Unsere Kolonien, deren Verwaltung und Werth. Kritische Abhandlung

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German Pages 54 Year 1902

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Unsere Kolonien, deren Verwaltung und Werth. Kritische Abhandlung

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Unsere Kolonien , deren Verwaltung und Werth . Kritische Abhandlung von ; D

r

-

Friedl Martin

Kgl . bayr . wirkl . Rath , ehemals

comm . Bezirksamtmann

von Kamerun .

Motto

:

Ik wil gelezen worden ! Ja ik zal gelezen worden ! Aan U draag ik myn boek op Willem III , Koning Grootherzog Prins . . . . meer dan Prins , Grootherzog , Koning . . . . Keizer van het prächtig rijk van Insulinde , dat zieh daar slingert om den evenaar als een gordel van smaragd ! Max Havelaar von Multatuli . München .

VerLag von August Schupp 1902

.

Vorwort Seit Jahren sclion trage ich mich mit dem Gedanken , ein¬ anal weiteren Kreisen die Wahrheit über die Mängel unserer Kolonien und deren Verwaltung darzulegen , Allein die Hoffnung , dass von selbst zugleich mit den stets wachsenden .Misserfolgen sich auch die richtige Erkenntniss bei unseren leiten¬ den Persönlichkeiten einstellen möchte , hat mich bisher davon abgehalten . Nachdem sich aber unser koloniales Budget von Jahr zu Jahr um Millionen erhöht , die erhofften Erfolge aber immer noch ausbleiben und nicht abzusehen ist , wann diese endlich kommen werden , während die ersteren menschlicher Be¬ rechnung nach stets weiter steigen werden , habe ich mich zur Herausgabe der nachfolgenden Zeilen entschlossen . Ich bin mir wohl bewusst , dass ich mir dadurch eine grosse Menge G-egner schaffe , aber das Beispiel jenes edeldenkenden Menschen , dessen Schlussworte aus seinem berühmtesten Werke ich mir zum Motto genommen habe , gibt auch mir die Kraft , allen etwa kommenden Angriffen ruhig entgegen zu sehen . Yi eleicht wird auch mir der Erfolg zu Theil , den Douwes Dekker am Ende seines herrlichen Buches .„ Max Havelaar ' ' sich herbei wünscht . Sollte - der Mann , der jetzt Deutschlands Ge¬ schicke lenkt , je diese Zeilen in die Hände be¬ kommen , ich bin überzeugt , sein scharfer Geistwird .gar bald erkennen , dass hier Jemand gesproche n hat , dem es einzig und allein darum zu thun ist , die Wahr¬ heit zur Geltung zu bringen und unser von allen geliebtes Yaterland , womöglich vor schweren finan¬ ziellen Schäden zu beschützen ! Damit ich aber nicht , wie als „ Polytropos " von oben herab als Unberufener im Streite hingestellt werde , setze ich meinen vollen Namen auf die erste Seite dieser Abhandlung und führe •einige Daten aus meinem Leben an ! Ich habe vom Jahre 1884 •bis 1892 in Sumatra als Pflanzer gearbeitet . In den Jahren

1892 bis 1893 bereiste ich den Kongo staat in zwei grösseren Touren von Banana längs der Küste bis in die französische Kolonie G-abun und von Matadi bis zu den Stanley fällen . Ich war damals ausgesandt , den Boden dieses Landes auf seine Taug¬ lichkeit zum Plantagenbau zu untersuchen . Mein s . Z . gefälltes ,, nicht allzu günstiges Urtheil * dürfte heute Loch nicht wider¬ legt sein . Das Jahr 1894 fand mich wieder in Sumatra . Im folgen¬ den bereiste ich Britisch Indien . Im Jahre 1898 endlich ging ich nach Kamerun , von wo ich in 1899 wieder zurück¬ kehrte . Vom Jahre 1884 bis zum Jahre 1899 war ich alsofast fortwährend in den Tropen als Pflanzer und als Be¬ amter thätig . Ich habe neben dem freien Kongostaat englische , holländische , portugiesische , spanische und deutsche Kolonien gesehen und kennen gelernt und mir somit sicher die Berech¬ tigung erworben , ein Urtheil über Tropenkolonien zu fällen . Schon als ich im Jahre 1893 von der staatswirthschaftlichen Facultät der Münchener Universität zum Doctor promoviert wurde , widmete ich meine Dissertation * * unseren kolonialen Yerhältnissen . Aber wer liest eine Doctorschrift , deren es in Deutschland alljährlich gewiss Hunderte gibt ! Und doch haben die dazwischen liegenden 8 Jahre meine damals aufgestellten Behauptungen bezüglich des "Werthes und der Verwaltung unserer Schutzgebiete noch nicht zu widerlegen vermocht . So erhebe ich denn von neuem und kräftiger meine Stimme ,und hoffe nur , sie möge zum "Wohle unseres geliebten Vater¬ landes diesmal nicht ungehört verhallen ! München , im Januar

1902 .

Dil

F

. Martin ,

* ) Ai'rikanicche Skizzen von F . Martin . München 1894 . LindauerscheBuchhandlung . * * ) Ueber die Aussichten der kolonialen Bestrebungen Deutschlandsvon F . Martin . München 1894 . Lindauersche Buchhandlung .

Ich habe mich schon oft gewundert , dass ausser den kurzen , zumeist von interessirten Kreisen inspirirten und dabei mög¬ lichst rosig abgefassten Notizen noch nirgends eine ernste und aus einer berufenen Feder stammenden Kritik unserer afrika¬ nischen Kolonien zu lesen war . Ich muss hier gleich bemerken , dass ich unter „ Berufenen " keineswegs jene Leute verstehen kann , welche zwar längere Jahre in einer unserer Kolonien zu¬ gebracht haben , denen aber , da sie keine fremden Kolonien aus eigener , praktischer Erfahrung gründlich kennen , jeder verglei¬ chende Massstab dafür fehlt , wie eine „ gute Kolonie " eigentlich beschaffen sein soll ! Diese Sorte von „ Berufenen " dürfte bei uns allerdings ziemlich selten sein , da eben die meisten unserer Landsleute , die im tropischen Auslande waren , kein Verlangen tragen werden , dies mit einem ständigen Aufenthalt in einer deutschafrikanischen Besitzung zu vertauschen . Ferner spricht hier der Umstand mit , dass die Bewohner unserer Kolonien mehr oder minder an diesen interessirt sind und daher kaum Lust ver¬ spüren ohne dringende Grründe ihre etwaigen schlimmen Erfah¬ rungen in der Oeffentlichkeit bekannt zu geben . Einigermassen ist auch unsere bessere Presse selbst an diesem Mangel an guter Berichterstattung schuld , da die wenigsten Organe bereit sind , Artikeln , welche unsere kolonialen Missstände , sei es auch in noch so unparteiischer Form , beleuchten , in ihren Spalten Ein¬ gang zu gewähren , da man sich nicht gerne mit dem auswärtigen Amte überwirft . Mittheilungen dieser Stelle über die grosse Weltpolitik und was hiermit zusammenhängt , sind eben für eine grosse Zeitung doch viel wichtiger als alles Uebrige ! Zudem nimmt unsere gute Presse zum grossen Theile und zwar mit vollem Rechte einen kolonialfreundlichen Standpunkt ein . Es fehlt ihr aber an dem richtigen Urtheil , um eine gesunde und berechtigte Kritik von einer kolonialfeindlichen Hetzerei unter¬ scheiden zu können . So kommt es , dass der Deutsche bisher sein Wissen über Afrika und unsere dortigen Besitzungen entweder den obenerwähnten Notizen , den Reiesberichten des einen oder anderen unserer sogenannten Afrikaforscher , oder den Vorträgen der zumeist auf Rechnung und Veranlassung der Kolonialge¬ sellschaft reisenden Wanderprediger zu verdanken hat . Nirgends

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wird er hierbei die volle Wahrheit erfahren . Einmal ist es nämlich klar , dass Notizen und Vorträge mit Rücksicht anf deren Ver¬ fasser und den Zweck , dem sie dienen sollen , nicht immer ganz , uupartheiisch gehalten sind . "Was aber die Reisebeschreibungen betrifft , so muss man sich manchmal wundern , was dem naiven Leser oft geboten wird . Man braucht hier gar nicht immer an einen Dolus der Verfasser zu denken , wenn man weiss , wie leicht der Spott¬ Neulinge in den Tropen durch ihre Leichtgläubigkeit zum Opfer fallen , wie falsch ferner lust der Festangesessenen sich im Geiste des von den neuen und fremden Eindrücken bei¬ nahe überwältigten Reisenden die einzelnen Dinge wiederspiegeln ! Und leider hat ja fast Jeder , der zum erstenmale eine Reise gefühlt , seine hat , das Bedürfniss nach Afrika unternommen wunderbaren Erlebnisse , seine wichtigen und für unsere Kolonien Erfahrungen in einem Buche zu veröffent¬ so nutzbringenden lichen , sich selbst aber in die Reihe der Forschungsreisenden und Afrikakenner einzustellen ! — So lange nun unser Kolonial¬ budget sich in bescheidenen Grenzen hielt , konnte man diesem Thun und Treiben gelassen zusehen ! Heute aber , wo sich das¬ als beläuft , von denen mehr selbe auf rund 41 Millionen werden müssenj gedeckt Regierungszuschuss 33 durch mit Mühe und Noth während nur 7 , also ein Sechstel und Zölle möglichen aller Heranziehung unter wer¬ aufgebracht selbst von den Kolonien Steuern Zentralbahn den ; wo ferner die Erbauung der ostafrikanischen von vielen Millionen hundert einigen von mit einer Ausgabe Seiten als unbedingt nöthig hingestellt wird , so dass sich unsere kolonialen Aufwendungen ins Uferlose zu verlieren drohen ; heute also wird es Zeit , der Frage näher zu treten , ob denn unsere Kolonien wirklich derartig sind , dass solch ' ungeheure Ausgaben er¬ als gerechtfertigt hierfür auch nur einigerm . assen scheinen können ! Wenn ich nun in dem Nachfolgenden in einer sich zumeist auf amtliches und daher unanfechtbares Material stützenden Aus¬ führung beweisen werde , dass dies , was wenigstens unseren afri -^ kanischen Besitz anlangt , nicht der Fall ist , so möchte ich nicht r dass daraus meine Leser den Schluss ziehen , ich sei ein Kolonial¬ gegner . Mir ist vielmehr voll und ganz bewusst , wieviel wir unseren Kolonien , wenn allerdings manchmal auch nur indirect , für das Wachsen und Gedeihen des deutschen Reiches zu danken haben . Ich bin auch nicht gesonnen , darüber mit Stillschweigen hinweg zu gehen . gegen also keine Hetzschrift sollen Diese Zeilen im allge¬ und die Kolonien Kolonialbehörden unsere . ohne positive Negation mein en un d keine absolute

Vorschläge bilden , wie sie zumeist von unseren Ko¬ lonialgegnern zur Verwendung kommt , sie sollen vielmehr die Mängel unserer Verwaltung und un¬ seres kolonialen Besitzes selbst , ebenso wie dessen Vortheile unpartheiisch schildern und uns zeigen , was wir allenfalls von demselben zu hoffen haben . Dass mein Urtheil als das eines „ Berufenen " angesehen werden kann , glaube ich , ohne unbescheiden zu sein , behaupten zu dürfen , gestützt auf meine Erfahrungen , die ich innerhalb eines Zeitraumes von 15 Jahren in holländischen , englischen und deutschen Kolonien und im freien Kongostaate in verschiedenen Lebensstellungen zu sammeln Gelegenheit hatte . Da ich zuletzt nach unseren deutschen Kolonien kam , war mir natürlich die Möglichkeit eines Vergleiches im weitesten Masse gegeben ! — Im Jahre 1884 legte unser Vaterland den Grund zu seinem heutigen überseeischen Besitz , seitdem ist man eifrig bestrebt , ihn auszubauen und zu verwerthen . Hierbei hat sich nach ver¬ schiedenen Versuchen als feststehende oberste Behörde die Ko¬ lonialabtheilung heraus gebildet . Man muss aber auch diese nur als eine vorübergehende Institution betrachten . Da wir unseren kolonialen Besitzstand höchstens noch vergrössern , nie aber herabsetzen werden , so ist heute schon der Wunsch und das Verlangen nach einem Kolonialamt , dessen Vorstand dem der übrigen Reichsämter in jeder Hinsicht gleichgestellt ist , ein voll¬ kommen berechtigter . Einerseits liegt es in der Natur der Sache , dass dem Reichskanzler , dem ja bis jetzt noch die Kolo¬ nialabtheilung untersteht , in Folge seiner eminent wichtigen Stellung andere Dinge viel mehr am Herzen liegen müssen , als koloniale Angelegenheiten . Er hat wichtigere Materien , für die er mit seinem ganzen Einnuss , sei es dem Auslande , sei es dem Reichstage oder dem mit seinem Stifte so gefürchteten Reichs¬ schatzamt gegenüber eintreten muss . Er wird vielmehr die Erstere nur als eine unangenehme und leider zumeist auch undankbare Beigabe zu seinem "Wirkungskreise betrachten , wenn er nicht gerade Kolonialschwärmer ist . Andererseits aber ist der Kolonial¬ direktor , dem also naturgemäss die Vertretung dieses Zweiges überlassen werden muss , infolge seines minderen Ranges nicht in der Lage , besonders demReichsschatzamt gegenüber mit der nötigen Energie aufzutreten . Da heute schon die Kolonialabtheilung einen kleinen Staat für sich im grösseren des auswärtigen Amtes bildet , wäre deren Umwandlung in ein eigenes Reichsamt ohne Schwie¬ rigkeiten und ohne allzugrosse Kosten , die sicherlich gegenüber den übrigen Aufwendungen für unsere Kolonien nicht in ' s Ge¬ wicht fallen würden , leicht zu bewerkstelligen .

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Viel schwieriger gestaltet sich dagegen die so eminent in unserem der Stellen Frage der Besetzung wichtige . Leider hat man sich hier von der alten neuen Reichsamte Ansicht , dass nämlich nur Juristen und immer nur wieder Juristen als geeignet und berufen für alle höheren Staatsstellen , die mili¬ tärischen natürlich ausgenommen , erachtet werden , noch nicht frei machen können . Ausser in Deutschland herrscht diese Un¬ Staate sitte , venia sit verbo , wohl in keinem constitutionellen Europa ' s , ja der ganzen "Welt mehr , von den in dieser Hinsicht Republiken gänzlich ab¬ überhaupt viel liberaler verwalteten gesehen ! Der einzige Fall , der in dieser Richtung als ein Durch¬ brechen dieses Prinzips angeführt werden kann , war leider zu Gunsten eines Standes , dessen Befähigung zu jeglichem Amte bei uns als bis herab zum Postexpeditor vom Reichskanzler angesehen wird . Warum nehmen wir uns kein selbstverständlich Beispiel am Auslande und in diesem Falle natürlich an wirk¬ lichen Kolonialmächten ? Im Haage sitzt seit einer Reihe von für Kolonien ein Mann , der in Jahren auf dem Ministerstuhl besucht hat . Mit einer seiner Jugend nie einen Universitätshörsaal ausgerüstet zog er hinaus in ' s Mittelschulbildung gründlichen schöne Indien , wo er sich als Kaufmann und Pflanzer diejenigen erwarb , die er später als Abgeordneter und heute Kenntnisse als Minister zum Nutzen seines Vaterlandes auf das Glänzendste zu verwerthen weiss ! "Wer das holländisch - indische Budget der auf Verbesserung letzten Jahre und alle die einschneidenden eines alten , vielleicht morsch gewordenen Systems hinzielenden neuen Massregeln kennt und mit Interesse verfolgt , der wird sich sagen müssen , dass hier der rechte Mann am rechten Platze ist ! Und bei uns ? Je nun , unsere Kolonien sind nicht darnach angethan , solche Männer dort zur Entwicklung kommen zu lassen . Einen einfachen Kaufmann oder Pflanzer , der in fremden Kolonien seine Erfahrungen gesammelt hat , zum Kolonialdirektor zu machen , das hiesse doch den geheiligten Traditionen der deutschen Be¬ amten - Hierarchie in ' s Gesicht schlagen ! "Würde man es aber selbst thun , so wäre es erst eine Frage , ob sich dieser Unglückliche bei allen ihn in Gestalt unbekannter Verordnungen und streng festgelegter Begriffe über Verhalten und Handlungen eines Be¬ amten umlauernden Gefahren und im Kampfe gegen das ganze Neider auch nur für kürzere Zeit Heer der ihn umgebenden halten könnte ! Dem jetzigen Inhaber der besprochenen Stelle ist ja im Gegensatze zu seinen Vorgängern das weite ferne Aus¬ Buch mehr . Wir land kein mit sieben Siegeln verschlossenes können also hoffen , dass er diefür seine Stellungso unbedingt nötigen Verhältnisse mitbringt , und so Kenntnisse aller fremdländischen zum Wohle und Gedeihen unseres kolonialen Besitzes zu wirken

