Unser Elsaß — unser Lothringen

Table of contents :
Front Cover
DD801 ...
die Baukunst zwischen Rhein und Wasgau einen glänzenden ...
SCHRIFTENREIHE DER NSDAP. ...
SCHRIFTENREIHE DER NSDAP. ...
SCHRIFTENREIHE DER NSDAP. ...
...
6 Jan'51MWW ...

Citation preview

e

DD 801

A34L18

UC-NRLF

$ B 48 654

37 C762 Y

LANG C

Lang

Volkheit und

Glaube

TO

OLKHEIT

UND

GLAUBE

BAND 11

4 3

Friedrich Lange

Unser Ellak

unser

Lothringen

HA

ENTRALVERLAG DER NSDAP., FRZ. EHER NACHF. GMBH., BERLIN

friedrich Lange / Unfer Elsaß

unser Lothringen

Schriftenreihe der NSDAP. Gruppe III. Dolkheit und Glaube

Dr. Dr. Friedrich Lange

Unser

unser

Elsaß

-

Lothringen

Berlin

1940

Zentralverlag der NSDAP., Franz Eher Nachf. 6. m. b.H.

¡

Alle Rechte vorbehalten / Printed in Germany Druck: Buchgewerbehaus M. Müller & Sohn, Berlin SW 68

DD801 A34418

Dieses Mal war alles anders als 1914 bis 1918. Das haben die Geldsackherrschaften von London und Paris wohl wirklich ſeit jenen Sommertagen von 1939 gemerkt, als sie von neuem die Brandfackel nach Mitteleuropa warfen . „ Geschäft wie gewöhnlich " stand zwiſchen den Zeilen ihrer Kriegserklärung vom 3. September 1939. Allein es ist ein schlechtes Geſchäft für die Börsen beider westlichen Hauptſtädte und ein noch schlechteres für ihre Staaten geworden. 1914 stand die deutsche Verteidigung unter dem Alpdruck der zaristischen Millionenheere. Es galt, im Westen rasch einige - mög lichst harte - Schläge auszuteilen, bevor die gefürchtete „ Dampf walze ” aus dem Often richtig in Gang gekommen war. Dieser Plan gelang nur teilweise, weil im Frieden nicht ordentlich vorgeſorgt und die Wehrkraft des Volkes nur unvollkommen ausgenutzt worden war. Wohl konnte bei Tannenberg und den Maſurischen Seen der russische Ansturm aufgehalten werden, aber nur unter Mitheran ziehung jener zwei Armeekorps aus dem Westen, die dann dort in der Schlacht an der Marne so verhängnisvoll fehlten. Der Absprung war nicht recht geglückt. Auf ungeheurer Länge, in der ganzen Aus dehnung von der flandrischen küste bis zum Schweizer Jura, erstarrte die Front im Westen und brachte jenen Grabenkrieg in unvorbereite tem Gelände, der den Endsieg nicht mehr erzwingen konnte. Ganz anders 1939. Als dieses Mal England und Frankreich uns wieder den Frieden ſtörten, wurde im Osten durch den Blitzfeldzug der 18 Tage der polnische 30-Millionen-Staat zertrümmert. Im Weſten bot der vom Führer Adolf Hitler rechtzeitig vorgesehene und recht zeitig ausgeführte Weſtwall Schutz, Zeitgewinn und Ruhe, um den Entscheidungskampf in dem Augenblick durchzuführen, der den deut schen Belangen entsprach und die Opfer hierbei auf das mögliche Mindestmaß beschränkte. Dieſer Westwall war von vornherein ge nügend lang, um den Weſtmächten die ihnen anhaftende Lust zu schnellem Vormarsch durch die neutralen Nachbarstaaten zu ver ringern. Kampffront blieb indeſſen nur die gewinkelte kurze Linie zwischen Mosel und Rhein wie längs dem Rhein von Karlsruhe zur

5

L M330719

Schweizer Grenze. Diese kurze Kampffront lag ausschließlich an der Grenze Elsaß - Lothringens. Der Saum Elsaß- Lothringens war daher vom 3. September 1939 bis zum Beginn der kriegshandlungen in Norwegen am 8./9 . April 1940, volle sieben Monate lang, die einzige Landfront, auf der die westlichen Geldmächte gegen unser sozialistisches Reich der Ordnung militärisch kämpften . So ist die Frage Elsaß-Lothringen, an die wir Deutsche nicht mehr rühren wollten, durch den Willen der Gegner neu aufgerollt, ja in den Brennpunkt der Ereigniſſe geſtellt worden.

Elsaß-Lothringen ―― wie rührt dein name an unser Herz !

Du

Doppelgestirn am Himmel Mitteleuropas ! Einst Sinnbild deutscher Größe und deutscher Einheit, dann Zeuge deutschen Niedergangs und Zusammenbruchs, aus dem eine harte zähe Arbeit neuen Aufstieg vorbereitet hat ... Elsaß, die

sonnige, überſchäumende, behäbige und doch so leben

dige" Mark zwischen Rhein und Wasgau, Lothringen, der stille, in ſich versunkene Träumer und Arbeiter an der Mosel - wie sind sie beide, zusammengeführt im deutschen Sieg von 1870, miteinander Kameraden geworden ! Wie hat Frankreichs fühlen wieder

zu

neuer Friedensbruch

unserem

unser

Denken

und

Elsaß-Lothringen zurückgelenkt !

An

geschmiegt an Dater Rhein, den einzigen Strom, der Nord und Süd des deutschen Vaterlandes zugleich durchfließt, ruht es auch im Herzen des deutschen Volkes. Wo auf der weiten Welt gibt es noch einen solchen Gottesgarten wie die fruchtschwere Ebene zu beiden Seiten des Rheinstromes, zwischen Schwarzwald und Wasgenwald, schon von Natur zur Nachbarschaft in einem Hauſe beſtimmt ! In diesem Winkel - Elsaß, Baden, Pfalz ― haben wir das wärmste Klima des Reichs, die meiſten Sonnenstunden im Jahr, der beste Boden ruft schon Mitte Februar Mandel-, Aprikoſen- und Pfirsich bäume zur Blüte, nur etwa einmal in 50 Jahren kommen die Trau ben nicht zur Reife. Dazu gefellen ſich die Burgen rundum, Städtchen wie aus einem Gemälde von Spitzweg, schließlich die Großstadt ― Straßburg in ihrer himmelanjauchzenden, einmaligen Baukunft ein reiches, reifes, ſchönheitsgefülltes Land von einem Ende zum anderen:

6

„Drei Burgen auf dem Berge, Drei Städte in dem Tal, Drei Kirchen auf dem Kirchhof ·― Ist das Elsaß überall. " Wir haben nicht den Ehrgeiz, Preisrichter zu spielen. Aus vielen Wanderungen wissen wir, wie reich Großdeutschland durch die Taten des führers geworden ist. Wir denken beim Elsaß mit ſeiner „ faſt füdsteirischen Schönheit” an den Südrand der grünen Steiermark in beide alten Worte reden von einer ihrer " fast elfäffischen “ Fülle · Verbundenheit, deren Sinn erst dem heute lebenden und kämpfenden Geschlecht wieder aufgeht. Wir kennen den gesegneten Boden der „fetten Hanna" im Herzen Mährens, Kärnten, das befreite „ Land der Berge, Seen, Lieder", die üppige Fruchtbarkeit der Weizen-, Mais- und Rebenfelder am Westufer unseres Neusiedler Sees in Niederdonau. Und doch ! Man tut keiner anderen Grenzmark Un recht mit der Feststellung : Das Elsaß ist ein Stücklein Gottes garten. Was wäre das Deutsche Reich, das deutsche Volk in seinem Werde gang gewesen, wenn nicht das Elsaß sich immer wieder als eine deutsche kernlandſchaft bewährt hätte. Wenn wir in und um Berlin von etwas Altem, Ehrwürdigem reden, dann sind es Dinge aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen kriege. Wenn wir in Wien etwas wirklich Altes gelobt hören, dann ſtammt es vielleicht aus der vorhabsburgischen Zeit der Babenberger, jenes Herrscherhauses, das seit dem 12. Jahrhundert, vor allem in der Staufenzeit, die überfremdet geweſene Ostmark Öſterreich wieder ganz fest in den Körper des Reiches und Volkstums eingefügt hat. Im Elsaß aber bedeutet Staufenzeit nicht Beginn oder Frühzeit, ſondern bereits Höhepunkt, der nach vielhundertjährigem Aufstieg erklommen worden ist. Das Früheste, was wir von Niedersachsen jenseits der wichtigen Vor- und Frühgeſchichte, also in Handlungen genau bekannter Einzelpersönlichkeiten und Führernaturen wiſſen, ist aus der Zeit der karolinger, vor allem aus der Verteidigung Widukinds und seiner Getreuen gegen die Herrschaftsansprüche karls des Franken, den die Geschichte den Großen nennt. Im Elsaß aber reicht diese bekannte Führergeschichte weit, weit zurück über die Zeit der karolinger hinaus mindestens bis in die Zeit der Merowinger, deren Reihe mit dem Frankenkönig Chlodwig (vor 500 nach Zeit wende) beginnt. Das Elsaß ist das Land der alten Über lieferungen. 7

Das Elsaß wie auch Lothringen bildete schon im Reiche Karls des Großen mit seiner Ausdehnung von den Pyrenäen bis zur Theiß eine Art Mitte. Der Rheinstrom war sein Rückgrat, die Rheinebene zwischen Basel und Mainz sein Herzstück. Als unter Karls Nach folgern der Westen sich immer rascher absonderte, als es unter Karls Enkeln zu förmlichem kriege kam, fiel die Entscheidung auf elfäffi schem Boden: Auf dem Lügenfeld zu kolmar nahmen sie ihren Vater gefangen. Zu Straßburg ſchloſſen die ſiegreichen Brüder Ludwig und Karl ein Bündnis. Um sich der anderen Partei verständlich zu machen, schwur karl in ostfränkischer oder deutscher Mundart, Ludwig in westfränkischer oder romanisch - französischer Mundart. Diese noch jetzt erhaltenen Straßburger Eide bilden nicht nur wichtige Sprach denkmäler, ſondern gelten als eine Art Geburtsurkunde der fran zösischen Sprache. Im folgenden Jahre, 843, fand zu Wirten oder Verdun jene Reichsteilung statt, die ein Westfranken oder Frankreich ſchuf, ein Ostfranken oder Deutschland heraushob und zwischen beiden ein Mittelland unter Lothar ließ, das ſpäter Lotharingien oder Lothringen genannt wurde. Wirten selbst liegt in diesem Lothringen alten Um fangs. So stehen Elsaß und Lothringen schon am Beginn der fran zösischen Geschichte und einem besonders wichtigen Markſtein der deutschen Geschichte. Das Elsaß schenkte uns Otfried von Weißenburg, den ersten Dich ter, den die Geschichte des hochdeutschen Schrifttums

kennt.

In

ſeinem Gau fangen Gottfried von Straßburg und viele andere Dichter der großen mittelalterlichen Blütezeit unserer Sprache. National heiligtümer wie den Isenheimer Altar oder das Straßburger Münſter Erwins von Steinbach müſſen wir jenseits der Verſailler Grenzen auf elfäffischer Erde ſuchen. Hier lebte der große Satiriker Johann Fiſch art, der prächtige Gelehrte Wimpfeling, mit Recht „ Deutschlands Erzieher” genannt. Im Elsaß entstand Gutenbergs Preſſe, die kunst des Buchdrucks, eines der edelsten Geschenke Deutschlands an die Welt. Die ganze große Kaisergeschichte des Mittelalters ist zu einem erheblichen Teil Geschichte des Elsaß und auch Lothringens, wie wir noch sehen werden . Um seine Städte ranken sich die ehrfürchtigen mittelalterlichen Vorstellungen, die das Elsaß als „das Mutterland am Rhein“ verehrten, „ da die kraft des Reiches lag ”. " O Straßburg , o Straßburg , du wunderschöne Stadt ! ", ſo ſingt „ das Volkslied, jubelte einer der Vorläufer deutscher Grenzlandarbeit, der allzufrüh heimgegangene Karl Ernſt Oſthaus :

8

„Hast du hinabgeschaut von der stolzen Höhe des Münſter turms auf die Dächer mit bräunlichen Schindeln, in die seltsam verbauten Höfe, auf die buſchumgrünten Plätze, in die volks belebten Gaſſen? Ließest du die Blicke schweifen über die ge segneten Fluren des Elsaß, wo die Ill ſich ſchlängelt und der junge Rhein die grünen Wogen rollt? Hast du freudig den Hut geschwenkt, um fern die Berge des Wasgaus zu begrüßen? Wer hält bei diesem Anblick ein Jubellied von Deutschlands Herrlich keit zurück? Sinnend erhebst du das Haupt. Du wendest dich, hinabzu steigen, doch am Pfeiler des Turmes machst du aufs neue halt. Da liest du, mit großen Zügen in den Stein gehauen, das Wort Goethe. Goethe am Straßburger Münster ! Hier entdeckte Deutsch lands größter Dichter, daß unter dem Wuste zopfischen Un geschmacks eine deutsche kunst begraben lag, in jener Stunde wurde die Neugotik geboren, die seitdem die herrlichsten Dome des Mittelalters aus traurigem Zerfall zur wunderbaren Voll endung führte ..." Auf dem Straßburger Münster entrollte sich des Bismarckreiches Fahne. Für seinen Schöpfer ſollte die Schaffung eines „ Reichslandes“ Elsaß-Lothringen als des gemeinsamen Besitzes aller Stämme der Ausgangspunkt zur Durchführung des von ihm geschaffenen Werkes werden. Aus seinem Reichsland entstand unseren Ahnen 1870/71 das Reich. Wie blühte es in deutſchem Schutz durch neue deutsche Arbeit auf!

Dor 1918 sah Elsaß-Lothringen 22 v . H. der Roheisenerzeu

gung des Deutschen Reiches, 35 v . H. ſeiner Erdölförderung, 75 v . H. seiner Eisenerzförderung, 76 v . H. der gewinnbaren Vorräte von Eisenerz! Selbst ein Franzose mußte widerstrebend bekennen: „ Was der Potsdamer Platz für Berlin, was Trafalgar Square für London, " das ist die oberrheinische Senke für Mitteleuropa ...' Und dennoch! Wie konnte uns dieses kleinod unter den deutschen Grenzmarken 1648/1766 und erneut 1918 verlorengehen? Wie konn ten so manche Elsässer und Lothringer sich von uns wenden und ſcheinbar gelaſſen abseits stehen, als uns das Herz vor deutschem Gram schwer ward

oder

der Jubel neuen Aufstiegs unser Herz

schneller schlagen ließ? Wir denken an die vielen ungerächten fran zösischen Einfälle, Mord- und Plünderzüge, die nach Sühne rufen . Wir denken aber auch an die Aderläſſe, die binnendeutsche Kurz fichtigkeit und Vereinzelung auch hier verursachten oder doch duldeten, an den Wahnwitz der kinderkreuzzüge im Mittelalter, der Hexen g

verbrennungen zu Beginn der Neuzeit, an das graufige Bauern morden. Wir stehen im Geiste noch einmal bei Zabern an der Zorn auf jenem Martelberg , wo man die Opfer des 17. Mai 1525 ver scharrte: jene Opfer des deutschen Bauernkrieges, der auch im Elsaß wütete, jenes furchtbaren Blutbades unter den durch Ritter-,,List " zusammengedrängten wehrlosen deutschen Bauern : 21 109 Erschla gene, deren Nachkommen ein Jahrhundert ſpäter bei der Abwehr des welschen Feindes fehlten. Wie weh berührt uns die Tragik des 19. Jahrhunderts ! Aus dem Reichsland ward das Reich, aber das Reich fand damals nicht die Kraft, die Einzelgängerei der Fürſtenhäuser, der hohen, höchſten und allerhöchsten Herrschaften zu überwinden . Das Zweite Reich blieb bis an sein Ende ein „ ewiger Bund der Fürſten“ mit 25 Gliedstaaten und mehr als 25 Parteien. Was sollte das dem Elsässer, dem Lothringer, dessen Vorfahren in den großen Überlieferungen des mit telalterlichen Deutschlands gelebt und geſtritten haben, die selbst von dem Glanz der „ einen und unteilbaren französischen Republik” ge blendet waren? Selbst ein Bismarck mußte 1879 seinen Frieden mit dem Föderalismus, dem Grundsatz der Einzelstaatlichkeit, machen . Der Begriff des Reichslandes ſank zu einer rein landschaftlichen Bezeichnung eines künftigen Bundesstaates herab, aber auch ohne daß diese Folgerung wenigstens gezogen worden wäre. Lauheiten, Halbheiten, ohne Schwung und ohne schöpferische Phantasie, Sinnen und Trachten in Goldmarkbilanzen, Derständnislosigkeit gegenüber dem Seelenleben des deutschen Arbeiters, der gerade im Elsaß und in Lothringen zu den reichstreueſten Schichten gehörte ... Sünden der Väter? Ja und nein. Schuld und Schicksal haben am Gewand der elsaß- lothringischen Geschichte gewebt. Wir wollen schärfer sehen : Welche Sünden der Väter wurden an uns gerächt? Wo bogen jene von dem Wege ab, der bei gleichem Anſatz Dauer gehabt, unſeren Besitzstand gewahrt und neuen Lebensraum gewonnen hätte? Wie läßt sich vermeiden, daß wir in dieselben oder ähnliche Sünden fallen? So glauben wir, aus gesamtdeutscher Schau in die vertraute Enge des elfäffischen Idylls, der lothringischen Abgeſchloſſenheit ſteigen zu müſſen. Wir wollen, um in den Ereigniſſen unserer Tage die Leitlinie der Entwicklung zu finden, in gedrängter kürze den Raum, die Men ſchen, den geschichtlichen Werdegang dieses Landes betrachten in dem Wiſſen : Jede Generation, also auch jeder ihrer Angehörigen, steht auf den Schultern der Vergangenheit; durch sie wie durch ein Tor will

10

die Gegenwart in die Zukunft ſchreiten . Die Vergangenheit stellt ein Erbe dar, das man mehren oder vertun, bessern oder mindern kann. Wohl ist der Entschluß des Augenblicks ſcheinbar frei, aber er iſt auch „ gebunden, Rede und Antwort zu stehen auf die Frage, die — in der Vergangenheit aufgeworfen - um der Zukunft willen gestellt ist". Daran müffen wir denken bei jeder Handlung und jeder Unterlassung : „ Du gehst keinen Weg, du gehst keinen Schritt, Tausend Geschlechter gehen mit." Das gilt für jedes Land und jeden Gau, aber vielleicht selten so folgenschwer wie für das Herzland unserer Väter, das zukunftsreiche Kleinod des jungen Großdeutschen Reiches, das alte, junge Elſaß Lothringen !

24

So wenig wie geschichtlich, so wenig ist auch geographisch Elsaß Lothringen eine Einheit. Wohl hat die kameradschaft der letzten 70 Jahre wie die neuzeitliche Verkehrstechnik beide Teilgebiete stark einander genähert, indeſſen ihre Sonderstellung nicht ausgelöscht. Elsaß und Lothringen stehen von Natur aus gewissermaßen Rücken gegen Rücken. Das Elsaß ist der südwestliche Eckpfeiler der oberen Rheinlande, sozusagen

deren

„ linke

untere

Hälfte ",

eingebettet

zwischen Strom und Wasgenwald, mit Höhenunterschieden bis zu rund 1000 Meter zwischen Gipfel und Tal, fein fäuberlich nach außen abgegrenzt. Lothringen dagegen ist ein nach vielen Seiten offenes, flach gewölbtes Hügel- und Stufenland um Mosel und Maas mit weiten Talmulden, das Land der Übergänge und der weiten Hori zonte. Die geographischen Unterschiede ſind also erheblich, Wir werden ſie im einzelnen noch näher betrachten. Nur darf aus ihnen nicht gefolgert werden, daß etwa beide Gebiete deshalb auch politisch eigene Wege gehen müßten. Umfaßte doch das kleindeutsche Reich z. B. die Sand dünen der Kurischen Nehrung, das Berchtesgadener Land in den Hochalpen wie Moore des Emslandes ! Glaubt nicht auch Frankreich, suptropische Mittelmeerküſte, nebelreiche Häfen am Ärmelkanal, Hoch alpen und tiefe Ebenen zu seinem Staate rechnen zu dürfen? Jeder größere Staat hat geographisch verschiedene Nachbargaue. Elsaß und Lothringen insbesondere haben beide zuſammen, Rücken an Rücken, 700 Jahre und mehr im Deutschen Reiche gelebt, gearbeitet und ge feiert, mit teilgebietsmäßigen Sonderſchicksalen, aber nicht ſtärker verschieden als andere benachbarte Gegenden, wie etwa Sachſen und Schlesien, Sachsen und Franken, Sachsen und Brandenburg ... 11

Die Westflanke des Elsaß bildet der Wasgenwald oder Wasgau, auch Vogesen genannt . Im Süden wird er begrenzt durch die Bur gundische Pforte , den natürlichen Übergang vom Rhein zur Rhone. Wo der Nordabſchnitt des Gebirges liegt, ist im Laufe der Zeit wissenschaftlich umstritten worden. Ein deutlich wahrnehmbarer, zu allen Zeiten wichtiger Einſchnitt ist die Zaberner Senke oder Steige mit nur 325 Meter hoher Wasserscheide. Hier wollen mit gewichtigen Gründen viele Forscher, wie Norbert krebs und Friedrich Metz, den Wasgenwald enden laſſen, indem sie das nördlich dieser Senke bis zum Grenzfluß Lauter liegende Bergland der pfälzischen Haardt zurechnen. Im Sprachgebrauch der Bewohner wird aber die füdliche Gebirgsbezeichnung auch für dieſe Erhebungen benutzt, indem man dabei vom südlichen Wasgenwald zwischen Burgundischer Pforte und dem Gießen spricht, vom mittleren Wasgenwald zwischen dem Gießen und der Zaberner Senke sowie vom nördlichen Wasgenwald nördlich von ihr. Dem Wasgenwald auf dem linken Rheinufer entspricht auf dem rechten Stromufer der Schwarzwald . Beide Gebirge werden

wissenschaftlich ist das im Laufe der Zeiten umstritten worden wohl als stehengebliebene Horſte eines in der Mitte eingeſtürzten Ge wölbes anzusehen sein, jedenfalls haben sie beide eine erstaunliche Ähnlichkeit.

Beide, Wasgenwald und Schwarzwald,

kehren

ihre

Steilseite der Rheinebene zu . Beide haben ihre höchſte Erhebung im Süden (Sulzer Belchen drüben 1423 Meter, Feldberg im Schwarz wald 1495 Meter), außerdem weisen beide einen zweiten Gipfel jen feits eines mittleren niedrigen Teiles im Norden auf, nämlich den Donon mit 1008 Meter im Wasgenwald und die Hornisgrinde mit 1164 Meter diesseits des Rheins. Beide Gebirge haben im Süden Gneis und Granit als vorherrschendes Gestein, wellige Hochflächen und flach gewölbte kuppen, während im Norden hier wie dort ein Buntsandsteingebiet mit vorwiegend flachen Tafeln zu finden ist. Der Zaberner Steige im Wasgau , der großen Verkehrsfurche nach Westen, entspricht der Kraichgaudurchlaß als Verkehrsfurche gegen Often im Schwarzwald. Die höchsten Teile beider Gebirge waren zur Eiszeit vergletschert. Ausgedehnte Firnkappen ſpeiſten ſtattliche Talgletscher. Auf den sanften Außenabdachungen beider Gebirge zogen sie sich weit talab und furchten dabei im Wasgau Seen wie bei Retournemer und Gertsee (Gerardmer), im Schwarzwald z . B. den Titisee und den Schluchsee aus. Der See von Retournemer liegt 785 Meter hoch, iſt 4 Hektar groß, 20 Meter tief und prachtvoll zwischen bewaldeten

12

Bergen eingebettet. Der Gertſee liegt 666 Meter hoch, iſt nicht weniger als 116 hektar groß und erinnert ein wenig an den Veldefer See im entdeutschten Oberkrain ; wie dieſer iſt er Mittelpunkt eines zwischen Staatlich bekanntgewordenen kurbetriebes. In den dem Rhein zugekehrten Tälern waren bei Wasgau wie Schwarzwald die Gletscher infolge des steilen Gefälles kürzer, gingen aber tiefer herab . Hier wie dort wurden die Nordflanken verſchiedent lich durch kare zerfressen. Gut entwickelte Trogtäler enden vielfach in zirkusartigen Talschlüssen. So ist die Übereinstimmung beider Gebirge außerordentlich groß und erweist, daß schon von Natur die Berge links und rechts des Rheines wie die gesamte Stromebene dazwischen in

einer

Hand vereinigt sein wollen. Im Südwesten des Elsaß erhebt sich mit scharfem Gefällsknick das Sundgauer Hügelland mit großen Schotterlagern. Sie künden dem kenner der Erdgeschichte, daß der Alpenrhein noch bis in die diluviale Erdzeit hinein durch die Burgundische Pforte zur Rhone floß ... Die Rheinebene wird im großen Ganzen von diluvialen und allu vialen Schichten mit einer Mächtigkeit bis zu 160 Meter gefüllt. Don Süden her hat der Rhein einen großen Schotterkegel in die Ebene hineingeschüttet. Durch die Aufschotterung hat der Rhein die Ill in nördliche Richtung abgelenkt, die deshalb erst etwa 120 kilometer unterhalb Mülhauſens, nämlich erst hinter Straßburg, die Vereini gung zuläßt. Ähnlich, obgleich in kleinerem Maße, ist auch die Mün dung der Zorn verschleppt, so daß sie im spitzen Winkel in den Rhein mündet. Vor der großen Begradigung (korrektion) des 19. Jahrhunderts, die den Strom in ein einheitliches Bett zusammenfaßte, teilte sich der ――― Rhein wiederholt und umschloß ähnlich wie heute der Bug im Often ――― zahlreiche Inseln und Kiesbänke. Da diese noch im Laufe der Zeit sich veränderten, lag Breisach (jetzt in Baden) bald am linken bald am rechten Stromufer, bald auf einer Insel; solchen Wandel wußte das landgierige Frankreich immer wieder zu seinem Vorteil auszunutzen. Dieser früher so ungeregelte Lauf des Rheins mit ſeinen breiten Auen, toten Flußarmen, Inseln und Überschwemmungsgebieten erklärt auch, warum die bedeutendsten Städte des Elsaß nicht am Strom liegen, sondern weiter westlich auf festem Grund und Boden : Das freundliche Altkirch , Hauptort des 1648 von Frankreich genom 13

menen Sundgaus, das allmählich zur Großstadt ausgewachsene in dustrielle Mülhausen , das altertümliche und so unentwegt heimat treue Kolmar , das früher so tapfere und leidenschaftliche, heute be häbige Schlettstadt ; Straßburg , das einmalige, und das vor mals 54türmige Hagenau , Lieblingsort Kaiser Rotbarts und Sitz so manchen alten Reichstages , jetzt wohlhabend durch den Besitz weiter Wälder, nach den Worten eines führenden Elsässers „ unser treueſter Winkel", aber 1940 durch den englischen krieg arg mit genommen. Auch Weißenburg nahe der Pfälzer Grenze mit der wertvollen Nachbarschaft seiner Erdölvorkommen und Landau , einst elfäffisch, jetzt pfälzisch, liegen aus gleichem Grunde ein gutes Stück vom Rheinstrom ab. Schon mehr im Bereich der Gebirge liegen Thann und Geb weiler mit seinen Kalilagern, Münster und Zabern , jenseits der Reichsgrenze von 1871-1918 als Wächterin an der Burgundischen Pforte die große Festung Beffert (Belfort) und das kleine, aber fesselnde St. Didel (St. Dié). Viele ältere reichsdeutſche Landkarten stellten den Wasgenwald mehr oder weniger als einen Strich, als ein Kammgebirge dar. Das ist aber nur teilweise richtig . Zwar mag es manchem so scheinen, der von der Rheinebene zum „ kamm” des Wasgaus hinaufschaut, so wie ähnlich von klagen furt und dem Wörther See in kärnten das karawankengebirge wie eine einzige, das Land hermetisch schließende Mauer erscheint. In dessen gleicht der Betrachter eines Gebirges

einem Richter : Wie

dieser erst beide Seiten seiner „ Sache “ ansieht, bevor er ein Urteil fällt, so muß auch der Beurteiler eines Gebirges erst beide Seiten betrachten. Dann findet er nämlich im Falle der Karawanken, daß dieses Gebirge von der südlichen, Krainer Seite gar nicht eine unzu gängliche Mauer ist, sondern große schräge Täler ' aufweist, die zu bequemem Aufstieg förmlich einladen. Ähnlich ist es beim Wasgen wald. Zur östlichen, elfäffiſchen Seite hin schroff abfallend, neigt er sich zur westlichen, lothringischen Seite hin ganz allmählich. Der Wasgenwald gleicht sozusagen einer Mauer, die nach dem Elsaß hin frei steht, dagegen nach Westen, nach Lothringen hin, mit ſchräg geneigtem Erdreich aufgeschüttet ist, so daß man sie von Westen her nicht zu erklimmen braucht, sondern ganz gemächlich ersteigen kann. Die Deutschen haben 1870 und 1914 gemerkt, was dieser Unter ſchied zu Lasten des Oftens bedeutet ...

