Utopie und Bedürfnis: Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR 9783412316297, 3412067997, 9783412067991

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Utopie und Bedürfnis: Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR
 9783412316297, 3412067997, 9783412067991

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Ina Merkel Utopie und Bedürfnis Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR

alltag & kultur Band 6 Herausgegeben vom Institut für Europäische Ethnologie und von der Landesstelle für Berlin-Brandenburgische Volkskunde der Humboldt-Universität durch Wolfgang Kaschuba, Rolf Lindner, Peter Niedermüller und Leonore Scholze-Irrlitz

Ina Merkel

UTOPIE UND BEDÜRFNIS Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR

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Böhlau Verlag Köln Weimar Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Merkel, Ina: Utopie und Bedürfnis: Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR / Ina Merkel. Köln; Weimar; Wien; Böhlau, 1999 Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Habil.-Schr. (Alltag & Kultur; Bd. 6) ISBN 3-412-06799-7 © 1999 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung und Layoutentwurf: GrafikDesign M+S Hawemann, Berlin Satz und Layout: Marcus Merkel, Berlin Repros und Bildbearbeitung: Felix Mühlberg, Leipzig Druck und Bindearbeiten: Strauss Offsetdruck, Mörlenbach Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem, säurefreiem Papier gedruckt. Printed in Germany ISBN 3-412-06799-7

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

9

Ideale und Utopien: Diskurse / Konsumkritik als Gesellschafekritik / Konsumgesellschaft versus Konsumkultur. Zur Begrifflichkeit/Perspektiven, Quellen, Methoden

Produktion und Bedürfnis

35

Hintergründe der Versorgungsmisere

38

Die sträfliche Vernachlässigung der Konsumgüterindustrie / Grundsätze der Preispolitik / Das Auf und Ab in der Mittelstandspolitik / Übereilte Kollektivierung der Landwirtschaft

Mangel versus Überfluß

88

Sortimentslücken und Engpässe / Qualität: „Meine Hand für mein Produkt" / Verpackung: „Das Auge kauft mit" / Am Bedarf vorbei: Überplanbestände / Bedarfsgerechte Produktion / Sonderverkäufe / Teilzahlungsgeschäfte

Grundmuster des konsumpolitischen Diskurses

119

Konsumenten als Produzenten / Planung der Bedürfnisse / Die Bedarfs- bzw. Marktforschung in der DDR / Erziehung der Bedürfnisse / Zwischen Utopie und Pragmatismus: Thesen zur Konsumtion im Sozialismus

Zusammenfassung

Handeln und Verteilen

159

i6i

Latente Konkurenz: H O - Konsum - Privater Einzelhandel / Verkaufen als öffentliche Angelegenheit / Organisierte Kritik von unten: Kundenbücher und Käuferversammlungen

Verkaufskultur Der Safdaden / Macht und Ohnmacht / Modernisierungsbemühungen / Handelsnetzbereinigung / Stadt und Land - Hand in Hand / Einkaufserleichterungen für berufstätige Frauen / Selbstbedienung / Versandhandel / Kulturellsymbolische Präsentation der Warenwelt / Schaufenster des Sozialismus / Werbung als Bedarfslenkung

179

Verteilung des Mangels: Egalisierung

224

Warten auf den Wohlstand / Verteilen nach Leistung / Gesellschaftliche Konsumtion

Marktwirtschaftliche Ausnahmen: Distinktion

243

Enklaven des Kapitalismus: Intershop und Genex / Politik der zwei Warenklassen: H O - Exquisit - Delikat / Mode und Sozialismus / Preis und Bedürfnis

Individuelle Strategien des Erwerbens

277

Systemkonforme Handlungsstrategien / Schlangestehen / Herumrennen und Suchen / Selbermachen / Vordrängeln / Nonkonforme Handlungsstrategien / Stehlen / Verschieben / Schmuggeln / Westgeschenke / Horten und Hamstern / Beziehungen / Korruption / Bestechung

Zusammenfassung

Gebrauch und Bedeutung Entwicklungstendenzen der Konsumtion in der DDR

298

301 310

Die Bedarfsdeckungsgesellschaft: 1945-1958 / Nachholende Bedürfnisbefriedigung: 1959-1970 / Abschied von der Utopie: 1971-1989 / Zum Charakter des Wandels des Verbraucherverhaltens

Kulturelle Unterschiede

331

Proletarischer Habitus und sozialistische Konsumideale / Nivellierungstendenzen: Die Werktätigen / Redifferenzierungs- und Individalisierungstendenzen / Kultureller Wertewandel

Mentale Traditionsbestände

357

Praxen des Konsumierens: Erhalten versus Wegwerfen / Innige Beziehungen zu Gegenständen: Behutsamkeit / Langlebigkeit / Gebrauchswertorientierung: Haltbarkeit und Funktionalität/ Pragmatismus / Individueller Gestaltungswille: Mit Vergnügen kaufen / Kulturelle Bedeutungen: Das Phänomen Ostalgie / Erfahrungen mit dem Westen / Vermüllung - Musealisierung - Kult

