Verbundene Geschäfte: Möglichkeiten einer Einordnung in die Zivilrechtsdogmatik, dargestellt am Beispiel drittfinanzierter Erwerbsgeschäfte [1 ed.] 9783428501762, 9783428101764

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Verbundene Geschäfte: Möglichkeiten einer Einordnung in die Zivilrechtsdogmatik, dargestellt am Beispiel drittfinanzierter Erwerbsgeschäfte [1 ed.]
 9783428501762, 9783428101764

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MICHAEL TRÖSTER

Verbundene Geschäfte

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 250

Verbundene Geschäfte Möglichkeiten einer Einordnung in die Zivilrechtsdogmatik, dargestellt am Beispiel drittfinanzierter Erwerbsgeschäfte

Von Michael Tröster

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Tröster, Michael: Verbundene Geschäfte : Möglichkeiten einer Einordnung in die Zivilrechtsdogmatik, dargestellt am Beispiel drittfinanzierter Erwerbsgeschäfte / Michael Tröster. Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum bürgerlichen Recht ; Bd. 250) Zugl.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10176-6

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-10176-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier

entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Die Arbeit lag im Wintersemester 1999/2000 der juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Begutachtung vor. Schrifttum und Rechtsprechung sind bis Ende 1999 berücksichtigt. Das Thema verdanke ich einer Anregung von Herrn Prof. Dr. Max Vollkommer, der als Leiter des Instituts für Zivilrecht und Zivilprozeßrecht die Entstehung der Arbeit mit zahlreichen Hinweisen auf neueste Rechtsprechung und Schrifttum wohlwollend begleitet hat. Ebenso bin ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Reinhard Greger zu großem Dank verpflichtet. Viele unserer nicht nur über juristische Themen geführten Gespräche während meiner Tätigkeit als Assistent an seinem Lehrstuhl, welcher noch tief im Geiste seines „Urinhabers" Herrn Prof. Dr. Karl Heinz Schwab verwurzelt ist, werden mir unvergeßlich bleiben. Danken will ich auch meiner Ehefrau Ingrid, welche mir aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen als im Kreditbereich tätige Bankkauffrau das nötige Verständnis für die praktischen Abläufe bei der Gewährung eines Finanzierungsdarlehens vermittelt hat und nicht zuletzt durch ihren „seelischen" Zuspruch die Fertigstellung dieser Arbeit mitgetragen hat. Schließlich will ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mir das Studium der Rechtswissenschaften und damit die Grundlage für diese Arbeit erst ermöglicht haben. Auch Herrn Dr. Albrecht Bender und Frau Prof. Dr. Dorothea Assmann, die mir stets ansprechbare kritische Diskussionspartner waren, möchte ich namentlich meinen Dank aussprechen. Trotz Kenntnis der von Prof. Dr. Friedrich-Christian Schröder in seiner Glosse in JZ 2000, S. 353 geäußerten Ansicht, möchte ich Herrn Prof. Dr. Mathias Rohe ausdrücklich für die äußerst zügige Zweitkorrektur danken. Eine dienstliche Verpflichtung kann durchaus in sehr unterschiedlicher Art und Weise verrichtet werden; wie sie von Herrn Prof. Dr. Rohe erbracht wurde, hat ausdrücklichen Dank verdient. Nicht versäumen will ich zudem, Herrn Prof. Dr. h. c. Norbert Simon für die Aufnahme der Arbeit in die Schriften zum Bürgerlichen Recht und der Schmitz-Nüchterlein-Stiftung für den mir gewährten großzügigen Druckkostenzuschuß zu danken. Dem Leser wünsche ich nunmehr eine anregende Lektüre.

Kobe/Japan, im September 2000

Michael Tröster

Inhaltsverzeichnis Einleitung Α. Die Entstehung der „verbundenen Geschäfte" B. Rechtliche Problemstellung und Gang der Untersuchung

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Erster Teil

Geschichte und aktuelle Situation § 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf A. Die anfängliche Rechtsprechung bis Ende der 1960er Jahre I. Geltendmachung von Einwendungen aus dem Darlehensvertrag II. Geltendmachung von Einwendungen aus demfinanzierten Geschäft III. „Wirtschaftliche Einheit" als Voraussetzung für das Eingreifen von Schutzmechanismen 1. Die anfängliche Rechtsprechung des BGH zur wirtschaftlichen Einheit von 1951-1967 a) Wirtschaftliche Einheit und Anwendung des AbzG auf drittfinanzierte Abzahlungsgeschäfte b) Wirtschaftliche Einheit und Anfechtbarkeit des Darlehensvertrages nach §123 Abs. 2 BGB c) Wirtschaftliche Einheit und Einwendungsdurchgriff 2. Die wirtschaftliche Einheit in den Entscheidungen aus dem Jahre 1967 IV. Zwischenbilanz zu A Β. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung in den 1970er Jahren I. Die „Subjektivierung" der wirtschaftlichen Einheit im Jahre 1971 II. Die Rechtsprechung zufinanzierten Abzahlungsgeschäften nach 1971 .... 1. Die wirtschaftliche Einheit 2. Der Einwendungsdurchgriff 3. Ansprüche des Käufers aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung 4. Anfechtung des Darlehensvertrages nach § 123 Abs. 2 BGB III. Zwischenbilanz zu Β C. Die Rechtsprechung des BGH unter Zugrundelegung des AbzG seit 1980 I. Die wirtschaftliche Einheit II. Das Rechtsinstitut des Einwendungsdurchgriffs III. Schadensersatzpflicht des Kreditgebers aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung IV. Widerrufsrecht nach § lb AbzG V. Zwischenbilanz zu C D. Zusammenfassung und Ergebnis zu § 1

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Inhaltsverzeichnis

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen 48 A. § 9 VerbrKrG 49 I. Die Voraussetzungen eines „verbundenen Geschäfts" 49 1. Die wirtschaftliche Einheit 49 51 a) Zur Bedeutung subjektiver Merkmale aa) Ansichten in der Literatur 51 bb) Ansichten in der Rechtsprechung unter Geltung des VerbrKrG 54 cc) Stellungnahme 56 b) Fallgruppen einer wirtschaftlichen Einheit 59 aa) Wirtschaftliche Einheit nach dem gesetzlichen Regelbeispiel .. 59 ( 1 ) Vertragliche Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber 61 (2) Faktische Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kredit62 geber ohne Rahmenvertrag bb) Wirtschaftliche Einheit außerhalb des Regelbeispiels des § 9 Abs.IS.2VerbrKrG 64 (1) Wirtschaftliche Einheit aus dem Verhältnis zwischen Verbraucher und Kreditgeber 64 (2) Mögliche Fälle eines Ausschlusses des Verbrauchers von der Dispositionsfreiheit über die Darlehensvaluta 67 c) Zusammenfassung zu 1 68 68 2. Die Zweckbestimmung des Darlehens a) Ansichten in der Literatur 68 b) Stellungnahme 70 c) Zusammenfassung zu 2 72 72 3. Zusammenfassung und Ergebnis zu 1 II. Die rechtlichen Auswirkungen eines „verbundenen Geschäfts" 74 1. Der Widerruf des Kreditvertrages und seine Folgen (§§7 Abs. 1,9 Abs. 2 VerbrKrG) 75 a) Regelungsbereich des § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG 75 b) Adressat der Widerrufserklärung 78 c) Rückabwicklung nach erfolgtem Widerruf, § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG 79 aa) Widerruf vor Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer 79 bb) Widerruf nach Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer 80 82 2. Der Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG 3. Der Rücktritt des Kreditgebers und seine Auswirkungen, § 13 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 2 VerbrKrG 84 4. Ergebnis zu II 85 B. § 6 Abs. 2 TzWrG 86 I. Die Voraussetzungen eines „verbundenen Geschäfts" 87 1. Die wirtschaftliche Einheit 87 2. Die Zweckbestimmung des Darlehens 87 3. Zusammenfassung und Ergebnis zu 1 88 II. Die rechtlichen Auswirkungen 90

Inhaltsverzeichnis

1. Der Widerruf des Teilzeitnutzungsvertrages und seine Folgen, §§ 5, 6 TzWrG 90 a) Regelungsbereich des § 6 TzWiG 90 b) Ausübung des Widerrufsrechts 91 c) Rückabwicklung nach erfolgtem Widerruf, § 6 Abs. 2 S. 3 i. V. m. Abs. 1 S. 2, 3 TzWrG 93 2. Der Einwendungsdurchgriff 94 C. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen zu § 2 94 I. Zusammenfassung 94 II. Rechtsdogmatische Schlußfolgerungen 97 1. Der,.rechtsgeschäftliche Verbund" 98 2. Würdigung der gesetzlichen Regelungen 99 a) Die Gestaltung der Widerrufsrechte 99 b) Der Einwendungsdurchgriff 101 c) Die Regelungen des § 13 Abs. 3, Abs. 2 VerbrKrG 101 102 3. Ergebnis zu II Zweiter Teil

Möglichkeiten einer rechtlichen Neuordnung §1 Die rechtsdogmatische Einordnung verbundener Geschäfte A. Rechtstypologische Einordnung I. Der Begriff des Vertragstypus und die Zuordnungsproblematik 1. Typische Verträge 2. Bestimmung eines gesetzlichen Vertragstypus 3. Atypische Verträge 4. Die Einordnung konkret-realer Verträge II. Die Einordnung der verbundenen Geschäfte 1. Ansichten in der Literatur 2. Stellungnahme III. Rechtstypologische Beschreibung und Schlußfolgerungen 1. Rechtstypologische Beschreibung 2. Schlußfolgerungen IV. Ergebnis zu A Β. Die rechtliche Ausgestaltung der Drittbeteiligung innerhalb eines verbundenen Geschäfts I. Ansichten in der Literatur 1. Verbundene Geschäfte als dreiseitige Austauschverträge 2. Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte 3. Die Netzverträge 4. Würdigung der Literaturansichten II. Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten 1. Erweiterung auf der Schuldnerseite a) Schuldübernahme b) Schuldmitübernahme (Schuldbeitritt) 2. Erweiterung auf der Gläubigerseite

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Inhaltsverzeichnis

a) Vertrag zugunsten Dritter 122 b) Forderungsabtretung 124 III. Die rechtliche Konstellation innerhalb eines verbundenen Geschäfts 124 1. Schuldbeitritt 124 2. Schuldübernahme 125 3. Forderungsabtretung 125 4. Vertrag zugunsten Dritter 126 5. Ergebnis 128 C. Die synallagmatische Verknüpfung der Leistungspflichten nach der zugrundegelegten Konstellation 131 I. Der Begriff „Synallagma" 131 II. Erscheinungsformen des Synallagmas 132 1. Das genetische Synallagma 132 132 2. Das konditioneile Synallagma 3. Das funktionelle Synallagma 132 III. Anwendungsbereich 133 IV. Struktur der Leistungspflichten innerhalb eines verbundenen Geschäfts ... 133 133 1. Nach der überwiegend zu § 9 VerbrKrG vertretenen Ansicht 2. Nach der hier zugrunde gelegten Konstellation 134 137 D. Ergebnis zu §1 § 2 Rechtliche Konsequenzen aus der dogmatischen Einordnung im Vergleich zur Regelung des § 9 VerbrKrG 138 138 A. Rechtsfolgen bei NichtZustandekommen oder Nichtigkeit der Verträge I. Auswirkungen auf das verbundene Geschäft 138 1. Nach dem hier vertretenen Ansatz 139 2. Nach den zu § 9 VerbrKrG vertretenen Meinungen 140 a) NichtZustandekommen eines Vertrages 140 141 b) Nichtigkeit eines Vertragsverhältnisses II. Rückabwicklung in derartigen Fällen 142 1. Nach der hier vertretenen Ansicht 142 2. Nach den zu § 9 VerbrKrG vertretenen Ansichten 142 a) Rückabwicklung bei Unwirksamkeit beider Vertrags Verhältnisse ... 143 b) Rückabwicklung bei Unwirksamkeit des Finanzierungsvertrages ... 143 c) Rückabwicklung bei Unwirksamkeit des Erwerbsvertrages 144 d) Besonderheiten der Rückabwicklung nach einem Widerruf gem. § 7 Abs. 1 VerbrKrG oder §5 TzWrG 144 aa) Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung 145 bb) Analogie zu §9 Abs.2S. 4 VerbrKrG 146 B. Rechtsfolgen von Leistungsstörungen nach dem wirksamen Entstehen beider Verträge 147 I. Nach dem hier vertretenen Ansatz 147 1. Unmöglichkeit einer Leistungspflicht 148 a) Von keinem Beteiligten zu vertretende Unmöglichkeit 149 b) Vom Veräußerer zu vertretende Unmöglichkeit 150 aa) Schadensersatz wegen Nichterfüllung 150 bb) Rücktritt 151 cc) Abstandnahme vom Vertrag 153 c) Vom „anderen Teil" zu vertretende Unmöglichkeit 154

Inhaltsverzeichnis

2. Verzug 154 a) Verzug des Veräußerers 155 b) Verzug des Finanzierers 156 c) Verzug des Erwerbers 157 d) Annahmeverzug 159 3. Mangelhaftigkeit 160 a) Rechtslage vor der Wahl eines bestimmten Gewährleistungsrechts . 161 b) Rechtslage nach der Wahl eines bestimmten Gewährleistungsrechts 162 aa) Wandelung 162 bb) Minderung 163 cc) Ersatzlieferung, Nachbesserung 163 dd) Schadensersatz wegen Nichterfüllung 164 c) Rückabwicklungsprobleme nach einer Wandelung 165 166 II. Nach den zu § 9 VerbrKrG vertretenen Meinungen C. Zusammenfassung und Ergebnis zu § 2 169 Endergebnis A. Zusammenfassung B. Fazit

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Literaturverzeichnis

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S ach Wortverzeichnis

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Einleitung Α. Die Entstehung der „verbundenen Geschäfte" Die in der Wirtschaft zunehmend voranschreitende Spezialisierung der Unternehmen infolge eines stetig härteren Wettbewerbs tritt in der Praxis in den unterschiedlichsten Formen zum Vorschein. Als eine Folge daraus entwickelt sich eine immer breiter gefächerte Arbeitsteilung unter den Teilnehmern am Wirtschaftsleben. Diese Entwicklung bleibt nicht etwa auf die Produktion beschränkt, sondern erfaßt auch andere Bereiche wie etwa den Warenvertrieb 1. Unter letzteren können auch die verschiedenen Finanzierungsvarianten zur Steigerung des Warenabsatzes gezählt werden. Entsprechend der zum Ausgang des 19. Jahrhunderts üblichen Formen der Absatzfinanzierung gingen die Regelungen des 1894 in Kraft getretenen Abzahlungsgesetzes noch streng von zweiseitigen Finanzierungsmodellen zwischen Verkäufer und Käufer aus. Daher enthielt das AbzG auch nur eine Regelung für den sogenannten „einfachen" Abzahlungskauf. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, daß der Käufer unter Modifizierung seiner kaufvertraglichen Pflichten aus § 433 BGB die Ware sofort erhält, den Kaufpreis aber nicht sogleich in vollem Umfang, sondern in Raten (Teilzahlungen) zu entrichten hat. Der Verkäufer behält sich in der Regel zur Sicherheit das Eigentum an der Kaufsache bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises gem. § 455 BGB vor. Um die Finanzierungskosten für den nicht sofort erhaltenen Kaufpreis zu decken, übersteigt die Summe der Teilzahlungen regelmäßig den Barzahlungspreis, so daß im Ergebnis der Verkäufer dem Käufer einen entgeltlichen Kredit gewährt. Mithin hat der Verkäufer beim „einfachen" Abzahlungskauf eine Doppelstellung: er ist Verkäufer und Kreditgeber in einem. Die Rechtsprechung zu „verbundenen Geschäften" wurde erst durch eine drastische Änderung des Konsumverhaltens im Laufe der folgenden Jahrzehnte hervorgerufen 2. Vor allem das sogenannte „Wirtschaftswunder" der Nachkriegszeit hatte eine erhebliche Steigerung der Nachfrage, gerade auch nach hochwertigen Konsumgütern zur Folge. Die hohen Anschaffungskosten konnten jedoch von den Konsumenten häufig nicht mehr sofort aufgebracht werden. Allerdings wollten diese die 1 Zu den Formen der „lean-production" bzw. „lean-distribution" vgl. die eingehende Analyse von Lange, Das Recht der Netzwerke. 2 Eine ausführliche Darstellung der historischen Entwicklung des Konsumentenkredits findet sich bei Diirbeck, Der Einwendungsdurchgriff nach § 9 Absatz 3 Verbraucherkreditgesetz, S.4ff.

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Einleitung

gekauften Sachen alsbald nutzen. Aufgrund der sprunghaft gestiegenen Nachfrage, wie sie für die moderne Konsumgesellschaft kennzeichnend ist, waren die Verkäufer bald nicht mehr in der Lage, das zur Finanzierung der Abzahlungskäufe benötigte Kapital aufzubringen. Von seiten der Wirtschaft wurde deshalb nach Möglichkeiten gesucht, dieser veränderten Marktlage mit neuartigen Finanzierungsmodellen gerecht zu werden. In der Folge ging man daher dazu über, die Finanzierung der Abzahlungsgeschäfte auf Dritte (in der Regel Finanzierungsbanken) zu übertragen. Dieser sogenannte „finanzierte Abzahlungskauf' verdrängte innerhalb kürzester Zeit beinahe vollständig den einfachen Abzahlungskauf. Letztlich war dies ein Resultat der rasant fortschreitenden Spezialisierung der Wirtschaftsunternehmen, wodurch zunehmend Leistungen von verschiedenen Unternehmen im arbeitsteiligen Zusammenwirken erbracht wurden. Von den entwickelten Finanzierungsmodellen sind vor allem die sogenannten A-, B- und C-Geschäfte 3 zu nennen. Das Α-Geschäft war dadurch gekennzeichnet, daß die zur Finanzierung eingeschaltete Bank an ihre Kreditnehmer gegen Übernahme einer Ratenzahlungsverpflichtung Warengutscheine verteilte, die bei bestimmten Verkäufern eingelöst werden konnten. Zwischen den die Gutscheine akzeptierenden Verkäufern und der Bank bestanden entsprechende vertragliche Vereinbarungen, wonach die Verkäufer nach Erteilung des Warengutscheins durch die Bank einen Vertrag mit dem Käufer abschlossen und umgekehrt gegen Vorlage des Gutscheins bei der Bank den Kaufpreis vergütet bekamen. Beim C-Geschäft akzeptierte der Käufer vom Verkäufer zugunsten eines bestimmten Finanzierungsinstituts in Höhe der einzelnen Kaufpreisraten ausgestellte Wechsel. Das B-Geschäft war dadurch gekennzeichnet, daß der Kreditgeber und der Verkäufer aufgrund eines zugrundeliegenden Rahmenvertrages dauerhaft und planmäßig mit dem Ziel gegenseitiger Absatzförderung zusammenarbeiteten. Kaufvertrag und Darlehensantrag wurden dem Käufer in der Regel gemeinsam vom Verkäufer vorgelegt. Die Darlehensvaluta, die meist aufgrund unwiderruflicher Anweisung direkt an den Verkäufer ausgezahlt wurde, diente dabei der Befriedigung der Kaufpreisverbindlichkeit. Der Käufer war verpflichtet, den Kreditbetrag nebst Zinsen und Bearbeitungsgebühr an den Kreditgeber zurückzuzahlen. Der Kreditgeber sicherte sich seinen Darlehensrückzahlungsanspruch dadurch, daß er sich den Kaufgegenstand vom Käufer zur Sicherung übereignen ließ und den Verkäufer häufig für mögliche Zahlungsausfälle des Verbrauchers zur Mithaftung für die Darlehensschuld verpflichtete. Diese Verpflichtung konnte etwa durch die Einräumung einer Bürgschaft oder durch eine Schuldmitübernahme geschehen4. Unter den zum finanzierten Abzahlungskauf entwickelten Modellvarianten setzte sich rasch der Typ des B-Geschäfts durch.

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Näher zum A- und C-Geschäft vgl. Bülow, Heidelberger Kommentar zum Verbraucherkreditgesetz, §9 Rdnr. 16 ff. 4 Vgl. zum „B-Geschäft" auch Seibert, Handbuch zum Verbraucherkreditgesetz, §9 Rdnr. 1.

Einleitung

Β. Rechtliche Problemstellung und Gang der Untersuchung Rechtliche Probleme bereitete beim Β-Geschäft der Umstand, daß aus dem zuvor zwischen zwei Personen (Käufer und Verkäufer) bestehenden Abzahlungskauf nunmehr ein Drei-Personen-Verhältnis aus Verkäufer, Käufer und Kreditgeber entstanden war. Durch diese Vertragspraxis, durch die dem Käufer nunmehr zwei anstelle eines Vertragspartners gegenüberstanden, wurde der Käufer im Vergleich zum einfachen Abzahlungskäufer schlechter gestellt. Diese Schlechterstellung resultierte daraus, daß sich der zuvor rechtlich einheitliche Abzahlungskauf im Drei-PersonenVerhältnis des finanzierten Abzahlungskaufs in einen Kaufvertrag und einen Kreditvertrag aufspaltete. Die beiden Verträge wurden von der Rechtsprechung wohl aufgrund der im Schuldrecht geltenden Inter-partes Wirkung stets als rechtlich selbständig behandelt5. Der Käufer wurde daher bei einem B-Geschäft der Gefahr ausgesetzt, das Darlehen auch dann aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Kreditgeber vollständig zurückzahlen zu müssen, wenn der Kaufvertrag durch den Verkäufer überhaupt nicht oder nur mangelhaft erfüllt wurde. Aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse konnte der Käufer die aus dem Kaufvertrag resultierenden Einwendungen dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Kreditgebers aus dem Kreditvertrag selbst dann nicht entgegenhalten, wenn er beispielsweise wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz des Verkäufers gegen diesen seine Rechte nicht mehr durchzusetzen vermochte. In Erkenntnis dieses Problems zeigten sich in der Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf bereits frühzeitig Tendenzen, den Käufer vor den rechtlichen Nachteilen aus dem Abschluß derartiger Geschäfte zu schützen. In dem am 1.1.1991 in Kraft getretenen Verbraucherkreditgesetz reagierte schließlich auch der Gesetzgeber mit starker zeitlicher Verzögerung in § 9 unter der Überschrift „Verbundene Geschäfte" auf die Problematik. Dem folgte bereits am 1.1.1997 mit § 6 TzWrG über „Finanzierte Verträge" eine weitere Vorschrift zu diesem Problemkreis. Allgemein handelt es sich hierbei um ein grundlegendes Problem, das die Gemüter in Rechtsprechung und Lehre gleichermaßen über Jahrzehnte hinweg erhitzte: Wie sind derartige Drei-Personen-Verhältnisse in das - von wenigen Ausnahmen abgesehen - auf zweiseitige Rechtsgeschäfte zugeschnittene System des BGB einzugliedern? In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, allgemeingültige Aussagen für Drei-Personen-Verhältnisse in der Gestalt eines „verbundenen Geschäfts" zu erarbeiten. Insbesondere soll diesen ein möglicher Standort in der allgemeinen Systematik des Zivilrechts zugewiesen werden. Im ersten Teil der Arbeit sollen hierzu zunächst die von der Rechtsprechung zu dieser Thematik gewonnenen Ergebnisse und anschließend die gesetzlichen Regelungen einer näheren Betrachtung unterzogen 5 In den beimfinanzierten Abzahlungskauf verwendeten Formularverträgen wurde die rechtliche Unabhängigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag meist auch ausdrücklich hervorgehoben; vgl. hierzu etwa BGH NJW 1961, 164.

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Einleitung

werden. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit, daß jede dogmatische Betrachtung von festen, existenten Bezugspunkten auszugehen hat6. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob sich durch die gesetzlichen Regelungen dogmatische Fortschritte für die Behandlung von „verbundenen Geschäften" im Vergleich zur früheren Rechtslage ergeben haben. Im zweiten Teil der Arbeit werden zunächst die von den Beteiligten verfolgten Interessen analysiert. Sodann werden nach einer Darstellung der Literaturansichten, die unter Berücksichtigung der von den Parteien (wirtschaftlich) verfolgten Zwecke eine dogmatische Einordnung der verbundenen Geschäfte versucht haben, die rechtlichen Gestaltungsvarianten aufgezeigt, die eine Umsetzung der zuvor herausgearbeiteten Parteiinteressen ermöglichen. Dabei gilt es, das dem Parteiwillen am besten gerecht werdende Modell zu ermitteln. Die Auswirkungen der so gefundenen rechtlichen Struktur eines „verbundenen Geschäfts" werden dann anhand der möglichen Leistungsstörungen dargestellt und zum Vergleich der derzeit herrschenden Ansicht zu § 9 VerbrKrG gegenübergestellt. Abschließend soll ein Gesetzesvorschlag zur Einordnung derartiger Geschäfte in die Systematik des BGB gemacht werden.

6 Vgl. Simitis, Die Bedeutung von System und Dogmatik, AcP 172 (1972), 131,152f.: „Um des Stabilitätserfordemisses, mithin der Voraussehbarkeit und Kalkulierbarkeit rechtlicher Entscheidungen willen muß die Dogmatik von feststehenden Orientierungsgrößen ausgehen, gleichviel ob es sich um gesetzlichfixierte Normen oder in derrichterlichen Praxis entwickelte Prinzipien handelt. Alle Offenheit ändert also nichts an dem Zwang, von existenten Bezugspunkten aus zu operieren, nach ihrer Tragweite zu fragen und sich damit zugleich in der durch diese Anknüpfungselemente anvisierte Richtung zu bewegen. Die zur Verfügung stehenden Lösungsansätze sind insofern von vornherein begrenzt, dogmatische Innovation entwickelt sich am Schema der jeweils gegebenen Regelung."

Erster Teil

Geschichte u n d aktuelle Situation § 1 Die Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf Um die Voraussetzungen für das Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" festlegen zu können, empfiehlt es sich dort anzusetzen, wo die ursprünglichen „Wurzeln" derartiger Geschäfte zu finden sind: bei den finanzierten Abzahlungsgeschäften. Mit diesem Geschäftstyp hatte sich bereits das Reichsgericht1 zu befassen. Seit dieser Zeit hat sich eine schier unüberschaubare Vielzahl an Gerichtsentscheidungen aller Instanzen zu diesem Problemkreis angehäuft. Eine nähere Konkretisierung des Begriffs eines „verbundenen Geschäfts" setzt somit eine Analyse dieser Rechtsprechung voraus. Um einen Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung zu gewinnen, ist es allerdings ausreichend, die hierzu ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen einer näheren Betrachtung zu unterziehen.

A. Die anfängliche Rechtsprechung bis Ende der 1960er Jahre Um die als unbillig empfundenen Ergebnisse zu korrigieren, welche aus der Aufspaltung des zuvor einheitlichen Abzahlungskaufs in zwei getrennte Verträge resultierten, beschritt der BGH vom rechtlichen Ansatz her verschiedene Wege, mit dem Ziel, die Position des Käufers wieder an diejenige beim einfachen Abzahlungskauf anzunähern: Zum einen wurden Vorschriften des für einfache Abzahlungsgeschäfte geltenden AbzG auf finanzierte Abzahlungskäufe analog angewendet2. Zum anderen konnte der Verbraucher bestimmte Einwände gegen den Darlehensvertrag geltend machen, die aus der Person des Verkäufers resultierten 3. Schließlich wurde dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet, aus dem Kaufvertrag stammende Einwendungen unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Kreditgebers erheben zu können4.

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Vgl. RGZ 128, 251; RGZ 152, 283; hierzu sogleich näher unter AHI. Vgl. unten AHI 1 a (zu § 5 AbzG) und CIV (zu § lb AbzG). Vgl. näher unter AI. Hierzu näher unter All.

2 Tröster

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

I. Geltendmachung von Einwendungen aus dem Darlehensvertrag Als aus dem Darlehensvertrag selbst resultierende Einwendungen wurde die Anfechtung des Darlehensvertrages gem. § 123 Abs. 2 BGB wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer 5 sowie Schadenersatzansprüche aus culpa in contrahendo wegen der Bank zuzurechnenden Verhaltens des Verkäufers 6 bzw. wegen schuldhafter Pflichtverletzung durch die Bank selbst7 anerkannt. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung des Darlehensvertrages wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer waren, daß der Verkäufer die arglistige Täuschung im Hinblick auf das Zustandekommen des Darlehensvertrages begangen hatte. In diesen Fällen wurde der Verkäufer im Verhältnis zur Bank nicht als Dritter i. S. d. § 123 Abs. 2 BGB angesehen, wenn er beim Zustandekommen des Darlehensvertrages in der Weise mitgewirkt hatte, daß er den Darlehensantrag des Käufers an Stelle des Finanzierungsinstituts vermittelt hatte. Schadenersatzansprüche aus culpa in contrahendo gewährte der BGH dem Käufer gegenüber dem Kreditinstitut bei pflichtwidrig unterlassener Aufklärung des Käufers/Kreditnehmers durch die Bank über die besonderen Risiken eines finanzierten Kaufs 8, bei Nichtaufklärung über die Risiken der Abgabe einer fehlerhaften Empfangsbestätigung gegenüber der Bank9, oder bei Nichteinholung einer Warenempfangsbestätigung vom Käufer/Kreditnehmer vor Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer. Dem Darlehensgeber wurde also entgegen dem Grundsatz der Privatautonomie die Pflicht auferlegt, im Einzelfall Interessen der Gegenpartei, namentlich des Kreditnehmers, wahrzunehmen. Als Rechtsfolge aus der Zubilligung dieses Schadenersatzanspruches konnte letzterer gem. §249 S. 1 BGB Naturalrestitution, und damit die Befreiung von den Verbindlichkeiten des Darlehensvertrages verlangen 10. II. Geltendmachung von Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft Darüber hinaus wurde dem Käufer unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenannter Einwendungsdurchgriff zugebilligt. Hierunter ist das Recht zu verstehen, in den Fällen einer Nicht- oder Schlechterfüllung des Kaufvertrags durch den Verkäufer, die hieraus resultierenden Einwände auch gegenüber dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Kreditgebers, und damit im Kreditverhältnis geltend machen zu 5

Vgl. BGH NJW 1956, 705; NJW 1961,165f.; NJW 1967, 1027. Vgl. BGH NJW 1961, 164, 166; 166,168, für den Fall, daß der Verkäufer im Auftrag der Bank das Darlehensgesuch entgegennimmt und bei der Ausfüllung der Darlehensformulare behilflich zu sein hat („Gehilfe bei Vertrags Verhandlungen"). 7 Siehe hierzu die unter Fn. 8, 9 zitierten Entscheidungen. 8 Vgl. BGH NJW 1961, 166, 168; NJW 1967, 1022, 1023. 9 Vgl. BGH NJW 1961,166, 168; NJW 1967, 1022, 1023; 1025, 1026. 10 Vgl. BGH NJW 1961,166, 169; NJW 1967, 1024. 6

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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können. Dieser Einwendungsdurchgriff wurde anfänglich streng subsidiär gegenüber einer vorrangigen Inanspruchnahme des Verkäufers gehandhabt. Vor einer Geltendmachung mußte der Käufer zunächst erfolglos versucht haben, seine Rechte gegenüber dem Verkäufer durchzusetzen11. Als weitere Einschränkung wurde der Einwendungsdurchgriff unter Berufung auf § 8 AbzG nur zugelassen, wenn der Käufer nicht als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen war. Später wurde der Grundsatz der Subsidiarität allmählich aufgeweicht. So sollte ein Einwendungsdurchgriff bereits zulässig sein, wenn dem Käufer eine Inanspruchnahme des Verkäufers lediglich nicht zumutbar wäre 12. Dogmatisch stützte der BGH die Figur des Einwendungsdurchgriffs auf § 242 BGB 13 . Im Ergebnis wurde damit dem Kreditgeber das Risiko eines Vermögensverfalls des Verkäufers aufgebürdet. I I I . „Wirtschaftliche Einheit" als Voraussetzung für das Eingreifen von Schutzmechanismen Die zuvor dargestellten Schutzmechanismen wurden von der Rechtsprechung nur dann zugelassen, wenn Kauf- und Kreditvertrag eine „wirtschaftliche Einheit" bildeten. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit hat sich erst allmählich in der Rechtsprechung entwickelt und hat seinen Ursprung in Entscheidungen, in denen es um die Frage der Anwendbarkeit der Regeln des Abzahlungsgesetzes auf fremdfinanzierte Abzahlungsgeschäfte ging. Diese Frage beschäftigte bereits das Reichsgericht 14 , welches hierfür zunächst voraussetzte, daß der Verkäufer beim Abschluß derartiger Abzahlungsgeschäfte nur im Auftrag und für Rechnung des Darlehensgebers als dessen Strohmann tätig zu werden pflegte, so daß eigentlich der Kreditgeber der wahre Verkäufer sei15. In einer späteren Entscheidung bejahte das RG das Vorliegen eines „verhüllten Abzahlungsgeschäfts", sofern eine wirtschaftliche Abhängigkeit des als Verkäufer auftretenden Strohmanns vom Kreditgeber vorlag 16.

11 12 13 14 15 16

2*

Vgl. BGH NJW 1962,1101; NJW 1967, 1028, 1030. Vgl. BGH NJW 1978,1427, 1428; NJW 1979, 2194, 2195. Vgl. BGH NJW 1962, 1100, 1102; NJW 1967, 1028, 1030. Vgl. RGZ 128, 251; RGZ 152, 283. Vgl. RGZ 128, 251, 254. Vgl. RGZ 152, 283, 286.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

1. Die anfängliche Rechtsprechung des BGH zur wirtschaftlichen Einheit von 1951-1967 a) Wirtschaftliche Einheit und Anwendung des AbzG auf drittfinanzierte Abzahlungsgeschäfte Vom BGH 17 wurde anfänglich die Anwendbarkeit des AbzG auf drittfinanzierte Abzahlungsgeschäfte über § 6 AbzG dann bejaht, wenn die Zwecke eines Abzahlungsgeschäftes zwar nicht gemäß dem Wortlaut der genannten Vorschrift in einer anderen Rechtsform, sondern statt dessen dadurch erreicht wurden, daß der Abzahlungskauf mit einem Finanzierungsvertrag, an dem auch ein Dritter beteiligt sein konnte, im Einverständnis aller Beteiligten in der Weise verbunden wurde, daß sich die beiden Verträge zu einer Einheit ergänzen, um dem Käufer die ratenweise Abzahlung des Kaufgegenstandes zu ermöglichen. Denn auch auf diese Weise würden die Vorschriften des AbzG umgangen, obwohl bei einem derartigen verabredeten Zusammenwirken zwischen Verkäufer und Kreditgeber für den Käufer eine entsprechende wirtschaftliche Situation eintrete wie bei einem echten Abzahlungsvertrag 18. Diese Ansätze hat der BGH in der Folgezeit weiter konkretisiert. So stellte er im Jahre 195319 in Anlehnung an seine vorherige Rechtsprechung fest, daß bei Abzahlungskäufen, in welchen zwischen die Personen des Käufers und des Verkäufers eine dritte Person als Darlehensgeber tritt, der dem Käufer durch Hingabe eines an ihn in Raten zurückzuzahlenden Darlehens in Höhe des Kaufjpreises die Möglichkeit eröffnet, dem Verkäufer den Kaufpreis sofort zu bezahlen (Fall der sogenannten Kundenfinanzierung), über § 6 AbzG die Vorschriften des AbzG zur Anwendung gelängen. Der Kaufvertrag müsse hierfür mit dem Darlehensvertrag derartig gekoppelt sein, daß die Verträge eine Einheit bilden und der Käufer hierdurch wirtschaftlich in die gleiche Lage käme wie ein gewöhnlicher Abzahlungskäufer. Hierbei könne es keinen Unterschied machen, ob der Kreditgeber derartige Finanzierungsgeschäfte gewerbsmäßig betreibe, oder nur an einem bestimmten Kaufgeschäft ein wirtschaftliches Interesse habe. Entscheidend komme es darauf an, daß der Kaufvertrag mit dem Darlehensvertrag derartig gekoppelt sei, daß keiner der beiden Verträge ohne das Zustandekommen des anderen möglich gewesen wäre und daß der Darlehensgeber an dem Kaufgeschäft ein eigenes Interesse gehabt habe20. Auf diese Weise wurde zunächst § 5 AbzG, wonach die Ansichnahme der verkauften Sache durch den Abzahlungsverkäufer als Ausübung des Rücktrittsrechts galt, auf finanzierte Abzahlungskäufe analog angewendet21. Diese Norm diente zum 17

Vgl. BGH NJW 1952, 141. Vgl. BGH NJW 1952, 141, 142 (Hervorhebungen vom Verfasser). 19 Vgl. BGH NJW 1954, 185, 186. 20 Vgl. BGH NJW 1954, 185, 187. 21 Vgl. Β GHZ 3, 257, 260; BGHZ 5, 373 (Rücknahme durch den Verkäufer); BGH NJW 1954, 185 (Rücknahme durch den Kreditgeber). 18

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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Schutz des Käufers davor, trotz Verlustes der Nutzungsmöglichkeit der Sache weiterhin zur Kaufpreiszahlung verpflichtet zu bleiben. Sofern im Falle eines finanzierten Abzahlungskaufes der Kreditgeber als Sicherungseigentümer die Kaufsache an sich genommen hatte, führte die Anwendung des § 5 AbzG zu einer bilateralen Rückabwicklung allein im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Käufer gem. §§ 1-3 AbzG. Der Kreditgeber hatte dem Käufer die bereits geleisteten Raten sowie eine eventuell an den Verkäufer erbrachte Anzahlung zu erstatten22. Im Gegenzug konnte dieser vom Käufer gem. § 2 Abs. 1 S. 2 AbzG Nutzungsersatz verlangen und den Verwertungserlös hinsichtlich der Kaufsache behalten. Ein Anspruch des Kreditgebers gegen den Käufer auf Rückzahlung des Darlehens wurde ebenso verneint wie ein Anspruch auf Erstattung von Rücknahme- und Verwertungskosten gem. § 2 Abs. 1 S. 1 AbzG 23 . b) Wirtschaftliche Einheit und Anfechtbarkeit des Darlehensvertrages nach § 123 Abs. 2 BGB Schließlich gewann der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Einheit auch Bedeutung bei der Rechtsprechung zu der Frage, ob der vom Verkäufer arglistig getäuschte Käufer das Recht habe, den Darlehensvertrag mit der Begründung anzufechten, daß der Verkäufer im Verhältnis zum Kreditgeber in diesen Fällen nicht Dritter i. S.d. § 123 Abs. 2 BGB sei24. So wurde trotz der ausdrücklich hervorgehobenen rechtlichen Trennung von Kauf und Darlehen der Verkäufer dann nicht als Dritter im Sinne der genannten Vorschrift betrachtet, wenn Verkäufer und Kreditgeber wirtschaftlich eng miteinander zusammenhingen. Dies sollte stets dann der Fall sein, wenn der Kreditgeber es dem Verkäufer im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung überließ, die Kreditanträge auszufüllen und einzureichen, oder wenn Verkäufer und Darlehensgeber infolge dieser Handhabung dem Käufer gegenüber nicht deutlich genug als zwei selbständige, rechtlich voneinander unabhängige Geschäftspartner in Erscheinung traten 25. Auf die tatsächliche Dauer und den Umfang der Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber sollte es dabei nicht entscheidend ankommen, sofern diese nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer angelegt war 26 . Unter diesen Umständen gestand der BGH dem Käufer auch einen Schadenersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen Verletzung der Aufklärungspflicht 27 gegen den Kreditgeber zu. Hierbei wurde letzterem das Verschulden des 22

Vgl. BGHZ47, 241,243. Vgl. BGH WM 1967, 461, 464. 24 Vgl. BGH NJW 1956, 705; 1961, 164. 25 Vgl. BGH NJW 1956, 705, 706. 26 Vgl. BGH NJW 1961, 164, 166. 27 Der Kreditgeber sollte bei einem drittfinanzierten Abzahlungskauf die Pflicht haben, den Käufer, der in der Regel geschäftsunerfahren sei, über die besonderen Risiken aufzuklären, die sich bei einem derartigen Geschäft aus der vertraglichen Aufspaltung des sonst einheitlichen Abzahlungskaufs für den Käufer ergeben. Insbesondere müßte der Käufer über die Risiken der 23

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Verkäufers, der an seiner Stelle die Darlehensvertragsverhandlungen führte, über § 278 BGB zugerechnet28. c) Wirtschaftliche Einheit und Einwendungsdurchgriff Auch den „inneren Grund" für die Zulassung des Einwendungsdurchgriffs sah der BGH darin, daß der Kreditgeber und der Verkäufer dem Käufer wirtschaftlich als eine Einheit erscheinen, der Verkäufer in mancher Beziehung als Gehilfe des Finanzierungsinstituts beim Zustandekommen des Vertrages gem. § 278 BGB auftrete 29 . Als maßgebliches Kriterium wurde hierfür allerdings vorausgesetzt, daß der Kreditgeber und der Verkäufer sich zu einer auf Dauer angelegten Kooperation zusammengeschlossen hatten. Die Rechtfertigung für die Zulassung des Einwendungsdurchgriffs über § 242 BGB und die damit einhergehende Durchbrechung des Relativitätsprinzips sollten sich bei einer derartigen Zusammenarbeit daraus ergeben, daß Kreditgeber und Verkäufer hierdurch wirtschaftlich enger untereinander verbunden seien, als jeder von ihnen mit dem regelmäßig nur ein Einzelgeschäft tätigenden Käufer 30. 2. Die wirtschaftliche

Einheit in den Entscheidungen aus dem Jahre 1967

Wie zuvor dargestellt, kam nach der Rechtsprechung dem Kriterium der dauerhaften Geschäftsbeziehung für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit im Zusammenhang mit der Frage der Anwendung des AbzG auf finanzierte Abzahlungsgeschäfte keine besondere Bedeutung zu. Der BGH verzichtete im Jahre 1967 insoweit sogar ausdrücklich auf das Vorhandensein einer auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung, wie auf enge interne Beziehungen zwischen Kreditgeber und Verkäufer überhaupt 31. Schließlich erachtete er auch für die Fälle der Anfechtung des Darlehensvertrages nach § 123 Abs. 2 BGB ein nur einmaliges Tätigwerden des Verkäufers zum Abschluß eines Kreditvertrages bei einem bestimmten Kreditinstitut für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit als ausreichend32 und nahm hier ebenfalls von der Voraussetzung einer auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung zwischen Verkäufer und Kreditgeber endgültig Abstand. Maßgeblich war in beiden Fällen die Erwägung, daß der Käufer mangels Einblicks in die Geschäftsbeziehungen zwischen Verkäufer und Kreditgeber ohnehin Erteilung einer Empfangsbestätigung vor tatsächlichem Erhalt der Ware aufgeklärt werden, vgl. BGH NJW 1961, 164, 166; 166, 168. 28 Vgl. BGH NJW 1961,164,166; 166,168 („Gehilfe bei Vertrags Verhandlungen"). 29 Vgl. BGH NJW 1962, 1100, 1102. 30 Vgl. BGH a.a.O. (Fn.29). 31 Vgl. BGH NJW 1967, 1030, 1031; 1036, 1037. 32 Vgl. BGH NJW 1967, 1026, 1027, unter ausdrücklicher Abweichung von BGH NJW 1956, 705, 706; NJW 1961, 164, 166.

