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German Pages 35 Year 1897
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d с
K
f
C h
i
D Z
Tängsschnitt durch ein Gerstenkorn.
Ueber
die
Chemie
des
Bieres
vom Gerstenforn bis Fertigstellung.
Allgemein verständlicher Vortrag, gehalten im Hamburger Bezirksvereiu deutscher Ingenieure.
Von
Gottlieb Behrend , Ingenieur in Hamburz.
Mit einer Abbildung.
Hamburg . Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter), Königliche Hosbuchdruckerei . 1897.
Das Recht der Ueberseßung in fremde Sprachen wird vorbehalten.
Trud der Verlagkanſtalt und Druderei A.-G. (vorm. J. F. Richter) in Hamburg. Königliche Hofbuchdruderei.
Das Bier entsteht aus dem Gerstenkorn, und es sollen in ganz
allgemein verständlicher Weise die Umbildungen des-
selben, namentlich in chemischer Hinsicht besprochen werden. In der vergrößerten Abbildung des Gerstenkornes treten besonders drei Theile deutlich hervor, die äußere Hülle , der große Eiweißkörper und der kleinere Keimkörper.
Die
Aehnlichkeit des Kornes mit dem Ei, dem Hühnerei , iſt nicht zu verkennen. Die Hülle A ist, wie bei dem Ei, aus mehreren Häuten gebildet.
Darin liegt der große Eiweißkörper B, der
hier freilich richtiger Stärkemehlkörper oder Mehlkörper genannt werden müßte, und auch meistens so genannt wird. Der Keimkörper C, der beim Ei innerhalb des Eiweißes liegt, befindet sich im Getreidekorn unterhalb des Mehlkörpers .
Die Hülle
besteht aus der äußeren festen Hülse, der Fruchthaut und der zarten Samenhaut, innerhalb welcher der Stärkemehlkörper liegt. Das gedroschene Korn
in
der Form,
wie es
in die
Mälzerei gelangt, spißt sich nach oben und unten zu, ist aber an diesen beiden Stellen offen, nämlich oben infolge der ab. gebrochenen Granne, unten an der Stelle, wo das Korn in der Aehre angewachsen war.
Durch beide Oeffnungen kann in das
Korn, beim Wachsthum in der Erde oder beim Mälzen in der Mälzerei, Wasser Keim eindringen.
in das Innere,
den Mehlkörper
und
den
Im übrigen ist die Hülſe nicht durchlässig für
Wasser. Sie besteht aus Cellulose, deren Zellen verkieselt sind 1* (921) Sammlung. N. F. XI. 264.
6
und
auch etwas
weniger
mit
organischen
Substanzen,
wie
Kalcium, Kalium, Natrium pp . in ihren chemischen Verbindungen durchsetzt sind, und auch etwas Phosphorsäure enthalten. Unter dieser Hülſe oder Epidermis liegt die Fruchthaut, aus mehreren Cellulose-Zellschichten bestehend, und darunter die zarte Samenhaut, die in den Mehlkörper übergeht . Der Mehlkörper beſteht aus Stärkemehl in unaufgeſchloſſenem Zustande.
Um die Auflösung zu bewerkstelligen, gehört Waſſer
dazu, das durch die Spizenöffnung des Kornes eindringt. Der Keim besteht aus der innen liegenden Wurzelanlage h, von welcher das Wachsen des Kornes
ausgeht, der darunter
liegenden Wurzelscheide i m 1, und dem darüber liegenden Blatt. feim g. Die Wurzelscheide wächst in zwei
oder mehreren Wurzel-
keimen nach unten aus dem Korn heraus, während der Blattkeim nach oben zwischen Hülle und Mehlkörper weiter wächst . In der Natur entsteht beim Weiterwachsen aus den Wurzelkeimen die Wurzel der Gerstenpflanze, aus dem Blattkeime die Pflanze über der Erde. Beim Mälzen behufs der Bierfabrikation muß aber das Wachsen des Kornes in einem gewiſſen Stadium unterbrochen werden aus dem folgenden Grunde :
Wenn in der Natur die Pflanze wachsen soll, so muß der ganze Mehlkörper, welcher die aufgestapelte Nahrung für den Pflanzenkeim in derselben Weiſe darstellt, wie der Eiweißkörper im
Ei für die Entwickelung des Vogelembryos, zum Zwecke
des Wachsthums verbraucht werden . In der Bierbrauerei dagegen entsteht das Bier aus dem Stärkemehl, und daher muß in der Mälzerei so viel Stärke. mehl
als
solches
erhalten werden,
wie irgend
möglich ist.
Erfahrungsgemäß hat man das Wachsen zu unterbrechen, wenn die Wurzelkeime etwa zwei Drittel der Länge des Gerstenkornes erreicht haben. (922)
Der Blattkeim muß sich dann noch innerhalb des
7
Kornes befinden, und darf noch nicht durch die obere Oeffnung desselben nach außen durchgebrochen sein.
Die zur Bildung der
Keime verbrauchten Stoffe, und namentlich das dazu in Cellulose umgewandelte verloren.
Stärkemehl,
geht für die Bierfabrikation
Es kommt daher darauf an, klar zu legen, weshalb
denn überhaupt ein geringes Wachsen des Kornes,Edas Mälzen, nöthig ist. Das fertige Bier
enthält nämlich vorzugsweise
gewiſſe
Extrakte und Alkohol, welche aus dem Gerstenkorne sich entwickeln. Das Stärkemehl ist aber in dem Zustande, in welchem es sich in dem Korne befindet, nicht ohne weiteres umwandlungs. fähig .
Dazu gehört eine gewisse Auflösung und ein während
des Wachsens entſtehender Zuſtand, der allmählich aus Folgendem verstanden werden wird. Man versteht unter der organischen Chemie, mit der wir hier hauptsächlich zu thun haben,
diejenigen Substanzen, die
mehrere Atome Kohlenstoff (C) enthalten.
Diese finden sich ver-
bunden, chemisch verbunden, mit mehreren Atomen Waſſerſtoff (H), Sauerstoff (0) oder Stickstoff (N), vielfach auch noch mit Atomen von Chlor, Schwefel 2c.
Durch Verbindung der verschiedensten
Anzahl von Atomen der verschiedenen Substanzen entsteht eine außerordentliche Mannigfaltigkeit
organischer Körper.
Ja es
giebt selbst Körper ganz verschiedenartigen Wesens , die gleiche chemische Zusammenſeßung beſißen . Es werden nach der atomistischen Hypothese diejenigen kleinsten Theilchen, aus welcher jeder Grundstoff (der nicht mehr in andere Stoffe zersetzt werden kann) besteht, Atome genannt . Diejenigen kleinsten Theilchen, aus welchen ein zusammengesetter Körper (chemische Verbindung) besteht, werden Moleküle genannt . Jedes Molekül seßt sich zusammen aus derjenigen Anzahl von Atomen der verschiedenen Grundstoffe, welche dem Körper eigen thümlich sind.
Die Form der Atome wird kugelig gedacht. (923)
Jedes Körperatom denkt man sich umgeben von einer Hülle von Weltenäther .
Während die Körperatome die Eigenschaft
besigen sich gegenseitig anzuziehen, stoßen sich die Aethertheile ab.
Daraus folgt im weiteren das Entstehen von Maſſe aus
Körperatomen, während die Aetheratome sich weit im Weltall zerstreuen. Leztere müssen außerordentlich klein sein, viel kleiner, als die Körperatome.
Diese sollen nach den Berechnungen von
den gelehrten Profeſſoren Clausius und Maxwell aber bereits so klein sein, daß man sich kaum eine Vorstellung davon machen kann. Wenn man sich einen Millimeter in zehn Millionen Theile zerlegt, so soll das Atom des Wasserstoffes nur vier solcher Theilchen im Durchmesser haben, das des Sauerstoffes sechs und das des Stickstoffes acht solcher Theilchen. Im allgemeinen nimmt man nun an, wie bereits bemerkt, daß jedes Atom der Grundstoffe von einer Aetherhülle umgeben sei.
Es kommt aber vor, daß die Grundstoffe in verschiedenen
Formen und Eigenschaften existiren . genommen,
daß die
Von Clausius wird an-
einfachste Form sei,
wenn
ein
einziges
Atom von der Aetherhülle umgeben ist, z . B. der Zuſtand des Ozons, derjenigen Sauerstoffform, die ſich außerordentlich leicht mit anderen Körpern chemisch verbindet, während der Sauerstoff in der gewöhnlich vorkommenden Form nach Clauſius
aus
lauter Doppelatomen beſtehen soll, die gemeinschaftlich von der Aetherhülle
umgeben
sind .
Dieses
aus
mehreren
Atomen
bestehende Theilchen wird dann Molekül genannt. In ähnlicher Weise muß man sich dann die verschiedenen Zustände anderer Grundstoffe denken.
Z. B. kommt Schwefel
in 3 Zuständen ganz verschiedener Art vor, Phosphor in 2, Kohle in 3 Zuständen, als Kohle, Graphit und Diamant. Es ist auch hier der Unterschied zwischen chemischer Verbindung und Mischung der Körpertheilchen zu erkennen . die Atome sich unmittelbar berühren, (924)
Wenn
und die ganze Gruppe
9
von der Aetherhülle´umgeben ist, so stellt diese Gruppe, das Molekül, eine chemische Verbindung dar.
