahrhafte Objectivität bekommen ; und umgekehrt muß der Gegenstand seinerseits nicht bloß auf a b s t r a c t e Weise , sondern nach allen Seiten seiner conc r e t e n Natur zu dem Me i n i g e n werden . Dieß Ziel wird von der an sich selber g l a u b e nd e n Vernunft schon geahnt , aber erst vom W i s s e n der Ve r nu n f t , vom b e g r e i fe nd e n E r ke n ne n erreicht . | § 417

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Die im obigen Paragraphen angegebenen d r e i Stufen der Erhebung des B e w u ß t s e y n s zur Ve r nu n f t sind durch die sowohl im S u bje c t , wie im Obje c t , thätige Macht des B e g r i f f s bestimmt , und können deßhalb als eben so viele Ur t he i le betrachtet werden . Hiervon weiß aber , wie schon früher bemerkt , das a b s t r a c t e Ich , das bloße B e w u ßt s e y n , noch nichts . Indem daher das dem Bewußtseyn zunächst als selbstständig geltende N icht - Ich durch die an diesem sich bethätigende Macht des Begriffes aufgehoben , dem Object statt der Form der Un m it t e l b a r ke it , A e u ß e r l ich ke it und E i n z e l n he it die Form eines A l l g e m e i n e n , eines I n n e r l i ch e n gegeben wird , und das Bewußtseyn dieß E r i n ne r t e in sich aufnimmt ; so erscheint dem Ich sein eben dadurch zu Stande kommendes e i g e ne s Innerlichwerden als eine Innerlichmachung des O bje c t s . – Erst , wenn das Object zum Ich verinnerlicht ist , und

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zusätze

256–258

das B e w u ßt s e y n sich auf diese Weise zum S e l b s t b e w u ßt s e y n entwickelt hat , weiß der Geist die Macht seiner eigenen Innerlichkeit als eine in dem Object gegenwärtige und wirksame . Was also in der Sphäre des bloßen Bewußtseyns nur für u n s , die Betrachtenden , ist , – das wird in der Sphäre des Selbstbewußtseyns für den Geist selbst . Das Selbstbewußtseyn hat das Bewußtseyn zu seinem G e g e n s t a nd e , stellt sich somit demselben g e g e nü b e r . Zugleich ist aber das Bewußtseyn auch als ein Mo m e n t im Selbstbewußtseyn selber erhalten . Das Selbstbewußtseyn geht daher nothwendig dazu fort , durch Abstoßung seiner von sich selbst , sich ein a nd e r e s Selbstbewußtseyn gegenüberzustellen und in demselben sich ein Object zu geben , welches mit ihm identisch und doch zugleich selbstständig ist . Dieß Object ist zunächst ein u n m it t e l b a r e s , e i n z e l n e s Ich . Wird dasselbe aber von der ihm so noch anhaftenden Form der e i n s e it i g e n Subjectivität befreit und als eine von der Su bje c t iv it ä t des B e g r i f f s durchdrungene Re a l it ä t , folglich als Idee , gefaßt ; so schreitet das S e l b s t b e w u ßt s e y n aus seinem G e|g e n s a t z e gegen das B e w u ßt s e y n zur ve r m it t e l t e n E i n he it mit demselben fort und wird dadurch zum conc r e t e n F ü r - s ich - s e y n des Ich , zu der in der o bje c t i ve n We l t s ich s e l b s t e r ke n ne n d e n , a b s ol u t f r e ie n Ve r nu n f t . Es bedarf hierbei kaum der Bemerkung , daß die in unserer Betrachtung als das D r it t e und L e t z t e erscheinende Ve r nu n f t nicht ein b l o ß L e t z t e s , ein aus etwas ihr Fremdem hervorgehendes Resultat , sondern vielmehr das dem B e w u ßt s e y n und dem S e l b s t b e w u ßt s e i n Zu g r u nd e l ie g e nd e , also das E r s t e ist und sich durch Aufhebung dieser beiden einseitigen Formen als deren u r s pr ü n g l iche E i n he it und Wa h r he it erweist . |

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§ 418

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Die e r s t e der im vorigen Paragraphen genannten drei Entwicklungsstufen des ph ä nom e nolo g i s che n Geistes , – nämlich das B e w u ßt s e y n , – hat in sich selber die d r e i Stufen 1) des s i n n l iche n , 2) des w a h r ne h me nd e n und 3) des ve r s t ä nd i g e n Bewußtseyns . In dieser Folge offenbart sich ein logischer Fortgang . 1) Zue r s t ist das Object ein ganz u n m it t e l b a r e s , s e ye nd e s ; – so erscheint es dem s i n n l iche n Bewußtseyn . Aber diese Un m it t e l b a r ke it hat

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zu §§ 417–418

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keine Wahrheit ; von ihr muß zu dem we s e nt l iche n Seyn des Objects fortgegangen werden . 2) Wenn das We s e n der Dinge Gegenstand des Bewußtseyns wird , so ist dieses nicht mehr s i n n l iche s , sondern w a h r n e h me n d e s Bewußtseyn . Auf diesem Standpunkt werden die e i n z e l ne n Dinge auf ein A l l g e me i ne s bezogen , – aber auch nur b e z o g e n ; es kommt daher hier noch keine w a h r h a f t e E i n he it des Einzelnen und des Allgemeinen , sondern nur eine Ve r m i s chu n g dieser beiden Seiten zu Stande . Darin liegt ein Widerspruch , der zur d r it t e n Stufe des Bewußtseyns , 3) zum ve r s t ä nd i g e n Bewußtseyn forttreibt , und daselbst seine Lösung insofern fi ndet , als dort der Gegenstand zur E r s che i nu n g eines f ü r s ich s e ye nd e n I n ne r e n herabgesetzt oder erhoben wird . Solche Erscheinung ist das L e b e n d i g e . An | der Betrachtung desselben zündet sich das S e l b s t b e w u ßt s e y n an ; denn in dem Lebendigen schlägt das O bje c t in das Su b je c t i ve um , – da entdeckt das Bewußtseyn sich selber als das We s e n t l iche des Gegenstandes , reflectirt sich aus dem Gegenstande in sich selbst , wird sich selber gegenständlich . Nach dieser allgemeinen Uebersicht der drei Entwicklungsstufen des Bewußtseyns , wenden wir uns jetzt zuvörderst näher zu dem s i n n l iche n Bewußtseyn . Dieses ist von den anderen Weisen des Bewußtseyns nicht dadurch unterschieden , daß bei ihm allein das Object durch die Si n ne an mich käme , sondern vielmehr dadurch , daß auf dem Standpunkt desselben das Object , – möge dieses nun ein äußerliches oder ein innerliches seyn , – noch weiter gar keine G e d a n ke n b e s t i m mu n g hat , als d ie , erstens überhaupt zu s e y n , und zweitens ein s e l b s t s t ä nd i g e s A nd e r e s g e g e n m ich , ein I n s ich r e f le c t i r t e s , ein E i n z e l n e s gegen mich als E i n z e l n e n , Un m it t e l b a r e n zu seyn . Der b e s ond e r e I n h a l t des Sinnlichen , zum Beispiel , Geruch , Geschmack , Farbe , u . s . w . , fällt , wie wir § . 401 . gesehen haben , der E m p f i nd u n g anheim . Die dem Sinnlichen eigenthüm liche Fo r m aber , – d a s Si ch - s e l b e r - äu ß er l i ch s e y n , das Außereinandertreten in R a u m und Z e it , – ist die , wie wir § . 448 . sehen werden , – von der A n s ch a uu n g erfaßte Bestimmung des Objects ; – dergestalt , daß für das s i n n l iche Bewußtseyn als solches nur die obengenannte Denkbestimmung übrig bleibt , kraft welcher der vielfache besondere Inhalt der Empfi ndungen sich zu einem außer mir seyenden Eins zusammennimmt , das auf diesem Standpunkte von mir auf unmittelbare , vereinzelte Weise gewußt wird , – zufällig jetzt in mein Bewußtseyn kommt und dann wieder daraus verschwindet , – überhaupt sowohl seiner Existenz wie seiner Beschaffen heit nach für mich ein Gegebenes , also ein Solches ist , von welchem ich nicht weiß ,

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zusätze

259–262

wo es herkommt , warum es diese bestimmte Natur hat und ob es ein Wahres ist . | Aus dieser kurzen Angabe der Natur des u n m it t e l b a r e n oder s i n n l iche n Bewußtseyns erhellt , daß dasselbe eine für den an-und-für-sich a l l g e me i ne n Inhalt des Re cht e s , des S it t l iche n und der Re l i g io n durchaus unangemessene , solchen Inhalt verderbende Form ist , da in jenem Bewußtseyn dem absolut Nothwendigen , Ewigen , Unendlichen , Innerlichen , die Gestalt eines Endlichen , Vereinzelten , Sich-selber-äußerlichen gegeben wird . Wenn man daher in neueren Zeiten bloß ein u n m it t e l b a r e s Wissen von Gott hat zugestehen wollen ; so hat man sich auf ein Wissen bornirt , welches von Gott nur Dieß auszusagen vermag , daß er i s t , – daß er a u ß e r uns existirt , – und daß er der Empfi ndung diese und diese Eigenschaften zu besitzen scheint . Solches Bewußtseyn bringt es zu weiter nichts , als zu einem sich für religiös haltenden Pochen und Dickthun mit seinen zufälligen Versicherungen in Betreff der Natur des ihm jenseitigen Göttlichen .

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§ 419 Der Inhalt des sinnlichen Bewußtseyns ist an sich selber d i a lek t i s ch . Er soll d a s Einzelne seyn ; aber eben damit ist er nicht Ein Einzelnes , sondern alles Einzelne ; und gerade , – indem der einzelne Inhalt Anderes von sich a u s s ch l ie ßt , – bezieht er sich auf Anderes , erweist er sich als ü b e r | s ich h i n a u s g e he nd , als abhängig von Anderem , als durch dasselbe vermittelt , als in sich selber Anderes habend . Die n ä ch s t e Wahrheit des u n m it t e l b a r E i n z e l n e n ist also sein B e z o g e nwe r d e n auf Anderes . Die Bestimmungen dieser Beziehung sind Dasjenige , was man Re f le x ion s b e s t i m mu n g e n nennt , und das diese Bestimmungen auffassende Bewußtseyn ist das Wa h r ne h me n .

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§ 420 Obgleich das Wa h r ne h m e n von der B e o b a ch t u n g des sinnlichen Stoffes ausgeht , so bleibt dasselbe doch nicht bei dieser stehen , – so beschränkt es sich doch nicht auf das Riechen , Schmecken , Sehen , Hören und Fühlen , – sondern schreitet nothwendig dazu fort , das Sinnliche auf ein nicht un|mittelbar zu beobachtendes A l l g e me i ne s zu beziehen , – jedes Vereinzelte als ein in sich selber Zusammenhangendes zu erkennen , – zum Beispiel , in der K r a f t alle Aeußerungen derselben zusammenzufassen , – und die zwischen den einzelnen Dingen stattfi ndenden Beziehungen und Vermittlungen aufzusuchen . Während daher

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zu §§ 418–422

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das bloß s i n n l iche Bewußtseyn die Dinge nur we i s t , – das heißt , – bloß in ihrer Unmittelbarkeit zeigt ; – erfaßt dagegen das Wa h r ne h m e n den Zusammenhang der Dinge , – thut dar , daß , wenn diese Umstände vorhanden sind , Dieses daraus folgt , – und beginnt so , die Dinge als w a h r zu e r we i s e n . Dies E r we i s e n ist indeß noch ein mangelhaftes , kein letztes . Denn Dasjenige , durch welches hierbei Etwas erwiesen werden soll , ist selber ein Vo r a u s g e s e t z t e s , folglich des E r we i s e s B e d ü r f t i g e s ; – so daß man auf diesem Felde von Vor a u s s e t z u n g e n zu Vor a u s s e t z u n g e n kommt und in den P r o g r e ß in’s Une nd l iche hinein geräth . – Auf diesem Standpunkt steht die E r f a h r u n g . Alles muß e r f a h r e n werden . Wenn aber von Ph i lo s o ph ie die Rede seyn soll , so muß man sich von jenem an Voraussetzungen gebunden bleibenden Erweisen des Empirismus zum Beweisen der a b s olut e n No t h we nd i g ke it der Dinge erheben . Schon bei Paragraph 415 ist übrigens gesagt worden , daß die Fortbildung des Bewußtseyns als eine Veränderung der Bestimmungen seines Objects erscheint . Mit Bezug auf diesen Punkt kann hier noch erwähnt werden , daß , indem das wahrnehmende Bewußtseyn die E i n z e l n he it der Dinge aufhebt , id e e l l setzt und somit die Ae u ß e r l ich ke it der Beziehung des Gegenstandes auf das Ich negirt , – dieses in sich selber geht , selber an I n ne r l ich ke it gewinnt , – daß aber das Bewußtseyn dies I n s ich g e he n als in das Object fallend betrachtet . |

§ 422

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Der im vorigen Paragraphen bezeichnete Widerspruch erhält seine erste Auflösung dadurch , daß die gegen einander und gegen die innere Einheit jedes einzelnen Dinges selbstständigen mannichfaltigen Bestimmungen des Sinnlichen zur E r s che i nu n g eines für sich seyenden I n ne r e n herabgesetzt werden , und der Gegenstand somit aus dem Widerspruch seiner | Re f le x ion i n s ich und seiner Re f le x ion i n A nd e r e s zum wesentlichen Verhältniß s e i ne r z u s ich s e l b e r fortentwickelt wird . Indem sich aber das Bewußtseyn von der B e o b a cht u n g der u n m it t el b a r e n E i n z el n he it und von der Ve r m i s chu n g des E i n z e l n e n und des A l l g e m e i n e n zur Auffassung des I n ne r n des Gegenstandes erhebt , – den Gegenstand also auf eine dem Ich gleiche Weise bestimmt ; so wird dieses zum ve r s t ä nd i g e n Bewußtseyn . Erst an jenem unsinnlichen Innern glaubt der Verstand das Wahrhafte zu haben . Zunächst ist dies Innere jedoch ein a b s t r a c t Id e n t i s ch e s , i n s ich Unu n t e r s ch ie d e n e s ; – ein solches Innere haben wir in der Kategorie der K r a f t und der Ur s a che vor uns . Das w a h r h a f t e Innere dagegen muß als c o n c r e t , als i n s ich s e l b e r

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zusätze

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u n t e r s ch ie d e n bezeichnet werden . So aufgefaßt , ist dasselbe Dasjenige , was wir G e s e t z nennen . Denn das Wesen des Gesetzes , – möge dieses sich nun auf die äußere Natur , oder auf die sittliche Weltordnung beziehen , – besteht in einer u nt r e n n b a r e n E i n he it , in einem n o t h we nd i g e n i n ne r e n Zu s a m me n h a n g e u n t e r s ch ie d e ne r Bestimmungen . So ist durch das Gesetz mit dem Ve r b r e che n nothwendiger weise S t r a fe verbunden ; dem Verbrecher kann diese zwar als etwas ihm Fremdes erscheinen ; im Begriff des Verbrechens liegt aber wesentlich dessen Gegentheil , die Strafe . Ebenso muß , – was die äußere Natur betrifft , – zum Beispiel , das Gesetz der Bewegung der Planeten , (nach welchem bekanntlich die Quadrate der Umlaufszeiten sich wie die Cubi der Entfernungen verhalten) , als eine innere nothwendige Einheit unterschiedener Bestimmungen gefaßt werden . Diese Einheit wird allerdings erst von dem speculativen Denken der Ve r nu n f t begriffen , aber schon von dem ve r s t ä nd i g e n Bewußtseyn in der Mannichfaltigkeit der Erscheinungen entdeckt . Die Gesetze sind die Bestimmungen des der Welt selber innewohnenden Verstandes ; in ihnen fi ndet daher das verständige Bewußtseyn seine eigene Natur wieder und wird somit sich selber gegenständlich . |

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§ 423 Was im obenstehenden Paragraphen von dem das Wesen des G e s e t z e s ausmachenden i n ne r e n Unt e r s ch ie d e gesagt worden , – Daß nämlich dieser Unterschied ein Unt e r s ch ie d sey , der ke i ne r ist , – das gilt ebenso sehr von dem Unterschiede , welcher in dem sich selber gegenständlichen Ich existirt . Wie das Gesetz ein nicht bloß gegen etwas A nd e r e s , sondern i n s ich s e l b e r Unterschiedenes , ein in seinem Unterschiede mit sich Identisches ist ; so auch das sich selbst zum Gegenstand habende , von sich selber wissende Ich . Indem daher das Bewußtseyn , als Ve r s t a nd , von den G e s e t z e n weiß ; so verhält dasselbe sich zu einem Gegenstande , in welchem das Ich das Gegenbild seines eigenen Selbstes wiederfindet und somit auf dem Sprunge steht , sich zum S e l b s t b e w u ßt s e y n a l s s olche m zu entwickeln . Da aber , wie schon im Zusatz zu § . 422 . bemerkt wurde , das bloß ve r s t ä nd i g e Bewußtseyn noch nicht dahin gelangt , die im Gesetz vorhandene Einheit der unterschiedenen Bestimmungen zu b e g r e i fe n , – das heißt , – aus der einen dieser Bestimmungen deren entgegengesetzte dialektisch zu entwickeln ; so bleibt diese Einheit jenem Bewußtseyn noch etwas Todtes , folglich mit der T h ä t i g ke it des Ich N icht|ü b e r e i n s t i m me nd e s . Im L e b e nd i g e n dagegen schaut das Bewußtseyn den P r o c e ß selber des Setzens und des Aufhebens der unterschiedenen Bestimmungen an , – nimmt wahr , daß der Unterschied ke i n Unterschied , – das heißt , – kein absolut fester Un-

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zu §§ 422–425

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terschied ist . Denn das Leben ist dasjenige I n ne r e , das nicht ein a b s t r a c t Inneres bleibt , sondern ganz in seine Ae u ß e r u n g eingeht ; – es ist ein durch die Negation des Unmittelbaren , des Aeußerlichen , Ve r m it t e l t e s , das diese seine Vermittlung selber zur Un m it t e l b a r ke it aufhebt , – eine s i n n l iche , ä u ß e r l iche und zugleich schlechthin i n ne r l iche Existenz , – ein M a t e r ie l l e s , in welchem das A u ß e r e i n a nd e r der Theile a u f g e hob e n , das Einzelne zu etwas Id e e l le m , zum M o m e n t , zum G l ie d e des Ganzen herabgesetzt erscheint ; – kurz , das Leben muß als S e l b s t z we ck gefaßt werden , – als ein Zwe ck , der in sich selber sein M it t e l hat , – als eine Totalität , in welcher jedes Unterschiedene zugleich Zweck und Mittel ist . Am Bewußtseyn dieser d i a lekt i s che n , dieser le b e nd i g e n Einheit des Unterschiedenen entzündet sich daher das S e l b s t b e w u ßt s e y n , – das Bewußtseyn von dem sich selber gegenständlichen , also in sich selbst unterschiedenen einfachen Id e e l le n , – das Wissen von der Wa h r he it des Na t ü r l ichen , vom Ich . |

§ 424 In dem Ausdruck Ich = Ich ist das Princip der absoluten Ve r nu n f t und F r e i he it ausgesprochen . Die Freiheit und die Vernunft besteht darin , daß ich mich zu der Form des Ich = Ich erhebe , – daß ich Alles als das Me i n i g e , als Ich erkenne , – daß ich jedes Object als ein Glied in dem Systeme Desjenigen fasse , was ich selbst bin , – kurz darin , daß ich in E i ne m und d e m s e l b e n Bewußtseyn Ich und die We l t habe , in der Welt mich selber wiederfi nde , und umgekehrt in meinem Bewußtseyn Das habe , was i s t , was O bje c t iv it ä t hat . Diese das Princip des Geistes ausmachende Einheit des Ich und des Objects ist jedoch nur erst auf a b s t r a c t e Weise im u n m it t e l b a r e n Selbstbewußtseyn vorhanden , und wird nur von u n s , – den Betrachtenden , – noch nicht vom Selbstbewußtseyn selber erkannt . Das unmittelbare Selbstbewußtseyn hat noch nicht das Ich = Ich , sondern nur das Ich zum Gegenstande , – ist deshalb nur f ü r u n s , nicht f ü r s ich s e l b e r frei , – weiß noch nicht von seiner Freiheit und hat nur die G r u nd l a g e derselben in sich , aber noch nicht die wahrhaft w i r k l iche Freiheit . | § 425 Der Mangel des a b s t r a c t e n S e l b s t b e w u ßt s e y n s liegt darin , daß dasselbe und das B e w u ßt s e y n noch Zwe ie r le i gegeneinander sind , – daß beide sich noch nicht gegenseitig ausgeglichen haben . – Im B e w u ßt s e y n sehen wir den