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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nicht die Möglichkeit habe, das Ausmaß der Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber zu überblicken. Zudem sei es dem Kreditgeber zumutbar, daß man ihn mit dem Verkäufer identifiziere. Durch die Annahme des vom Verkäufer ausgehandelten Darlehensvertrags habe der Kreditgeber dem Verkäufer die Gelegenheit verschafft, gegenüber dem Käufer als Vertrauensperson des Kreditinstituts in Erscheinung zu treten. Dadurch habe das Kreditinstitut einerseits den Käufer einem etwaigen Unrechten Verhalten des Verkäufers ausgesetzt und damit gefährdet, andererseits aber selbst von der Arbeitsleistung des Verkäufers profitiert 33. Mit anderen Worten sollte die Bank, wenn sie schon die Vorteile des vom Verkäufer zustande gebrachten Darlehensgeschäfts in Anspruch nimmt, dann auch für die Nachteile aus diesem Geschäft einstehen. Die für Abzahlungsgeschäfte geltenden Regeln sollten nunmehr immer dann auf einen finanzierten Kauf angewendet werden, wenn Kauf- und Finanzierungsvertrag wirtschaftlich eine auf ein Ziel, nämlich dem Käufer zum Erwerb einer bestimmten beweglichen Sache gegen Teilzahlungen zu verhelfen, gerichtete Einheit bilden oder sich zu einer solchen Einheit ergänzen34. Die beiden Verträge müßten hierdurch derart innerlich miteinander verbunden sein, daß keiner ohne das Zustandekommen des anderen geschlossen worden wäre, jeder Vertrag seinen Sinn erst im Zusammenhang mit dem anderen erhielte 35. Kauf- und Darlehensvertrag müßten sich in gegenseitiger Abhängigkeit zu einer wirtschaftlichen Einheit ergänzen. Nur dann werde das Darlehen zu einem Teilstück des Abzahlungsgeschäfts 36. Das entscheidende Gewicht wird also nunmehr auf einen „inneren Zusammenhang" (bzw. eine „innere Bindung") 37 der Verträge gelegt. Dieser könne in verschiedenen tatsächlichen Umständen erkennbar sein, etwa dem verabredeten Zusammenwirken aller drei Beteiligten, der gegenseitigen Bezugnahme der Verträge aufeinander, dem eigenen wirtschaftlichen Interesse der Bank38 und ihrer Mitwirkung am Kaufvertrag, einem einheitlichen Vertrag (Kaufvertrag und Darlehensvertrag) auf einem Formular, einer Absicherung der Bank durch Rückgriffmöglichkeiten auf den Verkäufer sowie einer unmittelbaren Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer, bzw. bei ausreichender Vertrauenswürdigkeit des Käufers an diesen selbst zwecks Weitergabe an den Verkäufer. Gleichzeitig wurde aber betont, daß diese Aufzählung nur beispielhaft sei, das eine oder andere dieser Merkmale also auch durchaus fehlen und dennoch eine wirtschaftliche Einheit vorliegen könne. Der „innere Zusammenhang" 33

Vgl. BGH NJW 1967, 1026,1027. Diese Formulierung lehnt sich direkt an die Entscheidung BGH NJW 1952,141,142 (vgl. hierzu oben unter AHI 1 a) an. 35 Vgl. BGH NJW 1967, 1036, in direkter Anlehnung an BGH NJW 1954, 185, 187 (vgl. hierzu oben unter AHI 1 a). 36 Vgl. BGH NJW 1967,1030, 1031; NJW 1970, 701, 702. 37 Vgl. BGH NJW 1967, 1036. 38 Ein wirtschaftliches Interesse der Bank am Kaufgeschäft sollte bereits darin liegen, daß diese hoffte, mit der Finanzierung ein gewinnbringendes Geschäft durchführen zu können, vgl. BGH NJW 1967, 1036, 1037. 34

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

konnte sich nach der Ansicht des BGH gleichermaßen aus anderen tatsächlichen Umständen als den genannten ergeben. Als Mindesterfordernis wurde lediglich angesehen, daß der Kreditgeber dem Käufer einen in Raten zurückzuzahlenden Kredit für den Kauf eines bestimmten Gegenstandes in dem Bewußtsein gewährte, daß der Käufer den Kauf nur bei Kreditgewährung tätigt 39 , wobei als „selbstverständlich" vorausgesetzt wurde, daß der Kaufgegenstand dem Kreditgeber zur Sicherheit übereignet werde 40. Der Kreditgeber mußte also seinerseits von der wirtschaftlichen Gestaltung her darauf abzielen, dem Käufer zum Erwerb eines Gegenstandes gegen Teilzahlung zu verhelfen, und damit eine mehr oder weniger enge Verbindung zwischen Kauf- und Darlehensvertrag bezwecken, so daß sich seine Leistung für den Käufer nicht als Personalkredit, sondern in Abgrenzung dazu als Warenkredit darstellte41. Neben den rein objektiven Verbindungsmerkmalen hatten subjektive Elemente für das Vorliegen einer „inneren Bindung" der Verträge keine eigenständige Bedeutung. Zwar tauchten in den Entscheidungen seit dem Jahre 1956 Formulierungen auf, die auf die subjektive Einschätzung des Käufers abstellten42, jedoch wurde stets rein aus dem Vorliegen objektiver Verbindungsmerkmale geschlossen, daß hieraus für den Käufer auch bestimmte subjektive Vorstellungen resultierten. IV. Zwischenbilanz zu A. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der BGH beim finanzierten Abzahlungskauf zum Schutz des Käufers verschiedene „Schutzmechanismen" entwickelte. Je nach Sachlage konnte der Käufer den Darlehensvertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer gem. § 123 Abs. 2 BGB anfechten, Schadenersatzansprüche gegen den Darlehensgeber aus culpa in contrahendo wegen Verletzung der Aufklärungspflicht durchsetzen, bzw. einen sogenannten Einwendungsdurchgriff geltend machen. Zudem fand § 5 AbzG im Falle einer Ansichnahme der Kaufsache durch den Kreditgeber analoge Anwendung. Voraussetzung für sämtliche genannten Ansprüche war das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit" zwischen Kaufund Darlehens vertrag. Anfänglich erachtete der BGH diese „innere Bindung" zwischen den Verträgen immer nur dann als gegeben, wenn im Einvernehmen aller an einemfinanzierten Abzahlungsgeschäft Beteiligten wirtschaftlich die gleiche Situa39 Aus welchen Gründen der Kauf den Kredit voraussetzte (etwa aus Geldmangel des Käufers oder zur Erlangung von Steuervorteilen) sollte nach der Ansicht der Rechtsprechung gleichgültig sein, vgl. BGH NJW 1967, 1036, 1037. 40 Vgl. BGH a.a.O. (Fn.39). 41 Vgl. BGH NJW 1967, 1030,1031. 42 So sprach der BGH beispielsweise davon, daß Verkäufer und Darlehensgeber dem Käufer gegenüber nicht deutlich genug als zwei selbständige, rechtlich voneinander unabhängige Geschäftspartner in Erscheinung traten (NJW 1956,705,706), wirtschaftlich als eine Einheit erschienen (NJW 1962,1100,1102), sich die Leistung des Kreditgebers für den Käufer nicht als Personalkredit, sondern als Warenkredit darstellte (NJW 1967, 1030, 1031).

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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tion hervorgerufen werden sollte, wie sie bei einem einfachen Abzahlungskauf nach dem Leitbild des Abzahlungsgesetzes vorlag. Ob dies der Fall war, wurde stets aus dem Vorhandensein bestimmter tatsächlicher objektiver Umstände geschlossen. Insofern diente der Rechtsprechung bei der Frage der Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs als wesentliches Beurteilungskriterium das Maß der Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber, welches aus der Mitwirkung des Verkäufers bei der Vermittlung und dem Abschluß des Darlehensvertrages sowie einer auf Dauer angelegten Geschäftsverbindung zwischen dem Verkäufer und dem Darlehensgeber bestimmt wurde. Dem Kriterium der dauerhaften Geschäftsbeziehung wurde allerdings dann keine besondere Bedeutung beigemessen, wenn es um die Beurteilung der Frage der Anwendbarkeit des AbzG auf den finanzierten Abzahlungskauf ging. Für diese Fälle wurde, mit Ausnahme des Erfordernisses der Sicherungsübereignung des Kaufgegenstands an den Kreditgeber, auf die Festlegung weiterer zwingend erforderlicher Verbindungselemente verzichtet. Vielmehr sollten diese seit den Entscheidungen aus dem Jahre 1967 je nach Einzelfall verschieden sein können.

B. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung in den 1970er Jahren I. Die „Subjektivierung" der wirtschaftlichen Einheit im Jahre 1971 Eine entscheidende Wende erfuhr die Rechtsprechung durch ein Urteil vom 5.7.197143, in dem es um die Frage der Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs bei einem finanzierten Abzahlungskauf ging. Der BGH bejahte hier das Vorliegen einer zur Annahme eines finanzierten Abzahlungsgeschäfts erforderlichen inneren Verbindung der Verträge aufgrund der Ausrichtung des Kreditvertrages, nämlich der Finanzierung eines Erwerbsgeschäfts über ganz bestimmte Gegenstände zu dienen, welches seinerseits ohne die Kreditgewährung nicht hätte abgeschlossen werden können, und der Tatsache, daß die Kaufgegenstände an die Kreditgeberin zur Sicherheit übereignet worden waren 44. Auf eine ständige oder auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung zwischen Verkäufer und Kreditgeber als Voraussetzung einer wirtschaftlichen Einheit wurde nunmehr auch im Rahmen der Frage der Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs ausdrücklich verzichtet. Als Begründung dafür wurde auch hier darauf abgestellt, daß der Käufer im allgemeinen nicht beurteilen könne, ob Verkäufer und Kreditgeber in einer dauerhaften Geschäftsbeziehung stehen. Vielmehr sei allein maßgeblich, wie sich dem Käufer die Beziehung zwischen dem Verkäufer und dem Kreditgeber darstelle, ob sie ihm insbesondere „als wirt43 44

Vgl. BGH NJW 1971, 2303. Vgl. BGH NJW 1971, 2303, 2305 f.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

schaftliche Einheit erscheinen mußten"45. Eine wirtschaftliche Einheit liege vor, wenn bei dem Käufer/Kreditnehmer der bestimmte Eindruck entstehen mußte, daß die beiden Verträge trotz ihrer äußeren Trennung wirtschaftlich zu einem Geschäft zusammengeschlossen sind und ihm Kreditgeber und Verkäufer als einheitliche Vertragspartner gegenüberstehen46. Das Entstehen eines derartigen Eindrucks folgerte der BGH in dieser Entscheidung aus besonderen objektiven Umständen, namentlich daraus, daß in dem Kreditvertragsformular die einzelnen Kaufgegenstände und die Verkäuferfirma angegeben waren, die Sicherungsübereignung dieser Kaufgegenstände an die Kreditgeberin vereinbart war und der Kreditvertrag auch die Unterschrift der Verkäuferfirma trug 47 . Durch diese Entscheidung näherte der BGH die zuvor noch unterschiedlichen Standpunkte48 zur Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit insoweit aneinander an, als er nunmehr auch bei der Frage der Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs für die Bejahung der dafür erforderlichen wirtschaftlichen Einheit nicht mehr zwingend auf das Vorliegen einer auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung abstellte. Vielmehr sollte entscheidend sein, daß sich Verkäufer und Finanzierungsinstitut dem Verbraucher als eine wirtschaftliche Einheit darstellten, was aber auch für diesen Fall letztlich allein aus dem Vorliegen bestimmter objektiver Verbindungselemente gefolgert wurde. Aufgrund des beim Verbraucher hervorgerufenen Eindrucks einer wirtschaftlichen Einheit mußte die Kreditgeberin nach Ansicht des BGH damit rechnen, daß dem Käufer nicht bewußt war, welches rechtliche Risiko er durch den Abschluß eines derartigen Vertrages einging, nämlich das Darlehen auch dann zurückzahlen zu müssen, wenn der Kaufvertrag schlecht oder gar nicht erfüllt bzw. wegen Anfechtung rückwirkend vernichtet wird. Daher hätte dem Kreditinstitut gegenüber dem Käufer eine besondere Aufklärungspflicht hinsichtlich der genannten Risiken oblegen. Da die Kreditgeberin dieser Pflicht in keiner Weise nachgekommen sei, könne der Käufer dem Darlehensrückzahlungsanspruch die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung gem. § 242 BGB entgegenhalten. Einen Nachweis, wie er sich bei genügender Aufklärung verhalten hätte, brauche der Käufer nicht zu erbringen. Damit verzichtete der BGH auf den Beweis der Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Vertragsschluß als notwendige Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo, da es eine Erfahrungstatsache sei, daß ein Käufer ein derartiges „im Rahmen vernünftiger wirtschaftlicher Erwägungen durchweg nicht mehr zu rechtfertigendes Geschäft" 49 nicht abschließen würde, wenn er die Risiken, die sich aus der Selbständigkeit des Darlehensvertrages ergeben, kennen würde. 45 46 47 48 49

Vgl. BGH NJW 1971, 2303, 2306. Vgl. BGH NJW 1971, 2303, 2306f. Vgl. BGH NJW 1971, 2303, 2307. Vgl. hierzu oben AHI und AIV. Vgl. BGH NJW 1971, 2303, 2307.

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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Trotz der Feststellung des Anscheins einer „wirtschaftlichen Einheit" zwischen Verkäufer und Kreditgeber, konnte sich der Käufer nach der Ansicht des BGH nicht einfach gegenüber dem Darlehensgeber auf die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung berufen. Vielmehr wurde hieraus lediglich eine besondere Aufklärungspflicht des Kreditgebers hergeleitet. Dieser müsse den Käufer/Darlehensnehmer auf das sich aus der Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in zwei getrennte Verträge ergebende besondere Risiko, das Darlehen ohne Rücksicht auf eventuelle Störungen im Kaufverhältnis zurückzahlen zu müssen, klar und unübersehbar hinweisen. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht diente im Ergebnis neben der Berufung auf § 242 BGB hilfsweise dazu, die Zulässigkeit des Einwendungsdurchgriffs dogmatisch zu rechtfertigen. Nicht weiter klargestellt wurde allerdings, welcher dieser Gesichtspunkte nun der maßgebliche sein sollte. Durch die Vermengung von § 242 BGB und Aufklärungspflichtverletzung zur Rechtfertigung eines Einwendungsdurchgriffs wurde der Schluß nahegelegt, daß einem hinreichend aufgeklärten Verbraucher die beiden Verträge nicht mehr als wirtschaftlich einheitliches Geschäft erscheinen könnten, somit bei genügender Aufklärung seitens des Kreditgebers ein Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB nicht mehr zulässig sein sollte. Folglich wurden in die Darlehensformularverträge der Banken umfassende Belehrungen darüber aufgenommen, daß Kauf- und Darlehensvertrag zwei getrennte, rechtlich völlig unabhängige Rechtsgeschäfte seien. II. Die Rechtsprechung zu finanzierten Abzahlungsgeschäften nach 1971 1. Die wirtschaftliche

Einheit

Von diesem subjektiven Merkmal des Eindrucks des Verbrauchers bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit hat der BGH in der Folgezeit nie ausdrücklich Abstand genommen. Allerdings wurde in einem nur zwei Jahre später erlassenen Urteil 50 wieder deutlich zwischen den unterschiedlichen Ansätzen hinsichtlich der Rechtfertigung eines Einwendungsdurchgriffs unterschieden. Hierin wurde zunächst das Vorliegen eines finanzierten Abzahlungsgeschäfts - in Abgrenzung zu einem Kauf unter selbständiger Darlehensaufnahme durch den Käufer - aus der wirtschaftlichen Einheit zwischen Kauf- und Darlehensvertrag gefolgert. Zur Feststellung dieser wirtschaftlichen Einheit bediente sich der erkennende Senat unter Berufung auf seine früheren Entscheidungen51 wieder der gängigen Formel, daß die beiden Verträge dem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel gedient hätten, dem Beklagten zum Erwerb bestimmter beweglicher Sachen gegen Teilzahlungen zu verhelfen. Dieses Ziel hätte Kauf- und Darlehensvertrag innerlich derart miteinander 50 51

Vgl. BGH NJW 1973,452. Vgl. BGH NJW 1967, 1036; NJW 1970, 701; NJW 1971, 2303.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

verbunden, daß keiner der beiden Verträge ohne das Zustandekommen des anderen geschlossen worden wäre 52. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit wurde damit allein aus der wechselbezüglichen Abhängigkeit von Kauf- und Kreditvertrag gefolgert; ein entsprechender Eindruck des Verbrauchers, daß ihm Kreditgeber und Verkäufer als einheitliche Vertragspartner gegenüberstanden, wird aufgrund dieser Sachlage ohne nähere Ausführungen einfach bejaht53. In die gleiche Richtung zielte auch eine Entscheidung aus dem Jahre 197854, in der das Vorliegen der für eine wirtschaftliche Einheit geforderten wechselbezüglichen Abhängigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag wiederum allein aus bestimmten objektiven Umständen55 gefolgert wurde, ohne daß der Eindruck des Verbrauchers hierfür Beachtung fand. Das Gericht begnügte sich mit dem lapidaren Hinweis, daß die in den Darlehensbedingungen enthaltene Klausel: „Der Antragsteller nehme zur Kenntnis, irgendwelche Differenzen mit dem Verkäufer aus dem Kaufvertrag befreien nicht von der Pflicht, den Kredit zurückzuzahlen" ungeeignet sei, die wirtschaftliche Einheit des Geschäfts und den Anschein einer sich zu einer wirtschaftlichen Einheit ergänzenden Verbindung zwischen Verkäuferseite und Finanzierungsbank aufzulösen 56. Diese Tendenz setzte sich auch in späteren Entscheidungen57 fort. Die objektiven Umstände (Verbindungselemente), aus denen auf eine wirtschaftliche Einheit geschlossen wurde, konnten von Fall zu Fall verschieden sein, wobei manchen jedoch eine hohe Indizwirkung zukam. Zu diesen Umständen zählte etwa eine Geschäftsverbindung zwischen Verkäufer und Kreditgeber 58, die vertraglich geregelt oder auch nur rein faktischer Natur sein konnte. Dementsprechend fanden Umstände wie etwa die Überlassung von Kreditantragsformularen an den Verkäufer 59 , die alleinige Führung der Vertragsverhandlungen hinsichtlich Kauf- und Darlehensvertrag durch den Verkäufer 60 sowie die Inanspruchnahme einer vom Verkäufer gewiesenen Kreditmöglichkeit durch den Käufer 61 besondere Beachtung. Aber auch der Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehens52

Vgl. BGH NJW 1973, 452f. Vgl. BGH NJW 1973, 452, 453. 54 Vgl. BGH NJW 1978, 1427 f. 55 Insbesondere wird ausgeführt, daß die Finanzierungsbank die Darlehensanträge durch den Prokuristen der Verkäuferin entgegennehmen ließ, dem sie das von ihr benutzte Formular für „Bestellschein" und „Darlehensantrag" zur Verfügung gestellt hatte, im Darlehensvertrag auf den zufinanzierenden Kauf mehrfach Bezug genommen wurde und der Käufer die Valuta nicht auf eigenes Risiko zur freien Verwendung erhalten sollte, sondern diese vielmehr ausschließlich dem Verkäufer zufließen sollte, vgl. BGH NJW 1978, 1427,1428. 56 Vgl. BGH NJW 1978, 1427, 1428. 57 Vgl. BGH NJW 1978, 2144; NJW 1978, 2145; NJW 1979, 2092; NJW 1979, 2194. 58 Vgl. BGH NJW 1979, 2092, 2094; NJW 1980, 938, 939. 59 Vgl. BGH NJW 1978, 1427, 1428; NJW 1978, 2144, 2145. 60 Vgl. BGH NJW 1978, 2144, 2145. 61 Vgl. BGH NJW 1979, 2092, 2094; NJW 1980, 938, 939. 53

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf 62

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valuta , die gegenseitige Bezugnahme der Verträge aufeinander sowie die gleichzeitige Ausfertigung von Kauf- und Darlehensvertragsurkunde bei Übereinstimmung von Kaufpreis und Kreditsumme 64 wurden als Indizien für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit gewertet. In einer Entscheidung vom 6.12.197965 wurde schließlich das Merkmal der Sicherungsübereignung des finanzierten Kaufgegenstands als bis dato letztes feststehendes Verbindungsmerkmal aufgegeben und nur noch als ein wesentliches Anzeichen einer wirtschaftlichen Einheit angesehen. Statt dessen sollte besondere Beachtung finden, ob der Käufer durch die von Verkäufer und Kreditgeber festgelegte tatsächliche oder rechtliche Ausgestaltung der Verträge von einer eigenen freien Verfügung über den Kreditbetrag zugunsten des Verkäufers ausgeschlossen wurde. Der BGH begründete dies damit, daß die Sicherungsübereignung als ein bestimmtes Sicherungsmittel des Kreditgebers bei einem Darlehen, das sich als Teilstück eines finanzierten Abzahlungskaufs darstelle, gleichermaßen in Betracht komme wie bei einem Darlehen, das sich der Darlehensnehmer auf „eigene Faust" und zur eigenen freien Verfügung verschafft habe. Daher sollte dem Käufer allein aufgrund des Fehlens einer Sicherungsübereignung des finanzierten Gegenstandes an den Kreditgeber weder der Schutz des Abzahlungsgesetzes genommen noch die Möglichkeit eines Einwendungsdurchgriffs abgeschnitten werden, da diese eben kein tauglicheres Abgrenzungskriterium darstellen würde als andere Anzeichen, in denen sich die Verbindung zwischen Kauf- und Kreditvertrag ausdrücken konnte66. 2. Der Einwendungsdurchgriff Die Auswirkungen des vom BGH im Jahre 1971 entwickelten subjektiven Ansatzes zeigten sich deutlich in der bereits erwähnten Entscheidung von 197367, in der sich der erkennende Senat, nachdem er eine wirtschaftliche Einheit zwischen Kaufund Kreditvertrag bejaht hatte, mit der Frage des Einwendungsdurchgrififs auseinandersetzte. Hierzu führte er aus, daß, trotz der rechtlichen Selbständigkeit der wirtschaftlich eng verbundenen Verträge, der Käufer unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben dem Darlehensgeber Einwendungen aus dem Kaufvertrag dann entgegenhalten könne, wenn er ansonsten durch die Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Abzahlungsgeschäfts in zwei rechtlich getrennte Verträge rechtlos oder schlechter gestellt würde, als er ohne Einschaltung einer Finanzierungsbank stünde 68 . Der Käufer könne daher die Mangelhaftigkeit oder Nichtlieferung der Kaufsa62

Vgl. BGH NJW 1978, 1427, 1428; NJW 1978, 2145, 2147; NJW 1980, 938, 940. Vgl. BGH NJW 1978, 1427, 1428; NJW 1971, 2303, 2304, 2307. 64 Vgl. BGH NJW 1978, 2144, 2145. « Vgl. BGH NJW 1980, 938, 939. 66 Vgl. BGH a.a.O. (Fn.65). 67 Vgl. BGH NJW 1973,452; s. hierzu oben unter Β II 1. 68 Vgl. BGH NJW 1973, 452,453. 63

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

che sowie die wirksame Anfechtung des Kaufvertrages dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Kreditgebers als Einwendung entgegenhalten, wenn er keine Gewährleistung vom Verkäufer zu erlangen vermochte, weil letzterer in Vermögensverfall geraten oder unauffindbar sei69. Dies sollte allerdings nur gelten, sofern der Käufer nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen war 70 und nach der Sachlage für ihn der Eindruck bestanden hätte, daß ihm Verkäufer und Kreditgeber als einheitliche Vertragspartner gegenüberständen71. Letztgenannte Voraussetzung wurde ohne nähere Begründung bejaht. Dennoch wurde dem Käufer ein Einwendungsdurchgriff gem. § 242 BGB versagt, da dieser seine Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer noch hätte durchsetzen können72. Dies wurde damit begründet, daß der Käufer beimfinanzierten Abzahlungskauf gegenüber einem einfachen Abzahlungskäufer nicht (erheblich) schlechter gestellt würde, wenn er die Darlehensraten weiter entrichten müsse während er den Verkäufer wegen der Gewährleistungsansprüche in einem Prozeß in Anspruch nehme73. Schließlich beruhe die rechtliche Trennung von Kauf- und Darlehensvertrag auf der - auch im Interesse des Käufers - liegenden Einschaltung eines Finanzierungsinstituts. Sodann verneinte der BGH auch einen Schadenersatzanspruch des Käufers gegen das Kreditinstitut unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsverhandlung wegen Verletzung der dem Kreditinstitut gegenüber dem Käufer obliegenden Aufklärungspflicht. Das Finanzierungsinstitut hätte seiner Belehrungspflicht voll genügt, indem es im Darlehensvertrag einen Hinweis aufgenommen hätte, daß der Kreditnehmer das Darlehen auch dann vereinbarungsgemäß an die Kreditgeberin zurückzahlen müsse, wenn ihm Einwendungen oder Einreden irgendwelcher Art sowie Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag zustehen sollten. Eine darüber hinausgehende Aufklärungspflicht wurde abgelehnt, da ansonsten die Gefahr bestünde, daß die Belehrung unübersichtlich und schwer verständlich werde und damit ihren Schutzzweck nicht mehr erfüllen könne74. Die Aufklärung des Käufers über die besonderen Risiken finanzierter Abzahlungskäufe wurde also nur im Rahmen der Frage erörtert, ob dem Käufer ein Schadenersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsanbahnung gegen die Bank zusteht. Die Geltendmachung eines Einwendungsdurchgriffs über § 242 BGB wurde hingegen als eigenständige Frage behandelt, deren Beant69 Der Einwendungsdurchgriff gegenüber dem Kreditgeber wurde also streng subsidiär gehandhabt. Vorrangig sollte der Verkäufer wegen der aus dem Kaufverhältnis resultierenden Einwendungen in Anspruch genommen werden. 70 Vgl. BGH NJW 1973,452,453 unter Hinweis auf BGH NJW 1957,17; NJW 1967,1028; NJW 1971,2303. Der persönliche Anwendungsbereich für den Einwendungsdurchgriff wurde in Anlehnung an § 8 AbzG bestimmt. 71 Vgl. BGH a. a. O. (Fn. 70), unter Hinweis auf BGH NJW 1971, 2303. 72 Vgl. BGH a.a.O. (Fn.70). 73 Vgl. BGH NJW 1973,452,454; von einer erheblichen Schlechterstellung war in früheren Entscheidungen nicht die Rede. 74 Vgl. BGH a. a.O. (Fn.73).

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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wortung unabhängig von einer Belehrung des Käufers über die besonderen Aufspaltungsrisiken erfolgte. Auch in einem späteren Urteil 75 , in dem über die Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs wegen Nichtlieferung des finanzierten Kaufgegenstands bei gleichzeitiger Insolvenz des Verkäufers zu entscheiden war, wurde vom BGH ausdrücklich offengelassen, welche rechtliche Bedeutung einem Hinweis im Darlehensvertrag, daß das Darlehen auch dann voll zurückgezahlt werden müsse, wenn keine oder mangelhafte Ware geliefert werde, im Hinblick auf die Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs zukommen soll. Der Käufer wäre hier jedenfalls nicht eindeutig, klar und unübersehbar auf das besondere Aufspaltungsrisiko hingewiesen worden 76. Daß der zur Entscheidung berufene Senat wohl eher dazu geneigt war, der Aufklärung über das mit der rechtlichen Aufspaltung verbundene Risiko im Zusammenhang mit dem Einwendungsdurchgriff keinerlei Bedeutung beizumessen, zeigt sich deutlich an einer anderen Aussage in der Urteilsbegründung. Hierin wird ausgeführt, daß die vom BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 196777 vorgeschlagene Belehrung nur beispielhaft und nur mit Bezug auf die Außlärungspflicht angeführt worden sei78. Ob dem Käufer im zur Entscheidung stehenden Fall neben einem Einwendungsdurchgriff auch noch ein Anspruch aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung gegen den Darlehensgeber zustehen sollte, blieb ungeprüft. Im Jahre 1978 erweiterte der BGH schließlich den Anwendungsbereich des von ihm entwickelten Einwendungsdurchgriffs erstmals vom Kauf beweglicher Sachen auf den Erwerb von gewerblichen Unternehmen79 und damit einen Inbegriff von Vermögensgegenständen nicht körperlicher Art. Vorausgesetzt wurde hierfür lediglich, daß die Interessenlage ansonsten mit der beim Kauf beweglicher Sachen identisch sei. Insbesondere müsse eine „enge innere sachliche Verbindung" 80 zwischen Kauf- und Darlehensvertrag vorliegen und dem Käufer, der nicht Kaufmann sei, die zumutbare81 Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Verkäufers fehlen. Dann sei kein Grund dafür ersichtlich, daß ein Einwendungsdurchgriff, der sich ohnehin 75

Vgl. BGH WM 1975, 1298. Begründet wurde dies damit, daß sich die Belehrung nicht auf dem Darlehensantragsformular, sondern auf einem davon getrennten, als „Selbstauskunft" bezeichneten Formular befunden habe, vgl. BGH WM 1975, 1298, 1299. 77 Vgl. BGH NJW 1967, 1022, 1023. 78 Vgl. BGH WM 1975,1298; hiermit scheint nur ein möglicher Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung gemeint zu sein. 79 Vgl. BGH NJW 1978, 1427 (Waschsalon). 80 Diese wirtschaftliche Einheit wird später unter Berufung auf BGH NJW 1962, 1100 als „innerer Grund" für die Zulassung des Einwendungsdurchgriffs bezeichnet, vgl. BGH NJW 1978, 1427, 1428. 81 Der Subsidiaritätsgrundsatz wurde durch diese Entscheidung dahingehend „aufgeweicht", daß ein Einwendungsdurchgriff nunmehr bereits dann zulässig sein sollte, wenn dem Käufer eine Inanspruchnahme des Verkäufers nicht gänzlich unmöglich, sondern lediglich nicht zumutbar wäre. 76

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

nicht allein aus dem Abzahlungsgesetz herleiten ließe, zur angemessenen Verteilung der Aufspaltungsrisiken auf alle Parteien des finanzierten Abzahlungskaufs nicht auch auf den finanzierten Kauf anderer Gegenstände als bewegliche Sachen angewandt werden könne82. Unklar blieb in dieser Entscheidung allerdings, worauf der BGH den Einwendungsdurchgriff dogmatisch stützen wollte. Zwar wurde zunächst der Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB als Grundlage genannt83; allerdings wurde zusätzlich ausgeführt, daß der Kreditgeber, der sich bei der Entgegennahme und Vervollständigung des Darlehensvertrags des Verkäufers bedient habe und damit den Käufer einem etwaigen Unrechten Verhalten der Verkäuferseite beim Zustandekommen des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts ausgesetzt habe, sich eine „Identifizierung" mit dem Verkäufer gefallen lassen müsse. Da das finanzierte Geschäft im zu entscheidenden Fall durch falsche Angaben des Verkäufers als Verhandlungsgehilfen der Bank zustande gekommen wäre, sei es der Bank „wenigstens zuzumuten, daß sie sich bei einem wirtschaftlich einheitlichen Geschäft Einwendungen aus dem Kaufvertrag (wegen des Verhaltens der Verkäuferseite) entgegenhalten lassen muß" 84 . Damit stützte der BGH den Einwendungsdurchgriff zusätzlich zu § 242 BGB auf ein Verschulden des Verhandlungsgehilfen der Bank bei Vertragsverhandlungen und verwischte dadurch die Trennung zwischen Einwendungsdurchgriff gem. § 242 BGB einerseits und Schadensersatz aus culpa in contrahendo andererseits. Im Rahmen einer Entscheidung über einen drittfinanzierten Bauträgervertrag 85 setzte sich die Modifizierung der BGH-Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs fort. Ausgangspunkt hierfür war die Feststellung, daß der Kreditgeber bei der Finanzierung eines derartigen Vertrages gegenüber dem Bauträger und dem Kreditnehmer/Auftraggeber wirtschaftlich in der Regel eine selbständige Rolle spielt und gegenüber beiden eigene Interessen wahrnimmt. Ein Einwendungsdurchgriff setze voraus, daß sich der Kreditgeber nach dem Grundsatz von Treu und Glauben wegen besonderer Umstände gleichsam auch als Partner des finanzierten Geschäfts behandeln lassen müsse. Dies solle nach Ansicht des erkennenden Senats regelmäßig der Fall sein, wenn die kreditgebende Bank sich in einer über ihrer Rolle als Kreditgeberin hinausgehenden Weise am finanzierten Geschäft beteiligt, insbesondere Aufgaben des Bauträgers im Zusammenwirken mit diesem wahrnimmt, z. B. den Darlehensnehmer/Auftraggeber wirbt, sich sonst aktiv auf der Seite des Bauträgers in das Veräußerungsgeschäft einschaltet oder ihr die gesamte rechtliche Ausgestaltung des „Dreiecksverhältnisses" zuzurechnen ist. Dann benehme sich die Bank gegenüber dem Kreditnehmer in einer dem widersprüchlichen Verhalten (venire contra factum proprium) ver82 83 84 85

Vgl. BGH NJW 1978,1427, 1428. Vgl. BGH a.a.O. (Fn.82). Vgl. BGH NJW 1978, 1427, 1429. Vgl. BGH W M 1979,1054.

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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86

gleichbaren Weise . Letztlich ging es dem BGH bei dieser Entscheidung um eine Eingrenzung des Anwendungsbereiches des auf § 242 BGB gestützten Einwendungsdurchgriffs auf die Fälle, in denen die hierdurch bedingte Abwälzung des rechtlichen Risikos drittfinanzierter Geschäfte vom Darlehensnehmer auf den Kreditgeber unter dem Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit des Kreditnehmers nach Treu und Glauben gerechtfertigt erscheint. Eine solche Schutzbedürftigkeit wurde vom BGH bei finanzierten Grundstücksgeschäften eher in Zweifel gezogen87. Die zuvor aufgezeigte Tendenz, den Einwendungsdurchgriff losgelöst vom sachlichen Anwendungsbereich des AbzG als allgemeines Rechtsinstitut anzuerkennen, läßt sich noch mit weiteren Urteilen belegen. So wurde die Zulässigkeit des Einwendungsdurchgriffs beispielsweise bejaht bei einem fremdfinanzierten Erwerb einer Generalvertretung 88 sowie einem drittfinanzierten Mitarbeitervertrag 89. Allerdings mußten hierfür in all diesen Entscheidungen weiterhin die sonstigen von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs vorliegen. Zwischen den Verträgen mußte demnach eine wirtschaftliche Einheit vorliegen, der Käufer durfte nicht als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen90 sein, eine Inanspruchnahme des Verkäufers oder sonstigen Leistungserbringers mußte ausgeschlossen oder zumindest nicht zumutbar sein (Subsidiaritätsgedanke) und eine Einwendung tatsächlich bestehen. 3. Ansprüche des Käufers aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung Neben dem Einwendungsdurchgriff wurde dem Käufer grundsätzlich noch ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Kreditgeber unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen wegen Aufklärungspflichtverletzung zuerkannt. Der Kreditgeber wurde beim finanzierten Abzahlungskauf regelmäßig für verpflichtet angesehen, den Käufer über die besonderen Risiken aufzuklären, die sich bei einer derartigen Vertragsgestaltung aus der Aufspaltung in zwei rechtlich getrennte Verträge im Vergleich zum einfachen Abzahlungskauf ergeben. Daneben sollte er zwar allgemein nicht auch noch dazu verpflichtet sein, den Käufer über Eigenschaften des Kaufgegenstandes oder sonstige rein kaufvertraglichen Umstände bzw. besondere Risiken, die aus dem Abschluß eines sonstigen mit dem aufgenommenen Kredit finanzierten Geschäftes resultieren, aufzuklären. Sofern sich aber die Bank des Verkäufers oder sonstigen Leistungserbringers als Verhandlungsgehilfen 86

Vgl. BGH W M 1979, 1054, 1055. Diesen Schluß legen die Andeutungen des Gerichts zu Beginn der Urteilsbegründung sehr nahe, vgl. BGH W M 1979, 1054f. 88 Vgl. BGH NJW 1979, 868. 89 Vgl. BGH NJW 1979, 2092, 2095. 90 Die Vorschrift des § 8 AbzG über den persönlichen Anwendungsbereich des AbzG wurde demnach weiterhin im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs für beachtlich gehalten. 87

3 Tröster

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

bediente und damit den Darlehensnehmer wegen der Vielzahl der von ihrem Gehilfen wahrzunehmenden Interessen besonderen Risiken aussetzte, oblag ihr eine Offenbarungspflicht gegenüber dem Kreditnehmer hinsichtlich solcher Umstände, die erkennbar aus dessen Sicht für das Zustandekommen des geplanten finanzierten Abzahlungsgeschäfts von Bedeutung waren 91. Ebenso konnten den Kreditgeber besondere Aufklärungspflichten treffen, wenn er zugleich Kreditgeber beider Parteien des finanzierten Geschäfts war und er beim Kreditnehmer durch sein Verhalten oder durch ein ihm zurechenbares Verhalten des Verkäufers bzw. sonstigen Leistungserbringers einen falschen Eindruck über die rechtlichen Risiken des zu finanzierenden Geschäfts erweckt hatte92. 4. Anfechtung des Darlehensvertrages

nach § 123 Abs. 2 BGB

Unverändert bestehen blieb neben dem Einwendungsdurchgriff und einem Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo die Möglichkeit des Käufers/Kreditnehmers zur Anfechtung des Darlehensvertrages wegen einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer oder sonst einer am Zustandekommen des finanzierten Abzahlungsgeschäfts beteiligten Person, wie etwa einem gemeinsamen Vertreter von Verkäufer und Kreditgeber 93 oder einem Kreditvermittler 94. Letztere wurden dann nicht als Dritte i. S. d. § 123 Abs. 2 BGB angesehen, wenn sie die Kreditantragsformulare des Kreditgebers bei sich hatten und der Käufer bei den Vertragsverhandlungen nur mit diesen, nicht aber mit dem Kreditgeber unmittelbaren persönlichen Kontakt hatte, da diese dann als Vertrauenspersonen des Darlehensgebers erscheinen müssen und daher dessen Verhandlungs- und Risikosphäre zugerechnet werden können. Gleichgültig wäre hierbei, ob eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen dem Kreditgeber und den für ihn handelnden Vermittlern/Vertretern bestand, da die Rechtsbeziehungen zwischen diesen beiden dem Käufer ohnehin verborgen blieben. Ausreichend sollte sein, daß die Mittelsperson mit dem Willen des Kreditgebers in die Verhandlung eingeschaltet wurde, etwa durch eine tatsächliche Übertragung der Verhandlungen95.