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im Stande ist . Als ein Beweis hiefür kann schon die Behand¬ lung der Frage der ostafrikanisohen Bahn gelten ! Denn ein Mann , der es mit unseren kolonialen Verhältnissen gut meint , muss auch den Muth und die Energie besitzen , im richtigen Moment den Wünschen unserer kolonialen Heisssporne Zügel anzulegen . Hierzu könnte er sogar noch eher im Stande sein , als zur Bekämpfung unserer theuersten und gefahrvollsten kolonialen Einrichtung , nämlich des Schutztruppen¬ sportes . "Wollte er sich hierin versuchen , dürfte es zu leicht heissen : „ Kolonialdirector bist Du gewesen ! " Neben dem Kolonialdirector wirken nun in der Abtheilung noch eine Anzahl Räthe als Referenten und jüngere Herren als Hilfsarbeiter u . s . w . Einige Kassen - und technische Beamte .ausgenommen , sind auch diese alle Juristen . Das Verlangen nach Herren , die ihre kolonialen Erfahrungen im Auslande in fremden Kolonien erworben haben , ist auch hier nicht zu unterdrücken . Trotzdem ist jedoch gerade in diesem Punkte bereits Vieles besser geworden , indem der grösste Theil der Referenten jetzt aus Herren besteht , die wenigstens unsere eigenen . Kolonien aus per¬ sönlicher Erfahrung und nicht nur aus den Acten allein kennen . Da sich aber unser Kolonialbesitz noch mehr oder minder im Versuchsstadium befindet und nirgends das Bild einer wirklich gut rentierenden , gesunden Tropenwirthschaft bietet , müsste eben mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl mit dem alten Prinzipe .gebrochen und zu Referenten zum Theil auch Nicht¬ juristen genommen werden , die kraft ihrer ausgedehnten Kolo¬ nialerfahrungen allein sowohl in wirtschaftlichen , als auch in Verwaltungsfragen ein richtiges Urtheil zu fällen im Stande sind . Im höheren Grade noch gilt das eben Gesagte von den tech¬ nischen Beamten der Kolonialabtheilung . Wollen wir nun hoffen , •dass hier ebenfalls in absehbarer Zeit die so nothwendige Aen derung zum Besseren eintritt ! Bei dem anerkannt regen Streben der Kolonialabtheilung ist dann , wenn erst diese organischen Fehler beseitigt sein werden , zu hoffen , dass sie in noch weit grösserem Massstabe wie bisher einen segensreichen Factor zur gedeihlichen Entwicklung unseres kolonialen Besitzes bilden werde ! Vor allem müsste aber auch die Stellung der einzelnen Gouverneure zur Kolonialabtheilung eine andere , nämlich freiere werden . Die Beamten in den Kolonien selbst , an der Spitze die Gouverneure sind immer viel besser in der Lage zu beurtheilen , was für die Kolonie nöthig ist , als die Herren zu Hause , die in den meisten Fällen sich eben doch nur auf das verlassen müssen , was ihnen in den Berichten von draussen ge¬ meldet wird . So müssten besonders die Gouverneure in der

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Verwendung der für die einzelnen Kolonien etatsmässig festgesetzten Gelder freiere Hand bekommen ! Bei dem Bestreben , "womöglich alles von zu Hanse vom grünen Tisch aus zu leiten , kommen die unglaublichsten Diuge heraus . Ich will dies an einigen Beispielen beweisen . Ein Gouverneur hatte für seine Kolonie eine grosse Eismaschine , die im Stande sein sollte , per Tag einige Hundert Kilogramm Eis und mehr zu produzieren , bestellt . Die Nützlichkeit war von der Kolonial¬ abtheilung bereits auch mit Rücksicht auf die äusserst heissen und ungesunden klimatischen Verhältnisse in völlig correcter "Weise anerkannt wordeu . Es trat nun die schwierige Frage an diese Behörde heran : wo bekommt man eine derartige Eismaschine ? Siehe , man wandte sich dieserhalb an einen berliner — Apotheker ! In derselben Kolonie hatte der Kom¬ mandeur der Schutztruppe eine fahrbare Feldschmiede , die man auf Expeditionen in ' s Hinterland mitnehmen wollte beantragt und auch bewilligt bekommen . Nach Ablauf einiger Monate wurde dann ein vierrädriges , schweres Ungethüm gelandet , das eventuell auf europäischem Wegen mit vier Pferden bespannt weiter befördert werden kann , das aber für Tropen - Expeditionen absolut unbrauchbar war . Dasselbe wurde unter Dach und Fach gebracht . Es steht noch heute als warnendes Beispiel für unsere Kolonialverwaltung einsam und verlassen an derselben Stelle , bis es , den Einflüssen der Witterung nachgebend , in sich selbst zusammenfallen wird . Gerade auf dem Gebiete des Transportwesens haben wir in China laut der von dort kommenden Berichte , eine recht traurige Rolle ge¬ spielt ! Ich konnte mir dies wohl erklären , als ich auf einer Momentphotographie , die Landung deutscher Truppen darstellend , die gleichen grossen , blauen Proviantwägen wieder erkannte . Un¬ sere heimischen Sachverständigen kannten eben die leichten zwei¬ rädrigen Transportmittel , die in allen Tropen gebräuchlich sind , nicht und ein Mann mit praktischen , draussen gesammelten Er¬ fahrungen , war wohl von Seiten des ßeichsmarineamtes nicht zu Bathe gezogen worden ! Sowohl im Falle der Eismaschine , als in dem der Feldschmiede hätte der betreffende Gouverneur , wenn er seine Bestellung direct hätte machen dürfen , sicher ganz an¬ ders und viel zweckmässiger gehandelt Im zweiten Falle wäre dann immerhin auch eine bedeutende Summe Geldes nicht gerade zum Fenster hinaus geworfen worden ! Auf die als so notwendig anerkannte Eismaschine wartet aber die bewusste Kolonie , obwohl bereits einige Jahre darüber verstrichen sind , meines Wissens , heute noch vergeblich ! Die Bedürfnisse einer kolonialen Ver¬ waltung sind ja bekanntlich sehr manigfaltige . Bei der augen¬ blicklichen Organisation unserer Kolonialabtheilung fehlen aber

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Männer , welche die verschiedenen Bestellungsn fachmän¬ nisch erledigen könnten . So kommt es , dass einzelne ausser¬ halb des Amtes stehende Vertrauensmänner , zu denen unter anderen auch der oben angeführte Apotheker und ein hamburger Exporteur gehören , so ziemlich mit allen Auftragen bedacht werden . In die Kolonien hinaus kommen aber dann die Aufragen der verschiedenen Firmen , ob denn die betreffende Kolonieverwaltung ihren jährlich häufig viele Tausende betragen¬ den Bedarf nicht direkt bei dem Fabrikanten oder Produzenten decken wolle , statt sich erst noch eines Zwischenhändlers zu be¬ dienen , der ja naturgemäss auch wieder an der Sache ver¬ dienen will ! Dass ferner die Thätigkeit der obersten Rechnungs¬ kammer , deren Betrieb auf eine durch Jahrhunderte hindurch bewährte Verwaltung zugeschnitten ist , für Kolonien , die noch keine 20 Jahre in unserem Besitze sind und die häufig schon nach Ablauf weniger Jahre von ganz anderen . Beamten geleitet , werden , ein Unding ist , bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung . An Beispielen der komischsten Art würde es hier nicht fehlen . Die Rechnungslegung müsste eben kaufmännisch sein . Die kauf¬ männisch geführten Kassabücher müssten dann sofort nach dem Jahresabschluss von einem hierzu geeigneten Beamten , wo möglich an Ort und Stelle geprüft werden ! Neben der Kolonialabtheilung haben wir noch den Kolo¬ nialrath , eine Einrichtung , die in ihrer Art geradezu einzig ist . Die Absicht , mit welcher derselbe geschaffen wurde , mag ja eine ^ gute und zweckmässige gewesen sein , der Effect aber ist ein geradezu kläglicher ! Betrachten wir seine heutige Zusammen¬ setzung , so finden wir eine Reihe prächtiger Namen , mit hohen und höchsten Titeln , die Zahl derjenigen Mitglieder aber , welche über wirkliche Erfahrung verfügen , die der „ Berufenen " ist äusserst gering ! Was nützt der Herzog , was der Fürst , was der geheime Hofrath etc . als Rathgeber für unsere koloniale Misere , ( von einer solchen kann man sicher sprechen ) , wenn keiner dieser Herren jemals draussen praktische Errahrungen gesammelt hat ,, auf die gestützt er nun mit Rath und That helfend einschreiten könnte ? So kommt es , dass die Verhandlungen des Kolonial rathes trotz der häufig zu Tag tretenden aufrichtigen Begeisterung für die Sache nach Aussen zumeist doch nur komisch wirken können . Es ist auch vergnüglich anzusehen , wie jedes einzelne der eifrigen Mitglieder sein eigenes koloniales Steckenpferd , mag es nun Handel , Missionswesen oder sonstwie heissen , tummelt , und die Weisheit , die es hierin auf theoretischem Wege mühsam erworben hat , in langen , schönen Reden an den Mann zu bringen sucht ! Es gibt Leute , welche da behaupten , der Kolonialrath .

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der Kolonial¬ sei nur geschaffen , um einerseits Missgriffe An¬ eigenen deren zu decken , andererseits abtheilung Volks als der allgemeinen sowohl dem Reichstage trägen zu leisten . Wer Vorspanndienste gegenüber meinung weiss , ob diese Ansicht gar so unrichtig ist ! Auf jeden Fall heu¬ in seiner muss gesagt werden , dass der Kolonialrath und unbrauch¬ unnütz absolut tigen Zusammensetzung barist ! Sollte er von Nutzen sein , müssten Männer in ihm das Uebergewicht haben , die sowohl Erfahrung genug besitzen , um unsere Kolonien nach ihrem wahren Werthe zu schätzen , als für dieselben Forderungen auch den Muth , alle übermässigen unnachsichtlich zurückzuweisen . Ich verlange dabei nicht , dass in dem Kolonialrath der Richter ' sche Geist absoluter Negation herrschen solle , sondern vielmehr , dass eben nur Das genehmigt und dabei tropenkundiger werde , was ein Nichtkolonialschwärmer und nicht weit über das er¬ Mann als wirklich nutzbringend reichbare Ziel hinausschiessend erkannt hat . schon bei den heimischen Ist nun die Personalfrage Kolonialbehörden von eminenter Wichtigkeit , in den Kolonien ! Hier zur Lebensfrage selbst wird sie eventuell draussen Linie um die Besetzung des Gou handelt es sich in erster , da ja der Inhaber dieser Stelle einen directen verneurpostens Einfhiss auf die Entwicklung einer Kolonie ausüben kann . Ja , trägt sozusagen das persönliche jedes unsererer Schutzgebiete Gepräge seines ersten Beamten zur Schau ! Dies ist bei dem uns angeborenen und anerzogenen Subordinationsgeiste Deutschen und dem damit verbundenen Aufgeben der einzelnen Persönlich¬ gegenüber nicht seinem Vorgesetzten keit des Untergebenen weiter zu verwundern . So sind Ost - und Südwestafrika Militärkolonien geworden , waren doch bis auf wenige , ich glaube nur eine Ausnahme , alle ihre Gouverneure Militärs ! Wie weit dies den beiden Kolonien zum Schaden oder Nutzen gereicht , werden wir weiter unten hören . Jetzt aber schon muss erwähnt werden , dass dieses Fest¬ mit des Gouverneurpostens an der Besetzung halten eben doch ein Hinweis darauf ist , dass in diesen Militärs die und seine Feldzüge das Militär Kolonien beiden er¬ bislang Erfolge bilden , dass nur hierin Hauptsache zielt wurden und alles Andere vor diesen Bestrebungen musste ; naturgemäss sogar , weil treten in den Hintergrund auf anderem Gebiete wirkliche Fortschritte bis heute nicht zu verzeichnen sind . Ob nun bei einer geringeren Betonung der nicht in Ostafrika wenigstens Feldzugs - und Eroberungspolitik " unter Leitung eines Civilgouverneurs , der zu den „ Berufenen gehört , mehr erreicht , auf jeden Fall aber von Reichs wegen

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weniger nutzlos , ausgegeben und privatim weniger verloren wor¬ den wäre , das ist eine Frage , die ich unbedingt mit Ja beant¬ worten muss ! Ich muss hier leider um den Gegenstand eingehend behandeln zu können , persönlich werden , so sehr mir dies auch innerlich wider strebt ! Die letzten 3 Gouverneure von Ostafrika sind Hermann von Wissmann , Generalmajor von Liebert und nun Graf von Götzen ! Ueber die Bedeutung des Ersteren für unsere kolonialen Verhältnisse werde ich später noch zu sprechen haben .. Sicher ist , dass er sowohl , wie sein Nachfolger für die Kolonie , soweit es sich eben nicht um militärische Erfolge handelt , recht wenig geleistet hat . Es fehlte nicht an den bekannten mili¬ tärischen Promenaden in ' s Innere bis zu den grossen Seen . Pflicht - oder vielmehr traditionsgemäss wurden dabei stets wieder neue , für europäische Ansiedlungen taugliche , prächtige Ländereien entdeckt . Leider warten diese alle noch vergeblich auf die bie¬ deren deutschen Ackerbauer , die dort ihr Heil finden sollen ! Nämlich der dümmste Bauer und der verbissenste Agrarier sind selbst noch zu klug , als dass sie in jenen Gegenden als Landbauer ihr Glück suchen möchten ! Als berühmteste und ingenieuseste Ein¬ richtung wird die neu eingeführte Hüttensteuer hingestellt , die meines Wissens v . Wissmann begründet und v . Liebert weiter ausgebildet hat . Die Idee der Hüttensteuer an sich ist ja etwas Uraltes . Was aber ihre Eintreibung anlangt , so lesen wir auf Seite 122 der offiziellen Jahresberichte über unsere Kolonien für 1900/01 : dass die Hüttensteuer z . B . auf der Station Taboranur von den der Station zunächst wohnenden Stämmen er¬ hoben wurde . Dies heisst mit anderen Worten , die Steuer wird erhoben , soweit die Macht der Schutztruppe reicht und wo diese aufhört , hört auch das Steuerzahlen auf . . Auf diese Weise kann natürlich jede Steuer von den Einge¬ borenen erhoben werden , ohne dass derjenige , der dieselbe ein¬ geführt hat , ein besonders kluger und praktischer Kolonialbeamter seirt muss . Ob ferner die übertrieben philanthropischen An¬ sichten , die Herr von Liebert über die Neger selbst und deren Behandlung ab und zu geäussert hat , die Billigung derjenigen fanden , welche mit den Negern zu arbeiten gezwungen sind , möchte ich bezweifeln . Ebensowenig hat sich bisher bemerklich gemacht , dass die von Herrn von Liebert gelegentlich seiner letzten Bückkehr nach Afrika mit so grossen Worten angekün¬ digte Aera des Vorherrschens des Handels , der Plantagen , kurz der friedlichen Beschäftigungen in seiner Kolonie , bereits ange¬ brochen ist . Vielmehr lesen wir in dem oben schon angeführten Bericht auf Seite 123 wörtlich : Der Ertrag der Zölle ist gegen das vorhergegangene Bechnungs - Jahr um 133644 Bupien zurückgeblieben . Ebenso ist der Vor -

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worden . " für 1899 mit 1 . 750000 Mark nicht erreicht «, nsohlag von Ein - und Ausfuhrzöllen Rückgang Der geichzeitige "Weiterge¬ lässt aber nicht auf ein besonderes wirthschaftliches deihen der Kolonie schliessen ! Als Nachfolger Lieberts ist nun Graf Götzen , also wieder ein Offiizier , zum Gouverneur von Ost¬ afrika ernannt . "Was derselbe in seinem neuen "Wirkungskreise leisten wird , lässt sich heute noch nicht sagen . Ich fürchte je¬ doch fast , auch er wird keine neuen Bahnen beschreiten für diesen Posten ist für seine Befähigung Den Nachweis Leistung er noch absolut sculdig . Seine nur als sportliche zu schätzende und nur als solche wohl auch unternommene mit den sich daran anschliessenden Afrika - Durchquerung Vorträgen über dieselbe in verschiedenen wissenschaftlichen und wohl dürfte unseres Vaterlandes Vereinigungen kolonialen und . richtigen gelten . Zur erfolgreichen kaum hiefür mehr eben doch etwas gehört einer Kolonie Leitung zum Vergnügen und Können , als zu einer an "Wissen . Aber nachdem eben der Afrikaexpedition unternommenen neue Gouverneur hauptsächlich aus Gründen , die bei dem Kapitel Schutztruppe zu erörtern sein werden , doch wieder ein Soldat sein musste , hielt man den bereits mit der Glorie des Afrika¬ forschers geschmückten , für seinen Posten immerhin noch reich¬ lich jungen Offizier für die passendste Persönlichkeit ! Unsere einigermassen prosperierenden Kolonien Kamerun geleitet . "Wollen und Togo werden von Civilgouverneuren wir hoffen , dass dies so bleibe und dass nicht auch hier ein unsere Umschwung eintritt ! Gerade für Kamerun , unbedingt im schwarzen Erdtheil , ist diese Gefahr mit beste Besitzung Rücksicht auf die in den letzten Jahren erfolgte immense Ver grösserung der Schutztruppe eine sehr drohende . Muss auch hier der bisherige Gouverneur , dessen weiter und scharfer Blick , ver¬ bunden mit einer liberalen , concilianten Auffassung seiner Stellung nicht zum wenigsten 'das Gedeihen der Kolonie gefördert hat , einem Offiziere weichen , wie es von Seiten der Militärverwaltung sicher angestrebt wird , dann werden unserer Kolonialabtheilung / die schlimmen Folgen nicht lange auf sich warten lassen . Verwal¬ Nächst den Gouverneurstellen sind die höheren Aemter in unseren Kolonien . die wichtigsten tungsposten Dieselben sind fast durchweg mit jungen , meist preussischen Gerichts - oder Regierungs - Assessoren besetzt , welche die lange , öde Zeit , während der sie in der Heimath auf eine Anstellung warten müssen , auf diesem Wege in angenehmer "Weise zu unter¬ brechen wünschen . Dass diese Herren bis auf wenige Ausnahmen absolut nicht dazu geeignet sind , in Verhältnissmässig jungen

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Kolonien organisatorisch zu wirken , ist wohl selbstverständlich . Ich will hier nicht auf die paar gravierenden Fälle zurückgreifen , in welchen durch die Unfähigkeiten solcher Herren die grössten Gefahren für den Bestand unserer Kolonien hervorgerufen worden siud , denn diese hätten sich eventuell mit anderem Beamten¬ material auch nicht völlig vermeiden lassen . Hier ist vielmehr die Frage zu erörtern : wären wir nicht in der Lage , bessere , mit kolonialer Erfahrung bereits von vorne herein aus¬ gerüstete Beamte für unsere Kolonien zubekommen ? Dies könnte unbedingt der Fall sein , wenn erstlich das Prinzip des Assessorismus fallen gelassen und ferner den von aussen herein geholten Beamten bessere Bezahlung oder doch bessere Pensions Verhältnisse geboten würden . Für den jungen Assessor , der zu Hause so gut wie nichts verdient , ist ja ein Gl- eha ,lt von 9 —- 10000 Mark gewiss sehr schön . Zudem werden ihm die in den Tropen zugebrachten Jahre als Dienstjahre , even¬ tuell sogar als doppelte bezüglich seiner späteren Pensionsbe¬ rechtigung gezählt . Gefällt ihm die Sache nicht mehr , kann er sofort in gleicher Diensteigenschaft wie früher und unter Wahrung seiner alten Anciennität wieder in die heimatliche Carriere zu¬ rücktreten . Hat der betreffende Herr einigermassen sparsam ge¬ lebt , so war ihm sogar die Möglichkeit gegeben , einen , wenn auch kleinen Theil seines Tropengehaltes zu erübrigen . Da sein Aufenthalt in den Kolonien zu Hause auch kaum als in seinem Fortkommen hinderlich angesehen werden dürfte , so konnte er gar kein besseres Geschäft machen , als für einige Jahre Kolonial¬ beamten zu spielen . Dass mit dieser Gattung von Beamten aber unseren Kolonien nicht gedient ist , ist völlig klar . Hier müsste also auf die vielen Deutschen , die jahrelang bereits in fremden Kolonien , sei es als Kaufleute , sei es als Pflanzer gewirkt h ab en , zurü ckgegrif f en werden . Eine schöne , nach allen Regeln der preussischen Verwaltungs¬ kunst glatt stylisierte Verordnung werden diese Herren allerdings nicht zu Stande bringen . Aber unsere Schutzgebiete sind doch nicht nur einzig und allein dazu da , dass alle Wochen einige neue Verordnungen erlassen werden ! ( Wenn man die Unzahl aller theils in Deutschland , theils in den Kolonien selbst er¬ lassenen Verordnungen betrachtet , könnte man allerdings zur gegentheiligen Ansicht kommln . ) Wie dagegen der Handel und das Plantagenwesen , da wo dies überhaupt möglich ist , ge¬ fördert werden können , wie ferner Inländer zweckmässig behandelt und ohne die Schiessereien der zum Kampfe stets bereiten Schutztruppe , durch moralisches TJebergewicht und ruhiges , aber doch energievolles , Auftreten zum Gehorsamgeb rächt werden , das wissen

