Untersuchungen zum Grammatikunterricht
 3484102934, 9783484102934

Table of contents :
Vorwort
1.1. Einige vorbereitende Überlegungen zum Grammatikunterricht
1.2. Thesen für die Durchführung von Grammatikunterricht als Kompetenzerweiterung und -aktualisierung
2.1. Begründung zur Entscheidung für die gewählten Versuchsgruppen
2.2. Vorstellung der 'Versuchspersonen' (Vps)
2.3. Entscheidung für zwei Grammatikmodelle
2.4. Ziel des Grammatikunterrichts
3.0. Der Pretest
3.1. Der Pretest, Teil 1
3.1.1. Aufgabe des Pretests Teil 1
3.1.2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 1
3.1.3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 1
3.2.1. Einleitende Bemerkungen zum Pretest Teil 2
3.2.2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 2
3.2.3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 2
3.3.1. Aufgabe des Pretests Teil 3
3.3.2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 3
3.3.3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 3
3.4.1. Vorbereitende Überlegungen zum Pretest Teil 4
3.4.2. Aufgabe, Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 4
3.5. Pretest Teil 5
3.6.1. Vorbereitende Überlegungen zum Pretest Teil 6
3.6.2. Aufgabe und Durchführung des Pretests Teil 6
3.6.3. Zitate der nicht akzeptierten Erklärungen bei angekreuzter Mehrdeutigkeit
3.6.4. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 6
3.7.1. Frage nach den Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht
3.7.2. Zitate der Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht
3.7.3. Folgerungen aus den Antworten der Vps
4.0. Die Unterrichtsreihe
4.1. Vorbereitung auf den Grammatikunterricht
4.2. Wortkategorisierung
4.3. Der Satz
4.3.1. Formationsregeln
4.3.2. Subkategorisierung
4.3.3. Das Tempus
4.3.4. Die Kasus
4.3.5. Das Passiv
4.3.6. Syntagmatische und paradigmatische Relation
4.3.7. Zwischenbemerkung
4.3.8. Der Relativsatz
4.3.9. Der daß-Satz
4.3.10. Zwischenbemerkung
5.0. Der Posttest
5.1 . Posttest Teil 1
5.2. Posttest Teil 2
5.3. Posttest Teil 3
5.4. Posttest Teil 4
5.5. Posttest Teil 5
5.6. Posttest Teil 6
5.7. Frage nach den Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht
6. Schlußbemerkung
7.1 . Bibliographie
7.2. Verzeichnis der Abkürzungen

Citation preview

Linguistische Arbeiten

56

Herausgegeben von Herbert E, Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Ursula Döhmann

Untersuchungen zum Grammatikunterricht

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1977

CIP-Kurztitelaufnähme der Deutschen Bibliothek Döhmann, Ursula Untersuchungen zum Grammatikunterricht. - 1. Aufl. - Tübingen : Niemeyer, 1977. (Linguistische Arbeiten ; 56) ISBN 3-484-10293-4

ISBN 3-484-10293-4

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1977 Alle Hechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis Vorwort

1. 1.

Einige vorbereitende Überlegungen zum Grammatikunterricht Thesen für die Durchführung von Grairanatikunterricht als Kompetenzerweiterung und -aktualisierung Begründung zur Entscheidung für die gewählten Versuchsgruppen Vorstellung der 1 Versuchspersonen 1 (Vps)

1. 2. 2. 1. 2. 2. 2. 3.

Entscheidung für zwei Grammatikmodelle

2.4. 3. 0. 3. 1, 3. 1 . 1

Z iel des Grairanatikunterricht s Der Pretest Der Pretest, Teil 1 . Aufgabe des Pretests Teil 1

3. 1. 2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 1

3. 3. 3. 3. 3.

1. 2. 2. 2. 3.

3. 1. 2. 3. 1.

VII

1 7 8 9 11

12 13 13 13 14

Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 1 . . . 2 1 Einleitende Bemerkungen zum Pretest Teil 2 22 Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 2 22 Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 2 . . . 25 Aufgabe des Pretests Teil 3 25

3. 3. 2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 3

25

3. 3. 3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 3 . . . 3 3 3. 4. 1, Vorbereitende Überlegungen zum Pretest Teil 4 34 3. 4. 2. Aufgabe, Durchführung und Ergebnisse des Pretests

34

Teil 4 3. 5,

Pretest Teil 5

35

3. 6. 1. Vorbereitende Überlegungen zum Pretest Teil 6 36 3. 6. 2. Aufgabe und Durchführung des Pretests Teil 6 36 3, 6. 3. Zitate der nicht akzeptierten Erklärungen bei angekreuzter Mehrdeutigkeit 37 3. 6. 4. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 6 . . . 4 1 3. 7. 1. Frage nach den Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht 42 3. 7. 2. Zitate der Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht 43 3. 7. 3. Folgerungen aus den Antworten der Vps 46

VI

4 . O. 4. 1 .

Die Unterrichtsreihe Vorbereitung auf den Grammatikunterricht

47 47

4. 2.

Wortkategorisierung

50

4. 3. 4. 3. 1.

Der Satz Formationsregeln

4. 3. 2 .

Subkategorisierung

59

4. 3. 3. 4. 3. 4 .

Das Tempus Die Kasus

62 69

55 ...59

4. 3. 5. Das Passiv 4. 3. 6. Syntagmatische und paradigmatische Relation 4. 3. 6. 1. Darstellung der syntagmatischen Relation

71 76 76

4. 3. 6. 2. Darstellung der paradigmatischen Relation

78

4. 4. 4. 4. 4.

79 82 82 86 89

3. 6. 3. Koordination in SG und VG (Nebenordnung) 3. 7 . Zwischenbemerkung 3. 8. Der Relativsatz 3. 9. Der daß-Satz 3.1O. Zwischenbemerkung

5. 0. 5. 1. 5. 2.

Der Posttest Posttest Teil 1 Posttest Teil 2

9O 90 97

5. 3. 5. 4.

Posttest Teil 3 Posttest Teil 4

100 1O5

5. 5. 5. 6. 5. 7.

Posttest Teil 5 1O7 Posttest Teil 6 108 Frage nach den Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht

115

6.

Schlußbemerkung

123

7. 1 . 7. 2 .

Bibliographie Verzeichnis der Abkürzungen

127 132

Vorwort Das Erlernen einer ersten Grammatiktheorie bei meinem Deutschlehrer, Stud. Dir. Bernhard Gottschalk,hat mich zur Beschäftigung mit neueren linguistischen Theorien bei Prof. Dr. Heinz Vater, Universität Köln, geführt. Diesem verdanke ich die Anregung zu der Arbeit, und seinem Assistenten, Dr. H. K n i f f k a / i h r e Relativierung. Das Berufsförderungswerk Michaelshoven, sein Leiter der Ausbildung Peter Zschiesche und seine Rehabilitanden ermöglichten ihre Durchführung. Meine Freunde Anette Budde, Dr. Friedrich Holst, ErnstOtto Rohwold, Dipl. Volkswirt Erny Wehrfritz u. a. schenkten mir den Spaß an der Sache.

, Martha Wilmes

Ich danke ihnen allen herzlich. Köln, Mai 1977

U. D.

1 . 1 . Einige vorbereitende Überlegungen zum Granimatikunterricht Für GRÜNERT stehen die Gebiete der reinen Sprachwissenschaft und der angewandten Sprachwissenschaft in einer dialektischen Beziehung zueinander: Eine linguistische Theorie geht in die Sprachpädagogik

ein.

Die Sprachpädagogik

Linguistik Impulse zur Modifikation Theorie. Die innovierte Theorie zurückwirken.

gibt der

und Erveiterung ihrer

wird

auf den Sprachunterricht

(Grünert 1 9 7 2 , 1 9 6 )

Wenn man von einer solchen Beziehung heute noch nicht selbstverständlich ausgehen kann, dann doch von einer einseitigen Abhängigkeit der angewandten

Sprachwissenschaft

von den Fortschritten der reinen Sprachwissenschaft.

Anderer-

seits darf der Grammatikunterricht (als Teilgebiet der angewandten Sprachwissenschaft) nicht als Spiegel der reinen Sprachwissenschaft gesehen werden, denn er ist

beeinflußt

von unterschiedlichen, sich wandelnden Bildungszielen des Unterrichts, ganz abgesehen von der Notwendigkeit, wissenschaftliche Theorien pädagogischen Erfordernissen

gemäß

umzuformen. Für die Durchführung von Grammatikunterricht werden recht unterschiedliche Begründungen angegeben: Sei es, daß er aus traditioneller Verpflichtung beibehalten wird, ohne daß die Frage nach dem Warum reflektiert würde, daß er dem Dienst der Rechtschreibe- und Zeichensetzungsnormen unterstellt wird oder daß er als Erleichterung für das Erlernen von Fremdsprachen eingesetzt wird, zuweilen auch als Hilfsmittel zur Literaturbzw. Textbetrachtung. Anderen geht es beim Grammatikunterricht um ein Erkennen und Verstehen der Struktur der Sprache (Kompetenz) oder um einen differenzierten Gebrauch der Sprache ( P e r f o r m a n z ) .

Schließlich sieht man ihn als Bestandteil kompensatorischer Erziehung an, also im weiteren Sinne als Mittel zum Gesellschaftsverständnis und zur Gesellschaftsveränderung. Während in den 6Oer Jahren der Grammatikunterricht in seiner Notwendigkeit kaum bestritten wurde - die Frage war vielmehr, inwieweit neuere Theorien diesem Unterricht förderlich sindso weitete sich die Diskussion seit Anfang der 7Oer Jahre dahingehend aus, ob Grammatikunterricht mit seinen bisher dargebotenen Inhalten überhaupt ein sinnvoller Bestandteil des Unterrichtsangebots ist. Ein Beispiel für die Diskussion um das Problem des Grammatikunterrichts immatikunterrichts in den 70er Jal· Jahren bietet die Auseinandersetzung HERINGER/WUNDERLICH,1 HERINGER geht bei seiner Argumentation vom CHOMSKYschen Kompetenzbegriff aus. Er nimmt eine "enge Verwandtschaft" zwischen der sprachlichen und einer "sozialen Kompetenz" an. Unter "sozialer Kompetenz" versteht er das, was man wissen und glauben muß, um sich in allen Situationen einer sozialen Gruppe so zu verhalten^ daß man nicht auffällt. (Heringer 197Oa, 3) HERINGER folgert aus der "teilweisen Isomorphie" von sprachlicher und sozialer Kompetenz, daß Kinder aus verschiedenen sozialen Schichten verschiedene sprachliche Kompetenz haben. Ziel des Grammatikunterrichts soll es deshalb sein, für möglichst alle Kinder die Beherrschung einer ähnlich weiten Kompetenz zu erreichen.(Heringer 1970a, 3)

HERINGER. 197Oa). Darauf WUNDERLICHS Aufsatz: Eine Warnung vor den perfekten Unterrichtsmodellen. Am Beispiel Heringer. 1970b). Darauf HERINGERS Entgegnung: Gegen die Schnelligkeit 1970b).

WUNDERLICH bezweifelt einen wesentlichen Unterschied sprachlicher Kompetenz zwischen gesellschaftlichen Schichten, sofern

man darunter (unter Kompetenz)einen passiven

Sprachbesitz versteht, der die Erkenntnis der syntaktischen (und eventuell semantischen) Struktur von Äußerungen ermöglicht (Wunderlich 197Ob, 298; Hervorhebung nicht im Original) und in die Definition sprachlicher Kompetenz nicht das vom Sprecher während seiner Reifeentwicklung

internalisierte

System von Fähigkeiten, sich sprachlich zu verständigen (Wunderlich 197Oa, 10) einbezieht, das den aktiven Sprachbesitz bestimmt und abhängt von der Art der primären Sozial- und Rollenbeziehungen, in denen die Sprache erlernt wird, und damit auch vom Rollenverständnis, das ein Sprecher besitzt, wenn er spricht. (Wunderlich 1970b, 2 9 9 ) WUNDERLICH erweitert also im Gegensatz zu CHOMSKYschen Kompetenzbegriff um den Bereich Verwendungen des Sprachbesitzes" (Wunderlich Es ist wichtig, daß

HERINGER den der "aktiven 197Ob, 2 9 9 ) . dieser Begriff

nicht mit Performanz gleichgesetzt wird. WUNDERLICH bezieht sich hier nicht auf konkrete Äußerungen mit all den Zufälligkeiten, die sie mitbestimmen, sondern auf die Fähigkeit, in bestimmten Situationen bestimmte Äußerungen zu vollziehen. Die kommunikative Kompetenz WUNDERLICHS setzt sich demnach aus dem passiven sowie aktiven Sprachbesitz zusammen. Ziel des Deutschunterrichts ist für WUNDERLICH die Erweiterung des aktiven Sprachbesitzes, damit der Schüler neue Kommunikationssituationen bewältigt und sich in ihren Zusammenhängen bewußt machen kann. (Wunderlich"! 970b, 2 9 9 )

WUNDERLICHS Methode: Schulung der kommunikativen Kompetenz, besonders des aktiven Sprachgebrauchs,im Hinblick auf

den Argumentationszusammenhang, die Kausal- und Zeit-

struktur, die Formen der Redeerwähnung, der Redeeinleitung ( . . . ) , kurz all diejenigen Formen, die für ihn die pragmatische Komponente der Kompetenz ausmachen. (Wunderlich 1970b, 302) HERINGERS Methode: Kompetenz Schulung, d. h. Bewußtmachung der System- und Regelhaftigkeit der Sprache, Ermöglichen einer theoretischen Haltung zur Sprache. Es wäre sicherlich interessant, WUNDERLICHS Vorschläge in die Praxis umzusetzen, in diesem Zusammenhang besonders deshalb, um festzustellen, ob ein unterschiedliches Niveau grammatischer Grundkenntnisse auch hier zu unterschiedlichen Ergebnissen des Unterrichts f ü h r t . Es stellt sich demnach die Frage: Gehen diejenigen, die eine Abschaffung des reinen Grammatikunterrichts zugunsten der Bearbeitung sprachlich relevanterer Bereiche verlangen, nicht zu sehr von den Erfahrungen mit Kindern solcher Schichten aus,

deren Kompetenz eben keiner besonderen Förderung mehr

bedarf? S i n d C . . . ) das Paraphrasieren von Einzelsätzen und von ganzen Textstücken, die Umwandlung komplexer Sätze in einfache

Satzfolgen,

die Reduktion eines Textes auf seine

wesentlichen Aussagen, die Erweiterung von Texten,

die Um-

wandlung eines Dialogs in einen Text in direkter Rede (Wunderlich 197Ob, 3O2) nicht solchen Schülern leichter möglich, deren aktive und passive Kompetenz (stärker) ausgebildet

ist,

so daß ein solcher Unterricht diese bevorteilen würde; benötigen aber die anderen nicht das Einüben

von Regeln

und auch

grammatischen Regeln, um im kommunikativen Unterricht das mitzuvollziehen, was bereits Bevorteilte spielend erledigen werden?

Ein Beispiel soll verdeutlichen, was gemeint ist: Beim folgenden Zitat achte man auf die Syntax: Für die Soziolinguistik ist wichtig, daß die Handlungsrolle, die jemand für sich und reziprok für seine Partner antizipieren und auf ihre Voraussetzungen hin befragen

kann,

bedingt sind durch den Kontext seiner individuellen 2 Sozialisation. In diesem Satz stimmen Numerus des Subjekts und des Verbs nicht überein, es handelt sich um eine Abweichung im Bereich der Syntax. Aufgrund des einmaligen Auftretens einer solchen Abweichung in WUNDERLICHS Aufsätzen und aufgrund des Wissens um das sprachliche Niveau des Autors wird jeder Leser des zitierten Satzes mit großer Sicherheit sagen, daß diese Abweichung eine typische Erscheinung der Performanz ist, die eben von Unaufmerksamkeit, Müdigkeit ... nicht unabhängig ist. Niemand würde behaupten, diese Abweichung sei ein Zeichen d a f ü r , daß Wunderlich Mängel oder Lücken in seiner (passiven) Kompetenz aufweise! Auch beim folgenden Zitat achte man auf die Syntax: Morgens um 8 habe ich in meinem Salon Haare geschnitten. Beispielhaft für den Beruf des Friseurs ist, daß das ein Abwecklungsreicher Beruf ist. Es gibt nämlich sehr viele feinheiten in Kunden und Arbeit. Es ist sehr schwer einen Kunden zufriedenzustellen, flicht nur die Herren sondern auch bei den Damen, zwar sind sie nicht so anspruchsvoll aber es gibt dort auch Unterschiede ob ich jungen oder ältere Damen bedienen. Aber das schönste an dem Beruf ist, wenn die Kunden wieder kommen und sagen 'meine Frau oder mein Mann1 hat es sehr gut gefallen. richtig spaß an der ganzen Arbeit.

2

Dann bekommt man erst

WUNDERLICH 1971. In: KLEIN/WUNDERLICH 1971, 312. Hervorhebung nicht im Original. HARALD K. Gruppe II (siehe Aufstellung S . 9 ds. Arbeit) Hervorhebung nicht im Original.