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zusätze

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ungeheuren Unt e r s ch ie d des Ich , – dieses ganz E i n f a che n , – auf der einen Seite , und der unendlichen M a n n ich f a l t i g ke it der We l t , auf der anderen Seite . Dieser hier noch nicht zur wahrhaften Vermittlung kommende Gegensatz des Ich und der Welt macht die E nd l ich ke it des Bewußtseyns aus . – Das S e l b s t b e w u ßt s e y n dagegen hat seine Endlichkeit in seiner noch ganz a b s t r a c t e n Id e n t it ä t m it s ich s e l b e r . Im Ich = Ich des unmittelbaren Selbstbewußtseyns ist nur ein s e y n s ol le n d e r , noch kein g e s e t z t e r , noch kein w i r k l iche r Unterschied vorhanden . Dieser Zwiespalt zwischen dem Selbstbewußtseyn und dem Bewußtseyn bildet einen i n ner e n Widerspruch des S e l b s t b e w u ßt s e y n s mit sich selbst , weil das letztere zugleich die ihm zunächst vorangegangene Stufe , – B e w u ßt s e y n , – folglich das Gegentheil seiner selber ist . Da nämlich das abstracte Selbstbewußtseyn nur die e r s t e , somit noch b e d i n g t e Negation der Unmittelbarkeit des Bewußtseyns , und nicht schon die a b s olut e Negativität , – das heißt , – die Negation jener Negation , die u ne nd l iche A f f i r m a t ion ist ; so hat es selber noch die Form eines S e ye n d e n , eines Un m it t e l b a r e n , eines trotz – oder vielmehr – gerade wegen seiner u n t e r s ch ie d s lo s e n I n ne r l ich ke it noch von der Ae u ß e r l ich ke it Erfüllten ; es enthält daher die Negation nicht bloß i n s ich , sondern auch a u ß e r s ich , – als ein ä u ß e r l iche s Object , – als ein N icht - Ich , – und ist eben dadurch B e w u ßt s e y n . Der hier geschilderte Widerspruch muß gelöst werden , und Dies geschieht auf d ie Weise , daß das Selbstbewußtseyn , welches | sich als Bewußtseyn , als Ich , zum Gegenstande hat , die e i n f a che Id e a l it ä t des Ich zum r e a le n Unt e r s ch ie d e fortentwickelt , somit seine e i n s e it i g e S u bje c t i v it ä t aufhebend , sich O bje c t iv it ä t giebt , – ein Proceß , der identisch ist mit dem umgekehrten , durch welchen zugleich das O bje c t vom Ich s u bje c t iv gesetzt , in die Innerlichkeit des Selbstes versenkt und so die im Bewußtseyn vorhandene Abhängigkeit des Ich von einer äußerlichen Realität vernichtet wird . So gelangt das Selbstbewußtseyn dahin , nicht ne b e n sich das Bewußtseyn zu haben , nicht äußerlich mit diesem verbunden zu seyn , sondern dasselbe wahrhaft zu durchdringen und als ein aufgelöstes in sich selber zu enthalten . Um dies Ziel zu erreichen , hat das Selbstbewußtseyn d r e i Entwicklungsstufen zu durchlaufen . – 1) Die e r s t e dieser Stufen stellt uns das unmittelbare , einfach mit sich identische , und zugleich , – im Widerspruch hiermit , – auf ein äußerliches Object bezogene , e i n z e l ne S e l b s t b e w u ßt s e y n dar . – So bestimmt , ist das Selbstbewußtseyn die Gewißheit seiner als des Seyenden , gegen welches der Gegenstand die Bestimmung eines nur scheinbar Selbstständigen , in der That aber Nichtigen hat . – Das b e g e h r e nd e S e l b s t b e w u ßt s e y n .

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zu §§ 425–426

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2) Auf der z we it e n Stufe bekommt das objective Ich die Bestimmung eines a nd e r e n Ich , und entsteht somit das Verhältniß e i ne s S e l b s t b e w u ßt s e y n s zu einem a nd e r e n S e l b s t b e w u ß t s e y n , zwischen diesen beiden aber der P r o c e ß des A ne r ke n ne n s . Hier ist das Selbstbewußtseyn nicht mehr bloß e i n z e l ne s Selbstbewußtseyn , sondern in ihm beginnt schon eine Vereinigung von E i n z e l n he it und A l l g e m e i n he it . 3) Indem dann ferner das A nd e r s s e y n der einander gegenüberstehenden Selbste sich aufhebt und diese in ihrer Selbstständigkeit doch mit einander identisch werden , tritt die d r it t e jener Stufen hervor , – das a l l g e me i ne S e l b s t b e w u ßt s e y n [.] | § 426

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Wie schon im Zusatz zum vorhergehenden Paragraphen bemerkt wurde , ist die B e g ie r d e diejenige Form , in welcher das Selbstbewußtseyn auf der e r s t e n Stufe seiner Entwicklung erscheint . Die Begierde hat hier , im zweiten Haupttheil der Lehre vom subjectiven Geiste , noch keine weitere Bestimmung , als die des Tr ie b e s , insofern derselbe ohne durch das D e n ke n bestimmt zu seyn , auf ein ä u ß e r l iche s Object gerichtet ist , in welchem er sich zu befriedigen sucht . Daß aber der so bestimmte Trieb im Selbstbewußtseyn existirt , – davon liegt die Nothwendigkeit darin , daß das Selbstbewußtseyn , (wie wir gleichfalls schon im Zusatz zum vorhergehenden Paragraphen bemerklich gemacht haben) , zugleich seine ihm zunächst vorangegangene Stufe , nämlich Bewußtseyn ist und von diesem inneren Widerspruche weiß . Wo ein mit sich Identisches einen Widerspruch in sich trägt und von dem Gefühl seiner an sich seyenden Identität mit sich selber ebenso wie von dem entgegengesetzten Gefühl seines inneren Widerspruchs erfüllt ist , – da tritt nothwendig der Tr ie b hervor , diesen Widerspruch aufzuheben . Das Nichtlebendige hat keinen Trieb , weil es den Widerspruch nicht zu ertragen vermag , sondern zu Grunde geht , wenn das Andere seiner selbst in es eindringt . Das Beseelte hingegen und der Geist haben nothwendig Trieb , da weder die Seele noch der Geist seyn kann , ohne den Widerspruch in sich zu haben und | ihn entweder zu fühlen oder von ihm zu wissen . In dem u n m it t el b a r e n , daher n a t ü r l ichen , e i n z el nen , au s s ch l ie ß e nd e n Selbstbewußtseyn hat aber , wie bereits oben angedeutet , der Widerspruch d ie Gestalt , daß das Selbstbewußtseyn , – dessen Begriff darin besteht , sich z u s ich s e l b e r zu verhalten , Ich = Ich zu seyn , – im Gegentheil zugleich noch zu einem u n m it t e l b a r e n , nicht ideell gesetzten Anderen , zu einem ä u ß e r l iche n Object , zu einem N i cht - Ich sich verhält und s ich s e l b e r ä u ß e r l i ch ist , da es , – obgleich a n s ich Totalität , Einheit des Subjectiven und des Objectiven , –

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zusätze

271–272

dennoch zunächst als Einseitiges , als ein nur Subjectives existirt , das erst durch die Befriedigung der Begierde dahin kommt , a n u nd f ü r s ich Totalität zu seyn . – Trotz jenes inneren Widerspruchs bleibt jedoch das Selbstbewußtseyn sich seiner absolut gewiß , weil dasselbe weiß , daß das unmittelbare , äußerliche Object keine wahrhafte Realität hat , vielmehr ein Nichtiges gegen das Subject , ein bloß scheinbar Selbstständiges , in der That aber ein Solches ist , das nicht verdient und nicht vermag , für sich zu bestehen , sondern durch die reale Macht des Subjects untergehen muß .

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§ 427 Das selbstbewußte Subject weiß sich als a n s ich mit dem äußerlichen Gegenstande id e nt i s ch , – weiß , daß dieser die Mö g l ich ke it der Befriedigung der Begierde enthält , | – daß der Gegenstand also der Begierde g e m ä ß ist , – und daß eben deßwegen diese durch ihn erregt wird . Die Beziehung auf das Object ist dem Subject daher nothwendig . Das letztere schaut in dem ersteren seinen e i g e ne n M a n g e l , seine eigene Einseitigkeit an , – sieht im Object etwas zu seinem eigenen Wesen Gehöriges und dennoch ihm Fehlendes . Diesen Widerspruch ist das Selbstbewußtseyn aufzuheben im Stande , da dasselbe kein Seyn , sondern absolute Thätigkeit ist ; und es hebt ihn auf , indem es sich des selbstständig zu seyn gleichsam nur vorgebenden Gegenstandes bemächtigt , – durch Verzehrung desselben sich befriedigt , – und , – da es Selbstzweck ist , – in diesem Proceß sich erhält . Das Object muß dabei zu Grunde gehen ; denn beide , – das Subject und das Object , – sind hier Unmittelbare , und diese können nicht anders in Einem seyn , als s o , daß die Unmittelbarkeit , – und zwar z u n ä ch s t die des selbstlosen Objects , – negirt wird . Durch die Befriedigung der Begierde wird die an-sich-seyende Identität des Subjects und des Objects gesetzt , die Einseitigkeit der Subjectivität und die scheinbare Selbstständigkeit des Objects aufgehoben . Indem aber der Gegenstand von dem begehrenden Selbstbewußtseyn vernichtet wird , kann er einer durchaus fremden Gewalt zu unterliegen scheinen . Dies ist jedoch nur ein Schein . Denn das unmittelbare Object muß sich seiner e i g e ne n Natur , seinem B e g r i f fe nach , aufheben , da es in seiner E i n z e l n he it der A l l g e me i n he it seines Begriffes nicht entspricht . Das Selbstbewußtseyn ist der e r s che i ne nd e Begriff des Objectes selber . In der Vernichtung des Gegenstandes durch das Selbstbewußtseyn geht dieser daher durch die Macht seines eigenen , ihm nu r i n n e r l i ch e n und eben deßhalb nu r von a u ß e n an ihn zu kommen scheinenden Begriffes unter . – So wird das Object subjectiv gesetzt . Aber durch diese Aufhebung des Objectes hebt , wie schon bemerkt , das Subject auch seinen eigenen Mangel , sein Zerfallen in ein unterschiedsloses Ich = Ich und

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zu §§ 426–429

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in ein auf ein äußerliches Object bezogenes Ich auf und gibt | ebenso sehr seiner Subjectivität Objectivität , wie es sein Object subjectiv macht .

§ 428

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Das Verhältniß der Begierde zum Gegenstande ist noch durchaus das des selbstsüchtigen Z e r s t ör e n s , – nicht das des Bi ld e n s . Insofern das Selbstbewußtseyn als bi ld e nd e Thätigkeit sich auf den Gegenstand bezieht , bekommt dieser nur die in ihm ein B e s t e he n gewinnende F or m des Subjectiven , wird aber seinem Stoffe nach erhalten . Durch die Befriedigung des in der Begierde befangenen Selbstbewußtseyns hingegen wird , – da dieses das Andere als ein Unabhängiges noch nicht zu ertragen die Kraft besitzt , – die Selbstständigkeit des Objectes zerstört ; so daß die Form des Subjectiven in demselben zu keinem Bestehen gelangt . Wie der Gegenstand der Begierde und dieser selber , so ist aber nothwendiger Weise auch die B e f r ie d i g u n g der Begierde etwas E i n z e l n e s , Vo r ü b e r g e he nd e s , der immer von Neuem erwachenden Begierde Weichendes , – eine mit der A l l g e me i n he it des Subjectes beständig in Widerspruch bleibende und gleichwohl durch den gefühlten Mangel der unmittelbaren Subjectivität immer wieder angeregte Objectivirung , die n ie m a l s ihr Ziel absolut erreicht , sondern nur den P r og r e ß i n’s Unend l iche herbeiführt . |

§ 429 Nach der ä u ß e r l iche n Seite bleibt , wie im Zusatze zum vorhergehenden Paragraphen bemerkt wurde , das unmittelbare Selbstbewußtseyn in dem in’s Unendliche sich fortsetzenden langweiligen Wechsel der Begierde und der Befriedigung derselben , – in der aus ihrer Objectivirung immer wieder in sich zurückfallenden Subjectivität befangen . Nach der i n ne r e n Seite dagegen , – oder dem B e g r i f fe nach , – hat das Selbstbewußtseyn , durch Aufhebung seiner Subjectivität und des äußerlichen Gegenstandes , seine eigene Unmittelbarkeit , den Standpunkt der Begierde negirt , – sich mit der Bestimmung des Andersseyns gegen sich selber gesetzt , – das A nd e r e mit dem Ich erfüllt , aus etwas S e l b s t l o s e m zu einem f r e ie n , zu einem s e l b s t i s che n Object , zu einem a nd e r e n Ich gemacht , – somit sich als ein u nt e r s ch ie d e ne s Ich sich selber gegenübergestellt , – dadurch aber sich über die Selbstsucht der bloß zerstörenden Begierde erhoben . |

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zusätze

275–276

§ 430 Die in der Ueberschrift des obigen Paragraphen bezeichnete z we it e Entwicklungsstufe des Selbstbewußtseyns hat mit dem , die e r s t e Entwicklungsstufe desselben bildenden , in der B e g ie r befangenen Selbstbewußtseyn zunächst auch noch die Bestimmung der Un m it t e l b a r ke it gemein . In dieser Bestimmung liegt der ungeheure Widerspruch , daß – da Ich das ganz A l l g e me i ne , absolut D u r ch g ä n g i g e , durch ke i ne G r e n z e Unt e r b r o che n e , das a l l e n Menschen g e me i n s a me We s e n ist , – die beiden sich hier auf einander beziehenden Selbste E i ne Id e nt it ä t , – so zu sagen , – Ein Licht ausmachen , und dennoch zugleich Zwe ie sind , die , in vollkommener S t a r r he it und S pr ö d i g ke it gegen einander , jedes als ein I n - s ich - r e f le c t i r t e s , von dem Anderen absolut Unt e r s ch ie d e n e s und Und u r ch b r e ch b a r e s bestehen .

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§ 431 Die n ä he r e Gestalt des im Zusatz zum vorher|gehenden Paragraphen angegebenen Widerspruchs ist d ie , daß die beiden sich zu einander verhaltenden selbstbewußten Subjecte , – weil sie unmittelbares Daseyn haben , – n a t ü r l i che , le i bl iche sind , also in der Weise eines , f r e m d e r G e w a l t unterworfenen D i n g e s existiren und als ein solches aneinander kommen , – zugleich aber schlechthin f r e ie sind und nicht als ein nur u n m it t e l b a r D a s e ye nd e s , – nicht als ein bloß N a t ü r l iche s , von einander behandelt werden dürfen . Um diesen Widerspruch zu überwinden , – dazu ist nöthig , daß die beiden einander gegenüber stehenden Selbste in ihrem D a s e y n , in ihrem S e y n - f ü r - A nd e r e s , sich als D a s setzen und sich als D a s anerkennen , was sie a n s ich oder ihrem Begriffe nach sind , – nämlich nicht bloß n a t ü r l iche , sondern f r e ie Wesen . Nur s o kommt die w a h r e Freiheit zu Stande ; denn , da diese in der Identität meiner mit dem Anderen besteht , so bin ich wahrhaft frei nur dann , wenn auch der Andere frei ist und von mir als frei anerkannt wird . Diese Freiheit des E i ne n im A nd e r e n vereinigt die Menschen auf innerliche Weise ; wogegen das B e d ü r f n i ß und die No t h dieselben nur äußerlich zusammenbringt . Die Menschen müssen sich daher in einander wiederfi nden wollen . Dies kann aber nicht geschehen , so lange dieselben in ihrer Unmittelbarkeit , in ihrer Natürlichkeit befangen sind ; denn diese ist eben Dasjenige , was sie von einander ausschließt und sie verhindert , als freie für einander zu seyn . Die Freiheit fordert daher , daß das selbstbewußte Subject weder seine eigene Natürlichkeit bestehen lasse , noch die Natürlichkeit Anderer dulde , sondern vielmehr , gleichgültig gegen das

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zu §§ 430–432

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Daseyn , in einzelnen unmittelbaren Händeln , das eigene und das fremde Leben für die Erringung der Freiheit auf das Spiel setze . Nur durch K a m pf kann also die Freiheit erworben werden ; die Versicherung , frei zu seyn , genügt dazu nicht ; nur dadurch , daß der Mensch sich selber , wie Andere , in die G e f a h r des To d e s bringt , beweist er auf diesem Standpunkt seine Fähigkeit zur Freiheit . |

§ 432

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Der a b s olut e Beweis der Freiheit im Kampfe um die Anerkennung ist der To d . Schon indem die Kämpfenden sich in die Gefahr des Todes begeben , setzen sie ihr beiderseitiges natürliches Seyn als ein Negatives , – beweisen sie , daß sie dasselbe als ein Nichtiges ansehen . Durch den Tod aber wird die Natürlichkeit thatsäch lich negirt und dadurch zugleich deren Widerspruch mit dem Geistigen , mit dem Ich , aufgelöst . Diese Auflösung ist jedoch nur ganz a b s t r a c t , – nur von ne g a t ive r , – nicht von p o s it ive r Art . Denn , wenn von den beiden um ihre gegenseitige Anerkennung mit einander Kämpfenden auch nur der Eine untergeht , so kommt keine Anerkennung zu Stande , – so existirt der Uebriggebliebene ebenso wenig , wie der Todte , als ein Anerkannter . Folglich entsteht durch den Tod der neue und größere Widerspruch , daß Diejenigen , welche durch den Kampf ihre innere Freiheit bewiesen haben , dennoch zu keinem anerkannten Daseyn ihrer Freiheit gelangt sind . Um etwanigen Mißverständnissen rücksichtlich des so eben geschilderten Standpunktes vorzubeugen , haben wir hier noch die Bemerkung zu machen , daß der Kampf um die Anerkennung in der angegebenen bis zum Aeußersten getriebenen Form , bloß im N a t u r z u s t a nd e , – wo die Menschen nur als E i n z e l ne sind , – stattfi nden kann , dagegen der bürgerlichen Gesellschaft | und dem Staate fern bleibt ; weil daselbst Dasjenige , was das Resultat jenes Kampfes ausmacht , – nämlich das Anerkanntseyn , – bereits vorhanden ist . Denn , obgleich der Staat auch durch G e w a l t e nt s t e he n kann , so beruht er doch nicht auf ihr ; die Gewalt hat in seiner Hervorbringung nur ein an-und-für-sich-Berechtigtes , – die Gesetze , die Verfassung , – zur Existenz gebracht . Im Staate sind der Geist des Volkes , – die Sitte , – das Gesetz , – das Herrschende . Da wird der Mensch als ve r nü n f t i g e s Wesen , als f r e i , als Pe r s on anerkannt und behandelt ; und der Einzelne seinerseits macht sich dieser Anerkennung dadurch würdig , daß er , mit Ueberwindung der Natürlichkeit seines Selbstbewußtseyns , einem A l l g e me i nen , dem a n - u nd - f ü r - s ich - s e ye nd en W i l len , dem G e s e t z e gehorcht , – also gegen Andere sich auf eine a l l g e me i n - g ü lt i g e Weise benimmt , – sie als Das anerkennt , wofür er selber gelten will , – als frei , als Person . Im Staate