Zusammenfassung

Schlußbemerkungen

410

411

Literaturverzeichnis

417

Verzeichnis der Archive

429

Als nach dem Fall der Mauer die ersten westdeutschen Besucher nach ihrem Aufstieg durch ein verkommenes Treppenhaus, w o an den Wänden der Putz abblätterte und sich die Stufen in einem heiklen Auflösungsprozeß befanden, in meine Wohnung am Prenzlauer Berg traten, habe ich sie oft sagen hören: „Hier ist es ja wie in Westdeutschland in den fünfziger Jahren!" Die altmodische D D R mit ihren bröckelnden Fassaden, den mit Kopfsteinen gepflasterten Straßen und inzwischen zugewachsenen Bombenlücken, erinnerte sie an vergangene Zeiten, als sie selbst noch jung und unschuldig waren, noch nicht berührt von den teuflischen Sehnsüchten einer überfließenden Konsumgesellschaft, als die Menschen noch zusammen arbeiteten und miteinander redeten. Es schien, als wären in der D D R aus der Mode gekommene Tugenden wie Genügsamkeit, Bescheidenheit und Solidarität bewahrt und gleichsam konserviert worden. Und in der Tat gibt es viele Anzeichen, die genau das zu signalisieren scheinen: eine Art Wiederholung der Geschichte. Die heruntergekommenen Städte, altertümlich anmutende Industrieanlagen, das beschädigte Selbstvertrauen und eine Atmosphäre von Schuld und Sühne auf der einen - die Mentalität von frisch eingeflogenen Westdeutschen, ihre deudich zur Schau getragene Überlegenheit und ihre Verheißungen von einem zweiten Wirtschaftswunder auf der anderen Seite erinnern an Stimmungsbilder vom Ende des II. Weltkrieges. Die Annäherung beider deutscher Gesellschaften und Kulturen vollzieht sich bisher vor allem in eine Richtung: als Anpassung und nahezu vollständige Assimilation der ostdeutschen an die westdeutsche Gesellschaft. In den politisch dominierten Diskursen über die D D R wird nach wie vor in den Argumentationsfiguren des Kalten Krieges agiert. Feindbilder werden bestätigt und neu aufgebaut. Die Geschichtsbetrachtung ist weitgehend dichotomisiert: Das Verhältnis von D D R und BRD wird in Kategorien wie: Tradition und Moderne, Diktatur und Demokratie, Mangelgesellschaft und Überflußgesellschaft beschrieben. Die hinter diesen Kategorien stehenden Wertungsmuster sind einseitig an westdeutschen Erfahrungen und Lösungsmustem gebildet. Das Maß, an dem die DDR-Gesellschaft gemessen wird, ist unhinterfragt die bundesdeutsche Gesellschaft, doch leider nicht in ihrer Heterogenität und auch nicht mit all ihren historischen Brüchen, sondern stilisiert zu einem Idealbild modemer Zivilgesellschaft. Durch die unerwartete Kompliziertheit des Zusammenwachsens sind solche eindimensionalen Deutungsmuster heute zunehmend infrage