14

Wer vom Schluchtpaß ( 1139 Meter hoch) ostwärts geht, erreicht nach 9 kilometer Luftlinie die Stadt Münster, welche 375 Meter über dem Meere liegt ; geht man aber nach Westen, nach Lothringen, ſo liegt in 11 kilometer Luftlinie der ſchon erwähnte lothringische kur ort Gertfee in Höhe von 670 Meter ; also auf der kürzeren elfäffiſchen Seite ein Höhenunterschied von 765 Meter gegen nur 470 Meter auf der lothringischen Seite. Etwa 20 kilometer diesseits vom Schlucht paß beginnt die Rheinebene mit kolmar ( 190 Meter über dem Meere) ;' etwa 20 kilometer jenseits des Paſſes befindet man sich inmitten eines von der Moſel umfpülten Gebirgsmaſſivs , das Höhen von 1006, 929, 953, 970, 984 Meter aufweist ! Wer mit dem Flugzeug vom Rhein her dem Wasgenwald am Schluchtpaß sich nähert, ſieht von oben mit einem Blick, wie nach der elfäffischen Seite die Felswände senkrecht abstürzen, während „ drüben" die hochebene sich in fanften hängen gegen Westen neigt. Schließlich ist der kamm des Wasgenwaldes keine einheitliche Linie. Dom Luschbachſattel bei Didolshauſen ſprang die Reichsgrenze von 1871-1914, von Norden gesehen, nach links, oftwärts und folgte von hier aus, allmählich wieder nach Südsüdwest umbiegend, dem östlichen Kamm, der am 1219 Meter hohen Sichelkopf beginnt, und blieb dann im wesentlichen in 1000 bis 1200 Meter Höhe. Auch dieser kamm ist nach Often steil abfallend, von Westen her führen acht befahrbare Straßen hinauf.

Weitere Bergzüge im Südwesten

ſchließen sich ihm an. Kieſel ſpricht in ſeiner Weltkriegsarbeit „ Peters hüttly " geradezu von einem Wasgenwalddreieck. Diese Aufspaltung des füdlichen Wasgaus muß man sich bei allem vor Augen halten, was über die Abgrenzung des Elsaß gegen Westen hin gesagt wird. Und zum zweiten : Weſtlich des Elsaß und seiner Gebirgswasser ſcheide, die wenigstens im Süden Zwischenbildungen und Übergänge erleichtert hat, lag und liegt nicht „ typisches Frankreich", ſondern ,,typisches Lothringen ", dessen Aufbau und Gliederung wir im fol genden kurz beleuchten wollen . Lothringen im überlieferten Rahmen war und ist nicht jenes Teilstück, das in der Zeit von 1871 bis 1918 zum Deutschen Reich ge hörte. Lothringen im geschichtlichen und geographischen Sinne iſt die flächenartige Abdachung des Wasgenwaldes und des füdlichen Pfälzer Berglandes nach Westen und Südwesten hin. Im Mittel liegt es 200 bis 400 Meter hoch und wird von der Mosel, die am Elsässer Belchen entspringt, von ihrem Zufluß Mörthe, von der Saar und im

15

Westen von der Maas durchflossen . Dieses lothringiſche Stufenland wird begrenzt im Norden von Hunsrück und Ardennen, im Westen von den Argonnen, im Süden von den Sichelbergen und im Often, wie erwähnt, vom Wasgau und füdlichen Pfälzer Wald . Es grenzt also im Often an das Elsaß, im Süden an Burgund , im Westen an die Champagne und ist im Norden mit dem Rheinland und dem Reichsgau Saar-Pfalz innig verzahnt. Infolge ihrer geopolitiſchen Beschaffenheit bildete diese „ Region Lothringen " auch unter der französischen Herrschaft, unter die es in ihrer Gesamtheit 1766 trat, eine gewisse abſeitige, von Paris abgewandte Einheit. Mit Begriff und geschichtlichem Werdegang dieser

„ Gesamtregion Lothringen”

muß man wenigstens in den Grundzügen ſich vertraut machen, wenn man die Teilfrage Deutschlothringen voll verstehen will. Don Lothar , dem Namen des früher erwähnten Karolingers, leiten sich sonach verschiedene Gebietsbezeichnungen ab : a) Lotharingien , das ehemalige Zwischenreich zwischen West franken oder Frankreich im Westen und Ostfranken (Deutſchland) im Often, jenes Zwischenreich, das ſich im 9. Jahrhundert vom Mittel meer im Süden längs der Rhone, Saone und Maas bis zu den Mün dungen der Schelde erstreckte. Es gliederte ſich ſpäter in verſchiedenie Teile auf, darunter Burgund im Süden, Niederlothringen (Holland, Flandern usw.) im Norden und Oberlothringen in der Mitte. b) Dieses Oberlothringen wurde ſpäter einfach Lothringen genannt. Es deckt sich mit dem geschichtlichen Lothringen , wie es in [einem kern als reichsunmittelbares Land bis 1766, als Region bis zur Franzöſiſchen Revolution von 1789 ff. mit der Hauptstadt Nanzig (Nancy) beſtanden hat, jene „ Region Lothringen ", von der wir oben gesprochen haben . Es iſt das Land zwischen dem Elsaß im Often, Bur gund im Süden, der Champagne im Westen und Luxemburg-Rhein land- Pfalz im Norden. c) Don diesem geschichtlichen Lothringen wurde 1870/71 nur ein Teil wieder zum Reich zurückgeholt, jenes Gebiet zwischen Elsaß, Rheinland und südlicher bzw. westlicher Reichsgrenze um Metz, das mit dem Elsaß das Reichsland Elsaß-Lothringen bildete. d) Dieses Lothringen des Bismarckreiches war weit überwiegend deutschsprachig, nur im Süd- und Westrand französischsprachig . Die deutschen Teile Lothringens wurden deshalb zuweilen volkstums mäßig Deutschlothringen genannt, eine Bezeichnung, die sich aber wenig eingebürgert hat. 16

Nach dieser Überſicht kehren wir zur geographischen Eigenart des geschichtlichen Lothringens (zu b der Aufstellung) zurück. Es ist das Land der Oberläufe von Mosel, Maas und Saar, nach Norden zu abgeschlossen durch Ardennengebirge und das Pfälzer Felfenland . Die Maas entspringt bei den Sichelbergen nahe der Stadt Langer (Langres) , dicht an der Hauptwaſſerſcheide zwischen dem Mittelmeer (Saone, dem Nebenfluß der Rhone), Ärmelkanal, also Atlantischem Weltmeer (Marne, dem Nebenfluß der Seine)

und

der Nordsee

(Maas). Die Gegend der Maasquelle ähnelt ſomit geographisch jenem Berge des deutschen Sprachgebietes, der sein Waſſer in drei Meere entfendet, dem Glazer Schneeberg, nämlich durch die Adler und Elbe zur Nordsee, durch die Glatzer Neiße und Oder zur Ostsee sowie durch die March und Donau zum Schwarzen Meer. Auch geschichtlich haben sich einmal Fäden zwischen den ſchlesischen Bergen und der Hochfläche von Langer geknüpft : Am Fuße des Zobtenberges nahe den Grenzbergen Schlesiens fand 1813 die Ein fegnung der Lützower Jäger statt, die den Freiheitskampf gegen das napoleonische Frankreich entfachten, Stoßtrupp jener

Befreiungs

kriege, in deren späterem Verlauf die Heere der Verbündeten unter Zar Alexander I. , Schwarzenberg und - widerstrebend preu ßische Truppen zu dieſer dreifachen Waſſerſcheide bei Langer zogen…… Dicht westlich der Maas läuft die Wasserscheide gemäß der in Lothringen so häufig anzutreffenden Landschaftsgestalt, bei der die verschiedenen Terraffen ihre Steilstufe gegen Osten kehren, dagegen sich in sanfter Böschung gegen Westen neigen. An der Maas, deren Waffer sich zu großem Teil im kalkboden verliert, liegt die' ehemals reichsangehörige Bischofsstadt Wirten oder Verdun, die gleich Tull und Metz an der Mosel dem Erzbistum Trier unterstand, jenes Wirten, das im mittelalterlichen Deutschen Reich eine hohe Blüte erreichte, in Frankreich aber in der Zwangsjacke harter Festungs werke verkümmerte und im Weltkrieg eine so blutige Berühmtheit erhielt. Östlich der Maas erheben sich die sogenannten Maashöhen, denen ſich weiterhin die Woevre- (ſprich : Wuawr-) Ebene, gleichfalls vielen Teilnehmern des Weltkrieges bekannt, mit ihren Weihern und ihren wogenden Getreidefeldern anschließt, bis zu dem dunklen Waldſaum, der die Mosel begleitet. In früheren Zeiten der Erdgeschichte hatte die Moſel freilich einen anderen Lauf. Sie ergoß sich durch die Tuller Klauſe in die Maas, gewissermaßen ein Gegenstück zu dem früheren Lauf des Rheins 2

17

durch die Burgundische Pforte zur Rhone. Allein ein aus dem Mörthe tal unterhalb Nanzigs ſich rückwärts in die Juraſtufe einſchneidender Nebenfluß fiel diesem alten Lauf der Mosel in die Flanke, zapfte fie an und lenkte ſie nach Ostlothringen und zum Rhein zurück — jener erdgeschichtlich so bedeutsame Vorgang , der von

den Franzosen

pathetisch „ Treubruch der Mosel" genannt wird . Wo der Nebenfluß Selz (Seille) aus dem Salzgebiet von Salzburg (Château-Salins) in die Moſel mündet, wo die großen Straßen von Mainz, Trier, Luxemburg, Wirten (Paris), Burgund und Straßburg (Süddeutschland) zusammentreffen, liegt in breiter Talmulde die ehr würdige Stadt Mek , seit alter Zeit Trägerin großer Geschichte und ――― „reichsromanisch", eine der treueſten

ausgedehnter Beziehungen

Städte des mittelalterlichen Deutschen Reichs, und doch 1552 durch Derrat eines binnendeutschen Kurfürsten in französische Hände ge langt und 1648 im Schandfrieden von Münster und

Osnabrück

förmlich an Frankreich abgetreten. Dank seiner Verkehrslage, dank der Nähe der lothringischen Salzlager und vor allem der Rührigkeit ſeiner_reichstreuen Bewohner konnte Met sich nach Art der nord deutschen Hanſeſtädte Bremen oder Hamburg zu einem Stadtstaat von rund 300 Orten entwickeln, ehe es Frankreichs Ländergier zum Raube fiel. Was einst das Salz war, ist heute für Metz und Lothringen das Eisenerz, die sogenannte Minette. Sie findet sich im Braunen Jura westlich von Metz und Diedenhofen

mit

einem

Eisengehalt

von

30-42 v . H. Zwar ist ſie ſtark phosphorhaltig und kann deshalb erst seit der Einführung des Thomasverfahrens 1877 mit Erfolg ab gebaut werden, aber man gewinnt seitdem hierbei als „ Thomas ſchlacke“ noch ein wertvolles phosphorhaltiges Düngemittel. Drei Eisenerzlagerstätten lassen sich unterscheiden, alle dicht beieinander an der Reichsgrenze vor dem Weltkrieg gelegen : Bei Metz, bei Briey und bei Langich oder Longwy an der früheren Vierstaatenecke Frank reich, Bismarckreich, Luxemburg und Belgien. Die Dorräte wurden vor 1914 auf reichsdeutscher Seite mit 2300 Millionen Tonnen be rechnet, auf französischer Seite bis zu 3000 Millionen. Im Jahre 1913 ergaben die deutſchen Gruben 21 Millionen Tonnen Erz, die in Frank reich gelegenen (großenteils in deutſchem Besitz befindlichen) 18,5 Mil lionen Tonnen, die zu mehr als der Hälfte auf Reichsboden verhüttet wurden. Metz hat eine gefegnete Lage mit mildem klima, gemäßigten Win

18

tern, geringen Wärmeschwankungen und Niederschlägen von mittlerer Höhe (650-700 Millimeter im Jahre).

Met' Wettbewerberin, um nicht zu sagen von Paris bevorzugte Nebenbuhlerin, war und ist Nanzig oder Nancy an der Mörthe nahe ihrer Einmündung in die Mosel und nahe der Tuller Klauſe. Bei der Großstadt Nanzig berührt sich das Eisenerzgebiet mit der vom Wasgau ausgehenden Textilinduſtrie. Es iſt zum Unterschied von Metz keine alte Stadt. Erſt die ſpätmittelalterlichen Herzöge haben hier mit politischem Scharfblick_ihre Hauptstadt geschaffen. Von hier über wachten sie die Steilhänge und die Durchgangslandſchaften vom ehemaligen Reichslehn Bar an der Marne im Westen bis zur Zaberner Steige im Often, d. h. das Mittelstück des Weges von Paris zur vormaligen freien Reichsſtadt Straßburg. Diesen Weg nimmt auch heute die Hauptbahn Straßburg-Paris und ebenfalls feit dem vorigen Jahrhundert der kleine, doch nicht unbedeutende Rhein Marne-kanal. Er benutzt die Tuller Klause wie mit Hilfe eines Tunnels durch den Wasgenwald die Zaberner Steige, ehe er bei Straßburg sich mit dem durch die Burgundische Pforte führenden Rhein-Rhone-kanal vereinigt. Gewerbereich ſind auch die lothringiſchen Städtchen füdlich Nanzigs wie Spieneln oder Epinal, der Sitz der alten Reichsabtei Rom berg oder Remiremont und im Tal der Mörthe Lünſtätten oder Lunéville. Der dritte bedeutende Fluß Lothringens, neben Maas und Moſel, ist die Saar. Sie entspringt am Donon in rund 1000 Meter Höhe und grüßt an ihrem Lauf in Lothringen die fleißigen Städte Saarburg (nicht zu verwechseln mit Saarburg im Rheinland), Saaralben und Saargemünd . Von hier ab bildete fie vom Weltkrieg bis zum gegenwärtigen englischen krieg die Grenze zwischen Reich (Saar gebiet) und Frankreich. Von der Großstadt Saarbrücken ab durch fließt sie auf Reichsboden jenes wichtige kohlen- und Induſtriegebiet, um deſſentwillen in Verſailles künstlich eine „ Saarfrage” mit all ihren Schikanen, Lockungen und Bedrückungen für die betroffene deutſche Bevölkerung geschaffen wurde. Die „ Saarfrage" wurde be kanntlich dadurch endgültig gelöſt, daß die Bevölkerung am 10. Januar 1935 sich mit erdrückender Mehrheit für die Heimkehr ins Reich ent schied und demgemäß am 1. März 1935 das Saargebiet wieder frei und freudig im Rahmen des Reiches sein Geschick in eigene Hände nehmen konnte.

2*

19

Verschwistert mit dem Saargebiet war und ist durch die Kohle das lothringische Forbach. Das deutschlothringische Land zwischen Saar und Mosel ist breit hingelagertes Bauernland, dessen schwerem Boden —-so ganz anders als bei der üppigen fülle des fruchtbaren Elsaß ein Ertrag nur unter harter Arbeit abgerungen werden kann. Die Städtchen sind kleine Landorte mit rein örtlicher Bedeutung, keines von ihnen könnte einen Wettbewerb gegen das große stolze Metz im Westen aufnehmen. Kleine Flüſſe und Höhen ſcheiden das Gebiet in weitere Einzellandschaften, so daß auch die Bevölkerung in sich gekehrter, verschlossener ist, um so mehr, als die Machtpolitik des franzöſiſchen Nachbarn sie immer wieder Objekt fremder Launen werden ließ. Eines aber muß festgehalten werden : So verschiedenartig die drei größeren lothringischen Flüsse Maas, Mosel und Saar auch sein mögen, in einem stimmen sie überein und beſtimmen damit zugleich die natürliche, naturgewollte Aufgabe des lothringiſchen Raumes. Alle drei fließen nicht nach Westen, sondern nach Norden, zum Rhein , der „ Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze" ist. In dieser Zugehörigkeit zum Bereich des Rheins, des „ deutſcheſten der deutschen Ströme“, begegnen sich Elsaß und Lothringen. In ſeinem Raumgefüge wurden sie groß und blühend und blieben es so lange, bis Frankreichs Länderraub sie aus dem naturgewollten Zusammen hang herausriß. Wie dieser Wandel ſich im einzelnen vollzog , bis Frankreich durch feinen neuen Friedensbruch vom 3. September 1939 selbst die Frage Rhein und Elsaß- Lothringen von neuem aufwarf, das wollen wir wenigstens in gedrängter kürze uns vor Augen halten.

Frankreich liebte Formeln und Thesen, Schlagwörter und Schablonen, mit denen es die in Bewegung geratene Welt festlegen und besonders seiner

Geldsackherrschaft

günstige,

falsche

Geschichtsauffassungen

aufrechterhalten wollte. Der gallische Hahn „ mußte" ſich ſpreizen. Allein wir Deutſche, die wir uns ganze Geschlechterfolgen hindurch auf diese Weise blenden und verwirren ließen, sind nun nach Ver failles so lieblos geworden, „ Madame auf den Zahn zu fühlen" und dem gallischen Hahn wenigstens jene fremden Federn zu rupfen, mit denen er sich ohne Recht und ohne Gewiffen schmückte. Über das Elsaß und Lothringen lautet die falsche französische Formel frank und frei, dreiſt und wenig gottesfürchtig : „ Ursprüng 20

lich" hätten die kelten im Lande gewohnt, von den Römern Gallier genannt. Als die Römer nach Gallien gekommen seien, habe der keltische Bereich am Rhein aufgehört. „ Also " ſei — zumal die Fran zosen Erben von kelten und Römern seien ! - der Rhein recht

... mäßige" Grenze der Franzosen …… . So viele französische Sätze, so viele Unwahrheiten ! Erstens : Die kelten waren nicht die Ureinwohner des Elsaß oder Lothringens, fondern gaben nur ein längeres Zwischenspiel. Zweitens : Selbst wenn ſie Ursiedler im Lande gewesen wären, hätte sich damit für die Staats- und Volksführung der Gegenwart gar nichts beweisen und vor allem nicht aus der Welt schaffen lassen, daß feit mindestens 1400 Jahren die hier in Rede stehenden heute volks deutschen Gebiete stets von deutschen Menschen bewohnt worden sind. Wenn man keine anderen Gründe für den Besitz eines Landes als die Theorie der Ursiedlerschaft aufweisen kann, kommt man folge richtig zur Losung : „Amerika den Rothäuten, Südafrika den Hotten totten!" Drittens : Die kelten waren keine Franzosen ! Wer sagt, daß sie den Franzosen näher als uns geſtanden hätten? Auch im deutschen Dolk ist der keltische Blutsanteil nicht gering , besonders in Baden, Schwaben, Salzburg usw. Auch Böhmen und Mähren waren einmal von kelten bewohnt (vgl. hierüber Friedrich Lange, „ Mähren Mitteleuropas Mitte", Leipzig 1940, B. G. Teubner) . Deutsche Forscher in Mähren haben reichen Anlaß zu der Frage gefunden, ob nicht die indogermanischen Kelten jener Jahre uns eng verwandt waren und an der Entstehung der späteren germanischen Völker nicht wesent lich mitgewirkt haben. Viertens : Was haben die kelten mit der Rheingrenze zu tun? Aus dem soeben Gesagten ergibt sich, daß ſie früher viel weiter nach Osten hin

ausgebreitet

waren.

Als Julius Cäfar mit seinen römischen

Legionen nach Gallien kam, ſtanden Halbgermanen wie die Belger und Vollgermanen wie die Völkerschaften unter Ariovist schon weit westlich des Rheins! fünftens : Wie angemaßt, wie falsch und unbegründet der fran zösische Erbanspruch auf wahres Römertum ist, ist in den letzten Jahren vom faschistischen Italien zu vielen Malen erschöpfend und für die französische „ Beweisführung “ vernichtend dargelegt worden. Sechstens:

Selbst die Grenze des römischen Reiches

lief

jahr

hundertelang nicht am Oberrhein, sondern weiter östlich von ihm längs dem Limes.

21

Von welcher Seite man sich also der wiedergegebenen französischen Propaganda -Granate nähert, stets erweist sie sich als Blindgänger, die keinen anderen Schaden anrichten kann, als jene zu narren,,,die nicht alle werden ". Die Wahrheit ist : Das Elsaß und Deutschlothringen waren deutſch, sind von Deutschen bewohnt und werden für alle Zeiten deutſch ſein.

Die ersten Spuren menschlicher Tätigkeit finden wir in unserem Gebiet in einer sehr warmen Zeit zwischen zwei Eiszeiten, nämlich Faustkeile aus Stein, bearbeitete Tierzähne und knochen, eine Zeit, die nach dem Fundort Burbach bei Saarunion Burbacher Ära genannt wird. Jene Menschen lebten umgeben von Nilpferd, Rhi nozeros, Urelefant, Hirsch usw. Nach Ansicht von Geologen liegt jene Zeit mehr als 50000 Jahre zurück. Ganz allmählich wechselte das klima und brachte eine neue Eis zeit mit Mammut, Renntier, Büffel, Wildpferd u. a. Die Menschen dieser Jahrtausende waren Jäger und lebten nach den funden in Höhlen, unter Felsüberhängen, anscheinend auch auf den Löß-Steppen unter Fellzelten. Ihre Waffen und sonstigen Geräte waren aus Stein : die ältere Steinzeit. Ihre menschlichen Raſſen ſcheinen im Elsaß und in Lothringen gewechselt zu haben. Die letzte war anscheinend die Rasse der Ligurer. Um 5000 v.Zw. begann

etwa die jüngere Steinzeit und

dauerte bis 2000 v . Zw. Die Tierwelt entsprach damals bereits großenteils der heutigen. Die Menschen waren Ackerbauer. Deren Hütten bildeten Dörfer und hatten Wohn- und Kellergruben . Ge schliffene Steinbeile und knochenwerkzeuge, dazu Anfänge von Weberei und Töpferei stellen schon beachtenswerte kulturleiſtungen dar. Fundorte und Grabstätten jener Zeit finden sich am Odilienberg, in Stützheim, Erſtein und anderwärts in nicht geringer Zahl. Darauf folgte eine Kupferzeit ( etwa 2000-1600 v . Zw.) mit wunderschönen kupferwerkzeugen, wie sie z. B. der Fund eines Beils aus reinem kupfer in der Nähe von Schäffolsheim dartut. Es schließt sich von 1600-1000 v. Zw. die Bronzezeit an . In ihr wurde dem Kupfer durch Zinnzusatz größere Härte gegeben. Dieses Zeitalter zeichnet sich durch starke Trockenheit aus, d . h . der Grundwasserspiegel muß sich gesenkt haben. Die früheren Siedlungen verloren an Bedeutung , neue wurden mehr an den Waſſerläufen an gelegt, z . B. längs der Ill . Auch über den Rhein hinweg laſſen ſich

22

ganze ketten von Siedlungen feſtſtellen; ſolche Übergänge lagen u. a. bei dem heutigen Straßburg und Offenburg, bei Benfeld und Lahr, bei Hagenau und Rastatt, ſo daß der Rhein schon damals — vor der keltischen Zeit — Brücke und nicht Schranke war. Bei Hagenau insbesondere müſſen nach den zahlreichen Funden im Stadtwald große Siedlungen bestanden haben. Andere große Fundstätten liegen am Odilienberg, bei Geispolsheim uſw. Das nächste Zeitalter war die ältere Eisenzeit (Hallstadtzeit) von etwa 1000-500 v. Zw., gekennzeichnet durch die Schaffung und Benutzung eiserner Waffen und Gerätschaften. Hiermit beginnt jene große Kulturperiode, in der Mitteleuropa sich eigentlich heute noch befindet. Denn in einer Eisenzeit leben wir auch heute noch, ja er klimmen gerade gegenwärtig ihren Höhepunkt. Die

Vor-

und

Frühgeschichtsförschung spricht

noch von

einer

jüngeren Eisenzeit oder La-Tène-Zeit (500 v . Zw . bis zum Be ginn der christlichen Zeitrechnung) . Bei ihr ruht das Schwergewicht nach wie vor auf der Eiſenbearbeitung, aber auch andere Metalle werden reichlicher verwendet. Münzen und andere kulturerzeugnisse erweisen große Mannigfaltigkeit der Bevölkerungsgliederung .

Um

500 beginnt die Geschichte der indogermanischen Kelten. Um etwa 100 v. Zw. laſſen ſie ſich im Elsaß nachweisen, nämlich im Oberelsaß oberhalb des jetzigen Straßburg die Sequaner und im Unterellaß unterhalb der Illmündung die Mediomatriker. Don rund 50000 Jahren menschlicher Besiedlung , die wir so im Überblick gestreift haben,

entfallen nur höchstens

500 Jahre auf keltische Herrschaft im heutigen und Lothringen .

Elsaß

Schon um 70 v. Zw. rückten Germanen in das Land und bedräng ten in den nächſten 20 Jahren die kelten zunehmend bereits so sehr im inneren Gallien, daß die kelten die Römer um Hilfe riefen. So kam es zu dem großen geschichtlichen Zusammenstoß, der für den Weſten, ja für so viele Teile Europas die folgenschwerste Bedeutung erlangen follte ! Die Römer unter Julius Cäfar kamen den weichen den kelten zu Hilfe, schlugen die von Ariovist geführten Germanen im Elsaß (58 v. 3w.) , machten den Rhein zur Grenze Galliens und — Steckten zum

Lohn ganz

Gallien

ein. Durch die Besitzergreifung

Galliens vollendete ſich das erste römiſche Imperium des Altertums, seit jenem Zeitpunkt redet man von einer Weltmacht Rom. So führt schon in der Morgenröte der klaſſiſchen Geschichte unserer 23

Gebiete eine gerade Linie vom Elsaß zu den Entscheidungen, die Europas Antlitz beſtimmt haben.

Das Elsaß und Lothringen wurden römische Provinzen . Die kelten, die der germanischen Herrschaft entgangen waren, wurden um so kraftvoller und

rücksichtsloser durch die Römer gebeugt.

Ganze

Legionen römischer Soldaten wurden in das Land gelegt. Aus ihren Lagern entstanden Städte und Ortschaften und wurden durch feste Straßen miteinander verbunden. Solche Römerstraßen ―――― im Dolks mund heute Heidensträßel genannt — gingen z . B. von Augusta Rau racorum (Basel- Augst) über Cambete (kembs ) nach Argentoratum (Straßburg) und Tabernae Montanae

(Bergzabern)

in Richtung

Mainz; auf elfäffischem Gebiet hatte diese große Straße mindestens zwei Parallelwege, den einen längs der Ill, den anderen längs dem Rhein. Eine weitere Straße ging von Straßburg über Tres Tabernae (Zabern an der Zorn ) nach Divodurum (Metz) . Lothringen war der römischen Zuwanderung günstiger als das Elsaß gelegen; stellenweise, wie bei Saarburg , war die Besiedlung damals anscheinend dichter als heute! Am elfäffischen Gebirgsrand wie in Lothringen an den von Metz strahlenförmig

ausgehenden Römerstraßen reihten sich

römische Landhäuſer und Ortschaften aneinander. Metz war Mittel punkt eines ganzen Straßennetzes : Da war einmal die große Mittelmeerstraße von Marseille über Lyon nach Metz, Trier und Mainz, d . h . die nächſte und unmittel barste Verbindung vom Mittelmeer nach Mainz, der Hauptstadt des römischen Anteils Oberdeutschlands, führte über Metz. Außer diesen beiden Straßenrichtungen nach Mainz und dem Mittelmeer ging eine Römerstraße westwärts nach Reims und Paris, ein dritte über Saarburg durch die Zaberner Senke nach Straßburg, eine vierte in Richtung Saarunion und Pfalzburg, eine fünfte über Saarbrücken nordoſtwärts, eine ſechste nach der unteren Saar, wahr scheinlich als Entlastungsstraße nach Mainz, wozu sich noch eine ſiebente Römerstraße nach Wirten (Verdun) geſellt haben dürfte. Das alles waren nur die Hauptmilitärstraßen der Römer, denen sich viele Verbindungsstraßen anfügten . Welch ein reges Leben wird sich hier entfaltet haben !