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zusätze

278–280

erhält der Bürger seine Ehre durch das Amt , das er bekleidet , durch das von ihm betriebene Gewerbe und durch seine sonstige arbeitende Thätigkeit . Seine Ehre hat dadurch einen substanziellen , allgemeinen , objectiven , nicht mehr von der leeren Subjectivität abhängigen Inhalt ; dergleichen im Naturzustande noch fehlt , wo die Individuen , – wie sie auch seyn und was sie auch thun mögen , – sich Anerkennung erzwingen wollen . Aus dem eben Gesagten erhellt aber , daß mit jenem , ein nothwendiges Moment in der Entwicklung des menschlichen Geistes ausmachenden Kampfe um Anerkennung der Zwe i k a m p f durchaus nicht verwechselt werden darf . Der Letztere fällt nicht , – wie der Erstere , – in den Naturzustand der Menschen , sondern in eine schon mehr oder weniger ausgebildete Form der bürgerlichen Gesellschaft und des Staates . Seine eigentliche weltgeschichtliche Stelle hat der Zweikampf im Feudalsystem , welches ein rechtlicher Zustand seyn sollte , es aber nur in sehr geringem Grade war . Da wollte der Ritter , – was er auch begangen | haben mochte , – dafür gelten , sich nichts vergeben zu haben , vollkommen flecken los zu seyn . Dies sollte der Zweikampf beweisen . Obgleich das Faustrecht in gewisse Formen gebracht war , so hatte dasselbe doch die Selbstsucht zur absoluten Grundlage ; durch seine Ausübung wurde daher nicht ein Beweis vernünftiger Freiheit und wahrhaft staatsbürgerlicher Ehre , sondern vielmehr ein Beweis von Rohheit und häufig von der Unverschämtheit eines – trotz seiner Schlechtigkeit – auf äußerliche Ehre Anspruch machenden Sinnes gegeben . Bei den antiken Völkern kommt der Zweikampf nicht vor ; denn ihnen war der Formalismus der leeren Subjectivität , – das Geltenwollen des Subjects in seiner unmittelbaren Einzelnheit , – durchaus fremd ; sie hatten ihre Ehre nur in ihrer gediegenen Einheit mit dem sittlichen Verhältniß , welches der Staat ist . In unseren modernen Staaten aber ist der Zweikampf kaum für etwas Anderes zu erklären , als für ein g e m a cht e s Sichzurückversetzen in die Rohheit des Mittelalters . Allenfalls konnte bei dem ehemaligen Militär der Zweikampf einen leidlich vernünftigen Sinn haben , – nämlich d e n , – daß das Individuum beweisen wollte : es habe noch einen höheren Zweck , als sich um des Groschens willen todt schlagen zu lassen . |

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§ 433 Das Verhältniß der Herrschaft und Knechtschaft enthält nur ein r e l a t i ve s Aufheben des Widerspruchs zwischen der i n s ich r e f le c t i r t e n B e s ond e r he it und der g e g e n s e it i g e n Id e nt it ä t der unterschiedenen selbstbewußten 35–1081,1 selbstbewußten Subjecte] selbstbewußt enSubjecte

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zu §§ 432–435

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Subjecte . Denn in diesem Verhältniß wird die Unmittelbarkeit des besonderen Selbstbewußtseyns zunächst nur auf der Seite des Knechtes aufgehoben , dagegen auf der Seite des Herrn erhalten . Während die Natürlichkeit des Lebens auf diesen beiden Seiten bestehen bleibt , gibt sich der Eigenwille des Knechtes an den Willen des Herren auf , – bekommt zu seinem Inhalte den Zweck des Gebieters , der seinestheils in sein Selbstbewußtseyn nicht den Willen des Knechtes , sondern bloß die Sorge für die Erhaltung der natürlichen Lebendigkeit desselben aufnimmt ; dergestalt , daß in diesem Verhältniß die g e s e t z t e Identität des Selbstbewußtseyns der aufeinander bezogenen Subjecte nur auf e i n s e it i g e Weise zu Stande kommt . Was das Geschichtliche des in Rede stehenden Verhältnisses betrifft , so kann hier bemerkt werden , daß die antiken Völker , – die G r ie che n und Röme r , – sich noch nicht zum Begriff der a b s olut e n Freiheit erhoben hatten , da sie nicht erkannten , daß der Me n s ch a l s s olche r , – als dieses a l l g e m e i ne Ich , – als ve r nü n f t i g e s Selbstbewußtseyn , – zur Freiheit berechtigt ist . Bei ihnen wurde vielmehr der Mensch nur dann für frei gehalten , wenn er als ein Freier g e b or e n war . Die Freiheit hatte also bei ihnen noch die Bestimmung der N a t ü r l ich|ke it . Deßhalb gab es in ihren Freistaaten Sclaverei , und entstanden bei den Römern blutige Kriege , in denen die Sclaven sich frei zu machen , – zur Anerkennung ihrer ewigen Menschenrechte zu gelangen suchten .

§ 435

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Indem der Knecht für den Herren , folglich nicht im ausschließlichen Interesse seiner eigenen Einzelnheit arbeitet , so erhält seine Begierde die B r e it e , nicht nur die Begierde eines D ie s e n zu seyn , sondern zugleich die eines A nd e r e n in sich zu enthalten . Demnach erhebt sich der Knecht über die selbstische Einzelnheit seines natürlichen Willens und steht insofern , seinem Werthe nach , höher , als der in seiner Selbstsucht befangene , im Knechte nur seinen unmittelbaren Willen anschauende , von einem | unfreien Bewußtseyn auf formelle Weise anerkannte Herr . Jene Unterwerfung der Selbstsucht des Knechtes bildet den B e g i n n der wahrhaften Freiheit des Menschen . Das Erzittern der Einzelnheit des Willens , – das Gefühl der Nichtigkeit der Selbstsucht , – die Gewohnheit des Gehorsams , – ist ein nothwendiges Moment in der Bildung jedes Menschen . Ohne diese , den Eigenwillen brechende Zucht erfahren zu haben , wird Niemand frei , vernünftig und zum Befehlen fähig . Um frei zu werden , – um die Fähigkeit zur Selbstregierung zu erlangen , haben daher alle Völker erst durch die strenge Zucht der Unterwürfigkeit unter einen Herren hindurchgehen müssen . So war

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zusätze

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es , zum Beispiel , nothwendig , daß , nachdem S olon den Atheniensern demokratische , freie Gesetze gegeben hatte , P i s i s t r a t u s sich eine Gewalt verschaffte , durch welche er die Athenienser zwang , jenen Gesetzen zu gehorchen . Erst als dieser Gehorsam Wurzel gefaßt hatte , wurde die Herrschaft der P i s i s t r a t id e n überflüssig . So mußte auch Rom die strenge Regierung der Könige durchleben , bevor durch Brechung der natürlichen Selbstsucht jene bewunderungswürdige römische Tugend der zu allen Opfern bereiten Vaterlandsliebe entstehen konnte . – Die Knechtschaft und die Tyrannei sind also in der Geschichte der Völker eine nothwendige Stufe und somit etwas b e z ie hu n g s we i s e Berechtigtes . Denen , die Knechte bleiben , geschieht kein absolutes Unrecht ; denn wer für die Erringung der Freiheit das Leben zu wagen den Muth nicht besitzt , – Der verdient , Sclave zu sein ; – und wenn dagegen ein Volk frei seyn zu wollen sich nicht bloß einbildet , sondern wirklich den energischen Willen der Freiheit hat , wird keine menschliche Gewalt dasselbe in der Knechtschaft des bloß leidenden Regiertwerdens zurückzuhalten vermögen . Jener knechtische Gehorsam bildet , – wie gesagt , – nur den A n f a n g der Freiheit , weil Dasjenige , welchem sich dabei die natürliche Einzelnheit des Selbstbewußtseyns unterwirft , nicht der a n - u nd - f ü r - s ich - s e ye nd e , wahrhaft a l l g e me i ne , ver|nünftige Wille , sondern der e i n z e l ne , z u f ä l l i g e Wille eines a nd e r e n Subjectes ist . So tritt hier bloß das E i ne Moment der Freiheit , – die Ne g a t iv it ä t der selbstsüchtigen Einzelnheit , – hervor ; wogegen die p o s it ive Seite der Freiheit erst dann Wirklichkeit erhält , wenn – einerseits das knechtische Selbstbewußtseyn , ebensowohl von der Einzelnheit des Herren wie von seiner eigenen Einzelnheit sich losmachend , das a n - u nd - f ü r - s ich -Ve r nü n f t i g e in dessen von der Besonderheit der Subjecte unabhängigen A l l g e m e i n he it erfaßt , – und wenn andererseits das Selbstbewußtseyn des Herren durch die zwischen ihm und dem Knechte stattfi ndende G e me i n s a m ke it des Bedürfnisses und der Sorge für die Befriedigung desselben , so wie durch die Anschauung der ihm im Knechte gegenständlichen Aufhebung des unmittelbaren einzelnen Willens dahin gebracht wird , diese Aufhebung auch in Bezug auf ihn selber , als das Wahrhafte zu erkennen und demnach seinen eigenen selbstischen Willen dem Gesetze des an-und-für-sich-seyenden Willens zu unterwerfen . |

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§ 436 Das durch den Begriff des Geistes herbeigeführte Resultat des Kampfes um Anerkennung ist das die d r it t e Stufe in dieser Sphäre bildende a l l g e m e i ne S e l b s t b e w u ßt s e y n , – das heißt , – dasjenige freie Selbstbewußtseyn , für wel-

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zu §§ 435–437

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ches d a s ihm gegenständliche andere Selbstbewußtseyn nicht mehr , – wie auf der z we it e n Stufe , – ein u n f r e ie s -, sondern ein g le ich f a l l s s e l b s t s t ä nd i g e s ist . Auf diesem Standpunkte haben sich also die auf einander bezogenen selbstbewußten Subjecte , durch Aufhebung ihrer u n g le iche n b e s ond e r e n E i n z e l n he it , zu dem Bewußtseyn ihrer r e el len A l l g e me i n he it , – ihrer A l len zukommenden F r e i he it – und damit zur Anschauung ihrer b e s t i m m t e n Id e nt it ä t m it e i n a nd e r erhoben . Der dem Knecht gegenüberstehende Herr war noch nicht wahrhaft frei ; denn er schaute im Anderen noch nicht durchaus sich selber an . Erst durch das Freiwerden des Knechtes wird folglich auch der Herr vollkommen frei . In dem Zustande dieser allgemeinen Freiheit bin ich , indem ich in m ich reflectirt bin , unmittelbar in den A nd e r e n reflectirt , und umgekehrt beziehe ich mich , indem ich mich auf den A nd e r e n beziehe , unmittelbar auf m ich s e l b e r . Wir haben daher hier die gewaltige Diremtion des Geistes in verschiedene Selbste , die an-und-für-sich und für einander vollkommen frei , selbstständig , absolut spröde , widerstandleistend , – und doch zugleich mit einander identisch , somit nicht selbstständig , nicht undurchdringlich , sondern gleichsam zusammengeflossen sind . Dies Verhältniß ist durchaus s p e c u l a t ive r Art ; und wenn man meint : das Speculative sei etwas Fernes und Unfaßbares , so braucht man nur den Inhalt jenes Verhältnisses zu betrachten , um sich von der Grundlosigkeit jener Meinung zu überzeugen . Das Speculative oder Vernünftige und Wahre besteht in der | Einheit des Begriffs oder des Subjectiven und der Objectivität . Diese Einheit ist auf dem fraglichen Standpunkt offenbar vorhanden . Sie bildet die Substanz der Sittlichkeit , – namentlich der Familie , – der geschlechtlichen Liebe (da hat jene Einheit die Form der Besonderheit) , – der Vaterlandsliebe , dieses Wollens der allgemeinen Zwecke und Interessen des Staats , – der Liebe zu Gott , – auch der Tapferkeit , wenn diese ein Daransetzen des Lebens an eine allgemeine Sache ist , – und endlich auch der Ehre , falls dieselbe nicht die gleichgültige Einzelnheit des Individuums , sondern etwas Substanzielles , wahrhaft Allgemeines , zu ihrem Inhalte hat .

§ 437 Was wir im vorigen Paragraphen das a l l g e me i ne S e l b s t b e w u ßt s e y n genannt haben , – Das ist in seiner Wahrheit der Begriff der Ve r nu n f t , – der B e g r i f f , insofern er nicht als bloß logische Idee , sondern als die zum Selbstbewußtseyn entwickelte Idee existirt . Denn , wie wir aus der Logik wissen , besteht die Idee in der Einheit des Subjectiven oder des Begriffs und der Objectivität . Als solche Einheit hat sich uns aber das allgemeine Selbstbewußtseyn gezeigt ,

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zusätze

285–286 . 289

da wir gesehen haben , daß dasselbe , in seinem absoluten Unterschiede von seinem Anderen , doch zugleich absolut identisch mit demselben ist . | Diese Identität der Subjectivität und der Objectivität macht eben die jetzt vom Selbstbewußtseyn erreichte A l l g e me i n he it aus , welche über jene beiden Seiten oder B e s ond e r he it e n übergreift und in welche diese sich auflösen . Indem aber das Selbstbewußtseyn zu dieser Allgemeinheit gelangt , hört es auf , Selbstbewußtseyn im eigentlichen oder engeren Sinne des Wortes zu seyn , weil zum Selbstbewußtseyn als solchem gerade das Festhalten an der Besonderheit des Selbstes gehört . Durch das Aufgeben dieser Besonderheit wird das Selbstbewußtseyn zur Vernunft . Der Name »Ve r nu n f t« hat an dieser Stelle nur den Sinn der zunächst noch a b s t r a c t e n oder for me l le n Einheit des Selbstbewußtseyns mit seinem Object . Diese Einheit begründet Dasjenige , was man , im bestimmten Unterschiede von dem Wa h r h a f t e n , das bloß R icht i g e nennen muß . R icht i g ist meine Vorstellung durch ihre bloße Uebereinstimmung mit dem Gegenstande , – auch wenn dieser seinem Begriffe äußerst wenig entspricht und somit fast gar keine Wahrheit hat . Erst , wenn mir der w a h r h a f t e Inhalt gegenständlich wird , erhält meine Intelligenz in conc r e t e m Sinne die Bedeutung der Ve r nu n f t . In dieser Bedeutung wird die Vernunft am Schlusse der Entwicklung des theoretischen Geistes (§ . 467) zu betrachten seyn , wo wir , von einem weiter , als bis jetzt , entwickelten Gegensatze des Subjectiven und Objectiven herkommend , die Vernunft als die i n h a l t s vol le Einheit dieses Gegensatzes erkennen werden . |

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§ 440 Der f r e ie Geist oder der Geist a l s s olche r ist die Vernunft , wie sich dieselbe einerseits in die reine , unendliche Form , in das schrankenlose Wissen – und andererseits in das mit diesem identische Object trennt . Dies Wissen hat hier noch keinen weiteren Inhalt , als sich selber , – mit der Bestimmung , daß dasselbe alle Objectivität in sich befasse , – daß folglich das Object nicht etwas von außen an den Geist Kommendes und ihm Unfaßbares sey . So ist der Geist die s ch le cht h i n a l l g e m e i n e , d u r ch a u s g e g e n s a t z lo s e G e w i ßhe it s e i ne r s e l b s t . Er besitzt daher die Zuversicht , daß er in der Welt sich selber fi nden werde , – daß diese ihm befreundet seyn müsse , – daß , – wie Adam von Eva sagt , sie sey Fleisch von seinem Fleische , – so er in der Welt Vernunft von seiner eigenen Vernunft zu suchen habe . Die Vernunft hat sich uns als die Einheit des Subjectiven und Objectiven , – des für sich selber existirenden Begriffs und der Realität , – ergeben . Indem daher der Geist absolute Gewißheit seiner selbst , – Wissen der Vernunft ist ; so ist er Wissen der Einheit des Subjectiven und Objectiven , – Wissen , daß

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zu §§ 437–440

sein O bje c t der B e g r i f f , und der B e g r i f f o bje c t iv ist . Dadurch zeigt sich der freie Geist als die Einheit der im e r s t e n und im z we it e n Haupttheile der Lehre vom subjectiven Geiste betrachteten beiden allgemeinen Entwicklungsstufen , – nämlich der S e e le , dieser e i n f a che n g e i s t i g e n Su b s t a n z oder des u n m it t el b a r e n G e i s t e s , – und des B e w u ßt s e y n s , oder des er s che i ne nd e n G e i s t e s , des Sicht r e n ne n s jener Substanz . Denn die Bestimmungen des freien Geistes haben mit den s e e le n h a f t e n das S u bje c t i ve , – mit denen des B e w u ßt s e y n s hingegen das Objective gemein . Das Princip des freien Geistes ist , – das S e ye nd e des Bewußtseyns als ein S e e le n h a f t e s zu setzen , – und | umgekehrt das Seelenhafte zu einem Objectiven zu machen . Er steht , wie das B e w u ßt s e y n , als E i ne Seite dem Object gegenüber , und ist zugleich b e id e S e it en , also To t a l it ä t , wie die S e ele . Während demnach die S e ele die Wahrheit nur als u n m it t el b a r e , b e w u ßt lo s e To t a l it ä t war , – und während dagegen im B e w u ßt s e y n diese Totalität in das Ich und das ihm ä u ß e r l iche O bje c t getrennt wurde , das Wissen also dort noch keine Wahrheit hatte , – ist der f r e ie Geist als die s ich w i s s e nd e Wa h r he it z u e r ke n ne n . *) Das Wissen der Wahrheit hat jedoch zunächst selber nicht die Form der Wahrheit ; denn dasselbe ist auf der jetzt erreichten Entwicklungsstufe noch etwas Abstractes , – die formelle Identität des Subjectiven und Objectiven . Erst , wenn diese Identität zum w i r k l iche n Unterschiede fortentwickelt ist und sich zur Identität ihrer selbst und ihres Unterschiedes gemacht hat , – wenn somit der Geist als b e s t i m m t in sich unterschiedene Totalität hervortritt , – erst dann ist jene Gewißheit zu ihrer B e w a h r he it u n g gekommen . |

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Wenn daher die Menschen behaupten : man könne die Wahrheit nicht erkennen , so ist Dies die äußerste Lästerung . Die Menschen wissen dabei nicht , was sie sagen . Wüßten sie es , so verdienten sie , daß ihnen die Wahrheit entzogen würde . Die moderne Verzweiflung an der Erkennbarkeit der Wahrheit ist aller speculativen Philosophie , wie aller echten Religiosität , fremd . Ein ebenso religiöser wie denkender Dichter , – D a n t e , drückt seinen Glauben an die Erkennbarkeit der Wahrheit auf eine so prägnante Weise aus , daß wir uns erlauben , seine Worte hier mitzutheilen . Er sagt im vierten Gesange des Paradieses , Vers 124–130 : Jo veggio ben , che giammai si sazia Nostro intelletto , se ’l Ver non lo illustra ,

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Di fuor dal qual nessun vero si spazia . Posasi in esso , come fera in lustra , Tosto che g i u n t o l’ha ; c giunger p u o l l o ; – Se non , ciascun disio sarebbe frustra .