gestellt. Ein anthropologischer Zugang, der sich frei von solchen westeuropazentrierten Deutungsmustern dem Verständnis der inneren Logik jeweiliger Kulturen und Gesellschaften zuwendet, verspricht hier genauere Bestimmungen und weitergehende Erklärungen. Die vorliegende Arbeit versucht in einem solchen anthropologischen Sinne, Konsummuster der sozialistischen Gesellschaft im Spannungsfeld von Utopie und Bedürfnis, staatlicher Politik und individueller Lebensweise herauszuarbeiten. Den Anstoß für die vorliegende Arbeit gab ein einjähriger Forschungsaufenthalt in den USA von 1992 bis 1993, w o ich das Glück hatte, an dem von Victoria de Grazia initiierten Projekt „Consumer Cultures in Historical Perspectives", Center for Historical Analysis and der Rutgers University, New Brunswick teilzunehmen. Der Aufenthalt in den USA verschaffte mir, die ich durch meine Mitgliedschaft im Unabhängigen Frauenverband und meine Teilnahme am Runden Tisch tief in die politischen Ereignisse der Wende involviert war, den nötigen Abstand zur deutsch-deutschen Problematik. Durch den Vergleich verschiedener historischer Perioden und unterschiedlicher europäischer Kulturen relativierte sich die ostdeutsche Besonderheit. Konsumkultur in der DDR erschien in diesem Lichte als ein Versuch unter vielen anderen, Lösungen für ähnliche Problemlagen zu finden: für die Aufhebung sozialer Unterschiede, die Verschwendung knapper Ressourcen, das Maßverhältnis von Bedarf und Bedürfnis. Auch von den Diskussionen mit Geoff Eley, Patricia Simpson und Michael D. Kennedy, die mich als Gast an der University of Michigan, Ann Arbor ein Semester lang betreuten, habe ich intellektuell sehr profitiert. Ich bin meinen amerikanischen Kolleg/innen für ihre Offenheit und Diskussionsfreudigkeit sehr verbunden und froh darüber, daß ich die Gelegenheit hatte, mit ihnen eine kurze Zeit zusammenzuarbeiten. Für ihre vielfältigen Anregungen und kritischen Bemerkungen während verschiedener Phasen des Schreibens an meiner Arbeit möchte ich besonders Wolfgang Kaschuba, Hartmut Kaelble, Kurt Merkel, Dietrich und Felix Mühlberg danken. Durch ihre streitbaren Kommentare und zugleich freundschaftliche Ermutigung ist die vorliegende Arbeit um viele Gedanken und Ideen bereichert worden. Danken möchte ich auch meinen Kolleg/innen am Institut für Europäische Ethnologie für ihr solidarisches Verhalten und die produktive Arbeitsatmosphäre. Sie haben mir den Einstieg in die westdeutsche Wissenschaftskultur und in ein fremdes Fach, die Europäische Ethnologie, dadurch sehr erleichtert. Ohne die finanzielle Unterstützung der Thyssen-Stiftung hätte die Arbeit nicht so effektiv und schnell vorangetrieben werden können, auch ihnen bin ich zu Dank verpflichtet. Andreas Hergeth, der mir als studentischer Mitarbeiter hilfreich zur Seite stand und dem ich ein wichtiges Material, die Zeitzeugeninterviews, verdanke, bin ich für seine Mitarbeit sehr verbunden. Nicht zuletzt möchte ich den Archivaren danken, insbesondere Frau Fischer (Archiv der Konsumgenossenschaften) und Herrn Dr. Fischer (Deutsches Rundfunkarchiv), und natürlich den Zeitzeugen, die so bereitwillig Auskunft gegeben und mich auf viele Details und Hintergründe aufmerksam gemacht haben.

Einleitung

Seit der Wende 1989 gibt es ein enormes Interesse an der Aufarbeitung der D D R Geschichte. Durch die Öffnung der Archive wird ein sehr vielfältiger und reichhaltiger Quellenbestand für Historiker erstmals verfügbar. Die Fülle der Materialien ermöglicht einen ganz neuen Einblick in das Leben der Menschen und die politischen Entwicklungen in der DDR. Umfassende Zeitzeugenbefragungen machen es überdies möglich, die überlieferten Quellen zu prüfen. Die Fülle der zu einzelnen Fragen inzwischen erschienenen Detailstudien ist kaum noch überschaubar. Die Forschungsarbeit konzentrierte sich sowohl bei den Historikern (DDR-Geschichte) als auch bei den Soziologen (Transformationsforschung) in den vergangenen Jahren zunächst auf die Analyse des politischen Systems und auf wirtschaftsgeschichdiche Fragestellungen. Erst in letzter Zeit sind einige umfassendere Publikationen zur Sozial- und Kulturgeschichte erschienen. 1 Wie Dietrich M Ü H L B E R G unlängst auf einer Tagung feststellte, „kam die D D R auch in den außerwissenschafdichen Diskursen fast ausschließlich als Herrschaftssystem der SED in den Blick." 2 Doch es stellt sich die Frage, ob sich denn aus der Analyse des politischen Systems so ohne weiteres Schlüsse auf das individuelle Verhalten ziehen lassen. Und so ist in letzter Zeit eine verstärkte Hinwendung zum Alltag, zum Freizeitverhalten und zu den Lebensstilen in der D D R zu beobachten. Diese Verschiebung des Forschungsgegenstandes von der System- hin zur Lebenswelt, der Perspektivenwechsel erklärt sich aus den Problemen des Zusammenwachsens beider Teile Deutschlands. D a s ungleiche Entwicklungstempo von Institutionentransfer und kulturellem Wandel hat die Transformationseffekte verstärkt. Den Brüchen in Arbeits- und Lebenswelt stehen dabei Kontinuitäten in den mentalen Mustern gegenüber. Sie bilden für viele Ostdeutsche „ein Stück symboli-

1

V g l : Günter Agde, Kahlschlag. Das 11. Plenum des ZK der SED 1965. Studien und Dokumente, Berlin 1991; Peter Hübner Konsens, Konflikt und Kompromiß. Soziale Arbeiterinteresse und Sozialpolitik in der S B Z / D D R , Berlin 1995; Hartmut Kaelble/Jürgen Kocka/Hartmut Zwahr (Hg.), Sozialgeschichte der D D R , Stuttgart 1994; Dietrich Mühlberg, Die D D R als Gegenstand kulturhistorischer Forschung. Gedanken z u m Mitwirken ostdeutscher Kulturwissenschafderlnnen an der Erforschung der Kulturentwicklung nach 1945, in: M K F 3 3 / 1 9 9 3 , S. 7 - 8 5 . Michael Rauhut, Beat in der Grauzone. D D R - R o c k 1 9 6 4 bis 1972. Politik und Alltag, Berlin 1993.