Gerade in der Fülle des Elsaß, der Land

schaft der üppigen Fruchtbarkeit und faſt ſüdlichen Wärme, in der Weite der lothringischen Landschaft mit ihren Talkeffeln und Fern blicken, wie mögen sich hier - nach den Spuren ihrer Besiedlung zu urteilen - die Römer wohlgefühlt haben ! Hier kann das Traum 24

bild des Dichters Lingg von der Römerstraße erlebte Wirklichkeit werden:

„Man spricht im Dorf noch oft von ihr, Der alten drauß im tiefen Walde, Sie zeige sich noch dort und hier, Am Feldweg und am Saum der Halde. Sie zieht herauf und steigt hinab, Es weidet über ihr die Herde; An ihrer Seite manches Grab : So liegt sie drunten in der Erde ... Mir ist, kohorten schreiten dort Gepanzert nach dem Lagerwalle. Es tönt des kriegstribunen Wort Dom Turm her zu der Tuba Schalle. Und eine Villa glänzt am Strom, Wo kähne landen, Sklaven lärmen. " Der Herr des Hauſes ſeufzt nach Rom ……. ' Heimisch sind sie doch nicht hier oben geworden, die Römer, so sehr sie auch versuchten, die Annehmlichkeiten ihrer Zivilisation wie Weinpflanzungen, Bäder, Theater auf dieser Seite der Alpen zu verbreiten. Dazu hatten sie gerade hier in Lothringen, aber auch im Elsaß frühzeitig eine Sünde begangen, die als die schwerste Sünde nie wieder gutzumachen ist, die Sünde wider das Blut : Sie hatten ſich mit den kelten vermiſcht und wurden deshalb je länger, desto mehr unfähig, der neu aufsteigenden Welt des Germanentums Widerstand zu leisten. Schon im vierten Jahrhundert n . 3w. brach unter dem Ansturm der Alemannen die römische Macht im Elsaß zusammen, und die ganze Ebene zwischen Rhein und Wasgenwald wurde von ihnen besetzt. Wohl konnte im Jahre 357 ein Römer von altem Schrot und korn und altem Heidenglauben, läſar Julian (von der christlichen Kirche Apóstata, d . h . der Abtrünnige, genannt) auf den Weinbergen vor Straßburg mit germanischen Hilfstruppen ( !) die keilförmigen Schlachthaufen der Alemannen werfen. Allein schon drei Jahre später (360) mußten die Römer ihnen Land im Elsaß geben, und 40 Jahre später gab es keine römischen Garnisonen mehr im Lande. Das germanische Zeitalter hub an.

25

Die Alemannen entwickelten nun eine erstaunliche Lebenskraft. In 37 Jahren (406-443) verwandelten sie das ganze Elsaß in deut sches Land ! Welch eine Siedlerleistung ! Welch eine kinderfrohe bio logische Vermehrungskraft gehört zu derartiger Großtat ! Blut und Boden, die beiden Grundlagen neuer Landnahme, wurden hier von Menschen unseres Schlages in vorbildlicher Weise miteinander in Verbindung gebracht. Wohnstätten, Wiesen, Wald und Weide er hielten deutsche Namen; nur an wenigen Wafferläufen blieben einige ältere Namen haften.

So bahnte sich im Elsaß ein rein deutsches

Zeitalter an. In Lothringen fand die alemannisch-germanische Landnahme ein großes Straßennetz, auf dem sie sich verzweigen konnte. Auch Sied lungsmöglichkeiten gab es in Hülle und fülle, vor allem in den Flußtälern der Mosel, Selz, Nied und Saar. Die Friedensarbeit der Alemannen blieb nur wenige Menschen alter ungestört. Der germanische Fluch der Uneinigkeit kam auch über das Land an Rhein und Mosel. Der ebenso tatkräftige wie rohe und hinterlistige König Chlodwig faßte die verschiedenen Stämme der Franken zusammen,

besiegte mit dieser geballten Stoßkraft bei

Soissons 486 die letzten Reste der römischen Truppen, dehnte das Frankenreich bis zur Loire aus und wandte ſich dann gegen die Ale mannen. Bei Zülpich im Rheinland kam es 496 zur Entscheidungs schlacht. Wild wogte der Kampf hin und her. Eine katholische Legende erzählt, in einem kritischen Augenblick habe Chlodwig gelobt, im Falle des Sieges ſich als Chriſt taufen zu laſſen. Tatsächlich gingen aus dem Kampf die Franken als Sieger hervor ; sie drängten die Ale mannen aus dem Rheinland nach Süden zurück und unterwarfen ſie -ihrer Herrschaft. Ende 496 ließ sich Chlodwig taufen, aber nicht wie die anderen christlichen Germanen — nach arianischem Bekennt nis, sondern nach katholischem. Die folgen wurden unabsehbar. Das Papsttum setzte von jetzt ab ſeine schon damals beachtliche Macht für das fränkische königtum ein, wie es dieses nun als sein Hausinter esse ansah, mit den politischen Wünschen des Papsttums einig zu gehen. Dieses fränkisch-päpstliche Bündnis von 496 hat über alle Wechſelfälle hinweg , ja gerade auch in dem aus ihm hervorgegange nen zeitweiligen scharfen Wettbewerb zwischen deutschem kaisertum und Papſttum mindeſtens bis zum Untergang des Ersten Deutschen Reiches im Jahre 1806, also mehr als 1300 Jahre lang, folgen schwerste Wirkungen gehabt. 26

Die ersten Folgen hatten das Elsaß und Lothringen auszukoſten. Ihren heidnischen Alemannen wurde der überkommene Götterglaube durch päpstliche wie fränkisch- königliche Sendboten, großenteils irischer Abkunft, genommen . Zehn Jahre nach dem Verlust der politi schen Freiheit und dem Beginn der religiösen Wende mußten die lothringischen und elfäffischen Alemannen dem Frankenkönig Heeres folge gegen das germanische Brudervolk der arianischen Westgoten leisten, wodurch das fränkische Reich bis zur Garonne ausgedehnt wurde, ſpäter in anderen Heereszügen gegen die ebenfalls germani ſchen, arianischen Burgunder, Thüringer u. a .

Mit List, Hinterhalt

und Gewalt brachte Chlodwig immer mehr Germanen unter seine Herrschaft. Seine Nachfolger setzten das Werk mit wechselndem Erfolge fort. Das Elsaß und Lothringen waren hierbei nur Werk zeuge, Truppenlieferanten für die Hausmachtlaunen der fränkischen Könige. Unter Chlotar I. (511–561 ) spaltete sich die fränkische Mon archie in drei Teile :

Austrasien (Ostland), Neuſtrien und Burgund .

Austrasiens Hauptstadt war lange Zeit Metz. Die fränkischen Könige und königinnen hielten sich überhaupt oft und gern in Lothringen mit seinen guten Reisewegen nach allen Seiten wie in dem fruchtbaren, reichen Elsaß auf, in dem Wissen, das viele Jahrhunderte später in die Worte gekleidet wurde : „Du reiseft hin, Du reiſeſt her, Du findst so leicht kein Elsaß mehr ! ” Bei Kirchheim am Gebirgsrand westlich Straßburgs sind heute noch Reſte einer ihrer Königspfalzen ſichtbar, die berühmte Abtei von Maursmünster nahe der Zaberner Steige geht auf die gleiche Zeit zurück, in der auch Odilia lebte, die angeblich blind geborene und geheilte Herzogstochter, der zu Ehren damals das so viel besuchte Bergkloster St. Odilien gegründet wurde uſw. Allein auf dem fränkischen königshauſe, das nach dem Herrscher Merwig oder Merowig (ſchon 448—457) Merowinger genannt wird, ruhte trotz den großen äußeren Erfolgen wenig Segen. Es war, als ob Chlodwigs nach allen Seiten verübte Treulosigkeit ihren Fluch auf seine Kinder und Kindeskinder bis in das letzte Glied ausgedehnt hätte. Immer wieder folgte auf die Reichseinigungen Reichszerfall mit Bruderneid und Bruderzwist. Die Frauen und anderen Gefähr tinnen der Könige trugen ihre Meinungsverschiedenheiten ein Jahr hundert lang mit der Waffe des Meuchelmordes aus. Wie litt unter diesen Schandtaten, die nach dem Grundsatz der Gefolgstreue jeweilig

27

die Besten des Reiches zu Waffenhilfe oder Vergeltung zwang, das ganze Land, besonders auch das Elsaß und Lothringen ! Um über haupt wieder Ordnung zu schaffen, festigte im 7. Jahrhundert König Chlotar II . das Amt der Hausmeier , mit dem ursprünglich nur die Aufsicht über das königliche Hauswesen verbunden war. Allein durch die ewigen Zwiste am Königshof errangen die Hausmeier bald immer größeren Einfluß. Schon Chlotars Sohn Dagobert wurde als Knabe entscheidend durch den Hausmeier Pipin den Älteren wie durch den Bischof von Metz erzogen und geformt, so daß er das Frankenreich im Often gegen die immer angriffsluftiger werdenden Slawen schützen konnte. Don Metz aus wurde jene erste deutsche Gegenwehr gegen den slawischen Ansturm organiſiert. Als Dagobert 638 starb - der letzte Merowinger, dem das deutsche Volk im Westen ein dankbares Andenken bewahrt hat riffen wieder Weiberwirtschaft um den Thron und schier endloser Hausmeierstreit ein, durch den das Elsaß wie Lothringen immer wieder in blutige Auseinandersetzungen gezogen wurden. Erst im 8. Jahrhundert nahm das Frankenreich neuen Aufschwung, aber nicht durch Leistungen seiner könige, sondern unter dem Druck der äußeren Not unter der erfolgreichen Leitung des Hausmeiers karl Martell (Hammer) . Zu jener Zeit führten die Araber einen großen Eroberungskrieg im Dienste ihrer neuen Glaubenslehre, des Iflams, und drangen von Süden her, unter ihrem Heerführer Tarik (daher Gibraltar, d . h . Felsen des Tarik) nach Spanien . Hier überrannten sie das durch den fränkischen Verrat unter Chlodwig bereits geschwächte Westgotenvolk, auch jetzt von den fränkischen Stiefbrüdern ſchmäh lich im Stich gelaſſen (711 ) . Schon neun Jahre später überſtiegen die Araber die Pyrenäen und warfen sich auf das Frankenreich. Mittel europa war in Gefahr, von Westen her überfremdet zu werden . Da schützten schon damals Deutsche Mitteleuropas

freiheit.

So wie sie einst das Vordringen des Römischen Weltreichs im Teuto burger Walde aufgehalten hatten, so wie die Deutschen später die Mongolen, die Türken, Napoleon, die Dampfwalze der Zaren für das ganze übrige Europa von dessen Kern fernhielten, konnte der frän kiſche Hausmeier Karl Martell mit Truppen aller unserer Stämme, insbesondere auch alemannischer aus dem Elsaß, 732 in der Doppel Schlacht von Tours und Poitiers den Ansturm der Araber aufhalten und brechen sowie die Angreifer über die Pyrenäen auf Nimmer wiedersehen zurückschlagen .

In jener Entscheidungsschlacht von 732

kämpften die Elfäffer - wie später im Weltkrieg von 1914/18 28

Schulter an Schulter mit Sachsen, Friesen, Thüringern, Bayern uſw., eine kameradschaft, die von der elfäffiſchen Frühzeit eine Brücke bis in unsere Gegenwart ſchlägt. Karl Martell war freilich verſchlagen und undankbar wie die Merowinger, unter deren Schatten das Hausmeieramt gewachsen war. Er reizte durch Unehrlichkeit und Überheblichkeit einen großen Teil der deutſchen Stämme, vor allem die Sachſen, Bayern und Frie sen, aber auch die Alemannen . Ihre Auflehnungsversuche wurden durch Karl Martell hart erstickt. Dieser schwang sich schließlich selbst zum königlichen Gebieter auf und teilte bei ſeinem Tode das Franken reich unter seine Söhne karlmann und Pipin den kurzen. Dieser setzte auf päpstlichen Rat auch förmlich den letzten Merowinger Childe rich III . ab und machte sich, ebenfalls im päpstlichen Einverständnis, zum König „ von Gottes Gnaden".

Als Gegendank nahm er die

politische Verbindung mit dem Papſttum wieder auf und legte durch Schenkungen den Grund zum Kirchenſtaat. Sein Sohn war karl der Große. Damit kommen wir wieder in das Scheinwerferlicht der gesamt deutschen Geschichte. Denn Karl der Franke vollbrachte das, was selbst dem Cherusker Hermann (Arminius) nach dem Siege im Teutoburger Walde nicht gelang : alle Deutschen in einem Staate zusammenzu faffen ! Es ist bekannt, wie hart er dabei die einzelnen Stämme, vor allem die heldenhaft sich verteidigenden Sachsen, anfaßte. Auf der anderen Seite bedarf gerade das deutsche Volk bei seiner gefahr vollen Mittellage, bei der überquellenden Fülle ſeiner einzelnen Be gabungen und ſeinem unſeligen Hang zur Vereinzelung einer straffen Zuſammenfassung, die um des Ganzen willen einmal über örtliche Sonderbildung hinwegschreiten muß. Karl tat das mit harter Rück fichtslosigkeit. Aber das Ganze gedieh dabei. Und in der Mitte dieser Ganzheit lagen unsere Lande Elſaß und Lothringen. Die Sicherheit und innere Ruhe, deren ſich das Reich unter Karls Zepter erfreute, förderten den Verkehr.

Die kapitularien, d . h.

Reichstagsabschiede karls des Großen, laſſen das deutlich erkennen. Freilich förderte er den Verkehr weniger um seiner selbst willen als aus kirchlichen oder militärischen Gesichtspunkten ; ein Beispiel hier für ist der damals begonnene, wenn auch nicht zu Ende geführte Bau eines Main-Donau-kanals. Um kriegerische Marschbewegungen zu erleichtern und den Pilgerverkehr zu heben, kümmerte sich Karl um Derbesserung der Straßen, Anlegung fester Brücken und Instand haltung der Fähren . Aber die ſteigende Wichtigkeit, ja Unentbehrlich 29

keit des Handels machte auch eigene Forderungen geltend . Elfäffi ſcher Wein ging an die Nordseeküste, Wolle aus dem Norden in das Elsaß. Zahlreich ſind die Urkunden, in denen klöstern das Recht ge währt wurde, mit einer meist festbegrenzten Anzahl von Schiffen fluß- oder Seeschiffahrt zu treiben und die Hauptzollstätten des Reiches zollfrei zu durchfahren ; denn bei der geringen Leistungs fähigkeit des Landverkehrs jener Jahre waren die Flüſſe die eigent lichen Lebensadern des großen Reiches zwischen Pyrenäen und Theiß. keinem aber kam in dieser Hinsicht solche Bedeutung zu wie unferem Rhein , der ſo recht durch die Herzlande der karolingischen Ländermaſſe floß. Er war die beste, bequemste Verbindung zwischen Süd und Nord, so wie er noch heute der einzige Strom ist, der Nord und Süd unseres Vaterlandes

zu Wasser verbindet.

In seinem

Stromfyftem lagen die wichtigſten Pfalzen des Herrschers wie Aachen, Nimwegen, Ingelheim und Frankfurt. Daraus erhellt auch die Be deutung von Mosel und oberem Rhein mit ihren Uferstädten Metz und Straßburg . Das Reich Karls des Großen hatte keinen Bestand . Schon sein Sohn und Nachfolger Ludwig, deffen Beiname „ der Fromme“ auf seine große Abhängigkeit von der Kirche hinweist, verfiel in den alten Fehler der Merowinger, das Reich als ein Privateigentum zu betrachten und wie eine Hinterlassenschaft von Geld und Gut unter seine Söhne zu teilen. Da er noch diese Teilung zugunsten eines später geborenen Sohnes änderte, gab es krieg zwischen Vater und be nachteiligten Söhnen . Er wurde im Herzland des Reiches ausgekämpft, im Elsaß, und endete mit dem Verrat und der Gefangennahme des Vaters auf dem sogenannten Lügenfeld bei kolmar. Im Elsaß ver brachte Ludwig der Fromme nach der Demütigung seine Jahre. Auf elfäffischem Boden leisteten seine Söhne Ludwig der Deutsche und Karl der Westfranke die schon früher erwähnten Straßburger Eide (842). In Lothringen, zu Wirten oder Verdun an der Maas, kam es zu der großen Reichsteilung : Ludwig erhielt das rechtsrheinische Deutſchland und links vom Rhein vor allem die Pfalz . Karl bekam Westfranken oder Frankreich, Lothar die Mitte, d . h . Italien mit Burgund, das Land zwischen Rhein und Maas sowie Friesland, dazu die kaiserwürde. In einem neuen Teilungsvertrage zu Mersen im Jahre 870 wurde das Mittelgebiet ungefähr nach der nationalen Derteilung aufgelöst, den Ländern in Ost und West zugeteilt und die Kaiserwürde mit dem Often, dem Deutschen Reiche, verbunden. Diese Reichsteilungen waren, juristisch genommen, eigentlich nur 30

privatrechtliche Verträge der beteiligten Familienmitglieder, die man wegen ihrer Nachfolgerschaft zu Karl dem Großen Karolinger nannte. Allein ihr Ergebnis unterstrich die Auflösung des alten Reichs des großen Karl in neue nationale Bestandteile. Sie wurden der sichtbare Ausdruck, daß im Westen die Franken ſich nicht raſſerein gehalten, sondern mit Römern und kelten gemischt und aus solcher Sünde wider das Blut ihre germanische Eigenart verloren hatten. Aus ger manischen Franken, Römern und kelten wurden Romanen, Fran zosen. Der Vertrag von Wirten oder Verdun gilt, wie schon er wähnt, wenn nicht als die Geburtsurkunde, ſo doch als die Mündig keitserklärung des französischen Volkes. Der Often aber hatte sich in der alten germanischen Art erhalten und gefestigt. Den Franzosen im Westen stand die deutsche Nation im Often gegeṇüber. Die Sprach- und Völkerverteilung des ausgehenden 9. und be ginnenden

10. Jahrhunderts

ist im großen Ganzen , mit

einigen

beachtlichen Ausnahmen , geblieben bis auf den heutigen Tag . Die Scheidelinie begann am Ärmelkanal, lief fast genau östlich bis in die Gegend von Lüttich an der Maas, bog hier nach Süden um, kreuzte unterhalb von Met die Mosel, zog zum Berge Donon im Wasgenwalde und folgte von hier aus diesem Gebirge bis zur Bur gundischen Pforte, um nun füdwärts und füdostwärts bis zum Matterhorn am Südrand der Schweiz zu laufen. An Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte ſind nur wenige hervorzuheben : Wäh rend ursprünglich das niederdeutsche Gebiet bei kales (Calais) und Boonen (Boulogne) das freie Weltmeer, den Atlantischen Ozean, erreichte, ging etwa um 1200 die Gegend beider Städte verloren, so daß das Land um Dünkirchen und kales' Vorort Gravelingen bis in unsere Tage der westlichste Vorsprung des niederdeutschen Sprach bereichs geblieben ist. Und im 17. Jahrhundert, im Dreißigjährigen Kriege, wurde das lothringiſche Land durch krieg , Hungersnot und Pest so mitgenommen, daß weite Gegenden wüst und menschenleer wurden. Hier siedelte der französische König Ludwig XIV. Inner franzosen, vor allem Pikarden, an, ſo daß in der Gegend von Marsal und Duß (Dieuz) ein Gebiet von 50 kilometer Länge und bis zu 25 kilometer Breite verwelscht wurde. Dazu wurden vor, in und nach dem Dreißigjährigen Kriege die westlich der Sprachgrenze ansässigen Reichsromanen, die sich nicht als Franzosen fühlten, verdrängt oder seelisch umgevolkt und die in ihrer Mitte sitzenden Angehörigen deutscher Oberschicht ſprachlich auf gefogen, ja nach der Französischen Revolution wurden Teile der 31

germanisch-deutschen Oberschicht in der Schweiz, im Elsaß, in Luxem burg wie in Flandern weitgehend französischem, auch sprachlichem Einfluß unterworfen, ein Vorgang , der erst in der jüngsten Vergan genheit abgestoppt worden ist. So beachtlich auch diese Ausnahmen ſein mögen, so ist doch festzu halten, daß ―― zum Unterschiede von dem hin- und herfließen der Volksgrenzen im Often ――― im Westen die sprachliche Verteilung eine große Beharrlichkeit gezeigt hat. Diese soeben geschilderte deutſch-französische Sprachgrenze lief und läuft quer durch Lothringen. Sie beginnt heute am ſchon erwähnten Berge Donon, läuft nordöstlich der Quellflüsse der Saar durch das Gebiet der großen lothringischen Weiher zur Vereinigung der deut schen Nied mit der sog . franzöſiſchen Nied, geht westlich Bolchen zur Mosel, die sie zwischen Metz und Diedenhofen überschreitet, wendet ſich allmählich nach Nordwesten und erreicht füdlich von Esch an der Eltz die heutige luxemburgische Grenze. Das jenseits der Sprachgrenze gelegene Metz wie ſein Induſtriegebiet hatte und hat dabei beſonders starke deutsche Beimischung. Obgleich Lothringen fonach sprachlich deutsches wie romanisch ge wordenes Land umfaßte und umfaßt, wurde es auf Grund ſeiner Zugehörigkeit zum Stromgebiet des Rheins und ſeiner natürlichen Hinneigung zu Deutschland diesem zugewiesen und blieb bei ihm bis zu Frankreichs Landraub im Jahre 1766, mehr als 800 Jahre, die Land und Volkstum entscheidend geprägt haben. So teilte Lothringen staatlich, geistig und seelisch die Geschicke des Deutschen Reiches, in deſſen Rahmen auch das deutschsprachige Elsaß wie nur irgendein anderes deutsches Land geblüht hat. Das Elsaß und Lothringen unterstanden daher auch dem kaiser, dessen Würde im Mittelalter mit einer ganz myſtiſchen, magiſchen Macht umgeben war. Kaiser oder Läsar war ursprünglich der Titel des Leiters des römischen Weltreichs, mit dem jeder Träger sich als Nachfolger und Erbe des großen Staatsmannes Julius Cäfar, des Begründers der alten Weltmacht Rom, bezeichnen wollte. Als das Christentum zur römischen Staatsreligion erhoben wurde, verband sich mit dem Titel zugleich die Rolle eines Schutzherrn über die Kirche, was mit wenig Rechten, aber gar vielen Pflichten verbunden war. Der Glanz dieser Kaiserwürde erstrahlte noch lange, nachdem das römische Reich in den Stürmen der großen germanischen Völkerwanderung untergegangen war.

32

Als nun karl der Große durch seine vielen Eroberungen immer mehr Völker gewann , für die die alte Bezeichnung des Staates „Frankenreich“ nicht mehr langte, und ſich deshalb nach einem neuen Staatsnamen umfah, kam die geschickte Diplomatie des Papsttums ihm auf halbem Wege entgegen . Eine neue Namensbezeichnung für Karls Reich war in Anlehnung an die noch nicht vergessene ruhm reiche Vergangenheit des römischen Weltreichs um so leichter zu finden, als das „ Frankenreich" in seiner neuen Ausdehnung und namentlich mit Rückſicht auf seinen italieniſchen Landbesitz ein eben bürtiges Seitenstück zu • ihm bildete. Und das geſchichtliche Binde glied zwischen dem alten Römerreiche und demjenigen, das nun an seine Stelle treten sollte, wurde das christliche Staatskirchentum. konnte Rom nach Lage der Dinge auch nicht der staatliche Mittel punkt des Reiches ſein, so konnte es doch ſein kirchlicher Mittelpunkt, der es bereits tatsächlich war, auch in der Zukunft bleiben. Es war nur noch der letzte Schritt zur förmlichen Wiederaufrichtung des römischen Kaisertums zu 2 tun, indem karl sich zum Läsar, zum Imperator Romanus " machte, diese Würde aber aus den Händen des Oberhauptes der damals herrschenden Kirche, des Papsttums, empfing und auf diese Weise ein anscheinend untrennbares Bündnis zwischen weltlicher und geistlicher Obermacht im Abendlande her stellte. Der Kaiser galt forthin, und zwar dem Grundsat nach für ein Jahrtausend bis 1806, als der weltliche Oberherr der Christenheit. Dieser Glanz half dem Deutschen Reiche bei seiner Errichtung; ander feits wurde die Verbindung mit dem herrschlüchtigen Papsttum , das so immer wieder Gelegenheit zur Einmischung in deutſche Verhältniſſe erhielt, ein Grund zum späteren Niedergang von kaiser und Reich. Dadurch, daß die Nachfolger karls des Großen mit ihren Reichs teilungen das erneuerte Kaifertum als solches auflösten und seinen Wert auf den eines bloßen Titels hinabdrückten, wurde es nur mit der Person seines Trägers verknüpft. Er hatte also nicht mehr an dem Reiche als solchem den Rückhalt und konnte deshalb nicht erblich sein, sondern mußte im Falle ſeiner Erledigung demjenigen unter den Reichsfürsten zufallen, der je nach der Bedeutung und Macht seines Reichsteiles den kräftigsten Anspruch darauf erheben konnte. Erst durch die Krönung in Rom wurde nach frühmittelalter licher Auffassung der deutsche könig kaiser. Wer sich nicht krönen laffen konnte oder wollte, durfte sich auch nicht kaiser nennen. Diese uns heute sehr formal erscheinende Betrachtungsweise, an der mönchische Weltabgekehrtheit und päpstliche Diplomatie Pate 33

ſtanden, erhielt für die mittelalterliche Entwicklung so große Bedeu tung, daß mit ihr jeder vertraut sein muß, der die Geschichte des Elsaß und Lothringens verstehen will. Die Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert war für Deutschland wie für Frankreich eine Zeit des Niedergangs und des Verfalls. Deutsch land drohte in Stammesherzogtümer zu zerfallen, Frankreich erging es ähnlich und litt dazu aufs schwerste unter den Einfällen der kriegeriſchen Normannen. Auch Deutschland bedrohten und ver wüsteten sie, brannten Hamburg und köln nieder und plünderten, wo Sie konnten. Mit großenteils elfäffischen und lothringiſchen Truppen trat ihnen Kaiser Arnulf von Kärnten 891 bei Löwen an der Deile (nahe Brüffel) entgegen und schlug ſie ſo gründlich, daß sie nie wieder Kaiser und Reich befehdeten. Die inneren Ermüdungs- und Auflösungsschwierigkeiten wurden indeſſen erst durch einen Nachkommen des von Karl dem Großen unterworfenen Sachſenherzog Widukind überwunden, nämlich unseren großen König Heinrich I. den Städtebauer. Er zog 925 die Lande am Rhein wieder fest an den deutschen kern und sorgte ringsum für Frieden und Aufbau . Gegen Ende dieses Jahrhunderts nennt sich ein Konrad „ Herzog der Elfäffer”. Von 1079-1268 waren die berühmten Hohenstaufen die Herzöge des Elsaß. Sie trugen nicht nur den Namen, sondern auch den Geist des Landes in der Seele, „jene fonnige Lebensfülle, jene kraft der Gestaltung, die sich hier in Natur und kunst bewährt hat — das war ein Grundzug in ihrem Wesen“, und in stolzer Freude gaben sie den Städten mächtige Mauern, goldene Freiheit und den Glanz ihrer Gegenwart. Ihr Lieblingsfitz wurde die Burg im Hagenauer Forst, die Herzog Friedrich 1123 als Jagdschloß erbaute und die ſein Sohn, der große Kaiser Friedrich Rotbart, der hier aufgezogen wurde, zum glänzenden Kaiserschloß verwandelte. So manchem Königsherzen ward es wohl im Elsaß. Friedrich II ., der herrlichste aller Staufen, „ pflog hier hochzeitlicher Minne". Dom Elsaß aus unternahmen die deutschen

Kaiser ihre

Römerzüge über die Alpen, zog Friedrich Rotbart zum Kreuzzug in das Morgenland, wo ihn der blinde Zufall einen bitteren Tod finden ließ. Solche Zeit vollſter Lebensblüte begünstigte und beförderte die deutschen Künste im Elsaß. In Hagenau fangen die Dichter Reinmar und Heinrich „ der Glichezäre“, in der Illſtadt feierte Gottfried von Straßburg Tristan und Isolde. Liebliche Minnelieder entstanden ringsum. In gleicher Weise nahm unter der Huld der Hohenstaufen 34

die Baukunst zwischen Rhein und Wasgau einen glänzenden Auf schwung. Noch heute sprechen zu uns die Trümmer jener großen, herrlichen Zeit, in der das deutsche Volk Europa führte und die Schwerkraft des Reiches hier im paradiesischen Land am Rhein lag.