Falls etwa mehrere
Moleküle in dieser Weise vereinigt, und etwa gemeinschaftlich von der Aetherhülle
umgeben sind, so tritt der oben berührte
Fall ein, daß Stoffe von gleicher chemischer Zusammensetzung in ganz verschiedener Form, in Molekülgruppen, erscheinen .
Es
wird aber auch einleuchten, daß es möglich wird durch Spaltungen diese Stoffe in andere zu verwandeln,
besonders leicht durch
Spaltung der einzelnen Moleküle in den Molekülgruppen von einander. Dies
ist ja alles Hypothese,
aber eine so
einleuchtende
Hypothese, daß man sich auch das Uebergehen der Stoffe aus einem Aggregatzustande in den anderen leicht vorstellen kann . Es schwimmen gewissermaßen die Körpermoleküle in einem Aethermeere. Nähern sie sich infolge ihrer Anziehungskraft so weit, daß sie sich an einander nicht mehr verschieben können, ſo iſt
-
der Körper fest.
Ist die abstoßende Wirkung des Aethers
gleich der anziehenden der Moleküle, so ist Gleichgewicht vorhanden, die Moleküle können sich an einander vorbeibewegen, der
Körper
ist
flüssig.
Wirkung des Aethers,
Ueberwiegt
aber die
abstoßende
so bewegen sich die Moleküle, immer
fortgestoßen durch den Aether,
geradlinig weiter fort,
bis die
Anziehungskraft schließlich ganz verschwindet infolge der weiten Entfernung der Moleküle von einander.
Der Körper iſt gas-
förmig . Es wird angenommen, daß bei flüssigen und festen Körpern die Entfernung der Moleküle von einander ein bis zwei Hundertmillionstel Theile eines Millimeter sein mag, während bei Gaſen die Entfernung zu dem zehntausendsten Theil eines Millimeters berechnet wird. Die Körpermoleküle schwingen unausgesezt hin und her und zwar stellen die Schwingungen die Wärme dar .
Je leb. (925)
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hafter sie schwingen,
desto wärmer ist der Körper. " Daraus
wird auch die Ausdehnung der Körper durch die Wärme verständlich, weil sie zu lebhafteren Schwingungen
mehr Plat
gebrauchen und sich entsprechend von einander entfernen müſſen. Die Schwingungen der Aethertheilchen, die ebenfalls unausgesezt vorhanden sind, stellen den elektrischen Strom und das Licht dar.
Es wird nicht schwer sich vorzustellen , daß die
Aetherschwingungen einen Einfluß auf die Körperschwingungen üben können und umgekehrt, so daß begreiflich wird, Umwandlung der Kräfte in der Natur und Wege stattfinden kann.
wie die
auf künstlichem
Die Aetherschwingungen können aber auch sehr wohl derart eine Wirkung üben,
daß die Aethertheilchen
auf die Atome
trennend oder sich nähernd einwirken, indem sie sich nämlich zwischen die Atome schieben oder hinausgeschoben werden. Auf diese Weise
kommt
eine
chemische Wirkung des
elektrischen
Stromes oder des Lichtes, auch der Röntgenstrahlen, zu ſtande, d . h. die chemische Wirkung, wie wir solche z . B. bei der Photographie auf der Platte durch Zersehung der Silbersalze sehen, ist den Aetherschwingungen im allgemeinen eigen. Es wird sich auch hier in der Bierbrauerei wiederholt Gelegenheit finden darauf hinzuweisen . Kehren wir nun zurück zum Gerstenkorne .
Das Stärkemehl darin hat die chemische Zusammenſeßung 5/ d. h. jedes Molekül Stärkemehl besteht aus 6 Atomen Co H10 05,
Kohlenstoff, 10 Atomen Wasserstoff und 5 Atomen Sauerstoff. Dieselbe chemische Zusammensetzung besigen aber, außer dieſem löslichen Stärkemehl, noch der Kleister, die unlösliche Cellulose, das Dextrin und das Röſtgummi . Den Unterschied hat man sich zu denken als eine andere Art der Gruppirung mehrerer solcher Moleküle .
So ist es z . B. als gewiß anzunehmen, daß jedes
Molekül des löslichen Stärkemehls aus einer Gruppe von Mole(926)
11
tülen CH100
besteht.
Nur auf solche Weise ist die später zu
zeigende Spaltung zu erklären . So lange noch Vorrath an Stärkemehl im Korne ist, kann das Pflänzchen noch wachsen, indem sich das Stärkemeht (Amylum) in Cellulose verwandelt. aber der Vorrath zu Ende ist,
Sobald
muß die Pflanze ihre zum
Wachsen erforderliche Cellulose aus dem Erdboden und der Luft sich bilden, und zwar aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. In der Erde ist genug, durch die Zersehung, Verfaulung, Verwesung pp ., fein vertheilter Kohlenstoff vorhanden,
in der
Luft Kohlensäure CO2, im Wasser H,2 O. Man kann sich daher das Entstehen der Cellulose C,6 H10 О, aus 6C + 5H₂ O oder 6C 0₂2 + 5H₂ O oder aus Zwischenstufen denken, die von der Pflanze
verarbeitet
werden .
In lezterem Falle
athmet sie
Kohlensäure ein und Sauerstoff aus, und trägt ſo zur Reinigung der Luft bei. In
unserem Falle
müssen
diese Umwandlungen,
Um-
gruppirung oder Spaltungen der Moleküle oder Molekülgruppen auf andere Weise geschehen, und das geschieht durch mancherlei Mittel .
Außer der chemischen Wirkung der Aetherschwingungen
(elektrischer Strom, Kathodenſtrahlen, Röntgenstrahlen, ultraviolette Strahlen, Licht) wirken noch spaltend die Bakterien und Ba cillen (worauf wir bei der
Gährung zurückkommen
werden),
ferner verdünnte Säuren in bestimmten Fällen, z . B um unvergährbaren
Zucker
oder
Stärkemehl
in vergährbaren
Zucker
(Traubenzucker) zu verwandeln (worüber wir bei den Surrogaten sprechen werden), und endlich die Fermente, mit denen wir uns hier speziell zu beschäftigen haben .
Es wird ja neuerdings in
Aussicht gestellt, daß man mit Hülfe des auf elektrischem Wege im
elektrischen Ofen
hergestellten Kalciumkarbids
aus
Holz
(unlöslicher Celluloſe) im ſtande sein werde, lösliches Stärkemehl und Zucker, d . h. also menschliche Nahrungsmittel herzustellen durch Umgruppirung der Moleküle oder Spaltung .
Vorläufig (927)
12
ist das ja freilich ein frommer Wunsch, aber wenn man ſieht, wie mit Hülfe des Kalciumkarbids C.Ca, im Verein mit Waſſer H, O, Acetylen C, H₂, das zur Beleuchtung Verwendung findet, und Kalk Ca O ohne Weiteres als Reſultat einfacher Berührung sich bilden, so mag die Erwartung nicht ganz so phantaſtiſch sein. Hier in unserem Falle haben wir aber mit den Fermenten zu thun, und zwar speziell mit der Diastase und der Peptase , welche die Spaltungen der Molekülgruppen veranlassen. weiß nicht recht, was die Fermente eigentlich sind .
Man
Es wurde
mehrfach gemeint, daß sie Bakterien seien, welche die betreffenden chemischen Zersehungen vornehmen.
Indessen ist diese Ansicht
nicht durchgedrungen, und es gilt wohl als ziemlich sicher, daß die Fermente nichts anderes, als gewiſſe chemische Verbindungen ſind, die ebenso wie das Kalciumkarbid ohne weiteres Spaltungen vornehmen können. Etwas Aehnliches ist auch das Pepsin, welches in unſerem Magen die Verdauung bewirkt .
Die Fermente sind ſtickſtoff,
haltige Körper, sind aber wegen des geringen Stickſtoffgehalts noch nicht zu
den Eiweißkörpern zu
beſißt die Eigenschaft,
rechnen.
Die Peptase
die unlöslichen Eiweißstoffe löslich zu
machen, während die Diastase die Stärke in Dextrin und Zucker verwandelt. Beide Fermente bilden ſich im Keim, eine geringe Menge ſcheint ſchon in dem Gerstenkorne vorhanden zu sein.
Es iſt
schwer, bestimmte Feststellungen, sowohl über die genaue Zu ſammenſeßung , wie über die Natur und die Menge der Fermente zu machen.
Nun ist sicher, daß zuerst das eindringende Waſſer
(in der Natur in der Erde, beim Mälzen während des Einweichens) im Mehlkörper diejenigen Bestandtheile auflöſt, leicht löslich sind,
und die Fermente
die
aus den Proteinkörpern
(Eiweiß) sich bilden läßt. Die Diaſtaſe führt dann das Stärkemehl in die bereits bezeichnete Lösung über, und verwandelt es (928)
13
entsprechend, und die Peptaſe bewirkt die Lösung eines Theils der Proteinköper.