2

Dietrich Mühlberg,Gemeinsame Problemlagen - verschiedene Antworten. Von der Nachkriegsnot und der Arbeitsgesellschaft in die Konsum-, Freizeit- und Erlebnisgesellschaft - Bedürfniswandel als Herausforderung an die politischen Systeme, unv. Ms, Berlin 1998, S. 1

10 scher Identität ..., einen Hinweis auf ein ,Eigen-Sein', das entsprechenden West-Modellen bewußt als ein ,Anders-Sein' entgegengesetzt wird." 3 Das Feld der kulturellen Praxen erweist sich auch deshalb als eine zunehmend wichtige Dimension sozial- und kulturwissenschafdicher Forschung, weil wir es hier eben nicht mit einem abgeschlossenen Kapitel der Zeitgeschichte zu tun haben, wie in vielen politischen oder institutionellen Bereichen. In der Konsumkultur wird dieses Aufeinandertreffen von Transformation und Tradition besonders deutlich. Für diese Arbeit waren Rückgriffe auf wissenschaftliche Vorarbeiten bezogen auf die Konsumgeschichte der D D R nur sehr begrenzt möglich. Es gibt einige wenige Publikationen zum Produktdesign, 4 über Werbung 5 und über einzelne Institutionen, wie das Versandhaus, den Intershop usw. In wirtschaftsgeschichtlichen Abhandlungen wird der Konsumaspekt meist nur am Rande berührt. Daneben existiert eine erkleckliche Zahl zeitgenössischer Fachliteratur, die allerdings eher als Quelle zu betrachten und auszuwerten ist. Um so größer ist dagegen die Zahl nichtwissenschaftlicher Veröffentlichungen, denn das Thema „Konsum in der D D R " entwickelte sich in der Wendezeit zu einem Reizthema. Hier wie auch in den von wissenschaftlicher Seite geführten Debatten werden vor allem der Mangel an bestimmten Konsumgütern, die ästhetische Verarmung der Produktkultur, die fehlende Vielfalt, die durch eine nicht am Leistungsprinzip orientierte Lohn- und Preispolitik verursachte weitgehende Nivellierung kultureller und sozialer Unterschiede und der paternalistische Versorgungsanspruch der Partei (Subventions- und Verteilungspolitik) gemeinhin als Grundprobleme sozialistischer Konsumpolitik aufgeführt. 6 Lebensweisen unter sozialistischen Verhältnissen erscheinen in dieser Sichtweise stark homogenisiert. Die Mängel des Angebots hätten zudem eine gewisse Uniformität erzeugt. Der Konsum der DDR-Bürger erscheint überformt von gesellschaftlichen Anforderungen und staatlichen Zwängen, die nur äußerst geringe individuelle Handlungsspielräume („Nischen") und Entscheidungsmöglichkeiten offen hielten. Dieser Zusammenhang wird u.a. mit Begriffen wie Kollektivismus versus 3

Wolfgang KaschubaAna Merkel/Leonore Scholze-Irrlitz/Thomas Scholze, Forschungsbericht für die EnqueteK o m m i s s i o n des Bundestages „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland": „Freizeitverhalten in der D D R und in den n e u e n Ländern: Geselligkeit, Fest- und Konsumkultur", unv. M s . , Berlin 1 9 9 8 , S. 5.

4

Vgl.: u.a. Jörg Engelhardt, S c h w a l b e , D u o , Kultmobil. V o m Acker auf den Boulevard, Berlin-Brandenburg 1995; Heinz Hirdina Gestalten für die Serie. D e s i g n in der D D R 1 9 4 9 - 1 9 8 5 , D r e s d e n 1985; V o m Bauhaus bis Bitterfeld. 4 1 Jahre D D R - D e s i g n , Hg. von Regine Halter, Glessen 1 9 9 1 .

5

V g l : Georg C. Bertsch/Ernst Hedler , S E D - S c h ö n e s Einheits-Design , Köln 1 9 9 0 .

6

Vgl. bspw.: S t e p h a n Merl, Staat und K o n s u m in der Z e n t r a l v e r w a l t u n g s w i r t s c h a f t . R u ß l a n d und die ostmitteleuropäischen Länder, in: H a n n e s Siegrist/Hartmut Kaelble/Jürgen K o c k a (Hg.), Europäische K o n s u m geschichte. Zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des K o n s u m s (18.-20. Jahrhundert), Frankfurt/New York 1 9 9 7 , S. 2 0 5 - 2 4 4 ; Stefan Wolle, D i e heile W e l t der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der D D R .