91

Vgl. BGH NJW 1978, 2145, 2147 f. Vgl. BGH W M 1979, 1054, 1057. 93 Vgl. BGH NJW 1978,2144, 2145. 94 Vgl. BGH W M 1979, 429, 431, wo allerdings eine Anfechtung gem. § 123 Abs. 2 BGB nach der Ansicht des erkennenden Senats unabhängig davon zulässig sein sollte, ob die Kreditgewährung im Rahmen einesfinanzierten Abzahlungskaufs erfolge, oder ob es sich um einen freien Personalkredit handele. 95 Vgl. BGH W M 1979, 429,431. 92

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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I I I . Zwischenbilanz zu B. Die Rechtsprechung des BGH zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit in den siebziger Jahren muß als äußerst wechselhaft bezeichnet werden. Diese „Turbulenzen" wurden durch die Subjektivierung der wirtschaftlichen Einheit in der Entscheidung vom 5.7.197196 hervorgerufen. Dieses Urteil, welches den Eindruck erweckte, daß der BGH nunmehr die Fehlvorstellung des Verbrauchers über die rechtlichen Risiken eines finanzierten Abzahlungskaufs als maßgeblich für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit und damit auch als Grund für die Anwendung der für den finanzierten Abzahlungskauf von der Rechtsprechung entwickelten Regeln überhaupt erblicken würde, führte im Ergebnis zu verstärkten Aufklärungsbemühungen der Kreditinstitute. Diese Bemühungen schienen zunächst von Erfolg gekrönt zu sein, als der BGH im Jahre 1973 einem Käufer einen Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung mit der Begründung verweigerte, daß das Kreditinstitut seiner Belehrungspflicht voll genügt habe97. Die Freude hierüber währte allerdings nicht lange, da der BGH unter Rückkehr zu seiner käuferfreundlichen Haltung in der Folgezeit die Aufklärungspflichten für die Kreditinstitute immer weiter verstärkte 98. Dies geschah wohl in der Erkenntnis, daß er sein in früheren Entscheidungen aufgestelltes Postulat, den Käufer beim finanzierten Abzahlungskauf nicht „rechtlos oder schlechter" zu stellen als einen gewöhnlichen Abzahlungskäufer 99, ansonsten aufgeben müßte. Parallel zu dieser Entwicklung verlor der subjektive Eindruck des Verbrauchers bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit mehr und mehr an Bedeutung, wenn auch diese Voraussetzung von der Rechtsprechung nie ausdrücklich fallen gelassen wurde. Die wirtschaftliche Einheit wurde aus dem Vorliegen objektiver Umstände hergeleitet, die, sofern sie im konkreten Fall vorlagen, zur Folge hatten, daß auf einen entsprechenden Eindruck des Verbrauchers ohne nähere Prüfung automatisch geschlossen wurde. Die objektiven Umstände, aus denen sich eine wirtschaftliche Einheit ergeben sollte, wurden nicht abschließend festgelegt, sondern konnten vielmehr je nach Einzelfall unterschiedlich sein. Ende der siebziger Jahre verabschiedete sich der BGH schließlich konsequenterweise auch vom Merkmal der Sicherungsübereignung desfinanzierten Kaufgegenstandes an den Kreditgeber als bis dato letzte feststehende Größe für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit. Der Einwendungsdurchgriff wurde mit der Ausweitung seines Anwendungsbereichs vom finanzierten Abzahlungskauf auch auf andere drittfinanzierte Geschäfte zunehmend als allgemeines Rechtsinstitut anerkannt. Allerdings wurden im Zuge 96

Vgl. BGH NJW 1971, 2303, vgl. zu dieser Entscheidung oben unter ΒI. Vgl. BGH NJW 1973, 452,454, vgl. hierzu oben unter Β II 1. 98 Meist scheiterte die Annahme einer ausreichenden Belehrung bereits an formellen Anforderungen, wie etwa dem Druckbild oder dem Standort der Belehrung innerhalb des Vertragstextes. 99 Vgl. etwa BGH NJW 1962, 1100; NJW 1967, 1028; NJW 1971, 2303. 97

*

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

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dieser Ausweitung bestimmte Modifikationen hinsichtlich seiner Voraussetzungen entwickelt. Insbesondere wurde bei drittfinanzierten Geschäften, die besondere Vertragsgegenstände betrafen 100, der Einwendungsdurchgriff nicht mehr allein vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit der Verträge abhängig gemacht, da der Darlehensnehmer in derartigen Fällen nicht als ausreichend schutzbedürftig angesehen wurde. Vielmehr mußten besondere Umstände es rechtfertigen, den Kreditgeber nach Treu und Glauben gleichsam auch als Partner desfinanzierten Geschäfts zu behandeln101.

C. Die Rechtsprechung des BGH unter Zugrundelegung des AbzG seit 1980 Den gegen Ende der siebziger Jahre eingeschlagenen Weg verfolgte der BGH in den folgenden Jahren bis zum Erlaß des VerbrKrG konsequent weiter. I. Die wirtschaftliche Einheit Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit wurde von der Rechtsprechung immer dann bejaht, wenn über ein Zweck-Mittel-Verhältnis die beiden Geschäfte derart miteinander verbunden waren, daß keines ohne das andere geschlossen worden wäre, oder jeder der Verträge seinen Sinn erst durch den anderen erhielt 102 . Diese Feststellung setzte das Vorliegen bestimmter objektiver Umstände/Verbindungselemente voraus, durch die subjektiv beim Darlehensnehmer - für den Darlehensgeber erkennbar - der Eindruck erweckt wurde, Verkäufer und Darlehensgeber stünden ihm als einheitlicher Vertragspartner gegenüber103. In den objektiven Umständen erblickte der BGH die Ausprägung der zielgerichteten Verbindung zwischen Darlehen und finanziertem Geschäft, dem Darlehensnehmer zur Durchführung des finanzierten Geschäfts gegen Ratenzahlung zu verhelfen. Hierdurch sollte sich die Darlehensaufnahme beifinanzierten Abzahlungsgeschäften von einem Darlehen, welches sich der Kreditnehmer „auf eigene Faust" verschafft, unterscheiden 104. 100

Beispielsweise Unternehmenskäufe oder Bauträgerverträge, vgl. oben unter Β112. So die Formulierung in BGH WM 1979,1054,1055; in BGH NJW 1978,1427,1429 ist von einer „Identifizierung" des Kreditgebers mit dem Verkäufer die Rede; s. hierzu die Darstellung oben unter Β II 2. 102 Kauf- und Darlehensvertrag konnten sich nach BGH WM 1990, 1234 in der genannten Weise unabhängig davon bedingen, ob der Verkäufer auch zu einem Vertragsabschluß gegen Barzahlung bereit gewesen wäre. Notwendig sollte lediglich sein, daß der Käufer den Kaufvertrag nur abgeschlossen hat, weil er zugleich eine Finanzierungsmöglichkeit erhielt. 103 So z.B. BGH NJW 1982, 1695; NJW 1984, 1755; NJW 1987, 1814; WM 1990, 1234; NJW 1992,2560,2562; auf den subjektiven Eindruck überhaupt verzichtete BGH NJW 1989, 163, worin aufgrund einer „hinreichenden Zahl von (objektiven) Verbindungselementen" auf eine wirtschaftliche Einheit geschlossen wurde. 104 Vgl. etwa BGH NJW 1980, 938, 939; WM 1980, 620, 622. 101

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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Die objektiven Umstände, die Kauf- und Darlehensvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbinden sollten, wurden von der Rechtsprechung weiterhin nicht abschließend festgelegt. Es wurde wiederholt daraufhingewiesen, daß diese nicht wie notwendige Tatbestandsmerkmale zu umschreiben seien, vielmehr im Einzelfall verschieden sein könnten105. Jedes dieser Verbindungselemente konnte auch einmal fehlen, ohne daß dies der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zwangsläufig entgegenstand. Eine wachsende Aufmerksamkeit unter den möglichen objektiven Verbindungsmerkmalen wurde seit der Entscheidung vom 6.12.1979106 allerdings dem Umstand des Ausschlusses des Käufers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta gewidmet107. Der subjektive Eindruck des Verbrauchers von der Einheitlichkeit von Verkäufer und Kreditgeber verlor hingegen gegenüber der Prüfung des Vorliegens objektiver Verbindungselemente zunehmend an Bedeutung. Dementsprechend mußte daran gezweifelt werden, ob die in den Darlehensvertragsformularen enthaltenen Trennungsklauseln, die auf eine Zerstörung des subjektiven Vorstellungsbildes des Käufers von der wirtschaftlichen Einheit seiner Vertragspartner ausgerichtet waren, überhaupt noch dieses Ziel erreichen konnten. Mit einem Urteil vom 25.3.1982108 wurde schließlich ausdrücklich die Möglichkeit verneint, den durch die objektiven Verbindungselemente hervorgerufenen Eindruck des Verbrauchers von der Einheitlichkeit von Verkäufer und Kreditgeber durch vorformulierte Hinweise zu zerstören. Dies wurde damit begründet, daß bei solchen Hinweisen - ebenso wie bei AGB - fast stets die Gefahr bestünde, vom Vertragspartner übersehen oder nicht in ihrer ganzen Tragweite verstanden zu werden. Der erkennende Senat vermied es ausdrücklich, geeignete Formulierungen für eine umfassende Hinweisklausel zu suchen und vorzuschlagen. Statt dessen begnügte er sich mit dem Hinweis, daß „möglicherweise ein Kreditgeber sein Ziel der völligen Unabhängigkeit des Darlehensvertrages nur dadurch erreichen könne, daß er alle objektiven Verbindungselemente vermeidet" 109. In diesem Zusammenhang wurde folgerichtig eine Abbedingung des Einwendungsdurchgriffs durch Klauseln in AGB für nichtig erklärt, sofern bei einem finanzierten Kauf nur die wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf- und Darlehensvertrag vorlag. Dies wurde mit der Natur des Darlehensvertrages beim finanzierten Abzahlungskauf begründet, der durch den Zweck geprägt sei, dem Darlehensnehmer den Erwerb einer Kaufsache zu ermöglichen. Dieser Vertragszweck wurde als gefährdet angesehen, wenn dem Darlehensnehmer sein aus der Natur des Darlehensvertrages erwachsendes Einwendungsrecht abgeschnitten würde, da die indivi105

Vgl. BGH NJW 1982, 1694, 1695; BGH WM 1990, 1234. BGH NJW 1980, 938, 939, vgl. hierzu oben unter Β II 1. 107 So etwa in BGH WM 1980, 620, 622; BGH NJW 1982, 1694, 1695; NJW 1983, 2250, 2251; NJW 1984, 1755, 1756; NJW 1984, 2816,2818; NJW 1987, 1813, 1814. 108 Vgl. BGH NJW 1982,1694. 109 Vgl. BGH NJW 1982, 1694, 1696. 106

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duell vereinbarte Eigenart eines finanzierten Kaufes es gem. § 242 BGB gebiete, nicht den Käufer, sondern den Kreditgeber mit dem Risiko einer Verkäuferinsolvenz zu belasten110. Damit verließ der BGH endgültig den im Jahre 1971 eingeschlagenen Weg, die wirtschaftliche Einheit aus einer durch ausreichende Aufklärung kompensierbaren subjektiven Fehlvorstellung des Käufers/Kreditnehmers über die rechtliche Trennung von Kauf- und Darlehensvertrag und die Personenverschiedenheit von Verkäufer und Kreditgeber herzuleiten. Noch deutlicher wurde dies in einem Urteil vom 19.9.1985111. Der BGH hatte hierin erneut über die Wirksamkeit eines formularmäßigen Hinweises im Kreditvertrag, durch den alle aus der wirtschaftlichen Einheit von Kauf- und Kreditvertrag erwachsenden Rechte des Kreditnehmers ausgeschlossen wurden, zu entscheiden. Auch hier wurde darauf hingewiesen, daß es der Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB beim finanzierten Abzahlungskauf verbiete, das Risiko der Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vorgangs in zwei rechtlich selbständige Verträge einseitig dem Käufer/Kreditnehmer aufzubürden. Die Natur des konkreten Kreditvertrages sei in derartigen Fällen durch den Zweck geprägt, dem Kreditnehmer den Erwerb einer Kaufsache auf dem Weg eines finanzierten Kaufs zu ermöglichen. Die konkreten Umstände, die eine wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf- und Kreditvertrag begründen, würden die Rechtsnatur der betreffenden Kreditverträge derartig prägen, daß von einer ausgegliederten Gruppe von Geschäften gesprochen werden könne. Eine AGB-Klausel, die dem Kreditnehmer alle Risiken der ordnungsgemäßen Durchführung des Kaufvertrags aufbürdet, verändere demnach die Natur dieses Kreditvertrages und gefährde den Vertragszweck, so daß ein völliger Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs als unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG nichtig sei. Gegen dieses Klauselverbot könne auch nicht eingewandt werden, daß dem Kreditgeber nicht die Möglichkeit genommen werden dürfe, die subjektiven Voraussetzungen des finanzierten Abzahlungskaufs - und damit eine Anwendung des Abzahlungsgesetzes und der Grundsätze des Einwendungsdurchgriffs - von vornherein durch einen entsprechenden Hinweis bei den Vertragsverhandlungen auszuschließen, die dem Eindruck des Kreditnehmers, Kreditgeber und Verkäufer stünden ihm als einheitlicher Vertragspartner gegenüber, vorbeugen und entgegenwirken. Wenn hinreichende objektive Verbindungselemente gegeben wären, die beim Darlehensnehmer den Eindruck rechtfertigen, Verkäufer und Kreditgeber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber, könnten gegenteilige Formularhinweise diesen Eindruck nicht beseitigen112. Allein die subjektive Vorstellung des Kreditnehmers könne weder eine Anwendung des Abzahlungsgesetzes noch einen Einwendungsdurchgriff rechtfertigen. 110 111 112

Vgl. BGH a.a.O. (Fn.109). Vgl. BGH NJW 1986,43. Vgl. BGH NJW 1986,43,44.

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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Anhand dieser Urteile wird deutlich, daß sich der Tatbestand der wirtschaftlichen Einheit nach Ansicht des BGH spätestens seit 1985 aus rein objektiven Kriterien zusammensetzen sollte und nicht davon abhing, wie sich das Geschäft aus der Sicht des Käufers/Kreditnehmers subjektiv darstellte 113. Die Rechtsprechung gelangte damit zu einem „beweglichen System"114 der objektiven Verbindungselemente, welches bis kurz vor Erlaß des VerbrKrG konsequent beibehalten wurde 115 . Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit wurde bewußt elastisch gehalten, um „tatsächliche künftige Entwicklungen »einfangen4 zu können und eine »Flucht4 der Kreditgeber aus den »Fesseln4 des verbundenen Geschäfts zu vermeiden" 116. Allerdings gewann der subjektive Eindruck des Käufers im Rahmen der wirtschaftlichen Einheit in einer Entscheidung vom 15.5.1990117, in der es um die finanzierte Anschaffung einer Computeranlage für eine Arztpraxis ging, erneut entscheidende Bedeutung. Nachdem der Käufer sich vor dem Abschluß des Darlehensvertrages bei einer ihm von der Verkäuferin empfohlenen Bank bei seiner Hausbank erkundigt und seinen Rechts- und Steuerberater eingeschaltet hatte, wurde die Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs mangels einer wirtschaftlichen Einheit verneint. Trotz des Vorhandenseins objektiver Verbindungselemente wäre beim Käufer nicht der Eindruck erweckt worden, daß Verkäufer und kreditgebende Bank ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüberstünden, der Darlehensgeber das Darlehen also nur gewähre, um die Tilgung des Kaufpreises zu ermöglichen. Der Hinweis der Verkäuferin auf das bestimmte Finanzierungsangebot sei vielmehr nur als Anregung an den Käufer zu verstehen gewesen, sich bei dieser Bank auf eigene Faust ein Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises zu verschaffen. Für den Darlehensnehmer hätte sich aus den Darlehensformularen ergeben, daß es sich nicht um einen Spezialkredit der Bank nur für Kunden der Verkäuferin gehandelt habe, sondern um ein persönliches Darlehen, wie es allgemein an kreditwürdige Ärzte zur Praxisfinanzierung gewährt worden wäre. Die Bank wäre ebenso bereit gewesen, die Auszahlung der Darlehensvaluta auf das Konto des Kreditnehmers zu dessen freier Disposition vorzunehmen. Dies wurde mit dem Hinweis darauf untermauert, daß die Darlehensgeberin sich kein Sicherungsrecht am Kaufgegenstand ausbedungen habe, 113 So i. E. auch Dauner-Lieb, Verbraucherschutz bei verbundenen Geschäften (§ 9 VerbrKrG), WM-Sonderbeilage 6/1991, S. 13; Seibert, §9 Rdnr.3. 114 So die Begriffsbildung von MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 26. 115 Vgl. nur BGH NJW1987,1813,1814, wo es nach der Feststellung bestimmter objektiver Verbindungselemente heißt: „Die angeführten Verbindungselemente reichten nicht nur objektiv aus, um die wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf- und Darlehensvertrag zu begründen; sie vermittelten der Bekl. [= der Käufer] auch subjektiv den Eindruck, daß W [= der Verkäufer] und die Kl. [= die Kreditgeberin] ihr gemeinsam als Vertragspartner gegenüberstanden"; so auch BGH NJW 1989, 163, wo aus objektiven Verbindungselementen gefolgert wurde, daß sich Kauf- und Darlehensvertrag der Käuferin als Teilakte eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs darstellen mußten. 116 So treffend Scholz, Verbraucherkreditverträge - Geldkredite, Abzahlungskauf, finanziertes Abzahlungsgeschäft, Finanzierungsleasing, Kreditvermittlung u.a., Rdnr.351. 117 Vgl. BGH W M 1990, 1234.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

sondern allein im Vertrauen auf die Kreditwürdigkeit des Käufers einen persönlichen Kredit gewährt habe. Die erfolgte Direktüberweisung des Darlehensbetrages an die Verkäuferin beruhe lediglich auf einer Anweisung des Darlehensnehmers 118. II. Das Rechtsinstitut des Einwendungsdurchgriffs Auch die Anerkennung des Einwendungsdurchgriffs als ein vom Abzahlungsgesetz losgelöstes eigenständiges Rechtsinstitut setzte sich in den Entscheidungen vor Erlaß des VerbrKrG weiter fort. So wurde die Möglichkeit eines Einwendungsdurchgriffs bei finanzierten Mitarbeiterverträgen 119 bestätigt und noch zusätzlich auf finanzierte Werkverträge 120 und den finanzierten Kauf einer Privatschule 121 erstreckt. Abgelehnt wurde ein Einwendungsdurchgriff unter Fortentwicklung des Ansatzes aus der Entscheidung vom 12.7.1979122 allerdings in den Fällen, in denen der Kreditnehmer ein eigenes - beispielsweise steuerliches - Interesse an der vertraglichen Aufspaltung einesfinanzierten Geschäfts hatte. Dies wurde etwa angenommen bei einer drittfinanzierten Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft 123. In derartigen Fallgestaltungen wurde eine den Einwendungsdurchgriff rechtfertigende Schutzbedürftigkeit der auf Erwerberseite beteiligten Personen verneint, da sie nicht wirtschaftlich und rechtlich unerfahren seien und in der Regel auch keine Unklarheit über die Personenverschiedenheit von Verkäufer und kreditgebender Bank bei diesen bestehen würde. Zumindest hätten die Erwerber hier die Möglichkeit, bei mangelnden eigenen Kenntnissen und Erfahrungen für die Beurteilung rechtlich komplizierter Vertragswerke, sich zu ihrem Schutz der Hilfe von Fachberatern zu bedienen. Wenn also der Kreditnehmer gerade die Einschaltung eines Finanzierungsinstituts anstreben würde, um möglichst hohe Steuervorteile zu erreichen, sei es auch sach- und interessengerecht, diesen das mit der Vertragsaufspaltung verbundene Risiko tragen zu lassen und ihm eine Berufung auf den Einwendungsdurchgriff zu versagen. Dem Kreditgeber könne es in derartigen Fällen nicht nach § 242 BGB verwehrt werden, sich gegenüber dem Darlehensnehmer auf die rechtliche Selbständigkeit von Kauf- und Darlehensvertrag zu berufen 124. Allerdings wurde für einen Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs in diesen Fällen vorausgesetzt, daß die finanzierende Bank sich auch tatsächlich auf ihre Rolle 118

Vgl. BGH WM 1990,1234, 1235. Vgl. BGH NJW 1980, 1514 (Organisationsleitervertrag); so bereits zuvor BGH NJW 1979, 2092 (Vertretervertrag). 120 Vgl. BGH NJW 1984, 2816; NJW 1986, 3199 (beide Entscheidungen betrafen einen finanzierten Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses). 121 Vgl. BGH NJW 1987,1813. 122 Vgl. BGH WM 1979, 1054; s. hierzu oben unter Β II 2. 123 Vgl. BGH NJW 1981, 389; NJW 1985,1020; WM 1985, 993; NJW 1992, 2560. 124 Vgl. BGH NJW 1981, 389, 391; NJW 1985, 1020, 1022; WM 1985, 993, 994. 119

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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als Kreditgeberin beschränkt hatte. Sie durfte daher nicht in einer Weise an dem finanzierten Geschäft beteiligt sein, die über das bei der Finanzierung derartiger Projekte sonst übliche und notwendige Maß hinausging. Insbesondere durfte sie nicht Aufgaben/Funktionen des Partners desfinanzierten Geschäfts im Zusammenwirken mit diesem wahrgenommen haben125. Anderenfalls mußte sich der Kreditgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer gleichsam als Partner des finanzierten Geschäfts behandeln lassen126. Hieraus läßt sich der Schluß ziehen, daß die Rechtsprechung einen Einwendungsdurchgriff in den Fällen einer drittfinanzierten Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft bereits am NichtVorliegen der hierfür erforderlichen wirtschaftlichen Einheit scheitern lassen wollte, was zunächst aber noch offen gelassen wurde. Ausdrücklich klargestellt wurde dies erst in einer Entscheidung vom 5.5.1992127, in der sich der BGH letztmalig unter Zugrundelegung der Rechtslage vor Inkrafttreten des VerbrKrG mit der Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs im Rahmen einer finanzierten Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft auseinandersetzte. Hierin wurde in einer Art obiter dictum angemerkt, daß es nicht nur an der wirtschaftlichen Einheit der Verträge, sondern auch an der Schutzbedürftigkeit der Kreditnehmer fehle, wenn die Kreditgeberin durch unmißverständliche individuelle Hinweise 128 , an die bei Vorliegen für eine wirtschaftliche Einheit der Verträge sprechender (objektiver) Verbindungselemente strenge Anforderungen zu stellen seien, Klarheit über die völlige Selbständigkeit des Darlehensvertrages sowie darüber, daß das Risiko an dem von ihr nicht geprüften finanzierten Geschäft ausschließlich bei der Kreditnehmerin liege, geschaffen habe129. Lediglich im Rahmen der Entscheidungen, in denen ausnahmsweise ein Einwendungsdurchgriff mangels Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers abgelehnt wurde, hatte demnach noch das subjektive Element der wirtschaftlichen Einheit in Form der Kenntnis des Kreditnehmers von der Personenverschiedenheit von Leistungserbringer und Kreditgeber und der rechtlichen Selbständigkeit der beiden abgeschlossenen Verträge eine eigenständige Bedeutung. Der BGH wollte damit erreichen, daß das Rechtsinstitut des Einwendungsdurchgriffs nur dann Anwendung fand, wenn dies für eine angemessene Risikoverteilung unter den Beteiligten eines finanzierten Abzahlungsgeschäfts nach Treu und Glauben unerläßlich war. Letzt125 Vgl. etwa BGH NJW 1981,389,391, wo beispielhaft als Umstände für ein derartiges Zusammenwirken genannt wurden, daß die Bank den Erwerber geworben oder sich sonst aktiv auf der Veräußererseite beim Zustandekommen desfinanzierten Geschäfts eingeschaltet hat, oder daß ihr als „Mitinitiatorin" die gesamte rechtliche Ausgestaltung des „Dreiecksverhältnisses" zuzurechnen war. 126 So ausdrücklich in BGH NJW 1981, 389, 391. 127 Vgl. BGH NJW 1992, 2560. 128 Im Einklang mit BGH NJW 1986, 43 (vgl. hierzu oben unter CI) sollten offensichtlich formularmäßige Hinweise in AGB hierfür ebenfalls nicht ausreichen. 129 Vgl. BGH NJW 1992,2560,2562; nach ausdrücklicher Klarstellung durch den BGH soll dies nebenfinanzierten Gesellschaftsbeteiligungen auch für andere drittfinanzierte Geschäfte, die keinen Abzahlungskauf über bewegliche Sachen zum Gegenstand haben, wie etwa kreditfinanzierte Mitarbeiterverträge, Arbeitnehmerbeteiligungen oder Kapitalanlagen, gelten.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

lieh war dies eine notwendige Folge aus dem in den achtziger Jahren eingeschlagenen Weg, den Einwendungsdurchgriff dogmatisch allein über § 242 BGB zu rechtfertigen. I I I . Schadensersatzpflicht des Kreditgebers aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung Neben dem Einwendungsdurchgriff wurden regelmäßig weiterhin mögliche Schadenersatzansprüche des Kreditnehmers gegen den Kreditgeber aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen Aufklärungspflichtverletzung geprüft. Allerdings wurde ein solcher Schadenersatzanspruch nicht mehr ohne weiteres aus einer wirtschaftlichen Einheit der Verträge gefolgert 130, sondern nur noch im Einzelfall unter der Voraussetzung bejaht, daß ein besonderes Aufklärungs- und Schutzbedürfnis für den Darlehensnehmer bestand. Eine generelle Aufklärungspflicht des Kreditgebers hinsichtlich des Aufspaltungsrisikos bei finanzierten Abzahlungsgeschäften wurde verneint. Statt dessen sollte der Kreditgeber bei einem Irrtum des Darlehensnehmers über seine Rechte und Pflichten, insbesondere über die rechtliche Risikoverteilung im Rahmen eines finanzierten Geschäfts, nur noch dann als ersatzpflichtig erachtet werden, wenn ihm dieser Irrtum auch zuzurechnen war 131 . Dies wurde etwa in Fällen angenommen, in denen die Bank über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausging132 oder in bezug auf spezielle Risiken desfinanzierten Geschäfts über einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer verfügte 133. Besonders deutlich stellte der BGH das Verhältnis zwischen Einwendungsdurchgriff und Schadenersatzansprüchen aus culpa in contrahendo in einer Entscheidung vom 20.11.1986134 dar. Nachdem er die Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs bejaht hatte, wurde ein zusätzlicher Schadenersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungspflichten abgelehnt. Ein solcher kam nach der Ansicht des erkennenden Senats nicht mehr in Betracht, weil der Kreditnehmer der Bank schon gem. § 242 BGB nicht zur Darlehensrückzahlung verpflichtet gewesen sei 135 . Damit hatte sich 130 Insbesondere sollte keine allgemeine Pflicht des Darlehensgebers existieren, den Darlehensnehmer über das wirtschaftliche Risiko eines wirksam zustande gekommenen und ordnungsgemäß abgewickeltenfinanzierten Kaufs aufzuklären, BGH NJW 1982, 1694, 1696; WM 1980,620,623, oder das Rechtsverhältnis des Darlehensnehmers zu dessen Vertragspartner aus demfinanzierten Geschäft zu überprüfen, BGH NJW 1984, 2816, 2817. 131 Vgl. etwa BGH WM 1980, 620, 623. 132 Vgl. BGH WM 1980,620,623; WM 1985,993,994; NJW 1992,2560,2562, wo hierfür als Beispiel die Befürwortung des kreditfinanzierten Geschäfts durch die Kreditgeberin genannt wird. 133 Vgl. BGH NJW 1984, 2816, 2817; WM 1985, 993, 994f.; in BGH NJW 1992, 2560, 2562 wird hierzu klargestellt, daß der Kreditgeber nur zur Offenbarung bereits vorhandenen als wesentlich erkannten Wissens verpflichtet sei, nicht hingegen zur Verschaffung derartigen Wissens. 134 Vgl. BGH NJW 1987, 1813. 13 * Vgl. BGH NJW 1987,1813,1814.

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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der BGH endgültig für einen Vorrang des auf § 242 BGB gestützten Durchgriffsgedankens bei der Begründung eines Einwendungsdurchgriffs entschieden136. IV. Widerrufsrecht nach § lb AbzG Mit Wirkung ab dem 1.10.1974 wurde in § l b AbzG ein Widerrufsrecht eingefügt. Dieses wurde ebenso wie die damit zusammenhängenden Rückabwicklungsregelungen des § l d AbzG vom BGH über das Umgehungsverbot des § 6 AbzG 137 analog auf finanzierte Abzahlungskäufe angewendet138. Demnach konnte der Käufer durch die Ausübung des für den Abzahlungskauf bestehenden Widerrufsrechts das Zustandekommen von Kauf- und Kreditvertrag verhindern. Der BGH betonte, daß der Käufer beimfinanzierten Abzahlungskauf zwei rechtlich getrennte Verträge abschließe, sich aber das Widerrufsrecht auf beide Verträge beziehe. Der Käufer müsse hierüber unmißverständlich belehrt werden, weil er sich nur einheitlich, d.h. zu einem beide Verträge umfassenden Widerruf entscheiden könne 139 . Als Begründung diente hierfür - wie beim Einwendungsdurchgriff - das Schlechterstellungsverbot, wonach die Aufspaltung in zwei rechtlich selbständige Verträge nicht zu Lasten des Käufers gehen dürfe. Das Widerrufsrecht nach § lb AbzG solle die Vertragsentschließungsfreiheit des Käufers schützen, ihn also insbesondere vor der Bindung an ein übereilt abgeschlossenes Geschäft bewahren, dessen Bedeutung und Tragweite er bei Vertragsabschluß nicht hinreichend überblickte. Deshalb müsse sich der Widerruf auch auf den Kreditvertrag erstrecken, da gerade dieser die langfristige Teilzahlungsverpflichtung des Käufers begründe 140. Adressaten der Widerrufserklärung konnten daher nach Ansicht des BGH sowohl der Kreditgeber als auch der Verkäufer sein 141 . Aus der sich an einen Widerruf des finanzierten Abzahlungskaufs nach § l b AbzG anschließenden Rückabwicklung wurde der Käufer weitestgehend herausgehalten. Nach der Rechtsprechung des BGH 1 4 2 war der Käufer - nach Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer - insbesondere gem. § l d Abs. 1 S. 1 AbzG i. V. m. § 812 BGB nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta an den Darlehensgeber, sondern lediglich zur Herausgabe der Kaufsache als „empfangene Leistung" 136 So ausdrücklich bestätigt von Halstenberg, Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Darlehensrecht, WM-Sonderbeilage 4/1988, S. 15; Brandner, Verhaltenspflichten der Kreditinstitute bei der Vergabe von Verbraucherkrediten - Leitlinien der Rechtsprechung, ZHR 153 (1989) 147,154. Ein Einwendungsdurchgriff sollte also nicht mehr aus einer dem Kreditgeber vorzuwerfenden Aufklärungspflichtverletzung zu folgern sein. 137 Zur Anwendung der Regelungen des AbzG durch die Rechtsprechung auf finanzierte Abzahlungskäufe s. bereits oben unter AHI 1 a. 138 Grundlegend dazu BGHZ 91,9. 139 Vgl. BGHZ 91, 338, 340ff. 140 Vgl. BGH NJW 1984,1755. 141 Vgl. BGHZ 91, 338, 342. 142 Vgl. BGH NJW 1984,1755.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

i. S. d. § l d Abs. 1 S. 1 AbzG verpflichtet 143. Hinsichtlich der Darlehensvaluta konnte der Kreditgeber den bereicherungsrechtlichen Ausgleich allein beim Verkäufer suchen. V. Zwischenbilanz zu C. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die unklare Vermengung von Aufklärungsgedanken und § 242 BGB bei der dogmatischen Rechtfertigung des Einwendungsdurchgriffs zugunsten des Begründungsansatzes über Treu und Glauben aufgegeben. Sofern ein Einwendungsdurchgriff im Einzelfall aufgrund des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zulässig war, sollte daneben nicht ohne weiteres ein zusätzlicher Schadenersatzanspruch des Kreditnehmers aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung gegeben sein 144 . Als Neuerung kam im Hinblick auf die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit aber hinzu, daß diese dann nicht vorliegen sollte, wenn der Kreditgeber im Vertrauen auf die Solvenz des Kreditnehmers zur Auszahlung der Darlehensvaluta auf dessen Konto zu dessen freier Verfügung bereit gewesen wäre. Ohne Bedeutung sollte hingegen die Bereitschaft des Verkäufers zu einem Vertragsabschluß gegen Barzahlung sein, was ohnehin immer der Fall sein dürfte. Die Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs wurden ebenfalls weiter modifiziert. Während beim finanzierten Abzahlungskauf beweglicher Sachen ein Einwendungsdurchgriff ohne weiteres bereits beim Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zulässig sein sollte, wurden bei finanzierten Geschäften mit andersartigen Vertragsgegenständen zusätzliche Umstände gefordert, die eine Abwälzung der aus der Vertragsaufspaltung resultierenden Risiken auf den Kreditgeber nach Treu und Glauben rechtfertigen sollten. Damit wurde der Übertragung der ursprünglich für den drittfinanzierten Kauf beweglicher Sachen entwickelten Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs auf anderefinanzierte Verträge Tribut gezollt. Besondere Umstände mußten es treuwidrig erscheinen lassen, dem Kreditgeber die Durchsetzung seiner Ansprüche aus dem Darlehensvertrag trotz bestehender Einwendungen des Darlehensnehmers aus demfinanzierten Geschäft unter Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit der Verträge zu gestatten. Der Kreditgeber mußte sich hierfür in einer über seine Rolle als Finanzierer hinausgehenden Weise am finanzierten Geschäft beteiligt haben, besonders intensiv in dieses involviert sein. Die analoge Anwendung der Regeln des AbzG auf finanzierte Abzahlungskäufe wurde auf das 1974 in § lb AbzG neu eingefügte Widerrufsrecht und die hierzu gehörigen Rückabwicklungsregelungen erweitert. 143

Vgl. BGH NJW 1984,1755,1757; auch aus §§812ff., §§346ff. BGB und §§ 1,2 AbzG sollte sich kein Anspruch ergeben, wobei offen gelassen wurde, ob diese Vorschriften bereits von § ld AbzG verdrängt werden, da jedenfalls der Schutzzweck der §§ 1 b, 1 c AbzG dazu führe. 144 Vgl. nur BGH NJW 1982, 1694, 1696.