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zusätze

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§ 441 Der freie Geist ist , wie wir gesehen haben , seinem B e g r i f fe nach , vollkommene Einheit des Subjectiven und Objectiven , der Form und des Inhalts , folglich a b s olut e To t a l it ä t und somit u nend l ich , ew i g . Wir haben ihn als Wissen der Vernunft erkannt . Weil er Dies ist , – weil er das Vernünftige zu seinem Gegenstande hat , muß er als das unendliche Fürsichseyn der Subjectivität bezeichnet werden . Zum B e g r i f fe des Geistes gehört daher , daß in ihm die absolute Einheit des Subjectiven und Objectiven nicht bloß a n s ich , sondern auch f ü r s ich , also Gegenstand des Wissens sey . Wegen dieser zwischen dem Wissen und seinem Gegenstande , – zwischen der Form und dem Inhalte , – herrschenden , alle Tr e n nu n g und damit alle Ve r ä nd e r u n g ausschließenden bewußten Harmonie kann man den Geist , seiner Wa h r he it nach , das Ew i g e , wie das | vollkommen S e l i g e und He i l i g e nennen . Denn he i l i g darf nur Dasjenige genannt werden , was ve r nü n f t i g i s t und vom Ve r nü n f t i g e n we i ß . Deßhalb hat weder die äußere Natur , noch die bloße Empfi ndung auf jenen Namen ein Recht . Die unmittelbare , nicht durch das vernünftige Wissen gereinigte Empfi ndung ist mit der Bestimmtheit des Natürlichen , Zufälligen , des Sich-selber-äußerlich-seyns , des Auseinanderfallens behaftet . An dem Inhalte der Empfi ndung und der natürlichen Dinge besteht daher die Unendlichkeit nur in etwas F or me l le m , A b s t r a c t e m . Der Geist dagegen ist , – seinem B e g r i f fe oder seiner Wa h r he it nach , – unendlich oder ewig in diesem conc r e t e n und r e a le n Sinne , daß er in seinem Unterschiede absolut mit sich identisch bleibt . Darum muß der Geist für das Ebenbild Gottes , – für die Göttlichkeit des Menschen erklärt werden . In seiner Un m it t e l b a r ke it , – denn auch der Geist als solcher giebt sich zunächst die Form der Unmittelbarkeit , – ist aber der Geist noch nicht w a h r h a f t Geist ; – da steht vielmehr seine Existenz mit seinem Begriffe , mit dem göttlichen Urbilde , nicht in absoluter Uebereinstimmung , – da ist das Göttliche in ihm nur das erst zur vollkommenen Erscheinung herauszubildende We s e n . Unmittelbar hat folglich der Geist seinen Begriff noch nicht erfaßt , – i s t er nur vernünftiges Wissen , – we i ß sich aber noch nicht als solches . So ist der Geist , wie schon im Zusatze zum vorigen Paragraphen gesagt wurde , zunächst nur die unbestimmte Gewißheit der Vernunft , der Einheit des Subjectiven und Objectiven . Daher fehlt ihm hier noch die b e s t i m m t e Erkenntniß der Vernünftigkeit des Gegenstandes . Um zu dieser zu gelangen , muß der Geist den an sich vernünftigen Gegenstand von der demselben zunächst anklebenden Form der Zufälligkeit , Einzelnheit und Aeußerlichkeit befreien und dadurch sich selber von der Beziehung auf ein ihm Anderes frei machen . In den Weg dieser Befreiung fällt die

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E nd l ich ke it des Geistes . Denn , so lange dieser sein Ziel noch nicht erreicht hat , weiß er sich noch nicht | absolut identisch mit seinem Gegenstande , sondern fi ndet sich durch denselben b e s ch r ä n k t . Die Endlichkeit des Geistes darf aber nicht für etwas a b s olut Fe s t e s gehalten , sondern muß als eine Weise der Erscheinung des nichtsdestoweniger seinem Wesen nach unendlichen Geistes erkannt werden . Darin liegt , daß der e nd l iche Geist unmittelbar ein Widerspruch , ein Unwahres – und zugleich der Proceß ist , diese Unwahrheit aufzuheben . Dies Ringen mit dem Endlichen , das Ueberwinden der Schranke , macht das Gepräge des Göttlichen im menschlichen Geiste aus und bildet eine nothwendige Stufe des ewigen Geistes . Wenn man daher von den Schranken der Vernunft spricht , so ist Dies noch ärger , als ein Sprechen von hölzernem Eisen seyn würde . Es ist der unendliche Geist selber , der sich als S e e l e , wie als Bewußtseyn sich selbst vo r a u s s e t z t und dadurch ve r e n d l icht , aber ebenso diese selbstgemachte Voraussetzung , – diese End lichkeit , – den an sich aufgehobenen Gegensatz des Bewußtseyns einerseits gegen die Seele und andererseits gegen ein äußerliches Object , – als aufgehoben setzt . Diese Aufhebung hat im f r e ie n G e i s t e eine andere Form , als im B e w u ßt s e y n . Während für dieses die Fortbestimmung des Ich den Schein einer , von dessen Thätigkeit unabhängigen Veränderung des Objectes annimmt , – folglich die logische Betrachtung dieser Veränderung beim Bewußtseyn noch allein in u n s fiel ; – ist es f ü r den freien Geist , daß er selber die sich entwickelnden und verändernden Bestimmungen des Objectes aus sich hervorbringt , – daß er selber die Objectivität subjectiv und die Subjectivität objectiv macht . Die von ihm gewußten Bestimmungen sind allerdings dem Objecte innewohnend , aber zugleich durch ihn gesetzt . Nichts ist in ihm ein nu r Un m it t e l b a r e s . Wenn man daher von »T h a t s a che n d e s B e w u ßt s e y n s« spricht , die für den Geist das Erste wären und ein Unvermitteltes , bloß Gegebenes für ihn bleiben müßten ; so ist darüber zu bemerken , daß sich auf dem Standpunkte des B e| w u ßt s e y n s allerdings vieles solches Gegebene findet , – daß aber der freie G e i s t diese Thatsachen nicht als ihm gegebene , selbstständige S a che n zu belassen , sondern als T h a t e n des Geistes , – als einen durch i h n g e s e t z t e n Inhalt , – zu erweisen und somit zu erklären hat . | § 442

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Die Existenz des Geistes , das W i s s e n , ist die a b s olut e Form , – das heißt , – die den Inhalt in sich selber habende Form , – oder der a l s B e g r i f f existirende , 7 unmittelbar] unmittelber

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zusätze

295–297

seine Realität sich selber gebende B e g r i f f . Daß der Inhalt oder Gegenstand dem Wissen ein g e g e b e n e r , ein von a u ß e n an dasselbe kommender sey , ist daher nur ein S che i n , durch dessen Aufhebung der Geist sich als D a s erweist , was er a n s ich ist , – nämlich das absolute Sich s e l b s t b e s t i m me n , die unendliche Negativität des ihm- und sich selber Aeußerlichen , das alle Realität a u s s ich hervorbringende Id e e l le . Das F o r t s ch r e it e n des Geistes hat folglich nur d e n Sinn , daß jener S che i n aufgehoben werde , – daß das Wissen sich als die allen Inhalt aus sich entwickelnde Form bewähre . Weit entfernt also , daß die Thätigkeit des Geistes auf ein bloß e s Au f ne h m e n des Gegebenen beschränkt sey , hat man vielmehr dieselbe eine s ch a f fe nd e zu nennen , wenngleich die Productionen des Geistes , in|sofern er nur der s u bje c t ive ist , noch nicht die Form unmittelbarer Wirklichkeit erhalten , sondern mehr oder weniger id e e l le bleiben .

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§ 443 Während man vom B e w u ßt s e y n , – da dasselbe das Object u n m it t e l b a r hat , – nicht wohl sagen kann , | daß es Tr ie b habe ; muß dagegen der G e i s t als Trieb gefaßt werden , weil er wesentlich Thätigkeit , und zwar zunächst 1) diejenige Thätigkeit ist , durch welche das scheinbar f r e m d e Object , statt der Gestalt eines Gegebenen , Vereinzelten und Zufälligen , die Form eines Erinnerten , Subjectiven , Allgemeinen , Nothwendigen und Vernünftigen erhält . Dadurch daß der Geist diese Veränderung mit dem Objecte vornimmt , reagirt er gegen die Einseitigkeit des auf die Objecte als auf u n m it t e l b a r s e ye nd e sich beziehenden , dieselben nicht als subjectiv wissenden B e w u ßt s e y n s , – und ist so t he or e t i s che r Geist . In diesem herrscht der Trieb des W i s s e n s , – der Drang nach Ke n nt n i s s e n . Vom Inhalt der Kenntnisse weiß ich , daß er i s t , Objectivität hat , – und zugleich , daß er in m i r , also s u bje c t iv ist . Das Object hat also hier nicht mehr , – wie auf dem Standpunkt des Bewußtseyns , – die Bestimmung eines Ne g a t ive n gegen das Ich . 2) Der pr a k t i s che Geist nimmt den umgekehrten Ausgangspunkt ; er fängt nicht , – wie der theoretische Geist , – vom scheinbar selbstständigen Objecte , sondern von seinen Zwe cke n und I n t e r e s s e n , also von s u bj e c t i ve n Bestimmungen an , und schreitet erst dazu fort , dieselben zu einem Objectiven zu machen . Indem er Dies thut , reagirt er ebenso gegen die einseitige Subjectivität des in sich verschlossenen S e l b s t b e w u ßt s e y n s , wie der theoretische Geist gegen das von einem gegebenen Gegenstand abhängige B e w u ßt s e y n . Der theoretische und der praktische Geist integriren sich daher gegenseitig , eben weil sie auf die angegebene Weise von einander unterschieden sind . Dieser

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zu §§ 442–444

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Unterschied ist jedoch kein absoluter ; denn auch der t he or e t i s che Geist hat es mit s e i ne n e i g e ne n Bestimmungen , mit Gedanken zu thun ; und umgekehrt sind die Zwecke des ve r nü n f t i g e n W i l le n s nicht etwas dem b e s ond e r n Su bje c t Angehöriges , sondern etwas A n - u nd - f ü r - s ich - s e ye nd e s . Beide Weisen des Geistes sind Formen | der Vernunft ; denn sowohl im theoretischen wie im praktischen Geiste wird , – obgleich auf verschiedenen Wegen , – Dasjenige hervorgebracht , worin die Vernunft besteht , – eine Einheit des Subjectiven und Objectiven . – Zugleich haben jedoch jene doppelten Formen des subjectiven Geistes mit einander d e n Mangel gemein , daß in beiden von der scheinbaren G e t r e n nt he it des Subjectiven und Objectiven ausgegangen wird und die Einheit dieser entgegengesetzten Bestimmungen erst hervorgebracht werden soll ; – ein Mangel , der in der Natur des Geistes liegt , da dieser nicht ein Seyendes , unmittelbar Vollendetes , sondern vielmehr das Sichselbsthervorbringende , – die reine Thätigkeit , – Aufheben der an sich von ihm selbst gemachten Voraussetzung des Gegensatzes vom Subjectiven und Objectiven ist . |

§ 444

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Nur die S e e l e ist p a s s i v , – der f r e ie G e i s t aber wesentlich a c t iv , pr o d uc i r e nd . Man irrt daher , wenn man mitunter den theoretischen Geist vom praktischen auf d ie Weise unterscheidet , daß man den ersteren als das Pa s s ive , den letzteren hingegen als das Ac t ive bezeichnet . Der Erscheinung nach , hat dieser Unterschied allerdings seine Richtigkeit . Der theoretische Geist scheint nur aufzunehmen , was vorhanden ist ; wogegen der praktische Geist etwas noch nicht äußerlich Vorhandenes hervorbringen soll . In Wahrheit ist aber , wie schon im Zusatz zu § . 442 angedeutet wurde , der theoretische Geist nicht ein bloß passives Aufnehmen eines Anderen , eines gegebenen Objects , sondern zeigt sich als activ dadurch , daß er den an sich vernünftigen Inhalt des Gegenstandes aus der Form der Aeußerlichkeit und Einzelnheit in die Form der Vernunft erhebt . Umgekehrt hat aber auch der praktische Geist eine Seite der Passivität , da ihm sein Inhalt zunächst , – obschon n icht von a u ß e n , – doch i n n e r l i ch g e g e b e n , somit ein unmittelbarer , | nicht durch die Thätigkeit des vernünftigen Willens gesetzter ist und zu einem solchen Gesetzten erst vermittelst des d e n ke nd e n W i s s e n s , also vermittelst des t he or e t i s che n Geistes , gemacht werden soll . Für nicht weniger unwahr , als die ebenbesprochene Unterscheidung des Theoretischen und Praktischen , muß d ie Unterscheidung erklärt werden , nach welcher die Intelligenz das B e s ch r ä n k t e , der Wille dagegen das Un b e s ch r ä n k t e seyn soll . Gerade umgekehrt kann der Wille für das Beschränktere erklärt

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zusätze

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werden , weil derselbe sich mit der äußerlichen , widerstandleistenden Materie , mit der ausschließenden Einzelnheit des Wirklichen , in Kampf einläßt und zugleich anderen menschlichen Willen sich gegenüber hat ; während die Intelligenz als solche in ihrer Aeußerung nur bis zum Wo r t e , – dieser flüchtigen , verschwindenden , in einem widerstandslosen Element erfolgenden , ganz id e e l le n Realisation , – fortgeht , also in ihrer Aeußerung vollkommen bei sich bleibt , – sich in sich selber befriedigt , – sich als Selbstzweck , als das Göttliche erweist , und – in der Form des b e g r e i fe nd e n E r ke n ne n s – die unbeschränkte Freiheit und Versöhnung des Geistes mit sich selber zu Stande bringt . Beide Weisen des subjectiven Geistes , – die Intelligenz sowohl wie der Wille , – haben indeß zunächst nur for me l le Wahrheit . Denn in beiden entspricht der Inhalt nicht unmittelbar der unendlichen Form des Wissens , so daß also diese Form noch nicht w a h r h a f t e r f ü l l t ist . Im Theoretischen wird der Gegenstand wohl einerseits subjectiv , andererseits bleibt aber zunächst noch ein Inhalt des Gegenstandes außerhalb der Einheit mit der Subjectivität zurück . Deßhalb bildet hier das Subjective nur eine das Object nicht absolut durchdringende Form und ist somit das Object nicht durch und durch ein vom Geiste Gesetztes . – In der praktischen Sphäre dagegen hat das Subjective unmittelbar noch keine wahrhafte Objectivität , da dasselbe in seiner Unmittelbarkeit nicht etwas | absolut Allgemeines , An-und-für-sich-seyendes , sondern etwas der Einzelnheit des Individuums Angehöriges ist . Wenn der Geist seinen eben dargestellten Mangel überwunden hat , – wenn also sein I n h a lt nicht mehr mit seiner F or m in Zwiespalt steht , – die Gewißheit der Vernunft , der Einheit des Subjectiven und Objectiven nicht mehr fo r mel l , vielmehr e r f ü l lt ist , – wenn demnach die Id e e den alleinigen Inhalt des Geistes bildet , – dann hat der s u bje c t ive Geist sein Z ie l erreicht und geht in den o bje c t ive n Geist über . Dieser weiß seine Freiheit , – erkennt , daß seine Subje c t iv it ä t in ihrer Wahrheit die a b s olut e O bje c t i v it ä t selbst ausmacht , – und erfaßt sich nicht bloß i n s ich als Idee , sondern bringt sich als eine äußerlich vor h a n d e ne We lt der Freiheit hervor . |

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§ 445 Wie schon im Zusatz zu Paragraph 441 bemerkt wurde , hat auch der durch die Negation der S e ele und des B e w u ßt s e y n s vermittelte G e i s t selber zunächst noch die Form der Un m it t e l b a r ke it , – folglich den S che i n , s ich ä u ß e r l ich zu seyn , – sich , gleich dem Bewußtseyn , auf das Vernünftige als 14 Theoretischen] Theoritischen

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auf ein a u ß e r i h m S e ye n d e s , nur Vor g e f u nd e ne s , nicht durch ihn Ve r m it t e l t e s zu beziehen . Durch Aufhebung jener ihm vorangegangenen beiden Hauptentwicklungsstufen , – dieser von ihm sich selber gemachten Voraussetzungen , – | hat sich uns aber der Geist bereits als das Sich - m it - s ich - s e l b s t ve r m it t e l nd e , – als das aus seinem Anderen sich in sich Zurücknehmende , – als E i n he it des Subje c t ive n und des Obje c t iven gezeigt . Die Thätig keit des z u s ich s e l b e r g ekom me ne n , das Object an sich schon als ein aufgehobenes in sich enthaltenden Geistes geht daher nothwendig darauf aus , auch jenen S che i n der Unmittelbarkeit seiner selbst und seines Gegenstandes , – die Form des bloßen F i nd e n s des Objectes , – aufzuheben . – Zunächst erscheint sonach allerdings die Thätigkeit der Intelligenz als eine for mel le , u ner f ü l lt e , – der Geist folglich als u nw i s s e nd ; und es handelt sich zuvörderst darum , diese Unwissenheit wegzubringen . Zu dem Ende erfüllt sich die Intelligenz mit dem ihr unmittelbar gegebenen Objecte , welches , – eben wegen seiner Unmittelbarkeit , – mit aller Zufälligkeit , Nichtigkeit und Unwahrheit des äußerlichen Daseyns behaftet ist . Bei dieser Aufnahme des unmittelbar sich darbietenden Inhaltes der Gegenstände bleibt aber die Intelligenz nicht stehen ; sie reinigt vielmehr den Gegenstand von Dem , was an ihm als rein äußerlich , als zufällig und nichtig sich zeigt . Während also dem B e w u ßt s e y n , wie wir gesehen haben , seine Fortbildung von der für sich erfolgenden Veränderung der Bestimmungen seines Objectes auszugehen scheint ; – ist die Intelligenz dagegen als diejenige Form des Geistes gesetzt , in welcher er selber den Gegenstand verändert und durch die Entwicklung desselben auch sich zur Wahrheit fortentwickelt . Indem die Intelligenz den Gegenstand von einem Ae u ß e r l iche n zu einem I n ne r l iche n macht , verinnerlicht sie sich selbst . Dies Beides , – die Innerlichmachung des Gegenstandes und die Erinnerung des Geistes ist Ein und Dasselbe . Dasjenige , von welchem der Geist ein vernünftiges Wissen hat , wird somit eben dadurch , daß es auf vernünftige Weise gewußt wird , zu einem vernünftigen Inhalt . – Die Intelligenz streift also die Form der Zufälligkeit dem Gegenstande ab , erfaßt dessen vernünftige Natur , setzt dieselbe somit | subjectiv , – und bildet dadurch zugleich umgekehrt die Subjectivität zur Form der objectiven Vernünftigkeit aus . – So wird das zuerst a b s t r a c t e , fo r m e l le Wissen zum conc r e t e n , mit dem wa h r h a f t e n I n h a l t a n g e f ü l l t e n , also o b j e c t i ve n Wissen . Wenn die Intelligenz zu diesem , durch ihren Begriff ihr gesetzten Ziele gelangt , ist sie in Wahrheit Das , was sie zunächst nur s e y n s ol l , – nämlich das E r ke n ne n . Dasselbe muß vom bloß e n W i s s e n wohl unterschieden werden . Denn schon das B e w u ßt s e y n ist Wissen . Der freie Geist aber begnügt sich nicht mit dem einfachen Wissen ; er will e r ke n ne n , – das heißt , – er will nicht nur wissen , d a ß ein Gegenstand i s t und was derselbe ü b e r h a up t , so

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zusätze

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wie , seinen z u f ä l l i g e n , ä u ß e r l iche n Bestimmungen nach ist , – sondern er will wissen , worin die b e s t i m m t e s u b s t a n z ie l le N a t u r des Gegenstandes besteht . Dieser Unter schied des Wissens und des Erkennens ist etwas dem gebildeten Denken ganz Geläufiges . So sagt man , – zum Beispiel : Wir w i s s e n zwar , daß Gott ist , aber wir vermögen ihn nicht zu e r ke n ne n . Der Sinn dieser Behauptung ist d e r , daß wir wohl eine unbestimmte Vorstellung von dem a b s t r a c t e n Wesen Gottes haben , dagegen dessen b e s t i m m t e , conc r e t e Natur zu begreifen außer Stande seyn sollen . Diejenigen , die so sprechen , können – für ihre eigene Person – vollkommen Recht haben . Denn , obgleich auch diejenige Theologie , die Gott für unerkennbar erklärt , um denselben herum exegetisch , kritisch und historisch sich sehr viel zu schaffen macht , und sich auf diese Weise zu einer weitläuftigen Wissenschaft aufschwellt ; so bringt sie es doch nur zu einem Wissen von Aeußerlichem , – excernirt da gegen den substanziellen Inhalt ihres Gegenstandes als etwas für ihren schwachen Geist Unverdauliches , und verzichtet sonach auf die E r ke n n t n i ß Gottes , da , wie gesagt , zum Erkennen das Wissen von ä u ß e r l iche n Bestimmtheiten nicht ausreicht , sondern dazu das Erfassen der s u b s t a n z ie l le n Bestimmtheit des Gegenstandes nothwendig ist . Solche | Wissenschaft , wie die eben genannte , steht auf dem Standpunkt des B e w u ßt s e y n s , – nicht auf dem der w a h r h a f t e n I nt e l l i g e n z , die man mit Recht sonst auch E r ke n nt n i ßve r mö g e n nannte ; nur daß der Ausdruck Ve r mö g e n die schiefe Bedeutung einer bloßen Möglichkeit hat . Behufs der Uebersichtlichkeit wollen wir jetzt versicherungsweise den formellen Gang der Entwicklung der Intelligenz zum Erkennen im Voraus angeben . Derselbe ist folgender : Zue r s t hat die Intelligenz ein u n m it t e l b a r e s Object , Dann z we it e n s einen i n s ich r e f l e c t i r t e n , e r i n n e r t e n Stoff , Endlich d r it t e n s einen ebensowohl s ubje c t ive n wie obje c t iven Gegenstand . So entstehen die d r e i Stufen : α) des auf ein unmittelbar e i n z el ne s Object bezogenen , s t of f a r t i g e n Wissens , – oder der A n s ch a uu n g , β) der aus dem Verhältniß zur E i n z e l n he it des Objectes s ich i n s ich z u r ück ne h me nd e n und das Object auf ein A l l g e me i ne s beziehenden Intelligenz , – oder der Vor s t e l lu n g , γ) der das conc r e t A l l g e m e i ne der Gegenstände b e g r e i fe nd e n Intelligenz , – oder des D e n ke n s in dem b e s t i m m t e n Sinne , daß Dasjenige , was wir d e n ke n , auch ist , – auch O bje c t iv it ä t hat . 36 daß] das

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zu §§ 445–446

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α) Die Stufe der A n s ch a uu n g , des u n m it t e l b a r e n Erkennens , oder des mit der Bestimmung der Ve r nü n ft i g ke it gesetzten , von der G e w i ßhe it des G e i s t e s durchdrungenen B e w u ßt s e y n s zerfällt wieder in d r e i Unterabthei lungen : 1) Die Intelligenz fängt hier von der E m p f i nd u n g des unmittelbaren Stoffes an ; | 2) entwickelt sich dann zu der das Object ebenso von sich a b t r e n ne nd e n wie f i x i r e nd e n Au f m e r k s a m ke it , 3) und wird auf diesem Wege zu der das Object als ein Sich - s el b e r - ä u ß e r l iche s setzenden eigentlichen A n s ch a uu n g .