1971-1989,

B o n n 1 9 9 8 . (Eine im übrigen schlecht recherchierte und mit vielen Fehlern und Ungenauigkeiten behaftete Darstellung. So wird die Einrichtung der Exquisit- und Delikadäden auf 1 9 7 7 statt 1 9 6 2 bzw. 6 7 datiert, als Herausgeber der „Wunderwirtschaft" wird einer der Artikelschreiber nominiert usw.) Schlußbericht der EnqueteK o m m i s s i o n des Bundestages „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im P r o z e ß der deutschen Einheit", D r u c k s a c h e 1 3 / 1 1 0 0 0 v o m 1 0 . 6 . 1 9 9 8 , Kapitel IV.3. K o n s u m und Mangelgesellschaft, S. 1 9 7 - 1 9 9 .

Einleitung

11

Individualisierung bzw. Homogenisierung versus Pluralität von Lebensstilen abgebildet und damit meist als Widerspruch zwischen Norm und Bedürfnis interpretiert. Ausgangspunkt der Überlegungen ist oftmals das Ende der DDR, das weitgehend auf die Defizite in der Konsumsphäre und beschränkte Bewegungsmöglichkeiten (Reisefreiheit) zurückgeführt wird. So schätzte die Enquete-Kommission des Bundestages „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit" in ihrem Abschlußbericht ein: „Die Erfahrung des Mangels gehörte untrennbar zur Alltagswirklichkeit der DDR. Leben in der DDR bedeutete in vielerlei Hinsicht ein Leben in Mangel und ein Leben mit dem Mangel. Der Mangel war geradezu eine prägende und charakteristische Eigenschaft des DDR-Alltags, die von jedem Menschen unabhängig von seiner politischen Einstellung ganz bewußt erlebt wurde. Diese Erfahrungen sind weder an bestimmte historische Zeitabschnitte, an spezifische Regionen noch an bestimmte soziale Räume gebunden, sondern waren jederzeit und überall präsent." Der Mangel sei in mehrfacher Hinsicht politisch relevant und charakteristisch gewesen und deshalb sei es „berechtigt, von der DDR als einer ,Mangelgesellschaft' zu sprechen." 7 Der materielle wie der geistige Mangel seien zwar nicht politisch intendiert, dennoch systembedingt gewesen. Zurückgeführt wird der Mangel auf die zentrale Verwaltung der Wirtschaft nach einem zum Gesetz erhobenen Plan einerseits und auf das Primat der Politik, der stets ökonomische Notwendigkeiten untergeordnet wurden, andererseits. Dahinter steht die These, daß sich Mangelerscheinungen unter anderen politischen und ökonomischen Bedingungen, im Grunde sind hier Privateigentum und Marktkonkurrenz gemeint, hätten vermeiden lassen. Der niedrigere Lebensstandard wird allein der sozialistischen Politik und Zentralverwaltungswirtschaft angelastet. Als problematisch wird der Mangel nicht deshalb angesehen, weil er zu katastrophalen, existenzbedrohenden Lebensbedingungen geführt hätte - in der DDR litt die Bevölkerung nachweislich weder an Hunger noch an Obdachlosigkeit - sondern weil er zu sozialer Unzufriedenheit mit dem politischen System führte und so zum Massenexodus in den 80er Jahren beitrug. Mangel aber gibt es nicht an sich, sondern es handelt sich um einen relationalen Begriff, der stets erst noch mit konkreten historischen Inhalten gefüllt werden muß. Das Label „Mangelgesellschaft" ist aus der westlichen Perspektive der „Überflußgesellschaft" gebildet. Damit ist jedoch schon der Ausgangspunkt falsch gewählt, er hilft zu polarisieren, nicht nach kulturellen Unterschieden zu fragen. Und er läßt die kulturelle Kritik an der Konsum- bzw. Überflußgesellschaft schlicht beiseite. Der Westen wird zur bunten Folie, auf der sich die DDR in schwarz-weiß konturiert. Dies entspricht zu großen Teilen auch dem Verhalten der DDR-Bevölke7

Schlußbericht, S. 197.