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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D. Zusammenfassung und Ergebnis zu § 1 Anfänglich hat der BGH das Kaufgeschäft und das Darlehensverhältnis unter strenger Beachtung der Trennungstheorie als rechtlich selbständige Verträge behandelt, so daß Mängel in einem der Vertragsverhältnisse das andere unberührt ließen. Um die daraus resultierenden, aus der Sicht des Käufers nachteiligen Auswirkungen zu korrigieren, bediente sich der BGH mehrerer Schutzmechanismen: Zum einen konnte der Käufer/Kreditnehmer Einwände gegen den Darlehensvertrag geltend machen, die eher aus der Person des Verkäufers resultierten; zum anderen gewährte er dem Käufer unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, Einwendungen, die aus dem finanzierten Geschäft stammten, auch dem RückZahlungsanspruch des Darlehensgebers entgegenhalten zu können. Außerdem wurden die dem Schutz des Abzahlungskäufers dienenden Regelungen des AbzG auf finanzierte Abzahlungskäufe analog angewendet. Begründet wurden diese Schutzmechanismen vom BGH damit, daß der Käufer durch die rechtliche Aufspaltung der Verträge beim finanzierten Abzahlungskauf nicht rechtlos oder schlechter gestellt werden dürfe, als bei einem normalen Abzahlungskauf. Voraussetzung für das Eingreifen der genannten Schutzmechanismen war, daß Kauf- und Darlehensvertrag wirtschaftlich eine auf ein Ziel gerichtete Einheit bildeten, nämlich dem Käufer zum Erwerb einer bestimmten Sache gegen Teilzahlungen zu verhelfen 145. Denn nur so konnte die aus Billigkeitserwägungen versuchte rechtliche Gleichstellung des Käufers beim normalen und fremdfinanzierten Abzahlungskauf und die hieraus folgende Durchbrechung des Relativitätsprinzips unter Berufung auf Treu und Glauben gem. § 242 BGB gerechtfertigt sein. Die tatsächlichen Umstände, aus denen sich das Vorliegen einer derartigen wirtschaftlichen Einheit der Verträge ergeben sollte, wurden nie abschließend festgelegt. Anfänglich noch als unverzichtbar angesehene Verbindungselemente wurde gegen Ende der siebziger Jahre endgültig fallen gelassen146. Statt dessen wurde anhand nicht näher festgelegter unterschiedlicher Verbindungsmerkmale im Einzelfall entschieden, ob eine wirtschaftliche Einheit vorgelegen hatte oder nicht, wobei das Merkmal eines Ausschlusses des Darlehensnehmers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta ein besonderes Gewicht erlangte. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, daß flexible Reaktionen auf die sich rasch wandelnde Vertragspraxis möglich blieben. Es mußte nämlich befürchtet werden, daß eine Festlegung auf konkrete Kriterien nur einen Anreiz für die Praxis liefern würde, nach geeigneten Wegen zu deren Umgehung zu suchen. Waren anfänglich faktisch rein objektive Merkmale für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit maßgeblich, so wechselte der BGH im Jahre 1971147 dazu über, die geforderte „innere Verbindung" zwischen Kauf- und Finanzierungsvertrag 145 146 147

s. hierzu oben AHI. s. oben Β II. s. hierzu oben ΒI.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

maßgeblich anhand des subjektiven Merkmals zu bestimmen, ob sich Verkäufer und Kreditgeber dem Käufer als eine wirtschaftliche Einheit darstellten. Dieser Wandel resultierte daraus, daß der BGH nunmehr den Grund für die Rechtfertigung des Einwendungsdurchgriffs in einer Unkenntnis des Verbrauchers über die besonderen Risiken aus der Aufspaltung von Verkäufer- und Kreditgeberstellung beim finanzierten Abzahlungskauf erblickte. Von diesem subjektiven Anknüpfungspunkt hat sich der BGH in der Folgezeit nie ausdrücklich distanziert. Die Konsequenz hieraus war ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit aufgrund der Unklarheit darüber, welcher Umfang an Belehrung durch den Kreditgeber geeignet sein sollte, die Unkenntnis des Verbrauchers hinsichtlich der Aufspaltungsrisiken auszuräumen, um so einen Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs zu erreichen. Im Zuge der aus der Subjektivierung der wirtschaftlichen Einheit folgenden starken Betonung der Aufklärungspflicht der Kreditinstitute wurde auch die dogmatische Begründung des Einwendungsdurchgriffs unklar. So war nicht mehr genau erkennbar, ob der Käufer nach der Ansicht des BGH nun gem. § 242 BGB oder unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen wegen Aufklärungspflichtverletzung dazu berechtigt sein sollte, die Rückzahlung des Darlehens gegenüber dem Kreditgeber unter Berufung auf Einwendungen aus dem finanzierten Vertrag zu verweigern. In manchen Entscheidungen wurde der Einwendungsdurchgriff gleichzeitig auf beide Gesichtspunkte gestützt148. Allerdings wurde dieser aufgrund der vom BGH stets verfochtenen rechtlichen Trennung der wirtschaftlich einheitlichen Verträge als subsidiär gegenüber einer vorrangigen Inanspruchnahme des Verkäufers angesehen. Der Käufer sollte immer erst dann zur Geltendmachung eines Einwendungsdurchgriffs berechtigt sein, wenn ihm ein Rückgriff auf den Verkäufer unmöglich 149 oder zumindest unzumutbar 150 war. Der Einwendungsdurchgriff wurde schließlich als allgemeines Rechtsinstitut anerkannt, sein Anwendungsbereich von finanzierten Abzahlungskäufen beweglicher Sachen auch auf andere drittfinanzierte Verträge erweitert 151. Parallel hierzu setzte sich schließlich der Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB als dogmatische Grundlage durch. Allerdings versuchte der BGH eine ausufernde Anwendung des Einwendungsdurchgriffs bei bestimmten finanzierten Geschäften, etwa Bauträgerverträgen oder der Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft, zu beschränken, indem er hier strengere Voraussetzungen aufstellte. Bei hinreichender Kenntnis des Leistungsempfängers/Darlehensnehmers von der rechtlichen Trennung der Verträge sollte eine Verschiebung des Geschäftsrisikos auf den Kreditgeber unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gem. § 242 BGB mangels Schutzbedürftigkeit des Kreditnehmers ausgeschlossen sein, sofern nicht besondere 148

Vgl. etwa BGH NJW 1971, 2303; WM 1971, 1297; NJW 1978, 1427. Ständige Rechtsprechung seit BGH NJW 1967, 1028; dies wurde angenommen, wenn der Verkäufer etwa in Vermögensverfall geraten oder unauffindbar war. 150 So die ständige Rechtsprechung seit BGH NJW 1978,1427. 151 s. näher oben unter CIL 149

§ 1 Die Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf

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Umstände vorlagen, nach denen sich der Kreditgeber eine „Identifizierung" mit dem Leistungserbringer gefallen lassen mußte152, letztere bildlich gesprochen in einem Lager standen. Hierdurch behielt der Aufklärungsgedanke zur Rechtfertigung eines Einwendungsdurchgriffs eine beschränkte Bedeutung und führte in derartigen Fällen zu einer „Verwischung" der Trennlinie zwischen einem Einwendungsdurchgriff und Schadenersatzansprüchen aus culpa in contrahendo wegen Aufklärungspflichtverletzung. Unklar blieb dabei zunächst, ob der BGH bei einer Kenntnis des Kreditnehmers von der rechtlichen Trennung der Verträge vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ausging und lediglich die Zulässigkeit der Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs verneinen wollte, oder ob dann bereits das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit abgelehnt werden sollte. Erst im Jahre 1992 wurde ausdrücklich klargestellt, daß in derartigen Situationen bereits die für einen Einwendungsdurchgriff erforderliche wirtschaftliche Einheit nicht vorliegen sollte 153 . In den übrigen Fällen, insbesondere beim drittfinanzierten Kauf beweglicher Sachen, sollte eine Aufklärung des Käufers über das Aufspaltungsrisiko weder auf die Geltendmachung eines Einwendungsdurchgriffs noch auf die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit einen Einfluß ausüben. Insbesondere wurde ein formularmäßiger Ausschluß des Einwendungsdurchgriffs für unzulässig erklärt und indirekt auch der Möglichkeit einer Abbedingung im Wege einer Individualvereinbarung eine Absage erteilt 154 . Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit war demnach vornehmlich von einer objektiven Sichtweise geprägt. Aus dem Vorliegen objektiver Verbindungselemente wurde ohne nähere Feststellungen floskelartig auf einen subjektiven Eindruck des Verbrauchers von der Einheitlichkeit der Verträge geschlossen. Allerdings erachtete der BGH zuletzt eine wirtschaftliche Einheit als nicht gegeben, sofern die kreditgebende Bank zu einer Auszahlung der Darlehensvaluta auf das Konto des Kreditnehmers zu dessen freier Verfügung bereit gewesen wäre 155 . Neben einem Einwendungsdurchgriff wurden dem Kreditnehmer bei sämtlichen drittfinanzierten Geschäften Schadenersatzansprüche gegen den Kreditgeber aus culpa in contrahendo wegen Verletzung der Aufklärungspflicht 156 nur noch unter besonderen Voraussetzungen zugebilligt. Die bloße Nichtbelehrung des Kreditnehmers durch den Kreditgeber über die besonderen Aufspaltungsrisiken beim finanzierten Geschäft war für einen derartigen Anspruch jedenfalls seit Mitte der achtziger Jahre allein nicht mehr ausreichend. Vielmehr mußte der Kreditgeber über einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hinsichtlich des finanzierten Geschäfts verfügt haben, liber seine Rolle als Kreditgeber hinausgegangen sein oder 152 153 154 155 156

Näher hierzu oben Β II 2 und C II. s. hierzu oben unter CIL Vgl. ausführlich hierzu oben unter CI. Näher hierzu oben unter CI. Zur Entwicklung dieses Schadenersatzanspruchs s. oben AI, Β II 3, CHI.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

die rechtliche Ausgestaltung des „Dreiecksverhältnisses" allein zu verantworten haben 157 . In den Fällen einer drittfinanzierten Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft oder eines drittfinanzierten Immobilienerwerbs wurde dies neben den objektiven Verbindungsmerkmalen gleichzeitig als Voraussetzung für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit und damit der Zulässigkeit eines Einwendungsdurchgriffs verlangt 158 . Im Anschluß an die Analyse der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf soll nunmehr geklärt werden, inwieweit diese Judikatur Eingang in die Gesetzgebung gefunden hat.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen Die Problematik drittfinanzierter Abzahlungsgeschäfte hatte den Gesetzgeber bereits in der Legislaturperiode des 7. Bundestages, und damit lange Zeit vor Erlaß des VerbrKrG beschäftigt. Im Rahmen des Zweiten Änderungsgesetzes zum Abzahlungsgesetz war ursprünglich vorgesehen, in § lc AbzG folgenden Passus aufzunehmen: „Dient ein Kreditvertrag mit Wissen des Darlehensgebers und des Verkäufers der Abwicklung eines bestimmten Kaufvertrages, so sind der Kreditvertrag und der Kaufvertrag für die Anwendung dieses Gesetzes wie ein einheitlicher Vertrag zu behandeln." 159 Allerdings erlangte diese Fassung nie Gesetzeskraft. Erst in der Legislaturperiode des 8. Bundestages wurde anhand eines vorbereitenden Gutachtens Marschall von Biebersteins 160 ein Gesetzentwurf 161 über finanzierte Rechtsgeschäfte und über Maklerverträge erarbeitet. Dieser sah die Einfügung eines § 607a BGB vor, der sich inhaltlich zum größten Teil auf eine Umsetzung der von den Gerichten erarbeiteten Lösungsansätze beschränkte. Allerdings wurde auch dieser Entwurf vom Bundestag nie verabschiedet. Erst im Zuge der Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie 162 erfolgte schließlich mit Erlaß des VerbrKrG in dessen § 9 eine Normierung der drittfinanzierten Geschäfte. Jedoch beschränkte sich auch diese aus157

Ausführlich hierzu oben unter CHI. s. hierzu oben unter CIL 159 BT-Drs. 7/1398. 160 Vgl Marschall von Bieberstein, Gutachten zur Reform desfinanzierten Abzahlungskaufs. 158

161

Abgedruckt in BT-Drs. 8/3212 vom 27.9.1979. Zu Stellungnahmen in der Literatur hierzu s. etwa Gilles, Verbraucherpolitische Vertragsrechtsreformen im Bürgerlichen Gesetzbuch-Zu dem Gesetzentwurf überfinanzierte Rechtsgeschäfte und Maklerverträge, ZRP 1979,265,268 f.; Jung, Zur erneuten Teilnovellierung des Abzahlungsrechtes, BB 1979,1690, 1692ff.; Scholz, Finanzierte Rechtsgeschäfte - Neuere Rechtsprechung des BGH und Gesetzentwurf der Bundesregierung, MDR 1980,184,187 ff.; Vollkommer/Koch, Der Einwendungsdurchgriff bei drittfinanzierten Rechtsgeschäften, Jura 1980, 469,477. 162 Richtlinie des Rates v. 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (87/102/EWG), ABl. Nr. L 42/48 v. 12.2.1987.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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weislich der Begründung zum Regierungsentwurf zum VerbrKrG 163 weitgehend164 auf eine Umsetzung der bisherigen Rechtsprechungsergebnisse. Zu der genannten Vorschrift ist am 1.1.1997 mit § 6 TzWrG eine weitere Regelung über drittfinanzierte Verträge, betreffend den Erwerb von Teilzeitwohnrechten, hinzugetreten. Auf den Regelungsinhalt dieser Normen soll nun näher eingegangen werden.

A. §9 VerbrKrG I. Die Voraussetzungen eines „verbundenen Geschäfts" Nach § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG bildet ein Kaufvertrag ein mit dem Kreditvertrag „verbundenes Geschäft", wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG enthält noch ein Regelbeispiel für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit. Weitergehende Anhaltspunkte für die Bestimmung eines verbundenen Geschäfts sind der Regelung nicht zu entnehmen. Auch ein Blick in die Gesetzesbegründung165 hilft zur Klärung der Frage, wann ein verbundenes Geschäft im Sinne dieser Vorschrift vorliegen soll, nicht wesentlich weiter. Hierin wird nur ausgeführt: „§ 8 Abs. 1 S. I 1 6 6 definiert den Begriff des verbundenen Geschäfts in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Kauf- und Darlehensvertrag müssen eine so enge Verbindung aufweisen, daß sich beide als Teilstücke einer rechtlichen oder wenigstens wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit eng ergänzen." 167 Da die Gesetzesbegründung für die Definition eines verbundenen Geschäfts auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf verweist, ist nunmehr zu klären, inwieweit diese Judikatur Eingang in die gesetzliche Regelung gefunden hat. 1. Die wirtschaftliche

Einheit

Zunächst soll auf die in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG genannte Voraussetzung einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Kauf- und Kreditvertrag eingegangen werden. Nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG ist eine wirtschaftliche Einheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des 163 Vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 12 1. Sp., 23 r. Sp., wonach an die „schon praktizierte und bewährte" höchstrichterliche Rechtsprechung angeknüpft wird. 164 Eine Ausnahme stellt die weitestgehende Zurückdrängung des Subsidiaritätsgrundsatzes beim Einwendungsdurchgriff dar, vgl. BT-Drs. 11/5462, S.23 r.Sp. BT-Drs. 11/5462, S.23 f. 166 § 8 des RegE zum VerbrKrG entspricht dem jetzigen § 9 VerbrKrG. 167 BT-Drs. 11/5462, S.23 r.Sp. (Hervorhebung vom Verfasser). 4 Tröster

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

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Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu wörtlich: „[§ 8 Abs. 1] Satz 2 enthält ein Regelbeispiel für das Vorliegen einer »wirtschaftlichen Einheit' von Kreditvertrag und finanziertem Vertrag, nämlich für den Fall, daß der Verkäufer - möglicherweise aufgrund eines Einreichervertrages mit der Finanzierungsbank - bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kaufvertrages 168 mitwirkt. Beispielhaft hierfür ist insbesondere das sogenannte ,B-Geschäft 4169 zu nennen, bei dem der Verkäufer beim Kreditantrag an einen von ihm bestimmten Kreditgeber mitwirkt und in aller Regel den kreditierten Kaufpreis direkt vom Kreditgeber ausgezahlt erhält." 170 Da § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG nur ein Regelbeispiel beinhaltet, stellt sich die Frage, wann darüber hinaus vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen werden kann. Dies ist weder dem Gesetzeswortlaut noch der -begründung abschließend zu entnehmen. Letztere knüpft - wie bereits dargestellt - zur Bestimmung eines „verbundenen Geschäfts" an die höchstrichterliche Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf vor Erlaß des VerbrKrG an. Hiernach kam dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit insbesondere als Voraussetzung für das Eingreifen des von der Rechtsprechung entwickelten Einwendungsdurchgriffs zentrale Bedeutung zu 171 . Entgegen dem Eindruck, der durch die Begründung hervorgerufen wird, war die frühere Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf jedoch gerade nicht besonders klar und konsolidiert 172. Die hierzu herausgearbeiteten Kriterien und Definitionen waren das Ergebnis einer sich über mehr als 60 Jahre erstreckenden und keineswegs immer geradlinig verlaufenden Entwicklung 173 . Wenig verwunderlich ist es daher, daß der bereits vor Erlaß des VerbrKrG entbrannte Streit über die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen einem Erwerbs- und einem Finanzierungsvertrag auch nach dessen Inkrafttreten nicht erloschen ist. Insbesondere ist weiterhin umstritten, inwieweit der subjektive Eindruck des Verbrauchers für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit (mit-) entscheidend sein soll. Erschwerend kommt nunmehr aufgrund der interpretationsfähigen und weitgehend auch interpretationsbedürftigen Formulierung des § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG noch die Unklarheit darüber hinzu, ob für das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts neben der wirtschaftlichen Einheit als zusätzliches Tatbestandsmerkmal entsprechend dem Gesetzeswortlaut zu fordern ist, daß „der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient". 168

In der Gesetzesbegründung steht an dieser Stelle tatsächlich,»Kaufvertrag", obwohl sinnvollerweise nur Kreditvertrag gemeint gewesen sein kann. 169 Vgl. zu diesem Geschäftstyp die Erläuterung oben in der Einleitung unter A a. E. 170 Vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 23 r. Sp. 171 Zur Entwicklung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit in der Rechtsprechung siehe die Darstellung oben unter § 1 A III, Β II 1 und CI. 172 Vgl. insoweit schon die Kritik bei Coester, Verbraucherschutz bei drittfinanzierten Geschäften (§ 9 VerbrKrG), Jura 1992, 617, 618. 173 Vgl. hierzu nur die ausführliche Darstellung der Rechtsprechung oben in § 1.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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Bevor darauf eingegangen wird, bei welchen Fallgestaltungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zum finanzierten Abzahlungskauf nach der in § 9 Abs. 1 VerbrKrG getroffenen Regelung von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen ist, soll zunächst die Frage geklärt werden, ob subjektiven Merkmalen für die Begründung einer wirtschaftlichen Einheit eine Bedeutung zukommt. Im Anschluß hieran wird schließlich erörtert, welche Bedeutung die in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG neben dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit enthaltene Formulierung: „... wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient..." im Rahmen der Feststellung eines verbundenen Geschäfts hat. a) Zur Bedeutung subjektiver Merkmale Die Frage, ob für den Tatbestand einer wirtschaftlichen Einheit nach § 9 Abs. 1 VerbrKrG neben dem Vorhandensein objektiver Verbindungselemente zusätzlich zu fordern ist, daß der Verbraucher auch subjektiv den Eindruck einer wirtschaftlichen Einheit von Verkäufer und Kreditgeber hatte, ist weiterhin umstritten. Anlaß hierfür ist in erster Linie, daß sich dem Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG keinerlei Anhaltspunkte entnehmen lassen, wonach neben dem dort genannten objektiven Verbindungskriterium einer Mitwirkung des Verkäufers beim Zustandekommen oder Abschluß des Kreditvertrages für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zusätzlich auf den subjektiven Vorstellungshorizont des Verbrauchers abzustellen wäre. Dadurch ergibt sich allerdings ein möglicher Widerspruch zu der in der Gesetzesbegründung enthaltenen Äußerung, § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG definiere den Begriff des verbundenen Geschäfts „in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung" 174. aa) Ansichten in der Literatur Die Vertreter, die sich für eine Beachtlichkeit subjektiver Merkmale bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit aussprechen175, stützen sich in ihrer Argumentation im wesentlichen darauf, daß sich der Gesetzgeber in der Gesetzesbegrün174

So BT-Drs. 11/5462, S. 23 r. Sp. Insbes. Putzo, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 9 VerbrKrG, Rdnr. 6; Münstermann/Hannes, Verbraucherkreditgesetz Kommentar, §9 Rdnr. 465 ff.; Grimm, Das neue Verbraucherkreditgesetz: ein verbraucherpolitischer Beitrag zur Umsetzung der EG-Richtlinie in nationales Recht, S. 306ff., 309; Metz, Aktuelle Rechtsfragen der Kreditkartenpraxis, NJW 1991,2804,2812; Koeppen, Kreditkarten und Verbraucherkreditgesetz, FLF1992,86,91 ; Heise, Das Verbraucherkreditgesetz - Versuch einer ersten Bilanz, JA 1993, 65, 69 f.; Reinking, Das Verbraucherkreditgesetz bei Kfz-Leasing undfinanziertem Kfz-Kauf - Verbundene Geschäfte, FLF 1993, 174; Giesen, Grundsätze der Konfliktlösung im Besonderen Schuldrecht - Das Recht des Kaufvertrags - Spezialfälle des Kaufs, Jura 1994,194,201; differenzierend unter Zugrundelegung der Verbrauchereinschätzung auch: Bülow, § 9 Rdnr. 39; Bruchner/ Orr/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, § 9 Rdnr. 54, 56. 175

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

dung ausdrücklich auf die frühere Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf bezieht. Danach werde die bisher vom BGH vor Erlaß des VerbrKrG beinahe floskelhaft verwendete Formel übernommen, wonach für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Eifiheit erforderlich sei, daß objektiv bestimmte Umstände (Verbindungselemente) vorlägen und dadurch subjektiv beim Käufer/Darlehensnehmer der Eindruck erweckt werde, Verkäufer und Kreditgeber stünden ihm als einheitlicher Vertragspartner gegenüber. Nach der wohl herrschenden Gegenansicht176 ist der subjektive Eindruck des Verbrauchers nach der neuen Rechtslage nach Erlaß des VerbrKrG zur Beurteilung einer wirtschaftlichen Einheit völlig unbeachtlich. Dies wird einerseits ebenfalls aus der Berufung des Gesetzgebers auf die höchstrichterliche Rechtsprechung vor Erlaß des VerbrKrG, andererseits auch aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG gefolgert. Nach dem in dieser Norm enthaltenen Regelbeispiel werde auf die subjektive Einschätzung des Verbrauchers keinerlei Bezug genommen; vielmehr sei hiernach allein das rein objektive Verbindungsmerkmal eines Zusammenwirkens zwischen Kreditgeber und Verkäufer entscheidend177. Es mag überraschend anmuten, daß sich beide Ansichten auf die frühere Rechtsprechung berufen. Allerdings zieht die Gegenansicht aus einer Analyse der früheren Rechtsprechung regelmäßig den Schluß, daß hiernach die subjektive Einschätzung des Verbrauchers de facto keine Rolle mehr gespielt habe. Schließlich gibt es noch Autoren, die zwischen den oben dargestellten Ansichten vermittelnde Lösungen vertreten: Bülow ist der Ansicht, daß sich die wirtschaftliche Einheit aus einer hinreichenden Anzahl von Verbindungselementen ergebe 178. Ob sich die rechtlich selbständi176

Vgl. MünchKomm-Habersack, §9 Rdnr. 10, 13f.; ders., Drittfinanzierter Immobilienund Beteiligungserwerb unter Geltung des § 9 VerbrKrG, ZHR 156 (1992), 45,50; StaudingerKessal-Wulf\ Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, § 9 VerbrKrG Rdnr. 27; Jauemig-Vollkommen Bürgerliches Gesetzbuch mit Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, §607 Rdnr. 31 ; Soergel-Häuser, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, § 9 VerbrKrG Rdnr. 27; Vortmann, Aktuelle Rechtsfragen zum Verbraucherkreditgesetz, Rdnr. 218; ders., Verbraucherkreditgesetz Kommentar, § 9 Rdnr. 10; Metz, Verbraucherkreditgesetz - Kommentar, § 9 Rdnr. 9 a. E.; Lwowski, in: LwowskilPeters! Gößmann, Verbraucherkreditgesetz: Kreditverträge - Leasing - verbundenes Geschäft, S. 192ff., 195; Seibert, § 9 Rdnr. 3 a. E. - anders aber ders., Verbraucherkreditgesetz und Kreditkarte, DB 1991, 429, 431; Pietzcker, Die Rückabwicklung der verbundenen Geschäfte beim Einwendungsdurchgriff nach dem Verbraucherkreditgesetz, S. 19 f.; Dürbeck, S.47ff., 48; Drescher, Verbraucherkreditgesetz und Bankenpraxis, Rdnr. 251; Marloth-Sauerwein, Leasing und das Verbraucherkreditgesetz, S. 118; DaunerLieb, S.7ff., 13; Compensisi Reiserer, Partnerschaftsvermittlung und Verbraucherkreditgesetz 1991, BB 1991, 2457, 2462; Reinicke/Tiedtke, Zweifelsfragen bei der Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes, ZIP 1992,217,222; Coester, Jura 1992,617,618f.; Reinking/Nießen, Das Verbraucherkreditgesetz, ZIP 1991, 79, 83; Fuchs, Zum Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriff bei verbundenen Geschäften, AcP 199 (1999), 305, 310. 177 Vgl. etwa nur Dauner-Lieb, S. 12. 178 Vgl. Bülow, §9 Rdnr. 39.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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gen Verträge im Einzelfall als wirtschaftliche Einheit darstellen, hänge nicht von der Beurteilung des konkret am Vertragsschluß beteiligten Verbrauchers ab. Maß der Beurteilung solle vielmehr der Verständnishorizont eines vernünftigen Durchschnittsverbrauchers sein. Unter Hinweis auf das Urteil des XI. Zivilsenats vom 5.5.1992179 zieht Bülow den Schluß, daß die Kenntnis des am Vertragsschluß beteiligten Verbrauchers von der rechtlichen Trennung der beiden Verträge nicht schade, andererseits aber für den Kreditgeber die Möglichkeit bestünde, durch individuelle Hinweise den zunächst entstandenen Eindruck der wirtschaftlichen Einheit zu beseitigen180. Ott 181 folgert aus der in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG enthaltenen Formulierung „als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind", daß damit zwar nicht ausdrücklich auf die subjektive Einschätzung des Verbrauchers abgestellt werde, es aber für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit nicht unerheblich sein könne, wie sich das Vertragswerk aus der Sicht der zu schützenden Verbraucher darstellt. Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Verbraucher von der Personenidentität zwischen Verkäufer und Kreditgeber ausgegangen sei 182 , sondern vielmehr darauf, ob der Verbraucher aufgrund des Gesamteindrucks vom Zusammenwirken von Verkäufer und Kreditgeber davon ausgehen konnte, daß sich aus dieser Konstellation für ihn keine Risiken ergeben 183. Daher stehe einer wirtschaftlichen Einheit die Kenntnis des Verbrauchers von der rechtlichen Selbständigkeit seiner Vertragspartner nicht entgegen, so daß auch entsprechende Informationen oder Trennungsklauseln in den Verträgen der wirtschaftlichen Einheit nicht schadeten184. Emmerich ist schließlich der Meinung, daß für die Bestimmung, ob im Einzelfall eine Zweckbestimmung des Darlehens vorliegt, auf die „gemeinsame Sicht" der Parteien des Kreditvertrages abzustellen sei 185 . Da es von deren „Sicht" abhänge, ob sie eine Zweckbestimmung des Kredits herbeiführten oder nicht, enthalte das verbundene Geschäft neben der objektiven wirtschaftlichen Einheit auch ein subjektives Element der Zweckbestimmung. Die Kreditvertragsparteien könnten auf diese Weise im Einzelfall, wo es ihren legitimen Interessen entspräche, trotz Vorliegens 179 180

Vgl. BGH NJW 1992, 2560; hierzu näher oben unter § 1 CIL Bülow, § 9 Rdnr. 39 spricht insoweit von einer „Objektivierung der subjektiven Vorstel-

lung". 181

Vgl. Bruchner/Oft/Wagner-Wieduwilt, §9 Rdnr. 54. Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 55, die Verbraucher seien sich nämlich heute vielfach darüber im klaren, daß eine zur Finanzierung eingeschaltete Bank ein anderes Unternehmen als der Verkäufer sei. 183 Vgl. Bruchner/Otf/Wagner-Wieduwilt, §9 Rdnr. 56. 184 Vgl. Bruchner/Orr/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 57, 60. 185 Emmerich, in: v. Westphalen!Emmeriehlv. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz Kommentar, § 9 Rdnr. 39 ff., 41; ders., Verbundene Geschäfte im Verbraucherkreditgesetz, in: Walther Hadding/Klaus J. Hopt (Hrsg.), Das neue Verbraucherkreditgesetz, S.67, 71 f.; ihm zunächst folgend Lwow^'/Peters/Gößmann, S. 193, der auf S. 194 allerdings eine Zweckbestimmung davon abhängig macht, ob der Verbraucher in seiner Dispositionsfreiheit über die Darlehensvaluta eingeschränkt wird oder nicht. 182

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

einer wirtschaftlichen Einheit, das Zustandekommen eines verbundenen Geschäfts verhindern 186. bb) Ansichten in der Rechtsprechung unter Geltung des VerbrKrG (1) Der VIII. Zivilsenat des BGH 1 8 7 hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Kreditvertrag und ein PKW-Kaufvertrag ein verbundenes Geschäft i. S. d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG darstellen. Die wirtschaftliche Einheit zwischen den beiden Verträgen wurde aus der Erfüllung des Regelbeispiels aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG gefolgert. Der Kreditgeber habe sich bei der Vorbereitung des Kreditvertrags der Mitwirkung des Verkäufers bedient, was daraus folge, daß der Verkäufer dem Kreditgeber eine eigenhändig unterschriebene Erklärung mit folgendem Inhalt zugeleitet hatte: „Von der Identität der Darlehensnehmer habe ich mich überzeugt. Sämtliche Unterschriften wurden in meiner Gegenwart eigenhändig geleistet. Den Darlehensnehmern wurde das für sie bestimmte Exemplar dieses Vertrages ausgehändigt." Ob Kaufund Darlehensvertrag dem Käufer als eine wirtschaftliche Einheit erschienen, bzw. dieser aufgrund des Gesamteindrucks vom Zusammenwirken von Verkäufer und Kreditgeber davon ausgehen konnte, daß sich aus dieser Konstellation für ihn keine Risiken ergeben würden, wurde in keiner Weise geprüft 188. Offen bleibt jedoch, ob das Gericht auf eine Berücksichtigung des subjektiven Vorstellungsbildes des Verbrauchers auch dann gänzlich verzichtet hätte, wenn nicht bereits eindeutig die Voraussetzungen des Regelbeispiels aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG erfüllt gewesen wären. Der XI. Zivilsenat 189 hatte sich in einer einen drittfinanzierten Gesellschaftsbeteiligungsvertrag betreffenden Entscheidung am Rande ebenfalls mit der Frage des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen dem Finanzierungs- und dem Beteiligungsvertrag befaßt. In diesem Urteil sah der erkennende Senat eine wirtschaftliche Einheit für gegeben an, weil das Darlehen nach dem von der Kreditgeberin und den Gründungsgesellschaftern der Beteiligungsgesellschaft gemeinsam entwickelten Konzept ausschließlich der Finanzierung der Beteiligung dienen sollte. Damit wäre keiner der beiden Verträge ohne den anderen abgeschlossen worden 190 . Auf eine dahingehende subjektive Vorstellung des Beteiligungserwerbers/ Darlehensnehmers geht der erkennende Senat nicht ein. Stattdessen stellt er im Einklang mit der früheren Rechtsprechung191 zusätzlich auf den Umstand ab, daß sich die Kreditgeberin in einer über ihre bloße Finanzierungsrolle hinausgehenden Wei186

Emmerich, Das neue Verbraucherkreditgesetz, S. 71 f. ; ihm folgend LwowskilPeters/ Gößmann, S. 193. 187 Vgl. BGH NJW 1995, 3386. 188 Vgl. BGH NJW 1995, 3386, 3387. 189 Vgl. BGH NJW 1996, 3414. 190 Vgl. BGH NJW 1996, 3414, 3415. 191 Vgl. hierzu näher oben unter § 1 C II.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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se an dem finanzierten Geschäft beteiligt habe, wodurch die aus einer wirtschaftlichen Einheit resultierende besondere Risikoverteilung zu Lasten der Darlehensgeberin gerechtfertigt sei. (2) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte unter der Geltung des VerbrKrG finden sich allerdings Stimmen, nach denen die von der früheren Rechtsprechung entwickelte Formel zur Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit, und damit insbesondere die Beachtlichkeit subjektiver Vorstellungen des Verbrauchers, weiterhin volle Gültigkeit besitzen soll: So folgerte das OLG Stuttgart in einer Entscheidung vom 30.7.1993192 die wirtschaftliche Einheit zwischen einem Partnervermittlungs- und einem Kreditvertrag aus dem Umstand, daß die Anträge auf Abschluß der beiden Verträge gleichzeitig bei der Vermittlungsagentur eingereicht worden waren. Der Kunde habe daher Willenserklärungen abgegeben, die er so ansehe, daß sie auf den Gesamtinhalt eines einheitlichen Geschäfts bezogen seien. Dies reiche für die Einheitlichkeit i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG, für die es auf eine wirtschaftliche Betrachtung ankomme, aus193. Aus dem objektiven Merkmal der gleichzeitigen Antragseinreichung wurde damit ohne nähere Feststellungen auf das Vorliegen eines bestimmten subjektiven Vorstellungsbildes des Verbrauchers geschlossen. Besonders deutlich lehnt sich das OLG Köln 194 in einem einen kreditfinanzierten PKW-Kauf betreffenden Urteil an die frühere Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf an. Nachdem der erkennende Senat ein Eingreifen des Regelbeispiels aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG verneint hatte, stellte er fest, daß der Begriff der wirtschaftlichen Einheit im Verbraucherkreditgesetz im übrigen die gleiche Bedeutung habe, wie in der Rechtsprechung zum früheren Abzahlungsgesetz. Demnach sei erforderlich, daß objektiv bestimmte Umstände vorlägen und dadurch subjektiv beim Darlehensnehmer - für den Darlehensgeber erkennbar - der Eindruck erweckt werde, Verkäufer und Darlehensgeber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber. Allerdings erweist sich diese Äußerung bei näherer Betrachtung als bloßes Lippenbekenntnis, da im Anschluß an diese Aussage eine wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf- und Kreditvertrag allein deshalb bejaht wurde, weil objektive Verbindungselemente „in ausreichender Zahl" vorgelegen hätten195. Ob auch tatsächlich ein subjektiver Eindruck des Verbrauchers von der Einheitlichkeit seiner Vertragspartner bestanden hatte, wurde nicht geprüft. Auch das OLG Celle 196 hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wann nach § 9 VerbrKrG vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen einem Kauf192

Vgl. OLG Stuttgart VuR 1994, 94. Vgl. OLG Stuttgart a. a. O. (Fn. 192). 194 Vgl. OLG Köln NJW-RR 1995, 1008. 195 OLG Köln a. a. O. (Fn. 194); so auch die gängige Vorgehensweise der Rechtsprechung vor Erlaß des VerbrKrG, vgl. oben unter § 1 CI. 196 Vgl. OLG Celle DAR 1995,404. 193

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

und Kreditvertrag auszugehen ist. In den Urteilsgründen wurde ausgeführt, daß eine wirtschaftliche Einheit zwischen Kredit- und Kaufgeschäft vermutet werde, da sich die Kreditgeberin bei der Vorbereitung und dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung der Verkäuferin bedient habe. Bei der Kreditgeberin handele es sich um das Finanzierungsunternehmen, mit dem die Verkäuferin ständig zusammenarbeite. Obwohl der erkennende Senat die Voraussetzungen des Regelbeispiels einer wirtschaftlichen Einheit nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG für gegeben ansah, folgerte er hieraus entgegen dem zwingenden Wortlaut dieser Vorschrift nur, daß eine Vermutung für eine wirtschaftliche Einheit spreche. Im Anschluß hieran stellte der erkennende Senat zusätzlich fest, daß „aus der maßgeblichen Sicht des Klägers als Käufer" sich Kauf- und Finanzierungsgeschäft „als eine Einheit" dargestellt hätten197. Dem Käufer sei der Eindruck vermittelt worden, daß der mit dem Verkäufer zusammenarbeitende Kreditgeber das Darlehen nur gewährt habe, um ihm die Finanzierung des Kaufpreises (ganz oder teilweise) zu ermöglichen. Nach dieser Entscheidung ist auch unter der Geltung des VerbrKrG bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit maßgeblich auf das subjektive Vorstellungsbild des Käufers abzustellen. Ganz auf einen subjektiven Eindruck verzichtete das OLG Düsseldorf 198 in einer einen finanzierten Teilzeitwohnrechtevertrag betreffenden Entscheidung. Der erkennende Senat stellte fest, daß der Finanzmakler ständig mit der kreditgebenden Bank unter Wahrnehmung letzterer obliegender Aufgaben sowie dem „Verkäufer" des Teilzeitwohnrechtes zusammenarbeitete. Die Bank habe sich auf diesem Wege des „Verkäufers" bei der Vorbereitung des Kreditvertrages bedient. Da der Kreditnehmer damit keinen „freien" Kredit aufgenommen habe, vielmehr vom „Verkäufer" an die Kreditgeberin „weitergereicht" wurde, handele es sich bei dem Teilzeitwohnrechtevertrag und dem Kreditvertrag um ein verbundenes Geschäft 199. Der erkennende Senat Schloß allein anhand dieser objektiven Merkmale auf das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts.

cc) Stellungnahme Der subjektive Ansatz bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit ist abzulehnen. Hiergegen spricht bereits der Wortlaut des in § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG enthaltenen Regelbeispiels für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit, aus welchem sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Beachtlichkeit des subjektiven Vorstellungsbildes des am Vertragsschluß beteiligten Verbrauchers entnehmen lassen200. 197

Vgl. OLG Celle DAR 1995, 404, 405 f. Vgl. OLG Düsseldorf NJW 1997,2056. Das TzWrG kam hier zeitlich noch nicht zur Anwendung. 199 Vgl. OLG Düsseldorf NJW 1997, 2056, 2057. 200 Vgl. Seibert, § 9 Rdnr. 3 a. E.; MünchKomm-Habersack, § 9 Rdnr. 14; ders., ZHR 1992, 45,50f.; Dürbeck, S.49; Franz, Der Einwendungsdurchgriff gemäß § 9 Absatz 3 Verbraucherkreditgesetz, S. 112f.; Pietzcker, S. 19f.; Drescher, Rdnr.251; Dauner-Lieb, S. 12. 198

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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Der deutsche Gesetzgeber folgte mit der in § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG verwendeten Formulierung den entsprechenden Vorgaben der EG-Verbraucherkredit-Richtlinie 201 . Hierin wird nach Art. 11 Abs. 2 S. 1 lit. b für das Eingreifen der Schutzbestimmungen zugunsten des Verbrauchers allein auf den rein objektiven Umstand abgestellt, daß zwischen Kreditgeber und Lieferanten eine vorherige Abmachung getroffen wurde, wonach Kredite an Kunden dieses Lieferanten ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber bereitgestellt werden. Hieraus ist zu schließen, daß auch in allen sonstigen Fallgestaltungen außerhalb des Regelbeispiels eine wirtschaftliche Einheit allein aus dem Vorliegen objektiver Verbindungselemente herzuleiten ist 202 . An diesem Ergebnis ändert auch die in der Gesetzesbegründung enthaltene Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung203 nichts. Zwar hatte der BGH in seinen Entscheidungen zu drittfinanzierten Geschäften bei der Begründung einer wirtschaftlichen Einheit bis zuletzt an der Voraussetzung festgehalten, daß beim Verbraucher auch subjektiv der Eindruck einer wirtschaftlichen Einheit vorgelegen haben muß; hierbei handelte es sich jedoch letztlich nur um ein „Überbleibsel" aus einer Entscheidung aus dem Jahre 1971, in welcher die Rechtfertigung für die Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs fälschlicherweise darin erblickt wurde, daß der Kreditgeber seine Aufklärungspflichten gegenüber dem Käufer/Darlehensnehmer verletzt habe. Entgegen der in dieser Entscheidung geäußerten Ansicht, daß ein Verbraucher bei gehöriger Aufklärung über die Risiken dieses Geschäftstyps in der Regel von einem Vertragsabschluß abgesehen hätte, hätten die betroffenen Käufer, die häufig ohne eine Fremdfinanzierung gar nicht zu dem gewünschten Geschäftsabschluß in der Lage gewesen wären, auf dessen Abschluß gerade nicht gänzlich verzichtet 204. Ohnehin unterliegen die Käufer bei Abschluß eines finanzierten Geschäfts in den seltensten Fällen der Fehlvorstellung, daß es sich hierbei lediglich um einen geringfügig modifizierten „normalen" Abzahlungskauf nach dem Leitbild d e s - i m Jahre 1894 (!) erlassenen - Abzahlungsgesetzes handele. Dies hat umso mehr zu gelten, als der einfache Abzahlungskauf im Vergleich zur Drittfinanzierung bei finanziell umfangreicheren Konsumgeschäften bereits seit den fünfziger Jahren so gut wie nicht mehr gebräuchlich ist. Eine Belehrung über die unterschiedlichen Risiken von einfachem und finanziertem Abzahlungskauf, die sich ohnedies erst nach einem Scheitern des Erwerbsgeschäfts realisieren, hat daher auf die Willensbildung der Verbraucher regelmäßig keinerlei Einfluß 205 . 201 Richtlinie des Rates v. 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (87/102/EWG), ABl. Nr. L 42/48 v. 12.2.1987. 202 So auch MünchKomm-Habersack, § 9 Rdnr. 14; Staudinger-Ke ssal -Wulf, § 9 VerbrKrG Rdnr. 27. 203 BT-Drs. 11/5462, S.23 r.Sp. 204 So bereits Dauner-Lieb, S. 12. 205 Emmerich, Derfinanzierte Abzahlungskauf, JuS 1971,273,279; Strätz, Aushöhlung des Käuferschutzes beimfinanzierten Abzahlungskauf, JR 1972, 95, 97; Weick, Bewertung typi-

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Zwar hat sich der B G H nie ausdrücklich von seiner in der Entscheidung aus dem Jahre 1971 getroffenen Aussage 2 0 6 distanziert, jedoch wurde die wirtschaftliche Einheit zunehmend allein aus dem Vorliegen objektiver Verbindungselemente gefolgert 2 0 7 . Zuletzt hatte die subjektive Komponente ausschließlich die Funktion, bestimmte Personenkreise 208 oder Geschäftstypen 209 von dem „Genuß" eines Einwendungsdurchgriffs auszuschließen. Diese Funktion ist aber mit dem Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes obsolet geworden, da dieses bei der Konkretisierung des schutzbedürftigen Personenkreises von einem einheitlichen Verbraucherbild ausgeht 2 1 0 . I n Umsetzung von Art. 1 Abs. 2a der Richtlinie 87/102/EWG über den Verbraucherkredit definiert § 1 Abs. 1 VerbrKrG jede natürliche Person, die den Vertrag zu einem Zweck abschließt, der nicht ihrer bereits ausgeübten gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, als „Verbraucher" 2 1 1 . Eine Feststellung, ob der konkret am Vertragsschluß beteiligte Verbraucher tatsächlich schutzbedürftig ist, ist nach der Gesetzeslage nicht erforderlich 212 . Eine auf den Einzelfall bezogene Betrachtung kann nicht vorgenommen werden. Der Gesetzgeber hat den Verbraucher, wenn auch unter europäischem Einfluß, generell typisierend als unterlegenen Vertragspartner definiert 2 1 3 . Bestimmte Fähigkeiten, Eigenscher Geschäftsformen oder Schutz in Härtefällen?, JZ 1974,13,15; Gilles, Der sog. Einwendungsdurchgriff beifinanzierten Umsatz- und Dienstleistungsgeschäften als rechtspolitisches und methodisches Problem, JZ 1975,305,308; VollkommerlKoch, Jura 1980,469,474; Gernhuber, Austausch und Kredit im rechtsgeschäftlichen Verbund - Zur Lehre von den Vertragsverbindungen, in: Festschrift für Karl Larenz, S.455, 478; Marschall v. Bieberstein, Das Abzahlungsgeschäft und seine Finanzierung - Die Rechte des Käufers gegenüber dem Finanzierungsinstitut, S. 24; Dauner-Lieb, S. 12f.; dies., Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 127. 206 Hierzu ausführlich oben unter § 1 ΒI. 207 Vgl. die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung vor Erlaß des VerbrKrG oben unter § 1 CI. 208 Vgl. ζ. B. BGH W M 1990,1234, wo es sich beim Käufer/Darlehensnehmer um einen niedergelassenen Zahnarzt handelte. 209 Vgl. etwa BGH NJW 1978,1427 (drittfinanzierter Untemehmenskauf); BGH W M 1979, 1054 (drittfinanzierter Bauträgervertrag); BGH NJW 1981,389; NJW 1985,1020; NJW 1992, 2560 (drittfinanzierte Gesellschaftsbeteiligungen). 210 Im Gegensatz hierzu erachtete das vom VerbrKrG abgelöste AbzG in § 8 grundsätzlich alle Personen als schutzbedürftig, die nicht als Vollkaufmann im Handelsregister eingetragen waren. 211 Diese Definition des Verbraucherbegriffs setzt sich zunehmend in neueren Gesetzen durch, vgl. zuletzt etwa §414 Abs. 4 HGB (geändert durch das Transportrechtsreformgesetz) sowie § 1031 Abs. 5 S.2 ZPO (Reform der Schiedsgerichtsbarkeit). Zum Begriff des Verbrauchers vgl. etwa Dreher, Der Verbraucher - Das Phantom in den Opera des europäischen und deutschen Rechts, JZ 1997,167; zuletzt: Blaurock, Verbrauchelkredit und Verbraucherleitbild in der Europäischen Union, JZ 1999, 801, 802f. 212 Seibert, Das neue Verbraucherkreditgesetz, S. 11, 13, spricht insoweit von einem „klassenlosen" Verbraucherbegriff. 213 MünchKomm-Habersack, § 9 Rdnr. 15, der von einer abstrakt-generellen Schutzbereichsbestimmung ausgeht; Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 194-198; Coester, Jura 1992, 617, 618.