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β) Die z we it e H a up t s t u fe der Intelligenz aber , – die Vor s t e l lu n g umfaßt die drei Stufen : αα) der E r i n ne r u n g , ββ) der E i n bi ld u n g s k r a f t , γγ) des G e d ä cht n i s s e s .

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γ) Endlich die d r it t e Hauptstufe in dieser Sphäre , – das D e n ke n hat zum Inhalt : 1) den Ve r s t a nd , 2) das Ur t he i l und 3) die Ve r nu n f t .

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§ 446

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Wir haben schon zweimal vom G e f ü h l zu sprechen gehabt ; jedoch jedesmal in einer verschiedenen Beziehung . | Zue r s t hatten wir dasselbe bei der S e e le – und zwar näher d a – zu betrachten , wo dieselbe , aus ihrem in sich verschlossenen Naturleben erwachend , die Inhaltsbestimmungen ihrer schlafenden Natur in sich selber fi ndet und eben dadurch empfi ndend ist , durch Aufhebung der Beschränktheit der Empfi ndung aber zum G e f ü h l ihres S e l b s t e s , ihrer To t a l it ä t gelangt und endlich , sich als Ich erfassend , zum B e w u ßt s e y n erwacht . – Auf dem Standpunkte des Bewußtseyns wurde zum z we it e n Male vom Gefühl gesprochen . Da waren aber die Gefühlsbestimmungen der von der Seele a b g e t r e n n t e , in der Gestalt eines s e l b s t s t ä nd i g e n O b j e c t e s erscheinende Stoff des Bewußtseyns . – Jetzt endlich d r it t e n s hat das Gefühl die Bedeutung , diejenige Form zu seyn , welche der die Einheit und Wahrheit der S e e l e und des B e w u ß t s e y n s bildende G e i s t a l s s ol ch e r zunächst sich gibt . In diesem ist der Inhalt des Gefühls von der zwiefachen Einseitigkeit befreit ,

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zusätze

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welche derselbe – einerseits auf dem Standpunkt der Seele und andererseits auf dem des Bewußtseyns – hatte . Denn nun hat jener Inhalt die Bestimmung , an sich ebensowohl o bje c t i v wie s u bje c t i v zu seyn ; und die Thätigkeit des Geistes richtet sich jetzt nur darauf , ihn als Einheit des Subjectiven und des Objectiven zu setzen . |

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§ 447 In der E m pf i nd u n g ist die g a n z e Ve r nu n f t , – der g e s a m m t e S t of f des G e i s t e s vorhanden . Alle unsere Vorstellungen , Gedanken und Begriffe von der äußeren Natur , vom Rechtlichen , vom Sittlichen und vom Inhalt der Religion entwickeln sich aus unserer empfindenden Intelligenz ; wie dieselben auch umgekehrt , nachdem sie ihre völlige Auslegung erhalten haben , in die einfache Form der Empfi ndung concentrirt werden . Mit Recht hat deshalb ein Alter gesagt , daß die Menschen aus ihren Empfi ndungen und Leidenschaften sich ihre Götter gebildet haben . Jene Entwicklung des Geistes aus der Empfindung heraus pflegt aber s o verstanden zu werden , als ob die Intelligenz ursprünglich durchaus le e r sey und daher allen Inhalt als einen ihr gänzlich f r e m d e n von a u ß e n empfange . Dies ist ein Irrthum . Denn Dasjenige , was die Intelligenz von außen aufzunehmen scheint , ist in Wahrheit nichts Anderes , als das Ve r nü n f t i g e , folglich mit dem Geiste id e n t i s ch und ihm i m m a ne n t . Die Thätigkeit des Geistes hat daher keinen anderen Zweck , als d e n , durch Aufhebung des scheinbaren Sich s e l b e r - ä u ß e r l ich - s e y n s des an sich vernünftigen Objectes auch den Schein zu widerlegen , als ob der Gegenstand ein dem G e i s t e äußerlicher sey . |

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§ 448 Die in der Empfi ndung und im Gefühl vorhandene u n m it t e l b a r e , also u ne nt w icke l t e Einheit des Geistes mit dem Object ist noch geistlos . Die Intelligenz hebt daher die Einfachheit der Empfi ndung auf , – bestimmt das Empfundene als ein gegen sie Ne g a t ive s , – t r e n nt dasselbe somit von sich a b , – und setzt es in seiner A b g e t r e n n t he it zugleich doch als das I h r i g e . Erst durch diese doppelte Thätigkeit des Au f he b e n s und des W ie d e r he r s t e l le n s der Einheit zwischen mir und dem Anderen komme ich dahin , den Inhalt der Empfi ndung zu e r f a s s e n . Dieß geschieht zunächst in der A u f m e r k s a m ke it . Ohne dieselbe ist daher kein Auffassen des Objectes möglich ; erst durch sie wird der Geist in der Sache gegenwärtig , – erhält derselbe – zwar noch nicht E r ke n nt n i ß , – denn dazu gehört eine weitere Entwicklung des Geistes , – aber

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doch Ke n nt n i ß von der Sache . Die Aufmerksamkeit macht daher den Anfang der Bildung aus . Näher muß aber das Aufmerken so gefaßt werden , daß dasselbe ein Sicherfüllen mit einem Inhalte ist , welcher die Bestimmung hat , sowohl o bje c t i v wie s u bje c t i v zu seyn , – oder mit anderen Worten , – nicht nur f ü r m ich zu seyn , sondern auch s e l b s t s t ä nd i g e s Seyn zu haben . Bei der Aufmerksamkeit fi ndet also nothwendig eine Tr e n nu n g und eine E i n he it des Subjectiven und des Objectiven statt , – ein S ich - i n - s ich - r e f le c t i r e n des freien Geistes und zugleich eine id e nt i s che R icht u n g desselben auf den G e g e n s t a nd . Darin liegt schon , daß die Aufmerksamkeit etwas von meiner W i l l k ü r Abhangendes ist , – daß ich also nur dann aufmerksam bin , wenn ich es seyn w i l l . Hieraus folgt aber | nicht , daß die Aufmerksamkeit etwas Leichtes sey . Sie erfordert vielmehr eine Anstrengung , da der Mensch , wenn er den Einen Gegenstand erfassen will , von allem Anderen , von allen den tausend in seinem Kopfe sich bewegenden Dingen , von seinen sonstigen Interessen , sogar von seiner eigenen Person abstrahiren – und , mit Unterdrückung seiner die Sache nicht zu Worte kommen lassenden , sondern vorschnell darüber aburthei lenden Eitelkeit , starr sich in die Sache vertiefen , dieselbe , – ohne mit seinen Reflexionen darein zu fahren , – in sich walten lassen oder sich auf sie fi xiren muß . Die Aufmerksamkeit enthält also die Ne g a t ion des e i g e nen Sich g e lt end m a chen s und das Sich - H i n g e b e n an die S a che ; – zwei Momente , die zur Tüchtigkeit des Geistes ebenso nothwendig sind , wie dieselben für die sogenannte vornehme Bildung als unnöthig betrachtet zu werden pflegen , da zu dieser gerade das Fertigseyn mit Allem , – das Hinausseyn über Alles , – gehören soll . Dieß Hinausseyn führt gewissermaßen zum Zustand der Wildheit zurück . Der Wilde ist fast auf Nichts aufmerksam ; er läßt Alles an sich vorübergehen , ohne sich darauf zu fi xiren . Erst durch die Bildung des Geistes bekommt die Aufmerksamkeit Stärke und Erfüllung . Der Botaniker , zum Beispiel , bemerkt an einer Pflanze in derselben Zeit unvergleichlich viel mehr , als ein in der Botanik unwissender Mensch . Dasselbe gilt natürlicherweise in Bezug auf alle übrigen Gegenstände des Wissens . Ein Mensch von großem Sinne und von großer Bildung hat sogleich eine vollständige Anschauung des Vorliegenden ; bei ihm trägt die Empfi ndung durchgängig den Charakter der Erinnerung . Wie wir im Obigen gesehen haben , fi ndet in der Aufmerksamkeit eine Trennung und eine Einheit des Subjectiven und des Objectiven statt . Insofern jedoch die Aufmerksamkeit zunächst beim G e f ü h l hervortritt , ist in ihr die E i n he it des Subjectiven und des Objectiven das Ueberwiegende , – der Unterschied dieser beiden Seiten daher noch etwas Un b e s t i m m t e s . Die | Intelligenz schreitet aber nothwendig dazu fort , diesen Unterschied zu entwickeln , – das Object auf b e s t i m m t e Weise vom Subject zu unterscheiden . Die e r s t e Form , in welcher

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zusätze

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sie Dies thut , ist die A n s ch a uu n g . In dieser überwiegt ebenso sehr der Unt e r s ch ie d des Subjectiven und des Objectiven , wie in der formellen Aufmerksamkeit die E i n he it dieser entgegengesetzten Bestimmungen . Die in der Anschauung erfolgende Objectivirung des Empfundenen haben wir hier nun näher zu erörtern . In dieser Beziehung sind sowohl die i n ne r e n wie die ä u ß e r e n Empfi ndungen zu besprechen . Was die e r s t e r e n betrifft , so gilt es besonders von ihnen , daß in der Empfindung der Mensch der Gewalt seiner Affectionen unterwürfig ist , – daß er sich aber dieser Gewalt entzieht , wenn er seine Empfi ndungen sich zur A n s ch a uu n g zu bringen vermag . So wissen wir , zum Beispiel , daß , wenn Jemand im Stande ist , die ihn überwältigenden Gefühle der Freude oder des Schmerzes , etwa in einem Gedichte , sich anschaulich zu machen , er Das , was seinen Geist beengte , von sich abtrennt und sich dadurch Erleichterung oder völlige Freiheit ver schafft . Denn , wiewohl er durch Betrachtung der vielen Seiten seiner Empfi ndungen die Gewalt derselben zu vermehren scheint ; so vermindert er doch diese Gewalt in der That dadurch , daß er seine Empfi ndungen zu etwas ihm G e g e nü b e r s t e he nd e n , – zu etwas ihm Ae u ß e r l ichwe r d e nd e n macht . Daher hat namentlich G ö t he , besonders durch seinen We r t he r , sich selbst erleichtert , während er die Leser dieses Romans der Macht der Empfi ndung unterwarf . Der Gebildete fühlt , – da er das Empfundene nach allen sich dabei darbietenden Gesichtspunkten betrachtet , – tiefer , als der Ungebildete , – ist diesem aber zugleich in der Herrschaft über das Gefühl überlegen , weil er sich vorzugsweise in dem über die Beschränktheit der Empfi ndung erhabenen Elemente des vernünftigen Denkens bewegt . | Die inneren Empfindungen sind also , wie eben angedeutet , je nach dem Grade der Stärke des reflectirenden und des vernünftigen Denkens mehr oder weniger abtrennlich von uns . Bei den ä u ß e r l i ch e n Empfindungen dagegen ist die Verschiedenheit ihrer Abtrennlichkeit von dem Umstande abhängig , ob sie sich auf das Object als auf ein b e s t ehend e s , oder als auf ein ve r s chw i n d e n d e s beziehen . Nach dieser Bestimmung ordnen sich die fünf Sinne dergestalt , daß auf der einen Seite der G e r uch und der G e s ch m a ck , – auf der anderen dagegen das G e s icht und das G e f ü h l , in der Mitte aber das G e hör zu stehen kommt . – Der G e r uch hat es mit der Ve r f lücht i g u n g oder Ve r d u f t u n g , – der G e s ch m a ck mit der Ve r z e h r u n g des Objectes zu thun . Diesen beiden Sinnen bietet sich also das Object in seiner ganzen Unselbstständigkeit , nur in seinem m a t e r ie l le n Ve r s chw i nd e n dar . Hier fällt daher die Anschauung in die Zeit und wird die Versetzung des Empfundenen aus dem Subjecte in das Object weniger leicht , als bei dem sich vornämlich auf das W id e r s t a nd le i s t e nd e des Gegenstandes beziehenden Sinne des G e f ü h l s , so wie bei dem e i g e nt l iche n Sinne der Anschauung , –

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beim G e s icht , das mit dem Objecte als einem überwiegend S e l b s t s t ä nd i g e n , id e e l l und m a t e r iel l B e s t ehend e n sich beschäftigt , – zu ihm nur eine id e e l le Beziehung hat , – nur dessen id e e l le Seite , die F a r b e , vermittelst des L icht e s empfindet , – die m a t e r ie l le Seite aber am Object unberührt läßt . – Für das G e hör endlich ist der Gegenstand ein m a t e r iel l b e s t ehend e r , jedoch id e e l l ve r s chw i nd e nd e r ; im Tone vernimmt das Ohr das Erzittern , – das heißt , – die nur id e e l le , n icht r e a le Negation der Selbstständigkeit des Objectes . Daher zeigt sich beim Gehör die Abtrennlichkeit der Empfindung zwar geringer , als beim Gesicht , aber größer , als beim Geschmack und beim Geruch . Wir mü s s e n den Ton hören , weil derselbe vom Gegenstande sich ablösend auf uns eindringt , und wir weisen ihn ohne große Schwie|rigkeit an dieses oder jenes Object , weil dasselbe bei seinem Erzittern sich selbstständig erhält . Die Thätigkeit der Anschauung bringt sonach zunächst überhaupt ein Wegrücken der Empfi ndung von uns , – eine Umgestaltung des Empfundenen in ein außer uns vorhandenes Object hervor . Durch diese Veränderung wird der I n h a l t der Empfi ndung nicht verändert ; derselbe ist vielmehr hier im Geiste und im äußeren Gegenstande noch Ein und derselbe ; so daß also der Geist hier noch keinen ihm eigenthüm lichen Inhalt hat , den er mit dem Inhalte der Anschauung vergleichen könnte . Was somit durch die Anschauung zu Stande kommt , ist bloß die Umwandlung der Form der I n ne r l ich ke it in die Form der Ae u ß e r l ich ke it . Dies bildet die e r s t e , selbst noch for me l le Weise , wie die Intelligenz b e s t i m me nd wird . – Ueber die Bedeutung jener Aeußerlichkeit muß aber Zwe ie r le i bemerkt werden ; – e r s t e n s , daß das Empfundene , indem es zu einem der I n ne r l ich ke it d e s G e i s t e s äußerlichem Objecte wird , die Form eines Sich - s e l b e r - ä u ß e r l iche n erhält , da das Geistige oder Vernünftige die e i g e ne Natur der Gegenstände ausmacht . – Für’s Zwe it e haben wir zu bemerken , daß , da jene Umgestaltung des Empfundenen vom G e i s t e a l s s olche m ausgeht , das Empfundene dadurch eine g e i s t i g e , – das heißt , – eine a b s t r a c t e Aeußerlichkeit , – und durch dieselbe diejenige Allgemeinheit bekommt , welche dem Aeußerlichen u n m it t e l b a r zu Theil werden kann , – nämlich eine noch ganz for m el le , i n h a lt s lo s e A l l g e m e i n he it . Die Form des Begriffs fällt aber in dieser abstracten Aeußerlichkeit selber auseinander . Die letztere hat daher die doppelte Form des R a u me s und der Z e it . (Vergleiche § . 254–259 .) Die Empfi ndungen werden also durch die Anschauung räumlich und zeitlich gesetzt . Das R ä u m l iche stellt sich als die Form des g le ich g ü l t i g e n Ne b e ne i n a nd e r s e y n s und r u h i g e n B e s t ehen s dar ; – das Z e it l iche dagegen als die Form der Un r u he , des i n s ich s e l b s t Ne g a t i ve n , des | 10 den] den den

17 im] in

noch] nach

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zusätze

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N a ch e i n a nd e r s e y n s , des E n t s t e h e n s und Ve r s chw i n d e n s , so daß das Zeitliche i s t , indem es n icht i s t , und n icht i s t , indem es i s t . Beide Formen der abstracten Aeußerlichkeit sind aber darin mit einander identisch , daß sowohl die eine , wie die andere , i n s ich schlechthin discret und zugleich schlechthin continuirlich ist . Ihre , die absolute Discretion in sich schließende Continuität besteht eben in der vom Geiste kommenden abstracten , noch zu keiner w i r kl iche n Vereinzelung entwickelten A l l g e me i n he it des Aeußerlichen . Wenn wir aber gesagt haben , daß das Empfundene vom a n s ch a ue nd e n G e i s t e die Form des Räumlichen und Zeitlichen erhalte ; so darf dieser Satz nicht so verstanden werden , als ob Raum und Zeit nu r s u bje c t i ve Formen seyen . Zu solchen hat K a nt den Raum und die Zeit machen wollen . Die Dinge sind jedoch in Wahrheit s e l b e r räumlich und zeitlich ; jene doppelte Form des Außereinander wird ihnen nicht einseitigerweise von unserer Anschauung angethan , sondern ist ihnen von dem an-sich-seyenden unendlichen Geiste , von der schöpferischen ewigen Idee , schon ursprünglich angeschaffen . Indem daher unser anschauender Geist den Bestimmungen der Empfi ndung die Ehre erweist , ihnen die abstracte Form des Raumes und der Zeit zu geben und sie dadurch ebenso sehr zu eigentlichen Gegenständen zu machen , wie dieselben sich zu assimiliren ; so geschieht dabei durchaus nicht Dasjenige , was nach der Meinung des subjectiven Idealismus dabei geschieht , – daß wir nämlich nur die s u bje c t ive Weise unseres Bestimmens und nicht dem Objecte selber eigene Bestimmungen erhielten . – Uebrigens aber muß Denen , welche der Frage nach der Re a l it ä t des Raumes und der Zeit eine ganz absonderliche Wichtigkeit beizulegen die Bornirtheit haben , geantwortet werden ; daß Raum und Zeit höchst dürftige und oberflächliche Bestimmungen sind , – daß daher die Dinge an diesen Formen sehr wenig haben , also auch durch deren Verlust , – wäre dieser anders möglich , – sehr wenig verlören . | Das e r ke n ne nd e Denken hält sich bei jenen Formen nicht auf ; es erfaßt die Dinge in ihrem , den Raum und die Zeit als ein Aufgehobenes in sich enthaltenden Begriffe . Wie in der äußeren Natur Raum und Zeit durch die ihnen immanente Dialektik des Begriffs sich selber zur M a t e r ie (§ . 261) als ihrer Wahrheit aufheben ; so ist die freie Intelligenz die für-sich-seyende Dia lektik jener Formen des unmittelbaren Außereinander .

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§ 449 Die A n s ch a uu n g darf weder mit der erst später zu betrachtenden eigentlichen Vo r s t e l lu n g , noch mit dem bereits erörterten bloß ph ä no m e no log i s chen B e w u ßt s e y n verwechselt werden .