12 rung, die ihre Maßstäbe und Normvorstellungen ebenfalls aus dem Vergleich mit Westdeutschland ableitete. Damit ist zwar der Ost-West-Konflikt einmal mehr als Systemunterschied in dualistischen Polen gefaßt, doch das Verständnis für eine Konsumkultur unter sozialistischen Verhältnissen bleibt dabei weitgehend auf der Strecke. Der Begriff Mangelgesellschaft zielt - selbst wenn damit bestimmte Erscheinungen treffend beschrieben werden können - an dem inneren Selbstverständnis der D D R vorbei, die sich eben nicht als Konsumgesellschaft, sondern in ihrem Werden zu einer „Kulturgesellschaft" verstand. Der Sozialismus sei „keine Messer- und Gabelfrage, sondern eine große Kulturbewegung" schrieb Rosa Luxemburg. „Die o s t d e u t s c h e G e s e l l s c h a f t war also v o n ihren O r g a n i s a t o r e n m i t politökonomischen Begründungen als eine ,Kulturgesellschaft' bestimmten Typs angelegt worden; sie sollte innere Widersprüche und negative Trends der Modernisierung, wie sie am Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Gesellschaft zu zerstören drohten, aufhalten, umkehren, vermeiden." 8 Nach Dietrich Mühlberg führte dies zu widersprüchlichen Prägungen der DDRKulturgeschichte: Einerseits sollten die negativen Trends der Moderne aufgehalten, umgekehrt oder vermieden werden - andererseits folgte die D D R den Modernisierungstendenzen, denen alle Industriegesellschaften des 20. Jahrhunderts unterlagen. 9 Soll nun die D D R in eben dieser Widersprüchlichkeit begriffen werden, bedarf es einer dialektischen Betrachtungsweise. In anthropologischer Tradition soll in dieser Arbeit die Eigenlogik der Entwicklung der Konsumtionsverhältnisse unter sozialistischen Verhältnissen untersucht werden. Ausgangspunkt ist die Frage warum sich die D D R solange halten konnte und welche Besonderheiten sich in dieser Zeit herausbildeten. Dies impliziert die Suche nicht nur nach Konflikt-, sondern auch nach Konsenspunkten zwischen Politik und Bevölkerung. Ausgangs- und Orientierungspunkt sozialistischer Politik war ein kommunistisches Ideal der Bedürfnisbefriedigung, das sich unter den Bedingungen des real existierenden Sozialismus allerdings nur partiell und fragmentarisch entfalten konnte. Der utopische Gehalt des sozialistischen Gesellschaftsideals bestimmte sich wesendich in Auseinandersetzung mit dem und Abgrenzung zum kapitalistischen Staats- und Wirtschaftsmodell. Es sollte eine Alternative zum wesdichen Wohlstandsmodell darstellen, eine „Gegenmodeme" (LAND) initiieren. Das blieb auch so, als sich im Zuge der Nachkriegsentwicklung enorme Veränderungen im Lebensstandard breiter werktätiger Schichten vollzogen. „Seinem Ursprung nach war die Gesellschaftsvorstellung der kommunistischen Bewegung eine Gegenmoderne - deutlich zu unterscheiden von vor-modem. Marktwirtschaft und Kapitalverwertung, Repräsentation und Gewaltenteilung, politische Freiheit der Person sollten ersetzt werden durch Planwirtschaft, Gewalteneinheit und soziale Gebundenheit des Individuums an politisch kon8

Dietrich Mühlberg, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der D D R , in: K a e l b l e / K o c k a / Z w a h r (Hg.): Sozialgeschichte, S. 6 2 - 9 4 , hier S. 6 9 .