Du herrliches Mittelalter ! Was warst du unserem deutschen Volke, und welches Zerrbild hat eine vergangene, aber selbst heute noch nicht restlos überwundene Geschichtsschreibung aus dir gemacht ! Man hat uns dich dargestellt als eine nicht abreißende kette finn loser Bluttaten, als Zeiten der Engräumigkeit, der Unfreiheit, der Hexenverbrennungen, hat dich das „ finstere Mittelalter" genannt . . . Welch ein Irrtum ! „ Hexen “ wurden nicht im Mittelalter, ſondern erſt in der „ Neuzeit " verbrannt, die Entartung der Zünfte, der Hanse und anderer Gemeinschaftsordnungen fand ebenfalls erst in der „Neuzeit" statt. Nicht in kantönli dachten die Menschen des Mittel alters, sondern in großen Räumen, wie wir jüngst es erst wieder begonnen haben, aber nun tausendfach erleichtert durch die raum überwindenden Erfindungen der Nachrichten- und Kampfmittel. Das Mittelalter in seiner Glanzzeit sah das Reich als einen geschlossenen Körper „ an allen vier Meeren ” —Adria, Oſtſee, Nordsee und Wendel see (westliches Mittelmeer) . Arles an der Rhonemündung, Genua, Denedig nahmen treuhänderiſch die Schiffahrtsintereffen des Reiches im Süden wahr, wie Dordrecht an der Rheinmündung, Lübeck, Wisby auf Gotland und Riga an der Ostsee. „ Mutter Donau “ und „ Vater Rhein" wurden als zusammengehörig empfunden von den Quellen bis zu ihren Unterläufen. Die der Rheinmündung gegenüberliegende Themse galt als Derlängerung unseres großen Stromes, als „ Zu bringer des Rheins "; der Stalhof der Deutschen Hanse zu London war Englands wirtschaftlicher Mittelpunkt, England ſelbſt wie Däne mark, Ungarn und Polen mehr als einmal dem Reichsoberhaupt lehnspflichtig. Die Rhone-Rhein-Linie war eine kraftlinie des Reiches und fest in ſeiner Hand . In ihrem Mittelpunkt gabelte sie sich in den Saone Mosel-Weg und durch die „ Pendeltür der Burgundischen Pforte" in den „ Doubs-Ill-Weg “ , d . h . in den lothringischen Zweig über Metz und den elsässischen Weg über Straßburg. Lothringen und das Elsaß , an den Schnittpunkten dieſes Rhone- England - Weges mit dem Paris Wiener-Weg waren das kernstück Mitteleuropas, der „ Doppelkern im Gehäuse der europäischen Nuß“.

3* 35

Das ganze Mittelalter hindurch hat Metz seine Zugehörigkeit zum Reich mit Stolz betont. Die Bischöfe von Metz haben ſich bis in die Neuzeit hinein als treue Reichsfürsten gefühlt. Die Reichsstadt er kammer, Schild, Tor und Bollwerk des Reiches klärte sich als gegen Frankreich“ und ein zeitweilig französisch geführtes Burgund . Es wollte

lieber sterben als den großen Reichsadler besudeln".

Straßburg galt immer wieder als eine der hervorragendsten Städte Deutschlands, eine „ Vormauer des Reiches “, um ein kaiser wort zu gebrauchen. Als einmal von Westen Gefahr drohte, wehrten sich die Straßburger, um — wie sie nach dem Innern des Reiches ――――― berichteten als „stählerne Dormauer nicht allein dem ganzen Rhein strom , sondern deutscher Nation überhaupt

nützlich

zu

bleiben“.

Frankreich war das ganze Mittelalter hindurch ein Schattenstaat, Land im Schatten des Reiches, das wie eine Sonne alle anderen weltlichen Gewalten überstrahlte. Frankreich war durch Normannen wirren, durch den aus ihnen entstandenen hundertjährigen krieg gegen England, durch Regionalismus, eigensüchtige Granden und Sonstige fehden aller Art schwer geschwächt. Mehr als einmal um faßte es nur einen schmalen Streifen zwischen Ärmelkanal und Löwengolf, da Schelde und Rhone zum Reiche gehörten und die atlantische Küste mit tiefem Hinterland der englischen krone unter ſtand, die ihrerseits wieder mehrmals vom Reich abhängig war ... Wie sicher im Schoße des Reiches waren damals das Elsaß und Lothringen! Das Mittelalter war in Deutschland die Zeit der Gemeinschafts leistungen: Die Städte mit ihrer sinnvollen und planmäßigen Anlage um Markt und Münster, mit ihren nur durch die Gemeinschaft ermög lichten und zu verteidigenden Wehranlagen, wie Mauern, Türmen und Toren, mit ihrer Vorsorge gegen Feuer, Siechtum und Alter für ihre Bürger. Welche Gemeinschaftsleistung, diese straffen Lebens formen in den Ostraum zwischen Oftfee, Adria und Schwarzem Meer hinauszutragen und so den Lebensraum des deutschen Volkes zu erweitern ! Jenes kraftvolle, selbstbewußte Mittelalter konnte in der darstellenden kunst, wie dem Bamberger Reiter, dem Isenheimer Altar, in Minnegesang und sonstiger Dichtkunst, vor allem aber in den herrlichen Domen sich selbst, seiner Himmelsſehnsucht, aber auch Erdenfreude Denkmäler ohne Beispiel setzen. Und nirgends in deut schen Landen finden wir das im Mittelalter herrlicher, reicher und großartiger vereint als im Elsaß, als in Lothringen ! 36

Nur Beispiele dieses überquellenden Kulturreichtums können wir hier geben, der bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges an dauerte: Da fang in Straßburg Meister Gottfried, der Dichter bürgerlichen Standes, den adligen Zeitgenossen Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide an Beliebtheit nicht nachstehend. Aus Hagenau, dem Lieblingssitz der Staufen, entstammte der Sänger Reinmar der Ältere, „ aller Nachtigallen Leiter" . In dem gleichen Hagenau sang wohl auch der Pfälzer Friedrich von Hausen, der seinen Herrn Kaifer Rotbart auf unſeligem Kreuzzug in das Morgenland begleitete und in Kleinasien nach glänzenden Beweisen seiner Tapferkeit wenige Tage vor seinem Gebieter den Tod fand, sowie der bescheidene Dichter Freidank, der den anderen großen Staufen, Friedrich II., 1228 auf seinem Kreuzzug begleitete und in Syrien sein Gedicht „ Bescheidenheit“ verfaßte, das über religiöſe und weltliche Angelegenheiten Bescheid gab und zu einem beschei denen , d. h . verſtändigen Leben anleitete. Dieses Gedichtwerk Be scheidenheit genoß vom 13. bis zum 17. Jahrhundert ein solches Ansehen, daß es die weltliche Bibel hieß. Die bekannteste Bearbeitung stammt von dem in Straßburg verstorbenen Stadtfyndikus Sebaſtian Brant. Im übrigen haben wir des Glanzes und Größe der Staufen zeit für unser Gebiet bereits gedacht. Es genügt hier, noch eines Baues zu gedenken, der für halb Deutschland richtunggebend wurde, der Errichtung des gotischen Straßburger Münſters. In der Staufenzeit wurde auch der Grund zur Blüte Straßburgs gelegt. Dank der Tüchtigkeit und Wehrhaftigkeit seiner Bürger über dauerte sie das unglückliche Staufengeschlecht. Als der Bischof seine Stadt gängeln wollte, überwanden ihn die Bürger unter ihrem Feld hauptmann Rudolf von Habsburg ( 1262) . Im gleichen Jahre wurde Straßburg Freie Reichsstadt und damit - durch keinerlei landes herrliche Gewalt gehemmt - zu ähnlicher führerrolle berufen wie im Norden die Freie Reichsstadt Lübeck ſeit Erlangung ihrer Reichs unmittelbarkeit im Jahre 1226. Straßburg, Lübeck und Wien, als die Hauptstadt der alten Ostmark, bildeten ein deutsches hochmittel alterliches Kraftdreieck. Als Rudolf von Habsburg 1273 deutscher Kaiser wurde, gewann sein oberelfäffischer Besik, der sogenannte Sundgau . Mit ihm blieben die Habsburger bis zu dem unglücklichen Ausgang des Dreißig jährigen Krieges innig verbunden. Staufen, Habsburger und Hohen 37

zollern sonst so grundverschieden für unser Reich voll und ganz erfaßt.

hatten den Wert des Elsaß

Straßburgs Banner wehte an der Spitze der Reichsstädte, unmittel bar nach dem kaiserlichen Adler. Gleich den Fürſten prägte die Stadt goldene und silberne Münzen und übte in ihrem Gebiet die höchste Gerichtsbarkeit nach eigenen Geſetzen aus. 1420 ſtarb hier Johannes Twinger von Königshofen, der Verfasser der

Älteren Teutschen

Chronik". Um 1440 erfand Meister Gutenberg die kunst des Buch drucks mit beweglichen Lettern.

1492 wurde in der Stadt eine

Meistersingerzunft gegründet und erreichte im 16. Jahrhundert ihre größte Blüte. Um 1500 hielt in Straßburg der erwähnte Satiriker Sebastian Brant der Zeit ihre Narrheit vor. Sein „ Narrenschiff“ führte als satirisches Lehrgedicht in 112 Kapiteln 110 Narrenarten vor, die auf einem großen Schiff nach „ Narragonien “ geführt werden. Der Genußsucht seiner Zeit gegenüber empfahl er Selbsterkenntnis und Zufriedenheit wie Bedürfnislosigkeit. Von der großen Beliebtheit des Buches, das in Basel erschien die Schweiz gehört ja noch zum Reich und war dem reichsdeutschen Elsaß innig verbunden —, zeugen die vielen Ausgaben und Nachdrucke sowie Übersetzungen in die verschiedensten Sprachen. Als einziges Buch des 15. Jahrhunderts erlebte das „ Narrenschiff“ 17 Auflagen ! Der größte Kanzelredner ſeiner Zeit, der Elfäffer Geiler von Kaysersberg , legte es häufig ſeinen volkstümlichen Predigten im Straßburger Münster zugrunde. In allen Geistern zuckte eine polemische kraft, deren elektrische Ströme man durch ganz Deutschland empfand . Schritt für Schritt folgte die

Bürgerschaft der Reformation, die schon

1521

durch

Matthäus Zell aus Kaysersberg , später durch Wolfgang Kapito aus Hagenau vertreten war. 1529 hatte die neue Lehre völlig gesiegt. Drei Jahre später trat Straßburg dem Schmalkaldiſchen Bund der evangelischen Reichsstände bei. Drei Jahre lang wirkte auch der Genfer Calvin als Prediger in der Stadt. Welch ein reges geistiges Leben! 1548 erblickte der sprachgewaltige

elfäffische

Dichter

Johann

Fischart das Licht der Welt, eines der größten Sprachtalente unferes Volkes. Unerschöpflich an burlesken Einfällen, gefiel er sich in den abenteuerlichsten Wendungen. Don Witz übersprudelnd iſt ſein Prosa büchlein „Aller Praktik Großmutter", worin er gegen den Aber glauben, die Wetterbüchlein, die Kalenderregeln usw. auftrat. In ernstem Tone ſind ſein „ Ehezuchtbüchlein“ und seine „ Ernstliche Er mahnung an die lieben Deutschen" gehalten. Am bekanntesten ist 38

heute sein erzählendes Gedicht, das eine wahre Begebenheit natur getreu wiedergibt, „ Das glückhafte Schiff zu Zürich" : Als franzöſiſche Eroberungsluft die Weſtmarken des Reiches bedrohte, versprachen sich ihre Bewohner gegenseitig Hilfe und Beistand in aller Not, u. a. auch die Bürger von Zürich und Straßburg .

Zum

Zeichen

ihrer

schnellen Einsatzbereitschaft legten am 20. Juni 1576 Züricher Arm brustschützen den Weg von Zürich nach Straßburg zu Wasser an einem Tage zurück und brachten einen zu Hause gekochten keſſel mit Hirfebrei noch warm zum Straßburger Schützenfeste. So war es einst im Deutschen Reich. Jenes glückhafte Schiff ist im 20. Jahrhundert Sinnbild schneller Hilfsbereitschaft für alle Deutschen in der Welt geworden und deshalb mit Recht über dem Eingang des Deutschen Ausland-Instituts in Stuttgart zusammen mit der Mutter Germania und ihren Kindern in allen fünf Weltteilen dargestellt. Wie in Straßburg war es auch sonst landauf, landab. Kolmar z. B. wurde ebenfalls zur Staufenzeit, durch Kaiſer Fried rich II ., zur Freien Reichsstadt erhoben . Mächtig blühte sie in dem Bund der zehn elfäffischen Städte auf, ja war geradezu eine Art Kulturmittelpunkt für den Südwesten des Reiches . Hier wurde um 1420 der bedeutendste deutsche Maler des 15. Jahrhunderts, Martin Schongauer, geboren. Den Meistergesang führte der Dichter Jörg Wickram ein, der erste deutsche Romanſchreiber. Eine Vorstellung von dem Liederreichtum Alt- Kolmars gibt uns heute noch die jetzt in der Münchener Staatsbibliothek befindliche „ kolmarer Liederhandschrift", eine Sammlung von Liedern aus dem 16. Jahrhundert u. a. Auch Schlettstadt

wurde

im 13. Jahrhundert Freie Reichsstadt.

Weithin drang der Ruf ihrer Humaniſtenſchule. An ihr wirkte z. B. Jakob Wimpfeling . Er trug den Ehrennamen „ Deutſchlands Lehrer” oder „ Deutschlands Erzieher" und sagte z. B. in seinem Buche „Germania": „ Daß unsere Väter und Ahnen Deutsche und Alemannen ge wesen sind , daß sie deutsch gesprochen, daß sie Männer deutscher Art und Sitte waren, diese Tatsache ist uns viel genehmer, als daß wir von den Galliern ſtammen sollten . .. So viele Jahre haben also Deutsche hier gelebt, die deutſche Sprache und deutsches Weſen hatten ……. Auf dieser Rheinseite haben Germanen, nicht Gallier gewohnt, daher soll auch unser von Deutschen bewohntes Land 1 Deutſchland und nicht Frankreich heißen.” In Hagenau stand die Pfalz kaiser Friedrichs des Rotbarts, die oft zur Aufbewahrung der Reichskleinodien diente. 1678 wurde sie 39

von den Franzosen finnlos zerstört und zu französischem Festungsbau verwendet. In Hagenau saß jahrhundertelang der Vertreter

des

Kaisers, der Reichslandoogt. Bekannt und beliebt waren ebenfalls jahrhundertelang Hagenauer Truhen, Hagenauer Drucke und andere kulturgeschichtliche Schätze. Ähnlich war es in Lothringen. Nur glänzten hier, entsprechend der lothringischen Deranlagung, nicht so sehr die Spitzenleistungen, son dern ein hoher Durchschnitt von erstaunlicher Breite zeugte von immer neuen Früchten der

alten kultur des Landes

an Maas,

Mosel und oberer Saar. Vieles ist aus jenen Tagen später in der Französischen Revolution durch zugewanderten Abschaum aus Paris vernichtet worden. Allein wer eine Vorstellung davon bekommen will, was Lothringen im deutschen Mittelalter zuwege brachte, deṛ möge sich die Reste des Metzer Domschatzes anſehen. Daß die Vorzugsstellung Lothringens und des Elsaß im mittel alterlichen Reiche nicht unangetastet in unsere Gegenwart über nommen werden konnte, beruht auf zwei Ursachen, die miteinander in Wechselwirkung standen : der Aufsplitterung der deutschen Regierungsgewalten und der franzöfifchen Eroberungsgier. Der Keim zu jener lag nicht nur im germanischen Einzelgängertum, das ſchon vor der Zeitwende so oft Dorfahren von uns zum Ver hängnis geworden war, sondern auch in der mittelalterlichen Ver fassung, im Lehnswefen .

Bei

den

mäßigen

Verkehrsverhältnissen

jener Zeiten konnte eine geordnete Verwaltung nicht durch fortgesetzte einzelne Anordnungen und Weiſungen geführt werden , sondern nur durch persönliche Verantwortung Untergebener, die im einzelnen frei, aber auch für die treuhänderiſche Verwaltung und für Kriegsleiſtung durch eigene Person und waren.

bewaffnete Gefolgschaft verantwortlich

Als Entgelt hierfür

erhielten sie Lehnbesitz

(Benefizium,

Pfründe), aus dem ſie ſich ernährten. Dieses Lehnsverhältnis beruhte auf gegenseitiger Treue, barg aber auch den keim zu einer Privati ſierung der gesamten öffentlichen Verwaltung

in ſich. Denn das

Lehnsverhältnis wurde gar bald erblich; beim „ Herrenfall “ pflegte der Erbe des Herrn dem Lehnsmann des Vorgängers, bei „ Mann fall" der Lehnsherr einem Sohne des Verstorbenen die Leihe frei willig zu erneuern. Das war an sich so in Deutſchland wie in Frank reich. Aber in Frankreich verstanden die könige bei dem Aussterben eines beliehenen Geschlechts, die „ erledigten“ Lehen an sich zu ziehen und so mit harter Hand allmählich zu einem Einheitsstaat zu kommen. In Deutschland dagegen bildete sich, besonders seit dem 12. Jahr

40

hundert, der „ Leihezwang “ heraus;

ein erledigtes Lehen

mußte

binnen Jahr und Tag" von neuem ausgegeben werden ! Damit wurde eine Vereinheitlichung verhindert und mit den wachsenden Verwaltungsaufgaben, der Bevölkerungsvermehrung und kulturellen Anreicherung des deutschen Mittelalters die Zerſplitterung in immer neue Abhängigkeitsverhältniſſe begünstigt. Als es sich in der Zeit der Sachſenkaiser, im 10. Jahrhundert, ent schied, daß das Mittelreich_Lotharingien Bestandteil des Deutſchen Reiches blieb und die Reichsgrenze nunmehr für viele Jahrhunderte von der Saone bis zur Wasserscheide zwischen Maas und Marne sowie die Schelde abwärts zum Ärmelkanal lief, umfaßte das Herzog tum Lothringen anfangs alles Land von weſtlich Basel bis zur Nord see. Unser Kaiser Otto I. der Große, der „ das heilige Römische Reich Deutscher Nation” gründete und deſſen Denkmal in feiner Lieblings stadt Magdeburg vielen Binnendeutschen vertraut ist, übergab die Verwaltung des Herzogtums Lothringen seinem Bruder, Erzbischof von Köln. Dieser teilte 959 das Land in die zwei Herzogtümer Nieder- und Oberlothringen. Niederlothringen löſte ſich bald in ver schiedene Teilgebiete, wie Brabant, Hennegau, Friesland, Holland, auf. Oberlothringen erhielt sich, gab jedoch im Laufe der Zeit die Gebiete von Trier, Koblenz, Saarbrücken und Luxemburg ab. Die Bistümer Metz, Tull und Wirten wurden durch den kaiser von der Herzogsgewalt Lothringens gelöst und damit unmittelbar dem Reich unterstellt (,,reichsunmittelbar " ) . Aus der Vogtei über die Kirchen güter, die von den Bischöfen an angesehene adlige Laien (Nichtgeiſt liche) übertragen wurde,

entstanden neue Herrschaften,

wie

die

Grafschaften Bar im Westen, Salm am Abhang des Wasgau, Dags burg und die Herrschaft Finstingen.

Neue Herrschaft entstand auch

aus eigenem Grundbesitz, der so viel Ansehen und Einfluß verlieh, daß er oft mit Amt und Würde verbunden wurde.

So erhielt im

Jähre 1048 der elfäffische Graf Gebhard die königlichen Amtsgüter in Lothringen zu Lehen und nannte sich Herzog ; seine Nachkommen erweiterten das Gebiet und wurden damit eine bedeutende Territorial macht. Metz machte sich um 1300 vom Bischof frei und wurde eine große reichsunmittelbare Stadtrepublik uſw. Dieser Ausschnitt aus der allmählichen Zerſplitterung dürfte ge nügen, um zu zeigen, daß mit dem Fortschreiten des Mittelalters auch die Aufsplitterung in kleine und kleinste Gebiete immer weiter ging.

Das war schließlich so in den meisten Gebieten des Reiches,

aber kaum irgendwo so schlimm wie in dem soeben geschilderten

41

Lothringen. Noch schlimmer war es höchstens im Elsaß. Da gab es gräflichen, markgräflichen, herzoglichen, Stift- und Abtei besitz, Freie

Reichsstädte

und

Reichsritterschaften,

und

all

das

wieder in vielen Trennstücken und in solcher Gemengelage, daß sich kein Rechtsgelehrter mehr zurechtfand .

Die folgen waren Streitig

keiten, Prozesse von hundert und mehr Jahren Dauer, durchmischt mit Selbsthilfe eines Ungeduldigen oder Tatkräftigen, Fehde, Fauſt recht, kriege und Umſturz, auf der anderen Seite Schiedsabkommen, Städtebündnisse usw. Man suchte und nahm Hilfe, wo man sie fand . Auf die Blüte des (taufischen Kaisergeschlechts folgten die Schrecken der kaiserlosen Zeit, des „Interregnums “, wo jeder von jedem Ge walt zu befürchten hatte. Und auch als die Reichsgewalt ſich unter den Habsburgern wieder festigte, hörte die Zerſplitterung nicht auf, ſondern wurde nur noch ärger. Der alte Ort Markirch 3. B. geriet zum kleineren Teil unter die Herrschaft der Herren von Rappolſtein, zum größeren unter diejenige der Herzöge von Lothringen .

Der Bach bildete die Grenze.

Einige

Häuser gehörten zur einen Hälfte zum Elsaß, zur anderen zu Lothrin gen, so daß das Sprichwort ging : „ Man knetet das Brot im Elsaß und backt es in Lothringen." Das Städtchen Ammerschweier im Elsaß, deſſen alte Befestigungen, Tore und Türme heute noch das Herz jedes deutschen Besuchers ent zücken, hatte das Unglück, auf drei Besitzer aufgeteilt zu werden, von denen jeder eines der drei Stadttore zugewieſen erhielt : Das Deutsche Reich, die Grafen zu Rappolſtein und die Herren von Hoh landsberg teilten sich in die Herrschaft und wahrten argwöhnisch ihre Rechte! Wahrlich, elfäffiſche Stadt mit drei Toren und drei Herren, du bist ein Sinnbild der deutſch-mittelalterlichen Entwicklung und ihr Schlußstein. Was blieb den biederen Bürgern anderes übrig , als nach Schillers Worten „ der Erde Großen um die Erde losen" zu lassen ? „ kommt an die Arbeit, kommt und denke jeder nur an das Nächſte”, läßt der Dichter den Vater der in Lothringen gebürtigen Jungfrau von Orleans fagen ! Und nicht nur an die Arbeit ging man in dem Wein land Elsaß, ſondern auch zu jenem „ Sorgenbrecher”, der in so üppiger Fülle und Güte an den sonnigen Hängen westlich des Rheins gedeiht. Zwei Inschriften in des Staufenkaiſers Friedrichs II. Lieblingsort Kaysersberg sprechen Bände. alten Hause und lautet :

42

Die erste findet sich an einem ſchönen

" Distel und Dorn stechen fer, Falsche Jungen noch fil mer;

So wolt ich lieper in Disteln kaien, Denn sich mit falschen Zungen plaien " [plagen] . Die wohl stärker beherzigte Mahnung findet sich an einem Brunnen von Kaysersberg :

" Drincks tu Wafer In Deim kragen Uber Disch Es kalt Din Magen Drink Masig Alten Subtiln Wein Rath Ich Und laß Mich Waser Sein."

Die immer wachsende politische Aufsplitterung und die aus ihr sich ergebende Zwietracht und Flucht in das Idyll eines ſcheinbaren Glücks im Winkel mußte die an sich schon starke Begehrlichkeit der Fremden verſtärken : Frankreich insbesondere schöpfte aus dem Zerfall der früher so stark geweſenen Reichsgewalt den Mut zu feinem Drang nach Osten. Erstmalig 1365 brachen franzöſiſche Söldner in das Elsaß ein, be drohten Straßburg und richteten eine Gewaltherrſchaft auf, die frei lich nicht von Dauer war. Achtzig Jahre später fielen die plündern den Armagnaken ― von den Betroffenen Arme Gecken" oder „Arme Jacken" genannt ――― als unerwünschte „ Verbündete" des Kaisers Friedrich III. gegen die Schweizer Eidgenossen in das Elsaß wie in Lothringen ein, und der Thronfolger (Dauphin) von Frank reich drohte mit einer Belagerung Straßburgs und Eroberung „ natür licher" Grenzen Frankreichs, womit er ohne einen Schein des Rechts den Rhein meinte. Beide Vorstöße blieben freilich ohne Erfolg, da im Mittelalter eben Deutschland in Europa den Ton angab und Frankreich, durch England beſchäftigt, nur ein Schattenstaat war.

Aber Pariser Be

gehrlichkeit war geweckt, und was unmittelbar keinen Erfolg ver sprach, wurde

auf

einem

Hintertürchen, versucht.

Seitenwege,

gewissermaßen

durch ein

Unter einem Seitenzweig der französischen

Königsfamilie bildete ſich ein burgundischer Herzogsstaat, ein merk würdiges Gebilde aus deutschem und franzöſiſchem Gebiet, unter förmlicher Anerkennung der deutschen Oberhoheit im Osten und der französischen Oberhoheit im Westen, von der Schelde und Maas einerseits und von der Saone anderseits her über den rheinischen Raum hin, als wollte es ihn aus seinen mitteleuropäischen Bin 43

dungen lösen. Aber der Versuch mißlang . Sein größter Träger, karl der kühne, unterlag bei Grandson und Murten und verlor 1477 in der Schlacht bei

Nanzig

in

Lothringen

krone und

Leben.

Sein

Erbe trat durch geschickte Heiratspolitik das Haus Habsburg an . Der alte lotharingische Großraum wurde fester denn je im Reich ver ankert. Die Reichsreform von 1495/1512 mit ihren hoffnungsvollen Ansätzen und Ausblicken teilte Lothringen und den größeren Teil des Elsaß zum oberrheinischen kreis — „ kreis 4″ —, das habsburgische „Kreis 7" , zu Oberellaß (Sundgau) zum öſterreichischen kreis dem auch der Breisgau um Freiburg, Tirol, Kärnten, Steiermark uſw. gehörten, und die Freigrafschaft Burgund zwischen Saone und Schweizer Grenze mit der Hauptstadt Bisanz oder Besançon zum burgundischen kreis — „Kreis 6". Des Elfaß und Lothringens Ju kunft im Reich ſchienen gesicherter denn je zuvor. Das Unglück begann mit der konfeffionellen Selbstzerfleischung im Reich. Der „ größte” Habsburger Karl V., deutscher Kaiser, könig von Spanien und frei von jedem deutschen Nationalgefühl, wollte die „keter" im Elsaß und anderwärts ausrotten und gab so dem französischen könig Franz mischung.

I.