Neben anderen Abweichungen findet sich eine, die durch Hervorhebung gekennzeichnet wurde: Numerus des Subjekts und des Verbs stimmen in diesem Nebensatz nicht überein, es handelt sich um eine Abweichung im Bereich der Syntax, um die gleiche Abweichnung, die auch in Wunderlichs Text vorliegt. Der große Unterschied zwischen beiden Texten liegt jedoch darin, daß im Text von HARALD K. Abweichungen der unterschiedlichsten Art: aus den Bereichen der Rechtschreibung, Zeichensetzung, Syntax und Semantik, auftreten. Solche und ähnliche Abweichungen finden sich in seinen Arbeiten - und nicht nur in seinen - regelmäßig. Während man also die Abweichung in WUNDERLICH's Text eindeutig dem Bereich der Performanz zuordnen kann, so ist eine Zuordnung der Abweichungen in Harald K . ' s Text allein zu diesem Bereich problematisch. Es entsteht die Frage, wie man diese Abweichungen nun eindeutig einer mangelnden oder lückenhaften aktiven oder einer passiven Kompetenz zuschreiben soll. Eine derartige Trennung ist angesichts der Erscheinungen im Text nur schwer nachvollziehbar. Aktive wie passive Kompetenz mögen sich theoretisch zwar unterscheiden lassen,sie verbinden sich jedoch untrennbar im Sprachvollzug. Psycholinguistische Untersuchungen zeigten, daß bei der Erstellung von Sätzen nicht unbedingt auf ein internalisiertes Regelsystem (Kompetenz) zurückgegriffen wird, sondern daß mehrere Strategien verwendet werden. Einige dieser Strategien bestehen aus der Übernahme verkürzter grammatischer Strukturierungen, die nach der Häufigkeit ihres Vorkommens ausgewählt werden. Die Strategien bleiben jedoch in sich zusammenhanglos. Oberflächenstrukturen wirken zwar vielfach bestimmend, diese stehen aber nicht in Ableitungsbeziehungen zu einem "epistomogical system". Von daher sind auch Zweifel an einem abstrakten Epizentrum Sprache angebracht, auf das sich alle Formen des Sprachverhaltens beziehen. (VGl. besonders HEESCHEN 1973) .

Aus diesen Überlegungen heraus kann auch von einer richtigen Dekodierung nicht unbedingt auf das Vorhandensein eines ausgebildeten internen Regelsystems geschlossen werden, und die Vermutung liegt nahe, daß Schwierigkeiten bei der Konstruktion sowie Dekodierung von Sätzen nicht nur Performanzfaktoren zuzuschreiben sind, sondern mangelndem Vertrautsein mit zugrundeliegenden Regeln der eigenen Sprache, was ein Ausweichen auf andere oben beschriebene Strategien zur Folge hat, wodurch dann Sätze entstehen können, die dem Regelsystem der Sprache nicht entsprechen. Ich meine nun, daß durch eine Schulung des Regelsystems der Sprache für die VPs die Möglichkeit besteht, auf derartige "Hilfsstrategien" verzichten zu können, was ihnen die Konstruktion von Sätzen ermöglichen müßte, die von Dritten einwandfrei dekodierbar wären. 1. 2. Thesen für die Durchführung von Grammatikunterricht als Kompetenzerweiterung und -aktualisierung. Die in diesem Zusammenhang formulierten Fragen und Probleme implizieren folgende Thesen: 1. Angehörige niederer sozialer Schichten können Mängel bzw. Lücken in ihrer passiven sowie aktiven Kompetenz haben. Dieser These steht die Annahme WUNDERLICHS entgegen, der (schichtenspezifische)

Unterschiede in der aktiven Kompetenz

vermutet: Die Unterschiede ergeben sich im wesentlichen aus den aktiven Verwendungen des Sprachbesitzes(...)· (Wunderlich! 970b, 2 9 9 ) 2. Diese Mängel sind zu beheben, indem über ein Bewußtmachen der System- und Regelhaftigkeit

der Sprache die

(passive)

Kompetenz erweitert und aktualisiert wird. 3. Grammatikunterricht, der die System- und Regelhaftigkeit der Sprache bewußt macht, f ü h r t zur Erweiterung und Aktualisierung der passiver) Kompetenz.

8

Um festzustellen, ob unterschiedliche Grammatikmodelle Einfluß auf den Grad der Aktualisierbarkeit der Kompetenz haben, werden zwei verschiedene Grammatikmodelle angewendet. So besteht die Möglichkeit,

Unterschiede in den Ergebnissen auf die

Qualität der Grammatikmodelle zurückzuführen, wenn der Pretest bzgl. der grammatischen Vorkenntnisse keine Unterschiede in den Gruppen

aufzeigt.

2. 1. Begründung zur Entscheidung für die gewählten Versuchsgruppen . Die Schwierigkeiten bei der Erforschung der Wirkung des Grammatikunterrichts bei Angehörigen niederer sozialer Schichten liegt m. E. 1. an der sozialen Inhomogenität der Schulklassen, die als Versuchsgruppen herangezogen werden. Meist beschränken sich die Arbeiten zur schichtenspezifischen Sprache von Gymnasialschülern auf das Feststellen einer kleineren Gruppe von Arbeiterkindern und deren unterschiedliche Sprechweise im Vergleich zur größeren Gruppe, die sozial höheren Schichten angehört. Man bleibt hier also oft

im vorbereitenden Raum

stecken. 2. An der Wahl des Schultyps. An Grundschulen sind Untersuchungen dieser Art wegen der großen Anzahl zu kontrollierender Variablen nur schwer exakt durchführbar (z. B. breite Schichtstreuung) . An Gymnasien, dem Ort der am häufigsten durchgeführten Untersuchungen, bilden Unterschichtzugehörige auch heute noch den kleineren Anteil der Schüler, und dieser stellt, da er den Sprung zum Gymnasium erreicht hat, bereits eine Auswahl unter den UnterSchichtzugehörigen dar. Aufgrund dessen kommt es zu nur schwer verallgemeinbaren Ergebnissen. 3. An der altersmäßigen Zusammensetzung der Versuchspersonen. Die Untersuchungen bei Schulkindern scheitern häufig an der Notwendigkeit didaktischer Aufbereitung des Unterrichtsstoffes in recht kleine Schritte, so daß ein systematischer Grammatikunterricht sieh über Jahre hinziehen kann, was das überprüfen der Unterrichtsergebnisse

wegen praktischer Schwierigkeiten

(zu große Klassen, häufiger Lehrerwechsel u s w . ) erschwert.

2. 2. Vorstellung der "Versuchspersonen"(Vps) Infolge dieser Überlegungen wurde die U n t e r s u c h u n g weder am Gymnasium noch an einer Grund- oder I l a u p t s c h u l e durchgeführt,

sondern an einer I n s t i t u t i o n der Erwachsenen-

bildung, dem Berufsförderungswerk Michaelshoven. Es handelt sich bei den Vps mit einer Ausnahme

(Gruppe I I , V p B)

um gelernte Handwerker mit abgeschlossener Volksschul- und Berufsschulbildung, die

im Rahmen der vom Arbeitsamt einge-

leiteten und von der Kirche getragenen U m s c h u l u n g auf k a u f mannische Berufe 1 1/2 Jahre lang 5 W o c h e n s t u n d e n Deutschunterricht erhalten sollen. Beide Gruppen stammen aus Parallelklassen, die nur unwesentlich größer sind als die Gruppen selbst.

GBUPPE I

GRUPPE

Vp

II

Vp

1

LOTHAR B.

2 5 4 5 6 7 9 10 11

RUDOLF B. WILLI D. WALTEE F. INGHID H. OTHAH L. MARIANNE L. SIEGFRIED M. UKSULA M. WALTRAUD P. FRIEDRICH P.

12 15

DIETMAR SCH. OTTO SCH.

Waldfacharbeiter

1*

ERWIN SCH.

Werkzeugmacher

15 16

HEINRICH S. EWALD T.

17 1 19 20

JÜRGEH T. WALTER V. GÜNTER W. EDUARD Z.

Bäcker Kfz. -Schlosser Friseur

1 2 5 4

Fotograf

HUBERT G. ROLAND G. ARNOLD H. PAUL H.

Vorzeichner· Kraftfahrer Dreher Schreiner Maschinenbauer Bauflchlosser Maschinenschlosser Arbei ter Bohrwerkdreher Friseur K f z . -Mechaniker

Verkäuferin Metzger Verkäuferin Bäcker Runs ta top ferin Friseuse

5 6 7 8 9 10

Hauer Installateur

11

RUDI L.

1? 1? 14

PETER-F. L. HANS L. FRANZ-J. M.

Stahlbauschlosser

15 16

KLAUS N. SIEGFRIED R.

Automatendreher Gemeindearbeiter

17

EKKEHASD SCH.

Betriebsschlosser

1

UDO SCH.

19 20

RUDOLF S. JOSEF W.

Brauer-Mälzer Maschinenschlosser

Bäcker Maschinenschlosser Elektroinstallateur Former Verkäufer K f z . -Handwerker

Durchschnittsalter: 32 Jahre

HELMUT H. GERHARD H. ALEXANDER J. GÜNTER J. ROLF K. HARALD K.

Dreher San. Installateur

Friseur

Durchschnittsalter: 33 Jahre

10

Die restlichen 4 Umschüler der Klassen konnten aus verschiedenen Gründen nicht oder nicht regelmäßig am Versuch teilnehmen. Eine Versuchsperson hatte als Umschulungsgrund Epilepsie. Wegen einer hohen Dosis von Medikamenteneinnahmen waren ihre Möglichkeiten der konzentrierten Mitarbeit eingeschränkt. Zwei weitere Vps konnten den Unterricht wegen ihrer Krankheit nicht regelmäßig besuchen. Die vierte Vp wies eine höhere Schulbildung als die anderen auf bildung).

(abgebrochene Gymnasial-

11

2. 3. Entscheidung für

zwei Grammatikmodellc

Die Gruppe I soll mit der GTG bekanntgemacht werden. Grundlage h j e r f ü r ist

das Buch: E i n f ü h r u n g in die generative 1970 ( 3 1 9 7 3 ) .

Transformationsgrammatik.

(BCTW).

Die Gruppe II soll G r a m m a t i k u n t e r r i c h t in traditioneller Form erhalten. Grundlage h i e r f ü r

sind:

2

1. Duden-Grammatik 1 9 5 6 ( 1 9 6 6 ) 2. SÜTTERLIN. 19OO ( 3 1 9 1 0 ) : Deutsche Sprache der Gegenwart. Es ging bei der Auswahl der Bücher hauptsächlich darum, Darstellungen

zu wählen, in denen die jeweilige Sprachtheorie

relativ rein erhalten blieb, weniger um ihren Aspekt. Die Bücher dienen als

didaktischen

sprachtheoretische Vorlage, nach

der die einzelnen U n t e r r i c h t s e i n h e i t e n , die im weiteren Verlauf der Arbeit dargestellt sind, aufbereitet werden. Die Vps wurden also nicht direkt mit diesen Werken k o n f r o n t i e r t . Nach den heutigen Studienbedingungen ist

es nicht unbedingt

gewährleistet, daß alle k ü n f t i g e n Deutschlehrer sich neuerer Grammatikmodelle bedienen können. Sie werden also mit der überwiegenden A n z a h l der Deutschlehrer, die vor allem wegen ihres Alters seit langem das traditionelle Grammatikmodell lehren, den Grammatikunterricht nach dieser Methode weiterführen. Solange nicht Nachteile in der Wirkung gegenüber neueren Modellen nachgewiesen werden, ist

eine

Motivation zum Lernen und Umlernen sehr gering. Um Vor- und Nachteile neuerer und älterer Grammatikmodelle f e s t z u s t e l l e n ,

soll in der Gruppe I ein Grammatik-

Unterricht nach einer neueren Grammatiktheorie - der GTG versucht werden, zumal Berichte über einen abgeschlossenen, konsequent durchgeführten ersten Grammatikunterricht und dessen Ergebnisse nicht vorliegen. Mit erstem Grammatikunterricht wird die D i f f e r e n z zwischen diesem und dem Oberstufen-Grammatikunterricht

betont, der mehr einem

linguistischen Propädeutikum gleicht

und ganz andere

Ziele als der geläufige erste Grammatikunterricht verfolgt.

12

2. 4.

Ziel des Grammatikunterrichts

Mit dem Unterricht soll erreicht werden,daß sich die Vps der System- und Regelhaftigkeit ihrer Sprache bewußt werden. Mit Hilfe einer Durchgliederung der Sprache soll diese für die Vps überschaubar werden, und damit soll ihnen die Fremdartigkeit ihrer eigenen Sprache genommen werden. Sie sollen besser mit ihr umgehen lernen, indem sie ihre Struktur erkennen. Dies soll der Grammatikunterricht als Hauptaufgabe leisten. Es soll nicht darauf ankommen, daß die Vpn ein. Grammatikmodell in wissenschaftlich reiner Form beterrschen lernen. Es ergab sich bei den Überlegungen zum Grammatikunterricht ein weiteres Problem: Wenn er sich allein auf die deskriptive Ebene beschränkt, so muß in Kauf genommen werden, daß es bei den häufigen Normübertretungen bzgl. der Rechtschreibung und Zeichensetzung bleibt. Der Leser des Textes von HARALD K. wird jedoch gemerkt haben, wie schwer es ist, von solchen "Fehlern" abzusehen, wie sehr sie befremden und vom Inhalt des Textes ablenken, so sehr man sich auch ihrer Bedeutungslosigkeit vom Gesichtspunkt des Verstehens einer Sprache her bewußt ist. Soweit nun gewisse Rechtschreiberegeln aus der Struktur der Sprache erklärbar sind, sollen sie in den Unterricht aufgenommen werden. Diese normativen Regeln sollen jedoch streng von den deskriptiven abgehoben werden, um die Vps den Unterschied zwischen normativer und deskriptiver Sprachbetrachtung erkennen zu lassen. Es erschien mir verantwortungslos, wegen einer wissenschaftlichen Forderung nach rein deskriptiver Sprachbetrachtung die Vps mit ihren horrenden Unsicherheiten bei Rechtschreibung und Zeichensetzung völlig allein zu lassen.

13

3. 0.

Der Pretest

Dem Grammatikunterricht

geht ein Pretest voran.

Aufgaben des Pretests sind: 1. Vergleichsdaten für den Posttest zu liefern, 2. den Stand der Grammatikkenntnisse der Vps zu erfahren, um diese in der Unterrichtsreihe zu berücksichtigen. Der Pretest setzt sich aus sechs Teilen zusammen. Seine Ergebnisse werden absichtlich ausführlich dargestellt;

denn

das Wissen um Grammatikkenntnisse bei erwachsenen Menschen bestimmter sozialer Schichten gehört m. E. mit zu dem Material,über das man bei Überlegungen zum Grammatikunterricht verfügen sollte. Um den Vps die Angst vor einer Beurteilung der Testergebnisse zu nehmen, wurde ihnen angeboten, die Bögen nicht mit dem eigenen Namen, sondern mit einem Zeichen zu versehen. Die Handschrift ermöglichte bei allen, die ein Zeichen verwendet hatten, eine Zuordnung der Arbeiten zu den einzelnen Gruppenmitgliedern, ohne daß ihnen dadurch ein Nachteil entstanden wäre. 3. 1.

Pretest Teil 1

3. 1. 1. Aufgabe des Pretests Teil 1 Es soll festgestellt werden: a) Kennen die Vps bereits grammatische Bezeichnungen zur Kategorisierung der Wortarten

im Satz?

b) Werden Wörter gleicher Wortart gleich bezeichnet? c) Welcher Art sind die grammatischen Bezeichnungen? d) Was läßt sich aus den verwendeten Bezeichnungen schließen?

3. 1. 2. D u r c h f ü h r u n g und Ergebnisse des Pretests Teil 1 Die Vps sollen die Frage beantworten: Wie bezeichnet man folgende Wörter in der Grammatik? Es waren drei Sätze gegeben, zuerst jeweils horizontal als Satz geschrieben, dann vertikal in einzelne Wörter a u f gelistet: 1. Der Schlosser arbeitet. 2. Die Abteilung fertigt S. Er spaziert

Maschinenteile.

im Wald.

Zur Beantwortung der Frage wurden l O Minuten Zeit gegeben, so daß keine Auslassungen aus Zeitmangel möglich waren. a) Zur Frage, ob grammatische Bezeichnungen bekannt sind: Hier geht es allein darum, ob grammatische Bezeichnungen, welcher Art auch immer, gleich o b ' r i c h t i g ' o d e r ' f a l s c h 1 , verwendet wurden, sie mußten nur als solche noch erkennbar sein,

Fußnoten Tabelle 1 1 Zitate von Vps werden in Anführungsstriche gesetzt und mit allen orthografischen Besonderheiten wiedergegeben. der = "sächlich-männlich"; die - "sächlich-weiblich". 2 spaziert = "er spaziert durch den Wald" 3 Die Vp 19 bezeichnet er mit "Vorwort". Es ist sehr wahrscheinlich, daß sie damit Fürwort meint, so daß diese Antwort als grammatische Bezeichnung gewertet wurde. 4 Vp 15: im = "Wald ist es schön", also keine grammatische Bezeichnung.

15

Tabelle 1 eine

keine Nennung

Artikel

von allen Vps benannt

0

von 1 Vpe benannt von Vp 5 nicht benannt von Vp 19 nicht eindeutig benannt

Substantive Schlosser

von allen Vps benannt

0

vor. von von von von von von von

19 Vpe benannt Vp 10 nicht Genannt 18 Vp6 benannt Vp 5, 10 nicht benannt "'S Vps benannt Vp 8, 1 nicht benannt 19 Vpa benannt Vp 10 nicht benannt

von von von von von von

19 Vpe benannt Vp 8 nicht benannt 19 Vpe benannt Vp 8 nicht benannt 19 Vps benannt Vp 8 nicht benannt

Abteilung

von 18 Vpa benannt von Vp 1?, 16 nicht benannt 1

Wald

von Vp 12 nicht benannt von 18 Vpe benannt von Vp 5. 6 nicht benannt

Verben arbeitet

von allen Vps benannt

0

fertigt

von allen Vps benannt

0

spaziert

Pronomen Präposition

von 18 Vpe benannt von Vp 6 nicht benannt von Vp 15 nicht mit einer grammatischen Bezeichnung benannt von 13 Vpa benannt von Vp 6, 19 nicht benannt von 7 Vpe benannt von Vp 1, 2, 3, 6, 11, 1?, 16, 17, 1 , 19, 20 nicht benannt von 1 Vp nicht mit einer gram. matiRchan Bezeichnung benannt4

2

?