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Schäften oder Kenntnisse sind für die Einstufung als Verbraucher unbeachtlich, da es nur auf eine bestimmte Rolle als Marktteilnehmer ankommt. Wird diese Rolle wahrgenommen, wird nach dem Gesetz beispielsweise auch ein noch so erfahrener Unternehmer, freiberuflich tätiger Rechtsanwalt oder ein Richter geschützt, der ein privat veranlaßtes (dritt-)finanziertes Geschäft mit regelmäßig arbeitsteilig zusammenwirkenden gewerblichen Anbietern abschließt. Eine Berücksichtigung subjektiver Merkmale bei der Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit, insbesondere der Kenntnis des Kreditnehmers von der rechtlichen Selbständigkeit von finanziertem Geschäft und Kreditvertrag bzw. der Personenverschiedenheit seiner beiden Vertragspartner, würde dies außer acht lassen. Aus diesem Grunde sind auch in den Verträgen enthaltene sogenannte „Trennungsklauseln", die auf eine Aufklärung des am Vertragsschluß beteiligten Verbrauchers über die genannten Umstände abzielen, unbeachtlich. Liegt aufgrund bestimmter objektiver Verbindungsmerkmale eine wirtschaftliche Einheit vor, kann diese nicht durch abweichende Individualabreden oder Allgemeine Geschäftsbedingungen abbedungen werden. Aus alledem ergibt sich, daß mit der überwiegenden Ansicht in der Literatur 214 unter Geltung des VerbrKrG das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nach der nunmehr gültigen Gesetzeslage allein aus dem Vorhandensein bestimmter objektiver Verbindungsmerkmale hergeleitet werden muß. Das subjektive Vorstellungsbild des Verbrauchers ist unter der Geltung des VerbrKrG, unabhängig von der Art des finanzierten Geschäfts, völlig unbeachtlich. b) Fallgruppen einer wirtschaftlichen Einheit Bei welchen Fallgestaltungen unter Berücksichtigung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor Erlaß des Verbraucherkreditgesetzes herausgearbeiteten Grundsätze nach der Regelung des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen ist, soll nunmehr dargestellt werden. aa) Wirtschaftliche

Einheit nach dem gesetzlichen Regelbeispiel

Nach der Formulierung des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG ist eine wirtschaftliche Einheit insbesondere anzunehmen, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient, diese also arbeitsteilig zusammenwirken. In der Gesetzesbegründung215 zu § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG wird hierzu beispielhaft das sogenannte „B-Geschäft" genannt. Völlig unzweifelhaft werden demnach in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung vom Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG derartige Geschäfte erfaßt. 214 215

Vgl. oben die Auflistung in Fn. 176. BT-Drs. 11/5462, S.23.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Der Gesetzgeber kann aber nicht nur das „B-Geschäft" in seiner klassischen Ausgestaltung216 gemeint haben. Dies zeigt sich bereits daran, daß nach der Gesetzesbegründung 217 ein Rahmenvertrag zwischen Verkäufer und Kreditgeber für nicht zwingend erforderlich gehalten wird, um einen derartigen Geschäftstyp anzunehmen. Die Entbehrlichkeit einer vertraglichen Beziehung im Verhältnis zwischen Verkäufer und Kreditgeber wird dadurch deutlich gemacht, daß nach der Ansicht des Gesetzgebers der Mitwirkung des Verkäufers bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages nur „möglicherweise" 218 ein Einreichervertrag zugrunde liegt. Auch die Sicherungsübereignung des Kaufgegenstandes an den Kreditgeber sowie eine vereinbarte Mithaftung des Verkäufers für eventuelle Zahlungsausfälle des Käufers werden nicht zwingend vorausgesetzt. Die Gesetzesbegründung beschränkt sich auf nur zwei Merkmale eines „klassischen B-Geschäfts", nämlich auf die Mitwirkung des Verkäufers beim Kreditantrag an einen von ihm bestimmten Kreditgeber sowie die direkte Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer. Aber auch letztere wird für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht als unbedingt notwendig erachtet, da diese nach der Begründung nur „in aller Regel" 219 erfolge. Die nach der Gesetzesbegründung als „B-Geschäft" bezeichnete Vertragsgestaltung entfernt sich damit weit von der bis dato so genannten vertraglichen Ausgestaltung eines finanzierten Abzahlungskaufs, wie sie den Entscheidungen des BGH in den sechziger Jahren zugrunde lag 220 . Der Gesetzgeber knüpft bei der von ihm vorgenommenen Beschreibung des „B-Geschäfts" vielmehr an die von der Rechtsprechung vor Erlaß des VerbrKrG zuletzt für notwendig erachteten Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit an 221 . Letztere lag danach vor, wenn der Kreditgeber mit dem Verkäufer arbeitsteilig beim Zustandekommen des finanzierten Geschäfts zusammengewirkt hatte. Ein Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta bildete dabei ein gewichtiges Indiz für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit, war aber hierfür nicht zwingend erforderlich. Für die Erfüllung des Regelbeispiels aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG ist nach der Gesetzesbegründung ausreichend, daß der Verkäufer bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages mitwirkt, sei es nun aufgrund eines Einreichervertrages mit dem Kreditgeber oder ohne einen solchen. Für die Begründung einer wirtschaftlichen Einheit kommt es hiernach maßgeblich auf die Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber an. § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG setzt ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen diesen beim Zustandekommen des Kreditvertrages 216 217 218 219 220 221

Vgl. hierzu die Darstellung oben in der Einleitung unter A. Vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 23. Vgl. BT- Drs. 11/5462, S. 23 r. Sp. (Hervorhebung vom Verfasser). Vgl. BT- Drs. 11/5462, S.23. Zu dieser Rechtsprechung vgl. ausführlich oben unter § 1 A. Vgl. hierzu oben unter § 1 CI.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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voraus. Hierbei stellt sich vor allem die Frage, welche Intensität diese Zusammenarbeit für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit aufweisen muß. (1) Vertragliche Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber Nach dem zuvor Gesagten liegt im Anschluß an das Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG jedenfalls immer dann eine wirtschaftliche Einheit vor, wenn Verkäufer und Kreditgeber zwar äußerlich als rechtlich selbständige Personen auftreten, der Kreditgeber aber wirtschaftlich und organisatorisch mit dem Verkäufer 222 - insbesondere etwa durch die Zugehörigkeit zu ein und demselben Konzern - eng verbunden ist, und diese regelmäßig beim Zustandekommen finanzierter Geschäfte arbeitsteilig zusammenwirken. Die intensive Verbundenheit zwischen Kreditgeber und Verkäufer drückt sich in derartigen Fällen meist bereits durch eine weitgehende Namensgleichheit sowie dadurch aus, daß der Kreditgeber aufgrund der weitreichenden wirtschaftlichen und organisatorischen Eingebundenheit in den Geschäftsbereich des Verkäufers regelmäßig nur Geschäfte mit diesem einen Verkäufer zu finanzieren bereit oder überhaupt nur berechtigt ist. Derartige „Konzernverbünde" treten häufig in der Automobilbranche auf, wo die Hersteller den Kunden ihrer Vertragshändler die Möglichkeit bieten, die mit den Vertragshändlern abgeschlossenen Verträge zu besonders günstigen Konditionen223 durch die für Vertriebszwecke gegründete „Hausbank" des Herstellers zu finanzieren 224 . Aber auch große Kauf- und Versandhäuser 225 bedienen sich häufig dieser Praxis. Verkäufer und Kreditgeber arbeiten in den genannten Fällen vertraglich eng zusammen. Diese Fallgestaltungen sind in aller Regel dadurch gekennzeichnet, daß die kreditgebende Bank nur dazu bereit ist, das Darlehen unmittelbar an den mit ihr konzernmäßig verbundenen Verkäufer auszuzahlen. Derartige Herstellerbanken vergeben in der Regel keine Personalkredite zur freien Verwendung. Aber auch wenn der Kreditgeber nicht wirtschaftlich und organisatorisch in den Geschäftsbereich des Verkäufers eingegliedert ist, sondern „lediglich" aufgrund eines Rahmenvertrages dauerhaft mit diesem zusammenarbeitet, ist das Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG ohne weiteres erfüllt, so daß eine wirtschaftliche Einheit zwingend vorliegt. Verkäufer und Kreditgeber müssen sich innerhalb dieser rahmenvertraglichen Vereinbarung über ein arbeitsteiliges Zusammenwirken beim 222

Bzw. dem sonstigen Leistungserbringer, vgl. §9 Abs. 4 VerbrKrG. Die Zinsen liegen in der Regel deutlich unter den für die Kreditaufnahme bei Geschäftsbanken marktüblichen Zinssätzen. 224 Zu einer derartigen Fallkonstellation vgl. etwa LG Braunschweig NJW 1994,2701 ; OLG Düsseldorf OLGR 1995, 49; BGH NJW 1994, 2152 (alle die „Ford-Bank" betreffend); OLG Celle DAR 1995,404 („Mercedes-Benz Bank"). 225 Beispielhaft erwähnt seien etwa die „Kaufhof-Bank", oder die „Quelle-Bank". 223

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Zustandekommen von (dritt-)finanzierten Abzahlungsgeschäften geeinigt haben. Dies geschieht deshalb, weil sich hierdurch beide einen wirtschaftlichen Vorteil in Form von Umsatzsteigerungen versprechen. Der Kreditgeber verpflichtet sich in dem Rahmenvertrag in aller Regel dazu, den Kunden des Verkäufers bei Bedarf Kredite zur Finanzierung von Geschäften mit diesem zu gewähren. Im Gegenzug hält der Verkäufer Kreditantragsformulare des mit ihm zusammenarbeitenden Kreditgebers für seine Kunden bereit und ist diesen gegebenenfalls beim Ausfüllen dieser Formulare behilflich. Anschließend leitet er die ausgefüllten Anträge dem Kreditgeber zu. Letzterer wird nach deren Prüfung regelmäßig die Darlehensvaluta unmittelbar an den Verkäufer auszahlen. Derartige Fallkonstellationen sind dadurch geprägt, daß der Verkäufer sowohl bei der Vorbereitung als auch beim Abschluß des Kreditvertrages mitwirkt, häufig also überhaupt keine direkte Kontaktaufnahme zwischen dem den Kredit aufnehmenden Käufer und dem Kreditgeber stattfindet. Die tatsächliche inhaltliche Ausgestaltung des Rahmenvertrages zwischen Kreditgeber und Verkäufer, insbesondere der Umstand, ob sich der Verkäufer gegenüber dem Kreditgeber zu einer Mithaftung für die Darlehensrückzahlung durch den Käufer verpflichtet, ist für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit unerheblich. Allerdings kann auch bei einem bestehenden Rahmenvertrag zwischen Verkäufer und kreditgebender Bank eine wirtschaftliche Einheit unter besonderen Umständen zu verneinen sein. Dies muß etwa dann gelten, wenn die Bank - beispielsweise, weil es sich bei dieser zufällig gleichzeitig um die gewöhnliche Bankverbindung des Käufers handelt - dem Käufer einen freien Personalkredit gewährt. Hierfür ist dann aber erforderlich, daß die Kreditgeberin das Darlehen genau so und zu denselben Bedingungen gewährt, wie sie dies gewöhnlich bei sonstigen Kreditvergaben außerhalb des mit dem Verkäufer bestehenden Rahmenvertrages handhabt. Dies wird sie regelmäßig nur dann tun, wenn sie von der Bonität des Kreditnehmers überzeugt und auch ohne Abschluß des geplanten Erwerbsgeschäfts ausreichend gesichert ist. (2) Faktische Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber ohne Rahmenvertrag In Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung226 und der früheren Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf 227 kann für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Kauf- und Kreditvertrag nicht zwingend erforderlich sein, daß die Zusammenarbeit zwischen Kreditgeber und Verkäufer planmäßig und dauerhaft aufgrund eines zugrundeliegenden Rahmenvertrages stattfindet. Auch bei einem bloß faktischen Zusammenwirken von Verkäufer und Kreditgeber kann das Regelbeispiel aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG erfüllt sein. Vorauszusetzen ist insoweit lediglich, daß der Verkäufer in vergleichbarer Form wie bei einem zwischen ihm und dem Kreditgeber bestehenden Rahmenvertrag bei der Vorbereitung oder dem 226 227

BT-Drs. 11/5462, S. 23. Vgl. oben § 1 BI.

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Abschluß des Kreditvertrages mitwirkt, also etwa die Vertragsverhandlungen über den Abschluß des Darlehensvertrages allein zwischen Verkäufer und Käufer geführt werden. Häufig wird in einem derartigen Fall allerdings eine vorherige Absprache zwischen Verkäufer und Kreditgeber über eine Zusammenarbeit stattgefunden haben, aus der sich zumindest ein konkludenter (Rahmen-)Vertragsschluß zwischen den genannten Parteien herleiten läßt, so daß auch diese Fallgestaltung eher zu der zuvor dargestellten Fallgruppe einer vertraglichen Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber gezählt werden kann. Fraglich und problematisch ist allerdings die Beurteilung der (wohl nur selten vorkommenden) Fälle, in denen der Verkäufer erstmalig und ohne vorherige Vereinbarung mit dem Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages mitwirkt, indem z.B. der Verkäufer den Käufer zu einem bestimmten Kreditinstitut begleitet und ohne Kenntnis des Kreditgebers beim Ausfüllen der Kreditantragsformulare behilflich ist oder der Verkäufer den potentiellen Käufer lediglich auf das Finanzierungsangebot eines bestimmten Kreditinstituts aufmerksam macht. Die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit scheitert in einem solchen Fall nicht bereits daran, daß die Zusammenarbeit auf Betreiben des Verkäufers zustande kommt, auch wenn der Gesetzes wortlaut den Eindruck erweckt, daß die Zusammenarbeit einer Initiative des Kreditgebers entspringen muß. Die Situation für den zu schützenden Verbraucher ist nämlich in beiden Fällen gleich. Allerdings scheitert das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG hier daran, daß sich der Kreditgeber hiernach beim Zustandekommen des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient haben muß. Von einem „sich bedienen" kann allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Kreditgeber von der Mitwirkung des Verkäufers beim Zustandekommen des Kreditvertrages noch vor dessen Abschluß Kenntnis erhält. Hierfür ist eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme zwischen Kreditgeber und Verkäufer erforderlich, aufgrund derer der Kreditgeber zumindest theoretisch in der Lage gewesen wäre, Informationen über den Verkäufer einzuholen, die es ihm ermöglichen würden, die Risiken des Geschäfts einzuschätzen und sich eventuell vertragliche Regreßmöglichkeiten gegenüber dem Verkäufer vorzubehalten 228. Nur dann kann die in § 9 VerbrKrG enthaltene besondere Risikoverteilung gerechtfertigt sein. Wenn hingegen keinerlei Kontaktaufnahme zwischen Kreditgeber und Verkäufer vor dem Abschluß des Kreditvertrages stattgefunden hat, der Verkäufer also ohne Wissen und Wollen des Kreditgebers das Zustandekommen des Kreditvertrags angebahnt hat, ist das Regelbeispiel aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG nicht erfüllt 229 . Aus der Perspektive dieser Vorschrift, die allein auf ein Zusammenwirken zwischen Verkäufer und Kreditgeber abstellt, führen nur die oben dargestellten Fallkonstellationen zur Annahme einer wirtschaftlichen Einheit. 228

So auch MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 29; Franz, S. 85. MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 30; v. Westphalen/£mmeric/i/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 50. 229

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

bb) Wirtschaftliche Einheit außerhalb des Regelbeispiels des §9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG Neben dem allein auf das Verhältnis zwischen Verkäufer und Kreditgeber abstellenden Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG können aber auch andere Fallgestaltungen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit begründen. Im folgenden soll deshalb untersucht werden, ob eine wirtschaftliche Einheit insbesondere auch aus dem Verhältnis zwischen Verbraucher und Kreditgeber bzw. Verbraucher und Verkäufer hergeleitet werden kann. (1) Wirtschaftliche Einheit aus dem Verhältnis zwischen Verbraucher und Kreditgeber Fraglich ist, ob neben dem in § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG genannten Regelbeispiel auch allein aus dem Ausschluß des Verbrauchers von der freien Disposition über die Darlehensvaluta auf eine wirtschaftliche Einheit geschlossen werden kann. Die wirtschaftliche Einheit hatte nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf vorrangig die Funktion, die Zulassung des Einwendungsdurchgriffs zu rechtfertigen. Die der als Folge aus der wirtschaftlichen Einheit entwickelten Rechtsfigur des Einwendungsdurchgriffs immanente Verlagerung von Risiken des finanzierten Geschäfts vom Verbraucher auf den Kreditgeber wurde zunächst maßgeblich aus dem Vorhandensein einer (vertraglichen) Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Kreditgeber hergeleitet 230. Das Kriterium des Ausschlusses des Verbrauchers von der freien Disposition über die Darlehensvaluta gewann in der Rechtsprechung in der Folgezeit zunehmend Gewicht gegenüber einem verabredeten Zusammenwirken von Verkäufer und Kreditgeber; allerdings wurde es nie allein als ausreichend für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit angesehen. Der BGH nannte vielmehr daneben immer noch andere Kriterien, die erst im Zusammenwirken mit einer Zweckbindung des Darlehens eine wirtschaftliche Einheit ergeben sollten. Letztendlich wurde der Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta lediglich als ein äußerst gewichtiges Indiz für die Bejahung einer wirtschaftlichen Einheit angesehen231. In der Literatur 232 wird teilweise die Ansicht vertreten, daß dem Merkmal des Ausschlusses des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta neben dem gesetzlichen Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG eine „entscheidende und eigenständige Bedeutung"233 für die Bejahung einer wirtschaftlichen Ein230

Vgl. hierzu ausführlich oben unter § 1 A III 1 c. Vgl. hierzu genauer oben unter § 1 CI. 232 Vgl. etwa MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 34-36; ders., ZUR 156 (1992), S. 45 ff.; LwowjJhyPeters/Gößmann, S. 188 f.; Dürbeck, S. 81 ff., 84 a. E.; Franz, S. 98 ff. 233 So MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 34. 231

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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heit zukäme. Der Kreditgeber verfolge durch diesen Ausschluß nicht lediglich ein legitimes Sicherungsinteresse, sondern weiche von dem gesetzlichen Leitbild des Darlehensvertrages als einer zweckfreien Überlassung der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer, nach § 607 BGB, ab. Der Verbraucher habe hier von vornherein keinen Anspruch auf Überlassung des Kredits zur freien Disposition, sondern der Darlehensvertrag stehe und falle mit dem zufinanzierenden Geschäft. Da hierdurch die Valuta zu keinem Zeitpunkt in das Vermögen des Verbrauchers fließe, sei die mit der Zulassung des Einwendungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 3 S. 1 VerbrKrG zum Ausdruck kommende Verlagerung des Verwendungsrisikos hinsichtlich der Darlehensvaluta vom Verbraucher auf den Kreditgeber gerechtfertigt 234. Allerdings wird insoweit nicht jeder Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verfügung über das Darlehen als ausreichend erachtet, da eben nicht nur der Kreditgeber, sondern nach § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG auch der Verkäufer Konsequenzen aus dem Vorliegen eines verbundenen Geschäfts tragen müsse235. So kann der Verbraucher nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG Störungen aus dem Kaufvertragsverhältnis auch im Kreditvertragsverhältnis geltend machen. Außerdem wird der Kaufvertrag in seinem Bestand über § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG an den Fortbestand des widerruflichen Kreditvertrags geknüpft. Damit werden aber nicht nur Vertragsrisiken vom Verbraucher auf den Kreditgeber 236 und den Verkäufer 237 abgewälzt, sondern auch der Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse durchbrochen, wonach Verträge grundsätzlich nur Wirkungen für und gegen die am Vertrag beteiligten Personen entfalten. Dieser Grundsatz ist seinerseits Ausfluß des elementaren Prinzips der Vertragsfreiheit, nach der sich jeder seine Vertragspartner frei auswählen kann. Im Ergebnis soll sich jeder nur mit den Personen auseinandersetzen müssen, die er sich selbst als Vertragspartner ausgesucht hat 238 . Daher muß der Verkäufer in irgendeiner Form am Kreditvertrag beteiligt werden, um auf die daraus resultierenden Risiken Einfluß nehmen zu können 239 . Hierfür ist ausreichend, wenn der Verkäufer in Kenntnis der Notwendigkeit der Finanzierung des Kaufpreises den Verbraucher zu einem Kreditgeber begleitet oder auch nur den Hinweis auf die konkrete Finanzierungsmöglichkeit gibt 240 . Da ein Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verwendung der Darlehensvaluta einzig im Darlehensverhältnis zwischen Verbraucher und Kreditgeber herbeigeführt wird, wäre es unbillig, allein hieraus auch Risiken für den Verkäufer er234

Vgl. Habersack, ZHR 156 (1992), S.45, 53 f.; so mài Franz, S.98ff. So insbesondere Franz, S. 98 ff. 236 Dieser hat über § 9 Abs. 3 VerbrKrG das Risiko einer Verkäuferinsolvenz zu tragen; dies entspricht dem in der Begründung ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers, vgl. BTDrs. 11/5462, S. 24 l.Sp. 237 Der Kaufvertrag hängt gem. § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG in seinem Bestand von dem des Kreditvertrags ab; vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 11/5462, S. 241. Sp. 238 Dauner-Lieb, S. 13; Baudenbacher, Einwendungsdurchgriff beimfinanzierten Immobilienerwerb?, JZ 1985, 661, 663. 239 So zu Recht auch Franz, S. 101 f. 240 Franz, a.a.O. (Fn.239). 235

5 Tröster

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

wachsen lassen zu wollen. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Eine Risikotragung durch den Verkäufer erscheint etwa dann gerechtfertigt, wenn der Verkäufer in irgendeiner Weise am Zustandekommen des Kreditvertrages gerade mit einem bestimmten Kreditgeber beteiligt war. Dies ist dann der Fall, wenn der Verkäufer zumindest „Veranlasser" der Kreditaufnahme bei einem bestimmten Kreditinstitut war. Für einen derartigen „Veranlasserbeitrag" des Verkäufers ist es bereits als ausreichend anzusehen, wenn dieser den Käufer in Kenntnis der Notwendigkeit einer Finanzierung des Geschäfts auf ein bestimmtes Finanzierungsangebot aufmerksam gemacht hat 241 . Dabei ist es in Übereinstimmung mit der früheren BGH-Rechtsprechung gleichgültig, ob der Verkäufer auch ohne Einschaltung des von ihm empfohlenen Kreditinstituts zum Vertragsschluß mit dem Käufer bereit gewesen wäre, solange der Käufer sich nur für die vom Verkäufer gewiesene Finanzierung entscheidet 242 . Aber selbst wenn der Verkäufer den Käufer nicht einmal auf ein Finanzierungsangebot hinweist, sondern lediglich die genaue Kenntnis hat, daß der Käufer nur unter Kreditaufnahme finanziell zur Erfüllung der Kaufpreisforderung und damit zum Abschluß des Geschäfts in der Lage sein wird, kann im Zusammenspiel mit einem Ausschluß des Verbrauchers von der freien Disposition über die Darlehensvaluta von einer wirtschaftlichen Einheit der Verträge ausgegangen werden. Wenn der Verkäufer trotz Kenntnis von der Notwendigkeit der Finanzierung zum Vertragsschluß bereit ist, muß er das aus § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG resultierende Risiko aus der Verknüpfung des Fortbestands des Kaufvertrages mit dem des Kreditvertrages hinnehmen. Demnach kann eine wirtschaftliche Einheit außerhalb des Regelbeispiels nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG nur aus einer gleichzeitigen Betrachtung der Verhältnisse zwischen Verbraucher und Kreditgeber einerseits und Verbraucher und Verkäufer andererseits hergeleitet werden. Die Bedeutung des Kriteriums des Ausschlusses des Verbrauchers von der freien Disposition über die Darlehensvaluta seitens des Kreditgebers ist daher vor allem darin zu erblicken, daß dadurch in all den Fallgruppen, in denen nicht bereits das Regelbeispiel aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG erfüllt ist, eine wirtschaftliche Einheit auch dann gegeben ist, wenn der Verkäufer in Kenntnis der Notwendigkeit einer Finanzierungsmöglichkeit für den Verbraucher zum Vertragsschluß bereit ist. Ist der Kreditgeber nicht bereit, das Darlehen allein im Vertrauen auf die Liquidität des Darlehensnehmers zu dessen freier Verfügung zu geben, sondern vielmehr nur, um die Finanzierung eines ganz bestimmten Geschäfts mit einem ganz bestimmten Veräußerer zu ermöglichen, dann hat auch er Kenntnis von der Notwendigkeit der Finanzierung des Geschäfts für den Verbraucher. Er eröffnet dem Verbraucher in derartigen Fällen bewußt überhaupt erst die Möglichkeit zum Abschluß des Geschäfts mit dem Verkäufer und gibt ihn hierdurch der Einwirkungs- oder Zugriffsmöglichkeit des Verkäufers preis. Es erscheint daher durchaus gerechtfertigt, mit der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit in derartigen Fällen auch die damit verbundene 241 242

So Franz, S. 102, unter Hinweis auf die Entscheidung BGH NJW 1983, 2250ff. Vgl. BGH NJW-RR 1990, 1072.

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Risikoverteilung eingreifen zu lassen, insbesondere das Risiko der Nicht- oder Schlechterfüllung durch den Verkäufer bzw. dessen Insolvenz vom Verbraucher auf den Kreditgeber zu verlagern. Wann ein derartiger Ausschluß des Verbrauchers von der freien Disposition über die Darlehensvaluta vorliegt, soll anhand einiger Fallkonstellationen verdeutlicht werden: (2) Mögliche Fälle eines Ausschlusses des Verbrauchers von der Dispositionsfreiheit über die Darlehensvaluta Ein Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta liegt immer dann vor, wenn diesem ein sogenannter „unechter Personalkredit" gewährt wird. Dieser Darlehenstyp ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kreditnehmer sich beim Abschluß des Kreditvertrages vertraglich dazu verpflichtet, die Darlehensvaluta nur zur Begleichung der Verbindlichkeiten aus einem bestimmten Geschäft mit einem bestimmten Verkäufer zu verwenden. Es ist aber auch ausreichend, wenn dieses Ziel auf anderem Wege erreicht wird, ohne daß eine ausdrückliche Verpflichtung des Darlehensnehmers im Darlehensvertrag enthalten ist, etwa der Darlehensnehmer gleichzeitig mit dem Abschluß des Darlehensvertrages einen unwiderruflichen Überweisungsauftrag unterzeichnen muß, der das Kreditinstitut anweist, die Darlehensvaluta bei Gewährung des Darlehens direkt an den Verkäufer zu überweisen. Eine andere Möglichkeit, die gewünschte Verwendung der Darlehensvaluta durch den Darlehensnehmer abzusichern, besteht darin, daß die Bank den Kreditbetrag erst dann dem Konto des Verbrauchers gutschreibt, wenn dieser der Bank die Quittung der Überweisung an einen bestimmten Verkäufer vorlegt, und das Konto des Darlehensnehmers auch tatsächlich in entsprechender Höhe belastet wurde 243 . Ein Ausschluß des Verbrauchers von der freien Disposition über die Darlehensvaluta kann andererseits auch dadurch erzielt werden, daß der Kreditnehmer aufgrund der Kreditvereinbarung nur dazu berechtigt sein soll, die Auszahlung der Valuta direkt an den Verkäufer zu fordern. Die Bank gibt damit zu erkennen, daß sie nicht dazu bereit wäre, den Kreditvertrag ohne die Bindung an den Kaufvertrag zu schließen. Hintergrund eines solchen Verhaltens des Kreditgebers ist zumeist, daß dieser Sicherungseigentum an der erworbenen Ware erlangen will, weil er nur auf diese Weise eine ausreichende Kreditsicherheit erhält. Wegen des in der Regel zugunsten des Verkäufers bestehenden Eigentumsvorbehalts ist dies jedoch nur möglich, wenn der Verkäufer den vollen Kaufpreis (also die Darlehensvaluta) erhalten hat und dadurch dessen Eigentumsvorbehalt erlischt.

243 Eine ähnliche Gestaltungfindet sich bei OLG Düsseldorf NJW 1997, 2056, 2057: Die Darlehensnehmer mußten gleichzeitig mit dem Kreditantrag einen Abbuchungsauftrag für ihr Konto bei ihrer „Hausbank" unterzeichnen, auf das dann der Kreditbetrag überwiesen wurde.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

c) Zusammenfassung zu 1. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß eine wirtschaftliche Einheit sich aus unterschiedlichen Umständen ergeben kann. Zunächst kann diese im Anschluß an das Regelbeispiel aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG aus dem Verhältnis zwischen Verkäufer und Kreditgeber hergeleitet werden 244. Hierfür ist erforderlich, daß die beiden Genannten beim Zustandekommen des finanzierten Geschäfts arbeitsteilig zusammenwirken. Dabei ist unerheblich, ob dieser Zusammenarbeit ein Rahmenvertrag zugrunde liegt, oder nicht. Des weiteren kann sich die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit auch aus dem Verhältnis zwischen Kreditgeber und Verbraucher ergeben 245, und zwar in den Fällen eines Ausschlusses des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta. Ein solcher Ausschluß ist allerdings nicht allein ausreichend. Vielmehr ist zusätzlich das Verhältnis zwischen Verbraucher und Verkäufer zu betrachten. Nur unter der „Mindestvoraussetzung", daß der Verkäufer die Notwendigkeit einer Drittfinanzierung für das Zustandekommen des geplanten Kaufgeschäftes kannte, ist eine Verbindung zwischen dem Fortbestand des Kaufvertrages mit dem des Kreditvertrages nach § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG gerechtfertigt. In keiner der genannten Fallgruppen zur Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit ist es jedoch erforderlich, daß der Verbraucher auch subjektiv den Eindruck einer wirtschaftlichen Einheit der Verträge bzw. einer Identität zwischen Verkäufer und Kreditgeber hatte246. 2. Die Zweckbestimmung des Darlehens a) Ansichten in der Literatur Welche Bedeutung dem in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG zuerst genannten Merkmal „wenn der Kredit der Finanzierung des Kauf]preises dient" neben der wirtschaftlichen Einheit zukommt, wird in der Literatur unterschiedlich gesehen. Insbesondere ist der Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal einer wirtschaftlichen Einheit und dem in § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG hierzu enthaltenen Regelbeispiel unklar. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG ist lediglich allgemein anerkannt, daß es sich hierbei um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal eines verbundenen Geschäfts neben der wirtschaftlichen Einheit handelt247. Zur ge244

Vgl. hierzu oben A11 b aa. Vgl. hierzu oben A I 1 bbb. 246 Vgl. hierzu oben AI. 247 Palandt-Putzo, § 9 VerbrKrG Rdnr. 5; MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 21, 23; ders., ZHR 1992, S.45, 54f.; Stzudinger-Kessal-Wulf, §9 VerbrKrG Rdnr. 24; SoergelHäuser, §9 VerbrKrG Rdnr. 14; Drescher, Rdnr. 246, 251; EmmencA/Münstermann/WagnerWieduwilt, Praktische Umsetzung des Verbraucherkreditgesetzes, S.93f.; v. Westphalen/£mmerich/w. Rottenburg, § 9 Rdnr. 34; ders., Das neue Verbraucherkreditgesetz, S. 71 f.; Bülow, § 9 Rdnr. 37; Münstermann/Hannes, § 9 Rdnr. 464; Β ruchner/Orr/Wagner-Wieduwilt, § 9 245

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naueren Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals haben sich im wesentlichen zwei Ansichten herausgebildet. Nach einer Ansicht 248 umschreibt die im Gesetz gewählte Formulierung das von der Rechtsprechung zum drittfinanzierten Abzahlungskauf für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit entwickelte Kriterium einer Zweckbindung des Darlehens an ein bestimmtes Erwerbsgeschäft. Eine derartige Zweckbindung sei im Anschluß an die frühere Rechtsprechung gegeben, wenn der Darlehensnehmer von der freien Disposition über die Darlehensvaluta ausgeschlossen werde. Es sei die Absicht des Gesetzgebers gewesen, die bisherige Rechtsprechung im wesentlichen unverändert festzuschreiben 249. Dementsprechend diene dieses Tatbestandsmerkmal dazu, eine Kreditaufnahme auf eigene Faust von einer Kreditaufnahme im Rahmen eines verbundenen Geschäfts abzugrenzen. Die Gegenansicht250 stellt die „verbundenen Geschäfte" begrifflich mit drittfinanzierten Geschäften oder finanzierten Abzahlungskäufen gleich. Mit der Formulierung des § 9 Abs. 1 VerbrKrG sei lediglich die Begriffsbestimmung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum AbzG übernommen worden, wonach Kauf- und Darlehensvertrag eine so enge Verbindung aufweisen müssen, daß beide als Teilstücke einer rechtlichen oder zumindest wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit erscheinen. Der Gesetzgeber knüpfe mit der Definition der verbundenen Geschäfte in § 9 Abs. 1 und Abs. 4 VerbrKrG bewußt an die bisherige Rechtsprechung zur Abgrenzung der finanzierten Geschäfte von den nicht zweckgebundenen Personalkrediten an, die sich ein Verbraucher „auf eigene Faust" beschafft. Daher bleibe die bisherige Rechtsprechung zu der Frage, wann die beiden Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden, so daß ein finanziertes Geschäft vorliegt, im wesentlichen für die Auslegung des Verbraucherkreditgesetzes maßgebend251. Die in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG enthaltene Formulierung „wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient" sei daher als bloße Verwendungsbestimmung des Kreditbetrages zu verstehen, wie sie auch bei der Finanzierung eines Geschäfts mit einem auf eigene Faust beschafften Darlehen vorliegen könne. Auch unter der Geltung des Verbraucherkreditgesetzes sei mit der bisherigen Rechtsprechungspraxis zu finanzierten AbzahlungsgeschäfRdnr. 38 ff.; Lwowsto/Peters/Gößmann, S. 192ff. (anders noch in der Vorauflage S. 145 ff.); Dürbeck, S.56f. 248 Vgl. Palandt-Putzo, § 9 VerbrKrG Rdnr. 5; Münstermann/Hannes, § 9 Rdnr. 464; Bülow, § 9 Rdnr. 37; Bruchner/Otf/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 39, 44f.; Lwow^/Peters/Gößmann, S. 193 f.; Drescher, Rdnr. 247; Reinking/ Β exen, Derfinanzierte Autokauf heute und in Zukunft - Der Gesetzentwurf über Verbraucherkredite (VerbrKrG-Entw) - ein kritischer Befund, DAR 1990, 289, 290. 249 Vgl. nur Bülow, § 9 Rdnr. 37, unter Hinweis auf BT-Drs. 11/5462, S. 23 r. Sp. 250 Vgl. MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 21 ff.; ders., ZHR 1992, 45, 54f.; Stzudrnger-Kessal-Wulf, §9 VerbrKrG Rdnr. 24; Drescher, Rdnr. 246, 251; EmmeriehlMünstermann/Wagner-Wiedu wilt, S. 93 und 94 - anders aber in: v. Westphalen/£mmericA/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 38,41; OLG Düsseldorf, NJW 1997, 2056, 2057. 251 Vgl. EmmmcÄ/Münstermann/Wagner-Wieduwilt, S.94.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

ten für das Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" maßgeblich auf das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit von Kauf- und Kreditvertrag abzustellen252. Dem Merkmal der Zweckbestimmung des Darlehens zur Finanzierung des Kaufvertrages komme damit nicht die Funktion einer Abgrenzung zwischen einem Finanzierungsdarlehen i. S. d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG und einem vom Verbraucher auf eigene Faust besorgten Darlehen zu. Keinesfalls werde damit ein Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verfügung über den Kreditbetrag umschrieben. Eine derartige Zweckbindung des Darlehens habe dem BGH vor Erlaß des VerbrKrG als besonders gewichtiges Merkmal für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit gedient. Demnach könne der Ausschluß des Verbrauchers von der freien Verwendung über die Darlehensvaluta bei der vom Gesetzgeber beabsichtigten Umsetzung der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als zusätzliches Tatbestandsmerkmal neben der wirtschaftlichen Einheit verstanden werden. Es handele sich hierbei lediglich um ein deskriptives Tatbestandmerkmal, das die bei verbundenen Geschäften stets vorliegende Verwendung der Darlehensvaluta für Konsum- oder Kapitalanlagezwecke umschreibe 253. b) Stellungnahme Nach der Formulierung des Gesetzes (§ 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG) ist ein „verbundenes Geschäft" nur dann gegeben, wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Verträge als „wirtschaftliche Einheit" anzusehen sind. Aufgrund des gesetzlichen Wortlauts ist für das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts neben dem Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Einheit stets auch eine finale Verknüpfung zwischen dem Darlehensvertrag und dem finanzierten Geschäft im Sinne einer Zweckbestimmung erforderlich. Allerdings wird in § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG nur ein Regelbeispiel für das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit" genannt, während keinerlei Hinweise dafür enthalten sind, wann eine Zweckbestimmung des Kredits im Sinne des Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift vorliegen soll. Dies ist deswegen verwunderlich, weil der Begriff der „wirtschaftlichen Einheit", aufgrund seiner ständigen Verwendung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu finanzierten Abzahlungsgeschäften, im Gegensatz zum Merkmal einer Zweckbestimmung als geläufig bezeichnet werden kann. Den oben dargestellten Literaturansichten ist gemein, daß sie sich in ihrer Begründung auf die frühere Rechtsprechung zum drittfinanzierten Abzahlungskauf berufen. Dies ist nach der Gesetzesbegründung254 auch geboten. Danach soll die in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG verwendete Formulierung den Begriff des „verbundenen Ge252

So £mmm'c/i/Münstermann/Wagner-Wieduwilt, S.94, 98. MünchKomm-Habersack, §9 VerbrKrG Rdnr. 21 f.; ders., in: ZHR 1992,45,53 ff.; OLG Düsseldorf NJW 1997, 2056, 2057. 254 Vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 23 r. Sp.; vgl. etwa Seibert, § 9 Rdnr. 3; Emmerich/Münstermann/Wagner-Wieduwilt, S.93f., 98. 253

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schäfts" in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung definieren. Kauf- und Darlehensvertrag müssen eine so enge Verbindung aufweisen, daß sich beide als Teilstücke einer rechtlichen oder wenigstens wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit eng ergänzen. Die in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG genannte Voraussetzung, daß „der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient", ist letztlich nur als Anlehnung an die von der Rechtsprechung255 zur Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit entwickelte Formel zu verstehen, wonach Darlehen und finanziertes Geschäft als Teilstücke eines wirtschaftlich einheitlichen Vorgangs zu einer Einheit verbunden sein mußten, mit der Zielrichtung, dem Darlehensnehmer zum Erwerb eines Gegenstands gegen Teilzahlungen, „auf Abzahlung", zu verhelfen 256. Denn nur wenn dies der Fall ist, läßt sich die aus § 9 VerbrKrG folgende besondere Risikoverteilung rechtfertigen. Mit der in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG gewählten Formulierung hat der Gesetzgeber daher kein neuartiges oder zusätzliches Tatbestandsmerkmal neben der von der Rechtsprechung seit Ende der siebziger Jahre permanent für die Bestimmung des Tatbestands eines „verbundenen Geschäfts" verwendeten wirtschaftlichen Einheit kreiert. Die Zweckbestimmung des Kredits stellt demnach in der Tat in den meisten Fällen nichts anderes als ein deskriptives Merkmal zur näheren Beschreibung der Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit dar 257 . Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos, sondern nur dann, wenn die wirtschaftliche Einheit nicht bereits aus der Erfüllung des Regelbeispiels nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG zu folgern ist 258 . Wird der Verbraucher in der Verwendung der Darlehensvaluta durch den Kreditgeber beschränkt, etwa weil der Kreditgeber wegen mangelnder Bonität des Verbrauchers verhindern will, daß die Darlehens valuta zu einem anderen als einem bestimmten, der Darlehensaufnahme als zugrundeliegend genannten Zweck verwendet wird, liegt stets neben der eine wirtschaftliche Einheit ergebenden Zweckbindung des Darlehens zur Finanzierung eines bestimmten Geschäfts zugleich die für die Annahme eines verbundenen Geschäfts vorauszusetzende Zweckbestimmung des Kredits i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG vor. Das Darlehen „dient" in derartigen Fallgestaltungen gleichzeitig immer auch der Finanzierung des Kaufpreises. In den Fällen allerdings, in denen die wirtschaftliche Einheit zwingend aus der Erfüllung des Regelbeispiels nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG folgt 259 , sich der Kredit255

s. hierzu oben unter § 1 A III 2 und C I sowie die dort genannten Entscheidungen. So auch Soergel-Häuser, § 9 VerbrKrG Rdnr. 13; Staudinger-Kessal-Wulf, § 9 VerbrKrG Rdnr. 25, allerdings unter Hinweis auf das in der zur Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit in der früheren Rechtsprechung verwendeten Formel genannte ,JZweck-Mittel-Verhältnis". 257 Vgl. Habersack, ZHR 1992, 45, 53 ff.; Sivadm&T-Kessal-Wulf, §9 VerbrKrG Rdnr. 25 (Zweckeinsatz gewinne als eigenständiges Tatbestandsmerkmal nur wenig Profil und habe Schwierigkeiten, sich neben dem ungleich stärker ausgeprägten und komplexeren Merkmal der wirtschaftlichen Einheit zu behaupten). 258 Vgl. näher zu diesen Fallgestaltungen oben unter A I 1 bbb. 259 Vgl. zu dieser Fallgruppe oben unter A I 1 baa. 256