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und verstehen dieseLeute , siehabenes in der Fremde¬ gelernt ! Um aber solche Menschen für den Kolonialdienst zu gewinnen , müssten ihnen auch andere Anerbietungen gemacht werden . Die meisten derselben haben sich draussen etwas er¬ worben und können daher ruhig zu Hause leben . Die Aussichten aber , welche ihnen bei uns geboten werden , haben wohl kaum etwas Verlockendes . An reichlichen Verdienst gewöhnt , erscheint ihnen der für den Assessor sicher hohe Gehalt , verhältnissmässig gering , zudem sich grössere Ersparnisse aus demselben nicht machen lassen . Eine irgendwie nennenswerthe Pension werden sie sich aber als Beamte wohl nie erwerben können , da die Bestim¬ mungen bezüglich der Dauer der Dienstzeit bis zum Eintritte der Pensionsberechtigung viel zu ungünstige sind . So bleiben sie naturgemäss dem Kolonialdienste fern . Wollen sie noch mehr verdienen , so ist dies im Auslande unter gewiss günstigeren Ver¬ hältnissen leichter . Sind sie jedoch bereits vermögende Leute , so liegt für sie nichts Verlockendes in der Aussicht , nur für den blossen Unnterhalt Leben und Gesundheit weiter auf ' s Spiel zu setzen . Es muss auch als eine Ungerechtigkeit bezeichnet werden , dass dem Manne , der bereits mit den nöthigen Kennt¬ nissen , die er sich auf eigene Rechnung erworben hat , aus¬ gerüstet ist , nicht mehr bezahlt werden soll , wie dem , der als völliger Neuling und ohne die mindeste Erfahrung zum ersten Male hinaus geht ! Hier müsste also versucht werden , durch weit bessere Bezahlung diejenigen Leute zu gewinnen , welche unseren Kolonien dann auch wirklich von Nutzen sein könnten . Die da¬ raus erwachsenden Mehrkosten würden überdiesnicht allzusehr in ' s Gewicht fallen . Für das Gedeihen unserer Kolonien würden sie vielleicht nützlicher sein , als z . B . die 406 000 Mark , welche im Budget für 1901 allein für die 3 Kolonien Kamerun , Ost - und Südwestafrika zur Anschaffung eines eisernen Bestandes an Aus¬ rüstungsgegenständen der Schutztruppe eingesetzt sind . Ausser den Verwaltungsbeamten müssten aber auch die t e c hni sehen B e amt en mehrunterdenLeutengewählt werden , die bereits in fremden Kolonien ihre Lehr¬ jahre ab s ol viert hab en . Für bessere Bezahlung wären solche ebenfalls sicher leicht zu finden . Sachgemässe und praktische Arbeitsleitung würde auch hier die höheren Kosten reichlich wieder vergüten I Alle die bisher angeführten Mängel unserer kolonialen Ver¬ waltung treten jedoch zurück hinter deren grössten Uebel , nämlich der S chutztrupp e . Jung - Deutschland , speciell Preussen ist ein Militärstaat , gross und mächtig geworden durch die Ge¬ walt seiner Waffen , mit denen es alle widerstrebenden Gegner zu Boden warf . Was lag da näher , als das gleiche Prinzip auch

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auf die neuerworbenen Länder zu übertragen und vom Beginn an in einer starken Schutztruppe bereits eine Garantie für das Gedeihen einer Kolonie zu sehen ! So kam der Grundsatz zu Stande , dass man zuerst ein Land militärisch unterjochen müsse , bevor Handel und Plantagen dort blühen können . Daher stehen heute ganz Ost - und Südwestafrika fast bis in ihre äussersten "Winkel unter der Herrschaft der Schutz¬ truppe . Gegen jeden unbotmässigen Neger - oder Kaffernfürsten wird sofort eine grosse Expedition unternommen . Trotzdem sind gerade in diesen beiden Kolonien die materi¬ ellen Erfolge bisher ausgeblieben . Das kleine Togo da¬ gegen , das überhaupt keine Schutztruppe besitzt , wird friedlich regiert und prosperiert , soweit dies seine engbegreuztennatür¬ lichen Mittel zulassen . Kamerun zeigte ein ähnliches Bild , bis jetzt durch Vergrösserung der Schutztruppe auch hier der Frieden empfindlich gestört wurde . Das Ver¬ langen , ganz Kamerun womöglich bis zum Tsadsee militärisch zu unterwerfen wird nur allzubald seine ungünstigen Folgen sowohl auf den Budgetstand der Kolonie , als auch auf deren kulturelle Verhältnisse offenbaren . Würde man in unseren leitenden Kreisen von dem Grundsatze ausgehen , dass erst da , wo wirklich Handel und Plantagen im ernst¬ lichen Aufblühen begriffen sind , militärischer Schutz notwendig ist , so befänden wir uns in unseren Kolonien in einer ganz anderen Lage . Dem friedlichen Kaufmann und Pflanzer wird der Neger selten ein Hinderniss bereiten , verdient er doch zumeist selbst an ihm . Ein sprechendes Beispiel bietet uns hiefür der Kongo . Die Agenten der in Banana an der Kongomündung sesshaften grossen holländischen Handelsgesell¬ schaft waren längs des ganzen , mächtigen Flusses aufwärts bis zu den Stanleyfällen vorgedrungen und trieben dort mit den Eingeborenen freundschaftlich Handel , bevor die Truppen des Kongostaates dahin gelangt waren . Erst mit deren Erscheinen wurde der Friede gestört , da eben die Neger , welche gerne bereit gewesen wären , mit friedlichen Weissen Handel zu treiben , nicht gewillt waren grosse Trappenmassen , welche noch dazu kamen , um sie zu unterjochen , freiwillig zu ernähren , zumal in einem Lande wie Afrika , wo die Nahrungsmittel käufig sehr knapp sind ! — Ein weiteres Beispiel bietet uns die so blühende Ost¬ küste Sumatras ! Als dort die ersten Pflanzungen entstanden , war das ganze Gebiet , das ja nominell schon lange Holland ge¬ hörte , noch mehr oder minder unabhängig . Die Pflanzer schlössen die ersten Verträge mit den Sultanen des Landes . Erst mit der Ausdehnung der Kultur ging die Vergrösserung des Be -

amtenstan . de s und der militärischen Besatzung der Kolonie Hand in Hand ! Nicht die Soldaten hatten das Gebiet für die Kultur eröffnet , sondern diese dienten nur dazu , das bereits in Anbau genommene Land nöthigen falls zu schützen . Auf diese Weise wird unser koloniales Budget mit Mil¬ lionen nur für die Schutztruppen belastet . So sind in dem Etats - Voranschlag für 1901 circa 6 Millionen an laufenden und 1 Million als einmalige Ausgaben für die Schutz truppen allein in unseren drei grossen afrikanischen Kolo¬ nien vorgesehen . Da für diese im ganzen nicht ganz 27 Millionen gefordert werden , fällt über 1/x des ganzen Be¬ trages auf die Schutztruppe . An der Spitze steht natürlich Südwestafrika mit rund 3y 2 Millionen Mark . Um diese Summe zu verkleinern , hat man bei Aufstellung des Etats die Posten von 536000 Mark für Verpflegung der Schutztruppe , 88000 Mark für Lazarethunkosten und die Kleinigkeit von 390000 Mark für Instandhaltung und Ergänzung der Ausrüstung ■der Schutztruppe unter Titel 12 A . als zum allgemeinen Dienst¬ betrieb und unter 12 B . nur die bescheidene Summe von Mk . 400 . — als für die Schutztruppe selbst benöthigt angesetzt . Es scheint doch , als ob man bei Aufstellung dieses Etats an einer gewissen Stelle selbst ein etwas unangenehmes Gefühl über die Höhe der Etats¬ forderung für die Truppe gehabt hätte . Durch diese feine Ver¬ schiebung wollte man die Zahl nach aussen hin für den flüchtigen Beobachter wenigstens etwas verkleinern . Mit der Umwandlung unserer Kolonien in Militärkolonien ist aber auch all ' das Unangenehme was hiermit verbunden ist , in dieselben hineingetragen worden . Wer den Streit kennt , der in einer kleinen Provinzstadt , um nur in einem Gleichniss zu reden , zwischen dem Landrath und dem Kommandeur des am gleichen Orte garnisonirenden Infanterie - Bataillons darum geführt wird , welcher von beiden Machthabern an Kaisers Geburtstag den Toast auf den Herrscher ausbringen solle , der kennt auch alle Unannehmlichkeit , welche man in unseren Kolonien erleben muss , besonders in denen , deren Gouverneur noch nicht dem Soldaten¬ stande angehört . Da wird der Kampf mit Erbitterung um jeden zu stellenden Ehrenposten und andere lächerliche , kleine Dinge geführt . Enden wird er erst , wenn auch hier das mili¬ tärische Princip , dank seines ausgiebigen Schutzes von oben herab , gesiegt hat ! Eines militärischen Urtheiles über unsere Schutztruppe möchte ich mich als Nichtfachmann enthalten . Auf jeden Fall muss man ihr lassen , dass sie zu¬ meist gut organisiert und discipliniert ist , wenn mir auch gerade in letzterer Hinsicht bezüglich Südwestafrikas schon recht sonder -

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bare „ Gerüchte " ( will ich . nur sagen ) zu Ohren gekommen sind . Auf jeden Fall hat sich dieselbe stets wacker geschlagen ! Es wäre aber davor zu warnen , deren jüngere Offiziere , wie dies häufig geschieht , zu Verwaltungsstellen , wenn auch nur zeitweise heran zu ziehen . Der junge Leutnant passt hierzu ebenso wenig , wie der junge Assessor . Er ist deswegen auch gar nicht in die Kolonie gekommen . Ihn haben militärischer Thatendrang und das Verlangen nach Auszeichnungen und damit verbundene Vorpatentirung , vielleicht auch der "Wunsch , die .etwas defecten finanziellen Verhältnisse wieder aufzubessern , nach draussen geführt . Hat er sein Ziel erreicht , kehrt er in die Heimath zurück , um in seiner Carriere den Anschluss nicht zu versäumen . Neben der Schutztruppe tritt in unseren Kolonien auch noch die deutsche Marine in Thätigkeit . Das Schiffsl , material , über welches dieselbe verfügt , ist leider zum Thei naaehr als mangelhaft . Denn hölzerne Kanonenboote wie S . M . S . Habicht sind , wenn es heute zu einem ernstlichen Zusammenstoss kommen sollte , absolut minderwerthig und von vorne herein 1rotz allen Muthes ihrer Bemannung ein -sicheres Opfer ihrer Angreifer . Anders verhält es sich mit dem Menschenmaterial ! Auf dieses können wir unbedingt stolz sein ! Die Offiziere , für deren Auswahl die strengsten Vorschriften bestehen , sind durchweg tüchtige , in ihrem Beruf völlig aufgehende Leute , die sicher ■stets das Beste leisten werden . Taku hat uns das ja schon bewiesen ! Aber der Marineoffizier hat auch vor seinem Kame Taden von der Landarmee den weiten , bereits durch grössere Reisen geschärften Blick voraus . Würden unsere Schutztruppen oifiziere den Marine - Kreisen entnommen , so wäre dies gewiss "von eminentem Vortheile in jeder Beziehung . Der junge See Offizier , der bereits ein gutes Stück der "Welt , darunter auch fremde Tropenkolonien gesehen hat , passt eben viel besser für den Kolonialdienst , als der Leutnant , der bisher in irgend einem ostpreussischen oder hinterpommerischen kleinen Garnisonsstädt •chen gelebt hat , dessen weiteste Reise vielleicht bisher die nach Berlin gewesen ist . Aber auch grössere Garnisonen , selbst Berlin sind wohl kaum geeignete Vorbildungsstätten für den Kolonial dienst ! Dass auch viele unangenehme Zwischenfälle , über die wir so oft aus den Kolonien hören und die sich zumeist zwischen Beamten und Offizieren der Schutztruppe abspielen , wegfallen würden , falls Marineoffiziere in der letzteren zur Verwendung kämen , wird kein Eingeweihter bezweifeln . Beispiele aus meiner •eigenen Erfahrung hier anzuführen , verbietet mir meine oben

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schon angeführte Abneigung gegen das Persönlich wer den ! Typisch ist jedoch , dass in den meisten Fällen die Marineoffiziere als Kartellträger und dann gewöhnlich mit gutem Erfolge auch als Friedensstifter fungieren . — "Wollen wir nun hoffen , dass wir in Folge des stetigen Anwachsens unserer Marine bald im Stande sein werden , das alte unbrauchbare Schiffs¬ material durch modernes , besseres zu ersetzen , damit , nicht die Blüthe unserer Nation , denn zu dieser gehört unsere Marine , trotz ihrer Tapferkeit und ihres Wage muthes einem eben an Schiffsmaterial weit überlegenen Gregner im ungleichen Kampfe geopfert werde ! Als letzten allgemeinen Factor hätte ich noch die Missionen zu erwähnen . Nachdem dieselben aber mit dem materiellen Gedeihen oder Nichtgedeihen unserer Kolonien und um dieses handelt es sich für mich in erster Linie , so gut wie nichts zu schaffen haben , kann ich dieselben hier ausser Betracht lassen . Erwähnt muss höchstens werden , dass es von Anfang an ein Missgriff unserer Verwaltung war , Missionaren aller Be¬ kenntnisse den Eintritt in alle Kolonien zugleich zu ge¬ statten , statt , den einzelnen Religionen streng abgeschie¬ dene "Wirkungskreise zuzutheilen . So ist von Beginn an auch der Glaubensstreit in dieselben getragen worden . Selbst auf die . Neger dürfte es kaum aufmunternd einwirken , sich bekehren zu lassen , wenn ihnen gleich von 3 — 4 Seiten verschiedene Reli¬ gionen und zwar jede als die allein richtige angepriesen werden !" Im grossen Ganzen hat aber noch keine Nation zu keiner Zeit und nirgends auf der Welt Kolonien gegründet und bewirthschaftet , um in erster Linie das Missions werk zu fördern und den betreffenden Eingeborenen die zumeist gar nicht gewünschte europäische Kultur und deren Segnungen ( ? ) zu übermitteln , vielmehr wurden und werden hierbei heute noch und zwar mit vollem Recht vor allem realere Zwecke zu erreichen gesucht , so dass wir auf die ange¬ führten Begleiterscheinungen als nebensächlich nicht weiter ein¬ zugehen brauchen . Wenn wir uns nun zur Betrachtung unseres Kolonialbe¬ im einzelnen wenden , wird hauptsächlich zu untersuchen was wir bisher in kolonialwirthschaftlicher Beziehung er¬ haben und zu welchen Hoffnungen derselbe nach Mass¬ der vorhandenen Kräfte in dieser Hinsicht berechtigt . — Togo , die kleinste unserer afrikanischen Kolonien , dürfte als unser zweitbester Besitz in diesem Erdtheile gelten . Als Plan¬ tagenkolonie wird Togo wohl nie Bedeutung erlangen . Dies geht schon daraus hervor , dass z . B . die Ausfuhr von Kaffee , die im Jahre 1896/97 noch 3877 kg . betrug , in den beiden letzten Jahren . sitzes sein , reicht gabe

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überhaupt völlig aufgehört hat . Palmöl und Kerne werden dort , wie fast überall im tropischen Afrika stets in genügender Menge produziert werden können . Neben diesem von den Eingeborenen getriebenen Kulturzweig ist für Togo die Anpflanzung von Kokos¬ palmen und die Gewinnung von Kopra das Vortheilhafteste . Es ist kein Zweifel , dass sich das sandige Küstengebiet ganz vor¬ züglich dazu eignet . Die Ausfuhr in letzterem Artikel ist auch in dem oben von mir bereits angeführten und auch allen folgenden •statistischen Angaben zumeist zu Grunde liegenden Zeitraum nämlich in den Berichtsjahren 1896 — 1900/01 von 1300 kg . auf 18452 kg , gestiegen . Dieser Kultur allein ist es zu verdanken , dass die Ausfuhr überhaupt eine steigende Tendenz beibe¬ halten hat . Auch die Gummiausfuhr ist von 94 600 kg . auf 68 200 kg , zurückgegangen . Es offenbart sich in Togo eben jetzt schon , was wir der Reihe nach auch in unseren anderen Gummi liefernden Kolonien erfahren werden müssen : dass nämlich mit der ge¬ steigerten Nachfrage nach diesem Product auch die raschere bis zur Erschöpfung fortschreitende Ausbeutung Hand in Hand geht . Um diesem Uebelstand abzuhelfen , hat man überall Versuche gemacht , Gummiplantagen zu errichten . Ein positives Resultat ist bis jetzt aber nicht erzielt worden . Da die gleichen Versuche auch in Südamerika , wo seit Jahrhunderten Gummi gewonnen wird , erfolglos geblieben sind , ist anzunehmen , dass dieser Kultur organische Mängel anhaften , die zu überwinden wir nicht im ■Stande sind . Ich glaube aber nicht , dass der Gummi völlig ausgerottet wird . Vielmehr dürfte in den jetzt von den Einge¬ borenen anscheinend bis zur Erschöpfung ausgebeuteten Urwald¬ gebieten im Laufe der Jahrzehnte eine selbstständige Regene¬ ration der Gummipflanzen eintreten . Es handelt sich ja zumeist um Lianen , die zur Gummigewinnung durchschnitten werden , deren Wurzeln aber intact bleiben . Bei der dem Urwaldboden inne wohnenden Triebkraft werden diese sicher mit der Zeit neue Pflanzen hervorbringen . Anders verhält es sich mit dem Elfenbein , dessen Export in unserer Kolonie momentan noch eine steigende Tendenz aufweist . Die Zeit kann nämlich nicht mehr allzu ferne sein , wo die grosse Masse des seit Jahrhunderten in Afrika aufgespeicherten Elfen¬ beins ihren Weg nach Europa gefunden hat . Was dann noch an •sogenanntem grünen Elfenbein durch Elefantenjagd gewonnen wird , spielt im grossen Handel keine Rolle . AVir müssen heute schon damit rechnen , dass dieser so kostbare Artikel in nicht allzulanger Zeit aus unseren Exportlisten verschwinden wird . Der Massenexport wie er z . B . von seifen des Kongostaates und seiner handeltreibenden und häufig plündernden Be -