9

Vgl.: M ü h l b e r g : Gegenstand, S. 2 5 f f

Einleitung

13

stituierte Gemeinschaften - Klassen- und Staatsgemeinschaften. Modernisierung sollte nicht schlechtweg ausgeschaltet werden, sondern in industriellem und wissenschaftlich-technischem Fortschritt, in der Entwicklung von Bildung, Kultur und der Familienformen eine gestaltete, gesteuerte Form annehmen. Genau da aber liegt das Gegenmoderne. An die Stelle autonomer und sich selbst organisierender Systeme tritt eine Meta-Struktur, eine durch die Partei organisierte Klassen- oder Menschengemeinschaft. Entwicklung soll beherrscht werden, aus Spontaneität soll Bewußtheit werden, Freiheit der Person wird substituiert durch die Vormundschaft der Gemeinschaft in Form der als eins agierenden Partei- und Staatsorgane." 10 Eingebunden in dieses Gesellschaftsmodell war eine bestimmte Vorstellung davon, was die Menschen für ihr Wohlbefinden brauchen, wie sie leben, wie sie konsumieren und wie sie ihre Zeit verbringen sollten. Es wird daher bei dem hier unternommenen Versuch, die sozialistische Konsumkultur zu beschreiben und zu rekonstruieren, wesentlich um das Selbstverständnis der D D R und damit um den inneren Kitt gehen, der diese Gesellschaft so viele Jahre zusammenhielt. Das verlangt, der Frage nachzugehen, worin utopische Konzepte und sozialistische Ideale bestanden haben und inwiefern sie sich in der Konsumkultur auch ausdrückten und niederschlugen. In welchem Verhältnis standen hierbei Intentionen und reale Bedingungen^ Inwiefern wurden die Ideale sozialistischer Lebensweise durch wirtschaftspolitische Strategien untermauert oder aber unterlaufend Bildeten die kulturellen Praxen der Individuen, ihre Gewohnheiten und Erfahrungen eine fruchtbare Grundlage für sozialistische Kulturkonzepte oder standen sie ihnen entgegen«?· Welche Spuren hinterließen die in den 60er Jahren massiv unternommenen Versuche, auf den Geschmack und die Bedürfnisse erzieherisch einzuwirkend Scheiterten sie an der „Eigensinnigkeit" der DDR-Bürger, die ihre Bedürfnisse mit Hilfe von Eingaben aber auch vielen kleineren Arbeitsniederlegungen und Protesten auf der Straße und in den Geschäften zum Teil lautstark artikulierten oder geriet die Parteiführung in ihren eigenen Orientierungen in einen Widerspruch zwischen proletarischen und bürgerlichen Wertvorstellungend Diese widersprüchlichen Verhältnisse genauer zu beschreiben, ist ein wichtiges Ziel der Arbeit. Dabei soll vor allem nach der Dynamik bzw. den Brüchen und Reibungen im Verhältnis von Staat und Bevölkerung gefragt werden. Diese zeigen sich sehr deutlich in einer widersprüchlichen Konsumpolitik. Hierbei standen sich in der D D R verschiedene Strategien und Tendenzen teilweise konträr gegenüber. In der vorliegenden Arbeit geht es erstens um die Analyse der Widersprüche einer ideologisch geprägten Konsumpolitik, zweitens um die Ausdifferenzierung einer homogen erscheinenden Konsumkultur und drittens um die Untersuchung der kulturellen Praxen des Erwerbs, Gebrauchs und Verbrauchs von Konsumgütem, weil sie Aufschluß über den historischen Wandel bestimmter mentaler Grundmuster und Besonderheiten geben können. Die Arbeit konzentriert sich auf die 60er Jahre, 10

Rainer Land, Unvereinbar: Avantgardismus und M o d e m i s m u s , Diskussion: Waren die Reformsozialisten verhinderte Sozialdemokraten^ Teil 1, in: Neues Deutschland v o m 2 3 . / 2 4 . 4 . 1 9 9 4 , S. 10.

14 weil nach dem Elend der Nachkriegszeit hier unübersehbar ein enormer Modernisierungsschub stattfand, der noch von der Idee des Aufbaus einer alternativen Gesellschaft ohne gravierende soziale Verwerfungen getragen war. Zugleich waren diese Jahre von einer Reihe von für die sozialistische Gesellschaft typischen Versorgungskrisen geprägt, deren Entstehungsbedingungen und Lösungsformen exemplarisch für die Widersprüchlichkeit der Konsumpolitik stehen. Daher eignet sich dieser Zeitraum besonders gut, um Grundmuster sozialistischer Konsumkultur herauszuarbeiten, wie sie zum Teil bis 1989 weiter existierten. Der Untersuchungszeitraum ist von zwei Zäsuren begrenzt: 1958 (Aufhebung der Rationierung) und 1972 (Machtwechsel Ulbricht - Honecker). Mit der Aufhebung der Rationierung 1958 nach fast zwanzig Jahren war auch symbolisch das Ende der Nachkriegszeit vollzogen. Ende der 50er Jahre funktionierte die Rationierung schon nicht mehr vordergründig als ein System der gerechten Verteilung von Mangelwaren an alle gleichermaßen Bedürftigen, sondern als Preisregulierungs- und Subventionierungssystem. Zugleich sicherte sie der Bevölkerung ein Mindestmaß an Zuteilung bestimmter Waren. Fast 20 Jahre Rationierungserfahrung haben im Konsumverhalten tiefe Spuren hinterlassen. Stärker noch als der Mangel selbst wirkten hier vor allem die der Rationierung zugeschriebenen Bilder von Gerechtigkeit, Durchschaubarkeit und Kontrollierbarkeit der Verteilung und der Anspruch auf eine gewisse Zuteilung prägend. Mit dieser Mentalität mußte die DDR-Regierung bei allen ihren konsumpolitischen Entscheidungen rechnen. Zugleich hatte der permanente Mangel sein Gegengewicht in dem, was frei verfügbar war. Der seltene Genuß, der sich in wahren Konsumorgien hedonistisch auslebte, verschaffte tiefe Befriedigung.11 Die kulturellen Praxen des Umgangs mit dem Mangel sind unerwartet vielfältig. Sie verweisen nicht nur auf Beschränkung und Genügsamkeit, den klugen Umgang mit Ressourcen, sondern mindestens ebenso stark auf Genuß und Kreativität. Bestimmte, dem Rationierungssystem entsprechende Grundprinzipien funktionierten bis zum Ende der DDR. Dabei handelt es sich zum einen um die Übertragung des Festpreissystems auf alle Waren und Konsumgüter, zum zweiten um die Subventionierung bestimmter Warengruppen, von Mieten, Dienstleistungen und öffentlichem Verkehr und zum dritten um Formen der Kontingentierung und Zuteilung von Waren, die es nicht der Kaufkraft entsprechend im Angebot gab. Doch auch die ungewollten Nebeneffekte der Rationierungswirtschaft, die Existenz eines Zwei-Klassensystems von Waren und eine vor allem im Dienstleistungsbereich ausufernde Schwarzmarkt- und Schattenwirtschaft blieben in veränderter Form bis zum Ende der DDR bestehen. Seit der Einführung der H O (staatliche Handelsorganisation) im Jahre 1948, d.h. von Läden, in denen rationierte Waren frei verkauft wurden, anfangs zu vergleichs11