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318–319

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zu §§ 448–449

1099

Was zuvörderst das Verhältniß der Anschauung zur Vor s t e l lu n g betrifft , so hat die erstere mit der Letzteren nur D ie s gemein , daß in beiden Geistesformen das Object sowohl von mir abgetrennt , wie zugleich das Meinige ist . Daß aber das Object den Charakter des Meinigen hat , – Dies ist in der Anschauung nur an sich vorhanden und wird erst in der Vorstellung gesetzt . In der Anschauung überwiegt die Gegenständlichkeit des Inhalts . Erst , wenn ich die Reflexion mache , daß ich es bin , der die Anschauung hat , – erst dann trete ich auf den Standpunkt der Vorstellung . In Bezug aber auf das Verhältniß der Anschauung zum B e w u ßt s e y n haben wir Folgendes zu bemerken . Im weitesten Sinne des Wortes könnte man allerdings schon dem § . 418 betrachteten unmittelbaren oder s i n n l iche n B e w u ßt s e y n den Namen der Anschauung geben . Soll aber dieser Name , – wie er es denn vernünftigerweise muß , – in seiner e i g e nt l iche n | Bedeutung genommen werden ; so hat man zwischen jenem Bewußtseyn und der Anschauung den wesentlichen Unterschied zu machen , daß das Erstere in u nve r m it t e l t e r , g a n z a b s t r a c t e r Gewißheit seiner selbst auf die u n m it t e l b a r e , in mannigfache Seiten a u s e i n a nd e r f a l len d e E i n z e l n he it des Objectes sich bezieht , – die Anschauung dagegen ein von der Gewißheit der Ve r nu n f t e r f ü l l t e s Bewußtseyn ist , dessen Gegenstand die Bestimmung hat , ein Ve r nü n f t i g e s , folglich nicht ein in verschiedene Seiten auseinandergerissenes E i n z el ne s , sondern eine To t a l it ä t , eine z u s a m me n g e h a l t e n e F ü l le von Bestimmungen zu seyn . In diesem Sinne sprach S che l l i n g früherhin von i n t e l le c t ue l le r A n s ch a uu n g . Geistlose Anschauung ist bloß sinnliches , dem Gegenstande äußerlich bleibendes Bewußtseyn . Geistvolle , wahrhafte Anschauung dagegen erfaßt die g e d ie g e ne Su b s t a n z des Gegenstandes . Ein talentvoller Geschichtsschreiber , z . B . , hat das G a n z e der von ihm zu schildernden Zustände und Begebenheiten in lebendiger Anschauung vor sich ; wer dagegen kein Talent zur Darstellung der Geschichte besitzt , – der bleibt bei Einzelnheiten stehen und übersieht darüber das Substanzielle . Mit Recht hat man daher in allen Zweigen des Wissens , – namentlich auch in der Philosophie , – darauf gedrungen , daß aus der Anschauung der Sache gesprochen werde . Dazu gehört , daß der Mensch mit Geist , mit Herz und Gemüth , – kurz in seiner Ganzheit , – sich zur Sache verhält , im Mittelpunkt derselben steht und sie gewähren läßt . Nur wenn die Anschauung der Substanz des Gegenstandes dem Denken fest zu Grunde liegt , kann man , – ohne daß man aus dem Wahren heraustritt , – zur Betrachtung des in jener Substanz wurzelnden , in der Abtrennung von derselben aber zu leerem Stroh werdenden Besonderen fortschreiten . Fehlt hingegen die gediegene Anschauung des Gegenstandes von Hause aus , oder verschwindet dieselbe wieder ; dann verliert sich das reflectirende Denken in die Betrachtung

1100

zusätze

319–321

der mannigfachen , an dem Objecte vorkommenden | vereinzelten Bestimmungen und Verhältnisse , – dann reißt der trennende Verstand den Gegenstand , – auch wenn dieser das Lebendige , eine Pflanze oder ein Thier ist , – durch seine einseitigen , endlichen Kategorien von Ursache und Wirkung , von äußerem Zweck und Mittel u . s . w . auseinander , und kommt auf diese Weise , trotz seiner vielen Gescheidtheiten nicht dazu , die concrete Natur des Gegenstandes zu begreifen , – das alle Einzelnheiten zusammenhaltende geistige Band zu erkennen . Daß aber aus der bloßen Anschauung he r a u s g e t r e t e n werden muß , – davon liegt die Nothwendigkeit darin , daß die Intelligenz ihrem Begriffe nach E r ke n ne n , – die Anschauung dagegen noch nicht e r ke n ne nd e s Wissen ist , weil sie a l s s ol ch e nicht zur i m m a n e n t e n E n t w i c k lu n g der Substanz des Gegenstandes gelangt , sondern sich vielmehr auf das Erfassen der noch mit dem B e i we s e n des A e u ß e r l iche n und Z u f ä l l i g e n umgebenen , u ne n t f a l t e t e n Substanz beschränkt . Die Anschauung ist daher nur der B e g i n n des Erkennens . Auf diese ihre Stellung bezieht sich der Ausspruch des A r i s t o t e le s : Daß alle Erkenntniß von der Ve r w u nd e r u n g anfange . Denn , da die subjective Vernunft als Anschauung die Gewißheit – aber auch nur die u n b e s t i m m t e G e w i ßhe it – hat , in dem zunächst mit der Form der Unvernunft behafteten Objecte sich selber wiederzufi nden ; so flößt ihr die Sache Verwunderung und Ehrfurcht ein . Das ph i lo s o ph i s che Denken aber muß sich über den Standpunkt der Verwunderung erheben . Es ist ein völliger Irr thum , zu meinen , daß man die Sache schon wahrhaft erkenne , wenn man von ihr eine u n m it t e l b a r e Anschauung habe . Die vol le nd e t e Erkenntniß gehört nur dem r e i ne n D e n ke n d e r b e g r e i fe nd e n Ve r nu n f t an ; und nur Derjenige , welcher sich zu diesem Denken erhoben hat , besitzt eine vollkommen bestimmte wahrhafte Anschauung ; bei ihm bildet die Anschauung bloß die gediegene Form , in welche seine vollständig entwickelte Erkenntniß sich wieder zusammendrängt . In der | unmittelbaren Anschauung habe ich zwar die ganze Sache vor mir ; aber erst in der zur Form der einfachen Anschauung zurückkehrenden , allseitig entfalteten Erkenntniß steht die Sache als eine i n s ich g e g l ie d e r t e , s y s t e m a t i s che Totalität vor meinem Geiste . Ueberhaupt hat erst der gebildete Mensch eine , von der Masse des Zufälligen befreite , mit einer Fülle des Vernünftigen ausgerüstete Anschauung . Ein sinnvoller gebildeter Mensch kann , – wenn er auch nicht phi losophirt , – das Wesentliche , den Mittelpunkt der Sache in einfacher Bestimmtheit erfassen . Dazu ist jedoch immer N a chd e n ke n nothwendig . Man bildet sich oft ein , der D icht e r , wie der Künstler überhaupt , müsse bloß a n s ch a ue nd verfahren . Dies ist durchaus nicht der Fall . Ein echter Dichter muß vielmehr vor und während der Ausführung seines Werkes n a ch s i n ne n und

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zu §§ 449–451

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n a chd e n ke n ; nur auf diesem Wege kann er hoffen , daß er das He r z oder die S e e le der Sache aus allen sie verhüllenden Aeußerlich keiten herausheben und eben dadurch seine Anschauung or g a n i s ch entwickeln werde .

§ 450 5

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Auf dem Standpunkte der bloßen A n s ch a uu n g sind wir a u ß e r u n s , – in der R ä u m l ich ke it und Z e it l ich ke it , diesen beiden Formen des Au ß e r e i n a nd e r . Die Intelligenz ist hier in den äußerlichen Stoff ve r s e n k t , – Eins mit ihm und hat keinen anderen Inhalt , als den des angeschauten Objectes . Daher können wir in der Anschauung höchst u n f r e i werden . Wie schon im Zusatz zu § . 448 bemerkt wurde , – ist aber die Intelligenz die f ü r - s ich - s e ye nd e D i a lek t i k | jenes unmittelbaren Außereinander . Demnach setzt der Geist die Anschauung als die s e i n i g e , – durchdringt sie , – macht sie zu etwas I n ne r l iche m , – e r i n ne r t s ich i n i h r , – wird sich in ihr g e g e nw ä r t i g – und somit f r e i . Durch dies Insichgehen erhebt sich die Intelligenz auf die Stufe der Vor s t e l lu n g . Der vorstellende Geist h a t die Anschauung ; dieselbe ist in ihm a u f g e hob e n , – nicht ve r s chw u nd en , nicht ein nu r Ve r g a n g e ne s . Wenn von einer zur Vorstellung aufgehobenen Anschauung die Rede ist , sagt daher auch die Sprache durchaus richtig : ich h a b e Dies gesehen . Damit wird keine bloße Vergangenheit , vielmehr zugleich die Gegenwärtigkeit ausgedrückt ; die Vergangenheit ist hierbei eine bloß r e l a t ive , – sie fi ndet nur statt im Ve r g le ich der u n m it t e l b a r e n Anschauung mit Dem , was wir jetzt in der Vorstellung haben . Das beim Perfectum gebrauchte Wort h a b e n hat aber ganz eigentlich die Bedeutung der Gegenwärtigkeit ; – was ich gesehen habe , ist Etwas , das ich nicht bloß h a t t e , sondern noch h a b e , – also etwas in mir Gegenwärtiges . Man kann in diesem Gebrauch des Wor t e s h a b e n e i n a l l g e me i ne s Z e iche n der Innerlichkeit des modernen Geistes sehen , der nicht bloß darauf reflectirt , daß das Vergangene nach seiner Unmittelbarkeit vergangen , – sondern auch darauf , daß dasselbe im Geiste noch erhalten ist . – |

§ 451 30

Die verschiedenen Formen des auf dem Standpunkt der Vo r s t e l lu n g stehenden Geistes pflegen noch mehr , als Dies bei der vorhergehenden Stufe der Intelligenz geschieht , – für vereinzelte , von einander unabhängige Kräfte oder Vermögen angesehen zu werden . Man spricht ne b e n dem Vor stellungsvermögen

1102

zusätze

323–324

überhaupt , von Einbildungskraft und von Gedächtnißkraft , und betrachtet dabei die gegenseitige Selbstständigkeit dieser Geistesformen als etwas völlig Ausgemachtes . Die wahrhaft philosophische Auffassung besteht aber gerade darin , daß der zwischen jenen Formen vorhandene vernünftige Zusammenhang begriffen , – die in ihnen erfolgende organische Entwicklung der Intelligenz erkannt wird . Die Stufen dieser Entwicklung wollen wir hier nun , um die Uebersicht derselben zu erleichtern , auf allgemeine Weise in Voraus bezeichnen . αα) Die e r s t e dieser Stufen nennen wir die E r i n ne r u n g im e i g e n t hü m l iche n Sinne des Wortes , wonach dieselbe in dem unwillkürlichen Hervorrufen eines Inhalts besteht , welcher bereits der u n s r i g e ist . Die Erinnerung bildet die a b s t r a c t e s t e Stufe der in Vorstellungen sich bethätigenden Intelligenz . Hier ist der vor g e s t e l l t e Inhalt noch d e r s el b e , wie in der A n s ch a uu n g ; er erhält an dieser seine B e w ä h r u n g , wie umgekehrt der Inhalt der Anschauung sich an meiner Vorstellung bewährt . Wir haben folglich auf diesem Standpunkt einen Inhalt , der nicht nur als s e ye nd e r a n g e s ch a ut , sondern zugleich | e r i n ne r t , als der me i n i g e gesetzt wird . So bestimmt , ist der Inhalt Dasjenige , was wir Bi ld heißen . ββ) Die z we it e Stufe in dieser Sphäre ist die E i n bi ld u n g s k r a f t . Hier tritt der G e g e n s a t z zwischen meinem s u bje c t ive n oder vor g e s t e l lt e n Inhalte und dem a n g e s ch a ut e n Inhalte der S a che ein . Die Einbildungskraft erarbeitet sich einen i h r e i g e n t hü m l iche n Inhalt dadurch , daß sie sich gegen den angeschauten Gegenstand denkend verhält , – das A l l g e me i ne desselben heraushebt , – und ihm Bestimmungen giebt , die dem Ich zukommen . Auf diese Weise hört die Einbildungskraft auf , bloß fo r m e l le Erinnerung zu seyn , und wird zu der den I n h a l t betreffenden , ihn ve r a l l g e m e i ne r nd e n , somit a l l g e m e i ne Vorstellungen schaffenden Erinnerung . Weil auf diesem Standpunkt der Gegensatz des Subjectiven und Objectiven herrscht , kann die Einheit dieser Bestimmungen hier keine u n m it t e l b a r e , – wie auf der Stufe der bloßen Erinnerung , – sondern nur eine w ie d e r he r g e s t e l l t e seyn . Diese Wiederherstellung geschieht auf d ie Art , daß der a n g e s ch a ut e ä u ß e r l iche Inhalt dem zur A l l g e m e i n he it erhobenen vo r g e s t e l l t e n Inhalte unterworfen , zu einem Z e iche n des Letzteren herabgesetzt , dieser aber eben dadurch ob je c t iv , ä u ß e r l ich gemacht , ve r bi ld l icht wird . γγ) Das G e d ä cht n i ß ist die d r it t e Stufe der Vorstellung . Hier wird einerseits das Z e iche n erinnert , in die Intelligenz aufgenommen , – andererseits dieser eben dadurch die Form eines Ae u ß e r l iche n , Me ch a n i s che n gegeben , – und auf diesem Wege eine Einheit des Subjectiven und Objectiven hervorgebracht , welche den Uebergang zum D e n ke n a l s s olche m bildet . |

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325–327

zu §§ 451–453

1103

§ 452

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Da die Intelligenz , ihrem Begriffe nach , die für-sich-seyende unendliche Idealität oder Allgemeinheit ist , so ist der Raum und die Zeit der Intelligenz der a l l g e m e i ne Raum und die a l l g e m e i ne Zeit . Indem ich daher den Inhalt des Gefühls in die Innerlichkeit der Intelligenz setze und dadurch zur Vorstellung mache , hebe ich denselben aus der B e s ond e r he it der Zeit und des Raumes heraus , an welche er selber in seiner Unmittelbarkeit gebunden ist und von welcher auch ich in der Empfi ndung und in der Anschauung abhängig bin . Daraus folgt e r s t e n s , daß , während zur E m p f i nd u n g und A n s ch a uu n g die u n m it t e l b a r e G e g e nw a r t der Sache nöthig ist , ich mir dagegen allenthalben , wo ich bin , Etwas , – auch das mir dem äußeren Raume und der äußeren Zeit nach Fernste , – vor s t e l le n kann . Zwe it e n s aber ergiebt sich aus dem oben Gesagten , daß Alles , was geschieht , erst durch seine Aufnahme in die vorstellende Intelligenz für uns D a ue r erhält , – daß dagegen Begebenheiten , die von der Intelligenz dieser Aufnahme nicht gewürdigt worden sind , zu etwas völlig Vergangenem werden . – Das Vorgestellte gewinnt jedoch jene Unvergänglichkeit nur auf Kosten der K l a r he it und F r i s che der unmittelbaren , nach allen Seiten fest bestimmten Einzelnheit des Angeschauten ; die Anschauung verdunkelt und verwischt sich , indem sie zum Bilde wird . Was die Zeit betrifft , so kann über den subjectiven Charakter , welchen dieselbe in der Vorstellung erhält , hier noch bemerkt werden , daß in der A n s ch a uu n g die Zeit uns k u r z wird , wenn wir V ie le s anschauen , – l a n g dagegen , wenn der Mangel gegebenen Stoffes uns auf die Betrachtung unserer | inhaltslosen Subjectivität hintreibt ; – daß aber umgekehrt in der Vor s t e l lu n g diejenigen Zeiten , in denen wir auf v ie l f a che Weise beschäftigt gewesen sind , uns l a n g vorkommen , während diejenigen , wo wir we n i g Beschäftigung gehabt haben , uns k u r z zu seyn scheinen . Hier , – in der E r i n ne r u n g , – fassen wir unsere Subjectivität , unsere I n ne r l ich ke it , in’s Auge und bestimmen das Maaß der Zeit nach dem I nt e r e s s e , welches dieselbe für uns gehabt hat . Dort , – in der Anschauung , – sind wir in die Betrachtung der S a che versenkt ; da erscheint uns die Zeit kurz , wenn sie eine immer a bwe ch s e l nd e Erfüllung bekommt , – lang dagegen , wenn ihre G le ich för m i g ke it durch nichts unterbrochen wird . |

§ 453

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Das Bild ist das Meinige , es gehört mir an ; aber zunächst hat dasselbe noch weiter keine Homogeneität mit mir ; denn es ist noch nicht g e d a cht , noch

1104

zusätze

327–329

nicht in die F o r m der Ve r nü n f t i g ke it erhoben ; zwischen ihm und mir besteht vielmehr noch ein von dem Standpunkt der Anschauung herrührendes , nicht wahrhaft freies Verhältniß , nach welchem ich nur das I n ne r l iche bin , das Bild aber das mir Ae u ß e r l iche ist . Daher habe ich zunächst noch nicht die volle Macht über die im Schacht meiner Innerlichkeit schlafenden Bilder , – vermag noch nicht , dieselben w i l l k ü r l ich wiederhervorzurufen . Niemand weiß , welche unendliche Menge von Bildern der Vergangenheit in ihm schlummert ; zufälligerweise erwachen sie wohl dann und wann ; aber man kann sich , – wie man sagt , – nicht auf sie besinnen . So sind die Bilder nur auf fo r m e l le Weise das Un s e r i g e . |

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§ 454 Zu unserem w i r k l iche n B e s it z t hu m werden die in der dunkelen Tiefe unseres Inneren verborgen liegenden Bilder der Vergangenheit dadurch , daß sie in der lichtvollen , plastischen Gestalt einer d a s e ye nd e n Anschauung g le iche n Inhalts vor die Intelligenz treten , und daß wir sie , mit Hülfe dieser g e g e n w ä r t i g e n Anschauung , als bereits von uns gehabte Anschauungen erkennen . So geschieht es , zum Beispiel , daß wir einen Menschen , dessen Bild sich in unserem Geiste schon völlig verdunkelt hat , unter Hunderttausenden herauserkennen , sobald er selber uns wieder zu Gesichte kommt . Wenn ich also Etwas in der Erinnerung b e h a l t e n soll , so muß ich die Anschauung desselben w ie d e r hole nt l ich haben . Anfangs wird allerdings das Bild nicht sowohl durch mich selbst , als vielmehr durch die entsprechende unmittelbare Anschauung wiedererweckt . Durch öftere solche Wiederhervorrufung erhält aber das Bild in mir eine so große Lebendigkeit und Gegenwärtigkeit , daß ich der äußeren Anschauung nicht mehr bedarf , um mich desselben zu erinnern . Auf diesem Wege kommen die K i nd er von der A n s ch a uu n g zur E r i n ner u n g . Je gebildeter ein Mensch ist , desto mehr lebt er nicht in der unmittelbaren Anschauung , sondern – bei allen seinen Anschauungen – zugleich in Erinnerungen ; so daß er wenig | durchaus Neues sieht , der substanzielle Gehalt des meisten Neuen ihm vielmehr schon etwas Bekanntes ist . Ebenso begnügt sich ein gebildeter Mensch vornehmlich mit seinen Bildern , und fühlt selten das Bedürfniß der unmittelbaren Anschauung . Das neugierige Volk dagegen läuft immer wieder dahin , wo Etwas zu begaffen ist . |