15

1

'

'

'

von 17 Vps benannt von Vp 5» in» 15 n i c h t benannt von 1 } Vpe benannt von Vp *, >, 7, 8, 10, 1% 16 nicht benannt

2?

Die Frage, ob die Vps grammatische Bezeichnungen kennen, kann in Hinblick auf die häufig vorkommenden Kategorien wie Substantiv/ Verb und Artikel

mit j_a beantwortet werden.

Schwierigkeiten bereitete die Verbindung aus Präsposition und Artikel im. Die Vps sind also irgenwann einmal mit grammatischen Bezeichnungen konfrontiert worden, sie wissen im allgemeinen, was mit grammatischer Bezeichnung gemeint

ist.

b) Werden Wörter gleicher Wortart gleich bezeichnet? Wenn die Vps die Funktion grammatischer Bezeichnungen verstünden, so müßten sie Wörter gleicher Wortart auch mit gleichen (wenn auch nicht unbedingt 'richtigen1) grammatischen Bezeichnungen versehen; sie müßten weiterhin dann, wenn

sie

ein Wort als zu einer bestimmten Wortart zugehörig erkannt haben, ein anderes Wort gleicher Wortart auch als ein solches erkennen.

16

Die Frage wird in diesem Sinne untergliedert in: b.: Wurden Wörter gleicher Wortart und nur diese mit denselben grammatischen Bezeichnungen versehen? b~ : Wurden bei einer erkannten Wortart alle im Test vorkommenden Wörter als zu dieser Wortart zugehörig benannt? Tabelle 2 b 1 t r i f f t nicht zu: Gruppe I: bei 8 Vps: Vp 1, 3: der, die, er = "Artikel" 12,1?: der, die, er = "Geschlechtswort" 5: Schlosser = "Hauptwort" Abteilung = "Satzgegenstand" 15: Schlosser ä "Substantiv" Wald = "Wir gehen im Wald" 6: arbeitet = "Zeitwort" fertigt = "Tätigkeitswort" 12: arbeitet = "Tätigkeitswort" fertigt = "Artikel" der, die = "Geschlechtswort" 15: arbeitet = "Verb" spaziert = "er spaziert durch den Wald" 17: arbeitet = "Eigenschaftswort" fertigt = "Tätigkeitswort" 20: arbeitet = "Tätigkeitswort" spaziert = "Eigenschaftswort" Gruppe II: bei 5 Vps: " Vp 3: der, die, er 20,6: der, die, er 14: der, die

er 19: arbeitet fertigt, spaziert,! •im ·* im

= "pers. Fürwort" = "Geschlechtswort" = "Geschlechtswort"

= "unbestimmtes Geschlechtswort" = "Zeitwort" "Eigenschaftswort"

1 Es ist nicht eindeutig festzustellen, ob die Vp weiß, daß dies 2 verschiedene gebräuchliche Bezeichnungen für dieselbe Kategorie sind, oder ob sie die Verben 2 verschiedenen Kategorien zuordnen möchte. 2 Eine Scheidung des Pronomens von den Artikeln wurde hier angedeutet.

17

Fast die Hälfte aller Vps der Gruppe I und 1/4 der Gruppe II versehen entweder Wörter gleicher Wortart mit verschiedenen grammatischen Bezeichnungen oder Wörter verschiedener Wortarten mit denselben grammatischen Bezeichnungen. Die geringere Anzahl derartiger Fehlzuordnungen bei Gruppe II korreliert mit der größeren Quantität nicht bezeichneter Wörter, wenn man die Kategorie Pronomen unberücksichtigt läßt, bei der in Gruppe II zwar mehr Benennungen erscheinen, jedoch auch mehr Fehlzuordnungen . Tabelle 3

t r i f f t nicht immer zu, die Zahl derjenigen, die

bei erkannter Wortart alle dazugehörigen Wörter benennen,

ist

aber relativ groß ( 1 6 bzw. 17 von 2 O ) .

Gruppe I; Vp

5

bei 4 Vpe

Schlosser > "Hauptwort" Wald » ohne Bezeichnung 6 dritter Säte ohne Bezeichnungen 12 Schlosser^ . "Hauptwort" Wald Abteilung·1 ohne Bezeichnung Maschinenteile 16 Schlosser Haachinen-j· "Hauptwort" teile ] Abteilung - ohne Bezeichnung

Gruppe II; Vp

bei } Vpe

5

Schlosser, ·> Maschinen- l - 'Hauptwort* teils, Wald] Abteilung - ohne Bezeichnung 8 Schlosser, Abteilung l - "Hauptwort* Wald j Maschinen- l teile l * obne 10 arbeitet, t, ) fertigt ) -- "Tätigkeitswort* ohne Bezeichnung spaziert

1 Vielleicht liegt hier die Auslassung daran, daß Abteilung zur Klasse der Abstrakta gezählt werden kann, die anderen Substantive jedoch nicht.

18

c) Frage nach der Art der grammatischen Bezeichnungen Die Frage wird aufgeschlüsselt in: G I : Welche grammatischen Bezeichnungen für die grammatischen Kategorien der Wörter finden sich? Hier werden eindeutige Verwechslungen der grammatischen Bezeichnungen nicht aufgeführt. c'. Wo werden die grammatischen Bezeichnungen eindeutig verwechselt, also Wörter einer Wortart mit der Bezeichnung für eine andere Wortart versehen?

19

Tabelle 4

zu Frage c.: Es finden sich folgende Bezeichnungen f ü r grammatische Kategorien: Gruppe I

Artikel

Substantiv

Verb

Pronomen

Präposition

"Artikel" Vp 1, 2, 3, 4, 5, 9, 10, 13, 14, 15, 16 "Geschlechtswort" Vp 7, , 11, 12, 1?, 18, 19, ?0

"Hauptwort" Vp 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 18, 19, 20 "Satzgegenstand" Vp 5 "Substantiv" Vp 9, 15 "Tätigkeitswort" Vp 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 17, 18, 19, 20 "Tätigkeit" Vp 1, 5, 8, 12, 13, 16 "Zeitwort" Vp 6 "Verb" Vp 15 "pers. Fürwort" Vp 2, 4 ("Führwort"). 8, 9, 11, 14, 16, 18, 20 "Fürwort" Vp 7. 10 "Anrede" Vp 13 "Verhältniewort" Vp 5, 7, 9 "in dem (Artikel)" Vp 4

Gruppe II

ff( »s.

11

8

"Artikel" Vp 15, 17, 18 "Geschlechtswort" Vp 1, 2, 4, 6, 7, 9, 11, 13, 14, 16, 20 "best. Artikel" Vp 8 "Männlich geschlecht" Vp 10 "weiblich" Vp 10 "männl. Artikel" Vp 12 "weibl. Artikel" Vp 12 "Hauptwort" Vp 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 1?, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20

ges. 3

11 1 1 1 1 1

19

18 1 >

?

18

6 1 1

"Tätigkeitswort" Vp ?, 4, 5, 6, 7, 10, 13, 14, 15, 17, 20 "tätigkeitswort" Vp 3, 16 "Zeitwort" Vp 1, 9, 18, 19 "Verb" Vp 18

2 1

"pers. Fürwort" Vp 1, 3, 4, 11, 12, 13, 16, 17, 18 "Fürwort" Vp 2, 7, 8 "Satzgegenstand" Vp 9 "Vorwort" Vp 19

3

"Verhältniswort" Vp 1, 2, 12, 13, 18

9

1

11 2 4 1

9 3 1 1

5

20

Tabelle 5

zu Frage c·. Eindeutige Verwechslung bei der Zuordnung von Wörtern zu grammatischen

Wort-

kategorien. Gruppe I Artikel

Substantiv

Verb

Pronomen

Präposition

ges.

"Eigenschaftswort" Vp 6 "Satzgegenstand" Vp 5 " Satzaussage" Vp 5 "Artikel" Vp 12 "Eigenschaftswort" Vp 17, 20 "Artikel" Vp 1. 3 "Geschlechtswort" Vp 5, 12, 1? "Anrede" Vp 13

"Umstandswort" Vp 10, 14

p;es.

Gruppe II "pers. Fürwort" Vp 3

1

"Eigenschaftswort" Vp 11, 12, 19

3

1

1 1 1 2 2 3 1

2

"Geschlechtswort" Vp 6, 20 "unbestimmtes Geschlechtswort" Vp 14 "Satzgegenstand" Vp 9

2 1 1

"Umstandswort" Vp 3, 17 "Hinweisendes Fürwort" Vp 6, 9, 14 "Eigenschaftswort" Vp 19

2

3 1

Tabelle 6 (zusammenfassende Tabelle) Gruppe I

Gruppe II

Absolute Anzahl der Nichtbenennungen (ohne Präposition)

9

13

Absolute Anzahl der Nichtbenennungen (mit Präposition)

22

20

Absolute Anzahl der Verstöße gegen b. (S. 16 ds. Arbeit)

11

5

Absolute Anzahl der Verstöße gegen b- (S. 16 ds. Arbeit)

4

2

14

16

Absolute Anzahl der Verwechslungen im Sinne von c~ (S. 18 ds.Arb.)

21

3. 1. 3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 1 Eine jede Grammatik hat zur Voraussetzung , daß Wörter sicher in grammatische Kategorien eingeordnet werden können. Dies ist

die Grundlage der verschiedenartigsten grammatischen

Systematisierungen. Teile beider Versuchsgruppen kennen nicht für alle Kategorien die grammatische Bezeichnung. Sie machen häufig falsche Zuordnungen der Wörter zu den grammatischen Kategorien. Sie

ver-

wechseln die grammatischen Bezeichnungen für die Kategorien. Insbesondere die Tabellen 1, 2, 3, 5 und 6 geben Aufschluß darüber, wie wenig die

Vps mit grammatischen Bezeichnungen

umzugehen gewöhnt sind. Von der Gruppe I haben 3 Vps, von der Gruppe II

4 Vps die Testfrage Teil 1 einigermaßen akzeptabel

und vollständig beantwortet. Es handelt sich bei Gruppe I um Vp 7, 9 und 1O, bei

Gruppe II

um Vp 1, 2 , 13 und 18.

Der Grammatikunterricht wird also mit dem Einüben grammatischer Bezeichnungen für die verschiedenen grammatischen Kategorien beginnen müssen. Der Teil 1 des Pretests wurde deshalb aufgelistet, weil es darum ging a u f z u z e i g e n , daß hier nicht nur "Fehler" wegen Unkenntnis grammatischer Bezeichnungen vorliegen, sondern daß die Ursachen für "Fehler" z. T. tiefer liegen, nämlich daran, daß vielen Vps nicht klar ist, grammatischen

welche Wörter eigentlich derselben

Kategorie angehören.

"Fehler" wären also auch dann

vorgekommen, wenn gar nicht nach grammatischen Bezeichnungen gefragt worden wäre, sondern nur die Aufgabe, Wörter gleicher grammatischer Kategorie irgendwie gleich zu kennzeichnen (z. B. mit X oder ) , gegeben worden wäre. Es müßte interessant sein, zu untersuchen,

ob sprachlich Geübte (um soziologische

Begriffe hier erst einmal herauszuhalten)

dies nicht intuitiv

leisten können, so daß sie nur die grammatischen Bezeichnungen zu lernen brauchen, wenn es darum geht, Wörter nach ihnen zu kategorisieren.

22

3. 2. 1. Einleitende Bemerkungen zum Pretest Teil 2 Im Duden findet sich eine vage und gewagte Äußerung zur A u f t e i l u n g der Sätze in Subjekt und Prädikat, auf die in einen anderen ZuGar.a.ienhnng noch kritisch eingegangen wird: Diese Aufspaltung

einer zunächst nur komplexhaft

wahrgenommen

Wirklichkeit in ein Etwas und in eine (...) Aussage über dieses j Etwas ist allen unseren Sätzen eigentümlich. (Duden (1959) 1 9 6 6 , § 5 O 8 5 ) . Im BCTW beschränkt

sich die Aussage zur prinzipiellen

Zweiteilung der Sätze in NP und VP auf folgende Beschreibung: Eine Hortgruppe, phrase(iJP)

die als Kern ein Honen hat, soll (...)

genannt werden (...), Eine 'vlortgruppc,

Verb als Herr, enthält, soll (..,) (BC'i'W ( 1 9 7 0 )

3

Ilominal-

die ein

Verba Iphrave genannt werden (VP)

1973, 3 6 , 3 7 )

CHOMSKY s Einteilung der Sätze in NP und VP beruht auf der IC-Analyse BLOOMFIELDS, die dieser wie folgt e i n f ü h r t e : Any English-speaking person who concerns himself

with this

matter, is sure to tell us that the immediate constituents of Poor John ran away are the two forms poor John and ran away; (. . .) · (L-loor.ificlu ( 1 9 3 3 )

1 9 G 7 , 1b1)

ÖL die Vps eine solche Einteilung auch mit Sicherheit

vor-

nehmen, soll der Teil 2 des Pretests zeigen. 3. 2. 2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 2 Die Aufgabe, die ohne eine begrenzte Zeitvorgabe gelöst werden konnte,

lautete:

Versuchen Sie bitte, folgende Sätze sinnvoll in Einheiten aufzugliedern. Heispiul: Das Laus/ ist

alt.

jio vort,üc;uj_i_:uon U U t ^ u lauton. 1. Die Schüler sind müde. 2. Die alte Maschine wird ausgebessert. S. Der fröhliche Gastwirt brachte den zahlreichen Gästen ein vorzügliches Mahl. 4. Paul hatte selten ein so gutes Buch gelesen.

23

ad Satz 1: Die Schüler sind nüde. Alle Vps beider Gruppen nahmen die Einteilung vor: Die Schüler / sind müde. ad Satz 2; Die alte Maschine wird ausgebessert. Hier sollte die Frage beantwortet werden, ob bei erweiterter NP die Einteilung noch reibungslos verläuft.

Es traten die

ersten, jedoch quantitativ geringen Störungen a u f : Gruppe I

Gruppe II

Vp 3 keine Einteilung

Vp 1O: 'Die alte / Maschine

ad Satz 3; Der fröhliche Gastwirt brachte den zahlreichen Gästen ein vorzügliches Mahl. Sowohl NP als

auch VP sind erweitert. Durch die Länge

des Satzes bieten sich mehr Möglichkeiten zur Gliederung

als

bisher. 17 Vps ziehen den Trennungsstrich nach Gastwirt, 3 Vps unterteilen nicht an dieser Stelle. Vp 10 der Gruppe II vollzieht, ähnlich wie bei Satz 2, die eigenwillige Aufteilung: 'Der fröhliche Vp 1 und Vp 16 der Gruppe II

/ Gastwirt brachte

(...)'

zogen den Querstrich nach brachte.

Zusätzliche Unterteilungen 1 Gruppe I ges. nach fröhliche Vp 8 1 Tabelle 7

nach brachte

nach Gästen

(Vp 8)

1

Vp 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 13, 14, 15, 17, 18, 19, 20

17

Gruppe II

ges.

(Vp 1), 11, (16), 17

4

Vp 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9, 12, 14, 15, 17, 18, 19,

5, 11, 16, 20 17

24

Fast alle Vps vollzogen eine Trennung zwischen den beiden NPs der VP, kaum einer trennte jedoch zusätzlich das Verb von der ersten NP der VP im Sinne von VP—>V / NP,. / NP~ . Kann man hieraus schließen, daß die Einteilung nach der ICAnalyse intuitiv vorgenommen wird? Was geschieht, wenn lediglich die VP erweitert ist, soll Satz 4 zeigen. ad Satz 4; Paul hatte selten ein so gutes Buch gelesen. Die NP Paul trennten von der VP: 1 VP der Gruppe I (Vp 7) und 1 Vp der Gruppe II

(Vp 1 7 ) ,

wobei allerdings Vp 17 bei diesem Satz (und nur bei diesem!) zwischen jedes Wort einen Trennungsstrich zog, deshalb auch nach Paul. Die meisten Vps teilten den Satz nach selten, nämlich 14 Vps der Gruppe I und 10 Vps der Gruppe II. Es zeigt sich an den vielen Variationen der Trennungen, daß die Vps hier im allgemeinen verunsichert waren: Tabelle 8 - Unterteilungen bei diesem Satz: Gruppe I ges.

Gruppe II ges.

nach Paul

1

1

nach hatte

0

2

14

10

nach ein

O

4

nach so

2

1

nach gutes nach Buch keine Trennuna

3

5

4

4

3

4

nach selten

Flißnote zu Tabelle 7

1 Die Klammern in der Tabelle weisen darauf hin, daß diese Vps die erwartete Einteilung nicht vorgenommenhat, es handelt sich hier also nicht eigentlich um zusätzliche Unterteilungen.