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

geber also bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient hat, erlangt das Merkmal der Zweckbestimmung des Darlehens neben der wirtschaftlichen Einheit die Bedeutung eines eigenständigen Tatbestandsmerkmals zur Bestimmung eines verbundenen Geschäfts. Dann ist zusätzlich erforderlich, daß der Kredit auch tatsächlich der Finanzierung des Kaufpreises des vom Käufer/Kreditnehmer mit dem bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages involvierten Verkäufer geschlossenen Kaufvertrages dient. Insoweit ist es bereits ausreichend, wenn die Finanzierung des Kaufpreises den wirtschaftlichen Grund für den Abschluß des Darlehensvertrages darstellt. Nicht ausreichend für die Annahme eines verbundenen Geschäfts wäre daher beispielsweise, wenn der Käufer beabsichtigte, die Darlehenssumme anderweitig zu verwenden. Man könnte in dieser Situation auch von einer bloßen „Darlehensaufnahme bei Gelegenheit des Abschlusses eines Kaufvertrages" - aber eben nicht zu dessen Finanzierung - sprechen. Insofern ist allerdings einzugestehen, daß eine derartige Konstellation wohl eher rein theoretischer Natur sein dürfte. c) Zusammenfassung zu 2. Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, daß für die Bestimmung eines „verbundenen Geschäfts" die Zweckbestimmung des Darlehens neben dem Merkmal der „wirtschaftlichen Einheit" nicht völlig bedeutungslos ist. In der Mehrzahl der Fälle wird automatisch neben der „wirtschaftlichen Einheit" zugleich das Merkmal der Zweckbestimmung erfüllt sein. Dies gilt ausnahmslos, wenn sich die „wirtschaftliche Einheit" aus einer Zweckbindung des Darlehens im Zusammenspiel mit einer Kenntnis des Partners aus demfinanzierten Geschäft von der Abhängigkeit des Vertragsschlusses für den Verbraucher von einer Finanzierungsmöglichkeit ergibt. Im Anwendungsbereich des Regelbeispiels aus § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG ist jedoch für die Annahme eines „verbundenen Geschäfts" zusätzlich neben der wirtschaftlichen Einheit die Feststellung erforderlich, daß der Kredit auch tatsächlich zur Finanzierung des Preises verwendet wird 260 . In derartigen Fällen wäre die Folgerung eines „verbundenen Geschäfts" allein aus dem Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit" verfehlt. 3. Zusammenfassung und Ergebnis zu /. Der Tatbestand eines „verbundenen Geschäfts" im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG ist erfüllt, wenn der Darlehensvertrag mit dem finanzierten Kauf-/Leistungsvertrag eine „wirtschaftliche Einheit" bildet und der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient. Der Begriff der „wirtschaftlichen Einheit" ist der früheren Rechtsprechung zu drittfinanzierten Abzahlungskäufen entnommen. Auf diese Rechtsprechung wird in der Gesetzesbegründung zu § 9 VerbrKrG auch mehrfach Bezug ge260 Staudinger-Kessal-Wulf § 9 VerbrKrG Rdnr. 24, spricht vom objektiven Einsatz der Kreditvaluta zum Zwecke der Finanzierung des Kaufvertrages oder sonstigen Leistungsgeschäfts.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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nommen. Vom Vorliegen einer solchen Einheit ist nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG zwingend immer dann auszugehen, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. Aus alledem ist zu folgern, daß für die Erfüllung des Tatbestands eines „verbundenen Geschäfts" nach den im VerbrKrG getroffenen Regelungen keine wesentlich anderen Voraussetzungen zu fordern sind, als sie bereits von der Rechtsprechung für die Anwendbarkeit des AbzG auf finanzierte Abzahlungskäufe und für die Zulassung eines Einwendungsdurchgriffs seit Ende der siebziger Jahre verlangt wurden. Insoweit kann der Gesetzesbegründung beigepflichtet werden, nach der § 9 Abs. 1 VerbrKrG den Tatbestand eines „verbundenen Geschäfts" in Übereinstimmung mit der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung definiert. Danach rechtfertigt meist allein das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit" die Annahme eines solchen Geschäfts, mit der Folge der Anwendbarkeit der hierfür geltenden besonderen Regelungen. Im Unterschied zur früheren Rechtsprechung ist das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit" nach der nunmehrigen Gesetzeslage aber ausschließlich objektiv zu bestimmen. Das Merkmal der Zweckbestimmung des Darlehensvertrages erlangt letztlich nur in den Fällen eine eigenständige Bedeutung, in denen eine „wirtschaftliche Einheit" bereits aus dem Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG gefolgert wird. Der rechtlichen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG folgend, kann sich die für die Annahme eines „verbundenen Geschäfts" erforderliche „wirtschaftliche Einheit" allein aus dem Verhältnis Verkäufer-Kreditgeber ergeben, ohne daß es daneben auf eine Betrachtung der Verhältnisse zwischen Verbraucher-Kreditgeber oder Verbraucher-Verkäufer ankäme. Allerdings ist in diesen Fällen neben der „wirtschaftlichen Einheit" gesondert die Zweckbestimmung des Darlehens zur Finanzierung des Kaufpreises nötig, damit vom Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" ausgegangen werden kann. Grafisch läßt sich diese Fallgestaltung folgendermaßen darstellen: ,S ichbedienen" des V durch den KG bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG Verkäufer

Kreditgeber (= KG)



χν

Kaufvertrag

Darlehensvertrag

\

Auszahlung der r'' Darlehensvaluta

Tatsächliche Verwendunj der Darlehensvaluta zur Kaufpreiszahlung seitens Κ Käufer/Kreditnehmer

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Des weiteren kann sich eine „wirtschaftliche Einheit" aber auch im Einzelfall allein aus dem Zusammenspiel der Verhältnisse Verbraucher-Kreditgeber sowie Verbraucher-Verkäufer ergeben, ohne daß es daneben auf eine Betrachtung des Verhältnisses Verkäufer-Kreditgeber ankäme. In derartigen Fallgestaltungen erlangt das Merkmal der Zweckbindung der Darlehensvaluta wesentliche Bedeutung. Denn schließt der Kreditgeber den Darlehensnehmer unter Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des Darlehensvertrages in Kenntnis der Notwendigkeit der Darlehensaufnahme von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta aus, liegt eine, die für den Kreditgeber ungünstige Risikoverteilung aus § 9 VerbrKrG rechtfertigende Zweckbindung des Darlehens vor. Da sich hieraus allein aber nicht auch die aus § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG folgenden rechtlichen Nachteile für den Verkäufer rechtfertigen lassen, ist in derartigen Fällen für die Annahme einer „wirtschaftlichen Einheit" (und damit gleichzeitig eines „verbundenen Geschäfts") auch das Verhältnis Verkäufer-Verbraucher zu betrachten. Nur wenn sich dabei ergibt, daß der Verkäufer als „Veranlasser" hinsichtlich des Abschlusses des Kreditvertrages bei dem bestimmten Kreditgeber anzusehen ist, liegt eine, die besondere Risikoverteilung des § 9 VerbrKrG rechtfertigende Interessenlage vor. Grafisch stellt sich diese Konstellation folgendermaßen dar: Keine direkten Beziehungen zwischen V und KG Verkäufer

(=V)

Kreditgeber (=KG)

" Direkte Auszahlung der Darlehensvaluta

Darlehensvertrag

Kaufvertrag „Veranlassung" des Κ zur Darlehensaufnahme beim KG

Ausschluß des Kreditnehmers von der freien Verfügung über die Darlehensvaltua Käufer/Kreditnehmer (=K)

II. Die rechtlichen Auswirkungen eines „verbundenen Geschäfts" Die rechtlichen Auswirkungen, die sich aus dem Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" gem. § 9 VerbrKrG ergeben sollen, sind nur sehr lückenhaft geregelt. Daher besteht auch in vielen Punkten Streit über die Tragweite der gesetzlichen Normen. § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG bestimmt, daß der Kaufvertrag erst dann wirksam wird, wenn der Verbraucher seine auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung nicht gem. § 7 Abs. 1 VerbrKrG widerruft. Weiterhin enthält § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG die Regelung, daß bei einer Rückabwicklung nach Widerruf des Dar-

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lehensvertrages der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Verkäufers aus dem Kaufvertrag eintritt. Ungeregelt bleibt in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, wie die dann notwendig werdende Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Verkäufer und Kreditgeber stattzufinden hat 261 . § 9 Abs. 3 VerbrKrG schreibt die Möglichkeit eines Einwendungsdurchgriffs für den Verbraucher fest. Fraglich und umstritten ist aber, wie im Falle einer Wandelung oder Nichtigkeit des Kaufvertrages zu verfahren ist, insbesondere mit wem sich der Käufer dann bei der nachfolgenden Rückabwicklung - etwa bei Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen der geltend gemachten Einwendung - auseinanderzusetzen hat. Probleme bereitet in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob der Verbraucher die vor Geltendmachung der Einwendung bereits geleisteten Darlehensraten vom Kreditgeber zurückverlangen kann (sogenannter „Rückforderungsdurchgriff') 2 6 2 . Tritt der Kreditgeber vom Darlehensvertrag wirksam zurück, so kommt bei einem „verbundenen Geschäft" schließlich gem. § 13 Abs. 3 S. 2, Abs. 2 VerbrKrG das Rückabwicklungsverhältnis ausschließlich zwischen Kreditgeber und Verbraucher ohne Beteiligung des Verkäufers zustande. Die sich hieran zwangsläufig anschließende Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Verkäufer und Kreditgeber bleibt auch für diesen Fall ungeregelt 263. Im folgenden soll zunächst allein auf die in den Vorschriften enthaltenen Regelungspunkte näher eingegangen werden. und seine Folgen 1. Der Widerruf des Kreditvertrages (§§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 2 VerbrKrG) a) Regelungsbereich des § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG bestimmt, daß die auf den Abschluß des verbundenen Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers erst wirksam wird, wenn der Verbraucher seine auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung 264 nicht gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKrG widerruft. Die herrschende Mei261

Vgl. hierzu später unten 2. Teil § 2 A II 2 d. Vgl. hierzu später unten 2. Teil § 2 Β II. 263 Vgl. hierzu später unten 2. Teil § 2 Β12 c (2). 264 Die Abgabe der auf den Abschluß desfinanzierten Geschäfts gerichteten Willenserklärung ist für die Entstehung des Widerrufsrechts ohne Belang. Bedeutungslos ist auch, ob die unter Abwesenden abgegebene, auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers dem Kreditgeber zugegangen und somit gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB bindend geworden ist. Es genügt allein deren Abgabe. Da der Verbraucher in diesen Fällen aber ohnehin nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB die Möglichkeit hat seine Willenserklärung noch vor oder gleichzeitig mit dem Zugang an den Kreditgeber zu widerrufen, bedarf es in diesem Zeitraum nicht des Widerrufsrechts nach § 7 VerbrKrG. 262

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

nung 2 6 5 geht aufgrund des Wortlauts dieser Vorschrift davon aus, daß der Kreditvertrag und der damit verbundene Kaufvertrag so lange schwebend unwirksam sind, wie der Kreditvertrag noch widerrufen werden kann. Bei ordnungsgemäßer Belehrung beträgt die Widerrufsfrist eine Woche, § 7 Abs. 1 VerbrKrG. Diese Frist kann sich jedoch auf die Dauer von bis zu einem Jahr verlängern, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG kann der Verbraucher nur den Kreditvertrag nach § 7 Abs. 1 VerbrKrG widerrufen. Die Wirkungen eines solchen Widerrufs werden dann kraft Gesetzes auf den verbundenen Kaufvertrag erstreckt 2 6 6 ; einer gesonderten auf den Kaufvertrag gerichteten Widerrufserklärung bedarf es hierzu nicht. I m Gegensatz zur früheren Rechtslage unter Geltung des A b z G 2 6 7 ist nunmehr allein der Kreditvertrag und nicht mehr auch der Kaufvertrag Gegenstand des Widerrufsrechtes 268 . Der vereinzelt geäußerten Gegenansicht, die die Herbeiführung der Unwirksamkeit eines verbundenen Geschäfts auch durch einen Widerruf des mit dem Kreditvertrag verbundenen Erwerbsvertrages für mög265

MünchKomm-t//mer, § 7 VerbrKrG Rdnr. 12; Soergel-Häuser, § 7 VerbrKrG Rdnr. 4; St&ud'mg&T-Kessal-Wulf, §7 VerbrKrG Rdnr.4f.; Bülow, §7 Rdnr. 19ff.; Lwowski/Peters/Gößmann, S. 164;tfrwc/mer/Ott/Wagner-Wieduwilt, § 7 Rdnr. 6; Seibert, § 7 Rdnr. 7; Martis, Verbraucherschutz, S. 65, 218; Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, S.248; Boemke, Das Widerrufsrecht im allgemeinen Verbraucherschutzrecht und seine Ausübung in der Zwangsvollstreckung, AcP 197 (1997), 161,175; Lorenz, Schwebende Unwirksamkeit und Präklusion im Zwangsvollstreckungsrecht, NJW 1995, 2258, 2260; Karollus, Grundfälle zum Verbraucherkreditgesetz, JuS 1993, 651, 654; Teske, Neue Widerrufsrechte beim Abschluß von Versicherungs- und Verbraucherkreditverträgen, NJW 1991,2793,2796; Β GHZ 129,371,374 ff.; BGH W M 1993,416; BGH W M 1996,1688; a. A. Kiefer, Gewährleistungsrechte ohne Vertrag? - Zu den Gewährleistungsansprüchen des nicht belehrten Abzahlungskäufers, NJW 1989, 3120, 3125, allerdings noch unter Bezugnahme auf den zu §7 Abs. 1 VerbrKrG wortlautgleichen § lb Abs. 1 AbzG (auflösend bedingter Vertrag); Jauemig-Jauernig, vor § 145 Rdnr. 21 (§7 VerbrKrG sei „rücktrittsrechtsähnlicher Behelf*, mit der Folge schwebender Wirksamkeit); Ollmann, Die schwebende Unwirksamkeit des Verbraucherkreditvertrages, W M 1992, 2005 ff., 2012 (schwebend wirksamer Vertrag); differenzierend Gernhuber, Verbraucherschutz durch Rechte zum Widerruf von Willenserklärungen - Eine rechtsdogmatische Studie, W M 1998,1797,1799,1804 (nicht vollendete Verbrauchererklärung, so daß noch kein wirksames Rechtsgeschäft und damit keine Erfüllungsansprüche der Parteien bestünden, aber auch keine schwebende Unwirksamkeit, vielmehr ein einem Vertragsanbahnungsverhältnis gleichzusetzender Zustand). 266 Treffend wird der Kreditvertrag daher gelegentlich als,»führendes Geschäft" bezeichnet, vgl. Seibert, § 9 Rdnr. 4; v. Westphalen/£mmenc/i/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 52; Bruchner/Ott/ Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 72; Pickert, Das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz, S. 141. 267 Vgl. hierzu oben § 1 CIV. 268 Η. M., vgl. MünchKomm-//abersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 50; Soergel -Häuser, § 9 VerbrKrG Rdnr. 56f.; Staudinger-Kessal-Wulf, §9 VerbrKrG Rdnr. 47; v. Westphalen/£mmerich/\. Rottenburg, § 9 Rdnr. 86; Β ruchner/Orr/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 61 ; Münstermann/ Hannes, § 9 Rdnr. 490; Seibert, § 9 Rdnr. 4; Metz, § 9 Rdnr. 15; Drescher, Rdnr. 259; Scholz, Rdnr. 356; ders., Fünf Jahre Verbraucherkreditgesetz - Eine Rechtsprechungsübersicht, W M 1996, 1425, 1431; Pickert, S. 141; Coester, Jura 1992, 617, 620; BGH NJW 1995, 3386.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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lieh hält 269 , kann aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht zugestimmt werden. Praktisch dürfte dieser Streit ohnehin selten von Bedeutung sein, da die Befürworter der letztgenannten Ansicht den Widerruf des Kaufvertrages gem. §§ 133, 157 BGB regelmäßig als Widerruf des Kreditvertrages auslegen und damit im Ergebnis ebenfalls zu einem wirksamen Widerruf der beiden verbundenen Verträge gelangen270. Da der Kaufvertrag insoweit hinsichtlich seiner rechtlichen Wirksamkeit das Schicksal des Kreditvertrages teilt, hat gem. § 9 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG bei Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" die erforderliche Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht zusätzlich zu den in § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG genannten Angaben den Hinweis zu enthalten, daß im Falle des Widerrufs des Kreditvertrages auch der mit diesem verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt. Dies entspricht inhaltlich den Anforderungen, die bereits von der früheren Rechtsprechung zu §§ lb, l d AbzG an eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers gestellt wurden 271. § 7 Abs. 3 VerbrKrG, der bei Krediten i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 VerbrKrG die Wirksamkeit der Widerrufserklärung von einer Rückzahlung des Darlehens binnen zweier Wochen abhängig macht, findet gem. § 9 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG bei verbundenen Geschäften keine Anwendung. Der Verbund zwischen den beiden Verträgen hat nach § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG unter Verstoß gegen den Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse eine Erstreckung der Folgen des Widerrufs des einen Vertrages auf den anderen zur Folge. Insoweit wird die rechtliche Selbständigkeit des Kaufvertrages durchbrochen und dem Verkäufer das Risiko einer zeitweise schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrages aufgebürdet. Auf diese Weise wird dem Umstand Rechnung getragen, daß innerhalb eines „verbundenen Geschäfts" der eine Vertrag seinen Sinn erst durch den anderen erhält, keiner der Verträge ohne das Zustandekommen des jeweils anderen geschlossen worden wäre 272. Die Dauer der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrages hängt von der zeitlichen Differenz zwischen dem Kaufvertragsschluß und der Abgabe der auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers ab. Wenn der Kaufvertragsschluß zeitlich vor der auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers liegt, dann verlängert sich die Dauer der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrages entsprechend um die zeitliche 269 Vortmann, Aktuelle Rechtsfragen, Rdnr. 230 f.; ders., § 9 Rdnr. 21, unter Hinweis auf ein aufgrund der Verbindung von Kauf- und Kreditvertrag zwischen diesen beiden Verträgen bestehendes Abhängigkeitsverhältnis; Bülow, §9 Rdnr. 52, 61, unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung zu § lb AbzG, der dem Kaufvertrag in Anlehnung daran Kreditcharakter zumißt. 270 Vgl. etwa MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 57; Staudinger-Kessal-Wulf, § 9 VerbrKrG Rdnr. 51 m. w. N.; Pickert, S. 142. 271 Vgl. hierzu oben §2 EIV. 272 So die ständige Rspr. zur wirtschaftlichen Einheit beimfinanzierten Abzahlungskauf, vgl. oben unter § 1 CI.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Differenz, die zwischen dem Abschluß des Kaufvertrages und der Abgabe der genannten Willenserklärung liegt 273 . Entsprechend verkürzt sich der Schwebezustand des Kaufvertrages, wenn dieser erst nach Abgabe der auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung geschlossen wird, da der Beginn und das Ende des Laufs der Widerrufsfrist sich nach § 7 Abs. 1 VerbrKrG allein an der Abgabe der zuletzt genannten Willenserklärung orientiert. b) Adressat der Widerrufserklärung Nach §§ 9 Abs. 2 S. 1,7 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 VerbrKrG hat der Verbraucher bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts die auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung gegenüber der in der Widerrufsbelehrung als Widerrufsempfänger bezeichneten Person zu widerrufen. Unklar ist, ob der Verbraucher seinen Widerruf nicht auch gegenüber einer anderen als der in der Belehrung nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG als Widerrufsempfänger benannten Person erklären kann. Hierzu kann es insbesondere kommen, wenn das Regelbeispiel des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG erfüllt ist 274 , der Verbraucher also allein oder zumindest deutlich intensiver mit dem Verkäufer in Kontakt gestanden hatte. Dann wird es für den Verbraucher stets näher liegen, einen eventuellen Widerruf gegenüber dem Verkäufer zu erklären, auch wenn der Kreditgeber in der Widerrufsbelehrung als Widerrufsempfänger benannt wurde. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der -begründung ist zu entnehmen, welche Konsequenzen sich in einem solchen Fall ergeben sollen. Dem Schutzzweck des VerbrKrG 275 entspräche es am ehesten, wenn der Verbraucher unabhängig von der in der Belehrung bezeichneten Person auch gegenüber dem Verkäufer widerrufen könnte276. Nach der herrschenden Ansicht 277 soll dies jedoch nur dann möglich sein, wenn der Verkäufer in einer derartigen Situation als Empfangsbote oder Empfangsvertreter des Kreditgebers anzusehen wäre, wovon bei der Erfüllung des Regelbeispiels nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG aber regelmäßig ausgegangen wird.

273 Die von Anfang an bestehende schwebende Unwirksamkeit des Kaufvertrages in derartigen Fällen ergibt sich daraus, daß der Kaufvertrag nicht erst wirksam zustande kommen und dann mit Abschluß des Kreditvertrages schwebend unwirksam werden kann, um schließlich mit der Nichtausübung des Widerrufsrechts endgültig wirksam zu werden. 274 Vgl. oben A l l b a a . 275 Als Ziel des Verbraucherkreditgesetzes wird in der Gesetzesbegründung die Sicherstellung eines angemessenen Verbraucherschutzes genannt, vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 11. 276 A. A. die h. M.: MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 57; Stzudinger-KessalWulf; § 9 VerbrKrG Rdnr. 51 m. w. N.; v. Westphalen/£mmm'c/z/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 87; OLG Düsseldorf OLGR 1995,49,50. Allerdings kommt die h. M. im Falle einer maßgeblichen Beteiligung des Verkäufers am Kreditvertragsabschluß - wie bei Erfüllung des Regelbeispiels nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG - zum gleichen Ergebnis, indem sie den Verkäufer als Empfangsboten oder -Vertreter des Kreditgebers betrachtet. 277 Vgl. Fn. 276.

§2 Die gesetzlichen Regelungen

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c) Rückabwicklung nach erfolgtem Widerruf, § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG Wenn der Verbraucher seine auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung gem. § 9 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 VerbrKrG wirksam widerrufen hat, wird die schwebende Unwirksamkeit des Kreditvertrages beseitigt. Der Kreditvertrag kommt dann endgültig nicht zustande. Da sich die schwebende Unwirksamkeit des Kreditvertrages nach der Regelung des § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG auf den damit verbundenen Kaufvertrag erstreckt, wird das „verbundene Geschäft" mit Widerruf des Kreditvertrages insgesamt unwirksam. Vor dem Widerruf bereits erbrachte Leistungen müssen dann rückabgewickelt werden; noch nicht erfüllte Leistungsverpflichtungen erlöschen mit der endgültigen Unwirksamkeit der verbundenen Verträge 278. Für die Fälle, in denen der Verkäufer die Darlehens valuta zum Zeitpunkt des Zugangs des Widerrufs beim Kreditgeber 279 bereits erhalten hat, enthält § 9 Abs. 2 S.4 VerbrKrG eine spezielle Rückabwicklungsregelung. Dabei ist unerheblich, ob das Darlehen dem Verkäufer - wie meist üblich - direkt vom Kreditgeber ausbezahlt wurde oder aber über den Verbraucher in dessen Vermögen gelangte 280 . Bei der Rückabwicklung ist daher danach zu unterscheiden, ob die Darlehensvaluta zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits dem Verkäufer zugeflossen war oder nicht. aa) Widerruf

vor Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer

Wurden vor dem Widerruf weder im Kaufvertragsverhältnis noch im Darlehensverhältnis irgendwelche Leistungen erbracht, bedarf es keiner Rückabwicklung; mit dem Widerruf sind sämtliche Leistungsverpflichtungen endgültig erloschen. Haben vor dem Widerruf lediglich der Verkäufer und/oder der Verbraucher Leistungen ausschließlich im Kaufvertragsverhältnis erbracht, ohne daß es zuvor zu einer Auszahlung der Darlehensvaluta kam, ist lediglich der Kaufvertrag im Verhältnis zwischen Verkäufer und Verbraucher entsprechend § 7 Abs. 4 VerbrKrG i. V. m. § 3 HWiG rückabzuwickeln 281. Der Käufer hat im wesentlichen den Kaufgegenstand zurückzugeben, der Verkäufer eine eventuelle Anzahlung zurückzuzahlen. Der Kreditgeber ist hieran konsequenterweise nicht beteiligt, da im Kreditvertragsverhältnis noch keinerlei Leistungen erbracht wurden. 278

Vgl. MünchKomm -Habersack, §9 VerbrKrG Rdnr. 63. Vgl. Soergel-Häuser, § 9 VerbrKrG Rdnr. 78; v. Westphalen/Emmmc/i/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 111; BGH NJW 1995, 3386. 280 Auch dann kann teilweise noch die für „verbundene Geschäfte" erforderliche Zweckbindung des Darlehens angenommen werden, vgl. oben A I 1 bbb(2). 281 MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 64; Lwowski/fWers/Gößmann, S. 198; Bülow, § 9 Rdnr. 74; Seibert, § 9 Rdnr. 7; Bruchner/Otf/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 82; Münstermann/Hannes, §9 Rdnr. 513; Emmerich, Das neue Verbraucherkreditgesetz, S.75; Scholz, Rdnr. 361; Gross, Das Verbraucherkreditgesetz bei Kfz-Leasing und finanziertem KfzKauf - Widerruf, Kündigung, Rücktritt und die jeweilige Abwicklung - , FLF 1993,132, 135. 279

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Sollte hingegen ausnahmsweise der Verbraucher vor seiner Widerrufserklärung die Darlehensvaluta vom Kreditgeber bereits selbst erhalten, diese jedoch noch nicht an den Verkäufer weitergeleitet haben282, ist zusätzlich eine Rückabwicklung nach § 7 Abs. 4 VerbrKrG i. V. m. § 3 HWiG im Verhältnis zwischen Kreditgeber und Verbraucher vorzunehmen 283. bb) Widerruf

nach Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer

Ist der Nettokreditbetrag dem Verkäufer vor der Widerrufserklärung des Verbrauchers bereits zugeflossen 284, tritt nach § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs kraft Gesetzes in die sich aus § 7 Abs. 4 VerbrKrG i. V. m. § 3 HWiG ergebenden Rechte und Pflichten des Verkäufers ein. Aufgrund dieser gesetzlichen Anordnung hat die nach dem Widerruf vorzunehmende Rückabwicklung ausschließlich bilateral zwischen dem Verbraucher und dem Kreditgeber stattzufinden. Der Verbraucher hat demnach Leistungen, die er vom Verkäufer empfangen hat, an den Kreditgeber herauszugeben; Leistungen, die der Verbraucher hingegen seinerseits an den Verkäufer erbracht hat, kann er allein vom Kreditgeber zurückverlangen. Zu den Leistungen, die der Verbraucher an den Kreditgeber in dessen gesetzlich zugewiesener „Verkäuferrolle" zurückzugewähren hat, gehört etwa die Herausgabe und Rückübereignung der Kaufsache 285. Des weiteren hat der Verbraucher gem. § 7 Abs. 4 VerbrKrG i. V. m. § 3 HWiG im Falle einer von ihm verschuldeten Verschlechterung, einem Untergang oder einer anderweitigen Unmöglichkeit der Herausgabe der Kaufsache Wertersatz, darüber hinaus auch eine Nutzungsvergütung für deren Gebrauch an den Kreditgeber zu leisten. Ein durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Kaufsache eingetretener Wertverlust bleibt hingegen außer Betracht, § 7 Abs. 4 VerbrKrG i. V. m. § 3 Abs. 3 HWiG. Umgekehrt hat der Verbraucher gegen den Kreditgeber einen Anspruch auf Rückerstattung sämtlicher von ihm geleisteter Zahlungen. Hierunter fallen nicht nur alle Darlehensraten einschließlich der hierin enthaltenen Zins- und Tilgungsanteile286, sondern auch eine eventuell vom Verbraucher aus seinem eigenen Vermögen an den 282

Diese Situation könnte sich in Ausnahmefällen ergeben, wenn ein „verbundenes Geschäft" aufgrund Ausschlusses des Verbrauchers von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta angenommen wird, vgl. zu den Voraussetzungen hierfür oben A I 1 bbb. 283 Vgl. MimchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 64; Bruchner/Otf/Wagner-Wieduwilt, §9 Rdnr. 82. 284 Sei es nun direkt durch den Kreditgeber oder aber auf dem „Umweg" über den Verbraucher, ebenso Bülow, § 9 Rdnr. 74; Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 85. 285 Sofern der Kreditgeber - wie häufig der Fall - Sicherungseigentümer hinsichtlich der Kaufsache ist, kann er diese auch gem. § 985 BGB vom Verbraucher herausverlangen. Letzterer braucht diese dem Kreditgeber dann nur noch zu übeigeben. 286 Vgl. nur Soergel-Häuser, § 9 VerbrKrG Rdnr. 82; MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 67 m. w. N.; Jauemig-Vb//fa>mm*r, § 607 Rdnr. 33.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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Verkäufer erbrachte Anzahlung . Weiterhin kann der Verbraucher Ersatz etwaiger notwendiger Aufwendungen vom Kreditgeber verlangen, § 3 Abs. 4 HWiG. Der Kreditgeber ist aufgrund gesetzlicher Anordnung im Verhältnis zum Verbraucher anstelle des Verkäufers als dessen Rechtsnachfolger 288 Gläubiger und Schuldner der aus dem Kaufvertrag stammenden Rückabwicklungsansprüche289. Insoweit ist er daher in einem möglichen Prozeß gegen den Verbraucher auch selbst aktiv- und passivlegitimiert 290. Unstreitig hat der Kreditgeber aber gegen den Verbraucher keinen Anspruch auf Rückzahlung des Nettokreditbetrages; insofern kommt es infolge der dem Kreditgeber im Rückabwicklungsverhältnis gesetzlich zugewiesenen Doppelrolle zu einer Verrechnung zwischen Darlehensvaluta und Kaufpreis 291. Eine Rückabwicklung der bereits erbrachten Leistungen erfolgt nach einem Widerruf des verbundenen Geschäfts also nicht „übers Dreieck" innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen, wie dies sonst nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen in Drei-Personen-Verhältnissen regelmäßig der Fall ist. Dem Verbraucher wird es dadurch im Einklang mit der früheren Rechtsprechung unter Geltung des AbzG 292 erspart, den Nettokreditbetrag an den Kreditgeber zurückzahlen und sich anschließend seinerseits hinsichtlich der Rückerstattung der Valuta an den Verkäufer halten zu müssen. Mit der Anordnung eines vollständigen Eintritts des Kreditgebers in die Verkäuferrolle im Verhältnis zum Verbraucher, geht die Regelung jedoch über die von der früheren Rechtsprechung entwickelten Ansätze hinaus. Im Falle des Widerrufs hat der Kreditgeber vollständig das Risiko einer nachträglichen Auseinander287

Vgl. v. Westphalen/£mmen'c/i/v. Rottenburg, §9 Rdnr. 68; Β ruchner/Orr/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 83; Seibert, § 9 Rdnr. 7; Metz, § 9 Rdnr. 22; a. A. Vortmann, § 9 Rdnr. 22 (Anzahlung kann Verbraucher nur zurückfordern, wenn die Kaufsache dem Kreditgeber sicherungsübereignet war). 288 Vgl. BGH NJW 1995, 3386 m. w. N.; a. A. Bülow, § 9 Rdnr. 84 (gesetzlicher Schuldbeitritt). 289 Sonstige Ansprüche aus der Rechtsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer, etwa aus Delikt oder c. i. c., insbesondere hinsichtlich des Ersatzes von Begleitschäden aus Mängeln der Kaufsache, werden von der Vorschrift nicht erfaßt, vgl. Begr. zum RegE BT-Drs. 11/5462, S. 24 r.Sp. 290 Ganz h. M., vgl. nur MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 65; Staudinger-A^sal-Wulf,; § 9 VerbrKrG Rdnr. 61 m. umf. w. N.; Bruchner/Otf/Wagner-Wieduwilt, § 9 Rdnr. 87; Vollkommer, Zum Rückforderungsdurchgriff bei verbundenen Geschäften, in: Festschrift für Franz Merz, S. 595,604; BGH NJW 1995, 3386; a. A. Bülow, § 9 Rdnr. 84 (gesamtschuldnerische Haftung von Verkäufer und Kreditgeber). 291 MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 65, 67; Soergel -Häuser, § 9 VerbrKrG Rdnr. 80 (ohne Begründung); Staudinger-Kessal-Wulf, §9 VerbrKrG Rdnr. 61 (Konsumtion); Jauemig-Vollkommer, § 607 Rdnr. 33 (Konfusion als Folge aus § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG); v. Westphalen/£mm€nc/i/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 117 (Konfusion); Seibert, § 9 Rdnr. 7; Bülow, § 9 Rdnr. 82; Vollkommer, in: FS Merz, S. 595,604; Dauner-Lieb, S. 20 (Aufrechnung der beiderseitigen Forderungen); Coester, Jura 1992, 617, 621 (unter Hinweis auf den Schutzzweck des Abzahlungsgesetzes); BGH NJW 1996, 3414; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 747, 748. 292 Vgl. zu dieser Rechtsprechung oben unter § 1 CIV. 6 Tröster

82

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

setzung mit dem Verkäufer zu tragen, ohne daß die Sicherheit besteht, daß er beim Verkäufer auch tatsächlich Regreß nehmen kann. In der Gesetzesbegründung293 heißt es hierzu nur, daß der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher die Folgen von Leistungsstörungen grundsätzlich trage. Es erscheine daher angemessen, in dem Abwicklungsverhältnis ihm und nicht dem Verkäufer die beherrschende Rolle zu übertragen. Hinsichtlich der Rückabwicklung nach erfolgtem Widerruf wird der Käufer zu seinem Schutz demnach so gestellt, als hätte er es im Falle eines finanzierten Abzahlungskaufs nur mit einem einheitlichen Vertragspartner in der Person des Kreditgebers zu tun. Die vertragsmäßige Aufspaltung von Verkäufer- und Kreditgeberstellung wird insoweit durch die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG aufgehoben. Ungeregelt bleibt allerdings, wie die dann zwangsläufig erforderlich werdende Auseinandersetzung im Verhältnis zwischen Kreditgeber und Verkäufer erfolgen soll 294 . 2. Der Einwendungsdurchgriff

nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG

Des weiteren bestimmt § 9 Abs. 3 VerbrKrG, daß der Verbraucher gegenüber dem Kreditgeber die Rückzahlung des Darlehens verweigern kann, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Kaufvertrag ihn gegenüber dem Verkäufer zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden. Der Verbraucher kann also Einwendungen aus dem Kaufverhältnis in einem damit verbundenen Darlehensverhältnis unter Durchbrechung des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse geltend machen (sogenannter Einwendungsdurchgriff). Der Anspruch des Kreditgebers auf Darlehensrückzahlung ist damit von einer ordnungsgemäßen Erbringung der finanzierten Leistung abhängig. Damit wird das Verwendungsrisiko hinsichtlich der Darlehensvaluta abweichend von der üblichen gesetzlichen Ausgestaltung vom Verbraucher auf den Kreditgeber verlagert, was im Ergebnis dazu führt, daß den Kreditgeber das Risiko eines völligen oder teilweisen Verlustes seines aus dem Kreditvertrag resultierenden Anspruchs gegen den Käufer/Kreditnehmer trifft 295 . Eine derartige Konstruktion, die ein Übergreifen von Rechten aus einem Vertragsverhältnis zum Nachteil einer Person gestattet, die nicht Partei des Vertragsverhältnisses ist, aus dem die Einwände resultieren (sogenannte exceptio ex iure tertii), ist dem auf zweiseitige Verträge zugeschnittenen System des deutschen Privatrechts fremd 296. 293

BT-Drs. 11/5462, S. 24 r. Sp. Siehe hierzu unten 2. Teil § 2 A II 2 d. 295 Vgl. Β ruchner/O tf/Wagner-Wieduwilt, §9 Rdnr. 6; Habersack, ZHR 156 (1992), 45,47. 296 Eine gewisse Ausnahme stellen insoweit die Regelungen des § 404 und § 768 BGB dar. Nach § 404 BGB ist es dem Schuldner nach einer Forderungsabtretung an einen Dritten (= Zessionar) erlaubt, den Forderungen des Zessionars die Einreden entgegenzuhalten, die ihm zuvor aus dem der Forderung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis gegen den ursprünglichen Forderungsinhaber (= Zedent) zustanden. Nach § 768 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger die dem Hauptschuldner aus seinem Verhältnis zum Gläubiger zustehenden Einreden 294

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

83

Die Zulässigkeit des Einwendungsdurchgriffs ist gem. § 9 Abs. 3 S. 2 VerbrKrG lediglich in den beiden folgenden Fällen ausgeschlossen: - Wenn der finanzierte Kaufpreis unter der Bagatellgrenze von 400 DM liegt, oder - wenn die geltendgemachten Einwendungen des Verbrauchers auf einer nach Abschluß des Kreditvertrages erfolgten Änderung des Kaufvertrages beruhen. In allen anderen Fällen kann der Verbraucher seine aus dem Kaufvertrag resultierenden Einwendungen gegenüber dem Kreditgeber entgegen der früheren Rechtsprechung 297 in der Regel sofort geltend machen, ohne zuvor versucht haben zu müssen, seine Rechte aus dem Kaufvertragsverhältnis in zumutbarer Weise gegenüber dem Verkäufer durchzusetzen. An dieser sogenannten Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs wird gem. § 9 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG nur noch für den Fall festgehalten, daß die Einwendung des Verbrauchers auf einem Mangel der gelieferten Sache beruht, und der Verbraucher aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Bestimmungen Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangt. In diesem Fall kann der Verbraucher die Rückzahlung des Kredits erst verweigern, wenn die Nachbesserung oder Ersatzlieferung fehlgeschlagen ist. Diese Ausnahme vom ansonsten aufgegebenen Subsidiaritätsprinzip begründet der Gesetzgeber298 damit, daß es dem Verbraucher zugemutet werden könne, seine Raten weiter zu entrichten, wenn er im Falle eines gesetzlich eingeräumten Nachbesserungs- oder Ersatzlieferungsrechts 299 durch die Geltendmachung eines dieser Rechte selbst das Festhalten am Vertrag wünsche. In den Fällen, in denen der Verbraucher vertraglich auf ein Nachbesserungs- bzw. Ersatzlieferungsrecht beschränkt sei, könne es ihm deshalb zugemutet werden, seine Raten zunächst weiter zu entrichten, weil die Dauer der Einschränkung des Einwendungsdurchgriffs bis zu einem Scheitern dieses Versuchs angemessen begrenzt sei. Die grundsätzliche Aufgabe des vom BGH entwickelten Subsidiaritätsgrundsatzes ist nach den Darlegungen in der Gesetzesbegründung300 im Hinblick darauf erfolgt, daß die sofortige Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts gegenüber dem Kreditgeber einer ökonomischen Vertragsabwicklung diene. Der Kreditgeber könne sein Vertragsverhältnis zum Verkäufer von vornherein so gestalten, daß er leicht Regreß nehmen könne. Bei Insolvenz des Verkäufers trage der Kreditgeber ohnehin das Risiko des Geschäfts. Sofern ein Einwendungsdurchgriff dem Verbraucher unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Beschränkungen zusteht, kann er dem RückZahlungsanspruch des Darlehensgebers die sich aus seinem Verhältnis zum Verkäufer ergebenden Eingeltend machen. Daneben ist allenfalls ein Vertrag mit Wirkungen zu Gunsten eines nicht am Vertrag Beteiligten Dritten dem BGB in dessen § 328 vertraut. 297 Vgl. zum Stand der Rechtsprechung vor Erlaß des VerbrKrG oben § 1 CIL 298 BT-Drs. 11/5462, S. 241. Sp. 299 Vgl. etwa die Regelungen der §§480, 633 BGB. 300 BT-Drs. 11/5462, S. 23 r. Sp., 241. Sp. 6*

84

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Wendungen sofort entgegenhalten. Hierbei steht dem Verbraucher, entgegen dem mißverständlichen Wortlaut der Vorschrift, die Geltendmachung von Einwendungen und Einreden jeder Art zu 301 . Die aus dem Kaufvertrag stammenden Einwendungen werden demnach so behandelt, als resultierten sie nicht aus einem fremden Vertragsverhältnis, sondern aus dem Darlehensverhältnis selbst. Weitergehende Regelungen darüber, mit wem sich der Verbraucher nach der Geltendmachung einer Einwendung bei Streitigkeiten über deren Voraussetzungen auseinandersetzen muß oder wie eine eventuell im Anschluß hieran erforderliche Rückabwicklung des „verbundenen Geschäfts" erfolgen soll, sind jedoch im VerbrKrG nicht vorhanden 302.