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zu §§ 453–455

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§ 455

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Die z we it e Entwickelungsstufe der Vorstellung ist , – wie wir im Zusatz zu § . 451 bereits im Voraus angegeben haben , – die E i n bi ld u n g s k r a f t . Zu dieser erhebt sich die e r s t e Form des Vorstellens , – die E r i n ne r u n g , – dadurch , daß die Intelligenz aus ihrem a b s t r a c t e n I n - s ich - s e y n in die B e s t i m m t he it heraustretend , die den Schatz ihrer Bilder verhüllende nächtliche Finsterniß zertheilt und durch die lichtvolle Klarheit der Gegenwärtigkeit verscheucht . Die Einbildungskraft hat aber in sich selber wieder d r e i Formen , in denen sie sich entfaltet . Sie ist ü b e r h a up t das B e s t i m me nd e der Bilder . Zue r s t thut sie jedoch weiter Nichts , als daß sie die Bilder in’s D a s e y n zu treten bestimmt . So ist sie die nur r e pr o d uc t ive Einbildungskraft . Diese hat den Charakter einer bloß fo r m e l le n Thätigkeit . Zwe it e n s aber ruft die Einbildungskraft die in ihr vorhandenen Bilder nicht bloß wieder hervor , sondern b e z ie h t dieselben a u fe i n a nd e r und erhebt sie auf diese Weise zu a l l g e me i ne n Vorstellungen . Auf dieser Stufe erscheint sonach die Einbildungskraft als die Thätigkeit des A s s o c i i r e n s der Bilder . Die d r it t e Stufe in dieser Sphäre ist diejenige , auf welcher die Intelligenz ihre a l l g e me i ne n Vorstellungen mit dem B e s ond e r e n des Bildes identisch setzt , somit ihnen ein bi ld l iche s Daseyn giebt . Dies sinnliche Daseyn hat die doppelte Form des Sy m b ol s und des Z e iche n s ; so daß diese dritte Stufe die s y m b o l i s i r e n d e und die z e i ch e n m a ch e n d e Ph a n t a s ie umfaßt , welch letztere den Ue b e r g a n g zum G e d ä cht n i ß bildet . | D ie r e pr o d uc t ive E i n bi ld u n g s k r a f t . Das E r s t e ist also das Formelle des Reproducirens der Bilder . Zwar können auch reine Gedanken reproducirt werden ; die Einbildungskraft hat jedoch nicht mit ihnen , sondern nur mit Bildern zu thun . Die Reproduction der Bilder geschieht aber von Seiten der Einbildungskraft mit W i l l k ü r und ohne die Hilfe einer unmittelbaren Anschauung . Dadurch unterscheidet sich diese Form der vorstellenden Intelligenz von der bloßen E r i n ne r u n g , welche nicht dies Selbstthätige ist , sondern einer gegenwärtigen Anschauung bedarf und u nw i l l k ü r l ich die Bilder hervortreten läßt . D ie a s s o c i i r e nd e E i n bi ld u n g s k r a f t . Eine höhere Thätigkeit , als das bloße Reproduciren , ist das B e z ie he n der Bilder a u fe i n a nd e r . Der Inhalt der Bilder hat , wegen seiner Unmittelbarkeit oder Sinnlichkeit , die Form der E nd l ich ke it , der B e z iehu n g au f A nd e r e s . Indem ich nun hier überhaupt das Bestimmende oder Setzende bin , so setze

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zusätze

332–334

ich auch diese Beziehung . Durch dieselbe giebt die Intelligenz den Bildern , statt ihres o bje c t ive n Bandes , ein s u bje c t ive s Band . Das Letztere hat aber zum Theil noch die Gestalt der Aeußerlichkeit gegen das dadurch Verknüpfte . Ich habe , zum Beispiel , das Bild eines Gegenstandes vor mir ; an dies Bild knüpft sich ganz äußerlich das Bild von Personen , mit denen ich über jenen Gegenstand gesprochen habe oder die denselben besitzen u . s . w . Oft ist nur der Raum und die Zeit Dasjenige , was die Bilder aneinanderreiht . Die gewöhnliche gesellschaftliche Unterhaltung spinnt sich meistentheils auf eine sehr äußerliche und zufällige Weise von der einen Vorstellung zur anderen fort . Nur , wenn man beim Gespräch einen bestimmten Zweck hat , bekommt die Unterhaltung festeren Zusammenhang . Die verschiedenen Gemüthsstimmungen geben allen Vorstellungen eine eigenthüm liche Beziehung , – die heiteren eine heitere , – die trauri|gen eine traurige . Noch mehr gilt Dies von den Leidenschaften . Auch das Maaß der Intelligenz bringt eine Verschiedenheit des Beziehens der Bilder hervor ; geistreiche , witzige Menschen unterscheiden sich daher auch in dieser Beziehung von gewöhnlichen Menschen ; ein geistreicher Mensch geht solchen Bildern nach , die etwas Gediegenes und Tiefes enthalten . Der W it z verbindet Vorstellungen , die , – obgleich weit auseinanderliegend , – dennoch in der That einen inneren Zusammenhang haben . Auch das Wor t s pie l ist in diese Sphäre zu rechnen ; die tiefste Leidenschaft kann sich diesem Spiele hingeben ; denn ein großer Geist weiß , – sogar in den unglücklichsten Verhältnissen , – Alles , was ihm begegnet , mit seiner Leidenschaft in Beziehung zu setzen .

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§ 456 Schon die Bi ld e r sind allgemeiner , als die A n s ch a uu n g e n ; sie haben indeß noch einen s i n n l ich - conc r e t e n Inhalt , dessen Beziehung auf anderen solchen Inhalt ich bin . | Indem ich nun aber meine Aufmerksamkeit auf diese Beziehung richte ; so komme ich zu a l l g e me i ne n Vorstellungen – oder zu Vorstellungen im e i g e nt l iche n Sinne dieses Wortes . Denn Dasjenige , wodurch die einzelnen Bilder sich auf einander beziehen , besteht eben in dem ihnen G e me i n s a me n . Dies Gemeinsame ist – entweder irgend eine in die F or m der A l l g e me i n he it erhobene b e s ond e r e Seite des Gegenstandes , wie , z . B . , an der Rose die r o t he F a r b e , – oder das conc r e t A l l g e me i ne , die G a t t u n g , z . B . , an der Rose , die P f l a n z e , – in jedem Falle aber eine Vorstellung , die durch die von der Intelligenz ausgehende Au f lö s u n g des empirischen Zusammenhangs der mannigfaltigen Bestimmungen des Gegenstandes zu Stande kommt . Bei der Erzeugung der allgemeinen Vorstellungen verhält sich die Intelligenz also s e l b s t t h ä t i g ;

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zu §§ 455–456

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es ist daher ein geistloser Irrthum , anzunehmen , die allgemeinen Vorstellungen entständen – ohne Zuthun des Geistes , – dadurch , daß viele ähnliche Bilder aufeinanderfielen , – daß , zum Beispiel , die rothe Farbe der Rose das Roth anderer in meinem Kopfe befi ndlicher Bilder aufsuchte und so – mir bloß Zusehendem – die allgemeine Vorstellung des Rothen beibrächte . Allerdings ist das dem Bilde angehörende Besondere ein Gegebenes ; die Zerlegung der concreten Einzelnheit des Bildes und die dadurch entstehende Form der Allgemeinheit kommt aber , wie bemerkt , von mir her . A b s t r a c t e Vo r s t e l lu n g e n nennt man , – beiläufig gesagt , – häufig B e g r i f fe . Die F r ie s i s che Philosophie besteht wesentlich aus solchen Vorstellungen . Wenn behauptet wird , daß man durch Dergleichen zur Erkenntniß der Wahrheit komme , so muß gesagt werden , daß gerade das Gegentheil stattfi ndet , und daß daher der sinnige Mensch , an dem Concreten der Bilder festhaltend , mit Recht solch leere Schulweisheit verwirft . Diesen Punkt haben wir jedoch hier nicht weiter zu erörtern . Ebenso wenig geht uns hier die n ä he r e Beschaffenheit des – entweder vom Ae u ß e r l iche n , – oder vom Ve r nü n f t i g e n , dem Re cht| l iche n , S it t l iche n und Re l i g iö s e n herrührenden Inhaltes etwas an . Vielmehr handelt es sich hier nur ü b e r h a u p t um die A l l g e me i n he it der Vorstellung . Von diesem Gesichtspunkt aus , haben wir Folgendes zu bemerken . In der subjectiven Sphäre , in welcher wir uns hier befi nden , ist die a l l g e me i ne Vorstellung das I n ner l iche , – das Bi ld hingegen das Aeu ß er l iche . Diese beiden hier einander gegenüberstehenden Bestimmungen fallen zunächst noch auseinander , sind aber in ihrer Trennung etwas Einseitiges . Jener fehlt die Aeußerlichkeit , die Bildlichkeit , – diesem das Erhobenseyn zum Ausdruck eines bestimmten Allgemeinen . Die Wahrheit dieser beiden Seiten ist daher die Einheit derselben . Diese Einheit , – die Ve r bi ld l ichu n g d e s A l l g e me i ne n und die Ve r a l l g e m e i ne r u n g des Bi ld e s kommt näher dadurch zu Stande , daß die allgemeine Vorstellung sich nicht zu einem ne ut r a le n , – so zu sagen , – che m i s che n Producte mit dem Bilde vereinigt , sondern sich als die s u b s t a n z ie l le M a cht über das Bild bethätigt und bewährt , – dasselbe als ein Accidentelles sich unterwirft , – sich zu dessen Seele macht , – in ihm f ü r s ich wird , sich erinnert , sich selber manifestirt . Indem die Intelligenz diese Einheit des A l l g e m e i ne n und des B e s ond e r e n , – des I n ne r l iche n und des Ae u ß e r l iche n , – der Vor s t e l lu n g und der A n s ch a uu n g hervorbringt und auf diese Weise die in der letzteren vorhandene To t a l it ä t als eine b e w ä h r t e w ie d e r he r s t e l l t ; vollendet sich die vorstellende Thätigkeit in sich selber , insofern sie pr o d uc t ive E i n bi ld u n g s k r a f t ist . Diese bildet das Formelle der K u n s t ; denn die Kunst stellt das wahrhaft Allgemeine oder die Id e e in der Form des s i n n l iche n D a s e y n s , – des Bi ld e s , – dar . |

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zusätze

337–338

§ 457 Wie wir im Zusatz zum vorhergehenden Paragraphen gesehen haben , macht in der Phantasie die allgemeine Vorstellung das Subjective aus , das sich im Bilde Objectivität giebt und sich dadurch bewährt . Diese Bewährung ist jedoch unmittelbar selber noch eine s u bje c t ive , insofern die Intelligenz den gegebenen Inhalt der Bilder zunächst noch respectirt , – sich bei der Verbildlichung ihrer allgemeinen Vorstellungen nach ihm richtet . Die auf diese Weise noch b e d i n g t e , nur r e l a t iv f r e ie Thätigkeit der Intelligenz nennen wir die s y m b ol i s i r e nd e Ph a nt a s ie . Diese wählt zum Ausdruck ihrer allgemeinen Vorstellungen keinen anderen sinnlichen Stoff , als denjenigen , dessen s el b s t s t ä nd i g e Bedeutung dem bestimmten Inhalt des zu verbildlichenden Allgemeinen e nt s pr icht . So wird , zum Beispiel , die Stärke Jupiters durch den Adler dargestellt , weil dieser dafür gilt , stark zu seyn . – Die A l le g or ie drückt mehr durch ein Ganzes von Einzelnheiten das Subjective aus . – Die d icht e nd e Phantasie endlich gebraucht zwar den Stoff freier , als die bildenden Künste ; doch darf auch sie nur solchen sinnlichen Stoff wählen , welcher dem Inhalt der darzustellenden Idee adäquat ist . Von der im Symbol vorhandenen s u bje c t ive n , durch das Bild ve r m it t e l t e n Bewährung schreitet aber die Intelligenz nothwendig zur o bje c t i ve n , a n - u nd f ü r s ich s e ye nd e n Bewährung der allgemeinen Vorstellung fort . Denn , da der Inhalt der zu bewährenden allgemeinen Vorstellung in dem Inhalte des zum Symbol dienenden Bildes s ich nur m it s ich | s e l b e r z u s a m me n s ch l ie ßt ; so schlägt die Form des Ve r m it t e lt s e y n s jener Bewährung , – jener Einheit des Subjectiven und Objectiven , – in die Form der Un m it t e l b a r ke it um . Durch diese dialektische Bewegung kommt somit die allgemeine Vorstellung dahin , zu ihrer Bewährung nicht mehr den Inhalt des Bildes nöthig zu haben , sondern an- und für sich selber bewährt zu seyn , also unmittelbar zu gelten . Indem nun die von dem Inhalte des Bildes freigewordene allgemeine Vorstellung sich in einem w i l l k ü r l ich von ihr gewählten äußerlichen Stoffe zu etwas Anschaubaren macht ; so bringt sie Dasjenige hervor , was man , – im bestimmten Unterschiede vom Symbol , – Z e iche n zu nennen hat . Das Zeichen muß für etwas Großes erklärt werden . Wenn die Intelligenz Etwas bezeichnet hat , so ist sie mit dem Inhalte der Anschauung fertig geworden und hat dem sinnlichen Stoff eine ihm f r e m d e Bedeutung zur Seele gegeben . So bedeutet , zum Beispiel , eine C o c a r d e oder eine F l a g g e oder ein G r a b s t e i n etwas ganz Anderes , als Dasjenige , was sie unmittelbar anzeigen . Die hier hervortretende Willkürlichkeit der Verbindung des sinnlichen Stoffes mit einer allgemeinen Vorstellung hat zur nothwendigen Folge , daß man die Bedeutung der Zeichen erst lernen muß . Dies gilt namentlich von den Sprachzeichen . |

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347–349

zu §§ 457–462

1109

§ 461

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Das G e d ä cht n i ß betrachten wir unter den d r e i Formen e r s t e n s , des n a m e n b e h a l t e n d e n , z we it e n s , des r e pr o d uc t ive n d r it t e n s , des m e ch a n i s che n Gedächtnisses . Das E r s t e ist hier also Dies , daß wir die Bedeutung der Namen behalten , – daß wir fähig werden , bei den Sprachzeichen uns der mit denselben objectiv verknüpften Vorstellungen zu erinnern . So wird uns beim Hören oder Sehen eines , einer fremden Sprache angehörenden Wortes wohl dessen Bedeutung gegenwärtig ; aber wir vermögen deshalb noch nicht , umgekehrt für unsere Vorstellungen die entsprechenden Wortzeichen jener Sprache zu produciren ; wir lernen das Sprechen und Schreiben einer Sprache später , als das Verstehen derselben . |

§ 462

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Das Wort als t öne nd e s verschwindet in der Z e it ; diese erweist sich somit an jenem als a b s t r a c t e , – das | heißt , – nur ve r n icht e nd e Negativität . Die w a h r h a f t e , c onc r e t e Negativität des Sprachzeichens ist aber die I n t e l l i g e n z , weil durch dieselbe jenes aus einem Ae u ß e r l iche n in ein I n ne r l iche s verändert und in dieser umgestalteten Form a u f b e w a h r t wird . So werden die Worte zu einem vom Gedanken belebten Daseyn . Dies Daseyn ist unseren Gedanken absolut nothwendig . Wir wissen von unseren Gedanken nur dann , – haben nur dann bestimmte , wirkliche Gedanken , wenn wir ihnen die Form der G e g e n s t ä nd l ich ke it , des Unt e r s ch ie d e n s e y n s von unserer I n ne r l ich ke it , – also die Gestalt der Ae u ß e r l ich ke it geben , – und zwar einer s olche n Aeußerlichkeit , die zugleich das Gepräge der höchsten I n ne r l ich ke it trägt . Ein so innerliches Aeußerliches ist allein der a r t ic u l i r t e Ton , das Wo r t . Ohne Worte denken zu wollen , – wie Me s me r einmal versucht hat , – erscheint daher als eine Unvernunft , die jenen Mann , seiner Versicherung nach , beinahe zum Wahnsinn geführt hätte . Es ist aber auch lächerlich , das Gebundenseyn des Gedankens an das Wort für einen Mangel des Ersteren und für ein Unglück anzusehen ; denn , obgleich man gewöhnlich meint , das Un a u s s pr e ch l iche sey gerade das Vor treff lichste , so hat diese von der Eitelkeit gehegte Meinung doch gar keinen Grund , da das Unaussprechliche in Wahrheit nur etwas Trübes , Gährendes ist , das erst , wenn es zu Worte zu kommen vermag , Klarheit gewinnt . Das Wort giebt demnach den Gedanken ihr würdigstes und wahrhaftestes Daseyn . Allerdings kann man sich auch , – ohne die Sache zu erfassen , – mit

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zusätze

349–350 . 353–354

Worten herumschlagen . Dies ist aber nicht die Schuld des Wortes , sondern die eines mangelhaften , unbestimmten , gehaltlosen Denkens . Wie der wahrhafte G e d a n ke die S a che ist , so auch das Wo r t , wenn es vom wahrhaften Denken gebraucht wird . Indem sich daher die Intelligenz mit dem Worte erfüllt , nimmt sie die Natur der Sache in sich auf . Diese Aufnahme hat aber zugleich d e n Sinn , daß sich die Intelligenz dadurch zu | einem S ä ch l iche n macht ; dergestalt daß die Subjectivität , – in ihrem Unterschiede von der Sache , – zu etwas ganz Leerem , zum geistlosen Behälter der Worte , – also zum me ch a n i s che n Gedächtniß wird . Auf diese Weise schlägt – so zu sagen – das Ue b e r m a a ß der E r i n ne r u n g des Wortes in die höchste E n t ä u ß e r u n g der Intelligenz um . Je vertrauter ich mit der Bedeutung des Wortes werde , – je mehr dieses sich also mit meiner Innerlichkeit vereint , – desto mehr kann die Gegenständlichkeit und somit die Bestimmtheit der Bedeutung desselben verschwinden , – desto mehr folglich das Gedächtniß selber , mit dem Worte zugleich , zu etwas Geistverlassenem werden . |

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§ 465 Das Den ke n ist die d r it t e und l et z t e Hauptentwicklungsstufe der Intelligenz ; denn in ihm wird die in der A n s ch a uu n g vorhandene , u n m it t e l b a r e , a n - s ich - s e ye nd e E i n he it des Subjectiven und Objectiven , aus dem in der Vor s t e l lu n g erfolgenden G e g e n s a t z e dieser beiden Seiten , als eine um diesen Gegensatz bereicherte , somit a n - u nd - f ü r - s ich - s e ye nd e wiederhergestellt , – dies E nd e demnach in jenen A n f a n g zurückgebogen . Während also auf dem Standpunkte der Vor s t e l lu n g die , – theils durch die Einbildungskraft , – theils durch das mechanische Gedächtniß bewirkte Einheit des Subjectiven und Objectiven , – obgleich ich bei der Letzteren meiner Subjectivität Gewalt anthue , – noch etwas Su bje c t ive s bleibt ; so erhält dagegen im D e n ke n jene Einheit die Form einer sowohl o bje c t ive n wie s u bje c t ive n Einheit , da dieses s ich s e l b e r als die Natur der S a che weiß . Diejenigen , welche von der Philosophie nichts verstehen , schlagen zwar die Hände | über den Kopf zusammen , wenn sie den Satz vernehmen : Das D e n ke n ist das S e y n . Dennoch liegt allem unseren Thun die Voraussetzung der Einheit des Denkens und des Seyns zu Grunde . Diese Voraussetzung machen wir als vernünftige , als denkende Wesen . Es ist jedoch wohl zu unterscheiden , ob wir nur denkende s i nd , – oder ob wir uns als denkende auch w i s s e n . Das Erstere sind wir unter allen Umständen ; – das Letztere hingegen findet auf vollkommene Weise nur dann statt , wenn wir uns zum r e i ne n Denken erhoben haben . Dieses erkennt , daß es s e l b e r a l le i n , – und nicht die E m p f i nd u n g oder die Vo r s t e l lu n g , – im Stande ist , die

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354–356

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zu §§ 462–467

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Wahrheit der Dinge zu erfassen , – und daß daher die Behauptung E pi k u r ’s : das E m pf u nd e ne sey das Wa h r h a f t e , für eine völlige Verkehrung der Natur des Geistes erklärt werden muß . Freilich darf aber das Denken nicht a b s t r a c t e s , for me l le s Denken bleiben , – denn dieses zerreißt den Inhalt der Wahrheit , – sondern es muß sich zum c onc r e t e n Denken , zum b e g r e i fe nd e n Erkennen entwickeln . § 466

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Zunächst weiß das Denken die Einheit des Subjectiven und Objectiven als eine ganz a b s t r a c t e , u n b e s t i m m t e , nur g e w i s s e , n icht e r f ü l lt e , n icht b e w ä h r t e . Die B e s t i m m t h e it des vernünftigen Inhalts ist daher dieser Einheit noch eine ä u ß e r l iche , folglich eine g e g e b e ne , – und das Erkennen somit fo r m e l l . Da aber a n s ich jene Bestimmtheit in dem denkenden Erkennen enthalten ist , so widerspricht demselben jener Formalismus und wird deswegen vom Denken aufgehoben . |