Sobald so
viel
Diastase gebildet worden ist,
als zur
späteren
völligen Umwandlung des Stärkemehls erforderlich ist, muß das Mälzen unterbrochen werden, wie bereits oben bemerkt. Durch das Eintreten des kalten Wassers quillt die Stärke auf, ohne gelöst zu werden, die Hülle der einzelnen Stärkezellen plagt, wie man annimmt,
und
die
Diastase findet
leichten
Zugang zu der fein vertheilten Stärke. Im warmen Wasser ist die Stärke löslich, die dann zu Kleister wird, der bekannten gallertartigen Maſſe .
In diesem
Zustande, den wir später beim Maischen besprechen werden, vollzieht sich die Umwandlung durch die Diastase schnell und vollständig .
Wird aber der Stärkekleister erwärmt, bis über
50º C., so wird er hart und fest, und undurchdringlich für die Diastase.
Die Wirkung der Diaſtaſe läßt sich nun chemisch so
darstellen, daß 1 Stärkemolekül = 3 (C6 H10 05) + H,2 O (Waſſer) gespalten werden in Dextrin und Maltose C6H10 05 + C12H22O11 Dextrin ist eine gummiartige Substanz,
die direkt nicht
vergährbar ist, und daher durch den Brauprozeß ziemlich unversehrt hindurchgeht .
Sie trägt zu dem vollmundigen Geschmack
des Bieres, namentlich in geröstetem Zuſtande, bei . Diese erwähnte Ueberführung ist die Aufgabe des Mälzens und Maischens . Es sollen aber auch die weiter noch vorhandenen Zuckerstoffe erwähnt werden, die bei der Bierbrauerei vorkommen, und dazu mag folgende Skala dienen :
Ce H10 05
Dextrin, lösliche Stärke, unlösliche Cellulose,
Röstgummi. == Maltose oder Rohrzucker. C12 H22 O₁11
Erstere vergährbar,
letterer unvergährbar . (929)
14
C。 H12 06 Ce
Glukose, Traubenzucker, Fruchtzucker, Milchzucker, alle vergährbar.
12 H22 011 + H₂2 O verwandelt wird Es kommt daher vor, daß C₁₂ in 2 (C6 H12 06). Auch Rohrzucker kann durch ein Invertferment (Invertin) vergährbar gemacht werden. - Es sei noch erwähnt, daß auch etwas Fett (nur aus C und H beſtehend) im Malz vorhanden ist,
welches
beim
Mälzen
den
eigenthümlichen Malzgeruch
erzeugt, und daß beim Wachsen einige organische Säuren entstehen, namentlich Milchsäure, die üble Wirkungen auf das Bier ausüben kann. — Nachdem die genügende Menge von Diaſtaſe gebildet worden ist, muß das Malzkorn getrocknet werden, um das weitere Wachsen zu verhindern .
Ohne Wassergehalt konnte
die Umwandlung nicht vor sich gehen, wie aus der betreffenden chemischen Formel hervorgeht.
Daher ist die
erste
beim Darren des Malzes die Trocknung desselben.
Aufgabe
Weil aber
schon bei wenig über 50° C. das gelöste Stärkemehl (Kleister) hart und undurchdringlich wird (Glasmalz, Steinmalz), ſo darf auf der Darre zuvörderst nur bei mäßigen Temperaturen getrocknet werden. Sobald das Wasser verdunstet und die Stärke trocken geworden ist, können höhere Temperaturen ohne Gefahr angewendet werden.
Die Bildung von Glasmalz ver-
ringert die Ausbeute, weil dieses umgewandelt werden
kann ;
es
nicht weiter im Brauprozeß verursacht,
zerkleinert,
ſpäter
Kleistertrübungen im Bier. Aus dieser Darstellung in der Praxis
angewendet werden. Malz
auf der
wird nun auch deutlich,
mit Vorliebe zwei
oder
weshalb
dreihordige Darren
Die zugeführte Wärme wird zuerst dem
unteren Horde zu
theil,
und
die dort aus.
ſtrömende Wärme, natürlich wesentlich von geringerer Temperatur, strahlt erst auf das Malz der oberen Horde aus .
Auf dieſe
Weise wird die Bildung von Glasmalz verhindert. (930)
Die Tem-
15
peratur auf der oberen Horde darf nur 45 bis 50 ° C. erreichen, während
unten die Temperatur
nach Bedarf ansteigen kann .
Hier wird dem Malz bereits die Farbe ertheilt, die das Bier später erhalten soll,
indem sich das Röstgummi bräunt
schließlich in Karamel (braunen Zucker) übergeht .
oder
Das Pilsener
Malz (für die hellen Pilsener Biere) wird mit 60º C. abgedarrt. Das Röstgummi bleibt bei dieſer Temperatur auch ungebräunt. Wiener Malz (für goldfarbige Biere) wird mit 80 bis 95 ° C. abgedarrt.
Dabei wird das Röſtgummi gebräunt,
das Malz
erhält die Goldfarbe. Bayrisches Malz für dunkle Biere wird mit 95 bis 110° C. abgedarrt.
Bei diesen hohen Temperaturen bildet sich bereits
brauner Zucker (Karamel), indem ein Theil des H und O verflüchtigt.
Karamel ist daher
gehaltreicher
an
C,
als Röſt-
gummi.
Vielfach wird
zugesezt.
Dies ist ganz dunkel gebranntes Malz, das rein als
Färbemittel dient.
auch sog .
Farbmalz
beim Maischen
Die sog. Vollmundigkeit beim Biere, die
bei dem dunklen Bier mehr vorhanden ist, als bei den helleren, hat ihre Ursache in dieſem gebräunten Röſtgummi, Dextrin und braunen Zucker.
Dextrin ist eine gummiartige Substanz, die
sonst viel zum Kleben,
bei der Kattundruckerei zum Anheften
der Farben auf dem Zeug benutzt wird .
Das Dextrin ertheilt
dem Bier die klebrige Beschaffenheit . Nachdem nun im Fortgang des Brauprozeſſes das Malz die Schrotmühle paſſirt hat, gequetscht,
auf welcher
nicht geschroten wird,
das Korn nur so
daß das Stärkemehl aus der
Hülse gepreßt wird, beginnt die Einmaischung.
Es ist ja nun
freilich während des Abdarrens ein Theil der Diaſtaſe verloren gegangen, die bei hoher Temperatur zerstört wurde, aber es ist noch genug übrig geblieben, um den Maischprozeß einleiten zu können.
Immerhin ist desto mehr Diastase im Malz erhalten
geblieben, je niedriger die Abdarrtemperatur war, d . h . je heller (931)
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das Malz ist, desto mehr Diaſtaſe iſt in demselben, desto größer ist die diastatische Kraft des Malzes, desto schneller kann die Verzuckerung im Malze vor sich gehen. Dieſe diaſtatiſche Kraft kann bei sehr niedrig abgedarrtem Malz (40—50º C.) oder bei ganz ungedarrtem Malz ( Grünmalz) sehr groß sein. In der Branntweinbrennerei dient das Malz eigentlich mehr dem Zwecke, große diaſtatiſche Kraft dem Maischgut zuzuführen, als dem, aus seiner Stärke Alkohol zu erzeugen . das billigere Stärkemehl der
Kartoffel,
das
Dazu dient vielmehr
des Getreides (Roggen,
durch
die
Diastase
der
Mais) oder Verzuckerung
unterliegt. In der Bierbrauerei sollen keine andere Substanzen, als das gedarrte Malz, zur Verzuckerung Verwendung finden, und deshalb ist es sehr wichtig, das Stärkemehl so viel wie möglich diesem Zwecke zu erhalten,
aber mit
weniger Diaſtaſebildung
sich zu begnügen, die für die im Verhältniß geringere Menge von Stärke ausreicht. Der Zweck des Einmaiſchens ist vollkommene Verzuckerung des Stärkemehls .
Dazu gehört vollkommene Aufschließung des-
selben, und das geschieht am besten durch die Verkleiſterung, d . h. durch Auflösung der Stärke in warmem Wasser .
Die Kleister-
bildung vollzieht sich am besten bei 40 bis 50 ° C., oder wenig darüber. Bei der Temperatur von etwa 40° C. kann auch noch Diastasebildung stattfinden, bei wesentlich höherer Temperatur wird ihre zuckerbildende Wirkung geschwächt. Es kommt also
darauf an,
das Maischgut
erst sehr all-
mählich auf die Maischtemperatur zu bringen, und die vollständige Verzuckerung vor sich gehen zu laſſen, wenn das ganze Stärkemehl vollkommen gelöst ist . Maischverfahren, und
es
ist
Danach richtet sich das
einleuchtend,
daß es
Beziehung vielerlei Maischmethoden geben kann. sind nicht ohne Einfluß (932)
in dieſer
Diese Methoden
auf den Charakter des Bieres .
In
17
Deutschland ist die bayrische Braumethode
am
verbreitetsten,
das sog. Dickmaischverfahren. Dabei werden kleinere Portionen des Maischguts erwärmt, wieder zugeführt.
und dann der Maſſe im Maischgut
Auf diese Weise wird die Temperatur des-
selben nach und nach gesteigert, bis etwa 60° bis 65° C. Wird zu warm abgemaischt, die Maische verbrüht, so wird die Diastase zerstört und das Verzuckern eingeschränkt.