25

3. 2. 3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 2 Die Einteilung in die Konstituenten NP und VP bzw. in

ein

"Etwas" und die Aussage darüber wird nur dann relativ sicher vorgenommen, wenn die gegebenen Sätze (wie der Beispielsatz) nach dem einfachsten Satzschema gebaut sind. Sobald die Sätze länger sind oder komplizierter

gebaut sind oder beides,

scheint die Sicherheit der Einteilung in NP und VP zu versagen. Die Sicherheit, derartige Satzeinteilungen auch bei komplizierten Sätzen vorzunehmen, wird also erst durch spezielle Übungen zu erlangen sein. Die relativ große Sicherheit bei der Gliederung einfacher Sätze soll hierbei als Grundlage dienen. 3. 3. 1. Aufgabe des Pretests Teil 3 Dieser Teil des Pretest b e t r i f f t

die Frage, ob die Vps

schon irgendwann einmal Satzanalysen betrieben hatten, und wenn welcher Art sie waren. Die Fragestellung ist

ja,

also ähnlich der

des Teils 1, nur bezieht sie sich hier auf Satzkonstituenten, statt auf Wortkategorien. Dieser Teil 3 folgte deshalb dem Teil 2 des Tests, weil Teil 2 als Hinführung zur Aufgabenstellung des Teils 3 angesehen werden kann, der das Verständnis für

diese

Aufgabe erleichtert. 3. 3. 2. Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 3 Die Frage lautete: Wie bezeichnet man folgende Satzteile in der Grammatik? Vorgegebene Sätze: 1. Der Wagen rollt. 2. Der Mechaniker schiebt den Wagen. 3. Vor den Haus steht der Wagen.

4. Der Mechaniker übergab dem Fahrer den Wagen. Die Sätze wurden in Einheiten aufgeteilt untereinander geschrieben, z. B.: der Wagen rollt

26

Mündlich wurde hinzugefügt,

daß diese Einheiten von den Vps

auch zusammengefaßt bzw. auseinandergezogen

werden konnten,

wie sie es für richtig hielten. Verfügbare Zeit für die Beantwortung: 15 Minuten. Bei den Gruppen wurden leere Blätter abgegeben: Gruppe I von Vp 7, Gruppe II von Vp 11 und 8. Vp 8 mit der Bemerkung: "Ich weiß nicht,was das soll!" Diese 3 Vps fallen bei der weiteren Nachprüfung für Teil 3 des Pretests heraus, so daß diesmal bei Gruppe I von der Grundeinheit 19, bei Gruppe II von der Grundeinheit 18 ausgegangen wird. Höchstwahrscheinlich zählen diese 3 Vps zu denjenigen, die noch niemals Satzanalyse betrieben hatten. Es wird zuerst geprüft,

ob grammatische Bezeichnungen,

welcher Art auch immer, gleich ob "richtig" oder "falsch" wendet,

ver-

bekannt sind. Sie mußten allerdings als Bezeichnungen für

Satzteile im Ggs zu Wortkategorien erkennbar sein. Die Verfasserin verwendet Bezeichnungen für Konstituenten des Satzes, wie sie in der IC-Analyse üblich sind. Satz 1:

der

Wagen

rollt

Tabelle 9

Gruppe I NP

VP

ges.

von 1 3 Vps benannt von 2 Vps nicht benannt ^ von 4 Vps nicht eindeutig als Satzteil benannt*

13 2 4

von 16 Vps benannt von 3 Vps nicht eindeutig als Satzteil benannt''

16 3

Gruppe II von 15 Vps benannt von 1 Vp nicht benannt von 2 Vps nicht eindeuIL tig als Satzteil benannt

15 1

von 15 Vps bemannt von 3 Vps nicht eindeutig als Satzteil benannt

15

2

3

27

Satz 2:

der Mechaniker

schiebt

den Wagen

Tabelle 10a) :

NP

1

Gruppe I

Grujxpe II

von 11 Vps benannt 1 von 6 Vps nicht benannt von 2 Vps nicht eindeutig als Satzteil benannt^

von 14 Vpe benannt p von 3 Vps nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig als Satzteil benannt

Fußnoten - Tabelle 9 1 Vp 10, 12 2 Vp 5 3 Vp 6: NP = "Hauptsatz" 16: NP = "Hauptwort"

VP 11: NP = "Gegenstandswort"

4 Vp17, 18: NP = Hauptwort"

17: NP = "Fragesatz"

5 Vp 6: VP = "tätigkeit" Vp 15: VP = "Verb" 16: VP = "Tätigkeitswort" 6 VP 5, 17: VP = "Eigenschaft" Vp 18: VP = "Verb"

Tabelle 1Oa) 1 Vp 4, 9, 11, 10, 12, 16 2 Vp 15, 17, 18 3 Vp 6: NP = "Artikel" Vp 17: NP = "Satzfrage" (Gruppel) 5: NP = "Persönliches Fürwort" (Gruppe II)

28

Bei der Aufgabe, die VP zu bezeichnen, tritt das interessante Phänomen auf, daß viele Vps das Vörb aus dem Verband der VP herauslösen und als völlig eigenständigen Satzteil behandeln. Diese Analyse des Satzes steht im Widerspruch zur Satzgliederung in Teil 2, Satz 3: Paul hatte selten ein so gutes Buch gelesen. Dort wurde das Verb nicht als Gliederungseinheit herausgestrichen. Vielleicht hat bei dem Satz: Der Wagen rollt, die Schreibweise der vorgegebenen Sätze / bei der das Verb allein steht, zu dieser Analyse 'verführt' . Jedenfalls zeigt sich bei diesem Satz die ambivalente Einstellung vieler Vps zur traditionellen Satzgliederung. Auf dieses Problem wird auf S.31 ds. Arbeit eingegangen, hier erscheinen die Antworten erst einmal gesammelt: Tabelle 1Ob)

VP

Gruppe I

Gruppe II

von 16 Vps benannt von 3 Vps nicht be4 nennt

von 15 Vps benannt 4 von 2 Vps nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig ala Satzt«i] ? *

4 Vp 4, 9, 12

(G ruppe I)

Vp 15, 17

5 Vp 5: VP = "Eigenschaft

1

NP 2

(Gruppe II) = "Hauptwort"

29

Satz 3:

vor dem Haus

steht

der Wagen

Da dieser Satz nicht dem gewohnten Schema (Subjekt + Rest des Satzes) entspricht, treten hier viele Unsicherheiten a u f , die sich in Auslassungen zeigen: Tabelle 11 Gruppe I NP

VP

von 9 Vps benannt von Vp 5, 4, 5, 9, 10, 12, 14, 16, 1? nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig als Satzteil be1 nannt von 10 Vps benannt von Vp 3, 4, 5, 9, 12, 14,· 1? nicht benannt

von 1 Vp nicht eindeutig und vollständig als Satzteil benannt*

1 2 3 4

ges.

9 9

1

10

7

Gruppe II von 11 Vps benannt von Vp 7, 15, 17, 18, 19, 20 nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig als Satzteil be2 nannt von 11 Vps benannt

ges. 11 6

1

11

von Vp 5, 7, 15, 17, 19, 20 nicht benannt

6

von 1 Vp nicht vollständig benannt

1

1

Vp 9 : NP = "Gegenstandswort" Vp 5 : NP = "Hauptwort" Vp16 : V = "Tätigkeitswort" , PP = nicht benannt Vp 18 hat lediglich V als "Verb" bezeichnet; bei ihr handelt es sich aber nicht um das oben beschriebene Phänomen ( S . 2 8 ds. Arbeit), da sie auch bei Satz 1 nur grammatische Bezeichnungen für Wörter verwendet hat.

30

Satz 4:

der Mechaniker

übergab

Die normale Satzstellung ist

dem Fahrer

wieder eingehalten, jedoch

wurde die VP um eine NP erweitert. Tabelle 12 Gruppe I gee. Gruppe II NP

1

v

von 9 Vpe benannt von Vp 3, 4, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 17 nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig als Satzteil benannt

9

9

von 10 Vpe benannt von Vp 5, 7, 15, 16, 17, 18, 19, 20 nicht benannt

von 7 Vps benannt

7

von 9 Vpe benannt

von Vp 3, 4, 9, 1?, 14, 17, 19 nicht benannt von 4 Vps nicht eindeutig als Satzteil be2 nannt NP2

HP,

von 9 Vps benannt von Vp 3, 4, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 17 nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig als Satzteil benannt' von 7 Vpe benannt von Vp 3, 4, 5, 9, 10, 12, 14, 15, 16·, 17,19 nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig ale Satzteil benannt

den Wagen

gee. 10

8

9

von Vp 5, 7, 9, 15, 16

4

17, 19, 20 nicht benannt von 1 Vp nicht eindeutig ale Satzteil benannt'*

9

von 8 Vpa benannt

7

8

1 8

von Vp 4, 5, 7, 9, 15, 9

16, 17, 18, 19, 20 nicht benannt

10

1 7

11

von 10 Vpe benannt von Vp 4, 5, 7, 15, 16, 17, 19, 20 nicht benannt

10

8

31

Tabelle 13 dient der Gegenüberstellung

bestimmter Ergebnisse

(Nichtbenennungen) des Teils 1 und des Teils 2 dieses Tests. Tabelle 13

Gruppe I

Gruppe II

Ni chtbenennungen Teil 1, Satz 1 Teil 3, Satz 1

O

3

9

5

Teil 1, Satz 2 Teil 3, Satz 2

3

5

11

9

Diese Gegenüberstellung soll zeigen, daß selbst bei einfachsten Sätzen die grammatische Kategorisierung von Satzteilen den Vps wesentlich häufiger nicht möglich ist als die grammatische Kategorisierung von Wörtern. Die in Tabelle 13 aufgezeigte Diskrepanz ist

noch gravierender, wenn man berücksichtigt,

daß bei der Wortkategorisierung der vorgegebenen Sätze mehr grammatische Kategorien auftauchen als bei der Satzteilkategorisierung. Frage b) Welche grammatischen Bezeichnungen für die Kategorisieruru von Satzteilen finden sich? Hier werden eindeutige Verwechslungen der grammatischen Bezeichnungen nicht a u f g e f ü h r t .

Fußnoten - Tabelle 12 1 Vp 6: NP^"Artikel" 2 Vp 6: V = "Eigenschaft"

Vp 15: V = "Vergangenheit"

Vp16, 18: V = "Tätigkeitswort" 3 Vp 6: NP = "Bezeichnung" 4 Vp11: NP^ = "Gegenstandswort" 5 siehe Anmerkung 4 S. 29 ds. Arbeit

32

Einheitlichkeit herrscht bei der Benennung der von S regierten NP, sie wird von den Vps überwiegend "Satzgegenstand" genannt. Eine Vp spricht bei Personen von "Gegenstandspersonen", eine verwendet einmal die Bezeichnung "Subjekt". Anders sieht es bei der Analyse der VP aus. Wie auf S. 28 ds. Arbeit bereits angedeutet, wird hier das Verb verschiedentlich aus dem Verbalphrasenverband herausgelöst und gesondert bezeichnet. Es sind 2 Gruppen von Vps erkennbar: die eine bezeichnet die gesamte VP als "Satzaussage", die andere bezeichnet das Verb bzw. die von der VP regierten NPs / PP gesondert: Tabelle 14

gesamte VP wird als Einheit bezeichnet

Gruppe I Vp 1, 2, 8, 13

ges. 4

V, N P 2 / N P - , PP werde: i gesondert bezeichnet

Vp 3, 5, 6, 15,18,19

6

Gruppe II ges. 2 Vp 3, 14

Vp 1, 16, 19

Diese verschiedenartige Analyse verliert allerdings durch die geringe Anzahl derjenigen Personen, die überhaupt einen Satz des Teils 3 sinnvoll bezeichneten, wesentlich an Aussagekraft. Frage c) Welche Vps lassen durch ihre Analyse vermuten, daß sie ansatzweise die SätzStrukturen erkannt haben? Diese Frage soll klären, ob das Bezeichnen von Satzteilen schematisch vorgenommen wurde oder ob Ansätze des Erkennens von SatzStrukturen vorhanden sind. Sie läßt sich wie folgt operati.onalisieren:

3

33

c , ) Werden für gleiche Funktionen im Satz gleiche Bezeichnungen verwendet? Tabelle 15 G ruppe I Vps c..} t r i f f t zu c..) t r i f f t nicht zu

5 12

Gruppe II Vps 3 10

Der Rest der Antworten konnte wegen zu großer Lücken, wegen nicht Beantwortung und wegen Verwechslung bzw. Vermischung von Wort- und Satzanalyse hier nicht mit verwertet werden. 3. 3. 3. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 3 Prüft man die Antworten des Teils 3 gleichzeitig auf alle 3 Fragen hin (S. 26. S. 31, S. 32 ds. Arbeit),so ist das Ergebnis sehr negativ. Wenn eine Vp überhaupt Bezeichnungen für Satzkategorien kennt, wendet sie diese sinnlos an. Fast alle Bögen sind bzgl. dieses Teils lückenhaft ausgefüllt. Die Bezeichnungen Satzgegenstand und Satzaussage sind die einzigen, die viele Vps in Erinnerung hatten, sie wurden jedoch bei Satz 3 prompt verwechselt. Es gibt keine Vp, die den Teil 3 vollständig und akzeptierbar beantwortet hat. Die Kenntnis der Bezeichnungen für Satzkategorien ist vage, noch geringer entwickelt ist die Fähigkeit der Zuordnung der Bezeichnungen zu bestimmten Funktionen im Satz. Die Satzanalyse ist demnach beiden Gruppen gleichermaßen nahezu fremd. Überspitzt ausgedrückt: Man muß bzgl. der Vorkenntnisse in der Grammatik mehr oder weniger von einer tabula rasa ausgehen, dies t r i f f t für Wortkategorisierung und noch viel mehr für die Satzanalyse zu. Bei dem letztgenannten soll der Schwerpunkt des Grammatikunterrichts liegen.

34

3. 4. 1. Vorbereitende Überlegungen zum Pretest Teil 4 Gegeben seien die beiden Sätze: 1. Das Kindj

das faul

iatf

schläft.

2. loh weiß, daß das Kind faul

ist.

Nach der GTG handelt es sich hierbei um Oberflächenstrukturen. Die nötigen Operationen, um die Tiefenstrukturen dieser Sätze in ihre Oberflächenstrukturen ai überführen, sind für beide Sätze unterschiedlich, bedingt durch die tiefenstrukturelle Differenz, der Sätze. Der Unterschied zwischen dem Rel. pron. das und der Konjunktion daß ist

im Deutschen, im Gegensatz

etwa zum Englischen, orthografisch gekennzeichnet. Erfahrungsgemäß bereitet die Unterscheidung zwischen dieser Konjunktion und diesem Rel. pron. vielen Schülern und Erwachsenen Schwierigkeiten, die m. E. so lange bestehen, wie ihnen die strukturbedingte Bedeutung dieser unterschiedlichen Schreibweise nicht klar ist und sie sich nach ihrem "Sprachgefühl" richten. (Siehe zitierte Antworten der Vps auf S . 4 3 ff äs. Arbeit). 3. 4. 2. Aufgabe, Durchführung und Ergebnisse des Pretests Teil 4 Teil 3 des Tests hatte als Ergebnis, daß die Vps mit Satzanalyse kaum vertraut sind. Es sei darauf verwiesen, daß Teil 3 jedoch keinesfalls über die Kompetenz der Vps Aufschluß gibt. Teil 4 des Tests dient nur der Frage, ob das "Sprachgefühl" der Vps ausreicht, diesen Mangel g g f . auszugleichen. Wenn ja, müßten sie u. a. das und daß in vorgegebene Relativ- und Konjunktionalsätze richtig einsetzen können. Die Aufgabe lautet entsprechend: Setzen Sie in die folgenden Sätze bitte die fehlenden Wörter ein. Es folgen 7 Sätze, die entweder durch Relativpronomen oder die Konjunktion daß zu vervollständigen sind.

35

Ergebnis Bei beiden Gruppen haben jeweils 11 Vps, also etwas über 50%,einmal oder mehrmals das und daß verwechselt, und zwar nicht durchgängig. Folgerung Die Forderung NEßLERS, diese orthografische Differenzierung 2 abzuschaffen, ist also einerseits verständlich , jedoch wäre damit nur das Symptom beseitigt, nämlich der Rechtschreibefehler, nicht dessen Ursache, nämlich die mangelnde Fähigkeit, Sätze strukturell zu durchschauen. 3. 5. Pretest Teil 5 Mit diesem Teil soll geprüft werden, wie sicher die Vps die Kommasetzung beherrschen. Sollte das Ergebnis negativ sein, soll in der Unterrichtsreihe versucht werden, die Kommasetzung so weit wie möglich im Rahmen des Grammatikunterrichts als grafische Andeutung der Satzstruktur darzustellen. Keine Vp der Gruppe I konnte die Aufgabe, in 3 vorgegebene Sätze die Kommas einzusetzen, fehlerfrei lösen; dies gelang lediglich der Vp 4 von Gruppe II. Die Kommasetzung ist z. T. völlig willkürlich und unverständlich: Der Lohn, der bisher, bezahlt, wurde ist zu gering. (Vp 2, Gruppe I ) , z. T. lückenhaft, aber mit erkennbar sinnvoller Einteilung: Der Lohn der bisher bezahlt wurde, ist zu gering. ( Vp 3, Gruppe I ) . Diesem Ergebnis entsprechend soll also das Gebiet der Kommasetzung in den Grammatikunterricht mit einbezogen werden. 1 Gruppe I : Vp 1, 3, 5, 6, 7, 8, 12, 13, 15, 17, 19; Grupp II: Vp 5, 7, 9, 10, 11, 12, 15, 17, 18, 19, 2O 2 NEßLER 1972, 57: "Daß (dass) wird wie das geschrieben."