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amten

getrieben wird , kann diesen Prozess nur beschleunigen - • Ch aracteristisch für Togo als PIantagenkolonie und unser ganzes koloniales Yerwaltungs System über¬ haupt ist der Umstand , das s es in 1896/97 sieben Pflanzer und 30 Beamten im Schutzgebiete gab , in 1901 finden wir noch ganze drei Pflanzer dafür aber 44 Beamte ! Ein Komentar hierzu ist absolut überflüssig ! Immerhin ist Togo noch eine unserer bestgeleiteten Kolonien . Sein Etat hält sich mit 1 , 448000 Mark ( in 1895/96 allerdings nur 389 000 Mark ) noch stets in bescheidenen Grenzen . . Die Institution der Schutztruppe ist hier noch nicht ein¬ geführt worden . "Wir hören daher verhältnissmässig wenig von Unruhen und Kämpfen mit den Eingeborenen , ob¬ wohl einige Stationen schon ziemlich weit in das Hinterland vorgeschoben sind ! Ein Blick auf die Bevölkerungsstatistik zeigt uns , dass von den 95 männlichen weissen Einwohnern 44 , also fast die Hälfte Beamte sind . Dieses Verhältniss ist für das ganze System bezeichnend . Ungesunder kann es gar nicht ge¬ dacht werden ! — In das Schutzgebiet wurden im letzten Be¬ richtsjahre rund 64000 Liter Bier und 60000 Liter Wein ein¬ geführt . Dies entspricht bei einer weissen männlichen Bevölkerung von 95 Seelen immerhin der ganz schönen Durchschnittsziffer von 674 resp . 632 Liter per Kopf und Jahr . Die Zahl für Spiri¬ tuosen fehlt mir leider , da in der hiefür angegebenen Ziffer von über einer Million Liter eben auch das zu Handelszwecken eingeführte Quantum mit inbegriffen ist . Uebrigens ist Togo unsere einzige afrikanische Kolonie ,, die im Rechnungsjahr 1899/1900 sich in den Gr enz en ihres Etats gehalten und sogar noch 26000 Mark Ueberschuss aufzuweisen hat , während in allen anderen bedeutende ; Etats überschreitungen vorgekommen sind . Wie sehr man amtli ch ers eits bestrebt ist , die Lage unserer Schutzgebiete in möglichst rosigem Lichte zu schildern , zeigt ein im offi¬ ziellen Jahresberichte für 1898/99 auf Seite 6 vorkommender Passus , der da lautet : , , Die diesjährige Blüthe der Kaffeeplantagen lässt die Erwartung auf eine gute Ernte auch bei den nahe der Küste belegenen Plantagen des Klein - Popo - Bezirkes berechtigt¬ erscheinen ! " In Wirklichkeit hat aber schon im folgenden Berichts¬ jahre , wie oben schon angeführt , der Kaffee - Export völlig aufgehört ! Die diesbezüglichen Ziffern sind aber so typisch .,

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dass ich. sie gerne exportiert :

noch anfügen möchte . 1895/96

457

kg

Es wurden

nämlich

.

1896/97 3877 . , 1897/98 3010 „ 1898/99 — „ 1899/01 — „ Togo ist im Jahre 1884 bereits in unseren Besitz ge¬ kommen . Man hat dann Versuche mit Kaffeeplantagen gemacht , die allmählig nach vielen Mühen ein kleines Resultat lieferten , auf die Dauer aber bei den ungünstigen klimatischen und Boden¬ verhältnissen nicht gedeihen konnten und jetzt wieder völlig eingegangen sind . "Wir werden denselben Verlauf ausser bei Kaffee auch noch bei Tabak in Ostafrika und Kamerun wieder finden ! Togo erhält zur Balancierung seines rund 172 Million be¬ tragenden Budgets für 1901 884000 Mark Reichszuschuss und soll aus eigenen Mitteln , bei welchen Einfuhrzölle mit 500000 Mark Voranschlag im Vordergrunde stehen , 564000 Mark auf¬ bringen . Da die Steuerschraube hier wie in Kamerun noch nicht allzustark angezogen ist und vor allem Export¬ zölle beinahe nicht erhoben werden , kann das Verhältniss von eigenem Ertrag und Reichszuschuss noch immerhin gesund genannt werden , besonders im Vergleich mit unseren anderem beiden afrikanischen Besitzungen . — Kamerun würde finanziell sowohl als wirthschaftlich das günstigste Bild bieten , wenn nicht gerade in den letzten zwei Jahren die für Vergrösserung der Schutztruppe eingestellte Summe dasselbe völlig verändert hätte . 1899 waren hiefür nur 300000 Mark nöthig , während wir in 1901 1 . 065 000 Mark an fortdauernden und noch extra 270000 Mark an einmaligen Ausgaben angesetzt finden . So steht , wie oben schon bemerkt , zu befürchten , dass auch Kamerun zur Militärkolonie um¬ gewandelt und damit dessen weiteres wirthschaftlich . es Gedeihen schwer geschädigt werden wird . Kamerun , eine alte Handelsniederlassung , ist , was seine Ur produetion betrifft , so ziemlich auf seinem Höhepunkt ange¬ kommen , auf dem es aber mit Ausnahme von Grummi und Elfenbein Jahre lang stehen bleiben kann . Es wurden exportiert in : Palmöl Kerne Grummi Elfenbein 1895/96 3 . 290000 Liter . 6 . 500000 kg . 341000 kg . 40600 kg . 1896/97 3 . 322000 „ 7 . 438000 „ 304000 „ 43000 . , 1897/98 3 . 425000 „ 7 . 092000 „ 440000 , , 39000 „ 1898/99 3 . 204000 „ 7 . 557000 „ 603000 „ 51000 „ 189911900 3 . 197000 „ 7 . 226000 „ 528000 „ 47000 „

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Es wurden exportiert in Kakao Kaffee Tabak 1895/96 133000 kg . 50 kg . 2925 kg . 1633 1896/97 169000 2725 „ 180 1897/98 208000 2400 „ 390 1898/99 245000 295 1899/1900 253000 Palmöl und Palmkerne sind also ziemlich constant geblieben , Gummi nahm in Folge der gesteigerten Marktpreise und der da¬ mit verbundenen stärkeren Nachfrage bedeutend zu , wird aber im Laufe der Jahre , wie jetzt schon in Togo , zurückgehen müssen . Ein gleiches gilt von Elfenbein . Kamerun hat in 1900 neben 983 000 Mark Reichszuschuss rnnd 1 250000 Mark aus eigenen Mitteln aufgebracht , was ein für Afrika sehr günstiges Yerhält niss zu nennen ist . Der Löwenantheil nämlich über eine Million wird dabei durch Einfuhrzölle gedeckt . In 1898/99 waren dieselben um ein bedeutendes erhöht worden und wuchsen so die Einnahmen von 697000 Mark in 1897/08 auf 1 . 251000 Mark im folgenden Jahre . Dass der Handel , welcher ja zumeist hieran betheiligt war , diese immerhin bedeutend grössere Zollbelastung zu ertragen im Stande war , ist ein sehr günstiges Zeichen , be¬ sonders , wenn man in Betracht zieht , dass auch das darauffolgende Jahr noch eine , wenn auch nur um ein Geringes gesteigerte Zollemnahme aufweisen konnte . Der Handel unserer Kolonie ist also ein blühender zu nennen . Er wäre im Stande , dieselbe in absehbarer Zeit von allen Reichszuschüssen unab¬ hängig zu machen , wenn eben der Lastposten , , Schutz¬ truppe ' ' nicht alle derartigen Hoffnungen ein für alle mal zu Nichte machen würde . Die an die Vergrössung der Schutztruppe geknüpfte Hoffnung nämlich , dass dieselbe das Land noch weiter hinein dem Handel eröffnen werde , ist direct als Utopie zu betrachten . Erstlich hat die Schutztruppe , wo sie noch erschienen ist , auf Jahre hinaus den Handel mehr oder minder lahm gelegt . Wo sie hinkam wurde alles mit Feuer und Schwert vernichtet , die meist sehr spärlichen Lebensmittel zum grössten Theile völlig aufgezehrt und sogar absichtlich ver¬ nichtet , die Bevölkerung aber derartig verbittert , dass an einen freiwilligen , wirklich friedlichen Verkehr derselben mit den "Weissen auf lange Zeit hinaus nicht zu denken war . Abgesehen davon beruht bisher der ganze blühende kameruner Handel auf dem schwungvoll getriebenen Tauschhandel an der Küste . Er¬ achten es die Kaufleute für nöthig , so werden sie selbst auf friedlichem Wege in das Inland vordringen , ähnlich wie das am Kongo geschah . Dann ist der Regierung noch Gelegenheit geboten diese neuen Ansiedelungen eventuell durch Truppen zu beschützen !

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Das in dieser Hinsicht aber bisher eingehaltene , gerade umgekehrte Verfahren wird nie zu einem gedeihliehen Ziele führen ! Kamerun wird bei uns viel weniger als Handelskolonie geschätzt , als vielmehr wegen seiner Plantagen . In den Vorträgen und Büchern berühmter und berühmtester „ Afrikaner " kann man sein Lob in dieser Hinsicht singen hören und unsere Kolonialschwärmer liegen die weitschweifendsten Hoffnungen in dieser . Richtung . Schade , dass sich dieselben grösstentheils nie erfüllen werden ! Betrachten wir unsere Statistik , so finden wir , dass Tabak seit zwei Jahren überhaupt nicht mehr aus¬ geführt wurde , während Kaffee nach kurzer Steigerung jetzt bereits auf ein Minimum , nämlich 295 kg . im "Werthe von ganzen 241 Reichsmark zurückgegangen ist . ( Ein einziges kleines Kaffeehaus braucht mehr Kaffee als die ganze Kolonie liefert ! ) Es ist hiermit wohl erwiesen , dass eine ausgedehnte Tabakskultur in Kamerun absolut unmöglich ist . Jeder prak¬ tische Tabakspfianzer wird dies , wenn er erst das Land kennt , auch sofort begreifen . Für Tabak sind nämlich vor allem grosse ebene Strecken mit sehr fruchtbarem Boden nöthig . Diese mangeln in Kamerun aber absolut . Schon Bibundi ist hügelig und steinig und das Gebiet am Kamerimberg ist ja ein directes Gebirgsland . Auch für Kaffee scheinen die Bedingungen nicht günstig zu liegen . Hier sind auch die zeitweiligen langen Dürreperioden , in der alle jungen Pflanzen wieder zu Grunde gehen , von grossem Nachtheil . Ich habe Tabak und Kaffee in Kamerun selbst in so¬ genannten Plantagen gesehen , muss aber sagen , dass ich einen traurigeren Anblick in dieser Hinsicht noch nie gehabt habe ! Dass die für den Tabak so nothwcndigen , gut geschulten Arbeiter in Kamerun nie zu finden sind und auch von auswärts nicht gut mit Erfolg importiert werden körnen , sei nur nebenbei erwähnt , obwohl dieser Umstand allein schon genügen würde , jede er¬ folgreiche Kultur dieser Pflanze absolut unmöglich zu machen . Die Arbeiterfrage ist überhaupt im tropischen Afrika ein äusserst schwieriges Problem , dessen günstige Lösung ich trotz allem Optimismus unserer sogenannten Sachverständigen sehr stark bezweifle . Ausser Kaffee und Tabak kommt als Massenproduct ( und nur solche können eine grosse Kolonie aufblühen lassen , ) allein noch Kakao in Betracht . "Was nützt es denn z . B . , wenn nach¬ gewiesen ist , dass Vanille daselbst ausgezeichnet gedeiht ? Der Verbrauch von Vanille ist heute , wo man im Zeichen der billigen chemischen Surrogate lebt , ein so geringer , dass eine Massenpro duction dieses Gewürzes eben dessen völlige Entwerthung und

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hiermit nur Verlast für den Produzenten herbei führen würde . Aber Kakao ! Die Ausfahr dieses Productes hat sich rahig und . stetig im Verlaufe von 5 Jahren beinahe verdoppelt . Ja , es exi¬ stiert schon eine Pflanzung in Kamerun und dies ist meines Wissens die Einzige in allen unseren afrikanischen Kolo¬ nien , die bereits eine , wenn auch für Tropenverhältnisse : kleine Dividende seit mehreren Jahren zahlt ! Hier ist also ein wirklicher , unbestreitbarer Erfolg zu sehen . Es ist nämlich factisch der Nachweis erbracht , dass sich Kakao mit Vorth eil in Kamerun pflanzen lässt . Sowohl durch dieses Factum , wie durch die Lobeshymne gewisser Leute über den kameraner Boden und seine unermessliche Fruchtbarkeit sind in unglaublich kurzer Zeit eine ganze Menge Gesellschaften entstanden , die alle in erster Linie Kakao pflanzen wollen . Leider wird sich nur ein kleiner Theil derselben wirklich rentieren können . Ausser der schon erwähnten , bereits Zinsen tragenden Gesellschaft , es ist . dies die Kamerun - Land - und Plantagen - Gesellschaft , deren Ländereien an der Kriegsschiffbucht liegen , berechtigt wohl die Westafrikanische Pflanzungs - Gesellschaft „ Vic¬ toria " zu den besten Hoffnungen . Dieselbe hat sich seit dem Tode des Kolonialschwärmers Dr . Zintgraff unter tüchtiger Lei¬ tung ordentlich entwickelt und liefert verhältnissmässig schon ganz hübsche Ernten . Wenn erst das im Anfange durch un¬ zweckmässige LeituLg verloren gegangene Kapital hereingebracht , oder endgiltig abgeschrieben sein wird , kann bei weiterer guter Entwicklung , grösster Sparsamkeit und vorausgesetzt , dass sich die Arbeiterfrage nicht allzu schwierig gestaltet , unbedingt auf ein günstiges Resultat gerechnet werden . Zudem besitzt die . „ Victoria " das beste Land im ganzen Victoriagebiete . Ganz anders steht es mit den zahlreichen anderen Gesellschaften , die erst im Werden begriffen , nur von dem Kundigen bisher be urtheilt werden können . Das vulkanische , in Folge dessen fruchtbare Land jener Gegend ist nämlich auf ein ziemlich enges Gebiet beschränkt , darüber hinaus steht zwar auch noch Urwald , aber auf dem bekannten , ungefähr in ganz Centrai¬ afrika , die Sumpfgegenden ausgenommen , vorherrschenden Late ritboden . Dieser wird , wenn erst der Wald geschlagen , zum un¬ fruchtbarsten Boden , den man sich vorstellen kann . Da wurden nun von Syndikaten und unternehmungslustigen Privaten Län¬ dereien von der Regierung gekauft , ev . nur nach der Landkarte -, ohne dass je ein Sachverständiger dieselben eingehend unter¬ sucht hätte . Es war ja durch Urtheile der hinausgesandten Ex¬ perten bekannt geworden , dass ganz Kamerun von unermess Jicher Fruchtbarkeit sei ! Die erworbenen Ländereien wurden an neu gegründete Gesellschaften meist mit Nutzen weiter ver -

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kauft . So blähte das fröhlichste Gründerwesen ! Aber der Tag der Enttäuschung wird nicht ausbleiben . Wenn nach Ablauf einiger Jahre , ( bei verschiedenen Gesellschaften wird dieser Zeit¬ punkt schon rascher eintreten , ) das Kapital aufgebraucht ist , eventuelle Nachzahlungen ebenfalls verwendet sind und sich , trotz dem man es mit allem und jedem probiert hat noch immer kein Erfolg zeigen will , kurz wenn die betreffenden Gesellschaften vor dem Bankerotte stehen und so im Begriffe sind mancher ost und süd vvestafrikanischen Schwester zu folgen , dann wird man leider zu spät einsehen , dass man Fantomen nachgejagt hat und be¬ dauern , nicht früher schon der Stimme der damals vielleicht gering geschätzten "Warner Gehör geschenkt zu haben ! So können wir denn sagen : Kamerun ist eine ausgezeichnete Handelskolonie , für Plantagenanlagen kommt aber nur ein so kleines Gebiet ernstlich und mit Aussicht aut Erfolg in Betracht , dass hiervon die weitere Entwicklung der ganzen Kolonie nicht wesentlich beeinflusst werden kann . Auffallender Weise sind Versuche mit Theeplantagen im Victoriabezirke noch nicht gemacht . Ich glaube gerade dieser Kultur eine gewisse Aussicht mit Bücksicht auf die vorhandene Bodenbeschaffenheit nicht absprechen zu dürfen . — In Kamerun zählte man 1900 475 männliche weisse Be¬ wohner von denen ungefähr 118 , also V 4 au ;f cue Regierung und ihre Arbeiter und die Schutztruppe kamen . Mit Rücksicht darauf , dass in Kamerun der Handel wirklich weit ausgebreitet ist und auch im Plantagenwesen augenblicklich viele Europäer beschäftigt sind , ist das Verhältniss zwischen Beamten und Schutztruppen¬ angehörigen einerseits und Privatleuten andererseits noch immer ein ziemlich ungesundes zu nennen , wenn es auch günstiger liegt , als in allen anderen Kolonien . Eine detaillirte Einfahr Statistik bezüglich Bier , Wein und Spirituosen steht mir leider nicht zur Verfügung , ich bin aber überzeugt , dass diese ebenfalls recht ansehnliche Summen aufzu¬ weisen hätte ! Nicht unerwähnt darf bleiben , dass in Kamerun durch eine tüchtige und thatkräftige Regierung auf culturellem Gebiete schon Bedeutendes geleistet wurde . Hiervon legen speciell die an dem bisherigen Regierungssitze befindlichen Einrichtungen des Gouvernements , wie Masehinenweikstätten , Krankenhäuser etc . Zeugniss ab . Es liegt , wie ich höre , auch für Kamerun ein Eisen bahnproject in der Luft und zwar von Victoria nach Johannalbrechtshöhe , also durch das vermeintliche f r ucht b ar e PI ant ag egebiet . Mit dem unausbleiblichen Zusammenbruch der dortigen Plantagen würde auch