Dann bleibt unzer.
ſeßtes Stärkemehl in der Maische,
abgesehen von der
geringeren Ausbeute,
auch den
das,
Uebelstand
im
Gefolge hat,
Trübungen (Kleistertrübung) im Biere zu verursachen .
Das .
selbe ist der Fall, wenn die Vermischung des Stärkemehls mit Waſſer beim Einmaischen ungeschickt vorgenommen wird .
Es
klumpt dann das Mehl zusammen und bietet der Diastase zu wenig Angriffspunkte, so daß auch dann unverzuckertes Stärkemehl im Maischgut verbleibt. Bei höheren Abmaischtemperaturen bildet sich mehr Dextrin im Verhältniß zu Maltose, andere Biercharakter.
und daraus
folgt denn auch der
Da ja auch bei höheren Temperaturen
braunes Röstgummi entsteht, so ist man wohl im ſtande durch höhere Abmaischtemperaturen auch noch beim Maischen dunklere Bierfarben zu erzielen .
Im ganzen
ist dies
jedoch ziemlich
beschränkt, das Meiſte muß in dieser Beziehung die Abdarrung thun.
Die
65° C.
gewöhnliche
Abmaischungstemperatur ist 60 °
Man pflegt sie aber nach dem zu
zu modifiziren. Zucker (Maltose) angegeben ,
das
Es wird zu
in der Regel das Verhältniß von
Nichtzucker
abhängig
bis
erzeugenden Biere
ist
(Dextrin , Röstprodukte 2c.)
von
der
Abmaischtemperatur.
Dieses Verhältniß ist
bei Pilsener, ganz hellem, Bier etwa . 100 : 40 "/ goldgelbem Bier, Wiener, etwa . . 100 : 50 "/ bayrischem, dunklem, Bier etwa .. 100 : 60-70. Daraus erkennt man schon den mehr weinigen Charakter der 2 (933) Sammlung. N. F. XI. 264.
18
helleren Biere, bei denen eine größere Menge Maltose vorhanden ist, die sich später in Alkohol verwandelt, und der vollmündigere Charakter der dunklen Biere,
bei denen verhältnißmäßig mehr
Nichtzucker, Extrakt, vorhanden iſt. Während der Maischung werden mittelst der Peptase die unlöslichen
Eiweiße
(Glutin) verwandelt.
(Protein,
wichtig, weil sich ohne Eiweiß wickeln kann .
Kleber)
in lösliches
Eiweiß
Das ist für die spätere Hefenernährung die Hefe
nicht
genügend
ent-
Im ganzen ist wohl leicht zu erkennen, daß die
Prozesse sich im Umkreise weniger Wärmegrade entwickeln, und daß ein Abweichen davon, sowohl beim Wachsen und Darren des Malzes, wie beim Maischen, sehr üble Folgen für den Brau. prozeß im Gefolge haben kann .
Daher ist die Aengstlichkeit
der Brauer im allgemeinen erklärlich, von der einmal bewährten Methode nicht abzuweichen . Es sei nun angenommen , daß die vollständige Verzuckerung beim Maischen stattgefunden habe,
und das ganze Stärkemehl
3 (C。 H10 05) + H₂ O in C H10 Og und C12 H22 011 (Dextrin und Maltose) umgewandelt sei . es nöthig
ist,
um
Dextrin herzustellen, charakter erfordert, übergeht.
Dabei sei noch bemerkt, daß
ein anderes Verhältniß je nachdem daß
ein Theil
es
der
des
von Maltose zu beabsichtigte Bier.
Dextrin in Maltose
Dies ist unter Anwesenheit von Wasser, wenn auch
nur auf einem Umwege, durchzuführen. Das Dextrin ſpaltet ſich nämlich in Amylodextrin und Maltose.
Das Amylodextrin kann
sich bei weiterem Fortgang des Prozesses wieder spalten, zuerſt in Erythrodextrin,
und
dann in Achroodextrin,
worauf dann
endlich der gänzliche Uebergang in Maltose sich vollzieht. Diese verschiedenen Dextrinarten sind durch die Jodprobe unterscheidbar, die eine verschiedene Färbung mit ihnen hervorruft ;. ſonſt ſind die chemischen Unterschiede bis jezt
noch nicht deutlich genug
dargelegt, um sie hier besprechen zu können . (934)
19
Auf die Maischung folgt das Abläutern .
Dabei wird die
Auslaugung aller löslichen Substanzen aus dem Maischgut vorgenommen, sowie die Filtration behufs Zurückhaltung mecha. nischer Beimengungen .
Das Resultat dieses Vorganges ist die
Würze (Malzertrakt). Als Filtermaterial dienen die Hülsen der Malzkörner und die Celluloſe derselben, die man über Siebplatten in
einem Bottich von
flacher
großem Durchmesser (Läuterbottich)
Schicht lagern läßt.
wird noch übergespritzt,
in
Fein vertheiltes heißes Wasser
um die Auslaugung des Maischgutes
möglichst vollständig zu bewirken .
Der Brauer betrachtet die
abfließende Würze in einem Schaugläschen, mit dem er Proben aus der Würze entnimmt, und überzeugt sich durch das Auge, ob die Würze klar ist.
Es
läßt sich dabei erkennen, ob nicht
etwa unverzuckertes Stärkemehl in der Würze geblieben ist, das unaufgelöst bleibt und daher Trübungen verursacht . Das würde auf unrichtigen Verlauf des Maischprozesses hinweiſen. Die Trübung kann allerdings auch den unschädlichen Grund der Ausscheidung von gelöſtem Eiweiß ( Glutin) haben, das bei Abküh. lung der Würze vorkommt.
Die Abkühlung der Würze bei zu
langsamer Filtration führt aber auch zu lebhafter Entwickelung organischer Säuren, besonders der Milchsäure C, H,6 O , die unterhalb 50° C. in der Würze zu stärkster Vermehrung durch Zersehung der Maltose gelangt. Diese Säure, deren Entwickelungskeime immer vorhanden sind, schon vom Wachsen des Malzes her, ist äußerst schädlich für das Bier, und zerstört neben der Essigsäure sehr bald den angenehmen Biercharakter , macht es vielmehr sauer.
Daher ist es
wichtig
im Brauprozesse
Vorgänge zu vermeiden, die zur Verzögerung beitragen können .
alle
beim Abläutern
Geringe Menge von Milchsäure ist übrigens
nicht schädlich. Die Würze des
Lagerbiers
enthält nun
gewöhnlich in
100 Gewichtstheilen etwa 9,5 bis 11,0 Gewichtstheile Extrakt, 2* (935)
20
und zwar etwa 6,6 Maltose, 3,4 Dextrin,
0,7 Proteinstoffe,
0,2 Asche, 0,7 verschiedene mineralische Bestandtheile (Kali, Kalk, Magnesia,
Phosphorsäure, Kieselsäure),
während die Trebern
(die unlöslichen Bestandtheile des Malzes, die Hülſen, die als Filtermaterial beim Abläutern dienten) außer Cellulose hauptsächlich Kieselsäure,
der unlöslichen
Phosphorsäure und Kalk
enthalten. Bei dem darauf folgenden Kochen der Würze in der Bierkochpfanne wird das Eiweiß (Proteïn) ausgeschieden, indem es bei der Kochtemperatur gerinnt.
Gleichzeitig wird der Hopfen
beigegeben, dessen Dolden Hopfenbitter, Hopfenöl und Hopfenharz enhalten.
Das Hopfenbitter, hauptsächlich Gerbsäure, hat
eine etwas konservirende Eigenſchaft auf das Bier, das Hopfenöl theilt ihm den aromatischen Geschmack
und Geruch mit,
die
dem Hopfen eigen sind, während das Hopfenharz auf dem Kühlschiff und in der Gährung wieder ausgeschieden wird . Alle diese Bestandtheile bleiben allerdings
noch in der Flüssigkeit
untergemischt, und lagern sich erst bei der nun folgenden Kühlung auf dem Kühlschiff oder im Kühlbottich während der Ruhe ab und sinken zu Boden.
Dieses sog .
unlöslichen Stoffen etwa 60 %
Kühlgeläger enthält
an
(Proteïnkörper 34 %, Hopfen-
harz 16 %, Cellulose 6 % , Asche 4% ), und an löslichen etwa 40 %
(Maltose 16 % , Dextrin
theile 2 %).
22 % , anderweitige Bestand.
Die lezteren werden meistens durch nochmalige
Auslaugung im sog . Trubsack wiedergewonnen . Die Abkühlung muß so schnell wie möglich erfolgen, um Zersehung
der Würze durch fremde Körper
vorzubeugen, die
gerade hier bei etwa 40° bis 50 ° C. sehr lebhaft in Milchsäure und Buttersäure sich vollzieht.
Auf dem Kühlapparat, meistens
Berieselungssystem, wird die Würze bis etwa 5° C. abgekühlt, mit welcher Temperatur sie in die Gährbottiche übergeht. Die Aufnahme von Luft ( Sauerstoff) in die Würze während der (936)
21
Abkühlung, ist für die Entwickelung der Hefe wichtig, die zu ihrer
Entwickelung freien
Sauerstoff
gebraucht.