36

3. 6. 1. Vorbereitende Überlegungen zum Pretest Teil 6 Der kompetente Sprecher einer bestimmten Sprache kann beliebig viele Sätze seiner Sprache bilden und verstehen. Er ist durch eine Reihe wichtiger Fähigkeiten ausgezeichnet. (...) Es können nur zwei verschiedene Ausdrücke ein und derselben Sprache als gleichbedeutend beurteilt werden^ es ist auch möglicht daß ein Ausdruck mehrere Bedeutungen haben kann. So wird der Satz (l - 12) vom kompetenten Sprecher auf zwei unterschiedliche Weisen verstanden. (l - 12) Wir schreiben dem Linguisten im Gefängnis einen Brief. (. . . ) Wie 6-&1 aus dem vorangegangenen ergibt^ gehört zur Kompetenz (...) die Fähigkeit, die Mehrdeutigkeit eines Auedrucks festzustellen. (BCTW ( 1 9 7 O ) 3 1 9 7 3 , 13 - 18) Auf S.7 ds. Arbeit wird die These aufgestellt, daß Angehörige niederer sozialer Schichten Mängel bzw. Lücken bzgl. der Kompetenz haben können, (wenn man, wie es bisher üblich ist, die Fähigkeiten, welche die Kompetenz ausmachen, nicht über empirische Daten ermittelt, sondern auf einen idealen Sprecher / Hörer hin konstruiert und diese Konstruktion als Maßstab ansetzt.) 3. 6. 2. Aufgabe und Durchführung des Pretests Teil 6 Dieser Teil stützt sich auf die oben zitierte Angabe über eine der Fähigkeiten, die sich aus der Kompetenz ableiten lassen sollen.» nämlich der Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten erkennen zu können. Es soll untersucht werden, ob die Vps über diese Fähigkeit verfügen, ob sie also mehrdeutige Sätze als solche erkennen und die verschiedenen Bedeutungen dieser Sätze nennen können. Die Aufgabe lautet entsprechend:

37

Welche Sätze haben mehrere Bedeutungen? Versuchen Sie zu erklären, warum diese Sätze doppeldeutig sind. 1. Der Junge schreibt dem Lehrer im Gefängnis einen Brief. 2. loh habe den Jungen mit einem Hund gesehen, der humpelte. 3. Die Mutter ließ Minna waschen. Die Mehrdeutigkeit aller drei Sätze ist syntaktisch bedingt, entsprechend dem Beispiel im BCTW. Eine richtige Erklärung für Mehrdeutigkeit wäre z.B. für Satz 1: "Man weiß nicht, ob der Junge aus dem Knast schreibt, oder der Lehrer sitzt." (Lothar B . , G r u p p I ) , aber auch eine solche, die sich auf Satz 3 bezieht: "Wurde Minna mit Seife gewaschen? Mußte Minna wasche waschen?" (Günther J. , Gruppe II). Nicht akzeptierte Erklärungen für angekreuzte Mehrdeutigkeit werden zitiert, um die Berechtigung der Entscheidungen überprüfbar bleiben zu lassen. 3. 6. 3. Zitate der nicht akzeptierten Erklärungen bei angekreuzter Mehrdeutigkeit Gruppe I Vp 2 "Der Junge schreibt dem Lehrer im Gefängnis 2 Bedeutungen" 2 "Ich habe den Jungen gesehen / Mit einem Hund / Der humpelte 3 Bedeutungen" 3 "Durch verschiedene Kommasetzung."

1 Der erste Satz wurde bewußt analog zu dem Beispielsatz des BCTW gewählt, die beiden anderen Sätze sind Übungsunterlagen zur Examensvorbereitung von H. VATER entnommen.

38 Vp 4 "Die Mutter ließ das Kind Minna waschen " " " die Puppe Minna waschen" 6 "Ein Hund der humpelt!? Ich habe noch keinen gesehen." 6 "Wahrscheinlich wollte Minna sich nicht alleine waschen." 8 "1. Ich habe den Jungen 2. mit dem Hund gesehen/ 3. der humpelte." 11 "Der Junge schreibt dem Lehrer im Gefängnis einen Brief" 13 "mit dem Hund gesehen. (Satz 1 fertig) der humpelte (als Beifühgung)" 17 "Der Junge kann dem Lehrer auch einen Brief schreiben, der nicht im Gefängnis ist." 18 "Der Junge schreibt dem Lehrer ins Gefängnis." 17 "Es müßte heißen: Ich habe den Jungen mit dem Hund gesehen,

der humpelte," 17 "Man kann viele.s waschen." 2O "Der Junge schreibt / Der Junge schreibt dem Lehrer / Der Junge schreibt im Gefängnis / Der Junge schreibt einen Brief. 2O "Ich habe den Jungen gesehen." Gruppe II 2 "im Gefängnis" 2 "humpelte" 2 "waschen" 6 "Der Junge schreibt dem Lehrer 1 Bedeutung / Er schreibt dem Lehrer im Gefängnis 2 Bedeutung" 6 "Der Junge mit dem Hund 1 Bedeutung / der humpelte 2 Bedeutung" 13 "Ich könnte schreiben: Der Junge schreibt einen Brief. Der Junge schreibt an den Lehrer und schreibt in im Gefängnis." 13 "Er hat einen Hund gesehen, die zweite Bedeutung ist, das er humpelte." 14 "schreibt dem Lehrer einen Brief einfacher Satz, im Gefängnis eine Beifügung und ändert dadurch den Satz." 14 (Erklärung in der gleichen Art wie oben) 17 "Der Junge schreibt dem Lehrer 1. Bedeutung / Was schreibt er ihm? (Brief) 2, Bedeutung"

39

Vp 18 18 20 2O

"ohne Satzzeichen" (zu Satz 1) "Satzzeichen kann umgestellt werden" (zu Satz 2) "Der Hund konnte ja laufen" " Sie konnte selber waschen."

Bei Gruppe I wird bzgl. Satz 1 von der Grundeinheit 19 ausgegangen, den Vp 18 lehnte eine Entscheidung für oder gegen Mehrdeutigkeit aus folgendem Grunde ab: "Ein Junge kann nicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden." Vp 20 deutete spitzfindig die Mehrdeutigkeit an, deshalb wird ihre Erklärung hier ebenfalls zitiert: "Der Brief braucht nicht im Gefängnis geschrieben werden. "

40

Tabelle 16

el 1 2

3 4 5 6 7 θ 9 10 11 12 13 1t-

15

Satz 1 Satz 2 Satz 3 mehrdeutig mehrdeutig mehrdeutig ja nein ja nein ja nein

X X X X X

X X

χ X

Vp

Γ13 E16

Χ

χ

^ 6

X

7 n 2

X

Α

χ

χ χ

X

χ

n

X

14 1S 16 17

X

X X

X χ; Χ Χ

,χ — Χ

χ

χ χ

— χ

6 4

χ

χ

χ

10 11 1?

χ χ—

χ

Χ λ



χ



Λ χ

χ

χ

χ

ρς

χ —

4 3

χ χ χ

— Χ

^χ;

χ

13 17

Satz 1

Satz 2

Satz 3

ja

ja

ja Χ —.

nein _





nein

Χ

Χ

Λ

X

χ

— Χ

χ

X

4

19

Χ

X

x; — x.

,χ;

Χ

χ

16 17 18 19 20

1 2 5

•kzeptierbare E rkl rungen f r Wehrdeutigkeit

Χ

χ χ χ

Χ Χ



χ





χ

χ χ χ— χ χ

— — 7 9

χ,

χ χ

χ χ

Χ

χ

χ



χ χ χ

χ χ

χ

χ

χ χ χ χ χ

χ

χ χ £

χ

χ

χ

χ

χ χ χ χ Κ

χ χ

χ

χχ

χ

— χ

— — — — χ

9 10 14 5

χ



χ χ χ

nein

Χ —

— Χ





χ;

χ —





— —

— —



— —

χ —

— χ

5 6

χ —

χ—

χ χ



7 9

χ

χ χ χ χ χ χ

χ

^



χ—



χ χ

χ χ



— —

χ



Χ

χ χ

χ—

— — χ

— —

— χ

— — — — — χ

— — — — χ — —

6 6 6 10

χ χ

χ

Χ

χ

χ χ. χ χ

— — 3

2

χ

— χ.



— — χ

— —

χ— χ

— —

— —



χ χ

χ

χ



—-

χ

χ χ χ



χ χ

χ

^—

χ

— χ









— s:

41

Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Pretests Teil 6: Tabelle 17 Gruppe I

Gruppe II

Fehlerquotient beim Erkennen der Mehrdeutigkeit

36,4%

20,3%

Fehlerquotient, wenn O-Antworten als Fehler bewertet werden

40,7%

21,7%

Fehlerquotient, wenn außerdem noch falsche Erklärungen für Mehrdeutigkeit als Fehler mitbewertet werden

66, 1%

51,7%

3. 6. 4. Folgerungen aus den Ergebnissen des Pretests Teil 6 Diese Ergebnisse können die These stützen helfen, daß (zumindest) Angehörige der Schicht, denen die Vps zuzuordnen sind, diese auf S . 3 6 ds. Arbeit zitierte Fähigkeit, die zu denen eines kompetenten Sprechers zählen soll, nicht in jedem Fall besitzen. Die Ergebnisse sind aber auch auf der Grundlage der Theorie WUNDERLICHS erklärbar : Das Erkennen von Mehrdeutigkeiten ist für denjenigen unbedeutend, der in seiner sozialen Umgebung mit mehrdeutigen Sätzen und der Erwartung, diese als mehrdeutig zu erkennen, nicht konfrontiert wird, von dem viel eher das Gegenteil erwartet wird, nämlich das Erkennen einer gemeinten Bedeutung einer Äußerung durch den Kontext, in dem sie steht, auch dann, wenn die Äußerung syntaktisch mehrdeutig sein sollte. In diesem Sinne handelt es sich nicht um einen Mangel, wenn Mehrdeutigkeiten nicht wahrgenommen werden, sondern um die Bestätigung, daß der Sprecher sich bei der

42

Dekodierung von Sätzen Strategien benützt, die ihm geläufig sind. Diese Strategien wirken dann natürlich als Hindernis, wenn der Sprecher Aufgaben lösen soll, die den Anforderungen zur Bewältigung seiner gewohnten Sprechsituation zuwiderlaufen. Die Kenntnis des sprachlichen Regelsystems würde von solchen gewohnten Kommunikationssituationen unabhängig machen. Mithilfe der durchgeführten Methode läßt sich selbstverständlich die Grundsatzfrage, mit der sich HERINGER und WUNDERLICH auseinandersetzen, nicht klären. Sie läßt sich besonders deshalb nicht klären, weil offensichtlich der Begriff "mehrere Bedeutungen" bzw. "doppeldeutig" von verschiedenen Vps mißverstanden worden ist in dem Sinne, daß ein Satz mehrdeutig ist, wenn in ihm über mehr als einen Sachverhalt etwas ausgesagt wird. Betrachtet man die Fehlerquotienten des Teils 6, so scheint es, als bestehe ein beträchtlicher quantitativer Unterschied zwischen beiden Gruppen. Das Bild verändert sich jedoch, wenn man fragt, wieviele Vps jeweils den Teil 6 korrekt beantwortet haben. Das sind bei Gruppe I 5, bei Gruppe II 4 Vps. Alle anderen Vps haben Lücken in der Beantwortung bzw. haben die Mehrdeutigkeit mindestens eines Satzes nicht gesehen oder nicht erklären können. Es war leider nicht möglich, das Phänomen der höheren Fehlerquote bei Gruppe I zu begründen. 3. 7. 1. Frage nach den Vorstellungen der Vps vom GrammatikUnterricht. Den 6 Teilen des Tests folgt eine Bitte um Auskunft darüber, was sich die Vps vom Grammatikunterricht erhoffen. Implizit zeigt sich in den Antworten auch, was sich die Vps unter Grammatikunterricht vorstellen. Diese Vorstellungen müssen den Antworten gemäß bestärkt oder korrigiert werden. Fußnote zu S. 41 1 Siehe WUNDERLICH 1970 b ) , 305, 306: Kritik an herkömmlichen Sprachübungen mit EinzelSätzen.

43

Die Aufgabe lautet: Nennen Sie in wenigen Sätzen das, was Sie sich vom Grammatikunterricht e r h o f f e n . Die Antworten werden zitiert, um einen unmittelbaren Eindruck über Artikulations - und Argumentationsweise der Vps zu vermitteln. Manche Vps werden mehrmals zitiert, je nachdem, welche Forderungen sie genannt haben. 3. 7. 2. Zitate der Vorstellungen der Vps vom Grammatikunterricht Lediglich eine Vp der Gruppe I äußert sich von vornherein skeptisch gegen den Grammatikunterricht: Gruppe I, Vp 12: "Ich erhoffe mir vom Granunatikunterricht fast gar nichts. Ich bilde mir j e d e n f a l l s ein das man mit einem geringen Aufwand an Grammatikunterricht auch so gute Ergebnisse im Deutschunterricht erzielen kann." Folgende Vps beschreiben ihre Erwartungen genauer: Gruppe I, Vp 3: "Ich h o f f e , daß ich im Grammatikunterricht, mein schlechtes Deutsch verbessern k a n n . " 6: "Eine gute Lehrperson, daß andere kommt von meiner Seite (gute N o t e ) . " 19: "Ich h o f f e im allgemeinen in der deutschen Sprache besser bewand zu sein. Leider ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, die Schwierigkeiten abzubauen. (Vielleicht liegt es auch an meiner Aussprache, Oder die nicht Kenntnisse der R e g e l n ) . " Gruppe II,

Vp 2: "Meine Hoffnungen gehen dahin, mein Algemeinwissen dadurch zu erweitern. Versuche dadurch Fehler, in Schrift u. Sprache auszumaerzen."

44

4: "Ich erhoffe eine Vervollständigung meiner Deutschkenntnisse." 6: "Ich erhoffe mir von dem Unterricht die Auffrischung meiner Kenntnisse." 8: " ( . . . ) daß ich was lerne!!!" 10: "Ich werde es versuchen, diese Unterrichtsstunde gut zu gestallten" 15: "Gutes deutsch zu lernen, und in meinem späteren Beruf gute deutschkenntnisse zu haben." 16: "Ich h o f f e , daß ich durch den Grammatikunterricht meinen Nachholbedarf decken kann." 17: "Auffrischung und Erweiterung meiner 'DeutschKenntnisse ' ." Eine Verbesserung der Rechtschreibung und Zeichensetzung erhoffen sich bei Gruppe I 12 Vps, bei Gruppe II Gruppe I, Vp

3 Vps:

1: "Ich hoffe mit Hilfe des Unterrichts in Z u k u n f t Rechtschreibfehler zu vermeiden." 2: "Die Rechtschreibung möchte ich lehrnen ( . . . ) " 5: " ( . . . ) um fehlerfreie Briefe oder ähnliches schreiben zu können

(...)"

7: " ( . . . ) daß Sie mir helfen meine Fehler zu reduzieren." 11: "Damit ich richtig Deutsch sprechen und schreiben kann." 13: "Fehlerloses Schreiben, verbunden mit einwandf r e i e r Zeichensetzung. Richtiges groß u klein Schreibung. Gustes Deutsch." 14: "Das ich die Groß und Klein Schreibung erlerne." 15: "Die Rechtschreibung sollte möglichst genau und richtig geschrieben werden." 16: "Daß man die Rechtschreibung

( . . . ) beherrscht,

um so wenig Fehler wie möglich zu machen." 18: "Die Rechtschreibung vollkommen zu beherrschen. Die Zeichensetzung richtig anwenden zu können ( . . . ) 19: " ( . . . ) 1. Richtiges Einsetzung von Satzzeichen. 2. Umwandeln von Eigenschaftswörtern Hauptw.

(...)"

in

45

Gruppe II, Vp 9: "Das ich eine klare und natürlich richtige Schreibweise erlerne ( . . . ) " 11: "Das ich die Rechtschreibung fast richtig beherrschen werden ( . . . ) " 18: "Erhoffe mir eine 'gute 1 Rechtschreibung." Die folgenden Vps erhoffen sich durch den Granunatikunterricht eine bessere Aussprache. Es kann allerdings sein, daß sie weniger die Aussprache meinen, sondern vielmehr die mündliche Ausdrucksweise. Gruppe I, Vp 2

" ( . . . ) Eine gute deutsche Aussprache."

8

"Eine klare Verständliche Aussprache."

9 11

"Eine gute Aussprache in Deutsch." "Damit ich richtig Deutsch sprechen

17

"Daß man ( . . . ) die richtige Aussprache be-

( . . . ) kann."

herrscht, um so wenig Fehler wie möglich zu machen." Weiter findet die Hoffnung Ausdruck, sich stilistisch zu verbessern; Gruppe I, Vp 5: " ( . . . ) um eine bessere Ausdrucksweise zu erlangen." 7: "Gutes Deutsch zu sprechen

(...)"

18: " ( . . . ) Meinen Redestil zu vervollkommnen." Gruppe II,

Vp14: " ( . . . ) Das meine Ausdrucksweise besser wird."

Eine Verbesserung der Kenntnisse,

die im eigentlichen Feld

des Grammatikunterrichts liegen, wünschen sich: Gruppe I, Vp 4: "Richtig die deutsche Sprache grammatisch zu beherrschen ( . . . ) " 20: " ( . . . ) 3. Richtige Formulierung von Sätzen." 10: "Zu lernen, wie ich die Worte sinnvoll in die richtige Reihenfolge setzen kann."