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jede Eisenbahn zu Grunde gehen ! Möchten die Herren , die solche Projecte befürworten und betreiben , doch nie ver¬ gessen , dass man an Eisenbahnen erst dann mit Berechtigung herantreten darf , wenn genügend Producte vorhanden sind , die auf derselben befördert werden können . Reichen erst die Kanus , die heute auf dem Mungo schwimmen , nicht mehr aus , um all ' den Segen an Erträgnissen der neuen Plantagen an das Meer zu bringen , dann bin ich der Erste , der für eine Eisenbahn in jener Gegend eintritt . Ich fürchte nur , es wird nie so weit kommen ! Dagegen Hesse sich die Errichtung eines grossen Trocken¬ dockes in der Mündung des KamerunfLusses wohl befürworten . Ausser Kapstadt ist ein solches trotz des ziemlich regen Verkehres von dauernd draussen stationierten Dampfern an der "Westküste nicht vorhanden . Eine allerdings schon bestehende ähnliche Einrichtung in Sao Paul di Loanda kann hierbei als ernstliche Concurrenz nicht in Betracht kommen . Unsere Ma¬ rine , die gegenwärtig ihre Stations - Schiffe in Kapstadt docken lässt , würde so jährlich eine schöne Summe Geldes sparen , oder dieselbe wenigstens der eigenen Kolonie und nicht der fremden zum Verdienen geben ! Auch würden dann anangenehme Zwi¬ schenfälle wie das wochenlange Festsitzen S . M . S . Habicht , auf dem völlig verfehlt angelegten und unzulänglichen kamer uner Slip ( Arbeit eines heimischen Sachverständigen ) wodurch , abgesehen von dem Kostenpunkt , beinahe auch dieses so „ tüch¬ tige ,, Kriegss chiff völlig verloren gewesen wäre , nicht mehr vor¬ kommen können . Eine Rentabilität dieser Dockeinrichtung Hesse sich von fachmännischer Seite leicht nachweisen ! Im grossen Ganzen bietet uns also Kamerun ein günstiges Bild . Es ist keine Kolonie ersten Ranges , aber bei Eleiss und Aus - lauer , und an diesen beiden Eigenschaften fehlt es dort nicht , wird sich manches erreichen lassen . Nur müssen die Hoffnungen in einem bescheidenen Rahmen gehalten , und diesem auch die zur Vor Wendung kommenden Mittel angepasst werden . Die sofortige militärische Erschlies¬ sung des Hinterlandes und was folgerichtig noch wichtiger wäre , dessen Offenhaltung würde Millionen und Millionen kosten , ohne uns den geringsten greifbaren Vortheil zu bringen . Das Hinter land bietet für den Plantagenbau absolut ungünstiges Terrain , der Handel aber lässt sich nicht forcieren , am wenigsten mit bewaffneter Hand . Langsam und auf friedlichem Wege muss derselbe sich selbst Bahn brechen . So allein kann unsere Kolonie wirklich gedeihen . Würde man nur ein Drittel der enormen Kosten für die Schutz¬ truppen auf die systematische Herstellung von Wegen von den

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Stromschnellen verschiedener Flüsse ans in ' s Hinterland verwenden , so wäre dies weit nützlicher . Unsere Kolonial¬ eiferer , die hente schon der Nation Berge Goldes versprechen , wenn erst das Hinterland eröffnet ist , vergessen wohl ganz , dass mit grossen Kosten schon früher Stationen in dem¬ selben errichtet waren . Ich erinnere nur an Baliburg , und Kaiserwilh elmsburg ! "Was ist aus denselben ge¬ worden ? Sie sind langsam eingegangen , weil sie absolut unnütz und überflüssig waren ! Nun sollen mit noch mehr Geld neue Stationen errichtet werden . Ihr Schicksal wird dasselbe , das Geld aber gerade so unnütz hinausgeworfen sein , wie früher ! Auf diesem Wege schwindet aber auch für Kamerun die Mög¬ lichkeit , das viele verwendete Geld des deutschen Steuerzahlers dem Yolke durch , reiche Erträgnisse aus den kolonialen Unter¬ nehmungen wieder zuzuführen . Und doch wäre Kamerun die einzige unter unseren grösseren afrikanischen Kolonien , in der dies überhaupt je erreicht werden könnte . — Ostafrika ist gleich Kamerun was seinen Handel betrifft , auf seinem Höhepunkt angelangt , ja , es hat ihn bereits , überschritten ! Untrügliche Beweise hierfür sind , dass die Exportzölle seit dem Jahre 1896/97 stets zurückgegangen sind und zwar in langsam aber sicher fallender Curve von 430000 Up . im oben angeführten Jahre auf 325000 Rp . im Rechnungsjahre 1899/00 . Ebenso ging auch die Ausfuhr selbst in den letzten Jahren zurück . Sie betrug im Kalenderjahr 1898 noch 4 . 333000 Mk . im darauffolgenden nur noch 3 . 937000 und das erste Halbjahr 1900 weist nur noch 1 . 930000 auf . Aber auch die Einfuhr fällt in den letzten Jahren und zwar von 11 . 852000 Mk . im Kalenderjahre 1898 auf 10 . 822000 Mark im darauffolgenden und nun auf 4 . 724000 Mk . im ersten Halbjahre 1900 . In gleicher Weise sind natürlich auch die Einfuhrzölle von 839000 Rup . , im Jahre 1898/99 auf 715000 Rp . im Jahre 1899/00 gefallen . Das Ganze ist ein wirtschaft¬ liches Bild , wie es ungesunder kaum gedacht werden kann ! Zumal , wenn man in Betracht zieht , dass die Einfuhr fast das Dreifache der Ausfuhr betrug , z . B . 10 . 822000 Mark zu 3 . 937000 Mk . im Jahre 1899 . Im offiziellen Jahresbericht für 1897/98 lesen wir auf Seite 62 bezüglich der damals etwas gestiegenen Importzölle wörtlich : „ Die Ersteren , ( nämlich die Importzölle ) auf die sich in Zukunft hauptsächlich die Einnahmen der Kolonie stützen müssen , etc . ! a Welch ' nationalökonomisches Unding , dass sich ein Staatswesen rentieren könne , das aus Importzöllen seine stärksten Ein¬ nahmen schöpft ! Sind nun die commerciellen Verhältnisse unserer Kolonie

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nichts weniger als rosige zu nennen , die Plantagen wirthschaft scheint völlig darnieder zn liegen . Die Kaffeeproduction hatte im Jahre 1898 noch 174000 Rp . betragen und hiermit ihren höchsten Stand erreicht . In 1899 belief sie sich nur mehr auf 68000 Rp und im ersten Halb¬ jahr 1900 gar nur noch auf 31000 Rp . Tabak , dessen Zukunft in Ostafrika stets als eine so glänzende geschildert wurde , ist überhaupt seit 1897 nicht mehr oder nur in so geringer Menge exportiert worden , dass er in der Liste der Export¬ güter überhaupt weggelassen wurde . Und dabeiist der Tabaks¬ bau eine Kultur , die bereits nach dem ersten Jahre eine volle Ernte liefert ! Es scheint also , dass diese Kultur in Afrika völlig aufgegeben ist , vielmehr aufgegeben werden musste ! So kommt es denn , dass von den ostafrikanischen Handels - und Plantagengesellschaften noch keine einzige etwas verdient hat . Verschiedene mussten vielmehr bereits ihr Anfangskapital vergrössern , um nicht ganz bankerott zu werden . Trotzdem haben wir Ostafrika schon seit 1884 also volle 17 Jahre in unserem Besitz und wurden von heimischen Kapi¬ talisten , wie ich später zeigen werde , genügend Mittel zur Ver¬ fügung gestellt , um bei günstigen localen Verhältnissen Erfolge zu erzielen . In Ostafrika sind von 987 erwachsenen Männern 505 Gou¬ vernementsbeamte , Angehörige der Schutztruppe , Angestellte der Usambarabahn und von Gouvernements wegen beschäftigte Ar¬ beiter , ferner 193 Missionäre , aber nur 85 Kaufleute und 61 Pflanzer . Also wieder dasselbe unerfreuliche Bild , wie auch in den vorbesprochenen Kolonien . Die Einnahmen unseres Schutz¬ gebietes betragen 3 . 232000 Mark und werden zur Bilanzierung des Budgets , das durch die Schutztruppe allein mit rund 2 x/2 Mil¬ lionen belastet ist , 9 . 117000 Mark Reichszuschuss verlangt . Diese Forderung stimmt gar wenig zu einer im offiziellen Jahres¬ bericht von 1896/97 Seite 81 stehenden Behauptung , die wörtlich lautet : „ Es steht zu hoffen , dass die Kolonie in stets sich verringerndem Maasse die Hilfe des deutschen Reiches wird in Anspruch nehmen müssen ! " Dabei betrug dieser Zuschuss im 1898/99 erst 5 . 985000 Mark und ist seitdem ständig gewachsen . Um das Bild zu vervollständigen , sei noch bemerkt , dass das Etatsjahr 1900 einen Fehlbetrag von 406000Mark aufwies . Nicht einmal der Voranschlag für Ein - und Aus¬ fuhrzölle war erreicht worden , vielmehr blieben die wirklichen Einnahmen hieraus um 293000 Mark hinter den erhofften 1 . 750000 Mark zurück . Es ist überhaupt merkwürdig , was an Optimismus , um kein anderes Wort zu gebrauchen , in diesen offiziellen , dem Reichs -

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tage stets vorliegenden Jahresberichten geleistet wird . Der oberflächliche und tropenunkundige Leser lässt sich leicht davon bestechen und wird dann , sofern er Abgeordneter ist , gerne im guten Glauben an die vortreffliche Sache alle Credite für die Kolonien bewilligen . Einige markante Fälle gerade aus dem Berichte für Ost afrika für 1899/1900 mögen hier als Beispiele hervor gehoben werden : Nachdem der Titel „ Plantagen " gänzlich aus dem Berichte verschwunden ist , weil es eben über diese Bemerkenswerthes nicht mehr zu melden gibt , finden wir auf Seite 135 unter „ Handel " den Satz : „ Der zeitweilige Rückgang unserer Ein - und Ausfuhr dürfte in erster Linie auf Hungers noth und Krankheiten zurückzuführen sein . Die an sich unerwünschte Erscheinung kann also vom wirtschaft¬ lichen Standpunkt als eine vorübergehende betrachtet werden . " Nachdem , wie oben gezeigt , die Ausfuhr , also das "Wichtigste in einer Kolonie bereits seit 3 Jahren stets zurückgeht kannmanhier wohl kaumvon einem „ zeitwei¬ ligen " Rückgang sprechen , derselbe scheint vielmehr chronisch zu werden . Da ferner Hungersnoth und Krankheiten in einem Lande , wie Ostafrika , das notorisch unter stets mit ab¬ soluter Sicherheit wiederkehrenden Dürreperioden zu leiden hat , auch fernerhin die wirthschaftlichen Verhältnisse ungünstig be¬ einflussen werden , so kann man diese „ an sich , unerwünschte Er¬ scheinung " ebenfalls keineswegs als eine , , vorübergehende " ansehen ! Weiter heisst es eben daselbst : Wenn trotz der Pa zifizierung des Landes , der Gesammtaussenhandel der Kolonie seit 5 Jahren eine kaum nennenswerthe Steige¬ rung erfahren hat , ( seit 1898 hat er sogar abgenommen ! A . d . Yf . ) so dürften hiefür 2 wesentliche Gründe vorliegen : die Tiefe des Hinterlandes und die Stellungnahme der deutschen Handelswelt zu unserer vielfach ungerecht beurtheiHen Kolonie . " Schon der erste Grund ist absolut hinfällig . Seit Jahrhunderten wird an der ganzen Ost - und Westküste des tropischen Afrikas ein schwungvoller Tauschhandel getrieben und sind schon ungeheuere Mengen von Producten nach Europa versandt worden . Dieselben stammten und stammen heute noch zum grössten Theil aus dem Hinterlande , da ja gerade das Küstenland zumeist absolut unfruchtbar ist . So hat sich im Laufe der Zeit ein Träger - und Karawanendienst entwickelt , der vollauf im Stande ist , allen an ihn gestellten Anforderungen be¬ züglich des Transportes von Producten zu geniigen . Die An¬ sicht , dass eine Bahn ( hierauf zielt die Bemerkung des Be¬ richtes ) dem schwer darniederliegenden Handel - und Plan -

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könne , ist eine absolut , aufhelfen wieder tagenwesen , Transportmittel gewöhnlichen die wo , da Nur ! unrichtige Aufgaben der an sie herantretenden zur Bewältigung be¬ , ist eine Bahn als ökonomisch nicht mehr ausreichen in aber Wo . anzusehen gewinnversprechend und rechtigt des Landes , wenig Folge der ärmlichen ProductionsVerhältnisse oder gar nichts zu transportieren ist da kann auch ein Schienen¬ weg keine Besserung bringen . Zudem lehrt uns die Erfahrung auf der Bahn z . B . bei der Kongobahn , dass die Frachtsätze . Trägerlöhne sind , als die alten nicht billiger zumeist von Kilo 30 von Transport den für Man zahlte im Jahre 1892 Matadi nach Leopoldville Fr . 30 . — an einen Träger . Heute for¬ dert die Bahn dasselbe , nämlich per Kilo einen Franken ! Bei billigeren Frachtsätzen wäre an den geringsten materiellen Erfolg von vorne herein nicht zu denken , bei höheren aber würde so¬ fort das alte Trägersystem wieder in scharfe Concurrenz treten ! wäre erst dann als gerecht¬ in Ostafrika Ein Bahnbau Reichthümer derartige Innern im wenn , anzusehen fertigt gefunden würden , dass man selbst bei An¬ an Mineralien über 100 Millionen kostenden Bahn noch lage einer theueren rechnen Schätze dieser Ausbeutung rentable eine auf könnte . Die Minerallager müssten aber dann von einer Aus¬ dehnung und einem Reichthum sein , wie sie sich bisher dort wenigstens nicht haben finden lassen ! Als warnendes Beispiel für zukünftige Bahnprojecte kann die verkrachte Eisenbahnge¬ angesehen werden . Ihr glück¬ sellschaft für Deutschostafrika licher Erbe wurde das Reich ! Die Gesellschaft selbst zahlte am 1 . Juli v . J . eine erste und zugleich Hauptrate im Betrage von 22 V2 0/ 0 des Nominalwerthes der Anleihe als Liquidations von Kolonialkalender deutsche der sich aus , wie Dividende 1901 euphemistisch ausdrückt ! Stellung¬ in ihrer Dass aber auch die Handelswelt war T zurückhaltend nicht absolut nahme für unsere Kolonie den in Mark Millionen 20 circa dass , Umstand der beweist als Actien verschiedenen Handels - und Plantagengesellschaften kapital theils bereits in der Kolonie verausgabt wurden , theils noch zu weiteren Arbeiten zur Verfügung stehen . Dass bei dem nach Ostafrika zu . heutigen Stand die Lust , neue Kapitalien werfen , nicht besonders gross ist , kann man leicht begreifen . 20 Millionen ist dort bereits Ein guter Theil der angeführten verloren ! Ich fürchte , mit dem Reste wird es unwiederbringlich nicht viel besser gehen ! Mo¬ Aul Seite 136 heisst es dann weiter : „ Als dritter ; anscheinend werden , dass erwähnt noch ment darf die Geduld der deutschen als in anderen Ländern leichter

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Unternehmer erschöpft und durch einen anfänglichen Misserfolg vorzeitige Entmuthigung erzeugt wird ! Wenn man , um nur ein Beispiel anzuführen , die Deutschost¬ afrikanische Plantagengesellschaft betrachtet , so findet man , dass dieselbe bereits im November 1886 also vor 15 Jahren gegründet wurde und ihr Kapital im Laufe der Zeit von 130000 auf 2 Millionen Mark erhöht hat . Yon einem finanziellen Erfolg der¬ selben habe ich bis heute noch nichts gehört ! Es handelt sich also hier weder um „ vorzeitige E ntmuthigung " noch um nur „ anfängliche Misserfolge . " Aelmlich liegen die Verhältnisse bei der Usambara K äff e e b au - Ge s eil schaff , gegründet 1893 mit einem Kapital von 250000 Mk . , das bereits 1897 auf eine Million erhöht wurde . Dabei heisst es auf Seite 13ö desselben Berichtes : „ Immerhin wird die Production des kleinen Usambara ( Kaffee ) auf dem Weltmarkt verschwinden !" Dies dürfte nicht gerade wie wohllautende Musik in den Ohren der Actionäre obiger Gesellschaft klingen . In gleichem Athem versichert aber der Bericht : , , Die Holle des Kaffees als Ausfuhrgegen¬ stand wird sich vom laufenden Jahre an heben ! " Dabei weist die Ausfuhrstatistik für das erste Halbjahr 1900 nur noch 31000 Rupies für Kaffee auf gegen 68000 im Jahre 1899 und 174000 im vorhergegangenen ! Von einem „ Heben " wird hier auch selbst der blindeste Kolonialschwärmer nicht gut reden können ! Auf Seite 137 heisst es : „ Weiter kann der Export von Sesam , Wachs und Bastwaaren auch unter jetzigen Verkehrs Verhältnissen schon gesteigert werden ! " Der Export von Bastwaaren ist aber seit dem letzten Jahre , der von Sesam und Wachs aber schon seit 1897 in stetigem Fallen begriffen und zwar stehen den 186000 Rupien für Sesam und 150 000 Rupien für Wachs aus dem ge¬ nannten Jahre für 1899 nur noch 61 resp . 47 000 Rupien gegen¬ über ! Im gleichen Absätze heisst es aber ferner : Die Aus¬ fuhr von Reis nach Europa kann , sobald Bahntrans¬ port möglich , an die weitaus erste Stelle der Aus¬ fuhrliste rücken ! Dem steht gegenüber , dass Ostafrika seit 1897 folgende Mengen Reis importirt ; hat : 1897 für 1898 „ 1899 „ 1900 UV ,„, Rup .