Allerdings
können mit der Luft auch schädliche Keime Zutritt finden, die störend auf die normale Entwickelung des Bieres Deshalb
wird
jezt
einwirken.
vielfach die Abkühlung in geschlossenen
Räumen bewirkt, und nur ſteriliſirte (filtrirte) Luft zugeführt. Die Gährung wird bei niedrigen Temperaturen, 8 ° bis 10º C., vorgenommen, sie besteht in der Ueberführung der Maltose mit
11 + H₂2 O in Alkohol und Kohlensäure durch Waffer C12 H22 O₁₁ Spaltung, nämlich
in 4 C₂H, O + 4 CO2.
Diese Spaltung
besorgen die Gährungspilze, die Hefe, die eine ganz besondere Man kennt drei Klassen
Form der Bakterienpilze darstellen.
von mikroskopischen Pilzen, welche sämtlich Spaltungen orga= nischer Substanzen vornehmen, jede Art eine andere Spaltung . Die Klassen werden bezeichnet als Sproß., Spalt, und Schimmelpilze.
Erstere sind die ſpezifiſchen Biergährungspilze ( Saccha-
romyces), deren es eine große Menge von Arten giebt.
Zu
den Spaltpilzen gehören die Milchsäure-, Buttersäure ., Essigsäure. pilze,
ferner alle bei
der Fäulniß und Verwesung nöthigen
Arten, die Krankheitspilze, wie Cholera , Tuberkel , Diphtheritis. pilz.
Wenn sie langgestreckte Form, Stäbchen, haben, so nennt
man sie Bacillen, sonst aber allgemein Bakterien .
Die mikroskopischen Pilze bilden eine Zelle, welche aus dem, von einer Membran eingeschlossenem Plasma bestehen, das mit einer Anzahl von Vakuolenkörnern erfüllt ist. Gährungspilze sind kugelförmig
oder
unter dem Mikroskop ihre Art
mehr
Form
erkennen .
Andere Arten geben
oval,
Die Zellen der und
man
oder weniger
fann
an der
auch dem Bier
einen
etwas anderen Charakter, auch verläuft die Gährung verschieden, wie ja scharf an dem Unterschied des untergährigen (Lagerbier) und des obergährigen (Braun- und Weiß-, Porter- und Ale- ) Bieres zu
erkennen ist .
Beim
ersteren sinkt die Hefe beim (937)
22
Schlusse der Gährung nach unten, bei leßterem lagert sie sich oben ab.
Der Charakter der danach entstehenden Biere ist ein
weit verschiedener . Die Größe
einer
ausgewachsenen Bierzelle ist etwa der
zweihundertste Theil eines Millimeter im Durchmesser gemessen . Die Bacillen sind zum Theil noch bedeutend kleiner. Die Fortpflanzung
der Biergährungspilze erfolgt derart,
daß an einer Stelle der Zellwand eine Ausbauchung, Sproße, sich bildet, die immer größer wird. und Vakuolen)
Der Zellinhalt (Plasma
bleibt zuvörderst noch mit dem Inhalt der
Mutterzelle in Verbindung, bis sie sich an der Verbindungſtelle weiter einschnürt und endlich zur selbständigen Zelle wird . Sie kann sich dann abtrennen, kann aber auch mit der Mutterzelle noch in loser Verbindung bleiben.
Derselbe Vorgang wieder.
holt sich nun an Mutter- und Tochterzelle und so fort, so daß eine außerordentlich schnelle Entwickelung der Hefe folgt. Was die chemische Zusammenseßung der Hefe betrifft, ſo besteht die
Zellmembran
aus Pflanzencellulose,
die Trocken.
ſubſtanz des plasmatischen Juhalts aus 60 bis 62 % ſtickſtoffhaltiger (eiweißartiger) Substanz, 28 bis 30 % Celluloſe, 2 bis 3 % Fett und 6 % Asche,
vorzugsweise phosphorſaurem Kali .
Die Vakuolen scheinen vorzugsweise aus Fett zu bestehen .
Man
erkennt daraus schon, wie wichtig für die Entwickelung der Hefe der Gehalt an Fett und stickstoffhaltigen Substanzen im Gerstenkorne ist, die in Löſung in der Würze in solchen Mengen enthalten sein müssen, wie zur Entwickelung der Hefe nöthig ist. Die Spaltpilze vermehren sich in der Weise, daß sich etwa in der Mitte der Zelle eine Einschnürung herausbildet, so daß aus der Mutterzelle zwei Tochterzellen entstehen, die nun ihrerseits auswachsen und selbst zu Mutterzellen werden .
Sie
bleiben vielfach aneinander gereiht und bilden die verschiedensten Formen, wie Fäden, auch korkzieherartig gewunden, haarflechten(938)
23
artig u. dergl.
Die Form der verschiedenen Zellenarten ist eben .
falls verschieden, kugelförmig, oval, stäbchenartig pp .
Zu den
Spaltpilzen gehören verschiedene für die Bierfabrikation schäd. liche Pilze, als Milchsäuregährungspilze , die aus Glykose H12 06 = 2 C, H,6 O, Milchsäure durch Spaltung erzeugen, C 6 H₁₂ Buttersäurepilze , die Glykose C H12 06 C , H ,8 O , + 2 CO₂2 + 4 H
in Buttersäure, Kohlensäure und Wasserstoff
spalten, und der Essigsäurepilz , der den Alkohol C,2 H,6 O in Essigsäure C, H,4 O , auf einem Umwege verwandelt.
Auch der
Sarcinapilz verursacht Trübungen im Bier durch seine Thätigkeit, ebenso der Pilz der Schleimgährung
und auch die Fäulniß-
erreger. Die Schimmelpilze sind weniger direkt schädlich für die Bierherstellung.
Sie sind aber ein Zeichen, daß die Luft in
den betreffenden Räumen nicht rein genug ist. Wo sie gedeihen, da pflegen sich auch die schädlichen Pilze zu finden. Die Schimmelpilze wachsen zu vollständigen Neßen aus, interessiren uns hier aber weniger. Der Biergährungspilz, die Hefe, wird der Würze im Gähr. bottich bei etwa 5º C. zugesezt, und zwar in der Regel 21 Hefe auf 1001 Würze.
Die Gährung verläuft dann bei niedriger
Temperatur im Keller und Bottich (5 ° -7 ° C.) in etwa zehn Tagen, zuerst langsam, dann stürmisch, eine hohe Decke auf der Oberfläche bildend , weil die Hefe mit der sich entwickelnden und entweichenden Kohlensäure nach oben gerissen wird .
Wenn
die Hefe ihre Arbeit gethan hat, und keinen oder wenig Boden mehr für ihre Thätigkeit findet, d. h. die Maltose in Alkohol und Kohlensäure verwandelt ist, so tritt allmählich Ruhe ein und die untergährige Hefe sinkt zu Boden. Die entwickelte Kohlensäure wird von der Würze
absorbirt,
der
Ueberschuß
entweicht. Dem Gewichte nach ist Alkohol etwa halb so schwer wie (939)
24
die Maltose,
aus der er erzeugt ist,
so daß eine Würze, die
vor der Gährung z . B. 12 % Extrakt zeigte, bei dem Verhältniß 100 : 50 der Maltose zu Nichtzucker, nach der Gährung zeigen wird 4 Gewichtsprozente Alkohol und 4 % Extrakt. Der Vergährungsgrad pflegt dann auch bei Bier nahezu die Hälfte des ganzen Extraktgehaltes (Alkohol + Nichtalkohol) darzustellen .
Man spricht bei Bier von 45 bis 52 %
Ver-
gährungsgrad. Um die Vergährung der direkt vergährungsfähigen Substanzen sich möglichst vollständig vollziehen zu laſſen, läßt man das untergährige Bier noch eine lange Lagerzeit von zwei bis drei Monaten bei kühler Temperatur durchmachen, während welcher Zeit die Nachgährung vor sich geht, und vollständige Klärung des Bieres eintritt. Die Zusammensehung der gewöhnlichen Lagerbiere iſt nun : In 1000 g Bier, gleich nahe 1 1, ſind enthalten, in Gramm (aus Analyſen entnommen) :
Wasser Alko hol
Helles Bier (Pilsener Charakter)
Goldgelbes Lagerbier (Wiener Charakter) Dunkles Bier (Bayrisch. Charakter)
Stickstofffreie Extraktivstoffe, Dextrin, Röst. gummi 2c.
Proteïn Asche (eiweiß. (minera. artige lische Sub . Stoffe) stanzen)
915,6
34,7
44,0
3,7
2,0
903,7
36,2
52,8
5,2
2,1
889,3
40,8
61,7
6,2
2,3
Leichtere Biere enthalten mehr Wasser, aber weniger Alkohol und Extrakt, schwerere Biere weniger Wasser, aber mehr Alkohol und Extrakt. Die Grenzen sind : 25 Alkohol ...... Stickstofffreie Extraktivſtoffe 34 1,4 Proteïn .... Mineralische Substanzen .. 1,4 (940)
g bis 57 "1 " 88 " • 8,3 " " 4,0
g #1 " "
25
In der Asche sind enthalten (mittlere Zusammenstellung aus einer Anzahl Analysen nach Thauſing) : Kali .. ca. 34,1 % (in 2 g Asche Natron " 8,5 ,, ( " 2 "! " 2,9 ,, (" 2 " Kalf "! " 6,3 " („ 2 ་་ } Magnesia 0,3 " („ 2 " " !! Eisenoxyd .. "I Phosphorsäure . " 32,1 "I し 2 " 3,1 , (,, 2 "I Schwefelsäure "! ་་ 9,7 " („ 2 " " די Kieselsäure " " 3,0 " (" 2 Chlor ....