46

Gruppe II,

Vp 1: "Ich h o f f e , daß ich endlich die Schwächen, die ich immer bei der Satzstellung habe, dadurch abändern kann." 5: "Im Grammatikunterricht war ich bisher schwach. Ich hoffe das ich nach dem Unterricht besser bin." 7: "Ich hoffe in der Grammatik einige Fortschritte zu machen." 13: "Ich h o f f e , daß sich mein Deutsch, vor allem die Grammatik besser mir eine 'Gute

1

und wünsche Ihnen und

Zusammenarbeit."

19: "Ich werde mich bemühen, die Grammatik aufzubessern. " 20: "Ohne Grammatik ein schlechtes deutsch." Folgerungen aus den Antworten der Vps Man muß davon ausgehen, daß die Vps, falls sie

sich über-

haupt eine Vorstellung von Grammatikunterricht machen, diesen meist mit

Rechtschreibeunterricht assoziieren.

So vage, wie die Kenntnisse in der deutschen Grammatik sind, so undifferenziert sind z. T. auch die Vorstellungen über Grammatikunterricht. Dem Grammatikunterricht muß deshalb eine einleitende Information über seine Möglichkeiten und Grenzen vorausgehen, die die Vps in die entsprechende Erwartungshaltung bringen soll.

47

4. Die Unterrichtsreihe 4. 1. Vorbereitung auf den Grammatikunterricht Beide Gruppen haben den Pretest sehr willig bearbeitet und die Aufgaben ohne Angst vor einer Bewertung, gleichsam wie ein Kreuzworträtsel, zu lösen versucht. Fragen dieser Art waren ihnen im Deutschunterricht nie oder nur selten begegnet. Hier konnte angesetzt werden mit der Erklärung, daß Grammatikunterricht nicht den Drill von Rechtschreiberegeln

bedeutet; eine rein

theoretische Einführung über den Sinn des Grammatikunterrichts halte ich andererseits für unangebracht, hierfür

fehlen die

Voraussetzungen bei den Vps, so daß eine solche Einführung an den Vps vorbeirauschen würde. Die Vps scheinen mir besser über das Konkrete motivierbar zu sein, mehrere konkrete Beispiele müssen veranschaulichen, in welche Richtung der Unterricht zielen wird. Damit soll die Bereitschaft der Vps, diese Richtung einzuschlagen, erreicht werden. Es werden Beispiele folgender Art gegeben: Gruppe I Die Vps sammeln Bezeichnungen für Gegenstände wie Haus, Maschine u s w . , und es wird gezeigt, daß man vor alle diese Wörter der, die oder das setzen kann. Alle

Wörter, mit denen man so verfah2 ren kann, tragen in der Grammatik dasselbe Etikett ( " X " ) . Für die Rechtschreibung kann nun die einfache Regel aufgestellt werden, daß alle "X" groß geschrieben werden, also auch Wörter, die keine Gegenstände bezeichnen,

z . B . Kenntnis, da man hier die

vor das Wort setzen kann.

1 Der FRANKFURTER KREIS JUNGER LINGUISTEN schlägt z . B . vor, den Grammatikunterricht mit einer theoretischen Einführung zu beginnen. 2 Ich bezeichnete sie mit " X " , um die Vorbelastetheit der traditionellen Termini hier zu vermeiden.

48

Dieses Beispiel und weitere dieser Art leuchten den Vps ein. Ihr Interesse für die Grammatik ist

geweckt. Zugleich wird ih-

nen daraus deutlich, daß ein gewisses Vokabular für den Grammatikunterricht nötig ist

( " X " ) , eine Art Fachsprache, damit man

sich über Erscheinungen in der Sprache unterhalten kann. Gruppe II Es wird dasselbe Ziel mit den Mitteln der traditionellen Grammatik

zu erreichen versucht. Die Vps sammeln Bezeichnungen für Ge-

genstände. Alle diese Wörter werden in der Grammatik mit demselben Etikett versehen

( " X " ) . Man leitet für die Rechtschrei-

bung nun die Regel ab, daß alle "X" groß geschrieben werden, also alle Bezeichnungen für Gegenstände. Der Mensch kann sich aber auch etwas vorstellen, was er gar nicht mit seinen Sinnen begreifen kann, z . B . Mathematik,

Idee.

Diese Bezeichnungen werden, wie die Bezeichnungen für konkrete Dinge, groß geschrieben.

(Duden ( 1 9 5 9 )

1966, § 1225)

Beide Gruppen sind f ü r s erste mit der Durchführung des Grammatikunterrichts einverstanden. Diese Art von Beispielen soll also nicht einer Einführung in den Grammatikunterricht dienen, sondern eher einer Stimulierung auf ihn. Es ist

schwer möglich, sich bei der Frage des Einstiegs

in den Grammatikunterricht auf bestehende Vorschläge zu stützen, was einige Beispiele zeigen sollen. (Es geht im folgenden nicht darum, verschiedene Konzeptionen des Grammatikunterrichts zu erläutern, sondern darum, auf die Probleme hinzuweisen, mit denen die unterschiedlichen Vorschläge zur Einführung des Unterrichts verbunden s i n d . ) HARTMANN setzt bei seinen Vorschlägen zur Einführung in den Grammatikunterricht ein Vermögen und vor allem eine Bereitschaft zur Abstraktion von herkömmlichen sprachlichen Symbolen voraus, die Gymnasialschülern vielleicht gemäß sein mögen, die aber von

49

den Vps, wie es sich während des Unterrichts noch zeigen wird, nicht erbracht werden. Für einen Einstieg bei den Formationsregeln (HARTMANN 1 9 6 9 , 292 f)

fehlen bei den Vps Voraussetzungen

in der Grammatik und in der Zeichensprache der Logik. EICHLER möchte am Anfang seines Grammatikunterrichts den Unterschied Performanz / Kompetenz erarbeiten.

(EICHLER 1 9 7 2 , 91)

Anhand vorgeführter Tonbandaufnahmen kann er unzählige Performanz-Beispiele bringen, der Kompetenzbegriff muß definitorisch eingeführt werden. Die Schüler gleich zu Anfang mit etwas derart Konstruiertem wie dem "idealen Sprecher / Hörer" zu konfrontieren, mit dem EICHLER den Kompetenzbegriff definieren m u ß , scheint mir unangebracht. Außerdem f ä l l t a u f , daß diese Unterscheidung bei EICHLER während der Fortführung des Unterrichtsmodells nicht mehr aktualisiert wird und damit für die Schüler "totes Wissen" bleibt. Der FRANKFURTER KREIS JUNGER LINGUISTEN möchte den Grammatikunterricht mit der Erarbeitung kleinster sprachlicher Elemente beginnen, um auf den Begriff "Lexikon" zu kommen. Danach soll der Regelapparat erarbeitet werden, mit dem aus endlich vielen Wörtern des Lexikons unendlich viele grammatisch richtige Sätze erzeugt werden können (FRANKFURTER KREIS JUNGER LINGUISTEN 197O, 56 f f . ) Da wegen eines gewissen Zeitmangels in dieser Unterrichts reihe das Wort als kleinste Einheit zugrundegelegt wird, fällt eine Einführung nach dieser Methode weg. Bei dem von den Frankfuter Linguisten vorgeschlagenen Weg zur Erarbeitung des Regelapparates werden wieder Grundkenntnisse in der Grammatik vorausgesetzt (der Schüler muß bereits wissen, was ein Prädikat, Subjekt usw. i s t ) , von denen vorher keine Rede war und die ich nicht voraussetzen kann, HOMBERGER setzt die Grundlage der traditionellen Grammatik voraus, für ihn erstrebt die GTG lediglich ... eine Formalisierung der bereits bekannten Daten... (HOMBERGER 1972 a ) , 56 f f . )

50

Diese Voraussetzungen sind bei den Vps nicht gegeben. Die TÜBINGER AUTORENGRUPPE schlägt vor, mit einfachen Aussagesätzen zu beginnen, die durch Verschieben des Verbs zu Fragesätzen, Nebensätzen usw. werden sollen. (MÜLLER / HUNDSNURSCHER / JAUSS

1970, 28) Hierzu ist

es allerdings wieder nötig, daß je-

der weiß, welches Wort im Satz ein Verb

ist.

Folgerung Es scheint nicht sinnvoll, die Vps mit einem theoretischen Vorbau,

den sie bei der konkreten Erarbeitung der Grammatik nicht

sogleich benötigen, zu belasten. Die Vps sollen und wollen nicht "sinnlose" Ketten u . a . bearbeiten (wie es z . B . HARTMANN v e r l a n g t ) , das erhöht nur unnötig das Abstraktionsniveau. Sie können nur schwer mit Sätzen arbeiten, so lange sie nicht die Wörter der Sätze kategorisieren können. Der Grammatikunterricht wird mit der Kategorisierung von Wörtern beginnen müssen. Es zeugt von ziemlicher Praxisferne, wenn die Vorschläge mit Selbstverständlichkeit und Regelmäßigkeit davon ausgehen, daß dieses grammatische Grundwissen bereits bekannt

ist.

4 . 2 . Wortkategorisierung Die Definitionen

der grammatischen Wortklassen sollen einfach

und einleuchtend sein (auf Kosten von wissenschaftlicher Exaktheit und Vollständigkeit). Im Grunde müßten die Wörter in Gruppe I allein durch ihre Funktion, die sie

im Satz ausüben und durch ihre Relation zu

anderen Wörtern dieses Satzes kategorisiert werden, jedoch dies ein sehr komplizierter Weg, den zu beschreiten ich in diesem Falle nicht für sinnvoll hielt.

ist

51

Die verschiedenen Wortkategorien sind den Vps zunächst weitgehend unbekannt, d . h . die Wörter bilden für sie eine mehr oder weniger ungeordnete Masse. Es kommt nun darauf an, eine erste grobe Einteilung vorzunehmen, also Wortkategorien mit leicht erkennbaren Merkmalen zu bilden. Gruppe I Es wird versucht, die Wortkategorien allein von sehr einfachen strukturellen Merkmalen her einzuführen; intuitives Erahnen oder Eindrillen durch eine Vielzahl von Beispielwörtern für eine Kategorie sollen weitgehend vermieden werden. Es werden nur die wichtigsten Kategorien eingeführt. Obwohl h i e r f ü r eine große ist, werden die lateinischen eingeführt. Da die Vps keine mit den Begriffen auch keine binden.

Gedächtnisleistung erforderlich Begriffe für die Wortkategorien Lateinkenntnisse haben, können sie ungewünschten Assoziationen ver-

Substantiv;

Jedes Wort, vor das man der, die oder das setzen 2 kann. (Ausnahme: Eigennamen)

Artikel;

Das Wort, das man immer vor das Substantiv setzen kann. Jedes Substantiv mit seinem Artikel ist zu ersetzen durch Wörter wie ich, du, er, ... Man nennt diese

Pronomen;

Verb:

Wörter Pronomen. Jedes Wort, vor das man ein Pronomen setzen kann.

Adjektiv:

Jedes Wort, das man steigern kann, wie z . B . schön, schöner, am schönsten. Präposition; Ein Wort, das man mit einem Artikel zu einem Wort verbinden kann, z . B . vor dem —

vorm.

1 Eine Assoziation Tätigkeitswort mit Tätigkeit ausüben führte z . B . zu dem Mißverständnis, daß Verben wie liegen, faulenzen usw. keine Tätigkeitswörter seien, also auch keine Verben. 2 In Anlehnung an BCTW ( 1 9 7 0 ) 3 1973, 85

52

Diese Definition ist weitaus anfechtbarer als die anderen, da sie sich nur auf eine Randerscheinung der Präpositionen bezieht, der sich in der Hochsprache nicht einmal alle Präpositionen fügen, z . B . neben, wegen, aufgrund

usw. Es ist

allerdings

schwierig, für diese Kategorie eine andere g r i f f i g e Definition zu finden, die diese Kategorie deutlich von den Artikeln abhebt und die nicht die inhaltliche Ebene berührt. Gruppe II In Anlehnung an den Duden werden hier nicht rein strukturelle, sondern auch inhaltliche Aspekte in die Definitionen der Wortkategorien mit einbezogen. Substantiv: Alle Wörter, die Gegenstände bezeichnen oder unter

Artikel:

Pronomen:

denen der Mensch sich etwas Bestimmtes vorstellt, z . B . P f e r d , Idee, ... (Nach Duden ( 1 9 5 9 ) 2 1 9 6 6 , § 1 2 2 5 ) Die Wörter, die auf einen Gegenstand hinweisen, die ihn unter vielen anderen hervorheben, z . B . der, die das. (Duden ( 1 9 5 9 ) 2 1 9 6 6 , § 1405) Wörter, die das Substantiv vertreten können. Der Artikel begleitet das Substantiv, das Pronomen ersetzt es. Z . B . ich, du, er. (Duden ( 1 9 5 9 ) 2 1966, § 530, § 535)

Verb;

Adjektiv:

Wörter, die etwas darüber aussagen, was geschieht oder was ist, z . B . sagen, laufen, stehen. (Duden ( 1 9 5 9 ) 2 1 9 6 6 , § 50O) Wörter, die die Eigenschaft eines Dings oder eines Lebewesens näher beschreiben und die eng beim Substantiv stehen, z . B . das schnelle Auto. (Duden (1959)

2

1 9 6 6 , § 52O)

Die Definition für die Präposition lautet im Duden

folgender-

maßen: Andere Wörter bezeichnen meist Verhältnisse, die zwischen dem im Substantiv genannten Wesen oder Ding und einem Geschehen oder Sein (Verb), einem anderen Wesen oder Ding (Substantiv) oder einer Stellungnahme (Adjektiv) bestehen. (Duden ( 1 9 5 9 )

53 2

1966,

§ 555) Diese Definition ist

sehr vage. Derartige "Ver-

hältnisse" können z . B . genauso gut mit einem Verb bezeichnet werden. In dem Satz Der Linguist liebt die

Dependenzgrammatik

wird durch liebt das Verhältnis "zwischen dem im Substantiv genannten Wesen" und "einem Geschehen oder Sein" und das Verhältnis zwischen dem "im Substantiv genannten Wesen" und "einem anderen Wesen oder Ding" bezeichnet, d . h . die Definition ist

zu pauschal gehalten, um damit allein Präpositionen ver-

ständlich von anderen Wortarten abzugrenzen. In Anlehnung an SÜTTERLIN wird die Präposition wie folgt eingeführt

(SÜTTERLIN (190O)

3

1910, 3 7 2 , 3 7 3 ) :

Präposition: Wörter, die bezeichnen, wo etwas ist, wohin es soll oder woher es kommt, z . B . an, a u f , neben. In beiden Gruppen werden die Kategorialsymbole sowie die Zuordnung von Wörtern zu den Kategorien so lange geübt, bis

die

Antworten schnell und sicher kommen. Nach mehreren Übungsstunden werden die Bezeichnungen Adverb, Konjunktion und Numerale eingef ü h r t , nach der beschriebenen Methode. Gruppenverhalten Nach einer dieser Übungsstunden entstand in Gruppe II eine erregte Diskussion, die zeigte, wie schwer es für manche Vps war, sich auf den Prozeß eines neuartigen Umgangs mit der Sprache einzulassen.

Dies lag m . E . einerseits am gewählten Einstieg. Durch

ihn wurde nicht deutlich genug, wohin der Unterricht zielt, so daß sich die Vorgabe an Geduld und Bereitschaft

abzuwarten, wann

das Gelernte für die Erarbeitung von Zusammenhängen benötigt wird, bald erschöpften. Andererseits hielten manche Vps beharrlich an ihrem Vorurteil f e s t , Deutschunterricht habe sich lediglich auf die Erarbeitung von Regeln und Ausnahmen in der Rechtschreibung zu beschränken. Sie verlangten den sofortigen Beginn von Rechtschreibeunterricht.

54

RUDI L. wollte sich beim Direktor eine Suspensierung vom Deutschunterricht geben lassen. Andere Vps sprachen sich ebenso lautstark für die Fortsetzung des Grammatikunterrichts aus. Eine Diskussion mit der gesamten Klasse in der nächsten Stunde war erforderlich. In meiner Argumentation sollte versucht werden, auch denjenigen, die sich nur ungern auf eine für sie neue Art der Sprachbetrachtung einlassen wollten, noch plausible Gründe für die Mitarbeit anzubieten. Ich gab zu bedenken, daß es unmöglich sei, ohne Kenntnis der Wortarten sagen zu können, welche Wörter man groß, welche man klein schreibt, daß ohne eine Kenntnis der Grammatik die Zeichensetzung ein Zufallsprodukt sei, daß zum Grammatikunterricht die Hürde der Erlernung von Fachwörtern aber genommen werden müsse. Die Klasse war danach mit weiterem Grammatikunterricht

einverstanden, RUDI L. konnte nicht positiv ge-

stimmt werden; die Gefahr, daß er einem größeren Teil der Klasse die Motivation zur Mitarbeit rauben würde, war jedoch gebannt. Folgende Rechtschreiberegeln wurden erarbeitet: 1. Substantive werden groß geschrieben. 2. Erhalten Adjektive oder Verben die Merkmale der

Substantive,

so werden sie auch groß geschrieben, z . B . der Schöne, das Schwimmen. 3. Alle Wörter einer anderen Wortkategorie werden klein geschrieben.

1 In Dänemark wurde 1948 in den Schulen die gemäßigte Kleinschreibung eingeführt, deren Gebrauch sich bald in der gesamten Öffentlichkeit durchgesetzt hat; bis dieser Schritt auch in der BRD vollzogen sein wird, muß noch viel Zeit für derartige Rechtschreiberegeln aufgewendet werden.