465000 Rup . 383000 im ersten Semester von 1 . 349001 ) also in 3 ] /2 Jahren 573000 i , 3 . 770000 1.

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bis Reis wir dagegen finden Auf der Ausfuhrliste nicht ! Ein weiteres Komentar ist hier völlig absolut heute überflüssig ! . Sehr interessant ist auch der Bericht des Bezirkes West usambara auf Seite 258 des Jahresberichtes für 1898/99 , welcher uns zeigt , wie dort der Arbeiternoth auf practischem Wege ab¬ geholfen wurde ! Es heisst daselbst : „ Auch die Plantagen zu leiden gehabt , ( was der Hungersnoth unter haben für fruchtbare Ländereien müssen das sein ! A . d . Vf . ) wenn zu unterbrochen keineswegs Arbeiten ihre gleich . Sie sind in sofern durch das Be¬ brauchten werden Tag worden , als ihnen dauernd unterstützt zirksamt wur¬ zugeführt Bevölkerung aus der hiesigen löhner jeder dies auf die "Weise , dass den . Es geschieht zugewiesen von Landschaften Reihe eine Plantage Anzahl Leute stets ist , aus denen jede eine bestimmte der letzte , der dieses bin selbst Ich " ! muss geben zur Arbeit zur „ Arbeit geben müssen " , obwohl ich genau kenne , wie so etwas in Afrika gehandhabt wird , als unrechtmässig oder un¬ menschlich hinstellen würde ! Ich weiss ganz gut , das der central afrikaniscne Neger ohne gelinde Gewalt zu ständiger , ordent¬ licher Arbeit nur in den seltensten Fällen zu bringen ist ! Wie müssen " aber mit den stimmt dieses „ Zur Arbeitgehen des Ansichten humanen , weitgehend so oft geäusserten überein ? Leider von Ostafrika Gouverneurs damaligen zu Reclame sich gar oft die hauptsächlich decken Reden mit schönen gehaltenen Deutschland in zwecken von Ost - und Süd¬ , besonders den wahren Verhältnissen absolut nicht ! westafrika fast in seinem Eeldzüge Ostafrika ist durch siegreiche direct unter¬ Verwaltung der deutschen ganzen Umfange worfen , ein Verhältniss , das ja auch für Kamerun als das Ziel unserer Kolonial Schwärmer gilt . Eine kleine Zusammenstellung wird der einzelnen Innenbezirke der weissen Bevölkerung zeigen , dass die hierbei in Betracht kommenden kolonialwirth schaftlichen Erfolge mit den enormen Kosten , die sowohl mit der Aufschliessung , als auch mit der dauernden Besetzung dieses grossen Gebietes verbunden waren und sind , auch nicht an¬ nähernd im Einklänge stehen !

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Von 328 Europäern sind also 79 Gouvernementsbeamte und Schutztruppenangehörige , 155 Missionare und nur 25 Kaufleute und 12 Pflanzer . Mehr als 6 Beamte und Schutztrupp en angehörige ( von den diesen wieder unterstehenden schwarzen 'Beamten und Soldaten ganz abgesehen ) kommen alsoauf einen Pflanzer und zwei Kaufleute ! Ich glaube , ein ähnliches Mis sv erhältnis s ist in keiner Kolonie der ganzen "Welt mehr zu finden : Wer heute nach Ostafrika kommt wird erstaunt sein , was deutscher Fleiss und Eifer dort bereits geschaffen haben . Die grösseren Hafenorte sind mit prächtigen und zweckmässigen , zumeist gouvernementalen Gebäuden geziert . Auch die Innen¬ stationen lassen an Ordnung und guter Bauart Nichts zu wünschen übrig . Desgleichen kann Ostafrika , was seine innere Ver¬ waltung anlangt geradezu als Musterkolonie hingestellt werden ! In dieser Beziehung haben sich seine Gou¬ verneure gewiss grosse Verdienste erworben . Aber -auch die idealste Verwaltung kann ebensowenig wie die modernste Eisenbahn die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Landes auch nur im geringsten verbessern und in die Höhe bringen , zumal wenn dessen eigene Productionskraft auf meist armen Boden auch noch stets von häufig wiederkehrenden mit Hungersnoth verbundenen Dürreperioden und sozusagen elementaren Insecten plagen , wie Heuschreckenzügen , geschwächt wird ! Unsere Nach •

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Griechische Händler , die hier weggelassen werden müssen .

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barn über den Vogesen hätten bei der glänzendsten und prak¬ tischsten Verwaltung die berühmten 5 Milliarden nie ohne jede Verhältnisse zahlen merkliche Schädigung ihrer wirtschaftlichen können , wenn ihnen dies nicht der unermesslich reiche Boden ihres gesegneten Vaterlandes ermöglicht hätte ! Ostafrika wird also trotz aller darauf verwendeten Millionen ist dasKolonie bleiben ! Interessant stets eine unrentable als Autorität , Urtheil , welches der von allen Kolonialschwärmern in Bonn am Schlüsse anerkannte Pr o fe s sor Dr . Wohltmann eines Berichtes über dieses Schutzgebiet fällt , indem er ungefähr sagt : „ Die in Ostafrika aufgewendeten Millionen sind immerhin nicht verloren , da wir Deutsche dort gelernt haben , wie man kolonisieren muss und so in der Lage sein werden , gegebenen , Falles , d . h . , wenn wir bessere Kolonien bekommen , unsere prak¬ tischen Erfahrungen da mit Nutzen zu verwerthen ! " Schw är , der begeisterte Wohltmann So Professor ! Unsere blinden Kolonialeiferer aber , die mer für Kamerun am liebsten jedes in Afrika geborene Zicklein und jedes dort von Europa importierte Huhn ( alles Thatsachen , welche die Jahres¬ berichte zumeist getreulich melden ) den guten deutschen Hinter¬ wäldlern aut kolonialem Gebiet als eine wirtschaftliche Grossthat ersten Ranges hinstellen würden , werden nicht aufhören , das Lob dieser Kolonie zu singen und hiermit zu versuchen , Reich und Private zu weiteren Millionen ausgaben für dieselbe zu verleiten . Dies wäre aber unmöglich , wenn an der Spitze der Ko¬ und gestanden stünden Männer die richtigen lonien , dass die Herren , annehmen nicht ! Ich kann hätten welche das Vertrauen ihres Monarchen auf diesen immerhin sehr¬ und in kolonialen wichtigen Posten berufen hat , so blind waren , dass sie die so unerfahren Angelegenheiten zu erkennen nicht Lage wir th s chaf tliche missliche wären . Sie hätten sonst schon zu jener , , gewesen im Stande bei uns in Deutschland allerdings oft vorkommenden Sorte , von Menschen gehören müssen , die beim Anblick der ersten , im Freien wild wachsenden Palme schon glauben , hier müsse das Paradies ; beginnen ! aller Tropenfruchtbarkeit Ko¬ unserer Werth Wenn sie aber den geringen auch den sie unbedingt haben , hätten erkannt lonie an massgebender müssen , ihre Ansicht haben Muth dies ja auch haben Stelle zu äussern . Zwei Herren gethan , aber nur mit dem Erfolge , dass . Wissens meines eben gar bald ein neuer Mann an ihre Stelle trat !

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So werden sich , die Millionen - Forderungen von Jahr zu Jahr steigern , statt , dass auch hier versucht würde , mit bescheidenen Mitteln Mögliches zu er¬ reichen ! Südwestafrika soll als Ackerbau - und Auswanderer - Ko¬ lonie ebenso wie als reicher Fundort für edle Metalle und Edel¬ steine nach Ansicht unserer Kolonialschwärmer dereinst der Nation alle die Millionen wieder zuführen , die im Laufe der Jahre , bisher allerdings ohne ersichtlichen Erfolg , hier angelegt wurden . Einer meiner Bekannten , der sich in diesem Schutzgebiet befand , war von zu Hause um eine Ansichtskarte von dort ge¬ beten worden . Da nahm er eine gewöhliche Postkarte , bestrich sie mit flüssigem Gummi und streute Sand darauf ! Die natur¬ getreue Ansichtspostkarte war fertig ! Leider liegt in diesem Scherz die bitterste Wahrheit . Em ärmeres und öderes Land kann , directe Wüsten vielleicht ausgenommen , auf dem weiten Erdenrande kaum gefunden werden ! Einen Begriff hiervon können wir uns machen , wenn wir einen Blick auf die Waaren Einfuhrliste werfen . Es fehlt in derselben kaum irgend etwas von den selbst zum einfachsten Leben nöthigen Bedürfnissen . Nahezu Nichts bringt das arme Land aus sich selbst hervor , um ■ seine Bewohner wenigstens notdürftig zu ernähren . Folgende Importziffern für 1899/1900 sind bei unseren weiteren Besprech¬ tingen von Interesse : Bier Frische Gemüse u . Früchte Getreide Kaffee 453000 Mk . 52000 Mk . 209 000 Mk . 347 000 Mk . Mineralwasser 41000 Mk . Schaumwein 43000 Mk .

Spirituosen 204000 Mk .

Thee "Wein 62000 Mk . 158000 Mk .

Cigarren 123000 Mk .

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Conserven 345000 Mk .

Also sogar frisches Gemüse mussten für 52000 Mark importiert werden und das in einem Lande , welches als Acker¬ bauland angepriessen wird ! Für Conserven allein treffen bei einer Bevölkerungsziffer von 2146 Weissen Mk . 627 . — per Jahr auf -den Kopf , eine Summe , die bei uns an sich , schon zur Ernährung eines einzelnen Menschen ausreichend ist ! Neben diesen statistischen Zahlen werden wir aber zur Ge¬ nüge über die traurigen Verhältnisse unserer Kolonie auch fast in allen Schriften belehrt , die gewöhnlich sogar aus kolonial¬ freundlichen Federn stammen . So finden wir in G . Meineckes

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Kolonial - Kalender für 1901 auf Seite '230 die Angaben , dass ein eines Kapitals von Landwirth nach Südafrika auswandernder Rente zu bekommen L 30 — 70000 Mark bedarf , um eine sichere Unter Umständen könne man eventuell auch schon mit 10000 Mark Kapital sein Glück machen . Ja die Auswanderer , die über solche Summen verfügen , sind wohl bei uns kaum zu finden , Landwirthe aber , welche derartige Baarmittel haben , oder deren Grundbesitz soviel baares Geld beim Verkaufe aufbringen würde , , werden nun doch wohl lieber in Deutschlands gesegneten Gauen ihr Glück zu probieren . Dazu bleiben , statt in Südwestafrika kommt , dass Wassermangel , Viehseuchen , Heuschreckenplagen auch mit . Uebelstände und ähnliche , häufig dort auftretende einem Schlage die beste Farm zu Grunde richten können . — Die auf Seite 229 derselben Schrift für Arbeiter eröffneten sind ebensowenig verlockend . Denn um Steine Perspectiven zu sein zu klopfen , Ziegel zu machen , Frachtfuhrmann und um neben freier Station 120 -— 200 Mark per Monat zu ver¬ sein freiwillig Deutscher wohl kein dienen , verlässt ! Auch der Tagelohn von 15 — 20 Mark hat für einen Vaterland tüchtigen Handwerker , besonders wenn er weiss , wie theuer dort das Leben ist , nichts Verlockendes ! Unsere nach Amerika ausgewanderten Landsleute haben ja anfänglich oft ähnliche Schicksale zu tragen und gar mancher ist dort als elender Taglöhner untergegangen , der eventuell zu Hause noch bescheiden hätte leben können . Aber allen diesen Leuten , schwebte die durch hundertfältige Beweise ja auch erprobte und gerechtfertigte Hoffnung vor , drüben durch eigene Kraft und . oder Landwirth , als Kaufmann vom Glücke etwas begünstigt kurz in jedem Berufe zum reichen Manne zu werden . Diese Hoffnung allein berechtigt nationalökonomisch zur Auswanderung , wenn man von den gänzlich subsistenzlosen Individuen , für die es einerlei ist , ob sie hier oder dort ihr Leben fristen , absehen will ! In Südwestafrika kann man aber bei der jetzigen Lage der Dinge von einer derartigen Hoffnung kaum sprechen ! Der ewige Wassermangel ist das Unglück des Landes . Er hat es im Laufe der Jahrhunderte zur wüsten Oede umgeschaffen . Die paar Brunnen - und Stauwerke , die daselbst errichtet werden , getreulich ge¬ ( ieder einzelne wird im offiziellen Jahresberichte meldet ) können die allgemeine Lage nicht verbessern ! Dies ; könnte allein der Regen ! Es ist ja leicht , die kleine Pflanzung eines Gartens durch ständiges Giessen auch während einer langen Dürre - Periode vor dem Absterben zu bewahren . Gleichwohl kann jeder Gärtner uns sagen , dass Giessen den Regen nie voll und .

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ganz ersetzen kann ! Auf diese Art wird dann der Nachweis ge¬ Ge¬ und subtropischen liefert , dass alle möglichen tropischen wächse daselbst ebenso gut gedeihen , wie unsere heimischen . handelt , im Grossen Wenn es sich aber später um Versuche von selbst das Wachsthum und hiermit hört das Giessen , wie es ja auf . Selbst ein ausgiebiges Bewässerungssystem Kaliforniens Boden auf dem von Natur aus fruchtbaren mit Erfolg angewendet wird , würde hier kaum zum Ziele -Boden . Der kärg¬ führen . Es fehlt eben der fruchtbare wäre nach kurzer Zeit durch Wind und Sonne liche Sandgrund wieder ebenso dürr und ausgetrocknet als vor der Bewässerung ! für Das schönste Beispiel hiefür bietet uns der Jahresbericht 1899/1900 , wo auf Seite 153 zu lesen ist : „ Hier wurden , nach¬ dem die Wasserleitung fertig gestellt war , vielfach kleine Haus¬ gärten angelegt . Der im Swakop wachsende wilde Tabakstrauch ,. wurden zum Schutze angepflanzt . . Ricinus und Sonnenblumen Auf diese Weise kamen die meisten deutschen Gemüsearten zur und sehr war Düngung vollen Entwicklung , allerdings ! " Welch fruchtbarer erforderlich Wasserzufuhr reichliche und für den Landwirth verlockender Boden , der zum Anbau von . gewöhnlichem Gemüse Sonnenschutzpflanzen und schon im ersten Jahre Düngung bedarf ! in jeder Hinsicht war aber Leistung Die unglaublichste stets die B ehauptung , man könne die in der wasserlosen zu dau¬ Flussläufe liegenden trocken Zeit bekanntlich benützen . Jedes Jahr würden dieselben ja . Anlagen ernden von den , jeweils zur Regenzeit ziemlich reissenden Müssen , wieder weggespült . erfolgreich ent¬ als Minenland Ob sich Südwestafrika . Die Aus¬ sagen nicht noch heute sich lässt , wird wickeln sind leider sehr geringe , da bis jetzt alle Anzeichen sichten für gute Erfolge fehlen . Der letzte Jahresbericht ist allerdings in diesem Punkte sehr kurz , ein Beweis , dass gute Neuigkeiten nicht zu vermelden sind . Charakteristisch für das ganze System ist der geradezu naiv klingende Schlusspassus zum Titel Berg¬ Schürfge¬ bau auf Seite 156 , der da lautet : „ Im öffentlichen dieser Art — zur Zeit dem einzigen biete von Bersaba fort¬ die Schürfarbeiten — wurden im Schutzgebiete einigen vor ete ebi G genannten gesetzt . Zwei in dem Steine ,, kleine gefundene von Eingeborenen Jahren worden ! " erkannt Diamanten sind als ächte entsprechen den allgemeinen Ver¬ und Wandel Handel ist bei der z iemli ch grossen fuhr Ein Die . Kolonie hältnissen der ( 2146 Männer im Berichts der anwesenden Europäer Anzahl

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Jahre 1999/1900 und dem productiven Unvermögen des Landes sehr bedeutend nnd stets im Wachsen begriffen . Sie ist in drei Jahren von Mk . 4 . 700000 auf Mk . 8 . 940000 ge¬ stiegen . Wenn man dabei in Betracht zieht , dass auf die Einfuhr aus deutschen Häfen allein Mk . 8 . 640000 kommen , kann man begreifen , dass wir bei uns so viele begei¬ sterte Anhänger für Südafrika finden ! Anders steht es mit der für eine Kolonie ja viel wich¬ tigeren Ausfuhr . Sie betrug in 1897/98 Mk . 1 . 247000 fiel im folgenden Jahr auf Mk . 916000 , um in 1899/1900 wieder auf Mk . 1 . 399000 zu steigen . Hiervon kamen auf Guano im Jahre 1898/99 Mk . 773000 und im letzten Berichtsjahre Mk . 1 . 095600 Für den ganzen übrigen Export bleiben daher z. B . für das Jahr 1899/1900 nur Mk . 304000 und dies in einer Kolonie , die für rund 9 Millionen Mark importiert und für das kommende Etatsjahr einen Keichszu schuss von Mk . 9 378000 fordert ! Obwohl derselbe für 1900 bereits rund 7 Millionen betrug , weist dieses Jahr doch auch noch einen Budgetfehlbetrag von nahezu Mk . 1 . 300000 auf . Da der Budgetentwurf für 1901 selbst bereits von allmähliger Erschöpfung der Guanolager berichtet , dürfte die obige Ziffer in ihrer ganzen Erbärmlichkeit und D iirf tigkeit gar bald für Alle klar zu Tage treten ! Zu bemerken wäre noch , dass natürlich der grösste Theil des Guano , im letzten Jahre allein für 946 000 Mark nach England geht , wie ja auch die Ausbeutung und der damit verbundene Profit in den Händen einer englischen Gesellschaft liegt , welche der Regierung hiefür jährlich volle 10000 Mark Pacht bezahlt . Nun , es scheint ja ein Ersatz für den in Bälde hier zu er¬ wartenden Exportausfall gefunden zu sein . In der Ausfahrliste für 1898/99 steht nämlich bereits ein Posten von 2 600 kg . leerer E laschen im Werthe von Mk . 100 , der sich im folgenden Jahre mit 6180 kg . zu Mk . 405 bereits verdrei - resp . vervierfacht hat ! DifficiLe est , satyram non scribere ! Da diese leeren Flaschen wohl alle aus den Hafenorten stammen , lassen sich unter Beiziehung der oben aufgeführten Zahlen für Import an Wein , Bier , Schaumwein und Spirituosen eigenartige Schlüsse auf den Alkohol verbrauch in diesem Schutzgebiete ziehen ! Derselbe ist aber in allen unserenKolonien , beson¬ ders auch von Seiten der Beamten häufig ein allzu grosser ! Es muss dies , so schwer ich mich dazu entschliesse , gesagt werden . Dieser Umstand steht nämlich häufig directund indirect sowohl mit dem schlimmen Gesundlieitsstand in mancher