100,0 %
0,682 0,170 0,058 0,126 0,006 0,642 0,062 0,194 0,060
g) ,) ,,) ,) „) ,,) ,) ,,) ,)
2,000 g
Der Gehalt an Essigsäure und Milchsäure pflegt bei guten Bieren zusammen höchstens 1/10 g im Liter zu erreichen. Es wurde bereits
erwähnt,
daß
von der während der
Gährung erzeugten Kohlensäure so viel im Biere verbleibt, als von ihm absorbirt werden kann. aber
das
Magen.
Belebende,
Die Kohlensäure bewirkt
Erfrischende ,
Bier, das seine
und
Kohlensäure
erwärmt den
verloren
hat,
schales Bier, liegt wie Blei , unverdaulich im Magen. Sobald die Kohlensäure entwichen ist, beginnt auch die Eſſig . säurebildung durch Zersetzung des Alkohol . wirkt also konservirend auf das Bier .
Die Kohlensäure
Es bleibt eine Haupt-
aufgabe ſowohl des Brauers, wie des Bierwirthes, die abſorbirte Kohlensäure (das Gewicht derselben ist in obiger Tabelle mit im Wassergewicht
enthalten) im Biere festzuhalten .
Je
kohlensäurehaltiger das Bier iſt, deſto erfrischender und bekömmlicher ist es.
Nun ist es aber Thatsache, daß die Absorptions.
fähigkeit von Flüssigkeiten für Gase zunimmt mit dem Sinken der Temperatur .
Je kälter also das Bier während der Haupt-
gährung und Nachgährung ist, desto mehr Kohlensäure kann es in ſich aufnehmen.
Daraus ist zu erkennen, wie wichtig es ist,
die Gährung und Nachgährung kalt verlaufen zu laſſen, und man
erkennt auch die Wichtigkeit der Kältemaschinen in der (941)
26
Brauerei.
Kalte Gährführung ist auch nöthig, um die Haupt.
gährung nicht zu stürmisch und die Nachgährung der Maltose gründlich, aber ohne Zersehung der Extrakte (Dextrin) verlaufen zu lassen.
Die Wirkung der Hefe nimmt bei Sinken der Tempe-
ratur ebenso ab, wie dies bei allen Bakterien der Fall ist, und steigert sich bei Ansteigen der Temperatur.
Da aber wegen der
möglichen allmählichen Vergährung der Extrakte ( Dextrin) die Wirkung der Hefe eingeschränkt werden muß auf Vergährung der leicht zu vergährenden Maltose, so
ist auch aus diesem
Grunde niedrige Temperatur der Kellereien nothwendig. Würde man die Gährung weiter stürmisch verlaufen laſſen, so würden bald alle Zucker und Extrakte in Alkohol verwandelt sein. Man sieht, daß Bier ein Getränk ist, das noch in vollem Leben begriffen ist und in dieser langsamen Nachgährung erhalten werden muß, wenn sein Charakter gewahrt bleiben soll . Daraus wird auch die Empfindlichkeit der Fabrikation deutlich gegenüber der Spiritusbrennerei, wo eben endgültige Herſtellung von möglichst viel Alkohol der Zweck ist. Kehren wir zurück zur Kohlensäure, so wissen wir, daß mit Steigerung der Temperatur, wegen der geringeren Abſorptionsfähigkeit der Flüssigkeiten, Kohlensäure entweicht .
Dadurch ver-
ringern sich aber oben erwähnte gute Eigenschaften des Bieres. Es muß also bei der weiteren Behandlung Erwärmung ver. mieden werden.
Das Abziehen des Bieres vom Lagerfaß in
die Transportfässer
darf nicht
in der Wärme vorgenommen
werden, und ebensowenig das Abziehen auf Flaschen.
Aller-
dings ist gar zu kaltes Bier für den Magen ungeſund, und es hat sich am gesundeſten und doch erfrischend eine Biertemperatur von 8 bis 9º C. bewährt.
Die Lagerräume für die Transport-
fässer in Bierwirthschaften haben daher auch am zweckmäßigsten diese Temperatur. Auch unmittelbar vor dem Genuß, beim Abzapfen in
(942)
27
das Bierglas ,
ist
es
für die Bekömmlichkeit noth .
wendig , die Kohlensäure im Biere zu lassen.
Man
muß daher staunen über den Gebrauch, das Bier im Glase schäumen zu lassen. anderes ,
als
Schaumbildung ist nichts
entweichende
Kohlensäurebl ä s chen ,
umgeben von einem dünnen Häutchen mitgerissener Flüssigkeit. so viel
In Bayern sucht man den Schaum mit Recht
wie möglich
zu vermeiden und wendet nicht das in
Norddeutschland so viel übliche Sprißen beim Ausschänken an. Der Höhepunkt des Unsinns
ist die Erzeugung des
dicken hohen Schaums beim Ausschänken des Pilsener Bieres , der durch langsames Tropfen erzeugt wird und eine schale Brühe übrig läßt.
Zu gleichem Zwecke
wird es auch mit Hefebier vermischt . Als wesentlichste Krankheiten Trübungen zu betrachten :
des Bieres sind
folgende
Glutintrübung, hervorgerufen durch
Ausscheidung des Glutins ( lösliches Eiweiß), die vorkommt in folge
Abkühlung
des
Bieres .
dann in
kleinen.
Flocken aus, löst sich aber wieder bei Erwärmung .
Diese
Trübung ist unschädlich. rührt her Ablagern.
von
nicht
Es scheidet
Hefetrübung,
ebenfalls
genügender Klärung
Die Hefenreste,
Biere zurückgeblieben sind ,
und
unschädlich, Ruhe
oder auch Hefensporen ,
die
beim im
schwimmen noch darin umher, am
meisten bei jungen, nicht genügend abgelagerten Bieren vor. tommend . Es kann auch ungenügende Nahrung der Hefe, nämlich Mangel
an löslichen Peptonen
Schuld daran sein .
oder Sauerstoff, die
Die Hefe degenerirt dann .
Als Kleister .
trübung bezeichnet man die Anwesenheit von Stärkemehlkleiſter, der nicht in Maltose verwandelt wurde, ein Fehler bei dem Maischprozeß, wie dort besprochen. Diese drei Trübungen sind unschädlich und können durch Filtration beseitigt werden .
Anders ist es mit der sogenannten (943)
28
Bakterientrübung . Das sind Zersehungen durch fremde Bakterien, Milchsäure, Buttersäure (Mannitgährung), Essigsäure, Sarcina, Schleimgährung oder Fäulnißpilze 2c. Pilze ist ein Beweis
von
Die Anwesenheit dieser
mangelhafter Produktion .
Deren
Thätigkeit geht ihren zerstörenden Gang und kann nur selten
e unterbrochen werden. Das einzige Mittel zur Unterbrechung der Thätigkeit der Bakterien ist die Erhizung .
Die Kälte verzögert die Thätigkeit
derselben nur, tödtet aber nicht die Keime.
Die Erwärmung
bildet auch das Hülfsmittel zur Konservirung gesunden Bieres, Paſteurisiren genannt (nach Pasteur beim Wein angewendel). Bei etwa 60 bis 65 ° C. werden die Hefekeime getödtet, ſo daß Erwärmung des Bieres in geschlossenen Flaschen bis zu dieſer Temperatur die Thätigkeit der Hefe beendet und das Bier jo vollkommen haltbar macht, daß es nach überseeischen Ländern exportirt werden
kann .
Freilich gehen die
Milchsäure- und
Essigsäurepilze erst bei etwa 110° C. ein, so daß bei ihrer Anwesenheit auch das Paſteurisiren keinen Erfolg hat . außerordentlich lange
In Bremen läßt man Exportbiere
lagern (6 bis 12 Monate) und die Nachgährung sehr langsam verlaufen, um sie haltbar zu machen .
Um die englischen ober.
gährigen Biere, namentlich das Ale, haltbar zu machen, sucht man sich außer der langen Lagerung Vermeidung
der Bildung
noch durch möglichste
Milchsäure
von
durch
langsames
Wachsen (14 Tage) des Malzes zu schüßen. Diese Hülfsmittel bilden meistens einen Schuß, durchaus aber keinen absoluten sicheren, wie aus der Natur des lebendigen Charakters des Bieres hervorgeht.
Um sich vor schlechter, mit
ungeeigneten oder schädlichen Sporen gemischter Hefe zu schüßen, wendet man jezt die Reinzucht der Hefe nach dem Hansenschen Verfahren an.