Gelegenheit zu

heimtückischer

Ein

Wohl unterlag dieser zunächſt, ja fiel 1525 bei Pavia

durch das tapfere Zugreifen der deutschen Landsknechte unter Georg von Frundsberg in deutsche Gefangenschaft, aber was deutsches Soldatentum errungen hatte, wurde durch höfifche, rankvolle Weiber wirtschaft vertan. Die von dem „ allerchriſtlichſten “ könig von Frank reich heraufbeschworene Türkennot - 1529 wurde zum ersten Male Wien von den Türken belagert -tat ein übriges . Im „ Damen frieden" zu kammerich (Cambrai) 1529 erhielt der französische könig Burgund westlich der Saone mit der Hauptstadt Dijon beſtätigt, während er dem Reich den Besitz der Freigrafschaft Burgund östlich der Saone mit Bisanz feierlich bestätigte. Nun bekam der französische „ Drang nach dem Osten" System. Während das Reich schwächer und schwächer wurde, ſuchte Frank reich Schritt für Schritt durch Angriffskriege seine Ostgrenze weiter hinauszuschieben. Um Vorwände und Schlagworte war Paris dabei nie verlegen. Einmal ging es um erbrechtliche Ansprüche, ſodann für oder wider den Papst, bald zum Schutze der Glaubensfreiheit (die man im eigenen Lande Menschenrechten"

oder

austilgte) , später zur Ausbreitung zur

Hilfeleistung

Renegaten, bald zur Wiederherstellung

für

gekaufte

von

deutsche

sogenannter geschichtlicher

Grenzen oder zur „ Revanche“ für einen früher mißglückten Raubzug 44

oder endlich zur Erlangung einer „ natürlichen“ Grenze.

Und diese

wurde ebenfalls je nach Bedarf gewechselt. Ursprünglich waren es die Schelde und Rhone, dann die Mosel, schließlich der Rhein.

Dieſen

„ mußte” man wieder durch Brückenkopf „ſtrategiſch" sichern uſw. Als Bundesgenosse wurde skrupellos gewählt, wer die Deutschen von der Ostseite her beunruhigen konnte.

Jahrhundertelang waren

es die „ ungläubigen “ Türken, ein anderes Mal Polen oder Schwe den, im 18. Jahrhundert die Ruſſen, unter Napoleon wieder die Polen, nach 1871 erneut die Ruffen, seit 1917 Tschechen und Serben, nach dem Weltkrieg je nach Bedarf Ruſſen oder Polen, am liebsten beide zugleich.

Das war Frankreichs Landraub und Friedensbruch.

fast stets trug ein krieg, ein Raubzug, ein Friedensbruch den Franzosen Landgewinn ein. Schritt für Schritt wurde die Ostgrenze von der ursprünglichen Reichsgrenze an den „vier Strömen" Rhone, Saone, Maas, Schelde bzw. Somme weiter hinausgedrängt.

Scholle um Scholle, Dorf um Dorf, Stadt

um Stadt ging dem Reiche verloren und wurde teils franzöſiſch, teils „neutraliſïiert“, d . h . von Frankreich abhängig .

Wenn wir die ge

ſamte Entwicklung überschauen, so sehen wir Burgund absplittern, „ Französisch” -Flandern,

Westlothringen,

Wallonien,

Flandern,

die ---

Niederlande, die Schweiz, Luxemburg, Oftlothringen, das Elsaß und selbst das war 1919-1923 dem nimmersatten franzöſiſchen Drang nach Often noch nicht genug . Über das Versailler Diktat hin aus griff es nach Saardeutſchland, der Pfalz, dem Rheinland, dem Ruhrgebiet ... Immer wieder ließen dabei Deutſchland und die Welt ſich durch Frankreichs Annexioneṇ verblüffen. Sobald ein Stück deutſcher Erde französisch wurde, war es, als ob ein eiserner Vorhang hinter ihm niederfiel. Das in französische Gewalt geratene Land war für das Binnendeutſchtum in der Regel erledigt. Man hat diese dumpfe Untätigkeit der Deutschen und gleichzeitig den französischen Eroberungstrieb damit zu entschuldigen versucht, daß es ſich um überwiegend romanische Gegenden gehandelt habe. Das ist aber nicht stichhaltig .

Frankreich hat deutschsprachige und

romanischsprachige Länder in gleicher Weise erobert. Bei den letz teren handelt es sich auch nicht um rein romanische, sondern nur überwiegend um Gegenden mit nicht unbedeutender deutscher oder wie in Burgund blutsmäßig germanischer und noch großenteils ger manisch empfindender Oberschicht.

Frankreich hat auch so gut wie 45

niemals feine Eroberungen mit nationalen Gründen zu entschuldigen versucht, vielmehr mit den erwähnten erbrechtlichen, geschichtlichen, ständischen, sozialen, ſtrategiſchen usw.

Niemals hat es seine An

nexionen auf romanisches Land beschränkt oder auch bloß beschrän ken wollen, sondern ――― wie z. B. in der so anders gearteten Bre tagne im Westen, dem Elsaß im Osten, in dem italieniſchen Nizza im Süden unzweifelhaft fremdsprachiges und fremdblütiges ge nommen. Die Masse der romanischen Bevölkerung östlich der „vier Ströme" hat niemals den Wunsch geäußert, auf Grund des Natio nalitätengrundsatzes zu Frankreich zu kommen. Die romanische Be völkerung von Tull und Wirten z. B. war reichstreu bis in die Knochen, ſie ist ebenso wie weite Teile derjenigen Oftlothringens von der französischen Regierung vertrieben, franzosen neu beſiedelt worden.

ihr

Land

durch Inner

Was Frankreich einmal annektiert hatte, wurde ihm nicht mehr streitig gemacht.

Daraus schöpfte es die kühnheit zu neuen Er

oberungsplänen und Eroberungen und rückte die „strittigen " Zonen immer mehr nach Osten .

Demgegenüber hätte ein Deutschtum, das

die von der Natur so scharf herausgearbeitete Linie nahe der ur ſprünglichen Reichsgrenze an den Höhen von Langer, den Sichelbergen und Argonnen bis zum Ärmelkanal als Grenzforderung auf rechterhalten hätte, wohl kaum eine lothringische , ein elsäſſi ſche , eine pfälzische, eine luxemburgische, eine ſaarländische, eine rheinische Frage kennengelernt.

Mit Recht ist 1924 während der

Ruhrbesetzung von deutscher Seite gesagt worden : „ Die Gleichgültig keit gegen Bilanz und Dünkirchen büßten Bochum und Düſſeldorf!” [Adriaticus] . Diese große Linie muß man ſich vor Augen halten, wenn man die elfäffischen und lothringischen Nöte der jüngsten Jahrhunderte er messen will. So wie schon Franz I. von Frankreich den Bekenntnishader in Deutschland sich zunutze machte, tat es noch erfolgreicher Heinrich II. Unter seiner Mitwirkung kam es zu dem schandbaren „Meißener Derrat". Fürst Moritz von Sachsen, der Hohenzoller Kurfürst Georg Friedrich von Brandenburg sowie die Fürsten von Hessen und Meck lenburg wandten sich aus Furcht vor der blutigen Gegenreformation des Kaisers an den ihnen glaubensfremden franzöſiſchen könig um Hilfe gegen das Reichsoberhaupt. Es kam ein Vertrag zustande, der am 15. Januar 1552 in Fontainebleau bei Paris ratifiziert und be schworen wurde. 46

In ihm

„wird vor Gutt erachtet, daß die kgl. Majestät zu Frankreich ufs allerfürderlichst die Städte, so zum Reiche von alters her gehören und nit teutscher Sprache sein, nemlich Chamerich, Tull, Metz, Verdun und was derselben mehr wären, ohne Verzug innehme und sie als ein Vicarius des Hl. Reichs — zu welchem Titel wir Seine Kgl. Majestät zu befördern geneigt ſein — inhabe und behalte, doch fürbehalten dem Hl. Reich seine Gerechtigkeit, so es auf dieselbe Stadt hat.” Als Gegenleistungen versprach der französische könig Geldzahlungen an die Verräter und — Kriegführung gegen Kaiser und Reich! In Dollziehung dieses „ Vertrages " stellte sich der Franzose Hein rich II. als „ Bürge der deutschen Freiheit" (libertatis Germaniae) an die Spitze seines Heeres, um die ihm verratenen Städte in Besitz zu nehmen. Was die betroffenen Städter wollten, daß sie in Wahr heit mit allen Fasern ihres Herzens am Reich hingen und Frankreich verabscheuten, wurde von keinem Beteiligten berücksichtigt. Heinrich zog in Metz ein und leiſtete als „ Verweser des Reiches und Schutz herr von Metz" den Eid , die Rechte und Freiheiten der Stadt zu wahren und zu schützen. Ein paar Jahre später brach er den Eid und nahm den Titel „Souveräner Schutzherr der Stadt" an ... Das Reich erkannte diese Annexionen nicht an, protestierte ein Jahrhundert lang und versuchte auch, das Unrecht rückgängig zu machen. Aber Deutschland war uneins , der kaiser in der Wiener Hofburg hielt es für „ wichtiger “, die „ keter” in seinem Lande aus tilgen als auf die immer neuen heimlichen Gesandtschaften der be troffenen Städte, besonders Metz' und Wirtens, mit aller kraft ein zuschreiten. In dem Schandfrieden von Münster und Osnabrück, der 1648 den Dreißigjährigen krieg abschloß, leistete das aus tausend Wunden blutende Reich schließlich auch auf diese verratenen Gebiete „ Verzicht“. Immerhin war der Einbruch von 1552 in das Reichsgebiet für fast ein Jahrhundert lang der einzige französische Erfolg .

Erſt_im

letzten Teil des Dreißigjährigen Krieges kam Frankreich einen Schritt weiter, indem es in das Elsaß eindrang. Das war die Frucht der Politik des berüchtigten kardinals Richelieu.

Durch ihn bekam

Frankreichs Außenpolitik jene Methodik, die erst 1940 überwunden werden konnte. Richelieu suchte Frankreichs Vorherrschaft über das europäiſche Festland dadurch zu sichern, daß er Deutschland durch

47

Zwietracht lähmen und eine Reihe von Bundesgenossen gegen die Reichsleitung gewinnen wollte. Frankreich müsse sich, so heißt es in dem Gutachten des kardinals von 1629 an den französischen Staatsrat, Pforten zum Eintritt in die benachbarten Staaten öffnen. Es müsse seine Stellung in Metz stärken und womöglich bis Straß burg vordringen.

Nach Savoyen sollte Saluzzo, hach der Schweiz

Neuenburg Eingang verschaffen. Das erfordere ein „ vorsichtiges und verdecktes Derhalten ", um möglichst ohne krieg zu Rande zu kommen. Richelieu suchte und fand Bundesgenossen gegen das Reich, wo er nur konnte. Er bestärkte den Schwedenkönig Gustav Adolf in seinem Wunsche, nach Deutschland zu kommen . Aber der König enttäuſchte den hinterhältigen Kardinal. Als dieser ihm vorschlug , er wolle mit französischen Truppen das Elsaß besetzen und so den Vormarsch der Schweden unterſtützen, ließ ihm Gustav Adolf antworten, er fei als Beschützer und nicht als Verräter des Reiches gekommen und werde keine französischen Eroberungen auf Reichsgebiet dulden . Dadurch gewitzigt, führte Richelieu in einem neuen Gutachten von 1632 aus, Frankreich müſſe ſowohl für den Fall eines Sieges der Habsburger als auch ihrer Gegner eine Partei in Deutschland gegen den Sieger haben. Richelieu hatte demgemäß auch das „ Verdienst“, daß der große Schreckenskrieg noch 16 Jahre unser Daterland verwüstete und mit seiner Zerstückelung endete. Unmittelbar griff Frankreich erst in den krieg ein, als der in schwedischen Diensten kämpfende Herzog

Bernhard von Weimar,

der Eroberer der oberrheinischen Tiefebene mit dem Elsaß und dem heutigen Baden sowie der Freigrafschaft Burgund, — „ zufällig “ an Gift starb. Welch ein „ Segen“ für Frankreich ! Richelieu, der eil fertig verkünden ließ, Bernhard ſei an Typhus gestorben, über nahm das Erbe des ihm zu bewußt deutſch gewordenen verbündeten Toten. Die elfäffiſchen Städte, die Bernhard mit Jubel begrüßt und Frankreichs Heere mit feindseliger Ablehnung aufgenommen hatten, wurden durch harte Kriegslasten gestraft und ebenso Lothringen besetzt und mißhandelt. Als der blutrünstige Kardinal 1642 ſtarb, war Lothringen wie das Elsaß in französischer Hand . Sein Nach folger kardinal Mazarin erreichte im Schandfrieden von Münſter 1648 das große Ziel :

Frankreich am Rhein ,

der

elfäffische

Sundgau in franzöſiſcher Hand, die drei lothringiſchen Bistümer Metz, Tull und Wirten nebst ihren Städten nicht nur tatsächlich, sondern auch mit Unterschrift des Reiches französisches Eigentum ! 48

Allein mehr konnte Frankreich selbst damals

in

Deutschlands

ärgster Zerrissenheit und Demütigung nicht erreichen. Dom Elsaß war nur ein kleiner Teil zu Frankreich gekommen, und zwar nicht in Verbindung mit französischem Staatsgebiet, sondern als vor geschobene Staatsinſel, „ Exklave“, von Reichsgebiet umgeben. Reichs deutsch war insbesondere nach wie vor die Freie Stadt Straßburg, das ganze mittlere und

untere Elsaß

mit

Kolmar,

Schlettſtadt,

Hagenau. Reichsdeutſch, nämlich württembergisch, war der Paßſtaat an der Burgundischen Pforte, Mömpelgard . Beim Reiche verblieb weiter die Freigrafschaft Burgund , das fruchtbare Land an der Saone mit der Hauptstadt Biſanz, mit anderen Worten das Gebiet, welches westwärts der Schweiz vorgelagert ist und sie von Frankreich trennt. Nicht französisch, nämlich schweizerisch war die elfäffische Stadt Mül haufen. Treues Glied des Reiches war das weſtlich des Elsaß gelegene Herzogtum Lothringen mit der Hauptstadt Nanzig, mit Spieneln und Lünſtätten, mit den Salzgebieten von Duß und Salzburg und den damals freilich noch nicht erschlossenen Eisenerzgebieten von Briey wie den volksdeutschen Gegenden um Saargemünd,

Saarunion,

Falkenberg, St. Avold und Diedenhofen ! D. h. Frankreich hatte ſeine begehrten " Pforten ", die ihm Zutritt in das Innere des Reiches künftig ermöglichen sollten, aber mehr auch nicht. Für das westlich gelegene Herzogtum Lothringen begann nun der hundertjährige Heldenkampf um ſeine Zugehörigkeit zum Reich. Kein Sang, kein Lied ist von ihm in Binnendeutſchland auf unsere Tage überkommen, und doch handelt es sich um ein Ringen von Größe, fittlichem Adel, von einer Hingebung und Treue auf lothringischer Seite, von einer Treulosigkeit und Grauſamkeit auf der franzöſiſchen Seite, daß dieses Ringen in seiner Größe wie seiner tiefen Tragik vielleicht nur noch mit dem Heldentum Irlands gegen Englands Über griffe verglichen werden kann. Schritt für Schritt ging Frankreich in Lothringen wie im Elsaß weiter vor . Während es anfangs in den neugewonnenen Gebieten noch verhältnismäßig behutsam auftrat, sammelte es seine Be mühungen auf die Lahmlegung der Reichsgewalt, um weitere Er oberungen in der Zukunft möglichst gefahrlos machen zu können. In dieser Hinsicht gestattete der Westfälische Friede von 1648 Frankreich alles für seine Wünsche nur Erstrebenswerte, hinderte aber jede geschlossene Gegenwehr des Reiches. Der König von Frankreich hatte danach nämlich Sitz und Stimme auf dem „Reichstag ” (das war Fürstenversammlung) zu Regensburg und konnte mit französischem 49

Geld und anderen Lockungen die Reichsſtände kaufen. Das Reich war in über 300 Einzelstaaten zergliedert, deren Gebiet in mehr als 2000 Trennstücken (Enklaven) lag . Könige, Herzöge, kurfürsten, Bischöfe und Freie Reichsstädte erlangten das „ Recht“, ſelbſtändig mit dem Ausland Verträge einzugehen, nach eigenem Gutdünken krieg zu führen oder Frieden zu ſchließen . Das Deutsche Reich, einst der erste Staat der bekannten Welt, war zum Ungeheuer, zum „ Monstrum” geworden, der deutsche Kaiser nach französischem Wort „ könig über eine Anarchie". Alle Strommündungen waren in fremder Hand, das Reich mithin ausgeschlossen von den natürlichen Zugängen zu den Meeren, ihren Reichtümern und Möglichkeiten. Noch im 20. Jahr hundert nannte der französische Schriftsteller Bainville, deſſen Geiſt einen Daladier und Reynaud in den Sommertagen von 1939 beseelte, den Frieden von Münster „ eines der köftlichſten Kleinode Frankreichs” und meinte: „Der Westfälische Friede, das Vorbild jedes dauerhaften Frie dens mit Deutschland , enthielt vier wesentliche Elemente, die im harmoniſchen Einklang Deutſchlands Wiederaufstieg zu einem ſtarken Staat und einer Drohung für Frankreich und Europa verhinderten. Diese sind : 1. die gebietsmäßige und politische Zerstückelung, 2. das Wahlkönigtum, 3. die Herrschaft der Reichs ſtände, 4. die Garantie der Sieger zur Aufrechterhaltung und Achtung dieses Systems." Auf diesem Instrument wußte Frankreich zu spielen. 1661 nahm der junge König Ludwig XIV. ſelbſtändig die Staatsleitung in die Hand und griff sofort weiteres Reichsgebiet an. Zunächſt fiel ihm Gravelingen bei kales oder Calais in die Hand , jenes Gravelingen, das sich lange Zeit gerühmt hatte, die westlichste Stadt des Reiches zu sein. Bald folgte die wichtige Festung Dünkirchen . Damit eröffnete er sich den Zugang zur Nordsee; was hafen und Festung Dünkirchen in französischer Hand bedeuten, haben die Ereignisse von 1940 deut lich gezeigt. Der erste mit Recht so genannte Raubkrieg ſollte dem ehrgeizigen Jüngling noch mehr eintragen, indessen brachte England einen Dreibund zwischen sich, den Niederlanden und Schweden gegen ihn zustande und nötigte ihn im Frieden zu Aachen zur Herausgabe eines Teiles seiner Eroberungen. Aber zwölf Reichsfeftungen durfte Ludwig behalten, darunter Gravelingen, Dünkirchen und das nicht minder wichtige Reiffel, das heutige Lille. Im französisch gewordenen Oberelsaß hatte man dieſe Vorgänge 50

mit brennender Anteilnahme verfolgt in der Hoffnung, daß irgendein Augenblick die Abschüttelung der verhaßten französischen Fremd herrschaft gestatten werde. Der klägliche Ausgang mußte auch im Sundgau die Hoffnung auf Befreiung mindern; zerstören konnte er sie aber nicht. Ludwig nahm nun in einem zweiten Raubkrieg Rache an den Niederlanden, die ihn durch den Frieden zu Aachen zu einem Teil verzicht gezwungen hatten. Nur ein Teil der Reichsfürften kam den bedrängten Niederlanden zu Hilfe, darunter der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg . Aber die Verbündeten kämpften ohne rechte einheitliche Leitung, während auf der anderen Seite die Fran zosen unter Turenne mit beispiellofer Grausamkeit in reichsdeutſchem Grenzland, u. a. in der Pfalz, hauſten. Um die Schweden zu ver treiben (Schlacht bei Fehrbellin), zog der Kurfürst von Brandenburg seine Truppen ab und machte, während am Rhein das Reich Not litt, Eroberungen zu beiden Seiten des polnisch geweſenen Weichſel korridors. Im Frieden zu St. Germain (dem „ ersten St. Germain ”) riß Ludwig XIV. vom Reich die Freigrafschaft Burgund los, ohne daß nach dem Willen der Bevölkerung gefragt wurde. Friedrich Wilhelm von Brandenburg

mußte

gleichzeitig seine

östlichen Eroberungen

herausgeben und fand für seine Empörung starke Worte. Allein ſchon kurz nach Friedensschluß schloß der Hohenzoller sich in einer "‚engeren Allianz " an Frankreich an. Er verpflichtete sich, „ fran zöſiſchen Truppen, die nach oder durch Deutschland ziehen würden, freien Durchgang durch seine Lande und im Notfall den Rückzug in seine Festungen zu gewähren ”. Desgleichen versprach er, in Polen für die Königswahl eines französischen Schützlings einzutreten, und machte sich schließlich verbindlich, bei der nächſten Kaiſerwahl „ ſeine Stimme und seinen Einfluß für den könig von Frankreich oder den französischen Thronfolger oder, wenn beides nicht gelänge, nur für einen Frankreich genehmen kandidaten” zu verwenden. Dafür erhielt der Hohenzoller vom französischen könig einen „ greifbaren Ausdruck seiner Freundschaft" von jährlich 100000 Dukaten für die Dauer von zehn Jahren zugesichert ... ……. Dieses Beispiel eines Mannes, der kurz zuvor „ Gedenke, daß du ein Deutscher bist ! " ausgerufen hatte, entschied über das Schicksal des Elsaß. Im Vertrauen auf seinen neuen Dafallen und seinen Ein fluß im Reich setzte schon im folgenden Jahre Ludwig XIV. in drei dem Reich entriffenen Städten — Metz, Bisanz und Breisach — so genannte Réunionskammern ein. In ihnen mußten Beauftragte 4.

51

des Königs untersuchen, welche Gebiete früher einmal zu denjenigen gehört hatten, die durch den Verrat von 1552 sowie die Schandfrieden von Münster und St. Germain unter franzöſiſche Besetzung gekommen waren ! Natürlich überſtürzten diese Beauftragten sich in den unmög lichsten " Entdeckungen", wonach eigentlich halb Deutschland mit Met, Tull, Wirten, mit Sundgau und Freigrafschaft Burgund ver bunden gewesen sei, ja ſchließlich meinte ein besonders schlauer „ Richter “, Karl der Große sei eigentlich als ein Franzose anzusprechen, ihm habe ganz Deutschland gehört, deshalb sei es nur recht und billig, wenn der französische König deutscher kaiser würde. Hier wurde also das gleiche Ergebnis wie in der „ engeren Allianz “ erreicht, nur etwas billiger. Tatsächlich ging nun Ludwig daran, die ihm durch seine eigenen Behörden " zugesprochenen“ Gebiete einzustecken. Mit als erstes hatte er seiner Sache ſehr ſicher — die Freie Reichsstadt Straßburg ausersehen. Während seine Truppen das Land herum verwüsteten und damit zeigten, daß vom Reiche Hilfe und jedenfalls rechtzeitige Hilfe nicht zu erwarten war, überbot ſich der Beauftragte des Königs in Dersprechungen für den Fall freiwilliger Übergabe.

Dergebens

ſchaute die bedrängte Stadt nach Rettung aus. Die deutschen Fürsten rundum hatten in den meisten Fällen ihre baren Zuwendungen von Paris erhalten. Für eine Volkserhebung des ganzen Elsaß fehlte es an Bauernfäuſten, da in dem Jahrhundert zuvor Bauernkriege und Hexenverbrennungen sowie die erst kürzer zurückliegenden Greuel der großen Kriege das elfäffische Stammestum verhängnisvoll ge schwächt hatten. So mußte der Rat der Stadt Straßburg blutenden Herzens

unterschreiben.

Am 30. September 1681 zogen die fran

zösischen Truppen unter dem eisigen Schweigen der Straßburger ein. Der König hatte zunächst feierlich versprochen, die Verfaſſung und alle übrigen Einrichtungen unversehrt zu erhalten. Kaum war er in der Stadt, brach er sogleich sein Wort. Dreißig Jahre gewaltsame religiöſe Umſchichtung und teilweise auch nationale Umvolkung ge nügten, um Ludwigs Herrschaft fest zu gründen. Straßburgs Raub mitten im Frieden erzeugte einen Wutſchrei ganz Deutschlands. Nie zuvor und

nur ganz selten danach war das

deutsche Volk in ſeiner Empörung so einig wie hier in der Ablehnung der Neuerung und in dem Ruf nach Wiedergutmachung und Ver geltung. Ludwig XIV. war indessen seiner Sache und der deutschen Fürſten ſicher. Zu einem Reichskriege gegen ihn kam es nicht. Zu allem Überfluß hatte der französische könig auch noch, um das Reich

52

von Often her zu beunruhigen, wiederum die Türken gegen den Kaiser aufgeboten in der Berechnung, daß der Kaiser vor die Wahl gestellt, das zu ſeiner Hausmacht gehörige Wien oder die Freie Reichsstadt Straßburg zu retten — lieber feinen eigenen Besitz schützen würde. Die Rechnung war richtig . Die Haltung Friedrich Wilhelms von Brandenburg, der auf dem Reichstage zu Regensburg in kühler Reserve von einem Krieg um Straßburgs willen abriet, erleichterte dem kaiser seine Entscheidung . Wien wurde zwar von seinen tür kischen Belagerern durch deutſche Truppen der verschiedensten Stämme unter Teilnahme des polnischen königs befreit, aber Straßburg blieb in französischer hand. nun fühlte sich Ludwig völlig als Herr der Lage. Immer weitere Gebiete ließ er sich durch seine Réunionskammern zusprechen und besetzte sie teils in den kaum abreißenden kriegen, teils nach dem Vorbild von Straßburg mitten im Frieden . Entscheidendes geschah trotz der allgemeinen deutschen Empörung dagegen nicht. Im Frieden von Reiswijk („Reißweg “ sagte der Volksmund), der den entsetzlichen pfälzischen Erbfolgekrieg nach elfjährigem Wüten beendete, wurde Ludwig der Besitz des Oberelsaß und der Stadt Straßburg ausdrück lich bestätigt. Nur einzelne „ réunierte“ Gebiete mußte er wieder herausgeben, u. a. die Grafschaften Saarbrücken, Mömpelgard (an der Burgundischen Pforte), Salm (am Westhang des Wasgenwaldes) und das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Schon vier Jahre nach dem Friedensſchluß, nämlich 1701 , kam es zu neuem blutigem kriege, dem sogenannten Spanischen Erbfolge krieg. Er dauerte sogar zwölf Jahre und verwüstete die Lande weit auf und ab . Unſer Reichsmarschall Prinz Eugen, „ der edle Ritter”, seiner Herkunft nach Reichsromane, setzte dem alternden franzöſiſchen König so erfolgreich zu, daß dieser sich sogar bereit erklärte, das Elsaß mit Straßburg wieder freizugeben ! Aber unter englischer Beteiligung überspannten die verbündeten Gegner den Bogen, indem sie von ihm Truppen verlangten, um damit feine eigenen Anhänger in Spanien zu bekämpfen. Das bewog ihn, den Kampf fortzusetzen. England vermittelte schließlich 1713 jenen Frieden zu Utrecht, der seine Vorherrschaft auf dem Festland mit Hilfe des „ Gleichgewichts der Mächte” begründete. Um Frankreich nicht zu ſehr zu schwächen, sorgte England dafür, daß das Elsaß mit Straßburg bei Frankreich verblieb . Parallelfrieden zwischen Ludwig und den anderen Gegnern bestätigten dieses Ergebnis. Noch gehörte das westlich des Elsaß gelegene Herzogtum Lothringen 53

zum Reich. Frankreich ging nunmehr hierin mit größerem Nachdruck vor. Denn die ganzen Kriege der letzten Jahrzehnte hatten immer wieder den durchmarschierenden französischen Truppen gezeigt, daß die Lothringer nicht Franzosen werden, sondern kaiser und Reich die Treue halten wollten. Die geopolitische kraftverteilung zeigte eine gewiſſe Ähnlichkeit mit der Lage Litauens im Verhältnis zum Deut schen Orden vor 1400. Damals war Ostpreußen befriedet und wie das baltische Kurland fest in deutscher Hand, während das dazwischen gelegene Litauen sich der Eingliederung in das Ordensgebiet wider sette. Ganz ähnlich wie damals Litauen wurde jetzt im 18. Jahr hundert das reichstreue Lothringen durch franzöſiſches Gebiet im Westen (Champagne) und Osten ( Elsaß) umklammert. Im Nordosten gelang den Eingeschlossenen die Verteidigung, weil die größere Tat kraft, der größere Opferfinn und die größere Zielsicherheit bei den umklammerten Litauern war, während die Deutſchen im Baltenland und in Ostpreußen sich nicht genügend auf gemeinsames Handeln einigen konnten. Im Südwesten des 18. Jahrhunderts dagegen unter lag die lothringiſch-reichsdeutſche Verteidigung, durch vielfältigen binnendeutschen Bruderzwist und Fürsteneid

geschwächt, im End

ergebnis dem franzöſiſchen Länderhunger. Die Art dieser traurigen Löſung ſpottet freilich jeder Beschreibung . Der Stein kam nämlich in —- Polen ins Rollen . Dort ging es im Zeichen der Deutschenfeindschaft wieder einmal „ drunter und drüber”. Nach dem Tode Augusts II., des Starken, königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen, wählte ein Teil des polnischen Adels einen gewiffen Stanislaus Lesczynſki zum König, ein anderer August III . von Sachſen . Dieser gab deutsches Grenzland im Nordosten an Rußland preis und wurde zum Dank dafür durch russische Truppen in ſein Königreich eingewiesen.