3. Der Rücktritt des Kreditgebers und seine Auswirkungen, § 13 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 VerbrKrG Die Ansichnahme der auf Grund des Kreditvertrages gelieferten Sache durch den Kreditgeber gilt nach § 13 Abs. 3 S. 2 VerbrKrG als Ausübung eines Rücktrittsrechts, sofern darüber hinaus die für die Annahme eines wirksamen Rücktritts erforderlichen Voraussetzungen der §§ 13 Abs. 1, 12 Abs. 1 VerbrKrG erfüllt sind 303 . Es handelt sich hierbei also um die Fiktion einer Rücktrittserklärung 304. Nach § 13 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 VerbrKrG hat im Falle eines solchen fingierten Rücktritts des Kreditgebers vom Kreditvertrag bei Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" i. S. d. § 9 Abs. 1 VerbrKrG 305 die sich hieran anschließende Rückabwicklung ohne Beteiligung des Verkäufers ausschließlich bilateral im Verhältnis Verbraucher-Kreditgeber zu erfolgen. Dies gilt, obwohl im Kaufvertragsverhältnis bereits Leistungen vom Verkäufer erbracht wurden bzw. an diesen erfolgt sind. Gemäß § 13 Abs. 2 VerbrKrG hat die Rückabwicklung in diesem Fall entsprechend den vertraglichen Rücktrittsregelungen der §§ 346 bis 354, 356 BGB stattzufinden. Der Verbraucher hat danach die aus dem Kaufvertragsverhältnis resultierenden Nutzungs(§ 13 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG), Aufwendungs- (§ 13 Abs. 2 S. 2 VerbrKiG) oder Schadenersatzansprüche (§13 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG) an den Kreditgeber zu leisten306. Für den Fall, daß der Verbraucher Eigentümer des vom Kreditgeber an sich genommenen Kaufgegenstands war, hat er diesen an den Kreditgeber zu übereignen. Umge301

Vgl. MünchKomm -Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 88; Soergel -Häuser, § 9 VerbrKrG Rdnr. 92; Staudinger-/^a/-Ww//, §9 VerbrKrG Rdnr. 72f.; Palandt-Pwfzö, §9 VerbrKrG Rdnr. 12; Jauernig-Vollkommer, § 607 Rdnr. 35; Bülow, § 9 Rdnr. 106; v. Westphalen/Emmerich/ v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 136; Seibert, § 9 Rdnr. 9; Coester, Jura 1992, 617, 622. 302 Vgl. hierzu unten 2. Teil § 2 Β II. 303 Vgl. v. Westphalen/Emmeric/i/v. Rottenburg, § 13 Rdnr. 55; Β ruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, § 13 VerbrKrG Rdnr. 31 ff. 304 So auch Seibert, § 13 Rdnr. 9. 305 Nach § 13 Abs. 3 S. 2 VerbrKrG heißt es wörtlich: „wenn ein Vertrag über die Lieferung einer Sache mit einem Kreditvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden ist". 306 Vgl. Palandt-Putzo, § 13 VerbrKrG Rdnr. 5 ff.; MünchKomm-H aber sack, § 13 VerbrKrG Rdnr. 66; Vollkommer, in: FS Merz, S.595, 605.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

85

kehrt hat der Kreditgeber dem Verbraucher die von diesem geleisteten Darlehensraten sowie eine eventuell an den Verkäufer erbrachte Anzahlung zurückzuzahlen 307. Festzuhalten bleibt demnach, daß, auch in den Fällen eines nach § 13 Abs. 3 S. 2 VerbrKrG fingierten Rücktritts des Kreditgebers vom Darlehensvertrag, die Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts entgegen der sonst in Drei-Personen-Verhältnissen üblichen Rückabwicklung „übers Dreieck" per gesetzlicher Anordnung allein im Verhältnis Verbraucher-Kreditgeber stattzufinden hat. Der Verbraucher wird demnach wiederum so gestellt, als ob er es nur mit einem einheitlichen Vertragspartner zu tun hätte. Gesetzlich ungeregelt bleibt allerdings auch hier die Frage, nach welchen Vorschriften im Anschluß an die gem. § 13 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 VerbrKrG zwischen Verbraucher und Kreditgeber erfolgte Rückabwicklung die Auseinandersetzung im Verhältnis zwischen Kreditgeber und Verkäufer stattfinden soll 308 . 4. Ergebnis zu II. Bei oberflächlicher Betrachtung scheinen sich die Regelungen des VerbrKrG über verbundene Geschäfte allein darauf zu beschränken, die von der Rechtsprechung für die finanzierten Abzahlungsgeschäfte gefundenen Lösungen gesetzlich zu normieren. So findet sich in § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG das bereits nach der alten Rechtslage analog §§ 6, lb AbzG dem Käufer zugestandene Widerrufsrecht wieder. Danach sollte der Käufer im Falle eines Widerrufs nach erfolgter Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer weitestgehend aus der sich daran anschließenden Rückabwicklung herausgehalten werden, was nunmehr über die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG erreicht wird. Der in § 9 Abs. 3 VerbrKrG enthaltene Einwendungsdurchgriff wurde dem Käufer ebenfalls bereits unter der Geltung des AbzG gem. § 242 BGB zugebilligt. Schließlich galt die Ansichnahme der finanzierten Sache durch den Kreditgeber als deren Sicherungseigentümer schon analog §§6, 5 AbzG als Ausübung des Rücktrittsrechts, was nunmehr in § 13 Abs. 3 S. 2 HS 1 VerbrKrG angeordnet ist, und ein solcher Rücktritt führte schon vor Erlaß des § 13 Abs. 3 S. 2 HS 2 VerbrKrG zu einem bilateralen Rückabwicklungsverhältnis zwischen Kreditgeber und Käufer. Die genauere Auseinandersetzung mit den im VerbrKrG zu den verbundenen Geschäften getroffenen gesetzlichen Regelungen zeigt jedoch, daß es sich hierbei nicht allein um eine Kodifizierung der früheren Rechtsprechung zu den drittfinanzierten Abzahlungsgeschäften handelt. Vielmehr sind hierin auch einige beachtliche Unterschiede enthalten. Konnte der Käufer nach der früheren Rechtslage sowohl den Kauf- als auch den Kreditvertrag wahlweise gegenüber dem Kreditgeber oder dem 307

Vgl. SocTgQi-Häuser, § 13 VerbrKrG Rdnr. 26; MünchKomm-Habersack, § 13 VerbrKrG Rdnr. 66; v. Westphalen/£mmer/c/i/v. Rottenburg, § 9 Rdnr. 91, 96; Drescher, Rdnr. 289. 308 Dazu unten 2. Teil § 2 Β12c (2).

86

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Verkäufer widerrufen, so steht ihm das Widerrufsrecht nach der eindeutigen Anordnung des § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG nunmehr allein für den Kreditvertrag zu 309 . Entgegen der früheren Rechtslage tritt gem. § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher nach erfolgter Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer bei der Rückabwicklung infolge eines Widerrufs vollständig in die Stellung des Verkäufers ein 310 . Auch im Hinblick auf den Einwendungsdurchgriff haben sich mit dem Erlaß des VerbrKrG einige bedeutsame Änderungen ergeben 311. So steht dem Verbraucher ein Einwendungsdurchgriff nunmehr nicht nur im Falle einer Nicht- oder Schlechterfüllung des Kaufvertrages zu, sondern er kann gem. §9 Abs. 3 S. 1 VerbrKrG jede aus dem Kaufvertrag resultierende Einwendung oder Einrede dem Anspruch des Kreditgebers auf Darlehensrückzahlung entgegenhalten. Sofern der Verbraucher nicht Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangt, kann er seine Einwendungen zudem, entgegen dem von der früheren Rechtsprechung entwickelten Subsidiaritätsgrundsatz, sofort gegenüber dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Kreditgebers geltend machen.

B. § 6 Abs. 2 TzWrG In Umsetzung der EU-Richtlinie 94/47/EG vom 26.10.1994312 wurde das Teilzeitwohnrechtegesetz (TzWrG) erlassen, welches am 1.1.1997 in Kraft getreten ist und sich mit der Problematik von Teilzeitnutzungsverträgen 313 befaßt. Auch in diesem Gesetz finden sich spezielle Regelungen über finanzierte Verträge. So beschäftigt sich § 6 Abs. 1 TzWrG mit dem Fall, daß der vom Erwerber eines Teilzeitnutzungsrechts zu entrichtende Preis ganz oder teilweise durch einen Kredit des Veräußerers selbst finanziert wird, Veräußerer und Kreditgeber also personenidentisch sind. Den im Rahmen dieser Arbeit allein interessierenden Fall einer Personenverschiedenheit zwischen Veräußerer und Kreditgeber regelt § 6 Abs. 2 TzWrG. Damit existiert neben § 9 VerbrKrG seit dem 1.1.1997 eine weitere Regelung, die sich mit der speziellen Problematik dritt- bzw. fremdfinanzierter Geschäfte befaßt. Im folgenden soll nach einer näheren Analyse des § 6 TzWrG untersucht werden, ob sich die anhand der Auseinandersetzung mit § 9 VerbrKrG gefundenen Ergebnisse bestätigen lassen oder einer Modifizierung bedürfen.

309

Vgl. hierzu oben unter A l l 1 a. Vgl. oben unter A l l 1 ebb. 311 Vgl. näher oben unter A II 2. 312 Richtlinie zum Schutze der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (Time-Sharing-Richtlinie). Abgedruckt im Abi. EG Nr. L 280 v. 29.10.1994, S. 83 ff. 313 Geläufiger hierfür ist die Bezeichnung als Time-Sharing-Vertrag. Im folgenden werden daher beide Begriffe synonym verwendet. 310

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

87

I. Die Voraussetzungen eines „verbundenen Geschäfts" 1. Die wirtschaftliche

Einheit

§ 6 Abs. 2 TzWrG statuiert spezielle Rechtsfolgen im Falle eines Widerrufs eines Time-Sharing-Vertrages, wenn der Preis für das Teilzeitnutzungsrecht durch einen Dritten finanziert wird. Danach gelten in derartigen Fällen die Regelungen des § 6 Abs. 1 TzWrG entsprechend, sofern der Vertrag über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden und der Kreditvertrag als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, § 6 Abs. 2 S. 1 TzWrG. Nach § 6 Abs. 2 S. 2 TzWrG ist eine wirtschaftliche Einheit insbesondere dann anzunehmen, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Veräußerers bedient. Dieses Regelbeispiel umschreibt bewußt in Anlehnung an § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG die wirtschaftliche Einheit 314 . Hinsichtlich der Bedeutung subjektiver Verbindungsmerkmale für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit zwischen dem Time-Sharing-Vertrag und dem Darlehensvertrag und der möglichen Fallgestaltungen, die zum Vorliegen einer derartigen Einheit führen, wird aufgrund der Wortgleichheit zwischen den Regelbeispielen des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG und § 6 Abs. 2 S. 2 TzWrG auf die obigen Ausführungen zu § 9 VerbrKrG 315 verwiesen. Diese gelten sinngemäß auch für die Fälle drittfinanzierter Time-Sharing-Verträge. 2. Die Zweckbestimmung des Darlehens Voraussetzung für das Eingreifen der sich aus § 6 Abs. 2 TzWrG im Falle eines Widerrufs des drittfinanzierten Time-Sharing-Vertrages durch den Erwerber ergebenden besonderen Rechtsfolgen ist nach § 6 Abs. 2 S. 1 TzWrG, daß der Preis, den der Erwerber für das Nutzungsrecht zu entrichten hat, durch einen Dritten finanziert wird und der Vertrag über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden und der Kreditvertrag als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Anders als in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG ist hier - trotz der in § 6 Abs. 2 TzWrG ansonsten eindeutig beachteten Parallelität zum VerbrKrG - nicht davon die Rede, daß „das Darlehen der Finanzierung des Preises dienen" soll. In der Gesetzesbegründung zum TzWrG läßt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür finden, daß dies einen bewußten Unterschied zwischen einem drittfinanzierten Time-Sharing-Vertrag und einem verbundenen Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG darstellen soll. Hieraus ist der Schluß zu ziehen, daß der Gesetzgeber die Formulierung: „[...] der Preis durch einen Dritten finanziert wird 314

In der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 13/4185, S. 13 r. Sp., heißt es hierzu wörtlich: „[§ 6 Abs. 2] Satz 2 nennt in Anlehnung an §9 Abs. 1 S. 2 des Verbraucherkreditgesetzes beispielhaft Verbindungselemente, die die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit von Teilzeitnutzungsvertrag und Kreditvertrag rechtfertigen." (Hervorhebungen vom Verfasser). 315 s. oben unter A l l a und A11 b.

88

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation 316

[...]" als dem Sinn nach identisch zu der Formulierung: „[...] der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient [,..]" 317 betrachtet hat. Das Gesetz umschreibt jeweils ein und dasselbe Tatbestandsmerkmal. Lediglich der hierfür gewählte Wortlaut ist unterschiedlich ausgefallen. Damit bestätigt sich die zu § 9 VerbrKrG vertretene Auffassung, wonach das Tatbestandsmerkmal der Zweckbestimmung neben der wirtschaftlichen Einheit nur eine untergeordnete Bedeutung hat 318 . Auch nach § 6 Abs. 2 TzWrG ist daher lediglich erforderlich, daß das Darlehen tatsächlich zur Finanzierung des mit dem Darlehensvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildenden Time-Sharing-Vertrags verwendet wird, eben durch den Dritten finanziert wird. Bildet der mit dem Dritten geschlossene Darlehensvertrag keine wirtschaftliche Einheit mit dem Time-Sharing-Vertrag, greifen die besonderen Rechtsfolgen aus § 6 Abs. 2 TzWrG nicht ein. Denn hierfür ist eine Darlehensaufnahme des Erwerbers des Nutzungsrechts auf eigene Faust gerade nicht ausreichend.

3. Zusammenfassung und Ergebnis zu /. Mit § 6 Abs. 2 TzWrG existiert neben § 9 VerbrKrG eine weitere gesetzliche Regelung eines „verbundenen Geschäfts". Ein derartiges Geschäft liegt in diesen Fällen vor, wenn der vom Erwerber für das Teilzeitnutzungsrecht zu entrichtende Preis durch einen Dritten finanziert wird und der Teilzeitnutzungsvertrag und der Kreditvertrag als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Entsprechend der vom Gesetzgeber beabsichtigten engen Anlehnung an § 9 VerbrKrG, kann sich auch nach dem in § 6 Abs. 2 S. 2 TzWrG enthaltenen Regelbeispiel eine wirtschaftliche Einheit bereits allein aus dem Verhältnis zwischen Veräußerer und Kreditgeber ergeben. Allerdings ist für das Eingreifen der aus einem „verbundenen Geschäft" resultierenden besonderen Rechtsfolgen zusätzlich zum Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit erforderlich, daß „der Preis durch den Dritten finanziert wird". Dies bedeutet, daß die vom „Dritten" 319 zur Verfügung gestellte Darlehensvaluta auch rein tatsächlich zur Finanzierung des Preises für das Teilzeitnutzungsrecht verwendet werden muß. Sollte der Erwerber sich dazu entschließen, die Darlehensvaluta anderweitig zu verwenden, besteht kein Anlaß für ein Eingreifen der in § 6 TzWrG enthaltenen besonderen Regelungen, die das Risiko eines drittfinanzierten Geschäfts vom Erwerber auf den Kreditgeber und den Veräußerer verlagern. Hierfür ist ein „Sichbedienen" des Veräußerers durch den Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages allein nicht ausreichend. Grafisch läßt sich diese Fallgestaltung folgendermaßen darstellen:

316

So der Wortlaut in § 6 Abs. 2 S. 1 TzWrG. So der Wortlaut in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG. 318 Vgl. insoweit oben unter A12. 319 Als Dritter wird hier der Kreditgeber bezeichnet. Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine Bank. 317

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

89

,S ichbedienen" des V durch KG bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages i. S. d. § 6 Abs. 2 S. 2 TzWiG Ver äußer er-

Kreditgeber (= KG)

Time-Sharing-Vertrag

Darlehensvertrag Auszahlung der Darlehensvaluta

Tatsächliche Verwendun) der Darlehensvaluta zur Preiszahlung, d. h. der Preis wird durch den Dritten (= KG) finanziert Erwerber/Kreditnehmer

Daneben kann sich eine wirtschaftliche Einheit im Einzelfall auch hier allein aus den Verhältnissen zwischen Erwerber-Kreditgeber und Erwerber-Veräußerer ergeben, ohne daß es daneben auf eine besondere Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Veräußerer und Kreditgeber ankommt. Voraussetzung für ein Eingreifen der sich aus § 6 Abs. 2 TzWrG für den Veräußerer und den Kreditgeber nachteiligen Risikoverteilung ist hier, daß der Erwerber durch den Kreditgeber, unter Abweichung vom gesetzlichen Leitbild eines Darlehensvertrages, von der freien Verfügung über die Darlehensvaluta ausgeschlossen wird. Der Veräußerer muß „Veranlasser" hinsichtlich der Darlehensaufnahme bei dem bestimmten Kreditgeber sein, ohne daß bereits vorher irgendwelche Beziehungen zwischen Veräußerer und Kreditgeber bestanden320. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist für ein Eingreifen des § 6 Abs. 2 TzWrG zumindest erforderlich, daß der Veräußerer Kenntnis von der Notwendigkeit einer Darlehensaufnahme durch den Erwerber für die Finanzierung, und damit der Durchführung des Geschäfts, hatte. Grafisch stellt sich diese Fallgestaltung wie folgt dar:

320

Insbesondere existieren hier keinerlei Absprachen oder gar eine rahmenvertragliche Vereinbarung zwischen Veräußerer und Kreditgeber über ein Zusammenwirken zum Abschluß drittfinanzierter Time-Sharing-Verträge.

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

90

Keine direkten Beziehungen zwischen V und KG Veräußerer (=V)

t

Mindestens Kenntnis des V von der Notwendigkeit der Finanzierung des Preises durch E fur den Abschluß des Geschäfts

" Direkte Auszahlung der Darlehensvaluta "

Time-SharingVertrag

Kreditgeber (= KG)

Darlehensvertrag Ausschluß des Kreditnehmers von der freien Verfugung über die Darlehensvaltua

Erwerber/Kreditnehmer

(-E)

II. Die rechtlichen Auswirkungen 1. Der Widerruf

des Teilzeitnutzungsvertrages §§5, 6 TzWrG

und seine Folgen,

a) Regelungsbereich des § 6 TzWrG § 6 TzWrG regelt den Bereich der „finanzierten Verträge", also die Fälle, in denen der Preis für ein Teilzeitnutzungsrecht an einem Wohngebäude finanziert wird. Dabei unterscheidet die genannte Vorschrift zwei mögliche Konstellationen: § 6 Abs. 1 TzWrG ist einschlägig, sofern der Veräußerer des Nutzungsrechts dem Erwerber den hierfür zu entrichtenden Preis selbst finanziert, Kreditgeber und Veräußerer also ein und dieselbe Person sind. Der im Rahmen dieser Arbeit interessierende Fall, daß der Preis von einem Dritten finanziert wird, Kreditgeber und Veräußerer also verschiedene Personen sind, wird hingegen von § 6 Abs. 2 TzWrG erfaßt, der jedoch § 6 Abs. 1 TzWrG für entsprechend anwendbar erklärt. Hiernach wird die auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers erst wirksam, wenn der Verbraucher seine auf den Abschluß des Vertrages über die Teilzeitnutzung eines Wohngebäudes gerichtete Willenserklärung nicht gem. § 5 TzWrG widerruft. Sofern also der Erwerber sein Widerrufsrecht hinsichtlich des Teilzeitnutzungsvertrages ausübt, wird gem. § 6 Abs. 1 S. 1 TzWrG auch der Kreditvertrag nicht wirksam, ohne daß es hierfür einer gesonderten Widerrufserklärung bedarf. Im Unterschied zum VerbrKrG hängt bei „finanzierten Verträgen" i. S. d. § 6 TzWrG der Kreditvertrag in seiner Wirksamkeit vom Teilzeitnutzungsvertrag ab. Für die Entstehung des Widerrufsrechts ist allein die Abgabe der auf den Abschluß des Vertrags über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Wohngebäuden gerichtete Willenserklärung des Erwerbers erforderlich. Die Abgabe der auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung ist nach dem TzWrG für die Entstehung des Widerrufsrechtes ohne Belang.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

91

In der Gesetzesbegründung zu § 5 TzWrG wird ausgeführt, daß „das Vertragslösungsrecht des Erwerbers in Anlehnung an ähnliche Regelungen in anderen Verbraucherschutzgesetzen (§ 1 HWiG, § 7 VerbrKrG, § 4 FernUSG) als Widerrufsrecht gestaltet ist" 321 . Demnach ist im Anschluß an § 7 VerbrKrG 322 davon auszugehen, daß der Teilzeitnutzungsvertrag während des Laufs der Widerrufsfrist schwebend unwirksam ist. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich, nach der Begründung, das Widerrufsrecht nach § 5 TzWrG u. a. auch an § 4 FernUSG anlehnt 323 . Da § 5 Abs. 1 TzWrG wortgleich zu § 1 Abs. 1 HWiG und § 7 Abs. 1 VerbrKrG formuliert worden ist, ist davon auszugehen, daß hinsichtlich der Auswirkungen des Widerrufsrechts auf den Time-Sharing-Vertrag eher ein Vergleich mit den im HWiG und VerbrKrG normierten Widerrufsrechten angebracht ist. Der zusätzliche Verweis in der Gesetzesbegründung auf § 4 FernUSG beruht wohl auf einem Versehen. Demnach sind nach § 6 Abs. 2 TzWrG bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit der Time-Sharing-Vertrag und der Kreditvertrag so lange schwebend unwirksam, wie der Vertrag über die Teilzeitnutzung noch nach § 5 TzWrG widerrufen werden kann 324 . Erfolgt der Abschluß des Kreditvertrages zeitlich nach dem des Time-Sharing-Vertrages, verlängert sich die schwebende Unwirksamkeit des Kreditvertrages entsprechend um diesen Zeitraum. Im umgekehrten Fall verkürzt sich die schwebende Unwirksamkeit um eine entsprechende Zeitspanne. Der Kreditvertrag kann aber auch sofort mit seinem Abschluß wirksam werden, wenn zum Zeitpunkt der Abgabe der entsprechenden Einigungserklärungen die Widerrufsfrist nach § 5 TzWrG bereits abgelaufen war. b) Ausübung des Widerrufsrechts Nach § 5 Abs. 2 S. 3 TzWrG hat die Widerrufsbelehrung, die dem Erwerber auszuhändigen ist, Name und Anschrift des Widerrufsempfängers zu enthalten. Der Widerruf durch den Erwerber hat gegenüber der in der Belehrung als Widerrufsempfänger bezeichneten Person zu erfolgen. 321 BT-Drs. 13/4185, S. 12. Vgl. hierzu ausführlich oben unter A l l 1 a. 323 Die h.M. zum FemUSG [vgl. Faberl Schade, Fernunterrichtsschutzgesetz, §4 Rdnr. 13 f.; Gernhuber, W M 1998, 1797, 1805; Börner, Zur Anwendung des Fernunterrichtschutzgesetzes, BB 1977, 1739, 1743; a. A. Palandt-Z/emnc/w, Einf. vor §346 Rdnr. 9, (schwebende Unwirksamkeit des Fernunterrichtsvertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist)] geht allerdings im Anschluß an die Gesetzesbegründung zum FemUSG (vgl. BT-Drs. 7/4245, S. 15 r. Sp.) davon aus, daß der Fernunterrichtsvertrag zunächst (schwebend) wirksam zustande kommt, da das Widerruf srecht lediglich die Bindung des Teilnehmers an seine auf den Vertragsschluß gerichtete Willenserklärung verhindere. Durch die Ausübung des Widerrufsrechts werde das wirksame Rechtsgeschäft nachträglich vernichtet. 324 Die regelmäßige Widerrufsfrist beträgt 10 Tage, § 5 Abs. 1 TzWrG, verlängert sich unter den in § 5 Abs. 2,3 oder 4 TzWiG genannten besonderen Voraussetzungen jedoch maximal um einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. 322

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Wenn der Veräußerer selbst als Widerrufsempfänger bezeichnet wird, werden sich in der Regel keine Probleme ergeben, da es für den Erwerber aufgrund seiner engeren Beziehung zum Veräußerer ohnehin näher liegen dürfte, diesem gegenüber einen eventuellen Widerruf zu erklären. Problematischer dürften hingegen die Fälle sein, in denen ein Dritter - etwa der Kreditgeber - als Widerrufsempfänger bezeichnet wird. Dann kann nämlich durchaus der Fall eintreten, daß der Erwerber den Widerruf gegenüber einer anderen als der in der Widerrufserklärung bezeichneten Person erklärt. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Begründung ist zu entnehmen, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben sollen. Wie schon oben zu § 9 Abs. 2 VerbrKrG ausgeführt wurde, entspräche es auch hier dem Schutzzweck des TzWrG 325 am ehesten, wenn der Erwerber unabhängig von der in der Belehrung bezeichneten Person immer (auch) gegenüber dem Veräußerer widerrufen könnte. Für dieses Ergebnis spricht hier zusätzlich, daß die auf den Abschluß des Teilzeitnutzungsvertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen ist, so daß sich der Widerruf im Ergebnis ohnehin gegen den Veräußerer richtet. Die genaue Bezeichnung des Widerrufsempfängers mit Namen und Anschrift soll dem Erwerber den Widerruf nur erleichtern. Es besteht kein Anlaß, wenn (ausnahmsweise) eine andere Person als der Veräußerer als Widerrufsempfänger benannt wird und der Erwerber dennoch unmittelbar dem Veräußerer gegenüber widerruft, dies zum Nachteil des Erwerbers gereichen zu lassen. Im Unterschied zum VerbrKrG ist im Falle eines finanzierten Vertrages i. S. d. § 6 TzWrG für die nach § 5 Abs. 2 TzWrG vorgeschriebene Widerrufsbelehrung kein zusätzlicher Hinweis darauf erforderlich, daß der Widerruf des Teilzeitnutzungsvertrages auch den Kreditvertrag nicht wirksam werden läßt. Dies ist insbesondere deshalb verwunderlich, weil es keineswegs als selbstverständlich betrachtet werden kann, daß sich der Widerruf eines Vertragsverhältnisses im Widerspruch zum Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse auch auf ein anderes Vertragsverhältnis erstreckt. Daher besteht insbesondere bei Personenverschiedenheit von Kreditgeber und Veräußerer die Gefahr, daß der Erwerber, der durch das Widerrufsrecht gerade geschützt werden soll, möglicherweise von seinem Recht keinen Gebrauch macht, weil er sich weiterhin an den zusätzlich zur Finanzierung des Teilzeitnutzungsvertrages geschlossenen Kreditvertrag gebunden glaubt. In Analogie zu § 9 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG sollte daher auch bei einemfinanzierten Time-Sharing-Vertrag von einer entsprechenden Belehrungspflicht des Veräußerers gegenüber dem Erwerber ausgegangen werden. Im Unterschied zum VerbrKrG wäre der Erwerber hier allerdings darüber zu belehren, daß mit dem Widerruf des Teilzeitnutzungsvertrages auch der verbundene Kreditvertrag nicht wirksam zustande kommt. Gegenstand des Widerrufsrechtes ist allein die auf den Abschluß des Time-Sharing-Vertrages gerichtete Willenserklärung. Ein eigenständiges Widerrufsrecht hin325 Dem Erlaß des TzWrG liegt die „Richtlinie zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien", Richtlinie 94/47/EG vom 26.10.1994, zugrunde; der deutsche Gesetzgeber bezeichnet das TzWrG in der BT-Drs. 13/4185, S. 12 als „Verbraucherschutzgesetz".

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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sichtlich des Kreditvertrages gem. § 7 VerbrKrG besteht nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht. § 7 Abs. 5 VerbrKrG wurde mit dem Erlaß des TzWrG gem. § 10 Abs. 2 TzWrG dahingehend geändert, daß unter Anfügung eines zweiten Satzes die Anwendung der Absätze 1 bis 4 des §7 VerbrKrG auf Kreditverträge, die der Finanzierung des Erwerbs eines Teilzeitnutzungsrechtes dienen und mit diesem eine wirtschaftliche Einheit bilden, ausgeschlossen wird. Vom Wortlaut des § 7 Abs. 5 S. 2 VerbrKrG ausgehend, betrifft diese Norm lediglich die dnftfinanzierten Time-Sharing-Verträge i. S. d. § 6 Abs. 2 TzWrG. Denn nur bei diesen wird, im Gegensatz zu den vom Veräußerer selbst finanzierten Verträgen i. S. d. § 6 Abs. 1 TzWrG, eine wirtschaftliche Einheit zwischen Kreditvertrag und Time-Sharing-Vertrag als Voraussetzung genannt. Aus der Gesetzesbegründung 326 ist allerdings zu entnehmen, daß dem Widerrufsrecht nach § 5 TzWrG generell der Vorrang vor dem Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG eingeräumt werden soll, um eine Kumulation der Verbraucherrechte auszuschließen. Sofern es sich bei der Formulierung des § 7 Abs. 5 S. 2 VerbrKrG nicht lediglich um ein Redaktionsversehen handelt, läßt sich hieraus die Schlußfolgerung ziehen, daß der Gesetzgeber bei einer Personenidentität zwischen Veräußerer und Kreditgeber automatisch vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Erwerbs- und Finanzierungsvertrag ausgegangen ist.

c) Rückabwicklung nach erfolgtem Widerruf, § 6 Abs. 2 S. 3 i. V. m. Abs. 1 S. 2, 3 TzWrG Nach § 6 Abs. 2 S. 3 TzWrG, der der Regelung des § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG nachgebildet ist, tritt im Falle eines Widerrufs nach Zufluß der Darlehensvaluta an den Veräußerer der Kreditgeber im Verhältnis zum Erwerber hinsichtlich der in § 6 Abs. 1 S. 2, 3 TzWrG normierten Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Veräußerers ein. Demnach erfolgt die Rückabwicklung ausschließlich bilateral im Verhältnis zwischen Kreditgeber und Erwerber. Der Erwerber wird kraft gesetzlicher Anordnung so gestellt, als ob der Veräußerer die Finanzierung in eigener Person übernommen hätte327. Hierdurch soll er davor bewahrt werden, sich im Dreiecksverhältnis sowohl mit dem Veräußerer als auch mit dem Kreditgeber auseinandersetzen zu müssen328.

326

Vgl. BT-Drs. 13/4158, S. 13 1. Sp. (zu § 6), 14 r. Sp. (zu § 10); HildenbrandlKappus/ Mäsch, Time-Sharing und Teilzeit-Wohnrechtegesetz, § 6 Rdnr. 2; Palandt-Pwizö, § 6 TzWrG Rdnr. 4. 327 In der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 13/4185, S. 13 r. Sp., heißt es hierzu wörtlich: „Die Rückabwicklung soll vielmehr allein im Verhältnis mit dem Kreditgeber erfolgen, und zwar so, als liege nur ein vom Veräußerer finanzierter Teilzeitnutzungsvertrag vor, und seien etwaige, vom Erwerber erbrachte Zahlungen auf den Preis für das Nutzungsrecht geleistet." 328 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drs. 13/4185, S. 13 r. Sp.

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Der Kreditgeber hat danach die eventuell bereits vom Erwerber an den Veräußerer erbrachten Leistungen329 ebenso zurückzugewähren, wie bereits vom Erwerber geleistete Darlehensraten. Der Erwerber hat im Gegenzug seine aus dem Time-Sharing-Vertrag erworbenen Nutzungsrechte an den Kreditgeber herauszugeben. Ansprüche gegen den Erwerber auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus dem Darlehensvertrag 330 sowie auf eine Vergütung für geleistete Dienste oder eine bereits erfolgte Nutzung von Wohngebäuden aus dem Teilzeitnzutzungsvertrag 331 bestehen aufgrund ausdrücklicher Anordnung gem. §§ 5 Abs. 6 S. 2, 6 Abs. 1 S. 3 TzWrG nicht. Des weiteren wird in der Gesetzesbegründung klargestellt, daß der Kreditgeber vom Erwerber die dem Veräußerer zugeflossene Darlehensvaluta nicht zurückverlangen kann 332 . 2. Der Einwendungsdurchgriff Zwar verdrängt das Widerrufsrecht nach § 6 i. V. m. § 5 TzWrG gem. § 7 Abs. 5 S. 2 VerbrKrG das Widerrufsrecht hinsichtlich des Kreditvertrages nach § 7 VerbrKrG. Allerdings bleiben die sonstigen Bestimmungen des VerbrKrG auch auf finanzierte Time-Sharing-Verträge anwendbar 333. Dies ergibt sich bereits aus § 9 Abs. 4 VerbrKrG, da es sich bei einem Teilzeitnutzungsrecht an Wohngebäuden um eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache im Sinne dieser Vorschrift handelt. Deshalb kann der Erwerber im Falle eines drittfinanzierten Vertrages i. S. d. § 6 Abs. 2 TzWrG beispielsweise bei nicht fristgerechter Fertigstellung oder Mängeln des Time-Sharing Objekts dem Darlehensrückzahlungsanspruch des Kreditgebers die daraus resultierenden Einreden gem. § 9 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 VerbrKrG entgegenhalten.

C. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen zu § 2 I. Zusammenfassung Die Regelung des § 9 VerbrKrG über „verbundene Geschäfte" und die des § 6 TzWrG über „finanzierte Verträge" weisen erwartungsgemäß enge Parallelen auf. Dies ergibt sich zwangsläufig aus dem Umstand, daß beide Normen ein und dieselbe rechtliche Problematik eines besonderen „Zusammenspiels" zwischen einem Finan329

In Betracht kommt insoweit etwa eine an den Veräußerer (unter Verstoß gg. § 7 S. 1 TzWrG) geleistete Anzahlung. 330 Vgl. auch BT-Drs. 13/4185, S. 13 r. Sp. 331 Vgl. auch BT-Drs. 13/4185, S. 13 l.Sp. 332 Vgl. BT-Drs. 13/4185, S. 13 r.Sp.: „[...] Der dem Veräußerer zugeflossene Kreditbetrag bleibt bei der Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Erwerber und Kreditgeber außer Betracht." 333 So auch HildenbrandfKappus/M&sch, § 6 Rdnr. 2.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

95

zierungsgeschäft und einem Erwerbsgeschäft behandeln. „Verbundene Geschäfte" ist lediglich ein anderer Begriff für die früher übliche Bezeichnung „finanzierte Abzahlungsgeschäfte" 334. Da § 6 TzWrG letztlich nur einen bestimmten Anwendungsfall eines derartigen Geschäfts betrifft, stellen in der Diktion des VerbrKrG die finanzierten Time-Sharing-Verträge ebenfalls „verbundene Geschäfte" dar 335 . Für die Bestimmung der Voraussetzungen eines „verbundenen Geschäfts" sowie für dessen Rechtsfolgen sind daher § 9 VerbrKrG und § 6 TzWrG gleichbedeutende Rechtsnormen. Eine unterschiedliche Behandlung ist nicht zu rechtfertigen. Sofern nicht der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegensteht, sind daher die Voraussetzungen eines „verbundenen Geschäfts" sowie die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen aus einer Gesamtschau der Regelungen des VerbrKrG und des TzWrG zu ermitteln. Diese Konsequenz läßt sich auch dem Umstand entnehmen, daß das TzWrG zeitlich nach Inkrafttreten des VerbrKrG erlassen wurde und der Gesetzgeber sich der Parallelität der in § 9 VerbrKrG und § 6 TzWrG geregelten Problematik bewußt war, wie dies eindeutig aus § 6 TzWrG und der Gesetzesbegründung zu dieser Norm, die ausdrücklich an die ältere Bestimmung des § 9 VerbrKrG anknüpft, ersichtlich wird. Folgende Aussagen lassen sich demnach für „verbundene Geschäfte" treffen: Aus dem Zusammentreffen von einem Erwerbs- und einem Finanzierungsgeschäft resultieren besondere Rechtsfolgen, die zu einer gewissen Verknüpfung der beiden Verträge führen, sofern ein „bestimmtes Verhältnis" zwischen diesen existiert. Sowohl das TzWrG, als auch das VerbrKrG verlangen als maßgebliche Voraussetzung für ein derartiges Verhältnis eine „wirtschaftliche Einheit zwischen den Verträgen. Der Bestimmung einer solchen „wirtschaftlichen Einheit" kommt daher eine ganz wesentliche Bedeutung zu. Die möglichen Fallkonstellationen, aus denen sich eine derartige Einheit ergeben kann, sind nach beiden Gesetzen identisch. Entsprechend den in § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG und § 6 Abs. 2 S. 2 TzWrG enthaltenen inhaltsgleichen Regelbeispielen führt ein vereinbartes arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen Veräußerer und Kreditgeber zwingend zur Annahme einer „wirtschaftlichen Einheit". Außerhalb dieser Regelbeispiele kann sich letztere auch aus einer Zweckbindung des Darlehens bei gleichzeitiger Kenntnis des Veräußerers von der Notwendigkeit einer Finanzierung für das Zustandekommen des Erwerbsgeschäfts ergeben. Subjektiven Vorstellungen des Verbrauchers kommt für die Bestimmung eines „verbundenen Geschäfts" keine Bedeutung zu. Wahrend in § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG neben der „wirtschaftlichen Einheit" zusätzlich davon die Rede ist, daß der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient, verlangt § 6 Abs. 2 S. 1 TzWrG neben der wirtschaftlichen Einheit nur, daß der Erwerbspreis für das Wohnrecht von einem Dritten finanziert wird. Damit bestätigt 334

So ausdrücklich die Begründung zum RegE, BT-Drs. 11/5462, S. 12 r. Sp., 23 1. Sp.; vgl. statt vieler auch: Staudinger-Kessal-Wulf § 9 VerbrKrG Rdnr. 1. 335 Vgl. auch die Begründung zum RegE, BT-Drs. 13/4185, S. 9 r. Sp.: „[...] Das gesetzliche Widerrufsrecht des Erwerbers (§ 5) soll im Falle eines mit dem Erwerbsvertrag verbundenen Kredits auch den Kreditvertrag erfassen (§6) [...]" (Hervorhebungen vom Verfasser).

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

sich die hier zu § 9 VerbrKrG vertretene Ansicht, daß für das Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" neben einer „wirtschaftlichen Einheit" nicht zusätzlich eine Zweckbindung des Darlehens erforderlich ist, wie dies gelegentlich in der Literatur gefordert wird. Vielmehr ist ausreichend, daß der Kaufpreis tatsächlich durch einen Dritten finanziert wird, die Darlehensvaluta also objektiv zur Finanzierung des „verbundenen Geschäfts" verwendet wird. Allein diese Bedeutung kommt dem Merkmal der Zweckbestimmung im Rahmen eines „verbundenen Geschäfts" zu. Gesetzlich wird dem Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" Bedeutung beigemessen, wenn es um die Auswirkungen des Widerrufs des einen Vertrages auf den anderen geht. Nach den Regelungen des VerbrKrG und des TzWrG führt ein durch den Verbraucher erklärter Widerruf zur Unwirksamkeit des Erwerbs- und des Finanzierungsgeschäfts. Während des Laufs der Widerrufsfrist erstreckt sich also die schwebende Unwirksamkeit des einen Vertragsverhältnisses auch auf das andere. Unter Durchbrechung des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse ist demnach das eine Vertragsverhältnis in seiner Wirksamkeit von der des anderen abhängig. Während sich allerdings nach dem VerbrKrG die Unwirksamkeit des Kreditvertrages auf das finanzierte Geschäft erstreckt, erfaßt nach dem TzWrG genau umgekehrt die Unwirksamkeit des finanzierten Time-Sharing-Vertrages auch den Kreditvertrag. Dieser Gegensatz resultiert daraus, daß das VerbrKrG schwerpunktmäßig eine Regelung von Verbraucherkreditverträgen, das TzWrG hingegen eine solche von Time-Sharing-Verträgen zum Gegenstand hat, die Regelungen über verbundene bzw. finanzierte Geschäfte aber in die jeweilige Gesetzessystematik eingepaßt werden mußten. Aus dem Umstand, daß Gegenstand des Widerrufsrechts bei einem „verbundenen Geschäft" einmal das „führende" Finanzierungsgeschäft, ein andermal dagegen das finanzierte Geschäft ist, ergibt sich zwangsläufig ein Widerspruch. Aufgrund des jeweils eindeutigen Gesetzeswortlauts kann hieraus jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß nach § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG wahlweise auch das finanzierte Geschäft bzw. nach § 6 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 1 TzWrG auch das Finanzierungsgeschäft widerrufen werden könnte. Der Verbraucher muß seinen Widerruf gegenüber der ihm in der Widerrufsbelehrung als Widerrufsempfänger bezeichneten Person erklären. Aufgrund des Schutzzwecks des VerbrKrG und des TzWrG, die jeweils dem Verbraucherschutz dienen sollen, muß der Widerruf in bestimmten Situationen aber auch gegenüber einer nicht in der Widerrufsbelehrung bezeichneten Person erfolgen können. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß der Verbraucher bei den Vertragsverhandlungen allein oder maßgeblich nur mit einer Partei des „verbundenen Geschäfts" in Kontakt kommt, als Widerrufsempfänger hingegen die andere Partei benannt wird. Sofern die Darlehensvaluta bereits dem Veräußerer zugeflossen ist, erfolgt die Rückabwicklung eines „verbundenen Geschäfts" nach erklärtem Widerruf nicht-wie bei anderen Drei-Personen-Verhältnissen üblich - „übers Dreieck". Vielmehr tritt in derartigen Situationen der Kreditgeber im Rahmen der Rückabwicklung im Verhältnis zum Kreditnehmer auch in die Rolle des Veräußerers ein.