Sie besteht darin, aus einer einzigen geſunden
Zelle sich die Hefe entwickeln (944)
zu lassen,
in vollkommen ge-
29
schlossenen Apparaten, damit aus der Luft keine fremden Keime hinzutreten können . Es wird von guter Hefe eine geringe Portion in destil. lirtem, sterilisirtem Wasser vertheilt, ein Tropfen davon auf ein Glasplättchen genommen und unter dem Mikroskop die Anzahl der Hefezellen gezählt.
Ein solcher Tropfen wird dann in eine
solche Menge von Flüssigkeit gebracht, daß angenommen werden kann, daß z . B. in einem Kubikcentimeter Flüssigkeit nur eine Zelle sich befindet.
Man bringt dann je einen Kubikcentimeter
davon in einige Gefäße mit ſterilisirter Würze, läßt sie stehen, damit die Zellen zu Boden sinken . Stelle des Bodens
Wenn dann nur an einer
die Weiterentwickelung
der Hefe vor sich
geht, so ist sie auch nur von einer Zelle ausgegangen .
Diese
kleine Kolonie benußt man zur Weiterentwickelung , und die entstandene Hefe ist vollkommen rein und unvermischt .
Das Ver.
fahren heißt das Reinzuchtverfahren . Es ist schon früher erwähnt worden, daß durch Licht und Elektrizität chemische Wirkungen beim Mälzen vorkommen können, und es wurde die Art der Wirksamkeit zu erklären versucht. Auch auf das fertige Bier finden solche Wirkungen statt, sehr bemerkbar, wenn man sein gefülltes Bierglas in der Sonne stehen hat.
In kurzer Zeit bemerkt man die störenden Einflüsse auf
die Eiweißstoffe, das Bier bekommt einen widerwärtigen Geruch, fast wie nach Buttersäuregährung . Elektrische Ströme hat man auch schon
bei
der Haupt-
gährung ohne entsprechend befriedigenden Erfolg versucht, ebenso wie ja auch der elektrische Strom in der Gerberei noch nicht geleistet hat, was gewünscht wurde . Was nun die Ausbeute aus dem Gerstenkorn betrifft, so gehen daraus verloren die beim Einweichen ausgelaugten Stoffe, die mit dem Weichwasser fortgehen, ferner die in die Wurzelkeime übergegangenen Substanzen, und die auf der Darre ver(915)
30
dunstete Feuchtigkeit, bezw . die Menge von Wasser, die mehr im Gerstenkorn war, mäßig erhält
als im abgedarrten Malzkorn.
man
aus
100 kg Gerste
Erfahrungs-
etwa 75 bis 78 kg
Darrmalz. 24 kg Darrmalz geben etwa 100 1 Lagerbier.
Davon
bleiben etwa 8 kg als Hülse, Cellulose 2c. in den Trebern zurück, 16 kg sind beim Maiſchen extrahirt.
Davon geht ver-
loren geronnenes Eiweiß in der Bierpfanne, das Kühlgeläger, ein geringes bleibt am Hopfen haften und
auf andere Weise,
so daß z . B. angenommen werden kann, die Gewichtsprobe im Gährbottich ergäbe etwa 14 % Extraktgehalt, d . h . Würze 14 bis 14,5 kg Extrakt .
in 100 kg
Davon gehen wiederum ge-
ringe Mengen an die Hefe über, namentlich Proteïn, Celluloſe und Fett.
Im Bier bleibt etwa, wie in der obigen Tabelle,
im goldgelben Lagerbier 3,62 % Alkohol, aus 7,24 % Extrakt entstanden, 5,28 % Dextrin 2c. , 0,52 % Proteïn, 0,21 % mine. ralische Substanzen, im ganzen 13,25 % aufgenommene Extrakte. Im fertigen Biere sind dann also z . B. 90,37 g Waſſer, 3,62 g Alkohol, 5,28 g Extrakte, 0,52 g Proteïn, 0,21 g mineraliſche Substanzen und Phosphorsäure. Etwaige Surrogate müßten im stande sein, dieselben Stoffe dem Biere mitzutheilen,
ohne andere unangenehme zuzufügen,
wenn sie überhaupt als Surrogate gelten sollen. Da sind nun in erster Reihe die Getreidearten, Reis und Mais, die ebenso,
wie in der Brennerei,
dem Maischprozeß
unterworfen werden können, unter genügender Anwesenheit von Diastase.
Dabei wird Maltose und Dextrin erzeugt, es fehlt
aber das im Darrmalz erzeugte Röſtgummi, das auf die Vollmundigkeit des Bieres Einfluß hat.
Bier aus Getreide wird
daher weniger vollmundig sein, als reines Malzbier. stärkerem Maße ist das bei Reis der Fall .
In noch
Mais dagegen hat
noch ziemlich viel Fettgehalt, der auf den Geschmack Einfluß hat. (916)
31
Diese Früchte haben nur Einfluß auf den Geschmack des Bieres, sind aber in keiner Weise schädlich.. Falls der Mais vermälzt und gedarrt wird, so stellt sich alles viel günſtiger. um
Er kann als Maismalz benußt werden,
ein ebenso zusammengeseztes Bier zu erzeugen, wie aus
Gerstenmalz .
Vor einer Reihe von Jahren erschien eine solche
aus Mais erzeugte Maltose im Handel, bei welcher das Miſchungsverhältniß
mit Dextrin so hergestellt war,
wie man es bei
Gerstenmalzbier gewöhnt ist, ohne weitere schädliche Substanzen zu enthalten.
dieses
Maltosesyrups wurde
verboten, obwohl man die Anwendung
Die Anwendung
desselben ebensowenig
als eine Fälschung bezeichnen kann, als die Verwendung von Getreide oder Reis .
In Amerika wird auch kein Anstand ge-
nommen, sie zum Brauen zu benußen.
Namentlich für ober-
gährige Biere wird Traubenzncker vielfach angewendet, für unter. gährige Lagerbiere aber sehr selten . Der Traubenzucker C6H12O6 wird aus Kartoffelstärke unter Anwendung verdünnter Säure
∙10 5 + H2O , die fermentartig diese Umwandlung erzeugt, CH100 vollzieht. Der Traubenzucker ist vergährbar . Aber der im Handel vorkommende Traubenzucker ist so unrein infolge
der
Fabrikation aus der Kartoffel, daß er auf den Geschmack und die Reinheit des Bieres einen wenig angenehmen Einfluß hat. Glycerin oder Saccharin wird wohl zuweilen in geringen Mengen zugesezt, im ganzen sehr selten, weil manche Brauer glauben, daß das Bier danach vollmundiger im Geschmack ſei. Abgesehen davon, daß der Geschmack kaum dadurch gewinnen kann, ist die geringe Anwendung aber nicht schädlich. Daß heute noch in Deutschland andere schädliche Surrogate beim Brauen von Lagerbier Verwendung finden, dürfte in das Gebiet des Aberglaubens gehören .
Es müßte ein großer Mangel .
an Kenntniß des inneren Wesens des Brauprozesses dazu ge.. hören, der in Brauereien kaum mehr zu finden sein dürfte . (947) .
32
Ganz besonders
wichtig
ist die richtige Behandlag des
fertigen Bieres auf dem Wege vom großen Lagerfaß in den Kellern der Brauerei bis zum Trinkglas . Die Nachgährung im Lagerfaß verläuft, wie schon bemerkt, bei niedriger Temperatur von etwa 1 bis 2 Grad . Die Kohlen. säure, die sich während der Nachgährung fortgesezt weiter ent wickelt, wird absorbirt von dem Biere. Es ist schon früher darauf aufmerksam gemacht, daß mit sinkender Temperatur die Absorptions. fähigkeit von Flüssigkeiten für Kohlensäure zunimmt, auch unter Druckzunahme steigert.
Da die
die sich
Lagerfässer jezt
meistens in den Kellereien gespundet sind, d . h . ihre Oeffnung durch einen Spund verschlossen ist, so ist der Kohlensäuregehalt im
Biere meistens recht beträchtlich,
den zu erhalten Haupt-
aufgabe beim Bierabziehen und bei weiterem Ausschank iſt. Da man früher
das Abziehen
aus dem großen Lager-
faß in die kleineren Transportfässer im kalten Keller vornahm, allerdings mit offenen Gefäßen, so entwich immerhin ein geringer Theil von Kohlensäure .
Wenn aber gar die Transportgefäße in
einem oberen wärmeren Raum gehalten wurden und das Bier mittelst Luftdruckes, der auf das Bier des Lagerfaſſes drückte, in das obenliegende offene Transportfäßchen befördert wurde, so entwich ein wesentlicher Theil der Kohlensäure beim Ueber, tritt des Bieres aus dem falten in den wärmeren Raum. Jezt füllt man mittelst Luftdruckes die Fäßchen unten in dem kalten Keller und spundet sie auch dort.
Auch wird das Bier auf
diesem Wege durch geschlossene Filter gedrückt, welche Hefe- oder Glutintrübungen, d . h . Trübungen ungefährlicher Art, zurückhalten. Es ist überhaupt sehr wichtig, das fertige Bier überall unter Luftabschluß zu behandeln, damit die in der Luft befind . lichen Bakterienkeime keinen Zutritt zum Biere finden können. Wo die offene Behandlung nicht ganz zu umgehen ist, soll man wenigstens für reine Luft und niedrige Temperatur der(948)
33
selben Sorge tragen.