Darüber entstand der „ polnische Erbfolge

krieg" (es war eben eine Zeit, wo nach den Erbrechten der Fürſten häuser gefragt wurde, aber nicht nach dem Lebensrecht des deutschen Dolkes). An dieſem kriege beteiligten sich u . a. Rußland, Österreich, Frankreich, Spanien und Sardinien. Die Zeche bezahlte wieder einmal das Deutsche Reich. Abgesehen davon, daß seine Westmarken ſelbſt Kriegsschauplatz wurden, wurde im Friedensschluß von 1738 be stimmt, daß August III. in Polen bleiben, Stanislaus Lesczynſki aber mit Reichsgebiet, nämlich dem reichstreuen Lothringen mit der Haupt ſtadt Nanzig, „ enſchädigt “ werden und nach seinem Tode Lothringen an Frankreich kommen ſollte! Ein Länderſchacher, der ſelbſt in unserer leidvollen Grenzlandgeschichte ohne Beiſpiel daſteht ! 54

Jedermann glaubte damals, daß Stanislaus bei seinem Lebens wandel und ſeiner dadurch angegriffenen Gesundheit nur noch wenige Jahre leben würde. Allein die gesunde Lothringer Luft bekam ihm so gut, daß noch beinahe 30 Jahre vergingen, ehe er das Zeitliche Jegnete ... Armes Lothringen, was mußteſt du in dieſer Übergangs zeit schier ohne Ende alles aushalten, zumal du dem landesflüchtig gewordenen Herzog, der seinerseits sich mit Toskana hatte „ ent ſchädigen” laſſen, in bewundernswertem Umfang die Treue hielteſt! Selbstverständlich kamen ſchon 1738 Pariser ohne und mit Anhang, die sich in das warme Nest setzen und rechtzeitig „ mit dabei ” ſein wollten, wie anderseits einige erbärmliche Kreaturen im Lande sich bemühten, alsbald auf den „ Boden der Tatsachen“ zu kommen und bei den künftigen Machthabern gut angeſchrieben zu sein. So ging eine Welle von Verdächtigungen, Verleumdungen und Gewaltstreichen durch das Land, denen der schwächliche Lüstling Stanislaus weder entgegentreten konnte noch ernstlich wollte. Allen Bedrängungen zum Trot brachte dabei die reichstreue Bevölkerungsmehrheit ihre Ge finnung zum Ausdruck und ſchickte heimlich, ja mehrmals ganz offen, Geſandtschaften nach Wien, um vor Toresſchluß eine Rettungs aktion herbeizuführen . Wer dabei von Frankreich gefaßt wurde, wurde unbarmherzig bestraft, aber franzöſiſch gesinnt wurde Lothringen deshalb doch nicht. Das war ganz einheitlich ſo im deutschsprachigen wie im romanischsprachigen Gebiet.

Ungezählte Tausende wurden

dabei hier wie dort aus dem Lande verdrängt.

Diele von ihnen

gingen in das Banat vor den Toren Belgrads und erschlossen daselbst durch ihre Arbeit die Sümpfe und Einöden.

Von dem Segen ihrer

Mühen, der der lothringischen Heimat verlorenging, fingt Müller Guttenbrunn : „Aus einer Wüſte ward ein blühend Eden, aus Sümp fen hob sich eine neue Welt ..." Der letzte Herzog von Lothringen, der vor Stanislaus nach dem italienischen Toskana hatte weichen müſſen, war der Gemahl Maria Theresias. Hierauf gründeten die Lothringer einen guten Teil ihrer Hoffnungen. Nicht mit Unrecht. Im Jahre 1744 überschritt ein öſter reichisches Heer den Rhein und bedrohte die französische Herrschaft im Elsaß wie in Lothringen . Das Land bis zur Zaberner Steige wurde befreit, und von den lothringischen Bergen herüber loderten die Freudenfeuer, die den rechtmäßigen Herrscher und kaiseringemahl willkommen hießen. In diesem Augenblick eröffnete der Preußen könig Friedrich II . als Verbündeter Frankreichs den zweiten schlesischen Krieg. Daß das kein Zufall, ſondern bewußt und gewollt war, zeigt 55

Friedrichs Testament von 1752 : „ Das Staatsintereffe ist der ein zige Leitſtern im Kate der Fürsten ……. Schlesien und Lothringen find zwei Schwestern, von denen die ältere Preußen, die jüngere Frank reich geheiratet hat. Dieser Bund zwingt sie zu gleicher Politik; Preußen darf nicht ruhig zusehen, daß Frankreich Elsaß oder Lothringen verliert ..." Wir wissen, daß der große Preußenkönig später Frankreichs wahren Charakter ganz anders erkannt hat, aber in der Entscheidungsstunde von 1744 mußte daran die Befreiung des Elsaß wie Lothringens scheitern . Als 1766 endlich Stanislaus starb, fiel sein Land in den Rachen Frankreichs. freilich nicht restlos . Selbst jetzt noch konnten einzelne Gebietsteile ihre Zugehörigkeit zum Reiche sich bewahren, und zwar sowohl im Elsaß wie in Lothringen; so die Grafschaften Mömpelgard, Salm, Dagsburg, die Deutschordensballei Hundlingen und die Freiherren schaft finstingen. Wie falsch ist also die vor 1933 so oft gehörte Mei nung, „ Elsaß- Lothringen" ſei erstmalig durch den Dreißigjährigen Krieg französisch geworden ! In Wahrheit ist, wie wir gesehen haben, nur ein Teil des Elsaß im Dreißigjährigen krieg verlorengegangen, Lothringen erst über 100 Jahre später ( 1766), und kleinere Trenn ſtücke haben sich hier wie dort noch bis zur Franzöſiſchen Revolution von 1789 staatsdeutſch und reichszugehörig gehalten. Auch kulturell und wirtschaftlich bedeutete die politische Unter stellung unter Frankreich noch längst nicht eine Änderung der deutschen Lebensgewohnheiten. Solche war beabsichtigt und wurde auch ſpäter mit beachtlichen Teilerfolgen erzwungen .

Zunächſt

aber

ging das

meiſte ſeinen alten Gang. Paris sprach von seinen elfäffischen wie lothringischen Besitzungen auch amtlich als von seinen „,provinces allemandes", deutschen Provinzen. Die französische Zollgrenze lag noch für geraume Zeit an den früheren politischen Grenzen. Nach dem Elsaß und besonders nach Straßburg kamen wie vor 1648 die wandernden Handwerksburschen, die Gesellen aus Binnendeutschland, wie solche aus dem Elsaß weiter über den Rhein nach Reſtdeutschland gingen. Straßburg, deſſen Blüte als gewerbetätige Stadt in den ver gangenen Jahrhunderten an demselben Zweige deutscher Wirtschaft wie diejenige Ulms oder Augsburgs aufgeknospet war, lebte in den Gewohnheiten schwäbisch- alemannischer Gemeinschaft weiter. Straß burger und Metzer Kaufleute begegneten sich nach wie vor in Frank furt. Die Universität zu Straßburg verstand es, ihre alten Rechte und Freiheiten zu wahren. Denn von den französischen Hochschulen blieb sie durch die Verſchiedenheit der Sprache, der Denkweise und der 56

Lehrmethode getrennt. Sie hielt bis zu ihrer Schließung in den Wirren der Französischen Revolution eine beachtliche geistige Höhe und bewies damit, welche geistigen Quellen im Elsaß wie in Lothringen floſſen. So konnte Goethe hier zu einer Zeit, wo immerhin an 1400 Stu dierende die hochschule besuchten, ausgesprochen deutsche Eindrücke gewinnen, ja geradezu seinen Durchbruch zu bewußtem Deutſchſein erleben. Ein wirklicher Wandel,

eine

richtige Einverleibung

mit

weit

reichenden seelischen Folgen ergab sich erst im Sturmwind der Fran zösischen Revolution . Wir kennen heute deren Schwächen und wiſſen, wieviel Schaumschlägerei , wieviel Irrtum, ja teilweise bewußte Fäl schung in ihren Lehren enthalten war. Aber auch als Gegner können wir anerkennen, daß sie gegenüber dem ausgehöhlten „ Monſtrum” überalterter abſoluter Fürſtenſtaaten mit ihrer Leibeigenschaft, ihrer Willkür und Unfreiheit Lichtſeiten zeigte, die Deutsche und Franzosen anziehen mußten. Das nur noch dem Namen nach bestehende Reich der 300 klassenstaaten lag im Sterben, die „ eine und unteilbare Republik" Frankreich verhieß Freiheit und Gleichheit,

und

zwar

anfangs nicht nur den Franzosen, sondern allen Völkern. Wie andere

} deutsche Stämme mußten auch Elfäffer und Deutſchlothringer davon geblendet werden; wo deutsche Dichter wie Schiller, Klopstock, Wie land und Herder, wo deutsche Philosophen wie kant und Fichte die Morgenröte der Französischen Revolution begrüßten, kann es nicht wundernehmen, daß auch im Elsaß wie in Lothringen anfänglich Stimmen der Begrüßung zu verzeichnen waren. Schnell genug sollten zu beiden Seiten des Rheins die Einsichtsvollen erkennen, welcher Hexensabbat von Paris aus entfesselt wurde. Unter Teilnahme Pariſer Sendlinge zerstörte schon im Juli 1789 zu Straßburg der Pöbel im Rathaus am jetzigen Gutenbergplatz, was nicht niet- und nagelfest war. Unſchätzbare Werte in den Archiven gingen verloren. Anfang August kam es zum Aufruhr der fran zösischen Garnison, der Stadtmagistrat mußte abdanken. Der 18. März 1790 sah die erste „ Munizipalität“ unter dem Bürgermeister Dietrich, einem ſtockfranzösisch Gesinnten. Politiſche „ klubs " begannen ihre Wühlarbeit. Im Sommer folgte ein „ Rheinisches Bundesfest " auf der Metzgerau bei Straßburg mit ebenso tollen wie unklaren Reden. 1792 wurde der Munizipalrat als noch nicht radikal genug schon wieder aufgelöst. Etwa gleichzeitig fang im Haufe des Bürgermeisters der französische Ingenieuroffizier Rouget de Lifle zum ersten Male · Text und Melodie jenes Liedes , das durch die ganze Welt gehen sollte

57

und dessen Weiſe einem alten deutschen Kirchenliede entnommen fein foll: die „Marseillaise”, die also richtiger „ Strasbourgeoise " hätte genannt werden können ... Schon begannen die Ereignisse sich zu überſtürzen. Die „ Assignaten ", Papiergeld, wurden von Tag zu Tag wertloser. Aus Paris kamen neue „ kommissäre“ zur Aufpeitschung der Leidenschaften. Der frühere bischöfliche Vikar und Bonner Pro fessor Eulogius Schneider errichtete fein Schreckensregiment, das geradlinig in Belagerungszustand, Einsetzung eines Revolutions gerichtshofes und Todesurteile ohne Maß und ohne Verantwortung mündete. Dafür wurde im Münster ein „ fest des höchsten Wefens" veranstaltet und ſein Turm mit einer großen Jakobinermütze gekrönt. Sie war bezeichnenderweise - Blech. Zur rascheren Verbreitung des Französischen wurden Volksschulen errichtet, zur rascheren Ausrottung der alten, bodenständigen Straßburger Familien die Guillotine immer häufiger bemüht . Das Ende kam mit dem Zwang eines Naturgesetzes : Der Jubel um den Diktator, der der Diktatur des Proletariats ein Ende bereitete. 1805 weilte Napoleon mit Kaiſerin Josephine in der Stadt und kam mit ihr immer wieder, bis er eines Tages ihrer über drüffig wurde und ſtatt deſſen über Straßburg eine neue Braut, die österreichische Kaiſertochter Marie-Louise, kommen ließ ... Ähnlich wie in Straßburg folgte der blutige, tolle und schließlich höfisch-ergebene Reigen in all den mittleren und kleineren Städten des Elsaß wie in Lothringen. In Metz trieb es der Abschaum der Gasse beſonders ſchlimm. Die Gräber der Karolinger wurden geſchändet, der berühmte Meter Domschatz seiner wertvollsten Teile beraubt, der Dom ausgeräumt, geſchloſſen und mit einem Plakat versehen, daß der Platz zu beliebigen Zwecken zu vermieten ſei . Mit einem Schlage verlor Metz mit ſeiner nachweisbaren Vergangenheit von 3000 Jahren fast alle jene kostbarkeiten, die der furchtbaren Zerstörung der Stadt durch die Hunnen im Jahre 451 ( !) entgangen waren. Mit uralten Gewändern aus der Karolinger-, ja der Merowingerzeit trieb man Allotria, las Spottmessen und veranstaltete Tänze und andere Volks belustigungen in den kirchen. Was für die Plünderer nicht Geldes wert besaß , wurde einfach verbrannt oder in die Mosel geworfen . Auf dem Lande hatten die Pariser „ Errungenschaften" weniger Erfolg. Oft jagten die Bauern die plündernden Haufen in die Städte zurück. Mit Recht ist gesagt worden, die finsteren Forste, die schläfrigen Fluß- und Bachläufe, die einsamen Weiher und der schwere Boden des lothringischen Landes hatten einen Menschenschlag gezeitigt, der 58

zäh am Alten festhielt und die aus dem Westen gekommenen Neue rungen ablehnte. Sehr schnell kamen die Pariser Revolutionäre mit dem Deutschen Reich und seinen größten Teilstaaten in Streit.

Die

französische

Nationalversammlung schaffte schon am 4. und 5. August 1789 alle „Herrenrechte und Privilegien " ab und beschränkte ſich dabei nicht auf die Gebietsteile, die damals zu Frankreich gehörten, sondern bezog „ großzügig “ auch die zwischen dem franzöſiſch Gewordenen reichsdeutsch gebliebenen

Landesteile

ein,

so

insbesondere

das

württembergische Mömpelgard , die Besitzungen der geistlichen Kur fürsten des Reiches, des Hauses Pfalz-Zweibrücken

und

anderer

Reichsstände. Ihre klage auf Entschädigung wurde in Frankreich kurzerhand abgewiesen. Der damalige deutsche Kaiser Leopold, von den Betroffenen um Hilfe angerufen, begnügte sich in seiner vor ſichtigen Art mit Vorstellungen in Paris, erntete aber auch damit nur Mißerfolg. Innerfranzöſiſche Ereigniſſe goſſen Öl in das Feuer, und schließlich flammte der Brand zwischen den jungen, fiegesbewußten Fanatikern in Frankreich und den für „ Legitimität “ und „ angeſtammte Fürſtenhäuſer” kämpfenden rechtscheinischen Machthabern zu hellen flammen empor . Frankreich war dabei keineswegs ſo ſelbſtlos, bloß die „ erhabenen Güter der Ziviliſation “ unter die Völker zu ſtreuen und die angeb liche " Gleichheit alles dessen, was Menschenantlik trägt ", praktisch vorzuleben, sondern es wollte Machterweiterung und Landgewinn. Ein ungeheurer kampf von 25 Jahren Dauer entbrannte darum, verzehrte Ältestes und Jüngstes, schmolz andere Werte um und brachte im Ergebnis nur bescheidenen Wandel.

Diese kette von

Dauerkriegen aus der „ Unheilsbüchse" der Französischen Revolution und der napoleoniſchen Zeit ist jedem von uns aus ſeiner Schulzeit so vertraut, daß es genügt, an wenige Namen zu erinnern : Öſterreichs immer neue Versuche, den linkscheinischen Besitz des Reiches zu retten oder wiederherzustellen, Napoleons Triumph mit der Durch ſetzung der Rheingrenze im Frieden zu Lünſtätten 1801 , die Drei kaiserschlacht bei dem mährischen Austerlitz 1805 und die daraus folgende Auflösung des alten, tauſendjährigen Deutschen Reichs 1806, Preußens Niederlage zu Jena und Auerstädt 1806 mit dem Tilſiter Frieden von 1807, Österreichs nochmaliger heldenhafter Versuch einer Erhebung mit dem Sieg von Aspern bei Wien und der folgenden Niederlage von Wagram 1809, der Aufstand Andreas Hofers 1809, 59

Schills 1810, Napoleons Zug gegen Rußland im Jahre 1812 und die deutschen Freiheitskriege von 1813/1815. Was bedeutete das alles für das Elsaß und Lothringen? Auf der einen Seite die Beendigung des alten Idylls, des Glücks im Winkel, die Ersetzung der alten Zusammenhänge mit dem reichsdeutsch Ge bliebenen durch die Großzügigkeit der napoleonischen Wirtschafts gesetze, Einbeziehung in den Wirbel der großen Ereigniſſe, die Europa und die Welt in Atem hielten. Auf der anderen Seite bedeutete all das Blut, Blut und nochmals Blutopfer! Die Blüte der elfäffischen, der lothringischen Jugend wurde von Frankreich bedenkenfrei für landfremde, nämlich französische Ziele geopfert. Nicht alle Landes kinder wurden dabei so geehrt wie der aus dem Elsaß stammende napoleonische General Rapp oder der noch bekannter gewordene Lothringer Marschall Ney, von Napoleon „ der Tapferste der Tap feren" genannt.

Was an Elsässern und Lothringern allein in den

Schnee- und Eiswüſten des rufſiſchen Winters blieb, ist niemals voll ständig gezählt worden.

Dazu kamen die Leiden der Zivilbevölke

rung. Goethe hat in seinem Werke „ Hermann und Dorothea ” einen kleinen Ausſchnitt aus dieſen kümmerniffen gegeben . Napoleon mit ſeinen Dauerkriegen, feinen Blutopfern ohne Maß und ohne Zahl legte den Grund zu jenem Verlust der franzöſiſchen Großmachtſtellung, der in unseren Tagen aller Welt ſichtbar geworden ist. In Lothringen und im Elsaß erzeugte er zudem jenen Wunsch nach Ruhe, nach Ab ſeitigkeit und einem gewissen Proteſtlertum gegen den jeweiligen Machthaber, das später sowohl französische wie deutsche Staats männer zu spüren bekamen. Was war der deutsche Siegeslohn all dieſer kämpfe und kriege? Ernst Moritz Arndt verlangte mit heißem Herzen, aber auch kühlem Kopf,

daß

„ der

Rhein Deutschlands

Strom,

nicht

Deutschlands

Grenze" werden müsse. Der größte deutsche Staatsmann dieser Zeit, Freiherr vom Stein, arbeitete für ein neues Reich, einen festen Bund von Österreich und Preußen unter Einbeziehung der Rheinbund staaten, des Elsaß, der Schweiz, der Niederlande und Dänemarks . Aber wiederhergestellt wurden nicht die Lebensrechte der Völker, sondern die Rechte der Herrscherhäuser. Der französische könig Lud wig XVIII. aus dem wiedereingesetzten Haufe der Bourbonen erhielt einen Frieden, der vom deutschen Standpunkt aus nur als Wahn finn bezeichnet werden kann. Nicht einmal Straßburg wurde Frank reich wieder abgenommen .

Jenes Frankreich, das 25 Jahre lang

unfägliches Leid über wohl jede deutsche Familie gebracht hatte, 60

follte die Grenzen von 1792 behalten und damit ſogar das Saar gebiet. Fast mußte man es ein Glück nennen, daß Napoleon noch einmal die Ruhe störte, der kongreß der Fürſten und Gesandten in Wien aus ſeinen Luſtbarkeiten („ der kongreß tanzt ") aufgescheucht wurde und bei Belle-Alliance 1815 noch einmal Gelegenheit gewonnen wurde, Mitteleuropa nach deutschen Gesichtspunkten aufzubauen . Aber auch diese große Gelegenheit wurde schnöde vertan.

Während sonst alle

möglichen Fürstenhäuser wieder eingesetzt, ihr Gebiet „ restauriert “ wurde, mußte die lothringische Dynastie und insbesondere ihr Ver treter, Erzherzog karl, der Sieger von Alpern, leer ausgehen, ob gleich die Lothringer ſie zurückſehnten. „ Es geht ein Wort im Volke, das wie immer aus seinem gefunden Weltverstand hervorgegangen ist: Prinz Karl follte ein Meister des lotharingischen Vorlandes wer den, des Landes, wo sein Stamm die Wurzel hergezogen. " So schrieb Görres. Aber die Diplomaten in Wien schrieben : Frankreich behält ſeine Grenzen von 1789. Mit anderen Worten : nur das Saargebiet war gerettet, alles andere verraten und verkauft. Die Zeit von 1815-1848, alfo von der Liquidierung der napo leonischen Hinterlassenschaft bis zu dem Jahr der nationalen Revo lutionen, war im Elsaß wie in Lothringen durch mühevolle Wieder aufbauarbeiten und immer heftiger werdende Verfranschungsver ſuche ausgefüllt. Besonders die deutsche Schule in Deutſchlothringen war den franzöſiſchen Behörden ein Dorn im Auge. Den von Paris eingesetzten Präfekten genügte es nicht, daß die Bevölkerung mit der Eingliederung in den französischen Staat ſich abfand und ein Vergleich zwischen den kleinen Dynaſtien im „ Deutschen Bund " mit feinen immer noch 39 Einzelstaaten auf der einen Seite und der da mals eindrucksvollen Größe des französischen Einheitsstaates auf der anderen Seite den Menschen politisch „Richtung nach Weſten“ gab. So ein rechter Präfekt wollte, daß „ die Schranken der fremden Sprache" beseitigt würden .

Alle Register der Lockungen und Dro

hungen wurden dabei gezogen, aber bei der breiten Masse der Bauern und Handwerker ohne Erfolg. Nur einzelne städtische Schichten, die wohlhabende „ Bourgeoisie“, fingen an, Moden und Riechstoffe, Gesinnung und Bücher wie galante Zeitschriften aus Paris zu beziehen. Das war auch so bei der neuentstandenen Fabrikantenſchicht in dem elsässischen Mülhausen wie in Luxemburg, Flandern und der Schweiz, wo überall die Formenkultur der angeblichen „ Lichtſtadt" 61

Paris einen verführerischen Reiz auf westdeutsche oder westgermani sche Einzelgänger und Einzelgängerinnen ausübte. Solche Ent wurzelten wurden besonders durch die Einrichtung der franzöſiſchen „ Gesellschaft “ eingenebelt, jener kleinen Oberschicht, zu der man gehören „mußte", um irgendwie für voll genommen zu werden. Sie beruhte - wie besonders Friedrich könig dargetan hat — auf der ersterbenden Ehrfurcht vor dem Reichtum und der Verachtung der Armen.

Nach ihrer Auffaſſung ſollte derjenige, der es geldlich

zu nichts brachte, auch „ geistig minderbemittelt " sein.

Die Gesell

schaft verhalf ihren Zugehörigen zu Wohlstand, „ also “ auch Achtung, und galt deshalb nicht nur bloßen Strebern, sondern auch aufſtre benden

Talenten

häufig

als

unentbehrlich.

Diese

Entwurzelten

hoben sich durch den Gebrauch der französischen Sprache „ leise und doch deutlich" vom übrigen Dolke ab : „ man “ war Oberschicht und fühlte sich als solche anerkannt. Französisch war ihnen und besonders ihren Frauen die Sprache des Umgangs geworden.

Den Töchtern

französische Sprache und französische Umgangsformen zu geben, wurde ihnen Gewohnheit des Hauses und Aufgabe der Erziehung. Mehr noch als der Mann wurde im Westen die „ gebildete“ Frau der Hort französischen Wesens — in gewissen Schichten in Flandern, in Luxemburg, Lothringen, Schweiz.

im

Elsaß

und

in

der

deutschsprachigen

Im französischen Pensionat erzogen, gab sie ihrem Hause

französischen Zuschnitt und fesselte so auch Männer, deren Entwick lung andere Bahnen Westen.

durchlief, immer

wieder

an den

welschen

Anderseits hob sich allerorts aus der Tiefe, aus den gefunden Schichten der Bauern, Handwerker und kleinkaufleute, immer wieder ein gesunder Widerspruch und eine Stimme der Besinnung auf die überlieferten Güter der heimatgebundenen, germanischen Eigenart. In diesen Zwiespalt platte der krieg von 1870 mit der staatlichen Neuordnung durch den Frankfurter Frieden von 1871 . Das Elsaß wie Lothringen wurden auch dieses Mal kriegsgebiet. Seine Bewohner glaubten, wie wohl alle Europäer außerhalb der deutschen Bundesstaaten, daß in kurzer Zeit Frankreich Sieger ſein werde; galt es doch als ausgemacht, daß das französische Chassepot Gewehr dem preußischen Zündnadelgewehr überlegen sei und die füd deutschen Staaten nur darauf warteten, über Preußen herzufallen. Statt deſſen kam alles anders . Süd und Nord des deutschen Volkes hielten treu zusammen und wetteiferten miteinander in allen mili tärischen Tugenden. 62

Im ganzen gesehen war die Ausrüstung der

deutschen Truppen derjenigen der Franzosen mindestens gleichwertig, wenn nicht überlegen, und wurde durch eine turmhoch überlegene deutsche Führung gelenkt.

Der Einmaligkeit Moltkescher Strategie

entsprach Bismarcks politisches Genie, das alle übrigen europäischen Mächte in Neutralität zu halten wußte. Bei Beginn der Feindseligkeiten (2. August 1870) griffen Fran zosen die preußische Grenzstadt Saarbrücken an; ſie wurde von der kleinen preußischen Besatzung von 1400 Mann erst nach längerem Widerstand gegen die zwanzigfache französische Übermacht geräumt . Nur hier konnten französische Truppen in dieſem Kriege altreichs deutschen Boden betreten.

Am 4. August überschritt eine deutsche

Armee aus Preußen, Bayern , Württembergern usw. das elfäffische Grenzflüßchen Lauter, ſchlug die Franzosen bei Weißenburg und er stürmte in blutigem kampfe den von französischen kolonialtruppen („ Turkos “) verteidigten Geisberg . Auf elfäffischem Boden beging also Frankreich zum ersten Male die Raſſenſchande, Afrikaner gegen Deutsche kämpfen zu lassen ; hier im Elsaß wurde aber auch der Grund zu jener innigen Waffenbrüderſchaft zwischen Preußen und Bayern gelegt, die bald alle Deutschen aus Nord und Süd vereinigte. Wieder zwei Tage später schlugen unsere Truppen den Marschall MacMahon bei Wörth und Fröschweiler und zwangen ihn und ſeine Truppen zur Flucht in den Wasgenwald . Zu gleicher Zeit stürmten unsere Truppen bei Saarbrücken die an der preußisch- lothringischen Grenze gelegenen Spicherer Höhen und drängten den Gegner auf die große Festung Met. Der Eindruck diefer Siege von Wörth im Elsaß und Spichern in Lothringen war so groß, daß der französische Kaiser Napoleon III. den Oberbefehl niederlegte und ihn auf den Marschall Bazaine übertrug . Dieser wollte sich mit dem nach Chalons an der Marne entwichenen Marschall MacMahon und ſeinem neuen Heer vereinigen. Um das zu verhindern, erzwang der große Schlachtenlenker Moltke gemäß seinem Grundsatz „ Getrennt marſchieren und vereint ſchlagen" eine Operation von unerhörter Kühnheit. Er zwang durch drei hef tige Schlachten, nämlich von Colombey-Nouilly und ſodann mit ver kehrter Frontstellung ― Front gegen Often - bei Dionville-Mars la Tour und schließlich bei Gravelotte, den Marschall Bazaine, seinen Abmarsch an die Marne aufzugeben, und

keſſelte ihn mit rund

200 000 Mann in Lothringens alter Hauptstadt Metz ein. Eine harte, ſchicksalsschwere Belagerung begann. Die Hauptmacht der übrigen deutschen Truppen marschierte auf 63

Chalons, traf aber plötzlich keinen Gegner mehr vor sich, weil Mac Mahon nordwärts zur

belgischen Grenze

ausgewichen war und

unter Umgehung der Unseren lothringischen Boden erreichen wollte. Moltke erhielt noch rechtzeitig Nachricht, ließ ebenfalls nordwärts umschwenken und zwang durch die Schlacht von Sedan ( 1. Septem ber) nebst der folgenden Einkesselung am nächsten Tage das fran zösische Feldheer samt dem Kaiser Napoleon zu der bekannten Waffenſtreckung. Während die deutsche Hauptmacht weiter auf Paris marschierte, entſchied sich das Schicksal der Hauptſtädte der beiden uns hier be rührenden Länder : Am 28. September 1870, nach siebenwöchiger Belagerung, ergab sich die Festung Straßburg den badischen und preußischen Truppen unter General von Werder und am 27. Oktober 1870 nach schwerem Leiden durch Mangel und krankheiten die Festung Met; hier allein fielen 180 000 Franzosen mit drei Mar ſchällen, 56 Adlern und Fahnen, 622 Feldgeschützen, 72 Mitrailleufen, 876 Festungsgeschützen und 260 000 Gewehren in deutsche Hände. Der Fall des für uneinnehmbar gehaltenen Metz versetzte dem fran zösischen Nationalgefühl wie dem nach Frankreich_ſchauenden Teil der Lothringer und Elfäffer einen schweren Stoß. Der übrige Derlauf des Krieges von 1870/71 braucht hier nicht ge schildert zu werden, da er sich mit einer Ausnahme außerhalb des Elsaß und Lothringens abspielte und ja auch bekannt genug iſt. Bevor jedoch der deutsche Sieg mit der Einnahme von Paris und der Wiedererrichtung des Deutschen Reichs gekrönt werden konnte, waren am Südrand des Elsaß noch schwere Kämpfe bei Beffert zu be ſtehen. Nach dem Fall von Straßburg ſchloſſen die deutſchen Truppen die elfäffischen Festungen Schlettstadt, Neu-Breisach und Beffert ein. Der Rest der Truppen trieb den Gegner nach Burgund hinein bis in die Gegend von Bisanz und Dijon, indem er das eingekreiſte Beffert hinter sich ließ. Im Januar 1871 griffen die Franzosen unter Bour baki mit großer Übermacht die Unseren an, brachten sie zwiſchen sich und Beffert im Rücken in eine schwere Lage.