§ 467 Vor K a nt hat man bei uns keinen bestimmten | Unterschied zwischen Ve r s t a nd und Ve r nu n f t gemacht . Will man aber nicht in das die unterschiedenen Formen des reinen Denkens plumperweise verwischende vulgäre Bewußtseyn heruntersinken ; so muß zwischen Verstand und Vernunft d e r Unterschied festgesetzt werden , daß für die L e t z t e r e der Gegenstand das A n - u nd - f ü r - s ich b e s t i m mt e , Id ent it ä t des I n h a lt s und der For m , des A l l g e me i nen und des B e s ond e r e n ist , – für den E r s t e r e n hingegen in die Form und den Inhalt , in das Allgemeine und das Besondere , in ein leeres A n - s ich und in die von außen an dieses herankommende B e s t i m m t he it zerfällt , – daß also im ve r s t ä nd i g e n Denken der I n h a lt gegen seine F or m g le ich g ü lt i g ist , während er im ve r nü n f t i g e n oder b e g r e i fe n d e n Erkennen a u s s ich s e l b e r seine Form he r vor b r i n g t . Obgleich aber der Ve r s t a nd den eben angegebenen Mangel an sich hat , so ist er doch ein nothwendiges Moment des vernünftigen Denkens . Seine Thätigkeit besteht überhaupt im A b s t r a h i r e n . Trennt er nun das Zu f ä l l i g e vom We s e nt l iche n ab , so ist er durchaus in seinem Rechte und erscheint als Das , was er in Wahrheit seyn soll . Daher nennt man Denjenigen , welcher einen wesentlichen Zweck verfolgt , einen Mann von Verstand . Ohne Verstand ist auch keine Charakterfestigkeit möglich , da zu dieser gehört , daß der Mensch an seiner

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zusätze

356–358

individuellen Wesenheit festhält . Jedoch kann der Verstand auch umgekehrt einer einseitigen Bestimmung die Form der Allgemeinheit geben und dadurch das Gegentheil des mit dem Sinn für das Wesentliche begabten , g e s u nd e n Me n s che nve r s t a nd e s werden . Das z we it e Moment des reinen Denkens ist das Ur t he i len . Die Intelligenz , welche als Ve r s t a nd die verschiedenen , in der concreten Einzelnheit des Gegenstandes unmittelbar vereinten a b s t r a c t e n B e s t i m mu n g e n a u s e i n a n d e r r e i ßt und vom G e g e n s t a n d e a b t r e n n t , geht nothwendig z u n ä ch s t dazu fort , den Gegenstand auf diese a l l g e m e i n e n D e n k| b e s t i m mu n g e n zu b e z ie he n , – ihn somit als Ve r h ä l t n i ß , – als einen objectiven Zusammenhang , – als eine Totalität zu betrachten . Diese Thätigkeit der Intelligenz nennt man häufig schon B e g r e i fe n , – aber mit Unrecht . Denn auf diesem Standpunkt wird der Gegenstand noch als ein G e g e b e ne s , – als etwas von einem A nd e r e n A bh ä n g i g e s , durch dasselbe B e d i n g t e s gefaßt . Die Umstände , welche eine Erscheinung bedingen , gelten hier noch für selbstständige Existenzen . Somit ist die Identität der aufeinander bezogenen Erscheinungen noch eine bloß i n ne r e und eben deshalb bloß ä u ß e r l iche . Der Begriff zeigt sich daher hier noch nicht in seiner eigenen Gestalt , sondern in der Form der b e g r i f f lo s e n No t h we nd i g ke it . Erst auf der d r it t e n Stufe des reinen Denkens wird der B e g r i f f a l s s olche r erkannt . Diese Stufe stellt also das e i g e nt l iche B e g r e i fe n dar . Hier wird das Allgemeine als sich selber besondernd und aus der Besonderung zur Einzelnheit zusammennehmend erkannt , – oder , – was Dasselbe ist , – das Besondere aus seiner Selbstständigkeit zu einem Momente des Begriffs herabgesetzt . Demnach ist hier das Allgemeine nicht mehr eine dem Inhalt äußerliche , sondern die wahrhafte , aus sich selber den Inhalt hervorbringende Form , – der sich selber entwickelnde Begriff der Sache . Das Denken hat folglich auf diesem Standpunkte keinen anderen Inhalt , als sich selber , – als seine eigenen , den immanenten Inhalt der Form bildenden Bestimmungen ; es sucht und fi ndet im Gegenstande nur sich selbst . Der Gegenstand ist daher hier vom Denken nur dadurch unterschieden , daß er die Form des S e y n s , des F ü r - s ich - B e s t e he n s hat . Somit steht das Denken hier zum Object in einem vollkommen freien Verhältnisse . In diesem , mit seinem Gegenstande identischen Denken erreicht die Intelligenz ihre Vol le n d u n g , ihr Z ie l ; denn nun i s t sie in der T h a t Das , was sie in ihrer Unmittelbarkeit nur seyn s ol l t e , – die s ich w i s s e nd e Wa h r he it , die s ich s e l b s t | e r ke n ne nd e Ve r nu n f t . Das W i s s e n macht jetzt die Subje c t iv it ä t der Vernunft aus , und die o bje c t ive Vernunft ist als W i s s e n gesetzt . Dies gegenseitige Sichdurchdringen der denkenden Subjectivität und der objectiven Vernunft ist das Endresultat der Entwicklung des theoretischen Geistes

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358–360

zu §§ 467–469

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durch die dem reinen Denken vorangehenden Stufen der Anschauung und der Vorstellung hindurch . § 468

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Das reine Denken ist zunächst ein unbefangenes , in die Sache versenktes Verhalten . Dies Thun wird aber nothwendig auch s ich s e l b s t g e g e n s t ä nd l ich . Da das begreifende Erkennen im Gegenstande absolut b e i s ich s e l b e r ist , so muß es erkennen , daß s e i ne Bestimmungen Bestimmungen der S a che , und daß umgekehrt die o b j e c t i v giltigen , s e ye n d e n Bestimmungen s e i ne Bestimmungen sind . Durch diese E r i n ne r u n g , – durch dies I n - s ich - g e he n der Intelligenz wird dieselbe zum W i l le n . Für das gewöhnliche Bewußtseyn ist dieser Uebergang allerdings nicht vorhanden ; der Vorstellung fallen vielmehr das Denken und der Wille auseinander . In Wahrheit aber ist , wie wir so eben gesehen haben , das D e n ke n d a s s ich s e l b s t z u m W i l le n B e s t i m me nd e , und bleibt das E r s t e r e die Su b s t a n z des Letzteren ; so daß ohne Denken kein Wille seyn kann und auch der ungebildeteste Mensch nur insofern Wille ist , als er gedacht hat , – das Thier dagegen , weil es nicht denkt , auch keinen Willen zu haben vermag . | § 469

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Die I nt e l l i g e n z hat sich uns als der aus dem Objecte i n s ich g e he nd e , in ihm s ich e r i n n e r nd e und seine I n n e r l i ch ke it für das Obje c t ive erkennende Geist erwiesen . Umgekehrt geht nun der W i l le auf die O bje c t iv i r u n g seiner | noch mit der Form der Subjectivität behafteten Innerlichkeit aus . Wir haben diese Aeußerlichmachung jedoch hier , – in der Sphäre des s u bje c t ive n Geistes , – nur bis zu dem Punkte zu verfolgen , wo die wollende Intelligenz zum o bje c t ive n G e i s t e wird , – das heißt , – bis dahin , wo das Product des Willens aufhört , bloß der G e nu ß zu seyn , und anfängt , T h a t und H a nd lu n g zu werden . Der Entwicklungsgang des praktischen Geistes ist nun im Allgemeinen folgender . Zunächst erscheint der Wille in der Form der Un m it t e l b a r ke it ; er hat sich noch nicht als frei und objectiv bestimmende Intelligenz g e s e t z t , sondern f i nd e t sich nur als solches objectives Bestimmen . So ist er 1) pr a k t i s che s G e f ü h l , hat einen e i n z e l n e n Inhalt und ist selbst u n m it t e l b a r e i n z e l n e r , 26 seyn] seyu

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zusätze

360–361 . 364–365

s u bje c t ive r Wille , der sich zwar , wie so eben gesagt , als objectiv bestimmend fühlt , aber des von der Form der Subjectivität befreiten , w a h r h a f t obje c t i ve n , a n - u nd f ü r s ich a l l g e me i ne n Inhalts noch entbehrt . Deshalb ist der Wille zunächst nur a n s ich oder seinem B e g r i f fe nach , frei . Zur Id e e der Freiheit gehört dagegen , daß der Wille seinen B e g r i f f , – die F r e i he it s e l b e r , – zu seinem Inhalte oder Zwecke macht . Wenn er Dies thut , wird er o bje c t ive r Geist , baut sich eine Welt seiner Freiheit auf und giebt somit seinem wahrhaften Inhalte ein selbstständiges Daseyn . Zu diesem Ziele gelangt aber der Wille nur dadurch , daß er seine Einzelnheit abarbeitet , – daß er seine in dieser nur a n s ich seyende Allgemeinheit zum a n - u nd f ü r s ich allgemeinen Inhalte entwickelt . Den n ä ch s t e n Schritt auf diesem Wege thut der Wille , indem er 2) als Tr ie b dazu fortgeht , die im Gefühl nur g e g e b e ne Uebereinstimmung seiner innerlichen Bestimmtheit mit der Objectivität zu einer solchen zu machen , die erst durch ihn g e s e t z t werden s ol l . Das Weitere besteht 3) darin , daß die b e s ond e r e n Triebe | einem A l l g e me i ne n , – der G lück s e l i g ke it , – untergeordnet werden . Da dies Allgemeine aber nur eine Re f le x ion s - A l l g e m e i n he it ist , – so bleibt dasselbe etwas dem Besonderen der Triebe Aeußerliches und wird nur durch den ganz abstract einzelnen Willen , – durch die W i l l k ü r , – auf jenes Besondere bezogen . Sowohl das u n b e s t i m m t e A l l g e me i ne der Glückseligkeit , wie die u n m it t e l b a r e B e s on d e r h e it der Triebe und die a b s t r a c t e E i n z e l n he it der Willkür sind in ihrer gegenseitigen Aeußerlichkeit etwas Unwahres , und gehen deshalb in den , das conc r e t A l l g e me i ne , den Begriff der Freiheit , wollenden Willen zusammen , welcher , wie schon bemerkt , das Ziel der Entwicklung des praktischen Geistes bildet . |

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§ 472 Obgleich im praktischen Gefühl der Wille die Form der e i n f a che n Id e nt i t ä t mit sich selber hat ; so ist in dieser Identität doch schon die D i f fe r e n z vorhanden ; denn das | praktische Gefühl weiß sich zwar einerseits als o bje c t ivg i lt i g e s S e l b s t b e s t i m men , als ein A n - u nd - f ü r - s ich - b e s t i m m t e s , zugleich aber andererseits als u n m it t e l b a r o d e r von a u ß e n b e s t i m m t , als der ihm f r e m d e n Bestimmtheit der A f fe c t ione n unterworfen . Der f ü h le nd e Wille ist daher das Vergleichen seines von außen kommenden , unmittelbaren Bestimmtseyns , mit seinem durch seine eigene Natur gesetzten Bestimmtseyn . Da das Letztere die Bedeutung D e s s e n hat , was seyn s ol l ; so macht der Wille an die Affection die Forderung , mit jenem übereinzustimmen .

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365–366

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zu §§ 469 und 472

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Diese Uebereinstimmung ist das A n g e ne h m e , – die Nichtübereinstimmung das Un a n g e neh me . Weil aber jene innere Bestimmtheit , auf welche die Affection bezogen wird , eine selbst noch u n m it t el b a r e , meiner n a t ü r l ichen E i n z el n he it angehörige , noch s u bje c t ive , nur g e f ü h l t e ist ; so kann das durch jene Beziehung zu Stande kommende Ur t he i l nur ein ganz o b e r f l ä ch l iche s und z u f ä l l i g e s seyn . Bei w icht i g e n Dingen erscheint daher der Umstand , daß mir Etwas a n g e ne h m oder u n a n g e ne h m ist , als höchst gleichgültig . Das praktische Gefühl erhält jedoch noch we it e r e Bestimmungen , als die eben besprochenen oberflächlichen . Es giebt nämlich z we it e n s Gefühle , welche , – da ihr Inhalt von der A n s ch a uu n g oder von der Vor s t e l lu n g herkommt , – das Gefühl des Angenehmen oder Unangenehmen an Bestimmtheit über treffen . Zu dieser Klasse von Gefühlen gehört , zum Beispiel , das Ve r g nü g e n , die F r eud e , die Hof f nu n g , die F u r cht , die A n g s t , der S ch me r z u . s . w . – Die F r e ud e besteht in dem Gefühl des einzelnen Zustimmens meines An-und-für-sich-bestimmtseyns zu einer einzelnen Begebenheit , einer Sache oder Person . – Die Zu f r ie d e n he it dagegen ist mehr eine d a ue r nd e , r u h i g e Zustimmung ohne Intensität . – In der He it e r ke it zeigt sich ein lebhafteres Zustimmen . – Die F u r cht ist das Gefühl meines Selbstes und zugleich eines , mein | Selbstgefühl zu zerstören drohenden Uebels . – Im S ch r e cke n empfi nde ich die plö t z l iche Nicht übereinstimmung eines Aeußerlichen mit meinem positiven Selbstgefühl . Alle diese Gefühle haben keinen ihnen i m m a n e n t e n , zu ihrer e i g e n t hü m l iche n Natur gehörenden I n h a l t ; derselbe kommt in sie von a u ß e n . Endlich entsteht eine d r it t e Art von Gefühlen dadurch , daß auch der aus dem D e n ke n stammende , substanzielle Inhalt des Re cht l iche n , Mor a l i s che n , S it t l iche n und Re l i g iö s e n in den fühlenden Willen aufgenommen wird . Indem Dies geschieht , bekommen wir mit Gefühlen zu thun , die sich durch den , ihnen e i g e n t hü m l iche n I n h a l t von einander unterscheiden und durch diesen ihre Berechtigung erhalten . – Zu dieser Klasse gehört auch die S ch a m und die Re ue ; denn beide haben in der Regel eine sittliche Grundlage . – Die Re ue ist das Gefühl der Nichtübereinstimmung meines Thuns mit meiner P f l icht oder auch nur mit meinem Vor t he i l , – in jedem Falle also , – mit etwas An-und-für-sich-bestimmtem . Wenn wir aber gesagt haben , daß die zuletzt besprochenen Gefühle einen , ihnen eigenthüm lichen Inhalt haben ; so darf Dies nicht so verstanden werden , als ob der rechtliche , sittliche und religiöse Inhalt no t h we nd i g im Gefühle 20 zerstören] zerstörenden

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zusätze

366–368

wäre . Daß jener Inhalt mit dem Gefühle nicht unzertrennlich verwachsen ist , – Das sieht man empirischerweise daraus , daß selbst über eine gute That Reue empfunden werden kann . Es ist auch durchaus nicht absolut nothwendig , daß ich bei der Beziehung meiner Handlung auf die Pflicht in die Unruhe und Hitze des Gefühls gerathe ; ich kann vielmehr jene Beziehung auch im vorstellenden Bewußtseyn abmachen und somit bei der ruhigen Betrachtung die Sache bewenden lassen . Ebenso wenig braucht bei der oben besprochenen zweiten Art von Gefühlen der Inhalt in das Gefühl einzudringen . Ein besonnener Mensch , – ein großer Charakter , – kann Etwas | seinem Willen gemäß fi nden , ohne in das Gefühl der Freude auszubrechen , – und umgekehrt ein Unglück erleiden , ohne dem Gefühl des Schmerzes sich hinzugeben . Wer solchen Gefühlen anheimfällt , Der ist mehr oder weniger in der Eitelkeit befangen , eine besondere Wichtigkeit darauf zu legen , daß gerade Er , – dieses besondere Ich , – entweder ein Glück oder ein Unglück erfährt .

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§ 473 Im praktischen Gefühl ist es zufällig , ob die unmittelbare Affection mit der inneren Bestimmtheit des Willens übereinstimmt oder nicht . Diese Zu f ä l l i g ke it , – dies A b h ä n g i g s e y n von einer ä u ß e r e n Objectivität , – widerspricht dem sich als das An-und-für-sich-bestimmte erkennenden , die Objectivität in seiner Subjectivität enthalten wissenden Willen . Dieser kann deshalb nicht dabei stehen bleiben , seine immanente Bestimmtheit mit einem Aeußerlichen zu ve r g le iche n und die Uebereinstimmung dieser beiden Seiten nur zu f i nd e n , – sondern er muß dazu fortschreiten , die Objectivität als ein Mo| m e n t seiner Selbstbestimmung zu s e t z e n , jene Uebereinstimmung , – seine Befriedigung , – also selber h e r vo r z u b r i n g e n . Dadurch entwickelt sich die wollende Intelligenz zum Tr ie b e . Dieser ist eine subjective Willensbestimmung , die sich selber ihre Objectivität giebt . Der Trieb muß von der bloßen B e g ie r d e unterschieden werden . Die L e t z t e r e gehört , wie wir § . 426 gesehen haben , dem S e l b s t b e w u ßt s e y n an und steht somit auf dem Standpunkt des noch n icht ü b e r w u nd e ne n Gegensatzes zwischen dem Subjectiven und dem Objectiven . Sie ist etwas E i n z e l ne s und sucht nur das E i n z e l n e zu einer e i n z e l n e n , augenblicklichen Befriedigung . Der Tr ie b hingegen , – da er eine Form der wol le n d e n I nt e l l i g e n z ist , – geht von dem a u f g e ho b e ne n Gegensatze des Subjectiven und des Objectiven aus , und umfaßt eine Re i he von Befriedigungen , – somit etwas G a n z e s , A l l g e me i ne s . Zugleich ist jedoch der Trieb , – als von der E i n z e l n he it des

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368 . 371

zu §§ 472–475

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praktischen Gefühls herkommend und nur die e r s t e Negation derselben bildend , – noch etwas B e s ond e r e s . Deshalb erscheint der Mensch , – insofern er in die Triebe versunken ist , – als unfrei . |

§ 475 5

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Selbst im reinsten rechtlichen , sittlichen und religiösen Willen , der nur seinen B e g r i f f , die F r e i he it , zu seinem Inhalte hat , liegt zugleich die Vereinzelung zu einem D ie s e n , zu einem N a t ü r l i ch en . Dieß Moment der E i n z el n he it muß in der Ausführung auch der objectivesten Zwecke seine Befriedigung erhalten ; ich als dieses Individuum will und soll in der Ausführung des Zwecks nicht zu Grunde gehen . Dieß ist mein I nt e r e s s e . Dasselbe darf mit der S el b s t s ucht nicht verwechselt werden ; denn diese z ie ht ihren besonderen Inhalt dem objectiven Inhalte vor .

zeichen , siglen , abkürzungen

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Z EICH EN , SIGLEN , A BKÜ RZU NGEN

Sper rd r uck Kursivdruck Seitenzahlen auf dem Rande | / [] ] die1 r, v 59a 22M

Hervorhebung im Original Herausgeberrede Paginierung des Originals neue Seite im Original im Apparat : Neuer Absatz Abgrenzung der Varianten aus der Nachschrift Walter gegenüber der Nachschrift Erdmann Abgrenzung des Lemmas tiefgestellte Ziffern im Apparat geben bei öfterem Vorkommen des gleichen Wortes in einer Zeile die Reihenfolge an geben als Abkürzungen von recto und verso an , ob es sich um die Vorderoder Rückseite eines Blattes handelt gibt bei Seitenangaben die Doppelzählungen von Blättern an Angaben im textkritischen Apparat , die sich auf die Zeilennummer der auf dem Rande dargestellten Marginalien der Nachschrift Stolzenberg beziehen

Im Variantenapparat bzw . auf dem Rande werden folgende Siglen verwandt : Sg ; Sg Er ; Er Wl ; Wl Hk ; Hk

Nachschrift Stolzenberg Nachschrift Erdmann Nachschrift Walter Nachschrift Hueck