Zeitzeugen berichten von Badewannen voller Bowle, von exzessiven Festessen bei der Ausgabe von großen Mengen Butter im Sommer, die nicht gelagert werden konnte und deshalb schnell gegessen werden mußte, was bei den Beteiligten zu Durchfällen führte usw.

Einleitung

15

weise h o h e n Preisen, 12 existierte neben der Rationierungswirtschaft ein zweites Verkaufssystem. Hier kauften vor allem der Mittelstand, private Unternehmer, freischaffende Intelligenz und andere besserverdienende Schichten aber auch die als Lohndrücker beschimpften Aktivisten. Damit befand sich die DDR-Konsumpolitik von Anbeginn im Widerspruch zu den eigenen Idealen, die ja auf gleichmäßige Verteilung des Wohlstandes unter alle Mitglieder der Gesellschaft zielten. Legitimiert wurde diese offensichdiche Kaufkraftabschöpfung durch Investitionen in die Industrie, die am Ende allen zugute kommen würde. Mit der Eröffnung von Exquisidäden 1962 und Delikadäden Ende der 60er Jahre wurde diese Politik fortgesetzt. Egalisierende und differenzierende Verteilungsprinzipien standen sich konträr gegenüber und zugleich ergänzten sie sich. Durch den Mauerbau 1961 wurde die DDR-Gesellschaft nach innen und außen abgeschlossen. Die Partei- und Staatsführung sah dies als einzige Möglichkeit an, die autonome Entwicklung des ösdichen Teils weiter zu betreiben. Was bedeutete dies für die Bevölkerung^ Begann sie sich in den Verhältnissen einzurichten1?· Die Sicherung und Hebung des Wohlstands der breiten Massen, war - ganz wie im Westen - das erklärte Hauptziel der Konsumpolitik der DDR in den 60er Jahren. Es ist danach zu fragen, warum dennoch Walter Ulbricht in seinen wirtschaftspolitischen Prioritäten weiterhin auf den Ausbau der Schwerindustrie setzte, und entscheidende Investitionen im Konsumgüterbereich ausblieben. Mit dem Machtantritt von Erich Honecker 1972 verabschiedete sich die Parteiführung endgültig von dem Anspruch, ein originär sozialistisches Konsummodell zu kreieren. Damit wurde das Konzept einer Gegenmoderne aufgegeben. Zwischen diesen beiden Zäsuren vollzog sich in der D D R ein enormer Modernisierungsprozeß. Waschmaschinen, Kühlschränke, Auto und Telefon, Plaste und andere neue Stoffe hielten Einzug in die Lebenswelt. In der DDR kämpfte man allenthalben um nicht mehr und nicht weniger als um das „Weltniveau". Für den Handel waren Selbstbedienung, Automatenverkauf und Kaufhalle die Schlagworte der Modernisierung in jenen Jahren. In ihnen drückte sich ein grundsätzlich neues Handelsprinzip aus: Einkaufen ohne Verkäufer. Leuchtschriften wie „Bediene Dich selbst" kündeten weithin von der neuen Mündigkeit der Käufer. Und sie ließen schon erahnen, wie es in der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft aussehen würde, in der sich „jeder nach seinen Bedürfnissen" selbst bedienen könnte. Doch blieben diese Modernisierungsversuche letzdich in einem beschränkten Rahmen. Es wurde eine Moderne der kleinen Leute, die der DDR-Gesellschaft ihren eigenen Stempel aufdrückte. Dennoch änderten sich die Bedürfnisstrukturen und die Konsumentenmentalität grundle12

Verglichen mit den Preisen für rationierte Waren. Die HO-Preise lagen andererseits unter denen des Schwarzen Marktes. Die in diesem Zusammenhang gebildeten Preise waren insofern real, als sie vom Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt wurden.

16 gend, was vor allem mit dem stattfindenden Generationswechsel zu tun hatte. Walter Ulbricht unternahm den Versuch, ein autarkes Wirtschaftssystem aufzubauen. Inwiefern blieben die westlichen Kulturen dennoch Orientierungspunkte, an denen man sich maß und rieb