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Kolonie , als auch mit deren schlechten Verwaltung und mit auf¬ sehenerregenden , für uns alle peinlichen Scandalgeschichten in causalem Zusammenhang . Man kann sagen , andere Nationen tränken ja auch sehr viel und dabei vor allem die Engländer und ihren "Whisky - und Brandy - Verbrauch anführen . Hier ist aber ein grosser Unterschied . Bei den Engländern trinkt nur ein geringer Prozentsatz , dieser allerdings dann in der aus¬ giebigsten Weise . Wir Deutsche sind aber fast durchgehend s •starke Trinker . Für gar Manchen ist dies draussen schon ver¬ hängnissvoll geworden . Beispiele anzuführen möge mir erlassen sein , die von mir in dieser Beziehung angeführten Importziffern •sprechen für sich selbst ! Hand in Hand mit Ex - und Import gehen auch die hiefür erhobenen Zölle . Die Einfuhrzölle sind daher steigend und zwar von Mk . 508000 in 1897/98 auf Mk . 703 000 im letzten Berichts¬ jahre , während die Ausfahrzölle in den gleichen Jahren Mk . 196 resp . 180000 betrugen . Da für Guano allein circa Mk . 160000 Zölle eingehen , bleiben für alles Uebrige nur noch Mk . 20000 . Geradezu typisch für die Verhältnisse der Kolonie ist auch der Umstand , class als laufende Ausgabe im Budget 1900/01 eine Million Mark als Frachtkosten für die Beförderung dienst¬ licher Bedarfsgegenstände nach den Stationen im Innern einge¬ setzt sind ! Während aber , wie diese Zahlen zeigen , die Kolonie finan¬ ziell und wirthschaftlich völlig darniederliegt , beträgt deren Budget für 1901 die Kleinigkeit von Mk . 10 . 728000 , wovon allein Mk . 9 . 378000 als ßeichszuschuss gefordert werden . Die Forderungen gerade für Südwest sind in den letzten Jahren am stärksten gewachsen , denn noch iri 1895/96 wurden nur 1 . 700000 Mark Zuschuss verlangt . Dabei hat diese Kolonie , obwohl sie seit 1884 bereits in deut¬ schem Besitz ist , noch nicht den geringsten Erfolg aufzuweisen , vielmehr ist zu erwarten , dass mit Erschöpfung der Guanolager , die in absehbarer Zeit bevorsteht , auch die einzige nennenswerthe g e s un d e Einnahmequelle derselben versiegen wird . Schon für das laufende Etatsjahr sind die Ausfuhrzölle , deren Istbetrag in 1899/1900 Mk . 180000 war , nurmehr mit einem Sollbe¬ trag von Mk . 100000 , also fast um die Hälfte weniger v eran schlagt ! An der Spitze aller Ausgaben stehen natürlich die Aufwen¬ dungen für die S chutztru p p e mit rund 3 ! /2 Mill io nen Mark ! Heute schon sind Mk . 178000 jährlich nur für Pensio¬ nisten der S chu t z trupp e nöthig . Gerade diese Summe wird

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sich fort und fort bis ins Ungemessene steigern , so lange eben Süd¬ bleibt . An eine Aenderung ist aber west reine Militärkolonie bei den jetzigen Verhältnissen nicht im Geringsten zu denken ! Diese Kolonie wird auch fernerhin der Tummelplatz für eine grosse Schutztruppe und das Dorado jedes reise - und aben¬ teuerlustigen Soldaten und Offiziers bleiben . Man wird jährlich mehr und mehr Millionen für dieselbe fordern , Eisenbahnen bauen , auf denen ausser eigenem Baumaterial , Regierungs - und , so gut Prfvatgütern für Beamte und Schutztruppenangehörige wie nichts befördert wird und stets vergeblich auf die grossen Erfolge warten ! Gerade über den Eisenbahnbau , soweit es sich um wirth schaftliche Bahnen handelt , gilt hier genau das bei Ostafrika Er¬ wähnte ; dass eben ein solches Unternehmen nur gebilligt werden wirklich und rentabel sein kann , wenn das Vorhandensein erwiesen ist . Minen zur Evidenz reicher Kolonie , unsere theuerste ist also sicher Südwest , die liegen jetzt Dinge die wie so , auch dabei leider auf¬ ! Dass da in dem einen oder anderen schlechteste haben sich geregt der "Wunsch Beobachter merksamen noch als möglich , bevor mag , diesen Besitz so schnell durch Wertlosigkeit wirth schaftliche seine ganze Zu¬ , für die Dauer unausbleiblichen einen allgemeinen wird , loszus chlagen ,, aller Welt bekannt sammenbruch ! und nachfühlen begreifen kann ich leicht werden erreicht System Was nach unserem jetzigen sollte , hat man erreicht , nämlich die völlige Unterjochung der Eingeborenen und des ganzen Gebietes der Kolonie . Leider ist so gut wie Nichts erzielt ! damit kolonialwirthschaftlich Bilde ,, Wollen wir uns von dem mehr als unerfreulichen zuwenden ,, bietet einem angenehmeren das uns Südwestafrika Kiautschau . In Besitzung chinesischen nämlich unserer wie weit Kiautschau den Hoffnungen , welche bezüglich seiner Eigenschaft als reiches Minengebiet auf dasselbe gesetzt werden , in Zukunft entsprechen wird , lässt sich heute schwer entschei¬ günstiger , als den . Auf jeden Fall liegen hier die Verhältnisse in Afrika , da man es ausschliesslich mit einem Küstengebiete zu thun hat . Man kann also auf billige Verbindungslinien und hier¬ durch auch billigeren Transport hoffen . Zudem ist unsere Kolonie der Theil eines dichtbevölkerten Landes , das gerade jetzt dem Handel und Verkehr endgiltig erschlossen werden soll , dessen Bevölkerung aber bereits selbst auf einer ziemlich hohen Kultur¬ für unsere Handelsproducte stufe steht . Ihre Aufnahmefähigkeit ist daher eine weitaus grössere , als die der halbwilden afrika¬ nischen Negerstämme .

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vor dem jedoch verschwinden Alle diese Vortheile grossen , dass es uns mit der Besitznahme unermesslich Osten auch po¬ ist , im fernen gelungen von Kiautschau hat sich ja Handel festen Fuss zu fassen ! Unser litisch die erste Stelle selbst erkämpft . längst dort nach England Er wird kaum mehr durch eine andere Nation verdrängt werden das war ein uns bedurften können . Was wir notwendig für unsere Flotte , eine deutsche Stützpunkt gehörender gegen¬ . Diesem Gesichtspunkte Kohlen - und Kabelstafion über treten alle anderen in diesem Schutzgebiete eventuell noch Vortheile in den Hintergrund . Desshalb sind zu erringenden auch die häufig gegen die Regierung geäusserten Klagen , dass Besitzes zu enge man bei Abmessung unseres chinesischen Grenzen gezogen habe , unberechtigte . Manwusste Oben wohl zu welchem Zwecke man diese Erwerbung machte ! Deutschlands Weiter¬ kann nur in der günstigen Gedeihen zukünftiges liegen , seines Handels und seiner Industrie entwicklung haben es ja auch erst zu dem gemacht , beide Factoren was es heute ist . Das Streben nach neuen reichen Absatz¬ . Ein besseres als gebieten ist dabei eine Naturnotwendigkeit Ostasien kann aber heute , wo die neue Welt sich in dieser Be¬ ziehung auf ihre eigenen Eüsse gestellt hat und sogar als nicht Concurrent auftritt , nicht gefunden werden . zu unterschätzender Dass wir dort nicht zu kurz kommen , muss das Hauptziel unserer Regierung sein . Der Anfang hierzu wurde durch die Erwerbung von Kiautschau gemacht . ist heute noch dem Reichsmarineamt Diese Kolonie ; ein höherer Offizier ist deren Gouverneur . Diese unterstellt war von Anfang an in so ferne als eine glückliche Einrichtung , als uns auf diese Weise der sonst unbe¬ zu begrüssen dingt der Landarmee angehörige Gouverneur erspart blieb . Ich möchte hier nochmals das grosse Vertrauen , das ich in unsere setze üervorheben , junge Marine und ihre Leistungsfähigkeit der Zeitpunkt muss aber doch bemerken , dass für Kiautschau nicht mehr ferne ist , wo zu seiner gedeihlichen kommerziellen und eventuell auch industriellen Weiterentwicklung dessen Unter¬ stellung unter die Kolonialabtheilung , ( bis dahin aber hoffentlich Kolonialamt ) und eine mit den dortigen Verhältnissen völlig ver¬ absolut nöthig sein wird . traute Civilperson als Gouverneur Unter unseren vielen hervorragenden Grosskaufleuten , die Jahre lang in Ostasien thätig waren , ist eine passende Persönlichkeit nicht allzuschwer zu finden ! Eine Bemerkung Herren Bodenreformer

des neuen Etatsentwurfes dürfte für unsere der , welche gerade die hinsichtlich

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Verwaltung von Grund und Boden in Kiautschau befolgte amt¬ liehe Taktik nicht genug loben konnten , ein kleiner Fingerzeig sein . Es heisst nämlich zu Titel 1 der Einnahme , die „ aus Landverkäufen " mit nur Mk . 100000 gegen Mk . 150000 des Vor¬ jahres eingesetzt ist : „ Nach d en Erfahrungen des Vorjahres muss mit einer Verminderung der Einnahmen aus Land¬ verkäufen gerechnet werden . " Das Monopolsystem der Regierung hat sich also nicht besonders bewährt . Man hätte ruhig der freien Speculation etwas mehr Raum lassen und die Kolonie höchstens vor deren Auswüchsen von amtswegen schützen müssen . China ist ein merkantilisch hoch entwickeltes Land , in dem nach ganz anderen Principien verfahren werden muss , als in den unbewohnten "Wüsten und Urwaldstrecken Afrikas . Auch ist der "Werth unserer chinesischen Besitzung ein derartig hoher , dass auf kleine Gewinne wie z . B . aus Landverkäufen für die Regierung ruhig verzichtet werden kann ! Unsere Kolonie bedarf für 1901 eines Reichszuschusses von Mk . 10 . 750000 . Ich glaube , wir können diese an sich bedeutende Summe ruhig billigen , da die Sache eines hohen Einsatzes werth und auch im Stande ist , der Nation in absehbarer Zeit direct oder indirect alle Aufwendungen mit reichlichen Zinsen zu vergüten . Schon jetzt war uns Kiautschau gelegentlich der chine sisr hen "Wirren von unschätzbarem Vortheile . "Wir hatten im fernen Osten einen uns gehörigen Flottenstützpunkt . So¬ mit waren wir nicht auf den guten "Willen irgendeiner anderen Grossmacht angewiesen . Dass dieser Stütz¬ punkt genügend befestigt und mit allen für seine Zwecke nöthigen culturellen und maschinellen An¬ lagen auf ' s beste ausgerüstet wird , muss unsere nächste Sorge sein , die nur von der übertroffen werden darf , dass Kiautschau nicht die einzige Erwerbung dieser Art auf dem weiten Erdenrunde für unser Vaterland bleibe . Denn eine gute uns gehörige Flotten - , Kohlen und Kabelstation wird im Falle der Noth , wenn es un s eren W eIthandel und hiermit unsere hauptsächlichste Lebensader thatkräftig gegen etwaige Feinde zu schützen gilt , mehr werth sein , als alle unsere afri¬ kanischen Besitzungen mit einander ! Das von der ganzen Nation schon bei Erwerbung der afri¬ kanischen Kolonien dunkel empfundene Bedürfniss , durch Kolo¬ nialbesitz die Weltmachtstellung des Vaterlandes zu begründen und zu festigen , hat durch die Erwerbung Kiautschau ' s zum

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erstenmale seine praktische und zweckmässige Betliätigung ge¬ fanden . Yon unseren Südseebesitzungen kann hier nur Neu guiena näher besprochen werden , da die Marschallinseln so¬ wohl ; wie die immerhin recht theuer erworbenen Karo¬ linen , und Mariannen mit Rücksicht auf ihre geringe Grösse als rechnerische Factoren in unserer Kolonialwirthschaft nicht ernsthaft in Frage kommen können . Als Kohlen und Kabel¬ stationen und Stützpunkte für unsere Flotte mögen sie ja späterhin einmal von Bedeutung werden ! Es wäre höchstens Eines zu erwähnen : Man hatte nämlich s . Z . den Plan im aus¬ wärtigen Amte , ja hat ihn vielleicht noch , diese ganzen Insel¬ gruppen als eine Konzession einer einzigen grossen Gesellschaft zu überlassen . Sind nun die verschiedenen Inselchen wirklich so fruchtbar , wie sie uns gelegentlich ihrer Erwerbung von amts Avegen geschildert wurden , ( dass amtliche Berichte in dieser Hinsicht nicht immer der wahren Sachlage entsprechen , haben wir früher schon gesehen ) dann wäre diese Vergebung in Bausch und Bogen ein grosser Fehler . Eine Ausbeutung und Nutzbar¬ machung wirklich guten Landes wird durch kleinere Ge¬ sellschaften , die sich alle zu gleicher Zeit an ' s Werk machen können , viel eher ermöglicht , als durch grosse , welche eben mit dem besten "Willen nicht an allen Orten zugleich anfangen können . Ganz anders lagen die Verhältnisse in Kamerun , wo mit vollem Rechte weite Länderstriche von sehr zwei¬ felhafter Güte auf einmal an grosse , kapitalkräftige Ge¬ sellschaften vergeben wurden . Diese sind nämlich einzig und allein in der Lage , selbst nach lange andauernden , vergeb¬ lichen Bemühungen doch noch Resultate zu erzielen , wenn kleine Gesellschaften den hierbei erwachsenen finanziellen Schwierig¬ keiten längst erlegen wären ! Die Gründe , warum Neuguiena trotz aller Bemühungen und aufgewendeten Kosten bis heute noch keine günstigen Re¬ sultate erzielt hat , sind mir etwas unklar . Schon im Jahre 1886 begann die Neuguiena - Compagnie mit ihrer Arbeit . Es wurden zwar anfangs ziemlich viele theuere und kostspielige Experi¬ mente gemacht und gar oft wechselten die mit der Leitung be¬ trauten Persönlichkeiten . Nachdem das Hauptziel der Gesell¬ schaft auf Tabakbau gerichtet war , müsste ein Erfolg , wenn solcher überhaupt möglich , schon längst zu Tage getreten sein . Da ich aber Neuguiena an Fruchtbarkeit hoch über unsere afri¬ kanischen Kolonien stelle , gebe ich auch die Hoffnung nicht auf , dass dort mit der Zeit noch günstige Resultate erreicht werden . Ich glaube eine gründliche Reform an Haupt und Gliedern und vor allem die Verwaltung O der Oganzen Gesellschaft

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durch , einen kolonialen Fachmann würden liier bald Besserung schaffen . Mit papierenen Rapporten wird eben nicht Tabak gepflanzt . Und gerade in dieser Hinsicht soll bei der Neuguinea - Gesellschaft recht viel gesündigt worden sein !

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Dass die natürlichen Verhältnisse in Neuguinea weit günstiger als in Afrika sind , beweist der Umstand , dass wir hier auch eine rentierende Gesellschaft finden , nämlich die „ Jaluit - Gesellschaft . " Beuten zwischen 5 und 10 ° /o sind zwar für stets riskante Tropenunternehmungen recht kleine zu nennen ; da dieselben aber eine steigende Tendenz von 8 auf 10 zeigen , scheinen die Aussichten immerhin günstige zu sein . Man darf hier auch nicht vergessen , dass die Transportkosten von und nach Neuguinea naturgemäss viel höher sind , als die der afrikanischen Küste ! Da Neuguinea in früheren Zeitperioden sicher mit dem australischen Festlande einen Kontinent bildete , ist die Hoffnung nicht ausgeschlossen , dass die Insel uns dereinst , was Goldfünde angeht , noch recht angenehme Ueberraschungen bereiten werde . Kleine Vorläufer hiervon machen sich ja heute schon bemerkbar . Ich persönlich möchte diesen Meldungen auch etwas mehr Vertrauen entgegenbringen , als ähnlichen aus Ost - und Südwestafrika . Diese stellen sich nämlich mit auf¬ fallender Pünktlichkeit in unseren Blättern immer dann ein , wenn die Budgetberathung des Kolonialetats im Reichstage vor der Thüre steht ! Die ungünstigen Verhältnisse gerade unserer afrikanischen Kolonien haben natürlich alle möglichen Versuche und Vor¬ schläge gezeitigt , durch die mit Gewalt unter Anspannung aller finanziellen Kräfte da Erfolge erzielt werden sollten , wo dies in Folge der natürlichen Beschaffenheit der Dinge eben als ausge¬ schlossen anzusehen ist . So wurde auch in jüngster Zeit eine ganze oder theilweise Einfuhrzollfreiheit für unsere kolo¬ nialen Plantagen - Producte in Vorschlag gebracht . Vor diesem Schritte kann nicht genug gewarnt werden . "Was nützt es , wenn wir offiziell dem aus deutschen Kolonien stammenden Tabak Zollfreiheit gewähren , wenn absolut kein solcher eingeführt wird ? Aehnlich verhält es sich mit Kaffee , dessen Einfuhr aus unserem Schutzgebiete , abgesehen davon , dass sie im Vergleiche zum Kaffeeverbrauch unseres Vaterlandes eine Rolle überhaupt nie gespielt hat , auch im Rückgange ist . Die auf ganz anderen Gründen beruhenden schlechten Ver¬ hältnisse unserer Plantagen würden dadurch nicht im