55

4. 3. Der Satz Nachdem die Vps nun fähig sind, Wörter ihrer grammatischen Kategorie zuzuordnen, besteht die Möglichkeit, sie in die Satzanalyse einzuführen. In beiden Gruppen wird der Satz zuerst in zwei Einheiten aufgeteilt. Gruppe I Da die Vps bereits wissen, daß jedes Substantiv durch ein Pronomen ersetzbar ist,

wird die NP (sie wird hier als Substantiv-

gruppe (SG) bezeichnet, um einen völlig neuen Namen zu umgehen) etwas anders als

im BCTW eingeführt:

Substantivgruppe ( S G ) : Eine Wortgruppe (oder ein W o r t ) , die (das)

ersetzbar ist durch eines der Pro-

nomen:ichj

du, er,, wir, ihr·.

Beispiel: Der dicke Hund macht auf die

Straße.

Der Hund

macht auf die

Straße.

Er

macht auf die

Straße.

Daraus folgt: Der dicke Hund ist SG. Die VP wird hier als Verbgruppe (VG) bezeichnet. Verbgruppe ( V G ) ; Eine Wortgruppe, die auf jeden Fall ein Verb enthält. Dieses Verb ist Kern der VG. Beispiel: Der dicke Hund macht auf die

Straße.

Der dicke Hund ist SG, kann also nicht VG sein. Macht ist ein Verb. Macht auf die Straße ist VG. Satz ( S ) :

Ein Satz besteht aus einer SG und einer VG

1 In Anlehnung an BCTW ( 1 9 7 O )

3

1973, 36, 37

56

Schreibweise:

SG

VG

Der dicke Hund macht auf die

Straße

Gruppe II Der Duden gelangt mit Hilfe der Abstrichmethode zur Grundform des Satzes, der aufgegliedert wird in Subjekt und Prädikat. Von den Vps zu verlangen, daß sie das nachvollziehen, was der Duden weiter fordert, nämlich die "Wirklichkeit" aufzuspalten, wenn sie Sätze gliedern, Diese Aufspaltung

scheint mir unangebracht.

einer zunächst nur komplexhaft

wahrgenom-

menen besonderen Wirklichkeit in ein Etwas und in eine

ver-

hältnismäßig

geprägte Aussage über dieses Etwas ist allen un2 seren Sätzen eigentümlich. (Duden ( 1 9 5 9 ) 1 9 6 6 , § 5085) Des weiteren lehnt sich der Duden an die Valenztheorie ERBENS an, ohne den Vorrang des Subjekts aufzugeben, später lehnt er sich mehr an BRINKMANN an; es handelt sich an dieser Stelle also, mit FREY gesprochen, um eine eigene, historisch auf GLINZ

fußen-

de, je ihren besonderen Zwecken angepaßte Konzeption, (FREY 1966, 8) bei der Traditionelles mit Neuem vermengt wird. Eine Kritik des Duden, die wohl angebracht wäre, soll hier nicht geleistet werden. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, daß auch in der neuen Auflage der Duden-Grammatik der Versuch einer Erklärung der Aufteilung von Sätzen in Subjekt und Prädikat unternommen wird, der mit jeder Erfahrung völlig unvereinbar

ist.

(Duden 1 9 7 3 , 49O) Hiernach stellt der Sprecher eines Satzes zunächst aus der Fülle der benannten wirklichen oder gedachten 'Dinge1 der Veit ein Etwas im Kasus des Nominativs hin, wobei es zunächst offen

bleibt, was über dieses Etwas ausgesagt wer-

den soll. Der Sprecher sagt also z . B . Die Rosen...? und er erzeugt so eine Spannung zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit, die allen Sätzen eigentümlich ist. Diese Spannung soll dann durch das Prädikat gelöst werden.

57

Der Hörer vernimmt demnach zuerst die B e n e n n u n g eines Dings (Die Rotten), dann f r a g t er sich g e s p a n n t , .·'..· ·.:.· /.··!;..··

= Zeitpunkt des Sprechens = Festlegung auf einen genauen Zeitpunkt = keine genaue zeitliche Begrenzung

(Präsens)

ich lese das Buch l ich lese morgen das Buch (Perfekt)

ich habe das Buch gelesen < 1 ich habe gestern das Buc i gelesen (Präteritum)

ich kaufte das Buch < 1 ich kaufte gestern das Buch (Futur)

ich werde das Buch lesen l > ich werde morgen das Buch lesen

65

Die Vps sollen an den darauffolgenden Übungen erkennen: 1. Das Adverb gibt einen genauen Zeitpunkt an. 2. Verschiedene Tempora können für die gleiche Zeit verwendet werden. 3. Perfekt und Futur werden durch zusammengesetzte Verbformen gebildet. Das Vollverb im Satz erhält beim Perfekt Partizipform, beim Futur wird es zur G r u n d f o r m . Es kommt hauptsächlich darauf an, daß die Vps die Beziehung zwischen Zeit und Tempus erkennen und mit den Formen, mit denen die Tempora gebildet werden, vertraut werden. Perfekt und Futur bieten von ihrer h ä u f i g diskontinuierlichen Struktur her eine erste Möglichkeit, die Vps zwanglos und unkompliziert in die Arbeit mit zugrundeliegenden und Oberflächenstrukturen e i n z u f ü h r e n . Wenn die Vps einen Satz wie Ich habe das buah gelesen in seine Konstituenten a u f t e i l e n , so bilden sie "automatisch"

fol-

genden Baum:

S.

Pron

Sub s t

ich habe gelesen

das

Buch

1 Vorgehensweise analog zu BCTW ( 1 9 7 0 ) 1 9 7 3 , 1 O 6 , 107. Auch EICHLER spricht sich d a f ü r aus, Transformationsregeln anfangs nicht formalisiert e i n z u f ü h r e n , sondern man erzeugt die verschiedenen '"rans formate intuitiv, verzichtet auf das Schreiben von Transformationsregeln. (EICHLER 1 9 7 2 , 73 f f . )

66

Die Vps haben selbst entschieden, die Ergänzungen der VG im Baum hinter das Verb zu plazieren. Um aus diesem Satz einen "richtigen Satz"

(OS) zu konstru-

ieren, muß aber eine Regel angewendet werden: Die Verbform muß aufgeteilt werden (der 2. Teil des Verbs muß hinter die Ergänzung gesetzt werden):

loh

habe

gelesen

das

Buch

Iah

habe

das Buch

gelesen

Daraus werden zwei wichtige Regeln abgeleitet: 1. Die Personalform steht grundsätzlich direkt hinter der SG. 2. Bei allen Verbformen, die aus 2 Bestandteilen zusammengesetzt sind, wird der Teil ohne Personalendung an das Ende des Satzes gerückt. Die Vps haben gelernt: Man muß an der "ursprünglichen Fassung des Satzes" (zugrundeliegende Struktur) etwas verändern, um den Satz so zu erhalten, wie er "richtig" (OS) ist.

Gewis-

se Regeln (hier die Regel für die Plazierung der diskontinuierlichen Konstituenten der VG) bestimmen, was verändert werden muß. Am Sinn des Satzes ändert sich dabei nichts. Auf die Begriffe Tiefen- Oberflächenstruktur und eine

for-

malisierte Schreibweise der Regel wird verzichtet, da primär verstanden werden soll, welche Aufgabe Transformationen haben und wie sie

funktionieren.

Gruppe II Vorgehensweise nach dem Duden, § 72O ff. Wie in Gruppe I wird auf den Unterschied zwischen Zeit und Tempus hingewiesen, liert

obwohl dies im Duden nicht explizit formu-

ist.

Ausgangspunkt für die Unterscheidung der Tempora sind auch hier der Standpunkt des Sprechers und das Geschehen, von dem die Rede

ist.

67

Präsens: Vom Standpunkt des Sprechers aus läuft ein Geschehen ab. Zusätzliche Zeitangaben können das Geschehen zusätzlich zeitlich eingrenzen, z . B . Iah lese gerade das Buch. Perfekt: Ein Geschehen, das vom Standpunkt des Sprechers aus vergangen ist,

das ihn aber unmittelbar angeht.

Diese Form wird mit haben oder sein gebildet. Prateriturn:Ein Geschehen, das vom Standpunkt des Sprechers aus vergangen und völlig von ihm losgelöst ist. Es gibt 2 Formen der Beugung für das Präteritum: 1. ich kauf-te

Futur:

2. ich ging

Ein Geschehen, das vom Standpunkt des Sprechers aus noch nicht begonnen hat.

Die Formen werden für alle grammatischen Personen geübt. Außerdem bilden die Vps Sätze mit vorgegebenen Verben in den geforderten Tempora. Die Gruppe II wird auf die Stellung des Verbs bei zusammengesetzten Verben im Satz hingewiesen, obwohl der Duden das nicht erwähnt. Beide Gruppen werden aufgefordert, beim Fernsehen, bei Unterhaltungen und in Büchern darauf zu achten, welche Tempusformen erscheinen. Dies soll sie für den Anwendungsradius der Tempora sensibilisieren. Gruppenverhalten Da bei der Besprechung der Tempora Rechtschreiberegeln nicht mit einbezogen werden konnten, wurden einige Vps ungeduldig. Sie meinten, sie hätten in der Praxis zu wenig von der Grammatik.

Dieser Vorwurf wurde in beiden Klassen geäußert, jedoch

jeweils nur von einigen wenigen Personen. Die Gesprächssituation war o f f e n und ungezwungen genug, um zu wissen, daß

68

die anderen nicht aus Angst oder Opportunismus schwiegen bzw. für den Grammatikunterricht eintraten. Um allen gerecht zu werden, gab ich von nun an in beiden Gruppen eine Unterrichtsstunde

wöchentlich Rechtschreibeunter-

richt und nahm die Rechtschreibenormen durch, die mit einer Grammatik nicht erklärbar sind, z . B . radfahren - iah fahre Rad 17 ich bin radgefahren (Duden. Rechtschreibung 1 9 7 3 , 5 5 9 ) oder ein für allemal - ein für· alle Male 17

(Duden. Rechtschreibung

1973, 120). In Gruppe I wurde die Besprechung der Tempora i . a l l g . mit we-

niger Interesse aufgenommen als

der Problemkreis um Formations-

und Transformationsregeln. Daß man mit einfachen Regeln schematisch Sätze bauen k a n n , hatte die Vps s e h r · f a s z i n i e r t . Sie f ü h l ten sich dabei dem "Geheimnis der Sprache" auf der Spur, d . h . die Sätze zeigten sich ihnen als s t r u k t u r i e r b a r e G e f ü g e ,

die

man "durchschauen" konnte. Die auf diesem G e f ü h l basierende Motivation zur Aufmerksamkeit hatte sich erst gegen Ende des Unterrichts über den Bereich der Tempora wieder eingestellt, dann nämlich, als die Vps wieder "handfeste" Regeln erarbeitet hatten,

die sie an allen Sätzen erproben konnten (Stellung des

Verbs im S a t z ) . Die Darstellung der Tempora konnte nicht so befriedigen,

weil hier ein Schema, nach dem jedem Tempus ein-

deutig eine und nur eine Funktion z u f ä l l t , von der Struktur der Sprache her nicht anzubieten w a r . In Gruppe II bereitete es außerordentlich

große Schwierig-

keiten, den Unterschied zwischen P e r f e k t und Präteritum von der gegebenen D e f i n i t i o n her a u f r e c h t zu e r h a l t e n . Für die Vps haben Perfekt und Präteritum die gleiche Funktion zu e r f ü l l e n , sie fanden die D e f i n i t i o n e n haarspalterisch, sinnlos. Dies ging so weit, daß die Vps sich weigerten, diese Definitionen anzuerkennen. Ich las ihnen d a r a u f h i n die entsprechenden Paragraphen aus dem Duden vor. Den Duden akzeptierten sie los;

an sich bedingungs-

dadurch entstand bei manchen Vps nun ein K o n f l i k t zwischen

dem Vertrauen in die Autorität des Duden und dem Vertrauen in

69

das eigene Urteilsvermögen. Der b l i n d e Glaube an die A u t o r i t ä t des Duden war etwas e r s c h ü t t e r t . 4 . 3. 4 . Die Kasus Vor der E i n f ü h r u n g des Passivs müssen die Vps die bisher summarisch als E r g ä n z u n g bezeichneten grammatischen Funktionen der S u b s t a n t i v e genauer k e n n e n l e r n e n . Gruppe I An den F u n k t i o n e n der Substantive P r· i t?, sc.h l äfft

in den beiden Sätzen

H a ns .

Ha y\s schlag t l·' r i t R . wird der U n t e r s c h i e d zwischen Kategorie und F u n k t i o n dargestellt. Die F u n k t i o n e r k e n n t man i . a L l g . bei den Substantiven an den len

(Kasusformen),

in denen sie

Fäl-

im Satz erscheinen; z . B . erscheint

das S u b s t a n t i v der SG immer im 1. F a l l , die Substantive der

Er-

gänzungen erscheinen in anderen F ä l l e n , je nachdem, welches Verb in der VG steht. Auf die M ö g l i c h k e i t , h i e r die Regeln der strikten S u b k a t e g o r i s i e r u n g e i n z u f ü h r e n , wurde

v e r z i c h t e t , weil

dieses Mittel für den angestrebten Z w e c k , die Vps mit den Fällen v e r t r a u t zu m a c h e n , zu u m f a s s e n d und z e i t r a u b e n d gewesen wäre. D i e Fälle werden e i n f a c h m i t Z i f f e r n g e k e n n z e i c h n e t : 1. Fall ( N o m i n a t i v ) 2. Fall

(Genitiv)

3. Fall ( D a t i v ) 4. Fall

(Akkusativ)

Durch Üben mit vielen verschiedenen Verben und deren möglichen Ergänzungen merken sich die Vps die K e n n z e i c h e n , mit deren H i l f e man die e i n z e l n e n Fälle u n t e r s c h e i d e n k a n n und die Stellung der Fälle in einem e i n f a c h e n Aussagesatz mit normaler Satzstellung der Fälle. Das folgende Stellungsschema ist eine Z u s a m m e n f a s s u n g einer Reihe m ö g l i c h e r S a t z f o r m e n :

70

1. Stelle: 1. Fall 2. Stelle: Verb mit Personalendung 3. Stelle: 3. Fall 4. Stelle: 4. Fall 5. Stelle: Verb ohne Personalendung Der 2. Fall wird in beiden Gruppen vorerst nur in der Funktion der Erweiterung (Attribut) von SG bzw. Sg dargestellt: Das Haus des Mannes . . . Gruppe II Die Unterscheidung zwischen Funktion und Kategorie wird im Duden nicht eindeutig getroffen. Die z . T . spitzfindigen Unterscheidungsmerkmale der "Objekte" nach "verschiedenen Bedeutungs2 Inhalten" (Duden ( 1 9 5 9 ) 1 9 6 6 , 532) können den Vps nicht zugemutet werden, da sie mit einer solchen Terminologie nicht zu arbeiten gewöhnt sind. Z . B . wird das "Dativobjekt" wie folgt erklärt: Der Sohn dankt dem Vater·. Auch in diesem Satz ist das im Prädikat ausgedrückte Verhalten des Subjekts auf ein zweites Wesen gerichtet. Dieses Wesen wird aber nicht (...) unmittelbar getroffen und in seinem bisherigen Zustand verändert. Es bleibt von dem Verhalten des Subjekts unberührt, weil sich ihm dieses Verhalten lediglich zuwendet. (Duden ( 1 9 5 9 ) 1 9 6 6 , 532) Hier und an anderer Stelle im Duden wäre FREYs Kritik wohl angebracht, die fordert:Ein sprachlicher Ausdruckt seine Bedeutung und das mit ihm Gemeinte sind je verschiedene Dinge, sie dürfen nicht verwechselt und vermengt werden; und wiederum einer anderen Ebene gehören an die linguistischen Kategorien und ihre Namen. (FREY 1 9 6 6 , 9) Die Erfahrungen bei der Einführung von Sg und Sa lassen vermuten, daß solche Definitionen wie oben aus dem Duden zitiert beiseitegeschoben werden, so daß ich von vornherein darauf verzichte und lediglich die H i l f e der verschiedenen Fragemöglichkeiten anbiete:

71

1. Fall: wer oder was ...? 2. Fall: wessen

...?

3. Fall: wem . . . ? 4. Fall: wen oder was . ..? Es folgen, wie in Gruppe I,

Übungen zur sicheren Anwendung

der Fälle. Gruppenverhalten ERWIN SCH. und HEINRICH S. aus Gruppe I sowie RUDI L. aus Gruppe II verwechselten nach wie vor die 3. und 4. Fälle miteinander.

Sie schrieben z . B . loh gebe den Mann das Geld. Beim De-

klinieren der Substantive tauchte dieser Fehler nicht a u f , sondern erst beim Bau der Sätze. Es liegt bei diesen Vps entweder eine andere Kompetenz zugrunde ( z . B . D i a l e k t ) , die die Unterscheidung zwischen Dativ und Akkusativ nicht kennt, oder es fehlt an dem Wissen, welche Verben welche Fälle verlangen. Natürlich konnte man von den Vps nicht verlangen, daß sie

die

Verben und ihre Valenzen auswendig lernten. Das eingeführte traditionelle Fragen nach den Fällen half auch nicht, da diese Vps die Fragen genauso verwechselten wie die Fälle selbst, die mit ihnen erfragt werden sollten. Es blieb nichts weiter übrig, als

daß die 3 Vps sich durch spezielle Übungen nach folgendem

Schema eine gewisse Sicherheit zu erwerben versuchten: Der· Mann sieht ...

(Kind,

Ich helfe

(Bettler,

...