In den Brauereien selbst ist man jezt
mit Hülfe der fast überall eingeführten Kältemaschinen in der Lage, in den Räumen beliebig niedrige Temperaturen zu halten, und bis zum Transportfaß wird ja auch in guten Brauereien jezt sowohl entsprechende kühle Temperatur gehalten, wie auch von der Luft abgeschlossene Beförderung des Bieres durchgeführt . Von da an aber läßt sich der Transport der Fässer nicht anders, als in der äußeren Lufttemperatur vornehmen . werden die Exportbiere
in
geschlossenen,
mit
Eis
Zwar
gekühlten
Eisenbahnwagen beim Eisenbahntransport befördert, aber auf dem Wege in die Keller der Wirthschaften, wo das Bier ausgeschänkt wird, muß es die Straße und daher die gewöhnliche Lufttemperatur passiren.
Die Wirthschaftskeller haben am besten
diejenigen Wärmegrade, bei welchen das Bier unserem Magen am besten bekommt, und das sind 7 bis 8 Grad . Kältere Getränke führen Magen
und Darmerkrankungen herbei .
Da das Bier allmählich in gespundetem Faß die höheren Wärmegrade von 1 bis 2 Grad zu 7 bis 8 Grad annimmt, so bleibt die Kohlensäure im Bier und verursacht beim Ausschank ein schönes Mousseux. Geschieht das Abzapfen in die Gläser unten im Keller, so tritt Luft in die Fässer an Stelle des abgezapften Bieres .
Ist
die Luft unrein and dauert es bis zu völliger Entleerung einige Zeit, so gelangen schädliche Keime in das Faß, und das Bier kann während des Ausschankes verderben. gezapft etwa bis
Wenn das Faß an-
zum nächsten Tage stehen bleiben muß, ſo
wird das Bier auch schal und für den Magen faſt unverdaulich. Man sieht nun meistens Vorrichtungen in den Bierlokalen, bei welchen mittelst einer Druckpumpe das Bier durch Leitungsröhren
aus
dem Faß nach der Schankstätte gedrückt wird .
Außer obigen Uebelſtänden tritt dazu noch der Umstand, daß die langen, dünnen Bierleitungsröhren mit der Zeit verschmußen . 3 (949) Sammlung. N. F. XI . 261 .
34
Die Polizei pflegt deshalb in den Städten bestimmte Vorschriften über Reinigung der Röhren zu erlaſſen . Bei weitem besser sind die Kohlensäuredruckvorrichtungen, die jest sehr viel in Gebrauch sind .
In eisernen Behältern
von cylindrischer Form befindet sich flüssige Kohlensäure, welche sofort bei Oeffnung des Abschlußhahnes unter starkem Druck und Wärmeaufnahme verdampft .
Dieser
Abschlußhahn
durch eine Rohrleitung mit dem Schankfaß verbunden .
wird
Dadurch
wird das Bier durch die Bierleitungen nach dem Ausschanklokal gedrückt, es tritt nur Kohlensäure unter Luftabſchluß in das Bier, die lezteres damit sättigt und kühl erhält, und Verunreinigungen können nicht vorkommen .
Die Vorzüge springen in die Augen.
Schwieriger liegen die Verhältnisse mit Flaschenbier.
Die
Füllung der Flaschen kann nicht unter Luftabschluß erfolgen. Es sollte daher dafür gesorgt werden, daß die Füllung nur in reiner und falter Luft erfolgt.
In solchen Räumen, in denen
täglich viele tausende von Flaschen gefüllt werden, pflegt sich ein solcher Bierdunſt anzusammeln und eine Menge von vorbei. fließenden Bierresten, daß die Luft mit für das Bier schädlichen Keimen erfüllt ist, die in die Flaschen gelangen . Dies erscheint faſt unvermeidlich, denn die geschlossenen sogenannten isobarometriſchen Füllapparate scheinen für große Betriebe nicht recht praktisch zu sein, und deshalb ist hierauf die größte Aufmerksamkeit zu verwenden . Die Brauereien wären nun freilich in der Lage, wenigſtens falte Temperatur in den Flaschenabziehräumen zu halten, um möglichst wenig Kohlensäure entweichen zu lassen, denn sie können derartige Kühleinrichtungen mit Hülfe ihrer Kältemaſchinen recht gut treffen. Obiger Uebelstand bleibt aber immer bestehen. In sogenannten Flaschenbiergeschäften ist aber auch nicht der zulezt genannte Uebelstand zu vermeiden : das Bier wird in
warmen Temperaturen
auf Flaschen gezogen und kommt
ziemlich schal in dieselben hinein . (950)
35
Die Folge dieser Umstände ist, daß Flaschenbier, nachdem die Flaschen verkorkt sind, erst einige Tage stehen muß, bevor es getrunken wird ,
damit sich durch etwas Nachgährung in den
Flaschen etwas Mousseux anfindet.
Nach etwa vierzehn Tagen
findet sich aber vielfach schon der schädliche Einfluß der in die Flaschen aus der Luft gelangten Keime, wie Essigsäure-, Milchsäure- 2c. Keime, ein, und das Bier beginnt sauer, auch wohl kamig 2c. zu werden .
Abgesehen davon,
daß das Flaschenbier
also nur recht kurze Zeit genießbar und wirklich gut ist, wird es niemals den erfrischenden Geschmack guten und gut gepflegten Faßbieres haben, das gehaltreicher an Kohlensäure und mehr von schädlichen Keimen verschont zu ſein pflegt . Da sich der Genuß von Flaschenbier immer mehr verbreitet, so kann auf geeignete Behandlung desselben nicht genug Auf. merksamkeit verwendet werden . Wenn auch mit
der Chemie des Bieres nicht direkt in
Zusammenhang, so soll doch noch kurz bemerkt werden, in welcher Weise die Kälte in den Kältemaschinen erzeugt wird und wie sie in Brauereien Verwendung findet.
Da gleichmäßig niedrige
Temperatur für die Gährung und Nachgährung erforderlich ist, d . h. für die chemischen Vorgänge bei der Bierbereitung,, so mag dieser Gegenstand noch eine kurze Stätte finden . Es
ist aus der Physik bekannt,
daß die Körper beim
Uebergang aus einem dichteren Aggregatzustande in einen weniger dichten eine große Menge Wärme aufnehmen,
die
mit dem
Namen gebundene Wärme bezeichnet wird . Sie findet Verwendung zu inneren Molekularschwingungen, ohne nach außen eine Wirkung zu äußern.
Daher ist sie durch das Thermometer nicht meßbar,
d . h. der Uebergang findet ohne äußere Wärmezunahme statt. Beim Uebergang aus dem flüssigen in den dampfförmigen Zustand ist die gebundene ( latente) Wärme besonders groß, und daher benut man
in Kältemaschinen Flüssigkeiten, 3*
die bei (951)
36
niedriger Temperatur,
z . B.
10 Grad, verdampfen.
Sie
nehmen dann aus umgebenden Flüssigkeiten, z . B. Salzwasser, das bei dieser niedrigen Temperatur noch nicht gefriert, die cr- " forderliche gebundene oder Verdampfungswärme auf und kühlen es ab .
Darin besteht die Kälteleiſtung der Maschine.
Nachdem
nun auf diese Weise das betreffende Medium, wie Ammoniak, schweflige Säure
verdampft
oder Kohlensäure,
ist,
muß es
wieder in Flüssigkeit verwandelt werden, und dies geschieht durch Kompression und Abkühlung mittelst Kühlwaſſer . Die vorher bei der Kälteleistung aufgenommene gebundene Wärme wird nämlich nach der Kompreſſion der Dämpfe an das Kühlwasser abgegeben, Auf diese Weise wird der
und die Dämpfe werden wieder flüssig .
Kreislauf in der Maschine geschlossen, und die Flüssigkeit kann wieder verdampfen und die Salzwasserlösung wieder abgekühlt werden. Wenn man nun Eis erzeugen will, so werden mit gewöhn lichem Wasser gefüllte Behälter, Zellen genannt, in das kalte Salzwasser gehängt, und das Waſſer in den Zellen gefriert zu Eis. Um die Brauereiräume zu kühlen, werden gewöhnlich
Rohrsysteme an die Decke der zu kühlenden Räume gehängt, in denen das kalte Salzwasser zirkulirt . an den kalten Rohrsystemen
ab
Die Luft kühlt sich dann
und sinkt zu Boden.
Die
wärmere Luft steigt nach oben, kühlt sich dort ab, und auch da ist der Kreislauf vorhanden .
Durch entsprechende Regulirung
kann beliebige Lufttemperatur in den Räumen erzeugt werden. Süßwasser kühlt man dadurch ab, daß man ein mit kalter Lösung
gefülltes Salzwasserrohrsystem
gefülltes Reservoir leitet.
durch ein mit Wasser
Dadurch erfolgt die Abkühlung des
Süßwassers. In ähnlicher Weise, wie das Salzwasser, wird auch häufig die Luft direkt gekühlt.
Das findet aber selten in Brauereien
Anwendung und mag daher hier unerörtert bleiben.
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