Der ungleiche

Kampf (35 000 Deutsche gegen 120 000 Franzosen) wurde indeſſen ein Ruhmesblatt für unser Heer.

Zu ruhmvoller Verteidigung des

Fluffes Lifaine, nahe der Schweizer Grenze, kam ein kühner Vor marsch des Generals von Manteuffel aus der Pariser Gegend über die Hochfläche von Langer und zwang Bourbaki mit seinem Heere, in die neutrale Schweiz überzutreten und ſich dort entwaffnen zu laſſen .

64

Damit erſchien auch Befferts Schicksal beſiegelt. Der am 27. Januar 1871 abgeschlossene Waffenstillstand zwiſchen Deutſchland und Frank reich betraf Beffert nicht. Am 8. Februar drangen deutsche Truppen in die tapfer verteidigte Festung ein, ohne sie doch völlig bezwingen zu

können .

Da

die

deutsche

oberste

Heeresleitung

Beffert

vor

Friedensschluß in die hand bekommen wollte, wurde in die Der längerung des Waffenstillstandes nur unter der Bedingung seiner Übergabe eingewilligt. Am 16. februar wurde der Besatzung in An rechnung ihrer Haltung freier Abzug mit Waffen, Feldgeschützen und kriegerischen Ehren gewährt. Beffert wurde nunmehr für Jahrzehnte zum Mitelpunkt eines förmlichen kultes in Frankreich. Im übrigen entschied der deutsche Sieg auch das Schicksal des Elsaß wie Lothringens. Obgleich es nach den fortgesetzten Friedensbrüchen und Länderentwendungen der vorangegangenen Jahrhunderte nahe gelegen hätte, von Frankreich einen größeren Teil des Geraubten wiederzuverlangen, beſchränkte Bismarck ſich grundsätzlich auf einen ganz kleinen Bruchteil der früheren Verluste.

Er wollte nur das

Elsaß und Deutſchlothringen für das Zweite Reich haben und stellte dabei den Franzosen, die ihr Herz an das nun politisch bedrohte Bef fert hängten, anheim, dafür Metz abzutreten.

Sie entschieden sich

für die Aufgabe von Metz und den weiteren Besitz Befferts .

So

wurde die Grenze im Frankfurter Frieden vom 16. April 1871 ver einbart. Elſaß und Deutschlothringen mit Met kehrten heim ins Reich. Die Welt hatte dafür warmes Verſtändnis.

Zu offenkundig war

das Recht auf ſeiten der von Napoleon III. herausgeforderten Deut ſchen, zu deutlich jener frühere französische Länderraub, der nun wenigstens zu kleinem Teile wiedergutgemacht wurde.

Selbst die

englische Presse konnte sich dieser Sach- und Rechtslage nicht ent ziehen. So schrieb die „ Daily News " vom 20. August 1870, vor bei nahe 200 Jahre habe Ludwig

XIV.

Elsaß-Lothringen

gestohlen,

Derjährung möge den Diebstahl decken, aber nicht das Recht der Wiedereroberung . Die „ Saturday-Review” vom 10. September 1870 erklärte : „ Wenn Deutschland Elsaß-Lothringen nimmt, ist es im Recht, auch dann, wenn es nicht das Gaukelspiel einer allgemeinen Abstimmung auf führen will. ” Auch die „ Times “ und andere große Blätter in London feierten die Wiedereroberung „ des von Frankreich seinerzeit geſtoh lenen Elsaß-Lothringen". In der Tat, diese Regelung von Maß und Charakter hätte eine Lösung von Dauer werden können. Sie wurde statt deſſen der Aus

5

65

gangspunkt einer ganzen Reihe von Wirbelstürmen, die 70 Jahre lang über Europa dahintobten. Schuld ? Weſſen ? Wir müssen sagen Schicksal und Schuld von allen Seiten. Zunächst des franzöſiſchen Volkes .

Obgleich das reiche Land den

beſcheidenen Verlust an Gebiet und fast durchweg fremdsprachigen, nämlich deutſchen Menschen leicht hätte verſchmerzen können, ge fielen sich die Franzosen in einem Protestlerwahn, der sich je länger, desto mehr von geſundem Nationalgefühl entfernte und ins krank hafte ausartete. Die deutsche Mäßigung wurde mit Gift und Galle, Haß und hohn beantwortet. Ein förmlicher Kult wurde mit dem französisch gebliebenen Rest des Elsaß - Beffert - und den Er innerungen an Straßburg und Metz getrieben. Deutschland war so weit gegangen, 1871 auf einen Siegeseinzug in das eroberte Paris zu verzichten ; deutsche Soldaten der Besatzungstruppen in Frank reich, die Paris zu sehen wünschten, mußten echt deutsche Michelei! — vor dem Betreten der Stadt ihre Waffen abgeben. Eine Welle des Haffes war die Antwort jener Nation, deren Stolz es nicht verwinden konnte, daß ihr vom Zaun gebrochener Angriffs krieg mit Niederlage und gewisser Landeinbuße endete.

Bismarck

ſuchte franzöſiſchem Geltungsbedürfnis ein großes Feld über See zu eröffnen. Unter seiner wohlwollenden Duldung, ja Mitwirkung konnte Frankreich ein förmliches großes Reich — Empire ― jenseits der Meere erwerben, das zweitgrößte Kolonialreich der Erde. Trok dem hörte es nicht auf, wie gebannt auf Beffert, die Burgundiſche Pforte und das jetzt plötzlich in Verzückung geliebte Elsaß zu schauen. Rache, „ Revanche" wurde die tägliche Loſung für immer neue Der giftungsversuche. Don 1871 bis 1914 kannte Frankreich nur einen Ge danken, Rache- und Vergeltungskrieg . Er überſchattete die ganze Zeit hindurch jede Friedensregung in Europa und vergiftete das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert für alle Völker unferes Erdteils. Tragisch war die Lage für Elfäffer und Lothringer.

Hundert und

mehr Jahre hatten die Väter und Vorväter der 70er Generation auf Rettung und Heimführung durch das geliebte Reich gehofft. Einmal über das andere wurde solche Hoffnung zuschanden. 1848, im Sturm der nationalen Begeisterung in altdeutschen Landen, hätte eine Be freiung noch befreiend wirken können.

Aber dann gab man in

Straßburg und Met die Hoffnung auf.

Als jenseits des Rheins

wiederum Reaktion, kleinſtaaterei und als neue „ Errungenschaft" Dreiklaffenwahlrecht siegten, als Hunderttausende beſter Söhne zur Auswanderung 66

aus Deutschland

um ihrer nationalen Einstellung

willen förmlich gedrängt wurden, wandten immer mehr Elfäſſer und Lothringer ihren Blick von Deutschland fort und zur „Lichtſtadt” Paris, zur „ Sonne Frankreich" hin, jenem Einheitsstaat voll Tradi tion und neuem Glanz. zu spät.

Die Befreiung von 1870/71 kam 20 Jahre

Nicht, daß man nun in Lothringen und im Elsaß etwa ſchon Fran zose geworden wäre.

Aber Ruhe wollte man haben, nicht in ein

neues, noch dazu als ungewiß empfundenes Schicksal hineingeſtoßen werden. Die letzten 80 Jahre hatten mehr als genug Erschütterungen für beide Länder gebracht : die Wirren der Franzöſiſchen Revolution, die nicht minder blutige und opferschwere napoleonische Zeit, den Sturz des korsen, die Wiederherstellung des bourbonischen königs tums unter Ludwig XVIII ., Napoleons Rückkehr aus Elba und ſeine Herrschaft der hundert Tage, die Julirevolution von 1830 mit der Herrschaft des „ Bürgerkönigs “ Philipp, der sich selbst den Beinamen „Gleichheit" gab - die Zeit der fettesten Profite für das an ſich schon so fatte Bürgertum in frankreich —, die februarrevolution von 1848 mit ihrer kommunistischen Übertrumpfung , Aufstieg und Sturz Napoleons III. es war genug für ein Geschlecht, das sich jetzt in einen „ Bundesſtaat“, einen „ ewigen Bund von Fürſten " 25 mehr oder weniger kleiner Einzelstaaten einbezogen sah, der, kaum gegründet, schon in die Wirbel des „ Kulturkampfes " zwischen Staat und römischer Kirche ſowie in die unruhigen Auseinandersetzungen mit der aufkommenden Sozialdemokratie geriffen wurde. Da ward für so manche Elsässer und Lothringer Frankreich der Inbegriff einer vermeintlichen " guten alten Zeit ". Vor allem die katholische

Geistlichkeit jener

Jahre,

die unter

der

franzöſiſchen

Herrschaft mehr als einmal für Väterart und deutsche Muttersprache im Elsaß wie in Lothringen

eingetreten war, schwenkte um und

stellte das Deutſche Reich preußischer Prägung als ein „ protestan tisches Kaisertum ” hin, das ſich unterfing, an die Wurzeln katholi schen Lebens zu greifen ; ſie förderte nunmehr die Beibehaltung und Verbreitung französischer Sprachkenntnisse und verherrlichte etwa im öffentlichen Leben der altehrwürdigen Bischofsstadt Met, aber auch z . B. bei sommerlichen Wallfahrten wie zum Kloster St. Odilien jedwede Verbindung zu Frankreich.

„ Protest“ wurde ihr Stichwort

gegen jede noch so gut gemeinte Maßnahme der neuen deutſchen Behörden. Bekannte einmal ein Geistlicher, wie der ehrenwerte Straßburger

Bischof Raeß,

sich zum

Gedanken

der

Zusammen

gehörigkeit zum übrigen Deutſchtum, so wurde er von seinen Amts 67

brüdern wie zahlreichen Gläubigen geschnitten und in Verruf getan. Erst aus der jungen Generation erwuchsen zahlreichere heimatlich und deutschbewußt eingestellte Geistliche, die dann nach 1919 gegen die französischen „Affimilations"-Bemühungen Widerstand leisteten. Das Protestlertum, das weder raſſiſch noch geschichtlich irgendwie zu begründen war, wurde allmählich eine Spielerei, aber eine ge fährliche, die sich gleich Meltau auf jede hoffnungsvoll sprießende Pflanze legen mußte, und zwar nicht nur bei Alten, deren Gefühle man noch eher hätte verstehen können, ſondern gerade bei Jüng lingen und jungen „ Damen “, die Frankreich nie im Leben geſehen hatten.

Der treffliche Elsässer Friedrich Lienhard verglich diese Er

scheinung mit dem Einfluß des „ Irrkrauts “, das der Sage nach_im Wasgenwald wachsen soll und denjenigen den rechten Weg verfehlen läßt, der darauf tritt.

„Ihr Alifaffen", redete Lienhard seine irre

geführten Landsleute an, „ ſeid wohl auch auf dieſes kraut getreten. ” Und der ehrliche, echt elfäffiſche, d. h. echt deutsche Zorn ließ ihn fagen : „Der Ingrimm packt mein ganzes Herz, Wenn ich durchs Winkelstädtchen gehe Und diese welsche Unnatur

An meinen Gaugenossen sehe! Nun sucht im Reich, in Tat und Wort, Jedweder Männliches zu ſchaffen Doch diese Herren aus Winkelſtadt, Sie sind und bleiben Deutſchlands Laffen ! Selbst jene Bürschlein ohne Flaum Und feucht noch hinter beiden Ohren, Jm Männer-Jahre Siebenzig Noch ungeahnt und ungeboren, Die Frankreich nie von innen fahn Und kennen kaum vom Hörensagen Selbst diese grünen Knirpſe muß Bereits der welsche Teufel plagen ! Ihr Ideal der Parisien, Ihr Rauchzeug welsche Zigaretten; Ja, wenn die plumpen Dachſe noch Die echt Gallieranmut hätten ! Doch stets verlacht als têtes carrées Don Frankreichs spitzem Spottgeſtichel, Sind sie und und bleiben heut wie eh Derirrte dumme deutsche Michel !" ... —

68

Schuld hatten auch so manche Altreichsdeutsche. Am harmlosesten waren vielleicht noch jene weltfremden Gelehrten, die mit heißem Herzen im Bewußtsein des vielhundertjährigen franzöſiſchen Länder raubes in das Land kamen und „ das Volk“ in ihre Arme schließen wollten. „ Das Dolk" machte sich über sie lustig und ließ sie wie mehr oder weniger begoffene Pudel wieder

abziehen. Schlimmer war

ſchon, daß die erſten Proben amtlich-preußischer Volkswerbung einen bitteren Nachgeschmack hinterließen.

Bismarck hatte seinen Detter

Generalmajor von Bismarck-Bohlen zum ersten Generalgouverneur von Elsaß-Lothringen ernannt; er scheiterte auch dort, wo er durch Milde und Gerechtigkeit gewinnen wollte, weil er die preußischen Verwaltungseinrichtungen übertrieben einschätzte und vor allem mit der noch im Lande geltenden französischen Rechtsordnung nichts an zufangen wußte. So stieß er selbst die am meiſten deutſchbewußte Bevölkerung im Unterelsaß um Hagenau glatt vor den Kopf. „ Warum hat man uns keinen Alemannen oder Schwaben nach dem Elsaß ge ſchickt?" wurde immer wieder gefragt. Elfäffische Bürgerart und preußische Verwaltungsbeamte waren doch nun einmal vor 1933 oder doch 1918 die äußersten, entferntesten Pole im Stammes- und Standesgemisch des buntſcheckigen deutſchen Volkslebens . Sie redeten nur zu leicht aneinander vorbei. Elsaß-Lothringen sollte nach Bismarcks Willen die keimzelle des wirklichen Reichs werden, zu dem sich ja mit dem Zwang eines Naturgesetzes der 1871 lang entwickeln mußte.

gegründete „ Bundesstaat" über kurz oder Es wurde eine sehr lange Entwicklung.

Bismarck mußte nach vieljährigen Bemühungen, wie wir schon er wähnten, 1879 seinen Frieden mit dem Gedanken der Einzelstaat lichkeit machen .

Es gab vor 1914 kein Reichsheer und außerhalb

Elsaß-Lothringens nicht einmal eine Reichsbahn ! Alles war in kon tingente aufgeteilt mit allzu vielen partikularistischen Eigenheiten bis zum preußischen „ Herrenhaus “ der „ Erlauchten und Edlen “ und den geheiligten Sonderrechten der bayerischen Braumalzkontingente. Da konnten in der Tat Hopfen und Malz verloren scheinen. Elsaß-Lothringen wurde also nicht keimzelle des wirklichen Reichs, sondern zum bloßen „ Reichsland ”, d . h. nach damaliger Anschauung zum Objekt herabgewürdigt.

Ein Statthalter regierte im Auftrage

Berlins, wo man die Seele des Elfäffers und erst recht des Lothrin gers kaum kennen konnte und nach elsaß- lothringischer Auffassung auch gar nicht verstehen wollte. Der erste Statthalter, der bei ſeinem Amtsantritt schon 70jährige Generalfeldmarschall Freiherr von Man

6

69

teuffel, versuchte die Verſtändigung zu forcieren ; obgleich erfolg reicher

Heerführer,

Hofmann,

Diplomat

und

hochkonservativer

Aristokrat, öffnete er Salon und Ohr für jedermann und half mit einer ſchier übervollen Freigebigkeit. Nur konnte und wollte er hierbei nicht genügend scharf sehen, wer alles dabei ſeine Gutmütigkeit in Anspruch nahm. Die immer mehr Fordernden erhielten auch immer mehr bewilligt, um die lauteſten „ Protestler“ bemühte man sich am meisten. Daran wurde das gesunde und im kern doch noch deutſch empfindende Volksbewußtsein irre und fah den vornehmen alten Herrn Statthalter allmählich als Dilettanten an, während die betont Deutschgesinnten sowie die zugewanderten Altreichsdeutſchen in ihm einen Landesverderber wähnten. Erst unter den beiden nächsten Statthaltern , Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürft ( 1885-1894) und Hermann zu Hohenlohe ( 1894-1907) begann das Eis zu schmelzen. Viele „ Proteſtler“ waren inzwischen nach Frankreich abgewandert, zahl reiche Altreichsdeutsche dafür ins Land gekommen. Man lernte fich Langenburg

besser kennen und damit auch schätzen. zwischen

Elsässer und Lothringer, in

auch untereinander vertrauter

geworden,

merkten

den

großen Eifer, mit dem „ die Neuen " sich um die Hebung des Landes bemühten, die „ Neuen " merkten immer mehr, was für eine große, alte und reiche Kultur im Reichsland bodenständig war. Tausende von Söhnen und Töchtern der „ Alten “ und „ Neuen“ verbanden sich für das Leben, ihre Kinder sahen die Welt mit neuen Augen an. Und wer mit unvoreingenommenen Augen um ſich ſchaute, mußte erkennen und bekennen : Elsaß - Lothringen erreichte in der deutschen Zeit von 1871-1918 eine Blüte ohnegleichen. Aus vernachlässigten französischen Departements wurde wieder, was es einſt im Mittelalter gewesen war, ein deutſches kleinod, ein Schatzkäſtlein, an dem Einheimische wie Zugewanderte immer mehr Freude empfanden. Kein Landesteil, kein Stand, kein Zweig mensch licher Arbeit, wo es nicht aufwärts gegangen wäre !

Kunst und

Wissenschaft

begründete

blühten

wie

nie zuvor.

Die 1872

neu

Univerſität Straßburg, an die Gelehrte von Weltruf geholt wurden, verlieh dem Lande einen Glanz, den es in franzöſiſcher Zeit nicht ge kannt hatte. Der erst durch Deutsche eingeführte allgemeine Schul besuch hob breiteste Bevölkerungsschichten und schuf so die Voraus setzungen für ihren sozialen Aufstieg, den das deutsche Volk und Reich sich besonders angelegen fein ließ.

70

Straßburg und Met wie andere Städte wurden planmäßig und mit einem Wagemut, zu dem Frankreich sich nicht hatte aufraffen können, verſchönt.

Schlettſtadt ſchenkte die verfallene Hohkönigs

burg dem deutschen Kaiser Wilhelm II.; dieser ließ sie durch den deutschen Burgenbauer Bodo

Ebhardt großartig wiederherstellen,

wobei Altelfäffer (z. B. der Maler Leo Schnug) freudig halfen .

Die

Hohkönigsburg wurde so ein Wahrzeichen der Verknüpfung mittel alterlich-deutſcher Überlieferung und neuer reichsdeutſcher Aufbau arbeit. Was unter französischer Herrschaft auf wirtschaftlichem Gebiet vereinzelt und planlos geschaffen worden war, wurde nun nach 1871 durch deutsche Organisationsgabe und deutschen Fleiß in den großen Rhythmus des gewaltig sich regenden Bismarckreiches ein gefügt. Der neue Zug der Zeit weckte auch im Elfäffer und im Lo thringer wirtschaftliche Fähigkeiten, die früher kaum beachtet und mit Ausnahme der Mülhauser Textilindustrie — jedenfalls un genutzt geſchlummert hatten. Aus der Fülle der Erscheinungen seien nur wenige Beiſpiele herausgegriffen : Die Kohlenförderung stieg von 200 000 Tonnen auf 3 500 000 Tonnen, die noch eingehender zu erwähnende Eisenerzförderung von 685 000 auf 20 000 000 Tonnen ! Die Länge der Eisenbahnen wuchs von 768 kilometer auf 1921 kilometer ! Der Rheinverkehr von und nach Straßburg von weniger als 500 000 Tonnen auf 2000 000 Tonnen, die Ausfuhr von 1½ Millionen Tonnen auf 12½ Millionen Tonnen ! Auch die Landwirtſchaft blühte auf wie nie zuvor : Von einem Hektar Roggen wurden im Durchschnitt vor 1871 nur 0,9 Tonnen geerntet, vor 1914 aber 1,57 Tonnen ! An Kartoffeln vor 1871 rund 5 Tonnen, vor 1914 über 13,5 Tonnen ! An Schweinen gab es vor 1871 rund 200 000 Stück, vor dem Weltkrieg über 500 000! „Hat der Bauer Geld , hat's die ganze Welt ! ": Die Sparkassen einlagen ſtiegen in der Zeit der Reichszugehörigkeit von 14 Millionen Mark auf 178 Millionen Mark ! Wie weitete sich der Geſichtskreis, auch mit dem Absatz der Landes erzeugnisse. Elfäffischer Wein erhielt einen ganz anderen Markt als früher im Weinland Frankreich, lothringische Landwirte verkauften Pferde, Karpfen u . a . bis nach Hamburg und Berlin, von Straß burger Feinkostwaren ( Gänseleberpastete !) ganz zu schweigen. Das lothringische Eisenerz, durch das neue Thomasverfahren auf schließbar geworden, bot die Grundlage für die rasch wachsende 6

71

Eiſenindustrie, die das Gesicht der Landschaft zwischen Metz und Diedenhofen veränderte und infolge der Zuwanderung aus allen Gauen - gewissermaßen um Jahrzehnte vorweggenommen - hier ein Stück Großdeutſchland im kleinen entstehen ließ. Im Elsaß er schlossen im 20. Jahrhundert kali- und Erdölausbeute ganz neue, unabsehbare Möglichkeiten. Von welcher Seite her man die Zeit von 1871 bis 1918 betrachtet – stets zeigt sie für das Elsaß wie für Lothringen Aufschwung , Wachs tum , Blühen und Gedeihen! Um den trefflichen Bauernsohn und feinsinnigen Gelehrtenkopf Emil Nadelhoffer sowie Professor Kapp bildete sich eine bodenstän dige „ Elsaß-Lothringische Vereinigung “, die ſich durch ihre Zeitschrift „ Elsaß- Lothringische Kulturfragen "

immer mehr

Geltung

mit

der

Losung verschaffte, auf den überlieferten, bewährten deutschen Grund lagen eine neue elsaß- lothringiſche Staatlichkeit aufzubauen. Hier war freudige Bejahung des Reiches, ein bewußtes Mitmachenwollen. Mochten Protestler wie das berüchtigte Dreigestirn der Abgeordneten Wetterlé, Preiß und Blumenthal nach Frankreich ſchielen und 1913 einen unerfreulichen Zwischenfall in Jabern an der Zorn für ihre Zwecke ausschlachten, so

bewies

doch jene

elfäffisch- lothringische

Heimatbewegung , daß Elsaß- Lothringen reif war, als eigener Bundes ſtaat seine Geschicke in die Hand zu nehmen. Aber Berlin versagte sich in entscheidender Stunde. Anstatt wirk liche Selbstverwaltung und Bundesstaatlichkeit zu geben, reichte die Entſchlußkraft nur zu halben Zugeſtändnissen wie der Verfaſſung von 1911. Ein Kapital an Dertrauen ward nicht genützt. Selbſt ein Nadel hoffer konnte damit nicht zufrieden sein. Er besiegelte übrigens feine Treue zum Reich im September 1914 im Sturmangriff bei Laon mit ſeinem Blute. Er war einer von vielen Tausenden. Als Frankreich 1914 durch seine Unversöhnlichkeit zum

Kriege

drängte, als im Frühjahr der russische Großfürst Nikolaus Nikola jewitsch im Rahmen eines französischen Heeresmanövers von der Höhe der Wasgaugrenze auf die herrliche Rheinebene

des

Elsaß

hinunterſchaute und auf Petersburger Veranlaſſung der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo ermordet wurde, da war es klar, daß Elsaß- Lothringen im Augenblick des fremden General angriffs gegen die beiden Staaten deutscher Nation

im

Herzen

Europas geistig und seelisch seinen Platz auf der deutschen Seite wiedergefunden hatte. 72

Zehntausende von kriegsfreiwilligen drängten im Lande zu den Waffen. Großartig schlugen sich elfäffische und lothringische Regi menter in West und Ost, obgleich unbegründetes Mißtrauen mancher Kommandeure und wenig großzügige Handhabung

von

Urlaubs

gewährung usw. ihnen das keineswegs erleichterte. Man hat deshalb nicht mit Unrecht den Elsaß-Lothringer den „ unbekanntesten Sol daten" des

Weltkrieges

genannt.

Dieser

krieg

und

die

elsaß

lothringiſche Bewährung in ihm ſchien die Schicksalsgemeinſchaft des Grenzlandes am Rhein mit dem übrigen Volkskörper für ewige Zeiten zu sichern, gerade auch, weil das Land ſelbſt Kriegsschauplak wurde. Neben Ostpreußen war Elsaß- Lothringen das einzige Stück Reichs gebiet, das den krieg auf eigenem Boden erlebte. Die strategischen Pläne und die geographische Lage des Landes bedingten, daß den französischen Truppen elsässischer Boden vorübergehend

oder

gar

dauernd überlassen werden mußte. Zweimal konnten die Franzosen die größte Induſtrieſtadt des Oberelsaß, Mülhausen, besetzen. Auf lothringischem Boden wurde die erste Schlacht des Weltkrieges aus gefochten (jener Sieg , der bis vor die Tore von Nanzig und nach Badenweiler führte, wo damals der „Badenweiler Marsch” entſtand). Ein kleiner Teil des Oberelfaß blieb bis zum Ende des Weltkrieges in französischen Händen. Dazu lastete von vornherein in Elsaß-Lothringen die kriegsnot schwerer auf der Bevölkerung als im übrigen Reich. Sogleich in den ersten Tagen wurde hier der ganze Landſturm einberufen, auch der ungediente. Die Bevölkerung schon zu kriegsanfang zerstörter Orte, wie Münster und Meteral, mußte als Flüchtlinge die Gastfreund ſchaft im Hinterlande in Anspruch nehmen. Dier Jahre lang war Elsaß-Lothringen Operations- und Etappengebiet und hatte schon hierdurch mit Einquartierungen und dergleichen erhöhte Kriegslaſten . Die Nähe der Front wie der Schweizer Grenze bedingte schmerzliche, lähmende Beschränkungen des Reiseverkehrs, der Post usw. Feind liche Fliegerangriffe brachten immer neue Unruhe und Verluste. Darum Hut ab vor dem Elsaß- Lothringen von 1914/18 ! Die kampffelder jener Jahre sind Deutschen aus allen Stämmen zur letzten Ruhestätte geworden . Wir erinnern nur an die schweren Kämpfe im Breuſchtal, am Schluchtpaß, bei Dammerkirch und schließ lich am heiligen Berg " des Landes, dem Hartmannsweilerkopf. Hoch stand sein kreuz und wies in die Lande, als wir ihn im Juni 1940 zum letzten Male und nun endgültig besetzt haben. 73

Ein tragisches Geschick zerriß die Fäden zwischen Elsaß-Lothringen und dem übrigen Reich gerade, als beide wirklich zusammengewachsen waren, ja als die Reichsregierung dem Lande die so begehrte Selbst verwaltung in vollem Umfange gewährte.