Arbeiter, Hund, Frauen, Kind, Arbeiter,

Häuser)

Schüler)

4. 3. 5. Das Passiv Gruppe I Vorgehensweise in Anlehnung an HÄRTUNG (HÄRTUNG 1 9 6 2 , 9O - 1 1 4 ) Die Präpositionalphrasen

werden als Präposition mit Ergänzung

(Präp + Erg) eingeführt. Ausgangssätze: 1. Der Fahrer sieht das Verkehrszeichen. 2. Der Arzt hilft

dem Kranken.

3. Der Lagerhalter führt

über alle Bestände Buch.

72 ad 1 .

Art

Sub s t

der

Fahrer

sieht das

Verkehrszeichen

Den Vps werden folgende Regeln vorgegeben, mit denen sie den Satz umbauen sollen: Ursprünglicher Satz

zu bildender Satz

(Aktivsatz)

(Passivsatz)

(Präp+Erg)

2.

1. Fall V

3.

4. Fall

1. Fall

1.

(werd-+Pers.endung)+(ge-+V+t/en)

Die Umstellungen brauchen nicht extra in einer Regel gefaßt zu werden, da die Vps davon ausgehen, daß das Substantiv der SG im 1. Fall steht, die SG am Anfang des Satzes und die Ergänzungen hinter dem Verb mit Personalform stehen. Die Klammern stehen nicht für Fakultativität, sondern binden zusammengesetzte Ausdrücke. Diese Klammern werden verwendet, um mit möglichst wenigen B e g r i f f e n auszukommen. Anwendung der Regeln 1, 2 und 3:

73

Der Fahrer

sieht

das

Verkehrszeichen 3.

Das Verkehrszeichen wird gesehen von dem Fahrer Permutation des P a r t i z i p s : Das Verkehrsseichen wird gesehen von dem Fahrer

Das Verkehrszeichen wird von dem Fahrer gesehen

Aus der zugrundeliegenden Struktur des Satzes können sich also zwei Formen entwickeln, die von der Bedeutung her gleich sind, weil die zugrundeliegende Struktur die gleiche

ist.

Es wird des weiteren auf die Möglichkeit der Teilung der ursprünglichen SG im Passivsatz hingewiesen (das

Verkehrszei-

chen wird gesehen)- Diese Möglichkeit besteht allerdings nicht für alle Sätze. Die Sätze 2. und 3. werden in ähnlicher Form e i n g e f ü h r t , mit entsprechend

anderen Regeln. Dies f ü h r t zu den allgemeinen

Regeln für alle Umformungen von Aktiv- zu Passivsätzen: Aktivsatz

Passivsatz

1 . 1. Fall

(Präp+Erg)

2. V

(werd-+Pers.form)·

3. 4. Fall

1 . Fall

4. 3. Fall

3. Fall

5.

(Präp+Erg)

(Präp+Erg)

(ge-+V+t/en)

Die Umwandlung von Aktivsätzen in Passivsätze wird in den

74

meistverwendeten Tempora (Präsens, Perfekt, Präteritum) geübt, um den Vps die Angst vor den komplizierten Verb-Konstruktionen zu nehmen. Gruppe II Vorgehensweise nach dem Duden, § 830. Zwei Sätze, ein Aktiv- und ein Passivsatz werden einander gegenübergestellt:

1. Der Hund frißt die Wurst. 2. Die Wurst wird (vorn Hund)

gefressen.

An den beiden Sätzen wird dargestellt, daß beim Passivsatz eine andere Sehweise vorliegt als beim Aktivsatz: Beim Aktivsatz liegt das Hauptgewicht bei dem, der die Handlung ausführt. Beim Passivsatz nicht, was sich auch daran zeigt, daß der ursprüngliche Sg des Aktivsatzes im Passivsatz weggelassen werden kann. Der Duden spricht von "'täterbezogenem 1 Geschehen" im Aktivsatz und von "'täterabgewandtem 1 Geschehen" im Passivsatz . Nach dieser Beschreibung der unterschiedlichen Sehweisen beim Aktiv- und Passivsatz werden Passiv-Konjugationen für die Tempora Präsens, Präteritum und Perfekt in einer Tabelle erf a ß t . Vorgegebene Aktivsätze müssen nun ins Passiv umgewandelt werden und desgleichen Passivsätze ins Aktiv. Gruppenverhalten

Die Mitarbeit in Gruppe I war angeregt. Wieder zeigten die Vps Freude am Arbeiten mit Regeln, mit Strukturbäumen etc. Nachdem ihnen die Ableitung von Passivsätzen keine Schwierigkeiten mehr bereitete, begannen sie, kritisch zu fragen, warum es im Deutschen diese beiden syntaktischen Varianten überhaupt gibt. Hier mußten die begrenzten Möglichkeiten dieser Grammatik, die sich darauf beschränkt, sprachliche Erscheinungen syntaktisch zu beschreiben, zugegeben werden. Da dies die Vps nicht voll befriedigte, machte ich sie erneut auf die im Passivsatz bestehende

75

Möglichkeit, die SG des Aktivsatzes zu tilgen, aufmerksam und deutete an Beispielen folgender Art die möglichen Konsequenzen dieser Tilgung an: Es könnte in den Nachrichten z . B . entweder h e i ß e n : A m e r i k a n i s c h e Soldaten warfen

Uapalmbombe n über viet-

namesische Dörfer afo.Oder : Über vietnamesischen Dörfern wurden Napalmbomben abgeworfen. Der Zuhörer e r f ä h r t einmal, wer der "Täter" ist, das andere Mal nicht. Ich machte aber darauf aufmerksam, daß die Frage der Verwendungsmöglichkeiten syntaktischer Varianten u . a . in ein anderes Gebiet f ä l l t , in dem die Grammatik eine H i l f s f u n k t i o n einnimmt, ohne die und mit der allein eine Antwort auf derartige Fragen nicht gegeben werden kann. In Gruppe II wurde die Frage nach dem Sinn der Passivkonstruktion eines Satzes nicht gestellt, die einleitend gegebene Begründung schien voll auszureichen. Wenn in Gruppe I auch die Erarbeitung der Passivkonstruktion eine längere Zeitspanne als in Gruppe II in Anspruch nahm, so bereitete später das Bilden derartiger Sätze geringere Schwierigkeiten, hingegen mußte in Gruppe II nach einer kürzeren Einführung die restliche Zeit für Geläufigkeitsübungen voll ausgeschöpft werden, bis eine annähernd gleiche Sicherheit beim Bilden von Passivsätzen in beiden Gruppen erreicht war. Am hartnäckigsten hielt sich in Gruppe II der Fehler, Tempus und Passiv miteinander zu verwechseln, so daß bei einer geforderten Umwandlung eines Aktivsatzes in einen Passivsatz das Tempus verändert wurde bei Beibehaltung der Aktivstruktur bzw. mit der Umbildung des Satzes in die Passivstruktur das Tempus mit verändert wurde.

76

4. 3. 6. Syntagmatische und paradigmatische Relation Bei den Übungen konnte immer wieder festgestellt werden, daß die Vps "Fehler" folgender Art machten: "Bleistift und Papier gehört zum Arbeitsmaterial des Büroanges t e l l t e n . " (Aus einer Übungsarbeit mit Gruppe I) Das liegt daran, daß die Vps bisher noch nicht auf die syntagmatische Relation zwischen den Elementen eines Satzes, z . B . auf Kongruenzverhältnisse, aufmerksam gemacht worden sind. Dies soll im nächsten Abschnitt des Unterrichts geschehen. 4. 3. 6. 1. Darstellung der syntagmatischen Relation

1

Gruppe I Gegeben sei der Satz Der· Mann arbeitet. Da, wie bereits erk l ä r t , jedes (Subst + A r t ) durch ein Pronomen ersetzbar ist, kann der obige Satz verändert werden zu ET arbeitet. Die Vps erkennen selbst, daß jeder grammatischen Person eine ganz bestimmte Endung des Verbs entspricht (die Endungen kennen die Vps bereits; siehe S. 62 f. ds. A r b e i t ) ; hieraus entwickeln wir folgendes Schema: SG

Stamm des Verbs Endung des Verbs

ich

arbeit· arbe^t

[du er (sie)(es) wir ihr sie

arbeit arbeit arbeit arbeit

est ] et en et en

1 Vgl. allgemein dazu SAUSSURE ( 1 9 1 6 )

1 9 6 7 , 147

ff.

77 Aus der Tabelle wird abgeleitet, daß eine Beziehung besteht zwischen der SG und dem Verb der VG. Nach der grammatischen Person, die in der SG erscheint, richtet sich die Endung des Verbs. Dies wird in einem Stammbaum noch einmal verdeutlicht:

SG

VG

I

Pron

v

Stamm

Endg.

(J.Pers. Einzahl)

er

arbeit

et

Gruppe II Die Syntagmatische Relation zwischen Sg und Verb wird im Duden mit einem Satz angedeutet: Alles Sein und Geschehen, das die Wortart Einfluß 2

Verb bezeichnet, vollzieht sich (...)

eines jeweiligen Geschehansträgers.

unter den

(Duden ( 1 9 5 9 )

1 9 6 6 , § 670) Die Grammatik von W. JUNG befaßt sich eingehender mit dem

Problem der "Zuordnung": Zuordnung, Nebenordnung,

Unterord-

nung, Dirksame Faktoren nicht nur des gesellschaftlichen bens, sondern der Wirklichkeit überhaupt, unsere Satzfügungen.(JUNG

(1966)

3

Le-

kennzeichnen auch

1 9 6 8 , 12) Nach dieser allge-

meineren Einführung sog. "wirksamer Faktoren" befaßt sich JUNG mit dem Faktor "Zuordnung". Die folgende Definition ist zu der von JUNG gebildet:

analog

78 Z u o r d n u n g : D a s , was ausgesagt wird und das, worüber man etwas aussagt, das heißt Sg und Sa, stehen in einem grammatischen Verhältnis zueinander: Der Sg und das Verb der Sa müssen in der Zahl

(Numerus) und in der gramma-

tischen Person übereinstimmen. Beispiel: ''ifi

fährt.

W-L r

lesen.

Zahl

Einzahl

Einzahl

Mehrzahl

Mehrzahl

Person

3.Pers.

3.Pers.

1 . Pers.

1 . Pers.

Die M ö g l i c h k e i t , die vorher schon im Unterricht

eingeführ-

ten Verbendungen an dieser Stelle zu wiederholen, wird in den folgenden Übungsstunden g e n u t z t : Beispiel: Welche Endung muß das Verb haben? Die Kinder1 lauf. . . t',i>sen nah m v a k . . . 4. 3. 6. 2. D a r s t e l l u n g der paradigmatischen Relation Gruppe I Die paradigmatische Relation wird so veranschaulicht, daß unter die terminalen Symbole eines Strukturbaumes mögliche Alternativen a u f g e z ä h l t werden, die jeweils ein terminales Symbol ersetzen können. A r t , kann demnach erweitert werden zu der, oder das usw.; Subst zu Mann,, Mutter oder Katze usw.

die

79

Art

Erg

Subs t

/

Stamm

Endg

A:rt

Sub st

der

Mann

fähr

t

das

Auto

die

Mutter

kauf

t

die

Butter

das

Kind

spiel

t

das

Spiel

die

Affen

ess

en

die

Bananen

• • •

• • •

• •

* • •

• * •

• • •

Gruppe II Die paradigmatische Relation wird in Gruppe II an gewissen Sonderfällen veranschaulicht (Siehe 4 . 3 . 6 . 3 . ) . 4. 3. 6. 3. Koordination in SG und VG (Nebenordnung) Gruppe I Gegeben seien folgende beiden Sätze: 1. Hans arbeitet. 2. Peter arbeitet. Frage: Wie kann man den Inhalt dieser beiden Sätze in einem einzigen Satz ausdrücken? Antwort: Hans und Peter arbeiten. in CHOMSKY 1957, 35 f f . )

(Analog zur Argumentation

80

Der Prozeß, der nötig ist,

um aus den Sätzen 1. und 2. einen

einzigen Satz zu bilden, wird wie folgt veranschaulicht:

Subet 1

Stamm

Hans

und ·und die Kinder gehen Die Kinder gehen spazieren.)

spazieren.

81

Gruppe II Die Konstruktion der Nebenordnung wird in dieser Gruppe anhand des Duden und der Grammatik von JUNG erarbeitet. 2

1 9 6 6 , § 670; JUNG ( 1 9 6 6 )

3

(Duden ( 1 9 5 9 )

1968, 12)

Nebenordnung; Wörter oder Satzteile werden gleichwertig im Satz nebeneinandergesetzt. Beispiel: Vg t er und Mut t er gehen

einkaufst.

Die nebengeordneten Satzteile werden entweder unverbunden nebeneinandergestellt oder durch Konjunktion verbunden. Die unverbundenen nebeneinandergestellten Satzteile trennt man in der Schreibweise i. allg. durch Kommata. Folgende Zeichensetzungsregeln wurden zusätzlich in den Grammatikunterricht eingebaut: Die Interpunktionsordnungen bei den Konjunktionen und, oder, sowohl - als auch, sowie und entweder oder. Gruppenverhalten

Beide Gruppen haben den Stoff interessiert aufgenommen. Da während dieser Zeit im Fernsehen gerade das Problem der Rechtschreibereform in der Sendung "Pro und Kontra" aufgeg r i f f e n worden war, entstand in Gruppe I (hier war tags darauf Deutschunterricht) eine Diskussion um dieses Thema. Es zeigte sich dabei, daß diese Gruppe die Rechtschreibenormen mittlerweile nicht mehr mit derselben Ehrfurcht und Angst betrachtete, wie man es zu Anfang des Unterrichts beobachten konnte, sondern daß sie Unmut und Ärger über die für sie lästigen Reglementierungen empfand. Die Gruppe möchte durchsetzen, daß bei ihrer Prüfung der Rechtschreibe-Duden benutzt werden d a r f , damit wenigstens ein Teil der Rechtschreibe- und Zeichensetzungsfehler vermieden werden kann.

82

4. 3. 7. Zwischenbemerkung Nach der Einführung der Frage- und Befehlssätze, die hier aus Raumgründen nicht näher dargestellt werden sollen, die aber in beiden Gruppen nach entsprechenden Methoden verlief, kann gesagt werden, daß die Gruppen nun das Wichtigste über den Bau einfacher Sätze wissen. Es muß auf dieser Grundlage basierend die Bauweise komplizierterer Satzkonstruktionen erarbeitet werden. Für Gruppe I heißt das, daß das Problem der Satzeinbettung, das bei der Darstellung der Nebenordnung implizit mitschwang, an einigen exemplarischen Fällen dargestellt werden muß, für Gruppe

II,

daß Nebensätze behandelt werden müssen. 4. 3. 8. Der Relativsatz Gruppe I Es soll Aufgabe dieses Teilschritts im Grammatikunterricht sein, die Vps mit dem Konstruieren von Einbettungsstrukturen vertraut zu machen, ohne sie durch einen zu umfangreichen Regelapparat zu verwirren. Aus dem gleichen Grunde gehe ich bei der Ableitung von Einbettungsstrukturen von jeweils selbständigen Einfachsätzen aus. Den Vps werden Satzpaare vorgegeben: 1 . a ) Der Arzt ist

SG

berühmt.

VG

Art Subst

V

Adj

l l l

der Arzt ist

berühmt

b) Der Arzt kommt heute.

SG

\

Art Subst

I I

VG

7\ V

Adv

l

der Arzt kommt heute

83

2 . a ) Der Arzt ist

berühmt.

b)Ic7z treffe

S

S

Art

Adv

Pron

Subst V

der Arzt ist

den Arzt morgen,

ich treffe

berühmt

den Arzt morgen

Es soll nun versucht werden, derartige Satzpaare zu einem einzigen Satz zusammenzufassen, ohne ihre Bedeutung zu verändern. 1. In beiden Sätzen der jeweiligen Satzpaare ist

von demselben

Arzt die Rede. Man kann nun die Aussage in Satz b) als attributiven Zusatz in den jeweiligen Satz a) einfügen ( e i n b e t t e n ) , und zwar hinter das ( r e f e r e n z ) g l e i c h e Bezugswort Arzt. 2. In dem (referenz)gleichen substantivischen Ausdruck des so eingefügten (eingebetteten) Satzes wird anschließend das Substantiv (Arzt) getilgt. 3. Wenn der ( r e f e r e n z ) g l e i c h e substantivische Ausdruck im einzufügenden (einzubettenden) Satz nicht SG ist, muß nach der Tilgung des Substantivs der Artikel (=Relativpronoraen) an den Anfang des eingefügten (eingebetteten) Satzes gerückt werden. 4. Schließlich gibt eine letzte Regel an, daß im eingefügten (eingebetteten) Satz b) das Verb mit Personalendung an das Satzende geschoben wird. Anwendung dieser Regeln für das Satzpaar 1. 1. Der Arzt

ist

berühmt,

der Arzt kommt heute 2. Der Arzt

ist berühmt. der

kommt heute

Der Arzt

^s£ berühmt, der heute kommt

84 Der eingefügte Satz wird durch Kommata vom Satz a) getrennt: Der Arzt, der heute kommt, -ist berühmt, Anwendung dieser Regeln für das Satzpaar 2. 1. Der Arzt ist berühmt. ich treffe den Arzt morgen 2. Der Arzt

ist iah treffe

den

morgen

3. Der Arzt

ist den ich treffe

berühmt.

berühmt.

morgen

4. Der Arzt

ist berühmt. den ich morgen

treffe

Der eingefügte Satz wird durch Kommata vom Satz a) getrennt: Der Arzt, den i