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würde da¬ . Aber dem Auslande verbessert mindesten gleiche gegeben , für seine Einfuhr durch eine Handhabe un¬ seinerseits oder zu fordern Zollvergünstigungen . Ge¬ Zölle zu schädigen erhöhte durch sere Ausfuhr rade jetzt , wo in zollpolitischen Dingen eine gewisse Gewitter¬ spannung in der Athmosphäre der grossen Welt liegt , könnte ein Schritt , wie der oben angeführte , für unseren Handel die miss¬ lichsten Folgen haben . Die paar Tausend Mark an ersparten Zöllen sind nicht im Stande , Besserungen in Zustände zubringen , die an tiefer liegenden Grund - und Erbübeln leiden . Das Aus¬ land aber würde sich die schöne Gelegenheit , entweder die Ein¬ künfte aus unseren Einfuhrzöllen empfindlich zu irritieren oder zu erschweren , sicher aber unsere Ausfuhr nicht unbedeutend Diese ebenso klare wie einfache Schluss¬ nicht entgehen lassen folgerung wird wohl auch in Regierungskreisen , die ja sonst bis zu den gerne die Bestrebungen unserer Kolonialschwärmer äussersten Grenzen des Möglichen und Erlaubten unterstützen , und zum Durchbruch gekommen sein , so dass unser Handel Massregel vor einer so gefährlichen unsere Industrie werden ! bleiben .geschützt Dass sich unsere Schutzgebiete zur Aufnahme von Aus¬ wanderern in grösserer Zahl eignen , wird heute wohl Niemand mehr ernstlich behaupten wollen . Ich glaube jedoch dass der Schmerz , welcher hieraus unseren Kolonialschwärmern erwächst , nicht allzu ernst zu nehmen ist . Wer einmal grössere Mengen deutscher Auswanderer in Bremen oder Hamburg gesehen hat , wird sich gesagt haben , dass es nicht gerade die beste Volks¬ kraft ist , welche hier dem Yaterlande verloren geht . Aber wenn dem auch so wäre , so könnten wir uns damit trösten , dass wir Europa ' s , anderen alten Culturstaaten dieses Uebel mit allen selbst England nicht ausgenommen , gemein haben ! Trotzdem hat unser Vaterland nicht nur stetig zugenommen , was die Zahl seiner Bewohner betrifft , sondern es ist auch gewachsen an Macht und Stärke ! Die Millionen Engländer , welche im Laufe der Jahrhunderte nach Amerika gegangen sind , resp . deren Nachkommen sind heute keine Engländer mehr ! Sie werden mit Grossbritanien liebäugeln , so lange es in ihren Kram passt ! Die Nation jedoch , die sich einerseits mit der Monroedoctrin die stolze Devise „ Amerika für die Amerikaner " zum Wahlspruch erkoren , anderseits aber nicht gescheut hat , auf scrupelloseste Weise auch in anderen nicht amerikanischen Welttheilen ( Philippinen !) auf Eroberungen auszu¬ gehen , diese Nation wird heute kaum aus verwandschaftlichem Gefühl vor einem Kriege mit dem einstigen Mutterlande zurück -

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schrecken , falls es sich von diesem in auch nur einem seiner vitalen Interessen ernstlich bedroht sehen sollte ! Bei Betrachtung des geringen Werth es ( um nicht von einer¬ absoluten Werthlosigkeit zu sprechen ) eines grossen Theiles un¬ seres Kolonialbesitzes , drängt sich unwillkürlich die Frage auf , wie es denn möglich war , dass sich trotz dieser so offen zu Tage tretenden Uebelstände , ein so grosser Theil und nicht der schlech¬ teste unserer Bevölkerung , gerade für unseren afrikanischen Besitz so begeistern konnte und dies auch heute noch thut . Ich komme hiermit auf ein Thema , das ich als ausgesprochener Feind aller persönlichen Erörterungen lieber übergangen hätte . Wenn aber diese Zeilen ihren Zweck , nämlich den Deutschen über ihren Kolonialbesitz und dessen Werth einmal klaren Wein einzuschenken , erreichen sollen , dann darf ich auch hier vor nicht zurückschrecken . Unsere „ berühmten Afrikaner " also sind , es , die vermuthlich wider besseres Wissen und Wollen hier die grösste Schuld tragen ! An ihrer Spitze steht wohl Hermann von Wissmann ! Als Soldat und schneidiger Truppen¬ führer , als Mann von zäher Energie leuchtet er gewiss hervor . Auch ist er Mitbegründer , der früher schon hervorge¬ hobenen tadellosen Verwaltung Ostafrikas ! Durch seine Afrika durchquerung und seine siegreichen Feldzüge in Ostafrika lenkte er zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit auf seine Person . Ob er wohl den culturellen Minderwerth gerade dieser Ko¬ lonie erkannt hat ? Mit Rücksicht auf seine stets weiter ge¬ triebene , scharfe Agitation für dieselbe wollen wir das Gegen theil davon annehmen ! Es war auf der , Mitte der 90er Jahre in München tagenden Hauptversammlung des Kolonialvereins , wo Herr von Wissmann in seiner grossen , agitatorischen Festrede¬ unter dem Beifallsjubel der Zuhörer behauptete , die Zukunft unserer afrikanischen Kolonien sei gesichert . In Ost¬ afrika hätten wirim Ruf idji Delta herrliches Tabaksland und in Kamerun prächtige Ländereien für Kaffee . So Herr von Wissmann im Jahre 1896 , wenn ich nicht irre ! Und heute exportiert , wie wir gesehen haben , Ostafrika Tabak überhaupt nicht , und Kamerun noch '295 kg . Kaffee im Wert he von Mk . 241 . Ja , wenn es sich für uns nur darum gehandelt hat , Ostafrika militärisch zu unterwerfen und dann in einzelne , gut geleitete Verwaltungsbezirke einzutheilen , dann war Herr von Wissmann gewiss der rechte Mann am rechten Platze ! Aber zu diesem Zwecke allein verwenden wir doch nicht jährlich viele Millionen für unsere Schutzgebiete ! Dass . Ostafrika als Handelskolonie nur sehr beschränkte , alsPlantagen - Kolonie aber überhaupt keinen Werth hat ,, hat Herr von Wissmann nie erkannt und vielleicht auch nicht

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erkennen können , da ihm eben die Erfahrung in diesen Punkten völlig fehlte . Das hinderte ihn aber nicht , Reelame für ein Land zu machen , wo es so hübsche und ruhmvolle Feld¬ züge gibt , so interessante Jagden geboten sind und in dem der Neuling in den Tropen seine ersten , überwältigenden , aber leider zu oft falschen Eindrücke über diese neue , von der alten hei¬ mischen so grundverschiedene Welt in sich aufgenommen hat ! Neben und mit Wissmann machen natürlich noch eine grosse Zahl grösserer und kleiner Afrikaner ebenfalls in Reclame für unsere Kolonien . Die Erfahrungen derselben stützen sich zumeist auf längere und kürzere einmalige Expeditionen in unsere Schutz¬ gebiete , die grösstentheils auch Erstlingsreisen waren . So war ich nicht wenig erstaunt , hier in München in einem Vortrage des Herrn Doctor Passarge zu hören , dass der Boden Kameruns dem besten indischen Plantagenland Nichts nachgebe . Ich weiss nicht , ob genannter Herr ausser auf seiner Niger - Benuereise nochmals Gelegenheit hatte , Kamerun eingehend zu besuchen . Damals jedenfalls hat er nur einen kleinen Theil des absolut untauglichen Hinterlandes , das entweder untrainirbarer ; Sumpf , oder unfruchtbares Grasland ist , kennen gelernt ! In wie weit Herr Doctor Passarge den indischen Plantagenboden ( nebenbei gesagt , ein sehr dehnbarer und vager Begriff 1 ) aus persönlicher Anschauung kennt und zubeurtheilen im Stande ist , kann ich leider nicht bemessen . Meine diesbezüglichen Erfahrungen und ich war ein Jahrzehnt als Pflanzer in Indien und später auch längere Zeit in Kamerun sind allerdings ganz ent¬ gegengesetzte ! Seine damaligen Zuhörer aber glaubten ihm und waren so im Vertrauen auf die glänzende Zukunft unserer afri¬ kanischen Kolonien wieder bedeutend gestärkt . Immerhin sind die Angeführten noch Männer , die ernstgenommen werden können . Nicht ist dies z . B . der Fall bei einem Herrn , der über eine grosse von ihm geleitete militärische Expedition ins Hinterland ein schön illustriertes Buch herausgab . Auf einem der Bilder ist der Uebergang seiner Expedition über einen Fluss dargestellt . Auf diesem Bilde sieht man eine unglaubliche Anzahl von Kroko¬ dilen , so dass man fast versucht sein könnte zu glauben , ein Buch von Karl May vor sich zu haben . Es liegt geradezu eine Verhöhnung des gebildeten , deutschen Publikums , auf dessen Berücksichtigung der Verfasser sicher Ansprach machte , in dem Umstände , dass er es wagte , demselben ein solches Bild als der Wirklichkeit entsprechend zu bieten ! Der betreffende Herr hat ebenfalls lange agitatorisch ±ür unsere J Kolonien ge¬ wirkt . — Welchem wirklich erfahrenen Tropenmann wird nicht ein mitleidiges Lächeln durch die nachstehenden in No . 214 der

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Münchener Neuesten Nachrichten abgedruckten , aus der Feder Wolf stammenden Ansichten entlockt . Dieser des Herrn Eugen Herr schreibt hier in einem sonst viel Gutes enthaltenden , zum Theile gegen die ostafrikanische Bahn gerichteten Artikel wört¬ sind Plan¬ für die Kolonien lich : „ Eine Lebensfrage tagen . ( Sehrrichtig ! A . d . Vf . ) Wenn ] eder sich in Deutsch¬ oder Beamte , Offizier , Kaufmann aufhaltende ostafrika Mussestunden seiner Tag während jeden Pflanzer Bäumchen ) nur ein einziges man dort vielehat ( deren mehr erreicht , wollte , so wäre damit unendlich pflanzen wird , durch die eine An¬ als wenn eine Bahn gebaut sind , Herren , die schon fett genug zahl von Berliner noch fetter werden . " Wenn man die fachmännischen Conse quenzen aus diesen von den Herren Beamten etc . täglich ge¬ pflanzten Bäumchen ziehen wollte , so kämen hierbei die absur¬ desten Dinge heraus ! Dies weiter auszumalen ist hier wohl nicht nöthig ! Aber fragen muss man sich doch , ob ein Mann , der einen solch ' merkwürdigen , ( um kein anderes Wort zu gebrauchen ) Vorschlag an die Oeffentlichkeit zu bringen wagt , als Kolonial¬ ernst Angelegenheiten politiker besonders in wirthschaftlichen genommen werden kann ? Die Antwort muss verneinend ausfallen . ko¬ und dem erfahrenen dem Weltreisenden Zwischen ! Kluft weite eine noch eben liegt Fachmann lonialen einer gesun¬ Wo bleiben ferner die Grandprinzipien , wenn uns Herr Major a . D . Curt den Nationalökonomie in einer „ Staat oder Gesellschaft in unseren von Francois Kolonien " * ) betitelten Broschüre allen Ernstes den Vorschlag macht , Plantagenwesen und Bergbau , kurz alle kulturellen Unter¬ um¬ Betriebe nehmungen in unseren Kolonien in staatliche zuwandeln ? Ja , weiss denn dieser Herr nicht , dass erfahrungs gesicherten , gemäss ' r gerade die vor jeder gesunden Konkurrenz und soweit schlechtesten die zumeist staatlichen Monopolbetriebe es sich nicht um Dinge handelt , die zu den absoluten Lebens des Menschen gehören , eventuell auch die un¬ nothwendigkeiten rentabelsten sind ? Wie schön wäre es , wenn wir plötzlich in Ostafrika Plant .agenassistenten und dito Directoren etc . noch kaiserliche ! und Assessoren Leutnants frühere bekämen , alles Seines¬ unter ganz Afrika in auch Dann wäre man ! Gerade die oben angeführte Broschüre , die mit un¬ gleichen geheuerlichen Behauptungen und Vorschlägen förmlich gespickt ist , ist typisch dafür , wie weit man in dem vergeblichen Streben *

) Berlin , Verlag von

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Harrwitz Nachfolger

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,

- 61 ans unseren an sich minderwertigen Kolonien mit aller Gewalt Etwas machen zu wollen , vom rechten Wege abkommen kann ! Und doch gehört auch Herr Major a . D . Curt von Francois zu unseren grössten Kolonialsachverständigen ! Ihn anzugreifen er¬ scheint in gewissen Kreisen beinahe ebenso ketzerhaft , wie eine Kritik des Werthes des Herrn von "Wissmann in kolonialwirth schaf 'tlicher Beziehung ! Die Reihe der Beispiele , die ich hier anführen könnte , ist noch lange nicht erschöpft . Ich glaube aber die vorgebrachten genügen dazu , die Richtigkeit meiner Behauptung zu beweisen , dass nämlich gerade die sogenannten „ kolonialen Grössen " zu¬ meist die Schuld daran tragen , dass unsere afrikanischen Kolo¬ nien von Seite einer grossen Anzahl von Deutschen noch stets weit überschätzt werden . Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen den frischen fröhlichen Wagemuth , der durch unsere kolonialen Bestrebungen gehtundin der Freude an der stets wach¬ senden "Wel tmachtstellung unseres Vaterlandes gi pfelt , . zu bekämpfen . Ich möchte nur helfen , denselben an der Hand meiner Erfahrungen und gestützt auf unumstöss liche Thatsachen in die richtigen Bahnen zu lenken ! Nicht umsonst und grundlos gehört eine grosse Anzahl an edler Geistes - und Herzensbildung hervorragender Männer deut¬ scher Nation zu den warmen Vertheidigern unserer kolonialen Bestrebungen . Sie alle fühlen , dass hiermit unser Yaterland nach aussen und innen gekräftigt wird . Nur Mangel anKennt niss der Beschaffenheit unseres jetzigen kolonialen Besitzes , die durch schön gefärbte , stets neue Errungenschaften in Aussicht stellende , amtliche und private Mittheilungen noch getrübt wird , verhindern , dass alle diese Bestrebungen in die rechten Bahnen geleitet werden . Der grösste Theil unseres afrikanischen Be sitzthumes und damit unseres Kolonialbesitzes überhaupt , wird nie auch nur den geringsten Theil der auf ihn gesetzten Hoff¬ nungen zur Wirklichkeit machen . Wenn ich heute nicht dazu rathen möchte , uns desselben zu entäussern , liegt der Grund nicht darin , dass ich irgend welche grosse Hoffnung bezüglich realer Erfolge auf ihn setze , sondern einzig und allein darin , dass ich verständlich finde , dass das deutsche Nationalbewusstsein sich nie zu dem Schritte entschliessen wird , einmal in Besitz genommenes Land wieder frei zu geben . Was den wirtschaftlichen Punkt anbelangt , hätten wir freilich am Ende besser gethan , mit Gebietserwerbungen in Afrika etwas vorsichtiger zu sein . Deutschland ist eben in Folge seiner Jahrhunderte langen inneren Zerrüttung bei der Theilung der

grossen Weit zu kurz gekommen . Als es endlich in der Lage gewesen wäre , seine diesbezüglichen Rechte , gestützt auf seine Macht zur Geltung zu bringen , war es zu spät . Die Welt war vergeben ! Aber ich glaube , wir können uns darüber trösten . Die des Mutter¬ Zeit , in welcher eine Kolonie nur zum Vorteile verwaltet und eventuell ausgesogen wurde , ist längst staates Recht für Alle kann und gleiches Handel vorbei ! Freier Staate grossen keinem Zeit auf die Dauer in unserer werden . versagt der Welt Punkte einem auf irgend lang in sirenger China , das mächtige Reich , das Jahrtausende Abgeschiedenheit von allen Nationen der Welt dahin gelebt hat , zu , seine Länder dem Weltverkehr wird heute gezwungen öffnen . — muss unser von Kolonien auf den Besitz Nicht gerichtet sein , sondern auf Vergrösserung Hauptaugenmerk Industrie und unserer Handels unseres und Schutz ! von Kabel - und Kohlenstationen und auf den Erwerb mächtigeren Der Ackerbau wird in den ihm von seinen Konkurrenten gesetzten Schranken als notwendiger Stand auch weiter bestehen , die einstige Blüthe aber wird er nicht mehr erreichen können . Es müsste denn ein Rückschlag kommen , der uns und alle anderen civilisierten Nationen wieder auf den trau¬ Vaterland brächte , den unser unglückliches rigen Standpunkt eingenommen hat . So lange am Ende des dreissigjährigenKrieges Deutschland aber gross und mächtig bleibt , wird es seine besten Kräfte der Industrie und dem Handel widmen . Suchen wir mit aus unseren afrikanischen Kolonien das Mitteln bescheidenen zu machen , was aus ihnen vermöge ihrer spärlichen natürlichen Veranlagung gemacht werden kann ! Die ganze moralische und finanzielle Vollkraft unseres Reiches aber muss auf ' Ausbreitung und Schutz unseres Handels zur Vergrösserung Anlass verwendet werden . Den ersten Vaterlan¬ unseres und zum Eintreten Flotte unserer Kolo¬ haben zum Tlieil unsere des in die Weltpolitik , den Vortheil und das ist der grösste nien gegeben konnten . Heute und bringen haben sie uns gebracht müssen wir sorgen , dass Deutschland , welches als Militärmacht die erste Stelle in der Welt einnimmt und in industrieller und com gefährlichen einzigen mit seinem Beziehung mercieller Gegner , England , um den vordersten Platz im Ringen begriffen ist , auch auf dem Meere als primus inter pares anerkannt werden muss . Unsere Zukunft liegt allerdings auf dem Wasser , wenn werden und mächtiger noch grösser unser Vaterland . Auf und erstreben alle wünschen soll , was wir gewiss

und müssen dem Lande haben wir unser Ziel erreicht auch er¬ sorgen , dass wir das Erworbene nur dafür aber eine Flotte , die im wir dereinst halten . Besitzen friedlichen unsere auf der Welt ist , überall Stande und die , wenn es zum Kampfe zu schützen Interessen auf¬ Gregner sollte , es mit jedem um diese kommen , nehmen kann , dann wird sich der Spruch bewahrheiten so stolz das neue mit dem unser Herr Reichskanzler er sagte : , , Das neue hat , indem eingeleitet Jahrhundert Jahrhundert gehört Deutschland ! ' Dann haben sich die Nach¬ Schlacht¬ Y or fahr en , die auf den blutigen folger ihrer Va¬ schönen unseres die Einheit Prankreichs feldern sie gezeigt , indem haben , würdig erkämpft terlandes eiser¬ es er s im ung Schöpf der jungen , kraft strotzenden haben ! die Krone aufgesetzt nen Kanzlers