Der Waffenstillstands

„Dertrag " vom November 1918 und die ihm folgenden Unfriedens bestimmungen von Versailles riffen das Land vom Reiche los, ohne daß die von Frankreich früher so stürmisch begehrte Dolksabſtim mung stattgefunden hätte. „ Die Abstimmung ist gemacht ", antwortete Paris unbequemen Mahnern und meinte damit jene bestellten „ Vive la-France!"-Rufe, die bei aufrichtigen Neutralen Lächeln hervorrufen konnten.

nur

ein fades

So war für Frankreich ſchon der neue Start von 1918 verfehlt und ließ damit erkennen, daß die neue, im ganzen 22 Jahre umfassende französische Fremdherrschaft über Elsaß- Lothringen eine einzige kette von Mißgriffen wurde. Der Beweis, daß die nicht wenigen Ungeſchick lichkeiten der reichsdeutſchen Zeit von 1871–1918 sich um ein Diel faches überbieten ließen, ist den Franzosen zwischen dem Weltkrieg und dem englischen Krieg hundertprozentig gelungen. Die „ Lösung “ von Versailles, die nochmalige Vereinigung des Elsaß und Lothringens mit Frankreich, brachte beiden Gebieten nicht Ruhe, sondern stärkere Unruhe und größeren Unfrieden denn je zuvor. Soweit Elsaß- Lothringen vor 1914 kämpfte, ging es um eine Derfassungsfrage, nach 1919 mußte es um ſein Leben kämpfen, um feine Sprache, sein Dolkstum, feinen Glauben, mit einem einzigen Worte: um seine Seele. Frankreich suchte sich mit Versprechungen, mit rauschenden und berauschenden Festen einzuführen, schöne Reden wurden gehalten. Aber die Erfüllung blieb aus, die Erwartungen wurden enttäuscht. Paris versuchte Elsaß- Lothringen zu betäuben, einzulullen, hinzu halten, um inzwischen ein Heimatrecht nach dem anderen an Rhein und Mosel zu beseitigen.

Mit allen Mitteln der Staatsgewalt sollte Elsaß- Lothringen auf den Stand binnenfranzösischer Departements gezerrt werden, und da das ein tieferer Stand war (man denke nur an die Rückständigkeit der franzöſiſchen Sozialgesetzgebung),

so waren Frankreichs Be mühungen um „Affimilierung " Versuche zu einer Verschlechterung . Das wollte Elsaß- Lothringen sich nicht bieten laſſen, und so gab es

Reibungen schon in den „ flitterwochen”. Frankreich hatte das vorausgesehen. Deshalb begann es ein „ Be freiungswerk" mit einer Bevölkerungsaustreibung größten Stils . 74

Die Einwohner Elsaß-Lothringens wurden in A- Bürger, B -Bürger, C-Bürger und D- Bürger geteilt :

A-Karten

erhielten

jene

Elsaß

Lothringer und deren Abkömmlinge, die ohne 1871 Franzosen ge wesen oder geblieben wären ; ſie galten als „ zu vollem Recht wieder einverleibt”. B-karten wurden jenen ausgehändigt, von denen ein Elternteil irgendwelcher ausländischer" (lies : altreichsdeutscher) Ab Stammung war. C- karten bekamen jene, von denen beide Elternteile im

alliierten oder neutralen Ausland geboren waren.

D- Karten

waren den eingewanderten feindlichen Ausländern (Altreichsdeutſchen, Österreichern usw.) und deren kindern vorbehalten, auch wenn dieſe in Elsaß-Lothringen geboren waren. Dieses System diente den Pariser „Herren “ als Unterlage für ihre „ Säuberung" des Landes. Sie richtete ſich einmal gegen die Hundert tauſende ſeit 1870 eingewanderter Altreichsdeutscher, ferner gegen deren kinder, gegen die kinder aus „ Mischehen “ Einheimischer und Altreichsdeutscher, ſchließlich gegen die alteingeſeſſenen Elsässer und Lothringer. Zur Prüfung der politischen Gesinnung wurden Auslefe ausschüsse eingesetzt, durch deren engmaschiges Sieb alles zu gehen hatte, was als deutschfreundlich bekannt war oder von Denun zianten als deutschfreundlich bezeichnet wurde. Wer nicht ſein lang jähriges französisches Wohlverhalten beweisen konnte, wurde ― bis zum Bischof hinauf! — rückſichtslos vertrieben . Wurde ſo ein großer Teil der Bevölkerung einfach verjagt, so kamen anderseits Scharen von Pariſern und Pariſerinnen, die in Elsaß-Lothringen mühelos ernten wollten, wo sie nicht gefät hatten. Dieses Pack — ein anderer Ausdruck würde für diese Welt und Halbwelt nicht passen ―

ge

bärdete sich am „ patriotiſchſten ", hatte keine kenntnis und keine Achtung vor dem Eigenwert Elsaß- Lothringens, kritisierte aber alles zu jeder Zeit, indem sie jedes von Paris Abweichende als „ ſchweine mäßig deutſch”, als „ boche“ bezeichneten. Das begann bei der Art, die Krawatte zu tragen, und ging bis zum Beſuch des Gottesdienstes. Alles ,,boche". Einwendungen der Elsässer wurden gar nicht an gehört, man hatte seine vorgefaßte Meinung, glaubte an die. Un fehlbarkeit ſeines Urteils und hatte keine Neigung, auch nur an zuhören, was die ,,boches" im Lande dachten oder nicht dachten. Hier traf man auf einen wesentlichen Zug des Elfäffers und auch des Lothringers . So gutmütig besonders der Elfäffer, bei allem leichten Spott, sein kann, eines kann er nicht vertragen : nicht angehört zu werden ! Wo ihm nun die Pariſer Zuwanderer nebst weiblichem An hang jede Aufklärung, jede Aussprache, jedes Anhören mit dem 75

Hinweis auf das „,boche“-tum ihrer Gewohnheiten abſchnitten, wo jede überkommene Lebensäußerung immer wieder als

„,boche “,

,,boche" und nochmals ,,boche" bezeichnet wurde, da ging ſchließ lich eines Tages - dem einen früher, dem anderen später , wie man zu sagen pflegt, „ der Hut hoch", die faust flog auf den Tisch und das Wort explodierte heraus : „ Zum Kuckuck, dann sind wir eben boches!" Die französische Regierung tat alles, um Öl ins Feuer zu gießen, zumal fie immer mehr erkannte, daß sie an sozialen Errungenschaften, an geistiger und seelischer Bereicherung der werktätigen Volks ſchichten nicht entfernt die Leistungen der deutschen Zeit erreichen konnte. Sie sah, wie die Bevölkerung verglich, was sie in deutscher Zeit gehabt hatte und wie weit dahinter die Leiſtungen der „ großen Nation", welche doch den Weltkrieg gewonnen zu haben behauptete, zurückblieb. Es gehört eben zum Wesen der Grenzbevölkerung, zu vergleichen, und jeder ernsthafte Vergleich mußte zuungunsten Frank reichs ausfallen. So trieb es immer rascher die Aufsaugung , die „Affimilierung", voran mit Sprachzwang , Schulzwang, Wirtschafts zwang und Gewissenszwang . Die Elsaß-Lothringer fragten sich dabei immer häufiger, ob denn nicht gerade die Affimilationswut Frankreichs bestätigte, daß sie im Staat eigentlich Fremde seien und erst um jeden Preis zu Franzosen gemacht werden sollten : „ Wenn Frankreich uns so auf der einen Seite als Fremdkörper ansieht und behandelt, weshalb wirft es auf der anderen Seite uns dann vor, daß wir nicht national oder nicht national genug seien? Was können wir dafür, daß wir sind, was und wie wir sind? Und daß wir tatsächlich in Sprache und Volkstum und auch in unserer ganzen Denkweise anders sind als die Fran zofen? Genügt es denn nicht, daß wir willig unſere Bürgerpflichten erfüllen? Warum alſo heħt und jagt man uns wie ein Wild?” So entschlossen sich immer mehr Elsaß-Lothringer, ihre Heimat und Volksrechte gegen jede Mißwirtſchaft und jede Unterdrückung zu verteidigen, die von der Pariser Regierung mit immer wachsendem Druck verübt wurde. Das ſicherste, ja bald das einzige Mittel der Rettung sahen diese heimatbewußten Elsässer und Lothringer in der Selbstverwaltung oder Autonomie ihres Landes, die ihnen erlauben sollte, ihr heiligstes selbst zu bewahren, es zu erhalten, zu pflegen. Es kam zu einer wahren Volksbewegung . Im Mai 1925 entstand in Straßburg ein neues Blatt, „ Die Zukunft“, eine unabhängige 76

Wochenschrift zur Verteidigung der elsaß- lothringiſchen Heimat- und Volksrechte. Hier wurden die Sorgen der Bevölkerung beim rechten Namen genannt, hier wurde auch in dem Zauberwort „ Autonomie” der Schlüffel gegeben, der das scheinbar hoffnungslos verschlossene Tor der Zukunft Elsaß- Lothringens öffnen könnte. Die Leser und Anhänger der „ Zukunft“ verlangten immer lauter nach sichtbarer Führung und Organisation . Beides trat in Erſcheinung durch die Gründung des Heimatbundes im Juni 1926. Der Auf ruf des Heimatbundes war „ der Aufschrei einer geopferten Gene ration" und fand leidenschaftlichen Widerhall. Der Erfolg zeigte sich sehr bald. Parteien und Abgeordnete wurden genötigt, Farbe zu bekennen, sich entweder für die heimatrechtlichen Forderungen oder für Paris zu entscheiden. Auf der anderen Seite ſetzte nun eine unglaubliche Hetze

der Regierungsnutznießer gegen

die „Heimatbündler“ oder „Autonomiſten" ein. Auf ihre bestellten Warnungsrufe berief sich die Regierung bei ihren immer roher wer denden Unterdrückungs- und Verfolgungsmaßnahmen. Viele Unter zeichner des Aufrufs und auch andere Anhänger wurden brotlos ge macht, wieder andere ins Gefängnis geworfen oder zur Flucht ins Ausland getrieben. In kolmar bewaffneten sich zugewanderte Fran zosen mit knüppeln und Nagellatten, die mit Polizei und Gendarmerie zu Fuß und zu Roß eine „ Einheitsfront" bildeten, und nicht nur den 67jährigen Präsidenten des Heimatbundes Dr. Ricklin überfielen, ſondern auch so manchen armen elfäffischen kriegsbeschädigten mit dem Kriegsruf überfielen : „ Er hat in der Armée boche gegen uns gekämpft. " Nach so geschlagener „ Schlacht“ gab die Regierung Frei bier ... Anläßlich einer Wahl lud z. B. der Präfekt des Oberelsaß, Sufini, feine Beamten und zahlreiche Lehrer ein, um ihnen — wie er ein leitend sagte zugleich mit der Verkündung des Wahlergebniſſes „eine Erklärung von größter Wichtigkeit" zu geben. Er sagte dabei : „Ich habe die freunde des (Heimatbündlers) Roſſé gebeten, sich heute abend hier einzufinden. Ich hatte ihm Gedanken mit teilen wollen, welche sein Schriftwechsel mit dem Herrn in specteur d'académie bei mir hervorgerufen hat …… . Infolge von Umständen, die unabhängig sind von seinem Willen, hat Herr Roſsé beim Stelldichein heute abend nicht zu gegen sein können. Ich will Ihnen nichtsdestoweniger die Gründe meiner Anwesenheit unter Ihnen angeben. Ich bin in den Haut-Rhin (Oberelſaß) gekommen, um Ordnung

77

zu schaffen und um über die Anwendung des Gesetzes auf allen ſeinen Gebieten zu wachen. Von der Stunde meiner Ankunft in diesem Departement an, wohin ich durch das Vertrauen des großen Franzosen (Poincaré) gerufen wurde, deſſen Mitarbeiter ich seit 15 Monaten bin, was meine Karriere mit Ehren kleidet, habe ich darauf gehalten, das mir vorgezeichnete Programm einzuhalten. Der neue Präfekt des Haut-Rhin wird nur zwei Parteien kennen : diejenige der Freunde Frankreichs und diejenige ſeiner Gegner. Diese letteren, meine Herren, haben von mir keine Gunſt, keine Schonung irgendwelcher Art zu erwarten . Sie werden in aller Unerbittlichkeit das Gesetz in seiner ganzen Strenge auf sich angewendet ſehen. Ich werde, dies iſt mein feierlicher Schwur in Ihrer Gegenwart, meine ganze Tatkraft und alle meine gesetz lichen Mittel dafür einsehen, um es den schlechten Franzosen unmöglich zu machen, zu ſchaden, und ich schwöre es Ihnen, meine Herren, ich werde dieser häßlichen, abscheulichen, ver brecherischen kampagne ein Ende bereiten . Sie hat mir nur zu lange gedauert ! " Dann zog der Herr Präfekt die Uhr aus der Tasche und erklärte zynisch: „ Meine Herren, ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, daß Herr Rossé seit fünf Minuten verhaftet iſt ...” Mit solcher „ Erziehung " trieb Frankreich in seiner Verblendung alles Gefunde, Lebensstarke und Wurzelechte Elsaß- Lothringens mit Gewalt in das Lager der Heimattreuen . Sein Starrfinn ſchuf Märtyrer der Heimat. Die Zahl der Strafverfahren wurde Legion . Roffé ſelbſt wurde - als angeblicher „ elfäffischer Henlein” — zweimal angeklagt. Der bekannteste Heimatrechtler im Lande ―――― Dr. Karl Roos ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ wurde nach Ausbruch des

engliſchen Krieges unter falscher An

ſchuldigung und mit falschen Zeugen verurteilt und in Nanzig hin gerichtet ! Frankreich hat ihn damit für uns in den Rang eines Buchhändlers Palm, eines Andreas Hofer, eines Schlageter erhoben. Es war dieselbe französische Verblendung, die das Rheinland und die Pfalz mit schwarzen Franzosen quälte und schändete, die ohne den Schein eines Rechts mitten im Frieden - wie einst beim Raube Straßburgs 1923 das Ruhrgebiet beſetzte und terrorisierte sowie den Staat des „ Systems Benesch" schuf,

vergrößerte

und

immer

wieder gegen das Reich aufputſchte in der Hoffnung, von Straßburg und Eger aus Süddeutſchland in die Zange zu nehmen. Dieſelbe kurz

78

sichtigkeit, welche die immer neuen Friedensangebote unseres Führers Adolf Hitler und ſeine Bereitwilligkeit, die Weſtgrenze für ewige Zeiten anzuerkennen, mit Hohn und Spott zurückwies und aus gerechnet von elfäffischem Boden aus, durch den Lügenſender von Straßburg, jahraus, jahrein die würdelosesten Verleumdungen gegen das neue Reich der Deutſchen in die Welt ſandte. Längst hatten viele Elsässer und Lothringer ihre eigene Meinung über den wahren Wert des vom Pariser „ System " und ſeinen Krea turen so verleumdeten Nationalsozialismus. Längst saßen sie des Abends an den Rundfunksendern und hörten die Stimme jenes Mannes, der als unbekannter Soldat aus seinem Volke emporgestiegen und so schnell Herr und Gebieter des Reiches geworden war. In den Stuben im Wasgau und an lothringischen Weihern klang längst der Jubel der Tausende und Zehntausende wieder, die minutenlang in den reichsdeutschen Versammlungshallen den Führer begrüßten und nach ſeinen Ausführungen bedankten. Wie in einem Gefühl von Weltangst lauschte man dem Brausen und Donnern von jenseits des Rheins, aber doch auch mit einem erſt ſchüchternen, dann wachsenden und schließlich immer häufiger gläubig durchbrechenden Vertrauen. Wohl ſetzte nun von allen Seiten in Elsaß-Lothringen eine große Hetze mit Flugblättern, Schriften, Büchern gegen den Mann ein, der das Schick fal feines Volkes wendete, riß ihn herunter und ließ kein gutes Haar an ihm. Selbſtverſtändlich erfüllte ſolche Lügenflut, zumal des Straßburger Rundfunksenders , auch viele Landeskinder mit Miß trauen und Zweifeln, die erst 1940 einer Verblüffung wichèn, als fie die Anständigkeit, Sauberkeit und schöpferische kraft des National sozialismus aus eigenem Erleben sahen. Eines Tages kam die Abstimmung im Saargebiet ! Hier war, was jeder Edle im Lande ersehnte. Die Bevölkerung durfte selbst sagen, was sie wünschte. Die französischen Regierungshetzer meldeten sich wieder zum Wort und verkündeten genau so pathetisch wie ihre Tiraden in Elsaß- Lothringen die Behauptung, die Saarbevölkerung ſei überwiegend französisch (Clemenceau hatte gar von 150000 „ Saar franzosen" gesprochen !) . Welch eine Erregung landauf, landab, von Diedenhofen bis zur Schweizer Grenze ! Das Saargebiet fand jubelnd heim ins Reich. Und diese Erregung wurde noch tiefer, noch schmerzlich bewegter, als „ der große Mann im Reich" erklärte, daß mit der Heimkehr des Saargebietes nichts mehr Deutſchland und Frankreich trennen sollte und das Reich keine Gebietsforderung mehr an Frankreich ſtellen werde ... 79

Welche Gelegenheit für das franzöſiſche Volk und ſeine Regierung ! Sie wurde schnöde vertan. Frankreich ließ sich von England ins Schlepptau nehmen und erklärte Deutschland den krieg , obgleich feine eigenen Belange es erfordert hätten, mit Deutschland zu fried licher, gedeihlicher Zusammenarbeit zu kommen . Zehn Monate nach jenem entscheidenden 3. September 1939 und nur sieben Wochen, nachdem die deutsche Wehrmacht zum Gegenangriff im Westen antrat, erhielt es die Quittung für seine Handlungsweise, die jeglicher Rechts gründe, aber auch jeder Vernunft entbehrte.

Das

plutokratische

Frankreich, das den „Frieden “ in Elsaß- Lothringen längst verloren hatte, verlor nun auch den britischen und den Weltkrieg zusammen ! Unermeßliches Leid brachten diese zehn Monate Krieg über die wackeren Elsaß-Lothringer, die von der französischen Regierung in unglaublicher Verantwortungslosigkeit und Böswilligkeit in die ent legenſten Winkel Frankreichs verschleppt worden waren und ohne geeignete Unterkunft, Verpflegung

und gesundheitliche Betreuung

einen der bösesten Winter in immer feindseliger werdender Um gebung überstehen mußten. Auch vor diesen Opfern neigt das deutsche Dolk sich in Ehrfurcht wie vor jenen Elsaß- Lothringern, die gezwungen — wir glauben zum letzten Male - ihre Waffen gegen das deutsche Mutterland erhoben und dabei, gleich Rüdiger von Bechlarn_im Nibelungenlied, im Widerstreit zwischen der Stimme des Blutes und den Ansprüchen der volksfremden Staatsgewalt ihr Leben ließen. Um so heller erstrahlt unsere Freude über die Heimkehr der leid vollen, geliebten Grenzlande Elsaß und Lothringen und ihrer ge prüften, nun endlich für immer befreiten Bewohner. Ihre Freude ist unsere Freude, ihre Wehmut rührt auch an unser Herz. Wir wissen diesſeits und jenseits der Verſailler „ Grenze zwiſchen Deutschen und Deutschen" : Wir stehen an einem neuen Anfang. Was 300 und mehr Jahre perfäumt und verfehlt haben, soll jetzt in unserer beglückenden Gegenwart unter dem das ganze Großdeutschland be ſchirmenden Hakenkreuzbanner für alle Zukunft zum Guten gewendet werden. Wir heißen das Elsaß und Lothringen willkommen . Wir wollen geben und empfangen, mitteilen und lernen. Die starken und vielfältigen Kräfte der Elsässer und Lothringer werden sich frei ent falten können und in edlem Wettstreit mit den anderen deutschen Stämmen den Ruhm und die Größe unseres Reiches erhöhen. Deutsch land aber wird unter Beweis stellen, daß es in leidvoller Geschichte gelernt hat, mit feinfühlender Hand und warmem Herzen nicht nur Länder, sondern auch Seelen zu gewinnen . 80

Schrifttum (Auswahl) Aubin , Hermann : „ Don Raum und Grenzen des deutschen Dolkes. " Breslau 1938. Priebatschs Buchhandlung . " Elsaß - Lothringen", heimatstim men (Monatsschrift), herausgegeben von Robert Ernst , Berlin. Bernard & Graefe. (August 1940 vereinigt mit den „Straß burger Monatsheften".)

Hagemann , Walter: „Der deutsch französische Gegensatz in Dergangenheit und Gegenwart." Leipzig 1940. B. 6. Teubner. Haushofer, Karl : „ Der Rhein." Ber lin-Grunewald 1928. Kurt Dowinckel. Kiefel , karl : „Petershüttly." Berlin 1918. Dietrich Reimer.

Mündel , Curt : „ Die Dogefen. " Straß burg. Mungenaft : „ Der Zauberer Muzot." Dresden 1939. Heyne. Oswald , Paul: „ Die Dolkstumslage im Rhein-, Maas- und Schelde-Delta." Ber lin 1939. Grenze und Ausland. Roos: Politik und Gewaltpolitik in Elsaß-Lothringen." Zürich 1928. kom miffionsverlag Carl Fricke. Roffé , J., u. a.: „ Das Elsaß von 1870 bis 1932. Rolmar. Alsatia. Schlenker, Max: Die wirtschaftliche Entwicklung Elsaß-Lothringens 1871 bis 1918." Frankfurt a. M. 1931. Elsaß-Loth ringen-Institut.

König , friedrich: Deutschlothringen." Berlin und Leipzig 1923. Walter de Gruyter & Co.

Straßburger Monatshefte", herausgegeben von Frith Spieler , Straß burg.

Grenzen zwischen Lange, Friedrich : Deutschen und Deutschen" (Grenzbildbuch). München 1933. Zentralverlag der NSDAP. Franz Eher Nachf.

Thomaffet , Johannes: Derhülltes Licht." Berlin. Nicolaische Derlagsbuch handlung.

Lange, Friedrich: " Deutsche Kultur karte" (Gesamtschau deutscher Merk- und Denkwürdigkeiten aus 1100 Jahren Reichs geschichte und 4000 Jahren Volksgeſchichte). Berlin 1937. Dietrich Reimer. Lange, Friedrich: „ Wir zwischen 25 Nachbarvölkern." Berlin 1940. Verlag der Deutschen Arbeitsfront.

Dogel , Walther: „ Das Neue Europa." Bonn und Leipzig 1923. Kurt Schroeder. Wolfram, Georg, und Gley , Wer ner: „ Elsaß-lothringischer Atlas. " Frankfurt a. m. 1931. Selbstverlag des Elsaß-Loth ringen-Instituts. Wunderlich , Brill u. a.: „Deutsch land und der Südwesten. “ Stuttgart 1937. Fleischhauer & Spohn.

81

SCHRIFTENREIHE Es

sind

bereits

DER

NSDAP.

erschienen :

Gruppe I : Deutsche Wehrkraft

Band 1 Karlheinz Rüdiger RM. 1,00 Geistige Kriegsbereitschaft . . Band 2 General der Artillerie Dr. h. c. von Rabenau RM. 0,40 Von Geist und Seele des Soldaten .. Gruppe II : Deutsche Arbeit Band 1 Anton Zischka Erfinder brechen die Blockade Band 2 Hermann Reischle Kann man Deutſchland aushungern ?.... Band 3 Claus Seliner Der deutsche Rüstungsarbeiter Band 4 Eduard Lukas Währungsfreiheit des deutschen Volkes

RM. 1,00

RM. 1,00

RM. 0,80

RM. 1,00

Gruppe III : Volkheit und Glaube Band 2 Friedrich Griese Unsere Arbeit ist Glaube

RM. 1,00

Band 3 Wilhelm Wefteder Volksschicksal bestimmt den Wandel der Dichtung .... RM. 1,20 Band 4 Franz Koch RM. 1,20 Dichtung und Glaube .. Band 6 Friedrich Burgdörfer Kinder des Vertrauens

RM. 1,50

Band 7 Waldemar Hartmann Die Balten und ihre Geschichte ..

RM. 1,60

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen Zentralverlag der NSDAP., Frz. Eher Nachf. GmbH., Berlin

• I

SCHRIFTENREIHE E s

sind

bereit S

DER

NSDAP.

erschienen :

Band 8 Karl Gök RM. 1,50 . Deutsche Leistung in Amerika .... Band 9 Franz Rodens RM. 1,60 Vom Wesen deutscher Kunst ……. Band 10 Franz Tumler Öfterreich ist ein Land des Deutſchen Reiches ...... RM. 0,50 Gruppe IV : Europäische Politik einst und jetzt

Band 1 Martin Hieronimi Sterbendes Frankreich? Band 2 Peter Richard Rohden England und Frankreich Band 3 Friedrich Grimm Das Testament Richelieus .. Band 4 Arthur Pfannstiel Das verratene Frankreich ....

RM. 0,80

RM. 1,50

RM. 1,20

RM. 0,80

Gruppe V : Das ist England ! Band 1 Theodor Seibert Wie sieht uns der Engländer? Band 2 Paul H. Kunge Söldner für Albion Band 3 Wilhelm Brachmann Das auserwählte Volk Band 4 Reinald Hoops Die Selbsttäuschung Englands .... Band 5 Hans Thost England wollte keinen Frieden

RM. 0,80

RM. 1,00

RM. 0,80

RM. 0,90

RM. 1,50

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen Zentralverlag der NSDAP., Frz. Eher Nachf. GmbH., Berlin

SCHRIFTENREIHE E s

sind

bereits

DER

NSDAP.

rschienen : er

Band 6 Hans Bähr

RM. 0,90

Britiſche Propaganda . . Band 7 W. Trautmann

RM. 0,90

Weltwirtschaft England

Band 8 F. O. H. Schulz Englisches Mitleid - Englische Sozialpolitik ………….. Band 9 Walter Pahl Die britische Machtpolitik . Band 10 Reinald Hoops Irland und England Band 11 Falk Ruttfe Geld erseht nicht Blut ....

RM. 1,00

RM. 1,20

RM. 0,90

RM. 0,90

Gruppe VI : Erlebter Krieg Band 1 Walter Hebenbrod Mit der NSV . nach Polen Band 2 Erhard Wittek Der Marsch nach Lowitsch .

RM. 1,00

RM. 0,80

Gruppe VII : Der Osten Europas Band 1 Rudolf Haider Warum mußte Polen zerfallen? .. Band 2 Hermann Erich Seifert Der Aufbruch in der arabischen Welt Band 3 Hermann Erich Seifert Der Jude an der Oftgrenze ... Band 4 Kurt Lüd

RM. 1,20

RM. 1,20

... RM. 0,90

Der Lebenskampf im deutſch-polniſchen Grenzraum .. RM. 0,80 Zu beziehen durch alle Buchhandlungen Zentralverlag der NSDAP. , Frz. Eher Nachf. GmbH., Berlin

RY

Ann

47433

IDPO

Deutsche Rultur Buch Reihe Dieses zeichen ist für Tausende deutscher Volksgenoffen Begrifffür erfüllte Bücherwünsche geworden.

Die

Deutsche

Kulturbuchreihe macht es aber auch jedem möglich, feine Bücherschätze ständig zu vermehren, denn die Mitgliedschaft kann bereits mit dem geringfügigen Monatsbeitrag von 90 Pfennig erworben werden. Dafür gibt es in jedem Vierteljahr einen schmucken und wertvollen Halblederband. Neben bedeutenden Werfen befannter Autoren läßt diese Reihe auch besonders den dichterischen Nachwuchs zu Borte Fommen und bahnt ihm so den Weg, zu Hundert taufenden von (einen Gedanken und Empfindungen zu sprechen.

Laffen Ole fich durch eine unverbindliche Prospektsendung ein mal ausführlich unterrichten. Der Bezug dieser Bücher wird bestimmt eine Quelle ständiger Freude für Ole [eln.

Zentralverlag der NSDAP., Berlin

Manufactured by GAYLORD BROS. Inc. Syracuse, N. Y. Stockton, Calif.

UNIVERSITY OF CALIFORNIA LIBRARY BERKELEY Return to desk from which borrowed. This book is DUE on the last date stamped below.

6Jan'51MWW

TD 21-100m-11 ,'49 (B7146816 ) 476