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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Insoweit wird der Kreditnehmer so gestellt, als ob ein vom Veräußerer selbst finanziertes Geschäft vorliegt. Der Kreditgeber hat sämtliche vom Erwerber erbrachten Zahlungen, auch wenn diese - wie etwa eine vom Erwerber aus eigenen Mitteln erbrachte Anzahlung - unmittelbar an den Veräußerer erfolgten, an den Kreditnehmer zurückzugewähren. Ein Anspruch des Kreditgebers gegen den Kreditnehmer auf Zahlung von Zinsen und Kosten für die vorübergehende Zurverfügungstellung des Darlehensbetrages besteht nicht. Ebenso ist ein Anspruch des Kreditgebers gegen den Darlehensnehmer auf Rückzahlung der Darlehensvaluta ausgeschlossen. Insofern muß sich der Kreditgeber stets an den Veräußerer halten. Er trägt insoweit das Risiko einer Insolvenz des Veräußerers. Eine ausdrückliche Bedeutung mißt das Gesetz dem Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" zum anderen für den Fall bei, daß sich Störungen innerhalb des finanzierten Geschäfts ergeben. So können aus dem Erwerbsgeschäft resultierende Einwendungen in der Regel sofort dem RückZahlungsanspruch des Kreditgebers aus dem Finanzierungsverhältnis entgegengehalten werden. Dieser sogenannte Einwendungsdurchgriff steht dem Erwerber unabhängig von der Art des finanzierten Geschäftes zu. Auch in diesem Zusammenhang wird der Relativitätsgrundsatz bei Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" durchbrochen. Durch die daraus folgende Verlagerung des Verwendungsrisikos der Darlehensvaluta auf den Kreditgeber trifft diesen das Risiko eines teilweisen oder gar völligen Verlustes seines aus dem Kreditvertrag resultierenden RückZahlungsanspruchs gegen den Käufer/Kreditnehmer. II. Rechtsdogmatische Schlußfolgerungen Im Anschluß an die Darstellung der sich aus dem Vorliegen eines „verbundenen Geschäfts" ergebenden Rechtsfolgen, ist nunmehr darauf einzugehen, ob sich der Gesetzgeber - entgegen der weitaus herrschenden Meinung 336 - mit den genannten Regelungen von der von der früheren Rechtsprechung337 vertretenen Trennungstheorie, die von der rechtlichen Selbständigkeit von Erwerbs- und Finanzierungsgeschäft ausging, abgewendet hat 338 . Insbesondere ist zu untersuchen, ob die gesetzlichen Regelungen eine Umsetzung der von Gernhuber 339 entwickelten Lehre vom „rechtsgeschäftlichen Verbund" beinhalten340.

336

Vgl. nur Franz, S. 219, m. umf. w. N. Ausführlich hierzu oben § 1; an diese Rspr. hat sich der Gesetzgeber bei Erlaß des §9 VerbrKrG ausdrücklich angelehnt, vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 12 r. Sp. 338 So ausdrücklich Compensisi Reiserer, BB 1991,2457,2462; Reinking/Nießen, ZIP 1991, 79, 84 (jeweils unter Berufung auf die Aufgabe des Subsidiaritätsprinzips in § 9 Abs. 3 VerbrKrG); Vollkommen in: FS Merz, S. 595 ff. 339 Gernhuber, in: FS Larenz, S. 455 ff.; dersDas Schuldverhältnis, in: Handbuch des Schuldrechts, Band 8, § 31 II 13h, III, IV. 340 So Vollkommen in: FS Merz, S.595, 606f. (insbes. dort in Fn.62). 337

7 Tröster

98

1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

1. Der „rechtsgeschäftliche

Verbund"

Mit der rechtsdogmatisch neuartigen Kategorie eines „rechtsgeschäftlichen Verbunds" versuchte Gernhuber 341 die drittfinanzierten Geschäfte zu erfassen. Die im Rahmen eines drittfinanzierten Abzahlungskaufs geschlossenen Verträge seien inhaltlich zur Verwirklichung eines bestimmten Zwecks wechselseitig aufeinander bezogen. Nur bei derartigen Geschäften liege ein in den Willenserklärungen aller beteiligter Parteien fixierter Finalnexus vor, wodurch sich diese von anderen Geschäftsverbindungen absondern sollen, die zwar auch einen Zweckzusammenhang beinhalten, aber keinen mehrgliedrigen Leistungsaustausch bewirken 342. Ein solcher Finalnexus zwischen Kauf- und Darlehensvertrag ergebe sich daher nicht schon allein daraus, daß die Darlehensvaluta der Erfüllung der Zahlungspflicht aus dem Kaufvertrag dienen soll und könne auch nicht von den Modalitäten des Vertragsschlusses abhängig gemacht werden. Dieser entstehe eben erst, wenn das Leistungsprogramm eines Schuldverhältnisses, nach dem rechtlichen Willen der Parteien, mit dem des anderen verbunden wird. Beim drittfinanzierten Abzahlungskauf äußere sich dies dahingehend, daß der Darlehensnehmer nur die Auszahlung der Darlehensvaluta an den Verkäufer fordern könne, welcher seinerseits in seinen Ansprüchen gegen den Käufer auf die Darlehensvaluta beschränkt sei. Aufgrund dieses Finalnexus verändere sich auch das Leistungsgefüge. Innerhalb eines rechtsgeschäftlichen Verbunds werde die Leistung stets an den Empfänger der Zuwendung erbracht. Daher stelle etwa im Rahmen einesfinanzierten Abzahlungskaufs in der Art eines B-Geschäfts die Auszahlung der Darlehensvaluta vom Kreditgeber an den Verkäufer allein eine Leistung an letzteren dar, nicht auch gleichzeitig eine Leistung an den Käufer/Kreditnehmer 343. Auf diesen Gedanken aufbauend entwickelt Gernhuber Leitlinien des genetischen, konditionellen und funktionellen Verbunds, wonach Störungen in einem der Vertragsverhältnisse zwangsläufig auch unmittelbare Auswirkungen auf das andere haben sollen. Der genetische Verbund 344 beziehe die verbundenen Verträge zu einer Entstehungseinheit aufeinander; die Unwirksamkeit des einen Vertrages ziehe notwendig auch die des anderen nach sich. Praktische Bedeutung komme dem in den Fällen eines Widerrufs durch den Erwerber/Kreditnehmer, einer Nichtigkeit eines der Verträge nach §§ 134,138 BGB, oder einer erfolgreichen Anfechtung durch den Erwerber wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB zu. Die Rückabwicklung habe dann stets im Verhältnis zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger der Zuwendung stattzufinden.

341

Gernhuber, in: FS Larenz, S.455ff.; ders., Das Schuldverhältnis, § 31 II 13h, III. Gernhuber, Bürgerliches Recht, § 17 II 1 a; ders., Das Schuldverhältnis, § 31 II 13h. 343 Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 31 II 13 h. 344 Ausführlich hierzu Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 31 III; ders., in: Bürgerliches Recht, § 17 112. 342

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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345

Der konditionelle Verbund habe zur Folge, daß das Erlöschen der Leistungspflichten aus dem einen Vertragsverhältnis automatisch auch deren Erlöschen im anderen Schuldverhältnis bewirke. Infolge des funktionellen Verbunds 346, der vornehmlich im Hinblick auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB), die Mängeleinrede und des Rücktritts Bedeutung erlange, müsse jeder Vertragspartei die Einrede nach § 320 BGB gewährt werden. Ebenso blieben die Wirkungen einer Mängeleinrede sowie eines Rücktritts nicht auf einen Vertrag beschränkt.

2. Würdigung der gesetzlichen Regelungen a) Die Gestaltung der Widerrufsrechte Nach den Grundsätzen des genetischen Verbunds verfallen die verbundenen Verträge nach einem wirksamen Widerruf gleichermaßen der Unwirksamkeit. Dem entspricht die Gesetzeslage: Gem. § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG erstreckt sich die Wirkung des Widerrufs des Kreditvertrages auf den Kauf-/Leistungsvertrag, bzw. gem. § 6 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 TzWrG erfaßt der Widerruf des Time-Sharing-Vertrages auch den Kreditvertrag. Aufgrund der genannten Vorschriften besteht zwischen den verbundenen Verträgen für den Fall eines wirksamen Widerrufs ein Entstehungszusammenhang. Allerdings war mit diesen Regelungen nicht zwingend eine Hinwendung des Gesetzgebers zur Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund beabsichtigt. Der Gesetzesbegründung 347 zum VerbrKrG läßt sich eine diesbezügliche Absicht nicht entnehmen. Danach enthält § 9 Abs. 2 VerbrKrG Sonderregelungen für das Widerrufsrecht, die aufgrund der Personenverschiedenheit von Verkäufer und Kreditgeber erforderlich und eng an die frühere Rechtsprechung zu § l b AbzG angelehnt sind. Die Erstreckung des Widerrufs von einem Vertragsverhältnis auf das andere wird demnach nicht als Selbstverständlichkeit - wie dies aufgrund des genetischen Verbunds nach der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund der Fall wäre - betrachtet 348. Vielmehr soll es sich hierbei um eine auf das Widerrufsrecht beschränkte Ausnahmeregelung handeln. Unter der Annahme einer rechtlichen Einheit zwischen den verbundenen Verträgen, müßte dem Erwerber/Kreditnehmer das Recht zustehen, wahlweise den Kreditvertrag oder das Erwerbsgeschäft gegenüber dem Veräußerer oder dem Kreditgeber jeweils mit Wirkung für beide Verträge zu widerrufen. Im Gegensatz zur früheren 345

Vgl. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 31IV1. Ausführlich hierzu Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §31 IV 2; ders., Bürgerliches Recht, §17 113. 347 BT-Drs. 11/5462, S.24 l.Sp. 348 Darauf weist auch zutreffend Franz, S. 238 hin. 346

7*

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Rechtsprechung zumfinanzierten Abzahlungskauf 349, ist dieses Wahlrecht aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelungen nunmehr jedoch ausgeschlossen. Dies erklärt sich dadurch, daß der Gesetzgeber mit dem VerbrKrG bzw. dem TzWrG jeweils nur den Erlaß eines speziellen Regelungswerks für Verbraucherkreditverträge bzw. Teilzeitwohnrechteverträge beabsichtigte. Anknüpfungspunkte bilden daher der Kreditvertrag bzw. der Time-Sharing-Vertrag, so daß nur für diese ein spezielles Widerrufsrecht statuiert wurde. Gerade die Tatsache einer ausdrücklichen Erstrekkung dieser Widerrufsrechte auf die damit verbundenen Verträge zeigt, daß der Gesetzgeber grundsätzlich von einer rechtlichen Trennung dieser Verhältnisse ausgeht 350 . Nur die Ausübung des Widerrufsrechtes soll zur Unwirksamkeit des verbundenen Vertrages führen. Auch die in § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG bzw. § 6 Abs. 2 S. 3, Abs. 1 S. 2, 3 TzWrG nach einem Widerruf angeordnete bilaterale Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Kreditgeber und Erwerber/Kreditnehmer spricht gegen eine Übernahme der Verbundlehre durch den Gesetzgeber. Nach dieser hat die Rückabwicklung innerhalb eines verbundenen Geschäfts stets unmittelbar zwischen dem Empfänger der Zuwendung und dem Zuwendenden stattzufinden. Der gesetzlich angeordnete Eintritt des Kreditgebers in die Rolle des Veräußerers im Rahmen des sich an die Widerrufserklärung anschließenden Rückabwicklungsverhältnisses hat zwar in Übereinstimmung mit dieser Lehre zur Folge, daß der Kreditgeber die Darlehensvaluta unmittelbar vom Veräußerer zurückfordern muß; die sonstigen Rechtsfolgen aus § 9 Abs. 2 S.4 VerbrKrG stehen aber im Widerspruch zur Verbundlehre, nach der der Erwerber/Kreditnehmer eine Anzahlung allein vom Veräußerer und dieser den finanzierten Gegenstand allein vom Erwerber/Kreditnehmer jeweils als deren Empfänger zurückverlangen könnte351. Die gesetzlich angeordnete Rückabwicklung allein zwischen Kreditgeber und Erwerber/Kreditnehmer ist insofern mit der Verbundlehre nicht vereinbar. Auch ist hierin keine Anerkennung einer rechtlichen Einheit zwischen den verbundenen Verträgen zu sehen. Vielmehr handelt es sich hierbei nach den Gesetzesbegründungen352 lediglich um aus Gründen des Verbraucherschutzes353 aufgenommene Risikoverlagerungsnormen.

349

Vgl. hierzu oben unter § 1 CIV. So zum Regelungsgehalt des § 9 Abs. 2 VerbrKrG auch MünchKomm-Habersack, § 9 VerbrKrG Rdnr. 10 m. w. N.; Steudinger-Kessal-Wulf, § 9 VerbrKrG Rdnr. 18. 351 Vgl. hierzu näher oben unter CH 1. 352 Vgl. zum VerbrKrG BT-Drs. 11/5462, S. 24 r. Sp.: „Da der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher die Folgen von Leistungsstörungen grundsätzlich trägt, erscheint es angemessen, ihm und nicht dem Verkäufer in dem Abwicklungsverhältnis die beherrschende Rolle zu übertragen." sowie die Gesetzesbegründung zum TzWrG, BT-Drs. 13/4185, S. 13 r. Sp.: „In diesem Fall [= nach Zufluß der Darlehensvaluta an den Veräußerer] soll der Erwerber davor bewahrt werden, sich im Dreiecksverhältnis sowohl mit dem Veräußerer als auch mit dem Kreditgeber auseinandersetzen zu müssen." 353 In ihrem personellen Anwendungsbereich sind dementsprechend das VerbrKrG als auch das TzWrG auf Verträge zwischen beruflich oder gewerblich tätigen Personen und Personen, 350

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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Die vom Gesetzgeber beabsichtigte grundsätzliche rechtliche Trennung der Verträge wird schließlich daraus ersichtlich, daß der Kreditgeber allein bezüglich der sich aus dem Widerrufsrecht ergebenden Rechtsfolgen an die Stelle des Veräußerers tritt, nicht aber hinsichtlich etwaiger widerrufsunabhängiger Ansprüche des Erwerbers wie z.B. Schadenersatzansprüche für Begleitschäden aus Mängeln der gelieferten Sache354. b) Der Einwendungsdurchgriff Die Regelung des Einwendungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG ist nur auf den ersten Blick mit der Verbundlehre vereinbar, sofern sie den Grundsatz der Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs weitestgehend zurückdrängt 355 und dem Erwerber/Kreditnehmer die Möglichkeit eröffnet, dem Darlehensrückzahlungsanspruch jede aus dem finanzierten Vertrag resultierende Einwendung entgegenzuhalten. Allerdings spricht die gem. § 9 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG partielle Aufrechterhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs gegen die Annahme, daß der Gesetzgeber sich der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund anschließen wollte 356 . Mit dem nach dieser Lehre anzunehmenden funktionellen Verbund wäre jegliche Aufrechterhaltung des Subsidiaritätsgedankens unvereinbar. c) Die Regelungen des § 13 Abs. 3, Abs. 2 VerbrKrG Nach der Ansicht Vollkommers 357 entspricht die Ausgestaltung der Rücktrittsfolgen bei Rücktritt des Kreditgebers den Grundsätzen der Rückabwicklung beim funktionellen Verbund nach der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund 358. Allerdings betrachtet Gernhuber den Fall einer Verwertung der finanzierten Sache durch den Kreditgeber als deren Sicherungseigentümer gerade nicht als eine Problematik des rechtsgeschäftlichen Verbunds 359. Die Sicherungsübereignung, aufgrund derer der Kreditgeber die Sache herausverlange und verwerte, stehe außerhalb des Verbunds360. Sie ist demnach auf das Kreditverhältnis beschränkt. Daher spricht sich die bei Vertragsabschluß außerhalb ihrer beruflichen oder gewerblich ausgeübten Tätigkeit handeln, beschränkt, vgl. jeweils § 1 Abs. 1 der genannten Gesetze. 354 So ausdrücklich BT-Drs. 11/5462, S. 24 r. Sp. zum VerbrKrG. Ein Widerspruch zur Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund ergibt sich hieraus aber nicht, vgl. insoweit Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §31 V2b. 355 Vgl. hierzu Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §31IV 4. 356 Zur Bedeutung der Subsidiarität für die Annahme einer rechtlichen Trennung der Verträge vgl. Soergel-//tf>w, 10. Aufl. 1967, Anh §6 AbzG Rdnr. 47. 357 Vollkommer, in: FS Merz, S.595, 605 f. 358 Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §31IV2, 5. 359 Vgl. im einzelnen Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 31 V 1 a. 360 So Gernhuber, a. a. O. (Fn. 359).

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1. Teil: Geschichte und aktuelle Situation

Gernhuber konsequenterweise dafür aus, die Verwertung des Sicherungseigentums hier nicht anders zu behandeln als in anderen Zusammenhängen auch361. Wie bereits erörtert, stellt § 13 Abs. 3 VerbrKrG nur eine Rücktrittsfiktion und keinen echten Rücktritt dar. Allein auf letzteren sollen nach der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund aber die Grundsätze des funktionellen Verbunds Anwendung finden. Die Regelung des § 13 Abs. 3 VerbrKrG soll dem Umstand Rechnung tragen, daß im Falle eines finanzierten Abzahlungsgeschäfts das mit dem Kreditvertrag verbundene Erwerbsgeschäft durch die Auszahlung der Darlehensvaluta an den Veräußerer regelmäßig bereits erfüllt ist. Der Zahlungsverzug des Erwerbers, der zur Ansichnahme der sicherungsübereigneten Sache durch den Kreditgeber führt, betrifft demnach allein das Kreditverhältnis, weshalb die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen auch auf dieses Verhältnis beschränkt bleiben sollen362. Auch in dieser Regelung kommt damit zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber die verbundenen Verträge als rechtlich getrennt betrachtet 363.

3. Ergebnis zu II. Resümierend kann demnach festgehalten werden, daß die gesetzlichen Regelungen des VerbrKrG und TzWrG keine Umsetzung der Lehre vom rechtsgeschäftlichen Verbund beinhalten364. Weitgehend handelt es sich hierbei um eine Umsetzung der von der Rechtsprechung zu den finanzierten Abzahlungsgeschäften entwickelten Lösungsansätze. Den Vorschriften liegt grundsätzlich der Gedanke einer rechtlichen Trennung der verbundenen Verträge zugrunde. Allerdings wird dieser Trennungsgedanke nicht konsequent durchgehalten. Vielmehr hat das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts kraft Gesetzes eine punktuelle Verknüpfung von Finanzierungsgeschäft und finanziertem Geschäft in ihrem Bestand und ihrem weiteren rechtlichen Schicksal in der oben dargestellten Weise und Reichweite zur Folge. Aufgrund dieser normierten teilweisen rechtlichen Verklammerung werden so im Ergebnis bestimmte Risiken vom Erwerber/Kreditnehmer auf die beiden anderen Parteien eines verbundenen Geschäfts verlagert. Damit bringt der Gesetzgeber jedoch selbst zum Ausdruck, daß verbundene Geschäfte „letztlich mehr verkörpern als die bloße Summe von mindestens zwei Austauschverträgen" 365. 361

Vgl. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 31 V 1 c. MünchKomm -Habersack, § 13 VerbrKrG Rdnr. 65. 363 So bereits Canaris , Bankvertragsrecht, Rdnr. 1413, zur insoweit identischen früheren Rechtslage unter Geltung von § 5 AbzG: „besonders konsequente Durchführung der Trennungstheorie". 364 So auch Fuchs, AcP 199 (1999), 305,322; Coester, Jura 1992,617,618 (Ausnahmecharakter der Regelungen des § 9 Abs. 2, 3 VerbrKrG). 365 Vgl. Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte: Entwicklung der Rechtsfigur des trilateralen Synallagmas auf der Grundlage deutscher und U.S.-amerikanischer Rechtsentwicklungen, S.53. 362

§ 2 Die gesetzlichen Regelungen

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Dieses in sich widersprüchliche Gesamtbild ist die Konsequenz aus dem (mißglückten 366 ) Versuch des Gesetzgebers, die von der früheren Rechtsprechung unter der Geltung des AbzG zu drittfinanzierten oder verbundenen Geschäften gewonnenen Ergebnisse im Zuge der Umsetzung einer europäischen Verbraucherkreditrichtlinie einer gesetzlichen Regelung zuzuführen. Hierbei wurde es unterlassen, sich mit dieser Problematik eingehend, unter Berücksichtigung der hierzu vorhandenen umfangreichen Literatur, auseinanderzusetzen. Die in der obigen Darstellung herausgearbeiteten geringfügigen Modifikationen gegenüber der früheren Rechtsprechung lassen keine Schlußfolgerung auf eine vom Gesetzgeber beabsichtigte grundlegende Änderung in der rechtlichen Behandlung drittfinanzierter Geschäfte zu. Einige dieser Modifikationen - etwa hinsichtlich des Widerrufsrechtes - resultieren allein aus dem Umstand, daß die Problematik derartiger Geschäfte in die Systematik eines auf Verbraucherkreditverträge zugeschnittenen Gesetzes eingepaßt werden mußte. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn man zusätzlich die Regelungen des TzWrG zu diesem Problemkreis berücksichtigt. Vielmehr wird durch die gesonderte Normierung der finanzierten Teilzeitwohnrechteverträge die rechtliche Behandlung der Problematik noch zusätzlich verkompliziert. Eine bei rein rechtlicher Betrachtung gleichartige Problemlage wird teilweise unterschiedlichen Regelungen unterworfen. Dies führt zu einer unerwünschten Rechtszersplitterung 367 , die es nach Möglichkeit zu vermeiden gilt. Es stellt sich die Frage, ob derartige Geschäfte tatsächlich in speziellen Verbraucherschutzgesetzen außerhalb des BGB - noch dazu in verschiedenen - piaziert werden müssen, oder ob es sich nicht vielmehr um ein allgemeineres zivilrechtliches Problem handelt, welches letztlich einer einheitlichen Normierung innerhalb des BGB bedarf. Dem soll nunmehr im einzelnen nachgegangen werden.

366 So i. E. auch Knütel, Das Verbraucherkreditgesetz als mißglücktes Gesetz, in: Uwe Diederichsen/Ralf Dreier (Hrsg.), Das mißglückte Gesetz, S.62, 88 ff., als Resultat einer Gesamtbetrachtung der Regelungen des VerbrKrG. 367 Verschärfend kommt noch hinzu, daß in §4 Abs. 3 des Referentenentwurfs zum Femabsatzgesetz (FemAG) vom 31.5.1999, der zur Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rats über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Femabsatz vom 20.5.1997 (Abi. EG Nr. L144, S. 19) formuliert wurde, eine weitere gesetzliche Regelung überfinanzierte Verträge vorgesehen ist; vgl. hierzu etwa Bülow, Femabsatzrichtlinie und Verbraucherkreditgesetz, DZWir 1998, 89,91 f.; Reich, Die neue Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Femabsatz, EuZW 1997, 581, 585.

Zweiter Teil

Möglichkeiten einer rechtlichen Neuordnung § 1 Die rechtsdogmatische Einordnung verbundener Geschäfte A. Rechtstypologische Einordnung1 Zur näheren Erfassung der verbundenen Geschäfte sollen diese im folgenden einer rechtstypologischen Betrachtung unterzogen werden. Hierfür ist es unumgänglich, zunächst auf die dabei verwendeten Begriffe sowie die Zuordnungstechnik näher einzugehen. I. Der Begriff des Vertragstypus und die Zuordnungsproblematik 1. Typische Verträge Die Rechtswissenschaft bedient sich des Begriffes „Typus" insbesondere2 zur näheren Umschreibung vertraglicher Schuldverhältnisse. Dabei werden die im BGB gesetzlich geregelten Typen von Schuldverträgen, wie etwa Kauf, Miete, Werkvertrag usw., gemeinhin als normierte Vertragstypen oder „typische Verträge" bezeichnet. Diese haben sich über Jahrhunderte im Rechtsverkehr entwickelt, wo sie von den „Gründungsvätern" des Bürgerlichen Gesetzbuches als real existierende Gebilde des Rechtslebens vorgefunden wurden. Diese Schuldvertragstypen wurden in ihrer Typizität gesetzlich erfaßt und um als angemessen erachtete Regelungen ergänzt. Die im BGB normierten Vertragstypen sind demnach keine gesetzgeberischen Erfindungen, sondern der Rechtswirklichkeit oder der rechtlichen Überlieferung ent1 Vgl. hierzu allgemein MünchKomm-Thode, § 305 Rdnr. 35 ff.; Staudinger-Löwwc/i, § 305 Rdnr. 18ff.; Soergel-Wolf, §305 Rdnr.24ff.; Palandt-Heinrichs, Einf ν §305 Rdnr. 11 ff.; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §7IV und V; Martinek, Moderne Vertragstypen, Band I: Leasing und Factoring, §§ 1, 2; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bandii, Besonderer Teil, Halbband 1, § 38 (S.4f.); Laienz/ Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Zweiter Band, Besonderer Teil, 2. Halbband, §63 (S. 41 ff.); M e die us, Schuldrecht II - Besonderer Teil, §§ 120, 121 (Rdnr. 585-595); Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.216ff., 301 ff. 2 Ausführlich zur Bedeutung des Typus in der Rechtswissenschaft, vgl. Leenen, Typus und Rechtsfindung - Die Bedeutung der typologischen Methode für die Rechtsfindung dargestellt am Vertragsrecht des BGB; Larenz, Methodenlehre, insbes. S. 461 ff.; Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache", S.44ff.

§ 1 Die rechtsdogmatische Einordnung verbundener Geschäfte

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nommene Gebilde, letztlich eine Art Spiegelbild des Rechtslebens des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Allerdings handelt es sich nicht zwingend um ein exaktes Spiegelbild, vielmehr sind durchaus leichte Modifikationen durch den Gesetzgeber im Zuge der Fassung der gesetzlichen Regelungen vorhanden. Daneben existieren in Spezialgesetzen außerhalb des BGB noch weitere normierte Vertragstypen 3, die zum Teil älteren, zum Teil auch jüngeren Datums als das BGB sind. Als Beispiel sollen hier etwa die im HGB geregelten Kommissions- (§§ 383 ff. HGB), Fracht- (§§407ff. HGB), Speditions- (§§453ff. HGB) und Lagergeschäfte (§§467 ff. HGB) genannt werden; darüber hinaus die im VVG geregelten Versicherungsverträge, die im VerbrKrG normierten Verbraucherkreditverträge, oder etwa die im FernUSG zufindenden Fernunterrichtsverträge. Auch hierbei handelt es sich um in der Rechts Wirklichkeit entstandene „typische Verträge". Die gesetzlich geregelten Vertragstypen stellen aber keinen abgeschlossenen Katalog möglicher Vertragsformen im Sinne eines numerus clausus dar. Vielmehr wird bereits in den Motiven zum BGB ausdrücklich betont, daß „[...] selbstverständlich nicht alle denkbaren Verträge normirt [sind]. Dies wäre bei der Vielgestaltigkeit der Verkehrsbeziehungen an sich unmöglich. Vermöge des Prinzips der Vertragsfreiheit, von welchem das Recht der Schuldverhältnisse beherrscht wird, können die Parteien ihre Rechts- und Verkehrsbeziehungen nach ihrem Ermessen mit obligatorischer Wirkung unter sich bestimmen, [...]" 4 . Mit anderen Worten besteht im Schuldrecht kein Typenzwang. Diesem Umstand verdanken letztlich sämtliche nach Erlaß des BGB normierten Verträge ihre Existenz. 2. Bestimmung eines gesetzlichen Vertragstypus Um einen gesetzlichen Vertragstypus zu bestimmen, ist die Gesamtheit der hierzu vorhandenen Normen, also die gesamte im Gesetz getroffene Regelung zu betrachten. Entscheidend ist das sich hieraus ergebende Gesamtbild, welches den „Normaltypus" darstellt, auch wenn ein Großteil dieser gesetzlichen Vorschriften dispositiver Natur ist. Aus dieser Betrachtung lassen sich bestimmte, für den jeweiligen Vertragstypus charakteristische „Züge" 5 ablesen. Diese stehen untereinander in einer sinnvollen Beziehung, indem sie sich wechselseitig fordern oder bedingen und sich nicht gegenseitig widersprechen. Allerdings läßt sich der Vertragstypus hierdurch nicht abschließend bestimmen; er hat keine feststehenden Grenzen, auch wenn einige der „Züge" einen festen unverzichtbaren Kern bilden6. Mit anderen Worten kann 3

Vgl. dazu Schwark, Grundsätzliche Fragen einer Überarbeitung des Schuldrechts des BGB, JZ 1980, 741,742. 4 Mugdan, Die gesamten Materialien zum BGB für das Deutsche Reich (1899), S.2. Eine Grenze bilden insoweit lediglich die §§ 134,138 BGB. 5 Man könnte diese auch in Anlehnung an Kaufmann, S.47, als „Kernelemente" bezeichnen. 6 Vgl. Kaufmann, S.47; als Beispiel für einen derartigen festen „Kern" sei etwa die „Unentgeltlichkeit" bei der Leihe gem. § 598 BGB genannt.

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2. Teil: Möglichkeiten einer rechtlichen Neuordnung

im Einzelfall auch einmal der eine oder andere „Zug" fehlen, ohne daß daran die Zuordnung einer konkret-realen vertraglichen Regelung zu einem bestimmten Vertragstypus scheitern müßte. Für die Zuordnung zu einem bestimmten gesetzlichen Vertragstypus ist demnach eine zwischen den Parteien vereinbarte Modifikation oder Variation hinsichtlich einzelner Rechte und Pflichten unerheblich, solange sich diese noch innerhalb der „Bandbreite" 7 des gesetzlichen Typus bewegen. Halten sich die von den Parteien vereinbarten Abweichungen innerhalb dieser „Toleranzen", handelt es sich lediglich um einen „untypischen" Vertrag, der weiterhin einem bestimmten gesetzlichen Vertragstyp zugeordnet wird, so daß die für diesen geltenden Vorschriften weiterhin Anwendung finden. Lediglich im Bereich der Rechtsfolgen wird den Abweichungen Rechnung getragen.

5. Atypische Verträge Als „atypische Verträge im weiteren Sinne" werden diejenigen Verträge bezeichnet, die sich nicht mehr in der oben beschriebenen Weise unter einen gesetzlich normierten Vertragstyp einordnen lassen8. Allein entscheidend ist also, daß die einzuordnende konkret-reale vertragliche Regelung mit den für den normierten Vertragstypus charakteristischen „Zügen" nicht mehr vergleichbar ist. Erst wenn eine derartige auf die Sinn- und Funktionszusammenhänge abstellende Zuordnung scheitert, liegt ein „atypischer Vertrag im weiteren Sinne" vor. Da die gesetzlich geregelten Vertragstypen aufgrund der zunehmenden Differenziertheit und Komplexität des modernen Wirtschaftslebens den Vertragsparteien häufig kein geeignetes Instrumentarium mehr zur Verfügung stellten, haben sich unter Inanspruchnahme der Vertragsinhaltsfreiheit zahlreiche „atypische Verträge" entwickelt. Im Rechtsverkehr haben sich bestimmte derartige atypische Vertragsgestaltungen etabliert, die sich aufgrund ihrer dauerhaften Verwendung zu eigenständigen, gesetzlich nicht normierten Vertragstypen entwickelt haben9. Aufgrund ihrer dauerhaften Verwendung im Rechtsverkehr werden diese treffend auch als „verkehrstypische Verträge" 10 bezeichnet. Die nähere inhaltliche Ausgestaltung derartiger Verträge ist meist das Ergebnis eines langwierigen Entwicklungsprozesses, zu dem Rechtsprechung, Rechtswissenschaft und Kautelarjurisprudenz regelmäßig gleichermaßen einen wesentlichen Beitrag leisten. Als Musterbeispiel für derartige „verkehrstypische Ver7 Martinek, § 2 II 1, spricht in diesem Zusammenhang von einem „Abänderbarkeitsspektrum". 8 Anders MünchKomm-Thode, § 305 Rdnr. 36, der alle Vertragsgestaltungen, die sich nicht unter einen gesetzlichen Vertragstyp einordnen lassen, als atypische Verträge, Verträge sui generis bezeichnet. 9 Staudinger-Löwwc/i, § 305 Rdnr. 25. Allerdings sind diese regelmäßig noch nicht in Gewohnheitsrecht erwachsen; a. A. Soergel-Wolf, § 305 Rdnr. 25. 10 Weick, Die Idee des Leitbildes und die Typisierung im gegenwärtigen Vertragsrecht, NJW 1978, 11 ff.; im Anschluß hieran auch MünchKomm-77zoite, § 305 Rdnr. 37 f.; Palandt-Heinrichs, Einf ν § 305 Rdnr. 12; Martinek, § 1 II, bezeichnet diese als „Innominatverträge".

§ 1 Die rechtsdogmatische Einordnung verbundener Geschäfte

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träge" seien hier etwa das Leasing und das Factoring genannt. Nach der hier im Anschluß an Gernhuber 11 vertretenen Auffassung sind auch sämtliche verkehrstypischen Verträge atypische Verträge im weiteren Sinne, da hierfür allein das Fehlen einer gesetzlichen Regelung entscheidend ist. In der Literatur 12 hat sich überwiegend eine Aufgliederung der atypischen Verträge im weiteren Sinne in „gemischte (bzw. gemischttypische) Verträge" einerseits und „atypische (bzw. typenfremde) Verträge im engeren Sinne" andererseits, wohl geläufiger unter der Bezeichnung als Verträge sui generis, eingebürgert. Von einem gemischt(typisch)en Vertrag soll hier gesprochen werden, sofern sich dieser aus Elementen verschiedener normierter Vertragstypen zusammensetzt, deren Leistungsprogramme zu einem sinnvollen Ganzen miteinander vermischt werden. Je nach der Art und Weise, wie die Elemente verschiedener Vertragstypen miteinander vermischt wurden, werden die gemischten Verträge in weitere Untergruppen aufgeteilt; insoweit hat sich eine Einteilung in Typenkombinationsverträge und Typenverschmelzungsverträge durchgesetzt13. Der gemischte Vertrag stellt einen einheitlichen Vertrag dar 14. Ein atypischer Vertrag im engeren Sinn ist hingegen nur dann gegeben, wenn die Parteien eine Vereinbarung treffen, die sich weder als normierter Vertrag noch als Misch vertrag im dargestellten Sinne einordnen läßt15. 4. Die Einordnung konkret-realer

Verträge

Die Einordnung eines konkret-realen Vertrages in das zuvor dargestellte System der Vertragsarten erfolgt durch einen Vergleich der vereinbarten Rechte und Pflichten, der wirtschaftlichen Ziele und der Interessenlage der Vertragsparteien mit der Lage bei den gesetzlich geregelten Vertragstypen. Diese Einordnung ist häufig für die Ermittlung der angemessenen Rechtsfolgen unerläßlich 16. Sofern im Ergebnis ein 11

Vgl. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 7 V 1 a. Vgl. statt vieler Palmdt-Heinrichs, Einf ν § 305 Rdnr. 14, 19. 13 Zu diesen Begriffen vgl. näher Lzrenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 63 11 b; die genauere Terminologie und Einordnung in diesem Bereich ist jedoch völlig uneinheitlich, vgl. zu den verschiedenen Ansätzen etwa nur Soergel-Wolf, § 305 Rdnr. 28 ff.; Staudinger-Lövv/sc/z, § 305 Rdnr.33ff.; MünchKomm-77iow, Vor § 328 Rdnr. 50: Der Versprechende erbringe im Vollzugsverhältnis eine unmittelbare Leistung an den Dritten sowie eine mittelbare Simultanleistung im Deckungsverhältnis auf das Forderungsrecht aus § 335 BGB an den Versprechensempfänger. Schließlich stelle die Leistung des Finanzierers auch eine mittelbare Leistung des Versprechensempfängers an den Dritten im Valutaverhältnis dar.

136

2. Teil: Möglichkeiten einer rechtlichen Neuordnung

lutaverhältnis versprochene Leistung an den Erwerber erbringt. An dieser Bedingung hat der Erwerber als Partei des Valutaverhältnisses und gleichzeitig Gläubiger der in diesem Verhältnis vom Veräußerer geschuldeten Leistung ein unmittelbares Interesse; aber auch der Finanzierer selbst ist an der Erbringung dieser Leistung (zumindest mittelbar) interessiert 136. Der Veräußerer verpflichtet sich im Valutaverhältnis zur Leistung an den Erwerber, damit letzterer ihm im Zusammenwirken mit dem Finanzierer gem. § 328 Abs. 1 BGB einen eigenständigen Anspruch auf die vom Finanzierer im Deckungsverhältnis dem Erwerber geschuldete Leistung einräumt. Zusammenfassend kann in Übereinstimmung mit den oben dargestellten Literaturansichten 137 demnach festgestellt werden, daß jede der an einem verbundenen Geschäft beteiligten Parteien eine Leistung erbringt, für die sie die erhoffte Gegenleistung (das Äquivalent) nicht direkt vom Leistungsempfänger erhält, sondern von dem anderen Beteiligten des verbundenen Geschäfts. Jeder dieser sich über das Dreieck erstreckenden Leistungsverpflichtungen steht dabei ein entsprechender Leistungsanspruch des jeweiligen Empfängers gegenüber. Je nach Sichtweise stellen diese daher stets sowohl eine Leistung als auch eine Gegenleistung dar. So ist etwa die Darlehensauszahlungspflicht aus der Sicht des Finanzierers seine Leistung und aus der Sicht des Erwerbers die erhoffte Gegenleistung. Hierdurch kommt es zu einem ringförmigen Leistungsaustausch zwischen den an einem verbundenen Geschäft Beteiligten138. Die drei sich über das Dreieck erstreckenden Leistungspflichten sind insofern miteinander final-kausal verknüpft, als sie zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich des Zustandekommens eines finanzierten Erwerbsgeschäfts mit (wirtschaftlichen) Vorteilen für sämtliche hieran Beteiligten, zusammenspielen139. Aus diesen Leistungspflichten erwachsen daher als Nebenpflicht auch Schutzpflichten gegenüber demjenigen Beteiligten, der nicht deren direkter Gläubiger ist. Die genannten Leistungspflichten stehen demnach auf einer anderen Ebene als die übrigen aus den bilateralen Verträgen resultierenden Verpflichtungen 140. Die synallagmatische Verknüpfung der Leistungspflichten innerhalb eines verbundenen Geschäfts ergibt somit ein Leistungsgeflecht, daß sich grafisch folgendermaßen darstellen läßt: 136 Vgl. zur besonderen Interessenkonstellation innerhalb eines verbundenen Geschäfts ausführlich oben unter AHI 1 und Β III4. 137 Vgl. näher hierzu oben ΒI. 138 So zuerst Pfister, JZ 1971,284 („do ut des ut det"-Geschäfte); ebenso Vollkommer, in: FS Larenz, S.703, 712f.; Gernhuber, in: FS Larenz, S.455, 471; neuerdings auch Heermann, S. 121 f. 139 Auf die Bedeutung dieses Aspekts beifinanzierten Geschäften weist zu Recht auch/to/œ, S. 54ff., hin; vgl. auch Weber, Die Problematik desfinanzierten Abzahlungskaufs - Akzessorietät statt Einwendungsdurchgriff, ZRP 1982, 305, 310f., der ebenfalls dem Finanzierungszweck des Darlehens erhebliche Bedeutung beimißt. 140 Ähnlich Rohe, S. 55, mit der Unterscheidung zwischen „Primär- und Sekundärtransaktionen"; Heermann, S. 147ff.

§ 1 Die rechtsdogmatische Einordnung verbundener Geschäfte

Veräußerer (Dritter)